Jake T. Magnus
Daemonenjaeger Frank
MacLachlan Band 01
Angriff der
Untoten
Frank MacLachlan, Special-Agent bei einer geheimen PolizeiOrganisation, kämpft zum ersten Mal gegen das Böse. Dabei lernt er seine zukünftige Mitstreiterin Jane Cardigan kennen.
Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!
Der Mond stand hoch am Himmel und beleuchtete eine grausige Szenerie. Mitten auf der Lichtung, umgeben von Jahrhunderte alten Bäumen, stand ein Mann in einer schwarzen Lederjacke. Sein Gesicht war vor Ekel verzogen, in seinen Händen hielt er eine gewaltige Axt, die nun langsam zu Boden sank. Rings um ihn herum lagen Leichen in unterschiedlichen Verwesungsstadien. Der Gestank, der von ihnen ausging, musste unerträglich sein, aber der Mann mit der Axt schien dies nicht einmal zu bemerken. Beinahe schon elegant übersprang er die Toten, die vor ihm lagen, und entfernte sich dann mit schnellen Schritten von der Lichtung... *** Der Weg durch den Wald zurück zu seinem Auto war mühsam. Kurz dachte Phil Newman daran, dass die meisten Leute an seiner Stelle wohl Todesangst gehabt hätten, des Nachts durch diesen Wald gehen zu müssen. Aber nach all dem, was er schon gesehen hatte, konnte ihn nichts mehr erschrecken. Diese Nacht war besonders schlimm gewesen. Man hatte Phil davor gewarnt, in den Wald zu gehen. Angeblich hatte es bisher jedes Mal in den Vollmondnächten Morde gegeben. Dass er gerade deswegen durch die Wälder von New Curnham zog, das wussten die verängstigten Einwohner des Dörfchens ja nicht. Vielleicht, dachte Phil, war es auch besser so. Sonst hätten sie ihn womöglich noch für den Mörder gehalten. Als er vor drei Tagen nach New Curnham gekommen war, war er nicht sonderlich freundlich begrüßt worden. Der Besitzer des einzigen Hotels, ein alter Mann namens Ryley, hatte ihm nur widerwillig ein Zimmer vermietet. Wie alle anderen Bewohner, denen er bisher begegnet war, wollte er wissen, was Phil in dieses gottverlassene Nest mitten in den Wäldern des Staates New York führte. Phil hatte nur geantwortet, dass eine Bekannte -2
ihm New Curnham als idealen Ort, um mal richtig auszuspannen, empfohlen hatte. Sofort hatte Ryley angefangen, ihm von der mysteriösen Mordserie zu erzählen, die New Curnham heimsuchte. In den Wäldern rund um das Dörfchen waren in den letzten Monaten Dutzende von Menschen verschwunden - wer immer allein in die Wälder gegangen war, er war nicht mehr zurückgekehrt. Zweimal hatte man Leichen gefunden. Oder zumindest das, was davon übriggeblieben war. Ryley hatte Phil nähere Details ersparen wollen. Natürlich wusste Phil zu diesem Zeitpunkt längstens über die Mordserie Bescheid. Aus genau diesem Grund war er ja auch nach New Curnham gekommen. Eine befreundete Reporterin einer großen New Yorker Zeitung hatte ihn darauf aufmerksam gemacht. Sofort hatte er sich erkundigt, warum da nicht schon längst das FBI eingegriffen habe, aber seine Nachforschungen ergaben nur, dass das Verschwinden mehrerer Personen als Zufall und die Todesursache der gefundenen Leichen als Unfall angesehen wurden. Phil hatte daraufhin in Rücksprache mit seinem Commander beschlossen, in New Curnham nach den Rechten zu sehen. Und nun wusste er, dass diese Entscheidung richtig gewesen war! Eine Horde Untoter hatte hier in den Wäldern ihr Unwesen getrieben. Phil mochte gar nicht daran denken, wie viele Tote es noch gegeben hätte, wenn nicht endlich jemand eingegriffen hätte. Nach seiner inneren Uhr musste es schon fast Morgen sein, als Phil endlich bei seinem Auto ankam. Er hatte es auf einem kleinen Waldweg abgestellt, der von New Curnham quer durch den Wald führte. Gemächlich suchte er in seiner Jackentasche nach den Schlüsseln, als er hinter sich im Gebüsch ein Knurren hörte. Sofort packte er seine Axt stärker, drehte sich in Windeseile um, und war bereit, zuzuschlagen. Erst konnte er nichts erkennen, dann teilte sich das Gebüsch und eine junge Frau trat auf die Strasse. Obwohl sie nur einige -3
Meter vor Phil stand, und obwohl der Mond hell leuchtete, konnte er ihr Gesicht nur ungenau erkennen. Was er hingegen gut erkannte, war ihr langes, rotes Haar, und ihre tadellose Figur. Die Frau schien nicht viel Wert auf Kleidung zu legen und trug nur zwei, drei Stofffetzen, die gerade mal das Nötigste verdeckten. Phil vergaß für einen Moment, wo er sich befand, und auch die Axt, die er mit beiden Händen gepackt hielt. "Wer... wer sind Sie?", fragte er mit unsicherer Stimme. Die junge Frau lächelte. "Phil Newman... fürchtest du dich nicht so alleine im Wald spazieren zu gehen?" Phil zuckte zusammen und starrte die Frau nur noch intensiver an. "Ja, ich kenne deinen Namen. Und ja, ich weiß, warum du hier bist." "Wer..." Die Frau lachte auf. Ein hässliches Lachen, fand Phil, das ganz und gar nicht zu ihrem schönen Körper passte. Und als hätte dieses Lachen ihn aus seiner Lethargie gerissen, ging er in Angriffsstellung. Wer auch immer diese Frau war, sie stand bestimmt mit den Untoten in Verbindung. "Du willst kämpfen?" Die Frau lachte immer noch. "Das kannst du haben!" Noch während sie die Worte sprach erschienen im Gebüsch hinter ihr drei weitere Gestalten. Der plötzlich in der Luft liegende Modergeruch ließ Phil erahnen, worum es sich bei ihnen handelte. Er überlegte nicht lange, schwang die Axt über seinem Kopf und ließ sie auf die junge Frau niedersausen, die wohl mit einer derart kaltblütigen Attacke gar nicht gerechnet hatte. Ihr Schrei verstummte augenblicklich, als sie vor Phil zu Boden sank. Diese löste seine Axt aus dem toten Körper und machte sich bereit, gegen die drei Untoten vorzugehen. Zu spät hörte er, wie sich von hinten weitere Untote näherten. Am nächsten Tag fand man Phil Newmans Wagen - und eine Leiche...
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*** Frank MacLachlan war ein großgewachsener Mann mit kurzen, braunen Haaren und ebenso braunen Augen. Jane Cardigan hätte ihn wohl etwa auf fünfundzwanzig Jahre geschätzt, aber da war sie sich überhaupt nicht sicher. MacLachlan machte auf sie einen ziemlich selbstsicheren Eindruck, und er schien es gewohnt zu sein, Befehle zu erteilen. Kurz gab er den um ihn herumstehenden Cops Anweisungen, die diese ohne Widerrede befolgten, dann sah er sich noch einmal in Ruhe um und schritt dann auf Jane zu. Die Reporterin saß im Fonds des Dienstwagens von MacLachlan. Eigentlich war sie inkognito hierher gekommen, aber MacLachlan hatte sie gleich angesprochen und gefragt, ob sie Jane Cardigan sei. Offenbar wusste der Mann ziemlich viel über sie - sogar über ihre Verbindung zu Phil Newman. Sie hatte vor zwei Wochen per Zufall etwas über eine Mordserie in den Wäldern rund um das Dörfchen New Curnham erfahren und ihren Freund darüber informiert. Sie wusste, dass er sich beruflich öfters mit seltsamen Vorkommnissen beschäftigte, auch wenn er sich nie genauer dazu äußerte. Prompt hatte Phil denn auch angebissen und war nach New Curnham gefahren. Nachdem Jane dann über eine Woche nichts mehr von ihm gehört hatte, war sie ihm nachgereist - nur um feststellen zu müssen, dass er offenbar verschwunden war. Hier, mitten im Wald, war sein leerstehender Wagen gefunden worden. Nicht weit davon entfernt lag eine Leiche, die, soviel hatte Jane mittlerweile mitgekriegt, allerdings nicht Phil war. Scheinbar handelte es sich dabei um eine Frau. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als MacLachlan sich zu ihr in den Wagen setzte. Er lächelte, ein Versuch sie zu beruhigen. Zu ihrem eigenen Erstaunen musste sie feststellen, dass es wirkte. -5
"Nun, Mrs. Cardigan", begann MacLachlan das Gespräch, "wie kamen Sie auf die Idee, hierher zu kommen? " Jane zögerte kurz und entschied sich dann dafür, die Wahrheit zu erzählen. "Ich bin auf der Suche nach Phil Newman hergekommen. Ich bin es gewesen, die ihm von der Mordserie in New Curnham erzählt hat." "Und wann sind Sie in New Curnham eingetroffen?" "Gestern Nachmittag. In der kleinen Absteige, in der Phil gewohnt hat, hat man mir gesagt, er sei seit zwei Tagen nicht mehr gesehen worden." "Danach sind Sie in den Wald gefahren? " Jane nickte. "Ja. Der Motelbesitzer sagte mir, Phil sei vor zwei Tagen ebenfalls in die Wälder gefahren, also beschloss ich, hier nach ihm zu suchen. Eine größere Suchaktion ist daraus dann gar nicht erst geworden", sie deutete auf Phils Wagen. "Den habe ich hier sofort entdeckt. Und die Leiche." MacLachlan nickte kurz, kritzelte einige Zeichen auf einen Notizzettel und wandte sich dann wieder an Jane. "Gut. Soweit stimmt Ihre Aussage mit der dieses Motelbesitzers, Ryley oder wie er heißt, überein. " "Dann darf ich jetzt gehen?", fragte die Reporterin. "Ja, sicher", antwortete MacLachlan und blickte sie nachdenklich an. "Ich nehme an, Sie kehren nach New York zurück? Darf ich Sie bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten? " Jane versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, nahm aber an, dass es nicht wirklich echt aussah. "Aber sicher dürfen Sie das. Allerdings", fügte sie an, während sie aus MacLachlans Wagen ausstieg, "werde ich nicht nach New York zurückkehren. Ich bleibe vorläufig in New Curnham." Sie wartete erst gar keine Antwort ab und wandte sich ab. Ihr eigener Wagen stand nicht weit entfernt, und langsam traute sie sich auch wieder zu, fahren -6
zu können. Der Leichenfund hatte sie zwar erschreckt, aber sie war doch beruhigt, dass es nicht Phils Leiche gewesen war. Außerdem war es ja nicht das erste Mal, dass sie es mit einem Mord zu tun bekam. Obwohl sie noch nicht lange als Reporterin arbeitete hatte sie schon oft die grausame Seite ihres Jobs zu spüren bekommen... Und trotzdem hatte sie diesmal ein besonders schlechtes Gefühl. Sie sorgte sich um Phil und hoffte, dass wenigstens dieser MacLachlan etwas herausfinden würde. Er hatte wohl dazu die besseren Möglichkeiten als sie. Trotzdem beschloss sie, sich am nächsten Tag etwas genauer in den Wäldern New Curnhams umzusehen... *** Frank lag auf dem etwas unbequemen Bett seines nicht sonderlich luxuriös eingerichteten Zimmers und betrachtete den Text auf dem Bildschirm seines Notebooks. Kurz sah er sich im Zimmer um und suchte nach seiner Tasche, die er bei seiner Ankunft in irgend eine Ecke geworfen hatte. Grinsend betrachtete er die hässlichen Bilder, die an den Wänden angebracht waren und aussahen wie die Kritzeleien eines Kleinkindes. Wahrscheinlich sollten diese Bilder einige Häuser New Curnhams zeigen, Frank war sich dessen aber nicht so sicher. Er hatte sich ein Zimmer im gleichen Motel genommen, in dem auch Phil Newman abgestiegen war. Da es das einzige vor Ort war, und der Wirt wohl selten Gäste hatte, waren die Zimmer ziemlich heruntergekommen. Dies störte wohl auch Jane Cardigan, die Reporterin, die ebenfalls eine Bleibe gesucht hatte, und sich nun seit zwanzig Minuten mit diesem Ryley über den Preis stritt. Vorsorglich hatte Frank schon mal Phils Zimmer versiegeln lassen. Er nahm an, dass die Reporterin früher oder später probieren würde, dort einige Anhaltspunkte über den Verbleib ihres Freundes zu suchen. Im Moment konnte Frank aber -7
niemanden gebrauchen, der unabsichtlich Spuren verwischte. Er fragte sich, wie viel Cardigan über ihn und Newman wusste, und hoffte, dass dieser nicht so unvorsichtig gewesen war, ihr alles zu erzählen. Kurz betrachtete Frank den FBIAusweis, der neben ihm lag. Wenigstens hat sie so getan, als ob sie mir meine Geschichte abgekauft hätte, dachte er. Und das ist im Moment auch das wichtigste! Erschrocken zuckte er zusammen, als jemand an der Türe klopfte. "Ja?", rief er. "Hier ist Connor, Mr. MacLachlan. Wir haben einige Informationen zur Leiche." Mit einem Ächzen erhob sich Frank, ging zur Türe und öffnete sie. Connor war ein kleiner, untersetzter Mittvierziger, dessen Dienste Frank schon oft in Anspruch genommen hatte. Er schätzte Connors Verschwiegenheit. Deshalb hatte er den Gerichtsmediziner auch diesmal mitgenommen - es war immer besser, jemanden im Team zu haben, der mit Franks Arbeitsweise schon vertraut war. "Nun, Mr. Connor, was haben wir?" Connor räusperte sich und ordnete kurz die Blätter, die er in seinen viel zu kleinen Händen hielt. Frank schloss unterdessen die Türe und setzte sich wieder auf das Bett. Erneut räusperte Conner sich, verharrte einen Augenblick, bis die Worte förmlich aus ihm heraussprudelten. "Bei der Leiche handelt es sich um eine etwa dreißigjährige Frau. Die Todesursache ist eine Wunde in ihrem Schädel, die vo n einer Axt oder einem ähnlichen Gegenstand stammen dürfte. Die Frau trug außer ihrer Kleidung keine Gegenstände bei sich und trägt auch keine auffälligen Merkmale außer einer Narbe in der Herzgegend. Wir haben bereits ein Foto der Toten, falls Ihnen das weiterhilft." Er übergab Frank das Bild, auf dem glücklicherweise die tödliche Wunde nur undeutlich erkennbar war. Nachdem er das Bild kurz betrachtet hatte, blickte er -8
wieder zu Connor auf. "Sehr gut. Ich glaube, das reicht vorerst. Ruhen Sie sich aus, ich werde mich bei Ihnen melden, wenn ich Ihre Hilfe wieder benötige. Wo befindet sich die Leiche im Moment?" "Wir haben sie in unserem Kühlwagen aufgebahrt. Sie wäre eigentlich zum Abtransport bereit." "Warten wir damit noch. Können wir ausschließen, dass es sich bei der Frau um eine der vermissten Personen aus New Curnham handelt?" Connor nickte. "Gänzlich. " "Gut. Ich werde noch einige Formalitäten mit New York abklären und gebe Ihnen dann Bescheid." Connor nickte erneut, verabschiedete sich und verließ Franks Zimmer. Nachdenklich betrachtete dieser das Bild der Frau. Irgendwo hatte er diese Gesichtszüge schon gesehen. In Phils Unterlagen musste das gewesen sein, nur konnte er sich im Moment nicht mehr daran erinnern, worum es damals gegangen war. Es war keiner der Fälle gewesen, die er gemeinsam mit Phil bearbeitet hatte, sondern einer dieser merkwürdigen Fälle, aus denen Frank ausgeschlossen wurde, und über die er meist nur ungenügende Informationen erhielt. Meist hatte ihn dies nicht sonderlich gestört, aber nun fragte er sich, ob Phil gewusst hatte, worauf er sich diesmal eingelassen hatte... Kurz überlegte er, dann sicherte er sein Notebook mit einem Passwort und verließ das Zimmer. Vielleicht fand er in Newmans Zimmer die Informationen, die er benötigte. Wenigstens rudimentäre Unterlagen mussten vorhanden sein! Als er auf den Gang trat merkte er bereits, dass etwas nicht stimmte. Er hörte Geräusche aus dem Zimmer nebenan dem Zimmer Phil Newmans! Die Versiegelung war nach wie vor intakt, von hier war wer immer sich im Zimmer befand also nicht gekommen. So geräuschlos wie möglich schlich Frank zurück in sein -9
Zimmer und zu seiner Jacke, die er an einem Kleiderhacken in der Nähe der Türe aufgehängt hatte. In der Jackentasche befand sich seine Pistole, die er nun hervorzog, kurz überprüfte und dann entsicherte. Mit der Waffe in der Hand trat er auf den Gang zurück, horchte kurz an der Türe zu Phils Zimmer und konnte immer noch Geräusche aus dem Zimmer hören. Ruhig atmete er einmal durch, bevor er ausholte, sich gegen die Türe warf, die dank ihres fortgeschrittenen Alters förmlich aus den Angeln gehoben wurde und mit einem lauten Knall an die Wand flog. "FBI!", rief Frank, während er in sekundenschnelle probierte die Situation zu überblicken. "Was...", entfuhr es ihm dann, als er sah, wer sich im Raum aufhielt. Die Farbe war gänzlich aus dem Gesicht der Frau gewichen, die ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte. Mit einem Knurren senkte Frank die Pistole und fuhr sie an: "Ich glaube, Sie sind mir eine ziemlich gute Erklärung schuldig, Mrs. Cardigan!" *** Ryley war ziemlich aufgebracht gewesen und hatte im gleichen Atemzug damit gedroht, die beiden zu verprügeln und sie aus seinem Motel zu verwerfen. Jane Cardigan hatte danach erklärt, sie werde den entstandenen Schaden übernehmen, hatte sich aber die Bemerkung, dass die Türe eh hätte erneuert werden müssen, nicht verkneifen können, was den Motelbesitzer nochmals zur Weißglut getrieben hatte. Nachdem Frank mit beruhigenden Worten probiert hatte, den Streit zu schlichten, war Ryley endlich gegangen und er konnte damit fortfahren, die Reporterin zusammenzustauchen. "Sie mischen sich hier in Bundesermittlungen ein und brechen in ein versiegeltes Zimmer ein, verwischen Spuren und... überhaupt!" Er konnte seine Worte nicht mal richtig ordnen, so außer sich war er. "Wie kommen Sie überhaupt hier rein?" Jane deutete stumm auf das Fester hinter ihr, das offen stand. -10
"Das... das glaube ich einfach nicht. Was haben Sie sich dabei gedacht?" "Da Sie sich bisher nicht um Phils Zimmer gekümmert haben, habe ich mir gedacht, ich sehe mich mal hier um. " "Ach, haben Sie sich gedacht? Ich werde Ihnen gleich sagen, was..." Die Ankunft Connors verhinderte, dass Frank die Worte aussprach, die ihm in diesem Moment durch den Kopf gingen. Der Gerichtsmediziner schien reichlich verwirrt zu sein, als er die Szenerie erblickte. Davon abgesehen schien auch sonst etwas nicht mit ihm zu stimmen. "Was gibt es?", fragte Frank sogleich. Connor zuckte zusammen, als er angesprochen wurde. "Äh... die Leiche... Ich wollte vorhin noch mal zum Wagen, um einige Details in meinen Unterlagen zu ergänzen. Die Leiche...", er zögerte kurz, "...sie ist verschwunden!" *** "Haben Sie wenigstens etwas herausgefunden?", fragte Frank die Reporterin die auf dem wackligen Holzstuhl vor ihm saß. Sie waren in sein Zimmer gegangen, wo er die Reporterin zunächst alleine gelassen hatte, um sich selbst vom Verschwinden der Leiche zu überzeugen. Vorsichtshalber hatte er dabei alle wichtigen Utensilien aus dem Raum entfernt, damit Jane nicht auch noch in seinen Sachen rumstöberte. "Ich denke schon!", antwortete sie leise. Sie war wohl jetzt etwas eingeschüchtert, was Frank ganz recht war. "Er hatte einige Unterlagen bei sich, unter anderem auch den Lebenslauf einer gewissen Sara Dyke." Frank nickte. Der Name sagte ihm etwas, nur konnte er ihn im Moment nicht genau einordnen. Er drehte sich zu seinem Notebook um, öffnete ein Programm und gab einige Suchbegriffe ein. Dann wandte er sich wieder an Jane : -11
"Und was ist mit dieser Sara Dyke?" "Keine Ahnung. Ist mir etwas seltsam vorgekommen, warum er gerade den Lebenslauf einer vor fünfzig Jahren verstorbenen Frau mit sich herumträgt." "Seltsam, tatsächlich. Im übrigen wurde mir vorhin mitgeteilt, dass die nähere Umgebung um Phils Wagen abgesucht wurde. Erfolglos. Für eine größere Suchaktion fehlen uns im Moment die Leute, aber das werden wir wohl in den nächsten Tagen nachholen." Mit einem Blick auf den Bildschirm des Notebooks erkannte er, dass sich etwas getan hatte. Der Suchbegriff ‘Sara Dyke’ hatte tatsächlich ein Ergebnis gezeigt. Schnell ließ er sich das Resultat anzeigen. Ihm stockte der Atem, als zum Text über Sara Dyke auch noch ein Bild angezeigt wurde. Die Tote, die sie gefunden hatten, war Sara Dyke! *** "Was ist?", fragte Jane Cardigan, als sie Franks Gesichtsausdruck bemerkte. Bevor er es verhindern konnte, hatte sie sich auch schon auf das Bett neben ihm gesetzt und das Bild ebenfalls gesehen. "Was soll damit sein? " Wortlos übergab Frank ihr das Foto des Gerichtsmediziners. Jane schrie auf, als sie die Übereinstimmung der beiden Personen erkannte. "Das heißt also, dass die Tote Sara Dyke war. Die gleiche Sara Dyke, über die Phils Unterlagen berichten? " Frank antwortete nicht und las nun den Text neben dem Bild durch. Angeblich war Sara Dyke 1920 geboren, ihre Leiche 1952 aufgefunden worden. Diese Leiche sei Tage später verschwunden. Noch mehr erstaunte Frank der Zusatz, die detaillierte Akte sei unter Verschluss und er habe keinen Zugriff darauf. "Was ist das überhaupt für ein Suchprogramm, das Sie da -12
haben?", fragte Jane nun. Sie deutete auf den großen Schriftzug, der über dem Text angebracht war. UPO war dort zu lesen. "Was ist das, UPO?" Frank atmete tief durch, bevor er begann. "Sie haben also von Phil nichts genaues erfahren?" Ein Blick in Janes Gesicht zeigte ihm, dass sie tatsächlich völlig ahnungslos war. "Wir beide arbeiten nicht für das FBI - oder für Interpol, oder welche Ausweise wir auch immer irgendwo zeigen mögen. Vielmehr sind wir Agenten der UPO, einer Geheimorganisation, die auf nationale und internationale Verbrechensbekämpfung spezialisiert ist, und meist eher ungewöhnliche Fälle behandelt. Fragen Sie mich nicht nach Details, ich weiß auch nicht viel mehr über unsere Organisation. Was ich hingegen weiß", er deutete auf den Bildschirm, "ist, dass offenbar Phil noch etwas außergewöhnlichere Fälle als ich bearbeitet hat." Jane schien jetzt auch nicht wesentlich schlauer zu sein als vorher. "Phil hat es mir gegenüber immer abgelehnt, über diese UPO zu sprechen. Warum erzähle n Sie mir das nun? " "Weil Sie so oder so schon ziemlich tief mit drin stecken. Sie kennen Phil und Sie kennen mich, Sie haben in unseren Unterlagen gestöbert - früher oder später hätte ich Ihnen diese Geschichte erzählen müssen. Ich muss Sie jetzt einfach bitten, diese Informationen vertraulich zu behandeln. Wenn wir zurück in New York sind, werden wir weitersehen. " Jane nickte stumm. "Und was unternehmen wir jetzt?" "Wir?", Frank lächelte. "Nun gut, wir werden uns wohl noch mal den Fundort der Leiche ansehen müssen." Für sich hoffte Frank, dass es kein Fehler gewesen war, Jane in seine Geheimnisse einzuweihen... *** Die Nacht war noch nicht vollständig hereingebrochen, als Frank und Jane wieder am Fundort der Leiche Sara Dykes angekommen waren. Zwar hatte Frank bis zum nächsten -13
Morgen warten wollen, aber Jane hatte darauf gedrängt, jetzt sofort aufzubrechen. Seltsamerweise war der Wagen Phil Newmans bereits abtransportiert worden. Und als er sich vorhin in New Curnham mit seinen Leuten von der Spurensicherung hatte unterhalten wollen, hatte Frank feststellen müssen, dass diese bereits zurück nach New York gerufen worden waren. Warum man ihm selbst nichts davon gesagt hatte, wusste auch niemand. Etwas schien hier tatsächlich nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Frank wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Jane zu sprechen begann. "Hier, Frank, schauen Sie." Sie deutete auf einige abgebrochene Zweige und aufgewühlte Erde am Wegesrand. "Dies dürfte Ihren Leuten bereits aufgefallen sein." Er nickte. "Ja, scheinbar fand hier ein Kampf statt, in dessen Verlauf die Frau, Sara Dyke oder wer immer sie sein mag, getötet wurde." "Gut. Nehmen wir mal an, Phil war auch an diesem Kampf beteiligt. Wohin ging er danach, oder vielleicht auch woher ist er gekommen? Ist er mit Wagen hierhin gekommen, dann hat er Sara Dyke gesehen und mit ihr oder gegen sie gekämpft und ist danach verschwunden? Oder kam Phil aus dem Wald und wurde hier bereits erwartet?" "Wenn er aus dem Wald kam, dann müssten sich hier Spuren finden. Daran haben wir auch bereits gedacht. Leider findet sich hier überhaupt nichts. Und glauben Sie mir, hier würden Spuren zurückbleiben. " "Und was, wenn er nicht direkt hier aus dem Wald kam, sondern erst ein Stück den Weg entlang ging?" Frank sah sie fragend an. "Sind sie immer so scharfsinnig?" "Im richtigen Moment meistens schon", antwortete sie grinsend. Die beiden machen sich daran, den Weg entlang zu gehen und -14
dabei eventuelle Spuren Phils zu suchen. Es war Jane, die als erstes etwas fand. "Hier, sehen Sie!", sagte sie und deutete auf eine Schneise, die jemand regelrecht in den Wald geschlagen hatte. "Ich hoffe mal, wir liegen hier richtig", meine Frank nur und deutete ihr, ihm zu folgen. Vorsichtig ging er dem Pfad entlang und gab acht, im dichten Unterholz nicht zu stolpern. Eigentlich, dachte er, war es purer Zufall, wenn sie hier etwas fanden... *** Es kam Frank wie eine Ewigkeit vor, die sie sich durch den dichten Wald kämpften. Die Nacht war nun vollends hereingebrochen, und der Lichtkegel von Franks Taschenlampe beleuchtete den Weg nur ungenügend. Mehr als einmal stolperten er oder Jane über irgendwelche Wurzeln, die im Weg lagen und ihnen den Weg versperrten. Nach einer Weile betraten die beiden eine große Lichtung die in der Dunkelheit nicht vollständig zu überblicken war. Es war Jane, die Frank auf die Geräusche aufmerksam machte, die aus der Dunkelheit zu hören waren. Sofort schaltete er seine Taschenlampe aus, duckte sich und deutete Jane, es ihm gleichzutun. Viel zu erkennen war nicht, aber Frank glaubte, einige Gestalten am anderen Ende der Lichtung zu sehen, von denen sich ein paar langsam bewegten. Andere schienen dort zu verharren und auf irgendetwas zu warten. "Passen Sie auf", flüsterte Frank Jane zu. "Sie bleiben hinter mir und nehmen die Taschenlampe. Wenn ich es Ihnen sage, leuchten Sie in Richtung der Gestalten." Er wartete keine Antwort ab und gab Jane die Lampe. Dann schlich er wieder voran und bewegte sich Schritt für Schritt in die Lichtung herein. Hinter sich konnte er das leise Atmen Janes hören. Er verharrte noch eine Sekunde, bevor er seine Pistole hervorzog, auf die Gestalten in der Dunkelheit richtete und "Jetzt!" rief. -15
Als das Licht der Taschenlampe die Dunkelheit zerriss, entfuhr Jane ein gellender Schrei. Auch Frank war wie gelähmt und vergaß, dass er eigentlich hatte "FBI" brüllen wollen. Erst langsam erkannte er, was sich da einige Schritten vor ihnen befand. Verzerrte Gesichter starrten sie an - oder starrten vielmehr durch die beiden hindurch. Die Augen der Menschen schienen nichts me hr wirklich zu sehen. Sie waren so tot wie die Wesen selbst sein mussten. Alle waren sie im fortgeschrittenen Stadium der Verwesung. Bei einigen waren blanke Knochen zu erkennen, anderen hing die Haut förmlich von denselben. Und trotzdem standen diese Wesen vor ihnen und schienen sich aus eigenem Antrieb zu bewegen. Bevor auch nur jemand etwas sagen konnte, bewegte sich eine Gestalt vom Rand des Lichtkegels auf dessen Mitte zu. Frank stockte der Atem, als er Sara Dyke erkannte - die Tote von heute morgen! Ein höhnisches Lachen riss Frank aus seiner Erstarrung. "Nochmehr von euch UPO-Typen? Ich dachte, ihr hättet schon genug, aber ihr seid wohl hartnäckiger als ich geglaubt hatte." Noch während die Frau dies aussprach - die Stimme, so schien Frank, war irgendwo zwischen eiskalt und hysterisch einzuordnen - machte sie eine Kopfbewegung in Richtung einer Gestalt, die im Licht ebenfalls nicht deutlich zu erkennen war. Frank deutete Jane, den Lichtkegel dorthin zu bewegen. Als er erkannte, wer sich dort befand, lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. Phil Newman stand dort inmitten der seltsamen Wesen. Oder vielmehr das, was von Phil Newman übriggeblieben war. Frank wollte lieber gar nicht genau hinsehen, ein Blick in die toten Augen seines ehemaligen Partners genügte, um zu erkennen, dass dieses Wesen, das da vor ihm stand, nicht mehr Phil Newman war. "Er hat gedacht", fuhr Sara Dyke nun fort, und richtete damit die Aufmerksamkeit wieder auf sich, "er könne sich ungestraft -16
an meinen Untoten vergehen. Er hat auch gedacht, ich sei einfach nur eine von ihnen. Aber da hat er sich getäuscht. Die Herrin der Untoten lässt sich so etwas nicht gefallen." Einmal mehr lachte sie gellend auf und deutete gleichzeitig auf Frank und Jane. "Und jetzt, meine Kinder... tötet sie!" Die unheimlichen Wesen schienen die Worte Sara Dykes zu hören und setzten sich in Bewegung. Mit wankenden Schritten kam die Phalanx der Untoten auf Frank und Jane zu. Frank packte seine Pistole fester, richtete sie auf das Wesen, das ihm am nächsten stand, und begann zu feuern. Zwei oder drei Mal traf er den Untoten, doch das schien diesem nicht allzu viel auszumachen. Zwar wurde er von der Wucht des Aufpralls zurückgeworfen, Verletzungen schien er aber nicht davonzutragen. Frank glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, und wäre wohl an Ort und Stelle stehen geblieben, hätte nicht Jane ihn gepackt und herumgerissen. Sie begann bereits zu laufen, da riss auch Franks Erstarrung und er erkannte endlich auch die Gefahr, in der sie schwebten. Das Gelächter Sara Dykes verfolgte sie noch, als sie in den dichten Wald hineinliefen... *** Die Untoten konnten nicht allzu weit hinter ihnen sein. Immer wieder hörte Frank schwere Schritte und das Brechen von Holz. Obwohl er sich nicht ganz sicher sein konnte, ob es nicht er oder Jane waren, die diese Geräusche verursachten, ließen sie ihn doch noch schneller rennen. Jane schien mit seinem Tempo mithalten zu können. Auch wenn sie es wohl nicht wie er gewohnt war, andauernd um ihr Leben zu rennen, schien sie doch über eine gute Kondition zu verfügen. Als er ihren Aufschrei hörte, war er schon ein Stück weitergelaufen. Schnell drehte er sich um und erkannte, dass -17
Jane sich nicht mehr hinter ihm befand. Hastig rannte er einige Schritte zurück und sah, dass die Reporterin gestürzt war. Mühsam rappelte sie sich auf und Frank half ihr, so gut es ging. Ihre Hände waren von Dornen, die den Boden bedeckten, zerkratzt. Noch während er sie antreiben wollte, weiterzulaufen, erkannte er unmittelbar hinter ihr die erste Gestalt die durch das Gebüsch brach. Modriger Gestank erfüllte die Luft und war der Startschuss für Frank und Jane. Sie machten auf dem Absatz kehrt und rannten weiter. Der Untote befand sich nun nur einige Schritte hinter ihnen, und Frank begann sich zu fragen, wie lange er und Jane dieses Tempo noch durchhalten konnten. Das Wesen hinter ihnen schien damit keine Mühe zu haben - seine Energiereserven würden sich wohl auch nicht erschöpfen! Erstaunt bemerkte Frank nun, dass sich der Wald zu lichten begann. Das Licht des Mondes erleuchtete ihnen den Weg nun schon etwas besser, auch wenn es noch immer nicht ausreichte, etwaige Hindernisse zu erkennen. Doch sein Herz schien einen Moment auszusetzen, als er bemerkte, warum sich der Wald lichtete - in einigen Metern Entfernung endete nicht nur der Wald, sondern auch der Weg. Denn dort befand sich eine steile Klippe... *** Völlig erschöpft standen Frank und Jane am Rand des Abhangs und starrten in die Tiefe. Frank schätzte, dass es zwanzig oder dreißig Meter heruntergehen musste. Zu viel, um einen Sprung nach unten zu überleben. Unten war weiterer Wald zu erkennen, in einiger Entfernung konnten mit Mühe die Lichter New Curnhams ausgemacht werden. Jane stieß Frank an, als er sich auf die Landschaft konzentrierte und alles um sicher herum vergaß. Innerlich hatte -18
er mit seinem Leben schon abgeschlossen. Trotzdem drehte er sich noch einmal um und erkannte, was Jane gemeint hatte. Aus dem Dunkel der letzten Bäume lösten sich zwei Gestalten und traten ins fahle Mondlicht. Zwei Untote - einer davo n war Phil Newman - oder vielmehr der Köper Phil Newmans. Die Verfolger hatten es nun nicht mehr besonders eilig, schienen zu wissen, dass sich ihre Opfer in der Falle befanden. Schritt um Schritt traten sie näher und schienen die Angst ihrer Beute sogar zu genießen. Dann standen sie unmittelbar vor Frank und Jane und verharrten, nur um einen Augenblick später wie auf ein unsichtbaren Zeichen hin loszustürmen. Seite an Seite sprangen die Untoten auf ihre Opfer zu - und stürzten sich gemeinsam mit ihnen in den Abgrund... *** "Wachen Sie auf!", waren die nächsten Worte, die Frank hörte. Sofort schlug er die Augen auf und schloss sie augenblicklich wieder, da er direkt in die Sonne gesehen hatte. Er atmete tief durch und hörte erst jetzt die typischen Geräusche des Waldes rund um ihn herum. Vogelgezwitscher, das Rauschen eines nahen Baches... Als er erneut die Augen öffnete, kamen die Erinnerungen zurück. Über sich sah er die Klippe, die er und Jane heruntergefallen waren. Kaum zu glauben, dass sie das überlebt hatten... Jane! In Windeseile war Frank wieder voll da und sah um sich. Da stand sie! Jane befand sich unmittelbar vor dem senkrechten Abhang, den sie heruntergefallen waren und sah nach oben. Erst jetzt realisierte Frank, dass nicht sie es gewesen war, die ihn angesprochen hatte. Zu seinem Erstaunen bemerkte er ein kleines Mädchen, das -19
neben ihm stand. Es lächelte Frank an und fuhr sich nervös durch die Haare, als es Franks erschrockener Blick bemerkte. "Wer bist du und wie kommst du hierher?", fragte er verwundert. "Sie beide sind hier gelegen als ich vorbeikam", antwortete das Mädchen lächelnd. "Und niemand sonst war hier?" "Nein, niemand." Das Lächeln verschwand aus dem Gesicht des Mädchens. "Warum? Habe ich etwas falsches gemacht?" Etwas unsicher speiste Frank es mit einer beruhigenden Floskel ab und ging dann zu Jane hinüber. Seltsamerweise hatte er überhaupt keine Schmerzen. Allerdings waren Janes Kleider ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden und hingen mehr oder weniger in Fetzen von ihrem Körper. Erst jetzt kam er auf die Idee, sich seine Kleider etwas genauer anzusehen. Diese befanden sich allerdings in keinem besseren Zustand, wie er zugeben musste. "Jane?", sprach er die Reporterin vorsichtig an, die ihn nicht kommen gehört hatte. Jane zuckte zusammen und drehte sich um. "Frank? Endlich auch aufgewacht? Ich habe gesehen, dass Sie noch atmen und nur schlafen, da habe ich das kleine Mädchen gebeten, Sie zu wecken und mir in der Zwischenzeit dies hier angesehen." Sie deutete auf den Abhang vor ihr. "Frank... wir können dies nicht überlebt haben. Und schon gar nicht unverletzt!" "Nun ja", meinte Frank, "unsere Kleider sehen ja nicht gerade toll aus. Geträumt haben wir all dies also wohl kaum." "Nein, nicht geträumt", Jane schüttelte den Kopf. "Aber sehen Sie sich ihr Knie an. Die Hose hängt dort in Fetzen herunter. Eigentlich dürfte dort nur eine tiefe, blutende Wunde vorhanden sein. Aber nichts zu sehen..." Jane lachte auf. "Sehen Sie sich meine Hand an. Gestern als wir verfolgt wurden bin ich gestürzt, die Hand hat geblutet. Jetzt ist nicht einmal eine Narbe vorhanden. " -20
Eine Weile sahen sich die beiden schweigend an, bis Frank die Reporterin an ihre Verfolger erinnerte. "Ich meine mich zu erinnern, dass die beiden Untoten uns gepackt hätten und wir gemeinsam mit ihnen den Abhang heruntergefallen wären." Jane nickte. "Genauso war es." "Wo sind dann diese... Wesen?" Er zuckte mit den Schultern und gab die Antwort gleich selbst. "Sie sind genauso verschwunden wie unsere Wunden. Keine Ahnung, was hier geschehen ist, aber ich bin der Meinung, dass es besser wäre, erst mal nach New Curnham zurückzufahren und meine Dienststelle zu informieren. " "Da mögen Sie recht haben. Was ist mit dem kleinen Mä... Frank! Wo ist das Mädchen? " Verwundert suchten die beiden die ganze Umgebung ab, doch sie konnten das Mädchen nicht mehr wiederfinden. Als sie die Suche aufgegeben hatten, machten sie sich auf den Weg zurück zu Franks Wagen. Was immer hier geschehen war überstieg ihr Vorstellungsvermögen. Jetzt war es an der Zeit, die Unterstützung der UPO anzufordern! *** Als die beiden in der Tiefe des Waldes verschwunden waren, löste sich das kleine Mädchen aus dem Schatten eines Baumes. Es blickte in die Richtung, in der die beiden Menschen verschwunden waren und schmunzelte. Dann drehte es sich zu der Gestalt um, die sich hinter ihm befand und sich noch immer im Schatten versteckte. "Nett, dass du auch hier auftauchst", meinte das Mädchen und lächelte. "Lass das!", fauchte die wütende Stimme einer Frau aus dem Dunkel. "Warum hast du das getan?" "Du weißt, dass ich nicht nur euch gehöre." "Oh ja... dieses ewige hin und her. Ich hasse es, wenn du so -21
bist! Ich wünsche, ich könnte dich töten. " "Selbst wenn du könntest - im Moment bist du ja noch nicht einmal in der Lage, zwei Menschen zu töten - du würdest es niemals wagen! Er würde es niemals zulassen..." "Ach ja?" Die Stimme der Frau überschlug sich beinahe. "Ich frage mich, ob ihm gefällt, was du hier tust - was du hier getan hast." "Dieser MacLachlan ist ihm egal. Er kennt ihn ja nicht einmal." "Und deshalb frage ich mich manchmal, ob es nicht besser wäre, ihn dazu zu zwingen, sich um solche Sachen zu kümmern. " Das Mädchen stand regungslos da und schien nicht einmal richtig zuzuhören. Da ging auf einmal eine seltsame Veränderung mit ihm vor. Die Umrisse seiner Gestalt zerflossen, setzten sich zu etwas anderem zusammen. Dieses etwas formte sich schließlich erneut zu einer menschlichen Gestalt, nur war es diesmal ein großgewachsener, junger Mann, der in Jeans gekleidet war, dazu ein grünes Shirt und eine Lederjacke trug. Die sanften Züge seines Gesichtes waren immer noch zu einem Lächeln verzogen, nur war es diesmal kein freundliches Lächeln mehr. Es war... gefährlich. "Du tätest gut daran, solche Dinge nicht in meiner Gegenwart zu erwähnen! Andere könnten sie hören", meinte er mit zischender Stimme und wandte sich ab. Vor ihm bildete sich ein Flackern in der Luft, das die Umgebung seltsam zu verzerren schien. Der Mann trat in dieses Flackern hinein und war von einem Augenblick zum anderen verschwunden. Er ließ eine wütende Sara Dyke zurück... *** Als Frank mit seinem Wagen vor dem Motel in New Curnham vorfuhr, fiel ihm gleich auf, das etwas nicht stimmte.
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Die restlichen Fahrzeuge, die er und sein Team mitgebracht hatten und ihre Ausrüstung beinhalteten, waren nun auch verschwunden. Stattdessen standen drei große schwarze Vans vor dem Motel. Frank erkannte die Fahrzeuge. Es war der Typ, den die UPO verwendete, und von denen jeder für sich absolut unauffällig wirkte. In dieser Ansammlung musste aber wohl jeder vermuten, dass es sich bei ihnen um die Wagen eines Geheimdienstes handelte. "Das ist jetzt aber nicht euer Ernst?", meinte Jane, die neben Frank saß und die Vans ebenfalls bemerkt hatte. "Ihr müsst euch wohl jeden Klischees bediene n?" Frank lachte auf. "Genau dasselbe dachte ich auch gerade. Ich weiß auch nicht, wem solche Sachen immer einfallen..." Das Lächeln verschwand so schnell aus seinem Gesicht, wie es gekommen war, als er bemerkte, dass jemand aus dem Motel auf die Strasse getreten war. Es waren fünf uniformierte Männer, jeder mit einer großkalibrigen Waffe, die nun auf Frank und Jane zukamen. Der Schriftzug "FBI" auf ihren Jacken war deutlich erkennbar. "Mr. MacLachlan?", rief einer der fünf Männer ihnen zu. Er kam näher, wartete keine Antwort ab und fuhr fort: "Sie werden bereits erwartet..." *** Man brachte Frank und Jane in einen kleinen Speisesaal, der von den FBI-Typen komplett abgeriegelt wurden. Frank hatte Jane inzwischen zu verstehen gegeben, dass es sich bei ihnen wohl nicht wirklich um FBI-Agenten handelte. Seine Vermutung wurde bestätigt, als er erkannte, wer ihn erwartete. "Commander?", begrüßte er den Mann, der an einem Tisch saß und einige Unterlagen studierte. -23
Der Mann sah auf, als er angesprochen wurde. Kritisch musterte er Frank und Jane und hob die Augenbraue, als er ihre Kleidung bemerkte. "Sie beide sind wohl in Schwierigkeiten gekommen." Es war keine Frage. Der Commander, Jane schätzte ihn auf etwas über fünfzig Jahre, wandte sich an Frank. "Wir haben Sie bereits vermisst, Agent MacLachlan. Ihr Team hat uns berichtet, dass Sie sich in den Wäldern umgesehen haben. Ich erwarte Ihren Bericht in zwei Stunden und werde danach mit meinen Männern alle nötigen Schritte unternehmen. Sie und Mrs. Cardigan", er drehte sich zu der Reporterin um, "werden noch heute Abend nach New York zurückreisen. Sie haben hier gute Arbeit geleistet und werden im Hauptquartier alles weitere erfahren. " Janes fragenden Blick konnte Frank nur mit einem Schulterzucken beantworten. Er wollte auch dem Commander keine weiteren Fragen mehr stellen, denn dieser schien nicht gewillt zu sein, ausführlichere Antworten zu geben. Die beiden verabschiedeten sich und verließen den Raum. In Jane begann sich langsam aber sicher Unruhe breit zu machen. Sie fragte sich, was sie wohl in New York erwartete... *** Am nächsten Morgen saßen Frank MacLachlan und Jane Cardigan in einem New Yorker Bürohochhaus, das, wie Frank erklärt hatte, das Hauptquartier der UPO beherbergte. Nach unzähligen Sicherheitskontrollen waren die beiden in ein Büro geführt worden, wo man sie erst mal alleine gelassen hatte. Frank konnte sich das alles auch nicht erklären und kam auch gar nicht dazu, Vermutungen anzustellen. Bisher hatten sie nur gehört, dass die Operation der UPO in den Wäldern New Curnhams abgeschlossen war. Spuren, von denen der Verfolgungsjagd abgesehen, hatte man keine neuen mehr gefunden, die Leiche Phil Newmans war nicht mehr aufgetaucht. Franks Geschichte konnte anhand seiner -24
Beschreibungen allerdings in den wesentlichen Punkten bestätigt werden. Die Tür des Büros öffnete sich und herein trat ein kleiner, vollbärtiger und etwas untersetzter Mann, dem seine Brille den Anschein eines Lehrers verlieh. Nacheinander ging er zu Jane und Frank und stellte sich vor. "Mein Name ist Don Ortega, ich bin Ihr neuer Commander." Mit einem Ächzen setzte er sich in seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch an dem Frank und Jane saßen. "Sie haben vielleicht schon von mir gehört", wandte er sich an Frank. "Ihr früherer Partner Phil Newman hat einige seiner Einsätze unter meiner Leitung durchgeführt." Frank nickte. "Was ist mit Commander Gibson? " "Sie sind nicht weiter ihm unterstellt. Ihr Aufgabenbereich wurde anderen Special- Agents zugeteilt. Sie, Mr. MacLachlan und Sie, Mrs. Cardigan, werden von nun an für mich arbeiten. " "Ich?", schrie Jane auf. Ortega lächelte. "Ganz genau. Sie werden verstehen, dass wir Sie nach den letzten Ereignissen und allem, was Sie gesehen und gehört haben, nicht mehr in Ihren normalen Job zurückkehren lassen können. Das tut mir einerseits leid für Sie, andererseits bin ich mir sicher, dass sich Ihre neue Aufgabe nicht sonderlich von Ihrer bisherigen unterscheiden wird." Während er sprach nahm er eine Akte zur Hand, die auf seinem Schreibtisch gelegen hatte. "Sie haben in Ihrem Beruf scheinbar bereits an Mordfällen gearbeitet und haben ebenfalls Erfahrung mit diversen Kampfsportarten. Die besten Voraussetzungen für unseren Job. Sie werden bei uns in den nächsten Wochen ein entsprechendes Training genießen dürfen, das Sie für alle Herausforderungen wappnen wird." Jane starrte Ortega ausdruckslos an und brachte kein Wort über die Lippen. "Ist das ein Problem für Sie?", fragte der Commander als er -25
ihren Blick bemerkte. Die Reporterin schluckte leer. "Nein, ich denke nicht", brachte sie dann zögerlich hervor. "Nun gut", fuhr Ortega fort. "Was jetzt folgt dürfte sogar Mr. MacLachlan neu sein. Unsere Organisation ist zwar auf internationale Verbrechensbekämpfung spezialisiert, aber dies ist nicht ihre einzige Aufgabe. Der eigentliche Zweck der UPO, und dies ist noch geheimer als ihre Existenz, ist der Kampf gegen die Mächte des Bösen." Ortega atmete tief durch. "Sie werden mir nach dem, was Sie gesehen haben, nicht widersprechen. Es gibt das, was wir gemeinhin als das Böse bezeichnen. Und es ist aktiv. Mr. Newman hat ab und an einige Aufträge in dieser Richtung für uns erledigt, Sie, Mr. MacLachlan, sind meines Wissens erst ein oder zwei Mal mit übernatürlichen Sachen konfrontiert worden. " Frank nickte. Ortega lächelte zufrieden. "Sehr gut. Wir werden sehen, was geschehen wird. Die nächsten Wochen werden sicher nicht einfach sein, aber wie heißt es so schön - aller Anfang ist schwer." Als Frank und Jane das Büro Ortegas verlassen hatten, blickten sie sich nur stumm an. Es war Frank, der schließlich auflachte. "Auf in den Kampf, Jane! Es gibt viel zu tun..." E N D E Dämonenjäger Frank MacLachlan erscheint im Internet unter http://www.maclachlan.de zum kostenlosen Download. Band 1: "Angriff der Untoten" Serie: Jake T. Magnus Exposé: Jake T. Magnus Autor: Jake T. Magnus Alle Rechte vorbehalten. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist zufällig und unbeabsichtigt. © 1999-2001 by Jake T. Magnus Print-Version: -26
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