John Montana
Apachen kennen kein Erbarmen Apache Cochise Band Nr. 13 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barba...
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John Montana
Apachen kennen kein Erbarmen Apache Cochise Band Nr. 13 Version 1.0
Prolog Man nannte die Apachen Barbaren, Wilde und Massenmörder. Waren sie das? Über alles, was in dieser Welt geschieht oder früher einmal geschah, kann man so oder so urteilen. Um objektiv zu sein, kann an dieser Stelle nur von Unbefangenen ein Widerruf dieser Meinung über die Apachen erfolgen. Unser Nachruf, sozusagen eine verspätete Ehrenrettung dieses großen, stolzen und kämpferisch veranlagten Volkes, das von der Steinzeit »über Nacht« in eine erbarmungslose Zivilisation versetzt wurde, die sie nicht begriff, wie auch die Umstände, die zum Untergang der roten Rasse führten. Man kann sagen, die damaligen Weißen und Mexikaner waren alles andere als weitblickend, eher nur von einer hyperhumanen Art, die dem Prankenschlag eines Panthers glich. Bei den meisten Weißen war die Ausrottung der Indianer eine beschlossene Sache, honoriert durch Prämien für einen Apachen-Skalp. Dachten und handelten die weißen Einwanderer mit ihrer mitgebrachten zweitausendjährigen Kultur alle richtig, Kultur und Zivilisation, gemessen an der der Apachen? Oder bewegten sie sich in der klischeehaften Vorstellung des Militärs vom »toten Indianer, der ein guter ist«? Mitnichten. Zum Teil gab es vorausschauende und mitfühlende Männer in der Army, die aber wegen ihrer »Humanitätsduselei« nicht zu Wort gelangten, aber den Untergang der roten Rasse voraussagten und mit den Indianern fühlten. Nicht alle waren sie ein Colonel Chivington, ein abenteuerund beförderungssüchtiger George Armstrong Custer. Fest steht aber, daß der Massenmord an der indianischen Rasse von
vielen Amerikanern heutzutage bagatellisiert und, wenn die Sprache darauf kommt, mit einer lässigen Handbewegung abgetan wird. Auch die in wissenschaftlichen Disziplinen denkenden Amerikaner können einen Rückblick auf die Zeit nach 1850 nur schwer vertragen. Man sieht die in den Wüsten und Gebirgen vegetierenden Stämme Arizonas nicht, und das beruhigt den Durchschnittsamerikaner ungemein, weil er das ökologische Harakiri, das man mit dem Land und seiner Urbevölkerung trieb, nicht mit ansehen muß. Zugegeben, die Stämme der Indianer, besonders die Apachen, betrieben zu keiner Zeit Vorratswirtschaft, ausgenommen die seßhaften und Ackerbau treibenden Pueblos im Westen von Neumexiko und in den nordöstlichen Bereichen Arizonas. Lag hier der Untergang der roten Rasse begründet? Sicherlich nicht, denn kein nomadisierendes Volk in Europa, Asien oder Afrika konnte sich mit Vorratshaltung befreunden. Gingen sie unter? Nein, sie gingen auf in den Völkern, deren Gebiete sie okkupierten. Auch andere negative Aspekte – in den Augen der Weißen – kann den Apachen nicht abgesprochen werden. Sie waren nun einmal Naturkinder, einfache Nomaden in einem riesigen Kontinent, der ihnen alles bot, was sie zum Leben brauchten. Zu allen Zeiten war daher für die Apachen die Welt noch in Ordnung. Erst als der weiße Mann mit seinen überlegenen Waffen, mit Schnaps und seiner verfeinerten Kultur und seinen ansteckenden Krankheiten kam, legte sich das große graue Leichentuch über die Stämme und Sippenverbände. Ganz bestimmt wäre vor 100 und mehr Jahren möglicherweise vieles ganz anders gekommen, wenn unter den Militärs und in der Regierung in Washington nur ein einziger Mann mit entsprechendem Weitblick und ohne Ressentiments gegen die rote Rasse gewesen wäre.
Es hat nicht an klardenkenden und verantwortungsbewußten Leuten gemangelt, aber sie hatten nicht die Stimmengewalt im Kongreß, die dazu notwendig gewesen wäre, den Indianern zu ihrem Recht zu verhelfen. Es ist nicht Aufgabe dieser Einleitung, anzuklagen und zu richten, denn niemand von uns kann sagen, daß er es womöglich hätte besser machen können. Sie alle in der damaligen Zeit – Rote wie Weiße – waren Kinder einer harten und erbarmungslosen Epoche, und sie waren Bewohner einer rauhen Umwelt. Die Serie APACHE COCHISE mit ihrem wahrhaft großen Häuptling Cochise als Held ist die im Wesen und Charakter authentische Aufzeichnung amerikanischer Geschichte, die in Romanform für den deutschen Sprachraum noch nicht oder nur in Kurzform gebracht wurde. Die guten und schlechten Weißen, die anständigen Apachen und die grausamen tauchen namentlich in der Story auf und geben der Geschichte einen dramatischen, wenn auch makabren Hintergrund. Ihr Martin Kelter Verlag.
*** Heißer Wind der Gila strich über den Hügel, fächelte das Grün der Blätter der Husache- und Zapotesträucher, die den Hang bedeckten, und umspielte den einsamen Mann, der hoch aufgerichtet, stolz und reglos auf seinem gescheckten Pony verharrend, in den Talkessel hinunterblickte, hinter dessen Umzäunung, nahe der Quelle, die flachen Bauten der JWRanch lagen. Die Sonne brannte auf seiner dunklen Haut, ohne daß er ihre Kraft zu verspüren schien. Die schlanken Gerten des Gesträuchs, vom Wind getrieben, streiften seinen muskulösen Körper, als suchten sie dieses reglose Monument zum Leben zu erwecken. Cochise… Seit Stunden verharrte der Häuptling der ChiricahuaApachen dort oben. Nur in seinen dunklen Augen funkelte es. Sie nahmen jede Bewegung auf, die sich im Tal vollzog, registrierten sie und hielten sie in Gedanken fest. In grenzenloser Geduld, die weder Zeit noch Raum kannte, wartete der Jefe auf seine Chance. Seine Gedanken verweilten in der Vergangenheit, berührten Naretana, seinen Bruder, und seine Neffen Yadalanh und Giannahtah, deren schmählicher Tod John Ward, der Rancher, zu verantworten hatte. Der Zeitpunkt, eine Schmach zu tilgen, war gekommen, der Augenblick wohl kaum günstiger, wo Naiche und seine Krieger Captain Freemans Flynings Squadron, die Miliz, aus dem Paß ins Apachenland lockten, um mit ihnen ein gefährliches Spiel zu treiben. Ein unheimliches Glimmen trat in Cochises Augen, als er Jesusa Martinez erkannte, Wards mexikanische Gefährtin, die
leichtfüßig zum Gatter hinübereilte, eines der Pferde sattelte und es zum Haupthaus führte. Ohne Zweifel wollte der Rancher sein Anwesen verlassen, um zur Station oben im Apachen-Paß zu reiten oder dem Wagentreck entgegenzuziehen, der mit Vorräten und Gerätschaften bestückt, auf dem Wege zur Ranch war. Ein grimmiger Zug grub sich in Cochises Mundwinkel, als er John Ward unter dem flachen Vordach entdeckte, der, seine parfleche über dem Arm hängend, nun die wenigen Stufen hinunterschritt, wo Jesusa Martinez mit dem gesattelten Pinto wartete. Unbewußt berührte Cochises Rechte das breite Schlagbeil im Gurt, als sein Todfeind, wohl in melancholischer Anwandlung, die schlanke Taille des Weibes umfaßte und sie fest an sich drängte. Für Jesusa sollte es die letzte Berührung jenes Mannes sein, mit dem sie in familiären Verhältnissen lebte. John Ward löste sich nach wenigen Sekunden von der Frau, hing seine lederne Falttasche ans Sattelhorn und schob seinen Karabiner in den Scabbard. Er blickte über den weiten Hof zu den Stallungen hinüber, in deren Schatten zwei Männer mit kräftigen Axthieben Holz für den Wintervorrat schlugen, rief ihnen etwas zu und schwang sich in den Sattel. Ein drahtiger, muskulöser Typ, der sich wohl seiner Haut zu wehren wußte und sicher keine Auseinandersetzung mit dem Jefe zu scheuen brauchte. Cochises dunkle Augen blitzten, alles in ihm spannte sich. Das nun plötzlich maskenhaft wirkende Gesicht nahm einen grausamen Zug an, als der Rancher durch das offene Tor ins Tal ritt. Einige Minuten noch verharrte der Chiricahua-Häuptling wie eine Statue, und nur für den Bruchteil einer Sekunde verschwendete er einen Gedanken an Hellauge, seinen Blutsbruder Thomas Jeffords.
»Sheek-Asay wird mich verstehen«, murmelte er im Selbstgespräch, ehe er sein Pony wandte und durch das dichte Gebüsch lenkte. Das Tier trabte den wildbewachsenen Hügel hoch. Von der Kuppe aus sah Cochise den einzelnen Reiter, der ostwärts durch die sanften Dünen zog, die zum breiten Arroyo führten, an dessen Höhe die Poststation lag. Die Sonne stand im Zenit, als Häuptling Cochise einen Weg wählte, der ihn irgendwann an diesem Tag zu dem verhaßten Weißauge führte. * »Was sucht der Tarahumari in der Stadt?« John Haggerty, Chiefscout General Howards, dem die militärische Befehlsgewalt im Südwest-Territorium unterstellt war, mit einer besonderen Order auf dem Weg zum Fort Buchanan, trat näher ans offene Fenster des Büros und betrachtete nachdenklich den Reiter auf scheckigem Mustang, der, sein übermüdetes Pferd an grober Zügel führend, die ausgefahrene Main Street von Tombstone heraufzog. Interessiert trat U.S. Deputy Marshal Andrew Marley an Haggertys Seite. Er bemerkte den stoischen Gleichmut des Indianers, den die Menschen am Straßenrand wenig interessierten. »Sie kennen ihn, John?« fragte Marley. Ihn beunruhigten die pöbelhaften Rufe einiger Leute auf der anderen Straßenseite. »Nicht persönlich.« Haggerty zuckte unbehaglich mit den Achseln. »Er ist ein Tarahumari, Scharfschütze von Colonel Cerraza aus Chihuahua.« John erinnerte sich an seine Begegnung mit dem mexikanischen Rauhbein vor längerer Zeit, und er wußte, daß Colonel Terraza seit Jahren wie der Teufel hinter Victorio her war, dem Mimbrenjo-Häuptling, ohne daß er ihn je hatte erwischen können. »Ich möchte wetten,
er ist geschickt worden, um den Mimbrenjo-Häuptling zu suchen.« »Victorio?« Marshal Drew Marley runzelte die Stirn. »Ich denke, der lebt in der San Carlos Reservation?« Haggerty lachte verbittert. »Er benutzt die Reservation als Zuflucht, wenn es ihm im Süden zu heiß wird, Marshal. Doch immer wieder zieht es ihn nach Mexiko. Victorio haßt nicht nur uns Weißaugen, seine Feindschaft richtet sich auch gegen die Greaser. Kommen Sie, Marshal.« John Haggerty trat durch die offenstehende Tür zum Treppenaufgang. Von der gegenüberliegenden Straßenseite flogen Steine, die den Pinto des Scharfschützen trafen, ohne daß es ihn aus der Ruhe brachte. Haggerty winkte ihm zu, und Marshal Marley kam die Stufen hinunter, überquerte die Fahrbahn, um die Störenfriede zur Raison zu bringen. Der Indianer führte sein Pferd näher. Er trug weichgegerbtes Lederzeug und um die Hüfte einen breiten Gurt mit einem hängenden Holster. Seine Beine waren mit Mokassinstiefel bekleidet, und über der Schulter trug er eine Sharps. Im breiten Gurt, nicht sichtbar für den Scout, steckte eine starke Klinge, die als Wurf- oder Schlagmesser geeignet war. Sein Stirnband zeichnete ihn als Tarahumari-Indianer aus. Seine Bewaffnung war wohl auch der Anlaß für den Ärger der Bürger von Tombstone. Der Indianer verharrte am Stepwalk. Haggerty sah dessen markant geschnittenes Gesicht und die kalten dunklen Augen, die nie einen Gedanken verrieten, und lauschte Marshal Marleys zornigem Baß, der weit über die Straße hallte. »Sehr kühn, in diesem Aufzug eine Stadt der Bleichgesichter zu betreten, Tarahumari«, begann John Haggerty das Palaver. »Du bist hier nicht in der mexikanischen Provinz und reitest
nicht im Schutze von Colonel Terrazas Armee.« Der Indianer blickte ihm gelassen entgegen. Er schien Haggerty zu mustern. Der Gesetzeshüter stand drüben am Straßenrand. Er hielt seinen mächtigen Langläufer in der Faust und schoß einige Kugeln über die Hitzköpfe hinweg in die Fassade einer Adobehütte und drohte mit lauter Stimme, jeden Aufwiegler, den er erkannte, mit einer Geldstrafe zu belegen. Irgendwie schien sein Donnerwetter gewirkt zu haben, denn murrend und schimpfend zogen sich die Leute in eine Gasse zurück. Marley kam mit wuchtigen Schritten heran. Sein Blick, der den Indianer traf, war voller Zorn. »Du bist die Herausforderung in Person, Rothaut. Dein Auftauchen bringt Unruhe in die Stadt. Gib mir dein Gewehr und deinen Gurt.« Der Tarahumari lächelte kühl. Es war eine Geste, die tatsächlich einer Herausforderung gleichkam und den Stolz bewies, der den Mann beherrschte. »Meine Waffen, mein Pferd und ich sind eins. Ich bin Bote meines Commandantore mit einer Botschaft für General Einarm. Niemand hat das Recht, meine Waffen zu fordern, auch nicht der Mann mit dem Blechschild auf der Brust.« »Enjo«, sagte Haggerty, um den aufkommenden Streit zwischen dem Marshal und dem Tarahumari zu schlichten, »ich heiße John Haggerty und bin ein Vertrauter General Howards. Vielleicht kann ich dir helfen.« Der Indianer nickte gelassen. »Ich kenne dich. Die Chiricahuas nennen dich Falke, und du bist ein Freund des Jefe. Wenn du mir helfen möchtest, führe mich zu General Einarm. Es ist eine wichtige Botschaft, die Colonel Terraza deinem General durch mich übermittelt.« John Haggerty dachte an seine eigene Mission, die ihn nach Fort Buchanan führte. Er schüttelte den Kopf.
»Ich werde dir eine Karte zeichnen, nach der du das Hauptquartier des einarmigen Generals finden wirst. Den Weg dorthin mußt du dir allein suchen. Komm ins Office.« Der Tarahumari band sein Pferd an den Hitchrack und folgte den beiden Männern. Haggerty zeichnete in kurzen Umrissen den Weg ins Headquarters und reichte das Papier dem Boten. »Wenn du dein Ziel erreichen möchtest, Mauricio«, sagte er nachdenklich, »dann solltest du Städte wie diese meiden. Man mag hier keine bewaffneten Indianer, schon gar keine mexikanischen. Das ist der gute Rat eines Freundes, Mauricio. Vergiß ihn niemals.« Zum erstenmal schien die Rothaut amüsiert zu lächeln. »Ich bin gewohnt, auf mein Leben zu achten. Ich werde es auch zu schützen wissen.« Seine Hand streifte das große Holster, aus dem ein abgegriffener Kolben ragte. Als Mauricio in Begleitung von Haggerty und Marshal Marley die Straße betrat, spielten ein paar Jungs am Gehsteig. Hinter den offenen Fenstern der gegenüberliegenden Häuser sah John Haggerty ein paar neugierige Gesichter. »Es ist verdammt ruhig hier, Marshal. Zu ruhig für eine Stadt, die Tombstone heißt.« Sein Blick streifte den Tarahumari, der seelenruhig sein Pferd bestieg, ohne Abschied den Fahrweg hochtrabte und hinter der Biegung verschwand. »Irgend etwas geht hier vor, Marley. Ihre Streithähne und Raufbolde lassen sich nicht sehen. Vielleicht suchen Sie Ihre Gehilfen, Marley, und geben dem Boten eine Wegstrecke Geleit.« »Er sagte, er wäre in der Lage, sich selbst zu schützen, Mr. Haggerty. Weshalb sollte ich mich ihm aufdrängen?« »Es muß eine wichtige Botschaft sein, die Colonel Terraza veranlaßte, einen Boten auf die lange Strecke von Chihuahua nach Arizona zu senden, denn Terraza ist kein Mann großer
Worte, Marshal Marley«, erwiderte der Chiefscout. »Denken Sie darüber nach, Marley.« Als John Haggerty kurze Zeit später aufbrach, sah er, daß der Sternträger einige seiner Deputys zusammengerufen hatte. Während er die Town hinter sich ließ, richtete er seinen Blick auf den mächtigen Gebirgszug der Chiricahua Mountains, in dessen jenseitigem Schatten Fort Buchanan am Apachen-Paß lag. Und er fragte sich immer wieder, was Colonel Terraza General Howard Wichtiges zu unterbreiten hatte. * Lautlos wie ein langgestreckter Schatten löste sich der sehnige Körper aus der Spalte des Felsens, flog pfeilschnell zehn Yards durch die Luft, ehe er mit geschmeidiger Bewegung den Reiter anfiel und mit der Kraft eines Pumas den Mann aus dem Sattel riß. John Ward, der gemächlich durch die schmale Felsschlucht trabte, die zum Apachen-Paß führte, nahm die reflexhafte Bewegung wahr, und rein instinktiv zuckte seine Rechte zum Colt. Noch während des heftigen Zusammenpralls und des unweigerlichen Sturzes vom Pferd gelang es ihm, die Waffe zu ziehen und abzufeuern, ohne daß die Kugel ihr Ziel erreichte. Eng umschlungen stürzten sie auf den harten Fels. Nur den lähmenden Augenblick des Schmerzes spürend, wurde sich der Rancher der tödlichen Gefahr bewußt, in die er geraten war, denn nun, Auge in Auge mit dem Gegner, erkannte er in dem Angreifer Cochise, den Chiricahua-Häuptling, mit dem ihn unversöhnliche Feindschaft verband. »Bastard!« schrie Ward, während er alle Kraft sammelte, um sich vom sehnigen Körper des Apachen zu lösen, was schließlich gelang, weil der Häuptling urplötzlich hochschnellte und ihn auf die Beine riß.
Cochises Linke umspannte Wards rechte Revolverhand. Der Schuß krachte, hallte vielfach verstärkt als rollendes Echo durch die Schlucht, begleitet vom schrillen Diskant des Querschlägers, der über das rauhe Gestein ratschte und sich irgendwo verlor. Cochises blitzschnelle Körperdrehung schien den Schußarm des Farmers aus dem Gelenk zu drehen, denn der höllische Schmerz entlockte Ward einen gellenden Schrei. Seine Finger spreizten sich, und der Colt fiel klirrend auf den Fels. Noch während Cochise niedersank, um sich der Waffe zu bemächtigen, schnellte ihm Wards harte Stiefelspitze entgegen und traf den Jefe am Kinn. Wie ein Bogen, der sich spannt, riß Wards Fußtritt den Gegner hoch. Cochise schlug gegen die Felswand. »Du dreckiger Indianerbastard«, fauchte der Rancher zornig. Vielleicht dachte er einen Moment lang an Felix, Jesusas Indianermischling, den Pinalapachen geraubt hatten. Seine Hand erreichte den Colt, und noch im Hochrucken schoß er aus der Hüfte auf den Häuptling John Ward galt als zielsicherer Schütze, und wohl nur der Umstand, daß er voll ohnmächtigen Grimms steckte, nahm seiner Hand die Treffsicherheit. Die Rundkugel zerplatzte dicht neben Cochises Schädel auf einer Felsnabe. Einen zweiten Schuß verhinderte Wards Pinto, der nervös und unruhig tänzelnd zwischen beiden Kontrahenten trabte und mit dem Körper unbewußt den Jefe schützte. »Verdammt, hau ab, du Biest«, heulte der Rancher in höchsten Tönen und stieß dem struppigen Gaul die Stiefelspitze in die Flanke. Erschreckt von der unfreundlichen Haltung seines Herrn, stieg der Pinto wiehernd auf die Hinterhand und galoppierte den Schluchtweg entlang. Ward hielt grollend den gespannten Revolver in der Faust, um den Kampf unproblematisch zu beenden. Aber dort, wo
Cochise noch vor Sekunden gestanden hatte, gähnte ihn nackter Fels an. Nur seitlich schlugen Büsche, und das schwankende Geäst ließ erkennen, welchen Weg die Rothaut genommen hatte. Ward fuhr herum, und ohne an die Folgen zu denken, jagte er Schuß um Schuß ins Gesträuch, bis die Trommel leer war. Das häßliche Knacken des Hammers, der auf eine leergeschossene Patronenhülse schlug, machte dem Rancher klar, daß er einen Fehler begangen hatte, denn im gleichen Augenblick, als er den Colt senkte und die Trommel seitlich aus der Führung kippte, schälte sich der berühmte Häuptling in voller Größe aus dem Busch. Sehnig, mit kräftigen Schritten, wirbelte Cochise heran. Sein Tomahawk schwang über seinem Schädel. Sein Schrei war wie das Aufbrüllen eines angreifenden Pumas, und in Cochises Augen erkannte Ward den Willen zum Töten. Zornig schleuderte er die wertlos gewordene Waffe dem Apachen entgegen, ehe er sich zur Flucht wandte und mit weit ausgreifenden Schritten seinem Pferd folgte, das etwa 100 Yards entfernt stehengeblieben war und den Weg hochblickte. Ward erkannte bald, daß Cochise schneller war. Unmittelbar darauf saß der Häuptling ihm im Nacken, während sein Atem kurz und stoßweise ging. Und zum erstenmal fürchtete John Ward, der sich im Töten stets hervorgetan hatte, den Tod, denn er wußte von der grausamen Erfüllung, die Cochise anstrebte, und einem langen schmerzhaften Ende, das er zu erwarten hatte. Noch während des Laufes gelang es dem Rancher, das schwere Messer aus dem Gurt zu ziehen. Es war zwar die unterlegene Waffe gegen Cochises scharfen Tomahawk, aber es gab ihm eine winzige Hoffnung, denn die Tatsache, daß der Apache kaum fünf Schritte in seinem Schlagschatten eilte, ohne das Kriegsbeil zu benutzen, ließ John Ward erkennen, daß Cochise ihn nicht von hinten, sondern von Angesicht zu
Angesicht töten wollte. Er ist es wohl seinem Bruder schuldig, dachte der Rancher in einem Anflug schwarzen Humors. Nun, wo alle Hoffnung schwand, seinen Pinto und den Stutzen im Scabbard zu erreichen, stellte Ward sich zum Kampf. Unvermutet bremste er die Schritte, wirbelte blitzschnell um die Achse und spannte den Arm zum Stoß. Doch Cochise beherrschte jeden Muskel seines Körpers. Fast aus dem Lauf heraus stand er, schob die Beine auseinander und fintete mit dem langstieligen Tomahawk. Seine Bizeps zuckten, und das kräftige Muskelspiel seiner Schultern und Beine ließ erkennen, welch ungewöhnliche Kraft in diesem Mann steckte. Er überragte Ward fast um Haupteslänge. »Zastee!« rief Cochise und meinte wohl, daß er nun seinen Gegner töten wollte. »Du wirst bezahlen, Weißauge – für meine Neffen Yadalanh und Giannahtah und für den Tod Naretanas, deren Seelen erst Eingang ins Reich des Großen Geistes finden, wenn dein Blut unsere Erde tränkt.« John Ward hielt die wuchtige Klinge abwehrbereit in der Faust. Nun, wo er dem Tode von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, wurde er frei von aller Furcht, und er sagte sich: einer von uns beiden wird es überleben, du oder ich, Apache. Das Schicksal soll es bestimmen. Dennoch war so viel Zynismus in Ward, daß er höhnisch erwiderte: »Nach dem Tod gibt es nur ein Dunkel, Cochise, und das ist die Hölle. Warum suchst du mich als Gegner? Warum nicht andere, die größere Schuld am Tod deiner Verwandten tragen?« Stolz warf der Jefe den Kopf in den Nacken, ehe er antwortete: »Nach dir werde ich Lieutenant Bascom finden. Mit deinem und seinem Tod verlöscht mein Haß, und die Seelen meiner
Verwandten werden Frieden im Reich der Glückseligkeit finden. Wehre dich, Weißauge!« Der Häuptling schnellte einen Schritt vor. Sein Tomahawk durchschnitt, einem Blitzschlag gleich, das Dämmerlicht und zerfetzte nur Wards leeres Holster, weil der Rancher diesen Angriff erwartet und durch eine Körperdrehung den tödlichen Schlag abgefangen hatte. Im gleichen Moment zuckte die bewehrte Hand des Ranchers Cochise entgegen, streifte dessen Schulter und riß eine tiefe Wunde in den Oberarm des Jefe. Der wich instinktiv zurück. Für einen Augenblick schien er überrascht zu sein von der Stärke seines Gegners, der aufs neue auf ihn eindrang und das schwere Schlagmesser wie eine Keule benutzte. Messer und Tomahawk schlugen klirrend gegeneinander, und für Sekundenbruchteile waren ihre Gesichter so dicht zusammen, daß sie den tödlichen Haß des jeweils anderen in den Augen lesen konnten. Ihre Muskeln spannten sich, und die Mordwerkzeuge bebten unter den Anstrengungen ihrer Körper. Da stieß Ward mit gemeinem Fußtritt die Stiefelspitze in Cochises Magen. Fast gleichzeitig drehte er sich aus der Richtung. Die Schneide des Beils zuckte über Wards Kopf hinweg, und noch in der Bewegung erwischte der Rancher die Waffe am Schaft. Alle Kraft zusammennehmend, entriß Ward Cochise das Kriegsbeil, das vier Yards weiter auf den nackten Fels fiel und sich kurz drehte. Der Jefe wich seitlich aus, als Wards Messer heranflog. Eine gewandte, blitzschnelle Drehung brachte ihn aus dem Stoßbereich der Klinge und verhinderte eine schwere Verletzung. Der Häuptling setzte zum Sprung an, um den Tomahawk zu erreichen, doch der Rancher war schneller. Mit einem gewaltigen Fußtritt beförderte er den Tomahawk tief ins
Gebüsch. Leicht vorgebeugt, mit glänzenden Augen, grinste Ward den Jefe an. Er fühlte sich stark und überlegen, als er den Gegner höhnisch anbrüllte: »Nun komm schon, du großer Häuptling, das Tor in die Ewigen Jagdgründe steht weit offen! Deine verdammten Verwandten erwarten dich mit offenen Armen.« Cochises rechte Hand zuckte zur Hüfte, wo sein leichtes Jagdmesser steckte. Doch ihm wurde klar, daß er es nicht schaffte. Sein gesunder Arm schoß vor, als Ward nahe genug heran war. Seine sehnige Faust umspannte Wards Handgelenk, während er gleichzeitig seinen linken Arm um die Taille des Angreifers schlang. Der Apache schien den Schmerz nicht zu spüren, den die klaffende Wunde in der Schulter verursachte. Er preßte den Gegner fest an seinen Körper, so daß er von dessem Atem gestreift wurde. »Zastee!« zischelte Cochise wütend, während sie gemeinsam stürzten und kämpfend über das Felsband rollten. »Zastee! Ich werde dich töten!« John Ward erkannte die körperliche Überlegenheit des Indianers, der wie eine eiserne Klammer seinen Arm umspannte, und zu seinem Entsetzen mußte Ward eingestehen, daß seine Kraft nachließ, obwohl er rittlings auf dem Apachen saß, wobei seine Schenkel Cochises Leib umspannten. Am wilden Feuer seiner Augen erkannte Ward, daß der Häuptling vom unlöschbaren Willen beseelt war, ihn zu töten. Du oder ich… Noch einmal dachte Ward, wie erschreckend nüchtern und klar das Ende sein konnte. Der Farmer stemmte den Oberkörper hoch, bekam mit beiden Händen das Messer zu fassen und schob die Schneide mit letzter Kraft auf seinen Gegner zu, ohne zu merken, daß die Schenkelklammer sich lockerte.
Unbewußt registrierte Ward, daß Cochises Widerstand zu erschlaffen schien. Er verlor den Halt, und mit einer wirbelnden Bewegung, einer zuckenden Schlange gleich, riß Cochise seinen Oberkörper beiseite, hob mit den Schenkeln die Last. John Ward fiel seitlich über die Schulter und verlor die Balance. Der Stoß seines Messers änderte die Richtung, so daß beim Aufprall seines Körpers auf den Fels die breite Klinge in seine Brust fuhr… Der gellende Schrei des Unglücklichen wehte wie Totengesang über die Bergwelt hinweg, kam als vielstimmiges Echo zurück. Röchelnd versuchte Ward sich aufzurichten. Und während Cochise, nun von der Last des Gegners befreit, wie eine Feder auf die Beine schnellte, durchlief den Rancher, der zum Mörder an Naratana, Yadalanh und Giannahtah geworden war, ein letztes Zucken. Ein seufzender Atemzug kam über seine Lippen, dann streckten sich seine Glieder. Unbeweglich, die Arme vor der Brust verschränkt, verfolgte Cochise den Todeskampf des verhaßten Mannes. Kein Ausdruck in seinem Gesicht verriet seine Gedanken, und dennoch war der Jefe innerlich bei seinen Verwandten. Er sah den Verräter, sah seinen Neffen Yadalanh und Giannahtah und seinen Bruder Nartana und dachte, daß sie sich bald im Reich der Toten begegnen würden. Im Wechselbild sah er einen jungen schneidigen Offizier in Leutnantsuniform, der ebenso wie Ward mit tiefer Schuld belastet war. Erst Bascoms Tod vermochte Nartana und dessen Söhnen den Weg ins Reich der ewigen Sonne zu öffnen. Cochise wandte sich ab und suchte auf dem Fels im Gesträuch seinen Tomahawk. Ohne den Toten eines Blickes zu würdigen, schritt er das
Felsband hinunter zu dem Pinto, der mit hängenden Ohren dürftig wachsendes Gras zupfte. Der Häuptling löste Sattel und Zaumzeug und scheuchte mit einigen Schlägen auf die Kruppe das Tier davon. Noch einmal berührte Cochise Wards Weg, als er sein Pony suchte. Aber auch diesmal schritt der Apache mit verächtlicher Miene an dem Toten vorbei. * Marshal Andrew Marley lauschte beunruhigt den belfernden Schüssen, deren Echo verzerrt über die fernen Hügel wehte. Er sah im Borstengras die breite, niedergetrampelte Spur, die direkt zu jener Hügelgruppe führte, in der die Schüsse fielen. Seine Gedanken waren bei dem Tarahumari, den nach eigenen Angaben eine wichtige Botschaft in das Zeltlager General Howards führte, als er wütend seinem Gaul die Absätze in die Flanken schlug. »Vorwärts!« rief er seinen vier Gehilfen zu. »Wenn Back und diese verdammten Heißsporne in der Stadt glauben, die Gesetze in die eigene Hand nehmen zu können, sollen sie das Fürchten lernen.« Drew Marley war ein harter Gesetzeshüter, vom eisernen Willen beherrscht, die bestehende Ordnung im SüdwestTerritorium aufrechtzuerhalten. Weit vornübergebeugt saß er im Sattel, und während er wachsam der Spur folgte, zog er seinen Karabiner aus dem Scabbard. Als sie die Senke vor dem Hügel erreichten, kam Shane, einer seiner Deputys, heran, und deutete nach Westen, wo eine dunkle Wolke aus dem Grasland wallte, die sich schnurstracks auf sie zu bewegte. »Wir bekommen Besuch, Marshal.« Marley wandte den Kopf, dann sah auch er die Staubfahne. »Chiricahuas«, brummte er, »oder Mimbrenjos.«
Dabei dachte er an diese verdammten Rothäute, die von Tag zu Tag dreister wurden, Ranches und Postkutschen überfielen und kleinere Settlements plünderten. Im Apachenland brodelte es sozusagen, und mancher Siedler in der Ebene suchte bereits Schutz in den befestigten Städten. Shane, der Mühe hatte, dem Marshal zu folgen, rief lautstark: »Es sind Captain ›Lion‹ und seine Miliz. Etwa dreißig Reiter kann ich erkennen.« »Freeman?« Marley schien mehr erschreckt als erfreut, als er an diesen Mann dachte, der in Tombstone die Bürgerwehr befehligte. Freeman und sein Frontier Bataillon, wie er es großspurig nannte, waren Indianerhasser, deren brutale Attacken dazu beitrugen, daß die Spannungen zwischen Weißen und dem roten Volk immer stärker wurden. Für den ehemaligen Offizier war ein toter Apache ein guter Apache. Obwohl seine Übersicht und der Schneid seiner Miliz manches Leben gerettet hatten, war er ein unruhiger Pol im Südwest-Territorium. Die Staubwolke bewegte sich in der Talsenke, als Marshal Marley den Hügel hochsprengte. Noch immer fielen Schüsse. Von der Höhe aus sah er die Schützen und Freemans Bataillon, die sich bei den langgestreckten Buschgürtel vereinten. Er erkannte den hageren Texaner an dessem langen braunen Haar. Ohne Zweifel ließ »Lion« Bill Freeman sich von Back den Grund des Gefechtes erklären, denn nach einer Weile waren die Befehle zu hören. Die Miliz stieg ab und verteilte sich. Marshal Marley trieb sein Pferd vorwärts, um Freeman zu erreichen, ehe ein Unheil geschah. Wenn der ehemalige Captain schon in einem toten Indianer einen guten Indianer sah, so erkannte er in einem bewaffneten Indianer eine Herausforderung.
»Captain!« schrie Marley von weitem, als Freeman seine Miliz ausschwärmen ließ. »Halten Sie um Gottes willen Ihre Leute zurück, ehe ein Unglück passiert! Es ist Wahnsinn, was Sie tun.« Captain »Lion« drehte sich um. Er erkannte den heranstiebenden Marshal, zwirbelte emsig die grauen Enden seines Schnurrbarts und wartete, bis der Sternträger aus dem Sattel sprang. Dabei grinste er. »Wollen Sie erleben, wie wir einen Indianerbastard vierteilen oder durchs Feuer ziehen, Marshal? Es wird kein netter Anblick für Sie sein.« »Der Mann, den Back jagt, steht unter dem Schutz des Militärs, Freeman«, erwiderte Marley heftig. »Colonel Terraza schickt ihn mit einer wichtigen Order zu General Howard. Ich hoffe, Sie widersetzen sich nicht militärischen Anordnungen.« Freeman rümpfte die Nase. Während seine Hand durch die Büsche zum nahen Felshang deutete, sagte er wütend: »Er ist ein dreckiger Indianer, der eine Waffe führt. Er hat zwei Bürger Ihrer Stadt erschossen. Dafür werden wir ihn hängen.« »Der Mann denkt an seine Aufgabe und wehrt sich seiner Haut.« Freeman winkte verächtlich ab, sog tief die Luft in die Lungen, ehe er lächelnd antwortete: »Wenn er eine wichtige Botschaft für Einarm mitführt, werden wir in der Lage sein, sie General Howard zu übermitteln.« Freeman wandte sich an seine Miliz. »Leute«, befahl er schnarrend, »aufsitzen! Wir rennen die Stellung des Bastards einfach nieder.« Marshal Andrew Marley hielt seinen schweren Colt in der Faust, mit dem er Freeman bedrohte. »Sie zwingen mich, Sie niederzuschießen, Captain, wenn Sie den Befehl nicht widerrufen«, sagte er grimmig. Freemans eisgraue Augen berührten Marley mit einem
spöttischen Blick. Ohne auf die Waffe zu achten, bestieg er sein Pferd. »Sie schaffen sich Feinde, Marley. Mich niederzuschießen, würde Ihren Tod bedeuten. – Vorwärts, Leute!« rief er im nächsten Moment mit befehlsgewohnter Stimme und zog den Säbel aus der Scheide. »Zur Attacke – Galopp!« Marley stand hilflos mit seinem Colt da, als die Reiter des Frontier Bataillons durch das Buschwerk brachen und mit lautem Geschrei den gegnerischen Standort angingen. Back, ein junger Taugenichts aus Tombstone, der den TarahumariIndianer selbstsüchtig verfolgte, grinste unverschämt. »Captain ›Lion‹ wird Ihnen den Bastard vor die Füße werfen, Marshal. Er weiß mit diesem Gesindel umzugehen.« Der Gesetzeshüter preßte die Lippen zusammen und blickte über die Sträucher hinweg, wo die Reiterschar in breiter Front den Felsbuckel erreichte, ohne daß auch nur ein Schuß gefallen war. Er sah, daß die Reiter wild umherstrichen und Freeman schließlich ein Zeichen gab. Sie zogen den Hang hinunter und hoben zwei Tote aus dem Gras, die sich bei der Auseinandersetzung mit dem Tarahumari-Scharfschützen zu weit vorgewagt hatten, und kehrten zum Ausgangspunkt zurück. »Er ist uns durch die Lappen gegangen«, sagte Freeman wütend, als seine Miliz die Toten ins Gras legte, »aber er wird uns nicht entkommen. Wir werden die Felsgruppe umstellen und ihn aushungern.« Marleys Blick wanderte von den Toten zu Freeman und dann wieder zum jenseitigen Berg hinüber. Hoch oben, am Ende des gewundenen Pfades, der über den Sattel führte, erkannte der Marshal Mauricio, der stolz wie eine Bronzestatue auf seinem Mustang saß und zu ihnen herunterstarrte. Andrew Marley lächelte Freeman an, während er auf den Indianer deutete. »Lassen Sie sich die Zeit nicht zu lang werden, Freeman. Ich
glaube, der Tarahumari ist schlauer als Ihr ganzes Bataillon.« Während er sein Pferd wandte, sah er den Taugenichts an. »Wir sprechen uns in Tombstone wieder, Back. Es wird eine harte Aussprache. Das verspreche ich dir.« Marley gab seinen Gehilfen ein Zeichen und zog den Hügel hinauf. Als er einmal zurückblickte, erkannte er, daß Freeman seine Miliz formierte. Dabei dachte er, daß Captain »Lion« ein verdammt harter Bursche war und Mauricio eine Botschaft bei sich hatte, die vielleicht für General Howard von Bedeutung sein konnte. * Im Apachen-Paß stieß John Haggerty auf eine Patrouille, die den gewundenen Weg kontrollierte. Sie war auf dem Rückmarsch nach Fort Buchanan. Der Chiefscout schloß sich ihnen an. In der Dämmerung erreichten sie die Befestigung, und nachdem Haggerty sein Pferd einem jungen Soldaten übergeben hatte, suchte er das Headquarters auf. Colonel Brigham schien Johns Eintreffen bemerkt zu haben, denn als Haggerty die Diensträume betrat, füllte der Colonel gerade zwei Gläser. »Willkommen in Fort Buchanan, Lieutenant«, sagte Brigham, sprach Haggerty also mit seinem Dienstgrad an, den die Armee ihm wegen seiner Verdienste als Scout verliehen hatte. »Es ist gut, wieder mal einem Freund zu begegnen.« Er reichte Haggerty das Glas. »Kommen Sie zufällig durch den Paß, oder wollen Sie zu Cochise? Der scheint sein Versprechen zu halten, Haggerty, denn Butterfield-Überlandkutschen erreichen seit Wochen unbeschadet Tucson. Vielleicht fühlt er sich seinem Freund Jeffords gegenüber verpflichtet. Jeffords, so besagen die Gerüchte, soll der neue Postmeister der Butterfield Overland in Arizona sein und gleichzeitig seine
Ernennung zum U.S. Post-Inspektor erhalten haben. Eine große Ehre für den Mann aus New York.« John Haggerty lächelte, während er sich auf dem Sofa niedersetzte, der Aufforderung des Colonels folgend. »Man erinnert sich an höherer Stelle des Mannes, der sich um den Frieden in diesem Land bemüht, Colonel. Ich kenne niemanden, der die ihm gestellten Aufgaben besser lösen könnte.« »Thomas Jeffords träumt von dem großen Frieden, den es niemals geben wird, Lieutenant. Doch erzählen Sie mir, was Sie in diese Einsamkeit führt.« »Bascom«, antwortete John trokken. »Lieutenant Bascom?« Colonel Brigham gab sich erstaunt. »Spricht man von ihm in General Howards Zeltlager?« »Nicht gerade das Beste, Colonel.« Haggerty nahm einen tiefen Schluck. Während Colonel Brigham die Gläser nachfüllte, berichtete John von Bascoms Versagen während der Suche nach Felix, John Wards Jungen. Von seiner unerlaubten Härte, die zur Tötung angesehener Chiricahua-Häuptlinge geführt hatte. »Lieutenant Bascom fehlt jede Erfahrung im Umgang mit den Chiricahua-Apachen, Colonel. Das, was er in West Point gelernt hat, ist hier kaum von Bedeutung. Yadalanhs und Giannahtahs Tod wird Cochise nicht tatenlos hinnehmen. Es dürfte zu einer Tragweite führen, deren Konsequenzen nicht abzusehen sind. Wer weiß, vielleicht wird morgen oder übermorgen keine Postkutsche mehr Tucson erreichen, und in einer Woche schon kann es zum großen Blutvergießen kommen.« »Sie meinen, Lieutenant Bascom sei eine Gefahr für dieses Land?« Haggerty lächelte. »Das Leben im Apachengebiet bedeutet ständige Gefahr, Colonel. Bascom paßt nicht hierher. Dieser Meinung ist auch General Howard, mit dem ich lange über Bascom gesprochen
habe. Der General hält es für sinnvoll, den Lieutenant anderweitig einzusetzen, nämlich da, wo sein Eifer weniger Folgen hat.« »Ist das ein Befehl?« fragte der Kommandant verärgert. »Nein, ein Vorschlag des Generals. Schicken Sie Bascom unter irgendeinem Vorwand nach Fort Apache, Colonel. In der San Carlos Reservation kann er kein Unheil anrichten. Außerdem wäre der Lieutenant Cochises Zugriff entzogen.« Colonel Brigham war zum Fenster getreten. Er sah im Dämmerlicht eine Abteilung, die in die Bastion geritten kam. In der Platzmitte zog eine Gruppe Uniformierter auf, die sich vor dem Fahnenmast gruppierten. »Kommen Sie, Haggerty, draußen beginnt die abendliche Zeremonie.« Als sie durch die offene Tür auf die Veranda traten, blies der junge Hornist kräftig in sein Horn. Während lautstarke Befehle ertönten, wurde das Sternenbanner eingeholt. Lieutenant Bascom näherte sich in strammer und zackiger Haltung dem Kommandeur und erstattete Meldung. Colonel Brigham salutierte. »Bascom ist kein schlechter Offizier«, sagte der Colonel, als der Lieutenant sich entfernte. »Noch jung und unerfahren, doch…« »… stur nach militärischen Regeln handelnd«, unterbrach John Haggerty den Kommandanten. »Nicht beweglich, wenig selbständig, ohne klare Entscheidungsgewalt. Und nicht zuletzt wurde er im elterlichen Hause dazu erzogen, jede fremde Hautfarbe zu hassen. Alles dies trägt dazu bei, daß er ein Mann ohne Toleranz ist.« »Ein junger Mann.« »Sie sollten sich General Howards Vorschlag überlegen, Sir«, erinnerte Haggerty den Colonel. Als sie Brighams Dienstraum betraten, erschien Lieutenant Tapper, der die zuletzt eingerittene Patrouille geführt hatte,
zum Rapport. Er berichtete, daß es in der Ebene nichts Besonderes gegeben hatte und sie während des Rittes auf keine Apachen gestoßen waren. »Aber wir fanden einen Toten in der Primar-Schlucht, Sir. Es ist Farmer John Ward, dessen Anwesen zehn Meilen vom Fort entfernt liegt.« »Ward?« John Haggerty wechselte einen kurzen Blick mit Colonel Brigham, ehe er um Erlaubnis bat, den Toten sehen zu dürfen. Der Scout kam nach wenigen Minuten zurück. Er hielt das schwere Schlagmesser in der Faust, das Ward getötet hatte. Colonel Brigham merkte, daß der Scout ihn allein sprechen wollte. »Es ist gut, Tapper«, sagte er deshalb, »legen Sie Ihren Bericht schriftlich nieder.« Lieutenant Tapper grüßte, machte kehrt und verschwand. »Was gibt es?« wollte Brigham wissen. Er sah die Unruhe in Haggertys Gesicht, während er das blutverkrustete Messer auf den Schreibtisch legte. »Sie denken an etwas Bestimmtes, Lieutenant?« »Es sind die gleichen Gedanken, die auch Sie hegen, Sir. Es deutet nichts auf Wards Mörder hin, aber mein Gefühl sagt mir, daß Cochise den Verräter gerichtet hat.« »Das heiße im Klartext, Bascoms Leben ist in Gefahr.« »Im Augenblick wohl kaum. Cochise wird sich in die Berge zurückgezogen haben, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Aber dann, Si…« »Ich werde Bascom in den nächsten Tagen in Marsch setzen, Lieutenant Haggerty. Aber es dürfte Bascoms Stolz empfindlich treffen.« Colonel Brigham durchquerte grübelnd den Raum. »Es wird zu seinem Wohle sein, Colonel. Vielleicht wird er es später verstehen.« »Wir wollen morgen darüber sprechen.«
Haggerty verabschiedete sich. Der Weg war lang gewesen und hatte ihn ermüdet. Im Offiziersheim fand er Unterkunft. Er sah Bascom, der an einem Tisch saß und fachliche Bücher studierte. * Als Haggerty in der Nacht erwachte und durch das offene Fenster blickte, erkannte er Colonel Brigham, der unruhig hinter dem erleuchteten Fenster seines Dienstzimmers auf und ab lief. Am Morgen ließ der Kommandant ihn rufen. »Schreiner füllt gerade Bascoms Marschpapiere aus, Haggerty. Sie reiten nicht zufällig in die San Carlos Reservation?« John erahnte Brighams Sorgen, die ihm eine Nacht den Schlaf geraubt hatten. Er dachte an den weiten Ritt durch die Gila Desert und schüttelte den Kopf. »Ich habe eine traurige Mission in Santa Magdalena zu erfüllen, Sir. Millers Freundin Lily – Sie erinnern sich vielleicht an den gräßlichen Foltertod Millers – wartet auf eine Nachricht des Freundes. Miller war auch mein Freund, Colonel, ich bin es ihm schuldig.« Als Haggerty am Vormittag den Außenposten verließ, stand Lieutenant Bascom wütend am offenen Tor des Forts. »Meine Versetzung verdanke ich wohl Ihnen, Haggerty, und Ihrem Indianerfreund Jeffords. Ich konnte es mir fast denken, als Sie hier aufkreuzten. Aber diese Schweinerei werde ich Ihnen nicht vergessen.« John Haggerty lächelte über die Drohung. »In der San Carlos Reservation werden Sie die Not und das Elend erleben, mit dem diese Menschen leben, Bascom. Vielleicht finden Sie dort heraus, worauf der Haß der roten Rasse basiert.«
Der Chiefscout lockerte die Zügel und ritt an dem jungen Lieutenant vorbei auf die Paßstraße zu. Ein langer und nicht gerade angenehmer Weg lag vor ihm. Und wenn er an Lily, das Tanzmädchen in Santa Magdalena, dachte, hatte er es gar nicht eilig. Lily erfuhr noch früh genug, wie gräßlich ihr Freund gestorben war. * Drei Tage und zwei Nächte lauerte Häuptling Cochise nahe der Quelle vor Fort Buchanan. Er erlebte John Haggertys Einzug ins Fort und den Tag, als der Falke nach Norden über die Paßstraße ritt. Er war von stoischem Gleichmut und grenzenloser Geduld, die seiner Rasse eigen war. Was bedeutete schon ein Tag, wo er der Rache so nahe war? Er lebte von Beeren und den bitteren Früchten des Mesquitestrauches, pflegte die tiefe Schnittwunde im Oberarm mit heilenden Kräutern und verbrachte viele Stunden im stummen Gebet mit seinen Göttern. Am dritten Tag, als holos, die Sonne, ihre Kraft in verschwenderischer Helle in die Weite des Tales warf, sah er, daß unten im Fort eine Patrouille ihre Vorbereitungen zum Ausritt traf. 20 Reiter zählte Cochise, die durch das weite Tor in östlicher Richtung den Paß hinunter trabten. Offensichtlich war das offene Apachengebiet ihr Ziel. Trotz der Entfernung erkannte der Jefe Lieutenant Bascom, der auf einem starkknochigen Wallach an der Seite Lieutenant Tappers ritt. Cochises Augen leuchteten, als die Patrouille, in eine Staubwolke gehüllt, hinter der Wegbiegung verschwand. Mit einem letzten Blick zu den trutzigen Mauern Fort Buchanans, glitt er wieselflink durch das Dickicht zu seinem Mustang, der
abseits in einer schmalen Schlucht graste. Bascoms Weg war auch der seine, und irgendwann in den nächsten Tagen sollten sich ihre Fährten treffen. Der Apachen-Paß und das daran anschließende weite Land war Cochises Heimat. Seit seiner Jugend durchstreifte er jagend die weite Einsamkeit. So kannte er auf 100 Meilen im Umkreis jede Wasserstelle, jede Schlucht und jede Abkürzung, die aus dem Chiricahua-Bergmassiv in flache Gegenden führte. Cochise wählte die Schlucht, in der seit Tagen sein Pferd graste, legte dem Pinto ohne Eile Zaumzeug und Decke auf und führte ihn südwärts durch die vielen Windungen des Arroyos. Mit stoischem Gleichmut zog er dahin. Einmal auf dem Rücken des Pintos sitzend, dann wieder das Pferd am losen Zügel führend, schonte er die Kraft seines Tieres, weil er nicht wußte, welche Strecke er noch vor sich hatte. Am späten Nachmittag stieß Cochise aus der schmalen Schlucht in den weiten Arroyo, der sich nach etwa 20 Meilen in den Plains verlor. Der Weg bestand aus losem Gestein und magerem Grasbewuchs. Tumbleweedsträucher, vom sanften Wind getrieben, rollten durch die Gegend. Skelettbäume ragten aus dem Boden. Organosfelder, Distelhaine und mächtige Kerzenkakteen veränderten ständig das landschaftliche Bild. Schroff ansteigende Felsgebilde, von Jahrtausenden geformt, gewaltigen Monumenten gleich, hoben sich vom diffusen Licht ab. Jedes von ihnen hatte für den Apachen eine eigene Bedeutung. Den Weißaugen wiesen sie den Weg. Den Indianern dagegen waren es diese gigantischen Formationen, die ihre Götter geschaffen hatten. Irgendwo dort draußen, wahrscheinlich an der Quelle des Lush, lagerten die Soldaten. Cochise konnte sie nicht erkennen, aber der Wind, der ihm den Rauch ihres Feuers entgegenwehte, bestimmte die Richtung.
Der Häuptling führte sein Pferd in eine flache Senke, setzte sich nieder und verfolgte den Lauf der Sonne, deren Schein die jenseitigen Bergkämme berührte und breite Schatten in die Ebene warf. Die Nacht kündigte sich an. Seine Gedanken waren bei den Göttern, und im Gebet suchte er Kraft und Stärke, Klugheit und Mut und ihr Wohlwollen für den bevorstehenden Kampf mit dem verhaßten Weißauge Bascom. Er erinnerte die Götter an die Verbrechen des Todfeindes und bat gleichzeitig um barmherzige Aufnahme der Seelen seiner ermordeten Neffen. So gestärkt vom Gebet, erhob sich Cochise, schob sein Kampfwerkzeug – Messer, Tomahawk und Rothautschleuder – hinter den Gurt und glitt mit lautlosen, federnden Schritten in die Dunkelheit. Nach einer Meile entdeckte er das flache Feuer in der Senke. Buschiges Grün umschloß die Quelle, an der die Soldaten sich niedergelassen hatten. Er sah ihre Pferde im Seilcorral und hörte ihr Gelächter. Cochise kroch, tief geduckt am Boden, näher, und ehe er im dichten Gebüsch untertauchte, klangen die Schritte des Wachtpostens auf, der ahnungslos, kaum eine Armlänge entfernt, nun langsam an ihm vorüberschritt. Wie leicht wäre es ihm gefallen, diesen Mann zu töten. Aber sein Besuch galt Lieutenant Bascom, der beim Feuer auf einer verrotteten Zebrachwurzel saß und mit Lieutenant Tapper eine erregte Unterhaltung führte. Cochise kroch näher heran. Kein Zweig bewegte sich, kein Laut verriet seine Gegenwart. Ihre Stimmen wurden deutlicher, so daß der Jefe jedes Wort verstand. Er hörte, daß Bascom auf dem Weg zur San Carlos Reservation war und die Patrouille ihn bis zur Basis der GilaWüste begleiten sollte. Diese Informationen änderten Cochises Absichten, einfach in ihr Lager einzufallen, den Feind mit dem Messer zu erledigen
und anschließend zu fliehen. Die Gila ist groß und gnadenlos. In ihrer endlosen Weite wollte er Bascom begegnen und dessen Tod in jeder Phase erleben. »Haggerty hat meine Versetzung veranlaßt«, hörte der stille Lauscher Bascoms zornige Stimme. »Er füchtet, daß Cochise an mir Rache nimmt. Wie lächerlich ist doch die Vermutung, daß ich einen Wilden fürchten könnte. Ich bin Soldat und verstehe zu kämpfen. Was sucht ein Mann wie George N. Bascom in der Reservation zwischen stinkenden, faulenden Apachenbastarden? Erkläre mir das, Tapper, womit habe ich das verdient?« »Ein Befehl ist ein Befehl, Bascom«, erwiderte Tapper ausweichend. Er kannte die häßliche Geschichte von Bascom und Cochises Neffen. »Wir sind Soldaten und haben zu gehorchen. Letzten Endes ist es gleich, wo du deinen Mann stehst.« Bascom stocherte in der Glut, daß die Funken hochflogen. »Ich bin Frontier-Soldat, Tapper, und keiner dieser korrupten Reservationsagenten. Ich will kämpfen. Deshalb werde ich mich beim General zum Rapport melden und meine Rückversetzung nach Fort Buchanan anstreben. Bei dieser Gelegenheit werde ich General Howard meine Meinung über den Apachenfreund Haggerty darlegen, dem die Chiricahuas sogar mit einem ihrer Namen behangen haben: Falke. Daß ich nicht lache. Einen Geier würde ich ihn nennen, der sich im Hauptquartier einschmeichelt und es gleichzeitig mit Apachenweibern treibt.« Cochise lächelte in Gedanken, während er sich lautlos zurückzog. Er wußte nun, was den Falken nach Fort Buchanan getrieben hatte. Falke war ein kluger Mann, der der Zeit voraussah und die Seele der Chiricahuas kannte. Er wußte, daß Cochises Herz voller Haß und Trauer war und einen Weg suchte, den Tod seiner Verwandten zu rächen.
Aber Haggerty kam zu spät. Bascoms Schicksal war besiegelt. Lautlos wie ein Schatten bewegte sich Cochise durch die Nacht, und als er sein Lager erreichte, drängte er zum sofortigen Aufbruch. Er brauchte nicht mehr der Patrouille zu folgen, er kannte den einsamen Trail, der durch die Gila-Wüste zur San Carlos Reservation führte. * »Leute«, rief Captain Freeman vom Podium herunter, das seine Helfer auf dem Parktplatz vor der Kirche aufgebaut hatten, »wie soll das weitergehen? Das Militär spricht von Friedensbestrebungen zwischen Regierung und den Apachenstämmen. Sie schicken Boten hin und Boten her, halten großes Palaver und trennen sich ohne Ergebnis. Tatsache aber ist, daß dieses Land immer wilder und mit jedem Tag gefährlicher wird. Chiricahuas und Mimbrenjos überfallen Handelskonvois, Postkutschen, Farmen und Ansiedlungen. Indianerbastarde reiten bewaffnet wie Soldaten in unsere Stadt, als wären sie die Herren im Lande. Der Rothaut ist es verboten, Waffen zu tragen, so bestimmte es das Gesetz. Doch was geschieht, Leute, offen vor unseren Augen? Das Gesetz schützt Kannibalen wie diesen Tarahumari, der zwei unserer besten Freunde erschossen hat. Und die Folge? Der Marshal steckt unbescholtene Bürger von Tombstone wegen Landfriedensbruchs oder ähnlicher Vergehen ins Jail. Sollen wir weiter all diese Auswüchse dulden, als wären wir Memmen?« »Tod den Chiricahuas!« brüllte jemand. »Tod den Mimbrenjos!« rief ein anderer geiernd. Die Meute, die das Pult umstand, geriet in Bewegung. »Tod allen Apachen!« schrien sie nun im Chor, und Freeman rieb sich zufrieden die Hände.
»Männer von Tombstone«, rief er, als der Lärm abebbte und seine Stimme Gehör fand, »worauf warten wir also? Nehmt eure Pferde, eure Waffen und verproviantiert euch ausreichend! Wenn das Militär unsere Städte, die Verbindungswege und unsere Siedler nicht beschützen kann, werden wir es selbst in die Hand nehmen.« Sein Arm deutete auf die Reiter, die am Straßenrand mit ihren Pferden standen. »Die Männer des Frontier Bataillons haben in mehreren Schlachten bewiesen, daß die Apachen zu besiegen sind. Aber wir sind nicht genügend ausgerüstet, um ihre Apacherias niederzubrennen, sie mit Blei und Feuer hinunter nach Mexiko zu treiben, um endlich den ersehnten Frieden zu finden. Wer also einen Karabiner bedienen kann und den nötigen Mut aufbringt, der möge sich in einer Stunde auf dem Marktplatz einfinden. Wir reiten tief in die Plains und zeigen es den roten Teufeln…« Wieder tobte die Menge, aufgestachelt von Captain »Lions« feurigen Reden. Dann verteilten sie sich. Marshal Marley, der die Geschehnisse vom Office aus verfolgte, war sich über die ungeheure Tragweite von Freemans Handeln im klaren, denn wenn es dem gelang, die Miliz zu verstärken und in weiteren Towns neue Anhänger zu gewinnen, so daß sein wilder Haufen zu Kompaniestärke anwuchs, würde Arizona bald von grausamen Auseinandersetzungen heimgesucht, und kein Siedler war mehr seines Lebens sicher. Andrew Marley löste sich aus dem Schatten des Vorbaudaches, ging mit weit ausgreifenden Schritten Freeman entgegen, der mit grimmiger Miene vom Pult gestiegen war und unterwegs zu seinen Leuten war. »Mr. Freeman«, sagte Marley scharf, als sie sich begegneten, »Ihr Kriegsgeschrei führt zur offenen Auseinandersetzung zwischen Rothäuten und den Weißen. Sie erkennen wohl nicht
die Folgen Ihrer Absichten, die dahin führen, daß sich die verfeindeten Apachenstämme vereinen und mordend und brandschatzend durchs Land ziehen werden. Warten Sie's ab, keine Siedlung wird mehr vor ihren Übergriffen sicher sein. Kein Reisender wird ungeschoren das Apachenland durchqueren können. Und das nur, weil Ihre Arroganz und Selbstverherrlichung nach dem Glorienschein verlangt.« Captain Freeman betrachtete den Sternträger mit verächtlichem Blick. »Es ist nicht das erste Mal, daß wir gegen das Gesindel ziehen, Marshal Marley«, entgegnete er dann scharf, »und es ist nicht der erste Sieg, den wir erringen.« »Bisher trat Ihre Miliz nur in Aktion, wenn weiße Siedler gefährdet waren. Nun sind Sie der Angreifer.« »Wo liegt da der Unterschied, Marshal? Sie oder wir, einer ist immer der Angreifer. Aber Sie werden sich dieses Tages erinnern, wenn wir das rote Pack über die Südgrenze getrieben haben und Arizona aufblühen wird.« »Ich werde General Howard von Ihren Absichten orientieren.« »Das ist Ihre Sache…« Freeman sah nun, daß aus allen Straßenzügen Männer zum Marktplatz geritten kamen, um mit Freemans Miliz auf »Jagd« zu gehen. Alte und junge Leute, manche kaum vierzehn Jahre alt und noch schulpflichtig. Der ehemalige Captain stand am langen Tisch, den man aus der nahen Kneipe geholt hatte, und überprüfte die Rekrutierung der Neuen. Nach einer Stunde war die Aktion abgeschlossen. Freeman bereitete den Aufbruch vor. Da sie längere Zeit unterwegs sein würden, brauchten sie Handpferde und Vorräte für wenigstens eine Woche. Das alles ließ er zusammentragen, und am späten Nachmittag brach das Frontier Bataillon in einer Stärke von 30 Reitern auf. Marshal Marley stand am Stepwalk und blickte schweigend hinter der Truppe her. Böse Ahnungen beschlichen ihn, denn er
wußte, daß Freemans eigenmächtiger Feldzug endgültig den Bruch zwischen Cochise und den Weißen bedeutete. »Johns«, sagte er zu seinem Deputy, der vom Fenster aus ebenfalls den Abmarsch der Miliz beobachtete, »sattle dir ein schnelles Pferd und reite in General Howards Zeltlager! Berichte, welche Absichten Freeman hat. General Howard ist der einzige, der den verrückten Captain stoppen kann, ehe es zur Eskalation kommt. Verdammt«, fluchte er plötzlich los, »dieser Narr glaubt, mit dreißig Mann die Apachen aus ihrem Land vertreiben zu können.« * Lieutenant George N. Bascom hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein durch diesen heißen Wüstenstreifen zu reiten. Tags zuvor, als er einmal unwillkürlich zurückgeblickt hatte, glaubte er in der schillernden und flimmernden Luft einen Reiter auf einem der flachen Hügel gesehen zu haben. Für einen Augenblick nur, dann war dieses Bild wieder verschwunden gewesen. Der Offizier hatte es als Halluzination, als ein Zerrbild hingenommen, das die glühende Sonne und die kochende Erde hervorrief und schon manchen Wanderer in dieser Region getäuscht hatte. Dennoch unterließ er es, in der Nacht ein Feuer zu entzünden, dessen weithin leuchtender Schein ungebetene Besucher hätte anlocken können. Vor einer Woche hatte er sich von Lieutenant Tapper und dessen Patrouille getrennt und war allein weitergezogen. Seit diesem Zeitpunkt war ihm keine Menschenseele begegnet. Nur einmal war er auf einige ausgebrannte MurphyFrachtwagen gestoßen, die Mark Billing geführt hatte, ehe Apachen den Treck überfallen und ausgeplündert hatten und erst später Hilfe aus Tombstone gekommen war. Der feine Sand hatte bereits Teile der Wracks verdeckt.
Am Morgen hatte er am Wasserloch ein verlassenes Lager einer Apachengruppe passiert, die einige Zeit in der Wüste gelebt hatte, wie die zurückgelassenen Zeltstangen ihrer Wickiups bewiesen, doch der Wind hatte alle Spuren verwischt. Daraus hatte Bascom geschlossen, daß die nomadisierenden Apachen etwa vor zwei Wochen weitergezogen waren. All diese Dinge beschäftigten ihn, als er entschlossen einem der Monumentfelsen entgegenstrebte, von deren Höhe das Land weithin zu überblicken war. Lieutenant Bascom wollte sich Klarheit verschaffen, ob sich noch Fremde in der Gegend aufhielten. Er sah nichts, er hörte nichts, aber er spürte instinktiv, daß etwas um ihn vorging, dessen Folgen er nicht erkannte. Die Vision, die er tags zuvor hatte, verwarf Bascom, an ein Irrbild wollte er nicht mehr glauben. Irgendwer war ihm auf den Fersen. Ein einzelner Reiter? Ein Späher einer jagenden Apachengruppe? Vielleicht. Lieutenant Bascom führte das Handpferd in ein hohes Organosfeld, wo er es zurückließ, weil das Tier auf dem beschwerlichen Weg in die Höhe nur ein Hindernis war, und wagte den Aufstieg zum Bergmassiv. Eine Stunde lang bewegte er sich den Steilhang hinauf, bis er die senkrecht abfallenden Felshänge erreichte, deren Besteigung selbst für einen geübten Kletterer unmöglich war. Doch von hier aus hatte er einen Weitblick über den östlichen und südlichen Teil der Gila. Umständlich zog er seinen Feldstecher aus der Satteltasche und musterte die Umgebung. Bascom war peinlich genau und gewissenhaft, so, wie er es auf der Kadettenschule in West Point gelernt hatte. Aber sosehr er sich auch bemühte, etwas zu entdecken, das seine
Vermutung bestätigte, die Gila war eine leere, ausgebrannte Wüste, über der das Flimmern einer Hitzeglocke hing. Nur im Südwesten sah er das glitzernde Band des Santa Cruz. Am Nachmittag stieg er mit ziemlich gemischten Gefühlen talwärts und schrieb den schnöden Verdacht der Einsamkeit zu, die ihn belastete. Er war es gewohnt, mit Menschen zu leben, und nun ritt er bereits vier Tage allein, die gleiche Zeit etwa, die er noch brauchte, um die Grenze der Reservation zu erreichen. Als er das Kakteenfeld erreichte, blieb er überrascht stehen. Sein Handpferd war verschwunden. Es mußte sich losgerissen haben, wie die Spuren im tiefen Sand zeigten. Bascom nahm es gelassen hin, weil er glaubte, den Bastard von einem Gaul bald einholen zu können. Doch dann fand er andere Spuren im Sand. Flache Abdrücke, die ohne Zweifel von weichen Indianerstiefeln stammten. Sie verliefen an der Seite des Tragtieres nach Westen, direkt ins wellige Hügelland. Dann hatte er doch recht behalten. Irgendeine Rothaut war ihm nachgeschlichen und hatte den günstigen Augenblick genutzt, sein Versorgungspferd zu stehlen. Diesem räuberischen Apachenpack werde ich Beine machen, dachte Bascom zornig und trieb dem Wallach die Sporen in die Flanken. Der Dieb hatte etwa drei Stunden Vorsprung, den Bascom bald aufzuholen gedachte. Er schonte weder sich noch den Wallach, der im gestreckten Galopp durch die Wüste preschte. Im Dämmerlicht sah er einen Reiter, weit voraus auf einem Hügel verharrend, so, als wollte er den Verfolger verhöhnen. Für einen Moment bremste er die schnelle Gangart seines Pferdes, blickte durch den Feldstecher und musterte den einsamen Mann, der sein – Bascoms – Handpferd mitführte. Es war ein großer stattlicher Typ, den er auf die Entfernung hin nicht erkennen konnte. Aber er erinnerte ihn an Cochise.
Ein Gedanke, den Bascom jedoch sofort wieder verwarf. Der Häuptling hatte sich nach dem Mord an Rancher Ward in die Berge zurückgezogen und weilte wohl in seiner Apacheria, bis Gras über die Sache gewachsen war. Lieutenant Bascom verstaute sein Fernglas und lockerte die Zügel. Er war entschlossen, den Dieb nicht entkommen zu lassen. Das Land wurde unübersichtlich. Der Boden zeigte tiefe Risse. Distelwerk und die Kugelbüsche, Tumbleweeds, bedeckten die Erde. Mächtige Organoskakteen reckten sich, Orgelpfeifen gleich, gen Himmel. Dazwischen ragten, ihre grünen Arme angewinkelt, gewaltige Kerzenkakteen. Eine Insel niederer Vegetation, die in Bascom die Vermutung aufkommen ließ, daß hier, versteckt im Grün, eine Wasserstelle verborgen sein mußte. Sengende Hitze und brennender Durst verminderten seine Aufmerksamkeit, als er in den weiten Kessel des Organosbewuchses ritt, hoffend, eine Quelle zu finden. Und für Sekunden vergaß Lieutenant Bascom seine eigentliche Aufgabe: den Apachendieb zu erwischen. Um so überraschter war der junge Offizier, als er am Ende des Feldes einen Reiter entdeckte. Groß und stattlich war er, und seine dunkle Haut schillerte im Widerspiel der untergehenden Sonne. Trotz der Entfernung erkannte er den Dieb: Cochise, der Häuptling der Chiricahua- Apachen. Im gleichen Atemzug begriff er, daß es kein gewöhnlicher Pferdedieb war. Cochise hatte ihn bewußt in eine Falle gelockt. Bascom zog sein Gewehr aus dem Scabbard, und eine Serie Kugeln sirrte durch die Orgelpfeifen der Organos, dorthin, wo der Häuptling noch kurz zuvor gestanden hatte. Er traf nur das saftige Fleisch der Kakteen, denn der Indianer hatte irgendwo im Grün Deckung gefunden. »Cochise!« rief Bascom gellend vor Zorn und schob den
leergeschossenen Karabiner in den Scabbard zurück. »Zeige dich, du verdammter Bastard! Verkrieche dich nicht wie ein feiger Kojote, sondern kämpfe wie ein Mann!« Als die Antwort ausblieb, nahm Lieutenant Bascom einen neuen Anlauf, um Cochise herauszufordern. »Du wirst wissen, daß ich deine Neffen und deinen Bruder habe hängen lassen, Cochise. Ich werde auch dich aufknüpfen, an den höchsten Arm einer Kerzenkaktee. Die Geier werden bestimmt ihre Freude an dir haben.« Bascom horchte. Er registrierte die ständig wachsende Erregung, ohne daß sie hätte als Angst bezeichnet werden können. Schwacher Wind war aufgekommen, fächelte durch das Distelgesträuch und streifte die Organos. Diese fremdartigen Geräusche verschluckten den flachen Hufschlag von Cochises Mustang, der in westlicher Richtung das Gestrüpp umging und unvermutet hinter dem Offizier auftauchte. Bascom hörte nun das Stakkato tackender Hufe. Seine Rechte zuckte zur Revolvertasche, als der legendäre Häuptling auf wenige Schritte heran war und ihn niederzurennen versuchte. Der Anprall ihrer Pferde war von brutaler Härte und ließ Bascom im Sattel schwanken. Dabei verlor er den Armeerevolver, der in den lockeren Sand fiel. Fast gleichzeitig spürte er den höllischen Schmerz, den Cochises niedersausender Tomahawk an seiner Schulter verursachte. Eine unbedeutende Wunde nur, aber das warme Blut rann unter der Uniform. Bascom griff in seiner unbändigen Wut zum Kavalleriesäbel. Cochise riß etwa zehn Yards weiter mit hartem Ruck seinen Pinto herum. Wiehernd steilte das Pferd und drehte sich im Kreis. Wie angegossen saß der Jefe auf dem Mustang. In der erhobenen Faust blitzte die blutige Schneide des Tomahawks.
Seine Augen funkelten vor Haß, der Bascom klar zu erkennen gab, daß Cochise keine Gnade walten lassen würde und gekommen war, um seine Verwandten zu rächen. Der wilde Ausdruck im Gesicht des hünenhaften Häuptlings beeindruckte Bascom nicht. Auch er wollte kein Pardon geben. Und so schwang er den schweren Säbel hoch, lockerte die Zügel und ritt Attacke. Bascom war ein guter Reiter, und der harte Drill der Militärakademie hatte ihn zu einem starken Kämpfer geformt, doch schon der erste Zusammenprall zwischen Tomahawk und Breitsäbel machte dem Offizier klar, daß Cochises Kriegsbeil die vorteilhaftere Waffe war. Bascoms blinkende Klinge bog sich wie eine Feder, die singend zurückkatapultierte. Der erste Schlagwechsel ließ den Ausgang des Kampfes offen. Fast gleichzeitig zogen sie die Pferde herum, galoppierten mit unverminderter Heftigkeit aufeinander los. In Cochises Faust wirbelte das Beil. Bascoms Säbelspitze zielte zum Stoß auf den bronzefarbenen Brustkorb des Häuptlings. Jetzt, dachte der Lieutenant im stillen Triumph, und sein Stoßarm wurde starr wie eine Säule. Für Bruchteile von Sekunden sahen sie sich in die Augen, dann duckte sich der Chiricahua längs der Flanke seines Mustangs. Bascoms Stoß ging ins Leere, dafür spürte er den harten Aufprall des Tomahawks, das das Leder seines Sattels schlitzte, und schon war der Pinto an ihm vorbei. Der Wallach des Offiziers lahmte plötzlich. Er stieg schmerzhaft wiehernd auf die Hinterhand und drehte sich in wahnsinniger Schnelligkeit um die Achse. Der Lieutenant erkannte, daß Cochises wuchtiger Axtschlag den Sattel übel zugerichtet hatte und in die Flanke des Pferdes gefahren war, wo er eine tiefe Wunde hinterlassen hatte. Der Wallach war in seinem Schmerz nicht mehr zu bändigen. Er bockte, sprang und keilte nach allen Seiten aus. Er mußte
jeden Moment zusammenbrechen. Deshalb zog er die Füße aus dem Steigbügel und ließ sich einfach in den weichen Sand fallen. In diesem Augenblick knickte der Wallach ein, schlug seitlich nieder und strampelte hilflos mit den Läufen. Cochise sprengte heran. Ein wilder Schrei wehte über seine Lippen, das Kriegsbeil wirbelte in der Faust. Instinktiv rollte sich der Lieutenant in die Flanke seines Pferdes. So, im toten Winkel liegend, preschte der Gegner an ihm vorbei. Bascom griff nach dem entfallenen Kavalleriesäbel, sprang wütend auf die Beine und sah, daß der Häuptling vom Pferd geglitten war und mit federnden Schritten näher kam. Ein hünenhafter Bursche von fünfeinhalb Zoll Größe, breitbrüstig, muskulös, sehnig. Ein Bündel geballter Kraft dem Lieutenant Bascom nur seinen eigenen Mut entgegenzusetzen hatte. Cochises Adlernase erinnerte an den Schnabel eines Kondors, und die starken Zähne, die im Dämmerlicht leuchteten, wirkten furchterregend. »Holos (die Sonne) verdeckt ihr Gesicht und schickt die Geister der Nacht, die dich ins Totenreich führen, Weißauge«, rief Cochise triumphierend. »Die Stunde der Abrechnung ist gekommen!« Lieutenant Bascom wich einige Schritte zurück, als der Jefe ihn ansprang. Die Klinge seines Säbels prallte mit schrillem Ton gegen Cochises Tomahawk. Ein heller Klang, der an eine Totenglocke erinnerte. Der Schlag des Apachen war von solcher Wucht, daß es Bascom fast den Arm ausriß. Die Waffe prallte aus seiner Hand und steckte wippend im heißen Sand. Eine klaffende Wunde, von Cochises Kriegsbeil geschlagen, führte von der Schulter hinunter zur Elle. George N. Bascom spürte nicht den brennenden Schmerz. Er hörte nur Cochises wilden Schrei und dachte, daß irgendwo in der Nähe sein Armeerevolver liegen mußte. Instinktiv wandte er sich zur Flucht.
Der Chiricahua-Häuptling folgte ihm. Schnell, leichtfüßig, berührten seine Füße kaum den Boden. Bascom entdeckte den grauen Schatten im Sand. Sein Colt! Er quälte sich mit letzter Kraft vorwärts, bückte sich, hob mit der unverletzten Linken die Waffe hoch und wirbelte um die Achse. Der triumphierende Funke in seinen Augen erlosch, denn noch ehe er die Waffe in Anschlag bringen konnte, durchzuckte ein grauer Schatten die Dämmerung. Einer Lanze gleich durchstieß sein eigener Säbel, von Cochises Hand geführt, seine Brust. Nur einen Augenblick lang stand der Sterbende auf wankenden Beinen. Seine Fäuste umklammerten den glatten Stahl, und sein erlöschender Blick streifte noch einmal den Häuptling, der – keine drei Schritte entfernt – breitbeinig im Sand stand und an seine Neffen Yadalanh und Giannahtah und an seinen Bruder Naretana dachte, für die der Weg ins Große Reich der Götter nun offenstand. Ihr Tod war gerächt. Mit diesem Gedanken verlor sein Antlitz an Wildheit. Ruhe und Frieden kehrten ein, und als Lieutenant Bascom tot niederfiel, trat Cochise näher und nahm den breiten Säbel. Er wollte den Mörder seiner Neffen und des Bruders an den Uferhängen des Santa Cruz begraben und den Säbel als Zeichen seines Triumphes auf Bascoms Hügel pflanzen. * Während Freemans Frontier Bataillon einen Straffeldzug ohnegleichen führte, Rancherias und kleinere Apachendörfer in Tälern und auf Bergen niederbrannte und erbarmungslos jeden roten Mann jagte, suchte John Haggerty in Santa Magdalena tröstende Worte für Lily, das Barmädchen im »Galiuro Inn«. Es fiel ihm schwer, von Millers schrecklichem Tod zu
sprechen, weil er wußte, wie sehr die beiden Menschen miteinander verbunden gewesen waren. Seine tröstenden Worte klangen fade, drückten Hilflosigkeit aus und konnten Lilys Tränenströme nicht aufhalten. »Seine letzten Gedanken waren sicher bei Ihnen, Lily«, sagte Haggerty nach einer Weile tiefen Schweigens. Er reichte Lily sein Taschentuch. »Das hat sein Sterben erleichtert.« Wie leer seine Worte klangen. Er sah es an Lilys verzweifeltem Gesicht. Breite Tränenbäche zogen über die Haut und gruben tiefe Furchen in die Schminke. Ihre Achseln zuckten unablässig, als sie schluchzend sagte: »Tröstende Worte bringen ihn nicht ins Leben zurück. Ich kenne den Schmerz der Apachenmarter und glaube, er hat mehr an einen schnellen Tod gedacht als an ein Tanzmädchen in Santa Magdalena. Sprechen wir nicht mehr darüber, John. Das Leben geht weiter.« Sie erhob sich hastig und eilte die breite Treppe zum Obergeschoß hoch. Als sie nach einer Stunde zurückkehrte, wirkte sie beherrscht, fast gelassen. Sie bediente ihre Gäste, lachte und scherzte und schien das tragische Geschick ihres Freundes vergessen zu haben. Aber John Haggerty sah hinter ihre künstlich aufgebaute Fassade und wußte, daß Lily Miller so schnell nicht vergessen konnte. Nachdenklich verließ er den Saloon. Erst als er gemächlich durch die Town schlenderte, fiel ihm das hektische Treiben in den Straßen auf. Menschen hasteten hin und her, und als John die letzten Häuser erreichte, stellte er fest, daß Männer dabei waren, ihre Stadt zu befestigen, als erwarteten sie einen Angriff. Hier traf er auch Sam Taplin, den Bürgermeister von Santa Magdalena, der sich an den Ausbauarbeiten beteiligte. Sie
beide kannten sich von früheren Besuchen Haggertys her. »Sie rüsten, als wäre Santa Magdalena in akuter Gefahr, Mr. Taplin«, begann General Howards Chiefscout die Unterhaltung. »Erwarten Sie vielleicht einen Angriff?« Sam Taplin, der von Haggertys Diensten in der Armee wußte, lächelte verlegen. »Die Befestigung dient reinem Selbstzweck, Mr. Haggerty. Dieses verdammte Land steckt voller Überraschungen, und wenn nicht bald jemand Captain ›Lion‹ zurückpfeift, wird es mächtigen Ärger mit den Apachen geben.« »Freeman?« John Haggerty war sichtlich überrascht. »Ich denke, der verrückte Kerl sitzt friedlich in Tombstone und drillt seine Miliz?« Der Bürgermeister schüttelte heftig den Kopf. »Sie wissen nicht, daß Freeman mit seinem Frontier Bataillon durch das Südwest-Territorium reitet und den Apachen ihre Seelen aus dem Hals hetzt? Man sagt, er habe beträchtliche Erfolge. Einige Rancherias am Santa Cruz haben sie niedergebrannt und Häuptling Chatos Apacheria in der Sierra Madre angegriffen. Es soll viele Tote gegeben haben – Männer, Frauen, Kinder.« »Das sind Gerüchte, Mr. Taplin, denen man keine Bedeutung beimessen sollte«, sagte Haggerty. Dennoch war er beunruhigt, denn hinter jedem Gerücht stand erfahrungsgemäß auch ein Funken Wahrheit. Bill Freeman hatte in letzter Zeit sehr oft in Bürgerversammlungen gefordert, die Apachen alle umzubringen. Ein unbeherrschter Mann, ein Draufgänger, der glaubte, in Bürgerkriegsmanier gegen Apachen kämpfen zu können. Er, John Haggerty, hatte seine Erfahrungen mit Chiricahuas und Mimbrenjos. Er kannte ihre Kriegsführung, ihre Verschlagenheit. In offener Schlachtordnung war ihnen nicht beizukommen.
Aber wer redete vom Krieg? General Howard war im Südwest-Territorium, um einen Frieden mit den Apachen auszuhandeln. Nicht als Feldherr, sondern als ihr Freund und Berater. Mit Thomas Jeffords' Hilfe, der Cochises Freund und Blutsbruder war, bestand begründete Hoffnung auf eine friedliche Einigung aller Probleme. Und nun sollte Captain Freeman eigenmächtig handeln? »Gerüchte?« hörte John den Bürgermeister sagen. »Na, dann kommen Sie mal mit, Mr. Haggerty.« Der Townmayor legte sein Werkzeug ab und führte den Scout die Straße hoch zum Postoffice, das gleichzeitig die Telegraphenstation in Santa Magdalena war. Er machte ihn mit dem Posthalter bekannt. »Und nun, Jeff«, sagte der Bürgermeister zu dem Mann, »erzähle Mr. Haggerty, was dein Telegraph so täglich flüstert.« Er sah, daß der Postmaster zögerte. »Du verrätst kein Geheimnis, Jeff. Mr. Haggerty ist Lieutenant der Armee und zugleich General Howards Chiefscout. Außerdem ist er Mr. Jeffords' Freund, und der ist dein oberster Boß, Jeff. Eigentlich müßte Mr. Haggerty über alles informiert sein, aber er scheint blind zu sein wie Hamiltons Grubenesel in Pinos Altos.« Jeff Moran grinste. »Die alten oder die neuen Geschichten, Sam?« Nach kurzem Zögern antwortete Taplin: »Na, einfach alles, Jeff.« Er setzte sich auf einen Stuhl, weil es wohl eine langatmige Sache werden sollte. John Haggerty erfuhr nun aus berufenem Munde Dinge, die ihn zutiefst erschreckten. Freeman bewegte sich mit seiner Miliz südwärts auf Sonora zu. Es war eine böse Saat, die bald aufgehen mußte. »Captain Freeman ist wütend, seitdem er erfahren hatte, daß John Ward von Cochise umgebracht wurde. Und er tobte wie
wild, als er erfuhr, daß der Jefe einen Offizier aus Fort Buchanan ermordet hat.« »Seinen Namen?« fragte der Scout, und eine dunkle Ahnung beschlich ihn. »Basom oder so ähnlich«, berichtete der Postmaster bereitwillig. »Eine Militärpatrouille fand ihn am Ufer des Santa Cruz.« »George N. Bascom«, murmelte John Haggerty. »Cochise war also schneller gewesen.« »Sie kennen den Offizier?« fragte Taplin. »Habe ihn gekannt, ja. – Entschuldigung, Mr. Moran.« »Je weiter sich Captain Freemans Bataillon nach Süden bewegt, um so unsicherer wird es im Santa Cruz County. Cochises Chiricahuas überfallen nun ihrerseits vereinzelt stehende Farmen. Die Butterfield Company erwägt, den Postkutschenverkehr nach Tucson einzustellen, weil ihre Wagen mehrmals angegriffen wurden. Ein Gerücht besagt, Victorio, der Mimbrenjo-Häuptling, habe Cochise zu einem Palaver eingeladen. Sie werden sich denken können, worauf das hinausläuft.« John Haggerty überlegte. Cochise und Victorio waren miteinander uneins. Victorio lebte in der San Carlos Reservation, und seine gelegentlichen Raubzüge führten ihn fast ausschließlich nach Sonora oder Chihuahua. Aber da war dieser Tarahumari-Scharfschütze, dem er in Tombstone begegnet war und der behauptet hatte, eine wichtige Botschaft vom mexikanischen Colonel Terraza für General Howard mitzuführen. Lag etwa hier ein Zusammenhang zwischen Cochise und Victorio vor? Entschlossen wandte er sich an den Postmann. »Versuchen Sie, das Hauptquartier Süd-West zu erreichen. Fragen Sie an, ob General Howard anwesend ist. Erwähnen Sie meinen Namen. Wie lange wird es dauern, bis die Depesche beantwortet wird?«
»Vier Stunden, Mr. Haggerty. Mein Bericht hat Sie wohl aus der Hose gehauen?« Moran grinste, während er dem Scout Papier und Feder zuschob. »Schreiben Sie Ihren Text, Mister.« Als Haggerty einige Fragen aufgeschrieben hatte, verließ er das Postoffice. Jeff Moran pfiff leise durch die Zähne, als er den Text las. »Dein John Haggerty hat beachtliche Verbindungen, Sam Taplin. Er möchte auch wissen, wo sich gegenwärtig der Postinspektor aufhält.« Der Townmayor erhob sich umständlich. »Ich sagte dir ja, daß Jeffords sein Freund ist.« John betrat noch einmal den »Galiuro Inn«. Es war Spätnachmittag, und Lily war sehr beschäftigt. Sie trug eine bunte Schleife in ihrem brandroten Haar, und sie lächelte müde. Sie fanden kaum Zeit, miteinander zu sprechen. Als sie sich dann doch noch trafen, sagte Lily: »Sie werden die Stadt bald verlassen, John. Ich sehe es Ihnen an.« »Vielleicht, Lily. Es kommt auf die Order an, die man mir geben wird.« John verließ bald danach die Schänke. Die Straße herauf zogen ein paar hochbepackte BuckboardWagen, auf denen einige verschüchterte Frauen und Kinder saßen. Männer gingen nebenher und führten die Gespanne. Sie sprachen heftig auf Sam Taplin ein. Als der Bürgermeister Haggerty erkannte, löste er sich aus der Gruppe und kam mit langen Schritten auf den Scout zu. »Das sind Siedler vom Santa Cruz, Mr. Haggerty. Mimbrenjo-Horden haben sie gestern nacht überfallen, ihre Häuser niedergebrannt und das Vieh fortgetrieben. Sie suchen Schutz in Santa Magdalena. Verstehen Sie nun, warum wir unsere Stadt befestigen?« Haggerty nickte stirnrunzelnd. Er dachte an Freemans
Vigilanten, die Unruhen ausgelöst hatten. In seine Gedanken hinein eilte Moran atemlos die Straße hoch. Er schwenkte ein Papier in der Hand. »Mr. Haggerty«, rief er schon von weitem, »Mr. Haggerty! Ich bekomme keine Verbindung nach außen. Der Telegraph ist tot. Irgendwelche Dreckskerle haben die Leitung durchgeschnitten.« John Haggerty blickte dem Wagenzug nach. »Sie sollten Ihre Befestigungsanlage weiter vorantreiben, Bürgermeister. Es sieht nicht gut aus im Territorium.« »Und Sie, Mr. Haggerty?« fragte Sam Taplin ängstlich, »werden Sie für Hilfe sorgen?« Der Chiefscout lächelte. »Meine Macht ist nicht so groß, daß ich Ihnen Militär zum Schutz anbieten kann. Aber ich werde zum Hauptquartier reiten und General Howard bitten, daß er Freemans Treiben ein Ende setzt. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.« Während John zum Mietstall eilte, um sein Pferd zu holen, dachte er an die Unruhen, die immer wieder im Apachenland aufflackerten und dennoch zu kontrollieren waren. Dieses Mal jedoch schien es ernster zu werden, denn sollten Cochise und Victorio sich vereinen, wurde aus ihren Stämmen eine nicht zu unterschätzende Streitmacht, die eine tödliche Bedrohung aller Weißen im Südwest-Territorium bedeutete. Als John Haggerty Santa Magdalena verließ, sah er am fernen Horizont dunkle Wolken über das Land ziehen. Rauchwolken. Plündernde Mimbrenjokrieger hatten wohl die blühenden Maisfelder der Siedler in Brand gesteckt. Wie eine mächtige Brandfackel zog das Feuer über die Hügel am Santa Cruz und näherte sich der Stadt… *
Cochise hielt es nicht lange in seiner Berg-Apacheria. Seine Späher berichteten vom grausamen Treiben der Vigilanten und ihrer willkürlichen Vernichtung kleiner Apachendörfer, wie auch von der Treibjagd auf den roten Mann. Erzürnt über diese schlechten Nachrichten brach Cochise mit 50 seiner besten Krieger auf, operierte kurze Zeit nahe des Apachen-Passes, brach sein Versprechen, das er seinem Blutsbruder Thomas Jeffords gegeben hatte, und griff die Überlandkutschen der Butterfield Line an. Es kam zu heftigen Gefechten mit dem Begleitpersonal und patrouillierenden Einheiten aus Fort Buchanan. Wegen der Übermacht des Militärs wandte er sich nach Süden und folgte der blutigen Spur, die Freemans Miliz hinterlassen hatte, stieß auf niedergebrannte Zeltdörfer und Hügel, unter denen ganze Dorfgemeinschaften begraben lagen, und wurde mit jedem Tag, den er Freemans Vigilanten näher kam, zorniger. An einem Abend kehrten seine ausgesandten Späher zurück. Sie wußten von einer Ansammlung Bewaffneter zu berichten, die nahe dem Santa Cruz ihr Lager aufgeschlagen hatten. Der Jefe hörte mit leuchtenden Augen ihre Worte, nahm sein schnellstes Pferd und ließ sich von seinen Spähern zum angegebenen Ort führen. Weithin sichtbar leuchtete das Feuer zwischen den Hügeln, so, als fürchtete die Miliz nichts und niemanden. Cochise betrachtete es als eine Herausforderung. Er und Lobo, einer seiner Begleiter, ließen ihre Pferde zurück und glitten lautlos durch das flache Gras auf das geschützt zwischen Husache- und Zapotesträuchern gelegene Camp zu. Die Nacht bedeckte wie ein dunkles Tuch ihre Körper, als sie ins Dickicht eindrangen. Sie vernahmen Stimmengewirr und sahen viele Männer, die am offenen Feuer saßen oder in dessen Nähe unter ihren Decken schliefen. Lobo, der an Cochises Seite lag, deutete auf den hageren
Mann in dem Kreis, der lose einen dunklen Militärmantel über der Schulter trug. »Captain ›Lion‹«, flüsterte der junge Krieger, der Freeman von früheren Begegnungen her kannte. Der Jefe nickte. In seinen Augen glühte fanatischer Haß. Es wäre kein Problem gewesen, einfach aufzuspringen, die wenigen Schritte zum Feuer zu rennen, um Freeman mit dem Jagdmesser auszuschalten und wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. Aber der Apachen-Häuptling dachte an die vielen toten Brüder, die auf Freemans Trail lagen, und er war entschlossen, sie alle, die mitschuldig an ihrem Tod waren, zu bestrafen. In der Nähe stampften Pferde. Einige wieherten nervös. Captain Freeman blickte in die Richtung. »Sieh nach, Roger, was los ist!« rief er einem seiner Männer zu, worauf Roger Pinx seinen Karabiner nahm und zum Seilcorral stiefelte. Er schien mit den Tieren zu sprechen, denn sie beruhigten sich schnell. Als er zurückkam und sich am Feuer niederließ, machte er eine wegwerfende Handbewegung. »Ein Puma oder ein Kojote wird sie erregt haben, Captain«, sagte Pinx. »Aber die trauen sich nicht heran, solange das Feuer brennt.« Dabei warf er einen trockenen Ast in die Glut. Cochise zählte ihre Stärke. Es waren 28 Männer, die nur leichte Bewaffnung, Gewehre und Revolver trugen und keine der gefürchteten Feldhaubitzen mitführten, deren Kugelblitze ein Dutzend Krieger töten konnten. Cochise stieß Lobo in die Seite, damit er folgen sollte, und robbte geräuschlos aus dem Busch. »Sie haben keine Wache aufgestellt, Lobo«, sagte der Jefe, während sie den Weg zurückeilten. »Wir werden sie beim Morgengrauen angreifen und töten. Du und Akana werden unsere Krieger heranführen. In der Nacht werden wir ihr Lager umstellen.«
Während Lobo und Akana zum Gros der Gruppe hasteten, kniete der Jefe nieder. Seine Hände berührten das kleine Lederstück, das am Band seinen Hals umschloß – sein Taime, ein Glücksfetisch, der ein geheiligtes Symbol darstellte –, und sein Blick verlor sich in der Tiefe des Alls. Cochises Gedanken suchten den Weg zu den fernen Göttern, und er erbat Kraft und Hilfe, ihren Beistand für den Kampf im Morgengrauen. Der Häuptling straffte sich, als seine Krieger eintrafen. Sie gruppierten sich um den Jefe, und der entwarf mit besonnenen Worten, die im Gegensatz zu seinen Gefühlen standen, einen Schlachtplan, der die verhaßten Bleichgesichter ins Jenseits befördern sollte. »Verschont Captain ›Lion‹«, sagte er abschließend, als alle Rollen verteilt waren, und zum ersten Male verspürte man die wilde Leidenschaft, die Cochise beherrschte. »Für ihn habe ich eine besondere Todesart bestimmt.« Die Schatten der Nacht ließen nichts erkennen. Lautlos schloß sich der Kreis um Freemans Miliztruppe, und nur das ferne Heulen des Schakals kündete den nahen Tod an. * Die Nacht lichtete ihre Schatten. Die fernen Grate der Berge leuchteten im goldenen Schein der aufgehenden Sonne, deren Strahlen wie ein spiegelndes Kaleidoskop in die Dämmerung schossen und die Nacht aufzulösen begannen. Captain »Lion« Bill Freeman lag mit geschlossenen Augen unter der Pferdedecke und lauschte dem zirpenden Ruf der Nachtschwalben. Er merkte, das hinter Ruf und Rückruf ein bestimmtes System steckte. Seine Hand berührte den Karabiner, und mit gedämpfter Stimme flüsterte er seinem Nachbarn zu: »Sag's den anderen, Back Tenner, wir bekommen Besuch!«
Kein Anzeichen von Erregung, nur eine nüchterne Feststellung des Captains, der im eigenen Ermessen seinen Privatkrieg führte. Was hatte er zu befürchten? Diese kleinen »kopf- und führerlosen Wilden« waren nicht in der Lage, seine militärisch gedrillte Miliz ernsthaft zu gefährden. Sie würden in gezieltes Feuer rennen und sich blutige Köpfe holen. Freeman, der seine Augen geöffnet hatte und den Lagerplatz sorgsam abschätzte, ob er für eine Auseinandersetzung geeignet war, erkannte, daß seine Miliz wach war und auf sein Zeichen wartete. Er lächelte hart. Noch lagen graue Schatten der Morgendämmerung auf den taufeuchten Blättern des Buschwerks, aber sie würden bald angreifen. Die Pferde wurden unruhig, und das Laub raschelte, als bewegte es sich im Spiel des Windes. Freeman roch ihre Nähe, wie der Puma sein Wild wittert. Der Captain nickte dem Nachbarn unmerklich zu. »Auf mein Zeichen schickt ihr eine Ladung Blei ins Gebüsch. Ich schätze, daß es vielleicht fünf oder sechs Raubapachen sind, die auf Beute aus sind. Fertig, Jungs?« Freeman hatte den Kopf leicht angehoben und wollte gerade aufspringen, als aus dem Laub der Sträucher ein Hagel Pfeile schnellte, die einige seiner Leute töteten. »Feuer!« befahl der Captain zornig, schnellte mit jugendlichem Elan hoch und jagte die ersten Kugeln in die grüne Mauer. Helles, angriffswütendes Geschrei hallte in den erwachenden Tag. Aber es ging unter im Stakkato peitschender Abschüsse, die den grünen Laubmantel belegten. »Mehr zusammenschließen!« war Freemans neuer Befehl. Drei, vier nackte Gestalten sprangen aus dem Busch, liefen mit schwingenden Keulen zum niedergebrannten Feuer und
stürzten, ehe sie ihr Ziel erreichten, von Kugeln tödlich getroffen zu Boden. Die Erde dröhnte. Und nun war es Apachengeschrei, das allen Lärm übertönte. Durch die Lücken in den Büschen erkannten sie halbnackte Indianer auf flinken Ponys, die von allen Seiten ihr Lager anrannten. Eine derartige Ansammlung von Chiricahua-Apachen hatte Freeman lange nicht mehr erlebt. »Es sind wenigstens hundert Bastarde«, krächzte Back Tenner entsetzt und bemühte sich, den Pfeilschaft aus seinem Oberarm zu ziehen »Es sind keine fünfzig«, gab der Captain zurück. »Sie haben kaum Gewehre.« Er spürte die Unruhe unter seinen Leuten. »Näher zusammenrücken und im Karree Aufstellung nehmen!« Im Buschgürtel wurde es lebendig. Auf ihren gescheckten Ponys, die Keulen schwingend, durchstießen ungefähr 15 Rothäute den gedrängten Kordon der Männer, teilten ihn und schufen Verwirrung. Ihre Keulen trafen so manchen von der Miliz, und noch ehe Freeman einen weiteren Befehl erteilen konnte, waren die Indianer wieder verschwunden. Kalt und routiniert, wie der Captain war, zählte er 12 Tote, die von Pfeilen, Lanzen und Kriegskeulen niedergestreckt am Boden lagen. »Ladet die Waffen auf!« Er sah, daß Tenner sich noch immer mit dem Pfeil abmühte. Er ging zu ihm, brach den Schaft ab und stieß die Pfeilspitze durch die Wunde. »Daran wirst du nicht krepieren, Tenner. Vorwärts, wir brauchen jeden Mann!« »Es ist Cochise«, keuchte Tenner unter Schmerzen. »Er hat eine kleine Armee Krieger auf die Beine gestellt.« »Und das macht ihn gefährlich.« Freeman dachte an die Kampfhandlungen der letzten Wochen, wo viele Apachen auf der Strecke geblieben waren.
Sein Feldzug hatte den Jefe wohl mobilisiert und aus der Apacheria gelockt. Es konnte nicht besser sein. »Mit Cochises Tod ist die halbe Ernte eingebracht«, rief er aufmunternd. »Ohne ihren Kopf sind die Chiricahuas ein haltloser Haufen. Konzentriert euch auf die Ostflanke!« Freeman sah den Trupp, der aus der Sonne direkt auf ihr Lager zuritt. Hochaufgerichtet und stolz, ihre Bogen gespannt und ihre Kriegskeulen schwingend, galoppierten die Indianer dem Feind entgegen. Ihr zermürbendes Angriffsgeschrei hörte sich unheimlich an. Cochise ist verrückt. Der Captain war enttäuscht. Während er weitere Befehle gab, er rennt ins offene Feuer. Freeman dachte an frühere Begegnungen mit Cochise und dessen Ruf als qualifizierten Kämpfer, der ebenso klug wie listig war und noch nie das Leben seiner Krieger so leichtfertig aufs Spiel setzte wie bei diesem Angriff. Er mußte blind vor Haß sein, der ihn ins Verderben führte. Nur einen Augenblick lang empfand Freeman Mitleid mit dem Gegner. Doch dann erinnerte er sich, daß Cochise der Häuptling war, der Kopf der Chiricahua-Apachen, ohne den sein Stamm nur noch ein Torso gewesen wäre. Naiche, Cochises Zweitältester Sohn, hatte nicht die kämpferischen Qualitäten seines Vaters. »Wir lassen sie auf dreißig Yards herankommen und eröffnen das Feuer. Kein Erbarmen, Leute. Und denkt daran: nur ein toter Apache ist ein guter Apache!« rief er anfeuernd und hob seinen Karabiner. Unvermutet schwenkte der Angriffspulk nach Süden zur offenen Ebene, so, als wollten die Indianer dem direkten Kampf ausweichen. Ehe Captain Freeman begriff, was das bedeutete, war hinter ihm der Teufel los. Die Pferde wieherten, stampften mit den Hufen. Im aufwallenden Staub sah Freeman schemenhafte Gestalten, die
die Leinen kappten und mit lautem Schreien die Tiere durch die Büsche trieben. »Unsere Pferde«, brüllte der Captain, »sie nehmen unsere Pferde!« Das war also Cochises hinterhältiges Spiel. Er ließ seine Hauptmacht aufmarschieren, um die Miliz abzulenken, während gleichzeitig eine kleine Gruppe den Versuch machen sollte, die Pferde der Gegner zu entführen. Freeman schoß in schneller Reihenfolge den Karabiner leer und griff nach dem schweren Armeerevolver, ohne zu erkennen, ob er überhaupt ein Ziel getroffen hatte. Gleich ihm stürmten etliche seiner Männer feuernd auf die Staubwolke zu. Aber Cochises taktisch guter Plan war gelungen. Vier junge Krieger entführten die Pferde über die flachen Hügel. Zurück blieb nur eine riesige Staubwolke, die sich in den Plains niedersenkte. Auch Cochise mit der Hauptgruppe war plötzlich verschwunden. »Unsere Gäule«, keuchte Black Tenner. »Hör auf mit dem Gejammer«, rief Freeman heiser. Er setzte sich wütend auf einen faulen Baumstamm. »Und laß dir die Wunde verbinden. Bis Tubac sind es keine vier Tagesmärsche. Wir haben genügend Wasser und Vorräte, um die Stadt zu erreichen.« Er blickte nachdenklich seine Männer an. »Nur Cochise macht mir Sorgen. Der Häuptling wird sich nicht mit den Beutepferden zufriedengeben. Also heißt es Tag und Nacht mit entsicherten Karabinern auf der Lauer zu liegen. Begrabt unsere toten Freunde. Wir brechen dann in einer Stunde auf.« Zwischen berechtigtem Zorn und eiskalter Überlegung beschäftigte Captain Freeman die Sorge um seine Leute. Tubac lag in greifbarer Nähe, doch dazwischen befanden sich die tiefen Steilschluchten der Sierra Madre mit den idealen Gelegenheiten eines Hinterhalts. Unwillig revidierte er seine Meinung über Cochise, der seine
List und Verschlagenheit offenbart hatte. Ohne Zweifel war der Jefe hinter dem Frontier Bataillon her, um fürchterliche Rache zu nehmen. Freeman blickte zu seinen Leuten hinüber, die flache Gruben für die Toten aushoben. 19 Mann waren ihm geblieben. Elf hatten den überraschenden Ansturm der Apachen nicht überlebt. Diese Neunzehn mußte er lebend nach Tubac führen, wollte er sein Gesicht nicht verlieren. Captain Freeman erhob sich. Er stellte sich an den Fuß des breiten Hügels, nahm den grauen Hut vom Kopf und sprach mit fester Stimme ein Gebet. Seine Gedanken eilten der Zeit voraus, und er versuchte, sich in Cochises Lage zu versetzen. Wo und wann wird der Häuptling den zweiten Ansturm wagen? * Der Apache Cochise mied die offene Auseinandersetzung mit der Miliz, aber er ritt wie ein unsichtbarer Schatten in ihrer Flanke. Seine Späher waren über jeden Schritt Freemans unterrichtet. Er wußte, daß die des Laufens ungewohnten Männer nur schwerlich vorwärtskamen und schon am zweiten Tag eine gewisse Aufruhr in ihren Reihen herrschte. Die straffe Disziplin, mit der »Lion« seine Miliz zusammenhielt, drohte verlorenzugehen. Am Canyon Umbano, dessen Felswände fast senkrecht ins Tal fielen, stießen Cochises Späher, die in Tuchfühlung mit den Verfolgten ritten, auf drei Männer, die Captain Freeman als Kundschafter vorausgesandt hatte, um das Terrain zu sondieren. Mit dem Instinkt eines umsichtigen Feldherrn mußte der ehemalige Captain erkannt haben, daß der Canyon Umbano der ideale Ort eines Hinterhalts sein konnte. Der Jefe befahl ohne Zögern, die drei Milizangehörigen zu
überfallen und gefangenzunehmen. Ohne einen Schuß und ohne die Möglichkeit eines Widerstandes überwältigten Cochises Krieger die Vorhut und schleppten sie zur Hauptmacht. Der Häuptling sah, daß die Weißaugen nur geringfügige Verletzungen hatten. Mit einer stummen Geste ließ er sie auf drei Pferde binden und ritt tief in den Arroyo. An einer günstigen Stelle, dort, wo der Canyon zu einem engen Talkessel wurde, schlug er das Lager auf, begann die Gefangenen zu befragen und hielt Kriegsrat über die angemessene Bestrafung der Kundschafter. Ein Apache beherrschte die Technik vieler Arten grausamer Folterungen, und nach einem langen Palaver, das sich um Stunden hinzog, wurde man sich einig. Die Männer starben einen entsetzlichen Tod, der sich bis in die Nacht hineinzog und die Wände des Canyons mit den Schreien der Gemarterten füllte. Zu irgendeinem Zeitpunkt erlöste die Barmherzigkeit die armen Menschen von ihren Qualen. Dies war auch der Zeitpunkt des Aufbruchs, und Cochise bestimmte: »Wir lassen drei Pferde zurück und riegeln den Arroyo zu beiden Seiten des Tales ab.« Er nahm einen der erbeuteten Karabiner und reichte die beiden anderen Lobo und Akana, die die zweite Gruppe Krieger führen sollten. Die Revolver und die Munition verteilte er ebenso an seine erfahrensten Krieger. Noch einmal besprach er den Schlachtplan, ergriff eine Fackel und trat vor die Toten. Ihre entstellten Gesichter berührten ihn kaum. Er nahm sein Jagdmesser und trennte ihr Kopfhaar von der Haut. Stolz hob er die Trophäen, so daß jeder seiner Krieger die Skalps erkennen konnte, und rief: »Morgen ist der Zeitpunkt gekommen, wo das Leid, das unseren Brüdern beschert wurde, Vergeltung findet. Zastee – tötet sie alle!«
In der folgenden Stunde herrschte im Canyon Umbano ein geschäftiges Treiben, und als es zwischen den Steilhängen dämmerte, traf das diffuse Licht drei übel zugerichtete Menschen, die ihren Mut mit dem Leben hatten bezahlen müssen. * Etwa zur gleichen Zeit rüstete Freemans Miliz zum Aufbruch. Die Todesschreie ihrer Kameraden, die stundenlang die Nacht füllten, saßen ihnen tief in den Knochen. Back Tenner war dafür, den Arroyo in südlicher Richtung zu umgehen. »Bass, Lynn und Albrecht wurden von unseren Feinden massakriert. Wir wissen, das Cochise dort in der Schlucht lauert und genügend Zeit zur Vorbereitung hat«, rief er mit heiserer Stimme. »Keiner von uns wird den Canyon mehr lebend verlassen können. Damit muß sich jeder abfinden.« Captain Bill Freeman las die Unschlüssigkeit in den Gesichtern seiner Leute. Er stieg auf einen Felsblock und rief mit markiger Stimme: »Durch den Canyon Umbano führt der einzige Weg nach Tubac, Männer. Unsere Vorräte reichen kaum noch für zwei Tage. Es gibt also kein Zurück. Wenn der Häuptling sich zum Kampf stellt, soll es recht sein. Unsere Erfahrungen und unsere Waffen sind unsere Stärke. Mit ihnen werden wir die Entscheidung einfach erzwingen.« Knorrig und zackig bis ins Mark wirkte Captain Bill Freeman, und trotz seiner zerrissenen Uniform hatte er seinen Stolz nicht verloren. »Wir sind Soldaten des Territoriums. Wir werden kämpfen und siegen.« »Oder sterben«, warf der verwundete Tenner bissig ein. Er war nicht mehr der Held siegreicher Tage, die hinter ihnen
lagen. Er hatte Angst vor dem Tod. Und sicher wäre es zum erstenmal seit Bestehen des Frontier Bataillons zur offenen Meuterei gekommen, hätte Sam Roggers nicht die Bewegung am Eingang zur Felsschlucht bemerkt. »Pferde!« stieß er hervor. »Dort laufen unsere Gäule, Captain! Sie scheinen sich losgerissen zu haben.« Noch ehe jemand es verhindern konnte, rannte er mit Riesenschritten dem Schluchteingang entgegen. »Zurück!« rief Freeman hinter dem Mann her. »Zurück, es kann eine Falle sein, Roggers.« Als der sich aber nicht aufhalten ließ, befahl Freeman seiner Miliz, in Stellung zu gehen und Roggers Feuerschutz zu geben. Minuten vergingen. Roggers hatte die Pferde erreicht und schwang sich in einen Sattel. Triumphierend hielt er den Karabiner über den Kopf und deutete in den Arroyo, der wie eine Offenbarung vor ihm lag. Captain Freeman hielt das Fernglas vor die Augen. Er zählte drei Pferde und betrachtete die Felswände. »Das Gesindel hat sich verzogen, Männer«, verkündete er spürbar erleichtert und schob das Glas in die Tasche. »Wir formieren uns zu zwei Gruppen und beobachten die Felsen.« »Und wenn es dennoch eine Falle ist?« fragte Tenner unsicher. »Dann werden wir uns zurückziehen. Vorwärts, Freunde! Mit ein wenig Gott- und Selbstvertrauen werden wir dieses Abenteuer schon überstehen.« Während Freeman an der Spitze seiner Gruppe schritt, dachte er bereits an die Zukunft. Er wollte durch das Land ziehen und für die Miliz Kämpfer suchen. In einigen Monaten mußte sein Frontier Bataillon in Regimentsstärke stehen, und dann sollten die Chiricahuas und Mimbrenjos wie bei einer Feuersbrunst aus ihren Apacherias in die Wüste gejagt werden.
Mit diesen Gedanken erreichte er Roggers, der zwei Gäule an der Zügel führte. Freeman erkannte seinen Schecken und bestimmte, daß Roggers und Tenner vorerst die Pferde ritten. Er bestieg seinen Schecken, zwirbelte die langen Enden seines Schnurrbarts und ritt ohne Scheu in den Canyon hinein. Seine Furchtlosigkeit gab den anderen Auftrieb, so daß Roggers rief: »Ich bin nicht weniger mutig als der Captain.« Dabei lenkte er sein Pferd herum. Nun folgte auch die Truppe. Schweigend, jeden Schritt vorwärtstastend und die Felsbarriere beobachtend, bereit, die Waffen zu benutzen, sowie etwas Verdächtiges auftauchte. Nach einer Stunde stießen sie auf den Captain, der aus dem Sattel gestiegen war und zu den Toten trat, die gekreuzt, von Pfählen gehalten, auf der Schluchtsohle lagen. Der entsetzliche Anblick beunruhigte sie, und Roggers drängte mit belegter Stimme auf weiteren Vormarsch. »Wir sollten uns nicht länger aufhalten, Captain. Vor uns liegt ein langer, unsicherer Weg. Wenn…« Roggers verstummte abrupt, zuckte zusammen, streckte sich in den Steigbügeln. Zwischen seinen Schultern steckte ein gefiederter Apachenpfeil. Und während er lautlos aus dem Sattel rutschte, schlug ein Pfeilregen eine Bresche in ihre Reihen. Vier Männer wurden getroffen. Captain Freemans Stimme hallte durch die Schlucht. »Zu den Felsen, Leute!« rief er und rannte in den Schatten der überhängenden Steilwand, wo er sich niederwarf und den Karabiner in Anschlag brachte. Neun seiner Leute erreichten den Felsen. Brodder und Honney stürzten verwundet zu Boden. Während ihre Hilfeschreie durch den Arroyo drangen, wurden sie von weiteren Pfeilen getroffen. Es war so, als wollte Cochise demonstrieren, wie tödlich ihre Begegnung und wie
unversöhnlich sein Haß auf die Weißen war. »Eine Falle«, flüsterte Back Tenner in ihrer Angst. »Ich wußte, daß der verdammte Apache auf uns warten würde.« Sein Körper bebte. »Die Pferde waren nur ein Lockmittel. Sie werden uns alle massakrieren.« »Halt's Maul!« unterbrach Captain Freeman barsch das Gezeter. Tenners Gejammere gefährdete die Disziplin. Und dennoch mußte Freeman sich eingestehen, daß ihre Lage bedrohlich, wenn nicht sogar hoffnungslos war. Es fielen noch einige Schüsse, ohne einen Mann zu treffen. Harmlos klatschten die Kugeln gegen die Felsen. »Sie haben Gewehre.« Back Tenner war am Ende. »Drei Karabiner und drei Colts«, sagte der Captain gelassen. »Sie bedeuten keine Bedrohung für uns. Apachen sind unerfahren im Umgang mit Feuerwaffen, außerdem wird ihnen bald die Munition ausgehen.« Von nun an wurde es still. Häuptling Cochise, der ebenso klug wie unbeugsam war – schließlich ging es um die Existenz seines Volkes –, schien sich auf eine Belagerung einzurichten, denn bis zum Nachmittag geschah nichts. Doch dann hörten sie dumpfes Poltern und Grollen am Fels. Mächtige Steinquader stürzten senkrecht in die Tiefe und zerplatzten mit der Gefährlichkeit von Kartätschen auf der Schluchtsohle. Ein Steinhagel fegte über die karge Deckung der Verteidiger und verletzte einen Mann tödlich. Keiner von ihnen bemerkte McKenneys Tod, weil jeder mit sich selbst beschäftigt war. Die Nacht brach herein und verdrängte die letzten Spuren des Tages aus dem Fels. Freeman war sich darüber im klaren, daß mit der Finsternis die Gefahr wuchs. Bisher hielten ihre Gegner sich im
Verborgenen, aber im Schutze der Nacht mußte es zwangsläufig zur letzten und tödlichen Auseinandersetzung kommen. »McKenney ist tot«, sagte irgendwer. Aber sie hatten sich an den Tod gewöhnt, sie waren apathisch geworden. Selbst Tenner sagte nichts mehr. Neun also noch, dachte Captain Freeman verbittert. Neun von 30 Reitern. Wie tief war der Fall vom Siegesrausch in eine Niederlage. Die wechselhaften Launen des Kriegsglücks machten den alten Haudegen bekümmert. Der Canyon Umbano war die große Totengruft des Frontier Bataillons, auf dessen Kampfkraft und Verwegenheit Freeman einst so stolz gewesen war. »Sie kommen!« Andrews, ein junger Bursche, der in Tombstone zur Miliz gestoßen war und sich tapfer gehalten hatte, kroch dicht neben den Kommandanten, als erwartete er Schutz und Hilfe vom Captain. Von Ost nach West, so wie der Canyon den Berg durchschnitt, hallte Hufschlag auf. Von solcher Heftigkeit, daß man glauben konnte, es wären 1000 Apachen zum Angriff angetreten. Aber der Widerhall des Echos täuschte über die wahre Stärke hinweg. »Haltet die Waffen zum Nahkampf bereit!« befahl Freeman. Er griff zum Colt und dem schweren Schlagmesser im Gurt. Der Lärm erreichte seinen Höhepunkt und verflachte dann wieder. »Was bedeutet das?« flüsterte Back Tenner. Captain Freeman wußte von der Verschlagenheit kämpfender Apachen. Cochise führte seine Hauptmacht, um die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, durch den Arroyo. Irgendwo in der Finsternis waren Jäger mit Keulen und Jagdmessern unterwegs. »Vorsicht!« schrie er im nächsten Augenblick.
Ein Schatten, kaum erkennbar in der Dunkelheit, tauchte auf. Ein zweiter, dritter, vierter… Freeman schoß blind drauflos. Er hörte das pfeifende Geräusch einer Wurflanze, die an seinem Kopf vorbeisauste, und den erbärmlichen Schrei wie aus einem Kindermund. Andrews, dachte er grimmig, warf den leergeschossenen Armeecolt weg, und umfaßte seinen Karabiner am Lauf. Mit einem wuchtigen Schlag schaltete er einen Angreifer aus. Keuchender Atem und jankendes Leder ließ Freeman erkennen, daß der Todfeind die Bastion überwunden hatte und das Ringen mit dem Tod begann. Freund und Feind hatten sich regelrecht ineinander verkeilt. Auch Freeman war bemüht, die Nacht zu überleben. Vier seiner Gegner hatte er mit dem Karabinerkolben niedergestreckt. Langsam ebbte der Kampfeslärm ab. Es wurde still. Jene Stille, die an eine Totengruft erinnerte. Und Freemans rauhe flüsternde Stimme, die wie eine gesprungene Glocke klang, rief Namen. »Edgars…« Stille… »Hamilton…« Stille… »Masters…« Keine Antwort… »Lebt überhaupt noch einer?« fragte Freeman wütend. Er spürte warmes Blut über seinen Körper laufen, aber ihm wurde nicht bewußt, daß er verletzt war. »Hört mich denn niemand?« »Doch, Captain, ich bin's, Lorgan«, klang es in der Nähe auf. »Tenner?« »Ich lebe noch, Captain.« »Sonst noch wer?« Keine Antwort. Drei von 30 kampfkräftigen Männern waren geblieben.
Captain Freeman hätte es am liebsten im Schmerz herausgeschrien, aber seine Lippen blieben stumm. Er lauschte dem dumpfen Stakkato trommelnder Hufe, das durch den Arroyo klang, und wußte, was das zu bedeuten hatte. »Wir müssen hier raus und die andere Schluchtseite erreichen, ehe Cochises Krieger wieder angreifen.« Tenner stand dicht vor dem Captain. Sein Atem rasselte. »Wir brauchen Pferde.« »Dort kommen sie in der Überzahl.« Freeman lachte sarkastisch. »Wir brauchen nur zuzugreifen. Kommt und haltet euch dicht an meiner Seite!« Der Hufschlag wurde immer lauter. Er kam von zwei Seiten und näherte sich dem schmalen Taleinschnitt. Und dieses Mal würde Cochise nicht vorbeireiten, sondern die kleine Gruppe angreifen. Tief geduckt am rauhen Fels lauerten drei Männer, die ihre letzte Chance suchten. Und dann brach das Inferno los, das die Legende zerstörte, ein Apache griff in der Nacht keinen Gegner an. Das unheimliche Grölen erinnerte an ein Rudel Kojoten, hallte von den Felswänden wider. Dicht gedrängt, die Lanzen gesenkt, ihre Bogen gespannt, übertönte Cochises Ruf die Schreie seiner Krieger. »Zastee, zastee – tötet, tötet!« Der Pulk drängte ungestüm vorwärts. »Das ist unsere Chance!« rief Captain Freeman in den Lärm, sprang wie von einer Sehne geschnellt den nächsten Krieger an und holte mit dem Schlagmesser aus. Mit kräftiger Bewegung stieß er den Apachen vom Pferd, erfaßte die Zügel und folgte in östlicher Richtung dem Canyon. Wohl eine Stunde mochte er geritten sein, als er Hufschlag hörte, der ihm folgte. Lorgan und Tenner, dachte er mit bitterem Nachgeschmack, der Rest des Frontier Bataillons.
Zwei Tage lang trieben sie die erbeuteten Pintos nach Osten. Freeman glaubte nicht daran, daß Cochise die Jagd schon aufgegeben hatte, denn der Häuptling war nicht der Typ, der seine Rache nicht stillte. Bestimmt lauerte er vor Tubac auf den erbärmlichen Rest der Miliz, die einst mit großen Zielen und Hoffnungen angetreten war. Captain Freemans Sorge fand vorzeitig ein Ende, denn am späten Nachmittag tauchte überraschend eine Schwadron Dragoner auf, die ihre Fährte kreuzte und offenbar auch nach Tubac unterwegs war. Eine Weile später stieß Lorgan erfreut hervor: »Ich will tot vom Pferd fallen, wenn nicht Thomas Jeffords an der Spitze reitet.« Und Tenner rief im gleichen Atemzug: »Die Blindheit soll mich schlagen, wenn nicht in seinem Schlagschatten der verdammte Tarahumari-Bastard aus Tombstone reitet.« Captain Freeman strich über den blutgetränkten Verband an seiner Hüfte und fragte sich, was Thomas Jeffords so tief nach Süden geführt haben mochte. * Die Unruhen im Südwest-Territorium eskalierten, als John Haggerty nach einem langen einsamen Ritt das Headquarters erreichte und beim kommandierenden General vorstellig wurde. Der Scout ahnte nicht, was zwischenzeitlich geschehen war, als er dem einarmigen Offizier gegenübertrat, um Bericht zu erstatten und von seinen Sorgen zu sprechen. General Oliver O. Howard verband ein fast freundschaftliches Verhältnis mit seinem Chiefscout, was wohl darauf zurückzuführen war, daß die Jahre gemeinsamer Zusammenarbeit sie menschlich näher gebracht hatte.
Haggerty erzählte von den Unruhen am Apachen-Paß, dem Tod des Siedlers Ward, den Gerüchten, wonach man Lieutenant Bascom am Rande der San Carlos Reservation tot aufgefunden hatte. »Häuptling Cochise hat seinen Vertrag gebrochen, Sir«, sagte er schließlich eindringlich. »Er bedrängt die Farmer am Paß, greift die kontinentalen Postkutschen der Butterfield Overland Line an und zeigt sich auch sonst von einer aggressiven Seite. Diese kriegerischen Züge, die Cochise sein Wort vergessen lassen, sind wohl auf Captain Freemans eigenmächtige Strafexpedition zurückzuführen. Freeman und seine Miliz treiben ein böses Spiel mit den Chiricahuas, dessen Folgen zwangsläufig nicht ausbleiben.«. John dankte, als der General ihm einen Becher Kaffee reichte. »Sir, versuchen Sie dieses Problem aus der Welt zu schaffen, und pfeifen Sie Freemans Frontier Bataillon zurück, ehe er größeres Unheil verursacht.« General Howard, der die Ausführungen seines Scouts bis dahin aufmerksam verfolgt hatte, lächelte müde. »Es gibt schwerwiegendere Probleme als Freeman, Mr. Haggerty«, begann er sachlich, »denn die Miliz wurde bei Tubac fast völlig aufgerieben, Cochise ließ ihnen nicht den Hauch einer Chance. Nur Freeman und zwei seiner Legionäre konnten dem Gemetzel entkommen.« Er sah Haggertys zweifelnde Miene und fuhr fort: »Thomas Jeffords hat es mir telegraphisch aus Tubac mitgeteilt. Cochise reitet auf dem Kriegspfad. Er überfällt Siedler, Prospektoren, läßt die Leute massakrieren. Fast täglich erhalte ich derartige Hiobsbotschaften. Aber es sind Einzelaktionen kleinerer Gruppen. Weit größere Sorgen macht mir eine Botschaft aus Mexiko. Colonel Terraza hat mir einen Boten gesandt.« »Den Tarahumari-Scharfschützen.« John Haggerty erinnerte sich der Begegnung mit dem Indianer. »Ich habe ihn in
Tombstone getroffen.« »Der Colonel hat um ein Treffen mit mir gebeten. Der Grund? Terrazas Kundschafter brachten Nachrichten, die die Vermutung aufkommen lassen, daß sich Victorio und Cochise zusammentun wollen. Die beiden und noch andere Stämme in Arizona, Sonora und Chihuahua. Hier liegt die große Gefahr einer Ausweitung der Kämpfe.« »Ich kann es nicht glauben«, sagte Haggerty, beunruhigt über diese Nachricht. »Cochise und Victorio sind verfeindet, da die Mimbrenjos immer wieder aus der Reservation plündernd ins Chiricahua-Territorium einfallen.« Howard lächelte. »Es ist nur ein Verdacht, den der mexikanische Colonel hegt. Aber ein Verdacht ist wie ein Gerücht, in dem immer ein Funken Wahrheit steckt.« »Dann werden Sie sich mit dem Colonel treffen?« John Haggerty blickte durch den offenstehenden Zelteingang, wo eine mit zwei Gebirgshaubitzen bestückte Kavallerieschwadron vorbeizog. »Die Unruhen zwingen mich, im Hauptquartier zu bleiben, Mr. Haggerty. Thomas Jeffords als mein persönlicher Beauftragter ist auf dem Weg nach Janos. Obwohl…« Der General machte eine lange Pause, und zum erstenmal trat Unmut in sein Gesicht. »Jeffords wird hier gegenwärtig dringender gebraucht als in Mexiko. Sie wissen, was ich meine?« Der Scout nickte. »Jeffords ist Cochises Freund und der einzige Mann, dessem Wort der Jefe vertraut.« »So ist es, Mr. Haggerty.« General Howard war aufgestanden und schloß die Zeltluke, durch die der Staub der ziehenden Truppen in den Raum wehte. »Ich befinde mich in einer Zwangslage, lieber Freund. Zum
einen soll Jeffords sich Gewißheit bei Colonel Terraza verschaffen, zum anderen sollte er Cochise suchen und von größeren Unbedachtheiten abhalten. Vielleicht wird es ihm gelingen, den Häuptling an den Verhandlungstisch zu führen.« Haggerty lächelte bitter. »Mit neuen Versprechungen, die wieder von irgend jemandem gebrochen werden, Sir? Wie oft, glauben Sie, wird der Jefe dem Wort eines Weißen noch trauen?« »Es gibt Dinge, die auch ich nicht verhindern kann.« General Howard trat zum Wandregal, schob eine Brandyflasche unter den Armstumpf, ergriff zwei Gläser, stellte sie auf die rauhe Tischplatte und forderte Haggerty auf, einzuschenken. »Trinken wir einen guten Schluck, wie alte Freunde es tun, wenn sie etwas auf dem Herzen haben, John.« Howards plötzliche Vertrautheit erweckte Mißtrauen in Haggerty. Während er die Gläser füllte, betrachtete er eingehend Howards verwittertes Gesicht. Der General hatte echte Sorgen, denn die Entwicklungen im Territorium entsprachen nicht seinen Friedensbemühungen. Vielleicht fehlte ihm auch Thomas Jeffords, der als einziger Einfluß auf Häuptling Cochise hatte. »Sie vergießen den kostbaren Tropfen.« Howard lächelte. »Entschuldigen Sie, Sir.« John stellte die Flasche ab und wischte mit dem Rockärmel über die Whiskypfütze. Seine Unruhe verstärkte sich. Mit dem Instinkt des Jägers spürte er, daß General Howard etwas Bestimmtes auf dem Herzen hatte. Er schnurrte wie eine Katze. Der General trank sein Glas in einem Zuge leer. Während er über den kräftigen Bart wischte, fragte er unvermutet: »In welchem Verhältnis stehen Sie zu Cochise?« Da war es heraus, was John Haggerty befürchtet hatte. »Ich bin nicht Cochises Blutsbruder, Sir.« »Aber die Chiricahuas nennen Sie Falke, John. Das ist eine große Ehre für einen weißen Mann«, sagte der General und
stieß im gleichen Atemzug nach. »Wäre es denn eine Gefahr für Sie, dem Häuptling zu begegnen?« »Sir?« Haggerty stieß brüsk sein Glas zurück. »Antworten Sie!« John Haggerty ließ sich Zeit. Er bemühte sich seit Jahren um ein gutes Einvernehmen zwischen der Armee und den Chiricahuas. Cochise wußte es, aber die ständigen Enttäuschungen, die der Jefe hinnehmen mußte, hatten sich auch auf ihr Verhältnis ausgewirkt. »Ich kann darauf keine klare Antwort geben, Sir. Cochises gegenwärtige Verfassung, seine innere und äußere Unruhe, lassen darauf schließen, daß er keinem Weißen mehr vertraut. Thomas Jeffords braucht nichts zu befürchten, weil ihn und den Häuptling das Band der Brüderschaft verbindet. Aber ich…?« General Howard war aufgestanden und bewegte sich mit kurzen Schritten im Quadrat des Zeltes. Menschlich stand er John Haggerty sehr nahe, aber als Soldat war der Scout sein Untergebener. Die Aufgabe, die er Haggerty stellen wollte, konnte zu seinem Tod führen. »Besteht eine vage Hoffnung, daß Sie ein Zusammentreffen überleben, John?« Auch Haggerty hatte sich erhoben. Er sah den General offen an. »Was bedeutet es schon, Sir? Sie haben sich längst entschieden.« »Sie können ablehnen.« »Sie wissen, daß ich es nicht tun werde.« »Sie gehen freiwillig.« John Haggerty grinste respektlos. General Howard übersah es. »Gezwungenermaßen freiwillig, Sir. Wo finde ich Cochise?« »Irgendwo zwischen den Dragoon und den Chiricahua Mountains. Eine Schwadron mit schwerem Besatz ist auf dem Weg zum Unruheherd. Schließen Sie sich der Einheit an. Und
noch eins, John«, der General trat näher und reichte seinem Scout die Hand, »es hängt viel von Ihrer Aufgabe ab. Vielleicht der Frieden im ganzen Lande.« * Eingedenk seines Sieges über die Miliz gewann Häuptling Cochise an Zuversicht und Stärke. Seine Streifzüge führten von Norden nach Süden, von Osten nach Westen. Ständig waren er und seine Jagdtruppen in Bewegung, durchquerten plündernd das Territorium, überfielen einzelne Farmen in den Tälern, goldsuchende Prospektoren und Handlungsreisende auf einsamen Trails. Der nahende Herbst konnte seine Aktivität weder hemmen noch beeinflussen. Seine Apacheria hatte er tiefer in die Berge verlegt, um sie vor den Angriffen der Soldaten zu schützen. Frei jeder Sorge um die Familien konnte er seine Kriegszüge beliebig ausdehnen. Seine Erfahrungen nach der schrecklichen Niederlage gegen das Militär hatten ihn gelehrt, sich auf Massenunternehmen nicht mehr einzulassen, sondern sich auf Einzelaktionen zu beschränken. Seine Erfolge führten ihm immer mehr Krieger zu, die er in gleicher Stärke seinem Sohn Naiche, Geronimo und anderen erfahrenen Kriegshäuptlingen unterstellte. Sie trugen zum Teil Waffen, die sie erbeutet hatten, und legten an einsamen Plätzen Vorratskammern an, auf die sie immer wieder zurückgreifen konnten. Als sie in Pinos Altos, der kleinen Minenstadt in New Mexico, einfielen, dachte Cochise wohl an Mangas Coloradas, den stolzen Mimbrenjo-Häuptling, der einst aus freiem Entschluß und gutem Glauben nach Janos geritten und durch vier Schüsse getötet worden war. Der schmachvolle Tod des Häuptlings, den Soldaten skalpiert und übel zugerichtet hatten, steigerte Cochises Zorn.
Sich an Geronimos stolze Worte erinnernd, der einmal gesagt hat: Tote Mexikaner sind nicht wert, gezählt zu werden, man zählt sie wie Steine, rief er die Losung aus: »Tod unseren Feinden! Wir zählen nur die Beute, nicht ihre Leiber.« Von zwei Hügeln aus ritten sie auf die Stadt zu. Von Osten, aus der offenen Ebene kommend, Geronimo mit 30 Kriegern, von Westen, aus den Steilhängen des Gebirges preschend, Cochise mit derselben Anzahl. Sie trafen sich zwischen Zelten und flachen Lehmhütten und folgten den entsetzt fliehenden Menschen bis zur Mine hinüber, wo sie heftiges Gewehrfeuer empfing. »Steckt ihre Tipis in Brand und sucht in den Hütten nach Beute!« rief Cochise, als er Geronimo begegnete, der zwei frische Skalps an seinem Gürtel baumeln hatte. »Wir werden uns nehmen, was sie uns gestohlen haben, und verwandeln die Stadt in rauchende Trümmer, noch ehe sie sich der Feuerkraft ihrer Gewehre erinnern.« »Keine Gnade!« forderte Geronimo mit zornbebender Stimme und drängte sein Pony durch die Auslagen eines Geschäftes. »Hierher!« Er stand zwischen den Trümmern und winkte seine Krieger heran. »Hier finden wir Waffen und Munition, um einen großen Krieg zu führen.« Und während Geronimos Leute plündernd in den Drugstore eindrangen, sprengten Cochises Krieger mit lauten Siegesschreien die Straße hinunter zur Mine, wo der Widerstand wuchs und die Männer sich zu Gruppen zusammenschlossen, um den Gegner mit heißem Blei zu empfangen. Fast eine Stunde dauerte die mörderische Auseinandersetzung. Es gab Tote und Verwundete auf beiden Seiten. Erst als Geronimo das Zeichen setzte und aus Häusern und Zelten zuckende Flammen in den wolkenbedeckten
Himmel loderten, befahl auch Cochise den Rückzug. Sie trieben ihre mit Beute hochbeladenen Mustangs in die unübersichtlichen Felsbarrieren im Westen. Am Abend, als Cochise einen guten Lagerplatz gefunden hatte und die Beute verteilt wurde, deutete er in den prasselnden Regen und sagte zufrieden: »Das Wasser wird unsere Fährte verwischen, Geronimo. Niemand wird uns folgen können.« Geronimo nickte voller Stolz, während er auf die erbeuteten Waffen deutete. »Die Götter haben uns einen erfolgreichen Tag geschenkt, wir wollen ihnen dafür danken.« Cochises Raubzüge führten in der Folgezeit nach Sonora und tief nach Chihuahua hinein, ehe er, an den Winter denkend, sich ins Herz seiner Feste zwischen den Chiricahua und Dragoon Mountains zurückzog. * Cochise war allgegenwärtig, und die Kunde von seiner Verwegenheit lief wie ein Präriebrand durch die Frontiers und verbreitete Schrecken, Entsetzen und Wut unter den Siedlern. Ihre Ranches gingen in Flammen auf, ihr Vieh wurde weggetrieben, ohne daß das Militär entscheidende Erfolge erzielen konnte. Er war ein listiger Schakal, der witternd die Fährte sicherte, ehe er zuschlug. Militärpatrouillen und jagender Miliz, die nun – aus der Verzweiflung geboren – in allen größeren Ansiedlungen entstanden, wich er ohne Kampfberührung aus und führte sie in die Irre. An einem Wintertag stiegen Häuptling Cochise und seine Kriegergruppen über die steilen Felsbarrieren des ApachenPasses zur Apacheria hoch. Blizzardartige Stürme begleiteten
sie auf einsamen, vereisten Pfaden, und es bedurfte ihrer aller Kraft, ihr Ziel zu erreichen. Sein Dorf, umschlossen von hohen Steilhängen und nur durch einen schmalen Durchschlupf erreichbar, bereitete den Kriegern einen freudigen Empfang, und die Alten des Stammes blickten voller Bewunderung auf ihren Jefe, der reichlich Beute und Vorräte ins Lager brachte, und ihnen die Sorgen des harten Winters nahm. Obwohl Cochise an die Wärme seines Tipis dachte und seine Schwester Tla-ina ihm vom Zelteingang zuwinkte, lauschte er Akias Worten. Der Alte, der zum Rat der Weisen gehörte, deutete zum Eingang der nahen Höhle, vor dem zwei junge Lanzenträger standen, und zum Hauptzelt auf der Mitte des Platzes. »Unsere jungen Krieger haben einen Gefangenen zu bewachen, den sie vor drei Monden in unserer verlassenen Apacheria überwältigten. Sie töteten ihn nicht, weil er ein Freund Hellauges ist. Du wirst den Rat zusammenrufen und über sein Schicksal entscheiden.« »Wer ist er?« fragte Cochise, während er sich in Bewegung setzte. »Der Falke«, hörte er Akias rufen, der dem Häuptling kaum folgen konnte. Cochises Gesicht zeigte keine Regung, als er das Fell vor dem Höhleneingang zurückschlug und den bärtigen Mann entdeckte, der langgestreckt auf einer Matte lag und nun freudig aufsprang. »Mein Gott, Häuptling, wie lange habe ich schon auf dich gewartet«, stieß John Haggerty erleichtert hervor. Cochise hob kurz eine Hand. Sein Blick wirkte abweisend. Vielleicht dachte er an die Vendetta (Blutrache), die ihn auf den Kriegspfad führte. »Wir sprechen später vor dem Rat«, sagte er nur und schlug die Decke zurück.
Akias hatte ihn erreicht. Ein weißhaariger Alter mit tausend schrumpeligen Falten im verwitterten Gesicht. Er mochte 80 Jahre alt sein, hundert oder mehr. Cochise betrachtete das pergamenthäutige Antlitz, das ihn daran erinnerte, wie kraftlos und verbraucht er in vielen Jahren sein würde. »Wer lebt im Zelt des Rates, Akias?« »Ein Bote der Mimbrenjos. Nana, der Unterhäuptling Victorios.« »Nana?« Cochise schien überrascht zu sein. Ihn verbanden nicht gerade freundschaftliche Gefühle mit Victorio, der, als er – Cochise – noch für einen Frieden mit den Weißen stimmte, gegen seinen Willen die Poststation im Apachen-Paß niedergebrannt und somit den Frieden gebrochen hatte. Aber er dachte auch an die Zeit, die vieles geändert hatte. Mit gleichmäßigen Schritten überquerte er den Platz und betrat gelassen das große Tipi. Nana saß aufrecht auf den Felldecken und blickte dem Chiricahua-Führer abwartend entgegen. »Ich grüße dich, Großer Jefe«, sagte Nana und führte die Hand vor die Brust. »Sei willkommen im Dorf der Apachen«, sagte Häuptling Cochise und setzte sich nieder. Nana lächelte dünn. »Ich genieße die Freundschaft der Chiricahuas, seit die starken Winde die Wüste beleben.« »Zwei Monde also«, sagte der Häuptling ruhig. Er atmete den Duft würziger Kräuter ein, die aus einer kleinen Schale hochstiegen. »Schickt Victorio dich, Nana?« Der nickte bedächtig. »Er sucht die Freundschaft des größten Kriegers der Apachen. Dein Ruf ist weit nach Süden gedrungen, Cochise. Dein Name verbreitet unter den Bleichgesichtern Schrecken, unter deinen Brüdern aber großen Stolz und Freude. Victorio
bietet dir seine Hand zum Zeichen der Versöhnung.« Cochise nahm drei tiefe Züge aus dem Kalumet, das Nana ihm reichte. Er schloß die Augen, und seine Gedanken wanderten in die Vergangenheit. Victorio führte seit vielen Jahren Krieg mit den Weißen. Er haßte die Eindringlinge, das Militär und die Regierung, die sein Land nahmen und ihn aus fruchtbaren Jagdgründen in die Wüste am Gila verbannten. Seit vielen Monden erinnerte sich Cochise des starken Kämpfers, und in all dieser Zeit trug auch er den Wunsch im Herzen, sich mit dem Mimbrenjo-Häuptling auszusöhnen. Denn nun, wo er die Herausforderung der weißen Eindringlinge angenommen hatte, war Victorio ein nennenswerter Verbündeter, mit dessen Hilfe er vielleicht in der Lage war, die Siedler und das Militär über die Grenzen ihres Landes zu treiben. »Victorios Friedensbotschaft läßt meinen Groll verlöschen«, sagte Cochise. »Es gibt viele Dinge, über die es zu sprechen lohnt.« Nana sah ihn lauernd an. »Wann, Jefe?« »Wenn die Zeit gekommen ist, Nana.« Cochise erhob sich. »Meine Brüder bereiten ein Fest vor, denn wir möchten dem Großen Geist für seine Güte danken.« Das mächtige Feuer loderte zum Himmel. Frauen tanzten in rhythmischen Bewegungen zum Klang der Trommeln und Flöten. Krieger tranken gärisches Gebräu, bis sie betrunken in ihre Tipis taumelten. Zwei Tage und zwei Nächte dauerte das Fest zu Ehren des Großen Geistes der glücklichen Welt, dann kehrte der Alltag wieder ein. Der Winter zeigte ein eisiges Gesicht. John Haggerty war noch immer Cochises Gefangener. Man verpflegte ihn mit Fleisch und Bohnen, ließ ihm begrenzte Freiheit, ohne daß er dem berühmten Häuptling noch einmal
begegnete. Die frostigen Tage nahmen zu, und nach Haggertys Rechnung ging das alte Jahr zu Ende. An einem dieser Tage trat der Große Rat zusammen. Ein Dutzend alter und verdienter Veteranen des Stammes, der Jefe Cochise und Nana. In zwei Tagen und Nächten entschieden sie über John Haggertys Schicksal. Es war eine schwere Entscheidung, denn die Alten waren für einen langen Tod, und nur Cochise stimmte für das Leben des Falken. Der war ein Freund Hellauges, dessen Adern das Blut seines Blutes berührt hatten. Cochise zählte viele Taten auf, die für Thomas Jeffords und den Falken sprachen. Aber er spürte den tiefen Groll des alten Rates, der ihn schließlich einen Kompromiß schließen ließ. »Die Götter mögen die Entscheidung über Falkes Leben treffen«, sagte er nach langem Palaver. »Der Rat mag ihn in den Winter ziehen lassen, ohne Pferd und ohne Waffen, nur mit dem bekleidet, was er trägt, und mit einem Messer, mit dem er sich des hungrigen Wolfes erwehren kann.« Der Rat stimmte nach langer Beratung zu, denn er entnahm Cochises klugen Worten, daß ein Weg durch den klirrenden Frost des Winters ein Weg ohne Hoffnung war. Somit war die Entscheidung gefallen. Cochise sprach aus, was der Rat beschlossen hatte, und warf Haggerty das Bündel vor die Füße. Der Chiefscout dachte an seine leichte Sommerkleidung. »Du weißt, Cochise, es ist mein Tod.« Ohne daß der Jefe ein Gefühl zeigte, schlug er das Fell des Eingangs beiseite. »Der Weg ist frei, Falke, du kannst ziehen.« John nahm das Bündel auf und ging langsam durch die Felsöffnung. Nach einer Weile blieb er stehen und blickte in das unbewegliche Gesicht des Häuptlings. »Ich war gekommen, um dir die Botschaft des einarmigen Generals zu übermitteln. Er wünscht den Frieden zwischen
unseren Völkern. Rote Jäger und weiße Siedler sollen in Eintracht nebeneinander leben. Das ist General Howards Wunsch.« »Es war auch unser Wunsch, als ihr in unsere Täler eindrangt«, entgegnete Cochise ruhig. »Und es war ein Versprechen des Einarms. Aber es waren Worte einer gespaltenen Zunge. Geh, Falke, und versuche dein Glück!« »Du führst dein Volk in den Tod, Jefe, denn wo du zehn Siedler tötest, werden hundert nachkommen«, mahnte John Haggerty, ehe er sich trotzig abwandte. Bittere Kälte schlug ihm entgegen. Cochise blickte zum schmalen Felsspalt, durch den man aus der Apacheria gelangte. Falkes Worte waren auch seine Worte. Aber es war lange her, daß er sie gesprochen hatte. Er wartete, bis der Chiefscout verschwunden war, dann kehrte er zum Ratsplatz zurück. * Tage und Wochen vergingen. Als das Wetter milder wurde, führte Cochise seinen Stamm hoch zu den Gipfeln der Berge. Von dort rüstete er zu neuem Aufbruch ins Tal. Auf verschwiegenen Pfaden zogen seine Krieger hinunter in die Ebene, und als sie die Gila-Wüste erreicht hatten, wandte Cochise sich an Nana, der sie begleitete. »Wenn die Tage am längsten sind, Nana, will ich Victorio die Hand reichen und den Platz an seinem Feuer teilen. Wir treffen uns im Canyon de los Embudos.« Nanas Augen blitzten freudig auf. »Du wirst Victorio begegnen, Loco, Chato und Nana. Wir werden uns zu einem großen Volk vereinen, die Chiricahuas und die Mimbrenjos.«
* Den Spätsommer, den Herbst und den Winter zogen Captain Bill Freeman und seine Werber durch Siedlungen und Minencamps. Mit zündenden Worten hielt Freeman Ansprachen, verdammte die roten Bastarde und versprach den Siedlern Sicherheit auf ihrem Land und den Frieden im Territorium. Es war erstaunlich, wie groß der Zulauf war. In Tucson, Tubac und anderen Städten schrieben sich Farmer, deren Land verwüstet war, arbeitslose Cowboys, glücklose Goldgräber und gestrauchelte Existenzen in Freemans Söldnerlisten ein. Auf dem Weg nach Tombstone, das Freeman als Standort und Ausgangspunkt künftiger Unternehmen gewählt hatte, kam er an General Howards Headquarters vorbei. Und Howard, der den verlumpten und zerzausten Milizhaufen inspizierte, sagte zu Bill Freeman: »Sie haben eine Armee von biederen Bauern und Strauchdieben aufgetrieben, Captain. Damit läßt sich keine Schlacht gewinnen.« Freeman, den das geringschätzige Urteil des kommandierenden Generals wenig berührte, warf stolz den Kopf in den Nacken. »Wir sind Männer, die nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen haben, Sir. Meine Miliz wird den Chiricahuas innerhalb eines Jahres das Fürchten lehren. Und keine Rothaut wird es wagen, die Hand gegen den weißen Mann zu erheben. Wir werden die Rebellen in die San Carlos Reservation treiben und unter die Kontrolle der U.S.-Armee oder des Office of Indian Affairs stellen, so daß das Department jederzeit in der Lage ist, Rebellion im Keim zu ersticken.« Freemans Miliz zog weiter. General Howard, dessen Aufgabe es war, den Frieden im Südwest-Territorium zu sichern, ging sorgenvoll ins Lager
zurück. Die Entwicklung der Dinge und seine kürzliche Inspektion in der San Carlos Reservation hatten ihm gezeigt, daß dort Korruption und Betrug zum Tagesgeschehen gehörten. Die Täler an beiden Ufern des Gila River, die den Indianern durch Beschluß der obersten Bundesbehörde vertraglich zugesichert waren, wurden Zug um Zug von weißen Siedlern in Besitz genommen. Im Südwesten waren es Mormonen, die sich widerrechtlich die Indianerfarmen aneigneten. Im Westen und Osten verkleinerten Kupferminen die Reservationen, und die Entdeckung von Kohle und Silberminen im Süden würden das Indianerland bald weiter zusammenschrumpfen lassen. Und nun noch Freemans Miliz, die einen gewissen Unruheherd bildete. »Wir haben für Arizona einen Krieg geführt und sollten dafür kämpfen, es wieder zu verlieren«, sagte der einarmige General am Abend verbittert zu seinem Adjutanten und dachte an Thomas Jeffords, der im Spätherbst mit Terrazas Informationen zurückgekehrt war, die besagten, daß sich Victorio mit Nana, Loco und Chato verbündet hatte. Seither war Thomas Jeffords auf der Suche nach seinem Freund John Haggerty. Während bei General Howard die ersten Zweifel auftauchten, ob sein Chiefscout überhaupt noch lebte, ritt Captain »Lion« Bill Freeman mit seinem Frontier Bataillon in südwestlicher Richtung durch das Land, warb neue Söldner für seine Truppe an und erreichte an einem linden Frühlingstag Tombstone. Der Empfang war überwältigend. Die stattliche Zahl seiner Kämpfer ließ in jenen Bürgern Hoffnung aufkeimen, die im letzten Herbst Brüder und Freunde im Kampf gegen Cochise verloren hatten. Und jene Siedler, die in diesen Tagen auf der Flucht vor raubenden Chiricahuas ihren Besitz verlassen hatten, sahen in Freemans starker Miliz die beste Lösung der Probleme und folgten freudigen Herzens seinem Aufruf. Der Townmayor ließ ein Fest ausrichten, das drei Tage und
drei Nächte dauerte. Man tanzte, trank und redete von der Zukunft. Doch Spreu und Weizen vertrugen sich schlecht. Biedere Bürger und Grenzgelichter, die ihre Stärke im Revolver sahen, gerieten sich in die Haare. Diebstähle und andere Delikte waren an der Tagesordnung. Captain Freeman, der um den Ruf seiner Miliz fürchtete, griff deshalb hart durch. Er ließ die Übeltäter arrestieren und die Urheber der Unruhen, die zwei Bürger erschossen und mehrere Frauen vergewaltigt hatten, vor ein in aller Eile zusammengerufenes Gericht stellen und ein Exempel statuieren. Als Terence Horby und Horace Hill, zwei Grenzbanditen, auf dem Marktplatz an der Korkeiche baumelten und ihr verbrecherisches Leben aushauchten, schallte Bill Freemans lautstarke Stimme über die Versammelten hinweg. »Jeder, der das Ansehen der Miliz zu schädigen versucht oder aus niederen Trieben heraus die Gemeinschaft verletzt, wird ihr Schicksal teilen.« Dabei deutete sein rechter Arm mahnend zu den Gehenkten. Freemans Mahnung ließ auch den größten Gauner, der sich im Schutze der Miliz bewegte, erkennen, daß mit diesem harten Mann gerechnet werden mußte. In den nächsten Wochen, als Freeman seinem wilden Haufen die Begriffe militärischer Gehorsamkeit beibrachte, um so eine kampfstarke Truppe zu formieren, zogen immer neue Siedlerkarawanen in Tombstone ein, die fürchterliche Dinge zu berichten wußten. An einem Tag, als Freeman dachte, daß es der geeignete Zeitpunkt war, ließ er vier Buckboard-Wagen mit Furage, Munition und Waffen bestücken und zog mit 120 Frontierkämpfern zum San Carlos Lake, wo nach letzten Berichten flüchtender Siedler Cochise sein Unwesen treiben sollte.
Ein Ungewisser Weg in eine Ungewisse Zukunft. * Mountainmen fanden den ausgezehrten Chiefscout John Haggerty in den Ausläufern der Chiricahua-Berge und brachten ihn in ihr Lager. Wochenlang kämpften sie aufopfernd um sein Leben. Als Haggerty sich erstmals von den Felldecken erhob, kündigte sich das Frühjahr an. Die ersten Blumen sprossen aus frischem Gras, die Arizonawinde vertrieben Frost und Kälte. Slim Whooler und Buck Kainon stellten keine Fragen nach seinem Woher, und Haggerty wäre – trotz seiner großen Dankbarkeit, die er für seine Samariter empfand – auch nicht gewillt gewesen, darüber zu sprechen. Von ihnen erfuhr er, daß Fort Buchanan etwa 40 Meilen entfernt lag und sie bereit waren, ihn dorthin zu führen. »Es ist gefährlich geworden in den Bergen«, sagte Whooler und strich sein eisgraues, verwildertes Bartgeflecht. »Vor einer Woche begegneten wir einer Gruppe Rothäute, die aus den Steilhängen zu Tale zogen. Seit dieser Zeit beobachten wir mehrere Feuer im Siedlerland, und die dünne Luft trug uns Kampfeslärm zu. Die Apachen fallen über die Farmer her, plündern, rauben und massakrieren alles, was ihnen in die Quere kommt.« Cochise, dachte Haggerty verbittert. Er ist aus den Bergen zurückgekehrt, um seinen Kampf fortzusetzen. Ein zorniger Mann, der vom Wege des Friedens abgeglitten war. »Wann könnten wir aufbrechen, Freunde?« fragte er seine Begleiter. »Wenn du dich stark genug fühlst, Freund«, erwiderte Buck Kainon. Er schien unruhig zu sein und Angst zu haben. »Am liebsten schon heute.« Whooler lächelte und erklärte:
»In Fort Buchanan erhoffen wir uns Sicherheit, bis der Ärger sich gelegt hat.« »Worauf warten wir dann noch?« Haggerty spannte seine Muskeln und spürte, daß sie stark und kräftig geworden waren. Vor ihm lag ein langer Weg, denn General Howard wartete seit einem halben Jahr auf eine Nachricht. Am Morgen brachen sie auf. Im Schutze der Dunkelheit erreichten sie die offene Plains, die zum Apachen-Paß hochführte. Haggerty ritt im weiten Holzsattel eines störrischen Maultieres, der zu Whooler und Kainons Ausrüstung gehörte. Whooler hatte die Führung übernommen, und sie schafften fast 15 Meilen. In der Nacht riet John, kein Feuer zu machen. Sie schliefen zwischen flachem Buschwerk. Am folgenden Tag, während sie durch das Hügelland zogen, passierten sie eine niedergebrannte Farm. Das Vieh war fortgetrieben worden, die Bewohner waren geflüchtet. »Seltsam, daß uns keiner dieser Rotschwänze begegnet«, sagte Whooler am Abend nachdenklich, als er sich in die Decken rollte und die entsicherte Sharps im Arm bettete. »Sie werden nach Süden gezogen sein«, sagte der Scout. Er dachte an Nana, den er in Cochises Lager gesehen hatte, und dessen Stamm in der San Carlos Reservation lebte. »Uns soll es recht sein«, brummte der Alte im Halbschlaf. »Einer von euch kann mich um Mitternacht wecken.« * Gegen Mittag des nächsten Tages näherten sie sich Wards Farm. Sie schien unbeschädigt zu sein, doch als sie näher ritten, erkannten sie, daß das Anwesen verlassen war. Noch bevor der Dunst des Abends niederfiel, erreichten sie hoch im Paß Butterfields Poststation. Die Relaisstation war
aufgegeben worden. »Cochises Kriegshorden leeren das Land«, bemerkte Whooler düster. »Es grassiert die Angst vor des Teufels Horde.« Endlich sahen sie die trutzige Felsenburg des Forts, und als sie durch das weite Tor ritten, dachte John Haggerty grimmig: ohne Wards Verrat und Lieutenant Bascoms Hängeparty mit Cochises Verwandten hätte der Häuptling den Frieden niemals gebrochen, denn Cochise zeigte immer wieder seinen Willen zum Frieden ihrer Völker. Bascom und Ward hatten große Schuld auf sich geladen. Sie waren tot. Lieutenant Tanner war dabei, eine Wagenkolonne zusammenzustellen, die er auf einer Teilstrecke nach Tombstone begleiten sollte. Als er den Scout erkannte, trat er schnell heran. »Mr. Haggerty!« rief der Offizier erstaunt. »Wir dachten, Sie wären längst tot.« »Unkraut vergeht nicht, Lieutenant.« John kletterte steif aus dem Holzsattel. Tanner deutete zum Office. »Gehen Sie rein, Sie werden bestimmt eine Überraschung erleben, Sir.« Haggerty nickte. Colonel Brigham würde ihn mit großem Hallo begrüßen und eine Flasche Brandy zur Begrüßung spendieren. Slim Whooler blickte hinter dem Mann her, ehe er sich an Tanner wandte. »Er scheint hier gut bekannt zu sein.« Tanner lächelte. »Er ist General Howards Chiefscout.« »Oh«, sagte Whooler überrascht und wechselte mit dem Partner einen schnellen Blick, »der Falke.« »Richtig.«
Als Haggerty den Dienstraum betrat, saß Colonel Brigham hinter seinem Schreibtisch. Er war gerade dabei, eine Flasche zu entkorken. John erkannte auch den zweiten Mann auf dem Sofa. »Thomas Jeffords!« stieß er hervor. »Welch eine Freude!« Er ging auf den Freund zu und umarmte ihn. »Was treibt dich nach Fort Buchanan?« »Du, John«, erwiderte Jeffords die Frage und erklärte, was ihn in den Apachenpaß geführt hatte. »Ich bin seit Beginn des Winters hier und in dieser Zeit einige hundert Meilen geritten, um dich zu finden. Ich war bis oben in Cochises Apacheria, fand sie jedoch verlassen.« »Cochise hat sein Dorf tiefer in die Berge verlegt«, sagte der Scout und berichtete, was sich in den letzten Monaten zugetragen hatte. »Trapper fanden mich und retteten mir das Leben.« Das Gesicht des Postmeisters verfinsterte sich bei Haggertys Bericht. Er dachte an die Unterredung mit dem mexikanischen Colonel im letzten Herbst in Janos und dessen Befürchtungen. »Du sagtest, Nana verbrachte den Winter in Cochises Apacheria?« »Er wird sie inzwischen mit Cochise verlassen haben.« John Haggerty nahm dankend das Glas entgegen, das der Colonel ihm lächelnd reichte. »Der erste Tropfen seit einem halben Jahr – Prost!« Thomas Jeffords war ans Fenster getreten. Die Karawane setzte sich in Bewegung und führte nun ein Dutzend Siedler, die ihre Heimstätten aus Furcht vor Cochise aufgegeben hatten, in die Ebene. Cochises Geist beherrschte das Land. Butterfields Linienverkehr war eingestellt, die Station im Paß auf seine Anordnung hin geschlossen worden. Die einzige Verbindung zwischen Tucson und dem Osten bestand nicht mehr. Dieses Land trieb in ein Chaos, seine Ordnung begann sich aufzulösen.
»Könnte Nana Kontakt zu Cochise und Victorio suchen?« fragte Jeffords, ohne den Blick zu wenden. Das große Tor stand weit offen, die einzelnen Plainswagen, Buckboards, Conestogas, von kräftigen Pferden und Ochsen gezogen, verließen das Fort, um in der sicheren Stadt Tombstone die Zeit abzuwarten. Bestimmt waren auch Farmer dabei, die die Zukunft dunkel sahen und in den Osten zurückzogen. Doch was bedeutete das schon. Neue Siedlertrecks folgten, um in Arizona und New Mexico ansässig zu werden. »Die Frage überrascht mich nicht, Thomas«, sagte John, der sich an Colonel Brighams Brandy gütlich tat. »Denn was soll ein Mimbrenjo sonst wohl im Lager der Chiricahuas wollen?« Jeffords drehte sich um. Er krauste seine Stirn und sah besorgt aus. »Wir werden Cochises Fährte suchen, John.« »Das dürfte nicht schwer sein. Du brauchst nur der verbrannten Erde zu folgen, die der Jefe hinterlassen hat.« Haggerty wankte leicht. Der schnelle Genuß des Brandys hatte seine Wangen gerötet. »Der verdammte Fusel geht in die Knie.« »Dann besaufe dich kräftig, John«, ermunterte Thomas den Freund lächelnd, »morgen früh brechen wir auf.« »Du willst zum Jefe?« Jeffords nickte. Es war die einzige Möglichkeit, einen Krieg zu vermeiden. Haggerty lachte blechern. »Er schickt dich in die Wüste, wie er mich in den Winter geschickt hat, Thomas. Cochise hat keine Freunde mehr, denen er vertraut.« Dann fiel John Haggerty um wie ein morscher Baum. Colonel Brigham ließ die Ordonanz rufen und den Scout ins Quartier tragen. Thomas Jeffords wanderte über den Hof und stieg die starken
Mauern hoch. Sein Blick fiel auf die nahegelegenen Wasserquellen und verlor sich in der Weite des Landes. Es war ein wildes, grausames Land von ungebrochener Schönheit, und dennoch reich an Leben. Groß genug, zwei Völker zu ernähren. Warum nur dieser Haß und die Zwietracht zwischen Menschen, die verschiedene Hautfarben trugen? Am Morgen ritten Jeffords und Haggerty ins Tal. Sie stießen auf verbrannte Erde und niedergerissene Hütten, auf einen ausgebrannten Wagentreck, und begruben die massakrierten Begleiter. Am dritten Tag entdeckten sie Cochises Fährte, die nach Süden führte. Siebzig und mehr Krieger schienen den Häuptling zu begleiten. Eine Ansammlung, an deren Größenordnung sich Thomas Jeffords vergleichsweise nicht erinnern konnte. Sein Blick folgte den schwachen Spuren, die über Sanddünen und Steinhalden führten. John Haggerty schien die Gedanken seines Freundes zu erahnen. »Du denkst an den Treck, der unterwegs nach Tombstone ist?« »So ist es, John. Wir wollen keine Zeit verlieren.« Thomas Jeffords lockerte die Zügel und ließ seinem Pferd freien Lauf. * Am Donars Ground war Lieutenant Tanners Aufgabe beendet. Er und seine Schwadron schwenkten nach Westen, um nach Fort Buchanan zurückzureiten. Am Abend dieses Tages lagerte der Konvoi, geschützt vor dem scharfen Südwind, in einer Senke. Jesse Crofford, ein alter Texaner, der schon einige Jahre im
Land lebte, hatte die Führung übernommen. Er ließ die Wagen zur Burg auffahren, die Wachen postieren und Lebensmittel ausgeben. In der Nacht wachte er vom Ruf der Bu auf, jener Eule, die der alten indianischen Sage nach Botin des Todes war. Noch ehe Crofford recht begriff, schlugen Brandpfeile in die Planen der Conestogas. Ein vielfältiger durchdringender Schrei füllte die Dunkelheit, aus der dumpfer Hufschlag die Erde dröhnen ließ. Schatten tauchten zwischen lodernden Flammen auf, Schüsse fielen, und die ersten Männer, aus tiefstem Schlaf gerissen, wurden tödlich getroffen. Der alte Texaner griff nach seinem Gewehr und schlug den Lauf wie wild gegen die Triangel. Die Männer des Trecks formierten sich zum Widerstand, stürzten schießend den Indianern entgegen und schlugen eine Bresche zwischen die Eindringlinge. Ein unerbittlicher Kampf, Mann gegen Mann, der eine Stunde dauern sollte, begann. Ihr Mut und die Erfahrung der Grenzer trieb den Gegner aus der Burg zurück. Tote lagen zwischen lodernden Flammen, die mutige Frauen zu löschen versuchten. Verletzte jammerten um Hilfe, Männer krochen zwischen Deichsel und Fahrwerk, um den nächsten Ansturm abzuwehren. Ein Kampf auf Leben und Tod begann, denn – vom unerbittlichen Haß auf die Bleichgesichter getrieben, von ihren früheren Erfolgen beflügelt – die Chiricahuas griffen unablässig die Wagenburg an. Zastee, zastee! Der Wunsch zu töten beherrschte ihre Gedanken, trieb sie vorwärts. In der Morgendämmerung waren drei schwere Planwagen samt Ladung ausgebrannt. Croffords Leute bemühten sich, die entstandene Lücke zu schließen.
»Ohne Hilfe werden sie uns niederreiten und umbringen«, rief jemand in panischer Angst. Frauen weinten und drückten ihre verstörten Kinder fest an sich. Der Druck von außen blieb unverändert. Sie kamen nun, mit der aufgehenden Sonne im Rücken, weit auseinandergezogen zur Kampfordnung formiert, einer alles hinwegschwemmenden Woge gleich. Ihre Waffen blitzten im Widerspiel des gleißenden Lichtes, ihr wildes Geschrei drang durch Mark und Bein. Ein Pfeilhagel spickte die hölzernen Planken der schützenden Wagenfassade. »Feuer!« brüllte der alte Texaner überflüssigerweise, denn die Angst vor dem Ende ließ die Männer ihre Gewehre abfeuern, ohne daß es eines Befehls bedurft hätte. Ihre Frauen krochen heran, luden die leergeschossenen Karabiner und zeigten angesichts der Todesgefahr Kraft und Stärke, die den Siedlern eigen war, um in diesem wilden Land überleben zu können. Zu dem Zeitpunkt, als ihr Widerstand zusammenzubrechen drohte, wandten die Rothäute ihre flinken Pferde und jagten geduckt auf nackten Pferderücken zwischen die Hügel. Jesse Crofford, rauchgeschwärzt vom Pulverdampf und außer Atem, begriff dieses Wunder zunächst nicht, bis er und sie alle die fernen Trompetensignale vernahmen und eine Armada Reiter aus der Senke auftauchte, die, ihre Karabiner abfeuernd, den flüchtenden Feind verfolgten. »Kavallerie«, krächzte Dan Huggens, dem der gefiederte Schaft eines Apachenpfeils aus der Schulter ragte, ehe er zusammenbrach. Jesse Crofford sah den wilden Haufen in der verwitterten Kleidung. Unbändige Freude erfüllte ihn, während er auf die Barrikade kletterte und seine Büchse schwenkte. »Das ist Captain Freeman und die Miliz!« jubelte der
Texaner. »Freunde, wir sind gerettet.« Ein donnernder Ruf kündete die Erlösung an, und manch einem tapferen Mann rannen Tränen über die Wangen. Eine kleine Gruppe löste sich aus der Staffel, sprengte im Galopp heran. Crofford rief mit sich überschlagender Stimme: »Das war in letzter Minute, Captain Freeman. Gott schütze Sie und ihre Teufelskerle!« Fernes Gewehrfeuer deutete an, daß die Jagd noch nicht zu Ende war. Captain Freeman versprach mit Entschlossenheit, den Rothäuten zu folgen und nicht eher zurückzukehren, bis das Blut des letzten Apachen die Erde tränkte. Als er geendet hatte, galoppierten von Norden her zwei einzelne Reiter auf die Wagenburg zu. Freeman verzog mißmutig sein Gesicht, als er die Männer erkannte. Jeffords und Haggerty zügelten ihre Pferde. Mit einem Blick übersahen sie den Schaden. Während sie aus den Sätteln glitten, rief Freeman hämisch: »Die Regierungsbeauftragten kommen zu spät zum Verhandeln. Meine Miliz hat das Thema Cochise bald abgeschlossen.« Dabei lenkte er sein Pferd herum und folgte seinen Leuten. Noch immer hallte über die Prärie heftiges Gewehrfeuer. »Verluste?« fragte Thomas Jeffords, als er die Wagenburg betrat. »Zum Glück nicht allzu große«, erwiderte der Texaner. »Drei Tote und einige Verletzte.« Dabei deutete er nach draußen, wo John Haggerty zwischen den toten Indians einherschritt, um Cochise zu suchen. »Die Rothäute hat es stärker erwischt.« Haggerty kehrte bald zurück. Er deutete Thomas' Blick richtig, als er den Kopf schüttelte. »Der Jefe ist nicht unter den Toten.« Die Frauen hatten inzwischen ein Feuer entzündet und kochten Kaffee. Einige von ihnen bemühten sich um die
Verwundeten, andere führten die weinenden Kinder zu einem bestimmten Platz. Jeffords und Haggerty erlebten eine Stunde Gastfreundschaft der Siedler, ehe sie die Unruhe aufbrechen ließ. Als sie Freemans Spuren folgten, formierte der Texaner Crofford seine Wagenkolonne. »Für den Treck besteht keine Gefahr mehr«, sagte Thomas Jeffords, der in der Ferne jagende Reiter sah, die ihr Wild zu den Bergen trieben und versuchten, ihnen den Weg abzuschneiden. »Aber wenn Freeman Cochise erwischt, läßt er ihn hängen, vierteilen oder aufs Rad binden und zu Tode foltern.« »Scheißkrieg«, brummte Haggerty, während er die Zügel locker führte. Sein Freund nickte. »In Cochises Herz schlummern verdeckt Friedensgefühle. Sein Zorn läßt sie ihn nicht erkennen. Aber irgendwann dürfte ihm seine Klugheit sagen, daß sein Kampf ein Kampf gegen den Wind sein wird. Sollte aber Victorio Kriegshäuptling der Mimbrenjos, der Chiricahuas und der White-MountainApachen werden, wird dieses Land in unserem Blut ertrinken. Victorio brennt voller Haß auf Weiße und Mexikaner seit dem Tod von Mangas Coloradas. Der Jefe ist der einzige, der ihn in die Schranken verweisen kann.« »Aber ich denke, Cochise sucht Verbindung zu Victorio«, wandte John Haggerty ein. »Der mexikanische Colonel vermutet es. Deshalb wollen wir mal Schicksal spielen und Cochise finden, ehe dieses Treffen stattfindet.« Sie folgten der breiten Fährte und stießen auf getötete Apachen, denen blutrünstige Burschen den Skalp vom Schädel getrennt hatten, denn noch immer bestand die Unsitte, daß die Regierung Prämien für eine indianische Kopfhaut zahlte. Am Abend erreichten sie die Caps der Chiricahua Mountains
und stießen auf die Lagerfeuer der Miliz. Captain Freeman war ungehalten und dennoch voller Zuversicht. »Sie haben sich in die Steilschluchten zurückgezogen. Aber wir holen uns jeden Mann. Der Zeitpunkt war noch nie so günstig, um mit Cochise abzurechnen.« Jeffords und Haggerty schwiegen. Sie sattelten ihre Pferde ab, lösten die Bettrollen und suchten sich abseits ein verschwiegenes Plätzchen. »Apachen-Ponys sind wie Gemsen, John«, sagte Thomas, während er sich gähnend in die Decken rollte. »Wenn Freeman erwacht, werden sie längst auf dem Hochplateau reiten und für eine Weile untertauchen. Wir trennen uns beim Sonnenaufgang von Freeman und suchen weiter südlich einen Weg zum Plateau.« * Unbemerkt waren der Häuptling und seine Krieger in der Nacht aufs Hochplateau gestiegen. Als der Tag graute, waren sie meilenweit vom Gegner entfernt, und zwischen ihnen lagen tiefe Felsschluchten. Bis zum Mittag ritten sie im schnellen Tempo ihrem Ziel entgegen, und als sie die verdeckte Quelle erreichten, die aus dem Fels sprudelte und im Fels verschwand, gab der Jefe das Zeichen zur Rast. Sie umlagerten die Quelle, und Cochise hatte nun Gelegenheit, die Verluste seiner Krieger zu ermitteln. Nachdenklich führte er seine Unterführer Naiche und Geronimo zur nahen Felsplatte, wo sie ungestört ihren Palaver führen konnten. Dort setzten sie sich nieder. »Dreißg der besten Krieger haben wir verloren«, begann der Häuptling zu sprechen, »und vielleicht ein Dutzend unserer Feinde erlegt. Wir besitzen Gewehre, aber wir sind ihnen
unterlegen. Wir haben keine Krieger, die unsere Toten ersetzen, und die weißen Siedler überschwemmen wie ein reißender Strom unsere Jagdgründe.« »Wir sind auf dem Weg zum Canyon de los Embudos, Cochise«, widersprach Geronimo, »Victorio, Nana, Loco und Chato warten auf dich. Vielleicht wird auch Alchesay vom Stamm der White-Mountain-Apachen und Eskaminzin, der Häuptling der Aravaipa, der Verhandlung beiwohnen. Bedenke, alle Apachen-Häuptlinge unter dir vereint, Cochise, das würde eine Kriegsmacht bedeuten, mit der wir die Eindringlinge aus dem Land jagen könnten. Wir haben unsere eigenen Gesetze und brauchen nicht die erniedrigenden Gesetze einer fremden Regierung, die dem Sklaventum gleichkommt – oder dem Tod.« »Mein Wunsch, in Frieden zu leben, ist tot, Geronimo.« Cochise blickte in den blauen Himmel, dem er sich im Augenblick so nahe fühlte, daß er mit den mächtigen Göttern zu sprechen glaubte. »Aber sie dort oben schicken ein mahnendes Zeichen, das unser Übermut eines schnellen Sieges nicht das Ende des Kampfes bedeutet. Viele unserer Brüder sind auf dem Weg in ihr Reich. Viele werden folgen. Aber was dann, wenn es keine Apachenkrieger mehr gibt?« »Die Götter stehen auf unserer Seite. Ihrer Kraft verdanken wir unseren Sieg. Sie werden nicht dulden, daß ihr Volk ausstirbt«, sagte Geronimo mit großer Inbrunst. In Cochises Augen – wie die eines Adlers – schimmerte es traurig. Er dachte an den großen Weißen Häuptling in Washington, der schon viele Male sein Wort gebrochen hatte und bald Soldaten und Kanonen schicken würde, gegen deren Stärke ihr Volk zu schwach war. »Bist du kriegsmüde?« hörte er Geronimo vorwurfsvoll fragen. »Nein«, erwiderte der Jefe nach einer Weile. »Wir ziehen morgen weiter nach Süden und erledigen die Aufgaben, die
unsere Götter uns gestellt haben.« An der Quelle entstand plötzlich Bewegung. Einige Krieger eilten zu den steil abfallenden Felsen. Einer kam Cochise entgegen, der sich erhoben hatte. Geronimos Hand berührte den Tomahawk im Gürtel, als Tomie erregt rief: »Zwei Reiter, Jefe! Sie befinden sich auf dem unteren Felsband.« Cochise schritt nachdenklich an dem Krieger vorbei und rief seine Leute zurück. Weit beugte er sich über die Felsbrüstung und beobachtete minutenlang die Fremden. Seine scharfen Augen erkannten schließlich Thomas Jeffords und John Haggerty, die bemüht waren, einen Pfad zum Hochplateau zu finden. »Es sind mein Bruder Hellauge und der Falke«, verkündete Cochise, während er sich aufrichtete. In Geronimos Augen stand flammender Zorn. »Du hast keinen Blutsbruder mehr, Jefe, und der Falke ist schon längst tot.« Cochise spürte den Aufruhr des jungen Unterhäuptlings, der irgendwann an seine Stelle treten sollte. »Das Band unseres Blutes wird nie zerreißen, Geronimo. Der Falke aber lebt. Seine Götter waren ihm wohlgesinnt.« »Dann werde ich den Falken töten, um dir zu beweisen, daß ihre Götter unseren Pfeilen nicht widerstehen.« Cochise merkte, daß sein Unterhäuptling ihn herausforderte. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch das Schweigen seiner Krieger. Es gab kein Gesetz, dem Geronimo sich hätte beugen müssen. Deshalb sagte er weise: »Von Hellauge und dem Falken haben wir nichts zu befürchten. Es führt kein Weg aus dem Canyon Iluda auf das Plateau der Singenden Winde. Sie werden bald umkehren. Wir aber werden ihnen Tage voraus sein, und der Wind wird unsere
Spuren verwischen. Wo könnten sie uns wohl suchen?« * Vier Tage lang durchstreifte Freemans Miliz das felsige Tal, bis der Captain erkannte, daß Cochise ihn genarrt hatte und über alle Berge verschwunden war. Freeman hielt es für unmöglich, daß ein berittener Apache diese Steilbarrieren überwinden konnte, aber die Tatsache überzeugte ihn. »Cochise hat uns geleimt. Wir werden nach Süden reiten und das Cap umgehen«, sagte Freeman verärgert zu Tenner, der den Rang eines Unterführers hatte. »Irgendwann werden wir ihre Fährte wiederfinden, denn fünfzig Reiter können sich nicht in Luft auflösen.« In der folgenden Woche kamen sie an kleineren Ansiedlungen vorbei, die im Schutze fruchtbarer Bergtäler lagen. Captain Freeman hörte von der verdächtigen Ruhe, die seit einiger Zeit herrschte. »Mitunter sahen wir täglich Mimbrenjos, die plündernd von Süden heraufzogen, und wir hatten alle Mühe, sie uns vom Hals zu halten«, erklärte ein Kleinrancher, auf dessen Land das Frontier Bataillon einen Tag rastete. »Aber seit vielen Tagen ist die Range wie leergefegt. Das bedeutet nichts Gutes.« Auch Freeman war diese Tatsache aufgefallen, denn seitdem er Cochises Spur verloren hatte, ging es ihnen wie Potter, dem Farmer. Der ehemalige Captain antwortete auf die Frage, warum sie so tief im Süden ritten, daß sie hinter Chiricahua-Apachen her seien und Cochise fast erwischt hätten. Potter schüttelte den Kopf. Die Erwähnung des Jefe sorgte für einige Unruhe, aber dann sagte der Farmer: »Wenn Cochise im Tal der Farmer wäre, hätte mich einer meiner Nachbarn gewarnt. Wir unterhalten untereinander ein Nachrichtennetz um in der Stunde der Gefahr uns gegenseitig
helfen zu können.« Dabei erklärte er, wie das funktionierte. Am Tage waren sie mit Spiegelsignalen verbunden und in der Nacht durch Leuchtfeuer. »Auf diese Weise versuchen wir uns gegenseitig zu schützen, Captain.« Die Miliz blieb über Nacht. Am anderen Morgen, mit frischen Vorräten der Farmer versorgt, zog sie weiter. Freeman spürte die Ungeduld seiner Leute. Sie wollten kämpfen und nicht hinter einem Phantom herjagen. Und etliche von ihnen quälte das Heimweh. Viele Wochen waren sie unterwegs, und das Geplänkel mit Cochises Kriegern war nur ein Lichtblick in der Eintönigkeit der Tage. Nahe der Felsen bleibend, hatten sie das Cap umgangen. Freeman schickte Späher aus, in der Hoffnung, nun endlich eine Fährte zu finden. Doch als sie in der Nacht ins Lager zurückkehrten, brachte nur Tenner eine Neuigkeit. »Ich habe am Abend Spuren zweier beschlagener Pferde entdeckt. Sie führen direkt nach Süden.« »Jeffords und Haggerty.« Bill Freeman nickte bedächtig. »Wie alt war die Fährte?« »Einige Stunden.« Freeman wunderte sich, denn nach seinen Schätzungen mußten die beiden vier Tage Vorsprung haben. »Wir werden ihnen morgen folgen. Vielleicht weiß Jeffords mehr.« * Am Vormittag stießen sie auf ein niedergebranntes Feuer, und als die Sonne hinter den Bergen versank, entdeckten sie Jeffords und Haggerty, die einen Lagerplatz am Seitenarm des Gila gefunden hatten. Freeman schlug in ihrer unmittelbaren Nähe das Biwak auf und ritt dann hinüber.
»Sie wissen mehr als ich, Mr. Jeffords. Sie haben Cochises Fährte gefunden«, sagte er und setzte sich an ihr Feuer. Thomas Jeffords lächelte. »Wenn ich wüßte, wo sich Cochise gegenwärtig befindet, Captain, würde ich es Ihnen nicht auf die Nase binden. Sie sind scharf auf den Skalp des Häuptlings, wir aber reiten in einer Friedensmission. Vielleicht würde es mir gelingen, den Jefe vor übereifrigen Entschlüssen zu bewahren und zu einer Unterredung mit General Howard überreden zu können.« »Cochise kennt nur eine Sprache, die der Waffen, Mr. Jeffords«, brauste der Captain auf. »Er zeigt es uns seit einem Jahr. Nein, Cochise wünscht keinen Frieden.« »Daran tragen Leute wie Sie die Schuld, Freeman, oder unbesonnene Männer wie Ward und Lieutenant Bascom, die ihren Verrat mit dem Tode bezahlen mußten«, entgegnete Jeffords scharf. »Zähmen Sie ihren Zorn, Captain, und reiten Sie mit der Miliz nach Hause.« »Und Sie?« Freeman hatte sich erhoben. Ihm war klar, daß man seine Anwesenheit nun wohl nicht mehr wünschte. »Unser Ziel ist Mexiko.« »Im letzten Herbst waren sie schon einmal in Mexiko, Jeffords. Welche Verbindung sucht General Howard zu Colonel Terraza?« »Jede mögliche, die zum Frieden unserer Völker führen kann.« Captain Freeman stampfte davon. Er dachte, welch ein Narr Jeffords war, der noch an einen Frieden glaubte. Am Morgen stellte er fest, daß der Postmeister und der Chiefscout ihr Lager verlassen hatten. »Wir reiten in Richtung San Carlos«, befahl Freeman und dachte an Victorio, dessen Stamm in der Reservation lebte. Aber in Carlos, im Office of Indian Affairs, erfuhr Captain Freeman, daß Victorio und dessen Familien vor einem Monat das Reservat verlassen hatten und spurlos in den Bergen
untergetaucht waren. »Was mag das bedeuten?« fragte Freeman den Inspektor. Der deutete lächelnd über das kahle und vegetationsarme Wüstenland längs des Gila River. »Sie leben hier auf engstem Raum, Captain. Selbst ihre Feinde sind ihre Nachbarn. Sie sind Jäger und keine Bauern. Bemühungen, aus ihnen Farmer zu machen, haben wir aufgegeben.« »Und niemand holt die Mimbrenjos zurück?« »Es ist Militär unterwegs, Captain. Aber das wird wohl auch nichts nützen.« Freeman verabschiedete sich betroffen. Inspektor Raggen hatte ihm eine Erklärung, aber keine rechte Antwort auf seine Frage gegeben. Und dafür war er eine Woche geritten. Wo steckte Cochise mit seinen Kriegern? Wo Victorio mit seinen Familien? Fragen, auf die er keine Antwort fand. Unwillkürlich erinnerte sich Captain Freeman der Gerüchte, die seit Monaten in den weiten Tälern Arizonas im Umlauf waren. Sollten Cochise und Victorio Kontakt miteinander suchen? Ein Gedanke, bei dem es Captain Freeman eiskalt über den Rücken lief und seinen Entschluß bestärkte, die Jagd nicht aufzugeben. * Die Sonnenglast lag wie eine Hitzeglocke über Chihuahua, als die Freunde Colonel Terrazas Hauptquartier entdeckten. Es war Hochsommer, die Sonne stand im Zenit, und bald wurden die Tage kürzer. Colonel Terraza war trotz seines Alters ein aktiver Mensch, agil, beweglich – der Typ einer Führernatur. Zugleich aber von mexikanischer Behäbigkeit, wenn es um die Siesta ging.
Die Ankunft der Amerikaner oder Gringos, wie er sie heimlich zu nennen pflegte, brachte ihn nicht aus der Ruhe, konnte auch seine Siesta nicht stören. Come Mexico, no hay dos. Man brauchte bei der mörderischen Hitze seine Erholung. Am späten Nachmittag erschien er in seinem Büro und begrüßte seine Gäste mit überschwenglicher Herzlichkeit. Er ließ Früchte, Fleisch und Getränke auffahren und langte selbst kräftig zu. Fast zwei Stunden dauerte die kleine Fiesta, ehe Thomas Jeffords zum eigentlichen Zweck seines Besuches kam und seine Befürchtungen zum Ausdruck brachte. »Cochise ist unterwegs nach Süden, und aus San Carlos kommen Gerüchte, daß Victorio sich aus der Reservation abgesetzt hat. Ihre Befürchtungen, Colonel, daß Cochise und Victorio sich einigen könnten, sind nicht mehr von der Hand zu weisen.« Colonel Terraza füllte die Gläser mit eiskaltem Tequila, schob den Salztopf über den Tisch und nahm einen tiefen Schluck. »Meine Tarahumari-Scouts meldeten in den letzten Wochen starke Bewegungen in der Sierra Madre, meine Herren. Sie entdeckten einzelne Mimbrenjo-Gruppen, die wie Diebe heimlich in die Berge eindringen, in denen doch nur Steine und Sand zu holen sind. Nur die Ärmsten der Armen leben auf dem Hochplateau – Peons, die sich kaum ernähren können, weil die Kargheit des Bodens nur eine dürftige Ernte erbringt. Auch Chiricahuas sind gesichtet worden, die jeder Siedlung auswichen und einzelne Reisende kaum beachteten. Irgendwo mitten in der Sierra Madre braut sich etwas zusammen, das für unser beider Länder schicksalhafte Bedeutung hat.« »Und was haben Sie unternommen, Colonel?« »Sie wissen, daß Apachen und Mexikaner seit zweihundert Jahren in Feindschaft leben, Mr. Jeffords. Sie sollten mir deshalb glauben, daß wir die Entwicklung der Dinge sehr aufmerksam verfolgen. Fast fünfzehn meiner besten
Tarahumari-Späher sind ständig unterwegs, um ihren Treffpunkt ausfindig zu machen. Wir müssen Geduld haben und gewissenhaft unsere Vorbereitungen treffen.« Colonel Terraza war ein aufmerksamer Gastgeber, der ihnen die schönsten Seiten seiner Stadt und die Kampfstärke seiner Truppen zeigte, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Dennoch wurden die Freunde auf eine harte Probe gestellt. Nach einer Woche endlich ließ der Kommandant sie rufen, und als sie dessen Dienstzimmer betraten, erkannte Jeffords Mauricio, den Tarahumari-Indianer-Scharfschützen, der ihn im letzten Sommer nach Süden begleitet hatte. Mauricios weiche Hirschlederkleidung war über und über mit Staub bedeckt und sehr schmutzig, und man roch am Schweiß seines Körpers, daß ein harter, anstrengender Ritt hinter ihm lag. »Mein bester Kundschafter«, erklärte Terraza. »Sie haben ihn schon kennengelernt. Mauricio bringt gute Nachrichten aus der Sierra Madre. – Berichte.« Der Tarahumari erzählte, daß er durch Zufall auf eine Gruppe Mimbrenjos gestoßen war, die von Loco geführt wurde. Er war ihnen in respektvollem Abstand durch die Felsschlünde der Sierra Madre gefolgt, bis Loco den großen Canyon erreicht hatte, in dem sich Hunderte von Apachen aufhielten. Auf dem Rückweg waren ihm weitere Familien mit Kriegern, Greisen, Frauen und Kindern begegnet, die ihre Habe mit sich führten. Colonel Terraza folgte den Ausführungen mit leuchtenden Augen und sagte abschließend: »Die Rothäute treffen sich zum großen Kriegsrat im Canyon der Gauner. Wir werden den Canyon de los Embudos zum großen Friedhof der Apachen machen. Keiner wird es überleben.« Das klang wie eine Grabrede, nur das Amen fehlte. Jeffords und Haggerty hörten aus Terrazas Worten den
unüberwindlichen Haß eines stolzen Mexikaners heraus, und der Gedanke, daß 1000 oder vielleicht mehr Chiricahuas und Mimbrenjos diesem angeborenen Haß zum Opfer fallen konnten, erschreckte sie. Colonel Terraza ließ seinen Worten Taten folgen. Er berief seinen Stab ein und setzte seine Truppen in Alarmbereitschaft. Jeffords sprach noch eine Weile mit Mauricio, und als die Freunde sich später in der Taverne trafen, sagte Thomas: »Terraza bereitet einen hinterhältigen Kriegszug vor, John. Wir werden dieses Nest heute nacht verlassen und zum Canyon der Gauner reiten. Ich möchte Cochise warnen und so sein Vertrauen wiedergewinnen. Vielleicht ist er, wenn er meine Aufrichtigkeit erkennt, bereit, mit dem General ein Friedensgespräch zu führen.« John Haggerty trank mißmutig seinen Aquadiente. »Wird es nicht zu spät sein, Thomas?« »Vielleicht kommen wir rechtzeitig, ehe sie Verträge abschließen. Wir werden heimlich unseren Abzug vorbereiten und in der Dunkelheit ohne Abschied verschwinden.« Haggerty zahlte sein Getränk. Gemeinsam verließen sie die Schenke. Als sie die Straße hochwanderten, herrschte im Armeelager reges Treiben. Planwagen wurden mit Furage, Munition und Waffen beladen. Die Feldhaubitzen wurden gerichtet, und neben Kartätschen sahen die Freunde etliche Kisten mit Preßpulver, was erkennen ließ, auf welche Weise Terraza seine Urfeinde vernichten wollte. »Der Colonel wird merken, daß wir wie Diebe aus seiner Stadt geschlichen sind und daraus Folgerungen ziehen.« Thomas Jeffords lächelte ironisch. »Welche wohl? Daß wir vielleicht Bammel vor dem Feldzug haben? Daß wir uns einfach aus dem Staub gemacht haben, um die Verantwortung nicht mittragen zu müssen? Es gibt viele Arten von Folgerungen, John, doch niemals käme Terraza auf
den Gedanken, daß wir schnurstracks in die Höhle des Löwen marschieren.« John Haggerty hatte ein ungutes Gefühl, als sie nach Einbruch der Dunkelheit den Mietstall betraten und heimlich ihre Pferde ins nahe Gebüsch führten. Er erinnerte sich seiner letzten Begegnung mit dem Jefe, die fast zu seinem Tod geführt hätte. * Der Canyon de los Embudos, wo ihre Stämme sich vereinigen wollten, war mit Leben erfüllt. Immer neue Gruppen zogen durch die tiefen Steilschluchten in den weiten Arroyo, suchten ihren Platz in der Tiefe des Tales und warteten geduldig auf das große Palaver, das der Mimbrenjo-Häuptling angekündigt hatte. Am zweiten Tag nach Cochises Ankunft erschienen Loco und Chato. Nach einer kurzen, wenig freundlichen Begrüßung der Parteien flammten Feuer auf, an denen die Stämme sich niederließen, um den Tag und die Nacht mit Gesängen zu füllen, die nach strengem Ablauf des Rituals bis zum Morgengrauen dauerten. Zu der Monotonie der dumpfen Trommel und Neiflöten tanzten Krieger in wilder Verzückung um die Feuer, und jeder Stamm zeigte auf seine Art die verschiedensten Möglichkeiten, wie sie den Gegner töten konnten. Im Morgengrauen war der Tanz zu Ende. Männer und Frauen fielen in tiefe Erschöpfung. Inmitten des Felskessels versammelten sich nun die Häuptlinge. Stumm, die Beine verschränkt, wanderte das Kalumet ums Feuer. Jeder nahm drei tiefe Züge als Zeichen der Verbrüderung. Als die Zeremonie beendet war, sprach Häuptling Cochise von der Größe ihres Volkes und der
Freiheit, über die ihre Großväter zu berichten wußten, die nun aber in der Ära weißer Eindringlinge unterzugehen drohte. Victorio sprach von dem entwürdigenden Leben in der Reservation, das den Apachen zum Sklaven machte und ihm die Jagd in ihren Bergen versagte. Viele Stunden der Klagen vergingen. Auch Nana, Chato und Loco redeten, bis Cochise wieder das Wort ergriff und sagte: »Wir Apachen sind hier zusammengekommen, um dies alles zu ändern. Verrat und Betrug haben unserer Stämme gespalten, ihre Kampfkraft geschwächt. Militär nimmt unser Land in Besitz, und die Treckleute besiedeln unsere Jagdgründe. Es ist so eng in unserer Heimat, daß der Apache wirklich keinen Platz mehr findet.« Dumpfes Gemurmel bestätigte Cochises Aussage. Ihre Blicke wanderten voller Zorn über die Bergkuppen. Nur der Himmel war ihnen geblieben und holos, die Sonne. Beherrscht, dennoch sein Ziel suchend, erwähnte Cochise ihre nun 200 Jahre dauernde Feindschaft mit dem mexikanischen Volk, zu dem nun ein zweiter, weitaus gefährlicher Feind gekommen war. »Der Unfriede unserer Stämme schwächt uns am meisten. Unsere Väter haben uns auf das Leben vorbereitet, aber ihre Unterweisungen im Kriegshandwerk haben wir verlernt. Dies alles soll nun anders werden. Wir werden unsere Stämme zusammenschmieden wie glühendes Eisen und in vereinter Stärke mutig dem Feind entgegentreten und ihn über unsere Grenzen treiben.« »Und wer wird unser gemeinsamer Anführer sein?« fragte Victorio lauernd. »Cochise soll unser oberster Kriegshäuptling werden«, rief Chato mit leuchtenden Augen, »er ist klug und voller List. Der Wind, der über das Land weht, hat seine Ruhmestaten bis in unser Lager getragen. Er kennt die weißen Soldaten und ihre
Kampfart. Er ist verschlagen genug, sie zu besiegen.« Loco nickte. »Er wird uns in ein freies Apachenland führen.« Auch Geronimo und Nana gaben ihre Zustimmung. Nur Victorio zögerte. Er fürchtete um seine Stellung als Mimbrenjo-Häuptling und brachte es zum Ausdruck. Der Jefe versicherte: »Jeder bleibt seines Stammes Fürst, doch in Zeiten der Kriegshandlungen soll nur einer befehlen.« »Cochise!« riefen sie wie im Chor, und nun, wo Victorio überstimmt war, willigte er auch ein. »Wohlan, dann wollen wir unseren Bund beschließen.« Cochise griff zum Kalumet, füllte es mit Kinnikinnick, dem scharfen Tabak aus Sumachblättern und dem Bast des roten Hartriegels, nahm drei tiefe Züge und reichte die Pfeife Victorio. Nun, nachdem sie die geheiligte Handlung abgeschlossen hatten, zeigte sich Victorios List und Schläue, indem er dem obersten Kriegshäuptling das Angebot machte, mit all ihren Kriegern nach Janos zu ziehen, wo Terraza, der Teufel und Erzfeind der Mimbrenjos, sein Unwesen trieb. »In Janos finden wir Waffen und Kriegsgerät im Überfluß, so daß wir unsere Streitmacht mit Flinten und Munition ausrüsten können. Für unsere Weiber und Kinder werden wir Vorräte erbeuten, womit sie den nächsten Winter überstehen.« Geronimo stimmte diesem Vorschlag sofort zu. Doch Cochise, der Victorios Eigenschaft vom Vater erlernt hatte, spürte, daß der Vorschlag des Mimbrenjos dem Eigennutz diente. In Janos wollte er Mangas Coloradas' schmählichen Tod rächen. Geronimos Begeisterung bewegte sich auf gleicher Basis, denn er hatte nie vergessen, daß in Janos viele seiner Verwandten von mexikanischen Soldaten heimtückisch erschlagen worden waren.
Hier, in der Übermacht mehrerer Stämme, erkannten die listigen Schakale die Chance, eine alte Schmach zu begleichen, um das Nützliche mit dem Nötigen zu paaren. Cochise aber dachte an seine gestellte Aufgabe: den weißen Feind zu besiegen und zu vertreiben. »Janos werden wir nicht vergessen, Victorio, doch unsere neue Gemeinschaft muß erst zu einem Block zusammenwachsen. Ihre Freundschaft soll ohne Eigennutz und Falschheit der Zukunft entgegensehen. Wir werden erst lernen müssen, daß unsere Stämme ein großes Volk sind, stolze Apachen. Deshalb ist es mein Wunsch, daß wir gemeinsam durch die große Wüste nach Norden ziehen und in Eintracht mit unseren Völkern in den Chiricahua-Bergen leben, bis der Tag kommt, wo wir, einem großen Sturm gleich, unsere Feinde über die Grenzen jagen.« Victorio zeigte seinen Großmut, indem er zustimmte. Am Ende des Canyons entstand Bewegung. Mimbrenjospäher ritten auf scheckigen Ponys laut schreiend ins Tal. Sie schwangen ihre Lanzen und führten fünf Gefangene mit sich, die sie den Hang hinauf zum Feuer trieben und vor ihrem Häuptling vom Pferd stießen. Victorio erkannte an ihrer Kleidung, daß sie Tarahumaris waren und im mexikanischen Dienst standen. Seinem Versprechen folgend, suchten seine Augen Rat bei Cochise. Der spürte des Häuptlings Zorn und Haß und gab ihm zu verstehen, daß Victorio seine eigenen Entscheidungen treffen konnte. »Es sind deine Gefangenen, mein Bruder. Du bestimmst über ihr Leben. Aber bedenke, die Zahl ihrer Kundschafter zeigt, daß der Teufel in Janos von unserer Zusammenkunft erfahren hat.« »Wir werden bald mehr wissen«, sagte Victorio und befahl, die Gefangenen zu den Hügeln zu führen. Während Cochise den Aufbruch forderte und die Stämme
zueinander fanden, klang von der Höhe herab Victorios zornige Stimme. Als der Treck sich schwerfällig in Bewegung setzte, tauchte der Mimbrenjo-Häuptling an der Spitze aller Reiter auf. Cochise erkannte Victorios Unzufriedenheit, aber er schwieg, bis der Häuptling von selbst sprach. »Sie starben stumm und stolz, wie Apachen. Kein Wort kam über ihre Lippen.« Der Jefe sah die dunklen Skalps an Victorios breitem Leibgurt und nickte nur. Die Nähe mexikanischer Späher erfüllte ihn mit Sorgen, und er dachte an den endlosen Weg, der vor ihnen lag. * »Es sind einige hundert Spuren zu sehen, aber keine Apachen«, sagte John Haggerty unzufrieden, als sie durch die Steilschluchten der Sierra Madre ritten, die hinauf zum Canyon de los Embudos führten. »Sie haben sich wie Diebe verkrochen.« Thomas Jeffords folgte aufmerksam den schwachen Spuren auf felsigem Untergrund. Er erkannte, daß die Fährten sowohl in den Canyon hinein und wieder heraus führten, ohne daß er den Zeitpunkt des Wechsels bestimmen konnte. Sie befürchteten, zu spät zu kommen. Cochise und seine Häuptlinge waren sicher gewarnt und auf der Flucht. Dennoch blieb er wachsam, dem Leitspruch getreu: traue keinem Indianer, auch wenn du ihn nicht siehst. Seit Stunden kletterten sie durch das Felsmassiv, ohne einer Menschenseele begegnet zu sein. Nur der Hufschlag der Pferde, dessen Echo schwach von den Steilhängen abprallte, begleitete sie. Am späten Nachmittag dehnten sich die Felsauswüchse, erweiterten sich zu einem breiten Kessel, an dessen Hängen sie
auf erloschene Feuerstellen stießen. »Sie waren hier.« Zum erstenmal sprach Thomas Jeffords, aber es klang wie eine tiefe Enttäuschung. »An die fünfhundert Menschen haben hier gelagert.« John Haggerty erkannte es an den vielen Feuerstellen, die überall im Tal zu sehen waren. »Und wo sind sie geblieben, Thomas? Eine solche Ansammlung kann sich nicht in Luft auflösen.« Jeffords ritt zur Talmitte, wo die kahlen Gerüste vieler Wickiups standen, und stieg dann vom Pferd. Er prüfte die Asche der Feuerstelle und richtete sich zögernd auf. »Die sind mindestens eine Woche alt, John. Irgend etwas hat sie vertrieben.« Haggerty blickte den Hügel hinauf, an dessen Ende eine Felsplatte lag. Er lenkte sein Pferd herum und stieg den Hang hinauf. Jeffords blickte hinter ihm her. Als sein Freund nach einiger Zeit winkte, nahm er sein Pferd am Zügel und folgte. Schon bald roch er den süßlichen Gestank. Als er John erreichte, stand der mit entblößtem Haupt vor den massakrierten Tarahumari-Spähern, deren Uniformen von unzähligen Lanzenstichen durchbohrt waren. »Sie sind der Grund«, sagte Jeffords. »Apachen haben sie entdeckt, Cochise hat daraus seine Schlüsse gezogen und eine schnelle Flucht bestimmt. Er ist ein schlauer Fuchs.« »Wohin?« fragte John Haggerty, während er begann, die entstellten Leichen mit Steinen zu bedecken. »Wohin können sich wohl tausend und mehr Menschen bewegen, ohne entdeckt zu werden, Thomas?« »Wir werden bald die Antwort wissen«, erwiderte Jeffords besorgt. Er dachte an Cochise, an Victorio und die anderen Häuptlinge, die in diesem Land geboren waren und aus ihrer Jagdzeit jeden Schlupfwinkel in den Bergen kannten. Es würde
schwerfallen, sie aufzuspüren. Selbst dann, wenn sie durch ihre Familien behindert waren. Jeffords half die Tarahumari-Späher zu begraben und sprach ein stummes Gebet, das den armen Teufeln wenig nutzte, aber seinem Glauben entsprach. Dann drängte er, weiterzureiten. »Ich möchte Terraza nicht begegnen, John. Wer weiß, ob er uns den schnellen Aufbruch in Janos übelnimmt. Sicher aber würde Terraza viele dumme Fragen stellen, wenn er merkt, daß seine Feinde sich in Nichts aufgelöst haben. Du kennst mexikanische Mentalität.« Haggerty nickte. Sie ritten durch die Schluchten. Als es allmählich dunkel wurde, machten sie Rast. In dieser Nacht arbeiteten Thomas Jeffords' Gedanken fieberhaft. Sorgenvoll dachte er an die Zukunft des Landes, denn nach allem, was er bisher ermittelt hatte, schienen Chiricahuas und Mimbrenjos ihre Feindschaft begraben zu haben und zu einem mächtigen Stamm zusammengewachsen zu sein. Cochise strebte eine gewaltsame Auseinandersetzung an, die Arizona, New Mexico und die mexikanischen Staaten Sonora und Chihuahua einen blutigen Krieg aufzwang. Am Nachmittag des folgenden Tages – sie ritten noch tief in den Schlünden der Sierra Madre – hörten sie den fernen Klang von Hufschlag und Schritten, und noch ehe die Sonne das Bild verdeckte, erkannten die Freunde vom Sattel eines Felsens aus den endlosen Strom Reiter und Fußvolk, die ihre schweren Waffen und Bagage über die Schluchtsohle führten. Ihnen voran, mit vielen goldenen Tressen und Schulterstücken dekoriert, ritt Colonel Terraza, in schneidiger Haltung, wohl von einem sicheren Sieg träumend. »Die Enttäuschung wird ihn aus dem Sattel werfen«, flüsterte Haggerty überflüssigerweise, denn der Lärm dröhnte wie Donnerhall in seinen Ohren.
»Er macht einen Radau, als ritte er zu einer Parade.« Fast zwei Stunden dauerte der Vorbeimarsch. Thomas Jeffords schätzte, daß der Colonel wenigstens 400 Mann mitführte, und sicher bestieg um diese Zeit eine stattliche Zahl seiner Infanterie die Osthänge der Schlucht, um dem Feind in den Rücken zu fallen. In der Dämmerung verließen die Freunde ihr Versteck. Als es dunkel wurde, sagte Jeffords: »Wir warten, bis der Mond aufgeht, und ziehen weiter. Ich möchte das Flachland erreichen, bevor es dämmert. Dann reiten wir nordwärts. Vielleicht stoßen wir auf Cochises Fährte, ehe der Wind sie endgültig verwischt.« »Eine Woche Vorsprung hat der Jefe«, wandte Haggerty ein. »Wie willst du seine Fährte finden?« »Cochise braucht Zeit, es ist ein langer Weg, John. Du vergißt, daß er auf Frauen, Kinder und Greise Rücksicht nehmen muß. Ich habe noch Hoffnungen.« Nach zwei Tagen erreichten sie die Ausläufer des Gebirges, und ohne Zögern wandte sich Jeffords nach Norden. Er glaubte das Ziel des Häuptlings zu kennen, denn nirgendwo waren die Stämme sicherer als im Herzen von Cochises Feste zwischen den Dragoon und Chiricahua Mountains. Fünf Tagesritte nordwärts stießen sie überraschend auf Freemans Miliz, die einer Fährte von zehn Apachenpferden folgten. Freeman steckte voller Neugierde, und er wollte von Gerüchten wissen, daß mexikanische Truppen Stämme der Chiricahua und Mimbrenjo-Apachen gestellt und vernichtend geschlagen hatten. Der Zufall wollte es, daß an diesem Tag die Fährte der kleinen Apachengruppe eine zweite Fährte berührte, deren Größe und Breite selbst einen abgeklärten Soldaten wie Freeman erschrecken ließ. Thomas Jeffords deutete nach Nordost, wo die gewaltigen Monumente der Dragoon- und Chiricahua-Bergmassive im
rötlichen Schein der sinkenden Sonne lagen. »Dort haben Sie Ihre Antwort, Captain.« Er sagte es mit einer gewissen Ironie, die Freeman nicht überhören konnte. »Da zieht Cochise mit den vereinten Stämmen der Mimbrenjos in seine Bergfesten. Der Tag rückt näher, wo ein mächtiger Kriegshäuptling uns alle das Fürchten lehren wird. Reiten Sie mit Ihrer Miliz nach Hause, Captain, und bereiten Sie sich auf diese Stunden vor.« Thomas Jeffords gab dem Freund ein Zeichen, und sie ritten schweigend an Freeman und seiner Miliz vorbei ins weite Tal. »Wirst du deinen Blutsbruder aufsuchen, Thomas?« fragte John Haggerty am Abend, als sie in einem Dickicht lagerten. Thomas Jeffords dachte lange nach, die Antwort schien ihm schwerzufallen. »Das Land hat sich verändert, John. Selbst Cochise ist ein anderer geworden. Sollte er mich jedoch rufen und nach meinem Rat verlangen, werde ich keine Sekunde zögern, seine Apacheria zu betreten.« * Die niedergehende Sonne tauchte das weite Land in ein blutiges Rot. Schillernder Gluthauch eines spätsommerlichen Tages belebte die Plains. Hoch aufgerichtet und stolz stand Cochise auf der Kuppe eines mächtigen Bergrückens. Seine Gedanken verirrten sich in der endlosen Weite, die einst ein freies Apachenland war, in der Jäger Büffel und andere Tiere jagten und Familien ihre Biwaks aufschlugen. All das hatten fremde Soldaten und fremde Eindringlinge ihnen genommen. Nur ihr Stolz war nicht zu brechen. Der Stolz eines freien Apachen. Bald, dachte der legendäre Häuptling, und ein grimmiges
Lächeln spielte um seine Lippen. Bald wird das Land zwischen Chiricahua, den Dragoon Mountains und der Sierra Madre frei sein, und unsere Väter werden stolz auf uns niederblicken, denn die Stämme der Chiricahuas und der Mimbrenjos waren sich nahegekommen… Drohend hob Cochise die Faust…
ENDE