Parker macht die »Sichel« schartig Ein neuer Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
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Parker macht die »Sichel« schartig Ein neuer Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
»Seien Sie nicht albern, Robert«, mokierte sich Lady Agatha und lachte geringschätzig, »Hexenkunst und Zauberei sind doch Ammenmärchen. Sie wollen mir doch nicht einreden, daß Sie daran glauben, oder?« Die ältere Dame, groß und kräftig wie eine Walküre, lehnte sich im Sessel zurück und sah sich in der riesigen Wohnhalle des Schlosses um. Sie hielt einen Kognakschwenker in der Hand und fühlte sich außerordentlich wohl. Sie- musterte die großen Wandteppiche an den Steinwänden, die alten Waffen Und das massive Mobiliar. Sie ließ sich überhaupt nicht vom Regen beeindrucken, der heftig gegen die Scheiben der romanischen Fensterbogen trommelte. Und sie fuhr auch keineswegs zusammen, als einem zuckenden Blitz heftiges Donnergrollen folgte. Sir Robert Pundham, ein großer, hagerer Sechziger, weißhaarig und dennoch sportlich aussehend, zog unwillkürlich den Kopf ein und rutschte tiefer in seinen Sessel. »Hexenkunst, nicht wahr?« Lady Agatha deutete zu den Fenstern und lachte. Sie nahm einen nicht gerade kleinen Schluck aus dem Glas und fühlte sich ihrem Gastgeber auf der ganzen Linie überlegen. Sie war keine ängstliche Frau, ja, der Begriff Gefahr schien ihr völlig fremd zu sein. Aus einer gewissen Selbstüberschätzung heraus fühlte sie sich unangreifbar. Außerdem hielt sich Agatha Simpson für eine Kriminalistin von einmaligem Format. »Vor einer halben Stunde gab's immerhin noch keine Wolke am Himmel«, meinte Sir Robert, »halten Sie mich meinetwegen für abergläubisch, Agatha, aber ich weiß, was ich gesehen habe.« »Nämlich?« Die Detektivin beugte sich vor und zuckte mit keiner Wimper, als plötzlich ein Fenster aufgedrückt wurde und ein Windstoß in die Halle fuhr. Das Feuer im Kamin loderte auf, Funken sprühten. Die schweren, langen Vorhänge knatterten wie Fahnen im Wind. »Sehen Sie doch, Agatha«, flüsterte Sir Robert und sprang auf, »das kann kein Zufall sein.« »Die Fensterriegel sind uralt und wohl durchgerostet, Robert«, deutete die ältere Dame diesen Zwischenfall, »läuten Sie einem Angestellten und lassen sie das Fenster schließen. Ich möchte nicht, daß Sie sich einen Schnupfen holen.« »Würden Mylady möglicherweise mit meiner Wenigkeit vorlieb nehmen?« war in diesem Moment Butler Parkers Stimme zu vernehmen. Er stand wie durch
Zauberei seitlich hinter dem Sessel seiner Herrin und präsentierte sich in seiner ganzen Würde. Josuah Parker war etwas über mittelgroß, fast schlank und trug einen schwarzen Zweireiher. Zum schneeweißen Eckkragen hatte er einen schwarzen Binder angelegt. Er war das Urbild des hochherrschaftlichen englischen Butlers. »Was sagen Sie zu diesem Wetter?« fragte Lady Agatha. »Ein überraschendes Tief, Mylady, das die hiesige Grafschaft geradezu überfallen hat.« Parker deutete eine knappe, überaus höfliche Verbeugung an. »Wenn Mylady gestatten, wird man sich jetzt mit dem defekten Fenster befassen.« Sir Robert Pundham beobachtete Parker, der einige Schritte in die halbdunkle Halle zurückging und eine Leiter hob. Er stellte sie hoch und stieg würdevoll nach oben, bis er das Fenstersims erreichte. Mit wenigen Handgriffen reparierte er den Schaden. »Die Riegel waren verrostet, nicht wahr?« fragte die ältere Dame. »Ich wußte es doch im voraus. »Die Fensterriegel, Mylady, befinden sich in einem Zustand, den man nur als ausgezeichnet bezeichnen kann.« »Weshalb flog dann das Fenster auf?« wunderte sich Lady Agatha. »Beide Riegel waren geöffnet, Mylady, der leiseste Luftzug mußte sie aufdrücken.« »Was ich gesagt habe, Robert!« Sie nickte beifällig, war sich des Widerspruchs gar nicht bewußt und lächelte ihren Gastgeber beruhigend an. »Die Frage erhebt sich, wer die Riegel geöffnet haben könnte«, redete Josuah Parker weiter. »Klären Sie das, Mr. Parker«, bat die Detektivin, »Schlampereien soll man immer sofort auf den Grund gehen.« Parker verbeugte sich wieder andeutungsweise und verschwand mit der Leiter in der Tiefe der riesigen Wohnhalle. Blitze zuckten, Donner grollte. Alle Zutaten eines Horrorfilms schienen sich ein Stelldichein zu geben. Sir Robert rutschte noch tiefer in seinen Sessel. »Seit wann ist der Butler in Ihren Diensten?« fragte der Mann dann. »Seit einer Ewigkeit«, antwortete sie, »er ist recht anstellig und begabt und lernt immer noch dazu. Im Lauf der Zeit werde ich einen brauchbaren Kriminalisten aus ihm machen.« »Ich bin froh, daß Sie hier sind«, stellte Sir Robert Pundham fest, »irgendwie fühle ich mich plötzlich sicherer.« »Als ich von dieser Erscheinung hörte, Robert, hielt mich nichts mehr in London«, erwiderte Lady Agatha, »ich bin dafür berühmt, paranormale Erscheinungen zu entlarven.« »Darum dachte ich auch sofort an Sie, Agatha, als die Sichel zum ersten Mal auftauchte«, meinte der Gastgeber. »Womit wir bei dieser albernen Erscheinung sind«, stellte die ältere Dame fest, »was stelle ich mir unter dieser Sichel eigentlich vor?«
Sir Robert wollte antworten, doch er brachte keinen Ton heraus und starrte wie hypnotisiert auf den Gegenstand, der dicht an seinem Sessel vorbeigeflogen war. Dieser Gegenstand hatte sich in einen Balken des Fachwerks gebohrt. »Aha«, meinte Agatha Simpson, die einen durchaus erfreuten Eindruck machte, »das also ist die Sichel! Wie auf Bestellung, mein lieber Robert.. .« Die Lady stand auf und begab steh hinüber zum Längsbalken. Dann nahm sie Ihre Lorgnette hoch, die an einer soliden Kette am Hals hing. Sie. klappte die altmodische Stielbrille auseinander und musterte die antik aussehende Sichel, deren Spitze tief im Holz steckte. *** »Wie finde ich denn das, Mr. Parker?« erkundigte sich Lady Agatha zehn Minuten später, nachdem Josuah Parker die Sichel in Augenschein genommen hatte. »Ein erstaunliches Gerät aus der Gruppe der Schneidwaren«, urteilte der Butler höflich, »nach Art und Form scheint es sich um eine Gerätschaft zu handeln, die bereits auf ein ehrwürdiges Alter zurückblicken kann.« »Eine Sichel, nicht wahr?« Agatha Simpson musterte sie erneut. Der Holzgriff war nur noch in Andeutungen zu sehen, der Rest des Holzes mit Sicherheit steinalt. Die Messerseite der Sichel war schartig, die Klinge verrostet. »Wer erfrecht sich, mit solchen Dingen herumzuwerfen?« Die Detektivin schüttelte entrüstet den Kopf. »Sir Robert wäre um ein Haar getroffen worden, von mir mal ganz zu schweigen.« »Darf man sich nach dem werten Befinden Sir Roberts erkundigen?« »Sir Robert hat sich zurückgezogen«, meinte sie etwas abfällig, »dieser junge Fant scheint keine guten Nerven zu haben.« Es war schon etwas gewagt, Sir Robert einen jungen Fant zu nennen, zumal Lady Agatha höchstens einige Jahre älter war als der Gastgeber. »War dies ein erster Anschlag, Mylady? Konnten Mylady in diesem Sinn noch eine entsprechende Frage stellen?« »Sir Robert war überhaupt nicht mehr ansprechbar«, erwiderte die ältere Dame, »ich hatte ihm Kognak angeboten, doch er verzichtete. Ich denke, er wird sich in seinem Zimmer eingeschlossen haben.« »Diese Sichel scheint eine Art Symbol darzustellen, Mylady.« »Natürlich, darum bat er mich ja, nach Schloß Plain zu kommen. Mr. Parker. Hier in der Gegend soll sich ein Druide herumtreiben und mit seiner Sichel drohen.« »Gewiß, Mylady. Nach meinen bescheidenen Ermittlungen dürfte aber Sir Robert nicht der einzige sein, der diesen Druiden gesehen haben will.« »Hirngespinste, Mr. Parker. Es gibt keine Geister und Gespenster. Denken Sie doch an ähnliche Fälle, die ich bereits gelöst habe! Lächerlich! Es gibt keine Spukschlösser. Und wenn es gespukt hat, dann konnte ich später immer Gauner und Gangster aus Fleisch und Blut ins Gefängnis bringen.«
»Mylady waren gerade auf diesem Gebiet stets erfolgreich«, stellte der Butler höflich fest und verschwieg diskret, daß er in allen Fällen die Lösungen gefunden hatte. »Also treibt sich auch hier ein Schwindler herum, der handfeste Geschäfte betreibt«, redete Agatha Simpson inzwischen weiter, »und ich glaube, daß ich mir bereits eine erste Theorie gebildet habe.« »Mylady werden meine Wenigkeit sicher wieder mal verblüffen«, prophezeite Parker. »Natürlich«, sagte sie mit fester Stimme und nickte nachdrücklich, »ich denke, ich werde jetzt erst mal das gesamte Personal verhören.« »Ein begrüßenswertes Vorhaben, Mylady, zumal sich nur drei Angestellte im Schloß befinden.« »Mehr nicht?« Sie zog erstaunt eine Augenbraue hoch. »Sir Robert hat vor einigen Wochen fast das gesamte Personal beurlaubt, Mylady. Übrigens bei voller Weiterzahlung der Bezüge. Fünf Personen kamen so in den Genuß einer Arbeitspause.« »Was für eine Geldverschwendung!« Lady Agatha seufzte. »Und wer befindet sich noch hier im Schloß?« »Der Koch, der Verwalter und eine Art Kammerdiener, Mylady, der allerdings keineswegs ein Butler ist.« »Sind diese Leute vertrauenswürdig, Mr. Parker?« »Eine Äußerung dazu, Mylady, wäre noch zu verfrüht. Fest dürfte stehen, daß alle drei Personen Angst haben.« »Einer dieser drei Burschen ist natürlich der Druide, Mr. Parker.« Lady Agatha wußte es wieder mal ganz genau und legte sich fest. »Wie Mylady wünschen und befehlen.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an. »Mylady wünschen sicher festzustellen, aus welchen Motiven heraus einer dieser drei Angestellten als Druide auftritt.« »Mit solchen Kleinigkeiten befasse ich mich grundsätzlich nicht, Mr. Parker. Finden Sie das heraus.« Sie winkte huldvoll und deutete dann auf die breite Freitreppe. »Geleiten Sie mich in mein Apartment. Es gibt doch Fernsehen im Zimmer, oder?« »Selbstverständlich, Mylady.« Parker nickte. »Ich möchte den Kriminalfilm um Mitternacht nicht versäumen«, redete sie weiter, »sie sind zwar durch die Bank weg sehr albern, aber wer möchte sich nicht hin und wieder amüsieren!« Parker folgte seiner Herrin in respektvollem Abstand. Man hatte die erste Stufe der Treppe noch nicht ganz erreicht, als plötzlich ein markerschütternder Schrei zu hören war. »Sehr hübsch«, sagte Lady Agatha unbeeindruckt und lächelte fast verklärt, »man will eine Lady Simpson erschrecken! Albern, Mr. Parker, sehr albern!« Sie hatte den Satz kaum beendet, als ein zweiter Schrei erfolgte, der in ein dunkles, ersticktes Röcheln überging.
»Sehr eindrucksvoll«, kommentierte die alte Dame, »Mr. Parker, ich kann nur hoffen, daß Ihre Nerven intakt sind!« *** Parkers Nerven waren intakt, denn er blickte ruhig und gelassen auf einen untersetzten Mann, der etwa vierzig Jahre zählte. Dieser Mann, der eine Art Livree trug, wankte die Treppe herunter und hielt sich den linken Arm. Deutlich war der blutgetränkte Ärmel der Jacke zu erkennen. »Sollten Sie sich verletzt haben, Mr. Madion?« fragte Parker. »Der Druide«, keuchte der Mann, rutschte in sich zusammen, fing sich aber in letzter Sekunde ab und setzte sich auf die steinerne Treppe. »Sie haben Druiden gesehen?« Agatha Simpson machte einen animierten Eindruck. »Vor der Zimmertür von Sir Robert, Mylady«, lautete die Antwort des Kammerdieners. Er nahm ängstlich den Kopf herum und schaute hinauf zur Galerie. der Mann zitterte vor Angst, Schmerz und Nervosität. »Als der Druide mich sah, warf er eine Sichel nach mir und traf mich ... Hier am Arm! Sehen Sie doch!« »Ich habe schließlich; Augen im Kopf«, herrschte Lady Agatha den Unglücklichen an. »Nun reißen Sie sich mal zusammen! Wahrscheinlich handelt es sich nur um eine harmlose Fleischwunde. Ja, ich möchte wetten, daß es so ist. Wie sah der Druide aus? Ich wünsche augenblicklich eine genaue Beschreibung.« »Mir wird schlecht, Mylady«, keuchte der Kammerdiener und hüstelte. »Das verbitte ich mir.« Sie blitzte ihn an. »Vielleicht könnte man erst mal den Tatort in Augenschein nehmen, Mylady«, schlug Parker vor. »Genau das wollte ich gerade sagen.« Sie nickte und setzte sich in Bewegung. »Und das, Mr. Parker, werde ich übernehmen. Verarzten Sie diesen Mann. Sie können dann ja später nachkommen.« »Mylady wollen allein hinaufgehen?« »Selbstverständlich, Mr. Parker. Dieser Druide soll es wagen, mit Sicheln nach mir zu werfen!« Der Pompadour an Myladys linkem Handgelenk geriet prompt in gefährliches Pendeln. In diesem perlenbestickten Handbeutel befand sich der sogenannte Glücksbringer der älteren Dame. Dabei handelte es sich um ein echtes Pferdehufeisen, das nur oberflächlich in Schaumstoff gehüllt war. »Warten Sie hier«, sagte Parker, der seine Herrin auf keinen Fall allein gehen lassen wollte. Er drückte den Kammerdiener gegen das Geländer aus Sandstein und folgte Agatha Simpson, die erstaunlich behend nach oben eilte. »Sie haben wohl Angst, allein in der Halle zu bleiben, wie?« Die Lady hatte Parkers Schritte gehört, blieb kurz stehen und sah ihren Butler amüsiert an. »Eine gewisse Besorgnis soll keineswegs ausgeschlossen werden«, lautete Parkers vieldeutige Antwort. Er dachte an die Unternehmungslust seiner Herrin, die sich stets kopfüber ins Getümmel stürzte.
»Nun, dann kommen Sie«, sagte sie großzügig, »aber ich fürchte, dieser Flegel von einem Druiden wird sich längst in Sicherheit gebracht haben.« Was sich als richtig erwies ... Der lange, verwinkelte Korridor war leer. Parker hielt Ausschau nach einer Sichel, konnte die Tatwaffe jedoch nicht finden- Lady Agatha stand inzwischen vor der Tür zu Sir Roberts Zimmer und pochte mit ihrer nicht gerade kleinen Faust machtvoll gegen die schweren Eichenbohlen. »öffnen Sie, Robert«, rief sie dazu mit dröhnender Stimme, »hier spricht Lady Agatha, öffnen Sie sofort, sonst breche ich das Schloß auf!« »Sir Robert scheint ein wenig indisponiert zu sein, Mylady«, gab Josuah Parker zu bedenken, als keine Antwort erfolgte. »Brechen Sie das Schloß oder auch die ganze Tür auf«, verlangte die energische Frau und deutete auf eine Ritterrüstung, die in einer nahen Nische stand, »benutzen Sie die Hellebarde, Mr. Parker.« »Wie Mylady wünschen.« Parker blieb jedoch stehen und drückte die schwere Eisenklinke, worauf die Tür sich öffnen ließ. Er sorgte dafür, daß die ältere Dame sich nicht vor ihm ins Zimmer schieben konnte und betrat als erster den großen, kahl wirkenden Raum. »Was ist denn nun?« fragte die Detektivin ungeduldig und schob Parker zur Seite. »Mylady dürften sich in der Wahl der Tür ein wenig geirrt haben«, sagte Parker höflich, »dies hier ist lediglich eine Abstellkammer.« »Unsinn«, erwiderte sie, »das ist Sir Roberts Schlafzimmer. Er selbst hat mir ja alle Räume gezeigt. Oder sollte dort hinten sein Schlafzimmer sein?« Sie deutete auf eine andere Tür. »Mylady erlauben, daß man sich vergewissert?« Josuah Parker ging zu der bezeichneten Tür und pochte höflich an. Dann drückte er die Klinke und zog die Tür an. Sie ließ sich nicht öffnen, dafür hörte man hinter dem Türblatt einen Schuß! *** »Klingt ja alles sehr spannend, Parker«, sagte Mike Rander, »und wer hatte diesen Schuß abgefeuert?« »Sir Robert, Sir«, antwortete der Butler, »er sagte später aus, er habe den bereits zitierten Druiden gesehen.« »Lächerlich, Parker. Glauben Sie etwa an diese Erscheinung?« »Mylady erklärte bereits, bei dem Druiden müsse es sich um eine Person aus Fleisch und Blut handeln. Dieser Ansicht schloß meine Wenigkeit spontan sich an.« »Und ich werde es selbstverständlich auch tun, Parker«, sagte der Anwalt. Der Vierzigjährige hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Darsteller der James-BondFigur. Mike Rander genoß vor Jahren schon den Vorzug, von Parker als Butler
betreut zu werden. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA war Rander nach London zurückgekommen und von Lady Simpson wie selbstverständlich in Anspruch genommen worden. Der Anwalt hatte kaum die Möglichkeit zur Gegenwehr und widmete sich hauptsächlich der Verwaltung des riesigen Vermögens der Lady Simpson. Darüber hinaus hatte er das Vergnügen, von Parker wieder umsorgt zu werden. Am Morgen war Mike Rander mit Kathy Porter aus London angereist, um im Fall des Druiden tätig zu werden. Kathy Porter, die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady, befand sich auf dem Schloß, um weitere Aktivitäten der älteren Dame diskret zu überwachen, die beiden Männer aber waren unterwegs, um in der nahen Ortschaft Plain Kontakt mit der Bevölkerung aufzunehmen. »Wie beliebt ist eigentlich dieser Sir Robert Pundham?« fragte Mike Rander, der neben Parker Platz genommen hatte. »Zu diesem Thema gab es bisher keine Hinweise, Sir«, beantwortete der Butler die Frage, »meiner bescheidenen Ansicht nach ist Sir Robert ein durchaus verträglicher Mensch, wobei man allerdings betonen sollte, daß der äußere Anschein selbstverständlich täuschen kann.« »Vielleicht erfahren wir im Dorf mehr darüber.« Rander schaute interessiert ins Gelände. Es war eine bemerkenswert hübsche Gegend, durch die man fuhr. Sanfte Hügel, sattgrüne Weiden und Baumgruppen schufen den Eindruck einer perfekten Parklandschaft. »Stonehenge kann doch gar nicht weit sein, oder?« fragte der Anwalt. »Dies entspricht durchaus den Tatsachen, Sir.« »Und dort sollen sich doch in grauer Vorzeit Druiden herumgetrieben haben.« »Auch dies erwähnt die Geschichte, Sir.« »Hatten Sie nicht schon mal mit Stonehenge zu tun, Parker?« »Verschiedentlich, Sir. Der berühmte Steinkreis scheint immer wieder Menschen anzuziehen, die sich der Magie verschrieben haben.« »Ich wette, Sie könnten mir eine Menge über Stonehenge erzählen.« »Meine bescheidene Wenigkeit verfügt in der Tat über einige Kenntnisse, Sir, was diesen Steinkreis betrifft. Möchten Sie jetzt und hier mehr darüber hören?« »Verschieben wir's, Parker«, schlug der Anwalt vor, »ist die Angst Sir Roberts gespielt oder echt?« »Sie dürfte durchaus echt sein, Sir. Und auch die Wunde, die man dem Kammerdiener zufügte, kann nicht als oberflächlich bezeichnet werden.« »Also ein Druide, der mit Sicheln um sich wirft«, faßte Mike Rander zusammen, »wer will warum diese Angst ausbeuten? Das ist doch die Frage, Parker, oder? « »Nur so sollte man sie stellen, Sir.« »Hat Sir Robert bereits die Polizei verständigt? « »Er bat dringend darum, sie vorerst auszuschließen, Sir.« »Hat er etwa Angst, sich lächerlich zu machen?« »Dies dürfte der wahre Beweggrund sein, Sir.«
»Hallo, was ist denn das, Parker?« Während er diese Frage stellte, beugte er sich vor, um besser durch die Windschutzscheibe sehen zu können. Josuah Parker hatte bereits das Tempo seines hochbeinigen Monstrums gemindert und hielt. Sein Interesse galt einem dicken Bündel von Mistelzweigen, die genau über der Straßenmitte hingen. Wenn dies schon mehr als ungewöhnlich war, so war noch ein zusätzlicher Effekt zu beobachten: Aus diesem Bündel von Mistelzweigen tropfte deutlich sichtbar Blut! *** »Ein ziemlich makabrer Scherz«,sagte Rander und schickte sich an, die Wagentür zu öffnen. »Dürfte ich darauf verweisen, daß der Wagen schußfest ist, Sir?« »Moment mal, Sie glauben, daß geschossen werden könnte?« Rander zog die Wagentür prompt wieder zurück ins Schloß. »Die nahen Sträucher und das dichte Unterholz beiderseits der Straße lädt zu einem Hinterhalt förmlich ein, Sir.« Parker hatte nicht übertrieben, was die Schußfestigkeit seines hochbeinigen Monstrums betraf, wie sein Wagen von Freund und Feind genannt wurde. Das ehemalige Londoner Taxi war nach den recht eigenwilligen Plänen des Butlers umgestaltet worden und hielt in der Tat einem normalen Geschoß durchaus stand. Unter der eckigen Motorhaube war ein Motor eingebaut worden, der jedem Rennwagen zur Ehre gereicht hätte. »Und jetzt?« wollte der Anwalt wissen. Er musterte die Sträucher und das dichte Unterholz. »Wir stehen hier wie auf dem Präsentierteller.« »Man könnte den Druiden, falls er die Mistelzweige aufgehängt hat, vielleicht ein wenig irritieren, Sir.« »Aha, Sie wollen also wieder mal in Ihre Trickkiste greifen, wie?« Der Anwalt lachte leise. »Ich habe nichts dagegen, ich lasse mich von Ihnen immer wieder gern überraschen, Parker.« Der Butler griff bereits mit der schwarz behandschuhten, linken Hand nach einem der vielen Kipphebel, die auf dem reichhaltig bestückten Armaturenbrett zu sehen waren. Wenige Augenblicke später quollen unter den Trittbrettern des Wagens dichte Nebelwolken hervor, die sich mit großer Geschwindigkeit ausbreiteten. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Parkers hochbeiniges Monstrum nicht mehr zu sehen war. Der Butler legte den Rückwärtsgang ein und stieß den Wagen zurück, sorgte jedoch dafür, daß er im wallenden Nebel blieb. »Prächtiger Nachrichtendienst, Parker«, sagte der Anwalt, »wer hat gewußt, daß wir nach Plain fahren wollen?« »Nur Mylady und Miß Porter, Sir.« »Und die werden das ja nicht gerade hinausposaunt haben. Was sollte dieser Mistelstrauch über der Straße?« »Er sollte wohl einen Autostop herbeiführen, Sir.«
»Das Zeug hing wohl an dünnen Fäden, wie?« »Dies, Sir, sollte man unterstellen«, erwiderte der Butler, »falls Sie einverstanden sind, könnten wir jetzt den Wagen verlassen und nach dem sogenannten Druiden Ausschau halten.« »Nichts lieber als das, Parker.« Mike Rander stieg aus und wartete, bis Josuah Parker neben ihm stand. Der Butler hatte den Universal-Regenschirm korrekt über den angewinkelten linken Unterarm gelegt und rückte dann die schwarze Melone zurecht. Danach erst fühlte er sich in der Verfassung, nach dem Druiden zu suchen, der für den Strauß aus Mistelzweigen verantwortlich zeichnete. Es war übrigens erstaunlich, wie schnell der dichte Nebel sich wieder auflöste. Das milchige Weiß wich feinem Dunst, der dann durchsichtig wurde. Der Butler und Mike Rander befanden sich inzwischen in Deckung. Dank Parker konnten sie vom dichten Unterholz aus die Straße beobachten. Der Strauß aus Mistelzweigen hing noch immer über der Straßenmitte. »Was soll das Zeug da bedeuten?« fragte Rander. »Im Volksmund pflegt man dazu Hexen- und Donnerbesen zu sagen«, erwiderte der Butler höflich, aber auch leise, »den Mistelzweigen spricht man geheimnisvollmagische Kräfte zu, wenn man so sagen darf. Zur Zeit der Kelten, Sir, so schreibt Plinius, pflegten die Druiden dieses Gewächs mit heiligen Sicheln von den Bäumen zu schneiden.« »Sie sind wieder mal bestens informiert, Parker.« Rander lächelte. »Die Zweige dort drüben sollen uns also bannen, wie?« »Der Mistelstrauß, Sir, hängt so tief, daß er das Dach eines Autos mit Sicherheit berühren würde.« »Ja, würde auch ich sagen.« Der Anwalt nickte zustimmend. »Dies, Sir, muß einen bestimmten Grund haben.« »Den Sie natürlich bereits erahnt haben, wie?« »Ihr Einverständnis voraussetzend, Sir, könnte man einen im Grund recht einfachen Test vornehmen.« »Ich bitte sogar darum, Parker.« Mike Rander nickte und schaute zu, wie der Butler einen faustgroßen Stein aufhob und ihn sorgfältig in der Hand wog. Nachdem er sich über Form und Gewicht des Steines klar geworden war, holte er gemessen aus und ... warf ihn zielsicher auf den Mistelstrauch. Der Steinbrocken landete genau auf dem Hexenbesen und ... löste unmittelbar darauf eine heftige Detonation aus. Nach einem grellroten Feuerblitz wurden Rander und Parker von heftigem Luftdruck erfaßt, dann war ein reißendes Krachen zu vernehmen. »Jetzt weiß ich auch, warum diese Sträuße Donnerbesen genannt werden«, sagte Mike Rander lakonisch und stäubte mit den Händen Erdstaub vom Anzug. »Der Druide, Sir, scheint sich in irdischen Sprengstoffen gut auszukennen«, bemerkte der Butler und zauberte aus einer seiner vielen Taschen eine kleine Kleiderbürste, »darf ich mir erlauben, Sir, Ihre Kleidung wieder in würdigen Zustand zu versetzen?«
»Mann, Parker, Sie haben vielleicht Sorgen«, wehrte Mike Rander ab, »stellen Sie sich doch mal vor, Sie wären weitergefahren und hätten den Besen über das Autodach streifen lassen.« »Dies, Sir, wäre für sie und meine Wenigkeit ungemein peinlich gewesen«, versicherte Parker höflich wie immer. *** Das Dorf Plain schien im Mittelalter stehengeblieben zu sei. Die noch durchweg im Fachwerkstil errichteten, windschiefen und viel Romantik ausstrahlenden Häuser standen entlang einer schmalen Straße und scharten sich um eine Art Dorfplatz. Im Mittelpunkt stand eine Steinsäule, die mit seltsamen Mustern bedeckt war. Allerdings konnte man sie nur bei einem ganz bestimmten Sonnenstand erkennen. Erst gegen Mittag vermochte man diese Zeichen und runenartigen Gebilde auszumachen. Josuah Parker stoppte sein hochbeiniges Monstrum vor einer Steinmauer, hinter der sich ein alter Friedhof befand. Hohe, mit Mistelpflanzen bedeckte Eichenbäume verliehen dieser Begräbnisstätte ein fremdes, abweisendes Aussehen. Jenseits der hinteren Begrenzungsmauer waren einige alte Fachwerkhäuser auszumachen, die allerdings unbewohnt schienen. »Dort drüben muß ein Gasthaus sein«, meinte der Anwalt, »werfen wir einen Blick rein, Parker. Vielleicht gibt's schon etwas Trinkbares.« »Mehr als nur einige Gäste dürften sich dort bereits eingefunden haben, Sir.« »Eine ganz hübsche Ansammlung von Wagen, Parker.« Mike Rander musterte die Autos, die durchweg keinen neuen Eindruck machten. Es waren einfache Fahrzeuge, durchweg älteren Datums. Parker parkte sein hochbeiniges Monstrum seitlich neben dem Gasthof und stieg feierlich-gemessen aus. Es war für ihn eine selbstverständliche Pflicht, die Wagentür auf der Seite des Anwalts zu öffnen, doch Mike Rander war schneller. »Bemühen Sie sich nicht, Parker, ich bin schließlich kein alter Mann«, sagte er gelassen, »hören Sie, sollten wir nicht die Polizei informieren? Immerhin hat man doch versucht, uns in die Luft zu sprengen.« »Dieser Anschlag, Sir, könnte möglicherweise auch einer anderen Person gegolten haben«, antwortete Parker, »aber gegen eine Benachrichtigung ist grundsätzlich nichts einzuwenden.« Die beiden Männer gingen zum Eingang des Gasthofes und trafen hier einen Zivilisten, der sie mißtrauisch-prüfend anschaute. »Darf man fragen, wer Sie sind?« erkundigte er sich knapp. »Natürlich, Sie dürfen«, erwiderte Rander und ging weiter. »Moment mal, Sir, das war mehr als eine Frage«, sagte der Zivilist, »ich hätte es gern, wenn Sie sich ausweisen würden.« »Ich ebenfalls.« Rander lächelte unbefangen den schlanken, ein wenig aggressiv wirkenden Mann an.
»Detective-Sergeant Mulligan.« Der Mann zeigte seinen Dienstausweis. »Mike Rander, Anwalt, Mr. Parker, Butler«, stellt der Anwalt vor, »weitere Fragen reichen Sie besser schriftlich ein.« »Entschuldigen Sie, Sir«, lenkte der Sergeant ein, »ich fürchte, ich habe mich bereits von einer gewissen Stimmung anstecken lassen.« »Sie sprechen mit einiger Sicherheit von einem gewissen Druiden, nicht wahr, Sir?« schaltete Parker sich ein und lüftete die schwarze Melone. »Sie wissen von dieser seltsamen Erscheinung?« Der Detective-Sergeant trat einen halben Schritt zurück und musterte Rander und Parker. »Wissen ist gut, Sergeant«, meinte Rander, »ich hatte den Eindruck, daß wir in die Luft gejagt werden sollten.« »Wie war das?« Sergeant Mulligan runzelte die Stirn, und Parker lieferte eine erstaunlich knappe Schilderung dessen, was Rander und er erlebt hatten. »Das ist ja ungeheuerlich«, urteilte Mulligan und schnappte nach Luft, »eine Sprengladung, versteckt in einem Strauß von Mistelzweigen?« »Eine hübsche Kombination, wie?« Rander lächelte. »Das wäre ja ein richtiger Mordanschlag gewesen!« »Der nicht unbedingt Mr. Rander und meiner Wenigkeit gegolten haben muß«, schränkte der Butler ein., »So oder so. Ich muß sofort die erforderlichen Schritte in die Wege leiten. Wo kann ich Sie erreichen?« »Erst mal hier im Gasthof, dann später auf Schloß Plain«, meinte Anwalt Rander, »sagen Sie, Sergeant, seit wann treibt der Druide sich in dieser Gegend herum?« »Wir wissen davon amtlich erst seit drei Wochen, Sir, aber die Leute hier sagen, der Druide sei bereits seit fünf Wochen unterwegs. Sie sind zufällig hierher nach Plain gekommen?« »Wir wollen uns den Druiden zur Brust nehmen, Sergeant, aber sagen Sie's nur nicht weiter.« »Sie wollen den Druiden stellen?« Detective-Sergeant Mulligan sah Rander und Parker erstaunt und zugleich auch ein wenig belustigt an. »Sie kommen wahrscheinlich aus einer Großstadt, oder? Sie werden nie verstehen, wie diese Menschen hier über Geister und Erscheinungen denken. Für sie sind das reale Erscheinungen.« »Womit die Leute wohl auch recht haben werden, Sergeant«, gab Mike Rander zurück, »der Druide ist ein Zweibeiner wie Sie und ich. Aber daran werden ja gerade Sie bestimmt nicht zweifeln, nicht wahr?« »Ich weiß nicht recht«, entgegnete der Sergeant zögernd, »es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die man mit dem Verstand allein nicht begreifen wird.« »Das hätte von Ihnen stammen können, Parker«, frotzelte Mike Rander. »Und darauf sollten wir einen Schluck nehmen, falls der Ausschank schon geöffnet ist.«
Bevor Butler Parker darauf antworten konnte, strichen plötzlich einige Krähen flatternd um die Ecke des Gasthofes. Sie gewannen nur mühsam an Höhe und stießen kreischende Schreie aus. Der Detective-Sergeant zog unwillkürlich den Kopf ein, Mike Rander runzelte die Stirn und Butler Parker löste sich wortlos aus der Gruppe und schritt überraschend schnell auf die Hausecke zu. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als er das Getrappel von Pferdehufen hörte, das von einem Wiehern übertönt wurde. Parker bog um die Hausecke und sah gerade noch, daß ein Pferd in einer schmalen Gasse verschwand. Auf diesem Pferd saß eine Gestalt, die nicht gerade sonderlich zivilisiert aussah. »Haben Sie was gesehen?« hörte er hinter sich die Stimme von Sergeant Mulligan.« »Nichts«, gab Parker zurück, die Wahrheit ein wenig korrigierend, »meine Wenigkeit hatte allerdings den Eindruck, daß ein Pferd sich zu entfernen beliebte, wenn ich es mal so ausdrücken darf.« *** »Hier rennt man gegen eine Wand des Schweigens«, sagte Sergeant Mulligan später, »die Leute auf dem Land sind mißtrauisch und verschlossen. Ja, und sie haben natürlich Angst vor diesem Druiden und seiner Sichel.« »Der seit fünf Wochen sein Unwesen treibt, Sir«, stellte Josuah Parker noch mal fest, »Sie sind zur Aufklärung dieser mehr als seltsamen Vorfälle nach Plain geschickt worden, wie man annehmen darf?« »Richtig«, bestätigte der Detective-Sergeant, »normalerweise sitze ich in Andover.« »Sie bleiben länger?« Rander beugte sich vor und deutete durch die Windschutzscheibe nach vorn, »hinter der nächsten Kurve hingen die Mistelzweige quer über der Straße.« »Ich werde solange bleiben, bis der ganze Unsinn aufgeklärt ist«, entgegnete Mulligan, »aber das kann dauern, ich weiß das aus Erfahrung. Ermittlungen auf dem Land sind immer schwierig.« Parker hatte den Bogen hinter sich gebracht und stoppte sein hochbeiniges Monstrum. Die drei Männer stiegen aus und nahmen die bewußte Stelle in Augenschein. Mulligan war beeindruckt. Solch eine Explosion hatte er sich nicht vorgestellt. Zu beiden Seiten der schmalen Straße war das Gesträuch förmlich weggefetzt worden. In der Straße war eine flache Mulde zu sehen. »Sie können von Glück reden, daß Sie noch leben«, sagte der Sergeant, »wieso wurden Sie eigentlich mißtrauisch?« »Fragen Sie Mr. Parker«, erwiderte der Anwalt, »ich hätte das wahrscheinlich für einen Scherz gehalten und wäre weitergefahren.« »Sie taten es eben nicht, Mr. Parker.« Der Detective-Sergeant sah Parker prüfend-abwartend an.
»Meine bescheidene Wenigkeit handelte instinktiv«, erklärte Parker, »es sollte allerdings nicht verschwiegen werden, daß gewisse persönliche Erfahrungswerte ihren Niederschlag fanden, was meine Handlungsweise betrifft.« »Sie sind nicht sicher, daß dieser Anschlag Ihnen gegolten hat, oder?« »Eine Frage, Sir, die sich einer Beantwortung entzieht«, antwortete der Butler. »Wer hat von Ihrer Fahrt nach Plain gewußt?« Der Detective-Sergeant ließ nicht locker. »Lady Simpson und Miß Porter«, schaltete der Anwalt sich ein, »aber man sollte davon ausgehen, daß Mr. Parker und ich vielleicht beobachtet wurden, als wir über die Landstraße fuhren.« »Die Zeit hätte nie gereicht, den Sprengstoff anzubringen«, meinte Sergeant Mulligan, »sind Sie vielleicht abgehört worden?« »Solch eine Erklärung bietet sich förmlich an, Sir«, pflichtete Parker dem Sergeant bei, »nach der Rückkehr ins Schloß wird man sich nach etwa vorhandenen elektronischen Wanzen umsehen.« »Die dann sicher kein Druide angebracht haben kann«, meinte Mulligan ironisch. »Was will dieser Druide mit seiner Sichel eigentlich?« fragte der Anwalt gezielt. »Aus Schabernack treibt er bestimmt nicht sein Unwesen.« »Könnte man unter Umständen erfahren, Sir, in welcher Hinsicht dieser geheimnisvolle Druide bereits tätig wurde?« wollte Josuah Parker wissen. »Er wirft in erster Linie diese verdammten Sicheln durch die Gegend«, antwortete Detective-Sergeant Mulligan, »er hat bereits einige Leute verletzt und auch Pferde getötet. Er erscheint in den Abend- und Nachtstunden und läßt Krähen flattern. Er pinselt geheimnisvolle Runen an Häuserwände und scheint es auf Autoreifen abgesehen zu haben. Die werden nämlich immer wieder durchschnitten, offensichtlich mit einer rasiermesserscharfen Sichel.« »Gibt es einen bestimmten Personenkreis, der von den Aktivitäten dieses Druiden besonders betroffen wurde und wird?« »Eine bestimmte Linie ist bisher nicht zu erkennen, Mr. Parker. Ich habe auch nicht die geringste Ahnung, wer hinter der verrückten Erscheinung stecken könnte.« »Herrliche Aussichten«, meinte der Anwalt, »den Ausdruck Schabernack möchte ich übrigens zurücknehmen und streichen, Sergeant. Immerhin war hier quer über die Straße eine tödliche Sprengladung angebracht worden.« »Sie sind nicht zufällig Gast auf Schloß Plain?« fragte der Sergeant gespielt beiläufig. »Im Grund schon«, meinte Anwalt Mike Rander. »Sir Robert hat Sie vielleicht eingeladen, ihm gegen den Druiden beizustehen?« »Danach sollten Sie Lady Simpson fragen«, wich der Anwalt aus. »Ist Sir Robert denn schon von dem Druiden besucht oder belästigt worden?« »Er hat Ihnen nicht davon erzählt?« wunderte sich der Sergeant. »Andeutungsweise, aber mehr amüsiert«, lautete Randers Antwort.
»Sollte es bereits Anschläge des Druiden auf Schloß Plain gegeben haben?« schaltete der Butler sich ein. »Da müssen Sie schon Sir Robert fragen«, wich Mulligan einer konkreten Antwort aus, »wenn Sie so freundlich wären, könnten Sie mich jetzt zurück in den Ort bringen. Ich habe noch vielen Menschen Fragen zu stellen und weiß schon jetzt, daß dabei nichts herauskommen wird. Man läßt mich förmlich ins Leere laufen.« Er hatte seinen Satz noch nicht ganz beendet, als plötzlich eine Sichel heranschwirrte, die haarscharf über den Köpfen der drei Männer zu sehen war und dann im Gesträuch auf der anderen Straßenseite verschwand! *** Detective-Sergeant Mulligan reagierte augenblicklich. Er spurtete aus dem Stand und lief in die Richtung, aus der die Sichel gekommen war. Es zeigte sich, daß er erstaunlich schnell war. Mike Rander nickte anerkennend. »Wir dürften uns ziemlich unbeliebt gemacht haben, Parker«, sagte er dann. »Hat der Druide hier etwa die ganze Zeit auf uns gewartet, Parker?« »Man ist in der Tat versucht, Sir, dies zu unterstellen«, erwiderte Josuah Parker, der Mulligan beobachtete, wie er gerade im dichten Unterholz verschwand. »Der Knabe hat viel Mut«, fand Rander, »er könnte doch glatt in die nächste Sichel laufen, oder?« »Mit solch einem Zwischenfall ist durchaus zu rechnen, Sir«, gab der Butler zurück, ohne Anstalten zu treffen, um seinerseits nach dem Sichelwerfer zu suchen. »Glauben Sie, daß der Druide sich inzwischen auf ein Pferd geschwungen hat?« Rander lehnte sich gegen den Wagen. »Er könnte durchaus solch ein Fortbewegungsmittel gewählt haben, Sir. Ihr Einverständnis voraussetzend, Sir, sollte man vielleicht ein Stück des weiteren Weges hinter sich bringen. Hinter dem Wald dürfte der Blick auf die parkähnlichen Wiesen eindrucksvoll und zugleich auch erhellend sein.« »Dann wollen wir uns aber beeilen, Parker.« Mike Rander stieg in den Fond des Wagens, während Parker am Steuer Platz nahm. Wenig später rollte das hochbeinige Monstrum davon. Parker verzichtete diesmal auf ein gemessenes Tempo, gab Gas und ließ seinen Privatwagen förmlich nach vorn fliegen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis das Waldstück mit dem dichten Unterholz hinter ihnen lag. »Nichts«, meinte der Anwalt nach schnellem Rundblick, »weit und breit nichts zu sehen, Parker.«
»Wenn Sie erlauben Sir, könnte man nach Hufspuren Ausschau halten«, schlug Josuah Parker vor. »Auch Spuren anderer Fortbewegungsmittel könnten natürlich von Interesse sein.« »Ich bin gespannt, ob wir fündig werden, Parker.« Mike Rander stieg aus und machte sich daran, wie der Butler nach Spuren zu suchen. Die Sichel des Druiden mußte ja schließlich von einem Wesen aus Fleisch und Blut geworfen worden sein. *** »Sie haben natürlich nichts gefunden, Mr. Parker«, stellte Lady Agatha anderthalb Stunden später fest. Mike Rander und der Butler waren nach Schloß Plain zurückgekehrt und hatten von den Zwischenfällen berichtet. »Spuren eines Fahrrads haben wir entdeckt«, sagte der Anwalt, »aber diesen Radfahrer hätten wir nach dem Sichelanschlag eigentlich noch sehen müssen.« »Und was war mit dem Detective-Sergeant?« forschte die ältere Dame weiter. »Auch er konnte nichts finden«, bedauerte Mike Rander, »und ich denke, er hat jeden Zentimeter abgesucht.« »Und den Druiden natürlich völlig übersehen«, faßte Lady Agatha zusammen, »er hat sich natürlich im Unterholz versteckt.« »Dann muß es sich um ein in der Tat ausgezeichnetes Versteck gehandelt haben, Mylady«, schaltete Josuah Parker sich ein. »Und solch ein Versteck hätte ich selbstverständlich gefunden«, behauptete die energische Dame mit letzter Sicherheit. »Wenn man nicht alles selbst macht...« »Mr. Mulligan wird die Suche nach dem sogenannten Druiden erneut aufnehmen«, meinte Josuah Parker, »er hat einige Suchhunde angefordert.« »Hat sich hier inzwischen einiges getan?« Rander wechselte das Thema und sah Kathy Porter an. »Ich habe die drei Angestellten verhört«, antwortete Agatha Simpson, bevor ihre Gesellschafterin etwas sagen konnte, »und ich weiß jetzt, wer in diesem schrecklichen Gemäuer die Sichel geworfen hat. Für mich gibt es da überhaupt keinen Zweifel.« »Mylady werden sicher wieder mal mit einer frappierenden Entdeckung aufwarten können«, meinte Parker, in dessen Gesicht sich kein Muskel rührte. »Der Kammerdiener ist der Täter«, redete sie energisch weiter, »und ich wußte es gleich, als dieses Subjekt in der Halle erschien.« »Der Mann wurde immerhin getroffen und verwundet, Mylady«, erinnerte der Anwalt und tauschte mit Parker und Kathy Porter einen schnellen Blick. »Schnickschnack, mein lieber Mike«, sagte sie abfällig, »er hat sich diese Wunde natürlich selbst beigebracht, um mich an der Nase herumzuführen. Aber damit wird dieser Mister Maddon nicht weiterkommen. Kathy hat sich die Wunde näher angesehen. Sagen sie schon, Kindchen, was Sie gesehen haben...«
»Nun ja, die Wunde ist eigentlich recht oberflächlich«, antwortete die Sekretärin und Gesellschafterin der älteren Dame, »theoretisch könnte Mister Maddon sie sich selbst beigebracht haben.« »Ein billiges Ablenkungsmanöver«, urteilte die Detektivin und nickte bekräftigend, »so etwas durchschaue ich immer sofort.« »Mylady konnten ein Tatmotiv herausfiltern?« erkundigte sich der Butler in seiner höflichen Art. »Er wird Rache üben wollen. Das liegt doch auf der Hand.« Agatha Simpson lachte wissend. »Rache!?« Mike Rander war verblüfft. »Ein Motiv, das mich immer wieder entzückt«, freute sich Lady Agatha, »dieser Paul Maddon hatte eine Schwester, die sich vor fast einem Jahr das Leben nahm. Was sagen Sie jetzt?« »Eigentlich noch gar nichts«, erwiderte der Anwalt, »oder weiß man, warum sie Selbstmord beging?« »Liebeskummer, mein lieber Mike«, redete Agatha Simpson weiter, »sie hatte ein Verhältnis mit Sir Robert. Dieses Wissen habe ich dem Koch entlockt. Der Selbstmord kann natürlich auch ein Mord gewesen sein...« »Begangen etwa von Sir Robert?« Mike Rander sprach das aus, was die ältere Dame gerade angedeutet hatte. »Warum denn nicht?« Lady Agatha verzog ihr Gesicht. »Auch innerhalb des Adels gibt es schwarze Schafe, ich bin da völlig vorurteilslos.« »Darf man erfahren, Mylady, wie Miß Maddon sich ums Leben brachte?« erkundigte sich der Butler gemessen. »Sie soll sich vom Turm gestürzt haben«, erwiderte die Detektivin geradezu genußvoll, »aber sie kann natürlich auch über die Zinnen gedrückt worden sein, nicht wahr?« »Trauen Sie Sir Robert denn solch eine Tat zu, Mylady?« Mike Rander schüttelte den Kopf. »Ich traue keinem Menschen über den Weg«, erwiderte die ältere Dame, »ich mache mir keine Illusionen, mein lieber Mike.« »Myladys Worten darf man demnach entnehmen, daß der Koch und der ebenfalls noch im Schloß wohnende Verwalter schuldlos sind?« fragte der Butler. »Aber keineswegs, Mr. Parker.« Sie sah ihn streng an. »Möglicherweise habe, ich es mit einem raffinierten Komplott zu tun. Aber auch dies werde ich noch aufdecken.« »Mit letzter Sicherheit, Mylady«, erklärte Parker und deutete eine knappe Verbeugung an, »darf man sich in diesem Zusammenhang nach Sir Roberts Befinden erkundigen?« »Er hat sich eingeschlossen, dieser Angsthase«, meinte sie verächtlich und lachte amüsiert, »so hofft er, der Sichel des Druiden zu entkommen. Das ist selbstverständlich ein Trugschluß. Ich rechne mit seinem Tod, um ganz ehrlich zu sein.«
*** »Meine Wenigkeit möchte auf keinen Fall aufdringlich erscheinen«, schickte Josuah Parker voraus, nachdem Sir Robert die Tür zu seinen Räumen spaltweit geöffnet hatte und ihn mit einem mehr als nur mißtrauischen Blick bedachte, »Mylady sind der sicher richtigen Ansicht, daß eine Tasse Tee in diesen Stunden innerer Anspannung wohl angebracht ist.« »Scheren Sie sich zum Teufel, Mr. Parker«, fuhr Sir Robert den Butler an. Parker merkte sofort, daß der Schloßherr leicht angetrunken war. »Ihrem Wunsch, Sir, würde ich umgehend nachkommen, falls die Aussicht besteht, dort den sogenannten Druiden antreffen zu können«, gab Josuah Parker zurück, Während er dies erklärte, drückte er die schwere Holztür, die mit Eisennägeln übersät war, höflich, aber kraftvoll auf. Sir Robert wurde gegen seinen Willen zurückgedrückt und gab dann plötzlich die Tür frei. Parker blickte in die weite Mündung einer altertümlich aussehenden Pistole, die eindeutig ein Vorderlader war. Sie zitterte in der Hand Sir Roberts. »Nehmen Sie den Tee mit Sahne und Zucker?« fragte der Butler, der die Waffe ignorierte. Er kümmerte sich nicht weiter um den Schloßherrn, sondern schritt zielsicher zu einem Tisch, der unter einem romanischen Bogenfenster stand. Parker registrierte, daß auf diesem Tisch einige angebrochene Whiskyflaschen standen. »Ich will keinen Tee«, herrschte Sir Robert den Butler an, um dann die Tür zuzuriegeln. »Einem alten chinesischen Sprichwort zufolge, Sir, soll Tee die Gleichmut der Gefühle fördern«, meinte Parker, »man sagt diesem Getränk ebenfalls nach, daß es die Angst mindert.« »Angst? Ich habe keine Angst.« Sir Robert sah zur Tür hinüber und schien sich vergewissern zu wollen, daß er die Tür auch wirklich verriegelt hatte. »Könnte es sein, Sir, daß die Vergangenheit sich anschickt, Sie einzuholen?« »Was soll diese Unverschämtheit?« Sir Robert ging hinüber zum Tisch und griff nach einem halb gefüllten Whiskyglas. »Aus gegebenem Anlaß, Sir, sollte von einer gewissen Miß Maddon gesprochen werden.« »Melissa Maddon? Wie kommen Sie dazu, diesen Namen zu erwähnen?« »Miß Melissa Maddon soll dem Vernehmen nach hier auf dem Schloß zu Tode gekommen sein, Sir.« »Selbstmord! Und was habe ich damit zu tun?« Sir Robert Pundhams Gesicht färbte sich intensiv rot. »Wäre es unter Umständen möglich und wahrscheinlich , Sir, daß der erwähnte Druide diesen Tod rächen will?« »Nonsens, Mr. Parker. Was habe ich mit diesem Selbstmord zu schaffen?« »Diese Frage stellten Sie bereits, Sir, wenn auch in einer leicht abgeänderten Form. Sie fühlen sich für diesen Selbstmord nicht verantwortlich?«
»Jetzt aber raus!« Sir Robert riß die altertümliche Handfeuerwaffe hoch und ... verlor sie augenblicklich. Parker, der kein unnötiges Risiko eingehen wollte, schlug mit dem Serviertablett unter den Lauf der Waffe. Es sah nach einer Ungeschicklichkeit aus, für die Parker sich umgehend zutiefst entschuldigte. »Sie ... Sie haben mir fast das Handgelenk gebrochen«, beschwerte sich Sir Robert. Er sah den Butler entgeistert an und betastete vorsichtig sein Handgelenk. »Darf man noch mal nachdrücklichst versichern, Sir, daß es sich nur um eine ungeschickte Bewegung meiner Wenigkeit handelte?« Parker hatte die altertümliche Schußwaffe bereits aufgehoben und legte sie auf den nahen Kaminsims. »Sie gehen also keineswegs davon aus, daß der Tod der Melissa Maddon gerächt werden soll?« »Unsinn, Mr. Parker.« Sir Robert ließ sich vorsichtig in einem Sessel nieder. »Nun gut, ich kenne gewisse Gerüchte. Melissa Maddon soll wegen mir Selbstmord begangen haben, doch das ist ja fast ein Jahr her. Wenn es tatsächlich um Rache geht, warum hat man dann so lange gewartet?« »Sie vertrauen Mr. Paul Maddon, Sir?« »Unbedingt, Mr. Parker. Er weiß genau, daß ich mit dem Selbstmord nichts zu tun hatte.« »Es gab also andere Gerüchte für diesen Suizid, Sir?« »Er ist mir nach wie vor rätselhaft, Maddon ebenfalls. Sie hatte keinen Anlaß, sich vom Turm zu stürzen.« »Miß Melissa Maddon wußte von vornherein, Sir, daß sie mit einer Heirat niemals rechnen konnte?« »Das habe ich damals gleich klargestellt und ...« Sir Robert unterbrach sich und starrte den Butler dann verärgert an. »Es gab also diese Zweierbeziehung, von der man allenthalben spricht, Sir?« »Was war schon dabei? Wir leben schließlich im zwanzigsten Jahrhundert.« »Sie sind sicher, keine bereits bestehende Zweierbeziehung ge- oder zerstört zu haben, bevor es zu Ihrer Verbindung mit Miß Maddon kam?« »Was unterstehen Sie sich eigentlich, Mr. Parker?« brauste Sir Robert auf. »Sie sollten sich möglichst nicht unnötig echauffieren, Sir«, schlug der Butler vor, »meiner bescheidenen Ansicht nach geht es um Ihr Leben. Und um dies zu erhalten, bedarf es der Information.« »Sie meinen, ob Melissa vor mir ein Verhältnis gehabt hatte?« Der Schloßherr beruhigte sich erstaunlich schnell. »Sie haben die Frage auf den Kern reduziert, Sir, wenn man so sagen darf«, antwortete Josuah Parker. »Es gab also solch eine Beziehung?« »Eine ganz oberflächliche Geschichte mit einem jungen Mann aus dem Dorf Plain«, schilderte Sir Robert dann sachlich, »der Mann hieß oder heißt Dave Ellby. Er war bei mir als Jagdaufseher angestellt.« »Sie kündigten besagtem Mr. Dave Ellby, Sir?« »Nachdem er dabei ertappt wurde, als er Wild an einige Gasthäuser in der Umgebung verkaufte. Er wurde daraufhin ins Gefängnis geschickt.«
»In dem er sich zur Zeit noch befindet, Sir?« »Das nehme ich doch an, Mr. Parker. Zum ersten Delikt kam nämlich noch Widerstand gegen die Staatsgewalt hinzu. Ich glaube, er bekam damals drei Jahre Gefängnis.« »Eine tragische und dramatische Entwicklung, Sir.« »Die Ellby sich selbst zuzuschreiben hat, Mr. Parker. Doch, ich bin sicher, daß er noch im Gefängnis ist.« »Wäre dies nicht der Fall, Sir, könnte Mr. Ellby versuchen, sich an Ihnen zu rächen?« »Warum sollte er denn?« Sir Robert wich dem Blick des Butlers aus und fuhr wie unter einem elektrischen Stromstoß zusammen, als ein harter Schlag gegen die Tür erfolgte. »Was war das?« flüsterte Sir Robert und sprang auf. »Es handelt sich wahrscheinlich um eine jener Sicheln, die der Unbekannte bisher so verschwenderisch zu werfen pflegt«, lautete Parkers gemessene Antwort, »wenn Sie erlauben, Sir, wird meine Wenigkeit dies umgehend zu verifizieren versuchen.« *** »Und, Mr. Parker?« Lady Agathas Augen glitzerten erwartungsvoll. »Es handelte sich in der Tat um eine Sichel, Mylady«, berichtete der Butler, »die Spitze dieses Gerätes hatte sich ausgesprochen tief in das an sich harte Türholz eingegraben.« »Und Sir Robert, Mr. Parker?« »Hat sich wieder eingeschlossen, Mylady«, sagte Josuah Parker, »er läßt sich übrigens entschuldigen und mitteilen, daß er nicht gewillt ist, seine Räume vorerst zu verlassen.« »Kann ich fast verstehen«, meinte Anwalt Rander. »Der Druide scheint es auf ihn abgesehen zu haben.« »Und wenn es nun irgendwelche Geheimgänge gibt, Mike?« Sie schritt energisch zu einer Wand und untersuchte die Mauer. »Ich bin sicher, daß hier alles unterwühlt ist, daß sich hier Geheimtüren auf tun.« »Meine Wenigkeit war bereits so frei, Sir Robert nach solchen Geheimgängen zu fragen«, ließ der Butler sich vernehmen, »Sir Robert verneint ganz entschieden die Existenz solcher Anlagen, Mylady.« »Weil er es nicht besser weiß«, sagte die Detektivin abfällig, »natürlich gibt es dies Geheimgänge! Und der Druide kennt sie, dessen bin ich mir ganz sicher. Mr. Parker, ich bestehe darauf, daß Sie sie finden.« »An echtem Bemühen meinerseits wird es mit Sicherheit nicht fehlen, Mylady.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an. »Dürfte man vorher die Herren Kelford und Cooper kontaktieren?« »Wer ist denn das?« wunderte sich die ältere Dame.
»Der Koch und der Verwalter, nicht wahr, Parker?« fragte Mike Rander. »In der Tat, Sir«, erwiderte Parker, »vielleicht können diese Mitarbeiter Sir Roberts weitere Angaben zu einer gewissen Affäre machen.« »Ich weiß, Sie meinen den Selbstmord oder den Mord, nicht wahr, Mr. Parker?« Lady Agatha nickte zufrieden. »Okay, gehen Sie, Mr. Parker, ich selbst werde das Schloß inspizieren. Kathy, Kindchen, begleiten Sie mich... Sie können wieder etwas lernen.« »Darf ich mich anschließen, Mylady?« fragte Mike Rander. »Aber natürlich, mein Junge«, sagte die ältere Dame erfreut, »in alten Schlössern kenne ich mich gründlich aus. Mit etwas Glück werde ich in einer Viertelstunde in Sir Roberts Räumen erscheinen, ohne daß er die Tür öffnen muß.« Parker wartete, bis die Dreiergruppe gegangen war. Dann folgte auch er und benutzte eine enge Wendeltreppe aus Stein, um nach unten ins Souterrain des Schlosses zu gelangen. Als er die riesige Küche mit ihren Bogengewölben betrat, hielt er die Sichel, die aus der Zimmertür stammte, in der linken, schwarzbehandschuhten Hand. Paul Maddon, der Kammerdiener, sah sie sofort. Er sprang unwillkürlich vom Stuhl auf und wich zurück. Er starrte auf die alte, schartige Sichel. »Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen, Mr. Maddon«, sagte Parker und legte die Sichel auf den langen, soliden Tisch, »im Moment dürfte dieses Gerät ungefährlich sein.« »Eine ... Eine neue Sichel?« fragte Jack Kelford. Parker hatte sich bereits mit dem Koch bekannt gemacht. Er stand einem etwa fünfzigjährigen, behäbigen und korpulenten Mann gegenüber, der sich vorsichtig der Sichel näherte, um sie genau zu betrachten. »Sie wurde vor knapp zehn Minuten zweckentfremdet«, lautete Parkers Antwort. »Ist etwas passiert?« wollte Martin Cooper wissen. Der Verwalter - um die vierzig, mittelgroß, sehnig und schlank - gab sich gelassen und langte beherzt nach der Druiden-Sichel. »Erfreulicherweise konnten diesmal keine Verletzungen registriert werden«, gab Josuah Parker zurück, »der Anschlag dürfte aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Sir Robert gegolten haben.« »Ich bin wirklich gespannt, wann es ihn erwischen wird«, sagte Martin Cooper spontan, »auf die Dauer wird er dem Druiden nicht entwischen, denke ich.« »Sie scheinen diese Dinge sportlich zu nehmen, Mr. Cooper«, meinte der Butler. »Der Druide spielt mit Sir Robert doch nur noch Katz-und-Maus«, redete Martin Cooper weiter, »der will ihn fertigmachen, Mr. Parker. Und wer sich dem Druiden in den Weg stellt, der muß damit rechnen, daß ihm eine von diesen Sicheln in den Rücken gerammt wird.« »Eine Warnung, die man dankbar zur Kenntnis nehmen wird«, versprach Josuah Parker, »meine Wenigkeit fragt sich in diesem Zusammenhang, woher der erwähnte Druide über die intimen Ortskenntnisse in diesem Schloß verfügt. Er taucht auf und verschwindet nach Belieben, wenn man so sagen darf.«
»Er ist eben ein Hexenmeister«, erklärte der Verwalter spöttisch, »der ganze Landstrich hier weiß das.« »Sie scheinen den erwähnten Druiden keineswegs zu fürchten, Mr. Cooper«, stellte Parker fest. »Warum sollte ich?« Martin Cooper lächelte. »Habe ich Dreck am Stecken?« »Womit Sie möglicherweise andeuten wollen, daß Sir Robert den Druiden im Gegensatz zu Ihnen zu fürchten hat?« »Das haben Sie gesagt, Mr. Parker«, lautete Coopers Antwort, »aber daß Maddon getroffen wurde, kann nur ein dummer Zufall gewesen sein, da bin ich mir völlig sicher.« »Sie hegen eine gewisse Sympathie für den Druiden, Mr. Cooper?« »Warum auch nicht? Er bringt endlich mal Leben in diese verpennte Gegend«, sagte Martin Cooper, »ich habe nichts dagegen. Und sollte er mir auf den Pelz rücken wollen, dann soll er aufpassen. Ich laufe nicht gerade unbewaffnet herum.« »Im Gegensatz zu Mr. Cooper dürften Sie ein wenig Angst verspüren.« Parker widmete sich dem Koch. Jack Kelford schluckte und nickte. »Obwohl auch Sie im Grund nichts zu befürchten haben?« forschte der Butler geduldig weiter. »Ich ... Ich halte mich aus allem heraus«, bekannte Jack Kelford nachdrücklich, »ich will keinen Ärger haben. Aber ich weiß, daß es hier in der Gegend schon seit vielen Jahren spukt. Die Druiden sind noch immer da, denken Sie nur an Stonehenge, Mr. Parker. Dort sollen sie sich noch immer versammeln.« »Reiner Unsinn«, meldete der Verwalter sich zu Wort. »Tatsachen«, widersprach der Koch nachdrücklich, »und was ist mit den PlainSteinen? Und was ist mit dem Friedhof drüben in Plain? Sind die Druiden nicht immer wieder gesehen worden?« »Reiner Aberglaube«, meinte der Verwalter wegwerfend, »das ist was für Kindergemüter. Diese Hexenmeister hat's nie gegeben.« »Ich weiß, was ich weiß«, antwortete jetzt Kammerdiener Maddon aufgebracht, »aber auch ich habe den Druiden schon gesehen. Ich bin ja schließlich sogar von seiner Sichel erwischt worden, oder etwa nicht?« »Und wo ist die Sichel geblieben, Maddon?« wollte der Verwalter wissen. »Eine recht interessante Frage«, schaltete Josuah Parker sich ein. »Ich... Ich weiß es nicht«, gab Paul Maddon zurück, »als ich getroffen wurde, bin ich natürlich losgerannt und habe mich nicht weiter um das Ding gekümmert.« »Haben Sie's etwa gefunden, Mr. Parker?« Martin Cooper, der Verwalter, sah Josuah Parker fragend an. »Meine Wenigkeit muß bedauern«, entgegnete der Butler und nahm eine Sekunde später zur Kenntnis, daß ein Hahn in die riesige Küche flatterte und sich recht kopflos benahm, was wohl damit zusammenhing, daß ihm der Kopf tatsächlich fehlte! ***
»Ein Hahn?« fragte Agatha Simpson interessiert. »War das Geflügel noch jung?« »Dies, Mylady, entzog sich meiner Kenntnis«, erwiderte der Butler. »Falls ja, Mr. Parker, so sollte man es braten«, schlug die ältere Dame vor, »sehr aufmerksam von diesem Druiden, mir eine kleine Zwischenmahlzeit zu offerieren, finden Sie nicht auch?« Kathy Porter und Mike Rander tauschten einen schnellen Blick. In Parkers Gesicht rührte sich kein Muskel. Sein Äußeres war so glatt und ausdrucksvoll wie das eines berufsmäßigen Pokerspielers. »Ich glaube kaum, daß der Druide Ihnen eine kleine Mahlzeit servieren wollte«, sagte Mike Rander dann vorsichtig, »ein geköpfter Hahn sieht eigentlich mehr nach einer Drohung aus.« »Tatsächlich? Was haben Sie denn dazu zu sagen, Mr. Parker?« Agatha Simpson wandte sich ihrem Butler zu. »Wenn es erlaubt ist, möchte ich mich der Betrachtungsweise Mr. Randers anschließen«, erwiderte der Butler, »ein kopfloser Hahn dürfte in diesem Zusammenhang die magische Beschwörung des Todes darstellen.« »Was ja für den Hahn auch zutrifft«, fand Lady Agatha wohlwollend. »Eine Kriegserklärung des Druiden an uns alle«, fügte Kathy Porter den Worten des Anwalts hinzu. »Wie hübsch«, reagierte die Detektivin, »der Druide muß endlich mir gegenüber Farbe bekennen. Und das wird ihm sicher nicht bekommen, nicht wahr, Mr. Parker?« »Mylady -werden natürlich allen Nachstellungen zu begegnen wissen«, sagte Josuah Parker höflich. »Wie war denn die Unterhaltung mit Maddon, Kelford und Cooper?« Mike Rander wechselte das Thema. Das >Quartett< aus London hielt sich in den Gemächern der Lady Agatha auf. »Mr. Cooper, der Verwalter der hiesigen Ländereien, Sir, scheint dem Druiden gegenüber ein gewisses Verständnis aufzubringen. Der Koch und der Kammerdiener hingegen haben eindeutig Angst.« »Demnach ist Cooper der Täter«, urteilte die Lady prompt, »ich habe es ja gleich gewußt.« »Und wer hat den Hahn in die Schloßküche geworfen?« fragte Kathy Porter. »Natürlich ein Helfershelfer«, gab Agatha Simpson zurück, »dieser Cooper wollte sich ein Alibi verschaffen, für mich ist das sonnenklar.« »Ist Cooper nicht hinausgelaufen, Mr. Parker?« wollte Kathy Porter wissen. »Umgehend, Miß Porter, gefolgt von meiner Wenigkeit«, sagte Parker, »es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, daß man nichts sehen konnte.« »Weil dieser Helfershelfer sich hier im Schloß bestens auskennt und sofort wieder verschwinden konnte«, meinte Lady Agatha, »aber das wird sich ändern. Ich werde jetzt alles auf den Kopf stellen und das Versteck dieses Flegels finden. Mr. Parker, Sie werden mich dabei begleiten.«
»Sehr wohl, Mylady.« Parker nickte andeutungsweise. »Mylady konnten bereits Geheimgänge ausfindig machen?« »Bisher nicht«, meinte sie, «aber ich wurde ja auch immerzu abgelenkt. Das wird jetzt anders! Hauptsache, Sir Robert wird überwacht und beschützt... Und dann sollte man sich um diesen Verwalter kümmern. Ich will genau wissen, was er treibt.« »Schön, Kathy und ich werden das übernehmen«, schlug Mike Rander vor, »und wir werden uns auch um diesen Dave Ellby kümmern.« »Er befindet sich bereits in Freiheit, Sir«, meldete der Butler gemessen, »ich war so frei, Detective-Sergeant Mulligan anzurufen. Mr. Dave Ellby wurde vor etwa drei Wochen auf Bewährung entlassen. Er hält sich auf einer Farm in der Nähe von Plain auf, die seinen Eltern gehört hat.« »Der Druide ist aber schon seit genau fünf Wochen tätig«, erinnerte Kathy Porter. »Was macht das schon, Kindchen?« Agatha Simpson hatte die passende Erklärung bei der Hand. »Er arbeitet mit diesem Cooper zusammen. Das alles drängt sich doch förmlich auf, nicht wahr? Man muß nur einen klaren Blick für die Zusammenhänge haben!« »Darin sind Sie uns eben meilenweit voraus, Mylady«, erwiderte Mike Rander und hütete sich, Ironie hörbar werden zu lassen. »Ich weiß«, meinte sie und sah ihn wohlwollend an, um sich dann dem Butler zuzuwenden, »kommen Sie, Mr. Parker, ich möchte endlich die Geheimgänge sehen. Sie sind da, das weiß ich genau. Und wenn ich nicht schnell genug bin, könnte der Druide plötzlich in Sir Roberts Räumen auftauchen und ihn umbringen. Das wäre doch recht ärgerlich, finden Sie nicht auch?« *** Die Kellertreppe führte von einem Vorraum neben der Küche steil nach unten. Parker, der sich für diese Exkursion entsprechend ausgerüstet hatte, schaltete das elektrische Licht ein und deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms nach unten. »Sehr romantisch«, urteilte die ältere Dame, »das riecht ja förmlich nach einem Abenteuer.« »In der Tat, Mylady. Ist es erlaubt, vorauszugehen? « »Stolpern Sie nicht«, warnte sie ihn und wartete, bis Parker die ersten Stufen hinter sich gebracht hatte. Parker schritt weiter, verschwand hinter einem Pfeiler und wartete auf einem Treppenabsatz, bis seine Herrin ihn erreicht hatte. »Diese alten Schlösser sind doch unterwühlt wie Termitenbauten«, sagte sie und schnaufte ein wenig, »es wird natürlich auch geheime Ausgänge und Schlupflöcher geben, Mr. Parker, denken Sie daran! Der Druide kann urplötzlich vor mir stehen ...«
»Mit solch einer Konfrontation ist durchaus zu rechnen, Mylady.« Parker schritt weiter nach unten und bot der älteren Dame die Hand, doch Lady Agatha lehnte solch eine Hilfe ab. Sie hatte ihren Pompadour mitgenommen und zusätzlich noch eine lange Stabtaschenlampe. Ängstlich war sie überhaupt nicht. Sie freute sich auf dieses Abenteuer. »Es muß hier bestimmt auch ein Verlies und eine Folterkammer geben«, sagte sie, als man das erste Gewölbe erreicht hatte, »ich bestehe darauf daß Sie es finden, Mr. Parker.« »Meine bescheidene Wenigkeit wird sich alle erdenkliche Mühe geben, Mylady«, versprach Parker, »vorerst scheint es sich hier allerdings um Gewölbe zu handeln, die begangen werden.« »Die interessieren mich nicht.« Sie hatte die Stabtaschenlampe eingeschaltet und übernahm die Führung. Energisch schritt sie in das unheimliche Halbdunkel, dicht gefolgt von Parker, der bereits schon jetzt mit Zwischenfällen rechnete. Sicherheitshalber hatte er die Spitze seines Universal-Regenschirms angehoben und war bereit, eine Spezialladung zu verschießen. Dieser Regenschirm, äußerlich von einem normalen Regendach nicht zu unterscheiden, war tatsächlich nichts anderes als ein geschickt getarntes, gewehrähnliches Blasrohr. Durch den hohen Schirmstock vermochte Parker stecknadelgroße, bunte gefederte Pfeile zu verschießen, deren Spitzen chemisch präpariert waren. Darüber hinaus aber stand dem Butler noch eine Variante zur Verfügung. Ganz nach Wunsch konnte er Feinstschrot auf die Luftreise schicken. Dazu brauchte er nur den bleigefütterten Bambusgriff seines Schirms zu verdrehen. Die Antriebsmittel waren im ersten Fall komprimierte Kohlensäure, im zweiten eine kleine Kartusche, die mit handelsüblichem Pulver geladen war. »Eine Tür«, meldete die Detektivin, »und ein Schloß, Mr. Parker. Ich selbst könnte es ja leicht öffnen, doch ich möchte sehen, wie Sie damit fertig werden.« »Mylady werden meiner unbegabten Wenigkeit sicher hilfreich zur Seite stehen«, untertrieb Parker und schaute sich das alte Vorhängeschloß genauer an. Es war verrostet, mit Spinnweben bedeckt und sicher seit Urzeiten nicht mehr geöffnet worden. »Es geht ganz leicht, wenn man es nur kann«, ermunterte die ältere Dame den Butler. »Möchten Mylady mir vielleicht eine erhellende Lektion erteilten?« Parker richtete sich wieder auf und trat höflich zur Seite. »Nein, nein«, gab sie etwas zu hastig zurück, »genieren Sie sich nicht, Mr. Parker... Sie müssen es ja schließlich auch lernen.« Sie beugte sich neugierig vor, als Parker sein kleines Spezialbesteck aus einer seiner vielen Westentaschen zog. Er bemühte einen kleinen, unscheinbar aussehenden Sperrhaken, führte ihn in das Schloß ein, manipulierte einen Moment damit und konnte dann den Sperrbügel hochziehen.
»Wünschen Mylady, daß meine Wenigkeit vorausgeht?« fragte er, nachdem er die schwere Tür mit spielerischer Leichtigkeit aufgezogen hatte. »Ich will Ihnen nicht das Vergnügen nehmen, Mr. Parker«, sagte sie und leuchtete mit der Taschenlampe in die Dunkelheit. Parker lüftete die schwarze Melone, auf die er auch jetzt nicht verzichtet hatte, betrat das riesig scheinende Gewölbe und sichtete blitzschnell die Vielzahl der alten Möbel, die hier abgestellt waren. Er interessierte sich vor allen Dingen für den Fußboden, der aus mächtigen Steinplatten gebildet wurde. Parker suchte nach Fußspuren. »Aha«, sagte die Detektivin und richtete den Strahl der Lampe auf einige Spuren im Staub, »ich ahnte es doch! Hier scheint der Druide herumzuspazieren, Mr. Parker. Wir brauchen nur den Spuren zu folgen, dann habe ich ihn, das spüre ich.« »Es handelt sich um sehr frische und deutliche Spuren, Mylady«, sagte Parker, »sie nehmen wahrscheinlich dort von der Wand ihren Anfang.« »Woher sie kommen, will ich gar nicht wissen«, reagierte sie ungeduldig, »ich will sehen, vor welcher Geheimtür sie enden. Kommen Sie!« Agatha Simpson war nicht aufzuhalten und wurde von Schritt zu Schritt immer schneller. Sie vibrierte wieder mal vor Jagdfieber. Parker blieb in mäßigem Abstand hinter ihr. Im Grund widerstrebte es ihm, blindlings in die lastende Dunkelheit zu gehen und den Spuren zu folgen. Seiner Ansicht nach waren sie viel zu deutlich gesetzt worden. »Wahrscheinlich ist der Druide bereits in einem Geheimgang und pirscht sich an Sir Robert heran«, meinte die ältere Dame nicht gerade leise, »er will ihn bestimmt umbringen. Er weiß, daß ihm nicht mehr viel Zeit bleibt.« Die baritonal gefärbte Stimme der Lady hallte im niedrigen Kellergewölbe wider. Falls es den Druiden tatsächlich gab, mußte er sie mit Sicherheit hören. Doch das schien die resolute Dame überhaupt nicht zu stören. Sie wollte endlich zuschlagen. Der perlenbestickte Pompadour am linken Handgelenk war in stürmische Pendelbewegung übergegangen. Parker hatte aus einer Westentasche seine Kugelschreiber-Taschenlampe hervorgeholt und eingeschaltet. Ein scharf gebündelter starker Lichtstrahl stand Parker somit zur Verfügung, doch er suchte damit nicht den Boden ab, sondern stach mit diesem Lichtfinger immer wieder zur Gewölbedecke. Parker traute dem allgemeinen Frieden nicht. Er spürte, daß sich im wahrsten Sinn des Wortes einiges über ihren Köpfen zusammenzog. »Die nächste Tür«, stellte die Detektivin inzwischen triumphierend fest und nagelte mit dem Strahl ihrer Lampe schwere Bohlen fest. Die Fußspuren ermutigten förmlich, diese Tür zu öffnen. Lady Agatha streckte bereits die rechte Hand nach dem Riegel aus. »Ich stehe dicht vor dem Ziel«, sagte sie zu Parker, »geben Sie endlich zu, daß ich auch diesen Fall wieder gelöst habe!« »Wie Mylady zu wünschen geruhen«, sagte Parker und ... stieß dann mit dem bleigefütterten Griff seines Universal-Regenschirms blitzartig nach vorn. Er hakte
den Griff um die Armbeuge seiner Herrin und riß den vorschnellen Arm ohne jede Vorwarnung zurück. »Was ... Was soll denn das!?« Agatha Simpson wandte sich um und funkelte den Butler empört an. »Mylady mögen mein Ungestüm verzeihen«, sagte Parker höflich, »aber in Anbetracht der allgemeinen Umstände war hier ein Handeln erforderlich.« »Sie haben mich angegriffen, Mr. Parker!« »In Myladys Interesse.« Josuah Parker hakte den Schirmgriff aus der Armbeuge, ließ das Regendach herumwirbeln und deutete dann mit der Spitze auf die Tür. »Es steht zu befürchten, Mylady, daß die Tür präpariert worden ist.« »Papperlapapp, Mr. Parker. Was Sie sich immer einbilden!« »Wären Mylady mit einer gewissen Nagelprobe einverstanden, wenn ich es so umschreiben darf?« »Sie nehmen an, die Tür sei präpariert worden? « »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mylady.« »Sie machen sich ja lächerlich! Woher soll der Druide denn gewußt haben, daß ich hierher ins Gewölbe wollte?« »Er könnte Mylady abgehört haben.« »Nun ja.« Sie musterte die Tür, leuchtete sie intensiv ab und zuckte dann die Achseln. »Okay, untersuchen Sie sie, Mr. Parker, aber ich sage Ihnen gleich, das kostet mich wertvolle Zeit.« »Darf man Mylady bitten, sich in Deckung zu begeben?« Parker deutete in eine tiefe Mauernische, die er vorher sorgfältig ausgeleuchtet hatte. »Sie übertreiben wieder mal«, beschwerte sie sich. »Meiner Wenigkeit liegt nur Myladys Sicherheit am Herzen«, gab der Butler zurück und wartete, bis seine Herrin ihre majestätische Fülle in die Nische geschoben hatte. Dann suchte Parker nach einem geeigneten Gegenstand, um die schwere Bohlentür aus sicherer Entfernung belasten zu können. Er entschied sich für eine kleine Truhe, die er an der Längswand des Gewölbes entdeckt hatte. Parker hakte den altväterlich gebundenen Regenschirm über den angewinkelten linken Arm, begab sich in die Nähe der Nische und stemmte die kleine Truhe hoch. Aus dem Stand heraus warf er sie dann in Richtung Tür und beeilte sich, so schnell wie möglich in die Nähe seiner Herrin zu gelangen. Die kleine Truhe segelte inzwischen auf die schwere Bohlentür zu. *** Die Detonation war beachtlich. Agatha Simpson wurde vom Luftdruck zu Boden geworfen, Parker landete auf der älteren Dame. Da sie wütend um sich schlug, hatte Parker einige Mühe, sich wieder zu erheben. »Was soll denn das?« fragte sie grollend. »Das sah ja direkt nach einer Annäherung aus, Mr. Parker! Ich muß mich doch sehr wundern ...« »Haben Mylady sich verletzt?« erkundigte sich Parker.
»Natürlich nicht«, gab sie zurück und nahm Parkers Hand, um sich wieder zu erheben. »Beim öffnen der Tür hätten Mylady sich mit Sicherheit zumindest verletzt«, stellte der Butler fest. Taktvollerweise ging er auf den Vorwurf beabsichtigter Annäherung nicht weiter ein. »Deshalb war ich ja auch vorsichtig und habe sie nicht geöffnet«, behauptete sie umgehend, »ich ahnte gleich, daß da einiges nicht stimmen konnte. Lassen Sie sich das eine Lehre sein.« »Mylady vermitteln immer wieder wertvolle Einsichten«, sagte Parker, der das Licht seiner winzig kleinen Taschenlampe eingeschaltet hatte. Zu sehen war allerdings noch nichts. Dichte Rauch- und Staubschwaden wallten durch das Gewölbe. Agatha Simpson hustete explosionsartig. »Sie wissen hoffentlich, daß man mich umbringen wollte«, sagte sie dann, hatte ihre Lampe wieder hochgenommen und eingeschaltet. »Mylady dürften sich den eindeutigen Unwillen des Druiden zugezogen haben. Wenn es gestattet ist, werde ich die Türreste inspizieren.« »Das übernehme ich, Spurensicherung ist meine Spezialität!« Die Detektivin drückte sich aus der Nische und watete durch die Holztrümmer, die mal die Bohlentür gewesen waren. Parker beeilte sich, in die Nähe seiner Herrin zu kommen. Er fürchtete weitere Überraschungen. »Weiter, weiter«, drängte sie und hustete erneut ausgiebig, »ich glaube, ich sehe wieder Fußspuren.« »Sie sind nach wie vor überdeutlich auszumachen, Mylady.« »Gleich werde ich die Tür zum Geheimgang entdeckt haben, Mr. Parker. Man muß eben nur hartnäckig sein.« Der Staub hatte sich ein wenig gelegt. Parker interessierte sich nach wie vor für die Gewölbedecke auch dieses Kellerraumes. Er hatte sich in die Gedankenwelt des Gegners versetzt, der als Druide sein Unwesen trieb. Parker war sich klar darüber, daß man es mit einem raffinierten Täter zu tun hatte, der sich seinerseits Gedanken über seine Gegner gemacht hatte. »Das ist es also!« Sie lachte dröhnend und deutete auf ein verstaubtes, mächtiges Regal, das eine ganze Wand füllte. »Sehen Sie doch, Mr. Parker, dieses Regal kann man nach vorn ziehen. Und dahinter befindet sich mein Geheimgang.« Es war wie in einem Kriminal- oder Gruselfilm alter Schule. Auf dem staubigen Steinboden waren die Schleifspuren des Regals deutlich zu erkennen. Die Fußspuren endeten vor dieser Wand. »Öffnen Sie, Mr. Parker«, verlangte die ältere Dame, »oder wollen Sie mir etwa einreden, ich hätte es erneut mit einer Falle zu tun?« »Solch eine Möglichkeit sollten Mylady allerdings in Betracht ziehen.« »Lächerlich. Gleich zwei Sprengladungen wird der Druide schließlich nicht angebracht haben.« »Wären Mylady mit einem erneuten Test einverstanden?«
»Warum soll ich Ihnen keinen Gefallen tun?« Sie gluckste vor Lachen und trat zur Seite. Parker wartete, bis seine Herrin hinter einem Pfeiler Deckung genommen hatte. Dann nahm er eine leere Flasche, die er in einem Weidenkorb entdeckt hatte, holte aus und warf sie zielsicher auf das Regal. »Na, bitte.« Die Detektivin lachte triumphierend. »Nichts, Mr. Parker, rein gar nichts! Sie haben wieder mal übertrieben.« »Vielleicht war die Erschütterung nicht nachhaltig genug, Mylady.« Parker wartete die Antwort der älteren Dame nicht ab, sondern stemmte den nicht gerade kleinen Korb hoch und warf ihn kraftvoll auf das Regal. Er beeilte sich, hinter dem Pfeiler in Deckung zu gehen. Die Flaschen klirrten und brachen entzwei, doch sonst tat sich nichts. Das schwere Wandregal stand unerschütterlich fest. »Ich wußte es natürlich«, erklärte Agatha Simpson, »Ihre Vorsicht treibt wieder mal seltsame Blüten.« »Meine bescheidene Person ist noch nicht überzeugt«, erwiderte der Butler, »wahrscheinlich handelt es sich um einen Reißzünder, der erst dann seine Tätigkeit entfaltet, wenn man das Regal vorzieht.« »Ihre Phantasie ist grotesk, Mr. Parker.« Die Lady war längst hinter dem Pfeiler hervorgetreten und leuchtete das Wandregel erneut an. Sie konnte es kaum erwarten, das Regal vorzuziehen. Sie wollte endlich ihren Geheimgang ausfindig machen. »Wenn Mylady vielleicht noch wenige Sekunden warten würden?« Parker wandte sich um und wollte die Eisenkette holen, die er im Vorkeller gesehen hatte. Dabei richtete er den Strahl seiner kleinen Taschenlampe auf den immer noch wallenden Staub. Dann reagierte er und sah die Umrisse einer unheimlich erscheinenden Gestalt, die zum Wurf ausholte. Parker warf sich gegen Agatha Simpson, die zornig aufschrie, und landete zusammen mit ihr auf den Steinplatten. Eine Druiden-Sichel schwirrte inzwischen über die beiden am Boden liegenden Gestalten hinweg und landete scheppernd zwischen den verstaubten Flaschen im Regal. Parker wollte seinen Universal-Regenschirm in Anschlag bringen, was sich allerdings als unmöglich erwies. Lady Simpsons Fülle hatte sich darauf breit abgelagert. *** »Ohne mein Mißtrauen und meine Voraussicht wäre Mr. Parker jetzt tot«, erklärte Agatha Simpson eine halbe Stunde später. Sie befand sich in ihren Gemächern und hatte ausgiebig von ihrem Abenteuer in den Gewölben berichtet. »Meine Wenigkeit ist Mylady zu immensem Dank verpflichtet«, sagte Josuah Parker.
»Reden wir nicht mehr davon, Mr. Parker«, meinte sie großzügig, »Sie haben sich immerhin ganz gut gehalten.« »Mylady beschämen mich.« »Mal abgesehen davon«, schaltete Mike Rander sich ein, »wie wurden diese Fußspuren eigentlich hingezaubert?« »Um solche Details kümmere ich mich nicht. Mr. Parker wird Ihnen das erklären, Mike.« Agatha Simpson baute sich vor dem großen Wandspiegel auf und musterte ihr mehr als nur leicht angestaubtes Tweed-Kostüm. Sie verkündete, sie werde sich umkleiden und verließ dann zusammen mit Kathy Porter den Raum. Anwalt Rander atmete erleichtert auf und zündete sich eine Zigarette an. »Mylady wäre also wieder mal blindlings in die Falle getappt, wie?« fragte er, nachdem die Tür sich hinter den beiden Frauen geschlossen hatte. »So könnte man es unter Umständen allerdings auch ausdrücken, Sir. Was die erwähnten Fußspuren betrifft, so hatte der Täter leichtes Spiel. Er benutzte, wie meine Wenigkeit feststellen konnte, eine normale zweite Tür, die in die Gewölbe, hineinführt. Durch diesen Ausgang kehrten Mylady und ich ans Tageslicht zurück.« »Der Druide kennt sich demnach im Schloß bestens aus, wie?« »Eindeutig, Sir. Die Herren Maddon, Cooper und Kelford sagten übereinstimmend aus, man habe sich zum Zeitpunkt der Exkursion gemeinsam in der ehemaligen Stallung aufgehalten.« »Kann man dieser Aussage trauen, Parker?« »Ich denke schon, Sir, falls nicht die Angst mitgesprochen hat.« »Sie haben den Druiden gesehen?« »Nur in Umrissen, Sir. Er trug ein sackähnlich geschnittenes Gewand, das in der Körpermitte von einer Art Schnur oder Kordel gehalten wurde. Das Gesicht war nicht zu identifizieren.« »Gab es einen Bart oder so etwas?« »Mitnichten, Sir, das Gesicht war von einem unnatürlichen Weiß, auf das man schwarze Konturen aufgetragen hatte.« »Eine Art Skelettzeichnung, Parker?« »Besser hätte auch meine Wenigkeit es nicht ausdrücken können, Sir.« »Dieses Zeug hätte ja wohl kaum einer der drei Knaben in der Stallung blitzschnell abwaschen können, wie?« »In der Tat, Sir, man hat es mit einer Person zu tun, die hier auf dem Schloß Wohnung genommen hat.« »Ob Maddon, Cooper oder Kelford von diesem vierten Mann wissen? Was denken Sie?« »Eine recht schwierige Frage, Sir, auf die meine Wenigkeit keine Antwort zu geben weiß. Man kann nur davon ausgehen, daß der sogenannte Druide sich im Schloß genauestens auskennt.« »Womit wir bei diesem ehemaligen Jagdaufseher Ellby wären, Parker. Wir sollten uns den Burschen mal aus der Nähe ansehen.«
»Ein Vorschlag, Sir, den man nur begrüßen kann und muß.« »Setzen wir uns ab, Parker. Ich hoffe nicht, daß dieser Druide vorerst noch mal eine Show abziehen wird.« »Miß Porter wäre in der Nähe Lady Simpsons, Sir.« »Weiß der Henker, warum dieser Druide diesen mörderischen Aufwand treibt«, sinnierte der Anwalt halblaut, »sollten wir ihm vielleicht dicht auf den Fersen sitzen, ohne es zu wissen?« »Man dürfte zumindest empfindlich seine bisherigen Kreise gestört haben, Sir.« »Womit sich die Frage erhebt, was dieser Bursche eigentlich will? Warum treibt er seit fünf Wochen sein Spiel?« »Es muß sich um sogenannte handfeste Gründe handeln, Sir, die materieller Natur sind.« »Könnten Sie sich unter Umständen etwas konkreter ausdrücken?« fragte Mike Rander ironisch. »Der Druide wird schließlich nicht nur auf Schloß Plain beobachtet, Sir. Die gesamte Bevölkerung der Ortschaft Plain weiß von der Existenz dieser unheimlichen Erscheinung, die es darauf anlegt, Grauen und Schrecken zu verbreiten.« »Sie nehmen an, daß Sir Robert nicht das alleinige Ziel des Druiden ist?« »Eine Arbeitshypothese, Sir.« »Woran dachten Sie eben, als Sie von materiellen Hintergründen sprachen, Parker?« »In einem in etwa ähnlich gelagerten Fall, Sir, der bereits hinter uns liegt, betrieb ein Schloßgespenst den Ankauf von Grundstücken, die laut Regierungsplanung in einen Flugplatz umgestaltet werden sollten. Der Aufkäufer der Grundstücke versprach sich davon einen Riesengewinn.« »Schön, dann werde ich mal meine Beziehungen zur Regierung spielen lassen«, versprach Mike Rander, »vielleicht soll hier eine Autobahn oder weiß der Henker was gebaut werden. Lassen wir uns überraschen und sehen wir uns jetzt diesen Dave Ellby an. Hoffentlich hat der Druide sich nicht 'ne weitere Teufelei einfallen lassen.« *** »Ich traue diesem Spiegel nicht, Kindchen«, sagte Lady Simpson im Flüsterton und deutete auf den kostbaren Wandspiegel in ihrem Schlafzimmer, »ich traue auch nicht dem Gemälde an der Wand, ganz zu schweigen von der Holzverkleidung an den Wänden.« »Sie haben etwas Auffälliges festgestellt, Mylady?« erkundigte sich Kathy Porter geduldig. »Schauen Sie sich doch das Gemälde an, Kindchen.« Agatha Simpson bemühte sich, im Flüsterton zu sprechen. »Konzentrieren Sie sich auf die beiden Augen dieses Ritters.«
»Sie sind etwas abgeblättert, Mylady.« Kathy Porter musterte das große Ölgemälde, auf dem ein Ritter zu sehen war, der in gespreizter Haltung auf einem Pferd saß und sein Schwert schwang. »Diese Augen haben sich eben bewegt, Kathy«, flüsterte die ältere Dame noch intensiver. »Ich habe einen alten Gruselfilm gesehen, neulich, im Fernsehen. Wissen Sie, was sich dort getan hat?« »Hinter den Augen eines Ölgemäldes bewegten sich echte Augen, Mylady.« »Richtig, Kindchen. Und ein Spiegel war von einer Seite aus durchsichtig.« »Sie denken jetzt an den Druiden, Mylady?« »Woran sonst, Kathy? Wir werden beobachtet. Aber diesem Spiegel werde ich ein Ende bereiten.« »Ich kann aber nichts erkennen, Mylady.« Kathy Porter schaute verstohlen in Richtung Gemälde. »Ihnen fehlt eben die Erfahrung, Kathy, aber das wird sich im Lauf der Jahre bestimmt noch ändern. Da ... es hat sich wieder bewegt!« »Ich habe aber nichts gesehen, Mylady.« »Das macht doch nichts, Kindchen.« Agatha Simpson ließ ihren perlenbestickten Pompadour kreisen und ... löste ihn aus ihren Fingern. Das Wurfgeschoß mit dem darin befindlichen echten Pferdehufeisen beschrieb eine gekrümmte Flugbahn und ... klatschte kraftvoll gegen das Ölgemälde, das sofort eingebuchtet wurde und dann aufriß. »Eine nackte Ziegelwand, Mylady«, meinte Kathy. Sie hatte Mühe, aufsteigendes Lachen zu unterdrücken. »Weil man die Mauerlücke geistesgegenwärtig geschlossen hat«, vermutete die ältere Dame umgehend, »eine Lady Simpson täuscht man nicht. Reichen Sie mir einen Stuhl. Ich werde die Wand untersuchen.« »Hoffentlich war das Gemälde nicht kostbar«, sagte sich Kathy. »Schnickschnack, Kathy, was spielt denn das für eine Rolle, wenn es darum geht, einen Verbrecher zu entlarven«, erwiderte die Detektivin, »einen Moment noch, ich werde erst den Spiegel untersuchen.« Sie machte sich die Sache recht einfach, griff mit nervigen Händen nach einem Schürhaken, der zur Kamingarnitur gehörte, holte weit aus und demolierte auch diesen Einrichtungsgegenstand. Die Splitter des wirklich normalen Spiegels landeten klirrend auf dem Parkett. »Nichts«, sagte Kathy und wandte sich ab. Sie war nicht mehr in der Lage, das Lachen zu unterdrücken. »Nun ja«, meinte Lady Agatha, »jeder Mensch kann sich hin und wieder mal täuschen. Ich hätte aber geschworen, daß ... Was haben Sie, Kindchen?« »Die ... Die Holzverkleidung«, antwortete Kathy Porter leichtsinnigerweise. Sie konnte und wollte sich nicht umwenden, die Lady hätte sonst ihr Lachen gesehen. Eine bessere Ausrede war ihr im Augenblick nicht eingefallen. »Aha«, freute sich die ältere Dame, »ich ahnte doch, daß damit auch etwas nicht stimmt. Was haben Sie gesehen?«
»Eigentlich nichts, Mylady«, versuchte Kathy schleunigst wieder abzuwiegeln. »Es sind die Rosetten«, stellte die Detektivin mit letzter Sicherheit fest, »ich wußte es ja gleich. Aber dieser Sache werde ich jetzt gründlich nachgehen.« Kathy Porter hatte keine Chance. Agatha Simpson nahm den soliden Schürhaken in die Hand und näherte sich entschlossen der Holzvertäfelung. Sie benutzte die Waffe als Brechstange und machte sich daran, die Inneneinrichtung ihres Gästezimmers nachhaltig zu demolieren. *** »Scheren Sie sich zum Teufel«, sagte der Fünfunddreißigjährige, der sich vor dem Haus aufgebaut hatte, »wer hat Ihnen überhaupt erlaubt, mein Grundstück zu betreten?« »Hat man die Ehre mit Mr. Dave Ellby?« erkundigte sich der Butler und lüftete höflich seine schwarze Melone. »Ich bin Dave Ellby, aber ich will keinen Menschen sehen, haben Sie mich verstanden? Hauen Sie ab, gehen Sie, bevor ich sauer werde!« »Wie äußert sich solch ein Gemütszustand?« fragte der Butler in seiner unnachahmlich gemessenen Art. »Ich könnte Ihnen zum Beispiel meine Faust auf die Nase setzen.« »Dies müßte man dann als einen Akt der Unhöflichkeit und Unfreundlichkeit deuten.« »Und Ihre Bewährung wäre zum Teufel«, schaltete Mike Rander sich ein, »wir haben Ihnen gerade unsere Namen genannt, Ellby. Es ist in Ihrem Interesse, wenn Sie uns anhören.« »Hauen Sie ab, verdammt! Ich will keinen Menschen sehen.« »Haben Sie vielleicht etwas zu verbergen?« stichelte Mike Rander, der neben Parker stand. Ellby, bereits gereizt, verlor die Selbstbeherrschung und wollte blitzschnell zuschlagen. Er hatte jedoch die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Mike Rander wich geschickt aus, ergriff die vorschnellende Faust und setzte zu einem Überwurf an. Dave Ellby hatte keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Er absolvierte einen Salto vorwärts und landete krachend auf dem Rücken. Vom Boden aus starrte er Mike Rander in einer Mischung aus Überraschung und Anerkennung an. »Das war Klasse«, sagte er dann und war blitzschnell wieder auf den Beinen. »Wollen wir das Spiel wiederholen?« erkundigte sich der Anwalt. »Ich bin nicht scharf darauf«, lautete die Antwort, »also schön, fragen Sie mich, wenn's sein muß.« »Es handelt sich um den Druiden, der hier in der Region seit geraumer Zeit beobachtet wird«, warf Josuah Parker ein. »Sie sind nicht zufällig jene Person, die als Druide herumzugeistern pflegt?«
»Lächerlich, so was. Aber das Thema reizt mich jetzt. Kommen Sie ins Haus. Ich mache eine Ausnahme.« Er wandte sich ab und ... warf sich wieder herum. Diesmal war das Ziel seiner Faust Parkers Gesicht. Doch auch diesmal handelte sich Dave Ellby eine saftige Niederlage ein. Parker schlug den Unterarm des Mannes mit dem bleigefütterten Griff seines Universal-Regenschirms zur Seite. Ellby stöhnte, sah den Butler verdutzt an und grinste erneut. »Ganz schön clever«, sagte er dann und massierte sich die schmerzende Stelle vorsichtig. »Sie sind Profis, wie?« »Sie wissen, was ein Profi ist?« erkundigte sich Mike Rander. »Ich war immerhin jahrelang im Bau«, lautete die Antwort, »da lernt man Dinge, an die man sonst nicht herankommt. Okay, ich mache ab sofort keinen Ärger mehr. Meine Einladung gilt.« Sie betraten das einfache, einstöckige Farmhaus, das nur spärlich möbliert war. Man sah auf den ersten Blick, daß hier ein Junggeselle lebte, der für Ordnung nicht viel übrig zu haben schien. Alles machte einen etwas schmuddeligen und unaufgeräumten Eindruck. Auf dem einfachen Tisch in der Mitte des Hauptraumes stand benutztes Geschirr. Es roch nach abgestandenem Bier. »Fragen Sie«, sagte Ellby, »ich soll also der Druide sein, wie? Sagt man sich das?« »Möglicherweise hinter vorgehaltener Hand«, antwortete Josuah Parker, »Sie sind in der Ortschaft nicht sehr beliebt?« Parker wußte nicht, wie die Menschen in Plain über Ellby dachten. Seine etwas provozierend klingende Frage sollte dies klären. »Für diese Idioten bin ich ein Held«, lautete die überraschende Antwort, zu der Ellby geringschätzig lächelte, »vergessen Sie nicht, daß ich mich mit der Polizei angelegt habe, als man mich festnahm. So was zählt hier auf dem Land.« »Sie erfreuen sich demnach allgemeiner Beliebtheit?« »Noch«, schränkte Ellby ein, »man wartet darauf, daß ich mir Sir Robert vornehme, verstehen Sie? Er war's schließlich, der mich damals angezeigt hat.« »Sie haben keinen Wildfrevel begangen, Mr. Ellby?« »Natürlich habe ich auf eigene Faust gejagt«, gestand Ellby und lachte leise, »aber ich war nie so dumm, mich dabei erwischen zu lassen. Und schon gar nicht war ich so bescheuert, die Beute im Haus zu verstecken. Die hat Sir Robert mir untergejubelt, oder anders ausgedrückt, er hat dafür gesorgt, daß man das Wild hier fand.« »Sie waren sein Konkurrent, was eine gewisse Miß Melissa Maddon betraf?« »Er wollte mich aus dem Weg räumen«, redete Ellby weiter, »und darüber wird irgendwann noch zu reden sein, doch den Zeitpunkt suche ich mir aus, verstehen Sie? Ich werde mich doch nicht um meine Bewährung bringen und freiwillig ins Gefängnis zurückgehen. Nee, so dumm bin ich nun wirklich nicht.« »Der hier beobachtete Druide scheint sein Interesse auf Sir Robert konzentriert zu haben«, stellte der Butler fest.
»Weil Sir Robert ein Miststück ist«, lautete Ellbys Urteil, »dem gehört alles hier, seine Pächter schikaniert er und läßt sie nicht hochkommen. Und dann die Sache mit Melissa... Ich hab' mitbekommen, daß Sie davon gehört haben. Selbstmord! Daß ich nicht lache! Sie ist umgebracht worden - und wissen Sie auch, von wem?« »Sie denken an Sir Robert?« fragte der Anwalt zurückhaltend. »An Sir Robert«, bestätigte Ellby und nickte nachdrücklich, »sie war ihm lästig geworden, denke ich. Vielleicht erwartete sie auch ein Kind von ihm, was weiß ich. Aber wie gesagt, an einen Selbstmord glaube ich einfach nicht. Melissa war keine Frau, die sich umbringt, nee, die nicht. Die hing viel zu sehr am Leben.« »Eine ziemlich harte Anschuldigung«, meinte Rander. »Die kein Mensch beweisen kann«, redete Dave Elly weiter, »aber warum befaßt sich der Druide so sehr mit Sir Robert? Vielleicht weiß der Druide mehr als wir alle.« »Weiß Paul Maddon vielleicht auch einiges? Warum steht er noch in Sir Roberts Diensten?« »Das frage ich mich allerdings auch«, entgegnete Dave Ellby, »aber er wird wohl seine Gründe haben, nehme ich an. Vielleicht wird er überbezahlt.« »Sie denken an Schweigegeld?« lautete Randers Frage. »Ich will nichts gesagt haben«, gab Ellby zurück, »ich will mir auch nicht den Mund verbrennen. Sir Robert ist schnell bei der Hand, wenn's darum geht, einen Prozeß abzuziehen. Ich kenn' mich darin schließlich aus.« »Die Frage erhebt sich, warum der Druide erst seit etwa fünf Wochen tätig geworden ist«, meinte der Anwalt. »Vor fünf Wochen saß ich noch im Bau«, wehrte Ellby sofort ab und lachte leise, »ich kann's also gar nicht gewesen sein, ich bin erst später entlassen worden.« »Nun ja, ein Freund könnte für sie den Druiden gespielt haben.« »Lächerlich. Der Druide wird hier in der Gegend schon seit Jahren immer wieder gesehen. Das ist doch allgemein bekannt.« »Er ist aber noch nie so aufdringlich gewesen wie gerade jetzt. Und er hat noch nie mit Sicheln um sich geworfen.« Rander lehnte sich gegen die Zimmerwand. »Vielleicht hat er absichtlich gewartet, bis ich entlassen wurde«, antwortete Dave Ellby leichthin, »vielleicht will der Kerl mich belasten? Wer sagt Ihnen denn, daß die Sicheln etwas mit Melissas Tod zu tun haben? Können da nicht ganz andere Sachen im Spiel sein?« »Eine überlegenswerte Andeutung, wenn man so sagen darf«, ließ Josuah Parker sich vernehmen, »könnten Sie freundlicherweise einen Hinweis liefern?« »Nein«, lautete die knappe, abweisende Antwort, »ich haue keinen Menschen in die Pfanne. Fragen Sie doch die Leute im Ort! Kann ja sein, daß die mit der Sprache rausrücken, ich tu's nicht...« Während er sprach, bückte er sich plötzlich und beugte sich vor. Er sah durch eines der kleinen Fenster und lief schnell zur Tür. »Der Druide ... Auf 'nem Pferd«, rief er dazu, »schnell, Sie können ihn gerade noch sehen!«
*** »Ein Reiter, der gut im Sattel sitzt«, meinte Parker wenige Minuten später, »das Hindernis der Hecke wurde mit Bravour genommen.« »Sie haben ihn also gesehen?« fragte Ellby atemlos. »Mit einiger Deutlichkeit«, redete Josuah Parker weiter, »er kam, wenn ich so sagen darf, in einem wirklich geeigneten Moment.« »Was wollen Sie damit sagen? Sie glauben noch immer, ich würde mit einem Kumpel zusammenarbeiten?« »Ein Rückschluß, Mr. Ellby, der sich förmlich aufdrängt«, erwiderte Josuah Parker. »Sie machen mir's verdammt schwer, die Nerven zu behalten«, beschwerte sich der ehemalige Jagdaufseher. »Habe ich etwa gewußt, daß Sie hier aufkreuzen würden?« »Der Druide auf dem Vierbeiner könnte bei Ihnen Quartier bezogen und nun das sprichwörtliche Weite gesucht haben.« »Verrückt.« Dave Ellby schüttelte den Kopf. »Ich sage Ihnen noch mal, daß ich mit diesem Hexenmeister nichts zu tun habe.« »Würden Sie Einwände dagegen erheben, daß man sich hier auf der Farm ein wenig umsieht, Mr. Ellby?« »Sie wollen so 'ne Art Hausdurchsuchung veranstalten?« »Nur mit Ihrer förmlichen Einwilligung, Mr. Ellby.« »Also schön, von mir aus ... Sehen Sie sich um.« Ellby lachte. »Sie werden nichts finden, aber auch dann nicht, wenn ich als Druide durch die Gegend trabe. Haben Sie daran schon mal gedacht?« »Ein Argument, das sich bestechend anhört.« »Los, schauen Sie sich doch um! Sie werden mit Zitronen handeln. Aber bohren Sie dann anschließend mal im Ort nach. Lassen Sie sich mal erzählen, wie man über Sir Robert Pundham denkt. Sie werden Bauklötze staunen, das kann ich Ihnen garantieren.« Parker lüftete die schwarze Melone und begab sich hinaus. Er warf einen Blick in den Stall, dann in die halb verfallene Scheune. Er suchte nach Spuren und fand nichts, was darauf schließen ließ, daß hier ein Pferd untergestellt worden war. Als er die Scheune verließ, machte er eine erstaunliche Entdeckung. Nicht weit von der Farm entfernt entdeckte er die Landstraße, über die der Strauch aus Mistelzweigen gespannt worden war. Das Gehölz hinter dem kleinen Waldstück grenzte an eine völlig verwilderte Flur, die offensichtlich zur Farm gehörte. »Na, haben Sie was gefunden?« erkundigte Ellby sich, als Parker in den Wohnraum zurückkehrte. »Falls Spuren vorhanden waren, so wurden sie mit Sach- und Fachkenntnis beseitigt«, meinte der Butler, »darf man fragen, ob Sie Augen- oder Ohrenzeuge jener Detonation waren, die auf der Landstraße drüben stattfand?«
»Zu dieser Zeit muß ich im Ort gewesen sein«, meinte Ellby, »aber ich habe davon gehört, das heißt, man hat mir davon erzählt. Da soll irgendeine Sprengladung in die Luft geflogen sein.« »Sie machten Andeutungen hinsichtlich Sir Roberts und seiner Beliebtheit, Mr. Ellby«, stellte Parker fest, »könnte man unterstellen, daß Sir Robert Pläne verfolgt, die seinem Eigennutz dienen?« »Der will hier doch ganz groß einsteigen. Haben Sie das wirklich nicht gewußt? Sie wohnen bei ihm auf dem Schloß, er muß doch mit Ihnen darüber gesprochen haben.« »Könnten Sie möglicherweise das weite Feld der Andeutungen verlassen und ein wenig konkreter werden?« bat Josuah Parker in seiner höflichen Art. »Sir Robert will hier ein Feriendorf aufziehen, mit Steinzeit-Museum und so. Wissen Sie eigentlich, daß hier so 'ne Art Miniaturausgabe von Stonehenge existiert?« »Ich habe davon gehört«, erwiderte Mike Rander, »ist dieser Steinring bekannt? « »Nicht unbedingt«, redete Ellby weiter, »aber Sir Robert will daraus 'ne Attraktion machen, verstehen Sie? Aber ihm fehlen noch ein paar wichtige Grundstücke und Ländereien.« »Ihren Worten sollte man zwangsläufig entnehmen, daß Sie durchaus bereit wären zu glauben, daß Sir Robert als Druide durch die sprichwörtlichen Lande reitet«, warf Josuah Parker ein. »Doch, das kann ich mir sogar gut vorstellen«, sagte Dave Ellby und nickte, »fallen Sie bloß nicht auf seine Angst rein, die ist nämlich nur gespielt, darauf verwette ich meinen Kopf!« *** »Sehr nichtssagend«, urteilte Mike Rander eine halbe Stunde später. Die beiden Männer hatten sich den Weg zu den Plain-Steinen beschreiben lassen und das vorgeschichtliche Bauwerk erreicht. Auf einer Art Plateau erhoben sich hohe Steinpfeiler, auf die die damaligen Baumeister flache Deckplatten gelegt hatten. Der größte Teil dieser Platten waren herabgestützt und wurde von mannshohem Unkraut überwuchert. Dennoch war der Anblick keineswegs nichtssagend, wie der Anwalt gerade geäußert hatte. Er hatte bewußt unterschrieben, zündete eine Zigarette an und nahm das Bild in sich auf. »Gegen Stonehenge ist das fast zierlich«, meinte Rander schließlich, »aber immerhin, daraus ließe sich einiges machen. Wie alt mag diese Anlage wohl sein, Parker? Was sagt Ihr Computer?« »Das Alter vom hohen Stonehenge ist umstritten, Sir«, erwiderte der Butler prompt, »in einem Fall datiert man diesen Steinkreis auf etwa dreitausendfünfhundert Jahre, nach einer zweiten Version soll die Anlage bereits in grauer Vorzeit errichtet worden sein. Inzwischen neigt man zu der Vermutung, daß es sich
bei Stonehenge um eine Art Observatorium frühzeitlicher Menschen gehandelt hat.« »Und wie ist das mit den Druiden, Parker?« Während der Unterhaltung schritten Parker und Rander auf die Steine zu, was sich als recht mühsam und auch gefährlich erwies. Überall gab es tiefe, von Unkraut und Gestrüpp getarnte Bodenfalten und natürliche Löcher und Gruben. »Mit dem Ausdruck Druiden, Sir, bezeichnet man eine keltische Priesterkaste«, gab Parker weiter Auskunft, »ihr Verhältnis zur Natur muß recht innig gewesen sein, wie man sich überliefert. Sie kannten die Kräuter, fertigten daraus Elixiere und wurden in späterer Zeit mit dem Teufel in Verbindung gebracht.« »Die Erinnerung daran scheint sich gehalten zu haben«, entgegnete Mike Rander, »wie sonst hätten die Leute Angst vor dem Druiden und seinen Sicheln.« »Man sagte den Druiden Zauberkräfte nach, Sir«, dozierte Parker gemessen weiter, »sie sollen in der Lage gewesen sein, Menschen zu verwandeln, Tiere zu zähmen und der Natur zu befehlen.« »Wer immer auch den jetzigen Druiden spielt, Parker, er weiß, was er tut und spielt auf der Klaviatur der Angst.« »Ein recht geschicktes Verhalten, Sir, zumal der Volksmund behauptet, die Nachfahren der Druiden würden auch heute noch leben und wirken.« »Unser Druide hat sich der Moderne angepaßt, Parker. Denken Sie an die Sprengladung, an die zerschnittenen Autoreifen und an die Leute, die er bereits verletzt hat. Sir Robert aber als Druide? Kann ich mir eigentlich kaum vorstellen.« »Sir Robert müßte dann sein Schloß auf heimlichen Wegen verlassen können, wann immer er es wünscht.« »Das wäre ein Grund dafür, daß er sich verdammt oft und lange einschließt, Parker. Falls dieser Ellby nicht gelogen hat, ist Sir Robert scharf auf gewisse Ländereien. Um an sie heranzukommen, mimt er den Druiden, sorgt für Angst und Grauen und kauft heimlich das auf, was er für seinen Steinzeitpark braucht. Klingt logisch.« »Es war Sir Robert, der Mylady dringend bat, hierher nach Schloß Plain zu kommen.« »Ein üblicher Trick. Der Täter stellt sich als Opfer dar, um sich so ein Alibi zu verschaffen. Wie oft hätten wir das bereits, Parker?« »Man sollte nicht verschweigen, Sir, daß solche Ablenkungsmanöver immer wieder hochwirksam sind.« »Moment mal, Parker, da drüben hinter dem Stein hat sich gerade was bewegt«, sagte der Anwalt ein wenig leiser, ging aber weiter, »lassen Sie sich nichts anmerken. Ich bin sicher, daß sich was gerührt hat.« »Möglicherweise hofft der sogenannte Druide, wieder mal tätig werden zu können, Sir.« »Lassen wir uns überraschen. Ich bin gespannt, ob er wieder mit einer Sichel arbeiten wird.« »Hilferufe, Sir!« Parker schritt schneller aus.
»Vorsicht«, warnte der Anwalt, »das hört sich nach einer ganz miesen Falle an, Parker.« »Dies ist keineswegs auszuschließen, Sir«, meinte der Butler, der sich durch die Warnung allerdings nicht aufhalten ließ. Er wurde noch schneller, blieb dann jedoch jäh stehen, schien sein Gleichgewicht zu verlieren und warf sich zurück. Mike Rander, der einige Meter hinter dem Butler war, mußte zur Kenntnis nehmen, daß Parker plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war. *** »Was ich die ganze Zeit über genau gewußt habe, Kindchen!« Lady Agatha deutete triumphierend auf die nackte Ziegelwand, in der eine schmale Tür zu sehen war. Die ältere Dame stand in einem wahren Chaos und hatte wieder mal bewiesen, daß sie über die ungezügelte Energie eines Bulldozers verfügte. Mit dem Schürhaken als Brechstange hatte sie die Holzvertäfelung von den Wänden entfernt und nur noch Kleinholz hinterlassen. Kathy Porter war nicht in der Lage gewesen, den Tatendrang auch nur annähernd zu bremsen. »Eine Tür, Mylady, tatsächlich.« Kathy war beeindruckt. Mit solch einer Entdeckung hatte sie nicht gerechnet. »Sie scheint aber seit vielen Jahren nicht mehr geöffnet oder benutzt worden zu sein.« »Der Rost ist nichts als Tarnung, Kathy.« Lady Agatha faltete ihre Stielbrille auseinander und inspizierte fachmännisch die Türangeln aus Schmiedeeisen und das mächtige Schloß. »Sollte man vielleicht Sir Robert verständigen, Mylady?« fragte Kathy. »Aber nein, Kindchen, auf keinen Fall. Sie wissen doch, daß ich keinem Menschen traue, von Ihnen, Mike und Mr. Parker mal abgesehen. Das hier ist meine ganz persönliche Entdeckung, begreifen Sie? Und hinter der Tür befindet sich natürlich der Geheimgang.« »Mr. Parker wäre in der Lage, das Schloß gewaltlos zu öffnen«, schlug Kathy Porter vor. »Papperlapapp, Kindchen, auf Mr. Parker will ich nicht warten. Ich muß wissen, was sich hinter dieser Tür befindet. Natürlich ein Geheimgang, das ist selbstverständlich, aber ich will wissen, wohin er führt. Ich werde Ihnen etwas sagen: Der Gang führt geradewegs in das Geheimversteck des Druiden.« »Es ist erstaunlich, Mylady, daß sich bisher keiner der Angestellten eingefunden hat.« »Warum sollten sie gekommen sein?« »Mylady haben die Vertäfelung nachdrücklich entfernt«, meinte Kathy und spielte dabei auf den Lärm an, den die ältere Dame notwendigerweise verursacht hatte. »Diese Feiglinge werden sich irgendwo verkrochen haben, von Sir Robert ganz zu schweigen. Treten Sie etwas zur Seite, Kathy, ich werde jetzt das Schloß aushebeln!«
»Und wenn hinter der Tür eine Sprengladung angebracht worden ist, Mylady? Denken Sie bitte an die Kellergewölbe.« Kathy Porter machte sich ernsthaft Sorgen. »Unsinn«, sagte Agatha Simpson, »nur wer wagt, gewinnt auch. Aber gehen Sie sicherheitshalber in Deckung, Kindchen. Ich möchte nicht, daß Ihnen etwas geschieht.« Kathy schüttelte den Kopf und schaute nun zu, wie die resolute Dame den mächtigen Schürhaken in den Spalt zwischen Türblatt und Rahmen stieß. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich wieder mal, wie kräftig Lady Agatha war. Sie spielte schließlich nicht umsonst Golf und huldigte dem Sport des Bogenschießens. Ihre Muskeln waren erstaunlich gut entwickelt. Nachdem sie die improvisierte Brechstange tief eingeführt hatte, stemmte sie sich mit ihrer beachtlichen Fülle gegen das Eisen und ließ das Türholz umgehend splittern. »Sehen Sie?« Lady Agatha wandte sich freudig zu ihrer Sekretärin und Gesellschafterin um. »In wenigen Augenblicken weiß ich mehr, Kathy. Bevor Mike und Mr. Parker zurück sind, werde ich das Geheimnis von Schloß Plain gelöst haben.« Die Tür hatte inzwischen eingesehen, daß jeglicher Widerstand sinnlos war. Nach einem zweiten Versuch löste sich das Schloß aus dem morschen Holz und polterte zu Boden. Lady Agatha riß und zerrte an der Türkante und schaffte es mit Leichtigkeit, die Tür nun aufzuziehen. Hustend trat sie zur Seite und wedelte mit ihren Händen in der Luft, die sich mit Staubwolken füllte, die aus dem Raum hinter der ausgebrochenen Tür stammten. »Meine Taschenlampe, Kathy«, rief sie hüstelnd, »beeilen Sie sich, der Druide darf mir nicht entkommen ...« Kathy Porter sah die Dinge erheblich anders als Agatha Simpson, doch sie hütete sich, diese Ansicht laut werden zu lassen. Sie kannte den Starrsinn ihrer Chefin. Kathy lief zum Fenstertisch hinüber und brachte Lady Agatha die Taschenlampe. Als die Detektivin sich gerade wieder der ausgebrochenen Tür nähern wollte, war ein lautes, nachdrückliches Pochen an der Zimmertür zu vernehmen. »Ja, was ist denn?« Lady Agathas Stimme grollte. Sie wollte sich nicht stören lassen. »Robert, meine Liebe«, lautete die überraschende Antwort, »ist etwas passiert? Kann ich Ihnen helfen? Bitte, öffnen Sie.« »Sir Robert, Mylady«, flüsterte Kathy Porter und schaute sich im Chaos um. »Wer sonst?« Lady Agatha runzelte unwillig die Stirn. »Sir Robert wird vielleicht etwas überrascht sein, wenn er das hier sieht«, sagte Kathy und deutete auf die abgerissene Vertäfelung. Sie sollte sich nicht getäuscht haben! ***
»Wonach suchen Sie, Parker?« fragte Mike Rander und schaute nach unten in die natürliche Erdgrube, in die Parker gerutscht war. »Sie haben sich doch hoffentlich nicht verletzt, oder?« »Keineswegs und mitnichten, Sir«, murmelte der Butler, von dem man eigentlich nur die Melone sah, »der glückliche Zufall dürfte meinen bescheidenen Fuß gelenkt haben.« »Sie untertreiben mal wieder, Parker«, gab der Anwalt schmunzelnd zurück und beugte sich noch weiter vor, »wieso übrigens glücklicher Zufall? Sie hätten sich auch das Genick brechen können.« »Die Landung war geradezu weich, Sir. Falls meine Sinne mich nicht täuschen, dürfte ich auf eine Art Depot des Druiden gestoßen zu sein.« »Sie machen mich verdammt neugierig. Ich hätte große Lust, zu Ihnen runterzuspringen, Parker.« »Wegen der herrschenden Enge, Sir, möchte ich davon dringend abraten.« »Okay, aber was haben Sie gefunden?« »Wenn Sie gestatten, Sir, werde ich eine erste Sichtung vornehmen, die allerdings noch einige Minuten dauern wird.« »Lassen Sie sich Zeit, Parker, wir sind ja unter uns.« Rander schaute sich um und vergewisserte sich, daß seine Bemerkung auch den Tatsachen entsprach. Weit und breit war hier bei den Plain-Steinen kein menschliches Wesen zu sehen. Der Anwalt hatte etwas mehr Zeit, sich die Grube näher anzusehen und begriff nun erst, wieso Parker gestolpert und hineingefallen war. Das schmale Erdloch war mit Sicherheit gut getarnt gewesen. Es war von Sträuchern und Unkraut förmlich überwuchert. Nichts hatte darauf hingedeutet, daß sich hier Menschen bewegten. Hinzu kam vielleicht noch, daß die Grube zusätzlich abgedeckt worden war. Es war wirklich ein glücklicher Zufall, daß sie diesen Weg genommen hatten. Oder, so fragte sich Mike Rander unwillkürlich, hatte Parker wieder mal mehr gesehen als er? Schließlich war es der Butler gewesen, der diese Richtung eingeschlagen hatte. Mike Rander nahm sich vor, später einige gezielte Fragen zu stellen. »Darf ich mich erkühnen, Sir, Ihnen meinen Schirm zu reichen?« hörte er Parkers Stimme, »Sie könnten mit ihm die beiden Plastiksäcke hochziehen, falls es Ihnen nichts ausmacht.« »Sie sind wieder mal überhöflich, Parker.« Rander lächelte, beugte sich vor und griff nach der Schirmstockspitze. Dann stemmte er sich hoch und zog den ersten Plastiksack ans Tageslicht. Wenig später folgte der zweite. Die zähe Folie war undurchsichtig, Rander konnte also nicht erkennen, was die beiden Säcke enthielten. Er kümmerte sich um den Butler, der sich mit erstaunlicher Leichtigkeit wieder nach oben ziehen ließ. Nachdem Parker wieder festen Boden unter den Füßen hatte, holte er eine flache Kleiderbürste aus der Innentasche seines Zweireihers und entfernte sorgfältig alle Erdspuren. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er wieder völlig makellos dastand.
»Hand aufs Herz, Parker, Sie haben eine Spur gesehen und sind ihr gefolgt, oder?« »Dies möchte ich auf keinen Fall in Abrede stellen, Sir.« »Zum Henker, was aber haben Sie gesehen? Für mich war und ist das hier alles jungfräuliches Unkraut.« »Es handelte sich um einige Grashalme, Sir,- die sich verständlicherweise verfärbt hatten. Vom Erdloch an sich wurde meine Wenigkeit allerdings überrascht.« »Wahrscheinlich könnten Sie Indianern .noch Nachhilfeunterricht im Spurensuchen geben«, meinte Rander, um dann auf die beiden Plastiksäcke zu deuten, »worauf warten wir noch, Parker? Ich möchte endlich wissen, was wir da ans Tageslicht geholt haben.« »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis, Sir.« Parker beugte sich zu den Plastiksäcken hinunter, schnürte sie auf und fand darin zwei flache Kästen aus Styropor, einige Stäbe Dynamit, eine Blechschachtel mit Zündern und schließlich einige Nebelhandgranaten. Josuah Parker öffnete vorsichtig eine der beiden flachen Kästen aus Styropor und präsentierte Mike Rander dann drei schartige, alt aussehende Sicheln, deren Griffstücke aus Holz einen verwitterten Eindruck machten. Im zweiten Kasten befanden sich ebenfalls drei Sicheln. »Der Mann scheint einen ganzen Vorrat eingekauft zu haben«, sagte Rander, »sieht eigentlich nach einer Massenanfertigung aus, wie?« »Ein Eindruck, der sich förmlich aufzwingt, Sir.« Parker griff mit zwei Fingern in eine der vielen Westentaschen unter dem schwarzen Zweireiher und hielt dann wie durch Zauberei eine zusammenlegbare Kleinlupe in der Hand. Er faltete sie auseinander und untersuchte eine der Sicheln. Nach wenigen Augenblicken richtete er sich wieder auf. »Ware aus ...« «... Hongkong?« fragte Rander, den Butler unterbrechend. »Aus Sheffield, Sir«, korrigierte Parker höflich, »der Druide scheint heimischen Schneidewaren den unbedingten Vorzug zu geben.« »Sicheln aus Sheffield, auf alt getrimmt und vom Druiden eingekauft«, faßte Mike Rander zusammen, »es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir diesen Großeinkäufer nicht finden würden.« »Eine Hoffnung, Sir, die sich hoffentlich erfüllen wird.« »Dynamit, Zünder und Nebelhandgranaten«, redete der Anwalt weiter, »wir sollten uns hier auf die Lauer legen, Parker.« »Darf man höflichst daran erinnern Sir, daß man um Hilfe rief?« »Verdammt, das habe ich total vergessen!« Rander wandte sich dem Steinkreis zu, konnte aber nichts entdecken. »Wenn Sie erlauben, Sir, wird man den Steinkreis kurz untersuchen.« »Ich komme selbstverständlich mit, Parker. Für den Fall nämlich, daß Sie ins nächste Erdloch fallen.«
»Das Erdloch war getarnt, Sir«, erklärte der Butler, »einige querliegende Äste wurden vom Druiden mit Blattwerk und Grasboden bedeckt. Ein zweites Mal wird sich solch ein Zwischenfall kaum wiederholen.« Die beiden Männer ließen die beiden Plastiksäcke zurück, um schneller an den Steinkreis heranzukommen. Je mehr man sich ihm näherte, desto imposanter und größer wurden die Einzelsteine, die tonnenschwer sein mußten. Die Deckplatten oben auf den Spitzen der Steine wurden offenbar von magischen Kräften gehalten, denn nach den Gesetzen der Physik hätten sie eigentlich längst heruntergestürzt sein müssen. »Hut ab vor unseren Vorfahren«, meinte Rander, der für einen Augenblick stehengeblieben war, »wie haben die Leute nur die Steine hochbekommen? Schwerlastkräne kann's damals ja schließlich noch nicht gegeben haben.« »Man dürfte die Deckplatten über Rampen geschoben haben, Sir. Entsprechende Erklärungen finden sich immer wieder in einschlägiger Fachliteratur. « »Wie auch immer!« Rander zuckte die Achseln, ging um einen der mächtigen Steindome herum und ... blieb wie angewurzelt stehen. Er hatte eine Entdeckung gemacht, mit der er nicht gerechnet hatte. *** »Nein«, flüsterte Sir Robert mit brüchiger Stimme, »nein, nein, ich will es nicht glauben.« Er stand vor den zersplitterten Resten der Holzvertäfelung und war fassungslos. Er schaute hoch, musterte Lady Agatha, die den Schürhaken munter schwang und erlitt einen mittelschweren Schwächeanfall. Kathy Porter, die mit solch einer Reaktion gerechnet hatte, schob Sir Robert geistesgegenwärtig einen Stuhl unter. »Nein«, wiederholte Pundham dann, »die kostbare Vertäfelung... Was ist hier geschehen? Wie konnte das passieren?« »Hoffentlich waren das Gemälde und der Spiegel nicht teuer«, meinte Agatha Simpson froh, »ich mußte mich vergewissern, mein lieber Robert, daß ich nicht heimlich beobachtet wurde.« »Ich glaube es einfach nicht«, keuchte Sir Robert, der die Reste des Spiegels und dann das zerstörte Gemälde musterte. »Sie wiederholen sich, Robert«, grollte die ältere Dame, »hängen Sie nicht an unwichtigen Kleinigkeiten. Sehen Sie, was ich entdeckt habe! Ich wußte, daß es hier einen Geheimgang geben würde. Und ich habe ihn gefunden!« »Nein, nein«, stammelte Sir Robert und griff mit fahriger Hand nach dem gefüllten Whiskyglas, das Kathy Porter ihm in die Hand druckte. Er war jedoch noch nicht in der Lage, das Glas an die Lippen zu setzen. »Wußten Sie von dieser Tür?« fragte die Detektivin inzwischen mit scharfer Stimme. Sie deutete mit dem Schürhaken auf die Öffnung, aus der noch immer Staubwolken drangen.
»Geheimgang?« Sir Roberts Gemütsverfassung änderte sich schlagartig. Er wurde von einem krampfartigen, hysterisch klingenden Lachanfall geschüttelt. »Hoffentlich behalten Sie Ihren Humor, Robert«, sagte Lady Agatha, die einen leicht gereizten Eindruck machte, »wenn ich durch diesen Geheimgang Ihr Zimmer erreiche und dann ins Freie komme, werde ich Ihnen einige Fragen stellen müssen.« »Ein Geheimgang!« Sir Robert lachte schrill weiter, legte dann eine kurze Pause ein und nutzte sie, um den scharfen Inhalt des Whiskyglases zu genießen. »Sie decken mir den Rücken, Kindchen«, ordnete die Detektivin an, die die Taschenlampe einschaltete, »ich werde mit meinem Kontrollgang beginnen.« Ihre füllige Gestalt verschwand im wallenden Staub. Bald waren nur noch die Umrisse der älteren Dame zu sehen, die mutig wie stets, festen Schrittes den vermuteten Geheimgang betrat. »Geheimgang«, stöhnte Sir Robert inzwischen und schüttelte den Kopf, »Geheimgang! Was für ein grenzenloser Unfug...« »Sie kannten die Tür, Sir Robert?« erkundigte sich Kathy Porter. »Natürlich, ich habe sie ja absichtlich zutäfeln lassen.« »Und was befindet sich hinter dieser Tür?« Kathy Porter ließ den Besitzer von Schloß Plain nicht aus den Augen. Sie wollte nicht überrascht werden. »Hinter der Tür war eine Rüstungskammer«, sagte Sir Robert, «ohne Fenster und Abzug. Ich brauchte den Raum nicht mehr, habe ihn also zutäfeln lassen. Lady Agatha wird .. .« Er preßte die Lippen fest aufeinander, als die Detektivin wieder erschien. Sie machte einen ungemein empörten Eindruck und musterte Sir Robert gereizt. »Was soll das heißen?« grollte sie dann. »Wieso haben Sie den Gang zumauern lassen? Glauben Sie etwa, mich damit täuschen zu können?« »Da gibt es nichts zu täuschen«, widersprach Sir Robert und drückte sich vom Sitz hoch, »da ist auch nichts zugemauert worden. Lassen Sie sich von Ihrer Sekretärin sagen, was Sie da aufgespürt haben. Und noch etwas, Lady Agatha: Ich verzichte ab sofort auf Ihre Hilfe. Noch ein paar Tage, und Sie haben mein Schloß in eine Ruine verwandelt. Das kann ich mir nicht bieten lassen.« »Sie weisen mir das Haus? Einer Lady Simpson?« »Je schneller Sie gehen, desto besser. Moment mal, was haben Sie vor? Was soll das? Sie wollen mich ohrfeigen?« »Und ob ich das will«, lautete die freudige Antwort der älteren Dame, die bereits mit ihrer rechten Hand weit ausholte, »und es wird mir eine Freude sein!« »Ich ... Ich protestiere«, keuchte Sir Robert und wich schleunigst zurück. »Ich schere mich einen Pfifferling um Ihren Protest, Sie ungehobelter Flegel.« Agatha Simpson stolperte über ein Trümmerstück, wodurch Sir Robert sich erneut in Sicherheit bringen konnte. Er strebte eilig der Zimmertür zu und schlüpfte im letzten Moment nach draußen in den Korridor, bevor ihn der perlenbestickte Pompadour der Lady Agatha zu erreichen vermochte. Das skurrile Wurfgeschoß klatschte kraftvoll gegen die schwere Tür und schmetterte sie ins Schloß.
»Sein Glück«, sagte die Detektivin, »er war schneller, als ich dachte. Was sagen Sie zu dieser Frechheit?« »Die Aufforderung, Mylady, das Schloß zu verlassen, war deutlich.« »Er hat sicher Angst, daß ich sein Doppelspiel durchschaue«, meinte Agatha Simpson, die sich inzwischen wieder beruhigt hatte, »ich sagte es ja gleich, Kindchen, nicht wahr? Sir Robert ist der Druide, und ich werde ihn entlarven!« *** »Beim Zeus, Ihnen hat man ja böse mitgespielt«, sagte Mike Rander besorgt und blieb vor der jungen Frau stehen, die knapp fünfundzwanzig war. Man hatte ihr das Haar abgeschnitten und das Kleid aufgerissen. Auf der Brust waren Kratzspuren zu sehen. Die Hände der Frau waren auf dem Rücken verschnürt worden, ihre Füße gefesselt. Sie starrte Rander und Parker ängstlich-abwehrend an. »Darf man respektvoll fragen, wer Sie gefesselt und offensichtlich auch mißhandelt hat?« erkundigte sich Josuah Parker. »Der... Der Druide«, flüsterte sie. »Sind Sie sicher?« Rander bückte sich, kniete nieder und schnürte die Fesseln auf. »Sollten Sie aus bestimmten Gründen das Mißfallen des Druiden erregt haben?« wollte Parker wissen. »Ich kann's nicht sagen«, schluchzte sie, »ich war mit dem Fahrrad unterwegs, und er stand plötzlich mitten auf dem Feldweg. Er kam ... aus dem Boden heraus wie ein Gespenst.« »Haben wir nicht 'ne kleine Erfrischung zur Hand, Parker?« »Meine Wenigkeit ist bereits so frei, Sir.« Der Butler zog eine Taschenflasche aus der Innentasche seines Zweireihers und füllte den Verschluß, den er als Becher benutzte. »Was ist das?« fragte die junge Frau mißtrauisch. »Alter, französischer Kognak«, erwiderte Parker, »es ist geradezu eine Auszeichnung, ihn probieren zu dürfen.« Sie trank zögernd, nippte anfänglich, kostete und kippte die Erfrischung entschlossen hinunter. Ihre Hände waren bereits frei, und Parker nahm den Becher entgegen. Er deutete mehr als diskret auf ihre Blöße. »Könnten Sie sich möglicherweise bedecken?« fragte er. »Der sogenannte Druide war so undelikat, Ihr Kleid aufzureißen.« »Er hat mich angefallen wie ein Tier«, berichtete sie und atmete tief, »ich habe mich nach besten Kräften gewehrt, aber ich hatte einfach keine Chance.« »Könnten Sie meiner Wenigkeit diesen Druiden ein wenig näher beschreiben?« bat Josuah Parker. »Ich will's versuchen.« Sie schloß für einen Moment die Augen und konzentrierte sich. Parker nutzte diese Gelegenheit, die Brustpartie der jungen Frau näher zu betrachten. Mike Rander, der dies mitbekam, zog die Augenbrauen hoch.
Josuah Parker beugte sich sogar noch weiter vor und studierte die Kratzspuren. »Brauchen Sie eine Lupe, Parker?« fragte Rander anzüglich. »Keineswegs, Sir«, lautete Parkers Antwort, die ohne jede Verlegenheit erfolgte. Er schob sich wieder zurück. Die junge Frau öffnete die Augen und atmete noch mal tief. »Sie wollen wissen, wie der Druide aussah«, schickte sie voraus, »also, er trug ein sackähnliches Kleid oder eine Kutte, ja, eine Kutte aus Sackleinen, aber ohne Kapuze. Und darum war eine dicke Schnur aus Stoff oder Kordel, genau weiß ich das nicht. Er hatte ein kalkweißes Gesicht mit schwarzen Zeichnungen darauf... oder so. Ich kann es einfach nicht genau beschreiben, es ging alles so schrecklich schnell.« »War es seine Absicht, sich Ihnen, nun, sagen wir, körperlich zu nähern?« stellte der Butler die nächste Frage, während Rander amüsiert zuhörte. »Er wollte mich opfern, hat er gesagt«, erklärte sie hastig und streifte mit gespreizten Fingern das Haar aus der Stirn, »ja, er wollte mich opfern oder so ähnlich. Genau habe ich das alles nicht verstanden.« »Der Druide sprach landesübliches Englisch?« »Nur einige Brocken verstand ich, sonst gebrauchte er Wörter, die ich nicht kenne. Es hörte sich unheimlich und fremd an. Er schleppte mich hierher zu den Steinen und fesselte mich. Anschließend wollte er mich mit einer Sichel aufschlitzen.« »Ein Vorgang, der Ihnen sicher recht unangenehm und peinlich gewesen wäre«, meinte Parker, »ist Ihnen an diesem Druiden etwas Besonderes aufgefallen?« »Aufgefallen? Nein, ich wüßte nicht. Oder doch? Natürlich, das war ja überdeutlich. Er roch nach Rasierwasser. Bitte, lachen Sie nicht. Er roch nach einem teuren Rasierwasser.« »Ein Druide, der auf Körperpflege Wert legt«, meinte Rander spöttisch. »Sie glauben mir nicht?« fuhr sie ihn wütend an. »Doch, natürlich, entschuldigen Sie. Sie wissen nicht zufällig, um welches Rasiermittel es sich gehandelt hat?« »Ich rasiere mich nicht«, erwiderte sie schnippisch und schloß das Kleid über der Brust, »ich möchte jetzt gehen. Mein Vater wartet sicher auf mich.« »Noch eine Frage«, bat Rander, »wieso kam es nicht zu dieser Opferung?« »Der Zauberer muß abgelenkt worden sein«, gab sie zurück, »er sprang plötzlich auf und rannte weg. Er war wie vom Erdboden verschwunden. Sonst noch etwas?« »Könnte man unter Umständen Ihren Namen erfahren?« fragte Josuah Parker. »Eliza Warsop«, entgegnete sie, »und ich wohne drüben in Plain. Hierher bringen mich keine zehn Pferde mehr. Ich habe keine Lust, als Opferlamm von diesem Druiden abgeschlachtet zu werden.« ***
»Sie lassen sich viel Zeit«, beschwerte sich Lady Agatha. Die ältere Dame saß auf einem altertümlichen Kilometerstein, nicht weit entfernt von der schmalen Straße, die zum Schloß Plain führte. Mike Rander und Josuah Parker hatten den hochbeinigen Wagen des Butlers verlassen und gingen auf Lady Agatha zu, die sich erhob und die Falten aus ihrem weiten Tweedrock strich. »Was ist passiert?« fragte Mike Rander. »Ich habe diesem Lümmel von Sir Robert die Freundschaft gekündigt, falls je eine existierte«, entgegnete die Detektivin, »und ich bin froh darüber. Ich hätte mich nie nach Schloß Plain locken lassen dürfen.« »Mylady beabsichtigen, nach London zurückzukehren?« wollte der Butler wissen. Er öffnete die hintere Wagentür. »Zurück nach London? Niemals, ausgeschlossen! Ich werde Sir Robert Pundham als Druiden entlarven, so wahr ich Lady Agatha Simpson heiße.« Mike Rander stand neben Kathy Porter, die sich von einem Koffer erhoben hatte. Er erkundigte sich leise nach dem, was auf dem Schloß vorgefallen war. Als er die Wahrheit hörte, konnte er nur mit einiger Mühe einen Lachanfall unterdrücken. »Sie hat den ganzen Raum demoliert?« vergewisserte er sich dann. »Eine Granate hätte keinen größeren Schaden anrichten können«, antwortete Kathy Porter, »Sir Robert war einem Schlaganfall nahe.« »Und Lady Agatha hält ihn für den Druiden, Kathy?« »Sie haben es ja eben mitbekommen, Mike.« »Dann werden wir uns nach einem neuen Quartier umsehen müssen«, sagte der Anwalt, »in einigen Stunden wird's dunkel sein. Hoffentlich kommen wir in Plain unter.« »Wir brauchen nicht nach Plain, Mike.« Sie lachte leise. »Auf uns wartet eine feudale Unterkunft, das kann ich Ihnen versprechen.« »Und wie lautet die Lösung dieses Preisrätsels?« »Lady Agatha besitzt hier in der Nähe ein Landhaus.« »Ach nee.« Rander schüttelte ungläubig den Kopf. Obwohl er bereits seit einiger Zeit das Vermögen und die Liegenschaften der älteren Dame verwaltete, erlebte er immer wieder neue Überraschungen. Lady Agatha war wirklich immens vermögend. »Sir Robert hat Mylady daran erinnert«, erklärte Kathy Porter, »schriftlich übrigens. Er teilte mit, Mylady könne ja ohne Schwierigkeiten in ihr eigenes Haus umziehen und dort mit dem Abwracken weitermachen.« »Und wo steht das Landhaus, Kathy.« »In einem Waldstück, gleich hinter Plain. Weit ist es nicht.« »Und Parker hat davon nichts gewußt?« wunderte sich Mike Rander. »Da wäre ich mir nicht so sicher, Mike«, warnte Kathy den Anwalt, »man hat ihn nur nicht gefragt.« »Sie wußten von Myladys Landsitz?« erkundigte sich der Anwalt, als Parker zurückkehrte, um die Koffer aufzunehmen, wobei Rander ihm natürlich half.
»In der Tat, Sir«, gab Josuah Parker prompt zurück, »Mylady hat diesen kleinen Landsitz allerdings noch nie aufgesucht.« »Der Laie staunt und wundert sich, Parker. Und wie heißt dieser Landsitz?« »Plain-Garden, Sir.« »Sie kennen das Landhaus? Sie waren schon mal dort?« »Diese Frage, Sir, muß ich leider verneinen.« »Erstaunlich, nicht wahr, daß Sir Robert von diesem Landsitz weiß, finden Sie nicht auch, Parker?« »Ein bemerkenswerter Wissensstand, wenn man es so ausdrücken darf.« »Hat er Lady Simpson zu sich eingeladen, weil er von dem Landsitz wußte?« »Eine Frage, Sir, die der Beantwortung harrt.« »Okay, sehen wir uns das Haus erst mal an. Vielleicht gehört es zu den Ländereien, die Sir Robert, für seinen Steinzeitpark an sich bringen will. Lassen wir uns überraschen.« *** »Die Post scheint bereits geschaltet zu haben«, meinte Rander eine Stunde später, als man vor dem kleinen Landsitz eintraf. Parker hatte in der Ortschaft Plain noch einige Einkäufe getätigt, um die Mitglieder der Reisegesellschaft verpflegen zu können. Sein hochbeiniger Wagen stand vor einem zweistöckigen Landhaus, das im Fachwerkstil errichtet worden war und einen einladenden Eindruck machte. Es befand sich augenscheinlich in bestem baulichem Zustand. Der bereits ausgestiegene Mike Rander ging zum überdachten Eingang und blieb vor der Tür stehen. Er sah sich die schartige Sichel genau an, die man in das Türblatt getrieben hatte. Die Spitze dieser Sichel war durch einen Briefumschlag geschlagen worden. Der Anwalt hatte einige Mühe, das Schneidinstrument aus dem Holz zu lösen. Dann öffnete er den Umschlag, der keine Auf-, schritt trug. »So was nenne ich Kundendienst«, sagte er wenig später und reichte den Brief an Josuah Parker weiter, »der Druide hat sich bereits gemeldet und verspricht, für gute Unterhaltung zu sorgen.« Parker überlas die wenigen Zeilen, die in einer Art modifizierter Runenschrift auf das Papier gebracht waren. Der Druide teilte mit, sein tödlicher Flug treffe alle Fremden dieser einst heiligen Region. »Humbug«, urteilte die ältere Dame, nachdem auch sie die Zeilen überflogen hatte, »das sind doch Ammenmärchen. Damit kann man höchstens Kinder erschrecken. Sie sind übrigens sicher, Mr. Parker, daß dies hier mein Haus ist?« »Mit letzter Sicherheit, Mylady.« »Dann würde ich es gerne betreten. Sie haben natürlich nicht an den Hausschlüssel gedacht, wie? »Nicht direkt, Mylady, aber innerhalb weniger Minuten werden Mylady das Haus betreten können.«
»Wie denken Sie über Überraschungen, die vielleicht auf uns warten, Parker?« fragte der Anwalt. »Der Druide weiß ja immerhin von diesem Landsitz.« »Ein Hinweis, Sir, den man keineswegs auf die sprichwörtlich leichte Schulter nehmen sollte.« Parker verließ die Haustür und betrachtete anschließend die Fensterfront. Mike Rander und Kathy Porter gingen zur Rückseite des Landsitzes und suchten dort nach Spuren. »Sie übertreiben wieder mal, Mr. Parker«, räsonierte die Lady ungeduldig. »Darf man sich erlauben, Mylady an die Sprengstoffladung in den Gewölben von Schloß Plain zu erinnern?« »Ohne mein Mißtrauen wären Sie jetzt nicht mehr, Mr. Parker«, behauptete die ältere Dame umgehend, »nun, was haben Sie entdeckt?« »Nach Lage der Dinge dürfte das Haus durchaus zu betreten sein.« »Dann also bitte!« Sie marschierte auf die Haustür zu. »Vielleicht sollte man den Landsitz auf eine etwas ungewöhnliche Art betreten, Mylady.« »Soll ich etwa über das Dach steigen?« fragte sie ironisch. »Myladys Vorschlag bringen die Lösung dieses kleinen Problems«, erwiderte Josuah Parker, »darf man sich gestatten, Mylady auf die Dachpfannen neben dem Kamin aufmerksam zu machen?« »Und was ist mit ihnen?« »Sie dürften bewegt worden sein, Mylady, wie einige Kratzspuren deutlich machen.« »Aha.« Die Detektivin sah zwar nichts, aber nickte bestätigend. »Der sogenannte Druide könnte auf dem Umweg über das Dach ins Haus gestiegen sein, Mylady.« »So etwas ahnte ich doch gleich. Ich war gespannt, ob Sie's merken würden, Mr. Parker.« Bevor der Butler antworten konnte, erschienen Mike Rander und Kathy Porter wieder auf der Vorderseite. Sie hatten nichts Verdächtiges feststellen können. Agatha Simpson lächelte mitleidig-wissend und deutete auf das Dach. »So etwas dürfte man eigentlich nicht übersehen«, sagte sie dann, »mir fielen die Kratzspuren natürlich sofort auf. Man ist heimlich ins Haus eingedrungen.« »Ich könnte schnell nach oben steigen«, meinte Kathy Porter. Sie wartete die Zustimmung gar nicht erst ab, sondern kletterte mit der Geschmeidigkeit einer Katze an der Hausfront hoch. Dann bewegte sie sich weiter zu den Kaminen und schob hier einige Dachpfannen nach oben. »Sehr begabt«, lobte die ältere Dame und warf ihrem Butler einen Blick zu, »daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen, Mr. Parker.« »Meine Wenigkeit wird sich erkühnen, Myladys Anregung in die Tat umzusetzen«, lautete die Antwort des Butlers. In seinem glatten Gesicht bewegte sich kein Muskel. Mike Rander hingegen kämpfte wieder mal mit einem aufsteigenden Lächeln.
Es dauerte gut fünf Minuten, bis Kathy Porter hinter der Haustür zu hören war. »Eine Sprengladung hier an der Tür«, rief sie nach draußen, »ich habe sie gleich entschärft, Mylady, einen Moment noch.« »Diese Sprengladung geht natürlich auf das Konto Sir Roberts«, vermutete die Detektivin grimmig, »und dafür werde ich diesem Flegel das Fell über die Ohren ziehen, so wahr ich Lady Simpson bin!» *** Es war dunkel geworden. Josuah Parker hatte ein opulentes Abendessen gereicht, und Lady Agatha machte einen mehr als zufriedenen Eindruck. Sie hatte sich inzwischen den kleinen Landsitz genau angesehen und war recht angetan von diesem. »Alles sehr gepflegt«, sagte sie anerkennend, »kein Staub, alles wie frisch geputzt. Von wem wird das Haus eigentlich verwaltet, Kathy?« »Man müßte in London in den Liegenschaftsunterlagen nachsehen, Mylady«, erwiderte die Sekretärin, »aber man könnte ja auch nach Plain fahren und dort nachfragen.« »Gegen einen kleinen Umtrunk wäre wirklich nichts einzuwenden«, fand Lady Agatha und nickte wohlwollend, »ich denke, ich werde mir im Gasthof mal diese Leute ansehen, die an den Druiden glauben. Was halten Sie davon, Mr. Parker?« »Der Druide, Mylady, könnte mit tödlichen Überraschungen aufwarten.« »Papperlapapp, Mr. Parker, eine Lady Simpson ist nicht zu überraschen. Kathy und Mike können ja das Haus hüten. Sie werden mich nach Plain begleiten.« Mylady verfolgte einen Hintergedanken. Sie träumte davon, aus Mike Rander und Kathy Porter ein Ehepaar machen zu können. Sie nutzte jede sich nur bietende Gelegenheit, die beiden jungen Leute allein zu lassen. »Nur nicht langweilen«, rief sie Rander und Kathy zu, als sie das Haus verließ, »ich werde nämlich wenigstens zwei Stunden wegbleiben, vielleicht sogar noch länger.« Parker wartete neben dem hochbeinigen Monstrum auf Agatha Simpson, die in den Fond des Wagens stieg und Platz nahm. Der Butler setzte sich ans Steuer und verließ die Auffahrt. Die Scheinwerfer des Wagens bohrten sich in die immer kompakter werdende Dunkelheit. »Wie war das mit der jungen Frau auf den Plain-Steinen?« erkundigte sie sich. »Wollte ich nicht mit ihr reden? Man wird sie bestimmt nicht ohne Grund zum Steinkreis verschleppt haben, oder?« »Eine bemerkenswerte Haltung des Druiden, Mylady, die in keinem Zusammenhang zu seinen bisher üblichen Aktivitäten steht.« »Diese junge Frau sollte geopfert werden? Was halte ich davon?« »Der Druide scheint seine Gangart verschärfen zu wollen, Mylady.«
»Mord also.« Sie nickte zufrieden. »Sir Robert dürfte es nicht schnell genug gehen. Ich bin gespannt, wann er mir das Angebot machen wird, den Landsitz an ihn zu verkaufen.« »Wären Mylady einverstanden, die Familie Warsop aufzunehmen?« »Wer ist denn das?« Ein Gedächtnis für Namen hatte sie noch nie gehabt. »Eliza Warsop, Mylady, jene junge Frau, die geopfert werden sollte.« »Sie wissen, wo ich die Familie finde? Natürlich will ich sie mir ansehen. Und wie war das mit dem Rasierwasser, Mr. Parker?« »Miß Warsop war und ist der Meinung, daß es sich um ein exklusives und damit wohl auch teures Rasierwasser gehandelt haben müsse.« »Das deutet doch wieder auf Sir Robert hin, nicht wahr?« »Zielsicher geradezu, Mylady.« »Er ist der Druide«, behauptete sie nachdrücklich, »er geht ganz systematisch vor, er rafft an Ländereien zusammen, was immer er bekommen kann. Aber an mir wird er sich natürlich die Zähne ausbeißen.« »Bisher bieten Mylady sich zwei Theorien an«, erwiderte Josuah Parker, »im ersten Fall könnte man einen Racheplan des Mr. Dave, Ellby unterstellen. In diesem Zusammenhang erwähnten Mylady auch den Kammerdiener Paul Maddon, der ebenfalls ein Motiv hat.« »Richtig«, bestätigte die ältere Dame, »Maddons Schwester ist ja schließlich von Sir Robert umgebracht worden, auch wenn man von Selbstmord spricht.« »Dann wären da noch die ehrgeizigen Pläne Sir Roberts, der eine Art Ferien -und Steinzeitpark aufbauen möchte und dazu noch wichtige Grundstücke und Ländereien benötigt.« »Endlich haben Sie den richtigen Durchblick, Mr. Parker«, lobte die ältere Dame verhalten, »dieser Druide mit seinen Sicheln verfolgt ganz handfeste Absichten. Und ich werde... Was ist denn?« »Eine Art Straßensperre, Mylady«, antwortete der Butler und stoppte sein hochbeiniges Monstrum. Die Scheinwerfer hatten Sträucher erfaßt, die in einiger Entfernung auf der Straße lagen,. »Selbst der obligate Donnerbesen ist vorhanden.« »Donnerbesen, Mr. Parker?« Die Detektivin zeigte sich animiert. »Ein Reisigbesen, der mit Mistelzweigen garniert ist, Mylady«, sagte der Butler, »er steckt in der Mitte der Sträucher und ist wohl als Todesandrohung gedacht.« *** Vor der improvisierten Straßensperre war ein schmaler Feldweg zu sehen, der nach links führte und förmlich dazu einlud, ihn zu benutzen, um das Hindernis zu umgehen. »Worauf warten Sie denn noch, Mr. Parker?« fragte die ältere Dame ungeduldig, »es ist doch klar, daß man eine Sprengladung in die Sträucher gepackt hat.« »Eine Vermutung, Mylady, die sich anbietet.«
»Sie haben so etwas doch schon mal erlebt«, redete Lady Agatha weiter, »diesem Druiden scheint nichts mehr einzufallen.« »Es erhebt sich die Frage, Mylady, ob der Seitenweg sicherer ist.« »Wer würde sich mit seinem Wagen schon in solch einen schmalen Weg drücken?« Sie schnaufte verächtlich. »Das zeigt wieder mal, daß Sie ein Laie sind, was das Autofahren betrifft.« »Gerade dieser schmale Feldweg könnte besonders präpariert worden sein, Mylady.« »Jetzt geht die Phantasie aber mit Ihnen durch, Mr. Parker. Ich werde selbstverständlich den Seitenweg benutzen und dem Druiden ein Schnippchen schlagen.« »Wie Mylady wünschen.« Parker ließ sein hochbeiniges Monstrum vorrollen und ... steuerte genau das improvisierte Hindernis an. Er steigerte sogar noch die Geschwindigkeit. »Sind Sie des Teufels, Mr. Parker?« Agatha Simpson beugte sich vor und musterte den Besen, der aus dem Gesträuch ragte. Sie hatte den Eindruck, daß er sich bewegte. Parker hatte inzwischen Kontakt mit der Barrikade. Er bremste kurz ab und ... schob mit der soliden Stoßstange das Gesträuch auseinander. Lady Agatha hielt unwillkürlich den Atem an und wartete auf die Detonation. Doch es tat sich nichts. Der hochbeinige Wagen rollte ungefährdet weiter, während der Reisigbesen unter dem Kühler verschwand. »Sie mußten also wieder mal Ihren Kopf durchsetzen, wie?« meinte sie dann gereizt. »Die Einladung, Mylady, den Seitenweg zu benutzen, war wohl zu eindeutig«, antwortete Parker, »aus diesem Grund hielt meine Wenigkeit sich an Myladys Empfehlung.« »Aha.« Sie nickte zögernd. »Ich glaube also, daß die Sprengladung im Feldweg angebracht ist?« »So deutete meine Wenigkeit Myladys Hinweise.« »Ich werde dem auf den Grund gehen, Mr. Parker. Halten Sie an!« Parker ließ das hochbeinige Monstrum ausrollen, stieg aus und wollte Mylady aus dem Wagen helfen, doch sie war schneller und stand bereits auf der Straße. Sie ging zu dem Gesträuch am Straßenrand und dachte nicht im Traum daran, daß sie einem lauernden Druiden ein erstklassiges Ziel bot. Parker holte die ältere Dame schnell ein und übernahm diskret die Führung. Er hatte seine KugelschreiberTaschenlampe eingeschaltet und fand eine Art Trampelpfad. Nach etwa fünf Minuten war der schmale Feldweg erreicht. Parker minderte das Marschtempo und bewegte sich mit größter Vorsicht. Er leuchtete immer wieder hoch und suchte nach Drähten oder Nylonschnüren. »Scheußlich«, meinte die Detektivin und schlug mit der rechten Hand nach einem vermeintlichen Spinnenfaden. Ihre Hand berührte nachdrücklich eine ungemein dünne Nylonschnur und... löste damit eine reißende Detonation aus.
Die ältere Dame unternahm wieder mal eine kleine, aber intensive Luftreise. Der Luftdruck riß sie von den Beinen und warf sie in einen kompakten Strauch, dessen Zweige wie eine Sprungfedermatratze wirkten. Lady Agatha wurde wieder hochgeschleudert, fiel erneut zurück und hatte das Vergnügen, noch mal angehoben zu werden. Danach rutschte sie seitlich weg und umarmte spontan einen nahen Baumstamm, der unter der Wucht des Aufpralls deutliche Neigung zeigte, sich zu entwurzeln. Josuah Parker entwickelte mehr Glück. Ein Baumstamm hatte die Luftdruckwellen erheblich gemindert. Parker rutschte nur zurück, blieb aber auf den Beinen. Er strahlte seine Herrin an, deren Hutschöpfung tief in die Stirn gerutscht war. »Darf man sich nach dem werten Allgemeinbefinden erkundigen, Mylady?« fragte Parker gemessen. »Ohne mich wären Sie direkt in die Sprengladung gelaufen«, behauptete Agatha Simpson prompt, »ich habe Ihnen schon wieder das Leben gerettet, Mr. Parker.« »Die tiefe Dankbarkeit meiner Wenigkeit wird auch nur andeutungsweise kaum abgetragen werden können«, versicherte der Butler, »Myladys Entschluß, auf der Straße zu bleiben, erwies sich als völlig richtig.« »Haben Sie daran etwa einen Augenblick gezweifelt?« erkundigte sie sich und vergaß, daß ihr Rat erheblich anders gelautet hatte, »man muß eben einen gesunden Instinkt haben, Mr. Parker, doch den kann man sich nicht antrainieren, glauben Sie mir!« *** Das Haus der Familie Warsop stand am Fuß eines bewaldeten Hügels und sah nicht gerade einladend aus. Eliza Warsops Vater schien mit Schrott und Altwagen zu handeln. Links und rechts vom langgestreckten Steinhaus und auch neben einem scheunenartigen Bau stapelten sich Altwagen und Schrott. Die Scheinwerfer von Parkers hochbeinigem Monstrum leuchteten die Szenerie gut aus. Man sah auch den schwarzen Hund, der wütend an seiner Kette zerrte und kläffte. Das Fletschen der Zähne war deutlich auszumachen. »Sehr verdächtig«, fand Agatha Simpson, »ich könnte mir gut vorstellen, daß der Druide sich dort eingenistet hat.« »Sir Robert, Mylady?« fragte der Butler. »Warum nicht?« Sie ließ sich keineswegs verblüffen. »Wenn er unterwegs ist, braucht er doch ein Versteck. Auf diese Warsops bin ich jetzt doch sehr gespannt.« Parker parkte den Wagen so geschickt, daß der kläffende Kettenhund keine Möglichkeit hatte, die beiden Besucher zu erreichen. Das wenigstens glaubte Parker, doch er sah sich getäuscht. Wie ein Blitz jagte der Hund, der plötzlich von keiner Kette mehr gehalten wurde, um das Heck des hochbeinigen Monstrums herum und wollte sich auf Lady Agatha stürzen.
Der Vierbeiner wurde von der resoluten Dame nachdrücklich zur Ordnung gerufen. Agatha Simpson war überhaupt nicht zu beeindrucken, außerdem war sie auch noch sehr geschickt. Bevor der Hund seine Reißzähne in ihre Waden schlagen konnte, klatschte der perlenbestickte Pompadour auf seine Nase, und der Vierbeiner blieb wie betäubt stehen. »Kusch«, befahl Agatha Simpson und deutete auf das Haus. Der Hund schüttelte sich, legte die Ohren an und schloß sein Maul. Er zog den Schwanz ein und trollte sich davon. »So eine Frechheit«, schimpfte die ältere Dame, »einer wehrlosen Frau einen Hund auf den Hals zu schicken. Darüber wird gleich noch zu reden sein.« Parker, der die Szene wachsam beobachtet hatte, entspannte sich insgeheim und widmete seine Aufmerksamkeit den beiden Männern, die gerade das Haus verließen. Es konnte sich durchaus um Zwillinge handeln. Sie waren gleich groß, untersetzt und muskulös. Über ausgebeulten Jeans trugen sie hüftlange Pullover, die mit Sicherheit auch schon bessere Tage und Nächte gesehen hatten. Sie blickten auf den Hund und trieben ihn mit halblauten Befehlen zum hochbeinigen Wagen zurück. Es war deutlich zu hören, daß sie den Vierbeiner dazu bringen wollten, Lady Agatha und den Butler anzufallen. Doch der Hund dachte im Traum nicht daran, sich mit der älteren Dame noch mal anzulegen. Er heulte auf, als einer der beiden Männer, die dreißig Jahre alt sein mochten, nach ihm trat. Der Hund verschwand daraufhin jaulend in der Dunkelheit. »Man erlaubt sich, einen wunderschönen Abend zu wünschen«, rief Josuah Parker den beiden Männern zu und lüftete grüßend die schwarze Melone, »Lady Simpson gibt sich die Ehre, Sie zu einem kleinen Gespräch einzuladen.« »Verschwinden Sie«, antwortete einer der beiden, »scheren Sie sich zum Henker! »Wenn Sie dann freundlicherweise vorausgehen würden?« lautete Parkers höfliche Antwort. Agatha Simpson hingegen fühlte sich beleidigt und reagierte auf eine sehr persönliche und eigenwillige Art. »Wie war das gerade?« Sie hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und marschierte energisch auf die beiden jungen Männer zu. Der Pompadour an ihrem linken Handgelenk geriet bereits in Schwingungen. »Hauen Sie ab, altes Mädchen«, sagte der Mann, der vom Henker gesprochen hatte, »Sie befinden sich hier auf Privateigentum und ...« »Sagten Sie gerade altes Mädchen?« Lady Agatha hatte die beiden Männer erreicht und baute sich vor ihnen auf. »Ziehen Sie Leine, bevor wir sie rausschmeißen«, erwiderte der Mann und lachte geringschätzig. Doch dann lachte er keineswegs mehr. Lady Agatha hatte sich wieder mal herausgefordert gefühlt und verabreichte ihrem Gegenüber eine schallende Ohrfeige, die der Beschenkte auf keinen Fall erwartet hatte. Er flog gegen seinen Begleiter und jaulte dann ebenfalls wie der Hund, der sich gerade schleunigst abgesetzt hatte. Lady Agatha hatte es in ihrer damenhaften Würde keineswegs vergessen, noch zusätzlich gegen das linke Schienbein des Mannes zu
treten. Daraufhin knickte der Herausfordernde in der Mitte seines Leibes ein und tanzte anschließend auf dem noch intakten Bein. »Benehmen Sie sich in Zukunft höflicher«, bat Lady Agatha sich aus, »wehr- und hilflosen Frauen gegenüber hat man die Formen zu wahren.« Der zweite Mann brauchte einige Zeit, bis er das Geschehen innerlich verarbeitet hatte. Als er dann soweit war, nahm er leichtsinnigerweise seinen Knüppel in die rechte Hand und beabsichtigte damit auf die Lady einzuschlagen. »Sie sollten sich wirklich ein wenig beherrschen«, empfahl der Butler und parierte den Schlag mit dem Universal-Regenschirm. Nachdem er den Knüppel abgeblockt hatte, setzte Parker die Spitze des Regendaches auf den Solarplexus des Mannes, der daraufhin unter akuten Luftschwierigkeiten litt und sich erst mal setzte. Er hechelte verzweifelt nach frischer Atemluft und röchelte. »Was ist denn los?« war in diesem Moment eine dunkle, rauhe Männerstimme zu vernehmen. Die nur angelehnte Haustür wurde geöffnet, zusätzliches Licht fiel nach draußen. Ein mittelgroßer, schlanker und aggressiv wirkender Mann trat heraus, entdeckte die beiden jungen Männer und wunderte sich. »Mr. Warsop, wenn ich nicht sehr irre?« fragte Parker und versäumte es nicht, noch mal durch das Lüften seiner Melone zu grüßen. »Jeff Warsop«, bestätigte der etwa fünfzigjährige Mann. Er starrte weiter auf seine Mitbewohner. »Sie haben den Vorzug, Lady Simpson gegenüberzustehen«, sagte Parker, »mein Name ist Parker, Josuah Parker.« »Was ... Was haben Sie mit Peter und Buck gemacht?« fragte Jeff Warsop dann verblüfft. »Sie wurden ein wenig zur Ordnung gerufen, Mr. Warsop«, antwortete der Butler, »ihr Benehmen Mylady gegenüber war ausgesprochen befremdlich.« »Moment mal, Sie sehen wie ein Butler aus ... Sind Sie das gewesen, der Eliza aus der Klemme geholfen hat?« »Sie sollten meine bescheidene Hilfe nicht überbewerten«, schlug Josuah Parker vor. »Ich, äh, ich entschuldige mich für meine Söhne«, sagte nun Jeff Warsop und versetzte der Tür, die zurückgeglitten war, einen derben Fußtritt, worauf sie sich wieder weit öffnete, »kommen Sie rein... Wir wußten schließlich nicht, wer sich da an unser Haus rangemacht hatte.« »Kommen wir gleich zum Thema«, meinte die ältere Dame und betrat einen großen Raum, der erstaunlicherweise einen wohnlichen Eindruck machte, »ich möchte mich mit Ihnen über diesen Druiden unterhalten, der die Leute in der Region verrückt macht.« »Ein verdammt heißes Eisen, Mylady«, äußerte Jeff Warsop, »aber kann ich Ihnen erst mal was anbieten? Ich hätte da Bier und einen guten Brandy. Er stammt, unter uns gesagt, aus eigener Brennerei.« »Nun, da möchte ich nicht nein sagen, junger Mann«, erwiderte Lady Agatha, »ein kleines Schlückchen werde ich sicherlich vertragen.«
»Darf man sich nach dem Befinden Ihrer Tochter erkundigen?« fragte der Butler. »Sie meinen, wie's ihr nach dem Überfall geht? Na ja, sie hat's überstanden. Besonders zimperlich ist sie ja nicht. Aber die Angst steckt ihr noch in den Knochen.« »Wer möchte auch schon mittels einer rostigen Sichel seziert und tranchiert werden?« Parker blieb seitlich hinter seiner Herrin stehen, die am Mitteltisch Platz genommen hatte. Die Lady nickte wohlwollend, als Jeff Warsop ein Wasserglas mit Brandy füllte und dann nach einem großen Krug griff, um Bier einzugießen. »Ein verrückter Überfall«, beantwortete Jeff Warsop die Frage des Butlers, »so war der Druide noch nie vorher, und ich habe ihn schon seit Jahren gesehen.« »Seit Jahren?« wunderte sich die ältere Dame. »Sie haben ihn leibhaftig vor sich gesehen?« »Natürlich«, lautete die selbstverständliche Antwort, »der spukt doch hier seit Jahren in der Gegend herum und scheucht die Leute auf.« »Sie glauben an die Existenz eines Druiden?« forschte der Butler. »Natürlich glaube ich daran.« Jeff Warsop nickte. »Die sind doch unsterblich oder so. Die kommen und gehen, wie sie wollen. Das hier war doch mal alles ihr Eigentum. Vielleicht halten sie sich tagsüber in Höhlen auf. Nicht weit von hier gibt's die.« »Aber bis vor etwa fünf Wochen war der Druide friedfertig, falls meine Wenigkeit dies richtig interpretiert hat?« »Völlig friedlich. Okay, sie haben manchmal die Leute gescheucht, aber mit Gewalt hatte das nichts zu tun.« »Ein recht trinkbarer Brandy«, schaltete Agatha Simpson sich ein und nahm einen zweiten, nicht gerade kleinen Schluck, »doch, durchaus akzeptabel, junger Mann.« »Donnerwetter«, staunte Jeff Warsop. Er hatte mitbekommen, wie routiniert und selbstverständlich die ältere Dame den Alkoholspiegel im Glas minderte. »Warum will der Druide Sir Robert von Schloß Plain umbringen?« erkundigte sich der Butler rundheraus. »Das ist doch sonnenklar«, erwiderte Jeff Warsop, »er will die Plain-Steine in 'nen Rummelplatz verwandeln. Hören Sie, das war und ist ein heiliger Ort. So was kann der Druide niemals zulassen. Ich werde Ihnen mal was sagen: Für mich ist Sir Robert bereits tot, er weiß es nur noch nicht! So, das wollte ich Ihnen sagen... Wer die heiligen Steine entweiht, der ist einfach reif für die Hölle!« *** »Es soll zerstochene Autoreifen gegeben haben«, erkundigte Parker höflich, »einige Pferde sollen zu Tod gekommen sein, man spricht von Verletzungen, die Menschen zugefügt wurden. Wie könnte man sich das alles erklären?«
»Auch das liegt doch klar auf der Hand«, meinte Jeff Warsop, der wie Lady Agatha sich mit dem erneut gefüllten Brandyglas befaßte, »diese Leute haben eben nicht geopfert.« »Was könnte man sich darunter vorstellen?« »Dad, laß dich nicht ausquetschen«, warnte Peter Warsop, der zusammen mit seinem Bruder auf einer Bank am Fenster saß. »Halt' den Mund, Junge«, fuhr Jeff Warsop seinen Sohn an, »jeder kann wissen, daß man dem Druiden hin und wieder ein Opfer reichen muß.« »Wahrscheinlich in Form von Hart- oder Papiergeld, Mr. Warsop?« fragte der Butler. »Das ist es!« Der Schrotthändler nickte und zwinkerte dem Butler zu. »Die Sache ist wirklich einfach. Man schneidet ein paar Mistelzweige und steckt das Geld in die Blätter oder so. Und das bringt man dann raus zu den Steinen. Es muß natürlich Vollmond sein, oder Neumond, das geht natürlich auch.« »Der Druide scheint einen modernen Bankverkehr zu pflegen, wenn man so sagen darf.« »An Ihrer Stelle würde ich lieber nicht spotten, Mr. Parker«, warnte Jett Warsop eindringlich, »Sie könnten sich sonst verdammt leicht in die Finger schneiden.« »Um welche Summen handelt es sich denn für gewöhnlich?« schaltete die Detektivin sich ein. »Immer nur um ein paar Pfund oder so«, gab Jeff Warsop zurück, »wirklich nicht die Welt.« »Da kommt ja im Lauf eines Jahres allerhand zusammen«, vermutete die Lady vergnügt, »ein recht einträgliches Unternehmen. Und wer nicht opfert, der wird vom Druiden besucht, ja?« »Der bekommt irgendwelchen Ärger«, pflichtete Warsop bei, »aber überfallen hat der Druide noch nie einen Menschen, ich meine, so wie's meiner Tochter Eliza passiert ist.« »Sie scheinen sich bei diesem Hexenmeister besonders beliebt gemacht zu haben«, vermutete Agatha Simpson anzüglich. »Oder besser ausgedrückt, Ihre Tochter scheint ein paar Opfergaben überschlagen zu haben.« »Das frage ich mich ja auch, Lady«, entgegnete Jeff Warsop, »warum hat der Hexenmeister sich ausgerechnet Eliza vorgenommen? Irgendwie macht mich das verdammt nachdenklich.« »Ihre Tochter konnte bisher nicht mit der Andeutung einer Erklärung dienen, Mr. Warsop?« »Ich habe sie natürlich gefragt, aber Eliza weiß nicht, was sie getan haben könnte.« »Wo befindet sie sich zur Zeit, wenn man diese Frage stellen darf?« »Sie ist drüben im Dorf«, rief Buck Warsop von der Bank her, »sie ist bei einer Freundin.«
»Eine ausgesprochen mutige junge Dame«, lobte Josuah Parker, »nach diesem tiefen Schock scheut sich Miß Eliza nicht, durch die Dunkelheit hinüber nach Plain zu fahren.« »Auf dem Fahrrad etwa, junger Mann?« wollte die Detektivin wissen und sah Jeff Warsop erstaunt an. »Sie hat den Abschleppwagen genommen«, erwiderte der Schrotthändler, »nun ja, besonders ängstlich ist sie wirklich nicht. Diese Sache mit dem Druiden steckt sie weg, hoffe ich wenigstens.« »Könnte es sein, Mr. Warsop, daß sich ein Einheimischer als Druide verkleidet oder maskiert, um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen?« »Wie... Wie kommen Sie denn darauf?« Jeff Warsop sah den Butler völlig entgeistert an. »Nun, schneller und risikoloser könnte man sein Geld nicht verdienen«, redete Parker weiter. Jeff Warsop sprang auf und ließ deutlich wissen, daß er sich am liebsten auf den Butler gestürzt hätte. Dann aber registrierte er Parkers kühlen Blick und besann sich eines anderen. »Was wollen Sie damit andeuten?« fragte er. »Das, was meine Wenigkeit bereits zu sagen beliebten«, gab Josuah Parker zurück. »Sie zeigen eine Empfindlichkeit, die überzeugen wird.« »Man hat Ihnen also auch bereits geflüstert, meine Söhne und ich würden an den Steinen kassieren, wie?« »Andeutungen dieser Art drangen in der Tat an mein bescheidenes Ohr«, behauptete Parker. »Glauben Sie kein Wort, Mr. Parker! Das sind alles Gerüchte. Wir Warsops sind in Plain und auch in der ganzen Gegend nicht besonders beliebt, weil wir uns nichts gefallen lassen, aber ich würde mich verdammt hüten, als Druide herumzulaufen. Glauben Sie, ich hätte Lust, mich von dem wirklichen Druiden erwischen zu lassen? Ich bin nicht scharf darauf, daß 'ne Sichel in meinem Rücken landet!« *** »Was halten Sie von diesem Subjekt, Mr. Parker?« fragte Agatha Simpson, als sie hinüber nach Plain fuhren. »Die Frage erhebt sich, Mylady, ob Mr. Warsop tatsächlich an die Existenz eines Druiden glaubt.« »Er selbst ist der Druide, der hier kassiert«, behauptete die ältere Dame mit Nachdruck, »Sie haben doch mit erlebt, wie gereizt er reagierte.« »Die Familie Warsop scheint nicht sonderlich beliebt zu sein, Mylady. Die Gründe hierfür sollte man eruieren.«
»Erledigen Sie das, Mr. Parker, für solche nebensächlichen Details kann ich mich nicht erwärmen. Was sagen Sie zu diesem Mädchen, das doch schließlich erst vor wenigen Stunden geopfert werden sollte?« »Miß Elizas Mut ist beachtenswert, Mylady .« »Jeff Warsop ist der Druide«, wiederholte Lady Agatha noch mal, »er zerschneidet die Autoreifen, bringt Pferde um und verletzt Menschen. Für mich liegt das klar auf der Hand. Ich werde es ihm nur noch beweisen müssen.« »Dann wäre der Fall der Sichel und des Druiden geklärt, Mylady?« »Nun ja, in etwa«, gab sie zögernd zurück, »auf der anderen Seite denke ich immer noch an Sir Robert, diesen vulgären Flegel. Er könnte natürlich auch der Druide sein, durchaus.« »Und Mr. Dave Ellby, Mylady, jener junge Mann, der gerade erst aus dem Gefängnis entlassen wurde.« »Dieser Mann ist äußerst verdächtig«, pflichtete sie Parker bei. »Dann wäre da noch der Kammerdiener Maddon, Mylady«, zählte der Butler konsequent weiter auf, »Mr. Maddons Schwester Melissa beging immerhin Selbstmord und zwar im Zusammenhang mit einer Liaison, für die Sir Robert letztendlich verantwortlich zeichnete.« »Komplizieren Sie den Fall nicht unnötig«, reagierte sie leicht verärgert. »Die Auswahl an möglichen Tätern ist beachtlich, Mylady.« »Und dennoch, ich werde nicht den Überblick verlieren. Ich weiß, was ich weiß.« Sie dachte nicht daran, sich dazu näher zu äußern. Mylady hüllte sich in Schweigen und ärgerte sich etwas. Sie war unsicher geworden und wußte nicht, auf welche Person sie sich festlegen sollte. Parker schwieg ebenfalls, doch er war keineswegs verärgert. Er hatte gerade jene Personen aufgezählt, die sich in erster Linie als Täter anboten. Er war sich klar darüber, daß dieser Fall der Sichel und des Druiden noch keineswegs gelöst war. Zu viele Motive boten sich an und machten eine Entscheidung schwer. Dennoch gab es da einige Dinge, an die er immer wieder denken mußte, die ihn hatten mißtrauisch werden lassen. Hinsichtlich der Familie Warsop teilte er Myladys Ansicht. Die Warsops waren sicher durchtrieben und raffiniert genug, den hier in der Region herrschenden Aberglauben für ihre Zwecke zu nutzen. Das Zerschneiden von Autoreifen, das Töten einiger Pferde und das Verletzen von Menschen war diesen Männern durchaus zuzutrauen. »Warum haben Sie diesen Subjekten gesagt, wo ich jetzt wohne?« fragte Agatha Simpson plötzlich. »Es handelte sich dabei um eine Einladung, Mylady«, versicherte Josuah Parker, »falls die Warsops dort in der Nacht erscheinen, dürfte man dies als eine Art Geständnis betrachten, was ihre Tätigkeit als Druiden betrifft.« »So hatte ich Sie allerdings auch verstanden«, behauptete die Detektivin umgehend, »doch, ich rechne fest damit, daß die Warsops kommen, um mich mit einer Sichel umzubringen.«
»Vielleicht hat man nur die Absicht, Mylady dazu zu bringen, den Landstrich umgehend zu verlassen«, entgegnete der Butler und ließ sein hochbeiniges Monstrum vor dem ihm bereits bekannten Gasthof ausrollen. Bis zur Polizeistunde fehlten noch fünfundvierzig Minuten. Als sie den Gasthof betraten, herrschte plötzlich Stille. Die Männer am Tresen blickten Lady Simpson und den Butler ungeniert- neugierig an. »Allerseits einen friedlichen Abend«, wünschte Parker und lüftete die schwarze Melone. Er führte seine Herrin an einen freien Tisch und begab sich dann zum Tresen, um für Lady Agatha und sich je ein Bier zu bestellen. Die Männer vor dem Ausschank wandten ihm wie auf ein geheimes Kommando hin ostentativ den Rücken zu und dachten nicht daran, ihn durchzulassen. »Würden Sie einen müden, alten und relativ verbrauchten Mann möglicherweise durchlassen?« fragte er in seiner höflichen Art, doch er erhielt keine Antwort. Parker entging keineswegs, daß ungewöhnliche Ruhe herrschte. Die anderen Männer links und rechts am Tresen beobachteten verstohlen die Szene. »Darf ich meine bescheidene Bitte noch mal wiederholen?« Parker ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, die ihn auszeichnete. Als auch danach keine Reaktion erfolgte, sah Parker sich gezwungen, eine erzieherische Maßnahme einzuleiten. *** Mit der nadelscharfen Spitze seines Universal-Regenschirms stach er in das Oberleder eines derben Schuhs. Der Besitzer und Träger dieses Schuhs spürte einen Schmerz und hüpfte aus dem Stand hoch. Dann schaute er sich verblüfft nach der Ladung um. »Sin' Sie das gewesen?« fragte er drohend. »In der Tat«, antwortete Parker, »ich darf Ihnen jedoch versichern, daß meine Wenigkeit nur sehr oberflächlich zugestoßen hat.« »Moment mal...!« Ein Mann links von Parker beging den Kardinalfehler, seine Hand auf Parkers Schulter zu legen. Er hatte vor, den Butler mit einiger Muskelkraft zu sich umzudrehen. Eine Sekunde später hüpfte auch er in die Luft und verspürte Schmerzen an seiner rechten Zehenpartie. Butler Parker hatte sich gezwungen gesehen, die Spitze seines Regenschirms noch mal einzusetzen. Am Tresen entstand mehr als nur Unruhe. Die Landbewohner fühlten sich auf der ganzen Linie provoziert und hatten nur den einen Gedanken, den Butler nach allen Regeln der Kunst auseinanderzunehmen. Sie ahnten allerdings nicht, auf was sie sich da einließen. Josuah Parker hatte erst vor kurzer Zeit in London mit einer Kendoschule zutun gehabt und dort gewisse Grundkenntnisse in Sachen Stockfechten aufgefrischt. Er umfaßte mit beiden schwarzbehandschuhten Händen das untere Ende des Schirmstockes und erwehrte sich seiner regellos angreifenden Gegner. Es war faszinierend, wie blitzschnell und geschickt er seinen Schirm als Kendostock
benutzte. Seine Konterschläge prasselten nur so auf die Angreifer herab. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sich auf dem Boden insgesamt sechs Männer versammelten, die mehr oder weniger intensiv stöhnten. »Sagen Sie mir Bescheid, falls ich gebraucht werde, Mr. Parker«, ließ die ältere Dame sich vernehmen. Sie hielt ihren perlenbestickten Pompadour einsatzbereit in der rechten Hand und ... warf ihn plötzlich ohne irgendwelche Vorbereitung auf den Wirt, der sich gebückt hatte und dann hinter dem Tresen mit einem derben Holzknüppel wieder auftauchte. Der Pompadour sirrte durch die Luft und setzte sich auf die Nase des Mannes. Das Riechorgan war der Belastung keineswegs gewachsen, knickte leicht weg und trieb dem Wirt die dicken Tränen in die Augen. Der im Handbeutel befindliche >Glücksbringer< der Lady, nämlich das echte Pferdehufeisen, hatte wieder mal seine Wirkung gezeigt. »Ich möchte nicht versäumen, mich bei Mylady zu bedanken«, sagte Parker und lüftete seine Kopfbedeckung. Dann wandte er sich an den Wirt, der noch intensiv schielte, »zwei Glas Bier, wenn es erlaubt ist.« »Sofort, sofort«, hechelte der Mann hinter dem Tresen. »Und den Pompadour Myladys«, erinnerte der Butler. Er ließ sich den Handbeutel reichen und trug ihn zu Lady Agatha hinüber, die huldvoll lächelte. »Sehr hübsch und einladend hier«, stellte sie fest und übersah souverän die sechs Geschlagenen, die sich vorsichtig erhoben, aber keineswegs daran dachten, sich noch mal mit dem Butler zu messen. Parker erhielt zwei gefüllte Biergläser und trug sie an den Tisch, an dem Lady Agatha bereits wieder Platz genommen hatte. »Können Sie sich erklären, warum man hier so reagiert, Mr. Parker?« fragte sie dann nach einem kräftigen Schluck. »Möglicherweise glaubt man, Mylady seien ein vertrauter Gast Sir Roberts«, mutmaßte Parker, »nein, nein, Mylady, mit einem Angriff ist wohl kaum mehr zu rechnen.« Seine Bemerkung bezog sich auf einen älteren Mann, der fast sechzig zu sein schien. Er schob sich langsam an den Tisch heran und strich durch sein kurzgeschnittenes, graues Haar. »Entschuldigung, sind Sie vielleicht Lady Simpson?« fragte er dann, » ich meine die Lady von Plain-Garden?« »Richtig, junger Mann«, erwiderte Agatha Simpson huldvoll, »und nehmen Sie gleich zur Kenntnis, daß ich meinen Höflichkeitsbesuch auf Schloß Plain gestrichen habe.« » Sie wohnen jetzt in Ihrem Landhaus, Mylady?« »Erfreulicherweise«, bestätigte die ältere Dame, »und wer sind Sie? Warum wollte man mich provozieren?« »Vielleicht wegen Sir Robert Pundham«, lautete die Antwort, »er ist hier nicht beliebt.« »Mylady würden gern in Erfahrung bringen, wer Sie sind?« erinnerte der Butler. »Bernie Market ist mein Name. Ich leite hier die Poststation und habe ein Taxi.«
»Stellen Sie auch dem Druiden die Post zu?« fragte Agatha Simpson und löste mit dieser Frage eisiges Schweigen aus. *** »Mit dem Druiden sollten Sie nicht scherzen«, sagte Bernie Market nach einer Weile der Betroffenheit, während die Männer erstaunlich schnell und fast komplett das Gasthaus verließen. »Sie glauben an diesen Humbug?« fragte Agatha Simpson grollend. »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht durchschauen können, Mylady«, wisperte Bernie Market förmlich, »die Menschen hier fürchten den Hexenmeister und seine Sichel.« »Hinter der Figur des Druiden dürfte doch ein Wesen aus Fleisch und Blut stehen«, schaltete der Butler sich ein, »wie man Mylady zutrug, glaubt man allenthalben, daß Mr. Jeff Warsop den Druiden spielt.« »Den schon, ich meine, den Druiden, der sich Geldopfer bringen läßt«, erwiderte der Posthalter von Plain, »aber es gibt natürlich auch noch den tatsächlichen Druiden.« »Sehr kompliziert, junger Mann«, urteilte die Detektivin amüsiert. »Warsop ist wohl der Mann, ich meine, er und seine beiden Söhne, die an den Ringsteinen die Geldopfer einsammeln«, redete Bernie Market leise weiter, »aber es gibt auch den wirklichen Druiden.« »Und womit beschäftigt er sich in seiner Freizeit?« Agatha Simpson schmunzelte. »Er hütet die Heiligtümer dieser Region, die Plain-Steine, die heiligen Gräber und die Höhlen.« »Sprechen Sie jetzt tatsächlich von einem realen Wesen, Mr. Market?« fragte Josuah Parker. »Aber selbstverständlich. Der Druide existiert, es gibt ihn. Daran zweifle ich keinen Moment, mögen Sie darüber auch lachen.« »Es besteht keineswegs die Absicht, Ihnen zu nahe treten zu wollen«, stellte der Butler klar, »der von Ihnen gerade erwähnte Druide befaßt sich zur Zeit fast ausschließlich mit Sir Robert.« »Weil Sir Robert gegen ungeschriebene Gesetze verstößt«, redete der Posthalter weiter, »Sir Robert will die heiligen Steine und den heiligen Bezirk entweihen. Dies wird der Druide nie zulassen.« »Warum sind die Plain-Steinringe nie so bekanntgeworden wie Stonehenge?« fragte die ältere Dame, die sich wider Willen von diesem Thema gefangennehmen ließ. »Weil die Menschen seit Generationen dafür gesorgt haben«, antwortete Bernie Market eindringlich, »und weil der Steinring doch eben ziemlich zerstört ist. Die Wissenschaftler haben sich an den größeren Steinkreis von Stonehenge gehalten. Und das war gut so.«
»Gibt es dort keinen Druiden, der über den heiligen Bezirk wacht?« wunderte sich Butler Parker. »Ich glaube schon, daß es so ist, doch der Druide dort reagiert eben anders als unser Druide.« »Sehr einleuchtend«, sagte Parker höflich, obwohl ihn diese seltsame Logik kaum zu überzeugen vermochte, »Sie wissen von dem Drama, das sich seinerzeit auf Schloß Plain abgespielt hat?« »Sie sprechen von dem Selbstmord von Melissa Maddon, ja?« »Und von dem früheren Jagdaufseher Dave Ellby, der jetzt aus dem Gefängnis entlassen wurde.« Parker nickte bestätigend. »Doch, diesen Vorfall kenne ich«, antwortete der Posthalter, »und ich wundere mich noch immer, daß Maddon bei Sir Robert geblieben ist, ich meine jetzt den Bruder von Melissa Maddon.« »Ich nehme doch an, daß nicht nur Sie sich gewundert haben und es noch immer tun, junger Mann«, schaltete die ältere Dame sich ein. »Wie denken denn die Menschen hier darüber?« »Man wartet, aber ich will nichts gesagt haben.« »Worauf wartet man, Mr. Market?« verlangte Josuah Parker zu wissen. »Nun ja, daß Paul Maddon eines Tages den Selbstmord rächen wird. Aber ich glaube nicht, daß er die Kraft dazu aufbringt, dazu ist er viel zu schwach. Ich kenne ihn recht gut. Er ist, sagen wir, ein wenig träge.« »Sie kennen den Verwalter Cooper?« lautete die nächste Frage des Butlers. Er war durch einen Zufall an einen Menschen geraten, der durch sein Amt sehr gut über die hiesigen Menschen Bescheid wußte. Diese Chance mußte unbedingt genutzt werden. »Martin Cooper ist mehr ein Ortsfremder«, erklärte Bernie Market, »er läßt sich hier nur selten sehen und fährt lieber in die umliegenden Städte, wenn er sich amüsieren will. Offen gestanden, ich weiß so gut wie nichts über ihn.« »Sehr verdächtig«, urteilte Lady Agatha umgehend, »Mr. Parker, mit diesem Verwalter werde ich mich noch eingehend befassen. Ich denke, er hat einiges zu verbergen, finden Sie nicht auch?« »Solch eine Vermutung, Mylady, bietet sich förmlich an«, erwiderte Parker, ohne sich festzulegen. Dann widmete er sich wieder dem Posthalter und erkundigte sich nach dem ehemaligen Jagdaufseher des Schloßbesitzers. »Dave Ellby ist ein Fall für sich«, antwortete Bernie Market, »die Sache damals zwischen ihm und Melissa Maddon war fast schon aufregend. Mißverstehen Sie mich da nicht, ich meine, sie war leidenschaftlich. Wir alle hier dachten, sie würden eines Tages heiraten. Ja, und dann passierte diese Sache mit dem Jagdfrevel. Ellby sollte auf eigene Rechnung Wild geschossen haben, das er dann an die umliegenden Gasthäuser verkauft haben sollte. Beweisen konnte man ihm eigentlich nichts, wenn man von den wenigen Stück Wild absieht, die in seinem Jagdhaus gefunden wurden, das er damals bewohnte. Richtig, auch in seinem
elterlichen Haus wurde Wild entdeckt. Dann prügelte er sich aber mit der Polizei und verletzte einen Beamten mit einer... Sichel.« »Mit einer Sichel?« staunte die Detektivin und zeigte echte Freude. »Mit einer Sichel, Mylady«, wiederholte der Posthalter, »Dave konnte damals gut damit umgehen. Er konnte sie werfen wie ein Messer. Möglich, daß er's auch heute noch kann, aber dazu möchte ich lieber nichts mehr sagen.« »Er kann auch mit Dynamit umgehen?« wollte Lady Agatha wissen. »Aber ja, Mylady. Er war auch für den Wald zuständig und für die Rodungen. Mit dem Dynamit sprengte er die Baumstümpfe aus dem Boden. Auch dafür hatte er eine Hand. Glauben Sie aber ja nicht, daß ich ihn belasten möchte.« »Ist Mr. Ellby hier im Ort, sagen wir, beliebt?« erkundigte sich Josuah Parker weiter. »Es ist ein offenes Geheimnis, daß man ihm damals eine Falle gestellt und ihn belastet hat«, meinte Bernie Market, »um es ganz deutlich zu sagen: Durch Sir Robert ist er ins Gefängnis gebracht worden, daran gibt es kaum einen Zweifel.« »An seiner Stelle würde ich vor Rache kochen«, erklärte die ältere Dame in ihrer ungeschminkten Art. »Ellby ist ein kluger Junge«, urteilte der Posthalter, »ich glaube nicht, daß er sich eine Blöße geben wird. Immerhin ist er ja auf Bewährung vorzeitig entlassen worden.« »Hat er Freunde hier in der Region, Mr. Market?« fragte der Butler. »Unbedingt«, erwiderte Market, »ich gehöre mit dazu, um ehrlich zu sein. Ich habe damals vor Gericht für ihn ausgesagt, aber das brachte ja leider nichts. Die Indizien und dann die Prügelei mit der Polizei sprachen gegen Dave.« »Ihre Offenheit ist bemerkens- und lobenswert«, schickte der Butler dann voraus, »entspricht es wirklich der Tatsache, daß auch Sie einigen Grund hätten, Rache an Sir Robert zu nehmen?« Parkers Frage war reine Spekulation. Er wunderte sich einfach über die Redseligkeit dieses Mannes, der freimütig Dinge erzählte, von denen der DetectiveSergeant wahrscheinlich kaum etwas gehört hatte. »Wer behauptet, ich hätte etwas mit Sir Robert abzuklären?« Die Stimme von Bernie Market klang etwas belegt. »Ich weiß, was ich gehört habe«, schaltete sich die ältere Dame ein. »Also gut, warum sollte ich das verschweigen.« Market räusperte sich und nagte dann an seiner Unterlippe, bis er endlich antwortete. »Sir Robert hatte sich seinerzeit auch an meine Tochter herangemacht. Sie lebt jetzt in London und arbeitet dort als Serviererin.« »Ich werde etwas für Ihre Tochter tun«, versprach Agatha Simpson, »in welchem Haus kann ich sie finden?« »In ... In einem Haus, in das Sie ganz sicher nicht gehen würden«, meinte Bernie Market und senkte den Kopf, »deutlicher brauche ich ja wohl nicht zu werden, oder? Ja, ich hätte allen Grund, Sir Robert das Leben zur Hölle zu machen. Aber können Sie sich vorstellen, daß ich als Druide erscheine?«
»Dies hängt wohl von Ihren Reitkünsten ab«, meinte Parker lakonisch, »meine Wenigkeit möchte unterstellen, daß Sie durchaus in der Lage sind, sich im Sattel zu halten.« *** »Der Druide scheint eine Arbeitspause eingelegt zu haben«, meinte Anwalt Rander am anderen Morgen, als Parker das Frühstück servierte. Die Nacht war ohne jeden Zwischenfall verlaufen. Agatha Simpson war darüber nicht gerade glücklich. Sie hatte sich von dieser Nacht nämlich einige hübsche Abwechslungen versprochen. »Ich werde mir heute morgen die Steinbrüche und Höhlen ansehen«, erklärte Lady Agatha, »und dann werde ich mich um das Vorleben des Posthalters kümmern, Mr. Parker. Ich denke, das sollten Sie übernehmen.« »Sie trauen Bernie Market nicht über den Weg, Mylady?« fragte Kathy Porter. »Natürlich nicht, Kindchen. Er ist im höchsten Maß verdächtig, nicht wahr, Mr. Parker?« »Mr. Market hätte allen Grund, Sir Robert gram zu sein«, erwiderte der Butler zurückhaltend, »ich darf in diesem Zusammenhang auf das Schicksal seiner Tochter verweisen.« »Das alles sollte man wohl erst mal nachprüfen«, schlug Mike Rander vor. »Dies wird umgehend geschehen, Sir«, sagte der Butler, »nach dem Frühstück wird meine Wenigkeit sich auch um die Herkunft der bei den Plain-Steinen gefundenen Sicheln kümmern.« »Mich würde es nicht wundern, wenn Sir Robert als Käufer bezeichnet wird«, warf Kathy Porter lächelnd ein. »Ein bemerkenswerter Einwurf, Miß Porter«, antwortete der Butler. »Ich habe während der Nacht nachgedacht«, ließ die Detektivin sich vernehmen, »während andere Leute schlafen, war ich tätig.« Sie bedachte Parker mit einem anzüglichen Blick. »Mylady sind zu neuen Resultaten gekommen?« Parker wußte mit letzter Sicherheit, daß man ihn mit einer neuen Theorie beschenken würde. , »Es gibt wenigstens drei Druiden, die diese Region unsicher machen«, verkündete die ältere Dame, »es können auch vier Hexenmeister sein, die hier ihre Suppe kochen wollen.« »Sehr interessant.« Rander beschäftigte sich mit seiner Kaffeetasse, um nicht Kathy Porter anblicken zu müssen. Er fürchtete, dann lachen zu müssen. »Da wäre erst mal Sir Robert«, zählte die ältere Dame auf, »er spielt den Druiden, um gewisse Ländereien in seinen Besitz zu bringen. Dann habe ich da diesen ehemaligen Jagdaufseher Ellby, der sich an Sir Robert rächen will. Schließlich gibt es die Familie Warsop, die mehr als nur verdächtig ist und dann wäre da noch der Posthalter. Sie alle verfolgen persönliche Ziele.«
»Mylady wollen sicher noch auf den Kammerdiener Maddon verweisen«, erinnerte der Butler. »Natürlich«, meinte sie, »auch dieser entschlußlose Schwächling ist einer der Druiden.« »Dann haben wir ja noch 'ne Menge vor uns«, seufzte Mike Rander, der sich wieder unter Kontrolle hatte. »Das alles ist nur eine Frage der Organisation, mein lieber Mike«, sagte die ältere Dame, »auf jeden Fall werde ich mit diesem Spuk aufräumen und dafür sorgen, daß die Leute hier wieder in Ruhe und Frieden leben können.« »Ein früher Besucher, Mylady«, warf der Butler ein, «wenn Sie gestatten, werde ich ihn empfangen.« »Es wird doch wohl nicht der Druide sein?« spöttelte der Anwalt während Parker den Raum verließ. Es handelte sich um den Detective-Sergeant Mulligan, der wenig später von Butler Parker hereingeführt wurde. Mulligan machte einen ernsten und konzentrierten Eindruck. »Sie bringen hoffentlich gute Nachrichten«, begrüßte Lady Agatha den Mann erwartungsvoll. »Wie man es nimmt, Mylady«, entgegnete der Detective-Sergeant, »Sir Robert ist im Morgengrauen angegriffen und schwer verletzt worden. Man hat ihm eine Druiden-Sichel in den Rücken gejagt!« »Das geht selbstverständlich auf das Konto dieses ehemaligen Jagdaufsehers Ellby«, urteilte die Detektivin spontan, »ich sehe die Zusammenhänge deutlich vor mir.« »Ich habe Ihnen noch nicht gesagt, Mylady, daß auch Ellby angegriffen und verletzt worden ist.« Mulligan nickte langsam. »Im Gegensatz zu Sir Robert ist er aber noch mit einem blauen Auge davongekommen. Seine Verletzung erwies sich als oberflächlich.« »Wo liegt Sir Robert?« wollte Mike Rander wissen. »Hat er eine Aussage machen können?« »Sir Robert hat sich geweigert, sich in ein Hospital schaffen zu lassen«, berichtete Mulligan weiter, »er befindet sich nach wie vor auf seinem Schloß. Und was seine Aussagen betrifft, so klingen sie ziemlich verworren.« »Das paßt zu ihm«, meinte die ältere Dame anzüglich, »was hat er gesagt, junger Mann? Ich bitte um einen genauen Bericht.« »Er lag im Bett, als er plötzlich von einem Druiden geweckt wurde«, schilderte Mulligan. »Als Sir Robert nach seiner Waffe greifen wollte, schlug dieser Hexenmeister mit der Sichel zu.« »Könnte man die Verletzung als lebensgefährlich bezeichnen?« erkundigte sich der Butler.
»Das nun gerade nicht«, antwortete der Detective-Sergeant, »aber sie ist schwer genug. Sir Robert wurde von seinem Kammerdiener eigentlich mehr durch Zufall entdeckt. Maddon alarmierte sofort den Arzt und dann die Polizei.« »Hat Sir Robert den Druiden erkannt?« fragte Kathy Porter. »Irgendwie glaube ich das schon«, gab Mulligan zögernd zu, »aber er weigert sich, dazu etwas zu sagen.« »Er hat Angst vor diesem Ellby«, urteilte die Detektivin umgehend, »was ist dem Jagdaufseher denn passiert, junger Mann? Ich wette, bei ihm handelt es sich nur um eine Fleischwunde, wie?« »Das ist richtig, Mylady.« Mulligan nickte. »Er wollte sie sogar verschweigen, als ich ihn aufsuchte. Doch ich merkte sofort, daß er verletzt worden war. In einer Schüssel lagen ein blutgetränktes Oberhemd und Unterwäsche.« »Damit dürfte der Fall geklärt sein.« Agatha Simpson stand auf. »Ich hoffe, Sergeant, Sie haben Ellby gleich verhaftet und eingesperrt.« »Aber nein, Mylady«, widersprach Mulligan, »dazu fehlte mir jede Handhabe. Ellby sagte aus, er sei von einer Erscheinung, die wie ein Druide ausgesehen habe, überfallen und verletzt worden.« »Papperlapapp, junger Mann. Sir Robert hatte sich gewehrt und Ellby, also seinen Angreifer, dabei verletzt. Erkennen Sie denn nicht die Zusammenhänge? Sind Sie blind?« »Natürlich teile ich Ihren Verdacht, Mylady«, antwortete der Detective-Sergeant, dessen Stimme einen gereizten Unterton bekam, »aber ich kann Ellby vorerst nichts nachweisen. Er ist von Sir Robert nicht identifiziert worden.« »Der Jagdaufseher hat sich die Wunde selbst beigebracht«, erklärte die Lady. »Wie im Fall des Kammerdieners Maddon«, erinnerte Mike Rander anzüglich. »Richtig, mein lieber Mike«, pflichtete die ältere Dame ihm bei und nickte. »Sie haben wenigstens im Gegensatz zu anderen Leuten einen Blick für innere Zusammenhänge. Nun, ich werde Sir Robert einen Besuch abstatten.« »Wird er Sie empfangen, Mylady?« fragte Kathy Porter. »Er wird glücklich sein, mich zu sehen«, wußte sie wieder mal im vorhinein, »und er wird mir sein Herz ausschütten. Kommen Sie, Kindchen, wir wollen keine Zeit verlieren.« »Wir könnten Sie unterwegs absetzen, Mylady«, schlug Mike Rander vor, »Parker und ich haben noch einiges zu erledigen.« »Ich halte Sie sicher nicht auf, Mike«, meinte sie großzügig, »aber es ist reine Zeitverschwendung, sich noch weiter um diesen Fall kümmern zu wollen.« »Es geht nur um die Absicherung von Beweismaterial«, erklärte der Anwalt, »es sind noch Kleinigkeiten.« »Natürlich, mein Junge.« Sie war arglos und nickte. »Bei Sir Robert würden Sie ohnehin nur stören. Sein Spiel ist aus. Auch das dieses Jagdaufsehers Ellby. Oder sind Sie etwa anderer Meinung, Sergeant.« Sie sah Mulligan streng an, und der Sergeant hütete sich, eine gegensätzliche Ansicht laut werden zu lassen.
*** »Wie vermutet, Parker«, sagte Rander, der aus der Poststation kam, »der Käufer der Sicheln war blitzschnell zu ermitteln.« »Aus den diversen Geschäftsunterlagen dürfte hervorgegangen sein, daß Sir Robert als Käufer fungierte und zeichnete, Sir?« »Die Sicheln wurden unter seinem Namen in Sheffield gekauft«, berichtete der Anwalt weiter, »und genau das macht mich natürlich stutzig.« »Wenn Sie erlauben, Sir, möchte ich mich Ihrer Ansicht anschließen«, gab der Butler zurück. Die beiden Männer befanden sich in der Ortschaft Plain. Der Himmel hatte sich zugezogen, ein leichter Nieselregen war aufgekommen. Erste Nebelschwaden trieben über das Land. »Können Sie sich vorstellen, daß Sir Robert durch die Gegend reitet und den Druiden spielt?« »Nicht unbedingt, Sir, zumal seine Angst wohl kaum gespielt sein dürfte.« »Ein Sonnyboy ist dieser Knabe nun wirklich nicht, Parker. Und wahrscheinlich versucht er auch mit allen Mitteln, Grundstücke und Ländereien zu erwerben, aber mit Sicheln wirft er bestimmt nicht um sich.« »Erneut, Sir, möchte ich mich Ihrer Betrachtungsweise anschließen«, versicherte der Butler. Rander und Parker gingen zurück zum hochbeinigen Monstrum, das in der Nähe des alten Friedhofs abgestellt war. Das Wetter schien die Bewohner der kleinen Ortschaft in die Häuser getrieben zu haben, Menschen waren auf der Straße nicht zu sehen. »Die Frage ist und bleibt, ob der Jagdaufseher zugeschlagen hat«, meinte der Anwalt, «hat er die Nerven verloren? Wollte er sich endlich dafür rächen, daß Sir Robert ihn auf der ganzen Linie hereingelegt hat?« »Rachepläne dürfte Mr. Dave Ellby sicher hegen, Sir«, lautete die Antwort des Butlers, »wie wohl auch im Fall des Posthalters.« »Dieser Mann ist doppelbödig«, sagte Mike Rander, »warum hat er so gründlich ausgepackt? Seine Tochter dürfte auf der schiefen Bahn gelandet sein, und zwar durch Sir Robert. Bernie Market wird ihm das nie vergessen.« Die beiden Männer hatten inzwischen den Wagen erreicht, der neben der Steinmauer des Friedhofs stand. Mike Rander blickte auf die Gräber und die seltsam geformten Grabsteine. Nebelschwaden waren auch hier. »Ich frage mich, Parker, ob wir uns weiterhin einmischen sollen«, sagte Rander, »irgendwie sind das doch alles Privatangelegenheiten, die hier ausgetragen werden.« »Darf man darauf verweisen, Sir, daß der Druide, um bei diesem Begriff zu bleiben, in zwei Fällen versuchte, Sprengladungen wirksam werden zu lassen?«
»Richtig, das war und ist kriminell, Parker. Was ich da gerade gesagt habe, war ja auch mehr ins Unreine gesprochen. Und ich habe ... Moment mal, haben Sie das gerade mitbekommen;« »Sir?« Parker wandte sich halb um und blickte auf den Friedhof. »Ich möchte wetten, daß da 'ne Gestalt herumgesprungen ist, Parker!« »Vielleicht ein Nebelschwaden, Sir?« »Nein, nein, Parker, das war eine Gestalt! Kommen Sie, sehen wir uns das doch mal an ...« Rander wartete Parkers Zustimmung nicht ab und flankte aus dem Stand über die Steinmauer. Josuah Parker hingegen verzichtete auf solch eine sportliche Übung. Er machte einen kleinen Umweg und öffnete ein völlig verrostetes Gittertor. Dann folgte er dem Anwalt, der hinter mannshohen Grabsteinen verschwand. Wenig später hörte Parker seinen Namen. »Sie riefen nach meiner Wenigkeit, Sir?« Parker hatte den Anwalt erreicht, der ihm kommentarlos eine schartige, sehr alt aussehende Sichel präsentierte. »Sie wurden attackiert, Sir?« erkundigte sich der Butler. , »Um ein Haar hätte mich das verdammte Ding erwischt«, erwiderte Mike Rander, »es kam aus dem Nebel direkt auf mich zu. Ich konnte mich gerade noch ducken.« »Eine Mordabsicht hätte man nicht eindeutiger dokumentieren können, Sir.« »Sie wissen, an wen ich jetzt denke, Parker?« »Sollte es sich um Mr. Dave Ellby handeln, Sir?« »Richtig, Parker. Und den werden wir uns jetzt mal kaufen! Er scheint wohl doch auf alle Vorsicht zu pfeifen und aktiv geworden zu sein.« »Könnte man sich vorher vielleicht mit der jungen Dame befassen, Sir, die Hilfe erhofft?« »Junge Dame, Parker?« Rander schaute sich um. »Dort, Sir, vor dem Grabstein.« Parker deutete mit der Spitze seines UniversalRegenschirms auf eine junge, schwarzhaarige Frau, die gefesselt am Boden lag. Quer über ihren Mund war ein breites Heftpflaster geklebt worden. »Hatten wir so was nicht schon mal, Parker?« Rander setzte sich sofort in Bewegung und .. . stolperte nachdrücklich. Parker hatte mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Regendaches hinter das linke Sprunggelenk des Anwalts gehakt und ihn auf diese Art zu Fall gebracht. Mike Rander fiel nicht sehr glücklich. Er rutschte gegen einen schief stehenden Grabstein, prallte mit der Stirn dagegen und stürzte dann zusammen mit dem Stein nach hinten. Dadurch aber entzog er sich einer Sichel, die ihm zugedacht war. Sie kreiselte über ihn hinweg und nahm Kurs auf den Butler .. . ***
Josuah Parker schlug mit seinem Universal-Regenschirm die Sichel zur Seite. Sie kam dadurch vom Kurs ab und trudelte gegen einen Grabstein. Scheppernd landete sie auf einer Platte, aus Sandstein. »Es empfiehlt sich, Sir, vorerst nicht aufzustehen«, rief Parker warnend, als Mike Rander sich erheben wollte, »ein Sichelwerfer scheint hier sein Unwesen zu treiben.« »Was ... Was ist mit der Frau, Parker?« Rander hob vorsichtig den Kopf. »Man wird sich umgehend um die junge Dame kümmern«, versprach der Butler und nahm zur Kenntnis, daß der Nebel sich lichtete. Er hielt Ausschau nach dem Sichelwerfer, konnte aber nichts ausmachen. Als er sich jedoch wieder in Bewegung setzen wollte, segelte ein weiteres Schneidwerkzeug durch die Luft. Diesmal war es allerdings schlechter gezielt worden. Die Sichel sirrte gut anderthalb Meter an Parker vorbei und landete klirrend vor der Friedhofsmauer. Mike Rander war vorgerobbt und versuchte, in die Nähe der gefesselten Frau zu kommen; Josuah Parker aber hörte schräg hinter sich das Schleifen von Füßen, drehte sich um und machte den Posthalter aus, der ihm winkte und in der linken Hand erstaunlicherweise eine antik aussehende Hellebarde hielt. Parker schaltete sofort auf höchste Wachsamkeit. Er konnte noch nicht ausmachen, was Bernie Market plante. Wollte der Posthalter ihn angreifen? »Haben Sie den Druiden gesehen?« rief der Posthalter eifrig und deutete mit der Spitze der Kampflanze auf ein eigentümlich aussehendes Fachwerkhaus hinter der Friedhofsmauer. »Sie sind dabei, sich mit dem Druiden anzulegen?« fragte Parker. »Er hat meine Tochter entführt, verstehen Sie? Er hat sie gezwungen, mit ihm mein Haus zu verlassen. Ich konnte nichts machen, er hat mich mit seiner Sichel bedroht.« »Ihre Tochter, Mr. Market?« wunderte sich der Butler. »Sie ist seit einigen Tagen hier zu Besuch.« »Vielleicht hätten Sie dies erwähnen sollen. Sie haben den Druiden erkennen können?« »Natürlich nicht. Sein Gesicht war kalkweiß, die Augen riesengroß. Er trug wieder so eine Art Kutte.« »Würden Sie freundlicherweise einen Blick auf jene junge Dame werfen?« schlug Parker vor und bugsierte Bernie Market an einen schützenden Grabstein heran, daß der Posthalter die junge Frau sehen konnte. »Das ist Margie, das ist sie!« Der Posthalter wollte auf die gefesselte junge Frau zulaufen, doch Parker hinderte ihn daran. »Es besteht die akute Gefahr, daß Sie von einer Sichel des Druiden getroffen werden«, warnte der Butler, »in diesem Zusammenhang vielleicht eine Frage, Mr. Market.« »Hören Sie, wir müssen Margie da wegholen«, sorgte sich Market. . »Dies wird umgehend geschehen«, versprach Parker, »weiß Sir Robert davon, daß Ihre Tochter hier in Plain ist? «
»Ich glaube, sie hat ihn angerufen«, erwiderte Market hastig, »aber das ist jetzt egal, tun Sie endlich was für meine Tochter.« Parker lüftete seine schwarze Melone und begab sich zurück zu seinem hochbeinigen Monstrum. Er öffnete den Kofferraum und faltete den Bügel seiner schwarzen Universal-Reisetasche auseinander. Er traf schnell seine Wahl und kehrte zu dem Posthalter zurück, der sich hinter einen Grabstein gekauert hatte. »Eben kam wieder eine Sichel geflogen«, sagte er ängstlich, »um ein Haar wäre ich getroffen worden.« »Darf ich um die Hellebarde bitten, Mr. Market!« Parker wartete die Erlaubnis nicht ab, nahm das lanzenähnliche Gebilde an sich und befestigte oben an der Spitze einen Feuerwerkskörper, der aus seiner Reisetasche stammte. Market sah fasziniert zu, schüttelte den Kopf und schien seine Tochter vergessen zu haben. »Was soll das?« fragte er schließlich. »Ich möchte mir erlauben, dem Druiden mit einem kleinen Feuerwerk zu huldigen«, erwiderte der Butler und zündete mit einem altertümlich aussehenden Feuerzeug die Lunte. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ein funkensprühender Feuerschweif sich durch den gelichteten Nebel seinen Weg bahnte. Der Feuerwerkskörper zerplatzte an der gegenüberliegenden Friedhofsmauer und sorgte für eine Wand aus vielfarbigen Sternen. Mike Rander nutzte die Gelegenheit, aufzuspringen und die junge Frau zu bergen. *** »Ellby ist verschwunden«, sagte Sergeant Mulligan, »und wird sich nicht ohne Grund abgesetzt haben.« »Er weiß, daß ich ihn überführen wollte«, schaltete die ältere Dame sich ein. Sie und Kathy Porter kamen von Schloß Plain. Der Detective-Sergeant hatte sie im Dienstwagen mitgenommen. »Hier hat sich inzwischen auch einiges getan«, erwiderte Mike Rander. Er berichtete in Stichworten von dem Vorfall auf dem alten Friedhof. Agatha Simpson machte daraufhin einen sehr informierten Eindruck und nickte nachdrücklich. »Der Druide vom Friedhof ist natürlich Ellby gewesen«, sagte sie, um sich dann dem Butler zu widmen, »und Sie haben es nicht geschafft, ihn zu erwischen, Mr. Parker?« »Meine Wenigkeit mußte eine gewisse Güterabwägung treffen, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »es galt, das Leben von Miß Market zu schützen, was schließlich auch gelang.« »Und Ellby, dieser Druide, konnte entkommen.« Sie sah ihn anklagend und zugleich vorwurfsvoll an. »Mir wäre so etwas nie passiert, Mr. Parker.« »Was wollte der Druide denn von Miß Market?« erkundigte sich Kathy Porter gespielt beiläufig. »Laut Aussage der Miß Market sollte sie als Opfer dargebracht werden. Wie im Fall der Miß Eliza Warsop.«
»Und in beiden Fällen soll Ellby der Druide gewesen sein?« Kathy Porters Frage klang ungläubig. »Dieser Eindruck sollte zumindest suggeriert werden«, schränkte Josuah Parker ein, »Sie konnten das Rasierwasser Sir Roberts sicherstellen, Miß Porter?« »Es war keine Kleinigkeit«, erwiderte sie und reichte ihm die kleine Flasche. »Rasierwasser, Kindchen? Davon weiß ich ja nichts.« Lady Agatha wunderte sich. »Mr. Parker bat mich um diese kleine Gefälligkeit«, gab Kathy Porter zurück. »Wozu brauchen Sie das Rasierwasser, Mr. Parker?« Lady Simpson sah den Butler streng an. »Zur Überführung des Druiden, Mylady«, entgegnete Josuah Parker, »darf ich mir erlauben, zu einer Fahrt zu den Warsops einzuladen? Dort wird man sicher den ehemaligen Jagdaufseher Ellby antreffen.« »Ich komme selbstverständlich mit«, sagte Detective-Sergeant Mulligan, »Ellby gehört wieder hinter Schloß und Riegel. Und ich werde dafür sorgen.« Es dauerte etwa zwanzig Minuten, bis man das Gelände der Warsop-Familie erreicht hatte. Parker stoppte sein hochbeiniges Monstrum vor der Haustür und wurde dann fast von Lady Simpson überrannt, die förmlich aus dem Fond des Wagens fiel, so eilig hatte sie es. Der Kettenhund, der frei herumlief, hatte bereits Witterung aufgenommen, Lady Agatha erkannt und zog daraus seine privaten Konsequenzen. Der Vierbeiner beeilte sich, in Richtung Scheune zu verschwinden. »Was ist los?« fragte Jeff Warsop, der die Tür geöffnet hatte. Er sah Agatha Simpson abweisend an. »Ich suche den Jagdaufseher Ellby«, erwiderte sie, »und ich weiß, daß er sich hier versteckt hält.« »Versteckt gehalten wird, Mylady«, korrigierte der Butler sanft, »Mr. Ellby dürfte gegen seinen Willen im Haus oder auf dem Gelände sein.« »Oder so.« Sie nickte zögernd, um Parker dann mit einem unsicheren Blick zu bedenken. »Wäre es möglich, Ihre Tochter Eliza zu sprechen?« fragte Parker. »Sie ist nicht hier«, behauptete Jeff Warsop gereizt. »Sie soll nur das Rasierwasser identifizieren, das Sie bei dem Druiden wahrnahm«, meinte Parker, »dies würde zur Klärung des Falls wesentlich beitragen.« Sie war plötzlich doch da, erschien hinter ihrem Vater und nickte grüßend. Parker reichte ihr die Flasche, nachdem er den Verschluß aufgeschraubt hatte. Eliza roch betont kritisch am Inhalt, um dann allerdings nachdrücklich zu nicken. »Das ist das Rasierwasser«, sagte sie anschließend, »ich täusche mich nicht, das ist es. Danach hat der Druide gerochen, der mich opfern wollte.« »Wie Margie Market, nicht wahr?« »Margie Market? Sie ist hier in Plain?« Eliza Warsop war erstaunt.
»Aber das wissen Sie doch«, erwiderte der Butler höflich, »einer Ihrer Brüder hat sie entführt und auf dem Friedhof von Plain deponiert. Dort sollte erneut eine Art Opferung inszeniert werden, um Mr. Dave Ellby zu belasten.« »Sie sind verrückt! Ich verstehe kein Wort...« Sie sah ihn wütend an. »Hauen Sie jetzt ab, bevor ich wütend werde«, schaltete ihr Vater sich ein. »Reden Sie weiter«, forderte Sergeant Mulligan den Butler auf. »Ihre sogenannte Opferung, Miß Warsop, war nur vorgetäuscht«, sagte Josuah Parker, »Sie haben einen grundlegenden Fehler begangen. Sie konnten sich nicht entschließen, Ihr Kleid über der Brust aufzureißen. Sie behaupteten, der geheimnisvolle Druide habe es getan, doch in Wirklichkeit knöpften sie das Kleid sorgsam auf. Meine Wenigkeit war so frei, dies genau in Augenschein zu nehmen. Und was das Rasierwasser betrifft, so nannten Sie eine Marke, die man bei Sir Robert unbedingt finden mußte.« »Woher hätte ich die Marke kennen sollen?« fragte sie schnippisch. »Durch Mr. Paul Maddon«, redete Parker weiter, »er lebt ja in nächster Nähe Sir Roberts und dachte nur an seine Rache. Er verbündete sich mit Ihnen, Ihrem Vater und Ihren Brüdern. Schuldig aber sollte Dave Ellby sein, man sorgte dafür, daß er am laufenden Band belastet wurde.« »Jetzt verschwinden Sie aber«, brauste Jeff Warsop auf, riß den Arm hoch und provozierte so die ältere Dame die sich prompt angegriffen fühlte. Sie reagierte auf ihre unverwechselbare Art und ... knallte Warsop ihren perlenbestickten Pompadour unter das Kinn. Der Getroffene schielte daraufhin die Detektivin an und gab die Türschwelle auf eine sehr einfache Art frei. Er fiel nämlich nach hinten in den Wohnraum und lenkte so den Blick auf den Kammerdiener Paul Maddon. »Ich ... Ich bin zufällig hier«, sagte er hastig. »Und Ihr Gesicht trägt noch die Spuren der weißen Druiden-Maske«, behauptete der Butler, »Sie hätten sie sorgfältiger abwischen sollen, Mr. Maddon .« Der Kammerdiener langte unwillkürlich nach seinem Gesicht, bemerkte die verräterische Geste und wollte dann auf dem Weg über eine rückwärtige Tür den Raum verlassen. Parkers Melone aber war wesentlich schneller. Der stahlverstärkte Rand der schwarzen Kopfbedeckung erreichte den Hinterkopf des Flüchtenden und fällte den Mann. »Darf man höflichst fragen, wo Sie Mr. Ellby versteckt halten?« wollte Parker dann von Jeff Warsop wissen. »In der Scheune«, erwiderte Warsop und senkte den Blick, »ich denke, das Spiel ist aus.« »Maddon hat Sir Robert und Ellby verletzt, nicht wahr?« »Das alles war seine Idee, mit der wir nichts zu tun haben«, versicherte Warsop. »Aber Sie haben die Opfergaben bar kassiert, wie?« fragte jetzt Mike Rander. »Auch das war Maddons Idee«, verteidigte sich Warsop, »er hat uns das alles eingebrockt.«
»Ihre Tochter und Miß Market wurden uns nur zur Ablenkung serviert, nicht wahr?« Rander lächelte wissend. »Maddon hatte das alles eingefädelt«, sagte Jeff Warsop und zuckte die Achseln, »er hatte gewartet, bis Ellby aus dem Gefängnis kam. Danach schlug er zu und wollte Sir Robert umbringen.« »Wie ich es die ganze Zeit über richtig gesehen habe«, schaltete Lady Agatha sich in diesem Augenblick ein, »Mr. Parker, Sie sind mein Zeuge!« »Mylady sind niemals zu täuschen«, versicherte Josuah Parker höflich, »Mylady sind bewunderungswürdig, wenn meiner bescheidenen Wenigkeit solch eine Bemerkung gestattet wird.« »Natürlich ist es gestattet«, gab sie zurück, »warum sollen Sie denn nicht die Wahrheit sagen?« In Parkers Gesicht rührte sich kein Muskel. ENDE
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Günter Dönges schrieb für Sie einen neuen Butler Parker Nr. 235
PARKER spielt das »Gangsterschach» Er wollte sich nicht die Hände schmutzig machen, dieser Spekulant im Hintergrund. Deshalb orderte er Schläger und Gangster, die sein Feld zu bereiten hatten und fiel aus allen Wolken, als Josuah Parker sich plötzlich einschaltete. Zusammen mit Lady Agatha, Mike Rander und Kathy Porter eröffnete der Butler sein »Gangsterschach« und räumte die Figuren des Spekulanten reihenweise ab, bis der Mann die Nerven verlor und sich auf seine Hände besann. Den letzten Weg wollte dieser Mann selbst tun, doch er wurde blitzschnell zur Aufgabe gezwungen. Grund genug, um die Waffen zu strecken? Günter Dönges serviert einen Parker-Krimi mit Spannung und Gags. Gerade die letzteren verwöhnten bisher den Kenner und sollten den Neuling entern. Versuchen Sie's mal - der skurrile Amateur-Detektiv mit Melone und Regenschirm strapaziert ihre Lachmuskeln ...