Heiko Schulze
Standortplanung in globalen Wertschöpfungsketten Diplomarbeit Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg Fachbereich Wirtschaft und Public Management Studiengang Technische Betriebswirtschaftslehre November 2005
ID 10313
Heiko Schulze Standortplanung in globalen Wertschöpfungsketten ISBN: 978-3-8366-0313-3 Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007 Zugl. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................................... 1 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 3 1. Einleitung .............................................................................................................................. 4 1.1. Problemstellung .............................................................................................................4 1.2. Zielsetzung......................................................................................................................4 1.3. Methodik ........................................................................................................................5 1.4. Abgrenzung ....................................................................................................................6 2. Strategischen Standortplanung........................................................................................... 6 2.1. Definitionen ....................................................................................................................6 2.1.2. Standortfaktoren ....................................................................................................6 2.1.3. Standortanforderungen .........................................................................................7 2.1.4. Standortbedingungen .............................................................................................8 2.1.5. Standortspaltung ....................................................................................................9 2.1.6. Internationale Standortverlagerung .....................................................................9 2.2. Standortstrategien .......................................................................................................10 2.3. Motive für Standortverlagerungen ............................................................................11 2.4. Problemfelder der Standortwahl ...............................................................................13 2.5. Ansätze nationaler und internationaler Standortlehren..........................................14 2.5.1. Die traditionelle Theorie von Weber ..................................................................14 2.5.2. Der Ansatz von Sabathil ......................................................................................16 2.5.3. Der Ansatz von Tesch...........................................................................................16 2.6. Traditionelle Standortbewertungsverfahren ............................................................17 2.6.1. Quantitative Verfahren........................................................................................17 2.6.2. Qualitative Verfahren ..........................................................................................18 2.6.3. Fazit .......................................................................................................................20 2.7. Neue Instrumente der Standortbewertung ...............................................................21 3. Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung .............. 23 3.1. Wertschöpfungsketten als moderne Ausprägung grenzenloser Unternehmen .....23 3.2. Der Kunde als Wertschöpfungspartner ....................................................................25 3.3. Die wachsende Bedeutung der Netzwerke.................................................................26 3.4. Netzwerke in der Automobilindustrie .......................................................................28 3.5. Risiken und Gefahren der bestehenden Strukturen ................................................33 3.6. Fazit ..............................................................................................................................34 4. Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl .......................................................... 34 4.1. Zentrale Merkmale der Globalisierung.....................................................................35 4.2. Ursachen der Globalisierung......................................................................................35 4.3. Globalisierungsstrategien ...........................................................................................36 4.4. Globalisierung und Standortwettbewerb ..................................................................38
Inhaltsverzeichnis
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5. Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung............................................. 39 5.1. Die Automobilhersteller ..............................................................................................40 5.1.1. Strategien der Automobilhersteller ....................................................................40 5.1.2. Chancen und Risiken für die Automobilhersteller............................................42 5.2. Die Zuliefererindustrie................................................................................................43 5.2.1. Strategien der Zuliefererindustrie ......................................................................44 5.2.2. Chancen und Risiken für die Zuliefererindustrie .............................................45 5.3. Zielrichtung der automobilen Globalisierung ..........................................................47 5.3.1. Westeuropa als Produktionsstandort .................................................................47 5.3.2. Osteuropa als Produktionsstandort....................................................................49 5.3.3. Asien als Produktionsstandort ............................................................................49 5.3.4. Nordamerika als Produktionsstandort...............................................................52 5.3.5. Südamerika als Produktionsstandort .................................................................53 6. Fallstudie ............................................................................................................................. 54 6.1. Grundsätzlicher Aufbau von Fallstudien..................................................................54 6.2. Das Unternehmen DaimlerChrysler AG ...................................................................56 6.3. Standortplanung am Beispiel Tuscaloosa .................................................................59 6.3.1. Allgemeiner Überblick .........................................................................................59 6.3.2. Motive ....................................................................................................................60 6.3.3. Projektteams .........................................................................................................61 6.3.4. Standortauswahl ...................................................................................................62 6.3.5. Heutige und zukünftige Situation .......................................................................67 6.3.6. Zusammenfassung ................................................................................................69 7. Schlussbetrachtung............................................................................................................. 70 8. Quellenverzeichnis.............................................................................................................. 71
Abbildungsverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Standortanforderungen im Entscheidungsprozess................................................8 Abbildung 2: Standortstrategien...............................................................................................10 Abbildung 3: Motive für den Aufbau ausländischer Produktionsstätten .................................11 Abbildung 4: Motive für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland nach Regionen.....12 Abbildung 5: Vorgehensmodell einer strategisch fundierten Standortbewertung ...................22 Abbildung 6: Supply Chain in der Automobilindustrie ...........................................................32 Abbildung 7: Wertschöpfungstiefe der Automobilhersteller und -zulieferer...........................36 Abbildung 8: Regionale Verteilung der Auslandsstandorte deutscher Zulieferer....................43 Abbildung 9: Neue Standorte deutscher Zulieferer in den letzten fünf Jahren .......................44 Abbildung 10: Regionen potentieller neuer Standorte .............................................................45 Abbildung 11: PKW-Exportquote ............................................................................................48 Abbildung 12: Ablaufdiagramm Standortauswahl ...................................................................65
Strategische Standortplanung
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1. Einleitung 1.1. Problemstellung Die Globalisierung der Weltwirtschaft erfordert von Unternehmen die Nutzung der Vorteile der internationalen Standorte um den Herausforderungen der internationalen Konkurrenz begegnen zu können und den differenzierten Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Daher ist die Problematik der Standortplanung eine Fragestellung, die immer größere Bedeutung erlangt. Gerade auch die Automobilindustrie, als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands, entdeckte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre die Globalisierung. Dadurch stand sie vor der Entscheidung zukünftige Produktionsstandorte den geänderten Anforderungen abzupassen. Es hat sich auch gezeigt, dass verschiedene Länder weltweit unterschiedliche Vorteile für einzelne Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette haben. Das Unternehmen muss die maßgeblichen Investitionen auf den einzelnen Stufen betrachten, um dann zu bewerten, ob es sich lohnt, verschiedenen Aktivitäten an unterschiedlichen Orten nachzugehen. Die Verlegung von Standorten bzw. die Errichtung von neuen Standorten im Ausland ist ein strategischer Entscheidungsprozess und erfordert eine detaillierte Planung und eine Auseinandersetzung mit den zukünftigen Zielen des Unternehmens. Auch werden die zunehmenden Produktionsverlagerungen deutscher Unternehmen ins Ausland mit der Verschlechterung inländischen Standortfaktoren1 in Verbindung gebracht. Für den Erfolg des Unternehmens ist es daher entscheidend sich ständig mit der Frage der richtigen Produktionsstandorte auseinanderzusetzen.
1.2. Zielsetzung Ziel dieser Diplomarbeit ist es die Standortplanung in ihren theoretischen Gründzügen und einer praktischen Fallstudie darzustellen. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit wird daher die Standortentscheidung als betriebliches Entscheidungsproblem der international tätigen
1
Vgl. Kapitel 2.1.2
Strategische Standortplanung
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Industrieunternehmung sein. Dabei wird die Automobilindustrie eine entscheidende Rolle spielen. Die deutsche Automobilindustrie ist für diese Untersuchung prädestiniert. Sie ist einerseits ein Paradebeispiel für eine globale Branche, was sich an zahlreichen Auslandsstandorten der Unternehmen deutlich zeigt. Andererseits gilt sie als eine der Schlüsselbranchen der deutschen Volkswirtschaft. Mit der Automobilindustrie und speziell mit dem Beispiel DaimlerChrysler in Tuscaloosa soll die praktische Umsetzung der Standortplanung aufgezeigt werden. Dabei werden auch die globalen Einflüsse, die auf das Unternehmen als Teil einer Wertschöpfungskette bzw. eines Netzwerkes wirken, betrachtet.
1.3. Methodik Die Diplomarbeit wird auf eine Literaturrecherche aufbauen und zusammenfassend die wichtigste Elemente einer Standortplanung in einer globalen Wertschöpfungskette darstellen. Nach der Einleitung, in welcher neben der Zielsetzung auch die Abgrenzung der Arbeit skizziert wird, werden im Kapitel 2 zunächst die theoretischen Grundlagen der strategischen Standortplanung erarbeitet und abgebildet. Das Kapitel 3 beschreibt den Einfluss von modernen Wertschöpfungsketten und Netzwerken auf den Prozess der Standortplanung. Im vierten Teil wird die Bedeutung der Globalisierung auf die Standortwahl abgebildet. Die Automobilindustrie und deren Standortplanungen, als einen der wichtigsten Bereiche der inländischen Industrie, unterliegen einer speziellen Betrachtung im 5. Kapitel. Das 6. Kapitel beschäftigt sich mit Standortplanung in der Praxis. Die Fallstudie zeigt am Beispiel der DaimlerChrysler AG eine detaillierte Standortplanung des Produktionswerks in Tuscaloosa/Alabama (USA). Das abschließende 7. Kapitel fasst noch einmal alle bearbeiteten Themenbereiche zusammen.
Strategische Standortplanung
6
1.4. Abgrenzung Diese Arbeit beschäftigt sich mit der (industrie-)betrieblichen Standortplanung. Davon abzugrenzen
ist
die
volkswirtschaftliche
Standortplanung
und
die
innerbetriebliche
Standortplanung.2 In der vorliegenden Arbeit werden daher auch keine volkswirtschaftlichen Grundlagen und keine Wirtschaftsgeographie (beispielsweise Rohstoffvorkommen) behandelt. Eigentumsformen, Finanzierung, Rechtsformwahl oder Beziehungen zwischen Mutter und Tochter sind, soweit sie die Standortwahl nicht direkt beeinflussen, nicht Gegenstand dieser vorliegenden Untersuchung. Die Aufgaben der physischen Distribution und das Problemfeld der innerbetrieblichen Standorts3 werden ebenfalls nicht in die Betrachtung mit einbezogen.
2. Strategischen Standortplanung In diesem Kapitel wird die strategische Standortplanung theoretisch analysiert. Dazu werden zunächst wichtige Begrifflichkeiten definiert. Daraufhin werden Standortstrategien, die Motive für eine Standortverlagerung und die dabei auftretenden Problemfelder dargestellt. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich mit den Ansätzen der nationalen und internationalen Standortlehre. Die traditionellen und neuen Standortbewertungsverfahren bilden den Abschluss dieses Kapitels.
2.1. Definitionen 2.1.2. Standortfaktoren „Standortfaktoren dienen der Beschreibung bereits bestehender oder potentieller Lokalitäten von Betriebsstätten. Sie stellen die Hauptelemente der Standortanalyse dar und ermöglichen in quantifizierter Form einen Vergleich mehrerer Standortalternativen.“4
2
Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 292f Vgl. Gassert, Herbert; Horváth, Péter, 1995, 72 4 Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 293 3
Strategische Standortplanung
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Die Standortfaktoren stellen somit die Eigenschaften oder spezielle Bedingungen vorhandener und/oder möglicher neuer Standorte dar.5 Es lassen sich quantitative und qualitative Standortfaktoren unterscheiden, wobei die Bedeutung der verschiedenen Standortfaktoren unternehmens- und situationsabhängig ist.6 Der Beitrag der qualitativen Faktoren zur Zielerreichung der Unternehmung kann nicht direkt gemessen werden. Dem gegenüber können quantitative Faktoren direkt gemessen werden.7 Eine weitere mögliche Unterteilung kann in Muss- und Sollfaktoren vollzogen werden.8 Die Mussfaktoren (limitationale Faktoren) sind Standortfaktoren, die auf jeden Fall am potentiellen Standort zu erfüllen sind. Länder, die diesen Anforderungen nicht genügen, scheiden sofort aus dem Alternativspektrum aus. Die Komplexität der Problemverarbeitung wird durch Selektion der potentiellen Länderstandorte reduziert. Bei den Soll-Faktoren (substitutionale Faktoren) können ungünstige Ausprägungen durch günstige Ausprägungen anderer Faktoren kompensiert werden. Sie dienen unter anderem zur relativen Bewertung derjenigen Standortalternativen, die in die engere Auswahl gekommen sind. Wesentlich für die Eignung eines Standortes zur Zielerreichung sind diejenigen Standortfaktoren, die als betriebswirtschaftlich relevante Merkmale des Ortes der Leistungserstellung zu verstehen sind.
2.1.3. Standortanforderungen Die Standortanforderungen dienen als unternehmerische Suchkriterien während eines Standortentscheidungsprozesses. Sie beziehen sich auf einzelne Standortfaktoren oder allgemeine Suchprinzipien. Sie stellen eine Auswahl der wichtigsten Faktoren dar, diese entsprechen dann den Erfolgsfaktoren der Entscheidung. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 1 verdeutlicht.
5
Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 293 Vgl. Gassert, Herbert; Horváth, Péter, 1995, S. 72 7 Vgl. Corsten, Hans, 1995, S. 329 8 Vgl. Hummel, Boris, 1997, S. 160f 6
Strategische Standortplanung
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Standortanforderungen
Standortentscheidung Alternativer Standort
Alternativen Gewählte Alternative Alternative n+1
Standortfaktoren
Gewählter Standort Alternativer Standort
Abbildung 1: Standortanforderungen im Entscheidungsprozess9
Eine wichtige Annahme der traditionellen Theorie, dass der optimale Standort nicht nur von seinen objektiven Kriterien abhängt, wird mit der Einführung des Begriffs der Standortanforderungen aufgehoben.10 Die Festlegung der jeweiligen Standortanforderungen erfolgt aufgrund von Annahmen über die zukünftigen Bedürfnisse des Unternehmens. Dieser Prozess ist für jedes Unternehmen unterschiedlich groß und zeitlichen Schwankungen unterworfen.
2.1.4. Standortbedingungen Standortbedingungen sind alle Gegebenheiten eines Raums, die von den Unternehmen im Zeitablauf bei der Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Aufgaben genutzt werden. Sie stellen die generellen Gegebenheiten, die von einem Betrieb in Anspruch genommen werden können, dar. Vor dem Hintergrund zunehmender globaler Ausrichtung der Unternehmen gewinnen die Standortbedingungen für die Investitionsentscheidungen an Gewicht. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die in schwierigen wirtschaftlichen Lagen Kostensenkungspotentiale realisieren müssen.
9
Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 49 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 48f
10
Strategische Standortplanung
9
2.1.5. Standortspaltung Eine Standortspaltung liegt dann vor, wenn eine Unternehmung mehrere Standorte gleichzeitig unterhält.11 Die verschiedenen Typen der Standortspaltung verfolgen auch unterschiedliche Motive.12 Bei der Standortspaltung hinsichtlich Produktion und Vertrieb ist die Exportförderung das entscheidenden Motiv. Eine parallele Produktion, d.h. das gleiche Produkt wird an mehreren Standorten gefertigt, wird aus Gründen der Marktnähe aufgebaut. Durch eine komplette Verlagerung der Produktion (substituierende Produktion) erreicht man eine Senkung der Produktionskosten. Verfolgt man das Motiv der konzerninternen Arbeitsteilung erfolgt eine komplementäre Produktion. Und durch eine Standortspaltung aus steuerlichen Gründen versucht das Unternehmen Steuern zu sparen. Die Gründe für eine Standortspaltung können zwingender Natur sein, wenn sie aus dem Unternehmenszweck folgen oder sie können sich in Hinblick auf die Erreichung des Unternehmensziels aus Vorteilen gegenüber der Standorteinheit ergeben.
2.1.6. Internationale Standortverlagerung „Unter einer internationalen Standortverlagerung wird die teilweise oder gänzliche Auflösung eines oder mehrerer funktionaler Bestandteile eines Unternehmens an dessen inländischen Standort und deren identische oder ähnliche Übertragung auf einen ausländischen Standort verstanden, wobei die ausgeübte Funktion des Bestandteils erhalten bleibt.“13 Die internationale Standortverlagerung stellt damit ein Spezialfall der ausländischen Direktinvestition dar. Sie fällt in Abhängigkeit von den strategischen Unternehmenszielen. Das primäre Investitionsmotiv bei einer internationalen Standortverlagerung ist die nachträgliche Suche nach einem besseren Standort für einen bestimmten funktionalen Bestandteil der Unternehmung.14
11
Vgl. Corsten, Hans, 1995, S. 327 Vgl. Goette, Thomas, 1994, S. 79 übereinstimmend Herbertz, Frank, 2002, S. 58 13 Deuster, Jens, 1996, S. 5 14 Vgl. Deuster, Jens, 1996, S. 24 12
Strategische Standortplanung
10
2.2. Standortstrategien Die internationale Standortstrategie ist ein Teil der internationalen Gesamtstrategie des Unternehmens.15 Sie beinhaltet die Frage nach der geografischen Reichweite und die Entscheidung über die Verteilung der internationalen Unternehmensaktivitäten auf die einzelnen Standorte. Der erste Punkt bestimmt in welchen geographischen Räumen ein Unternehmen tätig sein will. Der zweite Punkt legt fest, in welchem Ausmaß die Aktivitäten der Wertschöpfungskette in den Ländern bzw. Wirtschaftsräumen ausgeführt werden sollen. Hierdurch lassen sich komparative Vorteile einzelner Ländermärkte ausnutzen. Die Wertschöpfungsstufen werden bei autarken Wertschöpfungsketten in einem Land ausgeführt. Die internationalen Wertschöpfungsnetzwerke zielen auf eine faktorkostenoptimale Ausnutzung von Länderdifferenzen.16 Dort wo die jeweilige Aufgabe am besten ausgeführt werden kann, werden die einzelnen Wertschöpfungsstufen angesiedelt. Eine wichtige Bedeutung hat auch die Kopplung der Standortstrategie mit der Wettbewerbsstrategie. Bei der Wettbewerbsstrategie steht die Nutzung unternehmensinterner Ressourcen im Vordergrund. Standortstrategien werden abgeleitet, um von einer vorhandenen zur gewünschten Standortstruktur zu kommen. Dabei können sie aus mehreren einzelnen Standortentscheidungen bestehen.17 Oftmals werden auch mehrer Standortstrategien von den Unternehmen gleichzeitig verfolgt oder gelten nur für eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Raum. Die Abbildung 2 zeigt drei unterschiedliche Standortstrategien, die sich sowohl separat als auch simultan verfolgen lassen. Standortstrategien WACHSTUM - räuml. Diversifikation - räuml. Verdichtung - Erweiterung vorhandener Standorte (on-site-expansion)
Abbildung 2: Standortstrategien18
15
Vgl. Gnirke, Katharina, 1998, S. 62ff Ebenda, 67ff 17 Vgl. Hummel, Boris, 1997, 107f 18 Ebenda, S. 108 16
RATIONALISIERUNG - Konzentration der Standortstruktur - Teilstilllegung an vorhandenen Standorten (on-site-contraction)
KONFIGURATION - räumliche Verlagerung - Reorganisation
Strategische Standortplanung
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Ziel der Wachstumsstrategie ist das Ausschöpfen zukünftiger Absatzpotentiale auf in- und ausländischen Märkten und der Aufbau weiterer Kapazitäten.19 Die Rationalisierungsstrategien bzw. kostenorientierte Standortstrategien als zweite strategische Stoßrichtung zielen auf das Ausschöpfen von Kostensenkungspotentialen im eigenen Unternehmen ab. Das dazugehörige Strategie-Konzept beinhaltet die Optimierung der Produktionsstättenstruktur unter Kostengesichtspunkten. Diese erfolgt durch eine entsprechende Verlagerung von kompletten Fertigungsstätten oder Teilekapazitäten von bestehenden Standorten an Orte im Inoder Ausland, deren Standortbedingungen eine kostengünstigere Fertigung ermöglichen. Bei der Konfigurationsstrategie wird die vorhandene Standortkonfiguration ohne Veränderungen an den Kapazitäten modifiziert bzw. die Veränderung der Kapazitätsgrößen wird nicht als das vordringliche Ziel der Standortstrategie dargestellt.
2.3. Motive für Standortverlagerungen20 Aus Abbildung 3 lässt sich ableiten, dass es drei Hauptargumente für einen Aufbau ausländischer Produktionsstandorte gibt.
Kosten der Produktionsfaktoren Markterschließung Nähe zu Großkunden
65 60 34
Steuern, Abgaben, Subventionen Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal Koordinations-, Kommunikations-, Transportkosten Präsenz der Konkurrenz local content - Auflagen Kapazitätsengpässe Infrastruktur Technologieerschließung Währungsausgleich Quellen: Fraunhofer ISI/VDA
21 17 16 16 15 12 9 8 6
0 alle Angaben in %
10
20
30
Abbildung 3: Motive für den Aufbau ausländischer Produktionsstätten21
19
Vgl. Hummel, Boris, 1997, S. 108f Vgl. Kinkel, Steffen; Lay, Gunther; Jung Erceg, Petra, 2004, S.22ff 21 Ebenda, S.22 20
40
50
60
70
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12
Das Hauptmotiv (von 65% der Firmen genannt) für eine Standortverlagerung sind die im Vergleich zu Deutschland geringeren Produktionskosten (incl. Personalkosten). Mit einem kleinen Abstand folgt die Markterschließung (60%) auf dem zweiten Rang. 34% der Unternehmen geben an, dass der Grund in der Nähe des Großkunden zu produzieren („following custumer“) wesentlich ist. Die sonst oft als wichtigster Grund titulierten „Steuern, Abgaben und Subventionen werden nur von 21 Prozent der Unternehmen genannt. Der geringe Anteil von Unternehmen die eine Auslandsproduktion zur Technologieerschließung (8%) und zum Währungsausgleich nutzen (6%) fällt bei dieser Darstellung auf.
Angaben in %
80 70 60
Kosten der Produktionsfaktoren
85
90
71
66 58
54
50
77
53
69
66
68 55
50
41
Markterschließung
38
40
29
30 20
10
10
4
10
6
6
0 West europa n =259
Ost europa n =237
Nord-/ Mit t elamerika n =226
Quelle: Erhebung Innovation in der Produktion 2001; n = 519
Asien n =176
Nähe zu Großkunden
Südamerika n =93
Technologieerschließung
Mehrfachnennungen
Abbildung 4: Motive für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland nach Regionen22
Bei der Betrachtung, welche Motive für die Unternehmen in den verschiedenen Regionen maßgeblich waren, erkennt man einige Zusammenhänge (siehe Abbildung 4). Für 85 Prozent der Unternehmen die Produktionsstätten in Osteuropa planen, ist die Kostenreduktion von vorrangiger Bedeutung. Weit dahinter folgt mit 54 Prozent die Markterschließung. Das zeigt, das Osteuropa als Niedrigproduktionsland angesehen wird und nicht als zukünftiger Wachstumsmarkt. Die Markterschließung ist das treibende Motiv bei der Errichtung von Produktionsstätten in Asien, Nord- und Mittelamerika. Diese Regionen können als bereits entwickelte Märkte mit einem Vor-Ort erschließbarem Potential angesehen werden. Für die Regionen Europa und Nordamerika spielen Kostenaspekte eine eher untergeordnete Rolle. Hier ist die Technologieerschließung als Motiv (10%) noch von einer gewissen Relevanz.
22
Vgl. Kinkel, Steffen; Lay, Gunther; Jung Erceg, Petra, 2004, S.24
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13
Auffallend ist die gleich hohe Relevanz der drei Motive Kosten, Markterschließung und „following customer“ in der Region Südamerika. Das zeigt, dass zumindest ein Teil der Firmen, die eine Produktion vor Ort aufgebaut haben, eher fremdgetrieben vorgingen. Dabei wurde die Gelegenheit genutzt, die Möglichkeiten von zusätzlicher Markterschließung oder Kostenreduktion parallel aufzubauen. Für Asien sprechen das vorhandene Marktpotential und die noch existierenden Kostenvorteile. Als Ergebnis lässt sich sagen, dass der Aufbau von Produktionskapazitäten deutscher Unternehmen im Ausland aus sehr unterschiedlichen Motiven heraus durchgeführt wird. Aber trotz aller gegenteiliger Beteuerung der Unternehmen sind niedrigere Kosten für nahezu alle Märkte das dominierende Motiv oder einer der beiden Hauptantreiber der Auslandsproduktion.
2.4. Problemfelder der Standortwahl Das Standortproblem, das auf die Bestimmung des optimalen Ortes wirtschaftlicher Tätigkeit beruht, ist von sehr komplexer Natur. Das Unternehmen muss im Raum der Wirtschaft einen Betriebsstandort finden, der hinsichtlich der Zielkriterien des Unternehmens als optimal empfunden wird. Der Entscheidung kommt eine langfristige, strategische Wirkung zu. Das Unternehmen wird versuchen alle Vor- und Nachteile wichtiger Einflussfaktoren an einem Standort zu erfassen. Durch die wirtschaftliche Dynamik sind die Berechnungen mit einem großen Unsicherheitsfaktor versehen. Trifft das Unternehmen falsche Entscheidungen können diese oftmals nur mit hohen Kosten revidiert werden. Der Standort eines Betriebes kann nicht nur für den Betrieb selbst, sondern auch für seine Region von Bedeutung sein. Die verwendeten Bewertungsverfahren für die betriebliche Standortentscheidung vernachlässigen wesentliche Aspekte. So wird bei internationalen Standortbewertungen nur der IstZustand des deutschen Standorts miteinbezogen, anstatt alle möglichen und optimierten Zustände zu betrachten. Ein weiterer Punkt ist die Vernachlässigung des Netzwerkbedarfs am jeweiligen Standort. Außerdem wird die Dynamik der zukünftigen Standortentwicklung vernachlässigt bzw. es erfolgt keine regelmäßige Überprüfung des Standorterfolgs.23
23
Vgl. Kinkel, Steffen, 2004, S. 4
Strategische Standortplanung
14
Folgende Probleme können in der Praxis bei internationalen Standortentscheidungen auftreten:24 Es erfolgt eine zu starke Fokussierung auf monetäre Größen. Außerdem werden wichtige Faktoren wie z.B. die am neuen Standort erreichbare Produktivität, einmalige Aufbau- und Verlagerungskosten, Kosten für Technologieanpassung und Transport- und Transaktionskosten nicht beachtet. Überdies können „weiche Faktoren“ (z.B. Flexibilität und Qualität), die bei der Standortentscheidung nur unzureichend berücksichtigt wurden, schnell in „harte Faktoren“ umschlagen und so zu einem Abbruch des Auslandsengagements führen. Unternehmen, die ihre internationalen Standortentscheidungen nicht rechtzeitig und unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren vorbereiten, sind bei der ständig wachsenden Dynamik und Komplexität der Märkte nur selten in der Lage eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition zu erreichen.
2.5. Ansätze nationaler und internationaler Standortlehren Die ersten Vertreter einer betriebswirtschaftlichen Standortlehre prüften ihre Ergebnisse nicht empirisch. Dies war bedingt durch die normative Ausrichtung ihrer Arbeiten. Sie bildeten aber die theoretische Grundlage für zahlreiche empirische Arbeiten.25 Die Entstehung einer betriebswirtschaftlichen Standortforschung kann bis zu den Anfängen der Standorttheorie zurückverfolgt werden. Dabei basiert der Ansatz von Weber auf der nationalen, während die Ansätze von Tesch und Sabathil auf Erkenntnissen der internationalen Standortlehre basieren.
2.5.1. Die traditionelle Theorie von Weber Die Standortforschung ist bis zu unserer Zeit von Alfred Webers Grundsätzen geprägt, die er in seinem Buch „Ueber den Standort der Industrien, Reine Theorie des Standorts“ im Jahre 1909 darstellt. Er sah die Notwendigkeit einer eigenen „Theorie des Standortes der Gewerbe“. Damit entsteht erstmals eine Standorttheorie, die auf den Gegebenheiten der Industrie aufbaut. 24 25
Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 2f Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 39
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Es gibt zwar frühere Ansätze einer solchen Theorie, Weber fügte sie jedoch als erster zu einem geschlossenen Erklärungsansatz zusammen.26 Weber hat den Begriff des Standortfaktors eingeführt und unterteilt diesen in „generelle“ und „spezielle“. Die „generellen“ Faktoren treffen für alle Industrien zu, wie z.B. Transportkosten und Arbeitskosten. Die „speziellen“ Faktoren sind nur für einige Branchen von Bedeutung.27 Um eine Grundlage für seine quantitative Analyse zu erhalten, ist es Webers Ziel, die Standortfaktoren als Klassifikationsmerkmal zu benutzen. Die von Weber entwickelte Standortsystematik beinhaltet drei Arten von Entscheidungen.28 Er unterscheidet nach dem jeweiligen Geltungsbereich in generelle Standortfaktoren und in spezielle Standortfaktoren. Das zweite Einteilungskriterium stellt die Art der Wirkung dar, nach dem sich generelle und spezielle Faktoren unterscheiden. Zum einen sind es die Regionalfaktoren, zum anderen sind es die Agglomerativ- bzw. Deglomerativfaktoren. Die dritte Einteilung erfolgt nach der Beschaffenheit der Standortfaktoren in natürlich-technische und in gesellschaftlich-kulturelle. Das Hauptproblem des Webereschen Ansatzes besteht in der Annahme eines gegebenen Produktions- und Absatzprogramms. Dies hat er mit allen Problemformulierungen, die auf eine Minimierung der Kosten abzielen, gemeinsam. Auch die Annahme entfernungs- und mengen- bzw. gewichtsproportionaler Transportkosten ist in vielen Fällen auch problematisch.29 Ein wesentlicher Kritikpunkt an der Theorie von Weber ist der Verzicht auf Einbeziehung der Absatzseite.30 Aber schon Weber sah die Bedeutung der Standortfaktoren „Transportkosten“, „Arbeitskosten“ und Agglomerationsvorteile“. Diese Faktoren sind bis heute gültig.31
26
Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 35 Ebenda, S. 37 28 Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 38f 29 Vgl. Fischer, Kathrin, 1997, S. 70 30 Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 39f 31 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 39 27
Strategische Standortplanung
16
2.5.2. Der Ansatz von Sabathil Die Länderauswahl innerhalb der Standortwahl ist der Schwerpunkt seiner Untersuchung.32 Im Zentrum seiner Ausführungen steht ein ausführlicher Standortfaktorenkatalog, der jedoch einige Schwächen bezüglich Gliederung, Umfang und Inhalt der dargestellten Standortfaktoren zeigt. Z.B. werden die staatlichen Investitionsanreize oder Fördermaßnahmen vollständig aus seiner Bewertung ausgeschlossen. Auch dem Ablaufschema widmet er nur geringen Platz in seiner Arbeit. Hervorzuheben ist der Teil seiner Ausarbeitung, in dem er sich mit der Festlegung der Standorte in der Realität beschäftigt. Von seinen Feststellungen lassen sich vier Thesen zusammenfassen: 1. Psychologische Faktoren haben eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Standort im Ausland. 2. Kulturelle Ähnlichkeit der Zielländer ist bei Wahl der Unternehmen von Bedeutung. 3. Ein unternehmerischer Lernprozess steht vor der Wahl eines ausländischen Standortes. 4. „Eine Internationalisierung des Standortsystems erfolgt eher als eine Reaktion auf wahrgenommene Risiken, denn als eine Reaktion auf wahrgenommene Chancen.“33
2.5.3. Der Ansatz von Tesch Tesch versucht „die Bestimmungsgründe der Außenwirtschaftsbeziehungen von Unternehmen mit Hilfe standorttheoretischer Erkenntnisse transparent zu machen.“34 Er verbindet die Theorie des internationalen Handels und der Direktinvestition mit Elementen der Standorttheorie. Unter dem Begriff der standortbedingten Wettbewerbsvorteile versteht er Verfügbarkeitsvorteile, Nicht-Preisvorteile und Preisvorteile. Sein Standortfaktorenkatalog soll alle für die internationale Wettbewerbsfähigkeit relevanten Faktoren enthalten. Die Gliederung erfolgt in drei Gruppen.35 Zum einen gibt es Standortfaktoren, die die gesamten Unternehmensaktivitäten betreffen. Außerdem existieren Standortfaktoren, die die
32
Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 51f Herbertz, Frank, 2002, S. 52 34 Ebenda, S. 52 35 Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 53ff 33
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Verfügbarkeit und Kosten der Produktionsfaktoren betreffen und drittens gibt es Standortfaktoren, die den Absatz betreffen. Standortbedingungen werden den besonderen Standortanforderungen gegenübergestellt, um die Qualität der möglichen Auslandsstandorte bewerten zu können. Zu beachten ist, dass Standortanforderungen als auch die -bedingungen sich im Zeitverlauf verändern können.36 Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Beschreibung einzelner, seiner Meinung nach relevanter, Faktoren der Standortwahl im internationalen Kontext. Kritikpunkt seiner Arbeit (wie auch bei Sabathil) ist, die mangelnde Auseinandersetzung mit dem internationalen Entscheidungsprozess.37
2.6. Traditionelle Standortbewertungsverfahren Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die gängigen Verfahren, die im Rahmen der Standortbewertung in der Praxis üblicherweise eingesetzt werden. 2.6.1. Quantitative Verfahren Die Unterteilung der statischen und dynamischen Investitionsrechenverfahren erfolgt unter Berücksichtigung der zeitlichen Dimension der Zahlungsströme. Bei den statischen Verfahren wird der zeitliche Anfall der Ein- und Auszahlungsströme unberücksichtigt gelassen. Es erfolgt eine Orientierung an den durchschnittlichen Größen des Betrachtungszeitraums, so dass die bis zu den unterschiedlichen Zahlungszeitpunkten anfallende Zinserträge bzw. -aufwendungen nicht erfasst werden. Nach der zu vergleichenden Zielgröße der Standortalternativen lassen sich fünf Verfahren unterscheiden: Das Kostenvergleichsverfahren, das Gewinnvergleichsverfahren, die Kostenstrukturrechnung, die Rentabilitätsrechnung und die Amortisationsrechnung.38 Bei den dynamischen Verfahren werden die unterschiedlichen Zeitpunkte des Anfalls der mit der jeweiligen Investitions- bzw. Standortalternative verbundenen Ein- und Auszahlungen berücksichtigt.
36
Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 57 Ebenda, S. 58 38 Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 53ff 37
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Alle Zahlungsströme werden auf einen bestimmten Zeitpunkt auf- bzw. abgezinst, so dass sie umso höher bewertet werden, je früher sie anfallen. Die zwei bekanntesten Verfahren sind die Kapitalwertmethode und die interne Zinsfußmethode.39 Die Vorteile der beiden Verfahren sind die mathematisch exakten, eindeutigen und objektiven Lösungen. Außerdem sind sie leicht zu interpretieren und zu vergleichen. Demgegenüber steht eine Reihe von Nachteilen.40 Die Aussagekraft der errechneten Ergebnisse kann nur gut sein wie die Qualität der Eingangsdaten. Die Prämisse des vollkommenen Kapitalmarktes ist äußerst problematisch. Originäre Zahlungsströme (zwischen Auslandsstandort und seiner Umwelt) und derivate Zahlungsströme (zwischen Auslandsstandort und Muttergesellschaft) können aufgrund verschiedener Faktoren (z.B. unterschiedliche Besteuerungen und Steuerregelungen) beträchtlich voneinander abweichen. Es können nur die monetären Kriterien, aber nicht die qualitativen Faktoren, berücksichtigt werden.
2.6.2. Qualitative Verfahren Vorgestellt werden das Checklistenverfahren und die Nutzwertanalyse, wie sie auch bei der DaimlerChrysler AG angewandt werden.41 Diese beiden Verfahren gehören zu den heuristischen Verfahren, mit denen es möglich ist „eine realitätsnähere Standortbestimmung unter Einbeziehung aller für das produktionswirtschaftliche Planungsproblem relevanten Standortfaktoren vorzunehmen, auch wenn sie keine Optimalität der gefundenen Lösung im mathematischen Sinne garantieren“.42 Beim Checklistenverfahren kann man beliebig viele Standortfaktoren als Entscheidungskriterium berücksichtigen. Es kann aber nur eine begrenzte Anzahl von Standortalternativen in die Analyse mit einbezogen werden. Die Beurteilung erfolgt in drei Schritten:43 1. Festlegung der entscheidungsrelevanten Standorteigenschaften. 2. Beurteilung jedes potentiellen Standortes in Bezug auf die identifizierten Standortfaktoren. 3. (Subjektive) Ableitung eines Gesamturteils für jeden potentiellen Standort. 39
Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 55ff Ebenda, S. 57ff 41 siehe 6. Kapitel 42 Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 316 43 Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 317ff 40
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Zu den Vorteilen des Checklistenverfahrens gehört, dass umfangreiche Standortfaktorenkataloge genutzt werden, die das Risiko, dass relevante Standorteigenschaften keine Berücksichtigung finden, minimal halten. Außerdem ist eine Identifizierung von zentralen quantitativen und qualitativen Standortfaktoren möglich. Ferner lassen sich ungeeignete Standorte von vornherein ausklammern. Nachteilig an dem Verfahren sind die Prüflisten, die nie den Anspruch der Vollständigkeit erfüllen können. Des Weiteren beruht der Auswahlprozess auf subjektive Entscheidungen. Außerdem findet kaum eine abgestufte Differenzierung der Standortfaktoren nach ihrer Wichtigkeit statt, so dass ein fundierter Vergleich mehrerer Standortalternativen untereinander nahezu ausgeschlossen ist.44 Die Nutzwertanalyse ist eine Weiterentwicklung des Checklistenverfahrens. Die Prämissen sind die gleichen, der Lösungsansatz zeichnet sich jedoch durch ein formalisiertes Bewertungsschema aus. Hierdurch werden eine Transparenz der Bewertungskriterien und eine bessere Nachvollziehbarkeit des gesamten Planungsprozesses erreicht.45 Die Nutzwertanalyse gehört zu den Scoring-Modellen. Diese wiederum gehören zu der mathematisch-analytischen Standortbestimmungslehre.46 Hierbei gilt es methodische Fragen, die bei der empirisch-realitischen Standortbestimmungslehre47 nur ansatzweise geklärt werden, zu beantworten. Die mathematisch-analytischen Methoden grenzen die qualitativen Standortfaktoren aus, da diese auch immer subjektive Einflüsse beinhalten.48 Dies ist in sofern nachvollziehbar, „da bei einem Vergleich alternativer Standorte die qualitativen Standortfaktoren ebenfalls quantifizierbar gemacht werden müssen, um messbar und somit vergleichbar zu sein“.49 Dabei werden die qualitativen Komponenten einer subjektiven Bewertung unterzogen. Es wird für jeden Standort eine Gesamtwertigkeit (Punktwert, Nutzwert, Score) ermittelt, die die Vorteilhaftigkeit der Standortalternative angibt. Abschließend bildet man eine Rangfolge dieser Werte.
44
Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 319 Ebenda, S. 319 46 Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 45ff 47 Ebenda, S. 40ff 48 Ebenda, S. 45f 49 Herbertz, Frank, 2002, S. 45 45
Strategische Standortplanung
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In Bezug auf die Standortplanung lassen sich fünf Verfahrensschritte bilden:50 1. Ermittlung der entscheidungsrelevanten Standortfaktoren 2. Gewichtung der ermittelten Standortfaktoren 3. Operationalisierung der Standortfaktoren 4. Bestimmung der Teilnutzwerte für die potentiellen Standorte 5. Ableitung der Nutzwerte für die potentielle Standorte Dadurch ist eine zusammenfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller quantifizierbaren und nicht quantifizierbaren Eigenschaften der Standorte möglich.51 Nachteilig an der Nutzwertanalyse ist, das ein hohes „Differenzierungs- und Bewertungsvermögen notwendig ist, das real nur schwer erreicht werden kann“.52 Es kann dadurch zu subjektiven Verzehrungen und Informationsverlusten kommen. Beim Informationsverlust können die Kriterien ihre ursprüngliche Dimension verlieren und einen dimensionslosen Nutzwert erhalten.53 Weitere Probleme entstehen durch mögliche Abhängigkeiten zwischen den Faktoren, eine beliebige Auswahl der Kriterien und Probleme bei der Skalierung der Nutzwerte.54 Mit diesen beiden Verfahren ist es möglich die quantitativen und qualitativen Faktoren der Standortbewertung methodisch gegeneinander abzuwägen sowie das Entscheidungsproblem verständlich zu strukturieren und kommunizierbar zu machen. Nachteilig wirkt in der Praxis, die so gut wie nie vorkommende Unabhängigkeit der Bewertungskriterien und der Einbezug der monetären Kriterien.55
2.6.3. Fazit Den quantitativen Kostenanalysen wird oft ein zu hohes Gewicht eingeräumt. Diese sind zwar erforderlich, um die monetären Entscheidungskriterien der Standortalternativen durch geeignete Kosten- und Investitionsrechenverfahren vergleichen zu können. Es muss aber eine Ergänzung durch qualitative Verfahren erfolgen. Diese Verfahren sind geeignet nicht-monetäre, aber ebenso erfolgskritische Kriterien in den Prozess einzubringen. 50
Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 319ff Ebenda, S. 320 52 Kontny, Henning, 1999, S. 41 53 Vgl. Kontny, Henning, 1999, S. 41f 54 Ebenda, S. 42 55 Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 73ff 51
Strategische Standortplanung
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2.7. Neue Instrumente der Standortbewertung Neue Instrumente der Standortbewertung müssen den Lernprozess im Rahmen einer systematischen Standortbewertung unterstützen und verbessern. Ein neues strategisches Vorgehensmodell wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von morgen“ gefördert und vom Projektträger Produktion und Forschungstechnologien (PFT), Forschungszentrum Karlsruhe, betreut.56 Diese strategisch fundierte Standortbewertung (siehe Abbildung 5) setzt an den Defiziten herkömmlicher Ansätze an und reicht in den folgenden Punkten auch über diese Ansätze hinaus: 1. Es wurden auf konkrete Unternehmensfragen basierende, strategiespezifische Checklisten entwickelt, die bei der Identifikation erfolgskritischer Standortfaktoren für die verschiedenen Internationalisierungsstrategien helfen können. 2. Mit Hilfe der „Historieninventur“ wird das Lernen aus vergangenen Standortplanungen unterstützt, in dem unnötige Wiederholungen von Fehlern vermieden werden. 3. Potenziellen Auslandsstandorte werden mit optimierten Zuständen und nicht wie bisher mit den gewachsenen Zuständen des deutschen Standortes verglichen. 4. Der Netzwerkbedarf am neuen Standort wird transparent gemacht und gleichzeitig werden auch noch nicht oder kaum genutzte Potenziale lokaler Netzwerke am inländischen Standort bewertet. 5. Eine neu entwickelte szenariobasierte Standortbewertung führt zu einer dynamischen Betrachtung, indem Bandbreiten zukünftiger Unsicherheiten statt scheinbar sicherer Zahlungsströme abgebildet werden. 6. Das Konzept der Location Control Scorecard (LCSC) ermöglicht eine regelmäßige Überprüfung der getroffenen Entscheidung.
56
Vgl. Kinkel, Steffen; Buhmann, Michael, 2004, S. 39ff
Strategische Standortplanung
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1
Strategieklärung und Ableitung Erfolgskritischer Standortfaktoren für die verfolgte Internationalisierungsstrategie
2
Historieninventur: Lernen aus vergangenen Internationalisierungsaktivitäten
Bewertung der Standortalternativen 3
Bewertung der Internen Optimierungsmöglichkeiten am deutschen Standort
4
Bewertung der Potenziale regionaler Kooperation Zur Verbesserung des deutschen Standorts
5
Dynamische Bewertung von Zukunftsbildern (Szenarien) der potentiellen Auslandsstandorte
6
Standortcontrolling und -monitoring zur strategischen Frühwarnung
Abbildung 5: Vorgehensmodell einer strategisch fundierten Standortbewertung57
Für den internationalen Standortentscheidungsprozess werden Vorgehensmodelle genutzt, um mehrstufige Entscheidungsprozess sequenziell zu strukturieren. Die strategische Lücke ist dabei der Auslöser für die Planung eines Auslandsengagements. Danach werden aus dieser Lücke Ziele des potenziellen Auslandsengagements abgeleitet. Es folgt eine Vorauswahl möglicher Zielländer und am Ende wird für die Feinselektion ein umfangreicher Katalog potenzieller relevanter Entscheidungskriterien zusammengetragen.58 Das neue Modell legt die Schwerpunkte anders. Ausgangspunkt ist eine konkrete strategische Vorstellung, was man mit einem Auslandsengagement erreichen will. Der erste Schritt, die „Strategieerklärung“, dient der genauen Definition der Unternehmensziele in Bezug auf seine Internationalisierungsstrategien. Außerdem werden die wirklich relevanten Standortfaktoren abgeleitet. Zum Zweiten setzt das Modell an der in Unternehmen üblichen Problematik an, dass für ein konkretes Ziel nur noch sehr wenige Standorte in Frage kommen und nicht wie
57 58
Vgl. Kinkel, Steffen; Buhmann, Michael, 2004, S. 41 Ebenda, S. 40
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
23
üblich eine „offene“ weltweite Standortsuche stattfindet. Der letzte Schritt sieht ein strategisches Standortcontrolling vor, das regelmäßig eine Überprüfung des sich im Zeitverlauf wandelnden Standorterfolgs, durchführt. Dabei werden alle Aktivitäten zur Gewinnung und Verarbeitung von Informationen bezüglich der Standortfaktoren, Standortstruktur und Standortveränderung zusammengefasst.
3. Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung Während Unternehmungen ihre logistischen Prozesse in der Beschaffung, der Produktion und der Distribution lange Zeit funktional und organisatorisch unabhängig voneinander geführt haben, sind vor allem global agierende Konzerne dazu übergegangen, diese Prozesse aufeinander und mit ihren Lieferanten und Kunden abzustimmen sowie neue Geschäftsfelder und Wertschöpfungsstufen zu erschließen. Um diese Entwicklung genauer zu betrachten wird im ersten Teil dieses Kapitels die Wertschöpfungskette im Allgemeinen dargestellt. Im nachfolgenden zweiten Teil wird die Betrachtung auf den Kunden fokussiert. Im dritten Teil werden die Netzwerke im Allgemeinen und im vierten Teil im speziellen Hinblick auf die Automobilindustrie abgebildet. Am Schluss folgt noch eine Abwägung der Gefahren und Risiken der bestehenden Strukturen.
3.1. Wertschöpfungsketten als moderne Ausprägung grenzenloser Unternehmen Der Begriff Supply Chain Management (SCM) beinhaltet die Zusammenarbeit vertikalen Unternehmenskooperationen entlang der Wertschöpfungskette.59 Sie ist eine integrierte prozessorientierte Planung und Steuerung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Rohstofflieferanten. Die SCM verlangt daher nach einer Abkehr der Push-Strategie zu einer Hinwendung der Pull-Orientierung.60
59
Das Modell der Wertschöpfungskette geht auf Porter zurück. Die Porter´sche Wertkette zeigt den Gesamtwert der unternehmerischen Leistung und setzt sich aus den Wertaktivitäten und der Gewinnspanne zusammen. Vgl. dazu: Kontny, Henning , 1999, S. 69f 60 Vgl. Sydow, Jörg; Möllering, Guido, 2004, S. 231
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung Die SCM verfolgt dabei folgende drei Hauptziele:
61
24
Die Verbesserung der Kunden-
orientierung, die Synchronisation der Versorgung mit dem Bedarf und den Abbau der Bestände entlang der Wertschöpfungskette. Innerhalb eines Unternehmens bestehen vielschichtige, geplante und auf Dauer angelegte Zuliefer-Abnehmer-Beziehungen. Diese sind an geografisch verteilten Standorten vorzufinden.62 Die Verteilung der Wertschöpfungsprozesse ist bei international agierenden Produktionsnetzwerken von strategischer Bedeutung. Eine Untergliederung der Wertschöpfungskette ist vorzunehmen, damit jeder Unternehmensstandort aufgrund seiner vorhandenen Kompetenzen einen maximalen Wertschöpfungsbeitrag zu erbringen vermag.63 Eine Kooperationsstrategie ist dann zu prüfen, wenn Teile der unternehmensinternen Wertschöpfungskette nicht zu den Kernkompetenzen gehören. Da der dynamische Wettbewerb immer mehr zwischen den gesamten Wertschöpfungsketten stattfindet, gilt es die gesamte, unternehmensübergreifende Supply Chain im Sinne einer globalen Optimierung zu betrachten64 und sich auf ihre spezifischen Fähigkeiten zu konzentrieren. Viel stärker als früher werden Produktions- und Entwicklungsprozesse über mehrere Länder und Regionen verteilt. Die Unternehmen sind gezwungen, mit der gesamten oder mit Teilen der Produktion näher an die Wachstumsmärkte und globalen Kunden heranzurücken und günstigere Standortfaktoren in anderen Ländern zu nutzen. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern benötigen sie mehr oder weniger enge Verbindungen von kooperativen Netzwerken. Durch diese lange und partnerschaftliche Zusammenarbeit können sich die einzelnen Unternehmen auf Kernkompetenzen konzentrieren und so einen Wettbewerbsvorteil für den gesamten Netzwerkverbund erreichen.65 Die Gestaltung der Wertschöpfungsarchitektur ist auf die Schaffung und Verteidigung strategischer Wettbewerbsvorteile als einer im Vergleich zur Konkurrenz überlegenden Leistung ausgerichtet.66 Wettbewerbsvorteile resultieren aus der Architektur und aus der Strukturierung der Wertkette. Dabei lassen sich die Wertaktivitäten in primäre und unterstützende Aktivitäten unterteilen. Des Weiteren erhält man auch durch die Konfiguration, die Transaktionsform und die Koordination der Wertschöpfungsprozesse Wettbewerbsvorteile.
61
Vgl. Kuhn; Hellingrath, 2002, S. 5 Vgl. Gnirke, Katharina, 1998, S. 150ff 63 Ebenda, S.152 64 Corsten, Daniel; Gabriel, Christoph, 2002, S. 4 65 Vgl. Wertz, Boris, 2000, S. 1 66 Vgl. Zentes; Swoboda, Morschett, 2004, S. 217f 62
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
25
Eine weitestgehende Integration aller Unternehmenstätigkeiten, mit der eine starke Konzentration auf wenige Wertschöpfungsstandorte einhergeht erfolgt in globalen Unternehmen. 3.2. Der Kunde als Wertschöpfungspartner Der Kunde erwartet, dass das Unternehmen alle Prozesse auf den Kundennutzen ausrichtet. Die gesamte Logistikkette muss flexibel im Dienste des Kunden stehen. Diese zunehmende Vernetzung mit Kunden, Lieferanten und Vertriebspartnern muss in der gesamten Supply Chain berücksichtigt werden.67 Den größten Einfluss können Unternehmen in einer Supply Chain nehmen, wenn sie über die Wertschöpfungsstufen den größten Kundennutzen erbringen.68 Außerdem führen ganzheitliche Prozesse, die am Kundennutzen orientiert sind, zu flachen Organisationsformen, die als Ausdruck einer schnellen und permanenten Marktorientierung anzusehen sind.69 Die Marktorientierung drückt sich sowohl in der direkten, unmittelbaren Kommunikation zwischen allen Beteiligten des Wertschöpfungsprozesses aus (Prozesscharakter) als auch in der Möglichkeit der unmittelbaren oder mindestens „kundennahen“ Interaktion mit den externen Partnern („flache Hierarchie“).“ Modernes SCM leistet auch einen Beitrag zu wettbewerbsfähigen Qualitätsstandards und Preisen, und schafft durch Service (und zwar gleichermaßen intern wie gegenüber dem Kunden) einen eigenen Wettbewerbsvorteil. Einen besonderen Stellenwert haben diejenigen Funktionen, die unmittelbar an der Schnittstelle zum Kunden liegen. Dies geht soweit, dass dem Kunden so genannte Mehrwertdienste angeboten werden können, was wiederum dessen Geschäftsprozesse optimiert (z.B. Qualitätskontrolle).70 Bei der Umsetzung der genannten Maßnahmen können Probleme, wie z.B. Widerstände gegen die anstehenden Veränderungen, eine zu hohe Komplexität des Redesigns der Supply Chain oder auch die Zurückhaltung beim Austausch von Informationen an den Lieferanten und Kunden, entstehen.71
67
Vgl. Corsten, Daniel; Gabriel, Christoph, 2002, S. 4 Ebenda, S. 11 69 Vgl. Zentes; Swoboda, Morschett, 2004, S. 169f 70 Vgl. Scholl, Wolfgang, 2001, S. 54 71 Vgl. Corsten, Daniel; Gabriel, Christop, 2002, S. 5 68
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
26
3.3. Die wachsende Bedeutung der Netzwerke Netzwerkstrukturen finden sich mittlerweile in einer Vielzahl von Branchen und Regionen, wobei Japan als Ursprungsland des Gedankens der Netzwerkorganisation betrachtet wird. Neben dem erfolgreichen Modell japanischer Unternehmensnetzwerke hat allerdings auch eine Reihe weiterer Gründe zur wachsenden Bedeutung von Netzwerkstrukturen in der westlichen Welt geführt.72 Dazu zählt die Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen, als Folge einer zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft. Eine Antwort auf die veränderten Wettbewerbsbedingungen bedeutet für die Unternehmen Netzwerke zu bilden, mit denen sie dann bedeutende Kosten-, Qualitäts- und Zeitvorteile erzielen können. Eine zentrale Rolle spielt darüber hinaus auch die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie, die eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit erleichtert und zu einer Senkung von Transaktionskosten führt.73 Durch die Bildung von Unternehmenskooperationen auf den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen entstehen Netzwerke. Diese Art von langfristiger und partnerschaftlicher Zusammenarbeit hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Hierbei geht es vor allem um eine effizientere Kooperation der Unternehmen bei der Qualitätssicherung, Logistik, Produktentwicklung und Produktion. Die beteiligten Unternehmen stehen in einer engen Kunden-Lieferanten-Beziehung und haben eine längerfristige vertragliche Fixierung. In einem globalen Unternehmensnetzwerk erfüllt jeder Standort eine strategische Funktion (z.B. Montage für den lokalen Markt, Verbundfertigung). Dabei haben die einzelnen Elemente der Wertschöpfungskette unterschiedliche Konfigurationserfordernisse. Für die Automobilindustrie bedeutet das beispielsweise, dass die Fahrzeuge für einen globalen Markt zentral produziert werden können, aber die Vertriebs- und Marketingaktivitäten den lokalen Anforderungen entsprechen müssen.74 Netzwerke treten angesichts der Dynamik und Komplexität der Umwelt zum einen als Koordinationsform der unternehmensinternen Aktivitäten und zum anderen als Formen der Abstimmung von Beziehungen zu den Marktpartnern auf. Weiterhin werden Unternehmensnetzwerke als „geeignete Organisationsform im Spannungsfeld von Markt und Hierarchie verstanden, die Innovationen vor dem Hintergrund
72
Vgl. Gomm, Moritz; Trumpfheller, 2004, S.43 Vgl. Wertz, Boris, 2000, S. 1 74 Vgl. Autschbach, Jörg, 1997, S. 54f 73
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
27
strategischer Ziele interorganisational verbinden und so ein effizientes und effektives Leistungsspektrum ermöglichen.75 Dadurch lassen sich Zeit, Know-How-, Kosten- und Kompetenzvorteile nutzen und die Umsetzung von Synergieeffekten, Flexibilität und Marktzutritt ist gewährleistet. Dies ist notwendig, da dem Einzelunternehmen nur begrenzt strategische Unternehmensressourcen zur Verfügung stehen. Sie müssen im Austausch mit anderen Unternehmen beschafft werden. Daraus entwickelt sich das zentrale Ziel von Unternehmenskooperationen
in
Form
von
Netzwerken:
Sie schaffen
Zugang zu
komplementären strategischen Ressourcen. Es darf aber nicht vernachlässigt werden, dass die eigenen Ressourcen potenziellen Konkurrenten zugänglich gemacht werden. Die Netzwerkakteure können individuelle Zielsetzungen verfolgen, die sowohl komplementär als auch konfliktär sein können. Trotzdem dominieren im Netzwerk kooperative und nicht wettbewerbliche Verhaltensweisen. Mit der zunehmenden Globalisierung haben sich Wertschöpfungssysteme gebildet, die eine Dezentralisierung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie die Konzentration auf die unternehmensspezifischen Kernkompetenzen mit sich brachten. Zunehmend werden Teile der Wertschöpfung auf Zulieferer, Abnehmer und Dienstleister übertragen. Im Ergebnis führt dies zu Supply Chains bzw. Netzwerken von Unternehmen, die nur noch wenig internes Optimierungspotential aufweisen und auf Grund ihrer Spezialisierung relativ inflexibel gegenüber externen Veränderungen sind.76 Mit einer wachsenden Bedeutung von Unternehmensnetzwerken rückt die Gestaltung der Beziehungen zwischen den an der Wertschöpfungskette beteiligten Parteien in den Mittelpunkt des Interesses. Der Erfolg des Unternehmens am Markt hängt nicht mehr nur von der eigenen Leistung, sondern auch von der der Netzwerkpartner ab. Managementaufgaben werden damit zu einem wesentlichen Erfolgskriterium in Netzwerken und der Aufbau der Beziehungen zwischen Unternehmen zu einem essentiellen Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Der Wettbewerb der Zukunft wird zwischen Unternehmensnetzwerken bzw. konkurrierenden Supply Chains stattfinden und nicht wie bislang zwischen einzelnen Unternehmen. Der Aufbau und die Entwicklung werden zu kritischen Gestaltungspunkten für erfolgreiches Handeln. Die Optimierung einzelner Geschäftsprozesse ist nicht mehr ausreichend.77
75
Vgl. Weissenberger-Eibl, Marion, 2002, S. 133 Vgl. Gomm, Moritz; Trumpfheller, 2004, S. 43 77 Ebenda, S. 43 76
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
28
Um das essentielle Ziel von Unternehmensnetzwerken, das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Firmen außerhalb dieses Netzwerks zu erfüllen, haben die beteiligten Unternehmen zwei Möglichkeiten.78 Zum einen können sie durch Eingehen einer Netzwerkbeziehung in erheblichem Maße Kostensenkungspotentiale realisieren. Hierbei sind die zwei Kostenblöcke Transaktions- und Produktionskosten betroffen. Alternativ zu dieser Kostenführerschaft steht die so genannte Differenzierungsstrategie. Hier sind die Ziele auf Zeit-, Qualitäts- und Innovationsvorteilen gerichtet.
3.4. Netzwerke in der Automobilindustrie Die veränderten Wettbewerbsbedingungen in den 1980er und 1990er Jahren führten zu einer Reorganisation der Automobilindustrie in Form von Netzwerken. Die Anforderungen an die Effektivität (Befriedigung der Kundenwünsche und das Anbieten von Zusatznutzen) und die Effizienz (sparsamer Umgang von Ressourcen) erhöhten die Intensität und Dynamik des Wettbewerbs.79 Die Automobilhersteller stehen vor vielen Aufgaben, die sie alleine nicht mehr bewältigen können. Partnerschaften und Netzwerke stehen vor diesem Hintergrund in den Zukunftsszenarien der Branche ganz vorne. Die Aufgabenverteilung erfordert eine neue Qualität in den Kunden-Lieferantenbeziehungen wie etwa den Aufbau strategischer Partnerschaften oder – moderner – das Arbeiten in Netzwerken. Daher ist die Generierung eines Network Value Added, also das Knüpfen von wertschaffenden Unternehmensnetzwerken, besonders für die Unternehmen der Automobilindustrie zu einer wettbewerbsentscheidenden Frage geworden.80 Dabei wird die Zahl der innerbetrieblichen Schnittstellen bei Entwicklungs- und Produktionsprozessen durch Vergabe ausgewählter Aufgaben (z.B. Fertigungs- und Montageaufgaben) an externe Auftragnehmer oder spezialisierte Partner übertragen. Um die Umweltvarietät für jeden Verbundpartner zu reduzieren werden klar definierte Schnittstellen zwischen OEM (Original Equipment Manufacturer) und Zulieferer festgelegt.
78
Vgl. Wertz, Boris, 2000, S. 13ff Vgl. Bartelt, Andreas, 2002, S. 5 80 Vgl. Bellman, Klaus, 2002, S. 222 79
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
29
In der Automobilindustrie arbeiten eine Vielzahl von Unternehmen meist in einer Form von mehrstufigen Zulieferverhältnissen und Gemeinschaftsentwicklungen eng mit ihren Lieferanten zusammen. Im Zentrum steht der OEM als fokales Unternehmen.81 Die nächste Ebene der System- und Modullieferanten (bzw. Direktlieferanten) wird zunehmend in strategische Entscheidungen eingebunden. Diese Lieferanten der zweiten Stufe greifen wiederum auf die Leistungen von Lieferanten bzw. Unterlieferanten zu, so dass die Wertschöpfungsprozesse über eine Vielzahl von Stufen ablaufen.82 Der Netzwerktyp, bei dem der Endhersteller als fokales Unternehmen strategisch seine Lieferanten führt und die zwischenbetriebliche Koordination der Wertschöpfung realisiert, ist typisch für die Zulieferpyramide in der Automobilindustrie. Außerdem kann in der Automobilindustrie zwischen vertikalen und horizontalen Netzwerken unterschieden werden.83 Bei den horizontalen Netzwerken kooperieren die Unternehmen der gleichen Wertschöpfungskette, also die OEMs untereinander oder die Zulieferer untereinander. Vertikale Netzwerke zeichnen sich dadurch aus, dass Unternehmen verschiedener Wertschöpfungsstufen zusammenarbeiten. Trotz des tendenziell kooperativen Anstrichs sind diese Netzwerke letztlich auf die Ansprüche des so genannten fokalen Unternehmens – dem jeweiligen OEM – zugeschnitten. Netzwerke in der Automobilindustrie sind so konzipiert, dass ein schnittstellenspezifischer Informationsaustausch stattfinden kann. Es geht also um einen abteilungs- oder projektspezifischen Austausch. „Unter einem (vertikalen) Netzwerk in der Automobilindustrie ist eine zwischenbetriebliche Kooperationsform zwischen dem Initiator OEM und den zumeist rechtlich, wirtschaftlich jedoch abhängigen Zulieferern zu verstehen.“84 Da es wie gesehen verschiedene Netzwerkausprägungen in der Automobilwirtschaft gibt (Produktions-, Beschaffungs- und Entwicklungsnetzwerke), ist zu bemerken, dass nicht das Netzwerk existiert. Es herrscht eine Koexistenz verschiedener automobilwirtschaftlicher Netzwerke. Zum Beispiel unterscheiden sich Produktionsnetzwerke– selbst innerhalb einer Branche wie der Automobilindustrie – erheblich.
81
Vgl. Bartelt, Andreas, 2002, S. 23ff Vgl. Jäger, Christian; Boucke, Benedikt, 1999, S. 112 83 Vgl. Troge, Matthias, 2005, S. 57ff 84 Troge, Matthias, 2005, S. 57 82
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
30
Dies gilt selbst dann, wenn sich die Netzwerke – wie das Beispiel einer Gegenüberstellung des smart-Netzwerks85 und des Toyota-Netzwerks zeigt – darin ähneln, dass sie von einer fokalen Unternehmung strategisch geführt werden. Der Nutzen solcher Netzwerke in der Automobilindustrie erstreckt sich über Kosten- und Flexibilitätsvorteile, einem besseren Marktzugang, eine Risikoreduzierung und die Erhöhung von Wissens- und Lerneffekten. Natürlich dürfen auch die Nachteile nicht vernachlässigt werden. So kommt es zu Komplexitätseffekten, einer steigenden Informationsentropie, Probleme im Zusammenhang mit der Rationalität des Handelns und einer Herausforderung in der Netzwerkorganisation.86 Als Beispiel für eine konsequente Netzwerkorganisation lässt sich BMW anführen. So setzt der Automobilhersteller stärker als andere auf Module und Systeme, in deren Entwicklung ausgewählte Zulieferer in strategische Partnerschaften mit einbezogen werden. Dabei kommen keine projektbezogenen Kooperationen in Betracht, sondern es werden Unternehmensübernahmen und langwierige Integrationsprozesse vorgezogen. Beispielhaft dafür steht die Fertigung des BMW X3 bei dem österreichischen Zulieferer Magna Steyr. Mehr Gestaltungsfreiraum, aber auch mehr Verantwortung, sieht BMW für Zulieferer in Partnernetzwerken. Das Ziel der BMW Group ist die „Kombination von Kompetenzprofilen für ein ergebnisorientiertes Arbeiten von OEM und Lieferant.“87 Joachim Milberg (früherer Vorstandsvorsitzender der BMW Group) zu dieser Organisationsform: „Kooperationen und Netzwerke sind … als externe Flexibilität eine notwendige Entsprechung der internen Flexibilität und deshalb ein wesentlicher Teil der Strategie der BMW Group für mehr Flexibilität und mehr Agilität. BMW hat früh gelernt, auf Netzwerke zu setzen, um die eigenen Ressourcen nicht nur zu optimieren, sondern auch zu vervielfachen. … Ganz im Sinne des Prinzips „Wer alleine arbeitet, addiert – wer intelligent kooperiert, multipliziert“.88 Die Besonderheit der europäischen Automobilindustrie ist – bei aller unternehmensbezogener Diversität im Detail - neben der Modularisierung der Produkte und Prozesse und infolge deren Übertragung an Systemlieferanten, die Verbreitung von Zulieferparks um die Werke von Endherstellern herum, sowie die Bildung regionaler Cluster mit kleinen und mittleren 85
Vgl. Jäger, Christian; Boucke, Benedikt, 1999, S. 112 Vgl. Troge, Matthias, 2005, S. 58f 87 Vgl. O.V., 2004a, S. 20f 88 Sydow, Jörg; Möllering, Guido, 2004, S. 30 86
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
31
Zulieferern. Infolge dieser Besonderheiten dürfen gerade Zuliefernetzwerke in der europäischen Automobilindustrie durch regionale Regeln gekennzeichnet sein, die nicht häufig durch globale gebrochen werden. Allerdings dürfte auch für sie der Globalisierungsdruck auf die Ausgestaltung der Netzwerkregeln andauern. Das Netzwerk als Organisationsform hat sich in der Automobilindustrie gefestigt. Trotzdem werden die bekannten ökonomischen Aktivitäten – Markt und Unternehmung – nicht vollständig ersetzen. Die Automobilhersteller werden trotz fortlaufender „Verschlankung“ – Stichwort Lean Management – durch Auslagerung betrieblich Funktionen in Netzwerke, Unternehmungen bleiben. Sie werden auf Beschaffungen von Leistungen neben den bestehenden Netzwerken angewiesen bleiben.89 Alle drei Organisationsformen ökonomischer Aktivitäten Markt, Unternehmen und Netzwerk – müssen gleichberechtigt vom Management in Betracht gezogen werden, da es jeweils spezifische ökonomische Vorteile der einzelnen Formen gibt. Um die optimale Organisationsform zu bestimmen, geht es zusätzlich um strategische Aspekte der Externalisierung (Outsourcing) oder Internationalisierung (Insourcing) ökonomischer Aktivitäten. Die Kooperationen in der Automobilindustrie können aber nur erfolgreich sein, wenn jeder Partner sich in einer win-Situation befindet.90 Viele Effekte müssen dazu miteinander verzahnt werden, um dies zu erreichen. Dazu gehören die Risikoteilung, die Erhöhung der Flexibilität und die Offenlegung der Kosten- und Kapitalstruktur. Der Abbau von Kompetenzen bei OEM setzt voraus, dass der Zulieferer bereit ist, die potentielle Lücke zu schließen. Kompetenzen, auf die OEM verzichtet, können somit nicht zu seinen Kernkompetenzen gezählt werden. Um als Reaktion der tiefgreifenden Herausforderungen ihre Flexibilität zu erhöhen haben die Automobilhersteller Entwicklungs- und Produktionsaufgaben an die Zulieferer abgegeben. Dadurch kam es zu einem Rollentausch vieler Zulieferer von Teile- zu Systemlieferanten. In der Abbildung 6 sind die unter der Führung der Systemlieferanten bzw. Tier 1-Zulieferer entstandenen Netze von Zulieferunternehmen der zweiten (Tier 2-Zulieferer) und dritten Ebene (Tier 3-Zulieferer) dargestellt.91
89
Vgl. Sydow, Jörg; Möllering, Guido, 2004, S. 23 Vgl. Bellmann, Klaus, 2002, S. 223f 91 Vgl. Boldt, Oliver, Frunzke, Heiko, Pabélick, Kai, 2004, S. 211 90
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
32
3 3
2
3 3 3
2
Hersteller 2
3 3
Tier 1 Tier 1
2
3
Abbildung 6: Supply Chain in der Automobilindustrie92
Die Folge sind eine Vielzahl von Schnittstellen entlang der gesamten Wertschöpfungskette bzw. der Supply Chain und eine stärkere Vernetzung der einzelnen Geschäftsbereiche. Um den zunehmenden Koordinationsbedarf zu bewältigen werden die Anwendungen des „Supply Chain Collaboration“ genutzt.93 In der Automobilindustrie sind parallel zu den aufgeführten Entwicklungen noch einige Besonderheiten zu beachten. Dies hängt mit der Bedeutung der kritischen Lieferanten zusammen.94 Erstens wächst auch das Qualitätsniveau der Produkte anderer Automobilhersteller und verliert zwar als Wettbewerbsvorteil an Bedeutung, bleibt jedoch als ein Hygienefaktor für den Unternehmenserfolg erhalten. Zweitens findet die Bezahlung durch den Hersteller auf Basis der in qualitativ hochwertigen Zustand gelieferten Teile statt. Im Zusammenhang mit dem steigenden Einfluss von Geschwindigkeit in der Supply Chain und den hohen Logistikaufwänden durch die Individualisierung der Produktpalette resultiert daraus eine zunehmende Bedeutung kritischer Teile für den Unternehmenserfolg und eine starke Abhängigkeit der Automobilhersteller von der Leistungsfähigkeit der Zulieferer und externen Dienstleister.
92
Vgl. Boldt, Oliver, Frunzke, Heiko, Pabélick, Kai, 2004, S. 212 Ebenda, S. 211 94 Ebenda, S. 214 93
Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
33
3.5. Risiken und Gefahren der bestehenden Strukturen Auch bei einer erfolgreich verlaufenden internationalen Produktion können Probleme auftreten. Fünf potenzielle Risiken sollen nachfolgend dargestellt werden.95 Als erstes kann es zu einem Know-How-Verlust über Teile der Prozesskette kommen. Dies resultiert daraus, dass Teilprozesse der Produktion verlagert werden oder im Ausland bei Produktionspartnern bzw. unternehmenseigenen Werken angesiedelt sind und so der unmittelbare Einblick in die Produktion verloren geht. Die Mehrzahl der Beschäftigten verfügt nach einiger Zeit nur noch über Kenntnisse, die sich auf direkt einsehbare Entwicklungen am eigenen Standort beziehen. Dadurch entstehen wachsende Verluste und systematische Lücken im Fertigungswissen der heimischen Standorte. Zweitens kann es zu einem Ungleichgewicht zwischen abfließenden und zurückfließenden Informationen kommen. Bei dem Transfer von Organisations- und Fertigungswissen von in- an ausländische Werke wird versucht die dortige Produktion funktionsfähig zu machen und an die Qualitätsstandards anzupassen. Die damit befassten Mitarbeiter können aber nur begrenzt für die Rückvermittlung von Informationen und Erfahrungen aus den ausländischen Standorten an die übrige Belegschaft sorgen. Drittens kommt es deshalb zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Know-how, das von inländischen Standorten in ausländische Werke fließt, und den Informationen, die aus den ausländischen Werken zurückkommt. Die Beeinträchtigung der Innovationsfähigkeit ist der vierte Risikopunkt. Durch die räumliche Entfernung der Standorte mangelt es an dem für die Aufrechterhaltung der Innovationsfähigkeit notwendigem Zusammenspiel zwischen Entwicklung, Konstruktion und Fertigung. Diese ergibt sich normalerweise innerhalb eines Werkes quasi nachwüchsig. Notwendige Prozessverbesserungen an ausländischen Standorten oder in der gesamten Prozesskette können so nicht mehr erkannt werden. Als letzten Punkt werden die eng ineinander greifenden nationalen Entwicklungs- und Produktionsketten unterbrochen oder auch vollständig aufgelöst. Es muss eine wissensbezogene Einbindung der beteiligten in- und ausländischen Einheiten erfolgen, sonst besteht die Gefahr, dass Produkt- und Prozessinnovationen nicht aufgegriffen werden können und mögliche Synergieeffekte im international erweiterten Produktionsverbund enden ungenutzt.96 Es ist zu erkennen, dass durch die Kooperation in Netzwerken die eigenen Ressourcen externalisiert werden. Dadurch droht der Verlust der eigenen strategischen Ressourcen. Die. 95 96
Vgl. Behr, Marhild von, 2000, S. 177ff Ebenda, S. 89f
Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
34
zentrale Aufgabe muss daher sein, die unternehmens-spezifischen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen vor Imitation zu schützen
3.6. Fazit Es wurde aufgezeigt, dass Netzwerkorganisationen besser für die neuen Unternehmensumwelten gerüstet sind. Sie können Tore zu neuen Märkte öffnen und es Unternehmen erlauben, in solchen Märkten zu operieren, ohne bereits über alle dazu erforderlichen Ressourcen zu verfügen. Sie besitzen größere Potentiale an Flexibilität und Wandlungsfähigkeit und sie eröffnen Chancen zum gemeinschaftlichen Erlernen neuer Fähigkeiten und zur Entdeckung neuer Geschäftschancen. Während kleine Unternehmen in externen Netzwerken mehr Marktmacht suchen, ohne dabei ihre Flexibilität aufzugeben, streben große Unternehmen mit der Gestaltung interner Netzwerke mehr Flexibilität ohne den Machtverlust der Größe an.
4. Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl Der globale Wettbewerb ist nicht aufzuhalten. Getrieben durch die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik sowie der modernen Verkehrssysteme entstand in den letzten Jahren eine neue Form des Wettbewerbs zwischen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen. Im Wesentlichen beruht dieser Wettbewerb auf der Nutzung von Vorteilen, die sich auf Basis weltweiter Optimierungen ergeben. Unternehmen reagieren auf diese Anforderungen mit Globalisierungs- oder Internationalisierungsstrategien, die das Management grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten übernehmen soll.97 Für große Industrieunternehmen und Konzerne ist das Thema keineswegs neu, bereits seit Jahren nutzen beispielsweise die Unternehmen der Automobilbranche die Vorteile einer internationalen Standortpolitik.
97
Vgl. Warnecke, Hans-Jürgen, 1999, S. 35
Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
35
4.1. Zentrale Merkmale der Globalisierung Bei der ersten Welle der Globalisierung, Ende der 1970er Jahre, ging es um eine Integration der unterschiedlichen, regionalen Märkte zu einem homogenen Markt. Dieser bestand aus den industriellen Ländern und expansiven, exportgetriebenen Schwellenländern, wie z.B. Singapur, Malaysia, Taiwan.98 Aus mehreren Gründen kam es zu dieser Entwicklung. Eine verstärkte Ausnutzung von Volumeneffekten zur Verbesserung der Kosten- und Qualitätsposition, immer kürzer werdende Produktlebenszyklen und steigende Entwicklungsaufwendungen, um nur einige zu nennen, machten es notwendig globaler zu agieren. Zu dieser Zeit überwogen volumengetriebene und exportorientierte Strategien. Aus den zentralisierten Standorten wurden die Weltmärkte bedient. Global homogener werdende Kundenanforderungen unterstützten diesen Entwicklungsprozess.
4.2. Ursachen der Globalisierung Es gibt vier Ursachenbereiche, die zu der Globalisierung der Märkte führten.99 Zum einen ist es die Politik, die mit dem Ende der starren Unterteilung in eine westliche und eine östliche Welt und einem Bedeutungsverlust der Staatsgrenzen die Bewegungsfreiheit weltweit wachsen ließ. Der zweite Bereich ist die Lockerung der traditionellen und sozialen Bedingungen innerhalb der Gesellschaft (Familie, Heimat, Brauchtum,…). Sie steigert die geographische, mentale und emotionale Mobilität der Menschen. Der dritte Bereich ist die Wirtschaft mit ihren deregulierten Kapital- und Gütermärkten. Diese fördern den Trend zum grenzenlosen Markt. Und viertens sorgt die Technik mit ihren leistungsfähigen Verkehrs-, Kommunikations- und Informationssystemen für eine immer stärkere Vernetzung von Beschaffungs- und Absatzmärkten. Sie lassen Produktions- und Dienstleistungsorte zusammenwachsen und senken so die Kosten für den Transport von Waren und Informationen. Dadurch werden Produkte immer schneller verbreitet.
98 99
Vgl. Krystek, U.; Zur, Eberhard, 2002, S. 109f Vgl. Müller, Stefan; Kornemeier, Martin, 2002, S. 17
Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
36
4.3. Globalisierungsstrategien Um im globalen Wettbewerb zu bestehen gibt es vier Strategien, die beachtet werden sollten.100 1. Optimierung der Fertigungstiefe: „Unter Fertigungstiefe wird das Ausmaß verstanden, in dem aufeinander folgende Produktionsstufen innerhalb eines Unternehmens erstellt werden.“101 Das Unternehmen konzentriert sich auf Leistungen, die es durch Fremdvergabe von Teilen, Baugruppen und Modulen zukaufen kann, um damit die eigene Fertigungstiefe zu reduzieren. Die Unternehmen müssen sich klar sein, wo ihre Kernkompetenzen in den direkten und indirekten Bereichen liegen. Das Produktspektrum sowie die strategische Bedeutung der strategischen Teileumfänge bestimmt die Fertigungstiefe.
100% 80%
30- 40%
25- 35%
20- 30%
60% 40%
70- 80% 65- 75%
OEMs Zulieferer
60- 70%
20% 0% 2000
2005
2010
Abbildung 7: Wertschöpfungstiefe der Automobilhersteller und -zulieferer102
Falls der Lieferant gleichzeitig auch Wertschöpfungspartner ist, kann der Aufgabenumfang wie folgt typisiert werden: Der Lieferant versteht sich als Systempartner und sein Know-How wird in die gesamte Wertschöpfungskette miteinbezogen.103
100
Vgl. Hirschbach, Otto, 2003, S. 573ff Hirschbach, Otto, 2003, S. 574 102 Vgl. Hirschbach, Otto, 2003, S. 575 103 Ebenda, S. 575 101
Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
37
2. Global Sourcing:104 Global Sourcing ist die „bewusste Ausrichtung der Beschaffungspolitik eines Unternehmens an den internationalen Beschaffungsmärkten und die damit einhergehende weltweite Optimierung der Versorgung mit Waren und Dienstleistungen“.105 Die Möglichkeit von weltweiten Preisvergleichen ist durch die zunehmende Transparenz am Beschaffungsmarkt gegeben. Wichtigstes Ziel bei Global Sourcing ist das Ausnutzen länderspezifischer Unterschiede im Herstellkostenniveau. 3. Strategische Zusammenarbeit mit industriellen Zulieferern:106 Es gibt generelle Motive eine strategische Allianz einzugehen. Dazu gehören die Ergänzung und Vervollständigung der eigenen Stärken und Ausgleich der Schwächen. Auch spielt das Erreichen eines Wettbewerbvorteils durch Zugang zu neuen Technologien eine wichtige Rolle. Eine Reduktion der Investitionshöhe, wodurch zugleich das Unternehmensrisiko insgesamt verringert wird, darf auch nicht vernachlässigt werden. Die Kapazität des Unternehmens wird durch die strategische Zusammenarbeit erhöht. Das eigene Unternehmen kann so am Weltmarkt überleben und einen stärkeren Kapitalfluss erzeugen, um dann in die Kernkompetenzen zu investieren. Industrielle Zulieferer werden dabei mit folgenden Entwicklungen konfrontiert:107 Die Veränderungen in der Wertschöpfungskette, in den Sourcing-Beziehungen oder auch in den vertikalen Beziehungen. In den strategischen Allianzen können aber auch eine Reihe von Vor- und Nachteilen entstehen.108 Zu den Vorteilen gehört unter anderem der Zeitgewinn, die Schaffung von Skalen- und Synergieeffekten, die Verminderung der Marktkonkurrenz oder auch eine Steigerung der Flexibilität. Die Nachteile bestehen aus einem unerwünschter Wissenstransfer, Gefahren der strategischen Neuorientierung während der Zusammenarbeit, Kommunikationsprobleme oder auch nicht aufeinander abgestimmte technologisch/administrative Strukturen.
104
Vgl. Voegele, Andreas R.; Zollenkop, Michael, 2003, S. 587f Voegele, Andreas R.; Zollenkop, Michael, 2003, S. 587 106 Vgl. Moerman, Piet A.; Commandeur, Harry R.; Langerak, Fred, 2003, S. 598ff 107 Ebenda, S. 600f 108 Ebenda, S. 604f 105
Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
38
4. Internationale Produktion:109 Die Produktion, als zentrale und wettbewerbsbestimmende Unternehmensfunktion, entwickelt sich vor dem Hintergrund immer komplexerer Produkte und Prozesse, die in immer kürzeren Zeiträumen realisiert werden müssen, zum kritischen Erfolgsfaktor. Internationalisierungsvorhaben sind durch hohe Reibungsverluste gekennzeichnet. Außerdem erreichen einige Auslandengagements nie den ursprünglich geplanten Status und andere werden nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder vollständig aufgegeben. Durch den Aufbau ausländischer Unternehmenseinheiten verändern sich sowohl die äußere Erscheinung der Unternehmung als auch die internen Prozesse und Strukturen, die Strategien und Ziele.
4.4. Globalisierung und Standortwettbewerb Für Unternehmen, die im globalen Wettbewerb stehen, wird es immer relevanter, wer bestimmte Leistungen an welchen Standorten erbringen kann. Hinzu kommt die Anforderung, dies möglichst kostengünstig zu tun. Dadurch sind die meisten Unternehmen gezwungen, ein europa- oder weltweites Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsnetzwerk aufzubauen.110 Ebenso sind z.B. die Anzahl der Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen an einzelnen Konzernstandorten betroffen. In global operierenden Unternehmen besteht die Gefahr, dass sich die Standorte gegeneinander ausspielen können. Die Konzernzentrale könnte z.B. bestimmte Investitionen und Fertigungsquoten für spezifische Teile oder Produkte konzernintern ausschreiben. Auf diese Weise treten einzelne Standorte in eine intraorganisationelle Konkurrenz (mit Werken desselben Konzerns) und nicht nur in einen interorganisationellen Wettbewerb (mit anderen Herstellern und auch z.B. Zulieferern von Teilen). In der Debatte über Unternehmens-Globalisierung spielen die erwarteten oder tatsächlichen Wechselwirkungen zwischen Standorten in unterschiedlichen Ländern und Regionen eine große Rolle. Es kann zu Rückstrahleffekten aus „peripheren“ bzw. ehemals als peripher
109 110
Vgl. Adlebrecht, Gerald; Kring, Petra, 2003, S. 610ff Vgl. Corsten, Daniel; Gabriel, Christoph, 2002, S. 20
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
39
angesehenen Standorten in die Werke im „Zentrum“ kommen. Vorteilhaft kann aber die neue Möglichkeit des Organisationslernens sein. In dem global agierenden Unternehmen werden die Best-Practice-Erfahrungen aus allen Standorten aufgenommen und an die anderen Standorte weitergegeben.111
5. Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung Die Globalisierung der deutschen Automobilindustrie in den 1990er Jahren war charakterisiert durch eine Produktivitätslücke gegenüber den japanischen Herstellern (Stichwort Lean Management).112 Auch eine zunehmende Wettbewerbsdynamik der letzten Jahre hat die Anforderungen, die an die Automobilindustrie gestellt werden, erheblich erhöht. Um kurze Entwicklungszeiten, niedrige Kosten, hohe Qualität und eine konsequente Ausrichtung am Kunden sicherzustellen, müssen bisherige Strukturen überdacht und eine prozessorientierte Philosophie in den Unternehmen eingeführt werden. Dadurch sah sich die Automobilindustrie gezwungen ihre Standortbedingungen im zunehmenden Maße zu überprüfen. Die nachhaltigen Veränderungen und politischen Situationen weltweit boten der Automobilindustrie zusätzliche Optionen zur Bewältigung ihrer inländischen Standortprobleme. Da für Europa die Wachstumsgrenzen erreicht sind, und das Wachstum hauptsächlich in fernen Regionen (Nord- und insbesondere Südamerika (Brasilien), Fernost, Osteuropa) stattfindet, müssen Produktionsstätten oder Partnerschaften zu lokalen Fertigungsstätten auch in anderen Weltregionen aufgebaut oder erweitert werden. Die Wachstumsimpulse stammen überwiegend aus dem Exportgeschäft. In dieser Situation reagieren die OEMs mit einem Feuerwerk an Innovationen, aber auch mit weiter steigenden Anforderungen an ihre Lieferanten.113 Da sich die Zahl der Marktsegmente immer weiter erhöhen wird, ist die Folge, dass immer kleinere Seriengrößen den Druck auf die gesamte Wertschöpfungskette erhöhen.
111
Vgl. 6. Kapitel Vgl. Pries Ludger, Globalisierung, 1999b, S. 29 113 Vgl. O.V., 2003a, S. 26ff 112
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
40
Dabei kann die Wahl des geeigneten Standorts nur für den Einzelfall getroffen und schwerlich auf andere oder künftige Entscheidungen übertragen werden. Im Weiteren werden die Strategien, Chancen und Risiken der Automobilindustrie in Bezug auf zukünftige Standortplanungen, differenziert nach Herstellern und Zulieferern, betrachtetet.
5.1. Die Automobilhersteller Auch die deutsche Automobilindustrie entdeckte die Globalisierung und wurde umgekehrt zunächst als potentielles Globalisierungsopfer und später als möglicher Globalisierungsgewinner entdeckt. Die große international vergleichende Studie von WOMACK et al.114 aus dem Jahr 1990 attestierte den deutschen Autokonzernen mangelnde internationale Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Mittlerweile sind die deutschen Autobauer maßgeblich am Globalisierungsprozess der Weltwirtschaft beteiligt. Sie fertigten 2004 knapp die Hälfte ihres Produktionsvolumens von 10,4 Millionen Fahrzeugen im Ausland. Stärkstes prozentuales Wachstum verzeichnen die südamerikanischen Standorte unter anderem von VW und DaimlerChrysler.115
5.1.1. Strategien der Automobilhersteller Die Hersteller verfolgen mit ihren neuen bzw. erneuerten Produktionsstandorten ehrgeizige Produktivitäts- und Qualitätsziele. Sie wälzen dabei ganz offensichtlich einen nicht geringen Teil an Komplexitäts- und Flexibilitätsproblemen sowie Währungs- und anderen Risiken auf die Zulieferer ab.116 In einem konzernweit optimalen Produktionsmodell spielen die alten, großen deutschen Produktionsstandorte nicht mehr die Rolle von unangefochteten und allumfassenden Leitbetrieben. Die neuen, ehemals peripheren Standorte werden im Rahmen der Konzernglobalisierung den Veränderungsdruck auf die alteingesessenen Produktionsstandorte erhöhen. Von der Konzernzentrale werden sie ins Rennen geschickt, um die best places und
114
Vgl. Womack, James P., Revolution, 1994 Vgl. VDA, 2005, S. 43 116 Vgl. Kilper, Heiderose; Pries Ludger, 1999, S. 19 115
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
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best practices neu zu definieren. Auch treten sie von sich aus offensiver als Local Player in die konzerninterne Konkurrenz um Produkte und Produktionsquoten ein.117 Die steigende konzerninterne Konkurrenz tritt zusammen mit einer Modularisierung von Produkten auf. Dadurch wird die Vergleichbarkeit von Standorten erhöht, da in den Werken die gleichen Module und Plattformen gefertigt werden; es entwickelt sich automatisch ein Benchmarking. Drei Hauptstrategien sind bei den Herstellern in den letzten Jahren festzustellen.118 Zum einen die Anpassung an die Kundenwünsche. Dabei müssen die OEM sowohl die Qualität der Angebote steigern, als auch die Marktsegmente differenzierter bearbeiten sowie eine weitgehende Individualisierung des Produktangebots anstreben. Die Produktions- und Entwicklungszeiten lassen sich aber nur reduzieren, indem die Zulieferer frühzeitig in den Wertschöpfungsprozess mit einbezogen werden. Zweitens müssen Kostenvorteile durch Economics of Scale und Scope genutzt werden. Durch die Nutzung von Skalen- und Verbundeffekten können Effizienzsteigerungen erreicht werden. Durch den Einsatz standardisierter
Komponenten
Rationalisierungspotentiale
und
auszuschöpfen.
Prozesse Drittens
versuchen sollte
eine
die
Hersteller
Konzentration
auf
Kernkompetenzen und Reduktion der Fertigungstiefe erfolgen. „Mit dem Ziel, eine effiziente und effektive Produktion auch bei komplexen Anforderungen zu gewährleisten, findet eine Konzentration auf Kernkompetenzen statt.“119 Die Unternehmen beschränken sich auf wenige Kernbereiche, bauen diese verstärkt aus und ergänzen sie durch Leistungen anderer Unternehmen. Ein Ziel der Strategie muss es sein, für das Unternehmen drohende Know-how-Verluste bei internationaler Produktion zu vermeiden und die Innovationsfähigkeit zu erhalten. Damit bietet sie international aktiven Unternehmen eine Perspektive für eine zukunftsfähige Gestaltung der internationalen Produktion. Mit der Strategie verbinden sich gezielte organisatorische Maßnahmen zur Absicherung der grenzüberschreitenden Kommunikation. Sie machen es den Unternehmen möglich, vermehrt Informationen aus dem internationalen Umfeld aufzunehmen und diese intern zu verarbeiten. Der verbesserte Informationsstand über ausländische Märkte und Kundenanforderungen, sowie über besondere Produktionsbedingungen im Ausland vermittelt der hiesigen
117
Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 34 Vgl. Bartelt, Andreas, 2002, S. 16ff 119 Bartelt, Andreas, 2002, S. 19 118
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
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Entwicklung und Konstruktion neue Einblicke und eröffnet neue Aufgabenfelder. Werden diese Anstöße erfolgreich aufgegriffen, wird auch die Produktion an heimischen Standorten ihr Produktionswissen erweitern und von zusätzlichen Aufträgen profitieren können. Zudem werden in den Werken der Automobilindustrie nunmehr moderne Fertigungsverfahren wie Just in Time (JIT) eingesetzt. Diese Entwicklung in der Produktion findet ihre konsequente Fortführung in dem Trend, weitere Wertschöpfungsprozesse in Schwellenländer zu verlagern. Die notwendige Reduktion von Entwicklungs- und Fertigungszeiten und die erforderliche Senkung der Kosten erzwingen den Neubau von Entwicklungszentren bzw. Fertigungsstandorten weltweit.
5.1.2. Chancen und Risiken für die Automobilhersteller Die Fusion von Daimler-Benz mit Chrysler, der (im Nachhinein gescheiterte) Erwerb von Rover durch BMW und der Ausbau der weltweiten Produktionspräsenz von Volkswagen zeigen: Die Entwicklung der großen Unternehmen der deutschen Automobilindustrie im vergangenen Jahrzehnt ist durch einen beachtlichen Internationalisierungsschub gekennzeichnet. Wie lassen sich die drei Konzerne in ihrem Internationalisierungsverlauf bezogen auf die neunziger Jahre angemessen beschreiben: Sind es multinationale, transnationale oder globale Unternehmen? Werden an neuen bzw. erneuerten Auslandsstandorten die gleichen, ähnliche oder völlig andere Produktionssysteme als in den deutschen Stammwerken realisiert? Verlaufen Lern- und Innovationsprozesse nur vom „Zentrum“ in die „Peripherie“ der internationalen Unternehmen oder auch umgekehrt? Trifft das Zentrum-Peripherie-Bild eigentlich noch die gegenwärtige Konfiguration der Standorte innerhalb der Konzerne? Der Aufbau neuer Standorte bzw. der radikale Umbau bereits bestehender Fertigungsstätten in Übersee verweist auf eine, gegenüber der bisherigen Entwicklung, qualitativ neuartige Internationalisierungsphase der drei großen deutschen Automobilkonzerne in den neunziger Jahren. Durch die differenzierte Rekonstruktion der Profile dieser ausgewählten ÜberseeStandorte konnten sowohl deren aufgewertete Funktionen im gesamten Konzernverbund, als auch dessen neue strategische Orientierungen in den jeweiligen Regionen abgeschätzt werden. Die Standorte innerhalb des jeweiligen Konzerns nehmen hinsichtlich ihrer
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
43
markt- und produktstrategischen Bedeutung sowie ihrer innovativen Produktionssysteme keine periphere Position mehr ein, sondern treten zunehmend in Konkurrenz um Investitionen, Produkte und Produktionsquoten mit traditionellen Standorten in Deutschland.
5.2. Die Zuliefererindustrie Auch die Zulieferindustrie muss der Globalisierung Rechnung tragen. Vor dem Hintergrund weltweiter Fahrzeugplattformen und globaler Sourcing-Verträge sind die Zulieferunternehmen gefordert, an den Produktionsstandorten ihrer Kunden präsent zu sein. Zudem ist die Zulieferbasis in den Zielregionen der Hersteller häufig unterentwickelt, so dass der dem Hersteller ins Ausland folgende Lieferant eine willkommene Beschaffungsquelle ist.
1988/1990
2004
2% 10% 34%
1% 4%
19%
34%
Australien/Ozeanien 11% 7% 8%
3% 9%
12%
11%
Afrika Übriges Asien China Übriges Amerika NAFTA
18%
17%
Mittel-/Osteuropa Westeuropa
Quelle: VDA
Abbildung 8: Regionale Verteilung der Auslandsstandorte deutscher Zulieferer120
Die Abbildung 8 zeigt die regionale Verteilung der Auslandsstandorte deutscher Zulieferer in den Jahren 1988/1990 und 2004. Während der Anteil Westeuropas über die vergangenen Jahre konstant blieb, legten die Länder Mittel- und Osteuropas zu.
120
Vgl. O.V., 2005a, S. 30
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
44
5.2.1. Strategien der Zuliefererindustrie Über ein Viertel aller Zulieferer hat in den letzten fünf Jahren ein Produktionsstandort in Osteuropa eröffnet (siehe Abbildung 9). Trotz dieser allgemeinen Aufbruchstimmung gen Osten hat die Zulieferindustrie Deutschland aber noch nicht den Rücken gekehrt. Fast ein Fünftel
26 16,1
st eu ro pa O
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ik a Sü da m er
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As ie n
17,3
D eu ts ch la nd
Quelle: VDA
16,7
8,7
8
4,1
3,3
An de re
30 25 20 15 10 5 0
Af rik a
Anteil in %
der Unternehmen haben im Inland ein Produktionswerk eröffnet.
Abbildung 9: Neue Standorte deutscher Zulieferer in den letzten fünf Jahren121
Für die Zulieferer ist ein sinnvoller Mix zwischen Hoch- und Niedrigkostenstandorten entscheidend. So besteht für BOSCH-Chef Franz Fehrenbach „kein Widerspruch darin, wenn wir ein neues Werk in China eröffnen und zugleich über Kostensenkungen an unseren deutschen Standorten verhandeln.“122 Trotzdem machen einige Zahlen deutlich, dass es in den nächsten Jahren zu einer verstärkten Verlagerung in Richtung Osteuropa und China kommt. Denn bereits 38 Prozent der deutschen Zulieferer haben einen Standort in diesen beiden Regionen und 50 Prozent planen eine Verlagerung dorthin. Die Abbildung 10 zeigt die Regionen, in denen aus Sicht der Zulieferer in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren besonders viele Produktionsstandorte aufgebaut werden.
121 122
Vgl. O.V., 2004b, S. 15 Krix, Pia, 2004, S. 5
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
45
75
65
23 5
a
N or da m er ik
In di en
ik a Sü da m er
ie n Sü do st as
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1
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21
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80 70 60 50 40 30 20 10 0
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Regionen potentieller neuer Standorte
* di e %-Zahl gibt an, wieviel Zul ief er er ver l ager t haben oder Ver l ager ungen planen
Abbildung 10: Regionen potentieller neuer Standorte123
Die Verlagerung von Standorten in Niedriglohnländer wird wahrscheinlich die Regel werden. Bereits heute ist ein großer Teil der Wertschöpfung akut von der Abwanderung bedroht.124 Deutlich wird auch, dass die Qualität eines Produktionsbetriebs nicht von seinem Standort abhängt, sondern vielmehr von dem internen Qualitätskonzept der Unternehmung (siehe Toyota mit seinem Toyota Produktionssystems). Standortfaktoren, wie z.B. die Produktions- und Lohnkosten incl. sonstiger Arbeitsfaktoren (Flexibilität, Arbeitseinstellung, Qualifikation), Nähe zu Märkte und Herstellern und auch die Infrastruktur des gewählten Ziellandes werden bei der Standortwahl entscheidend sein.
5.2.2. Chancen und Risiken für die Zuliefererindustrie Die Zuliefererindustrie hat die Probleme der Automobilhersteller zu spüren bekommen. Fast die gesamte Branche schreibt rote Zahlen. Um sich im Konkurrenzwettbewerb zu behaupten und dem erheblichen Kostendruck standzuhalten, ist die Suche nach günstigen ausländischen Produktionsstandorten nachvollziehbar. Neben dem Global Sourcing der Automobilkonzerne verschärft sich die bedrohliche Situation ferner durch die Verlagerung einiger Produktionswerke der Automobilhersteller ins Ausland, durch die Verringerung der Produktionstiefe beim Endproduktehersteller und aufgrund der Reduzierung der Lieferantenzahl auf wenige Systemlieferanten.
123 124
Vgl. Schwegmann, Vinzenz, 2005, S. 26 Ebenda, S. 30
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
46
Zulieferunternehmen müssen immer häufiger den Automobilherstellern an die neuen Produktionsstandorte folgen. Trotzdem wird von den Zulieferern ein konstant hohes Qualitätsniveau und hohe Verfügbarkeit der Zulieferleistungen weltweit erwartet.125 Dabei erfordert der Aufbau eines internationalen Standorts finanzielle Ressourcen, Know-How und Managementkapazität. Hier kommen gerade kleine und mittlere Zulieferer schnell an ihre Grenzen. Die Anforderungen der großen Automobilhersteller gehen heute in die Richtung, dass sich die Hersteller von Ausrüstungsgütern als Entwicklungspartner verstehen und sich entsprechend einsetzen. Dadurch sollen die Stückkosten in der Fahrzeugproduktion weiter gesenkt und die Stückzahlen erhöht werden. Weiterhin erwarten die großen Automobilhersteller vor allem eine hohe Wertschöpfungstiefe vor Ort. Da Automobile weltweit hergestellt werden, reicht es für die Zulieferer nicht mehr aus sich auf den Export zu beschränken. Die Hersteller scheinen sich auf einige große Zulieferer zu konzentrieren. Die räumliche Nähe hat dabei eine große Bedeutung. Gerade diese Anforderung können viele kleiner Anbieter nicht immer erfüllen. Die Produktivität, von einigen Herstellern als Grundlage einer Produktion in Deutschland angesehen, ist aufgrund der geringen Mengen gesunken. Die Lernkurve in der Produktion in Abhängigkeit von der Menge spielt dabei eine entscheidende Rolle.126 Durch die Reduktion der Lieferantenbasis seitens der OEMs, bleiben nur einige der ehemaligen Serienlieferanten Direktlieferanten. Daher ist es für die Zulieferer wichtig, bei der Entwicklung dieser neuen vertikalen Kooperationen moderne Beschaffungskonzepte umzusetzen. Es entstehen unterschiedliche Zulieferebenen, die man anhand ihrer Nähe zu Hersteller wie folgt unterscheidet: Erstlieferant („First Tier“), Zweitlieferant („Second Tier“) und Drittlieferant („Third Tier“).127 Eine Standortverlagerung ist aber nicht selten nur mit Vorteilen für das Zulieferunternehmen verbunden. Auf Grund der mangelnden Prozesstransparenz bei den Automobilunternehmen ist ein an den Abläufen der Endproduktehersteller angepasster Projektplan für den Lieferanten nur schwer definierbar. Diese auf verschiedenen Feldern erweiterten Kundenanforderungen bedeuten für die Zulieferindustrie, dass sie sich darauf einstellen muss, ein internationales
125
Vgl. Bartelt, Andreas, 2002, S. 13 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 23 127 Vgl. Bartelt, Andreas, 2002, S. 20ff 126
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
47
Netzwerk auf- bzw. auszubauen. Sie brauchen ein globales, integriertes Netzwerk, damit sie in einem Unternehmensverbund international zusammenarbeiten können. Der Trend, auch höherwertige Wertschöpfungsstufen wie Forschung und Entwicklung in die Länder der Produktionsstandorte zu verlagern, zwang die Teilezulieferer in vielen Fällen dazu, ebenfalls entsprechende Wertschöpfungsprozesse an den neuen Standorten aufzubauen. Auftretende Qualitätsprobleme machen diesen Ansatz heute allerdings fraglich. So versuchen die Zulieferer, möglichst schnell die Märkte in den neuen Regionen gründlich kennen zu lernen und weitere Hersteller als Kunden zu gewinnen. Für viele Zulieferer kann ihr neues Auslandsengagement auf längere Sicht nur erfolgreich und rentabel sein, wenn ihnen diese Erweiterung ihrer Marktpräsenz gelingt. Dieser Durchbruch zum tatsächlich globalen Zulieferer hängt dabei weniger von der Unternehmensgröße, als vielmehr von dem Produkt- und Produktions-Know-How sowie der Fähigkeit des globalen Organisationslernens ab.128
5.3. Zielrichtung der automobilen Globalisierung Verschiedene Regionen und Staaten beinhalten auch die unterschiedlichsten Möglichkeiten um neue Produktionsstandorte für die deutsche Automobilindustrie zu schaffen. Im Folgenden werden die zukünftig relevanten Regionen beschrieben.
5.3.1. Westeuropa als Produktionsstandort Das Kostenproblem für die Hersteller wird schärfer und stellt damit sogar die Zukunft Deutschlands und Westeuropa in Frage. Noch ist Deutschland mit 5,6 Millionen Autos129 nach den USA und Japan der drittgrößte Automobilproduzent der Welt. Diesen Platz könnte die Bundesrepublik aber noch in diesem Jahr an China verlieren. Speziell Deutschland verfügt jedoch über Vorteile wie Lieferantenstrukturen, Forschungseinrichtungen, die Infrastruktur und qualifizierte Facharbeiter. Den hohen Kosten wird dabei vor allem mit einer Erhöhung der Produktivität begegnet, teilweise durch den vermehrten 128 129
Vgl. Kilper, Heiderose; Pries Ludger, 1999, S. 19 Vgl. VDA, 2005, Seite 12
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
48
Einsatz von Robotern. Auch spielt die Nähe zum Markt eine wichtige Rolle, weil nur so auf Kundenwünsche schnell reagiert werden kann. Eine enge Zusammenarbeit mit den Zulieferern verspricht ebenfalls Vorteile.130 Innerhalb der letzten zehn Jahre konnte die Exportquote von 55 auf 71 Prozent (siehe Abbildung 11) gesteigert werden. Hier zeigt sich auch die Bedeutung des Begriffs „Made in Germany“, der sicherlich ohne diese hohe Exportquote der deutschen Automobilindustrie auch nicht diesen Stellenwert hätte. 80 in Milliarden Euro
70 60
55
57
58
60
61
65
67
69
71
71
71
50 40 30 20 10 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Quelle: VDA-St at ist iken
Abbildung 11: PKW-Exportquote131
Auch die Argumentation, die Globalisierung vernichte Arbeitsplätze in Deutschland kann nicht ohne weiteres gelten. Das zeigt die Zahl steigender Beschäftigungszahlen trotz paralleler Ausweitung der Auslandsaktivitäten.132 Insgesamt besitzt die deutsche Automobilindustrie 34 Standorte in Westeuropa. Dabei bleibt auch diese „alteingesessene“ Region weiterhin ein Schwerpunkt der Fahrzeugproduktion.133 Allerdings gilt für Deutschland und Westeuropa zu beachten, dass „Local content“-Auflagen keineswegs Privilegien der „emerging markets“ sind. Auch hoch entwickelte Länder fordern zum Schutz der eigenen Arbeitsplätze einen „local content“. Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass beispielsweise japanische Automobilhersteller Werke in Europa aufbauten.
130
Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 22 Vgl. VDA, 2005, S. 13 132 Ebenda, S. 12 133 Ebenda, S. 13 131
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
49
5.3.2. Osteuropa als Produktionsstandort Nach dem Niedergang des real existierenden Sozialismus erhöhte sich das Interesse an osteuropäischen Standorten. Hierdurch ergab sich die „nahe liegende“ Möglichkeit alternative Standorte in osteuropäischen Ländern, wie Polen, Tschechien oder auch Ungarn, zu erschließen. Die Kosten machten nur etwa zehn bis zwanzig Prozent des deutschen Niveaus aus und die geographische Entfernung war relativ gering. Unter diesem Kostendruck stellte sich die Frage, ob man eigene Produktionsstätten in den östlichen Ländern aufbauen und/oder Kooperationen mit ortsansässigen Zulieferern suchen sollte.134 In verschiedenen Ländern Osteuropas wurden im Jahr 2004 knapp 1,37 Millionen Fahrzeuge produziert. Der Anteil von gut 60 Prozent der deutschen Hersteller zeigt, die deutliche Präsenz in dieser Region. Damit wurden 18 Prozent aller im Ausland hergestellten Autos in diesen Ländern gefertigt.135 Internationales
Outsourcing
bringt,
aufgrund
hoher
Transportkosten,
nur
dann
Effizienzvorteile mit sich, wenn Lohnkostenunterschiede und geografischer Nähe genutzt werden können. Die Kombination beider Standortvorteile bieten in erster Linie die östlichen Nachbarstaaten Deutschlands. Die neuen EU-Länder legten in der Automobilproduktion um 24 Prozent zu. In Polen, Tschechien und Slowenien verließen mehr Fahrzeuge die Produktionshallen, in der Slowakei und Ungarn wurde die Produktion zurückgefahren.136 Zugleich besteht die Gefahr, dass sich die osteuropäischen Standorte durch Lohnerhöhungen um ihre Wettbewerbsvorteile bringen. Probleme ergeben sich auch bei der schlechteren Zulieferstruktur und dem niedrigeren Automatisierungsgrad.137
5.3.3. Asien als Produktionsstandort Beispielhaft für das Auftauchen neuer und emporstrebender Märkte, so genannte „emerging markets“, kann die wirtschaftliche Entwicklung Asiens gesehen werden. Ein gemeinsames Erfolgsmerkmal von Asien ist sicherlich die Balance zwischen staatlicher Intervention und
134
Vgl. Kilper, Heiderose; Pries Ludger, 1999, S. 15 Vgl. VDA, 2005, S. 39 136 Ebenda, S. 40 137 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 23 135
Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
50
Marktkräften.138 „Die ökonomische Entwicklung Asiens ist zugleich Beleg für eine sowohl kontinuierlich als diskontinuierlich-turbulent verlaufende Transformation oder eines entsprechenden Wandels.“139 Andererseits sollten die wichtigsten, speziell für die Automobilindustrie interessanten Regionen bzw. Staaten Asiens separat von einander betrachtet werden. 1. China Seit dem WTO-Beitritt Chinas im Dezember 2001 wächst der Markt wie entfesselt. Die OEM stocken derweil ihre Fertigungskapazitäten fieberhaft auf. Doch noch schneller als die Nachfrage wachsen die Fertigungskapazitäten der OEM. Das Ergebnis ist ein Preis- und Kostendruck und die mögliche Folge ist, dass China zum Exportland wird. Denn früher als erwartet drängen chinesische OEMs mit ihren Modellen in Europa auf den Markt. Es steht zu erwarten, dass chinesische OEMs Produktionen in Europa aufbauen oder sich in bestehende einkaufen.140 Das große Problem des chinesischen Markts sind die zu erwartenden Überkapazitäten. Bei einer erwarteten Produktionskapazität bis 2008 von sieben Millionen Fahrzeugen stehen selbst bei einer sehr optimistischen Prognose nur 4,7 Millionen PKWs auf der Absatzseite. Trotz eines nachlassenden Absatzbooms (minus acht Prozent im ersten Quartal 2005) ist der chinesische Markt mittel- und langfristig zu wichtig, als dass man sich von Einbrüchen abschrecken lassen dürfte. Diese Ansicht eint die meisten westlichen OEMs und Zulieferer. Zunehmend interessant werden auch Lieferungen an chinesische OEMs. Die meisten Kenner der Automobilbranche erwarten ein Wachstum des dortigen Fahrzeugmarktes von jährlich rund 18 Prozent bis ins Jahr 2012. Einige Prognosen gehen sogar davon aus, dass China bis 2025 den US-Markt überholt. Bei einem Aufbau einer Produktion in China wird den ausländischen Automobilherstellern zwingend ein chinesischer Partner mit mindestens 50 Prozent der Gesellschaftsanteil beigestellt. Für Zulieferer gilt diese Regelung grundsätzlich nicht. Trotzdem wird es schwierig werden ohne chinesischen Partner bei den Automobilherstellern „den Fuß in die Tür zu bekommen“.141
138
Vgl. Wolters; Landmann; Bernhart; Karsten, 1999, S. 97 Wolters; Landmann; Bernhart; Karsten, 1999, S. 97 140 Vgl. Vieser, Susanne, 2005, S.16 141 Waldkirch, Karl, 2005, S. 36 139
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Persönliche Beziehungen und regionale Netzwerke geben den Ausschlag für ein erfolgreiches Investment in China. Der Qualitätsanspruch ist aber nicht so ausgeprägt und die Wahrscheinlichkeit, dass Produkte von einem Konkurrenten billig kopiert werden, ist groß.142 2. Indien Der Anstieg des Sozialprodukts im vergangenen Jahr um 8,2 Prozent, zeigt deutlich das auch ein Blick auf den indischen Automobilmarkt von Interesse sein kann. Indiens Vorteile gegenüber China sind ein liberalerer Umgang mit ausländischen Investoren, der bessere Schutz des geistigen Eigentums und eine breitere Verfügbarkeit von qualifizierten Ingenieuren und Arbeitern.143 Der PKW-Markt wuchs innerhalb des vergangenen Jahres um 12,3 Millionen Einheiten. Der Zuliefermarkt wird derzeit auf 6,7 Milliarden US-Dollar beziffert. Bis 2012 soll sich dieses Volumen auf 17 Milliarden US-Dollar erhöht haben.144 Wegen der niedrigen Lohnkosten bauen Autokonzerne ihre Kapazitäten auf dem indischen Subkontinent aus. Mit einer Produktion von 1,2 Millionen Fahrzeugen hat sich Indien inzwischen auf Platz zwölf der führenden Automobilländer der Welt vorgeschoben. Dank seiner geographischen Lage und seiner niedrigen Kosten könnte Indien der ideale Exportstandort für den europäischen Markt werden. Allerdings verfügt Indien nicht über genügend Fertigungskapazitäten. Zurzeit bauen Volkswagen und BMW ihre Kapazitäten auf dem indischen Markt aus. Die in Indien ansässigen Autobauer planen bis 2007 Erweiterungen in Höhe von rund 580 Millionen Euro. Grund für die Investitionen sind die niedrigen Arbeitslöhne für hoch qualifizierte Techniker. Der Arbeitslohn beträgt nur sechs bis acht Dollar, im Vergleich zu 22 Dollar (z.B. USA) oder sogar 30 Dollar (Deutschland) in westlichen Ländern. Indische Autohersteller geben drei bis 15 Prozent ihrer Verkaufspreise als Gehälter weiter, während die Global Player zwischen 20 und 40 Prozent der Verkaufspreise als Entlohnung ihrer Facharbeiter einkalkulieren. Das niedrige Lohnniveau wirkt sich auch auf die Teilefertigung aus. Experten trauen der indischen Autokomponenten-Branche zu, im Jahr 2015 bis zu 40 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaften zu können. Allerdings besteht großer Nachholbedarf bei der Qualität.
142
Vgl. O.V., 2005f, S. 35 Vgl. Hein, Christoph, 2005, S. 6 144 Vgl. O.V., 2005a, S. 32 143
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3. Andere asiatische Regionen Als Folge steigender Haushaltseinkommen und einer gelockerten Haushaltspolitik sind im vergangenen Jahr die PKW-Neuzulassungen in den so genannten Tigerstaaten Indonesien, Malaysia, Thailand und Taiwan auf 1,8 Millionen Einheiten gestiegen. Gefördert wird das Wachstum von zahlreichen Freihandelabkommen. So tritt am 1. Januar 2006 das South Asian Free Trade Agreement (SAFTA) in Kraft. Das Interesse der Branche konzentriert sich derzeit vor allem auf Thailand. Die geplante Produktion von 1,8 Millionen Fahrzeugen jährlich bis 2010 soll das Land zu den zehn weltweit führenden Automobilnationen machen. Die Regierung plant, Thailand als Zentrum der asiatischen Autoindustrie, als „Detroit Asiens“ zu etablieren.145
5.3.4. Nordamerika als Produktionsstandort Die Deutschen hängen wie keine andere Auto-Nation am Tropf der Wechselkurse, da sie netto in den Dollarraum exportieren und anders als die japanische Konkurrenten nur einen kleinen Teil der in den USA verkauften Autos im Dollarraum produzieren. Dadurch hinterlassen Wechselkursschwankungen Spuren in den Bilanzen der deutschen Autohersteller.146 Einige Entscheidungen haben die Aufmerksamkeit auf diese Region gelenkt. Zum einen DaimlerChrysler mit der Produktion in Tuscaloosa147 und auch BMW mit seinem neuen Werk in Spartanburg. BMW sah vor allem die Marktnähe als Auslöser für die Produktion in den USA. Die Abschottung und Wettbewerbsintensität auf dem US-amerikanischen Markt ließe nur dort eine Produktion zu.148 Außerdem betragen die Lohnkosten für die Herstellung von Personenkraftwagen in den USA ca. 22 US-Dollar/Stunde, während sie in Deutschland bei ca. 30 US-Dollar/Stunde liegen. Dieser Nachteil wird nicht mehr durch die höhere Produktivität in Deutschland ausgeglichen. In einigen Fällen sei sie in den Vereinigten Staaten sogar um 30 Prozent höher. BMW zahlt in Spartanburg 12 Dollar/Stunde, womit sie unter dem US-amerikanischen Tariflohn bleiben.149
145
Vgl. O.V., 2005b, S. 18 Vgl. Maurer, Gerhard, 2004, S. 3 147 ausführlich dazu Kapitel 6 148 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 22 149 Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 23 146
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5.3.5. Südamerika als Produktionsstandort „Ein Auto in Brasilien herzustellen kostet uns genauso viel, wie die 10.000 europäischen Zulassungsvorschriften einzuhalten.“ Diese Aussage vom VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder zeigt schon, dass der südamerikanische Kontinent mittlerweile wieder von Interesse für die Automobilindustrie ist. Nicht vergessen werden darf aber, dass in Südamerika in den 1990er Jahren mit Milliardenaufwand zahlreiche neue Autofabriken hochgezogen und dann beim Ausbruch der Wirtschaftskrise wieder geschlossen wurden.150 In Brasilien wurde die Rekordproduktion von 2,1 Millionen Fahrzeugen aus dem Jahr 1997 nie wieder erreicht. Aufgrund von Wirtschaftsreformen besteht trotzdem Zuversicht. Derzeit hat die Branche eine gigantische Überkapazität. Die OEMs könnten in ihren Werken 3,2 Millionen Fahrzeuge pro Jahr bauen, die Produktion liegt aber nur bei rund 1,8 Millionen Fahrzeugen. Die OEMs fahren deshalb eine neue Strategie: Brasilien wird Entwicklungs- und Produktionsstandort für Exportfahrzeuge. Z.B. der VW Fox, der seit diesem Jahr unter anderem auch nach Europa exportiert wird.151
150 151
Rother, Franz W., 2004, S. 11 O.V., 2003b, S. 48ff
Fallstudie
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6. Fallstudie Die Fallstudie soll einen Einblick in den praktischen Ablauf des Standortwahlprozesses der DaimlerChrysler AG wiedergeben. Das Unternehmen eignet sich aufgrund seiner globalen Ausrichtung sehr gut für diese Darstellung. Zuerst werden die grundlegenden Bedingungen und Eigenschaften einer Fallstudie beschrieben. Als zweitens wird das Unternehmen DaimlerChrysler vorgestellt. Der dritte Bereich umfasst den eigentlichen Ablauf der Standortplanung am Beispiel der M- und R-Klasse in Tuscaloosa.
6.1. Grundsätzlicher Aufbau von Fallstudien Fallstudien werden häufig in der betriebswirtschaftlich orientierten Logistikforschung eingesetzt. Sie verfolgen verschiedene Zielsetzungen, so zum Beispiel die Entdeckung und die Beschreibung von realen Sachverhalten. Die Unterscheidung, ob eine deduktive und induktive Vorgehensweise dabei genutzt wird, ergibt sich aus der Fragestellung, ob der Forscher a priori oder posteriori eine Aussage über den betrachteten Sachverhalt gibt.152 In dem betrachteten Fall153 handelt es sich um eine deduktive Betrachtung. Generalisierende Aussagen können hier nicht getroffen werden, da dazu eine größere Anzahl von Vergleichsfällen bzw. Unternehmen mit einbezogen werden müsste.154 Eine präzise Grenzziehung ist aufgrund der Verschmelzung mit der Umgebung, wie z.B. durch eine vorherige vollständige Festlegung von abhängigen und unabhängigen Variablen, nicht möglich. Auch sind die Ergebnisse von der Interpretation des Forschers abhängig. Bei der Fallstudie wird dieser Fall untersucht. Sie versucht Ansätze zur Beantwortung bestimmter Forschungsfragen zu finden.
152
Vgl. Pfohl, Hans-Christian, 2004, S. 177ff Ein Fall besitzt charakteristische Merkmale. „Es handelt sich hierbei um ein Phänomen, bezogen auf die menschliche Aktivitäten, das in seiner realen Umgebung untersucht wird. Die Komplexität des Untersuchungsgegenstands kann nur in ihrem Zusammenhang studiert und verstanden werden.“: Pfohl, HansChristian, 2004, S. 177 154 Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 180 153
Fallstudie
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Die Fallstudie benutzt verschiedene Informationsquellen und Instrumente, um zu einer umfassenden Bewertung zu gelangen.155 Die Fallstudienbetrachtung bietet zudem den Vorteil, „komplexe Zusammenhänge zu Handlungsempfehlungen für die effiziente Gestaltung einer Einführungsstrategie zu generieren“.156 Auswahl der Untersuchungsmethode Es gilt zunächst, die geeignetste Erhebungsmethode für die empirische Studie auszuwählen. Für die Bearbeitung des vorliegenden Problems kommt die Form der Expertenbefragung mit Hilfe eines Fragebogens in Betracht. Diese Form scheint zweckmäßig und realitätsnah zu sein. Andere Möglichkeiten, wie z.B. die Beobachtung scheiden aufgrund des relativ kurzen Zeitraums aus. Ablauf der Befragung Die Befragung wurde schriftlich mit Hilfe eines Fragebogens157 und gleichzeitig mündlich in Form eines persönlichen Gesprächs durchgeführt. Das Ziel des vorliegenden Fragebogens lag in der detaillierten Analyse und Durchdringung qualitativer Bestandteile und Aspekte und nicht der exakten Ermittlung quantitativer betrieblicher Prozesse und Strukturen. Beim Fragebogen müssen drei Bedingungen eingehalten werden. Dazu gehört, dass er systematisch aufgebaut ist, das heißt der Fragebogen orientiert sich an der Forschungsfrage. Wichtig ist außerdem die Beachtung, der in der Erhebungssituation wirkenden Faktoren, also eine kontrollierte Vorgehensweise. Und drittens muss der Fragebogen durch ein Protokoll nachprüfbar sein.158 Verschiedene Typen der Befragung wurden beim Fragebogen angewandt. Zum einen die Unterteilung von offenen und geschlossenen Frage. Bei den offenen Fragen wurden keine Antworten vorgegeben. Sie ermöglichen dem Unternehmensvertreter eine größtmögliche Flexibilität bei der Beantwortung. Bei den geschlossenen Fragen gab es eine Liste von möglichen Antworten. Zum anderen wird bei der Befragung die qualitative (ganzheitliche) Auswertung beachtet.159 155
Vgl. Pfohl, Hans-Christian, 2004, S.177f Vgl. Kandaouroff, Anna, 1998, S. 55 157 Vgl. Boldt, Oliver, Gomm, Moritz, 2004, S. 123ff 158 Vgl. Denz, Hermann, 2005, S. 43 159 Ebenda, S. 44 156
Fallstudie
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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorgehensweise der Kombination aus persönlichem Interview und schriftlicher Befragung die geeignetste Methode im Rahmen der gegebenen Problemstellung war. Ergebnis dieses Gesprächs war das durchweg Interesse an der Mitarbeit bestand. Zu berücksichtigen ist, dass das Unternehmen keine kompletten Standortentscheidungsanalysen nach außen geben kann. Trotzdem lässt sich auf den gegebenen Auskünften sehr gut aufbauen. Der Fragenkatalog wurde am 04. Oktober 2005 im DaimlerChrysler-Werk Sindelfingen bei einem persönlichen, ca. 90 Minuten dauernden Gespräch, bearbeitet.160
6.2. Das Unternehmen DaimlerChrysler AG DaimlerChrysler ist ein weltweit führendes Automobil-, Transport- und Dienstleistungsunternehmen. Nach dem Zusammenschluss des größten europäischen Industrieunternehmens Daimler-Benz mit der Chrysler Corporation, einem der innovativsten amerikanischen Automobilhersteller, im November 1998, besitzt DaimlerChrysler eine globale Belegschaft, eine internationale Aktionärsbasis, eine weltweite Orientierung seiner Marken und eine globale Ausrichtung in die Zukunft. Der Umsatz betrug im Jahr 2004, bei einer Mitarbeiterzahl von rund 385.000, ca.142 Milliarden Euro. Davon entfielen auf die Europäische Union ca. 47,4 Milliarden, auf die USA ca. 64,3 Milliarden und die übrigen Märkte ca. 21,4 Milliarden Euro.161 DaimlerChrysler hat im Jahr 2004 insgesamt 4,7 Millionen Fahrzeuge (inkl. Nutzfahrzeuge) abgesetzt.162 In insgesamt 20 Ländern besitzt das Unternehmen Fertigungskapazitäten. Potentiale zur Effizienzsteigerung und damit Vorteile im internationalen Wettbewerb erlangt das Unternehmen durch die weltweite Vernetzung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie der Produktions- und Vertriebsstandorte.163
160
Gesprächspartner war Herr Alfred Bechtold, Leiter Vehicle Preparation Center / International Supply Vgl. DaimlerChrysler AG, 2004, S. 100ff 162 Ebenda, S. 21 163 Ebenda, S. 18 161
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Das Produktangebot der Mercedes Car Group (und damit der für diese Fallstudie relevante Bereich) reicht vom Kleinwagen (smart) über Premiumprodukte der Marke Mercedes-Benz (incl. AMG und McLaren) bis hin zur Luxuslimousine Maybach. Der größte Teil der Fahrzeuge wird in Deutschland produziert. Weitere Produktionsorte sind die USA, Frankreich, Südafrika, Brasilien, Indien, Thailand, Vietnam und künftig auch China. Die wichtigsten Absatzmärkte waren im Jahr 2004 Deutschland mit 32 Prozent vom Gesamtabsatz, die übrigen Märkte Westeuropas 35 Prozent, die USA 18 Prozent und Japan 3 Prozent.164 Schon Ende der siebziger Jahre waren Daimler-Benz-Automobile in über 160 Ländern der Welt mit eigenen oder lizenzierten Verkaufsniederlassungen vertreten. Bis Mitte der neunziger Jahre war Daimler-Benz im Bereich der PKW-Produktion ein fast ausschließlich deutsches Unternehmen.165 Soweit überhaupt Fertigungskapazitäten außerhalb Deutschlands existierten, dienten sie ausschließlich der Montage und Verkaufsvorbereitung von fast vollständig in Deutschland produzierten Fahrzeugen. Die so genannte CKD-Fertigung (Completely Knocked Down) wird in Kapitel 6.4. noch weiter thematisiert. Lediglich in Pretoria/Südafrika bestanden seit 1966 Minderheitsbeteiligungen (1984 umbenannt in Mercedes-Benz South Africa, MBSA).166 Die absolute Fixierung auf die PKW-Fertigung in Deutschland war Bestandteil der Unternehmensphilosophie und der Marktstrategie: Hochwertige und teure Autos „Made in Germany“. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre vollzog sich ein drastischer Wandel der grundlegenden Bestimmungsgrößen des Unternehmensselbstverständnisses und seiner Strukturen. In dieser Zeit wurden in starker Anlehnung an japanische Produktionsprinzipien auf allen Ebenen wichtige Initiativen gestartet. 1993 wurde mit dem aufgelegten TANDEM-Programm eine engere Kooperation mit den Zulieferern und Reduzierung der Fertigungstiefe angestrebt. Der Eigenfertigungsanteil, der 1994 noch bei ca. 45 Prozent lag, sollte rasch auf unter 40 Prozent sinken.
164
Vgl. DaimlerChrysler AG, 2004, S. 18 Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 45ff 166 Ebenda, S. 22 165
Fallstudie
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Neben der Produktoffensive und der Produktmodernisierungsoffensive war das dritte wesentliche Element des Wandlungsbruchs, die Globalisierungsoffensive, die auf die Etablierung neuer Produkte in neuen Märkten, vor allem aber auch auf die Internationalisierung der Produktionsstrukturen gerichtet war. Unter anderem wurde im Jahre 1991 die Aufnahme der Montage von CKD-Sätzen der E-Klasse in Toluca/Mexiko beschlossen. An diesem Beispiel – aber auch an den Internationalisierungsaktivitäten im PKW-Bereich in Indien und Brasilien – wird deutlich, dass die bereits relativ stark entwickelten weltweiten Fertigungsstrukturen im Nutzfahrzeugbereich eine wichtige Ausgangsbasis auch für die PKW-Globalisierungsoffensive waren.167 Einfache CKD-Monatgewerke wurden im Verlauf der 1990er Jahre auch in anderen Ländern der Welt, je nach regionalen Bedingungen, als eigenständige Daimler-Benz-Aktivitäten oder Joint Ventures eröffnet. Der Übergang von Daimler-Benz zu einem transnationalen Konzern ist an den neuen ausländischen Werken in Hambach (Frankreich, smart), Tuscaloosa (USA, M-Klasse) und Juiz de Fora (Brasilien, A-Klasse) erkennbar. Diese drei Werke wurden alle als „new plants“ installiert, was bedeutet, dass sie in einem vollkommen neuen Werk, vollkommen neue Produkte mit einem weitgehend neuen Produktionsmodell herstellen.168 Den bisher wohl größten Rückstrahlungseffekt in den Gesamtkonzern hinein dürfte dabei die neue Montagestätte in Tuscaloosa haben. Vor allem im Hinblick auf den systematischen Standortsuchprozess169 unterscheidet sich dieses Werk von den übrigen deutschen DaimlerChrysler-Werken. In diesem Jahr wird mit Hilfe eines Joint Ventures ein neuer Produktionsstandort von DaimlerChrysler und dem langjährigen Partner Beijing Automotive Industry Holding Company (BAIC) in Peking entstehen. Mit der dortigen lokalen Fertigung von Limousinen der Mercedes C- und E-Klasse soll die Marktpräsenz von Mercedes-Benz ausgebaut werden.
167
Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 50 Ebenda, S. 52 169 Vgl. Kilper, Heiderose; Pries Ludger, 1999, S.37ff 168
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Die Risiken für die DaimlerChrysler AG in China sind der eventuelle Know-How-Verlust und die politische Unsicherheit des Landes. Chancen sieht das Unternehmen in den geringen Produktions- und Teilekosten. An zweiter Stelle der wichtigsten Länder folgt Russland. Auch hier sind die politischen Risiken nicht zu vernachlässigen. Chancen bestehen wie auch in China in den niedrigen Produktions- und Teilekosten. Länder Osteuropas gelten in naher Zukunft nur als Standorte von Zulieferern der DaimlerChrysler AG. Es zeigt sich, dass qualitativ hochstehende, innovative Produkte auch an ehemals „peripheren“ Standorten eingeführt und gefertigt werden können.
Dies betrifft etwa die Er-
fahrungen um neue Formen der Gruppenarbeit oder bei der Standardisierung von Arbeitsschritten, wie sie bei DaimlerChrysler in Tuscaloosa gemacht wurden und zumindest teilweise in deutschen Werken, wie z.B. Rastatt übertragen werden sollen.170 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Daimler-Benz in den 1990er Jahren einen radikalen Wandel hin zu einem transnationalen Konzern durchmacht und sich durch die Fusion mit Chrysler – hier nicht weiter analysiert – gar in die Richtung eines tatsächlich global operierenden Konzerns entwickelt.171
6.3. Standortplanung am Beispiel Tuscaloosa 6.3.1. Allgemeiner Überblick Die Entscheidung von DaimlerChrysler zu Beginn der 1990er Jahre in den USA ihr erstes PKW-Montagewerk aufzubauen, stand im Kontext ernster, neuer globaler Wettbewerbsherausforderungen. Außerdem sah sich das Unternehmen mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Eine stagnierende Nachfrage in den europäischen Kernmärkten, hohe Kosten durch ein Produktionssystem, das viele Experten als ineffizient ansahen und der anwachsende Konkurrenzdruck
170 171
Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 35 Ebenda, S. 53
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seitens US-amerikanischer, japanischer und neuerdings auch anderer asiatischer Wettbewerber.172 Die Strategie ein völlig neues Werk mit völlig neuen Produkten zu bauen, war zweifelsohne ein in der Automobilgeschichte bis dato nicht gekanntes Doppelrisiko. Aber das Wachstumspotenzial der dortigen Märkte bot neue Chancen für das Unternehmen. Für den Hersteller war die Entscheidung, in den Sport Utility Vehicle (SUV)-Markt durch eine eigene Fertigungsstätte einzutreten, Ausdruck dafür, dass innerhalb dieses schnell wachsenden Marktsegments eine Premium-Nische entstand. Die USA repräsentieren über 70 Prozent aller weltweiten SUV-Verkäufe. Und durch die Internationalisierung der Wertschöpfungskette konnte eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden. Mit dieser weltweiten Präsenz wird man den Anforderungen eines „Global Players“ gerecht.173
6.3.2. Motive DaimlerChrysler ist bestrebt, Standorte zu wählen, an denen sich die spezifischen Unternehmensziele bestmöglich realisieren lassen und wo sich auf lokale Marktveränderungen mit der erforderlichen Dynamik reagieren lässt. Die drei wichtigsten Motive für diese Direktinvestition waren die Umsetzung der globalen Unternehmensstrategie, die Erschließung neuer Absatzmärkte und das Erleichtern der Marktzugangsbedingungen. Ein weiterer Vorteil der Standortentscheidung ist die Unabhängigkeit gegenüber Währungsschwankungen, die in der Vergangenheit häufig zu Wettbewerbsnachteilen geführt hatten.174 Durch eine Produktion im Dollar-Raum werden Währungsschwankungen innerhalb der DaimlerChrysler AG kompensiert. In den USA konnte man auf ein gut funktionierendes „Supplier-Network“ zurückgreifen. Die Sicherstellung der Warenströme, war aufgrund der Zusammenarbeit mit Systemlieferanten,
172
Vgl. Renschler, Andreas, 1995, S. 56 Ebenda, S. 38 174 Ebenda, S. 40 173
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61
ein weiteres Schlüsselkriterium. Aus diesem Grund ist auch ein Standort in einer Billig-Region nicht in die nähere Auswahl mit eingegangen.175 Trotzdem ist es unerlässlich alle Kostensenkungspotentiale zu nutzen. Natürlich haben bei der Entscheidung für den Produktionsort USA auch Produktionskosten eine Rolle gespielt. Hätte man diese als maßgebliches Kriterium eingesetzt, wäre man zum damaligen Zeitpunkt an einen Produktionsort in Russland oder China nicht vorbeigekommen, wo die Lohnkosten nur ca. 1/30 betrugen.
6.3.3. Projektteams Nachdem im März 1992 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, fiel im Herbst des gleichen Jahres der Startschuss für das Projekt mit der Bezeichnung „MPV“ (Multi Purpose Vehicle). Das Projekt wurde aus der Linienorganisation des Unternehmens ausgelöst. So erhielt man Projektteams mit voller Kosten- und Marktverantwortung. Im Unternehmen existiert keine Abteilung, die sich ausschließlich mit Standortentscheidungen befasst. Stattdessen werden für die Planung von Direktinvestitionen Projektteams gebildet, die sich in ihrer Zusammensetzung den individuellen Erfordernissen, insbesondere in Abhängigkeit von der Art der Direktinvestition, anpassen. Trotzdem müssen natürlich interne bzw. strategische Richtlinien eingehalten werden. Die kleinen Projektteams (ca. 120 bis 150 Mitarbeiter) können Veränderungen schneller und konsequenter umsetzen. Die Erfahrungen, die in den Projektteams gemacht werden, stehen zu einem späteren Zeitpunkt dem gesamtem Unternehmen zur Verfügung.176 Die Teamarbeit ermöglicht eine bessere Kommunikation und ein reibungsloses Miteinander der beteiligten Mitarbeiter. Die praktizierte Gruppenarbeit legt weniger das Leitbild des souveränen, hochqualifizierten und Partizipation suchenden Facharbeiter zugrunde, sondern eher das Modell kollektiver Produktionsverantwortung.177 Angesichts der Globalisierung der Automobilunternehmen müssen auch und gerade die sozialwissenschaftlichen Analyseansätze und -konzepte sich globalisieren, das heißt in diesem
175
Ebenda, S. 41 Vgl. Renschler, Andreas, 1995, S. 41 177 Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 53 176
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Zusammenhang vor allem: die spezifischen deutschen Traditionslinien von Produktionsmodellen nicht zum Maßstab aller Dinge zu machen. Das Tuscaloosa-Produktionsmodell ist durchaus „strukturinnovativ“, allerdings auf einer anderen Linie, als aus der deutschen Diskussion wohlbekannten. Die kleine Mannschaftsstärke verdeutlicht aber auch, dass es ohne Unterstützung und Mithilfe der zentralen Fachbereiche nicht funktionieren kann. Des Weiteren arbeiten auch die Systemlieferanten sehr eng mit den Teams zusammen und entwickeln gemeinsame Lösungen. Der Projektcharakter der internationalen Standortplanung wird dabei an folgenden Merkmalen deutlich. Es handelt sich um einen zeitlichen befristeten Entscheidungsvorgang und um keinen routinemäßig wiederkehrenden Entscheidungstatbestand. Außerdem besitzt die Entscheidung einen strategischen Hintergrund, welche langfristig alle Unternehmensbereiche beeinflusst. Das neu zu bildende Projektteam wird deshalb unter „cross-funktionalen“ Gesichtspunkten zusammengestellt, d.h. die Mitglieder sollen möglichst mehrere funktionale Bereiche repräsentieren. Die Ergebnisse des Projektteams werden vor der eigentlichen Vorstandsentscheidung auf ihre investitions- und finanztechnischen Implikationen hin überprüft. Entweder geschieht dies im Projektteam durch entsprechende Einsteuerung der erforderlichen Fachkapazitäten bei der Zusammensetzung der Teams oder aber die Vorschläge werden parallel zur Projektarbeit von Mitarbeitern des Unternehmenscontrollings im Hinblick auf ihre finanziellen Auswirkungen überarbeitet. Erst wenn die Ergebnisse qualitativer und quantitativer Analysen ein abschließendes Gesamtbild der zu vergleichenden Standortalternativen ermöglichen, kann ein entsprechend abgestimmter Lösungsvorschlag dem Entscheidungsgremium präsentiert werden. Mit Hilfe der extra gebildeten Projektteams konnte der Zeitrahmen der Standortsuche auf fünf Monate verkürzt werden.
6.3.4. Standortauswahl Beim Standortentscheidungsprozess werden die notwendigen Informationen ca. 50 Prozent von Primärquellen und 50 Prozent von Sekundärquellen beschafft. Von wichtiger oder sehr wichtiger Bedeutung erwiesen sich Informationen von Wirtschaftsverbänden (z.B. VDA: Verband der Automobilindustrie), dem Statistischen Bundesamt, den
Fallstudie
63
Bundesministerien und auch den Botschaften, Konsulaten und Außenhandelskammern. Dies sind staatliche bzw. öffentliche Quellen. Aus dem Bereich der privaten Informationsquellen sind die eigenen Mitarbeiter von großer Relevanz. Bei dem Such- und Auswahlprozess wurden
auch
Mitarbeiter
der
US-Tochtergesellschaft
Freightliner
und
anderen
DaimlerChrysler AG-Tochtergesellschaften mit einbezogen.178 Weitere wichtige Quellen aus dem privaten Bereich sind die Konkurrenzunternehmen der eigenen Branche und Unternehmen anderer Branchen sowie Geldinstitute. Weiterhin werden Informationen auch aus dem entsprechenden Land bzw. Staat bezogen. Hier sind die Regierung, die Wirtschaftsverbände und nationale Entwicklungsbehörden zu nennen. Bei den vorhandenen Sekundärinformationen ist die Verfügbarkeit, die Vergleichbarkeit und die Aktualität als gut zu bewerten. Zu beachten ist, dass es bei der Erfüllung der Anforderungen zwischen den einzelnen Staaten Unterschiede gibt. Standortwahlprozesse aus der Vergangenheit können helfen aktuelle Entscheidungen zu unterstützen. Dazu kann die Struktur der Daten verbessert, die Gewichtung verändert und die Prioritäten neu gesetzt werden. Bei der Standortwahl sind die verschiedenen Entscheidungsträger von Bedeutung. So sind persönliche Präferenzen und Kontakte sehr wichtig. Natürlich spielt auch eine unternehmerische Risikobereitschaft eine entscheidende Rolle. Diese Entscheidungsträger haben im Vergleich zu den dargestellten Standortfaktoren für die Standortentscheidung eine wichtige Funktion. Betriebsinterne Einflüsse aus den Bereichen Finanzen, Marketing, Personal und Organisation spielen bei der Entscheidung einen Standort in den USA zu suchen eine ausschlaggebende Rolle. Als Entscheidungsgrundlage für die Standortwahl werden Bewertungsverfahren durchgeführt. Hierzu wird das Checklistenverfahren am Anfang und die Nutzwertanalyse am Ende einer Standortwahl genutzt. Weitere Verfahren sind das multivariate Analyseverfahren, investitionstheoretischen Verfahren und der paarweise Vergleich.
178
Vgl. Renschler, Andreas, 1995, S. 44
Fallstudie
64
Bei der ersten globalen Machbarkeitsstudie wurden Standorte auf der ganzen Welt untersucht. Die Checkliste der länderspezifischen Nutzwerte dient hierfür als Basis. Die Frage 11 im Anhang zeigt die Bewertungskriterien und deren Bedeutung für die Standortwahl. Zu den wirtschaftlichen Standortfaktoren zählen unter anderem der Beschaffungsmarkt und der Absatzmarkt. Von großer Bedeutung ist hier das Kriterium Absatzpotenzial. Bei den staatlichen und politischen Standortfaktoren sind besonders wichtig die Wirtschaftspolitik, die Steuergesetzgebung und die staatlichen und regionalen Investitionsförderungen (z.B. Subventionen). Um in dieser Phase die wirtschaftlichen und die politischen Stabilität, die Infrastruktur, den Arbeitsmarkt und die möglichen Zulieferer zu untersuchen, wurde ein grobes Netz zur Bewertung verwendet. Des Weiteren wurde eine Bewertung des Arbeitsmarktes, der Personalkosten und der Imageauswirkung vorgenommen. Die Ergebnisse machten Nordamerika zum potentiellen Kandidaten Nummer eins. Die Vorteile, wie z.B. die Marktnähe und die Verringerung der Währungsschwankungen, wogen schwerer als niedrigere Stundenlöhnen und längere Arbeitszeiten, wie sie in einigen anderen Ländern zu finden waren.179 Folgende Eingangsvoraussetzungen waren bei der Standortsuche zu beachten. Die Fabrik sollte bei einer Investitionssumme von ca. 300 Millionen US-Dollar (ohne Werkzeuge) ca. 1500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Marktprognose belief sich auf jährlich ca. 65.000 zu produzierende Fahrzeuge, wobei die Hälfte in den USA abgesetzt werden sollte. Die Motoren und Getriebe sollten aus den deutschen Mercedes-Benz-Werken bezogen werden und die übrigen Teile von Systemlieferanten Nordamerikas. Die erste Macro-Transport-Analyse (siehe Abbildung 12) wurde auf Basis der erwähnten Prämissen und einer weiteren Analyse von Standorten potentieller Lieferanten durchgeführt. Bei den Transportkosten war zu beachten, dass etwa die Hälfte der Fahrzeuge verschifft wird, sodass geeignete Seehäfen eine große Rolle spielten. Bei der Macroanalyse wurde auch das Arbeitskräftepotential, deren Ausbildungsstand und Löhne untersucht.
179
Vgl. Renschler, Andreas (1995), S. 46
Fallstudie
50 US-Staaten + Kanada
65
Makroanalyse
21 US-Staaten mit 64 Standorten
verfeinerte Nutzwertanalyse + Betriebskostenanalyse + Investitionskostenanalyse
Shortlist 6 Staaten mit je 1 sehr guten Standort
standortspezifische Nutzwertanalyse
Besichtigung vor Ort durch alle Entscheidungsträger
Longlist 11 Staaten mit 1-3 guten Standorten
3 Staaten mit je 1 sehr guten Standort
letzte Verahndlungen externe Gutachten
Entscheidung für Tuscaloosa/Alabama
Abbildung 12: Ablaufdiagramm Standortauswahl180
Die übrig gebliebenen 64 Standorte (in 21 Ländern) wurden dann einer standortspezifischen Nutzwertanalyse unterzogen. Die potentiellen Standorte wurden auf das allgemeine unternehmerische Klima hin untersucht. Dabei wurden unter anderem die Punkte Lebensqualität, Arbeitsmarktpotential, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Verkehrsanbindung, Ver- und Entsorgung und Kommunikation untersucht. Der Kriterienkatalog wurde durch die Untersuchung allgemeiner Grundstücksgegebenheiten sowie eine Risikoanalyse und die Prüfung von Genehmigungen abgerundet.181 Aus dieser Auswertung entstand die „Long List“. Sie enthielt elf Staaten mit je einem bis drei Standorte. Die Zeit reichte aber nicht um alle Standorte zu besuchen und eine genaue Analyse und Bewertung durchzuführen. Mit Hilfe einer Betriebskostenanalyse, einer
Investitionsanalyse und einer verfeinerten
Nutzwertanalyse wurde aus der „Long List“ eine „Short List“. Es blieben sechs Staaten mit je einem guten Standort übrig.
180 181
Vgl. Renschler, Andreas (1995, S. 49 Ebenda, S. 50
Fallstudie
66
Bei der nun beginnenden Phase der Standortbesuche musste sichergestellt werden, dass überall die gleichen Bedingungen vorzufinden waren (ähnliche Gesprächspartner, gut vorbereitete Kommunen, etc.). Die Besuche ergaben genaueste Erkenntnis über alle quantifizierbaren und nicht quantifizierbaren Größen einer Entscheidungsmatrix.182 Die Operationskostenjahresrechnung beinhaltete alles rechenbare, wie zum Beispiel was die Fabrik am jeweiligen Standort jährlich kostet (incl. Transportkosten, Lohnkosten, Steuern, Abschreibungen). Alles nicht rechenbare floss als so genannter Nutzwert in die Entscheidungsfindung ein. Dies beinhaltet unter anderem Angaben zu Fluktuation und Krankenstand der Mitarbeiter und Flexibilität bezüglich Überzeit. Bei dieser Betrachtung blieben drei Standorte übrig, mit denen dann weitere Verhandlungen geführt wurden. Zusätzlich wurden auch einige technische Untersuchungen durchgeführt. Nach genauesten Rechnungen, Nutzwert- und Sensitivitätsanalysen und nicht zu vergessen subjektiven Eindrücke jedes einzelnen, fiel die endgültige Entscheidung auf den Standort Tuscaloosa in Alabama. Gründe waren hierfür, dass Tuscaloosa mit den ausgewogensten Bedingungen aufwarten konnte und bei keinem entscheidenden Kriterium nur Mittelmaß war.183 Subventionen haben in keiner Phase der Entscheidung eine Rolle gespielt. Alabama bot, wie die anderen Staaten auch, Incentives an. Die Standortentscheidung ist für die DaimlerChrysler AG eine langfristige Entscheidung. Dabei wollte man sich nicht von kurzfristigen Subventionen blenden lassen. Subventionen können ein ungünstiges Geschäftsklima oder auch ein schlecht ausgebildetes Arbeitskräftepotential nicht ausgleichen.184 Die Anfangsinvestitionen betrugen über 600 Millionen US-Dollar. Davon waren 119,3 Millionen US-Dollar Subventionen von der Staats- und Regionalverwaltung.185
182
Vgl. Renschler, Andreas, 1995, S. 51 Ebenda, S. 51 184 Ebenda, S. 51f 185 O.V., 2003c, S. 1 183
Fallstudie
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Im Rahmen der Standortwahl in den USA sind bestimmte Ausschlusskriterien nicht zum Tragen gekommen, die eine Direktinvestition von vornherein als nicht realisierbar erscheinen ließen. Dazu gehört, dass kein Absatzmarkt vorhanden ist, die politischen Unsicherheiten überwiegen, die Produktionskosten zu hoch sind oder auch eine ausreichende Infrastruktur nicht vorhanden ist. Diese Kriterien sind vom Unternehmen nicht oder nur schwer zu kompensieren, so dass eine Investition als zu Risiko behaftet gilt. Einige statistische Zahlen, wie z.B. ein Mitarbeiterpotential von 530.000 Menschen und niedrige Fehl- und Fluktuationszeiten der Region sprechen auch für den Standort Tuscaloosa.186 Bei der durchgeführten Direktinvestition gibt es Kriterien, die als Chance für das Unternehmen angesehen werden. Dazu gehören die Umsetzung der globalen Unternehmensstrategie und auch das Investitionsklima in Nordamerika. Der Wirtschaftspolitik und der staatlichen Verwaltung wird ein gewisses Risiko angehaftet. Die strategischen Funktionen und Aufgaben, die an den Standort in Tuscaloosa gestellt wurden (nah am Markt zu produzieren, ein Zuliefernetzwerk aufzubauen und die Produktionskosten niedrig zu halten) hat der Standort Tuscaloosa im globalen Unternehmensnetzwerk der DaimlerChrysler AG erfüllt. Das Werk spiegelt somit das neue globale Engagement des Konzerns wieder.
6.3.5. Heutige und zukünftige Situation Die Produktion in den Staaten lohnt sich schon durch die niedrigen Lohnkosten: Während der deutsche Mercedes-Montagearbeiter im Schnitt umgerechnet 30 Dollar die Stunde verdient, bekommen die Arbeiter in Tuscaloosa etwa 20 Dollar. Die Fertigungstiefe liegt, wie in allen anderen DC-Werken bei durchschnittlich 30 Prozent. In der Startphase hatten die Zulieferer bis zu 83 Prozent der Wertschöpfung übernommen. Während die Stammwerke weiterhin nur Mercedes-Modelle produzieren, planen die Stuttgarter für Zukunftsmärkte flexibler. An den Auslandsmärkten, an denen bevorzugt CKD-Fahrzeugen
186
Vgl. Pries, Ludger, 1999, S. 52
Fallstudie
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montiert werden, könnten Mercedes- und Chrysler-Fahrzeuge in der gleichen Fabrik gebaut werden. Bereits in Südafrika fand eine gemeinsame Montage mit Mitsubishi statt. Einen wichtigen Beitrag zum reibungslosen Anlauf von M- und R-Klasse sowie zur engen Verzahnung von Entwicklung und Produktion leistet der Personalaustausch zwischen Tuscaloosa und den DaimlerChrysler-Werken in Deutschland. Zu den Hauptanforderungen des MPS (Mercedes-Produktions-System) zählt Qualität. Nachdem die Verarbeitung der ersten M-Klassen anfänglich nicht überzeugen konnte, gilt Tuscaloosa heute als Benchmark im Werkverbund der Marke.187 Zudem soll das US-Werk im weltweiten Produktionsverbund an Bedeutung gewinnen. Wenn es die volle Kapazität 2007 erreicht hat (das entspricht dann 240 Arbeitstage pro Jahr bei einer 40-Stunden-Woche im Zweischichtbetrieb), wird es rund 20 Prozent des Umsatzes der Mercedes Car Group bestreiten.188 Mit dem Export der US-Modelle soll dann jährlich eine Milliarde Dollar verdient werden. Auch für die Automobilzulieferer brachte der Aufbau der Produktionsstätten große Herausforderungen und Chancen mit sich. Rund um Tuscaloosa haben sich 120 nationale und 35 deutsche Zulieferer angesiedelt. Ein zentraler Punkt der DaimlerChrysler-Strategie ist es, ein integriertes Netzwerk an Zulieferern zu rekrutieren das weltweit den gleichen Standard sicherstellt. Dazu gehört neben einer kostenoptimierten Entwicklung und einem effizienten globalen Produktionsnetzwerk auch eine permanente Orientierung am Wettbewerb mit dem Ziel der Benchmark-Position. Dabei soll eine Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette einschließlich der Sublieferanten durchgeführt werden. Mit der Verlagerung wird den Zulieferern eine größere Verantwortung gegeben. Gleichzeitig wird der Druck auf sie verstärkt, Kostenaspekte stärker als bisher einzubeziehen. Da sich der Anteil der externen Partner erhöht, ist es wichtig seine Kernfelder und Kernkompetenzen genau zu definieren. Diese werden dann vom Unternehmen selbst betreut, bei dem anderen Bereich macht es Sinn sie an die Lieferanten zu vergeben.
187 188
Vgl. Pfannmüller, Matthias, 2005, Seite 48 O.V., 2005d, Seite 16
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6.3.6. Zusammenfassung Für den Standort Tuscaloosa zeigt sich, dass neue, innerhalb des Konzerns ehemals „randständige“ Standorte durch ihre Pilotfunktion bei der Erprobung nicht nur neuer Produkte, sondern auch neuer Produktionsmodelle einen zentralen Stellenwert erlangen können. Die Entscheidung für diesen Produktionsstandort wurde aufgrund der erwarteten Marktchancen und der Kostenvorteile (vor allem bei Löhnen und Gehältern) gefällt. Die Bedeutung des Werkes im weltweiten Produktionsverbund steigt mit der Entscheidung eine zweite Baureihe, die R-Klasse, zu fertigen. Die Mitarbeiterzahl wurde dadurch auf 4.000 und die Produktionskapazität auf 160.000 verdoppelt. Die Produktion für ein weiteres Modell (GL-Klasse) ist für das Jahr 2007 geplant. Damit lässt sich eine zusätzliche Produktionssteigerung von 15 Prozent erreichen, die alleine durch Überstunden zu bewältigen ist. Insgesamt wurde eine Milliarde US-Dollar in den Standort investiert. Inklusive der Entwicklungskosten für die beiden Fahrzeugklassen sind es sogar mehr als 3,5 Milliarden Dollar.189 Logistisch bietet das erweiterte Werk beste Voraussetzungen, um die Produktion „just-insequence“ und „just-in-time“ zu beliefern. Die Lagerbestände werden auf dem Werksgelände auf ein Minimum reduziert. In Tuscaloosa werden optimale Prozesse und innovativste Technologien installiert. Damit wird eine effiziente Fertigung und höchste Qualität garantiert. Wie die Entwicklung des Produktionsstandorts in den USA zeigt, konnten durch die verstärkte Markterschließung und die Produktion in den USA die Absatzzahlen in den letzten Jahren deutlich erhöht werden. Dies führte im Rahmen des internationalen Produktionsverbundes auch zu einer erhöhten Beschäftigung in den Inlandswerken, da die Versorgung des Werkes teilweise mit Komponenten aus Deutschland erfolgt. Der Antriebsstrang der M- und R-Klasse kommt aus den DaimlerChrysler-Werken in Untertürkheim, Berlin und Affalterbach. Globalisierung und Kundenorientierung sichern daher in diesem Fall letztendlich auch die Beschäftigung am Standort Deutschland.
189
O.V., 2005e, Seite 4
Schlussbetrachtung
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Ein Engagement in den US-amerikanischen Märkten stützt somit die wachsende Kundenbindung und öffnet Chancen zu Geschäftsausweitungen außerhalb der weitgehend verteilten und gesättigten Märkte Europas. Da die Zulieferungen aus einer Region in eine andere mit beträchtlichen Wechselkursschwankungen behaftet sind, müssen die Produktionen an den jeweils kostengünstigen Standorten und Absatzmärkten aufgebaut werden.
7. Schlussbetrachtung Ziel der vorliegenden Arbeit war die Darstellung des komplexen Prozesses der Standortplanung und seiner Wirkungen sowohl in theoretischen Form als auch einem praktischen Beispiel in der Automobilindustrie. Es hat sich gezeigt, dass es dafür sehr viele unterschiedliche Modelle und Ansätze gibt. Dabei ist zu beachten, dass eine Standortplanung immer eine einmalige, auf die aktuelle Situation von Unternehmen und seiner Umwelt basierende Entscheidung ist. Unternehmen, die neue Standorte für ihre Produktion suchen, sollten sich vorher über die Ziele und möglichen Auswirkungen dieser Entscheidungen im Klaren sein. Neben der genauen Analyse der aktuellen Situation auf den Inlandsmärkten ist die realitätsnahe Bewertung der zukünftigen Märkte und Regionen für die Identifikation der Chancen und Risiken dringend erforderlich. Zu optimistische Einschätzungen führen schnell zu voreiligen Handlungen, die dann später teuer durch eventuelle Rückverlagerungen bezahlt werden müssen. Aufgrund der Tatsache, dass aus Kosten- und Zeitgründen eine Totalanalyse aller eventuell auftretenden Faktoren nicht praktikabel ist, liegt die wichtigste Aufgabe der Unternehmen in der richtigen Identifikation und Beurteilung der projektabhängigen und relevanten Faktoren. Auch gerade bei der Standortplanung in globalen Wertschöpfungsketten müssen die einzelnen Stufen inhaltlich klar definiert und strukturiert sein. Bei den Automobilherstellern zeigte sich, dass der ständig wachsende Wettbewerb, eine globale Suche nach dem optimalen Produktionsstandort zwingend notwendig macht. Auch die Zulieferer sind aufgrund der Notwendigkeit ihren Kunden an ausländischen Standorte zu folgen und einer daraus erhofften Wettbewerbssteigerung in den Prozess der globalen Standortplanung involviert. Festzuhalten gilt, dass die Standortplanung in dem heutigen globalen Wettbewerb eine essentielle Determinante des Unternehmenserfolgs ist.
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