Ulrich Bitterling
Non-Performing Loans in Deutschland Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing
Diplomica Verlag
Ulrich Bitterling Non-Performing Loans in Deutschland Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing ISBN: 978-3-8366-0576-2 Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis……………………………………………………..... I Abbildungsverzeichnis……………………………………………………....III A. Einleitung ................................................................................................... 1 B. Thematische und begriffliche Abgrenzungen ............................................ 3 1. Definitionen ............................................................................................................ 3 2. Die historische Entwicklung des NPL-Marktes in den USA, Asien und Europa . 6 3. Der Markt in Deutschland..................................................................................... 10 4. Gesetzliche Rahmenbedingungen ......................................................................... 14 4.1. Rechtliche Analyse des Portfolios.................................................................. 14 4.2. Die Übertragung von NPL-Portfolios ............................................................ 15 4.3. Sicherungsrechte ............................................................................................ 17 4.4. Interessenschutz des Kreditnehmers .............................................................. 17
C. Die Behandlung von NPL innerhalb der Kreditinstitute.......................... 21 1. Normal- und Intensivbetreuung ............................................................................ 22 2. Problemkreditbearbeitung..................................................................................... 26 3. Vorteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung ...................................... 32 4. Nachteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung.................................... 33
D. Outsourcing der Problemkreditbearbeitung ............................................. 35 1. Aufsichtsrechtliche Regelungen ........................................................................... 36 2. Bilanzunwirksame Auslagerung ........................................................................... 38 1.1. Sanierung........................................................................................................ 38 1.2. Abwicklung .................................................................................................... 40 1.3. Inkasso............................................................................................................ 40 3. Bilanzwirksame Auslagerung ............................................................................... 42 4. Möglichkeiten und Risiken des Outsourcing ........................................................ 43
E. Veräußerung eines NPL-Portfolios .......................................................... 45 1. Der Transaktionsprozess und seine Parteien......................................................... 45 2. Zeitlicher Ablauf einer NPL-Transaktion ............................................................. 47 2.1. Vorbereitung................................................................................................... 48
2.2. Indikation........................................................................................................ 49 2.3. Due Diligence................................................................................................. 50 2.4. Vertragsverhandlung ...................................................................................... 53 2.5. Vertragsdurchführung .................................................................................... 54 3. Chancen und Risiken bei der Veräußerung notleidender Kredite......................... 55 3.1. Motive des Verkäufers ................................................................................... 55 3.2. Motive des Käufers ........................................................................................ 60
F. Bearbeitung der NPL durch einen Servicer ............................................. 62 1. Rolle und Aufgaben eines Servicers ..................................................................... 62 2. Das Servicing ........................................................................................................ 65 2.1. Interim Servicing (Pre-Closing) ..................................................................... 65 2.2. Closing (Transfertag) ..................................................................................... 66 2.3. Post Closing.................................................................................................... 66 2.4. Asset Management ......................................................................................... 67 3. Aufgabenbereiche des Asset Managements.......................................................... 68 3.1. Die laufende Verwaltung................................................................................ 68 3.2. Die Verwertung .............................................................................................. 70 4. Vorteile eines Servicers gegenüber einer bankinternen Work-Out-Abteilung ..... 73 5.
Die „SGK mbH“ als Beispiel für einen Servicer............................................. 75
G. Gegenüberstellung der Handlungsalternativen ........................................ 80 H. Fazit und Ausblick.................................................................................... 82 I.
Anhang ..................................................................................................... 86
J.
Literaturverzeichnis.................................................................................. 99
I
Abkürzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BHI
Bad Homburg Inkasso GmbH
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
d.h.
das heißt
et.al.
und andere
etc.
et ’cetera
evtl.
eventuell
EWB
Einzelwertberichtigung
f.
folgende
ff.
fort folgende
ggf.
gegebenenfalls
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg.
Herausgeber
insg.
insgesamt
InsO
Insolvenzordnung
IT
Informationstechnologie
i.V.m.
in Verbindung mit
KWG
Kreditwesengesetz
lt.
laut, gemäß, entsprechend
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
Mio.
Millionen
II
Mrd.
Milliarden
n.a.
nicht angegeben
Nord/LB
Norddeutsche Landesbank
NPL
Non-Performing Loans
o.g.
oben genannt
OSGV
Ostdeutscher Sparkassen- und Giroverband
SGK
Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH
sog.
sogenannt
UmwG
Umwandlungsgesetz
u.a.
unter anderem
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
West/LB
Westdeutsche Landesbank AG
z.B.
zum Beispiel
ZPO
Zivilprozessordnung
z.T.
zum Teil
III
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1
Ländervergleich der NPL-Marktvolumen……………………………….....8
Abb. 2
Kreditvolumen und Anteil an NPL in Deutschland……………………….. 13
Abb. 3
Geschäftsprozess für die Betreuung von Problemkrediten……………...… 22
Abb. 4
Kriterien zur Erfolgsmessung bei der Betreuung von Problemkrediten in Banken……………………………………………...…29
Abb. 5
Prozessskizze (NPL-Verkauf)....................................................................... 46
Abb. 6
Phasen des NPL-Verkaufs………………………………………................ 48
Abb. 7
Antriebsfaktoren und Negativaspekte beim Verkauf von NPL………….... 59
Abb. 8
Verwertungsstrategien………………………………………………..…… 71
Abb. 9
Gesellschafterstruktur der SGK……….……………………………...…… 76
Abb. 10
SGK Organigramm (April 2007)……………………………….……….… 80
Abb. 11
Gegenüberstellung der Handlungsalternativen für den Umgang mit NPL…………………………….…………………… 82
1
A. Schwache
Einleitung Konjunktur
und
fortschreitende
Globalisierung
haben
die
deutsche
Kreditwirtschaft in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt. Aufgrund vieler Unternehmens- und Privatinsolvenzen hat sich bei den Banken ein großer Bestand an notleidenden Krediten (Non-Performing Loans1, -NPL) angesammelt, die nicht mehr bedient werden. Diese belasten die Bilanzen und binden finanzielle und personelle Ressourcen.2 Darüber hinaus ist durch die neuen Eigenkapitalvorschriften (Basel II), die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den wachsenden Ertragsdruck seitens der Kapitalmärkte, bei den Banken ein erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich ihrer NPL und den dahinter stehenden Sicherheiten (meist Immobilien) entstanden. Deshalb entschließen sich Banken seit ein paar Jahren immer häufiger, notleidende Kredite mit einem Abschlag zu veräußern und überlassen es anderen Instituten oder Investoren, die Forderungen zu realisieren. NPL-Transaktionen gehören heute auch in Deutschland zum Geschäftskreis jeder größeren Bank. Dabei ist die Abwicklung notleidender Kredite keine neue Erscheinung. Schon 2003 lag die Höhe der Wertberichtigungen im deutschen Bankensektor bei rund 23,4 Mrd. Euro.3 Neu sind allerdings einige Modelle des Outsourcing und des Verkaufs, die in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren entwickelt wurden.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die Frage stehen, welche konkreten Handlungsoptionen den Banken für das Management von NPL zur Verfügung stehen. Neben dem klassischen institutsinternen Kreditabwicklungsmanagement (Work-Out) werden zunehmend die Optionen eines Verkaufs von NPL oder das Outsourcing dieser Kredite für deutsche Banken interessant. Die vierte Handlungsalternative der Verbriefung der Forderungen steckt in Deutschland z.Zt. noch in der Entwicklungsphase und wird daher nicht berücksichtigt. 1
Im Folgenden NPL. Vgl. Jobe / Stachuletz, S.4. 3 Vgl. Schneider / Stegemann, S. 797. 2
2
Ziel dieser Arbeit ist es, die oben genannten Handlungsoptionen zunächst vorzustellen, um sie dann vergleichend zu betrachten, so dass Aussagen über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen möglich sind. Zudem werden die typischen Abläufe einer NPLTransaktion unter Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen des Outsourcing näher beleuchtet. Dabei wird die Rolle eines Servicers vertieft dargestellt.
Die Arbeit gliedert sich in folgende sechs Abschnitte. In Kapitel B werden die fachspezifischen Begriffe erläutert, die historischen Hintergründe skizziert und schließlich der deutsche Markt mit seinen gesetzlichen Rahmenbedingungen dargestellt. In Kapitel C wird der bankinterne Umgang mit Unternehmenskrediten beleuchtet. Vorund Nachteile dieser Art der Kreditbearbeitung werden anschließend gegenüber gestellt. Zur Veranschaulichung wird zudem der Prozess von der Kreditvergabe bis zum Unternehmenskreditverkauf anhand eines praktischen Beispiels näher beschrieben. Im darauf folgenden Kapitel D werden die Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf die Auslagerung der Problemkreditbearbeitung aufgezeigt, welche sich in bilanzwirksame und bilanzunwirksame aufgliedern. Mit der Darstellung der dabei zu beachtenden Möglichkeiten und Risiken des Outsourcing schließt das Kapitel. Kapitel E beschäftigt sich mit den einzelnen Phasen des Verkaufs von NPL, wobei die Marktteilnehmer und deren Motivationen gesondert vorgestellt werden. Die anschließende Bearbeitung der NPL durch einen Servicing-Dienstleister ist Inhalt von Kapitel F, in welchem Funktionen und Aufgaben eines Servicers sowie die Phasen des Servicing beschrieben werden. Die Vorteile eines Servicers gegenüber einer bankinternen Work-Out-Abteilung und die SGK Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH als Beispiel ergänzen die Ausführungen zum Servicing. In Kapitel G werden die zuvor erläuterten Handlungsoptionen gegenübergestellt. Abschließend fasst Kapitel H die gewonnen Erkenntnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf die weitere Marktentwicklung in Deutschland und die damit verbundene Entwicklung des Servicing.
3
B.
Thematische und begriffliche Abgrenzungen
1. Definitionen Non-Performing Loans Der Begriff „Non-Performing Loan“ wird in der bankbetrieblichen Praxis gleichbedeutend mit „Problemkredit“, „notleidender Kredit“, „Distressed Loan“, „Bad Loan“, „Defaulted Debt“ und „Distressed Debt“ verwendet. Der englische Begriff „Non-Performing“ lässt sich mit „Nichtleistung“ übersetzen.4 Dabei handelt es sich vor allem um Kredite, bei denen es zu Zahlungsproblemen bei der Bedienung des Darlehens kommt, sei es aus fehlender Zahlungswilligkeit oder aus Zahlungsunfähigkeit. Aus juristischer Sicht bedeutet dies, dass NPL schon gekündigt oder kündbar sind. Kreditengagements, bei denen die Schuldner ihrer Zahlungspflicht nur beschränkt nachkommen, werden als „Sub-Performing Loans“ bezeichnet.5 Trotz der unterschiedlichen Begriffsbezeichnungen sind in beiden Fällen stets der wirtschaftliche (Insolvenz oder Zahlungsstörung) und der rechtliche (z.B. gekündigtes Vertragsverhältnis) Status des Engagements zu klären.6 Eine allgemein gültige einheitliche Definition eines „notleidenden Kredits“ gibt es in Deutschland bisher jedoch nicht.
In dieser Arbeit soll der Begriff wie folgt verstanden werden: NPL sind Forderungen, bei denen nicht mehr mit einer planmäßigen Zahlung bei Fälligkeit gerechnet werden kann. Somit beinhaltet diese Definition sowohl notleidende Kreditforderungen, die auf Grund von
Leistungsstörungen
bereits
gekündigt
sind,
als
auch
solche,
bei
denen
Kündigungsgründe eingetreten sind. Unter Umständen können dabei insolvenzrechtliche Tatbestände eine Rolle spielen.
Die Banken und die potentiellen Käufer von NPL nehmen die Einstufung der Kredite in der Regel nach wirtschaftlichen Kriterien vor, bei denen die Frage nach dem Zeitraum des 4
Vgl. Theewen, S. 106. Vgl. Froitzheim et.al., S. 38. 6 Vgl. Scholz / Hofmann, S. 249 f. 5
4
Zahlungsverzuges eine große Rolle spielt. Ein Kredit wird grundsätzlich dann als „non performing“ beurteilt, wenn fällige Zahlungen in einem Zeitraum von ca. 180 Tagen nicht geleistet wurden.7
Outsourcing Der Begriff „Outsourcing“ soll in diesem Zusammenhang so verstanden werden, dass nicht nur einzelne Aufgaben (des technischen Abwicklungsprozesses) auf eine andere juristische Person übertragen werden, sondern das diese eine allein verantwortliche Realisierung der NPL und die Betreuung der Kreditkunden übernimmt. Das bedeutet, dass die gesamte oder große Teile der Problemkreditbearbeitung auf einen, nicht dem Unternehmensverbund angehörigen Dritten übertragen werden. Somit haben die Banken die Möglichkeit, sich allein auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Es wird in dieser Arbeit zu zeigen sein, dass Outsourcing erhebliche Perspektiven beim Umgang mit unrentablen Krediten eröffnet, da es die produktive Nutzung externer Sanierungs- und Abwicklungs-Know-hows ermöglicht, Rückführungserfolge erheblich steigern kann und potentielle Kostensenkungen erreicht werden könnten.
Momentan liegen deutsche Banken bei der Entwicklung des Outsourcing Marktes noch weit hinter dem angelsächsischen Raum zurück. Dort ist die „Industrialisierung des Bankgeschäfts“ im Bereich standardisierter Prozesse weit fortgeschritten, da die Problemkreditbearbeitung nicht zur Kernkompetenz der meist auf Vertrieb ausgerichteten Institute zählt. Während in Ländern wie England und den USA Eigenleistungsquoten von lediglich etwa 60% üblich sind, weisen deutsche Finanzdienstleister eine Quote von 80 90 % auf.8
7 8
Vgl. u.a. Wulfken / Grieser, S. 151. Vgl. Walter / Hahn, S. B1.
5
Servicing Der allgemeine Begriff des „Servicing“ bezeichnet in diesem Zusammenhang die Schuldendienstverwaltung, die in der Regel von den Banken selbst durchgeführt wird („Primary Servicing“). Eine relativ neue Möglichkeit ist die Auslagerung der Bearbeitung an einen externen Servicer, der auf Problemkredite spezialisiert ist („Special Servicing“).9 Diesbezüglich definiert man einen Servicer als eine Organisation bzw. Einrichtung, die die „Verwaltung, Überwachung, den Einzug und die Verwertung der Forderungen und Sicherheiten übernimmt“.10 Auch in Deutschland setzt sich für die Bearbeitung von NPL die Verlagerung dieser Aufgabe auf eine Servicing-Gesellschaft durch, da insbesondere ausländische Investoren, die die Problemkredite erwerben, diese Möglichkeit präferieren. Hierbei übernimmt der beauftragte Servicer als Inkassounternehmen oder Spezialkreditinstitut die Verwaltung und Betreuung der Forderungen und Darlehensnehmer, um sie im Namen des Investors beizutreiben oder andere Lösungswege zu finden.
In dieser Arbeit soll der Begriff „Servicing“ als Kreditabwicklung und -verwaltung einschließlich der Sicherheitenverwertung durch spezialisierte Dienstleistungsunternehmen verstanden werden.
9
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 392. Thonabauer / Nösslinger, S. 73.
10
6
2. Die historische Entwicklung des NPL-Marktes in den USA, Asien und Europa Der Handel mit Problemkrediten begann bereits in den 30er Jahren, als risikofreudige Investoren in den USA Wertpapiere unterbewerteter Unternehmen kauften, um diese zu sanieren oder zu liquidieren.11 Mittlerweile hat sich der Handel mit notleidenden Krediten international zu einem bewährten Transaktionstypus entwickelt.12 Auffällig ist, dass in fast jedem Land eine Krise im Bankensektor mit hohen Beständen an NPL vorausging.13
USA Gegen Ende der 80er Jahre wurde der Bankensektor der Vereinigten Staaten durch Kreditverluste bzw. Zahlungsunfähigkeiten und Ausfälle von Schuldnern empfindlich gestört. Auslöser dieser Entwicklung war die Savings and Loan Krise 1982, die u.a. durch den Versuch der damaligen amerikanischen Regierung entstand, das Finanzsystem weitreichend zu deregulieren.14 Hinzu kam, dass die Vergabe von zahlreichen hoch spekulativen und nicht durch Sicherungsfonds gedeckten Krediten, insbesondere im Immobilienbereich, den Markt überhitzte und schließlich dessen Niedergang verursachte.15 Dies führte wiederum dazu, dass durch den anschließenden Verfall der Immobilienpreise rund 50% der Sparkassen und weitere Banken Insolvenz anmelden mussten (insg. ca. 1.000 von 1980 bis 1995).16 Somit sahen sich viele Kreditinstitute gezwungen, ihre notleidenden Kredite mit hohen Abschlägen an dafür gegründete staatliche Auffang- und Abwicklungsgesellschaften (Resolution Trust Companies) abzugeben. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum amerikanische Investoren schon seit langer Zeit Erfahrungen auf dem NPL-Markt sammeln konnten.17
11
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 244. Vgl. Anders et.al., S. 8. 13 Vgl. Young, S. 23. 14 Vgl. Wirtky, S. 167. 15 Vgl. Young, S. 24. 16 Vgl. Wirtky, S. 178. 17 Vgl. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S. 15 f. 12
7
Asien Auch die asiatischen NPL-Märkte entstanden aus einer Krise der dortigen Bank- und Kapitalmärkte.18 Externe Schocks, wie die Immobilien-Krise Anfang der 90er Jahre in Japan und die asiatische Finanzkrise hatten eine erhebliche Zunahme an NPL in den Bilanzen der Banken zur Folge.19 Laut einer Studie von Deloitte war ungenügendes Kreditrisikomanagement hierfür die Hauptursache.20
Da zudem die Fremdwährungs-Verbindlichkeiten nicht mehr bedient werden konnten, kam es zu einem dramatischen Wechselkurseinbruch, der zahlreiche Unternehmensinsolvenzen zur Folge hatte. Anfang 1999 begannen staatliche Asset-Management-Verwaltungen mit der Verwertung zahlreicher Sicherheiten der Banken.21 Gemessen am gesamten Kreditvolumen sollen zur damaligen Zeit in den asiatischen Kreditinstituten rund 40 % der Kredite notleidend gewesen sein. Diese wurden in den letzten Jahren vermehrt auch an ausländische Investoren verkauft.22 Derzeit werden die meisten asiatischen NPLTransaktionen in Japan, Korea, China und Malaysia durchgeführt.
Europa Auch in Großbritannien und Frankreich entstand während der 90er Jahre ein reger Handel mit zahlungsgestörten Krediten. Grund hierfür waren stark fallende Immobilienpreise, begrenzte Verwertungsmöglichkeiten und fehlende Liquidität der Schuldner, welche vermehrt zu Bankenkrisen führten.23 In Europa haben auch Italien und Schweden Erfahrungen im Bereich des Handels mit notleidenden Krediten. So wurde das italienische NPL-Problem (Mitte der 90er mit einer NPL-Quote von 27% im Süden Italiens24) 1999 durch ein Verbriefungsgesetz und über Steueranreize weitgehend gelöst.25 Auch in Schweden 18
wurde
es
den
Banken
Vgl. Wirtky, S. 179. Vgl. Young, S. 25 f. 20 Vgl. Ebd. 21 Vgl. Gleumes, S. 361 f. 22 Vgl. Ernst & Young 2004, S. 4. 23 Vgl. Scholz / Hofmann, S. 255. 24 Vgl. Wirtky, S. 181. 25 Vgl. Heppe, S. B4; vgl. Wirtky, S. 181. 19
mit
der
Einrichtung
zweier
staatlicher
8
Abwicklungsgesellschaften Anfang der 90er Jahre ermöglicht, sich ihrer notleidenden Kredite zu entledigen.
Das Marktvolumen an notleidenden Krediten der verschiedenen Länder lässt sich nur
Mrd. €
schwer abschätzen:
300 250 Deutschland
200
China Japan
150
Frankreich Italien
100
Südkorea Spanien
50 0
Abb. 1: Ländervergleich der NPL-Marktvolumen Quelle: Deloitte Reorganisation Services (2006); Erst & Young (2006).
Weltweit beträgt das Volumen notleidender Kredite ca. 1,4 Billionen $, davon sollen China und Deutschland den größten Bestand besitzen.26 Auffällig ist, dass die USA in der oben dargestellten Statistik nicht aufgeführt werden. Dies liegt nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young daran, dass im Jahr 2006 wenige NPL-Bestände im amerikanischen Finanzmarkt vorhanden waren. Dies könnte sich nach Aussage von Experten aufgrund von Zahlungsrückständen und Ausfallraten im „minderwertigen“ Hypotheken-Markt (Subprime Mortgage Market)27 in den nächsten Jahren ändern.28
26
Vgl. Dierig, S. 21. Subprime Mortgage ~ minderwertige Hypotheken. 28 Vgl. Ernst & Young 2006. 27
9
Zu bemerken ist auch, dass sich die Anzahl der weltweit tätigen Hauptinvestoren auf lediglich 40 beläuft. Diese haben bisher rund 90% des veräußerten NPL-Volumens erworben.29 Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungsphasen der internationalen Märkte lassen sich abweichende Renditeerwartungen der Investoren feststellen. So werden auf den Märkten in Japan und Korea, die bereits etabliert sind, Verzinsungen von etwa 10% angestrebt. Dem gegenüber werden in den sich noch entwickelnden Ländern wie Deutschland oder Russland überdurchschnittliche Renditen von bis zu ca. 15 - 20% erwartet.30
29 30
Vgl. Weber, S. 73. Vgl. Scholz / Hofmann, S. 391; vgl. Ernst & Young 2004, S. 3.
10
3. Der Markt in Deutschland Innerhalb des deutschen Marktes ist während der letzten vier bis sechs Jahre der Verkauf problembehafteter Kreditportfolios als neue Handlungsoption entstanden. Besonders in den vergangenen drei Jahren hat der Handel mit notleidenden Krediten einen Aufschwung erlebt.31 Tatsache ist jedoch, dass sich der Markt für NPL in Deutschland vergleichsweise spät öffnete (erst 2003), obwohl eine große Anzahl notleidender Kredite bereits zuvor existierte. Der Markt in Deutschland steht somit noch am Anfang seiner Entwicklung.32
Beim Vorgang des Kreditverkaufes treten Sparkassen, Volksbanken, Landesbanken, Kreditgenossenschaften, Bausparkassen und Privatbanken als potentielle Verkäufer auf.33 Auf der Nachfrageseite finden sich vor allem amerikanische, holländische und britische Investoren (Private Equity-Fonds), in letzter Zeit aber auch vereinzelte deutsche Kreditund Spezialinstitute.34
Die internationalen Kapitalanleger setzten von Anfang an hohe Erwartungen in den deutschen NPL-Markt, der versprach, einer der weltweit größten zu werden. In den letzten vier Jahren hat sich der Markt tatsächlich schnell entwickelt, ist reifer und vielschichtiger geworden.35 Problematisch ist allerdings, dass es nur wenige deutsche Banken gibt, die ihre Engagements verkaufen wollen, so dass der Markt derzeit immer noch als ein „Seller`s Market“ bezeichnet werden muss.36 Besonders die öffentlich-rechtlichen Banken, die relativ viele notleidende Kredite in ihren Bilanzen aufweisen, scheinen noch kaum daran interessiert, ihre Kreditportfolios zu bereinigen.37 Bis heute waren nur 3% der durchgeführten Transaktionen öffentlich-rechtlicher Natur.38
Einige Segmente dieses Marktes, wie das der Immobilienkredite, sind relativ gut entwickelt, andere beginnen gerade erst sich zu etablieren. Letzteres betrifft besonders 31
Vgl. Cherubim et.al., S. 3. Vgl. Scholz / Hofmann, S. 246. 33 Vgl. Cherubim et.al., S. 5. 34 Vgl. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S. 14 f.; vgl. Teuner, S. 3. 35 Vgl. Karkowski et.al., S. 4. 36 Vgl. Karkowski et.al., S. 5. 37 Vgl. Ebd. 38 Vgl. BZ Nr. 68, S. 5. 32
11
Einzelengagement-Transaktionen einzelner Firmenkredite („Single Names“), die „bisher lediglich 2% des Volumens aller verkauften Kreditportfolios ausmachten“39 und den Verkauf notleidender Verbraucherkredite.
In Deutschland begann der Verkauf von NPL 2003 mit einer ersten Transaktion durch den Insolvenzverwalter der Gontard & Metall Bank AG.40 Der Nominalwert der verkauften NPL stieg im selben Jahr auf 3 Mrd. € und vervierfachte sich 2004 auf 12 Mrd. €. Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Hypo Real Estate Bank41, die im Rahmen von insgesamt vier Transaktionen Kreditpakete mit einem Gesamtvolumen von rund 5,1 Mrd. € verkaufte. Insgesamt wurden zwischen Ende 2003 und 2005 32 Portfolio-Geschäfte mit einem Gesamtnennwert von 32 Mrd. € öffentlich durchgeführt.42 (Zum Vergleich: Auf dem USMarkt wurden 2004 allein ca. 58 Mrd. Dollar umgesetzt.)43 Das ansteigende Transaktionsvolumen in Deutschland setzte sich fort, erreichte 17 Mrd. € im Jahr 2005 und im darauf folgenden ca. 18 Mrd. €.44 Der Marktführer Lone Star soll bisher insgesamt knapp die Hälfte der in Deutschland veräußerten NPL-Volumen erworben haben.45 Neben diesem texanischen Finanzinvestor zählen weitere amerikanische Fonds, wie Cerberus und Fortress, ebenso Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, Goldman Sachs, Morgan Stanley und die Citigroup zu den größten Investoren auf dem deutschen NPL-Markt.46
Das schnelle Wachstum des deutschen NPL-Marktes wurde vor allem durch zwei Faktoren ausgelöst. Die sich verschlechternde ostdeutsche Immobilienlage, hervorgerufen durch den anhaltenden Wirtschaftsabschwung und Missmanagement bei deutschen Unternehmen, vergrößerten den Bestand an NPL in den Bilanzen deutscher Banken.47 Als Folge der Wiedervereinigung war ein „Kreditboom“ in einer schwachen gesamtwirtschaftlichen Lage 39
Vgl. Ebd. Vgl. Wiedenhofer, S. VII. 41 Die Hypo Real Estate Group ist durch eine Abspaltung der gewerblichen Immobilienfinanzierungsaktivitäten der HypoVereinsbank entstanden. 42 Vgl. Karkowski et.al, S. 6; vgl.Cherubim et.al., S. 5.; Vgl. Jäger, S. 2. 43 Vgl. Teuner, S. 3 44 Nach Aussage von Dr. Ulf Bachmann (Vice President im Bereich Principal Investments bei J.P. Morgan Securities Ltd.). 45 Vgl. Dowideit, S. 14. 46 Vgl. u.a. Teuner, S. 3; vgl. Karkowski, S. 12. 47 Vgl. Wirtky, S. 159. 40
12
entstanden, der in einem erheblichen Maß zu Firmeninsolvenzen führte. Insbesondere der Verfall der Immobilienpreise in den neuen Bundesländern trieb die Entwicklung des Handels mit notleidenden Krediten voran. Zusätzlich wurden die deutschen Kreditinstitute durch Reformen, wie die neue Eigenkapitalregelung für Banken durch Basel II und die neuen Anforderungen der BaFin an das Risikomanagement (MaRisk48) sowie das Auslaufen von Staatsgarantien für öffentliche Kreditinstitute (Gewährträgerhaftung) zu konsequenteren Durchführungsstandards gezwungen. Der deutsche Bankensektor steht somit noch immer unter starkem Druck, seine NPL zu bereinigen. Durch die angespannte Ertragslage, hervorgerufen durch den sich verschärfenden Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten, wird das gesteigerte Interesse am Verkauf von NPL zusätzlich gesteigert.
Gleichzeitig sehen erfahrene Kapitalanleger (hauptsächlich aus den USA) die Gelegenheit, in einen neuen und viel versprechenden Markt zu investieren. Die Vorteile, zu den Ersten auf dem neuen Markt zu gehören (First-Mover-Advantage) und die Möglichkeiten, die noch bestehenden Ineffizienzen des Marktes, in Bezug auf die richtige Bepreisung und das Wettbewerbsumfeld nutzen zu können, sind für die Akteure gute Gründe, NPL auf dem deutschen Markt einzukaufen.49
Über
das
potentielle
Volumen
des
derzeitigen
NPL-Bestandes
in
deutschen
Kreditinstituten herrscht derzeit noch Uneinigkeit. Die Spannweite der Schätzungen reicht von 100 - 320 Mrd. Euro.50 Diese enthalten sowohl Immobilien- und Verbraucherkredite, als auch Unternehmenskredite.51 Die Unterschiede in den Vorhersagen sind u.a. auf die abweichenden Definitionen von NPL zurückzuführen. Nimmt man an, dass sich das NPLVolumen auf durchschnittlich fünf bis zehn Prozent des Kreditbestandes beläuft, so bemisst sich der Anteil der Problemkredite für den Gesamtmarkt auf ca. 300 Mrd. €. Daraus ergibt sich nach Einschätzung des OSGV für die öffentlich-rechtlichen Institute ein NPL-Bestand von 60 bis 100 Mrd. €.52
48
Vgl. Rundschreiben der BaFin 34/2002 und 18/2005. Vgl. Cherubim et.al., S. 21. 50 Vgl. u.a. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S.15; vgl. KPMG, S. 20; vgl. Karkowski et.al., S. 6; vgl. Ernst & Young 2006, S. 54. 51 Vgl. Wirtky, S. 160. 52 Vgl. OSGV, S. 5. 49
13
3.594 Mrd. €
Kreditbanken
100-320 Mrd. €
60-100 Mrd. €
Sonstige Institute
810,5
Genossenschaftliche Institute
956,8
423,6
Bausparkassen
579,2 121 702,4 Sparkassen
Kredite an Nichtbanken (ohne Auslandsbanken)
Landesbanken
Geschätztes Volumen notleidender Kredite deutscher Banken
Geschätztes Volumen notleidender Kredite der öffentlich-rechtlichen
Abb. 2: Kreditvolumen und Anteil an NPL in Deutschland Quelle: SGK (13.11.2006), BZ (06.11.2006) und Klöckner / Wolters (2004), S. 1197.
14
4. Gesetzliche Rahmenbedingungen In Anbetracht der rechtlichen Komplexität und des betriebswirtschaftlichen Schwerpunkts der Arbeit kann die juristische Problematik nur zusammenfassend dargestellt werden. Im Wesentlichen geht es bei einem Kreditverkauf um einen Forderungsübergang (siehe Nr. 2) und eine Übertragung der damit verbundenen Sicherungsrechte (Nr. 3). Bei einem Kauf eines Kreditportfolios sind außerdem die durch Bankgeheimnis und Datenschutz geschützten Interessen des Kreditnehmers zu berücksichtigen, die den Abschluss dieses Kapitels bilden (Nr. 4). Hierzu ist auch das neue BGH-Urteil vom 27.02.2007 (BGH XI, ZR 195/05) zu beachten.53
4.1. Rechtliche Analyse des Portfolios Bevor eine Übertragung von notleidenden Krediten stattfinden kann, muss zunächst das Forderungsportfolio auf folgende Voraussetzungen hin untersucht werden:54 -
Wirksamkeit der Forderungen (Verjährungsproblematik)
-
Nichtbestehen von Einwendungen, Aufrechnungsmöglichkeiten und Übertragungshemmnissen (z.B. Abtretungsverbote)
-
Durchsetzbarkeit der Forderung
-
Kündbarkeit der Darlehen
-
Wirksamkeit der Sicherheitenbestellungen, u.a. Sicherungsarten
Diese sog. „Legal Due Diligence“ reduziert Übertragungsrisiken und unterstützt die Optimierung der Transaktion und den Kaufpreisfindung. (Siehe hierzu Kapitel E. 2.3 Due Diligence)
53 54
BGH Urteil, 27.02.07, Az.: XI, ZR 195/05. Vgl. Klerx / Penzlin, S. 119 f.
15
4.2. Die Übertragung von NPL-Portfolios Für
den
Verkauf
von
Problemkrediten
haben
sich
im
Wesentlichen
zwei
Übertragungsvarianten herausgebildet:55
- Einzelrechtsnachfolge (Asset Deal / True Sale) und - Gesamtrechtsnachfolge (Share Deal)56
Einzelrechtsnachfolge Beim „Asset Deal“ unterscheidet man grundsätzlich zwei Alternativen der Übertragung: Auf der einen Seite den Forderungsverkauf (§§ 433 ff. BGB) und die Abtretung (§§ 398 ff. BGB) der einzelnen Darlehens-, Zins- und gegebenenfalls Kostenforderungen,57 auf der anderen Seite die Übertragung des Darlehensverhältnisses im Ganzen im Wege der Vertragsübernahme gemäß § 414 BGB analog.58 (Außerdem ist ein Risikotransfer mittels Teilausgliederung nach § 123 ff. UmwG und die Unterbeteiligung eines Investors möglich.59)
Der Verkauf und die Abtretung der Forderungsrechte und Sicherheiten kommt bei NPLTransaktionen am häufigsten vor. Hierbei erwirbt der NPL-Investor eine bestimmte Forderung mit allen aus dem Kaufvertrag entstehenden Vertragspflichten. Der Forderungsübergang erfolgt hierbei nach § 398 BGB und bedarf nach § 399 BGB nicht der Zustimmung des Schuldners. Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn eine Forderungsabtretung vertraglich ausgeschlossen worden ist. Ist die Abtretung einer Geldforderung vertraglich ausgeschlossen, so ist diese nur dann möglich, wenn beide Vertragsparteien Kaufleute im Sinne des HGB sind und für beide ein Handelsgeschäft im Sinne des §§ 354 a, 343 HGB vorliegt.60
55
Vgl. Wiemann / Ziegenhain, S. 4. Da nach Auskunft der SGK nur höchstens 10% der Transaktionen im Wege eines „Share Deals“ abgewickelt werden und anspruchsvolle gesellschaftsrechtliche Fragen dabei eine Rolle spielen wird auf die Darstellung dieser Art der Veräußerung verzichtet. 57 Vgl. Wulfken / Grieser, S. 151 58 Vgl. Ebd. 59 Vgl. Weber, S. 57. 60 Vgl. Anders et.al., S. 12. 56
16
Bezüglich
des
Übergangs
der
Sicherungsrechte
ist
zwischen
akzessorischen
Sicherungsrechten, deren Existenz also vom Bestehen einer Forderung abhängen (Hypothek, Pfandrecht, Bürgschaft) und abstrakten Sicherheiten (nicht akzessorischen z.B. Sicherungsabtretung, Grundschuld) zu unterscheiden. Während die akzessorischen Sicherheiten kraft Gesetzes auf den Zessionar (Neugläubiger) übergehen, ist bei den abstrakten Sicherungsrechten eine separate Übertragung erforderlich.61 Diesbezüglich muss
im
Grundbuch
der
neue
Gläubiger
eingetragen
werden.
Dieser
Umschreibungsprozess gestaltet sich häufig als langwierig und ist zudem relativ teuer, jedoch ist er insoweit erforderlich, als dass er die Durchsetzbarkeit von Rechten ermöglicht. Die
Abtretung
des
Sicherungsrechts
ist
dem
Schuldner
anzuzeigen,
um
so
schuldbefreiende Leistungen an den alten Gläubiger auszuschließen (vgl. § 407 I BGB).62 Normalerweise werden deshalb sog. „Hello- and Goodbye-Letter“63 versandt, in denen die Kreditkunden über den Transfer ihrer Kredite informiert werden64
Bei der Vertragsübernahme findet lediglich ein Gläubigerwechsel statt, sodass der Investor in das bestehende Schuldverhältnis mit sämtlichen vertraglichen Rechten und Pflichten eintritt.65 In der Praxis wird die Vertragsübernahme häufig im Zuge des Verkaufes einzelner Kreditforderungen durchgeführt, selten jedoch bei Kreditportfolios. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass ungekündigte Kreditforderungen zwar auch an Institute übergehen können, die keine Banklizenz besitzen, sich der Verkäufer dann aber dem Risiko der fehlenden Zustimmung des Schuldners aussetzt (vgl. §§ 1, 32 KWG). Stimmt der Schuldner der Übernahme anschließend nicht zu, so macht sich der Verkäufer schadensersatzpflichtig. Beim Forderungseinzug von gekündigten Krediten wird dagegen keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften (Banklizenz) vorausgesetzt.
61
Vgl. Klerx / Penzlin, S. 126 f. Vgl. Weber, S. 58. 63 Siehe hierzu Anhang S. 85 f. 64 Vgl. Froitzheim et.al., S. 73. 65 Vgl. Weber, S. 57. 62
17
4.3. Sicherungsrechte Im Rahmen der „Legal Due Diligence“ ist die wirksame Bestellung der Sicherungsrechte, deren Übertragbarkeit und die Frage, ob diese auch die zu veräußernde Forderung sichern, zu prüfen. Man unterscheidet dabei zwischen Immobiliar- und Mobiliarsicherheiten. Übersicht der in Betracht kommenden Kreditsicherheiten:66
akzessorisch
Immobiliar
Mobiliar
Personal
Hypothek
Pfandrecht
Bürgschaft
Sicherungsübereignung
Garantie
Sicherungszession
Schuldanerkenntnis
Vormerkung nicht akzessorisch
Grundschuld
Siehe hierzu auch Anhang S. 89 ff.
4.4. Interessenschutz des Kreditnehmers Vor dem Kauf von Problemkrediten hat der Käufer ein Interesse daran, möglichst viele Informationen über die angebotenen Forderungen und deren Sicherheiten zu bekommen. Diesem Interesse stehen jedoch insbesondere das Bankgeheimnis und der Datenschutz entgegen, welche der Verkäufer zu berücksichtigen hat.
Bankgeheimnis Das Bankgeheimnis ist gesetzlich nicht geregelt, sondern beruht auf Gewohnheitsrecht und der umfassenden allgemeinen Treuepflicht des § 242 BGB.67 Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses stellt eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank dar, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen.68 66
Vgl. Klerx / Penzlin, S. 127. Vgl. Weber, S. 59. 68 Urteil des BGH vom 24.01.06. 67
18 Hieraus hergeleitet sind die standardisierten AGB-Banken.69 Aus diesen Regelungen ergibt sich grundsätzlich ein Verbot zur Weitergabe von kunden- und personenbezogenen Daten. Dieses geht jedoch nicht soweit, dass der Zedent (Altgläubiger) notwendige Auskünfte oder Unterlagen dem Zessionar (Neugläubiger) verweigern darf.70 Die Auskunfts- und Informationspflicht des § 402 BGB steht damit der Verschwiegenheitspflicht gegenüber. Die Banken sind generell zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet und dürfen Daten nur weitergeben, wenn ein überwiegendes Interesse des Kreditinstitutes vorliegt und ein vertraulicher Umgang seitens des Datenempfängers sichergestellt ist.71 Ein berechtigtes Interesse der Bank ist bei ordnungsmäßigen Bankgeschäften, u.a. bei der Auslagerung von Geschäftsbereichen, Maßnahmen zur Risiko- und Eigenkapitalentlastung sowie bei der Trennung von Problemkrediten, gegeben.72 Grundsätzlich kann der Bankkunde bestimmen, welche Daten weitergegeben werden dürfen, sofern er ein sachlich berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung seiner Daten hat.73 Aus einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht der Bank können sich jedoch Schadensersatzansprüche des Kunden herleiten. Ganz aktuell hat der XI. Senat des BGH mit Urteil vom 27.02.07 entschieden, dass der Schuldner die Rückzahlung der Kreditforderung an den Käufer nicht unter Verweis auf das Bankgeheimnis verweigern kann.74 Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht könne lediglich einen Schadensersatzanspruch des Kreditnehmers begründen, die Wirksamkeit der Forderungsabtretung werde hiervon aber nicht berührt.75 Begründet wurde die Entscheidung damit, dass sich aus diesen Vorschriften kein stillschweigend vereinbartes oder gesetzliches Abtretungsverbot herleiten lässt.76 Damit ist das Urteil des OLG Frankfurt,
wonach
aus
dem Bankgeheimnis
ein
stillschweigendes
vereinbartes
Abtretungsverbot herzuleiten sei und welches häufig zitiert wird, nun durch das o.g. Urteil des BGH überholt. 69
Siehe Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 der AGB-Banken: „Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt. Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist.“ 70 Vgl. Rinze / Heda, S. 1558. 71 Vgl. Weber, S. 60. 72 Vgl. Jobe / Stachuletz, S. 263. 73 Vgl. Nobbe, S. 1537. 74 Vgl. Die Welt 28.02.2007, S.17. 75 Vgl. BGH Urteil (27.02.2007), Az.: XI, ZR 195/05, S. 9. 76 Vgl. Lauer / Prüm, S. 18.
19
Damit kann festgehalten werden, dass die Abtretung von notleidenden Krediten trotz Bankgeheimnisses aufgrund eines berechtigten Interesses seitens des Kreditinstitutes auch ohne Einwilligung des Kunden möglich ist. Unerheblich sind hierbei die Person des Kreditnehmers bzw. die Art des Kredites (Geschäfts- oder Verbraucherkreditvertrag) und der Status des Engagements (gekündigt oder ungekündigt).77 Für den stark expandierenden deutschen Markt, in dem notleidende Kredite von Banken zunehmend gehandelt werden, war dieser Urteilsspruch von besonderer Bedeutung.78
Datenschutz Der Datenschutz ist durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für personenbezogene Daten
natürlicher
Personengesellschaften
Personen sind
gesetzlich vom
geregelt.
persönlichen
Juristische
Schutzbereich
Personen dieses
und
Gesetzes
ausgeschlossen.79 Werden Informationen, z.B. über die Kreditbeziehung, die zur Geltendmachung der Forderung notwendig sind, dem Zessionar durch den Zedenten im Zuge des Verkaufs offenbart, ist dies nur aufgrund von bestehenden Rechtsvorschriften oder mit Einwilligung der Betroffenen möglich (vgl. § 4 BDSG). Auch im Rahmen des Datenschutzes gibt es in § 28 BDSG einen Erlaubnistatbestand, der eine Übermittlung geschützter Daten trotz Datenschutz ermöglicht. In diesem Zusammenhang wird zwischen berechtigten Interessen einer Bank und schutzwürdigen Interessen eines Kunden abgewogen.80 Aus der Literatur ist zu ersehen, dass die Interessenabwägung in der Regel zugunsten des Kreditinstitutes ausgeht, wenn der Schuldner durch sein vertragswidriges Verhalten (Nicht-Rückzahlung des Kredites) die Bank zu weiteren Maßnahmen außerhalb des Kreditvertrages zwingt.81
Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Weitergabe von Kundendaten beim Verkauf von NPL grundsätzlich auch ohne Zustimmung der Kunden vorgenommen werden kann. In jedem Fall ist der Zedent nach § 402 BGB verpflichtet, dem neuen
77
Vgl. Preu, S. 56. Vgl. Wulfken, S. 4. 79 Vgl. Nobbe, S. 1543. 80 Vgl. Anders et.al., S. 17. 81 Vgl. Theewen, S. 113. 78
20
Forderungsinhaber die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen. Ein Abtretungsverbot notleidender Kredite kann weder aus dem Bankgeheimnis noch aus dem Bundesdatenschutzgesetz hergeleitet werden.
21
C.
Die Behandlung von NPL innerhalb der Kreditinstitute
Die Behandlung von Problemkrediten innerhalb der Kreditinstitute ist sowohl in den Vorschriften der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK), als auch der aktuellen MaRisk geregelt. Dieser regulatorische Rahmen schließt u.a. die Verantwortung zur Identifikation und weiteren Bearbeitung von NPL im Spezialbereich der Problemkreditbearbeitung ein. Der Begriff Problemkreditbearbeitung ist in diesem Zusammenhang als organisatorisches Aufgabenfeld zu sehen, das die Bereiche Sanierung und Abwicklung umfasst.82 Diese Einheit innerhalb des Bankinstitutes wird auch in der Praxis als „Work-Out-Abteilung“ bezeichnet. Aus diesem Grund erfordern die hohen Bestände an NPL in den Bilanzen der Banken ein entsprechendes Management. Neben der möglichen institutsinternen Bearbeitung, kommt auch die Möglichkeit des Outsourcing von Teilbereichen oder der gesamten
Problemkreditbearbeitung
in
Frage.
Nicht
zuletzt
deswegen
greifen
Kreditinstitute immer häufiger auf externe Spezialisten mit entsprechendem Know-how zurück. In der Regel werden notleidende oder leistungsgestörte Forderungen jedoch immer noch innerhalb eines institutsinterenen Work-Outs behandelt.
82
Vgl. Saldanha, S. 8.
22
1. Normal- und Intensivbetreuung Der
Geschäftsprozess
für
die
Risikoüberwachung
von
Krediten
sowie
deren
bedarfsgerechte Betreuung und Bearbeitung, lässt sich wie folgt darstellen:
Risikoklassifizierungsverfahren Bestandsaufnahme Zuweisung
Normalbetreuung
Intensivbetreuung
ja
Erfolg?
Problemkreditbearbeitung
nein Abwicklung
Sanierung
ja
Erfolg?
nein
Abb. 3: Geschäftsprozess für die Betreuung von Problemkrediten Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Anders et.al., S. 27.
Aus dem obigen Schaubild (Abbildung 3) ist ersichtlich, dass, bevor die Zuordnung eines Kredits zu einer Intensivbetreuung oder Problemkreditbearbeitung erfolgt, als erstes ein Risikoklassifizierungsverfahren (Rating)
durchgeführt wird, das eine fortlaufende
Kreditbearbeitungskontrolle und eine Bestandsaufnahme einschließt. Bei der Risikoklassifizierung ordnen die Kreditinstitute ihre Kunden nach deren Ausfallwahrscheinlichkeit ein. Nach den MaK ist eine derartige Klassifizierung zwingend
23
vorgeschrieben. Allerdings können die Banken und Sparkassen nach unterschiedlichen Verfahren vorgehen. Nach den Anforderungen von Basel II müssen die Kreditnehmer mit Hilfe eines Rating-Verfahrens, das u.a. die Einschätzung der Zahlungsfähigkeit umfasst, klassifiziert werden. Sofern diese Vorgehensweise von der Aufsichtsbehörde (BaFin) anerkannt wird, sind damit automatisch die Anforderungen der MaK erfüllt.
Die Abteilung Kreditrisikoüberwachung, die die Kreditengagements aufgrund eines vorgegebenen Kriterienkatalogs überprüft, fungiert als Risikofrühwarnsystem. Sobald bei der periodisch wiederholten Risikobeurteilung erste Anzeichen für eine bedeutende Veränderung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers zu erkennen sind, wird die Zuordnung der Kreditengagements überprüft und entschieden, ob ein bestimmtes Kreditengagement aus dem Marktbereich herauszulösen und in die Intensivbetreuung oder die Problemkreditbearbeitung (Marktfolge) zu übertragen ist. Dieser Vorgang wird als Zuweisung bezeichnet. Die Entscheidung, wann ein Engagement der Intensivbetreuung bzw. der Problemkreditbearbeitung zugeordnet wird, kann sowohl im „Markt“, als auch im marktunabhängigen Bereich getroffen werden.83
Innerhalb der Intensivbetreuung werden lediglich Kreditkunden, bei denen sich zukünftige Leistungsstörungen andeuten, einer gesonderten Betreuung unterzogen. Merkmale dafür können u.a. die Ausschöpfung von Überziehungslinien (quantitatives Kriterium) oder auch eine negative Branchenentwicklung (qualitatives Kriterium) sein.84 Die BaFin schreibt diesbezüglich in ihrem Rundschreiben MaRisk, dass die Entwicklung dieser Kriterien sowie deren regelmäßige Überprüfung außerhalb des Bereichs „Markt“ liegen müssen.85 Die Abwendung einer eventuell erforderlichen Zuweisung zur Problemkreditbearbeitung ist in der Intensivbetreuung durch Beseitigung oder Klärung der Negativmerkmale, die eine Rückgabe in den Bereich „Markt“ rechtfertigen, möglich.
83
Vgl. Theewen, S. 108. Vgl. Hannemann / Schneider / Hanenberg, S. 154. 85 Vgl. Rundschreiben der BaFin 18/2005, S. 19 f. 84
24
Anhand
des
folgenden
praktischen
Beispiels
wird
die
Entwicklung
eines
Unternehmenskreditengagements von der Kreditvergabe über die Kündigung bis zum Kreditverkauf erläutert, wobei sich die B.-GmbH (ein mittelständisches Unternehmen aus der Baubranche) zum Zeitpunkt der Kündigung in Insolvenz befindet: 1998 (Markt, Ausgangslage): Die Sparkasse A vergibt einen Kontokorrentkredit (KK) über 2 Mio. € an die B.-GmbH, die diesen zu durchschnittlich 70% ausschöpft. Zu diesem Zeitpunkt besteht noch eine konstante Geschäftsentwicklung. Die GmbH wird mit einem anfänglichen Rating von „2“ bewertet. 1999 (Markt): Die B.-GmbH plant den Bau einer Büroimmobilie mit einem Verkehrswert von 3 Mio. €. Da die Sparkasse A eine gute und langjährige Geschäftsbeziehung zu der B.GmbH unterhält und bereits einige erfolgreiche Geschäfte mit dieser abschließen konnte, finanziert die Sparkasse dieses Bauvorhaben zu 80%. Es bestehen Sicherheiten aufgrund einer Grundschuldbestellung auf das eigengenutzte (unbelastete) Betriebsgrundstück der B.-GmbH und auf das zu bebauende Grundstück sowie der neuen Immobilie von insgesamt nominal 2,4 Mio. € (Gesamtwert der Immobilien 4,5 Mio. €). Bis 2001 werden alle Zins- und Tilgungszahlungen fristgerecht zurückgezahlt. 2000 - 2001 (Intensivbetreuung, Markt):
Die Büroimmobilie wird fertig gestellt, aus
der Bilanz wird jedoch eine unbefriedigende Entwicklung des Betriebsergebnisses ersichtlich.
Aufgrund
einer
schlechten
Auftragslage
verzeichnet
die
B.-GmbH
Jahresfehlbeträge. Die erhofften positiven wirtschaftlichen Erfolge bleiben aus. Zur Sicherheit wird eine zusätzliche Grundschuld von 1,1 Mio. €. (insg. 3,5 Mio. €) mit weiter Zweckbestimmungserklärung
(für
das
Gesamtkreditengagement)
im
Grundbuch
eingetragen. Wegen der sich verschlechternden Entwicklung wird das Engagement der Abteilung „Intensivbetreuung“ zugewiesen. Zusätzlich hebt die Sparkasse A die Zinskonditionen geringfügig an, um die erhöhten Risikokosten zum Teil an die B.-GmbH weiterzugeben. (Internes Rating: 3) 2002 (Intensivbetreuung, Markt): Durch die Verluste der beiden Vorjahre sind die Kapitalrücklagen der B.-GmbH vollständig aufgebraucht. Zu diesem Zeitpunkt sind Anzeichen einer Liquiditätskrise nicht mehr zu übersehen. Es droht Illiquidität des Unternehmens. Der Unternehmer versucht die Immobilie bei einer Leasing-Gesellschaft zu
25
platzieren („Sale and lease back“), dies scheitert jedoch an der schlechten wirtschaftlichen
Lage
des
Unternehmens
und
pessimistischen
Marktaussichten
(lt. Leasing-Gesellschaft). Die Abgabe an den Bereich Sanierung wird durch die Sparkasse A vorbereitet. (Internes Rating: 4)
Prinzipiell kann man die Intensivbetreuung als Übergang zwischen Normalkreditbetreuung und Problemkreditbearbeitung sehen.86 Allerdings muss einer Problemkreditbearbeitung nicht zwangsläufig eine Intensivbetreuung vorausgegangen sein.
86
Vgl. Theewen, S. 107.
26
2. Problemkreditbearbeitung Wie bereits erwähnt, muss die Problemkreditbearbeitung außerhalb des Bereichs „Markt“ angesiedelt sein. Sofern die von den Kreditinstituten festgelegten Kriterien erfüllt sind, kommt es innerhalb der Problemkreditbearbeitung zunächst zu einer Sanierungsfähigkeitsund Würdigkeitsprüfung des Kreditnehmers.87 Diese wird durch darauf spezialisierte Mitarbeiter vorgenommen. Dabei geht es vornehmlich um die Frage, ob eine Sanierung, also die Fortführung des Unternehmens möglich ist oder eine Abwicklung des betroffenen Engagements erfolgen soll.88
Als Sanierung werden alle Maßnahmen verstanden, die bei einem in der Existenz bedrohten Unternehmen zur Wiederherstellung von Produktivität und Rentabilität sowie der Zahlungs- und Marktfähigkeit durchgeführt werden sollen.89 Wichtigste Voraussetzung für die Bank ist, dass die Sanierungsunterstützung auf alle Beteiligten verteilt wird. Zu bemerken ist außerdem, dass die Sanierung auch während eines Insolvenzverfahrens möglich ist. Dabei ist die Restrukturierung als Maßnahme zur Bestandssicherung und Ausschöpfung von Effizienzpotentialen zu sehen.
Die Sanierungswürdigkeit eines Kreditnehmers bezeichnet eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvolle Sanierung, die im Endeffekt einen über dem Liquidationswert liegenden Ertragswert für das Institut zum Ziel hat.90 Demnach ist der kurzfristig erzielbare Liquidationswert von Bedeutung. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Sanierungsfähigkeit auf die Fähigkeit des Kreditnehmers, mit Hilfe gezielter Maßnahmen eine stabile und nachhaltige Existenzbasis zu schaffen.91 Diese liegt nur vor, wenn bei Durchführung des Sanierungskonzeptes nachhaltige Einnahmeüberschüsse zu erwarten sind, die größer ausfallen, als die während der Sanierung zusätzlich gewährten Kredite.92
87
Vgl. Rundschreiben der BaFin 18/2005, S. 20. Vgl. Rundschreiben der BaFin 34/2002, S. 58 ff. 89 Vgl. Theewen, S. 108 f. 90 Vgl. Wirtky, S. 97. 91 Vgl. Hannemann / Schneider / Hanenberg, S. 163. 92 Vgl. Wirtky, S. 96. 88
27
Ausgangspunkt der Sanierungswürdigkeitsprüfung sind die subjektiven Interessen der an der Sanierung Beteiligten. Zu den Beteiligten gehören neben dem Anteilseigner insbesondere die Hausbank, die Lieferanten, die Arbeitnehmer und die öffentliche Hand. Jeder Gläubiger muss unter Berücksichtigung sämtlicher Chancen und Risiken davon überzeugt sein, dass sich sein Verlustpotential im Rahmen der Sanierung minimiert.93
Im
Rahmen
des
Interessengruppen
Sanierungskonzeptes eine
ausgewogene
muss Lösung
daher
unter
gefunden
Einbeziehung werden.
Von
aller einer
Sanierungswürdigkeit kann nicht ausgegangen werden, wenn die Sanierung auf Kosten Einzelner durchgeführt werden soll, ohne dass die wirkliche Absicht besteht, das Unternehmen zukünftig fortzuführen.94 Eine solche Sanierungsfähigkeits- und Würdigkeitsprüfung umfasst folgende Punkte: 95 -
Analyse der Ausgangssituation des Kreditnehmers
-
Ursachenanalyse der problemverantwortlichen Faktoren (Krisenursachen)
-
Chancen und Risiken der Vermögens- und Ertragslage der Kunden (wirtschaftliche Verhältnisse)
-
Ermittlung der finanziellen und personellen Möglichkeiten der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes
-
Analyse der Sanierungsmaßnahmen
-
Zeitplanung (Ressourcen- und Maßnahmenplanung)
Grundsätzlich ist festzustellen, dass bei der Prüfung der Sanierungswürdigkeit, bzw. -fähigkeit des Kreditnehmers häufig Hilfe von entsprechenden Spezialisten hinzugezogen wird, da je nach Komplexität, Umfang und Bedeutung des Engagements externes Knowhow erforderlich ist.96
93
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 92. Vgl. Scholz / Hofmann, S. 93. 95 Vgl. Hannemann / Schneider / Hanenberg, S. 163 f. 96 Vgl. Scholz / Hofmann, S. 90. 94
28
Soweit die Sanierungsfähigkeits- und Würdigkeitsprüfung des Kreditnehmers ein positives Ergebnis zeigt, wird ein spezifisches Sanierungskonzept erstellt. Das Sanierungskonzept muss sich auf einer plausiblen und tragfähigen strategischen Planung aufbauen, mit der die operativen Maßnahmen in Einklang stehen sollten. Darüber hinaus muss zwischen den Beteiligten Einigkeit über die Sanierungsziele und das zu verfolgende Konzept bestehen. Dieses ist personell und finanziell abzusichern. Das Sanierungsmanagement der Banken ist dabei bestrebt, ein Insolvenzverfahren zu vermeiden, wodurch es unvermeidlich zu teilweisem oder vollständigem Kreditausfall kommen würde.97
Zielsetzung für die Sanierung ist die dauerhafte Wiederherstellung der finanziellen Existenzgrundlage des Kreditnehmers zur Abwendung von Illiquidität, Überschuldung und Insolvenz.98 Im Vordergrund steht dabei die Fortführung des Unternehmens. Dies geschieht aus Bankensicht in erster Linie vor dem Hintergrund, den Bedarf an Einzelwertberichtigungen (EWB) möglichst zu begrenzen und Kunden nicht zu verlieren. Zur Messung des Erfolgs bei der Betreuung von NPL werden daher insbesondere die Auflösung gebildeter Einzelwertberichtigungen und die Erhaltung der Geschäftsbeziehung zum Kunden herangezogen. Weitere Indizien, wie die erzielten Rückflüsse aus den NPL (Recovery Rate)99, Rating-Verbesserungen und die Vermeidung von Kosten bei Abwicklungskrediten sprechen außerdem für eine Gesundung des Kreditverhältnisses innerhalb der Sanierung. Siehe hierzu nachfolgende Abbildung.
97
Vgl. Theewen, S. 106. Vgl. Hannemann / Schneider / Hanenberg, S. 165. 99 Die Recovery Rate ist die Erholungs- bzw. Rückführungsquote bei Krediten. Bezüglich der Rückführungsquoten von NPL des Firmenkundensegments lagen diese bei einem Großteil der Kreditinstitute zwischen 40 und 60%, wenn eine interne Work-Out-Abteilung bestand. Vgl. KPMG, S. 26. 98
29
Anhand der Auflösung gebildeter Einzelwertberichtigungen Erhaltung der Geschäftsbeziehung zum Kunden (Sanierungsfälle) Rückflüsse aus den NPL (Recovery Rate) Rating-Verbesserungen bei den Firmenkunden Vermeidung von Verwertungskosten bei Abwicklungskrediten
0%
20%
40%
60%
80%
Abb. 4: Kriterien zur Erfolgsmessung bei der Betreuung von Problemkrediten in Banken Quelle: KPMG (2002), S. 25.
Hat eine Sanierung keine Aussicht auf Erfolg oder ist aufgrund der Insolvenz des Schuldners eine klassische Sanierung nicht möglich bzw. erforderlich, kommt es zur Abwicklung
des
Sanierungschance
Kreditengagements. als
gering
Wird
eingestuft,
in
der wird
Problemkreditbetreuung das
Engagement
die dem
100
Abwicklungsmanagement zugeordnet.
Für den Fall der Kreditabwicklung ist nach den Vorgaben der BaFin ein Abwicklungskonzept mit Hilfe spezieller Mitarbeiter oder auch hierfür beauftragter externer Spezialisten einzubeziehen.101 Diese können im Bedarfsfall die Verwertung von Sicherheiten und die Betreuung des Engagements im Insolvenzverfahren begleiten.
Ziel
einer
Abwicklung
von
NPL
ist
erfahrungsgemäß
die
größtmögliche
Forderungsrealisierung gekündigter Kredite durch Verwertung der Sicherheiten, um
100 101
Vgl. Bettelhäuser, S. 147 f. Vgl. Rundschreiben der BaFin 18/2005, S. 20.
30 weitere Ausfälle zu vermeiden und Wertberichtigungen zu begrenzen.102 Dies schließt jedoch eine alternative, evtl. einvernehmliche Lösung mit dem Schuldner nicht aus.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte je nach Größe des Portfolios, Geschäftsfeldern der Bank und vorhandener Organisationsstruktur über eine Veräußerung oder Einschaltung eines Servicers nachgedacht werden.
Das oben genannte Beispiel setzt sich somit wie folgt fort: 2003 - 2005 (Sanierung, Problemkreditbearbeitung): Ergebnisses
der
B.-GmbH
muss
die
Sparkasse
Aufgrund des schwachen wiederum
erhebliche
Einzelwertberichtigungen auf den rechnerisch unbesicherten Teil des Immobiliendarlehens vornehmen. Wegen der sich verschlechternden Vermögens- und Ertragslage sowie einer schlechten Bewertung des Managements und des sich daraus ergebenden Rating „4“, wird zu Beginn des Jahres 2003 das Kreditengagement zur Betreuung an das bankinterne „Sanierungsmanagement“ übergeben. Zusätzlich wird eine externe Unternehmensberatungsgesellschaft eingeschaltet, die einen Interim-Manager einsetzt. Diese bescheinigt die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit der B.-GmbH. Es wird ein Sanierungskonzept erstellt, das eine Restrukturierung von Produktion und Logistik sowie die Hinzunahme neuer Geschäftsfelder beinhaltet. Man einigt sich auf die Aufrechterhaltung der derzeit in Anspruch genommenen KK-Kreditlinien (Stillhalten). Neufestlegung der Immobilienwerte (belegt durch internes Gutachten der Sparkasse): Betriebs- und Büroimmobilie: 3 Mio. € (EWB = 0,5 Mio. €) 2006 (Abwicklung, Problemkreditbearbeitung):
Das Sanierungskonzept scheitert und es
ist keine Zins- und Tilgungszahlung mehr möglich. Die kündigt die gesamten Kredite. Aus diesem Grund ist die Geschäftsleitung der B.-GmbH gezwungen, wegen Illiquidität einen Insolvenzantrag
zu
stellen.
Der
zuständige
Insolvenzverwalter
übernimmt
den
Geschäftsbetrieb und veranlasst nach intensiver Prüfung und Erstellung eines Sozialplanes die Stilllegung der B.-GmbH. Innerhalb der Sparkasse wird das Kreditengagement der
102
Vgl. Theewen, S. 107.
31
„Abwicklungsabteilung“ zugeteilt. Die Sparkasse versucht, die Verwertung der Sicherheiten (Verkauf der Immobilien) durchzuführen, jedoch gibt es bislang keine Interessenten. Internes Rating: 5 (Durch den Insolvenzantrag fällt das Rating auf die schlechteste Stufe.) 2007 (Verkauf):
Da auch eine Verwertung der Sicherheiten, bei denen es sich um
Sonderimmobilien
(eingeschränkte
Nutzung)
handelt,
scheitert,
gibt
der
Insolvenzverwalter die Immobilien aus der Insolvenzmasse frei. Die Sparkasse A muss daher eine weitere Neubewertung der Immobilien vornehmen und die Kredite zusätzlich einzelwertberichtigen. Betriebs- und Büroimmobilie: 1,5 Mio. € (EWB = 1,5 Mio. €) An diesem Punkt entschließt sich die Sparkasse A zu einem Kreditverkauf (True Sale) und sucht nach einem geeigneten Investor. Mittels vollständiger Risikoausgliederung wird Ende 2007 das Kreditengagement an einen Investor für 1,8 Mio. € verkauft.103 Damit ergibt sich für die Sparkasse A ein außerordentlicher Ertrag von 0,3 Mio. €. Somit gehen die Sicherheiten (Grundschulden) auf den neuen Gläubiger über. Der neue Gläubiger (Investor) beauftragt den Servicer „SGK- Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH“ mit dem Servicing eines Kreditportfolios in dem die Immobilien der B.-GmbH eingebunden sind. Siehe hierzu auch Kapitel E zur „Veräußerung eines NPL-Portfolios“ und Kapitel F zur „Bearbeitung der NPL durch einen Servicer“.
103
Siehe hierzu die Rechnung der Sparkasse A im Anhang S. 81.
32
3. Vorteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung Die Wirtschaftlichkeit eines institutsinternen Work-Out, im Vergleich mit der Alternative der Einschaltung eines externen Outsourcing-Unternehmens, ist von vielen Faktoren abhängig. Diese können u.a. die Kreditinstitutsgröße, die Geschäftsfelder sowie die Organisationsstruktur oder das NPL-Volumen im Kreditportfolio sein. Eine allgemein gültige Lösung gibt es daher nicht. Insbesondere bei regional agierenden, öffentlichrechtlichen Banken spielen das Argument der Institutsgröße und die Dauer der Bearbeitung eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine eigene Work-Out-Abteilung.
Die Vorteile einer bankinternen Problemkreditbearbeitung liegen u.a. darin, dass das Kreditinstitut in der Phase der Intensivbetreuung durch das Know-how seiner Spezialisten schneller auf sich andeutende Probleme reagieren kann. Damit können evtl. Krisen abgewehrt und im Bereich der Kundenbetreuung rechtzeitig Ansätze zur Prävention vorgenommen werden. Darüber hinaus besteht immer die Möglichkeit, von einer erfolgreichen Sanierung (Upside Potential) oder einer Wiederaufwertung der Sicherheiten zu profitieren. Dies kann ebenso zur Generierung positiver Abwicklungserfolge führen.104 Ferner ist gar eine Revitalisierung der Geschäftsbeziehungen möglich. Diesbezüglich hat die Bank große Vorteile davon, das Verhältnis bzw. Vertrauen zum Kunden weiter aufrechtzuerhalten und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Mögliche Imageschäden werden ebenfalls vermieden.
104
Vgl. Anders et.al., S. 21.
33
4. Nachteile der institutsinternen Problemkreditbearbeitung Die wesentlichen Nachteile eines institutsinternen Work-Outs begründen auch gleichzeitig die Vorteile der in den nachfolgenden Kapiteln beschriebenen Handlungsoptionen der Bank. Ein
internes
Work-Out
hat
zur
Folge,
dass
aufgrund
lang
andauernder
Ausarbeitungsperioden (häufig über mehrere Jahre) keine bilanzielle Entlastung erreicht wird. Während dieses Zeitraumes kommt eine erhöhte Eigenkapitalunterlegung sowie das Risiko weiterer Wertberichtigungen und Abschreibungen aufgrund von Totalausfällen oder Wertverlusten bei den Sicherheiten zum Tragen. Zudem kommt die Kostenbelastung einer Work-Out Abteilung hinzu.105
Diesbezüglich ist es notwendig, die grundsätzlichen Kostenfaktoren für Work-Out Abteilungen zu betrachten: -
Personalkosten, Lokations- und administrative Kosten
-
Kosten für entsprechende IT-Systeme, die eine standardisierte Zuordnung, Bewertung und Bearbeitung ermöglichen
-
Risikokosten für die Übernahme von Liquiditätsrisiken
-
Kapitalbindungskosten (Eigenkapitalbindung)
-
Gerichts- und Prozesskosten
-
Kosten
für
die
Verwertung
von
Sicherheiten
(Verkauf
oder
Zwangsversteigerung) -
Opportunitätskosten für entgangene Neugeschäftserträge
Den nur geringen Volumina des Portfolios steht bei kleineren Banken ein recht erheblicher Arbeitsaufwand gegenüber. Hinzu kommt ein hoher Verwaltungsaufwand bei Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen an die Prozesse der Problemkreditbearbeitung. Letztendlich trägt eine Bank, die sich für ein institutsinternes Work-Out entscheidet nicht nur die Erfolgs- und Rechtsrisiken, sondern auch die operationellen Risiken, die mit hohen fachlichen Anforderungen an die Beschäftigten im Work-Out Management einhergehen.106 105 106
Vgl. Schlagloth, S. 93. Vgl. Anders et.al., S. 22 f.
34
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Problemkreditbearbeitung bei kleineren Kreditinstituten nicht immer effizient ist und hohe Kosten verursachen kann. Um diesbezüglich eine Antwort zu finden, müssen nicht nur die beschriebenen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen, sondern auch eine genaue Kalkulation der Bearbeitungskosten und Gewinne (Cost-Income Ratios) ist notwendig. Diesbezüglich kann eine barwertige Berechnung aller erwarteten Rückflüsse aus den Problemkrediten, abzüglich aller durch das Work-Out anfallenden Kosten, vorgenommen werden. Folgende Parameter werden in einer barwertigen Betrachtung einberechnet:107 -
Personal- und Sachkosten
-
ausstehendes Forderungsvolumen
-
zukünftige Wertentwicklung der Sicherheiten,
-
prognostizierte Zahlungsströme
-
Risikokalkulation (Verwertungsrisiken)
-
externe Handlungskosten
-
(durchschnittliche) Abwicklungsdauer
-
Abzinsungsfaktor
-
Transaktionskosten
Zusätzlich zu der barwertigen Betrachtung muss aber auch eine allgemeine KostenNutzen-Abwägung vorgenommen werden, die die GuV-orientierten Auswirkungen berücksichtigt.108
107 108
Vgl. OSGV, S. 23. Vgl. Schlagloth, S. 93.
35
D.
Outsourcing der Problemkreditbearbeitung
Die Problemkreditbearbeitung durch Banken erfordert einen hohen Arbeits- und Personalaufwand.
Aufgrund
der
Komplexität
von
NPL-Engagements
sind
die
Anforderungen an die entsprechenden Abteilungen enorm. Hinzu kommt, dass einige Kreditinstitute keine effizienten institutsinternen Problemkredit-Abteilungen haben. Aus den oben genannten Gründen bieten sich unweigerlich verschiedene Möglichkeiten des Fremdbezugs an, die zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Banken beitragen sollen. Daher gewinnt das Management-Instrument des Outsourcing im Bankensektor, insbesondere im Hinblick auf den steigenden Kostendruck, zunehmend an Bedeutung.
In Deutschland entwickelte sich das Angebot von externen NPL-Servicern erst in den letzten zwei bis drei Jahren und wurde von den Banken und Sparkassen zunächst nur zögerlich angenommen. Im Gegensatz dazu ist bei den angelsächsischen und asiatischen Kreditinstituten die „Industrialisierung“ des Bankgeschäftes schon weit fortgeschritten. Diese ausländischen Kreditinstitute können sich größtenteils auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, da sie u.a. den Geschäftsbereich der Problemkreditbearbeitung ausgelagert haben.109
Beschränkte man sich bisher beim Thema „Outsourcing“ größtenteils auf die Ausgliederung von IT, zentralen Supportfunktionen oder Rechenzentren, gewinnt heute die Option des Outsourcing gerade im Bankensektor zunehmend an Bedeutung.110 So werden strategische
Überlegungen,
wie
die
Übergabe
ganzer
Bankprozesse
(u.a.
Kreditabwicklung, Zahlungsverkehr, Wertpapierabwicklung, Asset Management etc.) an einen Drittanbieter immer häufiger in die Tat umgesetzt.
Im Folgenden wird gezeigt, welche grundsätzlichen Gestaltungsvarianten des Outsourcing im Bereich der Problemkredite möglich sind und welche Chancen und Risiken bei diesen bestehen.
109 110
Vgl. Walter / Hahn, S. B1. Ebd.
36
1. Aufsichtsrechtliche Regelungen Generell ist jeder Tätigkeitsbereich, also auch die Problemkreditbetreuung eines Instituts, auslagerungsfähig, sofern die Anforderungen des § 25 a Abs. 2 KWG eingehalten werden.111 Das Rundschreiben der BaFin 11/2001 stellt jedoch klar, dass die Regelung nicht für „zentrale Leitungsfunktionen“ gilt.112 Zu den zentralen Leitungsfunktionen gehören u.a. Kreditentscheidungen und Stundungsvereinbarungen, welche zu den erlaubnispflichtigen Bankgeschäften nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG gehören.113 Die BaFin unterstützt die vertragliche Ausgestaltung von Outsourcing-Verhältnissen. In ihrem Schreiben werden Vertragsinhalte und Musterklauseln definiert. Die wesentlichsten Regelungen für die Behandlung von Problemkrediten durch Beauftragung externer Dienstleister (sei es mittels teilweiser oder vollständiger Auslagerung) sind in § 25 a Abs.2 KWG festgelegt. Ergänzend und erläuternd hierzu ist das BaFin Rundschreiben 11/2001 heranzuziehen. Es ist jeweils sicherzustellen, dass die Anforderungen aus den folgenden Richtlinien eingehalten werden:114 Das Outsourcing von Bereichen, die für Bankgeschäfte als wesentlich betrachtet werden, darf die ordnungsgemäße Durchführung dieser Geschäfte nicht beeinträchtigen. Ferner müssen die Steuerungsmöglichkeiten der Geschäftsleitung sowie die Prüfungsrechte und Kontrollmöglichkeiten der BaFin gesichert sein. Es ist sicherzustellen, dass die Leistungs- und Qualitätsstandards des Outsourcing-Unternehmens weiterhin denen eines Kreditinstitutes entsprechen. Die externe Dienstleisterbank hat das Bundesdatenschutzgesetz sowie das Bankgeheimnis zu beachten. Die Bank hat das Outsourcing-Unternehmen mit umfassender Sorgfalt auszuwählen, es angemessen in seine Aufgaben einzuweisen und zu überwachen.
111
Vgl. § 25 a (2) KWG. Vgl. Rundschreiben der BaFin 11/2001. 113 Vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG. 114 Vgl. § 25 a (2) KWG; vgl. Rundschreiben der BaFin 11/2001. 112
37
Die auslagernde Bank ist verpflichtet, ein entsprechendes Risikomanagement und -controlling
durchzuführen
und
Maßnahmen
zur
eventuellen
Schadens-
begrenzung zu definieren, um sich gegen das Risiko des Ausfalls oder der Schlechtleistung der Spezialbank abzusichern.
Prinzipiell ist festzuhalten, dass sich Kreditinstitute externer Hilfe von Spezialinstituten bedienen dürfen, sofern sie die oben genannten Auflagen erfüllen.
38
2. Bilanzunwirksame Auslagerung Bei der bilanzunwirksamen Auslagerung der Problemkreditbearbeitung wird dem externen Dienstleister lediglich das Servicing übergeben (Sub-Servicing Vertrag). Beispiel hierfür ist das Kreditwerk Hypotheken-Management GmbH (HM), das als Tochterunternehmen der Aareal Bank AG gegründet wurde und seit Anfang 2006 zur VR Kreditwerk AG gehört. Dieses übernimmt als größte deutsche „Kreditfabrik“ die Komplett- oder Teilbearbeitung von
Kreditportfolios,
ohne
dass
eine
Verkaufstransaktion
stattfindet.115
Das
Leistungsspektrum umfasst dabei das „Full Processing“ (Vollbearbeitung durch technische und personelle Ressourcen der HM), die Bereitstellung
von IT-Systemen zur
Darlehensbearbeitung und -verwaltung und die Möglichkeit der Bearbeitung von Teilprozessen bzw. Wahlleistungen. Die Portfolios können dabei neben Non Performing Loans auch Sub-Performing Loans beinhalten. Zu den Serviceleistungen gehören Consulting, IT-Unterstützung, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und alle weiteren Kreditprozesse. Dabei behält das Outsourcing-Institut seine ganze unternehmerische Unabhängigkeit, indem es im Rahmen von „Service Level Agreements“ die Leistungsbeschreibung und Bearbeitungsrichtlinien festlegt.116
Die Auslagerung von Teilbereichen der Problemkreditbearbeitung ist eine viel versprechende und wichtige Handlungsalternative für Banken, da sie vielfältige Vorteile mit sich bringt. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der Auslagerung der Sanierung, der Abwicklung und der Abgabe von gekündigten und ausgeklagten Forderungen an Inkassounternehmen. Diese Handlungsoptionen können sowohl alternativ als auch kumulativ ausgewählt werden.
1.1. Sanierung Eine Auslagerung des Sanierungsmanagements ist nicht problemlos umzusetzen und findet in der Praxis in der Regel auch nicht statt, denn bei der Sanierung handelt es sich um einen nicht standardisierbaren Aufgabenbereich, der unter Ausschöpfung der der Sanierung zur 115 116
Vgl. Kreditwerk Hypotheken-Management, Bestand, S. 1. Vgl. Kreditwerk Hypotheken-Management, das Unternehmen, S. 2.
39
Verfügung stehenden Möglichkeiten (z.B. Sanierungskreditvergabe) einer Auslagerung widerspricht.117 Da bei der Sanierung grundsätzlich eine Rückführung des Engagements in die Normalbearbeitung des Kreditinstitutes angestrebt wird, ist im Gegensatz zur Abwicklung
bei
der
Sanierung
eine
größere
Einbindung
der
Bank
in
den
Bearbeitungsprozess notwendig.
Eine Ausnahme stellt das sog. „Sanierungs-Master-Konstrukt“ dar, bei dem die auslagernde Bank lediglich die Prüfung der Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit auf den Dienstleister überträgt. Hierbei bleibt die Kreditvergabekompetenz beim auslagernden Institut.118 Vorteil dieser beschränkten Auslagerung ist, dass der Outsourcing-Dienstleister über keine Banklizenz verfügen muss. Dennoch sollten auch hierbei die Regelungen über Bankgeheimnis und Datenschutz eingehalten werden.119
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass aufgrund der Verantwortlichkeit des auslagernden Instituts angemessene Weisungsbefugnisse und Kontrollmöglichkeiten sowie kontinuierliche Berichterstattung des Dienstleisters gegeben ist.120
Besonderen Wert muss auf seriösen Auftritt und entsprechendes Feingefühl des Dienstleisters gelegt werden, der in dieser Phase der Sanierung auch mit dem Kunden in Kontakt tritt, zumal die Geschäftsbeziehung in der Regel auch nach erfolgreicher Sanierung andauern soll. In jedem Fall steht fest, dass das erforderliche spezielle Know-how des OutsourcingUnternehmens dem Schuldner hilft, seine Krise genauer zu identifizieren, Risiken zu analysieren und abzufedern. Einig sind sich die Fachleute auch in dem Punkt, dass die Abwägung von Möglichkeiten und Risiken bei der Entscheidung über Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit und die eventuell sich anschließende Restrukturierung durch ein gezieltes Outsourcing entscheidend verbessert werden.121 Die spezialisierten externen Berater handeln im Auftrag der Bank und sind in der Regel im Unternehmen eingebunden ohne 117
Vgl. Theewen, S.110. Vgl. Theewen, S.111 f. 119 Siehe hierzu die ausführliche Darstellung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Kapitel A.III. 120 Vgl. Anders et.al., S. 35 ff. 121 Vgl. Scholz / Hofmann, S. 159. 118
40
eigene Handlungskompetenzen zu haben. Diese sollen der Bank insbesondere bei der Beurteilung helfen, ob sie weitere Kredite gewähren kann oder dem in der Krise befindlichen Unternehmen raten soll, Insolvenz anzumelden.
1.2. Abwicklung Nicht selten wird eine Auslagerung der Kreditabwicklung durchgeführt, da sich diese Möglichkeit als relativ problemlos darstellt. Durch die BaFin wird die Kreditabwicklung generell als auslagerungsfähig eingestuft, da sie nicht zum eigentlichen Geschäft der Kreditinstitute gehört. Bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung zwischen Bank und Investor können sogar die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Geschäftsführung erhalten bleiben.
Oftmals
kann
die
Abwicklung
mangels Größe
und
hinreichender
personeller
Möglichkeiten von den Banken nur unwirtschaftlich umgesetzt werden, weshalb hier arbeitsteilige Strukturen zur Nutzung von Skalen- und Spezialisierungseffekten Abhilfe versprechen. Da die in diesem Bereich neben den generellen fixen Kosten entstehenden Verzugsschäden beim Kunden nicht geltend gemacht werden können, sind diese institutsinternen Einheiten kerngeschäftsferne Kostenstellen.
1.3. Inkasso Bezüglich der Beitreibung gekündigter Kreditforderungen behelfen sich bereits viele Banken mit der Weitergabe an externe Inkasso-Dienstleister. Dies soll am Beispiel der S-Inkasso GmbH verdeutlicht werden, die im Januar 2006 von der Bad Homburger Inkasso GmbH (BHI) erworben wurde. Ihre Zielgruppe sind hauptsächlich die Sparkassen, bei denen die durchschnittlichen Bearbeitungskosten für die Beitreibung der ausstehenden Forderungen die Rückführungserträge bei weitem übersteigen. Im Vergleich dazu erzielt der Inkasso-Dienstleister, aufgrund seiner Spezialisierung auf diesem Markt, eine höhere Ertragsquote. Die Sparkassen profitieren vom umfangreicheren Dienstleistungsspektrum des Inkasso-Unternehmens, das sich auch
41
auf die Abwicklung von Individualforderungen, Sicherstellungen und Verwertungen mobiler Objekte konzentriert hat.122 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die S-Inkasso GmbH im Gegensatz zu den Sparkassen eine Inkassogebühr für ihre Aufwendungen von den Forderungsschuldnern verlangen kann. Sollte der Einzugsversuch des Dienstleisters fehlschlagen, übernimmt dieser die bis dahin entstandenen Kosten (z.B. Verwaltungsgebühren, Kosten für Gerichtsvollzieher etc.). Aus diesem Grund geht das wirtschaftliche Risiko vollständig auf die S-Inkasso GmbH über und die Aufwendungen der Sparkasse beschränken sich auf die entstandene Dienstleistungsgebühr. Aufgrund der Kompetenzen des Dienstleisters kann durch höhere Zahlungsrückflüsse eine Senkung des Risikos erreicht werden. Diese geht auf die jeweilige Sparkasse über, da der Dienstleister nicht Gewinn orientiert arbeitet. Die Informationen über Forderungen und Schuldner werden in diesem Prozess mittels einer automatisierten Software zur Verfügung gestellt. Das Beispiel der S-Inkasso GmbH verdeutlicht, dass insbesondere die Übertragung der Beitreibung auf einen Inkasso-Dienstleister eine lohnende Alternative darstellen kann. Durch Outsourcing des Forderungsmanagements sinken in der Regel die eigenen Personalund Sachkosten. Auf der anderen Seite ist die Weitergabe des Sanierungsbereiches, aufgrund der komplexen Behandlung dieser Sanierungsengagements, nicht ohne weiteres umzusetzen.
122
Vgl. Bad Homburger Inkasso GmbH, S. 1.
42
3. Bilanzwirksame Auslagerung Bei den bisher beschriebenen Outsourcing-Varianten, der teilweisen oder vollständigen Auslagerung der Geschäftsprozesse, kam es nicht zu einem bilanziellen Abgang der Kreditengagements.
Neben
diesen
kommt
eine
vollständige
und
endgültige
bilanzwirksame Übertragung von Risikokrediten auf Dritte, sog. „Bad Banks“ oder Servicing-Dienstleister in Betracht. Der Begriff „Bad Bank“ bezieht sich auf eine unabhängige betriebswirtschaftliche Einheit, deren Hauptaufgabe in der Bewirtschaftung und Abwicklung von NPL liegt.123 Sie hat sich im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Bank auf die Übernahme und Verwertung von „schlechten Krediten“ spezialisiert und versucht die Forderungen innerhalb kürzester Zeit zu verwerten. Eine „Bad Bank“ kann im Ausnahmefall auch Teil einer bestehenden Bank sein, wobei es dabei nicht zu einer bilanzwirksamen Auslagerung kommen würde.124 Eine „Bad Bank“ grenzt sich von einem Servicer insoweit ab, als dass ein ServicingUnternehmen nicht unbedingt Eigentümer der Forderung wird, sondern lediglich die Bearbeitung der Forderungen für einen Investor übernimmt. Außerdem besitzt eine „Bad Bank“, die man auch als Kreditfabrik bezeichnen kann, in der Regel eine Banklizenz. Eine „Bad Bank“ ist somit Investor und Dienstleister in einem. Servicer und „Bad Bank“ verfolgen beide das Ziel, zumindest einen Teil der ausstehenden Forderungen einzutreiben.125
Beispiel für eine „Bad Bank“ ist die Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG), die als Spezialkreditinstitut
ausgelagerte
Forderungen,
insbesondere
zur
Entlastung
des
Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken, in ihrem eigenen Bestand führt. Rechtlich ist die BAG eine Volksbank, die allerdings nur die Problemkreditbearbeitung übernimmt. Als Outsourcing-Dienstleister kann sie im Gegensatz zu reinen Servicern ohne Banklizenz auch Sanierungsengagements übernehmen und somit auch Sub Performing Loans bearbeiten.
123
Vgl. Theewen, S. 112. Vgl. Heppe, S. B4. 125 Die Welt 30.06.2005, S. 18. 124
43
4. Möglichkeiten und Risiken des Outsourcing Der wichtigste Aspekt der Ausgliederung der Problemkreditbearbeitung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Möglichkeit der Kostensenkung. Insbesondere die Bindung personeller und finanzieller Ressourcen bei den Kreditinstituten sprechen häufig gegen den Erhalt einer eigenen Work-Out Abteilung. Durch das Outsourcing kann sich die Bank auf ihre Kernkompetenzen (insbesondere das klassische Kundengeschäft) konzentrieren und effizientere Strukturen werden gefördert. Insofern führt das Auslagern von NPL-Aktivitäten dazu, dass die effektiv verfügbare Vertriebszeit der Mitarbeiter in den Kreditanstalten durch Verlagerung administrativer Aufgabenbereiche erheblich gesteigert werden kann. Außerdem wird mit einer bilanzwirksamen Auslagerung nicht nur Eigenkapital freigesetzt, sondern auch das Rating der Bank und die damit verbundenen Refinanzierungsmöglichkeiten verbessert. (Seit Basel II hat dies vermehrt an Bedeutung gewonnen.) Schließlich kommt hinzu, dass die Einbindung externer Dritter zur Disziplinierung des Kreditnehmers beitragen kann. Dies ist vor allem deshalb möglich, weil dieser zu dem Darlehensnehmer keine weiterführende Geschäftsbeziehung hat, sodass bei der Rückforderung oder der Verwertung „aggressiver“ vorgegangen werden kann, als es bei einem darlehensgewährenden Kreditinstitut der Fall wäre.
Nichtsdestotrotz sind mit derartigen Outsourcing-Varianten auch erhebliche Risiken verbunden, die im Vorfeld oft nur begrenzt in Betracht gezogen werden oder nicht überschaubar waren. Ein Outsourcing ist nur dann für die jeweiligen Kreditinstitute empfehlenswert, wenn dadurch bessere Ergebnisse erzielt und Kosten eingespart werden können. Gefahren liegen in der ungenauen Definition der vertraglich zu erbringenden Leistungen und der sich daraus ergebenden Ziele. Wichtiger Bestandteil ist dabei die Einrichtung der Schnittstellen zwischen Outsourcer und Dienstleister. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Auswahl des richtigen Partners, da dessen Auftreten gegenüber Kunden und dessen Geschäftspraktiken Image- und Vertrauensschäden für das auslagernde Institut erzeugen können.126
126
Vgl. Anders et.al., S.39 f.
44
Manche Kreditinstitute sehen den möglichen Know-how-Abfluss durch den Abgang seiner Problemkreditspezialisten als inakzeptables Risiko. Auf der anderen Seite stehen die Interessen der auf diese Bereiche spezialisierten Mitarbeiter, die einen möglichen Arbeitsplatzverlust fürchten und dem Outsourcing-Prozess negativ entgegenstehen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Outsourcing-Vorhaben nicht immer für beide Parteien vorteilhaft verlaufen. Markbeobachter gehen davon aus, dass ungefähr die Hälfte der in den letzten fünf Jahren entstandenen Kooperationen gescheitert ist. Dies liegt u.a. daran, dass sich die Auslagerungen in vielen Fällen nicht gerechnet haben.127
Um den oben genannten Risiken entgegenzuwirken ist die Festlegung klarer Ziele und Strategien im Kooperationsverhältnis zwischen Bank und Dienstleister erforderlich. Sog. „Service Level Agreements“ fixieren Qualitätserwartungen und gewähren der Bank rechtliche Klarheit bei Qualitätsmängeln. Eine Unterstützung ist dabei der Einsatz spezifischer Softwarelösungen einschließlich der Einrichtung spezieller Schnittstellen zwischen Kreditinstitut und Servicer sowie zwischen Servicer und Inkasso-Dienstleister. Diese determinieren in Verbindung mit effizienten Bearbeitungsprozessen ebenfalls den Erfolg dieser Arbeitsteilung. Grundsätzlich ist der Rückgriff auf externe Dienstleister dann effizient, wenn deren bereits etabliertes Geschäft und ihr Know-how zu rentablen Abläufen und damit niedrigeren Bearbeitungskosten für das auslagernde Institut führt. Eine große Rolle bei der Entscheidung, ob und an welchen Servicer ausgelagert werden soll, spielen nicht zuletzt die geforderten Gebühren.
127
Vgl. Walter / Hahn, S. B1.
45
E.
Veräußerung eines NPL-Portfolios
Die Alternative des direkten Verkaufs problembehafteter Kreditportfolios stellt, wie bereits erwähnt, eine relativ neue Handlungsoption für deutsche Kreditinstitute dar. 128 Bisher wurden Problemkredite größtenteils im Zuge des hausinternen Intensiv-, Abwicklungs- und Sanierungsmangements betreut. Nichtsdestotrotz ist inzwischen auch in Deutschland ein eigener Markt entstanden, der sich relativ schnell entwickelt.
1. Der Transaktionsprozess und seine Parteien Bei der überwiegenden Anzahl der Verkäufe von NPL wird die Übertragung eines Kreditportfolios im Wege eines Kauf- und Abtretungsvertrags durchgeführt, wobei die einzelnen Forderungen und Sicherheiten auf einen Käufer übertragen werden. Verkäufer (Originator) von NPL sind vor allem (deutsche) Kreditinstitute. Als Käufer bzw. Investor treten in der Regel international tätige Investmentbanken auf, die allerdings aus haftungsrechtlichen Gründen meist nicht selbst Vertragspartei werden. Vielmehr „organisieren“ sie lediglich den Erwerbsprozess und gründen als Käufer sog. Zweckgesellschaften („Special Purpose Vehicles“, -SPV), die die NPL erwerben und den Übertragungsvertrag mit dem Verkäufer abschließen.129 Von den SPV (meist im Ausland ansässig) erwarten die Investoren entsprechende Renditen. Das SPV erhält von der verkaufenden Bank alle Forderungen und Rechte des Portfolios, im Gegenzug zahlt es den Kaufpreis (zum Zeitpunkt des Closing). Gleichzeitig beauftragt das SPV einen besonders auf Problemkredite spezialisierten Servicer. Ab dem sog. Transfertag (Übernahme der Akten zu den erworbenen Forderungen) betreut der Servicer die Forderungen und die damit zusammenhängenden Sicherheiten (meist Immobilien). Zusätzlich gehen das wirtschaftliche Eigentum an den Sicherheiten und alle diesbezüglichen Rechte und Forderungen von dem SPV auf einen Sicherheitentreuhänder über. Rechtlicher Eigentümer bleibt in der Regel jedoch weiterhin der Schuldner des Kredits. Der Sicherheitentreuhänder, der meist die Aufgaben eines Insolvenzverwalters übernimmt, kümmert sich um die treuhändische Verwaltung der Sicherheiten im Rahmen 128 129
Siehe Kapitel A. II. 1. Der Markt in Deutschland. Vgl. Wulfken / Grieser, S. 152.
46
der Kreditverträge. Er übt eine Sicherungsfunktion zugunsten des Gläubigers aus. Rechtlich wird der Treuhandvertrag grundsätzlich als Vertrag zugunsten Dritter (der Gläubiger) gemäß § 328 BGB ausgestaltet. Zu den Aufgaben des Sicherheitentreuhänders zählen neben der Verwaltung der Sicherheiten auch die Erlösverteilung. Die Aufgabe der Verwertung der Gegenstände übernimmt in aller Regel jedoch der Servicer und liefert hierzu sowie zum gesamten Bearbeitungsstatus ein regelmäßiges, sehr detailliertes Reporting.130 Zur Darstellung des Verkaufsprozesses von NPL und den daran Beteiligten siehe folgende Skizze:
Investor
Rendite
Forderungen +
Verkaufende Bank
Kapital
i.d.R. im Ausland
Zweckgesellschaft
Sicherheiten
(SPV)
Kaufpreis
Übergabe der Akten (Transfer)
Serviceauftrag
Servicer Dienstleister
Sicherheiten
SicherheitenTreuhänder
Abb. 5: Prozessskizze (NPL-Verkauf) Quelle: Eigene Darstellung.
130
Siehe Kapitel F.1. Aufgaben eines Servicers; Definition Reporting siehe Anhang S. 90.
47
2. Zeitlicher Ablauf einer NPL-Transaktion „Die Planung und Durchführung einer NPL-Transaktion ist arbeits- und zeitintensiv.“131 Aufgrund der Komplexität und der großen aufzuwendenden Ressourcen vor und während einer NPL-Transaktion, sollte der Prozess nur bei großem Verkaufs- und Kaufinteresse durchgeführt werden. Erfahrungsgemäß ist die Portfoliogröße ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftlich sinnvolle Verkaufstransaktion, da bei der Durchführung hohe Nebenkosten entstehen können. Diese sind oftmals auf eine geringe Standardisierung des Prozesses zurückzuführen. Umfassende Informationen zu den Forderungen und wenn möglich zu Schuldnern und Sicherheiten sind maßgebliche Vorraussetzung für eine erfolgreiche NPL-Transaktion. Die Unvollständigkeit von Daten und Akten führt zu Verzögerungen und entsprechend erhöhten Kaufpreisabschlägen. Bereits bei der Zusammenstellung der Daten ist eine Kooperation mit einem Servicer förderlich.132
Eine konkrete Einschätzung der Dauer der gesamten Transaktion ist schwierig. Diese kann etliche Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Der typische Ablauf von der Investorenansprache bis zum Kaufvertragsabschluss soll bei erfahrenen Banken lediglich ca. sechs Monate dauern.133 Aus diesem Grund ist eine kurzfristige Bilanzbereinigung bei Portfolioverkäufen im Bieterverfahren nicht möglich. Konkrete Transaktionszeiträume sind letztendlich von folgenden Faktoren abhängig: - Verkaufsvolumen - Verkaufsart (Einzelengagement- oder Portfolioverkauf) - Zusammensetzung des Portfolios (Kreditarten)
Soweit festgestellt werden konnte, gibt es keine standardisierte, idealtypische Vorgehensweise, sondern lediglich übliche Geschehensabläufe. Allgemein lässt sich ein Kreditverkauf in fünf Phasen einteilen (siehe Abbildung 6 auf der nächsten Seite), die im folgenden erläutert werden:
131
Jobe / Stachuletz, S. 340. Vgl. GFKL Financial Services AG, S. 6 f. 133 Vgl. Weber, S. 63. 132
48
Vorbereitung 4 - 6 Wochen
• Klärung der Projektstruktur • Klärung der Identifikation des Portfolio • Aufbereitung der Datensätze für die Investoren • Aufbreitung der Akten • Datenübermittlung an Kaufinteressenten
Indikation
Due Diligence
2 - 3 Wochen
6 - 8 Wochen
• Festlegung der Rahmenbedingungen im Bietverfahren • Abgabe des indikativen Angebotes durch den Investor • Auswertung indikatives Angebot • Auswahl der Investoren für weitere Teilnahme an der Transaktion
• Bereitstellung der zu veräußernden Forderungen (Akten, Datenband) • Durchführung der Due Diligence • Abgabe eines verbindlichen Angebotes durch die Investoren • Auswertung der Gebote und Entscheidung
Vertragsverhandlung 2 - 3 Wochen
• Verhandlung KV • Regelung Detailfragen (z.B. Bearbeitungsprozedere in der Überleitungsphase) • Erstellung der „Closing-List“ mit allen zu veräußernden Forderungen • Vereinbarung endgültiger Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten • Vertragsunterzeichung
Vertragsdurchführung 4 - 5 Wochen
• Übergabe von Kreditakten • Abtretung der Sicherheiten • Information der Kreditnehmer • Kaufpreiszahlung
Abb. 6: Phasen des NPL-Verkaufs Quelle: OSGV (2004), S. 29. und Klöckner / Wolters (2004), S. 30.
2.1. Vorbereitung Bereits die Vorbereitung ist für den reibungslosen Ablauf einer NPL-Transaktion unerlässlich. Sie beinhaltet neben einer genauen Planung auch die Zusammenstellung des Projektteams, das die Transaktion während des gesamten Prozesses begleitet. Empfehlenswert ist dabei, schon zu Beginn auf einen externen Berater (z.B. einen Servicer oder Projektmanager) zurückzugreifen, der den zeitlichen Ablauf skizziert und auf wichtige Aspekte in der Umsetzung achtet. Zudem ist es zweckmäßig schon zu diesem Zeitpunkt eine international agierende Kanzlei zu beauftragen.134 Festzulegen ist, ob die Bank die Projektsteuerung inne haben wird oder sie auf einen dieser speziellen Partner überträgt.135 Zunächst muss die Bank eine Vorauswahl der zum Verkauf stehenden Kreditportfolios treffen. Die von der Bank ausgewählten Mitarbeiter, die meist aus den Sanierungs- und Abwicklungsabteilungen stammen müssen die Datensätze und Akten für die Investoren, bzw. einen später einzurichtenden Datenraum zusammenstellen und gegebenenfalls
134 135
Wirtky, S. 119. Jobe / Stachuletz, S. 341.
49 aufbereiten.136 Dieser Arbeitsschritt kann durchaus problematisch sein, da er nicht unbedingt im Interesse der ihn durchführenden Mitarbeiter ist, deren Arbeitsplätze durch die Transaktionen möglicherweise gefährdet sein könnten.
2.2. Indikation Nachdem die Vorbereitungsphase des Kreditportfolioverkaufs abgeschlossen ist, folgt in der Indikationsphase zunächst die Festlegung des Bietverfahrens. Dabei wird in der Regel ein zweistufiges Verfahren angewandt, welches den Investoren einen ersten Überblick über die zum Verkauf stehenden Engagements ermöglicht. Üblicherweise werden hierbei nur die Art der Kredite, deren Umfang und der Status der Besicherung weitergegeben, während schuldnerbezogene Angaben (Name, Adresse etc.) noch zurückgehalten werden. Daraufhin kommt es zu einem unverbindlichen Angebot durch den Investor, welches die verkaufende Bank auswertet. In diesem Zusammenhang ist der sog. „Letter of Intent“ von Bedeutung, der eine Kaufabsichts- und Vertraulichkeitserklärung zwischen den potentiellen Vertragsparteien darstellt.137 In der Praxis sind solche Erstgebote jedoch von geringer Aussagekraft, da der Umfang der zur Verfügung stehenden Informationen begrenzt ist und die Investoren bei der ersten Bewertung des Engagements noch wenig Aufwand betreiben. Dennoch erhält das Kreditinstitut einen ersten Eindruck über den zu erzielenden Verkaufserlös.138 Da die Erzielung eines möglichst hohen Verkaufspreises für die Bank im Vordergrund steht, ist es für diese von Vorteil, den Kreis der Bieter auf ein Minimum (ca. vier) zu begrenzen. Wie die Praxis gezeigt hat, ist das Interesse der vorwiegend internationalen Investoren bei kleinerer Bieteranzahl und bei möglichst großvolumigen Portfolios höher.139 Als Begründung sind wiederum die mit der Transaktion verbundenen hohen Kosten für die Investoren zu sehen.
136
Siehe Anlage S. 88: Vorbereitung der Kreditakten für die sog. Due Diligence. Vgl. Scott, S. 18. 138 Vgl. Klöckner, S. 343. 139 Vgl. Klöckner / Wolters, S. 1197 f. 137
50
Im Gegensatz dazu werden dem Investor beim einstufigen Bietverfahren (direkte Due Diligence) alle zur Verfügung stehenden Unterlagen zu den zu veräußernden Kreditportfolios unmittelbar zur Verfügung gestellt. Nach der Durchsicht und Bewertung kommt es zur Abgabe eines bindenden Angebotes durch die jeweiligen Interessenten.140
2.3. Due Diligence Einer der wichtigsten Schritte einer NPL-Transaktion ist die Durchführung einer Due Diligence
Prüfung.
Im
deutschen 141
„Sorgfältigkeitsprüfung“ bezeichnet.
Sprachgebrauch
wird
sie
häufig
als
Beim Verkauf ist sie einer der wichtigsten Aspekte
und stellt mit großer Arbeitsbelastung und Komplexität hohe Anforderungen an die beteiligten Vertragspartner. Nach Froitzheim stellt die Due Diligence sogar die „größte Herausforderung einer NPL-Transaktion“ dar.142
Die Due Diligence ist ein „stichtagsbezogenes, klar strukturiertes, planvolles Preisfindungsverfahren zur Bewertung der Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken, d.h. der Werthaltigkeit des Kreditportfolios“.143 Vor der zweiten und abschließenden Bieterrunde werden alle für die ausgewählten Investoren relevanten Informationen in einem Datenraum (Data Room) im Hause des Verkäufers zur Verfügung gestellt.144 Im Datenraum herrschen festgelegte Regeln, die einen vertraulichen Umgang gewährleisten und sicherstellen, dass die Prüfer gleichermaßen unterstützt werden. Die Investoren, meist durch beauftragte externe Experten (Banken, Anwälte und Wirtschaftsprüfer) vertreten, müssen die Kaufobjekte einer intensiven Untersuchung unterziehen, um diese beurteilen zu können.145 Im Rahmen der Due Diligence spielen folgende Berater eine wichtige Rolle: Wirtschaftsprüfungsgesellschaften146, 140
Immobiliensachverständige,
Rechtsanwaltsbüros
Vgl. Klöckner, S. 342.; West, S. 88. Vgl. Scott, S. 31. 142 Froitzheim et.al., S. 68. 143 Jobe / Stachuletz, S. 341; vgl. Weber, S. 66. 144 Siehe Anlage S. 88: Vorbereitung der Kreditakten für die sog. Due Diligence. 145 Vgl. Scott, S. 14. 146 Als internationales Beispiel für einen spezialisierten Berater (Wirtschaftsprüfer) für die Analyse und Bewertung von NPL-Portfolios, sei die „Real Estate Services Group“ genannt. Auf ihrer Homepage befindet sich ein ausführlicher Überblick diesbezüglicher Dienstleistungen, die bereitgestellt werden können, http://www.realestateservicesgroup.com/perform.htm. 141
51 und letztendlich die Servicegesellschaften.147 Während dieser Portfolioanalyse wählen die Investoren
im
Stichprobenverfahren
einzelne
Engagements
aus
und
führen
Einzelprüfungen durch.148 „Nur wenn es gelingt, zu jeder im Kreditportfolio befindlichen Forderung alle Informationen zu Kreditnehmern und Sicherheiten zusammenzutragen, kann überhaupt eine wirtschaftlich sinnvolle NPL-Transaktion zustande kommen.“149 Des Weiteren gibt die Due Diligence dem zukünftigen Servicer Aufschluss über den Umfang der bereits durchgeführten Sanierungsmaßnahmen und somit Hinweise auf mögliche Lösungsansätze.150
Ziel der Due Diligence ist folglich die Gewinnung eines umfassenden Überblicks über das zum Verkauf stehende Portfolio, um letztlich ein verbindliches Kaufpreisangebot zu ermöglichen. Die Zeitspanne der Due Diligence beträgt je nach Größe des Portfolios, Datenqualität und Homogenität der Forderungen sowie Anzahl der eingebundenen Investoren sechs bis acht Wochen.151
Im Rahmen der Due Diligence sind diverse Themenbereiche zu unterscheiden: wirtschaftliche (Commercial Due Diligence) rechtliche (Legal Due Diligence) steuerliche (Tax Due Diligence)152 Die Commercial Due Diligence umfasst beispielsweise folgende Bereiche: 153 -
Werthaltigkeit,
Wirksamkeit
und
Durchsetzbarkeit
der
Forderungen
und
Sicherheiten -
Analyse der Schuldnerbonitäten, Liquiditätssituationen und Wertrelationen der Sicherheiten zu den Forderungen
147
Vgl. Scholz / Hofmann, S. 253 f. Vgl. Froitzheim et.al., S. 70 f. 149 Froitzheim et.al., S. 68. 150 Vgl. Kleinjohann, S. 86. 151 Vgl. Wirtky, S. 122. 152 In dieser Arbeit werden die steuerrechtlichen Aspekte außer Acht gelassen. 153 Vgl. Frühauf, S. 8. 148
52
-
Kreditlaufzeiten,
Tilgungsprofile,
Verzinsungen,
Zahlungshistorie
und
Wertberichtigungen Die Legal Due Diligence bezieht sich u.a. auf folgende Punkte:154 -
Wirksamkeit der Kreditverträge und Sicherheitenbestellungen
-
Informationen über Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren
-
Verjährungsprobleme, AGBs und andere Formerfordernisse
Unter Legal Due Diligence wird dabei die rechtliche Prüfung des vorhandenen Aktenbestandes verstanden. Die Due Diligence soll auch rechtlich umfassende Klarheit über den Kaufgegenstand bringen. Ein weiterer wesentlicher Prüfungspunkt der Legal Due Diligence ist die Prüfung der Portfoliobesicherung. Die Art der Besicherung hat nicht nur Einfluss auf die Werthaltigkeit des Portfolios, sondern auch auf die Vorgehensweise, die Art der Bewertung und den erforderlichen Informationsbedarf im Rahmen der Due Diligence. Im Wesentlichen lassen sich drei Kreditarten mit unterschiedlicher Besicherung darstellen:155 -
Immobilienkredite an Privatleute (grundpfandrechtlich gesicherte Wohnungsbaukredite, gekennzeichnet durch standardisierte Kreditverträge und homogene Strukturen und große Stückzahl)
-
grundpfandrechtlich gesicherte Firmenkundenkredite zum Erwerb von gewerblich genutzten Immobilien (diese Darlehen sind deutlich komplexer und größer und erfordern dadurch einen höheren Bewertungs- und Analyseaufwand)
-
nicht besicherte Konsumenten- oder Firmenkredite mit hoher Komplexität und erheblichem
Analyseaufwand
(diese
Kredite
besitzen
den
geringsten
Homogenitätsgrad und aufgrund der nicht vorhandenen Sicherheiten stehen Bonität und Zahlungshistorie im Vordergrund)
Da im Falle von gekündigten Krediten ohnehin kein Kapitaldienst mehr geleistet werden kann, liegt der Schwerpunkt der NPL Due Diligence folglich nicht auf der Bonitätsanalyse, 154 155
Ashurst, S. 4. Vgl. Kleinjohann, S. 87 f.; vgl. Froitzheim et.al., S. 41.
53
sondern auf der Ermittlung der Werthaltigkeit der Immobile. Die Analyse der wesentlichen Kenndaten der Immobilie beinhaltet Flächenangabe, Mieteinnahmen, Leerstand, Laufzeit, Ausgestaltung der Mietverträge und Brutto- oder Nettoeinnahmen.156 Eine sorgfältige Due Diligence verursacht zwar hohe Transaktionskosten, führt in der Regel aber beim späteren Verkauf zu höheren Angeboten. Scholz und Hofmann weisen daraufhin, dass bei intransparenter Aktenlage sogar pauschal Preisabschläge vorgenommen werden.157 Aus diesem Grund ist es maßgeblich, das die Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Aktualität der durch die veräußernde Bank bereitgestellten Informationen gewährleistet ist. Die Due Diligence ist also ein wesentliches Kriterium für den erfolgreichen Verkauf eines NPL-Portfolios. Sie ist mit der Prüfung im Rahmen eines M&A158-Prozesses vergleichbar.159 Im daran anschließenden Bietverfahren wird den Investoren die Möglichkeit gegeben, ein verbindliches Angebot abzugeben. In der Regel bekommt der Meistbietende den Zuschlag, da die Qualität der Investoren und deren Erstangebot bereits in der ersten Phase überprüft wurde.
2.4. Vertragsverhandlung Bei den Vertragsverhandlungen, also nach Vorliegen eines verbindlichen Angebotes, kommen Käufer und Verkäufer zur Klärung aller noch offenen Detailfragen, u.a. der Zahlungsmodalitäten, Festlegung der Ansprechpartner während der Vertragsdurchführung oder das Bearbeitungsprozedere in der Überleitungsphase zusammen. Häufig bereitet der Käufer den ersten Vertragsentwurf vor, der vom Verkäufer daraufhin geprüft wird. Während des sog. Closing erstellt der Käufer anhand der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen eine Liste („Closing-List“) mit allen zu erwerbenden Forderungen. Diese ist ein wichtiger Bestandteil des Kaufvertrages, in dem alle Daten über den Kredit und die Sicherheiten stehen. 156
Vgl. Kleinjohann, S. 92. Vgl. Scholz / Hofmann, S. 247. 158 Mergers & Acquisitions (angelsächsischer Begriff für die im Bankgeschäft durchgeführte Beratung von Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen) 159 Vgl. Weber, S. 67.; Vgl. Ashurst, S. 4. 157
54
Der Vertrag beinhaltet mitunter auch verpflichtende Erklärungen (Garantien) des Verkäufers hinsichtlich des Bestandes von Forderungen und Sicherheiten.160 Außerdem muss dieser nachweisen, dass er rechtmäßiger Besitzer und verfügungsberechtigt über das Portfolio ist. Auch der Käufer versichert, dass er bei der Bearbeitung die bankübliche Sorgfalt beachtet.161 Für den Servicer wird der Datenbestand dem jeweiligen IT-System angepasst, damit bei Vertragsabschluss der entsprechende Datenübergang problemlos ablaufen kann. Die seit dem „Cut-Off-Date“ (Verkaufsstichtag) entstandenen Kosten (z.B. für Rechtsverfolgung, Zwangsverwaltung, Sicherheiten erhaltende Maßnahmen) und eingegangenen Zahlungen für die verkauften Forderungen werden mit dem vereinbarten Kaufpreis verrechnet. Zum Abschluss der Vertragsverhandlungen wird der Vertrag von beiden Vertragspartnern unterzeichnet.
2.5. Vertragsdurchführung Zur Umsetzung der vertraglich festgelegten Punkte kommt es beim Transaktionsstichtag. Es erfolgt die Zahlung des Kaufpreises an die verkaufende Bank und die Übertragung der Forderungen auf den vom Käufer meist beauftragten Servicer. Während dieses Prozesses ist
eine
gut
koordinierte
Übermittlung
erforderlich,
um nicht
die
laufenden
Beitreibungsprozesse zu beeinträchtigen.162 Der Aufwand bei der Vertragsdurchführung durch die Übergabe der Akten an den Käufer oder Servicer, die Abtretung der Sicherheiten und das Informieren der Schuldner und Mitarbeiter darf nicht unterschätzt werden.163 Bei guter Vorbereitung sind die Phasen der Vertragsverhandlung und -durchführung innerhalb von sechs bis acht Wochen durchzuführen. (Siehe hierzu auch Kapitel F.2. zur Unterstützung durch einen Servicer.)
160
Vgl. Schlagloth, S. 91. Vgl. Jobe / Stachuletz, S. 345. 162 Vgl. Wirtky, S. 124. 163 Vgl. Klöckner, S. 346 f. 161
55
3. Chancen und Risiken bei der Veräußerung notleidender Kredite 3.1. Motive des Verkäufers Auf den ersten Blick erscheint die Veräußerung von NPL durch die Banken für diese kaum wirtschaftlich sinnvoll. Schließlich handelt es sich bei Kreditausfällen um ein im Kreditgeschäft immanentes Risiko, welches eigentlich durch die Erträge dieser Geschäfte zumindest ausgeglichen werden sollte.164 Offenkundig scheint das in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland im Wesentlichen auch der Fall gewesen zu sein. Erst die konjunkturelle Entwicklung und der Abschwung insbesondere in Ostdeutschland haben dazu geführt, dass die Kreditausfälle nunmehr ein wirtschaftliches Problem darstellen. Es kam zu einer anteilsmäßigen Zunahme von NPL in den Bilanzen der Banken, die zu einer Verschlechterung der Ertragslage führten. Mittlerweile können sich viele Kreditinstitute hohe
Abschreibungen
und
Wertberichtigungen
aufgrund
niedriger
Zins-
und
Provisionsergebnisse nicht mehr ohne weiteres erlauben. Diese drohen zur Verlustquelle zu werden.165 Für die meisten deutschen Banken ist das Geschäft der Veräußerung von Problemkrediten jedoch weiterhin kaum rentabel. Viele meist kleine Institute können sich diese Art des direkten Portfolioabgangs insbesondere wegen des großen Kaufpreisabschlages nicht leisten. Die Frage, ob ein Problemkreditverkauf im Gegensatz zu einer hausinternen Bearbeitung durchgeführt werden soll, entspricht einer klassischen „Make-or-Buy-Entscheidung“.166 Diesbezüglich muss jedes Kreditinstitut aufgrund seiner eigenen Unternehmensstrategie die Vorteilhaftigkeit dieser Alternative prüfen. Die Entscheidung über einen Kreditverkauf sollte jedoch immer auf einer detaillierten Kosten-Nutzen-Analyse basieren, da hierbei nicht nur der (in der Regel niedrigere) Kaufpreis, sondern auch interne und externe Kosten für die Durchführung der Verkaufstransaktion einbezogen werden müssen. In diesem Zusammenhang ist für die interne Analyse eine barwertige Kostenbetrachtung vorzunehmen. Zu beachten sind nicht nur zukünftige Einsparungen bei Personal- und 164
Vgl. Hofmann / Walter, S. 1567. Vgl. Hamberger / Diehm, S. 182. 166 Vgl. Klöckner / Wolters, S. 1196. 165
56
Sachkosten, es stehen dabei auch die Risiken und Chancen des NPL-Portfolios im Vordergrund.
Ein Motiv für die Veräußerung kann die Möglichkeit der Eigenkapitalfreisetzung sein. Kreditforderungen sind abhängig von ihren gewichteten Ausfallrisiken (Rating) und gemäß der Eigenkapitalanforderungen (§ 10 ff. KWG) mit Eigenkapital zu unterlegen.167 Dies ergibt sich aus den neuen Vorschriften (2007) des zweiten Baseler Akkords (Basel II). Ein Verkauf kann deshalb zu einer Entspannung der Ertragslage führen. Durch die Einführung der MaK werden nun die formalen Rahmenbedingungen (aufsichtsrechtliche Anforderungen), die sich für das Problemkreditrisikomanagement ergeben, signifikant strenger gehandhabt. Daraus entstehen u.a. steigende Servicekosten, die sich mit dem Verkauf zumindest verringern würden.
Wie
bereits
erwähnt
Sanierungsmanagement
erfordert einen
sowohl
hohen
das
Abwicklungs-,
Arbeitsaufwand
und
ist
als
auch
somit
das
überaus
kostenintensiv.168 Eine Reduzierung der Kosten des Work-Out-Bereichs eröffnet die Möglichkeit, sich auf das ertragbringende Geschäft zu konzentrieren.169 Dies kann zu einer „Verschlankung“
der
internen
Prozesse
führen
und
eine
Neuausrichtung
der
Mitarbeiterkapazitäten auf rentable Geschäftsfelder ermöglichen. Freiwerdende finanzielle Mittel und Zuflüsse aus dem Verkaufserlös könnten neu investiert werden. Besonders kleine Institute profitieren somit aus der Reduzierung ihrer Problemkreditengagements.
Zusätzlich wird eine qualitative Verbesserung der Risikostruktur des Portfolios erzielt, wodurch ein besseres Rating möglich ist. Auch vor dem Hintergrund der weggefallenen Gewährträgerhaftung170 für Sparkassen und Landesbanken kann die Verkaufsentscheidung eine wirtschaftlich und bankpolitisch wichtige Strategie darstellen. Zutreffend ist jedenfalls, dass markt- und sachbedingte Wertverluste der Kredite und deren Sicherheiten
167
Vgl. Theewen, S. 112. Vgl. Hofmann / Walter, S. 1568. 169 Vgl. Weber, S. 56. 170 Die sog. „Gewährträgerhaftung“ (Wegfall: Juli 2005) verpflichtet den Träger öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, für Verbindlichkeiten des Instituts zu haften. 168
57 sowie operationale Risiken dadurch vermindert werden.171 Die Gefahr zukünftiger Gewinnschwankungen aufgrund eines erheblichen Wertverfalls der Sicherheitenwerte oder gar eines Totalausfalls von Kreditengagements besteht somit nicht.172
Nicht zuletzt sind derzeit die Rahmenbedingungen für einen Forderungsverkauf günstig, da zahlreiche Investoren den Markteintritt in Deutschland suchen und dementsprechend relativ hohe Preise bezahlen.173 Dies hat sich jedoch in der Praxis mittlerweile in sofern geändert, als das sich die Investoren heute restriktiver verhalten als in der Vergangenheit. Nach Erfahrungen führender Servicing-Unternehmen erwerben sie nicht mehr jedes Portfolio, das ihnen angeboten wird.174
Im Unterschied zu anderen ausländischen Märkten wie Italien oder China bestehen in Deutschland andere Verkaufsmotive.175 So sehen deutsche Banken die Abgabe ihrer notleidenden Kredite vornehmlich als eine strategische Möglichkeit innerhalb des Kreditportfoliomanagement. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass der Verkauf von NPL einen relativ neuen Markt darstellt. Insgesamt betrachtet gilt der Verkauf von NPL als Option einer Leistungsverbesserung und Restrukturierung des eigenen Kreditgeschäfts.
Auch die negativen Aspekte, die ein Kreditinstitut beim Verkauf seiner Forderungen berücksichtigen muss, sollen an dieser Stelle erwähnt werden. Zwar bedeutet der Verkauf für die Kreditinstitute eine Vorverlagerung von Einkünften, dies allerdings nur unter Inkaufnahme von Abschlägen beim Kaufpreis (Teilwert der ursprünglichen
Forderung).176
Mehrfach
bestehen
bei
der
Kaufpreisfindung
unterschiedliche Wertvorstellungen, da die Bank lediglich buchhalterische Maßstäbe ansetzt, die zu einer unzureichenden Beurteilung führen können.177 Ursache sind die im Buchwert trotz enthaltener Wertberichtigungen noch nicht berücksichtigten Bearbeitungsund Refinanzierungskosten und die eventuell noch entstehenden Zinsausfälle. Zudem 171
Vgl. Klöckner, S. 331. Vgl. Wirtky, S. 116. 173 Vgl. OSGV, S. 15. 174 Dr. Jörg Boltersdorf (Chief Executive Officer der SGK mbH, Frankfurt a.M.) 175 Zu den Verkaufsmotiven siehe Kapitel C. I. 3. 176 Vgl. Froitzheim et.al., S. 57. 177 Vgl. Banken und Partner, S. 1. 172
58
können auch unterschiedliche Markterwartungen bei der Festlegung eines Kaufpreises bestehen.178 Zusätzlich
müssen
die
bilanziellen
Auswirkungen
eines
Forderungsverkaufes
berücksichtigt werden. Finanzielle Nachteile entstehen auch im Rahmen der aufwendigen Vorbereitung der Transaktion. Die dabei anfallenden Kosten (z.B. durch Datenselektion, Vertragsausgestaltung etc.) wirken sich mindernd auf den Nettoerfolg der Veräußerung aus. Insbesondere durch die Vorbereitung einer Due Diligence entstehen hohe Kosten. Weitere Gebühren entstehen für externe Beratung (z.B. rechtliche und steuerliche Aspekte). Der entsprechende Aufwand für die Bank bemisst sich jeweils aus der Anzahl der Bieter und der Größe des Portfolios.
Zusätzlich muss das Kreditinstitut Risiken, wie entgangene Erträge bei einer möglichen Wiederaufwertung von Sicherheiten oder auch bei Gesundung der Kreditengagements („Upside Potential“) mit in ihre Überlegung einbeziehen.
Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Reputation der Bank, die bei einer Transaktion Schaden nehmen könnte. Bislang nicht untersucht sind die Reaktionen von Kunden, die sich möglicherweise bei ihrer Hausbank nicht mehr ausreichend betreut oder ungerecht behandelt fühlen könnten. Diesbezüglich ist es von großer Bedeutung, dass der Neugläubiger gewisse Qualitätsstandards erfüllt und einen fairen Umgang mit dem Schuldner aufrecht erhält. Zu beachten ist auch die Abhängigkeit von Dritten, falls das Kreditinstitut sich für eine dauerhafte Auslagerung von Problemkrediten entscheidet.
Abschließend ist zu bemerken, dass die Durchführung einer NPL-Transaktion nur dann erfolgreich sein kann, wenn Entscheidungsträger und Mitarbeiter dem Forderungsverkauf beipflichten und ihn unterstützen. Dies ist häufig nicht der Fall, da die Bank bekanntlich durch die Umsetzung dieses Projektes ihre Mitarbeiterkapazitäten auslagern, bzw. auch Entlassungen
vornehmen
will.
Dies
kann
negative
Auswirkungen
auf
das
Gesamtkreditgeschäft der Bank mit sich bringen. Durch den Abgang der speziell auf diesen Bereich ausgebildeten und erfahrenen Mitarbeiter kann bei sich gegebenenfalls
178
Vgl. GFKL Financial Services AG, S.5.
59
abzeichnenden Krisensituationen bei Kreditnehmern nicht rechtzeitig reagiert werden, um erforderliche Maßnahmen einzuleiten.
Zusammenfassend lassen sich hauptsächlich folgende Beweggründe für und gegen einen Verkauf von Problemkrediten anführen:
Antriebsfaktoren -
Bilanzbereinigung und Steigerung der
Negativaspekte -
Transparenz
Wertberichtigungsbedarf aufgrund des Kaufpreisabschlages
-
Verbesserung des Rating
-
evtl. Imageverlust bei Kunden
-
Verbesserung der Portfoliostruktur
-
hoher Bearbeitungsaufwand während
-
Konzentration auf das Kerngeschäft
-
geringere interne und externe Kosten
der Transaktionsphase -
(insb. durch Freisetzung von personellen Work-Out Ressourcen) -
unmittelbarer Liquiditätszufluss
-
Planungssicherheit
-
gewinnbringender Einsatz von
evtl. Neustrukturierung des Problemkreditmanagements
-
noch geringe Erfahrungen mit NPLTransaktionen
freigesetztem Eigenkapital -
Abbau von Kreditrisiken (Vermeidung von weiteren EWB und Ausfällen)
-
Basel II (steigende Kapitalkosten für NPL)
-
MaK (steigende Servicekosten)
-
Wegfall der Gewährträgerhaftung für öffentliche Kreditinstitute
Abb. 7: Antriebsfaktoren und Negativaspekte beim Verkauf von NPL Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wentzler, S. 8 und OSGV, S. 21.
60
3.2. Motive des Käufers NPL-Investoren haben in Deutschland häufig einen schlechten Ruf. Sie werden in der Presse als „Geier Fonds“ oder „Heuschrecken“ bezeichnet.179 Hintergrund dieses Titels ist, dass sie die wirtschaftliche Schieflage von Darlehensnehmern gewinnbringend ausnutzen wollen. Dem entgegen spricht aber, dass die Renditen nicht aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners erzielt werden, sondern weil sich der eigentliche Gläubiger von seinen Forderungen trennen will, da er den Wert seiner notleidenden Kredite nicht im gleichen Maße erzielen kann, wie ein spezialisierter Investor bzw. Servicer. Somit ermöglichen NPL-Investoren den deutschen Kreditinstituten, sich ihrer Problemkredite zu entledigen und aus ihrer angespannten Ertragslage zu befreien. Aus der Sicht des Kreditnehmers stellen sie sogar eine erhöhte Chance dar, Unternehmen oder Privatleute mit beträchtlichen Liquiditätsproblemen bei Sanierungsvorhaben zu unterstützen und vor einem Konkurs zu bewahren.180 Dennoch ist die Maximierung der Rendite das Hauptanliegen und eigentliche Ziel der Investoren beim Kauf von Risikokrediten. Aus diesem Grund setzen sich die Investoren bzw. Servicer in der Regel einen sehr kurzen Zeitraum für die Realisierung der Forderungen.
Es bestehen derzeit zwei Handlungsoptionen, die den Investoren zur Verfügung stehen. Einerseits können die Problemkredite im Zuge eines aktiven Work-Out betreut und abgewickelt werden, andererseits sind sie aber auch weiter veräußerbar. Die NPL-Händler, sog. Trader, haben einen relativ kurzfristigen Anlagefokus. Sie treten nur auf den Markt, um Kreditportfolios oder auch großvolumige Einzelengagements (Single Names) günstig zu erwerben, diese evtl. kurz zu bearbeiten, umzustrukturieren und später wieder gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie erzielen ihre Rendite durch den Weiterverkauf und die Übernahme des Kreditrisikos sowie die Ausnutzung von KaufpreisIneffizienzen des Marktes.181
179
Vgl. Köhler / Maisch, S. 1. Vgl. Wirtky, S. 164. 181 Vgl. Cherubim et.al., S. 22. 180
61
Der Endinvestor, auch Workout-Investor genannt, sieht seine Kernkompetenz in einem leistungsfähigen Kredit-Servicing. Hierbei zielt er auf eine kürzere Verwertungsdauer ab und ist bereit, geringere Kreditrückzahlungen in Kauf zu nehmen. Dies ist möglich, da er die Forderung von der Kreditgebenden Bank mit einem deutlichen Abschlag (von ca. 50% oder mehr) erworben hat.182
Bei der Abwicklung erhält der Erwerber die Möglichkeit, Wertzuwächse aus der Realisierung der Sicherheiten zu erzielen.183 Somit stellt der Kauf von notleidenden Krediten für viele Investoren eine attraktive Option zur Risikodiversifikation dar. Mit der Verwertung wird bei erfahrenen Investoren bzw. beauftragten Servicern in der Regel eine aussichtsreiche Rendite von ca. 15 - 20 % (auf dem deutschen Markt) erzielt.184
Auch aus Kreditnehmersicht kann der Kreditverkauf und die Betreuung durch einen hierauf spezialisierten Investor bzw. Servicer eine größere Chance zur Sanierung und zur Gesundung („Turn-around“) bieten.185
182
Vgl. Hamberger / Diehm, S.184. Vgl. Rinze / Heda, S. 1558. 184 Vgl. Scholz / Hofmann, S. 391. 185 Vgl. Weber, S. 56 183
62
F.
Bearbeitung der NPL durch einen Servicer
1. Rolle und Aufgaben eines Servicers In Deutschland kommen die größten NPL-Investoren vor allem aus Amerika oder Asien. Warum sie die Forderungen nicht selbst realisieren bzw. der Servicer die Forderungen nicht in eigenem Namen kauft, liegt in folgendem.
Da ein Investor oftmals nicht über das Know-how für die Abwicklung der erworbenen Darlehensforderungen verfügt, bedient er sich eines Servicers. In erster Linie hat dies steuerliche Vorteile für die im Ausland sitzenden Investoren, wenn sie einen inländischen Servicer mit der kompetenten Bearbeitung, der Verwaltung und dem Verkauf der Vermögenswerte beauftragen. Der Servicer wiederum verfügt über kein Investitionskapital und verdient an den mit dem jeweiligen Portfolio-Investor ausgehandelten Bearbeitungsund Erfolgsprovisionen.
Auf dem deutschen Markt gibt es verschiedene Modelle der Zusammenarbeit zwischen Investor und Servicer: Investition und Servicing werden aus einer Hand angeboten (Konzern, Unternehmensverbund oder Gesellschaft) Der Investor sucht sich einen passenden Servicer und vereinbart mit diesem die Beitreibung (eine gesellschaftsrechtliche Verbindung besteht nicht) Vereinbarung eines sog. „Risk-Sharings“ zwischen Servicer und Investor (der Servicer ist an den Investitionen wirtschaftlich beteiligt)
Der Investor muss sich spätestens beim Markteintritt entscheiden, auf welche Weise das Servicing des erworbenen Portfolios erfolgen soll. Er kann entweder einen internen Servicer aufbauen oder die Servicing-Leistung auf einen unabhängigen Anbieter übertragen.186 Die Entscheidung für eines der Modelle hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Wichtig ist lediglich, dass Servicer und Investor eng und kooperativ zusammenarbeiten
186
Vgl. Bachmann, S. 249.
63
und vom Verkäufer als Einheit wahrgenommen werden. Ein Servicer kann auch lediglich die Aufgabe eines Inkassounternehmens übernehmen, das im Auftrag eines Investors die gekauften Forderungen beitreibt. Insbesondere die Sparkassen sind daran interessiert, das die Abwicklung reibungslos und ohne Rufschädigung erfolgt. Ausländischen Investoren ist es dagegen relativ gleichgültig, ob sie regional in Verruf geraten.
Die schnelle Zunahme des Handels von NPL hat die Entwicklung des Servicings vorangetrieben.
Mittlerweile
sind
in
Deutschland
viele
verschiedene
Service-
Gesellschaften von unterschiedlicher Größe entstanden, die zueinander in großer Konkurrenz stehen. Es gibt z.Zt. in Deutschland ca. 10 bekannte und überregionale Servicing-Unternehmen die ihre Dienste anbieten:
Hudson Advisors GmbH (Lone Star) Hoist Immobilien GmbH Proceed Portfolio Services GmbH (GFKL Financial Services) Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH (Nord/LB, WestLB und Shinsei Bank) Whiteshire Debt Solutions GmbH (JP Morgan) Credit Suisse First Boston AG Archon Group GmbH (Goldman Sachs) Crown Westfalen Credit Services GmbH Servicing Advisors Deutschland GmbH (Eurohypo, Citigroup und Capmark) Lohnbach Investment Partners GmbH
Private Equity Gesellschaften wie bspw. Lone Star Funds arbeiten mit ihrer eigenen Servicegesellschaft (Hudson Advisors GmbH) zusammen, die das Abwicklungsgeschäft vor Ort übernehmen. Diese verfügen über gute Marktkenntnisse und arbeiten mit speziellen IT-Programmen, mit deren Hilfe sich für jedes einzelne Engagement Work-OutPläne erstellen lassen. Dabei wird auf eine umfassende Datenbank zurückgegriffen, die von der Berechnung der durchschnittlich zu erwartenden Mieteinnahmen aus einer Immobilie in bestimmter Lage, bis hin zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit einer
64
erneuten Vermietung dieses Objektes umfassende Informationen für Sanierungs- und Abwicklungsentscheidungen liefern.187
Dienstleistungen eines externen Servicers (Auswahl) -
Unterstützung während des Verkaufsprozesses (u.a. Due Diligence)
-
Entwicklung von marktgerechten Verwertungsstrategien und Businessplänen zu den übernommenen Sicherheiten (meist Immobilien)
187
-
Know-how z.B. Insolvenzverfahren / Zwangsversteigerung
-
Professionelles Portfolio-Management
-
Verwaltung und Verwertung der Sicherheiten und Forderungen
-
Verhandlungen mit Schuldnern und Dritten
-
Einbindung von Partnern in den Verwaltungs- und Verwertungsprozess
Vgl. Köhler / Maisch, S.1.
65
2. Das Servicing Grundsätzlich lässt sich das Servicing in vier Phasen darstellen, die nachfolgend erläutert werden: Interim Servicing (Pre-Closing) Closing (Transfertag) Post Closing Asset Management
2.1. Interim Servicing (Pre-Closing) Die Phase des Interim Servicing umfasst den Zeitraum unmittelbar nach Einigung über alle nötigen Vertragsmodalitäten zwischen Verkäufer und Investor (ab dem „Cut-Off-Date“), in der der Servicer das Engagement noch nicht vollständig übernommen hat. Hierbei bearbeitet die verkaufende Bank das jeweilige Portfolio interimistisch. Der Servicer unterstützt in der Regel den Verkäufer bzw. dessen Work-Out-Abteilung bei der Vorbereitung des Closing, um die Übernahme des Portfolios möglichst problemlos ablaufen zu lassen. Das sog. Closing-Team, in dem Mitarbeiter des Verkäufers und des Servicers zusammen arbeiten, legt nach Abschluss des Kaufvertrages die anstehenden Aufgaben, die Verantwortlichkeiten und die zeitliche Abfolge für den Abschluss der Transaktion fest. Alle Daten bezüglich des Schuldners, des Darlehens und der Sicherheiten werden entsprechend den Anforderungen des Servicers aufbereitet. Dieser Arbeitsschritt ist besonders wichtig, da der Servicer die meist sehr umfangreichen Daten nach Abschluss des Closing in sein eigenes IT-System einspielt, um bei seiner weiteren Arbeit über verlässliche Informationen zu den jeweiligen Forderungen und Vermögensgegenständen zu verfügen.188 Schon zu diesem Zeitpunkt sollte der Servicer Einfluss auf das Work-Out nehmen, damit er sein weiteres Vorgehen rechtzeitig abstimmen kann und dem bereits übergegangenen wirtschaftlichen Eigentum des Investors schon Rechnung getragen wird.
188
Vgl. Bachmann, S. 251.
66
2.2. Closing (Transfertag) Closing bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem die Kaufpreiszahlung erfolgt und der Verkäufer die Darlehen und Sicherheiten auf den Investor überträgt.189 Damit wird die Transaktion abgeschlossen. Die wichtigsten Aufgaben im Rahmen des Closing lassen sich wie folgt darstellen: -
Übergabe aller für die Transaktion erforderlichen Unterlagen
-
Übermittlung der elektronischen Daten
-
Legal Due Diligence unmittelbar vor dem Closing
-
Zahlung des bereinigten Kaufpreises (unter Einberechnung der während der Interims-Phase erzielten Forderungserlöse und entstandenen Kosten oder sonstigen Bereinigungspositionen)
-
In Kenntnis setzen des Schuldners und sonstiger Beteiligten mittels eines „Goodbye-Letters“ von der veräußernden Bank und eines „Hello-Letters“ durch den Servicer
2.3. Post Closing Während des Post Closing, also nach Abschluss der Transaktion, werden die „einzelnen Asset Manager den jeweiligen Darlehensnehmern bzw. entsprechenden Einheiten zugeordnet.“190
Die
Asset
Manager
beginnen
ihre
Tätigkeit,
indem
sie
den
Sicherheitentransfer (bei Immobilien: Umschreibungen der Grundbücher und Titel, bei anderen Rechten: Umschreibungen, z.B. bei Versicherungspolicen, Wertpapier-Depots oder Konten) veranlassen, die Darlehensakten überprüfen, diese ggf. vervollständigen und die Schuldner kontaktieren. Außerdem entwickeln sie aufgrund ihrer Erkenntnisse Business Pläne191, in denen Lösungsstrategien zu den jeweiligen Engagements entwickelt und Planungsvorhersagen (Erlöse und Kosten als Cash-Flow-Darstellung) in der Regel für zwei bis vier Jahre entworfen werden. Diese Business Pläne enthalten somit die zu erwartenden Zahlungsströme, auch vorzeitige Verkaufserfolge können barwertig abgezinst ermittelt werden. Hierdurch können im weiteren Verlauf die erwarteten und tatsächlichen 189
Vgl. Bachmann, S. 252. Vgl. Ebd. 191 Siehe hierzu Anhang 82. 190
67
Zahlungsströme verglichen und der Erfolg ermittelt werden. Während des Post Closing werden außerdem alle Zins- und Tilgungszahlungen überwacht und die erfassten Daten mit den Kreditakten abgeglichen.
2.4. Asset Management Nachdem durch den Investor der Business Plan genehmigt wurde, beginnt das Asset Management mit der Betreuung, Sanierung oder Abwicklung der Darlehen und den damit verbundenen Sicherheiten.192 Die Aufgaben des Asset Managements stellen sich unter anderem wie folgt dar: -
komplette Aktenaufnahme und Datenauswertung
-
Ortsbesichtigung der Sicherheiten
-
Entwicklung von Work-Out- bzw. Lösungsstrategien für jedes Kreditengagement
-
„Verhandlung mit Darlehensnehmern und sonstigen Dritten bzgl. der zu leistenden Zahlungen, Zahlungsmodalitäten und der Freigabe oder Verwertung der verbundenen Sicherheiten“193
192 193
-
Teilnahme an Gerichtsverfahren
-
Überwachung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
-
Überprüfung der Sicherheiten und des Versicherungsschutzes
-
Bearbeitung der Business Pläne
-
Überprüfung und Überwachung der Cash-Flow
-
Reporting (an den Investor)
-
Überprüfung der erreichten Ziele
Vgl. Anders et.al., S. 21. Vgl. Bachmann, S. 253.
68
3. Aufgabenbereiche des Asset Managements Bei der Veräußerung von notleidenden Kreditportfolios spielt die Immobilie als Hauptsicherheit die wesentliche Rolle, da hinter den meisten veräußerten NPL Immobilienfinanzierungen stehen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die verschiedenen Immobilienarten unterschiedliche Strategien erfordern. Je nachdem ob es sich um Wohnimmobilien, Gewerbeimmobilien (Büro- und Industrieimmobilien) oder Spezialimmobilien (z.B. Hotels, Kliniken etc.) handelt.194
3.1. Die laufende Verwaltung Im Vordergrund des wirtschaftlichen Besitzes (grundbuchliche Rechte) und der Verwaltung von Immobilien steht, insbesondere für den Investor, der laufende Ertrag aus der Immobilie (Cash-Flow), da er aus diesen Einnahmen einen bedeutenden Teil seiner gesamten Cash-Flow-Erwartung zu dieser Immobilie erwirtschaften will. Ist die besicherte Immobilie vermietet, wird der Servicer alle Möglichkeiten ausschöpfen die Mieteinnahmen einzuziehen. Des Weiteren hat er die Aufgabe den Wert der Immobilie zu steigern, also die Vermietungssituation zu verbessern. Er kann unter Umständen versuchen neue Mietverträge abzuschließen und Renovierungs- und Ausbaumaßnahmen vorzunehmen, dies allerdings nur mit Hilfe des Eigentümers oder eines Zwangsverwalters. Sinnvoll in diesem Zusammenhang ist es daher, mit dem Eigentümer der Immobilie (meist der Schuldner) zu kooperieren, das heißt unter Mitwirkung des Schuldners die Verwaltung der Immobilie zu regeln und entweder auf eine Ablösung der Forderungen oder eine freihändige Veräußerung der Immobilie hinzuwirken. Sofern der Schuldner nicht kooperationsbereit ist, hat der Servicer die Aufgabe, eine Zwangsversteigerung einzuleiten (ggf. unter Einbeziehung einer Zwangsverwaltung) oder die Zwangsvollstreckung voranzutreiben.195 Nach Aussage von Clarence E. Dixon196 ist „die Zwangsversteigerung die letzte und die schlechteste Option, denn sie bringt aus Sicht des Investors den
194
Die Verwartung von anderen Besicherungen bzw. Zusatzsicherheiten wie Lebensversicherungen, Guthaben aus Bausparverträgen, Depots oder Festgeldkonten, Abtretung der Unternehmensaktiva, persönliche Bürgschaften und Garantien werden in dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt. 195 Siehe hierzu die Definitionen im Anhang S. 89 ff. 196 Geschäftsführer der Crown Westfalen Credit Services GmbH, Frankfurt am Main.
69 niedrigsten Ertrag, verursacht die meisten Kosten und dauert am längsten.“197 Nicht selten bietet sie aber dem Investor die einzige Möglichkeit, die Veräußerung ohne den unkooperativen Eigentümer zu erreichen. Gleichzeitig werden auf diesem Weg die Nachranggläubiger im Grundbuch gelöscht. Die Sicherstellung des laufenden Cash-Flow aus einer Immobilie ist eine der Hauptaufgaben des Asset Managers im Zusammenhang mit der Immobilienverwaltung und –verwertung, denn so können die laufenden Zahlungen zur Tilgung des Darlehens beitragen und der Investor kann regelmäßige Einnahmen erzielen.
Sofern eine Forderung nicht immobilienbesichert ist, hat der Servicer alle anderen Sicherheiten zu verwerten. Außerdem nimmt er Bürgschaften in Anspruch, zieht Guthaben und ausstehende Forderungen ein.
197
Vgl. Immobilien & Finanzierung, S. 85.
70
3.2. Die Verwertung Die Verwertungsstrategien lassen sich wie folgt darstellen:
Verwertungsstrategien Darlehensebene Diskontierte Ablösung
Restrukturierung des Darlehens
Immobilienebene Verkauf des Darlehens
Freihändiger Verkauf
Übernahme des Objektes durch Kreditgeber
Zwangsversteigerung
Abb. 8: Verwertungsstrategien Quelle: Aumann / Vogel, S. 281.
Die Servicing-Strategien in Bezug auf die NPL sind davon abhängig, ob eine Kooperation mit dem Schuldner möglich ist oder nicht und auf welcher Ebene sie stattfinden kann.
Sofern eine Kooperation mit dem Darlehensnehmer möglich ist, können folgende Strategien zum Tragen kommen:
Diskontierte Ablösung Bei der diskontierten Ablösung des Darlehens (Discounted Payoff) werden die Darlehensschulden mit einem Abschlag (Berechnung mittels Barwertmethode empfohlen) beglichen.
Somit
wird
dem
Schuldner
die
Möglichkeit
eingeräumt,
„seine
Verbindlichkeiten zu einem Wert unterhalb der tatsächlichen Gesamtforderung zu begleichen.“198 In den meisten Fällen wird dieser Rückzahlungsvergleich mit dem Schuldner vereinbart, jedoch scheitert diese Lösung nicht selten daran, dass der Darlehensnehmer die Zahlungen nicht in der gewünschten Höhe vornehmen kann.199 Restrukturierung des Darlehens 198 199
Schober, S. 215. Vgl. Anders et.al., S. 11 f.
71
Sollte der Investor über eine Banklizenz verfügen, ist auch eine Restrukturierung des Darlehens möglich. Bei dieser wird der Kapitaldienst an die Zahlungsmöglichkeiten des Schuldners angepasst.
Freihändiger Verkauf Beim freihändigen (freiwilligen) Verkauf tritt der Kreditnehmer als Verkäufer der Immobilie auf. Falls die wirtschaftliche Notlage des Schuldners nicht bekannt und genügend Zeit für die Suche eines geeigneten Käufers ist, kann ein angemessener Marktwert erreicht werden, der durch die Zwangsversteigerung in der Regel nicht zu erzielen wäre.200 Soll der Servicer als Vertreter des Eigentümers agieren, benötigt er eine notarielle Verkaufsvollmacht. Beim freihändigen Verkauf der Sicherheiten erfolgt die Darlehensrückzahlung aus dem Verkaufserlös. Sofern der Kaufpreis unterhalb der ausstehenden Forderung liegt, müssen die im Grundbuch eingetragenen Gläubiger dem Verkauf zustimmen. Meist erwarten sie zumindest eine Teilrückzahlung ihrer Forderung oder wollen mit einem kleinen Teil am Verkaufserlös partizipieren („Lästigkeitsprämie“). Nicht selten muss der Servicer auch die Erwartungshaltung der ausländischen Investoren in einen Verkaufserlös der Immobilien dämpfen, da sie immer wieder überzogene Markterwartungen beim Ankauf haben oder der Markt sich im Zeitverlauf des Servicing verändern kann. Zurück zum o.g. Beispiel (siehe Kapitel C). Nachdem der Servicer das Engagement innerhalb des angekauften Portfolios zur Bearbeitung übernommen hat, wird ein detaillierter Business Plan201 ausgearbeitet, der vorsieht, die Immobilien an ein im Ausland ansässiges, der Branche der B.-GmbH nahe stehendes Unternehmen zu verkaufen. Bereits im Zuge der Marktsondierung und Wertfeststellung der Immobilie durch die Asset Manager der SGK waren entsprechende Kontakte zu diesem Immobilien-Investor geknüpft worden. Tatsächlich gelingt es dem Servicer sieben Monate nach Übernahme des Engagements die Immobilien für einen Kaufpreis von 2 Mio. € dort zu platzieren. Eigenerwerb des Gläubigers 200 201
Vgl. Aumann / Vogel, S. 283. Siehe hierzu Asset Resolution Plan (ARP) im Anhang 82.
72
Es besteht daneben die Möglichkeit, dass der Gläubiger die als Sicherheit dienende Immobilie vom Schuldner selbst erwirbt (sog. Rettungserwerb). Diese Möglichkeit wird insbesondere in den Workout-Abteilungen der Banken genutzt, um von den weiteren Verkaufs- und Entwicklungsmöglichkeiten der Immobilie als Eigentümer zu profitieren. Allerdings muss die Bank den Gläubiger mit 7/10 des vom Gericht festgestellten Verkehrswertes von den Darlehensverbindlichkeiten freistellen. Dies kann für die Bank unwirtschaftlich sein. Als Beispiel sei hier auch die BAG Hamm angeführt, die etwa dreihundert Gesellschaften mit entsprechenden Immobilien im Portfoliobestand hat, an vielen Treuhand-, Entwicklungs- und Bauträgergesellschaften beteiligt ist und sogar eigene Hotels und Kliniken als Überbleibsel einer NPL-Transaktion betreibt.202 Der Rettungserwerb kann sich, neben der Handlungsfreiheit, für den Gläubiger besonders dann lohnen, wenn der Wert der Immobilie im Wesentlichen über der gesicherten Forderung liegt und er einen Übererlös aus dem Kaufpreis nicht an den Schuldner auskehren muss. Es lohnt sich in der Regel nicht, wenn der Wert der Immobilie wesentlich über der gesicherten Forderung liegt und sich somit ohnehin ein Käufer finden würde oder falls die Immobilie keinen Cash-Flow generiert.
Für den Fall, dass eine Kooperation mit dem Darlehensnehmer nicht zu erzielen ist, werden folgende Strategien angewendet:
Zwangsversteigerung Die Zwangsversteigerung ist in dem Sinne eigentlich keine Verwertungsstrategie, sondern die rechtlich festgelegte (vgl. §1147 BGB in Verbindung mit §§704, 866 ZPO) letzte Möglichkeit, aus dem Erlös der Versteigerung Zinsen, Tilgungen und (Teile der) Hauptforderungen zu bedienen. Der bei der Zwangsversteigerung erzielbare Erlös liegt in der Regel unterhalb des Marktwertes.203
202 203
Vgl. Frühauf, S. 5 f. Zur näheren Definition siehe Anlage 91 f.
73
4. Vorteile eines Servicers gegenüber einer bankinternen Work-OutAbteilung Der Unterschied zwischen einer Work-Out-Abteilung eines Kreditinstituts und einem Servicer besteht darin, das letzterer unabhängiger und freier in seinen Entscheidungen ist, da er auf die Interessen der Kreditnehmer nicht in dem Maße Rücksicht nehmen muss, wie eine Bank. Dagegen ist er wesentlich enger an die Entscheidungen des Investors gebunden. Es besteht keine langfristige Geschäftsbeziehung zum Schuldner, so dass der Dienstleister die Kreditengagements unvoreingenommen analysieren und effiziente Lösungen finden kann.204 Die Workout-Spezialisten sind in ihrer Abteilung hingegen möglicherweise mit fehlerhafter Kreditbetreuung aus der Vergangenheit konfrontiert, was zur Folge hat, dass ihr Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die finanziellen Spielräume eingeschränkt sein kann. Verfahrene Fälle können neu angegangen werden, da gegenüber der neuen Vertragspartei häufig neue Verhandlungsbereitschaft entsteht.
Da die Verwaltung und Verwertung der Sicherheiten das Kerngeschäft des Servicers darstellt, kann dieser in jedem Fall schneller und effektiver arbeiten.205 Zudem hat auch er ein unmittelbares Interesse an der Realisierung der Forderungen, da er nach einem Vergütungssystem entlohnt wird, das sich auch an der Realisierung der Forderung orientiert (leistungsorientierte Entlohnungsstruktur).206 Zudem sind beim Dienstleister in der Regel weniger Bürokratie bzw. Vorschriften vorhanden, die den Handlungsspielraum unnötig einschränken. Nicht zuletzt die fehlende Fokussierung einer kreditgebenden Bank auf leistungsgestörte Kredite verdeutlicht, warum ein spezialisierter Servicing-Dienstleister erfolgreicher in der Verwaltung und Verwertung der Forderungen und Sicherheiten sein kann.
204
Vgl. Bachmann, S. 249. Vgl. Schneider / Stegemann, S. 798. 206 Vgl. Hansen, S. 292. 205
74
Zusammenfassend lassen sich die wesentlichen Vorteile des Servicing wie folgt darstellen:
207 208
-
spezielles Know-how in diesem Sektor (Kerngeschäft des Servicers)
-
kurze Verwertungsdauer und effektive Bereinigung der Portfolios207
-
Planungs- und Ertragssicherheit
-
professionelles und kontinuierliches Reporting208
-
gute Kontakte zum Kreis der Interessenten (Immobilien-Investoren)
-
bessere Erlöse / Rendite
-
ggf. geringere Kosten
-
Skaleneffekte / Mengenbündelung („Industrialisierung“ der Kreditabwicklung)
Vgl. Hamberger / Diehm, S. 183. Siehe Definition im Anhang S. 90.
75
5. Die „SGK mbH“ als Beispiel für einen Servicer Bisher waren es größtenteils angelsächsische Investoren wie Lone Star, JP Morgan oder Goldman Sachs, die den deutschen Markt der NPL-Verkäufe kontrollierten.209 Zunehmend erkennen aber auch private und öffentlich-rechtliche deutsche Banken das Potential, das in der Bearbeitung von derartigen Portfolios liegt.
Im Juni 2005 gründeten Nord/LB und WestLB gemeinsam mit der auf den asiatischen Raum spezialisierten Shinsei Bank
das auf die Abwicklung von NPL-Krediten
spezialisierte Unternehmen „Servicegesellschaft Kreditmanagement mbH“ (SGK). Anteilseigner an dem Joint Venture sind die beiden Landesbanken, die zu jeweils einem Drittel beteiligt sind. Der verbleibende Anteil entfällt zu 24,33% auf die Shinsei Bank sowie zu 9% auf den US-Investor J.C. Flowers.210 (siehe hierzu Abbildung 9 auf der folgenden Seite)
33,33%
33,33%
33,33% (Inkl. 9% Flowers)
Abb. 9: Gesellschafterstruktur der SGK Quelle: Homepage SGK, http://www.sg-k.de/gesellschafter.php (10.05.2007).
Der am 2. Januar 2006 operativ gestartete Servicer SGK ist Teil einer Kreditplattform, die gekündigte oder kündbare Abwicklungskredite (NPL) ankauft und diese verwertet.
209 210
Vgl. Drost, S. 17. Vgl. Steevens, S. 5.
76
Die Aufgaben dieses Servicers bestehen nicht nur in der Unterstützung der Kreditinstitute im Hinblick auf den Forderungsverkauf und der Einholung konkreter Kaufpreisangebote, sondern vornehmlich in der Verwaltung der gekündigten Forderungen und insbesondere in der Vermarktung der Sicherheitenwerte. Die SGK sieht sich somit als Mittlerin zwischen Sparkassen und Landesbanken auf der einen und internationalen Investoren auf der anderen Seite. Die in Frankfurt ansässige SGK ist das bundesweit erste Servicing-Unternehmen, dessen Ursprung und Schwerpunkt auf dem öffentlich-rechtlichen Bankensektor liegt, allerdings sind inzwischen auch andere Servicegesellschaften in diesem Markt tätig. 211 Durch die Zusammenarbeit mit einer international im NPL Geschäft tätigen Bank (Shinsei Bank) kann sie auf einen großen Erfahrungsschatz in der Abwicklung zurückgreifen.212 Die Gesellschafterstruktur ermöglicht der SGK „sowohl eine nachhaltige Positionierung bei den Sparkassen und Landesbanken, als auch die Zufuhr von Portfolios aus dem privaten Bankensektor“.213 Die unter Vertrag (im Rahmen von „Service Level Agreements“ festgelegt) stehenden, gekündigten
oder
kündbaren
gewerblichen
Immobilienfinanzierungen
werden
entsprechend den internationalen NPL-Servicing Standards bearbeitet. Größtenteils sind dies Forderungen ab einer Portfoliogröße von 5 Mio. € oder Einzelengagements mit einem Mindestvolumen von 0,5 Mio. €.214 Desweiteren bietet die SGK in Kürze auch die relativ neue Option der „Bündelung“ von Portfolios mehrerer Sparkassen an, damit auch kleinere Sparkasseninstitute mit ihren Problemkrediten die kritische Mindesttransaktionsgröße erreichen können. Durch das Angebot der SGK haben die Sparkassen die Wahl, entweder ihre gekündigten NPL zu verkaufen oder diese lediglich durch die SGK bearbeiten zu lassen, wobei die Kredite dann in der Bilanz der Sparkasse verbleiben würden.215 Die Zusammenarbeit zwischen Servicer und Banken sollte laut Geschäftsphilosophie der SGK partnerschaftlich und auf langfristige Verbindung mit den Geschäftspartnern ausgerichtet sein. Laut Homepage ist die Arbeit der SGK durch einen starken 211
Vgl. Dowideit, D.W. vom 30.06.05, S. 14. Vgl. BZ Nr. 121, S. 3. 213 Homepage SGK: http://www.sg-k.de/gesellschafter.php. 214 Vgl. Homepage SGK: http://www.sg-k.de/portfolio-ankauf.php. 215 Vgl. Lange, S. 1 f.; siehe hierzu Kapitel B. 212
77
internationalen Gesellschafterkreis und eine langfristige Partnerschaft mit den Sparkassen und Landesbanken geprägt. Zudem kann sie auf ein breites Netzwerk mit nationalen und internationalen Akteuren zurückgreifen.216
Bereits innerhalb des ersten Jahres ist das Kreditportfolio der SGK auf rund 1 Mrd. € angewachsen. Neben zwei Gründungsportfolios der SGK Gesellschafter wurden 2006 insgesamt vier Portfolios sowohl aus dem Privatbankenbereich, als auch von Sparkassen akquiriert und von der SGK in die Bearbeitung übernommen. Im ersten Quartal 2007 belief sich das NPL-Volumen des Special Servicer auf nominal rund 2,2 Mrd. €.217 Da das Volumen der „faulen“ Kredite innerhalb des deutschen Marktes auf insgesamt etwa 300 Mrd. € geschätzt wird, wobei davon auf den öffentlich-rechtlichen Bereich ca. 60 100 Mrd. € entfallen, dürfte das noch junge Frankfurter Unternehmen großes Entwicklungspotential haben.218 Aus einer Umfrage des OSGV hat sich ergeben, dass 83% der Sparkassen Interesse am Forderungsverkauf (als geschäftspolitische Option) haben.219 Zudem kann die SGK dank der Finanzkraft der Gesellschafter größere Portfolios ankaufen und somit schneller wachsen. Andererseits steht sie unter enormem Leistungsdruck, die Erwartungen der Eigentümer zu erfüllen, denn obwohl sie als eigenständiges Unternehmen operiert ist sie auf die Unterstützung ihrer Gesellschafter angewiesen. Nach Angaben des Geschäftsführers Dr. Jörg Boltersdorf umfasst die sog. „Deal Pipeline“ z.Zt. ca. 25 Sparkassen, mit denen konkrete Gespräche über den Erwerb von NPL Portfolios geführt werden. Mit weiteren Abschlüssen in diesem Jahr ist zu rechnen. Erklärtes Ziel des Gemeinschaftsunternehmens ist es, sich in den kommenden Jahren als einer der zentralen NPL-Servicer in Deutschland zu positionieren und sich als Marktführer beim Ankauf und der Bearbeitung von gewerblichen Abwicklungskrediten der Landesbanken und Sparkassen zu etablieren. Angestrebt wird zudem, die Produktpalette der Dienstleistungen um die Bearbeitung von Sub-Performing Loans zu erweitern.220 Aus
216
Vgl. Homepage SGK: http://www.sg-k.de/. Vgl. Boltersdorf / Hildebrandt, S. 87. 218 Vgl. Klöckner / Wolters, S. 1196. 219 Vgl. OSGV, S. 7. 220 Vgl. Boltersdorf / Hildebrandt, S. 87. 217
78
diesem Grund ist beabsichtigt, zukünftig eine eigene Banklizenz zu erwerben. Zusätzlich bemüht sich die SGK um ein im nächsten Jahr geplantes externes Rating. Ein Vorteil der SGK gegenüber anderen Servicern liegt darin, dass sie als Tochtergesellschaft von Nord/LB und WestLB einen größeren Vertrauensbonus gegenüber den Sparkassen genießt. Diese würden einem großen amerikanischen Investor nur unter Vorbehalt ihre Problemkredite anvertrauen. Daher wird auch bei der Abwicklung der Kredite ein kooperativer Lösungsansatz mit dem Schuldner angestrebt, um eine Rufschädigung des verkaufenden Kreditinstituts zu vermeiden.221 Mit Blick auf dieses Interesse und sorgfältige Vorgehensstrategien wird deutlich, warum die SGK sich durchschnittlich zwei Jahre bis zur Realisierung der Forderung Zeit lässt, während andere Konkurrenten einen kürzeren Zeitraum veranschlagen, also deutlich aggressiver mit den Schuldnern umgehen.222
Die Gründung der SGK hat im Wesentlichen vier große Vorteile: -
die öffentlich-rechtlichen Banken müssen ihre Problemkredite nicht selbst bearbeiten (somit
werden
u.a.
Rating-Verbesserungen
durch
Konzentration
auf
das
ertragbringende Kerngeschäft erreicht) -
durch die Bearbeitung der Problemkredite wird zusätzlich Rendite erzielt223
-
alle
vorhandenen
Verbundpotentiale
werden
zum
Vorteil
der
Sparkassen-
Finanzgruppe genutzt (enge Verbindung mit den Sparkassennetzwerken)224 -
die
SGK
besitzt
internationalen
Erfahrungsschatz
im
Bereich
der
Problemkreditbearbeitung und weist eine gute und breite Vernetzung mit internationalen Akteuren auf Somit ist eine ideale Lösung für die Sparkassen und Landesbanken möglich. Die Mitarbeiter der SGK vereinen deutsche Marktkenntnisse mit internationalen Erfahrungen auf diesem Gebiet. Im April 2007 umfasste die Belegschaft der SGK 24 Mitarbeiter, wobei weiterhin Personalbedarf besteht.
221
Vgl. Firmenbroschüre SGK, S. 4. Vgl. Steevens, S. 5. 223 Vgl. Dowideit, S. 14. 224 Vgl. Boltersdorf / Hildebrandt, S. 87. 222
79
Die Funktionsbereiche der SGK umfassen Asset Management, Portfolio Management, Underwriting, Vertrieb, Finanzwesen und Office Management. Dies wird auch aus dem folgenden Organigramm der SGK ersichtlich.
CEO Chief Executive Officer
Sales & Marketing Senior Manager Sales
Portfolio Management
Loan Administrator / Portfolio Analyst
Underwriting
Asset Management Asset Manager / Admin Assistant
Abb. 10: SGK Organigramm (April 2007) Quelle: SGK.
Finance Controller
Office Management Office Manager
80
G.
Gegenüberstellung der Handlungsalternativen
Eine Bank, die beabsichtigt, ihre notleiden Kredite zu veräußern, muss sich zwischen den o.g. Handlungsalterativen (institutsinterne Problemkreditbearbeitung, Outsourcing und Verkauf) entscheiden. Dabei sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:225 -
Institutsgröße
-
Geschäftsstrategie
-
interne Work-Out-Kompetenz
-
angestrebter Zeithorizont für den Abbau der NPL
-
eigenes Risikoprofil
-
erwarteter Erlös
-
Kostenstruktur
Außerdem müssen nachstehende strategische Fragen beantwortet werden: Ist es sinnvoll, zu diesem Zeitpunkt Eigenkapital und Liquidität freizusetzen?226 Wie wird das Problemkreditmanagement, insbesondere die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen, in Zukunft erfolgen? Inwieweit ist ein Verkauf trotz hoher Abschläge noch rentabel? Steht ausreichende Mitarbeiterkapazität für den Verkaufsprozess zur Verfügung?227
225
Vgl. Schneider / Stegemann, S. 798. Vgl. Schneider / Stegemann, S. 796. 227 OSGV, S. 22. 226
81
Die Frage, nach welchen Kriterien die Wahl der Handlungsoptionen vorgenommen werden sollte, lässt sich nicht allgemeinverbindlich beantworten. Sie ist immer abhängig von mehreren in der Regel unterschiedlich zu gewichtenden Faktoren. Anhand der wichtigsten werden die möglichen Handlungsalternativen gegenüber gestellt:
Work-Out
Outsourcing
NPL-Verkauf
Kosten
Hohe Kostenintensität (Personal, IT, Gerichtskosten, Eigenkapitalkosten, etc.)
Kostensenkung, Kosten nur für Bearbeitungsgebühr / Provision des Dienstleisters
Kostensenkung, jedoch hohe Kosten in Anlaufphase, sowie Transaktionskosten, evtl. Kosten für externe Berater
Liquiditätszufluss
Nur innerhalb der Bank
Evtl. schnellerer Liquiditätszufluss als bei eigenem Work-Out
In Höhe des Kaufpreises, jedoch mit Kaufpreisabschlag
Bilanzentlastung
Kreditforderungen verbleiben in der Bankbilanz
Je nach OutsourcingVariante
Bilanzwirksamer Abgang
Risiken
Risiken (EWB, Abschreibungen, Rechtsund Operationelle Risken) verbleiben bei der Bank
Risiken verbleiben bei der Bank, Übergang nur bei bilanzwirksamer Übertragung auf Spezialkreditinstitute
Vollständiger Risikotransfer an den Investor
Mitarbeiterkapazität
Keine Entlastung
Kundenbeziehung
Keine Schädigung, nur evtl. bei Kreditkündigung; Chance auf Fortführung der Geschäftsbeziehung
Abhängig vom Auftreten und Qualität des Outsourcing-Dienstleisters
(Aufsichts-) rechtliche Grundlagen
§ 25a Abs. 1 KWG, AGB; [MaK und MaRisk]
§ 25a Abs. 2 KWG; [Rundschreiben Nr. 11/01]
Teilweise oder fast Hohe Belastung in der vollständige Entlastung der Anlaufphase, nach Abschluss der Transaktion Entlastung Mitarbeiterkapazitäten Evtl. Schädigung; Abhängig von Strategie des Käufers bzw. beauftragtem Dienstleister § 433 i.V.m. § 398 BGB, evtl. § 123 UmwG; Bankgeheimnis und Datenschutz
Abb. 11: Gegenüberstellung der Handlungsalternativen für den Umgang mit NPL Quelle: Eigene Darstellung.
82
H.
Fazit und Ausblick
Ziel dieser Arbeit war es, die für die Bankenpraxis in Deutschland relevanten Handlungsoptionen im Umgang mit notleidenden Krediten sowie die Hintergründe für die Veränderung des Problemkreditmanagements deutscher Banken darzustellen. Dabei konnte herausgefunden werden, dass sich der deutsche NPL-Markt, nach einer relativ rasanten Entwicklung in den letzten drei Jahren, stabilisiert hat und die Volumina der Portfolios abgenommen haben. Im internationalen Vergleich befindet sich der deutsche NPL-Markt jedoch immer noch in der Orientierungsphase. Es konnte gezeigt werden, dass ein erheblicher Nachteil der institutsinternen Problemkreditbearbeitung die hohe Kostenbelastung ist, die durch den erheblichen Arbeitsaufwand in einer Work-Out-Abteilung verursacht wird. Insbesondere bei kleineren Kreditinstituten ist diese nicht immer effizient. Zudem existieren für die Banken Erfolgs-, Rechts- und operationelle Risiken. Dagegen bietet sich die Alternative des Outsourcing in ihren verschieden Varianten an, durch die die Banken von unrentablen NPL-Aktivitäten entlastet werden und sich somit auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Weitere Vorteile des Outsourcing liegen für die auslagernden Kreditinstitute im Problemkredit-Know-how der spezialisierten Dienstleister sowie in deren Erfahrungen im deutschen Kreditgeschäft. Dadurch werden effiziente Abläufe ermöglicht, die geringere Bearbeitungskosten verursachen. Festgestellt werden konnte, dass die Beauftragung eines spezialisierten ServicingDienstleisters bei der Umsetzung des Outsourcing eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung darstellt. Auch der Verkauf von NPL-Portfolios kann unter Abwägung der Chancen und Risiken zu positiven finanziellen Effekten für die Kreditinstituten führen. Er ermöglicht einen planbaren, sicheren Cash-Flow aus den problembehafteten Forderungen. Daraus kann die Bank einen unmittelbaren Liquiditätszufluss generieren, der ihren Handlungsspielraum erweitert und ihr Ertragsergebnis verbessert. Dadurch wird wiederum eine Senkung der Kosten der Problemkreditbearbeitung erreicht und das interne Rating verbessert. Zudem kann sie durch die Abgabe von gekündigten Krediten mit den Problemfällen der Vergangenheit abschließen und sich auf neue ertragbringende Geschäfte konzentrieren.
83
Generell ist jedoch zu beachten, dass sich der Verkauf von NPL erst ab einer bestimmten Portfoliogröße lohnt, da er für die Parteien relativ kostspielig ist. Unbestritten
ist,
dass
die
frühe
Einbeziehung
eines
Servicers
bei
der
Forderungsrealisierung oder dem Verkaufsprozess, die Grundlage für realistische Verwertungsstrategien und -zeiträume bildet. Dieser sollte in erster Linie kooperative Strategien wählen, und erst danach, wenn eine Zusammenarbeit mit dem Schuldner nicht mehr möglich ist, restriktive Maßnahmen einleiten, da dabei erfahrungsgemäß niedrigere Erlöse zu erzielen sind. Eine Beurteilung der Optionen für die Risikoübernahme und -gestaltung von Kreditgeschäften hängt insbesondere von den finanziellen und personellen Ressourcen, also vom jeweiligen Kreditinstitut, von der Größe des Bestandes an notleidenden Forderungen und von den geschäftspolitischen Zielsetzungen der Bank. Aus diesem Grund ist eine allgemein gültige Antwort auf die Frage welche Handlungsalternative die sinnvollere ist, nicht möglich. Diese hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.
Der deutsche NPL-Markt hat seine Anfangsschwierigkeiten überwunden und wird sich weiter entwickeln.228 In den kommenden Jahren wird sich der Markt qualitativ verändern. Nach Vorraussagen von Experten wird mittelfristig die Anzahl der NPL-Transaktionen weiter ansteigen, jedoch wird sich das durchschnittliche Transaktionsvolumen verringern.229 Viele Transaktionen im Wert von mehreren Milliarden wurden bereits durchgeführt (und befinden sich nunmehr in der Abwicklung), so dass die kleineren, meist von öffentlichen Banken stammenden Kredite, das zukünftige Geschäft ausmachen werden.230 Zu bedenken ist dabei die Schwierigkeit, die wirtschaftlich kritische Mindestgröße von NPL-Portfolios oder Einzelengagements („Single Names“) zu erreichen. Hierbei ist es wichtig, einen Lösungsansatz insbesondere für Sparkassen und Landesbanken zu finden. Dabei wären Alternativen wie temporäre Kooperationen einzelner Institute (Bündelung von NPLPortfolios), die Etablierung von NPL-Plattformen durch Dachverbände oder kooperierende
228
Karkowski et.al., S. 7. Vgl. Schäfer, S. 1 ff. 230 Vgl. Karkowski et.al., S. 18.; Vgl. Finance-Magazin, S. 1. 229
84 Landesbanken (wie sie z.T. schon umgesetzt werden) denkbar.231 Diesbezüglich wird mit einem Rückgang des minimalen Portfoliovolumens von derzeit 500 Mio. auf ca. 100 Mio.€ gerechnet.232
Die Entfaltung des deutschen NPL-Marktes, steht in engem Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung. Es werden weiterhin hohe Ausfallwahrscheinlichkeiten bei Krediten erwartet, folglich wird anhaltend ein großer Bestand an notleidenden Krediten vorhanden sein. Zudem ist mit der Schaffung eines eindeutigen rechtlichen und regulatorischen Rahmens sowie der zunehmenden Erfahrung der Kreditinstitute eine professionellere Vorbereitung und standardisierte Durchführung von NPL-Verkäufen möglich. Insbesondere wird durch die neuen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen der MaK und durch Basel II sowie aufgrund des gegenwärtig hohen Werteverfalls, besonders bei Immobilien in den neuen Bundesländern, weiterhin mit einer Zunahme des Handels von Problemkrediten gerechnet.233 Ob sich die oben dargestellte Prognose für den deutschen Markt bestätigen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: -
ob neue Käuferstrategien im Hinblick auf kleinere Portfolios entwickelt werden
-
wie die Akteure und die Öffentlichkeit die NPL-Transaktionen bewerten
-
ob abnehmende Transaktionskosten genutzt werden können
-
ob die großen amerikanischen und britischen Fonds, die bisher diesen Markt dominieren, sich entweder an die sich verändernden Umstände anpassen oder in anderen Ländern investieren werden 234
-
ob die bisher in Deutschland noch nicht angewendete Verbriefung von NPLPortfolios zu einer renditestarken Anlagealternative werden kann
In jedem Fall werden sich Art und Anzahl der Investoren in den folgenden Jahren weiter stabilisieren. Die Investoren, die bisher noch mittelfristig ausgerichtete Strategien
231
Vgl. Wiedenhofer, S. 323. Vgl. Cherubim, S.10 f.; vgl. Wiedenhofer, S. 323. 233 Vgl. Karkowski et.al., S. 11; vgl. Wirtky, S. 162.; Vgl. Finance-Magazin, S. 1. 234 Vgl. Karkowski et.al., S. 5. 232
85 verfolgten, werden sich langfristig positionieren.235 Dennoch lässt sich als sichere Prognose festhalten, dass die gegenwärtige Entwicklung in absehbarer Zeit an ihre Grenzen stoßen wird. Nach Aussage von Wirtky wird der Handel von notleidenden Krediten in diesen Größenordnungen nicht länger als fünf Jahre existieren können.236 Verglichen mit anderen Ländern wie den USA, Frankreich oder Italien, deren Märkte bereits liquide und ein fester Bestandteil der Kreditwirtschaft sind, ist die Entwicklung des deutschen Marktes jedoch noch nicht abgeschlossen. Bei den oben genannten Ländern entstand in der „Anfangsphase“ ein reger Handel von NPL mit stark ansteigenden Transaktionsvolumina. Nach einem kurzen Zeitabschnitt mit rückläufiger Tendenz, setzte schließlich die „Reifephase“ ein, in der sich der NPL-Markt dauerhaft etablieren konnte. Grundsätzlich besitzt der deutsche Markt noch ein erhebliches Entwicklungspotential, da es immer noch viele Kreditinstitute gibt, die sich zu einem Verkauf ihrer Problemkredite bisher nicht entschließen konnten.237
Die zukünftige Entwicklung des deutschen Servicing-Marktes, speziell im Bezug auf die Variante des Outsourcing, lässt sich derzeit noch nicht genau abschätzen. Die bisherigen Erfahrungen in der Praxis haben deutlich gemacht, dass ein nachweislich erfolgreicher Servicer seinen festen Platz zwischen Kreditinstitut und Investor haben wird. Wie in den USA wird der Servicer auch in Deutschland künftig einen Teilbereich des Kreditprozesses abdecken und weiterhin zur „Industrialisierung“ des Kreditgeschäfts beitragen.238 Ob der Servicer die Work-Out-Abteilung in Zukunft ersetzen wird, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Abzusehen ist jedoch, dass die NPL-Veräußerung einen festen Platz im deutschen Bankgeschäft einnehmen und das Servicing sich als ein Teil des Kreditgeschäftes etablieren wird.
235
Vgl. Bolder / Lehrbaß / Zimmer, S. 16 f. Wirtky, S. 206. 237 Vgl. Karkowski et.al., S. 5. 238 Vgl. Bachmann, S. 263. 236
86
I.
Anhang
Vom Firmenkredit zum notleidenden Kredit -Sparkasse A vergibt Kredit an B.-GmbHJahr
Bereich
Sachverhalt Sparkasse A vergibt einen Kontokorrentkredit (KK) über
Ausgangslage: 1998
Markt
2 Mio. € (durchschnittliche Ausschöpfung 70%); konstante
Geschäftsentwicklung
der
B.-GmbH
(Produktions-
unternehmen). Bau einer Büroimmobilie durch die B.-GmbH für 3 Mio. € (Finanzierung zu 80% durch Sparkasse A).
1999
Markt
Sicherheiten: Grundschulden auf das eigengenutzte (unbelastete) Betriebsgrundstück und auf das zu bebauende Grundstück sowie der neuen Immobilie von insgesamt nominal 2,4 Mio. € (4,5 Mio. € Gesamtwert der Immobilien).
2000 2001
Intensivbetreuung (Markt)
Schlechte
Betriebsergebnisse
aufgrund
schlechter
(Jahresfehlbeträge)
Auftragslage.
In
2000
der
B.-GmbH,
Eintragung
einer
zusätzlichen Grundschuld von 1,1 Mio. €. (insg. 3,5 Mio. €) mit weiter Zweckbestimmungserklärung (für Gesamtkreditengagement). Anzeichen einer Liquiditätskrise der B.-GmbH erhärten sich. Der
2002
Intensiv-
Unternehmer versucht die Immobilie bei einer Leasing-Gesellschaft zu
betreuung
platzieren („Sale und lease back“), dies scheitert jedoch an der
(Markt)
schlechten
wirtschaftlichen
Lage
des
Unternehmens
und
pessimistischen Marktaussichten (lt. Leasing-Gesellschaft). Einzelwertberichtigung (EWB) auf den rechnerisch unbesicherten Teil des Immobiliendarlehens. Aufrechterhaltung der derzeit in Anspruch genommenen KKKreditlinie
2003 2005
Sanierung
(Stillhalten).
Aussetzung
der
Tilgung
auf
die
Immobiliendarlehen als Sanierungsbeitrag der Sparkasse. Sanierungskonzept: Restrukturierung von Produktion und Logistik sowie Hinzunahmen neuer Geschäftsfelder. Neufestlegung Immobilienwerte: Betriebs- und Büroimmobilie: 3 Mio. € (EWB = 0,5 Mio. €), belegt durch internes Gutachten der Sparkasse.
87
Sanierung schlägt fehl. Keine Zins- und Tilgungszahlungen mehr möglich (seit Monaten). Kündigung der Kredite bedeuten klare
Insolvenz 2006
Illiquidität;
Insolvenzantrag
durch
den
Unternehmer.
und
Insolvenzeröffnung (ohne Anfechtung der nachträglich erweiterten
Abwick-
Zweckbestimmung der Grundschulden); hoher Massebeitrag der
lung
Sparkasse bei der Immobilie. Betriebsgrundstück als Spezialimmobilie (eingeschränkte Nutzung), bislang keine Interessenten. Gutachterliche Neubewertung der Immobilien: Betriebs- und Büroimmobilie: 1,5 Mio. €
2007
Verkauf
(zusätzliche EWB = 1,5 Mio. €). NPL-Verkauf (True Sale) an einen Investor für 1,8 Mio. €. Kreditengagement geht zur Bearbeitung an SGK mbH (Servicer).
Rechnung der Sparkasse A: KK
2 Mio. € Ausschöpfung bei Kündigung
1,4 Mio. €
Darlehen
2,4 Mio. € Darlehensvaluta (Tilgung: - 0,3 Mio. €)
2,1 Mio. €
Gesamtkredit-
4,4 Mio. € Ausschöpfung der Kredite 2007
3,5 Mio. €
volumen
2004:
2007:
Neufestlegung der Immobilienwerte
3,0 Mio. €
EWB der Kredite
0,5 Mio. €
Grundstückswerte
1,5 Mio. €
EWB der Kredite
1,5 Mio. €
NPL-Verkauf (Einzel-Kaufpreis)
1,8 Mio. €
EWB (insg.)
2,0 Mio. €
Abschreibung (Kredite 2007 – Kaufpreis)
1,7 Mio. €
a.o. Ertrag
0,3 Mio. €
88
NPL-Transaktionen in Deutschland
Datum
Verkäufer
Käufer
(in Mio.€)
Kommentar
110
2003
Deka Bank
2003
n.a.
2003
Dresdner Bank IRU diverse
350
2003 2003
Dresdner Bank IRU diverse ING-BHF Bank Lone Star
861 300
Dresdner Bank IRU Deutsche Bank
511
2003/05
Deutsche Bank Goldman Sachs / Fortress
Volumen
100 15 Nicht-Kerngeschäft & NPL
US- und europäische Kredite
2003/11
Gontard & Lone Star Metallbank Dresdner Bank IRU diverse Lone Star, J.P. Hypo Real Estate Morgan Hypothekenbank Hypo Real Estate Rheinboden Dresdner Bank IRU diverse
1.900
2004 2004/05
ING-BHF Bank Goldman Sachs Dresdner Bank IRU n.a.
175 350
2004/06
Dresdner Bank IRU n.a.
142
2004/06
ING-BHF Bank Niederschlesische Sparkasse Görlitz Niedersächsische Sparkassen
J.P. Morgan Lone Star, J.P. Morgan
270
britische Kredite 21 kontinentaleuropäische Kredite NPL und SPL
95
431 Engagements
ABIT, GFKL
15 70
2003/08 2003/09 2003/11 2003/11
2004/06 2004/07 2004/08
Deka Bank
Lone Star, J.P. Morgan
2004/09
Hypo Real Estate
Lone Star
2004/10
Hypo Real Estate
Citigroup, Morgan Stanley
2004/10
Dresdner Bank IRU Lone Star
2004/11
Eurohypo
2005/02
Commerzbank BDB / Resba / Delmora
2005/02
JV OPUS 1with Citigroup, GMAC Goldman Sachs Goldman Sachs, Cerberus
225 125 490 600
3.600 394
1.200 2.400
390 primär Unternehmenskredite Asiatische Kredite Auktion von 1.350 Krediten; 960 Objekte Immobilienportfolio (5.800 Darlehen) Nordamerikakredite
Etwa 60 Kredite mit 40 Objekten 4.200 Kredite mit 1.700 Schuldnern Gewerbliche Immobilienkredite (800 Kredite von 380 Schuldnern) 1.650 Kredite, Unternehmens- und Immobilienfinanzierungen 14.000 Private Immobilienfinanzierungen
350 2.200
Verkauf einer vollständigen Bank
89
2005/04
Münchner Hypothekenbank
2005/05
NordLB / WestLB
2005/06
Bayrische LB
Shinsei Bank / JC Flowers Cerberus
2005/06
Project Alpha
2005/06
151
Immobilienbesicherte Kredite
400
Aufbau eines Joint Ventures
400
Diverse Branchen
Lone Star
n.a.
Immobilienbesicherte Kredite
Aareal Bank
Lone Star
690
Immobilienbesicherte Kredite (578 Darlehen)
2005/06
DZ Bank
J.P. Morgan
580
Immobilienbesicherte Kredite
2005/06
Dresdner Bank IRU
Lone Star / Merrill Lynch
1.400
2005/07
Wüstenrot
Citigroup / Gmac
120
2005/09 2005/10
n.a. AHBR
GFKL Merrill Lynch
n.a. 129
2005/11
Project Saturn
CSFB
270
2005/11 2005/12
HVB Group DG Hyp Aachener und Münchner Versicherungen
Goldman Sachs CSFB
1.800 300
Lehman Brothers, Goldman Sachs
1.000
34 Kreditnehmereinheiten, immobilienbesicherten SPL und NPL n.a.
2005/12
Lehman Brothers
Firmenkundenkredite, gewerbliche Forderungen 85 gekündigte Realkredite an 45 Schuldner Konsumentenkredite Kleine Realkredite an 2.100 Kreditnehmereinheiten 3.000 Realkredite
2006/01
Eurohypo
Opus 1 mit Citigroup GMAC
1.400
2006/01
Aareal Bank
Shinsei Bank / JC Flowers
385
2006/01
HVB Group
Goldman Sachs
2006/02
Aareal Bank
Shinsei Bank
345
2006/02
DG Hyp
Shinsei Bank
445
2006/06
Aareal Bank
Shinsei Bank
1.300
2006
Bayrische LB
Cerberus
400
2006
diverse
200
2006
diverse
Creditreform Level One Holding
142 Darlehen, wohnwirtschaftliche und gewerbliche Forderungen 2/3 SPL, 1/3 NPL 1.800 Darlehen, 90% wohnwirtschaftlich, 10% gewerbliche Finanzierungen SPL und NPL Hypothekendarlehen 847 Darlehen Unternehmen und Immobilienfinanzierungen Konsumentenkredite
70
Immobilienbesicherte Kredite
2006
Dresdner Bank
Fortress
n.a.
Immobilienbesicherte Kredite
2006
Aachener und Münchner
Lehman Brothers
n.a.
Immobilienbesicherte Kredite
2.170
Die Liste ist ohne Gewähr auf Vollständigkeit, einige Werte sind geschätzt. Quellen:
Deloitte & Touche GmbH, S. 1; Froitzheim et.al., S. 29 ff.; Wentzler, S. 6 ff.
90
„Hello-Letter“ Persönlich/Vertraulich
Frankfurt, Ihr Darlehensengagement (vormals <seller name> ) Darlehensnummer: Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem in Kopie beigefügten Schreiben hat Sie die <seller> darüber unterrichtet, dass Ihr im Betreff benanntes Darlehen sowie die dafür gestellten Sicherheiten auf die , , übertragen worden sind. Diese hält treuhänderisch die Darlehensforderung und die zugehörigen Sicherheiten, wie Ihnen die <seller> ebenfalls bereits mitgeteilt hat, für die , , (die "Käuferin"), welche sie von der <seller> Ende vergangenen Jahres erworben hat. Die Käuferin hat uns mit der Betreuung und Verwaltung Ihres Kreditengagements ab dem beauftragt. Zu diesem Zeitpunkt endet die Betreuung durch die <seller>. Im Zusammenhang mit dem Forderungsübergang wird es notwendig werden, dass Sie zukünftige Rechnungen für Leistungen in Verbindung mit der Verwaltung der Immobilien auf die , , investor city> ausstellen lassen. Die im Zuge der Darlehensgewährung erteilten Einziehungsermächtigungen bleiben weiterhin wirksam. Falls Sie fällige Zahlungen überweisen, bitten wir Sie, ab sofort und unter Verwendung des konkreten Verwendungszweckes und Ihrer Referenznummer ausschließlich die nachfolgend angegebene Bankverbindung zu nutzen:
Kontoinhaber: Kontonummer: Bankinstitut: Bankleitzahl: Referenznr.:
XXX WestLB AG 300 500 00
Die für Sie zuständigen Mitarbeiter unseres Hauses stehen Ihnen für Fragen gerne unter der Telefonnummer 069 / - zur Verfügung. Wir werden in den nächsten Tagen mit Ihnen einen ersten Kontakt aufnehmen. Mit freundlichen Grüßen
91
„Goodbye-Letter“ Herrn xxxxxxx Straße PLZ Ort
Ihre Darlehen Nrn. xxxxxxxxxx/001/002/003 Sehr geehrter Herr ___ hiermit möchten wir Sie davon in Kenntnis setzen, dass die Westdeutsche ImmobilienBank die vorgenannten Darlehensforderungen nebst Sicherheiten im Wege der Abtretung an XXX GmbH, Steuerberater und Rechtsanwalt, übertragen hat. Die XXX GmbH fungiert im Hinblick auf die abgetretenen Darlehensforderungen und Sicherheiten als Treuhänder. Der zugrundeliegende Sicherheitentreuhandvertrag unterliegt deutschem Recht und verpflichtet den Treuhänder zur Vertraulichkeit und strikten Einhaltung der geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen und des Bankgeheimnisses. Ab dem 01. April 200X („Verwaltungstransfertag“) erfolgt die Verwaltung und Abwicklung der oben genannten Darlehensforderungen und Sicherheiten nicht mehr durch die XXBank. Vielmehr wird ab diesem Datum die XXX, mit der weiteren Verwaltung und Abwicklung beauftragt. Die XXX steht Ihnen ab sofort als (alleiniger) Ansprechpartner in allen diesbezüglichen Angelegenheiten zur Verfügung und wird sich in Kürze direkt mit Ihnen in Verbindung setzen. Da die XXBank über keine Ihr Darlehensengagement betreffenden Unterlagen mehr verfügt, bitten wir von diesbezüglichen Rückfragen Abstand zu nehmen. Bitte beachten Sie, dass etwaige Zahlungen ab dem 01. April 200X nur noch an die XXX GmbH. Konto-Nr. xxxxxxxxx BNP xxxxxxxxx BLZ xxx xxx xx
geleistet werden dürfen. Zahlungen auf das bisherige Konto bei der XXBank haben keine schuldbefreiende Wirkung.
Mit freundlichen Grüßen
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Abtretungserklärung
Im Grundbuch von ______________ Eigentümer: _________________________
steht in Abt. III unter lfd. Nr. 1 für die _____________________________________ folgende Buchgrundschuld in Höhe von EUR ____________________ (i.W.: EURO _______________________) nebst 15,00% Jahreszinsen eingetragen. Hiermit treten wir diese Grundschuld mit allen rückständigen, laufenden und künftigen Zinsen sowie mit sämtlichen Rechten mit Wirkung ab dem Tage der Eintragung der Grundschuld an die Firma ________________________ GmbH, ____________ ab und bewilligen die Eintragng der Abtretung im Grundbuch. Der Zessionar nimmt diese Abtretung an. Er beantragt, ihn als neuen Gläubiger der Grundschuld im Grundbuch einzutragen. Die Kosten dieser Urkunde und der Eintragung im Grundbuch trägt der Zessionar. ___________________________
Bank
Zessionar
_____________________
___________________
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Vorbereitung der Kreditakten für die Due Diligence 1. Sämtliche Kopien der Darlehenverträge (inklusive nachfolgender Änderungsverträge oder Sanierungsvereinbarungen) 2. Schlüsselkorrespondenz zwischen dem Darlehensnehmer und der Bank bzgl. Darlehenskonditionen, Abzahlungen oder Sicherheiten 3. Sämtliche Kopien der Sicherheitsverträge (inklusive nachfolgender Änderungsverträge) - Bzgl. der Immobilien, Abtretungen, Bürgschaften, usw. - Konkrete Angaben zu der Sicherheitsform, Betrag der Sicherheiten, Sicherheitsgeber (inkl. Angaben zur Person), spezielle Konditionen bzgl. der Sicherheiten (z.B. Einschränkungen), Laufzeit 4. Aktueller Grundbuchauszug (rechtzeitig einholen) 5. Angaben zum Darlehensnehmer - Hintergrund über Rechtsform GbR, GmbH & Co KG, usw.), Liste der Gesellschafter,
Rechtsform
der
Gesellschafter,
Prozentualer
Anteil
der
Gesellschafter an der Gesellschaft, Haftungsquote, aktuelle Bonitätsunterlagen zu Gesellschaftern (soweit vorhanden) 6. Mieterliste, Kopien der Mietverträge - Angaben zur Identität der Mieter, Mietfläche, Mietzweck (gewerbliche oder private Nutzung), jährliche Mieteinnahmen, Laufzeit des Mietvertrages, Angaben zu ausstehenden Mieteinnahmen, Gründe für die ausstehenden Beträge, erwartete Kosten für evtl. Schadensbeseitigung, Renovierungen, Zusatzbauten o.ä., Angaben zu Verwaltungskosten 7. Zahlungseingänge mit Beschreibung der letzten 2 Jahre (sofern nicht ab Kündigung bereits aufgeführt) 8. (Potentielle) Haftungsansprüche gegen Sparkasse oder Kreditnehmer 9. (Potentielle)
Haftungsansprüche
des
Kreditnehmers
gegen
Drittparteien
(Subunternehmer, etc.) 10. Einschätzung des Darlehensnehmer zum Kooperationsverhalten (gut / mittel / schlecht)
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Begrifflichkeiten Abtretung (§ 398 BGB) Vertrag, wonach eine Forderung übertragen wird. Der bisherige Gläubiger wird als Zedent bezeichnet, der neue Gläubiger als Zessionar.
Bürgschaft (§ 765 BGB) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger einzustehen. Die Bürgschaft ist akzessorisch (deren Existenz hängt also vom Bestehen einer Forderung ab).
Darlehen (§488 BGB) Die Übereignung von Geld, mit der Vereinbarung der Rückzahlung in gleicher Menge. Von der Leihe unterscheidet sich das Darlehen dadurch, dass der Darlehensnehmer Eigentümer der Forderung wird. Das Darlehen kann verzinslich oder unverzinslich erteilt werden.
Grundbuch Bei den Grundbuchämtern geführtes öffentliches Register über das Bestehen und die Rangverhältnisse der dinglichen Rechte am Grundstück, sowie Verfügungsbeschränkungen des Rechtsinhabers. Das Grundbuch wird bei den Amtsgerichten geführt. Das Amtsgericht ist das Grundbuchamt für die in seinem Bezirk liegenden Grundstücke. Es führt für jedes Grundstück
ein
Grundbuchblatt.
Dieses
ist
wie
folgt
eingeteilt:
Aufschrift,
Bestandverzeichnis (Angaben zur räumlichen Lage und Größe des Grundstücks) und Rechtseintragungen. Letztere sind in drei Abteilungen untergliedert: 1. Abteilung: Eigentümer und Erwerbsgrund (z.B. Kauf-, Erbgang usw.) 2.
“
: Alle eintragungsfähigen Umstände
3.
“
: Die Grundpfandrechte
Liegt eine gegenstandslos gewordene Eintragung vor, kann sie von Amts wegen gelöscht werden. Dies geschieht z.B. auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts im Verfahren der
95
Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, sowie auf Ersuchen des Insolvenzgerichts auf Eintragung und Löschung eines allg. Veräußerungsverbots.
Grundschuld (§ 1191 BGB) Nicht akzessorische Belastung eines Grundstücks mit dem Inhalt, dass eine Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist. In der Praxis häufig ist die sog. Sicherungsgrundschuld, welche aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung (sog. Sicherungsvertrag) eine Forderung, z.B. aus einem Darlehen, sichert. In der Praxis hat die Sicherungsgrundschuld die Hypothek weitgehend verdrängt.
Hypothek (§ 1113 BGB) Belastung eines oder mehrerer Grundstücke mit dem Inhalt, dass eine Geldsumme zur Befriedigung einer Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist. Sie begründet für den Inhaber ein Verwertungsrecht an dem belasteten Grundstück. Da die Hypothek von dem Bestehen einer bestimmten Forderung abhängt, handelt es sich bei ihr um ein akzessorisches Grundpfandrecht (Unterschied zur Grundschuld).
Insolvenzverfahren Insolvenz liegt vor, wenn das Vermögen eines Schuldners für die Befriedigung aller Gläubiger nicht mehr ausreicht. Die Gläubiger und der Schuldner haben in dieser Situation die Möglichkeit, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Das Verfahren dient dazu, die Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird.
Reporting Auf Basis des vereinbarten Cash-Flow- und Bearbeitungsplans wird der Servicer regelmäßig dem Investor über den Stand der Abwicklung berichten. Abweichungen von der Planung müssen dabei erläutert und begründet werden, um Transparenz über den Prozess zu erhalten und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
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Special Purpose Vehicle (SPV) Zweckgesellschaft, die die übertragenen Vermögensgegenstände und Risiken übernimmt und an die Investoren, beispielsweise durch Emission von Anleihen oder Kreditderivaten, weitergibt. Durch die Zwischenschaltung eines SPV wird sichergestellt, dass die Investoren auch bei Insolvenz des Originators weiterhin pünktlich und vollständig ihre Zahlungen erhalten.
Treuhänder Beteiligter, der die Ordnungsmaßigkeit der Transaktion und die Geschäftstätigkeit von SPV und Servicer im Auftrag der Investoren überwacht. Er kann gegebenenfalls auch als Zahlstelle zwischen Servicer und Investoren eingeschaltet werden. Person, die im vereinfachten Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt. Die Vorschriften über die Bestellung, Entlassung, Haftung, Vergütung und Rechnungslegung eines Insolvenzverwalters gelten entsprechend. Der Treuhänder ist nicht zur Insolvenzanfechtung befugt. Dazu berechtigt ist im verinfachten Insolvenzverfahren jeder Insolvenzgläubiger. Die Gläubigerversammlung kann jedoch den Treuhänder mit der Anfechtung beauftragen. Dem Treuhänder fehlt die Berechtigung, Gegenstände zu verwerten, an denen Absonderungsrechte bestehen. Auf Antrag des Treuhänders kann das Insolvenzgericht anordnen, dass von einer Verwertung der Insolvenzmasse ganz oder teilweise abgesehen wird (vereinfachte Verteilung). Indiesem Fall hat der Schuldner binnen einer festgesetzten Frist an den Treuhänder einen Betrag zu zahlen, der dem Wert der Masse entspricht, die an die Insolvenzgläubiger zu verteilen wäre.
Zwangsversteigerung Sie bezweckt die Befriedigung des Gläubigers durch Veräußerung von Gegenständen des Schuldners. Für die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung müssen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sein. Bei Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen ordnet das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung durch Beschluss an. Zugleich ersucht es das Grundbuchamt um die Eintragung des Versteigerungsvermerks. Die wirksame Anordnung der Zwangsversteigerung wirkt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks. Von der Beschlagnahme werden grundsätzlich das Grundstück und die Gegenstände erfasst, auf welche sich die Hypothek erstreckt. -
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Während der Zwangsversteigerung verbleiben dem Schuldner die Erträge des Grundstücks und er behält auch die Nutzung und Verwaltung des Grundstücks inne.
Zwangsverwaltung Maßnahme der Immobiliarzwangsvollstreckung neben der Zwangsversteigerung, wobei der Gläubiger bei der Zwangsverwaltung seine Befriedigung aus den laufenden Erträgen des Grundstücks sucht. Die Zwangsverwaltung kann neben der Zwangsversteigerung betrieben werden. Bei der Zwangsverwaltung wird die Beschlagnahme wirksam. Der Umfang der Beschlagnahme ist bei der Zwangsverwaltung weiter als bei der Zwangsversteigerung. Die Anordnung der Zwangsverwaltung umfasst auch die Erzeugnisse und Miet- und Pachtzinsforderungen. Die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks wird dem Schuldner bei Anordnung der Zwangsverwaltung entzogen. Die Verwaltungsbefugnis steht nur noch dem eingesetzten Zwangsverwalter zu. Ein Zwangsverwalter ist eine durch das Vollstreckungsgericht zu bestellende Person mit Verwaltungsbefugnis. Er ist mit dem Insolvenverwalter vergleichbar, somit übt er sein Amt in eigener Verantwortung aus. Er ist zu allen Handlungen berechtigt und verpflichtet, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und es ordnungsgemäß zu nutzen. Dies kann auch die Fortführung des Unternehmens auf dem beschlagnahmten Grundstück einschließen.
Zwangsvollstreckung Verwirklichung von Ansprüchen mit staatlichen Zwangsmitteln. Sie umfasst die Einzelzwangsvollstreckung, bei welcher der einzelne Gläubiger in einzelne pfändbare Vermögensgegenstände seines Schuldners vollstreckt. Wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, tritt an die Stelle der Einzelzwangsvollstreckung die Gesamtvollstreckung mit dem Ziel, eine interessengerechte Verteilung des gesamten Schuldnervermögens unter alle Gläubiger zu erreichen. Sie ist in der Insolvenzordnung geregelt.
Quellen: Alpmann & Schmidt Juristische Lehrgänge und F.A. Brockhaus; Scholz / Hofmann
99
J.
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Der Autor: Ulrich Bitterling, Bachelor of Arts, “International Business and Management“ an der Fachhochschule Osnabrück. Abschluss 2007 als “Bachelor of Arts“ (B.A.). Derzeit in Vorbereitung auf den Masterabschluss.
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