Gerhard Müller-Westermeier
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Gerhard Müller-Westermeier
Wetter und Klima in Deutschland begründet von Karl Rocznik fortgeführt von Gerhard Müller-Westermeier unter Mitarbeit von Angelika Grätz 4., überarbeitete Auflage mit einem Geleitwort von Günther Tiersch
S. Hirzel Verlag Stuttgart
Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt. Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN–10: 3–7776–1421–1 ISBN–13: 978–3–7776–1421–2 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzungen, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. 4., überarbeitete Auflage 2006 3., überarbeitete Auflage 1995 2. Auflage 1986 1. Auflage 1982 © 2006 S. Hirzel Verlag Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart Printed in Germany Einbandgestaltung: deblik, Berlin Umschlagfotos: photos.com Druck & Bindung: Kösel GmbH & Co. KG, Krugzell
Geleitwort
Als ich diese Zeilen zu schreiben begann, beschäftigte ich mich gerade mit El Niño oder auch ENSO (El Niño/Southern Oszillation). El Niño ist eine Klimaschwankung im pazifischen Raum, 16000 km von uns entfernt, und dennoch zeigt sie Auswirkungen auf unser Klima in Europa und Deutschland. Je nach Ausrichtung ihrer Amplitude, und hier geht es um großräumige Luftdruckschwankungen, Änderungen der Passatwinde und Meerestemperaturen, kann sie sogar in Europa milde oder kalte Winter hervorrufen. Die Transportbänder dieser Auswirkungen sind die Starkwindzonen (Jetstreams oder Strahlströme), die die Erde von West nach Ost umgeben und in 10–15 km Höhe mit Windgeschwindigkeiten von 200–300 km/h um die Erde rasen. Sie transportieren z. B. die Tiefdruckgebiete mit Regen über den Atlantik nach Europa. Diese Strahlströme können sich aufgrund der Änderungen im Pazifik 500–1000 km nach Süden oder Norden verschieben und damit großen Einfluss auf das jahreszeitliche Wettergeschehen auf der ganzen Erde nehmen. Wetterextreme wie das Oderhochwasser 1997 hat ein starker El Niño gebracht. Im pazifischen Raum verlagerten sich die starken Gewitterregen von den Philippinen im Westpazifik in den Zentralpazifik und an die Westküste Südamerikas: Statt anhaltender Trockenheit am Küstenstreifen zwischen Ecuador und Chile gingen in den Küstenwüsten plötzlich heftige Gewitterregen nieder. Gleichzeitig erwärmte sich das Küstenwasser vor Ecuador, Chile und Peru und es verschwanden die Fische, die kühles Wasser des Humboldtstroms gewöhnt sind: Die Fischer verloren ihre Lebensgrundlage. Anhaltende Trockenheit von Februar bis nahezu November kennzeichnete bei uns ein weiteres Wetterextrem: Das Jahr 2003 mit einem Sommer, wie ihn viele Menschen in Deutschland noch nicht erlebt haben. Es war ein Klima wie auf Korsika im Mittelmeer, 6 °C wärmer als normal. Diesem Ereignis war zwar ein El Niño in 2002 vorausgegangen, aber er war wohl zu schwach, um direkt mit diesem Sommer bei uns in Zusammenhang zu stehen. Wir haben gerade das Jahr 2005 mit extrem vielen Wirbelstürmen im Atlantik hinter uns. Katrina und Rita haben Nordamerika das Fürchten gelehrt. Diese Wirbelsturmsaison geht auf La Niña zurück – das klimatische Gegenteil von El
Geleitwort
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Niño, der Normalfall im Klima des Pazifiks: feucht und gewittrig auf den Philippinen, trocken an den Westküsten Südamerikas. Die Meteorologie und Klimatologie haben bereits viele Zusammenhänge des weltweiten Klimas entschlüsselt, doch die daraus möglich werdenden Langfristprognosen von Witterungsabschnitten über einen Zeitraum von mehreren Wochen werden erst in einigen Jahren Wirklichkeit werden. Man ist dabei, dieses Klimaphänomen El Niño zu beobachten, sodass man dann Jahreszeitenprognosen für das weltweite Wetter abgeben kann. Das Chaosprinzip in der Natur setzt der Vorhersagbarkeit des Wetters jedoch Grenzen: Es gibt Entwicklungen, die sich nicht vorhersagen lassen. So bleiben die Langfristprognosen noch eine Herausforderung für die Meteorologie. Früher halfen da die Bauernregeln. Für uns Meteorologen spielen sie jedoch in der täglichen Wettervorhersage keine Rolle mehr. Da sind wir wesentlich weiter: Wetter lässt sich über eine Zeitraum von 1–5 Tagen mit einer Genauigkeit von etwa 90–75 % berechnen und das bringt bessere Ergebnisse als die aus beobachtetem Wettergeschehen aufgestellten Bauernregeln. Ich möchte mich ihnen persönlich jedoch nicht ganz verschließen: Meine Schwiegermutter, eine Bäuerin aus Franken, erwähnte vor ein paar Jahren, es war Anfang Februar, dass es noch etwa 6 Wochen kalt bleiben würde. Ich war etwas erstaunt ob ihrer Sicherheit und fragte nach. Sie bezog sich auf die Regel: „Ist es an Lichtmess (2. Februar) hell und klar, bleibt der Winter noch 7 Wochen da.“ Das habe ich mir gemerkt. Tatsächlich gibt es eine Erhaltungstendenz des Wetters, und so liegt bei sonnigem Wetter Anfang Februar ein Hochdruckgebiet über uns, das einige Wochen anhalten kann. Etwa Mitte März gibt es dann häufig die Entwicklung zum ersten Frühlingshochdruckgebiet, das nachts noch Fröste, tagsüber schon warmes Wetter bringen kann. Damit werden dann die in der Regel angesprochenen 7 Wochen erreicht. Die Genauigkeit der verschiedenen Bauernregeln kann für einen bestimmten Ort sogar einen Wert von 65–73 % erreichen. Für uns Medienmeteorologen ist das wichtigste Datum der Bauernregeln der 27. Juni – der Siebenschläfertag. Schon Tage vorher kommen die Redaktionen und fragen nach, ob der Sommer verregnet oder sonnig wird. Das lässt sich, wie Sie auch in diesem Buch nachlesen können, erst Ende Juni oder besser erst ab dem 8. Juli herauslesen, und ganz sicher ist das natürlich auch nicht. Unser Wetter in Mitteleuropa ist häufig sehr abwechslungsreich, da es durch Luftströmungen herantransportiert wird. Da ziehen Regengebiete, Sturm oder Wolken durch, und so entsteht unser Wetter selten vor Ort. Ein „Nichts“ an Wetter passiert bei uns für einige Tage nur dann, wenn über uns ein Hochdruckgebiet liegt. Im Sommer freuen wir uns über den Sonnen-
Geleitwort
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schein und die Wärme, im Winter kann es auch unangenehm werden: Eine kalte Luftschicht am Boden, die nur wenige hundert Meter dick sein kann, verhindert jeglichen Luftaustausch. So lagern sich über die Tage ungesunde Gase an, die Luft wird durch die Verbrennung fossiler Energieträger schmutzig. Wir haben in Mitteleuropa in den letzten 25 Jahren viel getan, um den berühmten Smog zu lindern. Unsere Luft ist auch bei anhaltenden Inversionswetterlagen wesentlich sauberer geworden. In anderen Teilen der Erde ist das genau umgekehrt: Erhöhte industrielle Produktion führt zu einer zunehmenden Luftverschmutzung. In China ist das seit einigen Jahren ein großes Problem. Wochenlang bleiben Rauch und Abgase in der Luft hängen und werden erst bei Änderung der stabilen Wetterlage über den Pazifik nach Osten abtransportiert. Dieser Smog erreicht sogar die USA, das lässt sich durch Satellitenbilder nachweisen. Solches Wettergeschehen wirkt dann massiv auf die Gesundheit. Bei uns sind es eher die indirekten Gefahren, wie umstürzende Bäume durch einen Sturm oder Autounfälle bei Glatteis, die uns gefährden. Dabei darf man nicht vergessen, dass das Wetter immer auf uns wirkt, positiv und negativ. Für jeden gibt es günstige Wetterlagen, die vom Typ abhängen. Viele Krankheiten wie Rheuma können durch das Wetter verstärkt werden. Auf Warmluft in der Höhe reagieren viele Menschen mit Kopfschmerzen. Dagegen kann man etwas tun: körperliche Fitness, viel frische Luft, und der Körper wird unabhängiger vom Wettergeschehen, die Zipperlein halten sich in Grenzen. Wenn die Sonne scheint, wenn frische Luft von der Nordsee den Nebel im Winter vertreibt, dann hebt das die Stimmung. Diese Helligkeit wirkt sich besonders in den Wintermonaten bei den meisten von uns positiv aus: Das Wetter macht richtig glücklich. Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieses Buches viele neue Erkenntnisse, ein wertvolles Nachschlagewerk ist es allemal, und vielleicht verstehen Sie danach auch die Meteorologen und ihre Begeisterung für das Wetter. Gunther Tiersch, Januar 2006
Geleitwort
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Vorwort zur vierten Auflage
Die erfreulich große Nachfrage nach unserem Wegweiser durch das Wetter und Klima in Deutschland hat eine weitere überarbeitete Neuauflage erforderlich gemacht. Diese Aufgabe wurde wieder von zwei Mitarbeitern des Deutschen Wetterdienstes, G. Müller-Westermeier und Frau A. Grätz, übernommen. Dabei wurden die Daten und Tabellen an die zur Zeit gültige internationale klimatologische Referenzperiode 1961–1990 angepasst. Außerdem wurde eine Aktualisierung im Hinblick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere in den Kapiteln zur Medizinmeteorologie und zu klimatologischen Trends vorgenommen. Die bildhafte Beschreibung der einzelnen Monatsklimate, die einen besonderen Reiz des Buches ausmacht, wurde hingegen weitgehend in der Originalform von Herrn Rocznik erhalten. Offenbach, im Frühjahr 2006
Gerhard Müller-Westermeier
Vorwort zur dritten Auflage Die erfreulich große Nachfrage nach dem Wegweiser durch unser Wetter und Klima hat eine weitere Neuauflage erforderlich gemacht. Leider konnte Herr Rocznik aus gesundheitlichen Gründen eine Überarbeitung nicht mehr übernehmen. Diese Aufgabe haben daher G. Müller-Westermeier und H. Staiger, zwei Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes, übernommen. Neben einer Aktualisierung der klimatologischen Tabellen wurden insbesondere die Kapitel zur Medizinmeteorologie und zu klimatologischen Trends neu gefasst und den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in diesen Bereichen angepasst. Offenbach, im Frühjahr 1995
Gerhard Müller-Westermeier
Vorwort
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Vorwort zur ersten Auflage Den idealen, normalen Jahresverlauf der Witterung darzustellen, mit alten und neuen Wetterregeln versuchen, dem Wetter auf die Spur zu kommen und anhand von Daten über die Klimaverhältnisse in Deutschland zu informieren sowie die wichtigsten Wettererscheinungen in kurzen Abrissen allgemein verständlich zu erklären, ist die Aufgabe dieses Buches. Es entstand aufgrund vieljähriger Erfahrungen, die der Verfasser in der Klimaforschung und im Wetterdienst, davon zwei Jahrzehnte lang als Leiter der Wetterstation Regensburg, sowie durch zahlreiche wetterkundliche Veröffentlichungen in Tagespresse und Fachzeitschriften hat sammeln können. Regensburg, im Sommer 1982
Karl Rocznik
Vorwort
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Inhalt
Geleitwort............................................................................................................................... 5 Vorwort .................................................................................................................................. 9
Teil 1 Das „Monatsklima“ in Deutschland Einführung ............................................................................................................................ 15 Das Wetter im Januar............................................................................................................ 16 Das Wetter im Februar ......................................................................................................... 21 Das Wetter im März ............................................................................................................. 27 Das Wetter im April............................................................................................................... 31 Das Wetter im Mai ................................................................................................................ 35 Das Wetter im Juni................................................................................................................ 39 Das Wetter im Juli ................................................................................................................. 43 Das Wetter im August........................................................................................................... 48 Das Wetter im September ................................................................................................... 51 Das Wetter im Oktober ......................................................................................................... 55 Das Wetter im November ..................................................................................................... 59 Das Wetter im Dezember ..................................................................................................... 63
Teil 2 Aktuelle Wetterthemen Zwölf Luftmassen gestalten das Wetter in Deutschland..................................................... 71 Die schmutzige Atmosphäre – ein Problem unserer Zeit................................................... 88 Die Sonnenflecken und ihre Beziehung zum Wetter........................................................... 93 Vorhersage von nassen und trockenen Sommern .............................................................. 99
Inhalt
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Strenge Winter – heiße Sommer ........................................................................................ 103 Wetterstress, Wetterfiihligkeit und ihre Ursachen ............................................................ 107 Das Bioklima in Deutschland .............................................................................................. 120 Der Mond und das Wetter .................................................................................................. 124 Rund um den „Hundertjährigen Kalender“ ........................................................................ 128 Alte und neue Wetterregeln ............................................................................................... 132
Teil 3 Das Klima von Deutschland in Zahlen Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa................................................. 137 Der Wandel der Niederschlagsverhältnisse in Deutschland ............................................. 144 Tabellen............................................................................................................................... 149 Literatur............................................................................................................................... 165 Register ............................................................................................................................... 169
Inhalt
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Teil 1 Das „Monatsklima“ in Deutschland
Einführung
Durch den Jahresgang der Sonne bedingt, hat jeder Monat sein eigenes, charakteristisches „Monatsklima“, das wiederum für den wechselvollen Ablauf im ganzen Naturgeschehen verantwortlich ist. Noch stellen die Monatsvorhersagen des Wetters unvollkommene Versuche dar, doch bestehen zweifellos Interesse und Bedürfnis an langfristigen Witterungsvorhersagen. Nun lassen sich aber aus den seit vielen Jahrzehnten gesammelten und ausgewerteten Wetteraufzeichnungen wenigstens Hinweise auf das „Monatsklima“, also das durchschnittliche, normale Verhalten der Witterung eines Monats entnehmen. Auch haben die von F. Baur, H. Flohn, A. Hofmann, R. Scherhag und A. Schmauss vorgenommenen Untersuchungen die Tatsache bestätigt, dass typische Wetterlagen (Schönwetter- und Schlechtwetterlagen, Kaltlufteinbrüche und Warmluftvorstöße) sich alljährlich an bestimmten Daten bevorzugt einstellen, also weitgehend kalendergebunden sind. Mit mehr oder minder großer Pünktlichkeit – zuweilen auch ganz ausbleibend – bilden diese Erscheinungen des „Auftretens markanter Wetterlagen an bestimmten Daten“ (Singularitäten) eine willkommene Möglichkeit der Orientierung im wechselvollen Witterungsablauf des Jahres. Dass sich unsere Vorfahren an den Wettererscheinungen bestimmter Daten orientierten und daran Erwartungen für die weitere Wetterentwicklung knüpften, geht aus dem großen Schatz von überlieferten Bauern- und Lostagsregeln hervor. Die folgenden 12 Monatskapitel mit dem „Wetter von Januar bis Dezember“ enthalten solche Angaben über das Auftreten von markanten Wetterlagen im normalerweise zu erwartenden (idealen) Witterungsablauf. Sie enthalten ferner Angaben über die hauptsächlichsten meteorologischen Elemente, als Gebietsmittel von Deutschland oder gemittelt aus Daten von zehn deutschen Großstädten (Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a.M., Freiburg i.Br., Hamburg, Hannover, Köln und München), bezogen auf den internationalen klimatologischen Referenzzeitraum 1961–1990. Sinnvoll erscheinende Bauernregeln und Lostagssprüche wurden in die Betrachtungen einbezogen und auf ihre Zuverlässigkeit geprüft unter Berufung auf A. J. Langbehn (1851–1907), von dem der Satz stammt: „In der Wetterkunde hat sich gezeigt, dass die letzten Ergebnisse der Wissenschaft oft wieder zu den Bauernregeln zurückführen.“ Zeitangaben erfolgen immer in MEZ, ohne Berücksichtigung der Sommerzeit.
Einführung
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Das Wetter im Januar
Als kältester Monat des Jahres weist der Januar in Deutschland im Gebietsmittel eine Durchschnittstemperatur von –0,5 °C auf, bezogen auf den 30-jährigen von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) festgelegten internationalen Referenzzeitraum 1961–1990. Für die zehn Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Hamburg, Hannover, Köln und München ergibt sich ein Mittelwert von 0,2 °C, wobei Freiburg die winterwärmste, München die winterkälteste Großstadt ist. Abweichend von der mittleren täglichen Höchsttemperatur von 2,7 °C und der mittleren täglichen Tiefsttemperatur von –2,6 °C können die Temperaturen in extremen Wettersituationen bis gegen 15 °C ansteigen oder bis nahe –30 °C absinken; diese Werte beziehen sich auf 2 m Höhe über dem Erdboden. Zu erwarten sind im Mittel über die zehn Städte regulär 19 Frosttage, von denen 8 Tage Dauerfrost aufweisen und als „Eistage“ bezeichnet werden. Von diesem Durchschnitt abweichend, hat München mit normal 11 die meisten, Köln mit 5 die wenigsten Eistage im Januar. Gewöhnlich ist das letzte Januardrittel am kältesten. Hier stellt sich auch in der Regel der kälteste Wintertag ein. Es heißt daher richtig: „Werden die Tage länger, so wird die Kälte strenger.“ Immerhin gibt es aber selbst im kältesten Monat Deutschlands im Mittel normalerweise 12 frostfreie Tage, davon abweichend in Freiburg und Köln 15, in München 6. Nach ihren Januar-Mitteltemperaturen ist von allen deutschen Großstädten (mit über 100 000 Einwohnern) Düsseldorf mit 2,5 °C am wärmsten, Regensburg mit –2,1 °C am kältesten. Eine durchschnittliche Januartemperatur von –11,2 °C hat Deutschlands höchster Berg, die 2962 m hohe Zugspitze, –4,2 °C der 1142 m hohe Brocken im Harz. Zum weiteren Vergleich: Europas wärmste und kälteste Hauptstädte sind Lissabon mit 10,4 °C und Moskau mit –10,3 °C mittlerer Januartemperatur. Im Übrigen ist der Januar als durchschnittlich kältester Monat nicht in jedem Jahr der kälteste Monat; im 100-jährigen Zeitraum von 1871–1970 waren in Mitteleuropa am kältesten: 52-mal der Januar, 25-mal der Dezember, 22-mal der Februar und einmal (1921) der November. Die Januar-Niederschläge sind im vieljährigen Mittel auf 16 Tage verteilt; sie fallen an der Hälfte dieser Niederschlagstage als Schnee und ergeben im Gebietsmittel von Deutschland eine Wassermenge von 62 Liter pro Quadratmeter
Teil 1 – Das „Monatsklima“ in Deutschland
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(62mm), für das Mittel der zehn Städte 50mm. Extreme Wetterverhältnisse können Niederschlagsmengen bis zum Vierfachen des Januar-Regelwertes bringen, aber auch nur knapp ein Viertel davon ergeben. Eine Schneedecke von mindestens lern Höhe ist im Januar normalerweise in Hamburg an 10, in Berlin an 15, in München an 19 und in Garmisch-Partenkirchen an 28 Tagen vorhanden. Als maximale Schneehöhe im Januar gelten 35 cm für Hamburg und 45 cm für München. Die Gefahr von Glatteisbildung (wenn Regen auf gefrorenen Boden fällt) besteht an 2–3 Tagen im Januar wie auch in den übrigen Wintermonaten. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 85 % und ein Dampfdruck von 5,6 hPa sind Durchschnittswerte für den Januar in Deutschland. 48 Sonnenscheinstunden gelten im Januar sowohl für das Gebietsmittel von Deutschland wie für das Mittel der zehn Städte als Sollwert. Während in den Niederungen, durch Nebel und Hochnebel bedingt, gewöhnlich 16 Januartage ohne Sonnenschein bleiben, wartet das Hochgebirge mit reichlich Januar-Sonnenschein auf, die Zugspitze regulär mit 115 Sonnenstunden. Als Höchstwert wurden dort 232 Sonnenstunden im Januar 1989 aufgezeichnet. Von europäischen Hauptstädten weisen regulär Lissabon mit 143 und Moskau mit 31 Stunden die Extreme in der Januar-Sonnenscheinbilanz auf. Die Bewölkung nimmt im Januarmittel 76 % der sichtbaren Himmelsfläche über Deutschland ein. Nebel gibt es in den Niederungen mit durchschnittlich 8 Januartagen etwa doppelt so häufig wie in höheren Lagen. Hamburg hat 7, Berlin 6 und München 5 Tage Nebel im Januar. Die Sonne, die am 21. Januar – im traditionellen Sinne – aus dem Tierkreiszeichen Steinbock in das des Wassermanns tritt, steht an diesem Datum bereits 3,5° höher über dem Südhorizont als einen Monat vorher, zur Zeit der Wintersonnenwende. Die Zunahme des lichten Tages beträgt zu diesem Zeitpunkt schon rund 40 Minuten. In den Windverhältnissen unterscheidet sich der windreiche Norden deutlich vom windärmeren Süden Deutschlands. So weist auch im Januar der Donauraum mit Regensburg im viel jährigen Mittel nur 5, die Berliner Gegend dagegen 10 „Starkwindtage“ (mit Spitzenböen von Stärke 6 und mehr) auf. Die gleiche Ursache, nämlich die überwiegend entlang der norddeutschen Küste nach Osten wandernden Tiefdruckgebiete, führt dazu, dass der Norden allgemein niedrigere Luftdruckwerte als der Süden Deutschlands aufweist, wo der Einfluss des Azorenhochs mehr zur Geltung kommt. Auf Berliner Verhältnisse bezogen ist ein Januarmittel des Luftdrucks von 1017hPa (auf NN reduziert) normal; extreme Abweichungen bis 1058hPa nach oben und 967hPa nach unten sind bekannt. Die Tiefdruckaktivität über dem Atlantik hat im Januar ihren Höhepunkt und wird dort angefacht durch den Zusammenprall von kanadischer Kaltluft und Warmluft aus dem Golfstromgebiet. Ob die atlantische Zyklonentätigkeit mit milder Meeresluft nach Europa ausgreift oder ob ein sich nach Europa auswei-
Das Wetter im Januar
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tendes asiatisches Hoch die atlantischen Tiefs blockiert und kalte Festlandluft nach Mitteleuropa zu lenken vermag, davon hängt im Wesentlichen das Wettergeschehen für Deutschland im Januar ab. Nach einer Großwetterlagen-Statistik für Mitteleuropa sind im vieljährigen Durchschnitt am Witterungsgeschehen im Januar beteiligt: Hochdrucklagen mit 20 % oder 6 Tagen, West- und Nordwestlagen mit 35 % (11 Tage), Nord-, Nordost- und Ostlagen mit 20 % (6 Tage), Südost- und Südlagen mit 10 % (3 Tage), Südwestlagen mit 8 % (3 Tage) und Tiefdrucklagen mit 7 % (2 Tage). Als Anhaltspunkte für den normalen Witterungsablauf im Januar mögen folgende Angaben dienen: Vom 1. bis 4. ist es bei zeitweiligen Schneefällen meist kalt. Im Zeitraum vom 5. bis 14. überwiegt milde und trübe Witterung mit Niederschlägen, teils als Regen, teils als Schnee. Vom 15. bis 26. ist trockenes und frostiges Hochdruckwetter vorherrschend, wobei die Tallagen meist Nebel aufweisen, die Berglagen aber überwiegend nebelfrei und sonnig sind. Die letzten 5 Januartage stehen dann wieder meist im Zeichen milden Westwetters mit Niederschlägen. Um die Jahreswende entscheidet sich in den meisten Jahren der Charakter des Hochwinters. Wenn nämlich in der Zeit von Weihnachten bis Hl. Dreikönige (6. Januar) mildes Wetter vorherrscht (an mindestens 7 Tagen), so folgt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch ein milder Hochwinter. Wetterregel: „ Wenn bis Dreikönigstag kein Winter ist, kommt keiner.“ Strengen Hochwintern geht dagegen meist eine winterliche Kälteperiode um die Jahreswende voraus, aber erst nach einer Unterbrechung durch mildes Westwetter in der Zeit vom 6. bis 10. Januar stellt sich dann mit Luftdruckanstieg hochwinterliche Kälte ein, die gewöhnlich ihren Höhepunkt in der Zeit vom 15. bis 26. Januar hat. Die Wahrscheinlichkeit eines stärkeren Kälteeinbruchs in der zweiten Januarhälfte besteht in 4 von 5 Jahren. Recht gut stimmt daher der Wetterspruch: „Mit Fabian und Sebastian (20.) fängt der rechte Winter an.“ Eine Reihe von Bauernregeln bringt das Temperaturgepräge des Januars in Zusammenhang mit dem des vorangegangenen Oktobers und Novembers, etwa „Wenn frostig der Oktober war, so folgt ein linder Januar“ oder „Ist der November kalt und klar, ist trüb und mild der Januar“. Die erste Regel hat eine Eintreffwahrscheinlichkeit von 73 %, denn nach einer für den Zeitraum 1871–1975 vorgenommenen Auszählung folgten den 22 Oktobermonaten, die um mindestens 1 °C, also deutlich zu kalt waren, 16-mal milde Januarmonate. Einem um mindestens 1 °C zu kalten November folgte in 13 von 22 Fällen (59 %) ein milder Januar. Umgekehrt haben zu warme Oktober und November in etwa 60 % der Fälle zu kalte Januarmonate im Gefolge. Die „Erhaltungsneigung“ der Temperatur von Dezember zu Januar ist nicht besonders ausgeprägt, dafür aber deutlich von Januar zu Februar. So folgt einem
Teil 1 – Das „Monatsklima“ in Deutschland
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sehr kalten Januar mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein kalter Februar. Von den sieben kältesten Januarmonaten im 20. Jahrhundert (1940, 1941, 1942, 1947, 1963, 1985 und 1987) hatten alle einen zu kalten Februar im Gefolge. Dass auch die sieben wärmsten Januarmonate in Deutschland (1916, 1921, 1944, 1974, 1975, 1983 und 1988) fünf milde Februarmonate nach sich zogen (ohne 1944 und 1983), steht im ziemlichen Widerspruch zur Bauernregel „Gelinder Januar bringt Kälte im Februar“. So zeigt auch die Auswertung des 200-jährigen Zeitraumes 1771–1970 – basierend auf den Baur’schen Temperaturtabellen für Mitteleuropa – folgende Ergebnisse: Die Aufeinanderfolge „milder Januar – kalter Februar“ gab es nur 30-mal, „kalter Januar – milder Februar“ 40-mal, „kalter Januar – kalter Februar“ 50-mal und „milder Januar – milder Februar“ mit 80-mal am häufigsten. Im Übrigen lässt sich feststellen, dass den 50 sehr milden (mindestens 2,0 °C zu warmen) Januarmonaten im Zeitraum von 1771 bis 1970 23-mal zu warme und 27-mal zu kühle Julimonate folgten. Und den 42 sehr kalten Januar-Monaten im gleichen 200-jährigen Zeitraum folgten 20 warme und 22 kühle Julimonate. Ein Zusammenhang zwischen hochwinterlichem und hochsommerlichem Temperaturgepräge entsprechend der Redensart „Wie der Januar, so der Juli“ ist also nicht nachzuweisen. In vielen alten Sprüchen kommt der aus bäuerlicher Sicht verständliche Wunsch nach einem kalten Januar ebenso zum Ausdruck wie die Abneigung gegen einen milden Januar, von denen hier genannt seien „Januar soll krachen, wenn der Frühling soll lachen“; „Im Januar (Härtung) besser der Wolf auf dem Mist, als eine Mücke“; „Ist der Januar warm und nass, bleiben leer Scheun’ und Fass“; „Januar warm, dass Gott erbarm“. Diesen Sprüchen ist die Sorge gemeinsam, dass ein milder Januar ein spätes Frühjahr nach sich ziehen könnte, und die Furcht vor Schädlingsplagen im Sommer, da durch das Ausbleiben strenger Frostperioden ein ungewöhnlich großer Teil der im Boden überwinternden Dauerstadien der Schädlinge überlebt. Winterliche Hochdrucklagen, von denen der Januar die meisten aufweist, was auch am durchschnittlich winterlich höchsten Luftdruckwert zum Ausdruck kommt, bergen neben der Kälte auch die Gefahr des Wintersmogs. Er entsteht meist in den Niederungen unter einer nur wenige hundert Meter über dem Boden liegenden Sperrschicht (Inversion), die wie ein Deckel die Durchmischung mit höheren Schichten unterbindet. Unter dieser Sperrschicht konzentrieren sich luftverunreinigende Stoffe wie Schwefeldioxid, Staub und Ruß, die für den erhöhten Stromverbrauch und die verstärkte Heiztätigkeit kennzeichnend sind. Auch die Emissionen aus dem Kraftfahrzeugverkehr (Stickoxide, Kohlenwasserstoffe) werden nur wenig verdünnt und zeigen deswegen erhöhte Werte.
Das Wetter im Januar
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Abb. 1 Mittlerer Luftdruck- und Temperaturverlauf über Deutschland
Teil 1 – Das „Monatsklima“ in Deutschland
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Das Wetter im Februar
Im Monat Februar werden die mittleren Kältewerte des Januars allgemein nicht erreicht. Lediglich auf den norddeutschen Inseln (aufgrund der Wärmespeicherung des Wassers) und auf den hohen Bergen (wegen der Trägheit der freien Atmosphäre) ist der Februar im Mittel kälter als der Januar (Helgoland Januar 2,5 °C, Februar 2,1 °C, List/Sylt Januar 1,0 °C, Februar 0,9 °C; Zugspitze Januar –11,2°C, Februar –11,4°C). Im Gebietsmittel von Deutschland beträgt die vieljährige Durchschnittstemperatur 0,4 °C und liegt damit um rund 1 °C über der mittleren Januartemperatur. Trotzdem ist im Februar noch mit hochwinterlichen Kälteperioden zu rechnen. Meist handelt es sich dabei um Nordost-Wetterlagen, bei denen sibirische Kaltluft bis nach Deutschland strömt. Der gewöhnlich im Februar einsetzende Aufbau hohen Luftdruckes über dem Polargebiet und fallender Luftdruck innerhalb des subtropischen Hochdruckgürtels begünstigt hierbei den nach Mitteleuropa gerichteten Vorstoß russischer Kaltluft. Manchmal bringt sogar der Februar erst die tiefsten Wintertemperaturen, wie dies besonders krass in den Jahren 1929 und 1956 der Fall war. Als mittlere Tages-Höchsttemperatur der zehn Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Hamburg, Hannover, Köln und München gilt im Februar 4,2 °C, als mittlere tägliche Tiefsttemperatur –2,1 °C, was einer mittleren Tagesschwankung von 6 °C entspricht. Eine Monats-Höchsttemperatur von 11 °C und eine Monats-Tiefsttemperatur von –9 °C sind für den Februar normal. Abweichend hiervon können in extremen Februarmonaten die Temperatur-Maxima in Hamburg bis an 16 °C, in München unter Föhneinfluss bis an 20 °C und in Freiburg bis 21 °C heranreichen. Wegen des maritimen Einflusses von Westen und des kontinentalen Einflusses von Osten liegen die absoluten Temperatur-Minima für Köln bei –19°C, für Erfurt bei –25 °C. Zusätzlicher Geländeeinfluss, wie er in den Niederungen zur Auswirkung kommt, und nächtliche Ausstrahlung bei geschlossener Schneedecke lassen die Temperaturen bei winterlichen Hochdrucklagen noch weiter absinken – im Februar 1929 in Ingolstadt/Donau beispielsweise bis –35 °C. Die durchschnittliche Zahl der Frosttage beträgt im Februar 17, wovon 5 Tage Dauerfrost aufweisen. Normalerweise sind daher 11 Februartage frostfrei, wobei – abweichend vom Mittel der zehn
Das Wetter im Februar
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Städte – Freiburg mit 17 die meisten, München mit 6 die wenigsten frostfreien Tage haben. Die Niederschläge im Februar sind gewöhnlich auf 14 Tage verteilt, davon im Westen an mehr Tagen als Regen, im Osten und Süden Deutschlands an mehr Tagen als Schnee fallend. Eine Niederschlagsmenge von 49 mm gilt für den Februar als Mittelwert für Deutschland, für das Mittel der zehn Städte sind es 41 mm. Abweichungen bis über 100 oder unter 10 mm kommen selten vor. Die Zahl der Tage mit Schneedecke nimmt vom Süden nach Norden ab; sie beträgt regulär in Garmisch-Partenkirchen 25, in München 19, in Berlin 13 und in Hamburg 10. Als maximale Schneehöhen im Februar gelten 40 cm für Hamburg und 56 cm für München. Zur Glatteisbildung kommt es an 1–3 Tagen. Die Zunahme des Tageslichts – von Mitte Januar bis Mitte Februar um rund 1,5 Stunden (auf 50° Breite) – bedeutet auch eine Zunahme der täglichen Sonnenscheindauer von etwa einer Stunde auf durchschnittlich 2,6 Stunden im Februarmittel, was einer Monats-Sonnenscheindauer von 73 Stunden im Mittel für Deutschland entspricht. Ohne Sonnenschein bleiben in der Regel 10 Februartage. Die mittlere Februarbewölkung umfasst 71 % der sichtbaren Himmelsfläche. Die relative Luftfeuchtigkeit beträgt im Februardurchschnitt 82 %; sie reicht an 4–5 Nebeltagen zeitweilig an 100 % heran. Die Luftdruckverhältnisse weisen auch im Februar ein Gefälle von Süd nach Nord auf, was durch die mittleren Luftdruckwerte von 1019 hPa für München und 1016 hPa (auf NN reduziert) für Berlin belegt wird. West- und Nordwestwetterlagen dominieren im Februar mit einem durchschnittlichen Anteil von 33 % am Großwettergeschehen. Eine Zunahme weisen Nord-, Nordost- und Ostlagen auf, der Gesamtanteil beträgt 25 %. Die Häufigkeit von Hochdrucklagen nimmt ab, während Südwest- und Tiefdrucklagen im Februar gegenüber dem Vormonat die gleichen Anteile aufweisen, die die Statistik der mittleren monatlichen Häufigkeit von Großwetterlagen in Mitteleuropa nachweist. Der Wind nimmt im Februar im Allgemeinen zu. Die Häufigkeit von Windstille ist am ausgeprägtesten im Süden Deutschlands, hier sowieso ein charakteristisches Klimamerkmal, und weist im Februar in der Windverteilung einen Anteil von durchschnittlich 18 % in München auf – gegenüber 5 % in Berlin. Der Witterungsablauf im Februar zeigt folgende Tendenz: Zu Monatsanfang ist es vorherrschend mild mit ausgeprägter Neigung zu Niederschlägen, die im Flachland zumeist als Regen, ab 5. aber allgemein wieder als Schnee fallen; daher zu Recht der Spruch: „Sankt Dorothee (6.) bringt den meisten Schnee.“ Anschließend wieder Frostwetter, das etwa eine Woche lang beherrschend bleibt. Besonders der 9. und 10. Februar bringen häufig strenge Kälte. Hier wird dann auch der Spruch fällig: „An Sankt Valentin (14.) friert’s Rad mitsamt der Müh-
Teil 1 – Das „Monatsklima“ in Deutschland
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le ein.“ Nach einer kurzen milden Wetterphase um die Monatsmitte sinken im Zeitraum vom 19. bis 24. die Temperaturen nochmals zu winterlichen Werten ab. Das Monatsende bringt in der Regel veränderliche, milde Witterung. Hierzu passt der Spruch „Sankt Matthias (24.), erste Frühlingshoffnung“ oder anschaulicher „Sankt Mattheis wirft ‘nen heißen Stein ins Eis“. Erfahrungsgemäß ist ein kalter Februar zu erwarten, wenn auch der vorangegangene Januar zu kalt war – dies war in 7 der 9 kältesten Februarmonate des 20. Jahrhunderts, 1901, 1917, 1929, 1940, 1942, 1947, 1956, 1963 und 1986 (Ausnahmen: 1956 und 1986) der Fall. Und von den 9 wärmsten Februarmonaten, 1926, 1945, 1957, 1961, 1990, 1995, 1997, 1998 und 2000, hatten 6 auch einen milden Januar als Vorgänger (Ausnahmen: 1961, 1945, 1997). Die „Erhaltungsneigung“ von Januar zu Februar ist also recht gut ausgeprägt, zeigt sich aber auch von Februar zu März, denn alle hier angeführten sehr kalten Februarmonate hatten einen zu kalten März im Gefolge, und ebenso folgten den hier angeführten 9 wärmsten Februarmonaten achtmal (ohne 1995) warme Märzmonate. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % ist ein milder Februar auch dann zu erwarten, wenn die beiden vorangegangenen Oktober- und Novembermonate zu kalt waren. Im Zeitraum 1871–1975 war dies in 21 von 28 Jahren der Fall. Von F. Baur stammt die Regel, wonach mit einem überwiegend milden Februar zu rechnen ist, wenn in den 4 Tagen vom 29. Januar bis 1. Februar über Nordeuropa tiefer Luftdruck herrscht (in Oslo im Mittel unter 995 hPa [auf NN reduziert]) und im Maingebiet eine Schneedecke fehlt. Herrscht dagegen in der gleichen Zeit hoher Luftdruck im Norden (in Oslo im Mittel über 1025 hPa [auf NN reduziert]) und ist in ganz Bayern eine geschlossene Schneedecke vorhanden, so wird der Februar insgesamt zu kalt. Für keinen Monat im Jahresablauf kommen in den Bauernsprüchen so eindeutige Wünsche und Vorstellungen über die Witterung zum Ausdruck wie für den Februar. In zahlreichen Sprüchen wird ein sonniger und milder Februar abgelehnt und als schlechtes Omen für die künftige Jahreswitterung angesehen. Kalt und schneereich, so soll ein zünftiger Februar (Hornung) sein, wenn ein gutes Bauernjahr folgen soll. „Im Hornung hat’s der Bauer lieber, wenn ihm der Wolf zum Fenster hereinschaut als die Sonne.“ – „Gott behüte uns vor einem milden Februar.“ „Die weiße Gans (Schnee) im Februar brütet Segen fürs ganze Jahr.“ „ Viel und langer Schnee gibt viel Frucht und Klee.“ Auf Zusammenhänge zwischen Februarwitterung und dem Witterungsablauf in den Folgemonaten macht folgende Spruchauswahl aufmerksam: „Liegt im Februar die Katz in der Sonne, liegt sie im März hinterm Ofen mit Wonne.“ „Ist der Februar sehr warm, friert man um Ostern bis in den Darm.“ „Ist der Februar recht lau und warm, so im Lenz viel Frost, dass Gott erbarm.“ „Spielen die Mücken im Februar, frieren Schaf und Bien’ das ganze Jahr.“
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Diesen Sprüchen kommt samt und sonders keine große Beweiskraft zu. Wenn man nämlich alle sehr milden, mindestens 2,0 °C zu warmen Februarmonate – es gab deren 47 im 200-jährigen Zeitraum von 1771 bis 1970 – auf ihre Nachfolgeschaft untersucht, so ergeben sich 30 zu warme Märzmonate, 25 zu warme Aprilmonate und 29 zu warme Maimonate für Mitteleuropa. Sonderbar ist in der Sprüchesammlung das Fehlen von Hinweisen auf den Zusammenhang von Februarkälte und Märzkälte, obwohl den 42 sehr kalten Februarmonaten (mindestens 2,0 °C zu kalt) im Zeitraum 1771–1970 33-mal zu kalte Märzmonate folgten. Die Frage, ob sich starke Februarkälte bis in den Mai hinein auswirkt, lässt sich statistisch so beantworten: Den bereits angeführten 42 sehr kalten Februarmonaten folgten zur Hälfte kalte und warme Aprilmonate, aber mehr warme als kalte Maimonate – im Verhältnis 24 zu 18 –, was dem folgenden Spruch 57 % Wahrscheinlichkeit einräumt: „Nimmt sich der Hornung Schnee und Eis, verdient der nächste Mai den Preis.“ Wenn aus dem normalen Jahr mit seinen 365 Tagen durch Einschaltung eines 366. Tages, dem 29. Februar, ein Schaltjahr wird, so geht mit diesem Kalenderereignis die uralte Bauernregel „Schaltjahr – Kaltjahr“ einher. Wie alle bäuerlichen Witterungsregeln verdankt auch diese Regel ihre Entstehung der Tatsache, dass früher in irgendeiner Epoche sehr oft im Jahresablauf auch die gleiche zu warme oder zu kalte Witterung – hier also überwiegend kalte Witterung in Schaltjahren – beobachtet wurde und zur Aufzeichnung gelangte. Will man den Bauernspruch „Schaltjahr – Kaltjahr“ richtig deuten, so bedarf es der statistischen Überprüfung anhand exakten Beobachtungsmaterials. Untersucht man nun für Mitteleuropa den Temperaturverlauf aller Jahreszeiten zurückreichend bis zum Schaltjahr 1800, so ergibt sich zunächst, dass der Frühling keine Beziehung zu den Schaltjahren aufweist, denn mit 22 zu 22 gab es im Zeitraum von 1800 bis 1976 genauso viele warme wie kalte Frühlinge in Schaltjahren. Eine geringe Überlegenheit weisen die 26 zu kalten gegenüber den 18 zu warmen herbstlichen Jahreszeiten auf, wogegen von den Wintern der 44 Schaltjahre 24 zu mild und 20 zu kalt waren. Eindeutiger ist das Ergebnis für den Sommer in Schaltjahren. So waren in den 44 Schaltjahren seit 1800 nur 14 zu warme, aber 30 mehr oder weniger zu kühle Sommer für Mitteleuropa aufgezeichnet (nach Temperaturtabellen von F. Baur, die sich auf Mittelwerte von Utrecht-De Bilt, Potsdam, Wien und Basel beziehen). Die statistische Überlegenheit von kühlen Sommern in Schaltjahren deckt sich mit der bewährten Regel, wonach in geradzahligen Jahren die Wahrscheinlichkeit eines kühl-nassen Sommers größer ist als die eines warm-trockenen Sommers. Diese klimatische Eigenheit lässt sich bis zum zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts in Mitteleuropa zurückverfolgen, ist also eine relativ junge „Entdeckung“. Sie zeigt, dass solche Periodizitäten zwar reell sind, aber unvor-
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hersagbar irgendwann beginnen und auch wieder verschwinden, sodass ihr prognostischer Wert nur gering ist. Das Schaltjahr ist im Übrigen eine Erfindung des Menschen, die keinen ursächlichen Bezug zur Welt hat. Da es aber regelmäßig alle 4 Jahre auftritt, hat es Teil an der zweijährigen Schwankung zwischen warmen und kühlen Sommern. Warum übrigens heißt des Jahres kürzester Monat eigentlich Februar, und wie überhaupt kamen die Monate zu ihren Namen? Viel Mühe, so scheint es, haben sich die alten Römer, die für die Namensgebung verantwortlich sind, damit nicht gegeben, und der spätere Versuch, für die Monate deutsche oder nordische Namen einzuführen, ist erst recht gescheitert. Ursprung unserer Kalender-Monatsnamen ist also das alte Rom. Den Anfang des zunächst nur 10 Monate umfassenden altrömischen Kalenderjahres bildete der nach dem Kriegsgott Mars benannte Monat März. Der zweite Monat erhielt seinen Namen April wohl in Bezug auf die sich öffnende, sonniger werdende Jahreszeit, abgeleitet vom lateinischen aperio beziehungsweise apricus. Als dritter Monat war der Mai nach der Göttin Maja, der Beschützerin des Wachstums im Blütenmonat, genannt. Der Juni als vierter Monat war der Göttin Juno, Schutzherrin von Rom und vermählt mit Jupiter, dem Gott aller atmosphärischen Erscheinungen, geweiht. Für die nächsten 6 der 10 Monate des altrömischen Kalenders sind keine Götternamen oder sich auf die Natur beziehende Namen überliefert; ihre Kennzeichnung erfolgte schlicht nach lateinischer Zählung, und zwar als Quintilis = 5. Monat, Sextilis = 6. Monat, September = 7. Monat, October = 8. Monat, November = 9. Monat und December = 10. Monat. Um das Jahr 700 vor Christi Geburt wurde der altrömische Kalender auf das Mondjahr mit 12 Monaten umgestellt, aber immer noch bildete der 1. März den Jahresanfang, bis schließlich im Jahre 153 v.Chr. der Jahresbeginn auf den 1. Januar festgesetzt wurde. Zwei neu gebildete Monate, zunächst am Ende des altrömischen Kalenders rangierend, wurden nun den 10 übrigen Monaten vorangestellt, wobei der erste neue Monat als Januar dem doppelköpfigen Janus, Gott allen Anfangs, geweiht war, dessen Hauptfest der Neujahrstag war. Der Februar, zunächst „Schlusslicht“ und daher auch kürzester aller Monate, erhielt Platz zwei in der neuen Monatsfolge und wurde benannt nach Februa, dem damals gegen Ende des Monats gehaltenen Sühne- und Reinigungsfest. Die bislang als Quintilis und Sextilis im Kalender eingereihten Monate erhielten dann auch ihre heute gültigen Namen, der eine als Juli zum Andenken an Julius Caesar, unter dem im Jahre 46 v. Chr. die julianische Kalenderreform erfolgte, der andere als August zu Ehren des römischen Kaisers Augustus. Für die Monate September, Oktober, November und Dezember beließ man es bei ihren ursprünglichen, nunmehr zeitlich aber falsch liegenden Bezeichnungen.
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Mit solchen Mängeln behaftet, konnte es nicht ausbleiben, dass nichtlateinische Nationen sich eigene Monatsnamen schufen. Die in Deutschland zum Teil von Kaiser Karl dem Großen eingeführten, zum Teil unter nordischem Einfluss entstandenen Monatsnamen Härtung, Hornung, Lenzing, Ostermond, Maimond, Brachmond, Heumond, Emting, Scheiding, Gilbhart, Nebelung und Julmond konnten sich jedoch bei uns nicht durchsetzen.
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Das Wetter im März
Der März stellt die Brücke vom Winter zum Frühling dar und ist die erwartungsfrohe Zeit des Erwachens in der Natur. Mit der höher steigenden Sonne hat inzwischen die Tageslänge um 23/4 Stunden zugenommen und nimmt im Lauf des März um weitere 1½ Stunden zu. Allgemein gibt der „Märzwinter“ der ersten Monatshälfte das Gepräge und die Temperaturen können noch bis unter –10 °C, manchmal sogar bis unter –15 °C absinken. Die zweite Märzhälfte steht aber bereits eindeutig im Zeichen des Vorfrühlings mit Tages-Höchsttemperaturen von 15–20 °C, hin und wieder auch etwas darüber. Das Temperatur-Monatsmittel beträgt 3,5 °C für den Durchschnitt Deutschlands. Im Mittel der zehn Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a.M., Freiburg i.Br., Hamburg, Hannover, Köln und München sind eine Mitteltemperatur von 4,2 °C, ein mittleres Tages-Maximum von 8,3 °C und ein mittleres Tages-Minimum von 0,5 °C normal. In durchschnittlich 12 Nächten im Flachland, 20 im Bergland sinken die Temperaturen unter die Frostgrenze und bleiben ein- bis zweimal auch tagsüber unter 0 °C. Die Niederschlagsmengen weisen im vieljährigen Mittel gegenüber dem Vormonat eine geringe Steigerung auf. 57 mm sind für das Gebietsmittel von Deutschland normal, 50 mm für das Zehn-Städte-Mittel. Die Niederschläge können aber in Extremfällen zwischen 10 und weit über 100 mm variieren. An einem Drittel der 15 Niederschlagstage, die für den März die Norm bilden, fallen die Niederschläge noch als Schnee. Fünf Märztage mit geschlossener Schneedecke sind für Höhenlagen zwischen 200 und 400 m die Regel; Orte in 700–800 m Seehöhe haben normal noch 15–20 Schneedeckentage. Die höchsten Schneehöhen wurden im März für Hamburg mit 25 cm und für München mit 35 cm gemessen. Als „Sollwert“ der Sonnenscheindauer im März gelten 111 Stunden für das Gebietsmittel von Deutschland. Nachdem von Oktober bis Februar die Berglagen durch reichlicheren Sonnenschein gegenüber dem Flachland bevorzugt waren, bedingt durch winterliche Inversionswetterlagen, gelangen ab März wieder die Niederungen in den Genuss von mehr Sonnenschein. Die bisher höchste in Deutschland nachgewiesene März-Sonnenscheindauer beträgt 267 Stunden, gemessen in Höchenschwand im Schwarzwald 1953. Hier steht auch, bezogen auf den 49. Breitengrad, die Mittagssonne am 21. März, zur Zeit der
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Tag-und-Nacht-Gleiche, bereits 41° über dem Südhorizont, um 23° höher als zu Jahresbeginn. Zu diesem Zeitpunkt (dem Äquinoktium) geht die Sonne genau im Osten (90°) auf und im Westen (270°) unter und wechselt dabei vom Tierkreiszeichen Fische zu dem des Widders über. 7 Märztage bleiben normalerweise ohne Sonnenschein. Die durchschnittliche Bewölkungsmenge umfasst für das Mittel der zehn Großstädte im März 69 % der sichtbaren Himmelsfläche. Märznebel, meist nicht lang andauernd, gibt es in Deutschland im Durchschnitt an 4–5 Tagen. Die Abnahme der Winterfeuchte kommt in der mittleren relativen Luftfeuchtigkeit von 77 %, 5 % weniger als im Februar, zum Ausdruck. Die Null-GradGrenze liegt im Märzdurchschnitt schon bei etwa 1000 m Seehöhe. Südostwinde haben im März ihre größte Häufigkeit, was der dominierenden Großwetterlage „Hoch über Osteuropa“ entspricht. Ebenso setzt jetzt verstärkt der Südföhn im Alpenvorland ein und wird zum „Schneefresser“. Der Luftdruck, der im Januar in Mitteleuropa seinen üblicherweise höchsten Jahresstand hatte, steuert nun seinem jahreszeitlich tiefsten Wert im April zu und weist im März einen Mittelwert von 1015 hPa (auf NN reduziert) für Berlin auf.
Abb. 2 Erstfrühlings-Beginn in Mitteleuropa anhand der mittleren Daten für die Sommergetreide-Aussaat. Isophanen für mittlere Höhenlagen [nach F. Schnelle].
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Wenn der Frühlingsbeginn mit dem Beginn einer Lufttemperatur von 5°C gleichgesetzt wird, so dauert dieses Ereignis in Deutschland – abhängig von geographischer Breite und Ortshöhe – durchschnittlich etwa einen Monat. Zuerst erreicht die 5-°C-Wärme den Raum Köln (4. März), gleich darauf Freiburg und Ludwigshafen (6.), dann folgen Stuttgart am 9. März, Frankfurt am 13., Hannover am 21., Hamburg, Berlin und Leipzig am 26., München in 520m Höhe erst am 30. März. Mit einem Monat Verzögerung erreicht die 5-°C-Temperatur die Voralpenorte Garmisch-Partenkirchen (4. April) und Oberstdorf (13. April) und ebenso verspätet den maritim beeinflussten Norden Deutschlands mit Flensburg (6. April) und Helgoland (15. April). Für den „idealen März“ ist folgender Witterungsablauf typisch: Stark wechselhaftes Wetter mit Kälteeinbrüchen und Schneefällen im ersten Monatsdrittel, bevorzugt aber vom 3. bis 8. März. Namentlich nach sehr kalten Januar- und Februarmonaten bleibt das winterliche Erbe meist noch bis weit in den März hinein erhalten. Etwa vom 13. bis 22. März sind vorfrühlingshafte Schönwetterlagen vorherrschend. In 70 % aller Jahre treten in dieser Zeit Hochdrucklagen auf, die im Sprichwort auf ein gutes Erntejahr hinweisen, zum Beispiel: „Ist es vor Maria Verkündigung (25.) hell und klar, bedeutet es ein gesegnet Jahr.“ Im übrigen Zeitraum ist es wieder meist wechselhaft mit teils milden, teils kalten Wetterabschnitten und Neigung zu Niederschlägen. Die Märzwitterung bringt man gern in Zusammenhang mit der Witterung des kommenden Hochsommers. Zwar ergibt die Witterungsstatistik für den Zeitraum 1871–1970, dass mit einer Häufigkeit von 70 % trockenen Märzmonaten nasse Julimonate folgten; den nassen Märzmonaten folgten jedoch ebenso oft trockene wie nasse Julimonate. Von der Witterung im März hängt überhaupt weitgehend eine gute Ernte ab. Ein trockener und mäßig warmer März ist in Verbindung mit einem nasskühlen April sogar die Voraussetzung für ein Rekordernte jähr. Diese Erfahrungstatsache wird nicht nur durch die Statistik belegt, sondern kommt auch in einer ganzen Reihe von Wettersprüchen zum Ausdruck, wie etwa „Märzenstaub bringt Gras und Laub“ oder „Trockener März und nasser April sind nach des Bauern Will“. Was die bäuerliche Wunschvorstellung vom trockenen März und nassen April anbelangt, wie sie in vielen weiteren Sprüchen zum Ausdruck kommt, so ergab eine Auszählung, dass diese ideale Monats-Kombination in 100 Jahren, von 1871 bis 1970, 27-mal, also etwa jedes vierte Jahr in Deutschland vorkam. Festzuhalten verdient, dass hier alle extrem trockenen Winter, von denen die von 1893/94, 1933/34, 1942/43 und 1971/72 die trockensten waren, jeweils auch noch einen trockenen März im Gefolge hatten, dann aber in ein niederschlagsreiches Frühjahr übergingen. Dass zu warme Märzmonate gern zu kühle April- und Maimonate im Gefolge haben, behaupten Sprüche wie „Wenn der März zum April wird, so wird der
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April zum März“ oder schweizerisch „Maielet’s im Märze, dann märzelet’s im Maie“. Als Regel können diese Sprüche nicht gelten, denn den 51 im Zeitraum 1771–1970 als sehr mild bewerteten (mindestens 1,5 °C zu warmen) Märzmonaten folgten 27-mal warme und nur 24-mal zu kühle Aprilmonate. Und den gleichen 51 sehr milden Märzmonaten folgten 30-mal warme und nur 21-mal zu kühle Maimonate. Dem überhaupt wärmsten März 1938 folgten allerdings sehr kühle April- und Maimonate. Auf solch markante, daher in Erinnerung haftende Zusammenhänge im Witterungsablauf ist wohl die Entstehung vieler Wettersprüche zurückzuführen, selbst wenn es einmalige oder sich selten wiederholende Erscheinungen waren. Auf vorfrühlingsmäßigen Wärmeanstieg samt Eisgang und Schneeschmelze machen folgende Lostagssprüche aufmerksam: „Am Gregorstag (12.) schwimmt das Eis ins Meer“ und „Sankt Gertrud (17.) die Erde öffnen tut“ sowie „An Maria Verkündigung (25.) geht Unsere Liebe Frau mit einem brennenden Scheit unter die Erde“. Übrigens: Wenn ab und zu gegen Ende März in Deutschland noch eine Schneedecke vorhanden ist, so erinnert dies an die hübsche Legende, nach der am Tage Maria Verkündigung ein Storch von der Peterskirche in Rom Ausschau hält, ob in Deutschland noch Schnee liegt. In der Vegetationsentwicklung stellen für mittlere Höhenlagen (um 300m NN) folgende Märzdaten den vieljährigen Durchschnitt dar: Haselnussblüte am 4., Schneeglöckchenblüte am 10., Blüte der Schwarzerle am 22. und Blüte der Salweide am 28. März.
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Das Wetter im April
Dem April gibt die Launenhaftigkeit der Witterung das Gepräge. Gegensätzliche Wetterlagen wechseln in bunter Folge ab. „Wohl hundertmal schlägt das Wetter um, das ist des Aprils Privilegium.“ Hochdrucklagen kommen im April am wenigsten vor, was auch im vieljährig niedrigsten Luftdruckmittel aller Monate (von 1013 hPa [auf NN reduziert] für Berlin und München) zum Ausdruck kommt. Quer durch Mitteleuropa bildet sich jetzt häufig eine von Norden nach Süden verlaufende Tiefdruckrinne, auf deren Ostseite Luft aus südlichen Breiten nordwärts strömt, während auf der kalten Westseite grönländische Polarluft zuweilen bis in den Mittelmeerraum vordringt. Der unberechenbare Charakter des Monats wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass der April neben dem März die durchschnittlich häufigsten Tage mit Starkwindböen bringt. Gern spielt der „Knospenmonat“ April im Vorgriff auf den Mai ein wenig „Blütenmonat“, artet zuweilen sogar zum „Aprilsommer“ aus. „Eulenspiegel“ der Monate wird daher der April nicht zu Unrecht genannt. Und da die meisten Osterfeste in den April fallen (genauer: in die Zeit vom 22. März bis 25. April), ist es geziemend, ihn auch noch als „Ostermond“ anzusprechen. Als „Aprilwetter der ganzen Welt“ hat treffend H. W. Dove (1803–1879) die Eigentümlichkeit des deutschen Klimas bezeichnet. Die Temperaturkurve weist von März bis April einen steilen Anstieg auf und ergibt im Gebietsmittel von Deutschland ein normales Monatsmittel von 7,4 °C. Das Tages-Maximum der zehn Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a.M., Freiburg i. Br., Hamburg, Hannover, Köln und München liegt bei durchschnittlich 13 °C, das nächtliche Minimum bei 4°C. Die üblichen Monats-Höchsttemperaturen betragen 20–25 °C, ganz selten überschreiten sie 30 °C. In etwa fünf Nächten sinkt die Temperatur noch unter den Gefrierpunkt, manchmal noch bis –10 °C. Das normale Datum des letzten Frostes (in 2 m Messhöhe) liegt im Mittel in Deutschland um den 10. April, davon abweichend in Köln schon am 1., in München erst am 17. April. Das Datum des Beginns einer Durchschnittstemperatur von 10 °C – für die Vegetationsentwicklung ein markantes Ereignis – ist im vieljährigen Mittel für die zehn Städte der 24. April, davon abweichend für Köln und Frankfurt der 19., für Hannover und Berlin der 27., für Hamburg und München der 30. April. Hierzu verkündet ein Lostags-
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Spruch „Am Tiburtiustag (14.) alles grünen mag“ und ebenso „Wenn Tiburtius schellt, grünt das Feld“. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Kirsch- und Schlehenblüte, der in mittleren Höhenlagen Deutschlands im Durchschnitt vieler Jahre der 23. April (St. Georg) ist, besagt eine Bauernregel: „So viel Tage vor Georgi die Kirschen und Schlehen blühn, so viel Tage vor Jakobi (25. Juli) kann der Bauer die Sense ziehn.“ Die Niederschläge nehmen allgemein an Intensität zu und fallen an etwa 15 Tagen mit einem normalen Monatsergebnis von 40–50 mm für das Flachland und 60–90 mm für das Bergland. Ein wesentliches Merkmal der April-Niederschläge ist ihr Auftreten als Schauer. Tage mit Schneefall, mit denen in der Regel noch bis Aprilmitte in niederen Lagen zu rechnen ist, gibt es zwei- bis dreimal. Hierzu heißt es im Spruch „Im April ein tiefer Schnee, keinem Dinge tut er weh“ oder auf seine Nützlichkeit hinweisend „Aprilschnee ist besser als Schafmist“. Gewitter treten im April an 1–2 Tagen auf. Der Spruch „Aprildonner bedeutet Schnee im Mai“ soll ein Hinweis darauf sein, dass nach einem warmen April ein kalter Mai folgt, wie es auch kurz gefasst heißt: „Wächst der April, steht der Mai still“, hübscher noch: „Maikäfer, die im April schwirren, müssen im Mai erfrieren.“ Dieser Zusammenhang wird jedoch von der Witterungsstatistik nicht ausreichend bestätigt. So folgten in Mitteleuropa im Zeitraum 1771–1970 den 44 sehr warmen Aprilmonaten (mit einer Abweichung von mindestens 1,5 °C vom 200-jährigen Mittelwert) 27 zu warme und nur 17 zu kalte Maimonate. Auch den zwei überhaupt wärmsten Aprilmonaten 1794 und 1800 folgten zu warme Maimonate. Was die Nachfolge der 44 sehr kalten Aprilmonate im gleichen 200-jährigen Zeitraum betrifft, so folgten ihnen 25-mal warme und 19-mal kalte Maimonate. Von den vielen Bauernsprüchen, die einen nassen April rühmen, hier folgende: „Je mehr im April die Regen strömen, desto mehr wirst du vom Felde nehmen“ oder „Besser Wassernot im April, als Mäuse und Maulwürfe treiben ihr Spiel“; in anderer Form „Trockener April macht die Keime stocken“ oder „Dürrer April stellt die Mühlen still“. Schließlich heißt es in der Schweiz: „Regnerischer April – glücklicher Monat“. Die 100-jährige April-Niederschlags-Bilanz 1871–1970 für Deutschland entspricht diesen bäuerlichen Wünschen nicht ganz, denn 46 Aprilmonate waren hier zu nass, 54 mehr oder weniger zu trocken. Dass von den genannten 46 nassen Aprilmonaten 26 einen trockenen, 20 einen nassen Juni im Gefolge hatten, entspricht schon eher der Bauernregel: „Hat der April mehr Regen als Sonnenschein, wird’s im Juni trocken sein.“ Die Sonne scheint über Deutschland im April normalerweise 160–180 Stunden lang, im Tagesmittel etwa 5 Stunden, bei einer mittleren Dauer des lichten Tages von 13,5 Stunden. Am 20. April wechselt die Sonne aus dem Tierkreiszeichen Widder in das des Stiers über. Ganz ohne Sonnenschein bleiben regulär 4 Tage. Die mittlere Bewölkungsmenge nimmt im Mittel der zehn Städte 65 %
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der sichtbaren Himmelsfläche ein. Mit einer durchschnittlichen relativen Feuchtigkeit von 72 % ist die Luft im April um 5 % trockener als im Vormonat; zu Nebelbildung kommt es daher im April weniger, im Durchschnitt als Morgennebel etwa zweimal. Das Auftreten charakteristischer Wetterlagen und ihre Bindung an bestimmte Daten sind im April weniger ausgeprägt als in anderen Monaten. Die Tendenz zu ruhigem, trockenem Hochdruckwetter ist noch am größten im Zeitraum vom 16. bis 20. April. Kälterückfälle und verspätete Schneefälle treten bevorzugt um den 9. und 21. April auf. Daher auch zu Recht der Spruch: „Sankt Georg (23.) kommt nach alten Sitten zumeist auf einem Schimmel geritten.“ Die größte Neigung zu stärkeren Regenfällen besteht erfahrungsgemäß in den letzten Apriltagen. Meist handelt es sich dabei um Wetterlagen, bei denen Schlechtwettergebiete auf der „Zugstraße Vb“ von der Adria nordostwärts ziehen und hierbei dem Einzugsbereich von Donau, Elbe und Oder erhebliche Niederschläge bringen können. In den mittleren Wasserständen der Donau macht sich ohnehin im April wegen der Gebirgs-Schneeschmelze ein Anstieg bemerkbar, sodass hier im vieljährigen Mittel der Aprilmonat auch die höchsten Wasserstände im Jahresverlauf aufweist. Es war auch ein Aprilmonat (1944), der der Zugspitze das absolute Schneehöhenmaximum von 830 cm bescherte. Außer der bereits erwähnten phänologischen Phase für Kirsch- und Schlehdornblüte am 23. April stellen folgende Aprildaten in der Vegetationsentwicklung für mittlere Höhenlagen Deutschlands den vieljährigen Durchschnitt dar: Am 15. Saatenaufgang von Hafer und Sommergerste, am 18. Blüte von Stachelund Johannisbeere, am 22. grünt der Spitzahorn, am 27. blühen Frühzwetschgen und Löwenzahn, am 28. und 30. Laubentwicklung von Rosskastanie und Birke. Mit bemerkenswertem Abstand von 2 Monaten nach dem Ankunftsdatum der Lerchen um den 28. Februar ist das mittlere Ankunftsdatum der Hausschwalben der 28. April. Ein wirklich schöner April, der das richtige Maß an Wärme, Sonnenschein und Regen aufweist, ist so selten, dass in der französischen Schweiz (bühnenreif) gesagt wird: „Quand on a vu trois beaux mois d’avril, il est temps d’aller dormir (= mourir).“ Auf Deutsch: „Wenn man drei schöne Aprilmonate erlebt hat, ist es Zeit zu sterben.“ Für den überwiegend in den April fallenden Ostertermin der Christenheit war ursprünglich das Datum des jüdischen Passah-Festes maßgebend, das gleichzeitig als Frühlingsfest zur Zeit des ersten Frühlingsvollmondes begangen wurde. Nach dem Osterstreit zwischen Rom und der Ostkirche wurde auf dem ersten ökumenischen Konzil in Nikäa im Jahre 325 der erste Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond als Osterdatum bestimmt. Endgültig wurde die Osterfestberechnung im Jahr 525 unter Papst Johannes I. festgelegt. Danach wird Ostern in
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der Zeit zwischen dem 22. März als frühestem und dem 25. April als spätestem Termin gefeiert. Diese Berechnung bildet einen 95-jährigen Zyklus, dem fünf 19-jährige Meton-Zyklen zugrunde liegen. Die Osterfestspanne umfasst 35 Tage und ergibt daher 35 verschiedene Osterdaten und folgerichtig 35 verschiedene Gruppierungen des von Ostern abhängigen Kirchenjahres. Zeitigster Ostertermin im 20. Jahrhundert war der 23. März 1913; spätester Ostersonntag war der 25. April 1943. Der nächste zeitigste Ostertermin fällt auf den 23. März 2008, der späteste auf den 25. April 2038. Als durchschnittlicher Ostertermin gilt der 9. April. Die Entwicklung in der Natur macht in den 35 Tagen der Osterperiode so große Fortschritte, dass Ostern einmal gerade knapp zur Zeit der Blüte von Erle und Salweide, ein andermal bereits zur Zeit der Kirschblüte begangen wird. Und der „lichte Tag“ zwischen Sonnenaufgang und -Untergang verlängert sich in dieser Zeit um rund 2 Stunden. Meteorologisch bedeutet die österliche Periode von 35 Tagen eine Zeitspanne, in der allgemein im deutschen Flachland die Tageshöchsttemperaturen von 10 auf 15 °C ansteigen und die Sonnenscheindauer von 5 auf 7 Stunden zunimmt. Stets dirigiert vom ersten Frühlings-Vollmond (nach dem 21. März), fällt Ostern auf den ersten Sonntag danach; um ihn gruppieren sich die beweglichen Feste: 7 Wochen vorher der „Fastnachts-Sonntag“ (Quinquagesima), 7 Wochen danach Pfingsten und um Pfingsten herum 10 Tage vorher Christi Himmelfahrt, 10 Tage danach Fronleichnam. In einem künftigen „Weltkalender“, wie er von den Vereinten Nationen angestrebt wird und dem der Vatikan unter bestimmten Auflagen bereits zugestimmt hat, besitzt der 8. April die größte Chance, „Immerwährender Ostersonntag“ zu werden. Übrigens steht der absolut späteste Ostertermin, der auf den Markustag fallende 25. April, dem Pfingsten am Antoniustag (13. Juni) und Fronleichnam am Johannistag (24. Juni) folgen, in einer merkwürdigen Beziehung zu einer Prophezeiung von Nostradamus (französischer Arzt und Astrologe des 16. Jahrhunderts), die ins Deutsche übersetzt und gereimt lautet: „Wenn Ostern auf Sankt Markus fällt, Sankt Anton sich an Pfingsten hält, Johann sich auf den Leichnam stellt, so schreiet Weh die ganze Welt.“ Zuletzt und einmalig im 20. Jahrhundert gab es den 25. April als Ostertag im Kriegsjahr 1943. Für die Jahre 2005–2024 sind nachstehend die Daten der Ostersonntage aufgeführt:
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Das Wetter im Mai
Dem Mai als Blütenmonat hat Erich Kästner (1899–1974) mit der Bezeichnung „Mozart des Kalenders“ die geziemende Reverenz erwiesen. Im meteorologischen Sinne als dritter und letzter Frühlingsmonat zur Gänze eingestuft, weist der Mai in seinem Witterungscharakter bemerkenswerte Gegensätze auf. Oft dauert die Launenhaftigkeit der Frühjahrswitterung bis in die erste Maihälfte an, und erst die zweite Monatshälfte ist durch länger andauernde Schönwetterlagen gekennzeichnet. Während die Temperaturen nun rasch ansteigen und normalerweise schon an drei „Sommertagen“ 25 °C Luftwärme überschreiten, wird zum andern der Wärmezustrom wiederholt gestoppt, und die Gefahr von Spätfrösten besteht noch über die Monatsmitte hinaus. Für das Gebietsmittel von Deutschland beträgt das durchschnittliche Temperaturmittel des Maimonats 12,1 °C. Für die zehn Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a.M., Freiburg i.Br., Hamburg, Hannover, Köln und München ergeben sich als Monatsmittel 12,8 °C, als mittleres Tages-Maximum 18 °C und als mittleres Tages-Minimum 8 °C, während als absolute Mai-Höchsttemperatur 35 °C, als absolute Tiefsttemperatur –5 °C gelten, sämtlich auf die Höhe von 2 m über dem Erdboden bezogen. Im Durchschnitt entfällt auf jeden Mai eine Frostnacht; nach dem 21. Mai tritt in mittleren Höhenlagen kaum noch Frost auf. Zu Reifbildung und leichtem Bodenfrost kommt es in der Regel noch in 5 Nächten, vorwiegend in Tälern und Mulden. „Der Mai, als Wonnemonat erkoren, hat den Reif noch hinter den Ohren.“ Im Temperaturgang des Monats Mai spielt die Tages-Mitteltemperatur von 12 °C insofern eine Rolle, als sie für Beginn und Ende der „Heizperiode“ maßgebend ist. Die Daten des ersten Auftretens einer 12-°C-Tages-Mitteltemperatur, die das Ende der Heizperiode andeuten, sind im vieljährigen Mittel für Hamburg der 9. Mai, für München der 14. Mai. Die mittleren Daten für das letzte Auftreten einer Tages-Mitteltemperatur von 12 °C sind für Hamburg der 26. September, für München der 20. September. Eine monatliche Mai-Niederschlagsmenge von 60 mm, verteilt auf 14 Tage, ist für das Flachland, etwa das Doppelte für das Bergland normal. In niederschlagsextremen Maimonaten können die Beträge zwischen 10 und 200 mm variieren. Maigewitter gibt es im Durchschnitt an 4–6 Tagen. „Viel Gewitter im Mai, singt der Bauer Juchhei.“ Und wenn gelegentlich, im Flachland etwa alle
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5 Jahre, im ersten Maidrittel ein von Norden gestarteter Kaltlufteinbruch mit Schneefall einhergeht, dann passt der für den 4. Mai gültige Reim: „Der Florian, der Florian, noch einen Schneehut setzen kann.“ Die relative Luftfeuchtigkeit ist mit 70 % für den Mai insgesamt normal; für den 14-Uhr-Termin sind 55 % Feuchtigkeit ein normaler Wert. Hierzu der Vermerk, dass man von „trockener Luft“ spricht, wenn die Feuchte weniger als 60 % beträgt. Die im Mai beginnende großräumige Umstellung der Luftdruckverhältnisse, nämlich die Verlagerung des hohen Luftdrucks von Asien zum Atlantik, führt in Deutschland zu Luftdruckanstieg und damit häufig zur Entwicklung einer quer durch Mitteleuropa sich erstreckenden Hochdruckbrücke, die eine längere Schönwetterperiode verspricht. Gegenüber dem Vormonat ergibt sich dabei im vieljährigen Mittel ein um etwa 2 hPa höherer Luftdruck, somit 1015 hPa (auf NN reduziert) für Berlin und München. Die Föhn-Hauptsaison im süddeutschen Alpenraum geht mit dem Mai zu Ende. Allgemein wird im Mai die größte Häufigkeit an guter Fernsicht (Fotografenwetter) verzeichnet. Diese Eigenheit bleibt bis zum Juni erhalten und ist Ausdruck häufiger Nordlagen mit dem Zustrom relativ staubfreier und wasserdampfarmer Luft.
Abb. 3 Frühlingseinzug in Mitteleuropa, abgelesen am Beginn der Apfelblüte, mittlere Daten. Isophanen für mittlere Höhenlagen [nach F. Schnelle]
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Die Sonne scheint im Mai über Deutschland normalerweise 196 Stunden, was einer mittleren Sonnenscheindauer von 6,3 Stunden pro Tag entspricht. Begünstigt durch reichlich Sonnenschein sind im Mai die Nordsee- und Ostsee-Inseln, wo zuweilen Sonnenscheinwerte von über 300 Stunden registriert werden. So wurde auf der Insel Fehmarn im Mai 1959 ein Rekordwert von 355 Sonnenstunden aufgezeichnet, um 40 Stunden über dem regulären Mai-Sonnenschein von Athen. Die Bewölkung nimmt im Monatsmittel 64 % der sichtbaren Himmelsfläche über Deutschland ein. Ganz ohne Sonnenschein bleiben normalerweise 2–3 Maitage. An 1–2 Maitagen gibt es kurzzeitige Morgennebel. Am 21. Mai wechselt die Sonne aus dem Zeichen Stier in das der Zwillinge über; zur Mittagszeit steht sie an diesem Datum bereits 62° über dem Südhorizont von München oder 57° über dem von Hamburg. Der lichte Tag dauert am gleichen Datum, dem 21. Mai, rund 15 Stunden mit Sonnenaufgang um 4.02 Uhr und Sonnenuntergang um 20.05 Uhr in Berlin, beides 25 Minuten später in Köln. Häufige Großwetterlagen sind im Mai mit einem Anteil von 20 % die Nordlagen, bei denen hoher Luftdruck im Nordwesten tiefem Druck im Südosten Mitteleuropas gegenübersteht. Das bedeutet für Deutschland das Einströmen kalter nördlicher Luft. Da solche Nordlagen im 19. Jahrhundert fast regelmäßig zwischen dem 11. und 14. Mai auftraten, entstand der Begriff der Eisheiligen. Von den vielen Bauernregeln, die im Laufe des Jahres Beziehungen zum Witterungsablauf aufweisen, ist keine so volkstümlich, aber auch keine so oft wissenschaftlich auf ihre Stichhaltigkeit untersucht worden wie die der Eisheiligen. Die Ergebnisse sind widerspruchsvoll, fest steht jedoch, dass die überlieferte Pünktlichkeit der Eisheiligen der Vergangenheit angehört. Bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Eisheiligen pünktlich; fast regelmäßig trat damals ein Kälterückfall zwischen dem 11. und 15. Mai auf. Seither sind die Kälteeinbrüche nicht mehr an das Datum der Eisheiligen gebunden. Eine Häufung tritt nunmehr an drei anderen Terminen auf: erstmals um den 4. Mai, danach folgt bevorzugt eine Kältewelle vom 8. bis 9. Mai und schließlich ein geringer Temperaturabfall um den 17. Mai. Aber selbst das Datum der allgemein als harmlos geltenden „kleinen Eisheiligen“ (Urban und Philipp, 25. und 26. Mai) bedarf im frostempfindlichen Obst- und Weinbau noch der Beachtung. Es heißt zwar „Vor Servaz kein Sommer, nach Servaz kein Frost“, aber ebenso „Urban gibt den Rest, wenn Servaz noch was übrig lässt.“ Als spätester Frost (in 2m Höhe) wurde in der Donauniederung (Regensburg) –1 °C am 29. Mai 1957 registriert. Mamertus, Pankratius und Servatius, deren Namenstage der 11.–13. Mai sind, gelten als die drei norddeutschen Eisheiligen; das Dreigespann Pankratius, Servatius und Bonifatius sind die süddeutschen Eisheiligen, denen sich in den Alpen noch die „kalte Sophie“ am 15. Mai zugesellt. Dass in Süddeutschland die Daten der Eisheiligen um einen Tag später als in Norddeutschland liegen, ist
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einfach zu erklären. Die von Norden her einbrechenden Kaltluftmassen erreichen nämlich im Allgemeinen den Süden einen Tag später. Der Kuriosität wegen sei erwähnt, dass in Böhmen die drei Eisheiligen durch Zusammenziehung der Anfangssilben zu einem einzigen Eisheiligen „Pan Serbon“ geworden sind, wobei die Bezeichnung Pan (Herr) auf die strenge Herrschaft hinweisen mag. Während also normalerweise in den beiden ersten Monatsdritteln die Witterung durch den wechselnden Zustrom verschieden temperierter Luft stark veränderlichen Charakter hat und oft noch um den 20. Mai herum mit der Neigung zu Schlechtwetter (Vb-Lagen) abschließt, ist im letzten Maidrittel die Witterung durch Beständigkeit gekennzeichnet. In etwa 80 % aller Jahre treten hier mehrtägige Hochdrucklagen auf. Die Zuverlässigkeit dieser Schönwetterlagen nimmt zum Monatsende sogar zu, ihre Erhaltungsneigung kommt zum Ausdruck in der Lostagsregel: „Wie das Wetter um Sankt Urban (25.) sich verhält, so ist’s noch viele Tage bestellt.“ Von F. Baur stammt der Hinweis, dass nach besonders warmen letzten Maitagen noch im ersten Junidrittel mit einem Temperatursturz und anschließender kühler Witterung von mehrtägiger Dauer zu rechnen sei. Bäuerliche Wünsche zielen fast alle auf einen kühlen, nassen Mai ab, was in zahlreichen Sprüchen zum Ausdruck kommt, wie etwa gleich für den 1. Mai: „In der Walpurgisnacht Regen, bringt ein Jahr mit reichem Segen“ oder allgemein „Mai kühl und nass, füllt dem Bauern Scheun’ und Fass“, wie auch „Mairegen auf die Saaten, dann regnet’s Dukaten“, ebenso „Ein kühler Mai wird hoch geachf und hat stets fruchtbar Jahr gebracht“. Diese Erfahrungsregeln decken sich mit Untersuchungsergebnissen, nach denen sich relativ niedrige Maitemperaturen und ausreichende Niederschläge günstig auf die Getreideerträge auswirken. Im Pflanzenwachstum gelten folgende Mai-Daten für mittlere Höhenlagen Deutschlands als durchschnittlicher phänologischer Phasenbeginn: am 3. Birnblüte, am 5. Laubentfaltung von Rotbuche und großblättriger Linde, am 7. Apfelblüte, am 11. Grünen der kleinblättrigen Linde, am 13. Blüte von Flieder und Rosskastanie, am 30. Wiesenfuchsschwanz- und Himbeerblüte. Sieben Wochen nach Ostern kann auch Pfingsten – das liebliche Fest – auf 35 verschiedene Daten fallen, am frühesten auf den 10. Mai, am spätesten auf den 13. Juni; eine Zeitspanne, in der der meteorologische Frühling bereits dem Frühsommer weicht. Das nächste zeitigste Pfingstsonntag-Datum fällt auf den 11. Mai 2008, das späteste auf den 13. Juni 2038. Pfingsten an einem 10. Mai kommt bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts nicht vor. – Hin- und hergerissen zwischen den Wünschen nach sonnigem Pfingstwetter einerseits und für die Vegetation notwendigem Regen andererseits, heißt es nach alten Spruchweisheiten: „Pfingstregen kommt nie gelegen“, aber auch „Nasse Pfingsten – fette Weihnachten; helle Pfingsten – dürre Weihnachten“ oder „Es regnet Nahrung, wenn es an Pfingsten regnet“.
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Das Wetter im Juni
Mit dem 1. Juni beginnt der „meteorologische Sommer“. Der Wetterablauf im ersten Sommermonat steht in Mitteleuropa meist im Zeichen monsunartiger Vorstöße kühler Meeresluft, durch die der frühsommerliche Temperaturanstieg wiederholt unterbrochen wird. Gegenüber dem Vormonat um 3 °C höher, beträgt die Durchschnittstemperatur des Juni 15,4 °C für Deutschland. Von den zehn Großstädten Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a.M., Freiburg i.Br., Hamburg, Hannover, Köln und München weist Freiburg die größte, Chemnitz die geringste Juniwärme auf. Als mittleres Tages-Maximum der zehn Städte ist 21 °C, als mittleres Tages-Minimum 11 °C normal. Die in 2 m Höhe im Schatten gemessenen Temperaturen überschreiten im Mittel in Deutschland an 7 „Sommertagen“ 25 °C, erreichen auch einmal 30–35 °C, können aber auch zuweilen bis nahe 0 °C absinken. Die Juni-Niederschläge betragen im Deutschlandmittel normalerweise 78 mm, verteilt auf 14 Tage. In niederschlagsextremen Junimonaten können die Mengen zwischen 10 und 200 mm schwanken. An 5–8 Tagen treten Gewitter auf und tragen bereits erheblich zur Erhöhung der Niederschlagsmengen bei. In ausgefallenen Wettersituationen können in allen Sommermonaten Tages-Niederschlagsmengen von 50 mm im Norden und 100 mm im Süden Deutschlands überschritten werden. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt im Juni im Mittel der zehn Städte normalerweise bei 71 %; die durchschnittliche Mittags-Luftfeuchtigkeit beträgt im Juni 57 %. Bei allgemein sehr guten Sichtverhältnissen und dem geringsten Nebelvorkommen aller Monate erreicht die Globalstrahlung (Sonnen- und Himmelsstrahlung) im Juni ihre höchsten Werte, so in Hamburg mit dem vieljährigen Durchschnittswert von 1872 Joule/cm2 gegenüber nur 146 Joule/cm2 im Dezember. Juni-Sonnenschein von 210–220 Stunden ist für das deutsche Flachland normal, das entspricht einer mittleren Tages-Sonnenscheindauer von 7 Stunden. Für das Bergland gelten wegen der jetzt dort zunehmenden Bewölkung 180 Sonnenstunden als Sollwert. An 2–3 Junitagen fehlt der Sonnenschein. Die Bewölkung nimmt im Junimittel 64 % der sichtbaren Himmelsfläche ein. Wie krass die Witterungsgegensätze im Juni innerhalb Deutschlands sein können, wird durch einige Sonnenschein- und Niederschlagsdaten von Juni 1975 belegt. So schien die
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Junisonne über der Nordseeinsel Sylt 300 Stunden, über Oberstdorf im Allgäu nur knapp 150 Stunden. Und Niederschläge fielen auf Sylt an 6 Junitagen mit insgesamt nur 12 mm, in Oberstdorf an 20 Tagen mit rund 200 mm. Die Sonne erreicht am 21. Juni, dem Tag der Sommer-Sonnenwende, ihren höchsten Stand und schlägt den längsten Tagbogen zwischen Nordost und Nordwest bei einer Dauer des lichten Tages von rund 16 Stunden. Sie steht, abhängig von der geographischen Breite, mittags in München 65,5°, in Köln 62,5° und in Hamburg 60° über dem Südhorizont. In Berlin geht an diesem Tage die Sonne um 3.44 Uhr auf und um 20.34 Uhr unter, in Köln etwa 25 Minuten später. Aus dem Zeichen Zwillinge tritt jetzt die Sonne nach überlieferter Anschauung in das Zeichen des Krebses. Der Luftdruck weist zwar im Juni über Deutschland gegenüber dem Vormonat im vieljährigen Mittel keine Änderung auf; großräumig ergeben sich jedoch in diesem Monat für das Wettergeschehen entscheidende Änderungen der Luftdruckverhältnisse. Über dem bereits stark erwärmten asiatischen Festland fällt der Luftdruck, über dem Azorenraum steigt er. Nord- und Nordwestwetterlagen weisen nun für Mitteleuropa mit einem Anteil von zusammen 35 % die größte Häufigkeit auf. Auch Westwetterlagen sind mit dem relativ hohen Anteil von 24 %, Hochdruck-Wetterlagen dagegen nur mit dem geringen Anteil von 15 % am Witterungsgeschehen in Mitteleuropa beteiligt. Analog hierzu strömt an der Ostflanke der atlantischen Hochdruckzone sehr kühle Luft aus nördlichen Breiten nach Süden und führt dabei im Alpenvorland häufig zu Stau-Bewölkung und Stau-Niederschlägen. Es sind jene als europäische Monsuneinbrüche gedeuteten Wettersituationen, die im Volksmund als „Schafskälte“ bezeichnet werden, weil sie den um diese Zeit frisch geschorenen Schafen oft übel mitspielen. Bevorzugte Daten für diese Einbrüche kühler Meeresluft auf den schon erwärmten Kontinent sind die Zeitabschnitte vom 2. bis 5., vom 12. bis 14. und vom 24. bis 26. Juni. Das Auftreten von Kaltlufteinbrüchen, aber auch von Warmluftvorstößen an bestimmten kalendermäßig gebundenen Daten hat A. Schmauß (1877–1954) als „Singularitäten“ bezeichnet. Sie lassen sich selbst im vieljährigen Mittel in den Temperaturkurven nachweisen. Schönwetterperioden fehlen im Rosenmonat Juni keineswegs, sie sind aber kaum von längerer Dauer. Die größte Neigung zu Hochdruckwetter besteht noch im Zeitraum vom 15. bis 23. und am Monatsende, dann dauern sie aber oft bis in das erste Julidrittel hinein an. Dem Bauer ausreichend Regen, dem Winzer viel Sonnenschein soll der Juni bringen; diesen beiden Wünschen gerecht zu werden, ist die Aufgabe eines guten Junimonats. „Auf den Juni kommt es an, wenn die Ernte soll bestahn – darum nicht zu nass und nicht zu kühl, nicht zu trocken, nicht zu schwül.“ Meint der Bauer „Juniregen bringt reichen Segen“, so entgegnet der Winzer „Juni trocken
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mehr als nass, füllt mit gutem Wein das Fass“. Und vom Nordwind im Juni, einmal gewünscht, ein andermal verwünscht, heißt es „Im Juni tut der Nordwind gut, dem Korn und auch dem Rebenblut“, gleich darauf: „Nordwind, der im Juni weht, nicht im besten Rufe steht“. Darum: „Ein Feuer und ein Wasserkessel drauf, das ist des Brachmonds bester Lauf“. Von den „Lostagsheiligen“ im Juni wird besonders Sankt Medardus in Sprüchen arg strapaziert, die alle darauf hinweisen, dass das Wetter am 8. Juni auf längere Zeit bestimmend bleibt. Hier eine kleine Auswahl: „Macht Medardus nass, so regnets ohne Unterlass“ oder „Wie’s Wetter zu Medardi fällt, es bis zum Mondes Schluss anhält“, auch „Regen am Medardustage bringt sechs Wochen Regenplage“ und ebenso „Wenn es auf Medardi regnet, sich der Winzer bekreuzt und segnet“. 3 Tage später, am 11. Juni, heißt es: „Sankt Barnabas macht, wenn er günstig ist, wieder gut, was verdorben ist.“ Und am 15. Juni ist der Tag der Bierbrauer-Bitte: „O heiliger Veit, o regne nicht, damit es nicht an Gersf gebricht.“ Am 24. Juni heißt es in Übereinstimmung mit dem um diese Zeit üblichen Kaltlufteinbruch: „Johannis tut dem Winter wieder die Tür auf.“ Dass an Regen nach dem 24. Juni dem Bauer nicht mehr so sehr gelegen ist, kommt zum Ausdruck im Spruch: „Vor Johanni müssen die Priester um Regen bitten, nach Johanni kann man’s selber.“ Am 27. Juni, einem der bekanntesten Lostage des Jahres, sind die „Siebenschläfer“ für die Witterungsprognose aktuell: „Wenn die Siebenschläfer Regen kochen, so regnet’s vier ganze Wochen“ oder gar „Wenn es an Siebenschläfer regnet, so ist man sieben Wochen mit Regen gesegnet“. Der Zusammenhang zwischen Regen am 27. Juni und dem Niederschlagsgepräge des folgenden Julimonats wurde in einem 25-jährigen Zeitraum, von 1946–1970, mit Messergebnissen aus Regensburg untersucht. Dabei ergab sich, dass es 13-mal am Siebenschläfertag geregnet hatte und dass nur sechsmal der folgende Juli mehr Niederschlag als üblich aufwies. Der Zusammenhang von Regen am Siebenschläfertag und nachfolgenden verregneten Wochen ist also ebenso eine schöne Legende wie die von den sieben frommen Jünglingen, die sich vor den Christenverfolgungen durch Kaiser Decius in einer Höhle bei Ephesus verborgen hielten und, nach 195 Jahren Schlaf im Jahre 446 entdeckt, ihre Geschichte berichteten und sich dann erst glorienverklärt zum Sterben niederlegten. Ein besserer Zusammenhang besteht zwischen einem trockenen Siebenschläfertag und einer niederschlagsarmen Folgezeit. In einem Zeitraum von 30 Jahren, in denen es 14-mal am Siebenschläfertag nicht regnete, blieben die Juliniederschläge zehnmal unter der Norm. Die Wahrscheinlichkeit, dass einem trockenen 27. Juni auch ein insgesamt trockener Juli folgt, ist demnach etwa doppelt so groß wie für einen zu nassen Julimonat. Die Tatsache, dass Zusammenhänge anderer Art bestehen, nämlich zwischen der Witterung der letzten 5 Junitage
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und der folgenden Juliwitterung, hat eine abgewandelte Regel entstehen lassen: Je häufiger es vom 26. bis 30. Juni regnet, umso regenreicher wird der Juli. Diese Regel ist zu etwa 70 % zutreffend. Eine Baur’sche Hochsommerregel besagt: Steht die erste Junihälfte überwiegend im Zeichen großer Hitze (Temperaturabweichung mindestens 2,0 °C von der Norm), so folgt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein nasser Hochsommer. Beginn oder Ende einer Regenperiode, also einen Witterungswechsel um den 29. Juni, signalisiert der Spruch: „Petrus schwimmt im Schiff daher oder im Schiff dahin“. Der phänologische Kalender weist im Juni für mittlere Höhenlagen Deutschlands folgenden durchschnittlichen Phasenbeginn auf: am 4. Winterroggen-Blüte, am 5. Holunderblüte, am 7. Blüte der Akazie, am 9. Knaulgrasblüte. Am 12. ist der reguläre Termin für die Heuernte (1. Wiesenschnitt), am 15. bis 17. Ährenbildung bei Winterweizen und Sommergerste, am 25. Rispenbildung bei Hafer und am 27. Blüte der großblättrigen Linde.
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Das Wetter im Juli
Die Juli-Witterung ist gekennzeichnet durch die jahreszeitlich bedingte starke Erwärmung. Im Allgemeinen werden nun auch die höchsten Temperaturen des Jahres erreicht, denn: „Im Juli muss braten, was im Herbst soll geraten.“ Nur auf den Inseln und den hohen Bergen verzögert sich das Temperatur-Maximum ebenso wie das Temperatur-Minimum im Jahresgang um einen Monat. Unterbrochen werden die hochsommerlich warmen Witterungsperioden aber immer wieder durch kühle Abschnitte. Dieser Wechsel von warmer Festlandluft und kühler Meeresluft trägt oft genug den Charakter eines Wettersturzes, durch kräftige Gewitter und Regenfälle eingeleitet. Niederschlagsintensität, Sturm- und Gewitterhäufigkeit haben daher auch im Juli ihren Höhepunkt. Der Luftdruckabfall über Mitteleuropa im Juli – im vieljährigen Mittel ist hier der Luftdruck gegenüber dem Vormonat um 1 hPa niedriger, somit 1014 hPa (auf NN reduziert) in Berlin – deutet auf die Zunahme von Westwetterlagen, die zusammen mit den Nordwestwetterlagen eine mittlere Häufigkeit von 49 % (16 Tage) am Gesamtwettergeschehen einnehmen. Hitzeperioden im Juli verdanken ihr Entstehen der Ablösung von Hochdruckzellen vom Azorenhoch und ihrer Verlagerung nach Mitteleuropa. Hochdrucklagen nehmen hier aber nur einen kleinen Anteil von 16% (5 Tage) in der Großwetterlagen-Statistik ein. Die Durchschnittstemperatur des Juli beträgt für das Gebietsmittel von Deutschland 16,9 °C, bezogen auf die zehn Städte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Hamburg, Hannover, Köln und München 17,7 °C. Davon abweichend haben Frankfurt und Freiburg etwas höhere, Hamburg und München etwas niedrigere Julitemperaturen. Ihrer mittleren Julitemperatur nach sind in Deutschland am wärmsten die Großstädte Ludwigshafen, Freiburg, Mannheim und Mainz. Die mittlere Tages-Höchsttemperatur der zehn Städte im Juli beträgt 23 °C, die mittlere Tages-Tiefsttemperatur 13 °C. In absoluten Werten können hier die Lufttemperaturen zwischen 0 und 40 °C schwanken. Juli-Spitzentemperatur war der im Schatten in 2 m Höhe gemessene Wert 40,2 °C am 27. Juli 1983 in Gärmersdorf bei Amberg. Im Temperaturanstieg, abhängig von der Entfernung vom Meer und von der Seehöhe, weisen deutsche Städte auch eine unterschiedliche Häufigkeit in der Anzahl von „Sommertagen“ (mit mindestens 25 °C Luftwärme) auf, von denen
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hier als „Außenseiter“ Kiel mit normalerweise nur 2 sowie Ludwigshafen mit 14 Sommertagen im Juli genannt seien. Im Zehn-Städte-Mittel beträgt die reguläre Anzahl von Sommertagen im Juli 10, wovon 2 mit mindestens 30 °C als „Tropentage“ gelten. In 1000 m Seehöhe geht die Anzahl von Sommertagen in der Regel auf 3 im Juli zurück; Helgoland weist normalerweise überhaupt nur einen Sommertag im Juli auf. Die „Null-Grad-Grenze“, die über Deutschland im vieljährigen Mittel im März auf 1000 m Seehöhe liegt, im Mai bei 2300 m, hat nun im Juli mit 3300 m die maximale Höhe im Jahresgang erreicht – sie sinkt im September auf 2900 m und schließlich im November auf 1400 m Seehöhe ab. Die Abnahme der Lufttemperatur bei steigender Höhe um 0,6 °C pro 100 m ergibt sich aus der JuliMitteltemperatur von München mit 17,5 °C in 530 m Seehöhe und der Juli-Mitteltemperatur der Zugspitze von 2,2 °C in 2960 m Höhe. Dass in Süddeutschland bei gleicher Seehöhe höhere Julitemperaturen herrschen als im Norden Deutschlands, geht auch aus den mittleren Julitemperaturen vom Inselsberg (Thüringen) mit 12,5 °C und von Mittenwald (Alpen) mit 14,5 °C hervor, beide haben die gleiche Seehöhe von etwa 900 m. Und der 1490 m hoch gelegene Feldberg im Schwarzwald hat mit 10,9 °C eine etwas höhere Julitemperatur als der 1150m hohe Brocken im Harz (10,3 °C). Von den europäischen Hauptstädten hat Athen mit 27,0 °C die höchste, Oslo mit 16,4 °C die niedrigste Juli-Mitteltemperatur. Der Juli ist zwar durchschnittlich der wärmste Monat des Jahres, doch wird er dieser Rolle nicht immer gerecht. So war für Mitteleuropa im 100-jährigen Zeitraum von 1871 bis 1970 der wärmste Monat 64-mal der Juli, 22-mal der August und 14-mal der Juni. Der Zehn-Tages-Zeitraum vom 15. bis 24. Juli ist der durchschnittlich wärmste Abschnitt des Jahres, während im überlieferten Sinne als heißeste Zeit in Europa, besonders im Mittelmeerraum, die Zeit vom 23. Juli bis 23. August gilt, in der die Sonne das Tierkreiszeichen des Löwen durchläuft. Zu ihrem Namen kamen die „Hundstage“, weil in dieser Zeit die Sonne etwa gleichzeitig mit dem Hundsstern (Sirius) aufgeht. Was den durchschnittlich wärmsten Tag des Jahres anbelangt, so wechselte dieser in langen Zeiträumen seinen Standort. Nach Baseler Aufzeichnungen von 1761 bis 1850 war der 18. Juli der durchschnittlich wärmste Sommertag, während der 22. Juli durch niedrige Temperaturen auffiel. Im Zeitraum 1851–1950 war aber eben dieser 22. Juli der durchschnittlich wärmste Tag des Sommers. Berlin wiederum hatte im 60-jährigen Zeitraum von 1911–1970 den 15. Juli als wärmsten Sommertag. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge beträgt 78 mm im Gebietsmittel von Deutschland und 75 mm im Zehn-Städte-Mittel, verteilt auf 15 Tage. Früher galt der Juli als niederschlagsreichster Monat des Jahres, im aktuellen klimatologischen Referenzzeitraum war jedoch der Juni noch regenreicher (85 mm im Gebietsmittel und im Zehn-Städte-Mittel). Tatsächlich ist der Juli im Landes-
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mittel nur etwa jedes vierte Jahr der niederschlagsreichste Monat. Ihm folgen als niederschlagsreichste Monate des Jahres August, Juni und Dezember, seltener die übrigen Monate, von denen der April nur einmal (1970) seit 1871 niederschlagsreichster Monat des Jahres war. Im Mittel für ganz Deutschland weisen die Juli-Niederschlagsmengen Schwankungen zwischen 20 und 160 mm auf. Örtlich können die Differenzen noch ausgeprägter sein, wie etwa in Frankfurt a.M., wo im Juli 1862 208mm, im Juli 1921 nur lmm Niederschlag registriert wurden, oder in München mit 322 mm im Juli 1954 und 19 mm Niederschlag im Juli 1911. Tagesregenmengen im Juli können im Flachland 50, im Bergland 100 mm überschreiten. Wie aus der Statistik über die Niederschlagsverhältnisse im mitteleuropäischen Bergland hervorgeht, nehmen die Niederschlagsmengen mit der Höhe zu, wobei allgemein in Staulagen (Luv) die Niederschläge verstärkt, im Lee abgeschwächt auftreten. Deutsche Großstädte, die analog zum geringen Jahresniederschlag auch die geringsten Juli-Niederschläge aufweisen, sind Magdeburg, Erfurt, Mainz und Würzburg. Die mittlere relative Luftfeuchtigkeit von 72% im Julimittel ist gegenüber dem Vormonat leicht erhöht. 6–7 Gewittertage und Wetterleuchten in 1–2 Nächten gehören zum normalen Witterungsverlauf des Julimonats. „Wenn’s im Juli nicht donnert und blitzt, wenn im Juli der Schnitter nicht schwitzt, der Juli dem Bauern nichts nützt.“ Und da just im Juli zwei Gewitter-Schutzpatrone, die Apostelbrüder Cyrillus und Methodius, ihr Namensfest haben (am 7.), ist es auch Zeit, sich des gläubigen Marien-Verses von Eichendorff zu erinnern: „Wenn ins Land die Wetter hängen und der Mensch erschrocken steht, wendet wie mit Glockenklängen die Gewitter dein Gebet.“ Als übliche Juli-Sonnenscheindauer werden im Landesdurchschnitt 209 Stunden aufgezeichnet, entsprechend einer Tages-Sonnenscheindauer von 7 Stunden. War im Norden Deutschlands der Juni sonnigster Monat, so ist es für den Süden der Juli. Im Zeitraum 1961–1990 ergeben sich für eine Städteauswahl folgende Normalwerte für den Juli-Sonnenschein: in Berlin 218, München 237, Hamburg 207, Frankfurt 224 und Essen 186 Stunden. Zum Vergleich die normale JuliSonnenscheindauer einiger Auslands-Hauptstädte: Athen 375, Madrid 381, Rom 347, Wien 245, Paris 242 und London 198 Stunden. Als extremste Juli-Sonnenscheindauer in Deutschland wurden 1994 an der Station Arkona auf der Insel Rügen 402 Stunden registriert. Die Bewölkung – im Bergland reichlicher als im Flachland – nimmt im Julidurchschnitt 62 % der sichtbaren Himmelsfläche ein. 1–2 Tage bleiben im Juli in der Regel ohne Sonnenschein. Im Witterungsablauf des Juli lassen sich folgende Tendenzen feststellen: Die in der Regel am Monatsanfang herrschende Hochdrucklage wird meist schon etwa ab dem 5. durch wechselhaftes Westwetter abgelöst. Es ist dies die Fortset-
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zung der im Juni eingeleiteten Monsuneinbrüche, die vom Aufbau hohen Luftdruckes über den Azoren und der Ausbildung tiefen Druckes über Nordrussland verursacht werden. Mit diesem west-östlich gerichteten Luftdruckgefälle wird ein Strom kühler Meeresluft vom Atlantik nach Mitteleuropa gelenkt. Bevorzugt treten die Monsunwellen im Juli vom 5. bis 11. und vom 19. bis 29. auf. Durch Hochdruckwetter ist dagegen Deutschland wieder begünstigt vom 12. bis 18. Juli. Die Neigung zu Niederschlägen zeigt einen auffallenden Höhepunkt am 22., dem Magdalenentag. Er wird durch die Witterungsstatistik nachgewiesen, ist aber auch im Sprichwort geläufig: „Maria Magdalena weint um ihren Herrn, drum regnet’s an diesem Tage gern.“ Mit sonnigem und trockenem Wetter schließt der Juli gewöhnlich ab. Neben der bereits im Juni erwähnten Hochsommerregel, wonach ein nasser Hochsommer dann zu erwarten ist, wenn die erste Junihälfte heiß war, ist eine weitere Erfahrungsregel von Bedeutung. Ist es nämlich um den 8. Juli regnerisch, so ist auch meist der Hochsommer (Mitte Juli bis Mitte August) regenreich. Aber auch die Lostags-Heiligen melden sich im Juli mit langfristigen Prognosen. So heißt es am 2. Juli: „Regnet’s an Maria Heimsuchungstage, so hat man sechs
Abb. 4 Phänologischer Spätsommerbeginn, abgelesen an den mittleren Daten für die Winterweizen-Ernte. Isophanen für mittlere Höhenlagen [nach F. Schnelle]
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Wochen Regenplage“; am 10. Juli: „Ist Siebenbrüder ein Regentag, so regnet’s noch sieben Wochen danach“; am 20. Juli: „Regen auf Margaretentag wohl 40 Tage dauern mag“; gleich darauf, am 22. Juli: „Regnet’s am Magdalenentag, so folgt gewiss mehr Regen nach“. Dem Sinn dieser Lostagsregeln entspricht die Beobachtung, dass einem sommerlichen Wettersturz oft eine längere Schlechtwetterperiode folgt, wobei die Zahl von 30–40 Tagen oder 6–7 Wochen nur Symbolwert hat. Für unsere Vorfahren, so berichtet A. Hauser, hieß 30 und 40 einfach „lang“ oder „lange Zeit“. Frei von Tradition ist folgende Schönwetterregel: Wenn in den Tagen vom 6. bis 11. Juli hoher Luftdruck (über 1020hPa [auf NN reduziert]) herrscht, so werden die Niederschläge bis Mitte August mit großer Wahrscheinlichkeit unter dem Regelwert bleiben. Die verbreitete Ansicht, dass einem heißen Hochsommer ein strenger Hochwinter folgt, kommt in der Regel „Juli trocken und heiß, Januar kalt und weiß“ oder in der Kurzform „Wie der Juli war, wird der Januar“ zum Ausdruck. Eine Nachprüfung dieser Regel ergab für Mitteleuropa allerdings nur eine etwa 50prozentige Übereinstimmung, denn den 48 sehr warmen Julimonaten im Zeitraum 1771–1970 folgten 25-mal milde und 29-mal zu kalte Januarmonate. Und ebenso folgten den 57 sehr kühlen Julimonaten im 200-jährigen Zeitraum 28-mal milde und 29-mal zu kalte Januarmonate. So hatte auch der überhaupt wärmste Juli (1834) einen milden Januar im Gefolge. Und dem kühlsten Juli (1913) folgte ein kalter Januar. Als durchschnittlicher Phasenbeginn im Pflanzenwachstum gelten im Juli für mittlere Höhenlagen Deutschlands folgende Daten: Reife der Süßkirsche am 2., Reife der Johannisbeere am 4., Blüte der kleinblättrigen Linde am 5., Blüte der Wegwarte am 10., Ernte von Wintergerste am 18. und Ernte von Winterroggen am 29. Juli.
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Das Wetter im August
Der Monat August stellt bereits den ausklingenden Hochsommer dar. Da der Wärmeausgleich zwischen dem Kontinent und den Meeren nunmehr vollzogen ist, zeigt auch der Wetterablauf allgemein nicht mehr so sehr den unruhigen, zu Wetterstürzen neigenden Charakter des Juli. Niederschläge und Gewitter lassen auch in Stärke und Häufigkeit nach. Der 8. Monat des Jahres mag seinen vom ersten römischen Kaiser übernommenen Namen (Augustus = der Erhabene) im Hinblick auf das beeindruckende Landschaftsbild im August mit seinen reifenden, auf den Schnitt wartenden Kornfeldern wohl zu Recht tragen. Für den Bauer vergangener Epochen waren Ernting, Erntemond oder Ährenmonat passendere Monatsbezeichnungen. Während nun der Luftdruck über Asien zu steigen, über dem Atlantik zu fallen beginnt, bleibt er über Mitteleuropa – mit dem vieljährigen Berliner August-Durchschnittswert von 1014 hPa (auf NN reduziert) gegenüber dem Vormonat unverändert. Hier dominiert noch die im Juni eingeleitete europäische Monsunströmung, welche sich in der großen Häufigkeit von Westwetterlagen bemerkbar macht, die mit einem mittleren Anteil von 38 % (8 Tage) am AugustWitterungsgeschehen beteiligt sind. Doch bahnt sich bereits die Umstellung auf das im September zu erwartende Maximum von Hochdruckwetterlagen über Mitteleuropa an. Um etwa 1 °C tiefer als die mittlere Julitemperatur, beträgt die Durchschnittstemperatur des Augustmonats für das Gebietsmittel von Deutschland 16,5 °C, im Kollektiv der zehn deutschen Großstädte Berlin, Bremen, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Hamburg, Hannover, Köln und München 17,2 °C, wobei in der Zuteilung von Augustwärme Freiburg an erster und Chemnitz an letzter Stelle stehen. Die Anzahl von 7 „Sommertagen“ mit mindestens 25 °C Luftwärme ist für den August im Landesmittel ebenso normal wie ein „Tropentag“ mit mindestens 30 °C. Das mittlere Tages-Maximum der Temperatur beträgt im Zehn-Städte-Mittel 23 °C, das mittlere Tages-Minimum 12 °C. Als mittlere Höchst- und Tiefsttemperaturen des Monats sind 29 und 8 °C normal. Ganz selten sinkt die Augusttemperatur im Stadtklima schon auf 2 °C ab. Es können aber auch Extremtemperaturen bis 40 °C (im Schatten in 2 m Höhe) wie im Juli erreicht werden; gemessen wurden 40,2 °C am 9. August 2003 in Karlsruhe
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sowie am 13. August des gleichen Jahres in Karlsruhe und Freiburg. Der August 2003 war überhaupt ein extrem heißer Monat, der mit Mitteltemperaturen bis 25,5 °C, bis 29 Sommertagen und 25 heißen Tagen (Freiburg i.Br.) alles bisher Gemessene weit übertraf. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge des Augustmonats ist mit 77 mm im Gebietsmittel von Deutschland und 76 mm für die zehn Städte, verteilt auf 15 Tage, um etwa 10 % geringer als im Juli. Da seit Juli die mittlere Frostgrenze in etwa 3300 m Höhe liegt, tritt mit der im Hochgebirge einsetzenden Gletscherschmelze im August für die süddeutschen Flüsse eine in Trockenzeiten willkommene Verbesserung der Wasserstände ein. Gelegentliche Starkregen können die Monats-Niederschlagsmengen auf über 200 mm anheben. Für Berlin sei hier die maximale Regenmenge von 202 mm im August 1948 angeführt, wozu der am 14. August gemessene Tagesniederschlag von 125 mm über die Hälfte beitrug. Den Tagesregen-Rekord in Deutschland hält jedoch der 12. August 2002, mit 312 mm registriertem Niederschlag an der Station Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge. Meist sind derartige Starkregenfälle an Gewitter gebunden, die im August in der Regel an 5–6 Tagen auftreten. Der überhaupt größte Tagesniederschlag auf der Welt mit 1870mm wurde am 15. März 1952 bei einem Taifun in Cilaos auf der Insel La Reunion im Indischen Ozean gemessen – das entspricht 1870 Liter pro Quadratmeter! Die relative Luftfeuchtigkeit beträgt im Zehn-Städte-Durchschnitt und Tagesmittel 73 %, um 14.00 Uhr 59 %. Der Schönwetteranteil erreicht in der Regel erst im August seinen sommerlichen Höhepunkt. Besonders dem deutschen Mittelgebirge bringt der August infolge abnehmender Haufenwolkenbildung eine Zunahme heiterer Abschnitte. Flachland und Bergland weisen daher im August annähernd die gleiche durchschnittliche Sonnenscheindauer auf, die im Landesmittel 197 Stunden beträgt, was einer Tages-Sonnenscheindauer von 6,5 Stunden entspricht. Als deutscher August-Rekordwert gelten 353 Sonnenstunden, registriert an der Station Arkona auf Rügen im Jahre 1997. Zum Vergleich hier die normale August-Sonnenscheindauer von Rom mit 310, von Lissabon mit 344 und von Athen mit 356 Stunden. Die mittlere Bewölkungsmenge nimmt über Deutschland im August einen Anteil von 59 % der sichtbaren Himmelsfläche ein. Ohne Sonneneinstrahlung bleiben in der Regel 1–2 Augusttage. Die Mittagssonne steht im August schon um rund 10° tiefer über dem Südhorizont als zur Zeit der Sommer-Sonnenwende im Juni. Dauerte der lichte Tag am 21. Juni in Berlin 17 Stunden und 18 Minuten, bei einer bürgerlichen Dämmerungsdauer von 50 Minuten, so sind es 2 Monate später, am 21. August, 14 Stunden und 22 Minuten mit 38 Minuten Dämmerung. (Die „bürgerliche
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Dämmerung“ umfasst die Zeit, wenn die Sonne schon untergegangen bzw. noch nicht aufgegangen ist, aber weniger als 6° unter dem Horizont steht. Sie entspricht etwa der Dämmerungsphase, in der man bei klarem Wetter im Freien noch lesen kann.) In Süddeutschland (Regensburg, 49° Breite) verkürzen sich die entsprechenden Zeiten von 16 Stunden und 13 Minuten auf 14 Stunden und 7 Minuten. Aus dem Zeichen des Löwen wandert nun die August-Sonne in das Zeichen der Jungfrau über. Mit dem sich abzeichnenden Ende des Pflanzenwachstums – nur die Heide begeht erst jetzt ihr großes Blütenfest – fließen auch die Bauernregeln spärlicher und beschränken sich auf Wünsche für gutes Erntewetter, wie „Trockener August ist des Bauern Lust“ oder „August ohne Feuer macht das Brot teuer“; spezieller heißt es: „Lorenz (10.) muss heiß sein, soll guter Wein sein“. Der gleiche Heilige gibt seinen Namen her für den jährlich vom 8. bis 14. August aus dem Sternbild Perseus ausstrahlenden Sternschnuppenschwarm, als „Laurentiustränen“ gedeutet. „Sankt Lorenz kommt in finsterer Nacht ganz sicher mit Sternschnuppenpracht.“ Da sind noch die beiden August-Lostage Maria Himmelfahrt (15.) und Bartholomäustag (24.), die im Sprichwort gern in Zusammenhang mit der kommenden Herbstwitterung gebracht werden, was sich so liest: „Wie das Wetter am Himmelfahrtstag, so der ganze Herbst sein mag“ und „Bartholomäi hat’s Wetter parat für den Herbst bis zur Saat“. Der Monat August beginnt in den meisten Jahren mit einer Schönwetterperiode, die auch gewöhnlich im ersten Monatsdrittel beherrschend bleibt, mit Wärmespitzen um den 6. August. Auffallend hierbei ist die Tatsache, dass die eigentlichen „Hundstage“, also die heißesten Tage, seit Mitte des 19. Jahrhunderts in den meisten Jahren nicht mehr Anfang August, sondern meist schon um die Julimitte auftreten. Im weiteren Verlauf, bevorzugt vom 15. bis 23. August, besteht wieder die Neigung zu wechselhaftem Westwetter, bei dem die vom Atlantik ostwärts driftenden Tiefdruckwirbel mit ihren Warm- und Kaltfronten Mitteleuropa wiederholt streifen. In den letzten Augusttagen breitet sich häufig hoher Luftdruck von den Azoren ostwärts aus und leitet damit in Deutschland oft eine spätsommerliche Schönwetterlage ein. Der jahreszeitlich bedingte Temperaturrückgang gegen Monatsende ist im Spruch geläufig: „Um die Zeit von Augustin (28.) zieh’n die warmen Tage hin.“ Der phänologische Kalender des Augustmonats nennt für mittlere Höhenlagen folgenden Phasenbeginn, der sich auf den vieljährigen Durchschnitt bezieht: Ernte der Sommergerste am 1., Heidekraut-Blüte am 5., Winterweizen-Ernte am 8., Haferernte am 9., Grummeternte (2. Wiesenschnitt) am 16., Fruchtreife der Frühzwetschge am 19. und Blüte der Herbstzeitlose am 30. August.
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Das Wetter im September
Im September, dem zuverlässigen Schönwetter- und Reisemonat, sind Spätsommer und Frühherbst vereint. Hoher Luftdruck verharrt jetzt oft längere Zeit über Deutschland und schafft die Voraussetzung für die schönen Tage des „Altweibersommers“, dessen Bezeichnung die gleiche ist wie für die in der milden Spätsommerluft fliegenden, von Jungspinnen erzeugten Fäden, mythisch von Schicksalsgöttinnen als Lebensfaden gesponnen. „Erst im September ist der Herzschlag des Sommers zu spüren“; dieses von C. Güsmer stammende Septemberlob geht einig mit der allgemeinen Wertschätzung, die dem September als „Mai des Herbstes“ gilt. Die Temperaturen erreichen normalerweise noch an etwa 3 Tagen sommerliche Werte von 25 °C und darüber, können aber auch bereits in 1 oder 2 Nächten bis in Gefrierpunktnähe absinken. Das vieljährige Temperaturmittel des Monats liegt im Gebietsmittel von Deutschland bei 13,3 °C, im Durchschnitt der zehn Städte bei 14 °C. Davon abweichend bieten Köln, Frankfurt und Freiburg etwas mehr, Hamburg, Hannover, Berlin, Chemnitz und München etwas weniger Septemberwärme. Die mittlere Monats-Höchsttemperatur beträgt 26 °C, die mittlere Monats-Tiefsttemperatur 4 °C; extreme Abweichungen bis 35 °C sind für Frankfurt und bis –2 °C für München bekannt. Ein Tages-Maximum der Temperatur von 19 °C und ein nächtliches Minimum von 10 °C sind für den September normal. Einen markanten Einschnitt im Temperaturgang des Jahres bildet das Absinken der Außentemperatur unter 12 °C im Tagesmittel, weil hierbei die „Heizperiode“ beginnt, deren mittleres Datum für München der 20., für Hamburg der 26. September ist. Die September-Niederschläge sind regulär auf 14 Tage verteilt und summieren sich auf 61mm im Gebietsmittel bzw. auf 60 mm bezogen auf die zehn Städte, im Bergland erreichen sie das Doppelte. In Ausnahmesituationen können September-Niederschläge Monatsmengen bis weit über 100 mm aufweisen, von denen hier der Monatsniederschlag von München vom September 1899 genannt wird, der mit 327 mm als überhaupt höchster aller Münchner Monatsniederschläge im Zeitraum 1851–1950 gilt. Im gleichen September 1899 registrierte Bad Reichenhall eine Monatsmenge von 577 mm, wozu der am 13. September gemessene Rekord-Tagesniederschlag von 242 mm fast die Hälfte beitrug. Sind
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extreme Tages-Niederschlagsmengen im Sommer häufig an Gewitter gebunden, so können vorwiegend in den Übergangs-Jahreszeiten Aufgleitwetterlagen, so auch die berüchtigte Vb-Wetterlage, bei der warme Luft von Südosten her auf kältere Bodenluft aufgleitet, regional sehr reichliche Tagesniederschläge auslösen. Von weiteren maximalen Tages-Niederschlagsmengen im September seien genannt: 60 mm für Hamburg, 40 für Berlin und 50 für Nürnberg, jeweils in verschiedenen Jahren. Im Durchschnitt gibt es noch zwei Gewittertage, denen gern der Spruch angehängt wird „Wenn der September noch donnern kann, setzen die Bäume nochmals Blüten an“, eine hin und wieder durch herbstliche Wärmerückfälle verursachte Erscheinung, die als „zweiter Frühling“ bezeichnet wird. Zu Morgennebel, lästige Begleiterscheinung herbstlicher Schönwetterlagen, kommt es vorwiegend in Flussniederungen, hier an etwa 7 Tagen. Die relative Luftfeuchtigkeit nimmt gegenüber dem Vormonat um 6 % zu und beträgt im Monatsmittel 78 %. Die mittlere Bewölkung beläuft sich auf 60 % der sichtbaren Himmelsfläche, was den heiteren Charakter und die Witterungsgunst des Septembers unterstreicht. Eine Sonnenscheindauer von 150 Stunden ist für den September normal, gleichermaßen im Flachland und im Bergland. Noch wärmen die Sonnenstrahlen, wenngleich gegenüber dem Juni mit der stärksten Globalstrahlung von 1870 Joule/cm 2 schon erheblich gemindert und auf ein Strahlungsmaß von 1045 Joule/cm2 im Septembermittel abgesunken. Nun steuern sie allmählich dem Strahlungs-Tiefstwert von 145 Joule im Dezembermittel zu (bezogen auf Mainz, 50° Breite). Gegenüber dem Höchststand der Sonne mit 63,5° (21. Juni) beträgt am 23. September, zur Zeit der Tag-und-Nacht-Gleiche, der Abstand der Mittagssonne über dem Südhorizont hier nur noch 40° und sinkt bis zum 21. Dezember auf 16,5°. Während der „meteorologische Herbst“ am 1. September beginnt und die Zeit bis zum 30. November umfasst, wechselt zu Beginn des astronomischen Herbstes, am 23. September, die Sonne aus dem Zeichen der Jungfrau in das der Waage (im überlieferten Sinne). Der normale Witterungsablauf im September zeigt eine deutliche Dreiteilung. Um die Monatswende August-September bahnt sich meist eine Stabilisierung der bis dahin recht wechselhaften Witterung an, die im Allgemeinen zu einer frühherbstlichen Schönwetterlage im ersten Septemberdrittel überleitet. Groß ist dagegen die Neigung zu Schlechtwetter im zweiten Septemberdrittel, besonders im Zeitraum vom 14. bis 18., in Übereinstimmung mit dem Kalenderspruch „Ludmilla (16.), das fromme Kind, bringt gern Regen und Wind“. Durch Schönwetter ausgezeichnet ist allgemein wieder das letzte Monatsdrittel. Es ist die bekannte Zeit des „Altweibersommers“, der ziemlich zuverlässig zwischen dem 23. und 30. September auftritt. Im Zeitraum vieler Jahre weicht nur jeder sechste September von dieser schönen Regel ab. Nicht umsonst haben die Münchner ihr
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„Oktoberfest“ in das letzte Septemberdrittel gelegt. Für die gleiche Erscheinung der frühherbstlichen Hochdrucklagen haben andere Völker andere, schönere Namen. In Schweden gibt es den „Birgittensommer“, in Frankreich den „Theresiensommer“, in der Schweiz „das Witwensömmerli“, in Böhmen den „Wenzelsommer“ und in Nordamerika den „Indian Summer“. Brauchbar für die Vorhersage der Septemberwitterung sind nach F. Baur folgende wissenschaftliche Regeln: 1. Wenn der mittlere Luftdruck der Tage vom 22. bis 31. Juli niedrig war und in keinem Fall für Berlin über 1016 hPa (auf NN reduziert) betrug, dann wird der folgende September mit großer Wahrscheinlichkeit niederschlagsreich. 2. Wenn Ende Juli eine Hochdrucklage herrschte (über 1016 hPa [auf NN reduziert] an mindestens 6 Tagen) und wenn der Luftdruck im Laufe des zweiten Augustdrittels anstieg, so deutet dies auf einen insgesamt trockenen September hin. 3. Nach tiefem Luftdruck um den 18. September folgt hoher Druck um den 27. September und umgekehrt. Beachtenswert ist ferner die Regel, dass nach einem sehr kalten Februar meist ein warmer September folgt. Von 17 sehr kalten Februarmonaten (Abweichung von der Norm mindestens 2,0 °C) im Zeitraum 1871–1970 hatten 12 warme September im Gefolge, was einer Eintreffwahrscheinlichkeit von 70 % entspricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass einem sehr warmen August (Abweichung mindestens 1,0 °C) ein warmer September folgt, beträgt auch 70 %, denn im 200-jährigen Zeitraum von 1771–1970 folgten den 37 sehr warmen Augustmonaten 25-mal warme September. Und nach einem sehr kühlen August folgt mit 75 % Wahrscheinlichkeit ein kühler September, denn den 44 sehr kühlen Augustmonaten im gleichen 200-jährigen Zeitraum folgten 33-mal kühle September. In der zuletzt genannten Aufeinanderfolge spiegelt sich die alte Bauernweisheit wider: „Was der August nicht kocht, wird auch der September nicht braten.“ Dass zu Septemberbeginn oft eine längere Schönwetterperiode einsetzt, kommt zum Ausdruck in der Lostagsregel vom 1. September: „Ist das Wetter am Ägidientag schön, bleibt es vierzehn Tage bestehn.“ Andere September-Heilige weisen auf noch längere Schönwetterzeiten hin: „Ist Sankt Gorgon (9.) schön, so wird man 40 schöne Tage sehn“ oder „Bischof Felix (11.) zeiget an, was wir vierzig Tage für Wetterhan“, weiter „Wie’s Mathis (21.) treibt, es vier Wochen bleibt“ und schließlich „Kommt Michael (29.) heiter und schön, wird es vier Wochen so gehn“. All diesen Lostagsreimen – mit Sicherheit nicht von Bauern, sondern von gelehrten Mönchen für Bauern geschrieben – liegt die richtige Beobachtung zu Grunde, dass September und Oktober die häufigsten Trockenperioden (ohne messbaren Niederschlag) aufweisen, die im Extremfall über 40 Tage dauern kön-
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nen. So lassen sich für Süddeutschland nach Regensburger Aufzeichnungen im 80-jährigen Zeitraum von 1891–1970 für den September 61 „Trockenperioden“ von 7–13 Tagen und 9 „Dürreperioden“ von mindestens 14 Tagen, die längste mit 27 Tagen vom 21. August bis 16. September 1959, nachweisen. Im Oktober nimmt dann die Häufung von Dürreperioden auf 18 in 80 Jahren zu, wobei die längste mit 47 Tagen vom 1. Oktober bis 16. November 1920 dauerte. Aber nicht jeder September brilliert durch längere Schönwetterlagen, sonst gäbe es nicht den Spruch: „Septemberregen für den Winzer Gift, wenn es ihn trifft.“ Die Neigung zu „Dauerregen“ (von mindestens sechs Stunden) nimmt sogar im September zu und strebt der größten Häufigkeit von Dauerniederschlägen im Dezember entgegen. Die „Erhaltungsneigung“ der Temperatur von September und Oktober ist relativ gut, vor allem nach extrem temperierten Septembern. So beträgt in Mitteleuropa die Wahrscheinlichkeit der Aufeinanderfolge „sehr warmer September – warmer Oktober“ 60 % und „sehr kühler September – kalter Oktober“ 82 %. Und ein insgesamt niederschlagsreicher Spätherbst stellt sich oft ein, wenn der Juli zu nass, August und September zu trocken waren. Für den Zusammenhang des Luftdrucks im September mit dem Temperaturgepräge des folgenden Winters hat sich folgende Regel von F. Baur als recht zuverlässig erwiesen: Wenn der Luftdruck im September, besonders im letzten Monatsdrittel, über Mittel- und Osteuropa höher als normal war, so folgt meist ein milder Winter. Als normaler Luftdruck im September gilt 1017 hPa (auf NN reduziert) für Berlin und 1018 hPa für München. Von den vielen Volkswetterregeln, welche die Erscheinungen in der Tier- und Pflanzenwelt mit dem kommenden Winterwetter in Zusammenhang bringen, hat sich die Regel von der in den September fallenden Rosskastanienreife überprüfen lassen. Danach folgten nach früher Kastanienreife meist milde Winter. Nach später Kastanienreife folgten sowohl milde als auch strenge Winter. Entsprach die Kastanienreife aber dem langjährigen Mittel (für mittlere Höhenlagen Deutschlands der 22. September), so war der folgende Winter mild oder nur mäßig kalt. Hier zeigt sich auch die „schiefe Verteilung“ unserer Winter. Zahlreichen milden Wintern stehen nur wenige, aber besonders kalte Winter gegenüber. Weiter weist der phänologische Kalender für mittlere Höhenlagen folgenden normalen Phasenbeginn im September auf: reife Früchte von Holunder am 2., von Birnen am 13., von Hauszwetschgen am 15., von Eiche und Rotbuche am 25. und von Walnuss am 27.; Aussaat von Winterroggen am 30. September. An Maria Geburt (8.) rüsten die Hausschwalben für ihren Abflug nach Süden; das vieljährige Mittel ihres Wegzuges aus Deutschland ist der 15. September.
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Das Wetter im Oktober
Der Oktober ist die Zeit des Vollherbstes. Wie alles in der Natur nach Reife und Ausgeglichenheit drängt, so zeigt auch die Witterung einen überwiegend ruhigen Verlauf. Zumindest gilt dies für das binnendeutsche Flachland, wo die Tage mit „Starkwind“ ihre jahreszeitlich geringste Häufigkeit haben. Dagegen gehören in den Berglagen wie an den Küsten die Herbststürme zum normalen Erscheinungsbild des Monats und haben ihre größte Häufigkeit um den 10. und 29. Oktober. Meist bringt der Oktober noch einen oder mehrere Wärmerückfälle, wo bei ungehinderter Sonneneinstrahlung Temperaturen um 20 °C registriert werden. Gelegentlich werden auch noch 25 °C überschritten. In Freiburg wurden am 3. Oktober 1985 sogar 30,2 °C gemessen. Die Nächte werden aber schon empfindlich kühl. In 3–5 Nächten unterschreitet die Temperatur die Frostgrenze; der erste Frost ist in den Niederungen normalerweise in der zweiten Oktoberhälfte zu erwarten. Meist handelt es sich dabei um leichte „Strahlungsfröste“ in klaren Nächten, die sich auf Täler und Mulden beschränken, während Hänge und Höhen frostfrei bleiben. „Oktoberhimmel voll Sterne hat warme Öfen gerne.“ Um 5 °C niedriger gegenüber dem Vormonat, beträgt das normale Oktobermittel der Lufttemperatur für Deutschland 9,0 °C, gemittelt für die zehn deutschen Großstädte 9,6 °C, wobei Freiburg mit 11,1 °C die meiste, München mit 8,6 °C im Mittel die geringste Oktoberwärme aufweisen. Die rasche Wärmeabnahme kennzeichnet den Temperaturverlauf im Oktober; so liegt das normale Tagesmittel für Berlin am 1. noch bei 12, am 31. Oktober schon bei 6 °C. Die Niederschläge sind normal auf 14 Tage verteilt und summieren sich auf 56 mm im Landesdurchschnitt und auf 50 mm im Mittel der zehn Städte, wobei in der Regel Freiburg mit 66 mm den ergiebigsten, Erfurt mit 33 mm den geringsten Oktober-Niederschlag liefern. Diese Niederschlagsmengen betragen, jahreszeitlich abnehmend, nur noch etwa 70 % des Juli-Niederschlages. In extrem trockenen Oktobern bleiben die Niederschlagsmengen unter 10 mm, einige Male (1908, 1920, 1943 und 1951) gab es regional überhaupt keinen Oktober-Niederschlag. Ganz selten werden Monats-Niederschlagsmengen von 150 mm überschritten. So hatten München 1880 mit 162mm und Berlin 1870 mit 134mm die ergiebigsten Oktober-Niederschläge im Zeitraum 1851–1950.
Das Wetter im Oktober
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Vorzeitig stellt sich ab und zu bereits der erste Schneefall ein, daher die berechtigte Kalendermahnung: „Zu Ursula (21.) bringts Kraut herein, sonst schneit Simon (28.) noch darein.“ Allgemein fällt jedoch der erste Schnee erst Mitte November im Flachland. Für die süddeutschen Flüsse, in Sonderheit für die Donau, bringt der Oktober die durchschnittlich niedrigsten Wasserstände im Jahresablauf (während der April in Verbindung mit der Schneeschmelze in den Bergen in der Regel die höchsten Wasserstände aufweist). Nach einer sommerlichen Pause gewinnt nun auch wieder der „Föhn“ für das Alpenvorland an Bedeutung, was in der zunehmenden Häufigkeit von Süd- und Südostwetterlagen zum Ausdruck kommt. Die Sonne strebt nun im immer kleiner werdenden Tagbogen aus dem Tierkreiszeichen Waage dem des Skorpions zu. Und immer schräger fallen die Strahlen der Mittagssonne, gegenüber dem Juni-Höchststand um etwa 30° niedriger, beleuchten die herbstlich gefärbte Natur in Feld und Wald und vermitteln den Eindruck vom „goldenen Oktober“. 108 Stunden beträgt die durchschnittliche Sonnenscheindauer im Deutschland-Mittel, wobei das Bergland mehr Sonnenschein aufzuweisen hat als die Niederungen. Zu den sonnenscheinreichsten
Abb. 5 Die Zeit des Vollherbstes anhand der mittleren Daten für die Winterweizen-Aussaat. Isophanen für mittlere Höhenlagen [nach F. Schnelle]
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Städten Deutschlands im Oktober gehören Augsburg, Freiburg, Heilbronn und München mit rund 130 Sonnenstunden im vieljährigen Durchschnitt, wie überhaupt auf die Vorzüge des Nordalpen-Klimas hinsichtlich Besonnung in den Monaten Oktober und November hinzuweisen ist. Ein sonniger Oktober ist aber nicht unbedingt mit Oktoberwärme gekoppelt. So registrierte – hier als Beispiel – Berlin im zu kalten Oktober 1951 215 Sonnenstunden, im erheblich zu warmen Oktober 1966 aber nur 86 Sonnenstunden. Den Höchstwert an Sonnenschein im Oktober registrierte die Zugspitze 1965 mit 270 Stunden, den geringsten Oktober-Sonnenschein der Feldberg im Schwarzwald 1974 mit nur 7 Sonnenstunden. Alleweil bildet in den großen Wein-Jahrgängen ein sonniger Oktober-Weinmonat den krönenden Abschluss. Und weil Oktober-Sonnenschein die Weingüte noch um einige Öchsle-Grade zu erhöhen vermag (gute Weine haben Werte von 75–90° Öchsle), heißt es treffend im Lostags-Spruch für den 14. Oktober: „Sankt Burkhard Sonnenschein schüttet Zucker in den Wein.“ Analog zur zunehmenden relativen Luftfeuchtigkeit von im Durchschnitt 82 % nimmt die Neigung zu Nebel nun rapid zu, variiert jedoch nach Geländeart und Höhe, wobei die Flusstäler am stärksten, die Berglagen am wenigsten nebelanfällig sind. Hamburg, Berlin und München haben gewöhnlich je 7 Tage, Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf im Allgäu je 4 Tage, die Donauniederung von Ulm über Regensburg bis Passau schon 10 Tage mit Oktobernebel. Nebel und zunehmende Bewölkung, die im Mittel der zehn Städte 65 % der sichtbaren Himmelsfläche beträgt, tragen dazu bei, dass auch schon etwa 7 Tage ohne Sonnenschein bleiben. 1018 hPa (auf NN reduziert) ist für München, 1016 hPa für Berlin der normale Oktober-Luftdruck, es ergibt sich also ein leichtes Luftdruck-Gefälle von Süd nach Nord, das weiter nordwärts zunimmt. Der Raum Oslo weist nur einen mittleren Oktober-Luftdruckwert von 1012 hPa (auf NN reduziert) auf und gibt somit den atlantischen Tiefdruckwirbeln den Weg eher frei als das zentraleuropäische Festland. Entsprechend sind die Windbewegungen im Norden Deutschlands ausgeprägter als im Süden; so beträgt im vieljährigen Durchschnitt der Anteil an „Windstille“ im Oktober für München 25 %, für Frankfurt 13 %, für Berlin 9 % und für Hamburg nur 3 %. Im zeitlichen Ablauf des Oktobers zeigen sich folgende Witterungstendenzen: Das erste Monatsdrittel bringt meist wechselhafte, zu Regen und frischen Winden neigende Witterung. Dagegen steht die zweite Oktoberdekade oft im Zeichen einer herbstlichen Schönwetterperiode mit sonnigen Tagen und kühlen Nächten. „Am Sankt-Gallus-Tag (16.) den Nachsommer man erwarten mag.“ Sehr unbeständig, häufig mit einem ersten vorwinterlichen Kälteeinbruch, zeigt sich dann wieder die Witterung im letzten Oktoberdrittel, ohne jedoch anhaltende Kälte zu
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bringen. Lostagsspruch für den 28. Oktober: „Simon und Juda, die zwei, fuhren oft Schnee herbei.“ Während der Oktober als „Witterungsanzeiger“ für den kommenden Winter gern herangezogen wird, was in mancherlei Regeln zum Ausdruck kommt, gibt es für die zu erwartende Oktoberwitterung selbst nur wenig Prognose-Möglichkeiten. Zuweilen leisten folgende zwei Regeln gute Hilfe für die NiederschlagsVorhersage im Oktober: Mit großer Wahrscheinlichkeit ist ein niederschlagsreiches erstes Oktoberdrittel zu erwarten, wenn das letzte Septemberdrittel sonnig und trocken war. Und ein insgesamt niederschlagsreicher Oktober steht dann mit ziemlicher Sicherheit bevor, wenn der vorausgegangene Juli zu nass, der August und September aber zu trocken waren. Die hübscheste Vorausschau, die je für einen Oktober geschrieben wurde, stammt vom Benediktinerpater und Physikprofessor Placidus Heinrich (1758 bis 1825), gedruckt am 3. Oktober 1817 in der Regensburger Zeitung: „Wir schmeicheln uns bis zur Hälfte Oktobers noch schöne Witterung zu genüßen.“ Dass dem Oktober die Schlüsselrolle hinsichtlich des zu erwartenden Winters, insbesondere für den Januar zugeschrieben wird, bezeugen einige Bauernregeln. Einmal heißt es „Warmer Gilbhart bringt fürwahr uns einen kalten Januar“, zum andern „Wenn’s im Oktober friert und schneit, so bringt der Jänner milde Zeit“ oder kurz und bündig „Oktober rau, Januar flau“. Eine Überprüfung dieser Regeln ergab für Mitteleuropa, dass den 32 sehr warmen (mindestens 1,5 °C zu warmen) Oktobern im Zeitraum 1771–1970 18-mal, also mit 60% Wahrscheinlichkeit, ein zu kalter Januar folgte. Die 27 sehr kühlen (mindestens 1,5 °C zu kalten) Oktober hatten 15-mal zu milde Januare im Gefolge, was einer Eintreffwahrscheinlichkeit von nur 56 % entspricht. Eine neue Oktober-JanuarRegel hat F. Baur aufgestellt: Wenn der Oktober in Mitteleuropa im Durchschnitt um mindestens 2,0 °C zu warm und gleichzeitig in Deutschland westlich der Oder trockener als normal ist, kann mit hoher Eintreffwahrscheinlichkeit (85 %) ein zu kalter Januar erwartet werden. Von den an die Jahreszeit gebundenen Vorgängen in der Natur, wie sie der phänologische Kalender mit Daten belegt, sei hier der für mittlere Höhenlagen normale Phasenbeginn genannt: die Laubverfärbung von Rosskastanie und Rotbuche am 9., Winterweizenaussaat am 10., Laubverfärbung von Birke und Eiche am 11., von der Esche am 14. Ab Oktobermitte setzt der Blattfall ein in der Reihenfolge Frühzwetschge, Birne, Apfel, Rosskastanie, Rotbuche, Birke. Dem Saatenaufgang von Roggen am 13. folgt der des Winterweizens am 26. Oktober. Auf das gleiche Datum im vieljährigen Mittel fällt der Beginn der Weinlese.
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Das Wetter im November
Die Witterung im November ist bereits gekennzeichnet durch die Umstellung auf winterliche Verhältnisse. Zwar werden manchmal noch 15 °C überschritten, andererseits können die Temperaturen schon unter –5 °C, seltener unter –10 °C absinken. Die Durchschnittstemperatur des Novembers für das Gebietsmittel von Deutschland beträgt 4,0 °C, gemittelt aus den Messergebnissen von zehn Großstädten 4,7 °C. Davon hat Freiburg mit der normalen Mitteltemperatur von 5,8 °C den wärmsten, München mit 3,1 °C den kältesten November. Die durchschnittliche Tages-Höchsttemperatur beträgt 8, die durchschnittliche Tages-Tiefsttemperatur 2 °C, womit die übliche Tagesschwankung 6 °C beträgt. Sofern nicht schon der erste leichte Frost in hierfür anfälligen Gegenden in der zweiten Oktoberhälfte seinen Einstand gegeben hat – auch Orte wie Hannover, Berlin, Leipzig und München gehören hierzu –, sinken nun in der ersten Novemberhälfte überall die Temperaturen erstmals unter den Gefrierpunkt, am spätesten in Köln, hier normalerweise erst am 14. November. Die Zahl der Tage mit November-Nachtfrost schwankt in den deutschen Landschaften zwischen 10 und 15, zuweilen sind auch schon 1–2 Tage mit Dauerfrost dabei. Die „NullGrad-Grenze“ in der Troposphäre, die im Juli/August über Deutschland eine durchschnittliche Seehöhe von 3300 m aufweist, ist mittlerweile auf eine durchschnittliche Höhe von 1200 m im November abgesunken. Eine Niederschlagsmenge von 66 mm im Gebietsmittel und 58 mm im Mittel der zehn Städte, die an etwa 10 Tagen als Regen, an etwa 4 Tagen schon als Schnee fällt, ist für den November normal. Der erste Schneefall, den es oberhalb 700 m Seehöhe schon im letzten Oktoberdrittel gibt, setzt in niederen Lagen im Laufe der ersten Novemberhälfte ein. Zur Bildung der ersten Schneedecke kommt es oberhalb 700 m NN schon zu Anfang, in den Niederungen erst um Mitte November. Bestand hat jedoch diese frühe November-Schneedecke nicht, nur ab und zu in den höheren Lagen, wo um den Sankt Katharinentag (25. November) mit der Einwinterung gerechnet wird und wo für den um den 30. November gefallenen Schnee der optimistische Spruch Gültigkeit haben mag: „AndreasSchnee bleibt hundert Tage liegen.“ Die Niederschlagsmengen des Novembers unterliegen starken Schwankungen. So brachte für Berlin der November 1947 137, der November 1902
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nur 1 mm Niederschlag. Und für München schwankten in den gleichen Jahren die November-Niederschläge zwischen 172 und 6 mm. Ein niederschlagsreicher November steht vor allem nach trockenen Oktobermonaten auf der bäuerlichen Wunschliste: „Im November viel Nass, auf den Wiesen viel Gras.“ Freilich ist auch der Wasserwirtschaft an ergiebigen Spätherbst-Niederschlägen gelegen, wegen der Auffüllung der Grundwasserbestände noch vor Winterbeginn. Bedingt durch die jahreszeitliche Umstellung in der Großwetterlage vom sommerlich hohen auf winterlich tiefen Luftdruck über Island einerseits und vom sommerlich tiefen auf winterlich hohen Luftdruck über dem asiatischen Festland andererseits nimmt die Sturmtätigkeit bei ständig sinkendem Luftdruck über dem Nordatlantik im November zu. Das Luftdruckgefälle von normal 1015 hPa (auf NN reduziert) in Berlin auf 1002 hPa über Island deutet diese Umstellung an. Aber auch in Deutschland frischen die Winde nach den durch häufige Windstille gekennzeichneten September- und Oktobermonaten im November auf, was in der ansteigenden Zahl von Tagen mit Starkwindböen zum Ausdruck kommt. Berlin hat im November normalerweise 12 Tage mit Spitzenböen von mindestens 10,8 m/s, entsprechend der Beaufort-Windstärke 6. Selbst im allgemein windärmeren Süden Deutschlands steigt im November die Anzahl solcher „Starkwindtage“ an, in Regensburg von regulär 3 im Oktober auf 7 im November. Und es war auch ein Novembertag, der 13. November 1972, an dem in Berlin-Dahlem mit 38 m/s (Windstärke 13) die größte Sturmbö des Zeitraums 1951–1975 (in 26 m Höhe) registriert wurde. Die Sonne scheint über Deutschland im Allerseelenmonat durchschnittlich 53 Stunden lang, im Mittel aus den Registrierungen der zehn Großstädte 58 Stunden. Ist das Flachland im Sommerhalbjahr gegenüber dem Bergland vom Sonnenschein begünstigt, so werden nun – bereits seit Oktober – im Bergland höhere Sonnenscheinwerte aufgezeichnet als im Flachland, wo mit zunehmender Abkühlung und Zunahme der relativen Luftfeuchtigkeit auf im Schnitt 85 % die Neigung zu Nebelbildung rapid zunimmt. Die abnehmende Kraft der Sonne kann nun den Nebel am Vormittag oft nicht mehr auflösen. Inzwischen hat sich ja auch die Tageslänge um reichlich 6 Stunden verkürzt und nimmt im November noch um eine weitere Stunde ab. Als Regelwert gelten für Hamburg und Berlin 7, für München 9 und für die Flussniederungen 10 Tage mit Novembernebel. Nur etwa 4 Tage mit Nebel verzeichnen Alpenorte wie Garmisch-Partenkirchen oder Oberstdorf im Allgäu. 75 % der sichtbaren Himmelsfläche sind im November durch Wolken bedeckt, sodass 12–13 Tage im Flachland ohne Sonnenschein bleiben. Der geringste November-Sonnenschein wurde mit nur 5 Stunden 1947 in Lüdenscheid im Sauerland aufgezeichnet; den Novemberrekord an Sonnenschein in Deutschland hält die Zugspitze mit 235 Stunden im Jahre 1978.
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In etwa 70 % aller Jahre neigt die Novemberwitterung zu folgendem Verlauf: Mit der „Allerheiligenruhe“, einer Wetterberuhigung um die Monatswende, stellt sich vom 1. bis 6. eine Hochdrucklage ein, die uns trockenes, mäßig kaltes, aber zu Nebel neigendes Wetter bringt. Es schließt sich eine milde Westwetterlage an mit wechselhaftem, windigem und regnerischem Wetter. In der Zeit vom 13. bis 22. November pflegt sich nochmals eine spätherbstliche Hochdrucklage einzustellen, die wohl den Berglagen meist heiteres Wetter verheißt, für die Niederungen aber oft tagelang anhaltenden Nebel und frostige Tage bedeutet. Schließlich zeigt der Normalverlauf zum Monatsende wieder einen Vorstoß milder Meeresluft aus West mit überwiegend regnerischem und frostfreiem Wetter. Zu beachten ist folgende wissenschaftliche Wetterregel: Wenn die Novembermitte, also der Zeitraum vom 12. bis 16., recht warm war, so lässt sich daraus ziemlich zuverlässig die Erwartung ableiten, dass das letzte Dezemberdrittel kälter als normal sein wird. Man achte ferner auf die Witterung in der Zeitspanne vom 21. bis 25. November. Ist es in diesen 5 Tagen sehr mild, so sind in den folgenden 14 Tagen stärkere Fröste mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. In einer Reihe von Bauernregeln wird auf diesen Zusammenhang vom kalten November und milden Januar hingewiesen, etwa: „Ist der November kalt und klar, ist trüb und mild der Januar.“ Eine Nachprüfung ergab, dass den 33 sehr kalten Novembermonaten (mindestens 1,5 °C zu kalt) im Zeitraum 1771–1970 in 20 Fällen in Mitteleuropa ein milder Januar folgte, was einer Eintreffwahrscheinlichkeit von 61 % entspricht. Auch wird das Temperaturgepräge der zweiten Novemberhälfte, ob zu kalt oder zu mild, gern in Beziehung zum Temperaturverhalten des kommenden Winters gebracht, und zwar im entgegengesetzten Sinne, sodass einer kalten zweiten Novemberhälfte ein milder Winter, einer milden zweiten Novemberhälfte jedoch ein kalter Winter folgen soll. Etwa den gleichen Zusammenhang bringt eine Bauernregel zum Ausdruck: „Wenn’s wintert schon am Katharinentag (25. November), kommt der Eismond (Januar) sehr gemach.“ Für eine erste Winterprognose soll der 11. November, Namenstag des heiligen Martin, als Stichtag gelten. Es ist zwar vermessen, aus dem Verhalten eines einzigen Novembertages auf den Wintercharakter zu schließen, aber alte Bauernweisheit steht gerade für folgende Regeln: „Bringt Sankt Martin Sonnenschein, tritt ein kalter Winter ein“ oder „Ist der Martinstag hell, kommt der Winter schnell“. Genauer heißt es: „Martinstag trüb, macht den Winter lind, ist es aber hell, macht er Eis gar schnell.“ Bezüglich des im ersten Novemberdrittel zuweilen noch haftenden Baumlaubes gibt es die Regel: „Fällt vor Martini das Laub nicht ab, folgt ein gar schwerer Winter nach.“ Ein anderer Spruch stellt den Gegensatz zwischen der Witterung um den Martinstag und Weihnachten heraus:
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„Geht die Gans zu Martini aufs Eis, geht das Christkind auf Kot“ oder „Gleitet die Gans zu Martini auf dem Eise aus, kann sie um Weihnachten ins Wasser tauchen“. Hierzu die Anmerkung, dass der als Wetterpatron so arg strapazierte heilige Martin (317–397) bekannt ist wegen des Teilens seines Soldatenmantels mit einem frierenden Bettler, dass er jedoch seinen eigentlichen Platz in der Kirchengeschichte als Bischof und Wundertäter von Tours sowie als „Beschützer aller Bedrängten und Schrecken aller Gewalttätigen“ hat.
Teil 1 – Das „Monatsklima“ in Deutschland
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Das Wetter im Dezember
Der Dezember, der im meteorologischen Sinne ganzmonatig zum Winter gezählt wird, hat das ungünstigste Monatsklima im Jahresablauf. Er weist allgemein die größte Häufigkeit von Nebel und Hochnebel, die meisten Niederschlagsstunden und den größten Anteil tiefer Bewölkung und schlechter Sicht auf. Der Lichtmangel, sowohl der Mangel an Sonnenschein als auch der Mangel an diffusem Himmelslicht, ist im Dezember am ausgeprägtesten. Westöstliche Temperaturgegensätze des noch warmen Atlantik und des bereits erkalteten osteuropäischen Festlandes sowie entsprechend starke Luftdruck – unterschiede sind im Dezember die ausschlaggebenden Faktoren für den Wetterablauf in Mitteleuropa. Aus der Witterungsvielfalt im Dezember heben sich zwei Großwetter-Situationen in ihrer gegensätzlichen Auswirkung auf Mitteleuropa besonders hervor: 1. Gesteigerte Tiefdrucktätigkeit über dem Nordatlantik mit dem Tiefdruckzentrum über Island, das seine Aktivität aus einer Verschärfung der Temperaturgegensätze vom kalten Labradorstrom und dem warmen Golfstrom herleitet und so den Zustrom milder Atlantikluft nach dem europäischen Festland in Gang hält, und 2. ein erster Vorstoß des sibirischen Winter-Hochs, das kalte Ostluft nach Mitteleuropa strömen lässt und hier zum Aufbau einer Hochdruckzone führt, in der durch Ausstrahlung in klaren Nächten die Temperaturen schon echt winterliche Werte aufweisen können. Beträgt die durchschnittliche Häufigkeit von Westwetterlagen im Dezember 33%, so die von Hochdrucklagen 20%. Sowohl diese beiden winterlichen Großwetterlagen mit verschieden gearteter Luftmasse wie auch jeder Luftmassenwechsel führen zu Schlechtwetter-Erscheinungen, die im Dezember ihr Maximum aufweisen und besonders den Straßen- und Flugverkehr sehr stark behindern. Die durchschnittliche Lufttemperatur beträgt im Dezember für Deutschland im Gebietsmittel 0,8 °C, gemittelt über die zehn Großstädte 1,4 °C, wobei Köln den wärmsten, München den kältesten Dezember haben. Nur um 5,1 °C liegen das mittlere Tagestemperatur-Maximum von 3,9 °C und das Minimum von –1,2 °C auseinander. Die Temperatur-Extreme können zwischen 15 und –20 °C schwanken, gelegentlich im Alpenvorland bei Föhn an 20 °C heranreichen oder im Zuge eines Kälteeinbruches –20 °C unterschreiten. Die Zahl der Frosttage beträgt im Mittel der zehn Städte 17, davon abweichend für Köln 14,
Das Wetter im Dezember
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für Berlin 17 und für München 24; an 3–10 Tagen kann es zu Dauerfrost kommen. Die Dezember-Sonne scheint in der Regel 35–40 Stunden lang über Deutschland, der Süden ist gegenüber dem Norden bei der Sonnenscheindauer etwas begünstigt. Besonders brilliert im Süden Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, im Dezember mit normal 116 Sonnenstunden. Im Dezember 1972 brachte er es sogar auf 200 Stunden Sonnenschein. Am reichlichsten scheint naturgemäß die Dezembersonne in Europa über den Mittelmeerländern, wo normalerweise Rom 108, Catania 130 und Athen 136 Sonnenstunden genießen. Von den europäischen Hauptstädten haben Lissabon mit normalerweise 143 Stunden den meisten, Moskau mit 19 Stunden den geringsten Dezember-Sonnenschein. Ganz ohne Sonnenschein bleiben in Deutschland durchschnittlich 17 Dezembertage. Sonnenscheinärmster Tag des Jahres ist für Berlin der 28. Dezember; in 17 von 20 Jahren schien hier an diesem Tag die Sonne nicht. Die mittlere Bewölkungsmenge beträgt im Dezember 77 % der sichtbaren Himmelsfläche. Die Dezember-Niederschläge, die je nach Höhenlage mehr als Regen oder Schnee fallen, sind gewöhnlich auf 17 Tage verteilt und summieren sich im Gebietsmittel von Deutschland auf 70 mm, im Mittel der zehn Städte auf 58 mm. Diese Summe weist den Dezember als niederschlagsreichsten Wintermonat aus.
Abb. 6 Das Übergangsklima von Deutschland, dargestellt durch den Vergleich des mittleren Temperaturverlaufs in München und einigen Auslandsstationen (Khartum im Sudan, Ivigut in Südgrönland, Green Harbour auf Spitzbergen, Thorshaven auf Faröer, Omsk in Westsibirien). – I. Übergang vom subtropischen zum subpolaren Klima – II. Übergang vom maritimen zum kontinentalen Klima
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Auch die Neigung zu mehr oder weniger ergiebigen Dauerniederschlägen (von mindestens 6 Stunden) ist im Dezember am ausgeprägtesten. Zwischen 10 und 150 mm können die Dezember-Niederschläge im Flachland schwanken; Höchstmengen bis 250 mm können im Bergland, und hier besonders in Staulagen, erreicht werden. 6 Tage mit Schneefall stellen im Dezember das Mittel der Großstädte dar; München mit 10 und Köln mit 4 weichen am meisten davon ab. Sofern die Erdboden-Temperatur eine Schneeauflage zulässt und nicht zum Schmelzen bringt, bleibt im ungestörten Gelände eine Schneedecke erhalten, und zwar normalerweise in Hamburg an 5, in Berlin an 8, in München an 13 und in Höhenlagen über 700 m, wie etwa in Garmisch-Partenkirchen, an 20 Dezembertagen. Als maximale Schneehöhen im Dezember gelten 31cm für Hamburg (31. Dezember 1978) und 43 cm für München (29. Dezember 1943). Zu Glatteisbildung, das heißt zu Regen auf gefrorenem Boden, kommt es im Dezember an 1–2 Tagen. Gewitter werden in den Wintermonaten etwa alle 10 Jahre ein- bis zweimal beobachtet. Bemerkenswert ist das Datum des 30. Dezember, der als Tag mit der größten Niederschlags-Wahrscheinlichkeit im Jahresverlauf gilt. Die relative Luftfeuchtigkeit von durchschnittlich 86 % stempelt den Dezember zum feuchtesten Monat des Jahres, zwangsläufig mit häufiger Nebel- und Hochnebelbildung. Die übliche Anzahl der Tage mit Nebel (Sichtrückgang unter 1 km) beträgt für Hamburg und Berlin 7, für München 9, und geht im Bergland auf die Hälfte zurück. Zur Gefahr wird der Großstadt-Nebel, wenn er bei zunehmender Luftverschmutzung zum „Smog“ ausartet mit all seinen gesundheitlichen Auswirkungen. Der berüchtigte Londoner Dezember 1952 ist hierfür das eindrucksvollste Beispiel: Während einer Smog-Inversionslage stieg die Gesamtsterblichkeit von normalerweise 250 auf mehr als 800 Todesfälle pro Tag, was auf 100 000 Einwohner umgerechnet einem Anstieg von 3,1 auf 10,0 Todesfälle entspricht. Ein wertvoller Helfer im Kampf gegen die Luftverschmutzung ist der Wind, der regional unterschiedliche Häufigkeitswerte aufweist. So ist der Norden allgemein windreicher als der Süden Deutschlands. Auch im Dezember zeigen sich diese Unterschiede. Der Donauraum weist, gemessen in Regensburg, durchschnittlich 5 Tage mit böigen Winden von Stärke 6 auf, Berlin aber das Doppelte. Der Anteil von Windstille im Dezember beträgt in Hamburg 2, in Berlin 8, in München 24 %. Die sich verschärfenden Luftdruckdifferenzen zwischen dem europäischen Festland und dem Nordatlantik kommen in den beiden Dezember-Mittelwerten von 1015 hPa (auf NN reduziert) für Berlin und 998 hPa für Island zum Ausdruck. Charakteristische Wetterlagen stellen sich auch im Dezember an bestimmten Daten bevorzugt ein. So ist im ersten Monatsdrittel mit einer Wahrscheinlichkeit
Das Wetter im Dezember
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von 80 % mit einer Westwetterlage zu rechnen, bei der der Zustrom von atlantischer Meeresluft der Witterung in Deutschland ein überwiegend trübes, niederschlagsreiches Gepräge gibt. Passend hierfür ist der Kalenderspruch: „Sankt Nikolaus (6. Dezember) spült die Ufer aus.“ Im zweiten Dezemberdrittel herrscht zunächst die Neigung zu frostigem und trockenem Wetter vor. „Kommt die heilige Lucia (13. Dezember), findet sie schon Kälte da.“ Etwa ab Monatsmitte überwiegt wieder das milde, trübe und niederschlagsreiche Wetter. Um den 20. herum zeigt sich die Tendenz zu frühwinterlichen Kälteeinbrüchen, die meist von Schneefällen begleitet sind. Diese Kältewelle wird jedoch häufig bereits ab 24. Dezember wieder abgelöst durch den Zustrom milder Luft aus dem Westen mit dem ungeliebten „Weihnachts-Tauwetter“ im Gefolge. Und erst das Jahresende leitet in der Regel zu echtem Winterwetter über. Das alljährlich wiederkehrende astronomische Ereignis im Dezember ist die Wintersonnenwende. Zwischen Südost und Südwest, genauer zwischen dem Azimut von 126 und 234°, am Himmel in rund 8 Stunden ihren niedrigsten Bogen schlagend, steht die Sonne am 22. Dezember mittags nur noch 18,5° (München) bzw. 13° (Hamburg) über dem Südhorizont und geht vom Tierkreiszeichen Schütze in das des Steinbockes über. Für Berlin ist der kürzeste aller Tage, an dem die Sonne um 8.16 Uhr auf- und um 15.55 Uhr untergeht und die Dauer der bürgerlichen Dämmerung 42 Minuten beträgt, zugleich auch der kälteste Dezembertag. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die Frage nach weißer oder grüner Weihnacht aktuell. Obwohl eine zünftige Schneedecke keine Beziehung zu Christi Geburt aufweist – denn wann schneit es schon in Bethlehem? –, passt doch eine verschneite Landschaft besser zum traditionellen deutschen Weihnachtsbild. Wenig Kummer mit dem Ausbleiben der weißen Pracht hat man dort, wo die Höhenverhältnisse eine Schneesicherheit garantieren, und das sind in den meisten Jahren alle Gegenden oberhalb 700m Seehöhe. Für das deutsche Flachland ist jedoch die „weiße Weihnacht“ fast ein kleines Wunder. Ziehen wir die Wetterchronik zu Rate, so ergibt sich, dass von den 70 Weihnachten 1901–1970 genau die Hälfte in Höhen unterhalb 500 m NN ohne Schnee geblieben sind. Schneehöhen von über 5 cm gibt es in Höhenlagen unterhalb 500m allenfalls jede fünfte Weihnacht, in Lagen unterhalb 200 m noch seltener. Das Wortspiel „grüne Weihnachten – weiße Ostern“ ist zwar beliebt, meteorologische Beziehungen lassen sich aber schon deswegen nicht nachweisen, weil Weihnachten im Jahreskreis ein feststehendes Datum, das Osterfest jedoch ein wechselndes, um 35 Tage auseinander liegendes Datum (22. März bis 25. April) hat, was zufälliges Übereinstimmen der Voraussage nicht ausschließt. Das Gesamtgepräge des Dezembers, ob zu mild oder zu kalt, wird ebenfalls zum folgenden Hochwinter in Beziehung gebracht. „Christmond launisch und
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lind, der ganze Winter ein Kind.“ Hierfür wurden sämtliche Winter des 100-Jahres-Zeitraumes von 1871 bis 1970 ausgezählt, mit dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit der Aufeinanderfolge „milder Dezember – milder Hochwinter“ in Mitteleuropa 65 % beträgt; das heißt: Von 62 milden Dezembern hatten 40 einen milden und 22 einen mehr oder weniger zu kalten Januar im Gefolge. Ein noch besserer Zusammenhang besteht gemäß einer Regel von F. Baur zwischen einer sehr milden ersten Dezemberhälfte und einem nachfolgenden milden Hochwinter. P. Schlaak hat für Berlin im Zeitraum 1823–1980 34 sehr milde erste Dezemberhälften (mit einer Abweichung von mindestens 2,5 °C vom Regelwert) festgestellt, wovon 28 einen milden Hochwinter (Januar/Februar) in Mitteleuropa im Gefolge hatten, eine Eintreffwahrscheinlichkeit von 82 %. In die Zeit von Weihnachten bis zum Dreikönigstag (25. Dezember bis 6. Januar) fallen die 12 „Raunächte“. Der Glaube, dass das Wetter dieser 12 Nächte ein Abbild der folgenden 12 Monate sei, findet meteorologisch keine Stütze.
Das Wetter im Dezember
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Teil 2 Aktuelle Wetterthemen
Zwölf Luftmassen gestalten das Wetter in Deutschland
Für das Verständnis der Probleme um die Wettervorhersage ist es notwendig zu wissen, dass die Witterung in Mitteleuropa ihr Gepräge durch den ständigen Wechsel von verschieden gearteter Luft erhält. Heimische Luft atmen wir nur an wenigen Tagen im Jahr. An den meisten Tagen strömt uns aus irgendeiner fernen Gegend fremde Luft zu. Sie kommt vom Polargebiet, streicht über die Steppen Asiens, weht uns von der Sahara zu oder kommt über den Atlantik. Demnach ist Luft im meteorologischen Sinne eine strömende (zuweilen auch stagnierende) Masse, also eine „Luftmasse“ mit bestimmten Eigenschaften hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit. Ihrem Ursprung nach lassen sich zwei für Mitteleuropa wirksame Hauptluftmassen unterscheiden, und zwar Luftmassen polarer und subtropischer Herkunft, deren Abgrenzung die „Polarfront“ oder in anderer Ausdrucksweise die „Frontalzone“ bildet. Sowohl die Polarluft wie die Tropikluft gelangen, abhängig vom Ursprungsgebiet, in drei unterschiedlich temperierten Varianten nach Mitteleuropa und erwerben unterwegs – ob über Land oder Meer geführt – ihre kontinentalen oder maritimen Eigenschaften. Somit beteiligen sich am Wettergeschehen in Mitteleuropa zwölf Luftmassen, über deren Ursprungsgebiet, Weg, Eigenschaften und Häufigkeit nachstehende Zusammenstellung Aufschluss gibt. Die Häufigkeit bezieht sich dabei auf eine zehnjährige Münchner Statistik. Am markantesten und am leichtesten zu erkennen ist die nordsibirische Polarluft, die uns die strengste Kälte bringt. Bei hohem Luftdruck und in sternklaren Nächten über den weiten Flächen Sibiriens entstanden, überflutet sie in manchen Hochwintermonaten mit ihrem eisigen Atem ganz Mitteleuropa. Nur um eine Nuance weniger kalt ist die russische Polarluft, die den Weiten Mittelrusslands entstammt. Mag sein, dass beide Luftmassen, die nordsibirische wie die russische Polarluft, wegen ihrer Trockenheit für das Gefühl erträglicher erscheinen und wohl auch in biologischer Hinsicht nicht ungünstig wirken. Andererseits stürzen beide Luftmassen dort, wo sich ihnen eine Gebirgsbarriere entgegenstellt, wie etwa der Böhmische Wald, auf der Leeseite mit kräftigen Böen herab. Die Wirkung des starken Windes erhöht hier das Kältegefühl beträchtlich.
Zwölf Luftmassen gestalten das Wetter in Deutschland
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Aus dem hohen Norden strömt die arktische Polarluft sehr kalt und feucht nach Mitteleuropa. Diese Luftmasse gelangt in der Regel so frisch und wetterwirksam nach Mitteleuropa, als läge gar nicht der weite und beschwerliche Weg von vielen hundert Kilometern hinter ihr. Ihre Wetterwirksamkeit äußert sich in kräftigen und häufigen Schauern, außerhalb dieser herrscht aber eine ausgezeichnete Fernsicht. Im Allgemeinen bedeutet der mächtige Querriegel der Alpen für die aus Norden heranströmende arktische Polarluft ein unüberwindliches Hindernis, was sich für Südbayern oft in kräftiger Staubewölkung und meist lang anhaltenden Stauniederschlägen bemerkbar macht. Die grönländische Polarluft, aus Nordwesten nach Mitteleuropa heranströmend, zeigt dieselben Eigenschaften wie die arktische Polarluft, aber in minder
Luftmassen und ihre Häufigkeit in Mitteleuropa
Die Daten der Tabellen stammen, sofern nicht anders vermerkt, aus dem Reichsamt für Wetterdienst (1939), F. Baur in Beilagen zur „Berliner Wetterkarte“ (21*. Juni 1975) und Unterlagen des Deutschen Wetterdienstes.
Teil 2 – Aktuelle Wetterthemen
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krasser Form. Wegen ihrer relativ großen Häufigkeit spielt sie jedoch für das mitteleuropäische Wettergeschehen eine maßgebende Rolle. Nördliche kalte Luftmassen können sowohl über dem Atlantik als auch über Russland so weit südwärts vordringen, dass sie ihre ursprünglichen Eigenschaften weitgehend verlieren. In ein entsprechendes Strömungsfeld einbezogen, erreichen dann erst die ehemals polaren Luftmassen von Westen her „erwärmt und feucht“, von Osten her „erwärmt und trocken“ den mitteleuropäischen Raum. Dabei ist der Anteil der aus Südosten kommenden rückkehrenden Polarluft gering. Bedeutend aber ist der Anteil der aus Westen nach Mitteleuropa gelangenden erwärmten Polarluft. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt der erwärmten Polarluft bedingt die große Unbeständigkeit der mit ihrem Heranströmen verbundenen Wettervorgänge. Der Nordost-Atlantik nördlich der Azoren ist die Heimat der echten Meeresluft, deren Einfluss die Britischen Inseln unmittelbar und überwiegend unterliegen. Der Würzigkeit der atlantischen Meeresluft verdankt die norddeutsche Küste ihr anregendes Klima. Nicht mehr ganz in ihrer Ursprünglichkeit, doch unverkennbar als Meeresluft im Winter mild, im Sommer kühl, beteiligt sie sich an einer ganzen Reihe von Tagen am Wettergeschehen Mitteleuropas. Weiter südlich, direkt über dem Azorenraum, ist der Ursprungsort der atlantischen Tropikluft. Feuchtwarm strömt diese Luftmasse, in der Regel aus Südwesten, nach Mitteleuropa und sorgt hier oft durch ihr Aufgleiten auf kalte oder kühle Bodenluft für reichliche Niederschläge. In Südbayern zeigt ihr Bewölkungsbild jedoch oft föhnigen Einschlag. Zu den in Mitteleuropa seltener nachzuweisenden Luftmassen aus südlichen Breiten gehören die trockene und sehr warme asiatische Tropikluft, ferner die ganz und gar unbekömmliche, weil feucht-warme Mittelmeer-Tropikluft und schließlich die der Sahara entstammende heiße afrikanische Tropikluft, die mit der Höhenströmung zuweilen feinsten Saharastaub bis nach Mitteleuropa trägt. Die aus allen Himmelsrichtungen zuströmenden Luftmassen werden als „fremdbürtig“ bezeichnet, während die in Mitteleuropa heimische Festlandluft als „eigenbürtig“ gilt. Sie entsteht bei hohem Luftdruck über Mitteleuropa durch Ein- und Ausstrahlung und hat typische kontinentale Eigenschaften, ist also im Sommer warm, im Winter kalt, meist aber trocken. Wie sehr eine fremdbürtige Luftmasse auch das Gesicht einer Landschaft oder einer Stadt verwandeln kann, ja ihr ein fremdes Aussehen verleiht, haben wir alle schon, bewusst oder unbewusst, erlebt. Wer hätte sich nicht schon beim Einbruch polarer Luft, die uns nach vorangegangener Gewitter- und Schauertätigkeit eine prächtige Fernsicht beschert, in den hohen Norden versetzt gefühlt? Und verzaubert nicht die mit südlichen Winden heranströmende Luft manche alte Stadt und lässt sie das Aussehen einer Stadt im Orient annehmen? Wenn im
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Dezember dicker Donaunebel tagelang den Weg zur Sonne versperrt, haben Ulm, Regensburg und Passau den billigen Trost, dem „Londoner Nebel“ Konkurrenz zu machen. Und in einem der kältesten Monate dieses Jahrhunderts, im Februar 1956, als fast der ganze Monat im Zustrom nordöstlicher Luftmassen stand, wurden in Mitteleuropa Temperaturen gemessen, die im Ergebnis mit den für Archangelsk als normal geltenden Temperaturen völlig übereinstimmten. Wo verschieden temperierte Luftmassen einander zuströmen, kommt es zu zahlreichen Wettererscheinungen. An diesen Luftmassengrenzen, den „Wetterfronten“, spielt sich der Kampf um die Vorherrschaft ab, der schließlich mit dem Sieg einer Luftmasse, dem „Wettersturz“, endet. Wird dieser Kampf der Luftmassen über unserem Raum ausgetragen, so erleben wir all die bekannten Erscheinungen wie Aufgleiten der Warmluft an der Warmfront mit Landregen als Folge, dann wieder den Einbruch von Kaltluft an der Kaltfront mit Schauerniederschlägen, von starken Winden und oft auch von Gewittern begleitet. So wiederholen sich unzählige Male im Jahr in mannigfacher Form der Zustrom und das Abfließen der Luftmassen in Verbindung mit steigendem oder fallendem Luftdruck. Immer entsteht eine Luftmasse im Zentrum eines Hochdruckgebietes und beginnt alsbald nach Gebieten mit tiefem Luftdruck abzuströmen. Auf ihrem weiten Weg über Länder und Meere verändert jede Luftmasse ihre ursprünglichen Eigenschaften, sie „altert“. Freilich ist es immerhin erstaunlich, über wie weite Entfernungen hinweg eine Luftmasse ihre Eigenschaften zu bewahren vermag, ehe etwa eine maritime Luftmasse (Meeresluft) sich zur kontinentalen Luftmasse (Festlandluft) wandelt. Manchmal vermag sich eine Luftmasse unter bestimmten Voraussetzungen (Ein- oder Ausstrahlung) zu erneuern (zu regenerieren). Schließlich kann eine Luftmasse auch, allerdings selten, neutralen (indifferenten) Charakter annehmen. Die Ausdehnung einer einheitlich temperierten Luftmasse beträgt horizontal im Durchschnitt mindestens 1000 km. Vertikal reichen Warmluftmassen bis an die Stratosphäre (rund 12 km), Kaltluftmassen mitunter nur 1–2 km hoch. Eine flache Kaltluft von manchmal kaum 100 m Höhe wird als Kakluftkissen oder Kaltluftsee bezeichnet. Die Identifizierung der Luftmassen und ihrer Grenzen, als „Luftmassen-Analyse“ von dem Norweger V. Bjerknes (1862–1951) eingeführt, ist ein wichtiger Arbeitsvorgang im Wettervorhersagedienst. Welche Kraft steuert nun die Luftmassen, gibt ihnen die Richtung auf ihren weiten Strecken über Länder und Meere? Letzten Endes ist es die Sonne, die das Wettergeschehen in der Lufthülle der Erde dadurch in Gang hält, dass die Erde an einzelnen Stellen verschieden stark erwärmt wird. Da außerdem unser Globus teils haushälterisch, teils verschwenderisch mit der von der Sonne empfangenen Wärme umgeht – Wasserflächen speichern die Wärme, während der Erdboden die tagsüber zugestrahlte Wärme nachts wieder ausstrahlt –, so müssen zwangs-
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Abb. 7 Luftmassenwechsel in Mitteleuropa: Kühle Meeresluft verdrängt warme Festlandluft. Wetterkarte vom 21. Mai 1958
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Abb. 8 Alpenföhn vor einer Warmfront.
Abb. 9 Alpenstau nach einer Kaltfront.
Symbole wie in Abb. 7
Symbole wie in Abb. 7
läufig Temperaturunterschiede entstehen. Wo aber Luft, die ja in der Hauptsache von der Erde aus (indirekt) erwärmt wird, Temperaturdifferenzen aufweist, dort herrschen auch Luftdruckunterschiede. So ergeben die über den ganzen Erdball in scheinbarer Regellosigkeit verteilten Hoch- und Tiefdruckzonen (meist selbst Gebilde ohne längeren Bestand) den Luftmassen Bewegung und Richtung und steuern sie zu anderen, weit entfernten Gebieten. Dabei strömt die Luft allerdings nicht einfach direkt vom Hoch zum Tief. Vielmehr wird sie durch die Erddrehung auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt, sodass sie in der freien Atmosphäre parallel zu den Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) der Wetterkarte auf der nördlichen Halbkugel um Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn, um Tiefdruckgebiete entgegen dem Uhrzeigersinn herumgeführt wird und nur in Bodennähe durch die Bodenreibung bedingt in einem Winkel von etwa 30° zu den Isobaren vom Hoch zum Tief strömt. Die angefügte Tabelle gibt Aufschluss über den Zusammenhang von Luftdruckverteilung und großräumiger Windströmung und den daraus abzuleitenden „Allgemeinen Wetteraussichten für Deutschland“.
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Allgemeine Wetteraussichten für Deutschland
Den Angaben liegt das Barische Windgesetz nach Buys-Ballot zugrunde, abgeleitet aus großräumiger Windströmung und Luftdruckverteilung. Das Barische Windgesetz ist der von Ch. H. Buys-Ballot (1817–1890) aufgestellte Satz über die Beziehung zwischen Luftdruckverteilung und Wind: Auf der nördlichen Erdhalbkugel hat ein Beobachter, der den Wind im Rücken hat, den Ort niedrigsten Luftdrucks links vorn, des hohen Luftdrucks rechts hinten. Die Windgeschwindigkeit ist dabei umso größer, je geringer der Abstand der Isobaren, das heißt je größer das horizontale Druckgefälle ist.
Mitteleuropäische Großwetterlagen, ihre Struktur und Auswirkung Weil das örtliche Wettergeschehen nur ein Rädchen innerhalb einer großräumigen Wettermaschinerie darstellt, ist es im Wetterdienst üblich, jeder Wettervorhersage die Schilderung der „Wetterlage“, mit der das gesamte Wettergeschehen in Mitteleuropa auf einen Nenner gebracht wird, voranzusetzen. Begriffe wie Hochdrucklage, Westwetterlage, Ostwetterlage oder Tiefdrucklage vermögen
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mit einem einzigen Wort das herrschende Wetter zu charakterisieren und auf die weitere Wetterentwicklung hinzuweisen. Im Nachstehenden werden acht Großwetterlagen in ihrer Struktur und Auswirkung für Mitteleuropa geschildert und ihre Häufigkeit in einer Übersicht dargestellt. Hochdrucklagen sind in Mitteleuropa mit einem Anteil von durchschnittlich 17 % (62 Tage) im Jahr am Witterungsgeschehen beteiligt, verteilt auf Zeiträume von verschieden langer Dauer. Im Durchschnitt misst man den Hochdrucklagen einen Bestand von fünf Tagen zu. Oft hält aber der Einfluss eines westöstlich wandernden Hochs nur ein oder zwei Tage an. Ihre größte Häufigkeit haben Hochdrucklagen im September mit anteilig 25 % (7–8 Tage), während im April der durchschnittliche Anteil auf 12 % (3–4 Tage) absinkt. Von hohem Luftdruck spricht man, wenn die Werte über 1020 hPa (auf NN reduziert) betragen. Sie können in extremen Hochdrucklagen bis 1050 hPa (auf NN reduziert) ansteigen, in ganz seltenen Fällen noch darüber, wie mit 1058 hPa (auf NN reduziert) am 23. Januar 1907 in Berlin gemessen. Über dem asiatischen Kontinent wurde als extremster Luftdruckwert 1079 hPa (auf NN reduziert) am 23. Januar 1900 in Barnaul registriert. Hochdruckgebiete sind Oasen der Wetterruhe. In ihren Zentren herrschen eigenständige Verhältnisse; jeglicher Zustrom fremdbürtiger, aus anderen Gegenden stammender Luft fehlt. Dennoch besteht in einem Hoch ein unablässiger Luftaustausch. Als Ersatz für die in den unteren Schichten nach allen Seiten ausströmende Luft sinkt aus den oberen Schichten der Troposphäre (deren Grenze zur Stratosphäre über Mitteleuropa bei etwa 12 000 m liegt) Luft herab. Diese Absinkbewegung wird „freier Föhn“ genannt und hat dieselben austrocknenden Eigenschaften wie der Alpenföhn. Die Tageszeitenwinde (Berg- und Talwind, Land- und Seewind) sind im Hoch am ausgeprägtesten. Bedingt durch die starke Einstrahlung am Tage und Ausstrahlung bei Nacht ist der Tagesgang der Luftwärme und Luftfeuchtigkeit sehr markant, wobei die tiefsten Temperaturen und die größte Feuchtigkeit kurz vor Sonnenaufgang, die höchste Temperatur und geringste Feuchtigkeit gegen 14 Uhr erreicht werden. Die Neigung zu Dunst- oder Nebelbildung ist ein weiteres Merkmal der Hochdrucklagen, sodass im Herbst und Winter für die Niederungen die eigentlichen Vorteile des Hochdruckwetters meist verloren gehen. Die Wolkenbildung ist im Kern eines Hochs sehr schwach ausgeprägt; allenfalls bilden sich am Morgen flache Haufenwolken (Cumulus), die als Schönwetterwolken in Höhen von 500–1500 m segeln und sich gegen Abend wieder auflösen. Erst an den Rändern, namentlich am Westrand eines Hochs, quellen die Haufenwolken zu Türmen (Cumulonimbus) auf und führen zu Wärmegewittern. Dass im Hochdruckgebiet oberhalb 10 000 m bereits wieder aufsteigende Luftströme herrschen, wird durch die Beobachtung feiner Federwolken (Cirrus) be-
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wiesen, die in diesem Fall aber nicht Künder von Schlechtwetter sind und daher auch „Schönwetterzirren“ heißen. Darum auch der Spruch: „In den Menschen und in den Zirren kann man sieb irren.“ Bei der Darstellung auf der Wetterkarte haben Hochdruckzonen kreisförmige oder gestreckte Linien gleichen Luftdruckes (Isobaren). Im ersten Fall handelt es sich um ein Zentralhoch, im zweiten um einen Hochdruckrücken, gelegentlich auch um eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa, die etwa die Verbindung zwischen Azorenhoch und Russlandhoch herstellt. Wenn ein Hoch beständig genug ist, so hält es alle Tiefdruckstörungen von sich ab, es steuert gleichsam die Schlechtwetterzonen im Sinne des Uhrzeigers um seinen Kern, bis endlich das Hoch selbst ausweicht und sich in der bevorzugten West-Ost-Richtung fortbewegt. In dem Maße aber, wie sich die Hochdruckzone verlagert, nehmen nun auch die Wolkenbildung und die Neigung zur Unbeständigkeit zu, bis schließlich die Umstellung zu einer anderen Großwetterlage vollzogen ist. Zu den beständigen Hochdruckzonen gehört das „warme Hoch“, das sich in seinem Aufbau wesentlich von dem selteneren „kalten Hoch“ unterscheidet. Letzteres weist sich nur in den unteren Luftschichten als Hoch aus und wird in höheren Luftschichten von tiefem Druck überlagert. Zu den kalten Hochs zählt auch das ziemlich schnell wandernde „Zwischenhoch“, das eigentlich nur eine Trennung zweier Tiefdruckzonen darstellt. Da diese Zwischenhochs sich in Mitteleuropa durch sehr starken Luftdruckanstieg ankündigen, ist hierbei der Erfahrungssatz von R. Scherhag (1907–1970) von Bedeutung: „Hinter sehr starkem Druckanstieg setzen meist schnell wieder Druckfall und Wetterverschlechterung ein.“ Auch die Kenntnis folgender Regel erweist sich hierbei als nützlich: „Luftdruckanstieg muss auch von ansteigender Luftwärme begleitet sein, dann erst ist Schönwetter von längerer Dauer zu erwarten.“ Diese Regel ist im Sommer durchweg, im Winter aber nur für das Bergland gültig. Die Westwetterlagen spielen mit einem durchschnittlichen Anteil von 27% oder rund 100 Tagen im Jahr die größte Rolle im Witterungsgeschehen Mitteleuropas. Von den Monaten weist der August mit anteilig 38 % (12–13 Tage) die häufigsten, der Mai mit 20 % (7 Tage) die wenigsten Westlagen auf. Bei einer Westlage verlaufen die auf der Wetterkarte dargestellten Linien gleichen Luftdruckes (Isobaren) meist breitenkreisparallel, also von West nach Ost gerichtet. An ihnen entlang strömt Meeresluft vom Atlantik nach Mitteleuropa, flankiert von hohem Luftdruck über den Azoren und dem Mittelmeer und Tiefdruckstörungen über Island und Nordeuropa. Wegen ihres hohen Feuchtigkeitsgehaltes ist die maritime Luft wolkenreich und entsprechend ihrem gemäßigten Temperament kühl. Haufenschichtwolken in verschiedenen Etagen (Stratocumulus in 500 bis 2000 m oder Altocumulus in 2000–6000 m Höhe) sind die häufigsten Wolkenformen der Westlage.
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Eine Westlage kann in Mitteleuropa wochenlang anhalten, nämlich dann, wenn eine Serie von Tiefdruckwirbeln, eine so genannte Zyklonenfamilie, aus dem Raum Island nach Osten driftet und andererseits das Azorenhoch festliegt. Es gibt verschiedene Nuancen von Westlagen; je nach ihrem Isobarenverlauf werden sie als südliche, nördliche oder regelrechte Westlagen bezeichnet. Sie unterscheiden sich zwar in ihrer Niederschlagsintensität, ihnen allen ist jedoch gemeinsam, dass teilweise länger anhaltende Niederschläge mit halbbis ganztägigen Aufheiterungen bei meist mäßigen bis frischen Winden wechseln. Das Temperaturgepräge ist dabei im Winter mild, im Sommer kühl. Und da die Westlagen den größten Anteil am Wettergeschehen in Mitteleuropa ausmachen, ist hier auch die „Unbeständigkeit“ als der normale Wetterzustand zu bezeichnen. Eine Nordwestwetterlage entsteht, wenn das Azorenhoch sich nach Norden ausweitet und der Luftdruck über Osteuropa niedrig ist. Von Grönland her strömt bei dieser Wetterlage kalte Meeresluft (maritime Polarluft) nach Mitteleuropa. Ihre besonderen Kennzeichen sind der starke Wechsel der Bewölkung (meist Stratocumulus und Cumulus) und die Neigung zu Schauern. Nordwestlagen sind im Sommer am häufigsten, im Jahresdurchschnitt macht sich ihre Wetterwirksamkeit an etwa 36 Tagen bemerkbar. In der Regel setzt die Nordwestlage abrupt mit dem Durchgang einer Kaltfront ein und führt damit zum „Wettersturz“, angekündigt durch plötzlichen Anstieg des Luftdruckes. Im Voralpengebiet führt die Nordwestströmung häufig zu Stau und damit zu tief absinkenden Wolken und Stauniederschlägen. Zu allen Jahreszeiten liegen die Temperaturen bei der Nordwestlage unter der Norm. Bei einer Nordwetterlage reicht das Azorenhoch mit einem Ausläufer weit hinauf bis in den Raum Island. An der Ostflanke dieses atlantischen Hochs strömt arktische Polarluft bis nach Mitteleuropa, zuweilen, die Alpen überschreitend, noch weiter nach Süden. Osteuropa hat bei dieser Lage tiefen Luftdruck aufzuweisen. Die Witterung verläuft hierbei für Mitteleuropa wesentlich markanter als bei Nordwestlagen. Die Winde sind oft stürmisch und ein Schauer jagt den andern. Nordlagen gehören zum regulären Witterungsablauf im Juni – als „Schafskälte“ populär – und sind hier mit einem Anteil von 7 Tagen, im Jahr mit durchschnittlich 48 Tagen am Witterungsgeschehen beteiligt. Nordost- und Ostwetterlagen zeigen im Witterungsablauf die gleichen Erscheinungen. Während bei der Nordostlage der hohe Luftdruck zwischen Island und Skandinavien liegt, ist bei der Ostlage ein stabiles Hoch über dem mittleren Skandinavien vorhanden. Tiefdruckwirbel beherrschen hierbei den Mittelmeerraum.
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Bei Nordost- und Ostlagen haben die nach Mitteleuropa strömenden Luftmassen rein kontinentalen Charakter, weil ihr Weg über die weiten Flächen Russlands führt. Die Luft ist trocken, im Sommer heiß, im Winter extrem kalt. Ost- und Nordostlagen treten am häufigsten im Monat Mai auf, hier mit einem Anteil von 6–7 Tagen; ihre Häufigkeit im Jahresdurchschnitt beträgt 47 Tage. Die strengen Winter in Mitteleuropa sind alle auf die lange Herrschaft von Ost- und Nordostwetterlagen zurückzuführen. Südost- und Südwetterlagen sind für viele Menschen eine Plage. Zum normalen Erscheinungsbild einer Südostlage gehört es, dass hierbei der Wind am Boden aus südöstlicher Richtung, in größeren Höhen aber aus Süd bis Südwest weht. Bei dieser Lage steht ein umfangreiches Tiefdrucksystem über den Britischen Inseln einem Hoch über Osteuropa gegenüber. Zuweilen liegt dabei Deutschland auch am Ostrand einer von Island bis nach dem westlichen Mittelmeer verlaufenden „Tiefdruckrinne“. Die aus Südost heranströmende Luft ist im Sommer oft unangenehm feuchtwarm. Beide, Südost- und Südlagen, haben am Gesamtwitterungsgeschehen in Mitteleuropa einen Anteil von durchschnittlich 25 Tagen im Jahr und treten am meisten im Herbst, am wenigsten im Sommer auf. Zur Südlage gehört für Bayern die Erscheinung des Alpenföhns, der mit seinem Einfluss etwa bis an die Donau reicht. Er entsteht, wenn hoher Luftdruck südlich der Alpen, tiefer Druck im Norden Bayerns herrscht. Entsprechend diesem Luftdruckgefälle strömt die Luft aus Oberitalien, übersteigt das Alpenmassiv und stürzt in das nördliche Alpenvorland herab. Die Kennzeichen des Alpenföhns sind Temperaturanstieg, Feuchterückgang, Bewölkungsabnahme und gute Fernsicht. Die für den Föhn charakteristischen Wolken (Altocumulus lenticularis) haben die Form von Linsen oder Fischen. Wesentlich für die Föhnwirkung ist die Tatsache, dass die Luft im Alpenvorland bedeutend wärmer ankommt, als sie vor Beginn ihres Aufstieges in Oberitalien war. Denn in der aufsteigenden Luft im Luv des Gebirges bilden sich Wolken, und es regnet. Die dabei frei werdende Kondensationswärme bleibt der Luft erhalten. Im Durchschnitt ergibt sich damit eine Abkühlung der Luft beim Aufstieg um rund 0,5 °C und eine Erwärmung beim Abstieg um rund 1 °C pro 100 m Höhe. Die Neigung vieler Menschen zur Föhnempfindlichkeit (Kopfschmerzen, Unlust, Nervosität usw.) ist bekannt. Die Südwestwetterlage ist in der Regel nur der kurzzeitige Übergang von einer Hochdrucklage zur Westlage. Ihr Anteil am Gesamtwitterungsgeschehen ist mit 7 % oder 26 Tagen im Jahr verhältnismäßig gering. Bei hohem Luftdruck über Süd- und Südosteuropa und tiefem Druck im Raum Island besteht hierbei eine südwestliche Luftströmung, mit der vom Atlantik milde Meeresluft herangeführt
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wird. Regulär lagert dabei über Mitteleuropa verhältnismäßig kühle oder kalte Luft, die nun von milder Luft aus Südwest überströmt wird. Durch „Aufzugbewölkung“ kündigt sich das Herannahen der milden Südwestluft an. Zunächst erscheinen am Südwesthorizont hohe Feder- und Schleierwolken (Cirrus und Cirrostratus) im Niveau von 6000–10 000 m, gefolgt von mittelhohen Schäfchen- und Schichtwolken (Altocumulus und Altostratus) in etwa 2000–6000 m Höhe. Ringe und Höfe um Sonne und Mond deuten die Wetterverschlechterung an. Der gleiche Wolkenaufzug ist entlang einer Linie, die etwa von München über Bamberg, Braunschweig nach Hamburg verlaufen mag, zu beobachten. Langsam rückt nun die Warmfront bei stetigem Luftdruckabfall ostwärts vor, und vor ihr, aus immer tiefer absinkenden Schichtwolken (Nimbostratus), fällt zuerst leichter, später stärker werdender Niederschlag (Landregen), dessen Dauer je nach der Geschwindigkeit der Front verschieden sein kann. Nach dem Durchzug der Warmfront klart es wieder auf, wir befinden uns nun im Bereich der milden Südwestluft, im „Warmsektor“. Lediglich in Südbayern kommt es beim Durchzug der Warmfront mitunter gar nicht zur Wetterverschlechterung, weil föhnige Erwärmung zur Auflösung der Wolken führt. Im Winter kommt es bei Südwestlagen oft zur Glatteisbildung, nämlich dann, wenn nach einer Kälteperiode beim Herannahen der Warmfront Regen auf gefrorenen Boden fällt und hier festfriert. Tiefdrucklagen sind mit Schlechtwettergebieten identisch. Während in einem Hochdruckgebiet die Luft aus größerer Höhe herabsinkt und dadurch Wolkenauflösung eintritt, kommt es in einem Tiefdruckgebiet zum entgegengesetzten Vorgang. Die von allen Seiten in ein Tief einströmende Luft wird hier zum Aufsteigen gezwungen. Wolkenbildung und Niederschläge sind die Folge. Jedes Tief ist ein mehr oder weniger mächtiger Wirbel, dem kalte Luft aus nördlichen, warme Luft aus südlichen Gegenden zuströmt. Ein friedliches Nebeneinander von kalter und warmer Luft gibt es aber auf die Dauer in der Atmosphäre nicht. Wegen ihrer verschiedenen Eigenschaften (kalte Luft ist schwer, warme Luft ist leicht) kommt es vielmehr zu ziemlich gewaltsamen Auseinandersetzungen. Tiefdruckgebiete sind daher Ausgangsbasen der Wetterfronten. Jedes Tief hat in seinem Hauptstadium eine Warm- und eine Kaltfront. Wenn wir uns das Zentrum eines Tiefdruckwirbels als „Radnabe“ vorstellen, aus der zwei Speichen seitwärts wegstreben, deren eine, etwa in südöstlicher Richtung wegstrebende als Warmfront, die zweite, etwa südwestwärts verlaufende Speiche als Kaltfront aufzufassen ist, so haben wir damit das Gerippe eines Tiefdruckgebietes, das, durch die konzentrischen Kreise der Isobaren scheinbar zusammengehalten, auf jeder eine Großwetterlage darstellenden Wetterkarte aufzufinden ist. Der Winkel zwischen Warm- und Kaltfront (also zwischen erster und zweiter Speiche), der verschieden weit sein kann, wird als „Warmsektor“ bezeichnet, weil in ihn
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hinein Luft aus wärmeren Gegenden strömt. Sowohl auf der „Vorderseite“ der Warmfront wie auch auf der „Rückseite“ der Kaltfront lagert kältere Luft, die im ersten Fall durch die Warmluft überströmt wird, wobei es zu Aufgleitbewölkung und Niederschlägen (Landregen) kommt. Die Rückseiten-Kaltluft drängt jedoch aktiv gegen die vorgelagerte Warmluft des Warmsektors vor. Dabei kommt es zu kräftiger Bewölkung, oft in Form einer „Böenwalze“, und zu Niederschlägen in Schauerform, zuweilen von Gewittern (Frontgewitter) begleitet. Da die vom Atlantik her nach dem Festland hin sich bewegenden Warm- und Kaltfronten verschiedene Geschwindigkeiten aufweisen (Kaltfronten sind schneller als Warmfronten), so holt oft die Kaltfront noch über Westeuropa die Warmfront ein. Vereinigt zu einer einzigen Front, wobei der Zusammenschluss vom Zentrum des Tiefs reißverschlussartig erfolgt, überquert sodann die kombinierte Warm- und Kaltfront als „Okklusion“ den mitteleuropäischen Raum. Den Aufgleitniederschlägen folgen wegen des nun fehlenden Warmsektors unmittelbar die Schauerniederschläge. Mit dem erfolgten Zusammenschluss der beiden Fronten zur Okklusion ist der Höhepunkt in der Entwicklung der Tiefdruckstörungen überschritten. Wegen der nun schwindenden Gegensätze im Temperaturgepräge der Luftmassen löst sich das Tief auf seiner weiteren Wanderung allmählich auf, Luftdruckanstieg führt zu „Auffüllung“ des Tiefs. Die meisten Trennungslinien verschieden temperierter Luftmassen (Fronten) verlaufen von Süd nach Nord, wenn sie Mitteleuropa überqueren. Zuweilen aber verläuft diese Trennungslinie in westöstlicher Richtung, und zwar wellenartig, wobei sie streckenweise als Warmfront, dann wieder als Kaltfront auftritt. Die verschieden temperierten Luftmassen werden dabei nicht gegeneinander geführt, sondern schleifen nebeneinander her. Das zu diesen Schleifzonen gehörende Schlechtwettergebiet ist wohl schmal, es wandert aber in seiner Längsrichtung über Mitteleuropa und kann den betroffenen Gegenden tagelang Niederschläge bringen. Ihrem Wesen nach gehört die „Schleifzonenwetterlage“ zu den Tiefdrucklagen. Gelegentlich bildet sich in höheren Luftschichten ein am Boden nicht nachweisbares Tief aus, in dessen Zentrum die Atmosphäre besonders kalt ist. Wie ein gewaltiger Tropfen schwimmt dabei arktische Luft in der polaren, also einer relativ wärmeren Luftmasse, sodass sich hierfür der Begriff des „Kaltlufttropfens“ im Wetterdienst eingebürgert hat. Wenn solche Kaltlufttropfen sich nur langsam fortbewegen, so können sie, namentlich im Sommer, beträchtliche Niederschläge auslösen. Eine weitere typische, ebenfalls niederschlagsreiche Wetterlage ist die „Troglage“, die wegen ihrer auf der Wetterkarte einen Trog darstellenden Isobarenformen so heißt, wobei ein Ausläufer eines nordischen Tiefs bis nach Süddeutschland reicht. Oft steht diese Wettersituation mit der berüchtigten „VbLage“ im Zusammenhang, die in der Folge noch geschildert wird.
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Abgesehen von den aus örtlichen Wärmegewittern hervorgehenden Niederschlägen weisen alle über Mitteleuropa fallenden Niederschläge Beziehungen zu Tiefdruckgebieten auf, deren Geburtsstätte der weite Nordatlantik ist. Dort, im Raum Island, befindet sich eine bevorzugte Einbruchsstelle kalter Polarluft in die warme atlantische Meeresluft, die zur Entstehung von Tiefdruckwirbeln am laufenden Band führt; diese Wirbel driften nun mit ihren Warm- und Kaltfronten ostwärts. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit bevorzugen die ostwärts ziehenden atlantischen Tiefs besondere „Zugstraßen“, die W. J. van Bebber (1841–1909) entdeckte und die von ihm von Ia bis VIb nummeriert wurden. In den Wetterberichten finden die Zugstraßen kaum noch Erwähnung, mit Ausnahme der Zugstraße Vb, die im Wettergeschehen für Süddeutschland zuweilen eine äußerst wichtige Rolle spielt. Die Zugstraße Vb nimmt ihren Verlauf vom Nordatlantik über Südfrankreich nach Norditalien. Tiefs auf dieser Zugstraße zeigen häufig die Neigung, von der Adria aus plötzlich nach Norden zu schwenken, aber nur noch langsam weiterzuziehen, oft auch stationär zu werden. Im Bereich eines Vb-Tiefs trifft warme Mittelmeerluft mit kalter Luft aus Norden zusammen. Diese Luftmassengegensätze führen meist zu sehr ergiebigen und lang andauernden Aufgleit-Niederschlägen und damit zu Hochwasser von Donau, Elbe und Oder. Überschreitet das Vb-Tief nicht die Alpen, so besteht dagegen oft Hochwassergefahr für die norditalienischen Flüsse. Die Zugstraße Vb ist für die Anliegerstaaten die Straße des großen Regens und oft genug die Straße von Leid und Tränen. Der direkte Einfluss von „Zentraltiefs“ auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa ist durchschnittlich an 22 Tagen im Jahr nachzuweisen. Der Luftdruck kann dabei bis auf etwa 970 hPa (auf NN reduziert) fallen. In Berlin wurde als tiefster Luftdruck 967 hPa (auf NN reduziert) am 17. Januar 1955 gemessen; der normale Luftdruck beträgt hier 1015 hPa (auf NN reduziert). Die vorstehend geschilderten Großwetterlagen fallen im weiten Sinne alle unter den Begriff „Randlagen“, weil sie den mannigfachen Übergang zu den beiden extremen Wettersituationen, den Hoch- und Tiefdrucklagen bilden. Über die mittlere monatliche Häufigkeit von Großwetterlagen in Mitteleuropa im Zeitraum 1881–1950 gibt die nachfolgende Tabelle Aufschluss. Von der richtigen Beurteilung der Großwetterlage von heute hängt die gute Vorhersage für morgen ab. Für die Ausübung dieser Kunst unterhalten die staatlichen Wetterdienste auf der ganzen Welt rund 10 000 Wetterstationen, die in Abständen von drei Stunden, zum Teil auch stündlich, ihre Beobachtungen an die Wetterzentralen melden und weltweit verbreiten. Alle Länder der Erde beteiligen sich an diesem Austausch von Wettermeldungen, ein Beispiel guter internationaler Zusammenarbeit. Die in Karten eingezeichneten Wettermeldungen stellen ge-
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Mittlere monatliche Häufigkeit von Großwetterlagen in Mitteleuropa im Zeitraum 1881–1950
H = Hochdrucklagen, W = Westlagen, NW = Nordwestlagen, N = Nordlagen, 0/NO = Ost- und Nordostlagen, S/SO = Süd- und Südostlagen, SW = Südwestlagen, T = Tiefdrucklagen
wissermaßen jeweils eine Momentaufnahme des herrschenden Wetters dar, geben uns also ein Bild der Großwetterlage. Durch Satelliten-Aufnahmen aus großen Höhen erfährt die Darstellung der Wetterverhältnisse, in Sonderheit der Wolkenformationen, eine wesentliche Ergänzung. Schon die einfache Kenntnis der auf der Wetterkarte dargestellten Lage von Hoch- und Tiefdruckgebieten vermag einen Anhaltspunkt für die kommende Wetterentwicklung zu geben, denn über zu viel oder zu wenig Niederschlag in Deutschland entscheiden grundsätzlich vier „Aktionszentren“ des Großwettergeschehens. „Azorenhoch“ und „Russlandhoch“ sind Ausgangsbasen für Schönwetter und Trockenheit, während das „Nordseetief“ einerseits und das „Vb-Tief“ andererseits die Hauptlieferanten für Schlechtwetter und Niederschlag darstellen. Allgemein lassen sich aus jeder eine Großwetterlage darstellenden Wetterkarte folgende Gesetzmäßigkeiten herauslesen: 1. Der Wind führt die das Wetter gestaltenden Luftmassen aus der Richtung heran, aus der er weht, und steht zum Luftdruck in enger Beziehung. 2. Der Wind weht so, dass von einem Beobachter mit dem Wind im Rücken das Gebiet tiefen Luftdruckes links vorn, das Gebiet hohen Luftdruckes rechts hinten liegt (Barisches Windgesetz).
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Abb. 10 Die Zyklonen-Zugstraßen IVb und Vb
3. Je steiler das Luftdruckgefälle ist, das heißt je enger die Isobaren liegen, desto stärker weht der Wind. 4. Der Wind weht um ein Hochdruckgebiet im Sinne des Uhrzeigers (rechts herum), um ein Tiefdruckgebiet im entgegengesetzten Sinn (links herum). Jeder Versuch, das Wetter zu beurteilen, muss davon ausgehen, die Großwetterlage und die jeweils wetterbestimmende Luftmasse zu erkennen. Wie lange eine Großwetterlage und eine Luftmasse wetterbestimmend bleiben, hierfür gibt es neben der Luftdruckänderung und der Drehung des Windes die untrüglichen Zeichen am Himmel mit den verschiedenen Wolkenarten, die vom feinsten Filigran bis zur mächtigen Quellung das kommende Wetter deuten helfen. Allerdings lassen sich aus Beobachtungen an einem Ort nur Anzeichen für das Wetter in den nächsten Stunden gewinnen. Das Wetter ist ein global derart komplexes System, dass der Mathematiker J. v. Neumann die Wettervorhersage als das zweitschwierigste Problem nach der Vorhersage menschlichen Verhaltens bezeichnete. Der Mensch ist für die Erfassung solch vernetzter Systeme nur
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Abb. 11 Wolkenbildung an einer Kaltfront
Abb. 12 Wolkenbildung an einer Warmfront
begrenzt geeignet, und daher konnten auch erfahrene Meteorologen mit weltweiten Wettermeldungen nur bis etwa 48 Stunden brauchbare Wettervorhersagen erstellen. Hier helfen uns heute die großen Computer, die für ein globales Netz von Gitterpunkten die wesentlichen physikalischen Beziehungen, die das Wettergeschehen beeinflussen, in kleinen Zeitschritten berechnen. Damit sind Wettervorhersagen bis zu einer Woche im Voraus möglich geworden. Allerdings sind selbst die größten Computer noch zu klein, um alle physikalischen Prozesse mit der notwendigen Genauigkeit erfassen zu können, sodass die Prognosen ab dem dritten Vorhersagetag immer noch sehr ungenau sind. Hinzu kommt, dass auch mit allen modernen Messverfahren der Ausgangszustand der Atmosphäre nur ungenau zu ermitteln ist. Nach theoretischen Untersuchungen können auch kleinste Unterschiede im Zustand der Atmosphäre im Laufe der Zeit zu sehr großen Unterschieden im Wetter führen. Damit ergibt sich eine theoretische Vorhersagbarkeitsgrenze für das Wetter von etwa 2 Wochen. Davon sind die gegenwärtigen Wettervorhersagemodelle allerdings noch weit entfernt, sodass bei zukünftig wachsender Computerleistung noch einige Fortschritte in der Genauigkeit der Wettervorhersagen zu erwarten sind.
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Die schmutzige Atmosphäre – ein Problem unserer Zeit
Die Verschmutzung der Luft ist ein Problem und eine Gefahr zugleich, entstanden aus der Zunahme von Industrie und Verkehr und damit Ausdruck unseres Zeitalters. Bevor diese Situation vom meteorologischen Standpunkt aus beleuchtet wird, soll in eine Zeit zurückgeblendet werden, in der es auch ein Problem der „Verstaubung der Atmosphäre“ gab. Im Jahre 1783 traten fast gleichzeitig zwei weit voneinander entfernte Vulkane in Tätigkeit. Der Vulkan Laki auf Island warf neben flüssiger Lava auch ungeheure Mengen von Gas und vulkanischem Staub aus. Auf der anderen Erdhälfte kam es zum Ausbruch des japanischen Vulkans Asama, eine der furchtbarsten Eruptionen aller Zeiten, bei der viele Städte und Dörfer verschüttet wurden. Der berüchtigte Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79, dem Pompeji zum Opfer fiel, wurde dabei weit übertroffen. Durch diese Vulkanausbrüche im Jahre 1783 wurden gewaltige Mengen von Vulkanasche in die Atmosphäre geschleudert und von den Höhenströmungen über weite Teile der Erde geführt. Im Jahre 1816 brach der Vulkan Tambora auf den Philippinen explosionsartig aus und schleuderte gewaltige Mengen an Gas und Staub bis in die Stratosphäre. Der Staub verbreitete sich dort über die gesamte Erde und führte zu besonders farbenprächtigen Sonnenauf- und -untergängen. Ähnliches geschah bei dem bekannteren, aber insgesamt nicht ganz so starken Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883. Es gab aber nicht nur schöne Sonnenuntergänge, die Trübung der Atmosphäre führte auch zu einem zeitweiligen Rückgang der globalen Temperaturen. Insbesondere das Jahr 1816 ist vor allem im nordamerikanischen Raum als Jahr ohne Sommer bekannt, in dem Fröste im Juli und August zu Missernten führten. Nach einem Zeitabschnitt geringer vulkanischer Tätigkeit während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind seither die Eruptionen wieder angestiegen, wobei der stärkste Ausbruch des Mt. Agung auf Bali im Jahre 1963 zu einem deutlichen weltweiten Anstieg der atmosphärischen Verstaubung führte. Die Eruption des Mount St. Helens im Mai 1980 kam in den Verdacht, den trüben mitteleuropäischen Sommer 1980 beeinflusst zu haben. Hier wurden allerdings nicht einmal besonders farbenprächtige Sonnenuntergänge beobachtet, denn wesentlich für die atmosphärische Wirkung ist die Art der Eruption. Bleiben die
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eruptierten Massen in der Troposphäre, der wolkenerfüllten Luftschicht unterhalb der vertikale Umwälzungen begrenzenden Tropopause, so werden die Gase und Staubpartikel durch Niederschläge sehr rasch wieder ausgewaschen. In der darüberliegenden, vom eigentlichen Wettergeschehen ungestörten Stratosphäre können sich feine Staubpartikel und Tröpfchen hingegen jahrelang halten. Klimawirksam sind daher nur Vulkanausbrüche, die stark genug sind, größere Massen bis in mindestens 20 km Höhe zu transportieren, wobei Eruptionen von gasförmigem Schwefeldioxid besonders effektiv sind, da sich aus dem Gas winzige Schwefelsäuretröpfchen bilden, die eine sehr lange Lebensdauer in der Stratosphäre haben. Vulkanausbrüche dieser Art in jüngster Zeit waren der des EI Chichon in Mittelamerika 1982 und des Pinatubo auf den Philippinen im Jahre 1991. Schon mit der verstärkten Industrialisierung war eine Zunahme des atmosphärischen Staubes nachweisbar, selbst weitab von den Verschmutzungsquellen. Die atmosphärische Trübung durch beide Umstände, den erhöhten Vulkanismus und die zunehmende Industrialisierung, hat nach Messungen in der Schweiz und in den USA (Davos und Washington) eine beträchtliche Zunahme (60–80 %) erfahren. Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, der bisher schon um etwa 30 % angestiegen ist, wird bis Ende dieses Jahrhunderts schätzungsweise um weitere 50 % ansteigen, und man muss auch davon ausgehen, dass die Menschheit die Schwefeldioxid-Produktion weiter erhöhen wird. Zwar wurde in den hoch entwickelten Industriestaaten durch Filteranlagen die Emission von Schwefeldioxid und Staub stark reduziert, durch die rasche Wirtschaftsentwicklung in den großen Ländern Asiens, in denen für solche Umweltschutzmaßnahmen noch nicht so viel Geld investiert wird, wird dieser Effekt aber mehr als neutralisiert. Addiert werden müssen zu den die Luft verschmutzenden Anteilen von Kohlendioxid und Schwefeldioxid die besonders im Winter durch den Hausbrand anfallenden Staubmengen sowie sonstige, durch den Verkehr bedingte giftige Abgase. Dass orographische (geländebedingte) Eigenheiten und austauscharme Wetterlagen diesen Verschmutzungseffekt noch bedeutend ansteigen lassen, davon zeugen zwei große Katastrophen. Dabei geschah es zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte, dass Menschen an verschmutzter Luft zugrunde gingen: zunächst 1930 in der im Maastal gelegenen Industriestadt Lüttich, wo mehrere hundert Menschen während einer tagelang anhaltenden Nebelwetterlage an Vergiftungserscheinungen erkrankten und 63 Menschen starben. Eine Mischung von Nebel, Schmutz und giftigen Gasen war die Ursache. Nach weiteren zwei Jahrzehnten, im Dezember 1952, starben in London 4000 Menschen an den Folgen eines 4 Tage anhaltenden Schmutznebels, der dort als „Smog“ – eine Zusammenziehung
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der Wörter Smoke (Rauch) und Fog (Nebel) – bezeichnet wird. Zwischen diesen beiden bekanntesten Katastrophen sowie davor und danach kam es zu einer Reihe weniger bekannt gewordener Erkrankungen, die alle auf das Konto des für alte und anfällige Leute zur Gefahr gewordenen verschmutzten Nebels zu buchen sind. Über jeder Großstadt schwebt heutzutage als weithin sichtbares Zeichen eine Dunsthaube, die eine Ansammlung von Staub, Rauch, Ruß und Bakterien darstellt und je nach Windgeschwindigkeit unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Diese Verschmutzung der Luft bringt schon bei einer normalen Wetterlage Belästigungen mit sich. Lang anhaltender Nebel aber kann für jede Industriestadt, besonders dann, wenn als orographische Eigenart eine Tallage hinzukommt, unter bestimmten meteorologischen Voraussetzungen zur Gefahr werden. Welche Voraussetzungen sind dies? Es gibt Wetterlagen im Herbst und Winter, bei denen sich in klaren Nächten durch Ausstrahlung eine flache Schicht kalter Luft am Boden bis zur Höhe von etwa 100 m bildet, über der jedoch wärmere Luft lagert. An der Grenze dieser verschieden temperierten Luft kommt es nun meistens zur Bildung einer „Sperrschicht“ (Inversion), die von aufsteigenden Luftströmungen vom Boden aus nur schwer durchstoßen werden kann. Wo der vertikale Luftaustausch nicht funktioniert, müssen sich Rauch, Ruß und Abgase unterhalb der Sperrschicht ausbreiten. Wenn aber selbst diese waagrechte Ausbreitung durch Hügelketten in der Umgebung behindert wird, dann exerziert uns die Natur im Großen vor, was wir im Kleinen bei einem Kamin erleben würden, dem jemand mutwillig einen Deckel aufsetzt. Rauch und giftige Abgase finden keinen Ausweg nach oben und gefährden die Einwohner. Diese speziellen, als tückisch zu bezeichnenden Wetterlagen – meist sind es Hochnebellagen bei Windstille und hohem Luftdruck – können deshalb in Industrietälern zu ernstlichen Erkrankungen, unter Umständen zu Todesfällen führen. Maßgeblich für die Schädlichkeit des Nebels sind die in der Luft vorhandenen Industrieabgase und Verbrennungsprodukte, die häufig genug die Nebelbildung begünstigen oder eine Verstärkung des Nebels zur Folge haben, die allerdings bei der geschilderten Wetterlage nicht in höhere Luftschichten abtransportiert werden. Aber auch bei sommerlichen Schönwetterlagen kann es zu Schadstoffanreicherungen kommen. Im Gegensatz zum winterlichen Smog, der nach seinem bedeutendsten Auftreten auch Londoner Smog genannt wird, tritt dann der Autoverkehr als wesentliche Schadstoffquelle in den Vordergrund. Bei diesem Smog-Typ, der nach seinem ersten Auftreten Los-Angeles-Smog heißt, sind Kohlenwasserstoffe und Stickoxide die wesentlichen Schadstoffe. Durch photochemische Reaktionen können daraus bei starker Sonneneinstrahlung verschiedene andere giftige Stoffe entstehen, insbesondere Ozon, der 3-atomige Sauerstoff,
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der als sehr reaktionsfreudiges Gas beim Menschen vor allem Schleimhäute und Atmungsorgane angreifen kann. Dieses Gas ist andererseits für den Menschen lebenswichtig, denn es schützt uns vor der kurzwelligen Ultraviolettstrahlung der Sonne. Dazu kann das bodennahe Ozon allerdings wenig beitragen. Hierzu sind höhere Konzentrationen erforderlich, wie sie in der Stratosphäre vorkommen. Aber auch dieser natürliche Schutzschild ist durch menschliche Aktivitäten in Gefahr, denn einige normalerweise reaktionsträge Gase, die wegen dieser Eigenschaft bisher bevorzugt bei der Herstellung von Schaumstoffen, als Treibgas in Sprühdosen sowie als Kältemittel in Kühlschränken und Klimaanlagen verwendet wurden, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), werden in der hohen Atmosphäre durch die energiereichen Anteile des Sonnenlichts zersetzt. Die dabei frei werdenden Chlorverbindungen setzen eine Vielzahl chemischer Reaktionen in Gang, die insgesamt zu einer Reduzierung des Ozongehalts führen. Viele dieser Reaktionen sind temperaturabhängig. Einige besonders effektive Ozonabbaureaktionen gewinnen bei sehr tiefen Temperaturen (unter –80 °C) die Oberhand. Daher kommt es in den letzten Jahren über der Antarktis zu spätwinterlichen „Ozonlöchern“, das heißt einer Abnahme der Ozonkonzentration unter 50 % des natürlichen Gehalts. Auf der Nordhalbkugel war bisher kein solch dramatischer Ozonabbau zu beobachten, weil über der Arktis durch stärkere Mischung mit Luftmassen aus niederen Breiten die Luft normalerweise nicht so extrem abkühlt. Ein Abwärtstrend ist aber auch hier festzustellen. Allerdings muss man bei einer Bewertung der Gefahr des Ozonrückgangs bedenken, dass im ungestörten Zustand in den Tropen die Ozonkonzentration der Stratosphäre ihr Minimum hat. Zusammen mit dem dortigen hohen Sonnenstand führt das zu einer wesentlich höheren Belastung durch ultraviolette Strahlung, als sie in mittleren und höheren Breiten auch bei einer Ozonabnahme von 20–40 % zu erwarten wäre. Wenn nun noch der atmosphärische Schmutz und Staub radioaktiv wird, wie dies vorübergehend in den 60er-Jahren weltweit der Fall war, ausgelöst durch die zahlreichen Kernwaffenversuche der USA und der Sowjetunion, so steht damit die menschliche Existenz auf dem Spiel. Mit jeder Atom- oder Wasserstoffbombenexplosion in der Atmosphäre wird diese bis in große Höhen radioaktiv verseucht. Zwar ergab der in Deutschland von den Radioaktivitäts-Überwachungsstellen registrierte Gehalt der Luft an künstlicher, langlebiger Radioaktivität im Durchschnitt der 10 Jahre 1958–1967 – als Folge der rund 360 in dieser Zeit in der Atmosphäre durchgeführten Kernwaffenversuche – nur einen Wert von 2,3 Picocurie (2,3 x 10–12 Curie) pro Kubikmeter Luft in Bodennähe. Immerhin wurden örtlich und zeitlich auch höhere Anstiege beobachtet;
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als deutscher „Rekord“ wurde in Schleswig am 9. November 1962 ein Tagesmittelwert von 55 pCi/m3 aufgezeichnet, ein Viertel des Toleranzbetrages von 220pCi/m3. Und nicht ganz harmlos waren die Summen der damals mit den Niederschlägen dem Erdboden zugeführten künstlichen Radioaktivität, die ihren Höchstwert im Sommer 1963 erreichte und ein Jahr später über Pflanzenwuchs und Nahrungsaufnahme zur bisher größten Belastung der Bevölkerung führte. Inzwischen werden zwar in der Atmosphäre keine Atomwaffenversuche mehr durchgeführt, dafür stellt die wachsende Zahl ziviler Kernkraftwerke eine potenzielle Gefahr dar, wie der Unfall im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl und die dadurch in weiten Teilen Europas verursachte erhöhte Radioaktivität deutlich gezeigt hat. Es ist daher weiterhin erforderlich, die Radioaktivität der Atmosphäre kontinuierlich zu überwachen. Hierzu hat der Deutsche Wetterdienst an seinen meteorologischen Stationen ein Messnetz eingerichtet, mit dem er die Radioaktivität der Luft und des Niederschlags beobachten kann.
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Die Sonnenflecken und ihre Beziehung zum Wetter
Man schrieb das Jahr 1611. Kopernikus, dessen neue Lehre von der Sonne als Mittelpunkt des Weltalls einer Revolution gleichkam und die Geistesgrößen seiner Zeit in zwei Lager spaltete, war bereits 68 Jahre tot, und noch immer dauerten die Auseinandersetzungen für oder gegen ihn an. Seine Lehre stand mit der von der Kirche anerkannten Lehre des Ptolemäus, die die Erde als Mittelpunkt des Weltalls betrachtet, im Widerspruch. Darum lehnten sowohl die römische Kurie wie auch die Wittenberger Hohe Schule das „heliozentrische Weltsystem“ ab, das eigentlich schon im 3. Jahrhundert vor Christus von Aristarch auf Samos gelehrt wurde. Überschattet wurden in Deutschland diese Meinungen pro oder contra Kopernikus durch Luthers Reformation, die 1517 eingeleitet wurde. Längst leuchteten aber am Himmel der Wissenschaft zwei neue Sterne erster Größe, Galilei und Kepler, der eine gerade 47, der andere 40 Jahre alt, der eine der katholischen Kirche verbunden, der andere ebenso streng im protestantischen Glauben erzogen. Hatte Kepler bereits 1596 eine erste Begründung zur Lehre des Kopernikus veröffentlicht, so stiftete Galilei Unruhe, als er mit dem von holländischen Linsenschleifern erfundenen Fernrohr die Sternenwelt zu durchforschen begann und 1610 in einer Publikation die Richtigkeit der kopernikanischen Lehre darlegte. Wohl leistete Galilei sechs Jahre danach als der Kirche gehorsamer Sohn öffentlich Widerruf, doch wies Kepler wenig später die Ellipsenbahn der Erde um die Sonne nach. Dass es zwischen Galilei und Kepler wegen ihrer verschiedenen Religionszugehörigkeit zu zeitweiligen Spannungen kam, war nicht verwunderlich, immerhin standen ja beide als Repräsentanten der „modernen Astronomie“ im scharfen wissenschaftlichen Wettstreit, und beide suchten die Gunst von Fürsten und Königen zu erringen. Die Jesuiten, in den Wissenschaften selbst geschult und erfahren, verfolgten gespannt die Auseinandersetzungen zwischen Galilei und Kepler und betrieben eifrig astronomische Forschungen. Einer ihrer berühmtesten Patres, der Ingolstädter Christoph Scheiner, nur 4 Jahre jünger als Kepler, bestätigte 1611 Galileis Entdeckung der merkwürdigen Flecken auf der Sonne, der „Maculae solis“. Geradezu schockiert mussten die Ingolstädter Jesuiten über die Art und Weise sein, wie Galilei auf Scheiners sachliche Kritik an seinen Sonnenfleckenbeobach-
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tungen reagierte. „Dieser boshafte Mensch katalogisiert meine Irrtümer.“ Mit diesem und ähnlichem Wortschwall tobte sich der Italiener aus. Natürlich hatte sich Galilei auch gegen die erste, von Scheiner verfasste Schrift über die Sonnenflecken gewandt, die der Augsburger Handelsherr Welser unter dem Pseudonym Apelles hatte drucken lassen, und seine Rechte der Erstentdeckung geltend gemacht. Zu einer Versöhnung kam es erst viel später, nachdem Galilei noch im Alter von 67 Jahren die Tonsur empfangen und Scheiner 1632 die Veröffentlichung seiner 20-jährigen Sonnenflecken-Aufzeichnungen dem Herzog von Orsini gewidmet hatte. Etwa zur gleichen Zeit wie Scheiner, der später als Rektor des Jesuitenkollegiums in Neiße, Schlesien, wirkte und dort auch 1650 starb, hatte der ostfriesische Astronom und evangelische Prediger Fabricius die Sonnenflecken entdeckt und hierüber mit Kepler einen Briefwechsel geführt. Inzwischen ist einiges über die Natur der Sonnenflecken bekannt geworden. Die Temperatur der Flecken liegt bei rund 4600 °C, um rund 1200 °C niedriger als die ihrer Umgebung auf der Sonne. Von der Mächtigkeit der Sonnenflecken erhält man eine Vorstellung, wenn man weiß, dass die größten beobachteten Flecken eine Ausdehnung von 16 Milliarden (16 x 109) Quadratkilometern hatten und dass ein Fleck mit dem bloßen Auge erst bei einer Ausdehnung von mindestens drei Erddurchmessern sichtbar wird. Die Ursache der Sonnenflecken ist noch nicht restlos geklärt. Fest steht, dass sie mit mächtigen Magnetfeldern verbunden sind. Diese Magnetfelder sorgen dafür, dass der Nachschub von heißem Gas aus den tieferen Schichten der Sonne, in denen die Atomreaktionen ablaufen, aus denen die Sonne ihre Energie bezieht, abgeschwächt wird. Dadurch ergibt sich die relative Abkühlung im Vergleich zur ungestörten Sonnenoberfläche. Systematische Beobachtungen und Aufzeichnungen zur Häufigkeit der Sonnenflecken werden seit 1749 betrieben, insbesondere von der Züricher Sternwarte, dem Zentrum der Sonnenflecken-Überwachung. Aus den inzwischen vorliegenden Monatsmitteln der „Sonnenflecken-Relativzahlen“ ergeben sich Schwankungen zwischen Zeiten geringer und solchen stärkerer Fleckenbildung. Im Durchschnitt beträgt die Zeit der Fleckenzunahme vom SonnenfleckenMinimum zum Flecken-Maximum 4,4 Jahre, die Zeit der Fleckenabnahme vom Maximum zum Minimum 6,6 Jahre. Der gesamte Fleckenzyklus umfasst, vom Minimum zum Minimum gezählt, im Durchschnitt der bisher aufgezeichneten 20 Sonnenfleckenzyklen 11 Jahre, wobei der längste Zyklus 13,9, der kürzeste 8,8 Jahre dauerte. Als Mittelwert aller 20 Sonnenfleckenzyklen ergab sich die Flecken-Relativzahl 50. Der Zyklus mit der geringsten Sonnenfleckenbildung (1810–1823) wies die mittlere Relativzahl 18, der Zyklus mit der größten Fleckenbildung
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Abb. 13 Sonnenfleckenhäufigkeit (oben) und Jahresniederschläge in Regensburg (unten) von 1870 bis 1980. In jeder Phase abnehmender Sonnenfleckentätigkeit fällt ein besonders trockenes Jahr, meist ein bis zwei Jahre vor dem Flecken-Minimum. Die Jahre der Sonnenflecken-Minima (Jahre der „ruhigen Sonne“) sind, ebenso wie die hierzu in Beziehung stehenden Regensburger „Trockenjahre“, in der Zeichnung durch Pfeile gekennzeichnet. Die Strichlinien geben die hundertjährigen Mittel an.
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(1954–1964) die Relativzahl 95 auf. Der 20. Zyklus von 1964 bis 1976 hatte die mittlere Relativzahl 59. Von den Einzeljahren wies 1957 die stärkste Sonnenfleckenbildung mit der Jahres-Relativzahl 190 auf, während das Jahr 1810 absolut sonnenfleckenfrei blieb. Das Jahr des Sonnenflecken-Minimums, 1976, und als solches auch als „Jahr der ruhigen Sonne“ bezeichnet, hatte die mittlere FleckenRelativzahl 15. Das Jahr 1977, das erste Jahr im ansteigenden Ast des 21. Sonnenfleckenzyklus, wies die aus 12 Monaten gemittelte Relativzahl 27 auf. Bei schnell ansteigender Fleckenbildung betrug die mittlere Relativzahl für das Jahr 1978 92, für 1979 156, für 1980 noch 155 und für 1981 leicht abnehmend 140. Für die periodischen Schwankungen der Sonnenflecken gibt es noch keine allgemein anerkannte Theorie. Sie verführten aber schon bald zu Spekulationen über Zusammenhänge mit dem Witterungsverlauf, da man annahm, dass eine Zunahme der Flecken mit einer Abnahme der Sonnenstrahlung einhergehen müsste. Eingehende Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass der Zusammenhang nicht so einfach ist. Mit den Sonnenflecken sind nämlich die so genannten Sonnenfackeln verbunden. Dies sind besonders helle, heiße Gebiete auf der Sonne, deren erhöhte Strahlung das Strahlungsdefizit der Flecken weitestgehend ausgleicht. Die beiden Effekte der Flecken und Fackeln überlagern sich zu einer Doppelwelle während des Fleckenzyklus mit Strahlungsmaxima bei mittleren Sonnenfleckenzahlen. Die Strahlungsschwankungen sind dabei aber so gering, dass ein direkter Einfluss auf das irdische Wetter kaum erklärbar ist. Lediglich in den Randbereichen des Sonnenspektrums, im Bereich sehr langer und sehr kurzer Wellen (Radiowellen bzw. Ultraviolett- und Röntgenstrahlung), sind die Schwankungen im Zusammenhang mit der Sonnenaktivität erheblich. Aber auch kleine Energieschwankungen können große Veränderungen bewirken, wenn sie an empfindlichen Stellen eines Systems angreifen. Es werden daher immer wieder Untersuchungen zu Zusammenhängen zwischen der Sonnenaktivität und dem Wetter durchgeführt. So haben dänische Wissenschaftler einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem globalen Temperaturverlauf der letzten 100 Jahre und der Länge der Sonnenfleckenzyklen nachgewiesen. Solange aber keine physikalischen Erklärungsmechanismen für solche statistischen Zusammenhänge vorliegen, muss immer damit gerechnet werden, dass es sich nur um ein Zufallsergebnis innerhalb des relativ kurzen bekannten Zeitraums handelt. Der Zusammenhang von Sonnenfleckenhäufigkeit und Witterung ist am intensivsten von F. Baur für die Zwecke der langfristigen Witterungsvorhersage erforscht worden. Wohl gibt es im Großwetter keine elfjährige Schwankung analog zum Sonnenfleckenzyklus, aber das häufige Auftreten von nassen Sommern zur
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Zeit der Flecken-Extreme, ferner das gehäufte Auftreten von trockenen Sommern 2 Jahre vor dem Flecken-Minimum sowie 2 Jahre nach dem Flecken-Maximum ist mehr als zufällig. Dass auch zwischen Winterstrenge und Sonnenfleckenhäufigkeit ein Zusammenhang besteht, zeigt das gehäufte Auftreten strenger Winter in der Nähe der Sonnenflecken-Extreme. Eine Gegenüberstellung der Aufzeichnungen von 20 Sonnenfleckenzyklen im Zeitraum 1755–1976 mit den Jahreszeiten-Temperaturwerten von Mitteleuropa (Mittel von Utrecht-De Bilt, Potsdam, Wien und Basel) ergibt, dass zu warme und zu kalte Jahreszeiten am häufigsten in folgenden Phasen des Sonnenfleckenzyklus auftreten: milde Winter im 1. Jahr vor dem Sonnenflecken-Maximum, im 3. Jahr nach dem Maximum und im 2. Jahr vor dem Minimum, kalte Winter im 1. Jahr nach dem Sonnenflecken-Maximum sowie im Jahre des Flecken-Minimums und im 1. Jahr danach, warme Frühjahre in der Epoche des Flecken-Minimums und im 1. Jahr davor sowie im 1. und 2. Jahr vor dem Maximum, auch im 3. Jahr nach dem Maximum, kalte Frühjahre in der Epoche des Flecken-Maximums sowie im 2. Jahr danach und im 2. Jahr vor dem Minimum, warme Sommer im 2. und 1. Jahr vor dem Flecken-Minimum und im 3. Jahr nach dem Maximum, kühle Sommer im 1. Jahr nach dem Flecken-Maximum sowie im 1. und 2. Jahr nach dem Minimum, warme Herbste im 2. Jahr nach dem Flecken-Minimum, in der Epoche des Minimums und im 1. Jahr danach, kalte Herbste im 1. Jahr vor dem Flecken-Maximum, im 3. Jahr nach dem Maximum und im 1. Jahr vor dem Minimum. Am auffallendsten ist die Häufigkeit extrem kalter Winter und ebenso von kühlnassen Sommern im 1. Jahr nach dem Sonnenflecken-Maximum und im 1. Jahr nach dem Flecken-Minimum sowie von trockenen Sommern im 2. Jahr nach dem Flecken-Maximum und im 2. Jahr vor dem Flecken-Minimum. Auch Jahres-Niederschlagsmengen weisen örtlich eine bemerkenswerte Beziehung zur Sonnenfleckenhäufigkeit auf, wie sich dies besonders deutlich an den Regensburger Jahres-Niederschlagsmengen von 1880–1980 nachweisen lässt. In jede Phase des Sonnenflecken-Minimums fällt hier nämlich ein besonders trockenes Jahr, meist 1–2 Jahre vor dem Flecken-Minimum. Im Einzelnen waren in Regensburg folgende Jahre sehr trocken und lagen jeweils in Beziehung zum Sonnenflecken-Minimum: 1887, 1898, 1911, 1921, 1932, 1943, 1953, 1963 und 1976. Als weitere Eigentümlichkeit stellte sich bei dieser Untersuchung her-
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Abb. 14 Perioden gehäufter nasser und trockener Sommer in Mitteleuropa im Verlauf des „idealen“ Sonnenaktivitätszyklus, gemittelt aus etwa 18 Sonnenfleckenzyklen. Die Zeitabstände Minimum-Maximum-Minimum wurden jeweils in hundert Einheiten (Zentile) aufgeteilt. Die Zentile des ansteigenden Astes sind um etwa’/, kürzer als die des absteigenden Astes des Sonnenfleckenzyklus. Die Klammern bedeuten zum Beispiel (ganz links): Im Beobachtungszeitraum gab es zwischen dem 12. und 32. Zentil 14 Sommer, von denen 12 zu naß waren.
aus, dass jedem Trockenjahr als „Vorläufer“ meist ein nasses Jahr vorausging, wiederum in Abständen von 1–2 Jahren (als wollte die Natur für Trocken jähre Vorsorgen), wenngleich hier die Zusammenhänge bei weitem nicht so eindeutig sind wie in den Beziehungen zwischen Flecken-Minimum und Trockenjahren (siehe Abb. 13).
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Vorhersage von nassen und trockenen Sommern
Niederschläge fallen in Hochsommern mit gerader Jahreszahl im Durchschnitt reichlicher als in Hochsommern mit ungerader Jahreszahl. Diese zweijährige Periodizität gilt es bei der Niederschlagserwartung der Hochsommer (Juli/August) von vornherein zu berücksichtigen. Immerhin hat sich mit dieser simplen Methode das Niederschlagsgepräge der 30 Hochsommer im Zeitraum 1946 bis 1975 für Deutschland (im Mittel von 14 Stationen westlich der Oder) 20-mal (also mit 66% Eintreffwahrscheinlichkeit) richtig vorherbestimmen lassen. So ergaben auch die durchschnittlichen Niederschlagsmengen in Deutschland für die Hochsommer mit gerader Jahreszahl 178, für die Hochsommer mit ungerader Jahreszahl nur 143 mm. Das gehäufte Auftreten von nassen und trockenen Hochsommern in geradbzw. ungeradzahligen Jahren wird unterstrichen durch die von M. Teich vorgenommene Charakterisierung der Hochsommerwitterung Mitteleuropas, wonach im Zeitraum 1851–1971 von den 25 „schönsten“ Hochsommern 16 in ungeraden, von den 25 „schlechtesten“ Hochsommern 17 in geraden Jahren auftraten, sowie durch die Tatsache, dass von Hochsommern mit der Jahresendzahl 3 und 9 die meisten (18 von 25) warm-trocken, mit den Jahresendzahlen 0 und 6 die meisten (18 von 24) kühl-nass waren. Auch eine Studie von D. J. Schowe weist auf das bemerkenswerte, seit 1911 zu beobachtende Auftreten von nassen und trockenen Sommern in geraden bzw. ungeraden Jahren in England hin. In dieser Studie lässt der englische Meteorologe – mit einem nassen Sommer 1970 rechnend – einen imaginären Fachkollegen zu dessen Braut folgenden Satz sagen: „Let’s postpone our marriage until the odd year 1971 when we’re likely to get a fine honeymoon“. Die Jahreszahl („odd“ oder „even“) scheint demnach auch jenseits des Kanals für die sommerliche Niederschlagserwartung eine Rolle zu spielen. In diese Sparte des „Wechselschrittes der Witterung“ gehört auch die Feststellung von M. Rodewald über einen zweijährigen Zyklus der Wassertemperatur der südlichen Nordsee, die, bezogen auf den 30-jährigen Zeitraum von 1945 bis 1974, im Hochsommer ungerader Jahre mit durchschnittlich 16,7 °C um 0,7 °C höher ist als in geraden Jahren. Und in gleicher Weise ergeben sich auch im selben Zeitraum für die Lufttemperatur Mitteleuropas (mit Mittel der vier
Vorhersage von nassen und trockenen Sommern
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Stationen Utrecht-De Bilt, Potsdam, Wien und Basel) Unterschiede mit durchschnittlich 18,3 °C im Hochsommer ungerader gegenüber 17,7°C im Hochsommer gerader Jahre. Schließlich ergeben sich auch höhere Sonnenscheinwerte im Hochsommer mit ungeraden Jahreszahlen, sodass es kaum verwundert, dass von den 13 besten Weinjahrgängen des 20. Jahrhunderts 10 eine ungerade Jahreszahl aufwiesen. Was die Möglichkeit langfristiger Hochsommer-Niederschlagsprognosen mittels zwölfjähriger Rhythmen anbelangt, so ist auf die von E. Dinies ermittelten, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichenden vier Reihen zu verweisen, die im 12-Jahres-Rhythmus trockene oder nasse Hochsommer ergeben. Danach waren für Deutschland zu erwarten: in der Reihe 1 trockene Hochsommer 1863, 1875, 1887, 1899, 1911, 1923, 1935, 1947, 1959 und 1971; in der Reihe 2 trockene Hochsommer 1856,1868,1880,1892, 1904,1916,1928,1940,1952, 1964 und 1976; in der Reihe 3 nasse Hochsommer 1854, 1866, 1878, 1890, 1902, 1914, 1926, 1938, 1950, 1962 und 1974; schließlich in der Reihe 4 nasse Hochsommer 1858, 1870, 1882, 1894, 1906, 1918, 1930, 1942, 1954, 1966 und 1978. Von diesen vier Reihen mit 43 Hochsommern entsprachen nur drei Hochsommer nicht der Erwartung. Dass trockene Hochsommer auch im sechsjährigen Rhythmus auftreten, lässt sich seit 1857 nachweisen. Mit der bereits erwähnten Reihe 1 trockener Hochsommer zur Hälfte synchron verlaufend, ist diese sechsjährige Periode trockener und heißer Sommer auch in den USA bekannt und wird dort nach G. Hellmann (1854–1939) als „Hellmann cycle“ benannt. Von den im Sechser-Rhythmus aufgetretenen 21 Hochsommern von 1857–1977 waren 17 Hochsommer für Deutschland zu trocken. Nach diesen Rhythmen waren weitere trockene Hochsommer in den Jahren 1995 und 2000 zu erwarten, während der Hochsommer 1998 zu nass ausfallen sollte. Diese drei Vorhersagen trafen jedoch alle nicht ein. Der Hochsommer 1995 war erheblich zu nass und auch der Hochsommer 2000 lag etwas über dem Durchschnitt, während der Hochsommer 1998 geringfügig darunter blieb. Es zeigt sich, dass solche Rhythmenregeln kein große Verlässlichkeit zeigen. Oft sind die beobachteten Zyklen reiner Zufall, und auch in den Fällen, in denen sie auf internen Schwingungen im klimatischen System beruhen, sind sie prognostisch nicht sehr hilfreich, weil solche Periodizitäten meist nur eine gewisse Zeit erhalten bleiben und sich danach verschieben oder auflösen, wobei sich diese Veränderungen ebenfalls nicht vorhersagen lassen. Was den Zusammenhang von Sonnenaktivität und sommerlicher Niederschlagshäufigkeit betrifft, so sind, sofern die Zeiten der Sonnenflecken-Extreme (Maxima und Minima) mit genügender Genauigkeit fixiert werden können, die 2,5–1,8 Jahre vor einem Flecken-Minimum sowie die 1,3–2,1 Jahre nach einem
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Flecken-Maximum gelegenen Hochsommer als zu trocken vorhersagbar. Dagegen ist 2,2–3,1 Jahre nach einem Sonnenflecken-Maximum mit nassen Hochsommern zu rechnen. Nach F. Baur gibt es in Mitteleuropa mehr trockene Sommer im 2. Jahr vor dem Sonnenflecken-Minimum sowie im 2. Jahr nach dem Sonnenflecken-Maximum. Mehr nasse Sommer treten dagegen im 1. Jahr nach dem SonnenfleckenMinimum, im 1. Jahr vor dem Flecken-Maximum und im 1. Jahr nach dem Flecken-Maximum auf. Auch sind die Frühjahrs-Niederschläge (März bis Mai) im Zeitraum von 1–2 Jahren nach einem Flecken-Maximum meist ergiebiger als gewöhnlich (Näheres hierzu in der Tabelle auf Seite 102). Soweit die angeführten Prognose-Methoden einander widersprechen, haben erfahrungsgemäß Sonnenflecken- und Rhythmus-Methoden den Vorrang vor den Jahreszahl-Methoden. Auf eine Tatsache, die allein schon die Beachtung der angeführten Prognose-Methoden rechtfertigt, muss besonders hingewiesen werden: Alle sehr nassen und sehr trockenen Hochsommer im Zeitraum 1945–1975 (mit einer Abweichung der Niederschlagsmenge von über 50 % vom Regelwert) konnten mit einer oder mehreren der beschriebenen Methoden langfristig vorhergesagt werden. Dazu gehörten die regional sehr nassen Hochsommer 1948, 1950, 1954, 1956, 1958 und 1960 sowie die weiträumig sehr trockenen Hochsommer 1947, 1964 und 1971. Jedenfalls erlauben die hier angeführten Methoden eine erste Information, lange vor einer späteren, erst kurz vor Sommerbeginn einsetzenden Prognosenarbeit, die den Witterungsablauf unmittelbar vorangegangener Wochen in die Berechnung der Witterungsaussichten einer Jahreszeit mit einbezieht. Von F. Baur stammt eine weitere bewährte Hochsommerregel. Steht nämlich die erste Junihälfte überwiegend im Zeichen hoher Luftwärme und weicht die Mitteltemperatur vom 1. bis 15. Juni um mehr als 2,0 °C nach oben vom vieljährigen Mittelwert ab, so folgt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein nasser Hochsommer. Die Regel „Siebenschläfer Regen – sieben Wochen Regen“, wohl die bekannteste Bauernregel für den Hochsommer, darf nicht wörtlich genommen werden. Sie bringt immerhin den Hinweis, dass Zusammenhänge bestehen zwischen der Witterung der letzten Junitage und der Hochsommer-Witterung. Je häufiger es zwischen dem 26. und 30. Juni regnet, umso regenreicher wird der Juli; in dieser Form ist die Regel brauchbar.
Vorhersage von nassen und trockenen Sommern
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Sonnenfleckenhäufigkeit und Sommer-Niederschläge in Mitteleuropa im Zeitraum 1778–1977
Die Abweichungen der Sommer-Niederschläge beziehen sich auf 238 mm, dem vieljährigen Durchschnitt von Mitteleuropa (zehn Stationen); nach Unterlagen von F. Baur.
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Strenge Winter – heiße Sommer
Hier erhebt sich zunächst die Frage, ob die landläufige Meinung stimmt, dass einem heißen Sommer meist ein strenger Winter und ebenso einem sehr kalten Winter in der Regel ein sehr warmer Sommer folgt. Diese Annahme findet in der meteorologischen Statistik keine Stütze, denn das Auftreten von sehr warmen Sommern und sehr kalten Wintern unmittelbar hintereinander gab es in Mitteleuropa seit Beginn regelmäßiger Temperaturaufzeichnungen (1761) nur dreimal, zuletzt 1846/47. Noch seltener, nur zweimal, ist die Aufeinanderfolge „sehr milder Winter – sehr kühler Sommer“ nachzuweisen, zuletzt 1916. Häufiger passiert es, dass einem sehr kühlen Sommer ein sehr milder Winter folgt, was immerhin sechsmal seit 1761 der Fall war, zuletzt 1956/57. Wiederum nur einmal im 215-jährigen Zeitraum von 1761–1975 kam es vor, dass einem sehr kalten Winter (1946/47) ein sehr warmer Sommer folgte. Die Aufeinanderfolge von extrem temperierten Wintern und Sommern ist demnach die Ausnahme. Vielmehr gilt das Auftreten extrem temperierter Winter und Sommer als „Einzelgänger“ nahezu als Regel. Als extrem gelten Winter mit einer Abweichung von mindestens 2,0 °C und Sommer von mindestens 1,0 °C vom 215-jährigen Mittelwert. Die Jahre ab 1976 wurden in diesem Zusammenhang bewusst nicht betrachtet, denn in den letzten Jahrzehnten ist die Temperatur in Mitteleuropa so deutlich angestiegen, dass ein Vergleich mit diesem Mittelwert nicht mehr sinnvoll ist. Wie wunderbar die Natur in ihrem Klimahaushalt in einem längeren Zeitraum für Ausgleich sorgt, indem sie uns genauso viele sehr milde wie sehr kalte
Extrem temperierte Winter und Sommer in Mitteleuropa (Häufigkeit)
Strenge Winter – heiße Sommer
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Winter, aber auch ebenso viele sehr warme wie sehr kühle Sommer beschert, zeigt die nachfolgende Zusammenstellung, wo sich in der 215-jährigen Bilanz extrem temperierte Winter und Sommer die Waage halten. Demnach ist im Schnitt jeder 8. Winter extrem kalt und ebenso jeder 8. Sommer extrem warm. Dass in Mitteleuropa in einem Jahrzehnt gleich 4 extrem kalte Winter auftraten – es waren die Schicksalswinter 1940, 1941, 1942 und 1947 –, muss als „Jahrhundertereignis“ gelten, wie 100 Jahre zuvor das Auftreten der 4 sehr kalten Winter 1841, 1845, 1847 und 1848. Die drei wärmsten Winter im Zeitraum 1781–1975 waren in Mitteleuropa 1833/34, 1915/16 und 1974/75; Letzterer war der überhaupt wärmste Winter. Inzwischen sind allerdings 3 weitere sehr warme Winter aufgetreten (1988/89, 1989/90 und 1997/98). Von den 3 kältesten Wintern, 1829/30, 1928/29 und 1962/63, war der von 1829/30 am strengsten. Die 3 wärmsten Sommer waren 1826, 1834 und 1947; von ihnen war der Sommer 1834 am heißesten. Inzwischen ist dieser Sommer jedoch von dem „Jahrtausendsommer“ 2003 weit in den Schatten gestellt worden. Daneben sind 3 weitere sehr warme Sommer aufgetreten (1983, 1993 und 1994). Von den 3 kühlsten Sommern, 1805, 1816 und 1913, hatte der von 1816 die niedrigsten Temperaturen. Dass sehr kalte Winter synchron mit einer lang andauernden Schneedecke verlaufen – dabei immer unerwartet und sporadisch auftretend, mit all ihren biologischen, technischen und wirtschaftlichen Konsequenzen –, darauf haben A. Baumgärtner und H. Mayer in einer Untersuchung über die Schneedeckenverhältnisse in München hingewiesen. Danach war in unserem Jahrhundert am schneedeckenreichsten der sehr kalte Winter 1939/40 mit einer Schneedeckenhöhensumme von 2165 cm, gefolgt von den sehr kalten Wintern 1941/42 mit 2125 cm, 1962/63 mit 1963 und 1928/29 mit 1915 cm, während der sehr milde Winter 1974/75 nur eine Schneedeckenhöhensumme von 136 cm aufwies. Demgegenüber beträgt die durchschnittliche, auf den 90-jährigen Zeitraum von 1887 bis 1977 und die Monate Oktober bis April bezogene Schneedeckenhöhensumme für München 529 cm, woran die Monate mit folgenden Mittelwerten beteiligt sind: Oktober 2, November 16, Dezember 95, Januar 180, Februar 163, März 64 und April 9 cm. Eine weitere Frage erheischt Antwort: Bestehen Zusammenhänge zwischen Sonnenfleckenhäufigkeit und extrem temperierten Jahreszeiten? Dieser Frage ist zuerst W. Koppen (1846–1940) für die Tropen nachgegangen, später hat F. Baur (1887–1977) für Mitteleuropa Beziehungen zwischen Sonnenaktivität und Witterung nachgewiesen und hierfür Regeln aufgestellt: Wenn auch sehr kalte Winter und sehr warme Sommer in jeder Phase des rund elfjährigen Sonnenfleckenzyklus vorkommen, so lässt die Tatsache, dass innerhalb der 20 Sonnenfleckenzyklen von 1755 bis 1975 allein 6 sehr kalte Winter, darunter der
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Sonnenfleckenhäufigkeit und extrem temperierte Winter und Sommer in Mitteleuropa im Zeitraum 1761–1975
Mitteltemperatur von Utrecht-De Bilt, Potsdam, Wien und Basel
strengste Winter 1829/30, im 1. Jahr nach einem Flecken-Maximum gelegen waren, wie auch sehr milde Winter bevorzugt vor den Flecken-Extremen auftraten (darunter der wärmste Winter 1974/75), Zusammenhänge der irdischen Witterung mit der Sonnenaktivität vermuten. Ebenso auffallend häufig traten sehr
Strenge Winter – heiße Sommer
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warme Sommer in der Phase zwischen dem 3. Jahr nach dem Flecken-Maximum und dem 1. Jahr vor dem Flecken-Minimum auf. Über die Häufigkeit extrem temperierter Winter und Sommer in den verschiedenen Phasen des Sonnenfleckenzyklus gibt die Tabelle auf S. 105 Aufschluss.
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Wetterstress, Wetterfühligkeit und ihre Ursachen
Der Föhn mit seinem Einfluss auf die Befindlichkeit des Menschen ist eines der bekanntesten Phänomene im Zusammenhang mit Wetterfühligkeit. In den Alpenländern klagen die Menschen dann oftmals über Kopfschmerzen, andere sind niedergeschlagen, nervös oder gereizt. Aber nicht nur der Föhn, sondern jegliches Wetter beeinflusst den Menschen. Allerdings wird sein Befinden normalerweise nicht beeinträchtigt. Dennoch denken einer repräsentativen Umfrage von 2001 zufolge in Deutschland mehr als 50% der Bevölkerung, dass ihre Gesundheit zumindest etwas, und 19 %, dass sie sogar in starkem Maße vom Wetter beeinflusst wird. Dabei gaben 32 % der Wetterfühligen an, im Jahr vor der Befragung mindestens einmal nicht in der Lage gewesen zu sein, ihrer normalen Betätigung nachzugehen. Ältere Menschen und Frauen spüren den Einfluss des Wetters im Allgemeinen häufiger. Die Wetterwirkung äußert sich nicht nur im subjektiven Empfinden, sie lässt sich auch aus objektiven Größen wie den Sterbefallzahlen nachweisen. Im Winter trägt der nasskalte Witterungsablauf zur Zunahme der Sterberate bei. Dabei hat die Kälte als solche sicherlich nur einen geringen direkten Einfluss; den Hauptbeitrag liefern Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, meist nach grippalen Infekten. Auch die Auswirkungen der Luftbelastung und der Kälte lassen sich in epidemiologischen Untersuchungen meist nicht trennen. Sozio-ökonomische Effekte (z. B. Heizverhalten) sind wahrscheinlich mit zu berücksichtigen. Das engere Zusammenleben in geschlossenen Räumen mit verminderter Ventilation kann zu einer vermehrten Ausbreitung von Krankheitserregern führen, die auf eine im Winter verminderte Resistenz der Bevölkerung treffen. Trotz des saisonalen Minimums der Sterblichkeit im Sommer können insbesondere während Hitzewellen die Sterbefallzahlen markant ansteigen, da überhöhte Anpassungsleistungen des Organismus das Herz-Kreislauf-System in besonderem Maße fordern. Die Erkenntnisse über die Wirkung von Wetter und Klima sind über die Jahrtausende belegt. Hippokrates (460–377 v. Chr.) hat erstmals eine medizinische Meteorologie hergeleitet, die frei von astrologischen und magischen Doktrinen war. Für Hippokrates ist Krankheit die Folge eines Ungleichgewichtes der Körpersäfte; er empfiehlt daher: Wer die Heilkunst in der rechten Weise ausüben
Wetterstress, Wetterfühligkeit und ihre Ursachen
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Abb. 15 Mittlerer Jahresgang der absoluten Abweichung der Sterbefalle vom Normalwert pro 100 000 Einwohner in Baden-Württemberg (1998–2003)
Abb. 16 Relative Abweichung der mittleren Sterbefallzahlen in Baden-Württemberg 1968–1997 in Abhängigkeit der gefühlten Temperatur
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will, der muss zunächst die Jahreszeiten in ihrer Wirkung beachten, dann die warmen und kalten Winde, vor allem die, welche für alle Menschen gemeinsam sind, aber auch die, welche in jedem einzelnen Lande zu Hause sind. Einen juristischen Niederschlag fand die Wetterfühligkeit in der „Lex Frisionum“ (9. Jahrhundert n. Chr.), die das Zufügen einer Wunde mit einer höheren Buße belegte, wenn die Wunde eine wetterempfindliche Narbe zurückließ. Alexander von Humboldt (1769–1859) definierte das Klima biometeorologisch, indem er von allen Veränderungen in der Atmosphäre ausgeht, die die Organe merklich affizieren, einschließlich des Grades habitueller Durchsichtigkeit und Heiterkeit des Himmels, die auch wichtig für die Gefühle des Menschen sind. Eine Vielzahl statistischer Untersuchungen hat in den letzten Jahrzehnten bestätigt, dass nicht nur Befindensstörungen, sondern auch Auftreten und Ablauf von Erkrankungen sowie die Häufigkeit von Verkehrs- und Betriebsunfällen in Beziehung zu bestimmten Wettersituationen stehen. Aber auch günstige Wettereinflüsse wurden erkannt. Aus medizinischer Sicht gehen vom Wettergeschehen Reize auf den Organismus aus – Stressoren, die der Ausgleichsregulation bedürfen, damit der Organismus sein Gleichgewicht aufrechterhalten und dadurch optimale Organfunktionen garantieren kann. Die Regulation erfolgt über das vegetative Nervensystem, das über Hypothalamus und Hypophyse auch auf die Nebennierenrinde wirkt und damit das hormonelle System beeinflusst. Jeder Mensch reagiert also in diesem Sinne aufs Wetter. Bei verminderter Anpassungsfähigkeit tritt dann die Wetterfühligkeit als funktionelle Störung an einzelnen Organsystemen auf. Werden Symptome bestehender Krankheiten ausgelöst oder verstärkt, spricht man von Wetterempfindlichkeit. Mediziner und Meteorologen haben erkannt, dass die biologische Wirksamkeit des Wetters, die Wetterbiotropie, im Allgemeinen nicht auf die Änderung eines einzelnen meteorologischen Elements, z. B. die Lufttemperatur, zurückzuführen ist, sondern dass der komplexe Wetterablauf eine bessere Erklärungsmöglichkeit liefert. Auf den grundlegenden Arbeiten von K. Bucher, W. Sönning, H. Ungeheuer, H. Brezowsky, K. Daubert, F. Becker und W. Kuhnke hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) ein Schema der Wetterklassifikation entworfen, in das sich der biometeorologische Wissensstand gut einfügen lässt. Dieses Schema hat unter anderem den Vorteil, dass es direkt aus den von den Großrechenanlagen täglich erzeugten numerischen Vorhersagen ableitbar ist. Die chronologische Folge der Wetterklassen ist im Schema so gewählt, dass sie dem Witterungsablauf in Mitteleuropa entspricht. Dieser wird geprägt durch die Westwindzone, in der in einer gewissen Abfolge Hoch- und Tiefdruckgebiete mit den entsprechenden
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Übergangsbereichen vom Atlantik kommend über den Betrachtungsraum hinweggesteuert werden. Die vielfältigen Erscheinungsformen des Wetters können entsprechend seiner Biotropie in folgender Weise zusammengefasst werden: 1. Hochdruckwetter: Im Zentrum eines Hochs und bei der Wetterberuhigung nach dem Durchzug einer Störung herrscht die biologisch günstigste Situation. Durch das wolkenarme Wetter sind die tagesrhythmischen Vorgänge ausgeprägt. Sie stimulieren tagsüber durch Sonnenschein und strahlungsbedingten Temperaturanstieg den Organismus. Nachts können sie die Schlafqualität begünstigen, wenn es zu einer frühzeitigen abendlichen Abkühlung kommt. Dies wird vor allem in der Nähe von Bergen und Talausgängen durch kühle abendliche Bergwinde gefördert. In den Beckenlagen und den großen Flusstälern kann allerdings im Sommer im Bereich des Hochs Wärme das Herz-Kreislauf-System belasten. Auch können lufthygienische Probleme bei hohen Konzentrationen des bodennahen Ozons (Sommersmog) auftreten, die insbesondere bei Kindern, Herzkranken, Pollenallergikern und Asthmatikern zu Reaktionen führen können. Im Winter können Inversionswetterlagen mit anhaltendem Nebel und Schadstoffanreicherungen belastend sein. HerzKreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Rheumabeschwerden nehmen dann oft zu. 2. Übergang vom Hoch zur Tiefvorderseite: Biologisch bereits nachteilig ist das Geschehen beim abziehenden Hochdruckgebiet. Obwohl eine Wetterverschlechterung optisch noch nicht wahrnehmbar ist, kann sich das subjektive Befinden schon verschlechtern. Manche leiden an nervöser Erregbarkeit, Gereiztheit, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Schlafstörungen. Gelangt man weiter auf die Tiefvorderseite, zeigen sich nach hohen Schleierwolken Schichtwolken, die sich zunehmend verdichten. Dabei kann Niederschlag einsetzen. In diesem Bereich ist die Biotropie am stärksten. Die tagesrhythmischen Vorgänge im Wetterablauf sind gestört, und dadurch verstärken sich die subjektiven Befindensbeeinträchtigungen. Auch können sich lokale Wetterbeschwerden wie Narben- und Rheumaschmerzen einstellen. Beschwerden mit dem Herz-Kreislauf-System betreffen insbesondere diejenigen Menschen, die unter einem zu niedrigen oder labilen Blutdruck leiden. Auch ist die Neigung zu Embolien, Thrombosen und Herzinfarkten sowie fieberhaften und entzündlichen Prozessen erhöht. 3. Tiefzentrum: Im Tiefzentrum werden die Aufgleitvorgänge der Tiefvorderseite von Zonen mit labilen Umlagerungen unterbrochen. Dichte Bewölkung mit länger andauernden, schauerartig verstärkten Niederschlägen bestimmen das Wetter. Entsprechend der Intensität des Tiefdruckgebiets sind weiterhin Befindensstörungen möglich. Belastungen im Herz-Kreislauf-Bereich, Angina-pectoris-Beschwerden, Asthmaanfälle, Beschwerden bei chronischer Bronchitis,
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eine erhöhte Neigung zu Krämpfen oder Koliken, aber auch fieberhafte und entzündliche Reaktionen sowie rheumatische Beschwerden sind möglich. 4. Übergang zur Tiefrückseite: Wenn die Kaltfront durchzieht und ihr auf der Tiefrückseite hoch reichende Kaltluft folgt, bestimmen Quellwolken und Schauer, im Sommer oftmals auch Gewitter das Wettergeschehen. Betroffen sind nun häufiger Menschen mit hohem Blutdruck. Sie reagieren damit auf die starken bis sehr starken Reize, die von den hoch reichenden Umlagerungen ausgehen können. Diese begünstigen krampfartige Zustände der Blutgefäße und der feinen Verästelungen in der Lunge. Die Anfälligkeit für Angina pectoris, Koliken und Hustenreiz bei obstruktiver Bronchitis ist erhöht. Auch Rheumatikern und Personen mit Arthritis kann die kalte Rückseite des Tiefs zu schaffen machen. 5. Übergang zum Hoch oder Zwischenhoch: Während dieser Wetterphase setzt Wetterberuhigung ein, die Wolken werden flacher und lösen sich zunehmend auf. Gleichzeitig klingen wetterbedingte Beschwerden ab und die Stimmung ist meist ausgeglichen.
Abb. 17 Zuordnung von Biotropie-Bereichen zum Frontensystem eines Tiefdruckgebietes
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Auch wenn Wetter per se nicht krank macht, so kann doch bei 5–25 % der angesprochenen Beschwerden der Wettereinfluss als auslösendes Element nachgewiesen werden. So ist es nicht verwunderlich, dass das Wetter an manchen Tagen auch die Schaffenskraft bekannter Persönlichkeiten verminderte, wie aus ihren Lebensbeschreibungen zu erschließen ist. Dazu gehörten u.a. Columbus, A. v. Humboldt, Keppler, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Mozart, Napoleon, Nietzsche und Wagner. Goethe (1749–1832) hat einen Luftmassenwechsel besonderer Art, den Einbruch des Föhns (lateinisch Apertus), beschrieben: „Der Apertus ist Magier, Maler, Scharlatan und Medicus zugleich. Seine Luft dringt durch Mark und Bein und vermag selbst einen Cholericus zum Melancholicus umzustimmen. Auch mich hat er gepackt, und lange war ich mir nicht gewiss, fühle ich mich im Elysium oder bin ich der todtraurige Bruder des Laokoon.“ Wegen der engen Zusammenhänge zwischen Wetter und Gesundheit hat der Deutsche Wetterdienst 1985 zusammen mit der Landesärztekammer Hessen die Medizin-Meteorologischen Hinweise für die Öffentlichkeit ins Leben gerufen. Sie informieren über die zu erwartenden wetterbedingten Einflüsse auf das Befinden und die Risikofaktoren aufgrund der meteorologischen Entwicklung, wobei natürlich die Reaktionsbereitschaft des Einzelnen nicht bekannt ist. Aber die Informationen helfen insbesondere Patient und Arzt, sich über die potenziellen Umwelteinflüsse zu unterrichten, die individuelle Reaktion des Organismus bestimmten Wettersituationen zuzuordnen und wetterbedingte von organischen Verschlechterungen im Krankheitsverlauf abzugrenzen. Als nützlich erweisen sie sich für den Wetterfühligen durch die Erkenntnis, dass momentane Beschwerden wetterbedingt sein können und durch das Vermeiden von anstrengenden und ungewohnten Tätigkeiten reduziert werden können. Auch lässt sich in Absprache mit dem Arzt die Dosierung von Medikamenten und Kurmitteln gegebenenfalls anpassen. Die Vorhersage für Wetterfühlige kann für einzelne bioklimatisch abgegrenzte Regionen über den telefonischen Informationsdienst und in Zukunft auch über Internet auf den Seiten des Deutschen Wetterdienstes (www.dwd.de) abgerufen werden. Analog wird für den aktuellen Pollenflug eine Vorhersage bereitgestellt, mit deren Hilfe Allergiker durch entsprechende Verhaltensweise oder Medikation gezielt vorbeugen können. Derzeit sind über 15 % der Bevölkerung in Deutschland Pollenallergiker, Tendenz steigend. Dabei werden 95 % der Allergien von Hasel-, Erlen-, Birken-, Gräser-, Roggen- und Beifußpollen ausgelöst, weshalb sich die Vorhersage auf diese Pollenarten beschränkt. Die Vorhersage basiert auf den von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst bereitgestellten und in Kliniken, Arztpraxen, Landesämtern und beim DWD gemessenen und ausgewerteten Pollenkonzentrationen, den aktuellen Daten aus der agrarmeteorologischen Datenerfassung sowie den numerischen Wettervorhersagen des DWD.
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Abb. 18 Die atmosphärischen Wirkungskomplexe
Die Physiologen stellen für die Wetter- und Klimaeinwirkung auf den menschlichen Organismus drei Wirkungskomplexe heraus. Diese umfassen diejenigen meteorologischen Elemente, die in dem jeweiligen Komplex wirksam werden. Da sich der Organismus in einer ständigen Auseinandersetzung mit den thermischen Umgebungsbedingungen befindet, kann der thermische Wirkungskomplex als der wichtigste angesehen werden. Hier werden alle Größen beschrieben, die für den Austausch von Wärme zwischen dem Körper des Menschen und der Atmosphäre von Bedeutung sind. Die wichtigsten meteorologischen Größen sind dabei Lufttemperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung – sowohl die direkte Strahlung der Sonne, die diffuse Himmelsstrahlung als auch die von der Temperatur der Oberflächen aller Körper und der Atmosphäre abhängige Wärmestrahlung. Um weder zu stark auszukühlen noch aufzuheizen, müssen sich Wärmegewinn (hauptsächlich verursacht durch den Stoffwechsel und die Muskelaktivität) und Wärmeabgabe des Organismus die Waage halten. Das leistet ein ausgeklügeltes körpereigenes Thermoregulationssystem. Dabei werden über das vegetative Nervensystem und über hormonelle Änderungen Blutgefäße und Herzleistung beeinflusst. Unter behaglichen Umgebungsbedingungen wird es nur wenig gefordert. Ist die Wärmeabgabe jedoch behindert – was hauptsächlich bei sommerlichen, gering bewölkten Hochdruckwetterlagen mit hohen Temperaturen, hoher Luftfeuchte und schwachem Wind der Fall ist –, droht Überhitzung und die Wärmeregulation muss verstärkt wirksam werden. Dabei schützt sich der Körper
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vor allem dadurch, dass er vermehrt Blut aus dem Körperinnern in die äußeren Hautschichten transportiert, damit sich dieses im Kontakt mit der kälteren Luft oder beim Schwitzen abkühlt. Hier zeigt sich der enge Zusammenhang zwischen Thermoregulation und Herz-Kreislauf-System: Die verstärkte Blutzirkulation muss vom Herz-Kreislauf-System realisiert werden, dementsprechend steigt nach anfänglichem Blutdruckfall unter zunehmend warmen Bedingungen bei gleichbleibender Aktivität die Herzfrequenz. Kühle Bedingungen – meist mit niedriger Lufttemperatur, erhöhter Windgeschwindigkeit und oftmals auch mit Bewölkung verknüpft – fordern den Organismus im Sinne eines Reizes, der die Regulationsfähigkeit trainiert. Dabei versucht sich der Organismus vor Auskühlung in erster Linie durch die Verengung der Gefäße zu schützen. Nur ein geringer Teil der inneren Wärme gelangt dann über die Blutbahnen nach außen. Reicht das nicht aus, setzt Kältezittern ein. Die Muskeln werden also aktiviert – nicht für körperliche Arbeit, sondern nur zur Produktion von Wärme. Geeignete Verhaltensweisen unterstützen die physiologische Anpassung: durch geeignete Bekleidung, erhöhte oder verringerte Aktivität sowie durch das Aufsuchen geschützter oder exponierter Orte kann man ganz bewusst für ein angenehmes Temperaturempfinden sorgen. Während bei Wärmebelastung die Anpassungsmöglichkeiten allerdings eng begrenzt sind, lassen sich Kältereize dadurch oftmals auf ein erträgliches Maß reduzieren. Mithilfe von Wärmehaushaltsmodellen des Menschen lässt sich die zu erbringende Anpassungsleistung an die thermischen Umgebungsbedingungen berechnen. Dabei werden alle für den Wärmehaushalt relevanten Größen berücksichtigt. Der Deutsche Wetterdienst hat dazu das Klima-Michel-Modell entwickelt. Es verknüpft das atmosphärische Milieu mit dem Energieumsatz einer Standardperson (männlich, 35 Jahre alt, 1,75 m groß, 75 kg schwer) – des Klima-Michel – beim Gehen mit konstanter Geschwindigkeit von 4 km/h. Seine Bekleidung passt er so an, dass er – soweit möglich – Behaglichkeit empfindet. Dabei kann er zwischen leichter Sommer- und dicker Winterbekleidung variieren. Zur Beschreibung dient die „gefühlte Temperatur“. Sie kann bis zu 15 °C von der Lufttemperatur abweichen. Gefühlte Temperaturen zwischen 0 und 20 °C bedeuten Behaglichkeit, gefühlte Temperaturen unter 0 °C erzeugen ein Kalt- und über 20 °C ein Warmgefühl. Trotz des saisonalen Minimums der Sterblichkeit im Sommer steigen die Sterbefallzahlen mit zunehmender Wärmebelastung in Deutschland markant an. Untersuchungen in Baden-Württemberg zeigen bei Hitzewellen einen mittleren Anstieg von fast 14 %, im Extremfall sogar bis 25 %. Betroffen sind überwiegend ältere Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder aus anderen Gründen eingeschränkter Anpassungskapazität, aber auch Kleinkinder.
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Die Gefahr, die von länger andauernder starker Wärmebelastung ausgehen kann, wurde im Jahr 2003 deutlich, als während einer Hitzewelle in Westeuropa mehrere tausend Menschen starben. In Deutschland wurde inzwischen ein Hitzewarnsystem eingerichtet, das vor starker und extremer Wärmebelastung warnt. Die Warnungen sollen insbesondere Pflege- und Altenheime sowie Krankenhäuser darauf vorbereiten, erforderliche Interventionsmaßnahmen durchzuführen. Aber auch der Einzelne wird aufgefordert, sein Verhalten der Situation anzupassen, z.B. sich möglichst im Schatten aufzuhalten, anstrengende Aktivitäten in die frühen Morgenstunden zu verlegen und reichlich zu trinken. Auf den Warnseiten des Deutschen Wetterdienstes kann man sich kostenlos über die Warnsituation informieren. Der aktinische Wirkungskomplex behandelt alle Strahlungsvorgänge, die außer dem Einfluss auf den Wärmehaushalt einen direkten biologischen Effekt haben. Dazu gehören die Einflüsse der Sonnenstrahlung auf das Sehen, den Hormonhaushalt und den psychischen Bereich. Helles Licht und starke Kontraste erzeugen eine auf Aktivität und Arbeit ausgerichtete Stimmungslage, dämmrige und kontrastarme Bedingungen wirken dämpfend. Der Hell-Dunkel-Wechsel besitzt eine Zeitgeberwirkung. Nachgewiesen werden konnte auch der Einfluss auf die Hormonproduktion, insbesondere auf die des Melatonins. Trotz ihres relativ geringen Anteils an der Gesamtstrahlungsintensität der Sonne besitzt die Ultraviolettstrahlung (UV) eine außerordentlich große biologische Bedeutung. Das UV-Licht ist in einen etwas langwelligeren Anteil, das UV-A, und in das kurzwelligere UV-B unterteilt. Die UV-A-Strahlung führt primär zu Hautbräunung, die das tiefere Eindringen der energiereichen Strahlung in den Körper vermindern soll. Das UV-B führt bei unvorsichtiger Exposition zu Sonnenbrand und erst sekundär, dann aber stärker als das UV-A, zu Hautbräunung. Bei richtiger Dosierung überwiegen die positiven Einflüsse des UV-B. Widerstandsfähigkeit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit werden gesteigert, Vita-
Tab a: Hauttypen und Erythemschwelle (Greiter, 1984)
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min D3, das zum Knochenaufbau wichtig ist, wird gebildet. Das Immunsystem kann moduliert, der Kreislauf ökonomisiert und die vegetativen Regulationen können stabilisiert werden. Übermäßiger Sonnengenuss allerdings kann eine Überforderung der Schutzmechanismen von Haut und Auge bedeuten. Sonnenbrand, Schneeblindheit, Bindegewebsentzündungen der Augen können die Folge sein. Für die Gesundheit besonders wichtig sind auch die Spätfolgen einer Überdosierung. Dies sind grauer Star, frühzeitige Alterung der Haut, insbesondere aber Hautkrebs. Dieser ist inzwischen eine der häufigsten Krebsformen. Häufige starke Sonnenbestrahlung mit Sonnenbrand besonders im Kindes- und Jugendalter fördern die Bildung gerade des malignen Melanoms, des schwarzen Hautkrebses. Die Zahl der Neu-
Tab b: UV-Exposition und Schutzempfehlungen nach WHO
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bildungen maligner Melanome hat sich in den letzten 40 Jahren alle 7–8 Jahre verdoppelt. Das ist besonders auf das geänderte Freizeitverhalten zurückzuführen, das dem Trend folgt, gebräunte Haut als ein Zeichen für Gesundheit anzusehen. Die Empfindlichkeit der Haut variiert individuell sehr stark. In Mitteleuropa ist der Hauttyp III (dunkelhäutiger Mitteleuropäer) am häufigsten vertreten. Er hat mäßig oft Sonnenbrand, bräunt jedoch nach wiederholten Bestrahlungen fortschreitend. Empfindlicher ist der Hauttyp II, der fast immer Sonnenbrand entwickelt, jedoch nach wiederholter UV-Exposition auch etwas bräunen kann. Angaben zur Sonnenbrandzeit richten sich nach dem UV-empfindlicheren Teil der Bevölkerung. Als einfaches Maß für die sonnenbrandwirksame UV-Strahlung wurde der UV-Index eingeführt. Er soll die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die Risiken lenken, die mit einer exzessiven UV-Exposition verbunden sind. Er wird weltweit einheitlich verstanden und ist unabhängig vom Hauttyp. Seit 1995 werden Vorhersagen des UV-Index erstellt. Sie zielen darauf, die gesundheitlich wünschenswerten Aktivitäten im Freien zu fördern, indem man sich der mit der UV-Exposition verbundenen Risiken bewusst wird, ihnen durch vernünftige Schutzmaßnahmen entgegenwirkt und somit die empfangenen UV-Dosen
Abb. 19 Mittlerer Tagesgang des UV-Index an wolkenlosen Tagen für München und Potsdam
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Abb. 20 Beispiel fürVorhersage des UV-Index im Internet
deutlich senkt. Über Internet (www.dwd.de/PROMOTE und www.uv-index.de), Medien und Telefonansage werden die Vorhersagen verbreitet. Der UV-Index variiert im Bundesgebiet zwischen 1 und 7 in Norddeutschland, in Süddeutschland kann er auch bei 8 und in den höheren Alpenregionen gelegentlich bei 10 liegen. Des Weiteren wurde ein Warnsystem eingeführt, das die Öffentlichkeit unterrichtet, wenn die sonnenbrandwirksame UV-Strahlung absolut oder relativ gegenüber dem klimatologischen Jahresgang eine deutlich erhöhte Intensität erwarten lässt. Die Warnhinweise sind mit einfachen Schutzempfehlungen der Weltorganisation für Gesundheit (WHO) verbunden. Sie können auf den Warnseiten des DWD abgerufen werden. Im lufthygienischen Wirkungskomplex werden die natürlichen und die durch den Menschen verursachten Luftbeimengungen zusammengefasst. Sie können verschiedenartige Reaktionen auslösen: Die im Wald freigesetzten ätherischen Öle oder die Salzpartikel an der See haben eine positive Wirkung, während Allergene oder Schadstoffe den Menschen belasten können. Die häufigsten Gesundheitsbeeinträchtigungen werden durch Reizgase wie Stickoxide, Photooxidantien und Ozon sowie durch partikelförmige Luftbeimengungen, Ruß und saure Aerosole hervorgerufen, die insbesondere die Schleimhäute der Atemwege und der Augen beeinflussen. In den letzten Jahrzehnten ist
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die Bedeutung des Wintersmogs zurückgegangen, der aus den Emissionen von Kraftwerken, Industrie und Hausbrand entsteht. Dagegen tritt nun der Sommersmog stärker in den Vordergrund. Er entsteht unter starker Sonneneinstrahlung bevorzugt aus den Verkehrsabgasen, den Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen wie Benzol. Das Ozon in der bodennahen Schicht, das als Folgeprodukt auftritt, ist das verhältnismäßig leicht zu bestimmende Indikatorgas für dieses Gemisch aus Photooxidantien. Das Ozon ist praktisch wasserunlöslich und kann deswegen bis zu den Lungenbläschen gelangen. Es begünstigt die Entstehung von entzündlichen Prozessen der Atemwege und beeinträchtigt den Gasaustausch mit dem Blut. An Sommertagen erreicht das Ozon die maximale Konzentration in den frühen Nachmittagsstunden und bleibt bis ca. 19 Uhr erhöht. Die Ozonwirkung trifft insbesondere Personen, die im Freien länger andauernd körperliche Aktivitäten ausüben, z. B. Radrennfahrer oder auch Kinder, weil sie besonders viel Luft schöpfen müssen. Daneben gibt es noch besonders empfindliche Personen, die sehr frühzeitig reagieren, wobei Erkrankte nicht häufiger als Gesunde beeinträchtigt sind. Unter Kenntnis des jahreszeitlichen Ganges der Ozonkonzentration sollte man daher unter sommerlichen Bedingungen seine sportliche Aktivität auf den Vormittag verlegen. Die Morgenstunden sind auch deshalb vorteilhaft, da eine mögliche Wärmebelastung dann ebenfalls geringer ist und so das Herz-Kreislauf-System nicht zusätzlich beansprucht wird. Vor allem in Städten und verkehrsnahen Gebieten ist die Belastung mit winzigen Staubteilchen zur Zeit eines der bedeutendsten lufthygienischen Probleme. Feinstaubpartikel, deren Durchmesser kleiner als ein ZehntausendstelMillimeter sind, können wie auch das Ozon tief in die feinsten Verästelungen der Lunge eindringen und von dort in die Lymph- und Blutbahnen gelangen. Durch Anlagerung weiterer giftiger Substanzen kann eine Vielzahl chemischer Verbindungen entstehen und die Gesundheit beeinträchtigen, indem sie z. B. zu Husten, Atemnot, einer erhöhten Anfälligkeit bei Asthma und Bronchitis sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs führen. Es gibt verschiedene Feinstaubquellen, als Hauptverursacher gilt aber der motorisierte Verkehr. Ein Teil davon wird direkt durch Verbrennungsprozesse ausgestoßen, entsteht durch mechanischen Abrieb von Reifen und Straßenbelag oder entstammt natürlichen Quellen. Ein anderer Teil, die sekundären Partikel, bildet sich erst in der Luft aus gasförmigen Vorläuferschadstoffen. Um die Belastung erfolgreich zu senken, sind mehrere Maßnahmen erforderlich. Die vorgestellten Wirkungskomplexe treten von Tag zu Tag in sehr differenzierten Variationen der einzelnen meteorologischen Elemente auf. Für bestimmte Wettersituationen sieht das Zusammenspiel jedoch sehr ähnlich aus, weswegen sich die Wetterlagen besonders gut zur Untersuchung wetterbedingter Reaktionen eignen.
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Das Bioklima in Deutschland
In seinem Lehrbuch der Hygiene hat Max Rubner (1854–1932) das Klima noch eindeutiger als A. v. Humboldt in Beziehung zum menschlichen Organismus gesetzt. Er versteht unter Klima „alle durch die Lage eines Ortes bedingten Einflüsse auf die Gesundheit, wobei zu einer erschöpfenden Klimadarstellung nicht nur die Wärme- und Feuchtigkeitsverhältnisse gehören, sondern alle meteorologischen und örtlichen Faktoren, die auf die Gesundheit einwirken“. Dieser umfassenden Definition kann man bezüglich der thermischen Komponente des Bioklimas durch Wärmehaushaltsmodelle wie das Klima-Michel-Modell gerecht werden. So werden bei der Bestimmung der gefühlten Temperatur alle thermo-physiologisch relevanten meteorologischen Größen berücksichtigt. Für eine Darstellung des Bioklimas in Deutschland wurden langjährige Messund Beobachtungsdaten der deutschen Wetterstationen mit dem Klima-MichelModell analysiert. Die Ergebnisse lieferten die Basis, anhand der ein statistisches Modell geeicht werden konnte, das das thermische Empfinden des Menschen in Beziehung zu den Klimafaktoren geographische Breite und Länge, Höhe über dem Meeresspiegel und Geländeform setzt. Als Resultat erhält man für jeden Ort in Deutschland die im Mittel zu erwartende Zahl der Tage mit Wärmebelastung sowie die Zahl der Kältereize und damit eine auf den Menschen bezogene Bewertung des thermischen Milieus. Großklimatisch liegt Deutschland im Westwindgürtel der mittleren Breiten, der durch häufigen Wechsel von Hoch- zu Tiefdruckgebieten gekennzeichnet ist. Von der geographischen Breite hängt die Sonnenhöhe ab, die den Jahres- und Tagesgang der Lufttemperatur beeinflusst. Wegen der größeren Nähe Norddeutschlands zu den Tiefdruckzentren über dem Nord- und Ostatlantik gibt es auch einen deutlichen Zusammenhang zum Jahresmittel der Windgeschwindigkeit. Die geographische Länge ist in Deutschland ein Maß für die Maritimität bzw. Kontinentalität des Klimas. Im Gegensatz zur Kontinentalität ist das maritime Klima durch geringe Schwankungsbreiten der Temperatur im Jahres- und Tagesablauf charakterisiert. So liegen bei etwa vergleichbaren Jahresmaxima der Lufttemperatur in der Oberrheinebene und in den Niederungen von Ostbayern die winterlichen Tiefstwerte in Bayern deutlich unter denen, die in der Rheinebene zwischen Basel und Frankfurt a. M. auftreten.
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Lufttemperatur und absolute Feuchte hängen von der Höhe über dem Meer ab. Im langjährigen Mittel nimmt die Temperatur um ca. 0,5 °C auf 100 m Höhenanstieg ab. Im mittelgebirgsreichen südlicheren Teil Deutschlands werden hauptsächlich deshalb im Vergleich zur norddeutschen Tiefebene auf kurze Entfernung eine Vielzahl unterschiedlicher Klimate angetroffen. Die Ausrichtung der Gebirge relativ zur Hauptwindrichtung ist Ursache für weitere Klimamodifikationen. Die vorwiegend aus Südwest bis West wehenden Winde führen auf der Anströmungsseite der Gebirge, dem Luv, zu vermehrter Bewölkung und höheren Niederschlägen; die Leelagen sind dagegen durch mehr Sonne verwöhnt. Die Mittelgebirge sind ein beachtliches Hindernis für die Luftströmung. Durch ihre Wirkung sind in den großen Tälern und Beckenlagen Mittel- und Süddeutschlands die Windgeschwindigkeiten im Vergleich zur norddeutschen Tiefebene, besonders gegenüber den Küsten, deutlich vermindert. Lokale Unterschiede werden durch die Geländeform geprägt. Kuppen sind dem Wind ausgesetzt und wegen des freien Horizontes strahlungsreicher als Tallagen. Die Gipfel ragen im Spätherbst und Winter häufig aus Kaltluftseen heraus, die sich in den großen Tälern insbesondere während wolkenarmer, windschwacher Nächte ansammeln können. Wenn die Kraft der Sonne tagsüber nicht mehr ausreicht, die nächtliche Kaltluft aufzuheizen, bilden sich dann oftmals Nebel und Hochnebel aus, und Luftschadstoffe reichern sich an. Andererseits aber können sich in orographisch gegliedertem Gelände auch lokale Windsysteme bilden, die den Ortschaften an den Talausgängen abends und nachts frische und oftmals reine Luft von den Bergen zuführen. Auch die Oberflächenbeschaffenheit, die von der Landnutzung (z. B. Wald, Feld, Stadt) bestimmt wird, leistet einen wesentlichen Beitrag zu den kleinräumigen Unterschieden des Klimas. Jeder Mensch empfindet ein und dieselben klimatischen Bedingungen subjektiv etwas anders. Das hängt vom Alter sowie vom individuellen Gesundheitsund Fitnesszustand ab; es hängt aber auch mit Erwartungen, Erfahrungen und Assoziationen zusammen. Gleichwohl können die Eigenschaften des Klimas in Hinblick auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit des Menschen anhand von Belastungs-, Schon- und Reizfaktoren beschrieben werden. Diese Faktoren können natürlich an einem Ort im Laufe des Jahres wechseln. Zu den Belastungsfaktoren zählen mit Schadstoffen angereicherte Luft, verminderte Sonnenscheindauer – insbesondere in den Übergangsjahreszeiten durch Nebel oder niedrige Bewölkung – sowie eine hohe Anzahl von Tagen mit Wärmebelastung. Als Schonfaktoren gelten eine im Vergleich zu den Verdichtungsräumen geringere Schadstoffbefrachtung der Luft, Allergenarme und günstige Sonnenverhältnisse verbunden mit der Möglichkeit, in einem nahen Wald Schatten aufzu-
Das Bioklima in Deutschland
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suchen, sowie thermisch ausgeglichene Verhältnisse, insbesondere eine allenfalls geringe Zahl von Tagen mit Wärmebelastung. Reizfaktoren sind ein geringer Sauerstoffpartialdruck, wie er in Deutschland in größeren Höhen der Alpen anzutreffen ist, eine geringe absolute Feuchte, erhöhte Intensität der UV-Strahlung, starke Tagesschwankungen der Lufttemperatur und – als vielleicht wichtigstes Element – erhöhte Abkühlungsreize für den Organismus, meist bedingt durch eine niedrige Lufttemperatur bei größerer Windstärke. Entsprechend seiner geographischen Gliederung weist das Bioklima Deutschlands einen großen Variationsreichtum auf. Das Küstenklima im Bereich der Nord- und Ostsee ist durch die Dämpfung der Temperaturamplitude im Jahres- und Tagesgang gekennzeichnet. Im Sommer muss man somit nur selten mit Wärmebelastung rechnen und im Winter herrschen relativ hohe Temperaturen. Trotz dieser schonenden Klimaeigenschaften dominieren aber im Küstenbereich die Reizfaktoren: Hohe Windgeschwindigkeiten sorgen für erhöhte Abkühlungsreize und ein gegenüber dem Binnenland geringerer Bewölkungsgrad, eine meist hohe Luftreinheit sowie eine geringe Horizonteinschränkung tragen zu einem hohen UV-Anteil in der Sonneneinstrahlung bei. Im Tieflandklima Nord- und Ostdeutschlands trifft man abseits der Ballungsräume auf ein thermisch ausgeglichenes Klima. Nur selten bis gelegentlich ist mit Wärmebelastung zu rechnen, wobei die Häufigkeit dem zunehmenden kontinentalen Einfluss zufolge von Nord nach Süd, aber auch von West nach Ost etwas ansteigt. Die stärkere Kontinentalität macht sich auch bei der Strahlung bemerkbar. So weisen die Landschaften östlich von Elbe und Saale deutlich mehr Sonnenschein auf. Bioklimatisch besonders vielgestaltig ist der Mittelgebirgsraum. In der unteren Stufe des Mittelgebirgsklimas überwiegen die Schonfaktoren. Lokale Windsysteme tragen oftmals zu einer günstigen frühzeitigen Abkühlung am Abend bei und Wärmebelastung wird in der Regel nicht zum Problem. Im Winter muss man in Kesseln und Tälern allerdings auch mit länger anhaltendem Nebel und Hochnebel rechnen, was schnell als belastend empfunden wird. In der mittleren Stufe des Mittelgebirgsklimas bestimmen ebenfalls die schonenden Faktoren wie hohe Luftreinheit und wenig Wärmebelastung das Bild, auf den angrenzenden Höhen treten aber schon die Reizfaktoren hervor. Durch das Aufsuchen von Wald, der in diesen Regionen nahezu überall vorhanden ist, kann man die Reize aber in allen Jahreszeiten entsprechend der gewünschten Reizintensität dosieren. In der hohen Stufe des Mittelgebirgsklimas dominieren die Reizfaktoren das Bioklima. Wärmebelastung tritt allenfalls selten auf; der Wald bietet jedoch meist ausreichenden Schutz vor zu hohen Reizintensitäten.
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Im Hochgebirgsklima ist die Reizstärke gegenüber dem Mittelgebirgsklima noch gesteigert. Sowohl intensive Strahlung als auch hohe Abkühlungsreize kommen vor. Die Tagesschwankungen der Temperatur sind in den Hochtälern groß. Oberhalb 1500 m Höhe wird der verringerte Sauerstoffpartialdruck spürbar. Während das Bioklima die Gesamtheit aller atmosphärischen Einflussgrößen auf den menschlichen Organismus beschreibt, schließt das Heilklima im Idealfall alle belastenden Faktoren aus. Heilklima ist aber noch mehr: Es besitzt eine stimulierende Wirkung durch Reize, die bei wohldosierter Anwendung Anpassungsreaktionen im Organismus auslösen. Das trainiert den Körper, möglichst effektiv auf die natürlichen Umweltreize zu reagieren, und stabilisiert den Gesamtorganismus. Zahlreiche Kurorte – insbesondere Seeheilbäder und heilklimatische Kurorte – nutzen die heilklimatischen Eigenschaften des Klimas zu therapeutischen Zwecken. Sie sind hauptsächlich an den Küsten von Nord- und Ostsee sowie in den Mittelgebirgen zu finden. Der im Internet veröffentlichte Deutsche Bäderkalender (www.baederkalender.de) von 2005 weist 67 heilklimatische Kurorte und 46 Seeheilbäder aus.
Das Bioklima in Deutschland
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Der Mond und das Wetter
Der Mond, natürlicher Satellit der Erde, vermag infolge seiner Anziehungskraft nicht nur die Gezeiten (Ebbe und Flut) zu steuern, sondern steht noch in manch anderer Beziehung zum Geschehen auf der Erde. Ob die wechselnden Phasen des Mondes (zunehmender oder abnehmender Mond, Vollmond oder Neumond) Einfluss auf unser Wetter haben, darüber gibt es keine allgemein gültigen Regeln. Die verbreitetste Ansicht ist die, dass der zunehmende Mond mit Wetterbesserung einhergehen soll. Aber schon die Tatsache, dass der Erdtrabant in seiner jeweiligen Phase für den ganzen Globus in Erscheinung tritt, das Weltwetter jedoch zur gleichen Zeit eine Vielfalt gegensätzlicher Wetterlagen aufweist, widerspricht der Ansicht vom Mondeinfluss auf das Großwetter. Immerhin haben Untersuchungen, auf örtlicher Basis und in einem längeren Zeitraum durchgeführt, Zusammenhänge der vier Mondphasen mit unterschiedlicher Häufigkeit von Niederschlag und Wind aufgezeigt. So schrieb der Regensburger Meteorologe F. von Schmöger im Jahre 1839 das Ergebnis seiner Untersuchung über den Einfluss des Mondes auf das Wetter in folgenden zwei Sätzen nieder: „Bei zunehmendem Monde ist die Regenmenge größer als bei abnehmendem, am größten in der Zeit von Neumond zum ersten Viertel. Zur Zeit der Erdferne und Erdnähe fällt mehr Regen als in anderer Zeit.“ Schmöger stützte sich dabei auf 60-jährige Wetterbeobachtungen, die seit 1771 in Regensburg regelmäßig aufgezeichnet wurden, und bewies damit das Gegenteil der überlieferten Ansicht, nach der eine Wetterbesserung bei zunehmendem Monde zu erwarten sei. Im Rahmen einer neueren Regensburger Untersuchung von K. Rocznik über Zusammenhänge von natürlicher Radioaktivität und Witterung wurde das Verhalten einiger Wetterelemente in den vier Mondphasen während der drei Jahre 1965–1967 überprüft. Es wurden hierfür Durchschnittswerte von Niederschlagsmengen, von Tagen mit mindestens 1 mm Niederschlag, von Tagen mit Starkwindböen sowie vom Luftdruck ermittelt. Die veröffentlichten Ergebnisse waren insofern überraschend, als, mit den älteren Schmöger’schen Ergebnissen übereinstimmend, in der Mondphase des letzten Viertels die geringsten Niederschlagsmengen, analog dazu die wenigsten Niederschlagstage und am auffälligsten die wenigsten Starkwindtage auftraten, was den Schluss zulässt, dass die
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Phase des abnehmenden Mondes durch Schönwetterlagen bevorzugt wird. Dass in der Phase des ersten Viertels, also bei zunehmendem Mond, die meiste Luftunruhe herrscht – mit 31 % aller Starkwindtage im vieljährigen Mittel fast doppelt so groß wie in der Phase des letzten Viertels mit nur 16 % –, stimmt gut mit der Häufung niedriger Werte der „natürlichen Radioaktivität“ überein. Niederschlag und Wind sind nämlich die maßgebenden Wetterelemente, die die natürliche Radioaktivität der Luft herabsetzen, Niederschläge allgemein durch ihre auswaschende und die untere Luftschicht reinigende Wirkung, Regen im Besonderen, indem er die Kapillaren im Erdboden verschlammt und damit das Entströmen der Bodengase (die Bodenatmung) behindert, und der Wind schließlich durch seine zerstreuende, die Bodengase in höhere Luftschichten verfrachtende Wirkung. Regenarmut und Trockenheit, die im Extremfall die obere Erdschicht aufspringen lassen, schwacher Wind und Windstille begünstigen dagegen das Entströmen (die Emission) der Bodenradioaktivität (Radon) und ihr Stagnieren in der untersten Luftschicht. Da Wetterlagen mit dem Vorkommen hoher natürlicher Radioaktivität sich biologisch ungünstig auswirken – in den Niederungen sind es die spätherbstlichen Nebel- und Hochnebellagen wegen der dabei auftretenden Belastung der Atemwege im besonderen Maße –, geriet die natürliche Radioaktivität in den Verdacht, der auslösende Faktor hierbei zu sein. Doch ist mit dem Nebel allgemein hohe Luftverschmutzung korreliert. Für die Beurteilung des Ortsklimas, ob günstig oder ungünstig im spezifisch biologischen Sinne, kann daher die Größe des Wertes der natürlichen Radioaktivität, die im Jahresablauf ihren durchschnittlich niedrigsten Wert im Juni, den höchsten Wert im Oktober aufweist, zwar ein Indiz sein, als Ursache für gesundheitliche Beeinträchtigungen ist sie jedoch ohne Belang. Ob die hier geschilderten Verhältnisse um die natürliche Radioaktivität eine Beziehung zum Mondwechsel aufweisen, lässt sich anhand der Witterungsstatistik so beantworten: In der Phase des 1. Viertels, also bei zunehmendem Mond, liegt die natürliche Radioaktivität mit einem dreijährigen Durchschnittswert von 51 Impulsen pro Minute und Kubikmeter Luft eindeutig niedriger ist als in den übrigen Mondphasen, von denen die Phase des Neumondes den höchsten Durchschnittswert von 61 Imp/min/m3 aufweist – dies stimmt mit den übrigen Ergebnissen von mehr Niederschlag und mehr Wind in der Phase des 1. Viertels überein. Auch der Luftdruck weist in der Phase des 1. Viertels, also bei zunehmendem Mond, den niedrigsten Dreijahres-Mittelwert von 971,1 hPa auf, wogegen in der Neumondphase der höchste Mittelwert von 971,7 hPa, bezogen auf die Regensburger Höhe von 377m NN, registriert wurde. Wie die Prozentanteile von Niederschlagsmenge, Niederschlagstagen und Starkwinden auf die vier Mondphasen im Zeitraum 1965–1967 verteilt waren, zeigt folgende kleine Tabelle.
Der Mond und das Wetter
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Mond und Wetter im Zeitraum 1965–1967 (Anteile in %)
Der Wunsch, künftiges Wetter auch aus dem Aussehen des Mondes, seiner Farbe, ob klar oder verschleiert, herauslesen zu können, hat eine Reihe von Mondwettersprüchen entstehen lassen; einige Beispiele: „Wenn der Mond verschleiert ist, wird es schlecht Wetter geben.“ „Hat der Mond einen Hof, zeigt er Regen an.“ „Wenn der Mond einen Ring hat, gibt’s schlecht Wetter.“ „Roter Mond bringt Regen und Wind.“ „Wenn der Mond klar scheinet, so bedeutet es schön Wetter.“ Diese Sprüche basieren auf der Erfahrung, dass ein verschleierter, von einem Hof oder Ring umrahmter Mond im Zeichen einer heranziehenden Tiefdruckstörung steht, deren Aufzugsbewölkung von zunächst hohen Cirrostratus und nachfolgenden mittelhohen Altostratus zu Ausbildung von Mondhof oder Ring (Halo) führen. Schließen die dichter gewordenen, tiefer absinkenden Nimbostratus-Wolken den Ausblick auf den Mond vollends ab, dann gibt es hierfür die fromme Aussage, dass das „Fenster zu Gott“, als das der Mond angesehen wird, geschlossen ist. Ein tief stehender Mond verdankt seine rötliche Farbe der erdaufliegenden Dunstschicht, die die Strahlen des Mondes durchdringen müssen. Insgesamt sind dies Regeln, die für Sonne und Mond gleichermaßen gelten. Im Übrigen ist das Gebaren des Mondes ein Spiegelbildgeschehen des Sonnenlaufes. Steht die Sonne in der Weihnachtszeit am tiefsten, dann steht der Vollmond am höchsten, und wenn die Johannis-Sonne im Juni ihren höchsten Stand erreicht, dann zieht der Vollmond dort seine Bahn, wo ein halbes Jahr zuvor die Weihnachts-Sonne ihren Verlauf hatte. Die zwölf durch den Tierkreis wandernden Vollmonde spiegeln somit den ganzen Jahresgang der Sonne wider, doch um ein halbes Jahr verschoben. Der Mond hat seit je Schwärmer wie ernsthafte Forscher beschäftigt und sowohl skurrile Mondgeschichten entstehen wie auch wundersame biologische Rhythmen in Zusammenhang mit dem wechselnden Mond erkennen lassen. Für den einen gibt es den „Mann im Mond“, der einstmals auf Erden verbotenerweise am Sonntag schwer arbeitete und von Gott zur Strafe auf den Mond versetzt wurde, wo er, ein Bündel Reisig auf dem Rücken tragend, ewiger Lastenschlepper ist. Hübscher ist die von Hedi Lehmann erzählte Mär vom Mädchen, das seine Aussteuer in Mondnächten spann und eines Tages, da es im Hellen schlief, sich
Teil 2 – Aktuelle Wetterthemen
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beim Erwachen auf dem nächtlichen Gestirn wiederfand. Nun zur Spinnerin im Mond geworden, nimmt bei Mondwechsel auch ihr Spinnrocken ab, und wenn sie vom vielen Spinnen müde ihr Köpfchen zur Seite neigt und dabei ihr Haar den Flachs streift, dann verdunkelt sich der Mond, bis das Mädchen erschrocken aufwachend weiterspinnt, womit auch die Finsternis endet. Die Forscher gehen indessen der Frage nach, warum so viele Kleinstlebewesen sich in ihrem Fortpflanzungsverhalten nach dem Mondwechsel richten. Auch der Mensch, fast ganz herausgelöst aus dem kosmischen Rhythmus, zeigt zuweilen noch Ansätze von Mondabhängigkeit, die wissenschaftlich schwer erklärbar sind. Dazu gehört etwa die aufgrund einer umfangreichen Freiburger Geburten-Statistik festgestellte Tatsache eines Knaben-Überschusses 2–3 Tage vor Vollmond und eines Mädchen-Überschusses in der gleichen Zeit vor Neumond. Und allgemein gilt der Vollmond für labile, gefühlsbetonte Menschen sowieso als „Unruhestifter“. Wie der legendenumwobene Mond auch noch dazu beigetragen hat, dass die katholische Kirche seit 700 Jahren eines ihrer schönsten Feste – Fronleichnam – feiert, darüber folgende Historie: Lüttich an der Maas – bis 1794 deutsch, dann französisch, seit 1830 belgisch – ist der Ausgangsort der wundersamen Begebenheit, die zur Entstehung der Fronleichnamsfeier führte. Von den Astronomen als Naturphänomen nicht wahrgenommen, hatte die jugendliche Augustiner-Chorfrau Juliana von Lüttich bei Betrachtung des Vollmondes im Jahre 1209 ihre erste Vision eines schwarzen Streifens, der die Mondscheibe teilweise verdunkelte. Wiederholte Visionen wollten die fromme Verehrerin des Altarsakramentes darauf hinweisen – und so deutete es auch eine Untersuchungskommission von Bischöfen und Prälaten –, dass im Kreislauf des lichtvollen Kirchenjahres noch ein besonderer Tag zur Feier der Eucharistie fehle. Neben Juliana (1193–1258) war es auch ihre Mitschwester Eva von Lüttich (1200–1265) – beide heilig gesprochen –, deren fromme Begeisterung der katholischen Kirche zu ihrem „Herrgottstag“ verhalf, der zum ersten Male 1246 in Lüttich gefeiert und im Jahre 1264 von Papst Urban IV. auf die ganze Kirche ausgedehnt wurde. In der christlichen Kunst wird Juliana von Lüttich als Nonne mit Monstranz dargestellt, neben ihr der Vollmond, dem ein Stück fehlt. Allmählich verband sich mit der Fronleichnamsfeier die aus dem „Flurgang“ entstandene Sitte, jeweils am ersten Donnerstag nach Trinitatis, also 10 Tage nach Pfingsten, das Allerheiligste zur Bekundung von Glauben und Anbetung auf Straßen und Plätze hinauszutragen – mit wechselndem Datum, das den Zeitraum vom 20. Mai bis 23. Juni umfasst, aber, da der Ostertermin vom ersten Frühlingsvollmond bestimmt wird, immer um die Zeit des Vollmonds. Unbeschadet der Ablehnung durch Martin Luther (1483–1546) und trotz grundlegender Reformen durch das 2. Vatikanische Konzil blieb dieser Brauch erhalten, ein Brauch, der dem Mond seine Entstehung verdankt.
Der Mond und das Wetter
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Rund um den „Hundertjährigen Kalender“
Die Sieben als mystische Zahl hat im Naturgeschehen, in Kult und Religion seit je eine besondere Rolle gespielt. Von den klassischen „Siebenheiten“ seien genannt: die sieben Schöpfungstage des Alten Testaments, die sieben Himmelssphären, deren höchste Stufe der Glückseligkeit der siebente Himmel ist, die sieben Weisen der alten Griechen, die sieben Weltwunder des Altertums, die sieben fetten und mageren Jahre im alten Ägypten, die Menora (siebenarmiger Leuchter) als Symbol des Judentums, die sieben Sakramente der katholischen Kirche und die Siebenschläfer der christlichen Legende. Aus dem 8. Jahrhundert sind die Witterungsprognosen des Schotten-Mönchs Beda Venerabilis überliefert, der in sieben Variationen, je nach dem Datum des ersten Januarsonntags, die Jahreszeiten-Witterung weissagte; hier gekürzt wiedergegeben: „Wenn der 1. Januar ein Sonntag ist, dann ist ein guter Winter, ein windreiches Frühjahr, ein trockener Sommer und eine gute Weinernte zu erwarten. Wenn der 2. Januar ein Sonntag ist, dann wird der Winter verschieden ausfallen; es wird ein gutes Frühjahr, ein trockener Sommer und eine windreiche Zeit sein; die Weinernte wird nicht gut sein. Wenn der 3. Januar ein Sonntag ist, dann gibt es einen sonnenreichen Winter, ein stürmisches und regnerisches Frühjahr und einen trockenen Sommer – die Weinernte wird in Gefahr sein. Wenn der 4. Januar ein Sonntag ist, wird es einen strengen Winter geben, das Frühjahr wird schlecht und windreich sein, der Sommer gut – Getreide- und Weinernte werden gut sein. Wenn der 5. Januar ein Sonntag ist, kommt ein guter Winter, ein windreiches Frühjahr, ein trockener Sommer und eine gute Weinernte. Wenn der 6. Januar ein Sonntag ist, dann wird der Winter veränderlich sein, jedoch ein gutes Frühjahr und ein trockener, guter Sommer sind zu erwarten. Wenn der 7. Januar ein Sonntag ist, folgt ein stürmischer Winter und ein windreiches Frühjahr – die Früchte werden viel Arbeit machen.“ Ihren wohl spektakulärsten Auftritt erfuhr die Siebener-Zahl, als die Astronomen des späten Mittelalters den Einfluss von sieben Planeten, zu denen damals Venus,
Teil 2 – Aktuelle Wetterthemen
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Merkur, Saturn, Jupiter und Mars, aber auch Sonne und Mond gezählt wurden, auf die irdische Witterung glaubhaft zu machen versuchten. Die daran geknüpfte Hoffnung, dass sich die Witterung im Zyklus von sieben Jahren wiederholen würde, erfüllte sich freilich nicht, was jedoch der Verbreitung des „Hundertjährigen Kalenders“, der auf siebenjährigen Wetteraufzeichnungen des Zisterzienser-Abtes Mauritius Knauer im Bistum Bamberg basiert, keinen wesentlichen Abbruch tat. Wenn auch die Aufzeichnungen des Hundertjährigen Kalenders, der eigentlich ein siebenjähriger ist, für eine Witterungsprognose unbrauchbar sind, als meteorologisches Dokument aus dem 17. Jahrhundert sind die Aufzeichnungen von Bedeutung. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass gelegentlich der Zufall eine Übereinstimmung mit der aktuellen Witterung herbeiführt. Ohnehin liegt die Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung bei etwa 50 %, wie bei jeder „Blindlingsvorhersage“ zwischen zwei Möglichkeiten. Die Erklärung für das erfahrungsgemäß auch heute noch vorhandene Interesse am Hundertjährigen Kalender ist die simple Tatsache, dass – mangels anderer Informationen – mit ihm etwas Gedrucktes vorliegt, das dem Wunsch vieler entgegenkommt, einen Einblick in die Wetterzukunft über den Tag hinaus zu erhalten. Wem daran gelegen ist, der kann Vergleiche mit nachstehenden Angaben anstellen, die Auszüge der Knauer’schen Aufzeichnungen aus den Jahren 1652 bis 1659 darstellen und sich auf Jahreszeiten-Witterungsangaben beschränken. Die weiterführenden Zeitangaben bis zum Jahre 2020 dienen der Orientierung im angenommenen Siebenjahreskreis, wobei das jeweilige „Planetenjahr“ den Zeitraum vom 21. März bis zum 20. März des Folgejahres umfasst. Jahreszeiten-Witterung im „Mars-Jahr“ (1652 ... 1981, 1988, 1995, 2002, 2009, 2016) Frühling: überwiegend trocken, rau und kalt Sommer: insgesamt heiß und trocken mit viel Ungewittern Herbst: unterschiedlich, meist kühl und nass Winter: sehr unbeständig, im Ganzen ziemlich kalt Jahreszeiten-Witterung im „Sonnen-Jahr“ (1653 ... 1982, 1989, 1996, 2003, 2010, 2017) Frühling: März/April feucht und unstet, Mai schön und trocken, Spätfröste Sommer: insgesamt trocken und hitzig, im Spätsommer zeitweise ungestümes Wetter Herbst: angenehm trocken und schön, es reift und gefriert aber zeitig Winter: ziemlich, doch nicht übermäßig kalt und mehr trocken als feucht
Rund um den „Hundertjährigen Kalender“
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Jahreszeiten-Witterung im „Venus-Jahr“ (1654 ... 1983, 1990, 1997, 2004, 2011, 2018) Frühling: später Frühling, insgesamt normal temperiert und feucht Sommer: allgemein warm und feucht (schwül), reich an Ungewittern Herbst: warm und schön, währet aber nicht lang, da es zeitig wintert Winter: insgesamt mild und feucht (niederschlagsreich) Jahreszeiten-Witterung im „Merkur-Jahr“ (1655 ... 1984, 1991, 1998, 2005, 2012, 2019) Frühling: anfangs mild, am Ende aber meist kalt und rau Sommer: wechselnde Witterung, ziemlich viel Regen, aber wenig Ungewitter Herbst: Frühherbst kühl und regnerisch, Spätherbst schön und trocken Winter: zeitig einsetzender, insgesamt sehr kalter Winter Jahreszeiten-Witterung im „Mond-Jahr“ (1656 ... 1985, 1992, 1999, 2006, 2013, 2020) Frühling: März kalt, April feucht, erste Maihälfte warm, zweite Maihälfte kühl Sommer: wechselhaft, meist kühl und regnerisch, nicht viel Ungewitter Herbst: überwiegend kühl und feucht Winter: wechselhaft, mal kalt, mal mild und im ganzen niederschlagsreich Jahreszeiten-Witterung im „Saturn-Jahr“ (1657 ... 1986, 1993, 2000, 2007, 2014) Frühling: kühl und trocken mit später Vegetationsentwicklung Sommer: unbeständig, kühl und regenreich, doch schöne Tage im Juni Herbst: insgesamt feucht, kühler September, kalter Oktober und milder November Winter: kalt und schneereich Jahreszeiten-Witterung im „Jupiter-Jahr“ (1658 ... 1980, 1987, 1994, 2001, 2008, 2015) Frühling: überwiegend kühl und feucht Sommer: anfangs kühl und feucht, Hochsommer sehr warm und gewittrig Herbst: durch und durch feucht Winter: zunächst kalt mit viel Schnee, später lind und schneearm Obwohl also ein siebenjähriger Zyklus im Sinne einer Wiederholung der gleichen Witterung nach sieben Jahren nicht existiert, hat eine Untersuchung des Verfassers anhand einer 210-jährigen mitteleuropäischen Temperaturreihe im-
Teil 2 – Aktuelle Wetterthemen
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merhin bemerkenswerte Häufungen von zu warmen und zu kalten Jahreszeiten und Monaten innerhalb des Zeitraumes 1766–1975, aufgeteilt in 30 „Siebenjahreszyklen“, ergeben. Darüber wird im Folgenden kurz berichtet. Zur Kennzeichnung der einzelnen Jahre im angenommenen Siebenjahreskreis wurden hierbei die sieben überlieferten kosmischen Bezeichnungen beibehalten. So gab es in den „Venus-Jahren“ mehr kühle als warme Sommer, aber auch mehr milde als kalte Winter, wobei besonders die Hochwintermonate Januar und Februar oft zu mild waren. In den „Merkur-Jahren“ gab es die meiste Herbstwärme, aber auch die meiste Winterkälte, wobei 19 von 30 Wintern zu kalt waren. Die 30 „Mond-Jahre“ hatten auffallend viele, nämlich 19 zu kalte Frühjahre; dafür brillierten sie durch gehäufte Sommerwärme, wobei der Monat Juli in 21 von 30 Jahren zu warm war. September und Oktober waren hier häufig zu kalt. In den 30 „Saturn-Jahren“ gab es die absolut meisten, nämlich 21 zu milde Winter, wogegen die Frühjahre hier häufiger (in 19 von 30 Jahren) zu kalt waren. Die „Jupiter-Jahre“ waren gekennzeichnet durch Ausgeglichenheit aller Jahreszeiten, die hier ebenso oft zu kalt wie zu warm waren. Die „Mars-Jahre“ waren geprägt durch reichliche Frühlingswärme, während es den Herbstmonaten September und Oktober öfter an Wärme mangelte. In den 30 „Sonnen-Jahren“ gab es 20, und damit doppelt so viele milde wie kalte Winter; die Neigung zu extremen Temperaturen war hier besonders ausgeprägt, was sich in der großen Häufigkeit von sehr warmen und sehr kalten Monaten zeigte. Was die Niederschlagsverhältnisse betrifft (bezogen auf den Zeitraum 1871 bis 1975), so gab es in den „Jupiter-Jahren“ die meisten, in den „Mars-Jahren“ die wenigsten Sommer-Niederschläge. Durch häufige Trockenheit waren die „Merkur-Jahre“ und „Mond-Jahre“ allgemein und in den „Venus-Jahren“ speziell die Herbste gekennzeichnet, um nur die auffälligsten Tendenzen hervorzuheben.
Rund um den „Hundertjährigen Kalender“
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Alte und neue Wetterregeln
1. Auf gut Wetter vertrau, beginnt der Tag nebelgrau. 2. Morgenrot mit Regen droht; Abendrot – Schönwetter-Bot’. 3. Starker Tau hält den Himmel blau. 4. Wenn am Morgen kein Tau gelegen, warte bis Abend auf sicheren Regen. 5. Abendlichem Bodennebel folgt schönes Wetter. 6. Südwest – Regennest; mit Ostwind schön Wetter beginnt. 7. Ziehen die Wolken dem Wind (am Boden) entgegen, gibt es bald Regen. 8. Wenn Schäfchenwolken (in der Fachsprache Altocumulus translucidus) am Himmel steh’n, kann man ohne Schirm spazieren geh’n. 9. Wenn der Himmel gezupfter Wolle gleicht (Altocumulus floccus), das schöne Wetter dem Regen weicht. 10. Eine kleine Morgenwolke (Altocumulus castellanus) bringt oft ein großes Abendgewitter. 11. Wenn die Wolken Linsenform haben (Altocumulus lenticularis), herrscht Föhn. 12. Weiße Wolken (Cumulus humilis) befeuchten die Erde nicht. 13. Wenn die Wolken regnen, senken sie sich. 14. Gewitter, die langsam ziehen, schlagen am schwersten. 15. Die frühen Gewitter kommen tagsüber wieder. 16. Der Blitz trifft mehr Bäume als Grashalme (bei Nahgewitter nicht unter Einzelbäume stellen, sondern in Bodenmulde ducken).
Teil 2 – Aktuelle Wetterthemen
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17. Ein weiter Ring (Halo) um Sonne oder Mond verkündet Landregen. 18. Wenn die Schwalben niedrig fliegen, verkünden sie Regen. 19. Geht der Fisch nicht an die Angel, ist an Regen bald kein Mangel. 20. Wenn die Mücken tanzen und spielen, sie das morgige gute Wetter fühlen. 21. Wenn der Rauch nicht will zum Schornstein ‘naus (bei sinkendem Luftdruck), so soll der Regen uns sehr nahe sein. 22. Schnell steigender Luftdruck bringt (unter Zwischenhoch-Einfluss) nur vorübergehend Schönwetter. 23. Feuchtes Westwindwetter bringt fernes Glockengeläut zu Gehör. 24. Wenn vernarbte Wunden wieder schmerzen, deutet dies auf einen Wetterumschwung (Luftmassenwechsel). 25. Funkelnde Sterne, kommt ander Wetter gerne (Flimmern der Sterne zeigt starken Wind in großer Höhe an). 26. Glaube nicht, wenn’s regnet vor deinem Stall, es regne überall.
Alte und neue Wetterregeln
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Teil 3 Das Klima in Deutschland in Zahlen
Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
Veränderungen des Klimas durch menschliche Aktivitäten, insbesondere eine mögliche globale Erwärmung durch die vermehrte Produktion einiger Spurengase, sind seit längerem in der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion. Die Tatsache, dass die letzten 20 Jahre besonders warm waren und 1981–1990 sowie 1991–2000 die wärmsten Jahrzehnte in Mitteleuropa seit über 200 Jahren, haben diesem Thema neue Aktualität gegeben. Im Folgenden sollen daher einige Grundlagen klimatologischer Prognosen dargestellt und die Vorhersagen mit den bisher beobachteten Klimatrends verglichen werden. Wesentlich für unser Klima ist die Einstrahlung der Sonne, die von der geographischen Breite und, aufgrund der Schrägsteüung der Erdachse, von der Jahreszeit abhängt. Diese Strahlung erwärmt den Erdboden, und ein Gleichgewicht zwischen der Sonnenstrahlung und der Wärmestrahlung des Bodens stellt sich ein. Allerdings liegt die daraus resultierende Mitteltemperatur für die Erde mit –19 °C um 33 °C unter der beobachteten globalen Mitteltemperatur von rund 14 °C. Dass die Erde von diesen lebensfeindlichen tiefen Temperaturen verschont wurde, hat sie ihrer Atmosphäre zu verdanken. Denn diese wirkt ähnlich wie ein Treibhaus, indem sie zwar die kurzwellige Strahlung der Sonne weitgehend ungehindert durchlässt, die langwelligere Wärmestrahlung des Erdbodens aber zu einem großen Teil absorbiert und wieder zum Erdboden zurückstrahlt. Die wesentlichen Bestandteile der Atmosphäre, Stickstoff und Sauerstoff, spielen dabei aber nur eine geringe Rolle. Vielmehr sind es einige Spurengase, insbesondere Wasserdampf und Kohlendioxid (CO2), die den wesentlichen natürlichen Treibhauseffekt bewirken, obwohl sie nur mit wenigen Prozent bzw. 0,3 Promille an der Atmosphäre beteiligt sind. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle und Erdöl sowie durch die Umwandlung von Wäldern in Acker- und Weideland greift der Mensch in wachsendem Maße in die natürlichen Kreisläufe ein und erhöht insbesondere die CO2-Konzentration der Atmosphäre immer mehr. Bereits heute liegt die CO2– Konzentration mit rund 380 ppm (parts per million [1000 ppm = 1 Promille]) um rund 30 % über dem vorindustriellen Wert von etwa 280 ppm. Hinzu kommt die wachsende Freisetzung anderer Spurenstoffe, die teilweise ein noch wesentlich
Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
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Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
Mittlere Lufttemperatur in °C nach einer Mitteleuropareihe als Kombination der Reihen von Berlin, Hohenpeißenberg und Wien
höheres Erwärmungspotenzial als CO2 besitzen. Hierzu gehören insbesondere Methan und die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die auch die Ozonschicht in der Stratosphäre, welche uns vor schädlicher Ultraviolettstrahlung der Sonne schützt, beeinträchtigen. Diese Stoffe sind zwar noch in weit geringerer Konzentration als CO2 in der Atmosphäre vorhanden (Konzentrationen von einigen ppb [parts per billion]). Dennoch liegt ihr Erwärmungseffekt bereits in der gleichen Größenordnung wie der des CO 2. Nun ist das Klima allerdings ein sehr komplexes System mit vielen unterschiedlichen Rückkopplungsmechanismen, sodass eine Berechnung der durch die Erhöhung der Konzentration der so genannten Treibhausgase zu erwartenden Erwärmung sehr schwierig ist. Man bedient sich dazu numerischer Klimamodelle. Diese sind in ihrem Kern vereinfachte Wettervorhersagemodelle, die jedoch auch langsamere Variationen außerhalb der Atmosphäre, insbesondere die Meeresströmungen und die Wärmespeicherung des Ozeans sowie Veränderungen der großen polaren Eismassen berücksichtigen müssen.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Diese Modelle sagen bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration eine globale Erwärmung von 1,5–5 °C voraus. Der bisherige Konzentrationsanstieg sollte bereits zu einer Erwärmung von 0,5–1,2 °C geführt haben. Es ist andererseits sehr schwierig, diese Vorhersagen zu überprüfen, denn auch heute ist das Netz klimatologischer Beobachtungen global noch sehr lückenhaft. Insbesondere von den Ozeanen gibt es nur unbefriedigende Informationen. Dies gilt in umso größerem Maße, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht. Eine globale Temperaturmessreihe konnte deshalb bisher nur für die letzten 120 Jahre aufgestellt werden. Diese Reihe zeigt auch einen Erwärmungstrend von etwa 0,7 °C, der allerdings zu einem großen Teil durch eine Erwärmung am Anfang des 20. Jahrhunderts verursacht wird, in einer Zeit, in der die CO2-Konzentration noch gar nicht so hoch war. In den folgenden Jahrzehnten war jedoch keine wesentliche Erwärmung mehr festzustellen. Erst die letzten 20 Jahren zeigen wieder eine deutliche Temperaturzunahme. Für Mitteleuropa gibt es glücklicherweise einige klimatologische Messreihen, die bis in das 18. Jahrhundert zurückreichen, sodass ein größerer Zeitraum überblickt werden kann. Daher lässt sich eine Mitteleuropareihe der Temperatur ab 1761 erstellen.
Abb. 21 Jahresmitteltemperatur in Mitteleuropa für den Zeitraum 1761–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
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Den Verlauf der Jahreswerte dieser Reihe zeigt Abb. 21. Darin ist neben den Werten für die einzelnen Jahre zur besseren Bewertung längerfristiger Trends auch eine über 30 Jahre geglättete Kurve (Gauß’sche Tiefpassfilterung) dargestellt. Man erkennt starke Schwankungen von Jahr zu Jahr mit einer Spannweite von 6 bis 10°C und einem langjährigen Mittelwert von 8,3°C. Nach insgesamt durchschnittlichen Jahren um 1800 folgt eine kalte Periode bis etwa 1890 mit dem absolut kältesten Jahr 1829, das nur einen Jahresmittelwert von 7,4 °C erreichte, danach wieder eine Erwärmung bis 1950, ein sekundäres Minimum um 1965 und seitdem ein deutlicher Temperaturanstieg mit dem absolut wärmsten Jahr 2000 (11,8 °C). Die Abb. 22–25 zeigen die entsprechenden Diagramme für die einzelnen Jahreszeiten: Es ergeben sich dabei recht unterschiedliche Verläufe. Der Frühling verhält sich ähnlich wie das gesamte Jahr, wobei das kälteste Frühjahr mit einer Mitteltemperatur von nur 5,7 °C allerdings schon 1785 auftrat. Das wärmste Jahr (2000) hatte auch den wärmsten Frühling mit einer Mitteltemperatur von 11,1 °C. Der Verlauf der Sommertemperaturen weicht erheblich vom Verlauf der Jahreswerte ab. Am Anfang der Reihe finden sich viele warme Sommer. Den höchsten
Abb. 22 Frühlingsmitteltemperatur in Mitteleuropa für den Zeitraum 1761–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Abb. 23 Sommermitteltemperatur in Mitteleuropa für den Zeitraum 1761–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Mittelwert erreichte damals das Jahr 1834 mit 20,8 °C. Der kälteste Abschnitt der Zeitreihe tritt erst um 1920 auf, wenn die Jahresreihe bereits wieder über das langjährige Mittel angestiegen ist. Den absolut kältesten Sommer hatte das Jahr 1916 mit einem Temperaturmittel von 16,6 °C. Genauso kalt war auch der Sommer des Jahres 1816. Das Jahr 1816 ist als das Jahr ohne Sommer bekannt geworden, in dem Spät- und Frühfröste in vielen Gebieten die Ernte beeinträchtigten. Verursacht wurde dies durch den katastrophalen Ausbruch des Vulkans Tambora auf den Philippinen, bei dem große Staubmengen in die Stratosphäre gelangten, die die Sonneneinstrahlung viele Monate lang verringerten. Seit 1980 steigen auch im Sommer die Temperaturen deutlich an. Der Sommer 2003 brachte dann extrem Wärme und übertraf mit einer Mitteltemperatur von 21,6 °C alle bisherigen Sommer der Zeitreihe bei weitem. Im Herbst findet man recht konstante Werte bis etwa 1910. Dann gibt es zunächst einige sehr kühle Herbste, darunter den kältesten Herbst im Jahr 1912 (5,4 °C). Anschließend rindet man einen raschen Temperaturanstieg um knapp 1 °C und danach wieder einen ruhigen Verlauf auf dem neuen höheren Niveau. Den wärmsten Herbst brachte wieder das Rekordjahr 2000 mit einer Mitteltemperatur von 12,3 °C.
Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
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Abb. 24 Herbstmitteltemperatur in Mitteleuropa für den Zeitraum 1761–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Die Winter sind bis etwa 1890 relativ kalt, wobei der kälteste Winter 1829/30 war, mit einer Mitteltemperatur von –1,7 °C. Die Wintertemperatur nimmt dann bis zu einem Maximum um 1920 um rund 1 °C zu. Danach sinkt sie zunächst wieder etwas ab, steigt in den letzten 20 Jahren jedoch deutlich an. Der absolut wärmste Winter war der Winter 1997/98 mit einer Mitteltemperatur von 5,0 °C auf. Dabei ist zu beachten, dass für den Winter die Schwankungsbreite mit 9 °C wesentlich größer ist als bei den anderen Jahreszeiten, deren Mitteltemperatur nur um etwa 5 °C schwankt. Dadurch hat der Winter auch besonders großen Einfluss auf den Verlauf der Zeitreihe der Jahresmittelwerte. Insgesamt zeigt die Temperaturreihe von Mitteleuropa für die letzten 120 Jahre einen ähnlichen Verlauf wie die globale Reihe. Davor finden sich allerdings ähnlich große Schwankungen, sodass man annehmen muss, dass es natürliche Einflussgrößen gibt, die ebenso große Klimaveränderungen bewirken können wie der bisher zu erwartende künstliche Erwärmungstrend. Ein vom Menschen verursachter Erwärmungstrend lässt sich also bisher mit diesen Messreihen nicht sicher belegen. Die gegenwärtige Erwärmung kann noch als Variation im Rahmen der natürlichen Klimaschwankungen angesehen werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein solcher künstlich verursachter Erwär-
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Abb. 25 Wintermitteltemperatur in Mitteleuropa für den Zeitraum 1761–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
mungstrend nicht besteht, er lässt sich nur wegen der natürlichen Unruhe des langjährigen Temperaturverlaufs noch nicht sicher nachweisen. Im Übrigen sind Messreihen eines im globalen Vergleich doch recht kleinen Gebiets wie Mitteleuropa nicht unbedingt repräsentativ für den globalen Temperaturverlauf. Regionale Prognosen für die vom Menschen verursachte Erwärmung sind noch wesentlich unsicherer als eine Vorhersage des weltweiten Trends. Gerade in Europa wäre ein abweichender regionaler Trend möglich, denn die Temperatur liegt hier aufgrund des Golfstromeinflusses deutlich über dem Breitenkreismittel. Falls eine Klimaänderung die Golfstromzirkulation schwächt, könnte trotz globaler Erwärmung eine deutliche Abkühlung eintreten.
Der Wandel der Temperaturverhältnisse in Mitteleuropa
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Der Wandel der Niederschlagsverhältnisse in Deutschland
Der Wandel der Niederschlagsverhältnisse in Deutschland
Mittlere Niederschlagshöhe in mm nach der Deutschlandreihe des Deutschen Wetterdienstes (Kombination der Reihen von Bayreuth, Berlin, Dresden, Emden, Erfurt, Frankfurt a. M., Gütersloh, Hannover, Karlsruhe, Kassel, Kiel, Kleve, München, Trier)
Der vorhergesagte Erwärmungstrend sollte sich natürlich auch auf andere klimatologische Parameter auswirken. Von besonderem Interesse wäre hierbei der Niederschlag. Man nimmt an, dass bei höheren Temperaturen aufgrund der größeren verfügbaren Energie auch der Wasserkreislauf intensiviert wird. Dies sollte zu verstärkter Verdunstung und zu höheren Niederschlägen führen. Die Größe und insbesondere die regionale Verteilung dieser Entwicklung sind aber umstritten. Die Entwicklung des Niederschlags in Deutschland stellt die Tabelle
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Abb. 26 Mittlere jährliche Niederschlagshöhe in Deutschland für den Zeitraum 1851–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
auf S. 144 anhand einer Zeitreihe für die Jahre 1851–1990 dar, kombiniert aus 14 Stationen. Abbildung 26 zeigt den Verlauf der Jahressumme des Niederschlags. Die Abbildungen 27–30 enthalten die entsprechenden Darstellungen für die Jahreszeiten. Neben den Werten für die einzelnen Jahre sind wieder über 30 Jahre geglättete Kurven mit Schraffur gegen den langjährigen Mittelwert dargestellt. Man erkennt bei den Jahreswerten eine Zunahme von rund 670 mm im 30jährigen Mittel am Anfang der Zeitreihe auf etwa 720 mm heute, wobei der größte Teil des Anstiegs in wenigen Jahren um 1920 herum stattfand. Das trockenste Jahr war 1857 mit einer Jahressumme von 457 mm. Am meisten Niederschlag fiel im Jahr 1981 mit 938 mm. Im Frühjahr findet man ebenfalls einen Anstieg, der mit 30 mm von rund 140 auf 170 mm prozentual noch größer ausfällt als beim Jahreswert. In dieser Jahreszeit liegen die Hauptanstiegsphasen, nach einem nur vorübergehenden Maximum um 1900, bei 1920 und insbesondere um 1960 herum. Das trockenste Frühjahr hatte das Jahr 1893 mit nur 68 mm Niederschlag. Der nasseste Frühling war der von 1983 mit einer Niederschlagssumme von 266 mm.
Der Wandel der Niederschlagsverhältnisse in Deutschland
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Abb. 27 Mittlere Niederschlagshöhe im Frühling in Deutschland für den Zeitraum 1851–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Abb. 28 Mittlere Niederschlagshöhe im Sommer in Deutschland für den Zeitraum 1851–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Abb. 29 Mittlere Niederschlagshöhe im Herbst in Deutschland für den Zeitraum 1851–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Abb. 30 Mittlere Niederschlagshöhe im Winter in Deutschland für den Zeitraum 1851–2003 Quelle: Deutscher Wetterdienst
Der Wandel der Niederschlagsverhältnisse in Deutschland
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Der Sommerniederschlag zeigt im Gegensatz dazu eher eine leichte Abnahme im Verlauf der Zeitreihe, wobei allerdings ein Maximum in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts dominiert. In diesem Zeitraum trat auch der absolut feuchteste Sommer auf (1956 mit 347 mm). Vorher gab es nur recht geringe längerfristige Schwankungen. In den letzten 20 Jahren lag der Sommerniederschlag etwa 20 mm unter dem langjährigen Durchschnitt, wobei die Sommer der Jahre 1976 und 1983 mit 118 und 115 mm Niederschlag besonders hervortreten. Der trockenste Sommer trat jedoch 1911 mit nur 110 mm Niederschlag auf. Die Zeitreihe der Herbstniederschläge beginnt mit einer recht trockenen Periode. Dann folgt eine feuchtere Phase um 1880. Der Anfang des 20. Jahrhunderts war wieder relativ trocken mit einem Minimum um 1910. In den folgenden Jahren bis 1944 schließt sich dann eine Periode mit besonders feuchten Herbsten an. Danach verharrt die geglättete Zeitreihe nahe dem langjährigen Mittelwert. In den einzelnen Jahren findet man aber weiterhin erhebliche Schwankungen, und sowohl der trockenste Herbst (1953 mit 75 mm) wie auch der nasseste Herbst (1998 mit 325 mm) fallen in diesen Zeitraum. Die Winterniederschläge zeigen wieder einen deutlichen Aufwärtstrend, der bei den geglätteten Werten etwa 40 mm ausmacht. Dabei liegt der größte Teil dieses Anstiegs im Zeitraum 1890–1950. In diesen Zeitraum fällt auch der feuchteste Winter (1947/48 mit 277 mm). Der trockenste Winter liegt dagegen schon recht lange zurück: 1890/91 mit nur 57mm Niederschlag. Wie bei der Temperatur wird also auch beim Niederschlag der Verlauf der Jahreszeitreihe durch den Verlauf in den Jahreszeiten Frühling und Winter bestimmt, während die zeitliche Entwicklung für den Sommer deutlich abweichen kann. Irgendwelche menschliche Einflüsse auf die Trends in den Zeitreihen lassen sich kaum nachweisen. Lediglich der Niederschlagsanstieg im Winter kann auf den vermehrten Wasserdampfgehalt aufgrund des zumindest teilweise vom Menschen verursachten Temperaturanstiegs zurückgeführt werden. Ansonsten kann man nur feststellen, dass einzelne Wetterlagen und Strömungsrichtungen in ihrer Häufigkeit entsprechend variieren. Warum das so ist und wie es gar in den nächsten Jahren sein wird, lässt sich nicht sagen. Es gibt zwar viele spekulative Theorien, von denen aber bisher keine als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis gilt. Möglicherweise handelt es sich um zufällige Schwankungen, die sich jeder Vorhersage entziehen.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
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Tabellen
Die Temperatur in 10 deutschen Großstädten
Die Übersicht gibt die Mitteltemperaturen (in °C) in der Periode 1961–1990 an.
Tabellen
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Die Niederschlagsverhältnisse in 10 deutschen Großstädten
Die Übersicht ist eine Zusammenstellung der Daten über die mittleren Niederschlagsmengen der Periode 1961–1990 (in mm).
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
150
Die Sonnenscheindauer in 10 deutschen Großstädten
Die Tabelle enthält die Mittelwerte (Stunden) der Sonnenscheindauer für die Periode 1961–1990.
Tabellen
151
Die Temperaturverhältnisse in Deutschland
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
152
Tabellen
153
Die Niederschlagsverhältnisse in Deutschland
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
154
Tabellen
155
Die Datumsgrenzen von Frost und Schneedecke in Deutschland
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
156
Tabellen
157
Die wärmsten und kältesten Monate und Jahreszeiten in Mitteleuropa
Die Daten sind jeweils Mittelwerte von De Bilt, Potsdam und Wien aus den Jahren 1761–1990.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
158
Die nassesten und trockensten Monate und Jahreszeiten in Deutschland zwischen 1851 und 2004
Die Tabelle listet die niederschlagsreichsten und niederschlagsärmsten Monate und Jahreszeiten in Deutschland im angegebenen Zeitraum auf. Es handelt sich um Mittelwerte von 14. Stationen.
Tabellen
159
Die Temperaturverhältnisse in Deutschlands Bergen
Die Übersicht enthält die mittlere Lufttemperatur in °C im Zeitraum 1961–1990.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
160
Die Niederschlagsverhältnisse in Deutschlands Bergland
Die Übersicht enthält die mittleren Niederschlagsmengen in mm im Zeitraum 1961–1990.
Tabellen
161
Die Sonnenscheinverhältnisse in Deutschlands Bergland
Die Übersicht enthält die mittlere Sonnenscheindauer in Stunden im Zeitraum 1961–1990.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
162
Die Schneeverhältnisse in Deutschlands Bergland
Die Übersicht enthält die mittlere Schneehöhe in cm im Zeitraum 1961–1990.
Tabellen
163
Zehnjahres-Mittelwerte von Temperatur und Niederschlag
Die Temperaturen beziehen sich auf das Mittel der Stationen De Bilt, Potsdam und Wien, die Niederschlagsmengen auf das Mittel von 14 deutschen Stationen. Der Bezugszeitraum ist 1851–1990.
Teil 3 – Das Klima in Deutschland in Zahlen
164
Literatur
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Literatur
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Literatur
167
Register
A Abgase 90, 119 Aerosole 118 Ährenmonat 48 Akazie 42 aktinischer Wirkungskomplex 113, 115 Allerheiligenruhe 61 Alpenföhn 76, 78, 81 Alpenstau 76 Altocumulus 79, 82 Altocumulus lenticularis 81 Altostratus 82, 87, 126 altrömischer Kalender 25, 35 Altweibersommer 51 f. Apertus 112 Apfel 38, 58 Äquinoktium 28 Aristarch 93 Atlantiktief 17 Aufgleitbewölkung 83 Aufgleitwetterlage 52, 74 Aufzugbewölkung 82 Augustus 25 Azorenhoch 17, 43, 50, 79 f., 85
B Barisches Windgesetz 77, 85 Bartholomäustag 50 Bauernregeln 15, 18 f., 24, 32, 37, 50, 58, 61 Baur, F. 19, 23, 42, 53 f., 58, 67, 96, 101 f. Bebber, W. J. van 84 Beda Venerabilis 128 Belastungsfaktoren 121 Bergwinde 110 Bewölkung 17, 22, 28, 32, 37, 39, 45, 49, 52, 64, 80, 110, 121 Bioklima 120, 122 f. Biotropie 109 ff. Birgittensommer 53 Birke 33, 58 Birne 38, 58 Bjerknes, V. 74 Bodenfrost 35 Bonifatius 37
Brachmond 26 Bräunung 115 bürgerliche Dämmerung 49 f., 66 Buys-Ballot, Ch. H. 77
C Caesar, Julius 25 Cirrostratus 82, 87, 126 Cirrus 78, 82, 87 CO2 89, 137 f. CO2-Konzentration 137 ff. Cumulonimbus 78, 87 Cumulus 78, 80, 87 Cyrillus 45
D Dämmerung, bürgerliche 49 f., 66 Dauerfrost 16, 21, 59, 64 Dauerregen 54, 65 Dinies, E. 100 Dove, H. W. 31 Dreikönigstag 67 Dunst 78 Dunsthaube 90 Dürreperiode 54
E Eiche 54, 58 Eichendorff 45 Eisheilige 37 f. Eistage 16 Emissionen 19, 89, 119 Emting 26 Erhaltungsneigung 18, 23, 38, 54 Erntemond 48 Ernting 48 Erstfrühling 28 Erwärmungstrend 139, 142, 144 Esche 58 Eva von Lüttich 127
Register
169
F Fabricius 94 Fastnachts-Sonntag 34 FCKW 91, 138 Februa 25 Federwolken 78, 82 Feinstaub 119 Fernsicht 36, 73, 81 Festlandluft 18, 43, 72–75 Flieder 38 Fluorchlorkohlenwassenstoffe 91, 138 Föhn 28, 56, 78, 81, 112 Fronleichnam 127 Frontalzone 71 Frost 35, 156 f. Frost, letzter 31 Frostgrenze 49, 55 Frosttage 16, 63 Frostwetter 22 Frühling, kältester 140 Frühling, nassester 145 Frühling, trockenster 145 Frühlingsbeginn 28 f., 36 Frühlingsmitteltemperatur 140 Frühzwetschge 33, 50, 58
G Galilei 93 f. Geländeform 121 Gewitter 32, 35, 43, 45, 49, 52, 65, 74 f., 78, 83 Gilbhart 26 Glatteisbildung 17 Gletscherschmelze 49 Globalstrahlung 39, 52 Goethe 112 Golfstrom 17, 63, 143 Großwetterlage 18, 22, 28, 37, 43, 60, 63, 77, 85 f., 96 Grummet 50 Güsmer, C. 51
H Hafer 42, 50 Halo 126 Härtung 19, 26 Haselnuss 30
Haufenschichtwolken 79 Haufenwolken 78 Hauptwindrichtung 121 Hausschwalbe 33, 54 Hauszwetschge 54 Hauttyp 117 Heidekraut 50 Heilklima 123 Heizperiode 51 Hellmann, G. 100 Herbst, meteorologischer 52 Herbst, nassester 148 Herbst, trockenster 148 Herbst, wärmster 141 Herbstmitteltemperatur 142 Herbststürme 55 Herbstzeitlose 50 Heumond 26 Himbeere 38 Hippokrates 107 Hoch, kaltes 79 Hoch, warmes 79 Hochdruckbrücke 36, 79 Hochdruckgebiet 63, 74 ff., 78 f., 86, 109 f. Hochdruckgürtel, subtropischer 21 Hochdrucklage 21 f., 28 f., 31, 33, 38, 40, 43, 45 f., 48, 53, 61, 78, 84 f., 110, 113 Hochgebirgsklima 123 Hochnebel 17, 63, 65, 90, 121 Hochsommer 29, 42, 46 ff., 99 ff. Hochsommerregel 101 Hochwassergefahr 84 Hochwinter 18, 47, 66 f. Höhenströmung 73 Holunder 42, 54 Hornung 23, 26 Humboldt, Alexander von 109 Hundertjähriger Kalender 129 Hundstage 44, 50
I Indian Summer 53 Industrialisierung 89 Industrieabgase 90 Inversion 90 Inversionswetterlage 19, 27, 65, 110 Islandtief 60, 63, 79, 81, 84 Isobare 76 f., 79, 86
Register
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J
L
Jahr, kältestes 140 Jahr, niederschlagsreichstes 145 Jahr, trockenstes 145 Jahresmitteltemperatur 139 Janus 25 Johannisbeere 3, 47 Johannis-Sonne 126 Juliana von Lüttich 127 julianische Kalenderreform 25 Julmond 26 Juno 25 Jupiter-Jahr 130 f.
Labradorstrom 63 Langbehn, A. J. 15 Laubverfärbung 58 Laurentiustränen 50 Lehmann, Hedi 126 Lenzing 26 lichter Tag 17, 34, 37, 40 Lichtmangel 63 Linde 38, 42, 47 Lostage 41, 50, 53, 57 Lostagsregel 38, 47 Lostagsspruch 30 ff., 58 Löwenzahn 33 Luftbelastung 107 lufthygienischer Wirkungskomplex 113, 118 Luftmassen 71, 73 f., 83, 85 Luftmassenwechsel 75 Luftschadstoffe 121 Luftverschmutzung 65, 88 ff., 125
K Kalender, altrömischer 25, 35 Kalender, Hundertjähriger 129 Kalenderreform, julianische 25 kalte Sophie 37 Kälteeinbruch 18, 29, 57, 63, 66 Kältegefühl 71 Kälteperiode 18, 82 Kältereize 114, 120 Kälterückfall 33, 37 kaltes Hoch 79 Kältewelle 37 Kaltfront 74 ff., 80, 82 f., 111 Kaltjahr 24 Kaltluft 17, 21, 74, 87 Kaltlufteinbruch 36, 38, 40 f. Kaltluftsee 121 Kaltlufttropfen 83 Karl der Große 26 Kastanienreife 54 Kästner, Erich 35 Kepler 93 f. Kirschblüte 32 f. Klima-Michel-Modell 113 f., 120 Klimamodelle 138 Klimaschwankungen 142 Klimaveränderung 142 Knauer, Mauritius 129 Knaulgras 42 Kohlendioxid 89, 137 f. Kohlendioxid-Konzentration 137 ff. Kohlenwasserstoffe 19, 90 Kontinentalität 120, 122 Kopernikus 93 Kurorte 123 Küstenklima 122
M Magdalenentag 46 f. Maimond 26 Maja 25 Mamertus 37 Maria Geburt 54 Maria Himmelfahrt 50 Maria Verkündigung 30 Maritimität 120 Mars-Jahr 129, 131 Martinstag 61 f. Medardus 41 Meeresluft 39 f., 43, 46, 61, 66, 72–75, 80 f., 84 Merkur-Jahr 130 f. meteorologischer Herbst 52 meteorologischer Sommer 39 Methodius 45 Mittelgebirgsklima 122 Mitteltemperaturen 149 Monate, kälteste 158 Monate, nasseste 159 Monate, trockenste 159 Monate, wärmste 158 Monatsklima 15 Monatsnamen 25 Mond, abnehmender 125 Mond, zunehmender 125
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Mondeinfluss 124 Mondhof 126 Mond-Jahr 25, 130 f. Mondphasen 124 f. Monsun 40, 46, 48 Morgennebel 33, 37, 52
N Nachtfrost 59 Nebel 17, 28, 33, 39, 57, 60 f., 63, 65, 73, 75, 78, 89 f., 110, 121, 125 Nebelung 26 Neumann, J. v. 86 Neumond 125, 127 Niederschlagserwartung 99 f. Niederschlagshöhe, mittlere 144–147 Niederschlagsverhältnisse 150, 154 f. Niederschlagsverhältnisse Bergland 161 Nimbostratus 82, 87 Nordostwetterlage 18, 21 f., 80 f. Nordseetief 85 Nordwestwetterlage 18, 22, 40, 43, 80 Nordwetterlage 18, 22, 36 f., 40, 80 f. Nordwind 41 Nostradamus 34 Null-Grad-Grenze 28, 44, 59
O Okklusion 75, 83 Ostermond 26, 31 Ostern 33 f., 66 Ostersonntag 34 Ostluft 63 Ostwetterlage 18, 22, 80 Ozon 90 f., 110, 118 f. Ozonkonzentration 91 Ozonloch 91
P/Q Pan Servon 38 Pankratius 37 Passah-Fest 33 Pfingsten 34, 38 Photooxidantien 118 f. Placidus Heinrich 58 Planeteniahr 129
Polarfront 71 Polarluft 31, 71 ff., 80, 84 Pollenflug 112 Quinquagesima 34 Quintilis 25
R Radioaktivität 91 f., 124 f. Randlage 84 Rauch 90 Raunächte 67 Reif 35 Reizfaktoren 122 Rocznik, K. 124 Roggen 58 Rosskastanie 33, 38, 54, 58 Rotbuche 38, 54, 58 Rubner, Max 120 Ruß 19, 90, 118 Russlandhoch 79, 85
S Salweide 30 Sankt Georg 32 Sankt Katharinentag 59 Saturn-Jahr 130 f. Schädlinge 19 Schadstoffanreicherung 90, 110 Schäfchenwolken 82 Schafskälte 40, 80 Schaltjahr 24 f. Scheiding 26 Scheiner, Christoph 93 f. Scherhag, R. 79 Schichtwolken 82 Schlaak, P. 67 Schlechtwettergebiet 82 f. Schlechtwetterlage 33, 38, 63, 85 Schlechtwetterperiode 47 Schlehenblüte 32 f. Schleierwolken 82 Schleifzone 83 Schmauß, A. 40 Schmöger, F. von 124 Schneedecke 17, 21, 23, 27, 30, 59, 65 f., 104, 156 f. Schneefall 18, 32, 56, 59 Schneeglöckchen 30 Schneehöhe 17, 22, 27, 65 f.
Register
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Schneeschmelze 30, 33 Schneeverhältnisse Bergland 163 Schonfaktoren 121 f. Schönwetterlage 29, 35, 38, 49, 52, 54, 85, 90, 125 Schönwetterperiode 36, 40, 50, 53, 57 Schönwetterregel 47 Schönwetterzirren 79 Schowe, D. J. 99 Schwarzerle 30 Schwefeldioxid 19, 89 Servatius 37 Sextilis 25 Siebenheiten 128 Siebenjahreskreis 129 Sieben] ahreszyklus 131 Siebenschläfer 41 Singularitäten 15, 40 Smog 19, 65, 89 f. Sommer, feuchtester 148 Sommer, kältester 104, 141 Sommer, meteorologischer 39 Sommer, temperierte 103 ff. Sommer, trockenster 148 Sommer, wärmste 104 Sommergerste 33, 42, 50 Sommergetreide 28 Sommermitteltemperatur 141 Sommersmog 110, 119 Sommer-Sonnenwende 40, 49 Sommertage 43 f., 48 Sonnenbrand 115 ff. Sonneneinstrahlung 119, 141 Sonnenflecken 93–98, 101 f., 104 f. Sonnenflecken-Relativzahlen 94, 96, 102 Sonnenfleckenzyklus 94, 96 ff., 102, 104 f. Sonnen-Jahr 129, 131 Sonnenscheindauer 22, 27, 32, 37, 39, 45, 49, 52, 56 f., 60, 64, 151 Sonnenscheinverhältnisse Bergland 162 Sonnenstunden 17, 57, 64 Sophie, kalte 37 Spätfrost 35 Spätsommer 46, 51 Sperrschicht 19, 90 Spitzahorn 33 Stachelbeere 33 Starkregen 49 Starkwind 55 Starkwindböen 31, 60 Starkwindtage 17, 124 ff. Staub 19, 73, 88 ft, 11», 141 Stau-Niederschlag 40, 45, 65, 72, 80 Sterbefälle 107 f., 114 Srernschnuppenschwarm 50
Stickoxide 19, 90, 118 f. Strahlungsfrost 55 Stratocumulus 79 f. Stratosphäre 20, 74, 88 Sturm 60 Südostwetterlage 18, 56, 81 Südostwind 28 Südwestluft 82 Südwestwetterlage 18, 22, 81 Südwetterlage 18, 56, 81 Süßkirsche 47
T Tag, lichter 17, 34, 37, 40 Tageszeitenwind 78 Tag-und-Nacht-Gleiche 28, 52 Teich, M. 99 Temperatur, gefühlte 114 Temperaturaufzeichnungen 103 Temperatursturz 38 Temperaturverhältnisse 152 f. Temperaturverhältnisse Berge 160 Theresiensommer 53 thermischer Wirkungskomplex 113 Tiefdruckgebiet 75 f., 84, 86, 109, 111 Tiefdrucklage 17 f., 22, 63, 82–85 Tiefdruckrinne 31, 81 Tiefdruckstörung 79, 126 Tiefdruckwirbel 50, 80, 82, 84 Tiefdruckzentrum 120 Tieflandklima 122 Tiefrückseite 111 Tiefvorderseite 110 Tief Zentrum 110 Treibhausgase 138 Trockenheit 85 Trockenperiode 53 f. Troglage 83 Tropentage 48 Tropikluft 71 ff. Tropopause 20, 89 Troposphäre 20, 59, 78, 89
U Übergangsklima 64 Ultraviolettstrahlung 91, 115, 117 f., 122 UV-Index 117 f. UV-Intensität 116 UV-Strahlung 91, 115, 117 f., 122
Register
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V Vb-Tief 84 f. Vb-Wetterlage 33, 38, 52, 83 Venus-Jahr 130 f. Vollherbst 56 Vollmond 126 f. Vorfrühling 27 Vorhersagbarkeitsgrenze 87 Vulkanausbrüche 88 f.
W Walnuss 54 Wärmebelastung 114 f., 120, 122 Wärmegewitter 84 Wärmehaushaltsmodell 114, 120 Wärmerückfall 55 warmes Hoch 79 Warmfront 74 ff., 82 f. Warmluft 17, 87 Warmluftvorstoß 40 Warmsektor 82 f. Wasserstand 33 Wegwarte 47 Weihnacht, weiße 66 Weihnachts-Sonne 126 Weihnachts-Tauwetter 66 Weingüte 57 Weinlese 58 weiße Weihnacht 66 Weltsystem, heliozentrisches 93 Wenzelsommer 53 Westwetterlage 18, 22, 40, 43, 45, 48, 50, 61, 63, 66, 79 Westwindzone 109 Wetteraussichten 77 Wetterberuhigung 110 f. Wetterbeschwerden 110 Wetterbiotropie 109 ff. Wetterempfindlichkeit 109 Wettererscheinung 74
Wetterfront 74, 82 Wetterfühligkeit 107, 109, 112 Wetterkarte 75, 83, 85 Wetterlage 77 Wettermeldungen 87 Wetterpatron 62 Wetterstationen 84 Wettersturz 43, 47, 74, 80 Wetterverschlechterung 110 Wettervorhersage 71, 74, 77, 86 f. Wettervorhersagemodelle 87, 138 Wiesenfuchsschwanz 38 Windgesetz, Barisches 77, 85 Windstille 22, 57, 65 Winter, feuchtester 148 Winter, kältester 104, 142 Winter, temperierte 103 ff. Winter, trockenster 148 Winter, wärmster 104 Wintergerste 47 Wintermitteltemperatur 143 Winterroggen 42, 47, 54 Wintersmog 19, 119 Wintersonnenwende 66 Winterweizen 42, 46, 50, 56 Wirkungskomplex, aktinischer 113, 115 Wirkungskomplex, lufthygienischer 113, 118 Wirkungskomplex, thermischer 113 Witterungsanzeiger 58 Witwensömmerli 53 WMO 16 Wolkenbildung 87
Z Zehnjahres-Mittelwerte 164 Zentraltief 84 Zugstraße 84, 86 Zugstraße Vb 33 Zwischenhoch 79, 111 Zyklonen 17, 80, 86
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