Narkose in der Notfallmedizin Ein Leitfaden für den Rettungsdienst
Herbert Kuhnigk Klaus Zischler Norbert Roewer
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Narkose in der Notfallmedizin Ein Leitfaden für den Rettungsdienst
Herbert Kuhnigk Klaus Zischler Norbert Roewer
3 Abbildungen 5 16 Tabellen
Georg Thieme Verlag Stuttgart ∙ New York
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2007 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 D-70469 Stuttgart Telefon: + 49/ 0711/ 8931-0 Unsere Homepage: http://www.thieme.de Printed in Germany Zeichnungen: Rose, Baumann, Schriesheim Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlaggrafik: Martina Berge, Erbach Satz: medionet AG, Berlin gesetzt aus Adobe Indesign CS2 Druck: Appl • aprinta Druck GmbH, Wemding 1 2 3 4 5 6 ISBN 3-13-140691-7 ISBN 978-3-13-40691-0
Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
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Anschriften
PD Dr. med. Herbert Kuhnigk, DEAA Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie Universitätsklinikum Würzburg Zentrum Operative Medizin Oberdürrbacher Straße 6 97080 Würzburg Dr. med. Klaus Zischler Institut für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Markus Krankenhaus Wilhelm-Epstein-Straße 2 60431 Frankfurt am Main Prof. Dr. med. Norbert Roewer Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie Universitätsklinikum Würzburg Zentrum Operative Medizin Oberdürrbacher Straße 6 97080 Würzburg
Geleitwort
Geleitwort
Die Notfallmedizin hat sich von einem improvisierenden Handeln im Notfall inzwischen zu einem etablierten medizinischen Bereich entwickelt, sowohl im präklinischen Rahmen als auch in der Klinik. Mit zunehmender Erfahrung und der Transmission klinischer Verfahren in den präklinischen Bereich steigerte sich auch die Invasivität der Einzelmaßnahmen. Auf der anderen Seite haben Erkenntnisse der Vergangenheit bei verschiedenen Krankheitsbildern die Forderung nach einem Vorziehen invasiver Maßnahmen in den präklinischen Rahmen berechtigt erscheinen lassen. Der Rettungsdienst mit seinen Aufgaben und Möglichkeiten ist heute aus einer optimierten Versorgung von Notfallpatienten mit der Umsetzung klinischer und intensivmedizinischer Maßnahmen nicht mehr wegdenkbar. Hierzu gehört auch die Einleitung einer Narkose unter präklinischen Bedingungen. Die Entscheidung, eine Narkose durchzuführen, ist neben der medizinischen Indikation vor allem von den Kenntnissen des Anwenders und seiner praktischen Erfahrung abhängig. Die Einleitung einer Narkose ohne das erforderliche Hintergrundwissen ist ohne Frage aufgrund des Eingriffs in vitale Organsysteme eine mit Gefahren belastete Maßnahme, weshalb die Vermittlung der hierfür erforderlichen Kenntnisse eine dringende Notwendigkeit darstellt. Die Autoren, die langjährige Erfahrung in der Vermittlung der notwendigen Inhalte besitzen, haben es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, den Nichtanästhesisten an die Durchführung dieser Maßnahme heranzuführen, um ihm nicht nur die Entscheidung zu erleichtern, wann eine Narkose sinnvoll und notwendig ist, sondern ihm auch die notwendigen Basiskenntnisse zu vermitteln. Wie auch unter klinischen Bedingungen, ist der Notarzt bei der Durchführung einer Narkose im präklinischen Bereich auf eine qualifizierte Assistenz angewiesen. Daher richtet sich das vorliegende Buch nicht nur an ärztliches, sondern auch an nichtärztliches Personal. Für die Praxis ist die Adaptation der Durchführung einer Narkose an differente Indikationen, die von traumatischen bis zu nichttraumatischen Notfällen reichen, von großer Bedeutung und Relevanz. Nicht zu vergessen ist dabei der besondere Aspekt einer Narkose bei der inzwischen immer häufiger werdenden Sondersituation des Massenanfalls von Verletzten. Die Autoren haben damit eine umfassende Bearbeitung eines speziellen Aufgabenbereiches im Rettungsdienst vorgelegt und aufgrund der gut nachvollziehbaren Ausführungen dem Leser eine wesentliche Stütze für die Praxis gegeben. Nicht verkannt werden darf, dass die umfassenden und fundierten
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Geleitwort
Ausführungen nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass diese durch praktische Erfahrungen und Übungen ergänzt werden müssen. Da die Narkose im Rettungsdienst heute aufgrund der Ausstattung im Rettungswagen – trotz des Unterschiedes gegenüber klinischen Bedingungen – sicher durchführbar ist, sollte die Forderung an alle Beteiligten in diesem Bereich gerechtfertigt sein, eine präklinische Narkose als Teil des Behandlungskonzeptes ohne Gefährdung des Patienten einsetzen zu können. Um dieser Forderung zu genügen, wurde dieser Leitfaden entwickelt und durch die darin befindlichen Algorithmen eine praktikable Hilfestellung gegeben, die dem Leser als Basis für seine verantwortungsvolle Aufgabe dienen kann. Aus diesem Grund ist dem Leitfaden nicht nur eine hohe Akzeptanz, sondern auch eine weite Verbreitung zu wünschen.
Würzburg, im Mai 2006
Professor Dr. med. Peter Sefrin Vorsitzender der Sektion Rettungswesen und Katastrophenmedizin der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
Vorwort
Vorwort In Deutschland gilt in den Kliniken das Prinzip strenger Arbeitsteilung. Die Frakturreposition führt der Chirurg durch, den Myokardinfarkt behandelt der Internist, und die Geburt leitet der Gynäkologe. Dieses Prinzip gilt auch für die Durchführung einer Narkose, die einem Facharzt für Anästhesiologie obliegt. Nur in der präklinischen Notfallmedizin ist alles anders. Abhängig vom Einsatzbild handelt der Notarzt als Chirurg, Internist, Gynäkologe oder auch als Anästhesist, der eine Allgemeinanästhesie einleiten, steuern und überwachen muss. Im Rahmen der Facharztausbildung werden dem zukünftigen Anästhesisten eine 5-jährige Ausbildungszeit und die Durchführung von mehr als 1800 Narkosen zugestanden, um sich mit den Grundlagen und Prinzipien der Anästhesie vertraut zu machen. Analog beträgt die Ausbildungszeit für Anästhesiepfleger und -schwestern 2 Jahre. Dagegen bestehen für den Notarzt und den Rettungsassistenten außerhalb der Anästhesieausbildung kaum Gelegenheit, sich mit Narkosetechniken vertraut zu machen. Dennoch gehört der intubierte und beatmete Patient, der unter Narkosebedingungen mit Notarztbegleitung die Klinik erreicht, zu den Standardpatienten im Rettungsdienst. Der inhaltliche Aufbau dieses Buches ist aus den didaktischen Konzepten entstanden, die wir für das seit mehr als 15 Jahren regelmäßig für die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Notärzte (AGBN) abgehaltenen Seminar „Narkose im Rettungsdienst“ erarbeitet haben. Die Empfehlungen fassen unsere langjährige Erfahrung als Anästhesisten im klinischen Alltag und als Notärzte im bodengebundenen und Luftrettungsdienst zusammen. Mit diesem Buch betreten wir Neuland. Die Kombination von Grundlagenwissen, Handlungsempfehlungen und Fallbeispielen zur Narkose in der Notfallmedizin stellt den Versuch dar, möglichst individuelle, auf jede einzelne Notfallsituation optimal passende Konzepte anzubieten, die den Anwender nicht überfordern. Wir möchten mit diesem Buch allen nicht in der Anästhesie tätigen Ärzten und Rettungsassistenten Handreichungen geben, um eine Narkose im Rettungswagen, in einer Wohnung oder auf der Straße möglichst sicher zu beginnen und damit alle Vorteile von Narkosebedingungen zu nutzen. Einschränkend müssen wir hinzufügen, dass gerade die Indikationsstellung und die Durchführung einer Narkose in der Notfallmedizin selten auf evidenzbasierten Studien beruhen, sondern aus unserer Sicht zumeist „Experience based“ und einzelfallbezogen sind.
IX
Vorwort
Das Buch kann keine Facharztausbildung in der Anästhesiologie ersetzen, geschweige denn praktische Erfahrungen mit Narkosetechniken. Es soll eine Synthese aus angewandter Pharmakologie und Physiologie, Techniken des Airway-Managements und Strategien der Fehlervermeidung verständlich vermitteln und damit die Durchführung einer sicheren Narkose unter den Bedingungen der Notfallmedizin erleichtern. Herbert Kuhnigk Klaus Zischler Norbert Roewer
Inhalt
Inhalt
1 1 4
7
. . . . .
11 11 30 32 34
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypnotika und Sedativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskelrelaxanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infusionslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kardiovaskulotrope Pharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antiarrhythmika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 56 61 65 69 75 80
4 4.1 4.2
Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst 83 Atemwegssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter . . . . . . . . . . . . . 97
5 5.1 5.2 5.3 5.4
Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose . . . . . Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitungsphase: „Rapid Sequence Induction“ (RSI) . . . . . . . . Aufrechterhaltung der Narkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prävention von Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1.1 1.2 1.3
2 2.1 2.2 2.3 2.4 3
Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick . . . . . Narkose oder Allgemeinanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Narkoseverfahren im Rettungsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede der präklinischen Narkosedurchführung im Paramedic- und Notarztsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation . . . . . . . . . . . . . . Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung . Aufgaben des Notarztes . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben des Rettungsassistenten . . . . . . . . . Spezielle Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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109 109 115 117 123
XI
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Inhalt
6 6.1 6.2 6.3 6.4
Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen . Polytrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweres Schädel-Hirn-Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135 135 141 145 148
7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7
Komplikationen und Schadensbegrenzung . . . . . . . . . . . . Potenzielle Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwierige Freihaltung der Atemwege und deren Prävention . . . Kreislaufdepression und Hypotension . . . . . . . . . . . . . . . . . Aspiration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypoxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intubationsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage einer Thoraxdrainage bei Pneumothorax . . . . . . . . . . .
155 155 155 158 159 159 161 161
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Narkose bei Massenanfall von Verletzten . . . . . . . . . . . . . . 163
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
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Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
1.1 Narkose oder Allgemeinanästhesie Hypoxische Episoden sind vielfach Ursache oder Folge von Notfallsituationen und können in irreversiblen Schädigungen oder sogar mit dem Tod des Patienten enden. Deshalb ist die schnelle und umfassende Sicherung der Atemwege eine der Grundlagen für die Behandlung von Notfallpatienten. Die endotracheale Intubation gilt dafür als Goldstandard. Für eine sichere, endotracheale Intubation sind in den meisten Fällen – abgesehen von der kardiopulmonalen Reanimation – Narkosebedingungen notwendig, die im klinischen Bereich von einem Facharzt für Anästhesiologie oder unter dessen Mitwirkung hergestellt werden. Während der Atemwegssicherung und deren Management in den Lehrbüchern für Notfallmedizin umfangreicher Stellenwert eingeräumt wird, ist der differenzierten Anwendung von Sedativa, Analgetika und Muskelrelaxanzien als Grundlage der Narkosedurchführung bisher wenig Raum zuteil geworden. Formal definiert bedeuten der mehr umgangssprachlich verwendete Begriff „Narkose“ und der im medizinischen Sprachgebrauch gebräuchlichere Begriff „Allgemeinanästhesie“ das Gleiche: eine pharmakologisch induzierte, reversible Funktionsminderung des zentralen Nervensystems mit kompletter Aufhebung der Sinneswahrnehmung. Die Einleitung einer Allgemeinanästhesie mit anschließender Atemwegssicherung gehört zu den gängigen und notwendigen Maßnahmen der präklinischen Notfallmedizin. Sie wird mit einer Häufigkeit von 5–10 % bei Notarzteinsätzen durchgeführt. Neben ausreichender Analgesie, Sedierung und Anxiolyse hilft eine bereits am Notfallort begonnene Narkose, eine Atemwegssicherung durch endotracheale Intubation zu erleichtern. Sie sichert durch Einleiten einer kontrollierten Beatmung eine ausreichende Oxygenierung und eine Normoventilation. Darüber hinaus kann die frühzeitige prophylaktische Beatmung zur Reduktion der Häufigkeit des posttraumatischen Lungenversagens (ARDS) beitragen und senkt die Mortalität, z. B. nach Polytraumatisierung und bei Schädel-Hirn-Trauma. Damit stellt die Allgemeinanästhesie nicht nur
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1 Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
eine supportive Maßnahme dar, die Intubation und kontrollierte Beatmung ermöglicht, sondern sie wird zu einer eigenständigen Therapiemaßnahme bei der Erstversorgung am Notfallort. Die augenscheinlichste Eigenschaft der Narkose ist die Herbeiführung eines künstlichen Komas im Sinne des Bewusstseinsverlustes. Tatsächlich handelt es sich um einen medikamentös herbeigeführten, kontrollierten Zustand der Bewusstlosigkeit, dem nach Bedarf Schmerzausschaltung und Muskelerschlaffung beigefügt werden. Darüber hinaus beinhaltet eine Narkose weitere Komponenten, die durch Kombination verschiedener Substanzen erzielt werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um: 9 Bewusstseinsverlust (Hypnose), 9 Schmerzausschaltung (Analgesie), 9 Muskelentspannung (Relaxierung), 9 Reflexunterdrückung (vegetative Dämpfung), 9 Erinnerungsverlust (Amnesie). Die dazu notwendigen Medikamente – speziell Narkotika, Sedativa und Hypnotika – greifen jedoch auch in vitale Funktionen wie Steuerung der Atmung und Hämodynamik ein. Somit beinhaltet die Durchführung einer Narkose auch umfangreiche Eingriffe in Vitalfunktionen: 9 Atemdepression, 9 Aufhebung von Schutzreflexen, 9 zirkulatorische Dysregulation, 9 Aufhebung des Muskeltonus. Kenntnisse der Pharmakologie von Narkotika, Sicherheit in der Atemwegssicherung, Erfahrung im schwierigen Atemwegsmanagement und sicheres Einschätzen der Hämodynamik sind somit Voraussetzungen für die Durchführung einer risikoarmen Narkose in der Notfallmedizin, speziell unter den präklinischen Bedingungen des Rettungsdienstes. Kenntnisse der Besonderheiten beim Transport beatmeter Patienten sowie der Einsatz von Thoraxdrainagen im Rahmen der Beatmungstherapie sind zusätzliche wichtige Voraussetzungen für die Durchführung einer präklinischen Narkose. Daneben wird eine Narkose im Rettungsdienst unter schwierigen Umgebungsbedingungen sowie unter Zeitdruck eingeleitet. Die dekompensierte Grunderkrankung oder ein Trauma, eine latent sich entwickelnde Hypoxie oder ein Schockzustand unterschiedlicher Genese sowie fehlende Vorbereitung des Patienten bilden paradoxerweise Risikofaktoren für eine Anästhesie. Eingeschränktes Equipment und limitierte Personalressourcen im Rettungsdienst erschweren die Situation zusätzlich und fordern vom Notarzt, den Nut-
1.1 Narkose oder Allgemeinanästhesie
zen einer präklinischen Narkose im Gegensatz zu einer möglichen Gefährdung des Patienten genau abzuwägen. Nicht immer handelt es sich beim Notarzt um einen in der Einleitung und Durchführung einer Narkose routinierten Kollegen. Von 100 während einer notfallmedizinischen Tagung befragten Notärzten räumten 11 % ein, noch nie bei einer in der Klinik durchgeführten Narkose anwesend gewesen zu sein. In der Anästhesie tätige Notärzte hingegen verfügen in der Regel nach 2 Jahren über eine Narkosepraxis von mehr als 1000 durchgeführten Anästhesien. Diese Spannbreite in der Erfahrung mit präklinischen Narkosen weist auf mögliche Unterschiede bei deren Durchführung hin. In Abb. 1.1 ist ein simulatorgestütztes Training der Narkoseeinleitung dargestellt. Wie es bei jeder anderen medizinischen Maßnahme selbstverständlich ist, muss sich auch eine präklinisch eingeleitete Narkose immer einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung unterziehen. Dabei sind folgende Aspekte mit einzubeziehen: 9 Verletzungsmuster bzw. Erkrankung des Patienten, 9 Erfahrung und Routine des Notarztes, 9 Umgebungsbedingungen, 9 zu erwartende Transportzeit, 9 vorhandenes Transportmittel.
Abb. 1.1 Simulatorgestütztes Training der Narkoseeinleitung bei Notfällen auf Krankenstationen an der Würzburger Universitätsklinik.
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1 Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
Somit steht die präklinisch eingeleitete Narkose in einem Spannungsfeld, das sich durch Anästhesieerfahrung des Notarztes, Minimierung des Risikos und Ausnutzung des möglichen Nutzens für den Patienten definiert. Grundsätzlich geben die Ziele einer Narkose die Indikation vor. So können je nach therapeutischen Anforderungen der Verletzung oder der Erkrankung Analgesie, Hypnose und Amnesie durch adäquate Medikation, Sicherung der Atemwege durch eine nachfolgende endotracheale Intubation, Oxygenierung sowie Normokapnie durch anschließende kontrollierte Beatmung oder die Gewährleistung einer Immobilisation für den Transport im Vordergrund stehen. Auch wenn die Sicherstellung dieser Ziele und weniger spezielle Diagnosen im Vordergrund stehen, muss die Indikationsstellung für eine präklinische Narkose nachvollziehbar sein. Deshalb ist zur didaktischen Vereinfachung eine Orientierung an Diagnosen sinnvoll. Hauptindikationen für die Narkose im Rettungsdienst sind: 9 Polytrauma, 9 Schädel-Hirn-Trauma, 9 Thoraxtrauma, 9 schwerer Schockzustand, 9 ausgedehnte Verbrennungen, 9 therapieresistenter Status asthmaticus, 9 Status epilepticus. Die folgenden Kapitel sollen Zielsetzungen, Indikationen und Technik präklinischer Narkosen sowie Komplikationen und deren Beherrschung vermitteln, um eine Notfallnarkose möglichst sicher und mit gleichzeitig größtem Gewinn für den Patienten zu gestalten.
1.2 Narkoseverfahren im Rettungsdienst Für die nach einer Narkoseeinleitung notwendig werdende Atemwegssicherung ist die endotracheale Intubation sowohl im innerklinischen als auch im präklinischen Bereich der so genannte Goldstandard. Im Zusammenhang mit der präklinischen Narkose ist die Intubation jedoch nur ein Teilaspekt und reduziert sich nicht auf das erfolgreiche Platzieren des Endotrachealtubus in der Trachea. Paradoxerweise wird jedoch für die Diskussion von Vor- und Nachteilen einer präklinischen Intubation der Aspekt der dafür notwendigen Narkose häufig beiseite gelassen. Die Narkose als Verfahren umfasst jedoch viele weitere Aspekte, die sich gegenseitig verzahnen und damit die Intubation von einer isolierten Maßnahme zur Atemwegssicherung zu einem komplexen
1.2 Narkoseverfahren im Rettungsdienst
Behandlungskonzept werden lassen. Folgende Bestandteile einer Narkose müssen dabei zu einem Ganzen zusammengefügt werden: 9 medikamentöse Narkoseeinleitung, 9 Atemwegssicherung, 9 Aufrechterhaltung der Narkose, 9 Beatmungsgeräte und Beatmung, 9 klinische Überwachung und Monitoring. Eine Narkoseeinleitung im Rettungswagen ist in Abb. 1.2 dargestellt. Die Komplexität einer Narkose ergibt sich aus vielen, teilweise sehr unterschiedlichen Zielen und den dazu notwendigen Verfahren. So sind Analgesie, Hypnose und Amnesie über Anwendung pharmakologischen Wissens definiert. Die Sicherung der Atemwege durch eine nachfolgende endotracheale Intubation ist stark mit manuellen Fertigkeiten des Durchführenden verknüpft. Oxygenierung und das Erreichen von Normokapnie durch anschließende kontrollierte Beatmung sind auch mit optimalem Monitoring im präklinischen Bereich nicht komplett erfassbar. Die Immobilisation des Patienten, um opti-
Abb. 1.2 Narkoseeinleitung im Rettungswagen (Foto: Björn Hossfeld)
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1 Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
male Bedingungen für den Transport durch Relaxation zu schaffen, ist durch mögliche Dislokationen von Frakturen risikobehaftet. In der Klinik kommt eine umfangreiche Palette unterschiedlichster Verfahren für die Anästhesiedurchführung zur Anwendung, die im präklinischen Rahmen nur teilweise eingesetzt werden können. Unterschieden werden: 9 allgemeinanästhesiologische Verfahren: – totale intravenöse Anästhesie, – Anästhesie mit volatilen Anästhetika; 9 regionalanästhesiologische Verfahren: – Leitungsanästhesie, – Lokalanästhesie, – rückenmarknahe Verfahren. Ein moderner Anästhesiearbeitsplatz ist in Abb. 1.3 abgebildet. Für den präklinischen Bereich kommen dagegen nur wenige Verfahren in Betracht. Volatile, also gasförmige Anästhetika, die in der Klinik umfangreich genutzt werden, sind wegen des für die Applikation notwendigen hohen tech-
Abb. 1.3 Moderner Anästhesiearbeitsplatz im Zentrum Operative Medizin an der Würzburger Universitätsklinik.
1.3 Unterschiede der präklinischen Narkosedurchführung im Paramedic- und Notarztsystem
Atemwegsmanagement
Narkose
Abb. 1.4 Determinanten einer optimalen präklinischen Beatmungstherapie.
Verletzung oder Erkrankung
Notarzt
nischen Aufwandes nicht geeignet. Regionalanästhesiologische Verfahren wie Spinal- und Periduralanästhesie benötigen Zeit, Ruhe und sterile Arbeitsbedingungen. Deshalb werden Narkosen im präklinischen Bereich in der Regel intravenös eingeleitet und aufrechterhalten. Folgende Ziele sind mit einer intravenösen Anästhesie anzustreben: 9 genaue Dosierungsmöglichkeit der Narkosemedikamente, 9 schneller Wirkungseintritt der Narkosesubstanzen, 9 Kombination verschiedener Substanzenklassen, 9 hohe Praktikabilität, 9 geringer technischer und personeller Aufwand. Dem stehen allerdings auch Nachteile gegenüber: 9 fehlende Einflussnahme auf Wirkung und Nebenwirkungen nach Applikation, 9 Gefahr der Verwechslung von Medikamenten, 9 Fehl- und Überdosierungen, 9 schlechte Steuerbarkeit bei der Narkoseaufrechterhaltung. Auch wenn eine intravenös eingeleitete und aufrechterhaltene Anästhesie Nachteile beinhaltet, stellt sie aktuell den besten Kompromiss für die Belange des präklinischen Bereiches dar (Abb. 1.4). Allerdings ist die Narkose immer auch von der Qualifikation und der Routine des Notarztes sowie von der Qualität des Atemwegsmanagements abhängig.
1.3 Unterschiede der präklinischen Narkosedurchführung im Paramedic- und Notarztsystem Die Durchführung einer Narkose im Rettungsdienst ist in Deutschland eine akzeptierte Maßnahme. Weltweit ist diese Akzeptanz allerdings deutlich geringer ausgeprägt. Die Ursache liegt in den unterschiedlichen Ansätzen des deutschen Rettungsdienstsystems und der angloamerikanischen Sichtweise
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1 Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
der präklinischen Versorgung, die in Deutschland unter Einbindung des Notarztes, in den angloamerikanischen Ländern dagegen in der Regel ohne ärztliche Beteiligung vor Ort verläuft. Zum Verständnis der Problematik sei auf die Unterschiede der beiden Systeme eingegangen. Das Grundprinzip besteht in Deutschland bei Notfällen und lebensbedrohlichen Zuständen darin, dass der Arzt zum Patienten kommt, während in den angloamerikanischen Ländern der Patient möglichst schnell zum Arzt gebracht wird. Patienten mit dringlicher Behandlungsnotwendigkeit werden im deutschen System in Arztpraxen oder im Rahmen von ärztlichen Hausbesuchen behandelt. Im angloamerikanischen System erfolgt die Behandlung in interdisziplinären Notfallaufnahmen der Krankenhäuser. Lebensbedrohende Zustände werden in Deutschland vom Notarzt vor Ort und bereits während des Transportes in die Klinik behandelt. Im amerikanischen Paramedic-System wird nur ein eingeschränktes Therapiespektrum während des Transportes angeboten, das im Besonderen die Verabreichung von Medikamenten ausklammert und dafür den schnellstmöglichen Transport in die Klinik favorisiert. Für die Narkose im Rettungsdienst bedeutet dies, dass im deutschen System die Atemwegssicherung mit den üblichen Narkosemedikamenten durchgeführt wird, während die Intubation im US-System ohne medikamentöse Unterstützung erfolgt. Die Problematik extensiver Intubationsversuche oder einer Beatmungstherapie unter diesen Bedingungen lässt sich anhand einiger in den USA durchgeführter Studien darstellen. Die retrospektive Analyse des Krankheitsverlaufs von 852 Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma (AIS > 3) [1] zeigte, dass die Intubation zu einer höheren Sterblichkeit in allen Subgruppen führte. Allerdings muss festgehalten werden, dass die Intubationen ohne medikamentöse Unterstützung durchgeführt wurden. In einer Untersuchung aus San Diego [2] ließ sich dagegen eine Verbesserung der Mortalität von schwer Schädel-Hirn-Verletzten zeigen. Der Hauptunterschied der genannten Untersuchungen besteht darin, dass die Paramedics in San Diego Medikamente einsetzten, inklusive Muskelrelaxanzien für die Intubation. Als mögliche Gründe für das schlechtere Outcome in der ersten Studie werden genannt: 9 ausschließliche Intubation von Patienten, die durch die Schwere des Schädel-Hirn-Traumas eine schlechtere Prognose hatten und sich deshalb ohne Anästhesie intubieren ließen, 9 negative Auswirkungen einer Hyperventilation nach Intubation, 9 negtive hämodynamische Effekte der Überdruckbeatmung,
1.3 Unterschiede der präklinischen Narkosedurchführung im Paramedic- und Notarztsystem
9 Zytokinspiegelanstieg durch inadäquate Beatmungsmuster mit daraus resultierenden negativen Effekten auf Organfunktionen, 9 mögliche Aspiration vor dem Intubationsversuch.
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Entgegen dem Grundsatz, dass eine invasive Therapie meist erst in der Notaufnahme der Krankenhäuser nach dem unmittelbaren Transport dorthin (Scoop and run) erfolgt, sind Paramedics durch ihre Ausbildung berechtigt, solche therapeutischen Interventionen präklinisch vorzunehmen, die in unserem Rettungssystem Ärzten vorbehalten sind. Analysiert man diese Maßnahmen, finden sich allerdings hohe Komplikationsraten bei der präklinischen Behandlung durch Paramedics. In einer retrospektiven Analyse mit 324 durch Paramedics intubierten Kindern findet sich eine Erfolgsrate von 82 % [3]. In einer anderen Untersuchung aus den USA [4] wird über eine Erfolgsrate präklinisch durchgeführter Intubationen bei Traumapatienten von lediglich 50 % berichtet. Dem steht in einer prospektiven Multicenterstudie mit 691 Patienten in Frankreich eine Erfolgsrate bei Notärzten von 99,1 % gegenüber, obwohl in 10,8 % der Fälle eine schwierige Intubation vorlag [5]. In Deutschland ist die Sicherheit präklinischer Intubationen durch Notärzte hoch. In einer Untersuchung von Thierbach et al. mit 600 Patienten, die durch Anästhesisten als Notärzte intubiert wurden, konnte eine Erfolgsquote von 85,4 % beim ersten und von 98,5 % nach 3 Versuchen gezeigt werden [6]. Damit lassen sich die unterschiedlichen Sichtweisen der präklinischen Narkoseeinleitung wie in Tabelle 1.1 dargestellt zusammenfassen.
Tabelle 1.1 Präklinische Narkoseeinleitung – internationaler Vergleich unter Qualitätsaspekten Europa
Angloamerikanischer Raum
9 Bevorzugung von Anästhesisten in arztbesetzten Rettungsdienstsystemen 9 Selektive Narkotikawahl 9 Fehlintubationsrate von 1–1,5 % 9 Nachweis verbesserter Überlebensraten 9 Akzeptiertes Verfahren
9 Keine ärztliche Besetzung der Rettungsmittel 9 Restriktive Medikamentenapplikation 9 Hohe Fehlintubationsraten bis 20 % 9 Keine nachgewiesene Verbesserung des Outcome (zumeist Studien zur präklinischen Intubation ohne medikamentöse Unterstützung) 9 Geringe Akzeptanz
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1 Präklinische Versorgung und Anästhesie im Überblick
Literatur 1. Murray JA, Demetriades D, Berne TV, Stratton SJ, Craer HG, Bongard F, Fleming A, Gaspard D. Prehospital intubation in patients with severe head injury. J Trauma. 2000 Dec; 49(6): 1065–70. 2. Winchell RJ, Hoyt DB. Endotracheal intubation in the field improves survival in patients with severe head injury. Trauma Research and Education Foundation of San Diego. Arch Surg. 1997 Jun; 132(6): 592–7. 3. Vilke GM, Steen PJ, Smith AM, Chan TC. Out-of-hospital pediatric intubation by paramedics: the San Diego experience. J Emerg Med. 2002 Jan; 22(1): 71–4. 4. Karch SB, Lewis T, Young S, Hales D, Ho CH. Field intubation of trauma patients: complications, indications, and outcomes. Am J Emerg Med. 1996 Nov; 14(7): 617–9. 5. Adnet F, Jouriles NJ, Le Toumelin P, Hennequin B, Taillandier C, Rayeh F, Couvreur J, Nougiere B, Nadiras P, Ladka A, Fleury M. Survey of out-of-hospital emergency intubations in the French prehospital medical system: a multicenter study. Ann Emerg Med. 1998 Oct; 32(4): 454–60. 6. Thierbach A, Piepho T, Wolcke B, Kuster S, Dick W. Präklinische Sicherung der Atemwege. Anaesthesist. 2004 Jun; 53(6): 543–50.
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Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung Einschätzung des Patienten und Indikationsstellung zur Narkoseeinleitung Für die Einschätzung der Situation der Atemwege steht wenig Zeit zur Verfügung. Einen ersten und vor allem schnellen Überblick schafft folgender Algorithmus zur primären Patienteneinschätzung: 9 Offener Atemweg? – ja: möglicherweise Beatmung und Intubation – nein: Freimachen der Atemwege, in der Regel Beatmung und Intubation notwendig 9 Erhaltene Schutzreflexe? – ja: möglicherweise Beatmung und Intubation – nein: Beatmung und Intubation notwendig 9 Hypoventilation? – ja: sofortige Beatmung und Intubation 9 Atemstillstand? – ja: sofortige Beatmung und Intubation Atemfrequenz: Die Zahl der Ein- und Ausatmungen pro Zeiteinheit, die Atemfrequenz, beträgt unter Ruhebedingungen pro Minute: 9 bei Erwachsenen: 12; 9 bei Jugendlichen: 15; 9 bei Schulkindern: 20; 9 bei Kleinkindern: 25; 9 bei Säuglingen: 30; 9 bei Neugeborenen: 40.
Nach der ersten Einschätzung des Patientenzustandes müssen in kurzer Zeit eine Vielzahl weiterer Informationen erfasst und verarbeitet werden. Die per-
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
manent notwendige Re-Evaluation der Vitalfunktionen und die Umsetzung der daraus resultierenden Therapiemaßnahmen – auch im Hinblick auf eine eventuelle Narkoseeinleitung – lassen die Patienteneinschätzung zu einem hochkomplexen Prozess werden. Sie sollte immer nach einem bestimmten Ablaufmodell erfolgen, bei dem Einschätzung, therapeutischer Ansatz, Umsetzung und Effizienz der therapeutischen Maßnahmen sowie Re-Evaluation des Patientenzustandes während der Therapiemaßnahmen einen kontinuierlich ablaufenden Zyklus bilden. Im Folgenden ist ein Ablaufmodell zur Evaluation und Re-Evaluation dargestellt: 9 Einschätzung, 9 Erarbeitung eines therapeutischen Ansatzes, 9 Umsetzung der therapeutischen Maßnahmen, 9 Beurteilung der Effizienz der therapeutischen Maßnahmen, 9 Re-Evaluation des Patientenzustandes. Die notwendigen Zielparameter der Patienteneinschätzung sind Atmung, Bewusstsein und Kreislauf. Ihr Kurz-Check nimmt nur kurze Zeit in Anspruch. Lautes Ansprechen, Schütteln oder Setzen eines Schmerzreizes geben schnell Aufschluss über die Bewusstseinslage. Die Überprüfung der Atmung erfolgt durch Hören, Sehen und Fühlen: Hören des Atemstoßes, sichtbares Heben des Brustkorbs und Fühlen der Atemexkursionen können eine ausreichende Atemtätigkeit verifizieren. Zielparameter der Patienteneinschätzung 9 Atmung 9 Bewusstsein 9 Kreislauf
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Unregelmäßige, tachypnoische oder bradypnoische Atmung in Kombination mit Dyspnoe oder vom Patienten als bedrohlich empfundene Dyspnoe ist pathognomonisch für eine unterstützungspflichtige Atmung. In Ergänzung weist die Pulsoxymetrie eine Hypoxämie nach. Die Kreislaufsituation lässt sich am schnellsten über die Palpation des Karotispulses bzw. des Femoralispulses klären. Ein nicht tastbarer Radialispuls entspricht systolischen Blutdruckwerten von < 80 mmHg. Ein nichttastbarer Puls der A. carotis oder der A. femoralis entspricht einem funktionellen Kreislaufstillstand. Kontinuierliches Augenmerk gilt bei Notfallpatienten immer der Beurteilung der Vitalparameter Atmung, Bewusstsein und Kreislauf.
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2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
Ansonsten ist es auch in der Notfallsituation – gerade in Hinblick auf eine eventuell notwendige Narkoseeinleitung – möglich, eine „interne“ Checkliste abzuarbeiten. Welches Gewicht und welcher Zeitaufwand dabei auf die nachfolgenden Punkte entfallen, ist individuell sehr unterschiedlich. Zeitgleich können das für eine Narkose wünschenswerte Monitoring (EKG, Pulsoxymetrie) am Patienten platziert, der venöse Zugang und die Infusion bereitgestellt sowie Vorbereitungen zur Narkoseeinleitung getroffen werden. Ein klares, strukturiertes Vorgehen erleichtert die nachfolgende Narkoseeinleitung und hilft „Fallstricke“ zu umgehen.
Eigen- und Fremdanamnese Auch unter Notfallbedingungen lässt sich zumeist eine minimale Eigen- oder Fremdanamnese erheben, die das weitere Vorgehen bestimmt. Es ist wichtig, in kurzer Zeit möglichst relevante Fakten in Erfahrung zu bringen. Dazu zählen das aktuelle Beschwerdebild bzw. der Unfallhergang und dessen zeitliche Einordnung: 9 Wo haben Sie Beschwerden/Schmerzen? 9 Können Sie mir erzählen, wie/was passiert ist? 9 Wie lange bestehen diese Beschwerden? 9 Wann ist das passiert? Relevante Begleit- und Vorerkrankungen, die sowohl im Zusammenhang mit der aktuellen Notfallsituation als auch unabhängig davon bestehen, sollten ebenfalls in Erfahrung gebracht werden. Dabei fokussiert man neben den akuten Beschwerden auf folgende Punkte: 9 Herz-Kreislauf-Erkrankungen: – Hatten Sie schon einmal einen Herzinfarkt? – Haben Sie erhöhten Blutdruck? – Hatten Sie schon einmal einen Schlaganfall? 9 Lungenerkrankungen: Haben oder hatten Sie Asthma? 9 Stoffwechselerkrankungen: Sind Sie zuckerkrank? 9 Medikamente: Nehmen Sie irgendwelche Medikamente? 9 Allergien: – Sind bei Ihnen Allergien oder Unverträglichkeiten bekannt? – Haben Sie einen Allergiepass? Für eine Narkoseeinleitung sind die Frage nach früheren Narkosen und dabei auftretenden Problemen sowie die Frage nach der letzten Nahrungsaufnahme wichtig, um den Grad der Nüchternheit abschätzten zu können:
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
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9 Hatten Sie schon einmal eine Narkose, und trat dabei etwas Besonderes auf? 9 Haben Sie einen Anästhesiepass? 9 Wann haben Sie zuletzt gegessen und getrunken? Antworten auf diese Fragen – sofern sie vom Patienten beantwortet werden können – erlauben eine konkretere Risikoabschätzung, z. B. auch bezüglich des Aspirationsrisikos. Die Aufnahme fester Nahrung vor mehr als 5–6 Stunden und Flüssigkeitszufuhr vor mehr als 3–4 Stunden reduzieren das Aspirationsrisiko. Dennoch bedingen diese Informationen keine absolute Sicherheit, da jeder Notfallpatient wegen des gesteigerten Sympathotonus und der daraus resultierenden gestörten Magenpassage als aspirationsgefährdet eingestuft werden muss. Viele Patienten besitzen inzwischen einen Notfallausweis, einen Allergiepass und in Zukunft einen elektronischen Patientenausweis mit relevanten Daten. Besondere Bedeutung in Bezug auf eine Narkosedurchführung hat ein Anästhesiepass (Anaesthesia Problem Card; Abb. 2.1), der seit mehreren Jahren verfügbar ist und dem Patienten bei Auftreten bedeutsamer anästhesiologischer Besonderheiten vom behandelnden Anästhesisten ausgehändigt wird. Die aufgetretenen Besonderheiten, z. B. Intubationsprobleme, wie auch ihre Anästhesieausweise
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Dieser Ausweis dient dem Anästhesisten zur Information über Besonderheiten und Schwierigkeiten bei vorausgegangenen Narkosen. Der Ausweis sollte dem Anästhesisten vor einer Anästhesie vorgelegt werden. Für Notfälle empfiehlt es sich, den Anästhesieausweis stets bei sich zu tragen.
Neither UEMS nor DGAI can accept legal liability for the content of this card.
Anästhesie-Ausweis f
A ür
Deutsche Gesellschaft
This card is made to alert the anaesthesiologist to problems that occured during anaesthesia. The card should always be given to the anaesthesiologist before anaesthesia. It should be carried by the holder in case of emergency surgery.
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
nästhesiol
o e und Intensivmedizin gi
UEMS und DGAI sind nicht für den Inhalt dieses Ausweises verantwortlich.
Europäische Vereinigung der Fachärzte (UEMS)
Union Européenne des Médecins Spécialistes (UEMS) German Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine (DGAI)
Anaesthesia Problem Card Stempel der Klinik / Abteilung
..................................................... Nachname (Surname) ..................................................... Vorname (Given name)
Geburtsdatum (Date of birth) �
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��
����
DGAI Geschäftsstelle: Roritzerstraße 27, D-90419 Nürnberg
a Abb. 2.1a, b Anästhesieausweis der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI).
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
�
Intubationsprobleme (Intubation problems)
1. Stimmbänder einsehbar (Vocal cords can be seen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . � 2. Hinterer Glottisanteil einsehbar (Posterior extremity of glottis can be seen) . . . � 3. Nur Epiglottis einsehbar (Only epiglottis can be seen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . � Sonstige lntubationsprobleme (Other Intubation problems) ja (yes)
�
nein (no)
Details (Specify):
Maskenbeatmung möglich? (Could the patient be ventilated with a mask?)
� �
�
ja, leicht (yes, easily)
ja, mit Schwierigkeiten (yes, with difficulty)
nein (no)
(How was the problem solved; recommendations for future intubations):
�
Medikamenten-Unverträglichkeit (Adverse reaction, drug allergy): 1. Medikament (Commercial/generic name) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Medikament (Commercial/generic name) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Art der Nebenwirkung (Adverse reaction type) 1. Ieicht:
Hautreaktion (light: skin rash)
2. mittelgradig:
Kreislauf, Atmung (moderate: haemodynamics, respiration)
3. schwer:
Kreislauf, Atmung (severe: haemodynamics, respiration)
� � �
Wie wurde das Problem gelöst? Empfehlungen für künftige Anästhesien: (How was the problem solved; recommendations for future anaesthesias):
�
Disposition zur malignen Hyperthermie (malignant hyperthermia susceptibility) In-vitro-Kontrakturtest (IVCT): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MH-assoziierte Mutation:
.........................................
� �
Keine Anästhesie mit Trigger-Substanzen (Avoid volatile anaesthetics and succinylcholine; Dantrolene must be available)
�
Anästhesierelevante Begleiterkrankungen: (Stoffwechselstörungen, etc.): Other anaesthesia relevant diseases (metabolic diseases): Details (Specify):
.............................
b
Anästhesist (Anaesthesiologist)
................................. Datum (Date)
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3. Medikament (Commercial/generic name) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wie wurde das Problem gelöst ? Empfehlungen für künftige Intubationen:
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Anästhesieausweise
Anästhesie-Ausweis (Anaesthesia Problem Card)
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
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Lösung sind hierin dokumentiert und dienen als Hilfestellung für das weitere Vorgehen. Zumeist wird eine das Problem lösende Vorgehensweise mitgeteilt. Sehr häufig werden die genannten Informationen nicht direkt vom Patienten zu erhalten sein, sondern durch Familienangehörige, Begleitpersonen oder Umstehende. Die mögliche Informationsdichte kann sehr stark schwanken. Im ungünstigsten Fall wird die Narkose auch ohne anamnestische Informationen eingeleitet werden müssen. Falls vom Patienten keine Auskünfte zu erhalten sind, sollte man Angehörige oder Unfallzeugen gezielt befragen. Wichtig ist hierbei das „Filtern“ von Informationen, die angesichts der Ausnahmesituation oft sehr unstrukturiert sind. Prinzipiell gilt es, möglichst viele für eine therapeutische Intervention wichtige Informationen in kurzer Zeit zu sammeln. Hilfreich ist dabei ein „Muster“, das immer in gleicher Reihenfolge abarbeitet wird. Die im Folgenden wiedergegebene Systematik kann als Hilfestellung dienen. Simultan zur Anamneseerhebung kann fast ohne Zeitverlust die klinische Untersuchung erfolgen.
Klinische Untersuchung Die klinische Untersuchung ist wichtiger Bestandteil bei der Behandlung von Notfallpatienten. Ihr Ergebnis liefert neben Hinweisen zu den therapeutischen Konsequenzen die Indikation zur Narkose im Rettungsdienst. Analog zur Anamneseerhebung erfolgt auch hier ein strukturiertes Vorgehen. Die Untersuchung des Akutproblems geschieht als erster Schritt. Danach empfiehlt sich entweder ein topographisch ausgerichtetes oder organorientiertes Vorgehen. Geben Sie sich trotz eingeschränkter Untersuchungsmöglichkeiten nicht mit einer Minimaluntersuchung zufrieden. Alle zu einer sicheren Diagnose notwendigen Untersuchungsschritte sollten durchgeführt werden, auch wenn der zur Verfügung stehende Zeitrahmen häufig eingeschränkt ist. Kälteschutz und die Wahrung der Intimsphäre dürfen dabei nicht vernachlässigt werden.
Untersuchung des Kopfes Es erfolgt die Suche nach äußeren Verletzungen. Größere Verletzungen im Skalpbereich können zu erheblichen Blutverlusten führen. Bei Kindern können aufgrund der großen Oberfläche des Kopfes, der guten Vaskularisierung dieses Bereiches und des geringeren zirkulierenden Blutvolumens scheinbar kleinere Verletzungen zum Volumenmangelschock führen.
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
Bei Skalpverletzungen tastet man nach Stufen im Knochenbereich als Hinweis auf Frakturen. Auch die Augen werden untersucht, wobei besonderes Augenmerk auf Pupillengröße, Lichtreaktion und Okulomotorik zu legen ist. Falls keine Taschenlampe zur Hand ist, benutzt man als Lichtquelle das Laryngoskop. Im Bereich des Ohres sucht man nach Blutungen aus dem Gehörgang oder dem Austritt von Liquor. Im Mund-Rachen-Bereich inspiziert man kurz die Mundhöhle (Fremdkörpersuche). Hierbei lassen sich wertvolle Hinweise in Bezug auf eine eventuell notwendige Intubation erhalten. Eine eingeschränkte Mundöffnung, eine Schwellung der Zunge, Blutungen bei Bissverletzungen oder Zahnschäden wie auch ein ausgeprägter Überbiss und ein fliehendes Kinn sind Warnsignale für erschwerte Intubationsbedingungen, ebenso ein kurzer Abstand zwischen Kinn und Kehlkopf. Häufig versuchen auch Bartträger, ungünstige anatomische Varianten wie eine Mikrognathie durch das Tragen eines Vollbartes zu kaschieren. Wenn möglich, sollte zur Minimierung von Intubationsschwierigkeiten folgende Liste abgearbeitet werden. Jeder dieser Punkte erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erschwerten Intubation: 9 eingeschränkte Mundöffnung, 9 enge Mundhöhle, 9 unsichtbare Rachenhinterwand, 9 große Zunge, 9 lange, überstehende Zähne. Ein klinisch weit verbreitetes Scoring-System zur Identifikation potenzieller Intubationsprobleme ist die Einteilung nach Mallampatti, welche eine Korrelation zwischen den Sichtverhältnissen bei maximal geöffnetem Mund und der Intubationsschwere wiedergibt (Abb. 2.2). Beurteilt wird dabei die Sichtbarkeit des Gaumensegel bzw. der Gaumenanteile, wobei die Grade III und IV erschwerte Intubationsbedingungen signalisieren. Allerdings liefert die Einteilung auch falsch-positive Befunde. Die Intubationsbedingungen, speziell der Grad der Visualisierung des Kehlkopfeingangs, werden mit der Einteilung nach Cormack-Lehane beschrieben (Abb. 2.3). Unter Narkosebedingungen wird in der Regel Grad 1 oder 2 erreicht. Grad 3 lässt sich häufig durch Optimierung der Lagerung oder Vertiefen der Narkose in Grad 2 umwandeln. Grad 4 ist extrem selten und findet sich in der Regel nur bei anatomischen Varianten, die häufig auch äußerlich sichtbar sind.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation Abb. 2.2 Einteilung nach Mallampatti.
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I Gaumenpfeiler und Uvula vollständig sichtbar
II Gaumenpfeiler und Uvula sichtbar, Uvulaspitze von Zungenbasis verdeckt
III nur Uvulabasis sichtbar
IV Uvula nicht sichtbar, nur weicher Gaumen sichtbar
Grad 1
Grad 2
Grad 3
Grad 4
Abb. 2.3 Einteilung nach Cormack-Lehane zur Beschreibung der Visualisierung des Kehlkopfeinganges.
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
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Untersuchung des Thorax Neben der Suche nach äußeren Verletzungen, der Beobachtung der Atemexkursion und dem Abtasten auf der Suche nach Rippenfrakturen ist der Auskultationsbefund am aussagekräftigsten. Limitierend sind dabei leider oft im Rahmen der präklinischen Situation störende akustische Umgebungsbedingungen. Ein einseitig abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch weist auf einen Pneumothorax oder Hämatothorax hin, ebenso wie das „Nachhinken“ einer Thoraxhälfte. Auskultatorisch, manchmal auch schon aus der Distanz, lassen feine Rasselgeräusche, kombiniert mit einer Dyspnoe, auf ein Lungenödem schließen. Auskultatorisches Giemen und Brummen, kombiniert mit einer Dyspnoe, sind wegweisend für einen Asthma-bronchiale-Anfall. Neben dem Auskultationsbefund der Lunge lassen sich durch die Auskultation des Herzens weitere wertvolle Hinweise sammeln. Erfassen kann man dabei eine Arrhythmie, ein Pulsdefizit, typische Vitiengeräusche und für den Geübten bei Kindern Rückschlüsse auf den Blutdruck, da die Lautstärke der Herztöne bei Kindern mit dem Blutdruck korreliert.
Untersuchung des Abdomens Äußere Verletzungen des Abdomens, Abwehrspannung oder ein primär gespanntes Abdomen sowie fehlende oder klingende Darmgeräusche sind Grundlage für die Stellung einer Verdachtsdiagnose. Auch die Nierenregion sollte auf Prellmarken und Kontusionszeichen hin untersucht werden. Im Vordergrund steht der Ausschluss eines Blutverlustes in das Abdomen.
Untersuchung der Beckenregion Insbesondere in Verbindung mit Traumata hat die orientierende Untersuchung der Beckenregion große Bedeutung. Bei Beckenfrakturen, oft auch in Verbindungen mit Verletzungen der unteren Extremitäten, sind bedeutende Blutverluste im Bereich von mehreren Litern möglich, die primär nicht erkannt werden und unbehandelt zu einem schweren Volumenmangelschock führen.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
Untersuchung der Extremitäten
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Auch hier liegt das Augenmerk überwiegend auf Frakturen mit teilweise erheblichen Volumenverlusten. So können z. B. Oberschenkelfrakturen einen Blutverlust von bis zu 2 Litern bedeuten. Ebenso wichtig sind eine durch Frakturen bewirkte Minderdurchblutung in der Peripherie (Pulslosigkeit) und Sensibilitätsstörungen durch Nervenverletzung oder -kompression. Entsprechende Informationen spielen bei der Weiterhandlung des eventuell narkotisierten und nicht mehr auskunftsfähigen Patienten in der Klinik eine wichtige Rolle.
Erweiterte technische Möglichkeiten der Diagnostik Neben der klinischen Untersuchung dienen dem Notarzt weitere technische Möglichkeiten zur Absicherung der klinischen Befunde.
EKG Die Ableitung des EKG bietet die Möglichkeiten der Differenzierung von Rhythmusstörungen, der Detektion von myokardialen Ischämien und des Erhaltens von Hinweisen auf Elektrolytstörungen oder eine Perikardtamponade.
Pulsoxymetrie Die arterielle Sauerstoffsättigung, die durch Herz-Zeit-Volumen und Gasaustausch in der Lunge beeinflusst wird, lässt sich durch die Pulsoxymetrie nichtinvasiv erfassen (Abb. 2.4). Dieses In-vivo-Verfahren zur Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung bedient sich der unterschiedlichen Lichtabsorption von oxygeniertem und desoxygeniertem Hämoglobin. Im Sensor befindet sich eine Lichtquelle, die Licht zweier Wellenlängen (660 und 940 nm) aussendet und nach Durchstrahlung des perfundierten Gewebes die Absorption in einem Detektor misst. Die zyklischen Schwankungen der Lichtabsorption während Diastole und Systole ergeben ein Hintergrund- und ein Spitzensignal. Die ermittelte Differenz dieser Absorptionssignale ergibt eine Pulsation, die dem arteriellen Blut zugeordnet werden kann. Die Pulsoxymetrie bietet somit ein Verfahren zur Beurteilung der Oxygenierung und ergänzt die klinische Beobachtung der Atmung. Normalwerte liegen beim Gesunden oberhalb von 95 %. Für die Erkennung einer Hypoxämie ist dieses Verfahren der Beobachtung durch den Arzt weit überlegen, da meist
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Abb. 2.4 Tragbares Pulsoxymeter für den Rettungsdienst.
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erst Sauerstoffsättigungswerte von < 85 % optisch als Zyanose wahrgenommen werden können. Leider ist dieses Verfahren anfällig gegenüber vielen Störfaktoren und abhängig von der Durchblutung. Störend wirken so einfache Dinge wie Nagellack – vor allem in den Farben Schwarz und Grün – und künstliche Nägel. Falsch-hohe Messwerte ergeben sich bei einem hohen Anteil von COHämoglobin (bei Rauchern oder Kohlenmonoxidvergiftung), da dieses systembedingt mitgemessen wird. Ebenso unzuverlässig sind die Aussagen bei Methämoglobinämie. Bei massiver Zentralisation des Kreislaufs mit daraus resultierender ausgeprägter Minderperfusion der Peripherie wie auch bei unterkühlten Extremitäten versagt diese Messmethode jedoch oft vollständig. Abhilfe kann unter Umständen die Platzierung des Sensors am Ohrläppchen oder an Mundschleimhaut oder Zunge schaffen. Hilfreich ist auch die Verwendung von speziellen Klebesensoren an der Nase. Diese stehen im Rettungsdienst jedoch nur sehr selten zur Verfügung. Einige Geräte erlauben nicht nur das Ablesen eines numerischen Wertes für Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz, sondern auch die Beobachtung einer Oxymetriekurve. Diese ermöglicht nicht nur die Beurteilung der Qualität des Signals, sondern lässt auch Rückschlüsse auf den Grad einer bestehenden Minderperfusion zu und gibt bei stark atemabhängiger Schwankung der Kurve Hinweise auf einen Volumenmangel.
Bewusstsein Das Ergebnis der Beurteilung der Bewusstseinslage des Patienten ist von eminenter Bedeutung für die Intervention am Notfallort wie auch für die Auswahl des weiterversorgenden Krankenhauses. Bei Vorliegen des Leitsymptoms
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
„Bewusstlosigkeit“ gilt es als Transportziel, ein Krankenhaus mit der Möglichkeit zur sofortigen Durchführung einer Computertomographie auszuwählen. Im optimalen Fall ist auch die Möglichkeit zur neurologischen oder neurochirurgischen Intervention gegeben. Damit lassen sich unnötige und den Patienten potenziell gefährdende Sekundärtransporte vermeiden. Das Leitsymptom „Bewusstlosigkeit“ oder „Koma“ bedarf immer der Abklärung der zugrunde liegenden Ursache.
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Die häufigsten Ursachen für eine Bewusstlosigkeit sind: 9 Trauma, 9 primär neurologische Störung, 9 zirkulatorische Störung, 9 respiratorische Störung, 9 metabolische Störung, 9 Intoxikation, 9 thermische Störung (Hitzschlag). Zur Abklärung der Ursache ist Folgendes notwendig: 9 Suche nach Verletzungen (nicht nur am Kopf), 9 Beurteilung von Pupillengröße, Pupillendifferenz, Lichtreaktion der Pupillen und Meningismuszeichen, 9 Beurteilung des Kreislaufs (Blutdruck- und Pulsmessung, EKG), 9 Auskultation der Lunge und Pulsoxymetrie, 9 Blutzuckerspiegelbestimmung, 9 Drogenschnelltest (falls verfügbar), 9 Beachtung sonstiger Hinweise: Geruch, Hautfarbe, Temperatur. Als Scoring-System wird weltweit überwiegend die Glasgow Coma Scale (GCS) verwendet. Dieses System ist einfach und präklinisch problemlos anzuwenden und liefert valide, verlässliche Daten. Es ist in fast allen Notarztprotokollen zu finden (Abb. 2.5) und entspricht bezüglich der Dokumentation den Empfehlungen der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Ermittelt wird dabei die jeweils beste Reaktion in den Kategorien „Augen öffnen“, „beste motorische Antwort“ und „verbale Antwort“ (Tab. 2.1). Wesentlich ist dabei, die GCS-Einstufung vor Beginn von Therapiemaßnahmen – insbesondere vor Gabe von Sedativa, Analgetika und Narkotika – vorzunehmen, da eine exakte Beurteilung bezüglich des Schweregrades einer Störung nach Beginn einer Therapie nur mehr von begrenzter Aussagekraft ist.
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
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Tabelle 2.1 Glasgow Coma Scale (GCS) Verhaltensparameter
Beurteilung
Augen öffnen
Spontan
4
Auf Ansprache
3
Auf Schmerzreiz
2
Fehlend
1
Gezielt nach Aufforderung
6
Gezielt auf Schmerzreiz
5
Ungezielt auf Schmerzreiz
4
Beugemechanismen
3
Streckmechanismen
2
Keine Bewegung
1
Orientiert
5
Verwirrt
4
Inadäquat
3
Unverständlich
2
Keine
1
Beste motorische Antwort
Verbale Antwort
Maximale Punktzahl
Score
15
Einschränkungen erfährt dieses Beurteilungsinstrument bei (Klein-)Kindern, da hier die Beurteilungskriterien wegen mangelnder Kooperation nicht immer eindeutig sind. Bedingt verwertbar sind auch Einschätzungen z. B. bei ausländischen Mitbürgern, wenn Sprachbarrieren eine Verständigung unmöglich machen. Anhand des GCS-Scores erfolgt auch die Schweregradeinstufung eines Schädel-Hirn-Traumas (SHT): 9 leichtes SHT: > 12 Punkte; 9 mittelschweres SHT: 9–12 Punkte; 9 schweres SHT: < 8 Punkte.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
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a Abb. 2.5a,b Notarzteinsatzprotokoll der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mit Glasgow Coma Scale (GCS).
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Übereinstimmend wird heute empfohlen, Patienten mit einem GCS-Score von ≤ 8 Punkten zu intubieren. Im Vordergrund stehen hier die Prävention einer Aspiration aufgrund fehlender Schutzreflexe und die Sicherstellung der Oxygenierung, um sekundäre Organschäden zu vermeiden.
Atmung Die Beurteilung der Atmung erfolgt primär als Blickdiagnose. Dies erlaubt die Wahrnehmung von Dyspnoe, Atemexkursionen und Zyanose. Akut behandlungsbedürftig sind aufgrund der vitalen Bedrohung Schnappatmung, Atemstillstand und Bolusaspiration. Unverzichtbar ist in jedem Fall die Pulsoxymetrie, die einen Hinweis auf das Ausmaß einer Hypoxämie liefert. Ansonsten gilt es, unter Sauerstoffgabe, die in dieser Situation zumeist die erste Maßnahme darstellt, die respiratorische Störung näher einzugrenzen. Die Untersuchung des Thorax (s. oben) erfolgt dabei simultan zur Erhebung der Anamnese, die genauso wichtig ist wie Inspektion, Auskultation und Perkussion. Wichtige pulmonale Vorerkrankungen wie Asthma bronchiale, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COLD) oder ein Bronchialkarzinom lassen sich auf diese Weise ebenso erfassen wie Erkrankungen oder Störungen, die sich sekundär auf die Lunge auswirken. Dazu gehören z. B. Herzinsuffizienz, Thrombosen, Allergien oder Akutschädigungen wie Rauch- oder Reizgasexposition oder Beinahe-Ertrinken. Respiratorische Störungen werden von den meisten Patienten als extrem bedrohlich erlebt und erfordern daher neben dem raschen und zielgerichteten Vorgehen des Notarztes immer eine Beruhigung des Patienten. Häufig sind einzelne Befunde mit bestimmten Ursachen verknüpft (Tab. 2.2).
Kreislauf Die Einschätzung der Kreislaufsituation erfolgt am schnellsten mittels Pulspalpation. Am besten zugänglich ist der Karotispuls, der, wenn er tastbar ist, auf einen systolischen Blutdruck von > 80 mmHg hinweist. Ist hier eine Pulsation zu tasten, besteht zumindest ein Minimalkreislauf. Das Palpieren des Femoralispulses stellt je nach Begleitumständen (Zugangsmöglichkeit zum Patienten) eine Alternative dar. Unzuverlässiger ist das Tasten des Radialispulses. Nach orientierender Erfassung der Pulsqualität liefert die Blutdruckmessung nach Riva Rocci genauere Werte. Die Auswahl der Blutdruckmanschette beeinflusst die Messwerte. So liefern zu breite Manschetten zu niedrige Werte, zu schmale Manschetten dagegen falsch-hohe Werte. Am schnellsten ist die pal-
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
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Tabelle 2.2 Atembefunde und deren Ursachen Befunde
Ursachen
Inverse Atmung
Atemwegshindernis
Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, inspiratorischer Stridor
Asthma bronchiale oder exazerbierte chronischobstruktive Lungenerkrankung (COLD)
Maschinenatmung oder periodische Atmung
Zerebrales Geschehen, apoplektischer Insult, Schädel-Hirn-Trauma
Kußmaul-Atmung
Diabetisches Koma
Hypersonorer Klopfschall, fehlendes Atemgeräusch
Pneumothorax
Gedämpfter Klopfschall, fehlendes Atemgeräusch
Hämatothorax, Pleuraerguss
Exspiratorischer Stridor
Obstruktion der unteren Atemwege
Inspiratorischer Stridor
Mechanische oder entzündliche Verlegung der oberen Atemwege
Grobblasige Rasselgeräusche
Eher pulmonale Ursache
Feinblasige Rasselgeräusche
Eher kardiale Ursache
Feinblasige Rasselgeräusche und gestaute Halsvenen
Embolie
Hautemphysem
Pneumothorax
Tachypnoe
Unspezifische Reaktion auf eine Hypoxämie
patorische Messung mit Tasten des Radialispulses bei Ablassen des Manschettendrucks durchführbar. Dabei ist allerdings nachteilig, dass nur der systolische Wert erfasst wird. Am zuverlässigsten sind automatisierte Methoden, meist auf oszillometrischer Basis, die zusätzlich zu den systolischen und diastolischen Werten auch den mittleren arteriellen Druck (MAP) angeben. Der MAP gilt als wichtiger Parameter zur Beurteilung der Perfusion. Die Benutzung der Blutdruckmanschette anstelle eines Stauschlauches zum Stauen für die Venenpunktion ist ein einfaches Verfahren, das nicht nur einen Zeitgewinn bedeutet, sondern auch definierte Staubedingungen (gesicherter arterieller Zustrom, blockierter venöser Abfluss) ermöglicht.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
Abschätzung des Blutverlustes anhand der initialen Untersuchungsbefunde: Besteht der Verdacht auf eine Blutung – in der Regel bei Traumapatienten –, ist eine Abschätzung des Blutverlustes anhand von klinischen Parametern unerlässlich, um vor der Narkoseeinleitung eine ausreichende Volumensubstitution vornehmen zu können. Die in Tabelle 2.3 genannten Volumenangaben beziehen sich auf einen 70 kg schweren, männlichen Patienten. Die anschließende Auskultation des Herzens erlaubt die Erfassung pathologischer und vitientypischer Geräusche sowie eines Pulsdefizits. Eine weiterführende Diagnostik, vor allem eine Rhythmusdiagnostik, ist nur mittels EKG möglich. Die schnellste Ableitungsmöglichkeit ist Ableitung über die Defibrillatorpaddels. Das klinische Standard-EKG wird über 12 Ableitungen erfasst; präklinisch ist die Erfassung der 3 Standardableitungen nach Einthoven meist ausreichend, auch wenn hierbei myokardiale Ischämien nicht sicher erfasst werden. Eine genauere Erfassung von Ischämiezeichen ist nur bei zusätzlicher Ableitung von aVR, aVL, aVF und möglichst V5 möglich. Bei nur 3 verfügbaren Ableitungen bietet eine Platzierung der roten Elektrode rechts infraklavikulär, der schwarzen bzw. grünen Elektrode links infraklavikulär und der gelben Elektrode lateral der Herzspitze bei Wahl der Ableitung 1 die beste Möglichkeit zur Ischämiediagnostik. Wichtig ist vor allem die Einschätzung einer Behandlungsbedürftigkeit vorliegender Rhythmusstörungen. Eine Sinustachykardie kann Ausdruck der Kompensation eines Volumenmangels oder einer psychischen Belastung sein. Eine
Tabelle 2.3 Abschätzung des Blutverlustes anhand initialer Untersuchungsbefunde Blutverlust (ml/ % des Blutvolumens) Bis 750/bis 15
750–1500/ 15–30
1500–2000/ 30–40
> 2000/> 40
Herzfrequenz (1/min)
< 100
> 100
> 120
> 140
Blutdruck
Normal
Normal
Vermindert
Vermindert
Blutdruckamplitude
Normal oder vergrößert (!)
Vermindert
Vermindert
Vermindert
Atemfrequenz (1/min)
14–20
20–30
30–35
> 35
Zentralnervöse Funktion und Bewusstseins zustand
Geringe Unruhe
Mittelgradige Unruhe
Hochgradige Unruhe, Desorientiertheit
Desorientiertheit, Lethargie
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
Sinusbradykardie ist unter Umständen schmerzbedingt oder medikamentös induziert, da viele Patienten inzwischen mit b-Blockern eingestellt sind, oder sie ist als Zeichen eines drohenden Kreislaufstillstandes zu werten. Gerade bei Kindern sind Bradykardien immer als bedrohlich einzustufen, da hier – bei fixem Auswurfvolumen – eine Steigerung der Herzfrequenz die einzige Möglichkeit der Steigerung des Herzzeitvolumens darstellt. Für die Diagnose einer Perikardtamponade ist eine ausgeprägte Niedervoltage wegweisend. Auch Elektrolytstörungen wie z. B. eine Hyperkaliämie zeigen charakteristische EKG-Veränderungen. Vor Einleitung einer Narkose sind somit eventuell erste Therapieschritte zu erwägen.
Umgebungsbedingungen Besondere Beachtung bei der Einschätzung des Patienten verdienen die Umgebungsbedingungen. Bei Traumapatienten sind Hinweise auf typische Verletzungen aufgrund des Unfallhergangs abzuleiten. Genauso bedeutsam sind Wahrnehmungen aus dem sozialen Umfeld und außergewöhnliche Begleitumstände wie z. B. Brand- oder Gasgeruch sowie Umweltbedingungen wie extreme Hitze, Kälte oder Nässe.
Unfallhergang Bereits die Auffindesituation des Unfallopfers kann – selbst wenn durch moderne Rückhaltesysteme und Airbags keine äußeren Verletzungen vorliegen – wertvolle Hinweise auf die Art der Schädigung geben. Wichtig sind z. B. Deformationen an Unfallfahrzeugen, die Rückschlüsse auf das Unfallgeschehen und typischerweise damit verbundene Verletzungen zulassen. So sind bei seitlichen Kollisionen oft innere Organe wie Leber, Milz und Nieren betroffen – unabhängig davon, ob das Unfallopfer angegurtet war oder nicht. Auffahrunfälle führen häufig zu Wirbelsäulenverletzungen. Deformierte Lenksäulen und Windschutzscheiben weisen auf Thoraxverletzungen und Schädel-Hirn-Traumata hin. Häufig finden sich dabei auch „Kettenfrakturen“ (Unterschenkel, Oberschenkel, Becken, Wirbelsäule). Auch das Alter des Patienten spielt eine Rolle. Bei Kindern liegen aufgrund der Rückhaltesysteme und der anatomischen Gegebenheiten oft Verletzungen im Kopf- und Halswirbelsäulenbereich vor, Thoraxverletzungen sind eher seltener. Verkehrsunfälle ohne Fremdbeteiligung, gerade bei älteren Patienten, weisen oft auf primär internistische Ursachen (Herzanfall, Hypoglykämie etc.) als Auslösemechanismus für den Unfall hin.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
Zugänglichkeit des Patienten
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Eine besondere Herausforderung für den Notarzt sind eingeklemmte oder schwer zugängliche Patienten. Bei eingeklemmten Patienten entzieht sich das Ausmaß der Verletzungen oftmals der Beurteilung. Gerade solche Patienten verschlechtern sich mit Fortgang der technischen Rettung oft sehr schnell. Eine vorausschauende Planung mit Bereitstellung des wahrscheinlich benötigten Materials erleichtert das Vorgehen. Die Möglichkeiten für einen schnellen und ausreichenden Volumenersatz durch Einbringen mehrerer großlumiger Zugänge sind hier ein Beispiel. Der Zugang zum Kopf des Patienten ist im Hinblick auf eine notwendige Narkoseeinleitung essenziell. Gegebenenfalls muss man die nicht durchführbare Intubation des Patienten durch alternative Verfahren der Atemwegssicherung ersetzen. Aber nicht nur eingeklemmte, traumatologische Patienten stellen ein Problem dar – bereits eine normale häusliche Situation wie die Lage des Patienten in einem kopfseitig nicht zugänglichen Bett kann die Versorgung erschweren. Die Kernfrage in Bezug auf eine Narkoseeinleitung wird immer lauten: Habe ich die Zeit und die Möglichkeit, die Narkoseeinleitung unter optimierten Bedingungen, z. B. im Rettungswagen, vorzunehmen? Die zweite Frage ist die nach der notwendigen Medikation. Dabei gilt: 9 Ist der Patient agonal? Bei Kreislaufstillstand ist keine Begleitmedikation für die Intubation notwendig. 9 Ist der Patient apathisch? Eine geringe Hypnotikadosis ist ausreichend, und die Intubation ist oft ohne Narkose möglich. 9 Ist der Patient agitiert/akinetisch? Hier ist eine hohe Narkotikadosis zur Intubation notwendig. 9 Ist der Patient ansprechbar? Die Indikation zur Intubation ist kritisch zu stellen.
2.2 Aufgaben des Notarztes Die Aufgaben des Notarztes bei der Vor-Ort-Versorgung lassen sich einfach definieren: 9 Einschätzung der Schwere des Krankheitsbildes, 9 Identifikation und sofortige Behandlung lebensbedrohlicher Krankheitszustände, 9 Verhinderung zusätzlicher Schädigungen, 9 Sicherstellung eines sicheren und dem Krankheitsbild angepassten zügigen Transportes, 9 Auswahl eines geeigneten Krankenhauses.
2.1 Präklinische Situation bei der Narkoseeinleitung
Prinzipiell unterscheiden sich diese Aufgaben nicht von denen bei einer Klinikaufnahme. Dennoch sind Kenntnisstand und Erfahrung Dreh- und Angelpunkte bei der Durchführung einer Maßnahme. Diese triviale Feststellung umfasst für den Notarzt Vertrautheit und Erfahrung mit der Notfallnarkose. Im Rahmen der aktuellen Notarztausbildung ist für die Narkose ein 45minütiger Vortrag vorgesehen. Praktische Erfahrungen werden nicht gefordert. Aus Lernkurven für die Intubation ist jedoch bekannt, dass die Intubation nach 60- bis 70-maliger Durchführung eine Erfolgsrate von 90 % erreicht. Um eine gegen 100 % gehende Erfolgsrate zu erzielen, sind dagegen rund 1000 Intubationen notwendig. Diese Zahl lässt sich nur bei einer längeren Tätigkeit auf einer Intensivstation oder im Operationssaal erreichen. Für die Bedingungen der Notfallsituation gilt, dass die Erfolgsrate gegenüber dem Operationssaal geringer ist. Gleichzeitig gilt jedoch gerade auch für Notfallsituationen, dass unbemerkte Fehlintubationen, fehlender Intubationserfolg und nicht gelingende Maskenbeatmung sehr schnell mit hypoxischen Zuständen des Patienten enden. Fehler bei der Einschätzung des Volumenstatus und eine unzureichende Volumensubstitution im Zusammenhang mit einer Narkoseeinleitung führen zu hypodynamen Zuständen, die bei unzureichendem Komplikationsmanagement in überraschenden, jedoch vermeidbaren Kreislaufstillständen enden.
T
Ein Grund dafür besteht darin, dass Notärzte in unterschiedlichen Fachdisziplinen tätig sind. Nicht alle Fachdisziplinen führen häufig invasive Maßnahmen durch, die in der Notfallmedizin gefordert sind. Damit ist die Spannbreite der Erfahrung mit der Narkosedurchführung bei Notärzten sehr unterschiedlich. Ob damit auch Unterschiede in der Versorgungsqualität entstehen, die für den Patienten relevant sind, ist mit Literaturdaten nicht zu objektivieren, lässt sich aber nicht ausschließen. Dazu kommen die Unterschiede in der Versorgungsstruktur des Notarztdienstes. Während in einer Praxis oder in der Notaufnahme einer Klinik organisierte, in der Regel immer wieder genutzte Strukturen vorhanden sind, muss diese Struktur im Notarztdienst jedes Mal neu und unter immer wieder anders gearteten Umständen aufgebaut werden. Dafür sind zusätzliche und im Vergleich zum medizinischen Alltag teilweise ganz anders geartete Fähigkeiten gefordert. Ein wichtiger Punkt ist die effiziente Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienstpersonal sowie mit Polizei und Feuerwehr. Das Hineinversetzen in das Denken und Handeln anderer Berufsgruppen erleichtert das Arbeiten, wird jedoch kaum trainiert. Dazu kommen Sicherheitsaspekte bei der Arbeit unter gefährlichen oder unkontrollierbaren Umgebungsbedingungen. Die Notwen-
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2
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
digkeiten der Improvisation, der medizinischen Versorgung ohne Rücksprachemöglichkeit mit Erfahrenen oder Absicherung durch zusätzliche Hierarchieebenen und des über Algorithmen hinausgehenden Arbeitens sind ungewohnt und sorgen für Unsicherheit. Für die Versorgung des Patienten ist das Vorhandensein fehlerbegünstigender Faktoren nachteilig. Dazu gehören: 9 fehlende Vertrautheit mit der Aufgabe, 9 Zeitmangel, 9 Informationsdefizite, 9 Informationsüberladung, 9 Risikofehleinschätzung, 9 fehlende Rückkopplung verwendeter Systeme, 9 fehlende Überprüfung von Material und Methoden, 9 unzureichende Handlungsanweisungen, 9 Ausbildungsdefizite, 9 Langeweile und fehlende Aufmerksamkeit, 9 unwirtliche Umgebung, 9 Unerfahrenheit. Alle diese Faktoren können bei der Narkoseeinleitung in mehr oder weniger stark ausgeprägter Form gegeben sein. Eine häufige Kombination ist folgende Trias: 9 Informationsdefizit über den Patienten, 9 Zeitdruck, 9 Erfahrungsmangel bei der Narkosedurchführung. Die Minimierung der genannten Faktoren reduziert die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich.
2.3 Aufgaben des Rettungsassistenten Die Assistenz bei der Einleitung einer Narkose im Rettungsdienst wird in der Regel durch die Besatzung des Rettungswagens oder in der Luftrettung durch den Rettungsassistenten des Rettungshubschraubers gewährleistet. Sie beinhaltet: 9 Vorbereitung des notwendigen Materials und der erforderlichen Ausrüstung, 9 Vorbereitung und Bereitstellung von Medikamenten, 9 Assistenz bei Narkoseeinleitung und Atmwegssicherung, 9 Vorbereitung des Transports unter Narkosebedingungen.
2.3 Aufgaben des Rettungsassistenten
In der Luftrettung beträgt die Inzidenz der Narkoseeinleitung bei transportierten Patienten 5–10 %. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Einsatzzahl von 1500 errechnet sich für einen Rettungshubschrauber eine Inzidenz von 150 Narkosen/Jahr. Bei einer Crew-Stärke von 5 Rettungsassistenten pro Hubschrauber ergibt sich eine Zahl von 30 Narkosen/Jahr, die von einem Rettungsassistenten in der Luftrettung assistiert werden. Die korrespondierende Zahl für eine Anästhesieschwester liegt bei 1000 Anästhesien/Jahr. Für die Bodenrettung wird von einer Narkosehäufigkeit von 1–3 % ausgegangen. Damit reduziert sich die Inzidenz für die Assistenz gegenüber der Luftrettung deutlich. Dennoch sind die Aufgaben bei der präklinischen Narkoseeinleitung genauso anspruchsvoll wie in der Klinik. Für die Assistenz sollten deshalb die gleichen Grundsätze gelten wie in der Klinik. Die Abläufe bei einer Narkoseeinleitung sind arbeitsteilig zwischen Arzt und Assistenz und müssen aufeinander abgestimmt werden. Leider wird die Assistenz bei der Narkoseeinleitung häufig auf die Vorbereitung von Material und Medikamenten reduziert. Die Aufgabe der Assistenz ist jedoch wesentlich umfangreicher und anspruchsvoller: Gute Assis tenz bei der Narkoseeinleitung bedeutet nicht nur Bereitstellung von griffbereitem, auf sichere Funktion hin geprüftem Material und in ausreichender Menge aufgezogener Medikamente, sondern auch Vorbereitung auf eventuelle Probleme, Schwierigkeiten und sogar Komplikationen. Die Kenntnis potenzieller Probleme und deren Bewältigung gehören in das Repertoire einer guten Anästhesieassistenz. Die Vermittlung dieser Fertigkeiten lässt sich theoretisch nur unzulänglich vermitteln und bedarf eines umfangreichen Teamtrainings. Zwar lässt sich die Vorbereitung von Material und Medikamenten theoretisch lehren, jedoch sind die Abläufe bei der Narkoseeinleitung so komplex, dass sie möglichst vorher in einer Simulation eingeübt werden sollten, um das Zusammenspiel von Arzt und Assistent einzuüben. Dabei lassen sich Fehlerquellen entdecken, die für den Einzelnen als Fehler nicht sichtbar werden. Dazu wird ein kurzes Beispiel erläutert, das aus der Praxis entnommen ist: Häufig wird beim Aufziehen von Medikamenten versucht, auch den letzten Rest aus der Ampulle in die Spritze zu ziehen. Für die letzten 10 % des Ampulleninhaltes wird die zum Aufziehen des Medikaments notwendige Zeit um 50 % verlängert. Der Assistent ist zufrieden, wenn sich der Ampulleninhalt komplett in der Spritze befindet. Der Arzt hat jedoch das Gefühl, dass es sehr lange dauert, bis mit der Narkoseeinleitung begonnen werden kann. Dieses Gefühl aggraviert sich umso schneller, je bedrohlicher der Zustand des Patienten ist. Unnötige Spannungen bei der weiteren Versorgung können so sehr leicht initialisiert werden. Ein schnelles Aufziehen nur eines Großteils des Ampulleninhalts kann in dieser Situation deutlich zielführender sein.
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
2.4 Spezielle Aspekte
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Traumatisierte Patienten Bei Traumapatienten lassen sich 3 Gruppen unterschieden: 9 Einzel- oder Mehrfachverletzung ohne vitale Bedrohung, 9 schwere, lebensbedrohliche Einzelverletzung, 9 Polytraumatisierung. Das Polytrauma wird definiert als Verletzung mehrerer Körperregionen oder mehrerer Organsysteme, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen vital bedrohlich ist, und zwar mit einer Verletzungsschwere nach dem Injury Severity Score (ISS) (s. Kap. 6.1) von ≥ 16 Punkten. In den Industrienationen sind schwere Traumen bei Menschen unter 44 Jahren die führende Todesursache. In Deutschland rechnet man mit etwa 8000 Schwerstverletzten pro Jahr. Neunzig Prozent der Verletzungen sind stumpfe Traumen. Männer sind häufiger betroffen. Die Gesamtletalität beträgt bei Polytraumatisierten etwa 20 %. Häufigste Ursache sind Verkehrsunfälle, daneben Arbeits-, Sport- und Freizeitunfälle. In der Regel sind alle Körperregionen betroffen, das heißt es finden sich kombinierte Verletzungen 9 der Körperhöhlen (Schädel, Brustkorb, Bauch), 9 des Achsenorgans (Wirbelsäule und Rückenmark) und 9 des Stütz- und Bewegungsorgans. Allein der entsprechende Unfallhergang sollte die mögliche Versorgung einer Polytraumatisierung in Erwägung ziehen lassen. Dazu gehören: 9 Sturz aus einer Höhe von mehr als 3 Metern, 9 Herausschleudern aus dem Fahrzeug, 9 Tod eines Beifahrers, 9 Anfahren eines Fußgängers oder Radfahrers, 9 Motorrad- oder Autounfall mit höherer Geschwindigkeit, 9 Einklemmung oder Verschüttung, 9 Explosionsverletzungen, 9 hohe Energieeinwirkung (Fahrzeugdeformierung). Das Ziel der folgenden Diagnostik und Therapie besteht in der unverzüglichen Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen, der Vermeidung weiterer Schädigungen und dem raschen Transport in eine geeignete Klinik. Diagnostische Schwierigkeiten ergeben sich durch
2.4 Spezielle Aspekte
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9 inadäquate Einschätzung der Verletzungsschwere und des Verletzungsmusters (Über- oder Unterbewertung), 9 Nichterkennen unfallursächlicher Erkrankungen und 9 unbekannte Vorerkrankungen.
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Pathophysiologisch betrachtet findet sich beim Polytraumatisierten aufgrund eines mehr oder weniger stark ausgeprägten Volumenmangels meist folgender Symptomenkomplex: 9 Hypovolämie, 9 Hypotonie, 9 Tachykardie, 9 Azidose. Es entsteht eine Kombination aus einer metabolischen und einer respiratorischen Azidose. Die metabolische Azidose entsteht durch eine Mikrozirkulationsstörung mit anaerober Glykolyse und Laktatanreicherung. Die respiratorische Azidose entwickelt sich durch eine Hypoventilation mit konsekutivem Anstieg der Kohlendioxidkonzentration. Die Hypoventilation tritt aufgrund von Schmerzen mit resultierender Schonatmung, zentral durch ein SchädelHirn-Trauma oder auch durch eine Kombination dieser Faktoren ein. Schmerzen und Stress führen zu einer Steigerung des Sympathotonus mit Absinken des extrazellulären Kaliumspiegels, was dem azidosebedingten Anstieg des Kaliumwertes entgegenwirkt. Pathogenetisch kommt es zu weiteren Veränderungen auf zellulärer Ebene, die in der Regel erst für die aufnehmende Klinik von Bedeutung sind (Abb. 2.6). Intubation und normoventilatorische Beatmung, welche die respiratorische Azidose ausgleichen, sowie eine Volumenersatztherapie zur Beseitigung der Mikrozirkulationsstörung führen zu einem Absinken des Kaliumspiegels, was spätestens bei Klinikaufnahme substitutionspflichtig wird. Daraus ergeben sich folgende Punkte, welche in die Planung der Narkoseeinleitung mit einzubeziehen sind: 9 fehlende Nüchternheit, 9 latente Hypoxie, 9 Hyperkapnie, 9 Volumenmangel, 9 Hypokaliämie nach Narkoseeinleitung. Schmerzen und Stress führen zu einem erhöhten Narkosemittelbedarf. Der verringerte Verteilungsraum bei Volumenmangelschock lässt den Narkosemittelbedarf theoretisch geringer werden. Für Erwachsenen gilt: Je jünger der Patient
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation Herzminutenvolumen Hypotension
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venöses Angebot
Blut-, Plasma- und Wasserverluste
Hyperkoagulabilität und Aggregation von Erythro-, Leuko- und Thrombozyten
Gewebehypoxidose Hypostase Hypovolämie
arterioläre Vasokonstriktion intravasale Koagulation und Verbrauchskoagulopathie
erhöhte Durchlässigkeit der Kapillarwand für Eiweiß mit Austritt von Plasma in das Interstitium
Kapillarfluss Viskosität postkapillarer Widerstand
Abb. 2.6 Pathogenese des hypovolämischen Schocks. Gestrichelte Pfeile: Kausalgenese des Schocks bei metabolischen Krisen sowie endogenen und exogenen Intoxikationen. Nach G. Riecker: Handbuch der inneren Medizin, 5. Aufl., Bd. 9/II, Springer, Berlin 1984.
ist und je weniger Begleiterkrankungen er hat, umso stärker kommt der erstgenannte Aspekt zum Tragen. Ältere Patienten (> 60 Jahre) benötigen trotz des verringerten Verteilungsraumes eine dem Körpergewicht angepasste Dosis an Einleitungsmedikamenten. Für die Aufrechterhaltung der Narkose während des Transports gilt allerdings, dass eine ausreichende Narkosemittelgabe notwendig ist, um das Aufwachen oder gar akzidentelle Selbstextubationen zu vermeiden. Bei Patienten, die im Rahmen der Polytraumatisierung ein Schädel-HirnTrauma erlitten haben und nicht ansprechbar oder bewusstlos sind, erscheint eine deutliche Reduktion der Einleitungshypnotika sinnvoll. Überraschenderweise haben diese Patienten sehr häufig einen erhaltenen Muskeltonus und Abwehrreflexe. Sehr häufig wird versucht, diese Patienten ohne oder mit sehr geringen Dosen an Einleitungsmedikamenten zu intubieren. Schwierigkeiten beim Öffnen des Mundes sowie unzureichende Visualisierung der Glottis bei der Laryngoskopie durch Schlucken oder Abwehrbewegungen führen zu Intubationsschwierigkeiten oder –insbesondere bei wiederholten Intubationsversuchen – zu Erbrechen und Aspiration. Das schnelle und ausreichende Vertiefen der Narkose und – wenn eine ausreichende Visualisierung der Glottis möglich erscheint – eine zusätzliche Relaxierung des Patienten sind die besten Maßnahmen, um eine schnelle Intubation zu erreichen.
2.4 Spezielle Aspekte
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Tabelle 2.4 Erfordernisse bei der Intubation von Traumapatienten Befund
Erstmaßnahmen
Zusätzliche Erfordernisse
Monitoring
Apnoe und komplette Verlegung der Atemwege
Sofortige Intubation
Immobilisation der Halswirbelsäule
–
Schwere Hypoxie (Sauerstoffsättigung < 85 %)
Anlage eines venösen Zugangs, Narkoseeinleitung
Immobilisation der Halswirbelsäule
Sauerstoffsättigung
GCS < 8
Kurze klinische Unter suchung, Anlage eines venösen Zugangs, Narkoseeinleitung
Immobilisation der Halswirbelsäule
Sauerstoffsättigung, Blutdruck
GCS < 12
Klinische Untersuchung, Anlage eines venösen Zugangs, Narkoseeinleitung
Immobilisation der Halswirbelsäule
Sauerstoffsättigung, Blutdruck
GCS = Glasgow Coma Scale
Narkosemittelbedarf bei Traumapatienten 9 Stark erhöhter Narkosemittelbedarf bei jungen, vorher gesunden Traumapatienten, insbesondere mit Schädel-Hirn-Trauma 9 Gewichtsadaptierter Narkosemittelbedarf bei älteren Traumapatienten (trotz volumenmangelbedingtem verringerten Verteilungsvolumen)
S
Erfordernisse bei der Intubation von Traumapatienten sind in Tabelle 2.4 dargestellt.
Internistische Patienten Herz- und Kreislauffunktion Patienten mit internistischen Grunderkrankungen sind meistens älter. Häufig finden sich arteriosklerotische Veränderungen. Koronardurchblutung und zerebrale Perfusion sind eingeschränkt. Eine latente oder manifeste Herzinsuffizienz ist vorhanden. Dadurch wird die Kreislaufzeit verlängert. Hyperto-
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
nus und eingeschränkte Regulationsmechanismen des Gefäßsystems sind mit zunehmendem Alter fast die Regel. Dauermedikationen mit blutdrucksenkenden Medikamenten, Digitalispräparaten und Diuretika können vorausgesetzt werden. Elektrolytverschiebungen sind bei diesen Medikamentenkombinationen häufig und manifestieren sich in Form von Rhythmusstörungen, speziell ventrikulären Extrasystolen bei diuretikabedingter Hypokaliämie und langsamer Herzfrequenz bei Digitalisoder b-Blocker-Einnahme.
Atmung Vonseiten der Atmung finden sich als internistische Begeleiterkrankungen häufig chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COLD) und emphysematische Veränderungen. Die Indikation zur Intubation wird allgemein bei diesen Patienten kritisch gestellt, da die Respiratorentwöhnung problematisch sein kann. Die jetzigen Beatmungsregimes auf Intensivstationen lassen jedoch eine gegenüber anderen Patientengruppen nicht deutlich verlängerte Respiratorentwöhnung zu. Im Hinblick auf das Vorgehen bei der Narkoseeinleitung lassen sich 2 große Gruppen unterscheiden: 9 Patienten mit Status asthmaticus, 9 Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz und daraus resultierendem Lungenödem Beide Patientengruppen sind durch ihre pathophysiologoischen Veränderungen aus anästhesiologischer Sicht bei der Narkoseeinleitung Hochrisikogruppen zuzuordnen und werden in der Klinik möglichst im Rahmen eines kompletten intensivmedizinischen Standards mit hohem personellen und technischen Aufwand eingeleitet. Diese Möglichkeiten sind in der Notfallsituation nicht gegeben und müssen deshalb durch genaue Kenntnis und Berücksichtigung der pathophysiologischen Veränderungen ausgeglichen werden. Bei Patienten mit Asthma bronchiale sind aufgrund des hohen intrathorakalen Drucks hohe rechtsventrikuläre Füllungsdrücke zu erwarten. Im Status asthmaticus sind sowohl der intrathorakale Druck als auch die rechtsventrikulären Füllungsdrücke weiter gesteigert. Bei der Narkoseeinleitung sinken durch die Einleitungshypnotika die linksventrikulären Füllungsdrücke. Konsekutiv sinken die rechtsventrikulären Füllungsdrücke. Durch die Beatmung nach der Intubation steigt zusätzlich der intrathorakale Druck. Damit wird die rechtsventrikuläre Nachlast deutlich höher, und das Risiko eines rechtsven-
2.4 Spezielle Aspekte
Druck [P]
isovolumetrische Maxima
P1
isotonische Maxima
P2
Abb. 2.7 Frank-StarlingKurve. Nach R.F. Schmidt und G. Thews: Physiologie des Menschen, 22. Aufl., Springer, Berlin 1985.
Ruhedehnungskurve
Volumen [V]
trikulären Pumpversagens aufgrund fehlender rechtsventrikulärer Vorlast bei gleichzeitig zu hoher Nachlast steigt. Bei Patienten mit Lungenödem sind die linksventriklären Füllungsdrücke und der systemische periphere Widerstand hoch. Durch die Einleitungshypnotika sinkt der systemische Widerstand, was einen konsekutiven Blutdruckabfall zur Folge hat. Nach der Intubation sinkt unter der Beatmung der linksventrikuläre Füllungsdruck. Durch die Linksverschiebung auf der Frank-Starling-Kurve kommt es zu einer Ökonomisierung der kardialen Funktion mit Zunahme des Herzzeitvolumens und konsekutivem Blutdruckanstieg (Abb. 2.7).
Neurologische und neurochirurgische Patienten Für die Narkoseeinleitung bei neurologischen und neurochirurgischen Patienten ist die Physiologie der Hirndurchblutung und des intrakraniellen Drucks von besonderer Wichtigkeit. Das zerebrale Gefäßsystem unterliegt einer Autoregulation. Dadurch wird beim gesunden Gehirn eine konstante Durchblutung im Bereich von 60– 150 mmHg gewährleistet. Damit ist der Blutdruck beim Gesunden nur unwesentlich an der Regulation der Hirndurchblutung beteiligt. Bei zerebralen Schädigungen wie Trauma oder Blutung kommt es jedoch sehr schnell zum Aussetzen dieses Mechanismus. Die Hirndurchblutung folgt dann passiv dem zerebralen Perfusionsdruck. Änderungen der Hirndurchblutung werden vor allem durch den arteriellen CO2-Partialdruck hervorgerufen: Eine Hypoventilation mit Anstieg des CO2-Par-
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
tialdrucks führt zu einer Vasodilatation mit Zunahme der Hirndurchblutung, eine Hyperventilation mit erniedrigtem arteriellen CO2-Partialdruck zu einer zerebralen Vasokonstriktion mit Reduktion der Hirndurchblutung. Ein CO2Partialdruck von 15–20 % reduziert die Hirndurchblutung um 40–60 %, und bei einem CO2-Partialdruck von 70–80 mmHg steigt sie um maximal 100–120 % an. Der intrakranielle Druck beträgt normalerweise 10–15 mmHg und ist mit dem intrakraniellen Liquordruck gleichzusetzen. Bei krankhaften Prozessen, etwa intrakraniellen Blutungen, einem Hirnödem oder Tumoren, hat das Gehirn, welches in den knöchernen Schädel eingebettet ist, keine Möglichkeit der Ausdehnung. Bereits eine geringe Zunahme des intrakraniellen Blutvolumens führt zu einem exponentiellen Anstieg des intrakraniellen Drucks. Dabei sind Hirndruckanstiege auf > 50 mmHg pathologisch. Bei Husten und Pressen werden Werte von > 30 mmHg registriert. Längerfristige Werte von > 20 mmHg sind behandlungsbedürftig. Länger bestehender hoher Hirndruck unterhalb des Kleinhirnzeltes führt klinisch zu einer Einpressung von Kleinhirnteilen in das Hinterhauptloch (Abb. 2.8). Das klinische Bild zeigt dann Nackensteife, Zyanose, Benommenheit bis Bewusstseinsverlust sowie eventuell einen akuten Atemstillstand. Neben der Zunahme des Hirnvolumens durch Ödem oder Tumor kann auch das intrakranielle Blutvolumen erhöht sein. Gründe für eine Zunahme des intrakraniellen Blutvolumens durch zerebrale Vasodilatation sind neben den bereits genannten Gründen vasodilatatorisch wirksame Medikamente wie Nitroglyzerin.
Abb. 2.8 Kleinhirndruckkonus bei ausgedehnter Kontusion des Kleinhirns. Nach Kessel F, Guttmann L und Maurer G: Neuro-Traumatologie, Bd. 1, Urban u. Schwarzenberg, München 1969.
2.4 Spezielle Aspekte
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Falsche Anästhesietechniken können somit sehr schnell einen Anstieg des Hirndrucks durch raumfordernde Prozesse verstärken. Dazu gehören: 9 Husten und Pressen bei der Intubation, 9 Hypoventilation bei der Beatmung, 9 abknickende Lagerung des Kopfes mit Abflussbehinderung der großen venösen Gefäße, 9 unzureichende Narkosetiefe mit unkontrollierten Blutdruckanstiegen.
2
Einleitungshypnotika vermindern in unterschiedlichem Maße die Hirndurchblutung und das intrakranielle Blutvolumen. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Barbituraten und Propofol. Diesem Effekt ist der blutdrucksenkende Effekt dieser Substanzen gegenüberzustellen (Verlust der Autoregulation). Als Konsequenz aus dieser Überlegung gilt, dass beide Substanzen für Narkoseeinleitungen bei intrakraniellen Prozessen und fraglich erhöhtem intrakraniellen Druck geeignet sind, wenn es gelingt, den Blutdruck im normotonen Bereich zu halten. Für die Beatmung nach der Intubation gilt es, eine Normokapnie zu erzielen. Der CO2-Partialdruck sollte 35–40 mmHg betragen. Eine endexspiratorische CO2-Konzentrationsmessung erlaubt bei normalem Herzzeitvolumen eine annähernd genaue Einstellung. Der endexspiratorische Wert liegt etwa 5 mmHg unter dem arteriellen CO2-Partialdruck. Nach Körpergröße und gewicht eingestellte Atemminutenvolumina führen in der Regel zu einer leichten bis mäßigen Hyperventilation. Ursache sind zu hoch angesetzte Empfehlungen für das Atemzugvolumen (bis zu 10 ml/kg KG) und für die Atemfrequenz (etwa 12/min), die sich an der Spontanatmung orientieren.
Kinder In der Klinik sind Narkosen bei Kindern inzwischen zu einer Subspezialität der Anästhesie geworden, und es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Häufigkeit von kritischen Ereignissen und Komplikationen mit fortschreitendem Ausbildungsstand und der Zahl durchgeführter Narkosen abnehmen. Im Rettungsdienst ist die Behandlung von Kindern und sind vor allem Einleitung und Durchführung einer Narkose oft ein sehr stark emotional besetztes Thema, nicht nur aufgrund der psychischen Belastung, sondern insbesondere aufgrund der physiologischen Besonderheiten im Säuglings- und Kleinkindesalter. Als Leitsatz gilt daher: Ein Kind ist kein kleiner Erwachsener. Wichtige Definitionen zur Alterseinteilung sind im Folgenden aufgelistet: 9 Frühgeborene: vor der 38. Schwangerschaftswoche geboren; 9 Neugeborene: 1.–28. Lebenstag;
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
9 Säuglinge: bis Abschluss des ersten Lebensjahres; 9 Kleinkinder: 2.–5. Lebensjahr; 9 Schulkinder: 6.–14. Lebensjahr. Die Unterschiede zum Erwachsenen betreffen vor allem: 9 Anatomie und Atemphysiologie, 9 Herz-Kreislauf-System, 9 Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, 9 Temperaturregulation, 9 Pharmakologie.
Anatomie und Atemphysiologie Bei Kindern ist der Kopf groß und der Hals kurz, und die relativ vergrößerte Zunge neigt mehr als beim Erwachsenen zum Zurückfallen. Ein weiteres Atemwegshindernis können stark vergrößerte (Kontakt-)Tonsillen darstellen. Die engste Stelle der oberen Luftwege findet sich im Bereich des Ringknorpels (Erwachsene: Stimmbandebene). Die Trachea ist sehr kurz, der Abgangswinkel der Hauptbronchien ist links und rechts nahezu gleich, das heißt eine einseitige Intubation ist leicht möglich, sowohl links- als auch rechtsseitg. Die Rippen stehen fast horizontal, die Atmung erfolgt hauptsächlich mit dem Zwerchfell. Bei erhöhtem intraabdominellen Druck besteht sehr schnell die Gefahr der Ateminsuffizienz. Die Dehnbarkeit der Lunge (Compliance) ist herabgesetzt, die Resistance erhöht. Ferner sind Säuglinge und Kleinkinder überwiegend Nasenatmer. Neugeborene haben aufgrund der gesteigerten Stoffwechsellage einen 2fach höheren Sauerstoffverbrauch. Bei einer Hypoxie reagieren Kinder eher mit einer Bradykardie als mit einer Tachykardie. Wichtig sind auch die Ventilationsgrößen der Kinder (Tab. 2.5).
Tabelle 2.5 Ventilationsgrößen bei Kindern Ventilationsgrößen
Neugeborene
Säuglinge
Kleinkinder
Schulkinder
Atemfrequenz (1/min)
40–60
30–60
30–40
12–20
Atemhubvolumen (ml/kg KG)
8–10
2.4 Spezielle Aspekte
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Herz-Kreislauf-System Eine Steigerung des Herzminutenvolumens ist bei Kindern fast nur über eine Steigerung der Herzfrequenz und nicht über eine Vergrößerung des Schlagvolumens möglich. Tachykardien sind also bei Kindern bei weitem ungefährlicher als Bradykardien. Häufigste Auslöser einer Bradykardie sind Vagusstimulationen, z. B. durch Intubation, Zug am Peritoneum oder an Augenmuskeln und Hypoxie. Das Blutvolumen pro Kilogramm Körpergewicht ist direkt nach der Geburt am größten (80–85 ml/kg KG). Der systolische Blutdruck, der normalerweise bis zum 3.–4. Lebensjahr unter 90 mmHg liegt, fällt proportional zum Blutverlust ab. So herrscht während der Narkose eine enge Beziehung zwischen zirkulierendem Blutvolumen und systolischem Blutdruck. Die physiologischen Kurzschlüsse aus der Zeit vor der Geburt (Verbindung des Blutstroms zwischen venösem System und großem Kreislauf unter Umgehung der Lunge) verschließen sich funktionell in den ersten Lebenstagen (Foramen ovale) bis -wochen (Ductus Botalli). Bei Hypoxie oder Azidose kommt es jedoch zu einer Erhöhung des pulmonalarteriellen Drucks, was eine Wiedereröffnung der fetalen Shunts bewirken kann. Die Folge ist eine weitere Zunahme der Hypoxie. Neugeborene haben eine Hämoglobinkonzentration von 18–20 mg % und einen Hämatokrit von 45–55 %. Bis zum 3. Monat fällt die Hämoglobinkonzentration auf 10–12 mg % und der Hämatokrit auf 30 %. Ein Abfall der Hämoglobinkonzentration wird von Kindern relativ gut kompensiert, ab einem Wert von 6 mg % besteht jedoch auch hier die Gefahr einer Gewebehypoxie . Das Hämoglobin besteht bei Geburt zu etwa 70–80 % aus fetalem Hämoglobin F (HbF) mit einer erhöhten Sauerstoffaffinität. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres wird es durch Hämoglobin A (HbA – adultes Hämoglobin) ersetzt.
Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt Je jünger ein Kind ist, desto höher ist der Anteil des Extrazellulärraumes. Beim Erwachsenen beträgt er etwa 20 %, beim Neugeborenen etwa 40 % und beim Frühgeborenen bis zu 60 %. Die Folge ist, dass sich Medikamente auf ein größeres Volumen verteilen. Hierdurch lassen sich die meist gegenüber Erwachsenen erhöhten Dosierungen von Narkosemedikamenten erklären. Bei Defiziten im Wasser- und Elektrolythaushalt kommt es bei Kindern sehr rasch zu einer Dekompensation und zur vitalen Bedrohung. Ebenso gravierend wirken sich Blutverluste aus – insbesondere solche, die beim Erwachsenen unkritisch sind, bei Kleinkindern jedoch bereits in einer Größenordnung von
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2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
10–15 % des zirkulierenden Blutvolumens gefährlich werden können. Bereits eine stark blutende Kopfplatzwunde kann für Kleinkinder einen bedrohlichen Blutverlust bedeuten. Mögliche Ursachen einer Dehydratation sind: 9 Erbrechen, 9 Durchfall, 9 ungenügende Zufuhr, 9 Fieber, 9 Verlust in Körperhöhlen. Zeichen der Dehydratation sind: 9 verminderter Hautturgor, 9 trockene Schleimhäute, 9 eingefallene Augenhöhlen, 9 erhöhte Herzfrequenz. Die Niere kann bei Flüssigkeitsmangel nicht wie bei Erwachsenen regulatorisch wirken, weil eine Konzentrationsfähigkeit für harnpflichtige Substanzen nur in begrenztem Umfang besteht. Die maximale Urinosmolalität liegt bei 500–600 mosmol gegenüber 1200–1400 mosmol bei Erwachsenen.
Temperaturregulation Das Verhältnis von Körperoberfläche zu -volumen ist bei Neugeborenen vielfach größer als bei Erwachsenen, was einen erhöhten Wärmeverlust und einen gesteigerten Sauerstoffverbrauch zur Folge hat. Die ideale Umgebungstemperatur liegt für Neugeborene bei 32–34 °C mit einer Luftfeuchtigkeit von 50 %. Gründe für eine Auskühlung sind: 9 relativ große Körperoberfläche, 9 Fehlen des subkutanen Fettgewebes als Wärmeschutz, 9 Ausbleiben eines effektiven Kältezitterns. Eine Wärmeproduktion ist nur durch Stoffwechselsteigerung durch Aktivierung des braunen Fettgewebes möglich. Das braune Fettgewebe steht ganz im Dienst der Wärmeproduktion und wird selbst bei Unterernährung nicht verbraucht. Es findet sich im Bereich des Nackens, zwischen den Schulterblättern, entlang der Wirbelsäule, im Mediastinum und um die Nieren herum. Bei längerer Kälteexposition kann sich durch das im anaeroben Stoffwechsel anfallende Laktat rasch eine metabolische Azidose entwickeln. Ein Absinken der Körpertemperatur führt zur Linksverschiebung der Sauerstoffbindungs-
2.4 Spezielle Aspekte
45
kurve und damit zu einer verschlechterten Abgabe von Sauerstoff an das Gewebe. Unter Einfluss von Anästhetika werden die meisten Reflexe zur Temperaturregelung aufgehoben, zusätzlich kommt es durch die Vasodilatation zur vermehrten Wärmeabgabe.
2
Pharmakologie Besonderheiten: Die Blut-Hirn-Schranke ist noch nicht vollständig ausgebildet. Daher kann es leichter zu einer Kumulation von Pharmaka im Gehirn kommen als bei Erwachsenen. Der Abbau fettlöslicher Medikamente, die über die Leber ausgeschieden werden, erfolgt bis zur Reife der Leber (etwa 6. Lebensmonat) verzögert. Barbiturate haben eine stärkere kreislaufdepressive Wirkung. Opioide und Benzodiazepine reichern sich im Gehirn stärker an. Aufgrund des größeren Verteilungsvolumens sind im Säuglings- und Kleinkindalter meist höhere Medikamentendosierungen (in mg/kg KG) notwendig als bei Erwachsenen. Narkosevorbereitung und Einleitung: Kinderanästhesie verlangt selbst in der Klinik – und umso mehr im präklinischen Bereich – zielgerichtetes und besonnenes Vorgehen in einer ruhigen Atmosphäre. Das benötigte Instrumentarium sollte bereitliegen. Medikamente sind in ausreichender Menge und in geeigneten Verdünnungen vorzubereiten, und geeignete Umgebungsbedingungen, die vor allem Wärmeverluste vermeiden, sind zu schaffen. Hilfreich ist es auch, die Anzahl der beteiligten Personen zu begrenzen. Besorgte Eltern sind ein zusätzlicher Stressfaktor. Benötigte Medikamente und passende Verdünnungen: Ab einem Körpergewicht von etwa 30 kg können die bei Erwachsenen üblichen Medikamentenkonzentrationen verwendet werden. Bei einem geringeren Gewicht schlagen wir folgende Verdünnungen vor: 9 Atropin: 0,5 mg auf 10 ml – 1 ml entspricht 0,05 mg (Anmerkung: Atropin ist bei Verwendung von Succinylcholin in einer Dosis von 0,01 mg/kg KG obligat und sollte zur Vermeidung kindlicher Bradykardien, die immer mit einem Abfall des Herzzeitvolumens einhergehen, stets griffbereit sein); 9 Thiopental 2,5 %: Lösung nochmals 1 : 1 verdünnen – 1 ml entspricht 12,5 mg; 9 Succinylcholin (falls verwendet): 1 %ige Lösung – 1 ml entspricht 10 mg; 9 S-Ketamin 0,5 %: Lösung nochmals 1 : 1 verdünnen – 1 ml entspricht 2,5 mg; 9 Midazolam: 1 ml entspricht 1 mg;
46
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
2
9 Fentanyl: 0,1 mg verdünnt auf 10 ml – 1 ml entspricht 0,01 mg; 9 NaCl 0,9 %: zum „Nachspülen“ (2-mal 10 ml) 9 Alternative: Propofol 1 % im Verhältnis 1 : 1 verdünnen – 1 ml entspricht 5 mg. Im Bereich der Notfallmedizin liegen bisher nur wenige Erfahrungsberichte über die Anwendung von Propofol vor. Für eine „Rapid Sequence Induction“ ist die Substanz wegen ausgeprägter Blutdruckabfälle und dem Injektionsschmerz bei schneller Injektion nicht das Mittel der ersten Wahl. Infusionslösungen: Spezielle Kinderinfusionslösungen mit vermindertem Natriumgehalt und Glukoseanteil sind mit Vorsicht anzuwenden, da sie die Gefahr der Hyponatriämie und der Hyperglykämie bergen. Am häufigsten wird Ringerlaktatlösung verwendet. Als Volumenersatzlösungen kommen jenseits des Neugeborenenalters HAES-Praeparate zum Einsatz. Im Neugeborenen- und Säuglingsalter kommen Kristalloide zur Volumentherapie infrage. Humanlbumin gilt als obsolet und wird auch im Rettungsdienst nicht verwendet. Die benötigte Infusionsmenge lässt sich näherungsweise für die erste Stunde nach der Formel 15–25 ml/kg KG/Stunde plus Ausgleich von Volumenverlusten erechnen, danach sollte eine differenzierte Infusionstherapie unter Einbeziehung des Erhaltungsbedarfs und der jeweiligen Verluste erfolgen. Eine unkontrollierte Infusionstherapie führt im Kindesalter sehr schnell zur Ausbildung von Ödemen, auch Hirnödeme lassen sich so sehr schnell herbeiführen. Wenn möglich, sollte eine begleitende Infusionstherapie über Spritzenpumen durchgeführt werden. Ansonsten gilt folgende Faustregel: Kleines Kind – kleine Flasche, großes Kind – große Flasche. Bei Säuglingen mit einem Körpergewicht von < 6 kg erfolgt die Infusionstherapie möglichst nur über Perfusor (Gefahr zu großer Injektionsmengen!). Venöser Zugang: Auch wenn eine Narkoseeinleitung im Kindesalter durch rektale oder intramuskuläre Applikation von Narkosemitteln oder per inhalationem möglich ist, sollte eine Narkose im Rettungsdienst immer intravenös eingeleitet werden. Falls eine Venenpunktion nicht möglich ist, bleibt als Alternative der intraossäre Zugang. Als Punktionsstellen eignen sich Venen am Handrücken und am Handgelenk (dünnere Fettschicht), Skalpvenen sowie Venen am Fußrücken bzw. im Knöchelbereich. Alternativ bieten sich die V. jugularis externa oder die Femoralvene an. Die Kubitalvene ist oft schwierig zu punktieren, da sie bei Kindern häufig nicht tastbar ist. Als Faustregel für die Kanülengrößen bei Kindern gilt: 9 Säugling: 24 G (gelb); 9 Kleinkind: 22 G (blau); 9 Schulkind: 20 G (rosa).
2.4 Spezielle Aspekte
47
2
Abb. 2.9 Erwachsenenkanüle (links oben, Mitte) und 20-G-Kanüle für die Verabreichung von Infusionen im Schulkindalter (unten rechts).
Lieber eine erfolgreiche Punktion mit einer dünneren Kanüle als mehrere vergebliche Punktionsversuche mit einer zu dicken Kanüle.
S
Bei der Punktion sollte man die betreffende Körperregion sicher fixieren oder fixieren lassen. Nach erfolgreicher Punktion ist die Kanüle sicher zu fixieren. Die üblichen Fixierungspflaster sind hierfür allerdings nur bedingt geeignet. Haltbarer sind braunes Pflaster und Mullbinden. Es kann zudem hilfreich sein, den betreffenden Arm oder die Hand auf einer Schiene zu fixieren. Butterfly-Stahlkanülen neigen zur sekundären Gefäßperforation und sind daher für eine Notfallsituation ungeeignet. Bei Verwendung von 3-Wege-Hähnen ist nach der Medikamentenapplikation stets nachzuspülen, um Fehldosierungen durch den verbleibenden Medikamentenrest im Zuspritzkonus zu vermeiden. Monitoring: 9 immer Pulsoxymetrie (Abb. 2.10) – keine Kindernarkose ohne Pulsoxymetrie, 9 Auskultation über ein präkordiales Stethoskop (unterhalb eines Körpergewichts von 10 kg oligat) – alternativ Ösophagusstethoskop,
48
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation Abb. 2.10 Sicher fixierter Zugang und Pulsoxymetriesensor beim Kind.
2
9 9 9 9
EKG-Ableitung, Anlage einer Temperatursonde, Blutdruckmessung, Kapnometrie bei jeder Intubationsnarkose – bei Anwendung von Succinylcholin obligat.
Masken: In der Kinderanästhesie finden spezielle Masken Verwendung. Überwiegend gebräuchlich waren randwulstlose Rendell-Baker-Masken (Abb. 2.11), und zwar aufgrund ihres geringen Totraums. Aufgrund des leichteren Handlings, auch für den weniger Geübten, kommen heute überwiegend runde Masken mit weichem Rand oder Modelle mit weichem, aufblasbarem Rand zum Abb. 2.11 Rendell-Baker-Masken für Kinder.
2.4 Spezielle Aspekte
49
Einsatz. Gerade für Neugeborene und Säuglinge werden von vielen Anästhesisten runde Masken bevorzugt. Als Notlösung funktioniert sogar eine umgekehrt aufgesetzte kleine Erwachsenenmaske mit weichem Randwall (breite Seite zur Stirn gerichtet).
2
Tuben: Derzeit sind in der Kinderanästhesie in erster Linie Woodbridge- und Softway-Tuben gebräuchlich. Die Tuben sollten möglichst durchsichtig sein sowie eine Längenmarkierung und eine markierte Spitze besitzen (Abb. 2.12). Die Schwarzfärbung der Tubusspitze hilft, eine einseitige Intubation aufgrund der sehr kurzen kindlichen Trachea zu vermeiden, wenn die schwarz eingefärbte Spitze nach der Intubation gerade noch zwischen den Stimmbädern zu sehen ist. Früher wurde empfohlen, bis zum 10. Lebensjahr möglichst ungeblockte Tuben zu verwenden. Ein Verdikt gegen gecuffte Tuben, selbst im Säuglingsalter, lässt sich heute jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Sicherlich schädlich ist ein zu großer Tubus. Bei Verwendung blockbarer Tuben sollte der Cuff-Druck jedoch regelmäßig überprüft werden. Blockbare Tuben helfen häufig, mehrfache Intubationen wegen zu kleiner Tuben zu vermeiden, und sind in der Notfallmedizin zu bevorzugen. Die Fixierung des Tubus ist in Abb. 2.13 dargestellt.
Abb. 2.12 Tuben für die Kinderanästhesie.
50
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
2
Abb. 2.13 Tubusfixierung mit Pflaster und gerollter Mullbinde als Beißschutz.
Tubusgröße: Die Tubusgröße errechnet sich ab einem Alter von 2 Jahren am zuverlässigsten nach der Formel 4,5 + Alter/4 (Tab. 2.6). In älteren Lehrbüchern findet sich auch die Formel 4 + Alter/4, die sich durch die größere Wanddicke der früher verwendeten Tubusmodelle bei gleichem Innendurchmesser erklärt. Neben der Errechnung der Tubusgröße nach der erwähnten Formel findet sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Tubusgröße und Kleinfingerendglied des kleinen Patienten.
Bereitliegen sollten stets der nächstkleinere und der nächstgrößere Tubus. Auch die Einführtiefe des Tubus sollte vorab abgeschätzt werden. Hierbei gilt: 9 Neugeborene: – 1 kg: 7 cm; – 2 kg: 8 cm; – 3 kg: 9 cm; 9 ab einem Alter von 2 Jahren: 12 cm + 0,5 cm pro Lebensjahr.
2.4 Spezielle Aspekte
51
Tabelle 2.6 Wahl der Tubusgröße bei Kindern (nach Jöhr) Alter bzw. Körpergewicht
Tubusgröße ohne Cuff
Tubusgröße mit Cuff
Einführtiefe (cm ab Zahnleiste)
Frühgeborene (< 800 g)
2,0
–
–
Frühgeborene (ab 1 kg)
2,5
–
7
Frühgeborene (ab 2 kg)
2,5–3,0
–
8
Neugeborene (ab 3 kg)
3,0–3,5
–
9
3 kg bzw. 6 Monate
3,5
–
10
6 Monate bis 1 Jahr
4,0
3,0
11–12
1–2 Jahre
4,5–5,0
3,5
12–13
2–4 Jahre
5,0–5,5
4,0
13–14
4–6 Jahre
5,5–6,0
4,5
14–15
6–8 Jahre
6,0–6,5
5,0
15–16
8–10 Jahre
–
5,5
16–17
10–12 Jahre
–
6,0
18–19
Schwangere In der Schwangerschaft erfolgen zahlreiche physiologische Veränderungen. Von besonderer Relevanz sind die Veränderungen am Herz-Kreislauf-System, bei der Atmung und am Magen-Darm-Trakt.
Herz-Kreislauf-System Der systolische Blutdruck bleibt in der Schwangerschaft gleich. Der diastolische Blutdruck nimmt geringfügig ab. Der periphere Widerstand ist leicht erniedrigt. Das Herzminutenvolumen nimmt in der Schwangerschaft um bis zu 50 % zu. Dazu trägt sowohl eine Erhöhung der Herzfrequenz als auch eine Zunahme des Schlagvolumens bei. Auch das Blutvolumen ist um 30–50 % vergrößert. Hingegen sind die Hämoglobinkonzentration und der Hämatokritwert in der Schwangerschaft durch die Zunahme des Plasmavolumens leicht erniedrigt.
2
52
2
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
Ab der 20. Schwangerschaftswoche kann es zu einem so genannten Kavakompressionssyndrom kommen, dessen Ausprägung vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel deutlich zunimmt. Durch Kompression der V. cava inferior durch den graviden Uterus wird der venöse Rückfluss in Rückenlage stark behindert. Damit sinkt das Herzminutenvolumen stark ab. Es entstehen die typischen Zeichen eines Volumenmangelschocks: 9 Schwindel und Benommenheit, 9 Blässe, 9 kalte Haut, 9 Blutdruckabfall, 9 Tachykardie. Schwangere Frauen vermeiden intuitiv die Rückenlage, um einem Auftreten des Kavakompressionssyndroms vorzubeugen. Bewusstseinsverlust und Verletzungen können dazu führen, dass sich die Schwangere in Rückenlage befindet oder in diese verbracht wird. Dadurch kann unbemerkt ein Kavakompressionssyndrom auftreten, das als Verletzungsfolge interpretiert und damit nicht einer kausalen Behandlung zugeführt wird. Da sich in der Schwangerschaft auch venöse Kollateralkreisläufe über paravertebrale und peridurale Venen sowie über die V. azygos ausbilden, tritt dieses Syndrom nicht bei allen Schwangeren auf. Die Therapie besteht in der sofortigen Linkseitenlagerung der Patientin, um einen normalen venösen Rückstrom wiederherzustellen. Da die Uterusdurchblutung passiv dem Blutdruck folgt, ist einer Normalisierung des Blutdrucks der werdenden Mutter höchste Priorität einzuräumen. Bei jeder Schwangeren sollte vor einer weiteren invasiven Therapie ein Kavakompressionssyndrom ausgeschlossen bzw. sofort behandelt werden.
S
Atmung Die alveoläre Atmung steigt in der Schwangerschaft um 30–40 % an, vor allem durch Zunahme des Atemzugvolumens. Die Atemfrequenz bleibt dabei unverändert. Diese Hyperventilation ist in der Schwangerschaft physiologisch und resultiert in CO2-Partialdrücken um 32 mmHg. Da der gravide Uterus das Zwerchfell nach kranial verdrängt, kommt es zu einer Abnahme der funktionellen Residualkapazität.
2.4 Spezielle Aspekte
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Magen-Darm-Trakt Durch den graviden Uterus werden Magen und Darm ab der 14. Schwangerschaftswoche zunehmend nach kranial gedrängt. Die daraus resultierende Kompression des Magens führt zu einem gesteigerten Mageninnendruck. Zusätzlich ist die Funktion des Sphinkters am Mageneingang gestört, außerdem ist die Magen-Darm-Passagezeit verlängert. Aus diesen Gründen ist jede Schwangere ab der 14. Woche als nicht nüchtern anzusehen. In einer Notfallsituation ist daher das Aspirationsrisiko zusätzlich erhöht. Jede Schwangere ab der 14. Woche unterliegt bei einer notfallmäßigen Narkoseeinleitung zusätzlich zum Aspirationsrisiko durch die Notfallsituation einem deutlich erhöhten Aspirationsrisiko aufgrund physiologischer, schwangerschaftstypischer Veränderungen.
S
Grundsätze für die Narkosedurchführung Bei der Narkoseeinleitung einer Schwangeren wird sowohl die Mutter als auch das Kind narkotisiert. Für das Kind ist dies unproblematisch, solange die Homöostase im Uterus aufrechterhalten werden kann. Dazu zählen: 9 ausreichende Sauerstoffversorgung, 9 möglichst Beibehaltung einer physiologischen Hyperventilation, 9 Sicherstellung eines ausreichenden Perfusionsdrucks des Uterus. Dennoch wird die Indikation zur Narkoseeinleitung präklinisch sehr streng gestellt. In der Regel ist nur ein schweres Trauma Grund für die Narkoseeinleitung bei Schwangeren. Folgende Grundsätze sollten bei der Planung der Narkose berücksichtigt werden: 9 Vor der Narkoseeinleitung ist eine ausreichende Volumensubstitution erforderlich, um Blutdruckabfälle während der Narkoseeinleitung unbedingt zu vermeiden. 9 Eine „Rapid Sequence Induction“ ist notwendig, um das Aspirationsrisiko so gering wie möglich zu halten. 9 Für die Atemwegssicherung ist in jedem Fall eine endotracheale Intubation anzustreben. 9 Die Beatmung orientiert sich an den physiologischen Veränderungen während der Schwangerschaft. Eine geringgradige Hyperventilation mit Werten um 32 mmHg ist anzustreben.
2
54
2
2 Indikationsstellung und Einschätzung von Patient und Situation
Als Einleitungsmedikamente sind in der Schwangerschaft Barbiturate geeignet, da sie nur einen mäßigen Blutdruckabfall hervorrufen und auch für das Kind als sicher anzusehen sind. Als Muskelrelaxans ist Succinylcholin das Mittel der Wahl. Für die Narkoseaufrechterhaltung ist die Kombination aus Fentanyl und Midazolam sehr gut geeignet. Die Dosierung orientiert sich am Körpergewicht. Bei der Wahl des Endotrachealtubus sollte eine Größe von 7,0–7,5 mm nicht überschritten werden, da das Gewebe vulnerabel und ödematos angeschwollen sein kann. Die Intubation ist dadurch unter Umständen deutlich erschwert. Alternative Mittel zur Sicherung der Atemwege sollten bei der Narkoseeinleitung zur Verfügung stehen, insbesondere in der Spätschwangerschaft. Die Larynxmaske ist hier eine geeignete Option.
55
3
Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
3
Allgemeine Pharmakologie: Idealerweise sollten Medikamente für eine Narkose folgende pharmakologische und pharmakodynamische Eigenschaften aufweisen: 9 kurze Halbwertszeit und damit gute Steuerbarkeit, 9 schneller Wirkungseintritt, 9 von beeinträchtigten Organfunktionen weitgehend unabhängige Metabolisierung, 9 große therapeutische Breite, 9 geringe Nebenwirkungsrate und überschaubares Nebenwirkungsprofil.
Zur Durchführung einer Narkose im Rettungsdienst steht im Gegensatz zur Narkose im Klinikbereich nur eine relativ begrenzte Anzahl von intravenös applizierbaren Medikamenten zur Verfügung. Die in der Klinik oft verwendeten volatilen Anästhetika sind im Rettungsdienst nicht nutzbar. Neben dem Einsatz von Hypnotika, Sedativa, Analgetika und Muskelrelaxanzien als den „klassischen“ Narkosemedikamenten ist während einer präklinischen Narkose immer auch eine begleitende Pharmakotherapie mit Infusionslösungen sowie gelegentlich auch eine Therapie mit vasoaktiven Substanzen und Antiarrhythmika notwendig.
S
In der vorgenommenen Auswahl sind die entscheidenden Kriterien die Eignung für den präklinischen Bereich sowie ein überschaubares Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil auch für den Nicht-Anästhesisten als Anwender. Ergänzt sind die Angaben zu den Medikamenten mit praktischen, „Experience based“ Hinweisen zum Umgang mit den jeweiligen Substanzen, wie z. B. geeignete Verdünnungen und Dosierungshinweise.
56
3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
3.1 Hypnotika und Sedativa
3
Die klassischen Einleitungssubstanzen für eine Narkose sind Barbiturate, Etomidat, Benzodiazepine, Ketamin und im klinischen Bereich Propofol. Im Rettungsdienst gelten vor allem Thiopental (Trapanal) und Etomidat (EtomidatLipuro) als bevorzugte Substanzen für eine Narkoseeinleitung.
Thiopental (Trapanal) Thiopental als der am häufigsten genutzte Vertreter der Barbiturate wird seit mehr als 60 Jahren in der Anästhesie verwendet. Der Bewusstseinsverlust tritt nach 20–40 Sekunden ein. Die Wirkdauer beträgt etwa 5 Minuten. Intravenös applizierbare Barbiturate zeichnen sich vor allem durch folgende Eigenschaften aus: 9 sichere und schnelle Schlafinduktion, 9 antikonvulsive Wirkung, 9 hirndrucksenkende Eigenschaften, 9 gut abschätzbare Wirkdauer bei nichtrepetitiver Gabe, 9 keine analgetische Wirkung. Das Nebenwirkungsprofil ist ebenfalls überschaubar und vor allem gekennzeichnet durch: 9 Kardiodepression mit kurzfristiger, teilweise ausgeprägter Blutdrucksenkung, vor allem bei schneller Injektion, 9 gelegentlich Konstriktion der Bronchialmuskulatur, Bronchospasmus und Laryngospasmus, 9 Hypoventilation und Apnoe. Als wichtige Kontraindikationen gelten: 9 manifester Schock, 9 Status asthmaticus, 9 Intoxikationen mit Alkohol, Schlafmitteln und/oder Analgetika, 9 akute hepatische Porphyrie (als seltenes Krankheitsbild). Anwendungsbeschränkungen gelten für: 9 obstruktive Atemwegserkrankungen, 9 Hypovolämie, 9 schwere Herzmuskelschädigungen, 9 schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen.
3.1 Hypnotika und Sedativa
57
Durch eine adäquate Dosisanpassung können schwerwiegende Probleme jedoch meist vermieden werden. Besonders zu beachten ist eine streng intravenöse Applikation, da die Injektionslösung mit einem pH-Wert von 11 bei paravasaler Verabreichung schwere Gewebeschädigungen hervorruft.
T
Trapanal liegt nicht in spritzfertiger Form vor. Daher werden 500 mg der Trockensubstanz mit 20 ml NaCl-Lösung aufgelöst. Die so hergestellte Lösung enthält 25 mg Wirksubstanz pro Milliliter und erlaubt eine gute Titration der Dosis (für Kinder nochmals 1 : 1 verdünnen).
Die übliche Induktionsdosis für Trapanal liegt bei 3–5 mg/kg KG. Bei agitierten Patienten, kreislaufstabilen Kindern und Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma werden oft Dosen von 5–7 mg/kg KG (teilweise noch höher) benötigt. Eine deutliche Dosisreduktion ist bei betagten Patienten, solchen mit nicht ausgeglichener Hypovolämie und bereits bewusstseinsgetrübten Patienten notwendig; teilweise sind hier Dosen von 1–2 mg/kg KG ausreichend.
Etomidat (Etomidat-Lipuro) Etomidat ist ein Hypnotikum ohne analgetische Wirkung und zeichnet sich vor allem durch seine geringen kardiozirkulatorischen Nebenwirkungen aus. Auch im klinischen Bereich wird es vor allem zur Narkoseeinleitung bei kardialen Risikopatienten eingesetzt. Die Substanz besitzt eine extrem hohe therapeutische Breite. Der Schlafeintritt nach 30–60 Sekunden erfolgt langsamer als bei Barbituraten. Die Schlafdauer beträgt etwa 4–8 Minuten. Die Narkosetiefe erscheint geringer als bei Anwendung von Barbituraten. Ein Absinken der Plasmaglukokortikoid- und -mineralokortikoidspiegel spielt für den Einsatz im präklinischen Bereich keine Rolle. Etomidatzubereitungen mit Fettemulsionen als Lösungsvermittler verursachen einen geringeren Injektionsschmerz. Das Auftreten von Myoklonien, die eventuell sogar mit einem Krampfanfall verwechselt werden können, lässt sich durch Vorgabe von Opiaten (z. B. Fentanyl) oder Benzodiazepinen meist vermeiden; zudem wird die hypnotische Wirkung von Etomidat verstärkt. Vorteile von Etomidat sind: 9 hohe therapeutische Breite, 9 geringe Auswirkungen auf den Kreislauf.
3
58
3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Kontraindikationen sind: 9 Neugeborene und Säuglinge bis zum 6. Lebensmonat, 9 Schwangerschaft, 9 Stillzeit.
3
Nebenwirkungen können sich folgendermaßen manifestieren: 9 Laryngo- und Bronchospasmus, 9 allergische Reaktionen, 9 Injektionsschmerz und Thrombophlebitits, 9 Auftreten von Myoklonien. Dosierung: 0,15–0,30 mg/kg KG.
Benzodiazepine Folgende Benzodiazepine kommen im präklinischen Bereich zur Anwendung: 9 Midazolam (Dormicum): – 5 mg/1 ml, – 15 mg/3 ml, – 5 mg/5 ml, – 50 mg/10 ml; 9 Diazepam (Valium): – Valium 10 Roche Injektionslösung, – Valium MM Roche. Benzodiazepine wie Midazolam und Diazepam eignen sich aufgrund ihres langsamen Wirkungseintritts (Schlafeintritt erst nach Minuten) besser zur Aufrechterhaltung einer Narkose oder zur Sedierung als zur Einleitung einer Narkose. Die Grenze der Sedierung mit Auftreten eines Atemstillstands kann bei älteren Patienten mit Vorschädigungen bereits bei sehr geringen Dosen erreicht werden.
T
Wirkprofil aller Benzodiazepine: 9 antikonvulsive Wirkung, 9 anxiolytischer Effekt, 9 Auslösung einer retrograden Amnesie, 9 Verstärkung der zentralen Wirkung anderer Medikamente.
3.1 Hypnotika und Sedativa
59
Aufgrund der deutlich kürzeren Halbwertszeit und der damit einhergehenden besseren Steuerbarkeit kommt heute im Rettungsdienst fast ausschließlich Midazolam zum Einsatz. Midazolam liegt in unterschiedlichen Konfektionsgrößen und Konzentrationen in Form von Fertigpräparaten vor (s. oben) und weist damit ein gewisses Verwechslungspotenzial auf. Empfehlenswert ist die Verwendung einer Lösung mit einer Konzentration von 1 mg/ml, da sich hiermit eine Titration der erwünschten Wirkung durch milligrammweise Applikation am besten erreichen lässt. Aufgrund der Verstärkung der zentralen Wirkung anderer Narkotika lässt sich durch Vorgabe geringer Dosen von 1–3 mg Midazolam eine Dosisreduktion anderer Einleitungssubstanzen erreichen (Technik der Ko-Induktion).
Dosierung: 9 Sedierung: 1–5 mg in Milligrammschritten; 9 Durchbrechung eines Krampfanfalls: 5–15 mg; 9 Aufrechterhaltung einer Narkose nach Intubation: 5–10 mg alle 10-15 Minuten.
Propofol (Disoprivan 1 % und 2 %) Obwohl Propofol inzwischen zu den mit am häufigsten verwendeten Induktionssubstanzen in der klinischen Anästhesie gehört, ist die Anwendung in der Notfallmedizin nicht sehr stark verbreitet. Die Substanz zeichnet sich durch ein für den Patienten sehr angenehmes Einschlafen und ein rasches Erwachen aus. Vor allem bei älteren Patienten werden auch bei Dosisreduktion zum Teil gravierende Blutdruckabfälle beobachtet.
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Häufig wird Propofol beim nüchternen Patienten zum Einsatz der Larynxmaske verwendet, da die Reflexdämpfung im Rachenbereich Vorteile gegenüber z. B. Barbituraten bietet. Die Sojaölemulsion löst bei vielen Patienten einen deutlichen Injektionsschmerz aus, der durch den häufig empfohlenen Zusatz von kleinen Dosen eines Lokalanästhetikums und langsame Injektion nur unzureichend vermieden werden kann. Wie auch Barbiturate und Etomidat, hat Propofol keine analgetische Wirkung und muss zur Durchführung einer Narkose mit einem Analgetikum kombiniert werden.
3
60
3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Aufgrund starker Blutdruckabfälle bei hypovolämischen Patienten besteht für den Rettungsdienst keine Empfehlung zur Verwendung von Propofol.
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Anwendungsbeschränkungen: 9 Fettstoffwechselstörungen, 9 Erkrankungen, bei denen fetthaltige Emulsionen mit Zurückhaltung verabreicht werden sollten. Vor der Verabreichung ist die Kompensation einer Herz-, Kreislauf- oder Ateminsuffizienz und einer Hypovolämie erforderlich. Eine intensive Überwachung schwer kardial geschädigter Patienten ist dringend anzuraten. Nebenwirkungen: 9 häufig: – Blutdruckabfall, – Apnoe, – Bradykardie mit gelegentlich schwerem Verlauf (Herzstillstand), – Schmerzen an der Injektionsstelle, – Spontanbewegungen/Muskelzuckungen; 9 gelegentlich: Husten; 9 selten: – epileptiforme Anfälle einschließlich Opisthotonus, vereinzelt um Stunden bis Tage verzögert auftretend, – bei Epileptikern in Einzelfällen Krämpfe, – Fieber (postoperativ), – Venenentzündungen und Thrombosen an der Injektionsstelle, – Verfärbung des Urins bei längerer Verabreichung, – schwere Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaxie) mit QuinckeÖdem, Bronchospasmus, Erythem und Blutdruckabfall, – in Einzelfällen Lungenödeme, – bei paravenöser Applikation schwere Gewebereaktionen, – Rhabdomyolyse, – Pankreatitis, – in der Aufwachphase: Herabsetzung der sexuellen Hemmschwelle, Euphorie, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen. Die Kombination mit einem Opioid, z. B. Fentanyl, wird empfohlen.
Dosierung zur Narkoseeinleitung: 1,5–2,5 mg/kg KG.
3.2 Analgetika
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Ketamin ist chemisch mit den Halluzinogenen verwandt und in 2 verschiedenen Formen auf dem Markt. Das früher verwendete Ketamin ist ein Racemat aus R- und S-Ketamin und wurde vom reinen S-Ketamin inzwischen abgelöst. Die Vorteile der weiterentwickelten Form bestehen in einer erhöhten Affinität zum NMDA-Rezeptor und einer deutlich geringeren psychomimetischen Wirkkomponente. Ketamin ist das einzige derzeit verfügbare Monoanästhetikum und auch für den Katastropheneinsatz geeignet. Die analgetische Komponente der Substanz ermöglicht auch den Einsatz bei der Durchführung schmerzhafte Prozeduren während der technischen Rettung. Gleichzeitig besteht beim Patienten eine deutlich veränderte Sinneswahrnehmung bis hin zur alptraumhaften Wahrnehmung der Umgebung, auch wenn manche Patienten durchaus angenehme Wahrnehmungen äußern. Bei der heute verwendeten Form S-Ketamin sind psychotische Wahrnehmungsstörungen seltener, dennoch empfiehlt sich immer eine Kombination mit Midazolam, um diese zu verhindern. Aufgrund der sympathikomimetischen Wirkung werden Blutdruck und Herzfrequenz angehoben. Bei Durchführung einer Narkose mit Ketamin bleibt sehr häufig, jedoch nicht immer, die Spontanatmung erhalten, und oft wird eine Hypersalivation beobachtet – Umstände, die gelegentlich die Intubation erschweren können. Dies erklärt auch den Wunsch vieler Anwender nach zusätzlicher Gabe von Muskelrelaxanzien zur Intubation bei Verwendung dieser Substanz.
3
3.2 Analgetika Ketamin (Ketanest S)
Ketamin bewirkt eine Tonuserniedrigung der Bronchialmuskulatur und gilt daher als Mittel der Wahl beim manifesten Status asthmaticus.
Obwohl eine Narkoseeinleitung mit Ketamin auch durch intramuskuläre Gabe möglich ist, wird diese Applikationsform für den Rettungsdienst nicht empfohlen. Vorteile: 9 einziges verfügbares Monoanästhetikum, 9 keine negativen Effekte auf das kardiozirkulatorische System, 9 oft erhaltene Spontanatmung, 9 Weitstellung der Bronchialmuskulatur, 9 Mittel der Wahl bei Status asthmaticus. Anwendungsbeschränkungen: 9 instabile Angina pectoris oder Myokardinfarkt in den vorangegangenen 6 Monaten,
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
9 gesteigerter Hirndruck (außer unter normokapnischer Beatmung), 9 Glaukom und perforierende Augenverletzungen, 9 Eingriffe im Bereich der oberen Atemwege.
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Gegenanzeigen: 9 schlecht eingestellte oder nicht behandelte arterielle Hypertonie (systolischer Blutdruck von > 180 mmHg, diastolischer Blutdruck von > 100 mmHg), 9 Präklampsie und Eklampsie, 9 nicht oder ungenügend behandelte Hyperthyreose, 9 drohende Uterusruptur, 9 Nabelschnurvorfall. Ketamin ist möglichst mit Midazolam zu kombinieren, um psychotische Reaktionen zu vermeiden (2–3 mg Midazolam sind meist ausreichend). Es besteht Verwechslungsgefahr durch unterschiedliche Zubereitungen und Konzentrationen.
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Dosierung von S-Ketamin: 9 Analgesie: 0,15–0,25 mg/kg KG; 9 Narkoseeinleitung: 1 mg/kg KG; 9 Status asthmaticus: 1–2,5 mg/kg KG; 9 Aufrechterhaltung der Narkose: Nachinjektion von 50 % der Initialdosis alle 10–15 Minuten.
Opioide Ohne die Anwendung von Opioiden ist – abgesehen von Ketaminmononarkosen – die Durchführung einer Narkose im Rettungsdienst nicht mehr zeitgemäß. In der klinischen Anästhesie unterscheidet man aufgrund des Anwendungsbereichs 2 Gruppen von Opioiden: 9 Die so genannten Narkoseopioide zeichnen sich durch eine kürzere Wirkdauer und eine bessere Steuerbarkeit aus. Hierzu zählt man die Substanzen Fentanyl, Alfentanil, Sufentanil und Remifentanil. 9 Die zweite Gruppe umfasst diejenigen Opioide, die ihr Hauptanwendungsgebiet im Bereich der Schmerztherapie haben. Klassische Vertreter dieser Gruppe sind z. B. Piritramid, Pethidin und die Opioidreferenzsubstanz Morphin. Vertreter dieser Gruppe sind für Narkosezwecke nur bedingt geeignet.
3.2 Analgetika
Auch wenn sich in der Klinik derzeit ein Trend zur Anwendung von ultrakurzwirksamen Opioiden wie Remifentanil abzeichnet, empfiehlt sich für den präklinischen Bereich aufgrund der einfacheren Handhabung die „klassische“ Substanz Fentanyl oder auch Sufentanil. Alfentanil ist im Rettungsdienst nicht weit verbreitet. Remifentanil liegt als Trockensubstanz vor. Es muss vor Verwendung erst aufgelöst und verdünnt werden und wird im klinischen Bereich nur über Spritzenpumpen verabreicht, was für eine Anwendung im Rettungsdienst zu umständlich ist. Substanzen wie Piritramid, Tramadol und Morphin sind für die Analgesie im Rettungsdienst sinnvoll, aber für die Durchführung einer präklinischen Narkose nur bedingt (Morphin, Piritramid) oder überhaupt nicht geeignet (Tramadol). Auch wenn mit sehr hohen Dosen von Opioiden aufgrund der sedierenden und analgetischen Eigenschaften Mononarkosen durchführbar sind, wird dieser Weg aufgrund der nicht sicheren Bewusstseinsausschaltung nicht empfohlen, sondern für eine Narkose wird immer eine Kombination mit Sedativa oder Hypnotika gewählt. Die Wirkung der Opioide wird durch Interaktion mit spezifischen Rezeptoren vor allem im zentralen Nervensystem im Bereich von Thalamus, Hypothalamus, Striatum, Mittelhirn und Rückenmark vermittelt. Dabei kommt es nicht nur zu einer Beeinflussung des direkten Schmerzempfindens, sondern auch zu einer veränderten affektiven Reaktion auf Schmerzen. Alle Opioide weisen die im Folgenden aufgeführten Wirkungen und Nebenwirkungen auf. Wirkungen: 9 ausgeprägte Analgesie, 9 hypnotische Komponente mit Schläfrigkeit bis hin zur Bewusstlosigkeit (bei Anwendung sehr hoher Dosen), 9 Veränderung der Stimmungslage, Euphorie, 9 Bradykardie, 9 Miosis. Nebenwirkungen: 9 Atemdepression, 9 Übelkeit und Erbrechen, 9 Histaminfreisetzung, 9 Thoraxrigidität, 9 hypotensive Kreislaufregulation, 9 Bronchospasmus.
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Nebenwirkungen auf die glatte Muskulatur – abgesehen von der Bronchialmuskulatur – und den Magen-Darm-Trakt spielen für die präklinische Anwendung von Opioiden zu Narkosezwecken nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig für den präklinischen Einsatz sind im Wesentlichen die nur geringen Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System: Die Pumpleistung des Herzens, der myokardiale Sauerstoffverbrauch sowie die Koronardurchblutung werden nur geringfügig beeinflusst. Die unter Opioiden meist beobachtete Bradykardie trägt unter Umständen zur Ökonomisierung der Herzarbeit bei. Die durch Opioide bedingte Atemdepression spielt nur bei nichtbeatmeten Patienten eine Rolle. Eine Histaminfreisetzung oder sogar anaphylaktische Reaktionen auf Opioide sind sehr selten. Eine ausgeprägte Thoraxrigidität, die im Extremfall eine Beatmung nur unter Muskelrelaxation zulässt, ist ebenfalls nicht häufig zu beobachten und wird meist nur unter Verwendung sehr hoher Opioiddosen festgestellt.
Fentanyl Fentanyl ist das derzeit wohl am häufigsten für Narkosezwecke verwendete Opioid. Es wurde im Jahre 1963 in die Klinik eingeführt. Mit einer gegenüber der Bezugssubstanz Morphin 125fach stärkeren analgetischen Potenz zählt es zu den potenten Opioiden. Die Zeit bis zum Eintritt der maximalen Wirkung beträgt 4–5 Minuten, die Dauer der maximalen analgetischen Wirkung wird mit 20–30 Minuten veranschlagt. Fentanyl bewirkt eine relativ starke Atemdepression. Die Kreislaufreaktion nach Gabe von Fentanyl ist dagegen nicht allzu deutlich ausgeprägt. Fentanyl ist in 2 unterschiedlichen Konfektionsgrößen (Ampullen à 2 ml und 10 ml) verfügbar. 1 ml der Lösung enthält 0,05 mg der Wirksubstanz. 10-ml-Ampullen sind für den Einsatz im Rettungsdienst am sinnvollsten.
Üblicherweise kommen folgende Dosierungen zum Einsatz: 9 Narkoseeinleitung: 0,1–0,3 mg (Patient mit einem Körpergewicht von 70 kg); 9 nach Intubation: 0,5–1,0 mg (Patient mit einem Körpergewicht von 70 kg); 9 Kinder und Säuglinge: Verdünnung von 1 : 10; 9 Nachinjektion von 0,1–0,2 mg nach 20–30 Minuten oder bei Zeichen nachlassender Wirkung (z. B. Erhöhung der Herzfrequenz, Blutdruckanstieg).
3.3 Muskelrelaxanzien
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Sufentanil Sufentanil wurde als synthetisches Opioid im Jahre 1993 in die klinische Anästhesie eingeführt. Die gegenüber Fentanyl stärker ausgeprägte sedativ-hypnotische Wirkung erlaubt vielfach eine Einsparung von Sedativa, vor allem im Bereich der Analgosedierung auf Intensivstationen. Die Zeit bis zum Einsetzen der vollen analgetischen Wirkung ist kürzer als bei Fentanyl und wird mit 2– 3 Minuten angegeben. Die analgetische Wirkdauer beträgt etwa 30 Minuten. Bezüglich weiterer pharmakologischer Kenndaten wie Eliminationshalbwertszeit, Metabolisierungsrate etc. bestehen nur geringe Unterschiede gegenüber Fentanyl; für den präklinischen Einsatz sind diese nicht von Relevanz. Die Atemdepression ist im Vergleich zu Fentanyl weniger ausgeprägt. Sufentanil bewirkt keine Histaminfreisetzung. Sufentanil ist in unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen im Handel (0,005 mg/ ml und 0,05 mg/ml). Die für den Rettungsdienst besser geeignete Zubereitungsform ist Sufenta mite (0,005 mg/ml).
Dosierung: 9 vor Intubation: 0,1–0,2 µg/kg KG (entspricht 2–4 ml Sufenta mite pro 70 kg); 9 Aufrechterhaltung der Narkose: 0,7–2 µg/kg KG (entspricht 10–40 ml Sufenta mite pro 70 kg); 9 Nachinjektion von 2–5 ml nach 30 Minuten oder bei Zeichen nachlassender Narkosetiefe.
3.3 Muskelrelaxanzien Das Problem der Anwendung von Muskelrelaxanzien im Rettungsdienst lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: optimierte Intubationsbedingungen versus prolongierte Apnoe.
S
Die Verwendung von Muskelrelaxanzien in der Notfallmedizin wird kontrovers diskutiert. Befürworter argumentieren mit den verbesserten Intubationsbedingungen, der Vermeidung hoher Dosen von Analgetika und Sedativa bei kreislaufinstabilen Patienten sowie der Übernahme des klinisch bewährten Prinzips der „Rapid Sequence Induction“ zur Aspirationsprophylaxe beim nicht nüchternen Patienten. Gegner begründen ihre Ablehnung vor allem mit der Vermeidung von Situationen von „Cannot intubate, cannot ventilate“ bei pharmakologisch induzierter längerfristiger Apnoe sowie mit der nicht beste-
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
henden Notwendigkeit einer Muskelrelaxation für die Notfallnarkose und der nicht erkennbaren „Awareness“ des relaxierten, aber nicht ausreichend narkotisierten Patienten. Ein differenzierter Umgang mit Muskelrelaxanzien ist also zwingend geboten. Idealerweise zeichnete sich das Muskelrelaxans für den präklinischen Einsatz durch eine kurze Zeit bis zum Einsetzen der Wirkung, eine kurze Wirkdauer, geringe Nebenwirkungen und eine schnelle Antagonisierbarkeit aus. Die zur Verfügung stehenden Substanzen erfüllen diese Anforderungen jedoch alle nur zum Teil (Tab. 3.1).
Succinylcholin Succinylcholin ist das einzige derzeit verfügbare kurzwirksame depolarisierende Muskelrelaxans. Es wird durch die Plasma(pseudo)cholinesterase hydrolytisch sehr schnell gespalten, worauf die sehr kurze Wirkdauer beruht. Aufgrund von Nebenwirkungen und daraus resultierender Komplikationen (s. unten) hat Succinylcholin in den vergangenen Jahren seine Rolle als übliches Muskelrelaxans zur Intubation in der Klinik (kurze Zeit bis zum Wirkungseintritt) und für kurze chirurgische Eingriffe verloren und wird aufgrund einer Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) nur noch für begründete Notfallindikationen wie beispielsweise die „Rapid Sequence Induction“ eingesetzt. Auch die Federal Drug Association (FDA) hat Succinylcholin nur noch für Notfälle zugelassen. Nebenwirkungen und Komplikationen: 9 maligne Hyperthermie, 9 Hyperkaliämie, Tabelle 3.1 Profile verschiedener Muskelrelaxanzien Substanzen
Zeit bis zum Wirkungseintritt
Klinische Wirkdauer
Antagonisierbarkeit
Succinylcolin
Etwa 60 Sekunden
5 Minuten
Nein
Mivacurium
2–3 Minuten
10–15 Minuten
Ja
Atracurium
3–4 Minuten
Etwa 35 Minuten
Ja
Vecuronium
2–4 Minuten
Etwa 35 Minuten
Ja
Rocuronium
Etwa 60–90 Sekunden
Etwa 35–45 Minuten
Ja
3.3 Muskelrelaxanzien
Arrhythmien (Brady- oder Tachyarrhythmien), Rhabdomyolyse, Myoglobinämie und Myoglobinurie, Anaphylaxie, verlängerte Wirkdauer bei Cholinesterasemangel oder atypischer Plasmacholinesterase, 9 durch Depolarisation bewirkte Muskelfaszikulationen, 9 Muskelschmerzen, 9 Erhöhung des intragastralen, intrakraniellen und intraokularen Drucks.
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Vorteile: 9 kurze Zeit bis zum Wirkungseintritt, 9 kurze Wirkdauer. Dosierung (bei strenger Indikationsstellung): 9 Erwachsene: 1 mg/kg KG; 9 Kinder: 1,5–2 mg/kg KG (Säuglinge und Neugeborene: 2–3 mg/kg KG); Vorgabe von Atropin in einer Dosis von 0,01 mg/kg KG zur Vermeidung von Bradykardien obligat Nach Injektion auftretender Rigor der Muskulatur oder gar eine Kieferklemme wie auch ein Anstieg der exspiratorischen CO2-Konzentration gelten als Warnzeichen für eine unbehandelt meist tödlich verlaufende maligne Hyperthermie.
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Mivacurium Mivacurium ist ein kurz wirkendes nichtdepolarisierendes Muskelrelaxans, das durch die Plasmacholinesterase gespalten wird. Die klinische Wirkdauer beträgt 14–20 Minuten. Die Zeit bis zum Wirkungseintritt ist länger als bei Succinylcholin und Rocuronium; sie liegt bei etwa 2–3 Minuten. Für eine Antagonisierung, die im Rettungsdienst nicht erforderlich ist, wird Edrophonium empfohlen, da Neostigmin eine Hemmung der Cholinesterase bewirken kann. Mivacurium führt bei zügiger Injektion und höheren Dosen zu einer Histaminfreisetzung, die einen kurzfristigen Abfall des arteriellen Blutdrucks um 10–20 % bewirkt und gelegentlich mit einem Vasopressor behandelt werden muss. Bei Cholinesterasemangel oder atypischer Cholinesterase ergibt sich eine extrem lange Wirkdauer der neuromuskulären Blockade. Für den Rettungsdienst ist die Substanz entbehrlich.
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Dosierung: 0,2–0,25 mg/kg KG für die Intubation (dadurch allerdings nur bei etwa 80 % der Patienten gute bis sehr gute Intubationsbedingungen erreichbar; bei Erhöhung der Dosis Verlängerung der Wirkdauer).
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Atracurium Atracurium ist ein mittellang wirkendes, nichtdepolarisierendes Muskelrelaxans, das unabhängig von Leber- und Nierenfunktion über Esterhydrolyse und Hofman-Elemination abgebaut wird. Die klinische Wirkdauer beträgt bei einer Intubationsdosis von 0,4–0,5 mg/kg KG etwa 35 Minuten. Die Zeit bis zum Wirkungseintritt liegt bei etwa 3–4 Minuten. Bei zügiger Injektion wird häufig eine unspezifische Histaminliberation beobachtet, die sich in Form von Hautrötung, Tachykardie und Blutdruckabfall manifestiert und gelegentlich behandlungsbedürftig ist. Auch für diese Substanz gibt es trotz häufiger klinischer Anwendung nur geringe Erfahrungen im präklinischen Bereich. Eine langsame Injektion reduziert das Auftreten histaminbedingter Nebenwirkungen.
Dosierung: 0,4–0,5 mg/kg KG zur Intubation.
Vecuronium Vecuronium ist ein nichtdepolarisierendes, mittellang wirkendes Muskelrelaxans. Die Intubationsdosis wird mit 0,08–0,1 mg/kg KG angegeben, die vollständige neuromuskuläre Blockade tritt nach etwa 2–4 Minuten ein. Die klinische Wirkdauer liegt bei 35 Minuten. Die Substanz wird überwiegend hepatobiliär eliminiert. Vecuronium weist von allen Muskelrelaxanzien die niedrigste Potenz zur Histaminliberation auf und ist auch in hohen Dosen weitestgehend frei von kardiovaskulären Nebenwirkungen. Die Nachteile der Substanz für die Notfallnarkose liegen in der langen Zeit bis zum Wirkungseintritt und der langen Wirkdauer. Dosierung: 0,08–0,1 mg/kg KG für die Intubation.
3.4 Infusionslösungen
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Rocuronium Rocuronium ist ein mit Vecuronium strukturverwandtes nichtdepolarisierendes Steroidmuskelrelaxans. Es hat wie Vecuronium keine kardiovaskulären Nebenwirkungen und zeichnet sich vor allem durch eine sehr kurze Zeit bis zum Wirkungseintritt dosisabhängig von etwa 60–90 Sekunden aus, die im Bereich derjenigen von Succinylcholin liegt. Die Intubationsbedingungen werden bei einer Intubationsdosis von 0,6–0,9 mg/kg KG überwiegend als sehr gut beurteilt. In der Klinik hat sich die Substanz für die „Rapid Sequence Induction“ inzwischen vielfach als Alternative zu Succinylcholin etabliert. Nachteilig ist die relativ lange Wirkdauer von etwa 35 Minuten, die nicht nur bei eingeschränkter Leberfunktion teilweise extrem verlängert sein kann. Für die präklinische Narkose gibt es inzwischen Studienergebnisse, die Rocuronium auch für diesen Einsatzbereich als geeignet erscheinen lassen. Vorteile: 9 bei hoher Dosierung kurze Zeit bis zum Wirkungseintritt (vergleichbar mit Succinylcholin), 9 keine kardiovaskulären Nebenwirkungen, 9 keine Histaminfreisetzung. Nachteile: 9 lange Wirkdauer, 9 Injektionsschmerz bei zügiger Injektion. Bei Leberinsuffizienz besteht eine sehr lange Wirkdauer.
T
Dosierung: 0,6–0,9 mg/kg KG zur Intubation.
3.4 Infusionslösungen Infusionslösungen sind integraler Bestandteil bei der Durchführung einer Narkose. Sie dienen dem Erreichen von 3 therapeutischen Zielen: 9 Deckung des normalen Flüssigkeitsbedarfs, 9 Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten, 9 Bereitstellung einer Trägerlösung für Medikamente, 9 Offenhalten des venösen Zugangs.
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Im präklinischen Bereich kommen vornehmlich Kristalloide und künstliche Kolloide zur Anwendung. Als Kristalloide werden Ringerlösung, Ringerlaktatlösung und isotonische Kochsalzlösung verwendet. Als kolloidale Lösungen stehen Hydroxyethylstärke (HES), Gelatinepräparate, Dextrane, hyperosmolare Lösungen (z. B. 7,5 %ige NaCl-Lösung) und hyperosmolar-hyperonkotische Lösungen (mit Zusatz von HES oder Dextran) zur Verfügung. Körpereigene Kolloidlösungen wie Plasmaprotein- und Humanalbuminlösungen weisen gegenüber künstlichen Kolloiden primär keine relevanten Vorteile auf und sind auch aus Kostengründen nicht indiziert. Blutprodukte stehen präklinisch praktisch nicht zur Verfügung.
Physiologische und pathophysiologische Grundlagen Die Gesamtkörperwassermenge eines Erwachsenen beträgt etwa 60 % des Körpergewichts und setzt sich aus dem intrazellulären Raum (etwa 40 % des Körpergewichts) und dem extrazellulären Raum (etwa 20 % des Körpergewichts) zusammen. Das zirkulierende Blutvolumen macht 7–8 % des Körpergewichts aus. Mittels einer Faustregel lässt sich das zirkulierende Blutvolumen abschätzen: 9 Frauen: 70 ml/kg KG; 9 Männer: 80 ml/kg KG. Durch den vorwiegend durch die Plasmaproteine bewirkten unterschiedlichen kolloidosmotischen Druck bleibt die Trennung von Intravasalraum und Interstitium erhalten. Bei einem Schock wird dieses Gleichgewicht jedoch empfindlich gestört, was eine adäquate Infusionstherapie notwendig macht. Den rettungsdienstlich relevanten Schockformen – hämorrhagischer, kardiogener und anaphylaktischer Schock – liegt pathogenetisch ein Volumenverlust, ein myokardiales Pumpversagen bzw. eine generalisierte Vasodilatation mit resultierendem relativen Volumenmangel zugrunde. Als körpereigene Kompensationsmechanismen stehen die durch Aktivierung des sympathischen Nervensystems bewirkte Vasokonstriktion und eine Steigerung der Herzfrequenz zur Verfügung. Infolge des sinkenden Kapillardrucks kommt es zudem zu einem Flüssigkeitseinstrom aus dem Interstitium. Diesen Kompensationsmechanismen sind jedoch geringe Grenzen gesetzt, sodass die Herstellung normovolämischer Verhältnisse höchste Priorität besitzt. In gleichem Maße ist die Oxygenierung des Gewebes von Bedeutung. Bei strikter Wahrung von Normovolämie kann das physiologische Reservepotenzial der Erythrozyten zur erhöhten Sauerstofftransportkapazität bis zu einem Hämatokrit von etwa 30 % genutzt werden.
3.4 Infusionslösungen
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Kristalloide Lösungen Kristalloide Infusionslösungen sind die Basislösungen für eine Infusionstherapie während einer Narkose. Sie dienen der Deckung des normalen Flüssigkeitsbedarfs und zum Offenhalten venöser Zugänge. Die durch fast alle Anästhetika bewirkte Vasodilatation sowie die daraus resultierende „relative“ Hypovolämie können durch kristalloide Lösungen meist ausgeglichen werden, wenn nicht zugleich weitere Volumenverluste bestehen. Üblicherweise wird Ringer- oder Ringerlaktatlösung verwendet. Nur bei begründetem Verdacht auf eine Hyperkaliämie (z. B. bei Dialysepatienten) sollte primär isotonische Kochsalzlösung zur Anwendung kommen. Liegen primär keine Hinweise auf eine Überwässerung (z. B. Lungenödem) vor, ist die zügige Infusion von 500– 1000 ml beim Erwachsenen meist unbedenklich. Allein der Basisbedarf liegt bei 2–4 ml/kg KG/Stunde. Überwiegend historisch begründet wurden in den USA für den Ersatz von bis zu 30–40 % des Blutvolumens ausschließlich kristalloide Lösungen verwendet. Diese verbleiben aufgrund ihrer onkotischen Eigenschaften nicht in der Blutbahn und verteilen sich innerhalb kurzer Zeit auf Intravasalraum und Interstitium. Da Plasmavolumen und Interstitium im Verhältnis 1 : 4 verteilt sind, wird gegenüber Kolloiden die 4fache Menge benötigt, um gleiche Volumeneffekte zu erzielen. Die damit verbundenen Nachteile einer interstitiellen Überwässerung und einer Verminderung von Gewebeperfusion und -oxygenierung haben mittlerweile zu einem Umdenken bezüglich dieses Therapieregimes geführt.
Kolloidale Lösungen Künstliche kolloidale Lösungen dienen dem Ausgleich von Volumenmangelzuständen. Sie unterscheiden sich bezüglich ihres Volumeneffekts und ihrer Wirkdauer voneinander.
Dextranlösungen Dextran ist ein aus Glukoseeinheiten aufgebautes Polysacharid und wird derzeit klinisch ausschließlich zur Verbesserung der Rheologie eingesetzt. Die Substanz besitzt ein hohes allergisches Potenzial und wird nur nach Vorgabe von niedermolekularem Dextran (Promit) verwendet. Unter Umständen wird durch den „Coating-Effekt“ an Erythrozyten und Thrombozyten die Blutgruppenbestimmung erschwert. Insgesamt bietet die Substanz keine speziellen
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Vorzüge in der Volumenersatztherapie und wird im Rettungsdienst nicht mehr verwendet.
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Gelatinelösungen Gelatinepräparate haben gegenüber Dextran- und Hydroxyethylstärke-(HES-) Lösungen – abgesehen von der Verdünnungskoagulopathie – geringere Auswirkungen auf das Gerinnungssystem und sind zur Behandlung eines moderaten Volumenmangels gut geeignet. Eine stärkere Beeinflussung der Nierenfunktion ist nicht zu erwarten. Der Volumeneffekt ist isovolämisch und eher kurzfristig. Bei Ausschöpfung der Maximaldosis von HES-Lösungen steht diese Substanzgruppe auch bei ausgeprägtem Volumenmangel als Reserve zur Verfügung. Allergische Reaktionen auf Gelatinepräparate sind möglich.
Hydroxyethylstärke-(HES-)Lösungen Hydroxyethylstärke-(HES-)Präparate sind von natürlicher Stärke und Glukoseeinheiten abgeleitete Polysacharide. Durch Ankopplung von Hydroxyethylgruppen wird der schnelle Abbau durch die Serumamylase verhindert. Die Verweildauer im Gefäßsystem und der Volumeneffekt werden durch 3 Kenngrößen beeinflusst, die auf den Präparaten in folgender Reihenfolge angegeben sind: 9 Konzentration der Lösung, 9 mittleres Molekulargewicht, 9 Substitutionsgradient, der die Art der Vernetzung des Moleküls beschreibt. Diese Variationsmöglichkeiten haben zu einer Vielzahl von HES-Präparaten geführt, die nicht alle rettungsdienstlich relevant sind. Gebräuchlich sind: 9 6 % HES 200/0,5: Lösungen mit dieser Kennung sind zum mittelfristigen normovolämischen Volumenersatz bei allen Formen der Hypovolämie geeignet. Der mittlere Volumeneffekt beträgt etwa 100 %, die Wirkdauer 4 Stunden und die Halbwertszeit 8 Stunden. Die empfohlene Grenzdosis liegt bei 33 ml/kg KG/Tag. 9 10 % HES 200/0,5: Bei dieser wohl am häufigsten verwendeten Zubereitung handelt es sich um eine hyperonkotische Lösung mit einem etwa 60 Minuten andauernden Volumeneffekt von 150 %, einer etwa 4-stündigen Wirkdauer und einer Halbwertszeit von 9 Stunden. Die empfohlene Grenzdosis beträgt 20 ml/kg KG/Tag. Aufgrund des ausgeprägten Plasmaexpandereffekts sind diese Lösungen besonders zur mittelfristigen Therapie mit simultaner oder nachfolgender Substitution des interstitiellen Flüssigkeitsdefizits bei
3.4 Infusionslösungen
schwerer Hypovolämie geeignet. Durch gleichzeitige Infusion kristalloider Lösungen kann das HES-Präparat in seiner onkotischen Wirkung beeinflusst werden und ist daher fast universell einsetzbar. 9 6 % HES 200/0,62: Diese Lösungen zeichnet sich gegenüber HES 200/0,5 vor allem durch ihre stark verlängerte Wirkdauer aus. Präklinisch ergibt sich daraus die Einsatzmöglichkeit zum langfristigen Volumenersatz bei eingeschränkter Überwachungsmöglichkeit, etwa im Katastrophenfall.
Hyperosmolar-hyperonkotische Lösungen (z. B. HyperHAES) Diese Lösungen, Mischungen aus hyperosmolaren Kochsalzlösungen und HES, erzielen durch ihren hohen osmotischen bzw. osmotisch-onkotischen Gradienten einen Flüssigkeitseinstrom aus dem Interstitium und eignen sich für die rasche, kurzfristige Initialtherapie des Volumenmangelschocks. Diese Behandlung ist unter dem Begriff „Small Volume Resuscitation“ bekannt. Vorteile ergeben sich vor allem dann, wenn keine Exsikkose besteht und die Therapie möglichst rasch nach dem Trauma erfolgt. Die Umverteilung zulasten des Interstitiums ersetzt jedoch nicht die kontrollierte Auffüllung des Kreislaufs, daher hat immer eine begleitende Infusionstherapie zu erfolgen. Dosierung: einmalige Bolusgabe von etwa 4 ml/kg KG. Volumeneffekt, Volumenwirkdauer und hämostaseologisch empfohlene Maximaldosis der hyperosmolar-hyperonkotischen Lösungen sind in Tabelle 3.2 dargestellt.
Tabelle 3.2 Volumeneffekt, Volumenwirkdauer und hämostaseologisch empfohlene Maximaldosis verschiedener hyperosmolar-hyperonkotischer Lösungen Substanzen
Volumeneffekt ( %)
Volumenwirkdauer (Stunden)
Hämostaseologisch empfohlene Maximaldosis (ml/kg KG/Tag)
3 %ige Gelatinelösung
100
1,5
–
6 % HES 200/0,5
100
4
33
10 % HES 200/0,5
150
4
20
6 % HES 200/0,62
110
8
20
HyperHES
500–700
0,5–1
4 (Bolus)
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Nebenwirkungen der künstlichen Kolloide
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Allergische Reaktionen sind aufgrund der veränderten Zubereitungen bei HESund Gelatinepräparaten seltener geworden. Dextrane dagegen besitzen eine hohe allergene Potenz; die Vorgabe eines niedermolekularen Haptens ist zwingend. Auswirkungen auf das Gerinnungssystem ergeben sich auf mehreren Ebenen: 9 Eine Verdünnungskoagulopathie wird bei großzügiger Verwendung von Volumenersatzmitteln häufig beobachtet, ist manchmal primär jedoch nicht vermeidbar und kann in der Klinik gut therapiert werden. 9 HES-Lösungen bewirken in Abhängigkeit von Dosis und Verweildauer im Plasma eine verminderte Thrombozytenaggregation und beeinflussen die Konzentration von Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor, vor allem bei Überschreiten der Grenzdosis. Gelatinepräparate sind diesbezüglich unproblematischer. Kolloidale Lösungen werden bei ihrem Abbau vorübergehend im retikuloendothelialen System gespeichert. Eine relevante Beeinträchtigung des Immunsystems ist jedoch nicht bewiesen. Bezüglich der Nierenfunktion gilt vor allem HES als problematisch. Dies legt eine Zurückhaltung der Verwendung von HES-Präparaten bei bekannter Niereninsuffizienz nahe. Voraussetzung für eine adäquate Infusionstherapie ist die Anlage gut durchgängiger, großlumiger venöser Zugänge in ausreichender Anzahl zum frühestmöglichen Zeitpunkt, da die Punktionsbedingungen mit zunehmender Kreislaufzentralisation immer schlechter werden.
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Abschätzung des Volumenbedarfs Bei einer Relation von Herzfrequenz und systolischem arteriellen Blutdruck von 1 ist mit einem Blutverlust von etwa 25 % des Blutvolumens zu rechnen, bei einer Relation von 1,5 mit einem Verlust von etwa 50 %. Wegen der starken Abhängigkeit von kardialen Dauermedikationen (Digitalis, b-Blocker) ist diese Relation jedoch nur ein sehr grober Anhaltspunkt für den Blutverlust. Nach Einleitung einer Narkose und bei Verwendung von Opioiden ist dieser so genannte Schockindex nicht mehr verwertbar.
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3.5 Kardiovaskulotrope Pharmaka
Bei verschiedenen Verletzungslokalisationen gelten folgende Anhaltswerte für den möglichen Blutverlust: 9 Schädel: 1–2 Liter; 9 Thorax: 2–3 Liter; 9 Abdomen: 1–4 Liter; 9 Becken: 3–5 Liter; 9 Oberschenkel: 2–3 Liter; 9 Unterschenkel: 1–2 Liter. Diese Blutverluste werden häufig unterschätzt, da keine von außen sichtbare Blutung vorhanden ist. Die Infusions- und Volumentherapie erfolgt entsprechend des vorliegenden Krankheitsbildes: Während beim anaphylaktischen Schock (aufgrund der generalisierten Vasodilatation) und beim traumatisch-hämorrhagischen Schock eine aggressive Infusionstherapie mit Kolloiden und Kristalloiden notwendig ist, erfolgen beim kardiogenen Schock eine zurückhaltende Infusionstherapie und eine Behandlung mit Katecholaminen.
3.5 Kardiovaskulotrope Pharmaka Neben einer angepassten Infusionstherapie kann bei Durchführung einer Narkose der Einsatz von kardiovaskulotropen Pharmaka notwendig werden. Direkt oder indirekt wirken diese auf: 9 die querstreifte Herzmuskulatur, 9 das Erregungsbildungs- und -leitungssystem des Herzens, 9 die glatte Gefäßmuskulatur. Von der Vielzahl der in der Klinik verwendeten Substanzen kommt im Rettungsdienst nur eine begrenzte Auswahl an Medikamenten zum Einsatz. Diese sind für eine Ersttherapie ausreichend. Daher beschränkt sich die Abhandlung dieser Substanzgruppe auf die relevanten Medikamente.
Parasympatholytika Prototyp dieser Substanzklasse ist Atropin, das in den Handelspräparaten als Atropinsulfat vorliegt. Atropin bewirkt überwiegend eine Steigerung der Herzfrequenz. Beobachtet werden zudem eine Hemmung der Salivation, eine antiemetische Wirkung und eine Mydriasis. Aufgrund der Penetrationsfähigkeit
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
von Atropin in das Zentralnervensystem können bei hohen Dosen gelegentlich Bewusstseinsveränderungen wie auch delirante Zustände und Koma im Sinne eines zentralen anticholinergen Syndroms auftreten. Während Atropin früher Bestandteil der Prämedikation und damit der Narkosevorbereitung war, kommt diese Substanz heute nur noch zur Prophylaxe der succinylcholininduzierten Bradykardie zum Einsatz, vor allem in der Kinderanästhesie, oder sie wird zur Therapie akuter bradykarder Rhythmusstörungen verwendet. In den aktuellen Richtlinien des European Resuscitation Council (ERC) zur Reanimation aus dem Jahre 2005 wird die Substanz zur Behandlung der pulslosen elektrischen Aktivität und der persistierenden Asys tolie wieder als therapeutische Option genannt. Eine Bradykardie lässt sich mit Hilfe von Atropin beenden, wenn sie auf Vorhofebene oder auf dem Boden einer Vagusreizung entstanden ist. Für eine komplette Blockade des N. vagus sind beim Erwachsenen etwa 3 mg Atropin erforderlich. Bei Kindern ist das Schlagvolumen weitgehend konstant; hier wird mit einer Frequenzsteigerung auch das Herzzeitvolumen gesteigert. Merkmale von Atropin: 9 Zubereitung: Atropinsulfat (1 ml entspricht 0,5 mg); 9 Wirkeintritt bei intravenöser Gabe: 30–60 Sekunden; 9 Indikationen: – Therapie bradykarder Rhythmusstörungen, – Behandlung der reflektorischen Asystolie, – Prophylaxe der succinylcholininduzierten Bradykardie, – Salivationshemmung, – Antidot bei Organophosphatintoxikation; 9 Dosierung: – Prophylaxe der succinylcholininduzierten Bradykardie: 0,01 mg/kg KG (für die Anwendung bei Kindern 1 Ampulle Atropinsulfat mit NaCl-Lösung auf 10 ml verdünnen – 1 ml entspricht 0,05 mg); – Behandlung einer Bradykardie: 0,5 mg/70 kg; – im Rahmen der Reanimation: 3 mg (entspricht 6 Ampullen).
b-Adrenozeptor-Agonisten Der Prototyp der b-Sympathomimetika, das Isoprenalin, ist heute nicht mehr im Handel; verfügbar ist jedoch sein Strukturisomer Orciprenalin (Alupent), das sich durch eine ausgeglichene Wirkung auf b1- und b2-Rezeptoren sowie eine längere Wirkdauer von Isoprenalin unterscheidet. Die Indikation zur Anwendung dieser Substanz besteht in der Behandlung akuter bradykarder
3.5 Kardiovaskulotrope Pharmaka
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Rhythmusstörungen, wenn eine Therapie mit Atropin nur unzureichende Wirkungen zeigt oder der Einsatz von Atropin keine Wirkung erwarten lässt, beispielsweise bei drittgradigem AV-Block. Der Wirkmechanismus besteht in einer direkten Stimulation ventrikulärer Ersatzzentren. Vorsicht ist bei digitalisinduzierten Bradykardien geboten – ventrikuläre Extrasystolien, Tachyarrhythmien und Kammerflimmern können die Folge des Einsatzes von Orciprenalin sein.
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Insgesamt wird Orciprenalin nur noch sehr selten eingesetzt. Merkmale von Orciprenalin: 9 Dosierung: 1 Ampulle à 0,5 mg (mit NaCl-Lösung auf 10 ml verdünnt) milliliterweise injizieren (0,1–0,5 mg); 9 Zeit bis zum Wirkungseintritt: 30–60 Sekunden. Andere Substanzen aus der Gruppe der b-Sympathomimetika wirken überwiegend auf b2-Rezeptoren. Sie werden nicht zur Frequenzsteigerung, sondern zur Broncholyse inhalativ eingesetzt. Typische Vertreter sind Terbutalin (Bricanyl), Salbutamol (Sultanol) und Fenoterol (Berotec, Partusisten). Letzteres wird auch zur Tokolyse des Uterus verwendet.
Vasopressoren Als „Vasopressoren“ bezeichnet man Substanzen, die ihre blutdrucksteigernde Wirkung überwiegend durch eine Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes entfalten. Die im Rettungsdienst am häufigsten verwendete Substanz ist Akrinor. Diese wird sowohl klinisch als auch präklinisch zur Behebung kurzfristiger Blutdruckabfälle verwendet. Es handelt sich um ein Kombinationspräparat aus Cafedrin und Theodrenalin und ist sowohl direkt als auch indirekt sympathomimetisch wirksam. Als Alternativen werden derzeit klinisch überwiegend hochverdünnte Arterenollösungen (1 mg Arterenol auf 100 ml NaCl-Lösung – 1 ml entspricht 10 µg) oder Ephedrin eingesetzt. Letztgenanntes Medikament ist nur über internationale Apotheken verfügbar und erfordert eine patientenbezogene Dokumentation ähnlich jenen Substanzen, die unter die Betäubungsmittelverordnung fallen. Auch für Ephedrin empfiehlt sich eine Verdünnung der Stammlösung (1 Ampulle à 50 mg mit NaCl-Lösung auf 20 ml verdünnen – 1 ml enthält 2,5 mg der Wirksubstanz).
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Katecholamine
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Auch präklinisch kann bei Durchführung einer Narkose der Einsatz von Katecholaminen notwendig sein. Zu dieser Substanzklasse gehören: 9 Noradrenalin (Arterenol), 9 Adrenalin (Suprarenin), 9 Dopamin, 9 Dobutamin, 9 Dopexamin. Alle Substanzen sind direkte Sympathomimetika, bei Dopamin besteht zusätzlich eine indirekte Wirkung. Unterschiede bestehen vor allem bezüglich der Affinität zu a-, b1-, b2- und dopaminergen Rezeptoren. Katecholamine beeinflussen sowohl die Herzauswurfleistung als auch den Gefäßtonus und sind nur bei schwerer Beeinträchtigung des Herz-Kreislauf-Systems indiziert. Die Unterschiede in der hämodynamischen Wirkung ermöglichen einen differenzierten Einsatz zur Behandlung einer kardiovaskulären Beeinträchtigung. In der Klinik ist hierzu ein erweitertes hämodynamisches Monitoring (invasive Blutdruckmessung, Überwachung des zentralen Venendrucks, Messung von Herzzeitvolumen und eventuell pulmonalarteriellen Drücken) üblich; diese Möglichkeiten stehen im präklinischen Bereich jedoch nicht zur Verfügung. Der präklinische Einsatz von Katecholaminen muss sich daher an anderen, vereinfachten Parametern orientieren. Hier bieten die Wirkprofile der Substanzen einen brauchbaren Ansatz für Therapiekonzepte.
Noradrenalin (Arterenol) Noradrenalin wirkt überwiegend auf a-Rezeptoren und damit peripher vasokonstringierend. Über diesen Mechanismus wird eine Steigerung des koronaren und zerebralen Perfusionsdruck zulasten der vasokonstringierten Bereiche erreicht. Das Herzzeitvolumen nimmt unter Arterenolgabe meist nicht zu. Als klassische Indikationsgebiete werden daher für Arterenol der septische Schock (im präklinischen Bereich sehr selten) und der spinale Schock mit dem hierbei vorliegenden erniedrigten peripheren Widerstand angesehen. Als überbrückende Maßnahme bei hypovolämischem Schock ist die Gabe von Arterenol geeignet, wobei immer simultan der Ausgleich der Hypovolämie durch eine großzügige Infusionstherapie zu erfolgen hat. Auch andere schwere hypotone Zustände, z. B. durch eine massive Lungenembolie, lassen sich mit Arterenol symptomatisch behandeln.
3.5 Kardiovaskulotrope Pharmaka
Für eine kurzfristige Blutdruckanhebung bis zum Ausgleich einer Hypovolämie ist das genannte Konzept des Einsatzes von Arterenol als Vasopressor in einer hochverdünnten Lösung gut geeignet. Dosierung: 1 mg Arterenol in 100 ml NaCl-Lösung verdünnen (1 ml entspricht 10 µg Arterenol). Durch wiederholte Bolusgaben von 1–3 ml dieser Lösung lässt sich eine kurzfristige Blutdruckanhebung erreichen. Für einen längerfristigen Einsatz empfiehlt sich aufgrund der kurzen Wirkdauer der Substanz der Einsatz von Spritzenpumpen. Als gängige Verdünnung hat sich hier eine Lösung von 5 mg Arterenol in 50 ml NaCl-Lösung bewährt. Die Infusionsgeschwindigkeit beträgt 1–5(–10) ml/Stunde (bzw. nach Wirkung). Bei Einsatz von Arterenol ist – wie bei anderen Katecholaminen auch – eine engmaschige Blutdruckkontrolle dringlich angeraten. Als Messintervall sind 2 Minuten praktikabel; auch die „Hand-am-Puls“-Methode hat sich hier bewährt, um ungewollte gravierende Blutdruckanstiege bzw. ein erneutes Absinken des Drucks zu ertasten. Eine EKG-Überwachung ist bei Einsatz aller Katecholamine obligat.
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Adrenalin (Suprarenin) Je nach Dosisbereich wirkt Adrenalin überwiegend a- oder b-adrenerg. Im Niedrigdosisbereich (1–2 µg/Minute) überwiegt die b-Stimulation. Im mittleren Dosisbereich (2–10 µg/Minute) erfolgt eine Stimulation von a- und bRezeptoren, während bei Dosierungen von > 10 µg/Minute die a-adrenerge Stimulation im Vordergrund steht. Unter Adrenalingabe steigen Herzfrequenz, Herzauswurfleistung und Herzzeitvolumen. Neben diesen Effekten steigt auch der myokardiale Sauerstoffverbrauch mit der eventuellen Folge einer Myokardischämie. Die klassischen Indikationen für Adrenalin sind die kardiopulmonale Reanimation und der anaphylaktische Schock. Die Wirkung von Adrenalin bei Herz-Kreislauf-Stillstand ist wohl überwiegend in der Anhebung des koronaren Perfusionsdrucks zu sehen, aber auch die positive Inotropie und eine Beeinflussung des Sinusknotens spielen eine positive Rolle. So kann nach erfolgloser primärer Defibrillation nach Suprareningabe unter Umständen ein Defibrillationserfolg verzeichnet werden. Dosierung: 1 mg intravenös bzw. intraossär oder 3 mg endobronchial zur Reanimation. Beim anaphylaktischen Schock stehen die Normalisierung des Gefäßwiderstandes und die Steigerung der Auswurfleistung durch Adrenalin im Vorder-
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3 Medikamente für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
grund. Der beim anaphylaktischen Schock beobachteten Permeabilitätsstörung mit Verschiebung von Flüssigkeit in das Interstitium steht ein gefäßabdichtender Effekt durch Adrenalin gegenüber.
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3.6 Antiarrhythmika Eine umfassende Darstellung aller Therapieoptionen von Rhythmusstörungen ist in Bezug auf die Durchführung einer Narkose im Rettungsdienst nicht notwendig. Daher soll im Folgenden nur auf die wichtigsten Substanzen eingegangen werden. Die Behandlung von Arrhythmien während einer Narkose im präklinischen Bereich sollte stets unter Berücksichtigung von 2 Fragestellungen erfolgen: 9 Welches sind die Ursachen? 9 Besteht Therapiebedürftigkeit? Als häufige Ursachen von Rhythmusstörungen gelten: 9 Hypoxie, 9 unzureichende Narkosetiefe, 9 direkte kardiale Schädigung (z. B. Contusio cordis) oder vorbestehende kardiale Erkrankung (z. B. koronare Herzkrankheit oder Arrhythmia absoluta), 9 Volumenmangel, 9 arzneimittelinduzierte Rhythmusstörungen (z. B. durch Succinylcholin), 9 Elektrolytstörungen. In Bezug auf die Therapiebedürftigkeit steht stets die Frage nach der hämodynamischen Relevanz der beobachteten Rhythmusstörung im Vordergrund. Vereinzelte ventrikuläre Extrasystolen sind sicher primär nicht behandlungsbedürftig, wohl aber eine ventrikuläre Tachykardie mit fehlender Auswurfleistung.
Nach Ausschluss anderer behebbarer Ursachen kommen während einer präklinischen Narkose folgende Antiarrhythmika zum Einsatz: 9 Ajmalin: Als Klasse-Ia-Antiarrhythmikum findet Ajmalin in Deutschland überwiegend zur Behandlung von supraventrikulären Tachykardien oder der Tachyarrhythmia absoluta bei Präexzitationssyndromen (z. B. WPWSyndrom) Anwendung. Für die Behandlung ventrikulärer Tachykardien ist die Substanz bedingt geeignet. 9 b-Blocker: Während einer präklinischen Narkose empfiehlt sich ein zurückhaltender Einsatz dieser Substanzgruppe. Tachykardien und Blutdruckanstiege während einer Narkose sind zumeist auf eine ungenügende Narkosetiefe zurückzuführen und damit nicht mit b-Blockern zu therapieren, sondern mit einer Vertiefung der Narkose. Ein weiteres Problem stellt der
3.6 Antiarrhythmika
nicht erkannte, unterschätzte oder unbehandelte Volumenmangel dar, bei dem der Einsatz von b-Blockern deletäre Folgen haben kann. Ein kurzwirksamer b-Blocker steht mit Esmolol (Brevibloc) zur Verfügung, dennoch ist eine strenge Indikationsstellung notwendig. 9 Amiodaron: Amiodaron, die Leitsubstanz der Klasse-III-Antiarrhythmika, hat heute einen gesicherten Stellenwert in der kardiopulmonalen Reanimation (aktuelle Empfehlungen des ERC). Die Substanz vereinigt antiarrhythmische Eigenschaften aller 4 Antiarrhythmikaklassen. Die Standarddosierung bei der Reanimation und defibrillationsresistentem Kammerflimmern besteht in der Bolusgabe von 300 mg.
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Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
4 4.1 Atemwegssicherung Basismaßnahmen Zur Feststellung und Behebung respiratorischer Störungen bei Verlegung der oberen Luftwege dient der so genannte Esmarch-Handgriff: Bei fehlendem Tonus der Zungengrundmuskulatur, wie er bei bewusstlosen Patienten in Rückenlage oft anzutreffen ist, wird durch Überstrecken des Kopfes, Anheben des Kinns, Vorschieben des Unterkiefers und gleichzeitiges Öffnen des Mundes manchmal bereits eine Wiedereröffnung des Luftweges erreicht (Abb. 4.1). Gleichzeitig ergibt sich mit der Mundöffnung die Möglichkeit zur grob orientierenden Inspektion der Mundhöhle sowie zur Reinigung und zum Absaugen von Blut oder Erbrochenem. Bei Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule sollte eine Reklination des Kopfes nur bei vitaler Indikation erfolgen, wenn das alleinige Anheben des Kinns und das Vorschieben des Unterkiefers nicht zum Erfolg führen.
Abb. 4.1 Esmarch-Handgriff. Nach P. Safar: Wiederbelebung Herz-Lunge-Gehirn, Thieme, Stuttgart 1984.
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
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Abb. 4.2 Guedel-Tuben in verschiedenen Größen.
Einfache Hilfsmittel zum Freimachen der Luftwege sind der Oropharyngealtubus nach Guedel (Abb. 4.2) und der Nasopharyngealtubus nach Wendl. Für die Wahl der richtigen Größe des Guedel-Tubus gilt als Anhalt der Abstand zwischen Mundwinkel und Ohrläppchen. Zum Einführen wird der Guedel-Tubus mit der Spitze nach kranial zwischen Zunge und Oberkiefer in die Mundhöhle geführt und dann mit einer Drehung um 180 ° nach kaudal vorgeschoben. Er kommt damit bei richtiger Größenwahl und korrekter Positionierung zwischen Zungengrund und Hypopharynx zu liegen. Die Gefahr bei Anwendung des Guedel-Tubus besteht in der Auslösung von Brechreiz, Erbrechen und eventuell Aspiration, falls eine Fehleinschätzung der Bewusstseinslage erfolgt ist und noch Schluck- oder Würgereflexe vorhanden sind. Wache Patienten tolerieren einen Guedel-Tubus nicht.
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Wendl-Tuben für die nasopharyngeale Anwendung (Abb. 4.3) werden auch von Patienten mit noch bestehenden Schluckreflexen meist problemlos toleriert. Sie bestehen aus Gummi oder weichem Kunststoff. Die richtige Auswahl des Durchmessers orientiert sich am Durchmesser des Nasenlochs. Nach Bestreichen der Oberfläche des Wendl-Tubus mit Lokalanästhetikumgel wird dieser vorsichtig durch das Nasenloch in Richtung Mundhöhle vorgeschoben; das Anheben der Nasenspitze erleichtert den Vorgang der Einführung in den
4.1 Atemwegssicherung
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Abb. 4.3 Wendl-Tuben in verschiedenen Größen.
Meatus nasi inferior ebenso wie eine leichte Drehbewegung des Tubus in beide Richtungen. Keinesfalls sollte bei Verwendung von Wendl-Tuben Gewalt angewendet werden. Neben der Verletzung von Strukturen im Nasennebenhöhlenbereich können vor allem Blutungen im Schleimhautbereich hervorgerufen werden, die eine nachfolgende Intubation deutlich erschweren oder zur Aspiration von Blut führen.
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Vor allem bei zahnlosen, älteren Patienten ist der Wendl-Tubus oft die bessere Alternative gegenüber dem Guedel-Tubus, weil er allein durch die anatomischen Strukturen besser fixiert ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass zum Einführen eine Reklination des Kopfes nicht notwendig ist. Die Anwendung dieser einfachen Hilfsmittel ist bei einigen wenigen Patienten bereits ausreichend, um einen ausreichenden Luftweg freizuhalten sowie eine Beatmung über Beatmungsmaske und Beatmungsbeutel zu erleichtern.
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Maskenbeatmung mittels Beatmungsbeutel
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Die Maskenbeatmung mit dem Beatmungsbeutel stellt eine überbrückende Maßnahme zur Assistenz bei insuffizienter oder fehlender Spontanatmung bis zur Schaffung eines definitiven Luftwegs dar. Üblicherweise kommt dabei der so genannte C-Griff zum Einsatz. Dabei umschließen Daumen und Zeigefinger den Maskenansatz, während die übrigen Finger unter dem Kinn liegen und den Unterkiefer nach oben ziehen. Mit der anderen Hand wird der Beatmungsbeutel bedient. Als schwierig gestaltet sich dabei für den wenig Geübten oft das Abdichten der Maske, wobei das Vorgehen, die Maske von der Nasenwurzel her beginnend aufzulegen und jeweils zur Seite der Undichtigkeit hin zu kippen, das Problem meist beseitigt. Empfohlen wird für den Erwachsenen der Einsatz von zumindest partiell durchsichtigen Masken mit weichem, luftgefülltem Randwall (Abb. 4.4). Diese passen sich den Weichteilstrukturen im Gesicht besser an und lassen bei Durchsichtigkeit das Auftreten von Erbrechen oder Regurgitation von Schleim oder Blut schneller erkennen. Für Erwachsene kommen Masken der Größen 3–5 zum Einsatz, für Säuglinge und Kinder Masken der Größen 0–3. Bei Säuglingen, aber auch bei Kleinkindern ist die Verwendung von runden Masken (Abb. 4.5), die sich der Gesichtsstruktur erfahrungsgemäß gut anpassen, vorteilhaft. Alternativ kommen für Kinder so genannte RendellBaker-Masken (siehe Abb. 2.11, S. 48) zur Anwendung, die den typischen anatomischen Gegebenheiten in dieser Altersklasse Rechnung tragen, dem weniger Geübten jedoch bei der Handhabung Probleme bereiten können. Nicht nur die Benutzung der Beatmungsmaske erfordert eine gewisse Übung, auch die Verwendung des Beatmungsbeutels birgt gewisse Gefahrenmomente:
Abb. 4.4 Beatmungsbeutel mit Masken.
4.1 Atemwegssicherung
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Abb. 4.5 Runde Maske.
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Zu rasches Zusammendrücken, in dem Bestreben, möglichst große Atemzugvolumina zu applizieren, führt zu hohen Spitzendrücken mit der Gefahr der gastralen Luftinsufflation und Überblähung des Magens, was eine Regurgitation von Mageninhalt und damit eine Aspiration begünstigt. Der ösophageale Verschlussdruck liegt im Bereich von etwa 20 cm H2O, höhere Beatmungsdrücke sollten daher bei der Maskenbeatmung vermieden werden. Erfolgskriterium für eine suffiziente Maskenbeatmung ist die erkennbare Thoraxexkursion bei niedrigen Beatmungsdrücken. Wie auch in den aktuellen Reanimationsrichtlinien des European Resuscitation Council (ERC) empfohlen, gelten kleinere Atemzugvolumina von 400–600 ml bei hinreichend hohem Sauerstoffanteil in der Inspirationsluft (FiO2 von > 0,4) als ausreichend. Bei Anschluss von Sauerstoff – auch mit hohen Flussraten – an die Anschlussadapter der Beatmungsbeutel lässt sich lediglich eine inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen von 40 % erreichen; höhere Konzentrationen sind nur durch Verwendung von Reservoirsystemen zu erzielen, die daher stets zu bevorzugen sind.
Endotracheale Intubation Die endotracheale Intubation ist nach wie vor der „Goldstandard“ der Atemwegssicherung beim Notfallpatienten und erfolgt als orotracheale Intubation. Dieses Verfahren gewährleistet nach Einführen des Endotrachealtubus den sicheren Zugang zum Tracheobronchialsystem, erlaubt auch die Beatmung mit höheren Beatmungsdrücken und einem positiven endexspiratorischen Druck (Positive endexpiratory Pressure, PEEP) sowie mit hohen Sauerstoffkonzent-
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rationen, bietet einen zuverlässigen Schutz vor Aspiration und ermöglicht sowohl das Absaugen des Bronchialsystems als auch in Extremsituationen die Applikation von Medikamenten über den Tubus. Beim bewusstlosen Patienten ist in der Reanimationssituation eine endotracheale Intubation ohne vorherige Gabe von Narkosemedikamenten möglich, ansonsten erfordert diese Maßnahme die Einleitung einer Allgemeinanästhesie. Eine beispielsweise fiberoptisch assistierte Wachintubation ausschließlich mit Schleimhautanästhesie bleibt wohl nur der Klinik vorbehalten. Eine blinde nasotracheale Intubation stellt auch im Rettungsdienst die Ausnahme dar; oft wird dabei ein zusätzliches Gefahrenmoment durch Auslösung von Schleimhautblutungen erzeugt.
Vorgehensweise Zur Intubation wird der Kopf des Patienten klassischerweise in „Schnüffelstellung“ oder in der so genannten verbesserten Jackson-Position gelagert: Der Kopf ist nur leicht überstreckt, und ein kleines Kissen, ein zusammengerolltes Tuch oder eine Jacke, notfalls auch eine Nierenschale, die unter den Hinterkopf des Patienten gelegt wird, hebt den Kopf um 5–8 cm an. Eine oft vorgenommene massive Überstreckung des Kopfes erleichtert den Intubationsvorgang meist nicht und birgt bei Verdacht auf Halswirbelsäulenverletzungen ein zusätzliches Gefährdungspotenzial für den Patienten. Die Schnüffelstellung nähert die oropharygeale Achse der Sichtachse des Intubierenden auf den Larynx an und erleichtert den Intubationsvorgang erheblich. Bei bestehender oder pharmakologisch induzierter Bewusstlosigkeit wird nach Öffnung des Mundes der Laryngoskopspatel eingeführt und entlang des rechten Zungenrands bis in die Vallecula epiglottica vorgeschoben. Zum Öffnen des Mundes bedient man sich am besten des „Kreuzgriffs“, wobei man Zeigefinger und Daumen der rechten Hand auf die Molaren legt und den Mund des Patienten mit einer sich kreuzenden Bewegung der beiden Finger öffnet. Das gerne praktizierte Einlegen des Zeigefingers im Bereich der Schneidezähne zum Öffnen des Mundes birgt bei gelockerten Zähnen in diesem Bereich ein hohes Risiko eines Zahnschadens. Nach Platzierung des Larygoskopspatels in der genannten Position erfolgt nun der Zug am Laryngoskopgriff in Richtung des Griffs; eine Hebelbewegung in Richtung der Frontzähne muss zur Vermeidung von Zahnschäden vermieden werden. Das Handgelenk der linken Hand, die den Larygoskopgriff hält, wird nicht gekippt, sondern bleibt steif. Im Regelfall bietet sich nun der Blick auf die Stimmbandebene. Durch Druck auf den Kehlkopf durch das Assistenzpersonal kann dieser Vorgang unterstützt werden. Bei schwierigeren Sichtverhältnissen hilft manchmal das so genannte
4.1 Atemwegssicherung
Burp-Manöver, wobei der Kehlkopf nach hinten, oben, und rechts gedrückt wird (backward, upward, right, pressure). Bei Blick auf die Stimmbandebene wird nun der Endotrachealtubus unter Sicht so weit in die Trachea vorgeschoben, bis der Cuff knapp unterhalb der Stimmbänder zu liegen kommt. Durch einen kurzen Blick auf die Längenmarkierung des Tubus an der Zahnreihe in dieser Position erhält man nach Fixierung des Tubus wertvolle Hinweise auf die Tubuslage. Wenn der Tubus beim Intubationsvorgang nicht senkrecht von oben, sondern lateral vom Mundwinkel aus vorgeschoben wird, behindert man nicht seine eigene Sichtachse und erleichtert sich die Platzierung des Tubus in korrekter Position.
Laryngoskop Die Auswahl des Laryngoskops und des richtigen Laryngoskopspatels erleichtert – neben einer korrekten Intubationstechnik – das Vorgehen. Bevorzugt werden sollten auch im Rettungsdienst solche Laryngoskope, bei denen eine helle Lichtquelle im Griff integriert ist, deren Licht über Glasfasern an die Spitze des Spatels geleitet wird. Ältere Modelle, bei denen sich die Lichtquelle im Spatel befindet, sind störungsanfälliger und bedingen bei der Intubation meist schlechtere Sichtverhältnisse. Bevorzugt werden sollten McIntosh-Spatel (Abb. 4.6), da diese – außer beim Säugling, bei dem ein gerader MillerSpatel oft günstiger ist – aufgrund der Anpassung an die normale Anatomie des Mund-Rachen-Raums bessere Bedingungen bieten. Die Auswahl der Spatelgröße orientiert sich an der Größe des Patienten. Der Standardspatel beim Erwachsenen hat die Spatelgröße 3. Überlange Spatel der Größe 4 bieten sich
Abb. 4.6 Standardlaryngoskop nach Macintosh.
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Abb. 4.7 Laryngoskop nach McCoy.
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nur für extrem große Patienten an und erbringen selbst hier nur gelegentlich Vorteile. Die Größe 2 ist für Kinder und Jugendliche bis zu einem Körpergewicht von etwa 50 kg, aber auch für kleinwüchsige Erwachsene in dieser Gewichtsklasse konzipiert. Die Größe 1 ist für Kleinkinder gedacht. Eine Modifikation des Macintosh-Spatels ist der McCoy-Spatel (Abb. 4.7), dessen vorderer Anteil über eine Mechanik knickbar ist und nach Platzierung in der aryepiglottischen Falte durch Betätigung der Mechanik den Kehldeckel anhebt und damit den Blick auf die Stimmbandebene zulässt. Bisher hat dieses Hilfsmittel noch keine größere Verbreitung im Rettungsdienst gefunden.
Endotrachealtubus Neben der Auswahl des geeigneten Laryngoskops und des passenden Spatels spielt die Auswahl der richtigen Tubusgröße eine entscheidende Rolle. Hier gilt eine ganz einfache Faustregel: 9 Frauen: Tubusgröße 7,0 oder 7,5 mm Innendurchmesser; 9 Männer: Tubusgröße 8,0 oder 8,5 mm Innendurchmesser. Im Zweifelsfall immer die kleinere Tubusgröße wählen.
Bei Kindern lässt sich die passende Tubusgröße entweder nach der Formel „(16 + Lebensalter) : 4 = Tubusgröße in mm Innendurchmesser“ errechnen oder aber schneller und günstiger durch Größenvergleich des Tubus mit dem Endglied des Kleinfingers des kleinen Patienten eruieren. Sicherheitshalber bei Kindern jeweils die nächst kleinere und die nächst größere Tubusgröße zur ermittelten Größe bereitlegen.
4.1 Atemwegssicherung
Bei Kindern, die jünger sind als 6 Jahre, können ungeblockte Tuben verwendet werden, häufiger werden jedoch inzwischen blockbare Tuben verwendet. Ausnahmen sind z. B. bei Blutungen im Mund-Rachen-Raum möglich. Geringe Undichtigkeiten des ungeblockten Tubus sind tolerabel. Im Einzelfall ist entweder eine erneute Intubation mit dem nächst größeren Tubus vorzunehmen oder eventuell der Rachenraum mit einer feuchten Kochsalzkompresse abzudichten. Ein hoher Frischgasfluss und eine sensible Beatmung mit dem Beatmungsbeutel – nicht mit einem Transportbeatmungsgerät – sind ebenfalls hilfreich. Erleichtert wird die Intubation durch Verwendung kunststoffummantelter Einführungsstäbe, die in das Tubuslumen eingeführt werden. Sie geben dem Tubus eine höhere Stabilität und erlauben in gewissen Umfang ein Vorbiegen des Tubus im Endbereich. Primär sollte der Einführungsstab zur Vermeidung von Verletzungen das Tubusende nicht überragen, in Sondersituationen kann jedoch das Herausragen des Einführungsstabes hilfreich sein; der Einführungsstab dient dann gewissermaßen als Mandrin, über den der Tubus nach Sondierung der Trachea in diese vorgeschoben wird. Zur Vermeidung von Verletzungen im Kehlkopfbereich soll immer die weiche Seite des Führungsstabes an der Spitze des Tubus lokalisiert sein. Damit der Einführungsstab nach erfolgreicher Intubation aus dem Tubus wieder entfernt werden kann, muss dieser vorher gleitfähig gemacht werden. Am besten ist hierfür Xylocaingel oder etwas Silikonspray geeignet, notfalls auch Kochsalzlösung, die vor dem Einbringen der Einführhilfe in das Tubuslumen appliziert wird. Nach erfolgter Intubation sind die Längenmarkierungen auf den Tuben hilfreich. Als Faustregel gilt dabei für eine korrekte Tubuslage: 9 bei Frauen: etwa 21 cm (Markierung an der Zahnreihe); 9 bei Männern: etwa 23 cm (Markierung an der Zahnreihe). Schwankungen sind dabei von Patient zu Patient möglich. Bei optimalen Intubationsbedingungen ist der Blick auf die Längenmarkierung des Tubus, nachdem der Cuff die Stimmbandebene passiert hat, hilfreich. Zur Verifizierung der korrekten Tubuslage ist immer die Auskultation notwendig. Größere Abweichungen von der oben genannten Faustregel, z. B. Einführtiefe des Tubus von 27 cm und einseitig fehlendes Atemgeräusch, weisen jedoch eher auf eine zu tiefe einseitige Intubation als auf einen einseitigen Pneumo- oder Hämatothorax hin. Kindertuben haben eine schwarz eingefärbte Tubusspitze, welche die korrekte Intubationstiefe anzeigt, wenn der eingefärbte Teil gerade die Stimmbandebene passiert hat.
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Alternativen zum Endotrachealtubus
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Vor dem Hintergrund immer häufiger auftretender juristischer Auseinandersetzungen aufgrund misslungener Intubation und damit verbundener Folgeschäden nehmen die Alternativen zur endotrachealen Intubation – gerade bei mehrfachen erfolglosen Intubationsversuchen – eine immer gewichtigere Rolle in der Notfallmedizin ein. Gegenüber einer Maskenbeatmung als Ultima Ratio in dieser Situation verdienen vor allem die Larynxmaske und ihre Modifikationen sowie der Combitubus Beachtung.
Larynxmaske Seit Einführung der Larynxmaske (Abb. 4.8) in die klinische Anästhesie im Jahre 1975 durch Brain sind viele Jahre vergangen, bis dieses Atemwegshilfsmittel Eingang in die Notfallmedizin gefunden hat. Heutzutage haben die Larynxmaske und ihre technischen Weiterentwicklungen wie „Pro-Seal“ und die Intubationslarynxmaske „Fastrach“ einen gesicherten Stellenwert in den Algorithmen zur Atemwegssicherung erlangt – nicht als definitives Ersatzinstrument zur endotrachealen Intubation als „Goldstandard“, jedoch als absolute Alternative zu einer Maskenbeatmung bei nicht möglicher Intubation. Die Larynxmaske schützt nicht sicher vor einer Aspiration, ist aber der Maskenbeatmung diesbezüglich deutlich überlegen. Hinzu kommt die relativ einfache Handhabung dieses Hilfsmittels, das jedoch auch ohne Übung nicht unbedingt problemlos zu verwenden ist und eine Ausbildung an diesem Gerät, ebenso wie das Erlernen der Technik der endotrachealen Intubation, notwendig
Abb. 4.8 Wieder verwendbare Larynxmaske.
4.1 Atemwegssicherung
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Abb. 4.9 Einmallarynxmaske.
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macht. Anfangs stand der Verbreitung der Larynxmaske in der präklinischen Notfallmedizin sicher auch ein logistisches Problem entgegen, das mit dem hohen Anschaffungspreis des bis zu 40-mal wieder verwendbaren Produkts verbunden war. Mit der Verfügbarkeit von inzwischen relativ preisgünstigen Einmalprodukten (Abb. 4.9) ist dieses Problem nunmehr gelöst. Wieder verwendbare Larynxmasken stehen in verschiedenen Größen (1–6) für die unterschiedlichen Gewichts- und Altersklassen zur Verfügung. Einmallarynxmasken sind in den Größen 3–5 verfügbar. Auch die Intubationslarynxmaske „Fastrach“ ist mittlerweile als Einmalprodukt in den Größen 3–5 verfügbar. Zu beachten sind bei Verwendung der Larynxmaske die unterschiedlichen Füllvolumina des Cuffs, da zu hohe Volumina binnen relativ kurzer Zeit Druckschäden an den Strukturen der Kehlkopfregion bewirken können.
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Zum Einführen der Larynxmaske sind keinerlei Hilfsmittel wie etwa ein Laryngoskop erforderlich, auch Muskelrelaxanzien sind nicht notwendig. Unabdingbar ist jedoch eine ausreichende Narkosetiefe oder tiefe Bewusstlosigkeit. Viele Probleme, die bei Anwendung der Larynxmaske entstehen können, sind auf Nichtbeachtung dieser Empfehlung zurückzuführen. Als am besten geeignete Einleitungssubstanz hat sich hierbei in der Klinik Propofol erwiesen. Ähnlich gute Bedingungen erbringt die Kombination aus einem Barbiturat mit Midazolam – 2 Substanzen, die im Rettungsdienst im Gegensatz zu Propofol meist verfügbar sind. Nach Einleitung einer Narkose mit Etomidat oder Ketamin wer-
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den oft ungenügend tiefe Narkosestadien mit erhaltenem Schluckreflex beobachtet, die zum Einführen einer Larynxmaske nicht geeignet sind.
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Einführungstechnik der Larynxmaske: Der Kopf ist wie zur endotrachealen Intubation in der verbesserten Jackson-Position gelagert. Die Larynxmaske wird wie ein Bleistift gehalten. Mit vollständig entleertem Cuff wird die Larynxmaske nach Benetzung der hinteren Maskenspitze mit einem Gleitmittel in Höhe der oberen Schneidezähne in den Mund eingeführt und flach am harten Gaumen entlang vorgeschoben. Mit Hilfe des Zeigefingers schiebt man nun die Larynxmaske nach kranial weiter und führt sie unter kontinuierlichem, leichtem Druck in den Hypopharynx ein, bis ein Widerstand bemerkbar ist. Bevor der einführende Zeigefinger entfernt wird, hält man die Larynxmaske mit der anderen Hand in dieser Position, um ein Verrutschen zu verhindern. Nun wird der Cuff mit der empfohlenen Luftmenge gefüllt. Bei Anwendung dieser vom Hersteller (The Laryngeal Mask Company Ltd.) empfohlenen Einführungstechnik wird das Problem, dass die Spitze der Larynxmaske beim Einführen umknickt und sich daher nicht platzieren lässt, relativ zuverlässig gelöst. Beatmung über die Larynxmaske: Da mit einer Larynxmaske häufig keine komplette Abdichtung des Atemweges wie beim Endotrachealtubus erreicht wird, empfiehlt sich bei Verwendung dieses Hilfsmittels die Beatmung mit dem Beatmungsbeutel, da hiermit hohe Spitzendrücke leichter zu vermeiden sind als mit den derzeit verfügbaren Transportbeatmungsgeräten. Beatmungsdrücke von > 20 cm H2O sind bei Anwendung der Larynxmaske möglichst zu vermeiden.
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Weiterentwicklungen der Larynxmaske: Als Weiterentwicklungen der „klassischen“ Larynxmaske sind die Larynxmaske „ProSeal“ und die Intubationslarynxmaske „Fastrach“ auf dem Markt: 9 Die Maske „ProSeal“ zeichnet sich durch eine etwas veränderte Cuff-Konfiguration mit Implementierung eines zusätzlichen Kanals zum Absaugen des Ösophagus oder zum Platzieren einer Magensonde aus. Sie ermöglicht oft eine bessere Abdichtung wie auch die Verwendung höherer Beatmungsdrücke. 9 Die Intubationslarynxmaske „Fastrach“ erlaubt bei Intubationsproblemen die blinde Insertion eines flexiblen Endotrachealtubus über eine modifizierte Larynxmaske. Sie bietet bei schlecht zugänglichen Patienten, bei denen eine Laryngoskopie nicht möglich ist, sowie bei immobilisierter Halswirbelsäule oder Verdacht auf Halswirbelsäulenverletzung Vorteile, da der Kopf zur Einführung der Maske in Neutralposition verbleiben kann. Weitere Vorteile
4.1 Atemwegssicherung
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Abb. 4.10 Larynxmaske mit anatomischer Konfiguration und Epiglottisheber. Handgriff
anatomisch geformter Tubus mit 15 mm großem Normkonnektor Epiglottisheber
ergeben sich bei Intubationsproblemen, wenn der Kehlkopf nicht einsehbar ist. Neben der Möglichkeit der blinden Insertion eines Endotrachealtubus bietet sich bereits nach Einsetzen der Maske die Möglichkeit, über diese zu beatmen und bis zur erfolgreichen Intubation eine Oxygenierung des Patienten zu gewährleisten. In der Klinik ist ferner eine fiberoptische Intubation über dieses Hilfsmittel möglich. Die blinde Intubation wird vor allem durch die anatomische Konfiguration der Larynxmaske und den Epiglottisheber (Abb. 4.10) erleichtert, der die Epiglottis nach Einführen eines flexiblen Endotrachealtubus mit einem Innendurchmesser von bis zu 8 mm anhebt und die Passage des Tubus in die Trachea ermöglicht. So hilfreich sich dieses Intubationshilfsmittel auch bisher erwiesen hat – die Verwendung bedarf unbedingt einer Ausbildung, da bei der Anwendung viele Hinweise zur Handhabung zu beachten sind (allein die Gebrauchsanleitung des Herstellers umfasst mehr als 20 Seiten). Bei eingeschränkter Mundöffnung von < 2,5 cm lässt sich die „Fastrach“-Maske nicht einsetzen. Nach erfolgreicher Intubation besteht die Möglichkeit, die Maske unter Belassen des Endotrachealtubus wieder zu entfernen; für die Notfallsituation ist von diesem komplizierten Manöver jedoch abzuraten und die Larynxmaske mit liegendem Endotrachealtubus in situ zu belassen und erst in der Klinik zu entfernen.
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Combitubus
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Der Combitubus erlaubt als Weiterentwicklung des Ösophagusobturatortubus als Doppellumentubus bei Wahl des richtigen Lumens eine Beatmung. Der Doppellumentubus besteht aus 2 Lumina, von denen das distale geöffnet und das proximale verschlossen, jedoch proximal mit seitlichen Öffnungen versehen ist, sowie aus einem Cuff vor dem Tubusende und einem pharyngealen Ballon, der den Pharynx abdichtet (Abb. 4.11. Liegt das distale Lumen korrekt in der Trachea, ist eine Beatmung wie über einen normalen Endotrachealtubus möglich; gelangt die Spitze in den Ösophagus, kann eine Beatmung über die pharyngeal liegenden, seitlichen Öffnungen des distal verschlossenen Lumens nach Blockung des pharyngealen Ballons erfolgen. In der Regel wird der Combitubus blind ohne Verwendung eines Laryngoskops platziert. Danach werden beide Cuffs mit Luft gefüllt, der proximale, im Pharynx liegende Cuff mit etwa 100 ml, der distale mit 10–15 ml. Sehr viel häufiger ergibt sich eine ösophageale Positionierung des distalen Endes. Daher beginnt man normalerweise mit dem Beatmungsversuch über das proximale Lumen. Der Auskultationsbefund der Lungenoberfelder und des Epigastriums, die sichtbare Thoraxexkursion und – zuverlässiger – die Kapnometrie bestätigen die Ventilation der Lunge. Lassen sich bei Beatmung über den proximalen Anteil keine Hinweise auf eine korrekte Ventilation erhalten, erfolgt ein Beatmungsversuch über das distale Lumen. Ist auch auf diese Weise keine sichere Ventilation der Lunge zu verifizieren, ist der Combitubus zu tief platziert, und der pharyngeale Cuff verlegt den Trachealeingang. Empfohlen wird dann ein vorsichtiges Zurückziehen mit geblockten Cuffs. Führt auch dies nicht zum Erfolg, ist eine Lagekorrektur mit entblockten Abdichtungsmanschetten erforderlich.
Abb. 4.11 Combitubus.
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
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Der Combitubus ist in 2 Größen verfügbar, und zwar für Patienten bis zu einer Körpergröße von 180 cm und für größere Personen. Meist ist das kleinere Modell besser geeignet. Für Kinder existiert kein Modell, das den speziellen anatomischen Gegebenheiten gerecht wird. Ein absoluter Aspirationsschutz besteht beim Combitubus nicht. Der Tubus wird jedoch diesbezüglich gegenüber der Larynxmaske als günstiger eingestuft. Die Handhabung dieses Atemwegshilfsmittels ist allerdings kompliziert. Zudem ist der Zeitverlust durch Ausprobieren, welches Lumen eine Ventilation gewährleistet, nicht zu unterschätzen. Ein endotracheales Absaugen ist bei meist ösophagealer Lage des distalen Lumens nicht möglich, ebenso entfällt bei dieser Lage des Combitubus die Möglichkeit der trachealen Medikamentenapplikation, z. B. bei der Reanimation. Nichtsdestotrotz ist der Combitubus bei gescheiterter konventioneller Intubation vielfach erfolgreich angewendet worden.
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4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter Maschinelle Beatmung und Notfallrespiratoren Für den präklinischen Einsatz stehen transportable Notfallrespiratoren zur Verfügung, die sich vor allem durch ihr relativ geringes Gewicht bei kompakter Bauweise und eine meist einfache Bedienbarkeit auszeichnen. Ältere Geräte erlauben jedoch teilweise nur eine kontrollierte Beatmung und verfügen lediglich über begrenzte Einstellmöglichkeiten. Differenzierte Beatmungsformen sowie eine optimale Anpassung der Beatmungsparameter an die Bedürfnisse des Patienten, vor allem bei Kindern, sind mit älteren Geräten meist nur eingeschränkt möglich. Bei Säuglingen und Kleinkindern sowie bei Verwendung ungeblockter Tuben kann eine manuelle Beatmung notwendig werden. Die Möglichkeiten, mit modernen Transportbeatmungsgeräten differenzierte Beatmungsformen anwenden zu können, spiegelt eine erfreuliche Entwicklung auf dem Gerätesektor wider; eine absolute Notwendigkeit besteht für die Beatmung während einer präklinischen Narkose jedoch nicht. Für Transportbeatmungsgeräte sind die folgenden Einstellmöglichkeiten und Ausstattungsmerkmale wünschenswert: 9 Atemzugvolumen bzw. Atemminutenvolumen und Atemfrequenz, 9 Beatmungsdrücke, 9 Sauerstoffkonzentration, 9 Inspirations-Expirations-Verhältnis, 9 graphisches Display für Beatmungsdrücke und Kapnographie,
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
9 Alarmfunktionen für Diskonnektion und Überdruck, 9 ausreichende Akkukapazität bei Notwendigkeit einer Stromversorgung; 9 zusätzlich für Intensivtransporte: – druckunterstützte Spontanatmungsmodi, – nichtinvasive Beatmung.
4
Atemzugvolumen, Atemminutenvolumen und Beatmungsfrequenz Eine differenzierte Einstellmöglichkeit auch kleiner Atemzugvolumina sowie eine Einstellung der Beatmungsfrequenz oder des sich daraus ergebenden Atemminutenvolumens sind für jedes Beatmungsgerät essenziell. Die bessere Alternative gegenüber Atemminutenvolumen und Atemfrequenz stellt hierbei sicher die Einstellmöglichkeit von Atemzugvolumen und Atemfrequenz dar, denn sie erlaubt eine bessere Adaptation an die Erfordernisse des Patienten. Vorgaben der Hersteller durch markierte Einstellbereiche erlauben zwar eine grobe Orientierung, sind jedoch stets kritisch zu hinterfragen und an den Patienten anzupassen. Sollen mit Transportbeatmungsgeräten auch Kinder beatmet werden, ist vor allem auch auf die Möglichkeit der Einstellung ausreichend kleiner Tidalvolumina zu achten. Als einfache Faustregel für eine kontrollierte Beatmung beim Erwachsenen galt lange: 9 Atemzugvolumen: etwa 10 ml/kg KG bzw. 9 Atemminutenvolumen: 100 ml/kg KG; 9 Atemfrequenz: 10/Minute. Mit diesen Einstellungen werden die meisten Patienten jedoch hyperventiliert. Auch bei sehr schweren oder übergewichtigen Patienten sollte diese Richtgröße bezüglich des Tidalvolumens nach unten korrigiert werden; Tidalvolumina von > 600 ml sind selten notwendig oder sinnvoll. Eine Korrektur erfolgt dann über die Frequenz. Bei Kindern sind schon physiologisch höhere Atemfrequenzen notwendig; auch hier ist eine Anpassung der Zugvolumina zu den derzeit empfohlenen niedrigeren Werten sinnvoll (etwa 6–8 ml/kg KG). Bei dieser Einstellung der Beatmungsparameter sind viele Patienten eher hyper- als normoventiliert; die Verwendung der Kapnometrie erlaubt eine verbesserte, patientenadaptierte Einstellung der Parameter. Ob in der präklinischen Beatmungstherapie dabei anlog zur ARDS-Network-Studie eher eine Korrektur des Atemzugvolumens nach unten bei höherer Atemfrequenz erfolgen soll oder ob die Verfolgung der Strategie „hohes Zugvolumen und niedri-
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
99
gere Frequenz“ nach dem „Keep-the-Lung-open“-Prinzip vorteilhaft ist, konnte derzeit noch nicht endgültig geklärt werden.
Beatmungsdrücke Als Entscheidungskriterium zur adäquaten Ventilation orientieren sich viele Anwender am Beatmungsdruck und stellen nach Kapnometrie die Beatmungsfrequenz ein, wobei ein inspiratorischer Spitzendruck um 20 cm H2O anzustreben ist. Inspiratorische Druckspitzen von > 35 cm H2O sollten vermieden werden. Beatmungsdrücke von > 35 cm H2O bergen die Gefahr des Auftretens eines Pneumothorax während der Beatmung und verursachen unter Umständen eine strukturelle Schädigung durch Überblähung von Lungenbezirken. Weitestgehend unumstritten – auch für die präklinische Beatmung – ist die Verwendung eines positiven endexspiratorischen Drucks (Positive endexpiratory Pressure, PEEP), wobei PEEP-Werte von 5–10 cm H20 keine ausgeprägten negativen kardiozirkulatorischen Effekte haben; der positive Effekt auf die Oxygenierung und die Vermeidung von Atelektasen ist jedoch belegt. Falls nicht geräteseitig einstellbar, ist die Verwendung eines PEEP-Ventils möglich. Die Beobachtung oder besser das Monitoring der Beatmungsdrücke über ein graphisches Display erlaubt sehr schnell Rückschlüsse auf Probleme oder Komplikationen der Beatmungstherapie. Hohe Beatmungsdrucke weisen auf Folgendes hin: 9 unzureichende Narkosetiefe, 9 Verlegung des Tubus oder eines verwendeten Beatmungsfilters durch Sekret, Blut oder Abknicken des Tubus, 9 Cuff-Hernie, 9 einseitige Intubation, 9 Pneumothorax oder Hämatothorax, 9 eingeschränkte Compliance der Lunge, unter Umständen durch erhöhten intraabdominellen Druck. Niedrige oder gar fehlende Beatmungsdrucke sind meist bedingt durch: 9 Undichtigkeiten im System (Tubus-Cuff, geräteseitig), 9 Diskonnektion, 9 Dislokation des Tubus.
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Sauerstoffkonzentration
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Die Wahl der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration ist bei einigen Notfallrespiratoren auf 2 fixe Werte (50–60 % bzw. 100 %) festgelegt. Unter Verwendung der Pulsoxymetrie lässt sich hierbei diejenige Konzentration wählen, die einen O2-Sättigungswert von > 95 % gewährleistet. Unnötig hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen fördern bei längerer Anwendung die Ausbildung von Atelektasen und beeinträchtigen die Betriebszeit der Respiratoren, die als Antriebsquelle den Druck der Sauerstoffflasche nutzen. Viele Anwender favorisieren in der Akutsituation eine „Luxusoxygenierung“, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Entsprechende Untersuchungen liegen für die Notfallmedizin nicht vor, und im Bereich der klinischen Anästhesie wird dieser Aspekt kontrovers diskutiert. Wünschenswert ist sicherlich eine stufenlose, differenzierte Einstellmöglichkeit der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration; moderne Notfallrespiratoren kommen dieser Forderung nach.
Inspirations-Exspirations-Verhältnis Physiologisch beträgt das Verhältnis von Inspiration zu Exspiration 1 : 1,2 bis 1 : 1,7. Nicht alle Notfallrespiratoren verfügen diesbezüglich über eine Einstellmöglichkeit, sondern bieten nur ein fest eingestelltes Verhältnis. Bei Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen (COLD) oder Asthma ist das Verhältnis von Inspiration zu Exspiration nicht unbedeutend, da fast alle dieser Patienten auf eine längere Exspirationsphase angewiesen sind. Hilfestellung bietet hier die Kapnographiekurve, die das verlängerte Exspirium zeigt. Ebenso gewinnbringend kann andererseits auch ein inverses Inspirations-Exspirations-Verhältnis zu Gunsten der Inspiration eingesetzt werden, z. B. bei einer Lungenkontusion. Hintergrund dieser Therapieoption ist die Überlegung, die Alveolen möglichst lange gedehnt zu halten und ihren Kollaps zu verhindern. Üblicherweise wird während einer Narkosebeatmung ohne pulmonale Probleme ein Inspirations-Exspirations-Verhältnis von 1 : 1,5 oder 1 : 2 gewählt.
Graphisches Display Auch wenn unter Beobachtung analoger Anzeigen eine adäquate präklinische Beatmungstherapie durchaus möglich ist, erleichtern graphische Darstellungen von Beatmungsdrücken und vor allem eine Kapnographiekurve auf einem Display die Anpassung einer Beatmung ungemein. Leider ist ein CO2-Monitoring derzeit noch nicht generell in mobile Beatmungsgeräte implementiert.
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
101
Abhilfe schaffen nur Zusatzmodule. Im Folgenden sollen daher Kapnometrie und Kapnographie gesondert erläutert werden.
Kapnometrie und Kapnographie Die Messung des CO2-Gehaltes im Atemgas wird als „Kapnometrie“, die simultane graphische Darstellung der Änderungen der Kohlendioxydkonzentration während des Atemzyklus als „Kapnographie“ bezeichnet. Diese Darstellung gilt aufgrund des wesentlich höheren Informationsgehaltes als grundsätzlich zu bevorzugendes Verfahren. Während die Konzentrationsmessung der Atemgase im Bereich der klinischen Anästhesie seit Jahren zwingend vorgeschrieben ist, haben Kapnometrie und Kapnographie im Rettungsdienst erst in den letzten Jahren Einzug gehalten. Technisch liegt dem Verfahren die Infrarotspektroskopie zugrunde. Das Messgerät besteht aus Lichtquelle, Messkammer und Detektor. Die Messung erfolgt entweder im Hauptstrom (patientennah) oder im Nebenstromverfahren durch Analyse im Gerät. Die Absorption des Infrarotlichts ist proportional zur Menge der CO2-Moleküle im Atemgas und gibt durch Vergleich mit einem Referenzwert die CO2-Konzentration im Gasgemisch an. Handliche CO2-Detektoren, die eine Bestimmung des CO2-Gehaltes der Atemluft auf kalorimetrischer Basis durchführen, sind nur zur Verifikation der korrekten Tubuslage und nicht zum Monitoring der Beatmung geeignet. Neben der Überwachung der Oxygenierung mittels Pulsoxymetrie und der Überwachung der Beatmungsdrücke stellen Kapnometrie und Kapnograhie die effektivsten Verfahren zur Überwachung der Ventilation beim intubierten, beatmeten Patienten dar. Sie erlauben: 9 Aussagen über die Tubuslage (gelten als sicherste Methoden zur Verifizierung der trachealen Tubuslage), 9 Rückschlüsse auf die globale Funktion von Lunge und Kreislauf sowie den Zellmetabolismus, 9 ein Monitoring der Beatmung und eine Überwachung der Funktion von Beatmungsgeräten, 9 die Beurteilung der Effektivität von Reanimationsmaßnahmen. An einem Kapnographiemonitor werden sowohl in- und endexspiratorischer CO2-Wert numerisch dargestellt als auch eine Kapnographiekurve abgebildet. Eine normale Kapnographiekurve gliedert sich in 4 Abschnitte (Abb. 4.12): 9 Beginn der Exspiration (entspricht dem trachealen Hohlraumgas), 9 frühe Exspirationsphase mit steilem Anstieg der CO2-Konzentration durch Einstrom des Alveolargases,
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
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40
Abb. 4.12 Kapnographiekurve.
9 Exspirationsende mit Ausbildung eines exspiratorischen Plateaus, wobei der höchste Punkt dieser Kurve als derjenige endexspiratorische Wert angezeigt wird, welcher der alveolären CO2-Konzentration am ehesten entspricht, 9 Inspirationsphase mit Einstrom CO2-freier Atemluft und raschem Absinken der CO2-Konzentration auf den Nullwert. Veränderungen gegenüber dem normalen Kurvenverlauf sind für Störungen des Beatmungsgerätes wegweisend oder haben patientenbedingte Ursachen. Plötzlich auftretende Abweichungen sind dabei als bedrohlicher einzuschätzen als langsam auftretende Veränderungen. Als äußerst kritisch und bedrohlich ist ein schnelles Absinken der CO2-Konzentration zu bewerten, das seine Ursache oft in einer kardiopulmonalen Störung mit Absinken des Herzzeitvolumens haben kann, z. B. durch Herz-Kreislauf-Stillstand, Lungenembolie (durch Luft oder Thrombus) oder plötzlichen Blutdruckabfall, beispielsweise aufgrund massiver Blutverluste. Als weitere Ursachen für diese Störung kann eine komplette Tubusverlegung, eine Diskonnektion oder ein Komplettausfall des Beatmungsgerätes zugrunde liegen. Eine langsame Abnahme der CO2-Konzentration wird beobachtet bei: 9 zu großem Atemminutenvolumen (Hyperventilation), 9 sehr tiefer Narkoseführung, 9 Absinken der Körpertemperatur durch Auskühlung des Patienten. Ein schnelles Ansteigen der CO2-Konzentration wird beobachtet bei: 9 Infusion von Bikarbonat, 9 Reperfusion großer ischämischer Bezirke, 9 massiv eingeschränktem Atemminutenvolumen (Hypoventilation). Für den Anästhesisten gilt ein schneller Anstieg der CO2-Konzentration zudem als frühes Zeichen einer malignen Hyperthermie, die im Rettungsdienst zwar sehr selten auftritt, aber nach Anwendung von Succinylcholin zur Intubation als klassische Triggersubstanz nicht auszuschließen ist.
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
103
Sicherheitsfunktionen Für alle mobilen Beatmungsgeräte sind an Sicherheitsfunktionen vor allem ein Diskonnektionsalarm und eine Überwachung der Beatmungsdrücke mit Druckbegrenzung zu fordern. Dies wird nicht von allen Geräten erfüllt. So banal es auch klingen mag – vor Einsatz eines Beatmungsgerätes muss der Benutzer die Funktionsfähigkeit überprüfen. Empfehlenswert ist ein Kurzcheck, der die folgenden Fragen klärt: 9 Ist die Gasversorgung gesichert? 9 Ist die Stromversorgung gesichert (falls notwendig)? 9 Ist der Überdruckalarm in Ordnung? Wenn Beatmungsprobleme mit dem Notfallrespirator auftreten, erfolgt grundsätzlich eine manuelle Beatmung mit reinem Sauerstoff, bis das Problem gelöst ist.
S
Auch wenn diese Aktion die Handlungsfreiheit der Hände einschränkt, ist ihr im Sinne der Patientensicherheit der Vorzug geben. Jeder verantwortungsvolle Anästhesist handelt bei Beatmungsproblemen während einer Narkose in gleicher Weise und geht zu einer manuellen Beatmung über. Zur Ursachenidentifizierung kann Tabelle 4.1 hilfreich sein.
Zusatzoptionen Moderne Notfallrespiratoren bieten eine Fülle von Therapieoptionen an, die im Einzelfall sehr nützlich sind. Von der Implementierung z. B. druckunterstützter Spontanatmungsformen oder der Möglichkeit der nichtinvasiven Beatmung profitieren jedoch in besonderem Maße Intensivpatienten während notwendiger Transporte, da hier oft die bestehenden Beatmungstherapiekonzepte unverändert fortgeführt werden können. Der Einsatz dieser Optionen während einer Narkose im Rettungsdienst kann für den Erfahrenen durchaus nützlich sein, ist aber während einer Narkose nicht zwingend notwendig. Beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien an dieser Stelle 2 übliche Notfallrespiratoren und ihre Möglichkeiten dargestellt, und zwar der Oxylog 3000 der Firma Dräger (Lübeck) (Abb. 4.13, Tab. 4.2) und der Medumat der Firma Weinmann (Hamburg) (Abb. 4.14, Tab. 4.3).
4
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Tabelle 4.1 Mögliche Probleme bei maschineller Beatmung und zugrunde liegende Ursachen
Probleme
Ursachen
Steigender Beatmungsdruck
9 Zu geringe Narkosetiefe 9 Entwicklung eines Pneumothorax
Zu hoher Beatmungsdruck
9 Zu tiefe Lage des Endotrachealtubus (einseitige Intubation) 9 Zu hohes Atemzugvolumen
Plötzlich fehlender Beatmungsdruck
9 Akzidentelle Extubation 9 Diskonnektion im Beatmungssystem
Langsam fallender Beatmungsdruck
9 Druckverlust im Tubus-Cuff 9 Beginnende Diskonnektion
Negativer Beatmungsdruck
9 Spontanatmung des Patienten
Zu geringes Atemminutenvolumen
9 Nicht ausreichend geblockter Tubus-Cuff 9 Zu niedriger Beatmungsdruck
Zu hohes Atemminutenvolumen
9 Falsche Respiratoreinstellung
Aussetzen des Respirators
9 Unzureichende Sauerstoffversorgung 9 Fehlende Stromversorgung 9 Gerätedefekt
4
Abb. 4.13 Oxylog 3000 (Firma Dräger, Lübeck)
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
105
Abb. 4.14 Medumat (Firma Weinmann, Hamburg)
4
Tabelle 4.2 Technische Daten des Oxylog 3000 der Firma Dräger (Lübeck) Parameter
Daten
Abmessungen der Basiseinheit (ohne Griff)
9 Breite: 285 mm 9 Höhe: 184 mm 9 Tiefe: 175 mm
Gewicht der Basiseinheit
Etwa 4,9 kg (einschließlich internem Akku)
Gasversorgung (aus einer zentralen Gasversorgung oder einer Gasflasche) Versorgungsgas
Medizinischer Sauerstoff oder medizinische Luft
Versorgungsdruck
2,7–6 bar bei 100 Liter/Minute
Gasverbrauch für interne Kontrolle
0,1–0,5 Liter/Minute
Zu hohes Atmminutenvolumen
Falsche Respiratoreinstellung
Aussetzen des Respirators
9 Unzureichende Sauerstoffversorgung 9 Fehlende Stromversorgung 9 Gerätedefekt
Betriebsdaten Beatmungsmodi
9 9 9 9 9 9 9
IPPV/IPPV assistiert SIMV SIMV/ASB BIPAP BIPAP/ASB CPAP CPAP/ASB
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Tabelle 4.2 Fortsetzung
4
Parameter
Daten
Spezialmodi
9 Nichtinvasive Beatmung 9 Apnoe-Ventilation (für das automatische Umschalten auf volumenkontrollierte mandatorische Beatmung im Fall eines Atemstillstandes)
HLW-Modus
Druckbegrenzte Beatmung mit inkonstantem Volumen während der gesamten Inspirationszeit, sobald Pmax erreicht ist
Beatmungsfrequenz
9 2–60 Liter/Minute (SIMV und BIPAP) 9 5–10 Liter/Minute (IPPV) 9 12–60 Liter/Minute(Apnoe-Ventilation)
Tidalvolumen
50–200 ml, BTPS
Belüftungszeitverhältnis (IPPV)
1 : 4 bis 3 : 1
Inspirationszeit (SIMV, BIPAP)
0,2–10 Sekunden
Inspirationsdruck
PEEP + 3–55 mbar
O2-Konzentration
40–100 %, stufenlos
PEEP
0–20 mbar
Auslösesensibilität (Fluss-Trigger)
3–15 Liter/Minute
Drucksupport
0–35 mbar (relativ zum PEEP), Anstiegszeit in 3 Schritten einstellbar
Maximaler Inspirationsfluss
9 100 Liter/Minute (Versorgungsdruck > 3,5 bar) 9 80 Liter/Minute (Versorgungsdruck < 3,5 bar)
Messwertedisplay
9 9 9 9 9 9 9 9 9 9
Display
9 Technologie: Elektrolumineszenz 9 Pixels: 240 × 128 (sichtbarer Bereich: 108 × 56 mm)
MV f VTe PEEP Pmittel PSpitze Pflach MVspn f spontan O2
4.2 Beatmungsgeräte und Beatmungsparameter
107
Tabelle 4.2 Fortsetzung Parameter
Daten
Kurvendisplay
9 Druckkurve 9 Flow-Kurve
Stromversorgung Spannungseintritt
19 V DC
AC/DC-Energieversorgungspack
100–240 V AC/19 V AC
DC/DC-Wandler
10–32 V DC/19 VDC
Batterietypen
Wahlweise Lithiumion oder Nickelmetallhydrid
Betriebszeit (voll aufgeladen, „typische“ Beatmung)
9 Etwa 4 Stunden (Lithiumion) 9 Etwa 3 Stunden (Nickelmetallhydrid)
Batterieaufladezeit
9 Etwa 5 Stunden (Lithiumion) 9 Etwa 4 Stunden (Nickelmetallhydrid)
Monitoring Versorgungsdruck niedrig
Versorgungsdruck < 2,7 bar
Leitungsdruck (Paw hoch)
Einstellbar zwischen 20 und 60 mbar
Leitungsdruck (Paw niedrig)
Wenn Druckdifferenz zwischen Inspiration und Exspiration < 5 mbar oder wenn der eingestellte Druckwert nicht erreicht wird
Apnoe-Alarmzeit
Wenn keine Atemtätigkeit erfasst wird, einstellbar zwischen 15 und 60 Sekunden
Leckage (nicht in NIV)
VTexp. ist etwa 40 % geringer als VTinsp.
Hochfrequenz
Patient atmet mit einer hohen Eigenfrequenz
Elektromagnetische Verträglichkeit
Gemäß EN 60601-1-2:2001 und EN 794-3
Flugfähigkeit (Vibrationen)
Gemäß RTCA DO-160D, Abschnitte 7 und 8
Mechanische Festigkeit
Gemäß MIL STD 810 F, Methode 514,5
Klassifizierung nach MDD 93/42/EEC
Klasse IIb
UMDNS-Code
18-09B
Der Oxylog 3000 ist ein zeitgeregeltes, volumenkonstantes und druckgeregeltes Notfall- und Transportbeatmungsgerät für Patienten mit einem Tidalvolumen von mindestens 50 ml.
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4 Ausrüstung für die Narkosedurchführung im Rettungsdienst
Tabelle 4.3 Technische Daten des Medumat der Firma Weinmann (Hamburg) Parameter
4
Daten Medumat Standard
Medumat Standard a
Geräteabmessungen
9 Breite: 180 mm 9 Höhe: 110 mm 9 Tiefe: 90 mm
9 Breite: 180 mm 9 Höhe: 110 mm 9 Tiefe: 90 mm
Gewicht
Etwa 1,1 kg
Etwa 1,1 kg
Temperatur, Betrieb
–18 bis +60 °C
–18 bis +60 °C
Temperatur, Lagerung
–40 bis +70 °C
–40 bis +70 °C
Betriebsdruck
2,7–6 bar
2,7–6 bar
Erforderliche Gasmenge
70 Liter/Minute
70 Liter/Minute
Beatmungsfrequenz
8–40/Minute, stufenlos
5–40/Minute, stufenlos
Inspiration : Exspiration
1 : 1,67
1 : 1,67
Inspiration : Exspiration (assistiert)
–
1 : 1 bis 1 : 2,3, variabel
Atemminutenvolumen bei einem Gegendruck von 10 mbar (MV)
3–20 Liter/Minute, stufenlos
3–20 Liter/Minute, stufenlos
Maximaler Beatmungsdruck
20–60 mbar
20–60 mbar
Sauerstoffkonzentration bei einem Gegendruck von 10 mbar
> 8 Liter/Minute oder 100 % O2
> 8 Liter/Minute oder 100 % O2
Schutzgrad gegen Wasser
IPX 4
IPX 4
Approbation und Klasse nach MPG
II b
II b
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5
Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
5.1 Vorbereitung Nach Einleiten einer Narkose in einer Notfallsituation stehen für die Atemwegs sicherung 30–40 Sekunden zur Verfügung, bis eine Beatmung und eine ausreichende Oxygenierung notwendig werden. Die Ablauforganisation und die Durchführung einer Narkose sollten deshalb systematisch und penibel geplant werden. Je weniger Erfahrung mit dem Verfahren vorhanden ist, umso mehr Voraussicht und Überlegungen zur Einplanung von Eventualitäten sollten einfließen. Dazu gehören die Vorbereitung der Narkose selbst und das Vorhandensein von Medikamenten, Geräten und Monitoring-Ausrüstung. Vor einer Narkoseeinleitung beim Erwachsenen – auch in einer Notfallsituation – wird als Ausrüstung immer Folgendes benötigt: 9 Beatmungsmasken der Spatelgrößen 3 und 4, 9 Laryngoskope der Spatelgrößen 3 und 4, 9 Trachealtubus der Größe 7,5 oder mit einem Innendurchmesser von 8,0 mm, 9 Einführungsstab, 9 10-ml-Spritze zur Tubusblockung, 9 Binde oder Pflaster zur Tubusfixierung, 9 Gleitgel zum Benetzten des Einführungsstabes, 9 Beatmungsbeutel und Sauerstoffquelle, 9 Stethoskop zur Lagekontrolle des Tubus, 9 sicher fixierter intravenöser Zugang zur Medikamentenapplikation, 9 Pulsoxymeter, 9 EKG-Monitor, 9 Blutdruckmanschette, 9 Gerät für die Messung der endexspiratorischen CO2-Konzentration, 9 funktionsfähiges Absauggerät. Alle benötigten Medikamente müssen aufgezogen und in ausreichender Menge vorhanden sein.
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
Die Suche nach Ampullen und deren Aufziehen sowie die dadurch entstehende Bindung von Personalressourcen während der Einleitungsphase behindern den Ablauf der Narkoseeinleitung und verschärfen die Situation eines für die Intubation nicht ausreichend narkotisierten Patienten, der unkoordinierte Abwehrbewegungen ausführt.
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Eine klare Zuordnung der Aufgaben von Notarzt und Rettungsassistenten sowie Absprache und gegenseitige Mitteilung der Aufgabenverteilung und der Ablauforganisation sind essenziell. Das Ergebnis einer solchen Absprache gibt Tabelle 5.1 wieder, die auch einen Vorschlag für die Aufgabenverteilung darstellt. Der ideale Ablauf könnte dann folgendermaßen aussehen: Zuerst wird über einen peripheren venösen Zugang, der sicher fixiert sein sollte, eine Vollelektrolytlösung infundiert. Sollte der Patient hypovolämisch sein, wird parallel über einen zweiten Zugang ein Volumenersatzmittel verabreicht. Wenn möglich, sollte sich der Patient vor Narkoseeinleitung in einem ausgeglichenen Volumenstatus befinden. Ein Laryngoskop der Spatelgröße 3, ein Endotrachealtubus mit einem Innendurchmesser von 7,5 mm (Frau) bzw. 8 mm (Mann) mit Einführungsstab, Gleitgel, eine Blockerspritze, ausreichende Mengen aufgezogener Medikamente und eine funktionsfähige Absaugeinrichtung sollten in der Zwischenzeit bereitstellt sein. Zur Überwachung werden EKG-Monitoring, Blutdruckmessung sowie Pulsoxymetrie am Patienten angelegt. Blutdruck und Sauerstoffsättigung sollten als Ausgangswerte für die Narkose gemessen werden. Ein Beatmungsbeutel und eine Beatmungsmaske müssen vor einer Narkoseeinleitung zwingend bereitstehen, um auf Intubationsschwierigkeiten reagieren zu können. Während die-
Tabelle 5.1 Ablaufdiagramm für eine Narkoseeinleitung bei einem Notfallpatienten Schritte
Aufgaben des Arztes
Aufgaben der Rettungsassistenten
1
Einschätzung des Patienten und Stellung der Indikation zur Narkoseeinleitung
Vorbereitung des venösen Zugangs, der Infusion und des Monitorings
2
Präoxygenierung mit 100 % Sauerstoff und Lagerung des Kopfes
Vorbereitung der Intubation und der erforderlichen Medikamente
3
Laryngoskopie und Intubation
Medikamentenapplikation und Ausführung des Krikoiddrucks
4
Lagekontrolle und Fixierung des Tubus
Beatmung
5.1 Vorbereitung
ser Vorbereitungszeit wird durch das Aufsetzen einer Beatmungsmaske und die Verwendung eines Beatmungsbeutels, über die der Patient reinen Sauerstoff mit einer hohen Flowrate (8 Liter/Minute) spontan atmet, präoxygeniert. Sehr wichtig ist in dieser Phase die Lagerung des Kopfes. Dabei sollte die so genannte Jackson-Position oder die Schnüffelposition gewählt werden. Hierbei wird unter den Kopf des Patienten ein Kissen, ein Kleidungsstück oder Ähnliches gelegt, damit der Kopf um etwa 5–8 cm erhöht liegt. Dadurch kann gegenüber eine normalen Rückenlagerung eine deutlich bessere Einstellung des Larynx erzielt werden; Ursache hierfür ist eine Angleichung der Achsen von Larynx und Pharynx (Abb. 5.1).
orale Achse laryngeale Achse
Tracheallumen
pharyngeale Achse Ösophagus
normale Rückenlage
pharyngeallaryngeale Achse
orale Achse
Jackson Position
Abb. 5.1 Angleichung der Achsen von Larynx und Pharynx durch Lagerung des Patienten in der Jackson-Position.
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5
5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
Nach Überprüfung der Vollständigkeit von Medikamenten und Instrumentarium wird die Narkose eingeleitet. Dazu werden das oder die Einleitungsmedikamente durch eine Assistenzperson verabreicht. Sobald Bewusstlosigkeit eingetreten ist und dies durch das Fehlen des Lidreflexes verifiziert wurde, kann man den Verlust des Muskeltonus der Massetermuskulatur überprüfen. Bei der Notfallversorgung wird in der Regel auf eine überbrückende Maskenbeatmung verzichtet (s. Kap. 5.2). Bei ausreichender Narkosetiefe wird sich der Mund ohne Widerstand öffnen und das Laryngoskop ohne Abwehrbewegungen einführen lassen (Abb. 5.2–5.4). Eine mangelnde Narkosetiefe kann in diesem Moment durch Würgereflexe Erbrechen auslösen und erschwert erfolgreiche Intubationsversuche. Eine bereits angelegte Halskrawatte kann man, wenn sie die Mundöffnung behindert, an der Frontseite öffnen. Husten, Pressen oder zielgerichtete Bewegungen signalisieren eine mangelnde Narkosetiefe und machen eine unverzügliche Nachinjektion von Narkotika erforderlich. Ein Abbrechen des Intubationsversuchs, bis eine ausreichende Narkosetiefe besteht, ist in diesem Zustand sinnvoll. Lässt sich das Laryngoskop ohne Abwehrbewegungen des Patienten einführen, wird der Patient zügig, aber ohne Hast unter Sicht auf die Glottis intubiert (Abb. 5.5–5.6). Blinde Intubationsversuche sollten vermieden werden, besonders unter den Bedingungen des Rettungsdienstes, da sie häufig mit Fehllagen des Tubus verbunden sind. Nach der Intubation wird der Tubus durch die Assistenzperson geblockt und fixiert gehalten. Anschließend wird der Patient unter Auskultation des Thorax beatmet. Ein beidseitig auskultierbares, seitengleiches Atemgeräusch, beidseitige Thoraxexkursionen und – falls verfügbar – ein entsprechender Befund der endex-
Abb. 5.2 Weites Öffnen des Mundes mit dem Kreuzgriff.
5.1 Vorbereitung
113
5
Abb. 5.3 Einführen des Laryngoskops mit Linksverlagerung der Zunge.
Abb. 5.4 Einsetzen des Laryngoskopspatels zwischen Zungengrund und Epiglottis.
114
5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
5
Abb. 5.5 Anheben der Epiglottis und Visualisierung der Glottis durch Zug am Laryngoskopspatel in Richtung der Laryngoskopspatelachse.
MAO- Spatel
Epiglottis
Abb. 5.6 Einführen des Tubus in die Trachea durch die Glottis.
Epiglottis
5.2 Einleitungsphase: „Rapid Sequence Induction“ (RSI)
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spiratorischen Messung der CO2-Konzentration signalisieren eine korrekte endotracheale Tubuslage. Das Nichtvorhandensein dieser Zeichen oder gurgelnde Auskultationsgeräusche über dem Epigastrium, die über dem Thorax durch Weiterleitung als Giemen oder Brummen fehlinterpretiert werden können, müssen immer dazu Anlass geben, eine ösophageale Intubation durch erneute Laryngoskopie auszuschließen.
S
Ist die korrekte Lage verifiziert, wird der Tubus befestigt und der Patient weiter beatmet. O2-Sättigungswerte von > 95 % und ein Ansteigen der Sättigung sind Hinweise auf eine endotracheale Lage des Tubus, jedoch keine sicheren Zeichen. Unter verbleibender oder Wiedereinsetzen der Spontanatmung sind hohe Sättigungswerte auch bei ösophagealer Lage des Tubus möglich. Bei stabiler Hämodynamik wird die Narkose nun durch erneute Injektion länger wirksamer Substanzen fortgeführt, insbesondere wenn in dieser Phase eine durch nachlassende Wirkung der Einleitungsmedikamente bedingte Spontanatmung eintritt oder Abwehrbewegungen des Patienten festgestellt werden. Bei Auftreten einer Hypotension wird durch Volumen- oder Vasopressorengabe eine Stabilisierung angestrebt, bevor man weitere Narkotika verabreicht. Traumapatienten benötigen vor und während der Narkoseeinleitung eine ausreichende Volumensubstitution, da die stressbedingt hohen Spiegel der endogenen Katecholamine nach Narkotikagabe abfallen und dies durch intravasale Volumenexpansion kompensiert werden muss. Eine persistierende Blutdruckinstabilität trotz ausreichender Volumengabe ist bei Traumapatienten ein wichtiger Hinweis auf okkulte Blutverluste und weniger Ausdruck kardialer Nebenwirkungen von Narkotika. Patienten mit einer kardialen Dekompensation, die beatmungspflichtig werden, verbessern sich in der Regel unter Narkosebedingungen durch eine Senkung der Vorlast und eine Optimierung der Oxygenierung.
5.2 Einleitungsphase: „Rapid Sequence Induction“ (RSI) Der aus dem Englischen übernommene Begriff der „Rapid Sequence Induction“ (RSI), der am zutreffendsten mit „Schnelleinleitung“ übersetzt werden kann, beschreibt in der klinischen Anästhesie das Vorgehen zur Narkoseeinleitung bei nichtnüchternen Patienten. Dieses Verfahren dient dazu, das Aspirationsrisiko so weit wie möglich zu senken. Das Ziel besteht darin, die Zeitspanne zwischen dem Erlöschen der Schutzreflexe nach Gabe des Einleitungshypno-
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
tikums und der Sicherung der Atemwege durch die endotracheale Intubation möglichst kurz zu halten. Bestimmte Teile der Narkoseeinleitung werden dabei übersprungen und die Einleitungssequenz dadurch beschleunigt. Im Unterschied zur Standardnarkoseeinleitung wird bei der RSI auf eine Maskenbeatmung vor der Intubation verzichtet und die Intubation unter Krikoiddruck (Sellik-Manöver) durchgeführt. Während ein nüchterner Patient nach Gabe des Einleitungshypnotikums über die Maske beatmet wird und damit eine Denitrogenierung und eine Oxygenierung zu erzielen sind sowie die für die Intubation zur Verfügung stehende Zeit verlängert wird, entfällt dieser Arbeitschritt bei der RSI. Der Verzicht auf die Maskenbeatmung soll ausschließen, dass während der Beatmung Luft in den Magen geblasen wird, die zu einer Regurgitation und zur anschließenden Aspiration führen kann. Allerdings wird die zur Verfügung stehende Zeit für eine unter suffizienter Oxygenierung stattfindende Intubation damit verringert. Als weiterer Unterschied erfolgt bei der RSI ein so genannter Krikoiddruck. Dabei wird der Kehlkopf durch Druck auf den Krikoidknorpel nach hinten geschoben und damit der Ösophagus verschlossen. Eine passive Regurgitation soll damit verhindert werden. Ein nicht mittig ausgeführter Krikoiddruck führt allerdings häufig zu einer Lateralverschiebung des Kehlkopfes, was die Intubationsbedingungen deutlich verschlechtert. In der Regel wird bei allen Notfallpatienten wegen der fehlenden Nüchternheit eine RSI durchgeführt.
Kontraindikationen für eine RSI sind: 9 bekannte oder offensichtliche Intubationshindernisse, 9 absehbare schwierige Intubation, 9 unzureichende Vertrautheit mit dem Verfahren. Vor der Narkoseeinleitung sollte – auch bei einer RSI – eine kurze neurologische Beurteilung stattfinden, um einen Ausgangsstatus zu erheben. Dazu gehören: 9 Erfassung der Glasgow Coma Scale, 9 Beurteilung von Pupillengröße und Lichtreaktion, 9 Überprüfung des Vorhandenseins einer Halbseitensymptomatik. Das Vorgehen bei einer RSI lässt sich in einen 10-Punkte-Ablauf fassen (Medikamentendosierungen für einen Patienten mit einem Körpergewicht von 70– 80 kg): 1. Feststellen eines erhöhten Aspirationsrisikos;
5.3 Aufrechterhaltung der Narkose
2. Ausschließen von Intubationshindernissen und Erfassen des neurologischen Status; 3. Vorbereiten der Ausrüstung und der Medikamente; 4. Präoxygenierung mit 100 % Sauerstoff über eine dicht sitzende Maske ohne aktive Beatmung; 5. Ausführen des Krikoiddrucks; 6. direkt aufeinander folgende Injektionen eines Einleitungshypnotikums und eines Muskelrelaxans, z. B. Etomidat (20 mg) und Succinylcholin (100 mg); 7. endotracheale Intubation; 8. Überprüfung der korrekten endotrachealen Tubuslage; 9. Beatmung; 10. Fixieren des Tubus. Nach Intubation und Fixierung des Tubus erfolgt die Vertiefung der Narkose, in der Regel mit einem Opioid und einem Benzodiazepin, z. B. 0,5 mg Fentanyl und 15 mg Midazolam.
5.3 Aufrechterhaltung der Narkose Kriterien einer ausreichenden Narkosetiefe Die Kriterien zur Beurteilung einer ausreichenden Narkosetiefe sind in der Notfallsituation rein klinischer Natur. Ihre Kenntnis ist wichtig, um die Narkose während des Transports sicher aufrechtzuerhalten und insbesondere ein Erwachen zu vermeiden. Daraus resultierende Probleme können AwarenessErlebnisse, aber auch eine Selbstextubation durch den Patienten sein. Klinische Parameter zur Beurteilung der Narkosetiefe sind: 9 Herzfrequenz, 9 Blutdruck, 9 Pupillenweite, 9 vegetative Reaktionen (Schwitzen, Tränenfluss). Die Narkosetiefe wird anhand von Narkosestadien eingeteilt. Dazu wird das so genannte Guedel-Schema genutzt (Abb. 5.7), welches für die Stadien einer Äthernarkose erarbeitet wurde, jedoch auch für moderne Anästhesiemedikamente eine eingeschränkte, aber einfache Möglichkeit bietet, die Narkosetiefe zu beurteilen; wesentliche Parameter sind Bewusstseinslage, Atmung, Pupillenweite und Reflexverhalten.
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
5
Muskulatur
Abdomen
glatte
Erbrechen
Schlucken
Sekretion
Licht
Husten
Lid
Augenbewe- Pupillenweite gung
Skelett
Muskelspannung
Verlauf der Reflexe Konjunktiva
thorakal
diaphragmal
Stufen
Stadien
Bewusstsein
Atmung
Kornea
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1 I Analgesie 2 3 II
Exzitation
++++ 1
III Toleranz
2
++++ +++ ++ +
3 4 IV Asphyxie
Abb. 5.7 Guedel-Schema zur Beurteilung der Narkosetiefe. Nach Benzer H, Frey R, Hügin W, Mayrhofer O: Anästhesiologie, Intensivmedizin und Reanimation, 5. Aufl., Springer, Berlin 1982.
Die Wertigkeit der genannten Parameter ist stark von den verwendeten Anästhetika abhängig. So stehen unter Opioiden Miosis und Bradykardie als Zeichen einer ausreichenden Narkosetiefe im Vordergrund. Eine nachlassende Benzodiazepinwirkung zeigt sich als Einsetzen von Spontanatmung.
Unter optimalen Narkosebedingungen sollte der Patient 9 sich kontrolliert beatmen lassen, 9 normoton sein, 9 normofrequent sein, 9 enge Pupillen haben, 9 keine Spontan- oder Abwehrbewegungen zeigen. Zeichen einer unzureichenden Narkosetiefe sind: 9 Anstieg des Blutdrucks, 9 Erhöhung der Herzfrequenz, 9 Zunahme der Pupillenweite,
5.3 Aufrechterhaltung der Narkose
9 9 9 9 9
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Tränenfluss, Schwitzen, Anstieg des Beatmungsdrucks, Einsetzen von Spontanatmung, Husten und Pressen.
Problematisch sind eine unzureichende Anästhesie und eine ungenügende Hypnose bei kompletter Muskelrelaxierung. Im Rahmen einer Aufwachreaktion unter Muskelrelaxierung kommt es zu Tachykardie, Blutdruckanstieg und Mydrias sowie zusätzlich zu Schwitzen und Tränenfluss ohne Eigenatmung oder Spontanbewegungen. Durch die Aufwachreaktion entwickelt sich eine Blutdruckerhöhung, die durch bestehende Blutungen unter Umständen unbemerkt bleibt. Während der gesamten Transportphase eines analgosedierten und intubierten Patienten sollten 9 Pulsoxymetrie, 9 EKG, 9 Blutdruckmessung und 9 Kapnometrie als Monitoring am Patienten angeschlossen bleiben, um Veränderungen des Zustandes frühzeitig erfassen und adäquat darauf reagieren zu können.
Fehlerquellen bei der Überwachung Pulsoxymetrie: In verschiedenen Situationen liefert die Pulsoxymetrie kein verlässliches Signal. Dazu gehören: 9 Hypothermie, 9 ausgeprägte Zentralisation, 9 Bewegungen des Patienten (Signalverlust durch Bewegungsartefakte), 9 Dyshämoglobinämien (CO-Hämoglobin). Mögliche Fehlerquellen beim EKG-Monitoring sind: 9 dislozierte Elektroden, 9 Einstellung der Ableitung über Paddle. Bei der oszillometrischen Blutdruckmessung kann es durch Bewegungsartefakte zu falschen Ergebnissen kommen. Im Vergleich zu diesen technischen Überwachungsmethoden ist eine klinische Überwachung unter den Bedingungen der Notfallsituation mindestens
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
genau so wichtig. Dazu gehören einfache, jedoch in ihrer Wertigkeit nicht zu unterschätzende Maßnahmen: 9 kontinuierlicher Blickkontakt zum Patienten zur Feststellung/Überprüfung von: – regelrechter Beatmung, – normalen Thoraxexkursionen, – durchgängigen Zugängen, – Hinweisen auf einen unzureichenden Volumenstatus, – ausreichender Analgosedierung, – engen Pupillen; 9 intelligente Nutzung der technischen Überwachungsparameter, um den weiteren Zustand des Patienten zu antizipieren: – Versuch, nicht nur visuelle Signale der Überwachungsfunktionen einzubeziehen, z. B. EKG-Monitor-Bild, – Berücksichtigung der Tatsache, dass punktuelle Werte falsche Sicherheit vorspiegeln, z. B. Intervall von 5 Minuten bei der oszillometrischen Blutdruckmessung, – aktive Aufnahme und Nutzung akustischer Signale, z. B. Änderung des akustischen Pulsoxymetertones, – Abruf von Trendfunktionen; 9 Minimierung aufschiebbarer Tätigkeiten: – ausführliches Aufnehmen von Patientenpersonalien, – Dokumentationsaufgaben.
Volumentherapie unter Narkosebedingungen Stellenwert und Umfang einer präklinischen Volumentherapie gehören zu den am stärksten kontrovers diskutierten Themen in der Notfallmedizin. Gegner einer Volumentherapie betonen die Verstärkung einer Blutung durch die Volumengabe durch Steigerung des Blutdrucks – insbesondere bei penetrierenden Verletzungen –, was letztlich in einem hypovolämischen Kreislaufstillstand endet. Befürworter stellen die Erzielung eines ausreichenden Perfusionsdrucks für Gehirn und Herz heraus, der bei systolisch 100 mmHg liegen sollte. Patienten ohne Schädel-Hirn-Trauma tolerieren niedrigere Werte als Patienten mit zerebralen Schädigungen. Für Narkosebedingungen gelten weitere Überlegungen, die einen Rahmen für die Durchführung der Volumentherapie bilden. Notfallsituationen, die für den Patienten mit vital bedrohlichen Symptomen einhergehen, führen zu einer psychovegetativen Stressreaktion, die über eine sympathische Stimulation zu Blutdruck- und Herzfrequenzanstiegen führt. Unter Narkosebedingungen wird diese Reaktion wegen des Fehlens äußerer Reize abgeschwächt. Das Herzzeit-
5.3 Aufrechterhaltung der Narkose
volumen und die Vasokonstriktion verringern sich, da endogene Katecholamine vermindert sezerniert werden. Gleichzeitig kommt es zu einem Flüssigkeitsabstrom in das Interstitium, wodurch der Blutdruck sinkt. Diese pathophysiologischen Überlegungen begründen eine Volumensubstitution während der Narkose auch ohne blutungsbedingten Volumenverlust. Das Ausmaß der Substitution orientiert sich dabei sowohl am systolischen Blutdruck als auch an der Notwendigkeit der Herstellung einer ausreichenden Mikrozirkulation. Das bedeutet, dass bei einem Patienten ohne Blutung ein systolischer Blutdruck von > 100 mmHg erzielt und gleichzeitig eine ausreichende Mikrozirkulation hergestellt werden sollte. Letzteres ist durch eine ausreichende Rekapillardurchblutung des Nagelbettes einfach zu prüfen. Über Art und Weise der Volumensubstitution lassen sich sehr viele unterschiedliche Ansätze finden. Allein für die Auswahl der Substitutionslösungen bestehen sehr unterschiedliche Argumente, die in Tabelle 5.2 zusammengefasst sind.
Tabelle 5.2 Argumente für und gegen den Einsatz verschiedener Volumenersatzlösungen während einer Narkose im Rettungsdienst Lösungen
Pro
Kontra
Kristalloide Lösungen
9 Ausgleich interstitiellen und intravasalen Blutverlustes 9 Keine Induktion von Gerinnungsstörung 9 Keine Auslösung allergischer Reaktionen 9 Preiswert
9 Geringer Volumeneffekt 9 Verringerter Kapillarfluss 9 Entstehung eines Gewebeödems mit Gasaustauschstörung 9 Translokation von Darmbakterien
Kolloide Lösungen
9 Lang anhaltender Volumeneffekt 9 Verbesserte Organperfusion 9 Geringer Gewebeödemeffekt 9 Keine Verschlechterung des Gasaustausches
9 Anaphylaktische Reaktionen 9 Änderungen der Blutgerinnung 9 Speicherung im Gewebe
Hypertone Lösungen
9 Verbesserte Hämodynamik 9 Schnelle Korrektur des Blutdrucks 9 Verbesserung der Mikrozirkulation durch Entzug von Flüssigkeit aus ödematösem Endothelgewebe
9 Bisher keine ausreichenden Vorteile im Hinblick auf Überlebensraten gesichert
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
Kolloidale Ersatzmittel werden in Deutschland kristallinen Lösungen vorgezogen, da sie länger im Gefäßsystem verbleiben und sich in deutlich geringerem Maß im Interstitium verteilen als kristalline Lösungen. Zudem haben sie einen ausgeprägteren Volumeneffekt. Soll die Substitution allein mit kristallinen Lösungen durchgeführt werden, ist im Vergleich zu kolloidalen Lösungen etwa die 4fache Menge notwendig. Die Volumensubstitution erfolgt dadurch langsamer und ist deutlich weniger effektiv.
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Die für den Ausgleich einer endogenen Katecholaminausschüttung, die aus einer vital bedrohlichen Erkrankung oder Verletzung resultiert, notwendige Volumenmenge an kolloidaler Lösung beträgt bei der Narkoseeinleitung etwa 500 ml (ohne Berücksichtigung zusätzlicher Blutverluste). Bestehen Blutverluste, muss diese Menge um den erwarteten Blutverlust ergänzt werden.
S
Für eine rationale Flüssigkeitstherapie im traumatischen Schock ist folgender Ansatz sinnvoll [1]: 9 penetrierendes Trauma: – systolischer Blutdruck von etwa 90 mmHg, – Mindestperfusion des Gehirns, – Vermeidung eines hypovolämischen Stillstandes und weiterer Blutverluste, – schnellstmöglicher Transport; 9 stumpfes Trauma mit Schädel-Hirn-Trauma: – systolischer Blutdruck von etwa 110 mmHg, – Perfusion des Gehirns wegen aufgehobener Autoregulation sicherstellen; 9 stumpfes Trauma ohne Schädel-Hirn-Trauma: – systolischer Blutdruck von etwa 90 mmHg, – Perfusion wichtiger Organe ohne Steigerung weiterer Blutverluste. Der Volumenbedarf entspricht dabei der Menge, die notwendig ist, um den angestrebten Volumenbedarf zu decken. Letztlich handelt es sich um eine Gratwanderung zwischen ausreichendem Perfusionsdruck und möglichst geringem Blutdruck, um eine vorhandenen Blutung nicht weiter zu verstärken. Im englischsprachigen Raum wird dieses Verfahren deshalb auch als „Hypotensive Resuscitation“ bezeichnet. Interessanterweise findet sich jedoch bei Patienten im hämorrhagischen Schock ohne Schädel-Hirn-Trauma zwischen einem systolischen Blutdruck von 70 mmHg und einem Druck von 100 mmHg kein Unterschied bezüglich des Outcome [2].
5.4 Prävention von Komplikationen
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5.4 Prävention von Komplikationen Misslungene Intubation und Hypoxie Jede Störung der Sauerstoffaufnahme führt in Abhängigkeit von Dauer und Intensität zu einem erniedrigten Sauerstoffgehalt des Blutes (Hypoxie). Dieser Zustand kann allmählich eintreten, z. B. beim Lungenödem, oder akut bei Verlegung der Atemwege. Bei Einleitung oder Aufrechterhaltung einer Narkose kann dieser Zustand durch Medikamente oder fehlgeschlagenen Maßnahmen zum Atemwegsmanagement iatrogen entstehen. Dadurch erhält die Einleitung einer Narkose auch eine haftungsrechtliche Komponente. Auch wenn die Bedingungen einer Notfallsituation anders zu werten sind als das Vorgehen unter klinisch-stationären Bedingungen, sollten einige grundlegende Überlegungen zur Vermeidung einer Hypoxie immer berücksichtigt werden. Alle Maßnahmen der Narkoseeinleitung sollten den Kriterien ärztlicher Sorgfalt entsprechen gut vorbereitet und nach ausreichender Qualifikation vorgenommen werden.
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Häufigster Grund für eine Hypoxie nach Narkoseeinleitung ist die misslungene Intubation, bei der keine ausreichenden Optionen für eine genügende Oxygenierung zur Verfügung standen oder nicht in erforderlichem Maße genutzt wurden. Wegen diesem Zusammenhang sollen Hypoxie und misslungene Intubation gemeinsam behandelt werden. Zu einer adäquaten und damit auch vorausschauenden Vorbereitung der Narkose gehört immer die Überlegung „Was mache ich, wenn 9 die Intubation misslingt, 9 keine Spontananatmung vorhanden ist, 9 eine Maskenbeatmung unmöglich ist?“ Der Umgang mit den im Folgenden dargestellten Situationen sollte dabei eingeschlossen sein.
Situation 1: Misslungene Intubation, Maskenbeatmung jedoch möglich Wichtig ist die Oxygenierung, nicht die sofortige Intubation.
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
Der Patient ist in diesem Moment in der Regel desaturiert. Daher sollte über eine vorsichtige Maskenbeatmung mit möglichst niedrigem Beatmungsdruck eine Oxygenierung erfolgen. Wenn möglich, ist eine normwertige O2-Sättigung anzustreben. Das mit der Maskenbeatmung steigende Risiko für eine Regurgitation muss in Kauf genommen werden, da eine Hypoxie noch schwerwiegender wäre. Als erstes wird die Position des Kopfes bestmöglich korrigiert. Der Kopf sollte in der modifizierten Jackson-Position gelagert sein. Ein Abknicken zur Seite und eine erhebliche Überstreckung werden korrigiert und eine stabile Lage des Kopfes während des nächsten Intubationsversuchs durch die Assistenz sichergestellt. Durch Krikoiddruck kann der Kehlkopf nach dorsal verlagert und möglicherweise besser visualisiert werden. Gelingt dies nicht, wird der Krikoiddruck in ein so genanntes Burp-Manöver (backward, upward, right, pressure) umgewandelt. Dabei wird der Kehlkopf durch Verschieben von außen nach dorsal, cranial und nach Angabe des Intubierenden nach lateral verlagert, um den Glottiseingang optimal einzustellen. Misslingt auch dieser Intubationsversuch, wird ein Tubus mit einem um 1– 2 mm kleineren Lumen gewählt und ein Einführungsstab etwa 1 cm über die Spitze des Tubus hinausgehend eingeführt. Der Tubus wird jetzt in eine „Hockeyschlägerform“ gebracht. Dabei ist die Spitze des Tubus leicht abgeknickt. Sie lässt sich dadurch leichter in einen nach ventral verlagerten Kehlkopf einführen. Daneben erlaubt diese Tubusmodifikation, dass die Epiglottis angehoben und der Tubus an der Epiglottis entlang gleitend eingebracht werden kann. Häufig wird in dieser Situation mit verschiedenen Spatelgrößen, insbesondere mit langen Spateln gearbeitet. Dabei wird übersehen, dass zu große Spatel den Mund komplett ausfüllen und das Einführen eines Tubus unmöglich werden lassen, speziell für den Unerfahrenen. Mehr als 3–4 Intubationsversuche führen häufig zu Schwellungen und Läsionen und damit zu Blutungen, die die Visualisierung des Glottiseingangs erschweren und die Intubationsbedingungen weiter verschlechtern. Ein Transport unter Maskenbeatmung oder besser der Einsatz einer supraglottischen Beatmungshilfe, insbesondere das Einführen einer Larynxmaske, ist der nächste zu empfehlende Schritt.
Situation 2: Misslingen der Intubation und Misslingen der Maskenbeatmung Glücklicherweise ist diese Situation auch unter Notfallbedingen nur mit einer Häufigkeit von < 1 % anzutreffen. Andererseits muss sie schnellstens beherrscht werden, um bleibende Schäden für den Patienten zu vermeiden. Dafür stehen m
5.4 Prävention von Komplikationen
Ist diese spezielle Situation eingetreten, sollte die Narkose nicht weiter vertieft werden, um eine Rückkehr oder zumindest das Wiedereinsetzen einer Spontanatmung zu ermöglichen. Gelingt eine Maskenbeatmung nicht, führt man schnellstmöglich eine Larynxmaske ein. Auch wenn eine optimale Positionierung beim ersten Versuch nicht gelingt, ist eine Beatmung zumeist möglich. Steigt die Sättigung in akzeptable Bereiche, kann eine Neupositionierung erfolgen. Das Einführen einer Larynxmaske ist in Abb. 5.8 dargestellt. Bei der in Abb. 5.8 dargestellten Technik kommt es häufig zu einem Umknicken der Larynxmaske nach pharyngeal. Daher sollte beim Einführen durch direkte Führung mit den Fingern ein Umknicken vermieden werden. Sollten auch mehrere Versuche des Einführens einer Larynxmaske scheitern, bleibt nur das chirurgische Schaffen eines künstlichen Atemweges in Form einer Koniotomie. Sehr häufig ist der Patient bei der Entscheidung für eine Koniotomie bereits hypoxisch, und die Maßnahme wird hektisch und unkontrolliert durchgeführt; dies erfordert mehr Zeit als erwartet. Die Ausrüstung für eine Notfallkoniotomie sowie die Anatomie des Kehlkopfes sind in Abb. 5.9 dargestellt. Eine schnelle Möglichkeit zur Sicherstellung einer minimalen Oxygenierung bietet die Punktion des Lig. conicum mit einer 14-G-Venenverweilkanüle, an die der Konnektor eines 3,5-mm-Tubus angeschlossen ist.
Oft setzen Bewältigungsstrategien erst bei Eintritt der kritischen Situation ein, sowohl gedanklich als auch bezüglich der Vorbereitung. In der Notfallsituation bleibt bei drohender Hypoxie dafür jedoch keine Zeit. Alle Maßnahmen zur Atemwegssicherung oder zur Wiederherstellen der Oxygenierung müssen daher vor der Narkoseeinleitung in ihren theoretischen Grundlagen bekannt sein und sollten auch in ihren praktischen Abläufen geübt werden. Diesem Anspruch stehen erhebliche Probleme gegenüber: Zunehmende Widerstände gegen die Ausbildung am Patienten, die bezogen auf die Zahl der durchgeführten Narkosen geringe Rate schwerer Komplikationen bei Narkoseeinleitungen und vielfältige Maßnahmen in der klinischen Anästhesie, die verhindern, dass kritische Situationen überhaupt erst eintreten, erschweren die Ausbildung. Die zunehmende Verbreitung simulationsgestützter Ausbildungskonzepte (Abb. 5.10) sollte zur Lösung dieses Problems beitragen. Zu den Vorteilen zählt – neben dem fehlenden Patientenrisiko – die Option, Maßnahmen und Vorgehensweisen wiederholt und unabhängig von der realen Inzidenz zu üben. Alle Schritte können adaptiert an die Bedürfnisse des Einzelnen trainiert werden. Verschiedene Konzepte stehen zur Verfügung, um den Anforderungen gerecht zu werden. Die einfachste und gleichzeitig effizienteste Möglichkeit,
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
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Abb. 5.8 Einführen einer Larynxmaske (Quelle: LMA Deutschland GmbH, Bonn).
5.4 Prävention von Komplikationen
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Kehldeckel (Epiglottis) Zungenbein
Schildknorpel (Cartilago thyroidea) Stimmbänder Punktionsstelle für die Koniotomie Lig. conicum
Stellknorpel
Ringknorpel (Cartilago cricoidea)
Luftröhrenknorpel (Cartilago trachealis)
Abb. 5.9 Ausrüstung für eine Notfallkoniotomie und Anatomie des Kehlkopfes.
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
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Abb. 5.10 Notfallsimulation am Universitätsklinikum Würzburg.
Techniken der Narkoseeinleitung und -aufrechterhaltung zu sehen und unter Aufsicht selbst zu erlernen, besteht im Rahmen von Hospitationen in Anästhesieabteilungen. Kurze Anschreiben reichen in der Regel aus, um während einer entsprechenden Hospitation die notwendigen Verfahren erlernen zu können. Simulatorkurse, die mittlerweile von vielen großen Kliniken angeboten werden, bieten ebenfalls die Möglichkeit, theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen und unter Supervision eine Narkose durchzuführen.
5.4 Prävention von Komplikationen
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Traumatisierung der Atemwege Unter Zeitdruck und Erfolgszwang durchgeführte Laryngoskopien und Intubationen können zu einer mehr oder weniger starken Traumatisierung des Oropharynx und der Atemwege führen. Verschiedene Verletzungen entstehen dabei durch das Einführen des Laryngoskops wie auch durch das Platzieren des Tubus. Dazu zählen: 9 Einklemmen der Lippe zwischen Larygoskop und Zähnen, 9 Beschädigung oder Herausbrechen von Zähnen oder Zahnteilen bei der Laryngoskopie, 9 direkte Traumatisierung des Kehlkopfes oder der Stimmlippen bei Intubationsversuchen ohne ausreichende Sicht auf den Kehlkopf, 9 Luxation des Kehlkopfes. Traumatisierungen lassen sich in der Regel durch ausreichende Narkosetiefe und suffiziente Technik bei der Intubation vermeiden. Eine nicht ausreichende Narkosetiefe führt zu unzureichenden Möglichkeiten der Mundöffnung, einem hohen Tonus der Schlundmuskulatur, Schluckbewegungen des Patienten und Verschluss der Stimmlippen. Alle genannten Faktoren bedingen eine Intubation unter Kraftanwendung statt mittels eleganter Technik. Fazit: Die Traumatisierung der Atemwege lässt sich durch eine ausreichend Narkosetiefe und suffiziente Technik bei der Intubation vermeiden.
Kreislaufdepression Blutdruckabfall und Abnahme der Herzfrequenz sind bekannte Phänomene bei der Narkoseeinleitung. Vordergründig werden als Ursache negativ inotrope Effekte oder negativ chronotrope Wirkungen der eingesetzten Medikamente genannt. Bei genauer Reflexion lassen sich allerdings sehr viele Faktoren identifizieren, die zu diesem Phänomen beitragen. Notfallpatienten leiden in der Regel unter Schmerzen, haben Angst oder erleben traumatisierende Eindrücke. Die daraus resultierende Stressreaktion führt zu Blutdruck- und Herzfrequenzanstiegen, die mit der Narkoseeinleitung durch die daraus resultierende Bewusstseinsausschaltung abgemildert werden (Abb. 5.11). Die Stressreaktion führt über eine Vasokonstriktion auch zur Kompensation eines vorbestehenden Volumenmangels, der beispielsweise durch eine Blutung oder Exsikkose hervorgerufen wurde.
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
Hippocampus GABA CRF
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Amy DA
ACTH
5-HT
β - Endorphin
Nebennieren mark Nebennierenrinde Glukokortikoide Aktivierung Inhibition
NE
sympathische Nerven Zielgewebe
„Fight- or- Flight“- Antwort Blutdruckerhöhung und Umverteilung des Blutflusses Inhibierung von Wachstumsund thyridaler Funktionen Inhibierung von Fortpflanzungs- und Sexualverhalten Inhibierung von Nahrungsaufnahme und Appetit metabolische Antworten Immunmodulation
Abb. 5.11 Zerebrale Regelkreise, die an der Regulation der neuroendokrinen Stressantwort beteiligt sind. 5-HT = Serotonin im dorsalen Raphe-Kern, Amy = Amygdala, ACTH = adrenokortikotropes Hormon, CRF = Corticotropin releasing Factor im hypothalamischen Nucleus paraventricularis, DA = Dopamin im mesolimbischen System, GABA = g-Aminobuttersäure, NE = Norepinephrin im Locus coeruleus. Nach [3].
Als Konsequenz sollte vor einer Narkoseeinleitung, soweit möglich, ein ausgeglichener Volumenstatus angestrebt werden. Die Abschätzung des bestehenden Volumendefizits kann dabei insbesondere bei fortbestehenden Volumenverlusten, etwa bei nicht oder nur unzureichend stillbaren Blutungen, äußerst schwierig sein. Eine Überkompensation ist in solchen Situationen jedoch äußerst selten, weshalb die schnelle Substitution größerer Volumenmengen noch vor der Narkoseeinleitung sinnvoll ist. Das Ziel besteht darin, ein kritisches Absinken des Perfusionsdrucks von Herz und Gehirn zu vermeiden. Die Nichteinbeziehung dieser Überlegung steigert das Risiko eines Blutdruckabfalls nach der Narkoseeinleitung. Die schnelle Volumensubstitution nach der Narkoseeinleitung ist möglich, setzt den Patienten jedoch der vermeidbaren Gefahr eines erniedrigten Perfusionsdrucks aus und kollidiert zeitlich mit der Atemwegssicherung.
5.4 Prävention von Komplikationen
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Fazit: Vor der Narkoseeinleitung sollte bei jedem Verdacht auf einen Volumenoder Flüssigkeitsmangel eine ausreichende Substitution angestrebt werden.
Aspiration Die Aspiration gehört zu den am meisten gefürchteten Komplikation, sowohl bei Notfallpatienten allgemein als auch speziell bei der Narkoseeinleitung, da eine daraus resultierende Aspirationspneumonie trotz aller Fortschritte der Beatmungstherapie mit einem letalen Ausgang verbunden sein kann. Trauma, Schmerzen und Stress erhöhen den Sympathikotonus und verringern damit die Geschwindigkeit der Magenentleerung, die für feste Nahrung üblicherweise 4 Stunden beträgt. Eine Abschätzung der Magenentleerungszeit ist deshalb bei Notfallpatienten in der Praxis nicht möglich. Fehlende Nüchternheit sowie Luftinsufflation in den Magen durch Mund-zuMund- oder Maskenbeatmung sind unterstützende Faktoren für Regurgitation von Mageninhalten in einer Notfallsituation. Vorangehende Intubationsversuche bei bewusstseinsgetrübten Patienten mit vorhandenem Würgereflex ohne Einsatz narkotisch wirksamer Medikamente sind ebenfalls mit Erbrechen und dem Risiko der Aspiration verbunden. Die bei Notfallpatienten häufig anzutreffende Einnahme von Medikamenten und Genussmitteln verlangsamt die Magen-Darm-Passage und erhöht ebenfalls das Aspirationsrisiko von Bewusstseinsgetrübten. Als besonders problematische Substanzgruppen gelten dabei: 9 Alkohol, 9 Opiate, 9 Sedativa, 9 Anticholinergika. Aus der klinischen Anästhesie sind weitere Faktoren bekannt, die das Aspirationsrisiko erhöhen. Dazu gehören: 9 Adipositas, 9 Schwangerschaft ab dem 2. Trimenon, 9 ausgeprägter Aszites, 9 erhöhter intrakranieller Druck, 9 Ileussymptomatik, 9 abdominelle Raumforderungen. Die Gefahr einer Aspiration bei der Narkoseeinleitung von Notfallpatienten lässt sich nicht sicher vermeiden, sondern nur durch geschickte Wahl des Vor-
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5 Ablauforganisation und Durchführung einer Narkose
gehens minimieren. Folgende Maßnahmen sollte man deshalb bei der Narkoseeinleitung von Notfallpatienten vermeiden: 9 Maskenbeatmung mit hohem Beatmungsdruck und Insufflation von Luft in den Magen, 9 Intubationsversuch bei bewusstseingestörten Patienten mit noch partiell vorhandenen Abwehr oder Würgereflexen, 9 „Ansedieren“ unter der Vorstellung, dadurch ausreichende Intubationsbedingungen zu schaffen, 9 protrahierte Intubationsversuche ohne ausreichende Narkosetiefe. Fazit: Zur Risikominimierung gilt es, sich das Aspirationsrisiko des bewusstseinsgetrübten Notfallpatienten bewusst zu machen und alle Verfahrensschritte, die eine Aspiration begünstigen könnten, zu vermeiden.
Pneumothorax Ein vorbestehender verletzungsbedingter Pneumothorax kann unter Beatmung durch Änderung des intrathorakalen Drucks oder Anwendung hoher Beatmungsdrücke, aber auch unter optimaler Ventilation in einen Spannungspneumothorax übergehen. Die sofortige Entlastung über eine Thoraxdrainage ist dann erforderlich. Mit anderen Worten: Die Einleitung einer Narkose setzt ausreichende Kenntnisse über die Anlage einer Thoraxdrainage voraus, und diese Maßnahme sollte vorher praktisch erlernt werden. Die Diagnose eines Pneumothorax muss präklinisch ohne Röntgenbild gestellt werden und setzt deshalb eine sichere Interpretation der klinischen Zeichen voraus. Beim nichtbeatmeten Patienten sind dies Dyspnoe, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch, Hypotension und Abfall der Sauerstoffsättigung, beim bereits intubierten und beatmeten Patienten erhöhter Beatmungsdruck, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch bei gleichzeitiger Inspirationsstellung auf dieser Seite, Hypotension und ebenfalls Abfall der Sauerstoffsättigung. Nach Ausschluss eines einseitig im Hauptbronchus liegenden Endotrachealtubus und einer zu flachen Narkose, bei der der Patient gegen die Beatmung anatmet und dadurch erhöhte Beatmungsdrücke zustande kommen, muss bei der beschriebenen Symptomkonstellation von einem Spannungspneumothorax ausgegangen werden. Die Entlastung eines Pneumothorax unter Narkosebedingungen durch eine Minithorakotomie (Abb. 5.12) und das Einbringen einer Drainage ist beim beatmeten Patienten technisch nur mäßig anspruchsvoll und unter Berücksichtigung einiger wichtiger Punkte auch mit einer geringen Komplikationsrate verbunden (s. Kap. 7.7).
5.4 Prävention von Komplikationen
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Abb. 5.12 Minithorakotomie (Foto: Björn Hossfeld).
9 9 9 9 9 9 9
Das Material zur Anlage einer Thoraxdrainge umfasst: Desinfektionsmittel, sterile Handschuhe, gebogenes Skalpell, sterile stumpfe Schere, Thoraxdrainage der Größe 24–28 Charrière für Erwachsene, Heimlich-Ventil, Nahtmaterial.
Literatur 1. Soreide E, Deakin CD. Pre-hospital fluid therapy in the critically injured patient – a clinical update. Injury. 2005 Sep; 36(9): 1001–10. Epub 2005 Apr 19. 2. Dutton RP, Mackenzie CF, Scalea TM. Hypotensive resuscitation during active hemorrhage: impact on in-hospital mortality. J Trauma. 2002 Jun; 52(6): 1141–6. 3. Carrasco GA, Van de Kar LD. Neuroendocrine pharmacology of stress. Eur J Pharmacol. 2003;463(1–3):235–72.
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Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Im Folgenden sollen anhand von Fallbeispielen Algorithmen konkretisiert werden. Alle Fälle sollen eine auf die Bedingungen des Einzelfalls zielende Anwendung von Anästhesiemedikamenten und Einleitungstechniken präsentieren.
6.1 Polytrauma Definition des Begriffs „Polytrauma“ Der Begriff „Polytrauma“ definiert den Zustand eines Patienten mit Verletzungen mehrerer Körperregionen oder mehrerer Organsysteme, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen vital bedrohlich ist und eine Verletzungsschwere nach dem Injury Severity Score (ISS) von ≥ 16 Punkten erreicht wird.
Grundzüge der Diagnostik Der Injury Severity Score (ISS) nach Baker aus dem Jahre 1987 wird anhand der AIS-(Abbreviated-Injury-Scale)-Werte bestimmt. Den Grad der Verletzungsschwere ermittelt man anhand einer Skala von 1 bis 6 für 6 verschiedene Körperregionen (Schädel und Hals, Gesicht, Thorax, Abdomen, Extremitäten, Weichteile). Die ermittelten Punkte der 3 am schwersten betroffenen Regionen werden quadriert und zum ISS addiert. Ein AIS von 6 Punkten in irgendeiner Region bedeutet automatisch einen ISS von 75 Punkten (Maximalwert). Zur Zahl der Polytraumatisierten gibt es keine amtliche statistische Erhebung. Die geschätzte jährliche Anzahl beträgt 8000. In Deutschland sind stumpfe Verletzungen, die alle Körperregionen einschließen, in über 90 % der Fälle ursächlich. Das Polytrauma ist die führende Todesursache der unter 44Jährigen. Betroffen ist überwiegend das männliche Geschlecht. Während die
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Sterblichkeit in den 1970er Jahren bei 40 % lag, ist sie bis zum Jahr 2000 auf knapp 10 % gesunken. Als Verletzungslokalisationen finden sich zumeist kombinierte Verletzungen 9 der Körperhöhlen (Schädel, Brustkorb, Bauch), 9 des Achsenorgans (Wirbelsäule und Rückenmark) und 9 des Stütz- und Bewegungsorgans.
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Zusätzlich finden sich bei diesen ausgedehnten Verletzungsmustern durch Blutung und Gewebetrauma umfangreiche pathopysiologische Veränderungen. Endpunkte dieser Veränderungen sind metabolische Azidose, Hypothermie und Koagulopathie.
Grundzüge der Therapie Eine persistierende metabolische Azidose sowie fortbestehende Hypothermie und Koagulopathie steigern die Sterblichkeit Polytraumatisierter erheblich. Die Vermeidung und die frühzeitige Behandlung dieser „letalen Trias“ können bereits am Unfallort erfolgen und sind Ziele der präklinischen und klinischen Polytraumabehandlung. Das Ziel der Therapie besteht in der konsequenten Prävention bzw. Behandlung des akuten Schockzustandes durch Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Mikrozirkulation und der Sauerstoffversorgung. Im optimalen Fall lässt sich Folgendes erreichen: 9 Normotension, 9 Normoxämie, 9 Normothermie, 9 weitgehender Erhalt einer normalen Koagulation, 9 Ausgleich einer Laktatazidose, 9 Aufrechterhaltung einer suffizienten Diurese. Die Rationale dieses Ansatzes zeigen Untersuchungen zum Basendefizit der Normalisierung des Laktatwertes bei Polytraumatisierten: Ab einem Basendefizit von – 6 mEq/Liter im Rahmen der Blutgasanalyse bei Klinikaufnahme steigt die Letaliät an, und ab einem Wert von unter –10 mEq/Liter beträgt sie 40–70 % [1, 2]. Während Polytraumatisierte mit einer therapierefraktären Laktatazidose, die länger als 48 Stunden besteht, eine hohe Letalität von bis zu 85 % aufweisen, beträgt die Sterblichkeit nur 1 %, falls sich die Laktatwerte innerhalb von 24 Stunden normalisieren lassen [3].
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6.1 Polytrauma
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Zur Erreichung dieser Ziele steht eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verfügung, die zeit- und prioritätengerecht umgesetzt werden sollten. Intubation und Beatmung mit Narkoseeinleitung stellen hierbei sowohl für den präklinischen Bereich als auch für die Klinik zentrale, aber nicht alleinige Maßnahmen dar; ihre Wichtigkeit unterstreicht die Formel für die Sauerstofftransportkapazität: O2av = CO ×mal; SaO2 × Hb-Wert × 1,34. Sowohl Herzzeitvolumen und Sauerstoffsättigung als auch die Hämoglobinkonzentration gehen in die Sauerstoffversorgung ein. Damit ist neben der Normalisierung der Sättigung durch Intubation und Beatmung auch eine Normalisierung des Herzzeitvolumens bei Blut- oder Volumenverlust essenziell. Aus diesem Grund sollte die Narkose bei einem Patienten mit Polytrauma immer im Kontext der notwendigen Einzelmaßnahmen gesehen und daraus resultierende Prioritäten abgeleitet werden. Dies kann anhand der in Tabelle 6.1 dargestellten Checkliste erfolgen.
Narkoseprinzipien Die Einleitung einer Narkose beim Polytraumatisierten kann grundsätzlich auf 2 verschiedenen Wegen erfolgen: 9 tiefe Narkose mit einem Einleitungshypnotikum ohne Muskelrelaxation oder 9 flache Narkose mit vollständiger Muskelrelaxation. Beide Ansätze bieten Vor- und Nachteile und sollen deshalb separat vorgestellt werden.
Tiefe Narkose mit einem Einleitungshypnotikum ohne Muskelrelaxation Vorteile: 9 schnelle Rückkehr zur Spontanatmung möglich, damit Minimierung des Hypoxierisikos, 9 Möglichkeit der Intubation unter Spontanatmung, 9 geringes Risiko für ein Awareness-Erleben während der Narkoseeinleitung, 9 bessere Steuerbarkeit der Narkose durch fehlende Überlagerung durch Relaxation.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Tabelle 6.1 Checkliste notwendiger Maßnahmen bei einem Patienten mit Polytrauma
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Maßnahmen
Erläuterung
Intubation und Beatmung
Erforderlich bei: 9 Atemstillstand 9 Bewusstlosigkeit 9 respiratorischer Insuffizienz 9 Aspirationsgefährdung 9 Verlegung der Atemwege 9 drohendem und manifestem schweren Schock
Volumentherapie, möglichst parallel zu Intubation und Beatmung
9 Großlumige periphervenöse Zugänge 9 Falls erforderlich, Anlage einer Thoraxdrainage bei Spannungspneumothorax und Pneumothorax bei Beatmung 9 Frühzeitig Blutstillung erwägen: manuelle Kompression, Kompressionsverbände, Tamponade schwerer nasaler und oraler Blutungen, Druckmanschette
Berücksichtigung präklinischer therapeutischer Risiken und Schwierigkeiten
9 Intubationshindernisse 9 Indikationsstellung zu Intubation und Anlage einer Thoraxdrainage 9 Verletzungsgefahr bei Anlage einer Thoraxdrainage mittels Mandrin 9 Okkulte innere Blutungen (Schädel, Thorax, Abdomen) 9 Stillung peripherer Blutungen 9 Ausreichende Anlage venöser Zugänge 9 Behandlung des eingeklemmten Patienten 9 Kreislaufstabilisierung beim alten /multimorbiden Patienten 9 Rettung bei Unterkühlung 9 Therapiemaßnahmen während des Transports
Nachteile: 9 unzureichende Muskelrelaxierung bei der Intubation, 9 Blutdruckabfall durch hohe Einleitungshypnotikadosis, 9 unzureichende Intubationsbedingungen.
Flache Narkose mit vollständiger Muskelrelaxation Vorteile: 9 geringe Beeinträchtigung der kardiozirkulatorischen Stabilität durch minimierte Menge des Einleitungshypnotikums, 9 optimale Intubationsbedingungen durch vollständige Muskelrelaxation.
6.1 Polytrauma
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Nachteile: 9 längerfristige Muskelrelaxation, 9 Hypoxierisiko bei Beatmungsschwierigkeiten, 9 Awareness, 9 keine Möglichkeit zur Intubation unter Spontanatmung. Eine Narkose, bei der die Relaxation durch eine entsprechende Narkosetiefe ersetzt wird, lässt sich mit Thiopental oder Propofol in Kombination mit einem Opioid, z. B. Fentanyl, erzielen. Der Vorteil besteht in einer kurzen Narkosedauer mit der Möglichkeit einer Rückkehr zur Spontanatmung unter Akzeptanz einer Kreislaufdepression bei hypovolämischen Patienten. Im französischen Sprachraum – und daher in Deutschland wenig bekannt – wird eine Kombination aus Etomidat und Succinylcholin für die Notfallintubation favorisiert. Hierbei nutzt man eine relativ flache Narkose in Kombination mit einer Muskelrelaxation für die Intubation. Im angloamerikanischen Sprachraum wird die Muskelrelaxation mit Succinylcholin auch ohne Gabe eines Hypnotikums propagiert, insbesondere bei bewusstseinsgetrübten Patienten. Die Argumentation lautet „optimale Intubationsbedingungen ohne Kreislaufdepression durch Hypnotika“. Die unterschiedlichen Argumentationsweisen zeigen das Fehlen eines alleinigen, für alle Situationen ausreichenden medikamentösen Einleitungskonzepts. Grundsätzlich gilt: Je weniger Erfahrung im Umgang mit Muskelrelaxanzien besteht, umso weniger sollten sie im Rettungsdienst oder in einer Notfallsituation gesammelt werden; je mehr Erfahrung im Umgang mit Muskelrelaxanzien vorhanden ist und damit auch mit der Narkosedurchführung, umso weniger werden Muskelrelaxanzien eingesetzt.
Fallbeispiel Angaben zum Patienten (Abb. 6.1): 9 Zustand nach Verkehrsunfall; 9 Alter: 20 Jahre; 9 Größe: 160 cm; 9 Gewicht: 55 kg; 9 Blutdruck: 110/70 mmHg; 9 Herzfrequenz: 110/Minute; 9 beidseitige Ober- und Unterschenkelfraktur; 9 stärkste Schmerzen; 9 einzelne ventrikuläre Extrasystolen; 9 Transportzeit: 20 Minuten.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
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Abb. 6.1 Patient mit Polytrauma.
Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 notwendige Geräte für das Monitoring anschließen; 9 Infusionstherapie zur Narkoseeinleitung beginnen; 9 Halswirbelsäulenstabilisierung bei Verdacht auf Halswirbelsäulenverletzung; 9 möglichst Verzicht auf Rhythmustherapie. Lösungsvorschlag: 9 Kombinationsnarkose; 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie, Kapnometrie; 9 500 ml HAES- plus 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,3 mg Fentanyl plus 400 mg Trapanal; 9 Intubation; 9 Beatmung mittels Ventilator; 9 15 mg Midazolam plus 0,2 mg Fentanyl.
6.2 Schweres Schädel-Hirn-Trauma
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6.2 Schweres Schädel-Hirn-Trauma Definition des Begriffs „Schweres Schädel-Hirn-Trauma“ (SHT) Ein schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT) liegt dann vor, wenn der initiale Glasgow Coma Scale (GCS) Score 3–8 beträgt bzw. die Bewusstlosigkeit länger als 24 Stunden anhält. Patienten mit schwerem SHT haben nur eine mäßige Prognose: 30–45 % versterben, 2–14 % zeigen einen vegetativen Zustand, 10– 30 % bleiben schwerstbehindert, 17–20 % bleiben mittelgradig behindert und 7–27 % erholen sich gut. Die Inzidenz des schweren SHT beträgt in Deutschland etwa 10.000/Jahr.
Grundzüge der Diagnostik Am Unfallort müssen der GCS und ein neurologischer Status erhoben werden. Die Durchführung einer Computertomographie (CT) bei Klinikaufnahme ist obligat. CT-Verlaufskontrollen, auch in kurzfristigen Abständen, erfolgen insbesondere bei extra- oder intraduralen raumfordernden Hämatomen sowie raumfordernden Kontusionen bzw. einem Hirnödem sowie bei einem Anstieg des intrakraniellen Drucks (Intracranial Pressure, ICP). Eine Magnetresonanztomographie (MRT) dient primär dem Nachweis diffuser axonaler Verletzungen und sollte insbesondere dann durchgeführt werden, wenn die initiale CT keine intra- bzw. extradurale Pathologie zeigt.
Grundzüge der Therapie Patienten mit schwerem SHT werden, um eine Normokapnie und eine ausreichende Oxygenierung sicherzustellen, möglichst direkt am Unfallort intubiert und kontrolliert beatmet. Alle bewusstlosen Patienten (GCS-Score < 9) werden endotracheal intubiert und beatmet, so rasch dies ohne zusätzliche Gefährdung möglich ist. Bei Patienten mit einem GCS-Score von > 8 und zusätzlichen Verletzungen, die eine rasche Verschlechterung der Spontanatmung befürchten lassen (z. B. schwere Mittelgesichtsverletzungen, hohe Querschnittlähmung), ist die Indikation zu Intubation und Beatmung ebenfalls gegeben. Als häufigste Ursache für sekundäre Hirnschädigungen sollen eine Hypoxie (paO2 von < 60 mmHg bzw. Sauerstoffsättigung von < 90 %) und eine Hypotension (definiert als systolischer Blutdruck von < 90 mmHg) vermieden werden.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Eine Oberkörperhochlagerung von etwa 30 ° soll einen verbesserten venösen Abfluss sicherstellen und führt in der Regel bei nicht ausgeglichenem Volumenstatus zu einer Senkung des systemischen Blutdrucks. Bei einem hämorrhagischen Schock ist sofort eine Volumensubstitution einzuleiten. Diese ist bis zum Erreichen einer adäquaten Zirkulation fortzuführen. Isotone Lösungen (Ringerlösung, 0,9 %ige NaCl-Lösung) und Kolloide sind die Mittel der Wahl. Hypotone kristalloide Lösungen (5 %ige Glukoselösung, Ringerlaktatlösung) begünstigen ein Hirnödem. Ist trotz ausreichender Flüssigkeitsgabe kein systolischer Blutdruck von > 90 mmHg zu erzielen, sollte als Katecholamin Epinephrin (Suprarenin) oder Norepinephrin (Arterenol) eingesetzt werden. Das Vorliegen einer okkulten Blutung ist in dieser Situation wahrscheinlich. Patienten mit schwerem SHT benötigen einen Therapieplatz, der für die Behandlung von Schädel-Hirn-Verletzten ausgestattet ist. Dazu gehören die Möglichkeiten der Hirndruck- und der intraarteriellen Blutdruckmessung sowie der Beatmung.
Narkoseprinzipien Die Intubation erfolgt primär orotracheal in tiefer Narkose und/oder Anwendung einer Muskelrelaxation, um Husten, Pressen und Abwehrbewegungen zu vermeiden. Bei etwa 10 % aller Patienten mit SHT ist mit einer begleitenden Wirbelsäulenverletzung zu rechnen, die sich allein klinisch nie ausschließen lässt. Die Intubation erfolgt bei leichter Reklination des Kopfes. Dieser wird durch einen Helfer manuell fixiert, ohne dadurch die Intubation zu behindern. Seitwärtsdrehung und Anteflexion sind unbedingt zu vermeiden. Zur Vermeidung einer akzidentellen Extubation ist unbedingt auf die sichere Fixierung des Tubus während des Transports zu achten. Die Oxygenierung wird pulsoxymetrisch überwacht; die periphere Sauerstoffsättigung soll > 95 % betragen. Die Möglichkeit der Fehlmessung durch Hypothermie und Zentralisation ist zu bedenken. Bei der Beatmung wird beim normotonen Erwachsenen eine Normoventilation angestrebt; bei kapnometrischer Überwachung entspricht dies einem endexspiratorischen CO2-Partialdruck von etwa 35 mmHg. Eine Hyperventilation kann eine zerebrale Ischämie verstärken und ist in der Prähospitalphase zu vermeiden.
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Ausreichende Sedierung und Analgesierung sind besonders bei intubierten und beatmeten Patienten zu gewährleisten. Sedativa und Analgetika müssen in adäquater Menge appliziert werden, da eine Überdosierung speziell bei
6.2 Schweres Schädel-Hirn-Trauma
hypovolämischen Patienten eine Hypotonie bewirken kann, während eine unzureichende Dosierung zu Abwehrbewegungen führt und in schlechten Intubationsbedingungen endet. Zur Intubation empfiehlt sich die Kombination eines Opioids mit einem Hypnotikum, für die Analgosedierung während des Transports die gemeinsame Verabreichung eines Opioids mit einem Benzodiazepin kurzer Wirkungsdauer. Als bevorzugte Sedativa für die Intubation gelten Thiopental (Trapanal) und Midazolam (Dormicum), als Analgetikum wird Fentanyl in einer Dosierung von 0,05–0,2 mg eingesetzt. Zur Relaxierung werden kurzwirksame Relaxanzien wie Suxamethonium/Succinylcholin (Lysthenon; 0,5–1 mg/kg KG) oder Vecuronium (Norcuron; 0,08–0,1 mg/kg KG) verwendet.
Fallbeispiel 1 Angaben zum Patienten (Abb. 6.2): 9 Zustand nach Trauma; 9 Schädel-Hirn-Trauma; 9 tiefe Bewusstlosigkeit (GCS 6); 9 nur Kopf und Oberkörper zugänglich; 9 technische Rettung unbekannter Dauer notwendig;
Abb. 6.2 Patient mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma.
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Alter: 35 Jahre; Gewicht: 80 kg; Größe: 180 cm; Blutdruck: 110/60 mmHg; Herzfrequenz: 120/Minute; Außentemperatur: 5 °C.
Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 Hypothermie verringert nicht den Narkosemittelbedarf; 9 Narkose muss während der technischen Rettung aufrechterhalten werden; 9 je länger die Transportzeit, desto großzügiger die Indikationsstellung zur Narkoseeinleitung. Lösungsvorschlag: 9 Kombinationsnarkose; 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie, Kapnometrie; 9 500 ml HAES- plus 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,3 mg Fentanyl plus 400 mg Trapanal; 9 Intubation; 9 Beatmung mittels Ventilator; 9 15 mg Midazolam plus 0,2 mg Fentanyl.
Fallbeispiel 2 – Narkose bei Kindern Angaben zum Patienten (Abb. 6.3): 9 4-jähriges Kind; 9 Gewicht: 15 kg; Abb. 6.3 Aufprall mit einem Schlitten gegen eine Mauer.
6.3 Asthma bronchiale
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Unfallhergang: Aufprall mit einem Schlitten gegen eine Mauer; GCS: 6; Blutdruck: 80/50 mmHg; Atemstörung; Pupillendifferenz.
Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 Narkotikadosierungen bei Kindern höher als bei Erwachsenen (bezogen auf das Körpergewicht); 9 Tubusgröße entspricht Kleinfingerdurchmesser des Kindes; 9 Spatelgröße: 2; 9 Beatmung adaptiert an das Lebensalter einstellen. Lösungsvorschlag: 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie; 9 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,1 mg Fentanyl plus 125 mg Thiopental; 9 Intubation; 9 10 mg Midazolam; 9 Beutelbeatmung.
6.3 Asthma bronchiale Definition des schweren Asthmaanfalls Der schwere bis lebensbedrohliche Asthmaanfall ist gekennzeichnet durch: 9 gesteigerte Atemarbeit (Frequenz: 25/Minute), 9 erhöhte Pulsfrequenz (120/Minute), 9 einen deutlich erniedrigten Peak-Flow-Wert (< 100 Liter/Minute; falls messbar).
Grundzüge der Diagnostik Bei fortgeschrittener Schwere des Asthmaanfalls ist der Patient agitiert, verwirrt und ängstlich. Auskultatorisch kann der Befund der stillen Lunge vorliegen, da bei verringertem Atemzugvolumen nur noch geringe Atemgasmengen transportiert werden. Klinisch kann der Schweregrad des Asthmaanfalls hierdurch unterschätzt werden. Weiterhin können eine Zyanose, tachy- und bra-
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
dykarde Herzrhythmusstörungen, eine Hypotonie, ein Pulsus paradoxus sowie inspiratorische Einziehungen der Bauchmuskulatur auffallen.
Grundzüge der Therapie
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Eine Intubation und die apparative Beatmung können erforderlich werden, wenn trotz optimaler Therapie eine weitere Verschlechterung einschließlich zunehmender Erschöpfung des Patienten und Anstieg des paCO2 eintritt. Die Vorteile einer invasiven Beatmung sind die hierdurch erfolgende komplette Übernahme der Atemarbeit, die Möglichkeit der besseren tracheobronchialen Absaugung und die effektiv mögliche Sedation bis hin zur Vollnarkose. Letzteres kann in therapierefraktären Fällen die einzige Möglichkeit zur Durchbrechung des Asthmaanfalls darstellen. Als Nachteile sind dagegen zu nennen, dass die Intubation bei hochgradiger Dyspnoe schwierig und das Risiko von Herzrhythmusstörungen bei vorliegender Hypoxämie, Azidose sowie Therapie mit b2-Agonisten und eventuell Theophyllin nicht unbeträchtlich ist. Ein weiterer Nachteil der invasiven Beatmung besteht in der Wegbereitung nosokomialer Infektionen durch den direkten trachealen Beatmungszugang.
Narkoseprinzipien Eine Medikation mit Succinylcholin und Ketamin wird empfohlen. Eine kontrollierte Hypoventilation ist als Beatmungsverfahren zu bevorzugen, da bei diesem Krankheitsbild häufig eine Hyperkapnie besteht.
Fallbeispiel Angaben zum Patienten (Abb. 6.4): 9 anamnestisch seit mehreren Stunden bestehende Luftnot; 9 Eigenmedikation: Theophyllin, Berotec, orales Kortikoid; 9 Diagnose: Status asthmaticus; 9 Angaben zur Narkoseindikation: – exspiratorisches Giemen und Brummen, – kein Signal bei der Pulsoxymetrie, – Zeichen muskulärer Erschöpfung, – „Silent Lung”, – Hypoxiezeichen.
6.3 Asthma bronchiale
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Abb. 6.4 Patient mit schwerem Asthma anfall.
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Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 Rechtsherzbelastung bei chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COLD) hoch; 9 konservative Therapie mit b-Mimetika führt zu ausgeprägter Tachykardie. Lösungsvorschlag: 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie; 9 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,1 mg Fentanyl plus 10–15 mg Hypnomidate; 9 Intubation; 9 200 mg Ketanest S.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
6.4 Weitere Fallbeispiele Mittelgesichtsfraktur Siehe hierzu Abb. 6.5.
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Besonderheiten der Narkose bei Gesichtsschädeltrauma: Vorteile der präklinischen Narkose beim Gesichtschädeltrauma sind: 9 Intubation noch vor Schwellungsbeginn; 9 Atemwegssicherung: – kein Blut in den Atemwegen, – Aspirationsschutz, z. B. Zähne, – optimierte Oxygenierung; 9 Verbessertes Outcome nach Schädel-Hirn-Trauma; 9 Bestandteil der Versorgung bei Polytraumatisierung. Alle Überlegungen sollten bei Mittelgesichtsfrakturen darauf abzielen, Vermeidungsstrategien für die Situation zu finden, dass bei einem narkotisierten und relaxierten Patienten das Atemwegsmanagement misslingt; Intubation und Atemwegssicherung bei Gesichtsschädelverletzungen sind anspruchvoll und risikoreich.
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Ein praktikables Konzept zur Einschätzung des Patienten beinhaltet: 9 Einschätzen des aktuellen Blutverlusts, 9 Erhebung des gegenwärtigen Volumenstatus, 9 Erkennen einer stattgehabten Aspiration,
Abb. 6.5 Patient mit Mittelgesichtsfraktur.
6.4 Weitere Fallbeispiele
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9 Identifizierung nichtstillbarer Blutungen (z. B. an der Schädelbasis), 9 Vorbereitung eines „Plan B“ für diese Situationen. Eine Vorgehensweise, die eine schwierige Intubation einplant, könnte folgendermaßen aussehen: 9 Prüfung der Mundöffnung und Ausschluss von Intubationshindernissen sowie Beginn der Sedierung, z. B. mit 100 mg Thiopental, 9 orientierende Laryngoskopie mit eventueller Intubation unter noch erhaltener Spontanatmung, 9 Vertiefung der Narkose, falls die Glottisebene visualisierbar ist (zusätzlich zur Intubation Gabe von z. B. 300 mg Thiopental), 9 Beatmung und Fortführung der Narkose nach erfolgreicher Intubation.
Anaphylaktische Reaktion Angaben zum Patienten (Abb. 6.6): 9 Zustand nach Wespenstich in den Zungenboden; 9 allergische Reaktion; 9 zunehmende Dyspnoe; 9 bestehender Zugzwang!
Abb. 6.6 Patient mit anaphylaktischer Reaktion als Folge eines Wespenstiches in den Zungenboden.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 Atemwegssicherung absolut notwendig; 9 wichtige Entscheidung: Intubationsversuch oder primäre Koniotomie; 9 Narkoseindikation nicht gegeben; 9 Lokalanästhesie und geringe Sedierung ausreichend.
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Lösungsvorschlag: 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie; 9 keine Narkoseeinleitung; 9 schneller Transport; 9 Lokalanästhesie; 9 Koniotomie bei erhaltener Spontanatmung.
Kardialer Notfall – Rhythmustherapie oder Narkose bei Vorhofflimmern? Angaben zum Patienten (Abb. 6.7): 9 akuter Schwindel und Luftnot; 9 Sauerstoffsättigung von 88 % bei Gabe von 6 Litern Sauerstoff pro Minute; 9 Blutdruck: 80/40 mmHg; 9 Herzfrequenz: 140–180/Minute; 9 EKG-Befund: Vorhofflimmern mit schneller Überleitung; 9 Medikation: Verapamil, Digitalis. Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 Indikation zur elektrischen Kardioversion gegeben; 9 möglichst kurzfristige Einleitung einer Narkose wünschenswert; 9 Beatmungspflichtigkeit möglichst zu vermeiden; 9 Verzicht auf Atemwegssicherung akzeptabel. Lösungsvorschlag: 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie; 9 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,1 mg Fentanyl plus 10–15 mg Hypnomidate; 9 Spontanatmung, 9 unterstützende Maskenbeatmung.
6.4 Weitere Fallbeispiele
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Abb. 6.7 Patient mit akutem Schwindel und Luftnot bei Vorhofflimmern.
Subarachnoidalblutung Angaben zur Patientin (Abb. 6.8): 9 Alter: etwa 40 Jahre; 9 Gewicht: 60 kg; 9 Verdacht auf Subarachnoidalblutung bei akutem Kopfschmerzereignis; 9 Patientin nicht ansprechbar; 9 Pupillenstörung; 9 Spontanatmung; 9 Sauerstoffsättigung: 93 %; 9 Blutdruck: 180/100 mmHg; 9 Herzfrequenz: 45/MInute; 9 Abwehrbewegungen; 9 Transport mit dem Hubschrauber in eine neurochirurgische Abteilung geplant.
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6 Algorithmen für ausgewählte Diagnosen mit Fallbeispielen
Abb. 6.8 Patientin mit Sub arachnoidalblutung.
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Überlegungen zur Narkoseeinleitung: 9 akuten Blutdruckanstieg wegen Blutungsgefahr vermeiden; 9 ausreichenden Perfusionsdruck sicherstellen; 9 Bradykardie bei beginnender Einklemmungssymptomatik erfordert eine kausale Therapie, keine Frequenzkosmetik! Lösungsvorschlag: 9 Kombinationsnarkose; 9 Monitoring: EKG, Pulsoxymetrie, Kapnometrie, Pupillenkontrolle; 9 engmaschige Blutdruckkontrolle; 9 500 ml Ringerlaktatlösung; 9 0,3 mg Fentanyl plus 500 mg Trapanal; 9 Intubation; 9 Beatmung mittels Ventilator; 9 15 mg Midazolam plus 0,2 mg Fentanyl. Die dargestellten Beispiele sind vielschichtig und sollen zusätzliche Überlegungen, die vor einer Narkoseeinleitung in Betracht zu ziehen sind, aufzeigen.
6.4 Weitere Fallbeispiele
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Auf diese Weise gelingt es, möglicherweise auftretende Probleme im Vorfeld zu identifizieren und bei der Narkoseeinleitung zu berücksichtigen.
Literatur 1. Davis JW, Kaups KL. Base deficit in the elderly: a marker of severe injury and death. J Trauma. 1998 Nov; 45(5): 873–7. 2. Davis JW, Parks SN, Kaups KL, Gladen HE, O’Donnell-Nicol S. Admission base deficit predicts transfusion requirements and risk of complication. J Trauma. 1996 Nov; 41(5): 769–74. 3. Abramson D, Scalea TM, Hitchcock R, Trooskin SZ, Henry SM, Greenspan J. Lactate clearance and survival following injury. J Trauma. 1993 Oct; 35(4): 584–8; discussion 588–9.
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Komplikationen und Schadensbegrenzung
7.1 Potenzielle Komplikationen Die Liste von Komplikationsmöglichkeiten bei Narkoseeinleitungen ist umfangreich. Sie beinhaltet als wichtigste und häufigste Komplikationen: 9 Hypoxie, 9 Aspiration von Blut oder Mageninhalt, 9 einseitige Intubation mit Atelektasenbildung, 9 Hypotension. Zur Inzidenz schwerwiegender Komplikationen bei der Durchführung präklinischer Narkosen gibt es in Deutschland nur wenige Daten [1]. Dabei beträgt die Fehlintubationsrate bei Klinikaufnahme nach Narkoseeinleitungen durch Notärzte 0,5 % und die Häufigkeit einer Fehllage des Tubus im rechten Hauptbronchus 7,8 %. Die Inzidenz wiederholter Intubationsversuche beträgt in dieser Untersuchung 12,5 %. Das Ziel muss darin bestehen, durch entsprechende, vorausschauende Vorgehensweise Komplikationen zu vermeiden oder zumindest auftretenden Schäden zu begrenzen.
7.2 Schwierige Freihaltung der Atemwege und deren Prävention Die schwierige Atemwegssicherung ist eines der großen Problemfelder bei einer Narkoseeinleitung. Nach der französischen INSERM-Studie, die sich allerdings auf die klinische Anästhesie bezieht, entstehen mehr als 50 % der gravierenden anästhesiologischen Komplikationen – sowohl tödliche als auch zu einem irreversiblen Koma führende – durch Defizite bei der Sicherung der Atemwege. Hinzu kommt eine in ihrer Größe nicht bekannte Dunkelziffer. Für die Notfallmedizin existieren zu diesem Komplex nur wenige Daten. Als Anhaltspunkt für die großen Unterschiede zwischen Klinik und präklinischem Bereich können die vorhandenen Angaben zu Intubationsschwierigkeiten die-
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7 Komplikationen und Schadensbegrenzung
nen. Unter Berücksichtigung verschiedener Quellen lässt sich die Inzidenz der schwierigen Intubation wie folgt ermitteln: 9 Routineanästhesie: 1,1–3,8 %; 9 Notaufnahme: 3–5 %; 9 präklinische Versorgung: 0,5 % bis > 10 %.
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Für die Komplikationsvermeidung ist eine Aufteilung in verschiedene Problemfelder sinnvoll, da jedes Problemfeld andere Lösungsansätze erfordert. Im Einzelnen sind dies: 9 Schwierige Maskenbeatmung: Die Beatmung misslingt wegen unvermeidbarer Leckagen oder einem zu hohen Atemwegswiderstand. Klinische Zeichen sind: – fehlende thorakale Atembewegungen, – fehlende, ungenügende oder spastische Atemgeräusche, – Magenblähung, – niedrige oder absinkende Sauerstoffsättigung, – Zyanose. 9 Schwierige Laryngoskopie: Auch bei mehreren Versuchen ist es nicht möglich, das Laryngoskop so einzusetzen, dass die Stimmlippen sichtbar werden. 9 Schwierige tracheale Intubation: Die Intubation gelingt nicht, obwohl die Stimmlippen während der Laryngoskopie zumindest teilweise sichtbar werden. Ursachen sind pathologische Veränderungen des Larynx oder der Trachea. 9 Misslungene Intubation: Die Platzierung des Tubus ist endgültig gescheitert.
Strategie bei unerwartet schwierigem Atemweg Die Strategie hängt vom Verletzungs- bzw. Erkrankungszustand des Patienten ab. Noch vor der Narkoseseinleitung sollte nach Kriterien für zu erwartende Probleme gesucht werden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Indikation zur Narkoseeinleitung zu reevaluieren. Vorteilhafter ist es, diese Kriterien in die Indikationsstellung zur Narkoseeinleitung einfließen zu lassen. Im Einzelnen sind dies: 9 Kriterien erschwerter Maskenbeatmung: – Vollbart, – Traumen und Narben im Gesichtsbereich, – Kieferveränderungen, – fehlende Zähne,
7.2 Schwierige Freihaltung der Atemwege und deren Prävention
– Adipositas, – höheres Lebensalter; 9 Kriterien eines erschwerten pharygealen Atemwegs: – Mundöffnung von ≤ 2 cm, – Traumen in Pharynx und/oder Larynx, – Narben, – Entzündungen; 9 Kriterien der schwierigen Intubation beim Notfallpatienten: – Mundöffnung von ≤ 3 cm, – sehr lange Schneidezähne, – Überbiss, – kurzer Hals mit großem Umfang, – eingeschränkte Kopfbeweglichkeit, – Verletzungen und Frakturen im Gesichtsbereich, – große Zunge. Mit diesen Kriterien lässt sich eine erwartet schwierige Atemwegssicherung erkennen. Als Konsequenz daraus gilt es, folgende Fragen zu beantworten: 9 Besteht die Indikation zur Narkoseeinleitung? 9 Ist Hilfe vorhanden? Ist beispielsweise ein zweiter Notarzt vor Ort? 9 Rechtfertigt die Transportzeit eine Narkoseeinleitung? 9 Bestehen Möglichkeiten zur alternativen Atemwegsicherung und ist diese sicher beherrschbar?
Die zu erwartende schwierige Intubation Speziell im Rettungsdienst sind ausgedehnte Mittelgesichtsfrakturen, Weichteilschwellungen im Larynx- und/oder Pharynxbereich sowie Larynxtraumen wegweisende Diagnosen, die eine erschwerte Intubation erwarten lassen. Obwohl der Verzicht auf eine Narkoseeinleitung in diesen Fällen zu überdenken ist, verschlechtert sich mitunter der Zustand solcher Patienten während des Transports, was dann ungeplante und dadurch zusätzlich erschwerte Maßnahmen erforderlich werden lässt. Ein genaues Abwägen des Zustandes des Patienten, der zu erwartenden Transportzeit und der eigenen Anästhesieerfahrung ist hierbei für die Indikationsstellung unerlässlich. Es gilt: Oxygenierung ist wichtiger als Intubation.
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7 Komplikationen und Schadensbegrenzung
7.3 Kreislaufdepression und Hypotension
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Patienten, bei denen präklinisch eine Narkoseindikation besteht, befinden sich in der Regel durch Trauma, Schmerzen, Hypoxie oder Hypovolämie in einem Zustand sympathoadrenerg stimulierter Kompensation. Blutdruck und Herzfrequenz repräsentieren damit nur unzulänglich den tatsächlichen Zustand des Kreislaufs. Ein eingeschränkter Volumenstatus dieser Patienten wird dadurch mitunter übersehen oder unterschätzt. Durch die Anwendung von Narkotika wird die überhöhte Ausschüttung von Katecholaminen reduziert. Daneben haben viele Narkotika selbst negativ inotrope Effekte. Damit ist die Summation dieser Komponenten – relative oder absolute Hypovolämie, normalisierte Katecholaminausschüttung und Myokarddepression – nach Einleitung einer präklinischen Narkose zumeist die Ursache einer passager auftretenden Hypotension. Deshalb ist ein adäquater Volumenausgleich vor und während der Narkoseeinleitung notwendig. Auf der anderen Seite sind – insbesondere bei Traumapatienten – unter Narkosebedingungen persistierende Blutdruckabfälle wichtige Hinweise auf nicht gestillte oder okkulte Blutungen, die einen forcierten Transport in die Klinik erforderlich werden lassen. Blutdruckabfall und Abnahme der Herzfrequenz sind bekannte Phänomene bei der Narkoseeinleitung. Vordergründig werden als Ursache negativ inotrope Effekte oder negativ chronotrope Wirkungen der eingesetzten Medikamente genannt. Bei genauer Reflexion lassen sich allerdings sehr viele Faktoren identifizieren, die zu diesem Phänomen beitragen. Notfallpatienten leiden in der Regel unter Schmerzen, sie haben Angst oder erfahren traumatisierende Eindrücke. Die daraus resultierende Stressreaktion führt zu Blutdruck- und Herzfrequenzanstiegen, die mit der Narkoseeinleitung durch die daraus resultierende Bewusstseinsausschaltung abgemildert werden. Die Stressreaktion führt durch Vasokonstriktion auch zu einer Kompensation eines vorbestehenden Volumenmangels, der z. B. durch eine Blutung oder Exsikkose hervorgerufen wurde. Als Konsequenz sollt vor einer Narkoseeinleitung, soweit möglich, ein ausgeglichener Volumenstatus angestrebt werden. Die Abschätzung des bestehenden Volumendefizits kann dabei äußerst schwierig sein, insbesondere bei fortbestehenden Volumenverlusten, etwa nicht oder nur unzureichend stillbaren Blutungen. Eine Überkompensation ist in diesen Situationen äußerst selten, weshalb die schnelle Substitution größerer Volumenmengen noch vor der Narkoseeinleitung sinnvoll ist. Das Ziel besteht dabei darin, ein kritisches Absinken des Perfusionsdrucks von Herz und Gehirn zu vermeiden. Die Nichteinbeziehung dieser Überlegung steigert das Risiko eines Blutdruckabfalls nach der Narkoseeinleitung. Die schnelle Volumensubstitution
7.5 Hypoxie
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nach der Narkoseeinleitung ist möglich, setzt den Patienten jedoch der vermeidbaren Gefahr eines erniedrigten Perfusionsdrucks aus und kollidiert zeitlich mit der Atemwegssicherung. Fazit: Vor der Narkoseeinleitung sollte bei jedem Verdacht auf einen Volumenoder Flüssigkeitsmangel eine ausreichende Substitution angestrebt werden.
7.4 Aspiration Die Aspiration von saurem Mageninhalt gehört zu den am meisten gefürchteten Narkosekomplikationen. Bei allen Notfallpatienten ist das Risiko für eine Aspiration deutlich erhöht, da Notfallpatienten in der Regel nicht nüchtern sind. Schmerzen und Traumen führen zu Magenentleerungsstörungen, die selbst bei längerfristig zurückliegender Nahrungsaufnahme keine falsche Sicherheit in Hinblick auf die Nüchternheit suggerieren dürfen. Gleiches gilt für die Einnahme von Opioiden und Sedativa. Das Risiko einer Aspiration bei der Narkoseeinleitung lässt sich in wenigen Schritten minimieren: 9 Oberkörperhochlagerung um 30 °, soweit es der Blutdruck zulässt, 9 Präoxygenierung, 9 Bereitstellung einer funktionsbereiten Absaugeinrichtung mit angeschlossenem großlumigen Sauger. Substanzen mit schnellem Wirkungseintritt (Thiopental, Etomidat) verkürzen das Risikointervall vom Narkosebeginn bis zur erfolgten Intubation. Eine Maskenbeatmung ist zu vermeiden. Falls sie doch notwendig wird, ist sie mit dem geringstmöglichen Beatmungsdruck durchführen, um einer Insufflation des Magens entgegenzuwirken. Der Krikoiddruck sollte durch eine erfahrene Assistenz durchgeführt werden, um eine laterale Verlagerung des Kehlkopfes durch inadäquate Anwendung mit konsekutiv erschwerten Intubationsbedingungen zu verhindern. Nach Intubation ist der Tubus sofort zu blocken, um einer Regurgitation zuvorzukommen.
7.5 Hypoxie Jede Störung der Sauerstoffaufnahme führt in Abhängigkeit von Dauer und Intensität zu einem erniedrigten Sauerstoffgehalt des Blutes, der Hypoxie. Dieser Zustand kann allmählich eintreten, z. B. bei Lungenödem, oder akut bei Verlegung der Atemwege. Beim Einleiten oder Aufrechterhalten einer Nar-
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7 Komplikationen und Schadensbegrenzung
kose kann dieser Zustand durch Medikamente, eine Reaktion auf verabreichte Medikamente oder fehlgeschlagene Maßnahmen zum Atemwegsmanagement iatrogen entstehen. Dadurch gewinnt die Einleitung einer Narkose auch eine haftungsrechtliche Komponente. Auch wenn die Bedingungen einer Notfallsituation anders zu werten sind als das Vorgehen unter klinisch-stationären Bedingungen, sollten einige grundlegende Überlegungen zur Vermeidung einer Hypoxie immer berücksichtigt werden. Die Sauerstoffbindungskurve (Abb. 7.1) zeigt, dass eine Sauerstoffminderversorgung nur sehr kurzfristig kompensiert wird, ein Sistieren der Sauerstoffversorgung jedoch zu einem dramatischen Abfall der Sauerstoffsättigung führt. Dieser Umstand ist für die Interpretation pulsoxymetrisch gemessener Sauerstoffsättigungswerte sehr wichtig. Für die Praxis der Narkoseeinleitung bedeutet dies, dass die Sauerstoffversorgung immer gewährleistet sein muss. Für jedes Vorgehen sollte deshalb ein Alternativplan vorhanden sein, damit eine Hypoxie immer und in jedem Fall zu verhindern ist (s. auch Kap. 5).
S
0
2
4
kPa 8
6
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100 pH = 7,6
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7,4 7,2
O2 -Hb (%)
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60 40 20 0 0
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60 80 PO2 (Torr)
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Abb. 7.1 Sauerstoffbindungskurve. Nach W.-D. Keidel: Kurzgefaßtes Lehrbuch der Physiologie, 6. Aufl.; Thieme, Stuttgart 1985.
7.7 Anlage einer Thoraxdrainage bei Pneumothorax
161
7.6 Intubationsschwierigkeiten Intubationsschwierigkeiten sind minder kritisch, solange eine ausreichende Ventilation oder die Rückkehr zu einer ausreichenden Spontanatmung möglich ist. Die Option der Spontanatmung scheidet in Notfallsituationen jedoch häufig aus, da viele Patienten gerade wegen einer respiratorischen Insuffizienz beatmungspflichtig sind. Alle Maßnahmen der Narkoseeinleitung sollten den Kriterien der ärztlichen Sorgfalt entsprechend gut vorbereitet und mit ausreichender Qualifikation vorgenommen werden (s. auch Kap. 5).
7.7 Anlage einer Thoraxdrainage bei Pneumothorax Die bevorzugte Technik zur Anlage einer Thoraxdrainage ist das Verfahren nach Bülau: Beim wachen Patienten wird nach Lokalanästhesie (z. B. mit 10 ml Xylocain 1 %), beim intubierten und beatmeten Patienten unter Narkosebedingungen ohne weitere Vorbereitungen mit einer etwa 2 cm langen Hautinzision begonnen. Der Inzisionspunkt liegt zwischen vorderer und mittlerer Axillarlinie in Mamillenhöhe. Dies entspricht dem 4. Interkostalraum. Die Schnittführung verläuft parallel zur 5. Rippe, etwa 1 cm nach kaudal versetzt. Mit der Schere werden Thoraxwand und Interkostalmuskulatur gespreizt. Mit dem Zeigefinger oder – bei engen Verhältnissen – mit dem kleinen Finger wird der präparierte Kanal aufgedehnt und in der Tiefe die Pleura parietalis durchbohrt. Die Pleura lässt sich danach als völlig glatte und fast reibungsfreie Schicht tasten. Fehlt dieses Tastgefühl, ist die Wahrscheinlichkeit groß, sich noch innerhalb der Interkostalmuskulatur zu befinden. Mit Führung des kleinen Fingers wird jetzt die Drainage platziert – bei Pneumothorax (Abb. 7.2) nach ventral, bei Hämatothorax nach dorsal –, bis ein leichter, federnder Widerstand auftritt. Dann zieht man die Drainage wieder um 2 cm zurück. In dieser Position erfolgt die Fixierung mittels U-Naht oder eine Klebefixierung mit Pflasterstreifen. Die Drainage wird mit dem Heimlich-Ventil verbunden, das das Prinzip eines Wasserschlosses umsetzt und verhindert, dass in der Exspirationsphase über die Drainage Luft in den Pleuraraum gelangt. Das Einbringen einer Thoraxdrainage mittels Mandrin sollte wegen der Gefahr einer Lungenlazeration vermieden werden.
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7 Komplikationen und Schadensbegrenzung
+
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Abb. 7.2 Prinzip des Pneumothorax. Nach P. Sefrin: Notfalltherapie im Rettungsdienst, 3. Aufl.; Urban u. Schwarzenberg, München 1985.
Typische Komplikationen bei Anlage einer Thoraxdrainage sind: 9 Verletzungen der Leber bei zu tiefem Einbringen der Drainage, 9 Läsionen der Lungen durch zu tiefes Vorschieben des Mandrins, 9 Verletzungen von Intestinalorganen bei Zwerchfellrupturen. Das Abknicken oder gar das Abklemmen der Drainage muss bei Pneumothorax absolut vermieden werden. Gerade unter Transportbedingungen oder während Umlagerungsvorgängen tritt diese Situation gehäuft ein und führt zu einer plötzlichen und mitunter nicht bemerkten Verschlechterung des Zustandes des Patienten.
Literatur 1. Gerich TG, Schmidt U, Hubrich V, Lobenhoffer HP, Tscherne H. Prehospital airway management in the acutely injured patient: the role of surgical cricothyrotomy revisited. J Trauma. 1998 Aug; 45(2): 312–4.
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8
Narkose bei Massenanfall von Verletzten
Die Allgemeinanästhesie in Kombination mit der endotrachealen Intubation ist eine Ressourcen und Personal bindende Maßnahme. Unter Katastrophenbedingungen wird sich die Indikationsstellung daher an den zur Verfügung stehenden Kapazitäten orientieren müssen. Das Hauptziel besteht darin, die zur Verfügung stehenden Ressourcen zum Wohl möglichst vieler Patienten einzusetzen, ohne dabei die Möglichkeiten einer Maximalversorgung einzelner Patienten einzuschränken. Damit wird der Verzicht auf eine Allgemeinanästhesie bei Patienten, bei denen die Indikationsstellung optional, aber nicht zwingend ist, zu einem wichtigen Kriterium bei der Patientensichtung. Die Entscheidung für eine derartige Vorgehensweise und der Grad ihrer Umsetzung können nur unter Maßgabe der Umstände vor Ort getroffen werden. Starre Handlungsanweisungen helfen selten, sondern behindern die Umsetzung flexibler, der Situation angemessener Vorgehensweisen. In die Entscheidung fließen ein: 9 Zahl der voraussichtlich zu versorgenden Patienten, 9 vorhandene Personalressourcen, 9 vorhandene Materialressourcen, 9 Option des Nachrückens zusätzlicher Kräfte, 9 Möglichkeiten der definitiven Versorgung. Folgende Prinzipien sollten dennoch unter den gegebenen Umständen zur Umsetzung gebracht werden: 9 ausreichende Schmerztherapie für möglichst alle Patienten unter Umgehung einer Intubation, 9 Allgemeinanästhesie und Intubation für diejenigen Patienten, die akut davon profitieren oder dadurch Zeit zum Überleben erhalten; dazu zählen folgende Indikationsbereiche: – Thoraxtrauma, – respiratorische Insuffizienz, – isoliertes Schädel-Hirn-Trauma, – Polytraumatisierung.
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8 Narkose bei Massenanfall von Verletzten
Die Indikation zur Einleitung einer Narkose im Katastrophenfall ist damit strenger zu stellen als im Fall einer Individualversorgung. Die Grundüberlegung besteht darin, für den Patienten eine therapeutische Option zu sichern und nicht durch Beatmung den einsetzenden Sterbeprozess aufrechtzuerhalten.
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Damit werden auch Patienten bewusst von einer Narkoseeinleitung ausgeschlossen werden. Dazu zählen alle Patienten, die trotz Intubation und Beatmung nicht mehr gerettet werden können, und zwar Patienten mit 9 Kreislaufstillstand, 9 hämorrhagischem Schock mit akut nicht stillbaren Blutungen, 9 Schädel-Hirn-Trauma mit Atemstillstand oder 9 schweren penetrierenden Verletzungen, die keiner sofortigen chirurgischen Versorgung zugeführt werden können. Die Narkoseeinleitung unter Katastrophenbedingungen wird gegenüber einer Individualversorgung durch weitere Faktoren zusätzlich erschwert; widrige Umgebungsbedingungen (Witterung, Lichtverhältnisse, Jahreszeit, Versorgung außerhalb einer intakten Infrastruktur), eine mögliche Eigengefährdung wie auch eine ungeklärte Weiterversorgung des Patienten erhöhen den psychischen Druck bei der Narkoseeinleitung. Das Vorhandensein weiterer Patienten, die durch die Bindung von Personal und Ressourcen an einen einzigen Patienten nicht in ausreichendem Maß versorgt werden können, erhöht diesen Druck weiter. Die rationale Abwägung aller Argumente, die für oder gegen eine Narkoseeinleitung sprechen, ist notwendig. Allerdings kann das Treffen rationaler Entscheidungen in der Ausnahmesituation eines Katastrophenfalls durch eigene emotionale Betroffenheit beeinträchtigt werden. Möglichkeiten zur eigenen psychischen Vorbereitung auf eine solche Situation werden im Rahmen der Notarztausbildung nur unzureichend vermittelt. Gerade deshalb sollte es im eigenen Interesse liegen, sich gedanklich mit dem möglichen eigenen Handeln bei Großschadensereignissen oder in Katastrophensituationen auseinanderzusetzen. Dabei ist der Kontakt zu Kollegen, die bei derartigen Ereignissen im Einsatz waren, hilfreich. Aber auch Überlegungen darüber, wo eigene ethische Grenzen liegen, welche Maßnahmen man für sinnvoll hält und welche nicht, wie eine Zusammenarbeit mit anderen Kollegen aus der eigenen Sicht aussehen könnte, wie Aufgaben verteilt und in kürzester Zeit abgesprochen werden können etc. sollten rational für sich selbst geklärt werden. Ein in den vergangenen Jahren zunehmend wichtiger werdender Aspekt ist der Umgang mit der Eigengefährdung. Stand in der Vergangenheit nur das
8 Narkose bei Massenanfall von Verletzten
Gefährdungspotenzial der Umgebungsbedingungen eines Schadensereignisses im Raum, haben terroristische Anschläge diesem Punkt eine völlig neue Bedeutung gegeben. Sprengladungen, die am Körper getragen und ganz bewusst mit Verletzten weitertransportiert und später zur Explosion gebracht werden, sind nur ein Beispiel für die daraus erwachsende Problematik. Gerade für solche Situationen ist vor einem möglichen Einsatz die intensive Auseinandersetzung mit den potenziellen Risiken unabdingbar. Unter Katastrophenbedingungen ist zudem die Vorbereitung auf die Durchführung einer Allgemeinanästhesie erschwert. Die Medikamenten- und Materialvorhaltung ist deutlich reduziert, und auch die Assistenzunterstützung wird reduziert sein. Für die medikamentöse Ausstattung gelten dabei die in Tabelle 8.1 dargestellten Anforderungen, die eine schnelle und unkomplizierte Handhabung erleichtern helfen. Als eine unter diesen Gesichtspunkten sehr stark favorisierte Substanz gilt Ketamin. Dabei wird sowohl die starke analgestische Komponente als auch die Möglichkeit der Intubation unter erhaltener Spontanatmung in den Vordergrund gestellt. Der nahe liegende Vorteil besteht darin, dass auch weniger Erfahrenen die Möglichkeit gegeben wird, eine Narkose unter Auslassung von Apnoe und Muskelrelaxation durchzuführen. Andererseits hat die Substanz den Nachteil, bei alleiniger Gabe wie auch in Kombination mit Benzodiazepinen, die die halluzinogenen Eigenschaften von Ketamin dämpfen sollen, keine optimalen Intubationsbedingungen zu ermöglichen. Dadurch sinkt die Erfolgsrate der Intubation mit dieser Medikamentenkombination. Ein Ausgleich kann nur durch die Rekrutierung entsprechend erfahrener Rettungsassistenten und Notärzte erfolgen, die im Katastrophenfall ebenfalls nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen werden. Strikt zu trennen sind deshalb die Narkose zur Analgesie, die sehr wohl mit Ketamin und Benzodiazepinen, insbesondere mit Midazolam, durchgeführt Tabelle 8.1 Anforderungen an Medikamente im Katastrophenfall Medikamenteneigenschaften
Vorteile im Katastrophenfall
Substanz bereits gelöst
Schnelle Anwendung
Temperaturunempfindlichkeit
Aufbewahrung im Notfallbereich
Kontrollierbare Effekte
Möglichkeit der Titration
Bekannte Eigenschaften
Voraussagbare Nebeneffekte
Parenterale Anwendung
Möglichkeit der intravenösen Gabe
Einzelne Präparationen
Vermeidung von Fehldosierungen
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8 Narkose bei Massenanfall von Verletzten
werden kann, und die Narkose bei Beatmungspflichtigkeit, die mit zusätzlichen Maßnahmen wie dem Legen einer Thoraxdrainage verbunden ist. Während die Indikation zur ersten Maßnahme großzügig zu stellen ist, wird die Indikation zur zweiten Maßnahme unter Einbeziehung der vorhandenen Ressourcen sehr eng zu stellen sein. Zielsetzungen für die Narkose bei Beatmungspflichtigkeit sind: 9 Analgesie und Hypnose, 9 kontrollierte Beatmung, 9 ausreichende Oxygenierung, 9 Vorbereitung für das Einbringen einer Thoraxdrainage.
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Zielsetzungen für die Narkose zur Analgesie sind: 9 Analgesie und Hypnose, 9 Spontanatmung, 9 minimales Risiko für eine unzureichende Oxygenierung. Dosierungsschema für eine 30-minütige Narkose zur Analgesie für einen Patienten mit einem Körpergewicht von 75 kg: 9 Midazolam: 2 mg intravenös; 9 Ketamin S: 20 mg intravenös.
Mit dieser Medikamentenkombination können sowohl Rettung und kleinere chirurgische Maßnahmen wie Frakturrepositionen als auch ein Transport unter ausreichender Analgesie durchgeführt werden. Vorteile sind die schnelle und unkomplizierte Anwendung, gute Analgesiebedingungen bei ausreichender Hypnose und die erhaltene Spontanatmung. Ein Nachteil besteht in dem erhöhten Aspirationsrisiko bei Analgosedierung ohne Atemwegssicherung. Bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma ist diese Analgesieform kontraindiziert, da Hyperkapnie und temporäre Hypoventilation nicht auszuschließen sind. Hyperkapnie und Hypoxie sind bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma mit einer schlechteren Prognose verbunden.
Sachverzeichnis
Sachverzeichnis
A Abdomen, Untersuchung 19 Abwehrspannung, abdominale 19 Achse – laryngeale 111 – pharyngeale 111 – pharyngeal-laryngeale 111 Adrenalin 80 β-Adrenozeptor-Agonist 77 β-Adrenozeptor-Antagonist 81 AIS-Wert (Abbreviated-Injury-ScaleWert) 135 Ajmalin 81 Akrinor 78 Alfentanil 63 Alkohol, Aspirationsrisiko 131 Allergiepass 14 Allgemeinanästhesie s. Narkose Alterseinteilung, Kinder 42 Alupent 77 Amiodaron 81 Amnesie 2 Analgesie s. Schmerztherapie Analgetika 61 ff Anaphylaktische Reaktion 149 f Anästhesie – intravenöse, totale 6 – rückenmarknahe 6 – mit volatilen Anästhetika 6 Anästhesiearbeitsplatz 6 Anästhesieausweis 14 f Antiarrhythmika 80 f Apnoe 37 Arrhythmie 80 Arterenol 79 Arterenollösung, hochverdünnte 78 f Aspiration 131 f, 159 Aspirationsrisiko 14 – Einflussfaktoren 131 f – Minimierung 159 Asthma bronchiale 38, 145 ff Asthma-bronchiale-Anfall 19, 145 ff – Beatmung, invasive 146 – Definition 145
– Intubation 146 – Narkose 146 f Atemdepression 2 – opioidbedingte 64 Atemexkursion 26 Atemfrequenz 11 – Beatmung 98 – Kinder 42 Atemgeräusch – Auskultation nach Intubation 112 – einseitig abgeschwächtes 19, 132 – fehlendes 19, 27 Atemhilfsmuskulatur-Einsatz 27 Atemhubvolumen 42 Atemminutenvolumen 98 Atemphysiologie, Kinder 42 Atemweg – Anatomie beim Kind 42 – pharyngealer, schwieriger 157 – Traumatisierung 129 Atemwegefreihaltung, schwierige 155 f Atemwegshindernis beim Kind 42 Atemwegssicherung 1, 4 f, 83 ff Atemwegsverlegung 37 Atemzugvolumen, Beatmung 98 Atmung 26 f – internistischer Patient 38 f – inverse 27 – periodische 27 – Schwangere 52 Atracurium 66, 68 Atropin 76 f – beim Kind 45 Atropinsulfat 76 f Auffahrunfall 29 Aufwachreaktion unter Muskelrelaxierung 119 Auskühlung, Kind 44 Auskultation, thorakale 19 Azidose – metabolische 35, 136 – respiratorische 35
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Sachverzeichnis
B Barbiturate 56 f Beatmung 5 – CO2-Partialdruck 41 – invasive, bei Asthma-bronchialeAnfall 146 – über die Larynxmaske 94 – maschinelle 97 ff –– Atemfrequenz 98 –– Atemminutenvolumen 98 –– Atemzugvolumen 98 –– graphisches Display 100 f –– Inspirations-ExspirationsVerhältnis 100 –– Komplikation 99 –– Parameter 98 f –– Probleme 104 –– Sauerstoffkonzentration, inspiratorische 100 – prophylaktische 1 – Schwangere 53 Beatmungsbeutel 86 f, 111 Beatmungsdruck 99 – endexspiratorischer, positiver 87, 99 Beatmungsfrequenz 98 Beatmungsmaske 86 f, 111 – für Kinder 48 f Beckenregion, Untersuchung 19 Begleiterkrankung, Anamnese 13 Benzodiazepine 58 f, 165 Bewusstlosigkeit 22 ff – kontrollierte 2 – Scoring-System 22 ff Bewusstsein 12, 21 ff β-Blocker 81 Blutdruck – Kind 43 – Kontrolle bei Katecholamineinsatz 79 – Zielwert bei Volumentherapie 121 Blutdruckabfall 129 f, 158 – Mivacurium-bedingter 67 – Propofol-bedingter 60 Blutdruckmessung 26 f – oszillometrische, Fehlerquellen 119 Blutverlust 19 f – Abschätzung 28 Blutvolumen – intrakranielles 41 – Kind 43 – zirkulierendes 70
Bradykardie – akute 77 – digitalisinduzierte 77 – beim Kind 29, 43 – Propofol-bedingte 60 – succinylcholininduzierte 76 Broncholyse 77 Bülau-Thoraxdrainage 161 Burp-Manöver 124
C Cafedrin 78 Cholinesterase 66 f – atypische 67 Cholinesterasemangel 67 CO2-Gehalt im Atemgas 101 – Abnahme 102 – Anstieg 102 – nach Intubation 112 CO2-Partialdruck bei Beatmung 41 Combitubus 96 f Cormack-Lehane-Einteilung, Visualisierung des Kehlkopfeingangs 17 f
D Dämpfung, vegetative 2 Dehydratation, Kind 44 Dextranslösung 70 ff Diazepam 58 Disoprivan 59 f Dobutamin 78 Dopamin 78 Dopexamin 78 Doppellumentubus 96 Dormicum 58 f, 143 Druck, intrakranieller, erhöhter 40 f Ductus Botalli 43 Dyspnoe 19, 26, 132 Dysregulation, zirkulatorische 2
E Edrophonium 67 Eigenanamnese 13 f, 16 Eigengefährdung 164 f
Sachverzeichnis Einleitungsmedikamente – Kind 45 f – Pharmakologie 55 – bei Schwangerschaft 54 – Wirkung auf die Hirndurchblutung 41 Einmallarynxmaske 93 EKG 20 Elektrolythaushalt, Kind 43 f Elektrolytstörung 29 Endotrachealtubus 90 f, 110 – blockbarer 49 – Einführtiefe 91 –– beim Kind 50 – Einführung 89 –– Atemwegstraumatisierung 129 – Einführungsstab 91 – Größe 90 –– beim Kind 50 f – Hokkeyschlägerform 124 – für Kinder 49 ff – Lagekontrolle 112, 115 – bei Schwangerschaft 54 – ungeblockter 91 Ephedrin 78 Erbrechen 131 Erinnerungsverlust 2 Esmarch-Handgriff 83 Etomidat 57 f Extremitäten, Untersuchung 20
F Fehlintubation 31 Fenoterol 77 Fentanyl 64, 143, 150, 152 – beim Kind 46 Flüssigkeitshaushalt, Kind 43 f Flüssigkeitszufuhr s. auch Volumensubstitution – Infusionslösung 70 f Foramen ovale 43 Fraktur 19 f Frank-Starling-Kurve 39 Fremdanamnese 16 Füllungsdruck – linksventrikulärer 39 – rechtsventrikulärer 38 f
G Gaumensegel, Sichtbarkeit 17 f GCS s. Glasgow Coma Scale Gefäßsystem, zerebrales, Autoregulation 39 Gelatinelösung 70, 72 Gesamtkörperwasser 70 Glasgow Coma Scale 22 f – Intubation beim Traumapatienten 37 Glottis, Visualisierung nach Larnygoskopspatel-Einführung 114 Glycopyrronium 76 Guedel-Schema, Narkosetiefe 117 f Guedel-Tubus 84
H Halsvenen, gestaute 27 Hämatokrit, Kind 43 Hämatothorax – Drainageplatzierung 161 – Auskultationsbefund 19 Hämoglobin F 43 Hämoglobinkonzentration, Kind 43 Hautemphysem 27 Heimlich-Ventil 161 Herz, Auskultation 19 Herzfrequenzabnahme 158 Herzfrequenzsteigerung beim Kind 76 Herzfunktion, internistischer Patient 37 f Herzinsuffizienz, dekompensierte 38 Herz-Kreislauf-System – Kind 43 – Opioidwirkung 64 – Schwangere 51 f Herzminutenvolumen, Kind 43 Herzrhythmusstörung, Behandlungsbedürftigkeit 28 f, 81 HES-Lösung (HydroxyethylstärkeLösung) 70, 72 f Hirndurchblutung 39 f – Einleitungshypnotika-Wirkung 41 Hirnödem, infusionstherapiebedingtes, beim Kind 46 Hirnschädigung, sekundäre 141 Hirnvolumenzunahme 41 Histaminfreisetzung – Atracurium-bedingte 68 – Mivacurium-bedingte 67 – opioidbedingte 64
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Sachverzeichnis Humanalbuminlösung 70 Hydroxyethylstärke-Lösung 70, 72 f Hyperkapnie bei Schädel-Hirn-Trauma 166 Hypersalivation 61 Hyperthermie, maligne 66 f – CO2-Konzentration im Atemgas 102 Hyperventilation 142 Hypnomidat 57 f Hypnose 2 Hypnotika 2, 56 ff Hypotension 132, 158 – Hirnschädigung, sekundäre 141 – Pathophysiologie 158 Hypothermie 136 Hypoventilation 35 Hypovolämie 35 f Hypoxie 37, 159 f – Hirnschädigung, sekundäre 141 – beim Kind 42 f – bei Schädel-Hirn-Trauma 166
I Infusion, Ziele 69 Infusionslösung 69 ff – hyperosmolar-hyperonkotische 70, 73 f – hypertone –– Nachteile 121 –– Vorteile 121 – beim Kind 46 – kolloidale 70 ff –– Nachteile 121 –– Nebenwirkungen 74 –– Vorteile 121 – kristalloide 70 f –– Nachteile 121 –– Vorteile 121 Infusionsmenge 46 Infusionstherapie, differenzierte, beim Kind 46 Injury Severity Score 135 Inspirations-Exspirations-Verhältnis, Beatmung 100 Internistischer Patient 37 ff Intubation – endotracheale 4 f, 87 ff, 112, 114 –– bei Asthma-bronchiale-Anfall 146 –– Atemwegstraumatisierung 129 –– Burp-Manöver 124
–– Glottiseingangeinstellung 124 –– Krikoiddruck 124, 159 –– nach Larynxmaskeneinführung 95 –– Lernkurve 31 –– bei Massenanfall von Verletzten 163 –– misslungene 92, 156 ––– Prävention 123 ff –– bei Schwangerschaft 54 –– schwierige 156, 161 ––– zu erwartende 157 ––– Kriterien 157 ––– bei Mittelgesichtsfraktur 149 –– Vorgehensweise 88 f – nasotracheale, blinde 88 Intubationslarynxmaske Fastrach 92, 94 Intubationsproblem, MallampatiEinteilung 17 f Ipratropium 76 ISS (Injury Severity Score) 135 Itrop 76
J Jackson-Position des Kopfes 111
K Kälteexposition, Kind 44 Kanülengröße beim Kind 46 f Kapnographie 101 f Kapnographiekurve 100 ff – Abschnitte 101 f – Verlaufsveränderung 102 Kapnometrie 101 Kardioversion 150 Katastrophenfall 163 ff – Medikamentenanforderungen 165 – Narkose –– zur Analgesie 165 f –– Indikationsstellung 164 –– zur Intubation 165 f – Narkoseeinleitung 164 – Patientensichtung 163 Katecholamine 78 ff – endogene Ausschüttung 122 Kehlkopf, Anatomie 127 Kehlkopfeingang, Visualisierung, CormackLehane-Einteilung 17 f
Sachverzeichnis Ketamin 61 f – Eindatz unter Katastrophenbedingungen 165 f Ketanest S 61 f Kettenfraktur 29 Kieferklemme nach Succinylcholininjektion 67 Kinderanästhesie 45 ff Kinderinfusionslösung 46 Kleinhirndruckkonus 40 Klopfschall – gedämpfter 27 – hypersonorer 27 Koagulopathie 136 Kochsalzlösung, isotonische 70 f Kolloidlösung, körpereigene 70 Koma 22 Komplikation 155 ff Koniotomie 125, 150 – Ausrüstung 127 Kopf – Lagerung 111 – Untersuchung 16 ff Kopfverletzung 16 ff – Kind 16 Kreislauf 12, 26 ff Kreislaufdepression 129 f, 158 Kreislauffunktion, internistischer Patient 37 f Kreislaufstillstand 164 Kreislaufzentralisation, Pulsoxymetrie 21 Kreuzgriff 112 Krikoiddruck 124, 159 Kußmaul-Atmung 27
L Laktatazidose, therapierefraktäre, bei Polytrauma 136 Laryngoskop 89 f, 110 Laryngoskopie, schwierige 156 Laryngoskopspatel – Einführung 88, 112 ff –– Atemwegstraumatisierung 129 – Größe 89 f –– bei wiederholter Intubation 124 Larynxmaske 92 f – anatomische Konfiguration 95 – Anwendungsausbildung 95
– Beatmung 94 – Einführung 93 f –– Fingerführung 125 f –– misslungene 125 –– nach misslungener Maskenbeatmung 125 f – Einsatz 59 Larynxmaske ProSeal 92, 94 Larynxtrauma 157 Leitungsanästhesie 6 Ligamentum conicum 125, 127 Lokalanästhesie 6 Lungenödem 38 f – Auskultationsbefund 19
M Macintosh-Laryngoskop 89 Magen-Darm-Trakt, Schwangere 53 Magenentleerungszeit 131 Mallampati-Einteilung, Intubationsproblem 17 f Maschinenatmung 27 Maske für Kinder 48 f Maskenbeatmung 86 f – erschwerte 156 f – misslungene, nach misslungener Intubation 123 ff – schwierige 156 Massenanfall von Verletzten 163 ff McCoy-Laryngoskop 90 Medikamente – Anforderungen im Katastrophenfall 165 – Einnahme, Aspirationsrisiko 131 – kardiovaskulotrope 75 ff Medumat 105, 108 Midazolam 58 f, 62, 143 – Einsatz im Katastrophenfall 165 f – beim Kind 46 Mikrozirkulationsstörung 35 Minithorakotomie 132 f Mittelgesichtsfraktur 148 f, 157 – Patienteneinschätzung 148 f Mivacurium 66 ff – Antagonisierung 67 Monitoring 5 Morphin 63 Mundhöhle, Inspektion 17 f Muskelrelaxanzien 65 ff – Profile 66
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Sachverzeichnis Muskelrelaxierung 2, 143 – Aufwachreaktion 119 Muskeltonusaufhebung 2
N Narkose – Ablauforganisation 109 ff – zur Analgesie im Katastrophenfall 165 f – bei Asthma-bronchiale-Anfall 146 – Aufrechterhaltung 5, 58, 117 ff – Ausrüstung 109 – Ausbildung, simulationsgestützte 125, 128 – Bestandteile 5 – flache, mit vollständiger Muskelrelaxation 138 f – Indikationsstellung im Katastrophenfall 164 – intravenöse, Ziele 7 – zur Intubation im Katastrophenfall 165 f – bei Massenanfall von Verletzten 163 – präklinische 2 f –– Indikationsstellung 4 –– Nutzen-Risiko-Abwägung 3 – Schnelleinleitung s. Rapid Sequence Induction – tiefe, ohne Muskelrelaxation 137 f Narkoseeinleitung 1, 5 – fehlerbegünstigende Faktoren 32 – Indikationsstellung 11 ff – Katastrophenbedingungen 164 – beim Kind 41 ff, 45 f, 145 – präklinische –– Notarztsystem 7 ff –– Paramedic-System 7 ff – im Rettungswagen 5 – Sauerstoffversorgung 160 – simulatorgestütztes Training 3 – Teamtraining 33 – Volumenstatus 158 f – Vorbereitung 109 ff –– beim Kind 45 – Vorgehensweise 112 ff Narkosemittel, Bedarf 36 Narkoseopioide 62 Narkosetiefe – ausreichende, Kriterien 117 f – Guedel-Schema 117 f – unzureichende, Kriterien 118 f
Narkoseverfahren 4 ff – klinische 6 Narkotika 2 Nasopharyngealtubus 84 Nervenverletzung 20 Neurochirurgischer Patient 39 ff Neurologischer Patient 39 ff Noradrenalin 79 Norcuron 143 Notarzt – Anästhesieerfahrung 3 – Aufgaben 30 ff, 110 – Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 31 Notarzteinsatzprotokoll 24 f Notarztsystem 7 ff Notfallausweis 14 Notfallrespirator 97 f – graphisches Display 100 f Notfallsimualtion 125, 128
O Opioide 62 ff Opioidrezeptoren 63 Orciprenalin 77 Oropharyngealtubus 84 Oxylog 3000 104 ff
P Paramedic-System 7 ff Parasympatholytika 76 f Patient – eingeklemmter 30 – Einschätzung 11 ff, 110 –– Mittelgesichtsfraktur 148 f –– Zielparameter 12 Patientensichtung bei Massenanfall von Verletzten 163 PEEP (positiver (endexspiratorischer Beatmungsdruck) 87, 99 Perikardtamponade 29 Piritramid 63 Plasmaproteinlösung 70 Pneumothorax 132 f, 161 f – Auskultationsbefund 19 – bei maschineller Beatmung 99
Sachverzeichnis Polytrauma 34 ff, 135 ff – Definition 135 – Diagnostik 135 f – Maßnahmen-Checkliste 138 – Narkose –– flache, mit vollständiger Muskelrelaxation 138 f –– tiefe, ohne Muskelrelaxation 137 f – Narkoseeinleitung 137 – Pathophysiologie 35 – Sterblichkeit 136 – Therapieziele 136 – Verletzungslokalistionen 136 Präoxygenierung 110 f Propofol 59 f – beim Kind 46 – Larynxmaskeneinführung 93 Pulslosigkeit 20 Pulsoxymetrie 20 f – Fehlerquellen 119 Pumpversagen, rechtsventrikuläres 39
R Rapid Sequence Induction 46, 65 f, 69, 115 ff – Kontraindikation 116 – Schwangere 53 – Vorgehen 116 f Rasselgeräusche – feinblasige 27 – grobblasige 27 Reanimation, kardiopulmonale 80 f Reflexunterdrückung 2 Regionalanästhesie 6 f Remifentanil 63 Resuscitation, hypotensive 122 Rettungsassistent, Aufgaben 32 f, 110 Rigor nach Succinylcholininjektion 67 Ringerlaktatlösung 70 f – beim Kind 46 Ringerlösung 70 f Robinul 76 Rocuronium 66, 69 RSI s. Rapid Sequence Induction
S Salbutamol 77 Sauerstoffbindungskurve 160 Sauerstoffkonzentration, inspiratorische, Beatmung 100 Sauerstoffsättigung, Abfall 132 Sauerstofftransportkapazität 137 Sauerstoffversorgung 160 Schädel-Hirn-Trauma 166 – mit Atemstillstand 164 – Narkosemittelbedarf 36 – Prognose 166 – Schweregradeinstufung 23 – schweres 141 ff –– Analgesierung 142 f –– Diagnostik 141 –– Intubation 142 –– Intubationsindikation 141 –– beim Kind 144 f –– Lagerung 142 –– Oxygenierung 142 –– Sedierung 142 f –– Volumensubstitution 142 – bei stumpfem Trauma, Flüssigkeitstherapie 122 – Thiopentaldosierung 57 Schmerztherapie 2 – bei Massenanfall von Verletzten 163 – Opioide 62 f Schock – anaphylaktischer 70, 80 – hämorrhagischer 70 –– bei unstillbarer Blutung 164 –– Volumensubstitution 142 – hypovolämischer 79 –– Pathogenese 35 f – kardiogener 70 – septischer 79 – spinaler 79 Schutzreflex, Aufhebung 2 Schwangere 51 ff – Atmung 52 – Beatmung 53 – Herz-Kreislauf-System 51 f – Magen-Darm-Trakt 53 – Narkosedurchführung 53 f – Narkoseeinleitungsmedikamente 54 Sedativa 2, 56 ff Sensibilitätsstörung 20
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Sachverzeichnis Shunt, arteriovenöser, fetaler, Wiedereröffnung 43 Sinusbradykardie 29 Sinustachykardie 28 Skalpverletzung 16 S-Ketamin 61 f – beim Kind 45 Softway-Tubus 49 Spannungspneumothorax 132 Status asthmaticus 38, 61 Stressreaktion 129 f, 158 – zerebrale Regelkreise 130 Stridor – exspiratorischer 27 – inspiratorischer 27 Subarachnoidalblutung 151 ff – Narkoseeinleitung 152 Succinylcholin 66 f, 143 – beim Kind 45 Sufentanil 65 Suxamethonium 143 β-Sympathomimetika 77 Sympathomimetika 77 f
T Tachypnoe 27 Temperaturregulation, Kind 44 f Terbutalin 77 Theodrenalin 78 Thiopental 56 f, 143 – beim Kind 45 Thorax, Untersuchung 19 Thoraxdrainage 132 f, 161 f – Komplikation 162 – Material 133 Thoraxrigidität, opioidbedingte 64 Tramadol 63 Transportbeatmungsgerät 97 f Transportrespirator – Kurzcheck 103 – Sicherheitsfunktionen 103 – Zusatzoptionen 103 Trapanal 56 f, 143 Trauma – penetrierendes, Flüssigkeitstherapie 122 – stumpfes –– Flüssigkeitstherapie 122 –– mit Schädel-Hirn-Trauma 122
Traumapatient 34 ff – Intubation 37 f –– Erfordernisse 37 – Narkosemittelbedarf 36 f – Volumensubstitution 115
U Überwachung – klinische 5, 120 – technische 119 f –– Fehlerquellen 119 Umgebungsbedingungen 29 f Unfallhergang 29 Urinosmolalität, Kind 44
V Valium 58 Vasopressoren 78 Vecuronium 66, 68, 143 Venenpunktion beim Kind 47 Ventilationsgrößen, Kinder 42 Verletzung, penetrierende, schwere 164 Vollnarkose bei Asthma-bronchialeAnfall 146 Volumenbedarf 74 f, 122 Volumenersatzlösung beim Kind 46 Volumenstatus, ausgeglichener 158 Volumensubstitution 130 – unzureichende 31 Volumentherapie 120 ff – pathophysiologische Begründung 120 f Volumenverlust 70 Vorerkrankung, Anamnese 13 Vorhofflimmern 150
W Wahrnehmungsstörung, psychotische 61 Weichteilschwellung – laryngeale 157 – pharyngeale 157 Wendl-Tubus 84 f Wespenstich im Mund 149 f Woodbridge-Tubus 49
Sachverzeichnis
Z Zugang, venöser 110 – beim Kind 46 f Zugänglichkeit des Patienten 30 Zyanose 26
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