STATIUS
DAS LYRISCHE WERK IN NEUER ÜBERSETZUNG
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NEUSTADT/AISCH
STATIVS
SILVAE ÜBERSE...
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STATIUS
DAS LYRISCHE WERK IN NEUER ÜBERSETZUNG
V:EKLf\u rn.'-.... W. ;)~HMIDT
NEUSTADT/AISCH
STATIVS
SILVAE ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT VON
HEINZ WISSMÜLLER
1990 © Heinz Wißmüller
Verlag: Ph. C. W. Schmidt, 8530 Neustadt/Aisch ISBN 3-87707-085-X Gesamtherstellung : ~'Y~f.Ja~~uckereii Schmidt GmbH, 8530 Neustadt/Aisch
Inhalt Vorwort Buch I 1 Die große Reiterstatue des Kaisers Domitian 2 Hochzeitsgedicht für Ste1la und Violentilla 3 Die Villa Tiburtina des Manilius Vopiscus 4 Glückwünsche zur Genesung des Ruti1ius Gallicus 5 Das Bad des Claudius Etruscus 6 Der erste Dezember Buch II 1 G1aucias. der Lieblingsknabe des Atedius Melior 2 Die Villa des Po11ius Fe1ix bei Sorrent 3 Der Baum des Atedius Me1ior 4 Der Papagei des Melior 5 Der zahme Löwe 6 Trostgedicht für F1avius Ursus über den Verlust seines Lieblingsknaben 7 Zum Geburtstag des Lukan an Po1la Buch III 1 Der sorrentinische Herku1es des Po11ius Fe1ix 2 Geleitgedicht für Maecius Ce1er . 3 Trostgedicht an C1audius Etruscus 4 Die Haare des F1avius Earinus 5 An die Gattin Buch IV 1 Das siebzehnte Konsulat des Kaisers Augustus Germanicus 2 Dankgedicht an Kaiser Augustus Germanicus Domitianus 3 Die Straße des Domitian 4 Ein Brief an Vitorius Marce11us 5 Eine lyrische Ode auf Septimius Severus 6 Der Herku1es des Novius Vindex, Tischstatuette 7 Ein lyrisches Gedicht für Vibius Maximus 8 Glückwunsch für Ju1ius Menecrates 9 Scherzhafte E1fsi1b1er an P10tius Grypus euch v 1 Totenk 1age um Pri scil1 a 2 Lobrede auf Crispinus. den Sohn des Vettius Bolanus .3 Trauergedicht auf den Vater 4 Der Schlaf 5 Klagelied auf meinen Knaben Namenverzeichnis
7 9
14 24 28 33 36 39 40 48
54 57
59 60 64 68 69 76
81 88 92 96 98 100
103 108 112 114 118
120 122 124 124 133 139 149
150 153
1
Vorwort "Es ist ein groß Ergetzen, sich in den Geist der Zeiten zu versetzen." (Goethe, Faust) Publius Papinius Statius wurde in Neapel geboren, vermutlich im Jahr 40 n.Chr. Sein Vater war dort Grammatiklehrer und leitete eine Schule, in der er auch Literatur unterrichtete. Seine Schüler kamen aus ganz Ital ien. Er war selbst Oi chter und hatte bei gri echi schen Di chterwettkämpfen Prei se gewonnen. Der Sohn verdankt dem Vater all seine Bildung, besonders auch die Ausbi ldung in der Dichtkunst. Nach des Vaters Tod ging der Sohn nach Rom. wei 1 er dort bessere Aussi chten für sei ne Di chter 1aufbahn erwartete. Hi er entstand im Laufe der Jahre ein Epos Thebais, in dem er den Zug der Sieben gegen Theben schilderte. Ein zweites Epos Achilleis, von dem nur das erste Buch und ei n kleiner Teil des zweiten fertiggestellt wurde, schildert die Jugendzeit des Achilles. Mit der Thebais hatte der Dichter in Rom bei Rezitationen großen Erfolg. Bei dem jährlich stattfindenden Dichterwettstreit auf der Residenz des Kaisers bei Alba wurde ihm ein Preis zuerkannt. Durch Widmungsgedichte an den Kaiser, der sich selbst als Dichter fühlte, gewann er dessen Gunst und wurde schließlich Hofdichter. In Rom heiratete er seine Frau Claudia, eine Witwe, die eine Tochter mit .in die Ehe brachte. Ein Mißerfolg bei dem kapitolinischen Agon in Rom und ein körperliches Leiden veranlaßten ihn dann, Rom zu verlassen. Im Jahr 94 zog er sich in seine Heimatstadt Neapel zurück. In einem rührenden Briefgedicht an sei ne Gatti n (II I, 5) begründete er di esen Schritt, wobei er ihr di e Schönheiten seiner Heimat begeistert schilderte. Dort starb er im Jahre 95 oder 96. Statius ist Epigone. Berühmte, längst allgemein anerkannte Dichter lebten und arbeiteten vor ihm, die bekanntesten, Vergil, Horaz und Ovid. Diese möchte er ni cht nachahmen, sei ne Vorbil der waren sie aber doch. Reminiszenzen aus ihren Dichtungen sind zahlreich. Statius möchte verständlicherweise seine eigene Art der Dichtung entwickeln. Das ist ihm auch bis zu einem gewissen Grad gelungen, nicht so sehr in seinen Epen, als vielmehr in seinem "Silvae" betitelten Werk. Oie Unterschiede zu den Epen vorausgegangener Dichter sind nicht gravierend, mit den Silven aber beschritt der Dichter einen eigenen Weg. Das Werk ist eine Sammlung von Gelegenheitsgedichten, z.T. durch Bestellung veranlaßt, z.T. auch einfach
2
~1:gin\o,-~gsgi:!qicpt~aI1Freunde und Dichterkollegen oder an den Kaiser. Statius
i:l'earbeitetei;l dieser Gedi chtsamml ung Themen, die noch kei n Dichter vorher für wert gehalten hatte. So beschreibt er Lage, Aussehen und
ClefMUhe
l;i1·~eneinrichtung von Villen und Bädern (z.B. 1,3; 1,5; II,2). Auffällig d.ab!!i .1 st sei ne genaue Kenntni s der verschi edenen Marmorarten , di e sei ne
F;'~~nd~ in ihre Paläste und Bäder hatten einbauen lassen (z.B. 1,5.34 u. ö~f.
Besonders wertvoll ist die Beschreibung einer von Domitian angelegten
neuen Straße (IV,3). Das Zirkusfest. das er 1,6 beschreibt, ist wegen der vielen interessanten Einzelheiten äußerst aufschlußreich fUr die Kenntnis des Lebens dieser Zeit. Eine Besonderheit in den Silven sind die Consolationes, die über das ganze Werk verteilt sind. Angesprochen sind Freunde und Bekannte, die den Verlust eines lieben Angehörigen, oft auch eines Lieblingsknaben (puer delicatus), bek 1agen. Diese Trostgedi chte werden, wi e man vi e 11 el cht vermuten könnte, nie langweilig. Sie richten sich in der Abfolge der Themen zwar nach einem vorgegebenen Schema der Gattung, der Dichter aber versteht es, als Meister der Abwechslung. immer neue Varianten und Steigerungen in der Bescbreibung zu finden. Er lotet dabei hinab in die Problematik des menschlichen Lebens und Leidens überhaupt und zeigt außerdem jewei ls ein tiefes Mitgefühl für die Situation seines Freundes, das seine Wirkung sicherlich nie verfehlt hat. Die Sterbeszene der Priscilla (V,l) und die des Glaucias (11,1) gehören vermutlich zu dem Eindrucksvollsten, was uns auf diesem Gebiet aus der Antike erhalten ist. Hier geht es eben nicht um Schicksale irgendwelcher Heroen und Heroinen aus ferner Vergangenheit, sondern um Leben und Sterben im Haus eines Freundes. Hier kennt der Dichter vieles,
auch
Intimes aus
eigener Anschauung oder von Erzählungen und kann es beschreiben. Nun sind aber nicht nur die Themen des Statius neu,
auch in seiner
Arbeitsweise kommt er über seine Vorgänger hinaus. Ob er sie übertrifft. wage ich nicht zu sagen. Statius verwendet. wie fast alle römischen Dichter, den
bei
den
Heldenmythos.
Lesern Er
weitgehend
gefällt
sich
bekannten dabei,
als
griechischen poeta
Götter-
doctus
und
besonders
hervorzustechen, indem er oft weni g bekannte oder gar ausgefallene Namen seiner Gestalten verwendet, ja er läßt den Leser durch bloße Hinweise ohne Namensnennung erraten, wer gemeint ist. Dies tat übrigens schon Ovid.
3
Auch inder Verwendung des Mythos gi bt es bei Stati us ei ne Neuerung: er beläßt die Sagengestalten nicht in ihrer längst vergangenen Zeit, nein, er h.olt sie .herein in die Gegenwart und läßt sie geradezu mitspielen. In 1,2 kommen Venus, Apollo, Merkur und Bacchus zur Hochzeit. Venus kümmert sich um den rituell richtigen Ablauf des Festes. Sie hat auch die Braut seit ihrer G.eburt betreut. Di e anderen Götter bri ngen Geschenke. Um die angesprochenen Freunde und, nicht zu vergessen, den Kaiser noch zusätzlich loben· und hervorheben zu können, übertreffen di ese jedesmal in ei ner Besonderheit di e zu ihnen passenden Helden oder sogar Götter der Sagenwelt. Statius ist schließlich der Hauptvertreter des Manierismus. Über den ihm zur Verfügung stehenden Mythos hinaus und mit seiner Hilfe entwirft er eine Traumwelt neben der realen. Wir wissen von Ovid, wie er in seinen Metamorphosen mi t den mytho 1ogi schen Gegebenhei ten spi e1te. Stat i us übertrifft ihn hierin noch. Er verblüfft nämlich seine Leser mit kühnen Übertreibungen und seltsamen Behauptungen und bevorzugt eine mystische, geheimnisvolle und romantische Darstellung. Diese erreicht er vor allem dadurch, daß er die Sagengestalten an dem Ort auftreten läßt, den er gerade beschreibt. In 1,3,70 z.B. "verläßt der Flußgott Anio seine Grotte und seine Quelle im Schweigen der Nacht. legt seinen blaugrünen Mantel ab und wirft sich ins weiche Moos hierhin und dorthin oder er läßt sich in seiner ganzen Länge in die Fluten fallen und plantscht schwimmend im klaren Wasser." Und wenn aus dem Land Süßwasser zum bitteren Meer fließt. dann "läuft" bei Statius "eine süße Nymphe zum bitteren Meer." (II,2·,18). Hätte Statius den Mythos ausgeklammert wie Lucan,dann wären seine Gedichte bloße nüchterne Beschreibungen ohne den wunderbaren poetischen Zauber, der sie auszeichnet. Auch die Naturbeschreibungen des Stati us, die bei den römi schen Di chtern nicht sehr häufig, oft auch sehr kurz sind, gefallen durch ihre romantische Stimmung, die der Dichter entwirft, z.B. II,2,48: " ... wenn der Tag schon müde ist und der Schatten des dunklen Berges ins Meer fällt und die Paläste auf der gläsernen Fläche schwimmen." (cum iam fessa dies et in aequora montis opaci I umbra cadit vitreoque natant praetoria ponto.) Ein Dichter und Schriftsteller muß immer aus seiner Zeit verstanden werden. Das wird leider oft nicht beachtet und man tut ihm Unrecht. Was er nicht wissen kann, darf man von ihm nicht erwarten. Er kann außerdem, selbst wenn er finanziell unabhängig ist, nicht unbekümmert schreiben. Irgendeine Rücksichtnahme auf die Obrigkeit des Staates ist immer geboten.
4
Statius war Hofdichter bei Domitian, von dem er weitgehend finanziell und materiell abhängig war. Dieser Kaiser war in späteren Jahren ein eitler und außerordent 1ich empfi ndl icher Tyrann. Di e sich überstei gernden Lobeshymnen auf ihn sind nur so zu verstehen. Die Leser kannten das zur Genüge auch von anderen Di chtern. Di es wurde hi ngenommem. Der Kai ser selbst hat si ch das gerne
gefallen
1assen.
"Geborgenheit"
der
Im
Ubri gen
Mythologie,
"fl üchteten"
dort
konnten
di e sie
Di chter ihre
in
di e
versteckten
Anspielungen unterbringen oder auch Parallelfiguren aufbauen. Da die Dichter verständlicherweise nicht allzu direkt vorgingen, war es sehr schwierig, solche Passagen zu entschlüsseln. Die Ironie, die man eventuell heraushören konnte, verstanden nur Ei ngewei hte. Für Stat i us wäre es vi e 1 zu gefähr 1ich gewesen, in dieser Hinsicht unvorsichtig zu sein. Hinrichtungen erfolgten bei
Domitian
schnell.
Selbst
humorvolle
Anspielungen
hat
er
nicht
verkraftet. L. Lamia Aemil ianus wurde eine scherzhafte Anspielung auf den Raub seiner
ehemaligen Gattin
Domitia durch den
Kaiser
zum Verhängnis
(Suet .Dom.10,2). Bei der Übersetzung des Stati us so 11 te man ni cht zu oft versuchen, di e Ecken und Kanten, d.h. die charakteristischen Eigenheiten des Dichters durch gewandte,
nichtssagende Redewendungen
im Deutschen zu
übertünchen.
Der
Originalton, der heute immer mehr gefordert wird, sollte möglichst erhalten bleiben.
Man
stoße
sich
deshalb
nicht
allzu
sehr
an
der wörtlichen
Wiedergabe mancher Stellen, weil ja gerade dadurch die besondere Aussage des Stati·us sichtbar wird, die sonst verloren ginge. Man sollte schließlich ni chts
überl esen.
Immer
wi eder
verb I üfft
der
Di chter
durch
ganz
außergewöhnliche Vorstellungen und Handlungsabläufe. Eine Besonderheit des Dichters ist auch die Häufung von Personifikationen, die den
Leser
zunächst
irritieren
könnten.
Mit
der
Verwendung
dieses
Stilmittels übertrifft Statius seine Vorgänger bei weitem. Tiere, Pflanzen, Gebäude,
Landschaften, Gegenstände,
macht der Dichter zur Person Eigenschaften und Gefühle,
seI bst den Staub und di e Zi el säulen
(V, 2,26) und unterstell t
z.B
insanos
arcus
ihnen mensch 1i che
(II,I,144),
ignis
(II,l,164l, avidae cumbae (rr,l, 186) und viele andere mehr.
invidus
Er erreicht
dadurch oft eine stark wirkende Verlebendigung der Handlung, manchmal wird eine solche Aussage auch komisch. Der Übersetzung zugrundegelegt wurde der Text von Aldus Marastoni, Teubner Verl ag, Lei pzi g, 1970. Zum Vergl ei ch herangezogen wurden die französi sc he Ausgabe, Text und Kommentar von Frere, Übersetzung von Izaac, mit rei chhaltigen, vorzüglichen
Anmerkungen, erschienen
in Societe
d' edition "LES
5
BELLES LETTRES", Paris 1961 und die englische Ausgabe von I.H.Mozley, Harvard University Press, London, reprinted 1982, sowie die Hexameterübersetzung von Dr. Sebicht, Hei.nrich Kerler Verlag Ulm 1902. welch letztere allerdings heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen kann. Zum 4.Buch verwendet wurde 'Statius Silvae IV' edited with an eng1ish translation and commentary by K. M.Coleman, Clarendon Press, Oxford 1988. Für das Verständni s des Mani eri smus inden Si 1ven sehr hi 1frei ch war mi r Hubert Canci k, Untersuchungen zur 1yri sehen Kunst des P. Papi ni us Stat i us. Georg Olms Verlag, Hi1desheim, 1965. Die wertvollste Hilfe aber bietet immer noch der Kommentarband von Friedrich Vollmer, Georg Olms Verlag, Hildesheim, New York, Nachdruck 1971. Vollmer verteidigt konsequent und überzeugend den Originaltext des Statius gegenüber den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen. Ich übernahm deshalb in den weitaus meisten Fällen seine Lesung. Im übrigen entsch10ß ich mich zu der Textgestaltung, die mir den besten Sinn zu ergeben schien. Schließlich bin ich Herrn Prof. Dr. Severin Koster, Erlangen. der mich zu dieser Arbeit anregte und ohne den ich diese schwierige Aufgabe nicht hätte bewältigen können, zu größtem Dank verpflichtet. Da die Erklärungen der vielen Namen, die Statius verwendet. in den Fußnoten unmögl ich Pl atz gefunden hätten, wurde ei n Namenregi ster erstellL Dieses Register muß sich verständlicherweise auf knappe Angaben beschränken, ein I11Ythologisches Lexikon kann es nicht ersetzen. Als alle Vorarbeiten zur Drucklegung vorliegender Arbeit bereits abgeschlossen waren, wurde der neue Text von Courtney, Oxford angekündigt. Er konnte verständlicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.
7
Statius grüßt seinen lieben Stella I. Vorwort. 1-24 Sehr lange habe ich gezögert. Stella. bester junger Freund, der du dich in unseren Studien in der Sparte. in der du tätig sein wolltest (1). besonders ausgezeichnet hast. ob ich die Gedichte, die mir in plötzlicher Begeisterung und geradezu im Spaß am schnellen Dichten aus der Feder geflossen sind. ob ich diese, die mir, jedes einzeln, aus der Seele (LÜcke im lateinischen Text) kamen, gesammelt herausgeben soll. Wozu soll ich mich (Lücke) mit der Verantwortung für ei ne Veröffentlichung belasten. da ich noch jetzt für meine Thebais fürchte, obwohl sie mich (schon lange) verlassen hat. Aber wir lesen ja den Culex und anerkennen auch die Batrachomachia (2). und es gibt keinen von den berühmten Dichtern, der ·nicht seinen Werken etwas in lei chterem Sti I vorausgeschi ckt hätte. Und wäre es ni cht zu spät. di ese Gedichte zurückzuhalten, da ihr. zu deren Ehren sie verfaßt wurden, sicherlich jene bereits in Händen habt? Aber die übrigen Leser werden sicherlich weniger naChsichtig sein, da die Gedichte dann den einzigen Reiz, den sie hatten. verloren haben, den der Schnelligkeit; denn an keinem von ihnen wurde länger als zwei Tage gearbeitet. einige entstanden in wenigen Tagen. Wie sehr fürchte ich, daß die Verse selbst diese Wahrheit an sich beweisen! (3) Das erste Gedicht hat einen geheiligten Zeugen: 'Den Anfang' muß ich doch 'mit Jupiter machen' (4). Diese hundert Verse. die ich auf die große Reiterstatue gedichtet habe, sollte ich dem gütigsten Kaiser einen Tag nach der Einweihung übergeben. "Du hast die Statue vorher sehen können", wird jemand sagen. Ihm wirst du die Antwort darauf geben, liebster Stella, da du weißt, daß dein Hochzeitsgedicht, das du mir in Auftrag gegeben hast, in zwei Tagen geschrieben wurde. Das ist kühn, beim Herkules, aber es enthält nur 300 Hexameter (5). Aber vielleicht wirst du für einen Dichterkollegen Ich übernehme voluisti (M). (2) Culex = die Mücke: Titel eines Gedichtes, das dem Vergil zugeschrieben wurde. Batrachomachia ~ der Froschmäusekrieg, Titel eines Gedichtes. angeblich von Homer. (3) Erklärung: Nur die Empfänger der an sie adressierten Gedichte wußten, wie schnell diese verfaßt worden waren. Wer diese Arbeitsweise des Dichters nicht kannte, konnte daraus resultierende Mängel rügen. (4) Die Gleichsetzung des Kaisers mit Jupiter war damals allgemein üblich. (5) Ich folge Vollmer und Frere-Izaac: ter centum. (1)
B
I. Vorwort, 25-34 lügen. Manilius Vopiscus. sicherlich ein Mann von hohem Bildungsgrad. der unsere schon bei nahe schwi ndende Literatur vor dem Verfall retten möchte. rühmt oft auch mich namentlich. weH' die Beschreibung seiner Villa in Tibur von mir an einem Tag fertiggestellt wurde. Es folgt das Briefgedicht. dem Ruti 1 i us Ga 11 icus zu sei ner Genesung gewi dmet. über das ich ni chts sagen möchte. dami t . i ch ni cht den Anschei n erwecke. ich hätte den Umstand des Ablebens eines Zeugen (2) benützt. um zu lUgen; denn es gibt ja auch noch das
Zeugnis
des
Claudius
Etruscus,
der
die
Beschreibung
seines
Bades
innerhalb des Zeitraumes eines Gastmahles von mir erhielt. Zum Schluß ist da noch di e Schi 1derung des ersten Dezember. der man ohne weiteres Gl auben schenken kann; denn jene Nacht war sehr glücklich und wegen der öffentlichen Vergnügungen
einmalig •..
(Das
Vorwort
bricht
verloren.) (1) collega: Siehe 1,2.257 (2) Rutilius Gallicus war inzwischen gestorben.
hier
ab.
der
Schluß
ist
9
Die große Reiterstatue des Kaisers Domitian I. 1.1-23
We 1ehe Masse. verdoppe 1t durch ei nen daraufgesetzten Koloß, steht da und ni,mmt fast das ganze römi sehe Forum ei n? G1 itt das Kunstwerk etwa. so vo 11 endet, vom Himmel herab oder ver 1i eß das Bil d, geformt in si zi 1ischen Kaminen (im Aetnal die (von dieser Arbeit) ermatteten Steropes und Brontes? Oder haben palladische Hände (1) dich, Germanicus (2), für uns so gefertigt, wie der Rhein dich eben noch sah, die Zügel haltend. und wie die hoch gelegenen Häuser des erschreckten Dakers dich sahen? Wohlan, die Fama früherer Zeiten soll den seit Jahrhunderten bekannten Namen des dardanischen (trojani sehen) Pferdes bewundern. für das der hei 1i ge Gi pfel des Di ndymon verkürzt wurde und ebenso der Idö. dessen Wald geschlagen wurde (31. Dieses (das Pferd des Kaisers) hätte weder Pergamon (Troja) aufnehmen können, auch wenn man die Mauer gespalten hätte, noch hätte es die gemischte Reihe von Jungen und unverheirateten Mädchen ge1eiten können. noch würde selbst Aeneas und der große Hektor es zi ehen können (4). Hi nzukommt, daß jenes (das trojanische Pferd) schadete und die wilden Achiver (Griechen) in sich barg. 'daß aber dieses ein milder Reiter auszeichnet. Es macht Freude. das Antlitz zu sehen, das die Zeichen des Krieges erkennen läßt und ebenso sanften Frieden ausstrahlt. Man sollte aber nicht an eine Übertreibung glauben! In gleicherweise (großartig) sind die Gestalt, die Schönheit wie die (ehrfurchtgebietende) Pracht (der Statue). Nicht höher trägt sein bistonisches (thrakisches) Roß den Mars, nachdem er di e Waffen abgelegt hat (oder: wenn er vom Kampf kommt). Und es besticht du'rch sei n großes Gewi cht (4). In schnellem Galopp rast es am Fluß entlang und dampft und treibt mit seinem gewaltigen Blasen den Strymon an. Gleich bedeutend wie das Denkmal ist sein Standpunkt: hier gegenüber öffnet das Portal (sei nes Tempel s) er (Caesar), der, müde von seinen Kriegen, durch das Geschenk seines angenommenen Sohnes (Augustus) als Pa 11 ad; ae manus: Pa 11 as Athene, Götti n der :techni sehen und künst 1erisehen Fertigkeiten; außerdem ist Minerva di.e Schutzgöttin des Domitian. (2) Der Kaiser bekam wegen seines Feldzuges am Rhein (83/84) den Beinamen Germanicus zuerkannt. (3) wegen des Holzes, das man für den Bau des trojanischen Pferdes brauchte; vertiee sacro: weil dort Cybe1e verehrt wurde. (4) Götterpferde sind groß lind gewichti'g.
(1)
10
I,
1, 24-45
erster unseren Göttern "(1) den Weg in den Himmel zeigte. Dieser bemerkt auch an deinem Antlitz, wie viel milder du bist im Krieg. der du nicht lei chtfert i g wütend wi rst gegen di e Raserei von fremden Völ kern und den Chatten und Dakern das Treueversprechen gibst (und entgegennimmst). Wenn du die leitung gehabt hättest (im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius. 48 v.Chr.). dann hätte sich der unterlegene Schwiegersohn (des Caesar, Pompeius") deinen Gesetzen unterstellt und Cato (Uticensis) hätte sein lager (bei Utica) verlassen (und wäre zu dir übergetreten). Längseits der Flanken (des Pferdes) sieht man auf der einen Seite das julische Haus (der Tempel fUr den Divus Caesar), auf der anderen Seite das hohe Gebäude des kriegerischen Paulus (2). von rückwärts blicken der Vater (Vespasian) (auf die Statue) herab und ebenso Concordia mit sanftem Blick (3). Du selbst aber erhebst das Haupt, von reiner Luft umgeben. und überstrahlst die Tempel und scheinst zu forschen. ob die neuen Paläste (jetzt) die Flammen verachten und sich schöner erheben (4). oder ob das trojanische Feuer mit schweigender Fackel wacht und Vesta schon (wieder) die überprüften Dienerinnen lobt (5). Die rechte Hand wehrt den Kämpfen, die tritonische Jungfrau (Pallas Athenel belastet nicht allzu sehr deine linke (6). Sie hält das abgeschlagene Haupt der I~edusa nach vorne, als wollte sie das Roß anspornen. Es gibt nirgends einen für die Göttin ausgewählten Standpunkt. der schöner wäre. schon" deshalb nicht. weil du sie hältst. Deine Brust (ist so gestaltet), als wollte sie sämtliche Probleme in der Welt lösen. Dafür hat Temesa all seinen Erzrei chtum aufgeboten. Die Ch 1amys fli eßt über sei nen Rücken herab. d; e Seite ist von einem ruhigen Schwert (Schwert in der Scheide) geSichert. eine Waffe. mit der der große Orion in winterlichen Nächten droht und die Sterne schreckt. Nostris divis: Den Herrschern. die die Römer in den Himmel erhoben. Aemilius Paulus Lepidus hat 55 den Tempel restaurieren lassen. B1ando vultu: Weil Domitian ein friedliche Politik betreibt. schöner als vor dem Brand: Brände gab es auf dem Capitol 69 und 80. Domitian ließ die Paläste wieder herstellen (Suet. Dom.5). (5) Das Feuer ist vom Tempel der Vesta in Troja durch Aeneas nach Rom gebracht worden. Exp10ratas ministras: Domitian hatte eine der Vestalinnen wegen Unkeuschheit bestraft. (6) Auf der Bronzehand der Kaiserstatue stand eine Statuette der Athene mit einem Abbild des Medusenkopfes auf dem Schild der Göttin.
(1) (2) (3) (4)
11
I, 1,46-71 . ';"
;':Das Roß ahmt Haltung und Mut des Reiters nach, erhebt feurig das Haupt und ;:iSt bereit, 1oszutraben. Starr ragt sei ne Mähne am Hals empor, am Vorderbug :z:eigt es Angriffsbereitschaft und wirkt wie lebend. Den mächtigen Sporen 'bieten die Flanken eine breite Fläche. Auf einem leeren Platz (vor dem "Pferd) tritt der eherne Huf anstelle des Rasens auf das Haar des gefangenen ,Rhein (-gottes). Hier hätte auch Arion, das Pferd des Adrastus, gescheut, wenn es dieses gesehen hätte. Und voll Angst blickt der ledaeische Cyllarus vom nahen Tempel herüber (1). Dieses (das Pferd des Kaisers) wird niemals die Zügel seines Herren wechseln, ewig wird es diesem Zaum dienen und nur 'ei nem Stern (21. Kaum reicht der Boden aus und unter dem gewaltigen Gewicht keucht die Erde, und zwar nicht vom Eisen oder Erz. Sie leiden vielmehr unter dem Genius. Möge der Sockel ewig bestehen bleiben, wie der, welcher die Gipfel eines darübergetürmten Gebirges trägt und wie der, welcher erhalten blieb, abgerieben vom Knie des himmeltragenden Atlas. Auch große Verzögerungen gab es nicht. Die Anwesenheit des göttlichen 'Modells förderte sogar die Arbeiten. Die mit dem Aufbau beschiHtigten jungen Männer wunderten sich, daß ihre Hände mehr al s sonst fertig brachten. Die hohe Maschi ne (der Kran) 1ärmte mi t ihren Schlägen. Ei n ständi ges Krachen schallte mit dem Wind über die sieben Hügel hin und übertraf (3) das allgegenwärtige Lärmen des großen Rom. Selbst der Wächter des Ortes, dessen denkwürdigen Namen der geweihte Schlund und viel besprochene See erhalten haben (4), streckte, als er die zahllosen Sch 1äge des Erzes und das 1aute Echo vom Forum wi derha 11 en hörte, sei n schauerliches Antlitz und sein durch den verdienten Kranz verehrungswürdiges Haupt hervor. Zuerst erschrak er über das gewaltige Ausmaß und das gleißende (1) Das Standbild des Pferdes Cyllarus stand offenbar vor dem Tempel der Dioskuren und sah den Koloß. Cyllarus Ledaeus: weil Leda die Mutter der Dioskuren ist, ein weit hergeholtes Epitheton. (2) Castor und Pol lux sind zu Sternen erhoben worden, ihr Pferd Cyllarus wechselt den Herrn jede Nacht, weil diese sich am Himmel abwechseln. (3) Ich übernehme vincit (Heinsius). (4) Auf dem Forum war in alter Zeit ein See, lacus Curtius, benannt nach Marcus Curtius, der sich mit seinem Pferd in den Abgrund gestürzt hatte, um das Vaterland zu retten. Der Eichenkranz ist die corona civica, die ihm posthum zuerkannt worden war. Daß der See längst zugeschüttet worden war, stört St. nicht.
12
I, 1,72-91 Leuchten des Pferdes, das größer als seines war, und dreimal tauchte er ängstlich mit seinem hohen Haupt aus dem See wieder auf. Dann aber sah er den Schutzgott des Ortes und ~prach voll Freude: "Heil dir, Sohn und Vater der großen Götter. von dessen gött 1i chem Wi rken ich schon I ange vernommen habe! Jetzt ist mein See glücklich, jetzt ist er verehrungswürdig, da er dich so nahe weiß und deinen unsterblichen Glanz ganz in der Nähe beschauen kann. Einmal war ich der Urheber und Erfinder des römischen Heiles, du aber siegtest im Krieg, der gegen Jupiter geführt wurde, du gewannst die 5ch 1achten am Rhei n und bezähmtest das bürgerl i che Unrecht und überwandest in ei nem 1angen Kri eg den gegenüber den Verträgen säumi gen Berg (1). Wenn dich aber mein Jahrhundert hervorgebracht hätte, dann wärest du, wenn ich es nicht gewagt hätte, in die Tiefe des Sees gesprungen, aber Rom hätte lieber deine ZUgel behalten." (2) Zurückstehen (vor deiner) muß die Reiterstatue, die vor dem Tempel der Dione Latia (Venus) auf dem Forum des Caesar (Augustusforum) steht. Man sagt, du, Lysipp, habest es gewagt (3), diese für den Herrscher von Pella zu fertigen. Später trug es, der Nacken wunderte sich, das Antlitz Caesars (4). Kaum wird man erkennen können, auch wenn man die Augen anstrengt, wie weit der Blick vom einen zum andern hinabreicht (5). Wer ist heute noch so ungebildet, daß er, sobald er beide gesehen hat, nicht sagen wird, daß sich ebenso sehr die Pferde voneinander unterscheiden wie die Herrscher? Nicht braucht sich das Werk zu fürchten vor den regenbringenden Wintern oder (1)
Bella Jovis: das bellum Vitellium (69), wobei das Capitol brannte. Civile nefas: der Aufstand des Antonius Saturninus in Obergermanien und tardum in foedera montem longo Marte: der Krieg gegen die Daker (85-89), die immer wieder siegten und dann die Verträge nicht einhielten. Mit tardum in foedera montem konnte St. die mißliche Situation der Dakerkriege nicht vorsichtiger andeuten. Mit montem sind sehr verkürzt die Wohnsitze der Daker im Gebirge gemeint. (2 ) Das soll heißen: Rom hätte seine Herrschaft seinem Opfertod vorgezogen. Curtius hätte ihm aber den Vortritt gelassen. Hier könnte man Ironie heraushören. (3) ausus: wegen der Größe (4) Caesar hat möglicherweise anstelle des Kopfes Alexanders seinen eigenen setzen lassen. (5) So weit steht Domitian an Ruhm höher als Caesar.
13
I, 1,91-107 dem drei fachen Feuer des Jupi ter, ni cht vor den Scharen aus dem Aeolskerker oder einer langen Reihe von Jahren. Es wird bestehen, solange Erde und Himmel bestehen, solange der römische Tag besteht (1). Deine Schar wi rd im Schwei gen der Nacht, fa 1.1 s den Oberen lrdi sches gefäll t, den Hi mme 1 verlassen und herabgleiten zu dir und dir Küsse geben. Kommen zur Umarmung werden dann dein Sohn. dein Bruder, dein Vater und die Schwester. Ein Nacken wird allen Sternen Platz geben (2). Genieße ewig das Geschenk des Volkes und des großen Senates! Das Wachs des Apelles hätte gewünscht, dich darzustellen, der attische Alte des elischen Jupiter (Phidias) hätte gewünscht, dich diesem ähnlich aufzustellen in einem neuen Tempel, auch Tarent hätte lieber dein mildes Antlitz (3) und das rauhe Rhodos hätte lieber deine Augen, die das Strahlen der Sterne nachahmen, als das Standbild des Phoebus. In Sicherheit sollst du deine Länder lieben und wohne selbst in den Tempeln, die wir dir weihen! Und sollte dir (einst) der ,himmlische Hof nicht mehr gefallen, dann sollst du froh hinabblicken auf deine Enkel. wenn sie deinem Geschenk Weihrauch spenden! VOI'
Romana di es: "weil das Reich von Sonnenaufgang bi s -untergang reichte." (Vollmer) . (2) Man muß sich das vorstellen, wie sich alle Verwandten um den kalten Bronzeleib des Kaisers drängen und ihn küssen! (3) In Tarent stand eine Kolossalstatue des Zeus von Lysipp.
(1)
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Hochzeitsgedicht für Stella und Violentilla r. 2,1-23 Wovon ertönten in heiligem Lied die latinischen Berge? Für wen, Paean. bewegst du von neuem dein r P1ektron und hängst über die lockenumspielte Schulter das sprechende Elfenbein (1)? Siehe in der Ferne steigen die Göttinnen (2) vom widerha 11 enden Helikon herab und schwingen mit neun Fackel!) das Feuer, das die eheliche Vereinigung einzuweihen pflegt, und bringen von der pierischen Quelle das singende Wasser (3). Unter ihnen kommt mit sehe lmi scher Mi ene di e El egi eherbei, größer als sonst, wendet ermunternd sich an die Göttinnen und bemüht sich, im Gehen den einen Fuß zu stützen (4). und wi 11 als zehnte erschei nen. Si e mi seht si ch unmerk 1ich unter die Schwestern und täuscht sie. Die Mutter des Aeneas selbst führt die Braut an der Hand. Diese hat den Blick gesenkt und errötet in lieblicher Scham (5). Venus bereitet das Brautbett und die Feier. Sie versteckt unter den römischen Frauen ihre göttliche Gestalt. indem sie die Schönheit von Haar. Miene und Wangen herabmindert. und sie bemüht sich. im Schreiten geringer zu erscheinen als die neue Braut (6). Ich kenne den Tag und den Grund zum Fest: dich besingt dieser Chor (mach die Tore auf!). dich. Stella! Für dich bringen Phöbus und Euhan und der geflügelte Tegeer vom schattigen Mänalus Kränze. Und wenn du die weißen (7) Glieder deiner ersehnten Gattin umschlungen hältst, dann beeilen der liebliche Amor und die Grazien sich, um über euch unzählige Blumen zu streuen und euch mi t duftender Wal ke zu umhüll en. Ei n Kranz von Rosen, Veilchen und Lilien wird dir auf die Stirne gedrückt, wenn du vor dem schneeweißen Angesicht der Geliebten stehst (7). (1) (2)
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Die Kithara war aus Holz. aus Elfenbein waren die Verzierungen. Die neun Musen, das Feuer: zum Entzünden des Herdfeuers im neuen Haus die Musenquelle am Helikon, das singende Wasser. weil es den Trinkenden zum Singen veranlaßte. Hinweis auf den verkürzten Versfuß (Pentameter) Vgl. Ov. Am. 3,1,7 Eigentlich: Anstand, probitas bei den röm. Dichtern höchstes Lob für die Frau, z.B. Ov.tr.l,6,19 von seiner Gattin: probitate tua Vgl. Verg.Aen. 1,327 u. 402 ff. Iris täuscht die Trojanerinnen, wird aber von einer alten Amme erkannt (Verg.Aen.5,647 ff.). Die weiße Hautfarbe war Schönheitsideal der reichen Römerinnen (V.23 niveis a vultibus), die arbeitende Bevölkerung war sonnengebräunt.
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I, 2,24-52 Der Tag war also da, gesponnen mit dem weißen Faden der Parze, an dem das Eheversprechen des Stell a und der Vi 01 enti 11 a 1aut verkündet werden so 11 te. ,W,eichen sollen Sorgen und Ängste, schweigen sollen Lug und Trug der . Spottl i eder, Fama soll schwei gen! Die frei e Li ebe hat si ch unter das Gesetz gebeugt und sich den Fesseln unterworfen (1). Vorbei ist es mit dem Gerede der Leute. Lange redete man über die Küsse, jetzt kann man sie sehen. Du aber, obwohl di r nun ei ne sol ehe Nacht gewährt wi rd, bi st erschrocken und ,zögerst immer noch und fürchtest die von einer glückbringenden Gottheit dir zugestandenen Wünsche. Hör auf mit dem Seufzen, du 1i ebenswerter Di chter! Hör auf, sie ist dein! Ungehindert kannst du kommen und gehen durch die geöffnete Tür. Nicht gibt es mehr den Türhüter oder ein Gesetz oder ein Schamgefühl. Sättige dich endlich an den ersehnten Umarmungen - es ist erreicht! - und denke dabei an die harten Nächte zurück! Würdi g ist der ,Lohn. Und wenn dir Juno Arbeiten des Herkules auferlegte, und wenn du vom Schicksa 1 gezwungen mit stygi s{;hen Ungeheuern kämpfen müßtest, und wenn du durch die kynaeischen Strömungen (2) gerissen würdest ihretwegen, sie wäre so vi el wert, daß du unter der pi sei sehen Bedi ngung (3) zHternd das Wettrennen wagtest und das Schnauben des Verfolgers Önomaos hörtest • Und auch ni cht, wenn du als verwegener Hi rte (4) auf dem dardani sehen Ida gesessen wärest, würden di r so lche Geschenke zuteil (4), oder wenn di e gUti ge Ti thoni a I i eber dich ergriffen und mit dem Zwei gespann durch di e Lüfte entführt hätte. Aber welcher Grund dem Sänger so unvermutet die Freuden der Ehe brachte. während die Türpfosten und das Atrium heiß werden vom Gedränge und während man häufig noch mit dem Stab an die Tür klopft, verkünde es hier mit mir, lieb 1i ehe Erato! Es ist noch Zeit, passende Gespräche zu führen. Gelehrig verstehen es die Penaten aufzunehmen. Die gütige Venus lag einmal in ihrem Schlafgemach da, wo die Milchstraße am wolkenlosen Himmel steht. Die Nacht war eben vertrieben, die Göttin hatte "Hat auf die Zügel gebissen" (frena momordit) ist als Bild im Deutschen nicht möglich. Dieses Bild ist vermutlich auch bei römischen Lesern als witzige Ubertreibung empfunden worden. (2) Durch die Symplegaden im Bosporus hervorgerufen (3) Önomaos, König von Pisa in Elis, wollte seine Tochter nur dem zur Frau geben, der ihn im Wagenrennen besiegen würde. (4) Paris, das heißt also: Violentilla ist schöner und begehrenswerter als Helena.
(1)
16
I, 2.53-84 si eh aus der harten Umarmung ihres get ischen Gel i ebten (1l ge 1öst. Auf dem Bett und den Kissen der Göttin saß die Schar der zarten Liebesgötter; sie bitten
um
Hinweise.
wohin' sie
Fackeln
bringen
sollen,
welche
Herzen
durchbohrt werden sollen, ob sie lieber wolle, daß man auf dem Lande oder im Wasser
'wüten'
solle,
ob man Götter paaren oder immer weiter
noch
den
Donnergott quälen solle. Sie aber hatte noch nicht di.e (richtige) Stimmung und kei nen festen Entsch 1uß im Herzen. Müde 1i egt si e auf dem Lager,
wo
einst die lemnischen Fesseln. die sich ihrer Schuld bewußt waren, sich um die ertappte Bettstatt schlängelten (2). Da begann der Knabe. aus der Schar der Geflügelten. der das meiste Feuer im Blick hatte und dessen leichte Hand noch nie einen Pfeil vergebens abgeschossen hatte, mitten aus der Schar mit zarter Stimme und in lieblichem Ton zu sprechen - die köchertragenden Brüder bewahrten Sti 11 schwei gen - : "Du wei ßt. Mutter. noch bei kei nem Di enst war mei ne Rechte I äss i g. Wen auch immer von den Menschen und Göttern du mi r gabst. der wurde gebrannt. Aber I aß es nun zu. daß wi r ei nma I mit Tränen und mit fl ehen der Hand. mit Ge I Ubden und Bitten von Menschen bewegt werden.
0
Mutter, denn wir sind nicht aus hartem Stahl geschaffen. sondern wir sind deine Schar. Berühmt ist der Jüngling aus latinischem Geschlecht, den. von patrizischen Vorfahren abstammend, der Adel voll Freude hervorgebracht hat, und gab ihm den Namen,
der die Schönheit voraussagt und geradewegs von
unserem Himmel genommen ist (Stella) • Auf diesen schoß ich einstmals den ganzen Inhalt meines Köchers (dir zuliebe), ich Grausamer. und durchbohrte ihn mi t dicht sich fo 1genden Geschossen, den Ängstl i chen. Obwohl
er von
ausonischen MUttern oftmals als Schwiegersohn gewünscht worden war. zähmte ich den Besiegten und befahl ihm. das Joch der mächtigen Geliebten zu tragen und jahrelang zu hoffen. Dagegen schonten wir jene und berührten sie nur 1eicht mit der äußersten Spi tze der Fackel
(denn so befahl st du es). und
streiften sie mit nur mäßig gespanntem Bogen. Welches Feuer der ängstliche Jüngling seitdem in sich unterdrückt hat und auch, wie er mich. den Tag und Nacht Drängenden, erträgt. dafür bi n ich der erschütterte Zeuge. bedrängte ich heftiger, Mutter, und bohrte
Kei nen
immer wieder in seine Wunde. Ich
(1) Mars hielt sich häufig bei den Geten auf (Hom.Od.8,361). (2) lemnia vincula: gemeint ist der bekannte Götterulk aus der Odyssee (8.266 - 366). Lemnia: Hera hatte ihren Sohn Hephaistos aus Zorn auf die Insel Lemnos hinabgeworfen.
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I, 2,85-113
sah auf erbarmungslosem Feld einen verliebten Hippomenes laufen. Nicht so . bleich war er an der Zielsäule. Ich sah die Arme des Jünglings aus Abydos (1), als ob sie mit Rudern wetteiferten, und ich habe sie gelobt und dem Schwimmenden habe ich oft vorausgeleuchtet. Seine Glut, durch die das aufgewühlte Meer sich erwärmte, war geringer (als deine). Du, Jüngling (2), ·hast die alten Liebesgeschichten übertroffen. Selbst ich habe gestaunt, daß du solche Gluten überstanden hast. Ich habe deine Seele gestärkt und mit meinen weichen Federn die weinenden Augen abgewischt. Wie oft klagte mir Apollo, daß sein Sänger so traurig ist! Gewähre, Mutter, jetzt die ersehnte Ehe! Jener ist unser Gefährte und pflichtgetreuer Fahnenträger. Er hätte die Mühen des Krieges, di e Heldentaten der Männer und die vom Bl ut tri efenden Schlachtfelder rühmen können. Nein, er widmete d i r sein Plektron und wollte lieber als sanfter Sänger auftreten und seinen Lorbeer unter unsere Myrtenzweige flechten. Dieser rollte wieder auf (3) die Torheiten der Jüngl i nge, sei ne und di e Wunden anderer. Ja! Wi e groß ist di e Verehrung für die Gottheit von Paphos, Mutter! Dieser beweinte das Schicksal unserer Taube." (4) Das war das Ende seiner Rede. Schmeichelnd hing er am Nacken der Mutter und legte die Flügel an ihre Brüste und wärmte sie. Jene wendet sich nach ihm um und spricht (5), seinen Bitten nicht abgeneigt: "Groß und selten für die Männer, die ich selbst geprüft habe, ist der Wunsch des pierischen Jünglings. Diese, deren ausgezeichnete Schönheit ich bewunderte, um die der Ruhm der Väter und die Ehre des Geschlechts stritten, habe ich, als man sie auf den Boden gelegt hatte (6), aufgenommen und am Busen gewärmt. Nicht säumte meine Hand, ihr Hals und Wangen zu schmücken, das Haar mit fettem Amomum (7) zu kämmen, 0 Sohn. Vor Augen stand mir ihr süßes Bild. Betrachte Leander Der Dichter spricht durch Amor auf dem Höhepunkt der Erzählung seine Hauptgestalt an, ein häufiges Verfahren bei Ovid. (3) von den Schriftrollen gesagt (4) Die Taube ist der Venus heilig. Anspielung auf ein Gedicht des Stella? (5) "Vultum gehört zu refert. Venus wendet das Gesicht nach Amor zurück. der sie von hinten umarmt hat (cervice), so daß seine Flügel mit der Innenseite ihre Brust bedecken. Das Verbum des Sagens fehlt." (Vollmer) (6) Ein Neugeborenes wurde vor die Füße des Vaters gelegt, wenn er es aufnahm. erkannte er es als sein Kind an. (7) Gewürzstaude, aus deren Früchten ein duftender Balsam gewonnen wurde. (1) (2)
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1,2,113-139
von ferne di e Zi erde der hohen Stirne und di e aufgebaute Haartracht (])! Urteile, womit sie die latinischen Mütter übertrifft: So übertrifft die Jungfrau Latonia (Diana) die ~ymphen, so überrage ich die Nereiden. Sie wäre würdig gewesen, mit mir zusammem aus den blauen Fluten aufzusteigen und in meiner Muschel hätte sie sitzen können (2). Und wenn sie zu den leuchtenden Wohnsitzen hätte emporstei gen und di ese Häuser (3) hätte betreten können, dann hättet selbst ihr, die Liebesgötter, euch im Irrtum verfangen (4). Ich gab ihr zwar schon reichlich wertvollen Besitz, doch sie übertrifft ihre Schätze mit der Seele. Ich beklage es, daß die habgierigen Seren (5) nur kleine Haine abernten können und daß es an den Edelsteinen der Klymene (6) fehlt und daß die grünen Schwestern nicht genügend weinen (7) und daß sich zu wenig Wolle vom sidonischen Blut (der Purpurschnecke) rot färbt, daß auf den uralten Schneefeldern zu selten Kristalle (Bergkristalle) gefrieren und daß der Hermus und der Tagus nicht genügend gelben Sand zum Schmuck für sie herbeibringen (8). Ich habe befohlen, daß Glaukus und Proteus und jede Meernymphe für sie indische Halsketten (Perlenketten) suchen. Wenn du. Phoebus, auf den thessa li schen Fel dern di ese gesehen hättest, dann würde Daphne (noch jetzt) sorglos umherstrei fen (9). Wenn Euhan am Strand von Naxos neben dem Bett des Theseus diese gesehen hätte, dann hätte auch er die geflohene Gnossierin verlassen (10). Hätte mich nicht Juno mit langen Klagen beschwichti gt, für sie (Vi 01 ent i 11 a) hätte der fal sche (] 1l Lenker des Himmels Federn und Hörner angenommen, auf sie wäre Jupiter in wirklichem Gold gefallen. Sie soll aber dem Jüngling gegeben werden, für den du, Sohn. meine höchste Macht. sie wünschst, wenn sie auch traurig oft sich weigert, (1) suggestum comae: bogenförmig in mehreren Reihen um die Stirne gelegte Haarflechten. (2) Aphrodite anadyomene: die aus dem Meer auftauchende Aphrodite (3) an der Milchstraße (4) d.h. sie hätten sie für eine Göttin gehalten. (5) Seren: ein Volk in China, sie stellten seidene Stoffe her. (6) Klymene, Mutter des Phaethon, Clymenea germina = Bernstein (7) Sie· beweinen den Tod ihres Bruders Phaethon. Sie wurden in Pappeln verwandelt, deshalb grüne Schwestern. lacrimae Heliadum = Bernstein (8) Die Flüsse Hermus in Lydien und Tagus in Spanien sind goldhaltig. (9) Ov.Met. 1.425-568 (10) Ariadne, Ov.Her.10; Gnosida = aus Gnosos auf Kreta (11) Falsch, weil er durch viele Verwandlungen die Frauen täuschte: mit Federn die Leda, mit Hörnern die Europa, als Goldregen die Danae.
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I. 2,139-170 das Joch einer 9lücklichen Ehe zu tragen. Sie selbst, so hab ich bemerkt. läßt bereits in ihrem Widerstand nach und hat sich ihrerseits für den Mann erwärmt." So sprach sie und erhob die sterngleichen Glieder und schritt über die stolze Schwelle des Gemaches und lockte die amykleischen Schwäne an die Zügel. Amor spannt an und fährt die frohe Mutter durch die Wolken, er sitzt auf der mit Edelsteinen verzierten Deichsel. Schon (sieht man) die ilischen (1) Burgen am Thybris. Das hohe. berühmte Haus öffnet die glänzenden Penaten. Froh klatschten die Schwäne an der Schwelle mit den F1Ugeln. Der Wohnsitz ist der Göttin würdig, sein Glanz ist kaum geringer als der der strah Ienden Sterne. Hi er gi bt es I i bysc hen und phrygi sehen Marmor, grün schimmert der harte Stein aus Lakonien, hier ist der Onyx mit seinem wellenförmigen Streifenmuster und die einfarbige Ader, die dem Meer gleichkommt, und Steine glänzen hier, denen oft der öbalische (spartanische) . Marmor neidisch ist und der Meister am tyrischen Kessel (2). Die Giebel 'schweben', gestützt von unzähl igen Säulen, die BaI ken glänzen, reichl ich verziert mit dalmatinischem Metall (Gold). KUhle strömt herab von den alten Bäumen und hält die Sonnenstrahlen ab. Klares Wasser fließt in Marmorbecken. Nicht bewahrt hier die Natur den Wechsel (der Temperatur) .. Hier ist der Sirius kühl und der Winter lau und das Haus gleicht die Temperaturen aus im Wechsel des Jahres. Beim Anblick ihres Schützlings freut sich die gütige Venus nicht anders, als wenn sie vom Meer nach Paphos hinaufgeht oder zu ihrem idalischen Haus oder zum Tempel von Eryx (3). Dann sprach die Göttin sie selbst an, die allein auf ihrem Bett zurückgelehnt ruhte: "Wie lange soll diese Trägheit und Bescheidenheit auf leerem Bett (4) noch dauern (bei dir), die ich besonders liebe unter den laurentischen (römischen) Mädchen? Wo ist bei dir eine Grenze dei ner Sittenreinhei t und Treue? Wi 11 st du ni ema 1s di ch unter ei n männliches Joch beugen? Kommen' wird das traurige Lebensalter. Setz deine Schönheit ei n und nUtze di e fl ücht i gen Gaben! Nicht deshalb gab ich di r solchen Liebreiz, diese stolze Miene, ja mich selbst, damit du die Jahre ohne Mann verbringst, als wenn du nicht mein Liebling wärest. Ubergenug und allzu sehr hast du die früheren Freier verachtet. Dieser ist dir von ganzem (1) (2) (3) (4)
Ilisch, weil Nachkommen der Trojaner Rom gegründet haben sollen. in dem die Purpurfarbe angerührt wurde. Dort standen berühmte Venustempel. Ohne Ehegatten ist das Bett leer.
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I, 2,170-196
Herzen ergeben, vor allen anderen bewundert er und li ebt er nur di e· ei ne, nicht fehlt es ihm an Schönheit und edler Abstammung. Welcher Jüngling in der Stadt, welches Mädchen k&hnt nicht seine gelehrten Lieder auswendig? Du wirst sehen - so soll die Gnade des ausonischen Führers fortdauern! -, daß er die zwölf Rutenbündel aufhebt und zwar vor seiner Zeit (1). In den Kybelekult (2) ist er jetzt schon eingeweiht und er liest die Sprüche der euböischen Sibylle (3). Bald wird der Vater Roms, dessen Absichten vorherzuerkennen, mi r er 1aubt ist, dem Jüngl i ng das Purpurgewand und das kurul ische Elfenbei n (4) zuerkennen und er wi rd es ihm er 1auben - und das ist der größere Ruhm -, die dakische Beute und seinen neuen Siegeslorbeer zu verherrlichen. Wohlan, leg die Kissen nebeneinander und verträume nicht die Jugendzeit! Welche Völker, welche Herzen habe ich nicht mit der Hochzeitsfackel verbunden? Oie Schwärme der Vögel, die Herden der Schafe. die Rudel des abgehärteten Wildes haben sich mir nicht verweigert. Selbst den Äther laß ich tauen zur Vereinigung mit der Erde (5), wenn die Wolken zu wenig Regen haben. Auf diese Weise kommen die Reihenfolge der Dinge und die Zeitalter der Welt immer wieder. Woher wären die neue Zierde Trojas und der Retter der brennenden Götter gekommen (Aeneas), wenn ich mich nicht dem phrygischen Gatten (Anchises) verbunden hätte? Wie hätte sonst der lydische Tiber (6) mein julisches Geschlecht erneuern können? Wer hätte die Mauern des siebenhügeligen Rom, der Hauptstadt des latinischen Reiches, errichtet, wenn sich nicht die dardanische Priesterin (7) heimlich - ich verbot es nicht - mit Mars verbunden hätte?" Mit diesen Worten besänftigt sie die Schweigende und überzeugt sie von der Ehre dieser Ehe. Jetzt erinnert sie sich an die Geschenke, an die Bitten und Tränen, an die nächtlichen Klagen (1) Konsul konnte man normalerweise im Alter von 43 Jahren werden. (2) Der Kybelekult wurde 204 v.ehr. von Staats wegen in Rom eingeführt. (3) Stella war Mitglied der Quindecimviri sacris faciundis. Diese hatten im Bedarfsfalle die libri Sibyllini einzusehen und auszulegen. (4) purpureos habitus: die Kleidung der hohen Beamten; ebur curule: der von den Etruskern übernommene zusammenklappbare Elfenbeinstuhl. mit dem die kurulischen Beamten zu den Sitzungen in der Kurie gingen. (5) conubia terrae: Der Tau befruchtet die Erde: hieros gamos. (6) lydius Thybris: poet. für den goldhaItigen Paktolos in Lydien. Aus Kleinasien kamen Aeneas und sein Sohn Iulus, die Stammväter der Julier. (7) Rhea Silvia, mit ihr zeugte Mars die Zwillinge Romulus und Remus.
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I, 2,196-222 : des Mannes vor der Haustüre (1). Von Aster; s und dem Dichter sang man inder ,'ganzen Stadt. Asteris vor deI" Mahlzeit, in der Nacht Asteris. Asteris am :Morgen (2). So wurde nicht Hylas gerufen. Jetzt löste sich allmählich ihr starres Herz und sie erkannte ihren harten Sinn. , Mei n GI ückwunsch zum Ehestand. du Sanftester unter den I at i ni sehen Sängern! Du hast den harten Marsch überstanden und den Hafen deines mühevollen Unternehmens erreicht (3). Du gleichst dem Flüchtling, dem Fluß des glänzenden Pisa, der, für eine weit entfernte Liebe entflammt. in einer Wasserrinne unter dem Meer seine Fluten unvermischt hinter sich herzog, bis , er endlich hervorkam und mit lechzendem Mund die sizilische Quelle trank. Die Najade wundert sich über die süßen Küsse und glaubt nicht, daß der Gemahl aus dem Meer gekommen ist (4). Welcher Tag, Stella, dir zur Freude, in dem leuchtenden Geschenk der Götter (5)! In welcher Erwartung pochte dein Herz, als die wohlwollende Miene der Geliebten der süßen Vereinigung zustimmte! Du glaubtest, zum Himmel zu gehen und zwischen den leuchtenden Sternenbahnen umherzustreifen. So jubelte nicht der Hirte (Paris) am Strand von Amyklä (in Lakonien), als Helena zu den idäischen (trojanischen) Schiffen kam, das thessalische Tempe blickte nicht auf einen solchen Peleus, als Chiron in Hämonien (Böotien) mit sein'em aufgerichteten Pferdeleib Thetis herankommen sah. Wie lange säumen doch die Sterne! Wie allzu träge für die Wünsche eines Bräutigams ist Aurora! Als sie aus der Ferne bemerkten, daß für Stella die Hochzeit vorbereitet wird, da brachen der letoische (Sohn der Leto = Apollo) Vater der Sänger und Euhan, der Sohn der SemeIe, der eine aus Ortygia (Delos) • der andere aus Nysa in Eile mit ihrem Gefolge auf. Dieser wird verehrt auf den lykischen Bergen und im schattigen Tal des kalten Thymbra (in der Troas) und auf dem Hinweis auf das Paraklausithyron (Klage des verschmähten Liebhabers vor der Türe der Geliebten) des Stel1a, das offenbar nicht nur einmal stattgefunden hatte. (2) Die römischen Liebesdichter verwenden für ihre Geliebte einen Decknamen. Stella wählte für seine Geliebte die griechische Entsprechung zu seinem lateinischen Namen. (3) Die in der Liebesdichtung häufig verwendete militärische Metaphorik (4) Arethusa, Quelle und Nymphe in Syrakus. Der Alpheus verschwindet mehrere Male im weichen Gestein, so entstand möglicherweise das Mythologem .. (5) Das Geschenk der Götter umgibt ihn wie ein strahlendes Gewand.
(1)
22
I, 2,223-246 Parnaß • für jenen widerha 11 t (1l das Pangaeagebi rge (i n Makedoni en) und der Ismara (in Thrakien), und einst der hochzeitliche Strand auf NaxOs (2). Dann gingen sie hinein durch die 'ihnen teueren Türflügel und brachten ihrem sangeskundi gen Gefolgsmann Geschenke: di eser ei ne Lei er, jener das gel be Fell eines Hirschkalbes mit geflecktem Rücken (3). dieser einen Thyrsosstab und jener. St immstäbchen und auf di e got tbegei sterten Sch 1äfen drückte der eine den Lorbeerkranz. der andere auf das Haar den minoischen Kranz (4). Kaum ist der Tag angebrochen. da sind schon die ersten Anzeichen der Hochzeit da: Schon sind beide Häuser erfüllt vom festlichen Trubel. mit Laub sind die Türpfosten begrünt. an den Straßenkreuzungen leuchten Fackeln und der volkreichste Teil des unermeßlichen Rom ist in Feststimmung. Alles. was Rang und Namen hat. alle hohen Beamten kommen zum Haus. alle Träger der Toga praetexta werden vorwärtsgedrängt im Gewühl des Volkes. Auf der einen Seite hört man die Proteste der Ritter. auf der anderen die Klagen der Jünglinge und ei ngekeil tin der Menge I ei den di e Roben der Damen. Si e (a 11 e) nennen beide glücklich. aber die Mehrzahl in der ~lenge beneidet den Mann. Und Hymen. der bereits am Türpfosten lehnt. schickt sich an. ein neues Hochzeitslied zu singen. um mit ihm den Dichter zu beruhigen (5). Juno gibt das ehrbare Band und Concordia verbindet das Paar mit der bedeutsamen Fackel (6). Das war also jener Tag, die Nacht mag der Bräutigam selbst besingen. So viel ist zu wissen erlaubt: 11ia legte sich so. vom listigen Schlaf überwältigt (7). für Mars am Flußufer nieder. So streifte nicht Lavinia ihre weiße Gesichtsfarbe ab und errötete. als Turnus sie betrachtete. Nicht blickte Claudia so zum Volk zurück. Da sie das Schiff bewegen konnte. galt sie bereits wieder als Jungfrau (S). (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (S)
vom Ruf der Bacchantinnen Als Ariadne auf Naxos von Theseus verlassen worden war. kam Bacchus. Umhang der Bacchantinnen Minoa corona: Der Kranz des Bacchus wird jetzt wegen Ariadne. der Tochter des Minos. so genannt. Weil er die Freiheit aufgibt. Juno, die Schützerin der Ehe, verbindet symbolisch mit einem Band das Paar. Die Hochzeitsfackel fehlt bei keiner römischen Heirat. Mars hat sie eingeschläfert. Die Vestalin Claudia bewies ihre Unberührtheit. indem sie allein ein Schiff von Ostia nach Rom zog.
23
I, 2,247-277 Nun ans Werk. nun müßt ; hr Gefo 1gsmänner der Aoni den Dreifüße
(der
Orakel)
in
verschiedenen
(~lusen)
Melodien
und Di ener' der
wetteifern!
Voll
Bege; sterung setze sich der Hochzeitszug in Bewegung, mit Bi nden und Efeu geschmückt, wi e jeder mit sei ner jubelnden Lei er es vermag! Aber vorallem ihr. die ihr das edle Werk mit dem letzten Schritt (Versfuß) verkürzt (1), bringt würdige lieder für die Hochzeit! Diesen Tag hätten selbst Philetas unter dem Beifall von Kos prei sen mögen und der grei se Ka 11 imachos und Properz in seiner umbrischen Höhle und Naso (Ovid) wäre selbst in Tomi nicht traurig und Tibull. reich durch das leuchtende Feuer (2). Mich zieht wirklich nicht nur die eine liebe und der Grund zum Dichten (zu dir). Unsere Camenen (Musen) sind ähnlich und vereint, Stella. wir geben uns unserer Begei sterung hi n vor den gl ei chen Al tären und schöpfen das Wasser gemeinsam aus den gelehrten Strömen.
Und als du,
(Violentilla), geboren
wurdest. nahm dich in ihrem Schoß zuerst mein liebes Parthenope
und du
krochst als süße Zierde auf unserem Boden herum. Das euböische land erhebe sein Haupt zu dem glänzenden Äther und anschwelle der Sebethos. stolz auf sei ne schöne Tochter!
Di e Najaden vom lukri nersee so 11 en aufhören.
sich
ihrer Schwefel höh 1en zu rühmen. und ebenso der pompejani sehe Sarnos sei ner Ruheplätze! Wohlan beeilt euch, herrliche Nachkommen zu zeugen für Latium: Gesetzgeber, Feldherren und Dichter! Gütig soll Cynthia (3) den zehnten Monat für die Geburt beschleunigen, aber lucina 5011 dich schonen, ich bitte darum! Schone auch du selbst. Knäblein. die Mutter, damit du nicht den weichen Leib und die
stehenden
Brüste
verletzest!
Und
wenn
die
Natur
in
schweigender
Zurückgezogenheit dei n Ant 1itz bi 1det. dann sollst du vi el von der Zi erde des Vaters und mehr noch von der der Mutter bekommen! Aber du.
schönste
Gestalt von Italien. die du endlich den verdienten Gatten besitzest, hege die lange ersehnten Fesseln (4), dann wird dir kein Schaden entstehen an dei ner Schönheit! So soll di e Fri sche der Jugendb 1üte dei n Ant 1 Hz 1ange zieren und spät 5011 diese Schönheit altern! (1) fraudatis = eig. verfälscht. gemeint ist der Pentameter. (2) St. zitiert Tibull, 1,1-6, bes. 6: dum meus adsiduo luceat igne focus. (3) Cynthia: nach dem Berg Cynthos auf Delos, Beiname der Diana, die hier zusammen mit lucina als Geburtshelferin figuriert. (4) von Stella ersehnt
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Die Villa Tiburtina des Manilius Vopiscus I, 3.1-30 Wer das ei si ge (1) Ti bur des redegewandten Vopi scus sehen konnte und di e bei den Gebäude, zwi sehen denen 'der Anio f1 i eßt, oder den Verkehr beobachten konnte, der sich zwischen den beiden Ufern abspielt (2), und die Häuser, die mHei nander wettei fern. ihrem Herrn Schutz zu bi eten, den bell te ni cht Sirius an mit seinem heißen Stern und nicht erblickte ihn der gewaltige Sprößling aus dem Wald von Nemea (3). Solch einen Winter erlebt man bei den Häusern, sol ch ei ne rauhe Käl te bri cht (dort di e Kraft) der Sonne (1) und nicht spürt das Haus die Hitze zur Jahreszeit der pisäischen (olympischen) Spi eIe. Di e Gött inder Freude selbst (muß) mi t zarter Hand und mit di r zusammen (den Grundriß) gezeichnet haben. (Lücke im Text) Damals salbte Venus mit idalischem Balsam (4) die Giebel und fächelte sie mit ihrem Haar und ließ einen ehrwürdigen Glanz an dem Wohnsitz zurück und verbot ihren geflügelten Söhnen, ihn zu verlassen. Lange soll mir der Tag in Erinnerung bleiben! Welche Freude nahm ich mit fort in meinem Sinn! Wie ermüdend war das Betrachten so vieler Wunderdinge! Wie freundl ich ist die Beschaffenheit des Bodens! Welche Schönheit an dem glücklichen Ort, bevor Hand und Kunstverstand tätig wurden! Nirgends hat die Natur sich mehr bewilligt. Hochwald säumt das eilende Wasser. Ein täuschendes Bi ld antwortet den bel aubten Kronen. Immer huscht der gleiche Schatten über die langen Wellen hin. Selbst der Anio. der unter und über Felsen dahinfließt, sänftigt hier (man möchte es kaum glauben) die reißenden, sich türmenden Wogen und sein schäumendes Tosen, al s scheue er sich, die pierischen (musischen) Tage und die Lieder spinnenden Träume des friedlichen Vopiscus zu stören. Zwei Ufer hat das Haus, nicht teilt dich der sanfte Strom, doch der Palast behält seine bei den Ufer. Die Häuser beklagen sich nicht darüber, daß der nicht zum Palast gehörige Fluß sie störe. Mag auch Fama jetzt noch die Bucht von Sestos und das durchschwommene Meer rühmen und die von dem kühnen Jüngling (Leander) besiegten Delphine: hier herrscht ewige Ruhe und kein Recht haben hier Stürme, niemals wüten hier die I
I
(1) Wegen der sommerlichen Hitze in Italien werden immer wieder kühle Plätze überschwänglich gelobt; glaciale ist hier natürlich übertrieben. (2) Eine Brücke erwähnt der Dichter nicht. (3) Bei Nemea in Argolis erlegte Herkules den Löwen, hier: Sternbild Löwe. (4) In Idalium auf Zypern Tempel der Venus
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I, 3,30-60 liIassermassen. Hier kann man Blicke und Rufe wechseln und sich beinahe die H'linde geben. So trennen die Fluten des Sundes Chalkis (vom Festland), so blickt, getrennt durch die Tiefe des Meeres die bruttische Küste im weiten
Rund
zuin sizilischen Pelorus hinüber (1).
Was soll ich zuerst besingen und was später, wo soll ich enden? Soll ich die )rergo 1deten Balken bewundern oder di e übera 11 (verteil ten) mauri schen Säu 1en (2) oder den 1euchtenden Marmor mi t
sei nen bunten Mustern oder di e durch
alle Räume geleiteten Nymphen (3)? Hierhin zieht mich das Auge, dorthin der sinn. Soll ich den ehrwürdigen alten Baumbestand nennen oder die Halle, die zum Fluß hinabblickt. oder die, die zum schweigenden Wald zurückblickt? Hier herrscht vollkommene Stille in der Nacht.
keine
Unruhe
stört
sie.
Das
(leise) Murmeln der Wellen geleitet hinüber zu einem tiefen Schlaf. Soll ich das Bad rühmen. das dampft, von Rasen eingefaßt. oder das am kalten Ufer ange 1egte Feuer, wo der Strom neben dem rauchenden Ofen di e Nymphen am benachbarten Fluß verlacht, weil sie schnauben und keuchen? Kunstwerke sah ich, geschaffen von den Händen alter Meister und lebensvolle ",Metall arbeiten in mancherlei Formen. Mühevoll wäre es. (all) die Figuren aus
Gold
oder Elfenbein aufzuzählen oder die Gemmen. (wahrhaftig) würdig, Finger
'zu; z;,eren. Alles mögliche sah ich. was die Hand des Künstlers zuerst aus ~Hber
oder einem minderen Erz spielerisch verfertigte, und dann erprobte an
großen Statuen. Während ich im Schauen umherschweifte und mei ne BI icke über ,alles hinweggleiten ließ, trat ich unvermutet auf Schätze.
Die von oben
einfallende Helligkeit und die das blinkende Erz widerspiegelnden. Fliesen ließen den Fußboden erkennen. Dort erfreut ein mit verschiedenen Kunstwerken bemalter Boden und übertrifft durch neue Figuren das Mosaik (4). Da stutzte mei n Schritt. Warum so 11 ich da jetzt noch d; e Täfel ung bewundern oder das offene Dach mit den dreifach getei Hen Räumen (5)? Warum dich, 0 Baum, der du inmitten
des Hauses erhalten bliebst
und durch das Dach und die Pfosten
(1) Oie hier gebrauchten Vergleiche sind nicht passend, da diese Meerengen ja wirklich trennen. (2) aus Zitrusholz von Mauretanien (3) gemeint ist das offene Wasser in den Marmorbecken (4) asarota, gr. = nicht gefegt: Im Mosaik sind oft Reste der Mahlzeit abgebildet. als sei der Boden nicht gekehrt worden. Hier wurde also das sonst übl iche ~losaik durch Malerei ersetzt und übertroffen. (5) Die TextsteIle ist umstritten.
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I. 3.60-89 emporstei gst zu den rei nen Lüften? Unter welchem anderen Herrn hättest du nicht die grausame Axt erdulden müssen? Ob dir vielleicht die schlüpfrige Najade oder die Baumnymphe die nicht verkürzten Lebensjahre wegnehmen wird (l). wei ß ich jetzt ni cht. Soll ich di e ei nander gegenübergestellten Ti sche auf doppelter Erhöhung erwähnen (das Triclinium). die glänzenden Wasserbecken und das von oben herabsprudelnde Quellwasser? Und dich. marcische Quelle, die du von der Seite tief in den Fluß hineingleitest und im kühnen Blei (als Wasserleitung) den Strom überquerst, oder soll der süße Weg all ei n den Fl uß von EI i s (den Al pheus) unter dem joni schen Meer zum ätneischen Hafen geleiten? Dort (in Tibur) verläßt der Flußgott Anio seine Grotte und seine Quelle im Schweigen der Nacht und legt seinen blaugrünen Mantel ab und wirft sich ins weiche Moos hierhin und dorthin oder er läßt sich in seiner gewaltigen Länge in die Fluten fallen und plantscht schwimmend im klaren Wasser.. In jenem Schatten ruht Ti burnus, dort wi 11 Al bul a die schwefel i gen Haare ei ntauchen. Di eser Landsitz könnte Egeri a bewegen. die waldbewohnende Diana zu verlassen (2). er könnte das kalte Taygetosgebi rge der Schar der Dryaden berauben und Pan aus den lykäi sehen Wäldern locken. Würde der tirynthische Tempel nicht schon Losorakel ausgeben. die Schwestern aus Präneste könnten auswandern (3). Warum sollte ich den zweimal tragenden Obstgarten des Alkinoos loben und euch, ihr Äste, die ihr niemals leer in den Himmel ragt? Nicht zu vergleichen ist das Land des Telegonus, nicht das laurentische Land des Turnus, nicht die Häuser am Lukrinersee und nicht der Strand des blutigen Antiphates. Weichen müssen die Berge der wortbrüchigen, gläsernen Kirke, durchheult von den dulichischen Wölfen (4) und die stolze Burg Anxyrs und der Wohnsitz. den die milde Alte dem phrygi sehen Zögl i ng verdankt (5) und zurückstehen muß di e Küste von Antium (6). die dich zurückruft im regnerischen Winter, wenn die Sonne sich se lten zei gt. (1) Wenn die Dryade ihren Baum verläßt, muß dieser sterben. Die Najade dürfte als Meeresbewohnerin hier nicht genannt werden. (2) St. zählt nun 76 ff. auf, welche lieblichen Gegenden, der Landsitz des Vopiscus übertrifft. (3) Der Sinn von 79/80 ist nicht klar. (4) Kirke verwandelt hier die Gefährten des Odysseus in Wölfe. Kirke wird vitrea genannt, weil sie ursprünglich eine Meernymphe war. (5) Das Grab der Amme des Aeneas in der Stadt Cajeta (6) Ich übernehme Antium (Markland).
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I, 3.90-110
Hier grUbe1t der Hausherr über gewichtigen Themen der Moral, hier herrschen fruchtbare Ruhe und eine ernstzunehmende Tugendhaftigkeit. gepaart mit heiterer Miene. (Im Haus erkennt man dementsprechend) eine vernünftige Eleganz, eine reizvolle Ausstattung, die nicht in Luxus ausartet. Selbst der alte Gargettier (Epikur) würde da lieber sein Athen und seinen friedlichen Garten verl assen, (um hi erher zu kommen). Ei nen so lchen Ort aufzusuchen, würde sich lohnen, selbst durch ägäische Stürme und unter dem schneereichen Gestirn der Plejaden und unter dem oienischen Stern. Warum soll man sich dem Schiff anvertrauen und vorbeifahren an Malea oder durch die sizilische Strömung (I)? Warum erscheint uns das Vergnügen, das vor den Augen liegt, so gering? Hier erfreut deine Leier die tiburtinischen Faune und selbst den Alkiden und den Catillus, der schon von größeren Dichtern besungen wurde. Es sei denn. du hast im Si nn. mit pi ndari schen Versen di ch zu messen oder du willst die Leier erheben zu mythischen Helden oder du verärgerst (die Leser) durch den schwarzen Rost der neidischen Satire oder du schreibst, wenn du gerade keine andere Beschäftigung hast, glänzende Briefe. Schätze des Midas .und Krösus und persischen Reichtum verdienst du. Glück sei beschieden den Schätzen deines Gei stes. Deine bewässerten Gefi lde müßten der Hermus mit sei nen gelben Ufern durchfl i eßen und der Tagus mit sei nem gl änzenden Sand (2). Wenn du so deine gelehrte Muße pflegst, wenn du so frei bist im Herzen von jeder Wolke, dann mögest du, darum bitte ich, über das Alter des Nestor hinauskommen! (1) die Straße von Messina mit Skylla und Charybdis (2) Die Flüsse Hermus und Tagus waren goldhaltig, nicht aber der Anio, der durch das Landgut des Vop1scus floß.
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Glückwünsche zur Genesung des Rutilius Gallicus I, 4,1-23 Euch gibt's noch, ihr Götter, nicht unerbittlich verrichtet Klotho ihr Werk. Die gütige Astraea sieht dle Frommen und kommt, mit Jupiter versöhnt, und Gallicus sieht die Gestirne, er hatte gezweifelt (sie wiederzusehen). Du bist im Himmel beliebt, göttlicher Germanicus (Domitian) ! Wer möchte es leugnen? Fortuna schämte sich, deine Regierung eines solchen Dieners zu berauben. Sein Nacken. der nächst dem deinen ei ne unermeßl iche Last trägt (1), hat sich wieder aufgerichtet und das verderbliche Gewebe des Greisenalters hat er abgelegt (2) und er gelangt wieder zu Lebenskraft, fri scher (als vorher), für die kommenden Jahre. Di e stets ei nsatzbereiten Kohorten. die die städtischen Feldzeichen ehren (3) und die Gesetze, die oft bei dir Schutz suchen, um sich über das verwirrende Treiben auf dem Forum zu beklagen (4). und die Städte mit der Toga im weiten Umkreis (5), die mit ihren Klagen aus der Ferne deine Richtersprüche erflehen. die sollen sich überbieten vor Freude, und unsere Hügel sollen der Reihe nach ihre Zustimmung bekunden und schweigen sollen die Stimmen der Verleumdung! Er blei bt ja und er wi rd lange bI eiben. nachdem er das Leben wi eder erl angt hat, er, der die milde Aufsicht über das unerschrockene Rom innehat. Nicht wird das neue Jahrhundert dem Schicksal einen solchen Vorwurf machen können noch der erneuerte Altar des Tarenturn sich so versündigen (6). Ich werde aber nicht Phoebus anrufen, obwohl mein Plektron ohne ihn stUI1IT1 bleibt. und nicht die aonischen Göttinnen (die Musen) mit Pallas als zehnter oder die freundlichen Zöglinge von Tegea oder Dirke (~lerkur und Bacchus). Komme selbst und gib mir neue Kräfte und einen neuen Geist. du, der du (hier) besungen wirst!
(0 Gallicus ist praefectus urbis. seine Funktionen werden V.9-13 und 16 erläutert. (2) damnosaque fila ••. exuit: Das Bild vom Spinnen des Lebensfadens fließt zusammen mit dem vom Häuten der Schlange, daher exuit (nach Vollmer). (3) Die signa galten als numina. (4) In sinum tuum confugiunt: d.h. sie kommen zu ihm persönlich, damit er ohne den juristischen Apparat direkt eingreife. (5) Urbes togatae: die Städte im Gebiet des Friedensrechtes (sub legibus) (6) Anspielung auf die Jahrhundertfeier Domitians vom Jahr 88, tantum crimen fUr den Fall, daß Gallicus gestorben wäre. Tarentum: Am Altar des Tarenturn auf dem Marsfeld wurden die ludi saeculares gefeiert.
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I, 4,23-49 :N,icht ohne göttliche Ei ngebung so groß geworden, gabst du der auson; sehen J,oga (l) so herrliche Zierde und den hundert Männern (2) Urteilskraft und ',,Einsicht. Mag auch die begeisternde Pimplea sich dem Durst des Sängers verwei gern und di e ei ngewei hte Pi rene (i hr Wasser) nicht gewähren, 1i eber ist mir zu reichlichem Trunk das sprudelnde Wasser, das aus deiner Quelle ,geschöpft wird, wenn du klare Reden in Prosa erstellst oder deine liebliche Redegabe in die Regeln der Kunst sich einfügt und unsere Gesetze befolgt. Wohlan, wenn wir Ceres ihre Gaben zurückgeben und Wein dem Lyaeus und Diana, (an si ch schon) rei ch an Beute, in jedem Tempel Jagdtrophäen empfängt und der Kriegsgott erbeutete Waffen, dann verschmähe du'es nicht, Gallicus, - da dir ja auch eine größere Redegabe
und die
hohen Mittel
des
Ausdrucks
reichlich zur Verfügung stehen, - mit meiner dürftigeren leier verehrt zu werden! Der wandernde Mond ist von Sternen umgeben und (auch) kleinere Bäche münden in den Ozean. Welche Belohnungen für deine untadelige Haltung hat die fürsorgliche liebe der Stadt dir schon zuteil werden lassen! Welche Augen der Senatoren und Ritter und selbst des Volkes, das
(doch eigentlich)
Mächtige nicht
zu
betrauern vermag, habe ich damals bemerkt (3)! Nicht so groß war die Furcht der glücklichen Kurie, als Numa dahinsank,
oder die Angst
der
Ritterschaft bei Pompeius' oder die der Frauen bei Brutus' Fall
stolzen
(4). Dies
ist der Grund: Ungern hörtest du die traurigen Ketten, du spartest mit Schlägen,
du
gingst
nicht
so
weit,
wie
deine
hohe
Machtbefugnis
es
erforderte, sondern deine bewaffnete Macht verzichtete oft auf ihre Rechte. Du wolltest, daß das niedere Volk und die Worte der Bittenden beachtet werden. Dem Forum gabst du seine Rechte zurück, die Beamten brachtest du nicht in Bedrängnis und die Toga besänftigte bei dir das Schwert (5). So findet man Zugang zum Innersten der Herzen, so wird aus Achtung Vertrauen, in das sich Liebe mischt. (1) "Die Toga galt als Charakteristicum des Gerichtswesens." (Vol1mer)
(2) R;chterkolleg;um für Privatsachen: Erbschaft, Vormundschaft (3) Offenbar hatten sie Tränen in den Augen. (4) Pompeius stammte aus dem Ritterstand, Brutus wurde von den römischen Matronen ein ganzes Jahr betrauert (Liv.lI,?).
(5) Das heißt: er regelte alles lieber mit seiner zivilen juristischen Machtbefugnis als mit militärischer Gewalt.
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I, 4,50-77
Gerade die Härte des schweren Schicksals erschreckte alle und der heftige Ausbruch der plötzlichen Gefahr, da das Leiden nicht nachließ. Das Alter konnte nicht der Grund s~in, - er hatte kaum zweimal sechs Lustren überschritten - es war vielmehr die anstrengende Arbeit und die Herrschaft seines starken Geistes über den Körper und die stets wache Sorge um seinen Kaiser, eine reizvolle Aufgabe. Daher durchdrang die ermatteten Glieder eine tückische Schwäche und ein allmähliches Nachlassen des Lebenswillens stellte sich ei n (1). Da sieht der Gott, der nahe bei den Gipfeln der Alpenkette den apollinischen Hain mit seinem heiligen Namen auszeichnete (2). den so hochstehenden Schützling. um den er sich -leider- lange nicht gekümmert hatte. Er kommt dem Zögern (Äsku1aps) zuvor und sagt: "KOmm mit mir, mein Sohn aus Epidaurus, freue dich: Die Gelegenheit wird uns gegeben - man muß sie ergreifen - einen bedeutenden Mann zu heilen. Auf. laßt uns etwas unternehmen, halten wir den Spinnrocken an! (Mögt ihr euch auch schon spannen, ihr Fäden.) (3) Hab kei ne Angst vor dem unhei 1vo 11 en B1 i tz (4)! Jupiter wird obendrein noch unsere Heilkunst loben. Ich rette nämlich nicht eine plebeische Seele oder eine. die ohne rechte göttliche. Anlage sich entwickelt hat. Ich will es dir kurz erklären, während wir das Haus betreten. Er ist se1 bst für di e Sei nen der Ahnherr des Gesch 1echts, rückwirkend wurde ihm der Adel zuerkannt; seine Herkunft liegt zwar nicht im Dunkeln, sie wird aber übertroffen von einem nachfolgenden Glanz und sie ist glücklich, einem großen Nachkommen Platz gemacht zu haben. Seine Vorzüge waren zuerst auch für ihn die der Toga. Berühmt und überragend war er durch sei ne Redegabe; bald aber di ente er, nachdem er sei ne Hand in unzäh 1i gen Lagern geübt hatte, getreu seinem Eid in Ost und West und unter jeder Sonne. Nicht war es ihm vergönnt, zur Ruhe des Friedens sein Schwert abzuschnallen und sich zu erholen. Das starke Galatien wagte es, mit ihm Krieg zu führen mit mir auch (5)! - und über einen Zeitraum von neun Ernten fürchtete ihn (1) pigra oblivio vitae: "traduction du grec lethargia" (Frere) (2) möglicherweise ein Kultort des Apollo bei Turin, dem Geburtsort des Gall icus (3) Rer Lebensfaden des Gallicus ist bis zum Zerreißen gespannt. (4) Askulap war vom Blitz getroffen worden, als er Hippolytus heilte. (5) Die Galater (Kelten) fielen 279 v.ehr. auf dem Balkan ein und kamen offenbar auch nach De1phi (me = Apollo).
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I, 4,78-100
Pamphylien und das wilde Pannonien und Armenien mit seinem Bogen, :schreckl ich auch noch auf der Flucht und der Araxes duldet schon eine 'römische Brücke. Warum soll ich aufzählen, daß er zweimal Prätor war und ','zweima 1 Provi nzstattha 1ter in ganz As i en (1)? Jenes wo 11 te ihn drei - und v1ermal für sich haben, aber die Fasten (2) und ein höheres kurulisches Amt, ihm nicht nur einmal zuerkannt, riefen ihn zurück. Wozu soll ich loben den wunderbaren Gehorsam Libyens beim Eintreiben des Tributes und den mitten im Fr; eden ihm mitsamt den prächtigen Schätzen nachgesandten Tri umph (3)? Der Auftraggeber (der Kaiser) hatte das nicht erwartet. Der Trasimenersee freute sich und die Alpen und die Geister von Cannae (4). Als erster erschien mit sei nem verstümmelten Schatten Regul us und forderte vor a11 en ei nen großartigen Tribut (5). Oie Zeit fehlt mir, auch noch die Schlachten im Norden zu beschreiben und die Aufstände am Rhein und die Bitten der ,gefangenen Veleda und, was kürzlich der größte Erfolg war, die Übergabe der Hauptstadt bei dem Untergang Dakiens; während du, Gallicus, auserwählt wurdest, die Zügel des großen Lenkers zu übernehmen (6), und Fortuna wunderte sich nicht. Diesen werden wir also, wenn ich das sagen darf, mein Sohn, dem übelwollenden Jupiter entreißen (7). Darum bittet der berühmte Vater der römischen Stadt (Oomitian) und er hat es verdient; denn nicht umsonst habt ihr mir neulich die ehrenvollen Lieder gesungen, ihr Knaben im patrizischen Purpurkleid (8). Wenn es in der heilbringenden Höhle des doppelgestaltigen Chiron ein Kraut gibt oder, was auch immer das trOjanische Pergamon dir im Tempel birgt oder das glückliche Epidaurus im heilenden Sand herannwachsen läßt (9) und welche Hilfe Kreta im Schatten des Ida mit dem (1) magnae Asiae: also nicht nur Asia minor (die Halbinsel) (2) Gallicus war pontifex. Die pontifices überwachten den Kalenderablauf. (3) Gallicus wurde 74/75 n.Chr. mit dem Eintreiben der Provinzsteuern betraut. Der friedliche Erfolg dieser Aktion in Afrika wird mit dem Triumphzug nach einem siegreichen Feldzug verglichen, wobei die Beutestücke (opes tantas) gezeigt wurden, bei Gallicus Geschenke, was dann umso erstaunlicher war. (4) Anspielungen auf die Kämpfe mit dem Afrikaner Hannibal. (5) Hier wohl als Vergeltung gedacht. Ich lese mit Vollmer lacera. (6) Oomitian übergab im Dakerkrieg die Regierungsgeschäfte Gallicus. (7) Hier ist wohl Juppiter Stygius, der Unterweltsgott, gemeint. (8) Beim Säkularfest im Jahr 88. (9) In Pergamon und in Epidauros gab es Tempel des Äskulap.
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I, 4,101-131 blühenden Di ptam hervorbri ngt und an welchem Schaum di e Sch 1ange Uberfl uß hat (1). (bring es herbei!) Ich werde selbst Hand anlegen und jedes wohltätige (2) Gewächs, das 'der kundige Hirte (3) auf den duftenden Feldern Arabiens oder auf den Wiesen am Amphrysos pflückte, bringen." So war der Spruch. Si e fi nden ei nen völl; g kraft losen darni ederl i egenden Körper. und eine mit dem Tod ringende Seele. Beide gürten sich nach päon;schem Brauch, weisen zugleich an und gehorchen willig (4), bis sie mit den verschiedenen Heilmitteln die todbringende Krankheit und die unhei 1vo 11 en Schlei er se; ner Ohnmacht brechen konnten. Er seI bst hi 1ft den Göttern und nimmt, was stärker ist als jede Krankheit, die Hilfe an. Schneller wurde nicht Telephus wiederhergestellt durch die hämonische Kunst (5) und schneller schloß sich nicht die gefährliche Wunde des besorgten Atriden durch den Saft des Machaon. Wo bleibt da unter der Ansammlung so vielen Volkes und der Väter noch Raum für meine Sorgen und Wünsche? Und doch rufe ich die hohen Sterne an und dich, Vater der Seher aus Thymbra. Welche Angst litt ich jeden Tag und jede Nacht, ständig stand ich an den Türpfosten, hellwach, bald mit dem Ohr, bald mit dem Auge, und befürchtete alles. So ni mmt ei n klei ner Kahn, verbunden mit ei nem unermeß li ch großen Schiff, wenn der Sturm wütet, zu einem kleinen Teil das tobende Wasser auf und wird von demselben Südwind geschüttelt. Knüpft nun froh die weißen Fäden, ihr Schwestern (die Parzen), knüpft sie! Ni emand so 11 di e Spanne des vergangenen Zeitraumes messen! Das wi rd ei n Geburtstag des Lebens sei n. Du bi st würdi g. trojani sches Alter zu übertreffen und die Jahre des euböischen Sandes (6) und Nestors Alter! Mit welchem Weihrauch könnte ich, arm wie ich bin, dir jetzt ein würdiges Opfer darbringen? Es würde nicht reichen, wenn Mevania sein Tal leer machte oder die Felder am Clitumnus ihre schneeweißen Stiere lieferten. Oft aber gefiel den Göttern neben solchen Ehrungen Rasen und Mehl mit ein wenig Salz. (1) (2) (3) (4) (5) (6)
Das zu Heilzwecken verwendete Schlangengift Ich übernehme benignum (Lindenbrog). Apollo meint sich selbst. Am Amphrysos in Thessalien war Apollo Hirte. Jeder ist bald Arzt. bald Gehilfe. Achi-lles, der Telephus heilte stammte aus Haemonia. Trojanisches Alter: Priamus oder Tithonus (cf.II,3,73 und V,3,256), Euboici pulveris: "erinnert an die als dauerhaftesten Mörtelstoff berühmte Pozzuolanerde." (Vollmer)
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Das Bad des C1audius Etruscus 1,5,1-26 Nicht am Hel i kon ertönt di e begei sternde lei er, geschlagen vom schweren plektron, nicht euch rufe ich, ihr Musen, die so oft von mir geplagten Göttinnen; auch dich, Phoebus, und dich, Euhan, euch entlasse ich zu euren Chören; Du auch, geflügelter Tegeer, halte stumm den Rücken deines klingenden Tieres (l)! Mein lied fordert andere Gefährten: Es genügt, Najaden herbeigeholt zu haben, die Herrinnen der Gewässer, und den König des tuckenden Feuers, immer noch müde und rot überglänzt, vom sizi1ischen Amboß ·wegge10ckt zu haben (2). leg ein wenig die schädlichen Waffen nieder, Theben (3)! Ich will mit meinem geliebten Freund ausgelassen sein. Bring Becher auf Becher, Knabe, und mUh dich nicht, sie zu zählen! Entzünde meine zaudernde Leier (4)! Mühe und Sorge sollen weichen, während ich das Bad besinge, prächtig ausgestattet mit leuchtenden Steinen, während meine C1io, mit .Binden und Efeu geschmückt, aber ohne das heilige Laub (5), mutwillig mit Etruscus scherzt. Kommt, ihr grünen Göttinnen, wendet mir zu die feuchten Gesi chter und bi ndet das gl äserne Haar mit zarten Ranken auf, kommt ohne Kleider, wie ihr auftaucht aus tiefen Quellen und die 1tebenden Satyrn quält mit eurem Anb1 ick! Euch aber wi 11 ich nicht kommen lassen, die ihr mit Schuld die Zierde der Gewässer in Verruf gebracht habt. Geh weit weg von hier, Salmacis, mit deiner trügerischen Quelle (6)! Weichen soll der wegen der Trauer ausgetrOCknete Fluß der verlassenen Crebrinis (7) und es weiche die Räuberin des Herku1esknaben (Hy1as)! Ihr aber, die ihr latium und die sieben Hügel bewohnt, ihr Nymphen, und die ihr den Tiber anschwellen laßt mi t fri sehen Well en und ihr, di e der ungestüme Ani 0 beschützt und di e Jungfrau, die Badende aufnehmen wird (8), und Marcia, die Quelle, die marsi(1)
(2) (3) (4) (5) (6) (7)
(8)
Ferae sonorae: die Schildkröte, aus deren Gehäuse Merkur die leier bildete. Mit solchen Andeutungen verblüfft St. seine leser. Der Schmiedegott Vulkanus im Atna, man braucht ihn zum Heizen der Bäder. Der Dichter arbeitet noch an seiner Thebais. "L'ivresse encouragera et animera le chanteur." (Frere-lzaac) fronde verecunda: der Lorbeer des Apollo; das soll heißen: es wird keine ernsten Gesänge geben. Nymphe einer verweichlichenden Quelle in Karien CrebriniS, mit anderem Namen Oenone, von Paris entführt und dann verlassen, weswegen sie sich zu Tode grämte. Die Quelle der Jungfrau, von einer Jungfrau entdeckt, wurde, als Wasserleitung nach Rom, vornehmlich in Bäder eingeleitet.
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I. 5.26-56 s'chen Schnee und Kälte bringt, deren fließendes Wasser sich in hohen Wehren sammelt und in unzähligen Bögen in der Luft schwebend weitergeleitet wird. Euer Werk nehme ich jetzt !in Angriff, euer ist das Haus. das ich mit lieblichem Lied besinge. Niemals habt ihr in anderen Grotten reicher gewohnt. Kytherea selbst hielt die Hand des Gemahls und zeigte ihm die kunstvo,11e Anlage. Damit aber nicht der Kamin mit gemeiner Flamme brenne. entzündet sie selbst die Fackeln der geflügelten Liebesgötter. Nicht Marmor aus Thasos hat man hi erher gebracht oder den aus Karysthos mi t sei nem Wellenmuster; lange schon trauert der Onyx, es beklagt sich. weil er ausgeschlossen wurde. der Ophites. nur der purpurne Marmor, abgebaut in den gelben Steinbrüchen von Numidien. glänzt hier. nur der. den Attis selbst in der phrygischen Höhle von Synnas mit leuchtenden Flecken blutig färbte (1). Kaum ist hi er Platz für den Eurotas (2). Grünl iche Lei sten ergeben ei nen deut 1i chen Farbkontrast zu dem synnadi schen Marmor. Der Ei ngang ist ni cht weniger prächtig. Die Gewölbe glänzen, die Decken strahlen mit ihrem bunten Glasmosaik in lebhaften Bildern. Selbst das Feuer staunt beim. Erfassen der reichen Schätze und mindert ein wenig die Hitze. Überall ist es taghell. Die Sonne durchdringt mit vollen Strahlen das Deckengewölbe. hier wird die (oft) lästige mit anderer Hitze gebrannt. Nichts ist dort plebejisch, nirgends siehst du temeseisches Erz. sondern aus Silber sprudelt das glückliche Naß und fällt in Silber, steht im glänzenden Becken. bewundert seinen Reiz und weigert sich, abzufließen (3). Außerhalb aber fließt der blaue Strom. eingefaßt von weißem Marmor. mit klarer Sicht vom untersten Grund bis zur Oberfläche (4). Wem riete er nicht. den bequemen Mantel abzulegen und ins Wasser zu gehen? In di esen Ti efen geboren zu sei n. wäre Kytherea 1i eber. Hier würdest du. Narzissus, dich klarer sehen. Hier möchte die schnelle HeAttis, der Geliebte der Kybele, entmannte sich selbst, aus Reue über seine verlorene Keuschheit, und brachte so rote Färbung in den weißen Marmor von Synnas. Vers 39 ist unklar: "No emendation of the text is convincing here." (Mozley) (2) Eurotas: Hauptfluß in Lakonien. gemeint ist für lakonischen Marmor. (3) instat, abire recusat: das Wasser fließt nur langsam ab; labrum = hier Kurzform von lavabrum. (4) Die Jextgestaltung ist hier nicht gesichert. Ich lese mit Marastoni: vivit et in summum fundo patet omnis ab imo.
(1)
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I. 5.56-65
kate baden, auch wenn sie ertappt würde (1). Was soll ich jetzt den Parkettfußboden erwähnen. der die laut geschmetterten Bälle hören wird (2), wo sich die Wärme langsam in den Räumen verbreitet und die Hypokausten den dünnen Rauch ~Ieiterleiten? Nicht würde, wenn ein neuer Gast von der Küste von Bajä käme, so etwas verachten oder einer, der im Nerobad (3) sich eben gesäubert hat, es ablehnen, hier noch einmal zu schwitzen (Man darf doch Kleines mit Großem vergleichen!) Glück, ich erbitte es (für dich), Junge, wegen deiner glänzenden Einfälle und sorgsamen Planung (4)! Diese Werke sollen mit dir altern und es möge dein Lebensglück schon lernen (= sich daran gewöhnen), auf eine bessere Art eine Wiedergeburt zu erleben (5)! (1) Hekate: hier mit der keuschen Diana identisch, die beim Baden von Aktäon überrascht wurde. (2) Neben dem Bad befand sich ein Ballspielsaal, das Sphäristerium. (3) die Bäder des Hero auf dem Marsfeld (4) bei der Anlage des eben beschriebenen Bades (5) durch die Rückkehr des Vaters aus der Verbannung
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Der erste Dezember 1.6.1-28 Vater Phoebus und strenge Pa 11 as und ihr fest 1i chen Musen. kommt aus der Ferne herbei! Ich werde euch wieder rufen an den Kalenden des Janus. Saturn soll kommen. befreit für mich von den Fessel n (l) und der Dezember soll kommen. schwer vom vi elen Wei n (2) und der 1achende Scherz so 11 dasei n und die frechen Witze. solange ich vom glücklichen Tag des frohen taesar und von seinem Trinkgelage (3) berichte. Kaum erhob sich Aurora zu neuem Aufgang, schon regnete es Näschereien von der Leine (4). Diesen Tau vergoß der aufkommende Ostwind. Alles Edle, was aus pontischen Nußhainen fällt oder aus den fruchtbaren Bergen von Idyme. was das fromme Damaskus (5) an den Zweigen spri eBen 1äst. was das hi tzi ge Kaunus kocht (6). fäll tal s Geschenk zu reicher Beute. Weiche. lustig anzusehende Männchen (7) und amerinisches Obst, nicht in überreifen Klumpen (8) und Mostkuchen (9) und aus einer nicht sichtbaren Palme fielen vollreife Datteln (10). Und nicht überschütteten die unfreundlichen Hyaden oder die aufgelösten Plejaden die Erde mit Regengüssen (11). wie der Sturm in den Sitzreihen (12) des Theaters in Rom das Volk aus heiterem Himmel mit Hagelschauern schlägt. Mag auch Jupiter über das Land WOlken führen und den weiten Feldern mit Regen drohen, solange unser Jupiter nur solchen Regen sendet. (sind wir zufrieden). Siehe. da kommen durch alle Sitzreihen andere Leute. (beinahe) ebenso viele (1) Saturn, von Jupiter gestürzt und in Fesseln gelegt, darf zur Vorfeier der Saturnalien kommen. (2) December, personifiziert als Gott, ebenso Jocus und Sales (3) Ich übernehme aparchen (Mozley). (4) Über dem Amphitheater war eine Leine gespannt, an der die Näschereien hingen, die dann durch den aufkommenden Wind auf das Volk herabfielen. (5) Damascus wird pia genannt wegen der 10 000 jüdischen Märtyrer. (6) Ich übernehme die Konj. von Imhof: aestuosa. (7) Gaioli: Demin. von Gaii: Backw~rk zu menschlicher Gestalt geformt. (8) Aus Amerina in Etrurien kamen Apfel und Birnen. Sie sollten möglichst bis zum Dezember hängen, um richtige Reife und Süße zu erreichen, wobei natürlich ein Teil faul wurde, bis er nach Rom kam. (9) mustaceus: Hochzeitskuchen: ein mit Most, Mehl. Fett, Käse, Anis und Lorbeerblättern angemachter Teig. auf Lorbeerblättern gebacken. (10) caryotis: nußförmige, große Dattelart, die Schalen waren bereits geplatzt oder barsten beim Auftreffen. Das Ganze war auch eine Volksbelustigung. vor allem für die Zuschauer. (ll) Hyas. Plias: die Regensterne. kol1. Sing. (12) per cuneos: Die im Theater aufsteigenden Sitzreihen wirken durch die Seitengänge wie Keile.
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I, 6,29-64 wie die sitzenden. ausgezeichnet durch ihre Erscheinung und schön herausgeputzt. Sie br; ngen Brotkörbe und we; Be Serv; etten und zi eml ich üppige Speisen und sie reichen milden Wein. Man könnte sie alle für idäische Diener halten (1). Die Welt. zumal die bessere und strengere, und die Familien in der Toga ernährst du alle zusammen und. obwohl du so viele Völker, du Glücklicher, versorgst. kennt die stolze Annona diesen Tag nicht (2). Geh und vergleiche jetzt die Jahrhunderte. Altertum (3). die Zeit des alten Jupiter und die go 1dene Zeit J So frei gebi g f10B damals ni cht der Wei n, ni cht stand damals die Saat noch spät im Jahr auf den Feldern (4). Von ein e m Tisch ernährt sich jeder Stand: die Kinder, die Frauen, das Volk, die Ritter. der Senat. Die Freizügigkeit hat Ehrfurcht und Scheu gemindert. Du hast sogar (Wer von den Göttern könnte dazu einladen (5), welcher das versprechen?) mit uns das gemeinsame Mahl begonnen. Schon rühmt sich, wer es auch ist. ein glücklicher Armer, Gast eines Fürsten zu sein. Unter solchem Lärm und unbekanntem Luxus wurde man schnell der leichten Lust ,des Schauens müde. Da steht das inden Waffen nicht ausgebi 1dete und unerfahrene Geschlecht. wie nimmt es wagemutig männliche Kämpfe auf sich! Man könnte gl auben am Tanai s und dem wil den Phas i s zu sei n und es sei eh thermodontische Scharen (Amazonen) im Kampf entbrannt. Hier kommt die Schar der kühnen Zwerge. die eine kurze, zu früh vollendete Natur einmal zur knotigen Kugel zusammengebunden hat. Sie werden handgemein und teilen Wunden aus und drohen einander mit dem Tod (mit was für einer Hand!). Da lacht der Vater Mars und die blutige Virtus. Da wundern sich die (gebratenen) Kraniche, die zu unbestimmter Beute (von der Leine) fallen werden, über die allzu wilden Faustkämpfer (6). (1) Jupiter wurde auf dem Ida erzogen. idäische Diener sind also solche, die Götter bedienen. (2) Annona: Göttin des jährlichen Getreideertrages, superba: vom Getreidevorrat war der Marktpreis abhängig, nescit: d.h. die Verteilung für die Saturnalien wurde ohne Wissen der zustehenden Beamten angeordnet. (3) Vetustas personifiziert. tempus antiqui Jovis = das silberne Zeitalter (Ov.Met.I,l13 ff.), tempus aureum = das goldene Zeitalter des Saturn. (4) d.h.: Man konnte das Getreide nicht voll ausreifen lassen. weil es zu wenig Vorräte gab. (5) Ich übernehme vocare (M). (6) Die Kraniche haben selbst einmal mit den Pygmäen gekämpft (Ov.Met.6.90).
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I, 6,65-102 Welchen Aufruhr erzeugt das reichliche Ausstreuen von Geschenken, als sich dann allmählich die nächtlichen Schatten ausbreiteten! Hier kommen die leichten Mädchen, um sich kaMen zu lassen. Hier sieht man alles, was im Theater durch Schönheit gefäll t oder durch sei ne künst 1eri sche Darbi etung mit Beifall belohnt wird. Hier klatscht eine Schar von drallen Lydierinnen (im Takt) in die Hände, dort hört man die klingenden Zimbeln der Mädchen aus Gades (1), dort dröhnt der Chor der Syrer, hier kommt das Theatervolk und Hausierer, die gewöhnlichen Schwefel für zerschlagenes Glas ein'tauschen (2)". Unterdessen fallen plötzlich aus dem Flug unermeßliche Wolken von (gebratenen 1 Vögeln durch di e Sterne herab, di e der heil i ge Nil und der schaurig kalte Phasis und die unter dem feuchten Südwind die Numider fangen (3). Kei ner ni nrnt dem anderen etwas weg, man freut sich über den vo 11 en Gewandbausch und vergleicht den neuen Gewinn. Zum Himmel erheben sich unzählige Stimmen und preisen die Saturnalien des Prinzeps und mit freudiger Zuneigung rufen sie ihren Herrn. Das allein hatte der Kaiser sich verbeten. Kaum hatte die blaue Nacht den Erdkreis betreten, da stieg der flammende Kreis zwischen den dichten Schatten strahlend auf die Arena herab (4). Er übertraf die Fackel der kretischen Krone (5). Der Polarstern leuchtet mit seinem Feuer und duldet nicht das Dunkel der Nacht. Da fliehen die faule Ruhe und der träge Schlaf, der, als er das sah, in andere Städte wegging. Wer besingt diese Schauspiele. wer diese ausgelassenen Scherze, wer die Gastereien, die geschenkten Speisen, wer die Flüsse des freigebigen Lyaeus? Schon werde ich schwach durch dei nen Bacchus, trunken werde ich hi ngezogen zu spätem Schlunrner. In fernen Jahren noch wird man sich an diesen Tag erinnern. Wie ein heiliger (Tag) wird er zu keiner Zeit in Vergessenheit geraten, solange dein Rom besteht und solange auf Erden das Capitol steht, das du uns wiedergibst (6). Gades, jetzt Cadiz, von dort kamen üppige Lustdirnen nach Rom. (2) Verkäufer von Schwefelfäden, mit denen man zerbrochenes Glas kitten konnte (Mart.X,3,3 und XII,57,l4l (3) Flamingos, Fasanen und Perlhühner (4) Ein großer Kronleuchter, an einem hoch aufgerichteten Stamm befestigt. wurde herabgelassen. So war die ganze Arena hell beleuchtet. (5) Gnosiacae coronae: die als Sternbild an den Himmel versetzte Ariadne (6) Domitian hatte nach einem Brand die beschädigten Paläste auf dem Capitol wieder herstellen lassen. (1)
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Statius grüßt seinen Melior. 11, Vorwort, 1-30 Unsere Freundschaft, über di eich mi ch freue, Me 1i or,
du ausgezei chneter
Mann, der du nicht weniger in deinem Urteil über die Literatur als in jeder Lebenslage ganz ohne Makel bist, und die Beschaffenheit meiner Gedichte, die ich dir übergebe, sind so, daß dieses ganze Buch auch ohne Brief an dich geri chtet ist. Es enthäl t al s erstes ei n Gedi cht auf dessen reizende Jugend - etwas, was gerade Unglücklichen beschieden wird. - für dich verloren ist. (Gerne umarmte bei dir war.) Die Wunde, die dessen Verlust dir zufügte,
unseren GI auci as, vom Schicksal oft ich ihn, wenn ich war noch frisch,
als ich, wie du weißt, ein Trauergedicht so schnell folgen ließ, daß ich di ese Schnell i gkeit dei nen GefUh I en gegenüber entschul di gen mußte. Mit ihr will ich mich jetzt nicht vor dir brüsten, wie du weißt, sondern ich möchte die übrigen leser warnen, das Gedicht mit einer zu rauhen Fei le zu prüfen und zu sagen, es sei von einem Verwirrten geschrieben und einem Trauernden gegeben; da später Trost doch beinahe überflüssig ist. Das Gedicht auf die Villa meines Pollius bei Sorrent, das folgt, hätte ich mit Rücksicht auf seine Beredsamkeit mit größerer Sorgfalt ausarbeiten müssen, aber der Freund verzieh mir. Was nun das Gedicht auf deinen Baum betrifft, Melior, und das auf deinen Papagei, so weißt du, daß wenig tief gehende Zeilen von mir gleichsam wie Epigramme geschrieben sind. Dieselbe Leichtigkeit des Stiles brachte der zahme Löwe hervor. Hätte ich das Gedicht nicht
sofort
dem
ehrwürdigsten Kaiser übergeben, als der Löwe noch im Amphitheater lag, dann hätte es ihn ka 1t gel assen. Auch das Trostgedicht auf den Verl ust sei nes Lieb li ngsknaben für unseren Ursus. den makell asen jungen Mann, der, ohne seine Muße aufzugeben, hochgelehrt ist, habe ich wegen all dem, was ich ihm schuldig bin, gerne in dieses Buch eingereiht, weil er seine Ehrung auf dein Konto setzen wird. Das Buch schließt mit einem Geburtstagsgedicht auf lukan. Als wir gerade über diesen Tag beratschlagten, wollte Polla Argentaria, diese ganz seltene Erscheinung unter den Frauen, daß es ihr gewidmet wird. Ich konnte keine größere Ehrfurcht diesem großen Dichter gegenüber bezeugen, als daß ich, wenn ich sein Lob spreche, meine Hexameter 'fürchtete' (= vermied). Wenn, liebster Melior, diese Gedichte. so wie sie sind, dir gefallen. so veröffentliche sie. wenn nicht, mögen sie an mich zurückkehren.
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Glaucias, der Lieblingsknabe des Atedius Melior II. 1.1-29 Mit welchem Trost. Melior, soll ich beginnen, da dir so frühzeitig dein Knabe hinweggerafft wurde? Vermessen (fast) stehe ich vor dem Scheiterhaufen und der noch glühenden Asche. Mi t auf ger i ssenen Adern kl afft di e bejammernswerte Wunde noch immer. Offen liegt der blutige Weg des großen Hi ebes .. Während ich, grausam für di ch, schon Gesang und heil ende Worte suche. zi ehst du es vor, die Brust zu schI agen und I aut zu jammern, und hassest die Leier und wendest dich ab mit taubem Ohr. Noch zu unrechter Zeit singe ich. Früher werden mich die Tigerin, der man die Jungen weggenommen. und die verwaisten Löwen hören wollen. Weder das dreifache Lied der si zil ischen Jungfrauen (1), noch di e von Wäl dern und Ti eren verstandene Harfe (des Orpheus) würden dei n rasendes Kl agen sänfti gen können. In der Brust sitzt ei ne Trauer, die ei nem den Verstand rauben kann, das Herz schreit auf bei jeder Berührung. Ni emand verb; etet es di r: Sättige di ch an dem Ungl ück! Laß dem bi tteren Schmerz freien Lauf! Ist die Lust am Weinen schon gestillt, verschmähst du. müde geworden, ni cht mehr mei ne woh 1gemei nten Bitten? So 11 ich jetzts i ngen? In Tränen. siehst du. schwimmt mein Gesicht selbst beim Dichten und traurige Flecken fallen auf die Worte. Ich ging ja selbst mit dir im feierlichen, schwarzen Trauerzug und habe im Anblick der Stadt dem Verbrechen (2), der Bahre, auf der der Knabe 1ag, das Geleit gegeben. Ich sah di e trauri gen Haufen des verurteilten (zum Verbrennen bestimmten) Weihrauchs und die weinende Seele über ihrem Leichenzug schweben. Dich. der du das Klagen von Vätern übertrafst und di e Arme der Mütter (3). der du den Scheiterhaufen umarmtest und dich anschicktest, das Feuer einzufangen. konnte ich nur mit Mühe zurückhalten und ich. der ich ein Freund in ähnlicher Lage bin (4). erregte Anstoß bei dir. da ich dich zurückhielt. Und jetzt, wehe, habe ich die Binden und die Ehre der Stirne (den Lorbeer) abgelegt und als unglücklicher Sänger die Leier umgedreht und schlage mit dir zusammen in Trauer gegen meine Brust. Aber du (5), beruhige dich. bitte, und laß mich Begleiter und Gefährte deines Schmerzes sein, wenn ich es verdient habe und (1) (2) (3) (4) (5)
In 11.2.1 nennt St. als Wohnsitz der Sirenen Sorrent. Ein ungerechtes Schicksal wurde den Göttern als scelus angelastet. Die Frauen schlugen sich bei der Trauer auf die Brüste. wegen des Todes seines Vaters. vgl. V,3. Ich übernehme sed tu (Vollmer).
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II. 1.29-62 Anteil nahme an dei ner Trauer gefüh It habe. Mi ch haben Väter gehört inder Stunde ihres Unglücks. ich habe Müttern. die neben einem Grab lagen. und liebenden Kindern Trost zugesprochen und mir selbst. als ich neben ähnlichen Flammen (fast) zusammenbrach und seufzte (0 Natur!) über welch einen Vater! Nicht wi 11 ich dich streng vom Trauern abhalten, aber vergleiche unsere Trauer und laß uns gemeinsam weinen! Schon I ange suche ich ei nen würdi gen Zugang und Anfang zu dei nem Lob. 0 Knabe, der du es verdient hast, geliebt zu werden, aber in verschiedene Richtungen sehe ich mich gezogen. Nach der einen Seite ziehen mich die Jahre. die an der Schwelle des Lebens standen. nach der anderen deine Schönhei t, dann dei ne frühreife Zurückha I tung. dei n Schamgefüh I und dei n wohl gesittetes Benehmen, das weit über dein zartes Alter hinaus gereift war. Wo blieb die Weiße der Wangen. durchschimmert von dem Purpur des Blutes, wo ,blieben die Sternenaugen. strahlend wie die Lichter am Himmel und die auf di e schmale Stirne geschriebene Bescheidenhei t, di e naturbelassenen Haare oben und der weiche Rand der zi erl i chen Locken (1)? Wo ist denn di e hell klingende Stimme geblieben mit ihren schmeichelnden Klagen und die Küsse des Umarmten. die nach FrUhl ingsblumen dufteten. und die Tränen mit Lachen gemischt und die Stimme des Sprechenden. die von Herzen kam und gemischt war mit hybläischem Honig. Vor ihm wUrden die Schlangen ihr Zischen einstellen und böse StiefmUtter wUrden ihm gerne zu Diensten sein. Nichts dichte ich seinen tatsächlichen VorzUgen hinzu. Wehe (wo sind) der weiße Hals und die weißen Arme dessen, der ständig am Nacken seines Herrn hing. Wo ist die Hoffnung auf die ferne, zukünftige Jugendzeit geblieben und wo die erwünschte Zier der Wangen. der von dir so oft beschworene Bart? Alles hat die grausame Stunde und ein feindlicher Tag in Asche verwandelt. Uns ist nur die Erinnerung übriggeblieben. Wer wird fröhlich dein Herz erfreuen mit den geliebten Gesprächen, wer wird dir deine Sorgen mindern und die geheimen Gedanken zerstreuen? Wer wird dich beruhigen, wenn du in wild'er Verärgerung dich gegen die Diener wendest? Wer wird dich vom brennenden Zorn auf sich ablenken? Wer wird vom Mund dir die Bissen und den eingeschenkten Wein nehmen und alles durch süßen Raub verwirren (2)? Wer wird dich am Morgen. (1) E ne niedr'ige Stirne galt als Zeichen der Schönheit. Man kämmte deshalb d e Haare am oberen Stirnrand nach unten. (2) E n zärtliches Spiel bei Tisch. das es zu allen Zeiten gegeben hat.
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II, 1.62-97 noch im Bett, mit flüsternden Worten wecken und mit engen UmschI i ngungen dei n Weggehen verzögern und di eh,
schon an der Türe,
zu
sei nen
Küssen
zurückrufen? Wer Wird,. wenn·' du das Haus wieder betrittst zu Küssen und Umarmungen
dir entgegeneilen
und mit
den
noch
zu
kurzen
Armen
deine
Schultern umfangen? Stumm ist das Haus, i eh gebe es zu. ohne Trost di e Penaten, allein gelassen bist du im Schlafzimmer und trauriges Schweigen herrscht bei Tisch. Wie sollte es da verwunderlich sein. daß er, der dich so liebevoll erzog, di eh mi t ei nem solchen Leichenbegängni s ehrte? Du warst dei nem Herrn ei n ruhiger Hafen in seinem Alter, du warst bald sein Liebling, bald die süße Sorge sei nes Herzens.
Nicht standest du auf ei ner Drehbühne für fremd-
I ändi sehe Sk 1aven, ni cht warst du ei n käufl i ches Ki nd zwi sehen ägypt ischen Waren. Nicht sprachst du Witze, die für dich (vom Händler) vorbereitet waren und einstudierte Worte und suchtest mit anzüglichen Reden einen Herrn und fandest ihn erst spät. Hi er ist dei ne Heimat, hi er bi st du geboren, dei ne bei den Eltern waren einst liebe Bewohner im Haus deines Herrn und zu deiner Freude freigelassen, damit du nicht deine Herkunft beklagen brauchtest. Dein Herr raffte dich sogleich vom Leib (der Mutter) hinweg und hob dich jubelnd auf und nahm dich, der du mi t dei nem ersten Laut die I euchtenden Sterne begrüßtest, als sein Kind an. Er umarmte dich, trug dich an der Brust und glaubte, dich gezeugt zu haben. 0 Natur, der es gegeben ist, auf der Welt das erste Recht für die Seelen festzusetzen, ich bitte dich, laß es zu. daß ich mit Erlaubnis der heiligen Eltern das sage: Nicht alles bindet das am nächsten stehende Blut oder der aus der Reihe des Geschlechts hinabgesandte Nachkomme. Tiefer in unser Herz dringen oft fremde oder angenommene Kinder als die durch Verwandtschaft verbundenen. Kinder zu zeugen, ist ein Zwang, sie auserwählt zu haben, macht froh. So übertraf das Halbtier Chiron in seiner Liebe zu dem jungen Achilles den hämonischen Peleus. Nicht begleitete der alte Peleus seinen Sohn zum trojanischen Krieg, sondern es war Phönix, der nicht von seines berühmten Zöglings Seite wich. Lange ersehnte Euander die triumphale Rückkehr des Pallas, der treue Acoetes aber beobachtete ihn beim Kampf. Während der Vater (Jupiter) in der Ferne von den leuchtenden Sternen aus (zusah) und zögerte, nahm der Seemann Diktys den fliegenden Perseus auf und pflegte ihn. Warum 5011 ich berichten von Müttern, die durch die Liebe von Pflegemüttern übertroffen wurden, daß du, Bacchus, nach der Asche und
dem betrügerischen
Tod deiner
Mutter (SemeIe) dich
in größerer
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II, 1, 9B-126 'S.icherheit an die Brust der 1no (Schwester der Seme1el schmiegen konntest? Schon sicher vor dem Vater 'regierte Ilia in den tuskischen Wellen, Romu1us aber ermüdete die ihn tragende Acca (ll.
Ich sah auf einen fremden Baum
g.epfropfte Zwei ge höher wachsen als sei ne ei genen. Dei n Si nn und Herz hatten dich für ihn zum Vater gemacht, bevor sein Charakter und sein Liebreiz (zum Vorschein kamen).
Und doch
liebtest du auch damals schon seine
Murme 1n gebundenen Laute und das unverständ1 i che Lallen
und
in
ein
Wei nan
des
Kindes. Wie wenn eine Blume, die beim ersten Südwind sterben wird, auf der weichen Wiese trotzig und hoch emporragt, so hätte er in zartem Alter und vor der Zeit stolz in Miene und Gang die Altersgenossen übertroffen und seine Jahre weit hinter sich gelassen. Sei es, daß er mit gekrümmten Gliedern in der verketteten (2) Palästra stehen würde, man hätte gl auben können.
er sei
durch eine amyc1aeische Mutter empfangen worden (2). Apollo hätte sofort den Oebaliden (Hyakinthus) mit jenem vertauscht.
der A1kide Hylas durch ihn
ersetzt. Oder sei es, daß er zi erl ich im Mantel (3 1 auf der BUhne gestanden wäre und attische Verse des redegewandten Menander vorgetragen hätte, di e lockere Thalia
hätte freudig
den
Klang
seiner
Stimme gelobt
und
sein
s.chmuckes Haar mit ei nem Rosenkranz in Unordnung gebracht. Oder sei es. daß er den alten Maeonier (Homer) vorgetragen hätte und die Kämpfe vor Troja oder die Schicksale des spät zurückkehrenden Odysseus, der Vater selbst, selbst die Lehrer hätten sein Einfühlungsvermögen bestaunt. NatUrl ich rührte Lachesi s mit ihrer unhei 1vo 11 en Hand an sei ne Wi ege und Invidia umschlang den Knaben und wärmte ihn auf ihrem Schoß. Sie verschönte seine Wangen und pflegte die üppigen Haare und lehrte ihn Fertigkeiten und flößte ihm die Worte ein, die wir jetzt, (weil verloren) beklagen (4). Er wuchs heran und hatte
mit den Jahren schon damit begonnen, den Arbeiten des
Herkules gleichzukommen, aber sein kindliches Wesen blieb ihm erhalten. Sein Gang war jedoch fast schon wuchtig
und seine Körperlänge
wurde zu groß fUr
(ll Ilia war von ihrem Vater (oder Onkel), König Amu1ius, in den Tiber geworfen worden, weil sie, obwohl Vestalin, von Mars schwanger geworden war. Der Flußgott Tiber nahm sie zu seiner Gemahlin; Acca: eine Amme. (2) Catenatis curvatus membra palaestris: beim Ringkampf; Amyclaea = spartanisch, die spartanischen Jünglinge waren berühmte Ringkämpfer. (3) In der Palästra war er nackt gewesen. (4) Invidia tut dies alles, um Neid zu erregen.
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11. 1.127-156
seine Kleidung. Die Kleider wurden dem Knaben offensichtlich zu klein. Welche Gewänder. welchen Schmuck schaffte da nicht eilig dein gütiger Herr herbei? Wie angegossen so eng'saß dir der Mantel um die Brust und nicht weit zum Hineinwachsen war die Lacerna (ein Überwurf). Nicht wählte er zu weite Kleider aus. sondern immer Gewänder. die den Jahren des Knaben entsprachen. Bald hüllte er ihn in einen purpurnen Mantel. bald in einen. der die Farbe des Grases nachahmte. bald mit einem Purpur. der lieblich ins Rötliche hinüberspielte. bald gefiel es ihm, die Finger zum Glitzern zu bringen durch 'lebende' Edelsteine. Nicht fehlte ihm eine Schar von Begleitern, nicht Geschenke. Nur die Praetexta fehlte dem verehrungswürdigen Liebreiz. So war das Glück des Hauses. da erhob die feindliche Parze plötzlich ihre Hände. Wohin streckst du, hartherzige Göttin, deine furchtbaren Krallen aus? Rührt dich nicht die Schönheit, nicht die beweinenswerte Jugend? Nicht hätte di e männerhassende Prokne di esen zerrei ßen können. nicht hätte si ch di e wilde Kolchierin (Medea) zu solch einem grausamen Zorn verhärtet. auch ni cht, wenn di eser der Sohn der äo li schen Creusa gewesen wäre. Von di esem hätte, trotz seines schrecklichen Wahnsinns, Athamas seinen Bogen abgewendet und Odysseus wäre. obwohl er Hektors Asche und Troja haßte. eher in Tränen ausgebrochen, als daß er diesen vom phrygischen Turm geschleudert hätte (1). Der siebte Tag ist angebrochen. und schon werden seine Augen kalt und starr. schon erfaßt und hält seinen Schopf die Juno der Unterwelt (Proserpina) in Händen. Jener sieht. obwohl die Parzen bereits seine zerbrechende Lebenszeit hart bedrängen, doch noch dich mit ersterbendem Blick und murmelt mit versagender Zunge, in dich haucht er den ganzen Rest seiner bereits leeren Brust. Nur an dich denkt er noch, nur dich hört er, wenn du rufst, für dich bewegt er den Mund, di r ge I ten sei ne 1etzten Worte und er unterdrückt di e Seufzer und tröstet den Trauernden. Dankbar muß man jedoch sein, ihr Schicksa I smächte, wei 1 sei n I angsamer' Tod auf dem Lager ni cht den U ebrei z des Knaben hi nwegnahm und er unversehrt hi nabgi ng zu den Manen und sei n Körper durch kei ne Schädi gung verunstaltet wurde, (sondern bl i eb). wi e er war. (1) Odysseus hat angeblich den Sohn Hektors vom Turm gestoßen.
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II, 1.157 -182
Wozu soll (1) ich sprechen von dem Trauerzug und den reichen Geschenken für die Flammen und von dem mit traurigem Aufwand brennenden Leichnam? Und davon. daß dir der traurige Scheiterhaufen zu einem purpurnen (2) Grabhügel emporwuchs, daß kilikische Blüten, daß Geschenke von indischen Kräutern und arabischer, pharischer (= ägyptischer) und palästinensischer Balsam das Haar, das brennen würde. benetzte? Das alles ließ Melior im Überfluß herbeibringen. sein ganzes Vermögen wollte er verbrennen, aus Haß auf seinen verlassenen Reichtum (3), aber nicht faßte es das neidische Feuer (4), die Flammen waren zu 'schmal' für die Geschenke. Ein Schauder erfaßte mich. wie erschrak ich. als ich dich stehen sah. vorne an der Bahre neben dem Scheiterhaufen, Melior, der du sonst so sanft bist. Du erschienst uns doch immer als jener heitere und leutselige Mensch! Woher kommt dir diese Erregung, die wild gestikulierenden Hände, das barbarische Wüten, während du am Boden lagst und dich vom ungerechten Licht abwandtest (5), bald wild die Kleider zerrissest und die Brust schlugst und das geliebte Gesicht drücktest und kalte Lippen küßtest? Es waren auch da der Vater und die traurige Mutter des Aufgebahrten, aber die Eltern sahen voll Bestürzung auf dich (6) .• Wie sollte das verwunderlich sein? Das gesamte Volk beklagte das Unrecht ·(des Schicksals) und folgte dem Lei chenzug, den di e mil vi sehe Brücke mit der fl ami ni sehen Straße über den Fluß setzte, bis das unschuldige Kind den traurigen Flammen übergeben wurde. Wegen seiner Schönheit und Jugend verdient es die Klage. So (7) lag der vom Meer an den i sthmi sehen Strand geworfene, schiffbrüchi ge Pal aemon unter seiner Mutter. So zerriß den Opheltes, als er im Gras bei dem schlangenreichen Lerna spielte, eine schuppige, gierige Schlange und trank sein Blut. (1) Ich übernehme c (2) Gemeint sind wertvolle Teppiche. (3) Desertas opes: Der Reichtum ist für Melior sinnlos geworden, seit er ihn nicht mehr für den Knaben aufwenden konnte. (4) Ignis invidus: Das Feuer gönnt dem Knaben nicht alles. Alles, was verbrannt wird, wird symbolisch zum Besitz des Verstorbenen. (5) Lucem iniquam: Weil das Feuer einen zu früh Verstorbenen vernichtete. (6) Die Einstellung zu dem Kind ist hier für die natürlichen Eltern zwiespältig. Das Verhalten des Melior läßt auf eine liebesbeziehung schließen, was die Eltern längst vermutet hatten und jetzt bestätigt bekamen. (7) Talis = sie: Die Schicksale des Palaemon und Opheltes sind ebenso ungerecht.
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II, 1,183-207
Lege dei ne Furcht ab und höre auf, dich vor den Drohungen des Todes zu ängstigen! Jenen wird Cerberus nicht anbellen mit seinem dreifachen Maul, keine Schwester (der Erinyenl" wird ihn mit Fackeln schrecken, keine mit sich aufri chtenden Sch langen. Ja, selbst der unbeugsame Fährmann (Charon) des gi eri gen Kahnes (1) wi rd näher heranfahren an das öde Ufer und an das verbrannte Gestade (2). dami t es für den Knaben nicht zu schwi eri g sei. auszusteigen. Was kündet mir der kyllenische Sproß voll Freude mit seinem Stab (3)? Gibt es denn zu einem so schI immen Zeitpunkt etwas Frohes? Der Knabe hatte die Büste und das hohe Antlitz des edelmütigen Blaesus (4) kennengelernt. während er dich oft zu Hause sah, wie du neue Kränze bandest und das ähnliche Wachsbild an die Brust drücktest. Als er diesen am Ufer des Lethestromes unter den ausoni sehen Edl en und dem Geschl echt des Qui ri nus lustwandeln sah, da setzte er zuerst furchtsam Schritt vor Schritt, näherte sich ihm schwei gend und faßte den Saum des Mantels, dann folgte er ; hm beherzter. Als er noch mehr an ihm zog. mißachtete jener ihn nicht mehr und hielt ihn für einen unbekannten Enkel aus seiner Familie (5). Sobald er aber in dem Knaben die Lust und de~ Liebling seines seltenen Freundes (6) und ihn als Trost für den verlorenen Blaesus erkannt hatte (7), da hob er ihn vom Boden auf und setzte ihn auf seinen breiten Nacken und trug ihn voll Freude 1ange auf sei nem Arm herum und hoHe ihm Geschenke des 1inden Elysiums: blütenlose Zweige und stumme Vögel und Blüten, fahl und mit abgestorbenen Knospen (S). Er hinderte ihn nicht, an dich zu denken, aber schmeichelnd mischte er die Herzen und teilte die wechselnde Liebe des Knaben (9). (1) cumbae avidae: weil er alle Verstorbenen aufnimmt und nie genug bekommen kann. (2) adusta: Übersetzung von Phlegethon, Feuerstrom (3) Merkur war Totengeleiter. (4) sonst nicht bekannter, verstorbener Freund des Melior (5) für einen Nachkommen also, der erst nach seinem Tod geboren wurde. (6) eines Freundes, wie es selten einen gibt. (7) Melior schickt Blaesus den Knaben zum Trost für.den Verlust der Freundschaft durch den Tod. (S) Die seltsamen Geschenke deuten auf das Scheinleben in der Unterwelt. (9) Pectora miscet: Die Liebe des Melier und die des Blaesus zu dem Knaben sollen nebeneinander bestehen können. amorem pueri: Die Liebe des Knaben oder zu dem Knaben (gen.obj.).
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II. l. 208-234 Hier wi 11 ich die Klage über den Geraubten beenden. Wi llst du jetzt nicht dei ne Wunde hei 1en und das in Trauer versunkene Haupt erheben? Alles, was du siehst. hat sein Leben beendet oder ist bestimmt zu sterben. Es vergehen die Tage und Nächte und die Sterne. Auch der Erde nützt ihr solides Bauwerk nichts. Die Bevölkerung ist ein sterbl1ches Geschlecht. Wer wird wohl den Untergang e; nes hi nfäll i gen Volkes bewei nen? Di e ei nen fordern (a 1s Opfer) die Kriege, jene die Meere. den einen wird die Liebe zum Verderben, anderen der Wahns; nn oder ei ne maßlose Lei den schaft ,
um von den Krankheiten zu
schweigen. Auf diese wartet der erstarrende Hauch des Winters. auf jene der tödliche Sirius mit seinem unerträglichen Feuer und auf wieder andere der bleiche Herbst mit seinem regenfeuchten Atem. Alles. was einen Anfang hat, fürchtet das Ende. Alle werden wi r abtreten, wi r werden abtreten. Für di e zahllosen Schatten schüttelt Aeacus die Urne. Doch
der,
den
gefährlichen
wir
beweinen.
Unfällen
und
ist
dem
glücklich
schwankenden
den
Menschen
Boden
des
und
Göttern.
blinden
Lebens
entkommen, er ist nicht mehr dem Zugriff des Schicksals unterworfen. Nicht hat er den Tod gewünscht oder ihn gefürchtet, nicht hat er ihn verdient. Wir sind das ängstliche Volk, wir sind im Elend. Woher uns der letzte Tag kommt, welcher für uns das Ende der Lebenszeit sein wird, ist ungewiß .. Von welchen Sternen der Blitz droht, welche Wolke das Schicksal kündet, (wir wissen es nicht). Wirst. du von solchen Gedanken nicht bewegt? Doch, du wirst dich gerne davon bewegen lassen. Komm hierher, entlassen aus der dunklen Pforte, du, der du allein die Möglichkeit hast, alles durch Bitten zu erreichen, Glaucias! - Unschuldige Seelen hält kein Fährmann auf, Begleiter des (deines Herrn)!
schrecklichen
Tieres
Du verhindere es,
(Cerberus). daß
-
Du
auch nicht jener sänftige das
die Tränen fließen,
Herz
erfülle die
gl ücklichen Nächte mit süßen Gesprächen und 1ebendi gen Träumen!
Sage, du
seist nicht gestorben und fahre fort,
trostlose
soweit du
Schwester und die armen Eltern ihm ans Herz zu legen!
kannst.
die
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Die Villa des Po11ius Fe1ix bei Sorrent II, 2,1-25 Zwischen den Mauern, die durch den Namen der Sirenen bekannt sind (1) und dem Felsen, auf dem der Temp~l der tyrrhenischen Minerva (2) steht, gibt es hoch oben eine Villa mit Rundblick über das dicarcheische Meer. Dort ist ein von Bromius bevorzugtes Feld, auf den hohen Hügeln wird eine Traube (von der Sonne) gebrannt, die der Falernertraube nicht neidisch zu sein braucht. Als ich frohgestimmt vom Besuch der alle vier Jahre wiederkehrenden heimischen Spi e 1e (4) kam, - grauer Staub (5) und träge Ruhe 1agen schon im Stadi on und die Wettkämpfer hatten si ch berei ts aufgemacht zu dem ambrak ischen Lorbeer (6), - rief mich hierher (zu seiner Villa) über das vertraute heimatliche Meer die Beredsamkeit (7) des friedlichen Pol1ius und der jugendliche (S) Charme der schönen Polla. Ich hatte schon die Absicht, meine Schritte dorthin zu lenken, wo in bekannter Trasse die Appia verläuft, die Königin der langen Straßen. Aber die Unterbrechung gefiel mir. Die Sucht tritt sanft zurück, geformt wie eine Mondsichel, hier und da durchbricht das Meer die vorspringenden Felsen. Die Natur hat einen Platz geschaffen, den einzigen (9) Strand zwischen den Bergen, der sich ins Land zwische'n überhängenden Felsen fortsetzt. Di e Bucht ist ausgesprochen 1i eb 1ich. Aus den bei den Dächern raucht das Badefeuer und vom Land her 1äuft ei ne süße Nymphe (10) zum bitteren Meer. Hier möchten der leichtfüßige Chor des Phorkus und Kymodoke mit ihrem nassen Haar und die meergrüne Galatea baden. Vor dem Haus liegt der blaue Lenker der sich türmenden Wogen, als Wächter des unbescho ltenen Hauses. Um sei nen Tempel schäumt das befreundete Meer. Das glückliche Land beschützt der A1kide. Zu Füßen der bei den Götter liegt froh der Hafen. Der eine bewahrt das Land, der andere wehrt den wütenden die drei Sireneninseln am Kap von Sorrent (2) Tyrrhenae: Die Göttin beherrscht die tyrrh. Küste. (3) me detu1it: eig. "verschlug mich", scherzhaft aus der Schiffersprache übertragen. St. fuhr mit dem Schiff die Küste entlang. (4) die Augustalien in Neapel, gymnastische und musische Wettkämpfe (5) canus pulvis: der Bimssteinstaub in der Umgebung des Vesuv (6) Spiele zu Ehren der Schlacht von Aktium bei Ambrakia (7) Facundia beinhaltet auch seine Bildung und seine Dichtkunst. (S) iuvenilis: schmeichelhaft, Pol1a war bereits Großmutter (9) unum litus: Die Felsenküste bietet hier tatsächlich nur eine einzige Strandfläche, die marina di Puolo, benannt nach Pollius. (10) du1cis Nympha = Süßwasser (1)
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II. 2.26-49 Fluten. Wunderbar ist die Ruhe des Meeres. Hier lassen die müde gewordenen Wellen ab von ihrer Wut und der ungesunde Südwind weht milder; hier wagt der jähe Sturm weniger, glatt (1), ohne Aufruhr liegt die Wasserfläche. sie ist ein Abbild des Charakters ihres Herrn. Von dort kriecht ein Säulengang über den schrägen Berghang hi nauf. ei ner Stadt vergl ei chbar, er' überwi ndet auf 1angem Rücken di e rauhen Fel sen. Wo früher nur- di e Sonne her-rschte und schwarzer Staub und die Wildheit eines steinigen Weges, da ist jetzt das Gehen eine Lust. gerade als stiege man hinauf zu dem hohen Gipfel des bacchi di schen Ephyre. wo ei n überdachter Weg vom i noi schen Lyaeum heraufführt. Wenn der Hel i kon mi r a11 e Gewässer darböte und Pi pI ea und der Huf des fliegenden Pferdes mir reichlich den Durst stillten (2), wenn die geheimnisvolle Phemonoe mi r ihren züchtigen (2) Quell erschlösse oder wenn mein Pollius unter der Anleitung des Phöbus sein Gefäß t.iefer eintauchte und das Wasser aufwir-belte (für mich), dann könnte ich trotzdem nicht den unzähligen Schönheiten und Anlagen der Gegend mit meinen musischen Weisen gerecht werden. Meine Augen konnten wegen der langen Reihe der Dinge, während ich an den Ei nze 1hei ten vor-bei geführt wurde, kaum a11 es erfassen, kaum konnten es meine Füße erwandern. Was für eine Fülle von Eindrücken! Soll ich eher den Geist des Ortes oder den seines Herrn bewundern (3)? Dieses Gebäude schaut nach Osten. zum noch zarten Glanz des Phöbus; jenes hält das fallende und verbr-auchte Licht (des Tages) fest und weigert sich. es zu entlassen dann, wenn der Tag schon müde ist und der Schatten des dunklen Berges ins Meer fällt und die Paläste auf der gläsernen Fläche schwimmen. Dieser Teil der (1) eig. bescheiden, die Personifizierung und Vermenschlichung der Dinge kann man im Deutschen nicht immer nachvollziehen. (2) Durch den Hufschlag des Pegasus entstand eine Quelle. Phemonoe wird als Tochter des Orakel gottes Apollo ar-cana genannt, ihr-e Quelle pudicos; damit übesetzt St. casta-lia. der griechische Quellname Kastalia ist aber mit castus = rein. keusch etymologisch nicht verwandt. (3) Die nun folgende Besichtigung der Villenanlage ist in Abschnitte gegliedert: V.44-62 Lage und Landschaft, 63-72 Kunstschätze. 73-97 Zimmer und Aussichten, 98-106 Gärten und Weinberge. Jeder Abschnitt beginnt mit einer rhetorischen Formel: an mirer, quid referam, quid revolvam, quid dicam (nach Vollmer). Pollius hat das Gelände teils im Naturzustand belassen, teils künstliche Anlagen geschaffen.
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II, 2,50-75 Villenanlage ist erfüllt vom Rauschen des Meeres, jener kennt nicht die tönenden Fl uten, er liebt di e Sti 11 e des landes. Di esem Ort ist di e Natur gewogen, hier wich sie besiegt dem Bebauer und gewöhnte sich gelehrig an die unbekannte Nutzung. Ein Berg war hier, wo du Ebene siehst, und das Haus, das du jetzt betrittst. war einmal ein Schlupfwinkel für das Wild. Wo du jetzt hohe Wälder siehst: da war nicht einmal Land. Der Besitzer 'zähmte' den Platz und als er die Felsen gesprengt und geformt hatte, trat an deren Stelle freudig fruchtbarer Boden. Sieh, wie jetzt die Felsen lernen, das Joch zu tragen. wie da Häuser den Zugang erzwingen. wie der Berg auf Befehl zurückweicht! Weichen soll vor dir die Hand des Sängers von Methymna und die thebani sehe Lei er und der Ruhm des geti schen PI ektrons. Auch du bewegst Felsen und auch dir folgen hohe Wälder (1). Was soll ich berichten von alten Figuren aus Wachs und Erz? Wenn sich die Farben des Apelles freuen, etwas belebt zu haben, wenn die Hände des Phidias indem bi s dahin 1eeren Pi sa etwas Bewundernswertes (2) geschaffen haben, oder ein Werk, dem von der Kunst des Myron oder dem Meißel des Polyklet befohlen wurde zu leben, und das Erz, das vom i sthmi schen Feuer wertvol'ler wurde als Gold (3), und die Büsten von Feldherrn. Sängern und Weisen früherer Zeiten (4), denen nachzufolgen, dir am Herzen liegt, deren Einfluß du tief im Herzen spürst, du, der du frei bist von Sorgen und immer ausgeglichen in deiner Seele durch deine in sich ruhende Tugend. Was soll ich aufzählen die tausend Gipfel und wechselvollen Aussichten? Jedes Zimmer hat seinen eigenen Reiz, hat sein eigenes Meer und jenseits der Meeresfläche hat jedes Zimmer eine andere Aussicht auf 'sein' Land (5): (1)
(2) (3)
(4) (5)
Es handelt sich hier um die drei berühmten Dichter und Sänger Arion, Amphion und Orpheus; Amphion konnte Felsen bewegen, Orpheus Bäume. Die berühmte Zeusstatue Das ist das sog. Corinthium aes, eine besondere Art von Bronze, deren Legierung (Zusatz von Gold und Silber) geheim blieb. Es war eine kostspielige Liebhaberei von Snobs, darum gab es auch Fälschungen. Es sind nur kleine Gefäße und Statuetten erhalten. Das waren vermutlich auf Statuen aufgesetzte Köpfe. D.h. seine Insel. Die Fenster waren schmal, daher hatte jedes Fenster nur eine nach links und rechts begrenzte Aussicht. Der Dichter zählt nun die wichtigsten Inseln im Golf von Neapel auf, soweit man sie von der Villa des Pollius aus sehen konnte: Inarime: heute: Aenaria, Prochida: Procida, der Waffenträger: Kap Misenum, Nesis: Nisita,ein Kraterrand, aus dessen Mitte Schwefeldämpfe aufsteigen, Euploia = Gute Fahrt.
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II. 2,76-106 Dieses sieht Inarime, von dort zeigt sich das felsige Prochyta; hier erscheint der Waffenträger des großen Hektor, von dort atmet seine schädl i ehen Dünste das meerumflossene Nesi S; dort bedeutet das gl ück 1iche Euploea ein günstiges Omen für die schweifenden Schiffe und dort steigt Megalia empor, an dem sich die gekrümmten Wogen brechen, und dort ängstigt sich dein Limon (1), wenn sein Herr sich ihm gegenüber zurücklehnt, und schaut von fern auf die Paläste von Sorrent. Ein Zimmer jedoch überragt alle anderen. das dir in gerader Linie übers Meer Parthenope zeigt. Hier (in den Palästen des Po11ius) findet man in der Tiefe griechischer Brüche ausgewählte Steine; wieviele das östliche Syene mit Adern gezeichnet hat und diejenigen, welche bei dem traurigen Synnas in Phrygien die Äxte graben, auf den Feldern der trauernden Kybele (2), wo sich im farbigen Marmor auf den weißen Flächen purpurne Kreise abzeichnen; hier ist der Marmor, gehauen aus dem Berg des amykleischen Lykurg, der grün schimmert und weiche Gräser nachahmt im harten Gestein; hier leuchtet der gelbe Stein von Numidien, von Thasos und Chios und der Marmor von Carystos sieht mit Freuden auf das Meer hinaus (3). Alle wenden sich zu den chalkidischen (4) Türmen und grüßen sie. Natürlich, du bevorzugst ja das Griechische und besuchst oft griechische Fluren (4). Die Stadt des Dicarchus, die dich geboren hat, 5011 es dir nicht neiden. Wir werden auf den gelehrigen Zögling mehr Rechte haben. Wozu soll ich jetzt noch reden von dem Reichtum des Ackerlandes. von dem Neuland, das dem Meer abgerungen wurde (5) und den Felsen, die vom Nektar des Bacchus triefen? Oft erstieg dann im Herbst, wenn die Trauben des Lyaeus reif waren, verborgen von den Schatten der Nacht, ei ne Nereide di e Klippen und wischte sich mit den großen Weinblättern die (vom Meerwasser) noch triefenden Augen und stahl von den Hügeln die Trauben. Oft verstreuten dann die nahen Wellen ihre Weinlese und die Satyrn fielen ins Wasser und die Pane vom Berg versuchten in den Wogen die nackte Doris zu fassen. (1) Limon: Gutsbesitz des Pollius (2) traurig, trauernd: weil dort Attis, der Lieblingsknabe der Kybele sich selbst entmannte (Siehe 1,5,38) und damit die roten Streifen als Besonderheit in diesem Marmor zurückließ. (3) weil die farbliche Zusammensetzung des Marmors an Meereswellen erinnert, cf. 1,2,149: concolor alto vena mari. (4) Chalkis auf Euböa ist die Urheimat der Neapolitaner, Graia arva: die Umgebung von Neapel. (5) Von einem ins Meer gebauten Neuland ist an dieser Küste nichts bekannt.
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I I. 2. 107 -1 34
Sei glücklich. Land. (I) für deine bei den Herren (Pollius und Polla) bis zu den Jahren des greisen Mygdoniers und Pyliers (Nestor und Tithonus) und ändere nicht deinen edlen Dienst (2)! Laß dich nicht von der Pracht der tirynthischen Anlage und von der Bucht des Dicarchus übertreffen und nicht öfter sollen diesem gefallen (3) die lieblichen Weinberge des therapneischen Galesus! .Hier betreibt Pollius seine pierischen Künste. ob er nun über die Ermahnungen des gargetti schen Autors (Epi kur) nachdenkt oder ob er mei ne Leier anschlägt oder ungleiche Verse (elegische) knüpft oder ob er drohend den rächenden Jambus 'zückt (die Satire). Von der einen Seite kommt die leichte Sirene geflogen zu den besseren Liedern (4). von der anderen hört Tritonia zu und verrückt ihren Helmbusch (um besser hören zu können). Dann verstummt das Blasen der heftigen Winde. selbst dem Meer wird das Rauschen verboten. Aus ihm tauchen die schmeichelnden Delphine auf. sie werden angezogen von der gelehrten Leier und irren um die Klippen. Lebe! Rei cher bi st du al s Mi das mi t sei nen Schätzen und Krösus mit sei nem Gold und glücklich (felix!) erhaben über die Kronen Trojas und des Euphrat. du (5). den nicht Ämter von zweifelhaftem Wert. noch das wankelmütige Volk. nicht Gesetze. nicht Kriege aufreiben werden; du bezähmst in deinem Inneren Hoffnung und Furcht. du erhebst dich über jeden Wunsch. dem Schicksal entrückt. weist du die unwürdige Fortuna von dir. Dich wird nicht der letzte Tag im unsichern Wirbel des Geschehens erfassen. sondern bereit bist du. zu gehen nach einem erfüllten Leben. Wir aber. das gewöhnliche Volk. ständig bereit. nach vergänglichen Gütern zu jagen und (immer irgendetwas) zu wünschen, verlieren uns in die Zufälle (des Lebens). Von der hohen Warte deines Geistes blickst du herab auf die Irrenden und lachst über die menschlichen Freuden. Es gab eine Zeit. da sich bei der Abstimmung die Bürger von zwei Bezirken um dich stritten und du hoch auf dem Wagen durch I
(I) felix: Anspielung auf den Beinamen des Pollius (2) Das soll heißen. das Land soll sich nicht in den Dienst anderer Herren begeben oder die Herren sollen nicht auf einer ihrer anderen Besitzungen leben. (3) Ich übernehme placeant (A Q RB). (4) "Die Sirenen finden die Gedichte des Pollius besser als ihre eigenen." (Vol1mer) (5) Das Folgende ist epikureisch beeinflußt. St. und Pollius und der ganze Freundeskreis huldigten der epikureischen Philosophie.
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11, 2,134 - 155
die zwei Städte fuhrst. hier viel verehrt von den dicarcheischen Bürgern. dort begehrt von meinen Mitbürgern (Puteoli und Neapel), in gleicher Weise freigebig fUr diese und jene. In jugendlicher Begeisterung begabst du dich stolz auf die Irrfahrt deines Plektrons (1). Nun aber. da der Nebel sich verzogen hat, schaust du die Wahrheit der Di nge. Wir anderen werden immer wi eder auf jenem Meer herumgeworfen. Dei n Schi ff wi rd nicht mehr geschüttelt. es erreichte den sicheren Hafen und friedliche Ruhe. Fahre so fort. lenke niemals mehr dein bewährtes Schiff in unsere StUrme! Und nun zu dir, junge Frau (2) (Lücke im Text) Nicht haben Sorgen dein Herz, nicht schI imme Ahnungen deine Stirne verändert. sondern helle Freude und GI Uck. das Sorgen ni cht kennt. zei gt dei ne Mi ene. Nicht 'erst ickt' bei di r im unheilvollen Kasten zurückgelegter Reichtum und nicht quälen deine Seele Verluste durch zu hohen Zinssatz. Deine Vermögensverhältnisse sind geordnet und das Genießen bleibt in vernünftigen Maßen. Nirgends fUgten sich Herzen unter besserem Schutz der Gottheit zusammen. nirgends beseelte sie schönere Eintracht. Erfahret sie (immer neu) in eurem sorglosen Leben. deren Hochzeitsfackeln aus innerstem Drang für lange Zeit zusammenfanden und deren heilige Liebe die Regeln sittsamen Zusammenseins bewahrt. Geht durch die Jahre und Jahrhunderte und übertrefft die Namen früheren Ruhmes! (3) (1) Die Tournee durch die Städte, bei der er seine Gedichte vortrug. (2) Damit wird Polla angesprochen. scherzhaft wird sie, die Großmutter (IV.8,14), nurus = hier poet. junge Frau genannt. (3) Mit annos sind die noch bevorstehenden Lebensjahre gemeint. mit saecula die Zeit des Nachruhmes. mit priscae titulos praecedite famae soll angedeutet werden, daß sie auch berühmte Paare aus früheren Zeiten übertrafen und noch übertreffen können. eine für Statius typische Übersteigerung. gerade im Schlußsatz.
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Der Baum des Atedius Melior (1) 11, 3,1-28 Es steht da ein Baum am See des vornehmen Melior, in weitem Bogen wirft er seinen Schatten über das klare Wasser. Vom untersten Stamm an krümmt er sich und wendet sich zum Wasser und steigt dann gerade und steil zum Wipfel empor, als ob er mitten aus den Wellen noch einmal entstanden wäre und im gläsernen Gewässer verborgene Wurzeln geschlagen hätte. Wozu soll ich Phöbus so etwas Geringfügiges fragen? Ihr Najaden, sagt" mir die Gründe und ihr Faune seid freundl ich und gebt mi r Gedanken zu mei nen Versen. das genügt mir! Sch aren von zarten Nymphen flohen vor Pan. Jener 1äuft, als ob er alle besitzen möchte, und will doch nur zu einer, zu Pholoe. Als er sie in den Wäl dern und an Fl üssen verfolgt, wei cht sie aus, bald sei nen struppi gen Beinen, bald seinen rücksichtslosen Hörnern (2). Schon kommt sie auf ihrer Flucht, unsicher, wohin sie sich wenden soll, zum Hain des kriegerischen Janus (3), zu der unheilvollen Gegend des Cacus und über die Fluren am Qui ri na 1 zu der Ei nöde des Cae li us. Dort endlich, wo jetzt das gast 1i ehe Haus (4) des freundlichen Melior steht, macht sie, von Furcht und Anstrengung überwältigt und ermattet, halt. Sie wickelt ihren safrangelben Mantel enger um sich und legt sich an den Rand des weißen Ufers (5).Schnell folgt der Gott der Herden und glaubt schon an ein Liebesabenteuer. Schon entquellen Seufzer seiner leidenschaftlichen Brust, schon beugt er sich über die leichte Beute. Da verhält Diana ihre schnellen Schritte. Sie lief gerade über die sieben Hügel und folgte den Spuren einer aventinischen Hirschkuh. Was sie sah, empörte die Göttin, zu den treuen Begleiterinnen gewendet, sagt sie: "Werde ich denn niemals dieses freche, häßliche Vieh von seinen gierigen Räubereien abhalten können, muß denn ständig die Zahl meiner keuschen Gefolgschaft geri nger werden?" So sprach sie, dann nimmt si e aus dem Köcher einen kurzen Pfeil. Sie spannt ihn nicht in den Bogen ein, sie (1) St. bringt hier eine ätiologische Sage, die den merkwürdigen Wuchs des Baumes erklären soll. Die Erzählung ist sicherlich beeinflußt von ähnlichen in den Metamorphosen Ovids, z.B. met.I,699: Pan und Syrinx 1,490: Daphnis und V,578: Arethusa. Der Baum ist eine Platane (V.39). (2) Seine hervorstechenden Kennzeichen, er kommt ihr sehr nahe, wie bei Ovid Apollo der Daphne. (3) Janus ist auch der Gott des Kriegsbeginns. (4) Sine fraude lares: Hausgötter 'ohne Trug' (5) Niveae ripae: weil der Sand oder Kies hell glänzt.
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II. 3.28-56 i~.6hleudert ihn nicht drehend mit dem gewohnten Schwirren, sondern sie wirft
i~:hn mit einer Hand und begnügt sich, wie überliefert ist, mit umgedrehtem 1(#feil den linken Arm der eingeschlafenen Najade zu streifen. Jene springt ...., .....-.... tiiUfund sieht im Licht des Tages ihren schamlosen Verfolger. Um nicht ihre ;!$'6hneeweißen Glieder zu entblößen, stürzt sie sich. so wie sie ist. mit 'i,i,hren Kleidern in den See und weil sie glaubt, Pan würde ihr auch ins tiefe ;,,~~'Sser
folgen, wickelt sie sich in der Tiefe in Seetang ein. Was sollte der
:':$P" plötzliCh getäuschte Räuber jetzt tun? Da er weiß, daß er seinen Körper !irititdem struppigen Fell nicht dem tiefen Wasser anvertrauen darf. und da er
;;~6n Kind an des Schwimmens unkundig ist (1). wagt er es nicht. (ihr zu ::',"
"felgen). Alles klagt er nun an: den grausamen Bromius (2). das neidische
'·.:~asser. den neidi sehen Pfei 1. Da sah er ei ne junge PI atane mi t I angern Stanvn ·,'llnd unzähligen Zweigen. die einmal
ihren Scheitel
in den Äther erheben
;.~Urde. Sie pflanzt er am Ufer ein und bedeckt die Wurzeln mit frischer Erde ;'~;)d
besprengt sie mit dem gewünschten Wasser (3) und begleitet sein Tun mit
'.'fo 1genden Worten: "Du Baum, soll st I ange I eben, als denkwürdi ges Zeichen :-:liieines Wunsches, und lieben sollst du das Versteck einer herzlosen Nymphe. ';i(ldem du dich wenigstens (zu ihr) hinabneigst. und berühre das Wasser mit ··'demLaub! Jene hätte es zwar verdient, aber nicht soll sie, ich bitte darum, ':die Hitze von oben brennen, noch harter Hagel sie schlagen! Nur du sollst ·.das Wasser (die Wassernymphe) mit deinen Blättern streicheln und erregen! Dann werde ich dich und die Herrin des lieblichen Platzes lange verehren und ieuch beide schUtzen bi s in ei n hohes, Juplter (di e Eiche) und das des Phöbus
unversehrtes Alter.
Das Laub des
(der Lorbeer), der Schatten der
zweifarbi gen Pappel und mei ne Fichte (4) so 11 en dei ne Zwei ge bewundern!" So sprach er. Der Baum aber,
belebt von der einstigen Leidenschaft des Gottes,
'schwankt mit seinem schiefen Stamm über der weiten Fläche des Sees und liegt auf dem Wasser und erforscht es mi t sei nem li ebenden Schatten und hofft auf eine Umarmung. aber der Geist des Wassers
wehrt ihn ab und duldet keine Be-
(1) Eine Ziege geht nicht ins Wasser. (2) Bromius = Bacchus, Herrscher über Faune und Nymphen (3) Optatis aquis: Gemeint ist auch die Wassernymphe; die Vorstellung vom
Wasser und der Wassernymphe vermischen sich nun. (4) Eiche und Lorbeer erreichen ein hohes Alter; discolor populus:
verschieden farbige Pappel: Die Blätter der P. sind oben mehr weiß unten grün; pinus: Pitys war eine Geliebte des Pan, sie wurde in eine Fichte verwandelt.
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II. 3.57-77
rührung. Schließlich kämpft er sich empor unter die Lüfte und kommt vom Grund aus ins GI ei chgewicht 4nd hebt wi eder ei nfa 11 srei ch ei nen astlosen Stamm in die Höhe und (es hat den Anschei n) • al s ob er mit einem anderen Stamm in die Tiefen des Sees hinabtauche (1). Und schon haßt ihn die phöbische Najade nicht mehr und lädt die ausgeschlossenen Zweige mit ihrem Wellenschlag ein (1). Dieses kleine Geschenk bring ich dir zu deinem Geburtstag. aber vielleicht überdauert es lange Zeiten (2). In deinem friedlichen Sinn haben die schmeichelhafte Ehre. eine heitere und doch würdevolle Tugend ihren Wohnsitz genommen. Weder faule Ruhe. noch die ungerechte Macht. noch rücksichtslose Hoffnungen findet man dort. sondern einen ehrenhaften und angenehmen Mittelweg. Unbestechlich in deiner Treue. kein Stifter von Unruhe. im Verborgenen (3) und doch nicht vereinsamt verbringst du in geordneten Verhältnissen dein Leben. Auch verachtest du das wohlfeile Gold und verstehst es doch bestens. dei nen Rei chtum vernünfti g anzul egen und dei ne Mittel sinnvoll zu verwenden. Lange noch sollst du in dieser Jugendlichkeit deines Herzens und Charakters blühen und den ilischen Greisen (Priamos und Tithonos) gleichkommen. Übertriff die Jahre deines Vaters im Elysium und die. welche deine Mutter gelebt hat! Darum haben jene die harten Schwestern (di e Parzen) gebeten. Unter deinem Zeugni 5 wi rd der stattliche Ruhm des hochherzi gen BI äsus dem schwei genden Vergessen entgehen und wi eder grünen (4) •
(l) ramos exclusos erinnert an den amans exclusus des Paraklausithyron. Wie die Nymphe mit dem Wasser. so ist jetzt auch Pan mit dem Baum identisch. descendat. invitat: Eine Täuschung durch die Spiegelung! (2) Wie Ovid glaubt auch St., daß seine Gedichte die Zeiten überdauern werden. (3) Das Lathe biosas des Epikur (4) Ein von Melior sehr verehrter Dichterfreund. vgl. 11, 1,191.
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Der Papagei des Melior (1) 11, 4.1-23 Papagei, König der Vögel, geschwätzige Freude deines Herrn. geschickter • Nachahmer der menschlichen Sprache. Papagei! Wer hat dein Plaudern durch e.inen so plötzl ichen Tod beendet? Gestern noch hast du mit uns das Mahl begonnen. Armer, der du sterben solltest. Wie du die willkommenen Gaben des. Tisches aufnahmst, konnten wir sehen. Und nach Mitternacht noch sahen wir dich über die Kissen schreiten. Angesprochen hast du uns sogar und eingelernte Worte hast du wiedergegeben. Aber jetzt bist du. jener bekannte Plauderer, im ewigen Schweigen des lethe gefangen. ~ie;chen soll vor dir die Sage des Volkes von Phaethon (2). Nicht die Schwäne allein machen ihren Tod bedeutungsvoll (2). Was für ei n großes Haus hattest du! Es gl änzt sei n röt liches (goldenes? ) Dach. Eine Reihe von silbernen Stäben verbindet es mit dem Boden aus Elfenbei n. He 11 kl ang von dei ner Schnabel spitze das Türchen und wi e von selbst klagen jetzt die Türflügel (3). leer ist jener glückliche Käfig, die Schimpfworte (4) aus dem herrlichen Haus hört man nicht mehr. Hier sollen sich die gelehrigen Vögel versammeln, denen die Natur das edle Vorrecht des Redens gab! Der Vogel des Phoebus (5) 5011 sei n Gefi eder schlagen und der Star, der gehörte Worte sich fest einprägen und sie dann wiedergeben kann. und die Elstern, gewandt im Wettstreit von Aonien (6), und das Rebhuhn, das wiederholt die Worte verbindet (7) und sie wiedergibt. Und sie, die Schwester, die verlassen auf ihrem lager in Bistonien klagt (die Nachtigall). Klagt alle zusammen und übergebt die Leiche eures Blutsverwandten den Flammen und lernt alle diesen Trauergesang hinzu (8): (1) Erwähnt sei hier das Gedicht auf den Tod eines Papagei von Ovid. Am.2.6. durch das St. beeinflußt ist. (2) In der Sage singen die Schwäne kurz vor ihrem Tod. So hat der Papagei vor seinem Tod noch gesprochen. In der Erzählung vom König Cygnus (Schwan) ist die Sage vom Sturz des Phaethon, seines Verwandten. eingeschlossen. daher dessen Erwähnung. (3) Die offenen Türflügel 'klagen' jetzt schon von sich aus über seinen Tod, wenn der Wind sie bewegt. (4) convicia: die Schimpfworte. die man dem Vogel beigebracht hatte. (5) ales Phoebeius: der sprechende Rabe des Apollo bemerkt den Treubruch der Coronis, der Geliebten des Gottes. und meldet dies seinem Herrn, worauf dieser die Treulose im Zorn mit dem Pfeil trifft. (Ov.Met.II.542 ff.) (6) Die Pieriden wurden nach dem Wettstreit mit den Musen in Elstern verwandelt. (Ov.Met.V.295 ff.) (7) vielleicht, weil die Laute dieser Vögel dem Stottern ähnlich sind. (8) addiscite: Lernt hinzu, zu den schon gelernten menschlichen Worten.
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II, 4,24-37 "Tot
ist
der
herrliche Ruhm des
luftigen
Volkes,
der
Papagei,
jener
Herrscher in den grünen Ländern des Ostens, den nicht der Vogel der Juno mit sei nem edel stei nbesetzten Sctlweif (der Pfau) übertreffen könnte, noch der Vogel vom kalten Phasis (der Fasan), noch sie, die die Numider fangen bei feuchtem Südwind (die PerlhUhner). Jener ist der Begrüßer der Könige,- der Cäsars Namen gesprochen hat. Bald hat er die Rolle des nörgelnden Freundes gespielt, bald war er ein heiterer Lebensgefährte, der vorgesprochene Worte so 1ei cht nachsprechen konnte. Jedesmal, 1i eber Mel ior, wenn du den Käfig geöffnet hast, warst du nicht allein (1). Aber er wird nicht unrühmlich zu den Schatten geschi ckt: Nach der assyri sehen Gewürztraube wi rd sei ne Asche duften.
Das zarte Gefi eder wi rd den Duft arabi schen Wei hrauchs und des
sizilischen Krokus ausströmen.
Nicht
glücklicher wird Phönix,
wenn die
Schwächen des Alters ihn bedrücken, über sei nen duftenden Schei terhaufen aufsteigen." (1) Daß hier, im Trauergesang der Vögel, Melior angesprochen wird, ist unpassend.
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Der zahme Löwe II, 5,1-30
Was nützte es di r, daß du jetzt dei ne Wil dhei t abgelegt hast (1) und zahm geworden bist? Was nützt es dir, daß du die Greue1 des Menschenmordens vergessen hast, aber die Befehle eines dir unterlegenen Herren erträgst und ausführst? Was, daß du, wie du es gewohnt bist, von zu Hause weggehst und wieder in den Käfig zurückkehrst und daß du von der bereits gepackten Beute freiwillig abläßt, die eingeschlagenen Pranken zurückziehst und den Biß lockerst (2)? Du stirbst, du erfahrener Töter des Großwildes. Nicht wurdest du von einer afrikanischen Schar im Kreis umstellt und eingeschlossen, nicht wurdest du gere i zt, den gefürchteten Sprung über di e Jagdspi eße zu wagen, und nicht wurdest du getäuscht von dem unsichtbaren Schlund der Fallgrube, sondern ein fliehendes Tier hat dich besiegt (3). Da steht nun ein unglücklicher Käfig mit der offenen Türklappe, und daß, andererseits ringsum die verschlossenen Tore, dieses Unrecht, erlaubt ist, darüber' gerieten die sanften Löwen in Aufruhr. Da ließen alle die Mähnen hängen, sie schämten sich, den Zurückgewichenen anzuschauen und alle senkten ihre Brauen über die Augen. Aber jenes Schamgefühl, das dir neu war, kam nicht beim ersten Schlag über dich. Der Mut blieb und die Tapferkeit kehrte beim Fallen, schon mitten im Tod, zurück. Nicht sofort gabst du alle Drohgebärden auf. Wie ein Soldat, der von seiner tiefen Wunde weiß, im Sterben noch gegen den Feind losgeht und die Hand hebt und droht, während ihm das Schwert schon entgleitet. so schleppt sich der Löwe mit Mühe dahin, seiner Ehre, die ihm gewöhnlich gezollt wird, ist er entkleidet. Die Augen hält er mit Mühe noch offen und schnappt mit dem Maul und ringt nach Atem und sucht den Feind. Großen Trost, trotz des plötzlichen Todes, bedeutet es für dich, Besiegter, daß das Volk und die Väter, als ob du als berühmter Gladiator auf dem traurigen Sand gefallen seiest, voll Trauer seufzen, weil du stirbst. Ein Trost ist es auch für dich, daß die Gesichtszüge des großen Cäsar Rührung zeigten wegen des Verlustes eines einzigen Löwen, obwohl so viele skythische und libysche Tiere und solche vom Ufer des Rheins und vom Land des pharischen Volkes im Circus waren. Diese Tiere zu verlieren, wäre nicht wichtig gewesen. (1) Ich übernehme nunc strata (Postgate). (2) Das wurde den Löwen im Zirkus anerzogen. Sie fingen .z.B. Hasen, ließen sie laufen und fingen sie erneut. Vgl.dazu Mart. 1,48. (3) Wir erfahren nicht, welches Tier gemeint ist. St. hat das Gedicht noch im Zirkus abgefaßt, deshalb konnte er auf Einzelheiten verzichten.
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Trqstge~icht
fUr Flavius Ursus Uber den Verlust seines Lieblingssknaben 11. 6.1-28
Alfzu igr'ausam bi st du. wenn du Unterschi ede festsetzt fUr di e Tränen und MaßStäbe in der Trauer. Schlimm ist es für einen Vater. Kinder als Unterpfand im zarten Alter oder heranwachsende Söhne (Wel ch schreckl icher Gedanke!) zu verbrennen. Hart ist es. den Tei i des verl assenen Lagers zu rufen •. wenn uns die Gattin geraubt ist (1). Traurig ist das Klagen um Schwestern und das Seufzen um Brüder. Tief jedoch und noch tiefer ins Herz dringt ein (anscheinend) kleinerer Schlag. er kann die größeren Wunden übertreffen. Nur einen Diener beklagst du. Ursus. (So mi scht Fortuna mit 'blinder Hand' (2) die Namen der Dinge und kennt nicht das Herz der Menschen. ). aber ei nen frommen Di ener. Ursus. der durch sei ne Li ebe und Treue diese Trönen verdient hat. dem aufgrund seiner Gesinnung eine größere Freiheit zuteil wurde. als eine Ahnentafel sie ihm vermittelt hätte. Halte nicht deine Trönen zurück. schäme dich ihrer nicht! Laß an diesem Tag deinem Schmerz freien Lauf. wenn die Götter so Hartes beschließen! Einen Menschen beklagst du (Weh mir! Ich schUre selbst das Feuer.). deinen Menschen. Ursus. dem sein Dienen, weil er es selbst wollte. zur willkommenen Tätigkeit wurde, nie zur lästigen, der sich selbst die Befehle erteilte. Wer wohl tadelt die Trauer, die sich bei solch einem Begräbnis zeigt? Es jammert der Parther über sein im Kampf getötetes Pferd und die Molosser weinen über ihre treuen Hunde und Vögel hatten schon ihren Scheiterhaufen und ein Hirsch seinen Maro (3). Was wäre denn, wenn er kein Sklave gewesen wäre? Ich selbst bemerkte seine Haltung. Er wünschte nur dich als seinen Herrn. Noch mehr offenbarte er seine Gesinnung in diesem zarten Alter in seinem AntI itz. Griechenlands und Latiums Töchter hätten es sich gewünscht. einen solchen Sohn geboren zu haben. Nicht so war der stolze Theseus, den die schlaue Kreterin (Ariadne) sorgsam mit dem Faden aus dem Labyrinth zurückgeholt hat. Nicht war Paris. der Hi rte. so, der di e Schi ffe gegen ihren Wi 11 en (4) ins Meer zog, weil er (1) partem deserti tori: ähnlich Dvid, her.1D.58: perfide. pars nostri. lectule. maior ubi est? Liebende sind Teile voneinander. Das Bett ist der dritte 'Teilhaber' beim Liebesleben. Auch bei St. also wird das Bett mit einbezogen. (2) mit einer Hand. die keine Unterschiede macht. (3) Volucres habuere rogum: Siehe 11.4; cervusque Maronem: Vergilius Maro. Aen. 7.475 ff. Erzählung vom Hirsch der Silvia. (4) invitas: weil ein langer Krieg daraus folgte.
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II, 6,28-54
seine oebalische (spartanische) Liebe (Helena) sehen wollte. Ich täusche euch nicht, nicht leitet mich die übliche Freizügigkeit des Dichtersanges. Nicht war Achilles so, - ich sah ihn (1) und sehe ihn noch - den Thetis am jungfräulichen Strand verbarg, damit er dem Krieg entgehe (2). Auch Troilus war nicht so. Ihn traf die Lanze von hämonischer (thessalischer) Hand, als er um d; e Mauern des grausamen Phoebus floh (3). Und w; e warst du! vi el schöner al s alle Knaben und Männer, nur geri nger als dei n Herr. Sei n Gl anz allein übertrifft den deinen. So überstrahlt der helle Mond die kleineren Sterne, so stellt Hesperos die anderen Feuer am Himmel in den Schatten. Nicht aber zierte dich weiblicher Liebreiz, nicht ein weiches Mädchengesicht. wie es die haben, denen man durch ein verbrecherisches Streben nach zweifelhafter Schönheit befiehlt. ihr Geschlecht aufzugeben (4). Gefestigt und männ1 ich war dein Aussehen. Nicht frech war dein 81 ick. Ernst war das .Strahlen der sanften Augen, wie Parthenopaeus sich zeigte unter seinem Helm in der Sch I acht (5). Ei nfach war dei n Haar, von natürl i eher Schönheit. Di e Wangen waren noch nicht von einem Bart bedeckt, ein erster Flaum schimmerte auf ihnen. So erzieht Eurotas an seinem ledäischen Strom die Jugend (6). In solcher Reinheit seiner Jugend geht der Knabe nach Elis (7) und weiht seine ersten Jahre dem Zeus. Woher kommen nur diese schamhaften Gesichtszüge, diese ruhige Mäßigung in Charakter und Sinn, diese Seelenhaltung, die weit über sein jugendliches Alter gereift ist? Wie könnte ich das (nachträglich) in einem Gedicht darlegen? Oft hat er seinen Herrn, der dies annahm, zurechtgewiesen und nützte ihm durch seinen Eifer und mit Ratschlägen, die in hohem Maß begründet waren. Mit dir war er traurig und heiter, nie dachte er an sich selbst, jeden Wunsch las er dir von den Augen ab. Würdig ist er, (1) Eine eigenartige Übertreibung! (2) Thetis verbarg ihren Sohn Achilles unter den Töchtern des Königs Lykomedes auf der Insel Skyros in Mädchenkleidern. Siehe Statius, Achil1eis (3) Haemoniae dextrae: Achi11es stammte aus Thessalien. Moenia Phoebi: Apollo und Poseidon bauten für König Laomedon die Mauern von Troja. (4) Gemeint ist die Kastration der Lieblingssklaven, die Domitian dann verboten hat (111,4,73). (5) Parthenopaeus war einer der Sieben gegen Theben, ein Krieger mit dem Aussehen eines Mädchens. Der Name bedeutet 'mädchengesichtig'. Ich übernehme in statt iam (Vol1mer). (6) Eurotas: Fluß (Flußgott) in Lakonien, Leda stammt aus Lakonien. (7) zu den olympischen Spielen. Zeus war der oberste Schirmherr der Spiele.
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II, 6,54-77 den hämoni schen Pyl ades an Ruhm zu übertreffen und die kekropi sche Treue (1). Dies sei nun die Grenze des Lobes, welche sein (=des Knaben) Lebenslos zuläßt (2). Nicht größer war:·die Treue des Eumaios, der mit krankem Gemüt die späte Rückkehr des Odysseus erwartete (3) Welcher Gott oder welcher Zufall findet so grausame Wunden? Woher kommt es, daß die Hand des Schicksals so sicher ist bei ihren Schlägen? Um wie vieles tapferer würdest du, Ursus, den Verlust deines Reichtums und Vermögens ertragen! Wenn dein reiches Lokri bei einem rauchenden Ausbruch Feuer gespien hätte wie der Vesuv, oder wenn Flüsse deine Triften bei Po11entia überschwemmt hätten oder der I ukani sche Aci r oder der angeschwo 11 ene Ti ber hohe Wellen auf das rechte Ufer geworfen hätten, so hättest du den Wi 11 en der Götter mit heiterer Miene ertragen. Und wenn das fruchtbare Kreta und Kyrene ihre Treue und ihre Ernten verweigert hätten und wo noch die freigebige Fortuna mit ihrem segensreichen Gewandbausch dir Geschenke bringt (4), aber die unheilvolle Invidia (der Neid), der Schmerzen kundig, sah die empfindliche Stelle in deinem Herzen und einen Weg, sie zu treffen. Gerade am Wendepunkt (5) zum Erwachsenenalter, als er, der schönste aller Jüngl i nge, mit drei el ischen Lustren drei Jahre verbi nden wo 11 te (6), da erspähte ihn die finstere Göttin von Rhamnus (Nemesis) mit ihrem grausamem BI i ck und 1i eß ihm zuerst di e Muskel n schwe 11 en und goß i hm dann GI anz in die Augen und erhöhte so sei ne Schönheit in ungewöhnl icher Wei se. Wehe! Tödlich war ihre Gunst für den Armen. Sie quälte sich selbst mit Neid, Anspielung auf zwei (drei) berühmte Freundespaare der Antike: 1. Orestes und Pylades, 2. Theseus und Pirithous; kekropisch = athenisch, also der athenische Held Theseus und 3. Achilles und Patroklos: Vollmer begreift Pyladem als Appellativum statt amicum, damit ist Patroklos gemeint, so daß sich hinter Haemonium Pyladem zwei Freundespaare verstecken, nämlich Orestes und Pylades und Achilles und Patroklos. Dazu Frere-Izaac: le Pylade hemonien n'est autre que Patrocle qui, dejä en Thessalie, ä I 'ecole de Chiron, devenait l'ami d'Achille. Dieses Versteckspiel paßt zu der Arbeitsweise des St. (2) da er ja ein Sklave war. (3) Eumaios wird jetzt noch genannt, als der durch die Erzählung in der Odyssee berühmt gewordene Sklave. (4) Aus dem Gewandbausch oberhalb des Gürtels holte man Geschenke hervor. (5) Ich übernehme cardine (Gronovius und Vollmer). (6) elisch = olympisch; 3x4=12+3=15, die römischen Dichter lieben es, Zahlen in Form einer Rechnung zu bringen.
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iI. 6.77-100
als sie ihn ansah (1). Sie warf über den hingestreckten Knaben ihre Netze und gab ihm den Todeskuß und entstellte mitleidlos mit ihren gekrümmten Fingern sein Gesicht. das sie (eigentlich) hätte verehren sollen (2). Kaum sattelte Phosphoros zum fünften Mal am Rand der Welt (eig. am fünften Rand) sei n taubenetztes Pferd. da sahst du. Phil etus (3) den öden Strand des gefühllosen Alten (Charon) und den grausigen Acheron. wie bitter beklagt von deinem Herrn! Nicht die Mutter hätte wilder ihre Arme blau geschlagen. wenn sie noch gelebt hätte (4). nicht der Vater. Und der Bruder, wenn er beim Begräbnis zugegen gewesen wäre. hätte sich sicherlich geschämt. daß man ihn in der Trauer übertreffe. Der Scheiterhaufen aber für den Dahingeschiedenen war nicht der eines Sklaven: Duftende sabäische und kilikische Ernten erfaßte di e Fl amme und Zimt. dem phari sehen Vogel (5) entri ssen und Saft. der aus assyrischen Kräutern gewonnen wird. und die Tränen deines Herrn • . Jene nahm nur die Asche auf. diese 'trinkt' das Grab immer noch (6). Das Wei nen am Grab ist ungl ückse 1i gen Schatten 1i eber als Wei n aus Set i a. der die graue Asche löscht. oder der glatte Onyx der Urne. die die Gebeine birgt. Aber - er selbst hilft dir (7). Warum geben wir uns dem Schmerz hin. Ursus? Warum nährst du die Trauer und liebst die Wunde im unglücklichen Herzen? Wo ist die erprobte Beredsamkeit für die vor Gericht geschleppten Angeklagten? Warum quälst du den lieben Schatten mit wilden Trauergebärden? Unvergleichlich in seiner seelischen Haltung war jener und wahrhaft würdig, betrauert zu werden. aber du hast ihm Genüge getan. Jener ist eingegangen zu den Sel i gen und genießt di e e1ysi sc he Ruhe und fand dort sei ne vi ell ei cht berühmten Eltern (8). Vielleicht umspielen ihn im angenehmen Schweigen des (1) St. verbindet offenbar videndo etymologisch mit invidia: invidere = scheel ansehen. Weitere Beispiele dazu bei Vo11mer zu 1.1,6. . (2) V.l7/78: Der Text ist im einzelnen umstritten. (3) Philetus: der Name des verstorbenen Knaben (4) Ich übernehme sa1va (Polster). (5) Phariae volucri: Der Wundervogel Phönix (6) d.h. Ursus besucht immer wieder die Grabstätte. (7) Der Tote will nicht durch allzu viele Klagen in seiner Ruhe gestört werden, V.96. (8) Als Kriegsgefangener konnte er von hoher Abstammung sein. was seine vielen Vorzüge bestätigen würden. Siehe V. 21: quid. si nec famulus?
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Ir. 6, 100-1 05
Lethe die Najaden des Avernersees von allen Seiten und Proserpina bermerkt dies mit scheelem Blick (1). Höre auf. ich bitte dich, mit' der Klage! Einen anderen Philetus wird dir das Schicksal geben. vielleicht auch er selbst. Er wird ihm seinen Charakter und die edle Haltung zeigen und freudig ihn lehren, "Geliebter zu sein, wie er es war (2).
Zum Geburtstag des Lukan an Polla (3) II,7.1-29
Kommt herbei zum Geburtstag des Lukan alle, die ihr auf den Hügeln der i sthmi schen Di one im Herzen angetri eben seid von gel ehrter dichteri scher Begeisterung und trinkt das Wasser des fliegenden Hufes (des Pegasus)! Ihr, die ihr im Ruhm der Dichtkunst steht, und du Arkader (Merkur), Erfinder der klingenden Kithara und du. Euhan, der du die Bassariden zu wildem Tanze treibst und Paean und ihr, hyantische Schwestern (Musen). erneuert froh die purpurnen Binden. schmückt das Haar, frischer Efeu soll eure weißen Kleider umranken! Die gelehrten Musenquellen sollen reichlicher hervorströmen. ihr Wälder Aoniens" grünet leuchtender und wo eine Lücke sich auftut und das Tageslicht eindringt. da sollen biegsame Girlanden Schatten spenden! Hundert duftende Altäre sollen sich erheben im thespischen Hain und hundert Opfertiere (soll es geben). die die Dirke badet oder der Kithäron ernährt. Von Lukan singen wir, schweiget stille! Euch ist dieser Tag geweiht, ihr Musen, erweiset ihm eure Gunst, wenn er, der euch durch zwei Künste berühmt gemacht hat, durch die im Versmaß gebundene und durch die gelöste Sprache, als Priester des römischen Dichterchores geehrt wird. Du glückliches. du allzu glückliches Land, du siehst die geneigte Fahrt des Hyperion auf den Wogenkämmen des Ozean und hörst das Zischen der fallenden Räder (4). Du Baetica forderst mit deinen triefenden Ölpressen das durch die (1) Sie beneidet die Najaden. (2) Der Gedanke. daß ein Schatten aus dem Elysium einen ihm Ähnlichen als Ersatz auf die Erde SChickt. ist hier einmalig. (3) Polla: Witwe des Lukan (4) beim Eintauchen in das Wasser
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11. 7.28-63
Tritonis (1) fruchtbare Athen heraus. Lukan kannst du der Welt (als von dir gegeben) anrechnen. Das ist mehr. als Seneca der Welt gegeben zu haben oder den liebenswerten Ga11io erzeugt zu haben. Rückwärts zu den Quellen soll der Baet i s fl i eßen und sich zu den Sternen erheben, ed1 er ist er als der griechische Meles; Mantua. fordere nicht den Baetis heraus (2)! Das eben geborene Kind, das noch am Boden lag und sein erstes liebreiches Wimmern hören ließ, nahm Ca1liope an ihren weichen Busen auf. Damals gab sie zum ersten Mal ihre Trauer auf und vergaß den langdauernden Schmerz wegen Orpheus (3) und sagte: "Lieber Knabe, den Musen geweiht, der du die alten Dichter schnell überholen wirst (4). nicht Flüsse, nicht Herden wilder Tiere, nicht getische Eschen wirst du bewegen mit deinem Plektron (5), sondern die sieben Hügel. Mars und Tiber, gebildete Ritter und den Senat im Purpur wi rd dei n beredter Gesang anzi ehen. Dem nächtlichen Untergang der .Phryger (der Trojaner), den Wegen des spät zurückkehrenden Odysseus und dem tollkühnen Schiff der Minerva (die Argo). diesen von den Dichtern oft befahrenen Geleisen mögen andere folgen; du Liebling von Latium wirst, eingedenk deines Volkes, mit mehr Mut ein Nationalgedicht hervorholen (6) .. Noch in jungen Jahren wirst du zuerst Hektor besingen und den thessalischen Wagen (7) und das 'flehende Gold' des reichen Priamus (8) und die Wohnsitze der Toten wirst du aufschließen (9). Der undankbare Nero (10) und unser Orpheus werden von dir in wohlwollend aufgenommenen Theaterstücken dargestellt. Du wirst erzählen von dem verbrecherischen Feuersturm des schuldigen Herrschers. der über die Dächer des Remus hinwegbrauste (11). Dann wirst du das Ansehen und den Liebreiz der keuschen. Po1la ansprechen und sie ehren mit (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11)
Tritonis.idis: der der Pa1las Athene heilige Ölbaum Mantua: Geburtsort Vergils, eine Schmeichelei für Lukan Er war von Bacchantinnen getötet worden. Das Bild von der Rennbahn Dies tat Orpheus. Ich übernehme exeres (Markland). carmen togatum: die Pharsa1ia. Thessalosque currus: Achilles schleif te mit seinem Wagen die Leiche Hektors um die Mauern von Troja. A. stammte aus Thessalien. supplex aurum: Priamus wollte die Leiche seines Sohnes Hektar von Achilles mit Gold auslösen. Das bezieht sich auf ein Werk des Lukan mit dem Titel Catachthoni.on, ingratus Nero: weil er Lukan zum Selbstmord gezwungen hatte. Daß Nero Rom hat anzünden lassen, ist nicht erwiesen.
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II, 7,63-98
liebreichen Worten (1). Schließlich wirst du, schon gereifter, in donnernden Worten (2) das von ita 1ischen Gebei nen wei Be Phil i ppi und den Kampf von Pharsalos schildern. wo der göhliche Führer (Caesar) wie ein Blitz zwischen die Reihen fuhr, und Cato (3) wirst du besingen. berühmt durch seinen edlen Freiheitsdrang. und den beim Volk beliebten Großen (Pompeius). Tief bewegt wirst du das Verbrechen bei d~elusischen Canopus beweinen und du wirst dem Pompeius ein Grabmal setzen, \höher als der blutige Pharos ist (4). Das wirst du besingen in früher Jugendzeit, vor den Jahren, als Vergi 1 seine Mücke dichtete (5). Die Muse des rohen, wilden Ennius soll weichen und auch der kühne Wahnsinn des gelehrten Lukrez (6) und es soll weichen er, der die Argonauten durch die Meerenge führte (7) und er, der zuerst Körper verwandelte (8)! Wie? Mehr noch will ich behaupten: Selbst die Aeneis wird dir ihre Verehrung bezeugen, wenn du dichtest für das römische Volk. Nicht nur den Glanz des Dichterruhmes werde ich dir geben, sondern ich verheiße dir mit den Hochzeitsfackeln eine Gattin, die gebildet ist und wie geschaffen für deine Begabung, wie sie dir die milde Venus und Juno geben würden, ausgestattet mit Schönheit, Offenheit. Leutseligkeit, Reichtum, Adel, Anmut und Zierde. Ich selbst werde euch im festlichen Gesang vor eurer Tür den Hymenäus darbringen. o di e wil den und allzu harten Parzen! 0 daß doch ni ema I s ei n I anges Leben beschi eden ist den hochbegabten Menschen! Warum seid ihr, Himmel strebende, mehr den Zufällen ausgesetzt? Warum erlauben die grausamen Wechselfälle es dem Großen nicht zu altern? So drückt den Sohn des nasamonischen Donnergottes (9) nach seinem AUfstieg und einem blitzartigen Untergang BabyIon mit einem engen Grab; so sah Thetis schaudernd den Peliden fallen, getroffen von der Hand des feigen Paris; so folgte ich von den Ufern des (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)
Von einem Gedicht an Polla ist nichts bekannt. Anspielung auf das rhetorische Pathos. das Lukan verwendet hat. Cato Uticensis (95 - 46 v.Chr.) An dem bekannten Leuchtturm pharos in Ägypten geschah der Mord an Pompeius. Das Epos Pharsalia lukans ist ein höheres Denkmal als der Turm. Zum Culex vergleiche das Vorwort des I.Buches. Der Wahnsinn des lukrez ist eine nicht bewiesene legende. Der Dichter Varro Atacinus hatte ein Epos Argonautica verfaßt. Anspielung auf Ovids Metamorphosen Alex.d.Gr. wurde vom Orakel des Jupiter Ammon in Ägypten für einen Sohn des Zeus erklärt. Alex.' Grab befand sich in Alexandria.
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II, 7,98-135
rauschenden Hebrus dem Haupt des Orpheus, das nicht verstummt war (1). So gingst auch du, (0 Unre~ht des grausamen Tyrannen!) auf Befehl hinab zum reißenden Lethestrom, während du noch Schlachten besangst mit stolzen Worten und Trost spendetest den erhabenen Gräbern, (0 schlimmes Verbrechen, 0 Verbrechen!) und verstummtest." So sprach sie und wi schte sich di e langsam fallenden Tränen ab mit dem glänzenden Plektron. Aber du schaust entweder auf der schne 11 en Himmelsachse, erhoben von dem steilen Wagen der Fama. wohin nur die erhabenen Seelen aufsteigen, hinab auf die Erde und lachst über die Gräber; oder du wohnst selig und verdientermaßen im Hain des Friedens auf den Fluren des Elysiums. wo sich die Heldenschar von Pharsalos versammelt und während du dein berühmtes Lied anstimmst, begleiten dich die Anhänger des Pompeius und Cato. - Durch deinen großen Schatten unverletzlich und erhaben. weißt du nichts vom Tartaros und 'hörst doch die Schläge. die die weit entfernten Schuldigen treffen und siehst das erbleichende Gesicht des Nero. als er die Mutter mit der Fackel erblickte (2). - Sei anwesend in deinem ganzen Glanz. Polla ruft dich. Für einen Tag, ich bitte dich. sollst du die .Erlaubnis erbitten von den Göttern der Schwei genden . Di eses Tor pfl egt offenzustehen zur Hochzeit für wiederkehrende Gatten (3). Diese aber kleidet dich nicht wie die Gestalt einer falschen Gottheit ein (4), begierig nach einer trügerischen Bacchusfei er, sondern sie verehrt dich seI bst und besucht dich. der du zutiefst in ihrem Inneren wohnst; ein wenig bedeutsamer Trost aber ist das Gesicht. das aus Gold gefertigt (5) über ihrem Lager glänzt und ihr einen ruhigen Schlaf gewährt. Geht weit weg, ihr Totengeister: Das ist der Anfang eines ehelichen Lebens. Es weiche die schreckliche Trauer, den Wangen bleiben die süßen Tränen und ein feierlicher Schmerz. Was sie vorher beweint hatte. betet sie jetzt an.
(2) (3) (4) (5)
Orpheus wurde am Hebrus von den Bacchantinnen zerrissen, sein Haupt riß der Fluß mit sich fort, wobei es immer noch klagend 'Eurydike' rief (Verg.Georg. IV,523 ff.). Nero hatte auch seine Mutter umbringen lassen. Nach dem Vorbild der Laodamia erwarteten dies Witwen. Tote wurden oft unter dem Bild eines Gottes verehrt. ein Medaillon (clipeus)
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Statius grüßt seinen Pollius III. Vorwort 1-27 Dir gegenüber, mein liebster Pollius, der du wegen jener Gelassenheit. an der du so getreulich festhältst, würdiger bist als jeder andere, brauche ich die Unbesonnenheit dieser kleinen Schriften hier sicherlich nicht des langen und brei ten zu rechtfert i gen. Du wei ßt ja. daß vi eIe von ihnen in dei ner unmittelbaren Nähe in plötzlicher Eingebung entstanden sind. Diese Kühnheit meines Stiles hat dich häufig erschreckt. (Ich aber bin jedesmal tief beeindruckt), sooft ich, fern vom Getriebe der Menschen, im innersten B'ereich deiner bekannten Redefähigkeit tiefer in die Wissenschaft eintrete und von di r in jeden Wi nke 1 der gei sti gen Welt geleitet werde. Unbesorgt kann ich dir also dieses dritte Buch meiner Silven schicken. Auch das zweite hatte dich zum Zeugen. aber diesem gibst du deinen Namen. Den Anfang macht der sorrentinische Herkules, der an deinem Strand eine Weihestätte hat und den ich, sofort als ich ihn gesehen hatte, mit diesen Versen meine Verehrung erwiesen habe. Es folgt ein SchriftChen, mit dem ich den trefflichen und mir höchst sympathischen jungen Maecius Celer, der vom a1lerheiligsten Kaiser zur syri schen Legi on geschi ckt wurde, auf di ese Wei se das Geleit gegeben habe, da ich ihm ja nicht folgen konnte. Auch die Liebe meines Claudius Etruscus verdiente durch mei ne Dichtung einen Trost, da er, was nur noch sehr selten vorkommt, mit aufrichtigen Tränen seinen grei sen Vater betrauerte. Außerdem 1st da noch Eari nus, der, Frei ge 1assene; unseres Germanicus. Du weißt ja, wie lange ich ihn auf die Erfüllung seines Wunsches warten ließ, als er mich bat, seinen Haaren. die er mit einer ede 1stei nbesetzten Büchse und ei nem Spi ege 1 zum pergameni sehen Askl epios schicken wollte, ein Weihegedicht zu widmen. Das letzte ist ein Gedicht, mit dem ich meine Claudia auffordere, sich mit mir nach Neapel zurückzuziehen. Dieses ist, wenn ich die Wahrheit sage, ein Gespräch und da bin ich ohne Sorge, weil ich es mit meiner Gattin führe, die ich mehr überrede, als daß ich ihr gefallen will. Dieses Gedicht wirst du besonders schätzen, da du weißt, daß meine Entscheidung zu einem ruhigen Leben am meisten deinetwegen zustandekommt und daß ich mich nicht so sehr in meine Heimat als vielmehr zu dir zurückziehe. Lebe wohl!
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Der sorrentinische Herku1es des Po11ius Fe1ix (1) III. 1.1-30
)lie unterbrochenen Opfer erneuert di r. Ti rynthi er. Po 11 i us und gibt al s Grund für das 'untätige' Jahr an. daß du in einem größeren Tempel und nicht mehr arm am leeren Strand in einer Schutzhütte für vorbeikommende Seeleute . Y,lohnen wi rst. sonde'rn hi nt er ei ner gHnzenden Pforte und unter ei nem Dach. ~estützt von griechischen Säulen. Es ist fast so. als. ob du ein zweites Mal geläutert wUrdest durch die Fackeln eines dich ehrenden Feuers und hinaufstiegest zum Äther. verzehrt von den Flammen des Oeta (2). Kaum wird man den Augen und Sinnen trauen. bist du jener ruhmlose Wächter der offenen Hütte und des klei nen Altares? Woher kommt di eses neue Gebäude. di eser unvermutete Glanz für den bäuer1 ichen Alkiden? Auch Götter und Orte haben ihre Schicksale! 0 diese schnelle Frömmigkeit! Unfruchtbarer Sand war hier noch kürzlich zu sehen. eine vom Meer bespritzte Bergflanke und von struppigem Buschwerk bestandene Felsen und ein nachgiebiger Boden. der keinerlei Begehen zuließ. Welch Glück bereicherte plötzlich die spröden K1i ppen? Entstanden diese Mauern durch tyri sches P1 ektron (Amphi on) oder durch getische Leier (Orpheus)? Das Jahr selbst staunt über die Arbeiten und kaum zweimal sechs Monate bewundern das für lange Zeiten währende Werk. Der Gott schaffte herbei und errichtete seinen Tempel und stemmte sich gegen die Widerstand leistenden Felsen. riß sie aus dem Grund und schob mit seiner gewaltigen Brust den Berg zurück. Man hätte glaubenkö.nnen. die böse Stiefmutter (Juno) habe es ihm befohlen. Wohlan denn. sei es. daß du. bereits frei von deinen Aufgaben (31. das von den Vätern ererbte Argos bewohnst und den im Grab versenkten Eurystheus mit Füßen trittst. oder daß du beim Thron deines Vaters Jupiter und bei den Sternen weil st. di e du di r durch dei ne Tugend erworben hast. wo di r Hebe. hochgeschürzt. einen Trunk des selig machenden Nektar kredenzt. charmanter als der abgesetzte Phrygier (4). Komm hierher und bring deinen Genius zu dem entstehenden Tempel! Nicht fordern dich das gefährliche Lerna. nicht die Felder des armen Mo10rchus. nicht das gefürchtete Land von Nemea. noch die Herku1es wird hier an einigen Stellen ironisch dargestellt. Herkules verbrannte sich. gepeinigt von dem Nessusgewand. auf dem Oeta und wurde in den Olymp aufgenommen. (3) 1egibus: die zwölf Arbeiten. die H. für Eurystheusausführen mußte. (4) exc1uso Phryge: In der Sage löst umgekehrt Ganymed. als Mundschenk der Götter. Hebe ab. (1) (2)
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III. 1.31-51 Schluchten von Thrakien (1). noch der befleckte Altar des pharischen Königs (2). sondern ein glückliches und ungefährliches Heim. das nichts weiß von bösem Trug. ein wahrhaft würdiger Wohnsitz für himmlische Gäste. Lege deinen grausamen Bogen ab und das gnadenlose Bündel im Köcher und das Keulenholz. befleckt mit viel Blut von Königen! Nimm ab den Feind. der über deine Schul tern, di e ihn tragen. ausgebrei tet ist (3)! Hi er erwartet dich ei n hoher Polstersitz. bestickt mit Akanthusblättern in sidonischer (purpurner) Farbe. und ei ne Lagerstätte wi rd hergeri chtet mit Re 1i effi guren aus Elfenbein. Komm friedlich und mild und nicht zornerregt und fürchte nicht sklavische Dienste (4)! Komm in der Stimmung. die du hattest. als dich die maenalische Auge festhielt. nachdem du vom Feiern ermüdet und reichlich mit deinem Bruder befeuchtet warst (5). oder wie dich Thespius, nach den Vergehen einer unruhigen Nacht staunend betrachtete. als er so oft Schwiegervater wurde (6)! Hier gibt es für dich festliche Spiele und Kampfesei fer der Jugend. der wegen der feh 1enden Boxhandschuhe unschädlich ist (7). In schnellem Wechsel veranstaltet man die jährlichen Wettkämpfe. Hi er ist am Tempel zur Freude des Großvaters angeschri eben der Name des Priesters (B). Jung ist er noch und dir ähnlich. wie du warst. als du die ersten Ungeheuer deiner Stiefmutter mit den Händen erdrücktest und dann die Leblosen beweintest (9). Aber·wie war denn der plötzliche Anfang des Tempelbaues. wohlan sag es uns, verehrungswürdige Calliope! Mit seiner lauten Stimme wird dich der Alkide begleiten und mit seinem gespannten Bogen die Melodie dazu spielen. (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (g)
Von Thrakien mußte Herkules die Rosse des Diomedes holen. Pharii regis: Busiris Das Fell des Löwen von Nemea H. mußte für die lydische Königstochter Omphale. an die er als Sklave verkauft worden war, in Frauenkleidern Wolle spinnen. Bacchus war als Sohn des Jupiter ein Bruder des H. Multo fratre steht hier für reichlich Wein. In dieser Nacht hatte H. mit den 50 Töchtern des Thespius 50 Söhne gezeugt. Vagae noctis: weil H. von Mädchen zu Mädchen eilen mußte. Der Boxkampf mit Schlagringen in den Handschuhen war in der Antike ein besonders gefährlicher Sport. daher hier: insontes und sine caelestibus. Wahrscheinlich der älteste Sohn des Julius Menekrates (IV,BI. also der Enkel des genannten Großvaters. Juno schickte Herkules nach seiner Geburt zwei Schlangen, die ihn töten sollten. Das Kind Herkules beweinte die leblosen Schlangen "wie ein zerbrochenes Spielzeug." (Vollmerl
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III. 1.52-82 Es war die Zeit, in der die sengenden Gluten der Hinvnelsachse sich schwer auf die Erde legen und der scharfe Sirius. getroffen von der vielen Hitze des Hyperion. die aufstöhnenden felder brennt. Schon kam der Tag. an dem es aus dem für di e f1 ücht i gen Köni ge bere; ten Hai n der Tri vi a bei Ari ci a von vielen fackeln rauchte und der See, der das Geheimnis des Hippolytus kennt. glitzerte (1). Diana schmückt selbst mit Girlanden die Hunde, die sich verdient gemacht hatten, und putzt die Pfeile und läßt das gesamte Wild frei laufen. Ganz Italien verehrt an den heiligen Herden die Iden der Hekate (2). Obwohl mein Landgut unter den Hügeln des dardani schen Alba liegt und das laufende Wasser, das mir der große führer zum Geschenk gemacht hat (3), mir zu Hause die Sorgen mildern und die Hitze hätten erleichtern können, suchte ich dennoch di e felsen auf, di e durch den Namen der Si renen bekannt sind, und das Haus des redegewandten Po 11 i us und ich kam nicht als Fremder. Ständig lerne ich Charakterzüge des Mannes kennen, seine friedfertigkeit und neue Blüten der Pieriden und Verse, wie sie noch nie geschrieben worden sind. Als wir gerade den Tag der Trivia feierten am feuchten Strand und uns das enge Tor und das vertraute Haus bedrückte und wir Schutz gesucht hatten vor der Sonne unter dem Laub eines weit ausladenden Baumes, da verdunkelte sich der Hinvnel und hinter plötzlich aufziehenden Wolken schwand das Tageslicht. Der laue Westwind wich dem Südwind mit Regen und Sturm. Es war ein Regen, wie ihn Saturnia (Juno) Libyen schickte. während die reiche EH ssa (Di do) mi t ei nem il ischen Gemahl (Aeneas) beschenkt wurde und das Geheul der Nymphen. die Zeugen geworden waren. in der Wildnis erklang (4). Wir stoben auseinander, die Diener rafften die Speisen der Festtafel und die bekränzten Becher hinweg. Doch wohin sollten die Gäste fliehen? Oben auf dem prächtigen Landsitz erhoben sich unzählige Paläste und auf dem reichen Berg erglänzten viele (schützende) Dächer, die drohenden Wolken aber und die Hoffnung auf den wiederkehrenden heiteren Himmel (5) bewogen uns. die nächstgelegene Zuflucht aufzusuchen. Da stand eine schmale Hütte, den Namen (1) Der Tag des Festes der Diana ist der l3.August. Die Priester in dem Hain waren entlaufene Sklaven und hießen reges Nemorenses. sie liefen mit Fackeln durch den Hain zum See. An dem See wurde Hippolytus verehrt. (2) Hekate ist hier mit Diana identisch. (3) Gemeint ist die Wasserleitung. die ihm der Kaiser hatte anlegen lassen. (4) Verg.Aen. IV,160 ff. . (5) laesique fides reditura sereni: Brachylogie und Enallage
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III, 1,82-114 hatte sie von einem Heiligtum. Die kleine Hütte war nämlich die niedrige Wohnung des großen Alkiden, kaum geräumig genug. um Seeleuten. die von den We 11 en hi n- und hergetri eben werden. und Meeresfi schern Schutz zu bi eten. Dort kam die ganze Schar zusammen, dort drängten sich die Speisen. die wertvollen Polster, die zahlreichen Diener und die überaus anmutigen Mädchen im Gefolge der eleganten Po11a. Nicht faßte sie das Tor und das zu enge Haus. Es errötete der Gott: Er mußte schmunzeln und schmeichelte sich ein in das Herz seines geliebten Pol1ius und umfaßte ihn liebevoll mit seinen Armen und sprach: "Bi st du der Spender des Reichtums, der du in dei nem verschwenderischen Sinn die Häuser des Dicarcheus (Puteo1i) und in gleicher Weise die junge Parthenope (Neapel) geschmückt hast, der du unseren Berg mit so vielen Palästen, mit so vielen grünenden Hainen und so vielen Marmor- und Erzstatuen. die Gesichter darstellen, und so vielen Wachsfiguren. die durch ihre gemalten Augen leben, ausgestattet hast? Was war denn dieses Haus. dieses Land. bevor sie dir zur Freude gereichten? Einen langen Steig hast du über die nackten Felsen hinauf bauen lassen (1), wo nur ein Saumpfad gewesen war. Jetzt steht dort dank deiner Fürsorge eine hohe Portikus, gestützt von in Abständen angeordneten Säulen. damit man im Trockenen gehen kann. Am kurvenrei chen Strand hast du das warme Wasser durch ei n doppeltes, Verdeck geschützt. Kaum könnte ich dei ne Werke zäh 1en. Wi 11 st du a11 ei n bei mi r sparsam und karg sein. Po11ius? Dennoch betrete ich froh diese Wohnung und ich liebe den Strand, den du zugänglich gemacht hast. Doch aus nächster Nähe schaut Juno auf meinen Wohnsitz herab. sie schweigt, verlacht aber meine Hütte (2). Gib mir einen Tempel und einen Altar, der deinen (anderen) Bauten entspricht, wo die Schiffe trotz günstigem Wind nicht vorüberfahren wollen (3). wohi n der himm1 ische Vater und di e 1U Ti sche geladene Götterschar und hoch von ihrem Tempel herab die Schwester (Minerva) als Gäste kommen! Nicht soll dich schrecken, daß da eine harte Kuppe emporragt des widerspenstigen Berges, die trotz der unermeß1ichen Zeit Wind und Wetter nicht hatten abtragen können. Ich werde selbst da sein und dieses große Unternehmen fördern und ich werde das rauhe Innere der Erde, auch gegen ihren Wi 11en, sprengen, Beginne und wage es, vertraue auf die Worte des Herkules! Nicht (1) Vg1. II,2,30
(2) Von einem Junotempel bei Sorrent ist nichts bekannt. (3) Die Religion gebietet es den Seeleuten. küsten nahe Tempel zu besuchen.
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III. 1.115-146
. . erstand die Festung des Amphion schneller oder das Werk von Pergamon ... So sprach er und entschwand sei nem Si nn (l). Ohne Verzögerung wird der Grundriß erstellt. Unzählige Hände kamen zusammen. Die einen fällten Bäume und glätteten Balken, andere gruben die Fundamente auS. Feuchte Erde wi rd gebrannt zum Schutz gegen Wi nt er und Frost. Im bauchigen Ofen wird hartes Gestein zu Mörtel geschmolzen. Die schwierigste Arbeit aber ist. von Hand hinderliche Klippen herauszuschlagen und Felsen zu beseitigen. die dem Eisen widerstehen. Hier auf dem Platz legt der tirynthi sche Vater di e Waffen bei seite und bearbeitet selbst. wenn der düstere Himmel sich mit den Schatten der Nacht überzieht. schweißgebadet mit wuchtigen Axtschlägen den harten Boden. Vom Gedröhn hallen wider das reiche (2) Capri und die grünen Taurubu1en, so daß ein gewaltiges Echo vom Meer zum Land zu·rückkehrt. Der Ätna dröhnt nicht so 1aut. wenn Brontes und Steropes auf den Amboß schlagen. Nicht ist aus der Höhle auf Lemnos der Lärm lauter, wo Mu1ciber, von den Flammen beleuchtet. die Aegis schmiedet und Pallas ausstattet mit keuschen Geschenken (3). Die Klippen nehmen ab und unter dem rosigen Licht (der Frühe) sehen die zurückgekehrten Arbeiter verwundert das Werk. Kaum hebt angestrengt ei n neues Jahr an, da sieht der rei che Tirynthier von einem gewaltigen Tempel herab auf die Fluten und fordert das benachbarte Haus der Stiefmutter (Juno) heraus und lädt Pallas ein zu seinem würdigen Tempel. Schon geben friedliche Trompeten die Signale, schon raucht der heiße Sand von den Wettkämpfen. Diese Ehrungen würden weder der Jupiter von Pi sa noch der Vater des schattigen Cirrha (Apollo) verschmähen. Keine Trauer gibt es hier. Vor diesem Ort sollen der tränenreiche Isthmos zurückweichen und das schreckl iche Nemea (4). Glücklicher opfert hier ein Kind (5). Ohne zu zögern, springen die grünen Nereiden aus ihren· gehöhlten Grotten (6). hängen an den nassen Klippen und schämen sich nicht. versteckt (1) mentemque reliquit: Herkules entschwand dem Sinn des Pollius. Ebenso FrElre-Izaac: "11 dit et se retira de son esprit." Bei Göttererscheinungen bleibt die Situation fast immer im Ungewissen. (2) Capri wird wegen der Bauten des Tiberius reich genannt. (3) Das sind Waffen. die die Keuschheit schützen. (4) Auf dem Isthmos von Korinth und bei Nemea gab es Totenspiele zu Ehren des Palaemon und des Archemoros. (5) Der Enkel des Po11ius (111.1.47). (6) Ich übernehme pumiceis (Vol1mer).
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III, 1,146-173
die nackten Männer in der Palaestra zu betrachten. Auch der Gaurus bl ickt herüber, dicht belaubt von den Reben des Ikarius. und der Wald. der das im Meer festgeheftete Nesis kr.iiint, und das friedliche Li mon und Euploea, günsti ge Vorbedeutung für di e Schiffe, und di e I ukri ni sche Venus (1). Von deinem phrygischen Vorgebirge wirst du, Misenus, die griechischen Trompetentöne lernen (2). Die gütige Parthenope lacht über die Familienfeier, die Wettkämpfe der nackten Männer und über die kleinen Abbilder ihrer eigenen Kränze (3). Woh I an, komme se I bst und ehre di e Wettkämpfe dei nes ei genen Festes mi t dei ner unbes i egbaren Hand, sei es, daß du mit dei nem Di skus di e Wo I ken spaltest oder den flüchtigen Zephyr mit deinem Pfeil überholst oder daß du, für dich angenehm, deine Arme in einem libyschen Ringkampf verknotest (4). Zeige dich gnädig dem Opfer und, wenn du noch Äpfel der Hesperiden übri g hast, wirf sie der ehrbaren Polla in den Schoß. denn sie ist ihrer würdig und wird eine solche Gabe nicht verkommen lassen! Wenn sie die jugendlichen Jahre und den Liebreiz zurückbekäme, dann würdest du (verzeih, Alkide!) vielleicht hier sogar dein tägliches Maß an Wolle abspinnen (5). Diese Opfergabe (6) habe ich voll Freude und Begeisterung zu dem neu entstandenen Altar gebracht. Schon ist er selbst an der Schwell~ - ich sehe ihn, wie er sich zu reden anschickt und folgende Worte sagt: "Heil dir, der du mi t dei nem Gei st und dei nen Mi ttel n mei ne Arbeiten nachahmst. der du starre Felsen und schauerliche Wüsten unfruchtbarer Natur bezähmst und Wi Idl ager zum Nutzen wendest, Gottheiten, im häßl ichen Versteck verborgen. ans Licht holst. Welchen Lohn für diese Verdienste könnte ich dir nun zahlen? Welchen Dank dir abstatten? Die Fäden der Parzen werde ich in Händen halten und den Spinnrocken verlängern. Ich kann den harten Tod besiegen (7). Abwenden werde ich di e Trauer und sch I immen Schaden von di r fer'nha lten. Ich Am Lukrinersee stand ein Tempel der Venus. (2) Misenus war Trompeter gewesen, Verg.Aen. 111,239. (3) In Neapel gab es prächtige öffentliche Spiele. Auch Pollius verteilte bei seinen Spielen Siegeskränze. (4) Reminiszenz des St. an den Ringkampf des Herkules mit Antaeus. (5) wie bei Omphale (6) Gemeint ist dieses Festgedicht. (7) Herkules nahm dem Tod im Ringkampf Alkestis wieder ab.
(1)
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IIl, 1,174-186 werde dich in jugendlicher Frische zum Alter gelangen lassen, ohne daß die Zeit an dir Spuren hinterläßt. Ich werde dir zl,Igestehen, daß du lange die jugendlichen Enkel siehst, bis dieser für die Braut reif ist und jene für den Gemah 1. Und wi eder werden Nachkommen von ihnen und ei ne neue Schar übermUt i g bald dem Urgroßvater auf di e Schultern klettern, ba 1d im süßen G.etümme 1 und im Wettl auf zu den KUssen der sanften Po 11 a stürmen. Für den Tempel wird es niemals eine Zeitgrenze geben, solange das flammende Himmelsgewölbe mich trägt. Nicht Nemea werde ich länger bewohnen, noch das alte Argos, noch mein Haus in Tibur und das Lager der Sonne bei Gades (1)." So sprach er und berührte das auf dem Altar flackernde Feuer und bewegte die vom Kranz der Silberpappel weißen Schläfen und schwur bei der Styx (2) und den Blitzen des himmlischen Vaters. (1) An diesen Orten gab es Herkulestempel. Bei Gades befand sich das Lager
der Sonne, weil sie dort im Ozean versank. (2) Oie Styx, f. wegen der Quellnymphe, bei ihr schwuren die Götter.
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Geleitgedicht für Maecius Celer III.2.1-29 Ihr Götter, die ihr geneigt seid, kühne Schiffe zu schützen und die grausamen Gefahren des stürmi(schen Meeres zu mi 1dern. glättet di e Wogen, beachtet in friedlicher Versammlung meine Bitten! Die linden (1) Wellen so 11 en di e Worte des Bittenden nicht übertönen! Ei n großes und seltenes Pfand, 0. Neptun, übergeben wir deinem Meer. Der Jüngling Maecius vertraut sich einem hohen Risiko an und ist bereit, einen Teil meiner Seele (2), und zwar den größeren. über die Meere zu fahren. Laßt wohlwollende Sterne erscheinen. setzt euch auf die beiden Enden der Segelstange. ihr öbalischen Brüder (3). für euch sollen Himmel und Meer leuchten! Treibt weit weg den wolkenreichen Stern eurer ilischen Schwester (4), ich bitte euch. und schließt ihn vom ganzen Himmel aus! Ihr auch, ihr Nereiden, die blaue Schar des Meeres. denen die Ehre und das Glück des zweiten Reiches (5) zugefallen ist, (Es sei mi r gestattet, euch di e Sterne des großen Meeres zu nennen!) erhebt euch aus den gl änzenden Grotten der schäumenden Dori s. kommt herbei und schwimmt im fried"lichen Wettstreit um die Bucht von Baiae Und um den Strand, vo" des. 1auen Wassers (1) und suchet, wo das hohe Schiff liegt, das Celer, der edle Sproß des waffentragenden Ausonien, voll Freude besteigen will! Ihr braucht nicht lange zu suchen. denn voll beladen brachte es eben al s erstes (6) di e phari sche (ägypti sche) Jahresernte übers Meer zum Land des Di carcheus (Puteo 1i ). Als erstes grüßte es Capri und sprengte vom Steuerbord ein Trankopfer Mareotikerwein zur tyrrhenischen Minerva (zum Tempel der M.) hinüber. Umringt in zärtlichem Reigen beide Seiten des Schi ffes! Tei I t euch di e Roll en ei n! Ihr spannt di e hanfenen Taue des Mastbaumes. ihr verknüpft die Topsegel mit den obersten Segeln, ihr öffnet die geblähten Segel dem Westwind! Diese sollen die Ruderbänke wieder zurechtrücken (7). jene das Steuer des geschweiften Schi ffes ins Wasser (I) Molle fretum, lenis unda und tepentibus undis (V.17): wegen der warmen Quellen von Baiae so genannt. (2) Liebende und Freunde sind ein Teil des Partners, ein häufig vorkommender Gedanke bei den römischen Dichtern. Vgl. Hor.carm.l,3,8 (3) Castor und Pol lux, ihr Großvater ist Oebalus. (4) Helena, ihr Stern war für Schiffe gefährlich. (5) Das erste Reich ist der Himmel. (6) als erstes Schiff des Getreidetransportes (7) Die Ruderbänke waren während des Ausladens beiseite gerückt worden.
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III, 2,30-60 hinabgleiten lassen!
Einige sollen dafür sorgen, daß das
Bramsegel
die
ersten Luftbewegungen von Bedeutung erkunde, andere mögen rückwärts das Boot ·festbinden, das dem Schiff folgen soll, und sie sollen tief tauchen und den gekrümmten Anker lösen! Diese 5011 die Brandung mindern und die Strömung nach Osten 1 enken! Kei ne der meerblauen Schwestern vernachl ässi ge ihr Amt! Auf der einen Seite sollen Proteus.
der Vielgestaltige.
auf der anderen
Triton, der Doppelgestaltige, vorausschwimmen und Glaucus. der durch eine plötzliche Verzauberung seinen Unterleib verlor, der so oft noch an die heimatl iche' Küste herangleitet und mit dem weichen Schwanz den Strand von Anthedon schlägt! Du aber, vor allen, mit der göttlichen Mutter. Palaemon. zeige dich gnädig. wenn ich Lust verspüre, euer Theben zu rühmen (1) und mit würdigem Plektron Amphion
(1)
besinge,
den Schüler des
Phoebus!
Vater
Aeolus. der im Kerker die Winde bändigt. dem die verschiedenen Winde und LUfte
auf den Meeren
der
ganzen Welt
und die Stürme und
Regenwolken
gehorchen, ha lte sie enger verschI ossen in dei nem Berg, den Boreas. den Eurus und Notus! Nur Zephyr soll am Himmel die Herrschaft haben, er allein treibe das Schiff. er nur streife ständig über die Wellenkämme dahin. bis er ohne Sturm deine frohen Segel zur paraetonischen Küste bringt! Man hört mich (2). Er (= Zephyrus) selbst ruft das Schiff und schilt die säumigen Seeleute. Nun aber erfaßt mein Herz der kalte Schauder und nicht kann ich, wie sehr mich auch die Furcht vor einem bösen Vorzeichen bedrängt, die am Rande der Augen aufsteigenden Tränen zurückhalten (3). Und schon löste der Seemann das Seil und trennte das Schiff vom Land und stieß die schmale Rampe ins Meer. Grausam trennt vom Schiff aus der
Kapitän
mit
weithin schallender Stimme die Umarmungen und unterbricht die TreuekUsse. Nicht lange darf man am vertrauten Halse hängen.
ich jedoch werde
als
letzter vom ganzen Volk an Land gehen und werde das Schiff erst verlassen. wenn es abfährt (4). (1) Anspielung auf die Thebais des Dichters. Amphion baute mit Hilfe seines Gesanges die Mauern von Theben. (2) Die angerufenen Götter hören Statius. (3) "Besonders Weinen galt als böses Vorzeichen bei der Abreise." (Vol1mer) (4) Die Future ibo und egrediar zeigen, daß das Gedicht vor der Abreise verfaßt und geschrieben wurde. Vollmer füllt die Lücke V.60 mit dem sinnvo 11 en currente.
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III. 2.61-92 Welcher kühne Geist machte das rauhe und für die armen Menschen unbetretbare Meer zum Reiseweg und trieb die frommen Söhne der festen Erde auf die Fluten hinaus und schickte sie' in '&ie verschlingenden Abgründe des Meeres (I)? Nicht nämlich war jene Tollkühnheit größer, die den kalten Pelion mit dem Gipfel des Ossa verband und mit zwei Bergrücken den stöhnenden Olymp drückte (2). War. es denn bis zu dieser Zeit so wenig gewesen, daß wir weiche Sümpfe und stehende Gewässer überqueren und schmale Ströme mit Brücken überwi nden? Wir gehen in den Abgrund und verlassen überall unsere Heimatländer, eingeschlossen in kleinen Balken und umgeben von bloßer Luft. Daher kam den Winden die Wut und es entstanden grausame Stürme und das Krachen des Himmels und vom Donnerer viele Blitze. Vor der Schiffahrt lagen die Meere in einem faulen Schlaf, nicht wagte es Thetis zu schäumen, nicht wagten es die Fluten, ihr Wasser bis zu den Wolken emporzuspritzen. Als sie die Schiffe sahen, schwo11en die Wogen an, erhob sich der Sturm gegen den Menschen. Da erst kamen die wolkige Plias und das oIenische Tier (der Stern Capella) und dann erst Orion, böser als gewöhnlich. Meine Klage ist berechtigt. Siehe, das Schiff flieht, getrieben, über die schwankenden Wogen hinweg. wird allmählich kleiner und entzieht sich schließlich unseren Augen, die' es lange beobachteten. Es birgt so viele angstvolle Gedanken in seinem zerbrechlichen Gehäuse und, abgesehen von den übrigen, es befördert dich, Celer. das Faustpfand meiner Liebe. Wie viele Nächte, wie viele Tage werde ich das jetzt im Herzen ertragen können? Wer wird mir Nachricht bringen, mir, der ich alles fürchte: ob die rauhe Küste des lukanischen Meeres dich mit leichtem Wellenschlag vorüberfahren ließ, ob der Strudel der Charybdis in Tätigkeit war oder die Jungfrau und Zerstörerin des sizilischen Meeres (Skylla), welches Betragen die gefährliche Adria zeigte, als du auf ihr fuhrst, ob das Meer von Karpathos friedlich war, mit welchem Wind Doris' dich trieb, die (einst) die Liebeslist des Agenorstieres begünstigte? Aber ich habe meinen Kummer verdient. Warum zog ich nicht als fürsorglicher Kamerad mit dir ins Feld zu dem unbekannten Indien oder zu dem Chaos der Kimmerier? Dann würde ich neben den Feldzeichen meines (I) Die Schiffahrt galt als Frevel (literarischer Topos). (2) Die Giganten türmten diese Berge aufeinander, um den Himmel stürmen zu können.
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III, 2,92-118 Königs (1) stehen, sei es du hältst gerade den Speer oder die Zügel oder du erteil st den Soldaten Anwei sungen. Wenn ich auch ni cht tei 1nehmen könnte an deinen Taten, so wäre ich doch wenigstens als dein Bewunderer dabei. So kam einst Phoenix, den der große Achilles verehrte zum ilischen Strand und zum thymbraeischen Pergamon, nicht als Soldat und dem stolzen Atriden zu nichts verpfl i chtet. Warum ist mei ne Liebe so fei ge? Mei ne treuen Gedanken aber werden dich niemals verlassen, von ferne werde ich mit meinen Wünschen deinen Segeln folgen. ,0 I si s. di e du ei nst inden phoroni sehen Höhlen dei nen Standp I atz hattest (2). die du jetzt Königin von Pharos (Ägypten) und Gottheit des heißen Orient bist. empfange das mareotische Schiff mit deinem viel tönenden Sistrum und den ausgezei chneten Jüngl i ng. dem der 1ati ni sehe Führer den Oberbefehl gab über den Osten und die palästinensi sC,hen Truppen! FÜhre ihn selbst mit sanfter Hand durch die festl ichen Tempel und zu den heiligen Häfen und zu deinen Städten! Unter deinem Schutz soll er kennenlernen. woher die fruchtbare Ausgel assenheit des schI ammführenden Ni 1 kommen (3), warum der Wasserspiegel fällt und das Ufer wieder die Wellen faßt. befestigt durch den kekropischen (athenischen) Schlamm (4). warum Memphis neidisch ist und die geschweifte Küste des therapnäi sehen Canopus so aus gel assen (5). warum der Türhüter der Unterwelt die pharischen Tempel bewacht (6), warum man große Götter mit niedrigen Tieren gleichsetzt, was für einen Altar der langlebige Phoenix vorbereitet (7), welche Wiesen der Apis für würdig hält, (um auf ihnen zu weiden), in welchem Strudel des Nil er untertaucht. angebetet von den ängstlichen Hirten. Führe ihn zum Grab des Emathius (Alex.d.Gr.l, wo der Kriegsheld. Gründer der Stadt (Alexandria), einbalsamiert mit hybläischem (1) Scherzhaft für Celer gewählter Titel aus der Epik. (2) Als Kuh: 1sis wird im gr. Mythos mit 10 identifiziert. (3) Gemeint sind die manchmal zu ungewöhnlichen Jahreszeiten eintretenden Überschwemmungen des Flusses. (4) Prokne. in eine Schwalbe verwandelt, befestigt mit ihren Artgenossinnen das Nilufer durch die hart gewordenen Nester. Die seltsame Geschichte bei Plinius N.H. X 94 erwähnt. (5) Canopus lag an der westlichen Nilmündung, Memphis am Rande der Wüste in der Nähe der Pyramiden. St. etymologisiert außerdem und bringt Memphis mit dem gr. memphesthai : 'tadeln. unzufrieden sein' zusammen. (6) Der ägyptische Gott Anubis wird mit Kerberos identifiziert. (7) Gemeint ist hier das Nest des Vogels Phoenix. in dem er sich verbrennt und aus der Asche verjüngt wieder aufsteigt.
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III, 2,118-143
Nektar (Honig) liegt, dessen Körper bis heute erhalten ist, und zum Schlangenpalast, wo im sanften Gift versenkt (1) Cleopatra bei Actium den Ketten Ausoniens entkam. Geleite ihn bis zum assyri schen Land und zum Oberbefeh I über di e Truppen und übergi b den Jüngl i ng, Gött in, dem latinischen Mars! Er wird dort kein Unbekannter sein: Schweiß vergOß er auf diesen F.luren bereits als Knabe, damals noch nur bekannt durch den Schmuck seines breiteren Pupurstreifens (2), aber trotzdem vermochte er schon in leichter Schwenkung der Reiterschwadron zuvorzukommen und mit dem Wurfspeer die östlichen Pfeile unschädlich zu machen. Es wird also jener Tag kommen, an dem dir der Kaiser, der dich zu größeren Ehren bestimmt hat, befiehlt, vom Kriegsdienst Abschied zu nehmen, und dann werde ich wieder an diesem Strand stehen und hinausschauen aufs weite Meer und ich werde um andere Winde bitten (3). 0, wie stolz werde ich dann sein und welche Gelübde werde ich dann singen mit meiner Leier, wenn du mich, der ich an deinem großen Hals hänge auf deine Schultern hebst und vom Schiff wirst du gleich an meine Brust eilen und mir berichten, was du im Gedächtnis bewahrt. und im Wechsel werde ich erzählen, was sich in den Jahren dazwischen ereignet hat. Vom reißenden Euphrat wirst du berichten und vom königlichen Bactra. von den heiligen Schätzen des alten BabyIon, von Zeuma, vom Weg des römi schen Fri edens. wi e süß di e Hai ne des blühenden Idyme duften. wie Tyros kostbare Stoffe rot färbt und wie Purpur entsteht. zweimal eingetaucht in sidonischen Bottichen, wo die Zweige aus weißen Trieben den herrlichen Balsam schwitzen (4). Ich aber werde dir sagen. wie ich die besiegten Pelasger begraben habe oder welche Seite die lange Arbeit an meinem Theben (die Thebais) beendet. (1)
blando mersa veneno: Schlangengift betäubt vor dem Tod das Opfer.
{21 Er weilte als tribunus militum 1aticlavius beim Heer, noch ohne
Verdienste, nur seiner Herkunft wegen bekannt. nämlich um solche. die das Schiff zum Land treiben. (4) St. zählt auf, was dem Römer vom Orient bekannt und wertvoll war.
(3)
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Trostgedicht an Claudius Etruscus 1II. 3,1·30
Pietas, höchste der Göttinnen, deren göttliches Walten im Himmel so ,:'., angesehen ist, die du so selten auf die sündige Erde hinabsiehst, komm '. hierher, das Haar mit Binden umwunden und geschmückt mit deinem weißen Mantel, als ob du noch jetzt gegenwärtig wärest und noch nicht durch die · 'Hinterlist der Schuldigen vertrieben, unter unschuldigen Völkern im goldenen · Zeita 1ter lebtest (I)! Komm zu dem rührenden Begräbni sund sieh das 'kindlichfromme Weinen des trauernden Etruscus und wisch ihm die Tränen, die · ihn ehren, aus den Augen! Wenn man sieht, wie er unaufhörlich klagt und sich an die Brust schlägt, den Scheiterhaufen umfaßt und sich auf die Asche legt, dann könnte man glauben, er trauere an der Leiche einer jugendlichen Gemahlin oder das noch junge Antlitz eines Sohnes werde von den Flammen hinweggerafft. Ein Vater ist es, der beweint wird. Kommt herbei, ihr Götter ·und Menschen zur Feier! Bleibt fern von hier, bleibt fern, ihr Schuldigen, wer von euch im Herzen ein Verbrechen verbirgt. wem das Alter des ermatteten Vaters zu I ange dauerte, wer jemals si ch bewußt war des Mordes an sei ner · Mutter und sich fürchtet vor der Urne des unbeugsamen Aeacus in der Unterwelt (2)! Die Unschuldigen und Reinen rufe ich. Seht, wie er zart das greise Antlitz in Händen hält 'und das ehrwürdige weiße Haupt mit Tränen benetzt. wie er noch den letzten kalten Hauch von ihm aufnehmen will! Der Sohn glaubt (0 wunderbare Treue!), die Jahre des Vaters seien zu schnell vergangen und die· schwarzen Schwestern hätten sie beschleunigt. Froh heraneilen zum Lethestrom sollen die friedlichen Seelen, freuet euch, ihr Bewohner des Elysiums, bringt Kränze auf die Altäre, die fahlen Haine und die Altäre sollen in festlichem Glanz erstrahlen! Glücklich ah! allzu glücklich und vom Sohn beweint, kommt der Schatten. Weit weg sei das Zischen der Furien (3), weit der dreigestaltige Wächter! Drinnen soll sich der lange Weg auftun für di e ausgezei chneten See I en! Geh und nahe dem schreck I i ehen Thron des schweigenden Herrschers! Statte ihm den letzten Dank ab und bitte ängstlich um ebenso viele Jahre für den Sohn! (1) Die hier beschriebene Göttin Pietas ist mit Astraea identisch. (2) Möglicherweise Anspielung auf Nero, der seine Mutter umbringen ließ. Väter waren, wenn sie zu lange lebten, wegen des Erbes in Gefahr. (3) Sie hatten Schlangenhaare.
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IrI, 3.31-61 Heil der frommen Klage! Ich wi 11 Trost spenden zur würdi gen Trauer und dei nem grei sen Vater, unaufgefordert, ei n musi sches Totenopfer (1 ) darbringen, Etruscus. Du stre.Oe reichlich Weihrauch aus dem Orient in die Flammen und die stolzen Ernten Ki likiens und Arabiens! Hinwegraffen soll das Feuer die Schätze des Erben (2)1 Vom hohen Hügel (des Scheiterhaufens) wird das Feuer (die Geschenke) erfassen und eine fromme Wolke zum strahlenden Himmel senden! Ich werde nicht Geschenke zum Verbrennen bringen. dein Schmerz wird vielmehr die kommenden Jahre überdauern, wenn ich ihn aufzeige (3). Den Vater zu beweinen. ist für mich nichts Unbekanntes, ähnlich habe ich ihn betrauert, darni ederl i egend am Feuer. Jener Tag veran 1aßt mi ch ,'dei n Unglück mit einem Gedicht zu mildern. Die Klagen, die ich jetzt dir darbringe, waren einst meine eigenen. Nicht stammst du aus einem berühmten Geschlecht, freundlicher alter Mann und nicht kann man deinen Stammbaum von Vorfahren ableiten, ein großes Vermögen ersetzte das Geschlecht und verbarg den Mangel der Abstammung. Nicht Herren aus dem Volk mußtest du ertragen, sondern solche. denen in gleicher Weise der Westen und der Osten dient. Nicht brauchst du dich zu schämen. Was hat denn Bestand auf der Erde und im Himmel ohne das Gesetz des Gehorsams? Im Wechsel sind immer wieder die einen die Untertanen und andere die Herren. Jedes Land hat seinen König, das glückliche Rom herrscht über die Königreiche. Dieses zu lenken ist den Kais~rn gegeben. Über sie erhebt sich schließlich die Macht der Götter. Aber auch die Götter haben Gesetze: Dienen muß der schnelle Chor der Sterne, dienen muß der wandernde Mond und nicht ohne Befehl kehrt so oft zurück der Kreislauf des Lichtes (die Sonne). Und wenn es recht ist, Niedriges mit Hohem zu vergleichen - auch der Tyrinthier ertrug die schauerlichen Befehle des grausamen Königs (4) und nicht schämte sich die Flöte des dienenden Phoebus (5). Nicht aber wurdest du von barbari schen Gestaden nach Latium verschickt. Smyrna war dei n Geburtsort. Getrunken hast du aus der verehrungswürdi gen Quelle des Meles, in einem Land, wo der Hermus fließt, in dem der lydische (1) (2) (3) (4) (5)
Gemeint ist eben dieses Gedicht. Etruscus sparte nicht bei diesem Begräbnis, anders der Erbe in IV,7,39. Ein ähnliches Selbstwertgefühl hatte Ovid. Dem Herkules befahl König Eurystheus die zwölf Arbeiten. Erubuit fistula: eine kühne Enallage, Apollo diente als Schäfer (daher die Flöte) dem König Admetus von Thessalien.
83
1II. 3.62-84 >,.
>Bacchus gebadet und den Schmuck seiner Hörner erneuert hat mit dem :goldhaltigen Flußschlamm (n. In froher Folge wurde hierauf durch ::.yerschiedene Ämter in der (riChtigen) Reihenfolge deine Stellung erhöht und "stufenweise kamst du den Göttern (Kaisern) immer näher, bis es dir . schI i eßl ich ermögl i cht wurde. an der Seite der Kai ser zu 1eben und an den hen i gen Geheimni ssen der Götter (Kai ser) teil zunehmen (2l. Zuerst öffnete 'sich dir, als dein Aussehen fast noch knabenhaft war (als die frühe Jugend '. noch kaum deine Gesichtszüge verändert hatte). der Palast des Tiberius. (Da deine vielfältigen Begabungen deine Jahre Ubertrafen, karn es zu dieser Zeit dazu. daß dir die Freiheit angeboten wurde.) (3) Und auch der Nachfolger (Caligula). obwohl er so hart war und von den Furien gejagt. wies dich nicht ab. Sodann begl eitetest du. kaum zum Manne gereift, den Tyrannen inden eisigen Norden (4) und ertrugst die Reden und BI icke des schreckl ichen Mannes. der seI bst für sei ne Angehöri gen unerträg 1ich war. So zähmen di e Tierbändi ger die furchterregende Wut der wi I den Ti ere und befeh 1en ihnen, die schon Blut geleckt haben, die ins Maul gesteckte Hand loszulassen und ohne Beute
zu
sein
(5).
Claudius
aber
erhob
dich
deinen
Verdiensten
entsprechend zu den wiChtigsten Ämtern, bevor er. älter geworden. zu der sterntragenden Himmelsachse entlassen war. und überließ dich einer langen Reihe von Nachfolgern (6). Von welchem Gottesfürchtigen wird berichtet. daß er sich um gleich viele Tempel und Altäre verdient gemacht hat? Der Bote des höchsten Jupiter ist der flügeltragende Arkader (Merkur). auf Junos Befehl hört die regenbringende Tochter des Thaumas (Iris), der schnelle Triton gehorcht den Befehlen des Neptun. Du ertrugst rechtschaffen und unbescholten das immer wieder geänderte Joch so vieler Fürsten und glUcklich fuhr dein Kahn auf allen Meeren.
(n
Nach der indischen Sage hatte Dionysos Stierhörner.
(2) Er war kaiserlicher Verwaltungsbeamter (procurator a rationibus). (3) D.h. der Sklave wurde freigelassen. (4) Gemeint sind die Expeditionen des Caligula an den Rhein und an die gallische Nordküste.
(5) Siehe dazu 11.5.6! (6) Ich folge dem Vorschlag Vollmers, ebenso Frere-Isaac: OIen te laissant cl la longue suite de ses descendants."
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III. 3.85-116
Dann·-kam ei n Li cht von oben (1) und in ihrer ganzen Größe betrat Fortuna dein frommes Haus. Einem einzigen wird die Verteilung des heiligen Staatsschatzes anvertraut und der Rei chtum. der bei allen Völ kern erzeugt wird (2): was Spanien aus seinen Goldgruben herausholt. was im da1matini schen Berg glänzt, was bei den afri kani schen Ernten zusammengefegt wi rd. was auf .den Tennen im heißen Land am Nil gedroschen wird, was der Taucher im östlichen ~leer sammelt (Perlen) und die ·gepflegten Herden von den Weiden am lakedämonischen Ga1esus und durchsichtiger Schnee (~) und Holz aus Massylien (4) und der hochgeschätzte indische Zahn (Elfenbein). Einem einzigen ~1i ni ster unterstanden di e Ei nkünfte, die der Boreas, die der stürmi sche Eurus, die der wolkenbringende Auster herantreibt. Die Regentropfen im Winter ~nd die Blätter der Bäume wird man schneller aufzählen können. Wachsam, scharfen Geistes und schnell errechnetest du. wieviel an jedem Tag das römische Heer, das arme Volk in der Stadt (5), was die Tempel. was die hohen Wellen der Flüsse, was die Dämme am Meer an Geld benötigen, oder die Rei he der weit ins Land gebauten Straßen, was an Gold gl änzt an den hohen Decken des Herrscherpalastes, welches Material geschmolzen und geformt werden soll fUr Bildnisse der (verstorbenen) Götter (Kaiser) und wieviel (an Go·ld) in der Feuerhitze der ausonischen Münze erklingen soll beim Prägen. Infolgedessen hattest du wenig Ruhe und dachtest nicht an Vergnügungen. Kurz waren deine Mahlzeiten und niemals verletztest du deine Amtspflichten durch Weingelage. aber dennoch lag dir daran, zu heiraten und dich an die Ketten der Li ebe zu bi nden, ei ne fest1 i che Hochzeit zu begehen und dei nem Herrn treue Klienten zu zeugen. Wer kennt nicht die edle Familie und die ausgezeichnete Schönheit der Etrusca? Ich habe sie zwar nie gesehen, aber zu ihrem Liebreiz paßt ihr guter Ruf. Im Antlitz ihrer Kinder wird ihre Anmut wieder sichtbar. Nicht stammt sie aus dem Volk, ihren Bruder begleiteten die Faszen und er hatte das höchste kurulische Amt inne und befehligte ein ausonisches Heer bei Feldzügen. dem Kaiser treu ergeben, als zum ersten Mal (1) Es leuchtet Göttern voran. (2) Gemeint sind die Steuern. (3) Kristalle aus ägyptischen Fabriken, "nives genannt, weil man glaubte, der natür1 iche Bergkrystall entstehe durch Gefri eren." (Vol1mer). (4) vom Zitrusbaum, siehe Register (5) Hinweis auf die Getreideverteilung
85
III, 3,117-149 ;'~dle
trotzi gen Daker der Wahns i nn befi e 1. Das Volk wurde geschlagen und er
~;ffiierte ei nen großen Tri umph. So ergänzte die Mutter den Mangel
der
_:'lJterlichen Herkunft. Freudig sah die Familie, wie die Heirat seine dunkle ,}i_eite erhellte. I\uch Kinder ließen nicht lange auf sich warten, denn zweimal -Kam die fruchtbare Lucina selbst zur Geburt und erleichterte mit zarter Hand '-,;#ie Schmerzen der Schwangeren. 0 wi e gl ück 1ich wärest du (Etrusca) gewesen. gerechte Fäden
;'wenn
der
Parzen dir
erlaubt
hätten,
die
Gesichter
und
'blUhenden Wangen der Kinder zu sehen, aber mitten in deinem jungen Leben wurde
die
Freude
unterbrochen
und I\tropos
schnitt mit
ihrer
Hand die
blühenden Jahre ab. So neigen die Lilien die bleichen Stengel • erblühte Rosen sterben beim ersten Regensturm,
so welken
die
und kaum purpurnen
-FrÜhlingsblumen auf der grünen Wiese. Ihr pfeiltragenden /\moretten flogt um jenes Begräbnis und salbtet mit dem Balsam der Mutter (der
Venus)
den
Scheiterhaufen. Maßlos (in ihrer Trauer) rauften sie sich Federn und Locken und streuten sie ins Feuer. Ihre Köcher sammelten sie und errichteten einen Holzstoß. Welche Opfer, welche Klagen hättest du
(damals) deiner Mutter
dargebracht. da du glaubst, der Tod des Vaters sei zur Unzeit eingetreten
ließ er, der jetzt in den
Höhen des
Himmels
gebietet
(Vespasian), nachdem er seine berühmten Nachkommen auf der Erde (Domitian) und im Himmel
(Titus) eingewiesen hatte. froh teilhaben an der Ehre des
idymäischen Triumphes und er hielt ihn für würdig, am Siegeszug teilzunehmen und verbot es nicht (1). Die niedrige I\bkunft minderte diese Ehre in keiner Wei se. Er führte ihn sogar von den Sitzen (im Theater) des Volkes h1 nab zu denen der Ritter und änderte seinen Rang und zog ihm ab den unedlen eisernen Ring (2) von der linken Hand und erhob ihn in den Ritterstand, so daß er dem Rang seiner Kinder gleichkam (3). In zweimal acht Lustren (80 Jahre) verlief seine Lebenszeit glücklich. Sein Lebenslauf blieb ohne Wolken. Wie freigebig war er bei dem
I\uf\~and
für die Kinder und bereit. dabei sogar die Grenzen
seines Vermögens zu überschreiten. Der Glanz. mit dem sich gewöhnlich der freigebige Etruscus umgibt, ist dafür bis heute ein Beweis (4). (1) (2) (3) (4)
Im jüdischen Krieg (66-70 n.ehr.) Ihn trugen die Freigelassenen, Ritter hatten goldene Ringe. Vespasian hatte vermutlich seine Kinder in den Ritterstand erhoben. Z.B. die Pracht seines Bades, beschrieben in 1,5.
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III, 3,150-180 Ihm vermittelte deine Güte keinen niedrigen Charakter. wenn du ihn immer wieder liebevoll im Arm hieltest und niemals durch Befehle Vater warst (1). Vor dessen Stellung zurÜckzuw&ichen. war selbst der Bruder freudig geneigt. We 1chen Dank könnten d; r, höchster der Herrscher, di e di r treu ergebenen Söhne erweisen. welche frommen Gelübde dir darbringen für den wiedergewonnenen Vater (2)? Du warst zufri eden - sei es, daß der alte Mann wegen des in späteren Jahren erfolgten Kräfteverfalls oder von sei ner Täti gkeit erschöpft, einen Fehltritt begangen hatte, oder daß die lange Zeit gütige Fortuna sich entschlossen hatte, ihn zu verlassen (3) -, du warst zufrieden, den alten Mann, der den Schlag eines kommenden Blitzes fürchtete, nur mit einem leichten Donnergrollen ermahnt zu haben. Während sein Amtsgenosse das italische land verlassen und weit weg über die stürmische See segeln mußte. befahl man ihm, sich zur friedlichen Küste Campaniens zu begeben und in der Stadt des Diomedes zu wohnen. und zwar als Gast, nicht als Verbannter. Nach kurzer Verweildauer erschlossest du. Germanicus, ihm wieder die Schwelle des Romul us und tröstetest den Trauri gen und errichtetest wieder sei ne (vom Blitz) getroffenen Penaten. Nicht verwunderlich ist das. Diese. deine Milde, gutmütigster Führer. schenkte den besiegten Chatten schonende Verträge, den Dakern ihr Bergland und die Markomannen und die umherstreifenden Sauromaten würdigte sie nach schrecklichen Kämpfen keines Triumphes. Und nun ist seine Zeit zu Ende, der unerbittliche Faden ist abgelaufen (4). Hier fordert die Liebe zu dem traurigen Etruscus von mir ein lied. wie es nicht die sizilischen Felsen im Echo den Sirenen zurückgeben können, wie es nicht der Schwan singt, der seines Todes sicher ist, und wie es nicht die Gattin des grausamen Tereus (die Nachtigall) sang. Wehe, wie sah ich ihn ganz erschöpft seine Brust schlagen und mit über den Toten gebeugtem Gesicht Küsse geben! Kaum konnten ihn die Diener und Begleiter zurückhalten und vor den auflodernden Fl ammen bewahren. Ni cht anders bek 1agte am Strand sei nen Meineid (5) Theseus, der Aegeus durch falsche Segel getäuscht hatte. St. spricht den Verstorbenen wieder direkt an. (2) Gemeint ist die Aufhebung der Verbannung. (3) regressum: V.86 hatte Fortuna sein Haus betreten: domum intravit, V.157 verläßt sie es: regressum, V.183 kehrt sie zurück: Fortuna redeunte. (4) Hinweis auf den sanften Tod des alten Mannes. (5) periuria: Theseus hatte Ariadne die Ehe versprochen, sie aber dann hilflos auf Naxos zurückgelassen, daraufhin hatte sie ihn verflucht.
(1)
87
IIr, 3,181-210
Dann schrie er 1aut, zerkratzte sich das Gesicht und sprach zur warmen Asche: "Warum, treuester Vater, verläßt du uns gerade jetzt, da Fortuna .zurückkehrt? Eben haben wir den göttlichen Willen des großen Herrschers und den kurzen Zorn der himmlischen Götter besänftigt und du genießt das nicht. Du beraubst dich der Nutznießung dieses großen Geschenkes und fliehst zu den Manen, du Undankbarer! Ist es dir nicht möglich, den Willen der Parzen zu beugen oder die grausame Gottheit des bösen Lethestromes zu besänfti gen? Glücklich (Aeneas), dem die heilige Ehrfurcht der mykenischen (griechischen) Flamme erlaubte, auf der breiten Schulter den Vater davonzutragen, und der junge Scipio, der den wilden Puniern den Vater entriß und die kühne Liebe des Lyders Lausus (1)! Konnte die Gattin des thessalischen Gemahls (Alcestis) den Tod in Erwägung ziehen und der Thraker (Orpheus) durch sein Flehen die Styx überwinden? Sollte dies nicht in höherem Maß (dem Sohn) für den Vater erlaubt sein? Doch nicht ganz wirst du mir geraubt werden. Nicht weit werde ich, was von dir bleibt, hinwegbringen, hier im Haus werde ich dich behalten: du wi rst Wächter und Herr der Laren sei n. Alles, was dei n war, soll dir gehorchen! Geringer als du und immer als der zweite werde ich nach dem Brauch die Speisen und Getränke den heiligen Manen spenden und dein Bi 1d werde ich verehren. Der 1euchtende Marmor, die Li ni e des gel ehri gen Wachses (2) wird dich, dir ähnlich, mir wiedergeben. Bald werden Elfenbein und das gelbe Gold deine Züge nachahmen. Von dort werde ich deinen si tt 1i chen Lebensweg, di e Prüfungen dei nes 1angen Lebens '. dei ne frommen Reden erfragen und Träume anfordern, damit sie mir Ratschläge erteilen." (3) So sprach er, der Vater hörte ihn mit inniger Freude und langsam stieg er zu den gefühllosen Schatten hinab, um das Gesagte seiner geliebten Etrusca zu berichten. Sei gegrüßt zum 1etzten Mal. du mi I dester all er alten Väter, adi eu zum letzten Mal! Du wirst niemals, solange der Sohn lebt, traurig das Chaos (des Tartarus) und eine lieblose Verwahrlosung deines Grabes erdulden müssen. (1) Der junge Scipio rettete 218 am Ticinus seinen Vater. Lausus fiel bei der Verteidigung seines Vaters gegen Aeneas (Verg.Aen. X,786 ff.). (2) doctae cerae: weil das Wachs sich leicht formen läßt. (3) Das 5011 heißen: wenn er das Bild des Vaters betrachtet, erinnert er sich an alles.
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III. 3.211-216
Immer wird dein Altar vom Duft der Blüten umhüllt sein. immer wird die glückliche Urne assyrischen Balsam trinken und Tränen, die größere Ehre. Hier wird (der Sohn) deiner Se~le heilige Opfer darbringen und er wird aus deiner Erde einen Grabhügel errichten. Auch meine Verse. die er durch seine vorbildliche Haltung verdient hat, weiht er dir. froh. auch mit diesem Denkmal deine Asche beschenkt zu haben. Die Haare des Flavius Earinus (1) III. 4,1-20
Gehet hin, ihr Haare (2). fahret hin mit meinen Wünschen über ein ruhiges Meer! Gehet. weich gebettet. in Gold gefaßt! Gehet. die milde Cytherea wird euch eine gute Fahrt gewähren und die SUdwinde besänftigen. Vielleicht auch nimmt sie euch vom gefährdeten Schiff hinweg und führt euch in ihrer Muschel über die Meere. Nimm sie an. Sohn des Phoebus (Asclepius). die vielgelobten Haare. die dir der Knabe des Kaisers schenkt. nimm sie freudig an und zeige sie dem gelockten Vater! Laß ihn raten. von wem die lieblich glänzenden Haare stammen! Lange soll er glauben. sie seien von seinem Bruder Lyaeus! Vielleicht wird auch er die Pracht seines nie vergehenden Haares abschneiden und sie für dich wiederum in eine Goldkapsel legen (3). Pergamus, viel glücklicher als der fichtentragende Ida, obwohl der sich rühmen darf des heiligen Raubes im Schutz einer Wolke (4), - Jenen (Ganymed) gab er (der Berg Ida) den Göttern, den Juno immer zornig ansieht, dessen Hand sie zurückweist. wenn sie den Nektar reicht. - aber du (Pergamon). von den Göttern geliebt und ausgezeichnet durch den schönen Knaben, schicktest ihn (Earinus) nach Latium. Auf diesen Diener blicken mit freundlichen Mienen der ausonische Jupiter und die römische Juno (5), beiden gefällt er. Nicht ohne den Wi 11 en der Götter wurde dem mächt i gen Herrscher der Erde ei ne solche Freude zuteil. (1) (2) (3) (4)
Flavius Earinus ist ein Lustknabe und Freigelassener Domitians. Earinus will seine ersten abgeschnittenen Haare dem Asclepius weihen. Das kann nur scherzhaft gemeint sein. Erst eine spätere Sage ließ Ganymed durch den Adler des Jupiter in den Olymp holen. (5) Domitian und seine Gemahlin Domitia
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III. 4.21-51 .Während die goldene Venus (einst) vom Gipfel des Eryx zum idalischen Hain unterwegs war und ihre folgsamen Schwäne antrieb. :unterbrochen)
und den Tempel
soll
sie (ihre Fahrt
in Pergamon betreten haben, wo der größte
H·elfer der Kranken (Asclepius) wohnt. der mit Hilfe seiner heilbringenden Schlange das heraneilende Schicksal hemmen kann, der milde Gott. Hier sah 'si e ei nen Knaben, hervorragend wi e ei n Stern durch sei ne außerordent 1i che Schönheit, vor dem Tempel des Gottes spielen. Zuerst
von der plötzl ichen
·Erscheinung der Gestalt ein wenig getäuscht. hält sie ihn für einen aus der Schar ihrer Söhne, doch er
hatte
keinen
Bogen
und
von
den glänzenden
Schultern fiel kein Schatten (1). Sie bewundert den Liebreiz des Knaben und während sie das Gesicht und die Haare betrachtet, sagt sie: "Willst du jetzt (nicht lieber) zur ausonischen Stadt gehen,
da Venus
dich
(bis
jetzt)
übersehen hat? oder willst du (weiterhin) unter einem schmutzigen Dach das gemei ne Joch der Knechtschaft ertragen? Das sei ferne!
Ich werde so 1cher
5chönhei t ei nen Herrn geben, den sie verdi ent hat. Wohlan komm mi t
mi r.
komm, Knabe! Durch die LUfte will ich dich auf meinem fliegenden Wagen zum Kaiser bringen,
als ein unvergleichliches Geschenk.
Nicht
so1lst
du
in
bürgerlicher Abhängigkeit leben. einem Herrscher im Palast bist du bestimmt. als Diener der Liebe. Nichts habe ich, nichts so Reizendes,ich ·gesteh es, habe ich auf dem ganzen Erdkreis gesehen oder hervorgebracht.
Freiwi llig
zurUckstehen vor dir werden der latmische und der sangarische Knabe (2) und er, den das täuschende Spiegelbild im Wasser der Quelle und die sinnlose Liebe vernichteten (Narzissus). Die blaue Najade hätte dich lieber gewollt und heftiger deinen Krug erfaßt und dich hinabgezogen
(Hylas).
Du Knabe
übertriffst alle, nur jener, dem du gegeben wirst, ist schöner (3)." So sprach sie und dann hebt sie ihn mit sich durch die leichten Lüfte hinauf und heißt ihn. im Schwanenwagen Platz zu nehmen. Kein Zögern gibt es. schon sieht man die Berge von Latium und die Penaten des alten Euander. die der berühmte Vater des Erdkreises, Germanicus. neu hat aufbauen lassen und die fast zu den Sternen emporreichen (4). Nun hat die Göttin Wichtigeres im Sinn: welche Form für die Haare (1) (2) (3) (4)
die beste sei, welches
Kleid geeignet sei.
Gemeint sind die F1Ugel der Eroten. Auf dem Berg Latmus in Karien schläft Endymion. pu er Sangarius = Attis Domitian soll tatsächlich in seiner Jugend sehr schön gewesen sein. Gemeint ist der Palast des Domitian auf dem Palatin.
90
III. 4.51-82
den G1 anz des rosigen Ant 1itzes zu erhöhen, welcher Goldschmuck an den Fingern, welcher am Hals besser aussehen würde. Sie kennt den himmlischen Blick (1) des Kaisers, selbst' hatte sie ja die Fackeln vereint und mit huldvoller Hand die Braut zu ihm geführt. So schmückt sie die Haare. so läßt si eden tyri sehen (purpurnen) Mantel am Körper herabfl i eßen. Das Strah 1en ihres eigenen Feuers gibt sie ihm. Die früheren Lustknaben verschwanden vor ihm und die Scharen der Diener. Dieser reicht nun dem großen Führer den ersten Becher, die schweren Pokale und Kristallgefäße mit Händen. die noch' heller glänzen (als diese). Der Weingenuß bekommt dadurch einen neuen Reiz. Knabe. Li eb 1i ng der Götter, du bi st auserwäh lt, den ehrbaren Nektar zu kredenzen und die mächtige Hand so oft zu berühren, die Geten gerne kennen und die Perser, Armenier und Inder gerne berühren möchten! 0 du unter einem günstigen Stern Geborener, viel hat dir die Gnade der Götter gewährt! Damit nicht der erste Flaum die glänzenden Wangen verunstaltet, damit nicht der Li ebrei z sei ner Schönheit sich verdunkelt, verl ieß der Gott sei ner Heimat seI bst das hohe Pergamon und kam über das Meer. Kei nem war di e Macht gegeben, einem Knaben einen weichen Körper zu erhalten, nur der Sohn des Phoebus kann mi t sei ner geheimen Kunst anordnen, daß das Geschlecht sanft und ohne jede Verwundung des Körpers schwindet. Trotzdem quält die ängstliche Cytherea die Sorge und sie fUrchtet, es könnten dem Knaben Schmerzen entstehen. Noch nicht näml i ch hatte di e schöne Mil de des Kai sers angeordnet, den Knaben ihre natürliche Beschaffenheit zu belassen. Jetzt ist es ein Unrecht, einem Menschen das Geschlecht zu nehmen und ihn zu verändern. Freudig erblickt die Natur jetzt nur solche, wie sie sie erzeugt hat. Nicht mehr müssen jetzt durch einen schlimmen Brauch sklavische Mütter fürchten, das Gewicht ihrer Söhne zu tragen (2). Auch du, wenn du später geboren wärest, wärest jetzt ein Jüngling und hättest die Wangen bedeckt (mit einem Bart) und stärker wären deine erwachsenen Glieder. Nicht ein einziges Geschenk hättest du dann froh zum Tempel des Phoebussohnes geschickt. Jetzt soll das Haupthaar allein zu den heimatlichen Küsten segeln! Dieses salbte Paphia mit viel Balsam, das kämm(1) den prüfenden Blick des erfahrenen Liebhabers (2) ferre pondera = die Schwangerschaft
91
Il I. 4, 83 -106 'te eine ganz neue Grazie mit ihrer Rechten. als wären es ihrer drei. Dieses übertrifft die purpurnen Haare des verwundeten Nisus (1) und das, welches der
stolze Achi11es
am Sperchius
pflegte.
Als
beschlossen
wurde.
zum
erstenmal an der weißen Stirne die Haare abzuschneiden und di egl änzenden Schultern von den Locken zu entblößen, da liefen die zarten. geflügelten Knaben zusammen mit der paphischen Mutter herbei und lösten die Flechten und umhüllten
die
Brust
mit
einem
Seidentuch.
dann
schnitten
zusammengebundenen Pfei 1en (ei n Ersatz für di eSchere) legten sie in die Kapsel
aus
Gold
und
Edelsteinen.
sie
mit
di e Haare ab und Die Mutter
raffte
zusammen. was herunterfiel. und salbte es ein zweitesmal mit ihrer geheimen Essenz. Dann hielt ein Knabe aus der wertvollen Spiegel
Schar
aus Gold und Edelsteinen.
in erhobenen den er
Händen
geholt
hatte.
einen und
sprach: "Auch diesen wollen wir dem heimatlichen Tempel geben (kein Geschenk .wird willkommener sein) und wirkungsvoller als selbst das Gold. Schau nur genau hin. laß aber dein Antlitz noch hier!" So sprach er und verschloß den Spiegel mit dem "geraubten" Abbild (2). Aber der ausgezeichnete Knabe erhebt die Hände zum Himmel und betet: "Für dieses Geschenk, mildester Wächter über die Menschen (Asclepius), mögest du dem Herrscher eine lange Jugendzeit bescheren. wenn ich es verdient habe. und ihn dem Erdkreis lange erhalten! Darum bitten Himmel, Erde und Meer mit mir. Er möge gehen, bitte, durch ilische und pythische Jahre (3) und freuen 5011 er sich, die eigenen Paläste und die tarpeischen Tempel mit sich altern
zu sehen!" So sprach er und Pergamon wunderte sich, daß der Altar sich bewegte (4). (1) Wortstell ung: Hypallage
(2) Auf dem Spiegel ist das Antlitz des Earinus ziseliert. Von heutiger Sicht aus könnte man meinen, der Erote habe ihn photographiert. (3) die Jahre des Priamus und Nestor (4) Wenn ein Gott Zustimmung nickt. bewegt sich sein Heiligtum. Vgl. Verg. Aen.I1I.90 ff.
92
An die Gattin III. 5.1-29
Warum. sag mir. meine liebe Gattin. bist du traurig am Tag. warum läßt du in den Nächten, die wir gemeinsam verbringen, ängstliche Seufzer hören. die dir den Schlaf rauben? Nicht fürchte ich verletzte Treue oder eine andere Liebe in dieser Brust; kein Pfeil wird in dich dringen können (Mag dies auch die rhamnusische Nemesis hören mit feindlicher Miene.). nein! Und wenn ich dem hei mat 1i ehen Strand entri ssen würde und vi er Lustren dienen und in Kriegen oder auf dem Meer umherirren würde. du würdest unberührt bleiben und tausend Freier vertreiben. Nicht hättest du daran gedacht. das Gewebe wieder aufzutrennen und zu zerstören. sondern ohne Trug und offen hättest du bewaffnet den Zutritt zu deinem Schlafgemach verwehrt (1). Sag doch. woher kommt diese hohe Stirne (2) und diese finstere Miene. die du mir zeigst? Ist es. wei 1 ich. müde geworden, wünsche, zu den euböischen Penaten zurückzukehren und in. der Heimat meinen Lebensabend zu verbringen? Warum betrübt dich das? Sicherlich werden dich im Herzen nicht ausgelassene Fröhlichkeit erfreuen oder die schnellen Wettkämpfe (Wagenrennen) des Zirkus und unbeei ndruckt blei bst du von dem 1auten Trubel im Theater; sondern ei n rechtschaffenes Leben (brauchst du) und einen stillen Platz im Schatten und auf keinen Fall unanständige Vergnügungen. Über welche Meere kann ich dich entführen als meine Begleiterin? Freilich. auch wenn ich zu dem kalten Bärengestirn ginge, um dort zu bleiben (3) oder über die nebligen Meere des westlichen Thule hinaus oder zur unzugänglichen Quelle des siebenarmigen Nil, du würdest mich zu den Reisen noch ermuntern. Denn deine Zügel (Venus hat dich mir durch ein gütiges Geschick im Frühling meines Lebens verbunden und erhält dich mir bis zum Alter). deine (Zügel), die du mich mit der ersten Wunde getroffen hast. als ich noch unberührt war von der Liebe und bis dahin in jugendlichem Übermut herumstreifte. deine Zügel nahm ich gerne und gelehrig an. Die Zügel. die du mir einmal· übergestreift hast und die ich nicht wechseln will. auf sie beiße ich immer noch (4). Du hast mich. als ich auf glänzenden Haaren albanische Geschenke (5) trug und mit dem geheiligten (1) (2) (3) (4) (5)
Reminiszenz an Penelope alta fronte: eine hochgezogene Stirne = "Zeichen des Unmuts" (Vollmer) Ovids Verbannungsort lag "unter dem Bärengestirn". Der Vergleich mit den Zügeln beim Pferd wie 1.2.28 Die Auszeichnung des Dichters durch den Kaiser, der bei Alba seine Sommerresidenz hatte.
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III, 5.29-57
Gold Caesars geschmückt war, mit innigster Hingabe umarmt und meinem Kranz gabst du begeistert Küsse (1). Als meiner Dichtung der kapitolinische Preis verweigert wurde (2), da warst du, als ob auch du besiegt worden wärest, mit mir erbittert wegen der Grausamkeit und Undankbarkeit des Jupiter (Domitian). Mit den ersten Tönen nahmst du mir meine (wie aus einer Quelle) hervorsprudelnden Lieder (vom Mund). in den Nächten vernahmst du sie bei meinem Gemurmel mit wachem Ohr. Du allein wußtest. wie lange ich daran gearbeitet habe, und mit deinen Jahren wuchs meine Thebais. Wie sah ich dich an, als ich vor kurzem beinahe schon entr; ssen war zu den stygi sehen Schatten, als ich schon inder Nähe den Lethestrom (rauschen) hör te und die im Tod mir schon zufallenden Augen offen hielt. Lachesis gab mir noch Zeiten meines (eigentlich schon abgelaufenen) Lebensschicksals, nur weil sie Mitleid mit dir hatte und weil di e mächtigen Götter dei ne Vorwürfe fürchteten. Nach di esen Geschehni ssen zögerst du jetzt. die bevorstehende Reise anzutreten und mich zu den ersehnten Gestaden zu begleiten? Wehe; wo ist da die bekannte Treue. so oft durch die Tat erprobt, mit der du den alten latinischen und griechischen Heroinen gleichkommst (3)? Penelope wäre freudig zu den ilischen Wohnsitzen (mit ihm) gefahren, (denn was schreckt schon Liebende?) wenn Odysseus es zugelassen hätte. Es klagte Aigiale, es klagte Meliboea. verlassen zu werden, und diese machte ihr wildes Schlagen zur Mänade. Nicht geringer als diese, bewiesest du deine Treue. gabst du dein Leben den Gatten. So ·suchst du die Asche und den SChatten deines früheren Gemahls immer noch, so umarmtest du den Leichnahm des stimmgewaltigen Gemahls und gabst dich immer wi eder 1auter Trauer hi n. al s du schon di e Mei ne warst. Nicht anders ist deine Liebe und Sorge um die Tochter. So liebst du als Mutter. so wejcht niemals aus deinem Herzen die Tochter. Fest hältst du sie im Innersten deiner Seele Tag und Nacht. So geht nicht die trachinische A1cyone (4) um (1) visceribus und anhe1a: mit Absicht verwendet der Dichter starke Ausdrücke, um die Innigkeit, die zwischen ihnen beiden im Körperlichen wie im Geistigen besteht. zu betonen. (2) Dies könnte ihn endgültig dazu bewegt haben, abzureisen. (3) Hinweis auf die Dichtung Ovids (4) Alcyone wird als Beispiel einer Frau angeführt, die ihren Gemahl über Tod und Verwandlung hinaus noch innig liebte (Ov.met.6.440 ff.).
94
III, 5,57-87
ihr Nest und schützt es, so umhegt nicht Phi10mela zur Früh1 ingszeit ihr Nest und überträgt ihr Leben auf die Lieblinge. Jene (1) hält dich jetzt (in Rom) zurück, weil sie ihre Muße allein auf verwitwetem Bett verbringt und die Zeit der schönen Jugend unfruchtbar verlebt, aber sie wird kommen, kommen wird mit allen Fackeln die Hochzeit, das verdient sie wegen der Güte und Schönheit ihrer Seele. sei es daß sie die Leier ergreift und (die Herzen der Zuhörer) gewi nnt (bezaubert l, sei es daß si e mi t vom Vater ererbter Stimme das, was die Musen lernen sollen, singt und meine lieder spielt "und die weißen Arme in weichen Bewegungen führt. Ihre Anständigkeit übertrifft trotzdem noch ihre künst 1eri sehe Anlage, ihre Beschei denheit di e Kunst. Werden sich denn nicht die leichten Knaben (die Eroten), wirst du, Cytherea. dich nicht schämen" müssen, daß eine solche Zierde von Mädchen zurückstehen muß? Nicht nur Rom ist so fruchtbar, Ehen zu schließen und die festlichen Fackeln zu zünden, auch unser Land bringt Schwiegersöhne hervor. Nicht hat der Gipfel des Vesuv und der Feuersturm des furchtbaren Berges die ängstlichen Städte gänzlich der Bürger beraubt. Die Städte entstanden wieder und sind durch ihre Bewohner in b1ühend"em Zustand. Hi er wurde gegründet unter dem Schutz des Phoebus di e Stadt des Dicaearch und ei n Hafen und Strand, gastlich für die ganze Welt. Hier fUl1te Capys die Mauern, die die Mauern des großen Rom nachahmen, mit den angekommenen Teukrern. Auch unsere Parthenope (2) (gibt es da), zu klein für die eigenen Bürger, aber vielbevölkert von Kolonisten. Unserer Parthenope (2) zeigte Apollo selbst, als sie über die Meere herangefahren kam, mit Hilfe der dionischen Taube die sanfte Krume. In dieses Land bemühe ich mich, dich zu versetzen, (denn mein Geburtsort ist weder das barbarische Thrakien noch Libyen). Ein milder Winter und ein kühler Sommer machen das Klima dort erträgliCh. Ein ruhiges Meer bespült die Küste mit sanftem Wellenschlag. Ein sicherer Friede herrscht dort und Muße für ei n bequemes Leben und ei ne n; ema 1s gestörte Ruhe und ei n erhol samer Schlaf (3). Nicht gibt es auf dem Forum blindes Wüten oder Gesetze, erlassen gegen Streitigkeiten. Nur das in ihren Sitten verankerte Recht gibt es für illa: die Tochter Parthenope: hier gleichzeitig 1. die Stadt Neapel und 2. eine der drei unteritalischen Sirenen, deren Kultstätte Neapel war. (3) Hinweis auf den Anfang des Briefes
(1) (2)
95
III. 5.88-112 die Männer und ohne Rutenbündel sind sie gerecht. Wozu 5011 ich jetzt noch loben Schönheit und Zierde der Landschaft. die Tempel. die Plätze, mit unzäh I i gen Säul en bestellt. die zwei Prachtbauten ei nes offenen und ei nes bedeckten Theaters und schließlich die alle fünf Jahre begangenen kapitolinischen Feiern. Wozu soll ich loben den Strand und die Freiheit des Menander (1), di e ei ne Mi schung ist zwi sehen der römi sehen Ehrbarkei t und .der griechischen Freizügigkeit? Auch in der Umgebung fehlt es nicht an Sehenswürdigkeiten. die das Leben abwechslungsreich machen können. Die dampfenden Bäder von Baiae und seinen ausnehmend lieblichen Strand kann man .besuchen oder di e Wohnung der gotterfüll ten, wei ssagenden Si by11 e (2) oder das 1i eb 1iche Vorgebi rge. bekannt durch das i1 i sehe Schiff (3) oder di e feuchten Weinberge des bacchischen Gaurus und die Siedlung der Teleboer, wo der Pharus al s Konkurrent des die Nacht durchwandernden Mondes für di.e . ängstlichen Seeleute sein \~illkommenes Licht aussendet und die lieblichen Berge von Sorrent mit ihrem feurigen Wein, die mein Pollius als Bewohner vor anderen (durch seine Bauwerke) schmückt und das heilsame Wasser des Sees von Dinae und das wiedererstandene Stabiae. Tausend liebliche Orte unseres landes könnte ich dir aufzählen, aber es ist genug. liebe Gattin. genug ist gesagt. Das Land hat mich für dich hervorgebracht, es hat mich lange Jahre an dich gefesselt. Ist es nicht würdig als Mutter und Ernährerin von uns bei den angesehen zu werden? Lästig wäre ich, wollte ich noch mehr aufzählen und an deiner inneren Einstellung zweifeln. Du wirst kommen. liebste Gattin. du wi rst sogar vor mi r kommen. Ohne mich haben der Ti ber. der Führer der Gewässer, und die Stadt des waffentragenden Quirinus ihren Reiz für dich verloren. libertas Menandri: damit ist vermutlich die aus seinen Komödien und Sentenzen in der Bevölkerung bekannte freizügige Lebensauffassung des Dichters Menander gemeint. (2) Tecta Sibyllae: in einer Höhle bei Cumae (Verg.Aen.6,10) (3) Palinurus, der Steuermann des Äneas, der am Steuerruder einschlief und ins Meer stürzte. gab dem Vorgebirge den Namen (Verg.Aen.6,381. Hor.carm.3.4,28), jetzt noch cap Palinuro. porto di Palinuro.
(l)
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Statius grüßt seinen Marcellus IV, Vorwort 1-25 Liebster Marcel1us. jetzt habe ich das Buch, das ich deiner Zuneigung zu mir widmen möchte. Soviel ich weiß, habe ich jedoch keines meiner Werke begonnen, ohne die Göttlichkeit des größten Imperators angerufen zu haben. Dieses Buch nun enthält drei (an den Kaiser geriChtete Gedichte). (Lücke im Text) Erst das vierte Gedicht ist zu deiner Ehre verfaßt. Im ersten Gedi cht habe ich das siebzehnte Konsu 1at· unseres Germani cus gepri esen; im zweiten habe ich meinen Dank dargebracht für die Ehre, zu seinem allerheiligsten Festmahl eingeladen worden zu sein; im dritten habe ich meine Bewunderung zum Ausdruck gebracht für die domitianische Straße, durch die der. Kaiser die lästigen Verzögerungen (der Reise), die durch die SanddUnen (1) hervorgerufen werden, beseitigt hat. Durch seine Wohltat wirst auch du meinen Brief, den ich dir in diesem Buch von Neapel schreibe, schneller empfangen. Das nächste ist ein lyrisches Gedicht an Septimius Severus, den jungen Mann, den du kennst, eines der geehrtesten Mitglieder des zweiten Standes, deinen Mitschüler, der mir aber auch außer diesem Anrecht (auf mei ne Ergebenheit) ei n besonders 1i eber Freund ist. Denn den 'Hercules Epitrapezios' unseres Vindex kann ich auch dir in Rechnung ste 11 en, was di e Ehre betrifft. di e er mei netwegen und der 1iterari schen Bemühungen überhaupt wegen verdient (2). Daß ich Maximus Vibius auf grund seiner lauteren Gesinnung und seiner Beredsamkeit hochschätze, das habe ich hinreichend in dem Brief dargelegt, den ich, an ihn adressiert, über die Herausgabe meiner Thebais veröffentlicht habe (3); aber jetzt bitte ich ihn. früher als geplant aus Da lmat i en zurückzukehren. Als nächstes folgt ei n Gedicht, gerichtet an meinen Mitbürger Julius Menecrates, diesen ausgezeichneten jungen Mann und Schwiegersohn meines Pollius, dem ich gratuliere, weil er unser Neapel mit der Zahl seiner Kinder geehrt hat. Plotius Grypus, einem Mann von höherem Rang, werde ich ein recht würdiges kleines Werk widmen (4). inzwischen jedoch habe ich die Elfsilbler. über die wir uns zusammen bei den Saturnalien amüsiert haben. diesem Buch beigefügt. (1) Die via Domitiana war weitgehend Küstenstraße (2) Der Dichter erhöht dadurch die Widmungsadressen an Marcellus, dem er das ganze Buch dediziert hat und zugleich die erhoffte Gratifikation. (3) In die Bücher der Silven wurde der Brief nicht aufgenommen. (4) Er war Verwaltungsbeamter. Von dem dignius opusculum ist nichts bekannt.
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IV, Vorwort 26-37 i::w,arum aber mehr im vierten Buch der Silven als in den früheren? Damit meine nicht glauben, etwas bewirkt zu haben. Sie tadelten es, wie ich ,'J::kritiker ,.-, . i\j.ttöre, daß ich diese Art von Versen herausgegeben habe.
Erstens
ist
es
;.'uberfl üss; g, von ei ner vollendeten Sache abzuraten; sodann hatte ich vieles ";'dlivon schon meinem Herrn, dem Kaiser, gewidmet, und wieviel mehr bedeutet : das, als etwas (bloß) herauszugeben? Ist es denn nicht erlaubt, Scherz zu :':,treiben? "1m Geheimen", sagt er. Aber auch bei der Sphaeromachia und beim "spiel am Pfahl sind doch Zuschauer erlaubt (l)! Schließlich: Wer auch immer :'etwas von mir Verfaßtes widerwillig liest, soll sich damit sofort als Gegner , bekennen! Soll ich mi ch deshalb sei ner Mei nung ansch 1i eßen? Und überhaupt: 'ich bin es doch, der blOßgestellt wird; soll er schweigen und sich freuen! : Dieses Buch wirst du, Marcellus doch wohl verteidigen, und wenn du es für 'gut hältst, bin ich zufrieden, andernfalls verdiene ich den Tadel wirklich. 'Lebe wohl! '(1) Sphaeromachia: offenbar ein Zielspeerwerfen, wobei der Speer an der
Spitze mit einem Knopf (sphaera) versehen war. um den mit einem Schild in einem bestimmten Abstand am Ziel Stehenden nicht zu verletzen. Palaris lusio: Der Pfahl ersetzt beim Training der Soldaten den Sparri ngspartner. Mit dem Verglei ch wi 11 St. vermut 1ich sagen: "Di ese spielerischen Kämpfe sind nicht ernst zu nehmen. Ebenso ist es bei meinen Gedichten". Da er das für die Kaisergedichte nicht hätte sagen dürfen, bleibt es bei der bloßen Feststellung.
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Siebzehntes Konsulat des Kaisers Augustus Germanicus IV. 1.1-25 Froh nähert sich der Purpur den zweimal acht Fasten des Kai sers (]) und Germani cus eröffnet ei n Jahr /des Ruhmes. Er geht auf (2) mi t ei ner neuen Sonne und mit großen Sternen. er leuchtet selbst heller als sie und größer ist er als der erste Stern des Ostens (der Morgenstern). Jauchzen sollen die Gesetze Latiums. freuet euch, ihr kurulischen Sessel, und prahlender soll Rom mit seinen sieben Hügeln an den Himmel stoßen, mehr und vor allen anderen Hügeln soll der euandrische (3) jubeln! Die neuen Faszen haben deri Palast betreten. Die zwölffache Ehre freut sich. die Untätigkeit überwunden zu haben (4) und die Kurie freut sich. daß ihre Bitten Erfolg hatten und sie den Kaiser in seiner scheuen Zurückhaltung umstimmen konnte. Er selbst auch, der größte Erneuerer des unermeßlichen Zeitraums, Janus. erhebt sein Antlitz und drückt seinen Dank aus von bei den Schwellen. Ihn hast du mit dem benachbarten Frieden verbunden (5) und ihm befohlen. alle Kriege zu beenden und auf die Gesetze des neuen Forums zu schwören. Siehe. er streckt die Hände aus von hier und von dort (6) und spricht mit doppelter Stimme folgende Worte: "Sei gegrüßt. großer Vater der Welt, der du dich anschickst, mit mir zusammen das neue Jahrhundert zu beginnen (7l! Dein Rom möchte dich in meinem Monat immer als solchen (als Konsul) sehen. Daß die Zeiten so entstehen, daß di e Jahre so begi nnen. ist nur recht und bi 11 ig. Mache den Fasten immer diese Freude (8l! Diese Schultern soll die purpurne Toga oft umhüllen und die von den Händen deiner Minerva eilig verfertigte Praetexta! Du siehst. wie die Tempel ein anderer Glanz erfUllt. wie das Feuer auf den Altären höher lodert und wie selbst die Sterne meines Winters sich für dich erwärmen. Und über deinen Charakter freuen sich die Ritterschafft. das Volk (1) d.h. dem siebzehnten Konsulat (2) wie ein Stern (3) Das ist der Palatin, dort war die Residenz des Kaisers. (4) Den Konsuln standen 12 Liktoren zur Verfügung. Requiem: Wenn Domitian nicht Konsul war, ruhte das Konsulat. (5) Domitian ließ die Häuser zwischen dem Friedens- und Janustempel abreiBen und brachte so Janus, der als Gott jedes Anfangs symbolisch auch die Kriege begann. dem Frieden näher. (6) weil er utroque a limine agiert. (7) Sieben Jahre vorher hatte Domitian die ludi saeculares gefeiert. (8) Das 5011 heißen: Werde jedes Jahr Konsul!
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IV. 1,26-47
und die Väter in ihrem Purpur. Vom Konsul erhält jede Würde ihren Glanz. Welches frühere Jahr, ich bitte dich. hatte Ähnliches aufzuweisen? Wohlan, sage mir, mächtiges Rom und du lange Vergangenheit, zähl .auf mit mir die Jahre (= die Konsu 1n) und übergehe unbedeutende Namen, berücksi chti ge nur, was allein mein Kaiser eines Sieges für würdig hielt! Dreizehnmal erhielt in Latium im Verlauf der Jahre Augustus die Konsulswürde, aber spät begann er, sie sich zu verdienen. Du hast als junger Mann schon deine Vorgänger übertroffen. Und wie viele Ehrungen wiesest du zurück, wie viele verbotst du! Doch du wirst dich bewegen lassen und den Bitten des Senats zuliebe wirst du uns noch oft diesen Tag gewähren (1). Eine noch längere Reihe (von Konsulaten) erwartet dich. Ebensooft und drei- oder viermal öfter wird dir das glückliche Rom den kurulischen Sessel geben. Mit mir wirst du noch ein Jahrhundert beginnen und der Altar des uralten Vaters wird fUr dich wieder errichtet (2). Tausend Trophäen wirst du erringen, erlaube nur die Triumphe! Übrig ist Bactra, übrig ist Babylon, daß du sie durch neue Tribute zähmst. Noch nicht liegt im Schoß des Jupiter der indische Lorbeer (3), noch nicht tragen die Araber und die Seren dir ihre Bitten vor. Noch nicht hat das ganze Jahr seine Ehre, zehn Monate wünschen deinen Namen (4)." So sprach Janus und zog sich gern (5) hinter seine verschlossene Tür zurück. Dann öffneten sich alle Tempel und die Götter gaben aus heiterem Himmel Zeichen und Jupiter geWährte dir, großer König (6), eine lange Jugendzeit und versprach dir seine Jahre. (l) den Tag des Konsulatsantritts (2) longaevi parentis: Jupiter; der Altar ist das Tarenturn auf dem Marsfeld, wo die ludi saeculares gefeiert wurden. (3) im Schoß der sitzenden Statue (4) "Janus wünscht also, der Kaiser solle durch Siege sich so viele Beinamen erwerben. daß a11 e Monate nach ihm benannt werden können." (Vo llmer) (S) weil auch er jetzt den Frieden will. (6) Andere verbinden rex mit Juppiter.
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Ein Dankgedicht an Kaiser Augustus Germanicus Domitianus IV. 2.1-25 Die königlichen Gastmähler der sidonischen Elissa preist der Dichter, der den großen Aeneas zu den laurentischen Gefilden kommen ließ (1), und der jeni ge, der den zurUckkehrenden Odysseus durch I ange I rrf ahrten auf dem Meer erschöpfte, beschreibt in einem unvergänglichen Gedicht die Gastmähler des Alkinoos (2). Ich aber, dem der Kaiser jetzt zum erstenmal die nie dagewesene Freude gewährte. an sei nem hei 1i·gen Gastmahl teil zunehmen und zu der Tafel meines Herrn emporzusteigen, wie soll ich mit der Leier meine guten Wünsche, wie meine Dankesgefühle hinreichend zur Geltung bringen? Wenn mir auf meinen frohen Scheitel in gleicher Weise Smyrna und Mantua (3) den duftenden Lorbeer setzten, könnte ich doch nicht würdig genug sprechen. Ich komme mir vor, als wenn ich mitten unter den Sternen mit Jupiter zu Tische läge und den unsterblichen Wein nähme. dargereicht von ilischer Hand (4). Nutzlos habe ich mei ne Jahre verbracht. Di es ist für mi ch der erste Tag meiner Lebenszeit. hier ist das Tor zum Leben! Sehe ich doch dich. während ich zu Ti sche liege. Herrscher über di e Länder und mächt i ger Vater des unterworfenen Erdkreises. dich, die Hoffnung der Menschen. dich, den Li eb 1i ng der Götter. Es ist mi r gewährt. inder Nähe di eses Ant I itz zu schauen. zwischen Wein und Speisen, und ich muß nicht aufstehen (vor dir). Ein erhabener. gewaltiger Palast. nicht mit hundert Säulen ausgezeichnet (5). sondern mit so vielen, wie sie die Götter und den Himmel tragen könnten. wenn At 1as si ch freimachte von sei ner Last. Darüber staunt di e benachbarte Burg des Donnergottes und die Götter in der Nähe (6) freuen sich, daß du eine Wohnung hast, die der seinen gleich ist. Nicht brauchst du dich beeilen, zum großen Himmel aufzusteigen (7), so weit erstreckt sich das Gebäude und der Schwung des Gewölbes, als ob es frei schwebe (8). Viel Land erfaßt es unter seinem Dach und viel Himmel ist über ihm, nur der Herr (1) (2) (3) (4) (5) (6)
Verg.Aen.I,699 Hom.Od.8.59 Smyrna: angebl. Geburtsort Homers. Mantua: Geburtsort Vergils von Ganymed Hier verwendet St. einen Vergilvers (Aen.7,170) und wandelt ihn ab. Der Jupitertempel auf dem Capitol. Der Domitianpalast befand sich auf dem Palatin. Vicina gehört zu numina. dort standen die Tempel der Bona Dea, des Merkur und der Vesta. (7) Ich übernehme escendere (Gronovius und Vollmer). (8) liberior: als ob nichts es hindere.
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IV. 2.25-53 .des Palastes ist größer. Jener erfüllt das Haus und erfreut es mit seinem gewaltigen Geist. Das libysche und ilische Gebirge glänzen dort (mit ihrem :.Marmor) um di e Wette. (Lücke im Text) Vi eIe 5tei ne von 5yene und von Chi os gibt es hier und solche. die mit der grau-blauen Doris (1) wetteifern, und Marmor aus Luna ist da, der nur die Basis bildet für die tragenden Säulen. Weit verliert sich der Blick in die Höhe. Die Augen ermüden beim Erfassen des Gewölbes, man könnte es für die vergoldete Decke des Himmels halten. Als hier der Kaiser den römischen Adel und die festlich gekleidete Ritterschar, tausend zugleich, sich an den Tischen lagern ließ, da mühten sich die hochgeschürzte Ceres selbst und Bacchus. sie zu bedienen. So großmütig glitt der Wagen des himmlischen Triptolemus dahin, so beschattete mit Weinstöcken Lyäus die kahlen Hügel und das leere Land (2). Ich aber war nicht begierig, die Speisen zu betrachten oder die mauretanischen Tische (3), gestützt auf indische Füße (3) oder die in Linie angetretenen Scharen von Dienern, nur ihn wollte ich sehen, ihn allein, sein ruhiges Antlitz, während er in heiterer Majestät d~s Blitzen in seinen Augen mäßigte und bescheiden 'die Fahnen seines Glückes senkte'; und doch strahlte die verhüllte WUrde aus seinem Gesicht. Einen solchen Mann würden auch ein feindl icher Barbar und unbekannte Völ ker, wenn sie ·i hn sähen, anerkennen. Nicht anders ruht im kühlen Tal des Rhodopegebirges Gradivus, wenn er die Pferde losgebunden hat; so bettete die geölten GI ieder Pollux, nachdem er den therapnei schen Wettkampf überstanden hatte; so lag Euhan, trotz dem Geheul der Inder, am Ganges (4); so legte sich der ernste (5) Alkide auf das ausgebreitete Löwenfell und freute s1ch, jedesmal wenn er von den schauerlichen, ihm befohlenen Arbeiten zurückgekehrt war. Aber ich f1 nde nicht die Worte, die deinem hehren Antlitz gerecht würden, Germanicus. So erschien der Führer der Götter, als er das Ende des Ozeans und di e Ti sche von (1) mit der Farbe des Meeres (2) Triptolemus fuhr mit dem Drachenwagen über das kahle Land und ließ Getreidekörner auf die Erde regnen, aus denen sofort die Saat hervorsproß, Lyäus ließ an den kahlen Felsen Weinstöcke entstehen. (3) Die Tischplatten bestanden aus Zitrusholz, die Füße aus Elfenbein. (4) Bacchus soll die Inder in einem Feldzug besiegt haben. (5) ernst: weil er die 12 Arbeiten ausführen mußte, außerdem Oxymoron zu gaudebat.
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IV, 2,54-67 Äthiopien wiedergesehen hatte (1). sein Gesicht Uberg1änzt vom Genuß des heiligen Nektar, und er befahl den Musen, ihre geheimen (2) lieder zu singen und Phöbus den Triumph von Pa1Tene zu preisen (3). Die Götter - denn man sagt, sie erhören oft auch kleine Geister - mögen dir gewähren, das Alter des Vaters zwei- un.d dreimal iu übertreffen (4). Die du zu Göttern bestimmt hast, schicke zu den Sternen (5) und baue (ih'nen) Tempel und bewohne (weiterhin) den Palast! Eröffne oft den Jahresanfang·, Janus sollst du oft grUßen mit neuen Liktoren (6)! Wiederhole oft die Kaiserspiele im fünf jährigen Rhythmus (n! Der Tag, an dem du mich eingeladen hast zu deinem prachtvollen Festmahl und zu deinem heiligen Tisch, erschien mir nach langer Zeit (8) (wieder) ebenso lichtvoll, wie der Tag unter den Hügeln des trojanischen Alba, als deine Hand mich, der ich die germanischen Schlachten und die dakischen Kämpfe besungen hatte, mit dem pa11adischen Gold auszeichnete (9). (1)
(2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)
Hom.I1.I,423: "Zeus ist nämlich hinab zum Okeanos zu den ~thiopen gestern speisen gegangen, von allen Göttern begleitet." (Ubers. Rupe), Xerg.Aen.IV,480·: "Oceani finem iuxta ... ultimus Aethiopum locus est .. " Athiopien galt als land am SUdrand der Erde. weil nur die Götter sie hören durften Pa1lene: Halbinsel der Cha1kidike, dort fand der mythische Kampf der Götter und Giganten statt, der mit einem Sieg der Götter endete. Vespasian wurde 69 Jahre alt. Von seinen Verwandten sein Bruder Titus und seine Nichte Ju1ia, sie sollen unter die Sterne eingereiht werden. d.h. er soll oft Consu1 des betreffenden Jahres werden. die kapitolinischen und albanischen Spiele ein leiser Tadel Der Preis war ein goldener Olivenkranz. Siehe im Namenregister unter Pall adium.
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Die Straße des Domitian IV, 3,1-26 Was für ein gewaltiges Dröhnen, von hartem Gestein und schwerem Eisen erzeugt, erfüllte die dem Meer zugewandte Seite der gepfl asterten Appia? Sicherlich lärmen nicht libysche Haufen, nicht erschüttert der ruhelose, fremde Feldherr (Hannibal) mit einem meineidigen Krieg (1) das kampanische Land und nicht läßt Nero die Gebirge spalten und einen Kanal bauen durch die Küstenseen und durch die schlammigen Sümpfe (2), nein, er (Domitian) ist es, der die kriegerische Pforte des Janus mit gerechten Gesetzen und einem Forum umgi bt (3), mit deren Hi 1fe er der keuschen Ceres das 1ang verwei gerte Ackergelände und das "nüchterne" Land zurückgibt (4). Er verbietet, daß das starke Geschlecht zugrundegeht, und als Censor verbietet er, daß erwachsene Männer Strafe fürchten müssen fUr ihre körperliche Schönheit (5). Dem Kapitol gab er den Donnergott zurück und den Frieden versetzte er in ein eigenes Haus (6). Immer wieder weist er Mitglieder der väterlichen Familie ewig währenden Sternen zu und gründet damit den flavischen Himmel. Ungehalten über die beschwerlichen Feldwege des Volkes und über das Gelände, das weithin jedes Reisen behindert, beseitigt er die Umwege und schafft durch neuen Belag eine solide Grundlage auf dem lästigen Sandboden. Das Haus der euböischen Sibylle und die Bucht am Gaurus und den schäumenden Strand von Baiae bringt er voll Freude den sieben Hügeln näher. (1)
(2) (3) (4)
(S) (6)
inquietus: wegen seiner Kriegstaktik des Umherziehens, womit er seine Feinde des öfteren täuschen konnte; peierante bello: wegen Sagunt. die Belagerung und Zerstörung Sagunts 219 v.ehr. durch Hannibal eröffnete den 2. punischen Krieg. Nero wollte Rom mit Baiae durch einen schiffbaren Kanal verbinden. frangit vada: unter anderen der Avernersee, cf.Tac.Ann.XV.42; sordidas paludes: die pontinischen Sümpfe. limina bellicosa: Diese Tore wurden bei Kriegsbeginn geöffnet und im Frieden geschlossen. Durch die Tore zogen die Armeen in den Krieg. Domitian versuchte den vernachlässigten Ackerbau zu fördern. sobrias terras: weil auf ihnen nicht mehr nur Wein angebaut werden durfte; Ceres casta: Gegensatz zu dem nicht erwähnten Bacchus lascivus. Domitian verbot durch Gesetz die Kastration jugendlicher Sklaven. Durch die K. sollte wohl ihr jugendliches Aussehen zeitlich verlängert werden (Knabenliebe). Domitian ließ den Jupitertempel nach dem Feuer von 69 wieder herstellen. Das templum Pacis hat Vespasian erbauen lassen. Der Hofdichter St. nennt Domitian als Erbauer.
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IV, 3,27-60 Hi er schwankte noch vor kurzem der 1angsam Rei sende, von ein e r Achse getragen, hin und her, während die Deichsel auf und ab pendelte (1) und die 'boshafte' Erde die Räder ans~ugte. Das latinische Volk fürchtete inmitten ebenen Bodens die Leiden einer Seefahrt. Eine schnelle Fahrt ist nicht möglich, 'schweigende' Gleise (2) verlangsamten und behinderten die Reise. Wegen der allzu schweren Last stöhnend, kriecht (2) das erschöpfte Zugtier unter dem Joch. Jetzt aber wird der Weg, der einen ganzen Tag in Anspruch nahm, in kaum zwei Stunden zurückgel egt. Ni cht fl i egen di e Vöge 1 auf ihren' ausgebreiteten Flügeln schneller am Himmel, nicht fahrt ihr," Schiffe, geschwinder. Die erste Arbeit war es hier, Gräben zu ziehen und die Straßenränder zu bezeichnen und die Erde bis zu einer gewissen Tiefe auszuheben; dann mußten die ausgehobenen Gräben mit anderem Material wieder aufgefüllt werden und es mußte eine Grundlage geschaffen werden für die oberste Wölbung, damit der Boden ni cht nachgi bt und dami t nicht ei n trUgeri scher Untergrund (beim Befahren) ei n zu unsicheres Bett bi etet fUr das belastete Pfl aster. Dann f.ügt man Ubera 11 di e Pfl asterstei ne anei nander und befesti gt di e Straße mit zahlreichen Pflöcken. 0, wieviele Hände arbeiten da gleichzeitig! Diese schlagen den Wald und entblößen die Berge, andere behauen mit dem Beil Blöcke und Balken; jene binden die Steine aneinander und fUgen das Werk zusammen mit Zement und schwarzem Tuffstein; sumpfiges Gelände legt man trocken und Bäche leitet man um. Diese Hände hätten auch den Athos durchstechen können und das traurige Meer der klagenden Helle mit einer nicht schwimmenden (festen) Brücke bezwi ngen können (3). Durch di ese hätte der kl ei ne i noi sche Isthmus die Neere verbunden, wenn nicht die Götter die Durchfahrt verbieten würden (4). (1) Es handelt sich also um einen zweirädrigen (axe uno) Reisewagen (cisium). daher auch das Pendeln der Deichsel. (2) Die Gleise (Spurrinnen) erzeugen beim Befahren kein Geräusch. Orbitae tacentes und quadrupes querens stehen absichtlich in Bezug zueinander. Repit ist sehr anschaulich: Das Pferd berührt mit dem Bauch fast den Boden. (3) Xerxes ließ sein Heer auf der ersten Pontonbrücke über den Helle,spont marschieren. (4) Ich übernehme di via (Macnaghten), Immer wieder hatte man vergeblich versucht. die Landenge von Korinth zu durchstechen. Schließlich glaubte man, das Vorhaben sei gegen den Willen der Götter.
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IV, 3,61-100 Die Strände und die windbewegten Wälder sind voll Unruhe und weithin hört man
in
den
Städten,
reben bestandene
die
Massicus
dazwischen
schickt
das
liegen,
das
gleichzeitig
Krachen, von
hier
und und
der dort
gebrochene Echo dem Gaurus zurück. Das stille Cumae wundert sich über den Ton,
ebenso der Sumpf bei
Liternum,
wie der
langsam fließende
Safon.
Volturnus aber hebt sein fahles Haupt. das nasse Haar, umgeben von weichem Schilfgras, und sein Antlitz hervor (aus den Fluten). Zurückgelehnt an den größten Bogen der Kaiserbrücke, läßt er aus seiner rauhen Kehle folgende Worte ertönen: "Edler Schöpfer meiner Ebenen. du hast mich. der ich in unwegsamen Tälern floß und nicht zwischen Ufern zu wohnen wußte,
in die
Regeln eines rechten Bettes festgebunden. - Jetzt trage ich. der ich reißend und drohend war. und früher kaum· schwankende Schiffe du 1dete, schon ei ne Brücke und den Wanderer, der mich betritt. Ich. der ich gewohnt war, Land wegzureißen und Wälder zu fällen, -
0
Schande - ich wurde allmähl ich ein
Fluß. Ich bedanke mich dafür. Die Knechtschaft ist mir viel wert, wei 1 ich mich deiner Führung und deinem Befehl gefUgt habe. weil man von dir ewig lesen wird, daß du der größte Herrscher und der Besieger meines Ufers warst (1). Und jetzt sorgst du dafür. daß ich in glücklichen Bahnen dahinei 1e, läßt es nicht
zu.
daß ich verschmutze und hältst weithin
die
schlimme
Schande des unfruchtbaren Bodens von mir fern, damit nicht das Wasser in der Bucht des tyrrhenischen Meeres mich, den Schlammigen und luftverpestenden, reinigen
muß.
-
Nicht
dem
kinyphischen
Bagrada
gleiche
ich,
der
in
schweigenden Ufern durch die punischen Felder schleicht. - nein, so gleite ich dahin, daß ich mit meinem glänzenden Lauf das ruhige Meer und mit meinem rei nen Wasser den benachbarten Li ri s übertreffen könnte." So sprach der Fluß. Zu gleicher Zeit hatte sich in einem gewaltigen Bogen ei n Marmorbauwerk aufgerichtet (2). Sein Tor und erwünschter Zugang
(zur
Straße) ist der Bogen. Ausgestattet ist er mit den Kri egstrophäen unseres Führers, leuchtend durch viele Marmorsorten aus den Bergwerken liguriens. So groß ist er, wie der
Bogen, der die
Regenwolke krönt (3).
Davon angelockt
(1) Hinweis auf die Brückeninschrift (2) Am Beginn der Straße bei Sinuessa hatte der Kaiser einen Triumphbogen errichten lassen. (3) In seiner bekannten Übertreibung vergleicht St. das Bauwerk mit einem Regenbogen.
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IV. 3,101-142 biegt dort der Wanderer ab, dort schmerzt es die Appia, daß sie verlassen wird. Jetzt geht die Fahrt schneller und schärfer vonstatten, jetzt freut die schnellere Gangart" sogaräie Zugtiere. So ist es, wenn die Arme der Ruderer ermatten und ihr, erste Winde, in die Segel blast. Wohlan. all ihr Völker, die ihr unter östlichem Himmel lebt und die Treue des römischen Vaters verehrt, kommt heran auf dieser bequemen Straße, kommt schneller, ihr Siegesboten aus dem Osten! Nichts hindert euer Begehren, nichts hemmt den, der mit Sonnenaufgang den Tiber verläßt, am Abend wird er auf dem" Lukrinersee segeln. Aber welche Frauengestalt sehe ich dort am äußersten Ende der neuen Straße, wo Apollo zum alten Cumae zeigt (1), mit weißen Haaren und weißen Binden? Trügt mich mein Auge? Oder bringt aus der heiligen Grotte die Sibylle den chalkidischen Lorbeer hervor? Ziehen wir uns zurück! Die Leier beende jetzt ihr Li ed! Ei ne hei I i gere Seher i n begi nnt zu sprechen, man muß schwei gen. Wohlan, sie rollt den Kopf und rast in weiten Sprüngen über die neue Straße und versperrt den Weg (2). So spricht es dann aus ihrem jungfräulichen Mund: 11 I ch sagte es immer wi eder. er wi rd kommen - wartet. ihr Fe I der. warte. 0 Fluß! Gnädig ist uns der Himmel, er wird kommen, der den häßlichen Wald und den staubigen Sand beseitigt durch hohe Brücken und eine Straße. Wohlan, hier ist der Gott, den Jupiter beauftragt hat, an seiner Stelle auf der glücklichen Erde zu herrschen; kein Würdigerer übernahm jemals diese Zügel, seitdem unter meiner Führung Aeneas, als er, begierig die Zukunft zu erforschen, den prophetischen Hain am Avernersee betrat und wieder verließ. Dieser hier ist ein Friedensfürst, in Waffen aber ist er zu fürchten. Besser und mächt i ger ist er als di e Natur. Wenn di eser den feuri gen Sonnenwagen lenkte, wärest du, Indien, naß von schweren Wolken, hätte Libyen Wasser genug und der Hämus wäre milder. Sei gegrüßt, Führer der Menschen und Vater der Götter (3), vorhergesehen von mir und anerkannt ist deine GöttI ichkeit. Prüfe nicht länger meine Worte, wenn sie unter den feierlichen Gebeten der Fünfzehnmänner aus den modrigen (1) Der weithin sichtbare Apollotempel (2) Sie ist von ihrem Gott, Apollo, erfüllt. (3) parens deorum zielt auf die Vergöttlichung der Flavier, die Domitian 'macht'. Im übrigen häufen sich hier die Ubertreibungen.
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Büchern vorgelesen werden (1). sondern höre mich selbst. wenn ich in eigener Person. wie du es verdienst, zu dir spreche! Ich habe gesehen. was für eine Reihe von verdienten Jahren dir die weißen Schwestern (die Parzen) knüpfen. Eine lange Reihe von Generationen erwarten dich. länger wirst du leben. als deine Kinder und Enkel. in ewiger Jugend; friedliche Jahre wirst du überdauern. wie sie Nestor erlebt haben soll und welche das tithonische Greisenalter zählt und wieviel ich verlangt habe vom Delier (2). Der schneereiche Arctus (der Norden) schwur dir Treue. Jetzt wird dir der Orient herrliche Triumphe bereiten. Du wirst dorthin vordringen, wohin der wandernde Herkules und Euhan kamen. in die Länder jenseits der Sternbilder und der flammenden Sonne (3) und bis zur Quelle des Nil und zum Schnee des Atlas. Beglückt von jeder Erhöhung deines Ruhmes wirst du als Kriegsheld so manchen Tri umphwagen bestei gen und andere ab 1ehnen. Solange das troi sehe Feuer (das Feuer im Vestatempel) brennt, solange der tarpeische Vater in seinem wieder erstandenen Tempel donnert. solange diese Straße ein Alter erreicht. das sogar die Dauer der bejahrten Appia übertrifft. wirst du die Welt beherrschen. Die Quindecimviri hatten die Aufsicht über die sibyllinischen Bücher und befragten sie nach Bedarf in feierlicher Weise. . (2) Apollo versuchte die Sibylle zu verführen und versprach ihr alles. was sie wolle. Da verlangte sie so viele Lebensjahre. wie der Sandhaufen vor ihr Körner habe. Als der Gott ihr das gewährt hatte, lehnte sie trotzdem ab. Sie wollte sich ihre Keuschheit bewahren. (3) Herkules kam bis Spanien, Bacchus bis zum Ganges, dort waren die äußersten Grenzen der Sonnenbahn.
(1)
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Ein Brief an Vitorius Marcellus IV, 4,1-31 Lauf nicht langsam (1) dahin durchs euböische Land. mein Brief. benütze die Straße (2). die einen Seitenzweig bildet zur berühmten Appia. wo (jetzt) ein fester Damm den weichen Sand niederdrückt! Sobald du die Stadt des Romulus erreicht hast. halte dich ständig am rechten Ufer des gelben Tiber. wo das lydische Ufer bis tief hinunter den Seekriegsteich absichert (3). 'das Ufer. das die Gärten der Vorstadt säumen. Dort wirst du den Marcellus sehen. der sich durch Schönheit und Gei st auszeichnet, an 'seiner hohen Gestalt wirst du ihn leicht erkennen. Ihm bringe zuerst den gewohnten Gruß des Volkes, dann überreiche ihm folgende Verse: "Schon verläßt der regenreiche Frühling die Erde und den 'fliegenden Pol' (4) und der Himmel brennt (uns) mit dem ikarischen 'Gebell' (5). Schon leeren sich die hohen Mauern des dicht besiedelten Rom. Diese schützt nun das heilige Praeneste. jene der kühle Hain der Diana. der rauhe Algidus oder das schattige Tusculum. Andere trachten nach dem Wald von Tibur und dem kalten Tal des Anio. Welche mildere Gegend entzieht dich der lärmenden Großstadt? In welcher Gegend meidest du die Hitze des Sommers? Was macht vor allen anderen dein Gallus. deine besondere liebe und auch mein Freund? Man weiß nicht. was man an ihm mehr loben soll, seinen Charakter oder seine Geistesgaben. Verbringt er den Sommer an Latiums Küsten oder sucht er wieder die 14auern von Luna auf mit sei nen rei chen Stei nbrÜchen. sei n thyrreni sches Zuhause? Er steht dir am nächsten, aber auch meiner werdet ihr gedenken in euren Gesprächen. Ich weiß. weshalb mir die beiden Ohren klingen. Wenn aber die grause Mähne des Sterns von Cleonae unter der Hitze des Hyperion allzusehr leidet. dann befreie auch du dein Herz von den Sorgen und stehle dich weg von der ständigen Arbeit! Selbst der Parther schließt jetzt seinen schuldbeladenen Köcher und entspannt den Bogen und der Wagenlenker erfrischt (1)
(2) (3)
(4) (5)
non segnis: nicht langsam wie früher, als es die via Domitiana noch nicht gab. Ich übernehme via (Va11mer) Lydia ripa: eig. etruskisches Ufer, die Etrusker kamen aus Lydien. stagnum navale: ein von Augustus zur Vorführung von SeegefeChten (Naumachien) angelegtes stehendes Gewässer die schnell sich drehenden Himmelspole canis Icarius: der wegen seiner Treue unter die Sterne versetzte Hund eines sagenhaften Königs Ikarius, auch Sir;us genannt.
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IV, 4,31-63 im Alpheus seine Pferde nach den Mühen in Elis (1) und müde und schlaff wird mei ne Lei er. Ei ne rechtzeit i ge Erholung trei bt d; e Kräfte wi eder an und nährt sie, größer ; st di e Tatkraft nach der Ruhe. Als er Sri sei s besungen hatte,
kam Achilles um so hitziger (in die Schlacht)
und
als
er
sein
Plektron zur Seite gelegt hatte, stürmte er schärfer auf Hektor los. Auch dich wird wie von selbst die wiederholte zeitweilige Muße beflügeln und du wirst als neuer Mensch dich in deine gewohnte Tätigkeit stürzen. Sicherlich haben di e 1at; ni schen Gerichtshöfe ihre Di spute e; ngestellt und
Fri eden
bringt die träge Jahreszeit und die Wiederkehr der Ernte hat das Forum geleert. Nicht mehr füllt dein Vorzimmer eine Schar von Angeklagten und nicht mehr bitten dich klagende Klienten herauszukommen; und die Lanze, die das Hundertgericht leitet, hat ihre Tätigkeit eingestellt (2). Dort nimmst du jetzt schon ei n hohe, ruhmvolle Stell ung ei n, mit dei ner Seredsamkei t b.i st du dei nem jugend 1ichen Alter weit voraus. G1 ück 1ich in sei ner Arbeit ist
nur.
wer
nicht
nach
Kränzen
des
Helikon
trachtet
noch
nach
dem
unkriegerischen Lorbeer vom Gipfel des Parnaß, sondern wessen Geist voll Tatkraft ; st und wessen Seele, gerüstet für große Aufgaben im Leben. alle Wechselfälle, die auch kommen mögen, auf sich nimmt (3). Mich trösten über die Untätigkeit im Leben meine Lieder hinweg und ich suche die unbeständigen Freuden des Ruhmes. Ich gebe mich der Ruhe hin und dem einladenden Strand, wo
im ausonischen Hafen
sich
die
aus
der
Fremde gekommene
Parthenope
niedergelassen hat. Lässig zupfe ich mit dem Daumen die zarten Saiten, sitze am Rand der Gruft des Maro und fasse Mut und besinge das Grab des großen Meisters (4). Wenn Atropos dir einen langen Verlauf von Jahren zubilligt (und das soll sie tun. darum bitte ich, und der göttliche Wille des Führers von Latium. den du in deiner Verehrung über den Donnergott
zu
stellen
gedenkst. und der dei nen Faszen ei n anderes Amt hi nzugefügt hat und di ch beauftragt
hat,
den
Verlauf der
kurvenreichen
Straße
durch
Latium
zu
erneuern), dieser soll so fortfahren, dann wirst du vielleicht auch noch ausoni sche Kohorten befehl i gen oder es werden di r di e Völ ker vom Rhei n übergeben oder die Küsten des dunklen Thule oder du sollst den Hister schüt(1) nach den Wagenrennen bei den olympischen Spielen (2) Marcellus war Vorsitzender im Gericht der Hundertmänner. Die Lanze stellte symbolisch die Macht des Gerichtes dar •. (3) Marce11us zuliebe lobt hier St. das tätige Leben. (4) Das Grab des Vergil befand sich bei Cumae.
110
IV. 4.64-93 zen und den Zugang zur gefürchteten Kaspischen Pforte. Du besitzt nicht nur den Vorzug ei ner mächti gen Redegabe; du hast auch ei nen Körper, der dem Kriegsdienst gewachsen ist, rind Arme, die nur mit Mühe in den schweren Panzer schlüpfen können. Ziehst du zu Fuß in den Kampf. dann nickt dein Helmbusch hoch über dem Heereszug; führst du aber das kl irrende Zaumzeug, dann gehorcht dir der feurigste Hengst. Ich besinge die Taten anderer und stehe an der Schwelle des Greisenalters. Du wirst prangend in deinen Waffen Taten ausführen, die man besingen muß, und du wirst ein großes Vorbild sein für den kleinen Geta, von dem der kriegerische Großvater (1) schon jetzt würdige Taten fordert und dem er es ermöglicht. die Triumphe seines Hauses kennzulernen. Auf, wohlan, Knabe, hole den jungen Vater ein (2)! Glücklich kannst du sein wegen des mütterlichen Stammbaumes und wegen der väterlichen Tatkraft. Schon erzieht dich die freundliche, glückbringende Kurie im tyrischen Gewand (3) und freut sich. dir alle kurulischen Ämter in Aussicht ste 11 en zu können." Diese Verse sang ich für dich, Marce11us. am chalkidischen Strand, wo der Vesuv seine schon gebrochene Wut jetzt wieder ausspuckt (4), der als Rivale des tri nakri schen Feuers (des Aetna) sei nen Brand hervorwäl zt. Wunderbar, aber wahr! Wi e so 11 en es zukünfti ge Menschengesch 1echter gl auben, wenn auf d; esen Wüsten ei nst w; eder Saaten grünen, daß darunter Städte und Menschen liegen, und daß das Land der Vorfahren im glühenden Lavameer (5) untergegangen ist? Immer noch droht der todbringende Gipfel. Ein solches Schicksal bleibe fern deinem Teate und nicht soll ein solcher Wahnsinn die Marrucinerberge erschüttern! Wenn du wi ssen will st, was das Vorhaben mei ner Muse ist, so höre, mei ne Thebais hat die sidonischen (6) Kämpfe beendet und ihre Segel im ersehnten Hafen eingezogen und auf dem Gipfel des Parnaß und im Wald des Helikon übergab sie den Weihrauch und die Eingeweide einer jungen Kuh den festlichen Flammen und hängte meine Weihebinden an den Votivbaum. Jetzt umgibt eine (1) Ich übernehme avus (M), Cn.Hosidius Geta, Großvater mütterlicherseits (2) deprende: fang ihn, hol ihn ein; das Bild von der Rennbahn (3) sinu Tyrio: die Tunica mit dem breiten Purpurstreifen, Kleidung der Senatoren. (4) Ich übernehme egerit (M). (5) Der Vesuvausbruch im Jahr 79 n.ehr. Ich übernehme tosto (Vol1mer), tosto mari, eines der gewagten Oxymora. (6) Kadmus, der Gründer Thebens, kam aus Sidon in Phönizien.
111
IV, 4,93-105 andere Binde meine leeren Haare: Troja und den großen Achilles versuche ich zu besingen, aber der bogentragende Vater (Apollo) ruft mich anderswohin und zeigt mir die noch größeren Waffentaten unseres ausonischen Führers (1). Lange schon zieht mich ein starkes Verlangen dorthin, aber dIe Furcht hemmte mich. Werden unter jener Last die Schultern standhalten oder wird unter dem großen Gewicht mein Nacken nachgeben? Sag, Marcellus, werde ich (die Last) tragen können oder kann ich das an geringere Wogen gewohnte Schiff den jonischen Gefahren noch nicht anvertrauen (2)? Lebe nun wohl und 1aß nicht di e Achtung für ei nen d; r zut; efst ergebenen Dichter aus deinem Herzen weichen! Nicht nämlich der Tirynthier (Herkules), dieses treue Freundesherz (3) - der Ruhm des treuen Theseus wi rd vor di r zurückweichen und er, der (Achilles) den getöteten Priamussohn (Hektor) zum Trost für den erschlagenen Freund (Patroklos) um die Mauern von Troja schleifte (4). Statius sollte die Taten des Domitian verherrlichen. ein Vorhaben, das er verständlicherweise immer wieder hinauszögerte. (2) Das Jonische Meer galt als gefahrvoll. (3) Der begonnene Gedanke wird unterbrochen. (4) Drei Beispiele für Freundestreue: Herkules und Telamon, Theseus und Pirithous. Achilles und Patroklos ö eine für St. typische Brachylogie, bei der mehr verschwiegen als gesagt wird.
(1)
112
Eine lyrische Ode auf Septimius Severus IV, 5,1-30 Glücklich über die Erträge meines kleinen Landgutes, (das dort liegt), wo das alte Alba die teukrischen; Laren verehrt (1). grüße ich den mutigen und redegewandten Severus mit ungewohnten Versen (2). Schon hat sich der rauhe Winter, von der hochstehenden Sonne vertrieben, zu den parrhasischen Bären (3) (nach Norden) zurückgezogen, schon glänzen wieder Land und Meer, die Macht des Nordwinds ist gebrochen. er ist dem Westwind gewichen. Jetzt steht a 11 es unter der Herrschaft des Früh 1i ngs; Di e Bäume kl ei den sich mit dem jährlich wiederkehrenden Laub, jetzt lassen die Vögel wieder neu ihre Klagen hören. ihr noch nicht erprobtes Lied, das sie im schweigenden Winter ersonnen haben. Mich trösten mein kärgliches Fleckchen Erde und das ständig wache Feuer im Ofen und der vom vielen Licht (Feuer) rußige Giebel (4) und der aus dem Krug genommene Lyaeus (Wein). der gerade gegärt hat (5). Nicht tausend wolletragende Schafe blöken (hier), nicht muht die Kuh nach dem süßen Buhlen (6). Für den Herrn allein. wenn er einmal singt. läßt das stumme Acker I and sei n Echo ertönen (7). Das Land nimmt nach mei ner Heimat die erste Stelle in meinem Herzen ein; hier bevorzugte die Jungfrau. die Königin der Kriege (PalIas Athene) meine Gedichte und zeichnete sie aus mit kaiserlichem Gold (8). wobei du als Freund die reizvolle Gefahr mit ganzem Herzen Uberwinden halfst. wie (damals) Castor zitterte bei jedem Geräusch auf der bebrykischen Arena (9). Hat dich das unzugängliche Leptis in den weit entfernten Syrten hervorgebracht? Schon wird es dann indische Ernten (1)
(2)
(3) (4) (5) (6) (7J (8) (g)
Die Trojaner unter Aeneas sind dort seßhaft geworden. Aeneas brachte die heimatlichen Götterstatuen mit. Mutig ·ist er bei Gerichtsreden, sprachgewandt bei seiner literarischen Tätigkeit, die ungewohnten Verse: die alkäische Strophe. Die Sternbilder: Der große und der kleine Bär Die Verbindung lumine sordidum wegen des Oxymorons Auf dem Gut des St. trinkt man nur billigen. eben erst gegorenen Wein. adultero: der Stier ist für alle Kühe da. mutus ager reclamat: wegen des Oxymorons Anspielung auf einen Sieg des Dichters beim albanischen Agon, bei dem er die Germanen- und Dakerkriege des Domitian verherrlicht hatte (IV.2,66). dulce periculum: ein gewagtes Oxymoron; die Andeutung läßt uns nicht erkennen, wie dabei Severus seinem Freund Statius helfen konnte. Die Argonauten trafen an der Nordküste Kleinasiens den Bebrykerkönig Amykos, der Pollux zum Zweikampf im Boxen herausforderte. aber von diesem nach hartem Kampf besiegt wurde.
113
IV. 5.30-60 bekommen und den seltenen Zimt wird es den duftenden Sabäern wegnehmen (1). Wer möchte nicht glauben. daß der süße kleine Septimius auf jedem Hügel des Romulus
~erumgekrochen
ist? Wer möchte 1eugnen.
daß er. nachdem er die
Mutterbrust verlassen hat, an der Quelle der Juturna getrunken hat? Nicht überrascht
uns
dei ne Tatkraft:
Sofort
nachdem
du
im
ita 1ischen
Hafen
(ge 1andet bi st), schwammst du, ohne di e Unti efen der afri kani schen Küste kennengelernt zu haben. noch als Knabe (vom Land) aufgenommen (2). in den tuskischen Fluten. Dann wächst du als kleiner Knabe unter den Söhnen der Kurie heran. zufrieden mi t dem Leuchten des schma 1en Purpurstrei fens
und
übst dich in gewaltigen Aufgaben mit der ererbten patrizischen Begabung. Nicht hört man bei dir punischen Akzent.
nicht trägst dü
ausländische
Kleidung. noch erkennt man bei dir fremde Gesinnung: Italer bist du. Italer! Es gibt in der Stadt und im römischen Ritterstand Leute, die eher Kinder Libyens sein könnten. Fröhlich klingt deine Stimme auf dem dröhnenden Forum; nicht ist deine Rede käuflich, in der Scheide ruht dein Schwert (3), es sei denn die Freunde fordern dich auf, es zu zUcken. Aber du bevorzugst das Landleben und die Ruhe. Bald lebst du auf deinem väterlichen Gut in Veji. bald auf den beraubten Höhen von Hernikum, bald im alten eures. Hier verfaßt du mehr Prosa als Poesie. aber, wenn du gelegentlich an mich denkst,dann 1aß wi eder ei nma 1 den verborgenen Lautenton inder
beschei denen Grotte
hören! (1) Sinn: Wenn Leptis Severus hervorgebracht hat, dann kann es auch, trotz seiner Unfruchtbarkeit. die kostbaren Ernten Indiens und Arabiens hervorbringen, ein argumentum ab impossibil i (nach Vollmer). "Duftend" werden die Sabäer übertreibend genannt •. wei1 bei ihnen wohlriechende Pflanzen wachsen. "Wegnehmen", d.h. Leptis wird dann den seltenen Zimt an Rom 1 i efern. (2) Der Vater war von Leptis nach Italien ausgewandert; adoptatus: nicht adoptiert. vielmehr vom Land aufgenommen. (3) ensis: die Schärfe seiner Rede
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Der Herku1es des Novius Vindex, Tischstatuette (1) IV, 6.1-25 Ich hatte zufällig meine (dichterische) Tätigkeit unterbrochen und war erleichtert von Phoebus und vert"rieb mir die Zeit, indem ich in den offenen Säulenhallen (2) herumstreifte, als der Tag schon zur Neige ging. Da überraschte mich" die Einladung zum Abendessen des gütigen Vindex. Dieses Gastmahl drang mir in die innersten Winkel der Seele und ist noch immer nicht verdaut (3). Wir genossen nämlich nicht Leckerbissen (4) für den Magen oder Speisen, hergeholt aus den verschiedensten Himmelsrichtungen, und nicht Weine, die mit dem ewigen Kalender um ihr Alter streiten. 0 die armen Menschen, di e es freut, zu wi ssen, wori n sich der Vogel vom Phas i s vom winterlichen Kranich (5) aus dem Rhodopegebirge unterscheidet, welche Gans mehr Leber bi etet, warum der tuski sehe Eber geschmackvo 11 er ist als der umbrische. auf welchem Seetang die schlüpfrige Muschel weicher liegt (6). Uns haben ei n mi t echter Bege; sterung geführtes Gespräch, unmi ttel bar vom Helikon"geho1t, und heitere Scherze veranlaßt. eine ganze Winternacht damit zu verbri ngen und den süßen Sch 1af aus den Augen zu verbannen. bi s von den elysischen Gefilden der eine Kastor hervorsah (7) und Tithonia das gestrige Mahl belächelte. o gute Nacht. 0 wäre es doch eine tirynthische gewesen. als Mond sich mit Mond verband (8)! 0 Nacht. di e kennt 1ich gemacht werden muß durch ei ne erythreische Perle der Thetis und an die man lange denken soll. deren Geist ewig währen 5011 (9)! Tausend Figuren habe ich damals dort kennengelernt aus Erz, aus altem Elfenbein und aus Wachs. so als wollten sie wie mit richtigem Körper sprechen. Wer wird jemal s mit dem Kennerbl ick des Vindex streiten. die Besonderheiten alter Künstler zu erkennen. und ohne Signatur den Urheber angeben? Dieser wird dir zeigen, welche Bronzestatuen der geschick(1) (2) (3) (4) (5)
(6) (n
(8) (9)
Diese Statuette, im Besitz des Vindex, beschreibt auch Martial 9.43/44. Saeptis: die Saepta Julia auf dem Marsfeld. mit vielen Läden inconsumpta: unverdaut. scherzhaft für unvergessen 1udibria: eig. Gespött. weil sie den Magen verderben. hiberna grue: der winterliche Kranich ist eine Seltenheit auf dem Tisch. weil die Kraniche im Winter nach Süden fliegen. Hier wird die hochtrabende Ausdrucksweise von Feinschmeckern verspottet. alter Castor: Für diesen "einen Kastor" gibt es verschiedene Deutungen. eine davon ist, daß die bei den Dioskuren. Castor und Pollux. sich bei der Wache am Himmel von einem auf den anderen Tag ablösen. Anspielung auf die Doppelnacht. in der Herkules gezeugt wurde. Zeus dehnte das Zusammensein mit Alkmene auf zwei Nächte aus. Zum Gedenken an ein freudiges Ereignis bewahrte man eine Perle auf.
115
IV, 6,25-53 te ~Iyron in unermüd 1icher Arbeit geschaffen hat, und er wi rd dir di e Marmorstatuen zei gen, di e der Mei ße 1 des fl ei ßigen Praxite 1es zum Leben erweckte, das Elfenbein, das der Daumen des Pisäers (1) geglättet hat oder, wem Polyklet beim Brennen im Ofen zu atmen befohlen hat und welche Linien den alten Apelles schon von weitem verraten (2); denn das. ist, sooft er (Vindex) seine Leier aus der Hand legt, sein Zeitvertreib, diese Liebhaberei ruft ihn weg von den aonischen (musischen) Höhlen. Unter diesen (den Kunstwerken) nahm der Genius und Schutz des keuschen (3) Tisches, der Nachkomme Amphitryons. mein Herz mit viel Liebe (Interesse) gefangen und ich konnte mich an ihm gar nicht satt sehen. Dieses großartige Werk wirkt vornehm und majestätisch, trotz des kleinen Ausmaßes der Figur. Das ist ein Gott. wirklich ein Gott! Er gestattete es dir, Lysipp, ihn zu betrachten (4). Klein ist er anzusehen, gewaltig kann man sich ihn .vorstellen! Und obwohl wunderbarerweise das Maß die Höhe eines Fußes nicht übersteigt, wird man, wenn man die Blicke über die Glieder gleiten läßt, ausrufen: "An di es er Brust wurde das Ungeheuer von Nemea erdrÜCkt; di ese Arme trugen die tödliche Keule und brachen die Ruder der Argo (5)!" Durch dieses kleine Maß bewirkte der Künstler die Vortäuschung gewaltiger Form. Welches Geschick in der Hand, welche Erfahrung des gelehrten Künstlers. mit Sorgfalt gleichzeitig einen Tischschmuck zu bilden und die Wirkung eines Kolossalbildes
(6)
in der
Vorstellung
zu
erreichen!
Nicht
hätten
die
Telchinen in ihren Höhlen am Ida etwas Derartiges in dieser spielerischen Art zustandebringen können, noch, der tölpel hafte Brontes, noch selbst er, der di e Waffen der Götter schuf, der Lernni er (Hephai stos). mit so ei ner geringen Masse. Nicht drohend wirkt die Figur und nicht. als wäre er gemütlichem Speisen abgeneigt, sondern so, wie ihn das Haus des sparsamen Molorchus bewundert oder wie ihn die Priesterin von Tegea (7) im Hain der Alea gesehen hatte,
(]) (2) (3) (4) (5)
oder wie er
aus der Asche auf dem Oeta zu den
Sternen
Phidias aus Pisa schuf die berühmte Elfenbeinstatue von Olympia. Man beachte die Abwechslung bei der Aufzählung! castae mensae: weil es auf ihm keine Schwelgerei gab. Herkules saß dem Künstler Modell, eine Schmeichelei des Dichters. Vastator Nemees: der Löwe von .Nemea. Argoos remos: Beim Rudern gegen die Wogen brach Herkules die starken Ruder des Schiffes Argo. (6) 1960 wurde bei Alba Fucens eine Kolossalstatue des Herkules ausgegraben, die dieser hier beschriebenen Statuette auffallend gleicht. (7) Tegeae sacerdos = Auge, eine Geliebte des Herkules
116
IV. 6.54-83 ge'sctrtckt worden ist und (dort) froh seinen Nektar trank. obwohl immer
noch
freudigen
zürnte Herzens
(1). zu
So mild Tisch
ist
bitten
sein Gesichtsausdruck. wollte.
Die
eine
ihm Juno
als
Hand
ob
hält
erschlaffenden Becher seines Bruders (2), die andere 'vergiBt nicht'
er den. die
Keule; ein rau her Sitz trägt ihn. der Fels ist geschmückt mit dem .Fell des Löwen von Nemea. Des heiligen Werkes würdig ist sein Schicksal.
Der Herrscher von Pella
(Alex. der Gr.) hatte bei frohen Gastmählern den verehrungswürdigen Gott vor sich auf dem Tisch, in Ost und West nahm er ihn als Begleiter mit. Mit der Hand, mit der er Kronen entriß und verl ieh und große Städte zerstörte, stel1 te er ihn gern auf den Ti sch. Kampf von ihm Mut.
Immer erbat er sich für den morgi gen
Ihm erzählte der
Sieger
immer
von
den
glücklichen
5ch I achten. sei es. daß er dem Bromi os di e geknechteten Inder entri ssen hatte, oder daB er das eingeschlossene BabyIon mit seiner gewaltigen Lanze aufgebrochen
hatte
(3),
oder
daß
er
die
Länder
des
Pelops
und
die
pel asgi sche (gri echi sche) Frei heit im Kri eg unterworfen hatte. Er so 11 ja nach der 1angen Rei he sei ner Ruhmestaten sich (bei dem Gott) nur wegen des Triumphes über Theben entschuldigt haben (4). Als dann das Schicksal seine gewaltige Laufbahn unterbrach und er den tödl ichen Wein trank (5) und die Schatten des Todes ihn bereits umschwebten, da sah er bei sei nem 1etzten Gelage voll Entsetzen, daß sich an dem ihm teuren Gott das würdige Antlitz veränderte und am Erz Schweißtropfen hervorquollen (6). Dann besaß das bewundernswerte Kunstwerk der nasamoni sehe (afri kani sche) Fe I dherr.
Trotzi g und mei nei dig
im Kri eg und Fri eden überhäufte er den
tapferen Gott ständig mit Ehrungen, dieser hochmUtige Hannibal.
Der Gott
haßte ihn, der vom Blut des italischen Volkes triefte und gräßlichen Brand den Häusern des Romulus brachte. Mit Spenden von Speisen und Wein opferte er dem Gott. der trauernd alS Begleiter mit ihm in die verbrecherischen Kriege ziehen mußte. Am schlimmsten war es für ihn.
als er (Hannibal) mit der
schändlichen Fackel seine eigene (des Herkules) Burg, (1) (2) (3) (4) (5) (6)
die Häuser und Tempel
Juno zürnte H., weil er, der Sohn des Jupiter. nicht auch ihr Sohn war. fratris: auch Bacchus ist ein Sohn Jupiters. AI.d.Gr. brauchte BabyIon nicht erobern. es ergab sich freiwillig. Theben war die Heimat des Herkules. Alexander starb nicht durch Gift, sondern an Malaria. Die Verdichtung der Feuchtigkeit zu Tropfen an Metallen wurde als Schweißtropfen gedeutet. Das galt als Vorzeichen nahenden Unheils.
117
IV. 6,83-109 sei nes unschul digen Sagunt ni ederbrannte und besudelte und das Volk in ehrenhafte Verzweiflung trieb (1). Nach dem Tod des sidonischen (punischen) Feldherrn kam das wertvolle Erz nicht in den Besitz eines bürgerlichen Hauses. Die Statue schmückte (schließlich), immer gewohnt. vornehme Häuser zu betreten und glücklich über den Stammbaum seiner Besitzer, die Gastmähler des Sulla. Jetzt umgibt dich zwar nicht - den Göttern liegt daran, Charakter und Herz bei den Menschen zu kennen, di e Pracht ei nes fürst 1i chen Hofes, Tirynthier, sondern nur der keusche und schuldlose Sinn deines Herrn, den immer eine tiefverwurzelte Treue mit der eben begonnenen Freundschaft verbinden wird. Das weiß Vestinus (2). der seinen großen Vorfahren gleichkam. obwohl er noch in jugendlichem Alter stand (als er starb). Tag und NaCht atmet Vindex dessen Geist und lebt in den Umarmungen dieses lieben Schattens (3). Hier bist du in froher Ruhe, tapferster der Götter. Alkide. nicht siehst du Kriege, nicht wilde Schlachten, sondern eine Leier und Weihebinden und Lorbeerkränze. die die Schläfen (Stirnen) 'lieben' (4). Dieser wird dich in einem feierlichen Gedicht (5) dar an erinnern, wie du die i1 i sehen und geti sehen Wahns itze in Schrecken versetztest und den winterlichen stymphalischen Sumpf, das Erymanthosgebirge mit seinen feuchten Bergrücken und daran, daß dich der Besitzer der iberischen Herde (Geryon) ertragen mußte und der mareotische (ägyptische) Herrscher an seinem blutigen Altar (BusiriS). Dieser wird davon singen, wie du die Schwe11e des Todes überschri ttest (Al kest i s) und beraubtest (Cerberus) und von den wei nenden Mädchen von Libyen (die Hesperiden) und Skythien (die Amazonen). Nicht hätten dich der König von Makedonien, noch der Barbar Hannibal jemals oder die schreckliche Stimme des wilden Sulla auf diese Weise berühmt machen können. Sicherlich möchtest du. Schöpfer des Geschenkes, Lysipp. nicht von anderen Augen mehr (als denen des Vindex) anerkannt werden. (1)
(2) (3) (4)
(5)
Sagunt war eine Gründung des Herkules. Die Saguntiner verbrannten sich und ihre Habe nach der Einnahme der Stadt. Früh verstorbener Freund des Vindex Man beachte die Innigkeit der Freundesliebe, die hier sichtbar wird! Ich übernehme tempora (Markland). "tempora completes the trio of references to the poet's emblems. cf. V,3,112 illa tuis totiens praestant se tempora sertis." (Coleman) Ein Gedicht des Vindex über Herkules ist nicht bekannt.
118
Ein lyrisches Gedicht für Vibius Maximus IV.7.1-28 Kühne Erato. die du mir schon lange beigestanden hast auf dem weiten Feld (1 ),verschiebe die heldenhaften -Kämpfe. laß ab von der gewaltigen Aufgabe und wende di ch zu engeren Krei sen (2)! Du Pi ndar. Köni g der lyri schen Dichterschar, gib mir ein wenig die Erlaubnis zu der neuen Weise (3). da ich ja dein Theben mit römischem Gesang geehrt habe (4)! Für Maximus versuche ich ein Lied zu "spinnen". Jetzt muß ich Kränze nehmen von "nicht gestutzter" Myrte. Jetzt ist der Durst größer und aus rei nerem Fl uß muß getrunken werden (5). Wann werden die da 1mat i ni schen Berge di ch nach dem lieblichen Latium entlassen? Von dort (von Dalm.) kehrt der Bergmann. da er den Dis gesehen hat. bleich und von gleicher Farbe wie das ausgegrabene Gold zurück (6). Sieh, ich, der ich in einer näheren Gegend geboren bin, mich hält trotz seines lieblichen Hafens nicht das stille Baiae oder der durch die Waffentaten Hektors bekannte Trompeter (7). Gelähmt sind ohne dich meine Kamenen (8), langsamer als gewohnt kommt selbst der König von Thymbra und siehe. an der ersten Zielsäule hängt mein Achilles (9)! Da durch dich, als zuverlässigen Ermahner. meine Thebais oft mit der Feile "gequält" wurde, versucht sie nun mit kühner Zuversicht, die Reize des mantovanischeli Ruhms (1) lato campo: das weite Feld der epischen Dichtung (2) ingens opus: die Thebais, an der St. gerade arbeitet; minores gyros: das Bild von der Rennbahn genommen, mit den engeren Kreisen ist die Lyrik gemeint. (3) novi plectri: die sapphische Strophe, die St. hier verwendet (4) tuas Thebas: Pindar stammt aus Theben, Anspielung auf die Thebais. (5) intonsa myrto: Die Myrte ist der Venus heilig. intonsa: d.h. dieser Stoff ist in diesem Versmaß in Rom noch nicht behandelt worden; maior sitis: er braucht deshalb einen größeren Schluck aus der Musenquelle; castior: reiner muß die Quelle sein, weil es sich nicht um ein tändelndes Liebesgedicht handelt. (6) Vibius war mit einem militärischen Auftrag in Dalmatien. Das dort gewonnene Gold erwähnt St. auch 1,2,153 und 111.3,90. (7) Misenum, der Name .. stammt nach Verg. Aen. 6,162 ff. von dem Trompeter Misenus, der mit Aneas aus Troja geflohen war. Er wurde bei Misenum begraben. (8) St. vermißt also die Mithilfe des Vibius bei der dichterischen Arbeit. Cf. te fido monitore V.25. (9) Wieder das Bild von der Rennbahn. Gemeint ist das begonnene Epos Achil1ei s.
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IV. 7.29-56 zu erreichen (1). Aber ich verzeihe dir dein Zögern. weil du dein leeres Haus mit einem blühenden Sproß neu begründet hast. Welch ein fröhlicher Tag! Siehe. es kommt zu uns ein zweiter Maximus! Kinderlosigkeit muß man mit aller Kraft vermeiden. Der feindlich gesinnte Erbe bedrängt sie mit seinen (bösen) Wünschen. Dem besten Freund - welche Schande! - wünscht er ein nahes Ende (2). Der Kinderlose wird ohne Tränen verscharrt. Nachdem er das Haus in Bes Hz genommen hat, trachtet der Hi nterb 1i ebene gi eri g nach der (hinterlassenen) Beute des Verstorbenen und spart selbst an den Kosten für die Leichenfeier (3). Lang lebe das edle Kind! Durch den für nicht viele ungehinderten Weg (4) soll es hineinwachsen in die väterlichen Sitten und den Großvater herausfordern durch seine Taten! Du wirst dem Kleinen deine Waffentaten erzählen, die du vollbracht hast am östlichen Orontes als Führer e; ner Reiterschwadron , wobei Kastor di r gewogen war (5). (Und du wi rst ihm erzählen), wie jener (der Großvater) einst dem reißenden Blitz des unbesiegHchen Kaisers folgte (6), wo er den flüchtigen Sarma"ten dqs bittere Gesetz gab. unter ein e m Himmel zu leben (7). Aber vorher so 11 der Knabe dei ne KUnste 1ernen, mi t denen du das ganze Altertum der Welt durchmessen hast und die Reden des kurzen Sallust (8) und du machst ihn zum Zögling des Timavus (9). (1) Aus Mantua stammt Vergil. er ist für St. das große Vorbild. (2) Ich übernehme q: propinquum funus ami co. (3) Da Sebicht mit seiner Nachdichtung der Verse 33-40 durch Reim und Rhythmus eine besondere, z.T. witzige Wirkung erzielte, sollen sie hier aufgenommen werden: "Kinderlosigkeit bringt nur Verderben. Kinderlose haben schlimme Erben; selbst dem Besten wünschen gier'ge Hände frühzeitiges Ende. Kinderlose trägt man still zu Grabe, gierig auf die hinterlass'ne Habe blickt der Erbe; selbst die Leichenfeier erscheint ihm zu teuer." (4) Die Ritterlaufbahn (5) Kastor und Pol lux waren Beschützer der römischen Ritter. (6) Gemeint ist der Dakerfeldzug des Domitian. .. (7) d.h. er machte die nomadischen Sarmaten seßhaft. In seiner Ubertre1bung läßt St. den Vater des Vib1us die Sarmaten unterwerfen. (8) Sallust bekam wegen der brevitas in seinen Büchern dieses Epitheton. (9) Timavus steht hi er für Li vi us, es ist. ei n klei ner Fl uß zwi schen Aquil ei a und Triest. Padua, die Heimatstadt des Livius, den St. hier anspricht, liegt bekanntlich weit davon entfernt. Di"es ist geradezu ein Versteckspiel des St. Vibius hat eine WeltgeschiChte verfaßt und dabei offenbar Auszüge aus Sallust und Livius verwendet.
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Glückwunsch für Julius Menecrates IV, 8.1-30
Öffne die Tore der Götter. Parthenope. und erfülle die mit Bändern geschmückten Tempel mit sabäi seMen Wolken (Wei hrauch) und mi t den (noch) zitternden Ei ngewei den der Opfert i ere! Si ehe. schon der dritte Nachkomme vermehrt di e Fam.il i e des berühmten Menekrates! Di e ed 1e Schar der Adel i gen wächst und tröstet (dich) hinweg über die Verluste. die der verrückte Vesuv (lI verursacht hat. Aber nicht nur Neapel allein soll sich versammeln an den fest1 ichen Altären. auch die Bundesgenossen vom Hafen und das vom sanften Dicarcheus geliebte Land und auch die Leute von der Gegend von Sorrent. die der feuchte Gott (Bacchus) liebhat. sollen die Altäre mit Kränzen schmücken. von Sorrent. dem Strand, der dem Großvater mütterlicherseits gehört (2). Ihn umgibt ei ne Schar von Enkel n, di e darum wetteifern, ihm ähn 1ich zu sehen. Freuen 5011 sich auch der mit der libyschen Lanze (3) ausgezeichnete Onkel und Polla, die die Kinder für ihre eigenen ansieht, sie aufnimmt und liebevoll an die Brust drückt. Heil, 0 Jüngling (4), der du so viele Leuchten einem Vaterland gibst, das sie verdient. Siehe. es zittert das Haus, erfüllt vom lieben Tumult so vieler (junger) Herren! Weit weg sollen wei chen der schwarze Neid und er soll di e böswill i gen Gedanken anderswohi n lenken! Diesen (den Kindern) versprach die weißgekleidete Atropos ein langes Leben und immerwährend Tugend und Ehre, und der heimi sche Apo 11 0 sei nen Lorbeer. Das erfreuliche Dreikinderrecht, das dir der erlauchte Vater der ausonischen Stadt gegeben hat (5), war also ein Vorzeichen. So oft kam Lucina und betrat wiederholt das fromme Haus. So fruchtbar 5011 deine Familie sein. darum bitte ich. und sie soll niemals ohne die geheiligten Geschenke sein! Heil di r, weil öfter männ 1i che Nachkommenschaft di r beschert wurde. aber auch über das Mädchen soll sich der jugend1 iche Vater freuen! Zu diesen paßt besser die Tüchtigkeit, jene wird dir schneller Enkel geben. So schritt schon Helena in der Palästra ihrer mütterlichen Stadt würdig und strahlend zwischen den amykleischen Brüdern oder wie der Anblick des Himmels (lI (2) (3) (4) (5)
Vesevi: eine Form. die vielleicht durch 'vae saevus' entstanden ist. Po11ius Fe1ix. vgl. 11,2 Libyca hasta: eine militäriSChe Auszeichnung luvenis wurde ein Römer bis zum 40.Lebensjahr genannt. Vorzeitige Verleihung des ius trium liberorum war möglich; es brachte finanzielle Vorteile.
121
IV. 8.30-62 sich zeigt. wenn in wolkenloser Nacht zwei strahlende Sterne auf bei den Seiten des Mondes ziehen. Aber ich muß mich bitter bekl agent du seltsamer Mann. und auch zürnen. wie eben Liebende zürnen. Mußte ich erst aus dem Mund des Volkes solche Freude erfahren? Als dei n dri ttes Ki nd schon schri e. da kam nicht sofort mit schnellem Lauf ein Briefbote. der mich veranlaßt hätte. festliches Feuer auf dem Altar zu entfachen. di e Laute hervorzuho 1en und di e Türpfosten zu schmücken und einen vom Rauch geschwärzten Krug Albanerwein (1) zu holen und den Tag mit Gesang zu feiern. Zu spät und (fast) wirkungslos verhallen jetzt mei ne WUnsche. Das ist dei ne Schu 1d und schämen so 11 test du di ch. aber weiter darf ich meine Klagen nicht treiben.- Wohlan. die fröhliche Schar der Deinen umringt den Vater und verteidigt ihn. Wen könntest du mit dieser Schar nicht überzeugen? Ihr heimi schen Götter. euch brachte unter den günstigsten Vorzeichen die abantische (euböische) Flotte über die Meere zum ausonischen Strand und du, Führer des von weither kommenden Volkes. Apollo. auf dessen Taube, die auf ihrer linken Schulter .sitzt. die glückliche Eumelis heute noch gütig blickt und sie verehrt (2) und du, aktäische Ceres (3), der zu Ehren wir Mysten im keuchenden Lauf schweigend geweihte Fackeln schwingen, und ihr, Tyndariden, die nicht der rauhe Taygetos des Lykurg und das schattige Therapnae mehr verehrten (als Neapel), beschützt diese und ihr Volk, ihr heimischen Götter! Aus ihm sollen Leute kommen, die mit ihrer Stimme und ihren Mitteln der Stadt. die durch Alter und häufige Notzeiten ermattet ist, helfen und sie aufgrund ihres 'grünen' Namens (Neapel = Neustadt) retten. Diesen (den Knaben) soll der Vater seinen liebevollen Charakter zeigen und der Großvater ei n reiches Leben in G1 anz und l~ürde und bei de das Trachten nach herr1 icher Tugend. Herkunft und Reichtum ermögl ichen es dieser (dem Mädchen), daß sie mit der ersten Fackel ein patrizisches Haus betritt (bei der Hochzeit), denen, daß sie noch in ihrer Jugend. wenn nur der gött1 iche Wille des unbesieglichen Kaisers den Tüchtigen geneigt sei, an das Tor des römischen Senates pochen können! (1) St. weilt auf seinem Landgut Albanum. Der Wein wird in einer Rauchkammer (fumarium) gelagert, damit er schneller zur Reife gelangt. (2) Es handelt sich um eine Statue der Parthenope, der Schutzgöttin Neapels, Tochter eines Eumelus. Ich übernehme Eume1is (M). (3) Actaea = aus Attika, offenbar Mysterienfeiern für Ceres
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Scherzhafte Elfsilbler an Plotius Grypus IV, 9.1-28
(1)
Ja. wahrhaftig, das ist ein Scherz. daß du mir ein Buch schicktest. Grypus, für ein Buch. Doch i! I S· fei ner Scherz kann er mi r nur gelten, wenn du mi \" nach ihm etwas Ordentl iches zurückschicken würdest; denn wenn du weiter scherzest, Grypus. dann ist das kein Scherz mehr • Nun gut. machen wir eine Rechnung auf! Mein Papier war purpurgefärbt und neu und verziert mit doppelten Knöpfen (2) und es kostete mich außer meiner Arbeit zehn Asse. Du schenkst mir ein wurmzerfressenes und verschimmeltes Papier von der Art, die Flecken haben von libyschem Öl oder solche, in denen man Weihrauch oder Pfeffer vom Nil aufbewahrte oder die als Einwickelpapier dienten für Sardellen aus Byzanz (3). Wenn es nur wenigstens deine Reden enthielte. die du als Jugendlicher mit Donnerstimme auf dem dreifachen Forum (4) hieltest oder vor den hundert Richtern. bevor d; eh Germani cus zum Beamten ei nsetzte über den Nachschub (5) und dir die Aufsicht übertrug über die Poststationen aller. auch der weit entfernten Straßen. aber nein, du schenkst mir die öden Phrasen des alten Brutus, ein Buch. gekauft aus der Kiste eines ärmlichen Buchhändlers. wofür du höchstens ein gaianisches Ass (6) zahltest. So feh lten di r also Mützen. genäht aus Lappen ei nes verschI i ssenen Mantel s, oder Handtücher oder vergi I bte Servi etten oder Papi er oder (getrocknete) Früchte aus Theben oder Karien (7)? Fand sich nirgends ein Klumpen von Pflaumen und Feigen. eingelegt in einen "stürzenden Kreisel" (8). nicht Das Gedicht ist ein Saturnalienscherz. (2) Bei der Bücherrolle waren Anfang und Ende an einem Stab befestigt, der hier an bei den Enden mit goldenen Knöpfen geschmückt war. (3) Von dort wurden gesalzene Fische nach Italien exportiert. (4) Fora Romanum. Julium. Augustum (5) Sequenti annonae: Es handelt sich hier um die Verproviantierung des Gefolges oder Heeres, wenn der Kaiser auf Reisen oder in Feldzügen unterwegs war. (6) Gaius Calligula hatte minderwertige Münzen prägen lassen. asse Gaiano ist Gegensatz zu decussis (V.g). (7) Datteln und Feigen St. zählt nun alle möglichen. z.T. billige Scherzartikel auf. die man sich an den Saturnalien zu schicken pflegte. (8) turbine ruenti; Das Wort turbo wird hier möglicherweise für ein konisch zulaufendes Gefäß verwendet, aus dem man die zusammengeklebten FrUchte leicht herausschütten (ruenti) konnte. Der römische Leser wußte sicher, was hier gemeint war.
(1)
123
IV, 9,29-55 trockene Dochte, nicht abgezogene Zwiebelschalen. keine Eier, nicht weiche Gerste, nicht rauher Spelt? Nirgends ein gewundenes Haus der feuchten Schnecke, die über kinyphische Felder gekrochen ist? Nicht schwer verdaulicher Speck oder ein unansehnliches Stück Schinken? Nicht lukanische Würste, nicht schwer verdauliche Falisker (l)? Nicht Salz oder Oxypor(i)um (2) oder Käse oder einige Kügelchen grünes Natrium (3) oder ein Wein, der mit den eigenen Schalen aufgekocht wurde, oder vom süßen Bodensatz getrübter Most? Wie wenig wäre es gewesen, duftende Kerzen zu geben, ein Messer oder ein kleines Notizbuch? Wäre es nicht möglich gewesen, ich frage dich, im Topf ei nge 1egte Trauben zu schi cken oder auf der kumani sehen Drehschei be gefertigte Töpfe, einen Satz nur natürlich - du brauchst nicht erschrecken! - von weißen Tassen und Töpfen? Nei n, wi e auf ei ner genau ei ngestell ten Waage änderst du nichts, sondern wiegst mir das Gleiche wieder auf. Und wenn ich zeitig früh morgens noch halb nüchtern in übertriebener Weise einen Gruß dir sagen ließe, würdest du dann deinerseits mich in meinem Hause wiederum grUßen lassen, oder wenn du mich mit einem üppigen Mahl bewirtest hättest, würdest du dann ein ähnl iches von mir erwarten? Ich bin dir gram, Grypus. Aber trotzdem wünsche ich dir Gesundheit. Nur schicke mir nicht nach deiner bekannten liebenswürdigen Art jetzt wiederum Elfsilbler! (1) Das sind regionale Spezialitäten, Würste oder "Schwartenmagen". (2) Oxypor(i)um: ein verdauungsförderndes Bittersalz (3) Es handelt sich offenbar um doppel kohlensaures Natrium, in kleine brötchenförmige Stücke zusammengepackt. das gegen zu viele Magensäure helfen konnte, gefunden wurde es in Höhlen.
124
Statius grüßt seinen Abascantus V, V·orwort, 1-13 Mit aller Zuneigung sollte man guten Beispielen begegnen, besonders wenn sie von
öffentlichem
Nutzen
sind.
Das
liebevolle
Gedenken,
das
du
deiner
Priscilla erweisest. ist ein Teil deines Charakters und macht dich bei allen liebenswert,
besonders
aber
bei
einem Ehemann.
Eine
lebende
Gattin
lieben, ist .ine Lust, eine tote aber zu lieben, ist Religion.
zu
Ich jedoch
widmete mich dieser Aufgabe nicht wie ein beliebiger Mann aus der Menge und nicht nur gleichsam dienstlich. Priscilla hat ja meine Gattin geliebt und durch diese Liebe machte sie mir jene noch wertvoller. Undankbar wäre ich desha 1b, wenn ich dei ne Tränen ni cht beachtete. Außerdem bemühe ich mi ch immer, unbedeutend wie ich bin, mich doch um alle Mitarbeiter des heiligen Hauses verdient zu machen; denn wer aufrichtig und treu die Götter ehrt. der 1 i ebt
auch
ihre
Pri ester.
Obwoh 1
ich
schon
1ange
ei nen
näheren
freundschaftl ichen Verkehr mi t dir gewünscht habe, hätte ich doch 1 i eber gewollt. ein konkreter Anlaß (1) dazu wäre nicht so bald gekommen. Totenklage um Priscilla V, 1,1-15 Wenn mei ne Hände fähi g wären, aus Wachs Fi guren zu bi 1den oder El fenbei n oder Gold in getriebener Arbeit zum Leben zu erwecken, dann könnte ich, Pri sci 11 a, dei nem Gemah 1 ei n wi 11 kommenes Werk schaffen, das ihn tröstet. Durch seine ausgezeichnete Liebe hätte er es verdient. daß du mit den Farben des Apelles im Antlitz ausgezeichnet oder mit der Hand des Phidias neu geschaffen dem Trauernden wiedergegeben würdest.
So versucht er,
deinen
Schatten dem Scheiterhaufen zu entre i ßen und trägt ei nen gewa 1ti gen Kampf aus mit dem Tod (2) und ermüdet die Sorgen der Künstler und sucht in jedem Metall dich zu lieben. Aber vergänglich ist die Ehre, die eine tätige Hand erarbeitet.
Ich versuche di r,
du ei nzi gart i ge Gattin ei nes
hochgelobten
Mannes, mit mei ner di e Zei ten überd-auernden Lei er 1ange 1etzte Ehren zu erweisen, die keinem dunklen Ende anheimfallen werden, wenn mir nur Apollo gnädig ist und er, der immer in Begleitung Apollos kommt,
Caesar,
Zustimmung nickt. In keinem anderen Grab wärest du besser geborgen. (1) nämlich der Tod der Gattin
(2) Hinweis auf Herkules, der dem Tod in einem Ringkampf Alkestis abnahm.
mir
125
V, 1. 16-45
Spät freilich wird ein Heilmittel bereitet für einen solchen Schmerz, wenn bereits zum zweitenma 1 di e fl i egenden Räder des Phoebus ei n Jahr (heran-) drehen. Wenn aber der Schlag noch neu ist und das Haus bei der noch frischen Wunde düster ist vor Klagen, wie soll man dann Zugang finden zum Gehör eines unglücklichen, seiner Gattin beraubten Mannes? Damals war es Trost genug für ; hn, zu wei nen, di e Klei der zu zerrei Ben, Scharen von Sk 1aven zu ermüden, sich in Klagen zu erschöpfen und die Schicksalsmächte und die ungerechten Himmelsbewohner mit wütenden Schreien zu treffen. Auch wenn Orpheus selbst, gefolgt von Wäldern und Flüssen. käme. um die Klagen zu beschwichtigen, und auch all e Schwestern sei ner Mutter (1) den Sänger beg1 ei teten und alle Priester des Apollo und Bacchus ihm beistünden, nicht würde der Gesang, nicht die Saiten, gehört von den Göttern des bleichen Avernus und von den Haaren (Schlangen) der Eumeni den (2), den Schmerz 1indern können. So groB war die Trauer in dem verstörten Herzen. Jetzt noch, da die Narben glatt geworden, nimmt er immer wieder Zuflucht zu seinen Klagen. Noch während ich singe, steht ein Tränenstrom in den schweren Augen des liebenden Gatten. Haben denn diese Augen immer noch zärtliche Tränen? Welch wunderbare Treue! Schneller, so wird berichtet (3), stillte die sipy1eische Mutter (3) ihre Tränen, s~hneller werden die traurigen Tropfen der Tithonis (4) versiegen oder die Mutter (Thetis) am Grab des Achi11es ermüden, Sturmwellen zu brechen (4). Heil deiner Seele! Der Gott (der Kaiser) bemerkt das, der die Zügel des Erdkreises hält und näher als Jupiter die menschlichen Handlungen lenkt, und er beobachtet den Trauernden und die geheimen Regungen seines auserwählten Dieners, seitdem er auch die Beweise dafür bekommt, daB du einen Schatten liebst und eine Tote ehrst. Das ist die reinste Leidenschaft, das ist eine Liebe, die es verdient. von unserem Herrn und Censor anerkannt zu werden. Das ist nicht verwunderlich, da eine langdauernde Eintracht von Herz zu Herz euch verband in einer Kette, bei der es keine Unterbrechung gab. Jene war schon früher verheiratet gewesen und hatte die Hochzeitsfackeln erlebt mit (1) (2) (3) (4)
Mutter des Orpheus: Calliope, deren Schwestern = die Musen. Als Orpheus in der Unterwelt war, um Eurydike zu holen. Ich übernehme fertur (Vo11mer); genetrix Sipylea = Niobe Tithonis = Aurora, sie beweint ihren bei Troja gefallenen Sohn Memnon. Das Grab des Achi11es befand sich am Strand von Troja.
126
V.l.46-79 einem anderen Mann. Aber als ob sie dir als Jungfrau verbunden worden wäre, so umschlang sie dich und wärmte dich mit ihrem ganzen Leib und mit ihrer Seele. So liebt die Ulme die Re'be. die mit ihrem gleichaltrigen Stamm mit ihr verbunden ist und ihr Laub mit diesem mi seht und ihr ei nen re; ehen Herbst wünscht und sich freut über die wertvollen Trauben. mit denen sie umwunden ist. Frauen. die gelobt werden wegen ihrer Vorfahren oder wegen des Geschenkes ihrer
schönen
Gestalt.
fehlen, die erfahren ein falsches
denen Lob,
aber
die
Güter
des
Charakters
das wahre kommt ihnen nicht zu.
Obwohl deine Abstammung rühml ich war und du glückl ich sein konntest wegen deiner Schönheit und du deshalb von vielen Freiern begehrt wurdest. kam der größere Ruhm aus dir selbst. Ein
Lager hast du nur gekannt, e i n
Feuer
nur brannte in dei nem Inneren. Kei n phrygi scher Räuber (Pari s) hätte jene Liebe
schänden
können.
Nicht
dulichische
Freier
noch
ein
brüderlicher
Ehebrecher, wie derjenige, welcher mit mykenischem Gold die keusche Ehe beschmutzte (Thyestes). Wenn man ihr den Reichtum BabyIons. wenn man ihr das Gewi cht des lydi sehen Schatzes (Krösus) und di e gewaltigen Rei chtümer der Inder. Chinesen und Araber gegeben hätte. dann. wäre sie lieber unberührt in keuscher Armut gestorben und hätte ihr Leben geopfert für ihren guten Ruf. Nicht war ihre Miene ernst und starr und ihr Charakter allzu streng, sondern Einfachheit und Heiterkeit zeigte sie im vertrauten Umgang mit den Menschen, sowie Anmut. gemischt mit Schamhaftigkeit. Wenn sie aber ängstliche Sorge zu größeren Taten gerufen hätte. dann hätte sie sich sogar für ihren Gatten frohgemut zu den bewaffneten Ei nheiten begeben und hätte Gewi tter und di e Gefahren mitten im Meer auf sich genommen. Besser aber war es, daß kei ne Unglücksfälle dich auf die Probe stellten, (so daß du beweisen mußtest), wie zärt I i eh du den Gatten 1i ebtest und wi e groß dei ne Sorge um ihn war. Auf bessere Weise gewannen deine Gebete die Gunst der Götter für den Gatten, während du Tag und Nacht die flehentlich
vor
a11en
göttlichen
Altären
knietest
Mächte ermüdetest, und
den
während
milden
du
Geist
des
denn er
(der
gegenwärtigen Herrn anflehtest. Man hat dich gehört, wohlwollenden Schrittes naht Fortuna;
Kaiser) sah die ruhige und doch emsige Tätigkeit und die unerschütterliche Hi ngabe des frommen jungen Mannes und er sah. wi e. sei n Gei st
I
va 11 bepackt I
ist mit Sorgen, und seine wachen Sinne, sein nüchternes Urteilsvermögen, das imstande ist, so viele Verwicklungen zu entwirren.
Das sah er, der alle An-
127
V, 1,80-105 gelegenheiten seiner Leute kennt, der jeden Teil (seines Reiches) mit zuver1 äss i gen Dienern überwacht. Das ist ni cht verwunder1 i ch. Jener si eht den Osten und den Westen, er sieht, was der Südwind, was der winterliche Nordwi nd trei bt (1). Er prüft di e Ratschläge für Kri eg und Fri eden und selbst die Gedanken hierüber. Jener belud die haarumwallten Schultern (des Abascantus) mit ungeheurer Last und kaum zu bewä1 t i genden Aufgaben (denn kein anderes Amt ist vielschichtiger im heiligen Haus). Weithin in den großen Erdkreis schickt er die Aufträge des römischen Führers, die militärischen und zivilen Angelegenheiten des Reiches lenkt er mit der Hand (d.h. schriftlich). Was der Lorbeer vom Norden, was der umherstreifende (2) Euphrat, was das Ufer des zweinamigen Hister, was die Fähnlein am Rhein bri ngen, was am Rande der Welt und was in Thu1 e, das von Ebbe und F1 ut umtost wi rd, geschehen ist, (das a 11 es si nd sei ne Aufgaben); - denn jeder Speer erhebt sein frohes Laub in die Höhe und keine Lanze ist gekennzeichnet durch di e berücht i gte Feder (3) -. Außerdem verkündet er, wenn der Herr treue Schwerter (4) verteilen will, welcher Ritter, unter die Manipeln geschi ckt, geei gnet ist, ei ne Hundertschaft zu zügel n, wer ei ne Cohorte befehligen könnte, wem der Rang eines angesehenen Tri·bunen eher zustünde und wer geeigneter wäre, einer Reiterschwadron die Zeichen zu geben. Tausend Wechselfälle auch vorauszusehen, (ist seine Aufgabe), ob der Nil di~ Felder überschwemmen wi rd, ob Libyen durch den regenbri ngenden Südwi nd genügend schwitzen wird (= genügend Wasser hat) .• Wenn ich alles aufzählen soll, (dann muß ich noch sagen) nicht mehr würde der Vogel von Tegea (Merkur) mit seinem enthüllenden Zauberstab (5) von den hohen Sternen aus verkünden und sie, die durch di e klaren Lüfte herabfällt, Junos Jungfrau, und mi t ihrem bunten Kreisbogen die Regenwolken umgibt, und sie, die in schnellem Flug deinen (1) D.h. er erfährt die Vorgänge in allen Teilen seines großen Reiches. (2) vagus Euphrates: wegen seiner Überschwemmungen so genannt (3) "A laurel fastened to the dispatch was the sign of news of victory, but a feather - the si gn of haste - marked the bearer ·of di sastrous news" •.. (A.M. Ramsay, Journal of Roman Studies, XV. Pt. l,p.66.) He also quotes Juv. IV. 147-9, where the point is the same. (Mozley) (4) fidos enses: enses = Kommandostellen, fidos: proleptisch, die Treue erwartet man. (5) Interprete virga: Der Stab des Merkur macht den Menschen die Befehle des Jupiter verständlich.
128
V, I, I 05 -134
Lorbeer bringt (Fama), Germanicus, die den Tag überholt und den langsamen Arkader (Merkur) unter den Sternen hi nter sich läßt und di e Tochter des Thaumas (Iris) mitten am Himmel. Wie glücklich sahen dich die Götter und Menschen, Priscilla, an dem segensreichen Tag, als dein Gatte zum ersten Mal zu gewaltigen Aufgaben geholt wurde! Dei ne Freude übertraf bei nahe (I ) sei ne ei gene, während du vornübergeneigt mit gelöster Brust und leidenschaftlich erregt vor den heiligen Füßen des Herrn lagst, der eine solche Verehrung verdient hat (2). So freute sich nicht auf dem a~nischen Gipfel diejenige, welche der delische Vater (Apollo) zur Führerin machte am Eingang seiner geheimen Höhle, oder diejenige, der Bacchus das ehrwürdige Recht auf den ersten Thyrsus und die Standarte der rasenden Schar (den Bacchantinnen) zuteilte. Ihre innere Ruhe änderte sich dadurch (3) jedoch nicht und trotz des Glückes erhielt sie sich ihre rechtschaffene Art und wurde ni cht überheb I ich. Ihre Ha I tung bl i eb di esel be, auch ihr beschei dener Charakter. trotz des wachsenden Vermögens. Ängst I ich kümmert si e si ch um di e Sorgen des Gatten. redet ihm gut zu und erleichtert ihm dadurch zugleich die Arbeit. Sie gibt ihm einfache Speisen und nüchterne Becher und ermahnt ihn, dem Vorbild des Herrn zu folgen; wie eine apulische Gattin eines sparsamen Bauern oder eine von der sabinischen Sonne gebräunte Frau, die an den schon hervorschauenden Sternen sieht. daß die Zeit ihres Mannes gekommen ist, der seine Tagesarbeit geleistet hat. eilig Tisch und Bett herrichtet und horcht auf das Geräusch des zurückkehrenden Pfluges. Doch, zu Geringes führe ich an. Dich hätte sie begleitet durch die kalten Bären (den Norden), durch sarmatische Winter und über den Hister und zur bleichen Kälte des Rheines, mit dir h1!tte sie alle Hitze des Südens ertragen, und wenn das Lagergesetz es erlaubte,> h1!tte sie Köcher tragen und mit einem Amazonenschild ihre Seite decken wollen, während sie dich gesehen hätte in der Staubwolke der Schlacht nahe bei dem Blitz des kaiserlichen Streitrosses, wie du den göttlichen Speer schwangst, besprüht vom Schweiß der großen Lanze (4). (1) (2) (3) (4)
Ich übernehme paene (Burmann) Priscilla vollführt die Proskynese. Ich übernehme hinc (Va11mer). Als Waffenträger des Kaisers hat auch Abascantus einen 'göttlichen' Speer; magnae hastae: die Lanze des Kaisers. Ob Domitian jemals in vorderster Front gekämpft hat, ist sehr zweifelhaft.
129
V, 1,135-169
Bis hierher hat. meine leier liebliche Töne hören lassen. Nun ist es Zeit, dein Laub. Phoebus, abzulegen und das Haar mit der traurigen Zypresse zu bedecken. Was für ein Gott war das, der Glück und Neid zu friedloser Verwandtschaft zusammengebunden hat? Wer befah 1 den ung1 eichen Götti nnen, ei nen ewi gen Krieg zu führen? Hat die eine jemals ein Haus bezeichnet, ohne daß die andere sofort es mit scheelen Augen durchbohrt und die Freude grausam mit ihren Händen gestört hätte? Heiter und unerschüttert lebten die Bewohner in glücklichen Verhältnissen. Es gab keine Trauer. Wie hätte man da Fortuna, auch wenn sie noch so treulos und leichtfertig ist, fürchten können, da doch der Kaiser so huldvoll war? Doch die neidischen Schicksalsmächte fanden einen Weg. Eine böse Macht betrat das fromme Haus. So bläst der schädliche Südwind in die voll behangenen Weinberge, so verdirbt zu viel Regen die reife Saat, so stellt sich der neidische Wind dem schnellen Schiff in den Weg und versammelt Wolken um die geschwellten Segel. Das Schicksal nimmt Priscil1a ihre außergewöhnliche Schönheit. Wie die hohe Pinie. der Ruhm der Wälder, die das böse Feuer des Jupiter getroffen hat oder die schon von den Wurzeln gelöst und ihrer beraubt ist, ihre Nadeln verliert und keinem Wind mehr mit ihrem Säuseln antwortet, so leergefegt, wie sie ist. Was nützen da Redlichkeit und keusche Treue, was die Götter, die sie so verehrt hatte? Die dunklen Schlingen des Todes haben von allen Seiten die Ärmste umgeben. Die Fäden der hartherzigen Schwestern sind gespannt und nur noch der letzte Teil des verbrauchten Fadens ist übrig. Nichts hilft die emsige Tätigkeit der Diener, nichts die mühevolle Kunst der Ärzte gegen das Leiden. Von allen Seiten jedoch kommen die Freunde und heucheln mit verstellter Miene Hoffnung, jene aber rügt den Gatten wegen seiner Tränen. Er beschwört bald vergeblich die unbestechlichen Fluten des Lethe in der Unterwelt, bald weint er in sei ner Angst an allen Altären und hi nterl äßt sei ne Spuren an den Toren der Tempel, indem er mit der Brust die Schwellen fegt, bald ruft er die gütige Gottheit des großen Caesar an. Wehe, hart ist die Haltung des Schicksals! G1bt es denn etwas, was jenem nicht möglich 1st? Wieviel Frist hätte zu den sterblichen Jahren noch hinzukommen können, wenn du, Vater, alle Entscheidung in Händen hieltest? Eingeschlossen in seinem blinden Abgrund hätte der Tod noch länger geklagt und die Parzen hätten untätig den Spinnrocken zur Seite gestellt.
130
V. 1,170-204 Schon verfallen ihre Gesichtszüge. in den Augen ein letztes Irren, die Ohren sind fast taub, nur die Stimme 'des Gatten erkennt sie noch. Ihn allein sieht sie mitten im Sterben, wenn das B'ewußtsein zurückkehrt, zu ihm wendet sie ihren unbeweglichen Blick und umarmt ihn fest mit den kranken Armen. Nicht am letzten Sonnenstrahl wollen ihre Augen sich laben. sondern am süßen Gemahl. Dann tröstet sie sterbend den Liebenden, mit dem sie eins geworden war: "Du Teil meiner Seele, du wirst leben, 0 könnte ich doch die Jahre, die mir die grausame Atropos raubt, dir überlassen! Spare, bitte, die Tränen, schlage nicht zu wild die Brust. quäle n{cht den fliehenden Schatten deiner Gattin! Ich verlasse zwar unser trauriges Schlafgemach, aber doch in der richtigen Reihenfolge des Todes, da ich älter bin. Ich verlebte Zeiten, di e mi r 1i eber waren als ei n 1anges Grei sena lter. Ich sah di ch ei nst im Glanz des Ruhmes. Ich sah, wie du der hohen Hand näher und näher kamst. Nicht wendet sich jetzt die Willkür des Schicksals oder irgendwelcher Himmelsbewohner gegen dich. Das nehme ich mit mir hinweg (1). Geh nun gerne weiter auf dem Weg, den du begonnen hast. und liebe unablässig die heilige Person und den mächtigen Geist neben dir! Und nun, gib. waS du ja selbst anordnen wolltest, dem capitolinischen Wohnsitz das ewige Gold! Durch diese hundert Pfund Gold soll das Antlitz des heiligen Caesar glänzen (2) und es soll die Liebe einer nahen Verehrerin beweisen! Dann werde ich n'icht die Furi en sehen und ni cht den noch sch I immeren Tartarus, sondern man wi rd mi ch vom Glück beseelt an den Gestaden des Elysiums empfangen." Das sagte sie" als ihre Kräfte schon schwanden, und klammerte sich an die Arme des Gefährten und hauchte ihre zögernde Seel e aus inden Mund ihres traurigen Gatten und drückte ihre Augen an seine liebe Hand (3). Der junge Mann aber, von gewaltiger Trauer in der Brust entflammt, erfüllt bald mit wildem Geschrei das verwitwete Haus, bald will er das Schwert zücken, bald ersteigt er steile Orte - kaum können ihn die Freunde zurückhalten. - bald legt er sich Mund zu Mund auf die Verlorene und quält sich, den Schmerz tief im Herzen versenkt, wie der odrysische Sänger (Orpheus), als er die (tote) Gattin gesehen hatte, keiner Handlung mehr fähig, am Strymon das Plektron zur Seite legte und wie erstarrt den trau(1) Weil man ihn bemitleiden wird. (2) Hier ist an eine Büste oder Statue gedacht. (3) Sie schloß ihre Augen mit seiner Hand, weil er wie erstarrt war.
131
V, I, 204-235 rigen Scheiterhaufen ohne Lied beweinte. Jener hätte sogar mutig die Zeiten seines Lebens unterbrochen, damit si. nicht ohne Begleitung hinabginge zum Chaos
des
Tartarus,
doch
die
treue
Gesinnung
zu
seinem
Führer,
die
Bewunderung der heiligen Herrschaft und die größere liebe hinderten ihn (1). Wer könnte mit einem würdigen Gedicht die Leichenfeier beschreiben und die Totengeschenke des schrecklichen Trauerzuges aufzählen? Aufgehäuft in langer Reihe zieht da vorbei der ganze Frühling Arabiens und Kilikiens. Blumen von Saba und die Ernte
Indiens,
bestimmt für
die
Flammen.
und
Weihrauch, den Tempeln genommen (2), dann paläst;'nensischer und hebräischer Balsam, corycische Haare
(Krokus)
und cinyrische Knospen
(Myrrhe).
selbst liegt von tyri scher (purpurner) Decke umgeben auf hohen,
Sie
seidenen
Kissen, aber im ganzen Zug bl ickt man nur auf den Gatten. Auf ihn sind die Augen des großen Rom geri chtet. als ob er junge Söhne zur I etzten Stätte geleite. Dieser Schmerz in den Zügen, Wangen. Jene nennen sie. weil
so viel
Nacht an den Haaren und
sie durch ein ruhiges Ende erlöst wurde,
glücklich; Tränen vergoß man für den Gemahl. Es gi bt da ei nen Ort vor der Stadt, wo d; e große Appi a begi nnt, wo im italischen Almo Cybele ihre Klagen (um Attis) beendete (3) und jetzt nicht mehr an den Fluß vom Idagebirge dachte. Dort legte dich. Priscilla. gehüllt in ei n wei ches Purpurgewand • der ausgezei chnete Gatte (er konnte näml ich nicht die rauchende Grabstätte und das Klagen am Scheiterhaufen ertragen.) auf einem 'glücklichen' Kissen zur Ruhe. Nicht lange Zeiten werden dich dort verzehren, nicht die
'Arbeit'
der
Ewigkeit
dich
entstellen
können.
So
geschützt si nd dei ne GI i eder; So vi el Wi rkung atmet der wertvo lle Marmor (Sarkophag) (4). Bald wirst du in verschiedenen Abbildern dargestellt und neu geschaffen werden. In di esem Erz wirst du Ceres sei n,
in jenem di e
1euchtende Gnos.i eri n (Ari adne). unter jener Kuppel Mai a, aus di esem Stei n eine keusche Venus.
Die Götter nehmen gerne
schöne Gesichtszüge an (5).
(I) Seine Liebe zum Kaiser ist größer als die eben geschilderte zur Gattin. Ein wahrhaft seltsamer Gipfel der Schmeichelei, gerade nach dem, was vorhergeht! (2) Der Weihrauch ist eigentlich für die Tempel bestimmt. (3) Hinweis auf die jährlich erfolgende Waschung der Cybelestatue im Almo. (4) Die Leiche wurde einbalsamiert. (5) Die bildliehe Darstellung Verstorbener als Götter: siehe 11,7,125.
132
V,l,235-262 Die Diener und das an Gehorsam gewöhnte Gesinde stehen bereit, dann werden nach dem Brauch Kissen gebracht und der ständig gedeckte Tisch vorbereitet. Ein Haus ist das, ein Haus! Wer w·;rd da sagen, es sei ein trauriges Grabmal? Wenn· man diese fromme Fürsorge des Gemahls gesehen hat, wird man mit Recht sofort ausrufen: "Das ist, ich erkenne ihn, der Diener von jenem, der eben ein Heiligtum für seine ewige Fami lie gegründet hat und in einem anderen Hinunel seine Sterne angesiedelt hat." (ll Wo ein großes Schiff vom pharischen Strand eine neue Reise angetreten hat und auf beiden Seiten die zahllosen Taue gespannt, die breiten Arme des segeltragenden Mastes aufgerichtet hat und abgefahren ist, da (kann) auf demselben Meer (auch) ein schmales Boot fahren und für sich einen Teil des unermeß1ichen Südwindes beanspruchen. Warum hegst du nun im Herzen den maßlosen Januner, Auserwähltester unter den Jünglingen, und warum verbietest du dem langwierigen Schmerz, von dir zu gehen? Fürchtest du etwa. Pri sei 11 a könnte vor dem Gebell des Kerberas zittern? Jener schweigt bei Frommen. Oder fürchtest du, der Kahn könnte zu spät kommen oder der Fährmann würde das Wasser aufwühlen? Verdienstvolle Menschen fährt jener (Charon) sofort und friedlich läßt er im gastlichen Kahn· die Seelen Platz nehmen. Wenn aber irgendwann ein vom frommen Gemahl gelobter Schatten kommt, dann befiehlt Proserpina außerdem. daß frohe Fackeln kommen und daß die alten Heroinen ihre heiligen Höhlen verlassen und mit purpurnem Licht das traurige Dunkel erhellen und der Seele läßt sie Kränze und elysische Blüten streuen. So geht die Seele der Priscil1a hinab. Dort bittet sie mit flehender Hand das Schicksal für dich, dort besänftigt sie di e Köni ge des trauri gen Avernus, damit du selbst nach dem Ende ei nes erfüllten Menschenlebens den Herrn, den Beherrscher der Welt, den Jüngling (2), als Greis verläßt. Die Schwestern beschwören sicherlich deine WUnsche. (1) Seine verstorbenen Familienmitglieder hatte Domitian unter die Sterne versetzt. (2) "i uvenemque: aufgefl ickte Schmeichel ei für den Kai ser" (Vo 11mer) .
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Lobrede auf Crispinus. den Sohn des Vettius Bolanus V. 2.1-33
Das tyrrhenische Land sucht mein Crispinus auf und die Täler des Tages (1). Nicht lange währt dort sein Aufenthalt. das Land. ist nicht unwegsam. Dennoch wird mein Herz getroffen von einem geheimen Schmerz und die feuchten Augen vergießen schwellende Tränen, als blickte ich den Segeln eines zu den ägäi schen Stürmen abfahrenden Freundes nach und als fo 1gte ich schon müde mit den Augen dem Schiff vom hohen Felsen aus und klagte. daß mir vom weiten Luftraum die Augen versagen. Was aber wäre, wenn dich, angesehener Knabe, schon die berühmten Anfänge der Militärlaufbahn und der Beginn des beliebten Lagerlebens riefen. wie würden da vor Freude meine Tränen fließen, wie würde ich dich umarmen! Aber müssen wir nicht, ihr Verwandten, die Trauer sogar wünschen, da sein Leben schon zweimal acht Jahreskreise durcheilte? Sein Geist ist stärker als die wenigen Jahre, aber (beinahe) unterliegt er der Last, sein jugendliches Alter faßt diesen Verstand nicht. Das ist nicht verwunder1 ich. Nicht hat dich ei ne unrühm1 i che Rei he unbekannter Eltern und Vorfahren aus p1ebei scher Fami 1; e hervorgebracht und nicht fehlt dir der althergebrachte Ruhm. Nicht klopftest du als Neuling. aus ritterlichem Geschlecht erwachsen. erst kürzlich ei ngek 1ei det mit der Trabea (2) und den schma 1en Purpurstrei fen an den hehren Sitz und die geheimen Gemächer des römischen Senates, sondern mit dem vorausgegangenen Zug deiner Angehörigen. Wie man auf der Bahn des römischen Zirkus ein Pferd erwartet. schön von Ansehen. edel durch die berUhmten Namen seiner Vorfahren. aus dessen langem Stammbaum eine glückliche Zuchtwahl verdienstvolle Eltern hervorgebracht hat, alle stacheln es an mit Beifall, selbst der Staub und die gekrümmten Ziel säulen freuen sich. es laufen zu sehen. so fUhlte. berUhmter Knabe. die Kurie. daß du für sie geboren bist. und so umschließen die patrizischen Schnallen (3) deine ersten Schuhe. Dann erkannten deine Schultern standesgemäß die purpurne Toga als ihre und die stolze Tunika. Ein großes Vorbild zu rUhmlichen Taten war dir dein Vater. Kaum in das JUnglingsalter eingetreten, kam er als Soldat zum köchertragenden Araxes und nach Armeni en, das sich nicht bel ehren 1assen (1) Tages: ein Etrusker. Erfinder der Vogelschau (2) "The 'trabea' was a toga marked by purple horizontal stripes; originally royal, it was warn by knights on certain occasions, and so became regardet as a knightly badge." (Moz1ey) (3) Luna: Halbmondförmige Zierde auf den Schuhen der Senatoren.
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V. 2,33-65
wollte. dem wilden Nero zu dienen. Corbulo hatte die Leitung des unerbittlichen Mars (des Krieges). Als Begleiter im Krieg und Geföhrten bei den Strapazen hatte jener bei ausgezei chneten Waffentaten besonders den Bolanus bewundert. Ihm übertrug er gewöhnlich die kühnsten Unternehmungen, mit ihm teilte er seine Befürchtungen, wenn es darum ging, welcher Zeitpunkt günstig sei für einen Hinterhalt. welche Zeiten gut seien für den offenen Kampf. wel ehe Treueschwüre verdöcht i g oder we 1ehe Fl uchtbewegung echt war bei den wilden Armeniern. Bolanus erkundete die Gefahren eines Marschweges, Bolanus suchte Hügel, die geeignet waren für ein sicheres Lager, BQlanus maß das Lagerfeld aus, ließ Hindernisse in Böchen und Wöldern beseitigen, erfüll te auch hochfl i egende PI öne sei nes verehrten Führers und war al s einzi ger auch den ungewöhn 1i chsten Befeh 1en gewachsen. SeI bst das barbarische Land kannte den Mann schon. Sein Helmbusch war der zweite in der Schlacht und befand sich immer neben dem des Feldherrn. So verwirrt waren die Phryger (Trojaner); Obwoh 1 sie di e nemei sehen Waffen sahen und der cleanische Bogen ihre Reihen bedrängte, obwohl also der Alkide mitkömpfte, fUrchteten sie trotzdem auch Telamon (1). Lerne. Knabe, (denn nicht brauchst du, wenn du die schöne Liebe zur Tapferkeit erstrebst, einen fremden Lehrer. Der angeborene Ruhm soll dei nen Mut befl üge 1n. Anderen mögen di e Deci er gezeigt werden und der zurückkehrende Camillus), du lerne vom Vater, wie er das wellenbrechende westliche Thule betrat, wo Hyperion (die Sonne) ständig müde ist, wo er einen Auftrag ausfUhren sollte, und wie er tausend mächtige Städte Asiens. vom Jahreslos getroffen (2). lenkte, wobei er auch seine zivile Machtbefugnis milde ausübte. Trinke (nimm auf) solche Worte mit geneigten Ohren! Mit Eifer sollen dir deine Verwandten das ans Herz legen, diese Lehren sollen deine Begleiter immer wiederholen und die väterlichen Grei se (3). Schon planst du ei ne Rei se in ei n anderes land und wi 11 st ni cht 1angsam vorangehen. Noch nicht 'krochen' die Zeichen reiferer Jugend über deine Wangen, noch ist dein Lebenslauf ohne Tadel, nicht aber ist der Vater neben dir, von einem ungerechten Schicksal dahingerafft starb er und hinterließ (1) Neben dem gewaltigen Herkules lenkte Telamon als zweiter die Augen der Trojaner auf sich. Ebenso war es bei Corbulo und Bolanus. (2) als Proconsul (imperium proconsulare) für ein Jahr durch das LQs bestimmt. (3) senes paterni:. der oder die Erzieher
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V. 2,65-100 zwei schutzlose Nachkommen. Ni cht ei nma 1 das Purpurgewand des Knaben konnte er dir von den zarten Armen streifen und dir über die Schultern den weißen Mantel ziehen. Ihn (Crispinus) hat nicht eine zügellose Jugend verdorben und nicht di e überei lte Frei heit der neuen Toga. So schi eßt ei n Bäumchen. das das Messer (des Gärtners) ni cht kennt, ins Laub u'nd vergeudet sei ne Fruchtbarkei t zu bloßem Schatten spenden . Du jedoch hast in dei nem jungen Herzen pierische Sorgen und Schamgefühl und einen Charakter, der fähig ist, sich selbst Vorschriften zu machen. Dann ist die Redlichkeit etwas Heiteres und die Stirne bleibt ruhig (1) und der Anreiz zum Luxus hält sich in Grenzen und die Liebe in der Familie erstreckt sich gleichermaßen auf alle. Vor dem gleichaltrigen Bruder zurückzustehen, den Vater zu bewundern und deiner unseligen Mutter zu verzeihen, dazu ermahnte dich
das Glück des
Hauses. War denn jene fähig, dir den schändlichen Becher mit dem tödlichen Gift zu bereiten, der du mit der Stimme den Biß der Schlangen abwehren und mit dem Blick alle Stiefmütter friedlich stimmen kannst? Jeder andere hätte die tote Seele gehaßt und verdientermaßen mit Flüchen Ruhe und Frieden von der Leiche gescheucht, aber bei dir, bester Knabe, sehe ich, daß du dich von den (an sich) gerechten Verwünschungen abwendest und folgende Worte spri chst: "Schone, bitte, di e Asche! Jenes Schicksal und der Zorn der mißgünstigen Parzen und das Vergehen jedes Gottes, der menschliche Herzen zu spät sieht und nicht gleich an der Schwelle Versuche von Verbrechen anhält und ebenso d; e Seelen, d; e Schändliches vorbereiten, (si e sind an allem schuld). Jener Tag soll aus der Zeit verschwinden und spätere Jahrhunderte sollen es nicht glauben! Ich will auf jeden Fall schweigen und ich will es zulassen, daß viele Verbrechen in der eigenen Familie vom nächtlichen Dunkel umhUllt und bedeckt werden. Strafen verhängt er, dem die Sorge über seine Menschen anheimgegeben ist, auf dessen Veran 1assung Pi etas zurückkehrt und di e Erde wi eders ieht, den jeder Übel täter fürchtet.
Di ese Rache ist mi r
genug und entlockt mi r sogar Tränen. 0 könnte ich d; e wi 1den Eumen; den erweichen und Cerberus von dem furchtsamen Schatten fernhalten und deine See 1e sehne 11 er dem gedächtni sI osen Strom übergeben." Heil
deiner Seele,
0
Jüngling!
Das
Verbrechen der Mutter
aber wächst
dadurch. Nicht nur kindliche Liebe zieren dich, sondern gleichermaßen hohe Vorzüge.
Als da neulich
zufällig ein
Freund wegen
falscher
(1) d.h. sie ist nicht ständig in Bewegung durch Unmutsgefühle.
Anschuldigun~
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V, 2,100-127 durch ein Gerücht unverschuldet erblaßte und Julia (l) das Forum· erregte und, aufgeschürzt mit (umgeben von) vielen Richtern, sich erhob und ihren keuschen Blitz (1) zucken ließ. da unternahmst du es, obwohl du vorher noch nicht Forum und strenge Gesetze hattest erdulden müssen, sondern im schweigenden Schatten deiner Studien verborgen lebtest, den Freund zu vertei di gen ,. Furcht und di e gegen ihn geri chteten Pfeil e von dem Ängst 1i ehen abzuwehren, obwohl du selbst noch ohne Waffen (ohne AUSbildung) und ein Rekrut (unerfahren) warst. Nie jemals sahen Romul us und der dardani sehe Urahne (2) jemand in so jungen Jahren mitten auf dem Forum in einem gerichtl ichen Strei t kämpfen. Di e Väter staunten über ei n so großarti ges Wagnis und über dein Vorhaben und selbst der Ankläger fÜ·rchtete dich (3). Gleiche Stärke lebt auch in deinem Körper und die Kräfte, bereit zu tapferen Taten, sind für den Geist hinreichend vorhanden und befolgen die hohen Befehle. Ich selbst sah dich neulich am Tiberstrand, wo die tyr.rhenischen Wogen an das I aurent i sehe Ufer branden, ga I oppieren und mi t nackter Ferse (ohne Sporen) die Flanken deines feurigen Rosses stacheln, drohend mit Blick und Hand. Wenn man mir glauben will, ich staunte und hielt dich für einen Soldaten in Waffen. So schön ritt auf gaetulischem Pferd, die trojanischen Waffen schüttelnd. der Jäger Askanius über die Felder der Stiefmutter (Dido) und entfachte die Liebe der armen Elissa (Dido) zu seinem Vater (Aeneas). Nicht anders verspottete Troilus die (hinter ihm) drohenden Pferde mit seiner leichteren Volte oder er (Parthenopaeus), den vom hohen Turm die tyrischen (=thebanischen) Mütter mit wohlwollenden Augen auf ogygischem Sand die arkadischen (4) Ziel säulen umrunden sahen. Wohlan - denn die Gunst unseres Führers drängt dich zu großen Aufgaben (5) und der Bruder gibt dir sichere Spuren für deine frohen Wünsche) (6). Mehr Mut, nimm die tapferen Aufgaben des Lagerlebens auf dich! Mars und die Jungfrau Actaea (7) werden (1)
(2) (3) (4)
(5)
(6) (7)
Julia personifiziert: gemeint ist die lex Julia de adulteriis, iudice multo: die Centumviri, fulmen: die Strafe, castum: zur Sühne eines adulterium (nach Vollmer). Romulus und Aeneas, die Statuen auf dem Forum Nec te reus ipse timebat = et ipse is, qui non er at reus, te timebat. Der Ankläger kam immer mehr in eine schwierige Situation (nach Vollmer). Parthenopaeus stammte aus Arkadien. Ich übernehme magno (Vollmer). Inwiefern sein Bruder Crispinus unterstützt, erfahren wir nicht. Actaea virgo: Athene; Actaea ( = Küstenland): alter Name für Attika.
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V,2,127-154 dir das Heer zeigen, Castor das Lenken der Pferde, Quirinus, wie man auf den Schultern die Waffen schüttelt (trägt), der dir schon am zarten Nacken erlaubte, den aus den Wolken gefallenen Schild und die vom Morden unberührten Waffen klirren zu lassen (1). Welche Länder wirst du also aufsuchen, in welchen Teil des Erdkreises des Caesar wirst du gehen? Wirst du in den arktischen Strömen schwimmen oder in den aufgebrochenen (2) Flüssen am Rhei n oder wi rst du schwi tzen auf den hitzeflimmernden Feldern Libyens? Willst du die Berge Panoniens erschüttern oder die Sauromaten beunruhigen, die ständig ihre Behausungen wechseln? Oder wird der siebenarmige Hister dich haben und die vom schattigen Gatten umflossene Peuce (3)? Willst du die Asche Jerusa1ems (4) aufsuchen und die eroberten Palmen von Idyme, das di e fruchtbaren Obstgärten ni cht für sich pf1 anzte? Wenn di ch aber das von dei nem großen Vater unterworfene Land aufnehmen sollte, wie sehr wird da der wilde Araxes jubeln, welcher Ruhm wird dann die ca1edonischen Felder erheben, wenn dir ein hochbetagter Bewohner des trotzi gen Landes beri chten wi rd: "Hi er hat dei n Vater gewöhnlich Recht gesprochen, auf diesem Rasenhügel sprach er zu seinen Reitern. Aussichtstürme und Castelle ließ er anlegen - siehst du sie in der Ferne? - und di ese Mauern umgab er mi t ei nem Graben. Den Kri egsgöttern wei hte er di ese Gaben, di ese Waffen (du si ehst noch di e Aufschriften). Diesen Panzer zog er an, wenn die Waffen riefen, diesen entriß er dem britanni sehen Köni g." Solche Geschichten erzählte Phoenix dem Pyrrhos, a1 s dieser den siegreichen Krieg gegen die Teukrer (Trojaner) vorbereitete, von dem ihm unbekannten Achi11es (5). Glücklich bist du, Optatus (6), der du im Vertrauen auf deine blühende Jugend alle möglichen Wege gehen und zu allen möglichen Festungen kommen wirst. Vielleicht ist auch deine Seite schon mit dem Schwert gegürtet. (1) Damit war Crispinus, so jung, schon unter die Salier aufgenommen. plaudere: beim Schildtanz der Salier; intactaque caedibus arma: die Waffen wurden nicht im Krieg verwendet. (2) Gemeint ist das aufgeschlagene Eis. (3) Peuce: Insel in der Donau, Nymphe, vom Flußgott gefangen gehalten; umbroso coniuge: Der Fluß ist von Bäumen gesäumt. (4) Solyma = Hierosolyma, 70 von Titus erobert und niedergebrannt. (5) Pyrrhos = rothaarig, Beiname des Neoptolemos, des Sohnes des Achil1es. Da Achilles unmittelbar nach der Geburt des Sohnes gegen Troja aufbrach, kannte der Sohn den Vater nicht. (6) Ein Freund des Crispinus
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V, 2. 154-180
( So gnädig möge der göttI iche Wille des Fürsten sein!). du unermildl i cher Begleiter des Freundes, die ihr ein Herz und eine Seele seid. Ein ebenso zärt li cher Freund war Pyl ades, .' so führte Menoet i ades (Patrok I os) den dardani schen (trojani schen) Kri eg. Solche Eintracht besteht zwi schen euch. solche Liebe, sie möge dauern. darum bete ich! Mich verläßt schon das kräftigere Lebensalter. Deshalb werde ich dir nur mit Wünschen und Gebeten helfen können, wie auch mir selbst. Aber wenn ich, wie gewöhnlich, Rührung erzeuge, wenn di e römi schen Väter zu meinen Gedichten kommen (bei Rezitationen), dann wirst du mir fehlen, Crispinus, und über alle Sitzreihen wird mein Achilles (St. rezitiert die Achilleis) nach dir Abwesenden Ausschau halten. Aber du wirst berühmter wiederkommen (nicht unwirksam erweisen sich die Vorahnungen der Dichter). Der dir jetzt Adler und KommandosteIlen erschließt. derselbe wird dich alle Ämter durchlaufen lassen und mit den stolzen Faszen dich gürten und es dir ermöglichen, daß du (einst) auf dem kurulischen Stuhl des Vaters sitzt. Aber welcher Bote kommt von den hohen Hügeln des trojanischen Alba (1), von wo jener Gott (der Kaiser) aus der Nähe auf die Mauern seines Rom hinüberblickt, schneller als das Gerilcht betritt er dein Haus und erfüllt es (mit frohen Erwartungen). Crispinus? Ich sagte es: Nicht wirkungslos kommen die Voraussagen der Dichter. Wohlan, der gewaltige Caesar erschließt dir die Pforte der Ehrenstellen und überträgt dir die Pflichten des ausonischen Schwertes. Geh. Knabe, streng dich an und zeige dich solcher großen Geschenke würdig, der du jetzt schon unter einem großen Vorgesetzten deinen Eid schwör.st, dem der heilige Germanicus das erste Schwert übergibt! Das ist nicht weniger, als wenn der Kriegsgott selbst dir den tapferen Adler übergeben und den furchterregenden Helm aufs Haupt setzen würde. Geh, frohgemut und lerne es, dir noch größere Verdienste zu erwerben! (I) Troianae Albae: Alba ist eine Gründung des Askanius, deshalb trojanisch.
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Trauergedicht auf seinen Vater V, 3,1-31 Gib du selbst mir. hqchgelehrter Vater. aus der elysischen Quelle die bittere Kraft zu dem Trauergedicht und den Anschlag zur Unglücksleier! Denn nicht ist es mir erlaubt, das Echo der delischen Grotte zu erregen oder in Cirrha anzuklopfen ohne dich. Alles. was mich unlängst noch Phoebus gelehrt hat im korykischen Schatten. was von den ismarischen HUgeln Euhan mir gezei gt hat, habe ich verl ernt. Verschwunden aus mei nen Haaren si nd die parnasischen (. delphischen, apollinischen) Binden. Ich habe es befürchtet, daß di e Totenzwei ge des Taxus sich unter den Efeu schI i ngen und daß - 0 Unrecht! - mein ängstl icher Lorbeer wel kt. Ich wollte doch hochherziger Könige Taten rühmen und tief Atem fassend mein Lied bis zur Höhe des Mars erheben. Wer hat mein Herz mit abtötendem Rost bedeckt, wer hat nach Apollos Untertauchen (1) auf meinen schon verurteilten Geist kalten Nebel gelegt? Um den Dichter stehen die Göttinnen (die Musen). verstört. weil er nichts Liebliches mehr hören läßt. weder mit dem Fingerspiel noch mit der Stimme. Die Führerin selbst (Kalliope) steht. das Haupt gestützt auf die schweigende Kithara. so da. wie sie nach dem Raub des Orpheus dastand. an deinem Ufer. Hebrus. und sah die Herden der Tiere, die jetzt nichts mehr hörten, und die unbeweglichen Haine, denn der Gesang war verstummt (2). Aber du strebst vielleicht, des Körpers entledigt, schon hinauf zu den Höhen und erforschst die blitzenden Gefilde und das Wesen der Dinge und erkennst, wer Gott ist. woher das (Sternen-) feuer kommt, welche Kreisbahn" die Sonne lenkt. welche Ursache Phoebe (den Mond) schwinden und welche die verborgene wieder entstehen lassen kann. und du erweiterst die Gedichte des berühmten Arat, oder du 1i egst auf ei nem abgelegenen Rasenplatz am Ufer des Lethe neben den Versammlungen der Helden und der glücklichen Seelen und neben dem maeonischen (Homer) und dem askraeischen Greis (Hesiodl, auch du ein rühriger Schatten, und singst abwechselnd Lieder des einen und des anderen. Leihe meinem großen Schmerz, Vater, deine Stimme und deinen Geist! Denn während Luna am Himmel dreimal ihr Gesicht wieder nachbildete und es dreimal wieder "abspulte" (3). sah sie, wie ich untätig dasaß und wie ich mich durch (1) Apolline merso: Apollo ist als Sonnengott und als inspirierender Dichtergott untergegangen (untergetaucht). (2) Wenn Orpheus sang, kamen Tiere und Bäume und lauschten. (3) St. hat also erst drei Monate nach dem Tod des Vaters dieses Gedicht begonnen.
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V, 3,31-56 kei ne der Musen vom Hel i kon iiber mei nen bi tteren Kummer hi nwegtrösten konnte. Seit mir dein Totenfeuer mein Gesicht gerötet hat und seit ich deine Asche in den feuchten Augen spürte ot galt mir die Ehre der Dichtkunst wenig. Zum ersten Mal löst sich jetzt und auch das nur mit Mühe die Starre meiner Seele und ich kann mich dieser Aufgabe (dem Gedicht) zuwenden und ich beginne allmählich meine Saiten wieder anzuschlagen (1) und den Rost von ihnen abzustreifen, wenn auch nur erst mit leise darüber gleitender Hand und noch nicht mit trockenem Auge, gelehnt an den Grabhügel, unter dem du weich ruhst auf meinem Landsitz. in dem Land. in dem nach dem Tod des Aeneas Askanius, leuchtend wie ein Stern (2), auf Latiums Hügeln Alba gründete, während er die von phrygischem Blut triefenden Felder haßte und die Königsherrschaft, empfangen durch die Mitgift der unglückl ichen StieOfmutter (Lavinia). Hier beklage ich dich in einem pierischen Lied. Nicht milderen Hauch hat der Duft des sizilischen Krokus, auch nicht, wenn dir die reichen Sabäer den seltenen Zimt gepflückt haben, und nicht, wenn der Araber die duftenden Ähren (der Wei hrauchstaude) geerntet hat. mit lobender Bi 11 i gung der Unterwelt (3). Nimm die Klagen und die Wunden und die Tränen deines Sohnes an, wie sie Eltern selten jemals empfangen haben. 0 wäre ich doch in der glücklichen Lage, für deine Seele einen Altar zu errichten, ein Denkmal wie ein Tempel, ein in die Lüfte ragendes Bauwerk, höher als die Felsen der Kyklopen und kühner als die Mauern der Pyramiden, und den Hügel zu umgeben mit einem großen Hain. Dort würde ich die Ehrengabe des sizilischen Grabes (das Grab des Anchises) übertreffen und den Hain von Nemea (4) und die Feiern für den verstümmelten Pelops (4). Dort würde nicht die Kraft nackter griechischer Männer mit dem oebalischen (spartanischen) Diskus die Luft spalten, nicht würde durch den Schweiß der Pferde der Boden feucht werden, noch würde man auf der staubi gen Bahn das Sch 1agen der Hufe hören, sondern ein einfacher Chor des Phoebus würde singen und den belaubten Preis der (1) Ich lese mit Polster tactis chordis. (2) Verg. Aen.II.682: "Siehe. da schien ganz leicht zuhöchst auf dem Haupt des Julus spitz ein Flämmchen zu leuchten, doch schadlos bei der Berührung leckt um die Locken das Licht und u!1)zingelt die Schläfen." (Ubers. Thass.v.Scheffer) (3) ..• werden so teure Spezereien aufgewendet. (4) In Nemea gab es Spiele für Archemoros. Die Feiern für Pelops: die Olympischen Spiele. Pelops wird verstümmelt genannt. weil ihm eine Schulter fehlt.
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V. 3,57-84 Sänger würde ich di r (dei ner Statue) nach der üb lichen Lobrede umhängen, Vater. Ich selbst würde mit feuchten Augen, als Priester deines Schattens und deiner Seele das Klagelied anstimmen, von dem dich weder Cerberus mit a11 seinen (drei) Mäulern abhalten kilnnte noch die Bedingungen des Orpheus (1). Und wenn ich deinen Charakter und deine Taten besungen hätte, hätte nicht ein Zufall mich hinter den hochtilnenden Homer gesetzt und deine Liebe hätte mich an die Seite des männlich ernsten Maro (Vergil) gestellt. Warum sollte eine Mutter, die verwaist an dem noch warmen Aschengrab ihres Sohnes sitzt, die Götter und die ehernen Fäden der Schwestern (der Parzen) heftiger anklagen als ich, oder eine Frau, die in das Bestattungsfeuer ihres jugendlichen Gatten sieht und die Hände abwehrt, die sie hindern, und die Schar. die sie halten will, als sie zum verbrennenden Gatten strebt, um freiwillig zu sterben? (Vielleicht) klage ich die Götter und den Tartarus heftiger an als diese, aber sogar Fremde dürfte der Verlauf der Totenfeier zu Tränen gerührt haben. Aber weder die Natur (so könnte man sagen) noch Pietas taten dem Trauernden Unrecht (2). Für mich gehst du, Vater, von der ersten Schwelle deines Schicksals und wie vom grünen Lebensalter geraubt zum harten Tartarus hinab. Nicht weinte die marathonische (athenische) Jungfrau (Erigone) weniger, al s (i hr Vater) Ikari us durch das Verbrechen wütender Bauern ums Leben kam, oder die Mutter des Astyanax, als er vom phrygischen Turm fiel. Jene beendete ihren Jammer mit dem letzten Ausweg, einem Strick. daB aber du (Andromache) nach dem Tod des großen Hektar dem hämoni schen Gemahl (Neoptolemos) dienen mußtest. 1st eine Schande. Ich werde am Grab des Vaters ni cht den helltönenden Todesgesang anst immen. den der Schwan, der seines Schicksals gewiß ist, in die Unterwelt vorausschickt, noch den Gesang. mit dem die thyrrenischen Vögel (die Sirenen) vom Unglücksfelsen den Seeleuten verlockende Drohungen senden; und nicht, was Philomela mit ihrem verstümmelten Murmeln (3) seufzt und der grausamen (1) Das soll wohl heißen, die tote Seele darf nicht kommen und zuhören. Eine Verbindung zwischen Ober- und Unterwelt gibt es nur ausnahmsweise für Orpheus und auch er büßt mit dem nochmaligen Verlust der Eurydike. (2) weil der Vater tatsächlich nicht zu früh. nämlich mit 65 Jahren (V.253) gestorben war. (3) weil ihr die Zunge fehlt.
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V, 3,84-103 Schwester (Prokne) kl agt (1). Das ist ei nem Di chter allzu bekannt. Wer hat nicht schon beim Begräbnis alle Zweige der Heliaden genannt und die tränenden Knospen (Bernstein) und den phrygischen Fels (Niobe) und den, der es gewagt hat, mit Phoebus im Wettstreit zu singen (Marsyas) und Pallas, die sich dann über die tückische Flöte freute (2)1 Für dich soll Pi etas singen, die die Menschen vergessen hat und Justitia (Astraea), die zum Himmel zurUckgerufen wurde, und die Redekunst mit zweifacher Zunge (3) und Pallas und das Gefolge des gelehrten Phoebus vom Helicon und diejenigen, die die Aufgabe hatten, mit sechs Füßen die aonischen Kämpfe zu leiten (4) und diejenigen, die ihr Lied auf der arkadischen Schale messen, das Spiel auf der Leier, von der sie den Namen haben (5), und diejenigen, die die hohe We; shei t auf dem ganzen Erdkrei s mit dem si ebenfachen Ruhm aufzäh lt (di e sieben Weisen), und diejenigen, welche auf dem schreckl ichen Kothurn die Wahnsinnstaten der Königshäuser, vor denen sich die Sonne am Himmel abwandte, mit Donnerstimme verkündeten (6), und diejenigen, die es vorziehen, mit Hilfe der ausgelassenen Thalia ihre Kräfte zu entspannen (die Komödi endi chter) oder die he ldi sehen Töne durch den Schritt zu verkürzen (7). All das erfaßte der Dichter (der Vater) mit seinem Geist und all seinen Fähigkeiten, da die Kraft der Rede ihm in hohem Maß zur Verfügung stand, sei es. daß er seine Reden mit aonischen Weisen (durCh das Versmaß) streng binden oder mit gelöster Stimme (in Prosa). verkünden und mit ungezügeltem Pathos es den Wolken gleichtun wollte. (1)
(2)
(3) (4) (5) (6) (7)
Im Gegensatz zum Mittelalter und der Neuzeit wird im Altertum der Gesang der Nacht i ga 11 als Klage empfunden. Athene hatte ihre Flöte weggeworfen. Als Marsyas sie aufhob, verfluchte die Göttin die Flöte. Nec fida buxo (nec fida ~ et Marsyae infida): nicht treu, d.h. die aus Buchsbaum gefertigte Flöte hat ihm nicht treu gedient. Marsyas in diese Aufzählung einzuführen, ist nicht sinnvoll. gemina lingua: lateinisch und griechisch Seno pede: das Versmaß des Hexameters; Aonios campos: gemeint sind hier die Kämpfe, die auf den aonischen Feldern stattfinden, d.h. die in der epischen Dichtung besungen werden. Arcadia testudine: der Arkader Merkur hat mit der Schale der Schildkröte die leier erfunden; nomen: Lyriker; ich übernehme cura lyrae (Gronovius) . Gemeint sind die Tragödiendichter' ..die die Greueltaten in den griechischen Königsfamilien, z.B. in der Odipus- oder Thyestessage, darstellten. Mit intonuere cothurno sind auch die Schauspieler angesprochen. Gemeint sind die.Dichter der Elegie und das Versmaß deS Pentameters.
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V, 3,104-132 Erhebe, Parthenope, dein vom plötzlichen Aschenregen (des Vesuv) halbbegrabenes Haupt und"lege dein vom 'herangewehten' Berg bedecktes Haar auf den Grabhügel deines großen Sohnes (1)! Nicht die monychi sche Stadt, nicht das gelehrte Cyrene oder das mutige Sparta haben etwas Großartigeres hervorgebracht (2). Wenn dir auch ein Stammbaum fehlt und du daliegst unbekannt und ohne Ruhm und Adel, so konntest du doch beanspruchen, durch jenen Bürger ei ne gri echi sche Stadt zu sei n und dich vom euböi schen B1 ut deiner Vorfahren herleiten. So oft boten sich jene Schläfen deinen Kränzen dar. wenn er mit seinen berühmten Versen an den alle fünf Jahre stattfindenden Festen sang und die Reden des py1ischen Königs (des Nestor) und die glanzvollen Ansprachen des Königs von Du1ichium (des Odysseus) übertraf, das Haar geschmückt mit bei den Kränzen (für Dichtung und Prosa). Ni cht schändet di ch dei ne Geburt aus unbekanntem Gesch1 echt. nicht ohne Glanz war deine Familie. wenn auch das Vermögen der Eltern geringer wurde durch ihre Aufwendungen (für den SOhn?); denn die Göttin der Kindheit wählte dich aus, um dir in einem reich ausgestatteten Ritus den Purpurmantel, der dir zur Ehre des Geschlechtes gegeben worden war, und das edle Gold der Brust abzunehmen (3). Sofort nach deiner Geburt lachten die aonischen Schwestern (die Musen) glückverheißend und Apollo, auf diese Weise damals auch schon mir huldvoll zugetan. tauchte die Leier des Knaben in das heilige Wasser und benetzte damit seine Lippen. Nicht ist der Ruhm deiner Heimatstadt eindeutig geklärt und der Geburtsort 1st ungewiß (wie bei Homer), weil zwei Länder in unentschiedenem Streit darüber stehen. Das griecMsche Hye1e, von 1atini- schen Kolonisten aufgenommen. behauptet, du stammtest aus ihrem Volk, Hyele, wo der Steuermann aus dem Schiff fiel und mitten in den Wellen aufwachte. der Unglückliche (Palinurus). Die größere Parthenope aber behauptet, du seiest der Ihre wegen der langen Zeit, die du dort lebtest. Den Maeoniden entreißt eine Stadt der anderen als Geburtsort und alle behaupten, es zu sein; doch nicht allen kann er der wahre Sohn sein. aber (allein schon) der ungeheure Ruhm des falschen Sohnes macht die besiegten Bürger stolz. (1) Parthenope: die Stadt Neapel und die Stadtgöttin von Neapel. Auf das Grab legte man pietätvoll eine Locke seines Haares. (2) Monychia (Munichia) = poet. Athen; in Cyrene lebte der Dichter Ka11imachos, in Sparta Alkman. (3) Bei Eintritt in das Mannesalter wurde die toga praetexta und die bulla, ein Amulett, das Kinder gegen Verzauberung schützen sollte, abgelegt.
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V. 3.133-160 Während du dort (;n Neapel) an Jahren zunahmst und das Leben begrüßtest (1). wurdest du sofort danach hineingerissen in die Wettkämpfe der vaterl ändi sehen Spi e1e (die AugUsta-l'i en). denen kaum Männer gewachsen si nd, ungeduldig. wie du warst. berühmt zu werden, und kühn mit deinem Talent. Schon bei den ersten euböischen Liedern staunte das Volk und die Eltern zeigten dich ihren Söhnen. Dann war deine Stimme häufig im 'Kampf' und bei keiner Feier ohne Ruhm. Nicht so oft umgab das junge Therapnae (= die Jugend von Therapnae) den mi t sei nen Volten si egenden Castor und den mit den Boxhandschuhen siegenden Bruder. Wenn es aber leicht war, zu Hause gesiegt zu haben, was für ein Erfolg war es dann, achäische (griechische) Preise zu erringen. bald die Zweige des Phoebus. bald den Eppichkranz von Lerna, bald die Schläfen von athamantischen Fichtenzweigen bedeckt zu bekommen (2). da Victoria, so oft ermüdet. doch niemals anderswo ihm das Siegeslaub wegnahm oder das Haar eines anderen schmückte! Daher wurden di r di e Ki nder der Väter anvertraut und di e adeli ge Jugend deinem Unterricht unterstellt. Die Sitten und Taten der Menschen früherer Zeiten sollten sie lernen: Welche Wechselfälle Troja erlebte, wie spät Odysseus nach Hause kam, wie großartig der Maeonide die Kämpfe der Pferde und Männer in seinen Versen schilderte. wie reichhaltig der Dichter von Askra (Hesiod) und der Greis aus Sizilien (Epicharm) vom Leben der frommen Bauern berichteten, unter welchem Gesetz die biegsame Stimme der pindarischen Lyrik zurückläuft und vom Rufer der Vögel Ibycus und von Al cman, dessen lieder im strengen (weil spartani sehen) Amycl ae gesungen wurden und von dem wilden Stesichorus (3) und von der kühnen Sappho, die Chalkis nicht fürchtete und den heroischen Sprung wagte (4) und von anderen, die ihre leier f.ür würdig befunden hat. auf ihr zu spielen. Du warst fähig. die Gedichte des Sohnes des Battus (Ka11imachos) zu erklären und die versteckte Sprache des dunklen Lycophron und die verwickelten Gedankengänge des Sophron und die Geheimnisse der feinsinnigen Corinna. Aber warum nenne ich nur die kleinere Dichtung (5)? Du warst gewohnt, das gleiche Joch wie (1) (2) (3) (4)
Das eigentliche. bewußt gelebte Leben beginnt nach der Kindheit. Gemeint sind die pythischen, nemeischen und isthmischen Spiele. ferox bezieht sich auf seine Stoffe. die er der Heldensage entnahm. Sappho sprang von einem Felsen der Insel Leucas in den Tod. Warum St. Chalkis nennt, ist nicht zu klären. (5) Parva meint hier Kleindichtung, Gegensatz Großepik.
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V, 3,160-184 Homer zu tragen und den sechs FUßen (dem Hexameter) gleichzukommen, wobei du aber die Verse auflöstest· (d.h. er schrieb in Prosa) und dich niemals von dem kürzeren Schritt überholen ließest (l). Kein Wunder, wenn da die Schüler ihre Heimat verließen und dich aufsuchten. Aus Lukanien kamen sie. aus dem Land des unbeugsamen Daunus (Apu lien), aus den Häusern, die Venus beklagte (Pompeji) (2) und aus dem vernachlässigten Land des Alkiden (2) und di ejeni gen kamen, wel che die Jungfrau. die Beobachter; n des tyrrheni schen Meeres (Minerva) schickte und die von der näheren Bucht der Hügel schickte, bekannt durch die Trompete und das Ruder (des Misenus, Cap Misenum). und die Cyme schi ckte, ei ne Stadt. di e ei nst als Gast des ausoni schen Lar (Apo 11 0) gekommen war und diejenigen, welche der Hafen des Dicarcheus und der Strand von Baiae schickten. wo das Feuer. mitten aus dem Wasser hoch getrieben, faucht und wo die bedeckten Brände die Häuser unversehrt lassen. So kamen zu den Klippen am Avernus und zu den schattigen Grotten der Sibylle von überallher die Leute, um sie zu befragen. Jene verkündete die Drohungen der Götter und die Taten der Parzen. Obwohl die Seherin Phoebus getäuscht hatte (3), trafen ihre Wei ssagungen ei n. Dann unterri chtetest du die römi sche Jugend und die zukünftigen Führer und führtest sie fortlaufend zu den Spuren der Väter. Unter deiner Leitung wuchsen die Beobachter des dardanischen (trojanischen), bedeckten Feuers (die Priester des Tempels der Vesta) heran. die das von Diomedes gestohlene Heiligtum bewachen (4), und die Knaben lernten di e heil i gen Bräuche. Du hast den auserwählten S·a 1i ern die Waffen gezeigt und den Auguren, wie sie ohne Fehleinschätzung den prophetischen Luftraum benützen können. Du hast denen. die einmal berechtigt sein sollten, die chalkidischen Sprüche (die sibyllinischen Bücher) zu lesen. in ihren Aufgabenbereich eingeführt und ihnen gesagt, warum das Haar der phrygischen Priester bedeckt sein soll, und die aufgeschUrzten Luperci fürchteten sehr deine Schläge (ein Scherz des Dichters). (l) Der Vater des St. hat offenbar Ubersetzungen oder Paraphrasen zu Homerstücken verfaßt und dabei mit dem griechischen Dichter Schritt gehalten, d.h. er hat nicht mehr und nicht weniger Worte gebraucht als dieser. (2) Venus war die Schutzgöttin der Stadt Pompeji. Herkules hätte seine Stadt Herculaneum schützen müssen. (3) Die Sibylle hatte Apollo, obwohl er ihr ewige Jugend versprochen hatte, abgewiesen. (4) Diomedes und Odysseus hatten in Troja das Palladium geraubt.
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V, 3.185-208 Und jetzt gibt vielleicht von jener Schar der eine den Völkern des Ostens ihre Rechte, der andere unterjocht die Iberer, ei n anderer trennt durch Zeugma das achaemenische Persien -(vom römischen Reich) (1). Diese wieder zähmen die reichen Völker Asiens, andere die Länder am Pontus, diese halten durch ihre friedenbringenden Fascen die Foren (die Rechtszustände) der Städte von Fehlern frei, jene halten friedliche Wache mit ihren Truppen und du legtest den Grundstein zu ihrem Ruhm. Mit dir hätten nicht darum gestritten. ob sie die jugendlichen Herzen besser formen könnten, Nestor und Phoeni x, der Lehrer des unzähmbaren Zög1 i ngs (Achi 11 es), noch er. der den Aeaciden (Achilles), der Tuben und helle Trompeten hören wollte, mit anderen Liedern umstimmte, Chiron. Während du vollauf damit beschäftigt warst, erhob plötzlich eine bürgerliche Erinye (ein Bürgerkrieg) vom tarpetschen Hügel ihre Fackel und erregte phlegräische Kämpfe (2). Gottlose Fackeln erleuchteten das Capitol und die römischen Cohorten wurden zu rasenden Senonen. Kaum war das Feuer zur Ruhe gekommen und noch nicht war jener Scheiterhaufen der Götter (3) erloschen, da verfaßtest du voll Eifer und viel schneller, als selbst die Flammen gewesen waren, mit frommer Stimme ein Trostgedicht für die zerstörten Tempel und beweintest die kriegsgefangenen Blitze (4). Da wunderte sich der römische Adel und der Rächer der Götter, Caesar (5), und m'itten aus dem Feuer nickte der Vater der Götter Zustimmung. Und bald darauf hattest du den Pl an, di e Brandkatastrophe durch den Vesuv in ei nem frommen Gedicht zu betrauern und über das Unglück deines Vaterlandes Klage zu erheben, als der Vater der Götter den Berg aus dem Land riß, ihn zu den Sternen emporhob und ihn dann weit über die unglücklichen Städte hinabwarf (6). (1) In Zeugma (Zeuma), einer Stadt am Euphrat, stand eine römische Legion. (2) "Such as when the gods fought against the giants in the p1ains of Phlegra, cf.I,l,79 bella Jovis." (Moz1ey) Gemeint ist der Bürgerkrieg 69 n.Chr. (3) Rogus ille deorum: Die Tempel waren niedergebrannt. (4) Auch der Jupitertempel war zerstört worden. (5) Wer ist hier mit Caesar gemeint? Vespasian kehrte erst im Herbst 70 aus dem Osten nach Rom zurück. Domitian, 18 Jahre alt und noch ohne Rang, entkam den Feinden der Flavier durch eine List (Tac.hist.3,74,l). (6) Tatsächlich ist ja bei dem Vulkanausbruch eine Spitze des Berges abgesprengt worden.
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V. 3.209-238 Auch mich
ließen die Göttinnen
(die Musen)
eintreten.
als
ich
Einlaß
begehrte in die Haine und" böotischen Täler. die von Gesängen widerhallen. als ich sagte. ich sei ein Nachkomme aus deinem Geschlecht; denn nicht nur di e Sterne. das Meer und das Land gabst du mi r. was ei n Kind ja gewöhn 1ich dem Vater verdankt (1). sondern auch diese schöne Fähigkeit des Dichtens. wi e si e auch sei n mag, Fähigkeit, nicht
hast du mi r
als erster vermittelt.
im alltäglichen Umgangston zu sprechen.
näml ich di e
und
damit
die
Hoffnung auf Ruhm über das Grab hinaus. Wie stolz warst du jedesmal. wenn ich
mit
meinen
Gedichten
die
römischen
Väter
bezauberte
und
du
als
glücklicher Zuschauer deiner Gabe anwesend warst (2)! Wie mischten sich da bei
dir
Freude
und
Tränen,
Wünsche.
liebevolle
Ängste
und
freudige
Zurückhaltung! Wie sehr war das auch dein Tag. wie viel mehr galt die Ehre dir als mir! So geht es einem Vater, der in der Arena von Olympia seinen Sohn sieht: er schlägt sich selbst immer heftiger (vor Freude), immer höher schlägt ihm das Herz in der Brust. Aufmerksam werden die Sitzreihen. noch mehr sehen die Achäer auf jenen (den Vater). während seine Augen häufig von Staubwo 1ken überschüttet werden und er gelobt. er woll e gern sterben. wenn er (der Sohn) nur den Siegeskranz bekommen habe. Wohl mir. daß ich gerade dann, als du Zeuge warst, auf dem Scheitel das Sieg.eslaub der Vaterstadt empfi ng,
das
ei nzi garti ge
Geschenk
der
Ceres
(ei ne·n
Ährenkranz).
den
chalcidischen Kranz! Das dardanische Landgut von Alba hätte deine. Freude kaum fassen können. w.enn du durch mich Kränze bekommen hättest (3) •.gegeben von der Hand des Caesar! Welche Kraft hätte jener Tag dir geben können, welche Erleichterung wäre das gewesen für dich in deinem Alter! Denn was das betrifft. daß mich nicht di e Ei ehe gemi seht mi t der 01 i ve drückte und di e erhoffte Ehre ausb 1 i eb (4), mit we1 ch 1i eben Worten dürftest du da di e Mi ßgunst des tarpei sehen Vaters (des Kai sers)
aufgenommen haben!
Dei nem
Unterricht verdanke ich es, daß unsere Thebais den Werken der alten Dichter an Bedeutung sehr nahe kam. Du zeigtest mir. wie ich meinen Gesängen mehr Schwung
verleihen
Kriegführung und
könnte,
wie
ich die Taten der
die Lage der Orte
Helden.
darstellen sollte. Ohne
die
Art
dich war
der mein
(1) Das soll heißen, das Kind verdankt sein Dasein dem Vater; eine umständliche, poetische Sprache. entsprechend dem 'non vulgare loqui' V.214. (2) Bei Rezitationen (3) Weil die Kränze eben auch ihm gegolten hätten. siehe V.219. (4) Der Eichenkranz des Capitolinischen Agon blieb ihm versagt.
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V, 3,238-266 Kurs unsicher und schwankend und die Segel des führerlosen Schiffes in Dunkel gehüllt. Nicht mich allein wärmtest du mit deiner überreichen liebe, so warst du auch in deiner Ehe. E i n e Hochzeitsfackel hast du kennengelernt, eine Liebe nur.Meine Mutter von deiner jetzt kalten Asche zu trennen, ist mir ganz unmöglich. Sie fühlt dich und hat dich, sie sieht dich und besucht dein Grab morgens und abends. (Wundern muß man sich dagegen), wie andere Frauen in einer eingebildeten Fröml11igkeit pharische (Isiskult) und mygdonische (Cybelekult) leiden (1) verehren und nicht ihre eigenen Toten beweinen. Warum soll ich berichten von deinem aufrichtigen und ernsthaften Charakter, dem du stets treu bl i ebst? Von dei ner frommen Art, wi e geri ng du Gewi nn einschätztest, wie sehr du dich um Bewahrung der guten Sitten bemühtest, wie groß deine liebe zum Recht war! Und dann wiederum, wie gern du es hattest, dich zu entspannen, wie nett du warst im Gespräch! Daß man kein altersbedingtes Nachlassen deiner geistigen Kräfte an dir bemerkte! Für diese Vorzüge gestand dir die gerechte Fürsorge der Götter Ansehen zu im öffentl ichen leben und wohlwollende Ehrungen und geWährten dir ein Leben, das frei war von Trauer durch Verletzungen. Du wurdest mir genommen, Vater, ni cht in zu jungen Jahren und nicht in ei nem zu hohen AHer, fünfmalzehn Jahre ertrugst du und drei Lustren (65 Jahre). Meine Liebe und mein Schmerz lassen es nicht zu, eine Rechnung aufzustellen. Würdig wärest du gewesen, pyli sche Grenzen des lebens zu überschreiten (wi e Nestor) und teukri sehen Greisen (wie Priamus und Tithonos) gleichzukommen und mich zu sehen so, wie du selbst warst! Aber nicht war dein Eintritt in den Tod traurig, denn die Ursachen zum Sterben waren leicht zu ertragen. Nicht schickte dich ein langsames Sterben durch Altersschwäche zum bevorstehenden Grab, sondern eine allmähliche Erstarrung und ein Tod, der dem Schlaf ähnelt, löste dir die Glieder und brachte dich, als ob du einschliefest, hinab zum Tartarus. Welche' Klagen ließ ich damals hören (voll Angst sah es die Schar meiner Begleiter und die Mutter erkannte in meinem Verhalten ihren Sohn und freute sich) (2). Welchen Jammer ertrug. ich! Verzeiht mir, ihr Seelen, ich darf es doch sagen, Vater: Auch du hättest mi r nicht mehr geben können. GI ück 1ich war jener (Aeneas), der seinen Vater mit leeren Armen umfing, wollte er doch (1) Isis betrauerte Osiris, Cybele Attis. (2) Seine Freunde fürchteten, er könnte sich ins Feuer stürzen. Die Mutter erkannte in der Trauer des Sohnes seine liebe zum Vater.
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V, 3,267-293 ihn, der in den elysischen Gefilden weilte, mitnehmen und noch einmal durch die Schatten der Danaer· tragen (1). Den, der den Versuch unternahm, lebend seine Schritte in den Tartarus zu setzen (Orpheus), führte die alte Priesterin (Sibylle) der Diana der Unterwelt (Hekate) hinab. So brachte ein geringerer Anlaß die odrysische (thrakische) Leier (des Orpheus) über den st i 11 en Arvernersee, etwas Ähn 1i ches erl ebte auch Admetus im thessa 1ischen Land (2). Wenn ein Tag den phylaceischen Schatten (3) zurückbrachte, warum kann nicht, Vater, deine oder meine Leier etwas von den Manen erbitten? Es müßte doch auch mir erlaubt sein. (noch einmal) die väterlichen Wangen zu streicheln und ihm die Hände zu drücken, welche Bedingung (wie bei Orpheusl auch immer folgen würde. Ihr aber, Beherrscher der Schatten, und du, Juno vom Aetna (4). wenn ihr meine Bitte billigen könnt, so bringt die Fackeln weg und die (Schlangen-) haare der Eumeniden; aus keinem Maul soll der zottige Torhüter bellen, die Kentauren, die Herde der Hydra (ihre hundert Köpfe) und die Ungeheuer der Scylla sollen sich in abgelegenen Tälern verstecken und zu guter Letzt soll der Fährmann das Volk vertreiben und den greisen Schatten einladen am Ufer und ihn weich auf das Algenbett legen! Kommt. ihr frommen Seelen. und ihr Scharen der griechischen Sänger, bestreut die erlauchte Seele mit Lethekränzen und zeigt ihr den Hain, wo keine Erinye einbricht. in dem es kein richtiges Licht gibt und die Luft der des Himmels sehr ähnlich ist. Von dort jedoch sollst du kommen. wo die bessere Pforte aus Horn das falsche Elfenbein besiegt (5), und zeige mir im Traum. was du zu tun pflegst! So sprach die liebenswerte Nymphe (Egeria) zu Numa und erklärte ihm die heiligen Handlungen und den Gebrauch der Riten in der aricischen Höhle. Solche nächtlichen Visionen hatte vom römischen Jupiter. wie man in Ausonien glaubt. Scipio. solche hatte. nicht ohne Apollo. Sulla. (1)
(2) (3)
(4) (5)
Aeneas traf in der Unterwelt seinen Vater Anchises (Verg.Aen.VI); vacuis ulnis: mit Armen, die ins Leere griffen, Anchises war ein Schatten. Seine Geliebte Alkestis gab sich für ihn dem Tod hin. da nahm Herkules sie diesem im Ringkampf .wieder ab. Phylaceides = Nachkomme des Phylacus = Protesilaus. ihm wurde erlaubt, einen Tag aus der Unterwelt zu seiner Gattin Laodamia zurückzukehren. Dort oder in Henna hat Hades Proserpina geraubt. Vgl. hierzu Verg.Aen.VI.893
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Der Schlaf V,4,l-19 Mit welchem Vergehen habe ich es verdient, fried1 ichster Jüngling der Götter, oder mit welchem Irrtum (1). ich Armer, daß ich allein dein Geschenk entbehre, 0 Schlaf? Alles schweiget, das Vieh, die Vögel und die wi Iden Ti ere. Di e geschweiften Wi pfel der Bäume schei nen ruhi g zu sch 1afen, das Rauschen der reißenden Flüsse ist (nachts) nicht dasselbe, verschwunden ist der Schrecken der Fluten, angelehnt an die Länder ruhen die Meere. Zum siebten Mal schon sieht Phoebe (2) bei ihrer Rückkehr, daß mir die kranken Augen offen stehen.Ebenso oft erblicken mich die Sterne vom Oeta und von Paphos (3) und ebenso oft fährt Tithonia vorüber an meinen Klagen und aus Mitleid besprengt sie mich mit ihrer kühlen Geißel (4). Wie soll ich das aushalten? Ich könnte es nicht, selbst wenn ich tausend Augen hätte, wie der verfluchte Argus, der sie abwechselnd wach hielt. ohne jemals am ganzen Körper wach zu sein. Aber jetzt, weh mir! Wenn jemand eine lange Nacht sein Mädchen umschlungen hält und von sich aus dich, Schlaf, zurückstößt, dann komm von dort! Ich zwinge dich nicht, all deine Schwingen über meine Augen auszubreiten - darum bittet ei ne frohe re Schar. Berühre mich nur mit der äußersten Spitze deines Stabes, das genügt, oder gehe leichten Schrittes an mir vorüber! (1) St. macht zwischen crimen und error den gleichen Unterschied wie Ovid, jedesmal wenn dieser sich und anderen seine Verbannung erklären will. (2) Phoebe: hier Mondgöttin (Diana) (3) Abend- und Morgenstern, beide Male ist Venus als Stern gemeint. (4) Tithonia (Aurora) kommt mit ihrem Gespann und besprüht mit Hilfe ihrer Geißel den Dichter mit Frühtau.
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Klagelied auf seinen Knaben V, 5,1-33 0, ich Armer! denn weder mit feierlichen Worten noch mit dem klangvoll rauschenden Wasser der Castalia werde ich beginnen, verhaßt und verabscheut von Phoebus;'· wie ich bin. Welche eurer Feiern. ihr pierischen Schwestern. welche Altäre habe ich geschändet? Sagt, es müßte doch erlaubt sein, nach der Strafe das Vergehen zu erfahren. Habe ich etwa trotz des Verbotes euren heiligen Hain betreten? Habe ich aus der verbotenen Quelle getrunken? Welche Schuld. welcher Irrtum ist es, den ich so grausam bUße? Seht, mit den sterbenden Armen umklammerte es meinen Leib und wurde meiner Seele entrissen, das Kind. Nicht stammte es von meinem Geschlecht, nicht trug es meinen Namen, nicht meine Züge. Ich war nicht sein Vater, aber seht meine Tränen, meine bleichen Wangen und glaubt den Klagen eines Verwaisten. Ja, ich bin· verwaist. Hierher sollen die Väter kommen und mit offener Brust (1) die Mütter! Und bringt Asche für die Augen und Vorwürfe (für die Götter)! Wenn eine ihr Kind an den noch vollen Brüsten schwankenden Schrittes selbst hinaustrug zum Grab und die nasse Brust schlug und die brennenden Brustwarzen mit ihrer Milch löschte (Z), und jeder, der einen Knaben, gezeichnet von der Blüte der noch zarten Jugend, der Asche übergab und sah, wie die grausamen Flammen über den ersten Flaum des Daliegenden krochen, dann soll er kommen und müde werden von den mit mir zusammen gewechselten Klagen, dann wird er von Tränen überwältigt werden. Und du, Natur, wirst dich schämen. So groß ist für mich diese Grausamkeit. so groß der Wahnsinn meiner Trauer. Sogar jetzt noch, nachdem drei mal zehn Tage verstri chen sind, mache ich mir diese Mühe und verwandle, an sein Grab gelehnt, meine Klagen in ein Gedicht und forme unharmonische Weisen und schluchzende Worte. (Und doch) ist die Kraft meiner Leier wieder erwacht (3) und in meinem Zorn kann ich unmöglich schwei gen, aber ni cht habe ich auf mei nem Scheitel den geWOhnten Lorbeer und nicht ist um die Stirne die Ehre der Binde gelegt. Seht: schlaff hängt auf meinen Haaren der Taxuszweig und die traurige Zypresse verdrängt mit ihren Zweigen den heiteren Efeu. Nicht schlage ich mit dem Elfenbeindaumen (dem Plektron) die Saiten, sondern ich zerschlage (fast) mit den irrenden Fi·ngern wi e von Si nnen di e kaum mehr erkennbare leier. Wehe, es tut mir wohl, wohl tut es mir, ein unrühmliches Lied meinem (I) Um sich nach antikem Brauch aus Trauer die Brüste schlagen zu können. (2) Die in den Brüsten vorhandene Milch wird nicht abgesaugt. (3) Ich übernehme lyrae vis est (Krohn).
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V. 5.34-65 Mund entströmen zu 1assen und ohne Schmuck den elenden Schmerz zu loben. So habe ich das verdient, so sollen' die Götter mich sehen. fluchwürdig in Gesang und Haltung! Schämen müßte ich mich eigentlich wegen Theben und dem neuen Aeakiden (1). Nichts Friedliches wird mehr aus meinem Munde kommen. Ich. der ich.(wie oft!) liebevoll die Wunden der Mütter und Väter und auch noch fri sche Schmerzen 1indern konnte. ich. der mil de Tröster der Trauernden, gehört an bitteren Gräbern und bei hinabsteigenden Schatten, ich werde schwach und suche helfende Hände und Heilmittel, aber die wirksamsten. für mei ne Wunden. Jetzt ist es Zei t. Freunde. deren tränende Augen und verwundete Herzen ich abgewi seht habe, hel ft mi r. zah I t mi r eure grausame Dankbarkeit (2)! "Das ist nicht verwunderlich, auch ich bin traurig über den Todesfall in deinem Haus. aber ich muß dich zurechtweisen: Du, der du fremdes Unglück (so oft) betrauerst, halte, Unglücklicher, die Tränen zurück und mach dei n Trauergedicht ! " (3) Es war ri chti g: Erschöpft si nd mei ne Kräfte, mir fehlen die Worte, nichts. was würdig genug ist, findet mein Sinn bei einem solchen Blitzschlag. Zu schwach ist jeder Laut und alle Worte erscheinen gering. Verzeih, Knabe! Du überschüttest mich in meiner' Trauer mit dei nem Schatten. Ach! Hart war der thraki sche Orpheus: Als er die Wunde seiner lieben Gattin gesehen hatte. fand er etwas Tröstliches. um es für sich zu singen. Und Apollo schwieg nicht. als er die Asche des Linus umfaßte. Wird man vielleicht von mir sagen, ich sei allzu begierig nach Schmerz gewesen und habe in meinen Tränen das rechte Maß überschritten? Welche Klagen. welches Jammern billigt man mir zu? O. zu glücklich und zu grausam und frei von deiner Herrschaft. Fortuna, wäre, wer dem Weinen Regeln zu geben oder dem Schmerz Grenzen zu setzen wagte! Er treibt es an, wehe. das Klagen! Eher könnte man fl i eh ende Fl üsse in ihren Ufern zurückhalten oder reißenden Fl ammen entgegentreten. als EI enden das Trauern verbi eten. Jener jedoch ist streng, wer es auch ist, der die Wunden meiner Angelegenheit kennenlernt (4). (1) Seine Werke: Thebais und Achilleis. novum weil erst begonnen. (2) saevas: weil sogar ihre Dankbarkeit seinen Schmerz aufwühlt. (3) Alle Editoren nehmen nach 46 eine Lücke an, nicht so Vollmer, er überbrückt mit dem Interlocutor. Dem bin ich gefolgt. (?) (4) Sinn: Jeder, der die Gründe zu meiner tiefen inneren Verletztheit kennenlernen wUrde. wäre ein zu strenger Beurteiler meiner Trauer.
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V, 5.66-87 Ich habe nl cht von ei nem phari schen Schi ff ei nen geschwätz i gen Li eb li ng gekauft, ich habe nicht ein Kind geliebt, das die Schimpfworte seines Nil gut kannte und allzu frech war mit de~ Zunge und mit Witzen. Der Meine war er, der Mei ne. Ich sah ihn auf den Boden fa 11 en. habe ihn (gebadet) und gesalbt und mit einem Geburtstagsgedicht gewärmt und ihn, als er mit zitternden Lauten nach der für ihn ungewohnten 'Luft schnappte, dem Leben übergeben. Was zusätzl ich hätten Eltern ihm geben können? Ja sogar ei ne zweite Geburt und die Freiheit gab ich dir, Kleiner, als man dich noch an den Brüsten (nährte). Wehe! Über meine Wohltaten würdest du undankbar noch lachen (1). (Man könnte sagen), meine Liebe habe sich beeilt, aber mit Recht hat sie sich beeilt, damit eine so kurze Freiheit keinen Tag verliere. Sollte ich da nicht wild vor Haß (Anschuldigungen) gegen die Götter schleudern und gegen den ungerechten Tartarus? Sollte ich dich nicht beklagen, lieber Junge? Solange er lebte, habe ich keine Söhne gewünscht. Sofort nach der Geburt richtete er seine klagende Stimme an mich und schmi egte sich an. Worte und Töne zei gte ich ihm und sei ne Klagen und geheimen Wunden beruhi gte ; eh. Als er auf dem Boden kroch. beugte ich mi ch hinab und nahm ihn auf mit der Hand, um ihn zu küssen. Und als ihm an meinem liebevollen Busen schon und schon die Augen zufielen. lullte ich ihn ein und er versank in süßen Schlaf. Mein Name war sein erstes Wort. mein Spiel erzeugte das erste Lachen bei dem Klei nen, von mei ner Mi ene kamen ihm die ersten Freuden (2). ( Hier bricht der Text der Silven ab. ) (1) Das Kind starb zu jung. um das zu verstehen. (2) Ab 84 folge ich Mozley.
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Namenverzeichnis Abantius: abantisch = euböisch Acheron: Fluß in der Unterwelt Acir: Fluß in Lukanien Acoetes: Steuermann, widersetzte sich der Absicht der tyrrhenischen Schiffsleute. den Knaben Dionysos zu entführen und entging daher als einziger der Verwand1ing in einen Delphin (Ov.met.3.582 ff.l. Actium: Schlacht bei Actium 31 v.Chr. Admetus: Gemahl der A1kestis Adrastus: König von Argos, einer der Sieben gegen Theben Aeacus: Totenrichter in der Unterwelt Aegeus: Vater des Theseus, erwartet am Strand die Rückkehr seines Sohnes aus Kreta. Theseus hatte vergessen, weiße Segel zu setzen, da hielt der Vater den Sohn fUr tot und stürzte sich ins Meer. Aegis: Schild der Athene und des Zeus Aeolus: Gott der Winde Aesculap: Sohn des Apollo, Heilgott, Tempel in Epidaurus Agenor: Vater der Europa Aigiale: Tochter des Adrastos. Gemahlin des Diomedes (Hom.Il.5,4l2) Akanthus: Bärenklau, eine Pflanze, deren nachgeahmte Blätter als Ornament .. bei den korinthischen Säulen Verwendung fanden. Alba (longa): uralte latinische Stadt im Albanergebirge ·Albanum: Landgut des Statius im Albanergebirge Albanus ager: Landschaft zw. Bovillae und Aricia, dort Residenz Domitians Albula: aus mehreren schwefelhaltigen Quellen gebildeter Bach bei Tibur, mUndet in den Anio, von Kranken zum Baden und Trinken benutzt; Nymphe A. Alcman: griech. Dichter Alea: Beiname der Minerva Alcyone: Gemahlin des Ceyx, wird in einen Eisvogel verwandelt Algidus: Bergkette in Latium Alkaios: Dichter aus Mytilene. die alkäische Strophe nach ihm benannt Alkestis: Sie wollte an Stelle ihres Geliebten sterben. da entriß sie Herkules dem Tod. Alkide: Nachkomme des Alkeus, Herkules Alpheus: der größte Fluß im Peloponnes A1kynoos: König der Phäaken, er hatte einen Garten, in dem die Bäume gleichzeitig blühten und fruchteten (Hom.Od. VII,l12 ff.l Almo: Bach sUd1. von Rom an der via Appia, in ihm wuschen die Priester jährlich das Bild der Göttin Cybele. Ambracia: Stadt im SUden von Epirus, dort Spiele zur Erinnerung an die Schlacht bei Actium Amphion: Meister im Gesang und Leierspiel aus Theben; den Zaubertönen des A. folgen die Felsen und fügen sich von selbst zu einer Mauer zusammen zur Befestigung von Theben. Amphitryon: Gemahl der Alkmene, menschlicher Vater des Herku1es Amyc1ae: Stadt in Lakonien. Heimat der He1ena und der Dioskuren Anio (Anien): Nebenfluß des Tiber Antaeus: Riese, Sohn der Gaia, Ringkampf des Herkules mit ihm berühmt. H. mußte A. hochheben, da dieser bei Berührung mit seiner Mutter Erde immer wieder neu Kräfte zugeführt bekam, häufig abgebildet. Anthedon: Heimat des Meeresgottes Glaucus. in Böotien gegenüber Euböa Antium: latinische Küstenstadt Antiphates: Beherrscher der menschenfressenden Lästrygonen Anxyr, Anxur: uralte nach dem Gott A. benannte Stadt der Volsker
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Aonia: Böotien Apelles: berUhmtester Maler des Altertums, Zeitgen. Alex.d.Gr. Apis: stiergestaltiger ägyptischer Gott Appia (via): römische Straße, von Rom bis Capua, später bis Brundisium Aratus: grlech. Dichter, Verfasser eines astronomischen Gedichtes, Phainomena, von Cicero und Germanicus ins Lat. übersetzt. Araxes: Fluß in Persien, fließt an Persepolis vorbei Arcadia: Mittelland der Peloponnes • Archemoros:Sohn der HYPsipyle, fUr ihn finden Spiele bei Nemea statt. Argonauten: die 50 Helden, die auf dem Schiff Argo unter Führung Jasons . ausfuhren, um in Kolchis das gode ne Vlies zu holen. Aricia: alte latinische Stadt am Fuß des Albanergebirges, Tempel der Diana Arion: Dichter und Sänger aus Mytilene auf Lesbos, wird von einem Delphin gerettet, der ihn auf seinen Rücken nahm., Arion: Roß des Adrastos, dessen Schnelligkeit ihm das Leben rettete. Ascraeus: aus ASkra, senex A. : Hesiod Astraea: Sternenjungfrau, Göttin des Rechts Astyanax: Sohn des Hektor Athamas: erschoß im Wahnsin seinen Sohn Learchos. Athos: östl. Vorgebirge der Chalkidike, dort berühmter Kanalbau durch Xerxes Atride: Nachkomme des Atreus, Agamemnon Atropos: die Unabwendbare, Parze. sie schneidet den Lebensfaden ab. Attis: phrygischer Hirtenknabe. Geliebter der Cybele Auge: Geliebte des Herkules .Auster: der Südwind Ausonia: altertümlicher Name für Italien, bes. Unteritalien Aventin: einer der sieben Hügel Roms Avernus lacus: See in Campanien, Eingang zur Unterwelt Bacchiaden: Herrschergeschlecht in Korinth, Ahnherr Bacchis Bactra: Hauptstadt von Bactrien, Land im östl. Persien Baetica (provincia): römische Provinz in Spanien Baetis: Fluß in der Provo Baetica Bagrada: Fluß bei Karthago, befruchtet durch seinen Schlamm die Felder. Battiades: Nachkomme des Battus, Gründers von Cyrene, B.: auch Kallimachus Bistonius : thrakisch Boreas: der Nordwind, Windgott Briseis: Geliebte des Achilles Bromius: Beiname des Bacchus Brontes: Kyklop und Schmied im Aetna Bruttium: Landschaft in Unteritalien Brutus: M.Junius B., Freund Ciceros und Caesars, der bekannte Caesarmörder Busiris: ägypt. König, opfert alle ankommenden Fremdlinge an seinem Altar. Cacus; ein Sohn des Vulcan. bewohnte eine Höhle am Aventin, Straßenräuber. Calliope: Muse der Dichtkunst, Mutter des Orpheus von Apollo Canopus: Stadt in Unterägypten a.d. westl NilmUndung Carpathus: Insel im ägäischen Meer Castor: siehe Kastor Catillus: Er hat mit seinen Brüdern Coras und Tiburnus Tibur gegründet. Cato: M.Porc1us Cato Uticensis, 95-46 v.Chr., Urenkel des Cato Censorius, Repuplikaner, Feind Caesars, stürzte sich, als Caesar nach der Schlacht von Thapsus (46) sich Utica näherte, ins Schwert. Capys: Capua angebl. von dem Trojaner Capys gergündet Carystos: Stadt in Euböa, berühmt wegen ihres Marmors
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Caunos: Seestadt in Karien, war berühmt wegen ihrer Feigen, Gründer Caunus, Bruder der Byblis (Ov.met.9,454 ff.). Chalkidike: Seehandelsstadt auf Euböa, gründete viele Kolonien, auch Neapel. Charybdis: Meeresstrudel gegenüber der Skylla in der siz. Meerenge Chios: Insel im ägaischen Meer, berühmt wegen ihres Marmors und Weins Chiron: weiser, heilkundiger Kentaur, Erzieher des Achilles, Jason u.a. Cimmerii: mythisches Volk im äußersten Westen. im Nebel land Cinyphius: am Cinyps, Fluß in Nordäfrika, steht für libysch und afrikanisch. Circe: Zauberin, verwandelt alle Ankommenden in Tiere, iuga Girces: Circeji. Vorgebirge in Latium Cirrha: Hafenstadt von Delphi Citrus: ein Baum. aus dessen wohlriechendem Holz die reichen Römer ihre kostbaren Möbel verfertigen ließen, eingeführt aus Massylien in Numidien Cleonae: Städtchen an der Straße von Korinth nach Argos, bei dem Herkules den Löwen von Nemea erlegte; Cleonaeum sidus: Sternbild des Löwen. Clitumnus: Fluß in Umbrien, das Tal des C. berühmt wegen seiner Rinderzucht Corinna: griech. Dichterin, Zeitgenossin des Pindar Corycius: korykisch = parnassisch; Corycia umbra: Grotte am Parnaß Creusa: die auch Glauke genannte Tochter des Königs Kreon von Korinth, Gemahlin des Jason, nach Verstoßung der Medea. Creusa: Tochter des Königs Priamos von Troja, erste Gemahlin des Aeneas Cumae: ältesta griechische Kolonie in Italien (Campanien) Cures: alte Hauptstadt der Sabiner Curtius: Marcus C. stürzte sich mit seinem Pferd in den Schlund auf dem Forum in Rom, um das Vaterland zu retten. Der dort entstandene See bekam den Namen lacus Curtius, er wurde später zugeschUttet. Cyllarus: Roß des Kastor oder Pollux Cyllenius: kyllenisch = merkurisch. Cyllene: Gebirge auf der Peloponnes, wo Merkur geboren und aufgezogen wurde. Cyrene: Hauptstadt der Cyrenaica in Libyen. Cytherea: Beiname der Venus, die an der Insel Cythera, an der Südspitze von Lakonien, an Land ging. Dacus: Daci: die Daker, Volksstamm in Dakien. östl. Ungarn und Rumänien Dardanius = trojanisch Daunus: mythischer König in Apulien Decii: Vater und Sohn. weihten sich zur Rettung des Vaterlandes dem Tod, der eine gegen die Latiner, der andere gegen die Samniten. Dicarcheus oder Dicarchus: sagenhafter Gründer von Puteo1i Dictys: Fischer auf der Insel Seriphus, nahm Danae und Perseus auf, als sie in einem Holzkasten angeschwemmt wurden. Dindymon: Berg in Phrygien Diomedes: Trojaner, gründete in Apulien die Stadt Arpi Dione: Titanin, Mutter der (2.) Venus. oft mit Venus identifiziert Diptam: Dictamus alba, Pflanze, reich an ätherischen Ölen. Name vom Berg Dikte auf Kreta Dirke: Quelle nördl. von Theben; alumnus Dirces = Bacchus Dis: Übersetzung von Pluto: der Reiche, er besitzt die Bodenschätze, best Gold und Silber, der Jupiter der Unterwelt, auch Hades genannt. Domitian: Titus Flavius Domitianus. Kaiser 81·96 n.ehr., Sohn Vespasians und Bruder des ritus, 96 ermordet. Doris: Gemahlin des Nereus, Mutter der Nereiden, synonym für Meer. dulichisch: Dulichium, Insel zum Besitz des Odysseus gehörend Egeria: italische, weissagende Quellnymphe Elis: Landschaft und Stadt auf der Pe1oponnes, Schauplatz der olymp. Spiele Elissa: anderer Name der Dido, Königin von Karthago. Emathius: dux Emathius = Alex.d.Gr., Emathia: alter Name für Makedonien
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Endymion: Geliebter der Mondgöttin Selene Ennius: röm. Dichter, 239 - 169 v.Chr. Ephyre: alter Name für Korinth Erato: Muse der Liebesdichtung Erymanthos: Gebirge in Arkadien, wo Herkules einen gefährl. Eber erlegte. Erythraeum mare: Das Rote Meer Eryx: Berg auf Sizilien, dort berühmter Tempel der Venus Euandrius collis: der Palatin, Euander wanderte aus Troja ein und gründete auf dem Palatin eine Siedlung. Euhan: Ruf der Bacchantinnen, Beiname des Bacchus Eumaios: der treueste Sklave des Odysseus, er war sein Schweinehirt. Eumelis: Parthenope, die Schutzgöttin Neapels, Tochter eines Eumelus Europa: Tochter des phönikischen Königs Agenor, von Zeus in Gestalt eines Stieres geraubt und nach Kreta entfUhrt Eurotas: Fluß (Flußgott) in Lakonien, fließt durch Sparta. Eurus: der Südostwind Eurystheus: König von Mykene, in seinem Auftrag fUhrte Herkules die zwölf Arbeiten aus. Falerner: der beste italienische Wein, wuchs im Norden von Campanien am Berg Massicus. Flavius: Name einer röm. gens, aus der mehrere Kaiser hervorgingen, z.B. Vespasian. Titus und Domitian. Gades: heute Cadiz Galesus: Fluß bei Tarent, laked.Kolonie Gallio: Rhetor, Landsmann und Freund des älteren Seneca Gallus: C.Cornelius Gallus, 69-26 v.Chr., Elegiendichter. Freund Vergils. von Augustus zum Selbstmord gezwungen. seine Werke nicht erhalten. Ganymed: vom Adler des Zeus geraubt und in den Olymp entführt, Mundschenk. Gargetius (auctor): Epikur, Gargettus: Geburtsort des E. in Attika Germanicus: Nach den Kriegen in Germanien bekommt Domitian diesen Beinamen. Gaurus: Berg in Campanien Geryon: König in Spanien, dem Herkule~ seine schönen Rinder entführte. Geticus: getisch. die Geten, thrakischer Volksstamm Glaucus: ein Fischer, durch Kräuter in einen Meergott verwandelt Gradivus: der in den Kampf Schreitende, Beiname des Mars Haemonia: Thessalien Haemus: Gebirge nÖrdl. von Thrakien, jetzt das Balkangebirge Hebe: Göttin der Jugendschönheit, sie wird Herkules. als er in den Olymp kommt, zur Gattin gegeben, sie schenkt den Göttern den Nektar ein. Hebrus: Fluß in Thrakien Hekate: an Kreuzwegen verehrte Zaubergöttin Helikon: Musenberg in Boeotien, dort Apollotempel und Musenhain Heliaden: Schwestern des Phaethon, werden nach dessen Sturz und Tod in Bäume verwandelt. ihre Tränen werden zu Bernstein. Helle: Schwester des Frixos, fiel in den Hellespont und ertrank, die Meeresenge nach ihr benannt. Hermus: Fluß in Lydien, goldhaltig Hernicum: Landschaft in Latium Hesperus: der Abendstern Hippolytos: von seinen wild gewordenen Pferden zu Tode geschleift und von Asklepios wieder geheilt, wurde an dem heiligen See bei Aricia unter dem Namen Vibius verehrt. Hippomenes: läuft mit Atalanta um die Wette (Ov.met.10,560 ff.)
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Hyacinthus: spart. Jüngling, von Apollo geliebt, beim Diskuswerfen am Kopf getroffen und getötet, in die gleichnamige Blume verwandelt. Kyantius = böotisch, sorores Hyantiae = die Musen Hyblaeus: Adj. zu Hyble: Berg auf Sizilien, reich an Bienenkräutern. Hyele: Küstenstadt in Lukanien, lat. Velia Hy1as: Freund des Herkules, Teilnehmer an der Argonautenfahrt, wird beim Wasserschöpfen wegen seiner Schönheit von Najaden in die Quelle hinabgezogen. , Hymenaeus: Hochzeitsgott, Hochzeitslied Hyperion: Vater des Sol, häufig mit ihm identisch Ibycus: griech. Lyriker, rief Kraniche zu Zeugen seiner Ermordung an. Ida: Berg inder Mitte von Kreta, dort ~Iuchs Jupi ter auf. Ida: Berg in Phrygien Idalium: Berg auf Cypern. dort Tempel der Venus Idumaea (Idyme): Landschaft in Palästina, Herkunftsland der Dattel Ikarios: Vater der Penelope, Bacchus lehrte ihn den Weinbau. Ilia = Rhea Si1via, Mutter des Romulus und Remus von Mars Ino: Tochter des K5nigs Athamas. als Meeresgijttin Leukothea. Amme und Erzieherin des Bacchus 10: Geliebte des Zeus Isis: Hauptgöttin Ägyptens Ismarius = thrakisch lu1us: Sohn des Aeneas Juturna: Quelle und Quellnymphe in Rom Kamenen: die Musen Kastor: und Po1ydeukes, lat. Pollux. die Zwillingsbrüder, Söhne des Zeus. die Dioskuren, Mutter leda, Schwester Helena. Kastor war als Rossebändiger. Pol lux als FaustkMnpfer berühmt. Die Zwil linge wurden als Nothelfer angerufen. bes. von den Seeleuten. denen sie als ·Sternbild leuchteten. Sie nahmen am Zug der Argonauten teil. Kekrops: sagenhafter Köni g von Athen. kekropisch = athen·isch Kithaeron: Waldgebirge zwischen Böotien und Attika Klotho: eine der drei Parzen. sie spinnt den Lebensfaden. Korykische Grotte: am Abhang des Parnaßgebirges gelegen. dem Pan und den Nymphen geweiht. Kybe1e: phrygische Göttin. von den Griechen mit Rhea. der Mutter des kretischen Zeus, von den Römern mit Ops, der Gemahlin des italischen Saturn identifiziert. Sie wollte ihren Gemahl Protesilaos. als er von Hektor getötet wurde, nicht überleben. Laurentia (terra): Landschaft in Latium Lavinia: Tochter des Latinus. für Turnus bestimmt, dann Gemahl des siegreichen Aeneas (Verg.Aen. VII-XII) Leander: liebt Hero. schwimmt immer wieder über den Bosporus, bis er eines Nachts ertrinkt. Leda: ihr nähert sich Zeus als Schwan. Mutter der Helena und der Dioskuren. Lenaeus: bacchisch, lenaeus pater = Bacchus Leptis (Magna): Stadt zwischen den beiden Syrten. Sandbänken im Meer an der afr. Nordküste Lerna: See und Stadt auf der Pel oponnes, ~IO Herku les die viel ktlpfige Hydra, die lernäische Schlange erlegte. Lethe: Strom des Vergessens in der Unterwelt Libye: gr. Name für Afrika. später auf einen Teil Nordafrikas beschränkt. Liris: Fluß an der Grenze zwischen latium und Campanien
Laoda~ia:
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Liternum: Stadt in Campanien Loeri: Stadt in Bruttien lueania: Landschaft in Unteritalien Lucanus: M.Annaeus lucanus. Dichter aus Corduba in Spanien, ein Enkel des Rhetors Seneca und Neffe des Philosophen Seneca, 39-65 v.ehr., von Nero wegen Beteiligung an einer Verschwörung zum Selbstmord gezwungen. von ihm stammt ein Epos Pharsalia (BUrgerkYieg zwischen Caesar und Pompeiusl. lucina: Geburtsgöttin Lukrinersee: in Campanien. an ihm liegt Baiae luna: Stadt in Etrurien, berUhmt durch ihren weißen Marmor. heute la Spezzia Lustrum: Zeitraum von fUnf Jahren lyaeus: Löser, Sorgenbrecher. Beiname des Bacchus Lycaeus: Gebirge in Arkadien lycophron: gr. Tragödiendichter Lykurgus: sagenhafter Gesetzgeber in Sparta Machaon: Sohn des Äskulap. Arzt der Griechen vor Troja Maenalus: Gebirge und Stadt in Arkadien " Maeonius: mäonisch = lydisch; senex Maeonius = Homer Malea: Vorgebirge an der Peloponnes Mantua: Heimatstadt Vergils Marcia (aqua): Quelle, benannt nach dem König Ancus Marcius. später von Qui ntus Marci us rex nach Rom gel ei tet. .. Mareota: See und Stadt bei Alexandria in Ägypten. bekannt durch ihren Wein. Mars;: Volksstamm in latium Marsyas: Satyr. wagt es, sich mit Apollo in einen Gesangswettstreit einzulassen, wird von diesem nach seiner Niederlage geschunden. Marrucini: Volksstamm in Samnium Massicus: Berg zwischen Latium und Campanien. berühmt wegen seines Weines Massylus = afrikanisch, Massylia: Landschaft in Numidien Meles: Fluß in Jonien bei Smyrna, dem angebl. Geburtsort Homers Meliboea: Gemahlin des Theseus Menander: größter Dichter der Neuen Komödie in Athen, ca. 342-293 v.Chr. Methymna: Stadt auf Lesbos. Geburtsort des Dichters und Sängers Arion Mevania: Stadt am Clitumnus, Fluß in Umbrien, berühmt wegen der Rinderzucht Misenum. Kap: benannt nach dem dort begrabenen trojan. Trompeter Misenus Molorchus: ein armer Winzer, der Herkules vor dessen Kampf mit dem löwen von Nemea bewirtet hatte. Molosser: Volksstamm in Epirus, ihre Hunde als "Jagd- und Kampfhunde berühmt Monychus: ein Kentaur Mulciber: Beiname des Vulcanus. von mulcere: der Schmelzer Munychia (Monychia): ein Hafen bei Athen = Athen Mygdonius = phrygisch: senex Mygdonius = Tithonos. Gemahl der Aurora Myron: berühmter gr. Bildhauer Najade: Wassernymphe Narcissus: sieht sich im \.Jasserspiegel, verliebt sich in sein Bild. geht daran zugrunde, wird zur Narzisse ~asamonius = afrikanisch Nemea: in Argolis, im Wald bei N. erlegte Herkules einen riesigen Löwen. Nemesis: Personifikation des göttlichen Unmuts über allzu großes GIUck. Rachegättin Neoptolemos: Sohn des Achilles Nereus: Meeresgott. Vater der Nereiden. oft Synonym mit Meer Numa: Name des zweiten römischen Königs
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Odrysae: Volksstamm in Thrakien; vates Odrysius = Orpheus Oebalus: König in Sparta, Großvater der Helena Oeta: Gebirgskette in Thessalien Ogyges: Gründer von Theben, Ogygius = thebanisch Olenius: olenisch, der oIen. Stern = Capella. Tochter des Olenus; das Erscheinen dieses Sternes brachte wie das der Plejaden Regen. Opheltes: wird als Kleinkind im Grase liegend von einer Schlange getötet; als Beispiel für böse Zufälle an~eführt, die den Göttern angelastet wurden. Orion: ein an den Himmel versetzter Jäger, das Erscheinen dieses Sternes bringt Regen und Sturm. Paean: Jubel gesang, auch Beiname des Apollo Paeonus = der Arzt der Götter Palaemon: Ino stürzt sich mit ihrem Sohn Melikertes, auf der Flucht vor ihrem wahnsinnigen Mann Athamas, von einem Felsen ins Meer, Melikertes wird zum Meeresgott und heißt als solcher Palaemon. Palladium: göttI. Idol, das trojan. P. vom Himmel gefallen, Form unsicher, Beziehung zu Pallas Athene wahrscheinlich, Sinn: Schutzfunktion. Pallas: Sohn des Euander, Verg.Aen.8,104 ff. Pamphylien: Landschaft in Kleinasien Pannonien: Landschaft im jetzigen Ungarn Paphos: Stadt auf Cypern, dort ältester und berühmtester Tempel der Venus Paphie: Beiname der Venus Paraetonium: Stadt an der libyschen Küste Parnassus: dem Phoebus und den Musen heiliger Berg bei Delphi Parthenope: Sirene, Schutzgöttin von Neapel, poet. Bezeichnung für Neapel. Parthenopaeus: einer der sieben Fürsten vor Theben Parther: von den Römern gefürchtetes skythisches Rettervolk Patroklos: bester Freund des Achilles, vor Troja gefallen Pegasus: das fliegende Musenpferd, es hat mit seinem Hufschlag die Musenquelle Hippokrene = Roßquelle hervorsprudeln lassen. Pelasgus: poet, für griechisch Peleus: Gemahl der Nereide Thetis, Vater des Achilles. Pelops: nach ihm soll die Peloponnes benannt sein. Pelusium: Stadt in Unterägypten, a.d. östl. Nilmündung Pergarnos: 1. Stadt in Kleinasien, Hauptstadt des Pergarnenischen Reiches 2. die Burg von Troja, von Apollo und Neptun gebaut Perseus: Sohn des Jupiter und der Danae, erlegt die Medusa, benützt deren Haupt, dessen Blick versteinert, als Waffe, flugfäh1g, befreit Andromeda. Phaethon: Sohn des Sonnengottes, darf den Sonnenwagen fahren, kommt der Erde zu nahe, wird von Zeus durch Blitz in die Tiefe gestUrzt. Pharius = ägyptisch, Pharos: der berühmte Leuchtturm bei Alexandria Pharsalos: Stadt in Thessalien, 48 v.ehr. errang dort Caesar den entscheidenden Sieg über Pompeius. Phasis: Fluß in Kolchis am Schwarzen Meer, nach dem der Fasan benannt ist. Phemonoe: Tochter Apollos und seine erste Priesterin Phidias: berühmter Bildhauer in Metall und Elfenbein, Zeitgen. des Perikles Philetas: Dichter auf Kos um 280 v.ehr. Philippi: Stadt in Makedonien, Schlacht bei Ph. gegen die Caesarmörder Philomela: Schwester der Prokne. in eine Nachtigall verwandelt Phlegraeus (=brennend): camp; Phlegraei: schwefel reiche vulkanische Ebene zwischen Puteoli und Neapel, heute Solfatara. Phoebus: Beiname des Apollo als Gott des Lichtes, diese Bedeutung neuerdings umstritten: Herkunft möglicherweise von gr. Phobos = Furcht, Phoebus poet. = Sonne
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Phoebe: Schwester des Phoebus, röm. Diana, Jagd- und Mondgöttin Phoenix: I.Begleiter des Achilles im trojan. Krieg 2.der Vogel Ph., lebt 500 Jahre, verbrennt sich selbst und geht aus der Asche wieder neugeboren hervor. Phorcus: Meergott, ein Sohn des Neptun Phoroneus: einst König 'von Argos Phosphoros: der Lichtbringer, der Morgenstern phrygisch = trojanisch . Phylaceus = thessalisch, Phylacus: Großvater des ProteSilaos, Protesilaos wurde erlaubt, einen Tag zu seiner Gattin Laodamia aus der Unterwelt zurückzukehren; Phylaceides: Nachkomme des Phylacus. Pieriae: häufiger Name für die Musen Pi(m)plea: Musenquelle am Helikon, ein Trunk aus ihr befähigt zum Dichten Pindar: berühmter gr. Chorlyriker, ca. 518 - 446 v.Chr. Pirene: Musenquelle am Helikon Pisa: Stadt in Elis, dort wurden die olymp. Spiele abgehalten. Plejaden: das Siebengestirn, ihr Erscheinen bringt Regen. Plias: eine Plejade Pol1a Argentaria: Gattin des Dichters Lucanus Pollentia: Stadt in der Landschaft Picenum Pol lux: siehe Kastor Polyclitus, Po1iclitus: berühmter gr. Bildhauer, Zeitgen. des Perikles Pompeius: Cn. P. 106-48, Schwiegersohn Caesars. i~ Bürgerkrieg von Caesar bei Pharsalos (48) besiegt, auf der Flucht in Agypten ermordet. Prokne: schlachtet ihren Sohn Itys und setzt ihn ihrem Gemahl Tereus zum Mahl vor. weil dieser ihre Schwester Philomela geschändet und ihr die Zunge herausgerissen hatte. damit sie ihn nicht verraten konnte. Proteus: Meeresgott. konnte sich in alle möglichen Gestalten verwandeln. hatte die Gabe der Weissagung Puteoli: ursprünglich Dicarchea. heute Puzzuoli bei Neapel Pylades: treuer Freund des Orestes Pylius = Nestor, Pylus: Stadt in Elis. Wohnort Nestors Pyrrhos Rothaar = Neoptolemos. Sohn des Achi1les und der Deidaneia, Teilnehmer am troj. Krieg. Quirinus: altrömischer Kriegsgott Regulus: röm. Feldherr im 1.Pun.Krieg, opfert sich für röm. Kriegsgefangene. kehrt nach Karthago zurück. wo ihn ein grausamer Martertod erwartet. Rhamnusia: die Göttin der Rache Nemesis. in Rhamnus in Attika hatte die Göttin Tempel und Statue. Rhodope: Gebirge in Thessalien, Aufenthaltsort des Mars Saba: Stadt und Landschaft in Arabien, wo der Weihrauchstrauch wächst Safon: Fluß in Kampanien Sagaris: Fluß in Phrygien; Sangarius puer: Attis Salier: Als ein Schild vom Himmel fiel, setzte König Numa ein Priesterkollegium ein, die Salier, von salire springen, die einen Waffentanz zu Ehren des Mars aufführten. Saturnalien: Die S. wurden vom 17. - 21. Dezember gefeiert. Das Fest entspricht in etwa unserem Fasching. Sklaven. Freigelassene und Klienten wurden von ihrem Herrn oder Patron bewirtet und bedient. Man schenkte sich außerdem gegenseitig Scherzartikel. Sappho: berühmte gr. Lyrikerin in Mytilene auf Lesbos um 600 v.ehr. Senones: Völkerschaft in Gallien Seres: die Seren. Volksstamm in China, berühmt wegen ihrer Seidenzucht.
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Setia: Stadt bei den pomptinischen Sümpfen. berühmt wegen ihres Weines Sibylle: Die Sibylle von Cumae. Priesterin des Apollo und Wahrsagerin. Die erste Sibylle war aus Euböa gekommen. Sidonius: aus Sidon. Stadt in Phönikien Sirius: der Hundsstern. der die sommerliche Hitze ankündigt. Smyrna: Stadt in Kleinasien. eine der sieben Städte. in der Homer geboren sein soll. Spercheus: Fluß in Thessalien Steropes: Kyklop und Schmied im Aetna Stymphalos: See in Arkadien, wo Herkules die Vögel. die die Menschen anfielen. erlegte. . Syene: Stadt in Oberägypten. berühmt wegen des roten Granits Synnas: kleine Stadt in Phrygien. berühmt wegen farbiger Marmorarten Syrtes: die Syrten, Sandbänke im Meer an der nordafrikanischen Küste Tages: Begründer der Haruspizin in Etrurien Tagus: Fluß in Spanien, goldhaltig Tarpeius (mons): der kapitolinische Hügel Taurupulae: Anhöhen auf der Insel Capri, heute toro grande und taro piccolo Teate: Stadt in Samnium Tegea: Stadt in Arkadien. Tegeaeus = Merkur Telamon: griech. Held vor Troja Telchinen: Kobolde auf dem Berg Ida auf Kreta. bes. geschickt im ErzguB. Teleboeae: Teleboier, Volk in Akarnanien. durch Straßenraub berüchtigt, siedelt sich später in Capri an. Telegonus: Erbauer von Tusculum Telephus: von Achilles mit dem Speer verwundet. später mit dem Rost desselben Speeres geheilt. Temesa: bei T. in Bruttien gab es Erzgruben Tereus: König von Thrakien. schändet seine Schwägerin Philomela. diese wird in eine Nachtigall verwandelt. er in einen Wiedehopf. Teucri = die Trojaner Thalia: die Muse der Komödie Thasos: Insel im ägäischen Meer. berühmt durch ihren Marmor und ihren Wein Thaumas: Vater der Göttin Iris Therapnae: Stadt in Lakonien. Geburtsort der Dioskuren und der Helena. therapneisch = tarentinisch Theseus: athenischer Heros, wird auf Kreta von Ariadne mit Hilfe eines Fadens aus dem Labyrinth gerettet. Thespiae: Stadt in Böotien. am Fuß des Helikon Thespius: Gründer von Thespiae, er hatte 50 Töchter, mit denen Herkules in einer Nacht 50 Söhne zeugte. Thetis: Meernymphe. Gemahlin des Peleus. Mutter des Achilles Thyestes: Um in den Besitz des goldenen Vlieses zu kommen. verführte er die Frau seines Bruders Atreus. Thymbra: Stadt in der Troas am Fluß Thymbrios. dort Apollotempel Tibur: Stadt in Latium. beliebter Sommeraufenthalt der Römer. heute Tivoli Tiburnus: sagenhafter Gründer von Tibur Tiryns: Stadt in Argolis. Heimat des Herkules Tirynthia (aula): vermutlich Tibur Tithonia: Gemahlin des Tithonos. den sie entführt hat = Aurora Tithonos: Gemahl der Aurora. fUr den sie von den Göttern Unsterblichkeit erbittet, aber vergiBt. auch um ewige Jugend zu bitten. so daß er zur Grille einsChrumpft. Tomi: Verbannungsort des Ovid am Nordufer des Schwarzen Meeres
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Trachinia: alte Stadt in Thessalien am Oeta. Residenz des Ceyx Trasimenus (lacus): See westl. von Perugia, dort Sieg Hannibals 217 v.Chr. Tr;naer;a: Sizilien, die Insel mit den drei Spitzen Triptolemus: Königssohn, Erfinder des Ackerbaues Triton: Tritonen sind kleine Meeresgötter mit Fischschwanz Tritonia: Tritonis = Minerva. gr. Athene Tritonis, idis: der der Athene heilige Ölbaum Trivia: Beiname der Diana, weil sie aueh an Wegkreuzungen verehrt wurde. Tro;lus: ein Sohn des Königs Priamus v~n Troja Turnus: König der Rutuler, Gegner des Aneas in den Kämpfen um Latium (Verg.Aen. 7-12l Tusei: die Tusker. Tuseia = Etruria, Landschaft nördl. von Rom Tusculum: Latinerstadt am Nordrand der Albanerberge, Villenstadt der vornehmen Römer, am bekanntesten die Villa des Cicero Thule (Thyle): eine nördlich von England gelegene Insel, wahrscheinlich Mainland. die größte der Shetlandinseln Tyrrhenus: tyrrhenisch = etruskisch Tyndariden = die Dioskuren, Kastor und Pollux Tyrus: See- und Handelsstadt in Phönikien; Tyrius meton. purpurn Veji: sehr alte Stadt in Etrurien Veleda: berühmte germanische Seherin Volturnus: Fluß in Campanien, Flußgott Zeugma (Zeuma): Stadt an einer Übergangsstelle über den Euphrat