Erwin Haibach Betriebsfestigkeit
Erwin Haibach
Betriebsfestigkeit Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung 3., korri...
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Erwin Haibach Betriebsfestigkeit
Erwin Haibach
Betriebsfestigkeit Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung 3., korrigierte und ergänzte Auflage
Mit 409 Abbildungen
3
Prof. Dr.-Ing. Erwin Haibach Augustastr. 15 65189 Wiesbaden
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
ISBN-10 3-540-29363-9 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-29363-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.com © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1989, 2002 und 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Umschlaggestaltung: medionet AG, Berlin Satzherstellung: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier
68/3020/M – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur dritten Auflage
Die anhaltend rege Nachfrage des Buchs „Betriebsfestigkeit – Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung“ erfordert seine dritte Auflage. Dabei bleiben Inhalt und Gliederung des Buchs gegenüber der zweiten Auflage weitestgehend unverändert. Wesentliche sachliche Veränderungen wurden nach eingehender Prüfung nicht für erforderlich gehalten. Die vorgenommenen Änderungen beschränken sich auf einige kurze Nachträge zur Aktualisierung sowie auf drucktechnische Korrekturen. Dem Springer-Verlag danke ich für die einvernehmliche Entscheidung, diese dritte Auflage des Buchs in dieser Form in Druck zu geben. Wiesbaden, im Herbst 2005
Erwin Haibach
Vorwort zur zweiten Auflage
Das Buch „Betriebsfestigkeit – Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung“ erscheint in seiner zweiten Auflage beim Springer-Verlag, der zwischenzeitlich die Fachbuch-Sparte des VDI-Verlags übernommen hat. Für diese zweite Auflage hat der Inhalt des Buchs eine kritische Sichtung und eine Überarbeitung auf den aktuellen Stand der Entwicklung und eine entsprechende Ergänzung bei den Schrifttumshinweisen erfahren. Die Grundlagen der bekannten Verfahren bleiben dabei in ihrer bisherigen Abhandlung weitestgehend gültig. Ausführungen über einige wenige Verfahren konnten entfallen, weil diese keine praktische Bedeutung erlangten oder überholt sind. Neuere Erkenntnisse und Ergebnisse sind ergänzend aufgenommen. Sie beziehen sich zum einen auf die bisher bereits abgehandelten Verfahren, zum anderen auf neu aufgenommene Verfahren mit Darstellung ihrer grundlegenden Ansätze und mit Ausführungen zur Vorgehensweise. Die Entwicklung und Anwendung dieser neueren Verfahren wurde durchweg erst mit dem Einsatz leistungsfähiger Rechner möglich. Es würde deshalb wenig Sinn machen, die zumeist sehr anspruchsvollen Berechnungsalgorithmen im Detail zu beschreiben, da entsprechende kommerzielle Programme mit anwendungsfreundlicher Bediener-Oberfläche verfügbar sind und ein Anwender wohl keine eigene Programmieurng beabsichtigen dürfte. Zudem sind Details von den Programm-Anbietern verständlicherweise auch nur mit Einschränkungen offen gelegt. Als weitaus wichtiger für den interessierten Anwender werden deshalb Hinweise erachtet, die dem sachlichen Verständnis und dem zweckmäßigen Einsatz der Programme dienen, wie sie in den Kap. 3 und 4 für die praktische Umsetzung des BetriebsfestigkeitsKonzeptes dargeboten werden. Wiederum habe ich zahlreichen Kollegen für sachdienliche Informationen zu danken. Namentlich gilt mein besonderer Dank den Herren Dr.-Ing G. Bitsch, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. T. Bruder, LMS Deutschland GmbH, Dr. K. Dreßler, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. A. Esderts, Deutsche Bundesbahn AG, Forschungs- und Technologie-Zentrum, Dr.-Ing. K.-G. Eulitz, Technische Universität Dresden, Prof. Dr.-Ing. W. Fricke, Universität Hamburg, Dr. M. Hack, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. M. Hoffmann, Mechanical Dynamics GmbH, Dr.-Ing. B. Hänel, IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. A. Hobbacher, Fachhochschule
VIII
Vorwort zur zweiten Auflage
Wilhelmshafen, Prof. Dr.-Ing. K.L. Kotte, Technische Universität Dresden, Dipl.-Ing. W. Lieven, nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. H. Petershagen, Universität Hamburg, Dipl.-Ing. K. Rother, CADFEM, Dipl.-Ing. L. Seeger, nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. T. Seeger, Technische Universität Darmstadt, Prof. Dr.-Ing. C. Sonsino, Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Dr. M. Speckert, LMS Deutschland GmbH, Dipl.-Ing. J. Steinbeck, MSC.Software GmbH, Dipl.-Ing. M. Steininger, MTS Systems GmbH, Dipl.Ing. B. Unger, Technologie Zentrum Speyr, Prof. Dr.-Ing. M. Vormwald, Bauhaus-Universität Weimar, Dipl. Ing. G. Wirthgen, IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. H. Zenner, Technische Universität Clausthal. Und nicht zuletzt danke ich dem Springer-Verlag für seine Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung dieser zweiten Auflage. Wiesbaden, im Herbst 2002
Erwin Haibach
Vorwort zur ersten Auflage
50 Jahre liegen die Anfänge der Betriebsfestigkeitsforschung zurück. Seitdem wird bei Ingenieurtagungen und in Fachausschüssen über die Möglichkeiten einer Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach Gesichtspunkten der Betriebsfestigkeit berichtet und über diesbezügliche Erfordernisse diskutiert. Im Flugzeugbau und im Kraftfahrzeugbau kennzeichnet diese Auslegungsweise den Stand der Technik. Für den Kranbau und den Eisenbahnbrückenbau, ebenso wie für den Schiffbau und die Meerestechnik ist ein Nachweis der Betriebsfestigkeit durch Normen, Vorschriften oder Richtlinien eingeführt. Darüber hinaus wird in bestimmten Sparten des Maschinenbaus, des Stahlbaus und der Anlagentechnik ein Nachweis der Betriebsfestigkeit mit der Auftragsvergabe gefordert. Der Begriff Betriebsfestigkeit steht dabei häufig als Oberbegriff. Er schließt dann die Begriffe Dauerfestigkeit und Zeitfestigkeit als Sonderfälle ein. Ein geforderter Nachweis der Betriebsfestigkeit kann demnach unter entsprechenden Gegebenheiten des Einzelfalles auch als ein Nachweis der Dauerfestigkeit oder als ein Nachweis der Zeitfestigkeit erbracht werden. Neben einer Vielzahl vorliegender Veröffentlichungen zu meist recht speziellen Einzelfragen der Dauerfestigkeit, Zeitfestigkeit und Betriebsfestigkeit fehlte bislang jedoch eine in sich geschlossene Darstellung zu diesem Themenbereich, welche neben dem traditionellen Nennspannungs-Konzept auch die neueren Betrachtungsweisen nach dem Kerbgrund-Konzept oder dem Bruchmechanik-Konzept anwendungsorientiert für die Belange der Konstruktionspraxis abhandelt. So entstand dieses Buch aus dem Anliegen, die experimentellen Grundlagen der Betriebsfestigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobte und neuere Rechenverfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischen Hintergrund und in ihrer sachlichen Verknüpfung für eine ingenieurmäßige Anwendung darzustellen. Dabei wird die Art, in der die auftretende Beanspruchung und die ertragbare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu ermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit gesehen und jeweils innerhalb des gleichen Abschnitts abgehandelt. Diese Darbietung sollte nicht nur dem leichteren Verständnis sondern auch einer anwendungsgerechten Zuordnung der Verfahren dienlich sein. Zu den angeführten Rechenverfahren der Schadensakkumulation sind ausführliche Herleitungen und jeweils kritisch bewertende Stellungnahmen
X
Vorwort zur ersten Auflage
aufgrund eigener Erfahrung gegeben. Dies insbesondere, um einer verbreiteten Verunsicherung der Anwender durch widersprüchliche Wertungen der Rechenverfahren im Schrifttum dadurch entgegenzutreten, dass anhand statistisch aufbereiteter Daten dargelegt wird, in welchen Grenzen die betreffenden Verfahren als verlässlich angesehen werden dürfen. So wird erkennbar, ob das in Betracht gezogene Verfahren im vorliegenden Anwendungsfall geeignet ist bzw. mit welchem Sicherheitsfaktor seine Unzulänglichkeiten abgedeckt werden können. Schließlich werden Hinweise gegeben, wie das Konzept eines Betriebsfestigkeits-Nachweises in die Konstruktionspraxis umzusetzen ist. Diese Hinweise orientieren sich an einer in dieser Form erstmalig aufgezeigten Leitlinie der abzuhandelnden Teilaufgaben sowie an den Erfordernissen der neuzeitlichen Konstruktionsmethodik. Inhalt und Form des Buches lassen in vielfältiger Weise die Anleitung, den Rat und die Unterstützung erkennen, die mir in Ausbildung und Beruf durch meine Lehrer, durch meine Fachkollegen und durch meine Mitarbeiter zuteil wurden. All ihnen gilt mein Dank. Bochum, im Mai 1989
Erwin Haibach
Korrekturen, Nachträge und allgemeine Hinweise zum Buch sind zu finden unter www.haibach-buch.de
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problemstellung der Betriebsfestigkeit . . . . . . Abriss der Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit Nachweis der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . .
. . . . .
1 1 7 11 13
1.2 1.2.1 1.2.2
Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anliegen und Gliederung dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . Begriffe und Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15 17
2
Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
. . . . . . .
21
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.7 2.1.8
Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung . . . . . . . . Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien . . . . . . Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie . . . . . . . . Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes . . . . . . Normierte Wöhlerlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik des Wöhler-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
21 21 23 25 27 30 35 39 50
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.2.7 2.2.8 2.2.9
Blockprogramm-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv . . . Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . Einfluss der Kollektivform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normverteilung als Einheitskollektiv . . . . . . . . . . . . . Amplitudenkollektiv, Mittelspannung, Spannungsverhältnis Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz . . . Umlaufend beanspruchte Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften . . . Kritik des Blockprogramm-Versuchs . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
51 51 58 63 64 66 68 73 77 82
2.3 2.3.1
Zufallslasten-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen . . . . .
84 84
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1
XII
2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.6
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung stochasticher Beanspruchungsvorgänge . . . Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . Betriebslastennachfahr-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-ZeitFunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-ZeitFunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-ZeitFunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung Kritik des Zufallslasten-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . Einzelfolgen-Versuche und spezielle Versuchstechniken . Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit veränderlicher Mittelspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standard-Lastfolge Twist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Experimentelle Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts . . . . . . . Kritik des Einzelfolgen-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
89 93 96
. . .
99
. . . 103 . . . 106 . . . 114 . . . 120 . . . 124 . . . 124 . . . 125 . . . .
. . . .
. . . .
129 132 135 137
2.5.2
Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten . . . . . . . . . 139 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Schrifttumsauswertungen zum Reihenfolge-Einfluss . . . . . . 143
3
Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . 151
3.1 3.1.1 3.1.2
Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannungen Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle . Spannungen aus Finite-Element- oder RandelementBerechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses . Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung . . . . . .
2.5 2.5.1
3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 3.1.7 3.2 3.2.1
. . . 151 . . . 151 . . . 160 . . . 175 . . . 198 . . . 225 . . . 239 . . . 260
Lebensdauerberechnung anhand der Nennspannungen . . . . 266 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungsakkumulation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
Inhaltsverzeichnis
XIII
3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7 3.2.8 3.2.9 3.2.10 3.2.11 3.2.12 3.2.13
Elementare Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv . . . . . . . Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung . . . . . . . . Amplitudentransformation auf ein Kollektiv mit Ri = – 1 . Original-Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . Modifizierte Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . Konsequente Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude . . . . . . . Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen . . Folgerungen für die praktische Anwendung . . . . . . . . Kritik der Miner Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
268 271 274 277 282 283 285 294 303 305 324 333
3.3 3.3.1 3.3.2
Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung . . . . Rainflow-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung Lebensdauerberechnung mittels Amplituden-Transformation . . Lebensdauerberechnung ausgehend von Finite-ElementBerechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinie . . . . . Kritik des Kerbgrund-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . .
335 335
3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 3.3.8 3.3.9
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
Lebensdauerberechnung anhand des Rissfortschritts . . . . . Spannungsfeld eines Risses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung . . . . . . . Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung . . Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss . . . . . . . . . . . Normierte Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung 3.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen . . . . . . . . . . 3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse . . . . . . . . . . . . . . 3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften . . . . 3.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5
3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5
Berechnen der Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl . . . . Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten . . . . Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe . . . . . . . Abdeckung der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche . . . . Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
. . . . .
353 358 370 384 404 414 424 429 431 431 436 443 447
. 449 451 . 453 . 455 . 468 . 487 . 498 . . . .
501 501 511 518 523 526
XIV
Inhaltsverzeichnis
3.5.6 3.5.7
Statistischer Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl . . . . . . . . . . . . . 548
4
Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.8
Abzuhandelnde Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise . Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte . . . Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten . . . . . . . Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung . . . . Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe . . . . . Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl . . . . . . . . Erstellen und Beurteilen des Nachweises . . . . . . . . . Dokumentieren des Nachweises . . . . . . . . . . . . . .
4.2 4.2.1 4.2.2
Maßnahmen bei unbefriedigendem BetriebsfestigkeitsNachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises . . 580 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb . . . . . . . . . . . 584
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4
Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren Wesen des methodischen Konstruierens . . . . . . Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . Gewinnen der erforderlichen Informationen . . . . Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
592 592 600 601 605
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4
Betriebsfestigkeit und unternehmerische Entscheidungen Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse . . . . . . . Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . Elemente eines Gesamtkonzeptes . . . . . . . . . . . . . . Unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
610 610 613 622 624
5
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6
Daten zu statistischen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen . . . . . . . . . Approximationsformeln für Formzahlen . . . . . . . . . . . . Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit . . . . Kurzfassung des Berechnungsablaufs nach der FKM-Richtlinie Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . .
6
Schrifttumshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681
7
Verwendete Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707
8
Sachverzeichnis
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . 551 . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
551 551 555 557 568 570 574 577 579
. . . .
625 636 641 649 652 . 663
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737
1 Einführung und Übersicht
„Maschinen, Apparate, Fahrzeuge und Bauwerke versucht man ohne unnötigen Aufwand an Werkstoff und Arbeit grundsätzlich so zu bemessen, dass sie den zugemuteten, erwarteten oder möglichen Beanspruchungen auf die Dauer oder für eine vorgesehene Zeit widerstehen. Die Lösung dieser in der Praxis vielfältig abgewandelten Aufgabe gelingt umso sicherer, je klarer die Beanspruchungsverhältnisse erkundet sind, je genauer das Verhalten der Werkstoffe bei solchen Beanspruchungen bekannt ist, je zweckmäßiger die Beanspruchung und die im Werkstoff darstellbare Widerstandsfähigkeit an den entscheidenden Stellen aufeinander abgestimmt wurden und je besser diese Voraussetzungen im fertigen Gegenstand erfüllt sind.“ M. Pfender [1]
1.1 Einführung 1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit Schwingbeanspruchte Bauteile können durch Schwingbruch oder auch schon durch Schwinganriss versagen. Das Erscheinungsbild solcher Schwingbruchschäden aus Praxis und Labor ist ebenso vielfältig wie die Ursachen und Einflüsse, die das Bauteilversagen bestimmen [1, 2]. Entsprechend zahlreich sind auch heute noch Schadensfälle an schwingbeanspruchten Bauteilen [1–9, 11, 12], die im normalen Betrieb unerwartet auftreten und nicht selten ein folgenschweres Ausmaß annehmen, Abb. 1.1–1 und 1.1–2 sowie Tabelle 1.1–1. Die Problemstellung der Betriebsfestigkeit ergibt sich aus der technischen, wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Notwendigkeit, Schwingbruchschäden durch eine geeignete Gestaltung, Bemessung, Fertigung und Qualitätssicherung der Bauteile zu vermeiden. Schon im Zuge der Entwicklung muss unter Einsatz geeigneter Methoden, Verfahren und Werkzeuge auf ihr befriedigendes Betriebsfestigkeitsverhalten konsequent hingewirkt werden. Eine schwingbruchsichere Bemessung der Bauteile ist insbesondere dann geboten, wenn als mögliche Folgen eines Schwinganrisses oder Schwingbruchs Gefahren für Menschen, Gefahren für die Umwelt oder Schäden auf
2
1 Einführung und Übersicht
a
(Quelle: KM-Press)
c
(Quelle: Fraunhofer-Institut LBF)
b Abb. 1.1–1a, b, c. 101 Menschen starben, als der ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ am 3. Juni 1998 bei Eschede entgleiste und eine Brücke zum Einsturz brachte a; Ursache war der Schwingbruch eines zu stark abgefahrenen bzw. abgedrehten Radreifens, der sich aufgrund seiner elastischen Bettung auf Gummielementen unter der Radlast örtlich übermäßig abflachte und damit auf der Innenseite unzulässige Biegezugspannungen erfuhr b, c [3, 4]
1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit
3
a
b Abb. 1.1–2a, b. 123 Menschen verloren im Jahr 1980 ihr Leben, als die halbtauchende Bohrplattform „Alexander L. Kielland“ durch den Schwingbruch einer Strebe kenterte. a Schwingbruchfläche der horizontalen Strebe, ausgehend von einem als Hydrophonhalter eingeschweißten Stutzen, b Stabwerk mit Lage der Strebe und der Säule D, die als Folge des Schwingbruchs seitlich ausbog [5]
4
1 Einführung und Übersicht
Tabelle 1.1–1. Auswertungen über Schwingbruchschäden
Nach einer Auswertung der Allianz-Versicherung für die Jahre 1968 bis 1970 veröffentlicht im Allianz-Handbuch der Schadensverhütung [6], waren die häufigsten Schadensbilder an Achsen und Wellen entstanden als umlaufend oder einseitig erzeugte Biegeschwingbrüche sowie Torsionsschwingbrüche, vereinzelt auch als überlagerte Biege- und Torsionsschwingbrüche; Gewaltbrüche waren hingegen selten. Die Schadensursachen verteilten sich wie folgt: 60% Produktfehler 80% Konstruktive Kerben 30% Betriebsfehler oder: 15% Korrosionsstellen 10% Fremdeinflüsse 5% Sonstige Stellen. Schwingbruch-Schäden in Hüttenwerksanlagen wurden im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute erfasst. Einer ersten Auswertung, veröffentlicht 1975 [7], lagen nahezu 200 Schadensfälle zugrunde, die in den Jahren 1970 bis 1974 in acht Hüttenwerken auftraten. Die betroffenen Bauteile hatten Einsatzzeiten von 0,7 bis 11 Jahren und mehr als 100000 Arbeitsspiele erreicht. 54 dieser Schadensfälle wurden ausführlich erfasst und sie betrafen zu 50% Bauteile von Walzwerks- und Kranantrieben bzw. 85% rotierende Bauteile mit einer wechselnden oder schwellenden Verdrehbeanspruchung oder mit einer überlagerten Biege- und VerdrehSchwingbeanspruchung, und hierbei 45% Wellen von 70 bis 700 mm Durchmesser 45% Gelenkwellen mit 600 bis 1070 mm Außendurchmesser 10% Zahnräder stirnverzahnt mit Modul 6 bis 16 mm bzw. pfeilverzahnt mit Modul 16 bis 24 mm und Breiten von 2 ¥ 400 bis 2 ¥ 600 mm. Eine zweite Auswertung für die Jahre 1979 bis 1981 erfasste insgesamt 355 SchwingbruchSchäden in Hüttenwerksanlagen [8]. 69 dieser Schadensfälle hat man ausführlich dokumentiert. Als vornehmliche Schadensursachen wurden mangelhafte konstruktive Bauteilgestaltung, nicht berücksichtigte dynamische Belastungen oder eine rein statisch angelegte Bemessung erkannt. Die Instandsetzungskosten lagen im Schadensfall damals im Mittel bei 50000,– DM (≈ € 25000). Die Schadenshäufigkeiten lieferten ein der ersten Auswertung vergleichbares Gesamtbild: 45% Walzwerksanlagen 30% Wellen 42% Krananlagen oder: 14% Verzahnungen 13% Stahlwerksanlagen 38% Schweißverbindungen 18% Sonstige Elemente. In einer Sammlung und Analyse von Schwingbruch-Schäden, die innerhalb von 15 Jahren an 27 Flugzeugmustern im Betrieb auftraten, wurden insgesamt 529 Schadensfälle analysiert mit dem Ziel, Schwachstellen der Konstruktionen und Gründe für den vorzeitigen Schwinganriss aufzuzeigen und mit typischen Beispielen zu erläutern [9]. Schadensbestimmend waren zu 64% Verbindungen 9% Ausschnitte 17% Beschläge 2% Offene Bohrungen 8% Sonstige Elemente. Vornehmliche Ursachen der Schwingbruch-Schäden waren (Nennung mit abnehmender Häufigkeit: 1. Spannung zu hoch 4. Scharfe Kerben 2. Zwangsverformung 5. Offene Bohrungen 3. Zusatz-Biegung 6. Fertigungsfehler. Nach einer neueren Studie des amerikanischen Energieministeriums sind sogar 90% aller Versagensfälle von Bauteilen auf Schwingbruch-Schäden zurückzuführen [10].
1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit
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A
D
D
G Abb. 1.1–3. Typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche mit submikroskopischer Anrissbildung an der Bruchausgangsstelle A, einer durch Rissfortschritt erzeugten Schwingbruchfläche D und einer als Gewaltbruch G entstandenen Restbruchfläche [1]
wirtschaftlichem Gebiet zu bedenken sind. Darüber hinaus ist sie als Qualitätsmerkmal technischer Erzeugnisse allgemein bedeutsam. Kennzeichen eines Schwingbruchs ist, dass er nicht wie der Gewaltbruch als Folge einer einmaligen extremen Beanspruchung auftritt, sondern im Verlauf der Zeit unter der schwingend einwirkenden Betriebsbeanspruchung entsteht. Die bis Bruch oder Anriss ertragene Einwirkungszeit der Schwingbeanspruchung wird als die Lebensdauer des Bauteils bezeichnet. Die typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche weist auf drei Phasen eines Schwingbruchs hin: Die Phase einer zunächst submikroskopischen und dann mikroskopischen Rissbildung geht über in die Phase eines makroskopischen Rissfortschritts, bis in der Phase des Restbruchs ein Gewaltbruch des Restquerschnitts auftritt, Abb. 1.1–3. Vergl. auch Abb. 1.1–1c. Der Begriff Betriebsfestigkeit steht heute für eine neuzeitliche, lebensdauerorientierte Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile und Konstruktionen, die den gesetzmäßig fassbaren Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Größe der Schwingbeanspruchung berücksichtigt. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass – die zumeist zufallsartig in unterschiedlicher Größe und Häufigkeit auftretenden Betriebsbeanspruchungen wirklichkeitsnah angesetzt werden.
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1 Einführung und Übersicht
– die Konstruktion auf eine endliche Lebensdauer ausgelegt wird, die sich aus ihrer vorgesehenen Nutzungsdauer ableitet, – die geforderte Lebensdauer über eine statistisch begründete Sicherheitszahl mit einem Grenzwert der Ausfallwahrscheinlichkeit verknüpft wird und – alle maßgeblichen Einflüsse werkstofflicher, konstruktiver, fertigungsbedingter, betrieblicher und umgebungsbezogener Art beachtet werden, die das Schwingfestigkeitsverhalten der Bauteile bestimmen [13]. Gegen Ende der dreißiger Jahre für den Flugzeugbau entwickelt [14–16], hat diese Betrachtungsweise der Betriebsfestigkeit über die zurückliegenden mehr als 60 Jahre außer im Flugzeugbau auch im Straßen- und Schienenfahrzeugbau, im Kran- und Brückenbau, im Schiffbau und in der Meerestechnik, sowie im Maschinen- und Anlagenbau als Grundlage einer sicheren und zugleich wirtschaftlichen Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile breite Anerkennung erlangt und in einschlägigen Normen, Vorschriften, Richtlinien und Empfehlungen ihren Niederschlag gefunden, Abb. 1.1–4. Vor allem in der Art und Weise, wie die betrieblich auftretende Beanspruchung wirklichkeitsnah berücksichtigt wird, geht die Betrachtungsweise der Betriebsfestigkeit über die bis dahin bekannten Betrachtungen zur Dauer-
Abb. 1.1–4. Technikbereiche, in denen Betrachtungen zur Betriebsfestigkeit von Bedeutung sind (nach Seeger)
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge
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festigkeit oder Zeitfestigkeit hinaus: diese sind jedoch als Sonderfälle unter dem Begriff Betriebsfestigkeit eingeschlossen, wie nach Abschn. 1.1.3 erkennbar wird. Das Ziel einer Bauteilauslegung nach Grundsätzen der Betriebsfestigkeit ist in zweifacher Hinsicht vorgegeben: Zum einen gilt es, ein vorzeitiges BauteilVersagen durch Schwingbruch oder gefährlichen Schwinganriss mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen, zum anderen soll diese vorrangige Forderung ohne Überbemessen der Querschnitte und ohne unnötigen Fertigungsaufwand auf wirtschaftliche Weise erfüllt werden. Nach E. Gaßner, Begründer und Bahnbrecher der Lehre von der Betriebsfestigkeit, handelt es sich dabei um die Aufgabe,„unter Anwendung neuzeitlicher Methoden der rechnerischen und experimentellen Spannungs- und Dehnungsanalyse und der Techniken des Betriebsfestigkeits-Versuchs, ausgehend von einer bekannten oder als repräsentativ angenommenen Beanspruchungs-ZeitFunktion, die betrachtete Konstruktion durch eine fallbezogene Kombination von Werkstoff, Formgebung und Fertigung so zu optimieren, dass bei kleinstem Raum-, Werkstoff- und Herstellungsaufwand ein Höchstmaß an Ausfallsicherheit gegen Schwinganriss oder Schwingbruch erreicht wird“ [17]. Dieses Konzept einer wirtschaftlich optimalen und zugleich ausfallsicheren Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach den Grundsätzen der Betriebsfestigkeit hat sich mittlerweile in der Praxis vielfältig bewährt. Die Entwicklung zu seinem heutigen Erkenntnis- und Anwendungsstand dokumentiert sich in einem umfangreichen Schrifttum, wie aus den hier gegebenen Schrifttumshinweisen [1–445] und aus den Schrifttumsverzeichnissen der Übersichten [24–26, 28, 29, 32, 35, 37, 38] und den Regelwerken [39–50] zu ersehen. In seiner Gesamtheit ist dieses Schrifttum nur noch datenbankweise erfassbar und erschließbar. Zunehmend ist der erreichte Erkenntnisstand in praktischen Anwendungen nur noch mit hochentwickelten Rechnerprogrammen nutzbar [51].
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge Die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge und der Gültigkeitsbereich einer Bauteilauslegung nach Gesichtspunkten der Betriebsfestigkeit lassen sich ausgehend von Abb. 1.1–5 erläutern: Aus der Spannungs-Dehnungs-Kurve des Werkstoffs (a) sind die Zugfestigkeit Rm und die Streckgrenze Re als obere Grenzwerte der Beanspruchung zu entnehmen. Im Sinne des allgemeinen Maximalspannungs-Nachweises würde ihr einmaliges Überschreiten ein Versagen des Bauteils bedeuten. Die Dauerfestigkeit SD liefert einen Beanspruchungsgrenzwert, bis zu dessen Höhe eine schwingende Beanspruchung (b) beliebig oft ohne Bruch ertragbar ist. Eine Schwingbeanspruchung oberhalb der Dauerfestigkeit (c) führt nach einer endlichen Anzahl von Schwingspielen zum Bruch, wobei der Bruch
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1 Einführung und Übersicht
Abb. 1.1–5. Begriffe und Zusammenhänge der Betriebsfestigkeit (dargestellt für den Fall der Schwellbeanspruchung)
umso eher eintritt, je höher die Beanspruchung ist. Für eine Schwingbeanspruchung mit gleichbleibenden Amplituden wird diese Abhängigkeit dargestellt durch die Zeitfestigkeitslinie, dem geneigten Teil der Wöhlerlinie im Bereich der Zeitfestigkeit. Die vollständige Wöhlerlinie erstreckt sich von der Zugfestigkeit über die Zeitfestigkeitslinie bis zur Dauerfestigkeitsgrenze. Tritt die Schwingbeanspruchung nicht mit gleichbleibenden Amplituden auf, sondern bei gleichem Höchstwert wie im Fall (c) mit einer mehr oder weniger zufallsartigen Folge unterschiedlich großer Amplituden (d), so wird die ertragbare Schwingspielzahl die Zeitfestigkeitslinie überschreiten. Ein Beanspruchungsablauf dieser Art ist für die Betriebsbeanspruchung der meisten Bauteile kennzeichnend und mit Verfahren und Werten der Betriebsfestigkeit zu beurteilen. Mit der Gaßner’schen Lebensdauerlinie besteht dabei eine der Zeitfestigkeitslinie entsprechende Abhängigkeit zwischen der Beanspruchungshöhe und der endlichen Lebensdauer, ausgedrückt in Zahl der Schwingspiele. Die Lebensdauerlinie kann experimentell in Betriebsfestigkeits-Versuchen durch Simulation des zufallsartigen Beanspruchungsablaufs ermittelt werden, Kap. 2, sie lässt sich aber auch, ausgehend von der Wöhlerlinie, mit Hilfe einer Schädigungsakkumulations-Hypothese rechnerisch gewinnen, Abschn. 3.2 oder 3.3. In welchem Maße sich die Lebensdauerlinie von der Wöhlerlinie nach höheren Schwingspielzahlen absetzt, ergibt sich aus den Eigenschaften der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Sie kommen in der Form des Beanspruchungskollektivs zum Ausdruck, Abb. 1.1–6. Bei dem Beanspruchungskollektiv handelt es sich um eine Darstellung der Häufigkeiten, mit denen Schwingbeanspruchungswerte einer bestimmten Größe in der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion enthalten sind. Für die Wöhlerlinie treffen Beanspruchungs-Zeit-Funktionen zu, bei denen alle
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge
a
9
b
c
Abb. 1.1–6a–c. Beanspruchungskollektiv als Darstellung der Größe und Häufigkeit von Schwingbeanspruchungswerten in einer Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Schwingbeanspruchungswerte a alle von gleicher Größe, b relativ viele große, relativ wenige kleine, c relativ wenige große, relativ viele kleine; jeweils dargestellt für den Fall der Schwellbeanspruchung
Schwingbeanspruchungswerte gleiche Größe haben (Fall a und b in Abb. 1.1–5 bzw. Abb. 1.1–6a). Für Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die neben großen auch kleinere Schwingbeanspruchungswerte mit zunehmendem Häufigkeitsanteil enthalten, Abb. 1.1–6b oder c, sind die betreffenden Lebensdauerlinien gegenüber der Wöhlerlinie in zunehmendem Maße nach höheren Schwingspielzahlen versetzt. Die Wöhlerlinie erweist sich somit als unterer Grenzfall aller möglichen Lebensdauerlinien. Die Frage, wie die Häufigkeitsverteilung der Schwingbeanspruchungswerte zur Darstellung des Beanspruchungskollektivs zu gewinnen ist, führt auf den Problemkreis der dazu anwendbaren statistischen Zählverfahren, Abschn. 2.2.1. Wegen ihres statistischen Charakters gehen mit der Kollektivdarstellung allerdings Informationen darüber verloren, in welcher Reihenfolge die unterschiedlichen Schwingbeanspruchungswerte in der betreffenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion aufeinanderfolgen. Um entsprechende Reihenfolgeeinflüsse zu berücksichtigen, die die Lage der Lebensdauerlinie in gewissen Grenzen zusätzlich verändern können und nur bei der Wöhlerlinie vom Grundsatz her ausgeschlossen sind, erweist sich deshalb die Kollektivdarstellung für sich alleine als unzureichend. Um den Reihenfolgeeinflüssen Rechnung tragen zu können, muss deshalb die Beanspruchungs-Zeit-Funktion auf andere Art ausführlicher beschrieben werden, Abschn. 2.3. Eine weitere Bestimmungsgröße für die Lebensdauerlinie ist mit einer statischen Vorspannung gegeben, die z.B. aus dem Eigengewicht entsteht und der sich die Schwingbeanspruchungswerte überlagern. Als Folge einer solchen Vorspannung verengt sich der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit, weil die Dauerfestigkeit (als Oberspannung) näher an die Streckgrenze heranrückt und im Grenzfall sogar mit ihr zusammenfallen kann, Abb. 1.1–7c. Das heißt aber auch, dass mit einer höheren Vorspannung die Erfordernisse des statischen Festigkeits-Nachweises gegenüber denen des Betriebsfestigkeits-Nachweises an Bedeutung gewinnen. Neben den beanspruchungsabhängigen Einflüssen bestehen die unter dem Begriff der Gestaltfestigkeit bekannten Einflüsse des Werkstoffs, der konstruktiven Gestaltung und der Fertigungsart auf die Höhe der Dauer-, Zeit-
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1 Einführung und Übersicht
a
b
c
Abb. 1.1–7. Ausweitung des Bereichs der Zeit- und Betriebsfestigkeit durch Einflüsse, die den Abstand der Dauerfestigkeit von der Streckgrenze bestimmen. (KZF = Kurzzeitfestigkeit, ZF = Zeitfestigkeit, BF = Betriebsfestigkeit, DF = Dauerfestigkeit, VS = statische Vorspannung)
und Betriebsfestigkeitswerte. Durch ungünstige Einflüsse dieser Art wird die Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit relativ zur Streckgrenze erniedrigt, womit der Betriebsfestigkeits-Nachweis an Bedeutung gewinnt, Abb. 1.1–7a. Durch günstige Einflüsse auf die Gestaltfestigkeit wird hingegen die Dauerfestigkeit angehoben und der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit eingeengt, Abb. 1.1–7b. Schließlich stellen sich experimentell ermittelte Wöhler- und Lebensdauerlinien wegen einer aus Werkstoff- und Fertigungseinflüssen bedingten Streuung der Versuchsergebnisse nicht als Linien sondern, wie in Abb. 1.1–8 angedeutet, mit einem Streuband dar. Statistische Verfahren sind deshalb ein
Abb. 1.1–8. Aufgrund von Streueinflüssen bedingte Betrachtung der Wöhler- und Lebensdauerlinien sowie der kennzeichnenden Beanspruchungshöhe als Streubänder
1.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit
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unabdingbarer Bestandteil jeder qualifizierten Betriebsfestigkeits-Untersuchung, um Wöhler- und Lebensdauerlinien nach Mittelwert und Streubreite zu belegen. Wird in gleicher Weise auch die durch Messung, Rechnung oder Simulation ermittelte Höhe der kennzeichnenden Betriebsbeanspruchung mit ihrer Streuung bzw. ihrer statistischen Unsicherheit in Ansatz gebracht, Abb. 1.1–8, dann lassen sich die in einem Betriebsfestigkeits-Nachweis anzusetzenden Sicherheitszahlen statistisch begründet als Funktion der zu erwartenden Ausfallwahrscheinlichkeit ableiten, Abschn. 3.5.
1.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit Als Kenngrößen der Betriebsfestigkeit dienen, Abb. 1.1–5: – der Dauerfestigkeitswert, – die Zeitfestigkeitslinie, beschrieben durch ihre Neigung und die Schwingspielzahl an ihrem (idealisierten) Abknickpunkt in die Dauerfestigkeit, – die Lebensdauerlinie, beschrieben durch eine ihren S-förmigen Verlauf bereichsweise ausmittelnde Neigung sowie die Spannung und Schwingspielzahl an einem zu definierenden Bezugspunkt, z.B. bei 107 Schwingspielen, in Abhängigkeit von den Eigenschaften der betreffenden BeanspruchungsZeit-Funktion, – die maximal zulässige Beanspruchung im Sinne des statischen FestigkeitsNachweises. Als Grenzfälle der Betriebsfestigkeit werden erkennbar: Der Dauerfestigkeitswert als beliebig oft ertragbare Beanspruchung Tritt der Höchstwert der Beanspruchung innerhalb der geforderten Lebensdauer mit großer Häufigkeit auf, z.B. mehrere Millionen mal, so muss die Bemessung des Bauteiles sicherstellen, dass dieser Beanspruchungswert eindeutig unter dem Dauerfestigkeitswert bleibt. Bei dieser Art der Bemessung ergibt sich eine unbegrenzte Lebensdauer. Die Zeitfestigkeitslinie als Untergrenze der ertragbaren Häufigkeit Ist die Beanspruchungs-Häufigkeit geringer als die ertragbare Schwingspielzahl, die sich bei dem Höchstwert der Beanspruchung von der Zeitfestigkeitslinie ablesen lässt, Abb. 1.1–5c, so erübrigt sich ein weitergehender Betriebsfestigkeits-Nachweis und zwar unabhängig von den Eigenschaften der Beanspruchungs-Zeit-Funktion bzw. der Form des Beanspruchungskollektivs. Die statische Festigkeitsgrenze als maximal zulässige Beanspruchung Für schwingbeanspruchte Bauteile ist grundsätzlich eine ausreichende Bemessung gegenüber dem Maximalwert der auftretenden Beanspruchung im
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1 Einführung und Übersicht
Sinne des statischen Festigkeits-Nachweises oder des Stabilitäts-Nachweises vorauszusetzen. Wird dazu die maximal zulässige Beanspruchung aus der Streckgrenze des Werkstoffs abgeleitet, so ergibt sich daraus eine notwendige Abgrenzung gegen den Bereich der Kurzzeitfestigkeit. Denn für die Kurzzeitfestigkeit ist weniger die einwirkende Spannung als vielmehr die elastisch-plastische Wechselverformung des Werkstoffs bestimmend und dementsprechend eine elastisch-plastische Beanspruchungsanalyse, Abschn. 3.3, eventuell sogar unter Einbeziehung von Kriechvorgängen, erforderlich. Eine an der Streckgrenze orientierte statische Bemessung beinhaltet zugleich den Betriebsfestigkeits-Nachweis für einen gewissen Mindestwert der Lebensdauer, der sich bei der maximal zulässigen Beanspruchungshöhe von der Lebensdauerlinie für das zutreffende Beanspruchungskollektiv ablesen lässt, Punkt e in Abb. 1.1–5. Genügt dieser Wert der geforderten Lebensdauer, so kann die statische Bemessung den Betriebsfestigkeits-Nachweis erübrigen. Erweist sich dieser Lebensdauerwert als unzureichend, so muss die Beanspruchung gemäß der Lebensdauerlinie abgemindert werden, z.B. auf den Wert nach Punkt d in Abb. 1.1–5, oder die Schwingfestigkeit des Bauteils muss verbessert werden. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die mit dem statischen Festigkeits-Nachweis entsprechend Punkt e nachgewiesene Lebensdauer eine beachtliche Abhängigkeit von der Form des Beanspruchungskollektivs, von der Höhe einer etwaigen Vorspannung, von der Streckgrenze des Werkstoffs und von den Einflussgrößen der Gestaltfestigkeit aufweist. Die Wöhlerlinie als Grundlage des Betriebsfestigkeits-Nachweises Eine Bemessung nach der Wöhlerlinie, bei der in vereinfachender Weise der Höchstwert der Beanspruchung für die Gesamtheit der auftretenden Schwingspiele in Ansatz kommt, bedeutet eine stets auf der sicheren Seite liegende Art der Bemessung. In vielen Fällen erweist sich diese einfache Handhabung jedoch als unvertretbar weit auf der sicheren Seite liegend und deshalb mit den Grundsätzen eines wirtschaftlichen Leichtbaus unvereinbar. Früher wurde vielfach versucht, aufgrund der Erfahrung und gestützt auf eine Auswertung von Schadensfällen zu einem vereinbarten Nennwert der Beanspruchung geeignete Beiwerte und Sicherheitszuschläge zu bestimmen, um diese unrealistische Bemessungsweise mit den Erfordernissen in Einklang zu bringen. Rückblickend belegt eine Vielzahl von Beispielen, dass es sich dabei um ein wenig erfolgversprechendes Konzept handelte, weil allein durch empirische Beiwerte den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles wohl kaum angemessen Rechnung getragen werden kann. Neuerdings erfährt diese Betrachtungsweise jedoch eine Wiederbelebung, indem dabei der dominante Einfluss der Kollektivform auf dem Weg einer Schädigungsakkumulations-Rechnung berücksichtigt wird,Abschn. 3.2.4 und 3.2.10.
1.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit
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1.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit Um das Konzept der Betriebsfestigkeit praktisch umzusetzen, bieten sich, alternativ oder in zweckmäßiger Kombination, zwei Wege an: – der Weg des experimentellen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der vornehmlich bei Bauteilen einer Serienfertigung, wie z.B. im Kraftfahrzeugbau, bei extremem Leichtbau, wie z.B. im Flugzeugbau, wie auch ganz allgemein bei besonderen Anforderungen an die Schwingbruchsicherheit oder zu einer letztgültigen Abklärung in wichtigen Einzelfällen beschritten wird, oder – der Weg des rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der für Bauteile der Einzelfertigung, insbesondere für die großen und teuren Bauteile des Schwermaschinenbaus, der Anlagentechnik, des Brückenbaus usw., der einzig gangbare Weg ist, aber auch in der Konstruktionsphase derjenigen Bauteile zumindest orientierend durchlaufen wird, für die anschließend ein experimenteller Nachweis ansteht. Dabei bestehen als Möglichkeiten, den rechnerischen BetriebsfestigkeitsNachweis – anhand von Nennspannungen, d.h. nach dem Nennspannungs-Konzept, – anhand von Strukturspannungen, d.h. nach dem Strukturspannungs-Konzept, – anhand von Kerbspannungen, d.h. nach dem Kerbspannungs-Konzept, – anhand der elastisch-plastischen Kerbbeanspruchung, d.h. nach dem Kerbgrund-Konzept, oder – anhand von Spannungsintensitätsfaktoren und Rissfortschrittsdaten nach dem Bruchmechanik-Konzept durchzuführen, Abschn. 3.1 bis 3.4 und insbesondere 3.1.7. Aus methodischer Sicht erfordert ein Betriebsfestigkeits-Nachweis, einerlei ob er experimentell oder rechnerisch geführt werden soll, die in Tabelle 1.1–2 in Form einer Leitlinie aufgelisteten Teilaufgaben abzuhandeln. Diese Teilaufgaben werden in Kap. 4 ausführlich erörtert, nachdem in den Kap. 2 und 3 die zu ihrer Abhandlung relevanten Sachfragen und Vorgehensweisen klargelegt worden sind. Der bereits sachkundige Leser kann sich auch sogleich dem Kap. 4 zuwenden und im Bedarfsfall den Rückverweisen auf die Kap. 2 und 3 nachgehen. Aus den abzuhandelnden Teilaufgaben wird ersichtlich, dass sich der Betriebsfestigkeits-Nachweis als eine fachlich anspruchsvolle Aufgabe erweist, zu deren Lösung die Arbeitsmethoden aus verschiedenen Fachgebieten eingesetzt werden. Beispielsweise sind gefragt: Methoden der Statik, der Dynamik und der Schwingungstechnik, Methoden der Festigkeitslehre und Beanspruchungsanalyse, Methoden der Werkstofftechnik und der Werkstoffmechanik, speziell der Schwingfestigkeit, der Gestaltfestigkeit und der Schwingbruchmechanik, Methoden der Statistik, der Qualitätssicherung und der Technischen
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1 Einführung und Übersicht
Tabelle 1.1–2. Abzuhandelnde Teilaufgaben im Konzept der Betriebsfestigkeit
Teilaufgabe 1: Ist über die Notwendigkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachweises im Grundsatz befunden, so sind dazu als Anforderungen die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfallwahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen. Sodann bleibt über die geeignete Vorgehensweise zu entscheiden. Teilaufgabe 2: Im Einzelfall gilt es, mit hoher Verlässlichkeit alle schwingbruchgefährdeten Querschnitte der betrachteten Konstruktion zu erkennen. Teilaufgabe 3: Für jeden schwingbruchkritischen Querschnitt sind die einwirkenden Betriebslasten nach Größe, Häufigkeit und Wirkungsrichtung zu bestimmen. Teilaufgabe 4: Ausgehend von den einwirkenden Betriebslasten sind die im betreffenden Querschnitt erzeugten Beanspruchungszustände in einer für die Schwingfestigkeit kennzeichnenden Weise zu errechnen. Teilaufgabe 5: Für die so bezeichneten Beanspruchungsbedingungen, und abhängig von den vorliegenden konstruktiven, werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmten Gegebenheiten, ist die ertragbare Beanspruchungshöhe zu ermitteln. Teilaufgabe 6: Aus einer Betrachtung der verschiedenartigen Streueinflüsse gilt es, eine jeweils angemessene Sicherheitszahl für den Vergleich der einwirkenden und der ertragbaren Beanspruchung abzuleiten. Teilaufgabe 7: Der damit erstellbare Nachweis ist gemäß den Anforderungen zu beurteilen, sofern gefordert experimentell zu bestätigen, und erforderlichenfalls ist über Möglichkeiten einer Verbesserung oder Optimierung zu befinden. Teilaufgabe 8: Der erstellte Nachweis ist zu dokumentieren, die zu seiner Absicherung einzuhaltenden Bedingungen sind in den Fertigungsunterlagen zu vermerken, notwendig erachtete Maßnahmen der Fertigungskontrolle oder einer späteren Überwachung im praktischen Betrieb sind zu bezeichnen.
Zuverlässigkeit, Erfahrungen im beanspruchungsgerechten Konstruieren, sowie unternehmerische und organisatorische Entscheidungen. Insofern empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit der jeweiligen Fachleute, um die betreffenden Teillösungen ohne Schnittstellen-Problematik nach den speziellen Methoden der Betriebsfestigkeit zu der gewünschten Gesamtlösung zu verknüpfen. Allerdings können die Fragen der Betriebsfestigkeit wie auch die Verfahren und Vorgehensweisen, die zu ihrer Behandlung im Rahmen des Konstruktionsprozesses zur Verfügung stehen, nicht allein aus technisch-wissenschaftlicher Sicht betrachtet werden. Durch das Einbeziehen von Gesichtspunkten
1.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches
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einer Kosten-Nutzen-Analyse, Abschn. 4.4.1, wird die Vielschichtigkeit der Problematik und die sich daraus ergebende Verschiedenartigkeit des jeweils optimalen Lösungsweges erkennbar. Das heißt mit anderen Worten, dass es auch kein universelles Lösungsverfahren für Betriebsfestigkeits-Fragen geben kann. Mögen in einem Falle extreme Anforderungen an die Aussage-Genauigkeit des Lösungsverfahrens im Vordergrund stehen, so mögen im anderen Fall nur einfache, kostengünstige Lösungsverfahren in Betracht kommen, selbst wenn die damit erzielbaren Aussagen mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und größere Sicherheitszuschläge erforderlich machen. Die in diesem Spektrum der Möglichkeiten zu treffende Auswahl des Lösungsweges muss schließlich auch noch den technisch wie betriebswirtschaftlich nicht erfassbaren Gesichtspunkt des verbleibenden Risikos bewerten. Sie wird damit zu einer unternehmerischen Entscheidung.
1.2 Übersicht 1.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches Anliegen dieses Buches ist es, die experimentellen Grundlagen der Betriebsfestigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobte und neuere Rechenverfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischen Hintergrund und in ihrer sachlichen Verknüpfung darzustellen. Dazu wird mit einer Erörterung der Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 sowie mit Hinweisen auf die vorhandene Datenbasis dargelegt, wie die bewährten Methoden der Betriebsfestigkeit in der Konstruktionspraxis für einen rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nachweis genutzt werden können. Zu den einzelnen Verfahren, und insbesondere zu den Rechenverfahren der Schädigungsakkumulation, werden jeweils ausführliche Herleitungen und kritisch bewertende Stellungnahmen aufgrund eigener Erfahrung gegeben, um deutlich zu machen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Grad der Verlässlichkeit sie anwendbar sind. Zur Gliederung dieses darzubietenden Stoffes stehen verschiedene Möglichkeiten zur Wahl. Eine der Möglichkeiten wäre eine Gliederung im Sinne der abzuhandelnden Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2. Ihr augenscheinlicher Vorteil würde aber nur bei rezeptartiger Beschränkung auf eine bestimmte Vorgehensweise zutage treten.Wenn hingegen Lösungswege nach unterschiedlichem Verfahren aufzuzeigen beabsichtigt ist, kehrt sich dieser Vorteil in einen Nachteil um, weil dann die sachbezogene Zuordnung nicht mehr offensichtlich ist, die zwischen den Verfahren zur Beschreibung der im Betrieb auftretenden Beanspruchung und den davon ausgehenden Verfahren zur Bestimmung der ertragbaren Beanspruchung besteht und die beachtet werden muss.
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1 Einführung und Übersicht
Aufgrund dieser Überlegungen fiel die Entscheidung zugunsten einer methodischen Gliederung. Bei ihr lässt sich die Art, in der die auftretende und die ertragbare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu ermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit darstellen und innerhalb des gleichen Abschnitts abhandeln. Der Leser wird unschwer diese sachliche Gliederung erkennen, weil sie nicht nur einem leichteren Verständnis, sondern auch einer anwendungsgerechten Zuordnung der Verfahren dienlich ist. Davon unbeschadet dürften auch andersartige Leserinteressen dadurch berücksichtigt sein, dass die gewählte Gliederung durch zahlreiche Querverweise und durch ein ausführliches Sachverzeichnis ergänzt ist. Mit Kap. 2 werden zunächst die experimentellen Grundlagen der Betriebsfestigkeit aufgezeigt, wie sie sich in Verbindung mit Wöhler-Versuchen, Abschn. 2.1, mit Blockprogramm-Versuchen, Abschn. 2.2, mit ZufallslastenVersuchen, Abschn. 2.3, oder mit Einzelfolgen-Versuchen, Abschn. 2.4, darstellen. Daraus wird erkennbar, wie betriebliche Beanspruchungs-Zeit-Funktionen der unterschiedlichsten Art in ihrer auftretenden und in ihrer ertragbaren Beanspruchungshöhe zu kennzeichnen sind, und auf welche Art von Daten sich ein rechnerischer Betriebsfestigkeits-Nachweis abstützen kann. Wie die Übertragbarkeit experimentell gewonnener Betriebsfestigkeitswerte einzuschätzen ist, wird im Abschn. 2.5 dargelegt. Die Ausführungen in Kap. 3 gelten den rechnerischen Verfahren der Betriebsfestigkeit, die sich anbieten, um die Einflussgrößen der Gestaltfestigkeit beim Abschätzen einer Bauteilwöhlerlinie zu berücksichtigen, Abschn. 3.1, um Schädigungsakkumulations-Rechnungen auf der Grundlage von Nennspannungen durchzuführen, Abschn. 3.2, um Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteilform bei der Schädigungsakkumulations-Rechnung über die elastischplastische Kerbgrundbeanspruchung zu erfassen, Abschn. 3.3, um die Lebensdauer unter Rissfortschritt zu bestimmen, Abschn. 3.4, und um den statistischen Zusammenhang zwischen Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit zu quantifizieren, Abschn. 3.5. In Kap. 4 wird die praktische Umsetzung des Konzeptes der Betriebsfestigkeit abgehandelt. Die Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 bieten dazu eine Leitlinie des sachgemäßen Vorgehens, Abschn. 4.1, wie auch eine Leitlinie bei der Suche nach Maßnahmen, um das Betriebsfestigkeits-Verhalten eines Bauteils bei Bedarf zu verbessern, Abschn. 4.2. Betrieblich gilt es, den Betriebsfestigkeits-Nachweis in den Konstruktionsprozess einzubinden, Abschn. 4.3, und das nutzbringende Umsetzen von Erkenntnissen der Betriebsfestigkeit durch geeignete Management-Entscheidungen zu unterstützen, Abschn. 4.4. Auf eine ausführliche Abhandlung zurückliegender Entwicklungen des heutigen Erkenntnisstandes wird verzichtet. Sachfragen werden nach verantwortungsbewusster Einschätzung und nach persönlicher Erfahrung dargestellt um zu vermeiden, dass widersprüchliche Ansichten und Befunde unbewertet nebeneinander stehen und den Leser verwirren.
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen
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Mit Bedauern ist zu vermerken, dass der schon jetzt erreichte Umfang des Buches es nicht erlaubte, die Anwendung der dargestellten Verfahren auch noch durch Beispiele zu veranschaulichen. Dass die wenigen, im Text oder in den Bildern enthaltenen Beispiele vorwiegend dem Kraftfahrzeugbau oder dem Flugzeugbau entstammen, ist damit begründet, dass sich die Entwicklung der Betriebsfestigkeit vornehmlich auf diesen Gebieten vollzog, und bedeutet keine Einschränkung für die Anwendbarkeit der betreffenden Verfahren oder Daten auf anderen Fachgebieten. Die Nutzung bestehender Möglichkeiten unterliegt unter Umständen der Einschränkung, dass neuere Rechenverfahren meist einen Rechnereinsatz und ein entsprechendes Rechnerprogramm voraussetzen [51]. Mit dem Hinweis auf einschlägiges Schrifttum wird in solchen Fällen auf eine detaillierte Darstellung des Rechenganges verzichtet, da er mit dem Rechnerprogramm gegeben ist.Abzuprüfen, ob ein vorhandenes oder angebotenes Rechnerprogramm den fachlichen Anforderungen genügt, bleibt Sache des Anwenders; auch dabei mag dieses Buch von Nutzen sein.
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen Allgemeine Begriffe der Schwingfestigkeit sind in DIN 50100 [32] genormt. Darüber hinaus haben sich gewisse Begriffe der Schwingfestigkeit mit einer festen Bedeutung im Schrifttum eingeführt. Spezielle Begriffe der Betriebsfestigkeit definiert Gaßner im Lueger Lexikon der Technik [13]. Leider ist aber im technischen Sprachgebrauch eine stete Tendenz zur Verwässerung einmal getroffener Begriffsbestimmungen zu vermerken. Für die anzuwendenden Formelzeichen ist eine mehr als unbefriedigende Situation zu verzeichnen. Derzeitige Festlegungen erlauben weder eine eindeutige Formelsprache, noch kommen sie heutigen Belangen der Textverarbeitung oder der Rechneranwendung entgegen. So vereinbart sich, um ein Beispiel zu nennen, das neue Formelzeichen Rm für die Zugfestigkeit [40] nur schlecht mit traditionell und international üblichen Formelzeichen der Schwingfestigkeit. Dort gilt das Formelzeichen R für das Spannungsverhältnis, und der Index m ist für den Begriff der Mittelspannung oder Mittellast reserviert. Mit zahlreichen Zeichen aus dem griechischen Alphabet und vielfältigen Indizes sind aber auch die bisherigen Formelzeichen nicht gerade anwenderfreundlich, wenn man an den Einsatz marktgängiger Textsysteme, an den Fotodruck maschinengeschriebener Texte oder an die Lesbarkeit von Rechnerprogrammen denkt. Insofern ist es angezeigt, auf den Zeichenvorrat von Schreibmaschinen und Textsystemen weitgehend Rücksicht zu nehmen und griechische Buchstaben oder Indizes nur dort zu verwenden, wo es unvermeidbar ist. Ein bekanntes Problem besteht auch bei der Bezeichnung der Kollektiv– Kennwerte, wo sich die Gaßner’sche Schreibweise mit Querstrich, z.B. S a oder – N, mit der statistischen Kennzeichnung eines Durchschnittswertes, z.B. als x–,
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1 Einführung und Übersicht
überschneidet. Andererseits ist auch die mit DIN 15018 [41] eingeführte Schreibweise als Höchstwert, z.B. Sˆa oder Nˆ, insofern nicht glücklich, als der Kollektiv-Höchstwert nicht unbedingt ein Beanspruchungs-Höchstwert im eigentlichen Sinne des Begriffs sein muss. In Abwägung verschiedener Alternativen soll hier an der Gaßner’schen Schreibweise mit Querstrich festgehalten werden. Als eine Entscheidung, die sicherlich nicht nur der schreibtechnischen Vereinfachung, sondern auch der sachlichen Klarheit dient, muss dem Leser auffallen, dass die Formelzeichen s und e nur für die wahren Spannungen und Dehnungen verwendet werden. Demgegenüber werden die vereinfachend berechneten Nennspannungen und Nenndehnungen nicht durch den Index n, sondern der angelsächsischen Schreibweise folgend, mit den Formelzeichen S und e bezeichnet. Bei den Schubspannungen wird entsprechend zwischen t und T unterschieden. Sicherlich trüge es ebenso zu einer klaren Darstellung bei, wenn auch Kennwerte der Beanspruchung und Kennwerte der Beanspruchbarkeit mit deutlich unterscheidbaren Formelzeichen belegt wären. Nach dem derzeitigen Stand der Normung erscheint es allerdings nicht vertretbar, die neuen Formelzeichen Rm , Rp0,2 oder Re für die Kennwerte aus Zugversuchen, DIN EN 10002 [40], dahingehend fortzuschreiben, dass nun auch die Kennwerte der Schwingfestigkeit mit dem Formelzeichen R, z.B. Rw für die Wechselfestigkeit des glatten Probestabs, bedacht sind: Die wünschenswerte Unterscheidung von wahren Spannungen s und Nennspannungen S wäre auf Seiten der Beanspruchbarkeit alleine mit dem Formelzeichen R nicht durchzuhalten. Auch gilt das Formelzeichen R schon nicht mehr für die aus Kennwerten des Zugversuchs ermittelten zulässigen Spannungen. Die ertragbaren und die zulässigen Spannungen der Betriebsfestigkeit sind zudem keine aus genormten Versuchen gewonnenen Kennwerte, sondern vielmehr Spannungswerte in funktionaler Abhängigkeit vom Beanspruchungskollektiv, von der Lebensdauerforderung und von der Ausfallwahrscheinlichkeit. Es wird deshalb an der in der Schwingfestigkeit üblichen Bezeichnung für die ausgezeichneten Werte der Beanspruchbarkeit festgehalten, wonach diese als Index einen Großbuchstaben haben, z.B. sW [39]. Ertragbare oder zulässige Spannungen werden hingegen, wo es die Formelschreibung erfordert, durch den Vorsatz „ertr“ oder „zul“ unterschieden, z.B. zul Sa = ertr Sa/jS . Schließlich wird die maximal ertragbare Nennspannung eines Bauteilquerschnitts als „Formfestigkeit“ mit dem Formelzeichen SM belegt, wobei die spezielle Wertzuweisung für SM je nach dem betrachteten Bauteilquerschnitt mit der Zugfestigkeit, mit der Kerbzugfestigkeit [26] oder mit der Spannung an der Traglastgrenze [42] erfolgt. Entsprechend wird die ertragbare Nennspannung an der Verformungsgrenze als „Formdehngrenze“ mit SF bezeichnet, wobei die spezielle Wertzuweisung mit der Dehn- oder Streckgrenzenspannung oder mit der Formdehngrenzenspannung [26] geschieht. Es liegt also nicht in der Absicht dieses Buches, einen Vorschlag zu unterbreiten, der in Fragen der Begriffsbestimmung und der Festlegung von For-
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen
19
melzeichen über jede Kritik erhaben ist. Mit der gewählten Schreibweise wird vielmehr ein pragmatischer Weg in der Weise gesucht, dass die bisher im Schrifttum geläufigen Formelzeichen soweit als möglich beibehalten werden, mit der einfachen Begründung, dem Leser Bekanntes nicht zu verfremden. Und dies selbst unter bewusster Hinnahme, dass einige Buchstaben in verschiedenen Abschnitten dieses Buches als Formelzeichen unterschiedliche Bedeutung erhalten. Der Leser wird in diesem Punkt um entsprechende Aufmerksamkeit und um Verständnis für eine unbefriedigende, aber kaum noch abänderbare Situation gebeten. In Zweifelsfällen soll die Auflistung der verwendeten Formelzeichen weiterhelfen, Kap. 7.
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.1 Wöhler-Versuche 2.1.1 Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung Der Wöhler-Versuch bezieht sich auf den einfachsten Fall einer Schwingbeanspruchung, eine zwischen festen Grenzwerten schwingende, z.B. sinusförmig mit der Zeit veränderliche Spannungs-Zeit-Funktion S (t). Zu ihrer Kennzeichnung gelten die Begriffe und Bezeichnungen nach DIN 50100 [39]. Abb. 2.1–1 zeigt ein einzelnes Schwingspiel. Die Grenzwerte, zwischen denen sich die Spannung S ändert, werden als Oberspannung So und Unterspannung Su bezeichnet. Gleichwertig ist die Angabe der Mittelspannung Sm und Spannungsamplitude Sa , (wobei Sa stets positives Vorzeichen hat!). Weitere Kennwerte der Beanspruchung sind mit dem Spannungsverhältnis R und mit der Schwingbreite DS definiert. Es gelten die Beziehungen: So = Sm + Sa
(2.1–1)
Su = Sm – Sa
(2.1–2)
Sa = (So – Su) / 2
(2.1–3)
Sm = (So + Su) /2
(2.1–4)
R = Su / So
(2.1–5)
Sa = So · (1 – R) / 2
(2.1–6)
Sm = So · (1 + R) / 2
(2.1–7)
Sm = Sa · (1 + R) / (1 – R)
(2.1–8)
DS = (So – Su) = 2 · Sa .
(2.1–9)
Das Berechnen der Beanspruchung geschieht meist in starker Vereinfachung der tatsächlichen Spannungsverteilung in Form einer Nennspannung S. Ergänzend wird die maßgebliche Maximalspannung smax in ihrem Verhältnis zur errechneten Nennspannung S durch die Formzahl
ak = smax / S
(2.1–10)
22
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–1. Kennwerte eines Schwingspiels
gekennzeichnet und als Parameter bei den Versuchsbedingungen angegeben. Näheres zum Rechnen mit Nennspannungen und Formzahlen ist im Abschn. 3.1.1 ausgeführt. Anstelle der Normalspannung kann auch eine Schubspannung, eine Kraft, ein Moment, oder die Dehnung als Maßzahl der Beanspruchungshöhe dienen. Bei mehrachsiger Beanspruchung können die Nennspannung und die Maximalspannung nach einer geeigneten Festigkeits-Hypothese als Vergleichsspannung definiert sein. Abhängig von der Mittelspannung oder dem Spannungsverhältnis ergeben sich als ausgezeichnete Beanspruchungsfälle, Abb. 2.1–2: die Wechselbeanspruchung mit die Zug-Schwellbeanspruchung mit die Druck-Schwellbeanspruchung mit die ruhende Beanspruchung mit
Sm = 0 oder Su = – So und R = – 1, Su = 0 oder Sm = +Sa und R = 0, So = 0 oder Sm = – Sa und R = – •, Sa = 0 oder Sm = So und R = + 1.
Abb. 2.1–2. Beanspruchungsfälle und Spannungsverhältnis
2.1.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung
23
Beanspruchungsfälle zwischen R = – • und R = 0 sind dem Bereich der Wechselbeanspruchung, Beanspruchungsfälle zwischen R = 0 und R = +1 dem Bereich der Schwellbeanspruchung zuzuordnen. Zwischen dem heute bevorzugten Spannungsverhältnis R nach Gl. (2.1–5) und dem früher gebräuchlichen k-Wert besteht die Beziehung
kZug = R
für | So | ≥ | Su | und
kDruck = 1/R für | So | < | Su | .
(2.1–11)
Bei einer ruhenden Beanspruchung genügt es, den Höchstwert der Beanspruchung anzugeben. Zur Kennzeichnung einer Schwingbeanspruchung, die zwischen gleichbleibenden Schwinggrenzen abläuft, sind drei Angaben erforderlich: Zwei Angaben bestimmen die Beanspruchungshöhe, z.B. So und Su oder Sa und Sm oder So und R oder Sa und R. Weiterhin ist die Häufigkeit h der Schwingspiele zu bezeichnen, die in der betrachteten Zeitspanne der Beanspruchung auftreten.
2.1.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung Der Wöhler-Versuch, neben dem Mehrstufen-Versuch auch häufig als Einstufen-Versuch bezeichnet und in DIN 50100 als Dauerschwing-Versuch genormt, kann als die elementarste Form eines Betriebsfestigkeits-Versuchs angesehen werden. Der Prüfquerschnitt wird einer Beanspruchung mit gleichbleibender Amplitude und konstantem Mittelwert unterworfen. In ihrer etwa sinusförmigen Kurvenform kann die Beanspruchungs-Zeit-Funktion von der Bauart oder vom Regelverhalten der Prüfmaschine bestimmt sein. Ob die Schwingbeanspruchung bei gleichen Schwinggrenzen sinus-, dreieck- oder rechteckförmig abläuft, erweist sich ebenso wie die Schwingfrequenz für das Schwingfestigkeitsverhalten der Bauteile meist als untergeordneter Einfluss. Bei dieser Aussage wird vorausgesetzt, dass frequenzabhängige Verfälschungen der Prüfkraftanzeige durch eine dynamische Kalibrierung ausgeschlossen sind. Als Versuchsergebnis fällt die bis zum Schwingbruch bzw. die bis zum Schwinganriss ertragene Schwingspielzahl N an. Um eine Wöhlerlinie zu ermitteln, sind mehrere Wöhler-Versuche bei unterschiedlicher Beanspruchungshöhe erforderlich. Für Wöhler-Versuche zur vorrangigen Bestimmung des Dauerfestigkeitswertes wird nach DIN 50100 [39] (in der seit 1953 nahezu unveränderten Fassung) folgendes Vorgehen empfohlen: Nacheinander werden etwa 6 bis 10 hinsichtlich Werkstoff, Gestaltung und Bearbeitung völlig gleichwertige Prüfstücke von Versuch zu Versuch zweckmäßig abgestuften Schwingbeanspruchungen unterworfen und die zugehörigen Bruch- bzw. Anriss-Schwingspielzahlen festgestellt. Mit einer geeigneten Abstufung der Beanspruchung wird angestrebt, dass zunächst mindestens ein Prüfstück bei hoher Schwingspiel-
24
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–3. Versuchsergebnisse im Netz der Wöhlerlinie
Abb. 2.1–4. Studie von Finney und Mann [52]: Die punktweise aufgetragenen Ergebnisse aus Wöhler-Versuchen wurden an mehrere Institute verschickt mit der Bitte, den zutreffend erachteten Verlauf der Wöhlerlinie einzutragen
zahl bricht und ein weiteres, bei wenig verminderter Beanspruchung, bis zu einer vorzugebenden Grenz-Schwingspielzahl durchläuft, um so den Dauerfestigkeitswert einzugrenzen. Heutigen Maßstäben wird eine solche Versuchsdurchführung allerdings nicht mehr gerecht. Abbildung 2.1–3 zeigt die Auftragung einer so ermittelten Versuchsreihe und veranschaulicht die Schwierigkeit, den zutreffenden Verlauf der Wöhlerlinie und den Dauerfestigkeitswert anhand weniger, streuender Versuchspunkte anzugeben. Diese Schwierigkeit wird zwar deutlich verringert, aber keineswegs völlig überwunden, wenn die Wöhlerlinie nach neuzeitlicher Versuchstechnik durch eine größere Anzahl, nach Mittelwert und Streubreite statistisch auswertbarer Versuche belegt ist. Je nach der verfolgten Auswertemethodik kann es auch dabei zu recht unterschiedlichen Einschätzungen des Kurvenverlaufs kommen, Abb. 2.1–4 [36]. Den Belangen einer statistischen Auswertung muss in jedem Fall schon im vorhinein durch eine geeignete Versuchsplanung entsprochen werden, Abschn. 2.1.5 bis 2.1.7.
2.1.3 Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien
25
2.1.3 Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien DIN 50100 gibt für die Darstellung von Wöhlerlinien lediglich den Hinweis, dass sie im halblogarithmischen Netz geschehen sollte. Je nach dem gewählten Maßstab kann das halblogarithmische Netz jedoch ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild einer Wöhlerlinie liefern. Gemeinsamkeiten im Verlauf von Wöhlerlinien sind dann nur schwer erkennbar. Verschiedene Gleichungen für eine formelmäßige Beschreibung von Wöhlerlinien und eine darauf ausgerichtete Versuchsauswertung wurden vorgeschlagen: 1870 Wöhler
lg N
=a–b·S
(2.1–12)
1910 Basquin
lg N
= a – b · lg S
(2.1–13)
1914 Stromeyer
lg N
= a – b · lg (S – SD)
(2.1–14)
1924 Palmgren
lg (N + B) = a – b · lg (S – SD)
(2.1–15)
1949 Weibull
lg (N + B) = a – b · lg [(S – SD) / (Rm – SD)]
(2.1–16)
1955 Stüssi
lg N
= a – b · lg [(S – SD) / (Rm – S)]
(2.1–17)
lg N
SD)c.
(2.1–18)
1963 Bastenaire
= a – lg (S – SD) – b · (S –
Es handelt sich hierbei um Geraden im halb- oder doppellogarithmischen Netz Gl. (2.1–12) und Gl. (2.1–13), um Kurven mit asymptotischem Übergang in die Dauerfestigkeit Gl. (2.1–14) und Gl. (2.1–15) und um Kurven mit S-förmigem Verlauf, die sowohl den Übergang in die Dauerfestigkeit wie auch in die Kurzzeitfestigkeit darstellen Gln. (2.1–16) bis (2.1–18). Die Parameterwerte a, b, c, B und SD sind dazu fallweise in bestmöglicher Annäherung an die Versuchspunkte zu bestimmen. Mit den letztgenannten Gleichungen gelingt zwar eine eng an die Versuchspunkte angelegte Beschreibung des Kurvenverlaufs, Abb. 2.1–5, aber es fehlen bislang verallgemeinerungsfähige Angaben über die Parameterwerte der so bestimmten Wöhlerlinien-Gleichungen [53]. In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr eine Auftragung der Wöhlerlinien im doppellogarithmischen Netz durchgesetzt, wohl nicht zuletzt im Hinblick auf praktische Vorteile, die sich dabei aus der Möglichkeit einer geradlinigen Annäherung der Zeitfestigkeitslinie entsprechend der Basquin’schen Gleichung und ganz allgemein aus den Eigenschaften eines logarithmischen Beanspruchungsmaßstabs auch auf die Ordinate ergeben. Um an der Zeitfestigkeitslinie eine befriedigende Ablesegenauigkeit zu erreichen, empfiehlt es sich, zu dem logarithmischen Abszissen-Maßstab der Schwingspielzahlen für die Ordinate einen logarithmischen Beanspruchungsmaßstab mit zwei- bis vierfach größerer Dekadenlänge zu wählen. Eine weitere Vereinheitlichung beginnt sich dahingehend durchzusetzen, dass eine Auftragung von Wöhlerlinien mit der Spannungsamplitude als Beanspruchungsmaßstab bevorzugt wird, weil die Spannungsamplitude als die-
26
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–5. Beschreibung einer Wöhlerlinie nach Bastenaire [53]
jenige Beanspruchungskenngröße gelten muss, die primär das Schwingfestigkeitsverhalten der Werkstoffe bestimmt. Mit den Bezeichnungen nach Abb. 2.1–6 lautet eine entsprechende Beschreibung für den Zeit- und Dauerfestigkeitsbereich einer Wöhlerlinie: N = ND · (Sa / SD)– k für Sa ≥ SD ,
(2.1–19)
mit einer Abgrenzung zum Dauerfestigkeitsbereich in der Form N = • für Sa < SD
(2.1–20)
und einer Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich bei der Formdehngrenze SF Sa < SF · (1 – R) / 2 .
Abb. 2.1–6. Kennwerte einer Wöhlerlinie und Abgrenzung der Bereiche der Dauerfestigkeit (D), der Zeitfestigkeit (Z) und der Kurzzeitfestigkeit (K)
(2.1–21)
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild
27
Mit Gl. (2.1–19) werden der Dauerfestigkeitswert SD und die Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt von der Zeitfestigkeits- in die Dauerfestigkeitslinie sowie die Neigung der Zeitfestigkeitslinie mit dem Exponenten k als Kennwerte der Wöhlerlinie eingeführt. Für den Exponenten k gilt: ein kleiner Wert von k bedeutet einen steilen, ein großer Wert von k einen flachen Verlauf der Zeitfestigkeitslinie. Gleichwertig zu Gl. (2.1–19) ist auch die Schreibweise mit einer kennzeichnenden Spannungsamplitude SA bei der zugehörigen Schwingspielzahl NA: N = NA · (Sa / SA)– k für Sa ≥ SD .
(2.1–22)
Ist die Wöhlerlinie mit einem für alle Versuchspunkte gleichem Spannungsverhältnis ermittelt, so ist ihre doppellogarithmische Auftragung mit der Spannungsamplitude gemäß Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22) durch einfaches Verschieben des Ordinatenmaßstabs in eine Auftragung mit der Oberspannung überführbar. Für eine Wöhlerlinie, die nicht mit gleichgehaltenem Spannungsverhältnis, sondern z.B. für eine gleichgehaltene Mittelspannung Sm ⫽ 0 ermittelt ist, ändert sich hingegen das Erscheinungsbild, wenn die Oberspannung statt der Spannungsamplitude aufgetragen wird, Abb. 2.1–22. Dieser Umstand und weitere Zweckmäßigkeitsgründe der Auswertung und Anwendung, die sich nach Abschn. 2.1.7 aus der erkannten Normierbarkeit von Wöhlerlinien ergeben, legen eine Ermittlung von Wöhlerlinien für jeweils konstante Werte des Spannungsverhältnisses nahe.
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild Der Einfluss des Spannungsverhältnisses bzw. der Mittelspannung lässt sich ausgehend von entsprechend ermittelten Wöhlerlinien in einem Dauerfestigkeits-Schaubild darstellen. DIN 50100 [39] nennt verschiedene Darstellungsarten für solche Dauerfestigkeits-Schaubilder, von denen die Darstellung nach Smith die bisher wohl verbreitetste war. In der neuzeitlichen Schwingfestigkeits-Forschung wird jedoch das Schaubild nach Haigh bevorzugt, Abb. 2.1–7. Es kann problemlos zu einem Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild erweitert werden und damit die volle Information aus Wöhlerlinien für verschiedene Spannungsverhältnisse oder Mittelspannungen vermitteln, Abb. 2.1–8. Das Haigh-Schaubild wird den formelmäßigen Zusammenhängen nach Gl. (2.1–1) bis Gl. (2.1–5) und damit auch der praktischen Anwendung insofern am besten gerecht, als Gl. (2.1–1) und Gl. (2.1–2) mathematisch eine 45°Drehung des Sm-Sa-Koordinatensystems in ein Su-So-Koordinatensystem bedeuten. Punkte mit gleichem Spannungsverhältnis liegen nach Gl. (2.1–5) auf Geraden, die vom Koordinaten-Nullpunkt ausgehen. Um den Einfluss des Spannungsverhältnisses oder der Mittelspannung auf die Höhe der ertragbaren Spannungsamplitude mit einem Zahlenwert zu
28
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–7. Dauerfestigkeits-Schaubild nach Haigh
Abb. 2.1–8. Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild für Kerbstäbe aus der Aluminium-Legierung 3.4364.7 [54]
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild
29
kennzeichnen, lässt sich nach einem Vorschlag von Schütz [55] die Mittelspannungsempfindlichkeit betrachten. Sie ist anhand des Haigh-Schaubildes definiert als M = [Sa (R = – 1) – Sa (R= 0)] / Sm (R = 0)
(2.1–23)
und bezeichnet anschaulich die Neigung einer Sekante des Kurvenzugs N = konstant zwischen R = – 1 und R = 0, Abb. 2.1–7. Wegen Sa (R = 0) = Sm (R = 0) lässt sich auch schreiben M + 1 = Sa (R = – 1) / Sa (R = 0).
(2.1–24)
Zwei Grenzfälle werden erkennbar: Im Grenzfall M = 0 verläuft die Sekante horizontal, die ertragbaren Spannungsamplituden bei R = – 1 und R = 0 sind gleich, die Schwingspielzahl ist allein eine Funktion der Spannungsamplitude und die Mittelspannung bzw. das Spannungsverhältnis sind ohne Einfluss. Im Grenzfall M = 1 verläuft die Sekante unter 45° geneigt, die ertragbaren Spannungsamplituden für R = – 1 sind doppelt so groß wie die für R = 0, die ertragbare Schwingspielzahl ist allein eine Funktion der Oberspannung, also eine Funktion der Summe aus Spannungsamplitude und Mittelspannung, das heißt, die Mittelspannung hat neben der Spannungsamplitude volles Gewicht. In Abb. 2.1–9 sind die Mittelspannungsempfindlichkeiten verschiedener Stahl- und Aluminiumwerkstoffe dargestellt. Sie erweisen sich als eine Funktion der Zugfestigkeit und sie steigen bei den angeführten hochfesten Werk-
Abb. 2.1–9. Mittelspannungsempfindlichkeit M verschiedener Stahl-, Eisenguss und Aluminium-Werkstoffe, nach Sonsino
30
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
stoffen etwa bis auf Werte M = 0,6. Die unterschiedlichen Mittelspannungsempfindlichkeiten schlagen sich auch in den Ergebnissen von Betriebsfestigkeits-Versuchen nieder, Abschn. 2.2.5, und sie können z.B. ein Kriterium für die Werkstoffauswahl sein, Abb. 2.2–23. Ein Vorschlag zur rechnerischen Behandlung des Mittelspannungs- und Eigenspannungs-Einflusses auf der Grundlage der Mittelspannungsempfindlichkeit ist im Abschn. 3.1.3 gegeben.
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie Zu Fragen der statistischen Versuchsplanung und Versuchsauswertung gibt es ein umfangreiches Schrifttum, z.B. [56–69, 71–76, 78]. Für eine statistische Belegung der Wöhlerlinie im Zeitfestigkeitsbereich hat sich folgendes Verfahren bewährt: Auf mehreren Horizonten mit ausgewählter Beanspruchungshöhe werden jeweils mehrere Versuche durchgeführt. Ihre Auswertung geschieht graphisch im Wahrscheinlichkeitsnetz [57, 59]. In einem einfachen Schema, Abb. 2.1–10, in dem die ertragenen Schwingspielzahlen N der vorliegenden n Versuche geordnet und, vom Größtwert beginnend, mit einer Ordnungszahl j versehen werden, erhält jeder Versuchswert zur Auftragung im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz einen Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit Pü zugeordnet, Anhang 5.1, der sich nach Rossow [62] berechnen lässt als Pü = (3j – 1) / (3 n + 1) .
(2.1–25)
Abb. 2.1–10. Statistische Auswertung von Zeitfestigkeits-Versuchen im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie
31
Bei normalverteilter Grundgesamtheit liefert Gl. (2.1–25) in guter Näherung den wahrscheinlichsten Pü-Wert des j-ten Versuchs, während die früher viel benutzte Formel Pü = j / (n + 1)
(2.1–26)
verteilungsunabhängig den mittleren Pü-Wert angibt und auf einen systematisch vergrößerten Schätzwert der Standardabweichung führt. Im allgemeinen werden sich die Versuchspunkte über einer logarithmischen Merkmalsteilung des Wahrscheinlichkeitsnetzes einer Geraden zuordnen lassen, Abb. 2.1–11. Abweichungen von der Geraden ergeben sich bei
a
b Abb. 2.1–11a, b. Auftragung a und Auswertung b für eine auf mehreren Spannungshorizonten statistisch belegten Wöhlerlinie (Schemabild)
32
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Prüfhorizonten am Übergang zur Dauerfestigkeit sowie am Übergang zur Kurzzeitfestigkeit. Beispielsweise muss in Abb. 2.1–11 die Streukurve für den Spannungshorizont beim Mittelwert der Dauerfestigkeit (Pü = 50%) auch im Wahrscheinlichkeitsnetz für hohe Schwingspielzahlen horizontal in den Wert Pü = 50% einmünden. Abweichungen von einem stetigen Kurvenverlauf ergeben sich auch, wenn für einzelne Versuchsstücke (sog. Ausreißer) die Voraussetzung der Gleichwertigkeit nicht erfüllt ist. Mit der Möglichkeit, derartige Besonderheiten der Streuverteilung zu erkennen und zu bewerten, zeichnet sich die graphische Auswertung im Wahrscheinlichkeitsnetz vor einer rechnerischen Auswertung aus, denn eindeutige Rechenregeln zur Identifikation von Ausreißern gibt es nicht. Von einer ausmittelnd durch die Versuchspunkte gelegten Streugeraden oder Streukurve lassen sich die ertragbaren Schwingspielzahlen für bestimmte Werte der Überlebenswahrscheinlichkeit abgreifen und in das Netz der Wöhlerlinie übertragen. Ihre Verbindung führt dann auf Wöhlerlinien mit entsprechend bezeichneter Überlebenswahrscheinlichkeit von z.B. Pü = 90, 50 oder 10%, Abb. 2.1–11. Abgestellt auf etwa 10 Versuche je Prüfhorizont hat es sich eingeführt, eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90% als untere Streugrenze anzusehen. Eine durch die unteren Streugrenzen mehrerer Prüfhorizonte gelegte Zeitfestigkeitslinie besagt dann, dass die als ertragbar angegebene Spannung oder Schwingspielzahl mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% erreicht oder überschritten wird. Entsprechend gilt eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 10% als obere Streugrenze. Auf den Mittelwert m der (logarithmierten) Bruch-Schwingspielzahlen entfällt eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50%. Er lässt sich vergleichsweise zur Auswertung im Wahrscheinlichkeitsnetz berechnen als 1 n m = lg N50%,n = 3 · ∑ (lg Ni ). n i=1
(2.1–27)
Als Maß für die Streuung kann die Standardabweichung
n 1 s = 03 · ∑ (lg Ni – lg N50%,n)2 (n – 1) i = 1
1/2
(2.1–28)
dienen, die gleichfalls auf den Logarithmus der Schwingspielzahlen bezogen ist, oder das als Streuspanne TN bezeichnete Verhältnis der Schwingspielzahlen für 10% und 90% Überlebenswahrscheinlichkeit TN = 1: (N10% / N90% ).
(2.1–29)
Unter der Voraussetzung, dass die Streukurve im Wahrscheinlichkeitsnetz als Gerade erscheint und somit eine logarithmische Normalverteilung unterstellt werden darf, liegen die untere und obere Streugrenze jeweils in einem Abstand von 1,28 · s unter- bzw. oberhalb des Mittelwertes, sodass mit
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie
33
2 · 1,28 = 2,56 zwischen der Streuspanne und der Standardabweichung die Beziehung besteht, Anhang 5.1: s = (1 / 2,56) · lg(1 / TN) mit 1 / TN = N10% / N90% .
(2.1–30)
Ein Zeichnen der Streugeraden im Wahrscheinlichkeitsnetz in bestmöglicher Annäherung der vorliegenden Versuchspunkte kann beim Ausdeuten der Ergebnisse auf Widersprüche führen, die in den Zufälligkeiten kleiner Stichproben begründet sind. Denn der Mittelwert und die Standardabweichung, die aus einer Stichprobe gewonnen wurden, dürfen nur als Schätzwerte für den wahren Mittelwert m und die wahre Standardabweichung s betrachtet werden, die für die Grundgesamtheit zutreffen, aus der die Stichprobe entstammt. Die Übereinstimmung der Schätzwerte mit den wahren Werten ist nur innerhalb von Vertrauensgrenzen gegeben, die sich für einen vorzugebenden Wert der Vertrauenswahrscheinlichkeit C berechnen lassen [41, 42, 52–59]. Bei bekannter Standardabweichung s der Grundgesamtheit und n vorliegenden Versuchen ergeben sie sich mit Werten u als Funktion von C gemäß der Normalverteilung, Anhang 5.1, aus den Standardfehlern des Mittelwertes sm und der Standardabweichung ss : (m – u · sm) < m < (m + u · sm) mit sm = s / a2n (s – u · ss) < s < (s + u · ss)
mit ss = s / a22 · n
(2.1–31) (2.1–32)
Beispielsweise findet man für diese beidseitige Abgrenzung nach Gl. (2.1–31) und Gl. (2.1–32) die Werte u = 1,28 für C = 80% = (100 – 2 · 10)% oder u = 1,64 für C = 90% = (100 – 2 · 5)%, wohingegen man für eine einseitige Abgrenzung die Werte u = 1,28 für C = 90% = (100 – 1 · 10)% oder u = 1,64 für C = 95% = (100 – 1 · 5)% anzusetzen hat. Ausgehend von dem aus der Stichprobe bestimmten Schätzwert der Standardabweichung s errechnen sich die Vertrauensgrenzen des Mittelwertes nach der t-Verteilung und für die Standardabweichung nach der F-Verteilung [56–59]. Bei kleinen Stichprobenumfängen sind die so bestimmten Vertrauensgrenzen erheblich größer als die bei bekannter Standardabweichung s der Grundgesamtheit. Zu einer Auftragung im Wahrscheinlichkeitsnetz lässt sich der Zufallsstreubereich einer Stichprobe nach einem von Henning und Wartmann angegebenen Verfahren darstellen [47], Abb. 2.1–12. Sofern die Versuchspunkte innerhalb des Zufallsstreubereichs liegen, darf mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 95% angenommen werden, dass die Abweichungen von der angegebenen Streugeraden noch zufälliger Art sind. Beim Einzeichnen der Streukurven für mehrere Spannungshorizonte einer Wöhlerlinie, Abb. 2.1–11a, gilt es zu beachten, dass sich die einzelnen Streukurven nicht überschneiden: Ein Überschneiden der Kurven würde bei der Auftragung den widersinnigen Verlauf einer von rechts oben nach links unten geneigten Wöhlerlinie ergeben, die für hohe Spannungen höhere er-
34
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–12. Zufalls-Streubereich kleiner Stichproben, nach Henning und Wartmann [63]
tragbare Schwingspielzahlen ausweist als für niedrige Spannungen. Solche Widersprüche lassen sich meist durch eine Anpassung der Streukurven innerhalb des Zufallsstreubereichs beheben. Wenn dennoch für mehrere Horizonte einer Wöhlerlinie keine widerspruchsfreie Beschreibung der Versuchsdaten im Wahrscheinlichkeitsnetz durch annähernd parallele Streugeraden möglich ist, kann die Annahme einer logarithmischen Normalverteilung nur als grobe Näherung für den zentralen Bereich der Streuverteilung zutreffen; es verbietet sich dann eine Extrapolation auf extreme Werte der Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Annahme einer Weibull-Verteilung mag in diesem Fall eine bessere Beschreibung und Extrapolation der Streuverteilung erlauben. Als dreiparametrige Extremwert-Verteilung erlaubt sie nicht nur den Mittelwert und die Streubreite, sondern auch noch die Schiefe der Verteilung darzustellen [59]. Dieser Vorteil ist allerdings weitgehend theoretischer Art, weil die Schätzung der drei Kennwerte aus selten mehr als 10 vorliegenden Versuchspunkten nach der Stichprobentheorie mit entsprechend großen Unsicherheiten behaftet und ganz allgemein auch nicht sonderlich bequem zu bewerkstelligen ist. Eine praktische Empfehlung geht deshalb dahin, die logarithmische Normalverteilung als eine brauchbare Näherung für die Auswertung von Versuchsdaten beizubehalten, aber eine Extrapolation der betreffenden Streugeraden nur in Grenzen vorzunehmen. Für eine weitergehende Extrapolation sei auf die Ausführungen im Abschn. 3.5.2 verwiesen, und bezüglich weiterer Anwendungsfragen auf die Ausführungen im Abschn. 3.5 insgesamt.
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes
35
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes Die Dauerfestigkeit lässt sich statistisch nach dem Treppenstufenverfahren bestimmen [64, 65]. Bei dieser Versuchsmethode läuft jeder Versuch höchstens bis zu einer vorgegebenen Grenz-Schwingspielzahl. Je nachdem, ob diese Grenz-Schwingspielzahl ohne Bruch erreicht wird oder ob vorher Bruch eintritt, läuft der nächste Versuch unter einer Beanspruchung, die sich aus der nächst höheren oder nächst niederen Stufe einer vorher festgelegten, äquidistanten Treppenstufen-Teilung des (logarithmischen) Beanspruchungsmaßstabs ergibt. Dieses Versuchsschema entspricht im Grunde dem einfachen Verfahren nach DIN 50100 mit dem einzigen Unterschied, dass mit der vorgegebenen äquidistanten Stufenteilung vorab verbindlich entschieden ist, um welchen Betrag die Beanspruchung im folgenden Versuch erhöht oder erniedrigt werden soll. Die Auswertung der anfallenden Versuchsergebnisse geschieht rechnerisch nach einem kleinen Schema und sie liefert Mittelwert und Standardabweichung der ertragbaren Spannung bei der vorgegebenen Grenzspielzahl samt den zugehörigen Vertrauensgrenzen, Abb. 2.1–13. Die ursprüngliche, von Dixon und Wood [64] angegebene Auswertung von Treppenstufen-Versuchen lieferte bekanntermaßen lediglich eine zutreffende Schätzung des Mittelwertes, aber einen unzutreffenden Schätzwert der Standardabweichung; zudem berücksichtigte sie bestenfalls nur die Hälfte der vorliegenden n Versuche [66]. Hück [67] zeigt mit einer neueren Arbeit eine verbesserte Auswertemethode auf. Bei ihr werden alle n, im Sinne der Treppenfolge „gültigen“ Versuche, ob mit oder ohne Bruch, und zudem noch ein fiktiver Versuch am Ende der Versuchsreihe, also n + 1 Versuche bewertet; „ungültig“ sind anfängliche Versuche auf Treppenstufen, die nicht noch ein weiteres Mal belegt sind. Als Schätzwert des Mittelwertes m gilt nach Abb. 2.1–13 sowie mit SD0 als unterste belegte Treppenstufe (i = 0) und d als Stufenteilung m = SD0 + d · (A / F).
(2.1–33)
Ein Schätzwert der Standardabweichung s, gültig für Werte 0,5 < s /d < 6, wird in Diagrammform, abhängig von der Versuchszahl n, aus der Stufenteilung d und der Varianz u aus Abb. 5.1–1 erhalten als s = s (d, u, n) mit u = (F · B – A2) / F 2 .
(2.1–34)
Vertrauensgrenzen für den Mittelwert und die obere, einseitige Vertrauensgrenze der Standardabweichung bestimmen sich aus Diagrammen der Standardfehler, Abb. 5.1–2 und 5.1–3, als sm = Cm · s,
(2.1–35)
ss = Cs · d.
(2.1–36)
36
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–13. Statistische Auswertung von Treppenstufen-Versuchen, nach Hück [67]. (i = laufende Nummer für die durch gültige Versuche belegten Spannungsstufen; fi = Anzahl der Versuche bei den Spannungsstufen i; F = ∑ fi ; A = ∑ i · fi ; B = ∑ i 2 · fi ). Auswertung nach Gl. (2.1–33)ff:
m v s /d s
= 133,9 N/mm2 = 1,05 = 2,45 = 30,6 N/mm2
Cm = 0,28 sm = 8,6 N/mm2 Cs = 6,86 ss = 85,7 N/mm2 (?)
T SD90% SD50% SD10%
= 1 : 1,83 = 99,0 N/mm2 = 133,9 N/mm2 = 181,1 N/mm2
Die Diagramme zum Bestimmen der Standardabweichung und der Standardfehler sind im Anhang 5.1 zu finden. Der Standardfehler ss der Standardabweichung s wird in der Regel beachtlich, u.U. – wie in der Auswertung zu Abb. 2.1–13 – sogar unrealistisch groß sein und die bekannten Vorbehalte gegen den Schätzwert der Standardabweichung nach Treppenstufenversuchen bestätigen. Die untere und obere Streugrenze der ertragbaren Spannung mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90% und Pü = 10% liegt nach der bei äquidistanter Stufenteilung als gültig unterstellten Normalverteilung der Spannungsamplituden in einem Abstand vom 1,28-fachen der Standardabweichung s oberhalb oder unterhalb des Mittelwertes mit Pü = 50%. Dementsprechend ergeben sich die Streuspanne zu T = 1 : (m + 1,28 · s) / (m – 1,28 · s)
(2.1–37)
und die 90%-, 50%- und 10%-Werte der Dauerfestigkeit zu 3 SD90% = m / aT
(2.1–38)
SD90% = m
(2.1–39)
3 SD90% = m · aT
(2.1–40)
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes
37
Dieser Mittelwert und die Streugrenzen können zusammen mit den einzelnen Versuchspunkten ins Netz der Wöhlerlinie übertragen werden; als Beispiel siehe Abb. 2.1–24. Die vorstehenden Ausführungen gelten auch dann, wenn – wie im Grunde zutreffender – eine logarithmische Normalverteilung der Spannungsamplituden unterstellt, dementsprechend eine logarithmisch äquidistante Stufenteilung vorgegeben und mit den Logarithmen der Spannungsamplituden gerechnet wird. Die sich daraus ergebenden Unterschiede sind aber in der Regel gering. Mit der verbesserten Auswertemethode werden bisherige Vorbehalte gegenüber dem Treppenstufen-Verfahren weitgehend ausgeräumt. Von anderen, im Schrifttum behandelten Verfahren zur Bestimmung der Dauerfestigkeit, werden z.B. das Probit-Verfahren oder das Abgrenzungs-Verfahren [60, 61, 66] dann bevorzugt, wenn beim Einsatz von Mehrfachprüfständen mehrere Prüfstücke gleichzeitig und in gleicher Höhe beansprucht werden. Vielfach wird die Überlebenswahrscheinlichkeit für einen Spannungshorizont im Dauerfestigkeitsbereich daraus abgeschätzt, welche Anzahl r der insgesamt n Versuche die vorgegebene Grenz-Schwingspielzahl ohne Bruch erreichte. Dieser Schätzwert ist Pü* = r / n.
(2.1–41)
Welche beachtlichen Fehleinschätzungen dabei zufallsbedingt zu erwarten sind, lässt sich anhand der Binomialverteilung beurteilen. Sie liefert die Wahrscheinlichkeit Pr, n , mit der r von n Versuchen bei einer tatsächlichen Überlebenswahrscheinlichkeit Pü auf dem betreffenden Spannungshorizont ohne Bruch bleiben:
r (n – r) . Pr, n = n r · (Pü) · (1 – Pü)
(2.1–42)
Abb. 2.1–14 veranschaulicht diesen Sachverhalt, der als Problematik insbesondere auch dem Probit- und dem Abgrenzungs-Verfahren anhaftet: Ein Schätzwert Pü* = r / n = 50% kann bei n = 4 Versuchen durchaus auch auf einem Spannungshorizont gefunden werden, für den die tatsächliche Überlebenswahrscheinlichkeit Pü z.B. bei 25% oder 75% liegt. Für einen Schätzwert Pü* = r / n = 75% und 4 Versuchen kann Pü z.B. auch bei 40% oder 95% liegen. Selbst für n = 20 Versuche sind die entsprechenden Vertrauensbereiche für Pü nur wenig kleiner. Selbst bei n = r = 2 oder n = r = 3 Versuchen ohne Bruch, die üblicherweise als ein Nachweis für die untere Streugrenze der Dauerfestigkeit, also Pü = 90%, angesehen werden, kann die tatsächliche Überlebenswahrscheinlichkeit auf dem betreffenden Spannungshorizont durchaus auch bei Werten bis hin zu Pü = 50% liegen! Die Folgerungen und die Anwendungen, die sich mit statistisch belegten Dauerfestigkeitswerten darbieten, werden aus Abschn. 3.5 ersichtlich.
Abb. 2.1–14. Wahrscheinlichkeiten für den tatsächlichen Pü-Wert eines Spannungshorizontes, wenn unter n Versuchen bei vorgegebener Grenz-Schwingspielzahl r Versuche ohne Bruch erhalten werden
38 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien
39
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien Das Konzept der normierten Wöhlerlinien beruht auf einem Grundgedanken, der erstmals mit Erfolg bei der Auswertung von Wöhlerlinien für geschweißte Verbindungen aus Baustahl verfolgt [68] und sodann für eine zusammenfassende Auswertung der im Schrifttum verfügbaren Schwingfestigkeitswerte für Schweißverbindungen aus Baustahl [69] und Schweißverbindungen aus Aluminiumlegierungen genutzt wurde [71]. Dieses Konzept ermöglicht eine verallgemeinerungsfähige Beschreibung von Wöhlerlinien und hat in dieser Hinsicht eine breite statistische Absicherung erfahren [69, 71–76, 78]. Mittlerweile machen alle neueren Normen und Richtlinien für Schweißverbindungen explizit oder implizit von dem Konzept normierter Wöhlerlinien Gebrauch [19, 43, 44, 48, 77], Abschn. 3.1.2. Werkstoffmechanisch begründbarer Kernpunkt des dabei verfolgten Grundgedankens ist, dass die Werkstoffeigenschaften an dem durch die Schweißnaht bestimmten Ausgangspunkt eines Schwingbruches schwerlich davon abhängen können, wie die betreffende Schweißverbindung insgesamt gestaltet und beansprucht ist. Demnach dürfen einheitliche Schwingfestigkeits-Eigenschaften für unterschiedliche Formen von Schweißverbindungen erwartet werden, wenn die örtliche Dehnung des schwingbruchkritischen Werkstoff-Elementes an der Bruchausgangsstelle betrachtet wird. In erster Näherung kann die örtliche Dehnung proportional zur Nennspannung angenommen werden, was bedeutet, dass die Schwingfestigkeitseigenschaften aller Schweißverbindungen aus gleichartigem Material bei einer Auftragung im doppellogarithmischen Netz durch ein Wöhlerlinien-Streuband mit einheitlicher Neigung und Streubreite beschrieben werden können. Zusätzlich reicht dann ein einziger Kennwert aus, um die Schwingfestigkeit der jeweils betrachteten Versuchsreihe zu kennzeichnen, Abb. 3.1–33 und 3.1–34. Eine konsequente Weiterführung dieser Arbeiten führte zu der Feststellung, dass sich die Schwingfestigkeitswerte für ungekerbte und gekerbte Formelemente aus Baustählen, Edelstählen und Aluminiumlegierungen ebenfalls einer normierten Auswertung unterziehen lassen. Dieser Sachverhalt wird nachstehend dargelegt und darüber hinaus im Abschn. 3.3.6 durch eine werkstoffmechanische Betrachtung sowie im Abschn. 3.4.5 durch eine bruchmechanische Betrachtung erhärtet. Vorgehen beim Ableiten normierter Wöhlerlinien Anhand von Versuchsergebnissen für ungekerbte und gekerbte Formelemente aus den Stählen Ck45 und 42CrMo4, die aus Blechen, Stangen und einem Großbauteil entnommen wurden, Abb. 2.1–15 und 2.1–16, sei das Vorgehen zur Ableitung normierter Wöhlerlinien erläutert [72]: In einem ersten Schritt der Auswertung wird auf empirische Weise vorgegangen: Die Ergebnisse aus den einzelnen Versuchsreihen werden in einheit-
40
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–15. Abmessungen und Formzahlen der untersuchten Flachstäbe [72]
Abb. 2.1–16. Entnahme von abgesetzten Wellen und von Flachstäben aus einer Antriebsspindel mit 500 bis 800 mm Durchmesser [72]
lich doppellogarithmischem Netz auf Transparentblättern aufgetragen. Diese Auftragungen werden aufeinandergelegt und bei sich deckendem Schwingspiel-Maßstab vertikal so gegeneinander verschoben, dass die aufgetragenen Versuchspunkte im Zeit- und Dauerfestigkeitsbereich in optimaler Weise zusammenfallen und ein gemeinsames Wöhlerlinien-Streuband erkennbar wird. Aus den hier betrachteten Versuchsreihen ergibt sich je ein solches gemeinsames Streuband für die Gruppe der ungekerbten Flachstäbe, für die Gruppe der geglühten und für die Gruppe der vergüteten Kerbstäbe, Abb. 2.1–17 bis 2.1–19. In einem zweiten Schritt lassen sich die übereinanderfallenden Versuchspunkte unschwer durch ein Streuband ausmitteln bzw. eingrenzen. Im Fall der ungekerbten Flachstäbe ist die ausmittelnde Wöhlerlinie (Pü = 50% Überlebenswahrscheinlichkeit) durch einen Neigungsexponenten k = 15 und einen Abknickpunkt bei der Schwingspielzahl ND = 1 · 106, im Fall der
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien
41
Abb. 2.1–17. Normierte Wöhlerlinie für die ungekerbten Flachstäbe aus geglühtem oder vergütetem Stahl [72]
Abb. 2.1–18. Normierte Wöhlerlinie für die Kerbstäbe aus geglühtem Stahl [72]
geglühten Kerbstäbe durch einen Neigungsexponenten k = 5 und einen Abknickpunkt bei ND = 1 · 106 und im Fall der vergüteten Kerbstäbe durch einen Neigungsexponenten von gleichfalls k = 5, jedoch einem Abknickpunkt bei ND = 3 · 105, gekennzeichnet (s. Anmerkung zu Abb. 2.1–19). Dabei zeigt sich, dass jeweils gleiche Streubänder auf die Ergebnisse für Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4 anwendbar sind.
42
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.1–19. Normierte Wöhlerlinie für die Kerbstäbe aus vergütetem Stahl [72]. (Aus heutiger Sicht ist jedoch der hier gefundene Wert ND = 3 · 105 nicht verallgemeinerbar)
Aufgrund des logarithmischen Ordinatenmaßstabs bedeutet das vertikale Übereinanderschieben der Auftragungen ein Umrechnen der Nennspannungsamplitude in einen bezogenen Maßstab. Als Bezugswert dient die Spannungsamplitude SD , die sich am Abknickpunkt der ausmittelnden Wöhlerlinie bei der Schwingspielzahl ND abgreifen lässt und als Schwingfestigkeits-Kennwert für die einzelnen Versuchsreihen in Tabelle 2.1–1 aufgeführt ist. Unter Ansatz der so bestimmten Kennwerte lässt sich die Wöhlerlinie nach Gl. (2.1–19) bis Gl. (2.1–21) beschreiben. Ein dritter Schritt der Auswertung dient einer statistischen Absicherung der abgeleiteten normierten Wöhlerlinien-Streubänder. Auf analytischem Weg kann dies nach der Maximum-Likelihood-Methode geschehen [74, 75]. Hier wird, wie in [72], ein anschauliches Verfahren dargestellt, bei dem für jeden Versuchspunkt der vertikale Abstand von der Mittellinie des Streubandes errechnet und in einer zusammenfassenden Streuanalyse behandelt wird. Die Auftragung im Wahrscheinlichkeitsnetz zeigt dann die Streuung der Versuchspunkte in Form der Verhältniswerte Sai / Sa50% , Abb. 2.1–20. Der Bezugswert Sa50 % lässt sich mit den Kennwerten der normierten Wöhlerlinie und dem jeweils zutreffenden Wert SD nach Gl. (2.1–19) berechnen: Sa50% = SD · (Ni / ND)–1/ k .
(2.1–43)
Sa50% bezeichnet (im nicht bezogenen Spannungsmaßstab) die Spannungsamplitude an der Mittellinie des betreffenden Wöhlerlinien-Streubandes bei der jeweiligen Schwingspielzahl Ni , die im i-ten Einzelversuch unter der Spannungsamplitude Sai ertragen wurde. Versuchspunkte ohne Bruch (sog.
–1 0 >0 –1 0 >0 –1 0 >0 –1 0 >0
1,0
axial vergütet 600 335
Spindel axial geglüht 693 440
Stange
110 95
255 5) 215 5)
220/220 5) 195/195 5) 195/– 5) 135/– 115/– 110/– 105/100 90/95 85/– 80/– 67/– 57/– 145* 120*
320 5) 250 5)
105 90 220 135
B = 6) 170 V = 7) 105
250 200
95 75
205 185
Schwingfestigkeitskennwerte SD in N/mm2 (Pü = 50%) 4)
längs vergütet 747 539
Blech
115 90
255 215
längs geglüht 2) 594 460
125*/– 105*/–
165*/165* 135*/135*
215*/– 180*/–
430/430 300/300
längs/quer vergütet 3) 910/881 840/819
Stahl CrMo4 Blech Blech
190* 160*
510 375
B = 6) V = 7)
längs vergütet 1097 1029
Blech
300 185
140
axial vergütet 913 746
Stange
Anmerkungen: 1) Blech t = 6 mm; Spindel D = 500 bis 800 mm; Stange D = 130 mm; 2) Anlieferungszustand; 3) Basisreihe; 4) für ND = 1 · 106 bzw. für ND = 3 · 105 (*); 5) Werte gefügebedingt zu niedrig, s. Abb. 3.3–39; 6) B = Welle in Biegung, ak = 1,6 und R = – 1; 7) V = Welle in Verdrehung, ak = 1,35 und R = – 1, Schwingfestigkeitskennwert bedeutet TD in N/mm2.
5,2
3,6
2,5
R
ak
längs geglüht 2) 728 438
Probenlage Wärmebehandlung Rm in N/mm2 Re in N/mm2
längs/quer geglüht 3) 651/652 390/391
Stahl Ck45 Blech Blech
Werkstoff 1)
Tabelle 2.1–1. Abgeleitete Schwingfestigkeits-Kennwerte [72]
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 43
b
c
Abb. 2.1–20a–c. Statistische Auswertung für die Streuspannen TS (Streuspannen in Spannungsrichtung) zum Ableiten der Streubänder a in Abb. 2.1–17, b in Abb. 2.1–18, c in Abb. 2.1–19 [72]
a
44 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien
45
Durchläufer) und Versuche, die eindeutig dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zuzurechnen sind, bleiben hierbei unberücksichtigt. Im vierten Schritt sind die sich ergebenden Streuverteilungen dahingehend zu bewerten, dass bei optimal ausmittelnder Lage des normierten Wöhlerlinien-Streubandes für die Streuverteilung der Versuchspunkte bei der Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% ein Erwartungswert E (Sai / Sa50%) = 1 gilt. Die Auftragungen in Abb. 2.1–20 liefern in guter Annäherung Werte m = 1,001, 1,006 bzw. 1,017. Für die Streubänder wurden die Streuverteilungen mit Werten der Streuspanne zwischen Pü = 90% und Pü = 10% von TS = 1:1,12 bzw. TS = 1:1,26 gewählt (Standardabweichung für lg Sa = 0,0195 bzw. 0,039). Sie sind mit dem zugehörigen Zufallsstreubereich [63] für C = 95% beidseitige Vertrauenswahrscheinlichkeit in Abb. 2.1–20 eingezeichnet und als eine auf der sicheren Seite liegende Annäherung der Versuchspunkte zu sehen. Die Ergebnisse für vergütete Kerbstäbe deuten allerdings mit dem Wert TS = 1:1,19 auf eine geringere Streuspanne hin, ein Umstand, der aber noch nicht als gesichert gelten kann und anhand weiteren Datenmaterials überprüft werden müsste. Für statistische Sicherheitsbetrachtungen sollte deshalb bis auf weiteres die größere der vorgenannten Streuspannen TS = 1: 1,26 verwendet werden. Erörterung zur Anwendung normierter Wöhlerlinien Abbildung 2.1–21 veranschaulicht die Anwendung normierter Streubänder zur Auswertung einzelner Versuchsreihen. In dieser Einzelauftragung der Ergebnisse für normalgeglühte Kerbstäbe aus Stahl Ck45 mit ak = 2,5 ist das zutreffende normierte Streuband anhand einer statistischen Abschätzung im
Abb. 2.1–21. Anwendung der normierten Wöhlerlinie auf eine einzelne Versuchsreihe [72]
46
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
a
b
Abb. 2.1–22a–b. Normierte Auftragung der Versuchsergebnisse für die abgesetzten Wellen, a unter Biegebelastung, b unter Verdrehbelastung [72]
vertikalen Nennspannungsmaßstab so festgelegt, dass die Einzelergebnisse innerhalb des vornehmlich gewichteten Zeitfestigkeitsbereichs optimal ausgemittelt und eingegrenzt werden. Der Auftragung lässt sich sodann der Schwingfestigkeitskennwert SD = 115 N/mm2 entnehmen, Tabelle 2.1–1. Zwei weitere Beispiele sind in Abb. 2.1–22 mit den Ergebnissen für abgesetzte Wellen bei Biege- oder Verdrehbelastung gegeben. Quervergleiche mit Daten für anderweitige Baustähle lassen eine allgemeine Anwendbarkeit der hier abgeleiteten normierten Wöhlerlinien-Streubänder bei Baustählen mit Werten Rm ≤ 1400 N/mm2 erkennen [76]. Ein häufig vorgebrachter Einwand gegen das Konzept der normierten Wöhlerlinien-Streubänder geht dahin, dass doch die Neigung der Zeitfestigkeitslinie von der Formzahl abhängig sein müsse, wenn für einen ungekerbten Stab nach Abb. 2.1–17 ein Wert k = 15, für eine mäßige Kerbe nach Abb. 2.1–18 oder 2.1–19 ein Wert k = 5 und für eine extrem scharfe, rissähnliche Kerbe nach Abschn. 3.4.4 einWert k = 3 gelten soll. Der vermeintliche Widerspruch lässt sich jedoch durch eine Betrachtung des zyklischen, elastischplastischen Werkstoffverhaltens, Abschn. 3.3.6 und 3.4.9, und als Folgerung daraus, mit einer konsequenten Abgrenzung zwischen dem Bereich der Zeitfestigkeit und dem Bereich der Kurzzeitfestigkeit, Abb. 2.1–6 und Gl. (2.1–21), auf schlüssige Weise ausräumen.
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien
47
Mit Abb. 2.1–21 wird die Streck- oder Formdehngrenze entsprechend Gl. (2.1–21) in diesem Sinne als eine entscheidende Anwendungsgrenze für normierte Streubänder erläutert: Das normierte Streuband ist im Zeitfestigkeitsbereich bis zu einer Beanspruchungshöhe anwendbar, bei der durch die Annäherung der Oberspannung an die Streck- oder Formdehngrenze noch keine stärkeren, integralen Wechselplastizierungen im Kerbquerschnitt auftreten. Versuchsergebnisse für Oberspannungen nahe bei oder oberhalb dieser Grenze fallen zumeist aus dem normierten Streuband nach links heraus. Sie werden durch einen Kurvenverlauf erfasst, der sich aus dem normierten Streuband für Pü = 50% Überlebenswahrscheinlichkeit mit einer zunehmend flacheren Neigung in den Bereich der Kurzzeitfestigkeit fortsetzt. Je geringer die Formzahl oder je höher das Spannungsverhältnis, bei desto höherer Schwingspielzahl liegt dieser Übergang zu einer flacheren Neigung im Kurzzeitfestigkeitsbereich; für ak = 1 ist die gesamte Zeitfestigkeitslinie mit ihrer flachen Neigung k = 15 im Grunde dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zuzurechnen, Abb. 3.3–61. In entsprechender Weise sind auch die Ergebnisse in Abb. 2.1–22b zu bewerten: Unter Ansatz der betreffenden Werkstoffkennwerte erreicht der verdrehbeanspruchte Kerbquerschnitt bereits beim 2fachen der mittleren Verdrehdauerfestigkeit, d.h. bei ta / tD = 2, den vollplastischen Zustand. Die plastische Formzahl, s. Gl. (3.3–43) und Abb. 3.3–20, beträgt dabei ap = 1,33, sodass Wechselplastizierungen des (ungekerbten) Nennquerschnitts, die deutlich über die formzahlbedingten örtlichen Wechselplastizierungen im Kerbgrund hinausgehen, bereits bei einer Beanspruchungshöhe ta / tD = 1,5 einsetzen. Dementsprechend ist das normierte Streuband bei dieser Beanspruchungshöhe nach oben begrenzt. Wird hingegen diese Abgrenzung gegenüber dem Kurzzeitfestigkeitsbereich nicht beachtet, so führt eine pauschale Regressionsrechnung über alle Versuchspunkte (außer den beiden Durchläuferpunkten) auf eine zwar augenscheinlich gut ausmittelnde, mit ihrer Neigung k = 9,0 und ihrem Abknickpunkt bei etwa ND = 107 aber sachlich nicht begründbare „Zeitfestigkeitsgerade“: Denn Neigung und Abknickpunkt können sich für Schub- und Normalspannungen nicht unterscheiden, weil andernfalls Widersprüchlichkeiten entstehen, wenn z.B. statt mit Schubspannungen mit den entsprechenden Hauptspannungen gerechnet wird; gleiches gilt für die Berechnung einer Vergleichsspannung aus Normal- und Schubspannungen, Abschn. 3.1.6. Bei Ergebnissen im Dauerfestigkeitsbereich muss eigentlich ein stetiger Übergang von der Zeit- zur Dauerfestigkeit unterstellt werden. Mit dem scharf abknickenden Streuband, wie es zur Definition des Abknickpunktes bei der Schwingspielzahl ND dient, wird zugunsten einer damit erreichbaren Systematik bewusst hingenommen, dass die Versuchsergebnisse im Bereich des Abknickpunktes mehr oder weniger oberhalb der Mittellinie liegen können, Abb. 2.1–21). Die Gültigkeit normierter Wöhlerlinien ist insbesondere gebunden an ein innerhalb einer einzelnen Versuchsreihe auf allen Spannungshorizonten glei-
48
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
a
b
Abb. 2.1–23a, b. Unterschiedliches Erscheinungsbild einer Wöhlerlinie für konstante Mittelspannung Sm = 240 N/mm2 bei doppellogarithmischer Auftragung mit der Oberspannung a statt mit der Spannungsamplitude b; Stahl Ck45 geglüht, Rm = 650 N/mm2, Ergebnisse aus [72]
ches Spannungsverhältnis R. Dementsprechend stellt sich im Haigh-Schaubild der Einfluss des Spannungsverhältnisses auf die Zeit- und Dauerfestigkeit durch einen parallelen Verlauf der Linien N = konstant dar. Für Versuchsreihen, die z.B. für eine gleichgehaltene Mittelspannung Sm ⫽ 0 und demzufolge mit einem von Spannungshorizont zu Spannungshorizont veränderten Spannungsverhältnis durchgeführt wurden, können sich erhebliche Abweichungen von dem einheitlichen Neigungsexponenten k und, bei Auftragung z.B. mit der Oberspannung, ein stark vom normierten Streuband abweichendes Erscheinungsbild der Wöhlerlinie einstellen, Abb. 2.1–23. Magin zeigte, dass sich auch der Größeneinfluss auf die Schwingfestigkeit mit normierten Wöhlerlinien abhandeln lässt [77]. Als eine in diesem Zusammenhang erwähnenswerte Besonderheit sind in Abb. 2.1–22 die Ergebnisse für normalgeglühte wie auch für vergütete Wellen in einem Streuband mit dem Abknickpunkt ND = 1 · 106 zusammengefasst, wohingegen nach Abb. 2.1–19 für die vergüteten Formelemente ein Abknickpunkt bei ND = 3 · 105 gelten sollte. Die davon abweichende Handhabung für Abb. 2.1–22 lässt sich mit dem Hinweis auf die Anmerkung zu Abb. 2.1–19 im vorliegenden Fall damit begründen, dass bei der als Bauteil vergüteten Spindel aus Stahl Ck45, Abb. 2.1–16, ebenso wie bei den als Halbzeug vergüteten Stangen aus Stahl 42CrMo4 keine Durchvergütung bis zu dem verbleibenden 80 mm
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien
49
Abb. 2.1–24. Wöhlerlinien für die Aluminium-Legierung AlCuMg2, nach Ostermann
dicken Prüfquerschnitt der abgesetzten Welle zu erwarten ist. Zudem ist zu vermuten, dass der Abknickpunkt bei ND = 3 · 105 Schwingspielen kerbbedingt ist und nur bei kleinen Kerbradien und hoher Oberflächengüte zutrifft. Eine eindeutige werkstoffmechanische Klärung zu dieser Sachfrage steht allerdings noch aus. Eine andere Einschränkung muss wohl grundsätzlich bei Werkstoffen mit kubisch-flächenzentriertem Gitter, wie Aluminium-Legierungen und Austeniten, beachtet werden: Wie seit langem aus Umlaufbiegeversuchen bekannt, erreichen solche Werkstoffe, wenn überhaupt, dann erst bei sehr hohen Schwingspielzahlen einen Dauerfestigkeitswert. Nach neueren Erkenntnissen gilt dies u.a. auch für extrem hochvergütete Stähle und für MagnesiumLegierungen. Näheres siehe in Abschn. 5.6 unter „Daten zum Dauerfestigkeitsabfall“. Nach Abb. 2.1–24 scheint zudem bei wechselnder und bei schwellender Beanspruchung eine gleich hohe dauerfest ertragbare Spannungsamplitude zu gelten, wobei sich aber im Fall der Schwellbeanspruchung – anders als bei Wechselbeanspruchung – bei etwa ND = 106 ein markanter Übergang in eine nahezu horizontale Dauerfestigkeitslinie abzeichnet. Alle hier betrachteten Versuchsergebnisse gelten für eine hochwertige Oberflächenbeschaffenheit des Kerbgrundes. Es darf jedoch als gesicherte Erfahrung gelten, dass sich der Abknickpunkt als Folge oberflächenverfestigender Verfahren (Kugelstrahlen, Rollen, Einsatzhärten, Induktionshärten, Tenifernitrieren) zu niedrigeren Werten ND verlagert, während korrosive Einflüsse die Dauerfestigkeit drastisch abmindern und den Abknickpunkt zu so hohen
50
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Schwingspielzahlen verschieben, dass meist von einem nach unten unbegrenzten Zeitfestigkeits-Streuband der Neigung k ausgegangen werden darf. Nach bruchmechanischen Überlegungen ist sinngemäß zu vermuten, dass sich der Abknickpunkt mit zunehmender Oberflächenrauigkeit nicht nur zu niedrigeren Werten SD , sondern dabei auch noch zu höheren Werten ND verschiebt, Abb. 3.4–14. Ein statistisch gesicherter, experimenteller Nachweis für diese Vermutung steht aber noch aus. Die im Abschn. 3.1.3 beschriebene Vorgehensweise zur rechnerischen Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile, wie sie mit der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ [44] erarbeitet wurde, beruht auf den hier erläuterten Erkenntnissen über die Normierbarkeit von Wöhlerlinien. Sie wird durch umfangreiche statistische Auswertungen von Eulitz [240] dahingehend bestätigt, dass sie gegenüber allen früheren Vorschlägen die beste Abschätzung für den Dauer- und Zeitfestigkeitsbereich von Wöhlerlinien liefert.
2.1.8 Kritik des Wöhler-Versuchs Ohne Einschränkung treffen Schwingfestigkeitswerte aus Wöhler-Versuchen für die Auslegung solcher Bauteile zu, deren Betriebsbeanspruchungen wie im Wöhler-Versuch mit gleichbleibender Spannungsamplitude auftreten und dauerfest oder auch im strengen Sinne zeitfest ertragen werden müssen. Vor Einführung des Betriebsfestigkeits-Versuchs erfolgte die Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile jedoch auch dann nach Festigkeitswerten aus Wöhler-Versuchen, wenn es sich um zufallsartig verlaufende Betriebsbeanspruchungen handelte. Inwieweit eine solche Auslegung nach wie vor ersatzweise in Betracht kommen kann, lässt sich bei kritischer Abprüfung nur fallweise mit Bezug auf bisherige Betriebserfahrungen beurteilen, Abschn. 2.5.2 und 3.2.12. Daneben dient der Wöhler-Versuch, als Versuch mit der elementarsten Form einer Schwingbeanspruchung, seit jeher der grundlegenden Erforschung des Werkstoffverhaltens unter Schwingbeanspruchung. Konventionelle Wöhler-Versuche an ungekerbten Prüfstäben lassen dabei aber eine wesentliche Beanspruchungsgröße, nämlich die plastische Dehnungsamplitude, außer Betracht, Abschn. 3.3. Somit hat der Wöhler-Versuch hauptsächlich für folgende Aufgaben Bedeutung: – – – – – –
Ermittlung der Dauerfestigkeit und Zeitfestigkeit von Werkstoffen, Bemessung von Bauteilen nach Dauer- oder Zeitfestigkeitswerten, Untersuchung der Schädigungsmechanismen bei Schwingbeanspruchung, Vergleich werkstofflicher oder konstruktiver Bauteilvarianten, Schaffung einer Bezugsbasis zum Ansatz von Betriebsfestigkeits-Versuchen, Ermittlung von Wöhlerlinien für Schädigungsakkumulations-Rechnungen.
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv
51
2.2 Blockprogramm-Versuche 2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv Die tatsächlichen Betriebsbeanspruchungen eines Bauteils lassen sich verlässlich durch eine Messung bestimmen, die als Langzeitmessung angelegt ist und alle maßgebenden Betriebsbedingungen in einem repräsentativen Verhältnis erfasst [18, 79–83]. Mit Ausschnitten aus Messschrieben veranschaulicht Abb. 2.2–1 Beispiele gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, wie sie bei Betriebsfestigkeits-Versuchen zu berücksichtigen sind. Nach der Systematik der Abb. 2.2–2 setzen sie sich zusammen aus einer Grundbeanspruchung, der sich Zusatzbeanspruchungen überlagern.
Abb. 2.2–1. Gemessene Beanspruchungs-ZeitFunktionen [81] 1) Spannung an der Hinterachse eines PKW 2) Druck in der Kondensationskammer eines Reaktors 3) Spannung an einem PKW-Rad 4) Drehmoment am Antrieb eines Walzgerüstes 5) Biegemoment am Achsschenkel eines PKW 6) Lastvielfaches im Schwerpunkt eines Jagdflugzeuges 7) Druck in der Leitung einer Pipeline 8) Lastvielfaches im Schwerpunkt eines Transportflugzeuges
52
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–2. Ursachen der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, nach Buxbaum
Im einfachsten Fall ist die Grundbeanspruchung konstant und z.B. durch das Eigengewicht der Konstruktion oder einen anderen konstanten Lastzustand bestimmt. Im allgemeinen Fall ist die Grundbeanspruchung quasistatisch veränderlich, beispielsweise aus der veränderlichen Beladung eines Fahrzeugs, oder aus einer Veränderung des statischen Systems, wie bei Flugzeugen aus dem Boden-Luft-Lastspiel für den Flügelwurzelbereich, der auf dem Rollfeld ein nach unten, im Flug hingegen ein nach oben gerichtetes Biegemoment erfährt. Zusatzbeanspruchungen entstehen entweder aus diskreten oder sich wiederholenden Einzelereignissen, wie z.B. Fahrmanövern oder unfallähnlichen Situationen, oder sie sind durch Schwingungen hervorgerufen. Schwingungen können innerhalb des Systems erregt sein, z.B. als Triebwerksschwingungen, oder sie sind aus Umgebungseinflüssen, wie z.B. Straßenunebenheiten, Böen oder Seegang, verursacht. Lediglich bei Schwingungen, die aus Umgebungseinflüssen entstehen, handelt es sich um mehr oder minder zufällige, d.h. stochastische Vorgänge, während die Beanspruchungen aus den übrigen Ursachen zwar zufallsbestimmt, in ihrem Ablauf jedoch deterministischer Art sein können. Ausgehend von der zutreffenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion lassen sich die Lastannahmen für Betriebsfestigkeits-Versuche schaffen. In der Gaßner’schen Konzeption wird dazu aus der Beanspruchungs-Zeit-Funktion mittels statistischer Zählverfahren ein Beanspruchungskollektiv ermittelt [16, 18, 83]. Unterschiedliche Zählverfahren kommen dafür in Betracht.
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv
53
In Betracht kommende Zählverfahren Das nachstehend beschriebene Klassendurchgangs-Verfahren, das Spannenpaar-Verfahren, Abschn. 2.2.6, das Spannen-Verfahren, Abschn. 2.3.7, das Spitzenwert-Verfahren, Abschn. 2.3.7, sind als „Klassierverfahren für das Erfassen regelloser Schwingungen“ in DIN 45667 [84] aufgezeigt. Aus heutiger Sicht sind die meisten dieser (einparametrischen) Zählverfahren zu verstehen als Sonderfälle einer (zweiparametrischen) Zählung nach dem RainflowVerfahren, Abschn. 3.3.4, wie zum Teil auch einer (zweiparametrischen) Zählung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix, Abschn. 2.3.7. Ein bewertendes Zählverfahren, als Weiterentwicklung des Rainflow-Verfahrens, bei dem Mittelspannungs-, Reihenfolge-, Werkstoff- und Bauteileinflüsse schädigungsbewertet in das Amplitudenkollektiv eingehen, ist mit dem Verfahren der Amplituden-Transformation gegeben, Abschn. 3.3.6. In Sonderfällen, insbesondere für umlaufend beanspruchte Bauteile, kommt auch das Samplingoder Verweildauer-Verfahren [67] bzw. ein abgewandeltes oder zweiparametrisches Sampling-Verfahren in Betracht, Abschn. 2.2.7. Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren Bei dem Klassendurchgangs-Verfahren, im Fachschrifttum vielfach auch als Zählung der Überschreitungshäufigkeiten bezeichnet, werden für die vorliegende Beanspruchungs-Zeit-Funktion in einfacher Weise die Überschreitungshäufigkeiten für äquidistant vorgegebene Klassengrenzen der Beanspruchung gezählt, Abb. 2.2–3: Bei der Bezugslinie und bei den Grenzen der positiven Klassen werden alle von der Bezugslinie ins Positive gerichteten
Abb. 2.2–3. Zählung von Überschreitungshäufigkeiten, Klassendurchgangs-Verfahren nach DIN 45667 [84]
54
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
a
b Abb. 2.2–4a, b. Zustandekommen und Ausdeuten eines Beanspruchungskollektivs bei Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren; a für einen sinusförmigen, b für einen zufallsartigen Beanspruchungsablauf [21]
Durchgänge (positive Überschreitungen) gezählt, bei den Grenzen der negativen Klassen alle von der Bezugslinie ins Negative gerichteten Durchgänge (negative Überschreitungen). Bei den seinerzeit eingesetzten Klassiergeräten mit mechanischen Zählwerken war die Anzahl der Klassen begrenzt; sie lag in der Regel bei etwa 8 bis 10 und maximal bei 20 Klassen. Bei der heute üblichen digitalen Klassierung sind hingegen 64 oder 100 Klassen gebräuchlich. Das Beanspruchungskollektiv besitzt die Eigenschaften einer Summenhäufigkeitskurve und gibt an, wie oft die absolute Beanspruchungshöhe – oder ein anderes Beanspruchungsmerkmal – innerhalb der betrachteten Betriebszeit eine bestimmte Größe erreicht oder übersteigt. Sein Zustandekommen und seine Ausdeutung lassen sich an Abb. 2.2–4 erläutern: Bei einem etwa sinusförmigen Beanspruchungsablauf, wie er für den Wöhler-Versuch typisch ist, werden dabei auf jedem Spannungsniveau zwi– schen der Oberspannung So und der Unterspannung Su bei insgesamt H – Schwingspielen Hi = H Überschreitungen gezählt; außerhalb dieses Bereichs ist die Überschreitungshäufigkeit Hi = 0. Das Kollektiv erscheint in der üb– lichen halblogarithmischen Auftragung als Rechteck und besagt, dass H = N Schwingspiele mit der gleichbleibenden Oberspannung So und Unterspannung Su auftreten. Entsprechend werden bei der zufallsartigen Beanspruchungs-Zeit-Funktion Überschreitungshäufigkeiten Hi erhalten, die mit dem Abstand von der Bezugslinie bzw. Mittelspannung Sm abnehmen. Die Ausdeutung des so erhaltenen Kollektivs geht dahin, dass mit einer Häufigkeit Hi Schwingspiele
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv
55
auftreten, die die zugehörige Oberspannung Soi und die Unterspannung Sui erreichen oder übersteigen. Werden aus den Oberspannungen Soi und den Unterspannungen Sui die Spannungsamplituden Sai = (Soi – Sui) / 2 gebildet und über der jeweiligen Häufigkeit Hi aufgetragen, so entsteht das Amplitudenkollektiv. Ein Amplitudenkollektiv verlangt stets eine zusätzliche Angabe über die Mittelspannung, und diese Mittelspannung muss keineswegs immer konstant und für alle Spannungsamplituden gleich sein, Abschn. 2.2.5. Es muss allerdings angemerkt werden, dass diese einfache Ableitung eines Amplitudenkollektivs nicht die einzig mögliche und damit nicht eindeutig ist. Vielmehr können sich mit einer bestimmten Form des Kollektivs der Überschreitungshäufigkeiten recht verschiedene Formen des Amplitudenkollektivs verbinden, wie z.B. die aus Übergangsmatrizen erzeugten Kollektive und Abläufe für unterschiedliche Unregelmäßigkeitsfaktoren erkennen lassen, Abb. 2.3–36 und 2.3–37, oder wie aus Abb. 2.2–19 bei Anwendung des Spannenpaar-Verfahrens zu ersehen ist. Für die folgenden Ausführungen sei zunächst der Fall betrachtet, dass sich die dynamische Zusatzbeanspruchung etwa symmetrisch einer z.B. aus dem Eigengewicht entstehenden, annähernd konstanten Mittelspannung überlagert. Die Darstellung darf sich dann auf den oberen, von der Mittelspannung aus positiv zu rechnenden Ast der Verteilungskurve beschränken, der zugleich die Form des Amplitudenkollektivs bezeichnet. Kennwerte eines Kollektivs Als wesentliche Kennwerte der Betriebsbeanspruchung (in der Gaßner’schen Bezeichnungsweise, Abschn. 1.2.2) werden mit dem Kollektiv beschrieben: – – die Gesamthäufigkeit oder der Kollektivumfang H, definiert als Gesamtzahl der großen, mittleren und kleinen Schwingspiele, die innerhalb der betrachteten Betriebszeit auftreten; – die Kollektivform, die den relativen Anteil der großen, mittleren und kleinen Amplituden an der Gesamthäufigkeit angibt und einem bestimmten statistischen Verteilungsgesetz entspricht und – – – die Höchstwerte So und Su oder dementsprechend die größte Spannungs– – amplitude Sa und die zugehörige Mittelspannung Sm . Kollektive, die bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen anfallen, bieten eine fast unbegrenzte Vielfalt. Doch zeichnen sich in dieser Vielfalt – mehr oder weniger idealisiert – einige typische und häufig vorkommende Kollektivformen ab [85]. Sie sind in Abb. 2.2–5 als Amplitudenkollektive einander gegen– übergestellt, wobei die höchste Spannungsamplitude Sa im bezogenen Maßstab gleich 1 gesetzt und der Kollektivumfang einheitlich zu 106 gewählt ist. Diese einheitliche Darstellung ist für den Vergleich verschiedener Kollektivformen nicht nur zweckmäßig, sondern darüber hinaus notwendig, um den Höchstwert eines Amplitudenkollektivs wie folgt zu definieren:
56
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–5. Typische Formen des Amplitudenkollektivs in bezogener Darstellung [85]
Als Höchstwert des Amplitudenkollektivs gilt diejenige Spannungsampli– tude Sa , die im (originären) Beanspruchungsablauf mit einer relativen Häufigkeit 1:106 erreicht oder überschritten wird. Noch seltener auftretende Spannungsamplituden, die den so definierten Höchstwert des Kollektivs übersteigen, können vom Standpunkt der Betriebsfestigkeit in der Regel unberücksichtigt bleiben, doch sind sie unter Umständen im Maximalspannungs-Nachweis für die Bemessung ausschlaggebend und in dieser Hinsicht zu beurteilen [86], Abschn. 1.1.2 sowie Abschn. 2.1.7, Abb. 2.1–21. Die rechteckige Kollektivform a einer Schwingbeanspruchung mit gleichbleibenden Amplituden, wie sie dem Wöhler-Versuch zugrunde liegt, erweist sich als die obere Grenzkurve aller möglichen Kollektivformen. Sie unterscheidet sich von allen anderen Kollektivformen auch dadurch, dass sie nicht von der Art des angewandten Zählverfahrens abhängt. Der Wöhler-Versuch erweist sich also auch bezüglich der Kollektivform als elementarer Grenzfall eines Betriebsfestigkeits-Versuchs, der sich mithin zwanglos in die Betrachtung einbeziehen lässt. Die Kollektivform c, die sog. Normverteilung [87], Abschn. 2.2.4, trifft mit geringfügigen Korrekturen für den theoretisch behandelbaren Sonderfall einer rein zufallsbestimmten, stationären Schwingbeanspruchung zu [80]. Sie wird beispielsweise für die aus der Straßenunebenheit beanspruchten Fahrzeugteile erhalten, wenn die Messung unter stationären Betriebsbedingungen, also auf einer Strecke mit einheitlicher Straßenbeschaffenheit bei gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit und Beladung geschieht. Die Kollektivformen d und e sind als eine Überlagerung mehrerer Verteilungen der Form c zu deuten, die zustande kommt, wenn die Messung instationäre Betriebsbedingungen erfasst; im Falle eines Fahrzeugteiles beispielsweise bei einer Messfahrt auf unterschiedlich beschaffenen Straßen mit veränderlicher, der jeweiligen Verkehrslage angepasster Geschwindigkeit und mit wechselnder Beladung [88–90], Abb. 2.2–6. Kollektivformen vom Typ b haben vor allem mit DIN 15018 [34] für die Bemessung von Schweißkonstruktionen im Kranbau Bedeutung erlangt. Sie
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv
57
Abb. 2.2–6. Spezielle Kollektivform beschrieben als Überlagerung mehrerer Normverteilungen [90]
sind dadurch gekennzeichnet, dass die Spannungsamplitude mit sehr großer relativer Häufigkeit einen bestimmten Wert überschreitet, der z.B. aus dem Gewicht der leeren Katze in Kranmitte gegeben ist, und dass die darüber hinausgehenden Schwingungsausschläge dem Verteilungsgesetz der Form c entsprechen [83, 85]. In leicht idealisierter Form lassen sich die Kollektivformen vom Typ b durch einen Parameter p von der Verteilungsform a bis auf die Verteilungsform c variieren, Abb. 2.2–7.
Abb. 2.2–7. p-Wert-Kollektive [85]
58
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–8. Gemessene Kollektive der Lenkstangenkraft eines Lastkraftwagens auf Straßen unterschiedlicher Beschaffenheit, nach Svenson
Zahlenwerte typisierter Kollektivformen sind im Anhang 5.2 zu finden. Abb. 2.2–8 veranschaulicht Kollektive für die Lenkstangenkraft eines Lastkraftwagens, wie sie auf Straßen mit nahezu einheitlicher Beschaffenheit und auf Straßen mit unterschiedlicher Beschaffenheit gemessen wurden. Für die nahezu stationären Bedingungen bei der Messung auf einer kurzen Schlaglochstrecke oder auf einem kurzen Teilstück einer Teerstraße mittlerer Beschaffenheit ist in guter Annäherung die Kollektivform c der Normverteilung zu verzeichnen. Für die Messung auf einer Rundstrecke über Straßen unterschiedlicher Beschaffenheit stellt sich die Geradelinienverteilung d ein. Um den Kollektivhöchstwert gemäß seiner vorstehenden Definition für eine Überschreitungswahrscheinlichkeit von 1:106 zu bestimmen, ist insbesondere bei nur kurzen Messstrecken eine Extrapolation unter Ansatz der als zutreffend erachteten Kollektivform vorzunehmen. Die in diesem Zusammenhang für gemessene Kollektive zu beachtende Streuung wird erkennbar, wenn die Rundstreckenmessung für einzelne Teilstrecken ausgewertet wird. Die Streuung betrifft vor allem den Kollektivhöchstwert, weniger hingegen den Kollektivumfang je Kilometer Fahrstrecke oder die Kollektivform. Wie die Streuung gemessener Kollektive und ihre Extrapolation gehandhabt werden kann, ist im Abschn. 3.5, speziell in den Abschn. 3.5.1, 3.5.3 und 3.3.4, ausgeführt.
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung Beanspruchungskollektive bilden nach dem Vorschlag Gaßners die Grundlage für den Ansatz von Blockprogramm-Versuchen, mit denen das Schwing-
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung
59
Abb. 2.2–9. Normverteilung und zugehörige Treppenkurve [87]
festigkeitsverhalten von Bauteilen unter zufallsartiger Beanspruchung ermittelt werden kann [14–16, 91]. Dazu wird das Amplitudenkollektiv durch eine Treppenkurve ersetzt, Abschn. 3.2.5. Abb. 2.2–9 zeigt die Normverteilung mit der zugehörigen Treppenkurve. Die Amplituden Sai und die Häufigkeit hi in den acht Laststufen i sind so abgestimmt, dass sie eine möglichst gute Annäherung an die stetige Verteilungsform liefern. Eine betriebsähnliche Durchmischung der kleinen, mittleren und großen Spannungsamplituden nach der Treppenkurve wird im BlockprogrammVersuch durch eine periodische Aufeinanderfolge der Laststufen in sogenannten Teilfolgen erreicht, Abb. 2.2–10. Der Versuch beginnt in der ersten
Abb. 2.2–10. Stufenfolge im Ablauf des Gaßner’schen Blockprogramm-Versuchs [14]
60
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Teilfolge mit einer mittleren Laststufe (Stufe 4), von der aus die Beanspruchung stufenweise bis zur höchsten Laststufe (Stufe 1) ansteigt, von dieser in die kleinste Laststufe (Stufe 8) abfällt und erneut ansteigt, abfällt, ansteigt, usw., bis der Bruch des Bauteils eintritt. Die seinerzeit für BlockprogrammVersuche entwickelten Prüfmaschinen besitzen zwei Antriebssysteme, von denen das eine die geringen Schwingspielzahlen in den hohen Laststufen mit niedriger Frequenz (Langsamantrieb), das andere die großen Schwingspielzahlen der niedrigen Laststufen mit höherer Prüffrequenz (Schnellantrieb) aufzubringen gestattet, wobei im Schnellantrieb eine dynamische Kalibrierung nötig werden kann. Der Teilfolgenumfang, d.h. die Gesamtzahl der Schwingspiele in einer Teilfolge hat sich nach der bis Bruch erwarteten Schwingspielzahl zu richten. Er muss so gewählt sein, dass stets mehrere Teilfolgen bis zum Bruch des Bauteils durchlaufen werden, um eine hinreichende Durchmischung von hohen und niedrigen Lasten und damit eine wirklichkeitsnahe Simulation der im Betrieb auftretenden Beanspruchungen zu erzielen. Unter Umständen bedeutet diese Forderung eine Verkürzung der Teilfolge nach Abb. 2.2–10 in der Art, dass die höchsten Laststufen nicht mehr in jedem Teilfolgendurchlauf enthalten sind [75], Abb. 2.2–11. Verschiedene Varianten zum Gaßner’schen Ablaufplan des Blockprogramm-Versuchs wurden vorgeschlagen, haben aber keine praktische Bedeutung erlangt [93], Abb. 2.2–12. Werden alle Teilfolgen monoton steigend durchlaufen (auf-auf-Folge), ergeben sich etwas höhere, werden sie monoton fallend durchlaufen (ab-ab-Folge), ergeben sich etwas niedrigere Lebensdauerwerte, als wenn sie abwechselnd steigend und fallend aufeinanderfolgen (auf-ab oder ab-auf); mit zunehmender Teilfolgenzahl verschwinden diese Unterschiede [16, 94]. Die zufallsartig aufeinanderfolgenden Blöcke mit Markov-Übergängen sind dadurch gekennzeichnet, dass jeweils nur Übergänge von einer Blockstufe zur gleichen, nächst höheren oder nächst niedrigeren möglich sind, was einer schmalbandigen stochastischen Schwingung nahekommt, bei der sich die Amplituden nur langsam in der Form einer Schwebung ändern [95], Abschn. 2.3. Auch zweiparametrische Verteilungen für Amplitude und Mittellast wurden in Blockprogramm-Versuchen dargestellt,
Abb. 2.2–11. Stufenfolge bei verkürzter Teilfolge [92]
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung
a
e
b
f
c
g
d
h
61
Abb. 2.2–12a – h. Varianten für den Ablauf von Blockprogramm-Versuchen [93].
a b c d
auf-ab-Folge ab-auf-Folge ab-ab-Folge auf-auf-Folge
e f g h
Gaßner’sche auf-ab-auf-Folge Zufalls-Stufenfolge mit beliebigen Übergängen Zufalls-Stufenfolge mit Markov’schen Übergängen Amplituden mit unterschiedlichen Mittellasten
was aber nach heutigem Kenntnisstand gewissen Vorbehalten begegnen muss, Abschn. 2.4. Zur Auswertung und Darstellung der Versuchsergebnisse dient der – Höchstwert des Amplitudenkollektivs, z.B. die Spannungsamplitude S a , als Maß für die Beanspruchungshöhe. Definitionsgemäß ist dieser Höchstwert mit einer relativen Häufigkeit 1:106 im (stetigen) Amplitudenkollektiv enthalten, Abb. 2.2–5, während er nach der Treppenkurve eine davon abweichende relative Häufigkeit haben kann, Abb. 2.2–9. – Die bis Bruch ertragene Anzahl N der Schwingspiele mit unterschiedlicher Amplitude bestimmt sich aus der bis zum Bruch ertragenen Teilfolgenzahl Z mal dem gewählten Teilfolgenumfang ∑hi . Zum Abschätzen von Bruchteilen der letzten Teilfolge rechnen die noch durchlaufenen Laststufen mit ihren relativen – Schädigungsbeiträgen, Abschn. 3.2.3. Diese ertragene Schwingspielzahl N und die Lebensdauer L eines Bauteils, die z.B. in Betriebsstunden, in Fahrkilometern oder in Anzahl der Flüge gerechnet werden kann, sind einander proportional, wobei sich der Umrechnungsfaktor für den Einzelfall aus dem Kollektivumfang je Lebensdauer-Einheit ergibt. Das Auftragen der Versuchsergebnisse geschieht zweckmäßig, wie bei Wöhler-Versuchen, in einem doppellogarithmischen Netz mit unterschiedlicher Dekadenlänge für den Spannungs- und den Schwingspielzahl-Maß– stab, Abb. 2.2–13. Der Zusammenhang zwischen der Beanspruchungshöhe S a – und der ertragenen Schwingspielzahl N stellt sich dann als Lebensdauerlinie dar. Sie lässt sich in dem experimentell belegten Schwingspielzahl-Bereich im Allgemeinen durch eine Gerade annähern und formelmäßig durch die Potenzgleichung – – – – – N = N1 · (S a / S a1)–k für S a > SD
(2.2–1)
62
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–13. Statistisch ausgewertete Versuchsergebnisse aufgetragen zur Wöhlerlinie und zur Lebensdauerlinie [96]
beschreiben. Bei einer Extrapolation auf höhere Schwingspielzahlen sind jedoch Abweichungen von der Geraden zu beachten [96], Abb. 3.2–21. In Gl. – – gewählten (2.2–1) bedeuten S a1 und N1 die Koordinaten eines zweckmäßig – Bezugspunktes auf der Lebensdauerlinie. Der Exponent k , der von diesem Bezugspunkt ausgehend die Neigung – der Lebensdauerlinie beschreibt, liegt üblicherweise bei Werten zwischen k = 4 und 10. Schon geringe Änderungen in der Beanspruchungshöhe bewirken mithin eine beachtliche Änderung der ertragenen Schwingspielzahl oder Lebensdauer, weil sie mit der vierten bis zehnten Potenz eingehen. Um die Lebensdauerlinie in ihrer Lage und Neigung zu bestimmen, sind jeweils mehrere, statistisch auszuwertende Versuche auf wenigstens zwei Prüfhorizonten erforderlich, die spannungsmäßig zumindest im Verhältnis 1: 1,2, besser 1: 1,5, auseinanderliegen sollen. Dabei werden die Spannungs– amplituden in allen Stufen der Teilfolge im Verhältnis der Sa-Werte erniedrigt bzw. erhöht. Das Spannungsverhältnis – – – R = Su / S o (2.2–2) der höchsten Laststufe (Stufe 1) wird konstant gehalten und die Spannungs– amplituden Sai in den übrigen Laststufen überlagern sich dann der durch Sa – – und R bestimmten Mittelspannung S m der höchsten Laststufe. Die Wahl eines Prüfhorizontes ist allerdings zu höheren Spannungswerten hin durch die Streckgrenze eingeschränkt. Versuche auf einem zu hohen Prüfhorizont liefern u.U. unzutreffende Bruchausgangsstellen, Bruchverläufe und Einschätzungen der Lebensdauerlinie. Die statistische Versuchsplanung und Auswertung entspricht der von Zeitfestigkeits-Versuchen, Abschn. 2.1.5. Die dabei festgestellte Streuspanne geht in die Betrachtungen nach Abschn. 3.5 ein.
2.2.3 Einfluss der Kollektivform
63
2.2.3 Einfluss der Kollektivform Wie stark die Lebensdauer eines geschweißten Bauteils bei vorgegebenem – Beanspruchungswert S a von der Form des Amplitudenkollektivs abhängt, veranschaulicht Abb. 2.2–14. Es stützt sich auf umfangreiche Untersuchungen zu dieser Frage, die als Grundlage der Krannorm DIN 15018 [41] an Schweißverbindungen durchgeführt wurden [19, 85]. Für die am oberen Bildrand skizzierten Kollektivformen gelten die eingezeichneten Lebensdauerlinien als untere Streugrenzen, genauer gesagt, für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90%. Unter einer vorgegebenen Be– anspruchung von beispielsweise S a = 250 N/mm2 kann demnach die Lebensdauer je nach der Kollektivform zwischen N = 104 und 108 Schwingspiele betragen. Das heißt mit anderen Worten, je nach Kollektivform kann die Lebensdauer eines geschweißten Bauteils, wenn von der gleichen zulässigen – Spannungsamplitude S a ausgegangen wird, über etwa vier Dekaden schwanken. Die Lebensdauer fällt erwartungsgemäß umso kürzer aus, je völliger die Kollektivform ist, d.h. je mehr Schwingspiele mit einer relativ großen Amplitude im zeitlichen Beanspruchungsablauf enthalten sind. Bei der Lebensdauerlinie für das rechteckige Beanspruchungskollektiv, die in Abb. 2.2–14 am weitesten links liegt, handelt es sich um die Zeitfestigkeitslinie aus Wöhler-Versuchen, die oberhalb 106 Schwingspielen in die horizontale Dauerfestigkeitslinie abbiegt. Für die übrigen Kollektivformen zeigt
Abb. 2.2–14. Lebensdauerlinien einer Schweißverbindung für verschiedene Formen des Amplitudenkollektivs [21]
64
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–15. Lebensdauerlinien eines Kerbstabs für verschiedene Formen des Amplitudenkollektivs [90]
– sich, dass der Beanspruchungswert S a für eine vorgegebene Lebensdauerfor– derung von beispielsweise N = 107 oder 108 Schwingspielen die Dauerfestigkeit SD je nach der Kollektivform bis zum rund Dreifachen übersteigen darf. Bei besonders günstiger Kollektivform steht einer weiteren Erhöhung der zulässigen Beanspruchung im Allgemeinen entgegen, dass die Oberspannung – S o die zulässige Maximalspannung nicht übersteigen darf. Entsprechend Gl. (2.1–21) gilt sinngemäß für die Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich bzw. zur Formdehngrenze – – (2.2–3) S a < SF · (1 – R) / 2 . Diese Abgrenzung gilt selbst dann, wenn an dieser Beanspruchungsgrenze – die ertragbare Schwingspielzahl N höher ausfällt als gefordert oder versuchstechnisch realisierbar. Es hat dann die Formdehngrenze als Bemessungsgrundlage zu dienen. Abb. 2.2–15 belegt den Einfluss der Kollektivform in einer Abb. 2.2–14 entsprechenden Weise für den Kerbstab aus einer Aluminiumlegierung.
2.2.4 Normverteilung als Einheitskollektiv Aus den Abb. 2.2–14 und 2.2–15 wird die Form des Amplitudenkollektivs als eine dominante Einflussgröße der Betriebsfestigkeit erkennbar. Spezielle Kollektivformen, wie sie aus Langzeitmessungen im Betrieb erhalten werden, gestatten deshalb auch einen wirklichkeitsnahen Nachweis der Lebensdauer für die betreffenden Bauteile. Als spezielle Kollektive haben sie im Allgemei-
2.2.4 Normverteilung als Einheitskollektiv
65
nen aber nur für den konkreten Einzelfall Bedeutung mit dem Nachteil, dass Ergebnisse aus solchen Untersuchungen nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind. Bei allen Betriebsfestigkeits-Versuchen, die nicht durch die Aufgabenstellung an ein spezielles Kollektiv gebunden sind, empfiehlt es sich deshalb, auf ein sinnvolles Einheitskollektiv zurückzugreifen und die Ergebnisse erst im Zuge ihrer Anwendung auf das für den betreffenden Anwendungsfall speziell interessierende Kollektiv umzurechnen, Abschn. 3.3.7 und 3.2.12. Mit einer solchen Handhabung ergeben sich entscheidende Vorteile: – Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können verallgemeinerungsfähige Betriebsfestigkeits-Daten für eine Vielzahl von Bauteilen systematisch und mit vertretbarem Aufwand geschaffen werden. – Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können Ergebnisse aus ähnlich gelagerten Untersuchungen miteinander verglichen und neu anfallende Ergebnisse aufgrund von Erfahrungswerten unmittelbar beurteilt werden. – Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können Maßnahmen zur Lebensdauersteigerung eines als schwingbruchkritisch anzusehenden Bauteils bereits zu einem Zeitpunkt ermittelt werden, zu dem das Kollektiv der Betriebsbeanspruchung noch nicht genau bekannt ist. Die Normverteilung, Abb. 2.2–9, bot sich seinerzeit vor allen anderen Kollektivformen als ein solches Einheitskollektiv an. Bereits im Jahre 1948 von Gaßner empirisch durch Extrapolation von Messergebnissen nach einer „binomischen Häufigkeits-Verteilung“ abgeleitet, wurde sie seitdem in vielen Laboratorien in dieser Form im Sinne eines Einheitskollektivs verwendet. Die zahlreichen Ergebnisse aus bisherigen Versuchen mit der Normverteilung bilden damit einen beachtlichen Schatz von Erfahrungswerten. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Entscheidung lieferten auch neuere Erkenntnisse, wonach die Normverteilung nur geringfügige Abweichungen von der theoretisch ableitbaren Kollektivform eines stationären GaußProzesses zeigt. Die meisten Sonderkollektive entstehen als eine Überlagerung mehrerer solcher Kollektive eines stationären Gauß-Prozesses und sie lassen sich bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen auch weitgehend in dieser Weise behandeln [88, 89], Abb. 2.2–6. Gegenüber Versuchen mit weniger völligen Kollektivformen, wie z.B. der Geradelinien-Verteilung (d) oder der Logarithmischen Normverteilung (e) nach Abb. 2.2–5, bietet die Normverteilung den Vorteil vergleichsweise kürzerer Versuchszeiten. Diese beiden Kollektivformen, wie auch die vorerwähnten p-Wert-Kollektive (b), haben sich gleichfalls als typisierte Kollektive für Blockprogramm-Versuche festgeschrieben, Anhang 5.2.
66
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.2.5 Amplitudenkollektiv, Mittelspannung und Spannungsverhältnis Bei Betriebsfestigkeits-Versuchen bestehen drei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, die Mittelspannung und das Spannungsverhältnis für ein vorgegebenes Amplitudenkollektiv festzulegen. Die Spannungswerte in den einzelnen Laststufen (Index i) und die Spannungswerte der höchsten Laststufe (gekennzeichnet mit Querstrich) können dabei wie folgt bestimmt sein [68]: Fall 1, Abb. 2.2–16a: Die Mittelspannung ist in allen Laststufen gleich, das Spannungsverhältnis wird durch die Höchstwerte des Kollektivs bestimmt: – – – – – – – Smi = S m = S a · (1 + R) / (1 – R) = konstant; R = S u / S o . (2.2–4)
Abb. 2.2–16. Zur Definition der Mittelspannung und des Spannungsverhältnisses bei BetriebsfestigkeitsVersuchen
a
b
c
2.2.5 Amplitudenkollektiv, Mittelspannung und Spannungsverhältnis
67
Fall 2, Abb. 2.2–16b: Die Mittelspannung ist in den einzelnen Laststufen jeweils den Amplituden proportional, das Spannungsverhältnis ist für jede Laststufe gleich: Smi = Sai · (1 + Ri) / (1 – Ri); Ri = Sui / Soi = konstant.
(2.2–5)
Fall 3, Abb. 2.2–16c: Die Mittelspannung und das Spannungsverhältnis sind für jede Laststufe verschieden: Smi = verschieden; Ri = verschieden .
(2.2–6) – Für die Sonder- und Grenzfälle einer konstanten Unterspannung Sui = S u – oder konstanten Oberspannung Soi = S o gilt – – (2.2–7) Smi = S u + Sai ; Ri = S u / Soi oder – – (2.2–8) Smi = S o – Sai ; Ri = Sui / S o . Die Kombinationsmöglichkeiten im Fall 3 sind nahezu unbegrenzt. Spannungsamplitude und Spannungsverhältnis können andererseits nicht uneingeschränkt kombiniert werden, denn auch hierbei gilt die Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich bzw. zur Formdehngrenze nach Gl. (2.2–3). Ein interessanter Sonderfall liegt vor, wenn die Unterspannung in allen Stufen gleich und z.B. aus dem Eigengewicht gegeben ist, sodass sich die veränderlichen Betriebslasten in stets gleichem Vorzeichensinn addieren, Abb. 2.2–16c. Der Fall 1 hat besondere Bedeutung für solche Bauteile, z.B. des Fahrzeug- und Flugzeugbaus, bei denen sich Schwingbeanspruchungen symmetrisch einer aus dem Eigengewicht vorgegebenen Mittelspannung überla– gern. Im Sonderfall der Mittelspannung S m = Smi = 0, d.h. bei reiner Wech– sellast in allen Stufen mit Ri = R = – 1, sind der Fall 1 und 2 identisch. Versuchsergebnisse, die für den Fall 1 bei einem Spannungsverhältnis – – R > – 1 gewonnen wurden, dürfen für das gleiche Spannungsverhältnis R im Fall 2, und mit wenigen Ausnahmen auch im Fall 3, als eine auf der sicheren Seite liegende Näherung angesehen werden, weil nämlich, wie aus Abb. 2.2–16 zu ersehen, alle übrigen Laststufen im Fall 1 ein ungünstigeres Spannungsverhältnis Ri aufweisen. Insofern dürfen sich allgemeine Betriebsfestigkeits-Daten vornehmlich auf den Fall 1 beziehen. – Wie sich eine von Null verschiedene Mittelspannung S m im Betriebsfestigkeits-Versuch auf die ertragbare Beanspruchungshöhe auswirkt, lässt sich entsprechend dem Haigh’schen Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild, Abb. 2.2–17a, in einem Betriebsfestigkeits-Schaubild darstellen, Abb. 2.2–17b. Den vorstehenden Ausführungen folgend wird dabei von den weitgehend verallgemeinerungsfähigen Ergebnissen für den Fall 1 ausgegangen. Das Betriebsfestigkeits-Schaubild bezeichnet somit die Spannungsamplitude, die Mittelspannung und das Spannungsverhältnis für die höchste Laststufe des Amplitudenkollektivs. Dass sich der Mittelspannungs-Einfluss dabei anders als im betreffenden Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild darbietet, hat zwei Gründe: Ein-
68
a
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
b
Abb. 2.2–17. Darstellung des Mittelspannungs-Einflusses in Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen als Haigh-Schaubild, Werkstoff AlCuMg2, nach Gaßner und Schütz
mal entstehen an einer Kerbstelle unter der höchsten Laststufe aus einer örtlichen plastischen Verformung des Werkstoffs Eigenspannungen, die die wirksame Mittelspannung gegenüber der angegebenen verändern, Abschn. 3.3. Zum anderen ist es der Umstand, dass im Betriebsfestigkeits-Versuch nicht die aufgetragene Spannungsamplitude der höchsten Laststufe, sondern vorrangig die Spannungsamplitude in einer der niedrigeren Laststufen mit ihrem ungünstigeren Spannungsverhältnis schädigungsbestimmend ist, Abschn. 3.2.3.
2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz Als ein weiterer Fall ist zu erörtern, dass sich einer langsam (quasistatisch) veränderlichen Schwingbeanspruchung eine mit höherer Frequenz veränderliche Zusatzbeanspruchung überlagert. In diesem Fall liefern das Klassendurchgangs-Verfahren und die anhand von Abb. 2.2–4 beschriebene Ausdeutung des Zählergebnisses ein möglicherweise recht unzutreffendes Amplitudenkollektiv. So kann es angezeigt sein, kleinere Schwingungen um eine Klassengrenze für die Zählung zu unterdrücken, indem eine erneute Zählung erst wieder zugelassen wird, nachdem der Momentanwert der Schwingung diese Klassengrenze um einen bestimmten Betrag, die sog. Rückstellbreite, unter-
2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz Abb. 2.2–18a, b. Kleine Schwingungen um die Klassengrenze, a Zählung nicht unterdrückt, b Zählung innerhalb der Rückstellbreite unterdrückt, nach DIN 45667 [84]
69
a
b
a
b
Abb. 2.2–19a, b. Einfluss des Zählverfahrens bei Zwischenschwingungen oder Mittellastschwankung: a Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren, b Zählung nach dem Spannenpaar-Verfahren
schritten hatte, Abb. 2.2–18; abzuschätzen ist dazu, wie groß die unterdrückten Schwingungen sein dürfen, ohne das Ergebnis zu verfälschen, siehe z.B. Abb. 2.3–21. Größere überlagerte Schwingungen führen beim Ausdeuten der gezählten Klassendurchgänge zu einer Überschätzung der auftretenden Amplituden und zu einer Unterschätzung der zugehörigen Schwingspielzahl, Abb. 2.2–19a. Dieser Sachverhalt wirft die Frage nach einem Zählverfahren auf, das auch in solchen Fällen eine zutreffende Ableitung und Ausdeutung des Amplitudenkollektivs gestattet.
70
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Zählung nach dem Spannenpaar-Verfahren Als ein in dieser Hinsicht geeignetes Zählverfahren bietet sich das Spannenpaar-Verfahren nach DIN 45667 [84] an, Abb. 2.2–20, das aus heutiger Sicht als ein Sonderfall des Rainflow-Verfahrens, Abschn. 3.3.3, zu betrachten ist. Bei ihm werden von Unterwerten aufwärts positive Spannen und von Oberwerten abwärts negative Spannen erfasst. Eine Zählung wird aber erst dann vorgenommen, wenn zu einer positiven Spanne eine gleich große negative Spanne (+ S1 und – S1, + S2 und – S2, usw.) als Spannenpaar aufgetreten ist. Um auch die Spanne aus niedrigstem Unterwert und höchstem Oberwert mit Sicherheit zu erfassen, wird die Zählung bei einem Wert unterhalb des niedrigsten Unterwertes begonnen. Eine kleine Spanne kann mehrmals gezählt werden, bevor die Zählung einer größeren Spanne ausgelöst wird; z.B. wird S1 an der Stelle A zum zweiten Mal gezählt, obwohl die Zählungen von S4 und S5 noch offen sind. Bei ausschließlicher Zählung der Spannenpaare geht allerdings die Information über die den Schwingspielen zuzuordnende Mittelspannung verloren. Abb. 2.2–19b, und insofern wird auch ein etwaiger Mittelspannungseinfluss unterschätzt. Anhand idealisierter Beanspruchungsabläufe, erzeugt aus der Überlagerung von Sinusschwingungen unterschiedlicher Frequenz und unterschiedlicher, innerhalb von Teilfolgen stufenweise veränderter Amplituden, erarbeiteten Svenson und Lipp [97] eine pragmatische Lösung des Problems der überlagerten Schwingungen: Im Vergleich zum Originalablauf A fanden sie beim Ansatz des Amplitudenkollektivs nach dem Klassendurchgangs-Verfahren B stets zu kurze, beim Ansatz des Amplitudenkollektivs nach dem Spannenpaar-Verfahren C stets zu lange Lebensdauerwerte, Abb. 2.2–21. Um eine brauchbare Annäherung
Schwingungsgröße
Zählung vorbereitet Zählung getätigt
Zeit
Abb. 2.2–20. Spannenpaar-Verfahren nach DIN 45667 [84]
2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz
71
a
b
c Abb. 2.2–21a–c. Versuchsergebnisse zum Einfluss überlagerter Schwingungen unterschiedlicher Frequenz, nach Svenson und Lipp [97]; a Beispiel eines Originalablaufs A, b zugehörige Häufigkeitsverteilungen nach dem Klassendurchgangs-Verfahren B bzw. nach dem Spannenpaar-Verfahren C, c Lebensdauerwerte aus Versuchen nach B oder C, bezogen auf die Lebensdauer nach A für die Abläufe A2 bis A7
72
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–22. Amplitudenkollektive nach dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren für Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit konstanter bzw. mit veränderlicher Mittellast [97]
an die wahre Lebensdauer zu erhalten, schlugen Svenson und Lipp vor, eine gemittelte Häufigkeitsverteilung zugrunde zu legen. Sie entsteht aus einer geometrischen Mittelung der Überschreitungshäufigkeiten, wie sie nach dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren erhalten werden. Als ein Anwendungsbeispiel zeigt Abb. 2.2–22 Amplitudenkollektive für die Biegemomente eines PKW-Achsschenkels. Bei Geradeausfahrt mit nur geringen Querbeschleunigungen liefert die Auszählung nach beiden Verfahren praktisch übereinstimmende Amplitudenkollektive. Auf längeren Strecken mit großem Kurvenanteil weichen die beiden Amplitudenkollektive voneinander ab und weisen damit auf das Vorhandensein nicht mehr vernachlässigbarer Mittellast-Schwankungen hin. Die kombinierte Anwendung des Klassendurchgangs-Verfahrens und des Spannenpaar-Verfahrens liefert mithin ein empfindliches Kriterium für das Vorhandensein einer schwankenden Grund- oder Mittelspannung. Die Anwendungskriterien der von Svenson und Lipp aufgezeigten Näherung sind in ihrer fließenden Abgrenzung gegenüber Beanspruchungsvorgängen mit systematisch ausgeprägten Veränderungen der Grundbeanspruchung zu sehen. Ausgeprägte und häufige Schwankungen der Grundbeanspruchung verändern nicht nur die Häufigkeitsverteilung, und zwar je nach Zählverfahren mehr oder weniger stark, sondern sie wirken sich auch in erheblichem Maße auf das Betriebsfestigkeitsverhalten aus. Solche Beanspruchungsvorgänge sind Gegenstand der im Abschn. 2.4 behandelten Versuchstechniken und der im Abschn. 3.3 behandelten Rechenverfahren.
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Bauteile
73
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Bauteile Rotierende Bauteile erfahren selbst unter einer konstanten äußeren Belastung eine schwingende Beanspruchung. Beispiele sind die Umlauf-Biegebeanspruchung einer Welle aus einem zeitlich konstanten oder nur langsam veränderlichen, raumfesten Biegemoment, oder die Zahnfuß-Biegebeanspruchung an einem Zahnrad aus dem zu übertragenden Drehmoment. Um das Amplitudenkollektiv für solche Bauteile zu bestimmen, bietet sich als Zählverfahren das Sampling-Verfahren an [98]. Zählung nach dem Sampling-Verfahren Bei einer Zählung nach dem Sampling-Verfahren wird die betrachtete Beanspruchungs-Zeit-Funktion in einem mit der Abtastrate vorgegebenen Zeittakt periodisch abgetastet und der zum Abtastzeitpunkt geltende Funktionswert wird klassiert, Abb. 2.2–23. Beim üblichen (einparametrischen) Sampling- oder Verweildauer-Verfahren geschieht diese Klassierung derart, dass die betreffende Klassenhäufigkeit um den Wert 1 erhöht wird. Um das Verweildauer-Kollektiv zu erhalten, werden aus den angefallenen Klassenhäufigkeiten – von der höchsten Klasse beginnend – die Summenhäufigkeiten gebildet. Es besagt, für welche Zeit bzw. welchen Zeitanteil der Funktionswert eine bestimmte Größe erreichte oder überschritt. Handelt es sich beispielsweise bei dem Funktionswert um das veränderliche Drehmoment einer mit konstanter Drehzahl umlaufenden Getriebewelle, so lässt sich das Amplitudenkollektiv für die Biegespannungen aus den Kräften am Eingriffspunkt des Zahnrades dadurch bestimmen, dass die Biegespannungsamplituden aus der jeweiligen Höhe des Drehmomentes und die zugehörigen Summenhäufigkeiten der Schwingspiele aus der jeweiligen Verweildauer des Drehmomentes mal Drehzahl errechnet werden. Diese Vorgehensweise unterliegt allerdings der Einschränkung, dass die Drehzahl annähernd konstant ist. Für das Kollektiv des Biegemomentes aus der umlaufenden Beanspruchung kann die Klassierung zudem nach dem Betrag, also ohne Beachtung des Vorzeichens der Beanspruchungs-Zeit-Funktion geschehen, s. unterer Teil von Abb. 2.2–23. Anders jedoch, wenn das Kollektiv der Beanspruchung am Zahnfuß des Zahnrades interessiert, weil ein positives oder negatives Drehmoment den Zahn in entgegengesetzte Richtungen biegt, s. oberer Teil von Abb. 2.2–23. Zählung nach einem abgewandelten Sampling-Verfahren Beim abgewandelten Sampling-Verfahren geschieht die Klassierung in der Weise, dass die Klassenhäufigkeit um ein Inkrement erhöht wird, das sich aus dem Zeittakt mal einer zweiten Messgröße bestimmt, die parallel zur betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion aufgezeichnet wurde, Abb. 2.2–24.
Abb. 2.2–23a, b. Einparametriges Sampling- oder Verweildauer-Zählverfahren, a mit und b ohne Unterscheidung des Vorzeichens beim Beanspruchungsablauf
74 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Bauteile
75
Die Klassenhäufigkeiten sind dann zwangsläufig nicht mehr ganzzahlig, was allerdings für das Errechnen der Summenhäufigkeiten und für das Ausdeuten des Kollektivs keine Schwierigkeit bedeutet. Auf das vorstehende Beispiel der Welle angewandt, würde das Amplitudenkollektiv für die Biegespannungen unmittelbar als Ergebnis der Klassierung anfallen, wenn das Inkrement als Zeittakt mal Drehzahl gewählt würde. Beispielsweise bei 600 Umdrehungen/min mal 0,01 s Zeittakt wäre das Inkrement 0,1 Umdrehungen, das Drehmoment würde je Umdrehung 10-mal abgetastet und 10 Abtastungen ergäben eine volle Umdrehung bzw. ein Umlaufbiege-Schwingspiel. Entsprechend würde bei 60 Umdrehungen/min und gleichem 0,01 s Zeittakt das Inkrement 1 Umdrehung betragen und damit ergäben sich pro Umdrehung eine Abtastung bzw. ein Umlaufbiegeschwingspiel. Die Einschränkung auf eine annähernd konstante Drehzahl kann mithin bei dem so abgewandelten Sampling-Verfahren entfallen. Zählung nach dem zweiparametrischen Sampling-Verfahren Beim zweiparametrigen Sampling-Verfahren werden zwei beliebig veränderliche Messgrößen paarweise im gleichen Zeittakt klassiert und dementsprechend die klassierten Häufigkeiten in einer zweiparametrischen Form als Matrix dargestellt. Für eine umlaufende Welle ist dies z.B. eine Matrix mit den klassierten Häufigkeiten des Drehmomentes in Abhängigkeit von der Drehzahl. Für jede Kombination von Drehmoment und Drehzahl ist dann die Anzahl der Umlauf-Biege-Schwingspiele als Produkt von Drehzahl mal Zeittakt mal der klassierten Häufigkeit zu errechnen. Daraus folgt sodann das Drehmomentenkollektiv durch Summation. Abgesehen von der nachträglichen Produktbildung und Summation handelt es sich um die gleiche Zählweise wie beim abgewandelten Sampling-Verfahren. Bei entsprechend hoher Abtastrate sind auf diese Weise selbst Vorgänge klassierbar, bei denen das Drehmoment mit einer Frequenz schwingt, die höher ist als die Umlauf-Frequenz der Welle. Ein solcher Anwendungsfall für das abgewandelte oder zweiparametrische Sampling-Verfahren liegt z.B. vor, wenn das Beanspruchungskollektiv für den Kegelradzahn eines Lkw-Hinterachsgetriebes ermittelt werden soll. Durch einen Einschwingvorgang beim robusten Anfahren ist nämlich das Gelenkwellen-Drehmoment während der ersten langsamen Kegelradumdrehung in Form eines gedämpften Einschwingvorganges stark veränderlich, Abb. 2.2–24. Auf anschauliche Weise wäre dieser Drehmomentenverlauf mit einer hinreichend hohen, drehzahlproportional veränderlichen Abtastrate innerhalb einer Kegelradumdrehung abzutasten und mit einem konstanten Häufigkeits-Inkrement zu klassieren. Dann wäre jeder Abtastpunkt als alternativer Eingriffspunkt eines gewählten Referenzzahnes zu verstehen, wenn der Anfahrvorgang für unterschiedliche Ausgangsstellungen des Referenzzahnes mehrfach wiederholt würde. Zum gleichen Biegemomenten-Kollektiv führt das Sampling-Verfahren. Es be-
Summenhäufigkeit (log)
Abb. 2.2–24. Abgewandeltes oder zweiparametriges Sampling-Zählverfahren, angewandt auf den Drehmoment- und Drehzahlverlauf der Gelenkwelle bei einem (idealisierten) Anfahrvorgang, vergl. Abb. 2.3–4c
Summenhäufigkeits-Kollektiv a) nach dem zweiparametrigen, b) nach dem einfachen Sampling-Zählverfahren
0
b
a
76 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften
77
zeichnet die Biegemomente beim Eingriff des Referenzzahnes, wie sie im statistischen Mittel bei mehrfacher Wiederholung des gleichen Anfahrvorganges zu erwarten wären. Auf folgende Besonderheiten bleibt allerdings noch hinzuweisen: Für den Kegelradzahn bedeutet ein Vorzeichenwechsel des Drehmomentes auch einen entgegengerichteten Kraftangriff auf die rückwärtige Zahnflanke, und ein Vorzeichenwechsel der Drehzahl einen Wechsel der Gleitrichtung auf der jeweiligen Zahnflanke. Für die Größe der Biegespannungen in der Getriebewelle ist ein solcher Vorzeichenwechsel des Drehmomentes ebenso wie ein Vorzeichenwechsel der Drehzahl hingegen ohne Belang. Derartige Besonderheiten des Anwendungsfalles sind also stets zu bedenken.
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften Außer der Form des Amplitudenkollektivs und der ihm zugeordneten Mittelspannung sind der Werkstoff mit seinen statischen Festigkeitskennwerten, die konstruktive Gestaltung und die daraus gegebene Kerbwirkung, die Fertigungsbedingungen und die dadurch gegebene Oberflächenbeschaffenheit und dazu noch die Umgebungsbedingungen, wie elektro-chemische Korrosion, Reibkorrosion, Temperatur usw., als Einflussgrößen der Betriebsfestigkeit zu betrachten. Umfangreiche Untersuchungen auf der Grundlage von Blockprogramm-Versuchen dienten dem Studium der genannten Einflussgrößen und der Schaffung von Bemessungsunterlagen [25, 35]. Gekerbte Bauteile Mit einem schon häufig angeführten Beispiel veranschaulicht Abb. 2.2–25, in welchem Maße die Lebensdauer eines Achsschenkels bei vorgegebenem Zapfendurchmesser d durch eine höhere Festigkeit des Werkstoffs, durch eine verbesserte Formgebung oder durch eine zusätzliche Oberflächenbehandlung gesteigert werden konnte. Die Möglichkeit, eine Steigerung der Lebensdauer mit höherer Festigkeit des Stahles zu erzielen, nimmt sich vergleichsweise bescheiden aus gegenüber den Steigerungsbeträgen, die sich über eine verbesserte Formgebung oder über eine Oberflächenbehandlung erreichen lassen. Als Beispiel eines ausführlichen Werkstoffvergleichs sind in Abb. 2.2–26 die Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte des hochfesten, ausscheidungshärtenden Stahles NiCoMo18-7-5 mit einer Zugfestigkeit Rm = 1900 N/mm2 denen des CrMoV-Vergütungsstahles, Werkstoffnummer 1.7704.6, mit einer Zugfestigkeit Rm = 1300 N/mm2 gegenübergestellt [81]. Bei geringer Kerbwirkung, – Formzahl ak = 2,0, und wechselnder Beanspruchung, R bzw. R = – 1, ist der hochfeste NiCoMo-Stahl eindeutig überlegen; die ertragbaren Spannungen im Betriebsfestigkeits-Versuch sind dabei mehr als 1,5-mal so hoch wie bei dem Vergütungsstahl. Mit größeren Formzahlen verringert sich diese Über-
78
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.2–25. Möglichkeiten der Lebensdauersteigerung bei einem Achsschenkel, nach Gaßner und Schütz
Abb. 2.2–26a, b. Vergleich der Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte (Pü = 50%) für axialbeanspruchte Kerbstäbe abhängig von Formzahl ak und Spannungsverhältnis R [99], a Stahl NiCoMo 18-7-5, Rm = 1900 N/mm2 und b Stahl W-Nr. 1.7704.6, Rm = 1300 N/mm2
legenheit, sodass die beiden Stähle bei einer Formzahl ak = 5,2 praktisch gleich hohe ertragbare Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte liefern. Unter einer – schwellenden Beanspruchung mit R = 0 bzw. R = 0 sind die Unterschiede der beiden Stähle, wegen der vergleichsweise größeren Mittelspannungsempfindlichkeit des NiCoMo-Stahles, deutlich geringer als unter Wechselbeanspruchung. Mit ansteigender Formzahl erweist sich letztlich der Vergütungsstahl bei schwellender Beanspruchung dem hochfesten Stahl überlegen.
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften
79
Abb. 2.2–27. Zeitfestigkeitswerte von Stählen für N = 105 Schwingspiele als Funktion der Zugfestigkeit Rm bzw. der Dehngrenze R0,2 und abhängig vom Spannungsverhältnis R und von der Formzahl ak [99]
Die verbreitete Ansicht, dass mit dem Einsatz eines höherfesten Stahls gewissermaßen zwangsläufig auch eine höhere Schwingfestigkeit erwartet werden darf, wird mit den Ergebnissen nach Abb. 2.2–26 relativiert, denn sie stützt sich vor allem auf Untersuchungen, nach denen die Dauerbiegewechselfestigkeit (von ungekerbten Proben) bei Stählen proportional mit der Zugfestigkeit ansteigt. Einen vertieften Einblick, der den Einfluss von Kerben und Zugmittelspannungen einbezieht, vermittelt Abb. 2.2–27. Es wurde von Schütz [99] nach statistisch belegten Zeitfestigkeitswerten für N = 105 Schwingspiele zusammengestellt und wie folgt kommentiert: – Bei einer Formzahl ak = 1 und wechselnder Axialbeanspruchung (R = – 1) steigt die Zeitfestigkeit der Stähle etwa linear mit der Zugfestigkeit an. Bei schwellender Beanspruchung (R = 0) ist der Anstieg bereits geringer, weil auch die Mittelspannungsempfindlichkeit mit der Zugfestigkeit zunimmt. – Bei einer mittleren Formzahl ak = 2,5 und wechselnder Beanspruchung (R = – 1) ist noch eine Verdoppelung der zeitfest ertragbaren Spannung zu erreichen, wenn statt eines üblichen Baustahls ein hochfester Stahl gewählt wird. – Bei hoher Formzahl ak = 5,2 nehmen hingegen die Zeitfestigkeitswerte mit der Zugfestigkeit bei wechselnder Beanspruchung (R = – 1) nur noch wenig zu. Bei schwellender Beanspruchung (R = 0) und einer Formzahl ak = 5,2 unterscheiden sich schließlich die Zeitfestigkeitswerte vom Stahl St37 bis zum hochfesten Stahl NiCoMo 18-7-5 nur noch um höchstens 25%.
80
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Nach Abschn. 3.4 wird dieser vorrangige Einfluss der Formzahl verständlich: Eine scharfe Kerbe kommt einem Schwinganriss nahe und nach Tabelle 3.4–3 sind die Rissfortschrittsraten für Stähle unterschiedlicher Festigkeit nur wenig verschieden. Zwei Folgerungen daraus, die durch weitere Versuchsergebnisse und durch die praktische Erfahrung gleichermaßen erhärtet sind, lassen sich anführen: Für eine schwingbruchgefährdete Konstruktion ist die Verwendung eines hochfesten und damit höherwertigen Werkstoffs im Allgemeinen nur dann gerechtfertigt, wenn zugleich eine hohe Konstruktions- und Fertigungsgüte angestrebt wird, um alle Kerbeinflüsse so weit wie möglich zu mildern. In logischer Umkehr des gleichen Gedankens ergibt sich die Aussage, dass die unzureichende Schwingfestigkeit einer konstruktiv oder fertigungstechnisch schlecht durchgebildeten Konstruktion auch durch einen höherwertigen Werkstoff nicht nennenswert verbessert werden kann, unter Umständen kann sie sogar absinken, Abb. 2.2–26. Je höher die Zugfestigkeit des Werkstoffs, umso durchgreifender wirkt sich eine Zugmittelspannung abmindernd auf die ertragbare Spannungsamplitude aus. Gerade bei hochfesten Werkstoffen gilt es deshalb zu beachten, dass Eigen- oder Montagespannungen als zusätzliche und unkontrollierte Zugmittelspannung einen besonders ungünstigen, künstlich aufgebrachte Druckeigenspannungen hingegen einen besonders günstigen Einfluss auf die Schwingfestigkeit haben können. Geschweißte Bauteile Bedeutsame Erkenntnisse zum Einfluss des Grundwerkstoffs auf die Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit geschweißter Verbindungen aus Baustahl, die mittlerweile in allen einschlägigen Normen ihren Niederschlag fanden, wurden mit den Untersuchungen zur DIN 15018 [19] sowie mit den anschließenden Untersuchungen in einem europäischen Gemeinschafts-Programm [53] gewonnen. Auf statistisch gesicherter Grundlage wurde mit diesen Untersuchungen der Nachweis erbracht und sodann mit der normierten Auswertung weiteren Datenmaterials aus dem Schrifttum [69] in allgemeinster Form bestätigt, – dass für das Schwingfestigkeitsverhalten von Schweißverbindungen aus allen gängigen schweißbaren Baustählen gleiche Gesetzmäßigkeiten gelten. – dass bei Schweißverbindungen aus Baustählen wie St37, St52, StE355, StE460 oder StE690 bei vergleichbarer Verbindungsform auch von den gleichen Dauer- und Zeitfestigkeitswerten auszugehen ist und – dass die Übereinstimmung der Schwingfestigkeitswerte nach Betriebsfestigkeits-Versuchen auch bei systematisch variierter Kollektivform gilt. Zu beachten sind allerdings die für diese Stähle recht verschiedenen Streckgrenzwerte im Hinblick auf die sich daraus werkstoffabhängig nach
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften
81
Gl. (2.1–21) bzw. Gl. (2.2–3) in unterschiedlicher Höhe ergebende Begrenzung des Kollektivhöchstwertes bzw. der maximal zulässigen Oberspannung. Über Vorteile aus einem Einsatz hochfester Feinkornbaustähle als Grundwerkstoff für schwingbeanspruchte Schweißkonstruktionen kann aber weder allein aufgrund der Streckgrenzenwerte noch aufgrund einer ausschließlichen Betrachtung der Schwingfestigkeitswerte entschieden werden. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob für den betrachteten Anwendungsfall – – – –
die auftretende Verformung, die Neigung zur Instabilität, die anzusetzende Maximallast oder die einwirkende Schwinglast
das für die Bemessung der Konstruktion ausschlaggebende Kriterium darstellt. Üblicherweise wird ein Vorteil der hochfesten Baustähle darin gesehen, dass bei gleicher Bauteilform und gleichen Beanspruchungsbedingungen mit dem Einsatz des hochfesten Stahls höhere Spannungen zulässig sind und demzufolge eine Gewichtsverminderung durch dünnere Querschnitte erreichbar ist. Auch bei schwingbeanspruchten Konstruktionen kann sich ein solcher Vorteil ergeben, weil zusätzlich die Forderung des Maximalspannungsnachweises berücksichtigt werden muss, wonach die unter ungünstigsten Umständen denkbare maximale Spannung, die bedeutend höher sein kann als die für die Schwingfestigkeit maßgebende Oberspannung, kleiner bleiben muss als die aus der Streckgrenze abgeleitete zulässige Spannung. Drei typische Fälle lassen sich aufzeigen: Ist bereits für den Werkstoff mit niedriger Streckgrenze allein die Schwingfestigkeit für die Bemessung ausschlaggebend, so ist ohne sonstige Maßnahmen lediglich durch Verwendung eines hochfesten Stahls kein Gewichtsvorteil erreichbar. Ist hingegen die niedrige Streckgrenze des bisher verwendeten Grundwerkstoffs für die Bemessung maßgebend, so führt ein hochfester Werkstoff auch auf höhere zulässige Spannungen, wobei dann entweder die Schwingfestigkeit entscheidend wird oder der Fall eintritt, dass auch für den hochfesten Stahl die Streckgrenze maßgeblich bleibt. Davon ausgehend lässt sich in allgemeiner Form feststellen, dass ein Vorteil hochfester Feinkornbaustähle in schwingbeanspruchten Schweißkonstruktionen umso eher gegeben ist, – je günstiger die Schweißverbindung gestaltet und je sorgfältiger sie hergestellt ist, – je geringer die für die geforderte Lebensdauer im Beanspruchungskollektiv anzusetzende Anzahl der Schwingspiele ist, – je höher die Mittelspannung aus den statischen Lastanteilen bzw. je größer das Spannungsverhältnis ist,
82
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
– je mehr die Betriebsbeanspruchung von der sinusförmigen Beanspruchung im Wöhlerversuch abweicht und demgemäß ein günstiges Kollektiv liefert, – je weiter die im ungünstigsten Einzelfall denkbare Maximalbeanspruchung den Höchstwert der regulären Schwingbeanspruchung übersteigt, oder in anderen Worten, je größer das Ausmaß einer denkbaren Überbeanspruchung sein kann. Angesichts dieser Sachlage ist es also ratsam, in allen Anwendungsfällen hochfester Feinkornbaustähle die Frage der Schwingbruchgefahr mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Insbesondere gilt dies für solche Schweißkonstruktionen, die erfahrungsgemäß bislang nach statischen Festigkeitswerten bemessen werden durften, obwohl sie in gewissem Umfange auch Schwingbeanspruchungen erfahren. Denn wird für derartige Schweißkonstruktionen auf einen hochfesten Werkstoff übergegangen, nimmt zwar die statisch zulässige Spannung zu, mit ihrer Ausnutzung vergrößert sich aber zugleich die Gefahr eines Schwingbruchs, weil die Schwingfestigkeitswerte der Schweißverbindungen beim Übergang auf den hochfesten Stahl nicht ansteigen.
2.2.9 Kritik des Blockprogramm-Versuchs Der Betriebsfestigkeits-Versuch in der klassischen Form des Blockprogramm-Versuchs entstand gegen Ende der dreißiger Jahre aus der im Flugzeugbau erkannten Notwendigkeit einer Versuchsmethode zur wirklichkeitsnahen Simulation betrieblicher Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit stochastischem Charakter. Mit verschärften Anforderungen an den Leichtbau der Flugzeuge und mit verbesserten messtechnischen Möglichkeiten, wirkliche Beanspruchungen genauer zu erfassen, erwies sich der Wöhler-Versuch als eine zu grob vereinfachende Versuchsmethode. Andererseits standen aber, konstruiert und gebaut für Wöhler-Versuche, nur Prüfmaschinen zur Verfügung, die eine zwischen gleich bleibenden Grenzen schwingende Beanspruchung erzeugen konnten. Der Kompromiss zwischen diesen versuchstechnischen Gegebenheiten und einer möglichst wirklichkeitsnahen Simulation wurde von Gaßner in dem Versuchsablauf mit stufenweise veränderter Beanspruchungshöhe (Mehrstufenversuch) gefunden und mit dem bekannten Ablaufplan des Blockprogramm-Versuchs realisiert. Moderne mechanische Prüfmaschinen sind dazu mit elektronischen Kraftmess-, Steuer- und Regeleinrichtungen versehen, die im Versuchsablauf ein automatisches Umschalten von einer Laststufe zur anderen wie auch von Schnellantrieb auf Langsamantrieb und umgekehrt ermöglichen. Die dazu notwendige Programminformation wird durch Lochstreifen oder Digitalrechner vorgegeben.
2.2.9 Kritik des Blockprogramm-Versuchs
83
Aufgrund systematisch gesammelter Erfahrungswerte und durch eine vertiefte Einsicht in Gesetzmäßigkeiten der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen sind heute Beanspruchungskollektive für viele Bauteile auch ohne spezielle Langzeitmessungen recht verlässlich abschätzbar, Abschn. 4.1.3. Über die zeitliche Aufeinanderfolge der unterschiedlich großen, auf- und abwärts gerichteten Spannungsausschläge und der daraus bestimmten Spannungsamplituden kann das Beanspruchungskollektiv keinen Aufschluss mehr geben. Mit der Anwendung von Zählverfahren geht diese Information verloren. Andererseits hängt das Schwingfestigkeitsverhalten der metallischen Werkstoffe und damit die Lebensdauer der Bauteile nicht unwesentlich von der Aufeinanderfolge der hohen und niedrigen Schwingamplituden ab. Damit also die im Versuchsablauf implizierte Ausdeutung eines Kollektivs nicht zu Fehleinschätzungen führt, muss bereits das gewählte Zählverfahren den Besonderheiten des vorliegenden Beanspruchungsablaufs in einer Weise Rechnung tragen, die auf das Schwingfestigkeitsverhalten des Werkstoffs abgestimmt ist. Wie dieser Forderung entsprochen werden kann, ist noch keineswegs allgemein befriedigend geklärt. In jedem Falle verbleiben einige wesentliche Unterschiede gegenüber dem betrieblichen Beanspruchungsablauf: Die Reihenfolge, mit der die Umkehrpunkte der Beanspruchungs-Zeit-Funktion aufeinanderfolgen, ist unterschiedlich. Einem Umkehrpunkt in der Versuchsbeanspruchung geht beim Blockprogramm-Versuch, im Gegensatz zur betrieblichen Beanspruchung, immer ein Mittelwertdurchgang voraus. Die Durchmischung der einzelnen Beanspruchungsamplituden durch ein stufenweises Auf- und Abschwellen ist nicht im eigentlichen Sinne betriebsähnlich mit der Folge, dass entsprechende Versuchsergebnisse der Tendenz nach zu hohe Lebensdauerwerte ausweisen. Eine zeitweilig sehr kritische Beurteilung dieses Sachverhaltes hat sich mittlerweile mit der Bewertungsmöglichkeit eines breiteren Datenmaterials aus Zufallslasten-Versuchen zugunsten des Blockprogramm-Versuchs objektiviert. Aus heutiger Sicht ist der Blockprogramm-Versuch nur zur Simulation von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit einer annähernd konstanten Mittelspannung geeignet. Einer stark veränderlichen Mittel- oder Grundbeanspruchung muss durch eine spezielle Auswertung und Versuchstechnik in der Form von Einzelfolgen-Versuchen entsprochen werden, Abschn. 2.4. Unter Beachtung der genannten Einschränkungen hat der Blockprogramm-Versuch nach wie vor aus folgenden Gründen eine praktische Bedeutung: – Der Versuchsablauf wird durch wenige Parameter vollständig beschrieben und mit vergleichsweise geringem technischem Aufwand jederzeit exakt reproduzierbar, was in Verbindung mit einem Einheitskollektiv einen unmittelbaren Vergleich von Versuchsergebnissen auf breiter Grundlage ermöglicht. – Es gibt eine große Anzahl von Versuchsergebnissen aus Mehrstufen-Versuchen, die für Vergleiche herangezogen werden können.
84
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
– Wesentliche Erkenntnisse über das Betriebsfestigkeitsverhalten der Werkstoffe und Bauteile wurden durch Blockprogramm-Versuche gewonnen. – Lebensdauerlinien für Bauteile sind verlässlicher experimentell durch Blockprogramm-Versuche zu bestimmen als durch eine einfache Schädigungsakkumulations-Rechnung, weil nur so alle werkstofflichen und fertigungstechnischen Einflüsse erfasst werden. – Der erkannten Tendenz zu einer Überbewertung der Lebensdauerwerte nach Blockprogramm-Versuchen lässt sich im Zuge der Auswertung anhand von Erfahrungswerten Rechnung tragen, Abschn. 2.5.2.
2.3 Zufallslasten-Versuche 2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen In der Betrachtung nach Abb. 2.3–1 lassen sich Beanspruchungs-Zeit-Funktionen als Schwingungsvorgänge behandeln und in deterministische und in stochastische Vorgänge unterscheiden [81, 100]. Zu den deterministischen Vorgängen zählen die periodischen Vorgänge wie auch nicht-periodische Vorgänge. Die periodischen Vorgänge können sich in einfachster Form als sinusförmige Schwingung darstellen oder mit einem komplex-periodischen Ablauf, z.B. als Sägezahnkurve. Ein nicht-periodischer Vorgang ist z.B. das einmalige, gedämpfte Ausschwingen eines Pendels. Deterministische Vorgänge sind streng mathematisch fassbar und in ihrem Ablauf eindeutig vorhersagbar. Stochastische Vorgänge lassen sich hingegen nur statistisch beschreiben, und ihre Vorhersage ist nur auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten möglich. Als stationär werden stochastische Vorgänge bezeichnet, wenn für
Abb. 2.3–1. Systematik der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen [100]
2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
85
Abb. 2.3–2. Scharmittelwerte eines ergodischen Zufallsprozesses [81]
sie zu jeder Zeit die gleichen statistischen Kennwerte gelten. Bei instationären Vorgängen sind diese Kennwerte zeitabhängig veränderlich. Darf für gewisse Zeitintervalle eine Konstanz der Kennwerte unterstellt werden, so spricht man von einem quasistationären Vorgang. Stationäre stochastische Vorgänge sind einer analytischen Behandlung zugängig, wenn sie ergodischer Natur sind. Wie von der Ergoden-Hypothese der Gasdynamik bekannt, versteht man darunter die Eigenschaft, dass die statistischen Kennwerte, die als Scharmittelwerte aus einer momentanen Beobachtung einer Vielzahl gleichwertiger Vorgänge gewonnen werden, übereinstimmen mit den statistischen Kennwerten, die für einen beliebigen dieser Vorgänge aus einer zeitlichen Analyse als Zeitmittelwerte erhalten werden, Abb. 2.3–2 und 2.3–3. Allerdings lässt sich der Nachweis der Ergodizität meist praktisch nicht führen. Bei Stationarität gilt, Abb. 2.3–2: m(t = t1) = m(t = t2) , s2 (t = t1) = s2 (t = t2) , p(x, t1)
(2.3–1)
= p(x, t2)
und darüber hinaus bei Ergodizität für beliebige Zeitpunkte t1 , Abb. 2.3–3: m(t = t1) = x– , –– s2 (t = t1) = x2 .
(2.3–2)
Gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktionen werden in aller Regel irgendwo zwischen den theoretischen Grenzfällen eines rein stochastischen oder
86
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–3. Zeitmittelwerte eines ergodischen Zufallsprozesses [81]
a
b
c Abb. 2.3–4a–c. Biegemomente im Achsschenkel eines Lastkraftwagens, a beim Kurvenfahren bzw. b beim robusten Anfahren sowie c Drehmomente in der Achswelle beim robusten Anfahren [37]
eines streng deterministischen Vorgangs einzuordnen sein, wobei von Fall zu Fall der stochastische oder auch der deterministische Anteil überwiegen mag. Diesen Sachverhalt veranschaulicht Abb. 2.3–4: Die aus der Straßenunebenheit angeregte Schwingung des Biegemomentes im Achsschenkel eines Lastkraftwagens lässt sich zwar bei ungestörter Geradeausfahrt als stochastischer Vorgang behandeln, die aus der Achslastverlagerung beim Anfahren und Kurvenfahren entstehenden langsamen Veränderungen der Grund- oder Mittelspannung sind aber deterministischer Art, wenngleich auch mit einer gewissen Zufälligkeit behaftet. Recht unzutreffend wäre die
2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
87
Annahme eines stochastischen Vorgangs für die Drehmomente in den Hinterachswellen des Lastkraftwagens, die in erster Linie aus dem Kuppeln und Schalten entstehen und eine Folge von mehr oder weniger zufälligen Einzelereignissen darstellen. Beschreibung im Zeitbereich oder im Frequenzbereich Eine formale Unterscheidung von Schwingungsvorgängen im Sinne der Abb. 2.3–1 gelingt aufgrund der Tatsache, dass sich Schwingungsvorgänge alternativ im Zeitbereich oder im Frequenzbereich beschreiben lassen. Bekanntestes Beispiel dafür ist die harmonische Analyse eines periodischen Vorgangs und seine Beschreibung entweder als zeitlicher Ablauf oder als Fourier-Reihe, Abb. 2.3–5. Eine weitere Alternative, die mit den neuzeitlichen digitalen Verfahren der Häufigkeitsanalyse große praktische Bedeutung erlangt hat, ist mit einer Beschreibung von Schwingungsvorgängen im Rainflow-Bereich gegeben, Abschn. 3.4. Kennzeichnend für die Art eines Schwingungsvorganges ist sein Frequenzspektrum [101]. Sinusförmige Schwingungen zeigen als Frequenzspektrum eine einzige Linie. Periodische Vorgänge weisen ein harmonisches Linienspektrum auf, bei dem die einzelnen Linien bei ganzzahligen Vielfachen einer Grundfrequenz auftreten, Abb. 2.3–6. Als quasi-periodisch werden Schwingungsvorgänge bezeichnet, die zwar ein Linienspektrum, aber eine Abb. 2.3–5. Alternative Darstellung eines (periodischen) Vorganges im Zeitbereich oder im Frequenzbereich [101]
Abb. 2.3–6. Harmonisches Linienspektrum eines periodischen Vorganges [101]
88
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–7. Linienspektrum eines quasi-periodischen Vorganges [101]
Abb. 2.3–8. Kontinuierliches Spektrum eines nicht-periodischen Vorganges [101]
nicht-harmonische Linienanordnung aufweisen: als Beispiel zeigt Abb. 2.3–7 das im Triebwerksstrang gemessene Frequenzspektrum einer landwirtschaftlichen Maschine mit den jeweiligen Quellen der Schwingungserregung. Nicht-periodische Vorgänge stellen sich im Frequenzbereich über das Fourier-Integral durch ein kontinuierliches Frequenzspektrum dar, Abb. 2.3–8. Für stationäre und ergodische stochastische Vorgänge lässt sich gleichfalls ein kontinuierliches Spektrum ableiten. Die Ordinate bezeichnet dabei allerdings nicht die bei den einzelnen Frequenzen zu verzeichnenden Amplituden, sondern eine zeitlich gemittelte Leistungsdichte, die auf ein enges Frequenzintervall mittig zur jeweiligen Frequenz entfällt [80, 102, 103] Abb. 2.3–9. Die spektrale Leistungsdichte-Verteilung könnte beispielsweise bestimmt werden, indem jede Frequenz mit einer sehr kleinen Bandbreite aus dem stochastischen Signal herausgefiltert und am Ausgang des Filters der quadratische Zeitmittelwert gebildet wird. Praktisch wird jedoch die spektrale Leistungsdichte-Verteilung einer gemessenen Beanspruchungs-ZeitFunktion nach dem Verfahren der Fourier-Transformation mittels Digitalrechner bestimmt [98, 102]. Bei nicht-stationären stochastischen Vorgängen
2.3.2 Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge Abb. 2.3–9a, b. Spektrale LeistungsdichteVerteilung, (logarithmischer Amplitudenmaßstab) [102] a eines tiefpassgefilterten Rauschens, b eines zwischen 0 und 500 Hz bandbegrenzt Weißen Rauschens
89
b
a
a
b
Abb. 2.3–10a, b. Nichtstationäre stochastische Vorgänge, a mit zeitveränderlichem quadratischen Mittelwert, b mit zeitveränderlichem linearen Mittelwert [102]
sind der quadratische Mittelwert oder der lineare Mittelwert oder beide Mittelwerte zeitveränderlich, Abb. 2.3–10.
2.3.2 Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge Als Weißes Rauschen wird der theoretische Grenzfall einer stochastischen Schwingung bezeichnet, für die sich über den gesamten Frequenzbereich eine gleichbleibende spektrale Leistungsdichte ergibt, Abb. 2.3–9b. Mit sogenannten Rauschgeneratoren lässt sich ein solches Weißes Rauschen, allerdings nur für ein nach oben begrenztes Frequenzband, als elektrisches Signal darstellen. Wird ein lineares Schwingungssystem mit einer stochastischen Erregerfunktion, z.B. nach der Art eines Weißen Rauschens beaufschlagt, Abb. 2.3–11a, so wirkt es als ein Frequenzfilter: Es führt eine gleichfalls stochastische Schwingung aus, deren spektrale Leistungsdichte-Verteilung bevorzugt in der Nachbarschaft seiner Eigenfrequenzen ausgeprägt, für die übrigen Frequenzen aber mehr oder weniger abgeschwächt ist. Besitzt das Schwin-
90
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
a
b
Abb. 2.3–11a, b. Stochastische Schwingungsvorgänge a mit breitbandigem Leistungsspektrum und b mit schmalbandigem Leistungsspektrum [102]
gungssystem lediglich eine Eigenfrequenz und geringe Dämpfung, so entsteht ein Schwingungsvorgang mit extrem schmalbandigem Leistungsspektrum, der als Schmalband-Rauschen bezeichnet wird und sich als eine praktisch unifrequente Schwingung mit stochastischer Amplitudenschwebung darstellt, Abb. 2.3–11b. Analytisch wird das erläuterte Verhalten eines Schwingungssystems mit seiner Übertragungsfunktion beschrieben, die das einwirkende Leistungsspektrum GE (w) mit dem Leistungsspektrum der Systemantwort GA (w) verknüpft: GA (w) = H (w) · GE (w) .
(2.3–3)
Als Beispiel zeigt Abb. 2.3–12 das Leistungsspektrum für die an der Hinterachse eines PKW gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion: Erregt durch die Straßenunebenheiten zeichnen sich resonanzartig bei rd. 1,4 Hz die Aufbau-Eigenschwingung und bei etwa 14 Hz die Achs-Eigenschwingung ab, während die spektrale Leistungsdichte unterhalb von 0,5 Hz vorwiegend auf Fahrmanöver zurückgeht. Es bietet sich mithin an, diese beiden Einflüsse durch eine Tiefpass- bzw. eine Hochpass-Filterung bei der Frequenz von 0,5 Hz zu trennen; das Ergebnis zeigt Abb. 2.3–13. Aus Abb. 2.3–14 wird ersichtlich, wie durch die schwingungstechnische Auslegung eines Systems auf die Übertragungsfunktion und damit auf das Systemverhalten bei stochastischer Schwingungserregung Einfluss genommen werden kann. Stationäre ergodische Vorgänge Sofern unterstellt werden darf, dass es sich um stationäre und ergodische Vorgänge handelt, lassen sich stochastische Spannungs-Zeit-Funktionen für – die Belange der Betriebsfestigkeit im Sinne der Mittelspannung Sm durch ihren linearen Mittelwert und zur Kennzeichnung der Schwingungsintensität durch den quadratischen Mittelwert des um den Mittelwert schwingenden Spannungsanteils, d.h. dem Quadrat des Effektivwertes Srms , kennzeichnen.
2.3.2 Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge
91
Abb. 2.3–12. Leistungsspektrum für die an der Hinterachse eines Personenkraftwagens gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion [104]
Abb. 2.3–13. Zerlegung der an der Hinterachse eines Personenkraftwagens gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion durch Frequenzfilterung bei 0,5 Hz [104]
92
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–14. Leistungsspektrum für die Vorderachse eines Personenkraftwagens ohne ausgeprägte Aufbau-Schwingung [104]
Diese Kennwerte können anhand folgender Beziehungen bestimmt werden, entweder als Scharmittelwerte: +• – S m = ∫ S(t1) · p(S) · dS ,
(2.3–4)
–•
+•
2 = Srms ∫ (S(t1) – Sm)2 · p(S) · dS ,
(2.3–5)
–•
oder als Zeitmittelwerte über eine realistischerweise endliche Beobachtungszeit T: T – S m = (1/T) · ∫ S(t) · dt ,
(2.3–6)
0
T
S 2rms = (1/T) · ∫ (S(t) – Sm)2 · dt ,
(2.3–7)
0
oder aus der spektralen Leistungsdichte-Verteilung: – unter der Bedingung S m = 0 ,
T
,
G(w) ≈ (1/T) · ∫ S(t) · exp (– jwt) · dt 0
(2.3–8)
2
(2.3–9)
2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung
93
•
2 = (1/ 2p) · G(w) · dw . Srms ∫
(2.3–10)
0
Nach Rice bestehen darüber hinaus bei stationären und ergodischen Vorgängen, den sog. stationären Gaußprozessen, folgende Beziehungen [80]: Die Kollektivform ist mit einer Gauß’schen Häufigkeitsverteilung der Überschrei– tungshäufigkeiten H(Sa), Abb. 2.2–4 und 2.2–5, für einen Kollektivumfang H0 bestimmt als – H(Sa) = H 0 · exp [– Sa2 / (2 · S 2rms)] . (2.3–11) – Die Spannungsamplitude S a für die Überschreitungswahrscheinlichkeit – 1: 106 errechnet sich daraus mit H(Sa) = 1 und H0 = 106 zu – – S a = a03 2 · ln H0 · Srms = 5,25652 · Srms .
(2.3–12)
Die Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge H0 und die Zahl der sekündlichen Scheitelwerte Hp lässt sich berechnen als
•
•
0
0
•
•
0
0
H0 = (1/ 2p) · ∫ w2 · G(w) · dw / ∫ G(w) · dw
1/2
,
Hp = (1/ 2p) · ∫ w4 · G(w) · dw / ∫ w2 · G(w) · dw
(2.3–13) 1/ 2
.
(2.3–14)
Als ein weiterer Kennwert für den Charakter der Spannungs-Zeit-Funktion kann daraus der Unregelmäßigkeitsfaktor I bestimmt werden [80, 105]:
•
I = H0 / Hp= ∫ w2 · G(w) · dw 0
•
•
0
0
∫ w4 · G(w) · dw · ∫ G(w) · dw
1/ 2
.
(2.3–15)
2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung Die Möglichkeit, stochastische Schwingbeanspruchungen in Betriebsfestigkeits-Versuchen darzustellen, wurde in den sechziger Jahren mit der Entwicklung servohydraulischer Prüfmaschinen eröffnet, Abb. 2.3–15. Bei ihnen kann der gewünschte zeitliche Prüfkraftverlauf als elektrisch analoges Sollwert-Signal vorgegeben werden. Ein Regelverstärker vergleicht dieses Sollwert-Signal mit dem von der Kraftmesseinrichtung gelieferten Istwert-Signal und gibt bei Abweichung ein Steuersignal an das elektrohydrauliche Servoventil. Dieses Ventil regelt einen vom Pumpenaggregat mit hohem Druck gelieferten Ölstrom so auf die beiden Zylinderkammern, dass sich die be-
94
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–15. Prinzipbild einer servohydraulischen Prüfmaschine. 1 Zylinder 2 Prüfkörper 3 Kraftmessdose 4 Dehnungsaufnehmer 5 Weggeber 6 Istwert-Umschalter 7 Messverstärker 8 Sollwertgenerator 9 Regelverstärker 10 Servoventil 11 Hydraulikpumpe
stehende Soll-Istwert-Differenz der Prüfkraft am Versuchsstück ausgleicht. Sofern der so gebildete Regelkreis in seinem Amplituden- und Phasengang dynamisch optimiert ist, folgt die Prüfkraft als Istwert in engen Fehlergrenzen dem vorgegebenen Sollwertverlauf. Dies gilt allerdings nur bis zu einer systemspezifischen und amplitudenabhängigen oberen Grenzfrequenz. Alternativ zur Prüfkraft kann auch die Verformung oder die Dehnung am Versuchsstück gemessen und als Regelgröße gewählt werden. Für einen Betriebsfestigkeits-Versuch mit stochastischem Beanspruchungsablauf hat sich die Bezeichnung Zufallslasten-Versuch, oder aus dem englischen Sprachraum übernommen, die Bezeichnung Random-Versuch eingeführt. Swanson [106] vermittelt eine vergleichende Übersicht zu dieser Versuchstechnik. Der Ansatz und die Durchführung von Zufallslasten-Versuchen geschieht nach den gleichen Grundsätzen wie bei Blockprogramm-Versuchen, Abschn. 2.2 und Abb. 2.3–16. Allerdings gestaltet sich die IstwertKontrolle bei stochastischer Beanspruchung wegen der von Umkehrpunkt zu
Abb. 2.3–16. Lebensdauerlinien aus Zufallslasten-Versuchen (Gauß’sche Verteilung I = 0,7) für einen Kerbstab aus AlCuMg2 mit ak = 3,6 [115]
90% 50% 10%
2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung
95
Umkehrpunkt unterschiedlichen Prüfkraft schwieriger als bei Blockprogramm-Versuchen mit stufenweise konstanter Schwingkraft. Selbst wenn es sich um starre Prüfkörper handelt, die durch eine einzige Prüfkraft mit definiertem Kraftangriffspunkt und unveränderlicher Wirkungslinie beansprucht werden, so bleibt durch eine dynamische Kalibrierung abzuprüfen, ob für das gesamte Frequenzspektrum der auftretenden Prüfkräfte ein frequenzunabhängiger Zusammenhang zwischen der einwirkenden Prüfkraft und der örtlich schwingbruchbestimmenden Beanspruchung des Prüfkörpers besteht. Angesprochen, aber nicht näher abgehandelt, seien hier die Besonderheiten bei Zufallslasten-Versuchen an elastischen Strukturen oder Baugruppen, bei denen die Beziehung zwischen Prüfkraft und örtlich maßgebender Beanspruchung durch dynamische Einflüsse mitbestimmt sein kann. Weitergehende Anforderungen bestehen auch für die Versuchstechnik bei Großversuchen, bei denen mehrere stochastisch schwingende Prüfkräfte an verschiedenen Punkten mit unterschiedlichem Verlauf und unterschiedlicher Richtung am Versuchsobjekt angreifen [23]. Ausführungen dazu s. Abschn. 4.1.3. Sollwert-Vorgabe der Beanspruchungs-Zeit-Funktion Weiterhin besteht eine spezifische Aufgabe in der notwendigen Bereitstellung eines geeigneten Sollwert-Signals der im Versuch aufzubringenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Zwei Möglichkeiten stehen zur Wahl: – das Nachfahren der im Betrieb gemessenen und analog oder digital gespeicherten Beanspruchungs-Zeit-Funktion, – die Synthese der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nach analogen oder digitalen Verfahren. Im Sinne einer Festlegung ist für Zufallslasten-Versuche zu entscheiden und bei Ergebnissen unmissverständlich anzugeben, wie die Zahl der aufgebrachten Schwingspiele bestimmt und wie die Höhe der Beanspruchung gekennzeichnet wird, denn hierüber fehlen bislang eindeutige und allgemein beachtete Definitionen. So kann die Schwingspielzahl – – durch die Zahl der Lastumkehrpunkte als N p oder – – durch die Zahl der Mittelwertdurchgänge als N 0 bestimmt sein, wobei über diese Frage durchaus nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entschieden werden kann, Abschn. 2.3.9. Zur Kennzeichnung der Beanspruchungshöhe kann entweder – – die Spannungsamplitude Sa dienen, die anhand der betreffenden Kollektivform für die Auftretenswahrscheinlichkeit 1:106 bestimmt wird, oder damit praktisch gleichbedeutend, weil über die Kollektivform linear verknüpft, Gl. (2.3–12), – der Effektivwert Srms .
96
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Nicht selten wurde dem Effektivwert im Schrifttum eine weitergehende Bedeutung in der Art eines Schädigungskennwertes unterstellt, eine Annahme, die jedoch einer kritischen Betrachtung nicht standhält: Der Effektivwert ist zwar einer schädigungsäquivalenten Ersatz-Spannungsamplitude nach Gl. (3.2–24) vergleichbar, jedoch für eine praktisch unzutreffende Neigung k = 2 der Wöhlerlinie.
2.3.4 Betriebslastennachfahr-Versuche Betriebslastennachfahr-Versuche sind eine naheliegende Konsequenz aus den prüftechnischen Möglichkeiten der Servohydraulik: Im Einzelfall versprechen sie, ohne hypothetische Annahmen, eine wirklichkeitsnahe Ermittlung der Lebensdauer, wenn der unter realen Betriebsbedingungen gemessene und analog oder digital gespeicherte Beanspruchungsablauf des betrachteten Bauteils unter Berücksichtigung etwaiger Umgebungseinflüsse im Labor reproduziert wird. Ihre Ergebnisse sind allerdings wegen des speziellen Beanspruchungsablaufs nur bedingt verallgemeinerungsfähig und nur mit Einschränkung auf andere Bauteile übertragbar. Zudem ist dieses Versuchskonzept nur unter zwei Voraussetzungen konsequent zu verwirklichen: – es muss der Beanspruchungsablauf bekannt sein, dem das betrachtete Bauteil während seiner Nutzungsdauer unterworfen ist, und – eine der vorgesehenen Nutzungsdauer entsprechende Versuchszeit muss zur Verfügung stehen. Ein Betriebslastennachfahr-Versuch ist also nur dann durchführbar, wenn von einem Prototyp oder Vorgängermodell ein zutreffender Beanspruchungsablauf gespeichert vorliegt oder wenn für ein bereits produziertes Bauteil nachträglich der Lebensdauernachweis geführt werden soll. Die in der Regel geräteseitig und terminlich begrenzte Messzeit hat zur Folge, dass nur ein vergleichsweise kurzer Ausschnitt der Betriebsbeanspruchung aufgezeichnet werden kann. Wenn der damit durchgeführte Betriebslastennachfahr-Versuch aussagekräftig sein soll, muss der aufgenommene Ausschnitt repräsentativ für die Beanspruchung des zu prüfenden Bauteils während seiner gesamten Nutzungsdauer sein. Da die nachzuweisende Lebensdauer meist die Dauer der Messaufzeichnung übersteigt, sind in der Regel mehrere Wiederholungen der Messaufzeichnung pro Versuch nötig, wodurch dem Versuch eine in Wirklichkeit nicht vorhandene Periodizität der Belastung aufgeprägt wird. Sie ist dann, ähnlich wie die Wiederholung gleicher Teilfolgen im Blockprogramm-Versuch, an der Struktur der Schwingbruchfläche erkennbar, Abb. 2.3–17. Ein Abkürzen der Versuchszeit durch Weglassen von Beanspruchungspausen und von kleinen Beanspruchungsschwankungen erweist sich bei analogen Aufzeichnungen schwierig. Das Abspielen einer analogen Messaufzeich-
2.3.4 Betriebslastennachfahr-Versuche a
97 b
Abb. 2.3–17a, b. Struktur einer Schwingbruchfläche, nach Gaßner; a nach einem Blockprogramm-Versuch und b nach einem Betriebslastennachfahr-Versuch
nung mit höherer Geschwindigkeit scheidet meist wegen des nach hohen Frequenzen begrenzten Übertragungsverhaltens des Prüfsystems aus. Eventuell muss sogar mit einer geringeren Geschwindigkeit abgespielt werden, wenn das Prüfsystem hochfrequente Betriebsbeanspruchungen nicht amplitudengetreu nachfahren kann. Aus diesen Gründen führt der Betriebslastennachfahr-Versuch meist auf eine unvertretbar lange Laufzeit, wenn sie nicht im Sinne der Lebensdauerlinie durch eine gegenüber dem Betrieb überhöhte Versuchsbeanspruchung abgekürzt wird, was aber wiederum die Frage nach etwaigen unzulässigen Überschreitungen der Streckgrenze aufwirft. In jedem Fall ist eine Absicherung gegen Störspannungsspitzen erforderlich, wie sie insbesondere für analoge Magnetbandaufzeichnungen typisch sind, um den Prüfkörper gegen Überbeanspruchung zu schützen. Bei näherer Betrachtung erweist sich der Betriebslastennachfahr-Versuch also keineswegs als die problemlose Lösung eines Betriebsfestigkeits-Versuchs, als die er im ersten Augenblick erscheinen mag. Einen gewissen Ausweg aus den aufgezeigten Schwierigkeiten bietet eine digitale Aufbereitung der gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Sie kann so weit gehen, dass die Beanspruchungs-Zeit-Funktion unter Verzicht auf eine zeitgetreue Wiedergabe nur noch durch die sequentielle Abfolge ihrer Umkehrpunkte beschrieben wird. Ein typisches Beispiel hierfür sind die sog. SAE-Histories [107], Abb. 2.3–18, die als einheitliche Grundlage eines von der Society of Automotive Engineers initiierten Versuchsprogramms ausgewählt und weltweit bei einer Vielzahl von Untersuchungen herangezogen wurden, obgleich auch ihnen eine im Vergleich zu realen Lebensdauer– werten von Fahrzeugbauteilen (N = 107 bis 109) sehr kurze Messzeit über nur rund 1253, 854, oder 2968 Schwingspiele anzulasten ist. Die SAE-Histories bedingen somit zwangsläufig eine vielfache Wiederholung im Versuch, womit sich die Kollektivform durch die häufige Wiederholung des KollektivHöchstwertes in Richtung auf das Rechteck-Kollektiv verändert, Abb. 2.3–19. Ein anderer Ausweg ist in einer geeigneten statistischen Analyse der gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu sehen, um ausgehend von den dabei gewonnenen Kennwerten durch analoge oder digitale Synthese eine statistisch gleichwertige Versuchs-Beanspruchung zu erzeugen, was die Möglichkeit einschließt, nach den erkannten statistischen Gesetzmäßigkeiten auch eine Extrapolation über die durch die Messung erfasste Betriebszeit hinaus vorzunehmen, Abschn. 3.3.4.
98
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–18a–c. Vollständige Schriebe der als SAE-Histories bekannten Lastfolgen [107]: a Suspension: Biegemomente an der Radaufhängung eines Kraftwagens auf einer Prüfstrecke; b Transmission: Drehmomente gemessen an einem Traktor im Frontlader-Einsatz; c Bracket: Stochastische schmalbandige Schwingung an einer Winkelstütze bei Fahrt auf einer Schlechtwegstrecke
Abb. 2.3–19. Amplitudenkollektive der SAE-Histories ermittelt nach dem SpannenpaarVerfahren und aufgetragen zum Vergleich mit Abb. 2.2–5
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
99
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen Verfahren zur digitalen Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-ZeitFunktionen können bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen in vielfältiger Abwandlung angewandt werden. Entsprechende Software-Werkzeuge sind dazu verfügbar [108, 103]. Sie ermöglichen bildschirmunterstützt sowohl eine manuelle wie auch eine halb- oder vollautomatisierte Bearbeitung eines einzelnen Messkanals oder auch mehrerer parallel aufgezeichneter Messkanäle nach verschiedenen Methoden im Zeit-, Frequenz- oder RainflowBereich. Für eine Aufbereitung im Zeitbereich wird das Messsignal z.B. nach außergewöhnlichen Merkmalen (Maximal- oder Minimalwert, extreme oder geringe Signalveränderungen, Mittelwerts-Drift u.ä.) durchsucht. Die davon betroffenen digitalen Messwerte können sodann in geeigneter Weise editiert werden. Weiterhin können im Zeitbereich mehrere Messkanäle in verschiedenster Art algebraisch miteinander verknüpft werden. Aufbereitungen im Frequenzbereich bedienen sich der Fourier- und der Inversen Fourier-Transformation in Verbindung mit einer digitalen Filterung [102, 103]. Bei den Aufbereitungen im Rainflow-Bereich werden einzelne RainflowMatrizen und ihr zugehöriges Residuum abgeändert oder auch mehrere (abgeänderte) Rainflow-Matrizen mit ihren Residuen überlagert, um dann einen dementsprechend bearbeiteten Verlauf des Messsignals zu rekonstruieren, Abschn. 3.3.4. Damit gestatten diese Methoden der digitalen Signalaufbereitung auf meist einfache und eindeutige Weise unter anderem, – Störsignale und sonstige unerwünschte Mess- oder Kalibrier-Signale aus der vorliegenden Messaufzeichnung zu eliminieren, – Warte-, Halte- und Pausenzeiten aus einer gemessenen BeanspruchungsZeit-Funktion zu eliminieren, – gemessene Schwingspiele für den Versuchsablauf amplitudengleich auf eine höhere oder niedrigere Frequenz umzusetzen, – Amplituden, die kleiner sind als ein vorgegebener Schwellwert, ohne Rückwirkung auf die verbleibenden Schwingspiele zu unterdrücken, – Schwingspiele, die nur einen unwesentlichen oder geringen Schädigungsbeitrag liefern, aus der Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu eliminieren und – die in der so aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion verbleibenden Schwingspiele reihenfolgengetreu zur gemessenen Abfolge wiederzugeben. Das folgende Beispiel veranschaulicht die Aufbereitung einer gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion für eine reihenfolgegetreue Wiedergabe ihrer wesentlichen Merkmale durch einen Prozessrechner in einer den versuchstechnischen Erfordernissen besser angepassten Form [90].
Abb. 2.3–20. Gegenüberstellung der gemessenen Antriebsdrehmomente eines reversierenden Walzgerüstes und der digital aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion [109]
100 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
101
Beispiel einer digital aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion Im gemessenen zeitlichen Verlauf des Drehmomentes in der Antriebswelle eines reversierenden Walzgerüstes, Spur 1 in Abb. 2.3–20, überlagern sich mehrere Beanspruchungsanteile: Der Grundverlauf des Drehmomentes spiegelt das charakteristische Walzprogramm wider. Es steigt beim Einlauf der Bramme sprungartig vom Leerlaufwert auf einen für die Dauer des Stichs annähernd konstanten Wert an. Ist der Stich beendet, fällt das Grunddrehmoment auf den Leerlaufwert zurück. Der nächste Stich läuft in umgekehrter Richtung ab, wobei sich das Grunddrehmoment umkehrt. Es folgen mehrere Stiche aufeinander, bis die Bramme ihr Endmaß erreicht hat und nach einer ungeraden Anzahl von Stichen das Walzgerüst verlässt. Dem Grunddrehmoment überlagern sich gedämpfte Einschwingvorgänge, welche vom sprungartigen Anstieg und Abfall des Grunddrehmomentes herrühren, des Weiteren Ratterschwingungen, die aus Schlupfbewegungen zwischen Walzen und Walzgut angeregt werden und deren Schwingbreiten ein Mehrfaches des Grunddrehmomentes erreichen können. Das vorliegende Analog-Magnetband für eine ereignisbehaftete Messdauer von 4,9 h enthielt die während einer 8 h-Schicht kontinuierlich aufgezeichneten Beanspruchungen aus 184 Walzvorgängen (= Zahl der Brammen). Seine zeitgetreue Wiedergabe hätte wegen der extrem niederfrequenten Grundbeanspruchung und wegen der Wartezeiten und Pausen zwischen den einzelnen Stichen zu unrealisierbar langen Versuchszeiten geführt. Eine deutlich höhere Abspielgeschwindigkeit des Magnetbandes verbot sich bei der mit ca. 11 Hz ohnehin schon hohen Frequenz der Ratterschwingungen. Für die digitale Aufbereitung wurden folgende Annahmen getroffen: – Der für die Werkstoffschädigung maßgebende Informationsinhalt der Beanspruchungs-Zeit-Funktion stellt sich in der Abfolge ihrer Umkehrpunkte dar; die Analog-Digital-Umsetzung kann sich deshalb auf die sequentielle Folge der Umkehrpunkte beschränken. – Zahlreiche kleine Amplituden können aufgrund ihres unbedeutenden Schädigungsbeitrags unterdrückt werden; die dazu notwendige Festlegung stützt sich auf die Häufigkeitsverteilung der Bereichspaare, Kurven A und B in Abb. 2.3–21. Das betreffende Zählverfahren benutzt den Algorithmus des Rainflow-Verfahrens als Amplitudensieb, Abschn. 3.3.4. – Haltezeiten und Frequenzeinflüsse der hier vorliegenden Art sind für das Schädigungsgeschehen von untergeordneter Bedeutung; die als wesentlich verbleibenden Umkehrpunkte können deshalb durch Kosinus-Halbwellen verbunden und mit einer einheitlichen, dem dynamischen Leistungsbereich der Prüfmaschine angepassten Frequenz durch den Rechner wiedergegeben werden, Spur 2 in Abb. 2.3–20. Das Ergebnis der Aufbereitung ist aus den Abb. 2.3–20 und 21 ersichtlich: Jedes markante Schwingspiel des Messschriebes ist in der aufbereiteten Funktion wiederzufinden. Doppelamplituden kleiner als 0,34 MNm (das sind
Abb. 2.3–21. Häufigkeitsverteilung nach dem Klassendurchgangs- und nach dem Spannenpaar-Verfahren für die gemessene und die aufbereitete Beanspruchungs-Zeit-Funktion [109]
102 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
103
weniger als 5% des Kollektivhöchstwertes) wurden unterdrückt, Kurve C in Abb. 2.3–21. Die Gesamtzahl der ausgezählten Bereichspaare ist gleich der Anzahl der wiederzugebenden Schwingspiele; sie beläuft sich für die aufbereitete Funktion auf 3900. Im Vergleich dazu ergab die gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion 145700 bzw. 11500 Schwingspiele, je nachdem ob beim Klassieren nur eine Tiefpassfilterung bei 15 Hz oder ob zusätzlich eine Rückstellbreite, Abb. 2.2–18, von 0,11 MNm verwendet wurde, Kurven A und B in Abb. 2.3–21. Im vorliegenden Fall konnte die relativ geringe Anzahl von 2 ¥ 3900 = 7800 verbleibenden Umkehrpunkten der aufbereiteten Beanspruchungs-ZeitFunktion im Kernspeicher des Prozessrechners abgespeichert und von dort in beliebiger Wiederholung sequentiell abgearbeitet werden. Wird die Frequenz der Ratterschwingungen von 11 Hz zugrunde gelegt, so erfordert die Wiedergabe der aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit 3900 Schwingspielen eine Versuchszeit von 3900/(11 ¥ 60) = 6 min gegenüber einer mit der Messung erfassten Betriebszeit von 4,9 h = 294 min; dies bedeutet eine Zeitraffung um den Faktor 50. Eine vergleichbare Zeitraffung gegenüber einem zeitgetreuen Nachfahr-Versuch wäre mit Methoden der analogen Signalverarbeitung nicht erreichbar. Abb. 3.2–32 zeigt Versuchsergebnisse, die mit der aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion an Kerbstäben aus Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4 gewonnen wurden.
2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen Bei der analogen Erzeugung stochastischer Sollwertsignale wird unterstellt, dass die maßgebliche Schwingbeanspruchung der zu untersuchenden Konstruktion als stationärer Gauß’scher Zufallsprozess zutreffend beschrieben werden kann. Dementsprechend können die statistischen Eigenschaften der zu erzeugenden Sollwert-Funktion mit ihrer spektralen Leistungsdichte-Verteilung eindeutig und vollständig vorgegeben werden. Die Geräteanordnung besteht je nach den Erfordernissen aus einem oder mehreren Rauschgeneratoren mit nachgeschalteten Bandpassfiltern, Abb. 2.3–22. Die Rauschgeneratoren liefern ein Signal, dessen spektrale Leistungsdichte bis zu der interessierenden oberen Eckfrequenz wmax konstant ist. Mit jedem der Bandpassfilter lässt sich sodann über die wählbare Mittenfreqenz, Bandbreite und Flankensteilheit ein eingipfliges Leistungsspektrum darstellen und in seiner Intensität anpassen, bevor die einzelnen Signale an einem Summierverstärker zum eigentlichen Sollwert-Signal überlagert werden. Nachgeschaltete Messgeräte dienen einer Kontrolle und Analyse des erzeugten Signals. Im Vergleich zu dem nach Abb. 2.3–13 durch Hochpass-Filterung gewonnenen stochastischen Beanspruchungsanteil zeigt Abb. 2.3–23 das analog mit einer Geräteanordnung nach Abb. 2.3–22 erzeugte Signal mit einem Leistungsspektrum nach Abb. 2.3–24.
104
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–22. Geräteanordnung zur analogen Erzeugung stochastischer BeanspruchungsZeit-Funktionen mit zweigipfligem Leistungsspektrum [105]
a
b
Abb. 2.3–23a, b. Vergleich a einer im Betrieb gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit I = 0,30 und b einer mit einer Geräteanordnung nach Abb. 2.3–22 erzeugten stochastischen Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit I = 0,34 bei angeglichenem zweigipfligem Leistungsspektrum nach Abb. 2.3–24 [104]
Aus Abb. 2.3–25 ist zu ersehen, wie sich der durch den Unregelmäßigkeitsfaktor nach Gl. (2.3–15) gekennzeichnete Charakter eines Sollwert-Signals mit zweigipfligem Leistungsspektrum abhängig vom Verhältnis der Mittenfrequenzen und dem Intensitäts-Verhältnis der beiden spektralen Anteile variieren lässt [105]. Der Unregelmäßigkeitsfaktor erweist sich, über den Term w4 in Gl. (2.3–15), in erster Linie durch den höherfrequenten Anteil des Leistungsspektrums bestimmt, weil daraus eine große Anzahl von Spitzenwerten ohne Mittelwertdurchgänge entstehen kann. Bei den Rauschgeneratoren sind zwei grundsätzlich verschiedene Typen zu unterscheiden. Der Pseudo-Zufallsspannungsgenerator liefert ein zufalls-
2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
105
Abb. 2.3–24. Zweigipfliges Leistungsspektrum der erzeugten stochastischen Beanspruchungs-Zeit-Funktion [104]
Abb. 2.3–25. Variationsmöglichkeiten des Unregelmäßigkeitsfaktors über ein zweigipfliges Leistungsspektrum [105]
106
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
artig verlaufendes, reproduzierbares Signal von endlicher Periodenlänge. Diesem Vorteil eines reproduzierbaren Signals steht der Nachteil einer meist zu kurzen Periode und damit eines zu geringen Scheitelfaktors C = MAX(Sa) / Srms
(2.3–16)
gegenüber. Typisch für handelsübliche Geräte sind Werte C = 3,5, während nach Gl. (2.3–12) ein Scheitelfaktor C = 5,25652 erforderlich ist, damit auch – die höchste Spannungsamplitude Sa mit der Auftretenswahrscheinlichkeit 1:106 real im Kollektiv enthalten ist. Ein echter Zufallsspannungsgenerator liefert hingegen ein Signal, das im Scheitelfaktor zwar einstellbar, in seinem Verlauf jedoch nicht reproduzierbar ist. Zudem ist, wegen des echten Zufall-Charakters, bei endlicher Versuchszeit keineswegs sichergestellt, dass alle extremen Spitzenwerte mit den ihnen theoretisch zukommenden Häufigkeiten auch tatsächlich auftreten. Es ist deshalb eine fortlaufende Signalanalyse erforderlich, um das wirkliche Sollwert-Signal zu kennen. Die beschriebene Geräteanordnung ist primär zur Erzeugung von Sollwertsignalen geeignet, die als stationäre stochastische Schwingungsvorgänge ablaufen. Mit zusätzlichem Geräteaufwand können auch quasistationäre Vorgänge realisiert werden, wie z.B. Beanspruchungs-Zeit-Funktionen für ein Kraftfahrzeug-Bauteil auf Straßen unterschiedlicher Fahrbahnbeschaffenheit. Es setzt sich dann die Beanspruchung aus mehreren Abschnitten mit lediglich intensitätsweise oder auch spektral unterschiedlichen Leistungsdichte-Verteilungen zusammen. Zudem kann sich abschnittsweise der lineare Mittelwert der Beanspruchung verändern, z.B. aus der Beladung oder weil sich den hochfrequenten Beanspruchungen aus Straßenunebenheiten eine niederfrequente Beanspruchungskomponente überlagert, die von der Kurvenfahrt herrührt, Abb. 2.3-4.
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen Die digitale Erzeugung stochastischer Sollwertfunktionen kann ausgehend von den zweiparametrischen und in Matrizenform dargestellten Häufigkeitsverteilungen geschehen, die für einen stationären Gaußprozess durch Zählung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix [110–112] oder nach dem Rainflow-Zählverfahren, Abschn. 3.3.4, ermittelt wurden. Bei dem Verfahren der Übergangsmatrix, einem Spannen-Mittelwert-Zählverfahren, handelt es sich um ein zweiparametrisches Zählverfahren aufeinanderfolgender Ober- und Unterwerte im Sinne zusammengehöriger Spannen und Mittelwerte. Im Unterschied dazu handelt es sich bei dem Rainflow-Verfahren um ein zweiparametrisches Zählverfahren derjenigen Ober- und Unterwerte, die im Sinne von Amplituden und Mittelwerten geschlossener Hystereseschleifen einander zuzuordnen sind.
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
107
Abb. 2.3–26. Zweiparametrige Zählung von Übergangshäufigkeiten und ihre Darstellung in einer Übergangs-Matrix [110]; die Übergänge können, wie hier dargestellt, als Spannen definiert sein, oder auch, wie beim Rainflow-Verfahren nach Abschn. 3.3.3, als Amplituden
Zählung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix Die Beanspruchungs-Zeit-Funktion wird bei dem Verfahren der Übergangsmatrix als eine Folge von Umkehrpunkten, d.h. Oberwerten und Unterwerten, aufgefasst, die sich einer äquidistanten Klassenteilung des überdeckten Wertebereichs zuordnen. Zusätzlich wird unterstellt, dass zwischen aufeinanderfolgenden Umkehrpunkten eine Markov’sche Abhängigkeit erster Ordnung besteht: der nächste Umkehrpunkt fällt in eine Klasse, die von der Klasse des ihm vorangegangenen Umkehrpunktes statistisch abhängig ist. Diese Abhängigkeit lässt sich in Form einer zweidimensionalen Häufigkeitsverteilung durch eine Matrix darstellen, deren Elemente aij die Häufigkeit der Übergänge von der Ausgangsklasse i zu der Zielklasse j beziffern. Für eine gegebene Beanspruchungs-Zeit-Funktion können diese Übergangshäufigkeiten durch Zählen entsprechend Abb. 2.3–26 bestimmt werden. Steigende Übergänge „nach oben“ und fallende Übergänge „nach unten“ werden in der gezeigten Weise ausgezählt, sodass aus den beiden zugehörigen dreieckförmigen Matrizen nach Abb. 2.3–26 schließlich die vollständige Übergangs-Matrix nach Abb. 2.3–27 entsteht, die das Zählergebnis in ausdeut- und auswertbarer Form wiedergibt. Einer solchen Matrix-Darstellung der Übergangshäufigkeiten sind zu entnehmen, Abb. 2.3–28: – das zweiparametrische Kollektiv aufeinanderfolgender Oberwerte und Unterwerte, – das zweiparametrische Kollektiv zusammengehöriger Spannen und Mittelwerte – das Kollektiv der Überschreitungen von Klassengrenzen, – die einparametrischen Kollektive der Oberwerte bzw. der Unterwerte, – die einparametrischen Kollektive der Spannen bzw. der Mittelwerte, – die Anzahl der Oberwerte oder Unterwerte, – die Anzahl der Mittelwertdurchgänge, – der Unregelmäßigkeitsfaktor.
108
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–27. Vollständige Übergangs-Matrix mit den zugehörigen Bezeichnungen [110]
Abb. 2.3–28. Der Übergangs-Matrix zu entnehmende Informationen [110]
Das einparametrische Kollektiv der Ober- oder Unterwerte entspricht dabei einer Zählung nach dem Spitzenwert-Verfahren, das Kollektiv der Überschreitungshäufigkeiten einer Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren, das einparametrische Kollektiv der Spannen einer Zählung nach dem Spannen-Verfahren (nicht zu verwechseln mit dem Spannenpaar-Verfahren), Abschn. 2.2.1. Als Gesetzmäßigkeiten im Aufbau der Matrix sind zu erkennen: Die Anzahl der Übergänge in eine bestimmte Klasse hinein muss gleich sein der
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
109
b
a
Abb. 2.3–29. Symmetrien der Übergangs-Matrix, a einfache Symmetrie zur Hauptdiagonalen, b zweifache Symmetrie zur Haupt- und Nebendiagonalen [110]
Anzahl der Übergänge aus dieser Klasse heraus. Daraus folgt, dass einander zugehörige Zeilen- und Spaltensummen gleich sein müssen. Bei symmetrisch zur Mittellinie verlaufenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen sind die beiden Matrix-Hälften oberhalb und unterhalb der Diagonalen zum Matrix-Mittelpunkt symmetrisch. Bleiben, wie bei Funktionen Gauß’scher Art die statistischen Eigenschaften erhalten, wenn die Funktion entgegen der Zeitachse abläuft, so besteht noch eine weitere Symmetrie zur Nebendiagonalen, Abb. 2.3–29. Die Umkehrpunkte innerhalb einer Klasse werden bei der Ausdeutung der Klassenmitte zugeordnet. Mithin werden die Matrix-Elemente auf der Hauptdiagonalen zu Null gesetzt, da ein Übergang von einer in dieselbe Klasse kein Schwingspiel ergibt. Den Klassenmitten entsprechen die Mittelpunktskoordinaten der Matrix-Elemente. Sie können wahlweise einem Koordinatensystem der Ober- und Unterwerte p und q, oder in einem Koordinatensystem der Mittelwerte m und der Spannen a ausgedeutet werden, Abb. 2.3–30. Für die Umrechnung gilt: p = m + a;
q = m – a,
m = (p + q) / 2; a = (p – q) / 2 .
(2.3–17) (2.3–18)
Die Spannen werden mit wachsendem Abstand der Matrix-Elemente von der Hauptdiagonalen größer. Betrachtet man die Amplituden, bzw. dementsprechend die Spannen, als maßgebende Einflussgröße der Schwingfestigkeit, so sollte durch die Klassenteilung gerade für sie ein möglichst geringer Fehler entstehen. Bei gleichen Mittelpunktskoordinaten tragen diesem Grundsatz die an der Hauptdiagonalen orientierten rechteckigen Elemente besser Rechnung, Abb. 2.3–31b, als die an der Klassenteilung orientierten quadratische Elemente, Abb. 2.3–31a. Der Fehler für die Spannen vermindert sich auf die Hälfte, wenn die Matrix ausgehend von den Spannen und den Mittelwerten
110
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–30. Beziehung zwischen den p,q-Koordinaten und den m,a-Koordinaten [110]
Abb. 2.3–31a, b. Durch das Klassieren entstehende Fehler der Mittelwerte m und der Amplituden bzw. Spannen a, abhängig von der Form der MatrixElemente: a an der Klassenteilung orientierte quadratische Elemente, b an der Hauptdiagonalen orientierte rechteckige Elemente bei jeweils gleichen Mittelpunktskoordinaten [111]
a
b
für die Rechteckelemente bestimmt wird. Die hausförmigen Elemente entlang der Diagonalen in Abb. 2.3–31a ergeben sich, wenn in diesem ElementSchema alle Übergänge mit Spannen kleiner als einem Viertel der Klassenbreite vernachlässigt werden. Berechnung der Matrix-Elemente Neben der Zählung der Übergangshäufigkeiten bietet sich eine Berechnung der Matrix-Elemente an. Für eine dem stationären Gauß’schen Prozess entsprechende Beanspruchungs-Zeit-Funktion kann diese Berechnung ausgehend von einer von Kowalewski [80] heuristisch abgeleiteten Näherung für
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
111
Abb. 2.3–32. Zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Mittelwerte m und der Spannen a für einen stationären Gauß-Prozess [80]
die zweidimensionale Häufigkeitsverteilung von a und m geschehen, Abb. 2.3–32. Nach dieser Näherung gilt für die Übergangshäufigkeit h (m, a) bei vorgegebenem rms-Wert s, Unregelmäßigkeitsfaktor I und Anzahl der – Mittelwertdurchgänge H0 : – – m2 – a2 H0 · a h(m, a) = 0006 · exp · exp . 004 05 a0003 2 · s 2 · (1 – I 2) 2 · s 2 · I2 2p · s 6 · I 6 · (1 – I 2) (2.3–19)
Die Matrix-Elemente aij bestimmen sich damit als Integrale aij = ∫ h (m, a) · dm · da ,
(2.3–20)
Fij
wenn Fij das durch die Klassenteilung in der m, a-Ebene bestimmte Flächenelement darstellt. Vereinfachend lassen sich die Symmetrien der Matrix beim zahlenmäßigen Auswerten der Integrale nutzen. Im Randbereich der Matrix muss unter Beachtung der ihr eigenen Gesetzmäßigkeiten eine Rundung der Werte aij vorgenommen werden, weil nur ganzzahlige Übergangshäufigkeiten sinnvoll sind. Da die Elemente auf der Hauptdiagonalen nicht belegt – sind, enthält die Matrix insgesamt weniger Werte als durch H0 und I bestimmt. Erzeugen einer Sollwert-Funktion Aus der Übergangs-Matrix ist sodann die Synthese einer Sollwert-Funktion möglich. Primär ergibt sich dabei eine Folge von Ober- und Unterwerten. Sie setzt sich zusammen aus Übergängen von einem Unterwert zu einem Ober-
112
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–33. Schema zur Abfrage einer Übergangs-Matrix [110]
wert (die betreffenden Häufigkeiten stehen in der Matrix oberhalb der Hauptdiagonalen) und aus Übergängen von einem Oberwert zu einem Unterwert (die betreffenden Häufigkeiten stehen unterhalb der Hauptdiagonalen). Der zur Erzeugung der Ober- und Unterwert-Folge entwickelte Algorithmus lässt sich am Übergang von einem Unterwert der Klasse a zu einem Oberwert der Klasse b > a und einem anschließenden Übergang von dem soeben erreichten Oberwert der Klasse b zu einem Unterwert der Klasse g < b wie folgt beschreiben, Abb. 2.3–33: Die Häufigkeiten aa j für Übergänge, die von einem Unterwert der Klasse i = a zu einem Oberwert b > a gehen, stehen in der Matrix-Zeile a oberhalb der Hauptdiagonalen ( j > a) und bilden die Summe Ta . Eine gleichverteilte Pseudo-Zufallszahlenfolge, die alle ganzen Zahlen von Null bis (Ta – 1) genau je einmal enthält, dient zum Bestimmen der Zielklasse j > a, beispielsweise j = b. Für den nächsten Übergang wird die bisherige Zielklasse b zur Ausgangsklasse i = b. Da es sich nun um den Übergang von einem Oberwert zu einem Unterwert handelt, stehen die betreffenden Übergangshäufigkeiten abj in der Matrix-Zeile b unterhalb der Hauptdiagonalen ( j > b). Sie bilden die Summe Tb . Wiederum dient eine gleichverteilte Pseudo-Zufallszahlenfolge, die jetzt jedoch die Zahlen von Null bis (Tb – 1) enthält, zum Bestimmen der Zielklasse j < b, beispielsweise j = g. Als nächstes wird i = g zur Ausgangsklasse, usw. Das Bestimmen der Zielklasse geschieht durch schrittweises Subtrahieren der Häufigkeiten aij von der aktuellen Zufallszahl, wobei mit den Elementen an der Hauptdiagonalen begonnen wird. Die Zielklasse ist erreicht, wenn die Subtraktion eine Zahl kleiner oder gleich Null ergibt.
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
113
Für jede der 2 · n Teilzeilen werden mithin gesonderte Pseudo-Zufallszahlenfolgen benötigt. Sie werden nach dem gemischten Kongruenzverfahren [113] berechnet als Rn = A · Rn–1 + (B + 1 + W) (MOD M).
(2.3–21)
In diesem Bildungsgesetz für Pseudo-Zufallszahlen Rn werden die Parameter A, B, W und M für jede einzelne Teilzeile i = a gesondert und in Abhängigkeit von der Elementsumme Ta wie folgt festgelegt: M = 2r mit r = [1 + INT (ln Ta / ln 2)] MAX [4] ,
(2.3–22)
D = M – Ta ,
(2.3–23)
A = (5) MAX (M / 2 – 3) ,
(2.3–24)
B = (3) MAX (M / 4 – 1) ,
(2.3–25)
W = + 1 für Übergänge von einem Unter- zu einem Oberwert ,
(2.3–26)
W = – 1 für Übergänge von einem Ober- zu einem Unterwert .
(2.3–27)
Durch diese Parameterwahl entstehen Pseudo-Zufallszahlenfolgen, die alle ganzen Zahlen von 0 bis (M – 1) genau einmal enthalten. Um sie auf den gewünschten Umfang von 0 bis (Ta – 1) zu reduzieren, wird jede erzeugte Zufallszahl zunächst um den jeweiligen Differenzwert D vermindert, um bei negativem Ergebnis sogleich die nächste Zufallszahl zu berechnen. Die Anfangswerte R0 der Zahlenfolgen werden für jede Teilzeile i abhängig von der gewünschten Ausgangszeile a und dem Matrix-Inhalt gewählt. Die allgemeinen Grundsätze dazu sind in [111] formuliert: In jeder MatrixZeile muss der letzte Übergang in eine solche Klasse führen, die eine Rückkehr in die Ausgangsklasse erlaubt. Zufallszahlen, die diese Übergänge liefern, sind als Anfangswerte R0 zulässig. Durch diese Wahl der Zufallszahlenfolgen und ihrer speziellen Anfangsbedingungen ist gesichert, dass die erzeugte Folge der Ober- und Unterwerte alle durch die Matrix bezeichneten Übergänge genau je einmal enthält, nach Durchlaufen der damit definierten Periode zu den Anfangsbedingungen zurückkehrt und sich dann automatisch wiederholt. Hinweise zur zweckmäßigen Assembler-Programmierung von Prozessrechnern sind in [110] zu finden; Abb. 2.3–34 zeigt den dort beschriebenen Ablaufplan für eine Matrix von 32 ¥ 32 Elementen. Das Umsetzen der durch die Zielklasse j bezeichneten Umkehrpunkte in analoge Spannungswerte geschieht in der Regel nach einer linearen Beziehung U = U1 + U2 · (2j – n – 1) / (n – 1) .
(2.3–28)
Für einen linearen Mittelwert U1 = 0 ergibt sich danach die Ausgangsspannung U = U1 = 0 für j = (n + 1) / 2 sowie U = + U2 für j = n und U = – U2 für j = 1.
114
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–34. Ablaufplan zum Rechenprogramm für die Erzeugung einer Markov’schen Folge von Spitzenwerten aus einer Übergangs-Matrix mit 32 ¥ 32 Elementen [110]
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung Die Erzeugung von Sollwertfunktionen aus Matrizen der Übergangshäufigkeiten wurde entwickelt unter der Zielsetzung, eine dem stationären Gaußprozess verwandte Standard-Zufallslastfolge für Aufgaben der Schwingfestigkeitsforschung zu definieren. Die Veröffentlichungen [110, 111] beruhen auf der diesbezüglichen Gemeinschaftsarbeit des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit, Darmstadt, und der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft,
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung
115
Ottobrunn. Eine nach diesem Verfahren erzeugbare Zufallsfolge erfüllt dazu vier wichtige Forderungen: – – – –
Die Folge stimmt in allen Einzelheiten mit dem Matrix-Inhalt überein. Die Folge wiederholt sich exakt nach der entsprechenden Periode. Die Folge beginnt bei jedem erneuten Start am Anfang der Periode. Die Folge ist auf einem beliebigen Rechnertyp exakt reproduzierbar.
Im Einzelnen wurden nach Gl. (2.3–19) und Gl. (2.3–20) und entsprechend Abb. 2.3–31a die Matrix-Elemente für drei Zufallsfolgen mit den Unregelmäßigkeitsfaktoren I = 0,99, I = 0,7 und I = 0,3 unter folgenden Vorgaben berechnet: – – – – – –
Der Wertebereich umfasst 32 Klassen. – Die Folge enthält H0 = 106 Mittelwertdurchgänge. Der Kollektivhöchstwert entspricht dem 5,25652-fachen rms-Wert. Die Mitte der Klasse 32 liegt beim + 5,25652-fachen des rms-Wertes. Die Mitte der Klasse 1 liegt beim – 5,25652-fachen des rms-Wertes. Der lineare Zeitmittelwert Null liegt mittig zwischen Klasse 16 und 17.
Anfangswerte R0 für einen Beginn in Klasse 16 wurden dazu wie folgt definiert: für die Teilzeilen oberhalb der Diagonalen 16
R0i = Di +
∑ aij
für i = 1 … 15 ,
(2.3–29)
für i = 16 … 32
(2.3–30)
j=i+1
R0i = Di
und für die Teilzeilen unterhalb der Diagonalen R0i = Di
für i = 1 … 17 ,
(2.3–31)
für i = 18 … 32 .
(2.3–32)
i=1
R0i = Di + ∑ aij j = 17
Abbildung 2.3–35 veranschaulicht die Struktur der erhaltenen Matrix-Belegung; die Zahlenwerte der Matrix-Elemente sind in [110, 112] zu finden. In der Matrix für I = 0,99 zeigen die Übergänge nur eine geringe Schwankungsbreite der Mittelwerte, während die Matrix für I = 0,3 vornehmlich kleine Spannen verbunden mit großen Schwankungen der Mittelwerte ausweist. In der Matrix für I = 0,7 überdecken sowohl die Spannen wie auch die Mittelwerte einen größeren Schwankungsbereich; sie wurde deshalb als Standard-Matrix empfohlen. Abbildung 2.3–36 zeigt im Ausschnitt den sich ergebenden Funktionsablauf, wenn die Folge der Umkehrpunkte durch Kosinus-Halbwellen verbunden wird. Aufgrund des einheitlich mit 5,25652 · rms definierten Kollektivhöchstwertes gilt für alle drei Funktionen nach Gl. (2.3–11) das gleiche
116
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit I = H0 / HP = 0,99
I = H0 / HP = 0,70
I = H0 / HP = 0,30
Abb. 2.3–35. Struktur der Matrix-Belegung abhängig vom Unregelmäßigkeitsfaktor [110]
Abb. 2.3–36. Ausschnitte der mit dem Rechner aus Übergangs-Matrizen von 32 ¥ 32 Elementen erzeugten Beanspruchungs-Zeit-Funktionen für Unregelmäßigkeitsfaktoren H0 /HP = 0,99, 0,70 und 0,30 [112]
Treppenkollektiv, Abb. 2.3–37. Abb. 2.3–38 zeigt ihre spektrale Leistungsdichte-Verteilung mit jeweils einer Spitze bei der Prüffrequenz von 21 Hz, die durch die Kosinus-Halbwellen definiert ist. Die die Umkehrpunkte verbindende Funktion darf zwar auch hier als eine untergeordnete Einflussgröße gelten, doch wird mit dieser Vereinfachung der in der spektralen Leistungsdichte enthaltene Informationsanteil eines stationären Gaußprozesses verfälscht. Die Möglichkeit zur Darstellung spezieller Kollektivformen nach Art eines quasistationären Gaußprozesses (d), Abb. 2.2–5, ist in gleicher Weise auch für die Standard-Lastfolgen nach dem Verfahren der Übergangsmatrix gegeben. Alternativ bietet dieses Verfahren die Möglichkeit, anstelle einer abschnitt-
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung
117
Abb. 2.3–37. Treppenkollektiv der mit dem Rechner aus der Übergangs-Matrix für einen Gauß-Prozess erzeugten Beanspruchungs-Zeit-Funktion, gültig für alle Unregelmäßigkeitsfaktoren [110]
Abb. 2.3–38. Spektrale Leistungsdichte-Verteilung der mit dem Rechner erzeugten Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, nach Gaßner und Lowak
weisen Aufeinanderfolge unterschiedlicher stationärer Lastfolgen eine anteilige additive Überlagerung entsprechender Matrizen zu einer Summenmatrix vorzusehen, die dann zufallsartig abgearbeitet wird. Erfahrungen und Empfehlungen Mittlerweile darf man feststellen, dass sich die Standard-Lastfolgen auf der Grundlage von Übergangsmatrizen praktisch bewähren. Dennoch sollte ihre
118
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
– Bezogene Spannungsamplitude sai /S a
1,0
0,5
0,0 100
102
104
106
Abb. 2.3–39. Anomalie der Stufenhäufigkeiten hi bei fehlendem Term (1 + W) in Gl. (2.3–21) bzw. im Ablaufplan nach Abb. 2.3–34, hier gezeigt am Beispiel der Zufallslastfolge für H0 / HP = 0,7, nach Abb. 2.3–36
endgültige Festschreibung sowie eine künftige Anwendung des Verfahrens folgende Erkenntnisse berücksichtigen [112]: Vielfach kam und kommt noch eine ursprüngliche Variante des Verfahrens zur Anwendung, bei der die Veränderung des Parameters B durch den Term 1 + W in Gl. (2.3–21) noch nicht vorgenommen ist. Dadurch folgen Übergänge, die zum zeitlichen Mittelwert symmetrisch und unschwer in Abb. 2.3–36 zu erkennen sind, in kurzem zeitlichen Abstand aufeinander. Diese den Zufallscharakter störende Symmetrie zeigt sich auch in Kollektiven, die nach dem Spannenpaar-Verfahren erhalten werden, Abb. 2.3–39. Durch den Zusatzterm 1 + W in Gl. (2.3–21) werden in diesem Punkt verbesserte statistische Eigenschaften erzielt. Ausgehend von den für n = 32 Klassen berechneten Matrix-Elementen fällt der zeitliche Mittelwert auf die Grenze der Klassen 16 und 17. Insofern ist er niemals als Umkehrpunkt in der erzeugten Sollwertfunktion enthalten. Der zeitliche Mittelwert stellt jedoch eine wichtige Kontrollgröße dar, sodass es sich empfiehlt, von einer ungeraden Anzahl von Klassen, z.B. n = 31, auszugehen, womit sich der Mittelwert durch entsprechende Umkehrpunkte markiert. Weiterhin empfiehlt sich aus den dargelegten Gründen die Berechnung der Matrix-Elemente für die amplitudengetreueren Rechteckelemente [112] und ihre Rundung dergestalt, dass auf die höchste Stufe der Treppenkurve, Abb. 2.3–37, die zutreffendere Häufigkeit hi = 2 entfällt, Abschn. 3.2.5.
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung
119
Und schließlich wäre zu berichtigen, dass die Matrizen auch tatsächlich – für einen Gaußprozess mit H0 = 1 · 106 Mittelwertdurchgängen bestimmt sind, was wegen der zu null gesetzten Elemente auf der Hauptdiagonalen bedingt, dass die Matrizen selbst pro Durchlauf eine Mittelwertdurchgangszahl – H0 < 1 · 106 liefern. Die bisher definierten Matrizen [110, 112] beinhalten hin– gegen sogar wenig mehr als H0 = 1 · 106 Mittelwertdurchgänge, sodass die damit versuchstechnisch ermittelten Lebensdauerwerte um den genannten Fehler der Mittelwertsdurchgangszahl zu ungünstig ausfallen. Als eindeutige Vorzüge von Standard-Lastfolgen der beschriebenen Art lassen sich anführen: – Die mathematische Prozedur, die Matrix-Elemente und alle erforderlichen Parameter sind eindeutig definiert. – Das Kollektiv der Überschreitungshäufigkeiten ist gleich dem eines stationären Gauß-Prozesses. – Der Kollektivhöchstwert und die zugehörige Mittelspannung können beliebig gewählt werden. – Der Unregelmäßigkeitsfaktor der Beanspruchungs-Zeit-Funktion ist vorgebbar, ohne dass sich die Kollektivform ändert. – Die Abfolge der Ober- und Unterwerte ist eindeutig beschrieben und reproduzierbar. – Eine Veränderung der Prüffrequenz bleibt ohne Auswirkung auf die Abfolge der Ober- und Unterwerte. – Identische Lastfolgen sind in jedem Laboratorium darstellbar, unabhängig vom Typ des eingesetzten Rechners und von Bedienungseinflüssen. – Die eindeutige Abfolge der Ober- und Unterwerte eröffnet neue Möglichkeiten zum Studium der Schädigungsakkumulation. Ganz allgemein bleibt noch auf folgenden Sachverhalt hinzuweisen: Allein mit einer gegebenen Übergangsmatrix ist die daraus entstehende SollwertFunktion nicht eindeutig bestimmt. Abbildung 2.3–40 veranschaulicht in ver-
a
b Abb. 2.3–40. Aus der gleichen Übergangsmatrix erzeugte Funktionsabläufe, nach LMSUnterlagen
120
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.3–41. Spannenpaar-Kollektive der aus der Übergangsmatrix für I = H0 /HP = 0,70 erzeugten Lastfolgen: (●) maximal schädigende Lastfolge, (¥) zufallsartige Standard-Lastfolge, (●) minimal schädigende Lastfolge [554]
einfachter Form, dass aus ein und derselben Übergangsmatrix sehr unterschiedliche Funktionsabläufe erzeugt werden können, wenn dies nach bewusst unterschiedlichen deterministischen Regeln geschieht. Pompetzki und Topper [114] beschreiben die Regeln, wie aus einer Übergangsmatrix die minimal oder maximal schädigende Sollwertfunktion erzeugt werden kann. Abbildung 2.3–41 zeigt die betreffenden Spannenpaar-Kollektive, die sich aus der Übergangsmatrix für einen Unregelmäßigkeitsfaktor I = H0 / HP = 0,70 herleiten; die Spannenpaar-Kollektive aus den Übergangsmatrizen für H0 / HP = 0,99 bzw. 0,30 sind hingegen deutlich weniger bzw. noch stärker verschieden. Daraus wird ersichtlich, dass auch die Bildungsgesetze für die zufallsartigen Standard-Lastfolgen in eindeutiger Weise vorgegeben sein müssen, wie es mit den Zufallsfolgen nach Gl. (2.3–21) bis Gl. (2.3–27) geschehen ist. Denn andere Vorgaben hätten andersartige Funktionsabläufe mit unterschiedlichem Schädigungspotential zur Folge.
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs Die Betriebsbeanspruchungen schwingbeanspruchter Bauteile laufen in den weitaus meisten Fällen zufallsartig ab. Durch ihre Aufzeichnung auf Magnetband oder in einer Datei werden sie als Beanspruchungs-Zeit-Funktionen einer analytischen Behandlung zugeführt, wobei entweder stochastische Prozesse oder Folgen zufälliger Ereignisse als die zutreffenden mathematischen Modelle gelten können. Die Vielfalt und die Verschiedenartigkeit der prak-
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs
121
tisch auftretenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen ist dabei im Grunde unbegrenzt. Zwar kann im Einzelfall ohne hypothetische Annahme eine hohe Verlässlichkeit der Lebensdauerbestimmung erzielt werden, wenn die unter Betriebsbedingungen gemessene und gespeicherte Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit einer geeigneten Prüfeinrichtung exakt und unter Beachtung aller Umgebungseinflüsse im Labor reproduziert wird. Das ist heute beim Betriebslastennachfahr-Versuch mit servohydraulischen Prüfmaschinen zwar im Grundsatz, aber doch nur unter den im Abschn. 2.3.4 genannten Einschränkungen möglich. Denn ein Betriebslastennachfahr-Versuch bewahrt die betriebsähnliche Abfolge der unterschiedlichen Spannungsausschläge, macht aber in der Regel aus Gründen der Mess- und Versuchszeit periodische Wiederholungen und Eingriffe in den zeitlichen Ablauf und damit in die spektrale Leistungsdichte-Verteilung erforderlich. Allgemeingültige Erkenntnisse zum Betriebsfestigkeits-Verhalten von Werkstoffen und Bauteilen dürften aus Betriebslastennachfahr-Versuchen mangels einer unmittelbaren Vergleichbarkeit der Ergebnisse nur schwerlich zu erarbeiten sein. Geeigneter dafür erweisen sich Versuchstechniken, die aus den physikalischen Grundlagen stochastischer Prozesse entwickelt wurden, wenngleich auch echte Zufallsprozesse eine beachtliche Vereinfachung betrieblicher Beanspruchungs-Zeit-Funktionen bedeuten können. Der stationäre Gaußprozess stellt insofern sicher nicht den Regelfall einer zufallsartigen Betriebsbeanspruchung dar, er kann jedoch als Grundtyp in der Abwandlung als quasistationärer Prozess für viele Anwendungen zugrunde gelegt werden. Die bestehenden und vorstehend beschriebenen Möglichkeiten werden mit Abb. 2.3–42 zusammenfassend aufgezeigt. Zusätzlich sind dort Zufalls-
a
e
b
f
c
g
d
h
Abb. 2.3–42a–h. Möglichkeiten der Sollwert-Erzeugung für Zufallslasten-Versuche, nach Jacoby und Nowack. a Betriebslastennachfahr-Versuch, analog, b BetriebslastennachfahrVersuch, digital, c Gauß’scher Zufallsprozess, stationär, d Gauß’scher Zufallsprozess, quasi-stationär, e Zufallsfolge ganzer Schwingspiele, f Zufallsfolge halber Schwingspiele, g Zufallsfolge von Spitzenwerten, h Zufallsfolge Markov’scher Übergänge
122 Abb. 2.3–43. Versuchsergebnisse zum Einfluss des Unregelmäßigkeitsfaktors, Kerbstab aus der Aluminium-Legierung AlCuMg2, Formzahl ak = 3,6 [115]
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit Unregelmäßigkeitsfaktor I
folgen einzelner oder halber Schwingspiele bzw. unabhängiger Umkehrpunkte aufgeführt, die heute kaum noch von Bedeutung sind und nicht näher erörtert wurden, weil bei ihnen gewisse Vorbehalte bezüglich ihrer statistischen Eigenschaften angebracht sind. Festgestellt werden kann, dass sich die Kollektivform auch bei Zufallslasten-Versuchen als die vorrangig entscheidende Einflussgröße darstellt. Hinter ihr treten sonstige, mit der spektralen Leistungsdichte-Verteilung gekennzeichnete Eigenschaften der Beanspruchungs-Zeit-Funktion als Einflussgrößen eindeutig zurück. Abbildung 2.3–43 zeigt Ergebnisse zum Einfluss des Unregelmäßigkeitsfaktors. Der experimentelle Befund ist nur zum Teil über eine Kollektivauswertung deutbar, Abb. 2.3–44. Nach Gaßner und Lowak [115] hält sich der Einfluss etwa in den Grenzen einer Lebensdauerveränderung im Verhältnis 1: 2, wenn zur Auswertung und Darstellung der Ergebnisse die ertragene – Schwingspielzahl N0 aus der Zahl der Mittelwertdurchgänge H0 bestimmt wird. Ausgehend von der Zahl der Scheitelwerte HP wäre die ertragene – Schwingspielzahl NP im Verhältnis 1 / I = HP / H0 größer. Digitale Verfahren tragen wesentlich dazu bei, die Handhabung von Zufallslasten-Versuchen zuverlässig und reproduzierbar zu gestalten. Diese Feststellung gilt insbesondere für die Standard-Lastfolgen auf der Grundlage von Übergangsmatrizen. Sie erweisen sich anwendbar auf eine Vielzahl von Problemstellungen und mit ihnen lässt sich vermeiden, dass die Wahl der Versuchsbedingungen eine Ermessensfrage bleibt. Sie schaffen somit die Voraussetzungen für vergleichbare Versuchsergebnisse und sie eröffnen so die Möglichkeit ihrer zusammenfassenden Auswertung, Abschn. 2.5.2. Sie bieten damit alle Voraussetzungen für eine zukünftig zu bevorzugende Versuchstechnik – bei der Ermittlung allgemeiner Betriebsfestigkeits-Daten zur Bemessung und Lebensdauerbeurteilung zufallsartig schwingbeanspruchter Bauteile,
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs
123
Abb. 2.3–44. Vom Unregelmäßigkeitsfaktor abhängige Unterschiede der nach verschiedenen Zählverfahren anfallenden Häufigkeitsverteilungen [115]
– bei Versuchen zur vergleichenden Bewertung der Betriebsfestigkeits-Eigenschaften von Werkstoffen und von Bauweisen, – bei Versuchen zur Optimierung der Bauteilgestalt und der Fertigungsbedingungen im Hinblick auf ein günstiges Betriebsfestigkeitsverhalten. Eine Einschränkung für die Anwendung von Sollwertfunktionen aus Übergangsmatrizen ist jedoch eindeutig dann geboten, wenn die Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit einer Markov’schen Abhängigkeit 1. Ordnung für die Folge ihrer Ober- und Unterwerte nicht zutreffend wiedergegeben werden kann. Als Beispiel einer in dieser Hinsicht ungeeigneten Beanspruchungs-Zeit-Funktion mag der Drehmomentenverlauf in den Achswellen eines Lastkraftwagens dienen, Abb. 2.3–4: Die gedämpft abklingenden Schwingungsvorgänge unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten als sie mit Häufigkeitsverteilungen für Übergänge zwischen Ober- bzw. Unterwerten durch Übergangsmatrizen beschrieben und reproduziert werden können. Auch für andere Anwendungsfälle wurden, so wie mit den Lastfolgen Twist [116] und Minitwist [119] nach Abschnitt 2.4, spezielle Standard-Lastfolgen definiert [446, 447], die im Abschnitt 5.2 aufgelistet sind.
124
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.4 Einzelfolgen-Versuche und spezielle Versuchstechniken 2.4.1 Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit veränderlicher Mittelspannung Die bisherigen Betrachtungen und Versuchstechniken betrafen Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit einer annähernd konstanten Mittelspannung. In Verbindung mit dieser annähernd konstanten Mittelspannung wurden sie als eine Folge von Schwingspielen oder als eine Folge von Umkehrpunkten behandelt. Abweichend davon kann es angezeigt sein, eine Beanspruchungs-ZeitFunktion als eine Folge komplexer Beanspruchungsabläufe aufzufassen und versuchstechnisch darzustellen, wenn diese Beanspruchungsabläufe insofern einen deterministischen Charakter aufweisen, als sich ihr zeitlicher Ablauf immer annähernd gleichartig vollzieht. Zwingend wird eine solche Betrachtungsweise, wenn es sich um Beanspruchungsabläufe mit auffälligen Veränderungen der Mittelspannung handelt, Abschn. 2.2.6. Ein typisches und häufig untersuchtes Beispiel dafür ist der sich von Flug zu Flug nahezu gleichartig wiederholende Spannungsablauf an der Flügelwurzel eines Transportflugzeugs, Abb. 2.4–1. Während des Stehens oder Rollens am Boden wird das Flugzeug vom Fahrwerk getragen und der Flügel wird auf seiner Unterseite durch Biegung aus seinem Eigengewicht und der Betankung auf Druck beansprucht. Mit dem einsetzenden Auftrieb beim Start übernimmt der Flügel seine Tragfunktion und wird auf seiner Unterseite auf Zug beansprucht. Beim Landen kehrt die Beanspruchung in den Druckbereich zurück. Dieses sogenannte Boden-Luft-Lastspiel bedeutet im
Abb. 2.4–1. Spannungsablauf im Zuggurt an der Flügelwurzel eines Transportflugzeugs, nach Svenson
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist
125
Wesentlichen eine quasistatische Veränderung der Mittelspannung. Ihr überlagern sich am Boden dynamische Beanspruchungen aus der Rollbahnunebenheit und im Flug dynamische Beanspruchungen aus Luftlasten. Die Anstellung der Landeklappen, der Treibstoff-Verbrauch und das erneute Betanken bringen zusätzliche Veränderungen dieser Mittelspannung. Damit zeichnen sich einzelne Abschnitte des Beanspruchungsablaufs für eine gesonderte Auswertung ab. Eine pauschalierende Auswertung ohne Beachtung der sich verändernden Mittelspannung und der aus den Boden-Luft-Lastspielen periodisch auftretenden Beanspruchungen im Druckbereich würde wesentliche Merkmale eines solchen Beanspruchungsablaufs vernachlässigen. Nach heutigem Erkenntnisstand führt die Vernachlässigung einer veränderlichen Mittelspannung auf eine deutliche Überschätzung der Lebensdauer sowohl in Versuchen wie auch bei einer Schädigungsakkumulations-Rechnung. Eine zutreffende Aussage über die Lebensdauer bei Beanspruchungs-ZeitFunktionen mit veränderlicher Mittelspannung kann demnach nur aus Versuchen mit einem Lastablauf erwartet werden, der dem betrieblichen Ablauf diesbezüglich angepasst ist. Für den Beanspruchungsablauf mit Boden-LuftLastspiel geschieht diese Anpassung durch einen Versuchsablauf in Form von Einzelflügen. Mit der Standard-Lastfolge Twist wurde dazu eine spezifische Versuchstechnik entwickelt und festgeschrieben.
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist Die Standard-Lastfolge Twist (Transport Wing Standard) [116] wurde aus Häufigkeitsverteilungen für das Biegemoment im Flügelwurzelbereich abgeleitet, die für eine Reihe ziviler und militärischer Transportflugzeuge aus Messungen oder Berechnungen vorlagen. Zur vergleichenden Auftragung sind sie in Abb. 2.4–2 jeweils auf 40000 Flüge und auf die im ungestörten Reiseflug auftretende Mittelspannung Sm, Flug bezogen, wobei zur besseren Übersicht nur die Oberwerte der Luftlasten und die Unterwerte der Bodenlasten aufgetragen sind. Die standardisierte Häufigkeitsverteilung stellt sich als eine Mittelung der einzelnen Verteilungen dar. Sie wurde getreppt, Abb. 2.4–3, und in Teilfolgen zu je 4000 Flügen unterteilt. Die Teilfolgen ihrerseits wurden, in Anlehnung an die Verhältnisse im Betrieb, in 10 Flugtypen A bis J mit unterschiedlicher Belastungs-Intensität und Lastspielhäufigkeit aufgeteilt, Tabelle 2.4–1, und zwar unter der Voraussetzung, dass die Häufigkeitsverteilungen für alle Flugtypen dem gleichen Verteilungsgesetz folgen und sich nur in ihrer Intensität unterscheiden. Die Standard-Lastfolge Twist ist nun dadurch gekennzeichnet, Abb. 2.4–4, – dass die so definierten Flugtypen A bis J innerhalb einer Teilfolge in einer Zufallsfolge auftreten,
126
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.4–2. Kollektive für die Flügelwurzel verschiedener Transportflugzeuge, jeweils für 40000 Flüge und bezogen auf die Mittelspannung im Flug [116]
Abb. 2.4–3. Kollektiv und Treppenkurve der Standard-Lastfolge Twist für 40000 Flüge [116]
– dass jeweils zwischen den Flügen deterministisch ein Boden-Luft-Lastspiel auf die Untergrenze der Rolllasten, d.h. auf – 0,5 Sm, Flug , eingefügt ist – und dass die weiteren Lastspiele innerhalb eines Flugs aus einer Zufallsfolge von positiven und negativen Halblastspielen bestimmt sind, die sich für jeden einzelnen Flug unterscheidet.
1
Überschreitungshäufigkeit
1
1
1 1 3 9 24 60 181 420 1090 2211
A B C D E F G H I J
I
3
2
1 1
II
8
5
1 1 1
III
26
18
4 2 1 1
IV
78
52
8 5 2 1 1
V
Anzahl der Böenlastspiele in den Stufen
Gesamtzahl der Lastspiele in allen Flügen
Anzahl Flüge in 4000 Flügen = 1 Teilfolge
Flugtyp
230
152
18 11 7 2 1 1
VI
Tabelle 2.4–1. Aufteilung des getreppten Kollektivs auf die Flugtypen A bis J [116]
1030
800
64 39 22 14 6 3 1
VII
5200
4170
112 76 61 44 24 19 7 1
VIII
40000
34800
391 366 277 208 165 115 70 16 1
IX
398665
358665
900 899 879 680 603 512 412 233 69 25
X
1500 1400 1250 950 800 650 490 250 70 25
Gesamtzahl der Lastspiele pro Flug
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist 127
128
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.4–4. Beispiele für verschiedene Flugtypen in der Standard-Lastfolge Twist [116]
a
b
c
Abb. 2.4–5a–c. Lebensdauerlinien a eines Kerbstabs ak = 2,5; b eines Kerbstabs ak = 3,6 und c einer zweischnittigen Fügung aus dem Werkstoff AlCuMg2 für die Standard-Lastfolge Twist ohne und mit Veränderungen des Kollektivs [118]
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge
129
Die dabei geltenden Zufallsfolgen und ihre Anfangsbedingungen sind in einem Rechnerprogramm festgeschrieben und somit eindeutig reproduzierbar [116]. Bei Versuchen für Bauteile der Flügelunterseite darf auf eine Wiedergabe der vornehmlich im Druckbereich auftretenden Lastspiele beim Rollen nachweislich verzichtet werden; sie müssen jedoch in den Lastablauf einbezogen werden, wenn Bauteile der Flügeloberdecke untersucht werden, weil dann diese Lastspiele im Zugbereich liegen [117, 118]. Eine weitere Variante ist die Lastfolge Minitwist, bei der die Lastspiele in der kleinsten Stufe mit Rücksicht auf die Versuchsdauer in ihrer Häufigkeit auf 1/4 verringert wurden [119]. Typische Ergebnisse aus Versuchen mit der Standard-Lastfolge Twist bei denen die Spannung Sm, Flug als Maß für die Beanspruchungshöhe dient, zeigt Abb. 2.4–5.
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge Eine Standard-Lastfolge sollte ihrem Bestimmungszweck entsprechend im Mittel der interessierenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen und Kollektivformen zutreffen. Im Anwendungsfall sollte dann auch die Umrechnung auf eine abweichende, aber im Grunde ähnliche Kollektivform mit kleinem Fehler möglich sein. Experimentell wurde dazu von Schütz und Lowak [120] untersucht, wie sich Abwandlungen des Kollektivs der Standard-Lastfolge Twist auf die Lebensdauer auswirken und wie derartige Einflüsse durch eine Schädigungsakkumulations-Rechnung erfasst werden können, Abschn. 3.2.12. Folgende Veränderungen der Standard-Lastfolge wurden untersucht, Abb. 2.4–6: – Weglassen der kleinsten Stufe der Luftlasten (Omission), – Begrenzung des Kollektivhöchstwertes (Truncation), – Abändern des Unterwertes des Boden-Luft-Lastspiels. Einheitlich zeigen sich dabei für Kerbstäbe mit ak = 2,5 oder 3,6 und für eine zweischnittige Fügung folgende Tendenzen, wenn auch in verschieden starker Ausprägung, Abb. 2.4–5: – Das Weglassen der kleinsten Stufe führt auf eine etwas verlängerte Lebensdauer, das heißt, auch die kleine Stufe der Standard-Lastfolge bewirkt noch einen merklichen Schädigungsbeitrag. – Die Begrenzung des Kollektivhöchstwertes verringert die Lebensdauer, das heißt, in der Standard-Lastfolge hat der Kollektivhöchstwert einen günstigen Einfluss auf die Lebensdauer, insbesondere bei der Fügung. – Das Abändern des Unterwertes des Boden-Luft-Lastspiels von – 0,5 · Sm, Flug auf – 1,0 · Sm, Flug vermindert, das Abändern von – 0,5 · Sm, Flug auf 0,0 · Sm, Flug verlängert die Lebensdauer gegenüber der Lebensdauer für die Standard-Lastfolge.
130
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.4–6. Untersuchte Veränderungen des Twist-Kollektivs [118]
Einflüsse auf die Lebensdauer Eine Erklärung dieser experimentellen Befunde muss mindestens vier Einflüsse berücksichtigen: Als erster Einfluss zeigt sich bei der Fügung, im Gegensatz zu den Kerbstäben, ein komplexerer, bei Zug- und Druckbeanspruchung andersartiger Mechanismus der Kraftübertragung, was sich in einer unterschiedlichen Ausprägung der genannten Einflüsse auf die Lebensdauer widerspiegelt. Als zweiter Einfluss ist die Schädigung zu nennen, die sich abhängig von der Amplitude und Häufigkeit der Schwingspiele ergibt. Sie verändert sich beim Weglassen der kleinsten Stufe aufgrund der großen Häufigkeiten der an sich kleinen Amplituden merklich. Bei der Begrenzung des Kollektivhöchstwertes oder bei Abänderung des Unterwertes des Boden-Luft-Lastspiels verändern sich zwar gerade die größten Amplituden der Beanspruchungs-Zeit-Funktion, aber ohne nennenswerte Auswirkung auf die Schädigung, weil ihre Häufigkeit zu gering ist. Als dritter Einfluss ist die tatsächlich wirksame Mittelspannung anzuführen, die sich im Kerbgrund als Folge von Eigenspannungen einstellt. Die Eigenspannungen entstehen dort aus einer örtlichen Überschreitung der Dehngrenze: Am Beispiel des Kerbstabs mit ak = 3,6 errechnet sich z.B. für elastisches Werkstoffverhalten bei Sm, Flug = 110 N/mm2 mit So = 2,6 · Sm, Flug eine Kerbspannung smax = 1030 N/mm2 gegenüber einer Ist-Dehngrenze der Legierung AlCuMg2 von 378 N/mm2. Als Folge der Dehngrenzenüberschreitung unter der maximalen Zugspannung bilden sich bei Entlastung im Kerbgrund Druckeigenspannungen aus, Abb. 2.4–7. Sie senken die wirksame
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge
131
Abb. 2.4–7. Ausbildung von Eigenspannungen im Kerbgrund bei Entlastung nach vorangegangener überelastischer Belastung
Mittelspannung und erhöhen die Lebensdauer. Bei abgemindertem Kollektiv-Höchstwert ist der Grad der Dehngrenzenüberschreitung und damit auch dieser Lebensdauer-Einfluss vermindert. Einer Ermittlung des elastischplastischen Kerbgrund-Verhaltens und den daraus entstehenden Einflüssen gelten die Ausführungen im Abschn. 2.4.4. Als vierter Einfluss und in Wechselwirkung mit den Eigenspannungszuständen im Kerbgrund äußert sich eine entweder verzögerte oder eine beschleunigte Rissentstehung bzw. Rissausbreitung. Auf diesen Sachverhalt beziehen sich die im Abschn. 2.4.5 beschriebenen Untersuchungen.
Abb. 2.4–8. Beeinflussung der Lebensdauer eines Kerbstabs durch das Weglassen der hohen Stufen eines Kollektivs [121]
132
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Ein anderes aufschlussreiches Beispiel zum Einfluss des Kollektiv-Höchstwertes auf die Lebensdauer beschrieb Gaßner [121] anhand von Abb. 2.4–8: Eine Begrenzung des Kollektivhöchstwertes von ursprünglich 215 N/mm2 auf 175 N/mm2 bewirkte eine Abminderung der Lebensdauer auf 65%, die sich wie vorstehend erklären lässt. Eine noch weitergehende Begrenzung des Kollektiv-Höchstwertes auf 124 N/mm2 brachte sodann jedoch wieder einen Anstieg der Lebensdauer auf 85%, weil sich mit dieser weiteren Abminderung nun auch die Schädigung merklich verringerte, Abschn. 3.2.3.
2.4.4 Experimentelle Ermittlung der Kerbgrund-Beanspruchung Zur Deutung der im vorstehenden Abschnitt erörterten Versuchsergebnisse versprechen Studien der tatsächlichen Beanspruchungs-Situation im schwingbruchkritischen Kerbgrund einen weitergehenden Aufschluss über Lebensdauer-Einflüsse aus komplexen Beanspruchungsabläufen. Für solche Studien bietet sich in erster Linie eine experimentelle Ermittlung und Simulation der Kerbgrund-Beanspruchung bei dünnen Kerbscheiben an, denn bei dünnen Kerbscheiben liegt am Kerbrand ein einachsiger Spannungszustand vor. Der zeitliche Ablauf der Kerbgrund-Beanspruchung ist damit an einem ungekerbten Prüfstab nachstellbar. Die entsprechende Versuchsmethodik ist als Begleitproben-Versuch bekannt, Abschn. 3.3.2. Abbildung 2.4–9 zeigt die aus einer Untersuchung von Schütz [122] gewonnenen Kurven des Spannungs-Dehnungs-Ablaufs an einem Kerbstab unter einer Einzelflugfolge mit geblockten Luftlasten in einem Ausschnitt, der wegen des erstmaligen Auftretens der höchsten Laststufe I im Flug 100 besonders interessant ist. Die Kerbgrund-Dehnungen bei den Oberspannungen in hohen Laststufen liegen im plastischen Bereich und bewirken eine deutliche Verschiebung der Kerbgrund-Mitteldehnung. Sie wird jedoch bei der niedrigen Unterspannung aus dem Boden-Luft-Lastspiel teils wieder rückgängig gemacht. Darüber hinaus bleibt die Kerbgrund-Mitteldehnung jeweils über die erste und über die zweite Hälfte der geblockten Luftlasten eines Flugs nahezu konstant. Zu jedem Halbschwingspiel kann die zugehörige Kerbgrund-Mittelspannung abgelesen werden. Abbildung 2.4–10 veranschaulicht die sich über etwa 700 Flüge vollziehenden Veränderungen der Kerbgrund-Mitteldehnung und der KerbgrundMittelspannung, bis sich ein annähernd stabilisierter Zustand einstellt. Ihre Bewertung muss berücksichtigen, dass die Stufe I mit der höchsten Luftlast nur in den Flügen 100, 300, 500, 700, 900 usw. und zudem, wie auch bei allen übrigen Flügen, jeweils abwechselnd mit einer Ober-Unterspannungsfolge oder mit einer Unter-Oberspannungsfolge auftritt. Zum Vergleich sind auch Messwerte für den Einzelflug-Ablauf ohne Boden-Luft-Lastspiel angeführt. Für den stabilisierten Zustand lassen sich wirksame Kerbgrund-Mittelspannungen von +124 N/mm2 bzw. +55 N/mm2 und, als Differenz zur quasi-
2.4.4 Experimentelle Ermittlung der Kerbgrund-Beanspruchung
133
Abb. 2.4–9. Hysteresekurven der gemessenen Kerbgrunddehnung und der Nennspannung sowie der Kerbgrunddehnung und der Kerbgrundspannung, experimentell ermittelt für eine vereinfache Einzelflugfolge [122]
134
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.4–10. Veränderung der Kerbgrund-Mitteldehnung und der Kerbgrund-Mittelspannung über die ersten 700 Flüge [122]
2.4.5 Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts
135
elastischen Kerbgrund-Mittelspannung von 350 N/mm2, wirksame Eigenspannungen von –226 N/mm2 bzw. –295 N/mm2 ablesen. Damit konnte Schütz [122] belegen, dass der nachteilige Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels nicht aus einem Entstehen von ungünstigen Zugeigenspannungen, sondern vielmehr aus einem Abbau günstiger Druckeigenspannungen erklärbar ist.
2.4.5 Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts Da sich kein physikalisch sinnvolles Kriterium zur Abgrenzung der Lebensdauer bis Anriss von der Lebensdauer unter Rissfortschritt angeben lässt, ist diese Abgrenzung im Grunde willkürlich wählbar und praktisch danach bestimmbar, in welcher Größe ein Anriss als eindeutig feststellbar und welche Rissgröße somit als Auswertekriterium gelten kann. Die Gesamt-Lebensdauer bleibt jedoch als Summe der Lebensdauer bis Anriss und der Lebensdauer unter Rissfortschritt von dieser Abgrenzungs-Problematik unbeeinflusst die gleiche. Dass also kleinere Risse innerhalb der Gesamt-Lebensdauer entweder noch der Anrissphase oder schon der Rissfortschrittsphase zugerechnet werden können, ohne dass sich dies auf die Gesamt-Lebensdauer auswirkt, heißt aber auch, dass die Lebensdauer bis Anriss und die Lebensdauer unter Rissfortschritt in gleichartiger Weise von Einflüssen der Beanspruchungsfolge bestimmt sein müssen. Allenfalls kann ein gradueller Unterschied dieser Einflüsse gegeben sein. Somit müssen diese Einflüsse aber auch in Abhängigkeit von der Rissgröße wie auch in Abhängigkeit von der Spannungshöhe be-
Risslänge l in mm
Lebensdauerspannen für Rissfortschritt
Lebensdauerspannen für Rissentstehung
Abb. 2.4–11. An einem Kerbstab bestimmte Lebensdauerspannen bis zum 2 mm-Anriss und unter Rissfortschritt für drei Varianten einer Einzelflugfolge bei unterschiedlich begrenzten Spannungsamplituden Sa, max des Böenkollektivs (Sm, Flug = 70 N/mm2), nach Schijve [117]
136
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit Risslänge a
Rissfortschrittsrate da/dn
Schwingspielzahl n
Abb. 2.4–12. Durch eine einzelne Überlast im Wöhler-Versuch bewirkte Verzögerung des Rissfortschritts, nach Führing und Seeger; nSP = durch die Spitzenlast beeinflusste Zahl der Schwingspiele, nK = ohne die Spitzenlast zu erwartende Zahl der Schwingspiele, nV = auf die Verzögerung entfallende Zahl der Schwingspiele
trachtet werden, was bislang noch nicht konsequent geschah. Beispielsweise belegt Abb. 2.4–11 solche graduell unterschiedliche Lebensdauer-Einflüsse dadurch, dass sich der Lebensdauer-Anteil bis zur Bildung eines Anrisses von 2 mm Länge und der Lebensdauer-Anteil für einen Rissfortschritt von 2 auf 70 mm Risslänge bei den drei untersuchten Lastfolgen beachtlich unterscheiden [117]. Andererseits werden Untersuchungen über Einflüsse auf die Lebensdauer unter Rissfortschritt dadurch erleichtert, dass die auftretende Schädigung als Zunahme der Risslänge erkennbar ist und lebensdauersteigernde Einflüsse durch eine Verzögerung des Rissfortschritts und lebensdauermindernde Einflüsse durch eine Beschleunigung des Rissfortschritts messbar sind, Abschn. 3.4. Klassisches Beispiel dafür ist die Verzögerung des Rissfortschritts im Wöhler-Versuch zufolge einer einzigen Überlast, Abb. 2.4–12. Während die Risslängen-Kurve normalerweise monoton ansteigt, verläuft sie flacher, nachdem die Überlast einwirkte. Nach einigem weiteren Rissfortschritt wird die Kurve wieder steiler und zeigt im Weiteren schließlich den normalen, der Risslänge entsprechenden Verlauf, doch um einen Betrag über der Lebensdauerachse nach rechts verschoben, der der eingetretenen Lebensdauersteigerung entspricht. Je höher die Überlast, desto flacher knickt die Kurve ab; im Extremfall kann sie horizontal verlaufen und es findet kein weiterer Rissfortschritt statt. Generell werden Verzögerungen des Rissfortschritts durch sprunghafte Veränderungen von hohen zu niedrigen Belastungen, Beschleunigungen des Rissfortschritts durch sprunghafte Veränderungen von niedrigen zu hohen Belastungen hervorgerufen [123, 124], Abb. 3.4–16. Bei zufallsartigen LastZeit-Funktionen treten solche Verzögerungs- und Beschleunigungs-Effekte in großer Zahl auf. Sie überlagern sich gegenseitig und stehen dadurch untereinander in komplizierter Wechselwirkung, Abschn. 3.4.8 und 3.4.9.
2.4.6 Kritik des Einzelfolgen-Versuchs
137
a
b Abb. 2.4–13. Einfluss der auf Sa, max abgeminderten Oberspannung einer Einzelflugfolge mit zufallsartigen Böenlastspielen auf die Rissfortschrittsrate, Werkstoff 7075-T6 [117]; a Boden-Luft-Lastspiel ohne Roll-Lastspiele, Smin = – 3,4 · Sm, Flug b Boden-Luft-Lastspiel mit Roll-Lastspiele, Smin = – 1,4 · Sm, Flug
Die Abb. 2.4–13 und 2.4–14 aus Untersuchungen von Schijve [117] und von Wanhill [125] veranschaulichen als Beispiele, wie sich die Rissfortschrittsrate da / dn unter einer Einzelflugfolge von Flugtyp zu Flugtyp und abhängig von der größten Ober- und Unterspannung risslängenabhängig verändert. Die größten auftretenden Ober- und Unterspannungen erweisen sich bei diesen Rissfortschritts-Versuchen gleichfalls als die entscheidenden Kennwerte einer ansonsten vorgegebenen Einzelflug-Lastfolge.
2.4.6 Kritik des Einzelfolgen-Versuchs Der Einzelfolgen-Versuch dient einer zweckentsprechenden versuchstechnischen Behandlung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die in ihrem Erscheinungsbild durch mehr oder weniger streng determinierte und sich in ähnlicher Weise wiederholende Abfolgen gekennzeichnet sind, wobei diese determinierten Abfolgen ihrerseits stochastischen Charakter haben können.
138
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.4–14. Bei der Lastfolge Twist durch Flüge mit hohen Böenlasten verursachte Verzögerung des Rissfortschritts [125]
Sie gestatten eine fallspezifische Abhandlung solcher BeanspruchungsZeit-Funktionen mit dem Ziel, den dabei zutage tretenden Reihenfolge-Einflüssen mit einem wirklichkeitsnahen Versuchsablauf bestmöglich zu entsprechen. Die Ergebnisse sind deshalb in aller Regel auch nur für den betreffenden Einzelfall von praktischer Bedeutung. Breite Anwendung erlangten Einzelfolgen-Versuche in der Form von Einzelflug-Versuchen. Die daraus gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse sind für den Flugzeugbau von konkretem Interesse. Wegen der dabei markanten Reihenfolge-Einflüsse aus dem Boden-Luft-Lastspiel gelten sie darüber hinaus aber auch als Prüfstein für die Leistungsfähigkeit von Verfahren der Schädigungsakkumulations-Rechnung. In dieser Eigenschaft werden sie auch in den Abschn. 3.3.2, 3.3.5, 3.3.6 und 3.4.8 herangezogen.
2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb
139
2.5 Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten 2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb Die Frage nach der Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeitswerten auf das Bauteilverhalten im Betrieb lässt sich zurückführen auf die Fragestellung, wie gut eine aus Laborversuchen abgeleitete Lebensdauerlinie geeignet ist, die Lebensdauer eines schwingbruchgefährdeten Bauteils unter seinen wirklichen Betriebsbedingungen zu beschreiben. Gaßner und Lipp führten seit 1960 über mehr als ein Jahrzehnt hinweg eingehende und systematische Untersuchungen zu dieser Frage durch, indem sie die Lebensdauerwerte aus Versuchen unter einer echten Betriebslastenfolge, den sogenannten Betriebslasten-Versuchen, verglichen mit den Lebensdauerwerten, die sie im Labor für die betreffende betriebliche Lastfolge mit Blockprogramm-Versuchen oder mit Betriebslastennachfahr-Versuchen erzielten [126–128]. Zu diesem Zweck erstellten sie eine spezielle Versuchseinrichtung, die die gleichzeitige Biegebelastung von 10 gekerbten Prüfstäben gestattete, Abb. 2.5–1. Die Prüfstäbe von 7 mm Durchmesser hatten in der Biegeebene eine Querbohrung von 1 mm Durchmesser, die eine Formzahl ak = 2,15 ergab. Die Versuchseinrichtung konnte im Kofferraum eines Volkswagens montiert und mit einem Übertragungshebel an die Hinterachse angeschlossen werden. Aus den Vertikalbewegungen der Hinterachse im normalen Fahrbetrieb übertrug sich dann eine wirklichkeitsgetreue Beanspruchungs-Zeit-Funk-
Abb. 2.5–1. Prinzip der Vielproben-Versuchseinrichtung im Kofferraum eines Volkswagens [126–128]. A Hinterachse D Drehfeder G Zählwerke B Schwingweg E Prüfstäbe 1 bis 10 H KofferraumC Verstell-Kupplung F Kontaktgeber boden
140
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
tion auf die Prüfstäbe. Ihre Mittelspannung wurde für jeden Beladezustand des Fahrzeugs auf Null eingestellt. Durch vorgeschaltete weiche Drehfedern blieb die Beanspruchungshöhe auch bei angerissenen Prüfstäben weitestgehend konstant. Über die Steifigkeit der Drehfedern war die Beanspruchungshöhe so abgestimmt, dass einer der Prüfstäbe auf einem oberen Prüfhorizont bereits nach etwa 1500 km Fahrstrecke, zwei weitere auf einem mittleren Horizont nach etwa 5000 km und die restlichen sieben auf einem unteren Horizont nach etwa 30000 km zu Bruch gingen. Später wurden dann auch noch Versuche auf mehr als 100000 km ausgedehnt. In Abb. 2.5–2 sind Ergebnisse aus solchen Betriebslasten-Versuchen für Kerbstäbe aus Stahl 41Cr4 mit der ertragenen Anzahl – der Mittelwertdurchgänge N0 zu einer Lebensdauerlinie aufgetragen. Um die während des Betriebslasten-Versuchs einwirkende Beanspruchung zu kennen und als Kollektiv zu erfassen, übertrug sich der Schwingweg über Kontaktgeber auf Zählwerke. Schon für Strecken von 1000 km stellte sich als Kollektivform eine Geradelinien-Verteilung ein, und zwar mit bemerkenswert geringer Streuung um ein ausmittelndes Geradelinien-Kollektiv, Abb. 2.5–3. Unter Ansatz des ausmittelnden Kollektivs, das mit 8 Stufen bei einem – Teilfolgenumfang H0 = 3 · 105 getreppt wurde, erlaubte die gleiche Versuchseinrichtung mit gleichartigen Prüfstäben die Durchführung von Blockprogramm-Versuchen im Labor; sie wurde dazu durch einen einstellbaren Exzenter angetrieben. Die betreffenden Versuche belegten eine Lebensdauerlinie, die mit einer flacheren Neigung zwei- bis dreifach höhere Lebensdauerwerte auswies, als die Lebensdauerlinie aus den Betriebslasten-Versuchen, Abb. 2.5–2.
Abb. 2.5–2. Statistisch belegte Lebensdauerlinien aus Betriebslasten-Versuchen und aus Labor-Versuchen [127, 128]
2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb
141
Abb. 2.5–3. Kollektive der Überschreitungshäufigkeiten, ermittelt während der Betriebslasten-Versuche für je 1000 km Fahrstrecke und ausmittelnd für die Labor-Versuche zugrunde gelegt [127, 128]
– Mit einem verkürzten Teilfolgenumfang von H0 = 5 · 103 und einer dabei häufigeren Durchmischung der Laststufen ergaben Blockprogramm-Versuche deutlich niedrigere Lebensdauerwerte, die sich besser mit den Ergebnissen der Betriebslasten-Versuche deckten [92, 127]. Für die Betriebslastennachfahr-Versuche wurde die einwirkende Beanspruchung während der Betriebslasten-Versuche auf Magnetband aufgezeichnet. Bei der geringen Streuung der Kollektive, Abb. 2.5–3, durfte sich die Messung – auf 1500 km entsprechend H0 = 2,41 · 105 Mittelwertdurchgänge beschränken. Diese Lastfolge wurde vom Magnetband unmittelbar und in entsprechend häufiger Wiederholung als Sollwertfunktion für die BetriebslastennachfahrVersuche verwendet. Die gewonnenen Ergebnisse decken sich innerhalb enger Grenzen mit den Ergebnissen der Betriebslasten-Versuche, Abb. 2.5–2. Weitere Zufallslasten-Versuche, für die das geradlinige Kollektiv analog als – quasistationärer Gauß-Prozess mit fünf Intensitätsstufen und H0 = 6 · 105 Mittelwertdurchgängen dargestellt wurde, lieferten gegenüber den Betriebslasten- und Betriebslastennachfahr-Versuchen allerdings eindeutig höhere Lebensdauerwerte, Abb. 2.5–2. Für diesen unerwarteten Befund fehlt bislang eine Erklärung; sie dürfte jedoch in der seinerzeitigen Technik der analogen Sollwerterzeugung zu suchen sein.
142
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Folgerungen Aus diesen Ergebnissen von Gaßner und Lipp für Kerbstäbe aus dem Stahl 41Cr4 und aus gleichartigen, hier nicht angeführten Ergebnissen für Kerbstäbe aus der Aluminiumlegierung AlCuMg2 darf gefolgert werden: – Die im Betriebslasten-Versuch ermittelten Lebensdauerlinien und die Lebensdauerlinien aus Betriebslastennachfahr-Versuchen zeigen keine statistisch signifikanten Unterschiede. – Zufallslasten-Versuche mit einer synthetisch erzeugten BeanspruchungsZeit-Funktion können hingegen merkliche Unterschiede gegenüber der realen Lebensdauer nach Betriebslasten-Versuchen bringen. – Blockprogramm-Versuche führen, insbesondere im Bereich der praktisch – interessierenden Mittelwertdurchgangszahlen N 0 > 107, zu einer Überschätzung der realen Lebensdauer nach Betriebslasten-Versuchen. – Eine bessere Durchmischung der Lasten in Blockprogramm-Versuchen durch drastisch verkürzte Teilfolgen lässt eine Annäherung an die realen Lebensdauerwerte erreichen. – Bei hohen Mittelwertdurchgangszahlen ist eine möglicherweise auf Korrosionseinflüsse zurückführbare Tendenz erkennbar, sodass die ohne Unterbrechung und bei gleichen Umgebungsbedingungen im Labor durchgeführten Betriebslastennachfahr-Versuche höhere Lebensdauerwerte liefern als die über mehrere Jahre unter wechselnden Witterungsbedingungen durchgeführten Betriebslasten-Versuche. – Der Unterschied zwischen den Lebensdauerwerten aus den Betriebslasten- und den Blockprogramm-Versuchen bleibt auch bei einem Korrosionsschutz der Kerbstäbe bestehen. – Der zu verzeichnende Unterschied der Lebensdauerwerte aus den Betriebslasten- und den Blockprogramm-Versuchen kann angesichts des in beiden Fällen gleichen Beanspruchungskollektivs nur in der abweichenden Reihenfolge begründet sein, mit der die unterschiedlich hohen Beanspruchungswerte auftreten. Es darf somit der Schluss gezogen werden, dass im Sinne der vorgenannten Fragestellung eine Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeitswerten im Grundsatz gegeben ist. Entscheidende Voraussetzung dabei ist, dass die Lebensdauerlinie mit einer dem betrieblichen Beanspruchungsablauf unmittelbar entsprechenden, zufallsartigen Beanspruchungsfolge ermittelt wird. Ergänzende Untersuchungen erscheinen jedoch erforderlich, um festzustellen, nach welchen Kriterien eine zutreffende Sollwertfunktion für ZufallslastenVersuche erzeugt werden kann. Die durchgreifende Vereinfachung des betrieblichen Beanspruchungsablaufs für den Blockprogramm-Versuch kann hingegen die Übertragbarkeit entsprechender Versuchsergebnisse in Frage stellen. In dieser Bewertung des Blockprogramm-Versuchs werden die Feststellungen von Gaßner und Lipp mittlerweile durch zahlreiche weitere Beispiele im Schrifttum qualitativ bestä-
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss
143
tigt. Zu untersuchen bleibt, inwieweit die sich daraus ergebende Überschätzung der Lebensdauer als ein gesetzmäßig fassbarer Reihenfolge-Einfluss und damit als am Ergebnis nachträglich korrigierbar erweist, Abschn. 2.5.2. Unverzichtbar ist aber auch die Anmerkung, dass eine in einer Einzeluntersuchung unter den dortigen speziellen Bedingungen festgestellte Fehleinschätzung der Lebensdauer als Zahlenwert nicht verallgemeinert werden sollte, weil solche Zahlenwerte nicht unerheblich streuen und ein Einzelwert somit die Vielfalt der praktisch auftretenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die verschiedenartigen Bauteil- und unterschiedlichen Werkstoffeigenschaften sowie sonstige Einflussgrößen der Betriebsfestigkeit nur beispielhaft berücksichtigt.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss In ihrem Bericht über die Sollwerterzeugung aus Übergangsmatrizen [110] legten Fischer, Hück, Köbler und Schütz auch eine Schrifttumsauswertung vor, die eine Gegenüberstellung der damals verfügbaren Ergebnisse aus Blockprogramm-Versuchen und Zufallslasten-Versuchen zum Ziel hatte. Daten aus rund 30 von 75 zitierten Veröffentlichungen boten sich dazu an. Als Zufallslasten-Versuch gewertet wurde jede Versuchsart, deren Lastfolge zufallsartigen Charakter hatte, was auch Einzelflug-Versuche mit oder ohne Boden-Luft-Lastspiel einschloss. Als gesicherte Erkenntnis durfte gelten, dass das Kollektiv als entscheidendes Merkmal einer Zufallslastfolge anzusehen ist, und dass deshalb nur Versuchsreihen mit vergleichbarem Kollektiv für die Auswertung in Betracht kommen konnten. Zu beachten war jedoch, dass sich das Kollektiv abhängig vom angewandten Zählverfahren erweist, wobei aber dieser Einfluss bei gewissen Lastfolgen, wie z.B. bei einem schmalbandigen Gauß-Prozess, nicht oder kaum besteht. Die Auswertung sollte zeigen, welchen weiteren Parametern einer zufallsartigen Lastfolge ein wesentlicher Einfluss auf die Betriebsfestigkeit von Werkstoffen und Bauteilen beizumessen ist, auch wenn die eingeschränkte Vergleichbarkeit der bis dato verfügbaren Daten lediglich Tendenzen aufzuzeigen gestattete. Im Einzelnen wurden bei dieser Auswertung die Lebensdauerwerte aus Blockprogramm-Versuchen auf die Lebensdauerwerte aus den vergleichbaren Zufallslasten-Versuchen bezogen. Die Lebensdauer wurde mit der Zahl der Mittelwertdurchgänge oder mit anderen ihr proportionalen Kenngrößen jeweils für Pü = 50% angesetzt und die Beanspruchungshöhe durch den Kol– lektiv-Höchstwert Sa bzw. mittelbar über den rms-Wert gekennzeichnet. Die so erhaltenen 67 Verhältniszahlen für Lebensdauerwerte aus Blockprogramm- und Zufallslasten-Versuchen sind in Abb. 2.5–4 als Histogramme aufgetragen. Durch Aufteilung nach Versuchen mit und ohne Boden-Luft-
144
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.5–4. Ergebnis einer Schrifttumsauswertung zum Reihenfolgeeinfluss bei Blockprogramm- und Zufallslasten-Versuchen [110]
Lastspiel und nach Versuchen ohne Einfluss des Zählverfahrens werden zusätzliche Aufschlüsse geboten. Diese Darstellung zeigt: – Die Lebensdauer nach Blockprogramm-Versuchen liegt in 80% aller Fälle und im Mittel um den Faktor 1,74 höher als in Zufallslasten-Versuchen, d.h. auf der unsicheren Seite. Besonderheiten der Beanspruchungs-ZeitFunktion, wie sie z.B. mit dem Boden-Luft-Lastspiel gegeben sind, ändern praktisch nichts an diesem Sachverhalt. – Die große, aus den Histogrammen erkennbare Streubreite der Verhältniszahlen ist den zahlreichen, nicht erfassten Einflussgrößen sowohl sachlicher wie aber auch versuchstechnischer Art zuzuschreiben, die in den Vergleich eingehen. Innerhalb dieser Streubreite sind eindeutige Einflüsse des Werkstoffs, der Kollektivform, des Spannungsverhältnisses oder unterschiedlicher Formzahlen nicht ausweisbar. – Bei alleiniger Betrachtung von Vergleichsreihen, bei denen das Zählverfahren keinen Einfluss hat, ist die Übereinstimmung der Lebensdauerwerte im Mittel nur wenig besser, die Streubreite der Verhältniszahlen aber deutlich vermindert. – In allen betrachteten Fällen liefern Zufallslasten-Versuche einen steileren Verlauf der Lebensdauerlinie als Blockprogramm-Versuche, ein Sachverhalt, den es bei der fast immer notwendigen Extrapolation von Versuchsergebnissen auf die praktisch interessierenden, größeren Schwingspielzahlen zu beachten gilt.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss
145
Abb. 2.5–5. Beziehungen zwischen dem Spannungskollektiv, der Wöhlerlinie (A), den Lebensdauerlinien aus Blockprogramm-Versuchen (B) und der Lebensdauerlinie aus Zufallslasten-Versuchen (C) nach dem U0-Verfahren [129, 130]
U0-Verfahren Zu grundsätzlich vergleichbaren Feststellungen auf verbreiterter und durch neuere Ergebnisse aktualisierter Datenbasis kommen Gaßner und Kreutz [129] bei einer zusammenfassenden Auswertung von Ergebnissen aus Wöhler-Versuchen, aus Blockprogramm-Versuchen und aus Zufallslasten-Versuchen. Ihre Auswertung nach dem U0-Verfahren [130] hat zwar keine praktische Bedeutung erlangt, nichtsdestoweniger haben aber die Folgerungen nach wie vor Gültigkeit, die aus ihren Ergebnissen ableitbar sind. Die Auswertung erfasst und dokumentiert, jeweils mit den statistisch gesicherten Mittelwerten Pü = 50%, insgesamt 60 Versuchsreihen aus Zufallslasten-Versuchen mit den typisierten Gauß’schen Lastfolgen aus Übergangsmatrizen sowie 123 Versuchsreihen aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung, samt den entsprechenden Wöhler-Versuchen. Das Konzept des U0-Verfahrens erläutert Abb. 2.5–5: Ausgehend von einem Bezugspunkt auf der Wöhlerlinie (A), definiert durch die Schwingspielzahl Hms = 106 · exp [– (k + 1) / 2]
(2.5–1)
und die bei ihr ertragbare Spannungsamplitude Sa (Hms), wird für jede einzelne Versuchsreihe ermittelt und über alle Reihen statistisch ausgewertet, – – in welchem Verhältnis U0 (C) die im Zufallslasten-Versuch (C) mit N0 = 106 – Mittelwertdurchgängen ertragbare Spannungsamplitude Sa den Wert Sa (Hms) übersteigt, Abb. 2.5–6a, und – – in welchem Verhältnis U0 (B) die im Blockprogramm-Versuch (B) mit N = – 106 Schwingspielen ertragbare Spannungsamplitude Sa den Wert Sa (Hms) übersteigt, Abb. 2.5–6b.
146
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
a
b
Abb. 2.5–6a, b. Streuverteilung der Verhältniszahlen U0 (C) für Zufallslasten-Versuche und U0 (B) für Blockprogramm-Versuche im Wahrscheinlichkeitsnetz; n = 60 bzw. n = 123 Mittelwerte aus statistisch gesicherten Versuchsreihen [129]
Die Schwingspielzahl Hms bedeutet dabei die Überschreitungshäufigkeit bei der meistschädigenden Spannungsamplitude Sa, ms im Kollektiv eines GaußProzesses, Abb. 2.3–37. Sie ist durch die Ausführungen im Abschn. 3.2.2 erklärt und lässt sich abhängig von der Neigung k der Wöhlerlinie errechnen. Bei bekanntem Verlauf oder bekannter Gleichung der Zeitfestigkeitslinie für den Bereich zwischen N = 104 und 105 kann also mittels U0 (C) innerhalb des aus Abb. 2.5–6a erkennbaren Vertrauensbereichs eine Abschätzung der Lebensdauerlinie für das Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses vorgenommen werden.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss
147
Die Definition des Bezugspunktes auf der Wöhlerlinie bei Sa (Hms) entbehrt zwar nicht einer gewissen Plausibilität, ist aber im Grunde willkürlich und wurde deshalb von Gaßner und Kreutz ebenso im Fall der Blockprogramm-Versuche für die Normverteilung gewählt. Damit ist es zulässig, aus den Verhältniszahlen U0 (C) und U0 (B) entsprechend – – (2.5–2) Sa (C) / Sa (B) = U0 (C) / U0 (B) – – – für N0 = N = 106 das Verhältnis der ertragbaren Spannungsamplitude Sa nach Zufallslasten-Versuchen (C) und Blockprogramm-Versuchen (B) zu errechnen. Es besagt: – – – Für N0 = 106 Mittelwertdurchgänge bzw. für N = 106 Schwingspiele sind – die als Kollektiv-Höchstwert Sa ertragbaren Spannungen aus Zufallslasten-Versuchen mit dem Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses (C) gegenüber denen aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung – – (B) im Mittel in einem Verhältnis Sa (C) / Sa (B) = 0,84 niedriger. – Bei einer im Mittel als zutreffend gefundenen Neigung k = 7,0 der Lebensdauerlinie für Blockprogramm-Versuche bedeutet dieser Spannungs– Unterschied, dass einer Lebensdauer in Zufallslasten-Versuchen von N0 = – 1,0 · 106 Mittelwertdurchgängen bei gleicher Beanspruchungshöhe Sa eine – Lebensdauer von N = 3,4 · 106 in Blockprogramm-Versuchen entspricht, Abb. 2.5–7. Hierbei bleibt ein bestehender, wenn auch geringer Unterschied zwischen der Kollektivform der Normverteilung, Abb. 2.2–9, und der Kollektivform eines stationären Gauß-Prozesses bzw. der aus einer Übergangsmatrix erzeugten Gauß’schen Lastfolge, Abb. 2.3–37, unangesprochen [87]. Er kann
Abb. 2.5–7. Gegenüberstellung und vergleichende Beschreibung von Versuchsergebnissen aus Zufallslasten-Versuchen (C) und aus BlockprogrammVersuchen (B); Streuband nach [130], Ausgleichsgerade nach [129], Vorlage aus [129] ergänzt
148
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
Abb. 2.5–8. Streuverteilung für die Exponenten der Wöhlerlinien k (A), der Lebensdauer– linien aus Zufallslasten-Versuchen k (C) und der Lebensdauerlinien aus Blockprogramm– Versuchen k (B); n = 37 bzw. n = 79 Mittelwerte aus statistisch gesicherten Versuchsreihen – mit R = R = – 1 [129]
aufgrund einer Schädigungsrechnung, Abschn. 3.2.2, mit einem Verhältniswert der ertragbaren Spannungsamplituden von 0,95 beziffert werden. Zu Lasten des eigentlichen Reihenfolgeeinflusses geht somit allenfalls nur noch ein Unterschied der als Kollektiv-Höchstwert ertragbaren Spannungsamplituden im Verhältnis – – (2.5–3) Sa (C) / Sa (B) = 0,84 / 0,95 = 0,88 . Zudem liefern vermutlich die zur Anwendung gelangten, ursprünglichen Matrizen mit 32 ¥ 32 Elementen wegen der zu null gesetzten Elemente auf der Hauptdiagonalen zu niedrige Lebensdauerwerte, ein Umstand der zusätzlich noch zu berücksichtigen wäre und der den vorstehenden Verhältniswert von 0,88 noch näher an den ohne Reihenfolgeeinfluss zu erwartenden Wert 1,00 angleichen würde. Auch im Rahmen dieser Vergleichsauswertung sind keine signifikanten Einflüsse des Werkstoffs, der Belastungsart, des Spannungsverhältnisses oder der Formzahl zu erkennen. Für die Praxis bedeutet dieses Ergebnis, dass von einem Betriebsfestigkeits-Kennwert aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung unter Beachtung der genannten Verhältniswerte mit akzeptabler Vertrauenswahrscheinlichkeit auf einen entsprechenden Kennwert für die Zufallsbelastung mit der Häufigkeitsverteilung eines stationären GaußProzesses geschlossen werden kann, Abb. 2.5–7.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss
149
Um in diesem Zusammenhang auch den Verlauf der Lebensdauerlinie für die Zufallsbelastung abzuschätzen, darf nach Gaßner und Kreutz unterstellt – werden, dass ihre Neigung k (C) mit der Neigung k der Wöhlerlinie übereinstimmt, und zwar nicht nur im statistischen Mittel, Abb. 2.5–8, sondern, mit nur wenigen Ausnahmen, auch im Einzelfall nachweisbar. Die Lebensdauerlinie nach Blockprogramm-Versuchen verläuft hingegen grundsätzlich flacher. Als eine im Mittel zutreffende Neigung der Wöhlerlinie und der Lebens– dauerlinie bei Zufallsbelastung darf nach Abb. 2.5–8 ein Wert k (C) = k = 5,0 angenommen werden. Dieser Befund kann zugleich als Bestätigung für die Neigung k = 5,0 der normierten Wöhlerlinie für Kerbstäbe aus Stahl gewertet werden. Interessant wäre mithin eine Untersuchung zu der Frage, ob bzw. wie sich das Ergebnis der Auswertung bei konsequenter Anwendung normierter Wöhlerlinien der Neigung k = 5,0 verändern würde. Eine ähnlich angelegte Auswertung des von Gaßner und Kreutz betrachteten Datenmaterials, ergänzt um Daten aus Versuchen mit der GeradelinienVerteilung, doch in Verbindung mit einer Schädigungsakkumulations-Rechnung führten Heuler, Vormwald und Seeger mit praktisch gleichem Ergebnis durch [131], Abschn. 3.2.12. Die Auswertungen von Gaßner und Kreutz wie auch die von Heuler, Vormwald und Seeger beschränken sich auf Versuchsdaten für gekerbte Bauteile ohne bewusst erzeugte Eigenspannungszustände. Eine Anwendung der abgeleiteten Verhältniswerte auf Bauteile mit künstlich eingebrachten Eigenspannungen, die sich belastungsabhängig verändern, oder auf Bauteile mit Fügungen durch Niete oder Schrauben, bei denen unübersichtliche Beanspruchungsverhältnisse und Reibkorrosionseffekte auftreten, muss vorsorglich ausgeschlossen bleiben. Eine von Buxbaum und Kotte vermutete und veröffentlichte Erklärung für Reihenfolgeeinflüsse hat sich in nachfolgenden Studien als nicht verallgemeinerungsfähig erwiesen [132]. Auf rechnerischem Wege sollten aber die hier mitgeteilten Befunde zu Reihenfolgeeinflüssen durch vergleichende Lebensdauerberechnungen eine wohlbegründete Erklärung finden können, wenn diese Lebensdauerberechnungen auf der Basis des Rissfortschrittverhaltens kurzer Risse nach den von Vormwald und weiterführend von Anthes erarbeiteten Ansätzen vorgenommen werden, Abschn. 3.4.9. In solche Berechnungen könnte auch der Einfluss von Eigenspannungen einbezogen werden, sofern im Einzelfall deren Größe und Verteilung verlässlich bekannt ist.
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.1 Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannungen 3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle Die Spannungsberechnung und Festigkeitsbeurteilung auf der Grundlage von Nennspannungen ist jedem Ingenieur aufgrund seiner Ausbildung geläufig und sie ist sowohl im einschlägigen Schrifttum wie auch in maßgebenden Regelwerken die bei weitem vorherrschende Betrachtungsweise [26, 27, 41–44, 47, 48]. Ein solches Vorgehen kennzeichnet auch den Betriebsfestigkeitsnachweis nach dem sogenannten Nennspannungskonzept. Die einwirkende Schwingbeanspruchung wird dementsprechend als Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) dargestellt und gemäß den Darlegungen im Kap. 2 in geeigneter Weise nach Größe und Häufigkeit der auftretenden Nennspannungsamplituden samt den Nennmittelspannungen als Kollektiv, Abschn. 2.2, als Rainflow-Matrix, Abschn. 3.3.4, oder als sequentielle Folge von Ober- und Unterwerten, Abschn. 2.3 und 2.4, beschrieben. Die Nennspannung als Normalspannung S oder als Schubspannung T soll die Beanspruchung des schwingbruchkritisch erachteten Systempunktes kennzeichnen. Sie berechnet sich für einen näher zu bezeichnenden Nennquerschnitt nach einfachen Formeln wie S = F /A
für Zug ,
(3.1–1)
S = Mb / Wb für Biegung ,
(3.1–2)
T = Q /A
(3.1–3)
für Schub ,
T = Mt / Wt für Verdrehung ,
(3.1–4)
mit F = Normalkraft, Q = Schubkraft, Mb = Biegemoment, Mt = Verdrehmoment, sowie A = Fläche, Wb = Widerstandsmoment bei Biegung, Wt = Widerstandsmoment bei Verdrehung des Nennquerschnitts. Der einfacheren Darstellung wegen sei hier auf die indexweise Unterscheidung von Nennspannungsamplituden Sa , Nennmittelspannungen Sm usw. verzichtet, ebenso wie auf eine Nennung der üblichen Indizes für Spannungskomponenten bzw.
152
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–1. Nahtquerschnitt N-N und Übergangsquerschnitte Ü-Ü bei Stumpf- und Kehlnahtverbindungen
Spannungsarten, wie sie z.B. nach [44] in stabförmigen, flächenförmigen und volumenförmigen Bauteilen zu unterscheiden sind. Wie der Nennquerschnitt im Einzelfall anzusetzen ist, liegt weitgehend durch Konvention fest und ist aus dem Fachschrifttum zu ersehen, z.B. [26, 41–44, 47, 48]. Beispielsweise müssen bei Schweißverbindungen in der Regel zwei Querschnitte betrachtet werden: Der Nahtquerschnitt N-N und der Übergangsquerschnitt Ü-Ü, Abb. 3.1–1. Genauer besehen handelt es sich bei einer Stumpfnaht um zwei, bei einer Kehlnaht um zwei oder drei Übergangsquerschnitte. Die Berechnung eines dieser Querschnitte darf nur dann unterbleiben, wenn er mit Bestimmtheit als nicht gefährdet gelten darf. Bekanntlich wird der Nahtquerschnitt dabei mit der rechnerischen Nahtdicke a in Ansatz gebracht, also bei Stumpfnähten ohne eine etwaige Nahtüberhöhung, und bei Kehlnähten unter Vernachlässigung seiner Schräglage und seiner außermittigen Lage zur Kraftwirkungslinie. Darüber hinaus bestehen Vorschriften oder Empfehlungen, welche Querschnittsanteile bei bestimmten Naht- oder Stoßformen als tragend oder nichttragend anzunehmen sind. Entsprechende Festlegungen oder Vereinbarungen zur Nennspannungsberechnung gibt es auch für Schrauben- oder Nietverbindungen oder für gekerbte Querschnitte ganz allgemein. Die Nennspannung als Maß der auftretenden Beanspruchung bietet den unbestreitbaren Vorteil, dass sie ohne großen Rechenaufwand zu bestimmen ist. Als eine elementare, nach stark vereinfachten Gleichgewichtsbetrachtungen über den Nennquerschnitt gemittelte, gleichmäßig oder linear verteilte Spannung weicht sie jedoch teils wenig, teils erheblich von der tatsächlich vorliegenden Spannungsverteilung ab, die sich bei der vorliegenden Bauteil-
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle
153
a
b
Abb. 3.1–2a, b. Außermittiger Kraftangriff an einem axial-belasteten Flachstab a und dadurch hervorgerufene Spannungsverteilung über den Querschnitt b
gestalt unter der einwirkenden Belastung einstellt. Gründe für eine derartige Abweichung sind mannigfacher Art und selbst schon in glatten Querschnitten gegeben, beispielsweise weil die Außermittigkeit einer Axialkraft und die daraus entstehende Zusatzbiegung unbeachtet blieb, Abb. 3.1–2, oder weil der betreffende Querschnitt nicht als Stab oder Balken, sondern als Scheibe, Platte oder Schale hätte berechnet werden müssen. Ein beanspruchungsgerecht gestaltetes Bauteil zeichnet sich dadurch aus, dass die tatsächliche Spannungsverteilung nur wenig von der (sinnvoll berechneten) Nennspannung abweicht. Insbesondere wird die Nennspannung aber an jeder Art von Kerbstelle durch eine von der Bauteilgestalt und der Beanspruchungsart abhängige Spannungsspitze smax überschritten, Abb. 3.1–3. Als Kerbstellen wirken sich alle Veränderungen einer einfachen Bauteilform durch Querschnittsübergänge, Ansätze, Einschnitte, Bohrungen, Nuten, Rillen, sowie Stellen einer örtlichen Krafteinleitung aus, Abschn. 4.1.2. In welchem Verhältnis die Kerbspannung smax bzw. tmax unter der Voraussetzung eines rein elastischen Werkstoffverhaltens die Nennspannung S bzw. T übersteigt, wird durch die Formzahl ak beschrieben, Abb. 3.1–4,
ak = smax / S bei Normalspannung
(3.1–5)
ak = tmax / T bei Schubspannung .
(3.1–6)
Wegen des unterstellten elastischen Werkstoffverhaltens ist die Formzahl unabhängig vom Werkstoff und allein von der Bauteilgestalt bestimmt, dabei aber abhängig von der Beanspruchungsart. Unter den Gegebenheiten der Abb. 3.1–5 ist sie bei Axialbeanspruchung größer als bei Biegebeanspru-
154 Abb. 3.1–3. Spannungsverteilung in einem zylindrischen Zugstab mit umlaufender Kerbe (schematisch), nach Bautz
Abb. 3.1–4. Zur Definition der Formzahl ak und des bezogenen Spannungsgefälles c
Abb. 3.1–5. Formzahlen bei Zug-, Biege- und Verdrehbeanspruchung [26]
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle
155
Abb. 3.1–6. Abhängigkeit der Formzahl ak von der Definition der Nennspannung S; hier z.B. ohne oder mit einbezogenem Biegespannungsanteil
chung und bei Verdrehbeanspruchung nochmals geringer als bei Biegebeanspruchung; Formzahlen für die Schubbeanspruchung von Wellen sind weitgehend unbekannt. Kerbstellen können zudem einen mehrachsigen Spannungszustand bedingen, Abb. 3.1–3. Ihm wird u.U. dadurch Rechnung getragen, dass die Kerbspannung smax als Vergleichsspannung in die Formzahl eingeht, Abschn. 3.1.6. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Formzahl ak abhängig ist von der Art, wie die Nennspannung berechnet bzw. wie der Nennquerschnitt definiert wird. Beispielsweise ist die Formzahl für den einseitig gekerbten Stab nach Abb. 3.1–6 davon abhängig, ob die Biegespannung, die im Kerbquerschnitt durch die dort außermittige Kraftwirkungslinie entsteht, in der Nennspannung enthalten ist (Möglichkeit 2) oder ob diese Biegespannung der Formzahl zugerechnet wird (Möglichkeit 1). Prinzipielle Schwierigkeiten mit Nennspannungen und Formzahlen ergeben sich, wenn eine sinnvolle Definition des Nennquerschnitts nicht vorzunehmen ist, wie z.B. bei Flächentragwerken. Üblicherweise bezieht man die Nennspannung auf den durch die Kerbe verminderten Nettoquerschnitt, seltener auf den ohne Kerbe gegebenen Bruttoquerschnitt, was natürlich für die Formzahl einen beachtlichen Unterschied ausmacht. In jedem Falle und insbesondere bei möglichen Unklarheiten sollte deshalb zu jeder Formzahlangabe auch der gewählte Nennquerschnitt und die Art der Nennspannungsberechnung explizit bezeichnet sein. Geometrisch ähnliche Bauteile haben die gleiche Formzahl. Im Zusammenhang mit der Bauteilgröße stellt das bezogene Spannungsgefälle c
156
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–7. Bezogenes Spannungsgefälle c für einfache Bauteilformen und verschiedene Beanspruchungsarten [44]; bei einem Kerbradius r gelten cs, r für Zug-Druck und Biegung, ct, r für Schub und Torsion, für Querschnitte einer geringen Dicke d gelten die Formeln für Flachstäbe bzw. Rundstäbe mit d statt r für cs, d bei Biegung bzw. ct, d bei Torsion
eine weitere Kenngröße der Kerbbeanspruchung dar [133]; es gilt für die Stelle s = smax , Abb. 3.1–4, 1 ds c = 8 · 5 bei Normalspannung , smax dx
(3.1–7)
1 dt c = 7 · 5 bei Schubspannung . tmax dx
(3.1–8)
Abhängig vom Kerbradius r und vom Gradienten der Nennspannung kann das bezogene Spannungsgefälle abgeschätzt werden, Abb. 3.1–7. Es ist vor allem bei extrem dünnen Querschnitten (b, d oder D < 5 mm), bei kleinen Kerbradien (r < 5 mm) oder bei verfestigten Randschichten von Einfluss auf die ertragbare Beanspruchungshöhe.
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle
157
Bewerten von Nennspannung und Formzahl Im Sinne der Betriebsfestigkeit gilt es, Formzahlen durch eine beanspruchungsgerechte Gestaltung der Bauteile so niedrig wie möglich zu halten, während es dem Bestreben nach Leichtbau entspricht, die Nennspannung so weit als möglich an die statisch zulässige Spannung anzuheben. In etwa kann man bei Formzahlen ak < 2,5 von günstig und bei Formzahlen ak > 5 von ungünstig gestalteten Bauteilen sprechen, d.h. für das Ausrundungsverhältnis, Abb. 3.1–8, sollten Werte r / b < 0,1 möglichst vermieden werden. Qualitativ lässt sich ein Überblick über Kerbstellen und Kerbspannungen aus Vorstellungen über den Kraftfluss im Bauteil gewinnen: Je stärker die gedachten Kraftflusslinien umgelenkt und an der Umlenkstelle zusammengedrückt werden, desto höher ist die dort zu erwartende Kerbspannung. Ähnlich hilfreich können Vorstellungen über die lastbedingten Verformungen des Bauteils und seiner Randkontur sein: An Stellen, wo sich die Verformung konzentriert, ergeben sich Kerbspannungen. Schließlich gibt auch jede Art einer örtlich außermittigen Kraftwirkung eine zusätzliche Biegespannung, die der Kerbspannung zugerechnet werden muss, wenn sie nicht über die Nennspannung erfasst ist, Abb. 3.1–6. Einen Einblick in die Gesetzmäßigkeiten von Kerbspannungen vermittelt eine Abhandlung von Thum, Petersen und Svenson [134]. Anschaulich und
Abb. 3.1–8. Formzahlen ak einiger ebener Kerbformen [137], aufgetragen in Abhängigkeit vom Ausrundungsverhältnis r / b
158
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
lehrreich ist der „Atlas der Spannungsfelder in technischen Bauteilen“ von Kloth [135]. Bestimmen der Formzahl Quantitativ sind Formzahlen aus analytischen Lösungen, aus Formzahldiagrammen, aus Approximationsformeln, durch numerische Berechnung oder nach experimentellen Verfahren zu gewinnen. Analytische Lösungen für Formzahlen wurden vor allem von Neuber in seiner Kerbspannungslehre erarbeitet [136]. Er unterscheidet dabei zwischen den Grenzfällen der „flachen Kerbe“ und der „tiefen Kerbe“: Durch eine flache Kerbe wird die Spannungsverteilung nur in der näheren Umgebung der Kerbe gestört; in größerer Entfernung bleibt der ungestörte Spannungszustand erhalten. Die Formzahl einer flachen Kerbe hängt deshalb nur von der Kerbtiefe und dem Kerbradius ab. Die Annahme einer flachen Kerbe ist immer dann zulässig, wenn die Kerbtiefe klein ist gegenüber der Dicke des Nettoquerschnitts an der Kerbstelle. Eine tiefe Kerbe bewirkt hingegen eine gestörte Spannungsverteilung für den gesamten Kerbquerschnitt. Für die Formzahl ist dabei neben dem Kerbradius die Dicke des Kerbquerschnitts bestimmend; der Einfluss der Kerbtiefe kann hingegen vernachlässigt werden, weil die Spannungen am Kerbrand nach außen hin sehr rasch abklingen. Weiterhin bemerkenswert ist, dass die Formzahl der tiefen Kerbe für Biegung kleiner ist als für Zug, während die der flachen Kerbe für Biegung und Zug übereinstimmt. Formzahldiagramme ähnlich Abb. 3.1–9 sind u.a. in [26, 27, 44] sowie in größerer Auswahl in dem Nachschlagewerk „Stress concentration design factors“ von Peterson zu finden [137]. Für grobe Abschätzungen mag die Darstellung nach Abb. 3.1–8 nützlich sein, die zugleich die Verwandtschaft einer tiefen Außenkerbe und eines stark gekrümmten Balkens veranschaulicht, auf die Thum und Petersen hinwiesen [134]. Approximationsformeln für Formzahlen einer Vielfalt von Kerben an Flach- und Rundstäben sowie für die Kerben am Nahtübergang und an der Nahtwurzel von Schweißverbindungen leitete Rainer für die einfachen Beanspruchungsfälle aus Finite-Element-Rechnungen ab [138]; sie sind im Anhang 5.3 wiedergegeben [51]. Ähnliche, doch untereinander etwas abweichende Approximationsformeln für Kerben an Flach- und Rundstäben werden auch in [26, 27, 139] angegeben. Formzahlen für Bauteile mit spezieller Gestalt und Beanspruchung sind heute unschwer durch numerische Berechnung der Kerbspannung nach der Finite-Element- oder nach der Randelement-Methode zu erhalten. Es drängt sich jedoch die Frage auf, ob es dann nicht sinnvoller ist, mit der errechneten Kerbspannung nach dem Kerbspannungskonzept weiterzuverfahren, Abschn. 3.1.3 oder 3.1.4 und 3.3.3, statt auf eine Nennspannung und Formzahl zurückzurechnen. Als experimentelle Verfahren zum Ermitteln von Formzahlen kommen spannungsoptische Untersuchungen in Betracht, die vorzugsweise an einem
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle
159
a
b Abb. 3.1–9. Beispiel für verfügbare Formzahldiagramme; gekerbte Rundstäbe bei Belastung durch Biegemoment [27]
160
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
ebenen Modell, mit größerem Aufwand aber auch am räumlichen Modell, oder an einem mit spannungsoptischer Folie beschichteten Modell (oder Bauteil) durchgeführt werden. Ebenso eignen sich Messungen mit geeignet platzierten Dehnungsmessstreifen kurzer Messlänge oder speziell entwickelten Dehnungsmessstreifen-Ketten an einem Gießharzmodell (oder am Bauteil). Durch einen Reißlackversuch lassen sich vorab die Kerbstellen und die dort vorliegende Richtung der Hauptspannungen abklären. Ertragbare Nennspannungen nach verfügbaren Unterlagen Die im Einzelfall für einen Bauteilquerschnitt als ertragbar anzusetzende Nennspannung ergibt sich entweder aus geltenden Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen, oder sie kann aus vorliegenden Versuchsdaten oder aus einer rechnerischen Abschätzung gewonnen werden. Diese Reihenfolge der Nennung sollte auch die Präferenzen des Anwenders bestimmen. Die dauer- oder zeitfest ertragbare Nennspannung bestimmt sich aus der betreffenden Wöhlerlinie, die unter einem gegebenem Kollektiv ertragbare Nennspannung aus der entsprechenden Lebensdauerlinie. Die Wöhlerlinie dient des Weiteren dazu, die ertragbare Nennspannung für eine beliebige Kollektivform auf dem Wege einer Schädigungsakkumulations-Rechnung abzuleiten, sei es nach der elementaren, der modifizierten oder der konsequenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, 3.2.8 bzw. 3.2.9, oder in Anlehnung an eine vorliegende Lebensdauerlinie nach der relativen MinerRegel, Abschn. 3.2.11. Insofern ist das Bestimmen der jeweiligen Wöhlerlinie unverzichtbar, und als wesentlicher Arbeitsschritt eines jeden Betriebsfestigkeits-Nachweises anzusehen. Die einfache Berechnung der Nennspannung hat dabei ihren Preis: Denn die mehr oder weniger große Abweichung der tatsächlichen Spannungsverteilung von der errechneten Nennspannung bedingt, dass die dauer- oder zeitfest ertragbare bzw. zulässige Nennspannung nicht nur vom Werkstoff, sondern auch ganz entscheidend von der Bauteilgestalt und der Beanspruchungsart abhängt, was eine nahezu unbegrenzte Vielfalt möglicher Wöhlerlinien ergibt. Dem im Anhang 5.5 benannten Schrifttum können Wöhlerlinien und Lebensdauerlinien für zahlreiche Anwendungsfälle entnommen werden. Darüber hinaus ist man auf eine experimentelle Ermittlung oder auf Abschätzungen angewiesen, Abschnitte 2.1 oder 3.1.3 und 3.1.5.
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen Bisherige Vorschriften und Berechnungsvorschläge sind mit der stark vereinfachenden Berechnung von Nennspannungen vornehmlich auf Konstruktionen mit stabartigen Traggliedern ausgerichtet. Heute geht die Entwick-
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
161
Abb. 3.1–10. Finite-Element-Modell für die Festigkeitsberechnung eines Lastkraftwagenrahmens [32]
lung hingegen zu flächig tragenden Strukturen, die als Blech-, Schweiß- oder Gusskonstruktionen ausgeführt sein können. Ihre Auslegung erfordert verfeinerte Methoden zur Berechnung der Spannungen, Dehnungen und Verformungen, die aus den einwirkenden Kräften entstehen. Diese verfeinerten Berechnungsmethoden bieten sich mit der Finite-Element- oder mit der Randelement-Methode (FE- oder BE-Methode) ganz allgemein auch für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen an. Leistungsfähige Rechner- und Programmsysteme für Finite-Element-Berechnungen stehen mittlerweile in den meisten Berechnungs- und Konstruktionsabteilungen zur Verfügung. Das Entwickeln der Elementstruktur, Abb. 3.1–10, lässt sich softwareseitig durch Preprozessoren wirkungsvoll unterstützen. Sie gestatten sowohl, beliebige Bauteilgeometrien zunächst einmal in 3D-Darstellung zu erzeugen, als auch die Geometriedaten aus einem CAD-System, vorzugsweise einem 3D-CAD-System, zu übernehmen und diese sodann zu vernetzen. Das automatisch erzeugte FE-Netz lässt sich bedarfsweise editieren, z.B. um die Elementierung in Kerbbereichen zu verfeinern, aber auch Veränderungen am Modell selbst sind möglich, um z.B. eine insgesamt günstigere Spannungsverteilung zu erzielen. Das so erzeugte bzw. veränderte FE-Modell kann abschließend mit seiner Geometrie in das CADSystem (rück-) übertragen werden, womit gewährleistet ist, dass Berechnung und Konstruktion auf identischen Geometriedaten beruhen. Problematisch ist, wenn gewisse Details, wie z.B. Bohrungen, zur Vereinfachung des FE-Modells vernachlässigt werden. Mit Vorteil können beim FE-Modell Symmetrie-Eigenschaften des Bauteils genutzt werden, um die Anzahl der Elemente bzw. der Freiheitsgrade und damit den Rechenaufwand zu reduzieren. Oft ist es der Fall, dass für die gesamte Struktur ein grobes FE-Netz ausreicht, um die globalen Verformungen zu analysieren, dass dieses Netz aber für eine genaue Berechnung von örtlichen Spannungsspitzen, z.B. an Kerben, nicht fein genug ist. Um Kerb-
162
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–11. Substruktur mit Volumenelementen zum Grobmodell mit Schalenelementen für einen Rohrstoß [140]
spannungen mit ausreichender numerischer Genauigkeit zu erhalten, ist eine hinreichend feine Elementierung des Kerbgrundes vorzusehen. Mit einer verfeinerten Elementstruktur steigt der Rechenaufwand, insbesondere bei räumlich vernetzten Strukturen. Anstatt die gesamte Struktur mit einem (u.U. auch nur örtlich) verfeinerten Netz neu zu berechnen, ist mit der Submodelltechnik ein Verfahren verfügbar, mit dem bei grob vernetzten Strukturen genauere Ergebnisse in benutzerdefinierten, fein vernetzten Bereichen zu erhalten sind, Abb. 3.1–11. Gerade für die Berechnung örtlicher Spannungsspitzen ist die Submodelltechnik eine hervorragende Möglichkeit, wirtschaftliche Vorgehensweise und hohen Anspruch an die Genauigkeit der Ergebnisse in Einklang zu bringen. Sie beruht auf dem Prinzip nach St. Venant, das im übertragenen Sinnen besagt: Sind die Schnittflächen des Submodells genügend weit vom Kerbbereich entfernt, kann die Spannung im Kerbbereich zutreffend berechnet werden, indem die Verschiebungen auf diesen Schnittflächen aus dem Gesamtmodell errechnet und für das Submodell als Randbedingung vorgegeben werden. Dies gilt selbst dann, wenn im Kerbbereich örtliche elastisch-plastische Verformungen auftreten, vorausgesetzt, dass sie sich nicht auf die Schnittrandverschiebungen auswirken. Alternativ zur Finite-Element-Methode ist auch die Randelement-Methode zu einem praktisch anwendbaren Verfahren zur Berechnung von Spannungen, Dehnungen und Verformungen in elastisch beanspruchten Bauteilen entwickelt worden und als industriell einsetzbares Programmsystem allgemein zugänglich [141, 142]. Unter gewissen Umständen ist mit ihr ein Vorteil gegenüber der Finite-Element-Methode dadurch gegeben, dass für ein räumliches Gebilde nur dessen Oberfläche mit einem Knotennetz, für ein ebenes
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
163
Abb. 3.1–12. RandelementModell mit vergrößerten Kerbradien r f und damit errechnete Randspannungen und Kerbwirkungszahlen am zugbeanspruchten Kreuzstoß (Symmetrieviertel) [141]
Element lediglich dessen Rand mit einer Knotenschnur diskretisiert wird, eventuell mit erhöhter Knotendichte an Stellen starker Spannungsänderung, Abb. 3.1–12. Vielfach darf sich auch die Randelement-Berechnung exakt oder näherungsweise auf ein Symmetrieviertel oder eine Symmetriehälfte beschränken. Submodelltechnik ist ebenfalls möglich. Ein Anwendungsvorteil der Randelement-Methode ist dort zu sehen, wo nur Oberflächen- bzw. Randwerte eines elastischen Spannungszustandes gefragt sind, also insbesondere bei Kerbspannungsproblemen, wo der elastische Kerbspannungshöchstwert an der Kerboberfläche bzw. am Kerbrand auftritt [143]. Die Finite-Element-Methode ist hingegen angebracht, wenn die Spannungsverteilung auch im Inneren des Bauteils interessiert; diese ist aus einer Randelement-Berechnung nicht zu erhalten. FE-Modellbildung Sachkompetente Hinweise zur FE-Modellbildung sind einer Ausarbeitung von Rother, Wang und Rust [140] zu entnehmen; sie liegen den nachstehenden Ausführungen zugrunde. Danach ist von grundsätzlicher Bedeutung vorab zu entscheiden, ob die errechneten Beanspruchungen lediglich einen Einfluss der Grobgestalt oder (auch) einen Einfluss der Feingestalt aufzeigen sollen. Weiterhin eine Entscheidung, ob die Beanspruchungen beispielsweise vereinfachend für ein insgesamt linear-elastisches Werkstoffverhalten, für ein elastisch-plastisches Werkstoffverhalten mit mäßigen plastischen Verformungen in hochbeanspruchten Kerbbereichen, für große plastische Verformungen an der Grenze der statischen Bauteilfestigkeit und/oder für Kriechen bei Temperaturein-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–13. Vernetzung eines Rohrstoßes mit unterschiedlichen Elementtypen [140]
wirkung errechnet werden sollen. Abhängig davon ergibt sich die erforderliche Art und Feinheit der Element-Struktur und das weitere Vorgehen. Zudem gilt es, das FE-Modell so zu erstellen, dass es sowohl die jeweiligen Genauigkeitsanforderungen in Bezug auf die Aufgabenstellung erfüllt als auch hinsichtlich des Modellierungs-, Berechnungs- und Auswerteaufwandes kostenoptimal realisiert werden kann. Je nach Aufgabenstellung kann bzw. muss demnach eine Vernetzung mit verschiedenartigen Elementtypen geschehen. Während für eine Vernetzung mit Balkenelementen starke Vereinfachungen gelten, können Beanspruchungen mit Schalenelementen und insbesondere mit Volumenelementen höher aufgelöst werden, Abb. 3.1–13. Balkenelemente (einschließlich Stabelemente) sowie Schalenelemente (mit den Sonderfällen der Scheiben- und Plattenelemente) sind nach mechanischen Eigenschaften idealisierte Elemente, deren Anwendbarkeit aus der ihnen zugrunde liegenden Balken-, Schalen-, Scheiben- bzw. Platten-Theorie mehr oder weniger eingeschränkt ist. Ihre Anwendung erfordert diesbezügliche Sachkunde, beispielsweise dahingehend, ob bei dem betreffenden Typ des Balken- oder Plattenelementes die Schubverformungen berücksichtigt werden oder nicht. Volumenelemente beruhen auf kontinuumsmechanischen Ansätzen und sind universeller sowohl für 2D- als auch 3D-Netzstrukturen einsetzbar. Bei einer Modellierung mit Balkenelementen, Abb. 3.1–14, werden die Spannungen in der Struktur elementweise entsprechend der klassischen Balkentheorie nach Bernoulli oder Timoshenkov berechnet. Formen des Balkenquerschnitts lassen sich katalogweise oder individuell per Editor zuordnen. Es ist nicht notwendig, an Lastangriffspunkten oder Rahmenknoten zu-
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
165
Abb. 3.1–14. FE-Modell des Parkhaussystems „Wendelpark“ erstellt mit Balkenelementen [140]. Mit freundlicher Genehmigung der Firma Maurer & Söhne
sätzliche Elemente vorzusehen, da örtlich konzentrierte Lasteinleitungen mit der Differentialgleichung des Elementansatzes berücksichtigt sind. Die errechneten Spannungen sind als Nennspannungen zu verstehen und als solche zu bewerten; Abschn. 3.1.3 und 3.1.4. Schalenelemente bieten vereinfachte Vernetzungsmöglichkeiten für flächige und dünnwandige Strukturen in den Größenverhältnissen Länge/Dicke ≥ 20 und Krümmungsradius/Dicke ≥ 10, Abb. 3.1–15. Bei ihnen werden die Spannungen entsprechend der klassischen Schalen- bzw. Scheiben- oder Platten-Theorie nach Kirschhoff oder Reissner-Medlin berechnet. Weil Spannungen in Dickenrichtung zu Null angenommen werden, können die Verhältnisse an Krafteinleitungspunkten oder an Verzweigungspunkten einer Schale nicht exakt abgebildet werden. Lineare Scheibenelemente sind insbesondere bei Biegung in der Ebene zu steif; ihnen können aber intern erweiterte Ansätze zugewiesen werden, die die Steifigkeit korrigieren. Die errechneten Spannungen sind entweder nach dem Nennspannungskonzept oder nach dem Strukturspannungs-Konzept, Abschn. 3.1.3, 3.1.4 und 3.1.6, zu bewerten. Für das Nennspannungs-Konzept sind die Spannungsverteilungen evtl. nachträglich zu linearisieren. Volumenelemente kommen für massive Bauteile und Teilstrukturen zur Anwendung, bei denen die Ansätze nach der Balken-, Scheiben-, Plattenoder Schalentheorie ihre Gültigkeit verlieren, Abb. 3.1–11. Ein wichtiger Vorteil von Volumenelementen ist, dass Schubspannungen und vor allem ört-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–15. FE-Modell für den Schweberahmen des TRANSRAPID erstellt mit Schalenelementen [140]. Mit freundlicher Genehmigung der Thyssen Transrapid System GmbH
liche Kerbspannungen sehr genau erfasst werden können. Die Bewertung der Spannungen geschieht nach dem Kerbspannungskonzept, Abschn. 3.1.3, 3.1.4 und 3.1.6, oder nach dem Kerbgrund-Dehnungskonzept anhand werkstoffspezifischer Daten, Abschn. 3.3.3. Die Genauigkeit der Berechnung ist von der Netzdichte und Netzqualität abhängig. An Strukturverzweigungen treten bei exakter Modellierung keine Spannungssingularitäten auf. Zudem werden Volumenelemente wegen ihrer Anschaulichkeit und Eignung für eine automatische Vernetzung anhand von 3D-CAD-Daten immer häufiger eingesetzt, während früher ein hoher Modellierungs- und Berechnungsaufwand ihrer Anwendung oft entgegenstand. Mit den modernen leistungsfähigen Hardwareplattformen und den modernen iterativen Berechnungsalgorithmen entfallen diese Einschränkungen weitestgehend; ein 3D-Modell mit ca. 100000 Freiheitsgraden brauchte 1998 auf einer Workstation ca. 5 Minuten zur Berechnung eines Lastfalles [144]. Tetraeder und Hexaeder sind gängige Formen für Volumenelemente. Lineare Tetraeder (ohne Zwischenknoten) sind zu steif und sollten grundsätzlich nicht angewendet werden; Tetraeder mit zusätzlichen rotatorischen Freiheitsgraden sind besser, aber auch noch sehr steif und allenfalls für Überschlagsrechnungen geeignet. Tetraederelemente mit Zwischenknoten verhalten sich ähnlich gut wie Hexaederelemente und reagieren weniger
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
167
empfindlich auf Elementverzerrungen als Hexaederelemente, was sie besonders geeignet macht für komplizierte Modelle, z.B. von Gussteilen oder Schmiedeteilen. Hexaeder, gut vernetzt, sind immer die besten Elemente, ohne Softwareunterstützung ist jedoch der Vernetzungsaufwand sehr hoch. Ein Vergleich der mit Hexaeder- und Tetraeder-Elementen errechneten Spannungen für eine Rohrverbindung ähnlich der Substruktur in Abb. 3.1–11 stellt sich nach [140] wie folgt dar: 20-Knoten Hexaeder: 8-Knoten Hexaeder: 10-Knoten Tetraeder: 4-Knoten Tetraeder:
Spannung 221 N/mm2 Spannung 221 N/mm2 Spannung 216 N/mm2 Spannung 143 N/mm2
Bei 2D-Modellen sind im Hinblick auf einen geringeren Modellieraufwand nach Möglichkeit (rechteckige) Scheibenelemente einzusetzen. Sie sind sowohl bei ebenem Dehnungszustand als auch bei ebenem Spannungszustand geeignet, und darüber hinaus für 2D-Modelle von 3D-Strukturen mit Rotationssymmetrie ohne Einschränkung der Größenverhältnisse. Bei gewissen Anwendungen sind aber die Belastungen oder die Verformungen ihrerseits nicht rotationssymmetrisch, was den Einsatz sog. harmonischer Elemente mit Fourieransätzen für die Verteilung der Belastung und/oder der Verformung auf dem Umfang erforderlich macht. Für Zug, Schub und Biegung reagieren 2D-Elementtypen unterschiedlich. Abbildung 3.1–16 zeigt die Ergebnisse für einen Kragbalken ohne nennenswerte Schubverformung abhängig vom verwendeten Elementtyp. Die Spannungswerte sind auf die analytische Referenzlösung normiert: Die vierseitigen Elemente mit 4 Knoten bei linearer wie auch mit 8 Knoten bei quadratischer Ansatzfunktion, jeweils mit den erweiterten Ansätzen zur Steifigkeitskorrektur, liefern sehr gute Werte, selbst bei nur einem Element über der Balkendicke. Die dreiseitigen Elemente mit linearer Ansatzfunktion zeigen unzulässige Abweichungen, die mit quadratischer Ansatzfunktion eine noch annehmbare Genauigkeit. Bei Biegeträgern mit nennenswerter Schubverformung sind mehrere Elemente über der Balkendicke erforderlich, um die analytisch erwartete parabelförmige Schubspannungsverteilung zu erhalten. Beurteilen der errechneten Beanspruchungen Bei Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen geht es vorrangig um eine Ermittlung und Bewertung der Beanspruchungshöhe abhängig von Einflüssen aus der Bauteilgestalt und der einwirkenden Belastung. Im Anschluss daran ist es in aller Regel ein unabdingbares Erfordernis, in einem ersten Schritt zunächst eine Beurteilung der Ergebnisse durch Anschauung auf Plausibilität und nach Erfahrungswerten vorzunehmen, auch wenn heute Bestrebungen mehr und mehr hinzielen auf eine schnelle und formalisierte Bewertung der errechneten Beanspruchungen, die auch ohne das Spezialwis-
168
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
4-Knoten: 1,0
8-Knoten: 1,0
3-Knoten: 0,25
6-Knoten: 1,025
Abb. 3.1–16. Spannungswerte für einen momentenbelasteten Kragbalken als Scheibenproblem [140]
sen eines FE-Experten möglich ist. Ein weiteres wesentliches Kriterium der Beurteilung ist die Höhe der auftretenden maximalen Beanspruchung, insbesondere an Kerben. Dazu gehört nicht zuletzt auch eine Überprüfung, ob tatsächlich alle konstruktiven Details im FE-Modell enthalten sind, welche Kerbspannungen zur Folge haben können. Weiterhin sollte der Umstand bedacht werden, dass die Berechnung in aller Regel von der zeichnerischen Idealform des Bauteils ausgeht. Ihr gegenüber kann die Realform des Bauteils u.U. merklich abweichen, und
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
169
zwar aufgrund geometrischer Toleranzen bei unbearbeiteten Bauteiloberflächen ganz allgemein, und speziell z.B. bei unbearbeiteten Gussstücken durch Kernversatz, Abb. 3.5–17, bei Bauteilen mit Schmiedeoberfläche durch Gesenkverschleiß, Abb. 3.5–19 [396], bei Blechkonstruktionen durch Rückfederung oder bei Schweißkonstruktionen durch Verzug und Versatz an den Schweißstößen [43]. Solche geometrischen Imperfektionen können die aus der Idealform errechnete Spannungsverteilung erheblich verfälschen, insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen. Treten die Imperfektionen in systematischer Weise auf, dann sind sie auch messtechnisch und damit rechnerisch erfassbar; sind sie von Bauteil zu Bauteil unterschiedlich ausgeprägt, so können sie nur in ihrer statistischen Natur berücksichtigt werden; probabilistische Methoden der FE-Berechnung wurden hierfür entwickelt. Postprozessoren bieten mannigfache Möglichkeiten zur Darstellung der Ergebnisse. Zu diesem Zweck stellen sie gewisse Standard-Routinen bereit. Unter anderem gestatten sie, Ergebnisse der Berechnung für nachfolgende Auswertungen in Dateiform zu speichern. Spezielle Auswerte-Software greift sodann auf diese Ergebnisdatei zu und gibt die der Auswertung unterzogenen Ergebnisse in Dateiform zur grafischen Darstellung an den Postprozessor zurück. Dieser Verfahrensweise bedienen sich insbesondere auch die hochentwickelten Software-Pakete zur Lebensdauerberechnung [307–310], die von FE-Berechnungen ausgehen, Abschn. 3.3.5 und 3.3.7. Weitere Standard-Routinen liefern Darstellungen des vernetzten Strukturmodells, wie auch des unter Last verformten Strukturmodells ohne oder mit der unverformten Struktur im Hintergrund, wie auch grafische Darstellungen der interessierenden Spannungsverteilungen. Farbdarstellungen – im Druck häufig auch Grauwertdarstellungen – der Beanspruchungshöhe an auswählbaren Oberflächen der Struktur veranschaulichen z.B. die Vergleichsspannung nach der GestaltänderungsenergieHypothese oder die Hauptspannungen oder Hauptdehnungen. Sie lassen z.B. auffallend hoch oder niedrig beanspruchte Bereiche der Struktur an Kerboder Krafteinleitungsstellen erkennen. Es sind dies Bereiche, in denen auf konstruktivem Wege durch Abminderung der Spannungshöhe eine örtliche Überbeanspruchung vermieden bzw. durch Materialabspeckung eine insgesamt bessere Werkstoffausnutzung angestrebt werden sollte. Meist wird es von erkennbarem Vorteil sein, einer quantitativen Bewertung der sich örtlich abzeichnenden maximalen Beanspruchungswerte zunächst eine Bewertung des sich insgesamt ergebenden Spannungsfeldes voranzustellen. Diese Bewertung kann in qualitativer Weise geschehen mit dem Ziel, in den erfassten Elementen und Bereichen der Struktur auf eine ausgewogene Spannungsverteilung innerhalb zulässiger Spannungshöchstwerte hinzuwirken. Als Besonderheit sei dazu erwähnt, dass sich aus Darstellungen der Spannungshöhe in Blechfeldern auch Hinweise zur Bemessung ihrer Anschlüsse mittels Kehlnähten gewinnen lassen, selbst wenn die Nahtgeometrie nicht in
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
der Elementstruktur abgebildet ist. Einmal kann die Beanspruchungshöhe im Schweißnahtbereich vom Blech- auf den Nahtquerschnitt umgerechnet werden. Zum anderen deuten stark veränderliche Längsspannungswerte an einer Schweißkante auf eine hohe Schubbeanspruchung der betreffenden Schweißnahtquerschnitte und geben so Hinweis auf eine entsprechend starke Bemessung der Nahtdicke, Abb. 3.1–17a, wohingegen bei geringer Veränderung der Längsspannungswerte die schweißtechnisch empfohlene Mindestnahtdicke ausreichen mag, Abb. 3.1–17b. Mit den Farb- oder Grauwert-Darstellungen, wie in Abb. 3.1–11 rechts, wird insbesondere augenfällig erkennbar, wo in der Struktur sich die höchstbeanspruchten Stellen befinden. Die betreffenden Spannungsspitzen werden zudem numerisch beziffert. Die Zuordnung zwischen Spannungswerten und Farbwerten wird im einfachsten Fall vom Postprozessor an die maximalen
a
b Abb. 3.1–17a, b. Wandscheiben eines geschweißten Kastenrahmens a mit stark und b mit wenig veränderlicher Spannung an den Schweißkanten als Hinweis auf die vorzusehende Kehlnahtdicke
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
171
und minimalen Spannungswerte angepasst. Für Darstellungen von verschiedenen Teilen oder Ansichten einer Struktur ergibt sich dann aber keine einheitliche Spannungswertigkeit der einzelnen Farbstufen, was einer anschaulichen Beurteilung der Gesamtsituation abträglich ist. Für eine solche Gesamtbeurteilung ist deshalb zu empfehlen, eine feste Zuordnung zwischen Spannungswerten und Farbwerten einheitlich für alle Darstellungen von Hand vorzugeben. In unterschiedlicher Vollkommenheit lassen sich bei den einzelnen Postprozessoren auch die Darstellungen für das Richtungsfeld der Hauptspannungen und Hauptdehnungen vornehmen, wobei deren örtliche Größe durch Pfeile veranschaulicht wird. Die genannten Standard-Routinen sind aber aus Anwendersicht nicht in jeder Hinsicht befriedigend; weitere wünschenswerte grafische Ergebnisdarstellungen werden bei nahezu allen Postprozessoren vermisst. Bedarfsweise können sie nur über den Weg einer eigenprogrammierten Auswertung der Ergebnisdatei verwirklicht werden. Im Einzelnen sind dies Darstellungsmöglichkeiten für die betragsmäßig größte Hauptspannung bzw. Hauptdehnung und für die Vergleichsspannung, der das Vorzeichen und die Richtung der betragsmäßig größten Hauptspannung bzw. Hauptdehnung zugeordnet ist, Abb. 3.1–18. Für die Hauptspannungen bzw. Hauptdehnungen werden üblicherweise als Standard-Routine nur Darstellungen für die arithmetisch größte bzw.
a b
c d
e f Abb. 3.1–18a–f. Zur Bedeutung von Vorzeichen für die Ausdeutung der größten Hauptspannung und der Vergleichsspannung. Bei proportionaler Beanspruchung (links): sinnfällige Ausdeutung im Fall d und f bei nichtproportionaler Beanspruchung (rechts): keine sinnfällige Ausdeutung möglich. a Erste Hauptspannung, b Zweite Hauptspannung, c Arithmetische größte Hauptspannung (z.B. s1 = + 3 > s2 = –5), d Betragsmäßig größte Hauptspannung (z.B. s1 = –5 > s2 = +3), e Vergleichsspannung ohne Vorzeichen, f Vergleichsspannung mit dem Vorzeichen der betragsmäßig größten Hauptspannung
172
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
kleinste Hauptspannung oder Hauptdehnung angeboten, Fall c) in Abb. 3.1–18, nicht aber eine Darstellungsmöglichkeit der betragsmäßig größten Hauptspannung oder Hauptdehnung, Fall d). Diese ist jedoch nicht nur bezüglich der Beanspruchungshöhe aussagefähiger, sondern auch für die Beurteilung der Dehnungsfelder bei der Planung oder Auswertung von vergleichsweise durchgeführten Messungen mit Dehnungsmessstreifen. Vergleichsspannungen nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese bieten sich als skalare Größen ohne Vorzeichen dar, Fall e) in Abb. 3.1–18. Deshalb sind aus ihrer Farbdarstellung die Bereiche mit einer vorherrschenden Zugspannung nicht von Bereichen mit einer vorherrschenden Druckspannung zu unterscheiden. Aus einer Darstellung der vorzeichenbehafteten Vergleichsspannung, Fall f), wird hingegen für eine Abfolge mehrerer Belastungszustände erkennbar, welche Bauteilbereiche einer schwingbruchkritischeren Wechselbeanspruchung und welche einer weniger kritischen Zugoder Druck-Schwellbeanspruchung unterliegen. Wie aus Abb. 3.1–18 ersichtlich ist, ergibt sich mit den beiden Darstellungen nach Fall d und f bei proportionaler Beanspruchung eine sinnfällige Ausdeutungsmöglichkeit der betragsmäßig größten Hauptspannung und der Vergleichsspannung, bei nichtproportionaler Beanspruchung ist weder der zeitliche Ablauf der Hauptspannungen noch der Vergleichsspannung im gewohnten Sinne bewertbar. FE-Methoden der Strukturoptimierung Die Topologieoptimierung mit SKO (Soft Kill Option) nach Mattheck [145, 146] erzeugt in einem vom Konstrukteur festgelegten Entwurfsraum bei vorgegebenen Auflagern und Lasten ohne weitere Eingriffe eine hinsichtlich des Bauteilgewichts, der Verformung und/oder anderer Kriterien optimierte Bauteil(roh)form, Abb. 3.1–19. Der zunächst gänzlich mit Material gefüllte Entwurfsraum stellt das anfängliche Strukturmodell dar. Seine Vorgabe und seine FE-Vernetzung sowie die Spezifikation der Randbedingungen und der Belastungen kann wie üblich mit dem Preprozessor geschehen. Vorzugsweise kommen Hexaederelemente mit gleichen Seitenlängen und mit inneren 90°Winkeln, sog. ideale Kuben, oder quadratische Tetraeder zur Anwendung, weil sie das Steifigkeitsverhalten der Struktur homogen abbilden. Die dabei entstehende facettierte Oberfläche ist für den Optimierungsprozess nicht störend, Abb. 3.1–19 (mitte). Die Optimierung geschieht in einem Wechselspiel zwischen FE-Berechnung und der Optimierung. Das Ergebnis der FE-Analyse wird dem Optimierer übergeben. Er eliminiert Elemente aus dem FE-Modell, in denen aus dem Kraftfluss heraus nur eine geringe Beanspruchung auftritt. Damit entsteht ein um entbehrliches Material erleichtertes Strukturmodell, für das eine erneute FE-Berechnung und Optimierung vorgenommen wird. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis Konvergenz unter einem vorgegebenen Endkriterium erreicht ist, so beispielsweise Maximalbeanspruchung gleich
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen
173
Abb. 3.1–19. Topologieoptimierung einer Nabe (Gewichtsminimierung durch Entfernen überflüssigen Materials als Kriterium der Optimierung). Mit freundlicher Genehmigung der Firma CAD-FEM
einem vorgegebenen Grenzwert, oder Beanspruchung in allen Elementen größer als x Prozent der Maximalbeanspruchung. Im Grundsatz kann eine Verminderung des Bauteilgewichts bis nahe an die physikalische Leichtbaugrenze erreicht werden, was in der Regel filigrane Stabtragwerke ergibt. Die facettierte Struktur als Konstruktionsvorschlag aus der Topologieoptimierung ist abschließend zu glätten und die optimierte Geometrie an das CADSystem zur Weiterverarbeitung, u.a. unter Fertigungsgesichtspunkten, zu übergeben [147, 148]. Alternativ kann unmittelbar im Anschluss daran auch noch eine Kerbspannungsoptimierung durchgeführt werden. Bei der Kerbspannungsoptimierung mittels CAO (Computer Aided Optimization) [145, 146] wird die Oberfläche eines Bauteils in einem ausgewählten Bereich so variiert, dass sich die dort örtlich auftretende Maximalbeanspruchung im Sinne einer Spannungsglättung vermindert, Abb. 3.1–20. Nach Mattheck [145] wird dazu im FE-Modell die Randschicht des Bauteils als ein Werkstoff mit extremer Wärmeausdehnung definiert und die Höhe der errechneten Beanspruchung als Temperatur gewertet, welche die Wärmeausdehnung bewirkt. Die sich auf diese Weise verändernde Randkontur wird sodann als neue Berandung des Bauteils übernommen und eine erneute Wärmedehnung simuliert. Durch den dabei im hochbeanspruchten Randbereich beanspruchungsabhängig entstehenden örtlichen Materialauftrag (wie auch durch Materialabtrag in niedrig beanspruchten Bereichen) wird die örtliche Maximalbeanspruchung verringert. Diese Iteration wird bis zum Erreichen einer gewünschten Beanspruchungsminderung fortgeführt. Sie kann erheblich sein. Eine nennenswerte Verringerung des Bauteilgewichts wie bei der Topologieoptimierung kann aber bei der Kerbspannungsoptimierung nicht erreicht werden.
174
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Spannungsniveau 100%
Spannungsniveau 65%
Abb. 3.1–20. Beispiel für die Gestaltoptimierung eines Gussteiles, durch die die Kerbspannung auf 65% gesenkt wurde. Mit freundlicher Genehmigung der Firma CAD-FEM
Anwendung für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen Wenig Anleitung und Unterstützung wird dem Anwender bislang geboten, wenn es um die zweckmäßige Konzeption von Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen geht. Ältere Vorschriften und Richtlinien sagen hierzu wenig oder gar nichts aus. Kennzeichnend ist, dass erst die moderneren Regelwerke, wie z.B. der Eurocode 3 [48], die IIW-Empfehlungen [43], das aktualisierte ADMerkblatt S2 für Druckbehälter [49], und vor allem die FKM-Richtlinie [44] dem Anwendungsstand der FE-Methode bei der Berechnung und Bewertung von Bauteilbeanspruchungen explizit Rechnung tragen. In nicht geregelten Bereichen ist – auf diese neueren Regelwerke abgestützt – ein individuelles, produktspezifisches Betriebsfestigkeitskonzept zu erarbeiten,
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
175
um eine optimale Lösung zu finden. Praktisch gilt es, bei vertretbarem Aufwand und unter Beachtung der verfahrensspezifischen Grundsätze eine zweckdienliche Konzeption der Berechnung zu entwickeln, die den Kriterien einer nachfolgenden Bewertung der Ergebnisse im Sinne von Aussagen zur Betriebsfestigkeit gerecht wird. Der Schwierigkeitsgrad und der anfängliche Aufwand hierfür ist nicht zu unterschätzen. Softwareprodukte mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen werden für eine formalisierte, auch von Nicht-Experten durchführbare Bewertung der Ergebnisse angeboten und sie sind auch für die verschiedenartigen Aufgabenstellungen in dieser Verschiedenartigkeit notwendig. Dem Stand der Technik entsprechende Bewertungen der Beanspruchungen in komplexen Strukturen oder bei komplexen oder nichtproportionalen Beanspruchungszuständen sind ohne Rechnereinsatz grundsätzlich nicht mehr wirtschaftlich zu bewerkstelligen. Der Einsatz von Software zur Abarbeitung spezifischer Bewertungsschemata kann hierbei aber nur eine kochbuchartige, standardisierte und automatisierte Hilfestellung geben, die in speziell gelagerten Fällen u. U. nicht ausreichen mag. Die Bewertung im Sinne der Betriebsfestigkeit gilt nicht allein der Höhe der errechneten Beanspruchung, sondern vor allem ihrer Schwingbreite und Häufigkeit. Die Berechnung einer einzigen Lastsituation reicht dazu aus, wenn eine lineare Umrechnung des zeitlichen Lastablaufs in den Beanspruchungsablauf zutrifft. Ist die lineare Umrechnung nicht möglich, wie z.B. bei nichtlinearen Systemen oder für die Beanspruchung in der Scheibe eines umlaufenden Zahnrades aus einer raumfesten Zahnkraft, so muss u.U. der Beanspruchungsablauf in mehreren markanten Zeitschritten berechnet werden. Häufig sind in einer Berechnung mehrere Lastfälle zu berücksichtigen. Dazu kann empfohlen werden, unterschiedliche Lastfälle zunächst gesondert durchzurechnen und zu bewerten, und ihr Zusammenwirken im Hinblick auf die örtliche Beanspruchungshöhe und den zeitlichen Beanspruchungsablauf erst in einer zweiten Stufe abzuhandeln. Dieses der Anschaulichkeit dienende Vorgehen vermittelt u.a. Aufschluss, inwieweit Stellen höchster Beanspruchung aus unterschiedlichen Lastfällen zusammenfallen oder auseinanderliegen, ein Umstand, der für eine Einschätzung der Mehrachsigkeit und die Bewertung nichtproportionaler Beanspruchungen erhebliche Bedeutung hat.
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile Bei der rechnerischen Abschätzung einer Bauteilwöhlerlinie wird davon ausgegangen, dass sich ihre kennzeichnende Form und die ertragbare Beanspruchungshöhe abhängig erweisen – von dem Werkstoff und seiner Wärmebehandlung, – von der Bauteilgestalt und der Bauteilgröße,
176
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– von den Eigenschaften der Bauteiloberfläche, – von den Umgebungsbedingungen und – von der Beanspruchungsart, und weiterhin von der Frage, ob die betreffende Bauteilwöhlerlinie zur Bewertung von – Nennspannungen – Strukturspannungen oder – Kerbspannungen Anwendung finden soll. Im Schrifttum finden sich zahlreiche Vorschläge, wie die Dauerfestigkeit oder die vollständige Wöhlerlinie eines gekerbten Bauteils aus allgemeinen Kennwerten des betreffenden Werkstoffs bei gegebener Kerbwirkung und Oberflächenbeschaffenheit abgeschätzt werden kann, z.B. [24–30, 44, 149–153]. Vor dem Hintergrund des heutigen Erkenntnisstandes, wie er in diesem Buch und speziell in den Abschn. 3.1 und 3.2 dargestellt ist, wurden diese Vorschläge mit der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ [44] – wie in diesem Abschnitt nachfolgend dargestellt – auf einen aktuellen Stand fortgeschrieben.
Abb. 3.1–21. Statistische Auswertung zur Korrelation der Wechselfestigkeit mit der Zugfestigkeit von Stählen nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150]; die Größe der Quadrate entspricht der gewichteten Anzahl von Versuchen in den betreffenden Versuchsreihen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
177
Alle diese Vorschläge beruhen auf einem empirisch gewonnenen Zusammenhang, wonach die Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit oder die Biege-Dauerwechselfestigkeit einer ungekerbten Probe korreliert mit der Zugfestigkeit, mit der Streckgrenze oder mit einer arithmetischen Kombination von Zugfestigkeit und Streckgrenze, u.U. auch noch unter Hinzunahme der Bruchdehnung und Einschnürung, Abb. 3.1–21. Davon ausgehend wird die vorliegende Beanspruchungsart, die Kerbwirkung, der Größeneinfluss, der Oberflächeneinfluss und der Mittelspannungseinfluss in Ansatz gebracht. Schließlich wird über die Neigung der Zeitfestigkeitslinie und die Lage des Abknickpunktes sowie über die anzusetzende Sicherheitszahl entschieden. Mit den genannten Einflüssen sind mehrere Problemkreise angesprochen: Werkstoffeinfluss Die Problematik einer Korrelation der Dauerfestigkeit mit allgemeinen Werkstoffkennwerten ist dadurch gekennzeichnet; dass diese Kennwerte gewisse werkstoffliche Einflüsse auf die Schwingfestigkeit nicht erfassen: So z.B. nicht die Legierungszusammensetzung, nicht den Wärmebehandlungszustand, nicht die Korngröße, nicht die Gleich- oder Ungleichmäßigkeit und etwaige Richtungsabhängigkeit der Gefügeausbildung, nicht die Art, Form, Größe und Verteilung der nichtmetallischen Einschlüsse. Eine Korrelationsformel kann also bestenfalls auf die Mittelwerte eines Streubandes zutreffen, für das die Standardabweichung etwa mit 15% des jeweiligen Mittelwertes zu beziffern ist, z.B. Abb. 3.1–21 [149, 150]. Insofern sind auch die Unterschiede verschiedener Korrelationsformeln, wie sie von Lang [149], von Hück, Thrainer und Schütz [150] oder von anderen in Vorschlag gebracht wurden, weit weniger systematisch als zufällig, und eher davon abhängig, aus welcher Untermenge der Daten sie abgeleitet wurden. Nach der FKM-Richtlinie [44] wird die Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit sW allein aus der Zugfestigkeit Rm abgeschätzt und daraus auch die SchubDauerwechselfestigkeit abgeleitet. Folgende Festlegungen wurden getroffen:
sW = fW, s · Rm ,
(3.1–9)
tW = fW, t · sW .
(3.1–10)
Die Umrechnungsfaktoren fW, s und fW, t sind werkstoffabhängig und aus Tabelle 3.1–2 zu entnehmen. Nach den von Eulitz, Kotte et al. vorgenommenen Auswertungen von Versuchsdaten [240] wird die in der FKM-Richtlinie für Stahl mit 0,45 · Rm getroffene Festlegung in Verbindung mit der Form der normierten Wöhlerlinie nach Abb. 3.1–26 von allen untersuchten Alternativen als statistisch am besten zutreffend gefunden. Der Unterschied gegenüber der Regressionsgeraden in Abb. 3.1–21 für C = 50% ist unerheblich. Zum anderen veranschaulicht die genannte Streubreite aber auch die bestehenden Möglichkeiten, durch enger tolerierte und kontrollierte Werkstoff-
178
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
eigenschaften auf günstige Schwingfestigkeits-Eigenschaften hinzuwirken. In Umkehr des Gedankens folgt die Notwendigkeit, gemäß der Untergrenze des Streubandes eine Abminderung der abgeschätzten Mittelwerte vorzusehen, wenn trotz des Verzichts auf eine strenge Werkstoffkontrolle eine schwingbruchsichere Bauteilauslegung angestrebt wird. Nennspannungen und Kerbeinfluss Eine Problematik des Kerbeinflusses ist in der Weise zu verzeichnen, dass sich die spannungstheoretische Formzahl ak bei kleinem Kerbgrundradius r bzw. bei steilem bezogenen Spannungsgefälle c, Abb. 3.1–4, nicht voll schwingfestigkeitsmindern auswirkt. Die Abminderung erfolgt lediglich im Verhältnis einer Kerbwirkungszahl bk , die mit der Dauerfestigkeit des ungekerbten Prüfstabs und der Dauerfestigkeit des gekerbten Prüfstabs definiert ist als
bk = SD, ungekerbt / SD, gekerbt .
(3.1–11)
Nach Magin [154] sind im Schrifttum mehr als 20 Formeln vorgeschlagen, um von der Formzahl auf die Kerbwirkungszahl umzurechnen, wie z.B. [133, 150, 155–162] aber nahezu alle gehen auf zwei Grundbeziehungen zurück: Auf die Kerbempfindlichkeit nach Thum und Mitarbeitern [155],
hk = (bk – 1) / (ak – 1) ,
(3.1–12)
oder auf die Stützziffer nach Siebel und Mitarbeitern [158], Abb. 3.1–22, n(c) = ak / bk ,
(3.1–13)
mit einer allen Beziehungen gleichen Aussage, dass die Kerbwirkungszahl umso mehr hinter der Formzahl zurückbleibt, je kleiner der Kerbgrundradius ist. Für Schubspannungen statt Normalspannungen gelten die Beziehungen nach Gl. (3.1–10) bis Gl. (3.1–13) entsprechend. Der Begriff „Stützziffer“ resultiert aus der Vorstellung, dass für den Bereich der Kerbspannungsspitze eine gewisse Stützwirkung von dem umgebenden, weniger hoch beanspruchten Werkstoff ausgeht, die die Kerbspannungsspitze nicht voll zur Auswirkung kommen lässt. Andere Vorstellungen zur Erklärung des Unterschiedes zwischen ak und bk gehen von statistisch verteilten Fehlstellen und der geringeren Wahrscheinlichkeit aus, in kleinen hochbeanspruchten Bereichen eine größere Fehlstelle anzutreffen; als Ergebnis wird eine statistisch begründete Stützziffer erhalten, Abschn. 3.5.6. Für einen Kerbradius r = 2 mm, d.h. c = 1 mm– 1, lässt sich beispielsweise aus Abb. 3.1–22 entnehmen, dass die Stützziffer für weiche Stähle etwa n(c) = 1,2, für Vergütungsstähle üblicher Festigkeit etwa n(c) = 1,1 und für austenitische Stähle etwa n(c) = 1,3 beträgt. Stützziffern in vergleichbarer Größe sind auch dem entsprechenden Diagramm nach der FKM-Richtlinie, Abb. 3.1–23, zu entnehmen. Ihm entsprechen die folgenden Formeln:
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
179
Abb. 3.1–22. Stützziffern n(c) für metallische Werkstoffe nach der zurückgezogenen VDI-Richtlinie 2226 [153]
Für c ≤ 0,1 mm–1
n(c) = 1 + c
· 10 –(ac – 0,5 + Rm /bc ) , (3.1–14)
für 0,1 mm–1 > c ≤ 1 mm– 1
n(c) = 1 + c1/2 · 10 –(ac + Rm /bc ) ,
(3.1–15)
für 1 mm–1 > c
n(c) = 1 + c1/4 · 10 –(ac + Rm /bc ) ,
(3.1–16)
mit den Konstanten ac und bc nach Tabelle 3.1–1 und dem bezogenen Spannungsgefälle c nach Abb. 3.1–7. Aus Abb. 3.1–23 bzw. aus Gl. (3.1–14 bis Gl. (3.1–16) folgen mit den Werten cs, r und cs, d nach Abb. 3.1–7 die Stützziffern n(c)s, r und n(c)s, d für Zug-Druck und Biegung, und, wenn Rm ersetzt wird durch fW, t · Rm , mit den Werten ct, r und ct, d nach Abb. 3.1–7 die Stützziffern n(c)t, r und n(c)t, d Tabelle 3.1–1. Konstanten ac und bc , aus [44]
Werkstoffgruppe
nicht-rost. Stahl
anderer Stahl
GS
GGG
GT
GG
ac bc
0,40 2400
0,50 2700
0,25 2000
0,05 3200
– 0,05 3200
– 0,05 3200
180
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.1–2. UmrechnungsWerkstoff faktoren fW, s und fW, t , aus [44] Stahl (im Allgemeinen) Schmiedestahl Einsatzstahl blindgehärtet nichtrostender Stahl
fW, s
fW, t
0,45 0,40 0,40 0,40
0,58 0,58 0,58 0,58
Stahlguss GS Sphäroguss GGG Temperguss GT Grauguss GG
0,34 0,34 0,30 0,30
0,58 0,65 0,75 0,85
Al-Knetlegierungen Al-Gusslegierungen
0,30 0,30
0,58 0,75
Stützziffer n (c)
Abb. 3.1–23. Stützziffern n(c) für metallische Werkstoffe, aus [44]
Bezogenes Spannungsgefälle c in mm–1
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
181
für Schub und Torsion. Im Zusammenwirken der Stützziffern aus r und d gehen sie multiplikativ verknüpft als n(c) nach Gl. (3.1–13) in die Berechnung ein: n (c) = n (c)s, r · n (c)s, d
(3.1–17)
n (c) = n (c)t, r · n (c)t, d
(3.1–18)
Im Grunde könnte hier auf weitere Ausführungen zu dieser Problematik verzichtet werden. Denn ein Kerbradius r < 2 mm ist, wenn überhaupt geometrisch exakt, dann aber wohl nur so zu fertigen, dass der Kerbgrund beim Verwenden eines Profilstahles aufgeraut oder gedrückt wird, oder dass bei einem Profilschleifen Schleifeigenspannungen oder bei einem Rollprofilieren Druckeigenspannungen entstehen. Bei Einflüssen solcher Art scheidet aber jede elementare Kerbtheorie aus. Als Folgerung aus diesen Überlegungen muss dem Praktiker nachdrücklich empfohlen werden, auf den Ansatz einer Stützziffer zu verzichten, was einer zusätzlichen Sicherheitszahl zur Abdeckung etwaiger nachteiliger Einflüsse beim Fertigen kleiner Radien gleichkommt und ausschließt, dass hohe Stützziffern zum Konstruieren mit (zu) kleinen Kerbradien verleiten. Denn erfahrungsgemäß erweisen sich kleine Radien als besonders schwingbruchgefährdet: ein sehr kleiner Kerbradius ist einem konstruktiv eingebrachten Schwinganriss vergleichbar. Ein weiteres Argument ergibt sich aus Abb. 3.1–6, dass nämlich mit dem Ansatz einer Stützziffer auch eine unzutreffend berechnete Nennspannung anteilig abgemindert würde. Soll hingegen die Gestaltfestigkeit eines Bauteils auch bei kleinen Kerbradien voll ausgeschöpft werden, so kann geraten werden, die Fertigungsbedingungen fest vorzugeben und zu überwachen, und für diese Bedingungen die Schwingfestigkeit des Bauteils experimentell zu bestimmen. Doch dieses Vorgehen lohnt wohl nur für Serienteile. Konkrete Bedeutung für das Berechnen der Bauteile hat der Ansatz einer Stützziffer jedoch dann, wenn Schwingfestigkeitswerte an kleinen Probestäben mit dementsprechend kleinen Kerbradien von r = 0,1 bis 5 mm gewonnen wurden und beabsichtigt ist, diese Werte auf größere Bauteile mit vergleichbarer Formzahl anzuwenden. Denn in diesem Fall sollten die experimentell gewonnenen Werte um die Stützziffer der kleinen Kerbstäbe erniedrigt werden, wie es z.B. für Abb. 3.1–21 geschehen ist. Die bis Bruch ertragenen Schwingspielzahlen der kleinen Kerbstäbe können dann in der Anwendung auf große Bauteile als Schwingspielzahlen bis Anriss interpretiert werden. Oberflächen- und Größeneinfluss Ein weiterer Problemkreis ist mit dem Oberflächeneinfluss und dem Größeneinfluss angesprochen, wobei sich diese Einflüsse in ihrer jeweiligen Ausprägung als abhängig von der Kerbwirkung erweisen. Weiterhin sind diesem
182
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Problemkreis die Verfahren der Oberflächenbehandlung und der Randschichtverfestigung zuzuordnen. Auch ein Einfluss der dabei verfahrensbedingt entstehenden Eigenspannungen in ihrer Wechselwirkung mit den vorliegenden Mittelspannungen ist einzubeziehen, Abschn. 3.1.5. Ein Einfluss der Oberflächenrauigkeit kann nach Siebel und Gaier [165] – und wie in der FKM-Richtlinie [44] und in [150] geschehen – durch einen Rauigkeitsfaktor erfasst werden, mit dessen Reziprokwert die an polierten ungekerbten Proben ermittelten Werkstoff-Wechselfestigkeiten multipliziert und damit abgemindert werden. Der Rauigkeitsfaktor wird experimentell aus den Dauerfestigkeiten ungekerbter Proben mit und ohne Oberflächenrauheit abgeleitet und in Abhängigkeit von der Rautiefe Rz und der Zugfestigkeit Rm des Werkstoffs dargestellt; für eine polierte Oberfläche hat er den Wert 1,0. Da sich aber der Rauigkeitseinfluss bei kleinen Kerbradien nicht in gleichem Ausmaß zeigt wie bei großen Kerbradien, wird der reziproke Rauigkeitsfaktor nicht multiplikativ sondern additiv mit der Kerbwirkungszahl verknüpft in Ansatz gebracht, vergl. Gl. (3.1–27) und Gl. (3.1–28). Diese Festlegung erweist sich allerdings dahingehend als nachteilig, dass auch beim Rechnen mit Kerbspannungen eine Kerbwirkungszahl für eine nicht bekannte Formzahl festgelegt werden muss. In neuerer Sichtweise sind die Betrachtungsweise nach Siebel und Gaier [165], insofern überarbeitungsbedürftig, weil bei deren Untersuchungen die durch Witworth-Gewinde erzeugten Rauigkeitsprofile nur wenig Ähnlichkeit mit den durch Schleifen oder Drehen entstehenden Rauigkeitsprofilen haben, und darüber hinaus, weil bei den experimentell bestimmten Rauigkeitsfaktoren außer Acht bleibt, dass bei der Oberflächenbearbeitung fast immer auch Eigenspannungen entstehen [166]. Zwar ist auch dieser Sachverhalt mittlerweile – wie mit Abb. 3.3–50 – in einem Rechenmodell erfassbar, des Aufwandes wegen aber wohl beschränkt auf Einzelfälle. Im Zusammenhang mit randschichtverfestigten und eigenspannungsbehafteten Bauteilen wurde von Kloos und Mitarbeitern ein Konzept für örtlich veränderliche Dauerfestigkeiten entwickelt [167, 168]. Dabei werden im versagenskritischen Querschnitt unter Annahme elastischen Werkstoffverhaltens die Verteilungen der Last- und Eigenspannungen ermittelt und den infolge Festigkeit, Mittelspannung und Stützziffer örtlich veränderlichen Dauerfestigkeiten gegenübergestellt, um den Anrissort innerhalb des Querschnittes und die dauerfest ertragbare äußere Belastung zu erhalten. Nach Kloos [163], Abb. 3.1–24, sollte aufgrund der Entstehungsursachen und der Mechanismen zwischen einem technologischen, einem spannungsmechanischen, einem statistischen und einem oberflächentechnischen Größeneinfluss unterschieden werden. Der heutige Erkenntnisstand über die sehr vielfältigen Einzeleinflüsse und ihre Erscheinungsformen ist allerdings in angemessener Weise bislang nur in Verbindung mit Bauteilversuchen in die Praxis umsetzbar. Die Möglichkeiten ihres rechnerischen Erfassens dür-
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
Entstehungsursachen
183
Mechanismen
Technologischer Größeneinfluss
Spannungsmechanischer (geometr.) Größeneinfluss
Statistischer Größeneinfluss
Oberflächentechnischer Größeneinfluss
Abb. 3.1–24. Entstehungsursachen und Mechanismen des Größeneinflusses [163]
fen vergleichweise als rudimentär bezeichnet werden: Nahezu alle einschlägigen Berechnungsvorschläge beschränken sich auf den Einfluss der Rautiefe, der Verschmiedung und des bezogenen Spannungsgefälles [44, 149, 150, 164]. Ein statistischer Größeneinfluss, Abschn. 3.5.6, bleibt bislang meistens außer Betracht, wobei aus heutiger Sicht wohl auch der geometrische Größeneinfluss als ein eigentlich statistischer Größeneinfluss abgehandelt werden könnte.
184
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Mittelspannungseinfluss Nach Vorschlägen im Schrifttum wird der Einfluss der Mittelspannung Sm auf die ertragbare Spannungsamplitude Sa meist mit einer Goodman-Geraden erfasst, Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 – (Sm / SG)] ,
(3.1–19)
seltener mit einer Gerber-Parabel, Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 – (Sm / SP)2] .
(3.1–20)
Im Haig-Schaubild, Abb. 3.1–25, bezeichnen die Spannungen SG bzw. SP als Abszissenabschnitt die Mittelspannung Sm , bei der die ertragbare Spannungsamplitude auf Sa = 0 abgefallen ist. Im Einzelnen wird vorgeschlagen, SG = Rm bzw. SP = Re oder auch SG = x · Rm bzw. SP = x · Re zu setzen, wobei der Faktor x eine Anpassung an vorliegende Versuchsergebnisse erlaubt. Doch zeigt sich beim Vergleich mit gut belegten Haigh-Schaubildern, z.B. Abb. 2.1–8, dass beide Formelansätze eine recht konservative Abschätzung für Spannungsverhältnisse R > 0 darstellen. In besserer Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen, und angelehnt an die Ausführungen zu den Abb. 2.1–7 bis 2.1–9 im Abschn. 2.1.4, wird nun hier wie auch in der FKM-Richtlinie [44] in Erweiterung des Vorschlags in der 1. Auflage dieses Buchs ein dreifach abgeknickter Geradenzug zur Beschreibung des Mittelspannungseinflusses gekerbter Proben und Bauteile aus verformungsfähigen Werkstoffen vorgeschlagen, Abb. 3.1–25. Im Bereich – • ≤ R ≤ 0 ist seine Neigung mit dem Wert M der Mittelspannungsempfindlichkeit und im Bereich 0 ≤ R ≤ 0,5 mit einen Wert M / 3 gegeben; ober-
R = 0,5
Abb. 3.1–25. Mittelspannungsabhängigkeit M der ertragbaren Spannungsamplitude; Mittelspannungsempfindlichkeit nach Schütz, fortgeführt für Werte R > 0 nach der Goodman-Geraden und der Gerber-Parabel, sowie nach dem neuen Vorschlag in Übereinstimmung mit der FKM-Richtlinie [44]
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
185
halb von R = 0,5 im hohen Zug-Schwellebereich und von R = – • in den Druck-Schwellbereich setzt er sich mit horizontalen Geraden fort. Der Grund für den bei R > 0 flacheren Verlauf ist in einer plastischen Verformung mit Spannungsumlagerungen im Kerbgrund zu sehen. Der speziell vorgeschlagene Wert M /3 ist als eine empirische Näherung zu betrachten, für die es noch keine werkstoffmechanische Begründung gibt. Die Abhängigkeit nach Abb. 3.1–25 gilt darüber hinaus nur für eigenspannungsfreie Bauteilquerschnitte, da Eigenspannungen die Mittelspannungsabhängigkeit verändern, Abschn. 3.1.5. Abgestützt auf die Feststellungen zum Einfluss des Spannungsverhältnisses nach Abschn. 2.1.7 und Abb. 2.1–23, soll dieser abgeknickte Geradenzug in Verbindung mit normierten Wöhlerlinien R-abhängig für alle dauer- und zeitfest ertragbaren Spannungsamplituden gelten: Sa (R) = Sa (R = – 1) · [1 / (1 – M)]
für + 1 ≤ R ≤ + •
Sa (R) = Sa (R = – 1) · [1] / [1 + M · (1 + R) / (1 – R)]
für – • ≤ R ≤ 0
Sa (R) = Sa (R = – 1) · [(1 + M / 3) / (1 + M)] / [1 + (M / 3) · (1 + R) / (1 – R) für 0 ≤ R ≤ 0,5 Sa (R) = Sa (R = – 1) · [(1 + M / 3) / (1 + M)2]
für 0,5 ≤ R ≤ 1 (3.1–21)
Für eine vorgegebene Mittelspannung Sm lässt sich daraus mit Sa (Sm = 0) = Sa (R = – 1) und (1 + R) / (1 – R) = Sm / Sa ableiten: Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 / (1 – M)]
für
Sm / Sa ≤ – 1
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1] / [1 + M · Sm / Sa]
für – 1 ≤ Sm / Sa ≤ + 1
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [(1 + M / 3) / (1 + M)] / [1 + (M/3) · Sm / Sa] für + 1 ≤ Sm / Sa ≤ 3 Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [(1 + M / 3) / (1 + M)2]
für 3 ≤ Sm / Sa (3.1–22)
Bei Schubspannungen ist der Mittelspannungseinfluss erfahrungsgemäß geringer; deshalb wird in der FKM-Richtlinie [44] vorgeschlagen, bei Schubspannungen mit einer im Verhältnis der Dauerwechselfestigkeiten für Schub und Zug-Druck reduzierten Mittelspannungsempfindlichkeit zu rechnen: M (für Schub) = (tw / sw) · M (für Zug-Druck)
(3.1–23)
Für Schubspannungen ist zudem das Haigh-Schaubild – wie mit den Hauptspannungen erklärbar – dahingehend verändert, dass im Bereich von DruckMittelspannungen der an der Linie R = – 1 gespiegelte Verlauf im Bereich für Zug-Mittelspannungen gilt.
186
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Ein solches hälftig gespiegeltes Haigh-Schaubild gilt auch für die Biegebeanspruchung symmetrischer Querschnitte, wenn nicht zwischen den oberen und unteren Randfasern unterschieden wird; bei unsymmetrischen Querschnitten ist hingegen eine gesonderte Betrachtung für beide Randfasern anhand des Haig-Schaubild nach Abb. 3.1–25 vorzunehmen. In Anbetracht der ohnehin geforderten ausreichenden Bemessung der Bauteile im Sinne des Maximalspannungs-Nachweises nach Gl. (2.1–21) bzw. Gl. (2.2–3) darf darauf verzichtet werden, auch über das Haigh-Schaubild eine Begrenzung der Nenn-Oberspannung in Höhe der Streckgrenze oder der Zugfestigkeit vorzugeben, zumal diese Begrenzung einem anderen Bruchmechanismus gälte. Verlauf der Zeitfestigkeitslinie Der anzunehmende Verlauf der Zeitfestigkeitslinie wirft zum einen die Frage auf, bei welcher Schwingspielzahl der Abknickpunkt zwischen der horizontalen Dauerfestigkeitslinie und der Zeitfestigkeitslinie vorzugeben ist, zum anderen die Frage, welche Neigung der Zeitfestigkeitslinie zutrifft. Beide Fragen werden bislang von einzelnen Autoren recht verschieden und mit unterschiedlichem Ergebnis beantwortet. Mittlerweile darf jedoch die Erkenntnis der Normierbarkeit von Wöhlerlinien, die im Abschn. 2.1.7 empirisch aufgezeigt ist und sich in den Abschn. 3.3.5, 3.3.8 und 3.4.5 aus anderer Sicht bestätigen lässt, als hinreichend gesichert gelten, um daraus einen entsprechenden Vorschlag wie folgt abzuleiten, wie er auch in die FKM-Richtlinie [44] aufgenommen wurde, Abb. 3.1–26: Die aus den allgemeinen Werkstoffkennwerten abschätzbare Dauerfestigkeit SD gilt für eine „Grund-Wöhlerlinie“ des eigenspannungsfreien Kerb-
Abb. 3.1–26. Form der normierten Wöhlerlinie für gekerbte Bauteile aus Stahl und Aluminiumlegierungen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
187
Abb. 3.1–27. Statistische Auswertung für Stähle zur formzahlabhängigen Festlegung der Neigung k der Zeitfestigkeitslinie nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150] im Vergleich zu dem neuen Vorschlag k = 5
querschnitts bei hoher Oberflächengüte und ohne einen technologischen Größeneinfluss. Zu ihr ergeben sich der Abknickpunkt ND und die Neigung k der betreffenden Zeitfestigkeitslinie werkstoffspezifisch, aber unabhängig von der Formzahl und unabhängig von der Mittelspannung, z.B. mit ND = 1 · 106 und k = 5 für gekerbte Bauteile aus Stahl. Im Gegensatz dazu zeigen die Abb. 3.1–27 und 3.1–28 statistische Auswertungen von Hück, Thrainer und Schütz für eine formzahlabhängige Festlegung von Neigung und Abknickpunkt. Die Gründe dieser unterschiedlichen Einschätzungen werden durch die Ausführungen im Abschn. 3.3.8 ersichtlich und sie sprechen eindeutig für den hier gemachten Vorschlag. Strukturspannungen Bei gekerbten Bauteilen ist ein Rechnen mit Strukturspannungen in den einschlägigen Regelwerken nicht vorgesehen, wenngleich es in der Praxis bei Finite-Element-Berechnungen durchaus üblich ist, gewisse Kerbstellen, wie z.B. eine Bohrung in einem Blechfeld, zunächst unberücksichtigt zu lassen und erst nachträglich mit ihrer Kerbwirkung, ausgehend vom Spannungsfeld im Blech ohne Bohrung, zu beurteilen.
188
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–28. Statistische Auswertung für Stähle zur neigungsabhängigen Festlegung der Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt nach Hück, Thrainer und Schütz [150] im Vergleich zu dem neuen Vorschlag ND = 1 · 106 in Verbindung mit einem festen Wert k = 5
Kerbspannungen Kerbspannungen werden bei hoch ausgelasteten Bauteilen und bei realem Werkstoffverhalten in aller Regel die Elastizitätsgrenze des Werkstoffs übersteigen. Dieser Sachverhalt kann zwar in einer Finite-Element-Berechnung erfasst werden, doch nur mit einem stark erhöhten Rechenaufwand. Wie für das Bestimmen von Formzahlen üblich, werden Kerbspannungen deshalb in aller Regel unter der Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens berechnet. Denn einerseits – wenn für erforderlich erachtet – lässt sich das reale elastisch-plastische Werkstoffverhalten im Kerbgrund weit einfacher als mit einer elastisch-plastischen Finite-Element-Berechnung ausgehend von den elastisch berechneten Kerbspannungen über verfügbare Näherungsformeln erfassen und in seiner Auswirkung berücksichtigen, Abschn. 3.3.3. Und andererseits kann den Erfordernissen des Betriebsfestigkeits-Nachweises – in gleicher Weise wie beim Rechnen mit (elastisch bestimmten) Nennspannungen üblich – auch mit elastisch berechneten Kerbspannungen entsprochen werden. Für den Dauerfestigkeits-Nachweis ist ohnehin die Annahme gerechtfertigt, dass die Amplituden der Kerbspannungen vom Werkstoff nahezu elas-
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
189
tisch ertragen werden, Abschn. 3.3.1. Dauerfest ertragbare Kerbspannungsamplituden smax, D können deshalb auf einfache Weise nach Gl. (3.1–5) als dauerfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD mal Formzahl a k bestimmt werden, jedoch unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zum Kerbeinfluss bzw. zur Stützziffer n sowie der Erläuterungen zu Tabelle 3.5–6:
smax , D = SD · ak / n
(3.1–24)
Davon ausgehend lassen sich in Verallgemeinerung aber auch alle anderen Kenngrößen und Kennfunktionen für Berechnungen der Zeit- und Betriebsfestigkeit mit ihrer jeweiligen Beziehung zur Dauerfestigkeit aus dem Nennspannungskonzept übernehmen, weil sie den örtlich plastischen Dehnungsanteilen implizit Rechnung tragen. Diese alternative Möglichkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachweises anhand von Kerbspannungen statt anhand von Nennspannungen ist in der FKM-Richtlinie aufgezeigt [44]. Selbst bei elastischer Rechnung können extrem scharfe Kerben wegen der erforderlichen Feinheit des Finite-Element-Netzes einen ungewöhnlichen Rechenaufwand bedingen. In solchen Fällen kann die Berechnung und Bewertung mit Vorteil nach dem von Radaj für Schweißverbindungen entwickelten und im Abschn. 3.1.5 beschriebenen Vorschlag mit einem fiktiv vergrößerten Kerbradius geschehen [191]. Vorschläge von Lang und von Hück, Thrainer und Schütz Zwei frühere Vorschläge zur rechnerischen Abschätzung von Bauteilwöhlerlinien gekerbter Bauteile aus Stahl, Stahlguss oder Gusseisen, die auf der Analyse umfangreicher Datensätze beruhen und praktische Bedeutung erlangten, seien als Vorläufer der FKM-Richtlinie [44] kurz dargestellt; ihre Anwendung sollte mittlerweile aber nur noch mit Vorbehalt geschehen. Ein Vorschlag von Lang [149] wurde vornehmlich zur dauerfesten Auslegung gekerbter Bauteile aus Stahl abgeleitet und er gestattet, auch den Fall einer Randschichtverfestigung einzubeziehen. Die Berechnung ist auf elastische Kerbspannungen abgestellt. Die innere Kerbwirkung des Werkstoffs (ik), die Kerbwirkung der Bauteiloberfläche (ok) und der Radius der Ersatzkerbe r * werden dabei nach der von Petersen [157] vorgeschlagenen Formel
ak · SD (R = – 1) = sw · [(ok MIN ik) + ar0 * ·c]
(3.1–25)
berücksichtigt. Außerdem können Druckeigenspannungen bei Randschichtverfestigung im Haigh-Schaubild durch eine Nullpunktverschiebung für die Mittelspannung in Ansatz gebracht werden. Mit der vorgeschlagenen Goodman-Geraden wird einheitlich eine Mittelspannungsempfindlichkeit M ≈ 0,3 vorgegeben. Oberwerte der Kerbspannung werden durch die Streckgrenze begrenzt, Abb. 3.1–29. Die Zeitfestigkeitslinie weist einen Abknickpunkt bei ND = 1 · 106 Schwingspielen auf und hat, abweichend von der hier zugrunde
190
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–29. Haigh-Schaubild für Kerbspannungen nach dem Vorschlag von Lang [149] (extrem konservativ für R = 0)
gelegten Darstellung, Abb. 3.1–26, einen auf die Zugfestigkeit bezogenen, linearen Verlauf im halblogarithmischen Netz. Über einzuhaltende Sicherheitszahlen sind keine Angaben gemacht, aber den Ausführungen nach sind die errechneten Dauerwechselfestigkeiten als Mittelwerte zu verstehen und mit einer Standardabweichung von ca. 15% des Mittelwertes behaftet. Es darf also unterstellt werden, dass sie mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 50% für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% gelten. Hück, Thrainer und Schütz erarbeiteten einen Vorschlag zur Berechnung sogenannter synthetischer Wöhlerlinien für Bauteile aus Stahl, Stahlguss und Grauguss [150]. Die Berechnung ist auf die Abschätzung ertragbarer Nennspannungen angelegt. Als Gleichung der Wöhlerlinie gilt Gl. (2.1–19), Abb. 3.1–18. Die Kerbwirkungszahl bk wird ähnlich wie nach Siebel und Pfender [133] abhängig vom Werkstoff, doch unabhängig von dessen Zugfestigkeit, allein aus dem bezogenen Spannungsgefällt mit einer Stützziffer n(c) aus der Formzahl ak errechnet als
bk = ak / n(c) .
(3.1–26)
Des Weiteren werden nach Zenner [164] ein Technologiefaktor fT und ein Oberflächenfaktor fO zusammen mit der Kerbwirkungszahl bk wie folgt in Ansatz gebracht: 2 ]1 / 2 , SD (R = – 1) = sW / [bk2 – 1 + 1 / f OT
(3.1–27)
fOT = 1 – [(1 – fO)2 + (1 – fT)2]1 / 2 .
(3.1–28)
Der Einfluss der Mittelspannung bzw. des Spannungsverhältnisses wird über die Mittelspannungsempfindlichkeit M nach Schütz [55], Abb. 2.1–9, berücksichtigt und mit einem Formelansatz nach Troost und El-Magd [169] verknüpft. Die ertragbaren Oberspannungen werden durch die Zugfestigkeit begrenzt. Neigung und Abknickpunkt der Zeitfestigkeitslinie werden abhängig von dem Werkstoff und von der Kerbwirkung berechnet, Abb. 3.1–27 und 3.1–28. Mindestwerte der Zugfestigkeit und Streckgrenze aus Normen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
191
oder Werkstoffblättern werden als Eingabewerte um 6% erhöht, da die Berechnung auf Istwerte abgestellt ist. Die als ertragbar ausgewiesenen Spannungen sind als Mittelwerte für eine Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 50% und eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% zu verstehen. Die benutzten Versuchsdaten streuen um diese Mittelwerte mit einer Standardabweichung von rund 15% des Mittelwertes, bei Grauguss von 20%. Der Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz wurde mit einem etwas veränderten Formelansatz für den Mittelspannungseinfluss auch in den Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung [28] übernommen. Inhaltsübersicht und Struktur der FKM-Richtlinie Die FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ [44] erschien 1994 in ihrer ersten Ausgabe und 1998 in einer dritten, vollständig überarbeiteten und erweiterten Ausgabe. 2002 erschien sie in einer vierten, nochmals erweiterten Ausgabe. Mittlerweile hat sie eine breite Anerkennung gefunden und kennzeichnet damit den Stand der Technik. Grundlage bei ihrer Erarbeitung waren insbesondere ehemalige TGLStandards [151, 152] u.a., die frühere VDI-Richtlinie 2226 [153] sowie Regelungen der DIN 18800 [42], des Eurocode 3 [48] und der IIW-Empfehlungen [43]. Unter Einbeziehung neuerer Forschungsergebnisse wurde die FKMRichtlinie auf einen aktuellen Erkenntnisstand weiterentwickelt, wie er hier in den Abschn. 3.1 und 3.2 aufgezeigt ist. Ergänzend sind anwendungsrelevante Erläuterungen und Erfahrungsberichte in den Berichtsbänden von drei einschlägigen Fachtagungen enthalten [45, 46]. Die nachstehend und im Anhang 5.4 gegebene Übersicht erhebt nicht den Anspruch einer umfassenden Darstellung der FKM-Richtlinie und sie ist deshalb auch nicht geeignet, statt der Originalfassung als Grundlage eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu dienen. Die FKM-Richtlinie ist im Maschinenbau und in verwandten Bereichen der Industrie anwendbar. Für mechanisch beanspruchte Bauteile ermöglicht sie einen rechnerischen Nachweis der statischen Festigkeit und einen rechnerischen Nachweis der Dauer- oder Betriebsfestigkeit, im Rahmen der Richtlinie als Ermüdungsfestigkeitsnachweis bezeichnet. Der statische Festigkeitsnachweis wird für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis vorausgesetzt. Der Nachweis kann ausgehend von Nennspannungen geschehen oder auch von örtlichen, elastisch bestimmten Spannungen, wie sie aus elastizitätstheoretischen Lösungen, Finite-Elemente- oder Randelement-Berechnungen oder aus Messungen erhalten werden. Werkstoffspezifische Parameter sind für Stähle, für Eisengusswerkstoffe, für Aluminiumknetwerkstoffe und für Aluminiumgusswerkstoffe aufgeführt. Sie gelten unter nichtkorrosiven Umgebungsbedingungen. Werkstoffabhängig wird zwischen den Bereichen normaler und erhöhter Temperaturen unterschieden.
192
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Die Formeln des Nachweises sind aufbereitet für stabförmige, für flächenförmige und für volumenförmige Bauteile. Die Bauteile können mit oder ohne spanabhebende Bearbeitung oder auch durch Gießen oder Schweißen hergestellt sein. Es wird vorausgesetzt, dass die Bauteile hinsichtlich Konstruktion, Werkstoff und Verarbeitung fachgerecht und im technischen Sinne fehlerfrei ausgeführt sind. Für alle diese Anwendungsfälle gilt ein einheitlich strukturierter Berechnungsablauf unter Beachtung aller relevanten Einflüsse. Gewisse Besonderheiten gelten für geschweißte Bauteile. Der Berechnungsgang ist zum überwiegenden Teil zwangsläufig. Der Anwender hat nur wenige Entscheidungen zu treffen. Der Inhalt mit seinen recht umfassenden Berechnungsmöglichkeiten entspricht dem in einer Richtlinie anwendbaren Stand des Wissens. Der Berechnungsalgorithmus besteht aus Anweisungen, Formeln und Tabellen. Die eingefügten Bilder haben meistens nur erläuternde Funktion. Textliche Erklärungen erfolgen, wenn sie zur sicheren Anwendung erforderlich erscheinen. Die verwendeten Formelzeichen sind zum Teil der neueren Entwicklung angepasst. Der Berechnungsablauf wird zur besseren Verständlichkeit durch Beispiele ergänzt. Berechnungsablauf nach der FKM-Richtlinie Der Berechnungsablauf für den Nachweis der statischen Festigkeit ist in Abb. 3.1–30 dargestellt, der im Prinzip gleiche Berechnungsablauf für den Nachweis der Dauer- oder Betriebsfestigkeit in Abb. 3.1–31. Ein formelmäßiger Abriss des Berechnungsganges ist im Anhang 5.4 aufgeführt. Beim Nachweis (in beiden Bildern ganz unten) sind die Spannungskennwerte für die auf das Bauteil einwirkenden Belastungen (links oben), sowie die aus den Werkstoff-Festigkeitskennwerten und den Konstruktionskennwerten abgeleiteten Bauteilfestigkeitswerte (mittlere Spalte) unter Berücksichtigung der Sicherheitsfaktoren (rechts unten) gegenüberzustellen. In Unterelementen werden Mittelspannung und Betriebsfestigkeit als weitere wesentliche Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit erfasst. Der Festigkeitsnachweis ist erbracht, wenn die Spannungskennwerte die Bauteilfestigkeitswerte unter Berücksichtigung der Sicherheitsfaktoren höchstens zu 100% auslasten. Die Anordnung der einzelnen Berechnungselemente in den Abb. 3.1–30 und 3.1–31 veranschaulicht (von oben nach unten) die Reihenfolge ihrer Bearbeitung im Berechnungsablauf. Für eine Anwendung der Richtlinie sind die Belastungen in ihrer Höhe so festzulegen, dass sie auf der sicheren Seite liegen und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit größer sind als die ungünstigstenfalls auftretenden Belastungen. Aus den Belastungen des Bauteiles sind sodann die sich ergebenden Beanspruchungen zu bestimmen, und zwar als Spannungen im Nachweispunkt,
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
193
Abb. 3.1–30. Ablauf des statischen Festigkeits-Nachweises nach der FKM-Richtlinie [44]
Abb. 3.1–31. Ablauf des Ermüdungsfestigkeits-Nachweises nach der FKM-Richtlinie [44]
194
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
d.h. im versagenskritischen Punkt des betrachteten Querschnittes oder des Bauteiles. Im Zweifelsfall sind mehrere Nachweispunkte zu betrachten, so beispielsweise bei Schweißverbindungen der Schweißnahtübergang und die Schweißnahtwurzel. Dabei wird zwischen stabförmigen, flächenförmigen und volumenförmigen Bauteilen mit jeweils anderen Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten unterschieden. Der Berechnungsablauf bleibt dadurch unverändert. Denn die Unterscheidung ist nur formaler Art und sie betrifft lediglich die Bezeichnung und Indizierung der verschiedenen Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten, z.B.: zd b s t
für Zugdruck für Biegung für Schub für Torsion
x y z
für die Komponente in x-Richtung für die Komponente in y-Richtung für die Komponente in z-Richtung
Die Spannungen sind nach bekannten Grundsätzen und Methoden zu bestimmen: analytisch nach der elementaren oder höheren Festigkeitslehre, numerisch nach der Finite-Elemente-Methode oder nach der RandelementMethode, oder experimentell durch Messung. Sie können bestimmt werden – als Nennspannungen, mit S und T bezeichnet, oder – als örtliche Spannungen (elastische Kerbspannungen bzw. Strukturspannungen), mit s und t bezeichnet. Dementsprechend sind auch die Bauteilfestigkeitswerte zu bestimmen – als Nennfestigkeitswerte oder – als örtliche Festigkeitswerte der Kerbspannung bzw. der Strukturspannung. Mit der in beiden Fällen gleichartigen Struktur des Berechnungsablaufes ist angestrebt, dass für vergleichbare Berechnungen mit Nennspannungen oder mit örtlichen Spannungen möglichst gleiche Ergebnisse erhalten werden. Um die Richtlinie übersichtlich und eindeutig zu gestalten, ist sie in vier Kapitel gegliedert: – – – –
Statischer Festigkeitsnachweis mit Nennspannungen, Ermüdungsfestigkeitsnachweis mit Nennspannungen, Statischer Festigkeitsnachweis mit örtlichen Spannungen, Ermüdungsfestigkeitsnachweis mit örtlichen Spannungen.
Der Berechnungsablauf ist in jedem der vier Kapitel vollständig dargestellt, selbst wenn sich daraus textliche Wiederholungen ergeben. Statischer Festigkeitsnachweis nach der FKM-Richtlinie Maßgebliche Spannungskennwerte sind die extremen Maximalspannungen und Minimalspannungen der einzelnen Spannungsarten bzw. Spannungskomponenten. Je nach Art des Bauteils werden sie als Nennspannungswerte
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
195
oder örtliche Spannungswerte für Zugdruck, Szd , usw. ermittelt. Die extremen Maximal- oder Minimalspannungen für den statischen Festigkeitsnachweis können verschieden sein von den Maximal- und Minimalspannungen für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis, die sich aus der größten Spannungsamplitude und der zugehörigen Mittelspannung ergeben. Für geschweißte Bauteile ist der statische Festigkeitsnachweis für den Schweißnahtübergangsquerschnitt wie für nichtgeschweißte Bauteile durchzuführen, und für den Schweißnahtquerschnitt wie nach DIN 18800 Teil 1 [42] mit einer Vergleichsnennspannung, die aus den in der Schweißnaht wirkenden Komponenten der Nennspannung bzw. der Strukturspannung zu bilden ist. Werkstoff-Festigkeitskennwerte sind Zugfestigkeit und Fließgrenze (Streckgrenze bzw. 0,2-Dehngrenze) unter Beachtung des technologischen Größeneinflusses, sowie hieraus mit einem Faktor abgeleitete Werte für Schubfestigkeit und Schubfließgrenze. Die Temperaturabhängigkeit der Werkstoff-Festigkeitskennwerte sowie die Zeitstandfestigkeit und Zeitdehngrenze können mittels Temperaturfaktoren berücksichtigt werden. Die in Ansatz kommenden Festigkeitswerte sollen einem Erwartungswert mit 97,5% Wahrscheinlichkeit entsprechen bzw. einer mittleren Überlebenswahrscheinlichkeit PÜ = 97,5%. Anderweitig angegebene Zugfestigkeitswerte sind deshalb u.U. zu erniedrigen. Konstruktionskennwerte sind vor allem die plastischen Stützziffern, mit denen eine erfahrungsgemäß zulässige Teilplastizierung des Bauteiles je nach Fließgrenze, Belastung, Querschnitt und Formzahl berücksichtigt wird. Bei großer Formzahl und/oder bei hoher Fließgrenze wird dabei aber die vollplastische Traglast (plastische Formzahl) nur teilweise ausgeschöpft. Aus den plastischen Stützziffern und aus weiteren Größen wird ein zusammenfassender Konstruktionsfaktor berechnet. Die ertragbaren Nennwerte bzw. die örtlich ertragbaren Werte der statischen Bauteilfestigkeit ergeben sich aus dem Zugfestigkeitswert, dividiert durch den jeweiligen Konstruktionsfaktor. Grundwert der Sicherheitsfaktoren ist der praxisübliche Wert 2,0 gegenüber der Zugfestigkeit bzw. – bei Werkstoffen mit einem Verhältnis von Fließgrenze zu Zugfestigkeit kleiner als 0,75 – der Wert 1,5 gegenüber der Fließgrenze. Für Gusswerkstoffe ist er 1,4fach erhöht. Unter günstigen Voraussetzungen dürfen diese Sicherheitsfaktoren vermindert werden. Der Nachweis wird mittels des Auslastungsgrades durchgeführt, der höchstens den Wert „eins“ (entsprechend 100%) annehmen darf. Der Auslastungsgrad für eine bestimmte Spannungskomponente bzw. Spannungsart ist gleich dem maßgeblichen Spannungskennwert, dividiert durch den zulässigen Wert der statischen Bauteilfestigkeit. Der zulässige Wert ist gleich dem ertragbaren Wert der statischen Bauteilfestigkeit, dividiert durch den Sicherheitsfaktor. Bei mehreren Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten werden die einzelnen Auslastungsgrade zu einem Gesamtauslastungsgrad zusammen-
196
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
gefasst. Die hierfür anzuwendende Interaktionsgleichung berücksichtigt die Duktilität des Werkstoffes. Ermüdungsfestigkeitsnachweis nach der FKM-Richtlinie Maßgebliche Spannungskennwerte sind die größten Spannungsamplituden und die zugehörigen Mittelspannungen der einzelnen Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten, jeweils als Nennspannungen bzw. als örtliche Spannungen für Zugdruck, Sa, zd und Sm, zd , usw. und gegebenenfalls in Verbindung mit ihren jeweiligen Spannungskollektiven. Werkstoff-Festigkeitskennwerte sind die Zugdruckwechselfestigkeit und die Schubwechselfestigkeit des Werkstoffes unter Beachtung des technologischen Größeneinflusses. Sie werden mittels Faktoren aus der Zugfestigkeit abgeleitet. Diese kommt mit dem gleichen Wert wie beim statischen Festigkeitsnachweis für einen Erwartungswert mit 97,5% Wahrscheinlichkeit bzw. eine mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit PÜ = 97,5% in Ansatz. Der Einfluss erhöhter Temperatur auf die Werkstoff-Festigkeitswerte des Ermüdungsfestigkeitsnachweises kann mittels eines Temperaturfaktors berücksichtigt werden. Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis geschweißter Bauteile gelten schweißnahtspezifische Wechselfestigkeitskennwerte, die – anders als bei nichtgeschweißten Bauteilen – unabhängig von der Zugfestigkeit des Werkstoffs sind. Die Auswirkung der Eigenspannungen in geschweißten Bauteilen wird mit einem Eigenspannungsfaktor berücksichtigt. Die betreffenden Festlegungen sind in enger Anlehnung an die IIW-Empfehlungen [43] so getroffen, dass einerseits der gleiche einheitliche Berechnungsgang wie bei gekerbten Bauteilen zutrifft und andererseits dennoch praktisch vergleichbare Ergebnisse wie nach den IIW-Empfehlungen erhalten werden. Konstruktionskennwerte beim Rechnen mit Nennspannungen sind vor allem elastizitätstheoretisch bestimmte Formzahlen mit zugeordneten Stützziffern oder experimentell bestimmte Kerbwirkungszahlen, bzw. lediglich Stützziffern beim Rechnen mit örtlichen Spannungen. Mit diesen Konstruktionskennwerten werden die Gestalt (Form und Größe) des Bauteiles, sowie mit einem Rauheits- und einem Randschichtfaktor der Oberflächenzustand (Oberflächenrauheit und Randschichtverfestigung) berücksichtigt. Aus all diesen Größen wird ein zusammenfassender Konstruktionsfaktor berechnet. Die ertragbaren Nennwerte der Bauteil-Wechselfestigkeit ergeben sich aus den Werkstoff-Festigkeitskennwerten, dividiert durch den betreffenden Konstruktionsfaktor. Je nach den Mittelspannungen der einzelnen Spannungskomponenten folgen hieraus die ertragbaren Spannungsamplituden der Bauteil-Dauerfestigkeit, und je nach Kollektivumfang und Kollektivform mit einem Betriebsfestigkeitsfaktor die ertragbaren Spannungsamplituden der Bauteil-Betriebsfestigkeit, jeweils als Nennspannungen bzw. als örtliche Spannungen. Der Betriebsfestigkeitsfaktor wird durch Schädigungsakkumulations-Rechnung ermittelt, Abschn. 3.2.
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
197
Der Grundwert des Sicherheitsfaktors ist 1,5. Für Gusswerkstoffe ist er 1,4fach höher. Unter günstigen Voraussetzungen bzw. je nach Möglichkeit einer betrieblichen Bauteil-Inspektion darf der Sicherheitsfaktor vermindert werden. Der Nachweis wird mittels des Auslastungsgrades durchgeführt, der höchstens den Wert „eins“ (entsprechend 100%) annehmen darf. Der Auslastungsgrad für eine bestimmte Spannungskomponente bzw. Spannungsart ist gleich der maßgeblichen Spannungsamplitude dividiert durch die zulässige Spannungsamplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit bzw. der Bauteil-Betriebsfestigkeit. Die zulässige Spannungsamplitude ist gleich der ertragbaren Spannungsamplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit bzw. der Bauteil-Betriebsfestigkeit, dividiert durch den Sicherheitsfaktor. Bei mehreren Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten sind die einzelnen Auslastungsgrade zunächst einzeln zu ermitteln und zu beurteilen und dann zu einem Gesamtauslastungsgrad zusammenzufassen. Bei mehrachsigen Spannungen werden proportionale Spannungen, synchrone Spannungen und nichtproportionale Spannungen unterschieden, Abschn. 3.1.6. Die anzuwendende Interaktionsgleichung berücksichtigt die Duktilität des Werkstoffes in gleicher Weise wie beim statischen Festigkeitsnachweis. Anhänge der FKM-Richtlinie Als Anhänge der FKM-Richtlinie sind ausführliche Werkstofftabellen, Formzahlen und Kerbwirkungszahlen für Wellen und Stäbe, sowie Bauteilklassen für Schweißverbindungen entsprechend den IIW-Empfehlungen angefügt. In weiteren Anhängen werden erläuternde Ausführungen zu den für geschweißte Bauteile getroffenen Festlegungen, zur Berechnung mit Beanspruchungsgruppen, zur Anpassung des Spannungskollektivs an die Wöhlerlinie, zu den Besonderheiten randschichtgehärteter Bauteile, zur Berechnung bei mehrachsigen Beanspruchungen sowie zum experimentellen Festigkeitsnachweis gemacht. Wöhler- oder Lebensdauerlinien aus Versuchsdaten Eine Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie, die eigens durch Versuche mit dem Original-Bauteil ermittelt wurde, beschreibt als sog. Bauteilwöhlerlinie dessen Schwingfestigkeits-Eigenschaften in der bestmöglichen Weise, wenn sichergestellt ist, dass die betriebliche Bauteilbeanspruchung durch die gewählten Versuchsbedingungen zutreffend dargestellt wurde und dass die Auswertung der Versuche in angemessener Form geschah. Auch Wöhlerlinien für Versuchskörper, die den schwingbruchkritischen Bauteilbereich darstellen, besitzen eine ähnlich hohe Aussagekraft, wenn etwaige Größeneinflüsse ausgeschlossen oder erforderlichenfalls korrigierend berücksichtigt werden können. Eine anderweitig verfügbare Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie mag hingegen in manchen Punkten nicht unmittelbar für den interessierenden An-
198
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
wendungsfall zutreffen. Sie muss dann durch Umrechnen an die vorliegenden Bedingungen angepasst werden. Eine solche Umrechnung geht von den gleichen Zusammenhängen aus, die der rechnerischen Abschätzung von Wöhlerlinien nach Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 zugrunde liegen. Auch sollte eine experimentell bestimmte Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie stets abgeprüft werden, ob sie nach allgemeinem Erfahrungswissen als zutreffend und verlässlich gelten darf, Abschn. 2.1 und 2.5. Diese Abprüfung kann u.a. darin bestehen, dass vergleichsweise eine rechnerische Abschätzung vorgenommen wird, wie sie im Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 beschrieben ist bzw. wie sie in Umkehr der Betrachtungsweise nach Abschn. 3.2.11 durchgeführt werden kann. Und nicht zuletzt bleibt kritisch zu betrachten, ob eine festgestellte Abweichung gegenüber anderweitigen Angaben oder Erfahrungswerten statistisch gesichert und nicht etwa zufälliges Ergebnis aufgrund einer zu geringen Anzahl der Versuche ist, s. hierzu auch die Ausführungen zur „Validierung“ in Abschn. 4.4.2.
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile Die Berechnung geschweißter Bauteile ist – im Unterschied zur Berechnung gekerbter Bauteile – auf vielen Gebieten traditionell durch Vorschriften, Normen usw. geregelt, so z.B. im Eisenbahn-Brückenbau [erste DV 848 von 1936], im Kranbau [41], im Stahlbau [42], im Anlagenbau [49] oder im Schiffbau [187]. Kennzeichnend für die ersten Regelwerke dieser Art war ein Dauerfestigkeits-Nachweis anhand von Nennspannungen. Inzwischen haben alle diese Regelwerke Aktualisierungen erfahren. Sie wurden u.a. beeinflusst durch den Betriebsfestigkeits-Nachweis nach DIN 15 018 [41], durch den mit der Offshore-Technik aufkommenden StrukturspannungsNachweis [170], durch die Vorarbeiten für den Eurocode 3 [171], durch die Erarbeitung der IIW-Empfehlungen [44], sowie durch den Vorschlag von Radaj [191] zur Berechnung von Kerbspannungen an Schweißverbindungen mit einem fiktiv vergrößerten Kerbradius. Bei Wöhlerlinien, die aus Normen, Vorschriften oder Richtlinien übernommen werden, kann es mithin ratsam sein zu überprüfen, ob die betreffenden Angaben noch dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Wöhlerlinien aus Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen In aller Regel handelt es sich bei Wöhlerlinien, wie sie durch Normen, Vorschriften und Richtlinien vorgegeben sind, um Wöhlerlinien auf der Grundlage von Nennspannungen. Als Beispiel seien hier Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustahl nach der 1985 veröffentlichten und international erarbeiteten Empfehlung eines Ausschusses der Europäischen Konvention für Stahlbau (EKS) angeführt [171], Abb. 3.1–32.
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
199
Abb. 3.1–32. Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustahl, zulässige Schwingbreiten der Spannung nach ECCS-T6 [171], wie sie auch in den Eurocode 3 [48], in die IIWEmpfehlungen [43] und in die FKM-Richtlinie [44] übernommen wurden
Diese EKS-Empfehlung beschreibt ein Schema paralleler Zeitfestigkeitslinien der Neigung m M k = 3, die durch die Schwingfestigkeitskennwerte DSR = 2 · SA als Schwingbreiten für NA = 2 · 106 Schwingspiele bestimmt sind. Die Schwingfestigkeitskennwerte DSR sind nach der Normzahlreihe R20 abgestuft und bezeichnen zugleich die Kerbfälle (Kategorien bzw. FATKlassen), denen die stahlbautyischen Formen von Schweißverbindungen zugeordnet sind [77], Abb. 3.1–33. Die Dauerfestigkeit ist bei ND = 5 · 106 Schwingspielen angesetzt; für die Schädigungsakkumulations-Rechnung werden die Zeitfestigkeitslinien mit einer Neigung m = (2k – 1) = 5 bis zu einem Grenzwert bei 108 Schwingspielen fortgesetzt, Abschn. 3.2.8. Bei der vorgegebenen Kerbfallzuordnung sollen die Wöhlerlinien als Linien für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 97,7% (Mittelwert minus zwei Standardabweichungen) verstanden werden. Eine Angabe über den zugehörigen Mittelwert oder über den Wert der zugrunde gelegten Standardabweichung wird bedauerlicherweise vermisst; sie muss im Bedarfsfall als Erfahrungswert aus anderer Quelle, z.B. Abb. 3.5–23 [53], übernommen werden. So lässt sich dann eine dem Linienschema der EKS-Empfehlung entsprechende normierte Wöhlerlinie etwa nach Abb. 3.1–34b angeben. Zum Vergleich ist ihr mit Abb. 3.1–34a die bisherige Form der normierten Wöhlerlinie für Schweißverbindungen aus Baustahl [68, 69] gegenüberge-
200
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–33. Beispiel für die Zuordnung von Schweißnaht-Details zu den Schweißnaht-Kategorien in Abb. 3.1–32 [171]
stellt. Die zu verzeichnenden Unterschiede halten sich in relativ engen Grenzen, so dass für beide Darstellungsformen weitgehend die gleichen Schwingfestigkeitswerte DSR = 2 · SA als zutreffend gelten können. Die EKS-Empfehlung [171] bildete sodann die Grundlage für die Abfassung des Eurocode 3 [48] und der IIW-Empfehlungen [143]. Beachtenswerte Unterschiede gegenüber der in ihren Grundzügen bereits 1967 konzipierten DIN 15018 [19, 41] und den ihr verwandten Normen bestehen nach der EKS-Empfehlung bzw. dem Eurocode 3 und den IIW-Empfehlungen vor allem in drei Punkten: Zum einen unterscheidet sich die vorgenommene Kerbfallzuordnung einiger Verbindungsformen. Zum anderen bestehen Unterschiede im Verlauf der Wöhlerlinien, die sich nach DIN 15018 (Kollektiv S3) mit einer Neigung k = 3,5 und einem Abknickpunkt bei ND = 2 · 106, hingegen nach den neueren Empfehlungen aufgrund bruchmechanischer Überlegungen mit einer steileren Neigung k = 3 und einem Abknickpunkt bei ND = 5 · 106 darstellen. Und drittens sind, mit dem Hinweis auf die in geschweißten Bauteilen zu unterstellenden ungünstigen Schweißeigenspannungen, bei der EKS-Empfehlung die als zulässig ausgewiesenen Schwingbreiten der Spannungen DS (bzw. Ds) im Bereich der Druckschwell- und Wechselbeanspruchung – 1 ≤ R ≤ 0 aus erkannter Notwendigkeit z.T. erheblich gegenüber
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
201
a
b Abb. 3.1–34a, b. Normierte Wöhlerlinie für Schweißverbindungen aus Baustahl; a bisherige Form [68, 69] und b an Abb. 3.1–32 angepasste neue Form
denen der DIN 15018 erniedrigt. Entsprechend Abb. 3.1–35 Kurve C sind sie nunmehr in ihrer Höhe unabhängig vom Spannungsverhältnis R angesetzt, womit sich die Berechnung (nach dem sogenannten Ds-Konzept) allein auf die Schwingbreiten der Spannung beschränken darf. Der sachliche Hintergrund dieser neuen Regelung wird im Abschn. 3.1.5 dargelegt.
202
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–35. Mittelspannungsabhängigkeit der ertragbaren Spannungsamplituden von Schweißverbindungen aus Baustahl nach bisheriger Auffassung und Regelung (Kurve A oder B) sowie nach neuer Regelung entsprechend dem Ds-Konzept (Kurve C)
Lebensdauerlinien aus Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen DIN 15018 [41] ist darüber hinaus ein Beispiel für die wenigen Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen, die mit Daten von Lebensdauerlinien auch Angaben über die unter einem Kollektiv als ertragbar bzw. zulässig anzusetzenden Spannungen machen. Als weiteres Beispiel wäre das Handbuch Strukturberechnung [24] zu nennen. Wesentlich ist, dass Angaben über ertragbare Spannungen anhand von Lebensdauerlinien stets nur in Bezug auf eine näher zu bezeichnende Kollektivform möglich sind. DIN 15018 liegt die Systematik der p-Wert-Kollektive zugrunde, Abb. 2.2–7. Man findet dort die zulässigen Spannungen nach der Schwere des Kranbetriebs beziffert für die folgenden Kollektive: – – – –
Kollektiv S0 Kollektiv S1 Kollektiv S2 Kollektiv S3
sehr leichter Kranbetrieb leichter Kranbetrieb mittelschwerer Kranbetrieb schwerer Kranbetrieb
selten Volllast gelegentlich Volllast häufig Volllast immer Volllast
p = 0, p = 1/3 , p = 2/3 , p = 1,
und dazu jeweils nach der Häufigkeit der Schwingspiele für folgende Kollektivumfänge: – – – –
gelegentliche Kranbenutzung unterbrochener Kranbetrieb dauernder Kranbetrieb angestrengter Dauerbetrieb
2 · 104 ≤ N ≤ 1 · 105 , 1 · 105 ≤ N ≤ 6 · 105 , 6 · 105 ≤ N ≤ 2 · 106 , 2 · 106 ≤ N.
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
203
Dieses Schema zulässiger Spannungen für schwingbeanspruchte Schweißverbindungen nach DIN 15018 wurde inzwischen auch auf verschiedene andere Anwendungsgebiete übertragen. Abriss der IIW-Empfehlungen In Anlehnung an die EKS-Empfehlung [171], aber in wesentlicher sachlicher Weiterführung und inhaltlicher Vervollständigung entstanden die von einer internationalen Arbeitsgruppe im IIW (International Institut of Welding) erarbeiteten „Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindungen und Bauteile“, die 1996 im Druck erschienen [43]. Sie zeichnet sich durch Vollständigkeit aus und kennzeichnen den derzeitigen Stand der Technik. Durch ihre modulare Struktur kann sie in nahezu allen Bereichen der Schweißtechnik angewendet werden, insbesondere dort, wo keine Regelwerke vorliegen oder bestehende Regelwerke die jeweilige Problemstellung nicht oder unzureichend behandeln. Für die Wöhlerlinie der Schweißverbindungen aus Baustählen wurde das Linienschema der EKS-Empfehlungen, Abb. 3.1–32, übernommen. Außer den Angaben zu Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustählen sind in entsprechender Weise Angaben zu Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Aluminiumlegierungen gemacht. Weiterhin ist der Kerbfallkatalog um wesentliche nicht-stahlbautypische Formen von Schweißverbindungen erweitert. Hinzu kommen Formeln zum Bewerten von Schweißverbindungen mit Imperfektionen (Kantenversatz und Verzug, Einbrandkerben, Poren und Einschlüsse, rissartige Defekte). Und nicht zuletzt sind die Wöhlerlinien und Kerbfall-Einstufungen nicht nur für eine Berechnung anhand von Nennspannungen sondern in gleicher Vollständigkeit auch für eine Berechnung anhand von Strukturspannungen sowie anhand von Kerbspannungen angegeben. Insgesamt enthält der Kerbfallkatalog 81 konstruktive Details. Die Wöhlerlinien und Kerbfall-Einstufungen wurden neben anderen Regelungen der IIW-Empfehlungen inhaltlich deckungsgleich – und lediglich mit formalen Anpassungen an den Rechengang – in die FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile [44] übernommen, Abschn. 3.1.3. Damit darf erwartet werden, dass Berechnungen nach der FKM-Richtlinie oder nach den IIW-Empfehlungen vergleichbare Ergebnisse liefern. Nennspannungen und ertragbare Nennspannungen Die Spannungsermittlung mit Nennspannungen wird wegen ihrer Einfachheit bei Schweißverbindungen weitestgehend angewandt und sie ist Grundlage der meisten Regelwerke. Die örtlich spannungserhöhenden Effekte der Schweißverbindungen bleiben dabei unberücksichtigt, während spannungserhöhende Effekte aus der Gestalt des Bauteils berücksichtigt werden, beispielsweise bei einer Schweißnaht, die im Kerbspannungsbereich eines kreisförmigen Ausschnitts endet.
204
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Die einzelnen konstruktiven Details sind in das feste Linienschema der Wöhlerlinien nach Abb. 3.1–32 eingestuft. Die danach für das Detail geltende Wöhlerlinie wird durch die Kerbfall- oder Schwingfestigkeitsklasse (FAT) gekennzeichnet, die sich als Spannungsschwingbreite DSR aus der Wöhlerlinie bei 2 · 106 Schwingspielen ergibt. Die einheitliche Neigung der Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustählen wie auch aus Aluminiumlegierungen wurde für Normalspannung mit k = 3,0 und einem Abknickpunkt bei 5 · 106 Schwingspielen, für Schubspannungen hingegen mit k = 5,0 und einem Abknickpunkt bei 1 · 108 Schwingspielen festgelegt. Die Frage nach diesen Kennwerten der normierten Wöhlerlinie für Schweißverbindungen war mehrmals Anlass zu Auswertungen des dafür verfügbaren Datenmaterials unter verschiedenen Prämissen. Eine erneute, von Ritter [70] vorgenommene Auswertung bezieht sich auf die Daten in den Wöhlerlinienkatalogen von Oliver und Ritter [69] und auf neuere Ergebnisse, die für geschweißte T- und Y-Stöße unter Normalkraft- und Biegungsbelastung vorliegen [192, 193]. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass er jede einzelne Versuchsreihe gesondert betrachtete, jeweils eine klare Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich und zum Übergangsbereich in die Dauerfestigkeit vornahm, und für den so definierten Zeitfestigkeitsbereich eine Regressionsrechnung und Streuauswertung durchführte. Abweichend von der ursprünglichen normierten Wöhlerlinie, Abb. 3.1–34a, ergab sich dabei, dass bei Schweißverbindungen aus Baustahl für alle ausgewerteten Versuchsreihen – im Zeitfestigkeitsbereich ein paralleles Streuband zutrifft, – sich für den Exponenten k geringfügige Änderungen gegenüber k = 3,75 ergeben – unterschiedliche Schwingspielzahlen ND am Abknickpunkt zu verzeichnen sind, und – insgesamt jeweils geringere Spannungsstreuungen TS festzustellen sind. Die entsprechenden Zahlenwerte sind in Tabelle 3.1–2 zusammengestellt. Sie sind in weitgehender Übereinstimmung mit den Festlegungen in den neueren Regelwerken und sie lassen sich wie folgt kommentieren: Bei der Festlegung des Streubandes der normierten Wöhlerlinie nach [68] wurde für jede Versuchsreihe eine gewisse fertigungsbedingte Schwankung der Schwingfestigkeits-Kennwerte unterstellt, um unmittelbar auf zulässige Spannungen schließen zu können. Erst die breiter angelegten Auswertungen von Oliver und Ritter [69] offenbarten, dass die fertigungsbedingten Einflüsse eine weit größere Auswirkung hatten und dass die Schwingfestigkeits-Kennwerte einzelner Versuchsreihen einer gesonderten statistischen Betrachtung unterzogen werden mussten, Abb. 3.5–23. Neigungsexponenten k > 3,0 stellen sich offenbar trotz der klaren Abgrenzungen gegen den Kurzzeitfestigkeitsbereich bei hohen Schwingfestigkeitskennwerten SA ein, bei denen sich bereits wenig oberhalb der Dauer-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
205
Tabelle 3.1–3. Kennwerte für die normierte Wöhlerlinie von Schweißverbindungen aus Baustahl, nach Ritter [70]
Fallgruppe
k
ND
TN
TS = TN1 /k
1. Schweißverbindungen mit Bruchausgang am Übergang Naht/Grundwerkstoff, eigenspannungsarmer Zustand 2. Schweißverbindungen mit Bruchausgang am Übergang Naht/Grundwerkstoff, eigenspannungsbehafteter Zustand 3. Schweißverbindungen mit Bruchausgang an der Wurzelkerbe, mit oder ohne Eigenspannungen 4. Normalkraftbelastetes Grundblech mit aufgeschweißter Längssteife, eigenspannungsarm 5. Normalkraftbelastetes Grundblech mit aufgeschweißter Längssteife, eigenspannungsbehaftet 6. Schubbeanspruchte Kehlnaht
3,5
2 · 106
1 : 2,40
1 : 1,28
3,5
> 6 · 106
1 : 2,40
1 : 1,28
3,5
> 6 · 106
1 : 2,40
1 : 1,28
3,0
3 · 106
1 : 2,10
1 : 1,28
3,0
> 6 · 106
1 : 2,10
1 : 1,28
5,0
> 8 · 107
1 : 5,00
1 : 1,38
festigkeit ein allmählich beginnender Übergang in die Kurzzeitfestigkeit abzeichnet, mit dem sich der Neigungsexponent vergrößert. Hinsichtlich des Abknickpunktes wird erkennbar, dass die neuere Festlegung nach der EKS-Empfehlung [171] mit ND = 5 · 106 zwar für eigenspannungsfreie Schweißverbindungen mit einem Bruchausgang am Nahtübergang recht gut zutrifft, dass aber für Verbindungen mit einem Bruchausgang von der Nahtwurzel und offenbar generell für stark eigenspannungsbehaftete Verbindungen ein Wert ND > 6 · 106 anzunehmen ist. Es gibt allerdings nur einige wenige Einzelergebnisse, die diesen Sachverhalt belegen und insofern ist er bislang statistisch nicht gesichert und nicht konkretisierbar. Nur im Eurocode wird bisher diesem Umstand bei bestimmten Details Rechnung getragen durch eine „modified fatigue strength curve“ mit einem Abknickpunkt bei 107 Schwingspielen, oder ersatzweise durch die Abstufung um eine Kerbfallklasse gegenüber dem 2 · 106-Wert nach der betreffenden Wöhlerlinie. Bei Anwendung der IIW-Empfehlung oder der FKM-Richtlinie sollte gegebenenfalls diesem Punkt gesonderte Beachtung geschenkt werden. Ergebnisse für schubbeanspruchte Kehlnahtverbindungen wurden fast ausnahmslos an Rohr-Flansch-Verbindungen unter Verdrehbeanspruchung ermittelt. Für eine normierte Schub-Wöhlerlinie ergeben sich daraus – wie auch durch eine neuere Auswertung der verfügbaren Daten mit vergleichbaren Werten bestätigt [172] – die in Tabelle 3.1–3 aufgeführten speziellen
206
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Kennwerte. Aus bisher nicht geklärten Gründen unterscheiden sich die Wöhlerlinien-Kennwerte für Schub erheblich von denen der übrigen Verbindungen: Eine Erklärung wie für die Regressionsgerade in Abb. 2.1–22b kann zwar für die bei Schub flachere Neigung bedingt in Betracht kommen, nicht jedoch für den durch Versuchspunkte belegten Verlauf der Zeitfestigkeitsgeraden bis zu einem Abknickpunkt bei ND = 108. Dennoch muss bezweifelt werden, ob eine Wöhlerlinie mit diesen Kennwerten auch für die Schubspannungen in Stegblechmitte eines Doppel-T-Trägers gelten, wenn dort eine mit Kehlnähten verschweißte Stegsteife endet, denn im Unterschied zur Rohrprobe werden in diesem Fall die elastisch-plastischen Dehnungsbeträge dadurch begrenzt, dass der umgebende Werkstoff sich im Wesentlichen elastisch verhält. Indem die aktuellen Regelwerke spezielle Wöhlerlinien für Schub vorsehen, beinhalten sie den Widerspruch, dass statt der Schubspannungen ebensogut die Hauptspannungen betrachtet werden könnten, für die die üblichen Wöhlerlinien-Kennwerte zutreffen würden. Dadurch kommt es zu einem datenbedingten Invarianzproblem, s. Abschn. 3.1.6. Nähere Untersuchungen zu dieser Sachfrage sollten vielleicht unter der Hypothese angegangen werden, dass sich die plastischen Wechseldehnungen bei runden verdrehbeanspruchten Körpern in bevorzugten Gleitbändern konzentrieren. Neben den Kerbfällen zu berücksichtigende Einflussgrößen Bestehende Wechselwirkungen zwischen Schweißeigenspannungen und Mittelspannungen, Blechdicke und anzunehmendem Einfluss der Nahtdicke, sowie der Einfluss von geometrischen Imperfektionen, statistische Aspekte und die Frage der Sicherheitszahlen werden in den aktuellen Regelwerken in notwendiger Vereinfachung experimenteller Befunde abgehandelt. Durch eingehendere Berücksichtigung dieser Einflüsse mögen sich fallweise Möglichkeiten zur besseren Einschätzung und zur Optimierung schwingbeanspruchter Schweißverbindungen abzeichnen. In den an Vorschriften gebundenen Anwendungsfällen sind diesbezügliche Einzelnachweise aber nicht einfach zu erbringen. Die Ausschöpfung solcher Möglichkeiten dürfte sich daher auf Bauteile der Serienfertigung beschränken, bei denen ein experimenteller Nachweis für den Einzelfall vertretbar erscheinen mag; s. dazu Abschn. 4.5 in [43]. Dem bei Schweißverbindungen wesentlichen Einfluss von Schweißeigenspannungen und Lastmittelspannungen ist z.B. im Eurocode 3 [48], in den IIW-Empfehlungen [43] und in der FKM-Richtlinie [44] zwar einheitlich nach dem Ds-Konzept sowie in prinzipieller Übereinstimmung mit Abb. 3.1–35, aber konkret dennoch in etwas unterschiedlicher Weise Rechnung getragen. Die betreffenden Festlegungen lassen sich in einem Haigh-Schaubild mit bezogenem Spannungsmaßstab veranschaulichen, Abb. 3.1–36. Bezugswert ist die ertragbare Nennspannungsamplitude SA (bzw. der DSRWert) der Kerbfallklasse, wie sie für die einzelnen Stoß- und Nahtformen tabellarisch angegeben ist. Sie gilt entsprechend dem Ds-Konzept für den Fall, dass die Schweißverbindung hohe Zug-Eigenspannungen (etwa in Höhe der
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
207
Abb. 3.1–36. Berücksichtigung des Einflusses der Mittelspannung und von Eigenspannungen nach dem Eurocode 3, den IIW-Empfehlungen und der FKM-Richtlinie, aus [177]
Streckgrenze) aufweist und dass deshalb keine Abhängigkeit von der LastMittelspannung bzw. vom Spannungsverhältnis besteht, Kurve 햲. Für Schweißverbindungen, bei denen nachweislich nur geringe oder mäßige ZugEigenspannungen vorliegen, gelten demgegenüber abhängig von der LastMittelspannung bzw. vom Spannungsverhältnis höhere ertragbare Spannungsamplituden. Nach Eurocode 3 ist eine nur moderate Erhöhung bei geringen Eigenspannungen vorgesehen, Kurve 햷, nach den IIW-Empfehlungen und bei der FKM-Richtlinie ist hingegen eine vergleichbare Erhöhung bereits im Fall mäßiger Eigenspannungen vorgesehen, Kurven 햳 und 햴, sowie eine weitergehende Erhöhung für den Fall geringer Eigenspannungen, Kurven 햵 und 햶. Während die Erhöhung nach den IIW-Empfehlungen bei Druckmittelspannungen (R < – 1) konstant bleibt, Kurven 햳 und 햵, sehen der Eurocode 3 und die FKM-Richtlinie auch noch in diesem Bereich eine zunehmende Erhöhung bis zu einer Druck-Schwellbeanspruchung (R = – •) vor, Kurven 햴, 햶 und 햷. Anmerkenswert ist dabei, dass die nach der FKMRichtlinie angesetzten, bei R = – •, bei R = 0 und R = + 0,5 abknickenden Geradenzüge über Mittelspannungsempfindlichkeiten M = 0,3 bzw. 0,15 in der gleichen Weise definiert sind wie für den Rechengang bei gekerbten Bauteilen, Abb. 3.1–25 und Gl. (3.1–21 bis Gl. (3.1–22). Geometrische Imperfektionen, wie sie durch Verzug und/oder Versatz an Schweißnähten entstehen, sind zwar durch eine diesbezüglich angelegte Spannungsermittlung erfassbar. Aber auch entsprechend aufbereitete Formeln, die eine Bewertung verschiedener Arten des Verzugs und des Kantenversatzes gestatten, sind in den IIW-Empfehlungen [43] enthalten. Imperfek-
208
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
tionen können aber logischerweise vorab bei der Berechnung von Schweißkonstruktionen nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn sie in ihrer Größe mit Erfahrungswerten einschätzbar sind. Praktisch häufiger auftreten wird hingegen die Frage nach der Zulässigkeit von auffälligen Werten des Verzugs und/oder Versatzes, die an ausgeführten Schweißverbindungen festgestellt wurden. Dass sich nach Versuchen auch ein Einfluss der Blechdicke auf die ertragbare bzw. zulässige Beanspruchungshöhe zeigte, war schon länger bekannt. Aber erst Versuchsergebnisse aus den siebziger Jahren, vornehmlich im Hinblick auf die Bemessung dickwandiger Offshore-Konstruktionen an Blechdicken bis zu 50 mm und zudem teils unter künstlichem Seewasser durchgeführt, belegten eine deutliche Abhängigkeit der Schwingfestigkeitswerte von den verschweißten Blechdicken und von den Kehlnahtdicken [173–175]. In den aktuellen Regelwerken ist dieser geometriebedingte Größeneinfluss auf die ertragbaren Nennspannungsamplituden mit einem allein blechdickenabhängig angesetzten Faktor f (teff) berücksichtigt, d.h. bei vernachlässigtem Nahtdickeneinfluss, Abb. 3.1–37. Für die verschiedenen Stoß- und Nahtformen ist er nach Eurocode 3 und FKM-Richtlinie einheitlich gewählt, hingegen nach den IIW-Empfehlungen über den Exponenten n wie folgt unterschieden: Querbeanspruchte Kehlnähte im Schweißzustand n = 0,3 Nahtübergang geschliffen n = 0,2 Querbeanspruchte Stumpfnähte im Schweißzustand n = 0,2 blecheben geschliffen n = 0,1 Längsbeanspruchte Nähte ohne Unterscheidung n = 0,1
Abb. 3.1–37. Berücksichtigung des Einflusses der Blechdicke nach dem Eurocode 3, den IIW-Empfehlungen und der FKM-Richtlinie, aus [177]
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
209
Abb. 3.1–38. Vergleich gemessener und berechneter Dehnungen vor dem Nahtübergang in Abhängigkeit von der Blechdicke, nach [192–194]
Sinnfälligerweise kommt der Faktor f (teff) nicht in Ansatz, wenn die Berechnung mit örtlich ertragbaren Kerbspannungen geschieht. Dazu ist u.a. in [192, 193] nachgewiesen, dass der geometrische Größeneinfluss bereits mit dem Berechnen der Kerbspannung erfasst wird, Abb. 3.1–38; ein Einfluss aus dem Nahtdickenverhältnis wurde dabei nicht ausgewiesen, wohl aber in einer nachfolgenden Arbeit [176]. Weitere Größeneinflüsse bei schwingbeanspruchten Schweißverbindungen sind zusammenfassend in [177] abgehandelt. Ein statistischer Größeneinfluss aus der Nahtlänge, wie in [177] und im Abschn. 3.4.6 mit Abb. 3.5–31 aufgezeigt, ist bisher in keinem Regelwerk eingearbeitet. Bei genauerer Betrachtung wird die Problematik des augenscheinlich so einfachen Nennspannungs-Konzeptes offensichtlich: Es werden Schwingfestigkeitsdaten eines jeden einzelnen konstruktiven Details benötigt. Die Vielfalt möglicher Kerbfälle von Schweißverbindungen lässt sich durch Kerbfallkataloge mit Angabe experimentell bestimmter Schwingfestigkeitskennwerten schlechterdings nicht darstellen. Die zweifelsfreie Zuordnung einer gegebenen Schweißverbindung zu einem bestimmten Detail des Regelwerks kann erhebliche Schwierigkeiten bedeuten. Bei speziell gestalteten und komplex belasteten Schweißverbindungen reichen elementar berechnete Nennspannungen eben nicht mehr zur Ermittlung der Schwingfestigkeit aus. Ein Ausweg besteht in solchen Fällen darin, dass die wesentlichen Geometrie- und Lasteinflüsse deutlich besser als durch Nennspannungen durch eine eingehendere Spannungsanalyse erfasst werden. Als Alternative kommt dafür eine Finite-Element-Berechnung anhand von Strukturspannungen oder anhand von Kerbspannungen in Betracht.
210
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Strukturspannungen und ertragbare Strukturspannungen Um größere Bereiche einer Struktur mit vertretbarem Aufwand nach der Finite-Element-Methode zu berechnen, wird zwangsläufig eine gröbere Elementierung vorgesehen. Wahlweise ist dabei ein Rechnen mit Strukturspannungen oder auch ein Rechnen mit Strukturdehnungen gebräuchlich, wobei elastisches Werkstoffverhalten zugrunde gelegt wird. Neuere Regelwerke, Richtlinien und Empfehlungen [43, 44, 48] enthalten Angaben, wie Schwingfestigkeitsnachweise mit Strukturspannungen geführt werden können. Die Strukturspannungen sind allerdings bisher in allgemeiner Form nur für Schweißverbindungen definiert, und dabei zudem begrenzt auf eine Bewertung des Nahtübergangs, aber nicht der Nahtwurzel. Typischer und wohl bekanntester Anwendungsfall für Strukturspannungen oder -dehnungen ist die Berechnung der Rohrknoten für Offshore-Konstruktionen, Abb. 3.1–39. Man verwendet Schalen-Elemente und erhält damit im Knotenbereich den Spannungs- oder Dehnungsanstieg auf der Rohraußenwand zufolge ihrer Grundbeanspruchung und ihrer örtlichen Auswölbung im Knotenbereich, Abb. 3.1–40. Inzwischen wird auch die Berechnung von geschweißten Rohr- und Blechkonstruktionen in anderen Bereichen, wie z.B. im Schiff-, Behälter-, Maschinen- oder Fahrzeugbau, vielfach mit Strukturspannungen vorgenommen, wenn eine Nennspannung nicht einfach und eindeutig definiert werden kann. Mit der gröberen Element-Struktur sind also Kerbspannungen im Schweißnahtbereich des Rohrknotens nicht oder nicht mehr korrekt erfassAbb. 3.1–39. Finite-Element-Struktur für einen Rohrknoten, ausgerichtet auf die Strukturspannungen (Hot Spot Konzept), nach Robert, Bourdon und Meziere
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
211
Abb. 3.1–40. Dehnungsanstieg vor der Schweißnaht und Strukturdehnung für einen Rohrknoten, nach Robert, Bourdon und Meziere
bar. Bewusst bleiben die Stoß- und Nahtform sowie die Schweißnähte selbst und damit die örtliche Kerbwirkung am Nahtübergang wie auch an der Nahtwurzel unberücksichtigt. Wohl aber sollen die aus der jeweiligen Gestalt bei Lastübertragung und Verformung entstehenden Zusatzspannungen erfasst werden. Im Prinzip handelt es sich mithin bei Strukturspannungen um verbesserte Nennspannungen für den engeren Nahtbereich. Dem Einfluss der Kerbwirkung und den werkstofflichen Besonderheiten an Schweißnähten wird auf der Festigkeitsseite mit der anzusetzenden Wöhlerlinie Rechnung getragen. Strukturspannungen können nach der Substrukturtechnik als Eingangsgrößen für eine ausführliche Berechnung örtlicher Kerbbereiche dienen. Oder die Strukturspannungen werden einer unmittelbaren Beurteilung zugeführt, was jedoch eine strengere Festlegung darüber voraussetzt, wie Strukturspannungen zu definieren und zu berechnen sind: Im Sinne einer solchen Definition sollen Strukturspannungen für den schwingbruchkritischen Punkt an der Bauteiloberfläche, dem sog. Hot Spot, mit einem über die Dicke des Balken-, Platten- oder Schalenquerschnitts linearen Spannungsansatz unter Vernachlässigung von Kerbeinflüssen berechnet werden, ähnlich wie es für die Spannungen nach den technischen Tragwerkstheorien gilt [32]. Durch geeignet gewählte Elementtypen und günstige Elementgrößen relativ zur Wanddicke und zum Krümmungshalbmesser einer Schale kann dieser Vorgabe weitgehend entsprochen werden. Im Allge-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
meinen wird, und zwar auch bei mehrachsigen Beanspruchungszuständen, allein die größte Hauptspannung zugrunde gelegt, was für vorwiegend querbeanspruchte Schweißnähte durchaus auch eine sachliche Berechtigung hat, Abb. 3.1–76. Bisher gibt es noch keine einheitlichen und allgemeingültigen Vorgaben, wie Strukturspannungen praktisch zu bestimmen sind. Je nach gewählter Elementstruktur und Auswertemethode sind gewisse Unterschiede in der Höhe der ausgewiesenen Strukturspannungen zu erwarten und bei der nachfolgenden Bewertung dahingehend zu bedenken, dass auch die herangezogenen Wöhlerlinien auf die jeweilige Art der Spannungsermittlung zutreffen müssen. In den IIW-Empfehlungen werden konkrete Hinweise zur Bestimmung von Strukturspannungen in folgender Weise gegeben: Ausgehend von zwei (oder drei) Basispunkten in gestaffeltem Abstand vor der Naht, für die die Spannungswerte errechnet oder mit Dehnungsmessstreifen gemessen werden, wird die i.Allg. nichtlineare Spannungsverteilung bis zum Nahtübergang hin linear (oder quadratisch) auf den gesuchten Strukturspannungswert extrapoliert, Abb. 3.1–41. Die empfohlene Position dieser Basispunkte ist aus Abb. 3.1–42 zu ersehen. Abgestimmt auf diese Art der Spannungsermittlung sind in den IIWEmpfehlungen ertragbare Strukturspannungen für Stumpfnähte, Kehlnähte und Kreuzstöße mit abgestuften Kerbfallklassen aufgeführt. Diese Angaben über ertragbare Strukturspannungen beziehen sich auf Schweißverbindungen aus Baustahl und sie wurden auch in die FKM-Richtlinie aufgenommen. Für Schweißverbindungen aus Aluminiumwerkstoffen sind in den IIW-Empfehlungen keine konkreten Angaben gemacht. Unter gewissem Vorbehalt wurde sie jedoch für die FKM-Richtlinie aus den Strukturspannungswerten für Baustahl mit dem Verhältniswert 0,35:1 abgeleitet, wie er nach den IIW-
Abb. 3.1–41. Ermittlung der Strukturspannung am Nahtübergang durch Extrapolation ausgehend von Basispunkten in geeignetem Abstand von der Naht, aus [43]
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
213
Abb. 3.1–42. Empfohlene Position der Basispunkte, aus [43]
Empfehlungen bei einem Vergleich der Kerbfallklassen für Nennspannungen einander entsprechender Schweißverbindungen aus Baustahl und Aluminiumwerkstoffen ableitbar ist [44]. Für Rohrknoten sind die Basispunkte nach Abb. 3.1–43 vorgegeben. Wenn entlang der Schweißnaht eine unterschiedliche Beanspruchungshöhe vorliegt, ist vorab der Nahtbereich mit der höchsten Beanspruchung zu bestimmen. Zugehörige ertragbare bzw. zulässige Werte der Strukturspannung sind in verschiedenen Regelwerken in Form von Wöhlerlinien angegeben [170,
Dijkstra, de Back UK-Richtlinie Gurney, van Deilt API Empfehlung
a
b1 , b2
b3
– 0,2 krt – 0,2 krt 0,4 t – 0,1 krt
– 0,65 krt – 0,65 krt – 0,65 krt –
–– 0,5 k RT 4 –––– 0,4 k rtRT 4 –––– 0,4 k rtRT –
Abb. 3.1–43. Basispunkte zur Extrapolation auf die Strukturspannung (Hot Spot Stress) [180] und vorgeschlagene Werte der Ortsparameter [183], aus [32]
214
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–44. Zulässige Schwingbreiten der Strukturspannung bei Rohrknoten nach unterschiedlichen Regelwerken [170, 178–182], aus [32]
178–182], Abb. 3.1–44. Sie gelten für die Lebensdauer bis zum technischem Anriss, die Linie nach UK-DoE-T für ungeschützte Rohrknoten in Meerwasser, die Linien AWS-X1 und API-X¢ für Schweißnähte mit nachbehandeltem Nahtübergang. Abgesehen von den bekanntermaßen unkonservativen Werten des ASME-Codes und von denen der japanischen Empfehlung nach IIWXIII-950, zeigen sie für den Zeitfestigkeitsbereich ein recht einheitliches Bild. Eingehender setzen sich Wardenier [183] für den Fall der Rohrknoten-Verbindung und Iida [184 in allgemeiner Form, ebenso wie Niemi [185] mit der Bewertung von Strukturspannungen auseinander. Es hat sich aber gezeigt [185–189], dass die für Rohr-Konstruktionen der Offshore-Technik entwickelten Berechnungshinweise für andere Anwendungsgebiete nicht gleich gut geeignet ist. Für unterschiedliche Anwendungsgebiete werden deshalb teils unterschiedliche ertragbare Spannungswerte angegeben. Fricke und Petershagen [186] führten eingehende Studien zum Strukturspannungs-Konzept an Schweißkonstruktionen des Schiffbaus durch. In [189] berichtet Fricke über die teils recht unterschiedlichen Ergebnisse, wie sie für schiffbauliche Details von neun Teilnehmern eines Ringversuchs erzielt wurden; Abb. 3.1–45 ist eines der Beispiele. Das Problem liegt in der Wahl der Basispunkte und in der Extrapolation, bzw. darin begründet, dass Kerbspannungen und Strukturspannungen bei kleineren konstruktiven Details nicht eindeutig trennbar sind, Abb. 3.1–46. Von einer Arbeitsgruppe im IIW wird derzeit ausgehend von Vorschlägen von Niemi [185] an einer verbesserten Berechnung von Strukturspannungen gearbeitet. Als Ausweg aus dem Problem der Extrapolation bietet sich die von Radaj [32] beschriebene Linearisierung der Spannungsverteilung in Dickenrichtung des Übergangquerschnitts an, wodurch ebenfalls die Kerbspannung am Naht-
Abb. 3.1–45. Unterschiedliche Werte der Strukturspannung als Ergebnis der Extrapolation ausgehend von verschiedenen Berechnungsweisen der neun Teilnehmer an einem Ringversuch, aus [189]
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 215
216
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Abb. 3.1–46. Strukturspannungen an verschiedenen konstruktiven Details, aus [43]. (Anmerkung: Strukturspannungen und Kerbspannungen sind bei solchen Details nicht eindeutig zu trennen!)
übergang ausgeschlossen und die Strukturspannung eindeutig definiert wird. Die Finite-Element-Modellierung muss dazu aber hinreichend detailliert sein. Nach Fricke und v. Stelle [188] kann sie auf zwei Arten geschehen, Abb. 3.1–47: – entweder mit Plattenelementen, die von sich aus eine lineare Spannungsverteilung über die Plattendicke liefern. Um dabei auch die Naht zu modellieren, schlagen Fricke und v. Selle schräggestellte Plattenelemente vor. – oder mit Tetraeder- oder prismatischen Elementen, die eine korrekte Modellierung der Naht ermöglichen. Die linearisierte Spannungsverteilung ergibt sich unmittelbar bei grober Modellierung, d.h. bei nur einem Volumenelement über der Plattendicke, und bei Verwendung von isoparametrischen Elementen mit Zwischenknoten bei zwei Integrationspunkten in Dickenrichtung, wobei die Zwischenknoten bzw. der quadratische Verschiebungsansatz zur realistischen Nachbildung der Biegeverformungen der Platte benötigt werden. Ertragbare Strukturspannungen zu der von Petershagen, Fricke und Mitarbeitern entwickelten Vorgehensweise sind in [186–188] zu finden. Sie sind in die Bemessungsunterlagen des Germanischen Lloyd [190] eingegangen und unterscheiden sich für Schweißnähte mit geringer und ausgeprägter Kraftflussumlenkung vom Blech auf die Naht. Nichtsdestoweniger spricht für das Strukturspannungs-Konzept eine in der Regel gute Übereinstimmung zwischen den errechneten und den mittels Dehnungsmessstreifen oder auch spannungsoptisch zu messenden Span-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile Abb. 3.1–47. Verschiedene Finite-Element-Modellierungen eines Knieblechauslaufs (Halbmodell), nach [188]
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nungen oder Dehnungen in der Nachbarschaft von Kerben oder Schweißnähten, Abb. 3.1–40 und 3.1–45. Somit können also die in der Konstruktionsphase berechneten Strukturspannungen oder -dehnungen problemlos einer nachträglichen experimentellen Überprüfung unterzogen werden, eine Möglichkeit, die für Kerbspannungen oft nur mit messtechnischen Schwierigkeiten und für stark vereinfachend berechnete Nennspannungen nur mit wesentlichen Einschränkungen gegeben ist. Abbildung 3.1–48 zeigt Ergebnisse für Rohrknoten in versuchstechnisch großen Abmessungen im Vergleich zu einem Wöhlerlinien-Streuband für die örtliche Dehnung an Schweißnähten, wie sie mit Dehnungsmessstreifen dicht vor einem Nahtübergang gemessen wird, Abb. 3.1–49. Diese örtlich gemessene Dehnung stimmt innerhalb der messtechnisch bedingten Streuung auch bei anderen Kehlnahtverbindungen gut mit der finite-element-weise bzw. randelement-weise berechenbaren Dehnung überein [190, 194]. Das angegebene Wöhlerlinien-Streuband nach [68] wurde aus Versuchen mit kleinen geschweißten und spannungsarm geglühten Probestäben abgeleitet unter der Voraussetzung, dass die zu beurteilenden Schweißverbindungen extremen Zug-Eigenspannungen unterliegen, Abb. 3.1–35. Mit
Dsörtl = 2 · sa, örtl = E · Ddörtl = 2 · E · ea, örtl
(3.1–29)
und in Verbindung mit der normierten Wöhlerlinie nach Abb. 3.1–34 gilt für den betreffenden Schwingfestigkeitskennwert der ertragbaren Dehnungsam-
218
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–48. Versuchsergebnisse für Rohrknoten ausgewertet mit der Strukturdehnung und der AWS-X Kurve, nach Gibstein, im Vergleich zum Wöhlerlinien-Streuband für die örtliche Dehnung an Schweißnähten [183]
plitude an einem 3 mm-Dehnungsmessstreifen in ca. 2 mm Abstand von der Einbrandgrenze der Naht, Abb. 3.1–49, ertr eA, örtl = 0,315‰
für N = 2 · 106
und Pü = 50% ,
(3.1–30)
woraus sich mit E = 210000 N/mm2 und einer Sicherheitszahl jS = 1,65 als zulässige Schwingbreite der Strukturspannung ergibt: zul Dsörtl = 80 N/mm2
für N = 2 · 106
und Pü ≈ 99,9% .
(3.1–31)
Die gute Übereinstimmung dieses Wertes mit den Regelwerken, Abb. 3.1–44, mit dem im Folgenden abgehandelten örtlich ertragbaren Kerbspannungswert nach [192–194] und eine über Jahre hin positive Praxiserfahrung bei Untersuchungen des LBF [36] rechtfertigt seine allgemeinere Anwendung für Schweißverbindungen aus Baustahl. Wird eine gröbere Elementstruktur gewählt, als sie für eine korrekte Berechnung von Strukturspannungen vorzusehen wäre, so können zwar große Bereiche einer Struktur hinsichtlich der sich global einstellenden Spannungsverteilung berechnet, aber selbst örtliche Gestalteinflüsse nicht mehr erfasst werden. Die so erhaltenen Spannungen können bei einfachen Stoßformen ihrem Charakter nach als „Nennspannungen“ angesehen und bewertet werden. Die zulässigen Spannungen folgen in diesem Fall sinngemäß als zulässige Nennspannungen aus den entsprechenden Kerbfällen der bestehenden Normen und Richtlinien. Wird hingegen eine feinere Elementstruk-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
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Abb. 3.1–49. Anordnung von 3 mm-Dehnungsmessstreifen in etwa 2 mm Mittenabstand von der Einbrandgrenze der Schweißnaht, nach [183]
tur gewählt, wie z.B. in [189] vorgeschlagen, Abb. 3.1–46, so steigt der Berechnungsaufwand, sodass u.U. eine Berechnung der Kerbspannungen, wie nachstehend beschrieben, nicht zuletzt wegen ihrer eindeutigen Bewertungsmöglichkeit zu bevorzugen ist. Kerbspannungen und ertragbare Kerbspannungen Bei hoch ausgelasteten Bauteilen und bei realem Werkstoffverhalten werden Kerbspannungen in aller Regel die Elastizitätsgrenze des Werkstoffs übersteigen. Auch dieser Sachverhalt kann in einer Finite-Element-Berechnung erfasst werden. Doch einerseits im Hinblick auf den damit ansteigenden Rechenaufwand und andererseits sachlich gerechtfertigt, wird den Erfordernissen des Betriebsfestigkeits-Nachweises durchaus auch mit Kerbspannungsberechnungen für das elastische Kontinuum entsprochen. Denn von den elastisch berechneten Kerbspannungen ausgehend, lässt sich das reale elastisch-plastische Werkstoffverhalten im Kerbgrund weit einfacher über verfügbare Näherungsformeln erfassen und in seiner Auswirkung berücksichtigen, Abschn. 3.3.3. Extrem scharfe Kerben können einen ungewöhnlichen Rechenaufwand bedingen, insbesondere wenn neben der Formzahl auch noch das bezogene Spannungsgefälle zum Bestimmen der Kerbwirkungszahl errechnet werden soll. Extrem scharfe Kerben sind z.B. am Wurzelspalt von Schweißverbindungen gegeben. Ihre Berechnung und Bewertung stößt, ebenso wie die der Kerben am Nahtübergang, vor allem aber auf die Schwierigkeit, dass die Kerbgeometrie wegen der unregelmäßigen Feinform einer Schweißnaht nicht eindeutig bestimmbar ist. Kerbspannungen lassen sich deshalb bei
220
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–50. Zur Modellierung von Einbrandkerben und von Wurzelkerben zur Berechnung von Kerbspannungen mit einem Radius r = 1 mm, aus [43]
Schweißverbindungen nur für ein idealisiertes Nahtprofil mit definierten Kerbradien errechnen. Entsprechend eingeschränkt ist u.U. eine absolute Bewertung solcher Kerbspannungen. Zweckdienlich kann jedoch eine relative Bewertung der Kerbspannungen sein, um den Einfluss der Grob- und Feingestalt auf die Höhe der auftretenden Spannung zu erkennen [138, 141]. Eine Möglichkeit der Bewertung, die sich bei problematisch scharfen Kerben und insbesondere bei Schweißverbindungen anbietet, wurde von Radaj vorgeschlagen und dargestellt [191]. Der Grundgedanke des Vorschlags ist, die bei kleinen Kerbradien angezeigte Abminderung der Formzahl auf eine Kerbwirkungszahl dadurch zu ersetzen, dass die Kerbspannung, wie beispielsweise aus Abb. 3.1–12 und ausführlicher aus Abb. 3.1–50 zu ersehen, mit einer vergrößerten Kerbausrundung berechnet und daraus eine Formzahl erhalten wird, die als Kerbwirkungszahl angesetzt, die tatsächliche Schwingfestigkeitsminderung der Kerbe wiedergibt. Nach Neuber [159] ist dazu der tatsächliche Kerbkrümmungsradius r um die Ersatzstrukturlänge r* mal Mehrachsigkeitsfaktor s zu vergrößern, um das Berechnungsmodell mit dem fiktiv vergrößerten Kerbkrümmungsradius r f zu erhalten: r f = r + s · r*
(3.1–32)
Bei Schweißnähten findet man am Nahtübergang Kerbradien r = 0,01 bis 3 mm, an der Nahtwurzel r = 0,01 bis 0,3 mm. Um den ungünstigsten Fall abzudecken, setzt Radaj für beide Kerbarten r = 0. Bei Baustählen ist nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese ein Wert s = 2,5 als gültig anzusehen. Für das stahlgussähnliche Werkstoffgefüge an den Nahtkerben mit Rp 0,2 = 300 N/mm2 findet man bei Neuber den Wert r* = 0,4. Damit folgt für die Nahtübergangs- wie für die Wurzelkerbe ein vergrößerter Kerbkrümmungsradius r f = 1,0 mm, wie er den Untersuchungen [141, 191] zugrunde lag. Verfeinerte Betrachtungen sind möglich, führen aber nach Radaj auf eine relativ schärfere Wurzelkerbe. Doch sie stünde in gewissem Widerspruch zu
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
221
Versuchsdaten für Kreuzstöße: Diese zeigten bei Blechdicken von t = 10 bis 20 mm und Schlitzlängen s = t sowie bei Kehlnahtdicken a = 0,5 t, d.h. bei gleicher Nennspannung in Naht- und Blechquerschnitt für die Übergangsund Wurzelkerben gleiche Bruchwahrscheinlichkeiten, was auch gleich hohe Kerbwirkung voraussetzt. Der Vorschlag von Radaj wurde von Olivier, Köttgen und Seeger [192–194] an Schweißverbindungen aus Baustählen auf einer breiteren experimentellen Grundlage untersucht, weiterentwickelt und für die Übernahme in Regelwerke aufbereitet. An die Stelle eines fiktiven Kerbradius tritt bei ihnen die Vereinbarung, dass am Nahtübergang der Mittelwert eines real vorhandenen Kerbradius anzusetzen ist. Dieser effektive Kerbradius ergibt sich nach verschiedenen Untersuchungen zu r = 1 mm. Entsprechend Abb. 3.1–50 wird er in gleicher Größe auch für die Wurzelkerbe angesetzt. Die elastizitätstheoretische Berechnung der Formzahlen ak (r = 1) geschah sodann nach der Randelement-Methode, Abb. 3.1–51, wobei die Nahtanstiegswinkel etwa dem Mittelwert bei den jeweils ausgeführten Versuchstücken entsprachen. Aus den für diese Versuchstücke experimentell ermittelten Bauteil-Wöhlerlinien wurden die Schwingfestigkeitskennwerte SA für Pü = 50% entnommen und mit ihnen nach Gl. (3.1–33) die örtlichen Schwingfestigkeitskennwerte se, A errechnet, indem sie mit den betreffenden Formzahlen ak (r = 1) multipliziert wurden:
se, A = ak (r = 1) · SA
(3.1–33)
Mit den so gewonnenen Schwingfestigkeitskennwerten für Pü = 50% sind also die Streuungen der Kerbradien um den Mittelwert r = 1 mm, die werkstofflich bedingten Streuungen der Festigkeiten, die Streuungen anderer geometrischer Parameter um deren angesetzte Mittelwerte sowie Rauigkeitsund Stützwirkungseffekte abgedeckt. Die umfangreiche Untersuchung erstreckte sich auf 105 Versuchsreihen und umfasste mehr als 700 Einzelversuche an Schweißverbindungen aus Stahl St 52-3 mit unterschiedlichen Knotenausbildungen und Lastkonfigurationen, Abb. 3.1–52, mit unterschiedlichen Lastspannungsverhältnissen R, Blechdicken von 8 bis 80 mm und sowohl HV- als auch Kehlnähten. Ergebnisse für spannungsarmgeglühte Versuchsstücke sind als Schwingfestigkeitskennwerte se, A für die Spannungsverhältnisse R = –1, 0 und +0,4 in Abb. 3.1–53 aufgetragen. Jeder Versuchspunkt repräsentiert den Schwingfestigkeitskennwert zu einer Wöhlerlinie. Die Streuspannen Ts ergeben sich in nahezu gleicher Größe wie sie üblicherweise mit TA = 1:1,5 für bauteilähnliche Schweißverbindungen aus Baustahl beobachtet werden, Abb. 3.5–26 und Tabelle 3.5–5. Aus einem Vergleich mit den Schwingfestigkeitskennwerten SA für typisierte Schweißverbindungen aus [69] und den betreffenden Formzahlen nach [33] zeigt sich, dass diese örtlich ertragbaren Spannungsamplituden se, A für einen entsprechenden Schwingfestigkeitsnachweis allgemein verwendet werden können. Eine Einschränkung ist jedoch bei den bisher nicht unter-
106
NA = 2 · 106
SD
SA
107
▲
▲
Abb. 3.1–51. Zur Ermittlung von Schwingfestigkeitswerten se, A der örtlich ertragbaren Kerbspannung an Schweißnähten, nach [192–194]
105
R = –1
222 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
223
Abb. 3.1–52. Ausbildung und Belastung der Versuchsstücke, nach [192–194]
suchten geringeren Blechdicken zu sehen, und dabei insbesondere bezüglich der Wurzelkerbe, wenn durch den angesetzten Radius von r = 1 mm eine Minderung des tragenden Blechquerschnitts zustande kommt. Ein Schwingfestigkeitsnachweis für Schweißverbindungen anhand von elastisch berechneten örtlichen Spannungen wurden daraufhin in die IIWEmpfehlungen [43] aufgenommen und den dort geltenden Festlegungen für die zulässigen Spannungen in folgender Weise angepasst: Nach Abb. 3.1–53 beläuft sich der örtliche Schwingfestigkeitskennwert für Schweißverbindungen aus Baustahl unter örtlich zugschwellender Beanspruchung mit R = +0,4 und für Pü = 50% Überlebenswahrscheinlichkeit auf se, A = 140 N/mm2. Davon ausgehend wurde die Schwingbreite des örtlichen Schwingfestigkeitskennwertes zu Dse, A = 225 N/mm2 abgeschätzt und der FAT-Klasse 225 zugeordnet, wobei eine örtliche Beanspruchung mit R = + 0,5 und gemäß dem Sicherheitskonzept der IIW-Empfehlungen eine Überlebenswahrscheinlichkeit von Pü = 97,7% (genauer Pü = 95% bei 75% Vertrauenswahrscheinlichkeit) bei einer mittleren Streuspanne T = 1:1,48 zugrunde gelegt ist. Damit sind Eigenspannungen in extremer Höhe gemäß dem Ds-Konzept berücksichtigt. Diese FAT-Klasse 225 gilt einheitlich für die verschiedenartigen Nahtübergangs- und Wurzelkerben an Schweißverbindungen aus Baustahl mit quer zur Beanspruchungsrichtung angeordneten Schweißnähten. Wenn keine anderen Angaben vorliegen, wird empfohlen, bei Stumpfnähten einen Flanken-
224
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Ts = 1 : 1,55
Ts = 1 : 1,42
Ts = 1 : 1,44
se, A 50 = 176 N/mm2 R=0
se, A 50 = 247 N/mm2 R = –1
se, A 50 = 140 N/mm2 R = + 0,4
ertragbare örtliche Spannungsamplitude e, A [N/mm2] Abb. 3.1–53. Statistische Auswertung der Ergebnisse für die örtlich ertragbaren Spannungsamplituden se, A abhängig vom Spannungsverhältnis R, nach [192–194]
winkel von 30° und bei Kehlnähten einen Flankenwinkel von 45° anzunehmen. Eine entsprechende Untersuchung und Festlegung für Schweißnähte parallel zur Beanspruchungsrichtung steht derzeit noch aus. Das Konzept des Schwingfestigkeitsnachweises anhand von elastisch berechneten örtlichen Spannungen wurde sodann in die FKM-Richtlinie [44] inhaltlich deckungsgleich übernommen, aber angepasst an deren Rechengang und Sicherheitskonzept: Zur FAT-Klasse 225 ergibt sich mit einer Neigung der Wöhlerlinie k = 3 die Dauerfestigkeit bei ND = 5 · 106 mit einer Spannungsamplitude se, D = 83 N/mm2, während in der FKM-Richtlinie ein Wert se,D = 92 N/mm2 vorgegeben ist. Damit wird berücksichtigt, dass bei der FKM-Richtlinie ein etwa im Verhältnis 1,5/1,35 = 1,11 höherer Sicherheitsfaktor in Ansatz kommt als in den IIW-Empfehlungen. Mit dem so erhöhten Dauerfestigkeitswert wird in der praktischen Anwendung erreicht, dass nach beiden Regelwerken von den Basiswerten her ein identisches Ergebnis zustande kommt; gewisse Unterschiede können sich aber aus den unterschiedlichen Festlegungen für die Mittelspannungsabhängigkeit einstellen, Abb. 3.1–36.
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
225
Die genannten und für Normalspannung geltenden Werte wurden schließlich für die FKM-Richtlinie ergänzt durch Untersuchungen für die Bewertung von Schubspannungen. Sie führten auf eine Wöhlerlinie der Neigung k = 5 mit einem Dauerfestigkeitswert te, D = 33 N/mm2 bei ND = 1 · 108 bzw. auf einen Schwingfestigkeitskennwert te, A = 145 N/mm2 entsprechend der FAT-Klasse 145. Wie vorerwähnt und mit der Anmerkung im Abschn. 3.1.6 ausgeführt, sind allerdings unterschiedliche Wöhlerlinien-Kennwerte für Normal- bzw. Schubspannungen im Grunde in sich widersprüchlich. In schlüssiger Fortführung der IIW-Empfehlungen wurden für die FKMRichtlinie in Ergänzung der geltenden Fassung bzw. für eine künftige Fassung auch entsprechende Festlegungen für Schweißverbindungen aus Aluminiumwerkstoffen wie folgt getroffen [44]: Für Normalspannungen ist eine Dauerfestigkeit mit se, D = 32 N/mm2 vorgegeben in Verbindung mit einer Zeitfestigkeitslinie der Neigung k = 3, die bei ND = 5 · 106 horizontal abknickt, und für Schubspannungen eine Dauerfestigkeit te, D = 13 N/mm2 in Verbindung mit einer Zeitfestigkeitslinie der Neigung k = 5, die bei ND = 1 · 108 horizontal abknickt; s. dazu die Anmerkung im Abschn. 3.1.6. Diese Dauerfestigkeitswerte sind gegenüber den Werten für Schweißverbindungen aus Baustahl in einem Verhältnis 1:0,35 erniedrigt, wie es aus den IIW-Empfehlungen bei einem Vergleich der FAT-Klassen für vergleichbare Schweißverbindungen aus Baustahl und Aluminiumwerkstoffen ableitbar ist. Nachdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehenden Festlegungen eine fachgerechte Schweißausführung voraussetzen, für die insbesondere bei Aluminium-Schweißverbindungen besondere Anforderungen zu beachten sind. Größerer Verzug und/oder Versatz ist über die Spannungsberechnung zu erfassen, Abb. 3.1–38. Ein Rechnen mit Kerbspannungen ist im Eurocode 3 [48] nicht beinhaltet.
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses Bei praktisch allen technologischen Prozessen der Herstellung, Bearbeitung und Behandlung von metallischen Bauteilen entstehen Eigenspannungen, die teils mit eigenen Bezeichnungen belegt werden [195], so z.B. Gußeigenspannungen, Schweißeigenspannungen, Schleifeigenspannungen oder Wärmebehandlungseigenspannungen. Des Weiteren können Eigenspannungen aus der einwirkenden Belastung entstehen, wenn diese in einem Bauteilquerschnitt mit inhomogener Spannungsverteilung örtlich begrenzt eine plastische Dehnung hervorruft. Eigenspannungszustände aus unterschiedlichen Ursachen können sich überlagern. Doch werden sie nach einem dem Werkstoff gemäßen Fließkriterium in ihrer Höhe begrenzt. Eigenspannungen sind innerhalb des Bauteils im mechanischen Gleichgewicht. Für eine Betrachtung, die dem vielkristallinen Aufbau technischer Werkstoffe Rechnung trägt, erweist es sich als zweckmäßig, der von
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–54. Überlagerung und Definition von Eigenspannungen I., II. und III. Art [117]
Macherauch, Wohlfahrt und Wolfstieg [196] vorgeschlagenen Definition folgend, eine Unterscheidung nach Eigenspannungen I., II. und III. Art vorzunehmen, Abb. 3.1–54: – Eigenspannungen I. Art sind über größere Werkstoffbereiche (mehrere Körner) nahezu homogen. Die mit ihnen verbundenen inneren Kräfte sind bezüglich jeder Schnittebene durch den ganzen Körper im Gleichgewicht, ebenso die mit ihnen verbundenen inneren Momente bezüglich jeder Achse. Bei Eingriffen in dieses Kräfte- oder Momentengleichgewicht treten immer makroskopische Maßänderungen auf. – Eigenspannungen II. Art sind über kleinere Werkstoffbereiche (ein Korn oder Kornbereiche) nahezu homogen. Die mit ihnen verbundenen inneren Kräfte und Momente sind über größere Werkstoffbereiche (mehrere Körner) im Gleichgewicht. Bei Eingriffen in dieses Gleichgewicht können makroskopische Maßänderungen auftreten. – Eigenspannungen III. Art sind über kleinste Werkstoffbereiche (mehrere Atomabstände) inhomogen. Die mit ihnen verbundenen inneren Kräfte
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
227
und Momente sind in kleinen Bereichen (Teile eines Korns) im Gleichgewicht. Bei Eingriffen in dieses Gleichgewicht treten keine makroskopischen Maßänderungen auf. Eigenspannungen I. Art werden auch als Makroeigenspannungen, Eigenspannungen II. und III. Art als Mikroeigenspannungen bezeichnet. Praktisch handelt es sich bei Eigenspannungszuständen stets um eine Überlagerung von Makro- und Mikroeigenspannungen, weil untrennbar mit der Erzeugung von Makroeigenspannungen auch Mikroeigenspannungen entstehen. Nur röntgenographische Messverfahren lassen einen Aufschluss über Eigenspannungen I., II. und III. Art gewinnen, während mechanische (zerstörende) Messverfahren oder verfügbare Rechenverfahren lediglich Eigenspannungen I. Art ausweisen. Noch schwieriger als das Bestimmen von Eigenspannungszuständen erweist sich ihre Vorhersage, da sie in ihrer Höhe sehr empfindlich auf Parameteränderungen bei den sie erzeugenden Verfahren reagieren. Schließlich ist bedeutsam, dass zusätzlich zu den Eigenspannungen meist auch noch Veränderungen der Werkstoffeigenschaften und des Oberflächenzustandes eintreten, sodass sich der Einfluss aus diesen Veränderungen mit dem der Eigenspannungen verbindet. Doch kann sich ein durch Mikroeigenspannungen verfestigter Werkstoff unter der nachfolgenden Schwingbeanspruchung u.U. auch wieder zyklisch entfestigen. Bei einer mechanischen Beanspruchung eigenspannungsbehafteter Bauteile überlagern sich die Eigenspannungen mit den Lastspannungen. Dabei wird die Summe aus Last- und Eigenspannungen durch das dem Werkstoff gemäße Fließkriterium begrenzt. Einer darüber hinausgehenden Beanspruchung entzieht sich der Werkstoff durch plastische Verformung mit der Folge, dass eine das Gleichgewicht wiederherstellende Spannungsumlagerung eintritt. Nach anschließender Entlastung sind dementsprechend veränderte Eigenspannungen festzustellen, die in aller Regel in ihrer Höhe gegenüber dem Ausgangszustand betragsmäßig vermindert sind. Und nur diese verminderten Eigenspannungen sind bei einer erneuten oder schwingenden Belastung weiterhin wirksam. Da sich eine spannungsmechanische Bewertung von Eigenspannungszuständen auf die Makroeigenspannungen beschränken muss, seien nachfolgend unter der Bezeichnung „Eigenspannungen“ stets „Makroeigenspannungen“ verstanden. Aus der Erfahrung bekannt und experimentell belegbar ist, dass Eigenspannungen, je nach ihrem Vorzeichen, eine günstige oder auch eine ungünstige Auswirkung auf das Schwingfestigkeits-Verhalten von Bauteilen haben können. Ihrem Charakter nach sind sie einer Mittelspannung vergleichbar und dementsprechend ist ein günstiger Einfluss zu verzeichnen, wenn an der schwingbruchkritischen Stelle Druckeigenspannungen vorliegen, während Zugeigenspannungen einen ungünstigen Einfluss zeigen. Quantitativ und exakt sind solche Auswirkungen angesichts des aufgezeigten komplexen Ein-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
flussfeldes nur durch Versuche und für einen konkreten Einzelfall bestimmbar. Rechnerisch sind sie verständlicherweise nur mit Einschränkungen und anhand vereinfachender Modellvorstellungen zu erfassen. Für schwingbeanspruchte Schweißverbindungen aus Baustahl haben sich solche vereinfachenden Modellvorstellungen mit dem Ds-Konzept bereits in Normen, Richtlinien und Empfehlungen niedergeschlagen [43, 44, 48]. Für ungekerbte und gekerbte Bauteile zeichnen sich viel versprechende Berechnungsansätze in neueren Veröffentlichungen ab, wobei diese neueren Arbeiten durch Finite-Element-Berechnungen in Verbindung mit rechnerischen Modellen des elastisch-plastischen Werkstoffverhaltens gekennzeichnet sind, Abschn. 3.3.5 und 3.3.8. Eigenspannungen in geschweißten Bauteilen Ein instationäres Temperaturfeld und zeit-temperatur-abhängige Umwandlungen des Werkstoffs sind verfahrensspezifische Begleiterscheinungen des Schweißens. Sie haben zur Folge, dass im Schweißnahtbereich Schrumpfungen und Verwerfungen sowie Eigenspannungszustände entstehen. Je mehr aber die Konstruktion und die Schweißfolge darauf ausgerichtet sind, Verwerfungen des Schweißteiles zu vermeiden, um so höher sind im Regelfall die sich ausbildenden Schweißeigenspannungen. Der Begriff „Verwerfungen“ soll dabei als Oberbegriff alle Abweichungen gegenüber der gewollten geometrischen Form infolge von Verzug, Versatz oder Ausbeulen bezeichnen. Wie Erker [197] feststellt, dürfte es jedoch in aller Regel richtiger sein, eine größtmögliche Annäherung an die gewollte geometrische Form zu erzwingen und Eigenspannungen in Kauf zu nehmen, als umgekehrt Eigenspannungen zu vermeiden und große Abweichungen von der gewollten Form zu haben. Um den denkbar ungünstigsten Fall abzudecken, ist davon auszugehen, dass maximale Zugeigenspannungen in Höhe der Streckgrenze auftreten und dass das Maximum der Eigenspannungen mit dem schwingbruchkritischen Nahtbereich zusammenfällt. Die Frage ist sodann, wie Eigenspannungen in dieser extremen oder auch in einer geringeren Höhe zu bewerten sind, Abb. 3.1–55. Entgegen experimentellen Befunden, die sowohl einen extrem ungünstigen Einfluss, Abb. 3.1–55, oder auch einen günstigen Einfluss der Schweißeigenspannungen erkennen lassen, Abb. 3.1–56, waren in früheren Normen und Vorschriften, wie z.B. in DIN 15018 [41], keine Aussagen über ein explizites Berücksichtigen von Schweißeigenspannungen gemacht. Dafür war vermutlich die Überlegung maßgebend, dass die zulässigen Spannungswerte aus Versuchsergebnissen für betriebsüblich geschweißte Versuchsstücke abgeleitet wurden, und dass diese Versuchsergebnisse bereits den Einfluss von Schweißeigenspannungen beinhalteten [17]. Aus heutiger Sicht ist jedoch zu vermerken, dass sich die betreffenden Versuche vornehmlich auf kleine, stabartige Versuchsstücke bezogen, bei denen aus physikalischen Gründen nur geringe Eigenspannungen auftreten können; besondere Vorkehrungen,
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
229
Abb. 3.1–55. Auswirkung von Eigenspannungen bei einer Kehlnahtverbindung, nach Gurney
Abb. 3.1–56. Auswirkung von 16 Herstellungsvarianten auf den Mittelwert und die Streuung der ertragenen Schwingspielzahlen einer Schweißverbindung, ermittelt durch eine mehrfache Streuungszerlegung, nach Haibach und Olivier
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–57. Versuchsergebnisse aus [53] für (weitgehend eigenspannungsfreie) geschweißte Prüfstäbe bei verschiedenen Mittelspannungen
um in den Versuchsstücken z.B. durch eine spezielle Schweißfolge oder durch einen zusätzlichen Wärmepunkt hohe Eigenspannungszustände zu erzeugen, Abb. 3.1–55, wurden nicht vorgesehen. Insofern können also bestenfalls die Ergebnisse aus solchen Versuchen für das Bemessen von extrem eigenspannungsbehafteten Bauteilen herangezogen werden, bei denen anstelle der Zug-Eigenspannungen eine hohe ZugMittelspannung aufgebracht war. Abbildung 3.1–57 zeigt solche Ergebnisse für Mittelspannungen von 240 bzw. 320 N/mm2 [53], die darauf schließen lassen, dass die ertragbaren Spannungsamplituden (gemäß dem horizontalen Verlauf der Linien im Haigh-Schaubild) unter solchen Beanspruchungsbedingungen nicht mehr von der Mittelspannung abhängen. Gurney und Maddox, die mit ihrer Arbeit [198] den entscheidenden Anstoß zum Überdenken der früheren Auffassung gaben, gehen davon aus, dass gleich hohe ertragbare Spannungsamplituden wie bei extremer Zug-Mittelspannung auch für eine mit extremen Schweißeigenspannungen behaftete Schweißverbindung bei wechselnder Beanspruchung oder selbst bei DruckSchwellbeanspruchung gelten. Denn in allen diesen Beanspruchungsfällen ergibt sich aus der Überlagerung der Last- und Eigenspannungen ein teilweiser Abbau der Eigenspannungen durch Fließen in solchem Ausmaß, dass sich summarisch eine wirksame Oberspannung in Höhe der Streckgrenze einstellt. Das bedeutet mit anderen Worten, dass die Schwingfestigkeit der mit hohen Eigenspannungen behafteten Schweißverbindungen in realen Konstruktionen allein von der Höhe der Spannungsamplitude abhängt und somit von der aus den Lasten gegebenen Mittelspannung unabhängig ist. Versuche an großen geschweißten Biegeträgern, wie sie u.a. von Fisher
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
231
und Mitarbeitern durchgeführt wurden [69, 199], bestätigten die von Gurney und Maddox vertretende Auffassung. Kennzeichnend für sie ist die implizite Voraussetzung, dass die räumliche Ausdehnung des Kerbspannungsfeldes klein ist gegenüber der des Eigenspannungsfeldes. Die praktischen Konsequenzen sind aus Abb. 3.1–35 abzulesen: Während die früheren Vorschriften einen Einfluss der Mittelspannung gemäß Kurve A oder B voraussetzten, die für eigenspannungsfreie oder mit mäßigen Eigenspannungen behaftete Schweißverbindungen zutreffen, sind im Normalfall extrem hohe Schweißeigenspannungen und ertragbare Spannungsamplituden nach Kurve C anzunehmen, die insbesondere im Wechselbereich deutlich erniedrigt sind. Eine diesbezügliche Überarbeitung der bestehenden Bemessungsvorschriften war mithin unausweichlich. Folgerichtig musste aber auch vorgesehen werden, dass die im Wechselbereich deutlich höheren zulässigen Spannungen nach Kurve A dann in Ansatz gebracht werden dürfen, wenn verfahrensbedingt, wie beispielsweise bei einem abbrennstumpfgeschweißten Rohrstoß, oder nachweislich, z.B. aufgrund der Bauteilform und Schweißfolge oder weil ein Spannungsarmglühen vorgesehen wird, nur sehr geringe Schweißeigenspannungen vorliegen können; diese Möglichkeit wird mit den IIW-Empfehlungen [43], mit der FKM-Richtlinie [44] und dem Eurocode 3 [48] in etwas unterschiedlicher Ausprägung eröffnet, Abb. 3.1–36. Eigenspannungen in nicht geschweißten Bauteilen Eigenspannungen in ungekerbten und gekerbten Bauteilen können ungewollt vor der Bearbeitung her vorliegen oder bewusst durch eine Nachbehandlung eingebracht sein. Das Bestreben, ihren Einfluss auf die Schwingfestigkeit zu ergründen, leitete mit Beginn der dreißiger Jahre, wie es Macherauch und Wohlfahrt formulieren [195], „eine inzwischen praktisch unüberschaubare Zahl von Untersuchungen“ ein. Die Mehrzahl dieser Veröffentlichungen befasst sich mit Untersuchungen zum Einfluss von Eigenspannungen auf die Dauerfestigkeit. Die von Macherauch und Wohlfahrt gegebene Übersicht sowie Veröffentlichungen von dem Thema Eigenspannungen gewidmeten internationalen Konferenzen [141] vermitteln Aufschluss über den erreichten Erkenntnisstand. Für die Dauerfestigkeit sind die Eigenspannungen an bzw. dicht unter der Bauteiloberfläche entscheidender als der Verlauf der Eigenspannungen, mit dem sie sich unter der Oberfläche in die Tiefe erstrecken, Abb. 3.1–58. Für die Zeitfestigkeit und die Betriebsfestigkeit ist hingegen auch die Tiefenverteilung der Eigenspannungen bedeutsam, weil sie, wie Lowak [201] herausfand, die Lebensdauer in der Rissfortschrittsphase beeinflusst. Wie stark sich Eigenspannungen auf die Schwingfestigkeit ungekerbter und gekerbter Bauteile auswirken, hängt hauptsächlich von der Werkstoff-Festigkeit ab: bei hochfesten Werkstoffzuständen ist der Einfluss beträchtlich, bei Werkstoffzuständen mit geringer Festigkeit hingegen vergleichsweise klein.
232
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–58. Tiefenverteilung der Eigenspannungen bei unterschiedlich kugelgestrahlten Federstahlproben und zugehörige Wöhlerkurven, nach Mattson und Roberts aus [195]
Nach Macherauch und Wohlfahrt lässt sich dieser Sachverhalt formelmäßig fassen mit einem Ansatz
sDE = sW – ME · sE ,
(3.1–34)
bei dem mit sE die Höhe der Eigenspannungen und mit ME die Eigenspannungsempfindlichkeit des Werkstoffs gekennzeichnet wird, ein Ansatz wie er sich ähnlich auch für die Mittelspannung Sm mit der Mittelspannungsempfindlichkeit M in Vereinfachung von Gl. (2.1–24) für ak = 1 schreiben lässt als SD = sW – M · Sm .
(3.1–35)
Für Stähle unterschiedlicher Festigkeit zeigt Abb. 3.1–59 in einer Gegenüberstellung Zahlenwerte von ME und M; wie daraus ersichtlich, ergibt sich ME < M .
Abb. 3.1–59. Eigenspannungsempfindlichkeit ME und Mittelspannungsempfindlichkeit M von Stählen in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit [195]
(3.1–36)
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
233
Eine Erklärung für die von der Festigkeit des Werkstoffs abhängige Eigenspannungsempfindlichkeit ist in dem teilweisen Abbau der Eigenspannungen bei ihrer Überlagerung mit Lastspannungen zu sehen. Für ein Gedankenmodell seien einachsige Eigenspannungen sE in Höhe der Streckgrenze Re angenommen. Um sie durch Fließen abzubauen, muss sich eine plastische Dehnung ep einstellen von
ep = sE / E = Re / E .
(3.1–37)
Das heißt, bei Stählen geringer Festigkeit genügen kleine Beträge der plastischen Dehnung von rd. 0,1%, um einen vollständigen Abbau von Eigenspannungen in Höhe der Streckgrenze zu bewirken, bei hochfesten Stählen sind hingegen 4- bis 8fach größere plastische Dehnungsbeträge erforderlich, wie sie örtlich begrenzt kaum auftreten können. (Eine ähnliche Erklärung wäre auch für die Mittelspannungsempfindlichkeit denkbar.) Gründe für den niedrigeren Zahlenwert der Eigenspannungsempfindlichkeit sind einmal in der schwierigen Definition der effektiv wirksamen Eigenspannungshöhe zu sehen, aber auch in gewissen Unterschieden, die zwischen Eigenspannungen und Mittelspannungen bestehen: Mittelspannungen sind in der gleichen Weise homogen oder inhomogen über den Querschnitt verteilt und wirken in der gleichen Vorzugsrichtung wie die Lastspannungen. Eigenspannungen sind meist nur in einer dünnen Randschicht markant ausgeprägt, also sehr ungleichmäßig über den Querschnitt verteilt, meist zweiachsig an der Oberfläche, dreiachsig im Bauteilinneren und in einer etwaigen Vorzugsrichtung unabhängig von den Lastspannungen sowie auch weitgehend unabhängig von einer Kerbwirkung. Eigenspannungen in ungekerbten Bauteilen Der Eigenspannungseinfluss nach Gl. (3.1–34) für einen Werkstoff mit der Streckgrenze Re lässt sich im Fall ak = 1 und bei Lastspannungen mit sm = 0 im Haigh-Schaubild darstellen, Abb. 3.1–60. Daraus ist ablesbar, wie sich die Dauerfestigkeit mit der Höhe der Eigenspannungen an der Bauteiloberfläche ändert. Linie D–Z. Bei der Annahme eines elastisch-idealplatischen Werkstoffs kann die Summe der Last- und Eigenspannungen die Grenzlinien su = – Re und s0 = Re nicht übersteigen. Insofern sind die Eigenspannungen nur bis zu einer Größe voll wirksam, die durch die Abszisse der Punkte D und Z bezeichnet wird. Beispielsweise würden sich Zug-Eigenspannungen in Höhe der Streckgrenze Re , die im lastfreien Zustand dem Punkt Z* entsprechen, bei hinzukommender Lastspannung sa der Grenzlinie folgend durch Fließen so weit abbauen, dass sich auch in diesem Fall die Dauerfestigkeit am Punkt Z einstellt. (Ein Einfluss der plastischen Dehnung bleibt dabei außer Betracht.) Aus dem Haig-Schaubild lassen sich unschwer auch Wöhlerlinien für die extrem wirksamen Eigenspannungszustände herleiten. Die Wöhlerlinie W–F
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–60. Im Haigh-Schaubild dargestellte Auswirkung von Eigenspannungen auf die in ungekerbten Querschnitten ertragbaren Spannungsamplituden für den Fall sm = 0, in Anlehnung an [195]
des eigenspannungsfreien Bauteils sei für R = – 1 als normierte Wöhlerlinie einer biegebeanspruchten Welle mit k = 5 angesetzt, Abb. 3.1–61. Sie erlaubt es sodann, im Haigh-Schaubild auch die Schar der Linien N = konstant oberhalb und parallel zur Linie Z–D zu bestimmen. Von ihnen lassen sich die Wöhlerlinien Z–F und D–F für extreme Zug- oder Druck-Eigenspannungen abgreifen. Für Mittelspannungen sm ⫽ 0 oder Spannungsverhältnisse R ⫽ – 1 kann das Haigh-Schaubild auf die Darstellungsform von Abb. 3.1–62 erweitert werden; ihr liegt allerdings die Voraussetzung ME = M zugrunde. Der Ursprung des Mittelspannungs-Koordinatensystems wird fallweise auf den wirksamen Eigenspannungswert sE (Abszissenpunkt Ex) verschoben, der sich aus folgender Bedingung bestimmt: Die maximal einwirkende Oberspannung (bzw. Unterspannung) erreicht zusammen mit dem wirksamen Wert der Zugeigenspannung (bzw. Druckeigenspannung) die Streckgrenze +Re , Linie F–Z (bzw. die Quetschgrenze –Re , Linie F–D). Die Wöhlerlinie, die für die auf den wirksamen Wert sE verminderten Eigenspannungen bei R = konstant gilt, verläuft in Abb. 3.1–61 parallel zur Wöhlerlinie W–F. Eigenspannungen in gekerbten Bauteilen Die für ungekerbte Bauteile entwickelte Modellvorstellung lässt sich nur mit Einschränkung auf gekerbte Bauteile übertragen. Denn der Eigenspannungsabbau wird sich unter einer örtlich begrenzten Kerbspannung mit steilem Spannungsgefälle quantitativ anders abspielen als unter der Lastspannung eines ungekerbten Bauteils, die kein oder nur ein geringes Spannungsgefälle
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
235
Abb. 3.1–61. Aus dem Haigh-Schaubild, Abb. 3.1–60, mit der Wöhlerlinie für sm = sE = 0 ableitbare Wöhlerlinien für R = – 1 im Fall extremer Zug- oder Druck-Eigenspannungen
Abb. 3.1–62. Erweitertes Haigh-Schaubild zur Darstellung des kombinierten Einflusses von Eigenspannungen und Mittelspannungen unter der Annahme M = ME
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
aufweist. Zudem kommt es an Kerben allein schon bei einer anliegenden hohen Mittelspannung zum Fließen und Spannungsabbau. Die dazu entwickelten werkstoffmechanischen Modellvorstellungen, die im Abschn. 3.3 dargestellt sind, wurden aber noch nicht in die hier erörterte Darstellungsform eines Haigh-Schaubildes übersetzt. Es gilt jedoch auch bei gekerbten Bauteilen, dass hochfeste Werkstoffe weit stärker auf Eigenspannungseinflüsse ansprechen als niedrigfeste Werkstoffe, Abb. 3.1–59. Nach Lowak [201] ist bei gekerbten Bauteilen entscheidend, um welchen Betrag die im Kerbgrund erzeugten Eigenspannungen die Maximalwerte der elastisch-plastisch errechneten Kerbgrundspannungen übersteigen. An gelochten Flachstäben ohne und mit Druckeigenspannungen, die am Lochrand durch optimiertes Aufdornen erzeugt waren, untersuchte Lowak die erreichbare Steigerung der Lebensdauer in Wöhler-, Zufallslasten- und Einzelflug-Versuchen, wobei er die Lebensdauersteigerung gesondert für die Anriss- und die Rissfortschrittsphase für jeweils zwei Spannungshorizonte und für unterschiedliche Kerbradien zwischen 1 und 8 mm auswies, Abb. 3.1–63. Als Folgerungen konnte er vermerken, dass für die Lebensdauer bis zum Anriss nur der Differenzbetrag von Einfluss ist, um den die eingebrachten Eigenspannungen die Maximalwerte der Kerbspannung übersteigen, und dass die nach Abschn. 3.3 zu berechnenden Hüll-Hysteresekurven der Kerbgrundspannung und -dehnung im Einzelfall eine entsprechende Abschätzung des zu erwartenden Einflusses anhand des Haig-Schaubildes ermöglichen. Davon unabhängig erwies sich jedoch die in der Rissfortschrittsphase zu verzeichnende, teils beträchtliche Lebensdauersteigerung. Sie wurde von Lowak damit erklärt, dass unter den sich in größere Tiefe erstreckenden Druckeigenspannungen an der Rissspitze zwar große zug-plastische Zonen, aber wegen des Rissschließens nur kleine druck-plastische Zonen ausbilden, womit sich der Rissfortschritt verzögert, Abschn. 3.4. Diese Feststellung deckt sich mit der Beobachtung von Fuchsbauer [202], der an Umlaufbiegeproben, die im Kerbgrund unter optimierten Bedingungen festgewalzt waren, bei den nach 107 Schwingspielen nicht gebrochenen Proben nicht-fortschreitende Makrorisse fand. In weiterführenden Untersuchungen konnte dieser Befund inzwischen in allgemeiner Form bestätigt werden, indem geeignete analytische Werkzeuge als numerische Verfahren entwickelt und mit Erfolg an Praxis-Beispielen erprobt wurden, die nunmehr sowohl die Bedingungen zur Erzeugung von Eigenspannungen in ungekerbten und gekerbten Bauteilen und wie auch ihre Auswirkung auf die Lebensdauer zu ermitteln gestatten. Neueste diesbezügliche, und für einen künftigen Stand der Technik richtungweisende Arbeiten seien hier mit [203–205] und mit dem Hinweis auf die dort enthaltenen Schrifttumshinweise aufgeführt. Als mit diesen Arbeiten eröffnete Möglichkeiten sind beispielsweise und insbesondere zu nennen:
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
237
Abb. 3.1–63. Wöhler- und Lebensdauerlinien von Flachstäben aus AlCuMg2 mit aufgedornter oder nicht aufgedornter Kerbbohrung, Formzahl a k = 2,5, Kerbradius r = 4,0 mm [201]
238
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– die Vorausberechnung der bei Umformvorgängen oder beim Festwalzen entstehenden bzw. bewusst erzeugten Eigenspannungs-Zustände, – die rechnerische Ermittlung der unter der Einwirkung einer äußeren Belastung durch Spannungsumlagerung entstehenden oder sich veränderten errechneten und/oder gemessenen Eigenspannungs-Zustände, – die rechnerische Berücksichtigung des Einflusses der oberflächennahen Eigenspannungen auf die Anriss-Lebensdauer im Bereich der Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit mittels Modellvorstellungen zum Rissschließund Rissöffnungsverhalten kurzer Risse, – das rechnerische Erfassen des Einflusses aus dem Eigenspannungs-Tiefenverlauf auf einen verzögerten bzw. beschleunigten Rissfortschritt mittels Modellvorstellungen zum Rissschließ- und Rissöffnungsverhalten kurzer Risse bis hin zur Vorhersage von nichtfortschreitenden Rissen und der dafür maßgebenden Bedingungen. Im Einzelnen bleibt ergänzend anzumerken, dass der Aufbau bzw. die Umlagerung von Eigenspannungen sich im Wesentlichen bereits beim erstmaligen Auftreten der maximalen äußeren Beanspruchung vollzieht und sich sodann unter Einstufenbelastung während weniger nachfolgender Schwingspiele so weit stabilisiert, dass nachfolgende Veränderungen gering sind, Abb. 3.1–64. Unter Kollektivbelastung ergeben sich hingegen wiederholte Umlagerungen jeweils mit dem Auftreten größerer Spannungsausschläge, Abb. 3.1–65.
Nach Festwalzen
b
Nach Umlagerung
Axiale Spannung in N/mm2
a
Messung nach 4000 Schwingspielen Messung nach 3,6 Mio. SSP
Abstand von der Oberfläche in mm Abb. 3.1–64a,b. Vergleich zwischen den berechneten und den röntgenografisch gemessenen axialen Eigenspannungen einer Rundprobe mit Umlaufkerbe, a nach dem Festwalzen und b nach Umlagerung unter einer axialen Spannung S = 0 ± 480 N/mm2, nach [204]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
239
Abb. 3.1–65. Nichtlineare Beziehung zwischen dem Ablauf der Nennspannung und dem Ablauf der Kerbgrundspannung infolge der örtlichen Plastizierung und der daraus entstehenden und sich umlagernden Eigenspannungen, nach Schütz
Weiterhin ist anzumerken, dass z.B. durch Simulation des Festwalzens gekerbter Bauteile die Druckeigenspannungen für eine maximale Auswirkung gezielt eingebracht werden können. Das Maximum der Druckeigenspannungen liegt dann im Allgemeinen deutlich unter der Oberfläche, Abb. 3.1–64, sodass sich die anrissfreie Lebensdauer nur geringfügig erhöht. Die eigentliche Schwingfestigkeitssteigerung tritt erst in der Rissfortschrittsphase auf, in der die Druckeigenspannungen den Rissfortschritt verzögern oder gar vollständig verhindern. Ein optimiertes Festwalzen kann durch Ausnutzen des Rissstopps die Dauerfestigkeit bis zu 200% oder 250% steigern und damit eine mäßige Kerbwirkung voll kompensieren.
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung Nicht selten erfahren Bauteile eine Beanspruchung aus mehreren Kräften bzw. Momenten, die sich in ihrer Größe unabhängig voneinander schwingend verändern und damit eine mehrachsige Beanspruchung des schwingbruchkritischen Bauteilquerschnitts erzeugen. Eine mehrachsige Schwingbeanspruchung kann recht verschiedenartige und überaus komplexe Erscheinungsformen zeigen, aber bislang ist dazu selbst für den Fall eines isotropen Werkstoffs noch kein allgemeingültiges Berechnungsverfahren bekannt. Verfügbare Rechenverfahren sind viemehr in ihrer Anwendbarkeit auf bestimmte Sonderfälle der mehrachsigen Schwingbeanspruchung beschränkt; ihre Unterscheidung ergibt sich, wie nachfolgend noch ausgeführt wird, aus einer Betrachtung der sich unter Schwingbeanspruchung einstellenden Größe und Richtung der Hauptspannungen.
240
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Der allgemeine Fall einer mehrachsig-stochastischen Schwingbeanspruchung lässt sich derzeit in verlässlicher Form nur experimentell abhandeln. Die Veröffentlichungen [206–214] vermitteln einen Überblick des Kenntnisstandes, wie er den nachstehenden Ausführungen zugrunde liegt. Darüber hinausgehende neuere Entwicklungen sind in den Abschn. 3.3.5 und 3.3.7 unter Bezug auf die dafür relevanten Veröffentlichungen abgehandelt. Ein Schwingbruch geht im Regelfall von der Bauteiloberfläche aus. Deshalb ist vornehmlich der zweiachsige Spannungszustand der lastfreien Bauteiloberfläche am mutmaßlichen Ausgangspunkt des Schwingbruchs zu betrachten, also bei gekerbten Bauteilen der Spannungszustand im Kerbgrund. Die Größe und Richtung der dort wirkenden Kerbspannungen ist zwar für jeden Zeitpunkt und für den dann gerade vorliegenden Belastungszustand eindeutig aus der Bauteilgeometrie und dem elastisch-plastischen Werkstoffverhalten bestimmbar. Vereinfachend wird aber zumeist elastisches Werkstoffverhalten vorausgesetzt. Weit weniger eindeutig ist vorhersagbar, wie sich der Werkstoff unter der so gekennzeichneten mehrachsigen Schwingbeanspruchung verhält. Mit dieser Frage ist man auf Festigkeits-Hypothesen angewiesen. Die Anwendungsgrenzen der Festigkeits-Hypothesen sind einerseits werkstoffabhängig und andererseits beanspruchungsabhängig zu betrachten. In ihrer übertragenen Anwendung auf elastische Kerbspannungen oder auf Nennspannungen hingegen sind die streng genommen nur als formale Interaktionsgleichungen zu verstehen. Festigkeits-Hypothesen abhängig vom Werkstoffverhalten Die bekannten klassischen Festigkeits-Hypothesen [26] wurden ursprünglich für den Fall der zügigen Beanspruchung erstellt und experimentell bestätigt. Mit ihrer Hilfe lässt sich der mehrachsige Spannungszustand im Bauteil auf einen fiktiven einachsigen Spannungszustand reduzieren. Das Ergebnis ist eine Vergleichsspannung, die für einen mutmaßlichen Versagensmechanismus (z.B. Verformungs- oder Trennbruch) so definiert ist, dass ihre Höhe mit dem unter einachsiger Beanspruchung ermittelten Festigkeitskennwert beurteilt werden kann. In der Praxis finden die Gestaltänderungsenergie-Hypothese auf Bauteilversagen durch Fließen oder Schubbruch oder die Normalspannungs-Hypothese auf das Bauteilversagen durch verformungslosen Trennbruch Anwendung. Die betreffenden Vergleichsspannungen errechnen sich nach bekannten Formeln [26, 27]. Bei zweiachsigem Spannungszustand gilt für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese 0 2 0008 2 2 su = as x – sx · sy + s y + 3 · t xy ,
(3.1–38)
und für die Normalspannungs-Hypothese
su = 0,5 · [(sx + sy)2 + a0 (sx 0 – sy)206 + 4 · t 2xy] .
(3.1–39)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
241
Auch bei mehrachsiger Schwingbeanspruchung kommen vorzugsweise die Gestaltänderungsenergie-Hypothese und die Normalspannungs-Hypothese zur Anwendung. Werkstoffmechanisch zutreffend sind dabei die Spannungen sx , sy und txy als elastisch-plastische Kerbspannungen, vereinfachend auch als elastische Kerbspannungen, finite-elementweise oder mit den ihnen jeweils zuzuordnenden Formzahlen zu errechnen und in Ansatz zu bringen. Statt der Spannungen im bauteilbezogenen Koordinatensystem können auch die Hauptspannungen s1 und s 2 angesetzt werden. Beide Festigkeits-Hypothesen werden, wie nachstehend zu Gl. (3.1–48) ausgeführt, in geeigneter Schreibweise auch für Nennspannungen angewendet. Statt der herkömmlichen Unterscheidung in duktile und spröde Werkstoffe ist es nach Liu und Zenner [210] auf dem Gebiet der Schwingfestigkeit zweckdienlicher, von „fehlerfreien duktilen Werkstoffen“ als Anwendungsfälle für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese oder die Schubspannungsintensitäts-Hypothese (s. im Folgenden) und von „fehlerbehafteten duktilen oder spröden Werkstoffen“ als Anwendungsfälle für die NormalspannungsHypothese zu sprechen. Ihre einleuchtende Begründung ist wie folgt: Bei „fehlerfreien“ Werkstoffen, z.B. Stählen, entstehen Schwinganrisse durch irreversible plastische Gleitungen; wichtig für die Rissentstehung sind hierbei die Orientierung der Gleitebene und die Schubspannungsamplitude in dieser Gleitebene. Bei fehlerbehafteten Werkstoffen, z.B. Grauguss mit Lamellengraphit, sind rissähnliche Fehler werkstoff- und fertigungsbedingt bereits vorhanden, und die Schwinganrisse gehen i.Allg. von diesen Fehlern aus; dabei sind die Geometrie, Orientierung und Dichte der Fehler sowie die dort wirkenden Normalspannungen entscheidend. Grauguss und Temperguss gehören generell zu der letzteren Fallgruppe. Eine zutreffende werkstoffliche Zuordnung mag jedoch im Einzelfall nicht immer eindeutig möglich sein. In der FKM-Richtlinie [44] wird deshalb die Vergleichsspannung su (genauer: der aus su errechnete Auslastungsgrad a) in Abhängigkeit vom Verhältnis der Schub-Wechselfestigkeit tW zur Zug-Druck-Wechselfestigkeit sW als ein gewogenes Mittel aus der Vergleichsspannung su, GH nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese und der Vergleichsspannung su, NH nach der Normalspannungs-Hypothese wie folgt ermittelt:
su = (1 – q) · su, GH + q · su, NH
(3.1–40)
bzw. der Auslastungsgrad a = (1 – q) · aGH + q · aNH
(3.1–41)
mit 3 – (1 / fW,t)] / [a3 3 – 1] q = [a3
(3.1–42)
und fW,t = tW / sW
nach Tabelle 3.1–4.
(3.1–43)
242
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Entsprechend gilt für Stahl mit tW / sW = 1 / a3 3 und q = 0 die Gestaltänderungsenergie-Hypothese, für randschichtgehärtete oder für geschweißte Bauteile mit q = 1 die Normalspannungs-Hypothese und für Grauguss mit tW / sW = 0,85 und q = 0,76 ein gewogenes Mittel aus beiden Hypothesen. Neben den genannten klassischen Hypothesen wurden weitere Festigkeits-Hypothesen vorgeschlagen, die unter den jeweils gemachten Voraussetzungen zutreffendere Bewertungen mehrachsiger Beanspruchungszustände liefern sollen. Nach [210] lassen sie sich einteilen in: – Empirische Festigkeits-Hypothese, die durch Erweiterung der klassischen Hypothesen für spezielle Anwendungsfälle formuliert wurden; ihre Anwendungsbereiche sind eingeschränkt auf spezifische Beanspruchungsbedingungen, – Festigkeits-Hypothesen der kritischen Schnittebene, bei denen unter systematisch variierter Winkelorientierung von Schnittebenen diejenige betrachtet wird, in der aus den Amplituden und Mittelwerten der betreffenden Normal- und Schubspannungen nach einer klassischen oder speziellen Hypothese die größte Vergleichsspannung bzw. Schädigung resultiert, Abb. 3.1–72 und 3.1–73; diese Hypothesen haben insbesondere für FiniteElement-Berechnungen Bedeutung erlangt, Abschn. 3.3.7. – Festigkeits-Hypothesen der integralen Anstrengung, bei denen die Amplituden und Mittelwerte der Normal- und Schubspannungen für alle möglichen Schnittebenen als schädigungsrelevant betrachtet werden und über ein geeignetes Integral summarisch in Ansatz kommen, Abb. 3.1–75; unter entsprechenden Integrationsbedingungen sind die Gestaltänderungsenergie-Hypothese und die Schubspannungsintensitäts-Hypothese auf diese Weise herleitbar. Betrachtungen zur Invarianz Eine wesentliche Anforderung an Festigkeits-Hypothesen ist, dass sie invariant sind, d.h. dass sie unabhängig von dem gewählten Koordinatensystem auf das gleiche Ergebnis führen [207]; dementsprechend lassen sie sich auch mit den Invarianten des Spannungstensors schreiben [207, 208, 212]. Eine Verletzung der Invarianzbedingung kann aber auch durch die in Ansatz kommenden Werkstoffdaten bedingt sein. Sie entsteht beispielsweise schon dadurch, dass sich die Neigungsexponenten der Wöhlerlinien ks = 5 für Normalspannungen und kt = 8 für Schubspannungen – wie beispielsweise nach der FKM-Richtlinie – unterscheiden: Mit den Bezeichnungen nach Abb. 3.1–66 lauten die Transformationsgleichungen des Spannungstensors für eine um den Winkel j gedrehte Schnittebene, d.h. für den Übergang vom x-y-System auf das x-h-System:
sx = 0,5 · (sx + sy) + 0,5 · (sx – sy) · cos(2j) + txy · sin(2j) sh = 0,5 · (sx + sy) – 0,5 · (sx – sy) · cos(2j) – txy · sin(2j) txh =
– 0,5 · (sx – sy) · sin(2j) – txy · cos(2j)
(3.1–44)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
243
Abb. 3.1–66. Zur Veranschaulichung der Transformationsgleichungen des Spannungstensors vom x-y-System in ein gedrehtes x-h-System
Nach Gl. (2.1–19) lauten die betreffenden Gleichungen der Wöhlerlinien, angeschrieben für die ertragbaren Nennspannungen abhängig von der Schwingspielzahl N: ertr Sa = SD · (N / ND)– 1/5 , ertr Ta = TD ·
(3.1–45)
(N / ND)– 1/8 ,
wobei nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese gilt: TD = (1 / a3 3) · SD .
(3.1–46)
Mit diesen ertragbaren Werten dieser Normal- bzw. Schubspannungen lässt sich mit sD = sW die Vergleichsspannung nach der GestaltänderungsenergieHypothese in der bezogenen Schreibweise der Interaktionsgleichung nach Gl. (3.1–48) für das x-h-System schreiben als:
su = 5 sD
0000000000 2 2 2 Sx Sx Sh Sh Txh + · + + 0 0 02 02 04 ertr S2x ertr S2x ertr Sh ertr Sh ertr Txh
(3.1–45) Damit lassen sich die vorstehenden Beziehungen beispielsweise für einen einachsig auf Zug beanspruchten ungekerbten Stab, das heißt mit Sy = ertr Sa (N), Sx = 0, Txy = 0 abhängig vom Winkel j und für ausgewählte Werte der Schwingspielzahl N numerisch auswerten. Tabelle 3.1–4 enthält (für sD = 1 gerechnet) die Werte der Vergleichsspannung su abhängig vom Winkel j relativ zum Wert der Vergleichsspannung su für j = 0. Gerechnet wurde einmal für den (gemeinsamen) Abknickpunkt der Wöhlerlinien, also für N = ND = 106, und zum anderen für die Schwing-
244
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.1–4. Bezogene Werte der Vergleichsspannung su für einen zugbeanspruchten ungekerbten Stab abhängig vom Winkel j, den die betrachtete Schnittebene mit der Zugspannung einnimmt, errechnet einmal für die Schwingspielzahl N = 106 am Abknickpunkt der Wöhlerlinie und zum anderen für die Schwingspielzahl N = 104 im Zeitfestigkeitsbereich
[Vergleichsspannung su für j]/[Vergleichsspannung su für j = 0] Winkel j
bei N = 106 ks = 5, kt = 8
bei N = 104 ks = 5, kt = 5
bei N = 104 ks = 5, kt = 8
0° 15° 30° 45° 60° 75° 90°
1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00
1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00
1,00 1,09 1,25 1,32 ! 1,25 1,09 1,00
spielzahl N = 104 im Zeitfestigkeitsbereich. Dort ist die ertragbare Schubspannung nicht wie am Abknickpunkt im Verhältnis (1/ a3 3 ) = 0,58:1, sondern (wegen des flacheren Verlaufs der Schubspannungs-Wöhlerlinie) etwa im Verhältnis 0,41:1 kleiner als die ertragbare Nennspannung. Der Auswertung ist zu entnehmen: am Abknickpunkt bei N = ND = 106 (linke Ergebnisspalte) ist die Invarianzbedingung erfüllt, so wie es für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese zu erwarten ist. Sie ist auch im Zeitfestigkeitsbereich bei N = 104 erfüllt, wenn die Auswertung mit ks = kt , also mit gleicher Neigung der Normalspannungs- und Schubspannungs-Wöhlerlinien geschieht. Die Invarianzbedingung ist jedoch nicht mehr erfüllt, wenn die Neigungsexponenten mit ks = 5 und kt = 8 unterschiedlich sind: für eine Schnittebene unter 45° errechnet sich dann eine um 32% höhere Vergleichsspannung! Bei Schweißverbindungen besteht nach den IIW-Empfehlungen [43] und nach dem Eurocode 3 [48] mit den dort angegebenen Neigungsexponenten ks = 3 und kt = 5 eine entsprechende Problematik; sie wird aber noch dadurch bedeutsamer, dass sich neben den Neigungsexponenten auch noch die Schwingspielzahlen an den Abknickpunkten der Normalspannungsund Schubspannungs-Wöhlerlinien mit ND,s = 106 bzw. ND, t = 108 erheblich unterscheiden. Bisher findet diese Problematik noch in keinem der Regelwerke Beachtung. Aber auch der Grund für die experimentell eindeutig belegten Unterschiede der Normalspannungs- und Schubspannungs-Wöhlerlinien ist bisher noch nicht gefunden. Es ist nicht absehbar, inwieweit mitgeteilte Ergebnisse aus Zeitfestigkeits- und Betriebsfestigkeits-Versuchen von diesem Widerspruch zwischen Versuch und Theorie beeinflusst sind. In diesem Punkt besteht offensichtlicher Forschungsbedarf.
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
245
Anpassung an richtungsabhängige Werkstoffeigenschaften Die vorstehenden Formeln bzw. Hypothesen beruhen auf der Voraussetzung isotroper Werkstoffeigenschaften, d.h. es wird ein gleiches Werkstoffverhalten bei Zug und Druck, wie auch in x- und y-Richtung im Bauteil postuliert. Dementsprechend lassen sich die ertragbaren Spannungskombinationen für den zweiachsigen Spannungszustand einer lastfreien Bauteiloberfläche durch einfache Grenzlinien in einem Interaktionsdiagramm darstellen, z.B. als Funktion der beiden Hauptspannungen oder als Funktion kombinierter Normal- und Schubspannungen, Abb. 3.1–67. Wenn anisotrope, d.h. richtungsabhängige Werkstoffeigenschaften vorliegen, so bedeutet dies ein zusätzliches Erschwernis. Doch ist für diesen Fall eine pragmatische Anpassung der Festigkeits-Hypothesen derart denkbar, dass die Achsenabschnitte der Grenzkurven entsprechend verzerrt werden, Abb. 3.1–68; die Form der Grenzkurve bleibt dabei gewahrt. Diese Anpassung stellt eine affine Abbildung im Verhältnis der richtungsabhängigen Schwingfestigkeitswerte dar. In gleicher Weise muss auch eine Anpassung geschehen, wenn statt mit Kerbspannungen mit Nennspannungen gerechnet werden soll und wenn dabei für die sx-, sy- und die txy-Richtung aufgrund unterschiedlicher Formzahlen akx ⫽ aky ⫽ akxy unterschiedliche ertragbare Nennspannungen SDx , SDy und TDxy gelten. Mit
sx = Sx · akx
und
SDx = sW / akx ,
sy = Sy · aky
und
SDy = sW / aky ,
txy = Txy · akxy
und
TDxy = tW / akxy ,
a
(3.1–47)
b
Abb. 3.1–67a, b. Proportionale Wechselbeanspruchung: a Grenzlinien für phasengleich kombinierte Hauptnormalspannungen und b Grenzlinien für phasengleich kombinierte Normal- und Schubspannungen; NH = Normalspannungs-Hypothese, GEH = Gestaltänderungsenergie-Hypothese, SH = Schubspannungs-Hypothese [206]
246
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–68. Mögliche Anpassung der Festigkeits-Hypothesen an richtungsabhängige Schwingfestigkeits-Eigenschaften [206]; vergl. Abb. 3.1–67
lässt sich für den Fall der Gestaltänderungsenergie-Hypothese Gl. (3.1–38) schreiben als
sy 2 Sx 2 Sy 2 Sx Sy Txy = 6 + 6 – 6 · 6 + 8 5 sW SDx SDy SDx SDy TDxy
2
(3.1–35)
und in dieser Form verallgemeinern, wie es z.B. für DIN 15018 [41] geschah. Entsprechend ergibt sich für den Fall der Normalspannungs-Hypothese aus Gl. (3.1–45)
su Sx Sy = 0,5 · 6 + 6 + 5 sw SDx SDy
60009 Sx Sy 2 Txy 2 – + 4 · 6 6 8 S S T
Dx
Dy
(3.1–49)
Dxy
Besonderheiten der Bauteilgestalt Entscheidend für die Anwendung der genannten Festigkeits-Hypothesen ist die Voraussetzung, dass die angesetzten Spannungskomponenten für den betrachteten Systempunkt gelten. Je nach Bauteilgestalt können die Maximalwerte der Beanspruchung aus verschiedenen auf ein Bauteil einwirkenden Belastungen in ein und demselben Systempunkt zusammenfallen oder aber an unterschiedlichen Systempunkten auftreten. So fallen z.B. die Maximalwerte bei einer Welle mit v-förmiger Umlaufkerbe im Kerbgrund zusammen. Insbesondere bei realen Bauteilen treten sie aber oftmals an unterschiedlichen Systempunkten auf. In einfacher Weise verdeutlicht wird dieser Sachverhalt bei einer unendlichen Scheibe mit Kreisloch unter zweiachsiger Längs- und Schubbeanspruchung [211], bei der die daraus entstehenden Tangentialspannungen st am Lochrand aus den Nennspannungen in x-Rich-
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
247
tung wie in y-Richtung mit ak,x = ak,y = 3 und in xy-Schubrichtung mit ak, xy = 4 beschrieben werden durch
st,x = 3 · Sx · (1 + 2 · cos 2 b) st,y = 3 · Sy · (1 – 2 · cos 2 b)
(3.1–50)
st,xy = 4 · Txy · 2 · sin 2 b Für unterschiedliche zufallsartige Zeitabläufe von Sx , Sy und Txy muss deshalb für jeden Punkt des Lochrandes abgeprüft werden, wo aus der Überlagerung der drei Beanspruchungskomponenten die größte Schädigung auftritt. Denn grundsätzlich gilt es bei Bauteilen mit einer mehraxialen Belastung zu beachten, dass der Punkt der maximalen Schädigung nicht identisch sein muss mit dem Punkt, an dem (z.B. aus einer Finite-Element-Rechnung) die höchste Beanspruchung aus einer statischen Überlagerung der jeweiligen Maximalwerte der Zeitabläufe gefunden wird. Der Grund ist, dass die maßgeblichen Schädigungsbeiträge im Allgemeinen aus kleineren Amplituden mit ihrer größeren Häufigkeit entstehen. Besonderheiten der Beanspruchungssituation Bei einer mehrachsigen Beanspruchungssituation gilt es zwischen vier Fällen wie folgt zu unterscheiden: Trivialer Fall einer additiven Beanspruchung Eine mehrachsige Einwirkung von Schwinglasten muss nicht zwangsläufig auf eine mehrachsige Beanspruchung führen, sondern sie kann durchaus eine örtlich einachsige Beanspruchung bedingen, wie schon aus dem vorstehenden Beispiel der Lochscheibe erkennbar ist. Dieser Fall ist u.a. gegeben [211] für – Außenkanten von Bauteilen generell, – ungekerbte Wellen unter Normalkraft und Biegung in zwei Ebenen, – gekerbte gerade oder verzweigte Flachstäben unter Biegung, Normal- und Querkraft, – Scheiben mit Innen- oder Außenkerben unter Normalkraft und Schub, sowie – Rohre mit Querbohrungen oder Kerben unter Normalkraft, Biegung und Torsion. Als praktisches Beispiel sei dazu das Bauteil nach Abb. 3.1–69 betrachtet, das einer Biegebeanspruchung aus den rechtwinklig zueinander wirkenden Kräften Fx und Fy ausgesetzt ist. Für den Punkt A sind die aus Fx und Fy entstehenden einachsigen Biegespannungen für jeden Zeitpunkt additiv zu überlagern, um die maßgebliche Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu erhalten.
248
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–69. Mehrachsial unabhängig schwingende Kräfte Fx und Fy an einem Lagerbock und additive Überlagerung der daraus entstehenden Biegespannungen im Punkt A
Schwingen die Kräfte Fx und Fy und die daraus entstehenden Biegespannungen Sx (t) und Sy (t) jeweils determiniert mit zwar verschiedener, aber doch konstanter Amplitude und Frequenz, so lässt sich die daraus entstehende Beanspruchungs-Zeit-Funktion S(t) als Überlagerung der Spannungen Sx (t) und Sy (t) ableiten als S (t) = Sx (t) + Sy (t)
(3.1–51)
und gemäß den vorstehenden Ausführungen sowie nach Abschn. 2.2.6 auswerten. Schwingen die Kräfte Fx und Fy und damit die daraus entstehenden Biegespannungen Sx (t) und Sy (t) jeweils stochastisch in der Art eines schmalbandigen Gauß’schen Zufallsprozesses, so gelten nach Gl. (3.1–51) für deren Überlagerung die folgenden Beziehungen. Sie lassen sich nach Abschn. 2.3.2 ableiten, indem die betreffenden Leistungsspektren Gx (w) für Sx (t) und Gy (w) für Sy (t) zum Leistungsspektrum G (w) der entstehenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion S(t) überlagert werden: G(w) = Gx (w) + Gy (w) .
(3.1–52)
Daraus folgt für den rms-Wert der Spannungs-Zeit-Funktion aus Gl. (2.3–10): •
•
2 = 1/(2p) ∫ G(w) · dw = 1/(2p) · ∫ [G (w) + G (w)] · dw . S rms x y 0
(3.1–53)
0
•
•
= 1/ (2p) · ∫ Gx (w) · dw + 1 / (2p) · ∫ Gy (w) · dw , 0
2 2 S 2rms = Srms, x + Srms, y .
0
(3.1–54)
Für die sekündliche Mittelwert-Durchgangszahl H0 folgt entsprechend aus Gl. (2.3–13):
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
H0 = 1 / (2p) ·
•
•
0
•
0
•
,
1/2
= 1 / (2p) · ∫ w2 · G(w) · dw / (2 · S 2rms)
= 1 / (2p) ·
1/2
∫ w2 · G(w) · dw / ∫ G(w) · dw 0
249
,
(3.1–55)
•
∫ w2 · Gx (w) · dw + ∫ w2 · Gy (w) · dw) / (2 · S 2rms
0
0
1/2
,
•
2 2 2 H 20 = 1 / (2p)2 · ∫ w2 · Gx (w) · dw / (2 · Srms, x) · (S rms, x / S rms) 0
•
2 2 2 + 1/ (2p)2 · ∫ w2 · Gy (w) · dw / (2 · S rms, y) · (S rms, y / S rms) , (3.1–56) 0
2 2 2 2 2 H 02 = H0,2 x · (Srms, x / Srms) + H 0, y · (Srms, y / S rms) .
(3.1–57)
Die hier abgeleiteten Gln. (3.1–54) und (3.1–57) lassen sich unschwer auch auf den Fall von drei zu überlagernden stochastischen Funktionen umschreiben. Einfacher Fall einer proportionalen Beanspruchung Selbst Bauteile, die aus einer einzelnen Kraft, einem einzelnen Moment oder allein aus Innendruck schwingend beansprucht sind, können im schwingbruchkritischen Querschnitt einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung unterliegen. Es handelt sich dann um eine proportionale mehrachsige Schwingbeanspruchung. Beispiele sind der Querschnitt mit umlaufender Kerbe bei einem zylindrischen Zugstab, Abb. 3.1–3, der Einspannquerschnitt eines außermittig beanspruchten Kragarms, Abb. 3.1–70, oder die Wand eines Behälters unter Innendruck. Eine proportionale Beanspruchung liegt auch dann vor, wenn zwar mehrere Kräfte oder Momente einwirken, diese sich ihrerseits aber proportional,
Abb. 3.1–70. Außermittige Beanspruchung eines Kragarmes durch Einzelkraft F oder gleichwertige, proportionale Beanspruchung durch Querkraft Q und Drehmoment Mt
250
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
d.h. streng synchron und stets in gleichem Verhältnis ändern, denn solche Kräfte und Momente könnten zu einer resultierenden Einzelkraft zusammengefasst werden, wie z.B. in Abb. 3.1–70 mit der Aufteilung von F in Q und Mt gezeigt. In all diesen Fällen einer proportionalen Beanspruchung ist der mehrachsige Beanspruchungszustand dadurch gekennzeichnet, dass die Hauptspannungen zu jedem Zeitpunkt der Schwingbeanspruchung in ihrer Richtung körperfest und, ebenso wie alle anderen Beanspruchungswerte, in ihrer Größe zeitlich verhältnisgleich sind. Daher sind die Beträge der Spannungskomponenten, wie auch ihre untereinander gleichartigen Spannungskollektive, mit konstanten Faktoren umrechenbar. Die Schwingbeanspruchung kann entweder konstante oder stochastisch veränderliche Amplituden aufweisen, was für ihre rechnerische Behandlung keinen grundsätzlichen Unterschied ausmacht. Die Gestaltänderungsenergie-Hypothese bzw. die Normalspannungs-Hypothese sind für eine Berechnung mit örtlichen Spannungen, ebenso wie die entsprechenden Interaktionsformeln Gl. (3.1–48) und Gl. (3.1–49) für eine Berechnung mit Nennspannungen, unter Beachtung der werkstofflichen Abgrenzung für den Fall einer proportionalen Schwingbeanspruchung als werkstoffmechanisch exakt zutreffend zu erachten. In der Verfahrensweise der FKM-Richtlinie wird über die jeweils anzuwendende Hypothese oder über ein gewogenes Mittel beider Hypothesen nach Gl. (3.1–38) bis Gl. (3.1–44) anhand des Verhältnisses tW / sW bzw. des Faktors fW, t nach Tabelle 3.1–2 entschieden. Eine gegenphasig schwingende Spannungsamplitude muss dabei mit negativem Vorzeichen eingesetzt werden. Die so zu errechnende und ebenfalls proportional schwingende Vergleichsspannung wird mit den entsprechenden Schwingfestigkeitswerten des einachsigen Beanspruchungsfalles beurteilt. Erweiterter Fall einer synchronen Beanspruchung Eine synchrone mehrachsige Schwingbeanspruchung ist hinsichtlich der Amplituden proportional, aber hinsichtlich deren Mittelwerte nichtproportional. Von daher ist sie ein vergleichsweise einfacher Fall einer nichtproportionalen Beanspruchung. Sie entsteht beim Zusammenwirken einer zeitlich veränderlichen Belastung mit einer zweiten, konstanten Belastung. Beispiele sind der lange, liegende, zylindrische Behälter unter pulsierendem Innendruck, bei dem die Längsspannung durch die additiv überlagerte Biegespannung aus dem Eigengewicht nichtproportional zur Umfangsspannung ist, oder auch die umlaufbiegebeanspruchte Welle mit einer konstanten Torsionsbelastung. Nach der FKM-Richtlinie [44] können die für proportionale Beanspruchung geltenden Interaktionsformeln in brauchbarer Näherung auch für die Berechnung bei synchroner Beanspruchung angewendet werden, um zum einen aus den zueinander proportionalen Spannungsamplituden eine
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
251
Vergleichs-Spannungsamplitude und zum anderen aus den Mittelspannungen eine Vergleichs-Mittelspannung zu errechnen, die der VergleichsSpannungsamplitude zugeordnet wird; auch eine konstante Spannungskomponente (wie die konstante Verdrehspannung beim vorgenannten Beispiel der Welle) rechnet dabei als Mittelspannung. Die Begründung für diese Verfahrensweise ist, dass die Schwingfestigkeit in erster Linie durch die zueinander proportionalen Spannungsamplituden bestimmt wird. Dabei geschieht die Berechnung der Vergleichs-Spannungsamplitude wie auch der Vergleichs-Mittelspannung entsprechend Gl. (3.1–38) bis Gl. (3.1–43) nach der kombinierten Hypothese mit dem Faktor fW, t nach Tabelle 3.1–2. Zur Beurteilung der sich ergebenden äquivalenten Vergleichs-Spannungsamplitude ist die bei R = –1 als dauerfest anzusetzende Spannungsamplitude heranzuziehen. Ein verbessertes Verfahren zur Berechnung der Dauerfestigkeit bei synchron mehrachsigen Spannungen ist in der nachstehend beschriebenen Schubspannungsintensitäts-Hypothese zu sehen. Allgemeiner Fall einer nichtproportional mehrachsigen Beanspruchung Schwierigere und heute noch keineswegs allgemein gelöste Probleme ergeben sich, wenn die Komponenten der mehrachsigen Beanspruchung phasenverschoben schwingen, wenn sie unterschiedliche Frequenzen aufweisen, oder wenn sie unterschiedlich mit jeweils veränderlichen Amplituden schwingen. Solche nichtproportionale mehrachsige Beanspruchungen entstehen, wenn auf das Bauteil zwei oder mehrere verschiedenartige und in unterschiedlicher Weise zeitlich veränderliche Belastungen einwirken. In all diesen Fällen sind die Beträge und die Richtungen der Hauptspannungen veränderlich. Für die einzelnen Belastungen und für die daraus entstehenden Spannungskomponenten gelten im Allgemeinen unterschiedliche Kollektive. Für diese allgemeineren Fälle der nichtproportional mehrachsigen Beanspruchung sind bislang nur Lösungen für Sonderfälle bekannt. Eine generelle Anwendung der Festigkeits-Hypothesen stößt hierbei auf Schwierigkeiten grundsätzlicher Art, weil sich trotz richtungsbehafteter Spannungskomponenten eine Vergleichsspannung lediglich als skalare Größe ergibt. Der damit verbundene Informationsverlust ist immer dann von Nachteil, wenn die Vergleichsspannung als Tensor beschrieben, auch in ihrer Richtung relativ zum körperfesten Achsensystem schwingt. Die für proportionale Beanspruchung angegebenen Formeln zur Berechnung einer Vergleichsspannung sind dann nicht anwendbar. Eine Näherungslösung für die Berechnung bei nichtproportionaler mehrachsiger Beanspruchung wird in der FKM-Richtlinie [44] in der Form einer speziellen Vorgehensweise angegeben. Gedanklicher Ausgangspunkt dabei ist nicht der örtlich mehrachsige Beanspruchungszustand, sondern eine jeweils gesonderte Betrachtung der einzelnen, primär auf das Bauteil einwirkenden Belastungen I, II, usw.
252
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Denn jede dieser Belastungen erzeugt, für sich betrachtet, im Nachweispunkt eine proportionale Beanspruchung, für die die Vergleichsspannung su und daraus der Auslastungsgrad a = su / zul su
(3.1–58)
werkstofflich zutreffend errechnet werden kann. Für die Interaktion der einzelnen Belastungen wird sodann im Sinne einer auf der sicheren Seite zu sehenden Annahme unterstellt, dass die nach Gl. (3.1–58) ermittelten Einzelwerte des Auslastungsgrades aI , aII , usw. linear zum Gesamtauslastungsgrad aufzuaddieren sind: ages = aI + aII + usw.
(3.1–59)
Ein allgemeiner Interaktions-Ansatz, wie ihn auch schon Naubereit vorschlug [215], Abb. 3.1–71, wäre ages = [aIZ + aIIZ + usw.]1/Z .
(3.1–60)
Die aufgetragenen 159 Versuchspunkte werden eingegrenzt durch die Kurven für Z = 2,6 und Z = 1,2. Es ist anzunehmen, dass sie alle für proportionale Beanspruchung erhalten wurden. Zum Vergleich eingezeichnet sind die Kurven für die Normalspannungs-Hypothese 1 mit Z ≈ 1,5, für die Hauptdehnungs-Hypothese 2 mit Z ≈ 1,6 und für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese 3 mit Z = 2. Nachgetragen in dieser Abbildung ist die Kurve für Z = 1 entsprechend der Interaktionsformel nach Gl. (3.1–59). Ein Wert Z = k (mit k als Neigungsexponent der Wöhlerlinien-Gleichung) träfe als oberer Grenzfall dann zu, wenn die einzelnen Belastungen ohne jede Interaktion zeitlich alternierend aufeinanderfolgen würden und dementsprechend die jeweiligen, zu s k verhältnisgleichen Einzel-Schädigungssummen zu addieren wären. Eine entsprechende Interaktionsgleichung für Normalund Schubspannungen, wie sie im Eurocode 3 für Schweißverbindungen vorgegeben ist, lautet:
su 5 sw
ks
Sx = 6 SDx
ks
Txy + 8 TDxy
kt
(3.1–61)
mit ks = 5 und kt = 8 für ungeschweißte Bauteile bzw. ks = 3 und kt = 5 für Schweißverbindungen. Versuche mit einer häufig alternierenden Biege- und Verdrehbeanspruchung zeigen jedoch, dass dabei eine Interaktion auftritt, die allein durch Addition der Schädigungssummen unterschätzt wird [210]. Die betreffenden Versuchspunkte würden unterhalb der Kurve für Z = k liegen. Mit Z = 1 und der linearen Addition nach Gl. (3.1–59) wird eine extrem ausgeprägte Interaktion unterstellt. Von der entsprechenden Interaktions-
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
253
Abb. 3.1–71. Auftragung nach Naubereit [215] von Versuchsergebnissen für (proportionale) Biege- und Torsionsbeanspruchung in einem Interaktionsdiagramm im Vergleich zur Normalspannungs-Hypothese 1, zur Hauptdehnungs-Hypothese 2 und zur Gestaltänderungsenergie-Hypothese 3, sowie Grenzkurven an die Versuchswerte mit Z = 2,6 und Z = 1,2 nach Gl. (3.1–60), ergänzt um die untere Grenzkurve mit Z = 1,0, wie sie nach der FKM-Richtlinie für nichtproportionale Beanspruchungen vorgesehen ist [44]
kurve darf angenommen werden, dass sie auch in ungünstigen Beanspruchungsfällen als untere Grenzkurve auf der sicheren Seite liegt. In einer etwas anderen Auftragung für die Hauptspannungen, Abb. 3.1–74, wird sie auch im Vergleich zu Kurven für phasenverschobene, also nichtproportionale Beanspruchung als solche ersichtlich. Dennoch besteht ein notwendiger Vorbehalt bei dieser Vorgehensweise nach der FKM-Richtlinie dahingehend, dass in jedem Anwendungsfall die vorliegende Beanspruchungssituation eine sorgfältige Analyse und das erhaltene Ergebnis eine kritische Bewertung erfahren müssen. Verfeinerte Berechnungsmethoden für nichtproportionale mehrachsige Beanspruchungen sind mit der Methode der kritischen Schnittebene und mit der Schubspannungsintensitäts-Hypothese verfügbar; sie sind jedoch rechenaufwendig.
254
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Methode der kritischen Schnittebene Bei der Methode der kritischen Schnittebene [216] wird die Betrachtung vom Hauptspannungsgerüst losgelöst und statt dessen für körperfeste Schnittebenen vorgenommen. Für die in ihrer Winkelorientierung systematisch variierten Schnittebenen werden die dort wirkenden Normal- und Schubspannungen in Mittelspannungs- und Amplituden-Anteile aufgeteilt, Abb. 3.1–72. Beide Anteile werden gesondert nach einer Festigkeits-Hypothese zusammengefasst und für die Festigkeitsbeurteilung dahingehend ausgewertet, in welcher Schnittebene sich die maximale Vergleichsspannung bzw. nach Abschn. 3.2 die maximale Schädigungssumme ergibt. Diese Auswertung und Beurteilung geschieht in den entsprechenden Rechnerprogrammen analytisch im Hintergrund. Anschaulich für den Fall eines Dauerfestigkeitsnachweises dargestellt, lässt sich die Vergleichsspannung punktweise als Beanspruchungs-Charakteristik im werkstoffspezifischen Dauerfestigkeits-Schaubild auftragen, Abb. 3.1–73. Durch den Punkt der Beanspruchungs-Charakteristik mit dem geringsten Abstand zur Grenzlinie des Dauerfestigkeits-Schaubildes ist die kritische Beanspruchungshöhe und die ihr zugeordnete Schnittebene bestimmt [217]. Konsequent auf die Oktaederebene und sämtliche Oktaederspannungen in ihrem Einfluss auf das Festigkeitsverhalten übertragen, führt das Verfahren der kritischen Schnittebene auf die Oktaederspannungs-Hypothese, die
Abb. 3.1–72. Aufteilung der Amplituden- und Mittelspannungsanteile für die Normalund Schubspannungen in Schnittebenen unter dem Winkel y [206]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
255
Abb. 3.1–73. Beanspruchungs-Charakteristik aufgetragen im werkstoffspezifischen Dauerfestigkeits-Schaubild [217]
eine Erweiterung der Mises-Fließbedingung nach Nadaj darstellt [218]. Ihre Anwendung auf gleichfrequente, aber phasenverschobene Wechselbeanspruchung durch Normalspannungen konstanter Amplitude führt mit den Grenzkurven nach Abb. 3.1–74 auf eine experimentell für den Dauerfestigkeitsnachweis gut abgesicherte Erweiterung der Gestaltänderungsenergie-Hypothese.
Abb. 3.1–74. Grenzlinien nach der Oktaederspannungs-Hypothese für gleichfrequente, phasenverschobene Normalspannungen konstanter Amplitude [218]; die Grenzlinien für die Phasenwinkel d = 0° und d = 180° entsprechen der GestaltänderungsenergieHypothese
256
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Schubspannungsintensitäts-Hypothese Die Schubspannungsintensitäts-Hypothese [219, 220] gilt für verformungsfähige Werkstoffe und leitet sich aus der Interpretation der Mises-Fließbedingung nach Novozhilov ab. Bei ihr wird unterstellt, dass die Schubspannungen sämtlicher Schnittebenen zum Versagen durch Schwingbruch beitragen. Dementsprechend wird die maßgebliche Schubspannung durch Integration der Schubspannungen über alle Schnittebenen einer Kugeloberfläche gebildet, Abb. 3.1–75. Der allgemeine Charakter der Schubspannungsintensitäts-Hypothese wird unter anderem daraus deutlich, dass sie die Schubspannungs-Hypothese (bei einer Integration nur über den Kugeläquator) und die Gestaltänderungsenergie-Hypothese (bei einer Integration nur über den Breitenkreis für 63,4°) als Sonderfälle beinhaltet. Übereinstimmend mit der Oktaederspannungs-Hypothese führt die Schubspannungsintensitäts-Hypothese bei gleichfrequenten, phasenverschobenen Normalspannungen zu einem Abfall der Dauerfestigkeit bis auf den Wert der Verdrehfestigkeit bei 180° Phasenverschiebung, Abb. 3.1–74, bei einer gleichfrequenten, phasenverschobenen Normal- und Schubbeanspruchung hingegen auf einen unveränderten oder geringfügig höheren Schwingfestigkeitswert als bei gleichphasigem Verlauf [206]. Etwa vorhandene Mittelspannungen können über die Normalspannungskomponenten in ihrem Einfluss auf die ertragbare Schubspannungsamplitude durch einen linearen [162] oder quadratischen Ansatz [220] berücksichtigt werden. Für synchrone Beanspruchungen mit beliebig überlagerten Mittelspannungen lässt sich hingegen eine vereinfachte Berechnung der Dauerfestigkeit ungekerbter Querschnitte aus der SchubspannungsintenAbb. 3.1–75. Prinzip der SchubspannungsintensitätsHypothese, aus [218]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
257
sitäts-Hypothese angeben, die in guter Übereinstimmung mit einer Vielzahl von Versuchsreihen gefunden wird [221]. Die Schubspannungsintensitäts-Hypothese kann zur Zeit als die zuverlässigste Hypothese zur Beurteilung einer frequenzgleichen, aber phasenverschobenen oder auch einer nicht frequenzgleichen mehrachsigen Schwingbeanspruchung verformungsfähiger Werkstoffe gelten, wenngleich ihre experimentelle Absicherung noch nicht sehr breit, d.h. vornehmlich nur für die Dauerfestigkeit ungekerbter Querschnitte, erfolgte. Außerdem bedürfen gewisse werkstoffliche Besonderheiten noch einer Klärung. Eine praktische Einschränkung ergibt sich auch aus dem beträchtlichen Rechenaufwand [51]. An Lösungsansätzen für den allgemeinen Fall einer mehrachsigen Beanspruchung gekerbter Bauteile im Bereich der Zeitfestigkeit oder der Betriebsfestigkeit wurde und wird gearbeitet. Diese neueren Arbeiten gehen aus von der Erkenntnis, dass die Entwicklung einer zutreffenden Festigkeits-Hypothese angesichts der Komplexität und Parametervielfalt mehrachsig und vor allem nichtproportional schwingender Beanspruchungen auf empirischem Weg kaum möglich sein dürfte. Vielmehr hat es sich als unumgänglich erwiesen, dass die elastisch-plastischen Spannungs-Dehnungs-Abläufe am schwingbruchgefährdeten Systempunkt des betrachteten Bauteils rechnerisch abgebildet und in geeigneter Weise in Verallgemeinerung des Kerbgrund-Konzeptes, Abschn. 3.3, bewertet werden müssen, Abschn. 3.3–7. Empfehlungen für das praktische Vorgehen Für eine Beurteilung anhand von ertragbaren oder zulässigen Spannungswerten ist es ein bewährter Grundsatz, die einzelnen Komponenten einer mehrachsigen Beanspruchung zunächst jeweils gesondert für sich abzuhandeln. Bei stochastischer Schwingbeanspruchung wird dazu für den jeweiligen zeitlichen Beanspruchungsablauf eine Schädigungsrechnung nach Abschn. 3.2 durchgeführt. Einmal wird mit einem solchen Vorgehen ausgeschlossen, dass bei der Gestaltänderungsenergie-Hypothese für zwei Normalspannungskomponenten sx und sy wegen des Terms (– sx · sy) bei gleichzeitiger Einwirkung höhere ertragbare Werte in Ansatz kommen können als es für eine von ihnen alleine zuträfe. In jedem Fall wird aus dieser Einzelbetrachtung ersichtlich, welche Komponente der Beanspruchung den vorherrschenden Schädigungsanteil liefert. Sollte danach schon eine der Komponenten für sich alleine eine unzulässige Höhe erreichen, würde sich jede weitere Rechnung erübrigen. Entsprechend wird bei vorherrschender Schubbeanspruchung zweckmäßig auch mit einer Vergleichs-Schubspannung und mit einer Wöhler- oder Lebensdauerlinie der ertragbaren Schubspannung weitergerechnet, wie umgekehrt bei vorherrschender Normalspannungskomponente auch die weitere Berechnung auf der Grundlage von Normalspannungen geschieht. Durch dieses Vorgehen werden nachteilige Einflüsse aus einer oft nur vereinfachend zutreffenden Festigkeits-Hypothese minimiert.
258
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Angesichts der Situation, dass noch keine allgemein verlässlich anwendbare Festigkeits-Hypothese existiert, ist nach heutigem Stand der Technik ein experimenteller Betriebsfestigkeits-Nachweis vorzusehen, wenn eine optimale Auslastung der Bauteilfestigkeit bei nichtproportional mehrachsigen Spannungen ohne sicherheitliches Risiko erreicht werden soll. Gerade bei finite-element-weise berechneten Spannungszuständen werden häufig mehrachsige Spannungskomponenten sx , sy , txy allein deshalb ausgewiesen, weil das bauteilfeste Koordinatensystem gegenüber den Hauptspannungsrichtungen gedreht ist; ein kennzeichnendes Beispiel dafür sind die mehrachsigen Spannungen in der schrägen Schnittebene an einem einachsig beanspruchten Zugstab nach Gl. (3.1–44). Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass ausgeprägte mehrachsige nichtproportionale oder nichtsynchrone Beanspruchungen an schwingbruchkritischen Systempunkten ausgesprochen selten sind. Oftmals handelt es sich vorrangig um die proportionale Beanspruchung aus einer bestimmten Einzelbelastung, während die zusätzlich einwirkenden Belastungen in ihrer Beanspruchungshöhe deutlich geringer sind. Um so vertrauenswürdiger ist denn die vorstehend beschriebene und aus der FKM-Richtlinie übernommene Vorgehensweise mit einer linearen Addition der Auslastungsgrade, denn in der Nachbarschaft der beiden Achsenpunkten bei jeweils 1,0 in Abb. 3.1–70 unterscheiden sich die eingezeichneten Interaktionsformeln weit weniger als auf der 45°-Linie. (Demgegenüber werden für experimentelle Untersuchungen die einwirkenden Beanspruchungen auf oder näher an der 45°-Linie gewählt, sodass jede Beanspruchungskomponente für sich eine in etwa gleiche Beanspruchungshöhe liefert, womit sich dann eine etwaige Interaktion am deutlichsten zeigt.) Geringere Komplexität des Dehnungszustandes Weiterhin spricht einiges dafür, dass sich mehrachsige Beanspruchungen anhand des Dehnungszustandes einfacher darstellen als anhand des Spannungszustandes. So allein schon bei dem an Kerben recht häufig gegebenen ebenen Dehnungszustand. Oder bei Abb. 3.1–76, wo nur die größte Hauptdehnung e1ü am Nahtübergang gegenüber der größten Hauptdehnung e1B vor der Naht um eine Formzahl ak1 überhöht ist. Die kleinere Hauptdehnung e2ü , die in Richtung der Kerbe auftritt, kann hingegen am Nahtübergang wegen begrenzter Verformungsmöglichkeit nicht oder nur wenig höher sein als e2B vor der Naht. Daraus folgt, dass die Mehrachsigkeit e2 / e1 am Nahtübergang deutlich geringer ist als im Blech vor der Naht, und ebenfalls geringer als die Mehrachsigkeit s2/s1 des Spannungszustandes, weil sich s2 mit (e2 + n · e1) errechnet und somit auch noch von der überhöhten Hauptdehnung e1 abhängt:
s1 = (e1 + n · e2) · E / (1 – n 2) ,
(3.1–62)
s2 = (e2 + n · e1) · E / (1 – n 2) .
(3.1–63)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
259
Abb. 3.1–76. Dehnungsverteilung an und vor einer quer zur Richtung der größten Hauptdehnung e1 verlaufenden Schweißnaht (schematisch) [68]
Um den Dehnungszustand zu beurteilen, lassen sich die bekannten Hypothesen mit Gl. (3.1–62 und Gl. (3.1–63) umformen auf die handliche Berechnungsformel [68]
sn = e1 · E · H(n, e2 / e1).
(3.1–64)
Für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese zeigt Abb. 3.1–77, dass sich im Fall n = 0,3 die fiktive Spannung e1 · E bei einer Mehrachsigkeit in den Grenzen –0,4 ≤ e2 / e1 ≤ + 0,3
(3.1–65)
über den Faktor H(n, e1 / e2) nur bis zu 3% von der Vergleichsspannung unterscheidet. Bei teilplastischer oder vollplastischer Beanspruchung verschiebt sich dieser Bereich in Richtung auf den Schubspannungszustand e2 / e1 = –1. Häufig genügt es also, vor einer scharfen Kerbe lediglich die quer zur Kerbe wirkende Hauptdehnung e1 zu messen oder zu berechnen, um aus
su = e1 · E
(3.1–66)
mit hinreichender Genauigkeit die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese zu erhalten. Davon abweichende Bedingungen liegen allerdings vor, wenn eine Kerbe oder Schweißnaht schräg zur größten Hauptdehnung e1 verläuft. Wellinger, Gaßman und Zenner [131] haben für diesen Fall gezeigt, dass dann neben den Normalspannungen (oder Dehnungen) quer und längs zur Schweißnaht auch die Schubspannung (oder die Schiebung) am Nahtübergang mit ihren jeweiligen, unterschiedlichen Kerbspannungsüberhöhungen berücksichtigt werden müssen.
260
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.1–77. Werte des Faktors H(n, e2 / e1) als Funktion von e2 / e1 und bei Querdehnzahlen n = 0,3 bis 0,5 für elastische, elastisch-plastische und vollplastische Beanspruchung [68]
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung Aus Gründen der Praktikabilität beruht jede Spannungsberechnung auf idealisierenden Annahmen, die mehr oder weniger weitgehende Vereinfachungen oder Vernachlässigungen gegenüber dem tatsächlichen Beanspruchungszustand beinhalten. So erweist es sich als ein für die betriebliche Praxis noch ungelöstes Problem, Eigenspannungen in einem Bauteilquerschnitt oder in einer Randschicht in ihrer wirksamen Höhe so zu errechnen, dass sie in der Überlagerung mit den Lastspannungen bei der Lebensdauerberechnung bewertet werden könnten. Eigenspannungen bleiben deshalb bei der Spannungsberechnung meist gänzlich außer Betracht. Besonders einschneidende Vereinfachungen gelten für die Berechnung von Nennspannungen, bei der die Kerbspannungen bewusst vernachlässigt
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung
261
werden. Da die Schwingfestigkeit jedoch als ein örtliches Festigkeitsproblem anzusehen ist, darf erwartet werden, dass die Lebensdauer in erster Linie von den Spannungen und Dehnungen bestimmt ist, die örtlich an der Stelle des ersten Schwinganrisses wirken. Bei den neuzeitlichen Möglichkeiten, eine verfeinerte Spannungsberechnung nach der Finite-Element- oder Randelement-Methode vorzunehmen, stellt sich deshalb die Frage, ob auf der Grundlage der örtlichen Spannungen und Dehnungen eine verlässlichere Lebensdauerermittlung erreicht werden kann als auf der Grundlage von Nennspannungen. Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei kennzeichnende Grenzfälle zu unterscheiden: Grenzfall 1 In einen Grenzfall erweist sich die Nennspannung zur Beschreibung des tatsächlichen Spannungszustandes an der schwingbruchkritischen Stelle als völlig ausreichend und eine verfeinerte Methode der Spannungsberechnung würde kaum die Zuverlässigkeit der Lebensdauerermittlung verbessern können. Dieser Fall trifft zu bei Bauteilen, die klar definierten Belastungen unterliegen und eine einfache und beanspruchungsgerechte Formgebung aufweisen, wie sie sich nicht zuletzt als Ergebnis einer guten Konstruktion darstellt. Ein typisches Beispiel ist der zylindrische Schaft einer Achswelle, der große Übergangsradien aufweist, und für den die Nennspannung recht genau die tatsächliche Spannungsverteilung beschreibt, Abb. 3.1–78, Querschnitt A–A.
Abb. 3.1–78. Kritische Querschnitte einer Achswelle
262
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Grenzfall 2 Im entgegengesetzten Grenzfall besteht kein Zweifel an der Unzulänglichkeit, mit der die Nennspannung den tatsächlichen Spannungszustand im schwingbruchkritischen Querschnitt beschreibt. Wegen des komplizierten Spannungsfeldes würde aber auch jede andere Methode der Spannungsberechnung von stark vereinfachenden Annahmen ausgehen müssen, sodass sich das Ergebnis für die Lebensdauerermittlung kaum als aussagefähiger erweisen dürfte. Ein Beispiel dafür ist mit der Spannungsverteilung im kritischen Querschnitt einer Kerbverzahnung gegeben, wo der Kraftangriff und die Kraftverteilung auf die einzelnen Zähne ganz wesentlich von den Fertigungstoleranzen bestimmt wird, Abb. 3.1–78, Querschnitt B–B. Es ist deshalb kein Vorteil darin zu sehen, die einfache Nennspannungsberechnung durch eine aufwendigere Methode der örtlichen Spannungsermittlung zu ersetzen. Der Ausweg ist unter diesen Umständen vielmehr darin zu sehen, die Gestaltfestigkeit über unmittelbare Versuche an dem betreffenden Bauelement und gegebenenfalls mit einer Variation seiner kennzeichnenden Abmessungen zu bestimmen, was die Möglichkeit einschließt, dass sich auch die Ausgangsstelle des Schwinganrisses bei veränderten Abmessungen verlagern kann. Lohnende Fälle für eine eingehendere Spannungsanalyse Zwischen diesen beiden Grenzfällen ist die Vielzahl der praktischen Fälle einzuordnen, bei denen erwartet werden darf, dass über eine eingehendere Spannungsermittlung eine verlässlichere Berücksichtigung der Beanspruchungsbedingungen möglich wird. Der Vorteil einer ausführlichen Spannungsermittlung kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn sie auf eine Ermittlung der örtlichen Spannungen und/oder Dehnungen nach Amplitude und Mittelwert angelegt ist mit dem Ziel, dass diese Werte unmittelbar mit geeigneten Schwingfestigkeitswerten verglichen werden sollen. Selbstverständlich unterscheiden sich diese örtlich zulässigen Schwingfestigkeitswerte von den zulässigen Nennspannungen. Um über das zweckmäßigerweise anzuwendende Verfahren der Spannungsberechnung zu entscheiden, gilt es mithin, zwischen den Vor- und Nachteilen der einzelnen Verfahren abzuwägen, die sich wie folgt umreißen lassen: Die Berechnung mit Nennspannungen ist für einfache stabförmige und für flächenförmige Bauteile zu bevorzugen. Die Berechnung mit örtlichen Spannungen ist bei volumenförmigen Bauteilen anzuwenden und darüber hinaus ganz allgemein, wenn die Spannungsbestimmung nach der FiniteElement-Methode oder nach der Randelement-Methode durchgeführt wird, wenn keine definierten Querschnitte oder keine einfachen Querschnittsformen vorliegen, wenn keine Formzahlen oder Kerbwirkungszahlen bekannt sind oder (bezüglich des statischen Festigkeitsnachweises) bei sprödem Werkstoff.
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung
263
Das Nennspannungs-Konzept Vorausgesetzt, es kann ein geeigneter Nennquerschnitt definiert werden, so lassen sich Nennspannungen selbst bei komplexer Bauteilgeometrie einfach berechnen. Andererseits sind verschiedene Schwierigkeiten, die bei der Lebensdauerermittlung für Bauteile praktisch auftreten, darauf zurückzuführen, dass eine Nennspannung die tatsächliche Spannungsverteilung im schwingbruchkritischen Querschnitt nur unzulänglich beschreibt. Normalerweise wird diese Abweichung einer Spannungskonzentration zugeschrieben und mit einer Formzahl erfasst, obgleich zahlreiche andere Ursachen, z.B. Zusatzbiegespannungen in einem exzentrisch auf Zug belasteten Querschnitt, Abb. 3.1–2, derartige Abweichungen bedingen können. Die Formzahl hängt nicht zuletzt davon ab, ob solche zusätzlichen Einflüsse durch die Berechnung der Nennspannung erfasst sind oder nicht, Abb. 3.1–6. Andererseits werden zulässige Nennspannungen für Bauteile abgeleitet aus den Versuchsergebnissen für einfache Kerbstäbe, die die gleiche Formzahl wie das Bauteil aufweisen. Zudem muss ein Einfluss des Spannungsgradienten – oder vielleicht zutreffender ein statistischer Größeneinfluss, Abschn. 3.5.6, – berücksichtigt werden, der bei kleinen Kerbradien zum Tragen kommt, sodass Ergebnisse für Kerbstäbe mit ihren meist kleinen Kerbradien höhere ertragbare Spannungen ausweisen, als sie bei gleicher Formzahl für Bauteile mit größeren Kerbradien zutreffen. Nach den vorangehenden Anmerkungen mag die Voraussetzung einer formalen Übereinstimmung der Formzahlen möglicherweise einen unzutreffenden Lösungsansatz bedeuten. Für komplexe Geometrien besteht zudem das Problem, eine auf die bauteilspezifischen Gegebenheiten zutreffende Wöhler- oder Lebensdauerlinie zur Verfügung zu haben. Für das Berechnen von Nennspannungen wird elastisches Werkstoffverhalten angenommen, sodass sich die Nennspannungs-Kollektive über eine lineare Beziehung aus den betreffenden Lastkollektiven ableitet. Die dabei nicht zu berücksichtigenden Reihenfolgeeinflüsse bedingen – neben anderen Einflüssen – die Problematik der Schädigungsakkumulation, Abschn. 3.2. Für das Nennspannungs-Konzept geeignete Finite-Element-Modelle sind beispielsweise Strukturen aus Balkenelementen oder Regelgeometrien (wie Rechteckplatten o.ä.) aus Schalenelementen. Um dabei letztlich Nennspannungen ohne versteckte Sicherheiten zu erhalten, sind dann aber u.U. Linearisierungen der Spannungsverteilungen vorzunehmen. Trotz seiner nicht unerheblichen Einschränkungen kommt das Nennspannungs-Konzept nach wie vor bei Betriebsfestigkeits-Berechnungen am häufigsten zur Anwendung. Das Strukturspannungs-Konzept Das Strukturspannungs-Konzept hat seine Bedeutung fast ausschließlich für die Berechnung von Schweißverbindungen, bei denen der Schwingbruch am Nahtübergang zu erwarten ist. Strukturspannungen werden aus Finite-
264
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Element-Berechnungen erhalten, die mit einer vergleichsweise einfachen und relativ groben Elementstruktur darauf ausgerichtet sind, die vornehmlichen geometrischen Einflüsse auf das globale Spannungsfeld zu erfassen, nicht aber die schwingbruchbestimmende Spannungskonzentration am Übergang zur Schweißnaht. Bisher ist noch nicht allgemeingültig geklärt, durch welche Art der Elementierung und Auswertung dies konkret zu geschehen hat. In den verschiedenen Anwendungsbereichen des StrukturspannungsKonzeptes gibt es dafür unterschiedliche Regeln, die auf unterschiedliche Ergebnisse führen und demzufolge auch unterschiedliche ertragbare Strukturspannungswerte bedingen. Generell können Strukturspannungen aufgrund ihrer Berechnung als verbesserte Nennspannungen im Bereich der Schweißnaht angesehen werden. Dadurch verringert sich die Anzahl der beim Strukturspannungs-Konzept relevanten Kerbfälle auf eine kleine Auswahl, gegenüber einer nahezu unbegrenzten Vielfalt beim Nennspannungskonzept. Bei dem für die Berechnung unterstellten elastischen Werkstoffverhalten gilt für die Ableitung der Strukturspannungs-Kollektive und für die Problematik der Schädigungsakkumulation das Gleiche wie beim NennspannungsKonzept. Das Kerbspannungs-Konzept Kennzeichnend für das Kerbspannungs-Konzept ist die ausführliche FiniteElement- oder Randelement-Berechnung der Kerbspannungen an den Stellen des Bauteils, die sich als schwingbruchkritisch erweisen könnten, und zwar unter der Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens. Notwendige Voraussetzung, dass Kerbspannungen zutreffend errechnet werden, sind eine hinreichend feine Vernetzung und die Wahl geeigneter Element-Typen. Bei Schweißverbindungen ist zudem ein Ausrundungsradius r = 1 mm am Nahtübergang und an der Nahtwurzel vorzusehen. Da sich die so berechneten Kerbspannungen im Prinzip als die um die Formzahl erhöhten Nennspannungen darstellen, unterscheidet sich das weitere Vorgehen von dem Vorgehen beim Nennspannungs-Konzept nur im Zahlenwert der zu betrachtenden Spannungen. Der entscheidende Vorteil der genauen Kerbspannungs-Berechnung ist jedoch, dass die als ertragbar anzusetzenden Kerbspannungen nicht mehr von der Formzahl bzw. vom Kerbfall abhängig sind, sondern sich nur noch vom Werkstoff, von der Oberflächenbeschaffenheit, vom Spannungsverhältnis und vom Spannungsgradienten, den es anhand der Spannungsverteilung abzuschätzen gilt. Bei dem für die Berechnung unterstellten elastischen Werkstoffverhalten gilt für die Ableitung der Kerbspannungs-Kollektive und für die Problematik der Schädigungsakkumulation das Gleiche wie beim NennspannungsKonzept.
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung
265
Das Kerbgrund-Konzept Die Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens erweist sich allerdings als unrealistisch, wenn die Spitzenwerte einer betriebsähnlichen Beanspruchungs-Zeit-Funktion an der schwingbruchkritischen Stelle aufgrund der dort vorliegenden Spannungskonzentration merkliche Wechselplastizierungen des Werkstoffs hervorrufen. Die Folge ist eine nicht-lineare Beziehung zwischen der äußeren Belastung (oder Nennspannung) und der tatsächlichen, schwingbruchbestimmenden Spannung im Kerbgrund, Abb. 3.1–63. Diese Nicht-Linearität kann verstanden werden als ein Einfluss veränderlicher Eigenspannungen, der im Wesentlichen bestimmt ist von der Größe und der Aufeinanderfolge der einwirkenden Spannungswerte. Es darf mit einigem Recht erwartet werden, dass eine genauere Lebensdauerermittlung für komplexe Beanspruchungsabläufe zu erreichen ist, wenn die Schädigungsakkumulations-Rechnung von dem tatsächlichen, zyklischen Spannungs-Dehnungs-Ablauf im Kerbgrund ausgeht. Zwar werden die heute verfügbaren Berechnungsverfahren trotz ihrer werkstoffmechanisch besseren Begründung den in sie gesetzten Erwartungen noch nicht voll gerecht, doch ist nur aus ihrer Weiterentwicklung eine allgemeingültige Lösung des Reihenfolgeproblems in der Schädigungsakkumulations-Rechnung zu erwarten, Abschn. 3.3. Das bruchmechanische Konzept Die örtlichen Spannungen und Dehnungen verlieren mit dem Auftreten eines makroskopischen Schwinganrisses ihre Aussagekraft. Um die Lebensdauer in der sich anschließenden Rissfortschrittsphase zu beurteilen, kommen die bruchmechanischen Gesetze des Rissfortschritts unter Schwingbeanspruchung in Betracht. Als Beanspruchungskennwert dient die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors, der sich aus der Nennspannung des rissbehafteten Querschnitts, aus der Risslänge und aus einer Geometriefunktion bestimmt. Die mathematisch-physikalisch klar definierte Berechnungsgrundlage des Rissmodells und die analytische Anlage des bruchmechanischen Gesamtkonzeptes haben viel zu seiner Popularität beigetragen und auch z.T. übersteigerte Erwartungen an seine Leistungsfähigkeit aufkommen lassen, Abschn. 3.4. Überaus vielversprechend sind aber die neueren Entwicklungen zum Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen über das beanspruchungsabhängige Rissöffnungs- und Rissschließverhalten kurzer Risse in Kerben, Abschn. 3.3.5 und 3.4.5.
266
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.2 Lebensdauerberechnung anhand der Nennspannung 3.2.1 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungsakkumulation) Das einfachste, bekannteste und am häufigsten angewandte Verfahren, nach dem die Lebensdauer eines Bauteils unter einer Schwingbeanspruchung mit veränderlicher Amplitude errechnet werden kann, ist die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese nach Palmgren (1924) [223] und Miner (1945) [224]. Als Verfahren für eine Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen ging die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese auch unter der Bezeichnung „Miner-Regel“ in das Schrifttum ein. Als Eingangsgrößen der Berechnung dienen die einwirkende Schwingbeanspruchung, nach Größe und Häufigkeit beschrieben durch das Kollektiv der Nennspannungsamplituden, und die Schwingfestigkeit des Bauteils, gekennzeichnet durch die ertragbaren Nennspannungsamplituden nach seiner Wöhlerlinie. Für das Durchführen einer solchen Lebensdauerberechnung ist das Amplitudenkollektiv, Abschn. 2.2.1, zweckmäßig durch seine Treppenkurve, Abb. 3.2–1, und die Schwingfestigkeit zweckmäßig durch die Gleichung der Wöhlerlinie vorgegeben. Eine in jeder Hinsicht vorteilhafte systematische Darstellung und Handhabung der Miner-Regel wird, wie es im Folgenden geschieht, ausgehend von Wöhlerlinien in ihrer normierten Darstellung möglich, Abschn. 2.1.7, wenn dementsprechend die Zeitfestigkeitslinie nach Gl. (2.1–19) bzw. Gl. (2.1–22) als eine Gerade im doppellogarithmischen Netz be-
Abb. 3.2–1. Als Beispiel betrachtetes Amplitudenkollektiv mit seiner Treppenkurve
3.2.1 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungsakkumulation)
267
schrieben wird. Und streng genommen wird dabei vorausgesetzt, dass für alle Stufen des Kollektivs und für die Wöhlerlinie das gleiche Spannungsverhältnis Ri = R = konst zutrifft. Grundgedanke der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese ist, dass die schwingende Beanspruchung des Werkstoffs eine „Schädigung“ bewirkt, die sich im Laufe ihrer Einwirkung akkumuliert, und zwar bis zum Erreichen eines kritischen Schädigungswertes, bei dem der Schwingbruch erfolgt. Die Maßzahl der Schädigung D ist definiert aus dem Schädigungsbeitrag DDi eines Schwingspiels
DDi = 1 / Ni mit Ni = N (Sai , Smi) .
(3.2–1)
Dabei bedeutet Ni die unter der Spannungsamplitude Sai und der Mittelspannung Smi des Schwingspiels i nach der Wöhlerlinie ertragbare Schwingspielzahl. Als kritischer Schädigungswert gilt in der Regel eine Schädigungssumme D = ∑ DDi = 1
für Bauteilversagen .
(3.2–2)
i
Beispiel 1: Auf einem Horizont Sai , Smi im Zeitfestigkeitsbereich sei eine Schwingspielzahl Ni = 100 000 ertragbar und ni = 30000 Schwingspiele werden aufgebracht. Die Schädigung Di auf diesem Horizont ist dann Di = ni · DDi = ni · 1 / Ni = ni /Ni = 30000/100000 = 0,3 . Werden hingegen ni = 100000 Schwingspiele aufgebracht, so ist rechnerisch Bruch zu erwarten und die Schädigungssumme D ist dementsprechend D = ni / Ni = 100000 /100000 = 1,0 . Beispiel 2: Auf einem Horizont i = 1 seien N1 = 100000, auf einem Horizont i = 2 seien N2 = 500000 Schwingspiele ertragbar, auf dem Horizont i = 1 werden n1 = 30000 und auf dem Horizont i = 2 werden n2 = 180000 Schwingspiele aufgebracht. Die Schädigung daraus ist auf Horizont i = 1: D1 = 30000 /100000 = 0,30, auf Horizont i = 2: D2 = 180000 /500000 = 0,36, insgesamt D = 0,66. Auf einem Horizont i = 3 mit N3 = 1000000 wäre dann rechnerisch bis Bruch, d.h. bis zu einer Schädigung D = 1, eine weitere Schädigung D3 und demnach eine Schwingspielzahl n3 ertragbar, die sich ergibt aus D3 = 1 – 0,66 = 0,34 zu n3 = D3 · N3 = 0,34 · 1000000 = 340000 .
268
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Oder: Auf den Horizonten 1 und 2 wäre bei der Schädigung D (vorhanden) = 0,66 rechnerisch bis zum Bruch bei D (Bruch) = 1 ein Mehrfaches der Schwingspielzahlen n1 und n2 ertragbar, nämlich im Verhältnis D (Bruch) /D (vorhanden) = 1 / 0,66 = 1,515, n1 (Bruch) = 1,515 · 30000 = 45450 und n2 (Bruch) = 1,515 · 180000 = 272700 . Die Nachrechnung ergibt: D = 45450 /100000 + 272700 /500000 = 0,455 + 0,545 = 1,00 . Entsprechend einer solchen Nachrechnung wird die Miner-Regel oft auch mit der Formel angegeben: ∑ ni / Ni = 1 für Bruch .
(3.2–3)
i
3.2.2 Elementare Form der Miner-Regel Die lineare Schädigungsakkumulations-Rechnung gestaltet sich einfach unter der Voraussetzung, dass alle auftretenden Schwingamplituden die Dauerfestigkeitsgrenze übersteigen, oder wenn unterstellt werden darf, dass die Wöhlerlinie, wie z.B. bei Baustahl in korrosiver Umgebung, praktisch keine Dauerfestigkeitsgrenze zeigt, oder wenn die Dauerfestigkeit unberücksichtigt bleiben soll. Weisen zudem noch alle Schwingamplituden das gleiche Spannungsverhältnis auf, dann kann die ertragbare Schwingspielzahl allein aus der Gleichung der Zeitfestigkeitslinie berechnet werden, die für dieses Spannungsverhältnis zutrifft. Sind hingegen die Spannungsamplituden mit verschiedenen Spannungsverhältnissen bzw. Mittelspannungen verknüpft, so wird rein formal eine Schar entsprechender Wöhlerlinien benötigt, um die jeweiligen Schädigungsbeiträge DDi gemäß Gl. (3.2–1) zu berechnen. Fallweise kann bzw. muss ein solches Vorgehen jedoch mit erheblichen Vorbehalten gesehen werden, Abschn. 3.2.11. Werkstoffmechanisch zutreffender ist in solchen Fällen eine Berechnung nach Abschn. 3.3. Beispielsweise gelte nach Gl. (2.1–22) und Abb. 3.2–2 und für R = konstant: N = NA · (Sa / SA)–k mit NA = 2 · 106, SA = 125 N/mm2 und k = 7. Ausgehend von den Wertepaaren Sai und Hi der Treppenkurve, Abb. 3.2–1, und mit den Stufenhäufigkeiten hi = Hi – Hi–1 als ein beliebiges Vielfaches der bis Bruch ertragbaren Schwingspielzahlen ni , folgt die Rechnung sodann dem Schema der Tabelle 3.2–1.
3.2.2 Elementare Form der Miner-Regel
269
Abb. 3.2–2. Als Beispiel betrachtete Wöhlerlinie
Unter dem vorgegebenen Kollektiv mit einem Umfang von ∑ hi = 1000000 Schwingspielen entsteht mithin eine Schädigung D = ∑ Di = 0,4614. Bis zum rechnerischen Bruch bei D = 1 wären demnach insgesamt – N = ∑ hi / D ,
(3.2–4)
i
im vorliegenden Fall also 1000000 / 0,4614 = 2167330 Schwingspiele ertragbar. Das Ergebnis der Lebensdauerberechnung nach Tabelle 3.2–1 lässt sich auch in allgemeiner Form schreiben, unter der Voraussetzung, dass die Zeit-
Tabelle 3.2–1. Beispiel zur elementaren Form der Miner-Rechnung
Stufe i 1 2 3 4 5* 6
Spannung Sai 350 300 250 200 150 100
Summenhäufigkeit Hi
Stufenhäufigkeit hi
Schwingspielzahl Ni
Schädigung Di
in %
10 100 1000 10000 100000 1000000
10 90 900 9000 90000 900000
1482 4360 15625 75506 558163 9536743
0,0067 0,0206 0,0576 0,1208 0,1612 0,0944
1,46 4,47 12,48 26,18 *34,94 20,45
0,4614
100%
Summen: * = meistschädigende Stufe.
1000000
270
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
festigkeitslinie als Gerade im doppellogarithmischen Netz dargestellt und durch Gl. (2.1–22) beschrieben werden kann als N = NA · (Sa / SA)–k .
(2.1–22)
Diese Gleichung lässt sich auch umformen auf Ni · S kai = NA · SAk = ND · SDk = N0 · Sak 0 = konst ,
(3.2–5)
wobei N0 und Sa 0 einen beliebigen Punkt auf der Zeitfestigkeitslinie angeben. Es gilt dann auch Ni = (N0 · S ka 0) · Sai–k ,
(3.2–6)
k / (N · S k ) , DDi = 1 / Ni = Sai a0 0
(3.2–7)
k / (N · S k ) , Di = hi / Ni = hi · S ai a0 0
(3.2–8)
D = ∑ (hi / Ni) = ∑ hi · S kai / (N0 · S ak 0) . i
i
(3.2–9)
Für die Lebensdauer – N = ∑ hi /D
(3.2–10)
i
folgt somit – N = (N0 · Sak0) ·
∑ h ∑ h · S , i
i
k ai
i
i
(3.2–11)
– oder mit der auf den Höchstwert S a bezogenen Schreibweise des Kollektivs – Sai = xi · S a (3.2–12) – nach Ausklammern von S ak, – – N = N (Sa = S a) ·
∑ h ∑ h · x , i
i
i
i
k i
(3.2–13)
wobei die Summen in Gl. (3.2–9) bis Gl. (3.2–11) und Gl. (3.2–13) über alle Stufen i = 1 … z des Treppenkollektivs zu erstrecken sind. Nach der elementaren Form der Miner-Regel, also bei Außerachtlassen einer Dauerfestigkeitsgrenze, ergibt sich mithin die unter einem Kollektiv er– tragbare Lebensdauer N als ein Vielfaches der Schwingspielzahl N, die nach der Zeitfestigkeitslinie unter einer Spannungsamplitude Sa gleich dem Kol– lektivhöchstwert S a ertragen wird. Wöhlerlinie und Lebensdauerlinie verlaufen demzufolge, im doppellogarithmischen Netz aufgetragen, zueinander parallel, Abb. 3.2–3.
3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs
271
Abb. 3.2–3. Nach der elementaren Form der Miner-Regel berechnete, parallel zur Wöhler– linie verlaufende Lebensdauerlinie sowie für S a = 350 N/mm2 ermittelte Schädigungsfunktion bzw. relative Schädigungsbeiträge der einzelnen Kollektivstufen
3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs Der Faktor, in Gl. (3.2–13) dargestellt durch den Ausdruck in eckigen Klammern, wird mit seinem Kehrwert auch als Völligkeitsgrad V des Kollektivs bezeichnet:
∑ h .
V = ∑ hi · xik i
i
i
(3.2–14)
Für den Grenzfall des Rechteck-Kollektivs nimmt er den Wert 1 an. Außer in diesem Grenzfall erweist er sich allerdings nicht nur von der Kollektivform, sondern auch noch von der Neigung der Wöhlerlinie k abhängig. Zudem bleibt gemäß der in Abschn. 3.2.2 getroffenen Voraussetzung die Dauerfestigkeit unberücksichtigt. Wenngleich sich der so definierte Völligkeitsgrad wegen seiner handlichen Form für einen groben Vergleich von Kollektiven als nützlich erweist, so kann ihm andererseits aus den genannten Gründen keine allgemeine Bedeutung beigemessen werden. Schädigungsfunktion eines Kollektivs Betrachtet man im Beispiel der Tabelle 3.2–1 in der letzten Spalte den prozentualen Schädigungsbeitrag, den die einzelnen Stufen des Kollektivs zur Gesamtschädigung liefern, so wird für die Stufe i = 5 mit rund 35% ein Ma-
272
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
ximum dieses Schädigungsbeitrags erkennbar. Die relativen Schädigungsbeiträge errechnen sich aus Gl. (3.2–8) und Gl. (3.2–9) als
k . Di / D = (hi · S aik ) / ∑ hi · S ai i
(3.2–15)
Die meistschädigende Kollektivstufe folgt aus zwei gegenläufigen Tendenzen im Zähler von Gl. (3.2–15): aus einer Abnahme des Faktors S aik mit abnehmender Stufen-Spannung (i = 1 nach i = 6) und aus einer Abnahme des Faktors hi mit abnehmender Stufenhäufigkeit in umgekehrter Stufenfolge (i = 6 nach i = 1). Die relativen Schädigungsbeiträge, die als Histogramm aufgetragen und für einen Bezugshorizont der Spannung unter Beachtung des logarithmischen Ordinatenmaßstabs ins Netz der Wöhlerlinie übertragen sind, Abb. 3.2–3, liefern eine Darstellung der sogenannten Schädigungsfunktion eines Kollektivs. Sie veranschaulicht den Sachverhalt und die Lage der meistschädigenden Stufe bzw., bei hinreichend kleiner Stufenteilung, des meistschädigenden Spannungshorizontes. Bei inkrementeller Stufenteilung gilt entsprechend zu Gl. (3.2–15)
– H
dD /D = (Sak · dH) / ∫ Sak · dH , 0
(3.2–16)
und der meistschädigende Spannungshorizont folgt aus d(dD /D) / dSa = 0 .
(3.2–17)
Für das Kollektiv des stationären Gauß-Prozesses errechnet sich auf diesem Weg mit Gl. (2.3–11) und Gl. (2.3–12) [109] – Sa, ms = ak8 + 1 · S a / 5,52652 ) = ak8 + 1 · Srms . (3.2–18) Die Schädigungsfunktion kann eine wertvolle Entscheidungshilfe bei der Beurteilung von Kollektiven sein. Zum Beispiel sollten vergleichbare Kollektive insbesondere im Bereich des meistschädigenden Spannungshorizontes übereinstimmen, oder bei Vereinfachung eines Kollektivs sollte der Bereich des meistschädigenden Spannungshorizontes unverändert bleiben. Abbildung 3.2–4 veranschaulicht solche Überlegungen für das typische Geradelinien-Kollektiv von Offshore-Strukturen. Unter der gleichzeitigen korrosiven Einwirkung des Meerwassers erfahren solche Strukturen im Verlauf von 20 Jahren (7000 Tagen) aus dem Seegang eine Beanspruchung durch – rund N = 108 Schwingspiele. Die Frage war, ob die zahlreichen kleinen Amplituden im Kollektiv bei Zufallslasten-Versuchen entfallen dürfen, um einen Versuch in etwa 7 bis 70 Tagen, d.h. in einer auf x = 1:1000 bis 1:100 verkürzten Zeitspanne abwickeln zu können. Der errechneten Schädigungsfunktion, Abb. 3.2–4, ist jedoch zu entnehmen, dass allenfalls eine Verkür-
3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs
273
Abb. 3.2–4a, b. Untersuchung über das Weglassen kleiner Amplituden bei der Geradlinienverteilung a anhand der errechneten Schädigungsfunktionen und Lebensdauerlinien für unterschiedliche Anteile der weggelassenen kleinen Amplituden b
zung auf x = 1:10 bis 1:20 vertretbar ist, weil bei jeder weitergehenden Verkürzung die meistschädigenden Amplituden des Kollektivs entfallen würden und eine Verfälschung des Ergebnisses erwartet werden müsste. Hingegen erweist sich der Einfluss der Dauerfestigkeit auf die Lebensdauerlinie nicht sonderlich bedeutsam, wenn in der korrosiven Umgebung mit einem Abknickpunkt der Wöhlerlinie deutlich oberhalb ND = 2 · 106 gerechnet werden kann. Bei solchen Betrachtungen kann allerdings störend sein, dass das Erscheinungsbild der Schädigungsfunktion nach Abb. 3.2–3 von der Anzahl der Kollektivstufen abhängt. Eine Vergleichbarkeit unabhängig von der Anzahl der Kollektivstufen ist jedoch gegeben, wenn die Darstellung zweier Schädigungsfunktionen mit vereinheitlichten, bezogenen Höchstwerten der Schädigung geschieht, oder wenn die Schädigungsfunktion als Summenkurve aufgetragen wird, Abb. 3.2–5. Bei nicht vernachlässigter Dauerfestigkeit, Abschn. 3.2.8 oder 3.2.9, erweisen sich nach Gl. (3.2–68) die prozentualen Schädigungsbeiträge der einzelnen Kollektivstufen bzw. die Schädigungsfunktion abhängig von dem Verhältnis, in dem der Kollektivhöchstwert die Dauerfestigkeit übersteigt.
274
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–5a, b. Schädigungsfunktionen eines Geradelinien-Kollektivs a für grobe bzw. feine Treppung mit 6 bzw. 128 Stufen, aufgetragen mit bezogenem Höchstwert b oder als Summenkurve c, wobei die grobe Treppung zu einer ersichtlich größeren Schädigung führt
3.2.4 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv Nach Gl. (3.2–13) sind die nach der Wöhlerlinie und nach der Lebensdauerlinie ertragbaren Schwingspielzahlen einander proportional, was sich nach Abb. 3.2–3 in einem parallelen Verlauf der Wöhler- und Lebensdauerlinie äußert. Dieser Sachverhalt legt den Gedanken nahe, ein vorgegebenes Amplitudenkollektiv ersatzweise durch ein schädigungsgleiches Rechteck-Kollektiv zu beschreiben. Die Schädigung für das Kollektiv ist nach Gl. (3.2–9):
D (Kollektiv) = ∑ hi · S aik / (N0 · S ak 0), i
(3.2–19)
und für das Rechteck-Ersatzkollektiv k ) / (N · S k ) . D (Ersatz) = (HE · S aE a0 0
(3.2–20)
k ergibt Gleichsetzen und Kürzen von N0 · S a0
k = ∑ h · Sk . HE · SaE ai i i
Vier Möglichkeiten sind aus Gl. (3.2–21) zu entwickeln, Abb. 3.2–6:
(3.2–21)
3.2.4 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv
275
Abb. 3.2–6. Schädigungsgleiche Rechteck-Kollektive des betrachteten Amplitudenkollektivs, Abb. 3.2–1, berechnet nach Fall a, Fall b oder Fall c
– a) Für den vorgegebenen Kollektivhöchstwert S a wird eine schädigungsäquivalente Ersatz-Schwingspielzahl bestimmt:
H = ∑ h · x .
– – SaE = S a ergibt HE = ∑ hi · S kai / Sak
(3.2–22)
i
oder
E
k i
i
i
(3.2–23)
b) Für den vorgegebenen Kollektivumfang ∑hi wird eine schädigungsäquivalente Ersatz-Spannungsamplitude bestimmt: HE = ∑ hi ergibt SaE = i
oder
k ∑ hi · S ai i
– SaE = S a ·
i
∑ hi · xik
(1/k)
∑ hi
(3.2–24)
i
∑ hi
(1/k)
.
(3.2–25)
i
c) Für eine beliebig vorgegebene Spannungsamplitude Sa1 wird eine schädigungsäquivalente Ersatz-Schwingspielzahl bestimmt:
k . SaE = Sa1 ergibt HE = ∑ hi · S kai /S aE i
(3.2–26)
276
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
d) Für eine beliebig vorgegebene Schwingspielzahl N1 wird eine schädigungsäquivalente Ersatz-Spannungsamplitude bestimmt: HE = H1 ergibt SaE =
(1/k)
k /H ∑ hi · S ai E i
.
(3.2–27)
Als Beispiel folgt für das Kollektiv nach Abb. 3.2–1 mit k = 7 und mit den Summenwerten nach Tabelle 3.2–2: im Fall a): HE = 683 Schwingspiele mit SaE = 350 N/mm2 , im Fall b): SaE = 123,6 N/mm2 für HE = 1000000 Schwingspiele , im Fall c): HE = 4207 Schwingspiele mit SaE = 270 N/mm2 , im Fall d): SaE = 112 N/mm2 für HE = 2000000 Schwingspiele . Mit den Werten nach Fall d) lässt sich beispielsweise die Frage beantworten, welche Sicherheitszahl jS demnach gegenüber der Wöhlerlinie mit SA = 125 N/mm2 und NA = 2 · 106 besteht; mit SaE = 112 N/mm2 für HE = 2 · 106 ergibt sich: jS = SA / SaE = 1,117 . In verallgemeinerter Form wird eine solche Ersatzamplitude für HE = ND als Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude bezeichnet, s. Abschn. 3.2.10. In Abb. 3.2–6 liegen alle Eckpunkte der so berechneten Rechteck-Kollekk = konst, die bei doppellogarithmischer Auftive auf einer Ortskurve HE · S aE tragung in einem vertikalen Abstand entsprechend jS = 1,117 zur Zeitfestigkeitslinie parallel wäre. Insofern sind auch alle aufgezeigten Möglichkeiten im Grundsatz als gleichwertig anzusehen. Dennoch wird fallweise die eine oder andere Möglichkeit zu bevorzugen sein. So z.B., wenn eine Übereinstimmung im Kollektivhöchstwert gegeben sein soll, oder wenn eine Übereinstimmung mit der meistschädigenden Spannungsstufe gegeben sein soll. Stets zu bedenken ist aber auch, dass beim Herleiten von Gl. (3.2–21) keine Tabelle 3.2–2. Berechnung für ein schädigungsgleiches Rechteck-Kollektiv
Stufe i 1 2 3 4 5 6 Summen:
Spannung Sai
xi
Summenhäufigkeit Hi
350 300 250 200 150 100
1,000 0,857 0,714 0,571 0,429 0,286
10 100 1000 10000 100000 1000000
Stufenhäufigkeit hi
Werte hi · Saik
hi · xik
10 90 900 9000 90000 900000
64339 · 1014 196830 549316 1152000 1537730 900000
10,000 30,593 85,378 179,051 239,004 139,883
1000000
4400220 · 1014
683,909
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung
277
Dauerfestigkeitsgrenze berücksichtigt ist: bei vorhandenem Dauerfestigkeitswert könnte also eine Ersatz-Spannungsamplitude nach Fall b oder d unter Umständen dauerfest ertragen werden.
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung Bei den grundlegenden Arbeiten von Gaßner [14–16] wurde die Treppung des Kollektivs unter Beachtung gewisser versuchstechnischer Belange durch einen Flächenabgleich in der üblichen, halblogarithmischen Auftragung des Kollektivs vorgenommen. Kowalewski [225] verwendete hingegen eine Treppung, die sich aus dem Schwerpunkt der innerhalb einer Stufe liegenden Spitzenwerte ableitet. Schjelderup und Galef [226] machten den Vorschlag, zum Festlegen der Kollektivtreppung die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese heranzuziehen, und sie schreiben das Ergebnis ihrer Überlegung allgemein in Integralform an, was aber in der Anwendung auf experimentell ermittelte oder mathematisch schwer zu beschreibende Kollektivformen auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Ihr gedanklicher Ansatz war dabei, dass die Schwingspiele einer Kollektivstufe die gleiche Schädigung bewirken sollen wie diejenigen Spannungsamplituden, die im Kollektiv durch die betreffende Stufe ersetzt werden. Im Folgenden wird nach [227] unter den Voraussetzungen des Abschn. 3.2.2 für eine derartige Festlegung der Kollektivtreppung eine einfache, formelmäßige Lösung angegeben. Die Treppung des Kollektivs in bezug auf die Häufigkeiten Hi und die sich daraus für die Stufen ergebenden Schwingspielzahlen hi unterliegt i.Allg. gewissen versuchstechnischen Anforderungen. So sollen sich beispielsweise diese Schwingspielzahlen zu hi > 1, stets ganzzahlig und darüber hinaus mit Rücksicht auf ihre Unterteilung für den Teilfolgeablauf nach Möglichkeit durch Zahlen 2 bis 10 ganzzahlig teilbar ergeben. Für ein rechnerisch weiterzuverarbeitendes Treppenkollektiv sind solche Einschränkungen zwar nicht gegeben. Dennoch geschieht auch dann die Treppung zweckmäßigerweise zunächst in Bezug auf die Häufigkeiten Hi , Abb. 3.2–7. Zu den festgelegten Häufigkeiten werden sodann die Spannungsamplituden Sai für die einzelnen Stufen aus der Forderung gleicher Schädigung berechnet. Eine Spannungsamplitude Sa , die nach dem stetigen Kollektiv mit einer Häufigkeit dH auftritt, Abb. 3.2–7, bewirkt nach Gl. (3.2–8) einen Schädigungsanteil k ). dD = dH / N(Sa) = dH · Sak / (N0 · S a0
(3.2–28)
Die Schädigung durch alle Spannungsamplituden Sa innerhalb der vorgegebenen Stufengrenzen Hi–1 und Hi ergibt sich somit als Integral Hi
Di = ∫
Hi –1
Hi
dD =
k ). ∫ dH · Sak / (N0 · S a0
Hi –1
(3.2–29)
278
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–7. Zur rechnerischen Treppung eines Kollektivs
Diese Schädigung soll gleich sein der Schädigung durch die ersatzweise aufzubringenden hi = Hi – Hi–1 Lastspiele mit der Spannungsamplitude Sai , die sich nach Gl. (3.2–8) ergibt zu k ). Di = hi · S aik / (N0 · S a0
(3.2–30)
Durch Gleichsetzen der beiden Schädigungswerte und nach Kürzen des Ausk folgt die gesuchte Spannungsamplitude der Treppung zu drucks N0 · Sa0 1 S kai = 05 · Hi – Hi –1
Hi
∫ Sak · dH .
(3.2–31)
Hi –1
Ist das Kollektiv als Sa = Sa (H) formelmäßig anzugeben, so lässt sich die Spannungsamplitude Sai für jede Stufe nach diesem Integral berechnen. Formelmäßig angebbare Kollektive Als Beispiel wird das Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses nach Gl. (2.3–11) mit der bezogenen Spannungsamplitude x nach Gl. (3.2–11) formelmäßig beschrieben durch – x = [1 – ln H / ln H]1/2 . (3.2–32) Damit folgt aus Gl. (3.2–31). Hi 1 – xik = 05 · ∫ [1 – ln H / ln H ]k/2 · dH . Hi – Hi–1 Hi –1
(3.2–33)
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung
279
Die Integration mit den bezeichneten Häufigkeiten Hi gleich denen der getreppten Normverteilung und die Auswertung für einen Exponenten k = 4 liefert die in Tabelle 3.2–3 aufgeführten Werte xi . Für i = 1 muss xi gleich dem Kollektivhöchstwert xi = 1 sein und mit h1 = H1 = 2 auftreten, was auf Hi–1 = 0 führt. Für Hi–1 = 0 ist Gl. (3.2–23) aber nicht mehr sinnvoll, sodass daraus nur die folgenden Spannungsamplituden i > 1 berechnet werden können [91]. Formelmäßig nicht angebbare Kollektive Für experimentell ermittelte, formelmäßig nicht angebbare Kollektiv empfiehlt sich die nachfolgende mathematische Näherungslösung, die im Ergebnis der Simpson-Regel entspricht. Dazu wird die Funktion Sak im Bereich der Stufe i durch ein quadratisches Polynom angenähert, Sak = A + B · [H – Hi–1] + C · [H – Hi–1]2 ,
(3.2–34)
in der Formel für Sai eingesetzt und in den gegebenen Grenzen integriert; es ergibt sich: Saik = A + (B / 2) · [Hi – Hi–1] + (C / 3) · [Hi – Hi–1]2 .
(3.2–35)
Mit drei Ordinatenwerten u, u, w, die aus der Auftragung des Kollektivs abzulesen sind, Abb. 3.2–7, u = Sa [Hi];
u = Sa [(Hi + Hi–1) / 2];
w = Sa [Hi–1]
(3.2–36)
bestimmen sich die Konstanten A, B und C durch Einsetzen in Gl. (3.2–34) zu A
= 1 · wk ,
B · [Hi – Hi–1] = – 3 · wk + 4 · u k – 1 · u k ,
(3.2–37)
C · [Hi – Hi–1]2 = 2 · wk – 4 · u k + 2 · u k . Einsetzen dieser Ausdrücke in das Polynom für S kai , Gl. (3.2–35), führt auf k = (1 / 6) · uk + (4 / 6) · u k + (1 / 6) · w k . S ai
(3.2–38)
Nach dieser handlichen Formel lässt sich die Treppung eines Kollektivs in sinnvoller Weise und mit guter Genauigkeit berechnen, Tabelle 3.2–3. Für die höchste Stufe des Kollektivs mit i = 1 wird zweckmäßig Hi = H1 = 2 und Hi–1 = 0 gewählt. Dann kann die Spannungsamplitude Sai in der ge– wohnten Weise gleich dem Kollektivhöchstwert S a gesetzt werden, der zugleich wegen (Hi – Hi–1) / 2 = 1 mit dem Ordinatenwert u übereinstimmt. Als Beispiel zeigt Tabelle 3.2–4 einen Vergleich der herkömmlichen und der rechnerischen Treppung für die Normverteilung. Um die Ordinatenwerte u, u und w zu bestimmen, wurde zwischen den im Anhang 5.2 gegebenen
280
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.2–3. Berechnete Treppenstufung für das Kollektiv eines Gauß-Prozesses
Stufe i
Summenhäufigkeit Hi
Stufenhäufigkeit hi
bezogene Spannungsamplituden xi nach (3.2–33) (3.2–38) (3.2–38) mit k = 4 mit k = 4 mit k = 5
1 2 3 4 5 6 7 8
2 18 298 3018 23000 115000 395000 1000000
2 16 280 2720 20000 92000 280000 605000
1,00 0,92 0,81 0,69 0,57 0,45 0,33 0,19
1,00 0,92 0,81 0,69 0,57 0,45 0,33 0,19
1,00 0,92 0,81 0,69 0,58 0,45 0,33 0,19
Tabelle 3.2–4. Herkömmliche und rechnerische Treppung der Normverteilung
Stufe i
Summenhäufigkeit Hi
bezogene Spannungsamplituden xi der Treppenkurve herkömmlich nach (3.2–38) errechnet mit k = beliebig k=2 k=5 k = 10
1 2 3 4 5 6 7 8
2 18 298 3018 23000 115000 395000 1000000
1,000 0,950 0,850 0,725 0,575 0,425 0,275 0,125
1,000 0,933 0,826 0,704 0,570 0,423 0,266 0,114
1,000 0,933 0,829 0,708 0,576 0,432 0,280 0,139
1,000 0,935 0,835 0,714 0,587 0,477 0,303 0,162
Punkten des stetigen Kollektivs im halblogarithmischen Netz parabolisch interpoliert. Wie dieses Beispiel belegt, stimmen die nach Gl. (3.2–38) berechneten Spannungsamplituden der Treppenkurve recht annehmbar mit den herkömmlich durch Flächenabgleich ermittelten überein. Aus Gründen einer Vergleichbarkeit der künftigen und der früher mit der Normverteilung gewonnenen Versuchsergebnisse sollte deshalb deren herkömmliche Treppung beibehalten werden. Weiterhin zeigen die berechneten Spannungsamplituden nur eine geringfügige Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Neigung k der Zeitfestigkeitsgeraden. Schjelderup und Galef kamen ebenfalls zu dieser praktisch recht erfreulichen Feststellung. Zumindest gilt sie für den vorkommenden Bereich von Exponenten zwischen k = 2 und k = 10 für die oberen und mittleren Stufen von Kollektiven mit konvexer Form, d.h. bei einer relativ nicht zu groben Stufenteilung. Weiterhin zeigt sich, dass die Schädigung eines grob
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung
281
Abb. 3.2–8. Der Parabelansatz nach (3.2–34) zur Annäherung der Funktion S ak in (3.2–31) bedingt für die betreffende Kollektivstufe einen höheren Schädigungsanteil (= Fläche unter der Kurve)
getreppten Kollektivs vergleichsweise überhöht ist und auf eine entsprechend niedrigere Lebensdauer führt, Abb. 3.2–5. Der Grund ist, dass die Funktion Sak unter dem Integral in Gl. (3.2–31) über größere Stufenbereiche durch den Parabelansatz nach Gl. (3.2–34) nicht sonderlich gut angenähert wird, Abb. 3.2–8. Eine hinreichend feine Stufenteilung des Kollektivs, beispielweise durch mindestens 8 oder besser 20 Stufen, sollte deshalb als Voraussetzung für die Anwendung von Gl. (3.2–38) beachtet werden. Da die Treppung eines Kollektivs aus praktischen Erwägungen nicht von der Neigung k der jeweiligen Wöhlerlinie abhängig gemacht werden sollte, empfiehlt es sich, für die Berechnung der Kollektivtreppung grundsätzlich einen Exponenten k = 5 anzusetzen, wie er etwa auf die Mehrzahl von Wöhlerlinien gekerbter Bauteile zutrifft; für Exponenten k < 5 liegt dann die so berechnete Treppung auf der sicheren Seite. Darüber hinaus eröffnet sich die Möglichkeit, die Treppung eines gemessenen Kollektivs nach Gl. (3.2–38) per Programm auf einem Rechner durchführen zu lassen, wie es erstmals für die Treppung der Förderdruck-Kollektive von Mineralöl-Fernleitungen in Verbindung mit einem Programm zur Lebensdauerberechnung geschehen ist [51, 228], Abb. 3.2–9. Zusätzliche Bedingung war in diesem Fall, die Aufteilung der Häufigkeiten Hi an den Eckpunkten des stetigen Kollektivs zu orientieren und zudem war die Mittelspannung Smi der einzelnen Kollektivstufen verschieden.
282
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–9. Rechnerisch getrepptes Kollektiv für den Förderdruck in einer MineralölFernleitung [196]
3.2.6 Amplitudentransformation auf ein Kollektiv mit Ri = – 1 Das Haig-Schaubild, Abb. 3.1–25 bzw. die ihm entsprechenden Formeln Gl. (3.1–22), sind zudem Grundlage für eine nennspannungsbasierte Amplitudentransformation; davon zu unterscheiden ist eine s-e-basierte Amplitudentransformation anhand der elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung nach Abschn. 3.3.6. Der Grundgedanke einer Amplitudentransformation kann wie folgt formuliert werden: Für ein Bauteil lassen sich anhand des Haigh-Schaubildes Schwingspiele mit unterschiedlicher Nennspannungsamplitude und Mittelspannung angeben, die im Wöhler-Versuch auf die gleiche Schwingspielzahl N und damit bei der linearen Schädigungsakkumulation auf den gleichen Schädigungsbeitrag DD = 1 / N führen. Diese schädigungsgleichen Nennspannungsamplituden und Mittelspannungen sind im Haig-Schaubild entlang der Linie N = konstant ablesbar. Jedes in der vorgegebenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion enthaltene Schwingspiel lässt sich somit für die Belange der SchädigungsRechnung auf ein schädigungsgleiches Schwingspiel mit anderer Mittelspannung und Spannungsamplitude transformieren. Zweckmäßig wird die Mittelspannung des transformierten Schwingspiels passend zur vorhandenen Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils, der Bezugs-Wöhlerlinie, gewählt. In der Regel dürfte dies eine Wöhlerlinie für das Spannungsverhältnis R = –1 sein; mit ihr ist dann der Schädigungsbeitrag des betreffenden Schwingspiels eindeutig als Funktion der Spannungsamplitude zu bestimmen.
3.2.7 Original-Form der Miner-Regel
283
Auf der Basis von Nennspannungen ergeben sich die transformierten Spannungsamplituden für R = –1 bzw. Sm = 0 durch Umformen von Gl. (3.1–22) wie folgt: Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 – M)]
für
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M · Sm / Sa]
für – 1 ≤ Sm / Sa ≤ +1 ,
Sm / Sa ≤ –1 ,
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M) / (1 + M / 3)] · [1 + (M / 3) · Sm / Sa] für + 1 ≤ Sm / Sa ≤ 3 , Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M)2 / (1 + M / 3)] für
3 ≤ Sm / Sa . (A3.2–39)
Eine typische Anwendung einer solchen nennspannungsbasierten Amplitudentransformation ist die Ableitung eines Amplitudenkollektivs für R = – 1 aus einem Kollektiv, dessen Stufen ein Spannungsverhältnisse Ri ⫽ – 1 aufweisen. In entsprechender Weise findet sie Anwendung auf die Ableitung eines Amplitudenkollektivs für R = – 1 aus eine Rainflow-Matrix, Abschn. 3.3.3. Die für jedes Matrixelement geltende Spannungsamplitude und Mittelspannung werden auf eine Spannungsamplitude Sai für R = – 1 transformiert, und ihr wird die Häufigkeit des Matrixelementes als Klassenhäufigkeit hi zugeordnet. Nach der Größe von Sai geordnet und über hi summiert ergeben sich die Summenhäufigkeiten Hi und das gesuchte Amplitudenkollektiv. Die Amplitudentransformation auf ein Amplitudenkollektiv mit dem Spannungsverhältnis Ri ⫽ – 1 kann ausgehend vom Kollektiv für Ri = – 1 nach Gl. (3.1–21) oder Gl. (3.1–22) geschehen.
3.2.7 Original-Form der Miner-Regel Den bisherigen Ausführungen des Abschn. 3.2 lag mit der elementaren Form der Miner-Regel als Voraussetzung zugrunde, dass eine Dauerfestigkeit entweder nicht gegeben ist oder nicht berücksichtigt werden soll, oder dass alle Stufen des Beanspruchungskollektivs oberhalb der Dauerfestigkeit liegen. Die letztere Bedingung legte übrigens auch Miner [224] seiner vielzitierten Arbeit zugrunde, sodass bei ihr das Vorliegen oder Fehlen einer Dauerfestigkeitsgrenze ohne Belang war. Besitzt hingegen die Wöhlerlinie einen eindeutigen Dauerfestigkeitswert, der nicht vernachlässigt werden soll, und beinhaltet das Beanspruchungskollektiv auch Stufen unterhalb dieses Dauerfestigkeitswertes, so stellt sich die Frage, wie diesem Umstand Rechnung getragen werden kann. Denn sicherlich bedeutet das Vernachlässigen der Dauerfestigkeit bei der elementaren Form der Miner-Regel insofern eine Härte, als die Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit in gleicher Weise wie die Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit anhand der Zeitfestigkeitslinie bewertet und deshalb in ihrem Schädigungs-
284
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
beitrag überschätzt werden. Damit fällt die Schädigungssumme in solchen Fällen zu groß und die rechnerische Lebensdauer zu niedrig aus. Eine einfache Erweiterung der Miner-Regel zur Berücksichtigung einer Dauerfestigkeitsgrenze sah man in dem Umstand, dass eine Beanspruchung unterhalb der Dauerfestigkeit per Definition beliebig oft ohne Bruch ertragen werden kann. Demzufolge geht man nach der vielfach verwendeten OriginalForm der Miner-Regel bei der Schädigungsrechnung für Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit von einer ertragbaren Schwingspielzahl Ni = ⬁ aus. Zur Beschreibung der Wöhlerlinie gilt damit die Gleichung der Zeitfestigkeitslinie, Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22), nur noch für Spannungsamplituden oberhalb der Dauerfestigkeit SD und mit Gl. (2.1–20) als Zusatzbedingung: N = ND · (Sa / SD)–k für Sa ≥ SD ,
(2.1–19)
N=⬁
(2.1–20)
für Sa < SD .
Mit dieser Festlegung erbringen Kollektivstufen unterhalb der Dauerfestigkeit keinen Schädigungsanteil. Die entsprechende Lebensdauer-Berechnung läuft formal ab wie für die elementare Form der Miner-Regel, und wie mit dem Beispiel nach Tabelle 3.2–1 aufgezeigt und mit Gl. (3.2–11) oder Gl. (3.2–13) beschrieben, – N = (N0 · S ka0) ·
– – N = N (Sa = S a ) ·
∑ hi
i=1
j
∑ hi · S kai
i=1
∑ hi
i=1
j
∑ hi · xik
i=1
– für S a ≥ SD ,
(3.2–40)
– für S a ≥ SD ,
(3.2–41)
jedoch mit der Maßgabe, dass zwar die Häufigkeitssummen über alle Kollektivstufen i = 1 … z, aber die Schädigungssummen nur über solche Stufen i = 1 … j zu erstrecken sind, die oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, d.h. für die Sai ≥ SD . Ergänzend zu Gl. (3.2–40) bzw. Gl. (3.2–41) gilt – – N = ⬁ für Sa < SD . (3.2–42) Ist also die Dauerfestigkeit im Beispiel der Tabelle 3.2–1 für die dort zugrunde gelegte Wöhlerlinie bei NA = ND = 2 · 106 und SA = SD = 125 N/mm2 anzunehmen, so liegt die Stufe i = 6 mit Sa = 100 N/mm2 unterhalb der Dauerfestigkeit. Dann ist in dieser Stufe die Schwingspielzahl N6 = ⬁ und die Schädigung D6 = 0 zu setzen bzw. die Summation nur über die Stufen 1 bis 5 zu erstrecken. Dadurch ändert sich die Schädigungssumme um den Schädigungsanteil der Stufe i = 6 auf D = 0,4614 – 0,0944 = 0,3670 und die rechne– – rische Lebensdauer von N = 2167300 auf N = 2724800 Schwingspiele. Diese Handhabung der Dauerfestigkeit in der Miner-Regel, wie sie für viele Jahre Stand der Technik war und teils auch heute noch praktiziert wird, steht jedoch im Widerspruch zu Versuchsergebnissen von Gaßner aus dem Jahre 1941 [229], ebenso wie zu neueren Versuchsergebnissen von Conle
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel
285
[230], die übereinstimmend belegen, dass Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit durchaus einen nennenswerten Schädigungsbeitrag bringen können. Je nach der Form des Amplitudenkollektivs und der relativen Beanspruchungshöhe in Bezug auf die Dauerfestigkeit wird also die Lebensdauer mit der hier aufgezeigten Handhabung der Miner-Regel systematisch und teils um ein Vielfaches überschätzt. Diese offensichtliche Unzulänglichkeit der OriginalForm der Miner-Regel war Anlass zu einer Weiterentwicklung, die auf die modifizierte Form der Miner-Regel führte [85].
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel Die modifizierte Form der Miner-Regel berücksichtigt einen Dauerfestigkeitsabfall als Funktion der fortschreitenden Schädigung. In besserer Entsprechung zu den experimentellen Befunden wird auf diese Weise eine systematische Überschätzung der Lebensdauer vermieden, wie sie sich bei der Handhabung nach Abschn. 3.2.7 einstellt, zugleich aber auch eine systematische Unterschätzung der Lebensdauer, wie sie sich nach Abschn. 3.2.2 für Horizonte wenig oberhalb der Dauerfestigkeit ergibt. Praktisch wird dazu auch Kollektivstufen unterhalb der Dauerfestigkeit ein Schädigungsbeitrag beigemessen, indem die Zeitfestigkeitslinie zur Berechnung dieser Schädigungsbeiträge durch eine fiktive Linie flacherer Neigung in den Bereich unterhalb der Dauerfestigkeit fortgesetzt wird [85, 231]. Die Definition der Schädigung nach Gl. (3.2–1) und Gl. (3.2–2) beinhaltet die Annahme, dass sich die Wöhlerlinie eines mit D > 0 vorgeschädigten Bauteiles im doppellogarithmischen Netz gegenüber seiner Wöhlerlinie für D = 0 nach links parallel verschoben darstellt, Abb. 3.2–10. Gegenüber den Schwingspielzahlen N nach der Wöhlerlinie des ungeschädigten Bauteiles N = ND · (Sa / SD)–k für Sa ≥ SD ,
Abb. 3.2–10a, b. Wöhlerlinie des Bauteils ohne Schädigung (D = 0) und des Bauteils mit einer akkumulierten Schädigung (D > 0) gemäß den Annahmen a nach der Originalform der Miner-Regel, b nach der elementaren Form der Miner-Regel
(2.1–19)
286
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
sind die noch ertragbaren Schwingspielzahlen im Zeitfestigkeitsbereich für das vorgeschädigte Bauteil als Funktion der Schädigungssumme D verringert auf N(D) = (1 – D) · N .
(3.2–43)
Mit der Original-Form der Miner-Regel nach Abschn. 3.2.7 wird zudem noch unterstellt, dass die Dauerfestigkeit des Bauteils von seiner Vorschädigung unbeeinflusst gleich der des ungeschädigten Teiles bleibt, d.h. SD (D) = SD . Die Annahme einer unveränderten Dauerfestigkeit stellt sich in einem Diagramm für SD (D) / SD = f (D) durch eine Linie a) dar, Abb. 3.2–11). Sie widerspricht jedoch dem experimentellen Befund [232] wie auch der berechtigten Einschätzung, dass ein unter der Vorschädigung angerissenes Bauteil nicht mehr seine ursprüngliche Dauerfestigkeit haben kann. Mit der elementaren Form der Miner-Regel nach Abschn. 3.2.2 wird hingegen auch für Spannungsamplituden Sai < SD eine endliche Schwingspielzahl Ni formal aus Gl. (2.1–22) berechnet oder nach Abb. 3.2–10 von der nach unten extrapolierten Zeitfestigkeitslinie abgegriffen. Damit ist die Annahme getroffen, dass die Dauerfestigkeit bereits bei einer kleinsten akkumulierten Schädigung S Ⰶ 1 auf SD (D) = 0 abfällt. Dieser Sachverhalt stellt sich in Abb. 3.2–11 durch eine Linie b) dar und bedeutet eine sicherlich zu harte Annahme. Die wirkliche Abnahme der Dauerfestigkeit infolge einer Vorschädigung D wird also irgendwo zwischen den beiden Extremfällen a) und b) zu suchen sein. Das besagt mit anderen Worten nach Abb. 3.2–10, dass der Schädigungsbeitrag für eine Spannungsamplitude unterhalb der Dauerfestigkeit gegen eine fiktive Fortsetzung der Zeitfestigkeitslinie zu berechnen ist, die
Abb. 3.2–11. Erörterte Annahmen über den Abfall der Dauerfestigkeit als Funktion der akkumulierten Schädigung, a) nach der Originalform, b) nach der elementaren Form und e) nach der modifizierten bzw. der konsequenten Form der Miner-Regel
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel
287
innerhalb des schraffierten Bereichs vom Abknickpunkt der Zeitfestigkeitslinie bei ND nach rechts unten verläuft. Nun lassen sich des Weiteren in Abb. 3.2–11 durch eine Linie c) die unwahrscheinlichen Fälle eines degressiven Dauerfestigkeitsabfalles d) von den Fällen eines progressiven Dauerfestigkeitsabfalles e) abgrenzen. Der Ansatz SD (D) / SD = (1 – D)(1/q)
(3.2–44)
liefert eine geeignete formelmäßige Beschreibung und führt mit q = 1 auf die Linie c), mit q = ⬁ auf die Linie a) und mit q = 0 auf die Linie b). Damit stellt sich die Wöhlerlinie eines vorgeschädigten Teiles nach Zusammenfassen von Gl. (2.1–19), Gl. (3.2–43) und Gl. (3.2–44) durch folgende Beziehungen dar N(D) = ND (D) · (Sa / SD (D))–k ,
(3.2–45)
ND (D) = ND · (1 – D)–(k–q)/q .
(3.2–46)
Im doppellogarithmischen Netz erscheint danach die Wöhlerlinie des vorgeschädigten Teiles gegenüber seiner Wöhlerlinie für den ungeschädigten Zustand bei gleicher Neigung aber abgeminderter Zeit- und Dauerfestigkeit parallel verschoben. Der durch die Schwingspielzahl ND (D) und die abgeminderte Dauerfestigkeit SD (D) gekennzeichnete Abknickpunkt liegt für verschiedene Werte der Vorschädigung D > 0 auf einer geradlinigen Ortskurve, Abb. 3.2–12, deren Gleichung sich aus Gl. (3.2–44) und Gl. (3.2–46) ergibt als ND (D) = ND · (SD (D) / SD)–(k–q).
(3.2–47)
Abb. 3.2–12. Wöhlerlinie des Bauteils ohne Schädigung (D = 0) und des Bauteils mit einer akkumulierten Schädigung (D > 0) gemäß dem Zusammenhang bei einem progressiven Abfall der Dauerfestigkeit mit fortschreitender Schädigung
288
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Die Ortskurve beginnt sinnvollerweise für D = 0 und SD (D) = SD bei ND (D) = ND und verläuft von dort geradlinig mit einer Neigung entsprechend dem Exponenten – (k – q) nach unten. Der Schädigungsbeitrag von Spannungsamplituden oberhalb der Dauerfestigkeit wird bei der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese stets nach Gl. (2.1–19) berechnet, d.h. mit der Schwingspielzahl N nach der Zeitfestigkeitslinie des ungeschädigten Teiles, und zwar unabhängig davon, welche Schädigung bereits abgelaufen ist. Die Zeitfestigkeitslinie des ungeschädigten Bauteils endet jedoch nach Gl. (2.1–20) an der Dauerfestigkeitsgrenze SD . Um im gleichen Sinne und gedanklich widerspruchsfrei auch für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit verfahren zu können, sei hier die Schwingspielzahl N nach der Zeitfestigkeitslinie des ungeschädigten Teiles nach Gl. (3.2–45) beschrieben durch die Schwingspielzahl N(D) nach der Zeitfestigkeitslinie des vorgeschädigten Teiles als N = N(D) / (1 – D) .
(3.2–48)
Denn die Zeitfestigkeitslinie N(D) des vorgeschädigten Teiles erstreckt sich bis zu Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit SD , Abb. 3.2–12. Zwar führt Gl. (3.2–48) nach Umformung formal auf Gl. (2.1–19) zurück, jedoch mit einem bis zur abgeminderten Dauerfestigkeit erweiterten Gültigkeitsbereich, Abb. 3.2–13: N = ND · (Sai / SD)–k
für Sai ≥ SD (D) .
(3.2–49)
Somit kann nach Gl. (3.2–49) sowohl der Schädigungsbeitrag von Spannungsamplituden oberhalb wie auch unterhalb der Dauerfestigkeit SD errechnet werden, jedoch mit folgender Einschränkung gemäß Gl. (3.2–44): Erst nach einer akkumulierten Schädigung Di = 1 – (Sai / SD)q
Abb. 3.2–13. Erläuterung zur Berechnung der Schädigung für Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit
(3.2–50)
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel
289
übersteigt eine Spannungsamplitude Sai < SD die durch Vorschädigung abgeminderte Dauerfestigkeit SD (D). Bei weitestgehend zufallsartigen Beanspruchungsvorgängen, die hier allein betrachtet werden, verteilen sich die ni Schwingspiele mit Sai < SD im Mittel etwa gleichmäßig über die gesamte Lebensdauer des Teiles. Folglich tragen sie dann nur während der restlichen (1 – Di)-fachen Lebensdauer zur Schädigung bei. Somit ist der Schädigungsbeitrag für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit auch nicht mit der vollen Schwingspielzahl hi = ni , sondern nur mit hi = ni · (1 – Di) Schwingspielen zu berechnen. Demnach lässt sich schreiben: Di = D(Sai < SD) = [(1 – Di) · n1] / Ni = ni / [Ni / (1 – Di)] .
(3.2–51)
Diese Gleichung kann dahingehend interpretiert werden, dass der Schädigungsbeitrag für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit entweder mit der reduzierten Schwingspielzahl (1 – Di) · ni und der Schwingspielzahl Ni nach Gl. (3.2–49) berechnet werden kann, oder auch mit der vollen Zahl der Schwingspiele ni und einer auf das 1 / (1 – Di)-fache vergrößerten, fiktiven Schwingspielzahl Nfiktiv . Sie ergibt sich für Sa = Sai aus der Gl. (3.2–49) und Gl. (3.2–51) zu Nfiktiv = ND · (Sai / SD)–(k + q) .
(3.2–52)
Diese nach Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeitslinie fortgesetzte, „fiktive“ Zeitfestigkeitslinie zur Schädigungsberechnung verläuft in Abb. 3.2–10 von dem Abknickpunkt in dem schraffierten Bereich als Gerade nach rechts unten und deckt sich bei q = 0 mit Linie b) und bei q = ⬁ mit Linie a), Abb. 3.2–14. Wird für die Neigung der Ortskurve nach Gl. (3.2–47), Abb. 3.2–12, ein Exponent – (k – q) = – 1
bzw.
Abb. 3.2–14. Fiktive Fortsetzung der Wöhlerlinie zur Berücksichtigung des Dauerfestigkeitsabfalls mit fortschreitender Schädigung entsprechend der modifizierten Form der Miner-Regel
q=k–1
(3.2–53)
290
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
gewählt, was übereinstimmt mit dem Ergebnis aus einem eleganten theoretischen Ansatz von Gatts [233] und auch aus bruchmechanischen Überlegungen sinnvoll erscheint, Abschn. 3.4.7, so wird mit q = k – 1 Nfiktiv = ND · (Sai / SD) –(2k–1) .
(3.2–54)
Verläuft also die Zeitfestigkeitslinie für D = 0 im doppellogarithmischen Netz geradlinig mit einer Neigung k, so setzt sich die fiktive Zeitfestigkeitslinie mit der Annahme q = k – 1 geradlinig mit einer Neigung (2 k – 1) vom Abknickpunkt bei ND nach Werten unterhalb der Dauerfestigkeit fort, Abb. 3.2–14. Eine Schädigungsrechnung in der so modifizierten Weise gegen den abgeknickten Linienzug durchgeführt, berücksichtigt somit einen Dauerfestigkeitsabfall durch die Vorschädigung gemäß Linie e) in Abb. 3.2–11: SD (D) / SD = (1 – D)1/(k–1) .
(3.2–55)
Dass demnach die Dauerfestigkeit bei einer Schädigung S = 1 auf den Wert SD (D) = 0 abfällt, steht noch in einem gewissen Widerspruch zu der Tatsache, dass der statische Restbruch einen endlichen Querschnittsanteil erfasst, für den sich zumindest theoretisch noch ein endlicher Dauerfestigkeitswert angeben ließe. Um die modifizierte Miner-Regel auch noch in diesem Punkt den wirklichen Gegebenheiten besser anzupassen, wäre noch ein Kriterium für den Restbruch einzuarbeiten, ähnlich wie es in den Ansätzen von Gatts [233] oder von Vormwald [362], Abb. 3.4–35, geschehen ist. Praktische Durchführung der Schädigungsrechnung Die praktische Durchführung einer Schädigungsrechnung nach der modifizierten Form der Miner-Regel geschieht also zweckmäßig in folgender Weise: Beim Ersatz des Beanspruchungskollektives durch ein getrepptes Amplitudenkollektiv, Abschn. 3.2.5, werden für jede Treppenstufe die Spannungsamplituden Sai und die Stufenlastspielzahlen hi erhalten, wobei der Kollektivumfang ∑ hi frei gewählt sein kann. Benötigt wird die Gleichung der Zeitfestigkeitslinie, Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22). Daraus ergibt sich die fiktive Fortsetzung der Zeitfestigkeitslinie nach Gl. (3.2–54). Die Schädigungssumme entsprechend Gl. (3.2–9),
k / (N · S k ) , D = ∑ (hi /Ni) = ∑ hi · S ai a0 0 i
(3.2–9)
errechnet sich sodann mit N0 = ND und Sa0 = SD aus zwei Termen: aus einem Term D1 für die Kollektivstufen i = 1 … j oberhalb der Dauerfestigkeit und aus einem Term D2 für die Kollektivstufen i = ( j + 1) … z unterhalb der Dauerfestigkeit,
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel
D = ∑ h · S / (N
291
D1 = ∑ hi · S aik / (ND · S Dk )
für i = 1 … j ,
(3.2–56)
i
2
i
i
(2k–1) ai
D
· S D(2k–1)) für i = ( j + 1) … z .
(3.2–57)
Damit folgt die Lebensdauer nach Gl. (3.2–10) zu – N = ∑ hi /D
mit D = D1 + D2 :
(3.2–58) z
· ∑
∑ hi
i=1 – N = (ND · SDk) · 000000 0 j
∑h ·S +S i =1
(1–k) D
k ai
i
z
i=j+1
hi · Sai(2k–1)
– für Sa ≥ SD , (3.2–59)
– oder mit den auf den Kollektivhöchstwert Sa bezogenen Spannungsamplituden – – xi = Sai /S a sowie xD = SD /S a : (3.2–60) ∑ h – – N = N(S = S ) · 000000 0 ∑h ·x +x · ∑ h ·x z
i=1
a
a
j
i=1
i
k i
(1–k) D
i
z
i=j+1
i
(2k–1) i
– für S a ≥ SD . (3.2–61)
Ergänzend zu Gl. (3.2–59) bzw. Gl. (3.2–61) gilt – – N = ⬁ für Sa < SD .
(3.2–62)
Die nach der modifizierten Form der Miner-Regel unter dem Kollektiv ertragbare Schwingspielzahl ergibt sich auch hiernach als ein bestimmtes – Vielfaches der Schwingspielzahl N(Sa = Sa), die nach der Zeitfestigkeits– geraden unter der höchsten Spannungsamplitude des Kollektivs Sa ertragen wird. Der Faktor, dargestellt durch den Summenterm, erweist sich, wie auch bei der elementaren Form der Miner-Regel nach Gl. (3.2–13), abhängig von der Kollektivform, gegeben durch die Werte hi und Sai bzw. xi , sowie über den Exponenten k abhängig von der Neigung der Wöhlerlinie. Zum Unterschied besteht aber darüber hinaus hier noch eine Abhängigkeit des Faktors von dem Verhältnis xD , in dem die Dauerfestigkeit SD zur höchsten Span– nungsamplitude Sa des Kollektivs steht. Die praktische Durchrechnung geschieht zweckmäßig in Form eines Schemas, das sich auch für die Programmierung auf einem Rechner anbietet. Als Beispiel ist mit Tabelle 3.2–5 die Berechnung für das Treppen-
292
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.2–5. Beispiel zur modifizierten Form der Miner-Regel
Stufe i
Stufenhäufigkeit hi
Spannungsamplitude xi
Werte hi · xik
Werte (2k – 1) hi · xi
1 2 3 4 5 6 7 8
2 16 280 2720 20000 92000 280000 605000
1,000 0,950 0,850 0,725 0,575 0,425 0,275 0,125
2,000 13,032 146,162 751,486 2186,260 3001,540 1601,360 147,705
2,000 11,173 89,762 286,375 415,628 230,415 33,303 0,288
KollektivHöchstwert – Sa
Errechnete Schwingspielzahlen nach der Wöhlerlinie Lebensdauerlinie – N N
Verhältniswert – N /N
100 125 150 175 200 250 300 350 400 500 600 700 800
1000000 409600 197531 106622 62500 25600 12346 6664 3906 1600 772 416 244
935,519 488,306 311,877 221,544 191,906 150,938 142,708 132,616 129,531 129,236 128,799 128,195 127,398
935519000 200010000 61605400 23621600 11994100 3864020 1761820 883736 505981 206778 99382 53392 31103
kollektiv der Normverteilung und für eine Wöhlerlinie nach Gl. (2.1–19) mit den Daten SD = 100 N/mm2, ND = 1 · 106, k = 4 in dieser Art dargestellt. Im ersten Teil des Schemas werden mit den vorgegebenen Stufenhäufigkeiten hi und den bezogenen Spannungsamplituden xi die Schädigungswerte hi · xik (Spalte 4) sowie hi · xi(2k–1) (Spalte 5) errechnet. Der zweite Teil des Schemas zeigt dann die errechneten Schwingspielzahlen, – die bei den angegebenen Kollektivhöchstwerten Sa nach der Wöhlerlinie (N) – und nach der modifizierten Form der Miner-Regel (N ) ertragen werden. Dabei ist für jeden Kollektivhöchstwert zu prüfen, welche Stufen oberhalb und welche Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit liegen, um dementsprechend die Schädigungswerte aus Spalte 4 bzw. Spalte 5 zu summieren und um sie mit dem jeweiligen Wert xD nach Gl. (3.2–59) zu verrechnen. Die Verhältniszah-
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel
293
Bezogene Spannungsamplitude Sa /SD
– len N / N veranschaulichen den vorerwähnten Umrechnungsfaktor zwischen – Wöhler- und Lebensdauerlinie. Für große Werte Sa nähert er sich dem Faktor nach der elementaren Form der Berechnung Gl. (3.2–13), und stimmt mit diesem überein, wenn alle Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, wie – hier, wenn Sa = 800 N/mm2. Das mit der Wöhlerlinie einer Schweißverbindung für verschiedene pWert-Kollektive durchgerechnete Beispiel nach Abb. 3.2–15 [68] veranschaulicht den Unterschied der berechneten Lebensdauer, der sich mit Anwendung der modifizierten Form der Miner-Regel aus Gl. (3.2–57) bzw. Gl. (3.2–59) gegenüber der elementaren Form der Berechnung nach Gl. (3.2–11) bzw. Gl. (3.2–13) ohne Berücksichtigen der Dauerfestigkeit bzw. bei einfacher Berücksichtigung der Dauerfestigkeit in der Original-Form der Miner-Regel nach Gl. (3.2–40) bzw. Gl. (3.2–41) ergibt. In allen Fällen gilt zudem nach – – Gl. (3.2–42) bzw. Gl. (3.2–62) N = ⬁ für Sa < SD . Die Lebensdauerunterschied sind umso größer, je völliger das Kollektiv ist und je weniger der Höchstwert des Kollektivs die Dauerfestigkeit übersteigt. Zudem wird bei der elementaren Berechnungsweise bei gegebener Dauerfestigkeit, ausgehend von einem getreppten Kollektiv, jedes Mal ein unwirklicher Stufensprung in der Lebensdauerlinie erhalten, wenn mit einer Verringerung
Abb. 3.2–15. Unterschied der berechneten Lebensdauerlinien für p-Wert-Kollektive nach der Original-Form, der elementaren Form und der modifizierten Form der Miner-Regel
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– Spannungsamplitude S a in N/mm2
294
– Schwingspielzahl N Abb. 3.2–16. Versuchsergebnisse einer Schweißverbindung für p-Wert-Kollektive und berechnete Lebensdauerlinien nach der modifizierten Form der Miner-Regel
– der Beanspruchungshöhe Sa eine weitere Kollektivstufe Sai unter der Dauerfestigkeit SD absinkt und dadurch mit ihrem Schädigungsbeitrag sogleich insgesamt ausfällt. Von der Original-Form der Miner-Regel sollte deshalb zugunsten ihrer modifizierten oder der im Folgenden beschriebenen konsequenten Form grundsätzlich abgesehen werden. Eine Gegenüberstellung von modifiziert berechneten Lebensdauerlinien mit Versuchsergebnissen ist mit Abb. 3.2–16 gegeben. Es handelt sich hier um ein Beispiel aus den umfangreichen Untersuchungen mit p-Wert-Kollektiven an Schweißverbindungen, die als Grundlage der DIN 15018 [41] durchgeführt wurden [19, 85, 234].
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel Beim Herleiten der modifizierten Form der Miner-Regel wird mit Gl. (3.2–51) und der ihr zugrunde liegenden Überlegung eine gewisse Vereinfachung gemacht, die sich im Ergebnis einschränkend auf den Verlauf der Lebensdauerlinie insofern auswirkt, als die Lebensdauerlinie für große
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel
295
Schwingspielzahlen nicht asymptotisch in die Dauerfestigkeitslinie übergeht. – So zeigt auch Tabelle 3.2–5 für S a = SD = 100 N/mm2 einen endlichen Wert – 6 von N = 935 · 10 Schwingspielen, bei dem die Lebensdauerlinie mit einer Neigung (2k – 1) die Dauerfestigkeitslinie schneidet. Ein asymptotischer Verlauf der Lebensdauerlinie muss jedoch nach Definition der Dauerfestigkeit erwartet werden, wenn der Kollektivhöchstwert zugleich den Beanspruchungshöchstwert darstellt und eindeutig unterhalb der Dauerfestigkeit bleibt. Insofern liefert die modifizierte Form der Miner-Regel eine (unter Umständen nicht akzeptable) Näherung auf der sicheren Seite der tatsächlichen Lebensdauerlinie, und zwar dann, wenn der Kollektivhöchstwert die Dauerfestigkeit nur wenig übersteigt und eine hohe Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl ertragen wird. Die konsequente Form der Miner-Regel, die hier vorgestellt wird, liefert widerspruchsfrei im Sinne der Grundannahmen zur modifizierten MinerRegel den Verlauf der rechnerischen Lebensdauerlinie von ihrem oberen, zur Zeitfestigkeitslinie parallelen Teil, über ihren mittleren Teil, bis in ihren unteren, zur Dauerfestigkeit asymptotischen Teil. Sie bedeutet im Grunde eine logische Fortführung der Überlegungen nach Abb. 3.2–11 und Gl. (3.2–51). In ähnlicher Weise wurden solche Überlegungen etwa gleichzeitig zu den Arbeiten an diesem Buch von Gnilke und von Wirthgen [235], von Reppermund [236] und von Franke [237] angestellt. Der sachliche Ansatz ergibt sich wiederum aus dem Dauerfestigkeitsabfall mit fortschreitender Schädigung, beschrieben durch SD (D) / SD = (1 – D)(1/q)
(3.2–44)
mit q = k – 1 nach Gl. (3.2–53). Dieser Ansatz kann nämlich eine konsequentere Handhabung insofern erfahren, dass in einer schrittweisen Rechnung jeweils exakt allein nur die Spannungsamplituden zur Schädigung beitragen, die oberhalb des jeweilig abgeminderten Wertes der Dauerfestigkeit liegen. Ihre Schädigungsbeiträge folgen in der für die lineare Schädigungsakkumulation typischen Weise aus der Gleichung der Zeitfestigkeitslinie für das ungeschädigte Teil Gl. (2.1–19), und über die gedankliche Brücke von Gl. (3.2–49). Die formelmäßige Herleitung stützt sich auf Abb. 3.2–17 und die dort eingetragenen Bezeichnungen unter Verwendung der auf den Kollektivhöchst– wert S a bezogenen Spannungsamplituden sowie der auf den Kollektivhöchstwert bezogenen Dauerfestigkeit SD : – xi = Sai / S a
– sowie xD = SD / S a .
(3.2–59)
Der Anschaulichkeit halber sei zunächst angenommen, dass die Dauerfestigkeit mit der Kollektivstufe i = 3 zusammenfällt. Es liefern dann allein die Stufen 1 bis 3 einen Schädigungsbeitrag und die Lebensdauer bis zu einer
296
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–17. Berechnung der Schädigung bei Berücksichtigung des Dauerfestigkeitsabfalls entsprechend der konsequenten Form der Miner-Regel
Schädigungssumme D = 1 wäre in diesem Fall nach der Original-Form, Gl. (3.2–41): – – N (D = 1) = N (Sa = S a) ·
z
∑ hi
i=1
3
.
∑ hi · xik
i=1
(3.2–63)
Im Sinne der konsequenteren Betrachtung kann jedoch unter dieser Konstellation nicht die Schädigungssumme D = 1 auflaufen, sondern nur eine Schädigungsteilsumme D3 < 1, weil dann die Dauerfestigkeit auf die Kollektivstufe 4 abgesunken ist. Aus Gl. (3.2–44) folgt durch Auflösen nach D D = 1 – (SD (D) / SD)q
(3.2–64) – und für die hier anstehende Betrachtung ergibt sich daraus mit SD = x3 · S a – und SD (D) = x4 · S a sowie mit x3 = xD die Schädigungsteilsumme D3 als D3 = 1 – (x4 / xD)q = (x3 / xD)q – (x4 / xD)q D3 = (x3q – x4q) / xDq
(3.2–65)
und der darauf entfallende Lebensdaueranteil ist nur der D3-fache Wert von – N (D = 1) nach Gl. (3.2–63), nämlich
.
z 3 – – N 3 = N(Sa = S a) · ∑ hi · (x 3q – x4q) / xDq · ∑ hi · xik i =1
i =1
(3.2–66)
Im nächsten Schritt der Rechnung tragen nun die Stufen i = 1 bis i = 4 zur Schädigung bei, bis die Schädigungsteilsumme D4 = 1 – (x5 / xD)q
(3.2–67)
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel
297
erreicht ist. Der auf die Zunahme der Schädigung von D3 auf D4 entfallende Lebensdaueranteil beträgt dementsprechend mit D4 – D3 = (x4 / xD)q – (x5 / xD)q = (x4q – x5q) / xDq , – – N 4 = N(Sa = S a) ·
z
(3.2–68)
.
4
∑ hi · (x4q – x5q) / xDq · ∑ hi · xik
i =1
i =1
(3.2–69)
In gleicher Weise fortgeführt für die Kollektivstufen 5 bis z, ist die Dauerfestigkeit letztlich dann bei einem rechnerisch zu ergänzenden Wert xz + 1 = 0 bis auf SD (D = 1) = 0 abgefallen und die insgesamt ertragbare Lebensdauer – folgt als Summe der Lebensdaueranteile Nd mit d = j … z nach Gl. (3.2–66), 3.2–69), usw. zu – – N = N(Sa = Sa) ·
∑ h · ∑ (x z
z
i=1
i
q d
d=j
d
.
(3.2–70)
(3.2–71)
– x qd+1) / xDq · ∑ hi · xik i=1
Oder auch zu N = (ND · SDk) ·
∑ h · ∑ (S z
i=1
z
i
d= j
q ad
d
q – S a(d+1) ) / SDq · ∑ hi · S kai i=1
mit – – N(Sa = Sa) = ND · SDk / Sak
(3.2–72)
und – – – – xd · Sa = Sad ; xd + 1 · Sa = Sa(d + 1); xD · Sa = SD ; xi · Sa = Sai
(3.2–73)
Als Zusatzbedingung zu Gl. (3.2–70) bzw. Gl. (3.2–71) gilt auch hier – – (3.2–74) N = • für Sa < SD . Die Gln. (3.2–70) und (3.2–71) gelten zunächst nach ihrer Herleitung unter der Voraussetzung, dass eine Stufe i = j des Kollektivs exakt mit der Dauerfestigkeit zusammenfällt, d.h. wenn xj = xD . Der allgemeine Fall ist jedoch, dass die Dauerfestigkeit zwischen zwei Stufen des Kollektivs liegen wird, also xj > xD > xj + 1 . Beispielsweise könnte die Dauerfestigkeit zwischen Stufe 3 und 4 liegen. Unter der Voraussetzung einer nicht zu groben Stufenteilung wäre dann lediglich in Gl. (3.2–66) anstelle von x3 der Wert xD zu setzen, oder allgemein q ) / xDq . Dj = (xDq – xj+1
(3.2–75)
Dieser Fall wird durch Gl. (3.2–70) mit abgedeckt, wenn die zusätzliche Festlegung getroffen wird, dass unter dem zweiten Summenausdruck für d = j
298
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–18. Lebensdauerlinien für ein Geradelinien-Kollektiv, grob getreppt mit 6 Stufen und fein getreppt mit 128 Stufen; die grobe Treppung ergibt nach Abb. 3.2–5 insgesamt geringere Lebensdauerwerte und mit der modifizierten Miner-Regel leicht bogenförmige Lebensdauerlinien
der größere Wert xdq = xdq = j durch den kleineren Wert xdq = xDq zu ersetzen ist. In einem ohnehin zur numerischen Auswertung erforderlichen Rechnerprogramm [51] ist diese zusätzliche Festlegung einfach zu realisieren. In der praktischen Anwendung bei grober Stufenteilung zeigt jedoch die errechnete Lebensdauerlinie in den mit Gl. (3.2–75) interpolierten Zwischenbereichen leicht bogenförmige konvexe Auswölbungen des an für sich eher konkaven Kurvenverlaufs, Abb. 3.2–18. Die Indizes in Gl. (3.2–70) und Gl. (3.2–71) haben folgende Bedeutung:
mit
i = 1 bis z Stufen des getreppten Kollektivs, i = 1 bis j Stufen oberhalb oder gleich der Dauerfestigkeit SD , i = 1 bis d Stufen oberhalb der abgeminderten Dauerfestigkeit SD (D), – i=1 für Sai = Sa (i = 1) = Kollektivhöchstwert Sa , i=z für Sai = Sa (i = z) = kleinste Stufe des Kollektivs, i = z + 1 Sa (i = z + 1) = 0 = rechnerisch zu ergänzende Stufe.
Auch nach der konsequenten Form der Miner-Regel errechnet sich also die Lebensdauer unter dem Belastungskollektiv als ein Vielfaches der nach der Wöhlerlinie unter dem Kollektivhöchstwert ertragbaren Schwingspielzahl. Der Umrechnungsfaktor geht jedoch mit einer Annäherung des Kollektivhöchstwertes an die Dauerfestigkeit in einer von der Kollektivform abhängigen Weise asymptotisch gegen Unendlich.
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel
299
Durchführung der Berechnung Das Konzept einer praktischen Berechnung lässt sich unschwer aus dem Schema der Tabelle 3.2–5 entwickeln und entsprechend auf einem Rechner programmieren [51]. Mit Tabelle 3.2–6 ist die Berechnung zum Vergleich wiederum für das Treppenkollektiv der Normverteilung und für eine Wöhlerlinie nach Gl. (2.1–19) mit SD = 100 N/mm2, ND = 1 · 106,
k=4
aufgezeigt. Im ersten Teil des Schemas werden mit den vorgegebenen Stufenhäufigkeiten hi und den bezogenen Spannungsamplituden xi die Schädi-
Tabelle 3.2–6. Beispiel zur konsequenten Form der Miner-Regel
Stufe i
Stufenhäufigkeit hi
Spannungsamplitude xi
1 2 3 4 5 6 7 8 (9)
2 16 280 2720 20000 92000 280000 605000
1,000 0,950 0,850 0,725 0,575 0,425 0,275 0,125 0,000
Werte hi · xik 2,000 13,032 146,162 751,486 2186,260 3001,540 1601,360 147,705
Summenwerte ∑ hi · xik
Differenzwerte xiq – xiq+ 1
2,000 15,032 161,194 912,680 3098,940 6100,480 7701,840 7849,545
0,142625 0,243250 0,233047 0,190969 0,113343 0,055969 0,018844 0,001953
KollektivHöchstwert – Sa
Errechnete Schwingspielzahlen nach der Wöhlerlinie Lebensdauerlinie – N N
Verhältniswert – N /N
100 105 110 115 125 150 175 200 250 300 350 400 500 600 700 800
1000000 822702 683013 571753 409600 197531 106622 62500 25600 12346 6664 3906 1600 772 416 244
89199,590 24445,830 14414,850 6980,954 2089,658 556,181 253,551 219,482 152,775 144,658 133,296 129,536 129,245 128,810 128,205 127,398
89199590000 20111650000 9845537000 3991383000 855923700 109862800 27034190 13717630 3911033 1785897 888492 506001 206792 99391 53396 31103
300
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
gungswerte hi · xik (Spalte 4), deren Teilsummen (Spalte 5) sowie die Differenzen der xdq (Spalte 6) errechnet. Der zweite Teil des Schemas zeigt dann die errechneten Schwingspielzahlen, die bei den angegebenen Kollektiv– höchstwerten S a nach der Wöhlerlinie (N) und nach der konsequenten Form – der Miner-Regel (N ) ertragen werden. Dabei ist für jeden Kollektivhöchstwert zu prüfen, welche Stufen oberhalb und welche unterhalb der Dauerfestigkeit liegen, um dementsprechend die Summenwerte aus Spalte 5 bzw. die Differenzwerte aus Spalte 6 zu entnehmen und um sie mit dem jeweiligen – Wert xD nach Gl. (3.2–75) zu verrechnen. Die Verhältniszahlen N / N veranschaulichen den sich ergebenden Umrechnungsfaktor zwischen Wöhler- und – Lebensdauerlinie; für mittlere Werte S a gleicht er sich zunehmend dem Umrechnungsfaktor nach der modifizierten Rechnung an, d.h. auch er nähert – sich für große Werte S a dem Faktor nach der elementaren Berechnung an, Gl. (3.2–13), und stimmt mit diesem überein, wenn alle Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, Tabelle 3.2–5. Abbildung 3.2–19 zeigt die Ergebnisse nach den Tabellen 3.2–5 und 3.2–6 als Lebensdauerlinien. Für die Lebensdauerlinie nach der konsequenten Form der Miner-Regel kann man die parallel zur Wöhlerlinie verlaufende Lebensdauerlinie nach der elementaren Form der Miner-Regel als eine auf der sicheren Seite liegende Näherung für deren oberen Teil ansehen, und die flacher werdende Lebensdauerlinie nach der modifizierten Form als eine auf der sicheren Seite liegende Näherung für deren mittleren Teil betrachten. Ein nennenswerter Unterschied zwischen der modifizierten und der konsequenten Form der Miner-Regel besteht mithin nur im unteren Bereich der Lebensdauerlinien, d.h. wenn der Kollektivhöchstwert die Dauerfestigkeit nur
Abb. 3.2–19a–c. Als Lebensdauerlinien aufgetragene Ergebnisse der Beispiel-Rechnungen; a elementar, b nach Tabelle 3.2–5 und c nach Tabelle 3.2–6
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel
301
Abb. 3.2–20. Berechnete Lebensdauerlinie nach der konsequenten Form der Miner-Regel im Vergleich zu den Ergebnissen aus Wöhler-Versuchen und aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung nach Ostermann
wenig übersteigt. Die konsequente Form hat deshalb mit ihrer in diesen Fällen nachweislich besseren Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen vor allem Bedeutung für eine Extrapolation der Lebensdauerlinie auf hohe Schwingspielzahlen, Abb. 3.2–20. Vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien Eine vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien wird nach Abb. 3.2–21 mit wenigen Schritten erreicht: Ausgehend von der Wöhlerlinie in ihrer formelmäßigen Darstellung nach Gl. (2.1–19) wird die Lebensdauer für einen – Kollektivhöchstwert gleich der Dauerfestigkeit, d.h. Sa = SD , als erstes nach der elementaren Form mit der Neigung k (Punkt E) und dann nach der elementaren Form mit der Neigung (2k – 1) errechnet (Punkt M). Eine Parallele zur Zeitfestigkeitslinie mit der Neigung k durch den Punkt E gelegt liefert die Asymptote der Lebensdauerlinie in ihrem oberen Teilstück, eine Gerade mit der flacheren Neigung (2k – 1) durch den Punkt M liefert für die modifizierte Form die Asymptote im unteren Teil der Lebensdauerlinie. Mittels dieser Grenzlinien kann sodann durch Interpolation nach Augenschein unschwer eine Schätzkurve für den exakten rechnerischen Verlauf der Lebensdauerlinie nach der konsequenten Form gezeichnet werden, wobei der Schnittpunkt der Linie mit der Neigung k und der Linie mit der Neigung (2k – 1) auch einen Anhalt für die beginnende Abweichung von der modifiziert errechneten Linie liefert.
302
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–21. Vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien
Relative Schädigungsbeiträge der Kollektivstufen Die relativen Schädigungsbeiträge der einzelnen Kollektivstufen sind bei nicht vernachlässigter Dauerfestigkeit nicht mehr, wie im Abschn. 3.2.3, unabhängig von der Beanspruchungshöhe, sondern abhängig vom Verhältnis– wert xD = SD / Sa , um den der Kollektivhöchstwert über der Dauerfestigkeit liegt. Ähnlich wie die Lebensdauerwerte bestimmen sich auch die relativen Schädigungsbeiträge als gewichtete Summen, so z.B. zu dem Lebensdauer– anteil N3 nach Gl. (3.2–63) für die Stufen i = 1 … 3 zu Di / D3 = (hi · xik) /
3
∑ hi · x ik .
i=1
(3.2–76)
d.h. gewichtet mit D3 nach Gl. (3.2–65). Die Summation über alle Lebensdaueranteile ergibt dann allgemein für die Stufen i = 1 … z: z
d
.
Di / D = (hi · xik) · ∑ (xdq – xq(d + 1)) / xDq · ∑ hi · xik d
mit aber
d=j xj = xD
für i ≤ j falls xj < xD .
i =1
bzw. d = i
(3.2–77)
für i > j ,
Das Ergebnis einer Berechnung zum vorstehenden Beispiel zeigt Tabelle – 3.2–7, wobei im Fall S a = 800 N/mm2 alle Stufen i = 1 … 8 oberhalb der – Dauerfestigkeit liegen, im Fall S a = 350 N/mm2 die Stufen i = 1 … 6, im Fall – – 2 S a = 200 N/mm die Stufen i = 1 … 5 usw., und im Fall S a = 100 N/mm2 nur die Stufe i = 1. Aus dieser Gegenüberstellung wird erkennbar, wie sich die Schädigungsbeiträge der oberen Kollektivstufen mit Annäherung des Kollektivhöchstwertes an die Dauerfestigkeit erhöhen, während sich die der
3.2.10 Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude
303
Tabelle 3.2–7. Beispiel zur Berechnung der relativen Schädigungsbeiträge
– Spannung Sa Stufen i oberhalb SD : Stufe i
800 350 200 150 125 1–8 1–6 1–5 1–4 1–3 Relativer Schädigungsbeitrag der Stufe i in %
110 1–2
100 1–1
1 2 3 4 5 6 7 8
0,03 0,17 1,86 9,57 27,85 *38,24 20,40 1,88
2,88 18,79 *33,14 25,77 14,10 4,74 0,57 0,00
17,84 23,31 *24,90 19,36 10,59 3,56 0,43 0,00
0,03 0,17 1,95 10,02 29,15 *40,02 18,51 0,16
0,04 0,29 3,21 16,49 *47,98 28,50 3,45 0,03
0,11 0,72 8,13 *41,80 35,75 12,02 1,46 0,01
0,42 2,72 30,54 *37,82 20,69 6,96 0,84 0,01
* Jeweils meistschädigende Stufe.
unteren Kollektivstufen vermindern. Die meistschädigende Stufe liegt für – Werte S a ≤ 350 N/mm2 bei oder sogar unter der Dauerfestigkeit. Sofern alle Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, ergeben sich die gleichen relativen Schädigungsbeiträge wie nach Gl. (3.2–15).
3.2.10 Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq , wie sie u.a. in [44] aufgeführt ist, stellt eine dem Spannungskollektiv schädigungsgleiche, konstante Spannungsamplitude mit einer zugeordneten Häufigkeit gleich der Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt der Wöhlerlinie dar. Sie ermöglicht, den Betriebsfestigkeits-Nachweis in der Form eines Dauerfestigkeits-Nachweises zu führen. Nach Gl. (4.1–1), Abschn. 4.1.7, wird sie dabei als Kennwert der betrieblichen Beanspruchungshöhe dem Wert der Dauerfestigkeit als zulässiger Beanspruchungshöhe unter Einbeziehung der erforderlichen Sicherheitszahl gegenübergestellt. Diese Vorgehensweise kann in manchen Fällen von Vorteil sein, insbesondere dann, wenn Zahlenwerte der schädigungsäquivalenten Spannungsamplitude als Erfahrungswerte vorliegen. Gegenüber der üblichen Vorgehensweise besteht dabei kein grundsätzlicher, sondern nur ein formaler Unterschied dahingehend, dass die Schädigungsakkumulations-Rechnung nicht festigkeitsseitig zur Ermittlung der unter dem Kollektiv ertragbaren Beanspruchungshöhe bzw. Lebensdauer eingesetzt wird, sondern beanspruchungsseitig zur Ermittlung eines speziellen Kennwertes der betrieblichen Beanspruchungshöhe in Verbindung mit der als Forderung vorgegebenen Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl. Die drei verschiedenen Formen der Miner-Regel können dabei angewendet werden. Zu den nachstehend angegebenen Formeln sind dabei allerdings gewisse Besonderheiten zu vermerken:
304
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Nach der elementaren Form der Miner-Regel, bei der die Dauerfestigkeit keine Berücksichtigung erfährt, errechnet sich die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq für ein vorgegebenes Amplituden-Kollektiv in einem festen Verhältnis zum Kollektiv-Höchstwert. Im Prinzip bezeichnet dann Sa, äq die Ersatz-Spannungsamplitude für eine spezielle Form eines schädigungsgleichen Rechteck-Ersatzkollektivs nach Abschn. 3.2.4, und zwar nach Gl. (3.2–27) für HE = ND : Sa,äq = [(∑ hi · S ka1) / ND](1/k)
(3.2–78)
Mit Gl. (3.2–77) würde allerdings unterstellt, dass die unter dem Kollektiv als – ertragbar geforderte Schwingspielzahl NFord mit dem Kollektivumfang ∑ hi übereinstimmt. Im allgemeineren Fall ist jedoch davon auszugehen, dass – NFord Z-fach höher ist, Abschn. 2.2.2, also – NFord = Z · ∑ hi (3.2–79) Damit ergibt sich durch Zusammenfassen von Gl. (3.2–78) und Gl. 3.2–86) folgende Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq nach der elementaren Form der Miner-Regel: – Sa, äq = {NFord / ND}(1/k) ·
z
∑ hi · S kai
i=1
z
(1/k)
∑ hi
,
(3.2–80)
i=1
oder auch mit Gl. (3.2–12) – – Sa, äq = S a · {NFord / ND}(1/k) ·
z
∑ hi · xik
i=1
z
∑ hi
(1/k)
.
(3.2–81
i=1
Statt vorstehender Definition von Sa, äq anhand der elementaren Form der Miner-Regel ist ebenso gut auch eine Definition unter Berücksichtigung der Dauerfestigkeit nach der modifizierten oder der konsequenten Form der Miner-Regel möglich. Die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq ergibt sich dann allerdings auch noch abhängig davon, in welchem Verhältnis der Kollektiv-Höchstwert die Dauerfestigkeit übersteigt. Nach einem Vergleich von Gl. (3.2–11) bzw. Gl. (3.2–13) mit Gl. (3.2–59) bzw. Gl. (3.2–61) und mit Gl. (3.2–80) bzw. Gl. (3.2–81) lässt sich die folgende Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq angeben, die nach der modifizierten Form der Miner-Regel zu errechnen ist: – Sa, äq = {NFord / ND}(1/k) ·
j
z
∑ hi · S kai + SD(1–k) · ∑ hi · Sai(2k–1)
i=1
i=j+1
z
∑ hi
(1/k)
,
i=1
(3.2–82) oder auch mit Gl. (3.2–12)
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
305
– – Sa, äq = Sa · {NFord / ND}(1/k) ·
j
z
z
∑ hi · xik + xD(1–k) · ∑ hi · xi(2k – 1)
i=1
i=j+1
(1/k)
∑ hi
.
(3.2–83)
i=1
Und nach einem Vergleich von Gl. (3.2–11) bzw. Gl. 3.2–13) mit Gl. (3.2–70) bzw. Gl. (3.2–71) und mit Gl. (3.2–80) bzw. Gl. (3.2–81) lässt sich die folgende Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq angeben, die nach der konsequenten Form der Miner-Regel zu errechnen ist: – Sa,äq = {NFord / ND}(1/k))
z
·
q q Sad – S a(d + 1)
∑
d=j
d
k) · SDq · ∑ hi · S ai i=1
(–1/k)
z
∑ hi
, (3.2–84)
i=1
oder auch mit Gl. (3.2–12) – – Sa,äq = Sa · {NFord / ND}(1/k))
z
·
∑
d=j
q xdq – x(d + 1)
d
xDq · ∑ hi · xik i=1
z
·
∑ hi
(–1/k)
.
(3.2–85)
i=1
Allerdings ist die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq in keinem der vorstehenden Fälle eine reine Beanspruchungskenngröße, denn über die Wöhlerlinien-Neigung k und die Dauerfestigkeit SD hängt sie zudem auch noch von Schwingfestigkeitskenngrößen des jeweiligen Bauteils ab!
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen Arbeiten, die sich mit der „Gültigkeit“ der Miner-Regel und der ihr zugrunde liegenden linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese mehr oder weniger schlüssig auseinandersetzen, sind in einer nicht mehr überschaubaren Vielzahl im Schrifttum zu finden. Dennoch wurde bislang in dieser Frage weder eine klare, noch eine einheitliche Einschätzung gewonnen: so unterschiedlich wie die Befunde sind die ihrer Bewertung zugrunde gelegten Prämissen und deshalb auch die abgeleiteten Folgerungen. Hier sei zunächst auf zwei Arbeiten von Schütz und Zenner [238, 239] Bezug genommen, die auch Hinweise auf weiteres einschlägiges Schrifttum enthalten. Ziel dieser Arbeiten war es zu untersuchen, welche Gegebenheiten die bei Bruch zutreffende Schädigungssumme nach einer Miner-Rechnung beeinflussen. Ergänzend werden Ergebnisse einer neueren Auswertung von Versuchsdaten erörtert, die von Eulitz und Kotte unter einer ähnlichen Fragestellung durchgeführt und von Eulitz zusammenfassend veröffentlicht wurden [240].
306
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Überprüfung anhand der Schädigungssumme Schütz und Zenner werteten etwa 350 Versuchsreihen aus BlockprogrammVersuchen und etwa 130 Versuchsreihen aus Zufallslasten-Versuchen anhand der zugehörigen Daten der Wöhler-Versuche aus. Für die einzelnen Versuchsreihen verglichen sie den durch mindestens je fünf Versuche belegten Mittelwert der Lebensdauer mit der rechnerischen Lebensdauer. Dazu errechneten sie die Schädigungssumme, die sich für die im Versuch ertragene Lebensdauer nach der Original-Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2–7, und nach der elementaren Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, ergab. Damit sind, was den Abfall der Dauerfestigkeit als Funktion der Schädigung betrifft, die beiden denkbaren Grenzfälle abgehandelt, Abb. 3.2–11. Die errechneten Schädigungssummen unterschieden sich im Einzelfall mehr oder weniger stark von der theoretisch erwarteten Schädigungssumme D = 1. Eine Auftragung der Schädigungssummen im Wahrscheinlichkeitsnetz diente der zusammenfassenden Auswertung. Mit der für die Abb. 3.2–22 bis 3.2–24 gewählten und vom Original abweichenden Darstellungsweise sind die zugehörigen Häufigkeitssummen auch ausdeutbar als Vertrauenswahrscheinlichkeiten C, um mit einer von D = 1 abweichenden Schädigungssum-
Abb. 3.2–22. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Blockprogramm-Versuchen an Bauteilen und Kerbstäben aus Stahl, Aluminium- und Titan-Legierungen bei Axial- oder Biegebeanspruchung, nach der Auswertung von Schütz und Zenner [238]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
307
Abb. 3.2–23. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Zufallslasten- und Einzelflug-Versuchen an axial beanspruchten Kerbstäben aus Aluminium-Legierungen, nach der Auswertung von Schütz und Zenner [238]
me eine zutreffende Lebensdauer-Vorhersage nach der Miner-Regel zu erhalten, Abschn. 3.2–12. Die Schädigungssumme bezeichnet den Verhältniswert der im Versuch ertragenen Lebensdauer zu der errechneten Lebensdauer. Schädigungssummen kleiner als 1 bedeuten mithin eine rechnerische Überschätzung der Lebensdauer und damit eine Vorhersage auf der unsicheren Seite. Bei Schädigungssummen größer als 1 liegt die Vorhersage hingegen auf der sicheren Seite, d.h. die Lebensdauer nach dem Versuch wird dann unterschätzt. Die Diskussion der von D = 1 abweichenden Schädigungssummen muss – sich auf ihre Mittelwerte und auf ihre Streuspannen erstrecken: Von D = 1 abweichende Mittelwerte verweisen auf einen systematischen Einfluss, dem bei allen ähnlich gelagerten Fällen Rechnung getragen werden kann, Abschn. 3.2–12. Große Streuspannen TD deuten auf nicht erfasste, fallweise unter-
308
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–24. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Einzelflug-Versuchen bei Raumtemperatur und erhöhter Temperatur an axial beanspruchten Kerbstäben und Schweißverbindungen aus der Titanlegierung Ti8Al1Mo1V1, nach der Auswertung von Schütz und Zenner [238]
schiedlich ausgeprägte Einflüsse, die die Verlässlichkeit der errechneten Lebensdauerwerte einschränken. Außerdem ist zu bedenken, dass sowohl die Ergebnisse aus den WöhlerVersuchen, die als Eingangsdaten der Berechnung dienen, wie auch die Ergebnisse aus den Betriebsfestigkeits-Versuchen, die zur Überprüfung der Miner-Regel herangezogen werden, mit einer nicht unerheblichen Streuung und Zufälligkeit und mit einer experimentellen Unsicherheit behaftet sein können. Auch diese Einflüsse beeinflussen die Schädigungssummen, bzw. ihre Streuspannen TD , dürfen aber gerechterweise nicht der Miner-Regel angelastet werden. Nach einer Abschätzung von Eulitz [240] bedingen allein schon die streuenden Versuchsergebnisse aus den Wöhler- und Betriebsfestigkeitsversuchen – selbst wenn die Schädigungsakkumulations-Hypothese
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
309
den idealen Wert D = 1 liefern würde – eine Streuspanne der Schädigungssummen von TD = 1:2 bis TD = 1:3,5! Feststellungen und Einschätzungen nach Schütz und Zenner Nach ihren Auswertungen kommen Schütz und Zenner zu einigen allgemeinen Feststellungen und zu folgenden Einschätzungen einzelner Einflussgrößen: Mit der Original-Form der Miner-Regel ausgewertet lag der Mittelwert – – über alle Blockprogramm-Versuche mit D = 0,82 nahe bei D = 1, wenn auch mit einer Tendenz zur unsicheren Seite. Die Streuspanne TD in den Grenzen 90% bis 10% war jedoch mit TD = 1:8,0 vergleichsweise beachtlich, Abb. 3.2–22. Demgegenüber ergab sich nach der elementaren Form ausgewertet, – erwartungsgemäß ein zur sicheren Seite tendierender Mittelwert D = 1,70, doch die Streuspanne blieb mit TD = 1:7,8 praktisch unverändert. Bei eingegrenzten Versuchsbedingungen zeigte sich eine kleinere Streuspanne TD . Aus 29 Reihen mit Zufallslasten-Versuchen an Aluminium-Legie– rungen ergab sich ein Mittelwert bei D = 1,05, Abb. 3.2–23, in Verbindung mit einer etwas verkleinerten Streuspanne TD = 1:4,0. Im Vergleich zu Blockprogramm-Versuchen an Aluminium-Legierungen mit einem Mittelwert – D = 1,10 wäre nach diesem Ergebnis kaum ein Reihenfolgeeinfluss zu verzeichnen, was mit der Auswertung nach Abschn. 2.5.2 nur dadurch vereinbar erscheint, dass bei Schütz und Zenner die Anzahl der ausgewerteten Versuche geringer und daher ihr Ergebnis vermutlich stärker zufallsbestimmt ist. Eine systematische Überschätzung der Lebensdauer mit einem Mittelwert – – D = 0,57 für Aluminiumlegierungen, Abb. 3.2–23, oder mit D = 0,59 für eine Titan-Legierung, Abb. 3.2–24, liefert die Miner-Regel für Ergebnisse aus Einzelflug-Versuchen, Abschn. 2.4. Dieser häufig verzeichnete Befund wird allgemein einem ungünstigen Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels zugeschrieben, auch wenn dessen Schädigungsbeitrag an sich unbedeutend sein mag. Die rechnerische Überschätzung der Lebensdauer vergrößerte sich im – Mittel auf D = 0,32, wenn die Einzelflug-Versuche an der Titan-Legierung statt bei Raumtemperatur unter erhöhter Temperatur durchgeführt wurden; auch beim Vergleich von Ergebnissen aus Blockprogramm-Versuchen wurde die Lebensdauer bei erhöhter Temperatur rechnerisch beachtlich überschätzt. Mit D = 0,03 bis 0,08 rechnerisch extrem überschätzt wurde die Lebensdauer von Achsschenkeln, die im kritischen Querschnitt gerollt waren. Dafür kann als Erklärung angeführt werden, dass die Dauerfestigkeit durch das Rollen ganz wesentlich, die Betriebsfestigkeit jedoch weit weniger ansteigt, weil sich die günstigen Druck-Eigenspannungen unter dem Höchstwert des Kollektivs abbauen, Abschn. 3.1–5. Ebenfalls weit auf der unsicheren Seite ergaben sich die Schädigungssummen bei hohen Druckmittelspannungen oder bei einer Formzahl ak = 1, also in Fällen in denen sich unter der einwirkenden Belastung keine nennenswerten Druckeigenspannungen aufbauen konnten. Überaus hohe Schädigungssummen mit D = 6,5 and 8,7 wurden bei sehr scharf gekerbten Proben aus der Legierung AlMg4,5Mn errechnet. Aus-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
schließlich sehr hohe Schädigungssummen bis D = 5,51 wurden auch für Augenstäbe erhalten, was damit erklärbar sein dürfte, dass bei ihnen im Kerbgrund der Bohrung die unter hohen Zuglasten aufgebauten günstigen Druck-Eigenspannungen weitgehend erhalten bleiben, weil Drucklasten direkt an der Lochleibung übertragen werden. Des Weiteren lieferte auch die Beanspruchungsart einen nennenswerten Einfluss. Die Schädigungssummen für Biegebeanspruchung ergaben sich deutlich niedriger als für Axialbeanspruchung, doch die Streuspannen TD waren für beide Arten der Beanspruchung ähnlich. Lediglich bei 2 von 50 Versuchsreihen mit biegebeanspruchten Stahlproben lag die Schädigungssumme mit D > 1 auf der sicheren Seite. Zudem zeigte sich ein gewisser Einfluss des Spannungsverhältnisses dahingehend, dass die errechnete Lebensdauer mit abnehmendem Spannungsverhältnis bzw. mit einem zunehmenden Anteil von Druckspannungen zur unsicheren Seite tendierte. Vorbehalte hinsichtlich des errechneten Lebensdauerwertes sind auch dann angebracht, wenn die einwirkende Beanspruchung nicht durch ein einziges Amplitudenkollektiv für einheitliche Mittelspannung oder einheitliches Spannungsverhältnis darstellbar ist, obwohl eine formale Abhandlung dieses Sachverhaltes mit Hilfe von Wöhlerlinien für die unterschiedlichen Mittelspannungen oder Spannungsverhältnisse bzw. auf dem Weg der Amplitudentransformation, Abschn. 3.3.6 problemlos erscheinen mag. Alle übrigen untersuchten Einflussgrößen erwiesen sich angesichts der großen Streuspannen kaum als signifikant: Für Aluminium-Legierungen waren die Schädigungssummen im Mittel etwas höher und die Streuspanne etwas größer als für Stähle. Für Titan-Legierungen waren nur wenige Daten vorhanden, sodass sie keine diesbezügliche Aussage abzuleiten gestatteten. Blockprogramm-Versuche mit der Normverteilung, mit p-Wert-Kollektiven oder mit der Geradelinien-Verteilung lieferten nur geringe Unterschiede der Schädigungssummen; auch die Streuspannen TD waren vergleichbar. Die Formzahl, die ertragene Schwingspielzahl oder die korrosive Einwirkung von künstlichem Meerwasser hatten keinen merklichen Einfluss auf die Schädigungssummen. Bei Schweißverbindungen aus Baustahl ergibt die Auswertung der Ergebnisse aus Blockprogramm-Versuchen mit der Original-Form der Miner-Regel für Stumpfnähte überwiegend Schädigungssummen kleiner 1, bei Kehlnähten sind hingegen etwa 50% der Schädigungssummen größer 1. Für die elementare Form der Miner-Regel liegen die Schädigungssummen bei den Stumpfnähten – – im Mittel bei D = 0,9 und bei den Kehlnähten im Mittel bei D = 1,5. In beiden Fällen ist jedoch die Streuung mit TD = 1:4 bis 1:5 beachtlich. Auswertung und Feststellungen nach Eulitz und Kotte Mit ihrer neueren, umfangreichen Auswertung von Versuchsdaten widmen sich Eulitz und Kotte [240] gleichfalls der Fragestellung, welche Schädi-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
311
gungssummen aufgrund nachgerechneter Versuchsergebnisse für eine Schädigungsakkumulations-Rechnung als zutreffend angesehen werden dürfen. Ihre Auswertung erstreckt sich auf rund 18000 Einzelergebnisse, durch die mehr als 2000 Spannungshorizonte mit Betriebsfestigkeits-Versuchen und 351 zugehörige Wöhlerlinien belegt sind. Sie zeichnet sich aus durch eine besonders sorgfältige Aufbereitung der in die Auswertung einbezogenen Daten. So wurden alle herangezogenen Versuchsreihen mit allen Einzelversuchen, den zugehörigen Werkstoffdaten, den Belastungsvorgaben sowie den Probenformen einer kritischen Sichtung unterzogen, fehlende Angaben durch Nachforschung ergänzt und sodann in einheitlichen Formaten als Dateien auf einem PC abgespeichert. Für jede Versuchsreihe im Sinne einer Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie wurde eine eigenständige Datei mit einer Beschreibung aller Einzelheiten angelegt. Belastungskollektive sind, soweit möglich, als Rainflow-Matrix und als Übergangsmatrix aufbereitet, indem verfügbare Originalmatrizen gespeichert, Originallastfolgen klassiert oder nicht mehr verfügbare Lastfolgen neu generiert und klassiert wurden. 72 Originallastfolgen sind in einem Lastfolgenspeicher dokumentiert. Ergänzend sind sodann auch noch die Ergebnisse der rechnerischen Lebensdauervorhersage in Dateien abgelegt. Die gesamte Datensammlung liegt als CDRom vor [241]. Der Zugriff auf die Dateien wird durch ein bereitgestelltes Auswahlprogramm unterstützt. Weiterhin kennzeichnend ist eine erneute einheitliche Auswertung der Wöhlerlinien hinsichtlich der Neigung im Zeitfestigkeitsbereich, der Schwingspielzahl am Abknickpunkt und der Dauerfestigkeit mittels Regressionsrechnung sowie alternativ mittels normierter Wöhlerlinien. Von den Kennwerten der Wöhlerlinie erwies sich insbesondere die festgelegte Schwingspielzahl am Abknickpunkt und die damit bestimmte Dauerfestigkeit von erheblichem Einfluss auf die Schädigungssumme. Mit der Verwendung normierter Wöhlerlinien werden diesbezüglich die Erfahrungen aus einer Großzahl von Wöhlerversuchen genutzt. Normierte Wöhlerlinien mit den Kennwert-Festlegungen der FKM-Richtlinie [44], Abschn. 3.1.6, zeigen gegenüber synthetischen Wöhlerlinien nach Hück, Thrainer und Schütz [122], Anhang 5.4, die bessere Übereinstimmung mit den experimentellen Wöhlerlinien, Abb. 3.2–25. Verschiedene Zählverfahren wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf die errechnete Lebensdauer einbezogen, indem aus der Rainflow-Matrix das Amplitudenkollektiv entsprechend dem Klassendurchgangs-Verfahren, Abschn. 2.2.1, entsprechend dem Spannenpaar-Verfahren, Abschn. 2.2.6, sowie durch Transformation aller Amplituden auf ein Spannungsverhältnis R = –1, Abschn. 3.2.6, abgeleitet wurde. Unsymmetrische Kollektive wurden für das Klassendurchgangs-Verfahren durch die Amplitudentransformation symmetrisiert, oder es wurden die Kollektive nach dem Klassendurchgangsund dem Spannenpaar-Verfahren gemittelt, Abschn. 2.2.6. Nach den erzielten Ergebnissen ist eine Berechnung mit Kollektiven nach dem Klassendurchgangs-Verfahren abzulehnen; die Streuspannen der Schädigungssummen
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
SD (Schätzung) [MPa]
312
Dauerfestigkeitsschätzung nach ● HTS ▲ RLI
a
k (Schätzung)
SD (exp.) [MPa]
Neigungsexponenten der synth. Wöhlerlinie nach ● HTS ▲ RLI
b k (exp.)
Abb. 3.2–25a, b. Treffsicherheit bei einer Abschätzung a der Dauerfestigkeit und b des Neigungsexponenten; HTS = nach Hück, Thrainer und Schütz [150], RLI = nach FKM-Richtlinie [44], aus [240]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
313
sind dabei vergleichsweise um den Faktor 1,7 bis 1,9 größer. Die mittels Amplitudentransformation abgeleiteten Kollektive lieferten insgesamt die geringsten Streuspannen der Schädigungssummen; sie werden deshalb von Eulitz und Kotte für die Schädigungsakkumulations-Rechnung empfohlen, Tabelle 3.2–8. Zur Schädigungsakkumulations-Rechnung kam die Miner-Regel vergleichsweise in der elementaren Form, Abschn. 3.2.2, in der modifizierten Form, Abschn. 3.2.8, in der konsequenten Form, Abschn. 3.2.9, und in einer weiteren, vorstehend nicht behandelten Variante zur Anwendung. Trotz der größeren Datenbasis und trotz aller Sorgfalt bei der Datenaufbereitung und der Kollektivermittlung sind die erhaltenen Ergebnisse, Tabelle 3.2.9, ungünstiger als nach der früheren Auswertung von Schütz und Zenner [182], – Abb. 3.2–22: Nicht nur die erhaltenen Mittelwerte liegen mit rd. D = 0,3 bis – 0,4 gegenüber den seinerzeitigen Werten von rd. D = 0,8 bis 1,7 niedriger und – wesentlich unter dem Erwartungswert D = 1, sondern vor allem auch die Streuspannen in einer Größe von rd. TD = 1:12,5 sind erheblich größer als der seinerzeitige Wert TD = 1:8,0! Erwartungsgemäß sind die Mittelwerte und Streuspannen für die modifizierte und konsequente Form der Miner-Regel praktisch gleich, weil sich diese beiden Varianten in dem durch die Versuche belegten Schwingspielzahlbereich kaum unterscheiden, Linien b und c in Abb. 3.2–19. Für die elementare Form der Miner-Regel ist die Streuspanne zwar etwas geringer; doch – Tabelle 3.2–8. Einfluss des Zählverfahrens auf Mittelwert D und Streuspanne TD der Schädigungssummen nach der konsequenten Form der Miner-Regel bei beliebigen und bei unsymmetrischen Kollektiven Kollektivform Zählverfahren Transformierte Amplituden Spannenpaar-Verfahren Klassendurchgangs-Verfahren Mittel aus Klassendurchgangsund Spannenpaar-Verfahren
beliebig, n = 964
unsymmetrisch, n = 79
– D
TD
– D
TD
0,29 0,27 0,63
1:12,7 1:15,3 1:25,9
0,53 0,50 1,91 1,33
1:29,4 1:37,8 1:210,8 1:81,5
– Tabelle 3.2–9. Mittelwerte D und Streuspannen TD der Schädigungssummen für die drei Varianten der Miner-Regel und für die Kollektive der transformierten Amplituden, n = 964 Elementare Form der Miner-Regel Modifizierte Form der Miner-Regel Konsequente Form der Miner-Regel
– D = 0,39 – D = 0,28 – D = 0,29
TD = 1 : 12,3 TD = 1 : 12,6 TD = 1 : 12,7
314
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
muss bedacht werden, dass mit ihr die Lebensdauer in den praxisrelevanten Fällen unterschätzt wird, wenn der Höchstwert des Kollektivs nicht so weit über der Dauerfestigkeit liegt wie bei den ausgewerteten Versuchen, Linie a in Abb. 3.2–19. Eulitz und Kotte sprechen sich deshalb eindeutig für die konsequente Form der Miner-Regel aus. Die betreffende Streuverteilung der Schädigungssummen im Wahrscheinlichkeitsnetz zeigt Abb. 3.2–26. Angesichts des insoweit unbefriedigenden Befundes untersuchten Eulitz und Kotte, ob durch eine gesonderte Betrachtung charakteristischer Gruppen
n = 964 Werte Mittelwert D = 0,29
Vertrauenswahrscheinlichkeit [%]
Streuspanne TD = 1:12,7
Schädigungssumme Abb. 3.2–26. Schädigungssummen nach den Auswertungen von Eulitz und Kotte [240]: 964 Werte aus unterschiedlichsten Versuchsreihen, jeweils errechnet nach der konsequenten Form der Miner-Regel anhand des Kollektivs der transformierten Amplituden
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
315
– Tabelle 3.2–10. Mittelwerte D und Streuspannen TD der Schädigungssummen für unterschiedliche Gruppierungen der jeweils n Berechnungswerte, ermittelt nach der konsequenten Form der Miner-Regel und mit den Kollektiven der transformierten Amplituden Gesamtheit der Daten Berechnungsgruppen: Werkstoff
Spannungsverhältnis Beanspruchungsart
Kollektivform
Lebensdauerbereich
Wöhlerlinie (Stahl, gekerbt, Zug-Druck)
Stahl Al-Legierungen Eisenguss – R=–1 – R⫽–1 Zug-Druck Flachbiegung Torsion normalverteilt geradelinienverteilt unsymmetrisch Nexp < 106 Nexp < 106 bis 107 Nexp > 107 experimentell normiert experimentell geschätzt nach [621] geschätzt nach [122]
n = 964
– D = 0,29
TD = 1:12,7
n = 525 n = 332 n = 88 n = 587 n = 377 n = 463 n = 422 n = 21 n = 417 n = 127 n = 79 n = 127 n = 542 n = 295 n = 964 n = 928 n = 317 n = 317 n = 317
– D = 0,24 – D = 0,34 – D = 0,38 – D = 0,40 – D = 0,37 – D = 0,25 – D = 0,36 – D = 0,13 – D = 0,38 – D = 0,17 – D = 0,53 – D = 0,26 – D = 0,26 – D = 0,34 – D = 0,29 – D = 0,35 – D = 0,22 – D = 0,21 – D = 0,18
TD = 1:10,3 TD = 1:15,2 TD = 1:13,8 TD = 1:11,8 TD = 1:12,3 TD = 1:11,1 TD = 1:13,5 TD = 1:3,6 TD = 1:10,8 TD = 1:13,4 TD = 1:29,4 TD = 1:6,5 TD = 1:11,0 TD = 1:20,3 TD = 1:12,7 TD = 1:14,4 TD = 1:9,4 TD = 1:15,3 TD = 1:35,5
von Werkstoffen, Bauteilen und Beanspruchungssituationen eine diesbezüglich spezifische Wahl der anzusetzenden Schädigungssummen ermöglicht und die Zuverlässigkeit von Lebensdauerberechnungen erhöht werden kann. Einen Überblick über die betreffenden Ergebnisse vermittelt Tabelle 3.2–10. Wie dort zu ersehen, können Streuspannen TD durch die Betrachtung von Berechnungsgruppen mit spezifischen Schädigungssummen insgesamt gesehen nur geringfügig verringert werden. Die so erreichbare Verbesserung bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Mit der vorgenommenen Gruppenbildung wird die wesentliche Ursache der großen Streuspannen offensichtlich nicht erfasst! Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Unter– schiede der Mittelwerte D und der Streuspannen TD , die aus Tabelle 3.2–10, aus Abb. 3.2–27 und aus den ähnlichen Auswertungen in den Abb. 3.2–24 und 3.2–25 zu entnehmen sind, angesichts der großen Anzahl der Zahlenwerte zwar statistisch signifikant, aber dennoch kaum verallgemeinerungsfähig sind, weil eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der verfügbaren, aus unterschiedlichen Quellen stammenden „Stichproben“ nicht gegeben ist: Für andere Untermengen der Daten würden sich andere Werte ergeben.
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–27. Schädigungssummen nach den Auswertungen von Eulitz und Kotte [240]: Werte aus unterschiedlichsten Versuchsreihen, jeweils errechnet nach der elementaren, der modifizierten und der konsequenten Form der Miner-Regel mit experimentellen Wöhlerlinien und aufgeteilt in werkstoffspezifische Berechnungsgruppen
So kommen Eulitz und Kotte beispielsweise beim Vergleich der Schädigungssummen für Stahl und Al-Legierungen oder für die Spannungsver– – hältnisse R = – 1 und R ⫽ – 1 zu gegenteiligen Feststellungen wie Schütz und Zenner. Überprüfung anhand der Lebensdauerlinie Die Auswertungen von Schütz und Zenner sowie von Eulitz und Kotte erstrecken sich, wie die meisten Auswertungen dieser Art, auf Versuchsergeb-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
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nisse für jeweils einen einzigen Spannungshorizont der Lebensdauerlinie. Insofern ist das Ergebnis der Auswertung auch von den Zufälligkeiten der oft recht wenigen Versuchsergebnisse für den betreffenden Spannungshorizont beeinflusst. Eine Auswertung, die die Ergebnisse auf mehreren Spannungshorizonten einbezieht, sollte hingegen von solchen Zufälligkeiten weniger beeinflusst sein. Eine derartige zusammenfassende Auswertung wurde anhand von Versuchsergebnissen für gekerbte Flachstäbe aus geglühtem Stahl Ck45 sowie aus vergütetem Stahl 42CrMo4 vorgenommen [242]. Die Berechnung ging dabei von den normierten Wöhlerlinien und den Schwingfestigkeits-Kennwerten nach Abschn. 2.1.7 aus. Da sich die normierten Wöhlerlinien-Streubänder für den geglühten Stahl Ck45 und für den vergüteten Stahl 42CrMo4 lediglich in der Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt unterscheiden, liegt es nahe, noch einen weiteren Schritt der Normierung vorzusehen, indem nicht nur die Spannungsamplitude Sa auf die Spannungsamplitude SD , sondern auch noch die Schwingspielzahl N auf die Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt bezogen wird, Abb. 3.2–28. Die Kennwerte der hier in Betracht kommenden vier Wöhlerlinien zeigt Tabelle 3.2–11. Eine statistische Auswertung entsprechend Abb. 2.1–20a–c bestätigt die gute Ausmittelung und die ausgewogene Streuverteilung der ertragbaren Beanspruchungshöhe, die sich für die betreffenden Einzelergebnisse gegenüber dem zweifach normierten Wöhlerlinien-Streuband ergibt: Mittelwert m = 1,017 bei einer Streuspanne TS = 1:1,19. In gleicher Weise auf die Kennwerte der Wöhlerlinien bezogen, lassen sich dann auch die Ergebnisse der Betriebsfestigkeits-Versuche zu Lebensdauer-
Abb. 3.2–28. Zweifach normierte Auftragung der Wöhlerlinien für Kerbstäbe mit ak = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.2–11. Kennwerte der in Betracht kommenden vier Versuchsreihen
Formzahl ak = 3,6
Spannungsverhältnis
SD in N/mm2
ND
Stahl Ck45, geglüht Rm = 651 N/mm2 Stahl 42CrMo4, vergütet Rm = 910 N/mm2
– R bzw. R– = – 1 R bzw. R– = 0 R bzw. R– = – 1 R bzw. R = 0
105 90 165 135
1 · 106 1 · 106 3 · 105 3 · 105
linien in zweifach normierter Darstellung auftragen, Abb. 3.2–29 bis 3.2–31. Es handelt sich dabei um Versuchsergebnisse aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung, Abschn. 2.2.4, um Versuchsergebnisse aus Zufallslasten-Versuchen mit der Standardlastfolge für einen Unregelmäßigkeitsfaktor I = 0,7, Abschn. 2.3.8, sowie um Ergebnisse aus Betriebslastennachfahr-Versuchen mit der digital aufbereiteten BeanspruchungsZeit-Funktion eines reversierenden Walzwerkantriebs, Abschn. 2.3.5 und Abb. 2.3–20. Durch die zusammenfassende Auftragung verdichtet sich die Belegung der Lebensdauerlinien-Streubänder und es werden die vorerwähnten Zufälligkeiten der Einzelergebnisse in den einzelnen Versuchsreihen ersichtlich. Die in den Abb. 3.2–29 bis 3.2–31 eingezeichneten LebensdauerlinienStreubänder sind nach der modifizierten Form der Miner-Regel errechnet; in dem durch Versuche belegten Schwingspielzahlbereich sind die Unterschiede zur konsequenten Form der Miner-Regel gering. Um rechnerisch die Streu-
Abb. 3.2–29. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus BlockprogrammVersuchen mit der Normverteilung für Kerbstäbe mit ak = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
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Abb. 3.2–30. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus Zufallslasten-Versuchen mit der Standardlastfolge für I = 0,7 für Kerbstäbe mit a k = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
Abb. 3.2–31. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus Betriebslastennachfahr-Versuchen mit der digital aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion nach Abb. 2.3–20 für Kerbstäbe mit ak = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
bänder nach Mittelwert und Streubreite zu erhalten, wurden jeweils drei Berechnungen ausgehend von den (zweifach normierten) Wöhlerlinien für Pü = 90%, 50% und 10% vorgenommen. Statistische Auswertungen zeigen, Abb. 3.2–32, welche Streuverteilung die Ergebnisse aus den Betriebsfestigkeits-Versuchen gegenüber der jeweiligen mittleren rechnerischen Lebensdauerlinie in der ertragbaren Beanspruchungshöhe aufweisen. Als Mittelwerte m ergeben sich bei den Blockprogramm-Versuchen bei den Zufallslasten-Versuchen bei den Betriebslastennachfahr-Versuchen
nach Abb. 3.2–29: m = 0,909 nach Abb. 3.2–30: m = 0,883 nach Abb. 3.2–31: m = 0,911
Im statistischen Mittel liegen also die Ergebnisse aus den Betriebsfestigkeitsversuchen unterhalb der mittleren rechnerischen Lebensdauerlinie, und zwar rund um einen Faktor 0,90. Im Sinne der Auswertungen von Schütz und – Zenner, und mit einem mittleren Wert der Neigung k = 6,0 umgerechnet, entspräche dieser Faktor 0,90 einem Mittelwert der Schädigungssummen – von D = 0,55. Bemerkenswert ist zudem, dass die Streuspanne TS bei den Betriebsfestigkeits-Versuchen gegenüber der Streuspanne TS = 1:1,19 bei den Wöhler-Ver-
a
b
Abb. 3.2–32a, b. Streuverteilung der ertragbaren Beanspruchungshöhe; a Streuverteilung zu Abb. 3.2–30 mit einem Mittelwert m = 0,883, b einheitliche Streuverteilungen nach den Abbildungen 3.2–28 bis 3.2–32, wenn sie auf den jeweiligen Mittelwert m bezogen werden [242]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
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suchen praktisch unverändert ist, Abb. 3.2–32. Innerhalb des Zufallsstreubereichs darf eine global zutreffende Streuspanne TS = 1:1,20 zugrunde gelegt werden. Nach Gl. (3.5–12) mit den unterschiedlichen mittleren Nei– gungswerten k in eine Streuspanne TN umgerechnet, ergeben sich nach den Blockprogramm-Versuchen und nach den Zufallslasten-Versuchen Streuspannen TN = 1:3,5 gegenüber TN = 1:2,4 bei den Wöhler-Versuchen und TN = 1:2,1 bei den Betriebslastennachfahr-Versuchen. Das heißt, dass die von Schütz und Zenner bei ihren Auswertungen verzeichneten großen Streuspannen TD zu einem Teil auch aus der sich zu größeren Schwingspielzahlen hin verflachenden Neigung der Lebensdauerlinien erklärbar sein könnten. – Diskussion der Schädigungssummen D Insgesamt gesehen erweist sich mithin die Miner-Regel selbst in ihrer Original-Form im Vergleich zu vielen Versuchsreihen mit Schädigungssummen – wenig unterhalb von D = 1 als durchaus zutreffend, wenn die Ergebnisse der Auswertung von Kotte und Eulitz wegen der nachfolgend zu diskutierenden außergewöhnlich großen Streuspannen TD > 1:10 außer Betracht bleiben. Die modifizierte Form oder die konsequente Form der Miner-Regel kann u.U., und zwar je nach Kollektivform, noch gewisse Korrekturen der Mittel– werte zur sicheren Seite, d.h. in Richtung auf D = 1 bringen. Wie Schütz und Zenner aber zurecht feststellen, ist auf diesem Weg keine Einengung der Streuspanne TD zu erreichen: Für 80% der untersuchten Versuchsreihen verzeichneten sie Schädigungssummen D zwischen 0,3 auf der unsicheren und 2,5 auf der sicheren Seite. Auf die daraus ableitbare Streuspanne TD = 1:8,0 beziehen sich die wesentlichen Vorbehalte, die von Schütz und Zenner gegen die Verlässlichkeit der Miner-Regel vorgebracht werden, was nachfolgend noch zu diskutieren sein wird. – Systematische Abweichungen von einem Mittelwert D = 1 stellten sich in Fällen ein, bei denen ein lebensdauerbestimmender Einfluss von Eigenspannungen zu verzeichnen ist: Bei vorherrschenden Druckeigenspannun– gen ergaben sich Werte deutlich größer als D = 1, d.h. errechnete Lebensdauerwerte auf der sicheren Seite, beispielsweise bei Augenstäben. Ent– sprechend müssten sich kleine Werte D und errechnete Lebensdauerwerte auf der unsicheren Seite einstellen, wenn Zug-Eigenspannungen vorherrschen. Eine gleichartige Auswirkung wie aus Zug-Eigenspannungen kann aber auch dann erwartet werden, wenn günstige Druck-Eigenspannungen unter der Belastung im Betriebsfestigkeits-Versuch stärker abgebaut werden als im Wöhlerversuch, wie z.B. bei den gerollten Achsschenkeln. Nach Schütz und Gaßner [122] scheiden zwar hohe Zug-Eigenspannungen als Erklärung des Einflusses aus dem Boden – Luft-Lastspiel aus; wird aber unterstellt, dass das Boden – Luft-Lastspiel günstige Druck-Eigenspannungen vermindert, die sich unter hohen Zug-Luftlasten bilden, so wird der nachteilige Einfluss des Boden – Luft-Lastspiels ebenso erklärbar wie der Einfluss einer
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
erhöhten Temperatur, die bei abgeminderter Streckgrenze die Ausbildung günstiger Druck-Eigenspannungen aus der Belastung einschränkt. Diese Einschätzung eines dominanten Einflusses von Eigenspannungen bestätigen insbesondere die Untersuchung und die Ergebnisse nach Abb. 3.2–34. Ähnlich detaillierte Betrachtungen von Einflüssen auf die Schädigungssummen, wie sie von Schütz und Zenner ausgeführt und vorstehend erörtert wurden, sind den Berichten von Kotte und Eulitz leider nicht zu entnehmen. Diskussion der Streuspannen TD Der Ansicht von Schütz und Zenner, dass die von ihnen ermittelten großen Streuspannen von TD = 1:8,0 bzw. TD = 1:7,8 nach Abb. 3.2–27 einer Unzulänglichkeit der Miner-Regel anzulasten sind, kann folgendes entgegengehalten werden: Bei der Auswertung von Gaßner und Kreutz [129] ergaben sich, – da die Streuspannen von TU (C) und TU (B) auch als Streuspannen für die – ertragbaren Spannungsamplituden Sa aufgefasst werden dürfen – aus den Versuchsreihen unter Zufallsbelastung (C) und unter Blockprogrammbelastung (B) gleich große Streuspannen TU (C) = TS (C) = TU (B) = TS (B) = 1:1,41. – Sie liefern, wenn sie mit den mittleren Neigungen k aus Abb. 2.5–8 von – – k (C) = 5.38 bzw. k (B) = 6.98 nach Gl. (3.5–12) umgerechnet werden, Streuspannen der Lebensdauer TN (C) = 1:6,5 bzw. TN (B) = 1:11,0, die mit den o.g. Streuspannen TD vergleichbar sind. Oder umgekehrt bedeuten die Streuspannen TD = 1:8 bzw. TD = 1 : 7,8 nach den Auswertungen von Schütz und – Zenner, mit einer mittleren Neigung k = 6,0 umgerechnet, dass die ertragbaren Spannungen eine Streuspanne TS = 1:1,4 aufweisen. In einer vergleichbaren Größenordnung von TQ = 1:1,33 bis 1:1,47 ergeben sich auch die Streuspannen nach dem Q0-Verfahren, Abschn. 3.2–12, das dem U0-Verfahren verwandt ist. Das heißt mit andern Worten, einerlei ob die Verknüpfung der Ergebnisse aus Wöhler-Versuchen und aus Betriebsfestigkeits-Versuchen unabhängig von der Miner-Regel (wie bei der Auswertung von Gaßner und Kreutz) vorgenommen wird, oder aber mittels der Miner-Regel (wie bei Schütz und Zenner oder auch wie beim Q0-Verfahren bei Heuler, Vormwald und Seeger), in allen Fällen ergeben sich Streuspannen in einer vergleichbaren Größenordnung, nämlich Streuspannen TD oder TN von etwa 1:8 bzw. Streuspannen TS oder TU bzw. TQ von etwa 1:1,4. Ihre Ursache kann deshalb wohl nicht bei dem jeweiligen Auswerte- oder Berechnungs-Verfahren, sondern eigentlich nur bei den verfügbaren Versuchsergebnissen zu suchen sein. Einer solchen Betrachtungsweise wurde bei den bisherigen Auswertungen keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Es ist aber zweifelhaft, ob die bei den einzelnen Versuchsreihen jeweils maßgeblichen Einflüsse im Zuge einer nachträglichen Auswertung noch auszumachen wären. Besonders nachdenklich sollte in diesem Zusammenhang des Weiteren vermerkt werden, dass auch die dauerfest ertragbaren Spannungen für Stäh-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen
323
le, wie sie sich nach Lang [149] oder nach Hück, Thrainer und Schütz [150] aus der Zugfestigkeit abschätzen lassen, mit einer Streuspanne von gleichfalls etwa TS = 1:1,4 behaftet sind, Abschn. 3.1.3. In Anbetracht eines offensichtlich markanten Einflusses von Eigenspannungen auf das Ergebnis einer Miner-Rechnung erscheint es mithin naheliegend, auch zur Deutung der hier bezifferten, großen Streuspannen TD , TN , TS , TU und TQ ebenfalls einen Einfluss von Eigenspannungen derart anzunehmen, dass es sich hierbei um die Auswirkung von nicht erfassten Zugoder Druck-Eigenspannungen handelt, die im schwingbruchkritischen Querschnitt aus Fertigungseinflüssen oder aus der Wärmebehandlung als Umwandlungs- oder Wärmespannungen vorliegen und die in den WöhlerVersuchen und in den Betriebsfestigkeits-Versuchen in unterschiedlichem Maße abgebaut bzw. wirksam werden. Der Beweis dieser These wäre aber noch zu erbringen. Gelänge er, wäre eine der grundlegendsten Fragen der Betriebsfestigkeit beantwortet. Eulitz und Kotte fanden keine Erklärung, warum nach ihrer Auswertung [240] die Streuspanne der Schädigungssummen mit TD > 1:10 so beträchtlich größer ist als bei allen vorgenannten, bisher veröffentlichten Auswertungen. Eine Streuspanne in der von ihnen festgestellten Größe ist mit Sicherheit nicht mehr mit der Auswirkung von Eigenspannungen erklärbar; sie muss andere Ursachen haben. Aufschlussreich hierfür wäre – ähnlich wie von Schütz und Zenner vorgenommen – eine Analyse, welche besonderen Merkmale für diejenigen Versuchspunkte gelten, die den unteren bzw. oberen Bereich der Streuverteilung nach Abb. 3.2–26 belegen. Oder eine Analyse darüber, wie und in welchem – u.U. auffälligen Maße sich die Mittelwerte D und Streuspannen TD für die Daten aus den einzelnen der insgesamt 63 ausgewerteten Quellen unterscheiden, was möglicherweise Rückschlüsse auf Besonderheiten einzelner Datenquellen zuließe. Betrachtet man die Angaben zu den ausgewerteten Quellen und die diesbezüglich dokumentierten Kollektive, so fällt auf, dass die Auswertung ohne Unterschied pauschal alle Arten von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen einbezieht. Darunter auch Lastfolgen, von denen bekannt ist, dass sich mit ihnen andere Schädigungssummen ergeben als beispielsweise für Gauß’sche oder ähnliche Zufallslastfolgen: So u.a. die Standard-Lastfolgen TWIST, MINITWIST und FALSTAFF mit Boden-Luft-Lastspiel, sowie daraus abgeleitete Lastfolgen zur Untersuchung des Einflusses einer Omission oder Truncation ohne Beachtung der bekannten Unterschiede, die sich dabei für gekerbte oder genietete Prüfstäbe ergeben, Abb. 2.4–5, weiterhin Lastfolgen mit stark veränderlichen Mittelwerten, oder Lastfolgen zur Untersuchung des Einflusses von Zug- oder Druck-Überlasten und von Sonderereignissen. Solche Lastfolgen, für die sich unsymmetrische Kollektive ergeben, führen nach Tabelle 3.2–10 für sich alleine betrachtet auf eine extreme Streuspanne von TD ≈ 1:30, die das ungünstige Gesamtergebnis erheblich mitbestimmt. Auch wäre es von praktischem Interesse aufzuzeigen, welche Arten der Unsymme-
324
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– trie auf Schädigungswerte oberhalb oder unterhalb des Mittelwertes D = 0,53 führen.
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung Basierend auf den Erfahrungswerten, wie sie aus den Vergleichen von Rechnung und Versuch gewonnen wurden, lassen sich gewisse Folgerungen und Hinweise ableiten, wie die Verlässlichkeit der Miner-Regel bei ihrer praktischen Anwendung für die Lebensdauerberechnung verbessert werden kann. Zwei Möglichkeiten sind dafür gegeben: Ein Rechnen mit Schädigungssummen D ⫽ 1, oder ein Rechnen mit veränderten Schwingfestigkeits-Kennwerten SD der Wöhlerlinien. Rechnen mit Schädigungssummen D ⫽ 1 für Bauteilversagen Für die vorangegangenen Abhandlungen und für die hergeleiteten Formeln wurde mit Gl. (3.2–2) unterstellt, dass das Schwingbruchversagen eines Bauteils mit dem Erreichen einer Schädigungssumme D = 1 eintritt. Die vorliegenden Auswertungen führen hingegen zu der Feststellung, dass das Schwingbruchversagen in Betriebsfestigkeits-Versuchen bei Schädigungssummen D ⫽ 1 zu verzeichnen ist, und zwar vorzugsweise bei Schädigungssummen D < 1. Eine naheliegende Folgerung ist es deshalb, die Lebensdauerberechnung nach der Miner-Regel unter der Vorgabe einer Schädigungssumme D ⫽ 1 für Bauteilversagen durch Schwingbruch vorzunehmen. Welche Schädigungssumme für Bauteilversagen vorgegeben werden sollte, um einen verlässlichen Lebensdauerwert zu erhalten, ist insbesondere danach zu entscheiden, welche Vertrauenswahrscheinlichkeit C für den errechneten Lebensdauerwert gelten soll. Wie im Abschn. 3.2.10 ausgeführt, erweisen sich dafür nicht nur Merkmale der Beanspruchungs-Zeit-Funktion von Einfluss, sondern in Wechselwirkung mit ihnen auch schwingfestigkeitsbestimmende Eigenschaften des Bauteils. Beispielsweise wäre nach Abb. 3.2–23 für die Twist-Lastfolge oder eine andere Lastfolge mit Boden-Luft-Lastspiel bei C = 90% eine Schädigungssumme D = 0,28 anzusetzen. Oder für eine Zufallslastenfolge bei C = 90% eine Schädigungssumme D = 0,52. Wie von Eulitz und Kotte mit Tabelle 3.2.8 aufgezeigt, ist darüber hinaus auch noch zu berücksichtigen, nach welchem Zählverfahren das Amplitudenkollektiv bestimmt wird. Folgt man mit gutem Grund ihrer Empfehlung, Amplitudenkollektive für eine Schädigungsrechnung aus Rainflow-Matrizen mittels Amplitudentransformation abzuleiten, so ergeben sich damit niedrigere Schädigungswerte als mit (härteren) Amplitudenkollektiven nach dem Klassendurchgangs-Verfahren, wie es wohl noch vornehmlich für die frühe-
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung
325
ren Auswertungen zur Anwendung kam. Damit ist dann auch erklärbar, warum sich nach der Auswertung von Eulitz und Kotte der in Tabelle 3.2–9 und im Folgenden genannte pauschale Mittelwert der Schädigungssummen von – – rund D ≈ 0,3 ergibt gegenüber Mittelwerten von rund D ≈ 0,8 nach den bisherigen Auswertungen von Schütz und Zenner, von Gaßner und Kreutz oder von Heuler, Vormwald und Seeger. Nach diesem neuen Erkenntnisstand und bei einer entsprechenden Ableitung des Amplitudenkollektivs ist also zu empfehlen, im Normalfall – wie auch in der FKM-Richtlinie [44] angegeben – mit einer Schädigungssumme D = 0,3 zu rechnen, hingegen in Sonderfällen mit bekanntermaßen ungünstigen Reihenfolgeeinflüssen – wie beispielsweise bei einer Lastfolge mit Boden-Luft-Lastspiel – oder bei bekanntermaßen ungünstigen Bauteileigenschaften – wie beispielsweise bei gerollten Achsschenkeln – mit einer noch weiter abgeminderten Schädigungssumme D < 0,3 zu rechnen. Die praktische Umsetzung dieser Konzeption kann einfach dadurch geschehen, dass die Lebensdauer wie formelmäßig in den Abschn. 3.2.2, 3.2.7, – 3.2.8 oder 3.2.9 angegeben, als Schwingspielzahl N (D = 1) für D = 1 berechnet wird. Für eine von D = 1 abweichend vorgegebene Schädigungssumme DB folgt dann die Lebensdauer als – – – N = N (D = DB) = DB · N (D = 1) .
(3.2–86)
Begründet mit einer generell erkennbaren Tendenz der Miner-Regel zur rechnerischen Überschätzung der Lebensdauer, ist die Empfehlung, entsprechend Gl. (3.2–86) mit einer Schädigungssumme DB < 1 zu rechnen, im Schrifttum weit verbreitet. Dieser einfachen Formel zur Korrektur des rechnerischen Lebensdauerwertes haftet jedoch eine grundsätzliche Problematik an: Wenn sich die Kollektivform dem Rechteck-Kollektiv einer Einstufenbeanspruchung annähert, fällt die korrigierte Lebensdauer schließlich niedriger aus als nach der Zeitfestigkeitslinie für das Rechteck-Kollektiv zu erwarten wäre. Eine in diesem Punkte widerspruchsfreie Formel wurde von Wirthgen für die FKM-Richtlinie in Vorschlag gebracht. Sie lautet – – N (D = DB) = N + DB · [N (D = 1) – N] ,
(3.2–87)
wenn – N (D = DB) die auf D = DB reduzierte Schwingspielzahl, – N (D = 1) die mit D = 1 errechnete Schwingspielzahl, und – N die Schwingspielzahl nach der Wöhlerlinie bei Sa = S a bedeutet. Sie besagt anschaulich, dass nur die über die Wöhlerlinie hinausgehende Schwingspielzahl durch die abgeminderte Schädigungssumme vermindert wird, während die Schwingspielzahl bis zur Wöhlerlinie unbeeinflusst bleibt.
326
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Wird die Schwingspielzahl nach der Wöhlerlinie entsprechend Gl. (2.1–22) errechnet und eingesetzt, – – N(Sa = S a) = ND · (S a / SD)–k,
(3.2–88) – so lässt sich Gl. (3.2–87) zur Berechnung von N (D = DB) auch wie folgt schreiben, wenn nach den Formeln der Abschn. 3.2.2 bis 3.2.10 die Schwing– spielzahl N mit der Schädigungssumme D = 1 errechnet wurde: – – – N (D = DB) = N (D = 1) / DB + ND · (S a / SD)–k · (1 – DB) /DB , (3.2–89) – – oder nach Umformung zur Berechnung von N (D = 1), wenn N (D = DB) als nachzuweisende Lebensdauerforderung vorgegeben ist: – – – N (D = 1) = N (D = DB) · DB + ND · (S a / SD) –k · (1 – DB) . (3.2–90) Für die experimentell gut belegten Kollektive des stationären Gaußprozesses oder der Normverteilung unterscheiden sich die nach Gl. (3.2–86) korrigierten Lebensdauerwerte nur etwa um ein Prozent, weil dabei N – weniger als 1/100 von N (D = 1) beträgt. Für diese und ähnliche Kollektivformen dürfen also die im Sinne von Gl. (3.2–86) bestimmten Schädigungssummen DB in gleicher Größe auch bei Gl. (3.2–87) in Ansatz kommen. Eindeutige und anderweitig verifizierbare Festlegungen für DB können allerdings aus Auswertungen, wie sie für die Abb. 3.2–23 bis 3.2–26 vorgenommen wurden, nicht abgeleitet werden, weil die Streubereiche auch bei strukturierten Analysen ähnlich Abb. 3.2–27 groß sind, sich weitestgehend überdecken und sich bisher weder beanspruchungs- noch werkstoffmechanisch deuten lassen. Deshalb sind in allgemeiner Form nur empirisch pauschalierende Festlegungen möglich, so wie es u.a. für die FKM-Richtlinie geschah. Die dort empfohlenen Werte sind DB = 0,3 für nichtgeschweißte Bauteile aus Stahl, Stahlguß und Aluminiumknetlegierungen, DB = 0,5 für geschweißte Bauteile sowie DB = 1 für Bauteile aus den Gußwerkstoffen GGG, GT, GG und Aluminiumguss. Relative Miner-Regel Bei der Relativen Miner-Regel wird mit einer fallweise ermittelten Schädigungssumme DB gerechnet, die sich für das betrachtete Bauteil nach vorliegenden Ergebnissen aus Betriebsfestigkeits-Versuchen und der zugehörigen Kollektivform als DV errechnet. Es wird angenommen, dass diese Schädigungssumme als DV = DB auch unter vergleichbaren Bedingungen bei der Lebensdauerberechnung für eine andere Kollektivform zutrifft. Für die durch Versuche belegte Kollektivform folgt die Schädigungssumme DV in Umkehr von Gl. (3.2–86) aus der für sie experimentell bestimmten
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung
327
– Lebensdauer NV (exp) und der für sie mit D = 1 berechneten Lebensdauer – N V (D = 1): – – DV = N V (exp) / NV (D = 1) . (3.2–91) Entsprechend zu Gl. (3.2–86) gilt dann – – – N = N (D = DV) = DV · N (D = 1)
(3.2–92)
und aus der Zusammenfassung mit Gl. (3.2–91) ergibt sich die Relative Miner-Regel als – – – N = NV (exp) · [N (D = 1) / N V (D = 1)] .
(3.2–93)
– Sie besagt, die gesuchte Lebensdauer N für die betrachteten Bedingungen er– gibt sich aus der aus Versuchen bekannten Lebensdauer N V , multipliziert mit dem Verhältnis der Lebensdauerwerte, die für die betrachteten und für die bei den Versuchen geltenden Bedingungen mit D = 1 errechnet werden. Dieses Vorgehen bietet sich insbesondere an, um von den vorliegenden Versuchsergebnissen für eine Standard-Lastfolge auf die Lebensdauer unter der in einem Anwendungsfall interessierenden, speziellen Kollektivform um– zurechnen. Logischerweise müssen die Lebensdauerwerte N (D = 1) und – N V (D = 1) jeweils für D = 1 anhand der gleichen Wöhlerlinie berechnet werden. Über diese Wöhlerlinie kann bzw. muss notfalls eine sinnfällige Annahme getroffen werden. Ebenso ist dieses Vorgehen geeignet, um von Versuchsergebnissen für einen bestimmten Werkstoff oder für eine bestimmte Formzahl auf die Lebensdauer bei verändertem Werkstoff oder bei veränderter Formzahl umzu– – rechnen. Dazu werden die Lebensdauerwerte N (D = 1) und N V (D = 1) für D = 1 anhand der jeweils zutreffenden Wöhlerlinie berechnet. Da der absolute Wert der Schädigungssumme bei der Relativen Miner-Regel ohne Bedeutung ist, erhoffte man auf diese Weise verlässlichere Lebensdauerwerte errechnen zu können [238], was sich erwartungsgemäß auch im statistischen Mittel und insbesondere dann bestätigt, wenn die den Versuchen zugrunde liegenden Bauteileigenschaften und Beanspruchungsbedingungen in ihren kennzeichnenden Merkmalen und in den zugehörigen Kollektivkennwerten von denen des Anwendungsfalles nur wenig verschieden sind, Abb. 3.2–33. Sind hingegen die beiden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen von unterschiedlichem Charakter, oder bestehen bei ihnen merkliche – – Unterschiede in den Kollektivhöchstwerten S o und S u , so kommt es auch mit der Relativen Miner-Regel zu beträchtlichen Fehleinschätzungen der Lebensdauer, die sich zudem noch abhängig von Bauteileigenschaften in unterschiedlicher Ausprägung einstellen. Wie Schütz und Lowak [118] anhand der Ergebnisse nach Abb. 2.4–5 und anhand weiterer Versuchsreihen nachweisen, sind Fehleinschätzungen der Lebensdauer auch bei der Relativen Miner-Regel in erster Linie dadurch be-
328
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–33. Statistische Verteilung von Schädigungssummen nach der Relativen Miner-Regel, nach Schütz
dingt, dass sich im Kerbgrund unterschiedliche Eigenspannungszustände ausbilden, Abb. 3.2–34, des Weiteren dadurch, dass sich unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen großen und kleinen Spannungsamplituden ergeben, sowie bei Fügungen dadurch, dass unterschiedlich starke Reibkorrosion auftritt. An dieser grundsätzlichen Einschätzung hat sich auch nach neueren Untersuchungen nichts geändert, wenngleich es mit ihnen gelang, für die Belange des Flugzeugbaus einige Einflussgrößen zu quantifizieren [243, 244]. Rechnen mit verändertem Schwingfestigkeitskennwert SD Die Erörterung der Abb. 3.2–29 bis 3.2–32 legt den Schluss nahe, dass die Abweichungen zwischen Versuch und Rechnung weniger als Unterschiede der Lebensdauerwerte als vielmehr als Unterschiede der ertragbaren Beanspruchungshöhe aufzufassen sind, was insbesondere dann einen sachlichen Unterschied ausmacht, wenn die Lebensdauerlinie mit zunehmender Schwingspielzahl einen flacheren Verlauf annimmt und die Rechnung zur Extrapolation auf hohe Schwingspielzahlen herangezogen wird.
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung
329
Abb. 3.2–34. Einfluss veränderter Eigenspannungen im Kerbgrund auf die Schädigungssumme bei der Relativen Miner-Regel [120]
So wäre für die Versuchsergebnisse nach den Abb. 3.2–29 bis 3.2–31 für die ertragbare Beanspruchungshöhe eine praktisch perfekt übereinstimmende Rechnung nach Mittelwert und Streuspanne TS gegeben, wenn die Berechnung mit einem Schwingfestigkeits-Kennwert SD vorgenommen wird, der im Verhältnis m = 0,909, m = 0,883 bzw. m = 0,911 abgemindert ist, Text zu Abb. 3.2–32. Bei einer Berechnung mit geeignet vorgegebenen Schädigungssummen D < 1 wäre zwar ebenfalls eine Übereinstimmung im Mittelwert der Lebensdauer zu erreichen, jedoch bei einer deutlich vergrößerten Streuspanne TN [184]. Q0-Verfahren Einem Rechnen mit abgeminderten Schwingfestigkeits-Kennwerten SD bzw. SA vergleichbar ist das Q0-Verfahren, wie es von Heuler, Vormwald und Seeger vorgeschlagen wurde [131]. Die dafür geltenden Bezeichnungen erläutert Abb. 3.2–35: Die Lebensdauerlinie für das betrachtete Kollektiv wird nach der elementaren Form der Miner-Regel aus Gl. (3.2–13) errechnet. Der Faktor Q0 bezeichnet die Abweichung, die sie in der ertragbaren Spannungs– höhe bei einer vorgegebenen Schwingspielzahl NQ gegenüber der im Versuch ermittelten Lebensdauerlinie zeigt.
330
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.2–35a, b. Für das Q0-Verfahren geltende Bezeichnungen [131]; a Interpretation von Q0 nach [131] als nachträgliche Korrektur der errechneten Lebensdauerlinie, b hier gewählte Interpretation von Q0 als Vorab-Korrektur der Wöhlerlinie für die Schadensakkumulations-Rechnung
a
b
c
Abb. 3.2–36a – c. Statistische Auswertung der Q0-Werte [111]; – – – a Blockprogramm-Versuche mit der Normverteilung, NQ = N = 106, R = –1 und 0; – – – 6 b Zufallslasten-Versuche mit der Gaußverteilung, NQ = N0 = 10 , R = –1 und 0; – – – c Zufallslasten-Versuche mit der Geradlinienverteilung, NQ = N0 = 106, R = –1 und 0
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung
331
Die aus einer Vielzahl verfügbarer Lebensdauerlinien so abgeleiteten Werte Q0 unterliegen mit Werten TQ = 1:1,31, 1:1,33 und 1:1,47 einer überraschend kleinen Streuung, Abb. 3.2–36. Die Mittelwerte für die Normverteilung und die Gauß’sche Zufallslastenfolge sind vergleichbar mit den Mittelwerten m zu den Abb. 3.2–29b und 30b. Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass sich die Werte Q0 in einem Bereich 2,5 ≤ k ≤ 14 (bei geeigneter – Wahl von N Q !) kaum von der Neigung k der Wöhlerlinie abhängig erweisen. Andererseits ist eine Abhängigkeit der Werte Q0 von der Form bzw. vom Völligkeitsgrad des Kollektivs zu erwarten und auch aus Abb. 3.2–36 zu erkennen. Der Faktor Q0 kann ebensogut ausgedeutet werden als ein Faktor, um den die Wöhlerlinie in ihrem Schwingfestigkeits-Kennwert SA oder SD abgesenkt werden muss, um eine Übereinstimmung der durch Rechnung und durch Versuch ermittelten Lebensdauerlinien bei der vorgegebenen Schwingspiel– zahl N 0 zu erreichen. Dafür gilt nach Gl. (2.1–22) N = NA · [Sa / (SA / Q0)]–k.
(3.2–94)
Ungeachtet ihrer speziellen Ableitung anhand der elementaren Form der Miner-Regel darf den Werten Q0 bei dieser Art der Ausdeutung eine allgemeinere Bedeutung auch in Verbindung mit der modifizierten oder der konsequenten Form der Miner-Regel beigemessen werden. Denn zu ihrer Ablei– tung war in [131] die Schwingspielzahl N 0 so niedrig gewählt, dass die nach der elementaren Form berechnete Lebensdauerlinie in diesem Bereich auch für die modifizierte oder die konsequente Form zutrifft, Abb. 3.2–19. Veränderliche Mittelspannung Alle bisherigen Ausführungen zur Miner-Regel unterlagen der einleitend im Abschn. 3.2.2 formulierten und im Übrigen stillschweigenden Voraussetzung, dass für alle auftretenden Spannungsamplituden das gleiche Spannungsverhältnis oder zumindest eine konstante Mittelspannung gilt. Denn in diesem Fall, bzw. nur in diesem Fall können die Schädigungsbeiträge der einzelnen Schwingspiele aus der Gleichung einer einzigen Wöhlerlinie errechnet wer– den, wie es bei den abgeleiteten Formeln zur Berechnung der Lebensdauer N geschah. Demgegenüber verlangt der Fall eines veränderlichen Spannungsverhältnisses oder einer veränderlichen Mittelspannung eine besondere Berücksichtigung auf drei Problemebenen: – bei der Ermittlung des Amplitudenkollektivs, – bei der Bereitstellung entsprechender Wöhlerlinien oder des Haigh-Schaubildes, und – bei der Lebensdauerberechnung wegen nicht erfasster Reihenfolgeeinflüsse.
332
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Bei einer nur mäßig veränderlichen Mittelspannung kann das Amplitudenkollektiv noch als einparametrisches Kollektiv gemäß dem Vorschlag von Svenson und Lipp, Abschn. 2.2.6, durch Mittelung aus den Kollektiven nach dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren gewonnen werden, wobei beide Einzelkollektive auch aus einer (zweiparametrischen) Zählung nach dem Rainflow-Verfahren abgeleitet werden können, Abschn. 3.3.3. Die Schädigungsakkumulations-Rechnung kann dann wie bei konstanter Mittelspannung bzw. Spannungsverhältnis anhand einer einzigen Wöhlerlinie geschehen, die der Mittelspannung entspricht, wie sie dem Kollektiv nach dem Klassendurchgangs-Verfahren zu entnehmen ist. Diese Vorgehensweise entspricht aber nicht mehr dem neueren Erkenntnisstand, wie er mit Tabelle 3.2–8 veranschaulicht wird. Zudem ist es schwierig zu definieren, wann eine nur mäßig veränderliche Mittelspannung vorliegt. Bei einer markant oder auch nur mäßig veränderlichen Mittelspannung stehen zwei alternative Möglichkeiten des Vorgehens zur Wahl, die von unterschiedlicher Qualität sind: Nach der rein formalen Lösungsmöglichkeit muss statt des Amplitudenkollektivs die zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Spannungsamplituden und Mittelspannungen nach dem Rainflow-Verfahren bestimmt werden, Abschn. 3.3.3. Davon ausgehend kann dann die Schädigungsakkumulations-Rechnung anhand einer Schar von Wöhlerlinien geschehen, die für die verschiedenen Mittelspannungen verfügbar sein müssen. Ersatzweise kann auch von einer einzigen Wöhlerlinie ausgegangen werden, die entsprechend der anzusetzenden Mittelspannungsempfindlichkeit nach Gl. (3.1–21) oder Gl. (3.1–22) auf die anderen Mittelspannungen umgerechnet wird. Dem gleichwertig wäre auch eine Amplitudentransformation auf Nennspannungsbasis, wie im Abschn. 3.3.5 beschrieben. Alle diese Varianten sind im Prinzip gleichwertig, sofern die Mittelspannungsabhängigkeit nach Gl. (3.1–21) oder Gl. (3.1–22), Abb. 3.1–25 zutrifft. Sie führen aber auf einen rechnerischen Lebensdauerwert, der als mehr oder weniger fragwürdig gelten muss, weil bei seiner Ermittlung unberücksichtigt bleibt, dass die im Kerbgrund tatsächlich wirkenden Mittelspannungen durch Spannungsumlagerungen verändert sind und zudem u.U. sehr maßgebliche Reihenfolgeeinflüsse wirksam sind. Beispiele für so errechnete Lebensdauerwerte, die von entsprechenden Versuchsergebnissen erheblich abweichen, sind mit den Auswertungen nach Abb. 3.2–23 und Abb. 3.2–25 sowie mit den Berechnungen nach dem Nennspannungs-Konzept für Einzelflug-Lastfolgen in den Abb. 3.3–53 und 3.2–55 gegeben. Nach der werkstoffmechanisch als zutreffender einzuschätzenden Lösungsmöglichkeit muss das elastisch-plastische Beanspruchungsgeschehen im Kerbgrund reihenfolgeabhängig errechnet und über einen geeigneten Schädigungsparameter für die Schädigungsakkumulations-Rechnung bewertet werden. Die betreffenden Berechnungsweisen nach dem sog. KerbgrundKonzept sind im Abschn. 3.3 beschrieben und durch Ergebnisse veranschaulicht.
3.2.13 Kritik der Miner-Regel
333
Sofern allerdings der dabei verwendete Schädigungsparameter allein die reihenfolgebedingten Umlagerungen der Kerbgrundbeanspruchung über den Mittelspannungseinfluss bewertet, aber weitergehende Wechselwirkungen der kleinen, mittleren und großen Beanspruchungswerte außer acht lässt, liefert auch das Kerbgrund-Konzept bei Einzelflug-Lastfolgen keine zutreffenderen Lebensdauerwerte als das Nennspannungs-Konzept, Abb. 3.3–43 und 3.3–53. Der Schädigungsparameter PHL nach Gl. (3.3–58), wie er für das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation zur Anwendung kam, bewertet hingegen neben den Mittelspannungseinflüssen auch noch ungünstige Reihenfolgeeinflüsse und liefert demgemäß (d.h. wegen der vernachlässigten günstigen Reihenfolgeeinflüsse) Lebensdauerwerte, die gegenüber den Versuchsergebnissen eindeutig auf der sicheren Seite liegen, Abb. 3.3–53 und 3.3–55. In Verbindung mit einem optimalen Schädigungsparameter, z.B. mit dem zwischenzeitlich verfügbaren Schädigungsparameter PJ nach Gl. (3.3–60), dürfte das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation, Abschn. 3.3.6, insoweit eine sinnvolle Lösung des Problems der Schädigungsakkumulation versprechen.
3.2.13 Kritik der Miner-Regel Die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese nach Palmgren und Miner bildet die Grundlage nahezu aller bekannten und betrieblich angewandten Verfahren der Lebensdauerberechnung. Unter der Bezeichnung „MinerRegel“ findet sie Anwendung zur Lebensdauerberechnung schwingbeanspruchter Bauteile, deren Beanspruchung durch Nennspannungen gekennzeichnet sind. Dieses Berechnungsverfahren ist einfach und im Grunde immer anwendbar, die errechneten Lebensdauerwerte können aber erheblich von der Wirklichkeit abweichen. Die sich daraus ergebenden Einwände gegen die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese wurden im Schrifttum von zahlreichen Autoren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln erörtert und von Schijve [124] ausführlich und zusammenfassend dargestellt. Aussagen wie „die Miner-Regel ist falsch“, halten einer sachlichen Prüfung nicht stand. Allenfalls ist die Miner-Regel für den vorliegenden Fall unbefriedigend hinsichtlich der Verlässlichkeit des errechneten Lebensdauerwertes; für eine verlässlichere Aussage müsste die Lebensdauer in diesem Falle dann experimentell bestimmt werden. Häufig wird jedoch in der Konstruktionspraxis wie auch in der Betriebsfestigkeits-Forschung eine einfach anwendbare Schädigungsakkumulations-Hypothese benötigt, die – wie es für die Miner-Regel zutrifft – allein mit den aus einer Wöhlerlinie zu entnehmenden Kennwerten der Schwingfestigkeit auskommt. In dieser Hinsicht gibt es zur Miner-Regel bis heute keine Alternative. Andere Schädigungsakkumulations-Hypothesen [238, 245], die zusätzliche Kennwerte aus gesondert durchzuführenden Schwingfestigkeits-Versuchen
334
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
benötigen, werden kaum eine praktische Bedeutung erlangen. Die Kosten von solch gesonderten Versuchsreihen unterscheiden sich im Einzelfall kaum von den Kosten eines experimentellen Lebensdauernachweises, der eigens für das zur Diskussion stehende Bauteil durch Betriebsfestigkeits-Versuche geführt wird [245]. Nach übereinstimmender Einschätzung in der Fachwelt liegen die Unzulänglichkeiten der Miner-Regel in dem Umstand begründet, dass die Reihenfolge und damit eine mögliche Wechselwirkung von großen, mittleren und kleinen Schwingspannungen bei der Schädigungsrechnung unbeachtet bleibt. Zutreffende Lebensdauerwerte werden daher errechnet, wenn sich die günstigen und ungünstigen Reihenfolgeeinflüsse ausgleichen, unzutreffende Lebensdauerwerte werden erhalten, wenn ein solcher Ausgleich wegen einer markanten Unsymmetrie der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nicht möglich ist; so z.B. bei dem einseitig zur Druckseite wirkenden Boden-Luft-Lastspiel, Abschn. 3.2.11. Häufig dürften allerdings ungünstige Reihenfolgeeinflüsse überwiegen, was sich bruchmechanisch erklärbar erweist, Abschn. 3.4.8. Ursächlich sind diese Reihenfolgeeinflüsse jedoch durch Eigenspannungseinflüsse bedingt, Abschn. 3.2.11. Bei eigenspannungsbehafteten Bauteilen kann es deshalb zu besonders gravierenden Fehleinschätzungen der Lebensdauer kommen. Wie diese Erkenntnis in ein weiterentwickeltes Berechnungsverfahren umgesetzt werden kann, ist bislang noch nicht bekannt. Mit einer Lebensdauerberechnung ausgehend von der elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung sind jedoch erfolgversprechende Ansätze in dieser Richtung vorhanden, Abschn. 3.3. Auch erweist es sich wenig sinnvoll zu fragen und aufwendig zu untersuchen, wie die Miner-Regel verbessert werden muss; alle bisherigen Bemühungen in dieser Richtung waren nicht überzeugend. Erfolgversprechender ist die Fragestellung, wie die Miner-Regel gehandhabt werden muss, um eine verlässliche Lebensdauer-Vorhersage zu erhalten. Praktisch wird dies fürs Erste in vielen Fällen bedeuten, die Unsicherheiten der Berechnung nach Erfahrungswerten abzuschätzen und dementsprechende Sicherheitszuschläge vorzusehen. Wissenschaftlich sollte der Frage nachgegangen werden, wie die Analyse der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen bei der Umsetzung in ein Amplitudenkollektiv zweckmäßig zu geschehen hat, damit die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese, von diesem Amplitudenkollektiv ausgehend, einen zutreffenden Lebensdauerwert liefert. Ein solcher Lösungsansatz kann in dem Verfahren der Amplitudentransformation gesehen werden, Abschn. 3.3.6. Wenn also die Miner-Regel trotz der Unzulänglichkeiten, die ihr bislang erwiesenermaßen anhaften, dennoch zur Lebensdauerabschätzung von Bauteilen empfohlen wird, so sollte aufgrund dieser Unzulänglichkeiten gegenüber dem Ergebnis einer solchen Lebensdauerberechnung eine angemessene Kritik bestehen bleiben. Aus diesem Grund möchten einige Autoren statt von einer „Lebensdauer-Berechnung“ auch nur von einer „rechnerischen Lebensdauer-Abschätzung“ gesprochen wissen.
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
335
3.3 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche Die Ausführungen im Abschn. 2.1 galten Wöhler-Versuchen, bei denen die Belastung bzw. die daraus zu berechnende Nennspannung vorgegeben ist. Sie können deshalb als spannungskontrollierte Wöhler-Versuche bezeichnet werden. Versuche im Zeitfestigkeitsbereich führten jedoch zu der Erkenntnis, dass am Ausgangspunkt eines Schwinganrisses nicht nur eine der Spannungsamplitude proportionale elastische Dehnungsamplitude auftritt, sondern dass die dort örtlich wirkende Gesamt-Dehnungsamplitude einen beachtlichen plastischen Dehnungsanteil enthält. Im Kurzzeitfestigkeitsbereich ist vorrangig der plastische Dehnungsanteil schwingfestigkeitsbestimmend [246–249]. Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve Der im Wöhlerversuch bestehende Zusammenhang zwischen der örtlich auftretenden elastisch-plastischen Gesamt-Dehnungsamplitude und der Spannungsamplitude lässt sich am ungekerbten Prüfstab ermitteln, wenn dieser einer vorgegebenen axialen Wechseldehnung unterworfen wird. Bei derartigen dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen wird zusätzlich auch noch die sich einstellende Prüfkraft gemessen, um daraus die im Prüfquerschnitt wirkende Spannungsamplitude bestimmen und die sich ergebende Spannungs-Dehnungs-Hysterese aufzeichnen zu können, Abb. 3.3–1.
Abb. 3.3–1. Hystereseschleife der Spannung und Dehnung und zugehörige Bezeichnungen
336
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–2. Zyklische SpannungsDehnungs-Schaubild
Aus der Spannungsamplitude und dem Elastizitätsmodul folgt die elastische Dehnungsamplitude ea, e zu
ea, e = sa /E .
(3.3–1)
Sie wird von der vorgegebenen Gesamtdehnungsamplitude ea, t subtrahiert, um die plastische Dehnungsamplitude ea, p zu erhalten als
ea, p = ea, t – ea, e ,
(3.3–2)
gemäß der unterstellten Beziehung
ea, t = ea, e + ea, p .
(3.3–3)
Der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung stellt sich als Spannungs-Dehnungs-Schaubild dar, Abb. 3.3–2. Als zyklisches Spannungs-Dehnungs-Schaubild bezeichnet es den Zusammenhang zwischen den Amplituden der Spannung und der Dehnung unter einer zyklischen Beanspruchung im Wöhler-Versuch, Abb. 3.3–1, im Unterschied zum zügigen SpannungsDehnungs-Schaubild, das im Zugversuch erhalten wird, Abb. 3.3–3. Dieser Unterschied ist nicht allein begrifflicher Art, sondern auch werkstoffabhängig ausgeprägt. Die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve liegt für Werkstoffe, die sich unter der zyklischen Beanspruchung entfestigen, unterhalb, für Werkstoffe, die sich zyklisch verfestigen, oberhalb der zügigen Spannungs-Dehnungs-Kurve. Nur für zyklisch stabile Werkstoffe, die sich also weder verfestigen noch entfestigen, stimmen die zyklische und die zügige Spannungs-Dehnungs-Kurve überein, Abb. 3.3–3. Ein Unterschied der zügigen und zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve bedeutet, dass sich das elastisch-plastische Werkstoff-Verhalten im WöhlerVersuch unter der einwirkenden Schwingbeanspruchung verändert [250,
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
337
Abb. 3.3–3. Zügige und zyklische Spannungs-Dehnungskurve bei zyklisch ver- oder entfestigendem Werkstoffverhalten, nach Landgraf, aus [251]
251]. Abbildung 3.3–4 veranschaulicht diesen Sachverhalt für normalgeglühten Stahl 42CrMo4 mit einem markanten Anstieg der plastischen Dehnungsamplitude innerhalb der ersten 10 bis 1000 Schwingspiele, obwohl die Spannungsamplitude über die insgesamt ertragene Zahl der Schwingspiele konstant gehalten wurde, Abb. 3.3–4a, bzw. mit einem Abfall der Spannungsamplitude bei konstant gehaltener Gesamt-Dehnungsamplitude, Abb. 3.3–4b. Über die verbleibende Mehrzahl der ertragenen Schwingspiele zeigt der so entfestigte Werkstoffzustand sodann ein annähernd zyklisch stabiles Verhalten. Für das punktweise Auftragen der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve ist für solche Fälle per Konvention festgelegt, dass die Spannungs- und Dehnungsamplituden bei der halben Anriss-Schwingspielzahl herangezogen werden, Abb. 3.3–4. Sie gelten dann gewissermaßen als Mittelwerte für die gesamte Lebensdauer, die sich allerdings in Abb. 3.3–4 logarithmisch stark verzerrt darstellt. Was in diesem Zusammenhang als schwingspielzahl-bestimmender Anriss gelten soll, entbehrt bislang noch einer einheitlichen Festlegung. Im dehnungskontrollierten Wöhlerversuch ist die Lebensdauerspanne zwischen makroskopischem Anriss und Bruch wegen des ungekerbten Prüfstabs relativ kurz. Und für diese kurze Lebensdauerspanne verliert schließlich auch die gemessene Dehnung ihre Bedeutung als Beanspruchungskennwert. Um die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve schneller und weniger aufwendig als punktweise durch dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche zu bestimmen, gibt es den Incremental-Step-Test [252], bei dem die Dehnungsam-
338
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
a
b Abb. 3.3–4a, b. Zyklisch instabiles Werkstoffverhalten a im spannungskontrollierten, b im dehnungskontrollierten Wöhler-Versuch [251]
plitude stufenweise bis zu einem festzulegenden Größtwert gesteigert und stufenweise wieder vermindert wird, Abb. 3.3–5. Dabei vollziehen sich etwaige Ver- oder Entfestigungen des Werkstoffs in ähnlicher, aber nicht unbedingt gleicher Weise wie im Wöhler-Versuch. Nach zwei oder drei Auf-AbFolgen dieser Art liefern die Umkehrpunkte der Beanspruchung eine weitgehend stabilisierte zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve, die sich in etwa mit derjenigen deckt, die sich aus Wöhler-Versuchen ergibt. Dehnungs-Wöhlerlinie Für die Dehnungs-Wöhlerlinie, Abb. 3.3–6, werden die zyklisch stabilisierten oder die bei den halben Anriss-Schwingspielzahlen bestimmten Amplituden der Gesamtdehnung, der elastischen Dehnung und der plastischen Dehnung
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
339
Abb. 3.3–5. Bestimmen der zyklischen SpannungsDehnungs-Kurve im Incremental-Step-Test
Abb. 3.3–6. Dehnungs-Wöhlerlinie und zugehörige Bezeichnungen
über der bis zum Schwinganriss ertragenen Zahl der Schwingspiele N aufgetragen. Wie die richtungsweisenden Arbeiten von Coffin [253], Manson [254] und Morrow [255] zeigen, lassen sich die Linien der elastischen und der plastischen Dehnungsamplituden bei doppellogarithmischem Maßstab in guter Näherung als Geraden darstellen und wie folgt beschreiben:
ea, e = (s f¢ / E) · (2N)b = (2 b · s f¢ / E) · N b ,
(3.3–4)
ea, p = e ¢f · (2N)c = (2c · e ¢f ) · N c
(3.3–5)
Für die Gesamt-Dehnungsamplitude gilt damit nach Gl. (3.3–3):
ea, t = (s f¢ /E) · (2N) b + e f¢ · (2N)c = (2 b · s f¢ /E) · N b + (2 c · e ¢f ) · N c . (3.3–6) (Die heute nach wie vor noch gängige Schreibweise der Formeln mit einer Abhängigkeit der Dehnungsamplituden von (2N) anstatt von N ist ein traditionelles Relikt, entstanden aus einer anfänglichen, sich aber nicht erfüllenden Erwartung, dass die Kennwerte s f¢ und e ¢f für N = 1/2 unmittelbar aus dem Zugversuch entnommen werden könnten. Sie ist vor allem deshalb nicht
340
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
mehr abänderbar, weil im Schrifttum alle Zahlenangaben für die Kennwerte s f¢ und e f¢ für diese Schreibweise gelten. Bei der alternativ angeführten und gleichwertigen Schreibweise mit N sind deshalb die Kennwerte s f¢ und e ¢f mit den Faktoren 2 b bzw. 2 c verknüpft.) Eine direkte Querbeziehung besteht zwischen dem Diagramm der Dehnungs-Wöhlerlinie, Abb. 3.3–6, und dem zyklischen Spannungs-DehnungsSchaubild, Abb. 3.3–2: Ein vertikaler Schnitt im Diagramm der DehnungsWöhlerlinie findet seine Entsprechung in einem horizontalen Schnitt im Spannungs-Dehnungs-Schaubild. Wird in diesem horizontalen Schnitt an der Spannungs-Dehnungs-Kurve die ertragbare Anriss-Schwingspielzahl N als Parameter angeschrieben, Abb. 3.3–2, so enthalten das Spannungs-Dehnungs-Schaubild und das Diagramm der Dehnungs-Wöhlerlinie eine absolut und vollständig gleiche Information. Denn durch Zusammenfassen von Gl. (3.3–1) bis Gl. (3.3–6) ergibt sich als Gleichung der Spannungs-DehnungsKurve die Ramberg-Osgood-Beziehung [195A]
ea, t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢
(3.3–7)
mit n¢ = b /c ,
(3.3–8)
K¢ = s ¢f · e f¢ –n¢
(3.3–9)
und
ea, p = (sa /K¢)1/n¢ .
(3.3–10)
Für die Konstante K¢, die anschaulich die Spannungsamplitude für eine plastische Dehnungsamplitude von 100% bedeutet, lässt sich auch schreiben K¢ = s 0¢,2 · 0,002–n¢ ,
(3.3–11)
wenn, entsprechend zur zügigen Streckgrenze, mit s 0¢ ,2 ein sogenannter zyklischer Streckgrenzenwert für eine plastische Dehnungsamplitude von 0,2% definiert wird. Es gilt dann auch statt Gl. (3.3–7) und Gl. (3.3–10)
ea, t = (sa /E) + 0,002 · (sa / s0,2 ¢ )1/n¢ ,
(3.3–12)
ea, p = 0,002 · (sa / s 0¢ ,2)1/n¢ .
(3.3–13)
Bezogene Darstellung mit NT , e T und s T Ein anderer, sinnfälliger Bezugswert ist mit der Schwingspielzahl NT, dem sogenannten Transition-Life, und mit den zugehörigen Werten eT und sT gegeben [257], Abb. 3.3–6. Es gilt
ep = ee = eT = sT /E für N = NT ,
(3.3–14)
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
341
Abb. 3.3–7. Bezogene Darstellung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve und Variationsbereich des zyklischen Verfestigungsexponenten n¢
Die vorstehenden Gleichungen lassen sich damit auf eine bezogene Form wie folgt umschreiben [258]: Für die Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) ergibt sich (et / eT) = (s / sT) + (s / sT)1/n¢ ,
(3.3–15)
und für die Dehnungs-Wöhlerlinie Gl. (3.3–6) (ea, t / eT) = (N /NT)b + (N /NT)c .
(3.3–16)
Für die Schwingspielzahl NT gilt NT = 0,5 · [s f¢ /(E · e ¢f)]1/(c–b)
(3.3–17)
Für die Umrechnung zwischen sT und s 0¢ ,2 gilt
sT = s 0¢ ,2 · [s 0¢,2 /(0,002 · E)]n¢/(1 – n¢).
(3.3–18)
Bei dieser Schreibweise genügen fünf Kennwerte, um das zyklische Werkstoffverhalten mittels der angegebenen Beziehungen zu kennzeichnen: Der Elastizitätsmodul E, die Exponenten b und c, der Dehnungswert e T und die Schwingspielzahl NT , Abb. 3.3–7. Verlauf der Dehnungs-Wöhlerlinien bei hohen Schwingspielzahlen Ein Übergang von der Zeit- in die Dauerfestigkeit, wie er sich aus Versuchen ergibt, ist mit den vorstehenden Gleichungen der Dehnungs-Wöhlerlinie Gl.
342
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
(3.3–4) bis Gl. (3.3–6) noch nicht berücksichtigt. Dazu bietet sich an, als weiteren Kennwert die Grenzschwingspielzahl ND einzuführen, bei der die Dehnungs-Wöhlerlinien in die Horizontale abknicken. Es gilt dementsprechend:
ea,e = (sa /E) = (2 b · s f¢ /E) · N b ,
für N ≤ ND
(3.3–19)
ea,e = eD,e = (sD /E) = (2b · s f¢ /E) · NDb = konst ,
für N ≥ ND
(3.3–20)
ea,p = (2c · e f¢) · N c ,
für N ≤ ND
(3.3–21)
ea,p = eD,p = (2c · e f¢) · NDc = konst ,
für N ≥ ND
(3.3–22)
ea,t = (2b · s f¢ /E) · N b + (2c · e ¢f ) · N c ,
für N ≤ ND
(3.3–23)
ea,t = eD = (2b · s f¢ /E) · NDb + (2c · e f¢) · NDc = konst . für N ≥ ND
(3.3–24)
Zudem bezeichnen dann sD die Dauerfestigkeit als Spannungsamplitude, sowie eD,e , eD, p und eD die Dauerfestigkeit als elastische, plastische bzw. Gesamt-Dehnungsamplitude. Weiterhin zeigt sich bei Versuchen, dass die Wöhlerlinien der elastischen und der plastischen Dehnungsamplituden bei doppellogarithmischer Auftragung nicht immer als Geraden darstellbar sind, wie es mit Gl. (3.3–4) und Gl. (3.3–5) unterstellt wird. Klee [259] hat deshalb diese Gleichungen um die Grenzwerte sL und eL der elastischen und der plastischen Dehnungsamplituden erweitert. Diese gestatten, den Verlauf der Wöhlerlinien bei hohen Schwingspielzahlen anzupassen:
ea,e = (2b · s f¢ /E) · N b + (sL /E) ,
(3.3–25)
ea, p = (2c · e ¢f ) · N c + eL .
(3.3–26)
Meist kann sL = 0 gesetzt werden. Für den Grenzwert eL kommen Werte eL > 0 oder auch eL < 0 in Betracht, Abb. 3.3–8. Gleichung (3.3–26) ist dann nur gültig bis zu einer Schwingspielzahl N = ND; für eL < 0 ist Gl. (3.3–26) aber allenfalls gültig bis zu einer Schwingspielzahl NL, bei der die plastische Dehnungsamplitude auf ea,p = 0 abgefallen ist: NL = (1/2) · (– eL / e f¢)1/c < ND .
(3.3–27)
Für die Gleichung der Spannungs-Dehnungs-Kurve folgt
ea,t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢ + eL .
(3.3–28)
Für eL < 0 ist sie in dieser Form allerdings nur gültig für Spannungsamplituden
sa ≥ K¢ · (– eL)n¢,
(3.3–29)
bei kleineren Spannungsamplituden gilt hingegen die elastische Gerade
ea,t = (sa /E) .
(3.3–30)
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
343
Abb. 3.3–8. Wöhlerlinien der plastischen Dehnungsamplituden, bei großen Schwingspielzahlen beschrieben mit dem Grenzwert eL , nach Klee [259]
Im übrigen veranschaulicht Abb. 3.3–8 auch noch eine allgemeine Feststellung von Coffin [253], dass eine plastische Dehnungsamplitude eap = 1% von nahezu allen Metallen etwa mit N = 1000 Schwingspielen ertragen wird. Einfluss der Mitteldehnung und Mittelspannung Untersuchungen zum Einfluss einer von Null verschiedenen Mitteldehnung oder Mittelspannung an ungekerbten Prüfstäben sind mit Schwierigkeiten verbunden, Abb. 3.3–9. Bei spannungskontrollierten Versuchen mit Mittelspannung tritt bei ungekerbten Prüfstäben unter Umständen ein haltloses zyklisches Kriechen auf, was in einem erweiterten Haigh-Schaubild dargestellt werden kann [250, 251], Abb. 3.3–10. Bei dehnungskontrollierten Versuchen mit einer von Null verschiedenen Mitteldehnung kommt es zu einer Mittelspannungsrelaxation auf einen amplitudenabhängig sich stabilisierenden Wert der Mittelspannung; für ihn kann nach [260] geschrieben werden, Abb. 3.3–11b:
sm = sm0 / [1 + (1 + (ea / em0)d] .
(3.3–31)
Die Form des zyklischen Spannungs-Dehnungs-Schaubildes wird unter diesen Umständen zwar nicht verändert [261], doch muss der sich ergebende, kombinierte Mittelspannungs- und Mitteldehnungs-Einfluss auf die ertragbare Dehnungsamplitude berücksichtigt werden. Dies kann nach einem Vorschlag von Smith, Watson und Topper [262] durch einen Schädigungs-
344
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–9. Zyklisches Kriechen und zyklische Mittelspannungsrelaxation
Abb. 3.3–10. Um die Kriechdehnung erweitertes Haigh-Schaubild für den ungekerbten, axialbeanspruchten Stab aus vergütetem Stahl 42 CrMo4 mit Rm = 1120 N/mm2 [251]
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
345
a
b
c
d
Abb. 3.3–11a–d. Vollständiger Datensatz für Stahl St E 690 [260]; a zyklische SpannungsDehnungskurve, b Mittelspannungskurve, c Dehnungs-Wöhlerlinie, d Schädigungsparameter-Wöhlerlinie
parameter geschehen, der sich aus der Hystereseschleife, Abb. 3.3–1, bestimmt als PSWT = a0 so · e0 a,t · E .
(3.3–32)
Wird er der Auftragung einer Schädigungsparameter-Wöhlerlinie zugrunde gelegt, so sollten die Versuchspunkte für unterschiedliche Mitteldehnungen näherungsweise in einem Streuband zusammenfallen, Abb. 3.3–1d. Durch Einsetzen in Gl. (3.3–32) ergibt sich mit so = sa für R = – 1 und sa = E · ea,e
346
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
mit ea,e nach Gl. (3.3–4) sowie ea = ea,t nach Gl. (3.3–6) als Gleichung dieser Schädigungsparameter-Wöhlerlinie PSWT = [s f¢ 2 · (2N)2b + s ¢f · e ¢f · E · (2N)(b + c) ] 1/2 .
(3.3–33)
Auf andere Definitionen eines Schädigungsparameters wird im Abschn. 3.3.5 eingegangen. Erfassen der Streuung Auch Ergebnisse aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen weisen Streuungen auf. Insofern sind die vorstehenden Gleichungen der DehnungsWöhlerlinien und der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve genau genommen als eine im Mittel zutreffende Beschreibung dieser streuenden Versuchsergebnisse, also als Gleichungen für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% zu verstehen. Um darüber hinaus die Streuung zu erfassen, wird unterstellt, dass die elastischen und die plastischen Dehnungsamplituden für eine konstante Schwingspielzahl nach einer logarithmischen Normalverteilung streuen, und dass die Streubreite über den gesamten Schwingspielzahlbereich gleich bleibt. Wegen der geltenden Potenzsansätze sind dann auch die Schwingspielzahlen für konstante Dehnungsamplituden logarithmisch normalverteilt, und wegen des Zusammenhangs zwischen Dehnungs-Wöhlerlinie und zyklischer Spannungs-Dehnungs-Kurve gilt auch für sie eine schwingspielzahl-unabhängige Normalverteilung zwischen den Spannungsamplituden und Dehnungsamplituden. Die betreffenden Werte der Standardabweichung se , sp , st und sc werden im Zuge der Auswertung bei den jeweiligen Regressionsanalysen erhalten [263]. Sie gehen in Form eines Faktors 10 u · s in die Gleichungen für ea,e , ea,p und ea,t ein, wobei sich u abhängig von der gewünschten Überlebenswahrscheinlichkeit Pü nach Tabelle 5.1–1 z.B. mit u = + 1,28 für Pü = 10% oder u = – 1,28 für Pü = 90% ergibt. Entsprechend Gl. (3.3–4) bis Gl. (3.3–7) gilt dann beispielsweise, Abb. 3.3–12:
ea,e = (s f¢ /E) · (2N)b · 10u · se ,
(3.3–34)
ea,p = e ¢f · (2N)c · 10u · sp ,
(3.3–35)
ea,t = [(s ¢f /E) · (2N) b + e f¢ · (2N)c] · 10u · st ,
(3.3–36)
ea,t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢ · 10u · sc .
(3.3–37)
Mit st ist in Gl. (3.3–36) für die Wöhlerlinie der Gesamt-Dehnung eine über der Schwingspielzahl gleichbleibende Breite des Streubandes vorgegeben, die aus einer gesonderten Auswertung bestimmt werden muss, denn andernfalls würde sich aus der Zusammenfassung von Gl. (3.3–34) und Gl. (3.3–35) entsprechend Abb. 3.3–12 eine über die Schwingspielzahl veränderliche Streu-
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
347
Abb. 3.3–12. Streuungsbehaftete zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve und DehnungsWöhlerlinie, nach Seeger [263]
breite ergeben, die entsprechend (3.3–38) zu Komplikationen bei der beabsichtigten Anwendung führen würde:
ea,t = (2b · s f¢ /E) · N b · 10u · se + (2c · e ¢f ) · N c · 10 u · sp .
(3.3–38)
Selbst in der Datensammlung von Boller und Seeger gibt es kaum Datensätze, die eine gediegene statistische Auswertung dieser Art gestatten. Zumeist ist die Anzahl der typischerweise nur 5 bis 10 Versuche je Versuchsreihe zu gering. Die Standardabweichung wird dann in aller Regel unterschätzt. Bislang können deshalb auch noch keine Erfahrungswerte für Standardabweichungen bei Dehnungs-Wöhlerlinien genannt werden. Kennwerte des zyklischen Werkstoff-Verhaltens Eine Sammlung der vorliegenden Daten und Kennwerte aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen findet man bei Boller und Seeger [264], mit einer Ergänzung bei Bäumel und Seeger [265]. Auch Formeln wurden vorgeschlagen, um die Kennwerte zu den vorstehenden Beziehungen abzuschätzen [194, A201], Tabelle 3.3–1. Bereits mit der 1965 veröffentlichten „Method of Universal Slopes“ wurde von Manson [254] aufgezeigt, dass für die elastische und die plastische Linie typische Neigungsexponenten b und c gelten. Die für alle Arten metallischer Werkstoffe anwendbaren Schätzformeln erfuhren sodann mit den 1988 veröffentlichten „Modified Universal Slopes Equations“ nach Muralidharan und Manson [266] eine Verbesserung durch Änderung der Neigungsexponenten auf b = – 0,09 und c = – 0,56 sowie durch Änderung der Schätzformel für e ¢f .
sf¢ = 0,623 · Rm0,832 · E 0,168 b = – 0,09
ef¢ = 0,0196 · D 0,156 · (Rm /E)–0,53 c = – 0,56
sf¢ = 1,90 · Rm b = – 0,12
ef¢ = 0,76 · D0,6 c = – 0,6
ef¢ = 0,35 c = – 0,69 sD = 0,42 · Rm eD = 0,42 · Rm /E ND = 1 · 106 K¢ = 1,61 · Rm n¢ = 0,11
sD = 0,45 · Rm eD = 0,45 · Rm /E + 1,95 · 10–4 · Y ND = 5 · 105 K¢ = 1,65 · Rm n¢ = 0,15
sf¢ = 1,67 · Rm b = – 0,095
für Aluminium- und Titanlegierungen
ef¢ = 0,59 · Y c = – 0,58
sf¢ = 1,50 · Rm b = – 0,087
für unlegierte und schwach legierte Stähle
Uniform Material Law nach Bäumel jr. u. Seeger [265]
D = – ln (1 – Z) mit Z = Brucheinschnürung; Y = 1,0 für Rm ≤ 630 N/mm2; Y = 1,375 – 125,0 · Rm/E für Rm > 630 N/mm2.
Modified Universal Slopes Equation nach Muralidharan u. Manson [266] für alle metallische Werkstoffe
Method of Universal Slopes nach Manson [254] für alle metallische Werkstoffe
Tabelle 3.3–1. Schätzformeln für die Kennwere der Dehnungswöhlerlinien von metallischen Werkstoffen, gültig für den zyklisch stabilisierten Zustand bzw. für die halbe Anriss-Schwingspielzahl und Pü = 50%, Abb. 3.3–6
348 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche
349
Diese Neigungsexponenten unterscheiden sich nur wenig von den Neigungsexponenten b = – 0,087 bzw. b = – 0,095 und c = – 0,58 bzw. c = – 0,69, wie sie mit dem „Universal Material Law“ (UML) von Bäumel und Seeger [265] für Stähle bzw. Aluminiumlegierungen und Titanlegierungen abgeleitet wurden, Tabelle 3.3–1. Bei der Auswertung einzelner Versuchsreihen werden hingegen Werte für die elastische Linie zwischen b = – 0,05 und – 0,12 und für die plastische Linie zwischen c = – 0,5 und – 0,7 gefunden [257]; ein Wert c = – 0,5 wurde seinerzeit von Coffin [253] als allgemeingültig genannt. So belegt zwar die Auswertung nach dem UML, dass je nach Art des Werkstoffs gewisse Unterschiede in den Neigungsexponenten b und c bestehen, aber wegen der meist kleinen Anzahl streuender Einzelversuche dürften die vorstehenden, in [257] genannten beachtlichen Schwankungsbreiten zu einem erheblichen Teil zufallsbedingt sein. Diese Einschätzung wird u.a. durch folgendes Beispiel belegt: In der Datensammlung von Boller und Seeger [264] befinden sich mehrere Datensätze für den Stahl Ck45 (bzw. SAE 1045), die hinsichtlich der daraus abgeleiteten Kennwerte alles andere als vergleichbar sind, Tabelle 3.3–2. Wie sich die Abweichungen erklären lassen, ist den Angaben zu den einzelnen Versuchsreihen nicht zu entnehmen. Zu fragen ist, welcher Datensatz im konkreten Anwendungsfall als der zutreffende angesehen werden darf. Und welche Kennwerte würden sich bei einer weiteren Versuchsreihe ergeben? Tabelle 3.3–2. Zyklische Kennwerte für den Stahl Ck45 (SAE 1045), wie sie für vergleichbare Versuchsreihen der Datensammlung von Boller und Seeger [264] zu entnehmen sind, im Vergleich zu den Kennwerten nach dem UML [265]
In [201] auf Seite
Zahl der Versuche
Rm
s f¢
b
e f¢
c
316 298 295 286 289 341
13 5 9 6 9 8 UML
678 680 680 680 680 705 680
519 2581 1243 2621 1199 695 1020
– 0,044 – 0,202 – 0,129 – 0,210 – 0,117 – 0,062 – 0,087
0,124 396,6 45,60 46593 5,000 0,132 0,970
– 0,424 – 1,222 – 1,020 – 1,753 – 0,770 – 0,419 – 0,580
319 322 329 332
15 28 7 7 UML
790 790 790 790 790
987 1405 767 606 1185
– 0,083 – 0,110 – 0,064 – 0,035 – 0,087
0,994 0,6065 0,135 0,025 0,905
– 0,715 – 0,545 – 0,426 – 0,282 – 0,580
326 335
7 5 UML
915 915 915
2350 2022 1373
– 0,148 – 0,151 – 0,087
0,447 0,517 0,830
– 0,561 – 0,631 – 0,580
350
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Die vielfach vertretende Auffassung, dass Kennwerte aus eigens durchgeführten Versuchen die größere Verlässlichkeit hätten, erweist sich damit als durchaus fragwürdig. Vielmehr sind für Stähle bzw. für Aluminium- und Titanlegierungen die verlässlicheren Kennwerte doch wohl den Schätzformeln des UML zu entnehmen, die die Gesamtheit der gesammelten und ausgewerteten Daten im statistischen Mittel zutreffend modellieren. Zusätzlich werden mit ihnen auch noch Schätzformeln für die Dauerfestigkeit und für die zyklische Spannungs-Dehnungskurve angegeben. Mit 2530 Einzelwerten für 290 Versuchsreihen aus der Datensammlung von Boller und Seeger [264] haben sie eine bestmögliche statistische Belegung mit entsprechenden Angaben zu den Streugrenzen. Nach Abb. 3.3–13 korrelieren die Versuchsdaten mit den Schätzformeln in einem erstaunlich engen Streuband, wohingegen sich für die gleichen Versuchsdaten mit den „Modified Universal Slopes Equations“ deutliche und mit den „Universal Slopes Equations“ schon beachtliche Abweichungen ergeben. Dieser Befund mag insofern verwundern, als beim UML im Wesentlichen allein eine werkstoffspezifische Abhängigkeit der Kenngrößen von der Zugfestigkeit Rm zugrunde liegt, wenn von der nur geringen Variationsbreite durch den E-Modul abgesehen wird. So wie in Abb. 3.3–13a liegen alle 2530 Versuchspunkte auch bei den Wöhlerlinien für die elastischen, plastischen und Gesamt-Dehnungsamplituden sowie bei der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PSWT und bei der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve in relativ engen und statistisch durch die Linien für Pü = 90%, 50% und 10% beschriebenen Streubereichen, Tabelle 3.3–3. In etwa betragen die entsprechenden Streuspannen in Beanspruchungsrichtung bei den Dehnungs-Wöhlerlinien für Stahl Te = 1:1,80, bei den Dehnungs-Wöhlerlinien für Aluminium- und Titan-Legierungen Te = 1:1,95, bei den Schädigungsparameter-Wöhlerlinien Te = 1:1,55 und bei den zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurven Te = 1:1,40 für Stahl und Te = 1:1,50 für die Aluminium- und Titan-Legierungen. Diese Streuspannen sind weitaus größer als sich aus den Daten für die einzelnen Wöhlerlinien und in Analogie z.B. aus Abb. 2.1–20 abschätzen lässt, was übereinstimmend mit Tabelle 3.3–2 besagt, dass die 290 einzelnen Versuchsreihen untereinander eine recht erhebliche Streuung zeigen. Innerhalb der Streubänder werden alle systematischen Einflüsse des Werkstoffs aus seiner Zusammensetzung, Gefügestruktur, Reinheit und Halbzeugfertigung wie auch alle Streueinflüsse aus der Versuchstechnik abgedeckt. Insofern weist die häufig geäußerte Ansicht, dass eine Lebensdauersteigerung allein durch die Wahl eines geeigneteren Stahles mit anderer Zusammensetzung zu erreichen sei, eine nur eingeschränkte Gültigkeit auf. Von den zyklischen Kennwerten her ist eine systematisch zu belegende Möglichkeit der Lebensdauersteigerung nur in einer Erhöhung der Zugfestigkeit zu sehen; sie ist allerdings je nach chemischer Zusammensetzung des Werkstoffs und wegen seiner zu fordernden Zähigkeit und Bearbeitbarkeit begrenzt.
b
c
Abb. 3.3–13a–c. Überprüfung der Schätzformeln für die Dehnungs-Wöhlerlinie mit Versuchsergebnissen aus der Datensammlung von Boller und Seeger [264]; a Universal Material Law, b Modified Universal Slopes Equation, c Universal Slopes Equation; nach Bäumel und Seeger [265]
a
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 351
Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve: ea,t = (sa/E) + (sa / 1,97 · Rm )1/0,11 ea,t = (sa/E) + (sa / 1,61 · Rm )1/0,11 ea,t = (sa/E) + (sa / 1,32 · Rm )1/0,11
Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve:
ea,t = (sa/E) + (sa /1,95 · Rm )1/0,15 ea,t = (sa/E) + (sa /1,65 · Rm )1/0,15 ea,t = (sa/E) + (sa /1,40 · Rm )1/0,15
PSWT = 0,80 · PSWT = 1,00 · [(1,67 · Rm)2 · (2N)–0,190 + (0,5845 · Rm) · (2N)–0,785]1/2 PSWT = 1,24 ·
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie:
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie:
PSWT = 0,80 · PSWT = 1,00 · [(1,5 · Rm)2 · (2N)–0,174 + (0,885 · Rm · Y ) · (2N)–0,667]1/2 PSWT = 1,24 ·
ea,t = 0,72 · ea,t = 1,00 · [(1,67 · Rm /E) · (2N)–0,095 + 0,35 · (2N)–0,69] ea,t = 1,40 ·
Dehnungs-Wöhlerlinie:
ea,t = 0,75 · ea,t = 1,00 · [(1,50 · Rm /E) · (2N)–0,087 + (0,59 · Y ) · (2N)–0,58] ea,t = 1.34 ·
Dehnungs-Wöhlerlinie:
Y = 1,0 für Rm ≤ 70 N/mm2; Y = 1,375 – 125,0 · Rm/E für Rm > 70 N/mm2.
Pü = 90% Pü = 50% Pü = 10%
Pü = 90% Pü = 50% Pü = 10%
Pü = 90% Pü = 50% Pü = 10%
Aluminiumlegierungen und Titanlegierungen
Unlegierte und schwachlegierte Stähle
Tabelle 3.3–3. Schätzformeln für die Dehnungs-Wöhlerlinie, die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie und die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve nach den Auswertungen für das Uniform Material Law mit den zugehörigen Streubändern, jeweils bezeichnet durch die Linien für Pü = 90%, 50% und 10% Überlebenswahrscheinlichkeit [265]
352 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer
353
Nicht zuletzt bedeutet das UML unter Hinweis auf die Ausführungen im Abschn. 3.3.8 auch eine Bestätigung für das im Abschn. 2.1.7 dargelegte Konzept der normierten Wöhlerlinien, wenngleich folgende Abweichungen zu den Kennwerten der Wöhlerlinie der elastischen Dehnungsamplituden angeführt werden müssen, für die über den E-Modul eine Querbeziehung zur normierten Wöhlerlinie des ungekerbten Stabes nach Abb. 2.1–17 besteht [258]. Als Beziehung zwischen den betreffenden Neigungsexponenten gilt b = – 1 / k.
(3.3–39)
Dem Wert b = – 0,087 für Stähle würde bei der normierten Wöhlerlinie ein Neigungsexponent k = 11,5 entsprechen gegenüber dem Wert k = 15, wie er für Abb. 2.1–17 angegeben ist. Zudem besteht eine Abweichung hinsichtlich der Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhlerlinie, die für Stähle nach dem UML mit ND = 5 · 105, hingegen nach Abb. 2.1–17 mit ND = 1 · 106 anzusetzen ist. Während die Abweichungen zwischen b und k praktisch nicht sehr ins Gewicht fallen dürften, ist hingegen die zutreffende Abschätzung des Abknickpunktes, und damit zusammenhängend auch der Dauerfestigkeit, für das Ergebnis einer Schädigungs-Rechnung in aller Regel von großer Bedeutung. In dieser Frage sollte eine eindeutige Präferenz für den experimentell weitaus breiter abgesicherten Wert ND = 1 · 106 der normierten Wöhlerlinie gesehen werden, was dann jedoch beim UML auch eine Korrektur für die Kennwerte der Dauerfestigkeit erfordert.
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer Für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis nach dem sogenannten KerbgrundKonzept wird von der Annahme ausgegangen, dass die am ungekerbten Stab gewonnene Dehnungs-Wöhlerlinie herangezogen werden kann, um die Lebensdauer von gekerbten Bauteilen anhand der ermittelten elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung durch eine SchädigungsakkumulationsRechnung zu bestimmen. Um die Praktikabilität dieses Konzeptes zu bestätigen, bietet sich eine experimentelle Ermittlung und Simulation der Kerbgrundbeanspruchung bei dünnen Kerbscheiben an, denn im Kerbgrund dünner Kerbscheiben liegt, ebenso wie am ungekerbten Stab, ein einachsiger Spannungszustand vor. Begleitproben-Versuch Bei dem Begleitproben-Versuch (Companion Specimen Test) [267], Abb. 3.3–14, wird die interessierende Beanspruchungs-Zeit-Funktion S(t) als Kraft bzw. Nennspannung an der Kerbscheibe vorgegeben und die Kerbgrunddeh-
354
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–14. Prinzip des Begleitproben-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydraulikzylinder)
nung e (t) gemessen. Diese gemessene Kerbgrunddehnung wird sodann unmittelbar als Sollwert für den dehnungskontrollierten Versuch an einem ungekerbten Prüfstab aus gleichem Werkstoff, der sog. Begleitprobe, vorgegeben. Aus der Prüfkraft, die erforderlich ist, um den so vorgegebenen Dehnungsablauf als Istwert im ungekerbten Prüfquerschnitt der Begleitprobe nachzustellen, lässt sich der zugehörige Spannungsablauf s (t) gewinnen. Er wird dem Ablauf der Kerbgrundspannung gleich erachtet. Damit können die sich ergebenden Spannungs-Dehnungs-Hysteresen für den Kerbgrund gezeichnet werden [122], Abb. 2.4–9. Bei gleichem Oberflächenzustand des Kerbgrundes und der Begleitprobe sollte sich für die Begleitprobe unter der so nachgestellten Kerbgrundbeanspruchung auch eine vergleichbare Lebensdauer bis Anriss ergeben. In aller Regel wird jedoch eine etwas geringere Lebensdauer der Begleitprobe gefunden, was einem statistischen Größeneinfluss aus ihrer größeren hochbeanspruchten Oberfläche zuzuschreiben sein dürfte, s. Abschn. 3.5.6. Neuber-Control-Versuch Eine Weiterentwicklung des experimentell aufwendigen und schwierigen Begleitproben-Versuchs ist der Neuber-Control-Versuch [268, 269], Abb. 3.3–15. Dabei kann auf die Belastungsanordnung für die Kerbscheibe verzichtet werden, denn die Kerbgrunddehnung wird für eine frei wählbare Formzahl anhand der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) analytisch bestimmt. Die ungekerbte Probe liefert dazu das gültige Spannungs-DehnungsGesetz, wie auch die gesuchte Lebensdauer bis Anriss. Die Berechnung der Kerbgrunddehnung beruht auf der als Neuber-Regel bekannten Beziehung [270], Abschn. 3.3.3. Sie wird hier auf die Schwingbreiten der Kerbgrundspannung Ds und der Kerbgrunddehnung De angewandt:
Ds · De = ak2 · DS2 / E .
(3.3–40)
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer
355
Abb. 3.3–15. Prinzip des Neuber-Control-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydraulikzylinder)
Abb. 3.3–16. Ablauf eines Neuber-Control-Versuchs [269]
Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm, stellt sie sich als Hyperbel dar, Abb. 3.3–16. Für jedes vorgegebene Halbschwingspiel DS wird zunächst die rechte Seite von Gl. (3.3–40) berechnet. Dann wird die Belastung der ungekerbten Probe so weit gesteigert, bis das Produkt aus der gemessenen Spannungsschwingbreite Ds und der Dehnungsschwingbreite De gleich dem vorberechneten Wert ist. Der so bestimmte Punkt der Spannungs-Dehnungs-Kurve wird zum Koordinaten-Nullpunkt für das nächste Halbschwingspiel DS. Davon ausgehend wird der Wert der rechten Seite von Gl. (3.3–40) errechnet und die Belastung vollzieht sich in Gegenrichtung, bis wiederum das aus Gl. (3.3–40) bestimmte Produkt aus Spannungsschwingbreite und Dehnungsschwingbreite erreicht ist. In dieser Weise, und unter zusätzlicher Beachtung des Werkstoffgedächtnisses, Abschn. 3.3.3, setzt sich der Versuch fort, bis mit dem Anriss der Probe der Lebensdauerwert bestimmt ist.
356
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Kerbdehnungs-Versuch Basiert der Neuber-Control-Versuch noch auf der am Probestab ermittelten Spannungs-Dehnungs-Beziehung, so wird sie in der weiteren Abstraktionsstufe des Kerbdehnungs-Versuchs ebenfalls analytisch vorgegeben [271], Abb. 3.3–17. Damit entfällt die Einbindung des Rechners in den Regelkreis der Prüfmaschine. Es ergibt sich die einfache Versuchsanordnung eines dehnungskontrollierten Versuchs, bei dem die vorausberechneten und digital auf Magnetband gespeicherten Umkehrpunkte der Kerbgrunddehnungs-ZeitFunktion nachgefahren werden. Die Vorausberechnung der Kerbgrunddehnung geschieht dazu wie im Abschn. 3.3.3 beschrieben. Versuchsergebnisse In einer Gegenüberstellung zeigt Abb. 3.3–18 Versuchsergebnisse aus Kerbstab-Versuchen, Begleitproben-Versuchen, Neuber-Control-Versuchen und Kerbdehnungs-Versuchen nach Untersuchungen von Heuler [271]. Die unmittelbar an der Kerbscheibe bestimmte Lebensdauer als Anzahl der bis Anriss ertragenen Flüge unter der Lastfolge Minitwist kann als Bezugswert für die reale Lebensdauer gelten. Mit ihr erweisen sich die Kerbdehnungs-Versuche in guter Übereinstimmung, wenn die Kerbgrunddehnung statt nach der Neuber-Regel mittels einer von Seeger [272] vorgeschlagenen und von Beste [273] als zutreffender ausgewiesenen Näherungsformel berechnet wird, Abschn. 3.3.3. Denn die Neuber-Regel neigt dazu, den plastischen Dehnungsanteil last- bzw. gesamtdehnungs-abhängig zu überschätzen. Sie liefert demzufolge zur sicheren Seite hin abweichende Lebensdauerwerte, und zwar praktisch übereinstimmend sowohl im Kerbdehnungs-Versuch wie auch im Neuber-Control-Versuch. Auch die Lebensdauerwerte aus den Begleitproben-Versuchen weichen zur sicheren Seite hin ab, als Grund dafür wird je-
Abb. 3.3–17. Prinzip des Kerbdehnungs-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydraulikzylinder)
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer
357
Abb. 3.3–18. Anriss-Lebensdauerwerte für die Lastfolge Minitwist, bestimmt aus Begleitproben-Versuchen, Neuber-Control-Versuchen, und Kerbdehnungs-Versuchen, aufgetragen im Verhältnis zur Anriss-Lebensdauer aus Kerbstab-Versuchen [271]
doch ein leichtes Überschwingen des Regelkreises für die Begleitprobe bei plastischen Dehnungen genannt [271]. Durch diese bewertende Erörterung der Ergebnisse nach Abb. 3.3–18 wird mithin die Gültigkeit des einfachen und einsichtigen Begleitproben-Konzeptes für dünne Kerbscheiben im Grundsatz bestätigt. Bei scharfen Umlaufkerben in dickeren Querschnitten treten weitere Einflüsse in Erscheinung, die zusätzlich berücksichtigt werden müssen, so z.B. eine Mehrachsigkeit des Spannungs-Dehnungs-Zustandes. Insbesondere bleibt zu bedenken, dass die hier dargestellten Versuchsmethoden nur die Lebensdauer bis Anriss zu ermitteln gestatten. Bei dicken, scharf gekerbten Querschnitten mag die Lebensdauer unter Rissfortschritt für die Gesamt-Lebensdauer anteilig überwiegen und damit praktisch bedeutsamer sein, Abschn. 3.4.
358
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung Für den allgemeinen Fall einer betriebsähnlich mit unterschiedlichen Amplituden schwingenden Beanspruchung in Verbindung mit einer beliebigen Bauteilgeometrie und unter Ansatz eines allgemeinen Spannungs-Dehnungs-Gesetzes ist keine mathematisch strenge und zugleich praktikable Umrechnung zwischen der Nennspannung und der elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung bekannt. Finite-Element-Berechnungen, die im Prinzip geeignet erscheinen, scheiden aus wegen eines inakzeptablen Rechenaufwandes. Neuber-Regel und Seeger-Formel Vereinfacht lässt sich jedoch die elastisch-plastische Kerbgrundbeanspruchung errechnen nach der Neuber-Regel [270],
s · e = s H2 /E = [(ak · SH)2 /E = ak2 · S · e ,
(3.3–41)
nach der erweiterten Neuber-Regel [272],
s · e = s H2 /E = [(ak · SH)2 /E] · [e * · E /S*] ,
(3.3–42)
mit S* = S · ak / ap sowie ap = Sp / Re ,
(3.3–43)
nach der Seeger-Formel [272],
s e=3· E
, (3.3–44) · 0 S*
ak · S 2 2 1 ak · S 0 · 42 · ln 0 + 1 – 0 s u cos u s
e* · E
mit u = (p / 2) · [(S · ak / s) – 1] / (ap – 1) und Gl. (3.3–43), oder nach ähnlichen Näherungsformeln, wenn dazu – die Nennspannung S, – die Formzahl ak bzw. die Formzahlen ak und ap und – das Spannungs-Dehnungs-Gesetz als e = e (s), e = e(S) und e* = e* (S*) gegeben sind [273]. Abb. 3.3–19 veranschaulicht für unterschiedlich scharf gekerbte Lochscheiben bei elastisch-idealplastischem Werkstoffgesetz die Fließkurven nach Finite-Element-Rechnung und nach der Neuber-Regel Gl. (3.3–41); sie – und ebenso die erweiterte Neuber-Regel Gl. (3.3–42) – überschätzen im teilplastischen Bereich die plastische Dehnung. Die (nicht eingezeichneten) Fließkurven nach der Seeger-Formel Gl. (3.3–44) liegen hingegen nahe bei den finite-element-weise errechneten Fließkurven. Mit einem (dimensionsbehafteten) Lastfaktor c, der die Berechnung der elastischen Kerbspannung se als
se = c · L
(3.3–45)
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
359
Abb. 3.3–19. Fließkurven für unterschiedlich scharf gekerbte Lochscheiben bei elastischidealplastischem Werkstoffgesetz nach Finite-Element-Rechnung und nach der NeuberRegel Gl. (3.3–22), nach Amstutz
Abb. 3.3–20. Nennspannung Sp für den vollplastischen Zustand eines Kerbquerschnitts
Abb. 3.3–21. Beispiele für die Berechnung des Lastfaktors c, der Traglast Lp für den vollplastischen Zustand, der plastischen Formzahl ap , und der Nennspannung S* bei unterschiedlicher Festlegung der Lastgröße L, nach Seeger [31]
360 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
361
Abb. 3.3–21 (Fortsetzung)
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
362
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
bei unterschiedlichen Festlegungen der Lastgröße L gestattet und einer herkömmlichen Einflusszahl bei baustatischen Berechnungen vergleichbar ist, kann die erweiterte Neuber-Regel Gl. (3.3–42) mit sH = se nach Gl. (3.3-45) in verallgemeinerter Form auch wie folgt geschrieben werden:
s · e · E = (c · L)2 · (E · e / S) = (c · L)2 · (E · e* / S*)
(3.3–46)
Die Größen e, S, e*, S* und ap dienen dazu, den Anwendungsbereich der Näherungsformeln auf den Fall einer globalen plastischen Beanspruchung des Kerbquerschnitts zu erweitern [272, 274], wobei Sp die Nennspannung im Kerbquerschnitt für den vollplastischen Zustand bedeutet, Abb. 3.3–20. An drei Beispielen erläutert Abb. 3.3–21 die Berechnung des Lastfaktors c, der Traglast Lp für den vollplastischen Zustand, der plastischen Formzahl ap , und der Nennspannung S* bei unterschiedlichen Festlegungen der Lastgröße L [31]. Masing-Hypothese Im Fall der schwingenden Beanspruchung müssen zudem – ein zyklisch stabiles Werkstoff-Verhalten, – die Gültigkeit der Masing-Hypothese und – die Gesetze des Werkstoffgedächtnisses unterstellt werden. Zyklisch stabiles Werkstoff-Verhalten heißt, dass die zügige und die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve übereinstimmen und sich im Verlauf der Schwingbeanspruchung nicht verändern, Abschn. 3.3.1 sowie Abb. 3.3–3 und 3.3–4. Die Masing-Hypothese [275] besagt, dass sich die Form eines Hysterese-Astes aus der Form der zyklisch stabilen Spannungs-Dehnungs-Kurve bestimmt, indem diese in Spannungs- und Dehnungsrichtung im Verhältnis 2:1 vergrößert wird, Abb. 3.3–22. Die Masing-
Abb. 3.3–22. Masing-Hypothese: Die Form des Hysterese-Astes ergibt sich aus der im Verhältnis 2:1 vergrößerten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve [275]
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
363
Hypothese und die nachfolgend zu behandelnden Gesetze des Werkstoffgedächtnisses erlauben, den Spannungs-Dehnungs-Verlauf für eine beliebige Schwingbeanspruchung mit konstanten oder veränderlichen Amplituden zu bestimmen. Wechselbeanspruchung mit konstanter Amplitude Abbildung 3.3–23 veranschaulicht die Neuber-Regel zunächst für den vereinfachten Fall, dass der Kerbstab einer wechselnden Beanspruchung mit konstanter Amplitude unterliegt und die Nennspannung mit einer Nenndehnung e = S/E vom Kerbquerschnitt elastisch ertragen wird. Bei der betrachteten Wechselbeanspruchung (R = – 1) kann S = Sa sowie s = sa und e = ea,t gesetzt und Gl. (3.3–41) geschrieben werden als
sa · ea,t = sH2 /E = (ak · Sa)2 /E .
(3.3–47)
Anschaulich besagt diese Formel: Für einen vorgegebenen Nennspannungswert Sa bestimmt sich die Hook’sche Spannung sH auf der elastischen Geraden mit der geltenden Formzahl ak als Produkt sH = ak · Sa . Die im Kerbgrund wirkende Spannungsamplitude sa und die zugehörige elastisch-plastische Gesamt-Dehnungsamplitude ea,t ergibt sich von sH ausgehend als Schnittpunkt der Neuber-Hyperbel s · e = konstant mit der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve ea = ea (sa). Wie zu Abb. 3.3–6 ausgeführt, ist mit diesem Schnittpunkt zugleich die im Kerbgrund bis Anriss ertragbare Schwingspielzahl N bestimmt. Abb. 3.3–23. Neuber-Regel für den vereinfachten Fall, dass die Nennspannung vom Nennquerschnitt elastisch ertragen wird
364
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–24. Neuber-Regel für den allgemeinen Fall, dass die Nennspannung vom Nennquerschnitt nicht mehr elastisch ertragen wird
Abbildung 3.3–24 veranschaulicht die Neuber-Regel für den allgemeineren Fall, dass die einwirkende Nennspannung vom Kerbquerschnitt nicht mehr elastisch ertragen wird, d.h. wenn die Nenndehnung e ≥ S/E ist. Für die Amplitudenwerte einer wechselnden Beanspruchung gilt dann Gl. (3.3–41) als
sa · ea = sH2 /E = (ak · SH)2 /E = ak2 · Sa · ea .
(3.3–48)
Anschaulich ergibt sich damit für einen vorgegebenen Nennspannungswert Sa nach der Spannungs-Dehnungs-Kurve eine elastisch-plastische Nenndehnung ea . Nach einer Neuber-Hyperbel führt die um den plastischen Dehnungsanteil vergrößerte Nenndehnung auf eine erhöhte Nennspannung SH auf der elastischen Geraden. Von ihr aus folgt nunmehr durch Multiplikation mit der Formzahl die Hook’sche Spannung sH und daraus die Kerbgrundspannung sa sowie die Kerbgrunddehnung ea und damit, anhand der Dehnungs-Wöhlerlinie, die im Kerbgrund bis Anriss ertragbare Schwingspielzahl N. Durch die Vorgabe unterschiedlicher Nennspannungsamplituden Sa lässt sich so die Anriss-Wöhlerlinie eines Bauteils mit der Formzahl ak gewinnen und das Konzept der Normierten Wöhlerlinien bestätigen, Abschn. 2.1.7 und 3.3.8.
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
365
Schwingbeanspruchung mit veränderlichen Amplituden Zum Berechnen der Kerbgrundbeanspruchung bei einer Schwingbeanspruchung mit veränderlichen Amplituden ist ein geeignetes Rechnerprogramm erforderlich [51]. Als Eingaben werden benötigt: – die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve, die wegen des vorausgesetzten zyklisch stabilen Werkstoffverhaltens zugleich die zügige Spannungs-Dehnungs-Kurve darstellt und als Formel, z.B. Gl. (3.3–7), (3.3–13), (3.3–15), oder auch punktweise vorgegeben sein kann, und – der Beanspruchungsablauf als sequenzielle Folge von Umkehrpunkten der Nennspannungs-Zeit-Funktion. Gesetze des Werkstoffgedächtnisses Der Spannungs-Dehnungs-Pfad zwischen zwei aufeinanderfolgenden Umkehrpunkten ist dann nach der Masing-Hypothese aus der Form der Spannungs-Dehnungs-Kurve gegeben, jedoch unter Beachtung folgender Gesetze des Werkstoffgedächtnisses, Abb. 3.3–25: – Für die Erstbelastung gilt die Spannungs-Dehnungs-Kurve als SpannungsDehnungs-Pfad (Pfad 0-1). – Nach dem Schließen einer Hystereseschleife, die auf der Erstbelastungskurve begonnen wurde (Pfad 1-2-1), verläuft der Spannungs-DehnungsPfad weiter auf der Erstbelastungskurve (Pfad 1-3). – Nach Schließen einer Hystereseschleife, die auf einem Schleifenast begonnen wurde (Pfad 4-5-4), folgt der Spannungs-Dehnungs-Pfad dem ursprünglichen Schleifenast (Pfad 3-4-6).
Abb. 3.3–25. Lastfolge und Spannungs-Dehnungs-Pfad zur Veranschaulichung des Werkstoffgedächtnisses [276]
366
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– Ein auf der Erstbelastungskurve begonnener Hysterese-Schleifenast (Pfad 3-4-6) endet, wenn der Spiegelpunkt 6 seines Startpunktes 3 im gegenüberliegenden Quadranten erreicht ist; sodann setzt sich der SpannungsDehnungs-Pfad auf der Erstbelastungskurve fort (Pfad 6-7). Diesen werkstoffmechanischen Gesetzen wird durch ein rheologisches Modell aus Feder- und Reiber-Elementen entsprochen, das von Wetzel [277] beschrieben und in einen häufig verwendeten Rechenalgorithmus umgesetzt wurde, Abb. 3.3–26: Die Spannungs-Dehnungs-Kurve wird durch geradlinige Segmente j = 1,2, 3 usw. angenähert und gekennzeichnet durch die zugehörigen Größen dsj und dej sowie einen Verfügbarkeits-Koeffizienten – 1 < Pj < + 1, der anfänglich mit Pj = 0 definiert ist und die in Anspruch genommenen Segmentanteile Pj · dsj und Pj · dej angibt. Ausgehend von dem Startpunkt oder einem Umkehrpunkt werden die Segmente sodann nach folgenden Regeln abgearbeitet: (1) beginnend mit dem ersten Segment j = 1, (2) und weiter der Reihe nach j = 2, 3, …, (3) gemäss der jeweiligen Verfügbarkeit Pj , (4) bis zum Erreichen des gewünschten s-eWertes, der sich nach der Neuber-Regel für den folgenden Umkehrpunkt bestimmt. Dieses Abarbeiten der Segmente ist jedoch äußerst rechenzeitaufwendig. Neuere Rechenprogramme machen von der Erkenntnis Gebrauch, dass die aufgezeigten Modellgesetze unabhängig von der Form der Spannungs-Dehnungs-Kurve zutreffen: Jedes Schließen einer Hystereseschleife der örtlichen Beanspruchung bedeutet auch das Schließen einer Hystereseschleife in einem gedachten Last-Verformungs-Ablauf. Insofern können die Eckpunkte der Hysteresen bereits durch eine Rainflow-Zählung, Abschn. 3.3.3, anhand der Nennspannungs-Zeit-Funktion identifiziert und nach der Neuber-Regel oder der Seeger-Formel in örtliche s-e-Werte umgerechnet werden. Diese Berechnungsweise ist wesentlich rechenzeitgünstiger.
Abb. 3.3–26. Rheologisches Hysterese-Modell aus Feder- und Reib-Elementen und die ihm entsprechende stückweise lineare Annäherung der Spannungs-Dehnungs-Kurve [277]
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
367
Mit dem Ermitteln der Kerbgrundbeanspruchung in Form geschlossener Hystereseschleifen ist zugleich die Frage beantwortet, wie eine komplexe Beanspruchungs-Zeit-Funktion für die Belange der Schädigungsrechnung in einzelne Schwingspiele zerlegt werden soll: Jede geschlossene Hystereseschleife bestimmt ein Schwingspiel samt seinen Kennwerten. Streng genommen ist diese Betrachtungsweise allerdings beschränkt auf einachsige oder proportional mehrachsige Beanspruchungen, da bei nichtproportional mehrachsigen Beanspruchungen – wie nachstehend mit den Abb. 3.3–29 veranschaulicht – keine geschlossenen Hystereschleifen auftreten. Werkstoffmodelle von Mróz und von Jiang Die bisherigen Ausführungen dieses Abschnitts galten dem Spannungs-Dehnungs-Verhalten des Werkstoffs unter einachsiger Beanspruchung. Von Mróz [278] wurde ein Modell zur Beschreibung des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens in einem Werkstoffelement unter mehrachsiger Beanspruchung entwickelt. Es kann proportionale und nichtproportionale mehrachsige Beanspruchungen beschreiben, wie auch den Grenzfall der einachsigen Beanspruchung. Statt durch eine Anzahl von Spannungs-Dehnungs-Segmente wie im Modell nach Abb. 3.3–26 wird das Werkstoffgedächtnis im Mróz-Modell durch einen Satz von geschachtelten Fließflächen abgebildet, Abb. 3.3–27. Im Ausgangszustand liegen sie mit ihren Mittelpunkten im Ursprung. Bei Belastung verschieben sie sich im Spannungsraum nach festgelegten Regeln (maximale dissipative plastische Arbeit), sie dürfen sich dabei aber – wie von Garud [279] mit einer verbesserten Verschiebungsregel sichergestellt, Abb. 3.3–28, – niemals überschneiden. Ihre zueinander ähnliche Konturen leiten sich ab aus der von Mises Fließbedingung als Linien gleicher Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese. Bei Verschiebung bleibt die Kontur der Fließfläche unverändert entsprechend dem sog. kinematischen Verfestigungs-Modell. Die Kontur jeder dieser Fließflächen wird über die Vergleichsspannung einem Knickpunkt auf der abschnittweise linearisierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve zugeordnet. Spannungszustände zwischen diesen Fließflächen bzw. Knickpunkten werden über Translationskoeffizienten abgehandelt. Analytisch ist das Mróz-Modell in tensorieller Schreibweise formuliert. Es hat den Vorteil, dass als Eingabedaten nur die diskretisierte Spannungs-Dehnungs-Kurve benötigt wird. Seine praktische Anwendung setzt ein entsprechendes Rechnerprogramm voraus. Der Rechenaufwand ist beträchtlich und gestattet selbst auf leistungsfähigen Rechnern in der Regel nur kurze Abschnitte von nichtproportional mehrachsigen Beanspruchungsabläufen abzuhandeln. Abbildung 3.3–27 veranschaulicht, dass das Mróz-Modell für einachsige Beanspruchungen das Masing-Verhalten und das Werkstoffgedächtnis analog zum rheologischen Modell nach Abb. 3.3–26 abbildet. Gleiches gilt für proportional mehrachsige Beanspruchungen, bei denen sich die Fließflächen entsprechend dem Verhältnis s2 / s1 entlang einer geneigten Geraden in der
Abb. 3.3–27. Fließflächen des Mróz-Modells [278] und deren Verschiebung bei einachsig wechselnder Beanspruchung, nach Buczynski
368 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung
369
Abb. 3.3–28. Verschiebung der Fließflächen bei nichtproportional mehrachsiger Beanspruchung entsprechend dem verbesserten MrózModell von Garud [279], nach Buczynski
s1-s2-Ebene verschieben. Abbildung 3.3–29 zeigt hingegen, dass sich unter nichtproportionalen mehrachsigen Beanspruchungen überaus komplexe Spannungs-Dehnungs-Abfolgen ergeben, die keine Ähnlichkeit mit den sich bei einachsiger oder proportionaler Beanspruchung ausbildenden Hystereseschleifen aufweisen [263]; Schädigungsparameter für Hystereseschleifen, wie z.B. PSWT Gl. (3.3–32), sind dann nicht anwendbar. Die Effekte des zyklischen Kriechens und der zyklischen Verfestigung werden allerdings mit dem Mróz-Modell nicht befriedigend abgebildet. Das
s
t
Abb. 3.3–29. Spannungs-Dehnungs-Abfolgen bei einer nichtproportional mehrachsigen Beanspruchung, nach Seeger [263]
370
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Jiang-Modell [280] besitzt in dieser Hinsicht weiterentwickelte Eigenschaften, benötigt demzufolge weitere Modell-Parameter, die als Eingabedaten aber nicht ohne weiteres verfügbar sind. Trotz seines hohen Entwicklungsstandes kann aber auch das Jiang-Modell noch nicht alle Erscheinungsformen des zyklischen Kriechens und der Verfestigung allseits befriedigend darstellen [281]. Erschwerend für seine Anwendung ist zudem eine hohe Anzahl von Modell-Parametern. Wie Döring und Vormwald herausfanden, lassen sich aber deren Einflüsse weitgehend separieren und damit ihre Identifikation mit erträglichem Aufwand realisieren [282].
3.3.4 Rainflow-Verfahren Neben den bestehenden Möglichkeiten zur alternativen Beschreibung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen im Zeit- und im Frequenzbereich, Abschn. 2.3.1, wurde als eine dritte Möglichkeit die werkstoffmechanisch begründete Beschreibung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen im Rainflow-Bereich entwickelt. Träger der betreffenden Informationen sind einerseits die aus der Beanspruchungs-Zeit-Funktion extrahierte Abfolge ihrer oberen und unteren Umkehrpunkte und andererseits deren klassierte Darstellung als Rainflow-Matrix in Verbindung mit dem zugehörigen Residuum. Mit dem Rainflow-Zählverfahren zur Ermittlung der Rainflow-Matrix wird der Übergang vom Zeit- in den Rainflow-Bereich bewirkt. Der Übergang vom Rainflow- in den Zeit-Bereich wird mit dem Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion zur Erzeugung einer Umkehrpunkt-Folge aus der Rainflow-Matrix bewerkstelligt. Eine Umrechnung auf das Ergebnis nach anderen Zählverfahren, Verfahren der Extrapolation, der Superposition, der Amplitudenfilterung und der Editierung sowie die Ableitung eines Amplitudenkollektivs mit Bewertung der jeweiligen Mittelspannungen durch Amplitudentransformation, Abschn. 3.3.6, lassen sich aus dem Rainflow-Bereich heraus auf systematische Weise verwirklichen. Verfahren der Rainflow-Zählung Mit dem Rainflow-Zählverfahren in seinen verschiedenen programmtechnischen Realisierungen, z.B. 283, 276, 284, 285, 286], wird eine Identifikation geschlossener Hystereseschleifen entsprechend den vorstehend beschriebenen werkstoffmechanischen Gesetzmäßigkeiten erreicht, Abb. 3.3–30. Dabei wird jede einzelne Hystereseschleife durch ihre Umkehrpunkte gekennzeichnet. Die Umkehrpunkte werden als Ober- und Unterwert oder als Amplitude und Mittelwert ausgewiesen und in einer Rainflow-Matrix klassiert. Die Matrix-Elemente bezeichnen dann die Zahl der geschlossenen Hystereseschleifen, Abb. 3.3–31. Die Bezeichnungen „Startklasse“ und „Zielklasse“ beziehen sich auf den Hysterese-Schleifenast, der die jeweilige Schleife schließt; jede geschlossene Schleife beginnt also in der Zielklasse, kehrt in
3.3.4 Rainflow-Verfahren
371
Abb. 3.3–30. Veranschaulichung des Rainflow-Zählverfahrens; geschlossene Hystereseschleifen sind gekennzeichnet durch die numerierten Dreiecke (1 … 7) und mit ihren Ober- und Unterwerten in der Matrix klassiert; nach ihrer Eliminierung aus dem Beanspruchungsablauf verbleibt das Residuum, nach Dreßler et al. [287]
Abb. 3.3–31. Ausdeutung der Rainflow-Matrix [276]
der Startklasse um und schließt sich in der Zielklasse. Diese Festlegung erlaubt eine Unterscheidung zwischen hängenden Schleifen, Pfad 1-2-1 in Abb. 3.3–25, und stehenden Schleifen, Pfad 4-5-4 in Abb. 3.3–25. Vielfach wird jedoch auf eine Unterscheidung von hängenden und stehenden Schleifen verzichtet, weil auch bei der Schädigungsrechnung keine diesbezügliche Unterscheidung vorgenommen wird. Es wird dann allein die obere rechte Hälfte der Matrix belegt, die dann die Summen der einander entsprechenden Elemente beider Matrix-Hälften enthält. Implizit wird damit Symmetrie beider Matrix-Hälften unterstellt. Für andere Anwendungen ist darin u.U. ein Ver-
372
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
lust an Reihenfolge-Information zu sehen. Mit seinen Eigenschaften erweist sich das Rainflow-Zählverfahren als ein übergeordnetes (zweiparametrisches) Zählverfahren von allgemeiner Bedeutung, das auf beliebige Beanspruchungs-Zeit-Funktionen auch auf der Basis von Nennspannungen oder Lasten anwendbar ist. Denn wie mit Abb. 2.3–28 auch für die RainflowMatrix zutreffend veranschaulicht wird, lassen sich aus der (summarisch belegten) oberen Matrix-Hälfte entnehmen: – – – – – – – –
das zweiparametrische Kollektiv der Oberwerte und Unterwerte, das zweiparametrische Kollektiv der Amplituden und Mittelwerte, das Kollektiv der Überschreitung von Klassengrenzen, die einparametrischen Kollektive der Oberwerte bzw. der Unterwerte, die einparametrischen Kollektive der Amplituden bzw. der Mittelwerte, die Anzahl der Oberwerte oder Unterwerte, die Anzahl der Mittelwertdurchgänge, der Unregelmäßigkeitsfaktor.
Zwischen der Rainflow-Matrix und der Übergangs-Matrix nach Abschn. 2.3.7 besteht also eine weitgehende Verwandtschaft, was sowohl die Interpretations-Möglichkeiten wie auch die der Matrix und die ihrer Ermittlung zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten betrifft, Abb. 2.3–29. Der wesentliche Unterschied liegt allein darin, dass das Rainflow-Verfahren ein zweiparametrisches Zählverfahren für diejenigen Ober- und Unterwerte darstellt, die im Sinne von Amplituden und Mittelwerten geschlossener Hystereseschleifen einander zugeordnet sind, während es sich bei dem Verfahren der Übergangsmatrix um ein zweiparametrisches Zählverfahren für aufeinanderfolgende Ober- und Unterwerte im Sinne zusammengehöriger Spannen und Mittelwerte handelt. Insofern ist das Amplitudenkollektiv mit einer Übergangsmatrix nur mittelbar und nicht eindeutig bestimmt, Abb. 2.3–33. Bei einem Amplitudenkollektiv, das ohne Berücksichtigung der jeweiligen Mittelspannungen nach Abb. 2.3–28 der Rainflow-Matrix unmittelbar zu entnehmen bzw. nach dem Spannenpaar-Verfahren, Abb. 2.2–20, zu gewinnen ist, wird vernachlässigt, dass sich mit den einzelnen Amplituden recht unterschiedliche Mittelspannungen verbinden können. Mit dem Verfahren der Amplitudentransformation erfährt das Rainflow-Verfahren eine Weiterentwicklung dahingehend, dass es die Ableitung eines bewerteten Amplitudenkollektivs gestattet, bei dem mit einer Erhöhung oder Abminderung der jeweiligen Amplitudenwerte auch die zugehörigen Mittelspannungen nach dem Haigh-Schaubild, Abb. 3.1–25, berücksichtigt werden, Abschn. 3.1.3, und darüber hinaus noch werkstoffliche, bauteilspezifische und lastfolgenabhängige Einflüsse berücksichtigt werden können, Abschn. 3.3.6. Wie jedes Zählverfahren ist auch die Rainflow-Zählung mit einem Verlust von Reihenfolge-Informationen verbunden. Doch durch die Bezugnahme auf geschlossene Hystereseschleifen als zu zählendes Ereignis bleiben implizit weitergehende Informationen erhalten als bei den einparametrischen Verfahren, die lediglich von der Abfolge einzelner Umkehrpunkte ausgehen. Selbst
3.3.4 Rainflow-Verfahren
373
die Information, ob es sich um eine hängende oder stehende Schleife innerhalb einer größeren Schleife handelt, ist bei der vollständig (in beiden Hälften) belegten Rainflow-Matrix gespeichert, und auch noch weitergehende Informationen über die Möglichkeiten und die Wahrscheinlichkeiten für die Verschachtelung von Hystereseschleifen sind einer solchen Matrix für das nachstehend beschriebene Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion zu entnehmen. Weiterhin lässt sich anführen [286]: – Bei der Rainflow-Zählung werden geschlossene Hystereseschleifen anhand des zeitlichen Ablaufs der Last, der Nennspannung, der örtlichen Spannung oder der örtlichen Dehnung stets zu gleichen Zeitpunkten identifiziert. – Bei einer Rainflow-Zählung der örtlichen Spannung (oder Kerbspannung) bleiben alle maßgeblichen Einflussgrößen wie die Spannungsamplitude, die Mittelspannung und die Dehnungsamplitude erhalten; allerdings ist die örtliche Spannung eine in der Regel nicht unmittelbar messbare Größe. – Bei einer Rainflow-Zählung der örtlichen Dehnung (oder Kerbdehnung) bleiben die Dehnungsamplitude, die Mitteldehnung und die Spannungsamplitude erhalten, aber nicht die genaue Mittelspannung. – Ausgehend von den Lastamplituden können die örtlichen Spannungsamplituden und die Dehnungsamplituden berechnet werden, und zwar übereinstimmend mit einer numerischen Simulation, aber nicht die genaue örtliche Mittelspannung oder Mitteldehnung. Die Amplitudenkollektive, die ohne Berücksichtigung der jeweiligen Mittelspannungen alternativ nach Abb. 2.3–28 unmittelbar der Rainflow-Matrix zu entnehmen bzw. nach dem Spannenpaar-Verfahren, Abb. 2.2–20, erhalten werden, sind exakt gleich, sofern beim Klassieren der Amplituden die Ausführungen zu Abb. 2.3–31 beachtet werden und/oder eine hinreichend feine Klassenteilung verwendet wird; praktisch üblich sind heute 64 oder 100 Klassen bzw. Matrizen mit 64 ¥ 64 oder 100 ¥ 100 Elementen. Weiterhin setzt die Übereinstimmung dieser Amplitudenkollektive voraus, dass kein Residuum auftritt. Wird nämlich die Zählung nach dem RainflowVerfahren an beliebiger Stelle eines endlichen Beanspruchungsablaufs begonnen, so verbleibt am Ende ein sogenanntes Residuum, das die nicht zu Hysteresen geschlossenen Schleifenäste ausweist, Abb. 3.3–30. Dieses Residuum und die betreffende Rainflow-Matrix gehören als Beschreibung eines Beanspruchungsablaufs im Rainflow-Bereich untrennbar zusammen. Das Residuum ist insbesondere unverzichtbar für das Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion sowie für die Superposition und die Editierung von Matrizen bzw. Beanspruchungsabläufen. Das Residuum besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil setzt sich zusammen aus anfänglichen Abschnitten der Belastung bis zum erstmaligen Erreichen des betragsmäßigen Größtwertes in der Umkehrpunkt-Folge; diese Abschnitte bilden nicht mehr schließfähige Schleifenäste. Der zweite Teil enthält Schleifenäste, die bis zum Ende der Umkehrpunkt-Folge noch nicht zu ge-
374
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
schlossenen Schleifen ergänzt wurden, aber bei einer Fortsetzung der Umkehrpunkt-Folge geschlossene Schleifen bilden könnten. In seiner jeweiligen Ausbildung ist das Residuum vor allem davon abhängig, bei welchen Beanspruchungswerten die Umkehrpunkt-Folge beginnt und endet. Beispielsweise lassen Clormann und Seeger [276] die Umkehrpunkt-Folge stets bei null beginnen. Ähnliche Ergänzungen von Umkehrpunkt-Folgen werden bewusst oder unbewusst auch bei deren Aneinanderreihung vorgenommen, wenn sie sich in ihren Anfangs- und Endwerten unterscheiden. Es gibt verschiedene Empfehlungen, wie ein Residuum weiterbehandelt werden kann: Der einfache Weg ist, Schwierigkeiten mit einem Residuum dadurch zu vermeiden, dass der endliche Beanspruchungsablauf als eine sich mehrfach wiederholende Teilfolge aufgefasst wird. Dann kann die Zählung bei dem betragsmäßigen Größtwert der Folge beginnen und bei dessen erneutem Erreichen enden, Abb. 3.3–32: Mit dem Größtwert auf der Erstbelastungskurve beginnend, liegt dann das gesamte weitere Beanspruchungsgeschehen innerhalb einer Hüll-Hysterese, die der stabilisierten Hystereseschleife des Schwingspiels aus oberem und unterem Extremwert der Folge entspricht; dabei treten nur geschlossene Hystereseschleifen auf, abgesehen von der
Abb. 3.3–32. Hüll-Hysterese für den Spannungs-Dehnungs-Pfad, gegeben durch die stabilisierte Hystereseschleife des Schwingspiels aus oberem und unterem Extremwert einer sich mehrfach wiederholenden Teilfolge
3.3.4 Rainflow-Verfahren
375
Erstbelastungskurve, die als Residuum verbleibt. Der gleiche Matrix-Inhalt wird auch bei beliebigem Beginn in der Umkehrpunkt-Folge erhalten, wenn das Residuum der Umkehrpunktfolge nochmals angefügt und die Zählung darüber hinaus fortgeführt wird. Nach dem ASTM-Standard [284] wird jeder Schleifenast im Residuum mit einer Häufigkeit 1/2 in der Rainflow-Matrix klassiert. Von Clormann und Seeger [276] wie auch vom ASTM-Standard [284] wird vorgeschlagen, die Rainflow-Zählung für zwei aufeinanderfolgende Durchläufe der Umkehrpunkt-Folge vorzunehmen. Denn für einen zweiten und folgende Durchläufe liegt zu Beginn immer das gleiche Residuum vor und es ergibt sich der gleiche Spannungs-Dehnungs-Verlauf innerhalb einer stabilisierten Hüll-Hysterese. Nur der erste Durchlauf ist davon verschieden und er tritt gewissermaßen an die Stelle der Erstbelastungskurve in Abb. 3.3–32. Für die Schädigungsrechnung bedeutet dies, dass das Ergebnis des zweiten Durchlaufs auf die weitere Anzahl möglicher Wiederholungen hochgerechnet werden kann, außer es kommt ein Schädigungsparameter zur Anwendung, der die jeweilige Vorschädigung berücksichtigt. Eine Hochrechnung erspart u.U. viel Rechenzeit. Der erste Durchlauf kann entweder gesondert oder, unter Vernachlässigung seines Unterschieds zum wiederholten Durchlauf, in gleicher Weise wie ein wiederholter Durchlauf abgehandelt werden. Ein Fehler, wie er dabei durch das Vernachlässigen der transienten Beanspruchungssituation bis zum erstmaligen Erreichen des betragsmäßigen Größtwertes entsteht, ist in vielen Fällen belanglos. Ausgeprägte transiente Beanspruchungen sind z.B. für die Abb. 2.4–9 und 2.4–10 kennzeichnend; sie können u.U. einen nichtvernachlässigbaren Einfluss haben. Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion Die Rainflow-Rekonstruktion gestattet, einen Beanspruchungsablauf als Umkehrpunkt-Folge aus einer Rainflow-Matrix mit zugehörigem Residuum zu erzeugen. Die Umkehrpunkte können dann bedarfsweise und unter Vernachlässigung von Frequenzeinflüssen z.B. linear oder durch Kosinus-Halbwellen verbunden und zum zeitlichen Ablauf ergänzt werden. Da bei der Rekonstruktion keine Näherungen oder hypothetischen Annahmen getroffen werden, ist es eigentlich eine triviale Feststellung, dass eine erneute Rainflow-Zählung des ordnungsgemäß rekonstruierten Ablaufs wiederum die exakt gleiche Matrix samt Residuum liefert. Die Regeln einer solchen Rekonstruktion werden hier nur anschaulich dargestellt, zumal sich der Anwender für die praktische Durchführung wohl stets eines entsprechenden kommerziellen Rechnerprogrammes bedienen dürfte. Die mathematische Formulierung und Präzisierung der Regeln sind aus [287] zu entnehmen. Sie sind gedanklich leicht nachzuvollziehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie sich aus einer Umkehr der Rainflow-Zählung ableiten, und wenn man sich sowohl die entsprechenden Spannungs-DehnungsHysteresen wie auch den zeitlichen Beanspruchungsablauf vor Augen hält.
376
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Das Residuum, das am Ende einer Rainflow-Zählung verbleibt, bildet demzufolge den Ausgangspunkt der Rekonstruktion. Dabei besteht allerdings die Anforderung, dass das Residuum sowohl den positiven wie auch den negativen Größtwert aus dem per Rainflow-Zählung verarbeiteten Beanspruchungs-Ablauf enthält. Von dem 4-Punkt-Residuum nach [288, 285] wird diese Anforderung unmittelbar erfüllt, für andere Verfahrensvarianten ist vorab eine entsprechende Korrektur des Residuums erforderlich. Als nächstes wird sodann die größte in der Matrix enthaltene Amplitude als Schwingung in das Residuum eingefügt und ihr Eintrag im betreffenden Element der Matrix gelöscht, Abb. 3.3–33. Auch für die von Matrixelement zu Matrixelement fortschreitende Einfügung aller weiteren Schwingungen gilt der Grundsatz, dass sie stets zuerst für die verbleibenden Schwingungen mit der größten Amplitude zu geschehen hat, so wie bei der Rainflow-Zählung eine Hystereseschleife mit großer Amplitude auch erst dann identifiziert wird, nachdem alle ihr eingefügten kleineren Hystereseschleifen abgearbeitet worden sind. An welchen Stellen die jeweils nächstgrößten Schwingungen in den bis dahin aufgebauten Beanspruchungsablauf überhaupt eingefügt werden können, lässt sich analytisch bestimmen [287]. Aber eine Information, welche dieser Möglichkeiten gewählt werden sollte, ist der Rainflow-Matrix nicht mehr zu entnehmen, denn diese Reihenfolgeinformation geht mit dem Zählverfahren verloren. Wo also der Einbau der nächsten Schwingung definitiv geschieht, wird unter den bestehenden Möglichkeiten nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, Abb. 3.3–33, wobei im Sinne von stehenden und hängenden Schleifen zu unterscheiden ist, Abb. 3.3–31. An einer einzelnen Stelle werden mehrere Schwingungen dann eingebaut, wenn die Anzahl der Schwingungen größer als die Zahl der möglichen Stellen ist, ansonsten ist dieser Fall zwar nicht ausgeschlossen aber nicht sehr wahrscheinlich. Nach jedem Einbau einer Schwingung wird deren Eintrag in dem betreffenden Matrixelement gelöscht, ehe in entsprechender Weise weitere Schwingungen verarbeitet werden. Die Rekonstruktion ist beendet, wenn alle Elemente der Matrix in ihren Häufigkeiten auf null abgearbeitet worden sind. Entsprechend dem vorgenannten Zufallsprinzip ergeben sich bei wiederholten Rekonstruktionen anhand der gleichen Matrix auch zufallsartig ver-
a
b
c
Abb. 3.3–33a–c. Einfügung der größten Amplitude in das Residuum. a größte Amplitude in der Rainflow-Matrix (stehende Hysterese), b Residuum, c Einfügung als stehende Hysterese in das Residuum [287]
3.3.4 Rainflow-Verfahren
377
Abb. 3.3–34a–c. Beispiele für rekonstruierte Beanspruchungsabläufe. a Original-Ablauf, b drei Beispiele mit guter sowie c drei Beispiele mit schlechter Zufallsdurchmischung der Stellen für den Einbau der Schwingungen, nach Dreßler et al. [282]
schiedene Beanspruchungsabläufe. Abb. 3.3–34 zeigt drei Beispiele einer Rainflow-Rekonstruktion mit guter sowie drei Beispiele mit schlechter Zufallsdurchmischung der Stellen für den Einbau der Schwingungen. Alle rekonstruierten Abläufe mit guter Zufallsdurchmischung sind untereinander statistisch gleichwertig. Auch der originäre Ablauf ist ihnen statistisch gleichwertig, außer wenn er deterministische Reihenfolgeeinflüsse aufweist.
378
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Vergleichende Schädigungsrechnungen mit dem Schädigungsparameter PJ , der Reihenfolgeeinflüsse bewertet, Abschn. 3.3.5, lassen für die drei Beispiele mit guter Zufallsdurchmischung nur geringe Unterschiede hinsichtlich der errechneten Lebensdauer erkennen, weil bei ihnen günstige und ungünstige Reihenfolgeeffekte in etwa gleich wahrscheinlich sind und sich deshalb weitgehend ausgleichen. Bei den Beispielen mit schlechter Zufallsdurchmischung wirken sich hingegen mehr oder weniger ausgeprägte Reihenfolgeeffekte entsprechend auf die errechnete Lebensdauer aus [289]. Bei den Zufalls-Lastfolgen, die in vergleichbarer Weise aus einer Übergangs-Matrix erzeugt werden können, Abschn. 2.3.7, sind weit größere Unterschiede der errechneten Lebensdauer möglich, weil sich dabei nicht nur Unterschiede in der Reihenfolge der Amplituden sondern auch beachtliche Unterschiede hinsichtlich Größe und Häufigkeit der Amplituden ergeben, Abb. 2.3–40 und 2.3–41 [114]. Bei aller Anschaulichkeit hat das geschilderte Verfahren der Offline-Rekonstruktion den praktischen Nachteil, dass die erzeugte Umkehrpunkt-Folge insgesamt im Speicher des Rechners gehalten werden muss, um die möglichen Stellen für den Einbau der nächsten Schwingungen zu ermitteln und zu belegen. Bei längeren Umkehrpunkt-Folgen ist dieser Rechneraufwand nicht mehr beherrschbar. Eine alternativ entwickelte Online-Version vermeidet diesen Nachteil durch Betrachtung der Wahrscheinlichkeiten, aus welchem Matrix-Element die jeweils nächste auszuführende Schwingung gewählt wird. Der Rechenaufwand bleibt dabei proportional zur Zahl der Umkehrpunkte [287]. Bearbeitung von Rainflow-Matrizen Eine Bearbeitung von Rainflow-Matrizen kann in verschiedener Hinsicht wünschenswert sein. Von vorrangiger Bedeutung sind dabei die Verfahren zur Extrapolation, zur Superposition und zur Editierung von Matrizen. Extrapolation Selbst langzeitige Beanspruchungsmessungen erfassen in der Regel nur eine vergleichsweise kurze Zeitspanne der insgesamt zu betrachtenden Lebensdauer, sodass die Notwendigkeit einer Extrapolation besteht. Hierbei handelt es sich um eine Extrapolation auf eine längere Zeitspanne bzw. Betriebszeit. Vorausgesetzt wird dabei, dass die Betriebsbedingungen, die bei der Messung für die vorliegende Matrix bestimmend waren, auch für die extrapolierte Matrix zutreffen. Wie aus dem Beispiel in Abb. 3.3–35 zu ersehen [290], reicht zur Extrapolation ein einfaches Hochmultiplizieren der Häufigkeiten in den Matrixelementen nicht aus: Verglichen mit der Matrix für die gesamte Messstrecke (a) ist die Matrix für die ersten 10% der Messstrecke (b) in den äußeren Bereichen mit den großen Schwingspielen nur lückenhaft belegt, die Matrix für die davon ausgehende Extrapolation zeigt eine der Gesamtstrecke vergleich-
3.3.4 Rainflow-Verfahren
379
Abb. 3.3–35a–c. RainflowMatrizen, jeweils für die Original- bzw. 100%-Messstrecke a, für die ersten 10% der Messstrecke b und für die auf 100% extrapolierte 10%-Messstrecke c, nach Dreßler et al. [290]
a
b
c
380
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
bare Belegung. Abb. 3.3–36 verdeutlicht mit den Spannenpaar- und den Klassendurchgangs-Kollektiven, dass die Extrapolation auch höhere Extremwerte der Kollektive liefert, so wie bei einer häufig wiederholten Messung auf der Teilstrecke auch zufallsbedingt höhere Extremwerte zu erwarten sind, Abb. 2.2–8. Für diese Art der Extrapolation von Rainflow-Matrizen kommen mathematische Verfahren der parameterfreien Dichteschätzung zur Anwendung, die nicht an bestimmte Häufigkeitsverteilungen gebunden sind [291]. Vielmehr gehen sie aus von der Häufigkeitsbelegung der benachbarten Matrixelemente, wobei diese elliptischen Nachbarschaftsbereiche bei dünner Belegung größer bzw. bei dichter Belegung kleiner gewählt werden, und zudem mit der 45°-Orientierung ihrer großen Hauptachse die Matrixelemente für gleich große Amplituden – über die Ellipsenform vorgebbar – stärker bewerten als diejenigen für gleich große Mittelwerte. Außerdem können dünn oder dicht belegte Matrixbereiche gesondert behandelt werden. Ergebnis ist eine stetige zweidimensionale Rainflow-Funktion, die die diskrete MatrixBelegung statistisch ausgleicht und mathematisch beschreibt. Sie wird der Extrapolation zugrunde gelegt. Wegen möglicher Unsymmetrie bei voll belegten Matrizen werden beide Matrix-Hälften für sich betrachtet. Physikalische Grenzen der Extrapolation können sowohl als maximale Amplituden oder auch als positive und negative Extremwerte vorgegeben werden. Abschließend ist sodann noch das Residuum der extrapolierten Matrix anzupassen, sodass es die neuen Extremwerte enthält und die Konsistenzbedingungen erfüllt. Eine andere Art der Extrapolation von Rainflow-Matrizen stellt sich dar als eine Verallgemeinerung der Vorgehensweise, wie sie im Abschn. 3.5.3 beschrieben ist. Dabei handelt es sich um die Aufgabe, aus den Rainflow-Matrizen, die sich bei mehrfach wiederholten Messungen unter gleichwertigen Randbedingungen ergeben und die sich in ihrem Schädigungspotenzial unterscheiden, mittels der sog. Quantilen-Extrapolation eine Matrix abzuleiten, deren Schädigungspotenzial bei einer Einzelmessung nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von z.B. 1% überschritten wird. Das dazu nach [291] entwickelte Verfahren setzt voraus, dass alle vorliegenden Matrizen die gleiche Klassenteilung mit gleicher Wertezuweisung aufweisen. Für die unterschiedlichen Häufigkeiten in den einander entsprechenden Elementen dieser Matrizen lassen sich dann der Mittelwert und der Variationskoeffizient (= Standardabweichung durch Mittelwert) berechnen und danach festlegen, in welchen Matrixbereichen eine mehr oder weniger unterschiedliche Variabilität der Häufigkeiten vorliegt. Für jeden dieser Bereiche wird sodann aus jeder einzelnen Matrix mit einer fiktiven Wöhlerlinie der jeweilige Schädigungsbeitrag errechnet. Dies führt auf eine multidimensionale und in der Regel normale Häufigkeitsverteilung dieser Schädigungsbeiträge, die die Grundlage der Extrapolation bildet. Das Ergebnis zeigt allerdings eine gewisse Variabilität, als es nicht nur eine einzige Matrix sondern mehrere statistische gleichwertige Matrizen zu liefern vermag, deren Schädi-
3.3.4 Rainflow-Verfahren
381
a
b Abb. 3.3–36a, b. Spannenpaar-Kollektive a und Klassendurchgangs-Kollektive b, jeweils für die Original- bzw. 100%-Messstrecke (o), für die ersten 10% der Messstrecke (+) und für die auf 100% extrapolierte 10%-Messstrecke (¥), nach Dreßler et al. [290]
382
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
gungspotenzial der vorgegebenen Quantilen-Forderung von z.B. 1% entsprechen. Für sie ist dann noch das Residuum abzuleiten, und zwar so, dass es die betreffenden Extremwerte enthält und die Konsistenzbedingungen erfüllt. Superposition Rainflow-Matrizen lassen sich linear überlagern, wobei der summarischen Matrix auch noch die Rainflow-Zählung für die aneinandergefügten Residuen zugerechnet werden muss. Das Ergebnis entspricht einer Matrix samt Residuum, wie sie für eine Aneinanderreihung der betreffenden Beanspruchungsabläufe erhalten worden wären. Eine praktische Voraussetzung für die Überlagerung ist wiederum, dass die einzelnen Matrizen eine gleiche Klassenteilung mit gleicher Wertezuweisung aufweisen; andernfalls ist eine entsprechende Umskalierung vorzunehmen. Typischer Anwendungsfall einer solchen Überlagerung sind Matrizen aus Beanspruchungsmessungen für unterschiedliche Betriebsbedingungen. Im Fahrzeugbau z.B. aus Messungen auf Schlaglochstrecke, Landstraße, Autobahn und im Stadtverkehr, die in einer vorgegebenen anteiligen Gewichtung zur Matrix der Gesamtbeanspruchung zusammengefasst werden sollen. Sinnfälligerweise wird dabei zunächst jede einzelne Matrix auf ihren Anteil an der Gesamtbeanspruchung extrapoliert. (Für nichtproportional mehrachsige Beanspruchungsvorgänge ist diese Vorgehensweise allerdings nicht geeignet; in diesem Fall wird eine anteilige, abschnittweise Überlagerung der unterschiedlichen Beanspruchungssituationen anhand der gemessenen Zeitreihen vorgenommen.) Editierung Beispiele für die Editierung von Rainflow-Matrizen sind eine Veränderung der Extremwerte oder die Herausnahme kleiner Amplituden durch Nullsetzen der Matrixelemente entland der Nebendiagonale, wie auch andere spezielle Veränderungen des Matrix-Inhaltes. Derartige Editierungen des Matrix-Inhaltes unterliegen allerdings der Einschränkung, dass dadurch die Konsistenzbedingungen für die Matrix und für die u.U. unsymmetrisch belegten Matrix-Hälften sowie für das Residuum nicht verletzt werden dürfen. Insofern empfiehlt es sich, für die Editierung auf ein entsprechendes Rechnerprogramm zurückzugreifen, das diesen Konsistenzbedingungen Rechnung trägt. Multiaxiale Rainflow-Verfahren Die vorstehenden Ausführungen betreffen eine Rainflow-Zählung, wie sie bei einachsigen oder auch bei proportional mehrachsigen Beanspruchungsvorgängen zur Anwendung kommt. In sinngemäßer Verallgemeinerung wurden davon ausgehend sog. multiaxiale Rainflow-Verfahren für nichtproportional mehrachsige Beanspruchungsvorgänge entwickelt. Diese Verfahren
3.3.4 Rainflow-Verfahren
383
sind mathematisch anspruchsvoll und erfordern einen erheblichen Rechenaufwand. Bezüglich näherer Einzelheiten sei auf die einschlägigen Veröffentlichungen und auf die Dokumentationen zu den diesbezüglichen Rechnerprogrammen verwiesen [286, 292]. Die Grundzüge der betreffenden multiaxialen Rainflow-Verfahren lassen sich wie folgt darstellen: Der aus mehreren nichtproportionalen äußeren Lasten an einem betrachteten Systempunkt entstehende tensorielle Beanspruchungs-Zeit-Ablauf wird als steuernde Größe der zyklischen Beanspruchung auch im teilplastischen Bereich angesehen. In Erweiterung des Ansatzes Gl. (3.3–45) kann er unter der Annahme elastischen Werkstoffverhaltens durch Superposition der Spannungskomponenten esij,k (s, t) mit dimensionsbehafteten Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) aus den einzelnen Lasten Lk (t) berechnet werden: es (s, ij
t) = ∑ cij,k (s) · Lk (t).
(3.3–49)
k
Die Proportionalitätsfaktoren werden je aus einer elastischen Spannungsanalyse für den Einheitslastfall k bestimmt, bei dem einzig die Last | Lk | = 1 einwirkt. In der Regel ergeben sich für die verschiedenen Kerbstellen eines Bauteils die Proportionalitätsfaktoren in unterschiedlicher Größe und Größenverhältnissen. Die Struktur der Gl. (3.3–49) als Linearkombination der Lasten bleibt auch bei einer Transformation des kartesischen Tensors esij (s, t) in ein anderes gedrehtes Koordinatensystem erhalten. Dabei nehmen die Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) richtungsabhängig andere Werte an. In Umkehr der Betrachtung lässt sich mithin der Tensor esij (s, t) durch systematische Variation der Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) für beliebige ausgerichtete Koordinaten (bzw. unterschiedlichste Kerbsituationen) berechnen. Praktisch wird aber die unbegrenzte Vielzahl der möglichen Richtungen dadurch vermindert, dass die Proportionalitätsfaktoren nur in diskretisierten Schritten variiert werden. Für jede Richtung lässt sich dann für einen den Spannungstensor ersetzenden skalaren Beanspruchungskennwert eine Rainflow-Zählung und anhand einer hypothetischen Wöhlerlinie eine Schädigungsrechnung vornehmen. Diese Rainflow-Zählung und Schädigungsrechnung, beschränkt auf eine endliche Anzahl von Richtungen und auf die Linearkombinationen von bis zu drei Lastabläufen, wird als „Rainflow-Projektions-Zählung“ bezeichnet. Für den skalaren Beanspruchungskennwert gilt dabei es
= c1 · L1 + c2 · L2 + c3 · L3
(3.3–50)
und die Variation der drei Proportionalitätsfaktoren c1 , c2 , c3 unterliegt der Normierungsbedingung
a0 c22 + c23 = 1 . c12 + 75
(3.3–51)
Die Normierungsbedingung liefert die 3D-Beschreibung einer Kugeloberfläche, die in ihrer Projektion auf eine Halbebene mit Farb- oder Grauwerten
384
a
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
b
Abb. 3.3–37a, b. „Lasteinfluss-Darstellungen“ nach der Rainflow-Projektions-Zählung; a für die gemessenen Lasten, b für daraus (unzutreffend) abgeleitete Lastabläufe für einen Prüfstandversuch, [293]
entsprechend den Schädigungswerten dargestellt wird. Je nach dem Schädigungsbeitrag der drei Lastabläufe ergibt sich ein charakteristisches Aussehen dieser „Lasteinfluss-Darstellungen“, Abb. 3.3–37. Sie finden Anwendung bei der Beurteilung und dem Vergleich von mehrdimensionalen Lastabläufen. Beispielsweise veranschaulicht Abb. 3.3–37a für die gemessenen Lastabläufe im Vergleich zu Abb. 3.3–37b für daraus (unzutreffend) abgeleitete verkürzte Lastfolgen, dass sich in einem mehraxialen Versuch mit den verkürzten Lastfolgen ein wesentlich anderes Schädigungsverhalten als mit den gemessenen Lastabläufen ergäbe [293].
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung Eine Lebensdauerberechnung anhand der so bestimmten Kerbgrundbeanspruchung verläuft dann in aller Regel nach folgenden Konzept: Es werden die Schädigungsbeiträge DDi der einzelnen Schwingspiele i errechnet und nach der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese summiert mit der Maßgabe, dass Bauteilversagen durch Schwinganriss eintritt bei einer Schädigungssumme D = ∑ DDi = 1.
(3.3–52)
Die Schädigungsbeiträge
DDi = 1 / Ni mit Ni = N(Pi)
(3.3–53)
bestimmen sich aus den Schwingspielzahlen Ni , die aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen erhalten wurden und aufgetragen sind in Abhän-
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
385
Abb. 3.3–38. Schädigungsparameter-Wöhlerlinien für AlMg4,5Mn ohne bzw. mit Vorbelastung auf emax = 15‰. [271]
gigkeit von einem als geeignet erachteten Schädigungsparameter Pi , der sich seinerseits aus den Kennwerten der Hystereseschleife errechnet. Beispiele derartiger Schädigungsparameter-Wöhlerlinien zeigen die Abb. 3.3–11d und 3.3–38. In der Erwartung, dass sich dadurch die Genauigkeit der Lebensdauerberechnung verbessert, wird gelegentlich dem dehnungskontrollierten Wöhler-Versuch eine Vorbelastung vorausgeschickt, wodurch sich die Wöhlerlinie vor allem im Übergangsbereich zur Dauerfestigkeit verändert, Abb. 3.3–38. Schädigungsparameter und Mittelspannungseinflüsse Die Art, wie der Schädigungsparameter definiert wird, entscheidet letztlich darüber, ob die Lebensdauerberechnung ein verlässliches Ergebnis liefert.
386
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Denn mit der Definition des Schädigungsparameters wird bestimmt, in welcher Weise – den Mittelspannungseinflüssen und – den Reihenfolgeeinflüssen Rechnung getragen wird, wie sie mit der betrachteten Beanspruchungs-ZeitFunktion gegeben sind. Insofern steht der Begriff „Schädigungsparameter“ für einen weitergehenden Sachverhalt als der Begriff „Mittelspannungsparameter“. Bislang ist noch keine in dieser Hinsicht vollauf befriedigende Definition eines Schädigungsparameters bekannt. Nach Schütz [55] ist die Mittelspannungsempfindlicheit M in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit des Werkstoffs und mit folgenden Grenzfällen zu betrachten, Abb. 3.3–39: Im Falle M = 0 (Werkstoffe mit niedriger Zugfestigkeit) erweist sich die Schwingspielzahl im Wöhlerversuch allein abhängig von der Nennspannungsamplitude Sa , und die Mittelspannung Sm hat keinen Einfluss. Im Falle M = 1 (Werkstoffe mit extrem hoher Zugfestigkeit) ist die Schwingspielzahl im Bereich – 1 ⬉ R ⬉ 0 eine Funktion der Oberspannung So = Sa + Sm , womit die Mittelspannung neben der Spannungsamplitude vol-
Abb. 3.3–39. Mittelspannungsempfindlichkeit und s-e-Kurve
a
b
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
387
Abb. 3.3–40. Definition des Schädigungsparameters (a) PSWT nach Smith, Watson und Topper [262]
les Gewicht besitzt. Im Bereich R > 0 hingegen schwächt sich der durch M bezeichnete Einfluss von Sm merklich ab, Abb. 2.1–8 und Gl. (3.1–14). Den beiden Grenzfällen M = 0 und M = 1 der Mittelspannungsempfindlichkeit wird mit den folgenden Definitionen eines Schädigungsparameters entsprochen: PM = 0 = Det ,
(3.3–54)
PM = 1 = s0 .
(3.3–55)
Da die Gesamtdehnungsamplitude ea,t allein von der einwirkenden Spannungsamplitude Sa abhängt, ist sie für sich alleine als Schädigungsparameter natürlich ungeeignet, um Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen Rechnung zu tragen. Am gebräuchlichsten ist der Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper, der nach Gl. (3.3–32) und Abb. 3.3–40 definiert ist als 08 000 PSWT = as o · ea,t · E = a(sa + sm) · ea,t · E .
(3.3–32)
Bei ihm wird ein Mittelspannungseinfluss über so berücksichtigt, der zudem noch in sinnfälliger Weise für einen Werkstoff mit hoher zyklischer Streckgrenze ausgeprägter ist als für einen Werkstoff mit niedriger zyklischer Streckgrenze. Für einen rein elastischen Werkstoff lässt sich jedoch zeigen, dass der Smith-Watson-Topper-Parameter nur Mittelspannungsempfindlichkeiten bis zu maximal M = 0,4 darzustellen vermag*), während für hochfeste Werkstoffe nach Abb. 2.1–9 Werte M = 0,6 bis 0,8 zutreffen; durch den Schädigungsparameter PSWT wird also bei höherfesten Werkstoffen der Einfluss *) Man setze ea, t · E = ak · Sa und so = ak · Sa für R = – 1 bzw. so = 2 · ak · Sa für R = 0 und findet M = a–2 – 1 nach (2.1–24) aus PSWT (R = – 1) = PSWT (R = 0).
388
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
von Zug-Mittelspannungen unterschätzt und der Einfluss von Druckmittelspannungen überschätzt. Bergmann [260] schlug deshalb vor, die Definition des Schädigungsparameters dahingehend zu erweitern, dass der Mittelspannungseinfluss über einen zusätzlichen Kennwert a, unter Umständen auch noch mit unterschiedlichen Werten az und ad für den Fall einer Zug- oder Druck-Mittelspannung, innerhalb der Grenzen M = 0 bis M = 1 vorgegeben werden kann: PB = a0000 (so + az/d · sm) · ea, t · E .
(3.3–56)
Hanschmann [294] definierte, angelehnt an PSWT (oder auch PB), einen Schädigungsparameter, indem er die damit zu errechnende Schädigung DSWT (bzw. DB) um eine Zusatzschädigung Dz ergänzte: PHa = P(DSWT + Dz).
(3.3–57)
Wie weiter unten ausgeführt, ist diese Zusatzschädigung durch die jeweils momentan wirksamen Reihenfolgeeinflüsse bestimmt. Haibach und Lehrke [295] definierten einen Schädigungsparameter nach Abb. 3.3–41a als
Dseff · De0 PHL = a00 eff · E ,
(3.3–58)
der abhängig vom Verhältnis (Dseff ) / (Deeff · E) bzw. vom zyklischen Streckgrenzenwert s 0¢ ,2 Mittelspannungsempfindlichkeiten von M = 0 bis M = 1 (M = 1 für elastisches Werkstoffverhalten) beschreibt, Abb. 3.3–41a, und über Dseff und Deeff einen (Reihenfolge)-Einfluss aus der vorausgegangenen Beanspruchung berücksichtigt. Als ein wesentlicher Nachteil des Schädigungsparameters PHL ist jedoch zu vermerken, dass sich auch für kleine Amplituden bzw. für ea,p = 0 stets M = 1 ergibt. Heitmann [296] leitete aus bruchmechanischen Überlegungen einen Schädigungsparameter ab, Abb. 3.3–41b, der auch als Zd -Parameter bekannt und definiert ist als 2 / E + 2,5 · Ds · De / (n¢ + 1) , PHe = 1,45 · Ds eff p mit Dseff = 3,72 · Ds · (3 – R)–1,74 .
(3.3–59)
Anhand dieser Formeln und der bislang mitgeteilten Auswertungen [296, 297] ist allerdings schwer zu beurteilen, in welchem Maße der Mittelspannungseinfluss hierbei berücksichtigt wird. Vormwald [298] leitete einen Schädigungsparameter aus der Schwingbruchmechanik kurzer Risse und deren Rissschließverhalten wie folgt ab, Abb. 3.3–41c: 2 / E + 1,02 · Ds · De 4 PJ = 1,24 · Ds eff eff p, eff / an¢
(3.3–60)
In Weiterentwicklung der Vorstellungen, die dem Schädigungsparameter PHL zugrunde liegen, trägt er dem reihenfolgeabhängigen Schädigungsverhalten
b
c
Abb. 3.3–41a–c. Bildhafter Vergleich der Schädigungsparameter, die über das Rissschließen und Rissöffnen Reihenfolgeeinflüsse bei Schwingbelastungen mit variablen Amplituden erfassen; a nach Haibach/Lehrke [295], b nach Heitmann [296], c nach Vormwald [298]
a
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 389
390
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
nach dem erreichten Erkenntnisstand der Werkstoffmechanik bislang am weitestgehenden Rechnung. Ausführungen zu seiner Herleitung und zu seiner praktischen Anwendung werden im Abschn. 3.4.5 gemacht. Schädigungsparameter und Reihenfolgeeinflüsse Bei einem Beanspruchungsablauf mit veränderlichen Amplituden ergeben sich über das elastisch-plastische Spannungs-Dehnungs-Gesetz für die einzelnen Schwingspiele bei der Kerbgrundbeanspruchung andere Mittelspannungsverhältnisse, als sie für die einwirkende Nennspannung gelten. Diese veränderten Mittelspannungs-Verhältnisse sind dabei nicht allein von dem augenblicklichen, sondern auch von dem vorausgegangenen Beanspruchungsgeschehen abhängig. Insofern beinhalten sie einen Reihenfolgeeinfluss. Die veränderten Mittelspannungen können aus Eigenspannungen erklärt werden, die im Kerbgrund aus der plastischen Verformung entstehen, Abb. 2.4–7, und als Druck-Eigenspannungen eine Verlängerung, als ZugEigenspannungen eine Verkürzung der Anriss-Lebensdauer bewirken. Mit den Schädigungsparametern PSWT , PB und PHe werden Reihenfolgeeinflüsse in ihrer Auswirkung auf den Schädigungsbeitrag des einzelnen Schwingspiels allein über die sich im Kerbgrund einstellenden Mittel- oder Eigenspannungen bewertet. Ausgeprägtere Reihenfolgeeinflüsse, wie sie z.B. bei den Lastfolgen Twist oder Minitwist zu verzeichnen sind, werden auf diese Weise jedoch nur unzureichend erfasst, Abb. 3.3–43 und 3.3–55. Schädigungsparameter PHa Hanschmann erachtete eine zusätzliche Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen bei der Schädigungsrechnung für erforderlich, die er über eine schwingspielweise zu berechnende Zusatzschädigung Dz in Verbindung mit der aus PSWT bestimmten Schädigung DSWT einführte in der Form Di = DSWT,i + DZ,i
(3.3–61)
und mit dem Ansatz DZ,i = 2 · FW · ln(Ni /Nmax) + ln(Ni /Ni–1) / a00 z · Nmax · Ni .
(3.3–62)
Dabei bedeuten: FW = ein werkstoffabhängig experimentell zu bestimmender Beiwert, Ni = N(PSWT) des betrachteten Schwingspiels, Nmax = N(PSWT) des momentan schädigungs-dominierenden Schwingspiels, Ni–1 = N(PSWT) des unmittelbar vorangegangenen Schwingspiels, z = die auf das schädigungs-dominierende Schwingspiel bis zum Schwingspiel i folgende Anzahl der Schwingspiele.
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
391
Die Besonderheit dieses Ansatzes liegt darin, dass ein Reihenfolgeeinfluss mit dem weiteren Beanspruchungsgeschehen abklingt. Indem das momentan schädigungs-dominierende Schwingspiel mit der Zahl z der ihm folgenden Schwingspiele an Einfluss verliert, kann die schädigungs-dominierende Rolle auch auf ein zwischenzeitlich aufgetretenes Schwingspiel übergehen. Es zeigt sich allerdings, dass die Zusatzschädigung nach Gl. (3.3–62) wohl zu schnell abklingt [298] und dass der Beiwert FW nicht allein vom Werkstoff, sondern auch noch von den Versuchsparametern bei seiner Ermittlung abhängt. Schädigungsparameter PHL Der Definition des Parameters PHL nach Abb. 3.3–40b liegt primär die (sehr vereinfachende) Vorstellung zugrunde, dass ein kleiner, rissähnlicher Defekt im hochbeanspruchten Kerbbereich vorliegt, der sich jedoch nicht vergrößert, wenn die örtliche Spannung als Druckspannung wirkt. Eine verfeinerte Modellvorstellung berücksichtigt, dass sich dieser rissähnliche Defekt in einer Werkstoffumgebung befindet, die ständigen zyklisch-plastischen Verformungen ausgesetzt ist, wobei aber plastische Verformungen unter Zug- oder Druckspannung unterschiedlich zu bewerten sind, Abb. 3.3–42: Bei örtlicher Druckspannung liegen die Rissufer aufeinander, und die Störung des Spannungsfeldes verschwindet. Der Werkstoff im Bereich der Rissspitzen und Rissufer erfährt eine gleichmäßige plastische Stauchung. Bei örtlicher Zugspannung hingegen öffnet sich der Riss, und vor den Rissspitzen treten plastisch verformte Höfe auf, doch die Rissufer liegen dabei in einem Spannungsschatten (SCH), sodass für sie keine plastische (Rück-) Dehnung möglich ist. Dadurch entsteht eine bleibende Rissöffnung, und die Rissufer gehen anschließend erst bei einem gewissen Wert der örtlichen Druckspannung auf Kontakt. Dieser Modellvorstellung entspringt die Definition für die Spannung Dseff , dass sich die Bezugslinie B-B nach Abb. 3.3–40 abhängig von der örtlichen
Abb. 3.3–42. Rissmodell für den Schädigungsparameter PHL [295]
392
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Druckspannung in den Druckbereich verschiebt und dort für alle nachfolgenden Schwingspiele gültig bleibt, es sei denn, eine noch größere Druckspannung führt zu einer weiteren Verschiebung. Diese Festlegung bedeutet letztlich einen lebensdauer-mindernden Einfluss einer (selbst einmaligen) plastischen Stauchung des Kerbbereiches. Die errechnete Lebensdauer sollte demnach zur sicheren Seite tendieren, was sich auch an durchgerechneten Beispielen bestätigt, Berechnung für AT, SPEZ in den Abb. 3.3–53 und 3.3–55, sowie durch weitere detaillierte Versuche und Erörterungen von Vormwald [298]. Die Auswirkung der plastischen Höfe an den Rissspitzen könnte in einer erweiterten Modellvorstellung berücksichtigt werden; es ließe sich daraus ein lebensdauer-steigernder Einfluss aus dem (selbst einmaligen) Auftreten einer hohen Zugspannung herleiten. Schädigungsparameter PJ Die wesentliche Weiterentwicklung beim Schädigungsparameter PJ nach Vormwald [298] ist in einer gegenüber PHL und PHe verbesserten Berechnung der effektiven Schwingbreiten Dseff und Dep,eff zu sehen. Sie beruht auf einer bruchmechanischen Betrachtung des Rissöffnungs- und Rissschließverhaltens kurzer Risse, deren beanspruchungsabhängiges Anwachsen auf eine Endrisslänge ae = 0,25 mm die Lebensdauer in der Anrissphase bestimmt. Die Herleitung von PJ wird deshalb im Abschn. 3.4.9 abgehandelt. Die Verbesserung beruht auf einer von Newman [299] angegebenen Näherungsformel Gl. (3.4–95), die für eine stabilisierte Schwingbeanspruchung mit konstanter Amplitude zu berechnen gestattet, bei welchen örtlichen Spannungen sop bzw. scl sich ein kleiner Schwinganriss im Kerbgrund öffnet bzw. schließt; dabei wird unterstellt, dass die zugehörigen Dehnungen eop und ecl in der Hystereseschleife übereinstimmen, Abb. 3.3–41. Für die Schwingbreiten Dseff und Dep, eff werden allein die Rissschließspannung scl und Rissschließdehnung ecl als maßgebend erachtet. Da sie sich reihenfolgeabhängig erweisen von der aktuellen Oberspannung sowie von den vorangegangenen Schwingspielen und deren Rissschließwerten, müssen sie schwingspielweise gesondert berechnet werden. Der dabei beträchtliche Rechenaufwand wird aus dem nachstehenden bzw. im Abschn. 3.4.9 beschriebenen Berechnungsgang ersichtlich. Werkstoffseitig benötigte Eingabedaten einer Lebensdauerberechnung sind die Zugfestigkeit Rm , die stabilisierte zyklische Spannungs-DehnungsKurve nach Gl. (3.3–7) mit Masing-Verhalten, Abb. 3.3–22, sowie die Dehnungs-Wöhlerlinie nach Gl. (3.3–6) mit ihren entsprechenden Kennwerten. Als Grundlage der Schädigungs-Rechnung wird weiterhin auch noch die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie PJ (N) benötigt. Da sie nicht explizit als Formel angegeben werden kann, muss sie nach Abschn. 3.4.9 horizontweise aus dehnungskontrollierten Einstufenversuchen ermittelt, oder schwingspielzahlabhängig aus der Dehnungs-Wöhlerlinie und mit den jeweiligen Rissschließwerten wie folgt errechnet werden:
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
393
Für R = – 1 und eine vorgegebene Schwingspielzahl N gilt nach Gl. (3.3–4) und Gl. (3.3–6) sowie Gl. (3.3–7):
so = – su = sa = ea,e · E = sf¢ · (2N)b
(3.3–63)
eo = – eu = ea = ea,t = (sf¢ / E) · (2N)b + ef¢ · (2N)c,
(3.3–64)
und nach Newman [299] entsprechend Gl. (3.4–95) für R = – 1 und dem bei kleinen Oberflächenrissen anzunehmenden ebenen Spannungszustand (a = 1): (sop – su) = so · [1 + 0,535 · cos(0,5 · p · so / sF) – 0,344 · so /sF] (3.3–65) mit
sF = 0,5 · (s 0¢,2 + Rm)
und s 0¢,2 = K¢ · 0,002n¢.
(3.3–66)
Nach Abb. 3.3–40 bestimmt sich damit die Rissschließdehnung ecl = eop aus dem aufsteigenden Hystereseast aus
ecl = eop = eu + (sop – su) /E + 2 · [(sop – su) / (2 · K¢)]1/n ¢,
(3.3–67)
sodann die effektive Spannungsschwingbreite Dseff aus dem abfallenden Hystereseast durch iteratives Lösen der Gleichung
Dseff /E + 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ – (eo – ecl) = 0 ,
(3.3–68)
und die effektive plastische Dehnungsschwingbreite Depl,eff als
Dep, eff = 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ .
(3.3–69)
Damit ist der Wert von PJ (N) nach Gl. (3.3–60) zu der für Gl. (3.3–63) und Gl. (3.3–64) vorgegebenen Schwingspielzahl N zu errechnen und die gesuchte Schädigungsparameter-Wöhlerlinie auf diese Weise durch wiederholte Rechnungen punktweise zu bestimmen. Auch die Dauerfestigkeit überträgt sich nach Abschn. 3.3.1 bzw. Gl. (3.3–19) bis Gl. (3.3–24) mit einem Wert PJ, D0 bei der Schwingspielzahl ND auf die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie. Bei doppellogarithmischer Auftragung sollte sich die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie durch eine die Punkte ausgleichende Zeitfestigkeitsgerade beschreiben lassen, die bei der Schwingspielzahl ND horizontal in die Dauerfestigkeitslinie abknickt: N = ND · (PJ /PJ,D0)–m J
für PJ ≥ PJ,D0 ,
N=•
für PJ < PJ,D0 .
(3.3–70)
Da PJ dem Quadrat einer Spannung proportional ist, ergibt sich der Neigungsexponent mit Werten mJ ≈ 1.5 nur etwa halb so groß wie der Exponent m in der Paris-Gleichung (3.4–15).
394
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Diese analytische Beschreibung der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie gestattet sodann, die nachfolgende Schädigungs-Rechnung nicht nur durch schwingspielweise Berechnung des Rissfortschritts, Abschn. 3.4.9, sondern alternativ auch nach der konsequenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.3.8 vorzunehmen. Das Vorgehen dazu ist wie folgt: Für die Lebensdauerberechnung wird der örtliche Beanspruchungsablauf einer Rainflow-Zählung unterzogen; da er sich für unterschiedlich hohe äußere Belastungen unterschiedlich ausbildet, muss er jeweils neu bestimmt werden! Mit den Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleifen sind die Werte so , eo und su , eu bestimmt, die das jeweils aktuell betrachtete Schwingspiel kennzeichnen. Mit ihnen wird zunächst nach den Formeln von Newman [299] entsprechend Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) für den bei kleinen Oberflächenrissen anzunehmenden ebenen Spannungszustand errechnet, welche Rissöffnungsspannung sop = sop,einst sich für eine Einstufenbeanspruchung ergeben würde. Die für das aktuelle betrachtete Schwingspiel tatsächlich maßgebende Rissöffnungsdehnung eop ist jedoch von der vorangegangenen Belastung bzw. der beim letzten Schwingspiel gültigen Rissöffnungsdehnung eop,alt abhängig; die Einzelheiten dazu sind mit Gl. (3.4–108) im Abschn. 3.4.9 aufgeführt. Mit
eop = eop,alt
(3.3–71)
bestimmen sich sodann für die Berechnung des Schädigungsparameters PJ nach Gl. (3.3–60) die effektive Spannungsschwingbreite
Dseff = (so – scl)
(3.3–72)
für eop ≤ eu mit scl = su bzw. für eop > eu mit ecl = eop und iteratives Lösen von Gl. (3.3–68) und weiterhin mit Dseff die effektive plastische Dehnungsschwingbreite Depl,eff aus Gl. (3.3–69). Mit dem errechneten Wert PJ ergibt sich der Schädigungsbeitrag des betrachteten aktuellen Schwingspiels entsprechend Gl. (3.2–1) mit der Schwingspielzahl N als Funktion von PJ aus der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie Gl. (3.3–70) zu
DD = 1/N für PJ ≥ PJ,D , DD = 0
(3.3–73)
für PJ < PJ,D ,
und die Schädigungssumme insgesamt durch schwingspielweises Aufaddieren: Dneu = Dalt + DD.
(3.3–74)
Abschließend ist dann noch die Rissöffnungsdehnung eop,neu zu berechnen, die das aktuelle Schwingspiel hinterlässt mit der Maßgabe, dass ein Unter-
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
395
schied gegenüber eop,einst bei häufiger Wiederholung des gleichen Schwingspiels auf null abklingt:
eop,neu = eop,einst – (eop,einst – eop,alt) · e(– 15 · DD)
(3.3–75)
Für das folgende Schwingspiel wird der Wert eop,neu wird als eop,alt und der Wert Dneu als Dalt angesetzt. Ergebnis einer solchen schwingspielweisen Schädigungsrechnung ist entweder die mit dem Ende der Beanspruchungsfolge erreichte Schädigungssumme D, oder die rechnerische Lebensdauer als Anzahl der verarbeiteten Schwingspiele, wenn der Wert D = 1 erreicht ist. Bei langen Beanspruchungsfolgen, die sich mit mehrfach wiederholten Teilfolgen darstellen, ist die rechenzeitaufwendige schwingspielweise Berechnung dadurch zu verringern, dass die Werte PJ über eine Teilfolge klassiert werden, sobald sich eine stabilisierte Hüll-Hysterese ausgebildet hat. Diese ist nach dem Durchlauf einer ersten Teilfolge erreicht, oder wenn der ersten Teilfolge ein die Hüll-Hysterese erzeugendes Schwingspiel vorgeschaltet wird, dessen Schädigung, wie auch die unterschiedliche Schädigung der ersten gegenüber der zweiten Teilfolge, unberücksichtigt bleiben. Mit den klassierten Werten PJ kann sodann die Berechnung der Schädigung bzw. der AnrissLebensdauer nach der konsequenten Form der Miner-Regel geschehen, die ein praktisch gleiches Ergebnis liefert wie die schwingspielweise Berechnung. In den betreffenden Gleichungen des Abschn. 3.2 muss dazu allerdings statt des Neigungsexponenten k der Bauteil-Wöhlerlinie der Neigungsexponent mJ der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie PJ (N) eingesetzt werden. Vergleich von Lebensdauerberechnung und Versuch Mit Abb. 3.3–43 werden als Beispiel die Ergebnisse aus Berechnungen von Heuler [207] für den Werkstoff AlMg4,5Mn vorgestellt. Sie beziehen sich auf die Lastfolge Minitwist, Abschn. 2.4.2, und Minitwist-Truncation, bei der die drei höchsten Laststufen auf die Höhe der vierten Laststufe zurückgenommen sind. Aufgetragen sind die Verhältniswerte der errechneten Lebensdauer zur mittleren Lebensdauer nach Versuchen. Alle errechneten Lebensdauerwerte liegen danach auf der unsicheren Seite, das heißt, wie für Einzelflug-Lastfolgen mit Boden-Luft-Lastspiel auch bei Berechnungen nach der Miner-Regel bekannt, Abb. 3.3–53 und 3.3–55, wird die wirkliche Lebensdauer, wie sie sich im Versuch ergibt, teils beträchtlich überschätzt. Die Berechnung umfasst dabei verschiedene Varianten: Es werden die Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32), nach Bergmann Gl. (3.3–56), nach Hanschmann Gl. (3.3–35) bis Gl. (3.3–62) sowie nach Heitmann Gl. (3.3–59) herangezogen. Weiterhin wird die Dauerfestigkeit bei der Schädigungsberechnung wie bei der OriginalForm der Miner-Regel berücksichtigt, oder sie bleibt, wie bei der elementaren Form der Miner-Regel, außer Betracht.
396
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–43. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus AlMg4,5Mn mit ak = 3,4, errechnet für die Lastfolge Minitwist mit unterschiedlichen Schädigungsparametern und (original) mit oder (elementar) ohne Berücksichtigen einer Dauerfestigkeit, jeweils bezogen auf die Lebensdauer im Versuch [271]
Vorgenommene Lebensdauerberechnungen mit dem Schädigungsparameter PJ bestätigen dessen Überlegenheit gegenüber den bis dahin verfügbaren Schädigungsparametern [298]. Zudem verbindet sich seine Anwendung i.d.R. mit einer Berücksichtigung des Dauerfestigkeitsabfalls nach der konsequenten Form der Miner-Regel. Die mit PJ errechnete Lebensdauer fällt ganz allgemein deutlich niedriger aus als die mit PSWT errechnete; sie stimmt damit weit besser mit der Lebensdauer im Versuch überein, Abb. 3.3–44. Eine noch weitergehende Verbesserung verspricht das Modell FATICA [367], s. Abschn.
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
397
Abb. 3.3–44. Durch den Schädigungsparameter PJ nach Vormwald und durch das Modell FATICA nach Anthes (Abschn. 3.4.9) erreichte Verbesserungen der errechneten Lebensdauer im Vergleich zum Schädigungsparameter PSWT nach Smith, Watson und Topper, aus [298] und [367]
3.4.9. Diese Feststellung gilt insbesondere auch für die Lastfolge Minitwist mit ihrem speziellen Einfluss aus dem Boden-Luft-Lastspiel, Abb. 3.3–45 und 3.3–46. Im Normalfall liegen die Ergebnisse für den Schädigungsparameter PHL recht bei nahe oder unterhalb von denen für den Schädigungsparameter PJ . Für PHL ist eigentlich eine systematisch ausgeprägten Unterschätzung der Lebensdauer bei Lastfolgen mit extremen Druckspannungen oder mit einem hohen Schädigungsbeitrag kleiner Amplituden zu erwarten, weil die Bezugslinie nach Abb. 3.3–41a sich nur weiter nach unten, aber nicht wieder nach oben verschieben kann. Die Ergebnisse in den Abb. 3.3–45 und Abb. 3.3–46 zeigen jedoch, dass es wohl nicht nur von der Art der Lastfolge sondern entscheidend auch von der Beanspruchungshöhe abhängt, in welchem Verhältnis die errechneten Lebensdauerwerte sich voneinander unterscheiden. Insgesamt zeigte sich aber bei einer zusammenfassenden Auswertung, wie sie z.B. von Buch, Vormwald und Seeger [224] vorgenommen wurde, dass die
398
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–45. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus AlMg4.5Mn mit ak = 3,4, errechnet für die Lastfolge Minitwist mit den Schädigungsparametern PJ nach Vormwald, PHL nach Haibach und Lehrke sowie PHa nach Hanschmann und mit dem Modell FATICA nach Anthes, aus [367]
Abb. 3.3–46. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus StE 460 mit ak = 2,5, errechnet für die Lastfolge Minitwist mit den Schädigungsparametern PJ nach Vormwald, PHL nach Haibach und Lehrke sowie PHa nach Hanschmann und mit dem Modell FATICA nach Anthes, aus [367]
399
Vertrauenswahrscheinlichkeit
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
Schädigungssumme Abb. 3.3–47a, b. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus der Nachrechnung von Versuchsergebnissen a nach dem Kerbgrund-Konzept mit Daten nach dem Universal Material Law und dem Schädigungsparameter PSWT sowie b nach dem NennspannungsKonzept mit den Wöhlerlinien-Daten nach der FKM-Richtlinie und der konsequenten Form der Miner-Regel, nach Eulitz et al. [240]
Genauigkeit der rechnerischen Lebensdauerwerte bei der Berechnung nach dem Nennspannungs-Konzept sich bisher nach einer Vielzahl veröffentlichter Ergebnisse hinsichtlich einer geringeren Streuung der Einzelwerte als „besser“ erwies als nach dem Kerbgrund-Konzept. Auch die neueren Auswertungen von Eulitz et al. [240, 300, 301] bestätigen diese Feststellung, Abb. 3.3–47. Dies allerdings – wie im Einzelnen geschehen – mit kommentie-
400
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
rungsbedürftigen Befunden; s. dazu auch Abschn. 3.2.11. Leider blieben der Schädigungsparameter PJ [298] und das Modell FATICA [578] mit den von ihnen zu erwartenden Ergebnis-Verbesserungen bei diesen Auswertungen unberücksichtigt, Abb. 3.3–44. Und schließlich ist nicht auszuschließen, dass ein vermeintlich „gutes“ Ergebnis der Berechnung durch ein gegenläufiges Zusammenwirken mehrerer systematischer, nicht richtig erfasster Einflüsse zustande kommt, wie teils schon zu Abb. 3.3–18 ausgeführt. In Anbetracht der vielfältigen Festlegungen zu den werkstoffbezogenen Eingabedaten und zu den verfahrenstechnischen sowie programmtechnischen Varianten, die im Einzelnen für eine Berechnung der Lebensdauer nach dem Kerbgrund-Konzept vom Anwender zu treffen sind, können die Erkenntnisse aus den vorgenannten Auswertungen kaum verwundern. Welche Unterschiede der errechneten Lebensdauer durch solche individuellen Festlegungen zustande kommen können, lässt sich über eine systematische Variation der Werkstoffdaten und der Verfahrensvarianten, d.h. im Sinne einer sog. Sensitivitäts-Analyse, abschätzen [302]. Bisherige Studien dieser Art beschränken sich auf nur wenige der bestehenden Variationsmöglichkeiten. Eine umfassend und planmäßig angelegte Studie unter kritisch erweitertem Blickwinkel, Abschn. 4.4, wäre höchst wünschenswert, um die Diskussionen über die Verlässlichkeit von Lebensdauerberechnungen anhand der daraus gewonnenen Erkenntnisse zu versachlichen. Einbeziehen weiterer Einflüsse auf die Lebensdauer Trotz der aufgezeigten Berechnungsvarianten erfasst das Beispiel nach Abb. 3.3–43 nur einen Teil der Einflüsse, die sich auf die Lebensdauer von Bauteilen und damit auf die Verlässlichkeit der Berechnung auswirken. Für die Praxis interessiert vor allem ein Einbeziehen von fertigungsbedingten Einflüssen auf die Bauteil-Lebensdauer, die sich aus Eigenspannungen, aus einer Oberflächenverfestigung, aus Oberflächenrauhigkeiten oder aus einem steilen Spannungsgradienten bei scharfen Kerben ergeben. Ein Erfassen von Eigenspannungen über erhöhte oder abgeminderte Lasten führt nur bei näherungsweise elastischen Beanspruchungen zu befriedigenden Ergebnissen. Bei Beanspruchungen im teilplastischen oder plastischen Bereich kann auf diese „einfache“ Weise der Abbau von Eigenspannungen nicht abgebildet werden. Häufig liegen nennenswerte Eigenspannungen fertigungsbedingt nur in einer dünnen Randschicht vor. Einen geeigneten Ansatz stellt deshalb die Modellierung des Bauteils mit einer dünnen Randschicht im Kerbbereich dar [303], Abb. 3.3–48a. Diese Randschicht unterliegt den Eigenspannungen sE und Eigendehnungen eE und sie kann – z.B. nitriert – auch werkstofflich eine andere Zusammensetzung und Festigkeit aufweisen als der Grundwerkstoff. Unter einer schwingend einwirkenden Last werden der dünnen Randschicht die örtlichen Dehnungen des darunterliegenden Grundwerkstoffs aufgezwungen, Abb. 3.3–48b. Die Last-Dehnungs-Abläufe (L-e-Gesetz) sind dann
b
c
Abb. 3.3–48a–c. Modellierung einer dünnen Randschicht im Kerbbereich zum Erfassen von Eigenspannungen und einer Randschichtverfestigung a, Last-Dehnungs-Abläufe b und Spannungs-Dehnungsabläufe c in Randschicht und Grundwerkstoff, nach Seeger und Heuler [303]
a
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 401
402
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
um den Betrag der Eigendehnung eE gegeneinander versetzt. Die sich einstellenden Spannungs-Dehnungs-Abläufe sind jedoch unterschiedlich, wenn für Randschicht und Grundwerkstoff unterschiedliche Stoffgesetze gelten, Abb. 3.3–48c. Mit den betreffenden Festigkeitskennwerten kommt es damit zu einer unterschiedlichen Schädigungsbewertung für Randschicht und Grundwerkstoff. Das Modell der dünnen Randschicht findet in der Anwendung dort seine Grenzen, wo der Beitrag der Randschicht bei der Lastabtragung und damit beim Bestimmen der Gesamtverformung nicht mehr vernachlässigt werden kann. In Erweiterung des einfachen Modells lassen sich bei axialbeanspruchten ungekerbten und randschichtverfestigten Rundstäben die Tiefenverläufe der Eigenspannungen und des Werkstoffzustandes modellieren, indem beim sog. Mehrschichtmodell mehrere konzentrische Randschichten mit entsprechenden Eigenspannungs- und Festigkeits-Kennwerten vorgesehen werden [303, 304]. Diesbezügliche Untersuchungen wurden mit recht guten Ergebnissen von Seeger, Heuler und Bäumel an nitrierten ungekerbten bzw. einsatzgehärteten gekerbten Biegeproben durchgeführt. Ist bei gekerbten Proben die Tiefenausdehnung der verfestigten Randschicht der Größe des Kerbradius vergleichbar, so beeinflusst die Randschicht das elastischplastische Verformungsverhalten im Kerbgrund. In dem für diesen Fall von Bruder [305] entwickelten Modell der dicken Randschicht muss die LastKerbdehnungsbeziehung mit einer elastisch-plastischen Finite-Element-Berechnung ermittelt werden, wobei jedem Element im versagenskritischen Bereich ein individuelles stabilisiertes zyklisches Spannungs-Dehnungs-Verhalten zugeordnet wird. Der zusätzliche Einfluss von Eigenspannungen wird mit dem Modell der dünnen Randschicht abgebildet. Außer zur Lebensdauerberechnung erwies sich das Berechnungsmodell auch geeignet, je nach Spannungsgradient, Höhe der Beanspruchung und Höhe der Eigenspannungen sowie unter Ansatz der betreffenden Festigkeitseigenschaften zutreffend vorherzusagen, ob der schwingfestigkeitsbestimmende Anriss in oder unter einer einsatzgehärteten Randschicht entsteht, Abb. 3.3–49. Besondere Schwierigkeiten bereitet allerdings die Ermittlung zutreffender zyklischer Festigkeitswerte für Randschichten; nicht zuletzt, weil unter anderem ein statistischer Größeneinfluss zu beachten ist, denn die Randschicht im Kerbgrund besitzt nur ein sehr kleines hochbeanspruchtes Volumen, Abschn. 3.5.6. Um den Einfluss von Oberflächenrauhigkeiten einzubeziehen, bestehen mehrere Möglichkeiten. Zum einen kann die Dehnungs-Wöhlerlinie an Proben mit entsprechend rauer Oberfläche ermittelt werden. Zum anderen kann nach Abschn. 3.1.3 die Spannungs- oder Schädigungsparameter-Wöhlerlinie über einen Oberflächenfaktor im Verhältnis der Dauerfestigkeiten bei rauer und polierter Oberfläche abgemindert werden; dieses Vorgehen erweist sich aber i.Allg. als zu konservativ. In beiden Fällen geht dabei i.d.R. summarisch neben dem Rauigkeitseinfluss auch noch der in anderer Weise zu bewertenden Einfluss etwaiger Eigenspannungen ein. Und schließlich lässt sich eine gemessene Rautiefe bei den bruchmechanisch begründeten
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
403
Abb. 3.3–49. Errechnete Wöhlerlinie für eine einsatzgehärtete gekerbte Rundprobe mit beanspruchungsabhängiger Ausbildung von Randanrissen oder Kernanrissen, nach Seeger [263]
Abb. 3.3–50. Einfluss von Oberflächenrauigkeit in Verbindung mit Eigenspannungen, erfasst durch den Schädigungsparameter PJ , nach Vormwald [298]
404
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Schädigungsparametern PHe und PJ als Risslänge interpretieren, die zur Anfangsrisslänge addiert wird, Abschn. 3.4.9. Da zudem Oberflächenrauhigkeiten aus Fertigungseinflüssen fast immer mit maßgeblichen Eigenspannungen verbunden sind, Abschn. 3.1.5, bietet sich insbesondere der Schädigungsparameter PJ an, um diese kombinierten Einflüsse abzuhandeln, Abb. 3.3–50. Die in diesem Beispiel übereinstimmend in Versuch und Rechnung ausgewiesenen Unterschiede für die Dehnungs-Wöhlerlinie spiegeln sich in entsprechender Weise auch in der errechneten Lebensdauerlinie [298]. Die bei kleinen Kerbradien bzw. steilen Spannungsgradienten zu beobachtende Stützwirkung, Abschn. 3.1.3, wie auch der mit großen Bauteilabmessungen verbundene Größeneinfluss, Abschn. 3.1.3, 3.1.5 und 3.5.6, werden für die Berechnung zweckmäßigerweise bei der Dehnungs- oder der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie durch eine Erhöhung bzw. Abminderung der örtlich ertragbaren Beanspruchungshöhe in Ansatz gebracht.
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s - e -basierten Amplitudentransformation Das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation stellt eine Weiterentwicklung der vorgenannten Verfahren dar [295], wie auch eine Weiterentwicklung der in Abschn. 3.1.3 erläuterten nennspannungs-basierten Amplitudentransformation. Es ist darauf angelegt, durch eine neuartige Konzeption des Berechnungsganges die Erfahrungen und Daten aus der konventionellen Schwingfestigkeitsforschung, als Stärke des Nennspannungskonzeptes, zu verbinden mit den neueren Erkenntnissen für eine verbesserte Lebensdauerberechnung auf der Grundlage des örtlichen Beanspruchungsgeschehens. Kennzeichnend ist, dass dabei eine herkömmliche Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils zum Berechnen der Schädigungsanteile verwendet wird. Diese Bauteilwöhlerlinie soll die ertragbare Schwingspielzahl N als Funktion der Nennspannungsamplitude Sa und der jeweils zugehörigen Mittelspannung Sm angeben. Mit der Wahl dieser Bauteilwöhlerlinie als „Bezugs-Wöhlerlinie“ findet die vorliegende Erfahrung über das Bauteilverhalten eine angemessene Berücksichtigung. Weiterhin wird dem elastisch-plastischen Werkstoffverhalten in seiner Auswirkung auf die Schädigungsakkumulation nach den neueren Kerbgrundverfahren Rechnung getragen, Abschn. 3.3.5. Wie diese Verknüpfung erreicht wird, lässt sich mit Abb. 3.3–51 veranschaulichen: Bei der Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen, Abb. 3.3–51d, wird aus der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) mittels statistischer Zählverfahren (ZV) ein Amplitudenkollektiv (AK) abgeleitet und als Häufigkeitsverteilung einzelner Schwingspiele gedeutet. Ein einzelnes Schwingspiel trägt bei der linearen Schädigungsakkumulation mit
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 405
a
b c
d Abb. 3.3–51a–d. Verfahren der Lebensdauerberechnung durch lineare Schadensakkumulation a mittels der Kerbgrundbeanspruchung, b, c mittels der s-e basiertenAmplitudentransformation, d mittels der Nennspannung
einem Schädigungsanteil DD = 1/N zur Schadenssumme D bei. Die Schwingspielzahl N bestimmt sich aus einer Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils, abhängig von der Nennspannungsamplitude Sa und der zugehörigen Mittelspannung Sm . Unter Umständen ist deshalb das Amplitudenkollektiv als zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Spannungsamplituden und Mittelspannungen zu bestimmen. Zur Schädigungsberechnung ist dann eine Schar von Wöhlerlinien für die verschiedenen Mittelspannungen erforderlich, was jedoch wegen der vernachlässigten Spannungsumlagerungen im Kerbgrund ernstlichen Vorbehalten begegnen muss. Bei der Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung, Abb. 3.3–51a, wird die Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) reihenfolgegetreu mit ihren Umkehrpunkten vorgegeben, um daraus in einem mathematischen Hysteresemodell die elastisch-plastische Kerbgrundbeanspruchung (s ; e) auf dem Digitalrechner zu simulieren und davon ausgehend die Schädigung zu berechnen. Jede geschlossene Hystereseschleife bestimmt ein komplettes Schwingspiel (Ssp) mitsamt seinem Schädigungskennwert P. Er wird benutzt, um den Schädigungsanteil DD = 1/N des betreffenden Schwingspiels aus der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie N(P) zu errechnen. Der Schädigungsparameter soll dabei allen Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen in angemessener Weise Rechnung tragen. Die Verknüpfung der beiden Vorgehensweisen nach Abb. 3.3–51a und d zum Verfahren der Amplitudentransformation wird wie folgt erreicht: In einem ersten Rechengang, Abb. 3.3–51b, werden sinusförmige Beanspruchungen (Sm + Sa) vorgegeben, wie sie für verschiedene Horizonte der vorliegenden Bauteilwöhlerlinie gelten. Über eine Berechnung der örtlichen Spannungs-Dehnungs-Hysterese wird so der zur jeweiligen Mittelspannung Sm und Spannungsamplitude Sa der Bauteilwöhlerlinie gehörige Schädigungskennwert P erhalten und in einer Wertetabelle (Sa ; P) erfasst. (Daraus
406
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
könnte mit der Bauteilwöhlerlinie N(Sa) eine Wertetabelle (N; P) entwickelt und somit die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie N(P), Abb. 3.3–51a, abgeleitet werden.) In dem eigentlichen, zweiten Rechengang, Abb. 3.3–51c, werden analog Abb. 3.3–51a und unter streng gleichen Bedingungen wie im ersten Rechengang, Abb. 3.3–51b, aus der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) die örtlichen Beanspruchungswerte (s ; e) und der Schädigungsparameter P errechnet. Anstatt jedoch mit dem jeweiligen Wert P die Schwingspielzahl N(P) und damit die Schädigung zu ermitteln, wird aus der Wertetabelle (Sa ; P) diejenige Spannungsamplitude Sa (P) bestimmt, die nach der Bauteilwöhlerlinie dem betreffenden Wert P entspricht. Die so definierten Nennspannungsamplituden Sa (P) sind die gesuchten „transformierten Spannungsamplituden“. Sie werden in einem (eindimensionalen) Amplitudenkollektiv (AK) erfasst und zum Berechnen der Schädigungsanteile aus der Bauteilwöhlerlinie N(Sa ) herangezogen. Bei dem Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation geschieht die Transformation derart, dass zum einen der Einfluss der Mittelspannung Sm auf der Grundlage der sich elastisch-plastisch einstellenden Kerbgrundbeanspruchung, zum anderen aber auch noch Reihenfolgeeinflüsse aus der Beanspruchungsfolge mit ihrem speziellen Schädigungseinfluss durch eine geeignete Überhöhung oder Abminderung der entsprechenden Spannungsamplitude abgedeckt sind. Das Ausmaß der Amplitudentransformation wird aus der Hystereseschleife der örtlichen Spannung und Dehnung für die schwingbruchkritische Kerbstelle in einem Rechnerprogramm über einen geeignet definierten Schädigungskennwert bestimmt. Dieses Vorgehen verspricht die folgenden Vorteile: – mit den Kennwerten der Bauteilwöhlerlinie finden die Bauteileigenschaften besser als allein durch eine Formzahl Berücksichtigung. – über die Spannungs-Dehnungs-Kurve und die Simulation der Kerbgrundbeanspruchung gehen die elastisch-plastischen Eigenschaften des Werkstoffs ein, – durch einen geeignet definierten Schädigungsparameter wird den Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen bestmöglich Rechnung getragen und – dies geschieht an einer Stelle im Rechengang, wo im unmittelbaren Zugriff auf die Beanspruchungs-Zeit-Funktion noch alle Reihenfolge-Informationen verfügbar sind. Als Ergebnis wird zunächst das Amplitudenkollektiv der transformierten Nennspannungsamplituden erhalten. Mit ihm wird schließlich die Schädigungsakkumulations-Rechnung anhand der Bauteilwöhlerlinie durchgeführt. Da auch für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeitsgrenze mit einem Schädigungsanteil zu rechnen ist, wurde bislang in Verbindung mit dem Verfahren der Amplitudentransformation die modifizierte Form der Miner-Regel benutzt, Abschn. 3.2.8, was aber keine für das
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 407
Verfahren grundsätzliche Festlegung bedeutet; eine Schädigungsberechnung nach der konsequenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.9, wäre ebensogut denkbar. Um für komplexe Beanspruchungs-Zeit-Funktionen neben der werkstoffspezifischen (SPEZ) auch noch eine werkstoff-unabhängige Bewertung zu erhalten, werden in dem entwickelten Rechnerprogramm zusätzlich auch die Grenzfälle M = 0 und M = 1 mit den Schädigungsparametern nach Gl. (3.3–54) und Gl. (3.3–55) ohne weitere Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen betrachtet. Vergleich von Lebensdauerberechnung und Versuch Um die Anwendbarkeit des erarbeiteten Verfahrens der s-e-basierten Amplitudentransformation zu zeigen und um die damit zu erzielenden Verbesserungen der Lebensdauervorhersage zu veranschaulichen, wurde in [295, 302] auf Beispiele zurückgegriffen, die im Schrifttum experimentell abgehandelt sind. Die Belastungsfolgen nach Abb. 3.3–52 liefern dazu ein aufschlussreiches Beispiel. Sie wurden von Schütz [122] ausgewählt und betrachtet unter der Fragestellung, ob für derartige „Einzelflüge“ nach der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese eine verbesserte Lebensdauervorhersage erhalten wird, wenn die im Kerbgrund aus der örtlichen Plastizierung entstehenden Eigenspannungen, Abb. 2.4–10, über eine korrigierte Mittelspannung im Wöhlerversuch berücksichtigt werden. Die sich wiederholenden Teilfolgen umfassen 400 Einzelflüge, von denen nur jeder 200. Flug die Laststufe 1 enthält; zusätzlich wird je Flug die Reihenfolge der Ober- und Unterspannungen vertauscht.
Abb. 3.3–52. Vereinfachte Einzelflug-Lastfolgen zu Abb. 3.3–53
408
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–53. Lebensdauerwerte von Kerbstäben aus AlCuMg2 und AZ/4/72, ak = 3,6, nach verschiedenen Verfahren errechnet für die Lastfolgen nach Abb. 3.3–30, jeweils bezogen auf die Lebensdauer im Versuch [122]; EXP = Versuchsergebnisse; NSK = Nennspannungs-Konzept, NSK, korr = mit korrigierten Mittelspannungen; AT = Amplitudentransformation
Die Ergebnisse der Versuche und der Berechnungen sind in Abb. 3.3–53 zusammengefasst. Für die Lastfolgen mit Boden-Luft-Lastspiel wird die Lebensdauer in allen Berechnungsfällen außer im werkstoffspezifischen Fall der Amplitudentransformation überschätzt. Für die Lastfolgen ohne BodenLuft-Lastspiel wird die Lebensdauer hingegen rechnerisch unterschätzt, außer bei der Berechnung mit korrigierter Mittelspannung. In diesem Befund äußert sich
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 409 Abb. 3.3–54. Biharmonische Lastfolge zu Abb. 3.3–55
– ein die Lebensdauer mindernder Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels durch eine Plastizierung des Kerbgrundes unter örtlicher Druckspannung, der nur im werkstoffspezifischen Fall der Amplitudentransformation über die Definition des Schädigungskennwertes nach Abb. 3.3–40 erfasst wird, und – ein die Lebensdauer steigernder Einfluss aus dem Auftreten einer hohen Zug-Oberspannung in der Laststufe 1, wohingegen die größten Schädigungsanteile auf die Laststufen mit geringerer Oberspannung entfallen; dieser Einfluss wird bisher durch keine der betrachteten Berechnungsmethoden erfasst. Nowack, Hanschmann und Trautmann [306] führten eine Untersuchung durch, bei der sie Lebensdauerberechnungen nach dem NennspannungsKonzept, nach dem Kerbgrund-Konzept und nach dem Verfahren der Amplitudentransformation für drei Lastfolgen mit Versuchsergebnissen verglichen: – eine biharmonische Lastfolge, Abb. 3.3–54, – die SAE Transmission Lastfolge, Abb. 2.3–18b, und – die Twist Lastfolge, Abb. 2.4–4. Die Ergebnisse veranschaulicht Abb. 3.3–55. Die bauteilähnlich gewählte Form einer vornehmlich biegebeanspruchten Probe aus der Aluminium-Legierung 2024-T3 liefert eine Formzahl ak = 1.7. Die Lebensdauer im Versuch bezieht sich auf den ersten entdeckbaren Anriss; sie macht etwa 90 bis 95% der Lebensdauer bis zum vollständigen Bruch aus. Alle Berechnungen stützen sich auf die Bauteilwöhlerlinie; beim Kerbgrund-Konzept geschah dies durch die Ableitung einer schwingspielzahl-abhängigen Kerbwirkungszahl bk , die statt der Formzahl ak verwendet wurde. Als Werkstoffdaten dienten die des stabilisierten Zustandes. Die SAE Lastfolge erlaubt keine Unterscheidung der Rechenverfahren, denn alle Ergebnisse liegen in engen Grenzen zusammen, weil sich mit ihrer Kollektivform, Abb. 2.3–19, eine Schädigungsfunktion verbindet, die der einer einstufigen Beanspruchung mit dem Kollektiv-Höchstwert sehr ähnlich ist. Für die Twist-Lastfolge sind die Verhältnisse vergleichbar mit den Ergebnissen für die Lastfolge Minitwist nach Abb. 3.3–43 oder für die vereinfachten Einzelflug-Lastfolgen nach Abb. 3.3–53. Nowack, Hanschmann und Trautmann berichteten auch über Schwierigkeiten bei der Schädigungsakkumulations-Rechnung, die aus Unsicherheiten über den Verlauf der Wöhlerlinie im Bereich der Dauerfestigkeit entstanden
410
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–55. Lebensdauerwerte einer bauteilähnlichen Probe aus 2024-T3, ak = 1,7, nach verschiedenen Verfahren errechnet für die biharmonische Lastfolge nach Abb. 3.3–54, die SAE-Lastfolge nach Abb. 2.3–18b und die Twist-Lastfolge nach Abb. 2.4–4, jeweils bezogen auf die Lebensdauer im Versuch [306]; EXP = Versuchsergebnisse; NSK = Nennspannungs-Konzept; KGK = Kerbgrund-Konzept; AT,SPEZ = Amplitudentransformation
und sich wegen stark streuender Versuchsergebnisse ergaben. Sie waren bei der angewandten Original-Form der Miner-Regel von großer Auswirkung, weil die Schädigungsfunktion der Twist-Lastfolge, Abschn. 3.2.3, in diesem Bereich ihr Maximum hat. In Verbindung mit der modifizierten Form der Miner-Regel, die bei dem Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation zur Anwendung kommt, sind derartige Schwierigkeiten weniger zu erwarten. Zusammenfassend kommen Nowack, Hanschmann und Trautmann zu folgenden Feststellungen: – Nach dem Nennspannungs-Konzept wird die Lebensdauer in allen betrachteten Fällen überschätzt. – Nach dem Kerbgrundkonzept unter Ansatz des Schädigungsparameters nach Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32) wird die Lebensdauer gleichfalls in allen betrachteten Fällen überschätzt und zwar etwa im gleichen
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 411
Masse wie nach dem Nennspannungs-Konzept; für die Twist-Lastfolge ist die rechnerische Überschätzung beachtlich. – Das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation in Verbindung mit dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke Gl. (3.3–55) liefert Lebensdauerwerte, die im Mittel näher bei den experimentell ermittelten liegen und deutlich zur sicheren Seite tendieren. Ergänzend ist aus neuerer Sicht zur s-e-basierten Amplitudentransformation anzuführen, dass ihre Anwendung keineswegs zwingend an den Schädigungsparameter PHL nach Haibach und Lehrke sowie an die modifizierte Form der Miner-Regel gebunden ist, sondern dass in gleicher Weise auch die zwischenzeitlich erzielten Fortschritte durch Berechnung mit dem Schädigungsparameter PJ in Verbindung mit der konsequenten Form der MinerRegel genutzt werden können.
s - e-basierteAmplitudentransformation als Zählverfahren Der Grundgedanke der s-e-basierten Amplitudentransformation lässt sich auch noch auf andere Weise mit den schattierten Elementen in Abb. 3.3–56 veranschaulichen: Danach erweist sich die s-e-basierte Amplitudentransformation als ein verfeinertes Zählverfahren für die Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen, welches den Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen sowie den Werkstoff- und Bauteileigenschaften Rechnung trägt. Abhängig davon ergeben sich für die gleiche Beanspruchungs-Zeit-Funktion unter Umständen recht verschiedene Formen des Amplitudenkollektivs, Abb. 3.3–57. Diese Unterschiede sind teils durch die Spannungsumlagerungen unter der örtlichen, elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung bedingt, darüber hinaus sind sie aber auch ein Ausfluss davon, in welcher Weise der Schädigungsprozess durch den gewählten Typ des Schädigungsparameters modelliert wird. In diesem Sinne sollte es letztlich Ziel weiteren Entwicklungen sein, einen dafür bestmöglich zutreffenden Schädigungsparameter zu definieren.
Abb. 3.3–56. s-e-basierte Amplitudentransformation als ein Zählverfahren, welches Mittelspannungs- und Reihenfolge-Einflüsse sowie Werkstoff- und Bauteil-Eigenschaften Rechnung zu tragen geeignet ist
412
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
a
b
Abb. 3.3–57a, b. Von Lipp und Svenson [97] untersuchte Lastfolgen a und zugehörige Häufigkeits-Verteilungen nach unterschiedlichen Zählverfahren b
In Verbindung mit einem solchen optimalen Schädigungsparameter würde das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation sodann eine sinnvolle Lösung des Problems der Schädigungsakkumulation bieten, die besagt: Nicht die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese muss verbessert werden, sondern die Analyse der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen muss bei der Umsetzung in ein Amplituden-Kollektiv so erfolgen, dass die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese, von diesem Amplituden-Kollektiv ausgehend, einen zutreffenden Lebensdauerwert liefert. Beispiele einer Auswertung Die von Lipp und Svenson [97] untersuchten Lastfolgen, Abb. 3.3–57a, stellen sich dar als Überlagerung einer sinusförmigen Grundbeanspruchung mit einer sinusförmigen Zusatzbeanspruchung von 30fach höherer Frequenz. Die Momentanwerte der Grundbeanspruchung bedeuten für die Zusatzbeanspruchung eine periodisch veränderliche Mittelspannung. Der bei Biegebeanspruchung untersuchte Rundstab aus Stahl St 37 hat eine Formzahl ak = 2,15. Für die Bauteilwöhlerlinie gilt eine Mittelspannung Sm = 0. Den Häufigkeitsverteilungen, die durch Auswertung nach Klassengrenzen (B) oder durch Auswertung nach Bereichspaaren (C) erhalten werden, sind die Häufigkeitsverteilungen der transformierten Amplituden gegenüberge-
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 413
stellt, wie sie sich für den werkstoffspezifischen Fall (SPEZ) und für die beiden Grenzfälle M = 0 und M = 1 ergeben, Abb. 3.3–57b. Für den sinusförmigen Belastungsablauf A1 sind alle fünf Häufigkeitsverteilungen gleich, da im vorliegenden Sonderfall die Mittelspannung Sm = 0 mit der für die Amplitudentransformation gewählten Mittelspannung übereinstimmt. Bei einer Bauteilwöhlerlinie für Sm ⫽ 0 wären hingegen die Verteilungen für M = 0, SPEZ und M = 1 untereinander und auch gegenüber den Verteilungen nach B und C verschieden. Auch bei den Abläufen A2 und A3 ergeben sich Übereinstimmungen: Wegen des fehlenden Mittelspannungseinflusses sind die Häufigkeitsverteilungen C und M = 0 identisch. Beim Ablauf A3 stimmen außerdem die Häufigkeitsverteilungen B und M = 1 überein: Da alle Zusatzschwingungen die Mittelspannung Sm = 0 „unterschreiten“, ist die Häufigkeitsverteilung B eine Häufigkeitsverteilung für die Oberspannungen, und die Oberspannungen sind im Falle M = 1 bei einer Transformation auf Sm = 0 identisch mit den transformierten Amplituden. Die Häufigkeitsverteilungen für den werkstoffspezifischen Fall der Amplitudentransformation (SPEZ) liegen zwischen denen für die Grenzfälle M = 0 und M = 1. Nach den vorliegenden Versuchsergebnissen, Abb. 2.2–21, erweist sich dieser Befund als sinnfällig: Mit den Häufigkeitsverteilungen B aus der Auswertung nach Klassengrenzen (für A3 identisch mit M = 1) werden stets zu niedrige Lebensdauerwerte vorausgesagt, mit den Häufigkeitsverteilungen C aus der Auswertung nach Bereichspaaren (identisch mit M = 0) werden stets zu hohe Lebensdauerwerte ermittelt. Lipp und Svenson folgerten daraus, dass eine gute Annäherung an die wahre Lebensdauer mit einer gemittelten Häufigkeitsverteilung erreicht wird. Die Häufigkeitsverteilung für den werkstoffspezifischen Fall der s-e-basierten Amplitudentransformation (SPEZ) stellt eine solche „gemittelte“ Häufigkeitsverteilung dar. Und sie führt dementsprechend auch auf eine gute Übereinstimmung der rechnerisch und der experimentell ermittelten Lebensdauerwerte, Tabelle 3.3–2.
Tabelle 3.3–4. Lebensdauerwerte nach Versuch und Rechnung
Lastfolge nach Abb. 3.3–35 Im Versuch ermittelte Lebensdauerwerte unter Ansatz des Amplitudenkollektivs C unter Ansatz des Originalablaufs A unter Ansatz des Amplitudenkollektivs B Errechnete Lebensdauerwerte Amplitudentransformation im Fall M = 0 Amplitudentransformation werkstoffspezifisch Amplitudentransformation im Fall M = 1
A2
A3
22700
16200 8400 4550
23900
20600 10500 3650
414
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen Mehr und mehr ist bei Bauteilen eine Spannungsberechnung nach der Finite-Element-Methode üblich. Bei zweckmäßiger Konzeption dieser Berechnungen und abgestimmt auf die verfügbaren Lasteingangsdaten können die erzielten Ergebnisse unmittelbar für eine nachgeschaltete Lebensdauerberechnung genutzt werden. Geeignete Postprozessoren stehen hierfür als kommerzielle Software zur Verfügung [307–310]. In Ergänzung zu den vorangehenden Ausführungen im Abschn. 3.3 verlangen dabei zwei Sachfragen eine besondere Beachtung: Zum einen ist es die sich in der Regel ergebende Mehrachsigkeit örtlicher Spannungen aus Finite-Element-Berechnungen; in Verbindung mit einer elastischen FiniteElement-Berechnung ermöglicht u.a. das Verfahren der kritischen Schnittebene, derartige mehrachsige Spannungszustände abzuhandeln. Bei der erforderlichen Feinheit des Finite-Element-Netzes ist es zum anderen die Vielzahl der notwendigen Berechnungen für eine u.U. immense Zahl von Systempunkten; durch eine spezielle Vorgehensweise gelingt es, eine Vielzahl nicht-kritischer Knoten außer Betracht zu lassen und dadurch die Anzahl und den Umfang der notwendigen Berechnungen in erträglichem Rahmen zu halten. Dabei kommt eine die wesentlichen Schädigungsmerkmale weitestgehend erhaltende Einkürzung von Lastabläufen zur Anwendung. In Anlehnung an die Veröffentlichungen zu zwei praktischen Fallstudien [311, 312] lässt sich die bei einer solchen Art der Lebensdauerberechnung verfolgte Vorgehensweise in folgende Schritte strukturieren: – Bestimmen der auf das Bauteil einwirkenden Schnittkraft-Zeitverläufe aus gemessenen Lastverläufen, gegebenenfalls unter Einsatz der MehrkörperSimulation, Abschn. 4.1.3. – Spannungsanalysen am Bauteil für Einheitslastfälle durch Finite-ElementBerechnungen, Abschn. 3.1.2. – Quasi-statische oder modale Superposition der elastizitätstheoretischen Spannungen im Zeitbereich an den Knoten. – Nutzung des örtlichen Spannungs- oder Dehnungskonzeptes zur Schädigungsberechnung für einzelne Knoten. – Auffinden der kritischen Stellen des Bauteils durch einen Prozess der Zeitreihen-Verkürzung und der Knotenelimination. – Lebensdauerberechnung für den kritischen Knoten nach dem örtlichen Spannungs- oder Dehnungskonzept. Mehrachsigkeit und Verfahren der kritischen Schnittebene Schon aus der Einwirkung einer einzelnen Belastung kann die Finite-Element-Berechnung z.B. an Kerbstellen eines Bauteils mehrachsige Beanspru-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen
415
chungen liefern. Umso mehr gilt dies im allgemeinen Fall, für den davon auszugehen ist, dass sich die Beanspruchungen eines Bauteils aus mehreren Lastfällen k (k = 1, 2, …) ergeben, wobei für die einzelnen Lastfälle proportionale oder auch nichtproportionale Lastabläufe gelten können. Die Lasten selbst können Kräfte, Momente, Nennspannungen oder Verschiebungen sein, die zum elastisch berechneten Spannungszustand in linearer Beziehung stehen. Dem Verfahren der kritischen Schnittebene liegt nach Banantine [313] die Erkenntnis zugrunde, dass sich der Schwinganriss stets in einer durch den Beanspruchungszustand vorbestimmten Ebene und in aller Regel an einer kräftefreien Oberfläche ausbildet. Die Finite-Element-Berechnung der Spannungen darf sich deshalb i.d.R. auf oberflächennahe Knoten des Finite-Element-Netzes beschränken; entsprechende Betrachtungen sind aber auch für Knoten im Inneren des Bauteils möglich. Die Berechnung geschieht, wie schon im Abschn. 3.3.3 zum multiaxialen Rainflow-Verfahren mit Gl. (3.3–48) dargestellt: Der mehrachsige tensorielle Beanspruchungs-Zeit-Ablauf für den betrachteten Systempunkt s wird unter der Annahme elastischen Werkstoffverhaltens durch Superposition der Spannungskomponenten esij,k (s, t) errechnet. Sie ergeben sich durch Multiplikation dimensionsbehafteter Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) mit den betreffenden Lastabläufen Lk (t): es (s, ij
t) = ∑ cij,k (s) · Lk (t) .
(3.3–49)
k
Die Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) werden je Lastfall k aus einer elastischen Spannungsanalyse bestimmt, bei der einzig die Last |Lk | = 1 in Ansatz kommt. Sofern eine solche quasi-statische Superposition der Spannungskomponenten nicht in Betracht kommen kann, weil die einwirkenden Lasten dynamischen Einflüssen unterliegen, kann eine modale Betrachtungsweise gewählt werden. Finite-Element-Software, z.B. NASTRAN [310], ermöglicht die Schwingungsmoden einer Struktur aus der Finite-Element-Struktur zu ermitteln, und weiterhin, um für jeden Mode m die elastischen Spannungskomponenten für eine modale Einheitslast, die sog. modalen Spannungsmoden sij,m (s) zu errechnen. Eine weiter Software-Routine dient dann dazu, ausgehend von den einzelnen einwirkenden Lastabläufen Lk (t) in Verbindung mit den vorliegenden Daten der Struktur die sog. Partizipations-Zeitreihen Fm,k (t) für m = 1, 2, … abzuleiten, die angeben, welche Lastanregung der betreffende Mode m aus dem Lastablauf Lk (t) erfährt. Deren Summation über alle Lastfälle k liefert die modalen Partizipationsfaktoren Fm (t) für jeden Mode. Der mehrachsige tensorielle Beanspruchungs-Zeit-Ablauf für den betrachteten Systempunkt s wird sodann durch Superposition der Spannungskomponenten esij,m (s, t) errechnet. Sie ergeben sich durch Multiplikation der
416
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Spannungskomponenten sij,m (s) mit den betreffenden modalen Partizipationsfaktoren Fm (t): es (s, ij
t) = ∑ sij,m (s) · Fm (t) .
(3.3–76)
m
Für Systempunkte an der Oberfläche kann der Spannungstensor esij (s, t) durch Drehung auf ein Koordinatensystem umgerechnet werden, dessen x-yEbene parallel zur Oberfläche liegt. In einer Schnittebene, die in diesem Koordinatensystem unter einem Winkel j zur x-Achse senkrecht unter die Oberfläche reicht, errechnen sich dann die Normalspannung sn(t) senkrecht zur Schnittebene
sn (t) = 1/2 (sx (t) + sy (t)) + 1/2 (sx (t) – sy (t)) · cos 2 j + txy (t) · sin 2 j (3.3–77) und die Schubspannung tn (t) in der Schnittebene zu tn (t) = 1/2 (sx (t) – sy (t)) · sin 2 j + txy (t) · cos 2 j .
(3.3–78)
Die kritische Schnittebene ist durch denjenigen Winkel j bestimmt, für den sich ein Maximum der aus sn (t) und/oder tn (t) zu berechnenden Schädigung ergibt. Um sie zu finden, wird der Winkel j üblicherweise in Stufen von z.B. 10° oder 15° über den Bereich 0 ≤ j < 180° variiert. Um die Schädigung für eine Schnittebene bzw. die Lebensdauer aus der maximalen Schädigung in der kritischen Schnittebene zu berechnen, kommen verschiedene Verfahrensweisen in Betracht: – Das örtliche Spannungskonzept. Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um alternativ den Zeitverlauf – der Rissöffnungsspannung sn (t) nach Gl. (3.3–77) in der Schnittebene, – der Schubspannung tn (t) nach Gl. (3.3–78) in der Schnittebene, oder – der Vergleichsspannung aus sn (t) und tn (t) nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Hauptspannung jeweils als elastische Beanspruchungskenngrößen zu errechnen, sodann einer Rainflow-Zählung zu unterziehen und zur Ermittlung der Schädigung bzw. der Lebensdauer zu verwenden. Diese Verfahrensweise entspricht dem Rechnen mit elastischen Kerbspannungen, Abschn. 3.1.5. – Das Dehnungskonzept mit einachsigen Parametern. Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um alternativ den Zeitverlauf – der Rissöffnungsspannung sn (t) nach Gl. (3.3–77) in der Schnittebene, – der Schubspannung tn (t) nach Gl. (3.3–78) in der Schnittebene, oder
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen
417
– der Vergleichsspannung aus sn (t) und tn (t) nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Hauptspannung jeweils auf die elastisch-plastischen Beanspruchungskenngrößen zu transformieren, deren Zeitverlauf sodann einer Rainflow-Zählung zu unterziehen und zur Ermittlung der Schädigung bzw. Lebensdauer anzusetzen. Diese Verfahrensweise entspricht dem Rechnen mit elastisch-plastischen Kerbgrundspannungen und Dehnungen, Abschn. 3.3.5. – Das Dehnungskonzept mit voll mehrachsigen Parametern. Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um zunächst durch eine mehrachsige Last-Kerbdehnungs-Simulation nach [314] (z.B. mittels des Mróz-Garud-Modells, Abschn. 3.3.3) den Zeitverlauf des örtlichen elastisch-plastischen Dehnungstensors sowie des Spannungstensors zu bestimmen. Diese werden anschließend weiterverarbeitet, alternativ durch Betrachtung – der Rissöffnungsdehnung und/oder -spannung in der Schnittebene, – der Schubverzerrung und/oder -spannung in der Schnittebene, – der daraus zu errechnenden Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Hauptspannung. Die Auswahl unter diesen Verfahrensvarianten kann zwar im Allgemeinen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Außer bei nichtproportionalen Beanspruchungen ist dies aber in praktischen Anwendungen häufig von untergeordneter Bedeutung gegenüber anderen Einflussgrößen, wie der Güte der Finite-Element-Struktur und der Wahl der Werkstoffdaten, Abb. 3.3–58. Darüber hinaus konnte bei den beiden in [311, 312] abgehandelten Fallstudien an Pkw-Schwenklagern nach den Berechnungen und Versuchen für sowohl proportionale wie auch nichtproportionale Belastung festgestellt werden, dass die potenziellen Anrissstellen korrekt vorhergesagt wurden und dass sich eine durchaus befriedigende Übereinstimmung der Lebensdauerwerte aus Versuch und Rechnung ergab. Je nach der im Dehnungskonzept gewählten Verfahrensweise ergaben sich Unterschiede der errechneten Lebensdauer im Verhältnis 1:3 und im Vergleich zum Mittelwert der Versuchsergebnisse ergaben sich Abweichungen um einen Faktor kleiner 2,5. Bei anderen Vergleichsstudien ergaben sich aus bisher noch nicht geklärten Gründen teils erhebliche Abweichungen, insbesondere auch zwischen den Ergebnissen aus unterschiedlichen Programmsystemen [315]. Die Entscheidung zwischen Spannungskonzept und Dehnungskonzept wird häufig kontrovers diskutiert. Eingeschränkt auf den Fall einer proportionalen Beanspruchung dazu folgende Ausführungen: Örtliche elastischplastische Dehnungen und Spannungen werden im Dehnungskonzept als Funktion der örtlichen elastizitätstheoretischen Spannungen ermittelt. Da-
418
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Lebensdauer im Versuch (Wiederholungen)
vorhergesagte Lebensdauer Abb. 3.3–58. Einfluss der gewählten Verfahrenswiese auf die vorhergesagte Lebensdauer (in Zahl der Wiederholungen des mehrachsialen Belastungsablaufs), nach [311] Verfahrensweise: ◆ Normalspannung in der kritischen Schnittebene ● Schubspannung in der kritischen Schnittebene ■ Vergleichsspannung in der kritischen Schnittebene Last-Kerbdehnungs-Beziehung nach Seeger/Beste (3.3–25), Plastische Formzahl ap = 2,5, Schädigungsparameter PSWT
mit lässt sich eine Wöhlerlinie N = g(es) für die elastizitätstheoretischen Spannungen aus den Werkstoffdaten des Dehnungskonzeptes bestimmen. Für mittelspannungsfreie Blocklastfolgen ergeben sich damit identische Lebensdauerwerte im Spannungs- und im Dehnungskonzept. Bei mittelspannungsbehafteten Lastfolgen hängen die Ergebnisse von den verwendeten Mittelspannungsparametern ab und von der Lage und Schachtelung der Hysteresen, die im Spannungskonzept im Allgemeinen nicht mit korrekter Mittelspannung abgebildet werden, Abschn. 3.3.3. So kann der Einfluss der Hysteresenlage und -schachtelung bei gleicher Mittellast esm zu unterschiedlichen örtlichen Mittelspannungen sm führen, häufig ist dieser Einfluss jedoch vernachlässigbar. Für eine Lebensdauerberechnung sind weiterhin die Fälle einer proportionalen Beanspruchung (die den Fall der einachsigen Beanspruchung ein-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen
419
schließt), einer annähernd proportionalen Beanspruchung und einer nichtproportionalen Beanspruchung zu erörtern. Programm-intern lässt sich eine diesbezügliche Unterscheidung allerdings anhand der betreffenden Lastabläufe nicht eindeutig treffen, da auch bei mehreren nichtproportionalen Lastabläufen, z.B. an einer Bauteilkante, eine einachsige Beanspruchung vorliegen kann. Sofern also dem Programm nicht extern eine Berechnung für proportionale Beanspruchung vorgegeben wurde, ist zu fordern, dass auch die Fälle einer proportionalen Beanspruchung durch die Lösung für den Fall einer nichtproportionalen Beanspruchung korrekt abgehandelt werden. Bei einachsiger Beanspruchung entspricht die Normalspannung sn (t) der einachsig einwirkenden Spannung s (t), wenn die kritische Schnittebene mit der sich zeitlich nicht ändernden Richtung der Hauptspannung s1 genau übereinstimmt. Wegen der Stufung des Winkels j um z.B. 10° ist diese genaue Übereinstimmung aber nicht zwingend, sondern u.U. nur mit einem Wert 0,97 · s (t) gegeben. Die Schädigung bzw. Lebensdauer kann ausgehend von der (elastischen) Spannung sn (t) so geschehen, wie vorstehend für das örtliche Spannungskonzept oder das Dehnungskonzept mit einachsigen Parametern aufgeführt. Bei proportional mehrachsigen Beanspruchungen ändern sich die Normalspannung sn (t) und Schubspannung tn (t) zeitlich proportional und die kritische Schnittebene hat bauteilbezogen die (zeitlich unveränderliche) Richtung der größten Hauptspannung s1 . Hoffmann und Seeger [316] wiesen nach, dass sich unter diesen Bedingungen die örtlichen elastisch-plastischen Spannungs-Dehnungs-Abläufe anhand von Vergleichsspannungen und -dehnungen in guter Näherung ableiten lassen und dass sich die Schädigung mit der vorzeichenbehafteten (!) elastischen Vergleichsspannung aus sn (t) und tn (t), bestimmt nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese mit dem Vorzeichen der größten Hauptspannung s1 , wie bei einachsiger Beanspruchung errechnen lässt. Sie wird dazu als Hook’sche Spannung für die Neuber-Regel Gl. (3.3–41) bzw. Gl. (3.3–42) oder für die Seeger-Formel (3.3–44) angesetzt, um die elastisch-plastische Vergleichsspannung und Vergleichsdehnung zu ermitteln. Im Prinzip den gleichen Lösungsweg wie Hoffmann und Seeger beschreiben Klann, Tipton und Cordes [574], lediglich mit dem formalen Unterschied, dass sie vor Anwendung der Neuber-Regel eine Umrechnung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) abhängig vom Verhältnis der Hauptspannungen s1 / s2 vornehmen und dann unmittelbar die Normalspannung sn (t) als Hook’sche Spannung ansetzen. Während also bei der Abhandlung proportionaler Beanspruchungen keine grundsätzlichen Schwierigkeiten bestehen, ist die allgemeine Abhandlung einer nichtproportionalen Beanspruchung mit drei grundsätzlichen Schwierigkeiten verbunden: Erstens gibt es keine der Rainflow-Zählung vergleichbare Methode, um eine nichtproportionale Beanspruchung in einzelne Schwingspiele zu zerlegen. Zweitens zeigen einige Werkstoffe bei Plastizierung eine zyklische Verfestigung und/oder zyklisches Kriechen. Und drittens stellt sich die Frage nach geeigneten Schädigungsparametern. Die herkömm-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
lichen, im Abschn. 3.3.5 beschriebenen Schädigungsparameter sind nur bei proportionalen Beanspruchungen anwendbar. Zahlreiche weitere Schädigungsparameter wurden aus Erkenntnissen bzw. Annahmen über die Ausbildung von Gleitlinien und Mikrorissen in Abhängigkeit vom Spannungszustand formuliert, bisher kann aber keiner der komplexen Problematik bei nichtproportionalen Beanspruchungen vollauf gerecht werden [263, 318]. Die Betrachtungen bei diesen neueren Ansätzen gehen aus von dem Konzept der kritischen Schnittebene, lassen dabei aber unberücksichtigt, dass sich bei nichtproportionaler Beanspruchung auch die Spannungen sn (t) und tn (t) auch ihrerseits nichtproportional zueinander ändern. Aus diesen Gründen gibt es bisher für nichtproportionale Beanspruchungen noch kein allseits befriedigendes Berechnungskonzept, sondern nur Methoden und Näherungsverfahren mit eingeschränkter Gültigkeit für gewisse Werkstoffeigenschaften oder Beanspruchungsbedingungen. Beispielhaft seien hier genannt: Berechnung als annähernd proportionale Beanspruchung: Bei nichtproportionaler Beanspruchung ändern sich nicht nur die Normalspannung sn (t) und Schubspannung tn (t) zeitlich nichtproportional, sondern auch die Richtung der Hauptspannungen ist bauteilbezogen zeitlich veränderlich. Würde die Berechnungsweise für proportionale Beanspruchung in gleicher Weise auf eine nichtproportionale Beanspruchung angewendet, so bliebe die veränderliche Richtung der Hauptspannungen als Einfluss auf die Schädigung unberücksichtigt. Sofern sich die zeitlichen Änderungen der Hauptspannungsrichtung in engen Grenzen halten, kann für eine näherungsweise Berechnung der Lebensdauer eine annähernd proportionale Beanspruchung unterstellt und entsprechend verfahren werden. Durch eine Verweildauerzählung für die Richtung der Hauptspannungen lässt sich in etwa einschätzen, in welchen Grenzen sich die auftretenden Richtungsänderungen der Hauptspannungen vollziehen [308]. Näherungsverfahren nach Amstutz, Hoffmann und Seeger [319]: Für eine Berechnung bei einer nichtproportional mehrachsigen Beanspruchung besteht die Frage, wie die entstehenden Spannungs-Dehnungs-Abläufe zu bewerten sind, weil sie keine geschlossenen Hysteresen zeigen und damit eine Anwendung der herkömmlichen Schädigungsparameter ausscheidet. Von Amstutz, Hoffmann und Seeger wurde diese Schwierigkeit mit einem schrittweisen Näherungsverfahren umgangen, bei dem zunächst die für jeden Lastfall örtlichen (proportionalen) Beanspruchungen gesondert ermittelt und dann additiv überlagert werden. Anschließend wird die dabei auftretende Verletzung des Spannungs-Dehnungs-Gesetzes durch eine Kompatibilitätsprozedur korrigiert. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass dieses Verfahren nicht invariant gegenüber einer Drehung des Koordinatensystems ist.
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen
421
Schädigungsparameter nach Fatemi und Socie: In Fortschreibung des ursprünglichen Brown-Miller-Parameters [320] schlagen Fatemi, Socie [321] sowie Fatemi und Kurath [322] auf der Basis von Gleitung und Normalspannung (anstatt Gleitung und Normaldehnung bei Brown und Miller) einen Schädigungsparameter vor, der auch Mittelspannungen und phasenverschobene Normal- und Schubbeanspruchungen zu erfassen gestattet: (Dgmax /2) · (1 + k · sn,max / sF) = (tf¢ /G) · (2N)2b0 + gf¢ · (2N)c0 . (3.3–79) Hierbei bedeuten sn,max den Maximalwert der Normalspannung in der Schnittebene in der Dgmax wirkt, sF ist die Fließgrenze des Werkstoffs und k eine Materialkonstante, deren Festlegung bzw. Bestimmung jedoch problematisch sein kann. Die rechte Seite ist die Gleitungs-Wöhlerlinie. Wenn die Gleitung Dgmax gegen null geht, ergibt sich keine Schädigung, auch wenn die Normalspannung sn, max wirkt, aber bei sn, max = 0 entsteht eine Schädigung allein aus Dgmax . Diese beiden Fälle decken sich mit der Erfahrung, dass die Schädigung überwiegend durch die alternierende Gleitung, also Risswachstum nach Modus II in Abb. 3.4–2, eingeleitet wird. Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper: Der Schädigungsparameter PSWT nach Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32) leitet sich her unter der Annahme von vornehmlichem Risswachstum in der Schnittebene mit maximaler Zugspannung oder -dehnung, wie z.B. bei sprödem Gusseisen. Er stellt eine Fortschreibung des Schädigungsparameters von einer einachsigen auf den Fall einer mehrachsigen, proportionalen oder nichtproportionalen Beanspruchung wie folgt dar:
sn,max · De1 /2 = (sf¢ 2 / E) · (2N)2b + sf¢ · ef¢ · (2N) b + c .
(3.3–80)
Dabei deuten De1 die Schwingweite der größten Hauptdehnung und sn,max die in der gleichen Schnittebene wirkende Normalspannung. Die Terme auf der rechten Seite von Gl. (3.3–80) entsprechen denen der Dehnungs-Wöhlerlinie, Gl. (3.3–4) und Gl. (3.3–6). Durch den Term sn,max ist dieser Schädigungsparameter geeignet, um den Mittelspannungseinfluss und zyklische Verfestigungen zu beschreiben. Eine recht ausführliche Abhandlung der vorstehenden Sachfragen sind in einem Buch von Socie und Marquis [323] zu finden. Begrenzung des Berechnungsaufwandes Um den Aufwand zur Berechnung der Bauteil-Lebensdauer aus den Ergebnissen einer Finite-Element-Analyse auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, wird bei den verfügbaren Rechner-Programmen in etwa folgende Strategie verfolgt: In einem ersten Schritt kommen bei den anzusetzenden k Lastfällen nicht die vollständigen, mehrkanalig aufgezeichneten Lastabläufe Lk (t) zur An-
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3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–59. Zeitraffung bei mehrkanalig aufgezeichneten, nichtproportionalen Lastabläufen, nach Dreßler et al. [290]
wendung, sondern daraus abgeleitete Lastabläufe, die – wie nachstehend beschrieben – durch Eliminieren nicht oder nur wenig schädigender Schwingungen bzw. Zeitabschnitte, jedoch unter Beachtung der kanalweisen Signalzuordnung, stark eingekürzt wurden, Abb. 3.3–59. Mit diesen stark eingekürzten Lastabläufen werden erste Berechnungen der Lebensdauer vorgenommen. Sie erstrecken sich auf alle Knoten bzw. Elemente des Finite-Element-Netzes, die an der Bauteiloberfläche liegen. (Auf eine Mittelung über Netzknoten wird dabei verzichtet, weil sich die Beanspruchungen an den einzelnen Knoten abhängig erweisen von unterschiedlichen Materialdaten, die den einzelnen Elementen u.U. zugewiesen sein können.) Aufgrund der stark eingekürzten Lastabläufe dürfen diese ersten Berechnungen durchaus eine eingeschränkte Genauigkeit aufweisen, denn sie sollen lediglich einer Entscheidung dienen, welche Netzknoten nicht lebensdauerbestimmend sein werden und deshalb im folgenden außer Betracht bleiben können. Für die somit ganz wesentlich eingeschränkte Anzahl von Netzknoten werden in weiteren Rechenschritten mit jeweils weniger stark eingekürzten Lastabläufen genauere Lebensdauerberechnungen durchgeführt. So wird schließlich eine kleine Anzahl von Netzknoten bzw. Elemente an schwingbruchkritischen Stellen der Struktur erkennbar, die sich als lebensdauerbestimmend erweisen können. Für diese Netzknoten bzw. Elemente werden sodann in einem abschließenden Rechenschritt unter Ansatz der vollständigen Lastabläufe Lk (t) endgültige Lebensdauerberechnungen durch-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen
423
geführt. Aus ihnen geht die letztlich kritische, weil lebensdauerbestimmende Stelle des Bauteils und der dort maßgebende Lebensdauerwert hervor. Einkürzung von Lastabläufen Gemessene Lastabläufe enthalten in aller Regel eine Vielzahl kleiner Zwischenschwingungen und Zeitabschnitte, die kaum oder gar nicht zur Schädigung beitragen, aber den Zeitbedarf für eine Lebensdauerberechnung oder einen Nachfahrversuch erheblich verlängern, Abb. 2.3–21. Wünschenswert ist deshalb, möglichst viele dieser kleinen Zwischenschwingungen bzw. Zeitabschnitte aus solchen Lastabläufen zu entfernen. Im Schrifttum wird diese Verfahrensweise als Omission bezeichnet. Dabei besteht die Forderung, dass sich die Lebensdauer des Bauteils trotz eliminierter Zwischenschwingungen gegenüber dem Original-Lastablauf nicht allzu stark ändert. Zudem gilt es zu unterscheiden, ob es sich um einen einkanalig aufgezeichneten Lastablauf oder um mehrkanalig synchron aufgezeichnete Lastabläufe handelt. Weiterhin ist von Bedeutung, ob der Frequenzinhalt für den Versuch an einem schwingungsfähigen Bauteil erhalten bleiben soll, weil sich andernfalls die schwingungsüberhöhte Beanspruchung an einem Anrissort u.U. ändern könnte [290]. Für einen einzelnen Lastablauf ist anhand der Schädigungsfunktion, Abschn. 3.2.3, zu ersehen, welche kleinen Amplituden unter Hinnahme eines veränderten Frequenzinhaltes eliminiert werden können, wenn sich die Schädigung dadurch nur in einem festlegbaren, begrenzten Ausmaß, beispielsweise auf höchstens 95% vermindern soll. Im Zuge einer erneuten Rainflow-Zählung lässt sich sodann für jede geschlossene Hystereseschleife entscheiden, ob sie aufgrund ihrer Amplitude mit ihren Umkehrpunkten im überarbeiteten Lastablauf erhalten bleiben soll oder nicht. Dementsprechend werden die betreffenden Umkehrpunkte bzw. die zwischen den Umkehrpunkten liegenden Zeitschritte in die parallel erstellte Aufzeichnung des eingekürzten Lastablaufs übernommen oder nicht übernommen. Die gleiche Verfahrensweise ist auch für mehrkanalige proportionale Lastabläufe zutreffend, wenn die einander entsprechenden Zwischenschwingungen in allen Kanälen gleich behandelt werden. Mehrkanalige nichtproportionale Lastabläufe verlangen hingegen eine andere Betrachtungsweise. Sie gilt auch, wenn bei der Einkürzung der Frequenzinhalt der Lastfolgen für Versuche an schwingungsfähigen Gebilden erhalten bleiben soll. Unter diesen Bedingungen dürfen in zeitabhängigen Lastabläufen nur zeitlich zusammenhängende Abschnitte eliminiert werden, und zwar bei mehrkanaligen Aufzeichnungen in gleicher Weise über alle Kanäle. Durch eine abschnittweise Schädigungs-Rechnung lassen sich solche eliminierbaren Abschnitte mit geringem Schädigungsinhalt bestimmen. Ob sie eliminiert werden dürfen, wird anhand eines vorgegebenen Schädigungsoder auch Amplitudenwertes entschieden.
424
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.3–60. Event-Slicing, behaftet mit der Problematik, dass bei nichtproportionalen Lastabläufen die Maxima der Schädigung nicht unbedingt bei den Umkehrpunkten auftreten
Bei mehrkanalig aufgezeichneten Belastungen liegen die einzelnen Lastabläufe in der Regel in ihren jeweiligen physikalischen Einheiten (z.B. Normalkraft, Torsionsmoment, etc.) als Zeitreihen vor, Abb. 3.3–59 links. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, werden nach [511] für jeden einzelnen Lastablauf der zeitliche Ablauf des elastizitätstheoretischen Spannungstensors es (t) an einem kritischen Punkt des Bauteils errechnet, wie vorstehend zu Gl. (3.3–49) angegeben. Damit ist gewährleistet, dass alle betrachteten Lastabläufe in der gleichen Einheit (als Spannung) vorliegen, Abb. 3.3–59 mitten, und dass sie in der für den betreffenden kritischen Punkt des Bauteils relevanten Gewichtung analysiert werden; für einen anderen kritischen Punkt ergäbe sich womöglich eine andere Gewichtung, s. zu Gl. (3.3–49) im Abschn. 3.3.3. Indem die abschnittweise Eliminierung an den ursprünglichen Lastabläufen vorgenommen werden, stehen die zeitgerafften Lastabläufe letztlich wieder in ihren physikalischen Einheiten und mit nahezu unverändertem Frequenzinhalt zur Verfügung, Abb. 3.3–59 rechts. Häufig wurde für mehrkanalige Lastabläufe ein sog. Event-Slicing vorgeschlagen, bei dem die Vergleichsspannung nur für solche Schnitte auf der Zeitachse ermittelt wird, bei denen in einem der Abläufe ein Umkehrpunkt auftritt. Wie aus der einfachen Darstellung nach Abb. 3.3–60 zu ersehen, ist bei nichtproportionalen Lastabläufen aber nicht sichergestellt, dass auf diese Weise die Maximalwerte der Vergleichsspannung erfasst werden. Insofern ist vom Prinzip her beim Event-Slicing eine systematische Unterschätzung der Schädigung zu erwarten [286].
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien Mit den Schwingspielzahlen N, die sich als Funktion vorgegebener Nennspannungsamplituden Sa und der Formzahl ak nach der Neuber-Regel Gl. (3.3–48) bestimmen, kann die Wöhlerlinie eines gekerbten Bauteils gezeich-
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien
425
Abb. 3.3–61. Anhand der Neuber-Regel aus der Dehnungs-Wöhlerlinie errechnete Nennspannungs-Wöhlerlinien für ak = 1,0, 2,5 und 5,2
net werden. Abbildung 3.3–61 zeigt so bestimmte Wöhlerlinien für die Formzahlen ak = 1,0, 2,5 und 5,2 in einer auf NT und sT bezogenen, doppellogarithmischen Auftragung. Ihre Erörterung liefert eine werkstoffmechanische Bestätigung für das Konzept normierter Wöhlerlinien, Abschn. 2.1–7. Die Wöhlerlinie für ak = 1 ergibt sich als Abbild der elastischen Linie aus Abb. 3.3–6. Aus dem Vergleich von Gl. (3.3–4) mit Gl. (2.1–19) und mit sa = Sa = ea,e · E folgt für die Neigung k = – 1 /b
(3.3–39
und des weiteren mit N = 1/2 nach Gl. (3.2–5) ND · SDk = sf¢ (– 1 / b) / 2 .
(3.3–81)
Die Wöhlerlinien für die Formzahlen ak = 2,5 und 5,2 verlaufen bei Spannungsamplituden Sa kleiner als sT wesentlich steiler als die Wöhlerlinie für ak = 1, jedoch für Spannungsamplituden Sa oberhalb von sT mit einer sich zu kleineren Schwingspielzahlen hin verflachenden Neigung von unten asymptotisch an die Wöhlerlinie für ak = 1 heran. Die gestrichelten Kurvenverläufe ergeben sich aus der vereinfachten Form der Neuber-Regel Gl. (3.3–47), d.h. wenn auch bei höhern Spannungsamplituden Sa eine rein elastische Nenndehnung ea des Kerbquerschnitts angesetzt wird.
426
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Erörterung der berechneten Wöhlerlinien Bei Beachtung des plastischen Anteils an der Nenndehnung ea zweigen die ausgezogenen Linien mit einer Annäherung der Spannungsamplitude Sa an die Spannung s T nach links von den gestrichelten Linien ab, wobei die Verzweigungspunkte B in den Abb. 3.3–34 und 3.3–61 einander zugeordnet sind. In der Betrachtungsweise des Abschn. 2.1.7 stellt sich dieser Sachverhalt als die Abgrenzung zwischen dem Zeit- und dem Kurzzeitfestigkeitsbereich dar. Statt Gl. (2.1–21) kann dafür auch die Bedingung stehen, dass die Nennspannungsamplitude Sa den Verzweigungspunkt B nicht übersteigen soll, um eine integrale plastische Verformung des Kerbquerschnitts auszuschließen. Der Gültigkeitsbereich normierter Wöhlerlinien entspricht damit dem Gültigkeitsbereich der vereinfachten Form der Neuber-Regel Gl. (3.3–47). Die mit ihr zu errechnenden Wöhlerlinien (gemäß der gestrichelten Fortsetzung) haben für alle Formzahlen die gleiche Form und sie sind bei dem logarithmischen Ordinatenmaßstab parallel zueinander im Verhältnis der Formzahl ak nach unten verschoben, wie es auch für normierte Wöhlerlinien unterstellt ist. Weiterhin beantwortet Abb. 3.3–61 die Frage, wie der Übergang von der Neigung k = 15 der normierten Wöhlerlinie für ungekerbte Querschnitte, Abb. 2.1–17, auf die Neigung k = 5 der normierten Wöhlerlinien für gekerbte Querschnitte, Abb. 2.1–18 und 19, in seiner Formzahlabhängigkeit zu verstehen ist: Oberhalb des Verzweigungspunktes B ändern alle Wöhlerlinien ihre Neigung asymptotisch auf k = 15. Je kleiner die Formzahl ak , umso mehr verlagert sich der Verzweigungspunkt zu einer höheren Schwingspielzahl und umso weniger verbleibt von dem steil geneigten Teil der Wöhlerlinie. Für die Formzahl ak = 1 liegt der Verzweigungspunkt auf oder gar unterhalb der Dauerfestigkeit. Insofern ist die gesamte Zeitfestigkeitslinie eines ungekerbten Querschnitts im Grunde dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zuzurechnen und dementsprechend gilt k = 15. Das heißt aber mit anderen Worten, dass kein formzahlabhängiger stetiger Übergang von der Neigung k = 15 auf k = 5 anzunehmen ist, sondern dass sich die unterschiedlichen Neigungswerte k = 15 und k = 5 aus der konsequenten Abgrenzung zwischen dem Bereich der Kurzzeitfestigkeit und dem Bereich der Zeitfestigkeit erklären. Vergleich mit Versuchsergebnissen Um die Zusammenhänge deutlich zu machen, wurden die Wöhlerlinien in Abb. 3.3–61 mit einem unrealistischen Wert c = – 0,84 berechnet. Zum Vergleich mit Versuchsergebnissen für Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4 in den Abb. 3.3–62 und 3.3–63 sind hingegen die Werte b = – 0,067 und c = – 0,50 gewählt und die Werte s T und NT durch eine bestmögliche Anpassung an die Ergebnisse für ak = 2,5 bestimmt. Auf den ersten Blick erscheint die Übereinstimmung der rechnerischen Wöhlerlinien mit den Versuchsergebnissen nicht sonderlich überzeugend:
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien
427
Abb. 3.3–62. Rechnerische Nennspannungs-Wöhlerlinien und Versuchsergebnisse für den Stahl Stahl Ck45; s. auch Abb. 3.3–64
Abb. 3.3–63. Rechnerische Nennspannungs-Wöhlerlinien und Versuchsergebnisse für den Stahl 42CrMo4
Nur beim Stahl 42CrMo4 decken sich auch die Versuchspunkte für ak = 1 mit der rechnerischen Linie, bei Stahl Ck45 liegen die Versuchspunkte zwar parallel zu ihr, aber doch deutlich darunter. Diese Abweichung kann jedoch unschwer aus einer anomalen Gefügebeschaffenheit des untersuchten Stahles Ck45, Abb. 3.3–64, und der dazu unterschiedlichen Ausbreitungsrichtung der Schwinganrisse erklärt werden. Für die Formzahl ak = 5,2 liegen die Versuchspunkte für beide Stähle oberhalb der rechnerischen Linie, worin eine
428
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Riss bei ungekerbten Proben
Blechoberfläche Schliffebene
Riss bei gekerbten Proben
Abb. 3.3–64. Anomale Gefügebeschaffenheit der Bleche aus Stahl Ck45 im Anlieferungszustand und dazu unterschiedliche Ausbreitungsrichtung der Schwinganrisse bei den ungekerbten und den gekerbten Prüfstäben
anteilig höhere Lebensdauer in der Rissfortschrittsphase sowie ein statistischer Größeneinfluss, Abschn. 3.5.6, zum Ausdruck kommen dürfte. Recht befriedigend ist die Übereinstimmung der rechnerischen Wöhlerlinie für ak = 5,2 mit einer normierten Wöhlerlinie der Neigung k = 5. Unter Beachtung der erklärbaren Abweichungen darf zumindest in qualitativer Hinsicht eine recht befriedigende Übereinstimmung von Versuch und Rechnung verzeichnet und eine grundsätzliche Bestätigung für das Konzept normierter Wöhlerlinien vermerkt werden.
3.3.9 Kritik des Kerbgrund-Konzeptes
429
3.3.9 Kritik des Kerbgrund-Konzeptes Neuere Verfahren der Lebensdauerberechnung unterscheiden zwischen der Lebensdauerphase der Rissentstehung und der Lebensdauerphase des Rissfortschritts. Das örtliche, elastisch-plastische Beanspruchungsgeschehen an den schwingbruchkritischen Kerbstellen eines Bauteils wird für die Lebensdauerphase der Rissentstehung als maßgeblich angesehen und nach dem Kerbgrund-Konzept rechnerisch erfassbar. Grundlage der Berechnung sind die aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen zu gewinnenden Werkstoff-Kenndaten. Die mit dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen entwickelte Art der Betrachtung macht bewusst, dass spannungskontrollierte Wöhler-Versuche an ungekerbten Prüfstäben eine wesentliche Beanspruchungsgröße, nämlich die plastische Dehnungsamplitude, unberücksichtigt lassen, was unter anderem bei einer Umrechnung auf Wöhlerlinien für gekerbte Querschnitte gewisse Widersprüche aufkommen lässt, Abschn. 3.3.9. Andererseits vermisst man in der Regel bei dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen statistisch gut belegte Versuchsreihen. Ebenso wird bei ihnen meist auf eine Bestimmung der Dauerfestigkeit verzichtet [264, 265]. Mit einer physikalisch zutreffenden Beschreibung des örtlichen Beanspruchungsgeschehens besteht die Möglichkeit, die durch örtliche Plastizierung im Kerbgrund hervorgerufenen Eigenspannungen quantitativ zu erfassen und über eine entsprechende Korrektur der örtlich wirksamen Mittelspannung eine grundsätzliche Verbesserung der Lebensdauerberechnung zu erreichen. Mit dem Berechnen der örtlichen Spannungs-Dehnungs-Hysteresen wird zugleich die Frage gelöst, wie eine komplexe Beanspruchungs-Zeit-Funktion in eine Folge von einzelnen Schwingspielen zu zerlegen ist: Jede geschlossene Hystereseschleife bestimmt ein komplettes Schwingspiel mitsamt seinem Schädigungskennwert P. Für nichtproportionale Beanspruchungen ist diese Betrachtungsweise allerdings nicht zutreffend und bei den dafür entwickelten Berechnungskonzepten besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf. Mit der Formzahl geht ein wesentlicher Kennwert der Bauteilgestalt in die Berechnung ein. Eigenschaften des Bauteilwerkstoffs werden über seine zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve quantitativ berücksichtigt. Idealisierend wird vorausgesetzt, dass sich das Spannungs-Dehnungs-Verhalten des Werkstoffs nach wenigen anfänglichen Belastungszyklen stabilisiert und dass das stabilisierte Verhalten für den wesentlichen Teil der Lebensdauer gilt. Das Einbeziehen einer zyklischen Ver- oder Entfestigung, einer Spannungsrelaxation oder eines zyklischen Kriechens, Abb. 3.3–9, ist offenbar ohne große Auswirkung auf den rechnerischen Lebensdauerwert [268, 324]. Eine Abklärung dieses Einflusses kann unschwer über vergleichende Berechnungen geschehen [302]. Zur Umrechnung von der Nennbeanspruchung auf die Kerbgrundbeanspruchung wird vorwiegend die von Neuber angegebene Beziehung Gl.
430
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
(3.3–41) benutzt, die als eine brauchbare Näherungslösung angesehen werden darf und mit einer leichten Überschätzung der plastischen Dehnungsanteile die Tendenz zu rechnerisch niedrigeren Lebensdauerwerten beinhaltet, als sie mit der zutreffenderen Seeger-Formel erhalten werden. Als grundsätzlicher Einwand kann dem Kerbgrund-Konzept entgegengehalten werden, dass hohe Schwingspielzahlen als Lebensdauerforderung bedingen, dass die Beanspruchungshöhe niedrig und demgemäß die plastischen Dehnungsbeträge gering sind. Damit verringert sich aber auch der Unterschied zu einer Berechnung nach dem Nennspannungs-Konzept. Entscheidend für die Verlässlichkeit und Brauchbarkeit des KerbgrundKonzeptes ist die geeignete Definition eines leistungsfähigen Schädigungsparameters. Bei dem vorwiegend benutzten Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32) werden Reihenfolgeeinflüsse nur insoweit berücksichtigt, als sie sich mit einer veränderten Mittelspannung darstellen. Weitere Reihenfolgeeinflüsse aus Wechselwirkungen zwischen hohen und niedrigen Spannungsausschlägen der Beanspruchungs-Zeit-Funktion können dem Erkenntnisstand der Werkstoffmechanik entsprechend mit dem Schädigungsparameter nach Vormwald, sowie unter Einschränkungen mit dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke oder mit dem Schädigungsparameter nach Hanschmann berücksichtigt werden, während Oberflächen-, Randschicht-, und Eigenspannungseinflüsse bisher nur näherungsweise über spezielle Vorgehensweisen berücksichtigt werden können. Als unbefriedigend ist zu vermerken, dass mit den bekannten Schädigungsparametern bislang die Forderungen nach einer möglichst zutreffenden Beschreibung des vollständigen Haigh-Schaubildes gekerbter Bauteile einerseits und nach einer möglichst zutreffenden Behandlung der Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüsse bei der SchädigungsakkumulationsRechnung andererseits noch nicht gleichzeitig gleich gut erfüllbar sind. Nachteilig wird auch empfunden, dass die Schädigungsanteile nicht in der gewohnten Weise aus der Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils, sondern aus speziellen Werkstoffdaten errechnet werden und dass Kerbeinflüsse auf die Gestaltfestigkeit pauschal einzig über die Formzahl ak (im Unterschied zu bk) abgedeckt werden müssen. Daten und Erfahrungswerte aus der herkömmlichen Schwingfestigkeitsforschung können deshalb kaum in Lebensdauerberechnungen nach dem Kerbgrund-Konzept einfließen. Das Verfahren der s-e-basierten Amplituden-Transformation wird den Anforderungen an ein Verfahren zur Lebensdauerberechnung schwingbeanspruchter Bauteile in diesem Punkte besser gerecht. Nach den zusammenfassenden Auswertungen experimentell überprüfter Lebensdauerberechnungen in [244, 240, 300, 301] wird gegenwärtig dem Nennspannungs-Konzept noch die größere Verlässlichkeit der Lebensdauervorhersage zugestanden, wenngleich auch die danach errechneten Lebensdauerwerte nicht selten auf der unsicheren Seite liegen. Doch wird in der Praxis keineswegs immer ein unbedingt exakt zutreffender Lebensdauerwert gefordert sein, sondern auch ein näherungsweise
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses
431
zutreffender Lebensdauerwert wird annehmbar sein, sofern er auf der sicheren Seite liegt. Solche Lebensdauerwerte, die in fast allen bisher untersuchten Beispielen (mit Ausnahme eines offensichtlich fehlerbehafteten) auf der sicheren Seite lagen, wurden bisher nach dem Verfahren der Amplituden-Transformation in Verbindung mit dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke errechnet; in Fällen mit schädigungsdominanten Schwingspielen im Druckbereich mögen die so errechneten Lebensdauerwerte vielleicht sehr weit auf der sicheren Seite liegen. Das Verfahren der Amplitudentransformation ist aber nicht an eine Verwendung des Schädigungsparameters nach Haibach und Lehrke gebunden, sondern wäre mit noch besseren Ergebniserwartungen auch mit dem Schädigungsparameter nach Vormwald anwendbar. Dieser aus dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke weiterentwickelte Schädigungsparameter nach Vormwald vermeidet nicht nur dessen systematische Unterschätzungen der Lebensdauer, sondern gestattet darüber hinaus aufgrund seiner bruchmechanischen Begründung u.a. auch die Einbeziehung von Oberflächeneinflüssen auf die Bauteil-Lebensdauer. Von allen bisher vorgeschlagenen Schädigungsparametern zeichnet er sich durch den derzeit höchsten Entwicklungsstand aus.
3.4 Lebensdauerberechnung anhand des Rissfortschritts 3.4.1 Spannungsfeld eines Risses Mit dem Auftreten eines Schwinganrisses wird das Bauteilverhalten unter der weiterhin einwirkenden Schwingbeanspruchung durch eine fortschreitende Rissvergrößerung bestimmt, die schließlich auf einen Gewaltbruch im Restquerschnitt oder auf ein Bauteilversagen durch unzulässige Verformung an der Rissstelle hinführt. Gleiches gilt für Bauteile mit einem anderweitig bedingten, anfänglichen Riss oder rissähnlichen Fehler im schwingbruchkritischen Querschnitt. Für den Rissfortschritt wird das Beanspruchungsgeschehen an der Rissspitze als maßgebend angesehen [325–327]. Es kann nach einer von Westergaard entwickelten Methode und mit einem von Irwin eingeführten Spannungsintensitätsfaktor K bei elastischem Werkstoffgesetz für einen durch die einwirkende Spannung S normalbeanspruchten Riss (Modus I) durch die Spannungsgleichungen 2p · r) · cos b / 2 · (1 – sin b / 2 · sin 3 b / 2) , sx = K · (1/ a0 2 · cos b / 2 · (1 + sin b / 2 · sin 3 b / 2) , 2 p · r) sy = K · (1/ a0 2 p · r) · cos b / 2 · sin b / 2 · cos 3 b / 2 , txy = K · (1/ a01
(3.4–1)
432
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–1. Koordinatensystem im Bereich der Rissspitze und Spannungsverteilung für das Ligament
beschrieben werden, Abb. 3.4–1. Nahe der Rissspitze, bei r gegen null, nehmen sx und sy unendlich große Werte an, was natürlich nur für den betrachteten ideal-elastischen Werkstoff gelten kann und bei realem Werkstoffgesetz eine plastische Zone vor der Rissspitze zu berücksichtigen erfordert. Dass es sich bei (3.4–1) um eine Nahfeldlösung für die Spannungen vor der Rissspitze handelt, wird bei Abschätzungen über die Größe der plastischen Zone aber meistens nicht gebührend beachtet, Abschn. 3.4.7. So klingen sx und sy nach (3.4–1) in großem Abstand von der Rissspitze mit 1/ a2r auf null ab, was bei einachsiger Beanspruchung zwar für sx zutreffend ist, für sy jedoch einen Widerspruch zu der anliegenden Spannung S insofern bedeutet, als sy für r Æ • den Wert S annehmen müsste. So wird die Spannung auf der x-Achse – im Unterschied zu der überwiegend gebräuchlichen Nahfeldlösung Gl. (3.4–1) – mit der geschlossenen Lösung für das Spannungsfeld einer zugbeanspruchten Westergaard-Rissscheibe mit Mittenriss 2 · a auch ausgewiesen als [31] 0 sy = S / a0 1– (a / x)2
für x ≥ a
(3.4–2)
mit sy = • für x = a und sy = S für x = •· Für die Hauptspannungen s1 und s2 , die für b = 0°, für b = ± 60° sowie für b = ± 180° in Richtung der x-y-Achsen wirken, folgt daraus: 2p · r) · cos b / 2 · (1 + sin b / 2) , s1 = K · (1 / a9
(3.4–3)
2p · r) · cos b / 2 · (1 – sin b / 2) s2 = K · (1 / a9 und für den ebenen Spannungszustand mit sz = 0
s3 = sz = 0
(3.4–4)
oder für den ebenen Dehnungszustand mit e3 = ez = 0 2p · r) · cos b / 2 . s3 = 2 · n · K · (1/ a0
(3.4–5)
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses
433
Abb. 3.4–2. Rissöffnungsarten nach Modus I, II und III
Auf dem Ligament, d.h. für b = 0° auf der x-Achse vor der Rissspitze, nehmen Gl. (3.4–1) und Gl. (3.4–3) eine sehr einfache Form an: 2p · r); sx = sy = s1 = s2 = K(1/ a0
txy = t1 2 = 0 .
(3.4–6)
Der Spannungsintensitätsfaktor K = S · a9 p · a · Y(a)
(3.4–7)
ist dabei abhängig von der äußeren Spannung S, von der Risslänge a und darüber hinaus von der Rissgeometrie, von dem Beanspruchungsfall sowie – mit der Unterscheidung als KI , KII oder KIII – von der Rissöffnungsart, Abb. 3.4–2. Die Rissöffnungsart nach Modus I ist allerdings von vornehmlicher praktischer Bedeutung, weil der Widerstand des Werkstoffs gegenüber Beanspruchungen nach Modus I in aller Regel geringer ist als nach Modus II oder III [31]. Mit einer vereinfachenden Bezeichnung als K (ohne Index) ist deshalb zumeist der Spannungsintensitätsfaktor KI gemeint. Die Geometriefunktion Y(a) muss entsprechend der Rissöffnungsart gewählt werden. Sie ist für typische Geometrien und Beanspruchungsfälle im Schrifttum zu finden oder im Einzelfall gesondert zu bestimmen, Abschn. 3.4.10. In der Regel gilt Y(a) in Verbindung mit der Spannung S, die sich für den Rissquerschnitt ohne Beachtung des Risses errechnet. Speziell für den Mittenriss in einer Scheibe unter Normalspannung S gilt beispielsweise Abb. 3.4–3, bei unendlicher Breite b Y(a) = 1
(3.4–8)
und bei endlicher Breite b mit S = F / (b · d) und z = 2 a / b für 0 ⬉ z ⬉ 0,9 Y(a) = (1 – 0,025 · z2 + 0,06 · z4) · (cos p · z / 2)–1/2 .
(3.4–9)
434
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–3. Zugbeanspruchte Scheibe mit Mittenriss
Die Anwendbarkeit des Spannungsintensitätsfaktors ist im Prinzip auf den Geltungsbereich der linear-elastischen Bruchmechanik begrenzt, die sich mit Rissen mit einer im Verhältnis zur Risslänge kleinen plastisch verformten Zone vor der Rissspitze in einer ansonsten elastisch beanspruchten Werkstoffumgebung befasst. Bedingt und in gewissen Grenzen ist der Spannungsintensitätsfaktor mit einer fallweise zu bestimmenden Umrechnung auch auf Risse in einer elastisch-plastisch beanspruchten Werkstoffumgebung anwendbar Gl. (3.4–26) und 3.4.5. Für die Mehrzahl der nachfolgend beschriebenen Verfahren zur Berechnung des Rissfortschritts gelten die genannten Voraussetzungen der linear-elastischen Bruchmechanik. Das von Rice [328] abgeleitete J-Integral ist darüber hinaus auch im Geltungsbereich der sog. elastisch-plastischen Bruchmechanik als Kennwert der Beanspruchung im Umfeld der Rissspitze geeignet. Wie der Spannungsintensitätsfaktor hängt es von der Risslänge und anderen Geometriefaktoren, sowie vom Werkstoffgesetz und der Belastung ab. Für ein ebenes Rissproblem stellt sich das J-Integral dar als ein Linienintegral über einen beliebigen Integrationsweg C, der an den gegenüberliegenden Rissufern startet bzw. endet und die Rissspitze entgegen dem Uhrzeigersinn umläuft, Abb. 3.4–4. J = ∫ (U · dab – sib · ui, a) · nb dc
(3.4–10)
C
Zur analytischen Herleitung und Ausdeutung dieser Formel und zu ihrer numerischen Auswertung sei auf das einschlägige Schrifttum verwiesen [326–327]; der Klammerausdruck bedeutet den Energie-Impuls-Tensor der Elastostatik und nb bezeichnet den ortsabhängigen Normalenvektor auf dem Integrationsweg C. Bei elastischem Werkstoffverhalten und unter der Voraussetzung unbelasteter und gerade verlaufender Rissufer ist das J-Integral wegunabhängig und damit ist der Verlauf des Integrationswegs C beliebig
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses
435
Abb. 3.4–4. Zur Berechnung des J-Integrals
wählbar. Diese Wegunabhängigkeit kann mit Vorteil zur numerischen Berechnung des J-Integrals für konkrete Risskonfigurationen genutzt werden. Die wegunabhängige Berechnung nach Gl. (3.4–10) gilt in brauchbarer Näherung aber auch noch bei einem elastisch-plastisch beanspruchten Umfeld des Risses, z.B. bei Rissen in Kerben. Bei solchen Berechnungen nach der Finite-Element-Methode oder der Randelement-Methode wird der Integrationsweg C zweckmäßig in hinreichender Entfernung von der Rissspitze so gewählt, dass er durch einen rein elastisch beanspruchten Bereich verläuft. Eine aufwendige, genaue Berechnung des Spannungsfeldes im Rissspitzenbereich bei feiner Elementierung kann damit entfallen. Für Risse im elastisch-plastischen Umfeld zeigt sich, dass die Lösung für J zusammengesetzt ist aus einem „elastischen“ Anteil Je , wie er für den Riss im elastischen Umfeld erhalten wird, additiv vergrößert um einen „plastischen“ Anteil Jp : J = Je + Jp
(3.4–11)
In einer energetischen Interpretation entspricht das J-Integral der Energiefreisetzungsrate beim Rissfortschritt in einem elastischen Körper, und demzufolge gilt unter dieser Bedingung mit Bezug auf Abb. 3.4–2: 2 / 2G J = JI + JII + JIII = KI2 / E¢ + KII2 / E¢ + K III
(3.4–12)
mit E¢ = E im ebenen Spannungszustand und E¢ = E / (1 – m2) im ebenen Verformungszustand. Daraus folgt für Belastungen mit Rissöffnung nach reinem Modus I, II oder III eine weitere vorteilhafte Berechnung der Spannungsintensitätsfaktoren: KI = aJ8 I / E¢, JII / E¢ , KII = a9 JIII /E¢ . KIII = a0
(3.4–13)
436
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung Kenndaten des Rissfortschritts unter Schwingbeanspruchung werden aus Rissfortschritts-Versuchen gewonnen, die meist wie Wöhler-Versuche bei konstanter Amplitude der Schwingkraft durchgeführt werden. Unter der Vorstellung, dass zyklische Verformungen an der Rissspitze für den Rissfortschritt maßgebend und ihrerseits von der Schwingbreite der Spannung DS und damit von der Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors
DK = DS · a9 p · a · Y(a)
(3.4–14)
Rissfortschrittsrate da/dn (log)
Risslänge a
bestimmt sind, betrachtet man DK nach Paris [329] als den geeigneten Beanspruchungskennwert bei schwingender Beanspruchung. DK steigt mit zunehmender Risslänge a an, selbst wenn die Schwingbeanspruchung mit gleichbleibender Spannungsamplitude einwirkt. Um den Werkstoffeinfluss zu erfassen, wird an geeigneten Prüfkörpern, z.B. an einer axialbelasteten Scheibe mit Mittenriss, die Zunahme der Risslänge a als Funktion der Schwingspielzahl n gemessen und durch punktweises Differenzieren der Risslängenkurve a = a(n) und Ausgleichsrechnung die Rissfortschrittsrate da / dn als Funktion von DK bestimmt [330], Abb. 3.4–5. Bei doppellogarithmischer Auftragung von da / dn über DK ergibt sich üblicherweise ein S-förmiger Kurvenverlauf, Abb. 3.4–6. Im mittleren Bereich II
Abb. 3.4–5. Gemessene Rissänge a als Funktion der Schwingspielzahl N und daraus abgeleitete Rissfortschrittsraten da / dn als Funktion der Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DK
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung
437
Abb. 3.4–6. S-förmiger Verlauf und Bereiche I, II und III der Kurve da /dN über DK bei doppellogarithmischer Auftragung
lässt sich dieses Rissfortschrittsgesetz durch eine Gerade entsprechend der Paris-Gleichung da / dn = C · DK m
(3.4–15)
annähern, wobei sich die Kenngrößen C und m sowohl vom Werkstoff wie auch vom Spannungsverhältnis R abhängig erweisen. Für den Exponenten m liegen kennzeichnende Werte zwischen m = 2 und 4. Die Konstante C, als Rissfortschrittsrate für einen Wert DK gleich 1, weist nicht nur eine unanschauliche Dimension auf, sondern als Zahlenwert auch noch eine unliebsame Kopplung mit dem Exponenten m. Besser wird die Paris-Gleichung deshalb geschrieben als da / dn = (da / dn)* · (DK / DK*)m ,
(3.4–16)
wobei DK* und m entkoppelt sind, wenn mit (da / dn)* und DK* ein Bezugspunkt etwa im Schwerpunkt der experimentellen Daten gewählt wird. DK* bedeutet dann die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors bei der Rissfortschrittsrate (da / dn)*, z.B. bei (da / dn)* = 10–3 mm pro Schwingspiel. Im Bereich I nähert sich die S-förmige da/dn-Kurve asymptotisch einem Schwellwert DK0 des Spannungsintensitätsfaktors; unterhalb dieses Schwellwertes tritt kein Rissforschritt auf. DK0 kann nur sehr zeitaufwendig ermittelt werden, z.B. durch stufenweises Verringern der angelegten Spannung, bis der Rissfortschritt zum Stillstand kommt, oder durch ein stufenweises Steigern der Spannung bis zum neu beginnenden Rissfortschritt in einer zuvor angerissenen und dann spannungsfreigeglühten Probe, oder durch den Rissstillstand bei einer Probenform, deren Spannungsintensitätsfaktor mit der Risslänge abnimmt.
438
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Im Bereich III beschleunigt sich der Rissfortschritt bis zum Restbruch, der entweder als Sprödbruch auftritt, wenn die kritische Spannungsintensität Kc erreicht wird, d.h. wenn DK R-abhängig mit der Risslänge angewachsen ist auf
DKc = (1 – R) · Kc ,
(3.4–17)
oder als Schubbruch, wenn der verbleibende Restquerschnitt, bei Beachtung der Dehnungsbehinderung im Bereich der Rissspitze, unter der einwirkenden Spannung plastisch verformt wird [326]. Erweiterte Rissfortschrittsgleichungen Durch Abwandlung der Paris-Gleichung (3.4–15) wurde versucht, das Rissfortschrittsgesetz auch über den Bereich II hinaus zu beschreiben, so z.B. in den Bereichen I und II [331] als da / dn = C · [DK m – DK0m] ,
(3.4–18)
oder in den Bereichen II und III einschließlich seiner R-Abhängigkeit mit der Forman-Gleichung [332] als da / dn = C · DK m / [(1 – R) · Kc – DK] ,
(3.4–19)
oder in deren weiterer Abwandlung für die Bereiche I, II und III [333] als da / dn = C · [DK – DK0]m / [(1 – R) · Kc – DK]
(3.4–20)
oder auch [229] als da / dn = C · [DK m – DK0m] / [(1 – R) · Kc – DK] .
(3.4–21)
Die Konstanten C und m nehmen allerdings bei Gl. (3.4–18) bis Gl. (3.4–21) jeweils andere Werte an als für die Paris-Gleichung (3.4–15), aber es gelten auch die bei Gl. (3.4–15) gemachten Anmerkungen zur Dimension von C und zur Kopplung der Zahlenwerte von C und m. Rissfortschrittsgleichungen mit dem J-Integral Für Rissfortschrittsberechnungen anhand des J-Integrals lassen sich im Geltungsbereich der linear-elastischen Bruchmechanik die vorstehenden Gleichungen nach Gl. (3.4–13) statt mit DK auch mit der Schwingbreite des J-Integrals DJ anschreiben. Ohne notwendige Umrechnung für die Konstanten C und mit der einfachen Umrechnung für m mJ = m / 2
(3.4–22)
ist dies bei der Schreibweise von Gl. (3.4–16) möglich: da / dn = (da / dn)* · (DJ / DJ*)mJ .
(3.4–23)
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung
439
Die Umrechnung nach Gl. (3.4–13) gilt ebenso auch für die übrigen Kennwerte in Gl. (3.4–17) bis Gl. (3.4–21), allerdings mit einer jeweils erforderlichen Umrechnung der betreffenden Konstanten C. Werkstoffliche Einflüsse Werkstoffliche Einflüsse auf den Rissfortschritt wirken sich insbesondere im Bereich I über DK0 sowie im Bereich III über Kc auf die Rissfortschrittsrate da / dn aus, Abb. 3.4–7. Daneben ist mit dem Spannungsverhältnis R ein beanspruchungsabhängiger Einfluss auf die Rissfortschrittsrate gegeben. Er kann weitgehend über eine effektive Schwingbreite der Spannungsintensität erklärt werden. Im einfachsten Fall, der nach [335] beim Vorliegen eines ebenen Dehnungszustandes (dicke Rissscheiben) zutrifft, Abb. 3.4–8, bestimmt sie sich aus der Vorstellung, dass sich der Riss unter Druckspannung schließt, und dass deshalb nur in der Zugspannungsphase des Schwingspiels ein Rissfortschritt erfolgt, d.h.
DKeff = DK / (1 – R) für R ⬉ 0 , DKeff = DK
(3.4–24)
für R > 0 .
Andererseits zeigten mikroskopische Beobachtungen und Verformungsmessungen an der Rissspitze bei Versuchen von Elber [336], dass es bei Blechen aus der Aluminium-Legierung 2024-T3 R-abhängig einer Spannung im Zugbereich bedurfte, um den Riss zu öffnen, sodass sich eine effektive Schwingbreite ergab als (3.4–25)
Rissfortschrittsrate da / dn in mm
DKeff = U · DK = (0,5 + 0,4 · R) · DK für – 0,1 < R < 0,7 .
Abb. 3.4–7. Rissfortschrittskurve für den Stahl 300-M in unterschiedlicher Wärmebehandlung, nach Ritchie aus [326]
440
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–8. Rissfortschrittsraten da / dn für Spannungsverhältnisse R = + 0,5; + 0,1; – 0,5 und – 1,0 bei ebenem Dehnungszustand, aufgetragen mit der vollen Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DK bzw. mit der effektiven Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DKZug ; Stahl 30 CrMoNiV 5 11 mit Rm = 840 N/mm2, f = 10 Hz, 20 °C [335]
Eine entsprechende Auswertung aus [326] zeigt Abb. 3.4–9, wobei allerdings U = (0,6 + 0,5 · R) gewählt ist, wie überhaupt der Elber’sche Ansatz nicht unumstritten blieb [334]. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei den zu verzeichnenden Unterschieden der Funktion U um eine aus dem ebenen Spannungszustand (dünne Bleche) bedingte Erscheinung handelt [337], und dass die Unterschiede vielleicht nur mittelbar im Werkstoff und primär in einer unterschiedlichen Blechdicke begründet liegen. Nach neueren Untersuchungen ist zu unterscheiden zwischen einem transienten, von der Risslänge abhängigen Rissöffnungs- und Rissschließverhalten und einem stabilisierten, von der Risslänge unabhängigen Rissöffnungsund Rissschließverhalten, welches maßgeblich vom Spannungsverhältnis und der Oberspannung bestimmt wird. Bei sehr kurzen Rissen wurde festgestellt, dass sie während des gesamten Schwingspiels geöffnet sind. Im Zuge des Risswachstums steigt die Rissöffnungsspannung bis auf den stabilisierten Wert an. Weiterhin ist bekannt, dass sich die Stabilisierung relativ schnell vollzieht. Eine Übersicht zum neueren Erkenntnisstand ist in [338] zu finden. Für das stabilisierte Verhalten hat Newman [299] zur Berechnung der Rissöffnungsspannung eine Näherungsformel angegeben, die eine gute Übereinstimmung mit experimentellen und numerischen Untersuchungen zeigt. Sie kommt in Verbindung mit dem Schädigungsparameter PJ , Abschn. 3.3.5, und für die Berechnung des Rissfortschritts kurzer Risse, Abschn. 3.4.5, zur Anwendung und sie ist dort aufgeführt, s. Gl. (3.4–95). Als eindeutige Einflussgröße des Werkstoffs erweist sich der Elastizitätsmodul. Die Auftragung von Rissfortschrittsdaten für recht unterschiedliche
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung
441
Abb. 3.4–9. Einheitliche Rissfortschrittsraten für verschiedene Werte des Spannungsverhältnisses bei Auftragung mit der effektiven Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors [326]
Werkstoffe über DK / E führt auf ein schmales, einheitliches Streuband [223], Abb. 3.4–10, ebenso eine Auftragung von Schwellwerten DK0 / E, Abb. 3.4–11. Die Auftragung von Rissfortschrittsdaten über DK / E scheint selbst über die Gültigkeitsgrenzen der linear-elastischen Bruchmechanik hinaus brauchbar zu sein: Bei einer elastisch-plastischen Beanspruchung des Rissquerschnitts liegen die mit dem dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktor
DKe = E · Det · a8 p·a
(3.4–26)
aufgetragenen Daten im üblichen Erfahrungsbereich [339], Abb. 3.4–12. Das heißt aber auch, dass die Auftragung über DK / E, Abb. 3.4–10, als ein werkstoff-unabhängiger Zusammenhang zwischen der Rissfortschrittsrate und der Schwingbreite bzw. der Amplitude der (elastisch-plastischen) GesamtDehnung verstanden werden darf.
442
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–10. Einheitliches Streuband der Rissfortschrittsraten unterschiedlicher Werkstoffe bei Auftragung über DK / E in m1/2 [326]
Abb. 3.4–11. Einheitliches Streuband für die Schwellwerte DK0 unterschiedlicher Werkstoffe bei Auftragung von DK0 /E über R [326]
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung
a
443
b
Abb. 3.4–12a,b. Rissfortschrittskurven des Stahles SAE 1018 für unterschiedliche Schwingbreiten der plastischen Dehnung im Rissquerschnitts [339]; a als Funktion des (spannungsbezogenen) Spannungsintensitätsfaktors DK nach Gl. (3.4–14), b als Funktion des dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors DKe nach Gl. (3.4–26)
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung Für ein Bauteil mit vorhandenem Anfangsriss der Größe ao ist die ertragbare Schwingspielzahl N bestimmt durch den Rissfortschritt bis zu einer kritischen Rissgröße ac , bei der das endgültige Bauteilversagen eintritt. Diese Schwingspielzahl lässt sich aus Rissfortschritts-Daten, ermittelt nach Abschn. 3.4.2, und unter Ansatz der bruchmechanischen Modellgesetze des Rissfortschritts berechnen, gegebenenfalls unter zusätzlicher Beachtung der im Abschn. 2.4.5 oder Abschn. 3.4.8 aufgezeigten Einflüsse der Lastfolge auf einen verzögerten oder beschleunigten Rissfortschritt. Für den Fall einer Schwingbeanspruchung mit konstanter Schwingbreite DS kann die ertragbare Schwingspielzahl N aus der Paris-Gleichung da / dn = C · DK m
(3.4–15)
durch Integration über die Risslänge wie folgt bestimmt werden: N ac 1 da . N = ∫ dn = ∫ 05 ao C · DK m 0
(3.4–27)
Einsetzen der Formel für den Spannungsintensitätsfaktor
DK = DS · a9 p · a · Y(a)
(3.4–14)
ergibt nach Ausklammern von 1/ (C · DS m) ac 1 1 N = 03 ∫ 00 03 da . C · DS m ao [a9 p · a · Y(a)]m
(3.4–28)
444
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Ist die Geometriefunktion unabhängig von der Risslänge a konstant, Y(a) = Y = konstant ,
(3.4–29)
wie z.B. für die unendlich breite Scheibe mit Mittenriss mit Y(a) = 1, so lässt sich Gl. (3.4–28) schreiben als ac 1 N = 0002 ∫ a (–m/2) · da pm/2 · Ym · C · DS m ao
(3.4–30)
und für m ⫽ 2 geschlossen integrieren zu 1 N = 000001 [ac(1–m/2) – ao(1–m/2)] . m /2 p · (1 – m / 2) · Y m · C · DS m
(3.4–31)
Mit m = 4 wird (1 – m / 2) = – 1 und die ertragbare Schwingspielzahl
1 1 1 N = 0003 4–4 , m/2 m m p · Y · C · DS ao ac
(3.4–32)
oder mit m = 3 wird (1 – m / 2) = – 1/ 2 und die ertragbare Schwingspielzahl
2 1 1 – . N = 0003 8 8 pm/2 · Y m · C · DS m a4 ao · a4 ac
(3.4–33)
Sofern die kritische Risslänge groß ist gegenüber der Anfangsrisslänge, wird ein oberer Grenzwert der ertragbaren Schwingspielzahl erreicht, der sich allein aus der Anfangsrisslänge bestimmt zu 1 N = 000001 [ao(1–m/2)] . pm/2 · (m / 2 – 1) · Y m · C · DS m
(3.4–34)
Als Daumenregel für den Sonderfall Y(a) = konstant lässt sich weiterhin aus Gl. (3.4–15) und Gl. (3.4–32) bis Gl. (3.4–34) ableiten, dass dieser Grenzwert der Schwingspielzahl jeweils bereits zur Hälfte erreicht ist, wenn – für m = 4 ein Rissfortschritt von ao auf 2 · ao bzw. – für m = 3 ein Rissfortschritt von ao auf 4 · ao eingetreten ist. Die vorstehenden Gleichungen gelten auch für die nach Gl. (3.4–16) umgeschriebene Paris-Gleichung mit C = (da / dn)* / (DK*)m .
(3.4–35)
Gilt im vorliegenden Fall nach Abb. 3.4–6 ein Schwellwert DKo des Spannungsintensitätsfaktors, um Rissfortschritt zu bewirken, so ist die Gültigkeit der Paris-Gleichung nach unten zu begrenzen, indem da / dn = 0
für DK < DK0
(3.4–36)
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung
445
gesetzt wird, und die Integration nach Gl. (3.4–30) liefert demgemäß N=•
für DK < DK0 .
(3.4–37)
In Fällen, bei denen DK0 nicht bekannt ist, oder bei denen ein Korrosionseinfluss nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann, empfiehlt es sich, mit DK0 = 0 zu rechnen. Numerische Integration der Rissfortschrittsgleichung In gleicher Weise wie für die Paris-Gleichung kann die Integration auch für jede andere Rissfortschrittsgleichung der Form da / dn = da / dn [DK]
(3.4–38)
und für beliebige Funktionen des Spannungsintensitätsfaktors
DK = DK(a, DS)
3.4–39)
geschehen. In aller Regel muss dann jedoch das Integral ac
N=∫
ao
ac 1 · da = ∫ B · da = I 0020 da / dn[DK(a, DS)] ao
(3.4–40)
numerisch mittels Rechner gelöst werden, z.B. nach der Simpson-Regel [340]: I = (h / 3) · [B0 + 4B1 + 2B2 + 4B3 + 2B4 + … + 4Bz–1 + Bz] ,
(3.4–41)
wobei die Funktionswerte B0 , B1 … Bz , beginnend mit B0 für a0 , für geradzahlige z und äquidistante Schrittweiten h = (az – a0) / z
(3.4–42)
zu berechnen sind. Der Integrationsfehler der Simpson-Regel ist bekanntlich aus einer Wiederholungs- oder Feinrechnung mit halber Schrittweite abschätzbar. Auf üblichen Rechnern lässt sich die relative Abweichung zwischen Grob- und Feinrechnung unschwer auf 1/1000 begrenzen. Bei zu großem Fehler kann die kleinere Schrittweite als neuer Ausgangswert betrachtet werden, um die Rechnung zu wiederholen. Abschließend wird der Integrationswert verbessert durch Iverbessert = Ifrein + (Ifein – Igrob) / 15 .
(3.4–43)
Der etwa hyperbolische Funktionsverlauf des Integranden B in Gl. (3.4–40) verlangt für kleine Anfangsrisslängen entsprechend kleine Schrittweiten, die jedoch für große Endrisslängen nicht erforderlich sind und insofern einen hohen Rechenaufwand bedeuten würden. Deshalb kann es zweckmäßig sein, das Integral als Summe von Integrations-Abschnitten für vorgegebene Risslängen in Unterteilung des Intervalls von ao bis ac zu lösen. Durch geeignete Vorgabe der Zwischenwerte für a fällt zugleich die ohnehin häufig er-
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Risslänge a in mm
446
Schwingspielzahl N Wertetabelle a inmm
N in Ssp
DK in N/mm3/2
da / dn in mm/Ssp
2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,7 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 6,0 7,0 8,0 10,0 12,0 14,0 16,0
0 12843 24689 35656 45844 55339 72530 94645 124282 147593 166512 182242 207054 225894 240799 263092 297139 291337 300960
415,634 425,590 485,292 444,757 454,001 463,036 480,530 505,483 544,170 579,879 613,157 644,407 701,975 754,334 802,642 890,151 968,854 1041,390 1109,520
0,746977 10* – 5 0,811498 0,878112 0,946776 1,01745 1,09011 1,24120 1,48181 1,91818 2,39606 2,91286 3,46640 4,67673 6,01575 7,47556 10,7384 14,4452 18,5981 23,2159
Abb. 3.4–13. Schwingspielzahl N als Funktion der Risslänge a punktweise berechnet. (Werte-Tabelle)
3.4.4 Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss
447
wünschte Information über die Risslängenzunahme als Funktion der Schwingspielzahl an, Abb. (3.4–13).
3.4.4 Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss Mit DS = 2 · Sa beschreibt die nach Gl. (3.4–28) integrierte Paris-Gleichung die Zeitfestigkeitslinie eines Bauteils mit Anfangsriss als
ac 1 1 da · Sa–m . N= 0 ∫ 008 m 8 C · 2 ao [a p · a · Y(a)]m
(3.4–44)
Diese Beschreibung stimmt formal überein mit der Gleichung normierter Wöhlerlinien nach Gl. (2.1–19) bzw. Gl. (2.1–22): N = NA · (Sa / SA)–k = [NA · SAk] · Sa–k .
(3.4–45)
Ein Vergleich ergibt für den Schwingfestigkeitskennwert SA des Bauteils mit Anfangsriss ao und Endriss ac
ac 1 1 da SA = (1/ 2) · 0 ∫ 008 8 NA · C ao [a p · a · Y(a)]m
1/m
.
(3.4–46)
Für die Neigung der Zeitfestigkeitslinie des Bauteils mit Anfangsriss gilt k = m,
(3.4–47)
und der Dauerfestigkeitswert SD des Bauteils mit Anfangsriss folgt entsprechend Gl. (3.4–37) aus der im Einzelfall zutreffenden Formel für den Spannungsintensitätsfaktor Gl. (3.4–15) zu p · ao · Y(ao)] . SD = (1/ 2) · DK0 / [a0
(3.4–48)
Und weiterhin lässt sich, mit 2 · SD aus Gl. (3.4–48) für DS in Gl. (3.4–31) eingesetzt, für die Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt in die horizontale Dauerfestigkeitslinie herleiten: ND = ao / [(m / 2 – 1) · (C · DK0m)] .
(3.4–49)
Geometrischer Größeneinfluss Für den Sonderfall ac Ⰷ ao und Y(a) = Y = konstant Gl. (3.4–22) veranschaulicht Abb. 3.4–14, wie sich Verlauf und Abnickpunkt der Wöhlerlinie bei einem im Verhältnis x vergrößerten Anfangsriss ao verändern. Diese Abhängigkeit von ao kann als geometrischer Größeneinfluss gedeutet werden für den Fall, dass sich der Anfangsriss ao im Verhältnis x mit allen übrigen Bauteilabmessungen vergrößert. Dazu gelten für die Dauerfestigkeit (3.4–41), für
448
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–14. Wöhlerlinien eines Bauteils mit Anfangsriss für unterschiedliche Größen des Anfangsrisses, nach Pook
die Schwingspielzahl am Abknickpunkt Gl. (3.4–49), sowie im Zeitfestigkeitsbereich für die Schwingspielzahl Gl. (3.4–34) mit Y = Y(ao) und für die Spannungsamplitude
(1/2) 1 Sa = 9 · 0000 Y(ao) pm /2 · (m / 2 – 1) · C · N
1/m
· ao(1/m–2) .
(3.4–50)
Die Gleichungen (3.4–34), (3.4–49) und (3.4–50) unterliegen der Voraussetzung, dass die als kritisch anzusetzende Rissgröße ac entweder groß ist gegenüber dem Anfangsriss ao oder dass ac als unabhängig von der Höhe der einwirkenden Spannung angesehen werden darf. Eine Abhängigkeit der kritischen Rissgröße von der einwirkenden Spannung ist aber zu berücksichtigen, wenn die Integration noch einen nennenswerten Zuwachs der ertragbaren Schwingspiele bei Werten da / dn oder bei Werten DK ergibt, die nach Abb. 3.4–6 dem Bereich III zuzurechnen sind. Es handelt sich in diesem Fall um eine sinngemäß gleiche Abgrenzung, wie sie für den Gültigkeitsbereich normierter Wöhlerlinien mit Gl. (2.1–21) als Abgrenzung gegenüber dem Kurzzeitfestigkeitsbereich formuliert und anhand von Abb. 2.1–21 in Abschn. 2.1.7 erörtert worden ist. Welcher Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit der so bestimmten Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anriss zuzuordnen ist, muss danach entschieden
3.4.5 Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen
449
werden, ob die angesetzten Rissfortschritts-Daten und die angesetzte Größe des Anfangsrisses im Sinne eines Mittelwertes oder einer unteren bzw. oberen Streugrenze zu verstehen sind. Mit dieser Festlegung ist sodann die Wöhlerlinie des Bauteils mit Anriss vollständig bestimmt.
3.4.5 Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen Die bisherigen Betrachtungen zum Rissfortschritt unter Schwingbeanspruchung gelten unter der Voraussetzung, dass es sich um relativ große Risse in einem vergleichsweise niedrigen Spannungsfeld handelt. Abgesehen von der Plastizität an der Rissspitze sind damit die Bedingungen der linear-elastischen Bruchmechanik für die übliche Berechnung des (spannungsbezogenen) Spannungsintensitätsfaktors erfüllt:
DK = DS · a8 p · a · Y(a) .
(3.4–14)
Praktisch sind jedoch Risse in einem gering beanspruchten Bauteilquerschnitt nur als Folge einer extremen Spannungskonzentration oder eines großen rissähnlichen Fehlers denkbar. Im Gegensatz dazu liegt bei hoch ausgelasteten, schwingbeanspruchten Bauteilen ein relativ hohes Spannungsfeld vor, und dementsprechend sind nur vergleichsweise kleine Risse zulässig, wenn die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors und damit der Rissfortschritt in Grenzen bleiben sollen. Im Falle eines hoch ausgelasteten Bauteilquerschnitts lässt die vorstehende Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors nach Gl. (3.4–14) einen wesentlichen Einfluss unberücksichtigt. Der Rissfortschritt wird in diesem Falle nämlich nicht allein durch die Schwingbreite der elastischen Dehnung im Umfeld der Rissspitze gesteuert, sondern durch die Schwingbreite der plastischen Dehnung im Umfeld der Rissspitze mitbestimmt [339], Abb. 3.4–12. Gemäß den Ausführungen zu den Abb. 3.4–10 bis 12 am Ende des Abschn. 3.4.2, wonach sich der Rissfortschritt auf der Grundlage der DehnungsSchwingbreite weitgehend werkstoff-unabhängig darstellt, und unter der Vorstellung, dass die „Prozesszone“ an der Rissspitze ohnehin extreme Wechselplastizierungen erfährt, liegt es in solchen Fällen nahe, die Berechnung unter Ansatz der elastisch-plastischen Gesamtdehnung Det = 2 · ea, t vorzunehmen, wie sie sich für DS = 2 · sa nach Gl. (3.3–12) aus dem zyklischen Spannungs-Dehnungs-Schaubild des betreffenden Werkstoffs ergibt als
Det = [DS /E] + 0,004 · [DS / (2 · s 0,2 ¢ )]1/n¢·
(3.4–51)
Das heißt mit anderen Worten, dass nach [341, 342] bei kleinen Rissen in elastisch-plastisch schwingbeanspruchten Bauteilquerschnitten, wie z.B. Kerben, eine Berechnung auf der Grundlage eines dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors als zutreffender angesehen werden darf, der entspre-
450
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
chend Gl. (3.4–19) definiert ist als 8 DKe = E · Det · ap · a · Y(a) ,
(3.4–52)
wobei nach Gl. (3.4–91) für a eigentlich (a + a*) geschrieben werden müsste, was aber hier ohne weitere Auswirkung bliebe, da im folgenden die Risslängen-Integration ab ao = 0,02 mm den Einfluss von a* in gleicher Weise miterfasst wie eine Integration ab ao = 0,00 mm bei a* = 0,02 mm. Die Sinnfälligkeit dieser Aussage zeigt sich, wenn als Beispiel ein kleiner halbelliptischer Riss in einem ungekerbten Querschnitt betrachtet wird, für den Y(a) = 0,7 gesetzt werden kann. Der Werkstoff sei ein vergüteter Stahl, für den das Rissfortschrittsgesetz nach Tanaka, Masuda und Nishijima da / dn = da / dn* · [(DK / DK*)m – (DK0 / DK*)m]
(3.4–123)
mit den Rissfortschrittsdaten nach Tabelle 3.4–3 gelte, nämlich da / dn* = 170 nm / Ssp; DK* = 32,1 MPa m1/2 ; DK0 = 8,3 MPa m1/2 und m = 2,7. Für das zyklische Spannungs-Dehnungs-Gesetz Gl. (3.4–88) mögen ein E-Modul von 210000 N / mm2, eine zyklische Streckgrenze s ¢0,2 = 500 N /mm2 und ein Exponent 1/ n¢ = 7,5 zutreffen. Die numerische Integration gemäß Gl. (3.4–40), für verschiedene Werte der Spannung DS mit einer Anfangsrisslänge von ao = 0,02 mm und einer Endrisslänge von ac = 1 mm durchgeführt, liefert die Wöhlerlinien nach Abb. 3.4–15, wenn der Spannungsintensitätsfaktor einmal spannungsbezogen als DKs nach Gl. (3.4–14) und zum anderen dehnungsbezogen als DKe nach Gl. (3.4–89) definiert ist. Aus der Berechnung mit DK = DKs nach Gl. (3.4–14) ergibt sich eine Wöhlerlinie, deren Neigung etwa bei k = 3,0 liegt, wie sie üblicherweise nach der linear-elastischen Berechnung für die Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anriss erwartet wird, Abschn. 3.4.4. Aus der Berechnung mit DK = DKe nach Gl. (3.4–26) folgt eine Wöhlerlinie, deren Neigung mit k = 13,0 angenähert werden kann und praktisch
Abb. 3.4–15. Wöhlerlinien eines ungekerbten Querschnitts, unter Annahme eines kleinen Anrisses mit DKs nach Gl.(3.4–14) bzw. mit DKe nach Gl. (3.4–26) errechnet
3.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung
451
übereinstimmt mit der Neigung k = 15 der normierten Wöhlerlinie für ungekerbte Querschnitte aus Stahl, Abb. 2.1–17. Nach dieser Beispielrechnung darf auf einen engen sachlichen wie formalen Zusammenhang zwischen der bruchmechanischen Betrachtung des Rissfortschritts und der kontinuumsmechanischen Betrachtung von Wöhlerlinien, Abschn. 3.3.8, geschlossen und ein stetiger Übergang zwischen der Anrissphase und der Rissfortschrittsphase der Lebensdauer, Abschn. 2.4.5, unterstellt werden. Deutet man darüber hinaus die angesetzte Anfangsrisslänge ao als eine werkstoffspezifische Kenngröße, so handelt es sich hier um ein Beispiel, das auf die Brauchbarkeit und die analytische Formulierung eines „Fehlstellenmodells der Schwingfestigkeit“ hinweist. Eingehendere Forschungsarbeiten zu diesem Punkt werden als wünschenswert und nützlich erachtet. Eine Abweichung besteht allerdings in der Lage des Abknickpunktes, der nach Abb. 3.4–35 etwa bei ND = 105 und nach Abb. 2.1–16 bei ND = 106 liegt. Eine gleichartige Diskrepanz ist auch zu vermerken, wenn die Wöhlerlinie z.B. einer Schweißverbindung anhand eines Rissmodells vergleichsweise nach Gl. (3.4–37) und Gl. (3.4–41) mit den bekannten Werten für DK0 berechnet wird. Um eine Übereinstimmung auch in der Lage des Abknickpunktes zu erzielen, müsste ein niedrigerer Wert DK0 in Ansatz kommen. Es muss vermutet werden, dass für die gebräuchlichen Versuche zur Bestimmung von DK0 (große Risse, niedrige Spannung), Abschn. 3.4.2, und für die hier betrachteten Anwendungen (kleine Risse, hohe Spannung) keine einheitlichen Modellgesetze gelten und deshalb keine einfache Übertragbarkeit der Kennwerte DK0 besteht. Auch zu dieser Frage wären im Interesse des Anwenders klärende Forschungsarbeiten angezeigt.
3.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung Bei nicht konstanter Schwingbreite der Spannung bestehen auch für ein Bauteil mit Anfangsriss verschiedene Möglichkeiten der Lebensdauerberechnung. Berechnung mittels Miner-Regel Die einfachste Möglichkeit ist mit einer Miner-Rechnung gegeben, die von der Wöhlerlinie des Bauteils mit Anfangsriss nach Abschn. 3.4.4 ausgeht. Abhängig davon, ob ein Schwellwert DK0 ⫽ 0 und ein endlicher Dauerfestigkeitswert SD gegeben sind oder nicht, kommt entweder die konsequente bzw. die modifizierte Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.9 bzw. 3.2.8, oder die elementare Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, in Betracht. Mit den Ausführungen in Abschn. 3.4.7 wird dargelegt, dass eine solche Miner-Rechnung mit der nachstehend beschriebenen, schwingspielweisen Berechnung des Rissfortschritts gleichwertig ist, da Reihenfolgeeinflüsse in beiden Fällen außer Betracht bleiben.
452
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Blockweise Berechnung Für einen Lastablauf mit blockweise veränderlicher Schwingbreite der Spannung kann die Berechnung des Rissfortschritts auch blockweise wie bei konstanter Schwingbreite ausgeführt werden. Die Größe des Endrisses ae, die sich für die Beanspruchung aus einem solchen Block ergibt, bedeutet sodann die Größe des Anfangsrisses ao für den folgenden Block. Da die Größe des Endrisses in den betreffenden Formeln des Abschn. 3.4.2 jedoch nicht als Bestimmungsgröße, sondern als obere Integrationsgrenze erscheint, lässt sie sich nur durch abschnittweise Integration und Iteration bestimmen. Schwingspielweise Integration Die naheliegendste, aber auch rechnerisch aufwendigste Möglichkeit einer Rissfortschrittsberechnung, die selbst bei einer von Schwingspiel zu Schwingspiel veränderlichen Schwingbreite der Spannung anwendbar ist, besteht in einer numerischen Integration der Differentialgleichung für a und n, die sich aus da /dn = da /dn [DK] ,
(3.4–38)
DK = DK(a, DS)
(3.4–39)
und bei einer unter Umständen auch noch schwingspielabhängigen Schwingbreite
DS = DS(n)
(3.4–53)
ergibt als da /dn = f (a, DS, n)
(3.4–54)
mit der Anfangsbedingung a = a0 = ao für n = n0 = 0 .
(3.4–55)
Die einfachste numerische Lösung einer derartigen Anfangswertaufgabe bietet das Verfahren nach Euler-Cauchy [340], wobei hier eine Schrittweite für die Schwingspielzahl n von h = 1 zutrifft: a1 = a0 + f (a = a0 , DS = DS1 , n = 1) · h; n = 1 ,
(3.4–56)
a2 = a1+ f (a = a1 , DS = DS2 , n = 2) · h; n = 2 usw. Das Verfahren nach Euler-Cauchy begegnet zwar dem berechtigten Einwand einer oft unzureichenden numerischen Genauigkeit. Dieser Einwand wird jedoch im hier vorliegenden Anwendungsfall wegen der extrem großen Anzahl von einigen zig- oder hunderttausend Integrationsschritten zu einem guten Teil entkräftet. Als Folge davon tritt jedoch ein numerisches Problem derart auf, dass der Zuwachs der Rissgröße bei einem Wert a von einigen Millimetern eventuell über mehrere tausend Integrationsschritte (Schwingspiele)
3.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel
453
jeweils nur 10–6 mm oder weniger betragen kann. Hier muss also mit einer entsprechenden Stellenzahl gerechnet, oder eine gesonderte Summierung des Risszuwachses mit gelegentlichem Übertrag der signifikanten Stellen vorgesehen werden. Weiterhin stellt sich die Frage, ob der Funktionswert f (a, DS, n) angesichts eines so geringen Risszuwachses für jeden Integrationsschritt auch bei konstanter Schwingbreite DS neu berechnet werden muss, oder ob dies erst nach einem von der momentanen Rissgröße abhängigen Risszuwachs, z.B. von a /1000, erforderlich ist.
3.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel Die nachstehende Ableitung verdeutlicht, dass bei der in Abschn. 3.4.6 beschriebenen blockweisen oder auch schwingspielweisen Berechnung des Rissfortschritts das gleiche Ergebnis wie bei einer Miner-Rechnung zustande kommt, und zwar bei einer Rechnung mit DK0 = 0 auch noch unbeeinflusst davon, in welcher Reihenfolge die einzelnen Blöcke oder Schwingspiele berücksichtigt werden. In etwas anderer Betrachtungsweise wurde der gleiche Sachverhalt auch von Seeger abgeleitet [31]. Der Aufwand einer Rissfortschrittsberechnung ist jedoch erheblich größer als der einer Miner-Rechnung. Enthält die Lastfolge Schwingspiele, die teils über, teils unter den Dauerfestigkeitswert nach Gl. (3.4–49) reichen, so liefert die schwingspielweise Berechnung das gleiche Ergebnis wie die konsequente Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.9; im Vergleich zur modifizierten Form der Miner-Regel, Abschn. – 3.2.8, stellen sich für Spannungen S a wenig oberhalb der Dauerfestigkeit die entsprechenden Abweichungen ein [343], Abb. 3.2–19. Die Gleichwertigkeit einer Rissfortschrittsberechnung nach Abschn. 3.4.6 und einer Berechnung nach der Miner-Regel lässt sich wie folgt darlegen: Um einen Rissfortschritt von a1 auf a3 auf den beiden Spannungshorizonten DS1 und DS2 zu berechnen, kann Gl. (3.4–31) auch vereinfacht geschrieben werden als N1 = A · DS1–m · [a1p – a3p] ,
(3.4–57)
N2 = A · DS2–m · [a1p – a3p] .
(3.4–58)
Entsprechend gilt für einen Rissfortschritt von a1 nach a2 bei der Spannung DS1 n1 = A · DS1–m · [a1p – a2p] ,
(3.4–59)
und für einen Rissfortschritt von a2 nach a3 unter der Spannung DS2 n2 = A · DS2–m · [a2p – a3p] .
(3.4–60)
Division von Gl. (3.4–59), durch Gl. (3.4–57) und von Gl. (3.4–60) durch Gl. (3.4–58) ergibt (n1 / N1) · [a1p – a3p] = [a1p – a2p]
(3.4–61)
(n2 / N2) · [a1p – a3p] = [a2p – a3p] ,
(3.4–62)
454
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
und die Addition von Gl. (3.4–61) und Gl. (3.4–62) führt auf die Miner-Regel Gl. (3.2–3) n1 / N1 + n2 / N2 = 1 ,
(3.4–63)
womit sich die anfangs gemachte Aussage bestätigt. Risslängenzuwachs und Schädigungswert Weiterhin lässt sich die Schädigung D im Sinne der Miner-Regel als Funktion eines auf a angewachsenen Anfangsrisses ao ableiten [344]. Dazu wird nach Gl. (3.4–31) mit ac = a die aufgebrachte Schwingspielzahl n geschrieben als 1 n = 00004 · [a(1–m/2) – ao(1–m/2)] . m/2 p · (1 – m / 2) · C · DSm
(3.4–64)
Mit der ertragbaren Schwingspielzahl N nach Gl. (3.4–34) folgt sodann nach Gl. (3.2–2) für die Schädigung D = n /N = [1 – (ao / a)(m/2–1)] ,
(3.4–65)
oder auch (ao /a)1/2 = (1 – D)1/(m–2).
(3.4–66)
Nach Gl. (3.4–49) gilt weiterhin mit Y(a) = konstant SD (a) / SD (ao) = SD (D) / SD = (a0 /a)1/2,
(3.4–67)
und nach Einsetzen von Gl. (3.4–66) lässt sich für den Dauerfestigkeitsabfall als Funktion der akkumulierten Schädigung hier bruchmechanisch herleiten: SD (D) /SD = (1 – D)1/(m–2),
(3.4–68)
das heißt mit q = k – 1 nach Gl. (3.2–53) und k = m nach Gl. (3.4–48), in weitestgehender Entsprechung zu der Ableitung im Abschn. 3.2.8: SD (D) / SD = (1 – D)1/(k–1).
(3.2–55)
Mithin sollte sich bei einer schwingspielweisen Berechnung des Rissfortschritts ein vergleichbares Ergebnis wie nach der konsequenten bzw. modifizierten Form der Miner-Regel einstellen, wobei der zu verzeichnende Unterschied von q = k – 2 nach Gl. (3.4–68) oder q = k – 1 nach Gl. (3.2–55) bzw. Gl. (3.2–53) gewertet werden sollte vor dem Hintergrund, dass bei der vorstehenden Herleitung mit Y(a) = konstant eine recht weitgehende Vereinfachung getroffen wurde; eine Risslängenabhängigkeit Y(a) = Y· a1/(2 · m) würde auf q = m – 1 führen.
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
455
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen Bei den vorstehenden Berechnungen bleiben die mit veränderlichen Amplituden und Mittelspannungen der Schwingbelastung verbundenen und im Abschn. 2.4.5 angesprochenen Reihenfolgeeinflüsse auf den Rissfortschritt außer Betracht. Plastische Verformungen, Spannungsumlagerungen und die Bildung von Eigenspannungen vor der Rissspitze sowie das Auftreten von Kontaktspannungen, Rissschließen und Rissöffnen im gerissenen Teil hinter der Rissspitze sind komplexe Vorgänge, die sich bereits bei Schwingbelastungen mit konstanten Amplituden einstellen. Beim Wechsel der Spannungsamplituden und Mittelspannungen werden diese Vorgänge mehr oder weniger verändert und es kommt zu Verzögerungen oder Beschleunigungen des Rissfortschritts, Abb. 3.4–16. Um einen zutreffenden Lebensdauerwert zu errechnen, kann es notwendig sein, Reihenfolgeeinflüsse aus einem verzögerten oder beschleunigten Rissfortschritt, die sich entweder lebensdauererhöhend oder lebensdauermindern auswirken, gesondert zu berücksichtigen [124, 334, 345–351]. Ein Sprung von hoher zu niedriger Belastung bewirkt in der Folge, und über eine gewisse Anzahl von Schwingspielen abklingend, einen verzögerten Rissfortschritt, ein Sprung von niedriger zu hoher Belastung einen ebenfalls abklingenden, beschleunigten Rissfortschritt, in der Regel allerdings von vergleichsweise geringerer Ausprägung, Abb. 3.4–16. Eine Drucklastspitze kann den Rissfortschritt auch dadurch beschleunigen, dass sie den rissverzögernden Einfluss einer vorangegangenen Zuglastspitze aufhebt, Abb. 3.4–17.
Abb. 3.4–16. Verzögerter bzw. beschleunigter Rissfortschritt als Folge der sich ändernden Schwingbeanspruchung [346]
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Risslänge a [mm]
456
Anzahl der Schwingspiele in 1000
Abb. 3.4–17. Einfluss von Zuglastspitzen und Drucklastspitzen auf den Rissfortschritt [124]; die den unbeeinflussten Rissfortschritt (A) verzögernde Wirkung einer Zuglastspitze (C) wird durch eine unmittelbar nachfolgende Drucklastspitze (B) nahezu aufgehoben, nicht jedoch durch eine vorangehende Drucklastspitze (C)
Bei zufallsartigen Last-Zeit-Funktionen treten solche Verzögerungen und Beschleunigungen des Rissfortschritts in großer Zahl auf, überlagern sich und stehen dadurch in komplizierter Wechselwirkung. Obwohl seit vielen Jahren bekannt und für typische Fälle experimentell studiert, wirft ihre rechnerische Quantifizierung Probleme auf, die bis heute nicht allgemeingültig gelöst sind. Die entscheidende Ursache für derartige Reihenfolgeeinflüsse ist im elastisch-plastischen Verhalten realer Werkstoffe zu sehen, weil sich bei ihnen im Bereich der Rissspitze unter der einwirkenden Oberlast, bzw. abhängig vom Wert Ko des Spannungsintensitätsfaktors, eine plastisch beanspruchte Zone ausbildet und eine Spannungsumlagerung vollzieht, Abb. 3.4–18. Größe der plastischen Zone Form und Ausdehnung der plastisch beanspruchten Zone bei monotoner Belastung auf Ko lassen sich aus den Spannungsgleichungen Gl. (3.4–1) und
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
457
Abb. 3.4–18. Zugplastische Zone wo und Spannungsumlagerung (1) – (2) im Bereich der Rissspitze bei realen Werkstoffen
dem Fließkriterium nach v. Mises und unter Beachtung der Spannungsumlagerung unter verschiedenen mehr oder weniger verlässlichen Annahmen analytisch herleiten [326, 347, 352]. Sie alle sind allerdings dahingehend zu kommentieren, dass sie, nach Abb. 3.4–18 und wie schon zur Nahfeldlösung Gl. (3.4–1) angemerkt, für r Æ • von einem Abklingen der Spannung sy auf null statt auf die in Bauteil anliegende, nicht vernachlässigbare Nennspannung S ausgehen. Andernfalls käme für die Spannungsumlagerung nur der Spannungsbetrag (Re – S) statt Re in Betracht, was eine entsprechend größere plastische Zone bedingen würde. Aus dem Dugdale-Streifen-Modell [346], Abb. 3.4–23, ergibt sich (mit sy = 0 für r Æ •) abhängig von der Streckgrenze Re des Werkstoffs und davon, ob an der Rissspitze ein ebener Spannungszustand (ESZ) oder ein ebener Dehnungszustand (EDZ) anzunehmen ist, bei örtlich begrenztem Fließen eine Ausdehnung der zug-plastischen Zone in Rissrichtung wo = (p / 8) · (Ko /Re)2
(ESZ) ,
(3.4–69)
wo = (p / 8) · (Ko /Re)2 · (1 – 2v)2 (EDZ) .
(3.4–70)
Bei anschließender Entlastung bis auf Ku kommt es zu einer Rückplastizierung, Abb. 3.4–19. Die Größe dieser druck-plastischen Zone bestimmt sich analog zu Gl. (3.4–19) oder Gl. (3.4–70) mit DK = Ko – Ku und mit 2 · Re als Abstand der Streck- und Quetschgrenze, wenn Rissschließeffekte unbeachtet bleiben, zu wu = (p / 8) · (DK / 2Re)2
(ESZ) ,
(3.4–71)
wu = (p / 8) · (DK / 2Re)2 · (1 – 2n)2 (EDZ) ,
(3.4–72)
oder wegen DK = (1 – R) · Ko (wu / wo) = (1 – R)2 / 4 .
(3.4–73)
458
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–19. Eigenspannungen sowie Größe der zugplastischen und der druckplastischen Zonen aus einer Lastfolge mit Spitzenlast [346]
Da es aber beim Lastabfall auf die Unterlast zu einem partiellen Rissschließen kommt, Abschn. 3.4.2, wird die Rissspitze durch Kontaktspannungen entlastet und die druckplastische Zone ist kleiner als nach Gl. (3.4–73) berechnet; nach [347] gilt dann: (wu /wo) = 0,2 + 0,05 · (1 – R)2 .
(3.4–74)
Berechnungsmodelle zum Reihenfolgeeinfluss Verschiedene Berechnungsmodelle wurden zum Erfassen der Reihenfolgeeinflüsse vorgeschlagen, Tabelle 3.4–1. Eingehendere Übersichten mit kritischer Wertung dieser und weiterer Modelle werden mit [334, 345–351] geboten. Als ein neueres Verfahren zur reihenfolgeabhängigen Berechnung des Rissfortschritts kurzer Risse ist das Kurzrissmodell nach Vormwald [298] zusätzlich zu nennen, Abschn. 3.4.5. Alle Rechenverfahren zum Reihenfolgeeinfluss erfordern für ihre Anwendung ein aufwendiges Rechnerprogramm, das den Risszuwachs lastfolgenabhängig Schwingspiel für Schwingspiel bestimmt und summiert. Die nachstehenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf eine Übersicht der jeweiligen Berechnungsgrundlagen, zu denen weitere Einzelheiten den genannten Veröffentlichungen und den Programmbeschreibungen entnommen werden können [51].
Bestimmung eines „wirksamen“ DKw
Rissschließfaktoren Ci und Abklinggesetze
Ermittlung eines Lastfolgefaktors QLS = Qa · Qr DKLS = QLS · DK
Hanel
Eidinoff/ Bell
Loseq (Führing)
n C · DK LS n oder C · DKLS 006 (1 – R) Kc – DK
1 – C1 – (C0 – C1) (1 + R)2 C 00003 · DK (1 – C0) (1 – R)
C · DKwn
n C · DK red 0040 (1 – Rred) Kc – DKred
n
C · DK n Cp · V · DKn oder Cp 006 (1 – R) Kc – DK
da / dn-Beziehung für lastspielweise Integration
C, n, Kc , Ca
C0, C1, C, p, n, DKt , g1 , Nsat
C, n
C, n, Kc
C, n, Kc, m
zusätzlich zur Streckgrenze noch benötigte Kenngrößen
unregelmäßige Last-Zeitfunktion
Blockbelastungen* mit einzelnen Zug- und Druckspitzen
Blockbelastungen mit R = const
Blockbelastungen* mit einzelnen Zugspitzenlasten
Blockbelastungen* mit einzelnen Zugspitzenlasten
ursprünglicher Anwendungsbereich
* Diese Modelle wurden in der Folge auch auf unregelmäßige Last-Zeitfunktionen rein formal angewandt. ** V: Verzögerungseffekt; B: Beschleunigungseffekt; ESZ: ebener Spannungszustand; EDZ: ebener Dehnungszustand.
Reduzierung von DK, R (DKred, Rred)
wCA Cp = 05 wOL – Da
m
Reihenfolgeeinfluss berücksichtigt durch
Willenborg
Wheeler
Modell
Tabelle 3.4–1. Bruchmechanische Berechnungsmodelle zum Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen [347]
V B
V B
V
V
V
ESZ EDZ
ESZ EDZ
ESZ
ESZ
ESZ
Beschreibung von **
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 459
460
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Berechnungsmodelle nach Wheeler und nach Willenborg Wheeler [348] fügte zur Berechnung eines verzögerten Rissfortschritts einen von der Größe der plastischen Zone s abhängigen Verzögerungsfaktor Cp in die Paris-Gleichung ein; heute wird indessen die Forman-Gleichung mit Verzögerungsfaktor bevorzugt: Cp · C · DKm da / dn = 000 . (1 – R) · Kc – DK
(3.4–75)
Je nachdem, ob die zug-plastische Zone des betrachteten Schwingspiels (a + wi ), Abb. 3.4–20, die von früheren Schwingspielen erzeugte zug-plastische Zone s übersteigt oder nicht, gilt dabei Cp = [wi / (s – ai )]p
für wi < (s – ai) ,
(3.4–76)
Cp = 1
für wi ⭌ (s – ai) .
(3.4–77)
Der Exponent p wird durch Anpassung an Versuchsergebnisse bestimmt; Wheeler benutzte dazu Blockprogramm-Versuche mit einzelnen Zuglastspitzen. Willenborg [349] rechnete in der Forman-Gleichung mit effektiven Werten für DK und R, m C · DKeff da /dn = 0005 , (1 – Reff) · Kc – DKeff
(3.4–78)
die er lastfolgenabhängig für jedes Schwingspiel über die Größe der plastischen Zone wie folgt bestimmte, um einem verzögerten Rissfortschritt Rechnung zu tragen:
DKeff = Ko, eff – Ku, eff Reff
= Ku, eff /Ko, eff
(3.4–79) (3.4–80)
Ko, eff = Ko, i – F · [Ko, 0 · a0009 1 – (ai – a0) / w0 – Ko, i]
(3.4–81)
Ku, eff = Ku, i – F · [Ku, 0 · a0009 1 – (ai – a0) / w0 – Ku, i]
(3.4–82)
mit 0 ≤ F ≤ 1.
(3.4–83)
Abb. 3.4–20. Zur Definition der Rissverzögerung nach dem Wheeler-Modell [348] und nach dem WillenborgModell [349]
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
461
In seiner Originalform kommt das Willenborg-Verfahren mit F = 1 ohne den experimentell anzupassenden Freiwert F aus, den Gallagher nachträglich einführte. Das Wheeler-Modell wie auch das Willenborg-Modell fanden vor allem im Flugzeugbau und dort auch auf komplexere Lastfolgen Anwendung. Sie wurden mit wechselndem Erfolg experimentell überprüft [334]. Während die in den jeweiligen Originalarbeiten mitgeteilten Versuchsergebnisse und Berechnungen zwar befriedigende Übereinstimmung zeigten, erwiesen sich die fallweise anzupassenden Parameter sowohl von der Art der Lastfolge wie auch von der Höhe des Spannungshorizontes abhängig und mithin als nicht verallgemeinerungsfähig. Abbildung 3.4–21 verdeutlicht Abweichungen, die sich zwischen Versuch und Rechnung nach dem Wheeler- und nach dem Willenborg-Modell schon dann ergeben, wenn lediglich die Zahl der Schwingspiele zwischen den eingestreuten Zuglastspitzen verändert wird. Ein Grund mag die alleinige Betrachtung von Verzögerungseinflüssen bei diesen Modellen sein. Berechnungsmodelle nach Eidinoff und Bell und nach Führing Eidinoff und Bell [350] verwendeten ein eigens formuliertes Rissfortschrittsgesetz, um erstmals neben einem verzögerten auch einen beschleunigten Rissfortschritt zu beschreiben. Sie benötigten dazu jedoch insgesamt acht Konstanten, die aus Rissfortschrittsversuchen bestimmt werden müssen. Ihr Verfahren hat deshalb keine große Bedeutung erlangt. Eine Beispielrechnung zeigt Abb. 3.4–22. Führing leitete sein Berechnungs-Modell Loseq [345, 347] ab aus einer approximativen Beschreibung der Beanspruchungsvorgänge an der Rissspitze, wie er sie aus einer kontinuumsmechanischen Berechnung nach dem Dugdale-Streifen-Modell gewonnen hatte [346], Abb. 3.4–23. Vorausgesetzt, die Last- und Eigenspannungen sowie die Verformungen an der Rissspitze werden durch das Dugdale-Streifen-Modell zutreffend modelliert, liefert die Kontinuums-Lösung eine vollständige Information über die den Rissfortschritt bestimmenden Kenngrößen, wie z.B. über die Schwingbreite der Rissspitzen-Verschiebung Dna oder über die effektive Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DKeff . Diese Art der Berechnung ist allerdings so aufwendig, dass sie nur für kurze, markante Lastfolgen durchführbar ist. Das Beispiel in Abb. 3.4–24 veranschaulicht die berechnete Form der Rissufer für die am Bildkopf skizzierte Lastfolge. Die äußere Kontur des schattierten Streifens stellt den sogenannten stationären Riss mit stumpfer Rissspitze dar. Die innere Kontur des schattierten Streifens gibt die unregelmäßige Form der Rissufer wieder, die durch den Rissfortschritt unter Schwinglast gemäß der Modellvorstellung nach Abb. 3.4–25 entstanden. Die Breite des Streifens bezeichnet demnach die plastisch verformten Volumenelemente, die sich zuvor einmal als höchstbeanspruchtes Element im Bereich der Rissspitze befanden, bis sie brachen.
462
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–21. Abweichungen von Versuch und Rechnung nach dem Wheeler- und nach dem Willenborg-Modell, wenn lediglich die Zahl der Schwingspiele N zwischen den Zuglastspitzen verändert wird, nach Wood aus [345]
463
Risslänge a [mm]
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
Anzahl der Perioden Abb. 3.4–22. Beispielrechnung für das Verfahren nach Edinoff und Bell und für das Loseq-Verfahren nach Führing [347]
Abb. 3.4–23. Dugdale-Streifen-Modell [346]
Bei jedem Lastabfall auf die hier zugrunde gelegte Unterlast Su = 0 kommt es zum Kontakt der Rissufer und zu einem teilweisen Rissschließen. Die Kontaktstellen bedeuten Brücken zur Lastübertragung, wodurch sich die Beanspruchung des Rissspitzenbereichs vermindert. Je mehr sich die Rissufer unter einzelnen oder mehreren hohen Lastspitzen örtlich bleibend aufdicken, desto stärker wirkt sich im Folgenden der Rissschließeffekt aus. Dadurch vermindern sich die örtlichen Kenngrößen Dna oder DKeff , und der Rissfortschritt wird verzögert. Andererseits zeigt sich, je ausgedehnter und tiefer die
464
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit Lastablauf max min = 0
Rissöffnung
(max)
(min)
Abflachung durch Kontakt
Rissspitze Rissachse
Abb. 3.4–24. Form der Rissufer nach dem Dugdale-Streifen-Modell für den am skizzierten Lastablauf [346]
Abb. 3.4–25. Modellvorstellung zur Rissuferverformung [346]
oberes Rissufer
Restverschiebungen
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
465
Abb. 3.4–26. Entwicklung der zugplastischen Zone im Anschluss an eine einzelne Spitzenlast [346]
Einbuchtungen und Abflachungen der Rissufer aus einer oder mehreren Drucklastspitzen sind, desto geringer ist der Rissschließeffekt, desto größer sind die örtlichen Kennwerte und desto beschleunigter erfolgt der Rissfortschritt. Abbildung 3.4–26 beschreibt die Entwicklung der zug-plastischen Zone im Anschluss an eine einzelne Zuglastspitze, die im Punkt 3 bei der Risslänge as auftrat, für nachfolgende sechs Stadien des Rissfortschritts. Die Form der zug-plastischen Zone gilt nur schematisch, ihre Ausdehnung in Rissrichtung ist jedoch maßstäblich. Nach der Spitzenlast nimmt die zug-plastische Zone nicht wieder ihre ursprüngliche Größe an, sondern verkleinert sich auf einen Minimalwert, der sich dort einstellt, wo die Zone der Druckeigenspannungen aus der Entlastung auf Punkt 4 endet. Anschließend vergrößert sich die zugplastische Zone bis auf den Wert, den sie risslängenabhängig bei a = a* auch ohne den Einfluss der Spitzenlast angenommen hätte, wobei sie die plastische Zone aus der vorangegangenen Spitzenlast gerade ausfüllt. Auf diesen Sachverhalt sind das Wheeler- und das Willenborg-Modell begründet. Die Rissverzögerung wirkt wegen des Rissschließens jedoch noch über dieses Stadium hinaus. Loseq-Modell Das Loseq-Modell nach Führing berücksichtigt durch praktikable Näherungsansätze die aus dem analytischen Modell erkannten und quantifizierbaren Einflüsse der Lastfolge, die den Rissfortschritt verzögern oder ihn beschleunigen. Allein die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DK
466
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
wird dazu in geeigneter Weise durch einen „Beschleunigungsfaktor“ Xa und durch einen „Verzögerungsfaktor“ Xr verändert:
DKLS = Xa · Xr · DK .
(3.4–84)
DKLS kann dann in die Paris-Gleichung (3.4–15) oder in die Forman-Gleichung (3.4–19) eingesetzt werden, um den Risszuwachs schwingspielweise zu berechnen und zu summieren. Die beiden Faktoren Xa und Xr sind unmittelbar oder mittelbar abhängig von der Größe der zug- und druck-plastischen Zonen und werden von Schwingspiel zu Schwingspiel nach den approximierten Gesetzmäßigkeiten der Kontinuums-Lösung verändert [347] wo, LS / wo, CA / (1 – R), 0 ⬉ Xr ⭌ 1 . Xr = a00
(3.4–85)
Dabei bedeuten wo, CA die zug-plastische Zone des betrachteten Schwingspiels und wo, LS eine lastfolgenabhängig nach Memory-Kriterien zu berechnende zug-plastische Zone; für R < 0 wird der R-Term gleich 1 gesetzt Xa = 1 + Ca · a0 1 – R¢ · (1 – a0 da / lk ), Xa ⭌ 1 .
(3.4–86)
Dabei bedeutet Ca die einzige freie, als werkstoffabhängig angesehene Konstante des Loseq-Modells mit Werten von etwa 0 ≤ Ca ≤ 0,6, und R¢ ist ein gemitteltes Spannungsverhältnis für alle Schwingspiele der betreffenden Beschleunigungsphase. Die Kontaktlänge lk ist jener Teil der Risslänge, über den die Rissufer bei Unterlast aufeinanderliegen, und sie ist ihrerseits proportional der druck-plastischen Zone angesetzt. Beispielrechnungen Eine Beispielrechnung für das Loseq-Modell ist in Abb. 3.4–22 gezeigt, weitere sind in [347] erörtert. Ein umfänglicher Vergleich berechneter und experimentell bestimmter Lebensdauerwerte für komplizierte Einzelflug-Lastfolgen [351] erstreckt sich auf unterschiedliche Werkstoffe, verschiedene Spannungshorizonte und Abwandlungen des Kollektivs, Abb. 3.4–27. Im Mittel stimmen die experimentellen Lebensdauerwerte und die nach dem LoseqModell berechneten bei einer bemerkenswert geringen Streuung überein, während die in einfacher Weise nach Abschn. 3.4.6 reihenfolge-unabhängig berechneten Lebensdauerwerte bis um den Faktor 5 zu hoch liegen. Dieser Sachverhalt wird dadurch verständlich, dass ein beschleunigter Rissfortschritt unmittelbar nach Einwirkung der ihn auslösenden Spannungsspitze einsetzt, während ein verzögerter Rissfortschritt erst einige Lastspiele nach der ihn auslösenden Spannungsspitze voll ausgeprägt ist. Im steten Wechsel von beschleunigenden und verzögernden Einflüssen, wie sie bei Zufallslastfolgen auftreten, kommt deshalb zwar eine Rissbeschleunigung, nicht jedoch eine Rissverzögerung zur vollen Auswirkung. Gegenüber
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
467
Abb. 3.4–27. Vergleich der Lebensdauerwerte aus Einzelflug-Versuchen für fünf Werkstoffe mit der Berechnung nach dem Loseq-Modell und der reihenfolgen-unabhängigen Berechnung [351]
der reihenfolge-unabhängigen Rechnung ergibt sich demnach aus der Summe aller Einflüsse ein beschleunigter Rissfortschritt. Diesem Umstand können das Wheeler- und das Willenborg-Modell vom Ansatz her nicht gerecht werden. Weitere Anwender-Erfahrungen mit dem Loseq-Modell beinhalten die folgenden Rissfortschrittsuntersuchungen: [353] betrifft Seitenrissproben bei nicht-einstufiger Belastung. [354] behandelt Stahlproben mit Doppelkehlnaht und einem Rissverlauf in der Schweißnaht, wobei sich unter Zufallsbelastung für die Konstante ein Wert Ca = 0,8 bis 0,9 als geeignet erwies. [355] bezieht sich auf Stahlproben mit K-Naht und einem halbelliptischen Kerb im Grundwerkstoff am Nahtübergang, wobei für die Zufallsbelastung ein Wert Ca = 1,45 verwendet wurde. Ungeachtet der bisher allgemein sehr befriedigenden Rechenergebnisse hat auch das Loseq-Verfahren dann seine Grenzen, wenn spezielle Werkstoffeigenschaften, mehrachsige Spannungszustände, besondere Umgebungseinflüsse, schwierige Bauteilgeometrien oder verwickelte Rissverläufe und RissModen vorliegen [347].
468 Abb. 3.4–28a–e. Verschiedene Ursachen für Rissschließen, nach Suresh und Ritchie; a plastische Rissuferverformung, b Oxydeinlagerung, c Rissuferruhigkeit, d eingedrungene Flüssigkeit, e Phasenumwandlung mit Volumenänderung
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
a
d
b
e
c
Außerdem gibt es nach Abb. 3.4–28 weitere Ursachen für ein Rissschließen, die mit den genannten Berechnungsmodellen nicht erfasst werden. Eine Berechnung des Rissfortschritts, die diese Möglichkeiten unbeachtet lässt, bleibt jedoch auf der sicheren Seite.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse Das in den voranstehenden Abschnitten analytisch beschriebene Rissfortschrittsverhalten setzt durchweg voraus, dass es sich um relativ lange Risse in einem niedrig beanspruchten Werkstoffumfeld handelt und dass deshalb die Schwingbreite DK bzw. DKeff des Spannungsintensitätsfaktors als Beanspruchungskenngröße verwendet werden kann. Wenn sich jedoch Schwinganrisse vom ungeschädigten Werkstoffzustand ausgehend an der Bauteiloberfläche oder im Kerbgrund entwickeln, so sind die anfänglichen, vornehmlich lebensdauerbestimmenden Risslängen relativ kurz. Bei kurzen Rissen sind aber – wie aus Gl. (3.4–14) und Gl. (3.4–15) hervorgeht – so hohe Schwingbreiten DK für ein Risswachstum erforderlich, dass größere plastische Deformationen vor der Rissspitze auftreten, und zudem beeinflussen dann mikrostrukturelle Werkstoffeigenschaften das Rissfortschrittsverhalten. Beide Einflüsse erzwingen Modifikationen bei der Beschreibung der maßgebenden Beanspruchungskenngröße für kurze Risse. Weitergehende Betrachtungen zur Thematik kurzer Risse können einer umfassenden Übersicht bei Radaj [33] sowie dem bei Anthes [367] recht umfassend aufgelisteten Schrifttum entnommen werden.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
469
Dauerfestigkeit bei kurzen Rissen In einem nach Kitagawa [356] benannten Diagramm, bei dem die dauerfest ertragbaren Spannungsschwingbreiten DsD über der Risslänge a im doppeltlogarithmischen Maßstab aufgetragen sind, werden ausgehend vom Schwellwert DK0 entsprechend Gl. (3.4–48) die Dauerfestigkeit DsD für unterschiedliche Risslängen a als Gerade abgebildet, sofern Y(a) konstant ist oder als Potenzfunktion der Form Y(a) = Y · ax zutrifft), Abb. 3.4–29: 8 DsD = DK0 / [ap · a · Y(a)] .
(3.4–87)
Für Risslängen a gegen Null würde danach die Dauerfestigkeit DsD gegen Unendlich gehen. Deshalb wurde diese Beziehung über die Werkstoffdauerfestigkeit DsD0 mit DsD0 ≥ DsD und durch Einführung der sog. Eigenrisslänge a* begrenzt, die sich durch Rückrechnung (bei konstantem Y(a)) wie folgt bestimmt: a* = [DK0 / (DsD0 · Y(a))]2 / p .
(3.4–88)
Die sich ergebenden a*-Werte liegen in der Größenordnung von 0,1 mm. Mit einer um a* vergrößerten, effektiven Risslänge (a + a*) ergibt sich dann mit zunehmender Risslänge eine von DsD0 bei a = 0 kontinuierlich absinkende Dauerfestigkeit:
DsD = DK0 / [a00 p · (a + a*) · Y(a)] .
(3.4–89)
In Abb. 3.4–29 ist die Abgrenzung zwischen kurzen und langen Rissen etwa da zu sehen, wo die nach Gl. (3.4–89) mit (a + a*) beschriebene Dauer-
Spannungsschwingbreite Ds (log)
Risswachstum
EPBM Rissstillstand
LEBM
Risslänge a (log) Abb. 3.4–29. Dauerfestigkeit DsD für R = – 1 in Abhängigkeit von der Risslänge a im Spannungs-Risslängen-Diagramm (Kitagawa-Diagramm) mit Abgrenzung der Bereiche für kurze und lange Risse, Risswachstum und Rissstillstand sowie linear-elastische (LEBM) und elasto-plastische Bruchmechanik (EPBM), schematisch, aus [263]
470 Abb. 3.4–30. Rissstadium I (Mode II) und Rissstadium II (Mode I) für kurze Risse, aus [31]
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Rissstadium I (Mode II)
Rissstadium II (Mode I)
Rissstillstand
festigkeitslinie in die nach Gl. (3.4–87) mit a bestimmte Gerade übergeht. Die Risslänge liegt dort in einer Größenordnung von etwa 1 mm. Zugleich ist bei dieser Risslänge auch eine Abgrenzung zwischen der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM) und der elasto-plastischen Bruchmechanik (EPBM) gegeben. Die außerdem noch vorgenommene Unterscheidung von mikrostrukturell bzw. kontinuumsmechanisch beschreibbaren Kurzrissen lässt sich sachbezogen anhand von Abb. 3.4–30 erläutern: Mikrostrukturell beschreibbare Kurzrisse erstrecken sich im Werkstoffgefüge nur über wenige Körner. Sie bilden sich parallel zu Gleitbändern als Modus-II-Risse aus, wobei von einem Risswachstum im Stadium I gesprochen wird. Mit zunehmender Risslänge gehen sie über in Modus-I-Risse. Ab einem solchen Risswachstum im Stadium II sind Kurzrisse sodann weitgehend kontinuumsmechanisch behandelbar. Dehnungsbezogener Spannungsintensitätsfaktor Um den größeren plastischen Wechselverformungen im Bereich der elastoplastischen Bruchmechanik (EPFM) Rechnung zu tragen, wurde von El Haddat, Smith und Topper ein dehnungsbezogener Spannungsintensitätsfaktor Ke eingeführt [341]:
DKe = E · Det · a00 p · (a + a*) · Y(a)
(3.4–90)
Wie El Haddat, Smith und Topper weiterhin aufzeigten [342], ist seine Anwendbarkeit auf kurze halbelliptische Risse, die von Kerben ausgehen, in Verbindung mit einem konstanten Geometriefaktor Y(a) = 1,035 · 2 / p = 0,6589
(3.4–91)
dadurch gegeben, dass die Dehnungsschwingbreite der elastisch-plastischen Dehnung Det = 2 · ea,t für den Kerbgrund nach Abschn. 3.3.3 unter Ansatz der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) und mittels der NeuberRegel Gl. (3.3–43) bzw. der Seeger-Formel Gl. (3.3–44) berechnet wird, so wie es für das durchgerechnete Beispiel im Abschn. 3.4.5 (mit einem gerundeten Wert Y(a) = 0,7) geschehen ist. Diese Modifikation des K-Faktors ermöglicht es, zur Berechnung des Risswachstums und der Lebensdauer die in den vor-
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
471
plastische Dehnung p Abb. 3.4–31. Einfluss des plastischen Dehnungsanteils ep auf den Wert des dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors DKe nach Gl (3.4–90) und den aus dem J-Integral nach Gl. (3.4–13) zu berechnenden Spannungsintensitätsfaktors DKJ , jeweils bezogen auf den Spannungsintensitätsfaktors DKs nach Gl. (3.4–14), aus [298]
stehenden Abschnitten beschriebenen Rissfortschrittsgleichungen zu verwenden. Allerdings wird dabei die Auswirkung des plastischen Dehnungsanteils merklich überschätzt, Abb. 3.4–31, und Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüsse auf Seiten des Spannungsintensitätsfaktors bleiben unberücksichtigt. Ansätze ausgehend vom J-Integral Bei den Ansätzen von Heitmann [296, 357] sowie von Vormwald [298, 358] wird als maßgebende Beanspruchungsgröße das J-Integral, Abschn. 3.4–1, verwendet. Dementsprechend ist zunächst auch die Rissfortschrittsgleichung in J zu formulieren, genauer gesagt in DJeff , da in beiden Ansätzen Rissschließ- und Rissöffnungseffekte betrachtet werden, um Mittelspannungsund Reihenfolgeeinflüsse zu erfassen: m
da / dn = C · D JeffJ .
(3.4–92)
Der Zahlenwert und die Dimension der Konstanten C sind hier allerdings verschieden von der Konstanten C in der Paris-Gleichung mit DK Gl. (3.4–15) und wegen des nach Gl. (3.4–13) im elastischen Bereich geltenden Zusammenhanges DJ = DKJ2 /E¢ ist der Exponent mJ von DJeff etwa halb so groß wie der Exponent m von DK, Abb. 3.4–32. Und ähnlich wie die Gültigkeit der Paris-Gleichung (3.4–15) auf Werte DK ≥ DK0 begrenzt ist, gilt auch Gl. (3.4–92) nur für Werte DJeff oberhalb eines Schwellwertes DJeff, 0 . Diese Kennwerte C, mJ und DJeff,0 können unter Berücksichtigen des Rissschließens beim Bestimmen von DJeff aus Rissfortschrittsversuchen ermittelt werden.
472
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–32. Rissfortschrittsraten für die Werkstoffe StE 460 und AlMg4,5Mn in Abhängigkeit von DJeff bzw. DKJ , aus [298]
Modellfall für die Bestimmung von DJeff ist bei Heitmann wie bei Vormwald eine makroskopisch einachsig beanspruchte Probe mit halbkreisförmigem Oberflächenanriss. Die Berechnung der Hystereseabschnitte geschieht mit der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7). Heitmann greift dafür auf eine J-Formel nach He und Hutchinson [186] zurück, 2 DJeff = [1,45 · Ds eff /E + 2,5 · Ds · Dep / (n¢ + 1)] · a = PHe · a ,
(3.4–93)
mit Dseff = 3,72 · Ds · (3 – R)–1,74. Vorwald hingegen auf eine J-Formel nach Dowling [189], 2 3 ·a=P ·a, DJeff = [1,24 · Dseff /E + 1,02 · Dseff · Dep, eff / an¢] J
(3.4–94)
in Verbindung mit Werten Dseff und Dep, eff , die sich wie folgt errechnen, Abb. 3.4–33: Benötigte Eingabedaten sind werkstoffseitig die Zugfestigkeit Rm und die Kennwerte der stabilisierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve nach
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
473
Abb. 3.4–33. Zur Definition des Schädigungsparameters PJ nach Vormwald [298]
Gl. (3.3–7) mit Masing-Verhalten, Abb. 3.3–22, und beanspruchungsseitig die Werte so , eo und su , eu , die durch Rainflow-Zählung, Abschn. 3.3.3 mit den Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleife für das aktuell betrachtete Schwingspiel bestimmt sind. Mit ihnen wird nach der von Newman [299] (für lange Risse) angegebenen Näherungsformel Gl. (3.4–95) (auch im vorliegenden Anwendungsfall für kurze Risse) errechnet, welche Rissöffnungsspannung sop sich für einen kleinen halbkreisförmigen Oberflächenriss bei ebenem Spannungszustand (unter der als zutreffend erachteten Annahme a = 1) im Fall einer Einstufenbeanspruchung ergeben würde:
sop = so · [A0 + A1 · R] sop = so · [A0 + A1 · R + A2 ·
für R < 0 , R2
+ A3 ·
R3]
(3.4–95)
für R ≥ 0 ,
mit A0 = (0,825 – 0,34 · a + 0,05 · a2) · cos (0,5 · p · so / sF)1/a , A1 = 0,344 · so /sF , A2 = 1 – A0 – A1 – A3 , A3 = 2 · A0 + A1 – 1 , und a = 1 für ebenen Spannungszustand, a = 3 für ebenen Dehnungszustand, oder interpoliert in Abhängigkeit von der Spannung s2 in Rissrichtung im Verhältnis zur Spannung s1 quer zum Riss a = (1 / 0,15) · s2 / s1 + 1, sowie
sF = 0,5 · (s 0,2 ¢ + Rm)
(3.4–96)
474
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
und aus Gl. (3.3–11)
s 0¢ ,2 = K¢ · 0,002n¢.
(3.4–97)
Mit dem Wert sop errechnet sich die Rissöffnungsdehnung eop nach Abb. 3.4–33 aus dem aufsteigenden Hystereseast zu
eop = eu + (sop – su) /E + 2 · [(sio – su) / (2 · K¢)]1/n¢.
(3.4–98)
Die effektive Spannungsschwingbreite Dseff ist hingegen durch die Rissschließdehnung ecl auf dem abfallenden Hystereseast bestimmt, die gleich der Rissöffnungsdehnung eop angenommen werden darf, Abb. 3.4–33. Die Berechtigung der Annahme ecl = eop konnte durch diesbezügliche Messergebnisse von Vormwald [298] bestätigt werden, Abb. 3.4–34. Die Berechnung des Wertes von Dseff aus dem abfallenden Hystereseast nach Abb. 3.4–33 verlangt ein iteratives Lösen der Gleichung
Dseff /E + 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ – (eo – ecl ) = 0 .
(3.4–99)
Abb. 3.4–34. Messergebnisse von Vormwald [298] an kleinen Schwinganrissen, die den durch Rissöffnen und Rissschließen begründeten Reihenfolge-Einfluss veranschaulichen, wie er mit und im Anschluss an Gl. (3.4–108) beschrieben ist
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
475
Mit Dseff kann sodann die effektive plastische Dehnungsschwingbreite Depl, eff bestimmt werden als
Dep, eff = 2 · [Dseff / (2 · K¢)]1 /n¢.
(3.4–100)
Die vorstehende Formel Gl. (3.4–94) für DJeff ist damit wertemäßig belegt. Sie lässt sich als Produkt der Risslänge a mit dem risslängen-unabhängigen Schädigungsparameter PJ schreiben, wie er nach Gl. (3.3–59) bzw. (A3.3–35) im Abschn. 3.3.5 und nachstehend Anwendung findet. Ein entscheidender Unterschied der beiden Formeln für DJeff ist, wie das Rissschließen erfasst wird: Bei Heitmann geschieht dies nach Gl. (3.4–93) nur über Dseff im elastischen Term von DJeff , bei Vormwald hingegen nach Gl. (3.4–94) über Dseff im elastischen wie auch über Dseff und Dep, eff im plastischen Term von DJeff . Näher betrachtet liefert die Berechnung der effektiven Schwingbreiten Dseff und Dep, eff bei PHe eine gegenüber PJ gegenläufige, nicht plausible Abhängigkeit von größeren Oberspannungen, die zu unbefriedigenden Ergebnissen führt [361]. Weiterhin wird nach Vormwald die Gültigkeit von Gl. (3.4–92) durch einen risslängenabhängigen Dauerfestigkeitswert DJeff, D ≤ DJeff, 0 auf Werte DJeff ≥ DJeff, D eingeschränkt und damit ein kontinuierliches Absinken der Dauerfestigkeit bei Rissfortschritt berücksichtigt. Außerdem wird über die Eigenrisslänge a* ein Einfluss der Mikrostruktur einbezogen. Nach Heitmann bleiben Dauerfestigkeit und Mikrostruktureinfluss unberücksichtigt. Wegen seiner genannten und in [298] aufgezeigten Nachteile bleibt deshalb der Ansatz von Heitmann – außer für die Beispielrechnungen in Abschn. 3.3.5 – im Weiteren außer Betracht. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den neueren und besser fundierten Ansatz Gl. (3.4–94) von Vormwald. Wöhlerlinie beschrieben mit PJ Wird DJeff aus Gl. (3.4–94) in die Rissfortschrittsgleichung Gl. (3.4–92) eingesetzt, so lässt sich diese im Fall konstanter Schwingamplituden – entsprechend zu Gl. (3.4–28) bzw. Gl. (3.4–31) – anhand des dafür errechneten Wertes für PJ über der Risslänge integrieren. Ergebnis ist die Schwingspielzahl N für einen Rissfortschritt von der Anfangsrisslänge ao auf die Endrisslänge ae : 1 N = 000 · [ae(1–mJ) – ao (1 – mJ)] . (1 – mJ) · C · PJmJ
(3.4–101)
Offen bleibt zunächst noch die in Gl. (3.4–95) einzusetzende Anfangsrisslänge ao, die in etwa bei ao = 0,01 mm liegt und sich im Zeitfestigkeitsbereich unabhängig vom Spannungshorizont erweisen sollte. Sie muss – z.B. wie nachstehend angegeben – durch Rückrechnung aus Gl. (3.4–101) aus dehnungskontrollierten Versuchen an wechselbeanspruchten, ungekerbten Proben bestimmt werden: Aus den gemessenen Spannungsschwingbreiten Ds oder Oberspannungen so der stabilisierten Hysteresen und dem zugehörigen
476
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Spannungsverhältnis R (hier R = – 1) wird dazu nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) die Rissöffnungsdehnung sop berechnet. Damit liegt dann auch die Rissschließdehnung ecl = eop fest, woraus sich die Größen Dseff und Dep, eff und schließlich der Pj-Wert ergeben. Durch die Versuchspunkte (PJ, i ; Ni) (mit Ni bei der festgehaltenen Risslänge ae = 0,25mm) wird bei doppeltlogarithmischer Auftragung eine Gerade gelegt und damit der Neigungsexponent mJ und der Rechenwert Q = N · PJmJ
(3.4–102)
bestimmt. Diese Größen in Gl. (3.4–103) eingesetzt, ergeben die gesuchte Anfangsrisslänge ao . Bei bekanntem C, mJ und einem Wertepaar (PJ ; N) folgt ao = [ae(1–mJ) – (1 – mJ) · C · Q]1 / (1–mJ) .
(3.4–103)
Damit stellt sich Gl. (3.4–101) zugleich auch dar als Gleichung der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PJ in der Form N = ND · (PJ /PJ, D0)–mJ für PJ ≥ PJ, D0 , N=•
(3.4–104)
für PJ < PJ, D0 .
Der Dauerfestigkeitswert PJ, D0 ist aus den Versuchsergebnissen im Dauerfestigkeitsbereich zu gewinnen. Wegen des im Schwellwert DJeff, 0 für lange Risse nicht enthaltenen Einflusses der Mikrostruktur wird jedoch entsprechend zu Gl. (3.4–88) mit Gl. (3.4–105) eine Eigenrisslänge a* eingeführt:
DJeff, 0 = PJ, D0 · (ao + a*)
(3.4–105)
Da PJ, D0 aus den dehnungskontrollierten Versuchen bekannt ist, kann a* aus Gl. (3.4–105) berechnet werden. Andernfalls würde die aus DJeff, 0 und ao zu berechnende Dauerfestigkeit PJ, D0 zu hoch ausfallen. Für die mit zunehmender Risslänge absinkende Dauerfestigkeit PJ, D folgt dann: PJ, D /PJ, D0 = (ao + a*) / (a + a*) für a ≥ ao .
(3.4–106)
Und weiterhin ergibt sich aus Gl. (3.4–101) mit n statt N für a statt ae und D = n /N nach Einsetzen in Gl. (3.4–106) in Entsprechung zu Gl. (3.4–68) der Abfall der Dauerfestigkeit PJ, D als Funktion der akkumulierten Schädigung D PJ, D /PJ, D0 = {ao + a*} / {[(ae(1–mJ) – ao(1–mJ)) · D + ao(1–mJ)]1/(1–mJ) + a*}, (3.4–107) wobei die hier endliche Endrisslänge ae gegenüber der Annahme ae = • in Gl. (3.4–68) als Unterschied zur Kurve e) in Abb. 3.2–11 bedingt, dass die Dauerfestigkeit für D = 1 sinnfälligerweise nicht wie dort auf null abfällt, Abb. 3.4–35 [567].
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
477
1,0
Bezogene Dauerfestigkeit PJ, D (D) / PJ, D, 0
PJ, D (D) a0 + a* 0 = 0000 0 1 –––– 1–m 1–m PJ, D, 0 ((ae – a0 ) · D + a01–m )1 – m + a* S460N
0,5 m = 1,575 a0 = 15 µm a* = 48 µm ae = 250 µm PJ, D, 0 = 1,0 MPa DJeff, th = 0,059 N/mm 0,0 0,0
0,5
1,0
Schadenssumme D Abb. 3.4–35. Abfall des Dauerfestigkeitswertes von PJ als Funktion der akkumulierten Schädigung [362]
(Alternativ kann die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PJ , wie im Abschn. 3.3.5 dargestellt, auch aus den Kennwerten der Dehnungs-Wöhlerlinie abgeleitet werden.) Anrisslebensdauer bei veränderlichen Amplituden Mit der vorstehenden Ableitung sind alle Eingangsdaten zur Berechnung der Anrisslebensdauer einer einachsig schwingbeanspruchten Werkstoffprobe unter einem Beanspruchungsablauf mit konstanten oder veränderlichen Amplituden bekannt. Bei einer Beanspruchung mit veränderlichen Amplituden muss zunächst der örtliche Beanspruchungsablauf einer Rainflow-Zählung unterzogen werden, um daraus die aufeinanderfolgenden und unterschiedlichen Schwingspiele als geschlossene Hystereseschleifen zu bestimmen. Da sich der örtliche Beanspruchungsablauf bei unterschiedlicher Höhe der äußeren Belastung unterschiedlich ausbildet, muss er bei veränderter Beanspruchungshöhe jeweils neu bestimmt und der Rainflow-Zählung unterzogen werden. Mit den Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleifen sind die Werte so , eo und su , eu bestimmt, die das jeweils aktuell betrachtete Schwingspiel kennzeichnen. Mit ihnen wird nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) die Rissöffnungsdehnung eop = eop, einst errechnet, welche sich bei Einstufenbeanspruchung ergeben würde. Die tatsächlich aktuell maßgebende Riss-
478
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
öffnungsdehnung eop ist jedoch von der vorangegangenen Belastung bzw. der beim letzten Schwingspiel gültigen Rissöffnungsdehnung eop, alt abhängig. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden: – Fälle mit eo > emax, vorher fi eop = eop, einst – Fälle mit eu < emin, vorher fi eop = eop, einst
(3.4–108)
– Fälle mit eo ≤ eop, alt fi eop = eop, alt – Fälle mit eop, einst ≥ eop, alt fi eop = eop, alt – Fälle mit eop, einst < eop, alt fi eop = eop, einst fi eop = eop, alt
wenn sa ≥ 0,4 · sF wenn sa < 0,4 · sF
Das heißt: Werden die bisherigen Extremwerte von e überschritten, wirkt das Schwingspiel wie bei Einstufenbeanspruchung. Hingegen gilt eop unverändert wie beim vorangegangenen Schwingspiel, wenn eo kleiner ist als eop, alt , oder wenn die Rissöffnung bei eop, alt früher eintritt als bei Einstufenbeanspruchung. Tritt jedoch die Rissöffnung bei Einstufenbeanspruchung früher als bei eop, alt ein, so gilt für große Schwingspiele eop, einst , aber für kleine eop, alt , um eine Unzulänglichkeit der Formeln Gl. (3.4–95) für R < – 1 zu berücksichtigen. Aus Abb. 3.4–34 ist dieser, den Reihenfolgeeinfluss ausmachende Sachverhalt zu ersehen: Im Einstufenversuch ergibt sich für das kleinere wie auch für das größere Schwingspiel beim Spannungsausschlag in den Druckbereich ein Rissschließen und Rissöffnen. Bei gleichen Amplituden und Mittelspannungen im Zweistufenversuch wird hingegen von dem eingestreuten kleineren Schwingspiel beim Spannungsausschlag in den Druckbereich nicht die Rissschließdehnung ecl erreicht, die vom vorausgegangenen großen Schwingspiel noch gültig ist, und der Riss bleibt für die gesamte Schwingbreite des kleineren Schwingspiels geöffnet (Fall eop, einst ≥ eop, alt). Als Folge daraus ergibt sich im Zweistufenversuch für das kleinere Schwingspiel ein größeres DJeff bzw. PJ und damit auch ein größerer Schädigungsbeitrag als im Einstufenversuch. Für eine mehrfache Wiederholung des kleineren Schwingspiels wäre zudem entsprechend Gl. (3.3–75) ein vom Schädigungszuwachs abhängiges Abklingverhalten der Rissschließdehnung auf die im Einstufenversuch gültige Rissschließdehnung zu berücksichtigen. Sodann kann die Rissfortschrittsgleichung (3.4–92) bei vorgegebener Anfangsrisslänge ao und Endrisslänge ae schwingspielweise integriert und die Schädigung bestimmt werden. Doch ist diese Art der Berechnung vom Rechenaufwand her auf kürzere Lastfolgen beschränkt. Alternativ kann mit praktisch gleichem Ergebnis und bei längeren Lastfolgen mit weit geringerem Rechenaufwand, wie in Abschn. 3.3.5 ausgeführt und durch Gl. (3.4–107) in Entsprechung zu Gl. (3.4–68) bzw. Gl. (3.2–44) belegt, auf Grundlage der durch Gl. (3.4–103) bezeichneten PJ -Wöhlerlinie und vorab klassierter PJ Werte eine Schädigungs-Rechnung nach der konsequenten Form MinerRegel, Abschn. 3.2.9, durchgeführt werden.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
479
Ähnlich wie bei der Berechnung von DK nach Gl. (3.4–14) mit einem von der Risslänge unabhängigen Geometriefaktor Y(a) = konst, gilt es aber für die Wahl der Endrisslänge ae einschränkend zu beachten, dass die vorstehende Formel für DJeff für kurze Risse in einem ausgedehnten, örtlich konstanten Spannungsfeld abgeleitet ist, sodass ein etwaiger Spannungsgradient im Bereich des Rissfortschritts vernachlässigbar sein muss. Vormwald legte deshalb für die Endrisslänge einen hinreichend kleinen Wert ae = 0,25 mm fest, was bedeutet, dass die damit errechneten Schwingspielzahlen im Sinne des Abschn. 3.3 als Anriss-Schwingspielzahlen zu betrachten sind. Den vorstehenden Ansatz erachtet er bei Kerbradien r > 10 mm (bzw. Verhältniswerten r /ae > 40) als anwendbar [363]. Wegen des Spannungsgradienten kann die Berechnung für Risse in Kerben über diese Anrisslebensdauer hinaus mit größeren Endrisslängen nur dann vorgenommen werden, wenn entsprechende DJeff-Formeln bekannt sind, die an die Stelle von Gl. (3.4–94) angesetzt werden können. Außerdem muss in Kerben u.U. der dort herrschende mehrachsige Spannungszustand bei der Berechnung von eop nach Gl. (3.4–95) über einen Wert a ⫽ 1 berücksichtigt werden [362]. Weiterführende Untersuchungen zur Anwendung von PJ sind u.a. in [362–366] abgehandelt. Weiterentwicklungen zum Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse Zwei Weiterentwicklungen zur Berechnung des Rissfortschritts bei kurzen Rissen, die von der Arbeit von Vormwald [298] ausgehen, sind inzwischen erfolgt. Es handelt sich hierbei um das Berechnungsmodell und PC-Programm FATICA als Ergebnis einer Arbeit von Anthes [367] und um das Konzept einer einheitlichen und durchgängigen Berechnung von Anriss- und Rissfortschrittslebensdauer nach einer Arbeit von Dankert [368]. Das Modell FATICA Mit dem Modell FATICA von Anthes [367] wird eine noch weitergehende Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen erreicht als mit dem Modell von Vormwald [298]. Im Vergleich sind folgende besonderen Merkmale von FATICA zu nennen: FATICA erfasst im Gegensatz zum Modell von Vormwald das transiente, d.h. das von der Risslänge abhängige Rissöffnungs- und Rissschließverhalten, wonach kurze Risse anfangs auch im Druckbereich der Beanspruchungsschwingbreite geöffnet sind und erst mit zunehmendem Risswachstum einen stabilisierten Rissöffnungs- und Rissschließwert erreichen. Risswachstums- und das Schwellwertverhalten bei kurzen Rissen werden in FATICA über einen ähnlichen Ansatz abgebildet wie das Schwellwertverhalten im Modell von Vormwald. Die Zahl und Art der erforderlichen Eingangsdaten bei FATICA unterscheidet sich im Prinzip nicht von denen im Modell von Vormwald.
480
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Die Rissfortschrittsberechnung kann bei FATICA bereits bei einem noch nicht vorhandenen Riss der Länge ao = 0 beginnen, muss aber nicht, wenn die zu untersuchende Werkstoffprobe bzw. das zu untersuchende Bauteil aufgrund von Oberflächenrauhigkeiten eine Anfangsrisslänge besitzt. Im Modell von Vormwald ist die Anfangsrisslänge nicht frei wählbar, sondern in Abhängigkeit vom Werkstoff und seiner Mikrostruktur eindeutig festgelegt und durch Rückrechnung zu bestimmen. Der Einfluss der Mikrostruktur auf die Schädigungsentwicklung wurde im Modell FATICA aus folgenden Gründen nicht explizit beschrieben: Eine Erhöhung der Treffsicherheit bei der Lebensdauerabschätzung wird aufgrund der statistischen Streuungen im Strukturgefüge und der damit verbundenen Schwierigkeit einer eindeutigen mathematischen Formulierung des Modells nicht erwartet. Zudem würde sich die Zahl der erforderlichen Eingangsdaten um mikrostrukturelle Kenngrößen erhöhen, die in der Regel schwer identifizierbar sind und für die meisten Werkstoffe nicht vorliegen. Die Rissfortschrittsberechnung liefert bei FATICA die Entwicklung der Risslänge mit der Schwingspielzahl. Dadurch ist nicht nur die Anrisslebensdauer, üblicherweise bei ae = 0,25 mm, sondern die Schwingspielzahl für jede beliebige Risslänge berechenbar. Das gilt auch für Risslängen a > 0,25 mm, wenn der Riss in einem homogenen Beanspruchungsfeld wächst. (Eine Integration in das von Dankert [368] entwickelte und nachstehend beschriebene Modell zur Rissfortschrittsberechnung in inhomogenen Beanspruchungsfeldern wäre ebenfalls möglich, ist gegenwärtig jedoch noch nicht realisiert.) In FATICA wird weder mit einem Schädigungsparameter gearbeitet noch eine Hypothese zur Schädigungsakkumulation verwendet. Die Miner-Regel ist nicht anwendbar. Stattdessen muss der Risslängenzuwachs Schwingspiel für Schwingspiel bis zum Erreichen des technischen Anrisses berechnet werden. Dadurch ist gegenüber dem Modell von Vormwald ein höherer Berechnungsaufwand erforderlich, was jedoch bei den Rechenleistungen derzeit verfügbarer Computer keinen Nachteil darstellen dürfte. Der Vorteil der schwingspielweisen Berechnung des Rissfortschritts ist, dass nicht mehr zwingend eine affine Schädigungsentwicklung auf unterschiedlichen Beanspruchungshorizonten gefordert werden muss, sondern ein beliebiges nichtaffines Rissfortschrittsgesetz verwendet werden kann. Lastreihenfolgeeinflüsse auf den Schädigungsbeitrag des aktuellen Schwingspiels werden durch einen eigens für FATICA entwickelten Algorithmus zur Ermittlung des aktuellen Rissöffnungsniveaus erfasst. Die von Vormwald definierte Vorgehensweise konnte nicht übernommen werden, weil dieser nicht mit einer transienten Rissöffnungsentwicklung arbeitet. Bei ihr werden Schwingspiele im s-e-Ablauf über das Rainflow-Zählverfahren als geschlossene Hysteresen ermittelt. Der Schädigungsanteil einer geschlossenen Hysterese ergibt sich nach Berechnung des zugehörigen PJ -Werts als der Kehrwert der zugehörigen Versagensschwingspielzahl N aus der PJ -Wöhlerlinie. Das zur Berechnung des PJ -Werts erforderliche Rissöffnungsniveau der zu bewertenden Hysterese wird nach Gl. (3.4–108) in Abhängigkeit von dem
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
481
zuletzt vorgelegenen Rissöffnungsniveau und einem fiktiven Rissöffnungsniveau bestimmt, das sich nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) bei rein einstufiger Beanspruchung mit dieser Hysterese eingestellt hätte. Bei kritischer Betrachtung werden zwei Schwächen dieser Vorgehensweise erkennbar: 1. Die Beanspruchungsvorgeschichte wird nicht korrekt erfasst. Die Vorgeschichte des aktuellen Schwingspiels ist im Modell von Vormwald repräsentiert durch die bisher geschlossenen Hysteresen, und zwar genau in der zeitlichen Reihenfolge, in der sie sich im s-e-Ablauf geschlossen haben. Die Umkehrpunkte, die (noch) nicht zu geschlossenen Hysteresen geführt haben, werden in der Vorgeschichte vergessen. Das bedeutet auch, dass der obere und der untere Umkehrpunkt einer Hysterese im Allgemeinen in der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nicht zeitlich aufeinander folgen. Die Reihenfolge, in der die Umkehrpunkte auftreten, wird nicht in das Rainflow-Kollektiv übersetzt. 2. Das Rissöffnungsniveau einer Hysterese, die am unteren Umkehrpunkt geöffnet wird (stehende Hysterese), muss unabhängig vom oberen Umkehrpunkt sein, weil dieser Umkehrpunkt zeitlich erst nach dem Rissöffnen eintritt und somit das zeitlich davor liegende Rissöffnungsniveau nicht beeinflussen kann. Ein Algorithmus zur Ermittlung des aktuellen Rissöffnungsniveaus dürfte in diesen Fällen also nicht das Rissöffnungsniveau einer fiktiven einstufigen Beanspruchung beinhalten. Das heißt mit anderen Worten: Wird die Vorgeschichte nicht korrekt erfasst, wirkt sich dies auch nachteilig auf die Schädigungsbewertung aus. Der modifizierte Rainflow-Algorithmus Eine einfache Modifikation des Rainflow-Zählverfahrens, Abschn. 3.3.3 beseitigt seine im vorstehend genannten Schwächen beim Erfassen der Beanspruchungs-Vorgeschichte. Diese Modifikation ist durch folgende neuen Festlegungen gekennzeichnet: Jeder aufsteigende Hystereseschleifenhalbast wird als ein Schädigungsereignis registriert. Wenn der Halbast keine geschlossene Hysterese bildet, wird er als Scheinhysterese bezeichnet, wobei drei verschiedene Fälle auftreten können: 1. Die Scheinhysterese wird zu einem späteren Zeitpunkt durch einen abfallenden Halbast geschlossen. Die Registrierung und Schädigungsbewertung hat bereits stattgefunden. Es sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. 2. Der als Scheinhysterese registrierte aufsteigende Halbast wird zu einem späteren Zeitpunkt weiter nach oben fortgesetzt. Der sich hieraus ergebende Schädigungszuwachs wird aus der Differenz der Schädigungsanteile der neuen und der alten Scheinhysterese bestimmt. Ist die Schädigungsbewertung von der Risslänge abhängig, so ist zu beachten, dass der Schädigungsanteil der alten Scheinhysterese nur dann übernommen wer-
482
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
den kann, wenn sich zwischenzeitlich kein Risslängenzuwachs eingestellt hat. Ist diese Annahme unzutreffend, so muss der Schädigungsanteil der alten Scheinhysterese mit der aktuellen Risslänge neu berechnet werden. Wenn sich durch den vergrößerten Halbast keine Hysterese schließt, wird eine neue entsprechend vergrößerte Scheinhysterese registriert. 3. Die Scheinhysterese wird im weiteren Beanspruchungs-Zeit-Verlauf nicht geschlossen. Der bereits ermittelte Schädigungsanteil bleibt wirksam. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich von der Vorgehensweise beim herkömmlichen Rainflow-Algorithmus, bei der alle nicht geschlossenen Halbäste im Residuum verbleiben und keinen Schädigungsanteil liefern. Die entscheidende Auswirkung dieser Modifikation ist offensichtlich. An jedem oberen Umkehrpunkt der Lastfolge wird mindestens eine Scheinhysterese registriert. Die Reihenfolge der Umkehrpunkte aus der Beanspruchungs-Zeit-Folge wird dadurch exakt in den zur Schädigungsbewertung anstehenden Hysteresen abgebildet. Der Schädigungsbeitrag einer Scheinhysterese wird zu einem späteren Zeitpunkt bestätigt, wenn sich die Hysterese wirklich schließt, oder korrigiert, wenn sich die Scheinhysterese vergrößert, unabhängig davon, ob sich der vergrößerte Halbast dabei schließt oder nicht. Wird der Schädigungsbeitrag zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert, so ändert sich das Rissöffnungsniveau gegenüber dem vorherigen Zustand. Allerdings ist diese Änderung in der Regel gering, weil sich alle dazwischen liegenden Umkehrpunkte innerhalb der Beanspruchungsschwingbreite der alten Scheinhysterese bewegen müssen und deshalb das Rissöffnungsniveau nicht wesentlich verschieben können. Abbildung 3.4–36 veranschaulicht das modifizierte Rainflow-Zählverfahren: Der s-e-Ablauf folgt zunächst vom Ursprung nach Punkt a der stabilisierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve. Von Punkt a nach b wird der verdoppelte abfallende Hysteresehalbast und von b nach c der verdoppelte aufsteigende Hysteresehalbast durchlaufen. Im herkömmlichen Rainflow-Algorithmus ist bis dahin noch keine geschlossene Hysterese aufgetreten. In der modifizierten Form wird jedoch der Halbast von b nach c als Scheinhysterese registriert. Von c über d nach e wird am Punkt c¢ eine kleine Hysterese geschlossen. Die Registrierung findet sowohl im herkömmlichen als auch im modifizierten Rainflow-Algorithmus statt. Von c¢ nach Punkt e wird der in b begonnene aufsteigende Halbast fortgesetzt. Für den modifizierten Rainflow-Algorithmus bedeutet das die Registrierung einer neuen Scheinhysterese von b nach e. Der Schädigungsbeitrag von Punkt c¢ nach e wird mit der am Punkt c¢ vorliegenden Risslänge und dem zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Rissöffnungsniveau aus der Schädigungsdifferenz der neuen und der alten Scheinhysterese berechnet: D(c¢ Æ e) = D(b Æ e) – D(b Æ c¢)
(3.4–109)
Von f nach g wird im Punkt e¢ die Hysterese f – e¢ und im Punkt g die Hysterese b–g geschlossen.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
483
Abb. 3.4–36. Spannungsablauf zur Veranschaulichung des modifizierten Rainflow-Zählverfahrens, nach Anthes [367]
Hysterese f – e¢ wird in beiden Formen des Rainflow-Algorithmus gleich behandelt, Hysterese b – g jedoch nicht: Im modifizierten Rainflow-Algorithmus wird entsprechend zu Gl. (3.4–109) der bereits registrierte Schädigungsanteil der Scheinhysterese b – e von dem der Hysterese b – g abgezogen und dabei für beide Schädigungsanteile mit der aktuellen Risslänge und dem aktuellen Rissöffnungsniveau am Punkt e¢ gerechnet. Die Auswirkungen des modifizierten Rainflow-Zählverfahrens auf die Schädigungsbewertung werden bei einer Anwendung auf gedämpft ausklingende Schwingung besonders deutlich: Der herkömmliche Rainflow-Algorithmus registriert keine geschlossene Hysterese und damit keine Schädigung, solange die Amplitudenwerte jeweils geringer werden. Der modifizierte Rainflow-Algorithmus registriert Schädigungsereignisse in Form von Scheinhysteresen. Erst wenn die Beanspruchungs-Zeit-Folge wieder ansteigende Amplituden aufweisen würde, schlössen sich nacheinander die offenen Halbäste. Mit einem Kurzrissmodell, das Lastreihenfolgeeinflüsse nicht berücksichtigt, wird mit dem herkömmlichen und dem modifizierten Rainflow-Algorithmus die gleiche Schädigungssumme bestimmt, wenn keine noch schließfähigen Halbäste im Residuum verbleiben. Wird jedoch ein Kurzrissmodell verwendet, das Lastreihenfolgeeinflüsse berücksichtigt, z.B. das Modell von Vormwald [298] oder das Modell FATICA von Anthes [367], so wirkt sich die Vorgeschichte der Beanspruchung auf die Rissöffnungsniveaus der zur Schädigungsbewertung anstehenden Hysteresen und damit auch auf die Schädigungssumme aus. Die im Modell FATICA geltende Vorgehensweise zur Ermittlung des Rissöffnungsniveaus bei Beanspruchungen mit variablen Amplituden ist im
484
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Grundgedanken der Vorgehensweise im Modell von Vormwald ähnlich, s. Gl. (3.4–94 bis 3.4–100). Die Rissöffnungsdehnung eines aufsteigenden Hystereseastes ergibt sich jedoch abweichend davon aus dem aktuellen unteren Umkehrpunkt mit su, akt und eu, akt sowie dem unmittelbar vorausgegangenen oberen Umkehrpunkt mit so, v und eo, v . Anhand dieser Werte wird nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) ein fiktives einstufig stabilisiertes Rissöffnungsniveau eop, einst, v ermittelt. Die (allein dehnungsabhängige) Rissöffnungsdehnung e 0op, eins,v bei einer Risslänge a = 0 folgt aus
e 0op, einst, v = eu, akt
für R ≥ – 1 ,
(3.4–110)
e 0op, einst, v = eo, v
für R < – 1 .
(3.4–111)
Die zugehörige risslängenabhängige Rissöffnungsdehnung e aop, einst,v bei der aktuellen Risslänge aakt unter Berücksichtigung des transienten Rissöffnungs- und Rissschließverhaltens ist a a 0 eop, einst,v (aakt) = e cl, einst, v = eop, einst, v – (eop, einst, v – e op, einst, v) · exp (– d · aakt) . (3.4–112)
Hierin ist d ein Abklingfaktor für den Fall, dass die Schwingbreite Ds des aktuellen Schwingspiels größer ist als 80% der dauerfesten Schwingbreite DsD,–1 . Wenn eop, einst, v kleiner ist als der kleinste bisher erreichte Wert von a angeeop, einst, v , wird eop, einst, v (aakt) als wirksame Rissöffnungsdehnung e op a setzt. Im anderen Fall bleibt die alte Rissöffnungsdehnung e op, alt maßgebend, die für jedes Schwingspiel anfänglich auf null gesetzt und neu bestimmt wird. Auch in dieser Behandlung der Reihenfolgeeinflüsse ist ein Unterschied zu den Fallunterscheidungen Gl. (3.4–108) bei Vormwald gegeben. Die in die Abb. 3.3–45 und 3.3–47 eingetragenen Ergebnisse veranschaulichen die mit dem Modell FATICA verbesserte Treffsicherheit der Lebensdauervorhersage. Durchgängige Berechnung von Anriss- und Rissfortschrittslebensdauer Mit der Arbeit von Dankert [368] ist es gelungen, ein Konzept der elastischplastischen Schwingbruchmechanik zu entwickeln, mit dem die Anrissphase und die Rissfortschrittsphase innerhalb und außerhalb des Kerbbereiches von Kerbscheiben für Einstufen-, Zweistufen- und Betriebslastenversuche numerisch beschrieben werden können. Damit ist die in Abschn. 2.4.5 aufgezeigte Problematik ausgeräumt, die aus einer im Grunde willkürlichen Abgrenzung zwischen Anriss-Lebensdauer und Rissfortschritts-Lebensdauer und aus der Anwendung jeweils unterschiedlicher Berechnungskonzepte entsteht. Für dieses einheitliche Berechnungskonzept erwies sich, wie schon bei Vormwald [298] und Anthes [367], ein bruchmechanischer Ansatz, basierend
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse
485
auf dem J-Integral und einer Berücksichtigung des Rissöffnungs- und Rissschließverhaltens nach Newman [299] als geeignet, um den gesamten Bereich der Lebensdauer eines Bauteils einheitlich und durchgängig rechnerisch abzuhandeln. Eine wesentliche Aufgabe zu seiner Realisierung bestand darin, Algorithmen, Formeln und Näherungsformeln zur Beschreibung des Rissöffnungs- und Rissschließverhaltens und zur Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors K bzw. des J-Integrals für Risse zu entwickeln, die sich (im Gegensatz zu den Annahmen bei Vormwald und Anthes) ausgehend von Kerben in inhomogenen Spannungsfeldern ausbreiten. Exemplarisch abgehandelt wurden Oberflächen-, Eck-, Durchgangs- und Mehrfach-Anrisse in zugbeanspruchten Scheiben mit elliptischen Innenoder Außenkerben bei systematischer Variation von Geometrie- und Werkstoff-Kennwerten, Abb. 3.4–37. Die betreffenden Lösungen für das Rissöffnen wurden mit Experimenten und die Lösungen für die Spannungsintensitätsfaktoren K und für die J-Integrale mit zwei- und dreidimensionalen elastisch-plastischen FE-Berechnungen verglichen. In beiden Fällen wurden gute bis sehr gute Übereinstimmungen erzielt. Die Übertragbarkeit des Berechnungskonzeptes wurde am Beispiel der Rotornabe eines Abgasturboladers demonstriert, indem die elastische Spannungsverteilung im ungerissenen Bauteil durch eine vergleichbare Spannungsverteilung der untersuchten und gleichfalls ungerissenen Kerbscheiben modelliert wurde.
a
b
c
Abb. 3.4–37a–c. Von Dankert [368] untersuchte elliptische Kerbformen mit a Mitten-, b Eck- und c Durchgangsrissen
486
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Ausgangspunkt für die Ableitung von Näherungsformeln für den Spannungsintensitätsfaktor bildete eine Näherungsformel nach Newman und Raju [369] für KI-Werte im Sonderfall einer Scheibe mit Kreiskerbe, p · a · Yel (a, c, t, w, r, j) , KI = Sbrutto · a8
(3.4–113)
bei der die Geometriefunktion Yel durch parametrische Ansätze den Geometriegrößen, Abb. 3.4–37, für Oberflächen-, Eck- oder Durchgangsrisse angepasst wird. Ihre Erweiterung auf elliptische Kerben gelang, gestützt auf die Ergebnisse von Finite-Element-Berechnungen, durch einen Austausch weniger Terme in den parametrischen Ansätzen für Yel. Die entsprechenden Näherungsformeln sind in einem Anhang zu [368] aufgeführt und sie wurden für die praktische Anwendung in ein PC-Programm umgesetzt. Die Näherungsformeln für das J-Integral wurden abgeleitet, indem nach Gl. (3.4–13) der aus der K-Lösung ableitbare elastische Term Je im Sinne von Gl. (3.4–11) für Jp ergänzt wurde um einen geeigneten Parameteransatz mit Werkstoffkenngrößen und Geometriekenngrößen, die in Anlehnung an die jeweilige elastische Lösung unschwer zu ermitteln sind. Die Ermittlung der Rissöffnungsdehnung bei nicht einstufiger Belastung geschieht anhand von risslängenabhängigen Ansätzen, die – ähnlich wie bei Vormwald – von der Rissöffnungsdehnung unter Einstufenbelastung ausgehen. Zu ihrer Verifikation wurden die berechneten Rissfortschrittskurven den experimentell bestimmten gegenübergestellt. Es zeigt sich für die einund zweistufigen sowie für die betriebslastähnlichen Versuche eine gute bis sehr gute Übereinstimmung. Mit diesen Algorithmen, Formeln und Näherungsformeln entstand ein Rissfortschrittskonzept, das die durchgängige Berechnung der Rissfortschrittslebensdauer von einer beliebigen Anfangsrisskonfiguration (Rissart, Risslänge, Risstiefe) bis zu einer kritischen Risskonfiguration gestattet. Es behandelt sowohl den Rissfortschritt kurzer Risse in der Anrissphase als auch den Rissfortschritt langer Risse innerhalb und außerhalb des Kerbbereiches in einheitlicher Weise und geht weit über bisher bekannte Lösungen hinaus. In dem damit erbrachten Nachweis für die praktische Tragfähigkeit einer solchen Betrachtungsweise ist die wissenschaftliche Bedeutung des von Dankert entwickelten Berechnungskonzeptes zu sehen. Ein weiterer Vorteil des entwickelten Konzeptes ist, dass es sukzessiv mit neu entwickelten K- und J-Lösungen erweitert werden kann, ohne dass Bestandteile des eigentlichen Berechnungskonzeptes geändert werden müssen. Mithin sind für die Zukunft fortführende Arbeiten möglich, damit dieses Berechnungskonzept eine breite ingenieurmäßige Anwendung in der industriellen Praxis finden kann: – Entwicklung von K- und J-Lösungen für andere Geometrien, – Entwicklung von K- und J-Lösungen für andere Lastfälle,
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
– – – –
487
Berücksichtigung einer geometriebedingten Mehrachsigkeit, Berücksichtigung von proportionalen und nichtproportionalen Lasten, Berücksichtigung von Mixed-Mode-Effekten und Berücksichtigung von bestimmten Einflussgrößen infolge der Herstellung oder Bearbeitung, wie z.B. Eigenspannungen, Oberflächenrauheiten, Randschichtverfestigungen.
Die beiden ersten Punkte machen die Hauptproblematik bei der Anwendung des entwickelten bruchmechanischen Konzeptes in der Praxis deutlich. Die von Dankert [368] bisher entwickelten Näherungsformeln zur Berechnung der Spannungsintensitätsfaktoren K für Risse in Kerben und das entwickelte elastisch-plastische Rissfortschrittsmodell wurden in einem Berechnungsprogramm anwenderfreundlich aufbereitet.
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften Die Bauteilgestalt, die Belastungsverhältnisse und die Rissgeometrie können bei bruchmechanischen Berechnungen allein über den Spannungsintensitätsfaktor bzw. über das J-Integral Berücksichtigung finden. Im Einzelfall geschieht dies durch die Art, wie das rissbehaftete Bauteil für die Berechnung modelliert wird, wie die einwirkende Spannung berechnet und wie der geeignete Geometriefaktor Y (a) als Funktion der kennzeichnenden Rissgröße a gewählt wird. Für die Verlässlichkeit einer bruchmechanischen Berechnung haben diese Arbeitsschritte entscheidende Bedeutung. Werkstoffeigenschaften gehen vornehmlich über die in Ansatz gebrachten Rissfortschrittsdaten bzw. über das ihnen unterlegte Rissfortschrittsgesetz mit seinen Kennwerten in die Berechnung ein. Weiterhin können die Streckgrenze Re , der Bruchzähigkeitswert Kc und die kritische Risslänge ac als werkstoffspezifische Kennwerte für das Ergebnis der Berechnung ausschlaggebend sein. FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis“ Ergänzende Ausführungen zu diesen Sachfragen, die in nachstehend genannten Punkten über die hier im Abschn. 3.4 gemachten Ausführungen hinausgehen, kann der Anwender in der FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis“ finden [47]. Der Schwerpunkt dieser Richtlinie liegt allerdings beim statischen Festigkeitsnachweis für Bauteile mit rissähnlichen Fehlern, die z.B. bei einer zerstörungsfreien Prüfung festgestellt wurden und entweder aus der Fertigung oder auch durch eine vorausgegangene Schwingbeanspruchung bedingt sein können. Die dazu dargestellten Konzepte und Rechenmethoden entsprechen dem in europäischen
488
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Gremien erarbeiteten SINTAP-Dokument [370]. Die Abhandlung des Rissfortschritts unter schwingender Beanspruchung sieht in Anlehnung an die Britische Norm BS 7910 [371] eine Integration der Rissfortschrittsgleichung vor und geht insofern nicht über die diesbezüglichen Ausführungen in Abschn. 3.4.3 hinaus. Als weiteres Schrifttum von allgemeiner Bedeutung für bruchmechanische Nachweise sind [43, 372–376] zu nennen. Rissmodell und Spannungsintensitätsfaktor Das Bauteil mit Riss wird ausgehend von seiner Gestalt und seiner Belastung in einem Rissmodell so idealisiert, dass für dieses Rissmodell eine Lösung des Spannungsintensitätsfaktors vorliegt oder sich mit vertretbarem Aufwand oder auch durch gesonderte Berechnung gewinnen lässt. Mit Rücksicht auf den Aufwand wird man einem ebenen Rissmodell gegenüber einem räumlichen Modell den Vorzug geben. Bei komplizierter Geometrie kann eine alternative Annäherung durch verschiedene Rissmodelle aufschlussreich sein und dazu dienen, den Vertrauensgrad der Berechnung abzuschätzen. Praktisch bestehen verschiedenartige Möglichkeiten, um den Spannungsintensitätsfaktor bzw. die Geometriefunktion für einen konkreten Anwendungsfall zu bestimmen, wobei sich diese Möglichkeiten nicht nur im Arbeitsbedarf, sondern auch im Grad der Verlässlichkeit unterscheiden. K aus Handbüchern und Veröffentlichungen Sammlungen bekannter Lösungen für Spannungsintensitätsfaktoren finden sich in „The Stress Analysis of Cracks Handbook“ von Tada, Paris und Irwin [245], im „Handbook of Stress Intensity Factors“ von Sih [378], im „Compendium of Stress Intensity Factors“ von Rooke und Cartwright [379], im „Stress Intensity Factors Handbook“ von Marukami et al. [380], und in „Weight Functions and Stress Intensity Factor Solution“ von Wu und Carlsson [381]. Eine größere Auswahl solcher Lösungen für verschiedene Konfigurationen der Rissgeometrie und der Belastung, insbesondere bei Platten, Hohlzylindern und Schweißstößen, finden sich in einem Anhang der FKMRichtlinie [47]. In der Regel findet man dort die Geometriefunktion für eine elementar berechnete Nennspannung angegeben, die auf den Bruttoquerschnitt ohne Riss bezogen ist, sowie in Abhängigkeit von der Rissgröße, die üblicherweise auf ein Querschnittsmaß bezogen ist. Es gibt dafür aber keine generellen Festlegungen, sodass den betreffenden Angaben jeweils besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Als Beispiel sind mit Abb. 3.4–38 und Tabelle 3.4–2 aus [372] die Geometriefunktionen gebräuchlicher Probenformen für bruchmechanische Versuche angeführt, wobei zwei Besonderheiten zu beachten sind: Der Span-
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
489
Abb. 3.4–38. Probenformen für bruchmechanische Versuche und Bezeichnungen für die Geometriefunktionen nach Tabelle 3.4–2 [372]
Tabelle 3.4–2. Geometriefunktionen für die Probenformen nach Abb. 3.4–27 [372]
Probenform
Geometriefunktion Y(l)
SENB4
1,93 – 3,07 l + 14,53 l2 – 25,11 l3 + 25,80 l4
0 ⬉ l ⬉ 0,6
SENB8
1,96 – 2,75 l + 13,66
l2
l4
0 ⬉ l ⬉ 0,6
SENB
1,99 – 2,47 l + 12,97 0,667 l–1/2 (1 – l)–3/2
l2–
l4
0 ⬉ l ⬉ 0,6 0,5 ⬉ l ⬉ 1,0
SENT
1,99 – 0,41 l + 18,70 l2 – 38,48 l3 + 53,85 l4 0,50 l–1/2 (1 – l)–3/2 (1 + 3 l)
0 ⬉ l ⬉ 0,6 0,3 ⬉ l ⬉ 1,0
CT
29,6 – 185,5 l + 655,7 l2 – 1017,0 l3 + 638,9 l4 0,50 l–1/2 (1 – l)–3/2 (5 + 3 l) a3 p · (1 – 0,025 l2 + 0,06 l4) · (cos p l/2)–1/2
0,3 ⬉ l ⬉ 0,7 0,8 ⬍ l ⬍ 1,0
a3 p · (1,122 – 0,561 l – 0,015 l2 + 0,091 l3) (1 – l)– 1/2 a3 p · (1,122 – 1,542 l + 1,836 l2 – 1,280 l3 + 0,366 l4) (1 – l)–3/2
0 ⬉ l ⬉ 1,0
CC DEN NR
Gültigkeitsbereich
– 23,98 23,17
l3
l3
+ 25,22
+ 24,80
0 ⬉ l ⬍ 1,0 0 ⬉ l ⬉ 1,0
490
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
nungsintensitätsfaktor ist abweichend von Gl. (3.4–7) ohne den Faktor a3 p geschrieben als (3.4–114) + ry · Y(l), K = s · aa0 und es ist die Risslänge um den Radius der zug-plastischen Zone
1 K 2 ry = 8 · 8 , n · p Rp 0,2 n = 2 für ESZ bzw. n = 4 · a3 2 für EDZ,
(3.4–115)
vergrößert, womit einer plastischen Rissspitzen-Aufweitung Rechnung getragen werden soll. Weitere Zusammenstellungen, insbesondere auch für Risse an Kerben sowie für halbelliptische Oberflächenrisse oder viertelkreisförmige Eckrisse, finden sich bei Schwalbe [326]. Lösungen für Formelemente des Flugzeugbaus enthält das „Handbuch Struktur und Berechnung“ [24]. Lösungen für Risse in Druckbehältern und Rohrleitungen gibt der ASME-Code [373]. Spannungsintensitätsfaktoren für die Anwendung auf Schweißverbindungen sind bei Radaj zusammengestellt [32], Spannungsintensitätsfaktoren für die bruchmechanische Bewertung von Fehlern in Schweißverbindungen finden sich in den DVS-Merkblättern 2401 [374]. K aus Näherungsformeln Für viele Anwendungsfälle mag die Berechnung von Spannungsintensitätsfaktoren mit der Nennspannung im ungerissenen Bruttoquerschnitt zweckmäßig sein, doch die betreffenden Geometriefunktionen unterscheiden sich dann recht beachtlich. Diese Unterschiede lassen sich aber, zumindest für Außenrisse, deutlich verringern, wenn eine Nennspannung Sr für die Rissspitze oder Rissfront aus dem Zug- und Biegespannungsanteil im Restquerschnitt (Index r) berechnet wird [382], Abb. 3.4–39. Es gilt dann K = Sr · a9 p · a · Yr (a)
(3.4–116)
mit Yr (a) = Y(a) · S / Sr
(3.4–117)
und Sr = F /Ar oder Sr = M /Wr .
(3.4–118)
Als grobe aber recht universelle Näherungslösung für Außenrisse im Modus I kann daraus abgeleitet werden: Yr (a) = 1,12 – 2,225 · (a /b) + 1,375 · (a /b)2, 0 ⬉ a /b ⬉ 0,8 ,
(3.4–119)
für Sr = F /Ar + M / Wr .
(3.4–120)
Eine andere, sehr vielseitig anwendbare und gut abgesicherte Näherungslösung wurde von Schijve für kleine Risse an Kerben abgeleitet [383]. Für sie erweist sich der Spannungsintensitätsfaktor vorrangig durch die Kerbspan-
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
491
Risslängenverhältnis a / b
Abb. 3.4–39. Geometriefunktionen für Außenrisse, wenn die Spannung als Nennspannung für den Restquerschnitt, d.h. an der Rissspitze berechnet wird [382]
nung ak · S und durch das Verhältnis von Risslänge a zu Kerbgrundradius r bestimmt: K = ak · S · a9 p · a · Y(z) mit z = a / r ,
(3.4–121)
Y (z) = 1,1215 – 3,21 · z + 5,16 · z1,5 – 3,73 · z2 + 1,14 · z 2,5 .
(3.4–122)
Der Gültigkeitsbereich dieser Näherungslösung endet formzahlabhängig etwa bei Rissgrößen a / r, bei denen die Spannung an der Rissspitze in die Nennspannung des Kerbquerschnitts übergeht, Abb. 3.4–40. Eine weitergehende Näherungslösung zur Berechnung von Spannungsintensitätsfaktoren für Oberflächen-, Eck- und Durchgangsrisse in Scheiben mit elliptischen Innen- oder Außenkerben, die den gesamten Bereich vom kurzen Anfangsriss bis zum langen Endriss erfassen, wurde im Zusammenhang mit der Arbeit von Dankert entwickelt und in einem PC-Programm für die praktische Anwendung aufbereitet [51, 368], s. Ende von Abschn. 3.4.9. K aus der Modellierung mit bekannten Lösungen Aus den bekannten Lösungen lassen sich verwandte Fälle durch eine geeignete Modellierung abhandeln, Abb. 3.4–41. Drei vorrangige Kriterien sind dabei zu beachten: Bei dem zu modellierenden Bauteil und bei dem bekannten Modell müssen die Kraftwirkungslinien übereinstimmen, erforderlichenfalls sind einseitige Querschnittskorrekturen vorzunehmen, wie z.B. in Abb.
492
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit bezogene Risslänge z = a / r
Abb. 3.4–40. Geometriefunktion Gl. (3.4–117) für Risse an Kerben im Vergleich zu Werten für elliptische Kerben nach Neumann [383]
Abb. 3.4–41. Modellierung einer Schweißnaht mit Wurzelspalt durch das bekannte Rissmodell SENT nach Abb. 3.4–38, nach Haibach, Olivier und Kittel
Riss
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
493
3.4–41 wegen der einseitigen Nahtüberhöhung. Bei Querschnittskorrekturen ist die einwirkende Belastung so umzurechnen, dass sich auch im Modell die zutreffende Spannung für den Rissquerschnitt einstellt; so ist z.B. nach Abb. 3.4–41 bei der Berechnung von DK die Spannung DS für den Bruttoquerschnitt des Modells (Maß d) im Verhältnis s /d niedriger als die Nennspannung im Bauteil (Maß s). In aller Regel wird mit linear über den Querschnitt verlaufenden Spannungen gerechnet und erforderlichenfalls ist eine solche Linearisierung vorzusehen. Und schließlich sollte die Art der Modellierung eine Abschätzung auf der sicheren Seite liefern. K aus Berechnungen mit Gewichtsfunktionen Bei diesem Verfahren wird K für eine vorliegende Rissuferbelastung p(x) bestimmt aus einer Referenzlösung K r, für die die zugehörigen Rissuferverschiebungen v r bekannt oder abzuschätzen sind [47]: 2·E a d v r (x, a) K=–8 · (p (x) · · dx . ∫ 07 Kr o da
(A3.4–86)
K aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen Für eine spezielle Bauteil- oder Rissgeometrie oder eine besondere Art der Belastung lässt sich der Spannungsintensitätsfaktor auf dem Weg einer Finite-Element-Berechnung bestimmen. Dabei verursacht die Spannungs-Singularität an der Rissspitze jedoch ein verfahrens-spezifisches Problem, für dessen Abhandlung verschiedene Vorgehensweisen wie auch spezielle Rissspitzen-Elemente, Abb. 3.4–42, entwickelt wurden. Der Aufwand bei solchen
Abb. 3.4–42. Spezielles Rissspitzenelement zur Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors nach der Finite-Element-Methode, nach Gifford
494
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Rissspitzen-Elementen, auch bei solchen neueren Typs, ist jedoch beträchtlich, da die Elementstruktur für die zunehmende Rissgröße jeweils neu erstellt und berechnet werden muss; inzwischen gibt es aber schon ProgrammEntwicklungen, die diese risslängenabhängige Fortentwicklung der Elementstruktur mehr oder weniger automatisch vornehmen. Für die praktische Durchführung sind spezielle Sachkenntnis und eine geeignete Hardund Software erforderlich. Für Randelement-Berechnungen des Spannungsintensitätsfaktors gelten im Grunde die gleichen Anmerkungen wie für die Finite-Element-Methode, jedoch mit dem Unterschied, dass sich die Elementierung auf die Bauteilund Rissoberfläche beschränkt und sich deshalb ein geringerer Rechenaufwand ergibt. Aus diesen Gründen besteht die neuzeitliche Berechnungsweise für Spannungsintensitätsfaktoren in einer Finite-Element-Berechnung des J-Integrals und dessen Umrechnung in K gemäß J /E¢ mit E¢ = E / (1 – m 2) K = a7
(3.4–13)
Spannungsintensitätsfaktor und abzudeckende Einflüsse Am Beispiel eines zug- oder biegebeanspruchten Stabs mit Schulterradius und mit einem Anriss an der Kerbstelle, Abb. 3.4–43, lässt sich erörtern, welcher Vielzahl von Einflüssen der Spannungsintensitätsfaktor Rechnung tragen muss: – dem Fall der Zugbeanspruchung oder der Biegebeanspruchung und der dafür zutreffenden unterschiedlichen Nennspannungsverteilung im Rissquerschnitt, – dem Übergang vom ebenen Spannungszustand zum ebenen Dehnungszustand mit größerer Dicke des Stabes, bzw. allgemein einem mehrachsigen Spannungszustand,
Abb. 3.4–43. Einflüsse auf den Spannungsintensitätsfaktor für einen Schulterstab mit Anriss im Kerbradius
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
495
– der Kerbwirkung am Kerbradius, die von der Beanspruchungsart abhängig durch die Formzahl ak und den Gradienten des Kerbspannungsfeldes beschrieben wird, – dem mit einer Rissgröße a > r /2 verschwindenden Einfluss der Kerbe mit einem Übergang auf die Geometriefunktion des ungekerbten Stabes mit Randriss, – der Rissform und dem Rissverlauf sowie der Wechselwirkung aufeinander zuwachsender Rissspitzen, bzw. einer auf den Querschnittsrand zuwachsenden Rissspitze, – dem sich mit zunehmender Rissgröße verringernden tragenden Querschnitt und der damit ansteigenden Spannung im Restquerschnitt, – der sich unter Zugbeanspruchung bei einseitigem Anriss ergebenden zusätzlichen Biegebeanspruchung durch Außermittigkeit des Restquerschnitts, – dem mit zunehmender Rissgröße nicht mehr vernachlässigbaren Rissschließen auf der Biegedruckseite und der damit verbundenen Änderung des Rissmodells, – dem Umstand, dass der Kerbgrund bei zeitfest bemessenen Bauteilen elastisch-plastisch beansprucht ist, – dem Abstand der Nennspannung von der Streckgrenze und dem etwaigen Erreichen eines vollplastischen Grenzzustandes bei stark angewachsenen Rissen. Wenngleich angeführt werden kann, dass einige dieser Einflüsse logischerweise auf dem Weg der Spannungsberechnung abgehandelt und nicht über die Geometriefunktion abgedeckt werden sollten, so gibt es andererseits nach den Darstellungen in der Literatur keine zwingenden Hinweise, dass dies tatsächlich auch so geschieht. Erfordernisse der Spannungsberechnung Die maßgeblichen Lastspannungen zur Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors bestimmen sich für die unmittelbare Umgebung des Risses nach den Erfordernissen des gewählten Rissmodells und der dafür geltenden Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors. Die Lastspannungen können in der Regel einer Berechnung für das Bauteil ohne Riss entnommen werden, es sei denn, das Bauteil mit Riss zeigt ein merklich andersartiges Verformungsverhalten und damit ein andersartiges Spannungsfeld. Bei zusammengesetzter Beanspruchung, z.B. Zug und Biegung, ist eine Superposition der betreffenden Spannungsintensitätsfaktoren zulässig. Für die Berechnung des Rissfortschritts bei konstanter Schwingbreite der Spannung genügt es, die Werte der Ober- und Unterspannungen So und Su bzw. die Schwingbreite der Spannung DS und das Spannungsverhältnis R zu kennen, um die Wöhlerlinie des Bauteils mit Anfangsriss zu bestimmen. Bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung wird eine kennzeichnende Abfolge der einzelnen Ober- und Unterspannungswerte Soi und Sui benö-
496
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
tigt, wenn die Reihenfolgeeinflüsse auf den Rissfortschritt berücksichtigt werden sollen, Abschn. 3.4.3. Ohne Beachtung von Reihenfolgeeinflüssen kann die Berechnung anhand des Beanspruchungskollektivs und der Wöhlerlinie des Bauteils mit Anfangsriss auf dem Weg einer Schädigungsakkumulationsrechnung geschehen, Abschn. 3.4.7. Eigenspannungen lassen sich im Grundsatz über eine entsprechende Veränderung der Mittelspannung oder des Spannungsverhältnisses berücksichtigen. Um reale Eigenspannungsverteilungen im Rissquerschnitt zu berücksichtigen, fehlen bisher geeignete Rechenverfahren, Abschn. 3.1.5 [201]. Größe des Anfangsrisses und des Endrisses Die Größe des anzusetzenden Anfangsrisses ist primär durch die Aufgabenstellung bestimmt, rechnerisch ist sie auf das gewählte Rissmodell abzustimmen. Für die rechnerische Behandlung nicht elementarer Rissformen oder anderer Fehlerformen als Risse gibt es Empfehlungen, die zumeist einen dem realen Riss oder Fehler umschriebenen elliptischen Ersatzriss mit der Rissfläche senkrecht zur vorherrschenden Spannung vorschlagen, Abb. 3.4–44; weiterhin gibt es Empfehlungen, wann und wie benachbarte Mehrfach-Fehler zusammen oder getrennt als Riss modelliert werden sollten [47, 374]. Ausführungen, wie Fehleranzeigen, die bei einer zerstörungsfreien Prüfung anfallen, in bruchmechanisch behandelbare Fehlerabmessungen bzw. Rissmodelle umgesetzt werden können, sind in der FKM-Richtlinie [47] zu finden.
a
b
c
d
e
f
g
i
h Abb. 3.4–44a–i. Bruchmechanische Behandlung von Fehlern im Werkstoff durch Zurückführen auf einfache Grundformen, wie Durchriss a, halbelliptischer Oberflächenriss b oder elliptischer Innenriss c, durch Zusammenfassen eng benachbarter Risse d, e, f, sowie durch Projektion des Fehlers in eine Ebene senkrecht zur Hauptbeanspruchung, wirkliche Lage g, wirkliche Abmessung h, Projektion i [384]
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften
497
Die Größe des Endrisses erweist sich für Rissfortschrittsberechnungen häufig als belanglos, wenn der Anfangsriss gegenüber den Querschnittsabmessungen klein ist, und demzufolge bereits schon bei einer unkritischen Rissgröße ein extrem schneller Risszuwachs ohne nennenswerte weitere Zunahme der ertragenen Schwingspielzahl erhalten wird. Bei vergleichsweise großen Anfangsrissen, wie bei der Berechnung der Restlebensdauer eines stark angerissenen Bauteils, ist die Endrisslänge hingegen als kritische Risslänge für einen spröden oder duktilen Restbruch oder für eine unzulässige Verformung zu bestimmen und in Verbindung mit einer geeigneten Rissfortschrittsgleichung, z.B. der Forman-Gleichung (3.4–19), in die Rechnung einzuführen. Verfügbare Rissfortschrittsdaten Rissfortschrittsdaten für technische Werkstoffe sind in großer Zahl im Schrifttum zu finden. Im Abschn. 5.5 sind Hinweise auf einschlägige Veröffentlichungen und auf eine Sammlung von Rissfortschrittsdaten zu finden. Insbesondere enthält die FKM-Richtlinie [47] als Anhang eine umfangreiche Sammlung von bruchmechanisch relevanten Daten zu Werkstoffen, so z.B. außer zu Stahl auch zu Aluminium- und Titan-Legierungen, sowie Rissfortschrittsdaten, wie sie in verschiedenen Regelwerken für die Berechnung empfohlen werden. Allerdings ist festzustellen, dass die Darbietung experimentell gewonnener Daten meist nur bedingt für die Übernahme in eine Rissfortschrittsberechnung geeignet ist, weil es an einer formelmäßigen Beschreibung der Daten fehlt und diese erst mühsam vom Interessenten anhand des verkleinerten Abdrucks und des oft zu kleinen Dekaden-Maßstabs für DK erarbeitet werden muss. Weitere praktische Schwierigkeiten entstehen aus zum Teil widersprüchlichen Daten für vergleichbare Sachverhalte und aus den großen Streuungen, die sich bei zusammenfassenden Auswertungen ergeben. Bislang ist noch nicht geklärt, inwieweit diese Streuungen durch Einflüsse des Werkstoffs, der Probenform, der Versuchstechnik, der Laboratmosphäre oder des Auswerteverfahrens begründet sind. Abbildung 3.4–45 veranschaulicht die Streuung von Daten für vergütete Stähle. Wie Tanaka, Masuda und Nishijima [385] bei ihren zusammenfassenden Auswertungen feststellen, verlaufen jedoch nahezu alle da /dn-Kurven für Stähle durch einen gemeinsamen Bezugspunkt (B) mit den Koordinaten DK* und da /dn*, mit einem Neigungsexponenten m und bei einem Schwellwert DK0 , für die sich von der Gefügestruktur abhängig im Mittel die Werte nach Tabelle 3.4–3 ergeben. Sie ermöglichen, das Rissfortschrittsgesetz in Zusammenfassung von Gl. (3.4–16) und Gl. (3.4–18) zu beschreiben als da / dn = da / dn* · [(DK / DK*)m – (DK0 / DK*)m] .
(3.4–87)
498
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.4–45. Streubreite der im Schrifttum mitgeteilten Rissfortschrittsraten für Vergütungsstähle und Art der Bruchflächenausbildung [385]
Tabelle 3.4–3. Mittlere Kennwerte für das Rissfortschrittsgesetz Gl. (3.4–87) [254]
Stähle
Gefügestruktur
da /dn* nm /ssp
DK* MPa m1/2
m
DK0 MPa m1/2
A A A A B B
ferritisch-perlitisch vergütet gehärtet, zäh gehärtet, spröde austenitisch sonstige
170 170 170 29 170 170
32,1 32,1 32,1 15,5 32,1 32,1
3,5 2,7 2,8 4,0 3,6 2,5
8,3 5,9 3,7 4,6 5,1 4,1
Für Abschätzungen auf der sicheren Seite müssen die DK*-Koordinate des Bezugspunktes (B) und vor allem der Schwellwert DK0 gegenüber den Werten nach Tabelle 3.4–3 erniedrigt werden.
3.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes Bruchmechanische Betrachtungen zum Rissfortschritt unter Schwingbeanspruchung haben heute einen festen Platz unter den rechnerischen und experimentellen Verfahren der Betriebsfestigkeit. Ursprünglich wurden sie entwickelt zum Abschätzen der Restlebensdauer schwingbeanspruchter Bauteile mit makroskopischen Anrissen. Daraus entwickelte sich das Konstruktions-Prinzip der Schadens-Toleranz, bei dem eine
3.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes
499
sinnvolle Restlebensdauer selbst für den Fall eines beträchtlichen Schadens nachgewiesen werden muss, wie er z.B. an einem Flugzeug durch Kollision oder Sprengkörper entstehen kann. Darüber hinaus erwiesen sich bruchmechanische Betrachtungen aber mehr und mehr für eine breitere Anwendung auf Fragen der Schwingfestigkeit als geeignet. So haben sie sich eingeführt, um einen Mindestwert der Lebensdauer schwingbeanspruchter Bauteile nachzuweisen unter der Voraussetzung, dass bei jeder Prüfmethode eine Fehlstelle bestimmten Ausmaßes unentdeckt bleiben kann, die dann lebensdauerbestimmend wird, oder in Umkehr des Gedankenganges, um die Erfordernisse einer zerstörungsfreien Prüfung hinsichtlich der Fehlererkennbarkeit und der Inspektionsintervalle festzulegen. Die folgerichtige Weiterführung dieses Gedankens führte in jüngerer Zeit auf Betrachtungen zum Schwingfestigkeitsverhalten kurzer Risse in hochbeanspruchten Bauteilquerschnitten. Dabei zeichnet sich das Bruchmechanik-Konzept vor allem durch seine analytische Grundlage aus. Ihm darf bescheinigt werden, dass es die maßgeblichen Phänomene der Schwingfestigkeit mit den bestehenden rechnerischen Ansätzen im Grundsatz recht zutreffend erfasst. Probleme entstehen allerdings bei seiner praktischen Anwendung, wenn dabei die Voraussetzungen der linear-elastischen Bruchmechanik mehr und mehr verlassen werden und formelmäßig nicht angemessen berücksichtigt wird, dass sich der Werkstoff realiter elastisch-plastisch verhält. Eine große Stärke für die Erforschung der Erscheinungen liegt in der mechanistischen Betrachtungsweise des Rissfortschritts als Maß der zunehmenden Schädigung, die damit auf anschauliche Weise experimentell verfolgbar und nachprüfbar wird. Zur kontinuumsmechanischen Betrachtungsweise der Schwingfestigkeit und den daraus abgeleiteten Erkenntnissen zeigen sich dabei auffällige Analogien und bemerkenswerte Übereinstimmungen in der formelweisen Beschreibung erkannter Abhängigkeiten und Zusammenhänge. Beispielsweise liefert eine konsequente, formale Anwendung der bruchmechanischen Gesetze des Rissfortschritts bei konstanter Spannungsamplitude die Gleichung und den Verlauf der Wöhlerlinie eines anrissbehafteten Bauteils in unmittelbarer Entsprechung zum Konzept normierter Wöhlerlinien. Bei Beanspruchung mit veränderlichen Amplituden besteht die Analogie einer einfachen, reihenfolge-unabhängigen Rissfortschritts-Berechnung zur Miner-Regel. Faktisch ist dabei eine vollständige Entsprechung zur konsequenten Form der Miner-Regel gegeben. In solchen Fällen ist es deshalb vom Aufwand her günstiger, bruchmechanisch nur die Wöhlerlinie des Bauteils mit Riss zu errechnen und diese dann einer SchädigungsakkumulationsRechnung zugrunde zu legen. Insofern besteht in Fragen der Schädigungsakkumulation auch keine Apriori-Überlegenheit des Bruchmechanik-Konzeptes, wenn lediglich reihenfolge-unabhängig gerechnet wird. Seine Überlegenheit zeigt sich nur dann,
500
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
wenn der beträchtlich vergrößerte Auswand einer reihenfolge-abhängigen Rissfortschritts-Berechnung hingenommen wird. Gerade in Fragen der Schädigungsakkumulation ermöglichte die mechanistische Betrachtungsweise der Bruchmechanik einen entscheidenden Erkenntnisgewinn. Denn mittels bruchmechanischer Betrachtung werden die Ursachen der Reihenfolge-Einflüsse erkennbar und verständlich aus den Vorgängen in der wechsel-plastisch beanspruchten „Prozesszone“ an der Rissspitze, aus den daraus beeinflussten Verformungen der Rissufer und aus den davon mitbestimmten Rissschließ-Effekten. Das Wheeler- und Willenborg-Modell werden vom Ansatz her diesen Reihenfolge-Einflüssen nur in speziellen Anwendungsfällen und auch dann nur mit Vorbehalten gerecht. Mit dem Loseq-Modell wird den Reihenfolge-Einflüssen bei langen Rissen am weitestgehenden und bruchmechanisch am anschaulichsten entsprochen. Die rechnerische Behandlung von Reihenfolge-Einflüssen bei kurzen Rissen in elastisch-plastisch schwingend beanspruchten Werkstoffbereichen wird aus einer Betrachtung effektiver Schwingbreiten des J-Integrals anhand eines Modells von Newman für das Rissöffnen und Rissschließen bzw. anhand des von Vormwald daraus abgeleiteten Schädigungsparameters PJ oder der daraus von Anthes mit dem Modell FATICA weiterentwickelten Vorgehensweise möglich. Diese Ansätze bringen eine überzeugende Verbesserung für die Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung. Ein weiterer Vorteil der bruchmechanischen Betrachtung ist es, dass daraus nicht allein ein pauschaler Endwert der Lebensdauer erhalten wird, sondern eine funktionale Abhängigkeit der Lebensdauer sowohl von der Größe des Anfangsrisses, wie auch von der Größe des bruchbestimmenden Endrisses. Das stark progressive Endwachstum großer Risse vereinfacht dabei einerseits die Lebensdauerabschätzung, weil die Größe des Endrisses nur noch von geringem Einfluss ist, wenn ihr gegenüber die Anfangsrisslänge vergleichsweise klein war. Andererseits wird es aus dem gleichen Grund schwierig, verlässliche Aussagen über die Restlebensdauer zu machen, wenn die Anfangsrisslänge bereits eine der zulässigen Endrisslänge vergleichbare Größe hat. Eine experimentelle Bestätigung von Rissfortschrittsberechnungen, beispielsweise durch wiederholte zerstörungsfreie Feststellungen des Rissfortschritts an den betroffenen Bauteilen, ist deshalb zu empfehlen, wenn immer es aus der Bedeutung der daraus abgeleiteten Entscheidung geboten erscheint. Als Nachteil des Bruchmechanik-Konzeptes ist zu vermerken, dass die Einflüsse der Beanspruchungsart, der Bauteilform, der Rissform, der Rissöffnungsart, sowie der Einfluss der Spannungsumlagerung bei zunehmender Risslänge und des bei Wechselbeanspruchung dabei zunehmenden Effektes des makroskopischen Rissschließens allein über den Geometriefaktor des Spannungsintensitätsfaktors berücksichtigt werden können. Das Problem ist auf diese Weise zwar im Prinzip gelöst, der Geometriefaktor beinhaltet damit jedoch die gesamte Problematik der Gestaltfestigkeit.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
501
Die zutreffende Berücksichtigung all dieser Einflüsse über den jeweils geeigneten Geometriefaktor erweist sich deshalb in der Praxis als ein mitunter zweifelbehaftetes oder aber als ein recht aufwendiges Unterfangen. Der Eindruck ist durchaus nicht unbegründet, dass die praktische Bedeutung, die einer zutreffenden Bestimmung des Geometriefaktors zukommt, wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten gelegentlich unterschätzt wird. Auch zu den verfügbaren Rissfortschritts-Daten ist eine kritische Anmerkung angezeigt. So zeigen Rissfortschritts-Daten einerseits eine erstaunlich geringe Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Werkstoffs und seiner Wärmebehandlung und lediglich eine dominante Abhängigkeit vom E-Modul. Andererseits zeigen sie eine beachtliche Streuung, wenngleich die übliche Darstellung im da / dn-Diagramm diesen Sachverhalt wegen eines zu kleinen Maßstabs für DK weniger klar zutage treten lässt. Es drängt sich die Frage auf, ob die Streuung letztlich aus dem Werkstoff oder aus der Versuchs- und Auswerte-Technik bedingt ist. Des Weiteren ist zu fragen, ob die Modellgesetze bei einer praktischen Anwendung der herkömmlich bestimmten Daten in allen Fällen gewahrt sind. Eine besondere Problematik scheint bei der Übertragbarkeit herkömmlich bestimmter DK0-Werte zu bestehen.
3.5 Berechnen der Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit 3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl Allein schon angesichts der beachtlichen Streueinflüsse auf die Schwingfestigkeit, die nach Versuchen selbst für gleichartig gefertigte Bauteile zu verzeichnen sind, wäre eine sinnvolle Aussage über ihre Lebensdauer im Betrieb nur auf statistischer Grundlage möglich. Doch bleibt weiterhin zu bedenken, dass auch die im Betrieb einwirkende Beanspruchung keineswegs für jedes Bauteil aus einer Serie gleichartig gefertigter Bauteile gleich zu sein braucht. Um zu einer sinnvollen Aussage über die Lebensdauer zu kommen, muss sie verknüpft werden mit einer Angabe der dazugehörigen Ausfallwahrscheinlichkeit. Die bestehende Beziehung zwischen Lebensdauer und Ausfallwahrscheinlichkeit wird mit einem Vergleich der ertragbaren und der auftretenden Beanspruchung im Netz der Lebensdauerlinie veranschaulicht [386]: Abbildung 3.5–1 enthält dazu in der üblichen Darstellung das mit zunehmender Lebensdauer abfallende Lebensdauer-Streuband, bezeichnet durch – die Linien der als Kollektivhöchstwert ertragbaren Beanspruchung S a, F für die Überlebenswahrscheinlichkeiten Pü = 90, 50 und 10%. Dem Lebensdauer-Streuband gegenübergestellt ist die auftretende Beanspruchung mit einem von der Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl unabhängigen, horizontalen Streuband. Es ist bestimmt durch die Kollektivhöchstwerte
502
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–1. Ausfallwahrscheinlichkeit eines schwingbeanspruchten Bauteils in Abhängigkeit von der geforderten Lebensdauer, hergeleitet aus den sich überschneidenden Streubereichen der ertragbaren und der im Betrieb auftretenden Spannungsamplituden [386]
– S a, B , die sich mit den Wahrscheinlichkeiten Pe = 90, 50 und 10% im Betrieb einstellen. Dieses horizontale Streuband der im Betrieb auftretenden Spannungsamplitude überschneidet und überschreitet das mit zunehmender Lebensdauer abfallende Streuband der ertragbaren Spannungsamplitude. Diese Überschneidung besagt anschaulich, dass in einem statistischen Auswahlprozess die auftretende Beanspruchung bei einer gewissen Anzahl von Bauteilen deren individuelle Schwingfestigkeit übersteigt, so dass es zu Schwingbrüchen kommt [387]. Berechnung für logarithmisch normale Streuverteilungen Wird vorerst der Einfachheit halber angenommen, dass die Streuverteilungen der auftretenden und der ertragbaren Spannungsamplituden beide der Logarithmischen Normalverteilung, Anhang 5.1, folgen, so lässt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit PA für jeden Lebensdauerwert aus dem Mittenabstand und den Standardabweichungen dieser beiden Streuverteilungen berechnen [388]. Mit – x = lg S a (3.5–1) als Merkmalsgröße stellt sich der Rechnungsgang anhand von Abb. 3.5–2 wie folgt dar: Die einwirkende Beanspruchung sei um den Mittelwert mB mit der
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
503
Abb. 3.5–2. Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit bei logarithmisch normalen Streuverteilungen der ertragbaren Spannungsamplituden (Index F = Festigkeit) und der im Betrieb auftretenden Spannungsamplituden (Index B = Beanspruchung)
Standardabweichung sB und die ertragbare Beanspruchung um den Mittelwert mF mit der Standardabweichung sF normalverteilt. Bruch tritt ein, wenn für ein Bauteil die einwirkende Beanspruchung xB größer ist als die ertragbare Beanspruchung xF , d.h. wenn sich ein negativer Differenzwert z = xF – xB
(3.5–2)
ergibt. Die Differenzwerte z sind ebenfalls normalverteilt, und zwar um einen Mittelwert m = mF – mB ,
(3.5–3)
der dem Mittenabstand der beiden Streuverteilungen entspricht, und mit einer Standardabweichung 2 2 s = as0 F + sB .
(3.5–4)
Die Ausfallwahrscheinlichkeit PA errechnet sich sodann als Integral über alle negativen Differenzwerte z < 0, oder nach Transformation auf u = (z – m) / s
(3.5–5)
nach dem Integral der Normalverteilung u0 1 PA = 02 · ∫ exp (– u2 / 2) · du . a8 2 · p –•
(3.5–6)
504
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–3. Ausfallwahrscheinlichkeit PA als Funktion der normierten Merkmalsgröße u0
Die so aus einer Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, als Funktion der bezogenen Merkmalsgröße u0 = – m / s
(3.5–7)
zu bestimmende Ausfallwahrscheinlichkeit ist in Abb. 3.5–3 aufgetragen. Bei konstanter Streubreite und bei einem im doppellogarithmischen Netz linearen Verlauf des Streubandes der ertragbaren Spannungsamplitude steigt demnach die Ausfallwahrscheinlichkeit, wie in Abb. 3.5–1 angegeben, nach einer Gauß’schen Summenkurve über dem logarithmisch geteilten Lebensdauermaßstab an. – Bei nicht konstanter Streubreite für S a, F weicht die Form der Ausfallverteilung von der Gauß’schen Summenkurve ab; sie muss dann punktweise nach Gl. (3.5–31) berechnet werden. Das Gleiche gilt bei einem nichtlinearen, in die Horizontale abbiegenden Verlauf des Lebensdauer-Streubandes, wie er bei – Spannungsamplituden S a, F im Bereich der Dauerfestigkeit sowie bei Oberspannungen nahe an der Grenze der Formfestigkeit erhalten wird.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
505
Ausfallwahrscheinlichkeit und einzuhaltende Sicherheitszahl Um die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen gewünschten Wert zu begrenzen, darf bei den festgestellten Streuverhältnissen ein bestimmter Mittenabstand – – der Streuverteilungen von S a, F und S a, B nicht unterschritten werden. Diese Forderung entspricht der Gepflogenheit, im Versuch ermittelte Festigkeitswerte um eine Sicherheitszahl zu erniedrigen, um die als zulässig anzusetzende Betriebsbeanspruchung zu erhalten. Wird die Sicherheitszahl jS definiert als das Verhältnis der 50%-Werte von ertragbarer zu auftretender Spannungsamplitude – – (3.5–8) jS = S a, F (Pü = 50%) / S a, B (Pe = 50%) , dann stellt sich dieses Verhältnis in Abb. 3.5–1 bei dem gewählten logarithmischen Spannungsmaßstab als Abstand der 50%-Werte dar. Bei einer Sicherheitszahl jS = 1 am Schnittpunkt der 50%-Linien ergibt sich mit dieser Definition der Sicherheitszahl eine Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 50%. Sicherheitszahlen jS > 1 verringern die Ausfallwahrscheinlichkeit in einer klar überschaubaren Weise, indem sie den Mittenabstand der beiden Streuverteilungen vergrößern. Mit den Bezeichnungen nach Abb. 3.5–2 und mit PA als Funktion von u0 nach Abb. 3.5–3 leitet sich aus Gln. (3.5–3), (3.5–4) und (3.5–7) ab: lg jS = mF – mB = m = – u0 · a01 sF2 + sB2 = – u0 · s , jS = 10–u0 · s .
(3.5–9) (3.5–10)
In dieser neuzeitlichen Betrachtungsweise erscheint die herkömmliche, zumeist empirisch festgelegte Sicherheitszahl nunmehr als eine statistisch begründete Sicherheitsspanne: Für einen vorgegebenen oder als vertretbar erachteten Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit PA folgt u0 aus Abb. 3.5–3 oder aus der Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, und damit jS aus Gl. (3.5–10) mit s nach Gl. (3.5–4). Um sF zu bestimmen, bietet sich eine Umrechnung der Streuspanne TS an, wie sie sich aus Auftragungen ähnlich Abb. 2.1–20 oder Abb. 3.2–32 gewinnen lässt. Es gilt dazu analog Gl. (2.1–30): – – sF = (1 / 2,56) · lg (1 / TS) mit 1 / TS = S a,10% / S a, 90% . (3.5–11) Bei einem im doppellogarithmischen Netz geradlinigen Verlauf der Lebens– dauerlinie mit einer Neigung entsprechend dem Exponenten k nach Gl. (2.2–1) besteht zwischen den Streuspannen TS und TN die Beziehung –
–
TN = TSk bzw. (1 / TN) = (1 / TS)k , und damit folgt, wahlweise zu Gl. (3.5–11), – sF = (1 / 2,56) · (1 / k ) · lg (1 / TN) .
(3.5–12)
(3.5–13)
506
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–4. Vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* bei Ansatz eines ungünstigen Beanspruchungswertes, der nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit Pe erreicht oder überschritten wird [386]
Um sB zu bestimmen bietet sich die Umrechnung aus einer Streuspanne TS an, – wie sie für streuende Kollektivhöchstwerte S a, B anzusetzen ist, Abschn. 3.5.3. Damit beispielsweise die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen Wert PA = 10–4 begrenzt ist (u0 = – 3,972), müssten bei angenommenen Streuspannen TS – – für S a, F und S a, B von 1:1,2 und 1:1,1 bzw. von 1:1,5 und 1:1,2 Sicherheitszahlen jS = 1,35 bzw. jS = 1,91 eingehalten werden. Notwendige Vereinfachungen Praktische Schwierigkeiten entstehen daraus, dass brauchbare Anhaltswerte über die Streubreite der Betriebsbeanspruchung zumeist fehlen, weil im Allgemeinen nur eine einzelne Langzeitmessung durchgeführt wird. Ein Ausweg aus diesen Schwierigkeiten ist dann zu sehen, wenn diese einzelne Langzeitmessung auf einen verhältnismäßig ungünstigen Beanspruchungswert führt, der nur selten erreicht wird und demgemäß mit einer Wahrscheinlichkeit von beispielsweise Pe = 1% angesetzt werden darf, Abschn. 3.5.3. In vereinfachender Weise lassen sich dann Ausfallwahrscheinlichkeiten PA* angeben, die sich als PA* = 1 – Pü
(3.5–14)
aus den Überlebenswahrscheinlichkeiten Pü bei dem angesetzten, ungünstigen Beanspruchungswert aus der Streuverteilung der ertragbaren Schwingspielzahlen ergeben [386], Abb. 3.5–4.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
507
Erörterung der vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlichkeiten Durch eine Gegenüberstellung der echten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA nach Abb. 3.5–1 und der vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA* nach Abb. 3.5–4 lässt sich zeigen, unter welchen Bedingungen die vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA* einen sicheren Schätzwert für die echten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA darstellen. Unter der Annahme logarithmisch normaler Streuverteilungen und mit den Bezeichnungen nach Abb. 3.5–2 bestimmt sich die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA nach Gl. (3.5–6) und Gl. (3.5–7) mit 3 u0 = – [mF – mB] / a0 sF2 + sB2 , u0 = – [(mF – mB) / sF] / a0 1 + u 2) ,
(3.5–15) (3.5–16)
wenn
u = sB / sF
(3.5–17)
das Verhältnis der Standardabweichungen bezeichnet. Mit einem ungünstigen Beanspruchungswert xPe ist unter den gleichen Voraussetzungen anzusetzen: xB = xPe – ue · sB ,
(3.5–18)
wobei – ue mit Pe in entsprechendem Zusammenhang steht wie u0 und PA , z.B. gilt – ue = – 2,33 für Pe = 1%. Die vereinfachend berechnete Ausfallwahrscheinlichkeit PA* kann mittels Gl. (3.5–15) gewonnen werden, wenn mB = xPe und sB = 0 gesetzt wird: u0* = – [(mF – xPe) / sF] .
(3.5–19)
Auch der Zusammenhang zwischen dem so bestimmten Wert u0* und PA* ist aus Abb. 3.5–3 oder aus der Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, zu entnehmen. Mit Gl. (3.5–17) und Gl. (3.5–18) lässt sich für Gl. (3.5–19) auch schreiben: u0* = – [(mF – mB) / sF] + ue · u .
(3.5–20)
Durch Zusammenfassen von Gl. (3.5–16) und Gl. (3.5–20) ist der Wert u0 als Funktion von u0*, ue und u zu berechnen, u0 = (u0* – ue · u) / a0 1 + u2,
(3.5–21)
und damit lässt sich zu einem vereinfachend berechneten Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit PA* die zugehörige echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA bestimmen. Aus Abb. 3.5–5 ist dieser Zusammenhang zu ersehen, wenn der angesetzte, ungünstige Beanspruchungswert xPe gemäß der Streuverteilung von xB mit einer Wahrscheinlichkeit Pe = 0,1%, 1% oder 10% erreicht wird.Außerdem ist der Fall aufgeführt, dass es sich nur vermeintlich um einen ungünsti-
508
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
a
b
c
d
Abb. 3.5–5a–d. Echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA im Vergleich zur vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA* in Abhängigkeit vom Verhältnis der Standardabweichungen sB /sF bei Ansatz eines Beanspruchungswertes, der mit der Wahrscheinlichkeit a Pe = 0,1%, b Pe = 1%, c Pe = 10%, d Pe = 50% erreicht oder überschritten wird; rechts unterhalb der schraffierten Grenzkurven wird PA > PA* [386]
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
509
gen Beanspruchungswert xPe handelt, der in Wirklichkeit jedoch mit Pe = 50% auftritt. Bei einer Erörterung von Abb. 3.5–5a bis d lassen sich zunächst zwei triviale Grenzfälle anführen: Bei sehr geringer Streuung der Betriebsbeanspruchung sB , wenn sie also klein ist gegenüber der Streuung der Schwingfestigkeitswerte sF und u klein ist gegenüber 1, stimmt die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA mit der vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA* überein: PA = PA* für sB Ⰶ sF bei beliebigem Pe .
(3.5–22)
Bei einer sehr großen Streuung der Betriebsbeanspruchung sB , wenn sie also groß ist gegenüber der Streuung der Schwingfestigkeitswerte sF , bzw. für große u, nimmt die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA den Wert Pe an: PA = Pe für sB Ⰷ sF bei beliebigem Pe .
(3.5–23)
Weiterhin ist erkennbar, dass die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA so lange kleiner PA* bleibt, wie die vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* den Wert Pe nicht unterschreitet: PA < PA* für PA* > Pe bei beliebigem sB /sF .
(3.5–24)
Sofern also ein sehr ungünstiger Beanspruchungswert angesetzt wird, dessen Wahrscheinlichkeit Pe kleiner als die geforderte Ausfallwahrscheinlichkeit PA ist, stellt die vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* ohne Rücksicht auf das Streuverhältnis u = sB / sF einen sicheren Schätzwert für PA dar. Werden jedoch Ausfallwahrscheinlichkeiten kleiner Pe gefordert, wie es in der Regel der Fall sein dürfte, so stellt die vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* nur dann einen sicheren Schätzwert für die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA dar, wenn das Streuverhältnis u = sB / sF einen bestimmten Grenzwert nicht übersteigt: PA < PA* für PA* < Pe bei u < uG .
(3.5–25)
Die Grenzwerte uG , bei denen sich PA = PA* ergibt, sind als schraffierte Grenzkurven in den Abb. 3.5–5a bis d eingezeichnet. Sie berechnen sich aus Gl. (3.5–21), wenn u0 = u0* gesetzt wird, zu
uG = 2 / (ue / u0 – u0 / ue) .
(3.5–26)
Übersteigt also die Streuung der Betriebsbeanspruchung sB den Wert uG · sF , so wird die echte Ausfallwahrscheinlichkeit durch die vereinfachende Betrachtung von PA* zu niedrig eingeschätzt. Diese Gefahr ist um so geringer, je kleiner die Wahrscheinlichkeit Pe des vereinfachend angesetzten, ungünstigen – Beanspruchungswertes Sa, B ist. Als grober Richtwert kann gelten, dass PA = PA* = Pe2 für sB = 2 · sF .
(3.5–27)
510
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– Wenn aber der angesetzte Beanspruchungswert S a, B mit einer Wahrscheinlichkeit Pe = 10% auftritt, wird die vereinfachende Bestimmung einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 10–4 bis 10–6 bereits bei einem Streuverhältnis sB / sF = 0,5 problematisch, Abb. 3.5–5c. Eine vereinfachende Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit mit dem 50%-Wert der Betriebsbeanspruchung, d.h. ohne jeden Anhalt über deren Streubreite, scheidet grundsätzlich als eine unsichere Schätzung aus, Abb. 3.5–5d. In Verbindung mit der vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlichkeit PA* ist die Sicherheitszahl jS* definiert als – – jS* = S a, F (Pü = 50%) / S a, B (Pe) , (3.5–28) und es gilt entsprechend zu Gl. (3.5–9) und Gl. (3.5–10) sowie mit Gl. (3.5–19): lg jS* = mF – xPe = – u0* · sF ,
(3.5–29)
jS* = 10– u0* · sF ,
(3.5–30)
entsprechend Gl. (3.5–9) und Gl. (3.5–10) und den dort gemachten Ausführungen zu sF . Berechnung für beliebige Streuverteilungen Grundsätzlich lässt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit zu einem vorgegebenen Lebensdauerwert auch für beliebige Streuverteilungen der Betriebsbeanspruchung fB (x) und der Schwingfestigkeit fF (x) berechnen. Es gilt [387]: +•
∫
x
PA = ∫ fB (x) · –•
–•
fF (x) · dx · dx .
(3.5–31)
Dabei kann die Merkmalsgröße x als geeignete Funktion der Spannungsamplitude z.B. als x = Sa oder x = lg Sa gewählt werden. Die Lösung des Doppelintegrals wird im Allgemeinen numerisch geschehen müssen. Die Sicherheitszahl jS , die dem nach Gl. (3.5–31) berechneten Wert PA zuzuordnen ist, bleibt in geeigneter Weise aus Kennwerten der Streuverteilungen fB (x) und fF (x) abzuleiten. Die Herleitung von Gl. (3.5–31) ist anhand von Abb. 3.5–6 nachvollziehbar: Unter einer auftretenden Beanspruchung der Höhe x brechen alle diejenigen Bauteile, deren Festigkeit xF < x ist. Ihre relative Anzahl beläuft sich auf x
∫ fF (x) · dx .
(3.5–32)
–•
Ein Beanspruchungswert xB = x tritt jedoch nur mit einer relativen Häufigkeit fB (x) · dx auf, so dass die relative Zahl der Brüche unter einer Beanspruchung x = xB nur fB (x) ·
x
∫ fF (x) · dx
–•
(3.5–33)
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten
511
Abb. 3.5–6. Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit bei beliebigen Streuverteilungen der ertragbaren und der im Betrieb auftretenden Spannungsamplituden
beträgt. Werden nun alle möglichen Beanspruchungswerte xB betrachtet, so ergibt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit PA als das mit Gl. (3.5–11) angegebene Integral über alle Werte – • ≤ x ≤ + •.
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten Die Lebensdauer-Streuverteilung eines Bauteils ist in Abb. 3.5–1 als Verteilungsfunktion der Ausfallwahrscheinlichkeit über der logarithmisch geteilten Lebensdauerachse aufgetragen. Der besseren Anschaulichkeit wegen ist der gleiche Sachverhalt in Abb. 3.5–7 in Form einer Häufigkeitsdichte-Verteilung über der linear geteilten Lebensdauerachse dargestellt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sollte diese Auftragung die realen Gegebenheiten nicht nur der Tendenz nach richtig beschreiben, sondern darüber hinaus sollte sie auch in quantitativer Hinsicht mit einer Streuspanne TL = 1:3 in etwa die Verhältnisse treffen, die für spanabhebend bearbeitete Bauteile gelten, sofern die Beanspruchungsbedingungen ihrerseits nur geringen Streueinflüssen unterliegen. Die linear geteilte Lebensdauerachse macht besonders augenfällig, dass die Lebensdauer an der oberen Grenze der angegebenen Streuspanne 3 mal so groß ist wie an deren unteren Grenze. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% wäre per Definition ein Lebensdauerwert innerhalb der angegebenen Grenzen der Streuspanne zu erwarten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% könnte ein Lebensdauerwert oberhalb wie auch mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% unterhalb der angegebenen Streugrenzen liegen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit PA stellt sich dar als die integrale Fläche unter der Lebensdauer-Streuverteilung zwischen dem Ursprungspunkt und dem vorgegebenen Lebensdauerwert. Je höher dieser Lebensdauerwert, desto höher ist die ihm zugeordnete Ausfallwahrscheinlichkeit. Bei dem eingezeichneten mittleren Lebensdauerwert ist die Ausfallwahrscheinlichkeit per Definition auf PA = 50% angewachsen.
512
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–7. Die Lebensdauer-Streuverteilung als Häufigkeitsdichte-Verteilung über der linearen Lebensdauerachse aufgetragen, um die ausnutzbare Lebensdauer als Bruchteil der mittleren Lebensdauer zu veranschaulichen
Um die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen technisch wie wirtschaftlich vertretbaren Wert in der Größenordnung von beispielsweise 10–3, 10–4 oder 10–5 zu begrenzen, muss zwischen der mittleren Lebensdauer und der ausnutzbaren Lebensdauer ein beachtlicher Sicherheitsabstand eingehalten werden. Die praktisch ausnutzbare Lebensdauer ist dadurch auf einen Bruchteil der mittleren Lebensdauer vermindert. Lebensdauerbezogene Sicherheitszahl Die Sicherheitsspanne zwischen mittlerer und ausnutzbarer Lebensdauer ist einer lebensdauerbezogenen Sicherheitszahl jL bzw. jN gleichbedeutend. Sie ist definiert als jL = jN = N (PA = 50%) / N(PA)
(3.5–34)
und sie lässt sich aus der spannungsbezogenen Sicherheitszahl jS errechnen zu –
jL = jSk ,
(3.5–35)
– wobei sich der Exponent k nach Gl. (2.2–1) aus der Neigung der Lebensdauerlinie für Pü = 50% bestimmt, Abb. 3.5–8. Aus den in Abb. 3.5–7 dargestellten Verhältnissen wird gerade mit der gewählten linearen Teilung der Lebensdauerachse verdeutlicht, welche enorme Lebensdauer-Reserve für die Mehrzahl der Einzelstücke in einer Bauserie hingenommen werden muss, um die allein durch die unteren Extremwerte der
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten
513
Abb. 3.5–8. Zur Umrechnung zwischen spannungsbezogener Sicherheitszahl jS und lebensdauerbezogener Sicherheitszahl jL
Streuverteilung bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit auf ein vertretbares Maß zu beschränken. Ausfallwahrscheinlichkeit als Problem der unteren Extremwerte Die Problematik, die die Gewinnung von qualifizierten Aussagen zur Schwingbruchsicherheit ausmacht, entsteht aus dem Umstand, dass also das vorrangige Interesse den unteren Extremwerten der Lebensdauer-Streuverteilung gilt, während in aller Regel nur der zentrale Teil dieser Streuverteilung einer experimentellen Ermittlung zugänglich ist: Selbst wenn für eine diesbezügliche Auswertung einige hundert Versuchswerte verfügbar wären, so würde von ihnen die Streuverteilung nicht einmal bis zu dem Lebensdauerwert belegt, dem eine Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 10–3 zuzuordnen ist. Es wäre eine Selbsttäuschung, wollte man aus den üblicherweise weit kleineren Stichproben einen irgendwie gearteten Kennwert ableiten, der die Form der Streuverteilung im Bereich ihrer Extremwerte bezeichnet [389]. Letztlich muss also über den Charakter der Streuverteilung eine Annahme getroffen werden. Praktische Gesichtspunkte sprechen dafür, soweit sachlich gerechtfertigt, von der Logarithmischen Normalverteilung Gebrauch zu machen. Mit Vorteil lassen sich dann die für die Gauß’sche Normalverteilung entwickelten Auswertehilfen und Auswerteverfahren einsetzen. Die Logarithmische Normalverteilung begegnet allerdings dem Einwand, dass sie als 2-parametrische Verteilungsfunktion die tatsächlichen Streuverteilungen nur im mittleren Bereich, nicht jedoch im Bereich der Extremwerte zutreffend beschreiben kann. Aus theoretischer Sicht erscheint in diesem Punkt die Annahme der WeibullVerteilung, d.h. einer 3-parametrischen Verteilungsfunktion, als besser gerechtfertigt [26, 59, 390, 391]. Besondere Bedeutung gewinnt die Frage nach der zutreffenden Verteilungsfunktion im Zusammenhang mit qualitätssicheren Maßnahmen, die auf eine Vermeidung oder auf eine rechtzeitige Aussonderung derjenigen Einzelstücke abzielen, die die unteren Extremwerte der Streuverteilung belegen. Dass auf diesem Wege eine überaus durchgreifende Erhöhung der Schwing-
514
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
bruchsicherheit erreicht werden kann, ist aufgrund der in Abb. 3.5–7 dargestellten Verhältnisse einsichtig. Um den Erfolg derartiger Maßnahmen bei einer zahlenmäßigen Angabe zur Ausfallwahrscheinlichkeit berücksichtigen zu können, muss eine zusätzliche Information dazu dienen, die Lebensdauer-Streuverteilung im Bereich ihrer unteren Extremwerte den Gegebenheiten entsprechend anzupassen. Die Weibull-Verteilung ist die bekannteste Verteilungsfunktion, die diese Anpassungsmöglichkeit dadurch bietet, dass ein sicherer Lebensdauerwert L0 vorgegeben werden kann, der mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 0 von allen Bauteilen der betrachteten Serie erreicht wird. Sicherer Lebensdauerwert L0 Eine Möglichkeit, um einen solchen sicheren Lebensdauerwert L0 zusätzlich zum mittleren Lebensdauerwert und zur Lebensdauerstreuspanne zu bestimmen, bietet sich mit einer bruchmechanischen Lebensdauerberechnung an, Abschn. 3.4. Bei ihr wird das Bauteil betrachtet, das den denkbar größten Defekt im kritischen Querschnitt aufweist. Sofern keinerlei Maßnahmen zur Gütesicherung durchgeführt werden, müsste selbst bei einem fabrikneuen Teil eine völlige Querschnitts-Trennung als denkbar gelten, was einen Wert L0 = 0 bedeutet. Aber auch bei vorgesehenen Maßnahmen zur Gütesicherung bleiben gewisse Defekte unentdeckt, Abb. 3.5–9; entscheidend für eine Berechnung von L0 ist dann der größte Defekt, der im ungünstigsten Fall unentdeckt bleiben könnte. Als Wert L0 darf dann die Rissfortschritts-Lebensdauer gelten, die sich für das Bauteil mit diesem größten Defekt unter Ansatz des denkbar ungünstigsten Beanspruchungskollektivs verlässlich errechnen lässt. Bei Serienteilen kommt als weitere Möglichkeit in Betracht, experimentell die Lebensdauer derjenigen Teile zu bestimmen, die aufgrund der durchgeführten Prüfung mit einem festgestellten Defekt ausgesondert wurden. Sofern Abb. 3.5–9. Wahrscheinlichkeit für das Nicht-Entdecken eines rissähnlichen Defektes bei verschiedenen zerstörungsfreien Prüfverfahren, nach Rummel
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten
515
sich der festgestellte Defekt dabei als lebensdauerbestimmend und sich die Lebensdauer als von der Größe des Defektes abhängig erweist, kann daraus auf L0 geschlossen werden. Weiterhin könnten auch Bauteile oder Prüfstücke mit künstlich eingebrachten Defekten, z.B. Sägeschnitten, Einkerbungen oder Schweißfehlern, einer Bestimmung von L0 dienen. Mögliche Anpassung der Weibull-Verteilung Formelmäßig stellt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit PA nach der WeibullVerteilung dar als PA = 1 – exp [– [(L – L0) / (LB – L0)]b] ,
(3.5–36)
wobei L0 den sicheren Lebensdauerwert (Ausgangswert), LB den charakteristischen Lebensdauerwert bei PA = 63,21% und b die Ausfallsteilheit bezeichnen. Im hier vorliegenden Zusammenhang interessieren allein Werte b > 1. Ihrer Bedeutung nach können der charakteristische Lebensdauerwert LB mit dem mittleren Lebensdauerwert L50% und die Ausfallsteilheit b mit der Streuspanne TL (oder der Standardabweichung) verglichen werden. Die mit der Vorgabe eines sicheren Lebensdauerwertes L0 bestehenden Möglichkeiten zur Anpassung der Weibull-Verteilung und die sich damit ergebenden Unterschiede zwischen der Weibull-Verteilung und der Logarithmischen Normalverteilung werden durch Abb. 3.5–10 mit einer Auftragung im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz bei logarithmischer Merkmalsteilung veranschaulicht. Um die Vergleichbarkeit zu erreichen, sind allen Verteilungen zwei Fixpunkte gemeinsam, die nach der Logarithmischen Normalverteilung im Abstand von einer Standardabweichung oberhalb und unterhalb ihres Mittelwertes gewählt sind. Die Formeln zu einer solchen Umrechnung zwischen den Kennwerten der Logarithmischen Normalverteilung und denen der WeibullVerteilung sind im Anhang 5.1 zu finden. Die Weibull-Verteilung ist für den Wert L0 = 0 und drei weitere Werte L0 aufgetragen, die nach der Logarithmischen Normalverteilung im Abstand von – 4, – 3 bzw. – 2 Standardabweichungen unterhalb ihres Mittelwertes liegen, d.h. wo die Logarithmische Normalverteilung Werte PA = 0,003%, 0,135%, 2.275% ausweist. Je nach dem Wert L0 ergibt sich eine mehr oder weniger große Abweichung oder eine bereichsweise Übereinstimmung zwischen der Weibull-Verteilung und der Logarithmischen Normalverteilung. Liegen beispielsweise 10 Versuchspunkte in dem angegebenen Zufallsstreubereich vor, so macht es zunächst fast keinen Unterschied, durch welche Verteilungsfunktion diese Versuchspunkte ausgemittelt werden. Die bestehenden Unterschiede sind jedenfalls so geringfügig, dass sie allemal durch die Zufallsabweichungen kleiner Stichproben überdeckt werden, wie der in Abb. 3.5–10 eingezeichnete Zufallsstreubereich veranschaulicht. Ein deutlicher Unterschied ergibt sich jedoch mit der Extrapolation auf geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten. So sind für L0 = 0 nach der Weibull-Ver-
516
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–10. Unterschiede zwischen der Logarithmischen Normalverteilung und der Weibull-Verteilung für verschiedene Werte L0 im Vergleich zum Zufallsstreubereich einer Stichprobe mit 10 Einzelwerten (normierte Auftragung)
teilung durchweg höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten gegeben als nach der Logarithmischen Normalverteilung. Hingegen geht die Ausfallwahrscheinlichkeit nach der Weibull-Verteilung für Lebensdauerwerte L < L0 gegen null, während nach der Logarithmischen Normalverteilung endliche Ausfallwahrscheinlichkeiten vorhergesagt werden. Bei Werten L0 > 0 und Lebensdauerwerten L > L0 liefert die Weibull-Verteilung teils höhere, teils niedrigere Ausfallwahrscheinlichkeiten als die Logarithmische Normalverteilung, wobei über weite Lebensdauerbereiche eine annähernde Übereinstimmung beider Verteilungsfunktionen verzeichnet werden kann. Um diesen Sachverhalt weiter zu verdeutlichen, sind in Tabelle 3.5–1 die Sicherheitszahlen jL für unterschiedliche Werte der Ausfallwahrscheinlichkeit PA zusammengestellt, die sich bei einer Streuspanne TL = 1:3 einmal aus der Logarithmischen Normalverteilung und zum anderen aus der Weibull-Verteilung für verschiedene Werte L0 errechnen. Sicherheitszahlen jL für andere Werte der Streuspanne TL sind im Anhang 5.1 tabelliert. Während die Sicherheitszahlen nach der Weibull-Verteilung für L0 = 0 in allen Fällen beachtlich größer sind als nach der Logarithmischen Normalverteilung, sind sie für Werte L0 > 0 bei geringen Werten der Ausfallwahrscheinlichkeit nach der WeibullVerteilung kleiner.
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten
517
Tabelle 3.5–1. Sicherheitszahlen jL bei einer Streuspanne TL = 1:3 (s = sL = 0,186) in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion
Ausfallwahrscheinlichkeit PA
Sicherheitszahlen jL Logarithmische Normalverteilung
Sicherheitszahlen jL Weibull-Verteilung mit L0 /L50% = 0,000 0,180 0,276 (– 4 s) (– 3 s)
0,424 (– 2 s)
0,50 10–1 19–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,73 2,71 3,77 4,93 6,24 7,69 •
0,93 1,84* 4,31* 9,96* 22,95* 52,81* 120,09* •
1,00 1,70 2,19 2,32 2,35 2,36 2,36 2,36
0,95 1,79* 3,21* 4,41* 5,09* 5,38 5,50 5,55
0,96 1,76* 2,75* 3,30 3,52 3,59 3,61 3,62
* = Sicherheitszahlen größer als nach der Logarithmischen Normalverteilung.
Dieser Befund lässt sich auch dahingehend ausdeuten, dass die Logarithmische Normalverteilung in Abhängigkeit von der betrachteten Ausfallwahrscheinlichkeit einen bestimmten Wert L0 > 0 implizit voraussetzt. Ist diese Voraussetzung nicht gerechtfertigt, z.B. weil ein Wert L0 = 0 als zutreffend gelten muss, dann muss auch die Gültigkeit der Logarithmischen Normalverteilung infrage gestellt werden. Andererseits sind die Sicherheitszahlen nach der Weibull-Verteilung für L0 = 0 von einer solchen Größe, dass sie wohl kaum die wirtschaftliche Auslegung eines schwingbruchsicheren Bauteils zulassen. Das heißt aber auch mit anderen Worten, dass geeignete Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei schwingbruchsicher auszulegenden Bauteilen unverzichtbar sind [392]. In anderen Fällen mag sich der Unterschied der beiden Verteilungsfunktionen als vergleichsweise unbedeutend erweisen gegenüber sonstigen Unsicherheiten der Berechnung; dann darf auch die einfacher zu handhabende Logarithmische Normalverteilung zugrunde gelegt werden. Spannungsbezogene Sicherheitszahl Aufgrund des gesetzmäßigen Zusammenhangs zwischen Lebensdauer und Beanspruchungshöhe lassen sich die vorstehenden Betrachtungen zur Weibull-Verteilung auch auf die spannungsbezogene Sicherheitszahl anwenden. Tabelle 3.5–2 zeigt dazu die Sicherheitszahlen jS , die sich für eine Streuspanne TS = 1:1,25 bei verschiedenen Werten Sa, 0 / Sa, 50% ergeben. Tabellen für andere Werte TS sind im Anhang 5.1 zu finden.
518
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.5–2. Sicherheitszahlen jS bei einer Streuspanne TS = 1:1,25 (s = sS = 0,038) in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion
Ausfallwahrscheinlichkeit PA
Sicherheitszahlen jS Logarithmische Normalverteilung
Sicherheitszahlen jS Weibull-Verteilung mit Sa, 0 / Sa, 50% = 0,000 0,706 0,770 (– 4 s) (– 3 s)
0,840 (– 2 s)
0,50 10–1 19–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,12 1,22 1,31 1,38 1,45 1,51 •
0,98 1,13* 1,35* 1,59* 1,89* 2,24* 2,64* •
1,01 1,11 1,17 1,18 1,19 1,19 1,19 1,19
0,99 1,12* 1,24* 1,31* 1,36 1,38 1,40 1,42
1,00 1,12* 1,21 1,26 1,28 1,29 1,29 1,30
* = Sicherheitszahlen größer als nach der Logarithmischen Normalverteilung.
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe Die Vorstellungen, die sich über die Streubreite der Betriebsbeanspruchung herausgebildet haben, beruhen auf entsprechenden Beanspruchungsmessungen oder auf nachträglichen statistischen Analysen von Betriebsbrüchen, wenn diese an Serienteilen in größerer Zahl aufgetreten sind [393]. Denn in Umkehr der Betrachtung, die mit den Abb. 3.5–1 und 3.5–2 dargestellt ist, kann aus der Streuverteilung der erhaltenen Lebensdauerwerte zusammen mit der Streubreite der ertragbaren Spannungsamplitude auch die Streubreite der Betriebsbeanspruchung abgeschätzt werden. Erwartungsgemäß stellt sich heraus, dass beispielsweise bei Verkehrsflugzeugen oder bei Fahrzeugen, die weitgehend einheitlich eingesetzt sind, auch mit recht einheitlichen Betriebsbeanspruchungen gerechnet werden darf. Hingegen können sich, wie nachstehend an einem Beispiel ausgeführt wird, für Fahrzeuge oder Maschinen, die von ihren privaten Eigentümern in unterschiedlicher Weise eingesetzt werden, unter Umständen beachtlich streuende Betriebsbeanspruchungen ergeben, wobei dann außer dem Kollektivhöchstwert auch noch die Kollektivform und der Kollektivumfang fallweise unterschiedlich sein mag. Besonders große Streuungen können auftreten, wenn Serienteile unterschiedlichen und uneinheitlichen Betriebsbedingungen unterworfen sind, Abb. 3.5–11: Von 27 Betriebsbrüchen einer LKW-Vorderachse traten 2 Brüche bei Muldenkippern im Haldeneinsatz wegen der dort höheren Beanspruchung nach wesentlich kürzerer Betriebszeit auf als bei den übrigen Achsen in Fahrzeugen mit Kipper- oder Pritschenaufbau. In diesem Beispiel darf aber
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe
519
Abb. 3.5–11. Statistische Auswertung der Lebensdauer von 27 im Betrieb gebrochenen Lkw-Vorderachsen [35]
kaum noch von einer einheitlichen Streuverteilung gesprochen werden; der Haldeneinsatz würde besser als ein spezieller Einsatz abgehandelt. In anderen Fällen mögen unterschiedliche Betriebsbedingungen weniger augenfällig sein, weil sie fließend ineinander übergehen und somit eine Abgrenzung erschweren. Es ist dann auch nicht ohne weiteres möglich, bei einer einzelnen Langzeitmessung von eindeutig ungünstigen Bedingungen auszugehen, um einen Kollektivhöchstwert zu erhalten, der lediglich mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit von z.B. Pe ⬉ 1% erreicht oder überschritten wird, um trotz der streuenden Betriebsbeanspruchung von der vereinfachenden Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit Gebrauch machen zu können. Auch gibt es im Schrifttum kaum Abhandlungen darüber, wie Messungen konzipiert werden können, um die Streuverteilung der Betriebsbeanspruchungen zu erfassen. Beschreibung eines Messprogrammes Ein von Wimmer [394] beschriebenes Messprogramm zur Ermittlung von Bremsdruck-Kollektiven für Personenwagen sei deshalb hier als Beispiel dargestellt. Da Bremsdruck-Kollektive ausschließlich aus Fahrmanövern entstehen, sind sie in besonderem Maße von der Fahrweise bestimmt. Um eine statistische Aussage treffen zu können, waren also möglichst viele Messungen auf öffentlichen Straßen mit Kunden als Fahrer durchzuführen. Die befahrene Strecke umfasste ca. 80 km Autobahn, ca. 100 km Landstraße, ca. 22 km Stadtverkehr und 9 km Schlechtwegstrecke. Drei Fahrzeugtypen wurden betrach-
520
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–12. Streuverteilung der Schädigungssummen für Bremsenteile, ermittelt aus den gemessenen Bremsdruck-Kollektiven von 100 Kunden [394]
tet. Mit jedem Typ fuhren 100 Kunden, die diesen Typ auch privat benutzten, und zwar Frauen und Männer im Verhältnis 38:62, Arbeiter und Angestellte im Verhältnis 73:26 bei den Männern, 24:76 bei den Frauen. Gefahren wurde bei jedem Wetter, die Straßenverhältnisse wurden registriert, erwiesen sich aber bei der Auswertung als nicht entscheidend. Der Bremsdruck wurde gemessen und nach dem Klassendurchgangsverfahren klassiert. Er ist sowohl der Dehnung an der Bremsfaust wie auch, bis zur Rutschgrenze, der Dehnung am Bremshalter proportional. Unter Ansatz einer fiktiven Wöhlerlinie wurde für jede Messfahrt eine Schädigungssumme nach der Miner-Regel errechnet und im Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragen, Abb. 3.5–12. Die erhaltenen Schädigungssummen lassen sich in guter Annäherung durch eine logarithmisch normale Streuverteilung mit einer Streuspanne TD = 1:8 beschreiben. Da die Schädigungssumme und die Lebensdauer einander umgekehrt proportional sind, folgt aus Abb. 3.5–12 auch eine logarithmisch normale Streuung der Lebensdauer mit der beachtlichen Streuspanne von TL = 1:8, die insoweit allein aus der streuenden Betriebsbeanspruchung entsteht. Mit einer – Neigung der Lebensdauerlinie k = 5 umgerechnet, ergibt sich daraus eine Streuspanne der Beanspruchungshöhe TS = 1:1,5. Entsprechend unterschiedlich sind die erhaltenen Bremsdruck-Kollektive. Abb. 3.5–13 führt vor Augen, wie wenig repräsentativ unter Umständen ein einzelnes gemessenes Kollektiv sein kann. Zur Deutung der Kollektivform wurde angenommen, dass diese aus zwei Anteilen zustande kommt: Aus einem normalen Teilkollektiv aus Bremsvorgängen in voraussehbaren Situationen, sowie aus einem überhöhten Teilkollektiv aus unerwarteten Bremsvorgängen, die von anderen Verkehrsteilnehmern aufgezwungen oder durch falsche Einschätzung einer Verkehrssituation
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe
521
Abb. 3.5–13. Unterschiede gemessener Bremsdruck-Kollektive [394]
notwendig werden. Während dieses überhöhte Teilkollektiv bei Werksfahrern und anderen schnellen Fahrern kaum vorhanden war, war es bei langsamen, vermutlich ängstlichen Fahrern besonders ausgeprägt. Insofern wäre allein mit routinierten Werksfahrern wohl kaum ein kennzeichnendes BremsdruckKollektiv zu erhalten gewesen. Die aufgetragenen Schädigungssummen ermöglichten des Weiteren, den sogenannten 1%-Kunden zu ermitteln, bei dessen Fahrweise das am stärksten schädigende Bremsdruck-Kollektiv entstand. Von diesem 1%-Kunden wurden die Kollektive für die vier Streckenanteile in der Häufigkeit jeweils auf 300 000 km extrapoliert. Um den einmal pro 300000 km auftretenden Höchstwert des extrapolierten Kollektivs zu finden, wurden die höchsten Bremsdrücke aus jeder der 100 Messfahrten ermittelt, als Extremwert-Verteilung im Wahrscheinlichkeitsnetz mit logarithmischer Merkmals-Teilung aufgetragen und daraus der höchste Bremsdruck pmax bestimmt, der mit 1% – Wahrscheinlichkeit auftrat. Damit gab es neben dem Kollektivumfang H0 einen weiteren Stützpunkt, um das 1%-Kollektiv formelmäßig anzunähern durch die Beziehung – – (3.5–37) H = H 0 · exp [(– ln H0) · (p / pmax)c ] . Der Exponent c wurde iterativ bestimmt unter der Bedingung, dass sich die Summe der positiven Abweichungen der Messpunkte minimierte, Abb. 3.5–14, womit die Annäherung eine zusätzliche Sicherheit beinhaltet. Aus den vier Einzelkollektiven wurde sodann nach der Verkehrsstatistik des ADAC ein Mischkollektiv für 20% Autobahn, 30% Stadtfahrt, 48% Landstraße und 2% Schlechtwegstrecke aufsummiert, bei dem sich die Stadtfahrt und die Landstraße als dominierende Kollektivanteile erwiesen.
522
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–14. Bremsdruck-Kollektive des 1%-Kunden für die vier Streckenanteile jeweils auf 300000 km extrapoliert und formelmäßig angenähert [394]
Abb. 3.5–15. Aus den Bremsdruck-Kollektiven für den 1%-Kunden abgeleitete Bemessungs-Kollektive der Bremsverzögerung dreier Fahrzeugtypen [394]
Verständlicherweise waren die Bremsdruck-Kollektive für die drei Fahrzeugtypen unterschiedlich.Wurde jedoch der dem Fahrzeugtyp entsprechende Zusammenhang zwischen Bremsdruck und Bremsverzögerung berücksichtigt, so ergab sich für jeden Fahrzeugtyp praktisch das gleiche Kollektiv der Bremsverzögerung, Abb. 3.5–15. Dieser Befund deutet darauf hin, dass Autofahrer nach eigenem Empfinden eine bestimmte Bremsverzögerung anstreben, an der auch ein vorhandener oder nicht vorhandener Brems-
3.5.4 Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche
523
verstärker kaum etwas ändert. Das Kollektiv der Bremsverzögerung ist mithin unabhängig vom Fahrzeugtyp verallgemeinerbar. Seiner Ableitung gemäß gilt es für 300000 km repräsentativ gemischte Fahrstrecke und mit einer Auftretenswahrscheinlichkeit von Pe = 1%, d.h. für denjenigen unter 100 Kunden, bei dessen Fahrweise das am stärksten schädigende Kollektiv entsteht. Zum Zeitpunkt, als die vorstehend beschriebenen und gedanklich gut nachvollziehbaren Auswertungen durchgeführt wurden, waren noch nicht die Software-Werkzeuge verfügbar, die heute bei solchen Auswertungen eingesetzt werden und denen die gleichen grundsätzlichen Gedankengänge zugrunde liegen, Abschn. 3.3.4 [291]. Es gibt dazu im Schrifttum jedoch noch keine neuere vergleichbar ausführlich dargestellte Untersuchung der vorliegenden Art.
3.5.4 Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche Werden gleichartige Stichproben in häufiger Wiederholung aus einer Grundgesamtheit entnommen, so streuen die jeweils erhaltenen Mittelwerte m nach einer Gauß’schen Normalverteilung um den wahren Mittelwert m mit einer Standardabweichung n, sm = s /a3
(3.5–38)
wenn die unter 2.1.5 definierten Formelzeichen gelten und wenn s die wahre Standardabweichung der Einzelwerte xi und n die Zahl der Einzelwerte je Stichprobe bezeichnet [56–59], Abb. 3.5–16. Je größer die Streuung bzw. die Standardabweichung s für die Einzelwerte xi oder je kleiner die Zahl n der Einzelwerte in der Stichprobe, desto stärker streuen die dabei erhaltenen Mittelwerte m. Würde der Mittelwert m einer beliebigen Stichprobe unmittelbar als Schätzwert für den wahren Mittelwert m betrachtet, so bestünde eine Wahrscheinlichkeit von 50%, den wahren Sachverhalt aufgrund von zufällig sehr günstigen Versuchsergebnissen mit einem zu günstigen Mittelwert m zu überschätzen. Mit einer derart hohen Wahrscheinlichkeit die Lebensdauer eines funktionswichtigen Bauteils zu überschätzen, erscheint unvertretbar. Dieser Umstand führt auf die Frage, wie das Risiko einer zu günstigen Ausdeutung zufälliger Versuchsergebnisse verringert werden kann. Die aus dieser Fragestellung entwickelte Vorgehensweise [395] beruht auf der statistisch abhandelbaren Voraussetzung, dass der mit der Stichprobe gefundene Mittelwert m zufallsbedingt einen überdurchschnittlichen Stichprobenmittelwert mC darstellt, also beispielsweise einen Stichprobenmittelwert, der mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit von C = 90% als obere (einseitige) Vertrauensgrenze des wahren Mittelwertes m definiert ist. Für den Abstand dieses günsti-
524
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–16. Konzept für das Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche und für die Herleitung des Risikofaktors jC, n [395]
gen Stichprobenmittelwertes mC von dem wahren Mittelwert m gilt, Abb. 3.5–16: (mC – m) = uC · sm = uC · s / a3 n
(3.5–39)
mit Wertepaaren uC und C entsprechend der Normalverteilung, Anhang 5.1, z.B.: uC = 0,000 für C = 50%, uC = 1,282 für C = 90%, uC = 1,645 für C = 95%. Gemäß der mit Gl. (3.5–39) getroffenen Voraussetzung, lässt sich mithin ein Schätzwert MC für den wahren Mittelwert, abhängig von der Vertrauenswahrscheinlichkeit C und der Standardabweichung s sowie abhängig vom Umfang n der Stichprobe, wie folgt angeben: MC = m – uC · s / a3 n.
(3.5–40)
Der experimentell erhaltene Mittelwert m wird also um den Abstand zwischen der Vertrauensgrenze mC und dem wahren Mittelwert m vermindert, um den Schätzwert MC für den wahren Mittelwert mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C > 50% zu erhalten. Von diesem Schätzwert MC ausgehend kann sodann nach der unterstellten Streuverteilung der Einzelwerte in Richtung auf geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten PA extrapoliert werden. Sollen die vorstehenden Beziehungen auf Schwingspielzahlen Ni für Bruch oder Anriss Anwendung finden, so ist zu beachten, dass als Merkmalsgröße x nicht die Schwingspielzahlen, sondern deren Logarithmen anzusetzen sind, xi = lg Ni ,
(3.5–41)
3.5.4 Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche
525
und dass sich dementsprechend der Mittelwert m nach Gl. 2.1–27) berechnet als n
m = lg N50%,n = (1/n) · ∑ (lg Ni) .
(3.5–27)
i=1
Entsprechend bietet sich an zu schreiben MC = lg N50%, C
(3.5–42)
und den Begriff des Risikofaktors jC, n einzuführen über die Beziehung lg jC, n = uC · s / a3 n.
(3.5–43)
Damit lässt sich Gl. (3.5–40) umschreiben auf die anwendungsgerechtere Form N50%, C = N50%, n / jC, n .
(3.5–44)
Die im Betriebsfestigkeits-Nachweis für das Berechnen der Ausfallwahrscheinlichkeit PA mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C für Pü = 50% anzusetzende ertragbare Schwingspielzahl N50%, C ist demnach zu erhalten aus dem nach Gl. (2.1–27) errechneten Mittelwert der Schwingspielzahlen Ni aus den vorliegenden n Einzelversuchen, dividiert durch den Risikofaktor jC, n , der aus der Tabelle 5.1–5 im Anhang entnommen werden kann oder für die vorzugebende Vertrauenswahrscheinlichkeit C und die unterstellte Standardabweichung s, abhängig von der Anzahl n der vorliegenden Einzelversuche, berechnet werden kann als jC, n = 10uC · s /a2n ,
(3.5–45)
oder, wenn entsprechend zu Gl. (2.1–30) bzw. nach Anhang 5.1 statt der Standardabweichung die Streuspanne TN vorgegeben wird, mit
s = (1 /2,56) · lg(1 / TN)
(3.5–46)
als jC, n = (1 / TN)uC / (2,56 · a2n ).
(3.5–47)
Das Arbeiten mit den angegebenen, einfachen Beziehungen unterliegt jedoch der Einschränkung, dass die wahre Standardabweichung s der Einzelwerte zumindest als Erfahrungswert bekannt sein muss. Erforderlichenfalls ist ein solcher Wert durch gesonderte Versuche zu ermitteln, wobei aber vereinfachte Versuchsbedingungen und verbilligte Versuchsstücke gewählt werden können, wenn mit ihnen die die Streubreite bestimmenden Verhältnisse im schwingbruchkritischen Querschnitt zutreffend darstellbar sind. Die geforderte Kenntnis der Standardabweichung s ist dadurch begründet, dass vorliegende Stichproben in der Regel weniger als n = 50 Einzelwerte umfassen. Ein Schätzwert s für die Standardabweichung aus so wenigen Einzel-
526
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
ergebnissen unterliegt noch größeren Zufallsabweichungen als ein Schätzwert für den Mittelwert. Mit dem Wert der Standardabweichung s, wie er sich aus einer vorliegenden Stichprobe errechnet, müssten nach der dann zutreffenden t-Verteilung [56, 57] weit größere, mit n Æ 1 praktisch indiskutabel große Abweichungen zwischen dem wahren Mittelwert m und seiner Vertrauensgrenze mC in Ansatz kommen. Wird die Vertrauenswahrscheinlichkeit beispielsweise zu C = 90% gewählt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, mit MC nach Gl. (3.5–40) den wahren Mittelwert m zu günstig einzuschätzen, auf 1 – C = 10% begrenzt. Zugleich muss allerdings hingenommen werden, dass der wahre Mittelwert in C = 90% aller Fälle zu ungünstig eingeschätzt wird, und zwar mit einer Wahrscheinlichkeit 1 – 2 · (1 – C) = 80% in einem Verhältnis bis zu ( jC,n)2 und mit einer Wahrscheinlichkeit 1 – C = 10% noch darüber hinaus. Sinnfälligerweise ist die daraus entstehende Härte, absolut gesehen, umso geringer, je mehr Einzelversuche vorliegen. Die hier beschriebene Vorgehensweise ist aber auch dann noch anwendbar, wenn wegen einer sehr aufwendigen Versuchsdurchführung nur ein einziger Versuchswert vorliegt. Dabei wird dieser Versuchswert Ni = 1 so gewertet, als läge er auf der Lebensdauerlinie für die obere Streugrenze mit Pü = 1 – C = 10%.Allenfalls wäre zu erwägen, von einem Wert Pü = 1 – C = 5% auszugehen, aber es steht wohl außer Betracht, einem Einzelwert einen noch geringeren Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit zuzuordnen.Aus dieser Einschätzung folgt, dass für die praktische Anwendung eine Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 90% oder höchstens C = 95% angesetzt werden sollte. Liegt ein einziger Versuchswert Ni = 1 tatsächlich unter dem wahren Mittelwert m, so bedeutet der bei n = 1 und C = 90% einzuhaltende Risikofaktor j90%, 1 = a5 TN eine sicherlich beachtliche Härte, zumal wenn allein aus diesem zufallsbestimmten Grund der geforderte Lebensdauer-Nachweis nicht erbracht werden kann. Zwei Möglichkeiten der Entscheidung stehen zur Wahl, wenn der Nachweis mit einem einzigen vorliegenden Ergebnis nicht erbracht werden kann: Entweder Maßnahmen zur Steigerung der Schwingfestigkeit im maßgebenden Bauteilquerschnitt zu ergreifen, oder einen zweiten Versuch durchzuführen in der Erwartung, dass dieses zweite Ergebnis günstiger ausfallen wird und dass mit diesem günstigeren zweiten Ergebnis nach den vorstehenden Beziehungen eine reale Chance zu errechnen ist, den geforderten Nachweis dann auch erbringen zu können, weil sich damit der Mittelwert verbessert und der Risikofaktor vermindert.
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse Eine notwendige Annahme über die Streuspanne bzw. die Standardabweichung der anzusetzenden Streuverteilung kann sich auf gewisse Erfahrungswerte stützen, die sich nach der Beschaffenheit des Bauteils im Bruchquer-
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
527
schnitt richten. Tabelle 3.5–3 vermittelt einige diesbezügliche Erfahrungswerte, die sich bei zusammenfassenden Auswertungen von Versuchsdaten ergaben. Tabelle 3.5–3. Einige Erfahrungswerte über Streuspannen TN bzw. TS sowie der entsprechenden (log.) Standardabweichungen sN bzw. sS und Exponenten der 2-parametrischen Extremwertverteilung bN bzw. bS (k = Neigungsexponent der Wöhlerlinie)
Werkstoff, maßgebende Bauteilgestalt und berücksichtigte Streueinflüsse
TN sN bN
TS sS bS
Spanabhebend bearbeitete Kerbstäbe aus Stahl, unter überwachten Bedingungen gefertigt (k = 5,0):
1:2,5 0,155 3,305 1:3,2 0,197 2,603 1:3,2 0,197 2,603 1:4,0 0,235 2,184 1:4,5 0,255 2,013 1:5,5 0,289 1,776 1:2,5 0,155 3,305 1:3,0 0,186 2,756 1:5,0 0,273 1,881
1:1,10 0,0309 16,609 1:1,26 0,0392 13,103 1:1,26 0,0392 13,103 1:1,26 0,0392 13,103 1:1,35 0,0509 10,090 1:1,33 0,0484 10,618 1:1,30 0,0445 11,542 1:1,45 0,0630 8,150 1:1,45 0,0630 8,150
Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Stahl, mit mäßiger bis mittlerer Kerbwirkung (k = 5,0): Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Al-Legierungen mit mäßiger bis mittlerer Kerbwirkung (k = 5,0): Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Eisengusswerkstoffen, gekerbt, ohne Chargeneinflüsse (k = 6,0): Geschmiedete und vergütete Bauteile aus Stahl, belassene Schmiedeoberfläche, ohne Querschnittseinfluss (k = 5,0): Geschmiedete und vergütete Bauteile wie vor, doch mit Querschnittsstreuung durch Gesenkabnutzung (k = 6,0): Fachgerechte Schweißverbindungen aus Baustahl, unter einheitlichen Bedingungen ausgeführt (k = 3,5): Fachgerechte Schweißverbindungen aus Baustahl, unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeführt (k = 3,0): Fachgerechte Schweißverbindungen aus Al-Legierungen, unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeführt (k = 4,3):
Erläuterung: Zwischen den Streuspannen TN bzw. TS untereinander und zu den Exponenten bN bzw. bS der 2-parametrischen Extremwertverteilung bestehen mit dem Neigungsexponenten k die folgenden Beziehungen: lg(1:TN) = k · lg (1:TS ); bS = k · bN ; lg(1:TN, S ) = 1,3151/bN, S .
528
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Fertigungsbedingte Streuung der Bauteilgestalt Außer durch Werkstoff- und Oberflächeneinflüsse kann eine Streuspanne auch entscheidend durch fertigungsbedingte Streueinflüsse auf die Bauteilgestalt bestimmt oder mitbestimmt sein. Abb. 3.5–17 veranschaulicht die Streuung des Widerstandsmomentes, die bei einem gegossenen Bauteil durch Kernversatz entstand. Abb. 3.5–18 zeigt die Streuung der gemessenen Dehnungswerte in der Ringnut einer Lkw-Felge, die sich beim Aufpumpen des Reifens und beim Abrollen unter Last für verschiedene Umfangspositionen aus unterschiedlichen Anlagebedingungen des Ringes ergab. Abb. 3.5–19 [396] gibt das Ergebnis einer Untersuchung wieder, für die 130 geschmiedete Lenkhebel über eine Produktionszeit von 2 Jahren mit 2 Stücken pro Woche wahllos der Großserienfertigung entnommen wurden. In dieser Zeitspanne wurden 45 Stahlchargen verarbeitet und 53 Gesenkwechseln vorgenommen. Den Betriebsfestigkeits-Versuchen lag die Normverteilung zugrunde. Mit der eingeprägten Prüfkraft aufgetragen, zeigt sich zwischen dem Kleinstwert und dem Größtwert der Lebensdauer eine Streubreite von 1:50 und in den Grenzen Pü = 90% und 10% eine Streuspanne TN = 1:5,5. Werkstoffeinflüsse aus den verarbeiteten Chargen oder aus einer uneinheitlichen
Abb. 3.5–17. Streuung des Widerstandsmomentes eines gegossenen Bauteils durch Kernversatz, nach Gaßner
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
529
Abb. 3.5–18. Streuung der gemessenen Dehnung in der Ringnut einer Lkw-Felge wegen unterschiedlicher Anlagebedingungen des Ringes, nach Svenson
Abb. 3.5–19. Lebensdauerstreuung von 130 der Serienfertigung entnommenen Lenkhebeln in Betriebsfestigkeits-Versuchen, im Netz der Lebensdauerlinie aufgetragen mit – der Prüfkraftamplitude Fa [396]
530
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–20. Lebensdauerstreuung der Versuche mit Lenkhebeln, ausgewertet mit der aus den Ist-Maßen des Bruchquerschnitts berechneten – Spannungsamplitude Sa [396]
Wärmebehandlung konnten als Erklärung für diese beachtliche Streubreite der Lebensdauerwerte ausgeschlossen werden. Die Streuung erwies sich vielmehr bedingt durch schwankende Abmaße des Bruchquerschnitts sowie durch eine uneinheitliche Kerbform am Übergang zum maßgleich bearbeiteten Schraubenbutzen. Diese Streuung der Bauteilgestalt war durch Abnutzung und Wechsel des Gesenks begründet.Wurden die tatsächlichen Querschnittsmaße berücksichtigt und die Lebensdauer auf die mit ihnen zu errechnende Nennspannung bezogen, dann reduzierte sich die Streubreite auf 1:20 und die Streuspanne auf TN = 1:4,1, Abb. 3.5–20. Für maßgenau spanabhebend bearbeitete Proben aus dem Lenkhebelschaft ergab sich bei 75 Betriebsfestigkeits-Versuchen eine Streubreite von 1:7,5 und eine Streuspanne TN = 1:3,6. Dieser Wert ist trotz des darin enthaltenen Chargenund Wärmebehandlungseinflusses nur geringfügig höher als der Erfahrungswert für spanabhebend bearbeitete Bauteile aus einem einzigen Fertigungslos. Fertigungsbedingte Streuung der Bauteileigenschaften Fertigungsbedingte Streueinflüsse auf die Bauteileigenschaften sind immer dann zu bedenken, wenn über das angewandte Herstellungsverfahren auf die Schwingfestigkeits-Eigenschaften des Bauteils Einfluss genommen wird. Dieser Einfluss kann gewollt oder auch zwangsläufig sein. Gewollt ist er bei den Verfahren zur Schwingfestigkeitssteigerung, z.B. durch Kugelstrahlen, Rollverdichten, Nitrieren, Induktionshärten oder Einsatzhärten. Abweichungen
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
531
Abb. 3.5–21. Unterschiedliche Schwingfestigkeiten von Kernstäben aus nominell gleichartigen Gussstücken von drei Herstellern [397]
von den vorgegebenen, möglichst optimalen Verfahrensbedingungen schlagen dabei als Streueinfluss mehr oder weniger stark auf die Schwingfestigkeits-Eigenschaften durch. Zwangsläufig ist ein Herstelleinfluss auf die Schwingfestigkeits-Eigenschaften und deren Streuung z.B. beim Gießen oder Schweißen gegeben. Sowohl die kontrollierten wie auch weitere, nicht kontrollierte Verfahrensparameter sind dabei von Bedeutung. Die Auswirkung nicht kontrollierter Verfahrensparameter zeigte sich z.B. bei einer Untersuchung der Schwingfestigkeits-Eigenschaften von Schwarzem Temperguss [397]. Für die Werkstoffe GTS-35, GTS-55 und GTS-70 wurden bei ihr Kerbstäbe aus quasirealen, kastenförmigen Gussstücken entnommen, die von drei Gießereien mit dem gleichen Modell bei freigestellter AnschnittTechnik unter nominell gleichen Bedingungen hergestellt waren. Abb. 3.5–21 zeigt das Ergebnis einer statistischen Auswertung zum Herstellereinfluss. Auf jede von vier Versuchsreihen entfielen 48 Kerbstäbe mit dem bezogenen Mittelwert der Schwingspielzahlen N50% (A, B, C) = 1. Davon je 16 Kerbstäbe stammten von den drei Herstellern A, B, C und lieferten die in Abb. 3.5–21 nach Mittelwert und Streuspanne im bezogenen Maßstab aufgetragenen Schwingspielzahlen. Sie lassen statistisch signifikante Herstellereinflüsse erkennen. Nach einer metallographischen Untersuchung besteht eine eindeutige Zuordnung zur Zahl und Form der Temperkohleknoten, Tabelle 3.5–4. Bleiben diese Herstellereinflüsse unberücksichtigt, so führt eine pauschalierende Auswertung für die Zeitfestigkeitsversuche auf unverhältnismäßig große Streuspannen TN (A, B, C) = 1:4,5 bis 1:9,5, Abb. 3.5–22. Hingegen sind die den Herstellervarianten A, B und C einzeln zuzuordnenden Streuspannen annähernd gleich und mit TN = 1:2,0 bis 1:3,0 zu beziffern.
532
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Tabelle 3.5–4. Anzahl und Form der Temperkohleknoten
Hersteller
Werkstoff
Anzahl und Form der Temperkohleknoten
A
GTS-35 GTS-70 GTS-35 GTS-70 GTS-35 GTS-70
7260 6510 4660 4680 13430 13790
B C
teils zusammengeballt, kurze Zeilen kompakt und gleichmässig verteilt teils langgestreckt, zerklüftet
Abb. 3.5–22. Pauschale Auswertung der Zeitfestigkeits-Versuche mit Kerbstäben ak = 3,6 aus Temperguss GTS-55 bei lediglich symbolweiser Unterscheidung nach Hersteller und Lage des Kerbstabs im Gussstück [397]
Streueinflüsse auf die Schwingfestigkeits-Eigenschaften von Schweißverbindungen aus den hochfesten Feinkornbaustählen StE355 und StE470 wurden mit einer Gemeinschaftsuntersuchung aufgezeigt, an der sich sieben Laboratorien aus fünf Ländern der Europäischen Gemeinschaft beteiligten [53, 398, 399]. Durch eine Systematik in der Planung, im Ansatz und in der Durchführung der Versuche konnte durch eine mehrfache Streuungszerlegung [58] unter anderem Aufschluss über die Streuung der Versuchswerte bei einer genau spezifizierten Schweißausführung in drei Schweißinstituten wie auch bei einer sorgfältigen Versuchsdurchführung in sechs Laboratorien gewonnen werden. In einer globalen statistischen Auswertung ähnlich der in Abb. 2.1–20 beschriebenen, und unter Ansatz der normierten Wöhlerlinie für Schweißverbindungen mit k = 3,75 für Pü = 50%, Abb. 3.5–34, führen diese schweißtechnischen und versuchstechnischen Streueinflüsse auf eine Streuspanne der Einzelversuche von TN = 1:3,1, Abb. 3.5–23a. Nach einer ähnlichen Ana-
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
a
533
b
Abb. 3.5–23a, b. Zusammenfassende Streuanalyse der Versuchsergebnisse von Schweißverbindungen, a Prüfstäbe in drei Schweißinstituten hergestellt und in sechs Laboratorien geprüft, b Prüfstäbe in einem Schweißbetrieb gefertigt und an einer Stelle geprüft [398]
lyse für einheitlich an einer Stelle gefertigte Schweißverbindungen aus Stahl St37 und Stahl St52 beträgt die Streuspanne der Einzelwerte TN = 1:2,1, Abb. 3.5–23b. Nach dem Ergebnis der Streuungszerlegung schwanken die Mittelwerte der ertragenen Schwingspielzahlen aus den sechs Laboratorien, mit k = 3,75 auf die ertragbare Spannung umgerechnet, um ± 6,5%, wobei die Versuche auf Prüfmaschinen unterschiedlicher Bauart liefen, Abb. 3.5–24. Nach Verbindungsform und Schweißinstitut ausgewertet, ergibt sich die maximale
Abb. 3.5–24. Streuungsauswertung für Ergebnisse aus sechs Laboratorien [399]
534
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Abb. 3.5–25. Streuungsauswertung für Ergebnisse mit geschweißten Prüfstäben aus drei Schweißinstituten [399]
Schwankungsbreite der ertragbaren Spannungsamplituden zu ± 9,0% für die in Wannenlage geschweißten Quersteifenproben mit überschliffenem Nahtübergang. Bei den in senkrechter Position geschweißten Quersteifenproben und bei den Kreuzstoßproben, bei denen sich allein schweißtechnische Einflüsse äußern, beläuft sich die Schwankungsbreite auf ± 6,5 %, Abb. 3.5–25. Diese Schwankungsbreiten bleiben jedoch noch deutlich innerhalb der Streuspanne TS = 1:1,35 (entsprechend ± 16%), die sich für die Einzelergebnisse mit k = 3,75 aus TN = 1:3,1 nach Abb. 3.5–23 errechnen lässt. Angesichts der sehr detailliert vorgegebenen Schweiß- und Versuchsbedingungen wurde bei dieser Gemeinschaftsuntersuchung aber nur ein Teil der Einflüsse erfasst, die bei einer vergleichenden Auswertung der im Schrifttum mitgeteilten Versuchsergebnisse als Unterschiede der ertragbaren Spannungen für nominell gleichartige Schweißverbindungen zutage treten. Mit Abb. 3.5–26 sind aus dem Wöhlerlinien-Katalog von Olivier und Ritter [69] die im Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragenen Schwingfestigkeits-Kennwerte gezeigt, die sich bei einer einheitlichen, normierten Auswertung der im Schrifttum mitgeteilten Versuchsreihen für Quersteifen mit nicht-kraftübertragenden Kehlnähten ergeben: Sie variieren in den Grenzen von SA = 42 und 135 N/mm2 bei Mittelwerten und Streuspannen nach Tabelle 3.5–5.
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
535
Abb. 3.5–26a –c. Streuung der Schwingfestigkeits-Kennwerte bei den im Schrifttum mitgeteilten Versuchsreihen für Quersteifen mit nicht-kraftübertragenden Kehlnähten nach den normierten Auswertungen von Olivier und Ritter [69] a 32 Versuchsreihen mit bauteilähnlichen Prüfkörpern im Schweißzustand, b 71 Versuchsreihen mit stabartigen Prüfkörpern im Schweißzustand, c 42 Versuchsreihen mit stabartigen Prüfkörpern im nachbehandelten Zustand
Tabelle 3.5–5. Mittelwerte und Streuspannen für Prüfkörper mit Quersteifen [53]
Prüfkörperform
Zustand
Mittelwert
Streuspanne
bauteilähnliche Prüfkörper stabartige Prüfkörper stabartige Prüfkörper
Schweißzustand Schweißzustand nachbehandelt
SA = 63 N/mm2 SA = 69 N/mm2 SA = 93 N/mm2
TA = 1:1,55 TA = 1:1,75 TA = 1:1,84
Berücksichtigung der zusätzlichen Streueinflüsse Die grundsätzliche Frage zu den dargelegten Streueinflüssen und ihrer Berücksichtigung geht dahin, – welche der erkannten Einflüsse als systematisch erfassbar durch eine entsprechende Wahl des Mittelwertes der ertragbaren Spannungsamplitude in Ansatz gebracht werden sollen oder dürfen und
536
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
– welche Einflüsse als allein statistisch erfassbar über die dem Mittelwert zugeordnete Streuspanne abgedeckt werden müssen. In der Terminologie der Statistik ist dies die Unterscheidung einer Streuung innerhalb der Versuchsreihen und einer Streuung zwischen den Versuchsreihen [58, 399]. Zu dieser Frage lässt sich keine allgemeinverbindliche Antwort geben. Die zu treffende Entscheidung kann aber von erheblicher Auswirkung auf das Ergebnis eines Betriebsfestigkeits-Nachweises sein: Ein zu hoch angesetzter Mittelwert und eine dementsprechend große Streuspanne kann bei der Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Umständen auf unrealistisch niedrige zulässige Spannungen führen. Günstiger ist es im Allgemeinen, mit einem Mittelwert an der unteren Grenze und der kleineren Streuspanne für einheitliche Herstellungsbedingungen zu rechnen.
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss Seit mehr als 60 Jahren ist aus experimentellen Untersuchungen ein Einfluss der Bauteilgröße auf die Schwingfestigkeit bekannt, aber lange Zeit konnte für diesen Befund keine quantitative Aussage formuliert werden.Vermutet wurde, dass für das Auftreten des Größeneinflusses eine gradientenbehaftete Spannungsverteilung notwendige Voraussetzung sei [400, 401]. Heckel und Köhler [402] konnten durch Versuche an ungekerbten Proben durch Variation der homogen beanspruchten Prüflänge diese Hypothese widerlegen, und an ihrer Stelle die Existenz eines statistischen Größeneinflusses nachweisen, Abb. 3.5–27: Je größer die Prüflänge, desto höher war die Bruchwahrscheinlichkeit (bei jeweils gleicher Bruchschwingspielzahl). Zur Beschreibung ihrer Ergebnisse zogen sie die Fehlstellentheorie nach Weibull heran [403]. In weiterführenden Arbeiten überprüften Heckel und Mitarbeiter sodann die Gültigkeit dieses statistischen Modells sowohl im Übergangsgebiet zur Dauerfestigkeit, wie auch im Bereich der Zeitfestigkeit und der Betriebsfestigkeit [404–408]. Auch Arbeiten von anderer Seite galten sodann dieser Thematik, z.B. [177, 409–411]. Das Fehlstellenmodell wurde von Weibull ursprünglich für die streuende Zugfestigkeit spröder Materialien entwickelt. Es lässt sich anschaulich mit der Modellvorstellung einer Kette erklären, bei der das schwächste Glied für den Bruch bestimmend ist. Seine Anwendung auf die Schwingfestigkeit geschieht unter der Vorstellung, dass im Volumen bzw. an der Oberfläche eines Bauteils statistisch verteilte Fehlstellen vorliegen, von denen die größte (oder gefährlichste) bei schwingender Belastung den Ermüdungsanriss auslöst und das Versagen des Bauteils herbeiführt, Abb. 3.5–28. Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Fehlstellen wie auch der Rissfortschritt bleiben unberücksichtigt.
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss
537
Abb. 3.5–27. Statistischer Größeneinfluss ersichtlich aus der Bruchwahrscheinlichkeit polierter Rundproben mit unterschiedlicher Prüflänge unter einer Zug-Druck-Beanspruchung mit sa = 249,8 N/mm2, nach Heckel und Köhler [404]
Abb. 3.5–28. Bruchausgang im Inneren einer zug-schwellend beanspruchten Probe aus Stahl 100 Cr 6 von einer Fehlstelle (Einschluss aus Titankarbonitrid), nach [410]
538
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Für die Verteilung der Größe a der Fehlstellen in einem Volumenelement V0 wird die zweiparametrische Form der Weibull-Verteilung angesetzt: F(a) = exp {– (a / au)– b1} ,
(3.5–48)
wobei die Parameter au die charakteristische Größe und b1 die Streuung der Fehlstellen kennzeichnen. F(a) bezeichnet dann die Wahrscheinlichkeit, in dem betrachteten Volumenelement V0 eine Fehlstelle kleiner als a zu finden. Die Verteilung der Fehlstellen in einem n-fach größeren Volumen V = n · V0
(3.5–49)
ergibt sich (aufgrund der mit der Modellvorstellung vorgegebenen Reihenschaltung der Versagenselemente) als n-faches Produkt der Überlebenswahrscheinlichkeiten F(a) zu n
FV (a) = ∏ {F(a)} = {exp [– (a / au) – b1]}n = exp [– n · (a / au)– b1] (3.5–50) i=1
und mit Gl. (3.5–49) zu FV (a) = exp [– (V /V0) · (a / au)– b1] .
(3.5–51)
Anschaulich lässt sich Gl. (3.5–51) dahingehend kommentieren, dass sich die charakteristische Fehlergröße au mit dem Volumen V vergrößert. Wird der Fehlergröße a eine versagenskritische Spannung S ~ a–c / b (z.B. S ~ 1 / a3 a nach Gl. (3.4–9)) zugeordnet, die zum Versagen führt, und besteht das Bauteil aus mehreren gleich beanspruchten Volumina V0 , so wird kein Versagen eintreten, wenn gleichzeitig alle Elemente des Volumens V der Spannung S standhalten. Die Wahrscheinlichkeit PÜ,V (S) dafür ist PÜ, V (S) = exp [– (V / V0) · (S / S0)b2] .
(3.5–52)
Bei jeweils gleichen Wahrscheinlichkeiten FV (a) ergibt sich aus Gl. (3.5–51) als Verhältnis der maximalen Fehlergröße aV1 im Volumen V1 zur maximalen Fehlergröße aV0 im Volumenelement V0 aV1 / aV0 = (V1 /V0)1/ b1 ,
(3.5–53)
und aus Gl. (3.5–52) bei gleichen Wahrscheinlichkeiten PÜ, V (S) als Verhältnis der versagenskritischen Spannung S1 im Volumen V1 zur versagenskritischen Spannung S0 im Volumenelement V0 S1 / S0 = (V1 /V0)–1/ b 2 .
(3.5–54)
Mit Gl. (3.5–51) bis Gl. (3.5–54) ist der statistische Größeneinfluss analytisch dahingehend beschrieben, dass ein größeres Volumen V wahrscheinlich eine größere Fehlstelle a und damit eine niedrigere versagenskritische Spannung S aufweist. Angewandt auf die Dauerfestigkeit SD als versagenskritische Span-
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss
539
nung S ist also mit Gl. (3.5–52) der sich einstellende Dauerfestigkeitsabfall abhängig von dem fallweise zutreffenden Weibull-Exponenten b2 angebbar, wenn bei einer Vergrößerung eines Bauteils das (unverändert hoch und gleichmäßig) beanspruchte Volumen von V0 auf V = n · V0 vergrößert wird. In der Praxis zeigen Bauteile allerdings keine gleichmäßige sondern eine örtlich unterschiedliche Beanspruchung. Sie wird behandelbar, indem das Volumen V in hinreichend kleine Teilvolumina DVi unterteilt wird, für die jeweils eine annähernd gleichmäßige Beanspruchung gilt. Die Überlebenswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Teilvolumina betragen Gl. (3.5–52) PÜ, DVi (Si ) = exp [– (DVi /V0) · (Si / S0)b2] .
(3.5–55)
und für das Gesamtvolumen muss nach der Produktregel gelten PÜ, V (S) = ∏ exp [– (DVi /V0) · (Si /S0)b2]
(3.5–56)
i
i
i
= exp – ∑ (DVi /V0) · (Si /S0)b2
= exp – ∑ (DVi · Sib2) / (V0 · S0b2) . Mit der maximalen Spannung Smax im betrachteten Volumen V lässt sich aus der Spannungsverteilung S = Smax · g (x, y, z)
(3.5–57)
ein spannungsäquivalentes Volumen Väq als Spannungsintegral Väq =
∫
g (x, y, z)b2 · dV
(3.5–58)
V(S > 0)
berechnen und mit Smax für ∑ (DVi · Sib2) in Gl. (3.5–56) einsetzen. Damit ist die Überlebenswahrscheinlicheit bei ungleichförmiger Spannungsverteilung im betrachteten Volumen zu berechnen als
PÜ, V (S) = exp – (1 /V0) ·
∫
V(S > 0)
g (x, y, z)b2 · dV · (Smax / S0)b2 ,
PÜ, V (S) = exp [– (Väq / V0) · (Smax / S0)b2] .
(3.5–59) (3.5–60)
Leider ist das spannungsäquivalente Volumen Väq keine reine Bauteil-Kenngröße, weil es vom jeweils werkstofflich zutreffenden Weibull-Exponenten b2 abhängt. Die Fälle, bei denen ein Schwingbruch von einer Fehlstelle im Inneren eines Bauteils ausgeht, sind vergleichsweise selten und – wie z.B. in [409] – an bestimmte Gegebenheiten gebunden. In den weitaus meisten Fällen nimmt der
540
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Schwingbruch bei Bauteilen seinen Ausgang von einer Fehlstelle an der Bauteiloberfläche. Für solche Anwendungsfälle lässt sich aus der Spannungsverteilung S = Smax · g (x, y)
(3.5–61)
im Bereich der betrachteten Oberfläche analog zu Gl. (3.5–51) bis Gl. (3.5–60) eine spannungsäquivalente Oberfläche Aäq mit dem Spannungsintegral Aäq =
∫
g (x, y)b2 · dA
(3.5–62)
A(S > 0)
ableiten:
PÜ, A (S) = exp – (1 /A0) ·
∫
g (x, y)b2 · dA · (Smax / S0)b2 ,
A(S > 0)
PÜ, A (S) = exp [– (Aäq / A0) · (Smax /S0)b2] .
(3.5–63) (3.5–64)
Für andere Fälle, wie beispielsweise für den Nahtübergang einer Schweißverbindung, kann schließlich eine lineare Anordnung der Fehlstellen und eine lineare Spannungsverteilung S = Smax · g (x)
(3.5–65)
angenommen werden. Für sie lässt sich analog zu Gl. (3.5–51) bzw. Gl. (3.5–60) für den betrachteten Längenbereich eine spannungsäquivalente Länge Läq mit dem Spannungsintegral Läq =
∫ g (x)b2 · dL
(3.5–66)
L(S > 0)
ableiten:
PÜ, L (S) = exp – (1 / L0) ·
∫
L(S > 0)
g (x)b2 · dL · (Smax / S0)b2 ,
PÜ, L (S) = exp [– (Läq / L0) · (Smax / S0)b2] .
(3.5–67) (3.5–68)
Sofern die Anwendung der vorstehenden Gleichungen durch Versuche im Bereich der Zeitfestigkeit oder der Betriebsfestigkeit überprüft werden soll, sind sie noch dahingehend umzuformen, dass sie den Größeneinfluss in seiner Auswirkung auf die bei vorgegebener Beanspruchungshöhe ertragbare Schwingspielzahl beschreiben. Für die dazu vorzunehmende Umrechnung streuender Spannungen in streuende Schwingspielzahlen gilt mit k als Neigungsexponent der Zeitfestigkeits- bzw. Lebensdauerlinie Sk · N = konst. bzw. S ~ N –1 / k = N 1 / | k | und S b2 ~ N b2 / | k | = N b3. Bei einem
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss
541
beispielweise anzunehmenden Bruchausgang von der Oberfläche ergeben sich damit aus Gl. (3.5–63) bzw. Gl. (3.5–64) für die Schwingspielzahlen auf einem Prüfhorizont S = Smax die Überlebenswahrscheinlichkeiten zu:
PÜ, A (N) = exp – (1 /A0) ·
∫ A(S > 0)
g (x, y)b2 · dA · (N / N0)b3 ,
PÜ, A (N) = exp [– (Aäq /A0) · (N / N0)b3] .
(3.5–69) (3.5–70)
Hinderlich bei Anwendung dieser Gleichungen für die Schwingspielzahlen ist, dass nicht nur der Weibull-Exponent b3 aus den streuenden Schwingspielzahlen N, sondern dass für das Spannungsintegral zusätzlich der WeibullExponent b2 = b3 / | k | mit dem Neigungsexponenten k berechnet werden muss. Werte des Spannungsintegrals nach Gl. (3.5–62) sind für ausgewählte Kerbformen und für unterschiedliche Werte des Weibull-Exponenten b2 u.a. in [406, 409] aufgeführt. Zur experimentellen Bestätigung der vorstehenden Formel zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses führte u.a. Böhm [406] am Beispiel des Stahles 30CrNiMo8 Versuche im Zeitfestigkeitsbereich zur Bestimmung der Wechselfestigkeit an zug-druck-beanspruchten Rundproben mit Umlaufkerben für Formzahlen ak = 1,0; 2,23 und 5,99 unter Variation ihres Durchmessers im Kerbgrund durch, Abb. 3.5–29. Die grafisch dargestellten Ergebnisse sind in Tabelle 3.5–6 in etwas anderer Art aufbereitet um zu veranschaulichen, wie sich die Beschreibung des Kerbeinflusses über den statistischen Größeneinfluss unterscheidet von dessen Beschreibung mit dem bezogenen Spannungsgefälle und der davon abhängigen Stützziffer [44, 133, 158], wie es u. a. in der FKM-Richtlinie vorgesehen ist, Abb. 3.1–160. Sehr deutlich wird aus den Versuchsdaten von Böhm ersichtlich, dass sich die daraus ableitbaren Stützziffern nach Spalte (9) bzw. (10) um so größer und zugleich größer als nach der FKM-Richtlinie aus Spalte (8) ergeben, je kleiner die spannungsäquivalente Fläche Aäq nach Spalte (11) ist, bzw. umgekehrt um so kleiner und zugleich kleiner als nach der FKM-Richtlinie bei großer spannungsäquivalenter Fläche Aäq . Zudem wird eine generelle Problematik von Stützziffern erkennbar mit der Frage, welcher Wert für ungekerbte Stäbe (Reihe X1, X2 oder X3) dabei als Bezugswert dienen soll, denn auch er erweist sich von der spannungsäquivalenten Fläche Aäq abhängig. Für die Tabelle 3.5–6 wurde der Wert 469,6 N/mm2 nach Reihe X1 zugrunde gelegt. Die Überlegenheit einer Ermittlung von ertragbaren Kerbspannungen nach dem Fehlstellenmodell zeigt sich schließlich daraus, dass alle ertragbaren Kerbspannungswerte in engen Grenzen übereinstimmen, wenn sie jeweils für eine spannungsäquivalente Fläche Aäq = 1 mm2 berechnet werden; für die betreffenden Werte in Spalte (12) ergibt sich der Mittelwert zu 650 N/mm2 ± 5,4%!
542
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit 500
Nennspannungsamplitude Sa in N/mm2
400
300
200
100
0 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Durchmesser im Kerbquerschnitt d in mm Abb. 3.5–29. Statistischer Größeneinfluss bei zug-druck-beanspruchten Rundstäben aus Stahl 30 Cr Ni Mo 8 mit Umlaufkerben unterschiedlicher Formzahl bei unterschiedlichem Durchmesser im Kerbquerschnitt, und rechnerische Vorhersagen für den Streubereich der Weibull-Exponenten, nach Böhm [406]
Schweiger übertrug die vorstehenden Formeln auf Zufallslasten-Versuche mit dem Gaußprozess für N0 /N1 = 0,99 und überprüfte sie mit gutem Ergebnis an Flachstäben aus der Aluminiumlegierung 7075, die als 1-Loch, 3-Lochund 7-Lochstäbe ausgeführt waren und sich demnach in der spannungsäquivalenten Fläche im Verhältnis 1:3 :7 unterschieden, Abb. 3.5–30. Kloos und Mitarbeiter [411] führten auf der Grundlage eigener Versuche eine Beurteilung der Zuverlässigkeit des Fehlstellenmodells beim Abschätzen der Dauerfestigkeit einstufig beanspruchter Proben durch. Die dabei erzielten Ergebnisse verglichen sie mit den Werten nach weiteren gebräuchlichen Ansätzen zur Übertragung der an Kleinproben gewonnenen
d; D; L [mm]
Reihe
7,00; L = 16,0 20,00; L = 48,5 37,98; L = 90,0
6,99; 20,90; 38,33; 59,32; 80,13;
0,15 0,34 0,60 0,86 1,25
0,92 2,75 5,05
• • •
r [mm]
(3)
4,95 5,63 5,73 5,95 5,81
2,21 2,22 2,22
1,00 1,00 1,00
ak [–]
(4)
13,33 5,88 3,33 2,33 1,60
2,75 0,92 0,50
0,00 0,00 0,00
c [mm– 1]
(5)
634,6 588,9 564,4 527,8 471,2
556,9 525,0 505,5
469,6* 402,5 392,3
S50exp [N/mm2]
(6)
635,0 565,0 530,0 506,0 490,0
573,0 510,0 477,0
469,6* 419,0 392,0
S50cal [N/mm2]
(7)
1,27 1,22 1,19 1,18 1,16
1,18 1,14 1,10
1,00 1,00 1,00
n RiLi [–]
(8)
1,35 1,25 1,20 1,12 1,00
1,19 1,12 1,08
1,00 0,86 0,84
n exp [–]
(9)
1,35 1,20 1,13 1,08 1,04
1,22 1,09 1,02
1,00 0,89 0,83
n cal [–]
(10)
1,7 11,8 38,3 85,3 166,0
8,1 72,5 247,0
352,0* 3047,0 10739,0
Aäq [mm2]
(11)
652 671 665 669 618
622 659 678
641 617 643
S50 (1 mm2) [N/mm2]
(12)
Erläuterungen: (1) Bezeichnung der Versuchsreihen; (2) Kerbgrund- und Außendurchmesser bzw. Länge des Prüfbereichs; (3) Kerbradius (Istwert); (4) Formzahl (Istwert); (5) bezogenes Spannungsgefälle c nach FKM-Richtlinie; (6) Kerbspannung Pü = 50% Istwerte nach Versuch; (7) Kerbspannung Pü = 50% umgerechnet mit 469,6 · 352/Aäq auf theoretische Sollwerte; (8) Stützziffer nach FKM-Richtlinie als Funktion von c; (9) Stützziffer errechnet aus S50exp / 469,6 (= gekerbt /ungekerbt); (10) Stützziffer errechnet aus S50cal / 469,6 (= gekerbt / ungekerbt); (11) spannungsäquivalente Fläche; (12) Kerbspannung nach (7) umgerechnet auf eine spannungsäquivalente Fläche von 1 mm2.
Z1 Z2 Z3 Z4 Z5
10,97 32,90 60,31 93,34 126,03
6,96; 9,64 20,82; 28,96 38,63; 53,61
Soll: a k = 5,99
Y1 Y2 Y3
Soll: a k = 2,23
X1 X2 X3
Soll: a k = 1,00
(2)
(1)
Tabelle 3.5–6. Ergänzende Aufbereitung der Ergebnisse von Böhm [406] nach Abb. 3.5–29 zur Veranschaulichung des statistischen Größeneinflusses
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 543
Abb. 3.5–30. Statistischer Größeneinfluss ersichtlich aus der Bruchwahrscheinlichkeit von 1-Loch-, 3-Loch- und 7-Loch-Stäben unter einer Gauß’schen Zufallsbelastung, nach Schweiger [407]
544 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss
545
Schwingfestigkeitswerte auf Bauteile größerer Abmessung, im Einzelnen waren dies: – – – –
das bezogene Spannungsgefälle nach Siebel und Mitarbeitern [158], die Makro- und Mikrostützwirkung nach Neuber [159], das Ähnlichkeitskriterium nach Kogaev-Serensen [412], die spannungsmechanische und statistische Stützziffer nach Zenner und Liu [413].
Zusammenfassend kommen sie zu folgenden Feststellungen: Das Fehlstellenmodell nach Weibull in der von Heckel und Mitarbeitern angewandten Form zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses auf die Dauerschwingfestigkeit gekerbter Proben bei Axialbeanspruchung ist den übrigen Ansätzen hinsichtlich der Genauigkeit überlegen. Die zum Vergleich herangezogenen Ansätze nach Neuber, Siebel und Stieler und Kogaev-Serensen zeigen höhere Streubreiten, bei geringfügig abweichender Lage der Mittelwerte. Diese Feststellung mag sich zu einem erheblichen Teil damit erklären lassen, dass mit dem bezogenen Spannungsgefälle und einer daraus abgeleiteten Stützziffer die Quererstreckung einer Kerbe außer Betracht bleibt, wenngleich der Ansatz von Kogaev-Serensen [412] in diese Richtung zielt. Bei höherfesten Werkstoffzuständen weicht der Ansatz von Zenner und Liu nur geringfügig von der Berechnung nach Heckel und Mitarbeitern ab. Besonders hervorzuheben ist, dass das Fehlstellenmodell universell angewendet werden kann. Sind die Dauerschwingfestigkeit, die spannungsäquivalente Oberfläche sowie der Weibull-Exponent einer beliebigen Proben- oder Bauteilgeometrie bekannt, so kann die Dauerfestigkeit jedes anderen, aus dem gleichen Werkstoff gefertigten Bauteils bei gleicher Beanspruchung abgeschätzt werden. Diese Überlegenheit des Fehlstellenmodells rechtfertigt den geringfügig höheren Aufwand des Verfahrens bei der Berechnung der spannungsäquivalenten Oberfläche gekerbter Bauteile. Auf Schweißverbindungen wurde ein Größeneinfluss bisher fast ausnahmslos erörtert hinsichtlich des Einflusses der Blech- und Nahtdicke, nicht jedoch hinsichtlich der Längsausdehnung einer Schweißnaht [177]. Diesbezügliche Betrachtungen zum statistischen Größeneinfluss fanden bisher noch keine direkte Anwendung. Und dies, obwohl das ihnen zugrunde liegende Fehlstellenmodell in seiner einfachsten (eindimensionalen) Form nach Gl. (3.5–67) auf Schweißverbindungen in besonderem Maße zutrifft. Denn es ist eine seit langem gängige Betrachtungsweise, dass entlang einer Schweißnaht zahlreiche werkstoffliche Fehlstellen in statistischer Größenverteilung anzunehmen sind und dass an einer gleichmäßig hoch beanspruchten Schweißnaht der schwingbruchbestimmende Anriss an der Stelle auftreten wird, wo sich die größte dieser Fehlstellen befindet. Übliche Versuchsstücke für Schwingfestigkeitsversuche enthalten jeweils nur ein kurzes Stück Schweißnaht mit einer demzufolge auch nur kleinen Stichprobenauswahl von Fehlstellen. Reale Schweißkonstruktionen enthalten oft um ein Vielfaches längere hochbeanspruchte Schweißnähte; u.a. können
546
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Bruchwahrscheinlichkeit PB
sich in einer Brückenkonstruktion gleich hoch beanspruchte Teilstücke von Halskehlnähten durchaus zu einer beachtlichen Länge summieren. Um zum Beispiel mit L0 = 100 mm breiten Versuchsstücken die größte Fehlstelle einer Läq = 100 m langen Schweißnaht zu erfassen, wären also 1000 Versuche oder eine Extrapolation der streuenden Versuchsergebnisse auf eine Bruchwahrscheinlichkeit von 10–3 erforderlich. Das Ergebnis dieser Extrapolation stellt jedoch für die 100 m lange Schweißnaht lediglich einen Schätzwert für 50% Bruchwahrscheinlichkeit dar! Rechnerisch lässt sich dieser Zusammenhang als nahtlängenbedingter Größeneinfluss im Wahrscheinlichkeitsnetz der Extremwert-Verteilung nach Abb. 3.5–31 abhandeln. Ausgangswerte sind dabei ein bezogener Mittelwert SA, 50% = 1 der ertragbaren Spannungsamplitude sowie ihre Streuspanne TS = 1 : 1,4, wie sie in etwa bei Versuchen mit kleinen Versuchsstücken zu erwarten ist. Ergebnis sind der niedrigere Mittelwert und die ebenfalls verringerte Streuspanne für die lange Naht. Dargestellt sind die Streuverteilungen für Längenverhältnisse Läq /L0 = 1, 10, 100 und 1000, und zwar alternativ unter Ansatz einer 2-parametrischen und einer 3-parametrischen Extremwertverteilung. Dabei liefert die 2-parametrische Verteilung zwar einen einfach formulierbaren, doch vermutlich zu starken Nahtlängeneinfluss bei unveränder-
bezogene Spannungsamplitude SA,rel Abb. 3.5–31. Statistischer Größeneinfluss aus der Nahtlänge einer Schweißnaht, veranschaulicht im Wahrscheinlichkeitsnetz für Extremwertverteilungen, nach [177]
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss
547
ter Streuspanne. Hingegen dürfte die 3-parametrische Verteilung mit einem asymptotischen Grenzwert (hier nach Gutdünken mit 0,42 entsprechend etwa –6,5 Standardabweichungen angesetzt) die realen Verhältnisse zutreffender erfassen. Wie durch je zwei offene Kreise bzw. Rechtecke markiert, bestätigt sich in beiden Fällen die vorerwähnte Einschätzung, dass der 0,1%-Wert der ertragbaren Spannung für das kleine Versuchsstück bei der um Leff /L0 = 1000fach längeren Naht einer ertragbaren Spannung für ca. 50% Bruchwahrscheinlichkeit entspricht. Was mit anderen Worten bedeutet, dass die in zulässigen Spannungen für Schweißverbindungen enthaltenen Sicherheitszahlen von etwa 1,65 gegenüber dem 50%-Wert der Versuchsergebnisse durch den aufgezeigten Nahtlängeneinfluss zu einem erheblichen Teil aufgezehrt werden können. Angesichts der vorliegenden, recht überzeugenden Beispiele verwundert es, dass das Fehlstellenmodell zur Berücksichtigung des statistischen Größeneinflusses und als Alternative zum gebräuchlichen Rechnen mit Stützziffern bisher noch keine breitere praktische Anwendung gefunden hat. Die Einschränkungen, wie sie Heckel und Mitverfasser in [408] vorbringen, dass den Berechnungen auf der Basis der statistischen Fehlstellentheorie bei kritischer Betrachtungsweise viele Vereinfachungen anhaften, sind dafür sicher nicht allein entscheidend. So u.a. Vereinfachungen bei der Berechnung des Spannungsintegrals anhand vereinfachter Finite-Element-Modelle und mit einem im Vorhinein als bekannt vorauszusetzenden Weibull-Exponenten. Oder auch die Problematik der Erfassung vergleichbarer Anrisslebensdauern von Proben variabler Größe. Zu ihr kann angemerkt werden, dass die Anriss- und Bruchschwingspielzahlen bei Kleinproben, an denen üblicherweise die Ausgangswerte zur Bauteilberechnung bestimmt sind oder werden, nicht sonderlich weit auseinanderliegen. Die Fehler, die bei Kleinproben mit einer einheitlichen Betrachtung der Anrissphase bis zum Restbruch gemacht werden, sind zumeist vertretbar. Für den größeren, so berechneten Bauteilquerschnitt bedeuten derart bestimmte Kleinprobenwerte, dass dann die berechnete Lebensdauer für einen Anriss gilt, dessen Größe in etwa der Schwingbruchfläche beim Restbruch der Kleinprobe entspricht. Es darf auch nicht unbeachtet bleiben, dass der statistische Größeneinfluss stets im Zusammenhang mit dem technologischen und dem spannungsmechanischen und dem oberflächentechnischen Größeneinfluss zu sehen ist [163, 408], Abschn. 3.1.3. So ist praktisch kaum auszuschließen, dass bei der größeren Ausführung eines Bauteils andere technologische und fertigungstechnische Einflüsse bestimmend sind. Weiterhin bestehen grundsätzliche Schwierigkeit bei der Wahl bzw. Bestimmung des jeweils zutreffenden Weibull-Exponenten: Bei einfacher Umrechnung aus der Streuspanne TS oder TN (nach Tabelle 5.1–3 im Anhang) kann sich sehr leicht eine Fehleinschätzung dadurch ergeben, dass die Streuspanne von Versuchsdaten durch ganz andere Streueinflüsse vergrößert ist, die z.B. in nicht exakt gleich gehaltenen Versuchsbedingungen oder in einer nicht gleich-
548
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
artigen Beschaffenheit der Prüfkörper begründet sein mag. Werden derartige Streueinflüsse für die Bestimmung des Weibull-Exponenten nicht außer Betracht gelassen, dann vergrößern sie den zu errechnenden Größeneinfluss in unzutreffender Weise. Eine Auswertung oder Umrechnung von Weibull-Exponenten kann deshalb nur mit dem Vorbehalt in Betracht kommen, dass sie zuvor zumindest durch Vergleich mit den Erfahrungswerten nach Tabelle 3.5–3 kritisch überprüft worden sind. Allgemein anwendbare Erfahrungswerte für die Weibull-Exponenten sind aus den bisher vorgenommenen Auswertungen noch nicht ableitbar. Nichtsdestoweniger gibt es gute Argumente für die Erwartung, dass das Fehlstellenmodell zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses zu einer verbesserten Alternative zum Stützwirkungs-Konzept entwickelt werden kann. Es wäre wünschenswert, wenn das Fehlstellenmodell in naher Zukunft eine stärkere wissenschaftliche Beachtung und damit eine anwendungsrelevante Weiterentwicklung erfahren würde, damit es auf einer breiter abgesicherten Erfahrungsbasis künftig in Regelwerken zur Bauteilberechnung Eingang finden kann.
3.5.7 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl Eine statistische Belegung von Lebensdauerlinien ist heute für jede qualifizierte Betriebsfestigkeits-Untersuchung selbstverständlich. Daneben sind auch die durch Rechnung, Simulation oder Messung bestimmten Betriebsbeanspruchungen mit ihrer statistischen Streuung bzw. mit ihrer statistischen Unsicherheit in Ansatz zu bringen. Anstelle einer herkömmlichen, meist empirisch abgeleiteten Sicherheitszahl lässt sich dann die in einem Betriebsfestigkeits-Nachweis anzusetzende Sicherheitszahl statistisch begründet und fallbezogen in Abhängigkeit von einem als vertretbar angesehenen Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit ableiten. Mit den Ausführungen im Abschn. 3.5 wird dazu eine in sich geschlossene und praktisch bewährte Konzeption mit ihren statistischen Grundlagen dargestellt. Sie erweist sich in bester Übereinstimmung mit den Grundsätzen eines ingenieurmäßigen Sicherheitsdenkens. Die statistisch begründete Sicherheitszahl ist als eine Mindest-Sicherheitszahl anzusehen. Sofern ihrer Ableitung die tatsächliche, aus einer Messung nach Mittelwert und Streubreite bestimmte Betriebsbeanspruchung zugrunde liegt und die ertragbare Spannungsamplitude in Betriebsfestigkeits-Versuchen mit dem Originalbauteil für das betreffende Beanspruchungskollektiv auf statistisch verlässliche Weise bestimmt ist, bedarf es im Grunde keiner weiteren Sicherheitszuschläge. Auf Seiten der Schwingfestigkeit bzw. der Lebensdauer stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach den unteren Extremwerten der LebensdauerStreuverteilung. Mit Abschn. 3.5.2 wird dazu aufgezeigt, wie sich Maßnahmen der Qualitätssicherung auf die anzusetzende Sicherheitszahl und damit auf die ausnutzbare Lebensdauer auswirken. Der dort angegebene Berechnungs-
3.5.7 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl
549
ansatz gestattet, die Auswirkung qualitätssichernder Maßnahmen zu quantifizieren. Bei den üblicherweise verfügbaren Daten zur Schwingfestigkeit und insbesondere bei einem experimentellen Betriebsfestigkeits-Nachweis anhand aufwendiger Bauteil- oder Baugruppen-Versuche handelt es sich in aller Regel, statistisch gesehen, um extrem kleine Stichproben. Um in solchen Fällen dennoch zu einer Aussage über die Ausfallwahrscheinlichkeit zu gelangen, muss nicht allein von einer Annahme über die Form der Streuverteilung ausgegangen, sondern auch noch eine Annahme über deren Standardabweichung getroffen werden. Diese Annahmen können sich auf verfügbare Erfahrungswerte abstützen, Abschn. 3.5.5. Und außerdem müssen die Zufälligkeiten des Mittelwertes kleiner Stichproben bedacht und in geeigneter Weise abgedeckt werden, Abschn. 3.5.4. Auf Seiten der einwirkenden Betriebsbeanspruchung geht die Frage dahin, mit welcher Wahrscheinlichkeit die angesetzten Beanspruchungen im praktischen Betrieb auftreten können: entsprechen sie durchschnittlichen oder extremalen Bedingungen? Häufig kommt es diesbezüglich zu Schwierigkeiten, weil eine unzureichende Kenntnis über die anzusetzende Streuverteilung der Betriebsbeanspruchungen besteht. Mit einer vereinfachenden Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit, Abschn. 3.5.1, wird ein Ausweg aus diesen Schwierigkeiten gezeigt, wenn in der bewährten ingenieurmäßigen Denkweise für den Betriebsfestigkeits-Nachweis von den Lastannahmen für vergleichsweise ungünstige Betriebsbedingungen ausgegangen wird. Die vereinfachende Berechnung sollte allerdings nur ein Ausweg aus den Schwierigkeiten bleiben, die durch eine unzureichende Kenntnis der Betriebsbeanspruchungen entstehen. Ausführliche Beanspruchungsmessungen an der ausgeführten Konstruktion, die diese Schwierigkeiten beseitigen, sind ohne Zweifel der richtigere Weg, um die Schwingbruchsicherheit eines schwingbeanspruchten Bauteils nachzuweisen, Abschn. 3.5.3. Denn eine Fehleinschätzung der auftretenden Beanspruchungen hat sich bisher weit häufiger als die Ursache von Betriebsbrüchen erwiesen, als eine Fehleinschätzung der ertragbaren Schwingbeanspruchung. Eine systematische Fehleinschätzung von Einflussgrößen wird verständlicherweise von einer statistisch begründeten Mindest-Sicherheitszahl nicht abgedeckt. Dazu müssten zusätzliche Sicherheitszuschläge in einer angemessenen Größe in Ansatz kommen. Beispielsweise kann es erforderlich sein, den Unsicherheiten einer rechnerisch abgeschätzten Betriebsbeanspruchung oder eines durch Vergleichsbetrachtung abgeleiteten Schwingfestigkeitswertes über einen solchen Sicherheitszuschlag Rechnung zu tragen.
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
4.1 Abzuhandelnde Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens 4.1.1 Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise Teilaufgabe 1: Ist über die Notwendigkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachweises im Grundsatz befunden, so sind dazu als Anforderungen die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfallwahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen. Sodann bleibt über die geeignete Vorgehensweise zu entscheiden. Mit einem Festlegen der Anforderungen im Sinne dieser Formulierung werden eindeutige Vorgaben gemacht, die sodann als Zielvorgaben für die Konstruktion und für den Betriebsfestigkeits-Nachweis dienen. Die in Tabelle 1.1–2 aufgelisteten Teilaufgaben bieten dazu eine Leitlinie des sachgemäßen Vorgehens. Auf bestimmten Anwendungsgebieten ist der Betriebsfestigkeits-Nachweis durch Normen, Vorschriften oder Richtlinien geregelt. Diese sind dann maßgebend. In einem wohlverstandenen Anwender- wie Herstellerinteresse kann es aber angezeigt sein, über die bindenden Normen, Vorschriften und Richtlinien hinausgehende Untersuchungen zur Betriebsfestigkeit zu machen. In diesen und in allen anderen Fällen außerhalb des Geltungsbereichs einschlägiger Normen, Vorschriften und Richtlinien bleibt es freigestellt, welche Zielvorgaben als Anforderungen für den Betriebsfestigkeits-Nachweis gemacht werden und wie diesen Zielvorgaben entsprochen wird. Entscheidung über die Vorgehensweise Für eine zielgerichtete und in sich geschlossene Nachweisführung empfiehlt es sich, auch eine Entscheidung über die Vorgehensweise in der Art zu treffen, dass über den vertretbaren Aufwand an Zeit und Kosten und dementsprechend über die erreichbare Ausführlichkeit und Aussageschärfe des Nachweises Klarheit besteht, Abschn. 4.5.1. Die verfügbaren Verfahren der Betriebsfestigkeit bieten durchaus verschiedenartige Möglichkeiten, um einen Nachweis unter diesbezüglichen Vorgaben zu führen. Diese Möglichkeiten reichen
552
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.1–1. Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
Bestimmungsgrößen
Rechnerische Abschätzung
Betriebsbelastung
Kollektiv-Höchstwert aus Nennbelastung und Lastfaktor. Gesamthäufigkeit und Kollektivform nach Erfahrung.
Umfangreichere Berechnung
Dig. Simulation, quasistatisch. Digitale Simulation, dynamisch. BeanspruchungsDigitale Simulation, kollektiv dynamisch. Stochastische Schwingungsrechnung Spannungszustand Nennspannung, HauptSpannungsanalyse nach spannungen, Kerbspannung. Finite- o. Boundary-ElementMethode. Spannungsverteilung Formzahl aus Diagramm Elastische oder elastischoder aus Tabellen. plastische Beanspruchungsanalyse. Rissgeometrie Maximale Rissgröße, Berechnung des Spannungszustand. Spannungsintensitätsfaktors. SpannungsintensitätsGeometriefaktor, nach Finite- oder Boundaryfaktor Spannungsintensitätsfaktor. Element-Methode. Werkstoffeigenschaften Wöhlerlinie für Werkstoff Festigkeits-Hypothesen. und Bauteil, Einfluss von Elastisch-plastisches Gestaltfestigkeit Formzahl, Mittelspannung, Werkstoffverhalten. Fertigung, Umgebung. Datenbank-Auswertungen. Betriebsfestigkeit Wöhler- und LebensdauerReihenfolgeabh. Schädigungslinie. Erfahrungswerte. akkumulations-Rechnung. Schädigungsakkumulation Wöhlerlinie u. MinerKorrektur über EigenRechnung. spannungen. Rechteck-Ersatzkollektiv. Amplitudentransformation. Rissfortschritt Rissfortschrittsdaten da /dn, Rissfortschritt bei betriebsRissfortschrittsberechnung. ähnlicher Belastungsfolge. Restlebensdauer Wöhlerlinie des angerisseBerücksichtigung von nen Bauteils und MinerReihenfolgeeinflüssen. Rechnung. Schwingbruchsicherheit Statistisch begründete Wahrscheinlichkeits-Integral. Sicherheitszahlen. Ausfallwahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeitsbezogene Sicherheitsbetrachtung ausgehend von Mittelwert, Standardabweichung und unterem Extremwert.
– von rechnerischen Untersuchungen in der Form einfacher Abschätzungen oder in der Form umfänglicher Berechnungen, Tabelle 4.1–1, – über experimentelle Untersuchungen an einem Modell oder am ausgeführten Bauteil, Tabelle 4.1–2, – bis zu experimentellen Untersuchungen an der ausgeführten Konstruktion in ihrem versuchsmäßigen oder ihrem betrieblichen Einsatz, Tabelle 4.1–3.
4.1.1 Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise
553
Tabelle 4.1–2. Experimentelle Verfahren der Betriebsfestigkeit, Untersuchungen am Modell oder Bauteil
Bestimmungsgrößen
Untersuchungen am Model
Untersuchungen am Bauteil
Betriebsbelastung Beanspruchungskollektiv Spannungszustand
Spannungsoptik, Fotostress. Experimentelle SpannungsModell oder Bauteilausschnitt analyse mit Dehnungsmessstreifen. Spannungsverteilung mit Dehnungsmessstreifen. Reißlack, Fotostress. Rissgeometrie Anfangs-Rissgröße nach Maximalwert und Streuverteilung. SpannungsintensitätsExperimentelle Bestimmung faktor des Spannungsintensitätsfaktors. Werkstoffeigenschaften Wöhlerversuche und Betriebsfestigkeitsversuche mit Standard-Lastfolgen oder sonstigen typischen Lastfolgen Gestaltfestigkeit an Formelementen. am Original-Bauteil. Betriebsfestigkeit Wöhlerversuche und Betriebsfestigkeitsversuche mit Standard-Lastfolgen oder betriebsähnlichen Lastfolgen. Schädigungsakkumulation Systematische Versuche an Betriebslasten-Nachfahrvers. Prüfstäben und FormeleExp. Lebensdauer-Nachweis. menten. Rissfortschritt Rissfortschrittsuntersuchungen. Restlebensdauer Bestimmung der Restlebensdauer in Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen. Schwingbruchsicherheit Qualitätsprüfung. Ausfallwahrscheinlichkeit Streuanalyse.
Einschränkende Randbedingungen Die Unterscheidung von rechnerischen Verfahren und von experimentellen Verfahren ist insofern zweckmäßig, als für ein Behandeln von Betriebsfestigkeits-Fragen im Rahmen des Konstruktionsprozesses vorrangig rechnerische Verfahren in Betracht kommen. Praktische Schwierigkeiten bei der Anwendung rechnerischer Verfahren können aus der Frage entstehen, wie oder woher die benötigten Eingangsdaten der Berechnung verlässlich zu gewinnen sind, Abschn. 4.3.3. Insofern wird das zweckmäßige Vorgehen auch von den jeweils verfügbaren bzw. beschaffbaren Arbeitsunterlagen bestimmt. Häufig muss wegen fehlender Unterlagen eine Berechnung unter zweckentsprechenden Annahmen durchgeführt werden. Erweist sich das damit erzielbare Ergebnis als kritisch oder ist es wegen zu unsicherer Annahmen nicht
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.1–3. Experimentelle Verfahren der Betriebsfestigkeit, Untersuchungen an der ausgeführten Konstruktion
Bestimmungsgrößen
Untersuchungen an der ausgeführten Konstruktion im Versuch im Betrieb
Betriebsbelastung
Experimentelle Betriebslasten-Analyse, Last-Zeit-Funktionen, Leistungsspektren.
Beanspruchungskollektiv
Teilkollektive für besondere Betriebszustände.
Spannungszustand
Örtliche Spannungsmessungen mit Dehnungsmessstreifen. Örtliches Beanspruchungskollektiv aus mehreren Lastwirkungen. Messung bei Probebelastung.
Spannungsverteilung Rissgeometrie Spannungsintensitätsfaktor Werkstoffeigenschaften Gestaltfestigkeit
Rissgrößen-Messung nach zerstörungsfreien Verfahren.
Prüffeld-Dauer-Erprobung.
Betriebsfestigkeit
Schädigungsakkumulation Rissfortschritt Restlebensdauer Schwingbruchsicherheit Ausfallwahrscheinlichkeit
Repräsentative Gesamtkollektive.
Betriebsüberwachung Auswerten der Betriebserfahrung.
Betriebsfestigkeits-Versuche im Labor unter mehrachsialer Belastung. Rissfortschrittsmessungen. Periodische Inspektionen. Schadensanalyse.
Schadensanalyse. Schadensstatistik.
eindeutig auf der sicheren Seite einzuschätzen, Abschn. 4.1.7, so empfiehlt es sich, eine experimentelle Überprüfung der getroffenen Annahmen einzuleiten,Abschn. 2.1 bis 2.4. Gerade auch die häufig anzutreffenden Unsicherheiten der Lastannahmen lassen sich durch eine nachträgliche Messung an der ausgeführten Konstruktion beheben, zumal eine solche Messung zerstörungsfrei durchführbar ist und sich meist auch noch für Folgekonstruktionen als aussagefähig erweist, Abschn. 4.1.3. Auch in Fällen von besonderer Bedeutung für das gewählte Konstruktionsprinzip und seine Betriebsbewährung werden sinnvollerweise über die Berechnung hinausgehend, experimentelle Untersuchungen vorgesehen, Abschn. 4.3.2. Ihre Planung und Durchführung verlangt eine Zusammenarbeit des Konstrukteurs mit dem Betriebsfestigkeits-Fachmann, der über geeignete Versuchseinrichtungen verfügt. Dem oft erheblichen Zeitbedarf der experimentellen Verfahren bleibt durch eine frühzeitige Veranlassung der experimentellen Untersuchung Rechnung zu tragen.
4.1.2 Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte
555
4.1.2 Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte Teilaufgabe 2: Im Einzelfall gilt es, mit hoher Verlässlichkeit alle schwingbruchgefährdeten Querschnitte der betrachteten Konstruktion zu erkennen. Wie die Erfahrung zeigt, sind Schwingbrüche nur selten aus einer Unterbemessung der tragenden Querschnitte bedingt. Weit häufiger entstehen sie durch eine konstruktiv oder fertigungstechnisch ungünstige Ausbildung schwingbruchkritischer Details wie auch aus einer Fehleinschätzung der dort wirksamen Schwingbeanspruchung. Im Gegensatz zum allgemeinen Spannungsnachweis, für den im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei zähen Werkstoffen ein Spannungsausgleich über den Querschnitt unterstellt werden darf, ist für den Betriebsfestigkeits-Nachweis zu bedenken, dass er sich als ein örtliches Festigkeitsproblem darstellt, bei dem die Kerbspannung als örtlich maximale Beanspruchung eines Querschnitts für die Schwingbruchgefahr bestimmend ist. Für ein erfolgreiches Abhandeln von Betriebsfestigkeitsfragen ergibt sich daraus die primäre Forderung, alle diejenigen Querschnitte und Systempunkte der Konstruktion zu erkennen, die sich als schwingbruchkritisch erweisen könnten. Im Allgemeinen darf unterstellt werden, dass sich der Konstrukteur recht gut über die kritischen Querschnitte und Systempunkte seiner Konstruktion im Klaren ist; auf seinen Rat sollte bei der Entscheidung über nachzuweisende Querschnitte nicht verzichtet werden. Nach den vorliegenden Schadensstatistiken, Tabelle 1.1–1, verdienen die erfahrungsgemäß schwingbruchgefährdeten Bauteile wie Wellen und Achsen oder Bauteile mit Schweiß-, Schrauben- oder Nietverbindungen ein besonderes Augenmerk. Darüber hinaus sind es ganz allgemein die Querschnitte – – – – – –
an Kerbstellen, an Stellen mit Kantenpressung, an Krafteinleitungsstellen, an Steifigkeitssprüngen, an Ecken und Abwinklungen sowie an Schweiß-, Schrauben- oder Nietverbindungen.
Oder auch Querschnitte, – in denen die einwirkenden Schnittkräfte ein Maximum haben, – in denen das Tragverhalten durch verminderte Abmessungen geschwächt ist, – in denen eine Zusatzbiegung durch außermittigen Kraftangriff entsteht, – in denen sich Verformungen der Struktur konzentrieren, oder – in denen mit verminderten Festigkeitseigenschaften zu rechnen ist.
556 Abb. 4.1–1a, b. Veranschaulichung einer überlagerten Kerbwirkung anhand der a ungünstigen und b günstigen Anordnung von Schraubenlöchern am Rand des kreisförmigen Ausschnitts in einem einachsig beanspruchten Blechfeld
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
a
b
Als potenzielle Stellen eines Schwingbruchs erweisen sich immer wieder Querschnitte mit einer überlagerten Kerbwirkung derart, dass in einem überhöhten Kerbspannungsfeld eine zusätzliche Kerbe vorliegt. Anhand von Abb. 4.1–1 sei dieser Sachverhalt veranschaulicht: Ein einachsig beanspruchtes Blechfeld weist einen kreisförmigen Ausschnitt für den Flanschanschluss einer Pumpe auf. Bei der Anordnung der Schraubenlöcher nach Abb. 4.1–1a fallen diese als zusätzliche Kerben annähernd mit dem Kerbspannungsmaximum des Ausschnittes zusammen. Die Kerbspannungsverteilung durch den Ausschnitt gilt dann gewissermaßen als „Nennspannung“ für die Schraubenlöcher und wird um deren Formzahl ak = 2,5 schätzungsweise auf einen Wert ak = 6,5 erhöht. Der Schwingbruch dieser Konstruktion ist vorprogrammiert, wenn bei ihrer Auslegung lediglich die Formzahl ak = 3,0 des Ausschnitts angesetzt wurde. Wird jedoch nach Abb. 4.1–1b die Verteilung der Kerbspannung am Rand des Ausschnitts bedacht, so erweist sich ein um 45° gedrehtes Lochbild als geeignete und einfache Maßnahme, um eine überlagerte Kerbwirkung zu vermeiden. Eine überlagerte Kerbwirkung ist aber keineswegs auf Sonderfälle beschränkt. Übliche Beispiele sind eine Passfedernut, die bis in den Hohlkehlübergang der Welle reicht, eine im hochbeanspruchten Querschnitt angeordnete Ölbohrung, eine Schweißnaht, die an einer Kerbstelle endet, und diese Aufzählung ließe sich nahezu beliebig ergänzen. Leider fehlt bislang zu der Vielfalt schwingbruchkritischer Details eine weitergehende methodische Aufarbeitung des vorliegenden Erfahrungswissens, z.B. in Form eines strukturierten Katalogs und ergänzender Checklisten. Es sind deshalb kaum allgemeinverbindliche Hinweise möglich. Allenfalls lässt sich anführen, dass durch ein methodisches Vorgehen im Konstruktionsprozess auch dem geforderten Erkennen von Schwachstellen mehr oder weniger zwangsläufig entsprochen wird, Abschn. 4.3.1. Aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen muss hingegen nachdringlich gewarnt werden vor einer Vorgehensweise, bei der über die als kritisch zu betrachtenden Querschnitte oder Detailbereiche ausschließlich anhand einer Finite-Element-Beanspruchungsanalyse befunden werden soll. Denn diese Vorgehensweise beinhaltet die Gefahr, dass kritische Stellen einer Konstruk-
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten
557
tion übersehen werden. Allenfalls ist diese Vorgehensweise vertretbar, wenn schon die erste Finite-Element-Berechnung mit einer hinreichend feinen Elementstruktur vorgenommen wird, die alle Einzelheiten der Struktur abbildet. Im Allgemeinen wird aber ein erster Berechnungsschritt mit einer relativ groben Elementierung für die Gesamtstruktur vorgenommen, aus der erforderlichenfalls die Randbedingungen für verfeinerte Substrukturen abgeleitet werden, Abschn. 3.1.2. Werden jedoch etwaige kritische Details in der Grobstruktur nicht dargestellt, gibt das damit erhaltene Ergebnis auch keinen Anlass, deren Bereiche in Substrukturen genauer zu erfassen. Die betreffenden Details werden damit auch nicht als möglicherweise kritische Stellen erkennbar werden. Im Prinzip bleibt es also der Sorgfalt und Sachkenntnis des Konstrukteurs und des Berechnungsingenieurs überlassen, dass alle schwingbruchgefährdeten Querschnitte verlässlich erkannt werden. Die seinerzeitigen, durch unerwartete Schwinganrisse in Fensterausschnitten verursachten Abstürze der Comet-Flugzeuge [414] sind ein Beispiel für das aus einer unerkannten Schwachstelle entstehende Risiko. Um es zu verringern, werden in Ergänzungen der Bauteil- und Baugruppen-Prüfung oft umfangreiche Untersuchungen an der Gesamtkonstruktion als notwendig erachtet, Abschn. 4.4.3.
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten Teilaufgabe 3: Für jeden schwingbruchkritischen Querschnitt sind die einwirkenden Betriebslasten nach Größe, Häufigkeit und Wirkungsrichtung zu bestimmen. Bestimmen der anzusetzenden Maximallast Das Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten führt als Erstes auf die Frage nach der Maximallast, die für den Maximalspannungs-Nachweis anzusetzen ist. Denn die anzusetzende Maximallast ist in erster Linie für die Bemessung des betreffenden Querschnitts bestimmend. Insofern muss einem Betriebsfestigkeits-Nachweis grundsätzlich ein Maximalspannungs-Nachweis vorangehen, weil ein Bauteil in jedem Fall der denkbar auftretenden Maximallast gewachsen sein muss; erst dann ist es sinnvoll, über sein Betriebsfestigkeitsverhalten zu befinden. Diese Rangfolge ist beispielsweise in den Regelwerken des Stahlbaus, des Flugzeugbaus, des Schiffbaus und des Kranbaus mit entsprechenden Vorgaben zur Höhe der anzusetzenden Maximallasten verankert.Auf anderen Anwendungsgebieten sind die anzusetzenden Maximallasten fallweise festzulegen, wobei nicht nur alle betrieblichen Lastfälle, sondern auch solche des Transportes und der Montage und der Abnahmeprüfungen, wie auch etwaige Lastfälle eines nicht auszuschließenden Missbrauchs in Betracht zu ziehen sind.
558
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Die anzusetzende Maximallast kann beispielsweise gegeben sein – – – – –
als Vielfaches der Nennlast gemäß einer geltenden Vorschrift, als Vielfaches der Bruchlast eines anderen Bauteils (Sollbruchstelle), als Grenzlast aus der Standsicherheit, z.B. eines Mobilkranes, als Grenzwert der Betriebslasten, z.B. Maximaldruck oder Füllstand, als Maximalwert aus dem denkbar ungünstigsten Zusammenwirken aller Lasten, oder – als Maximalwert aus einem Sonderlastfall, z.B. bei Transport oder Montage. Im Hinblick auf den Betriebsfestigkeits-Nachweis interessiert sodann, mit welcher Häufigkeit diese Maximallast innerhalb der Nutzungsdauer auftritt, und ob bzw. mit welcher Häufigkeit und Lastrichtung noch andere extreme Lasten aus anderen Lastfällen auftreten. Sind die Maximallast und die übrigen Extremlasten als unwahrscheinlich oder äußerst selten einzuschätzen, so sind sie in der Regel nur für den Maximalspannungs-Nachweis (statischer Nachweis, Traglast-Nachweis, StabilitätsNachweis) entscheidend, aber für den Betriebsfestigkeits-Nachweis von nachrangiger Bedeutung. Nach heutiger Einschätzung dürfen Extremlasten, die weniger als 100-mal während der Nutzungsdauer zu erwarten sind, für den Betriebsfestigkeits-Nachweis in ihrer Größe auf den Kollektivhöchstwert zurückgenommen werden [171]. Eine zwingend vorgeschriebene einmalige (überhöhte) Probebelastung vor Inbetriebnahme kann aber z.B. einen Eigenspannungsabbau bewirken und insofern bedeutsam sein. Ebenso könnte eine auch nur gelegentliche Belastung entgegen der üblichen Lastrichtung von ähnlich nachteiliger Auswirkung auf die Lebensdauer sein, wie das Boden-Luft-Lastspiel in einer EinzelflugLastfolge, Abschn. 2.4.1. Bestimmen des Kollektivhöchstwertes Im Unterschied zur anzusetzenden Maximallast bestimmt sich der positive und der negative Höchstwert des Lastkollektivs aus den Lasten, die als größte Ober- und Unterwerte im regulären Betrieb mit nennenswerter Häufigkeit auftreten. Der Höchstwert des Amplitudenkollektivs, der sich aus diesen größten Ober- und Unterwerten des Lastkollektivs ergibt, soll dabei nach Abschn. 2.2.1 dahingehend definiert sein, dass er mit einer relativen Häufigkeit von 1:106 im Beanspruchungsablauf auftritt. Gegebenenfalls ist dazu die Extrapolation eines gemessenen Lastkollektivs vorzunehmen, Abschn. 3.3.4. In jedem Fall gilt dabei die zuvor bestimmte Maximallast als eine Obergrenze für den Kollektivhöchstwert. Anhand der Lastamplitude und der Häufigkeit, mit der der so definierte Kollektivhöchstwert innerhalb der Nutzungsdauer auftritt, lässt sich sodann entscheiden, ob entsprechend Abschn. 1.1.3 die Voraussetzungen
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten
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– für einen Dauerfestigkeits-Nachweis, – für einen Zeitfestigkeits-Nachweis oder – für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis vorliegen: Tritt der Kollektivhöchstwert in der vorgegebenen Nutzungsdauer mit einer Häufigkeit größer als 106 auf, so ist der Betriebsfestigkeits-Nachweis als Dauerfestigkeits-Nachweis zu führen, und zwar unabhängig von der Häufigkeit der insgesamt auftretenden Lastamplituden. Über diesen abgrenzbaren Sonderfall hinaus besteht für die Belange eines Zeitfestigkeits- oder Betriebsfestigkeits-Nachweises und deren Abgrenzung nach Abschn. 1.1.3 bzw. 2.2.3 das Ziel einer weitergehenden BetriebslastenAnalyse und Auswertung in einer für das Werkstoffverhalten aussagefähigen Beschreibung auch aller übrigen auftretenden Schwingbeanspruchungen nach Größe und Häufigkeit – in der Form eines Beanspruchungskollektivs oder einer Rainflow-Matrix, – in der Form einer sequentiellen Folge von Ober- und Unterlasten oder – in der Form einer kennzeichnenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Verschiedene Vorgehensweisen und Verfahren kommen zur Lösung dieser Teilaufgabe in Betracht. In den Abschn. 2.2–2.4, 3.2.3–3.2.6, 3.2.10 und 3.3.4 sind diese Vorgehensweisen und die dazu getroffenen Festlegungen abgehandelt. Typisierte Kollektive sind mit ihren Daten im Anhang 5.2 aufgelistet. Zur rechnerischen Ermittlung eines Beanspruchungskollektivs wurden mit dem Entwurf für DIN 15017 [415] einige richtungsweisende Ansätze entwickelt. Eine andere Handhabung dieser Teilaufgabe stellt die Ableitung von StandardLastfolgen dar, wie sie am Beispiel der Standard-Lastfolge Twist beschrieben ist, Abschn. 2.4.2. Weiterhin sind für Anwendungen im Fahrzeugbau, Flugzeugbau und Walzwerkbau u.a. die speziellen Standard-Lastfolgen Falstaff, Carlos und Wawesta zu nennen, s. Abschn. 5.2 [446–462]. Dabei ist die gewählte bzw. die zu wählende Art der Darstellung und Beschreibung der auftretenden Betriebslasten entscheidend, welche Verfahren und Vorgehensweisen des Weiteren in Betracht kommen. Denn wie zu den experimentellen und den rechnerischen Verfahren der Betriebsfestigkeit in den Kap. 2 und 3 dargelegt, setzen die einzelnen Verfahren eine jeweils spezifische Form zur Beschreibung der einwirkenden Beanspruchung voraus. Rechnerische Abschätzung des Kollektivs Je nach vorliegender Erfahrung kann eine Abschätzung des Kollektivs unter mehr oder weniger weitgehenden Vereinfachungen geschehen, je nachdem ob nur die Kollektivform oder die Kollektivform samt Kollektivumfang als bekannt vorausgesetzt werden dürfen. Folgende Möglichkeiten sind gegeben: Abschätzen von – Kollektivhöchstwert, Kollektivumfang, Kollektivform, – Kollektivhöchstwert, Kollektivumfang, (Kollektivform bekannt)
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
– Kollektivhöchstwert, (Kollektivumfang und Kollektivform bekannt). – eines Einstufen-Ersatz-Kollektivs. Im einfachsten Fall gelingt eine rechnerische Abschätzung des Kollektivs, wenn die Kollektivform als bekannt unterstellt werden darf und mithin lediglich der Kollektiv-Höchstwert aus der vorgegebenen Nennbelastung mit einem nach Erfahrung bekannten Lastfaktor und die Gesamthäufigkeit aus der vorgegebenen Nutzungsdauer mit einem nach Erfahrung bekannten Häufigkeitsfaktor abzuschätzen bleibt. Diese Art des Vorgehens liegt beispielsweise der DIN 15018 [41] zugrunde. Statt mittels Lastfaktor zunächst auf das Lastkollektiv zu schließen, kann die Abschätzung auch unmittelbar auf das Beanspruchungskollektiv abzielen, was nur einen geeigneten Faktor zur Umrechnung zwischen Last und Spannung bedingt.Als Beispiel zeigt Abb. 4.1–2 die für die Felge und Schüssel eines Fahrzeugrades abgeschätzten Kollektive im Vergleich zu den gemessenen. Eine weitere Art der Abschätzung lässt sich für Anlagen mit festen, sich stets wiederholenden Arbeitsspielen vornehmen. So stellt sich ein Arbeitsspiel der Hochregal-Anlage für Luftfrachtpaletten mit folgendem Ablauf dar: anheben, verfahren horizontal, verfahren vertikal, absetzen, verfahren horizontal, verfahren vertikal, usw. Damit, sowie aus den unterschiedlichen Gewichten und aus der Anzahl der bewegten Paletten, lassen sich recht zutreffend die Kollektive der Tragstruktur, der Antriebe sowie der Aufnahme- und Absetzmechanik abschätzen. Digitale Simulation quasistatischer Belastungen Eine Weiterentwicklung dieses Gedankens führt auf die digitale Simulation des Belastungsablaufs mit anschließender Ermittlung des Kollektivs nach
Abb. 4.1–2. Mit Spannungsfaktoren aus einem Abrollversuch konstruierte Spannungskollektive im Vergleich zu den aus einer Messung abgeleiteten Spannungskollektiven für die Felge und die Schüssel eines Fahrzeugrades, nach Grubisic
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten
561
beliebigen Zählverfahren. Für den Fall quasistatischer Belastungen sei diese Möglichkeit an einem Simulationsprogramm für die Verkehrslasten und Verkehrsbeanspruchungen in den Baugliedern von Brücken erläutert [416, 417]: Anhand einer Auswahltabelle der zu berücksichtigenden Fahrzeugtypen und ihres Beladezustandes, ihrer anteiligen Häufigkeiten sowie der Fahrzeugabstände wird bei diesem Programm eine zufallsartige Fahrzeugfolge erzeugt. Zusammen mit den fahrzeugtypischen Achsanordnungen folgt daraus die zugehörige Achslastfolge. Die konstruktiven Eigenschaften des betrachteten Brückengliedes werden durch seine Einflusslinie vorgegeben. Über diese Einflusslinie bewegt sich die erzeugte Achslastfolge in programmierten Schritten. Je nach vorgegebener Art der Einflusslinie kann sich das Ergebnis der Simulation auf die auftretenden Lasten, Schnittkräfte, Spannungen oder Verformungen beziehen und ihr so gewonnener Ablauf per Zählverfahren in ein Kollektiv umgesetzt werden. Um dynamischen Einflüssen Rechnung zu tragen, werden die Einflusslinien entsprechend den für Brücken bekannten Schwingbeiwerten verändert. Abbildung 4.1–3 veranschaulicht das Ergebnis einer Simulation für die Biegespannung im Längsträger einer Straßenbrücke in einer Gegenüberstellung mit den gemessenen Kollektiven nach dem Klassendurchgangsverfahren und dem Spannenpaarverfahren. Die daraus ersichtlichen Unterschiede erklären sich aus dem quasistatischen Charakter der Simulation, die nur die einge-
Abb. 4.1–3. Vergleich der durch Messung und durch Simulation ermittelten Kollektive nach dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren für den Längsträger einer Straßenbrücke [417]
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
prägten Vorgänge, aber nicht die dadurch ausgelösten Schwingungsvorgänge berücksichtigt. Mit dieser im vorliegenden Anwendungsfall unbedeutenden Einschränkung erwies sich das Simulationsprogramm nicht allein zur Nachstellung gemessener Kollektive geeignet, sondern ganz allgemein, um z.B. Daten für einen hypothetischen Verkehr der Zukunft oder Daten für systematisch veränderte Formen von Einflusslinien zu erarbeiten. Digitale Simulation des dynamischen Systemverhaltens Wird der Belastungsablauf durch nicht vernachlässigbare dynamische Einflüsse geprägt, so kommen die Verfahren der Mehrkörper-Simulation (MKS) zum Erfassen des dynamischen Systemverhaltens in Betracht. Ihre Grundlagen sind nicht neu, ihre Anwendung verlangt jedoch den Rechnereinsatz. Ihre Umsetzung in fachspezifische Arbeitsmethoden hat inzwischen einen beachtlich hohen Entwicklungsstand erreicht. Die Entwicklung vollzog sich insbesondere auf der Software-Seite mit anwenderfreundlichen Bedienoberflächen, u.a. für den Automobilbau, den Motorenbau, die Antriebstechnik, den Flugzeugbau, den Schienenfahrzeugbau, wie auch für den allgemeinen Maschinenbau [418, 419]. Das betrachtete System wird für die Simulation als ein dynamisches Modell aus Massen, Federn und Dämpferelementen aufgefasst, Abb. 4.1–4, und mathematisch durch ein gekoppeltes System von Differentialgleichungen und algebraische Gleichungen abgebildet, wobei die algebraischen Gleichungen die kinematischen Bindungen der einzelnen Elemente sowie die Lagerungsbedingungen beschreiben. Die Lösung dieses Gleichungssystems für vorgegebene Anfangsbedingungen und Zeitverläufe der Systemeingangsgrößen gestattet, den zeitlichen Ablauf der Bewegungsgrößen und der Schnittkräfte zu gewinnen [420]. Das Aufstellen und Lösen des Gleichungssystems wird von den heute verfügbaren Programmsystemen anhand von einfachen grafischen und numerischen Bildschirmeingaben im Hintergrund ausgeführt, so dass der Anwender nicht mehr mit diesen mechanisch und mathematisch anspruchsvollen Arbeiten gefordert ist. Analytische Lösungen sind nur für lineare Systeme möglich und nur für einfache Systeme praktikabel. Für umfangreichere Systeme und insbesondere für nicht-lineare Systeme geschieht die Lösung des Gleichungssystems durch numerische Simulation. Allerdings beanspruchen diese Simulationsrechnungen selbst auf leistungsfähigen Rechnern erhebliche Rechenzeit, so dass sie praktisch nur für vergleichsweise kurze Abläufe einer bestimmten Belastungssituation oder für ein Arbeitsspiel vorgenommen werden. Solche kurzen Abläufe genügen auch dem meist primären Zweck, über die Ermittlung der Eigenfrequenzen und Eigenmoden das dynamische Systemverhalten zu analysieren und über dessen mögliche Optimierung zu entscheiden. Die Anwendung von Simulationsprogrammen gehört beispielsweise für die Auslegung großer Antriebe bereits seit längerem zur betrieblichen Praxis
Abb. 4.1–4. Abbildung eines Walzwerksantriebs in ein Feder-Masse-Modell zur Simulation des dynamischen Systemverhaltens [421]
b
a
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 563
564
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Abb. 4.1–5. Vergleich des aus einer Messung und des aus der Simulation erhaltenen Drehmomentenablauf in einem Walzwerksantrieb [421]
[421, 443]. Abb. 4.1–5 zeigt den Vergleich zwischen dem durch Simulation und durch Messung gewonnenen Drehmomentenablauf an ausgewählten Stellen des Walzwerksantriebs nach Abb. 4.1–4. Mit der Zusammenfassung von Simulationsergebnissen für kennzeichnende Arbeitsspiele besteht die Möglichkeit, das Kollektiv zu erstellen.
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten
565
Abb. 4.1–6. Parametrisches MKS-Modell einer McPherson Vorderachse, nach Mechanical Dynamics GmbH [418]
Bei diesem Beispiel eines Systems aus rotierenden Teilen genügt es, bei der Modellierung den einzelnen Massen das jeweils auf die Drehachse bezogene Trägheitsmoment zuzuweisen und für die sie verbindenden Drehfedern und Dämpferelemente die jeweiligen Federkonstanten und Dämpfungskonstanten vorzugeben. Darüber hinaus sind die realen Abmessungen der betreffenden Bauteile oder Bauteilbereiche für die Modellierung ohne Belang. Die Frage, ob eine detailliertere Modellierung des Systems vorgenommen werden muss, ist von der verfolgten Fragestellung abhängig. Um auch höherfrequente Schwingungen zu erfassen, ist ein feingliedriges Modell erforderlich. Im Hinblick auf die für die Betriebsfestigkeit vornehmlich maßgebenden niedrigeren Grundschwingungen dürfte sich jedoch eher die Frage stellen, auf wie wenige Massen und Federn ein System reduziert werden darf, ohne allzu große Verfälschungen des maßgebenden Beanspruchungsgeschehens hinnehmen zu müssen [422]. Bei geregelten Antrieben ist es meist unverzichtbar, auch das dynamische Verhalten des Regelkreises im Berechnungsmodell abzubilden. Weiterentwickelte Simulationsprogramme erlauben, auch noch die Mensch-MaschineKommunikation einzubeziehen und ihre Auswirkung auf das Belastungskollektiv zu studieren [423]. Für Systeme mit mehreren Freiheitsgraden, die aus diskreten, weitgehend starren Körpern bestehen, Abb. 4.1–6, sind für die einzelnen Körper zum einen ihre kinematischen Kopplungen, zum anderen ihr Schwerpunkt und ihr Gewicht sowie ihre Trägheitsachsen und -momente vorzugeben, bei elastischen Körpern zudem auch ihre elastischen Eigenschaften wie z.B. E-Modul, Länge, Fläche und die Flächenträgheitsmomente eines geraden Balken-Elements. Für gegebene Körperformen werden die genannten Parameter z.B. von CAD- oder FE-Programmen geliefert. Darüber hinaus ist die reale Form der Teile für die Belange der Mehrkörper-Simulation im Prinzip unerheblich, so dass es möglich ist, parametrische Simulations-
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
modelle in Form des gekoppelten Gleichungssystems zu erstellen, bei dem die genannten Parameterwerte für eine Simulationsrechnung in beliebiger Größe und Variation als Zahlenwert eingegeben werden können.Abbildung 4.1–6 zeigt das parametrische Modell einer McPherson Vorderachse. Auch rein analytisch formulierte Modellelemente, z.B. eine spezielle Feder mit nichtlinearer Kennlinie, lassen sich in das Gleichungssystem einsetzen. Grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Modellierung bereitet immer noch die Frage nach der jeweils zutreffenden Bezifferung der Dämpfungskonstanten. In allgemeiner Form ist diese Frage bisher nicht zu beantworten, ihre praktische Bedeutung ist jedoch unschwer erkennbar: Denn anders als bei Analysen der Eigenfrequenzen und Eigenmoden, die durch ungenau vorgegebene Dämpfungskonstanten in der Regel nur unerheblich beeinflusst werden, sind die als Bauteilbelastungen für die Betriebsfestigkeit vorrangig interessierenden Schwingungsamplituden in ihrer Größe sehr stark von den vorliegenden Dämpfungsverhältnissen abhängig! Zur fallweisen Festlegung der Dämpfungskennwerte ist der Anwender auf geeignete Erfahrungswerte angewiesen. Alternativ bleibt der Weg, wie es für das Beispiel nach Abb. 4.1–5 geschah, die Festlegung über eine Variation der Dämpfungskonstanten und Vergleiche zwischen Simulation und Experiment vorzunehmen. Die so getroffene Festlegung kann sodann für künftige Simulationen ähnlicher Art als Erfahrungswert dienen. Erscheint die Modellierung des Systems durch diskrete Massen, Federn, Dämpferelemente und kinematische Gelenke als eine zu weitgehende Vereinfachung, was insbesondere für sich elastisch verformende Strukturen wie z.B. eine Pkw-Karosserie oder einen Eisenbahnwagen zutrifft, so bieten sich eine verfeinerte Modellbildung ausgehend von einer Finite-Element-Struktur an [424]. Die einzelnen Knoten der Finite-Element-Struktur werden in diesem Fall mit entsprechenden Massen belegt, die sie verbindenden Steifigkeiten ergeben sich aus der Steifigkeitsmatrix. Im Allgemeinen muss dabei eine deutlich gröbere Element-Struktur gewählt werden, als für detailgenaue Spannungsanalysen, um die Zahl der Freiheitsgrade in praktikablen Grenzen zu halten. Ein anderer, meist eleganterer Weg ist, eine modale Beschreibung des betrachteten Systems zu erstellen und diese an das MKS-System zu übergeben [424], Abschn. 3.3.8. Neuerdings findet die Technik der Mehrkörper-Simulation in Verbindung mit anwendungs- und anwenderspezifisch konfigurierbaren Modellier- und Programmier-Werkzeugen vielseitige Anwendung z.B. im Automobilbau, im Schienenfahrzeugbau und im Flugzeugbau [418]. Dabei geht es u.a. um die Ermittlung der funktions- und schwingungsbedingten Belastungen für Bauteile und Baugruppen. Über Optimierung des funktionellen, schwingungstechnischen und regelungstechnischen Systemverhaltens kann so ein günstiger Einfluss auf die Belastungen der Bauteile und damit auf ihr Belastungskollektiv genommen werden. Und nicht zuletzt sind diese Betrachtungen auch schon in frühen Entwicklungsstadien auf virtuelle Prototypen anwendbar, Abschn. 4.4. Als ein Ergebnis der dabei ablaufenden Systemanalyse fallen auch die Übertragungsfunktionen an, die die Umrechnung von Systemeingangsgrößen, bei
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten
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einem Pkw z.B. der Kräfte am Radaufstandspunkt, auf die Belastungen eines Bauteils, also z.B. auf die Frontsäule der Karosserie, ermöglichen. Unter Vorgabe betriebsähnlicher Last-Zeit-Abläufe für die Systemeingangsgrößen lässt sich dann der daraus entstehende Ablauf der Bauteilbelastung sowie das entsprechende Belastungskollektiv gewinnen und in seiner Auswirkung auf das Betriebsfestigkeitsverhalten bewerten. Berechnung des stochastischen Systemverhaltens Lässt sich der Beanspruchungsablauf als stochastische Schwingung eines linearen Systems durch seine spektrale Leistungsdichte-Verteilung beschreiben, so kann das zugehörige Beanspruchungskollektiv bei bekannter Leistungsdichte-Verteilung der Erregerfunktion mit Hilfe der systemspezifischen Übertragungsfunktion nach Gl. (2.3–3) aus Gl. (2.3–10) und Gl. (2.3–11) berechnet werden. Auch bei dieser Vorgehensweise besteht die konkrete Aufgabe im Berechnen der betreffenden Übertragungsfunktion, wozu wiederum eine mathematische Abbildung des mechanischen Schwingungssystems in der vorstehend beschriebenen Weise vorzunehmen ist. Als Beispiel ist in Abb. 4.1–7 eine errechnete Übertragungsfunktion eines großen turbulenzerregten Reaktorgefäßes wiedergegeben, die dazu diente, das Kollektiv der Lagerkräfte abzuleiten [425]. Unverzichtbare Messungen Allen vorstehend aufgeführten Berechnungsverfahren ist eine recht grundsätzliche Einschränkung gemeinsam: Sie sind allesamt in irgend einer Weise auf Eingangsdaten angewiesen, die nur durch eine Messung zu gewinnen sind,
Abb. 4.1–7. Beispiel einer errechneten spektralen Leistungsdichte-Verteilung für ein großes turbulenzerregtes Reaktorgefäß, nach Wölfel Beratende Ingenieure
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
seien es so einfach zu gewinnende Daten wie die Gewichte der Luftfrachtpaletten oder so schwierig zu gewinnende Daten wie die stochastische Erregerfunktion für das Reaktorgefäß. Zudem ist die Verlässlichkeit eines Berechnungsansatzes allein aus dem Vergleich mit Messergebnissen zu beurteilen. Oder erfahrungsgemäß zutreffender formuliert: Erst aufgrund messtechnisch gewonnener Einblicke in die tatsächlichen Beanspruchungsabläufe lassen sich zutreffende Berechnungsansätze entwickeln. Als eines von vielen Beispielen dazu seien die Messungen an Hüttenwerkslaufkranen [83] genannt, die mit den daraus abgeleiteten p-Wert-Kollektiven richtungweisend für die Konzeption der DIN 15018 [41] wurden. Insofern kann also für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises schwerlich auf die Durchführung systematisch angelegter Beanspruchungsmessungen verzichtet werden. Denn nur aus einer größeren Anzahl solcher Messungen kann hinreichende Klarheit über die Eignung eines angewandten Berechnungsansatzes gewonnen werden, und zugleich sind nur so die anzusetzenden Eingangsdaten für künftige Berechnungen in der erforderlichen Weise zu vervollständigen und abzusichern. In der Regel wird es sich anbieten, die bei der Berechnung zugrunde gelegten Betriebslasten zusammen mit den sie bestimmenden Einflussgrößen nach Inbetriebnahme der Konstruktion zu überprüfen. Doch ist es fast belanglos, wie der Einstieg in diesen Prozess der Informationsgewinnung gewählt wird, da er sich, einmal in Gang gesetzt, durch Rückkopplung quasi von selbst optimiert. Bedeutsam sind hingegen geeignete Vorkehrungen, um den messtechnisch zu treibenden Aufwand und damit die anfallenden Kosten in Grenzen zu halten. Dies führt auf die Forderung einer messgerechten Gestaltung der Konstruktionen, indem die Orte für den Ein- oder Anbau von Messgeräten und für das Anbringen von Messwertaufnehmern vorgesehen werden. Da gesonderte Kraftmessdosen nur selten konstruktiv in ein System eingefügt werden können und da diese vermutlich auch das dynamische Systemverhalten verfälschen würden, müssen die interessierenden Schnittkräfte meist über die elastischen Verformungen der Bauteile an ausgewählten Messstellen mittels Dehnungsmessstreifen erfasst werden; wünschenswert ist, dass diese Messstellen konstruktiv vorgesehen und maßgenau bearbeitet sind.Welche Signale an diesen Messstellen zu erwarten sind, lässt sich für vorgegebene Bauteilbelastungen durch eine Finite-Element-Analyse und darüber hinaus für vorgegebene Lastverläufe der Systemeingangsgrößen in der vorstehend beschriebenen Weise durch Simulation ermitteln. Darüber hinaus kann zur Planung von Messungen auf allgemein verwertbare Empfehlungen verwiesen werden [426], während Einzelheiten mit den zuständigen Fachleuten abgeklärt werden sollten.
4.1.4 Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung
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4.1.4 Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung Teilaufgabe 4: Ausgehend von den einwirkenden Betriebslasten sind die im betreffenden Querschnitt erzeugten Beanspruchungszustände in einer für die Schwingfestigkeit kennzeichnenden Weise zu errechnen. Das mit dieser Teilaufgabe geforderte Berechnen einer kennzeichnenden Schwingbeanspruchung für die schwingbruchkritische Stelle des betrachteten Bauteils hat drei Aspekte: Erstens gilt es, den Einfluss der Bauteilgestalt auf die örtliche Beanspruchungshöhe an der schwingbruchkritischen Stelle in Abhängigkeit von der einwirkenden Belastung zu erfassen. Dies kann geschehen durch das Berechnen – – – – –
von Nennspannungen und Formzahlen, von Strukturspannungen, von Kerbspannungen, von Kerbgrundspannungen und -dehnungen oder von Spannungsintensitätsfaktoren.
Die zu treffende Wahl wird heute weit weniger als früher durch die Berechnungsmöglichkeiten als vielmehr dadurch bestimmt, welche Form das betrachtete Bauteil aufweist, Abschn. 3.1.7, und für welche Art der Beanspruchungsermittlung dann auch Daten über ertragbare bzw. zulässige Beanspruchungswerte gegeben sind, Abschn. 4.1.5. Eine Berechnung von Nennspannungen, Abschn. 3.1.1, 3.1.3 und 3.1.4 ist in der Regel für einfache stabförmige und für flächenförmige Bauteile zu bevorzugen. Eine Berechnung auf der Grundlage von Strukturspannungen, Abschn. 3.1.4, ist bislang nur für Schweißverbindungen gebräuchlich und sie erfordert eine entsprechende Beanspruchungsanalyse nach der Finite-Element- oder Randelement-Methode, Abschn. 3.1.5. Eine Berechnung auf der Grundlage von Kerbspannungen, Abschn. 3.1.3 und 3.1.4, bietet sich insbesondere an, wenn keine definierten Querschnitte oder keine einfachen Querschnittsformen vorliegen und deshalb keine Formzahlen oder Kerbwirkungszahlen bekannt sind, oder wenn aus diesen oder anderen Gründen die Spannungsberechnung nach der Finite-Element-Methode oder nach der Randelement-Methode durchgeführt wird, Abschn. 3.1.2, und insbesondere wenn ein örtlich mehrachsiger Spannungszustand vorliegt, Abschn. 3.1.6. Eine Berechnung mittels Kerbgrundspannungen und -dehnungen, Abschn. 3.3.2 und 3.3.3, ermöglicht, die Spannungsumlagerungen bei plastischer Verformung des Kerbgrundes zu berücksichtigen; sie setzt die Kenntnis der Kerbspannung als Nennspannung mal Formzahl oder als Ergebnis einer Finite-Element- oder Randelement-Berechnung voraus, Abschn. 3.1.5.
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Eine Berechnung von Spannungsintensitätsfaktoren, Abschn. 3.4.1 und 3.4.10, dient der bruchmechanischen Ermittlung der Lebensdauer unter Rissfortschritt. Der zweite Aspekt dieser Teilaufgabe betrifft die geeignete Kennzeichnung einer Schwingbeanspruchung, wofür die grundsätzlichen Definitionen und Festlegungen Gültigkeit haben, wie sie im Abschn. 2.1.1 zur Beschreibung einer schwingspielweisen Beanspruchung, in Abschn. 2.2.1 zur Beschreibung einer Betriebsbeanspruchung mittels Beanspruchungskollektiv sowie in Abschn. 2.3.2 zur Beschreibung eines stochastischen Beanspruchungsvorganges aufgezeigt sind. Drittens geht es um die Ermittlung und Beschreibung des örtlichen Beanspruchungsablaufs, wenn dieser aus mehreren einwirkenden Belastungsabläufen entsteht. Hierzu sei verwiesen auf Abschn. 3.1.6 und die dort gemachten Ausführungen zu einer additiven, zu einer proportionalen und zu einer komplex mehrachsigen Beanspruchung sowie auf die dort gegebenen Empfehlungen zum praktischen Vorgehen. Verfahren der experimentellen Spannungsanalyse können in sinnvoller Weise mit den rechnerischen Verfahren kombiniert werden, um einen Überblick über die Spannungsverteilung und den zeitlichen Spannungsablauf in Bauteilen und interessierenden Bauteilbereichen zu gewinnen.
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe Teilaufgabe 5: Für die so bezeichneten Beanspruchungsbedingungen, und abhängig von den vorliegenden konstruktiven, werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmten Gegebenheiten, ist die ertragbare Beanspruchungshöhe zu ermitteln. Unter dieser Teilaufgabe verknüpfen sich die Problematik der Schädigungsakkumulation und die Problematik der Gestaltfestigkeit zu einer stufenweise abarbeitbaren Lösung der Gesamtproblematik, Abb. 4.1–8. Ziel (Z) ist die Ermittlung einer Lebensdauerlinie, die für das betrachtete Bauteil die Höhe der ertragbaren Beanspruchung unter den genannten Bedingungen bezeichnet. Der Ausgangspunkt in diesem Stufenschema wird durch die verfügbaren Betriebsfestigkeitsdaten bestimmt: Im ungünstigsten Fall liegen nur werkstoffspezifische Schwingfestigkeitswerte aus Wöhler-Versuchen an glatten Stäben vor (A). Aus ihnen muss dann nach bekannten Methoden,Abschn. 3.1.3, die Wöhlerlinie des Bauteils mit Hilfe der Formzahl (Schritt A–B) und unter Berücksichtigung des Größeneinflusses, des Oberflächeneinflusses usw. (Schritt B–C) abgeschätzt werden. Diese Bauteil-Wöhlerlinie dient sodann als Grundlage für die Schädigungsakkumulations-Rechnung (Schritt C–Z), um die Lebensdauerlinie des Bauteils zu erhalten.
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe
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Zunehmende Komplexität der Datenbasis Abb. 4.1–8. Problematik der Gestaltfestigkeit und Problematik der Schädigungsakkumulation, verknüpft in einem Stufenschema zur Ermittlung der ertragbaren Beanspruchungshöhe
Ähnlich wird auch die Lebensdauer eines Kerbstabes anhand der Kerbgrundbeanspruchung, Abschn. 3.3.5, aus der Dehnungs-Wöhlerlinie des glatten Stabes berechnet (Schritt A–E–F), wenngleich ohne Einbeziehung der Größen- und Oberflächeneinflüsse, die der anschließenden Umrechnung vom Kerbstab auf das Bauteil vorbehalten bleiben (Schritt F–Z). Eine ähnliche Konzeption gilt schließlich auch für die Berechnung der Lebensdauer unter Rissfortschritt anhand werkstoffspezifischer Rissfortschrittsdaten. Es ist ohne weiteres einsichtig, dass einer solchen Ermittlung der Lebensdauer die vergleichsweise größten Unsicherheiten der Übertragbarkeit anhaften. Als Vorteil wird dem entgegengehalten, dass mit den Schwingfestigkeitsdaten für glatte Stäbe nur ein Minimum an werkstoffspezifischen Ausgangsdaten bereitgestellt werden muss. Eine hinsichtlich der Übertragbarkeit günstigere Ausgangsbasis dürfte mit den Wöhlerlinien für Kerbstäbe oder Formelemente (z.B. Schweißverbindun-
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
gen) gegeben sein (B), die bei neuzeitlicher Aufbereitung zudem noch in der Form normierter Wöhlerlinien vorliegen. Es kann daraus zunächst die Wöhlerlinie des Bauteils (Schritt B–C) und danach die Lebensdauerlinie des Bauteils (Schritt C–Z) abgeleitet werden. Die Problematik der Schädigungsakkumulations-Rechnung (Schritt C–Z) kann wesentlich entschärft werden, wenn die Ausgangsdaten als Lebensdauerlinien (D) für eine komplexe Lastfolge, z.B. für die Standard-Lastfolge Twist, für ein Formelement mit verwickeltem Beanspruchungsmechanismus, z.B. für eine Nietverbindung, oder für spezielle Umgebungsbedingungen, z.B. für Meerwasserkorrosion, zur Verfügung stehen. Es bedarf dann nur noch der weniger problematischen Umrechnung auf die aktuelle Kollektivform (Schritt D–F) und der Umrechnung auf den Bauteilmaßstab (Schritt F–Z). Berechnung anhand von Nennspannungen Für die Berechnung anhand von Nennspannungen sind die Verfahren der Schädigungsakkumulations-Rechnung im Abschn. 3.2 abgehandelt. Die zur Schädigungsakkumulationsrechnung benötigte Wöhlerlinie ergibt sich entweder aus Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen, aus Versuchsdaten oder durch eine rechnerische Abschätzung, Abschn. 3.1.3 und 3.1.4. Hinweise auf die im Schrifttum verfügbaren Daten über Wöhler- und Lebensdauerlinien sind im Anhang 5.5 gegeben. Zur rechnerischen Abschätzung von Nennspannungs-Wöhlerlinien stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl: – Abschätzung aus den allgemeinen Werkstoff-Kennwerten nach dem Vorschlag im Anhang 5.5. – Umrechnung aus einer verfügbaren Wöhlerlinie für den gleichen oder einen vergleichbaren Werkstoff nach dem Vorschlag im Anhang 5.5. – Berechnung über die Kerbgrundbeanspruchung aus den Kennwerten der Dehnungs-Wöhlerlinie, Abschn. 3.3.8 und 3.3.9. – Berechnung nach den bruchmechanischen Beziehungen aus Rissfortschrittsdaten für den Fall eines Bauteils mit Anfangsriss, Abschn. 3.3.4. Einflüsse von Mittel- und Eigenspannungen können nach Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 bzw. 3.1.5, Einflüsse der Beanspruchungsart, des Werkstoffs, der Bauteiloberfläche und der Umgebungsbedingungen aufgrund der Erfahrung über Beiwerte, Anhang 5.5, in Ansatz gebracht werden. Berechnung anhand von Strukturspannungen Die Berechnung anhand von Strukturspannungen verläuft praktisch wie die Berechnung anhand von Nennspannungen. Zur Frage der ertragbaren bzw. zulässigen Strukturspannungen sei auf Abschn. 3.1.4 verwiesen. Berechnung anhand von Kerbspannungen Auch die Berechnung anhand von Kerbspannungen verläuft praktisch wie die Berechnung anhand von Nennspannungen, zumal sich die Wöhlerlinien oder
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe
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Lebensdauerlinien der ertragbaren Kerbspannung einfach aus der Umrechnung mit der betreffenden Formzahl bzw. Kerbwirkungszahl ergeben,Abschn. 3.1.3. Da die Kerbspannungen jedoch in aller Regel die Elastizitätsgrenze, oder selbst die Streckgrenze des Werkstoffs rechnerisch übersteigen, verlangt die Begrenzung der Maximalspannung durch den Maximalspannungsnachweis gerade beim Rechnen mit Kerbspannungen eine besondere Beachtung. Berechnung anhand von Kerbgrundbeanspruchungswerten Die Berechnung der ertragbaren Beanspruchungshöhe anhand der elastischplastischen Kerbgrundbeanspruchung ermöglicht eine Schädigungsakkumulations-Rechnung unter quantitativer Bewertung von Mittelspannungseinflüssen und – sofern ein geeigneter Schädigungsparameter zur Anwendung kommt – auch von Reihenfolgeeinflüssen, Abschn. 3.3.5. Mit der DehnungsWöhlerlinie, Abschn. 3.3.1, findet der Werkstoff dabei über seine zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve und die Bauteilgestalt über die Formzahl ak Berücksichtigung. Experimentell ermittelte Dehnungs-Wöhlerlinien sind für zahlreiche Werkstoffe in einer umfangreichen Datensammlung zu finden [264]. Alternativ oder im Vergleich dazu können sie aus allgemeinen Werkstoffkennwerten abgeschätzt werden, Abschn. 3.3.1. Statistisch am verlässlichsten sind Dehnungs-Wöhlerlinien für Stähle und Aluminiumlegierungen, die nach dem Uniform Material Law [265] abgeschätzt werden, Tabelle 3.3–1. Obschon werkstoffmechanisch gut begründet, hat dieses BerechnungsKonzept wohl noch nicht seinen endgültigen Entwicklungsstand erreicht. Insbesondere wird den Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen derzeit noch unvollständig Rechnung getragen; auch ist bislang erst in Einzelbeispielen, aber noch nicht mit allgemein anwendbaren Verfahrensweisen gelöst, wie Eigenspannungseinflüssen, Oberflächeneinflüssen oder korrosiven Einflüssen Rechnung getragen werden kann, Abschn. 3.1.5 sowie die diesbezüglichen Ausführungen im Abschn. 3.3.5. Nach vergleichenden Auswertungen wird einer Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen noch die größere Verlässlichkeit zugestanden [244, 240] und Abb. 3.3–47. Berechnung anhand von Spannungsintensitätsfaktoren Die Lebensdauer rissbehafteter Bauteile lässt sich bruchmechanisch berechnen, wenn dazu die an der Rissspitze wirksame Beanspruchungshöhe durch den Spannungsintensitätsfaktor gekennzeichnet wird. Der Werkstoffeinfluss wird dabei über die in Ansatz kommenden Rissfortschrittsdaten, Abschn. 3.4.4, der Gestalteinfluss über die analytische Bestimmung des Spannungsintensitätsfaktors, Abschn. 3.4.10, berücksichtigt. Eine die Reihenfolgeeinflüsse bewertende Rissfortschrittsberechnung für eine Schwingbeanspruchung mit veränderlichen Amplituden gestaltet sich überaus rechenzeit-aufwendig. Dies gilt auch für eine reihenfolge-unabhängige schwingspielweise Berechnung. Für sie kann ersatzweise mit weit geringerem Aufwand bei gleichem Ergebnis eine Schädigungsakkumulations-Rech-
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
nung nach Abschn. 3.4.7 durchgeführt werden, wenn dazu die Nennspannungs-Wöhlerlinie des rissbehafteten Bauteils durch Integration der Rissfortschrittsgleichung bestimmt wird, Abschn. 3.4.4. Experimentelle Absicherung Zur experimentellen Absicherung der ertragbaren Beanspruchungshöhe unter einer vorgegebenen betrieblichen Beanspruchungs-Zeit-Funktion kommen der Gaßner’sche Blockprogramm-Versuch, verschiedene Varianten des Zufallslasten-Versuchs sowie Versuche mit speziellen Lastfolgen in Betracht, Abschn. 2.2, 2.3 und 2.4; je nach Fragestellung mögen ersatzweise auch Wöhler-Versuche in Betracht kommen, Abschn. 2.1. Auch die Einflüsse aus dem Werkstoff und seiner Wärmebehandlung, aus der Bauweise, aus der Bauteilgestalt, aus der Fertigung und aus den Umgebungsbedingungen sind letztlich verbindlich nur an Originalbauteilen oder an bauteilähnlichen Prüfkörpern durch Versuche zu erfassen, die sich durch den Ansatz möglichst betriebsgleicher Beanspruchungsbedingungen auszeichnen.
4.1.6 Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl Teilaufgabe 6: Aus einer Betrachtung der verschiedenartigen Streueinflüsse gilt es, eine jeweils angemessene Sicherheitszahl für den Vergleich der einwirkenden und der ertragbaren Beanspruchung abzuleiten. Dieser Teilaufgabe liegt die Erkenntnis zugrunde, dass eine sinnvolle Aussage über die Lebensdauer eines schwingbeanspruchten Bauteils nur auf statistischer Grundlage möglich ist, weil sowohl die Höhe der einwirkenden Betriebsbeanspruchung wie auch die Höhe der ertragbaren Beanspruchung einer meist beträchtlichen Streuung unterliegen. Eine Lebensdauerangabe muss deshalb verknüpft werden mit einer Angabe der zugehörigen Ausfallwahrscheinlichkeit. Die Ausfallwahrscheinlichkeit des Bauteils, die gegen Ende der verlangten oder voraussehbaren Nutzungsdauer zu erwarten ist, stellt ein Maß seiner Zuverlässigkeit dar. Welche Werte der Ausfallwahrscheinlichkeit technisch und wirtschaftlich vertretbar sind, richtet sich danach, wie die Folgen eines denkbaren Bauteilversagens einzuschätzen sind: – Für Konstruktionen oder Bauteile, durch deren Versagen Menschenleben gefährdet oder großer wirtschaftlicher Schaden verursacht werden kann, sind nur extrem niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten vertretbar. Für Konstruktionen und Bauteile, deren Versagen kein derartiges Sicherheitsrisiko beinhaltet, wird möglicherweise die geforderte Verfügbarkeit der betreffenden Einrichtung für die vertretbare Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmend. – Für Konstruktionen oder Bauteile, die im betrieblichen Einsatz für eine regelmäßige Prüfung nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind, ist die ver-
4.1.6 Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl
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tretbare Ausfallwahrscheinlichkeit niedriger zu veranschlagen als für Konstruktionen oder Bauteile, die solche regelmäßigen Prüfungen gestatten. – Statisch bestimmte und alle sonstigen Konstruktionen, bei denen ein Schwingbruch katastrophale Folgen hätte, sind nach dem Prinzip des „sicheren Bestehens“ auszulegen (Englisch: safe life design). Sie dürfen deshalb nur sehr geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten, etwa von der Größenordnung 10–7 bis allenfalls 10–4, besitzen. – Mehrfach statisch unbestimmte und sonstige Konstruktionen, bei denen die Funktion eines angerissenen oder gebrochenen Teiles bis zur Entdeckung und Behebung des Schadens von parallelgeschalteten Teilen erfahrungsgemäß oder nachweislich übernommen wird, entsprechen dem Prinzip des „beschränkten Versagens“ (Englisch: fail safe design). Sie erlauben für das Einzelteil etwas höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten, etwa von der Größenordnung 10–5 bis 10–2. – Für Bauteile, die in großen Stückzahlen gefertigt werden, wird ein oberer Grenzwert der Ausfallwahrscheinlichkeit unter Umständen allein durch die absolute Zahl der Ausfälle bestimmt, die im statistischen Mittel zu erwarten wären bzw. die technisch wie wirtschaftlich und unternehmerisch als hinnehmbar erachtet werden. Unabdingbare Voraussetzungen für die Zulässigkeit derartiger Überlegungen und Entscheidungen sind jedoch, dass den im Abschn. 3.5.2 angesprochenen Erfordernissen der Qualitätssicherung entsprochen wird und dass darüber hinaus ein „schadenstolerantes Bauteilverhalten“ (Englisch: damage tolerance) unterstellt werden darf. Für dieses schadenstolerante Bauteilverhalten muss durch eine geeignete Werkstoffwahl und durch eine geeignete Bauweise sichergestellt sein, – dass sich ein vorhandener oder entstandener Anriss nur langsam vergrößert und – dass bis zur Entdeckung des Risses bzw. bis zum Ende der Nutzungsdauer jederzeit noch eine ausreichende Restfestigkeit gegeben ist. Aus einer Betrachtung der sich ergebenden Lebensdauer-Streuverteilung, Abb. 3.5–7, wird ersichtlich, dass die geforderte Nutzungsdauer einen beachtlichen Sicherheitsabstand zur mittleren Lebensdauer aufweisen muss, um einen hinreichend kleinen Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit zu gewährleisten. Dieser Sicherheitsabstand lässt sich nach den Ausführungen in den Abschn. 3.5.1 und 3.5.2 durch eine von der vertretbaren Ausfallwahrscheinlichkeit abhängige, statistisch begründbare Sicherheitszahl beziffern, die an die Stelle der herkömmlichen, zumeist empirisch festgelegten Sicherheitszahl tritt. Sowohl die Streuung der einwirkenden Beanspruchung, Abschn. 3.5.3, wie auch die Streuung der ertragbaren Beanspruchung, Abschn. 3.5.5, und die Zufälligkeiten weniger Einzelversuche, Abschn. 3.5.4, sollen mit der abgeleiteten Sicherheitszahl abgedeckt sein. Nach Gl. (3.5–55) kann zwischen einer spannungsbezogenen Sicherheitszahl jS und einer lebensdauerbezogenen Sicherheitszahl jL umgerechnet werden.
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.1–4. Sicherheitsfaktoren jS für den Dauerfestigkeits- und BetriebsfestigkeitsNachweis nach der FKM-Richtlinie [44]
Schadensfolgen
Bauteile allgemein regelmäßige Inspektion
nein ja
groß
gering
1,5 1,35
1,3 1,2
2,1 1,9
1,8 1,7
1,9 1,7
1,65 1,5
Nicht zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke regelmäßige Inspektion
nein ja
Zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke regelmäßige Inspektion
nein ja
Statistisch begründete Sicherheitszahlen sind im Vergleich zu sehen zu den herkömmlichen, empirisch festgelegten Sicherheitszahlen, wie sie nach wie vor gebräuchlich und i.a. auch in Regelwerken verankert sind. In neuere Festlegungen sind dabei durchaus auch statistische Überlegungen eingeflossen, ebenso wie eine Bewertung der Schadensfolgen und eine Abstufung danach, ob regelmäßige Inspektionen durchgeführt werden (können) oder nicht. Als ein diesbezügliches Beispiel seien hier die festgelegten Sicherheitszahlen nach der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ [44] angeführt: Sie gelten unter der Voraussetzung, dass die Lastannahmen sicher sind und dass für angesetzte Festigkeitswerte eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 97,5% zutrifft. Grundwert für den Dauer- und Betriebsfestigkeitsnachweis ist dann ein Sicherheitsfaktor jS = 1,5. Dieser Wert darf unter günstigen Voraussetzungen je nach Inspektionsmöglichkeit und je nach Schadensfolgen vermindert werden, Tabelle 4.1–1. Geringe Schadensfolgen bedeuten eine geringe Bedeutung des Bauteils im Sinne „nicht katastrophaler“ Auswirkungen im Versagensfall; Verminderung von jS um etwa 15%. Regelmäßige Inspektionen sind als Inspektionen im Sinne der Schadensfrüherkennung zu verstehen; Verminderung von jS um etwa 10%. Die Sicherheitszahlen für Gussstücke, die nicht zerstörungsfrei geprüft werden, sind wegen der bei ihnen größerer Streuung und Fehlermöglichkeiten um einen Faktor 1,4 erhöht. Für zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke wird angenommen, dass fehlerhafte Gussstücke durch die Prüfung (zumindest teilweise) erkannt und ausgeschieden werden. Für Gussstücke aus wenig duktilen Werkstoffen werden die Sicherheitszahlen graduell noch etwas weiter erhöht.
4.1.7 Erstellen und Beurteilen des Nachweises
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4.1.7 Erstellen und Beurteilen des Nachweises Teilaufgabe 7: Der damit erstellbare Nachweis ist gemäß den Anforderungen zu beurteilen, sofern gefordert, experimentell zu bestätigen, und erforderlichenfalls ist über Möglichkeiten einer Verbesserung oder Optimierung zu befinden. Der Betriebsfestigkeits-Nachweis sollte vorzugsweise als Spannungs-Nachweis mit der spannungsbezogenen Sicherheitszahl jS nach Gl. (3.5–8), Abb. 4.1–9, geführt werden in der Form: – – – (4.1–1) Sa, B ⬉ zul Sa (N Ford ; zul PA) , – – – – zul Sa (N Ford ; zul PA) = ertr Sa (N Ford; PA = 50%) / jS , (4.1–2) oder in Worten: – – die betriebliche Beanspruchungshöhe Sa, B ist unkritisch im Vergleich zu – – der zulässigen Beanspruchungshöhe zul Sa (N Ford ; zul PA), die sich für die – geforderte Lebensdauer N Ford und bei der noch als vertretbar erachteten Ausfallwahrscheinlichkeit zul PA ergibt, und – – – die zulässige Beanspruchungshöhe zul Sa (N Ford ; zul PA) errechnet sich aus – – der mittleren ertragbaren Beanspruchungshöhe ertr Sa (N Ford ; PA = 50%), dividiert durch die Sicherheitszahl jS .
Abb. 4.1–9. Veranschaulichung des Betriebsfestigkeits-Nachweises anhand der Lebensdauerforderung und des Lebensdauerstreubandes, angelegt als Spannungs-Nachweis
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Eine alternative Form des Spannungs-Nachweises nach Gl. (4.1–1) ist in der FKM-Richtlinie [44] mit einer Bestimmung des Auslastungsgrades a vorgesehen, der als das Verhältnis der betrieblichen Beanspruchungshöhe zur zulässigen Beanspruchungshöhe definiert ist. Dementsprechend ist nachzuweisen, dass der Auslastungsgrad kleiner oder höchstens gleich 1 ist: – – – (4.1–3) a = Sa, B / zul Sa (N Ford ; zul PA) ≤ 1 . Unter der Voraussetzung, dass das Lebensdauer-Streuband im doppellogarith– mischen Netz geradlinig mit der Neigung k verläuft, kann der Betriebsfestigkeits-Nachweis auch als Lebensdauer-Nachweis mit der lebensdauerbezogenen Sicherheitszahl jL nach Gl. (3.5–34), Abb. 4.1–10, wie folgt geführt werden: – – – N Ford ⬉ zul N (Sa, B ; zul PA) , (4.1–4) – – – – zul N (Sa, B ; zul PA) = ertr N (Sa, B ; PA = 50%) / jL , (4.1–5) oder in Worten: – – die geforderte Nutzungsdauer NFord ist unkritisch im Vergleich zu der nach– – gewiesenen Lebensdauer zul N (Sa, B ; zul PA), die sich für die betriebliche Be– anspruchungshöhe Sa, B und bei der noch als vertretbar erachteten Ausfallwahrscheinlichkeit zul PA ergibt, und – – – die nachgewiesene Lebensdauer zul N (Sa, B ; zul PA) errechnet sich aus der – – mittleren Lebensdauer ertr N (Sa, B; PA = 50%), dividiert durch die Sicherheitszahl jL .
Abb. 4.1–10. Veranschaulichung des Betriebsfestigkeits-Nachweises anhand der Lebensdauerforderung und des Lebensdauerstreubandes, angelegt als Lebensdauer-Nachweis
4.1.8 Dokumentieren des Nachweises
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Sofern sich das Ergebnis des Nachweises positiv darstellt, mag es von Interesse sein zu fragen, in welchen Schritten des Nachweises Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen erkennbar werden. Weiterhin stellt sich die Frage, ob nach der Anforderungsliste oder aus anderen Gründen auch noch ein experimenteller Nachweis vorzusehen ist. Sofern sich das Ergebnis des Nachweises als unbefriedigend darstellt, müsste nach Abschn. 4.2.1 über mögliche Verbesserungen befunden werden.
4.1.8 Dokumentieren des Nachweises Teilaufgabe 8: Der erstellte Nachweis ist zu dokumentieren, die zu seiner Absicherung einzuhaltenden Bedingungen sind in den Fertigungsunterlagen zu vermerken, notwendig erachtete Maßnahmen der Fertigungskontrolle oder einer späteren Überwachung im praktischen Betrieb sind zu bezeichnen. Die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Betriebsfestigkeits-Nachweises dürften heute unbestritten sein.Weniger befriedigend geregelt sind die Grundsätze, wie sich die zu seiner Absicherung einzuhaltenden Bedingungen in den Fertigungsunterlagen niederschlagen; zu diesem Punkte fehlen geeignete Vorgaben durch die derzeitigen Zeichnungsnormen. Beim Betriebsfestigkeits-Nachweis vorausgesetzte oder als notwendig angesehene Maßnahmen der Qualitätssicherung, sowie etwaige Erfordernisse für die Wartung oder für einen präventiven Austausch schwingbruchgefährdeter Bauteile nach einer bestimmten Betriebszeit sind in geeigneter Form zu bezeichnen und an die zuständigen Abteilungen sowie letztlich an die Betreiber weiterzugeben. Ganz allgemein ist es sicherlich ein lohnenswertes Tätigkeitsfeld, vorliegende und neu anfallende Ergebnisse und Daten aus BetriebsfestigkeitsUntersuchungen in geeigneter Form aufzubereiten, um sie als Berechnungsunterlagen bereitzustellen. Von Hochschulen und Forschungsinstituten können mit solchen Aktivitäten in der Regel nur allgemein gefasste Unterlagen erarbeitet werden, die möglicherweise die spartenspezifischen Anforderungen des konkreten Einzelfalles nur mittelbar abdecken. Aber gerade derartige spartenspezifische Unterlagen können sich als Quelle des firmeneigenen Know-how für ein Unternehmen von unschätzbarem Wert erweisen. Dieser Gesichtspunkt sollte bei der ohnehin notwendigen Dokumentation der anfallenden Betriebsfestigkeits-Nachweise unter Einsatz fortschrittlicher Dokumentations-Systeme mitverfolgt werden, wenn auch davon ausgegangen werden darf, dass jeder erfahrene Konstrukteur eine derartige Dokumentation seit je betreibt.
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4.2 Maßnahmen bei unbefriedigendem Betriebsfestigkeits-Nachweis 4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises Stellt sich das aus einem Betriebsfestigkeits-Nachweis erzielte Ergebnis bei der Beurteilung nach Teilaufgabe 7 als unbefriedigend dar, so sind geeignete Maßnahmen gefragt, mit denen der Nachweis in Übereinstimmung gebracht werden kann mit den Anforderungen, die unter der Teilaufgabe 1 vorgegeben wurden. Beim Abklären solcher Möglichkeiten wird oft vordergründig etwa an eine Verstärkung des kritischen Querschnitts oder an die Wahl eines höherwertigen Werkstoffs gedacht. Damit wäre jedoch in vielen Fällen weder die wirkungsvollste, noch die wirtschaftlichste, noch eine unbedingt erfolgversprechende Maßnahme gewählt. Erfahrene Konstrukteure werden vielmehr die Gestaltung des fraglichen Bauteils zu verbessern suchen.Aber auch damit sind noch nicht alle bestehenden Möglichkeiten erfasst. Denn es darf davon ausgegangen werden, dass im Grundsatz jede der in Tabelle 1.1–2 angeführten und im Abschn. 4.1 abgehandelten Teilaufgaben auch geeignete Ansatzpunkte für Maßnahmen bietet, um das Ergebnis eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu verbessern. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 1: Vorgegebene Anforderungen Unter Teilaufgabe 1, Abschn. 4.1.1, sind als Anforderungen die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfallwahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen. An diesen Anforderungen wird das Ergebnis des Betriebsfestigkeits-Nachweises gemessen. Bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises darf deshalb die Frage gestellt werden, ob die Anforderungen in dieser Form unabdingbar sind. Beispielsweise könnte die Lebensdauerforderung herabgesetzt werden, eventuell in Verbindung mit der neuen Vorgabe, dass bei Erreichen dieser Lebensdauer ein vorsorglicher Austausch des schwingbruchkritischen Bauteils vorzunehmen ist, oder dass eine zerstörungsfreie Prüfung durchgeführt wird, um dann über eine noch vertretbare weitere Nutzungsdauer zu entscheiden. Auch die Frage nach den Betriebsbedingungen könnte eine Erleichterung in der Weise bringen, dass beispielsweise unter extrem harten Betriebsbedingungen nur eine verminderte Nutzungsdauer gewährleistet wird, oder dass gewisse Einsatzbedingungen als unzulässig erklärt werden. In jedem Falle handelt es sich bei diesen Fragen um unternehmerische Entscheidungen, weil mit ihnen entweder kundenspezifische Forderungen oder verkaufsrelevante Leistungsmerkmale oder gar zuzusichernde Eigenschaften des Produktes betroffen sind.
4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises
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Möglichkeiten aus Teilaufgabe 2: Schwingbruchgefährdete Querschnitte Die zweifellos wirkungsvollste und keineswegs triviale Möglichkeit, das Ergebnis des Betriebsfestigkeits-Nachweises zu verbessern, besteht darin, den lebensdauerbestimmenden schwingbruchkritischen Querschnitt,Abschn. 4.1.2, auf konstruktivem Wege zu eliminieren. Beispiele dafür sind das Vermeiden eines schwingbruchbestimmenden Querschnitts-Überganges oder anderer konstruktiver Kerben, indem ihre konstruktive Funktion auf andere Weise erbracht wird, oder das Vermeiden eines Querschnitts mit Schweißnaht, indem eine andere Gestaltung oder Fertigungsweise vorgesehen wird. Statt des Vermeidens kommt auch ein Verlegen des betreffenden Konstruktionselementes in einen niedriger beanspruchten Querschnitt oder in einen niedriger beanspruchten Teil des Querschnitts, z.B. nahe der biegeneutralen Faser, in Betracht. Grundsätzliche Fragen dieser Art sollten keinesfalls im Vorhinein als abwegig bezeichnet werden, denn sie können als Schlüsselfragen auf höherwertige Konstruktionen führen und somit das erforderliche Nachdenken durchaus lohnen. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 3: Einwirkende Betriebslasten Auch die auf einen Querschnitt einwirkenden Betriebslasten, Abschn. 4.1.3, sind möglicherweise in ihrer Größe, in ihrer Häufigkeit oder in ihrer Wirkungsrichtung so beeinflussbar, dass sich ein günstigeres BetriebsfestigkeitsVerhalten ergibt. Die Auswirkung entsprechender Maßnahmen kann über die erzielte Veränderung des Beanspruchungskollektivs bewertet werden. Die Größe der Betriebslasten wird fast immer durch dynamische Einflüsse überhöht. Durch eine bessere Abstimmung des dynamischen Systemverhaltens lässt sich die Schwingungsneigung des Systems vielleicht verringern. Oder eine stoßartige Schwingungserregung des Systems kann durch eine größere Elastizität oder durch eine andere Anlaufcharakteristik des Antriebs vermieden werden. Die Häufigkeit der Belastung wird unter Umständen über eine andere Betriebsweise vermindert, so z.B. wenn bei einem positionierenden Antrieb statt eines Tipp-Betriebs ein Kriechgang vorgesehen wird. Die Wirkungsrichtung der Betriebslasten lässt sich über eine Abwandlung des Tragsystems oder der Kinematik beeinflussen. Bei einer Getriebewelle wird sie möglicherweise durch eine entgegengesetzte Richtung der Schrägverzahnung dahingehend verändert, dass sich im kritischen Wellenquerschnitt ein geringeres Biegemoment einstellt. In jedem Falle wird man bei Betriebsfestigkeits-Problemen alle im Prinzip vermeidbaren, weil nicht funktionsbedingten Beanspruchungen auszuschließen versuchen. So würde sicherlich kein Konstrukteur eine zum Flattern neigende Fahrzeuglenkung so auslegen, dass sie diese vermeidbaren Belastungen erträgt; in der Regel werden aber die im Prinzip vermeidbaren Belastungen einer Konstruktion weniger augenfällig sein.
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Möglichkeiten aus Teilaufgabe 4: Auftretende Beanspruchung Die unter den einwirkenden Betriebslasten im schwingbruchkritischen Querschnitt auftretende Beanspruchung ist durch die Gestaltung des Bauteils gegeben, Abschn. 4.1.4. Maßnahmen zu einer günstigen Beeinflussung der auftretenden Beanspruchung sind unter dem Begriff des beanspruchungsgerechten Gestaltens der Bauteile bekannt. Sie haben heute in die Konstruktionspraxis breiten Eingang gefunden und sind in einem umfangreichen Schrifttum abgehandelt. Dabei geht es insbesondere um das Vermeiden hoher Kerbspannungen oder Zusatzspannungen, gestützt auf Kraftflussvorstellungen und auf Betrachtungen der Bauteilverformung. Weiterhin gilt es nach Möglichkeit, komplex mehrachsige Beanspruchungszustände sowie Zwängungsspannungen aus der Montage zu vermeiden. Zum quantitativen Erfassen der betreffenden Einflüsse bieten sich die Verfahren der rechnerischen oder experimentellen Spannungsanalyse an. Die Auswirkung einer veränderten Beanspruchungssituation lässt sich über die Höhe der kennzeichnenden Beanspruchung bewerten, was auf der Basis von Nennspannungen, von Strukturspannungen, von Kerbspannungen oder von Spannungsintensitätsfaktoren geschehen kann. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 5: Ertragbare Beanspruchungshöhe Die ertragbare Beanspruchungshöhe der Bauteile, Abschn. 4.1.5, unterliegt einer Vielzahl von werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmten Einflüssen, die entweder die Schwingfestigkeit günstig oder nachteilig beeinflussen. Um die ertragbare Beanspruchungshöhe anzuheben, können entweder günstige Einflüsse herbeigeführt, zunächst aber sollten etwaige ungünstige Einflüsse vermieden oder vermindert werden. Die betreffenden Maßnahmen werden in ihrer Auswirkung über die anzusetzende Wöhler- oder Lebensdauerlinie berücksichtigt. In Betracht kommende Maßnahmen sind: – – – – – –
die Wahl eines geeigneteren Werkstoffs, die Verstärkung des schwingbruchkritischen Querschnitts, die Verbesserung der Bauteilgestalt, die Verbesserung der Oberflächeneigenschaften, die Anwendung randschichtverfestigender Verfahren, die Anwendung von Korrosionsschutz-Maßnahmen.
Zur Frage der Werkstoffwahl sei auf die Ausführungen im Abschn. 2.2.8 verwiesen. Die Verstärkung des Querschnitts in der Absicht, die Beanspruchungshöhe generell abzumindern, ist nur dann von Erfolg, wenn die Beanspruchung aus der Einwirkung von Kräften und nicht etwa durch Zwangsverformungen entsteht. Eine Verbesserung der Bauteilgestalt kann auf eine geringere Kerbwirkung, auf einen günstigeren Kraftfluss, auf ein verbessertes Verformungsverhalten, auf eine gemilderte Kantenpressung oder Reibkorrosion, auf geringere Montagespannungen usw. abzielen.
4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises
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Verbesserte Eigenschaften der Oberfläche sind z.B. durch geringere Rauigkeiten, durch das Vermeiden ungünstiger Eigenspannungen, einer Randentkohlung oder Randoxidation, durch glatte Schmiede- oder Gussoberflächen usw. erreichbar. Als randschichtverfestigende Verfahren bieten sich z.B. das Einsatzhärten, Induktionshärten, Nitrieren, Teniferieren, Kugelstrahlen, Festwalzen oder Glattwalzen an. Für den Korrosionsschutz kommen unter anderem kathodischer Schutz, korrosionsbeständige Werkstoffe, metallische Überzüge wie z.B. Verzinken, oder Beschichtungen wie z.B. mehrschichtige Anstriche in Betracht. Hinweise auf einschlägiges Schrifttum sind im Anhang 5.4 aufgeführt. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 6: Abzudeckende Streueinflüsse Durch eine günstige Einwirkung auf Streueinflüsse können im Betriebsfestigkeits-Nachweis verminderte Streuspannen und damit kleinere Sicherheitszahlen zugrunde gelegt werden, womit sich bei unveränderter Ausfallwahrscheinlichkeit die ausnutzbare Lebensdauer erhöht, Abschn. 4.1.6. So ist eine verminderte Streuspanne für die Betriebsbeanspruchung beispielsweise dann denkbar, wenn die gleichartigen Fahrzeuge eines städtischen Verkehrsbetriebes in einem planmäßig ausgewogenen Wechsel auf den verschiedenen Linien und für die unterschiedlichen Verkehrszeiten zum Einsatz kommen. Um eine verminderte Streuspanne der ertragbaren Beanspruchung zu erzielen, sind Maßnahmen zur Qualitätssicherung gefordert. Sie dürfen sich jedoch nicht in der durchaus wünschenswerten Zielvorgabe einer vergleichmäßigt hohen Qualität erschöpfen.Vielmehr müssen sie in erster Linie darauf gerichtet sein, mit hoher Verlässlichkeit diejenigen Einzelstücke zu identifizieren und auszusondern, die extrem ungünstige Schwingfestigkeitseigenschaften aufweisen. Denn nach Abb. 3.5–7 und den Ausführungen im Abschn. 3.5.2 sind es vorrangig die unteren Extremwerte der Streuverteilung, die die ausnutzbare Lebensdauer bzw. die Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Ausfälle bestimmen. Um derartige Maßnahmen in ihrer Auswirkung auf die Sicherheitszahl und die ausnutzbare Lebensdauer zu beziffern, genügt es in der Regel nicht, von einer logarithmisch normalen Streuverteilung auszugehen, sondern es muss versucht werden, das untere Ende der Streuverteilung über einen gesondert bestimmten Kennwert für die vorliegenden Gegebenheiten zutreffend zu beschreiben. Nach den Ausführungen in den Abschn. 3.4.6 bis 3.4.8 und 3.5.2 bietet sich dafür eine bruchmechanische Berechnung an. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 7: Erzieltes Ergebnis Führt die Beurteilung auf ein unbefriedigendes Ergebnis des Betriebsfestigkeits-Nachweises, Abschn. 4.1.7, so kann auch die Frage angebracht sein, ob etwa durch die Anwendung verfeinerter Nachweisverfahren eine Veränderung im positiven Sinne erreicht werden kann, beispielsweise weil der bisherige
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Nachweis durch die getroffenen Vereinfachungen noch gewisse Reserven beinhaltet. Auch die Möglichkeit eines ergänzenden experimentellen Nachweises bleibt zu bedenken, wenn über die anzusetzenden Betriebslasten oder über die zugrunde gelegten Schwingfestigkeitswerte größere Unklarheiten bestehen und durch die experimentelle Abprüfung eine Veränderung zum Positiven erwartet werden darf. Welche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, sollte sich letztlich auch nach Gesichtspunkten einer Kosten-Nutzen-Analyse richten, Abschn. 4.4.1. Möglichkeiten aus Teilaufgabe 8: Erforderliche Dokumentation Um Hinweise auf mögliche Verbesserungen der Konstruktion oder des Nachweises zu erhalten, bietet sich nicht zuletzt der Rückgriff auf die Dokumentationen von Betriebsfestigkeits-Nachweisen an, die früher bereits für ähnliche Konstruktionen durchgeführt wurden, Abschn. 4.1.8.
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb Letztverbindlicher Prüfstein für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis ist die Bewährung des betreffenden Bauteils im betrieblichen Einsatz: Tritt dennoch im betrieblichen Einsatz ein Schwingbruch auf, so stellt sich die Frage, in welchem Punkte die dem Nachweis zugrunde gelegten Bedingungen, oder auch die Anforderungen, von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen. Bei allen Unannehmlichkeiten, die ein solcher Schadensfall verursachen kann, bietet eine sorgfältige Auswertung der Bruchursache anderweitig wohl kaum zu erhaltende Informationen [1, 2, 5–9, 11, 12]. (Der Begriff Schwingbruch sei hier auch gleichbedeutend mit Schwinganriss verstanden.) Bei rein sachlicher Behandlung des Problems und ohne dass etwaige taktische Überlegungen für die Schadensregulierung entgegen stehen, sollten mit dem Bekanntwerden eines Betriebsbruchs unverzüglich zwei Maßnahmen veranlasst werden: Dringlichkeitsmaßnahme 1 Sicherstellen des gebrochenen Bauteils und Beschaffen erster notwendiger Informationen. Dazu stellen sich zumindest die Fragen: – welche Konstruktion (Typ, Baujahr etc.) ist betroffen? – welche Bauteile (Zeichnungsnummer, Fertigungsnummer) sind gebrochen bzw. beschädigt? – welche Betriebszeit bis zum Bruch (Jahre, Betriebsstunden) wurde erreicht? – welche Betriebsbedingungen (eventuell kundenspezifisch) lagen vor? – welche Anzeichen führten zum Entdecken des Schwingbruchs?
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb
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– welche Gefährdungen und Auswirkungen waren mit dem Schwingbruch verbunden? – welche besonderen Ereignisse könnten mitbestimmend gewesen sein? – welche Maßnahmen wurden zwischenzeitlich bereits getroffen? Mit diesen Fragen und mit der Möglichkeit, Untersuchungen an dem gebrochenen Bauteil durchführen zu können, werden wichtige Informationen beschafft, auf die sich eine Schadensanalyse und daraus ableitbare Maßnahmen stützen können. Dringlichkeitsmaßnahme 2 Abklären des Risikos ähnlicher Betriebsbrüche und erforderlichenfalls Veranlassen von Vorsorgemaßnahmen. Fragen dazu sind: – – – –
welche Anzahl vergleichbarer Bauteile wurden gefertigt? welche Kunden erhielten diese Bauteile? welche Erfahrungen liegen bei diesen Kunden vor? welche Prüfungen können Klarheit über sich anbahnende Schäden schaffen? – welche Maßnahmen zur Abwendung weiterer Schadensfälle sind angezeigt? – welche Konsequenzen könnten sich ergeben? Erfahrungsgemäß darf in der Mehrzahl der Fälle davon ausgegangen werden, dass an gleichartigen oder vergleichbaren Bauteilen ebenfalls schon der Ansatz zu einem Schwingbruchschaden feststellbar ist, oder dass er nicht mehr lange auf sich warten lässt. Schadensanalyse und Maßnahmen Ziel der anschließenden Schadensanalyse ist es, die für den Schwingbruch entscheidende(n) Ursache(n) zweifelsfrei festzustellen, weil nur so Gewissheit zu erlangen ist, dass die richtige Entscheidung über Abhilfemaßnahmen getroffen wird. Für das Durchführen einer Schadensanalyse gibt es allgemein gehaltene Empfehlungen und Beispiele [1, 2, 5–9, 11, 12, 374, 427–429]. Auch darf davon ausgegangen werden, dass im Grundsatz wiederum jede der in Tabelle 1.1–2 angeführten Teilaufgaben geeignete Ansatzpunkte bietet, um die Ursachen aufgetretener Schwingbrüche methodisch zu ergründen. Dieser Leitlinie folgen die nachstehenden Hinweise. Hinweise aus Teilaufgabe 1: Vorgegebene Anforderungen Anhand der eingeholten Erstinformationen und ergänzender Erkundigungen lässt sich abprüfen, wie die in Erfahrung gebrachten Betriebsbedingungen mit den Vorgaben übereinstimmen, die mit der Anforderungsliste für den Betriebsfestigkeits-Nachweis zugrunde gelegt wurden, Abschn. 4.1.1. Erforderlichenfalls müssen die Anforderungen nach den neu vorliegenden Erkennt-
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nissen verändert und die sich damit ergebenden Folgerungen für den Betriebsfestigkeits-Nachweis bedacht werden. Hinweise aus Teilaufgabe 2: Schwingbruchgefährdete Querschnitte Durch die Lage des Bruchquerschnitts bzw. durch den aus der Bruchflächenstruktur zu ersehenden Ausgangspunkt des Schwingbruchs wird der schwingbruchkritische Querschnitt des Bauteils eindeutig bezeichnet. Sofern er nicht übereinstimmt mit dem oder einem schwingbruchkritischen Querschnitt, der dem Betriebsfestigkeits-Nachweis zugrunde lag, stellt sich die Frage nach dem Warum. Denkbare Gründe für eine abweichende Bruchlage sind ein Fertigungsfehler, eine Beschädigung durch äußere Einwirkung, eine Reibkorrosionsoder Fressstelle, ein korrosiver Angriff oder auch die Beanspruchung aus einem nicht bedachten Lastfall. Weitere Überlegungen ergeben sich aus den Ausführungen zur Teilaufgabe 2 in den Abschn. 4.1.2 und 4.2.1. Hinweise aus Teilaufgabe 3: Einwirkende Betriebslasten Die Struktur einer Bruchfläche [1] lässt recht eindeutige Rückschlüsse zu auf die Art und Höhe der Belastung, die den Bruch herbeigeführt hat, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht im Nachhinein korrodiert bzw. verhämmert oder sonst wie beschädigt wurde. Anhand der Bruchflächenstruktur lässt sich beispielsweise unterscheiden, ob es sich um einen Gewaltbruch oder einen Schwingbruch, um eine Schwingbelastung wenig oder weit oberhalb der Dauerfestigkeit, um eine wechselnde oder eine schwellende Belastung, um eine Biege- oder eine Verdrehbelastung, um eine Belastung mit konstanter oder mit veränderlicher Amplitude handelte. Damit ergeben sich Hinweise, welche schwingbruchbestimmenden Belastungen im Betrieb vorgeherrscht haben mögen, ob demnach die beim Betriebsfestigkeits-Nachweis zugrunde gelegten Belastungen zutreffen, oder ob ein bisher nicht bedachter Lastfall in Erwägung zu ziehen ist, Abschn. 4.1.3. Eine Erklärung für den aufgetretenen Schwingbruch folgt möglicherweise auch aus Fragen nach bisher unberücksichtigten Belastungen, beispielsweise ob die Größe der rechnerisch angesetzten Betriebslasten durch dynamische Einflüsse überhöht sein kann, ob eine Schwingungserregung der Struktur vorliegt, ob stoßartige Belastungen auftreten oder ob Zusatzbeanspruchungen aus der Art des Antriebs, aus seinem Anlauf-Verhalten oder aus seinem nicht optimierten Regelverhalten entstehen. Weiterhin interessiert, welche Häufigkeit und Kollektivform der Belastung zu veranschlagen ist. Sofern auch durch derartige Betrachtungen keine hinreichende Klarheit über die tatsächlich auftretenden Belastungen gewonnen wird, so sollte eine entsprechend angelegte Messung der Betriebsbelastung erwogen werden.
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb
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Hinweise aus Teilaufgabe 4: Auftretende Beanspruchung Ausgangspunkt und Verlauf des aufgetretenen Schwingbruchs gestatten auch einen Vergleich mit der Spannungsverteilung im Bruchquerschnitt, die für den Betriebsfestigkeits-Nachweis errechnet wurde, Abschn. 4.1.4. Ist der Ausgangspunkt des Schwingbruchs durch eine Kerbstelle gegeben, liegt es auf der Hand, diese Kerbstelle zu entschärfen. Doch muss dabei bedacht werden, dass sich eine benachbarte Kerbstelle bei nur wenig verbesserter Lebensdauer als die dann schwingbruch-bestimmende erweisen kann, weil die Kerbspannung dort nur unwesentlich niedriger ist als an der bisherigen Bruchausgangsstelle. Diese Situation, die mit dem Begriff der „konkurrierenden Kerben“ belegt ist, besteht insbesondere bei hochausgelasteten Konstruktionen, die eine gut ausgewogene Detailgestaltung der verschiedenen Kerbstellen aufweisen. Hinweise aus Teilaufgabe 5: Ertragbare Beanspruchungshöhe Unter diese Teilaufgabe fällt die Frage, ob der Werkstoff, die Form und die Abmessungen, der Oberflächenzustand und andere Merkmale des gebrochenen Bauteils den Zeichnungs- und Qualitäts-Anforderungen entsprechen. Weiterhin die Frage, ob etwa schwingfestigkeitsmindernde Einflüsse, wie z.B. Reibkorrosion, Spannungsrisskorrosion, Schwingungsrisskorrosion, ein Oberflächenfehler oder gar ein Härteriss vorgelegen haben. Eine Beantwortung dieser Fragen ist aus Untersuchungen am Bauteil oder daraus entnommenen Proben zu erhalten. Führt die Schadensanalyse zu dem Schluss, dass die Schwingfestigkeit des Bauteils in einem bestimmten Verhältnis gesteigert werden muss, so bieten sich dazu vornehmlich diejenigen der im Abschn. 4.2.1 unter der Teilaufgabe 5 erörterten Maßnahmen an, die sich ohne Veränderung der Einbaumaße verwirklichen lassen. Die Möglichkeit eines ergänzenden experimentellen Nachweises sollte zum einen in Betracht gezogen werden, wenn über die anzusetzenden Schwingfestigkeitswerte größere Unklarheiten bestehen. Zum anderen sind sie angezeigt um nachzuweisen, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Steigerung der Schwingfestigkeit den gewünschten Erfolg haben, was auf einfache Weise durch einen Vergleich der Lebensdauerlinien für die bisherige und für die geänderte Ausführung anhand von Betriebsfestigkeits-Versuchen mit einer geeigneten Standard-Lastfolge geschehen kann, Abschn. 2.2 und 2.3. Hinweise aus Teilaufgabe 6: Abzudeckende Streueinflüsse Unter dem Gesichtspunkt der Lebensdauer-Streuung lässt sich der aufgetretene Schadensfall in Beziehung setzen zu den Lebensdauerwerten, die alle gleichartigen Bauteile nach bisheriger Erfahrung bereits erreicht haben. Je nachdem, ob die Gesamtheit der Bauteile
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– die geforderte Nutzungsdauer insgesamt und bei hinreichend kleiner Ausfallwahrscheinlichkeit, – die geforderte Nutzungsdauer zwar im Mittel, aber bei einer überhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit, – die geforderte Nutzungsdauer nicht einmal im Mittel und demgemäß nur mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit erreichten, werden drei unterschiedliche Problem-Situationen erkennbar. Der erste Fall ist beispielsweise gegeben, wenn sich der Schadensfall auf ein bereits vielfach und langzeitig bewährtes Bauteil bezieht. Es ist dann zu vermuten und müsste sich durch die Schadensanalyse bestätigen, dass dieses Versagen ein Einzelstück betrifft, dessen Eigenschaften außerhalb der Qualitätsanforderungen liegen. Es bleibt dann zu entscheiden, ob weitere Bauteile mit diesen unzulänglichen Eigenschaften zum Einsatz gekommen sein können und ausfindig gemacht werden müssen, und ob aufgrund dieser Sachlage eine verschärfte oder eine ergänzende Qualitätsprüfung angezeigt ist. Der zweite Fall stellt sich beispielsweise mit einzelnen vorzeitigen Schwingbrüchen eines ansonsten bewährten Bauteils dar. Die Frage ist dann, ob diese vorzeitigen Schwingbrüche mit ungünstigen Betriebsbedingungen oder mit ungünstigen Bauteileigenschaften oder mit beiden Umständen in Verbindung zu bringen sind. Schon eine mäßige Verbesserung des Schwingfestigkeits-Verhaltens dürfte ausreichen, um vorzeitige Brüche solcher Bauteile künftig auszuschließen. Der dritte Fall liegt vor, wenn ein Schwingbruch bei einem oder gar bei mehreren Bauteilen der ersten Serie vor Erreichen der geforderten Nutzungsdauer auftritt. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann für solche vorzeitige Schwingbrüche eine systematische Fehleinschätzung – der tatsächlich einwirkenden Belastung, – der daraus errechneten Beanspruchung oder – der angesetzten ertragbaren Beanspruchung als Ursache des Versagens unterstellt werden. Die zutreffende Ursache gilt es zu ergründen, um über geeignete Maßnahmen entscheiden zu können. Hinweise aus Teilaufgabe 7: Erzieltes Ergebnis, erforderliche Verbesserung Nach Griese kann jeder Schwingbruch im Betrieb auch aufgefasst und ausgewertet werden als „das Ergebnis eines Betriebsfestigkeits-Versuchs unter realen Betriebsbedingungen“, Abb. 4.2–1 bis 3: – Für die anzusetzende Betriebsbeanspruchung S a, B bezeichnet er die Le– bensdauer N Bruch für eine Ausfallwahrscheinlichkeit, die sich, wie vorstehend beschrieben, im Fall 3 zu PA, Bruch = 50% und im Fall 2 zu PA, Bruch < 50% abschätzen lässt. Mit diesen Daten ist ein „Versuchspunkt“ auf der für die bisherige Ausführung tatsächlich gültigen Lebensdauerlinie bestimmt. Bei Auftragung im doppellogarithmischen Netz verläuft sie in vertikaler Richtung parallel verschoben zu dem Lebensdauerlinien-Streuband, das nach den Voraus-
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb
589
Abb. 4.2–1a, b. Auswertung der bis zum – vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Betrieb ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen Schwingfestigkeits-Steigerung im Verhältnis VS , a Lebensdauer-Streuband für den erforderlichen Nachweis, b tatsächlich zutreffendes Lebensdauer-Streuband
Abb. 4.2–2a, b. Auswertung der bis–zum vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Betrieb ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen LebensdauerSteigerung im Verhältnis VL , a Lebensdauer-Streuband für den erforderlichen Nachweis, b tatsächlich zutreffendes Lebensdauer-Streuband
590
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Abb. 4.2–3. Auswertung der bis – zum vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Betrieb ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen BeanspruchungsAbsenkung im Betrieb im Verhältnis VB
setzungen des vorangegangenen oder eines erforderlichen Betriebsfestigkeits-Nachweises gelten sollte. Das heisst, dass bei ihm die geforderte Nut– zungsdauer N Ford mit der vertretbar erachteten Ausfallwahrscheinlichkeit zul PA gerade erfüllt wird, Abb. 4.2–1. Innerhalb dieses Streubandes interessiert nun die Lebensdauerlinie, die der für den Schwingbruch abgeschätzten Ausfallwahrscheinlichkeit PA, Bruch entspricht. Aus ihrem Abstand von der durch den Schwingbruch belegten Lebensdauerlinie und mit der Sicherheitszahl jS nach Gl. (3.5–10) und u0 für PA, Bruch nach Abb. 3.5–3 lässt sich – die erforderliche Steigerung der Schwingfestigkeit, Verhältniswert VS nach Abb. 4.2–1, – die erforderliche Steigerung der Lebensdauer, Verhältniswert VL nach Abb. 4.2–2, oder – die erforderliche Absenkung der im Betrieb auftretenden Beanspruchung, Verhältniswert VB nach Abb. 4.2–3, beziffern. Es gilt: – – – – VS = VL1/k = 1 / VB = jS, x · (N Ford / N Bruch)1/ k
10– (u0 – uB) · s
⬉ jS =
10–u0 · s
mit
jS, x =
und
uB = u für PA, Bruch nach Abb. 3.5–3.
(4.2–1) (4.2–2)
Aus Abb. 4.2–2 wird insbesondere auch deutlich, dass es nicht genügt, eine – – Verbesserung der Lebensdauer von N Bruch auf N Ford zu bewirken, weil dann
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb
591
– die geforderte Lebensdauer N Ford noch mit der zu hohen Ausfallwahrscheinlichkeit PA, Bruch verbunden wäre.Vielmehr muss eine noch weitergehende Verbesserung entsprechend dem (spannungsbezogenen) Faktor jS, x herbeigeführt werden, um auch noch die Ausfallwahrscheinlichkeit auf den Wert zul PA abzumindern. Hinweise aus Teilaufgabe 8: Dokumentation und Rückkopplung der Erkenntnisse Wird trotz positiven Ergebnissen eines rechnerischen BetriebsfestigkeitsNachweises im späteren Betrieb ein Schwingbruchschaden verzeichnet, so ist neben der Abklärung aller übrigen Ursachen auch die Frage angebracht, ob der Schaden etwa auch die Folge einer unzureichenden Dokumentation sein könnte. Eine unzureichende Dokumentation von betriebsfestigkeitsbestimmenden Konstruktions- und Fertigungsmerkmalen in den Zeichnungsunterlagen wird durch folgendes Beispiel veranschaulicht: Gelegentliche Schwingbrüche an einer in Großserie, aber noch nicht auf Transferstraße gefertigten Kurbelwelle konnten durch Schwingfestigkeits-Versuche an zufällig aus der Serie gegriffenen Prüflingen nicht erklärt und erst durch die Befunde einer Schadensanalyse im Folgenden dadurch ausgeschlossen werden, dass der Hohlkehlradius am Zapfenübergang zum Kontrollmaß gemacht wurde, denn bei den gebrochenen Kurbelwellen war er nicht korrekt ausgeführt. Darüber hinaus verdeutlicht dieses Beispiel, dass es für die Klärung eines Schadensfalles von unersetzlichem Wert sein kann, Zugriff auf das schadhafte Bauteil zu haben. Ein weiterer Hinweis betrifft die notwendige Rückkopplung von Erkenntnissen: Auch wenn das Auftreten eines Schwingbruchschadens nicht zu den Erfolgserlebnissen des zuständigen Ingenieurs zählen mag, so sollte deshalb die Chance, aus einem Schaden klug zu werden, nicht vertan werden. Das heißt mit anderen Worten, dass die Ergebnisse und die Erkenntnisse aus einer durchgeführten Schadensanalyse in Form eines korrigierenden Nachtrags zu dem ursprünglichen Betriebsfestigkeits-Nachweis dokumentiert und allen an der ursprünglichen Konstruktion Beteiligten als Information zugeleitet werden sollten. Wie bedeutsam diese Rückkopplung der Information sein kann, wird aus folgendem Beispiel ersichtlich: Schadensfälle an einem in Serie gefertigten Bauteil gaben Anlass zu einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung. Das anschließend durch die Betriebserfahrung bestätigte Ergebnis war, den hochvergüteten Stahl 50Cr4 durch den niedriger vergüteten Stahl 42CrMo4 in Verbindung mit einer optimierten Formgebung zu ersetzen, um die geforderte Lebensdauer zu erreichen. Einige Zeit später kam die Nachfolgekonstruktion zur Untersuchung: Das betreffende Bauteil war wieder aus dem hochvergüteten Stahl und in der alten Form ausgeführt. Nachfragen ergaben, dass das Ergebnis der ersten Untersuchung dem zuständigen Konstrukteur nicht zur Kenntnis ge-
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
kommen war, so dass er auch bei der Nachfolgekonstruktion anhand seiner unveränderten Arbeitsunterlagen vorging.
4.3 Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren 4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens Methodisches Konstruieren erfordert ein Einhalten fest vorgegebener Arbeits- und Entscheidungsschritte mit methodischen Anweisungen [430, 431]: Klären der Aufgabe – Konzipieren – Entwerfen – Ausarbeiten. Das Vorgehen orientiert sich an einem allgemeinen Lösungsprozess, wie er für jede Art von Problemen anwendbar ist, Abb. 4.3–1. Die einzelnen Arbeitsund Entscheidungsschritte sind aufeinander abgestimmt mit dem Ziel, alle für die Lösung der Aufgabe relevanten Gesichtspunkte zu erkennen und sie zum frühest geeigneten Zeitpunkt in den Konstruktionsprozess einzubringen. Kennzeichnend ist, dass eine Lösung erst gesucht wird, nachdem die Aufgabe durch Information und Definition in ihrer Zielsetzung ausreichend geklärt ist. Lösungsvorschläge werden anhand dieser Zielsetzung überprüft und beurteilt. In konsequenter Anwendung zwingt dieses Vorgehen, auch Fragen der Betriebsfestigkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt an bestimmten Knotenpunkten des Konstruktionsprozesses zu berücksichtigen. Der nachstehende Abriss ist angelehnt an die Konstruktionslehre von Pahl-Beitz [431–433]:
Abb. 4.3–1. Allgemeiner Lösungsprozess [430]
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens
593
Klären der Aufgabe Häufiger Mangel und häufige Ursache für Fehlentwicklungen ist eine nicht hinreichend geklärte Aufgabenstellung. Das methodische Vorgehen soll von vornherein solche Situationen vermeiden, indem ein erster Arbeitsschritt einem Klären der Aufgabe und einem Festlegen von Anforderungen gilt, die als (unabdingbare) Forderungen oder als (nach Möglichkeit zu erfüllende) Wünsche gegeben sein können. Konkret geschieht dies in einer Anforderungsliste, die zu Beginn sorgfältig aufgestellt und während der konstruktiven Entwicklung auf aktuellem Stand gehalten wird. Die in die Anforderungsliste aufzunehmenden Ziele und Bedingungen für die Konstruktionsaufgabe ergeben sich entweder als Forderungen oder als Wünsche, die seitens des Auftraggebers bestehen. Fehlende Vorgaben sind als interne Festlegungen zu ergänzen. Die Anforderungsliste ist damit aktuelle Arbeitsunterlage und zugleich Ausweis gegenüber Geschäftsleitung und Verkauf, die den auftraggebenden Partner zur Stellungnahme veranlassen wird, falls er mit diesen intern getroffenen Festlegungen nicht einverstanden sein sollte. Wie Anforderungslisten aussehen und wie mit ihnen gearbeitet wird, kann in [431] nachgelesen werden. Das Aufstellen der Anforderungsliste geschieht zweckmäßig nach einer Leitlinie, Tabelle 4.3–1, die sich aus Merkmalen zusammensetzt. Diese Merkmale sind allgemeingültig gefasst, auf die aktuelle Aufgabe übertragen sind sie aber mit ihrer beabsichtigten Redundanz anregend und zwingend genug, um die wesentlichen Fragen aufzuwerfen und zu präzisieren. Diese Merkmale führen auch zugleich an einen ersten Knotenpunkt zur Betriebsfestigkeit: Wenn nicht schon Fragen der Geometrie und Kinematik Probleme der Betriebsfestigkeit erkennen lassen, so werden sie mit den Fragen nach Kraftrichtung, Kraftgröße und Krafthäufigkeit oder in Verbindung mit den Merkmalen Energie, Stoff, Signal, Fertigung, besonders aber bei den Merkmalen Gebrauch (z.B. Lebensdauererwartung) oder Instandhaltung angesprochen. Ebenso werden Umgebungseinflüsse und besondere Bedingungen bewusst gemacht. So führt die Anwendung der Leitlinie auf Informationen, die mögliche Probleme der Betriebsfestigkeit aufzeigen. Auch werden die Bedingungen offenbar, unter denen die Haltbarkeit des Bauteils zu erfüllen ist. Damit wird eine wesentliche Voraussetzung zur Lösungssuche sowie zur Beurteilung von Lösungsalternativen geschaffen. Zugleich sind Forderungen formuliert für spätere experimentelle Betriebsfestigkeits-Untersuchungen, sollten sie sich als erforderlich erweisen. Konzipieren Ist die Aufgabe hinreichend geklärt, so darf mit dem Erarbeiten eines prinzipiellen Lösungs-Konzeptes begonnen werden, Abb. 4.3–2. Auch hier beginnen nicht unmittelbar kreative Tätigkeiten, sondern in einem Abstraktionsvorgang wird zunächst im Sinne einer Definition der Wesenskern der Aufgabe mit seinen wesentlichen Problemen geklärt. Im nächsten Schritt wird dann ver-
594
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.3–1. Leitlinie zum Aufstellen einer Anforderungsliste [431]
Hauptmerkmal
Beispiele
Geometrie
Größe, Höhe, Breite, Länge, Durchmesser, Raumbedarf, Anzahl, Anordnung, Anschluss, Ausbau und Erweiterung
Kinematik
Bewegungsart, Bewegungsrichtung, Geschwindigkeit, Beschleunigung
Kräfte
Kraftrichtung, Kraftgröße, Krafthäufigkeit, Gewicht, Last, Verformung, Steifigkeit, Federeigenschaften, Massenkräfte, Stabilität, Resonanzlage
Energie
Leistung, Wirkungsgrad, Verlust, Reibung, Ventilation, Zustand, Druck, Temperatur, Erwärmung, Kühlung, Anschlussenergie, Speicherung, Arbeitsaufnahme, Energieumformung
Stoff
Materialfluss und Materialtransport Physikalische und chemische Eigenschaften des Eingangs- und Ausgangsproduktes, Hilfsstoffe, vorgeschriebene Werkstoffe
Signal
Eingangs- und Ausgangsmessgrößen, Signalform, Anzeige, Betriebs- und Überwachungsgeräte
Sicherheit
Unmittelbare Sicherheitstechnik, Schutzsysteme, Arbeitsund Umweltsicherheit
Ergonomie
Mensch – Maschine-Beziehung: Bedienung, Bedienungshöhe, Bedienungsart, Übersichtlichkeit, Sitzkomfort, Beleuchtung, Formgestaltung
Fertigung
Einschränkung durch Produktionsstätte, größte herstellbare Abmessung, bevorzugtes Fertigungsverfahren, Fertigungsmittel, mögliche Qualität und Toleranzen, Ausschussquote
Kontrolle
Mess- und Prüfmöglichkeit, besondere Vorschriften (TÜV, ASME, DIN, ISO, AD-Merkblätter)
Montage
Besondere Montagevorschriften, Zusammenbau, Einbau, Baustellenmontage, Fundamentierung
Transport
Begrenzung durch Hebezeuge, Bahnprofil, Transportwege nach Größe und Gewicht, Versandart und -bedingungen
Gebrauch
Geräuscharmut, Verschleißrate, Anwendung und Absatzgebiet, Einsatzort (z.B. schwefelige Atmosphäre, Tropen …)
Instandhaltung
Wartungsfreiheit bzw. Anzahl und Zeitbedarf der Wartung, Inspektion, Austausch und Instandsetzung, Anstrich, Säuberung
Kosten
Max. zulässige Herstellkosten, Werkzeugkosten, Investition und Amortisation
Termin
Ende der Entwicklung, Netzplan für Zwischenschritte, Lieferzeit
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens
Abb. 4.3–2. Arbeitsschritte beim Konstruieren [430]
595
596
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
sucht, die zu erfüllenden Funktionen, ihre Zuordnung und ihre Verknüpfung untereinander zu erkennen. Erst danach setzt die Lösungssuche ein, die, durch Suchmethoden unterstützt, in der Regel eine Fülle von Lösungsprinzipien bringt: Suche und Festlegen von physikalischen Effekten, prinzipielle Anordnung von Wirkflächen und -bewegungen, sowie Wahl der grundsätzlichen Stoffeigenschaften. Die so gewonnenen Lösungsprinzipien sind nur in wenigen Fällen direkt einsetzbar. Ihre Verträglichkeit, ihre Wirkungshöhe, ihre Wirtschaftlichkeit müssen überprüft werden. Vor allen Dingen ist zu prüfen, ob sie überhaupt die bestehenden Forderungen nach der Anforderungsliste erfüllen können. Dazu dient ein Auswahlverfahren, um grob abzuschätzen, inwieweit bestehende Forderungen erfüllbar sind. Aussichtsreiche Kombinationen werden grob maßstäblich konkretisiert und sodann einem Bewertungsverfahren unterzogen. Tabelle 4.3–2. Leitlinie zum Bewerten von Konzeptvarianten [282]
Hauptmerkmal
Beispiele
Funktion
Eigenschaften erforderlicher Nebenfunktionsträger, die sich aus dem gewählten Lösungsprinzip oder aus der Konzeptvariante zwangsläufig ergeben Eigenschaften des oder der gewählten Prinzipien hinsichtlich einfacher und eindeutiger Funktionserfüllung, ausreichende Wirkung, geringe Störgrößen Geringe Zahl der Komponenten, wenig Komplexität, geringer Raumbedarf, keine besonderen Werkstoff- und Auslegungsprobleme Bevorzugung der unmittelbaren Sicherheitstechnik (von Natur aus sicher), keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen nötig, Arbeits- oder Umweltsicherheit gewährleistet Mensch – Maschine-Beziehung befriedigend, keine Belastung oder Beeinträchtigung, gute Formgestaltung Wenige und gebräuchliche Fertigungsverfahren, keine aufwendigen Vorrichtungen, geringe Zahl einfacher Teile Wenige Kontrollen oder Prüfungen notwendig, einfach und aussagesicher durchführbar Leicht, bequem und schnell, keine besonderen Hilfsmittel Normale Transportmöglichkeiten, keine Risiken Einfacher Betrieb, lange Lebensdauer, geringer Verschleiß, leichte und sinnfällige Bedienung Geringe und einfache Wartung und Säuberung, leichte Inspektion, problemlose Instandsetzung Keine besonderen Betriebs- oder sonstigen Nebenkosten, keine Terminrisiken
Wirkprinzip
Gestaltung
Sicherheit
Ergonomie Fertigung Kontrolle Montage Transport Gebrauch Instandhaltung Aufwand
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens
597
Dazu bestehen wiederum Pflichtkriterien, Tabelle 4.3–2, die zumindest implizit auf Fragen der Betriebsfestigkeit hinweisen: Funktion, Wirkprinzip, Gestaltung, Sicherheit, Kontrolle, Gebrauch. Sie machen deutlich, dass mit dem Erkennen des Wesenskernes der Aufgabe und mit dem Auswählen von Lösungsprinzipien schon beim Konzipieren wichtige und grundsätzliche Entscheidungen gefällt werden, die Bezug zur Betriebsfestigkeit haben: Beispielsweise, welche Lastfälle möglich erscheinen, ob dynamische oder stochastische Beanspruchungen auftreten oder sich vermeiden lassen, ob zu fordernde Eigenschaften verlässlich kontrolliert werden können, welche Risiken bestehen bzw. mit welchen Ausfallmöglichkeiten zu rechnen ist. Entwerfen Das ausgewählte Konzept wird im Entwurfsprozess weiter konkretisiert. Dabei beginnt der eigentliche Gestaltungsvorgang, der nun Werkstoff, Form und Fertigungsverfahren im Einzelnen festzulegen verlangt. Der Entwurfsprozess folgt im Prinzip wiederum dem allgemeinen Lösungsprozess nach Abb. 4.3–1, jedoch auf konkreter Ebene, Abb. 4.3–2: Vom vorliegenden Konzept ausgehend werden alle gestaltungsbestimmenden Anforderungen zum Bewusstsein gebracht und zusammengestellt, die bestehenden Randbedingungen räumlicher Art werden klargestellt und die bauliche Struktur wird entwickelt. Das Grobgestalten beginnt mit denjenigen Bauteilen, die Hauptfunktionen zu übernehmen haben. Bei optimal erscheinenden Konzepten stellen sich Fragen der Betriebsfestigkeit oft in besonderem Maße, weil vom guten Prinzip auch eine optimale Ausnutzung der Komponenten erwartet oder verlangt wird. Schon in der Grobgestalt ist auf günstige Voraussetzungen zur Betriebsfestigkeit zu achten, und zwar durch Einhalten der Gestaltungsregeln „eindeutig“ und „einfach“ bezüglich Gestalt, Lastangriff, Beanspruchungsart, Spannungsverteilung und eines beherrschbaren dynamischen Systemaufbaus. Eine in dieser Hinsicht konsequent vorgenommene Grobgestaltung ist im Grunde unerlässliche Voraussetzung zum Erreichen einer hohen Betriebsfestigkeit bei geringstmöglichem Aufwand. Nach Auswahl geeigneter Grobentwürfe wird die Feingestaltung vorgenommen, und zwar wiederum von der Leitlinie mit den bekannten Merkmalen gesteuert, die nun dem erreichten Konkretisierungsstand angepasst ist, Tabelle 4.3–3. Da Funktion und Wirkprinzip bekannt sind, steht die Auslegung im Vordergrund. Bei der konstruktiven Arbeit sollte die angegebene Reihenfolge eingehalten werden: So wie es nicht sinnvoll ist, über die Auslegung zu diskutieren, ohne vorher Funktion und Wirkprinzip erarbeitet zu haben, ist es nicht arbeitssparend, z.B. über Resonanzfreiheit oder Ausdehnungsfragen näher zu sprechen, wenn nicht vorher geklärt ist, ob die Haltbarkeit oder eine begrenzte Formänderung unter den gegebenen Umständen überhaupt erreichbar ist. Selbstverständlich beeinflussen sich diese Fragen und sie haben Rück-
598
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.3–3. Leitlinie beim Gestalten [431]
Hauptmerkmal
Beispiele
Funktion
Wird die vorgesehene Funktion erfüllt? Welche Nebenfunktionen sind erforderlich?
Wirkprinzip
Bringen die gewählten Wirkprinzipien den gewünschten Effekt, Wirkungsgrad und Nutzen? Welche Störungen sind aus dem Prinzip zu erwarten?
Auslegung
Garantieren die gewählten Formen und Abmessungen mit dem vorgesehenen Werkstoff bei der festgelegten Gebrauchszeit und unter der auftretenden Belastung ausreichende Haltbarkeit, zulässige Formänderung, genügende Stabilität, genügende Resonanzfreiheit, störungsfreie Ausdehnung, annehmbares Korrosions- und Verschleißverhalten?
Sicherheit
Sind die Bauteil-, Funktions-, Arbeits- und Umweltsicherheit beeinflussenden Faktoren berücksichtigt?
Ergonomie
Sind die Mensch – Maschine-Beziehungen beachtet? Sind Belastungen oder Beeinträchtigungen vermieden? Wurde auf gute Formgestaltung (Design) geachtet?
Fertigung
Sind Fertigungsgesichtspunkte in technologischer und wirtschaftlicher Hinsicht berücksichtigt?
Kontrolle
Sind die notwendigen Kontrollen während und nach der Fertigung oder zu einem sonst erforderlichen Zeitpunkt möglich und als solche veranlasst?
Montage
Können alle inner- und außerbetrieblichen Montagevorgänge einfach und eindeutig vorgenommen werden?
Transport
Sind inner- und außerbetriebliche Transportbedingungen und -risiken überprüft und berücksichtigt?
Gebrauch
Sind alle beim Gebrauch oder Betrieb auftretenden Erscheinungen, wie z.B. Geräuch, Erschütterung, Handhabung in ausreichendem Maße beachtet?
Instandhaltung
Sind die für eine Wartung, Inspektion und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen in sicherer Weise durchführbar und kontrollierbar?
Kosten
Sind vorgegebene Kostengrenzen einzuhalten? Entstehen zusätzliche Betriebs- oder Nebenkosten?
Termin
Sind die Termine einhaltbar? Gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, die die Terminsituation verbessern können?
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens
599
Tabelle 4.3–4. Leitlinie zum Bewerten von Entwurfsvarianten [431]
Funktion
Erfüllung bei gewähltem Wirkprinzip: Gleichförmigkeit, Dichtigkeit, guter Wirkungsgrad, störunempfindlich, keine Verluste
Gestalt
Größe, Raumbedarf, Gewicht, Anordnung, Lage, Anpassung
Auslegung
Ausnutzung, Haltbarkeit, Verformung, Formänderungsvermögen, Lebens- bzw. Gebrauchsdauer, Verschleiß, Schockfestigkeit, Stabilität, Resonanz
Sicherheit
Unmittelbare Sicherheitstechnik, Arbeitssicherheit, Umweltschutz
Ergonomie
Mensch – Maschine-Beziehung, Arbeitsbelastung, Bedienung, Ästhetische Gesichtspunkte, Formgestaltung
Fertigung
Risikolose Bearbeitung, kurze Abbindezeit, Wärmebehandlung, Oberflächenbehandlung vermeiden, Toleranzen (soweit durch Herstellkosten nicht erfasst)
Kontrolle
Einhaltung von Qualitätseigenschaften, Prüfbarkeit
Montage
Eindeutig, leicht, bequem, Einstellbarkeit, Nachrüstbarkeit
Transport
Inner- und außerbetrieblich, Versandart, notwendige Verpackung
Gebrauch
Handhabung, Betriebsverhalten, Korrosionseigenschaften, Verbrauch an Betriebsmittel
Instandhaltung
Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Austausch
Kosten
Gesondert durch wirtschaftliche Wertigkeit erfasst
Termin
Ablauf- und terminbestimmende Eigenschaften
wirkungen, aber die genannte Reihenfolge stellt in der Regel ein arbeitssparendes und zielgerichtetes Vorgehen dar. Die technisch-wirtschaftliche Bewertung gibt mit der Schwachstellensuche in dieser Phase besondere Gelegenheit, über das Pflichtkriterium „Auslegung“ die Gesichtspunkte der Betriebsfestigkeit in die Beurteilung einfließen zu lassen, Tabelle 4.3–4. Der endgültige Entwurf wird einer Kontrolle auf Fehler und Störgrößeneinflüsse unterzogen. Dazu kann eine Fehlerbaumanalyse zweckmäßig sein [285]. Sie deckt Ausfallursachen und Ausfallmöglichkeiten auf, denen dann durch konstruktive, fertigungstechnische, montageseitige und betriebliche Maßnahmen begegnet werden kann. Ausarbeiten In der Phase der Ausarbeitung, Abb. 4.3–2, ist im Zuge der Detailfestlegung peinlich darauf zu achten, dass die Voraussetzungen und Absichten des Entwurfs voll in die Fertigungsunterlagen einfließen und im Fertigungsprozess durchgehalten werden. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind nicht zuletzt auch den erkannten Erfordernissen zum Gewährleisten der Betriebsfestigkeit anzupassen, Abschn. 3.5.2.
600
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
4.3.2 Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit Beim methodischen Vorgehen im Konstruktionsprozess werden nach Pahl [432] neun Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit erkennbar, Tabelle 4.3–5. An diesen Knotenpunkten werden Informationen gewonnen, die entscheiden lassen, ob im weiteren Verlauf der Konstruktionsarbeit Untersuchungen zur Betriebsfestigkeit notwendig werden. Gegebenenfalls sollten spätestens ab diesem Zeitpunkt auch die für eine Betriebsfestigkeits-Untersuchung relevanten Forderungen in der Anforderungsliste enthalten sein. Zweckmäßig wird an den einzelnen Knotenpunkten ein Fachmann für Werkstoff- und Betriebsfestigkeitsfragen beratend hinzugezogen, auch um mit ihm die Verfügbarkeit zweckdienlicher Unterlagen zu besprechen. Dabei wird keineswegs verkannt, dass besonders in der Konzeptphase oft nur qualitative Aussagen möglich sind. Dennoch sind sie als Steuerungsgrößen von hohem Wert. Mit fortschreitender Konkretisierung des Konzeptes und des Entwurfs werden die geforderten Antworten zu Fragen der Betriebsfestigkeit nicht nur konkreter sein müssen, sondern auch sein können. Untersuchungen im Prüffeld und/oder Labor sind dann vielleicht unumgänglich, in enger Anbindung an die Knotenpunkte jedoch rechtzeitig und orientiert an der Anforderungsliste auch zielgerichtet angehbar. Ausgehend von den damit aufgezeigten Zusammenhängen zwischen dem Prozess des methodischen Konstruierens und einem Behandeln von Betriebsfestigkeitsfragen bleibt zu erörtern, auf welche Weise die Kriterien und VerTabelle 4.3–5. Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit [432]
Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit
Erfordernisse der Betriebsfestigkeit
1 Aufstellen der Anforderungsliste
Forderungen, Wünsche und Bedingungen klären
2 Erkennen des Wesenskerns
Problemart erkennen
3 Auswählen von Lösungsprinzipien
Prinzipiell geeignete Lösungen aussuchen
4 Bewerten von Konzeptvarianten
Optimales Konzept erkennen
5 Grobgestalten
Eindeutige und einfache, beanspruchungsgerechte Struktur entwickeln
6 Feingestalten
Detaillierte Formgebung und Werkstoffwahl unterstützen
7 Bewerten des Entwurfs
Optimalen Entwurf finden
8 Kontrolle auf Fehler und Störgrößen
Verbesserung im Detail und Optimierung herbeiführen
9 Detaillieren der Fertigungsunterlagen
Form, Oberfläche und Werkstoff endgültig und eindeutig festlegen
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen
601
fahren der Betriebsfestigkeit in den Konstruktionsprozess einbezogen und abgehandelt werden können.
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen Um im Zuge des Konstruktionsprozesses die sich aufwerfenden Fragen der Betriebsfestigkeit einer Klärung zuzuführen und um erkannte Problemsituationen im günstigen Sinne beeinflussen zu können, stellt sich primär die Aufgabe, an den aufgezeigten Knotenpunkten die dazu benötigten, produkt- und konstruktionsabhängigen Informationen als Fakten und Daten zu gewinnen [433]. Das zu betrachtende Produkt oder Gebilde wird dazu zweckmäßig als ein abgegrenztes System aufgefasst, das durch Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen über die definierten Systemgrenzen hinweg mit seiner Umgebung in Verbindung steht. Als Beispiel zeigt Abb. 4.3–3 ein System „Kupplung“, das aus den Teilsystemen „Elastische Kupplung“ und „Schaltkupplung“ besteht, während es seinerseits als Teilsystem des größeren, übergeordneten Systems „Maschine“ aufgefasst werden kann. Auch lassen sich die Teilsysteme „Elastische Kupplung“ und „Schaltkupplung“ jeweils weiter in Systemelemente (Einzelteile) aufgliedern, sofern dies zweckdienlich erscheint.
Abb. 4.3–3. System „Kupplung“ [431]. a … h Systemelemente (beispielsweise); i … l Anschlusselemente; S Gesamtsystem; S1 Teilsystem „Elastische Kupplung“; S2 Teilsystem „Schaltkupplung“; E Eingangsgrößen (Inputs); A Ausgangsgrößen (Outputs)
602
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Abb. 4.3–4. Konkretisierungsstufen des Systems „Kupplung“, nach Beitz
Funktionen eines Systems sind gekennzeichnet durch die von ihm zu erfüllenden Aufgaben. Sie werden beschrieben durch die wirksamen Energie-, Stoff- und Signalflüsse sowie durch den bewirkten Zusammenhang zwischen den Eingangs- und Ausgangsgrößen. Physikalische Wirkprinzipien legen das physikalische Geschehen zum Erfüllen der Funktionen fest. Sie geben bereits erste Informationen über entstehende Beanspruchungsarten, erforderliche Bewegungsarten und prinzipielle Stoffeigenschaften, Abb. 4.3–4 veranschaulicht diese Ausführungen am Beispiel des Systems „Kupplung“ nach Abb. 4.3–3. Mit der Anforderungsliste vorgegebene Informationen Die Anforderungsliste verzeichnet die geforderten Funktionen eines Produktes mit Angaben über die zugehörigen Eingangs- und Ausgangsgrößen und
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen
603
allen maßgeblichen Bedingungen. Sie beinhaltet damit bereits wesentliche Informationen, die auch für das spätere Behandeln von Betriebsfestigkeitsfragen Bedeutung erlangen, so zum Beispiel Informationen über – – – – – – – – – – – –
geometrische Randbedingungen, methodische Forderungen, Betriebsbelastungen als Kräfte, Häufigkeiten, Energiearten, vorgeschriebene Werkstoffe und Oberflächenbeschaffenheiten, zu berücksichtigende Auslegungsvorschriften, Sicherheitsanforderungen, Lebensdauerforderungen, Fertigungsgegebenheiten, Stückzahlen, Prüfmöglichkeiten und -anforderungen, Transporterfordernisse und -bedingungen, Gebrauchsbedingungen und -anforderungen, Instandhaltungsmöglichkeiten, Kosten- und Terminbedingungen.
Aus dem Lösungskonzept abzuleitende Informationen Lösungsprinzipien als Teillösungen oder Lösungskonzepte als Gesamtlösungen erzwingen das physikalische Wirkprinzip über die entsprechenden Gestaltungsmerkmale, wie Wirkflächen oder Wirkkörper, Wirkbewegungen und Werkstoffe. In der Konzeptphase werden diese Gestaltungsmerkmale zunächst prinzipiell und grundsätzlich festgelegt, in der Entwurfsphase dann im Zuge der maßstäblichen Gestaltung detailliert und genau. Mit Vorliegen der prinzipiellen Lösung sind in der Konzeptphase folgende Daten für die Betriebsfestigkeit abzuleiten: – Aus den wirksamen Energiearten ist der Energiefluss durch das System mit möglicherweise vorhandenen Wandlern, Speichern,Verstärkern, Dämpfern usw. zu entnehmen. – Aus der prinzipiellen Festlegung der Wirkflächen hinsichtlich Art, Form und Lage lassen sich Beanspruchungsarten und zu erwartende Schwachstellen erkennen. – Aus den erforderlichen Wirkbewegungen folgen Angaben über ihre Beanspruchungsart (ruhend, translatorisch, rotatorisch), Bewegungsform (gleichförmig, ungleichförmig) und Beanspruchungsrichtung, woraus Lastfolge und Kollektivform abgeschätzt werden können. – Aus den prinzipiellen Stoffeigenschaften, die die physikalischen Effekte und die Wirkflächen erfordern, können in Frage kommende Werkstoffgruppen, wie z.B. Kunststoffe, Eisenmetalle oder auch ein korrosives Medium, erkannt werden. Auch wenn der Konkretisierungsgrad eines Lösungskonzepts im Allgemeinen noch keine quantitativen Aussagen über die Wirkflächengröße, über die Höhe von Geschwindigkeiten und über die erforderlichen Werkstoffwerte zulässt, so können doch aus den prinzipiell festgelegten Gestaltungsmerkmalen bereits
604
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
für die Betriebsfestigkeit wichtige Gestaltungszonen und mögliche Störgrößen erkannt werden. Sie gilt es, bei der anschließenden Detailgestaltung besonders zu beachten. Ebenfalls kann abgeschätzt werden, ob eine Versuchsplanung eingeleitet werden sollte. Beispielsweise wird nach Abb. 4.3–6 unter der Teilfunktion „Drehmomentstöße ausgleichen“ mit der Wahl des physikalischen Wirkprinzips „Ausgleichen durch Schubverformung“ für das Lösungsprinzip der ringförmige, verdrehbeanspruchte Wirkkörper und die Verwendung des Werkstoffs „Gummi“ nahegelegt und die Frage nach der Verfügbarkeit von „Betriebsfestigkeitswerten für den Werkstoff Gummi unter Schubbeanspruchung“ aufgeworfen. Aus dem Entwurf abzuleitende Informationen Im Zuge einer maßstäblichen Konkretisierung der Gestaltungsmerkmale ergeben sich in der Entwurfsphase nahezu alle notwendigen Angaben und Details der Gestaltung, um die Betriebsfestigkeit zu ermitteln und zu optimieren. – Wirkflächen und Wirkkörper werden hinsichtlich Größe, Anzahl und Werkstoff genau festgelegt und erlauben eine Spannungsermittlung sowie das Erkennen rissgefährdeter Zonen. – Wirkbewegungen und konkrete Massenverteilungen ermöglichen das Abschätzen von Schwingungserscheinungen und möglicher Zusatzbeanspruchungen aus Verformungen oder Zwängungen oder außerplanmäßigen Kraftwirkungen. – Werkstofffestlegungen einschließlich thermischer, mechanischer oder metallurgischer Nachbehandlungen liefern die Grundlage für das Berechnen der Betriebsfestigkeit oder ermöglichen den Start eines entsprechenden Versuchsprogramms. – Die Struktur des Gesamtproduktes mit ihrer Baugruppengliederung lässt montagebedingte oder fertigungsbedingte Zusatzbeanspruchungen abschätzen und entsprechende Maßnahmen einleiten. – Erfordernisse der Qualitätsprüfung oder der Instandhaltung können aus den Einzelteilzeichnungen und aus der Gesamtzeichnung ersehen werden. – Der Gesamtentwurf ermöglicht eine umfassende Fehlerkontrolle durch das Betrachten aller planmäßigen wie auch etwaiger unplanmäßiger Betriebszustände oder Betriebsbedingungen und die Erörterung geeigneter Abhilfemaßnahmen. Besondere Bedeutung für das Erkennen und Behandeln von Fragen der Betriebsfestigkeit in der Entwurfsphase ist denjenigen Arbeitsschritten beizumessen, bei denen der vorliegende Entwurf einer Kontrolle oder Beurteilung unterzogen wird. Das Ergebnis einer solchen Kontrolle oder Beurteilung kann in vielen Fällen darin bestehen, vorhergehende Arbeitsschritte der Gestaltung oder der Ausarbeitung auf der nunmehr erreichten höheren Informationsstufe nochmals zu durchlaufen mit dem Ziel, das erkannte Betriebsfestigkeits-
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl
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problem zu beheben oder zumindest zu entschärfen. Möglichkeiten dazu bestehen in einem Verbessern oder Optimieren der betreffenden Gestaltungszone, erforderlichenfalls auch unter Ausnutzung schwingfestigkeitssteigernder Maßnahmen. Durch dieses Vorgehen ist nicht nur eine wirkungsvolle, sondern auch eine kostengünstige Behandlung von Betriebsfestigkeitsfragen zu sehen.
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl Die für das Behandeln von Betriebsfestigkeitsfragen typischen Vorgehensweisen und die sich anbietenden Lösungsverfahren lassen sich unschwer in Beziehung bringen zu den Hauptmerkmalen der Gestaltungsleitlinie. Auf diese Weise ergeben sich sowohl Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl, wie auch Ansatzpunkte für eine positive Einflussnahme auf die Betriebsfestigkeit. Der jeweils erreichte Konkretisierungsgrad der Konstruktion bestimmt dabei, welche Fakten und Daten für die Behandlung erkannter Betriebsfestigkeitsfragen zur Verfügung stehen. Nach diesem Informationsstand und nach dem als angemessen erachteten Aufwand lässt sich über die geeigneten Verfahren entscheiden. Eine entsprechende Leitlinie mit Bewertungskriterien und Maßnahmen im Sinne der Betriebsfestigkeit ist deshalb auch getrennt für die Lösungsauswahl in der Konzeptphase mit Tabelle 4.3–6 und für die Lösungsauswahl in der Entwurfsphase mit Tabelle 4.3–7 zusammengestellt [433]. Während in der Konzeptphase vor allem grundsätzliche qualitative Entscheidungen frühzeitig richtige Weichen zum betriebsfesten Produkt stellen sollen, können die für die Entwurfsphase zusammengestellten Kriterien und Maßnahmen eine Bauteil- und Produktoptimierung erleichtern. Eine weitere Unterscheidung der hier aufgeführten Kriterien der Betriebsfestigkeit im Hinblick auf die Arbeitsschritte des Grobgestaltens, des Feingestaltens und Detaillierens, wäre wenig sinnvoll. Es sei auch betont, dass beide Tabellen nur das methodische Vorgehen andeuten und nicht unbedingt als umfassend angesehen werden sollten. Für eine konkrete Aufgabenstellung lassen sich diese Kriterien bedarfsweise abwandeln und ergänzen, um sicherzustellen, dass – die für die Betriebsfestigkeit maßgeblichen Lastfälle und Beanspruchungszustände, – die in ihrer Betriebsfestigkeit zu überprüfenden Bauteile und Querschnitte sowie – die das Betriebsfestigkeitsverhalten bestimmenden Werkstoffeigenschaften und Fertigungseinflüsse frühzeitig erkannt und bei den weiteren Entscheidungen und Festlegungen in angemessener Weise beachtet werden.
606
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.3–6. Leitlinie für die Lösungsauswahl in der Konzeptphase mit Bewertungskriterien und Maßnahmen der Betriebsfestigkeit [433]
Merkmal
Bewertungskriterien
Funktion
Günstige Funktionsstrukturen zum Abbau schwingender Systemeingangsgrößen und zur Vermeidung bzw. Verringerung dynamischer Betriebskräfte.
Wirkprinzip
Günstige Wirkprinzipien zur Vermeidung, zum Abbau oder zur Beherrschung dynamischer Betriebsbelastungen.
Gestaltung
Günstige Wirkflächen, Wirkbewegungen und Werkstoffe zur Vermeidung, zum Abbau oder zur Beherrschung dynamischer Betriebsbelastungen.
Sicherheit
Geringe Bruchgefahr und Ausfallwahrscheinlichkeit, zuverlässige Betriebsfestigkeitsermittlung.
Ergonomie
Geringe Überhöhung der funktionsbedingten Betiebsbelastungen durch den Menschen, geeignete Eingriffsmöglichkeiten zum Vermeiden einer Überbelastung
Fertigung
Geringe fertigungsbedingte Beeinflussung der gestaltungsbedingten Beanspruchungsverhältnisse.
Kontrolle
Gute Kontroll- und Prüfmöglichkeiten in der Fertigung und im Betrieb.
Montage
Geringe Beeinflussung der durch das Lösungskonzept festgelegten Beanspruchungsverhältnisse.
Transport
Keine Vorschädigung durch Transport und Lagerung.
Gebrauch
Hohe Lebensdauererwartung in Entsprechung der Anforderungsliste, geringe Beeinflussung durch Umgebungsverhältnisse.
Instandhaltung
Gute Möglichkeiten von Inspektion, Wartung und Instandsetzung in Abstimmung auf Betriebsverhältnisse und Lebensdauerforderung.
Kosten – Termin
Geringer Zeit- und Kostenaufwand für Betriebsfestigkeitsermittlung.
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl
607
Maßnahmen der Betriebsfestigkeit Vorsehen von Dämpfungs-, Ausgleichs- oder Sperrfunktionen. Bevorzugen eindeutiger und stetiger Energieflüsse. Bevorzugen physikalischer Effekte mit dämpfenden Eigenschaften, berührungsloser Energieübertragung, geringen oder gleichförmigen Bewegungen, geringen dynamischen Störgrößen, lebensdauergünstigen Beanspruchungsarten. Bevorzugen von Wirkflächen und Wirkkörpern, die eindeutige, berechenbare und günstige Spannungsverteilungen erwarten lassen und ein beanspruchungsgerechtes Gestalten ermöglichen. Bevorzugen von stetigen und gleichförmigen Wirkbewegungen oder solchen mit bekannten und günstigen Lastkollektiven. Bevorzugen von Werkstoffen, deren Betriebsfestigkeitsverhalten bekannt ist. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine unmittelbare Sicherheit ermöglichen oder zumindest große Folgeschäden vermeiden sowie eine zuverlässige Betriebsfestigkeitsermittlung zulassen. Bevorzugen von Lösungskonzepten, deren Beanspruchungsverhältnisse durch Falschbedienung nicht verschlechtert werden und eine Überbelastung ausschließen. Bevorzugen von Lösungskonzepten, deren fertigungstechnische Realisierung ohne nachteilige Eigen- und Zusatzspannungen und ohne ungünstige Toleranzen möglich ist. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die zuverlässige Gestalt- und Werkstoffprüfungen sowie Betriebskontrollen ermöglichen. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine gleichmäßig ausführbare Montage ohne Zusatzbeanspruchungen ermöglichen. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die transportbedingte Vorschädigungen vermeiden bzw. nicht transport- und lagerungsempfindlich sind. Bevorzugen von Lösungskonzepten ohne oder mit geringen Verschleißzonen, mit zuverlässiger Lebensdauerabschätzung und geringen Beeinflussungsmöglichkeiten durch Umgebung. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine geplante Inspektion und gegebenenfalls eine Wartung und Instandsetzung ermöglichen. Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine rechnerische Betriebsfestigkeitsermittlung oder kosten- und zeitgünstige Standardversuche ermöglichen.
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4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Tabelle 4.3–7. Leitlinie für die Lösungsauswahl in der Entwurfsphase mit Bewertungskriterien und Maßnahmen der Betriebsfestigkeit [433]
Merkmal
Bewertungskriterien
Funktion
Zuverlässige Funktionserfüllung ohne Störungen.
Gestalt
Günstige Gestalt für niedrige und eindeutige Beanspruchungen, sowie für die zuverlässige Ermittlung der Gestaltfestigkeit.
Auslegung
Günstige Festlegung und Abstimmung von Wirkflächen, Wirkbewegungen und Werkstoffen zur zuverlässigen Gewährleistung der Betriebsfestigkeit bzw. der geforderten Lebensdauer.
Sicherheit
Geringe Bruchgefahr und Ausfallwahrscheinlichkeit. Zuverlässige Betriebsfestigkeitsermittlung.
Ergonomie
Positive Beeinflussung der Betriebsbelastungen durch den Menschen.
Fertigung
Positive Beeinflussung der konstruktiv festgelegten Beanspruchungsverhältnisse und der Festigkeitsverhältnisse.
Kontrolle
Umfassende Kontroll- und Prüfmöglichkeiten aller die Betriebsfestigkeit beeinflussenden konstruktiven und fertigungstechnischen Festlegungen.
Montage
Keine Zusatzbeanspruchungen durch Montage.
Transport
Keine Vorschädigungen durch Transport und Lagerung.
Gebrauch
Gutes Gebrauchsverhalten hinsichtlich Lebensdauer und Umweltbeeinflussung.
Instandhaltung
Angepasste Unterstützung der konstruktionsbedingten Betriebsfestigkeit durch Instandhaltungsmaßnahmen.
Kosten – Termin
Angepasster Aufwand der Betriebsfestigkeitsermittlung und ihrer Optimierung an die gestellten Anforderungen.
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl
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Maßnahmen der Betriebsfestigkeit Bei Anwendung des Prinzips „bedingtes Versagen“ die Erfüllung wichtiger Funktionen sicherstellen. Bevorzugen von solchen Formen, Anordnungen und Größen der Wirkflächen und Wirkkörper, die Spannungsspitzen, mehrachsige Spannungszustände, ungünstige Kraftflussund Verformungszustände, Reibekorrosionen und Rissansätze vermeiden sowie festigkeitssteigernde Fertigungsverfahren ermöglichen. Vermeiden von zusätzlichen oder überhöhten Schwingbeanspruchungen durch Beachten und Anpassen von Eigenfrequenzen. Anstreben eines Massenausgleichs zum Reduzieren von Beschleunigungen und Verzögerungen. Bevorzugen stetiger Betriebsabläufe mit optimiertem Regelverhalten. Bevorzugen solcher Werkstoffe, die kerbunempfindlich bzw. rissunempfindlich sind und einen langsamen Rissfortschritt aufweisen. Wählen eines ausreichend niedrigen Nenn-Spannungsniveaus an gestalt-bedingten Spannungsspitzen. Bevorzugen von Werkstoffen mit hoher Bruchzähigkeit. Abschätzen der Streueinflüsse auf die Ausfallwahrscheinlichkeit.Verwenden zutreffender Schadensakkumulationshypothesen. Vermeiden von Folgeschäden durch extreme Lastfälle. Verringern der Schalt- und Steuerhäufigkeiten auf das funktionsbedingte Mindestmaß. Vorsehen von Eingriffsmöglichkeiten zum Vermeiden von Überlasten. Vermeiden von Eigenspannungen oder Anrissen bei der Rohteilherstellung und Bearbeitung. Vorsehen von oberflächenverbessernden und schwingungsfestigkeitssteigernden Maßnahmen. Absenken festigkeitsbestimmender Toleranzen. Anstreben prüfgerechter Gestaltungsmerkmale. Vorsehen geeigneter Prüfungen, in der Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung, Schaffen von Kontrollmöglichkeiten im Betrieb. Ausschließen von Zusatzspannungen beim Fügen. Vorgeben von Montageplänen. Vorgeben von Transportvorschriften. Vermeiden von transportbedingten Schwingungsund Stoßbelastungen. Vermeiden von Oberflächenschäden aus Transport und Lagerung. Vorsehen von Schutzmaßnahmen vor festigkeitsmindernden Umgebungseinflüssen und Überlastungen, auch durch ungewöhnliche Einwirkungen. Anpassen der Lebensdauer an die tatsächlichen Anforderungen. Vorsehen einer betriebsfestigkeitsgerechten Steuerung und Regelung. Vorsehen regelmäßiger Risskontrollen. Austausch von lebensdauerbestimmenden Bauteilen nach festen Betriebszeiten. Ergreifen rissverzögernder Maßnahmen. Durchführen einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse bzw. wirtschaftlichen Bewertung zum Festlegen zweckmäßiger konstruktiver und fertigungstechnischer sowie versuchstechnischer Maßnahmen.
610
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
4.4 Betriebsfestigkeit und unternehmerische Entscheidungen 4.4.1 Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse In Anbetracht der im Einzelfall recht unterschiedlichen Gegebenheiten lassen sich die Kosten einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung nicht mit allgemeinen Richtwerten beziffern. Ebenso wenig ist eine allgemeine Aussage möglich, ob sich eine rechnerische oder eine experimentelle Untersuchung unter Wertung von Kosten und erzielbarem Ergebnis als die günstigere Vorgehensweise darstellt. Für einen objektiven Vergleich dieser Art sind selbstverständlich die gleichen Kalkulationsgrundlagen für den Bereich der Konstruktion und Berechnung wie für den Versuchsbereich zugrunde zu legen. Eine Kosten-Nutzen-Analyse für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen wird weiterhin erschwert und muss insoweit unvollständig bleiben, als sie das Risiko eines möglichen Schwingbruchschadens samt seinen materiellen und immateriellen Auswirkungen nicht zu erfassen vermag. Es entzieht sich weiterhin einer quantitativen Bewertung, dass das Ergebnis einer Untersuchung nur selten allein für den anstehenden Einzelfall von Bedeutung ist, sondern in der Folge auch noch für eine Beurteilung ähnlich gelagerter Fälle herangezogen werden kann. Nicht zuletzt verdient der Umstand Beachtung, dass zwar die Kosten eines klar spezifizierten Untersuchungsprogrammes, gestützt auf Erfahrungswerte, recht verlässlich im voraus abschätzbar sind, hingegen ist diese Möglichkeit der Vorabschätzung für das Ergebnis der Untersuchung und seine Auswirkungen in technischer Hinsicht und im Hinblick auf die Herstellkosten nur in seltenen Fällen gegeben. Dennoch können einige allgemeine Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse eine Entscheidungshilfe für das zweckmäßige Vorgehen im Einzelfall bieten: Für eine Kosten-Analyse bedeuten die Kosten einer BetriebsfestigkeitsUntersuchung eine Erhöhung der fixen Kosten, die mit der Entwicklung eines Produktes anfallen. Bei einer rechnerischen Untersuchung entstehen sie aus Personalkosten und gegebenenfalls aus Kosten für den Rechnereinsatz. Bei einer experimentellen Untersuchung sind neben den Personalkosten die Kosten der Versuchsstücke und der Versuchsvorrichtung sowie die Kosten der Versuchsdurchführung in Ansatz zu bringen. Schließlich entstehen in beiden Fällen noch Aufwendungen für die Berichterstattung, die Dokumentation und eventuelle Änderung der Konstruktions- und Fertigungsunterlagen. Die betreffenden Kosten können sich im Verhältnis zu den übrigen fixen Kosten der Entwicklung und Fertigung – als vergleichsweise hoch erweisen, wenn es sich um ein mit geringem Entwicklungsaufwand einfach herzustellendes Bauteil handelt, oder
4.4.1 Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse
611
– als vergleichsweise niedrig erweisen, wenn für das Bauteil ein hoher Entwicklungsaufwand und wenn aufwendige Werkzeuge oder Vorrichtungen ohnehin anfallen. Im letzteren Fall dürften die hohen Kosten einer (vermeidbaren) Werkzeugoder Vorrichtungsänderung ein zusätzliches Argument für eine verlässliche Vorabklärung der Betriebsfestigkeits-Frage liefern. Im ersteren Fall wird man statt einer aufwendigen Betriebsfestigkeits-Untersuchung unter Umständen eine einfache rechnerische Abschätzung und erforderlichenfalls eine vorsorgliche, konstruktive oder fertigungstechnische Maßnahme bevorzugen, um Schwingbrüche mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. Neben dem Beitrag zu den fixen Kosten sind für eine Kosten-Nutzen-Analyse zu betrachten, welche Auswirkungen sich aus den Erkenntnissen der Untersuchung auf die stückzahl-proportionalen Herstellkosten ergeben. Die sich aus einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung ergebenden fertigungstechnischen Erfordernisse können die Kosten des Einzelstücks – aufgrund zusätzlich erforderlicher Maßnahmen erhöhen, – unbeeinflusst lassen, oder – als Folge möglicher Vereinfachungen verringern. Für die Bewertung dieses proportionalen Kostenanteils ist die geplante oder geforderte Stückzahl zu berücksichtigen. Damit ergeben sich unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe – für Bauteile der Großserien-Fertigung und – für Bauteile der Einzel- und Kleinserien-Fertigung. Für Bauteile einer Großserie sind die Herstellkosten des Einzelstücks entscheidend, sodass höhere fixe Kosten durch aufwendige BetriebsfestigkeitsUntersuchungen gerechtfertigt sind, wenn damit letztlich bei gewährleisteter Schwingbruchsicherheit eine Senkung der Herstellkosten erreicht wird. Diese Situation ist vor allem für die Großserien der Fahrzeugindustrie kennzeichnend. Die gleichen Überlegungen können aber auch für schwingbruchkritische Bauteile oder Bauelemente zutreffen, die in der Einzel- oder KleinserienFertigung mit großer Wiederholhäufigkeit Verwendung finden. Anders liegen die Verhältnisse bei Bauteilen der Einzel- oder der Kleinserien-Fertigung. Für sie fallen in der Regel die fixen Kosten einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung weit mehr ins Gewicht, als notwendige Mehraufwendungen bei der Herstellung. In diesen Fällen bietet sich also an, weniger aufwendige Untersuchungsverfahren zu bevorzugen und die daraus verbleibenden Unsicherheiten durch angemessene Sicherheitszuschläge gegenüber den als erforderlich ermittelten Betriebsfestigkeitswerten abzudecken. Daneben gibt es auch diejenigen Anwendungsfälle des Grenzleichtbaus, z.B. im Flugzeugbau, wo bei relativ kleinen Serien aufgrund funktionstechnischer Erfordernisse eine größtmögliche Ausnutzung des Werkstoffs verlangt ist und wo zugleich bestehende, extreme Sicherheitsanforderungen eingehen-
612
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Abb. 4.4–1. Erreichbare Lebensdauersteigerung durch Optimieren der Fertigungsbedingungen einer verschraubten Fügung anhand von Betriebsfestigkeits-Versuchen, nach Schütz und Gökgöl
de Betriebsfestigkeits-Untersuchungen unumgänglich machen. Auch die sich als Konsequenz einstellende Steigerung der Herstellkosten muss in solchen Fällen hingenommen werden. Welche beachtliche Steigerung der Betriebsfestigkeit bei entsprechend hohem Entwicklungs- und Herstellaufwand möglich sind, zeigt das Beispiel einer verschraubten Fügung, Abb. 4.4–1. Kein universelles Lösungsverfahren für Betriebsfestigkeits-Fragen Mithin lässt sich feststellen, dass die Fragen der Betriebsfestigkeit wie auch die Verfahren und Vorgehensweisen zu ihrer Behandlung im Rahmen des Konstruktionsprozesses nicht als rein technisch-wissenschaftliches Problem betrachtet werden können. Durch das Einbeziehen von Gesichtspunkten einer Kosten-Nutzen-Analyse wird die Vielschichtigkeit der Problematik und die sich daraus ergebende Verschiedenartigkeit des jeweils optimalen Lösungsweges erkennbar. Das heißt mit anderen Worten, dass es demnach auch kein universelles Lösungsverfahren für Betriebsfestigkeits-Fragen geben kann. Mögen in einem Falle extreme Anforderungen an die Aussage-Genauigkeit des Lösungsverfahrens im Vordergrund stehen, so mögen im anderen Fall nur einfache, kostengünstige Lösungsverfahren infrage kommen, selbst wenn die damit erzielbaren Aussagen mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und größere Sicherheitszuschläge erforderlich machen. Die in diesem Spektrum der Möglichkeiten zu treffende Auswahl des Lösungsweges muss schließlich auch noch den technisch wie betriebswirtschaft-
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit
613
lich nicht erfassbaren Gesichtspunkt des verbleibenden Risikos bewerten. Sie wird damit zu einer unternehmerischen Entscheidung.
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit In der Industrie, und insbesondere in der Kfz-Industrie, sind Fachleute für Betriebsfestigkeit heute vor die Frage gestellt, wie sie zu einer Verkürzung der Entwicklungszeiten für neue Produkte beitragen können. Denn die herkömmlichen Untersuchungsmethoden der Betriebsfestigkeit mit Messungen und Versuchen an real ausgeführten Prototypen sind äußerst zeitaufwendig, insbesondere dann, wenn sie zu einer Produktoptimierung mehrfach wiederholt werden müssen. Zu fragen ist deshalb: Wie lässt sich das Entwicklungsziel einer solchen Betriebsfestigkeitsoptimierung durch den Einsatz bestgeeigneter, neuzeitlicher Methoden und Werkzeuge zuverlässig und treffsicher sowie zeit- und kostengünstig erreichen? Eine zeitgemäße Antwort auf diese Frage zeichnet sich ab mit neuzeitlichen Konzepten der Betriebsfestigkeit. Sie sind gekennzeichnet durch Bestrebungen und Entwicklungen, schon in einem frühen Entwurfsstadium an einem über CAD erstellten, virtuellen Prototyp bereits erste Abprüfungen und Optimierungen seines Betriebsfestigkeitsverhaltens vorzunehmen, Betriebslasten für Neu- oder Weiterentwicklungen durch dynamische Simulationen anhand von Strukturmodellen abzuleiten, und diese sog. virtuellen Tests sodann in einer ganzheitlich konzipierten Strategie sinnfällig und wechselweise zu verknüpfen mit sog. realen Tests an den körperlich gefertigten Prototyp- und Endausführungen. Reale und virtuelle Tests Die Methoden und Verfahren, die hinter den Bezeichnungen „reale Tests“ und „virtuelle Tests“ stehen, sind nicht eigentlich neu, Tabellen 4.4–1 und 4.4–2. Vielmehr sind sie in ihrer praktischen Anwendung bei Entwicklungsaufgaben bereits erprobt und bewährt, und von daher weitestgehend bekannt. Reale Tests bezeichnen dabei die in den vorstehenden Kapiteln beschriebenen und seit langem praktizierten experimentellen Verfahren für Messungen und Versuche, für die das körperlich ausgeführte Produkt verfügbar sein muss. Virtuelle Tests als vergleichsweise neuere Methoden bezeichnen die vorstehend gleichfalls beschriebenen analytischen Verfahren für computergestützte Berechnungen und Simulationen, für die das betrachtete Produkt nur als ein in seinen wesentlichen Eigenschaften computer-analytisch beschriebenes Struktur-Modell vorzuliegen braucht, beispielsweise – um zu simulieren, welche Belastungen im Betrieb an einem Fahrzeug bzw. an seinen Bauteilen auf einer modellierten Teststrecke auftreten und welche Beanspruchungen daraus entstehen,
614 Tabelle 4.4–1. Verfahren für Reale Tests
Tabelle 4.4–2. Verfahren für Virtuelle Tests
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Datenerfassung im Betrieb und auf Prüfständen Lastdatenanalyse und Datenaufbereitung Struktursignalanalyse, Fequenz- u. Modalanalyse Experimentelle Beanspruchungsanalyse Ermittlung von Materialdaten und Bauteildaten Betriebsfestigkeitsversuche auf Prüfständen Erprobungen im Prüffeld und im Betrieb
CAD-Entwurf, Virtual Prototyping Rechnerische Beanspruchungsanalyse mittels FEM Strukturdynamik, Schwingungssimulation Simulation besonderer Betriebszustände Simulation der von außen einwirkenden Lasten Simulation der Schnittlasten an Komponenten Betriebsfestigkeitsberechnung, Lebensdauerabschätzung
– um zu analysieren, welche Schwingungseinflüsse für diese Belastungen und Beanspruchungen sowie für das Funktionsverhalten des Fahrzeugs und seiner Komponenten bestimmend sind, – um zu berechnen, welches Festigkeits-,Verformungs- und Lebensdauerverhalten das Fahrzeug bzw. seine Bauteile zeigen, wenn die im Betrieb erwarteten Belastungen in Ansatz gebracht werden. Der beachtliche Vorteil der virtuellen Tests besteht darin, dass sie schon in einem frühen Entwicklungsstadium einsetzbar sind. Das benötigte virtuelle Struktur-Modell lässt sich mit den heute verfügbaren Computer-Werkzeugen vergleichsweise einfach und bereits anhand von CAD-Daten für einen ersten Konstruktionsentwurf weit schneller und kostengünstiger erstellen, als ein reales Bauteil zu fertigen ist. Mit fortschreitender Entwicklung und Optimierung des Produktes wird dann auch das virtuelle Struktur-Modell weiterentwickelt, um die Berechnungen und Simulationen entsprechend zu aktualisieren. Was jedoch diese realen wie virtuellen Testverfahren insbesondere kennzeichnet, ist der Umstand, dass sie jeweils für sich nur einzelne Teilbereiche der Gesamtproblematik einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung zu bearbeiten gestatten. In aller Regel müssen deshalb mehrere dieser Verfahren kombiniert werden, um zu einem schlüssigen Gesamtergebnis und zu einem ganzheitlich optimierten Produkt zu gelangen. Aber nicht selten behindern deshalb unverträgliche Formate der Daten, die von einem zum folgenden Verfahren zu übergeben sind, einen zügigen Arbeitsablauf; durch die Verabredung und Verwendung standardisierter Datenformate sind die Softwareanbieter bemüht, den Datenaustausch problemlos zu gestalten.
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit
615
Sinnfällige Verknüpfung realer und virtueller Testverfahren Für lange Jahre bestand allerdings, und zwar vor allem in einigen deutschen Fachkreisen, eine ausgeprägte Präferenz für experimentelle Betriebsfestigkeits-Untersuchungen. Gegenüber den neu aufkommenden analytischen Verfahren u.a. zur Lebensdauerabschätzung bestanden hingegen deutliche Vorbehalte bis hin zu einer strikten Ablehnung. Begründet war diese Einstellung damit, dass die Ergebnisse aus analytischen Untersuchungen oftmals recht erheblich von denen vergleichbarer Experimente abwichen, u.a. Abb. 3.2–26 und Abb. 3.3–47. Heute kann eine solche Ablehnung analytischer Verfahren weder aus fachlicher noch aus betrieblicher Sicht aufrecht erhalten werden. Denn auf der anderen Seite fehlt es im Fachschrifttum nicht an überzeugenden Beispielen für eine komplementäre Anwendung experimenteller und analytischer Methoden, die den größeren Erkenntnisgewinn bei einer solchen Arbeitsweise auch für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen belegen, Abb. 4.4–2. Und nicht zuletzt fanden unter dem Zeit- und Kostendruck in der Entwicklung gerade die analytischen Methoden und Verfahren der Betriebsfestigkeit ein zunehmendes Anwenderinteresse in der Praxis, weil nur sie schon frühzeitig im Zuge der Produktentwicklung zur BetriebsfestigkeitsOptimierung anwendbar sind. Überaus aufwendige Optimierungen an körperlich gefertigten Versuchsstücken werden dann mehr und mehr entbehrlich [435].
Abb. 4.4–2. Neuzeitliche Technologie in der Fahrzeug-Entwicklung durch Verknüpfung realer und virtueller Testverfahren, nach Magna Steyr, Engineering Center Steyr
616
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Vielfach muss jedoch für einzelne Verfahren auf Produkte unterschiedlicher Anbieter zurückgegriffen werden. Um dadurch mögliche Beeinträchtigungen einer effizienten Entwicklungstätigkeit zu beheben, wurden seitens namhafter Anbieter von einschlägiger Hard- und Software im Jahr 1999 zwei voneinander unabhängige Partnerschaften begründet. Mit jeder dieser beiden Partnerschaften ist beabsichtigt, – die verschiedenartigen realen und virtuellen Testverfahren aus der jeweiligen Produktpalette formal und inhaltlich in sinnfälliger Weise zu verknüpfen, – die Voraussetzungen für einen entsprechenden Datenaustausch zwischen diesen virtuellen und realen Testverfahren untereinander zu schaffen, – und zusammen mit den einzelnen Testverfahren ein spezielles Know-how für ihren optimalen Einsatz aufzubauen. Unter einer „Partnership for Integrated Durability Management (PID)“, Tabelle 4.4–3 [436], haben sich sechs Spezialisten verschiedener Disziplinen zusammengefunden mit der erklärten Zielsetzung, die Vorteile der analytischen und virtuellen Methoden mit denen von experimentellen Untersuchungen in einem neuen Konzept zu einer ganzheitlich konzipierten Strategie zu verbinden, um dem Anwender für jeden Schritt des Entwicklungsprozesses die optimalen Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Der Datentransfer im Entwicklungsprozess wird dabei durch ein Daten-Management-System gewährleistet, das neben der Verwaltung der Daten auch die Verwendung austauschbarer Datenformate beinhaltet. „The Durability Alliance“, Tabelle 4.4–4 [437], die drei weitere namhafte Anbietern eingingen, ist eine innovative strategische Partnerschaft für integrierte Lösungen, mit der erklärten Zielsetzung, die Qualität eines „Durablity Engineering“ in allen Phasen der Produktentwicklung zu beschleunigen und zu verbessern. Dazu wollen die beteiligten Firmen ihre Produkte und Dienste auf globaler Basis integrieren und aufeinander abstimmen sowie künftige Ent-
Tabelle 4.4–3. Firmen in der „Partnership for Integrated Durability Management“
Tabelle 4.4–4. Firmen in „The Durability Alliance“
CAESAR Datensysteme GmbH Dr. Ettemeyer GmbH & Co. MacNeal-Schwendler GmbH Mechanical Dynamics GmbH MTS Systems GmbH n’Code International Ltd.
LMS International NV Instron Schenck Testing GmbH Team Corporation Inc.
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit Tabelle 4.4–5. Firmen im „SmartSim Verbund“
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Mechanical Dynamics GmbH MTS Systems GmbH n’Code International Ltd.
wicklungen dahingehend koordinieren, dass eine problemlose Integration von virtuellen und realen Testverfahren im gesamten lebensdauerorientierten Entwicklungsprozess gegeben ist. Mit dem „SmartSim Verbund“ haben im Jahr 2001 die Firmen MTS, MDI und n’Code, Tabelle 4.4–5, ihre bisher eher lose Verbindung in der „Partnership for Integrated Durability Management (PID)“ in einen verbindlichen Rahmen eingebunden [438]. Basierend auf offenen Datenformaten werden integrierte Lösungen und neue gemeinschaftlich entwickelte Produkte zur Betriebsfestigkeitsauslegung und -validierung angestrebt. Die mit diesen Partnerschaften unterstützte neuzeitliche Entwicklungsstrategie sieht vor, zunächst mit Hilfe von CAD-, FEM- und BetriebsfestigkeitsSoftware ein virtuelles Produkt zu erzeugen und dieses hinsichtlich seines Betriebsfestigkeitsverhaltens analytisch sowie auf virtuellen Prüfständen zu optimieren. Die dazu benötigten Betriebslasten lassen sich mittels Software für Mehrkörper-Simulation an einem geeigneten virtuellen Strukturmodell u.a. aus gemessenen Daten eines hinsichtlich Geometrie, Masse und Steifigkeit skalierten Vorgängerproduktes gewinnen. Diese Vorgehensweise ist sowohl bei Neuentwicklungen wie auch bei Weiterentwicklungen anwendbar. Im Idealfall entsteht auf diese Weise ein einziger, bereits optimierter realer Prototyp, mit dem dann Prüfstandversuche und Messungen der auftretenden Betriebslasten und Beanspruchungen zur Überprüfung der realen Produkteigenschaften und zum Lebensdauernachweis durchgeführt werden. Der dadurch erzielbare Zeitgewinn bei Entwicklungsarbeiten liegt auf der Hand. Konsequente Validierung der Testverfahren Höchst wünschenswert aus Anwendersicht wäre es zweifelsfrei, wenn aus realen und virtuellen Testverfahren, insbesondere hinsichtlich der letztlich angestrebten Lebensdaueraussage, übereinstimmende Ergebnisse erhalten würden. Wegen grundsätzlicher Einschränkungen, die den realen wie auch den virtuellen Verfahren anhaften und die im Folgenden angesprochen werden, ist derzeit diese Übereinstimmung in vielen Fällen noch nicht in der wünschenswerten Weise erreichbar und aller Voraussicht nach auch künftig wohl nur innerhalb realistischer Streugrenzen zu erwarten. Für diesbezügliche Weiterentwicklungen und Ertüchtigungen der verfügbaren Methoden und Verfahren besteht aber nicht nur Bedarf sondern auch ein sachliches Potenzial. Gleiches gilt für verbesserte Vorgehensweisen bei ihrer Anwendung, wobei insbesondere eine weitergehende Einbeziehung von Simulationen zur Bestimmung externer Betriebslasten und den daraus entstehenden Schnittlasten an betrachteten Komponenten genannt sei.
618
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Konkrete Ansatzpunkte für diese Weiterentwicklungen, Ertüchtigungen und Verbesserungen sind vor allem über eine konsequente Validierung der Testverfahren zu gewinnen. Diese Validierung soll hier als eine beständig praktizierte Vorgehensweise verstanden und nachdrücklich empfohlen werden. Sie besteht darin, dass Ergebnisse aus experimentellen Verfahren analytisch nachvollzogen werden, ebenso wie auf analytischem Weg gewonnene Ergebnisse experimentell nachvollzogen werden, um sodann einen kritischen Vergleich vorzunehmen, bei dem methodisch nach den Ursachen für aufgetretene Abweichungen unter folgender Sichtweise geforscht wird: Bei experimentellen Verfahren spiegeln sich im Ergebnis alle dabei maßgebenden Einflüsse. Und dies unabhängig davon, ob sich der Experimentator ihres Vorhandenseins und ihrer Auswirkung bewusst ist oder nicht. Dieser Umstand begründet die große Bedeutung der experimentellen Verfahren für den abschließenden Lebensdauernachweis in einer Produktentwicklung und er erklärt, warum die praktische Bedeutung nicht erkannter Einflussgrößen selbst in Fachkreisen nur sehr selten für ein experimentelles Ergebnis als kritisch angesehen wird. Der mit Tabelle 3.3–2 aufgezeigte und erörterte Sachverhalt ist eines von vielen Beispielen, die belegen, dass experimentelle Ergebnisse nicht unbedingt eindeutig sind, sondern dass bei ihrer unabhängigen Wiederholung Streuungen auftreten, die sichtbarer Ausdruck nicht erkannter und deshalb nicht beherrschter Einflüsse sind. Eine wesentliche Eigenschaft der analytischen Verfahren ist demgegenüber, dass bei ihnen eindeutig vorgegeben ist, welches Ergebnis unter den zugrunde liegenden Modellannahmen definitiv zustande kommen muss. Sie können dabei im Ergebnis nur solche Einflüsse berücksichtigen, die als jeweils maßgeblich erkannt sind und denen deshalb im zugrunde liegenden Berechnungsmodell in eindeutig bestimmter Weise Rechnung getragen wird. Selbstverständliche Voraussetzungen sind, dass dieses Berechnungsmodell sachlich zutreffend und der daraus entwickelte Algorithmus korrekt ist. Ein vom analytischen Ergebnis abweichendes Ergebnis aus einem vergleichbaren Experiment besagt somit, dass beim Experiment weitere Einflüsse wirksam waren oder berücksichtigte Einflüsse ein anderes Gewicht hatten als nach den Modellannahmen. Die naheliegende und bislang meist übliche Folgerung aus einem solchen Befund geht dahin, dass die gewählten Modellannahmen verbesserungsbedürftig sind, um das analytische Ergebnis dem experimentellen anzugleichen. Eine alternative und seltener gezogene Folgerung geht dahin zu fragen, welche zusätzlichen, bisher nicht erkannten und deshalb im Berechnungsmodell nicht berücksichtigten Einflüsse beim Experiment mitbestimmend gewesen sein könnten. Gerade wenn z.B.Versuche am realen Bauteil eine niedrigere Lebensdauer lieferten als die analytische Lebensdauerabschätzung, so bietet die Beantwortung dieser Frage nicht zuletzt auch die Chance, etwaige ungünstige Einflüsse auf die Bauteileigenschaften zu erkennen und auszuschließen und auf diese Weise eine Produktverbesserung zu erzielen. Unter vielfältigen Möglichkeiten sind beispielsweise im Zuge einer solchen Analyse u.a. zu bedenken:
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit
619
– Abweichungen der realen Bauteilform von der modellierten Idealform laut Zeichnung (z.B. Verzug und Versatz an Schweißverbindungen, Rückfederung bei Umformvorgängen, Formabweichungen bei Werkzeugverschleiß), – unterschiedliche Nachgiebigkeiten an Einspannstellen (z.B. im Versuch nachgiebig, in der Berechnung starr), nicht korrigierte Massenkraftverfälschungen der vorgegebenen Prüfkräfte auf dem Lastpfad zwischen Messdose und Prüfquerschnitt, – Abweichungen der tatsächlichen Werkstoffkennwerte von den in der Berechnung angesetzten sowie nicht erfasste Oberflächeneinflüsse, oder – nicht beachtete Eigenspannungen aus einer Umformung, einer Temperatureinwirkung, einer Gefügeumwandlung, einer Oberflächenbearbeitung oder einer Zwängung bei Montage. Und schließlich sollte sich eine Validierung nicht allein auf die vergleichende Betrachtung realer und virtueller Testergebnisse beschränken, sondern im weiteren Sinne auch den kritischen Vergleich dieser Testergebnisse mit den Befunden aus der praktischen Erprobung und der Betriebserfahrung einschließen. Nur in dieser Weise kritisch vorgenommene Vergleiche differierender Ergebnisse liefern Ansatzpunkte für mögliche Ertüchtigungen der Verfahren und Verbesserungen bei der Vorgehensweise. Die alleinige Feststellung aufgetretener Abweichungen bringt keinen Fortschritt. Trotzdem werden aber in der praktischen Anwendung auch weiterhin Einschränkungen hinsichtlich der Übereinstimmung von Ergebnissen aus realen und virtuellen Testverfahren hinzunehmen sein, die teils aus den Verfahren, teils auch aus der praktizierten Vorgehensweise bedingt sind. Absehbare Weiterentwicklungen Reale und virtuelle Testverfahren stehen heute nicht mehr eigenständig nebeneinander oder im Wettbewerb, sondern sie sind als komplementäre, sich wechselweise ergänzende Methoden gleichrangig im Entwicklungsprozess einsetzbar. Ihre enge Verknüpfung geht heute bereits so weit, dass selbst die Planung und Erprobung von Prüfstandversuchen an einem virtuellen Prüfstandmodell betrieben wird, Abb. 4.4–3, wobei die Abprüfung der geforderten Funktionalität und der Versuchsablauf u.a. durch dynamische Simulation geschieht. Für die Beanspruchungsanalyse wird die zweckmäßige Anordnung von Dehnungsmessstreifen (DMS) über die Anordnung eines virtuellen DMS im FEModell simuliert, z.B. um abzuklären welche Messsignale anfallen und um geeignete Auswerteprozeduren vorzuerproben. Reale Tests liefern die Eingabedaten für die virtuellen Tests, beispielsweise mit der Ermittlung von Werkstoffkennwerten, mit der Messung von Betriebsbelastungen, sowie mit der Verifikation berechneter Spannungs-, Dehnungsoder Lebensdauerwerte. Virtuelle Tests unterstützen die Planung und Durch-
620 Abb. 4.4–3. Virtueller und realer Versuchstand für die Simulation der dynamischen Beanspruchungen eines Pkw, nach MTS Systems GmbH
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Virtueller Versuch
Realer Versuch
führung realer Versuche, beispielsweise durch die Generierung von SignalZeit-Verläufen für die Ansteuerung von Prüfständen und deren Aufbereitung zur Verkürzung der Versuchszeiten, Abb. 3.3–59, durch die Möglichkeit per Vorab-Simulation unzweckmäßige oder wenig aussagekräftige Versuche zu vermeiden, wie auch bei der Konfiguration von Prüfstandversuchen und Beanspruchungsmessungen. Keineswegs ist jedoch mit den virtuellen Testverfahren beabsichtigt, die realen Testverfahren zu ersetzen. Abschließende Prüfstandversuche sind auf absehbare Zeit u.a. zur Freigabe der Großserienfertigung im Fahrzeugbau unverzichtbar. Letztendlich werden mit der formalen und inhaltlichen Verknüpfung realer und virtueller Testverfahren nicht nur zeit- und kostengünstige Produktentwicklungen ermöglicht, sondern ganz allgemein werden damit für Industrie und Forschung vielversprechende Voraussetzungen für die praktische Verfol-
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit
621
CAE Prozeß-Verbesserungen: CAE Prozess-Verbesserungen: Datenerfassung 15 Tage auf 1 Tag
Basis-Modellerstellung 82 Tage auf 7 Tage
Iterationen 30 Tage auf 1 Tag Abb. 4.4–4. Verkürzung von Entwicklungszeiten durch CAE Prozess-Verbesserungen beim Einsatz virtueller Verfahren, veranschaulicht an einem Beispiel aus der Ford Motor Company; Quelle: Investigating Virtual Produkt Development Conference 1996, nach Mechanical Dynamics GmbH
gung neuzeitlicher Konzepte der Betriebsfestigkeit geschaffen. Der mit einer verstärkten Einbeziehung virtueller Testverfahren bereits heute schon erzielbare Zeitgewinn bei Entwicklungsarbeiten, Abb. 4.4–4, sowie der hinzukommende Erkenntnisgewinn als Nutzen für den Anwender sind sicherlich weit höher zu werten, als derzeit noch bestehende Einschränkungen. In jedem Falle verlangen die dargestellten neuzeitlichen Konzepte der Betriebsfestigkeit in ihrer praktischen Umsetzung unverzichtbar, dass bisher in getrennten Organisationseinheiten separat praktizierte rechnerische und experimentelle Methoden in geeigneter Weise verknüpft werden. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind, dass die Arbeitsabläufe zweckentsprechend gestaltet werden und dass die firmeninterne Organisationsstruktur eine enge Zusammenarbeit zwischen den Fachleuten in Konstruktion, Berechnung und Versuch begünstigt. Virtuelle Techniken sind heute nicht mehr Vision sondern sie entwickeln sich bereits in breiten Bereichen zur Realität, allen voran in der Fahrzeugindustrie [148, 435, 439–445]. Sie werden unverzichtbare Arbeitswerkzeuge und als entscheidende Hilfestellung bei der Bewältigung der bestehenden technischen wie auch organisatorischen Herausforderungen angesehen. Ihre Anwendung bewirkt zudem eine Veränderung bestehender Unternehmensprozesse [441]. Pilotprojekte sind darauf ausgerichtet, dass die Entwicklung eines neuen Fahrzeugs soweit im Rechner vorbereitet und abgesichert werden kann, dass bereits die ersten Prototypen und Vorserienfahrzeuge den hohen Erprobungs- und Qualitätsanforderungen genügen und damit die Anzahl der Prototypen entscheidend verringert werden kann. Die dargestellten neuzeitlichen
622
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
Konzepte der Betriebsfestigkeit sind ein entsprechender Teilaspekt in dieser Entwicklung.
4.4.3 Elemente eines Gesamtkonzeptes Konzeption und Aktivitäten eines Zuverlässigkeits-Programmes für technische Systeme mit hohen Zuverlässigkeits-Anforderungen werden mit den Elementen der Abb. 4.4–5 veranschaulicht. Mit den Phasen der Konstruktion, der Entwicklung, der Fertigung und des Betriebseinsatzes umspannt es den gesamten Lebensdauerkreis eines Bauteils. Unter Hinweis auf fachkompetentere Abhandlungen zum Thema Technische Zuverlässigkeit [390, 391] seien hier die einzelnen Elemente (1) bis (10) dieses Gesamtkonzeptes in Anlehnung an [392] lediglich mit einigen orientierenden Hinweisen vereinfachend wie folgt beschrieben: (1) Die Notwendigkeit eines Behandelns von Fragen der Zuverlässigkeit muss erkannt und anerkannt werden. (2) Die aus dieser Erkenntnis abgeleiteten Anforderungen spiegeln diese Notwendigkeit. (3) Das Konzept und eine formalisierte Planung der Aktivitäten, die Benennung der für das Programm Verantwortlichen und ihrer Verantwortungsbereiche, sowie die geeignete Abfassung von Verträgen mit Unterlieferanten stellen sicher, dass den vorgegebenen Anforderungen an allen Entscheidungspunkten der Konstruktion, der Entwicklung, der Ferti-
Abb. 4.4–5. Elemente im Gesamtkonzept eines Zuverlässigkeits-Programmes [392]
4.4.3 Elemente eines Gesamtkonzeptes
(4) (5) (6)
(7) (8)
(9) (10)
623
gung und des Betriebseinsatzes entsprochen wird. (Stichwort: geplante Zuverlässigkeit). Die Tätigkeiten im Zuverlässigkeits-Programm sind mit allen Stadien der Konstruktion, der Entwicklung, der Fertigung und des Betriebseinsatzes aufs engste verknüpft. (Stichwort: überwachte Zuverlässigkeit). Der Konstruktionsprozess beinhaltet Kontrollen der einzelnen Arbeitsschritte mit der Maßgabe, bei unbefriedigendem Ergebnis auf eine Verbesserung hinzuwirken. (Stichwort: konstruierte Zuverlässigkeit). Die Entwicklung umfasst geeignete Prüfungen von Bauteilen und des Prototyps mit dem Ziel, bestehende Mängel der Konstruktion aufzudecken und erkannte Mängel nachweislich zu beheben. (Stichwort: geprüfte Zuverlässigkeit). Die Fertigung beinhaltet eingehende Kontrollen der verarbeiteten Werkstoffe und Zulieferteile, der angewandten Verfahren und der eingesetzten Einrichtungen. (Stichwort: gefertigte Zuverlässigkeit). Der Betriebseinsatz geschieht unter Beachtung der geforderten Wartungsmaßnahmen, der Betreiber erhält die betreffenden Wartungsunterlagen und das Wartungspersonal eine entsprechende Unterweisung. (Stichwort: gewartete Zuverlässigkeit). Die Betriebserfahrungen werden ausgewertet um zu erkennen, inwieweit die vorgegebenen Zuverlässigkeits-Anforderungen im Betriebseinsatz erfüllt werden. Die Rückkopplung der ausgewerteten Betriebserfahrung dient dazu, notwendige Verbesserungen zu veranlassen; darüber hinaus fließt die gewonnene Betriebserfahrung ein in die Vorgaben für künftige Entwicklungen.
Betriebsfestigkeit als Kriterium der Technischen Zuverlässigkeit Ein Kriterium innerhalb des Katalogs der Zuverlässigkeits-Anforderungen kann mit der Forderung, dem Nachweis und der Gewährleistung einer BauteilAuslegung nach den Grundsätzen der Betriebsfestigkeit gegeben sein. Insofern darf Abb. 4.4–5 hier auch als die Darstellung eines Gesamtkonzeptes für die Behandlung von Fragen der Betriebsfestigkeit verstanden werden. Die Ausführungen in den voranstehenden Abschnitten des Kap. 4 zeigen sich mit diesem Konzept in einer übergeordneten Systematik verknüpft: Die Vorgabe von Anforderungen, die darauf abgestimmte Konzeption und die jedem Arbeitsschritt folgende Bewertung der erarbeiteten Lösungen findet ihre Entsprechung in den Grundsätzen des methodischen Konstruierens unter weitestgehender Einbeziehung computergestützter Arbeitsmethoden und des Virtual Prototyping. In der Phase der Entwicklung sind die experimentellen und analytischen Verfahren der Betriebsfestigkeit angesiedelt. In der Phase der Fertigung wird den Anforderungen mit den Methoden der Qualitätssicherung Rechnung getragen. Im Betriebseinsatz sind die Erfordernisse der Wartung, der Prüfung und eines Austauschs von Bauteilen zu beachten. Mit
624
4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes
den Elementen der Auswertung und der Rückkopplung werden die Betriebserfahrungen für Folgekonstruktionen nutzbar gemacht, wie auch die Erkenntnisse aus der Schadensanalyse von Schwingbrüchen aus Versuch und Betrieb zur Entscheidung über konstruktive oder fertigungstechnische Maßnahmen genutzt.
4.4.4 Notwendige unternehmerische Entscheidungen Um jedoch die verfügbaren und mit diesem Buch dargestellten Verfahren zur Bauteilberechnung nach den Grundsätzen der Betriebsfestigkeit in dieser konsequenten Form in der betrieblichen Praxis einsetzen zu können, bedarf es zur sinngemäßen Umsetzung des Gesamtkonzeptes nach Abb. 4.4–5 nicht zuletzt auch der geeigneten unternehmerischen und organisatorischen Entscheidungen.
5 Anhang
5.1 Daten zu statistischen Verfahren Die nachstehenden Tabellen, Diagramme und Formeln sind als Arbeitsunterlage bei den beschriebenen statistischen Verfahren von praktischem Nutzen.
626
5 Anhang
Tabelle 5.1–1. Zahlenwerte der Gauß’schen Normalverteilung
u = (x – m) / s = standardisierte normalverteilte Zufallsvariable der u-Verteilung x = Zufallsvariable, m = Mittelwert, s = Standardabweichung der x-Verteilung y = f (u) = Wahrscheinlichkeitsdichte; ymax = f (u = 0) = 0,3989 +u
+•
+u
P = P (u) = ∫ f (u) du; Q = Q (u) = ∫ f (u) du; P – Q = ∫ f (u) du –•
+u
–u
u
y = f (u)
y /ymax %
P%
Q%
(P – Q) %
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 1,05 1,10 1,15 1,20 1,25 1,30 1,35 1,40 1,45 1,50 1,55 1,60 1,65 1,70 1,75 1,80 1,85 1,90 1,95 2,00 2,05 2,10
0,3989 3984 3970 3945 3910 0,3867 3814 3752 3683 3605 0,3521 3429 3332 3230 3123 0,3011 2897 2780 2661 2541 0,2420 2299 2179 2059 1942 0,1826 1711 1604 1497 1394 0,1295 1200 1109 1023 0940 0,0863 0790 0721 0656 0599 0,0540 0488 0440
100 99,88 99,50 98,88 98,02 96,92 95,60 94,06 92,31 90,37 88,25 85,96 83,53 80,96 78,27 75,48 74,39 71,39 68,33 65,24 62,14 59,03 55,95 52,89 49,87 46,91 44,01 41,19 38,45 35,81 33,26 30,82 28,49 26,26 24,15 22,16 20,27 18,51 16,85 15,39 13,87 12,53 11,30
50,00 51,99 53,98 55,96 57,93 59,87 61,79 63,58 65,54 67,36 69,15 70,88 72,57 74,22 75,80 77,34 78,81 80,23 81,59 82,89 84,13 85,31 86,43 87,49 88,94 89,44 90,32 91,15 91,92 92,65 93,32 93,94 94,52 95,05 95,54 95,99 96,41 96,78 97,13 97,441 97,725 97,982 98,214
50,00 48,01 46,02 44,04 42,07 40,13 38,21 36,32 34,36 32,64 30,85 29,12 27,43 25,78 24,20 22,66 21,19 19,77 18,41 17,11 15,87 14,69 13,57 12,51 11,51 10,56 9,68 8,85 8,08 7,35 6,68 6,06 5,48 4,95 4,46 4,01 3,59 3,22 2,87 2,559 2,275 2,018 1,786
0% 3,98 7,96 11,92 15,86 19,74 23,58 27,36 31,08 34,72 38,30 41,76 45,14 48,44 51,60 54,68 57,62 60,46 63,18 65,78 68,26 70,62 72,86 74,98 76,98 78,88 80,64 82,30 83,84 85,30 86,64 87,88 89,04 90,10 91,08 91,98 92,82 93,56 94,26 94,882 94,450 95,964 96,428
5.1 Daten zu statistischen Verfahren
u
y = f (u)
2,15 2,20 2,25 2,30 2,35 2,40 2,45 2,50 2,55 2,60 2,65 2,70 2,75 2,80 2,85 2,90 2,95 3,00 3,05 3,10 3,15 3,20 3,25 3,30 3,35 3,40 3,45 3,5 3,6 3,7 3,8 3,9 4,0
0396 0355 0,0317 0283 0252 0224 0198 0,0175 0154 0136 0119 0104 0,0091 0079 0069 0060 0051 0,0044 0038 0033 0028 0024 0,0020 0017 0015 0012 0010 0,0009
0,6745 1,2816 1,6449 1,9600 2,2414 2,3263 2,5758 2,8070 3,0902 3,2905 3,7190 3,8906 4,2649 4,4172 4,7534 4,8916 5,1993
y /ymax % 10,16 9,11 8,15 7,27 6,48 5,75 5,09 4,50 3,97 3,49 3,06 2,68 2,34 2,03 1,76 1,53 1,32 1,14 0,98 0,84 0,72 0,61 0,52 0,44 0,37 0,32 0,27 0,22
627
P% 98,442 98,610 98,778 98,928 99,061 99,180 99,286 99,379 99,461 99,534 99,598 99,653 99,702 99,744 99,781 99,813 99,841 99,865 99,886 99,903 99,918 99,931 99,942 99,952 99,960 99,966 99,972 99,977 99,984 99,989 99,993 99,995 99,997 75 90 95 97,5 98,75 99 99,5 99,75 99,9 99,95 99,99 99,995 99,999 99,9995 99,9999 99,99995 99,99999
Q% 1,578 1,390 1,222 1,072 0,939 0,820 0,714 0,621 0,539 0,466 0,402 0,347 0,298 0,256 0,219 0,187 0,159 0,135 0,114 0,097 0,082 0,069 0,058 0,048 0,040 0,034 0,028 0,023 0,016 0,011 0,007 0,005 0,003 25 10 5 2,5 1,25 1 0,5 0,25 0,1 0,05 0,01 0,005 0,001 0,0005 0,0001 0,00005 0,00001
(P – Q) % 96,844 97,220 97,556 97,856 98,122 98,360 98,572 90,758 98,922 99,068 99,196 99,306 99,404 99,488 99,562 99,626 99,682 99,730 99,772 99,806 99,836 99,862 99,884 99,904 99,920 99,932 99,944 99,954 99,968 99,978 99,986 99,990 99,994 50 80 90 95 97,5 98 99 99,5 99,8 99,9 99,98 99,99 99,998 99,999 99,9998 99,9999 99,99998
j
8 7 6 5 4 3 2 1
13
14
15
16
93,5 83,9 74,2 64,5 54,8 45,2 35,5 25,8 16,1 6,5
92,9 82,1 71,4 60,7 50,0 39,3 28,6 17,9 7,1
12
94,6 86,5 78,4 70,3 62,2 54,1 45,9 37,8 29,7 21,6 13,5 5,4
94,1 85,3 76,5 67,6 58,8 50,0 41,2 32,4 23,5 14,7 5,9
11
95,3 88,4 81,4 74,4 67,4 60,5 53,5 46,5 39,5 32,6 25,6 18,6 11,6 4,7
95,0 87,5 80,0 72,5 65,0 57,5 50,0 42,5 35,0 27,5 20,0 12,5 5,0
10
95,9 89,8 83,7 77,6 71,4 65,3 59,2 53,1 46,9 40,8 34,7 28,6 22,4 16,3 10,2 4,1
95,7 89,1 82,6 76,1 69,6 63,0 56,5 50,0 43,5 37,0 30,4 23,9 17,4 10,9 4,3
4
3
2
1
9
8
7
6
5
84,6 80,0 61,5 71,4 50,0 38,5 50,0 28,6 20,0 15,4
89,5 73,7 57,9 42,1 26,3 10,5
92,0 80,0 68,0 56,0 44,0 32,0 20,0 8,0
87,5 68,7 50,0 31,3 12,5
90,0 77,3 63,6 50,0 36,4 22,7 9,1
17
96,2 90,4 84,6 78,8 73,1 67,3 61,5 55,8 50,0 44,2 38,5 32,7 26,9 21,2 15,4 9,6 3,8
8 7 6 5 4 3 2 1
18
96,4 90,9 85,5 80,0 74,5 69,1 63,6 58,2 52,7 47,3 41,8 36,4 30,9 25,5 20,0 14,5 9,1 3,6 19 n
96,6 91,4 86,2 81,0 75,9 70,7 65,5 60,3 55,2 50,0 44,8 39,7 34,5 29,3 24,1 19,0 13,8 8,6 3,4 20
96,7 91,8 86,9 82,0 77,0 72,1 67,2 62,3 57,4 52,5 47,5 42,6 37,7 32,8 27,9 23,0 18,0 13,1 8,2 3,3 21
96,9 92,2 87,5 82,8 78,1 73,4 68,7 64,1 59,4 54,7 50,0 45,3 40,6 35,9 31,3 26,6 21,9 17,2 12,5 7,8 3,1 22
97,0 92,5 88,1 83,6 79,1 74,6 70,1 65,7 61,2 56,7 52,2 47,8 43,3 38,8 34,3 29,9 25,4 20,9 16,4 11,9 7,5 3,0 23
97,1 92,9 88,6 84,3 80,0 75,7 71,4 67,1 62,9 58,6 54,3 50,0 45,7 41,4 37,1 32,9 28,6 24,3 20,0 15,7 11,4 7,1 2,9 24
97,3 93,2 89,0 84,9 80,8 76,7 72,6 68,5 64,4 60,3 56,2 52,1 47,9 43,8 39,7 35,6 31,5 27,4 23,3 19,2 15,1 11,0 6,8 2,7 25
97,4 93,4 89,5 85,5 81,6 77,6 73,7 69,7 65,8 61,8 57,9 53,9 50,0 46,1 42,1 38,2 34,2 30,3 26,3 22,4 18,4 14,5 10,5 6,6 2,6 26
97,5 93,7 89,9 86,1 82,3 78,5 74,7 70,9 67,1 63,3 59,5 55,7 51,9 48,1 44,3 40,5 36,7 32,9 29,1 25,3 21,5 17,7 13,9 10,1 6,3 2,5 27
97,6 93,9 90,2 86,6 82,9 79,3 75,6 72,0 68,3 64,6 61,0 57,3 53,7 50,0 46,3 42,7 39,0 35,4 31,7 28,0 24,4 20,7 17,1 13,4 9,8 6,1 2,4 28
97,6 94,1 90,6 87,1 83,5 80,0 76,5 72,9 69,4 65,9 62,4 58,8 55,3 51,8 48,2 44,7 41,2 37,6 34,1 30,6 27,1 23,5 20,0 16,5 12,9 9,4 5,9 2,4
Tabelle 5.1–2. Wahrscheinlichkeiten Pü = (3j – 1) / (3n + 1) in % zur Auftragung von Stichproben im Wahrscheinlichkeitsnetz
29
97,7 94,3 90,9 87,5 84,1 80,7 77,3 73,9 70,5 67,0 63,6 60,2 56,8 53,4 50,0 46,6 43,2 39,8 36,4 33,0 29,5 26,1 22,7 19,3 15,9 12,5 9,1 5,7 2,3 30
97,8 94,5 91,2 87,9 84,6 81,3 78,0 74,7 71,4 68,1 64,8 61,5 58,2 54,9 51,6 48,4 45,1 41,8 38,5 35,2 31,9 28,6 25,3 22,0 18,7 15,4 12,1 8,8 5,5 2,2
j
30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
628 5 Anhang
5.1 Daten zu statistischen Verfahren
629
Tabelle 5.1–3. Formeln zur Umrechnung von der Logarithmischen Normalverteilung auf die Weibull-Verteilung bei vorgegebenem Verhältnis L0 /L50
Gegeben:
Gesucht:
für die Logarithmische Normalverteilung: Mittelwert L50 = L(PA = 50%) und Streuspanne TL = L(PA = 10%) /L(PA = 90%), für die Weibull-Verteilung: Ausgangswert L0 = L(PA = 0%) Für die Weibull-Verteilung: Charakteristischer Wert LB = L(PA = 63,2%) und Ausfallsteilheit b unter der Maßgabe, dass die beidenVerteilungsfunktionen in den beiden Fixpunkten L16 und L84 übereinstimmen, die um je eine Standardabweichung oberhalb bzw. unterhalb von L50 liegen
Für die Weibull-Verteilung gilt: PA = 1 – exp {[– [(L – L0) /(LB – L0)]b} b · lg (L – L0) – lg [– ln(1 – PA)] = b · lg (LB – L0) 1 / p = lg[– ln(1 – PA)]
(5.1–1) (5.1–2) (5.1–3)
Für die Fixpunkte gilt: s = (1 /2,56) · lg(1 /TL) L16 = L50 · 10–s L84 = L50 · 10+s 1/p16 = lg [– ln (1 – 0,1587)] = – 0,762439 = 1 /(– 1,311580) 1/p84 = lg [– ln (1 – 0,8413)] = + 0,264992 = 1 /(+ 3,773699)
(5.1–4) (5.1–5) (5.1–6) (5.1–7) (5.1–8)
Fixpunkte (5.1–5) und (5.1–6) sowie (5.1–7) und (5.1–8) eingesetzt in (5.1–2): b · lg(L16 – L0) – 1 /p16 = b · lg (LB – L0) b · lg(L84 – L0) – 1 /p84 = b · lg (LB – L0)
(5.1–9) (5.1–10)
Berechnen von b aus (5.1–10)–(5.1–9): b · lg [(L84 – L0) /(L16 – L0)] = 1 /p84 – 1 / p16 = 1,02743 b = 1,02743 / lg [(L84 – L0) / (L16 – L0)]
(5.1–11) (5.1–12)
Berechnen von LB aus (5.1–9) · p16 /b, (5.1–10) · p84 /b und (5.1–14)– (5.1–13): p16 · lg (LB – L0) – p16 · lg (L16 – L0) = 1 / b p84 · lg (LB – L0) – p84 · lg (L84 – L0) = 1 / b (LB – L0) p 84 – p16 = (L84 – L0) p 84 /(L16 – L0) p16 LB = L0 + [(L84 – L0)p 84 /(L16 – L0) p16]1 / (p84– p16)
(5.1–13) (5.1–14) (5.1–15) (5.1–16)
Normierte Form der Weibull-Verteilung: mit L0 = L50 · 10–z · s, z > 1
(5.1–17)
wird die Weibull-Verteilung in gleicher Weise wie die Logarithmische Normalverteilung normierbar mit der bezogenen Merkmalsgröße u = (lg L – lg L50) / s
(5.1–18)
dementsprechend gilt auch: b = 1,02743 / lg[(10+ s – 10– z · s) / (10– s – 10– z · s)] LB = L50 {10– z · s + [(10+s – 10– z · s) p84 / (10– s – 10– z · s) p16]1/ (p84 – p16)}
(5.1–19) (5.1–20)
630
5 Anhang
Abb. 5.1–1. Diagramm zur Schätzung der Standardabweichung bei der Auswertung von Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]
Abb. 5.1–2. Diagramm zur Schätzung des Standardfehlers für den Mittelwert bei der Auswertung von Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]
5.1 Daten zu statistischen Verfahren
631
Abb. 5.1–3. Diagramm zur Schätzung des Standardfehlers für die Standardabweichung, bei der Auswertung von Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]
Tabelle 5.1–4. Sicherheitszahlen jL für verschiedene Streuspannen TL in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion
Die nachstehend tabellierten Sicherheitszahlen j in Abhängigkeit von PA gelten sowohl als Sicherheitszahlen jL mit T = TL sowie XB = LB und X0 / X50 = L0 / L50 wie auch als Sicherheitszahlen jS mit T = TS sowie XB = Sa, B und X0 /X50 = Sa, 0 /Sa, 50 Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,15 Ausfallwahrscheinlichkeit PA
Log. Normalverteilung
Weibull-Verteilung mit X0 /X50 = 0,000 0,804 0,847 (– 4s) (– 3s)
0,897 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,07 1,14 1,18 1,23 1,26 1,30 •
0,99 1,08 1,20 1,34 1,49 1,66 1,84 •
1,00 1,07 1,14 1,18 1,21 1,22 1,23 1,24
1,00 1,07 1,13 1,15 1,17 1,17 1,17 1,18
1,00 1,07 1,10 1,11 1,11 1,11 1,12 1,12
XB = 1,027 b = 21,667
1,022 4,169
1,020 3,158
1,015 2,050
632
5 Anhang
Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,25 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 /X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,706 0,770 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,840 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,12 1,21 1,26 1,28 1,29 1,29 1,30
1,01 1,11 1,17 1,18 1,19 1,19 1,19 1,19
1,032 3,017
1,025 1,991
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,35 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 /X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,626 0,704 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,791 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,12 1,22 1,31 1,38 1,45 1,51 •
0,98 1,13 1,35 1,59 1,89 2,24 2,64 •
0,99 1,12 1,24 1,31 1,36 1,38 1,40 1,42
XB = 1,043 1,036 b = 13,570 3,923
1,00 1,16 1,31 1,44 1,55 1,65 1,75 •
0,98 1,18 1,49 1,87 2,35 2,96 3,70 •
0,99 1,17 1,34 1,45 1,51 1,55 1,57 1,60
1,00 1,16 1,29 1,36 1,39 1,41 1,42 1,42
1,01 1,15 1,23 1,25 1,26 1,26 1,26 1,26
XB = 1,058 b = 10,90
1,049 3,713
1,044 2,895
1,034 1,938
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,5 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 /X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,531 0,622 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,728 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,23 1,45 1,63 1,80 1,97 2,12 •
0,97 1,25 1,71 2,34 3,18 4,32 5,85 •
0,99 1,23 1,49 1,66 1,76 1,82 1,85 1,89
0,99 1,23 1,42 1,52 1,57 1,59 1,60 1,61
1,01 1,21 1,32 1,36 1,37 1,37 1,37 1,37
XB = 1,080 b = 7,468
1,068 3,450
1,062 2,738
1,048 1,870
5.1 Daten zu statistischen Verfahren
633
Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 2 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 /X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,339 0,444 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,582 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,41 1,88 2,31 2,74 3,17 3,62 •
0,95 1,47 2,51 4,26 7,22 12,21 20,51 •
0,97 1,44 2,02 2,45 2,71 2,84 2,90 2,96
0,98 1,42 1,85 2,08 2,19 2,23 2,24 2,26
1,01 1,39 1,62 1,69 1,71 1,72 1,72 1,72
XB = 1,140 b = 4,369
1,124 2,852
1,114 2,365
1,091 1,698
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 3 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 / X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,180 0,276 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,424 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 1,73 2,71 3,77 4,93 6,24 7,69 •
0,93 1,84 4,31 9,96 22,95 52,81 120,09 •
0,95 1,79 3,21 4,41 5,09 5,38 5,50 5,55
0,96 1,76 2,75 3,30 3,52 3,59 3,61 3,62
1,00 1,70 2,19 2,32 2,35 2,36 2,36 2,36
XB = 1,231 b = 2,756
1,212 2,239
1,198 1,952
1,162 1,490
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 4 AusfallLog. NormalWeibull-Verteilung mit X0 /X50 = wahrschein- verteilung 0,000 0,115 0,197 (– 4s) (– 3s) lichkeit PA
0,339 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 2,00 3,52 5,33 7,49 10,07 13,12 •
0,91 2,16 6,32 18,17 52,15 149,20 420,77 •
0,93 2,10 4,53 6,83 8,05 8,51 8,66 8,71
0,94 2,06 3,96 4,62 4,95 5,04 5,07 5,08
0,99 1,97 2,71 2,91 2,94 2,95 2,95 2,95
XB = 1,300 b = 2,184
1,282 1,918
1,264 1,721
1,221 1,363
634
5 Anhang
Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 5 Ausfallwahrscheinlichkeit PA
Log. Normalverteilung
Weibull-Verteilung mit X0 /X50 = 0,000 0,081 0,152 (– 4s) (– 3s)
0,284 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 2,24 4,32 6,98 10,36 14,60 19,85 •
0,90 2,44 8,50 28,98 98,55 333,95 1112,83 •
0,91 2,38 5,98 9,67 11,52 12,13 12,30 12,36
0,93 2,33 4,67 6,02 6,45 6,56 6,59 6,59
0,98 2,21 3,21 3,46 3,51 3,51 3,52 3,52
XB = 1,356 b = 1,881
1,339 1,717
1,320 1,569
1,270 1,275
Sicherheitszahlen j für T = 1 : 7 Ausfallwahrscheinlichkeit PA
Log. Normalverteilung
Weibull-Verteilung mit X0 / X50 = 0,000 0,048 0,102 (– 4s) (– 3s)
0,219 (– 2s)
0,50 10–1 10–2 10–3 10–4 10–5 10–6 0
1,00 2,65 5,86 10,47 16,89 25,58 37,08 •
0,88 2,94 13,30 58,59 257,29 1125,35 4823,07 •
0,89 2,87 9,20 16,52 19,81 20,67 20,86 20,89
0,91 2,80 6,73 9,02 9,63 9,75 9,77 9,78
0,96 2,62 4,17 4,51 4,57 4,57 4,57 4,57
XB = 1,445 b = 1,556
1,430 1,474
1,410 1,377
1,352 1,158
5.1 Daten zu statistischen Verfahren
635
Tabelle 5.1–5. Risikofaktoren jC, n für C = 90% Vertrauenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Streuspanne T und der Anzahl n der Einzelversuche Streu- Risikofaktoren jC für C = 90% bei n Versuchen spanne T n = 1 n = 2 n = 3 n = 4 n = 5 n = 6 n = 7 n = 8 n = 9 n = 10 n = 20 n = 50 n = • 1 : 1,15 1 : 1,20 1 : 1,25 1 : 1,30
1,07 1,10 1,12 1,14
1,05 1,07 1,08 1,10
1,04 1,05 1,07 1,08
1,04 1,05 1,06 1,07
1,03 1,04 1,05 1,06
1,03 1,04 1,05 1,06
1,03 1,04 1,04 1,05
1,03 1,03 1,04 1,05
1,02 1,03 1,04 1,04
1,02 1,03 1,04 1,04
1,02 1,02 1,03 1,03
1,01 1,01 1,02 1,02
1,00 1,00 1,00 1,00
1 : 1,40 1 : 1,50 1 : 1,60 1 : 1,80
1,18 1,22 1,26 1,34
1,13 1,15 1,18 1,23
1,10 1,12 1,15 1,18
1,09 1,11 1,12 1,16
1,08 1,09 1,11 1,14
1,07 1,09 1,10 1,13
1,07 1,08 1,09 1,12
1,06 1,07 1,09 1,11
1,06 1,07 1,08 1,10
1,05 1,07 1,08 1,10
1,04 1,05 1,05 1,07
1,02 1,03 1,03 1,04
1,00 1,00 1,00 1,00
1 : 2,00 1 : 2,50 1 : 3,00 1 : 4,00
1,41 1,58 1,73 2,00
1,28 1,38 1,47 1,63
1,22 1,30 1,37 1,49
1,19 1,26 1,32 1,41
1,17 1,23 1,28 1,36
1,15 1,21 1,25 1,33
1,14 1,19 1,23 1,30
1,13 1,18 1,21 1,28
1,12 1,16 1,20 1,26
1,12 1,16 1,19 1,25
1,08 1,11 1,13 1,17
1,05 1,07 1,08 1,10
1,00 1,00 1,00 1,00
1 : 5,00 1 : 7,00 1 : 8,50 1 : 10,0
2,24 2,65 2,92 3,16
1,77 1,99 2,13 2,26
1,59 1,75 1,85 1,94
1,50 1,63 1,71 1,78
1,43 1,55 1,61 1,67
1,39 1,49 1,55 1,60
1,36 1,44 1,50 1,55
1,33 1,41 1,46 1,50
1,31 1,38 1,43 1,47
1,29 1,36 1,40 1,44
1,20 1,24 1,27 1,29
1,12 1,15 1,16 1,18
1,00 1,00 1,00 1,00
Tabelle 5.1–6. Einander entsprechende Werte der Streuspanne T und der Standardabweichung s nach Gl. (2.1–30)
Streuspanne T
Standardabweichung s
Standardabweichung s
Streuspanne T
1 : 1,15 1 : 1,20 1 : 1,25 1 : 1,30 1 : 1,40 1 : 1,50 1 : 1,60 1 : 1,80 1 : 2,00 1 : 2,50 1 : 3,00 1 : 4,00 1 : 5,00 1 : 7,00 1 : 8,50 1 : 10,0
0,0237 0,0309 0,0378 0,0445 0,0571 0,0688 0,0797 0,0997 0,1176 0,1554 0,1864 0,2352 0,2730 0,3301 0,3631 0,3996
0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,10 0,12 0,16 0,20 0,24 0,28 0,32 0,36 0,40
1 : 1,125 1 : 1,193 1 : 1,266 1 : 1,343 1 : 1,424 1 : 1,511 1 : 1,603 1 : 1,803 1 : 2,029 1 : 2,568 1 : 3,251 1 : 4,115 1 : 5,210 1 : 6,595 1 : 8,348 1 : 10,57
636
5 Anhang
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen Typisierte Kollektive Die nachstehenden Daten typisierter Kollektive beziehen sich auf die Häufigkeits-Verteilungen, wie sie durch Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren erhalten werden, Abschn. 2.2.1. Tabelle 5.2–1. Daten der Normverteilung (Ablauf als Blockprogramm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [87])
Stufe i
bezogene Spannungsamplitude xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8
1,000 0,950 0,850 0,725 0,575 0,425 0,275 0,125
2 16 280 2720 20000 92000 280000 605000
2 18 298 3018 23000 115000 395000 1000000
Tabelle 5.2–2. Daten der p-Wert-Kollektive (Ablauf als Blockprogramm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [85])
Stufe i
p = 0,00 p = 0,25 p = 0,50 bezogene Spannungsamplitude xi xi xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8
1,000 0,950 0,850 0,725 0,575 0,425 0,275 0,125
2 16 280 2720 20000 92000 280000 605000
2 18 298 3018 23000 115000 395000 1000000
1,000 0,963 0,888 0,794 0,682 0,568 0,465 0,344
1,000 0,975 0,925 0,863 0,788 0,713 0,638 0,563
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen
637
Tabelle 5.2–3. Daten der Geradelinienverteilung (Ablauf als Programm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [35])
Stufe i
bezogene Spannungsamplitude xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8
1,000 0,875 0,750 0,625 0,500 0,375 0,250 0,125
2 12 61 347 1948 10930 61700 925000
2 14 75 422 2370 13300 75000 1000000
Tabelle 5.2–4. Daten der logarithmischen Normverteilung 10 : 106 (Ablauf als Blockprogramm-Versuch)
Stufe i
bezogene Spannungsamplitude xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8
1,000 0,870 0,740 0,610 0,470 0,340 0,220 0,100
18 40 142 590 2810 14400 97000 885000
18 58 200 790 3600 18000 115000 1000000
638
5 Anhang
Tabelle 5.2–5. Daten der Gaußverteilung (C9) (Ablauf nach dem Matrix-Verfahren, Abschn. 2.3.7 [35])
Stufe i
bezogene Spannungsamplitude xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
1,000 0,936 0,871 0,807 0,742 0,677 0,613 0,549 0,484 0,419 0,355 0,290 0,226 0,161 0,097 0,032
1 10 47 193 698 2230 6305 15728 34524 66403 111327 160995 197493 198535 149976 55768
1 11 58 251 949 3179 9484 25212 59736 126139 237466 398461 595954 794489 944465 1000000
Tabelle 5.2–6. Daten der Geradelinienverteilung (EC9) (Ablauf nach dem Matrix-Verfahren, Abschn. 2.3.7 [35])
Stufe i
bezogene Spannungsamplitude xi
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
1,000 0,936 0,871 0,807 0,742 0,677 0,613 0,548 0,484 0,419 0,355 0,290 0,226 0,161 0,097 0,032
2 2 5 14 32 80 193 473 1150 2766 6971 17476 40452 101610 237491 591283
2 4 9 23 55 135 328 801 1951 4717 11688 29164 69616 171226 408717 1000000
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen
639
Tabelle 5.2–7. Daten der Standardlastfolge Twist für 40000 Flüge (spezielles Ablaufschema, Abschn. 2.4.2 [116])
Stufe i
bezogene Spannungsampl. (Sm ± Sa) / Sm,Flug
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 11/12 (alternativ)
1,000 ± 1,600 1,000 ± 1,500 1,000 ± 1,300 1,000 ± 1,150 1,000 ± 0,995 1,000 ± 0,840 1,000 ± 0,685 1,000 ± 0,530 1,000 ± 0,375 1,000 ± 0,222 –0,300 ± 0,200 –0,300 ± 0,120 –0,500 ± 0,000
10 20 50 180 520 1520 8000 41700 348000 3586650 40000 Boden-Luft-Lsp. 3946650 Boden-Luft-Lsp. 40000 Boden-Luft-Lsp.
10 30 80 260 780 2300 10300 52000 400000 3986650
Tabelle 5.2–8. Daten der Standardlastfolge Minitwist für 40000 Flüge (spezielles Ablaufschema, Abschn. 2.4.2 [116, 119])
Stufe i
bezogene Spannungsampl. (Sm ± Sa) / Sm,Flug
StufenHäufigkeit hi
SummenHäufigkeit Hi
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11/12
1,000 ± 1,600 1,000 ± 1,500 1,000 ± 1,300 1,000 ± 1,150 1,000 ± 0,995 1,000 ± 0,840 1,000 ± 0,685 1,000 ± 0,530 1,000 ± 0,375 1,000 ± 0,222 –0,500 ± 0,000
10 20 50 180 520 1520 8000 41700 348000 185220 40000 Boden-Luft-Lsp.
10 30 80 260 780 2300 10300 52000 400000 585220
640
5 Anhang
Standard-Lastfolgen Die nachstehend aufgelisteten Standard-Lastfolgen wurden in der Mehrzahl international erarbeitet.
Name
Anwendung
erstellt
TWIST
Biegemoment für die Flügelunterseite von Transportflugzeugen
1973 [116]
GAUSSIAN
Gaußsche Zufallslastfolge für die drei Unregelmäßigkeitsfaktoren I = 0,99; 0,7; 0,3
1974 [110–112, 448]
FALSTAFF
Biegemoment für die Flügelunterseite von Kampfflugzeugen
1975 [449]
MINITWIST
verkürzte Lastfolge TWIST
1979 [119]
HELIX; FELIX
Biegemoment für schwenkbare/feststehende Hubschrauber-Flügel
1984 [450]
HELIX/32; FELIX/28
verkürzte Lastfolgen HELIX bzw. FELIX
1984 [450]
COLD TURBISTAN
Beanspruchung an der Innenseite der Turbinenscheiben von Kampfflugzeugen
1985 [451]
ENSTAFF
FALSTAFF mit 9 Temperaturstufen für Faserverbund-Bauteile
1987 [452]
WISPER
Biegemoment für die Rotorflügel von Windkraftanlagen
1988 [453]
WISPERX
verkürzte Lastfolge WISPER
1988 [453]
HOT TURBISTAN
Beanspruchung und Temperatur am Außenrand der Turbinenscheiben von Kampfflugzeugen
1989 [454]
WASH 1
Schmalbandige Zufallslastfolge für OffshorePlattformen bei 6 Seegang-Stärken
1989 [455, 456]
WAWESTA
Drehmoment in der Antriebswelle von Walzwerken
1990 [457]
CARLOS
Lastfolgen für die senkrechten, seitlichen und frontalen Kräfte an der Pkw-Vorderachse
1990 [458]
CARLOS MULTI
4-kanalig mehraxiale Lastfolge für die Kräfte an Pkw-Vorderachsen
1994 [459]
CARLOS PTM
Lastfolge und Geschwindigkeiten für den Pkw-Antriebsstrang mit Schaltgetriebe
1997 [460]
CARLOS PTA
Lastfolge und Geschwindigkeiten für den Pkw-Antriebsstrang mit Automatikgetriebe
2002 [461]
CARLOS TC
mehrkanalige Lastfolge für die Längs-, Querund Vertikalkräfte an Pkw-Anhängerkupplungen
2003 [462]
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen
641
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen Die nachstehenden Approximationsformeln für Formzahlen wurden von Rainer [138] angegeben. Sie beruhen auf Finite-Element-Berechnungen für Kerbstäbe, Abb. 5.3–1, und Schweißverbindungen, Abb. 5.3–2, die für eine Vielzahl geometrischer Varianten mit recht hoher Genauigkeit durchgeführt und ausgewertet wurden, um die Approximationsformeln und die dafür geltenden Parameter abzuleiten. Bei den Schweißverbindungen mit einer quer zur Beanspruchungsrichtung verlaufenden Stumpf-, Kehl- oder K-Naht wird zwischen der Formzahl ak, N am Nahtübergang und der Formzahl ak,W an einer etwa vorhandenen Wurzelkerbe unterschieden. Die Nennspannung errechnet sich stets für den Kerbquerschnitt der Kerbstäbe bzw. für den Stabquerschnitt der Schweißverbindungen. Die Formeln und die zugehörigen Parameter sind mit den Tabellen 5.3–1 bis 5.3–5 angegeben. Ihre Anwendung geschieht zweckmäßig anhand eines Rechnerprogramms [51]. Hinweise auf den Geltungsbereich und die Genauigkeit der Approximationsformeln sind am Schluss dieses Abschnitts zu finden. Die Berechnung der Formzahlen verläuft im Einzelnen wie folgt: Gekerbte oder abgesetzte Rundstäbe:
ak = a1 ,
(5.3–1)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet. Gekerbte oder abgesetzte Flachstäbe, symmetrisch:
ak = a1 ,
(5.3–2)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet. Abb. 5.3–1. Form und Abmessungen der berechenbaren Kerbstäbe [138]
642
Abb. 5.3–2. Von Rainer [138] betrachtete Formen von Schweißverbindungen
5 Anhang
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen
643
Tabelle 5.3–1. Formel und Parameter zur Berechnung des Grundwertes a1 für die Formzahl symmetrischer Kerbstäbe oder Ersatzstäbe [119], s. Abb. 5.3–1
–k
t a1 = 1 + A · 3
+B·
r
a 1+3 r
l
r
Flachstab
a a t +C· 3 · 3+3 r
r
r
–1
t · 3
–m
– 1/2
r
Rundstab
gekerbt
A B C k l m
–3 · l /2
a · 3
abgesetzt
gekerbt
abgesetzt
z
b
z
b
z
b
t
z
b
t
0,10 0,7 0,13 1,00 2,00 1,25
0,08 2,2 0,20 0,66 2,25 1,33
0,55 1,1 0,20 0,80 2,20 1,33
0,40 3,8 0,20 0,66 2,25 1,33
0,10 1,6 0,11 0,55 2,50 1,50
0,12 4,0 0,10 0,45 2,66 1,20
0,40 15,0 0,10 0,35 2,75 1,50
0,44 2,0 0,30 0,60 2,20 1,60
0,40 6,0 0,80 0,40 2,75 1,50
0,40 25,0 0,20 0,45 2,25 2,00
z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.
Gekerbte oder abgesetzte Flachstäbe, unsymmetrisch:
ak = a1 · a2 ,
(5.3–3)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a2 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–2 errechnet.
Tabelle 5.3–2. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a2 für die Umrechnung auf die Formzahl unsymmetrischer Flachstäbe [138], s. Abb. 5.3–1
t a2 = 1 + A · 3 a
k
t +B· 3 r
l
a +C· 3
m
– 1 /2
r
Flachstab (unsym.) gekerbt
A B C k l m
abgesetzt
z
b
z
b
1,35 0,10 0,10 0,50 0,20 0,20
0,25 0,03 0,01 0,20 0,04 0,04
0,80 0,06 0,07 0,50 0,15 0,15
0,14 0,004 0,004 0,12 0,003 0,003
z = Zug, b = Biegung.
644
5 Anhang
Abb. 5.3–3. Ersatz-Kerbstäbe zum Berechnen der Formzahl am Nahtübergang quer zur Beanspruchungsrichtung bei Stumpfnähten (a) bis (c) und bei K-Nähten bzw. Kehlnähten (d) bis (f ) [138]
Stumpfstoß mit X-Naht, eben, symmetrisch, ohne Wurzelspalt:
ak, N = a1 ,
(5.3–4)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet. Stumpfstoß mit V-Naht, eben, unsymmetrisch, ohne Wurzelspalt:
ak, N = a1 · a3 ,
(5.3–5)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3b aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet. Stumpfstoß mit X-Naht oder V-Naht, rund (Vollwelle oder Rohr), ohne Wurzelspalt:
ak, N = a1 ,
(5.3–6)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3c aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet und für r /a < 100 ein Einfluss des Rohrdurchmessers nicht berücksichtigt werden muss.
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen
645
Kreuzstoß bzw. Quersteife mit K-Naht, eben, symmetrisch, ohne Wurzelspalt:
a k, N = a1 ,
(5.3–7)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet. T-Stoß mit K-Naht, eben, unsymmetrisch, ohne Wurzelspalt:
a k, N = a1 · a3 ,
(5.3–8)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3e aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet. Kreuzstoß bzw. Querstreife mit K-Naht, rund (Vollwelle), ohne Wurzelspalt:
a k, N = a1 ,
(5.3–9)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet. Quersteife mit Kehlnähten, eben, symmetrisch, mit Wurzelspalt:
a k, N = a1 ,
(5.3–10)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet und ein nennenswerter Einfluss des Wurzelspaltes nicht besteht.
a k,W = a5 ,
(5.3–11)
Tabelle 5.3–3. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a3 für die Umrechnung auf die Formzahl ebener, unsymmetrischer Schweißverbindungen [138], s. Abb. 5.3–3
a3 = A
A
Stumpfstoß mit V-Naht
T-Stoß mit K-Naht
eben
eben
z
b
z
b
(h /a)– 1,1
1,0
1 + 0,7 · (e /a) 004 1 + 1,4 · (e /a)
0,9
1,0 ≤ h /a ≤ 1,4 z = Zug, b = Biegung.
0,2 ≤ e /a ≤ 1,6
646
5 Anhang
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3d und mit w / x = lw /b aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet. T-Stoß mit Kehlnähten, eben, unsymmetrisch, mit Wurzelspalt:
a k, N = a1 · a3 ,
(5.3–12)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3e aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet und ein nennenswerter Einfluss des Wurzelspaltes nicht besteht.
a k, W = a5 ,
(5.3–13)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3e und mit w /x = lw /b aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet. Quersteife (T-Stoß) mit Kehlnähten, rund (Rohr), mit Wurzelspalt:
a k, N = a1 · a4 ,
(5.3–14)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach Tabelle 5.3–4. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a4 zur nachträglichen Berücksichtigung des Einflusses eines Wurzelspalts auf die Formzahl am Nahtübergang [138], s. Abb. 5.3–3
w a4 = 1 + A · 3 x
k
r mit D = 3 a
r 1+3 a
e · 3 a
–k
r · 1+B· 3 a
t
·
w e C–C·3+3 x a
–n
· 1+D
lw w lw und 3 = 4 oder 4 x a b
Kreuzstoß
A B C k l m n
–m
Quersteife
eben (r = 0)
rund
z
b
z
b
t
z
b
t
0,5 0 0 2 0 0 0
0,1 0 0 2 0 0 0
0,1 0,6 6,5 3 0,45 0,6 1
0,1 · D 0,8 12 1 0,35 0,4 0,35
0,2 2 1 0,2 0,36 0,35
0 0,2 0,3 0 0,2 0,3 0,8
0 0,22 0 0 0,35 0 0,2
0 0,1 0 0 0,25 0 0,2
z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.
rund
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen
647
Abb. 5.3–3f mit w / x = lw / b aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.
ak, W = a5 ,
(5.3–15)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3f und mit w /x = lw /b aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet. Kreuzstoß mit Kehlnähten, eben, symmetrisch, mit Wurzelspalt:
ak, N = a1 · a4 ,
(5.3–16)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.
ak,W = a5 ,
(5.3–17)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3d und mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–5 errechnet. Tabelle 5.3–5. Formel und Parameter zur Berechnung des Grundwertes a5 für die Formzahl an der Wurzelkerbe von Schweißnähten quer oder längs zur Beanspruchungsrichtung [138], s. Abb. 5.3–3
w a5 = A + B · 3 x
k
1 /2
a · 5 rw
r mit D = 3 a
A B C k l m
r 1+ 3 a
w e · C–C·3+3 x a
und
–l
m
· 1+D
·
r 1+3 a
1/6
w lw lw 3 = 5 oder 5 x a b
Kreuzstoß
Quersteife
eben (r = 0) rund
eben (r = 0) rund
z
b
z
b
t
z
b
z
b
t
1 1,6 1,1 0,3 0,66
0 0,33 0,707 0,1 1,4
1 0,5 0,25 0,25 0,55 1,9
D 0,13 + 0,4 · D2 0,25 0,25 0,55 0,95 (1 + D2)
D 0,05 + 0,05 · D3 0,25 0,25 1,75 1,75
1 0,19 1,0 0,55 0,33
0 0,2 0,707 0,3 1,0
1 0,05 0,2 0,2 0,5 0,5
D 0,05 0,2 0,2 0,5 0,5
D 0,02 0,15 0,2 1,5 0,5
z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.
648
5 Anhang
Kreuzstoß mit Kehlnähten, rund (Rohr), mit Wurzelspalt:
ak, N = a1 · a4 ,
(5.3–18)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.
a k, W = a5 ,
(5.3–19)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3f und mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–5 errechnet. Hinweise Die Gültigkeitsbereiche der vorstehenden Approximationsformeln lassen sich mit folgenden Grenzwerten kennzeichnen: 0 ⬉ a / r ⬉ 200
0 ⬉ lw / a ⬉ 1
(„Kreuzstoß“)
0 ⬉ t / r ⬉ 200
0 ⬉ lw / b ⭌ 1
(„Quersteife“)
0 ⬉ a / rw ⬉ 200
0,2 ⬉ e / a ⬉ 1,8
0⬉t/a ⬉5
0 ⬉ r / a ⬉ 100
(5.3–20)
Zur Genauigkeit der Approximationsformeln macht Rainer folgende Angaben: Formzahlen für Kerbstäbe nach Tabelle 5.3–1: ca. ± 5%. Formzahlen für Ersatzstäbe von Schweißverbindungen nach Tabelle 5.3–1: bis ±10%. Die Umrechnung für unsymmetrische Ersatzstäbe von Schweißverbindungen nach Tabelle 5.3–3 ist besser als eine Umrechnung nach Tabelle 5.3–2. Formzahlen für die Wurzelkerbe, die sich nach Tabelle 5.3–5 errechnen, sind bei Biegebeanspruchung etwa gleich und bei Zugbeanspruchung stets größer gegenüber den Finite-Element-berechneten, insbesondere für Werte lw Æ a bzw. b, weil die Approximationsformel für lw Æ 0 die Formzahl a k = 1 liefert, obwohl die Nennspannung an diesem Wurzelpunkt kleiner ist als im Blech. Weitere Approximationsformeln für Formzahlen von Stumpfstößen und von Doppel-T-Stößen, bei denen u.a. auch das Nahtprofil berücksichtigt wird, sind in [176] zu finden.
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit
649
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit Mit den folgenden Tabellen 5.4–1 bis 5.4–4 sind ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerwechselfestigkeit von Bauteilen dargestellt, die von Lang [149] sowie von Hück, Thrainer und Schütz [150] erarbeitet wurden. Sie waren bis zum Erscheinen der FKM-Richtlinie [44] gebräuchlich und wurden als damals aktuelle Berechnungsansätze auch in der ersten Auflage dieses Buchs in der vorliegenden Form wiedergegeben. Obwohl mittlerweile technisch überholt, werden sie dennoch hier erneut aufgeführt, weil sie in der textlichen Abhandlung des Abschn. 3.1 mehrfach als Ausgangspunkt für neuere Überlegungen angeführt sind und weil sie im Vergleich zu dem Berechnungsablauf nach Abschn. 5.5 den mit der FKM-Richtlinie erreichten Erkenntniszuwachs ersehen lassen. Und schließlich mögen die älteren Ansätze gelegentlich aus Anwendersicht für Vergleichsrechnungen von Interesse sein. Der Stand der Technik ist durch die FKM-Richtlinie [44] gegeben, die eine eindeutig bessere und breiter abgesicherte Übereinstimmung mit verfügbaren Tabelle 5.4–1. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude für Bauteile aus Stahl, ohne Eigenspannungen und ohne Randschichtverfestigung nach dem Vorschlag von Lang [149]
Gegeben: Zugfestigkeit Rm , Streckgrenze Rp 0,2 , Rautiefe Rz , Durchmesser D, Formzahl a k , bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 0) 1). Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und C = 90%. Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50% und C = 50%, (ok Min i k) = der kleinere Wert von Oberflächenkerbwirkung ok oder innerer Kerbwirkung i k , r* = Halbmesser der Ersatzkerbe nach Petersen [156]. SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.
sW = 0,2 · (Rm + Rp 0,2) + 57 N/mm2; Rm und Rp 0,2 in N/mm2 2 sW = 0,43 · Rm + 40 N/mm (alternativ) ok = 1 – lg Rz · (0,3 · lg Rm – 0,4); Rz in mm ik = für Kurbelwellen mit (5.4–1) mit (5.4–2) faserflussgeschmiedet 0,85 0,72 gesenkgeschmiedet 0,75 0,69 freiformgeschmiedet 0,60 + D/1875 0,50 + D/1875; D in mm r* = 19600 /R 2m jC = 1,20 1 sW SD (R = – 1) = 5 · 5 · ok M in ik + a8 r* c für Pü = 50% jC ak und C = 90%.
1)
(5.4–1) (5.4–2) (5.4–3) (5.4–4)
(5.4–5) (5.4–6) (5.4–7)
Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen generell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.
650
5 Anhang
Tabelle 5.4–2. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude für Bauteile aus Stahl mit Randschichtverfestigung (HV > 300) nach dem Vorschlag von Lang [149]
Gegeben: Vickershärte HV, Rautiefe Rz , Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 0) 1). Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und C = 90%. Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50% und C = 50%, sE = Wert der Eigenspannungen, (ok Min i k ) = der kleinere Wert von Oberflächenkerbwirkung ok oder innerer Kerbwirkung ik , r* = Halbmesser der Ersatzkerbe nach Petersen [156]. SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude des gekerbten Querschnitts.
sW = 0,30 · HV + 300 N/mm2; sE = – 0,98 HV + 148 N/mm2 = – 3,40 HV + 1590 N/mm2 = – 4,80 HV + 2080 N/mm2
HV in da N/mm2 wenn einsatzgehärtet oder nitriert wenn induktiv-vorschubgehärtet wenn induktiv-standgehärtet für induktivgehärtete Zahnräder ok = 1 – lg Rz · (0,3 · lg HV – 0,54) ik = ohne Bedeutung, sofern nicht Anriss unter der Härteschicht r* = 1600 / (HV)2 jC = 1,20 1 sW SD (R = – 1) = 5 · 5 · [(ok M in ik) + a8 r* c] für Pü = 50% jC ak und C = 90%. 1)
(5.4–8)
(5.4–9) (5.4–10) (5.4–11) (5.4–12) (5.4–13)
Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen generell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.
Versuchsergebnissen zeigt. Eine konkrete Anwendung der Tabellen 5.4–1 bis 5.4–4 für Betriebsfestigkeitsnachweise kann mithin nicht mehr empfohlen werden. Erläuternd bleibt zu den Tabellen 5.4–1 bis 5.4–4 anzuführen: Ausgehend von Beziehungen zur Abschätzung der Dauerwechselfestigkeit sW des ungekerbten Querschnitts aus der Streckgrenze, aus der Streckgrenze und der Zugfestigkeit bzw. aus der Vickershärte ermöglichten sie eine rechnerische Abschätzung von Wöhlerlinien gekerbter Bauteile aus normalgeglühtem oder vergütetem Stahl, von Bauteilen aus Stahl mit einer Randschichtverfestigung durch Einsatzhärten, Nitrieren oder Induktionshärten, wie auch von Bauteilen aus Stahlguss, Temperguss und Grauguss. Die daraus vorzunehmende Abschätzung der Wöhlerlinie des gekerbten Bauteilquerschnitts weicht in der Handhabung des Kerbeinflusses und des Mittelspannungseinflusses, sowie in der Festlegung von Neigung und Abknickpunkt der Zeitfestigkeitslinie aus den im Abschn. 3.1.3 dargelegten Gründen von den betreffenden
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit
651
Tabelle 5.4–3. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude für Bauteile aus Stahl, ohne Eigenspannungen und ohne Randschichtverfestigung nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150]
Gegeben: Zugfestigkeit Rm = Rm; ist bzw. Rm = 1,06 Rm; min (nach Norm), Streckgrenze Rp 0,2 = Rp 0,2; ist bzw. Rp 0,2 = 1,06 R p 0,2; min , Rautiefe Rz , Durchmesser D, Werkstoffzustand, Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 9) 1). Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und C = 90%. Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50% und C = 50%, fT = Technologiefaktor, fO = Oberflächenfaktor, fOT Verknüpfung von fT und fO , fOTK = Verknüpfung von fOT und bk nach Zenner [164], SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.
sW = 0,436 · Rp 0,2 + 77 N/mm2; Rp 0,2 in N/mm2 sW = 0,450 4 · Rm (alternativ); Rm in N/mm2 bk = ak /(1 + 0,45 · c 0,30) wenn D < 100 mm bk = ak wenn D > 100 mm fT = 1 für nicht geschmiedetes Bauteil fT = (2195 – Rm) / 1790 für geschmiedets Bauteil fO = 1 – 0,22 · lg Rz0,64 · lg Rm + 0,45 · lg Rz ; Rz in mm fOT = 1 – [(1 – fO )2 + (1 – fT)2]0,5 2 ]0,5 fOTK = [b k2 – 1 + 1 / f OT jC = 1,20 1 sW SD (R = – 1) = 4 · 7 für Pü = 50% und C = 90%. jC fOTk 1)
(5.4–14) (5.4–15) (5.4–16) (5.4–17) (5.4–18) (5.4–19) (5.4–20) (5.4–21) (5.4–22) (5.4–23) (5.4–24)
Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen generell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.
neueren Festlegungen ab. Weiterhin stellen sich die Schätzwerte Dauerwechselfestigkeit sW dar als Mittelwerte für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50%. Ihnen kann daher lediglich eine Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 50% zugebilligt werden, da die zum Vergleich verfügbaren Versuchsdaten um diese Schätzwerte mit einer Standardabweichung streuen, die etwa mit 15% des jeweiligen Mittelwertes zu beziffern ist. Dementsprechend wurden die Schätzwerte um einen Sicherheitsfaktor jC = 1,2 abgemindert, um einen Dauerfestigkeitswert mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 90% zu erhalten.
652
5 Anhang
Tabelle 5.4–4. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude für Bauteile aus den Eisen-Gusswerkstoffen GS, GG, GTS oder GG, nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150] bzw. [28]
Gegeben: Zugfestigkeit Rm = Rm; ist bzw. Rm = 1,06 Rm; min (nach Norm), Werkstoff, Rautiefe, Rz, Durchmesser D, Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 0) 1). Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und C = 90%. Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50% und C = 50%, fO = Oberflächenfaktor, fOk = Verknüpfung von fO und bk nach Zenner [164], SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.
sW sW sW sW
= 0,27 · Rm + 85 = 0,27 · Rm + 100 = 0,27 · Rm + 110 = 0,39 · Rm
bk = ak
(5.4–25) (5.4–26) (5.4–27) (5.4–28) wenn D > 100 mm
(5.4–29)
bk = ak / (1 + 0,33 · für GS wenn D < 100 mm bk = ak / (1 + 0,32 · c* 0,77) für GGG wenn D < 100 mm bk = ak / (1 + 0,39 · c* 0,58) für GTS wenn D < 100 mm bk = ak / (1 + 0,43 · c* 0,68) für GS wenn D < 100 mm fO = 1 für GG fO = 1 – 0,22 · lg Rz0,64 · lg Rm + 0,45 · lg Rz ; Rz in mm fOk = [b k2 – 1 + 1 / fO2]0,5 jC = 1,20; für GG jC = 1,26 1 sW SD (R = – 1) = 5 · 6 für Pü = 50% und C = 90%. jC fOk
(5.4–30) (5.4–31) (5.4–32) (5.4–33) (5.4–34) (5.4–35) (5.4–36) (5.4–37)
c* 0,65)
1)
für GS für GGG für GTS für GG
(5.4–38)
Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen generell mit ak = b k gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie Die nachstehende Kurzfassung des Berechnungsablaufes zur Bestimmung der statischen Festigkeit und der Ermüdungsfestigkeit von Maschinenbauteilen nach der FKM-Richtlinie [44] ist keine Berechnungsanleitung, sondern sie dient in Ergänzung der Ausführungen in den Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 allein zur Veranschaulichung der dort beschriebenen Berechnungsansätze. Für konkrete Anwendungen wird auf die aktuelle Originalfassung der Richtlinie verwiesen. Diese Kurzfassung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die in der Richtlinie angegebenen Besonderheiten für bestimmte Werkstoffe und die Bestimmungsgleichungen für Einflussgrößen nicht aufgeführt sind.Weiterhin
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
653
ist vereinfachend und der Übersichtlichkeit halber nur jeweils der Fall der Beanspruchung aus einer Normalspannungs- und einer Schubspannungs-Komponente behandelt. S und T gelten dabei als Bezeichnung der Spannungen beim Nennspannungskonzept, s und t an deren Stelle beim örtlichen Spannungskonzept. Bei den örtlichen Spannungen s und t handelt es sich um linearelastisch berechnete Spannungen, die bei nicht geschweißten Bauteilen als Kerbspannungen in der herkömmlichen Weise und bei geschweißten Bauteilen unter Beachtung spezieller Festlegungen zu bestimmen sind. Für die im Anwendungsfall zutreffenden Beanspruchungskomponenten gelten die Ausführungen entsprechend, wobei ihr Zusammenwirken sodann im Zuge des Festigkeitsnachweises zu beurteilen ist.
5.5.1 Auftretende Betriebsbeanspruchung Für den statischen Festigkeitsnachweis sind die extremen Maximal- bzw. Minimalspannungen in Ansatz zu bringen; dies sind beim Nennspannungskonzept: Smax, ex und Tmax, ex , beim Örtlichen Spannungskonzept:
smax, ex und tmax, ex . Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis sind die Höchstwerte der auftretenen Beanspruchungskollektive in Ansatz zu bringen; dies sind beim Nennspannungskonzept: – – S a und Ta beim Örtlichen Spannungskonzept:
s–a und t–a .
5.5.2 Werkstoffkennwerte Zugfestigkeit, sowie Druck-, Schub-, Warm- und Zeitstandfestigkeit Die Zugfestigkeit Rm liegt allen Festigkeitswerten, sowohl für den statischen Festigkeitsnachweis wie auch für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis, als Ausgangswert zugrunde: Die Druckfestigkeit wird daraus mit dem Faktor fs , die Schubfestigkeit mit dem Faktor ft und die Wechselfestigkeit mit dem Faktor fw ermittelt.
654
5 Anhang
Der für die Berechnung maßgebliche Wert der Zugfestigkeit Rm wird abhängig von seiner Vorgabe wie folgt bestimmt: Rm = Kd, m · KA · Rm, N bei Vorgabe von Normwerten der Zugfestigkeit Rm, N Rm = 0,94 · Rm, Z bei Vorgabe von Zeichnungswerten Rm, Z Rm = Rm, I bei Vorgabe von Istwerten Rm, I Dabei bedeuten: Rm
Rechenwert der Zugfestigkeit für die Bauteilabmessung, bestimmt aus Normwerten Rm,N , in Verbindung mit dem Größeneinflussfaktor Kd,m und dem Anisotropiefaktor KA , bzw. aus Zeichnungswerten Rm, Z oder Istwerten Rm, I .
Rm,N
Normwert der Zugfestigkeit für die Abmessung der genormten Zugprobe deff,N, m , nach den Werkstofftabellen im Anhang der Richtlinie.
Rm,Z
Zeichnungswert der Zugfestigkeit wie auf der Zeichnung angegeben. Da der Wert Rm, Z i.d.R. nur stichprobenartig überprüft wird, ist er auf 94% abzumindern, um einen verlässlichen Wert für Pü = 97,5% zu erhalten.
Rm,I
Istwert der Zugfestigkeit experimentell für Pü = 50% am Bauteil bestimmt.
Kd,m
Technologischer Größeneinflussfaktor für die Zugfestigkeit je nach Werkstoffgruppe und Sorte anhand tabellarischer Angaben zu berechnen. Kd,m = 1 für deff ≤ deff, N für Stahl, GS und GT, nicht jedoch für GG, Kd,m = 1 für Aluminiumknetlegierungen, da Zugfestigkeitswerte vom Werkstoffzustand und der Materialdicke abhängig sind, Kd,m = 1 für Schweißverbindungen.
KA
Anisotropiefaktor für Stahl bei quer zur bevorzugten Walzrichtung verlaufenden Spannungen entsprechend tabellarischen Angaben. KA = 1 für Eisengusswerkstoffe, KA = 1 für mehrachsige Spannungen (auch Schubspannungen) und KA = 1 für Walzstahl und Schmiedeteile mit Spannungen in Richtung der bevorzugten Bearbeitungsrichtung (häufigster Fall).
fs · Rm fs
Druckfestigkeit Druckfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Druckfestigkeit aus der Zugfestigkeit Rm (Verhältnis Druckfestigkeit/ Zugfestigkeit). für Zug- oder Biegezugbeanspruchung, fs = 1 fs = – 1 für Druckbeanspruchung bei Stahl oder Stahlguss,
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
fs = – 1 fs = – 1,3 fs = – 1,5 fs = – 2,5 fs = – 1,5
655
für Druckbeanspruchung bei Aluminiumknetlegierungen, für Druckbeanspruchung bei GGG, für Druckbeanspruchung bei GT für Druckbeanspruchung bei GG und für Druckbeanspruchung bei Aluminiumgusslegierungen.
ft · Rm ft
Schubfestigkeit Schubfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Schubfestigkeit aus der Zugfestigkeit Rm (Verhältnis Schubfestigkeit / Zugfestigkeit). ft = 0,58 für Stahl oder Stahlguss, ft = 0,58 für Aluminiumknetlegierungen, ft = 0,65 für GGG ft = 0,75 für GT ft = 0,85 für GG (örtliches Konzept) und ft = 0,75 für Aluminiumgusslegierungen.
KT, m · Rm
Warmfestigkeit
KT, t, m · Rm
Zeitstandfestigkeit
KT, m ; KT, t, m Faktoren zur Berücksichtigung des Temperatureinflusses Die Richtlinie ist anwendbar bei Eisenwerkstoffen für Bauteiltemperaturen von – 40°C bis 500°C, bei Aluminiumwerkstoffen von – 25°C bis 200°C. Die genannten Faktoren kommen für höhere Temperaturen zur Anwendung (T > 60°C bei Feinkornstählen, sonst T > 100°C bei Stahl, T > 50°C für aushärtbare und T > 100°C für nichtaushärtbare Aluminiumwerkstoffe), ansonsten sind sie gleich 1 zu setzen. Sie treten beim Nachweis in Verbindung mit der Bauteilsicherheit auf. Fließgrenze, sowie Warmfließgrenze und Zeitdehngrenze Die Fließgrenze Rp ist in gewissen Fällen für den statischen Festigkeitsnachweis bestimmend, insbesondere wenn Rp /Rm < 0,75. Der für die Berechnung maßgebliche Wert der Fließgrenze Rp wird wie folgt bestimmt: Rp = Kd, p · KA · Rp,N Rp = (Kd, p /Kd,m) · (Rp, N /Rm, N) · Rm
Rp
bei Vorgabe von Normwerten der Fließgrenze, bei Vorgabe von Zeichnungswerten oder Istwerten, wenn keine weiteren Angaben vorliegen.
Rechenwert der Fließgrenze für die Bauteilabmessung, Bestimmung sinngemäß wie beim Rechenwert der Zugfestigkeit Rm .
656
5 Anhang
Rp,N
Normwert der Fließgrenze für die Abmessung der genormten Zugprobe deff, N, p , nach den Werkstofftabellen im Anhang der Richtlinie.
Kd,p
Technologischer Größeneinflussfaktor für die Fließgrenze, analoge Bestimmung wie für die Zugfestigkeit Rm , lediglich mit anderen Zahlenangaben für die Bestimmungsgleichungen.
KT, p · Rp
Warmfließgrenze
KT, t, p · Rp
Zeitdehngrenze
KT, p ; KT, t, p
Faktoren zur Berücksichtigung des Temperatureinflusses (wie KT, m und KT, t, m ).
5.5.3 Ertragbare Bauteil-Festigkeitskennwerte für den statischen Festigkeitsnachweis Die Bauteil-Festigkeitskennwerte sind für jede Beanspruchungsart oder -komponente wie nachstehend dargestellt zu bestimmen. Für Grauguss GG und Aluminiumgusswerkstoffe gilt nur das örtliche Spannungskonzept. Die Werte für die einzelnen Beanspruchungskomponenten unterscheiden sich jeweils durch die Größe der plastischen Stützzahl npl , die Werte für den Nennspannungsnachweis und für den örtlichen Festigkeitsnachweis unterscheiden sich zudem durch die Art wie die Bestimmung der plastischen Stützzahl npl geschieht. Nennspannungskonzept SSK = fs · Rm · npl · (KNL) TTK = ft · Rm · npl · (KNL) Örtliches Spannungskonzept
sSK = fs · Rm · npl · (KNL) tTK = ft · Rm · npl · (KNL) Dabei bedeuten: npl
plastische Stützzahl für das Nennspannungskonzept bzw. für das örtliche Spannungskonzept. npl berücksichtigt den Einfluss einer ungleichmäßigen Spannungsverteilung infolge Belastungsart und Bauteilform und kennzeichnet die daraus entstehende Tragreserve. npl = 1 für Zug bzw. Druck und für Schub bei Verwendung von Nennspannungen an ungekerbten Bauteilen,
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
657
npl = 1 für randschichtverfestigte Bauteile, npl = 1 für Eisengusswerkstoffe mit A3 bzw. A5 < 8%. npl = 1 für Aluminiumgusswerkstoffe A3 bzw. A5 < 8%. KNL
Faktor für Grauguss GG zur Berücksichtigung des nichtlinearen Spannungs-Dehnungs-Verhaltens. KNL π 1 KNL = 1 KNL = 1 KNL = 1
für GG, verschieden für die Zug- und die Druckseite, für alle Werkstoffe außer GG, für Schub oder Torsion, in der Regel für Schweißverbindungen.
5.5.4 Ertragbare Bauteil-Festigkeitskennwerte für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis Die Bauteil-Festigkeitskennwerte sind für jede Beanspruchungsart oder -komponente wie nachstehend dargestellt zu bestimmen. SBK und TBK bzw. sBK und tBK bezeichnen jeweils die als Kollektivhöchstwert ertragbaren Spannungen. Für die einzelnen Beanspruchungskomponenten wie auch für den Nennspannungsnachweis und für den örtlichen Festigkeitsnachweis unterscheiden sie sich durch eine jeweils unterschiedliche Größe der dabei maßgeblichen Einflussgrößen. Gekerbte Bauteile Nennspannungskonzept: SBK = { fws ·Rm ·KAK ·KE, s · KBK · KV · (KNL)} / {Kt / [ns (r) · ns (d)] + 1 /KR, s (Rz) – 1} TBK = { fwt · fws · Rm · KAK · KE, t · KBK · KV · (KNL)} / {Kt /[nt (r) · nt (d)]+1 /KR, t (Rz)–1} Örtliches Spannungskonzept (Kerbspannungen):
sBK = {fws · Rm · KAK · KE, s · KBK · KV · (KNL)} / ~
{1 + [1 /Kf ] · [1 /KR, s (Rz) – 1] · [1 /(ns (r,d)]}
tBK = { fwt · fws · Rm · KAK · KE, t · KBK · KV · (KNL)} / ~
{1 + [1/ Kf ] · [1/ KR, t (Rz) – 1] · [1 / (nt (r, d)]} Geschweißte Bauteile Nennspannungskonzept: SBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV ) · (KNL) · (FAT / FAT0, s) · ft TBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT / FAT0, t) · ft
658
5 Anhang
Örtliches Spannungskonzept (Strukturspannungen):
sBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT/FAT0,s) · ft tBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT/FAT0,t) · ft Örtliches Spannungskonzept (Kerbspannungen):
sBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV) · (KNL) tBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL) Dabei bedeuten: fws · Rm = sW Zugdruckwechselfestigkeit fws
Zugdruckwechselfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Zugdruckwechselfestigkeit aus der Zugfestigkeit Rm (Verhältnis Wechselfestigkeit / Zugfestigkeit). fws ist von der Werkstoffgruppe abhängig und ist tabellarisch angegeben.
ns (d) · sW
Biegewechselfestigkeit. (Bei dieser Schreibweise bleibt allerdings die Kopplung der Stützzahl mit dem Rauheitsfaktor außer Betracht).
ns (d)
Stützzahl, zur Bestimmung der Biegewechselfestigkeit aus der Zugdruckwechselfestigkeit und zu bestimmen in Abhängigkeit vom bezogenen Spannungsgefälle c aus der Biegebeanspruchung.
fwt · sW = tW
Schubwechselfestigkeit
fwt
Schubwechselfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Schubwechselfestigkeit aus der Zugdruckwechselfestigkeit (Verhältnis Schubwechselfestigkeit/Zugdruckwechselfestigkeit). fwt ist wertmäßig gleich groß wie ft bei der Bestimmung der Schubfestigkeit im statischen Festigkeitsnachweis und ist abhängig von der Werkstoffgruppe tabellarisch angegeben.
nt (d) · tW
Torsionswechselfestigkeit. (Bei dieser Schreibweise bleibt allerdings die Kopplung der Stützzahl mit dem Rauheitsfaktor außer Betracht).
nt (d)
Stützzahl, zur Bestimmung der Torsionswechselfestigkeit aus der Schubwechselfestigkeit und zu bestimmen in Abhängigkeit vom bezogenen Spannungsgefälle c aus der Torsionsbeanspruchung.
sW, zd
Schweißnahtspezifischer Wechselfestigkeitswert für Normalspannung (unabhängig von der Zugfestigkeit Rm des Grundwerkstoffs) sW, zd = 92 MPa für ND = 5 · 106 für Stahl, sW, zd = 32 MPa für ND = 5 · 106 für Aluminiumwerkstoffe.
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
659
tW, s
Schweißnahtspezifischer Wechselfestigkeitswert für Schubspannungen (unabhängig von der Zugfestigkeit Rm des Grundwerkstoffs) tW, s = 37 MPa für ND = 1 · 108 für Stahl, tW, s = 13 MPa für ND = 1 · 108 für Aluminiumwerkstoffe.
KAK
Mittelspannungsfaktor berücksichtigt den Einfluss der Mittelspannung bzw. des Spannungsverhältnisses wie er sich im Haigh-Schaubild darstellt. Er ist dabei abhängig von der Beanspruchungsart und vom Überlastungsfall, d.h. davon, ob bei einer denkbaren Überlastung entweder die Mittelspannung, das Spannungsverhältnis, die Unterspannung oder die Oberspannung konstant bleibt. Bestimmungsgröße für das HaighSchaubild ist die Mittelspannungsempfindlichkeit, die sich für die jeweilige Werkstoffsorte aus der Zugfestigkeit bestimmt. KAK = 1 für Sm = 0 bzw. R = – 1. Bei zusammengesetzter Beanspruchung (z.B. Biegung und Torsion) wird Sm oder R durch eine Vergleichsmittelspannung Sm, v oder ein Vergleichspannungsverhältnis Rs,v ersetzt.
KEs
Eigenspannungsfaktor, bislang nur für geschweißte Bauteile von Bedeutung, wobei er in Verbindung mit der Mittelspannungsempfindlichkeit für hohe, mäßige oder geringe Eigenspannung festgelegt ist. KEs = KEt = 1 für gekerbte (ungeschweißte) Bauteile.
KEt
KBK
Betriebsfestigkeitsfaktor beziffert die zulässige Überschreitung der Dauerfestigkeit, wenn bei konstanter Spannungsamplitude ein Zeitfestigkeitsnachweis oder bei veränderlicher Amplitude für den Höchstwert des Beanspruchungskollektivs ein Betriebsfestgkeitsnachweis gefordert ist. Für einen Zeitfestigkeitsnachweis bestimmen sich die Wöhlerlinie mit Neigungsexponenten und Abknickpunkten in die Dauerfestigkeit bei Normalspannungen wie folgt: ks = 5; ND, s = 1 · 106 für gekerbte Bauteile aus Eisen- oder Aluminiumwerkstoffen, ks = 3; ND, s = 5 · 106 für geschweißte Bauteile aus Eisen- oder Aluminiumwerkstoffen, und bei Schubspannungen wie folgt: kt = 8; ND, t = 1 · 106 für gekerbte Bauteile aus Eisen- oder Aluminiumwerkstoffen, kt = 5; ND, t = 1 · 108 für geschweißte Bauteile aus Eisen- oder Aluminiumwerkstoffen.
660
5 Anhang
Bei gekerbten Bauteilen aus Aluminiumwerkstoffen setzen sich die Wöhlerlinien vom Abknickpunkt bis zu N = 108 mit flacherer Neigung fort. Für einen Betriebsfestigkeitsnachweis kann KKB alternativ nach den Verfahren Miner elementar oder Miner konsequent (fallweise mit einer Minersumme < 1) anhand der Wöhlerlinie errechnet oder für eine zutreffende Beanspruchungsgruppe aus entsprechenden Tabellen entnommen werden. KBK = 1, wenn ein Dauerfestigkeitsnachweis gefordert ist. KV
Randschichtfaktor, berücksichtigt den Einfluss einer Randschichtverfestigung auf die Ermüdungsfestigkeit; Anhaltswerte sind tabellarisch angegeben. KV = 1 wenn keine Randschichtverfestigung vorliegt, KV = 1 in der Regel für Schweißverbindungen.
KNL
Faktor für Grauguss GG wie für den statischen Festigkeitsnachweis.
Kt
Formzahl, Verhältnis der örtlichen elastischen Spannungsspitze zur Nennspannung, abhängig von der Kerbgeometrie und der Beanspruchungsart,
ns (r)
Stützzahl für die Normalspannung beim Nennspannungskonzept, abhängig vom Kerbradius des Bauteiles bzw. des damit zu bestimmenden bezogenen Spannungsgefälles und überlagert mit der Stützzahl ns (d) entsprechend dem bezogenen Spannungsgefälle aus einer etwaigen Biegebeanspruchung. ns (r) = 1, wenn keine Kerbe vorhanden ist.
nt (r)
Stützzahl für die Schubspannung beim Nennspannungskonzept, abhängig vom Kerbradius des Bauteiles bzw. des damit zu bestimmenden bezogenen Spannungsgefälles und überlagert mit der Stützzahl nt (d) entsprechend dem bezogenen Spannungsgefälle aus einer etwaigen Torsionsbeanspruchung. nt (r) = 1, wenn keine Kerbe vorhanden ist.
ns (r, d)
Stützzahl für die Normalspannung beim örtlichen Spannungskonzept, abhängig vom Kerbradius und einem Biegespannungsanteil, wobei das bezogene Spannungsgefälle summarisch anhand eines Hilfspunktes unter der Bauteiloberfläche bestimmt wird. ns (r, d) = 1, wenn keine Kerbe und kein Biegespannungsanteil vorhanden ist.
nt (r, d)
Stützzahl für die Schubspannung beim örtlichen Spannungskonzept, abhängig vom Kerbradius und einem Torsionsspan-
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
661
nungsanteil, wobei das bezogene Spannungsgefälle summarisch anhand eines Hilfspunktes unter der Bauteiloberfläche bestimmt wird. ns (r, d) = 1, wenn keine Kerbe und kein Torsionsspannungsanteil vorhanden ist. KR, s (Rz)
Rauheitsfaktor für Normalspannung, berücksichtigt den Einfluss der Oberflächenrauheit des Bauteiles. Die Formzahl und Stützzahl einerseits und der Rauheitsfaktor andererseits sind in ihrer Auswirkung voneinander abhängig. Rz ist die mittlere Rauheit in mm nach DIN 4768. Rz = 200 µm wird für Walz-, Schmiede- und Gusshaut angenommen. KR, s (Rz ) = 1 für polierte Bauteile.
KR, t (Rz )
Rauheitsfaktor für Schubspannung, berücksichtigt den Einfluss der Oberflächenrauheit des Bauteiles. Die Formzahl und Stützzahl (als Kerbwirkungszahl) einerseits und der Rauheitsfaktor andererseits sind in ihrer Auswirkung voneinander abhängig. Rz ist die mittlere Rauheit in mm nach DIN 4768. Rz = 200 µm wird für Walz-, Schmiede- und Gusshaut angenommen. KR, t (Rz) = 1 für polierte Bauteile.
~
Kf
Kerbwirkungszahl als Schätzwert, um beim örtlichen Spannungskonzept eine dem Nennspannungskonzept entsprechende Auswirkung des Rauheitsfaktors zu erhalten.
FAT
Bauteilklasse für geschweißte Bauteile (ertragbare Spannungsschwingbreite bei N = 2 · 106 Schwingspielen) und abhängig vom jeweiligen konstruktiven Detail (Stoß- und Nahtform). Für Nennspannungen und für Strukturspannungen sind die betreffenden Bauteilklassen in Anlehnung an die IIWEmpfehlungen tabellarisch aufgeführt.
FAT0,s
Bauteilklassen wie sie für das Rechnen mit Kerbspannungen gelten: FAT0,s = 225 MPa für Normalspannungen bei Eisenwerkstoffen, FAT0,s = 79 MPa für Normalspannungen bei Aluminiumwerkstoffen, FAT0,t = 145 MPa für Schubspannungen bei Eisenwerkstoffen, FAT0,t = 51 MPa für Schubspannungen bei Aluminiumwerkstoffen.
FAT0,t
662
ft
5 Anhang
Dickenfaktor für geschweißte Bauteile. ft = 1 beim Rechnen mit Kerbspannungen, ft = 1 für eine Dicke t < 25 mm, ft = (25 mm / t)0,25 für eine Dicke t ≥ 25 mm.
5.5.5 Festigkeitsnachweis Der Festigkeitsnachweis wird durch Bestimmen des Auslastungsgrades vorgenommen. Er ist definiert als Verhältnis der auftretenden Spannungsamplitude zur ertragbaren Spannungsamplitude unter Einbeziehung der erforderlichen Sicherheitszahl jerf (und gegebenenfalls des Temperaturfaktors). Der Auslastungsgrad darf höchstens den Wert 1 bzw. 100% erreichen. Für den statischen Festigkeitsnachweis bestimmt sich der Auslastungsgrad als aSK = | Smax, ex / (SSK · jerf) | ≤ 1 . aSK = | Tmax, ex / (TSK · jerf) | ≤ 1 . Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis bestimmt sich der Auslastungsgrad als – aBK = | Sa / (SBK · jerf )| ≤ 1 . – aBK = | Ta / (TBK · jerf )| ≤ 1 . Dabei bedeuten: aSK Auslastungsgrad beim statischen Festigkeitsnachweis aBK Auslastungsgrad beim Ermüdungsfestigkeitsnachweis jerf erforderliche Sicherheitszahl, unter anderem abhängig von den Schadensfolgen eines Bauteilversagens wie auch davon, ob betriebliche Inspektionen zur Schadensfrüherkennung vorgesehen sind oder nicht. Bei zusammengesetzten oder mehrachsigen Beanspruchungsarten sind zunächst die Auslastungsgrade der einzelnen Beanspruchungskomponenten zu ermitteln und zu beurteilen. Sodann wird der Gesamtauslastungsgrad mit einer Interaktionsgleichung aus den Auslastungsgraden der einzelnen Beanspruchungskomponenten errechnet. Bei zusammengesetzter bzw. proportional mehrachsiger Beanspruchung ist die Interaktionsgleichung eine vom Werkstoff abhängige Kombination der Gestaltänderungsenergie-Hypothese und der Normalspannungshypothese. Bei nichtproportional mehrachsiger Beanspruchung wird der Gesamtauslastungsgrad mit einer Interaktionsgleichung, die mehr oder weniger weit auf der sicheren Seite liegen sollte, als Summe der einzelnen Auslastunggrade bestimmt.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
663
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit Schwingfestigkeits-Daten, die für Betriebsfestigkeits-Nachweise herangezogen werden können, sind in beachtlicher Menge im Schrifttum verfügbar, aber nur zu einem Teil in anwenderfreundlicher Form dargeboten und aufbereitet. Auch sind zahlreiche Datenquellen bislang nur bedingt für den interessierten Anwender erschlossen. Die nachstehenden Hinweise berücksichtigen bevorzugt solche Arbeiten im Schrifttum, die zusammenfassend und vergleichend aufbereitete Schwingfestigkeits-Daten vermitteln. Die Hinweise sind als eine subjektiv getroffene Auswahl zu verstehen und sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für spezielle Recherchen bietet sich an, die Dienste einschlägiger Datenbanken in Anspruch zu nehmen. Einschlägige Datenbanken Olivier, R.; Köttgen, V.B.; Boller, Chr.; Seeger, T.: Fatigue Data Bases in Europe. Bericht FF-1/1988, Fachgebiet Werkstoffmechanik der Technischen Hochschule Darmstadt (1988). Basierend auf einer Umfrage bei einschlägigen europäischen Institutionen vermittelt der Bericht eine mehr oder weniger umfassende Übersicht über Datensammlungen und Datenbanken zur Schwingfestigkeit und zum Rissfortschritt von Stählen und Aluminiumlegierungen nach dem Stand der Erhebung in 1988. Die Werkstoffdatenbank WIAM-ZYK der IMA GmbH Dresden, siehe www.ima-dresden.de. Die Werkstoffdatenbank WIAM-ZYK der IMA GmbH Dresden ist eine Schwingfestigkeits-Datenbank für metallische Werkstoffe wie Stahl, Stahlguss, Gusseisen sowie Aluminium und Titanlegierungen zur Unterstützung der Lebensdauerabschätzung. Sie bietet Informationen zu Werkstoffkenndaten, zu Wöhler- und Lebensdauerlinien in tabellarischer und graphischer Darstellung, zu Stammdaten des Rohmaterials, Halbzeugs und Bauteils, sowie Angaben zu den betreffenden Versuchsreihen. Datenbanken der EU: „Community Research and Development Information Services, CORDIS“, zu finden bei „Databases and Web Services“ unter www.cordis.lu Informationen unter dem Suchbegriff „Fatigue“ zu mehr als 1400 von der EU geförderten Forschungsprogrammen, Forschungsthemen und der betreffenden Abschlussberichte.
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5 Anhang
Werkstoffbezogene Schwingfestigkeits-Daten Lang, O.R.: Dimensionierung komplizierter Bauteile aus Stahl im Bereich der Zeit- und Dauerfestigkeit. Zeitschrift Werkstofftech. 10 (1979) Nr. 10, S 24/29. Hück, M.; Thrainer, L.; Schütz, W.: Berechnung von Wöhlerlinien für Bauteile aus Stahl, Stahlguss und Grauguss – Synthetische Wöhlerlinien, Dritte überarbeitete Fassung, Bericht ABF 11 (1983) [30]. Zwei zusammenfassende und statistische Auswertungen verfügbarer Daten mit dem Ziel, eine rechnerische Abschätzung der Dauerschwingfestigkeit des glatten Stabes mittels der Kennwerte aus Zugversuchen zu ermöglichen, siehe Abschn. 3.1.3. Boller, C.; Seeger, T.: Materials data for cyclic loading. Part A: Unalloyed steels Part D: Aluminium and titanium alloys Part B: Low-alloy steels Part E: Cast and welded metals Part C: High-alloy steels Bäumel, A. jr.; Seeger, T.: Materials data for cyclic loading, Supplement 1. Elsevier Science Publishers, Amsterdam (1987). Sammlung und einheitliche Aufbereitung von im Schrifttum verfügbaren zyklischen Werkstoffdaten aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen. Fachgebiet Werkstoffmechanik der Technischen Hochschule Darmstadt. FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile aus Stahl, Eisenguss- und Aluminiumwerkstoffen. 5., erweiterte Ausgabe 2003. VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2003), ISBN 3-8163-0479-6. Im Anhang enthält die Richtlinie umfangreiche Werkstoffdaten für Stähle, Eisengusswerkstoffe, Aluminiumlegierungen und Aluminiumgusswerkstoffe. Untersuchung und Beschreibung des Schädigungsverhaltens von MagnesiumBauteilen unter mechanischen und korrosiven Belastungen. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 263 (2001) Umfangreiche Daten aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen bei R = – 1 und R = 0 und daraus ermittelte Schädigungssummen für die Werkstoffe AZ91, AM50 und AE42, die als Druckgussproben mit Gusshaut, als gekerbte und ungekerbte Rundproben bei Raumtemperatur und bei 125°C, sowie unter Umlaufbiegung bei permanenter Einwirkung von 5%iger NaCl-Lösung untersucht wurden. Renner, F.; Gugau, M.; Troßmann, T.: Magnesium-Bauteilfestigkeit. Betriebsfestigkeit von Bauteilen aus Magnesium unter Berücksichtigung von erhöhter Temperatur und Korrosion. Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV), Frankfurt/M., Heft 735 (2002). Der Einfluss der Formzahl wurde geringer gefunden als erwartet, da die Gusshaut der Proben abgearbeitet war, wodurch tiefer liegende porenbehaftete Be-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
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reiche an die Oberfläche zu liegen kamen und als „innere Kerbwirkung“ einen geringenen Einfluss äußerer Kerben bedingten. Im Vergleich von experimentell und rechnerisch ermittelten Lebensdauerwerten zeigt die elementare MinerRegel gute Ergebnisse bei geringen Streuungen der Schädigungssummen für unterschiedliche Kollektive. Die Minderung der Schwingfestigkeit bei erhöhter Temperatur wurde in dehnungskontrollierten Einstufenversuchen und der Korrosionseinfluss unter Besprühung mit 5%-iger NaCl-Lösung untersucht. Berger, C.; Troßmann, T.; Gugau, M.: Verhalten von Magnesiumlegierungen im Fahrzeugbau bei mechanisch-elektrochemischer Komplexbeanspruchung: Einfluß passivierender Deckschichten und Mechanismen der lokalen Schädigung. Materialwissenschaft und Werkstofftechnik 34 (2003), S. 812–832. Magnesium-Bauteilfestigkeit. DVM-Bericht 801. Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V., Berlin 2003. Magnesium. Proceedings of the 6th International Conference „Magnesium Alloys and Their Applications“. Edited by K.U. Kainer. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co.KGaA, Weinheim (2004), ISBN 3-527-30975-6. Beiträge zum Stand der Technik bei den beiden genannten gleichnamigen Tagungen in 2003 bzw. 2004. FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile, 2. Ausgabe.VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2004), ISBN 3-8163-0482-6. Die Richtlinie enthält u.a. eine Sammlung von Daten aus Werkstoffnormen, von bruchmechanischen Werkstoffkennwerten bei statischer Beanspruchung und bei zyklischer Beanspruchung nach Regelwerken und nach Literaturauswertungen für Stähle, Gusseisenwerkstoffe, Aluminiumlegierungen, Magnesiumlegierungen und Titanlegierungen, sowie mit einer Zusammenstellung von Lösungen für Spannungsintensitätsfaktoren. Tanaka, K.; Masuda, C.; Nishijima, S.: Analysis of fatigue crack growth data for various steels with special reference to fracture mechanisms and metallurgical structures. In: Materials, Experimentation and Design in Fatigue, Proceedings of „Fatigue ’81“. Westbury House, IPC Science and Technology Press Limited, Guildfort, England (1981). Eine zusammenfassende Auswertung und Beschreibung von Rissfortschrittsdaten, siehe Abschn. 3.4.8. Taylor, D.: A compendium of fatigue thresholds and growth rates. Engineering Materials Advisory Services Ltd (EMAS) (1985). Etwa 1200 Datensätze aller wesentlichen Werkstoffe in Verbindung mit Angaben über deren chemischer Zusammensetzung, Wärmebehandlung, Festigkeit und Gefügeausbildung sowie mit Angaben zur Versuchstechnik und zu untersuchten Umgebungseinflüssen.
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Barsom, J.M.; Novak, S.R.: Subcritical crack growth and fracture of bridge steels. National Cooperative Highway Research program Report 181, Transportation Research Board, National Research Council, Washington, D.C. (1977). Rissfortschrittsdaten für die in USA gebräuchlichen Brückenbau-Stähle, wie A36, A588 Grade A und B, A514 Grade E und F unter Belastungen mit konstanter Amplitude oder mit Belastungskollektiven einschließlich Korrosionseinflüssen. Daten zum Dauerfestigkeitsabfall bei extrem hohen Schwingspielzahlen Sonsino, C.M.: „Dauerfestigkeit“ – Eine Fiktion. Konstruktion H.4 (2005), S. 1–5. Unter dem Begriff „Very High Cycle Fatigue“ wird in neuerer Literatur vermehrt über einen Dauerfestigkeitsabfall bei extrem hohen Schwingspielzahlen (bis ca. N > 109 ) berichtet. Für Aluminium-Werkstoffe und andere Metalle mit kubischflächenzentriertem Gitter, wie z.B. austenitische Stähle, ist ein solcher Abfall der Dauerfestigkeit seit langem bekannt, Abb. 2.1–24. Er gilt auch für Magnesiumlegierungen mit ihrem hexagonalen Gitter. Ebenso wurde er bei Schweißverbindungen aus Baustahl beobachtet, wenn diese hohe Eigenspannungen und einen Bruchausgang von der Nahtwurzel aufweisen [70]. Nach neueren Ergebnissen ist ein Dauerfestigkeitsabfall im Bereich extrem hoher Schwingspielzahlen auch bei hochfest vergüteten (kubisch-raumzentrierten) Stählen, wie z.B. Federstählen oder Wälzlagerstählen zu verzeichnen. Ein Dauerfestigkeitsabfall ist jedoch nicht zu verzeichnen bei unlegierten oder niedriglegierten Stählen im geglühten oder im vergüteten Zustand, wenn die Anlaßtemperatur oberhalb ca. 350°C lag, und insbesondere nicht im gekerbten Zustand. Für eine Schädigungsrechnung ist zudem der genannte Dauerfestigkeitsabfall oberhalb des Abknickpunktes bei ND ohne bzw. nur von geringem Einfluß, wie in [44] gezeigt wird. Weitere einschlägige Veröffentlichungen sind: Kaiser, B.; Berger, C.: Fatigue behaviour of technical springs. In: Proceedings of the First Symposium on Structural Durability in Darmstadt, Editor C.M. Sonsino. S. 289–309, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart (2005), ISBN 3-8167-6788-5. Fatigue in the Very High Cycle Regime. Proceedings of the International Conference in Vienna, Austria, 2001. Editede by Stefanie Stanzl-Tschegg and Herwig Mayer. Institute of Meteorologie and Physics, Austria (2001), ISBN 3-9501315-1-5. Very High Cycle Fatigue. Proceedings of the Third International Conference VHCF-3, Japan 2004. Edited by Tatsuo Sakai and Yasuo Ochi. The Society of Materials Science, Japan (2004).
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Daten für ungekerbte und gekerbte Bauteile Haibach, E.; Matschke, C.: Schwingfestigkeit von Stahl Ck45 bei verschiedenen Formzahlen und Spannungsverhältnissen. LBF-Bericht Nr. FB-153 (1980), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Haibach, E.; Matschke, C.: Schwingfestigkeit von Stahl 42CrMo4 bei verschiedenen Formzahlen und Spannungsverhältnissen. LBF-Bericht Nr. FB-129 (1980), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Haibach, E.; Matschke, C.: Betriebsfestigkeit von Kerbstäben aus Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4. LBF-Bericht Nr. FB-155 (1980), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Haibach, E.; Matschke, C.: Biege- und Verdrehfestigkeit abgesetzter Wellen aus Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4. LBF-Bericht Nr. 3635, April 1981, FraunhoferInstitut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Ausführlich dokumentierte Ergebnisse aus einem KEG-Forschungsprogramm, siehe auch Abschn. 2.1.7 und 3.2.9. NRIM Fatigue Data Sheets. National Research Institute for Metals, Tokio, Japan. Statistisch belegte Schwingfestigkeitsdaten für Stähle aus spannungs- oder dehnungskontrollierten Wöhlerversuchen mit ungekerbten Proben, unter systematischer Einbeziehung von Chargeneinflüssen. Sonsino, C.M.; Kulka, C.; Huth, H.: Breitere Verwendung hochwertiger Stahlqualitäten für schwingbeanspruchte Bauteile durch Bereitstellen verlässlicher Kennwerte. Abschlussbericht zum KEG-Forschungsvorhaben 7210/KD/113 des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, durchgeführt vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt, EGKS/EUR-Bericht 11414 (1988). Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien für ungekerbte und gekerbte Prüfstäbe aus Baustählen. Erfassen der Einzelergebnisse in einheitlicher Tabellenform und normierte Auftragung der Wöhlerlinien. Zusammenfassende Auswertung der daraus zu entnehmenden Schwingfestigkeits-Kennwerte zur Veranschaulichung der zwischen vergleichbaren Versuchsreihen bestehenden Unterschiede und der maßgeblichen Einflussgrößen. Luftfahrttechnisches Handbuch Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben von der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, München (1983). Im Handbuch Strukturberechnung finden sich eine Vielzahl von Schwingfestigkeitsdaten für Fliegwerkstoffe und Bauteile aus Fliegwerkstoffen mit entsprechenden Verweisen auf die Datenquellen. Gaßner, E.; Kreutz, P.: Bedeutung des Programmbelastungsversuchs als einfachste Form der Simulation zufallsartiger Beanspruchungen. Fortschr.-Ber. VDI-Z, Reihe 5, Nr. 80 (1984), ISSN 0341–1664.
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Heuler, P.; Vormwald, M.; Seeger, T.: Relative Miner-Regel und U0-Verfahren – Eine bewertende Gegenüberstellung. Forschungsbericht FF-18 (1984), Fachgebiet Werkstoffmechanik der Technischen Hochschule Darmstadt. Es handelt sich hier um zwei zusammenfassende und vergleichende Auswertungen zahlreicher Ergebnisse aus Wöhler-, Blockprogramm- und ZufallslastenVersuchen, die sowohl einen Überblick über bislang untersuchte Werkstoffe, über die dafür erarbeiteten Schwingfestigkeitsdaten, wie auch über die entsprechenden Originalberichte vermitteln. Eulitz, K.-G.; Döcke, H.; Kotte, K.L.; Liu, J.; Zenner, H.: Speicherung und Auswertung vorliegender Versuchsdaten, erhältlich auf einer Daten-CD. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 227 (1997). Eulitz, K.-G.: Beurteilung der Zuverlässigkeit von Lebensdauervorhersagen nach dem Nennspannungskonzept und dem Örtlichen Konzept anhand einer Sammlung von Betriebsfestigkeitsversuchen. Habilitationsschrift, Fakultät für Maschinenwesen Technische Universität Dresden (1999). Die Datensammlung umfasst 351 Wöhlerlinien und über 2000 Lebensdauerhorizonte mit insgesamt ca. 18000 Einzelversuchen, die zusammen mit den jeweils angewandten Belastungskollektiven bzw. Lastfolgen auf einer Daten-CD gespeichert und in einheitlicher Weise statistisch neu ausgewertet wurden. Ein Auswahlprogramm gestattet den Zugriff auf die Daten. Durch Auswertung und Beurteilung dieses Datenbestandes wurden Aussagen zur Zuverlässigkeit von Lebensdauervorhersagen abgeleitet und in praxisrelevanter Form dargeboten. Haibach, E.; Engels,A.; Zeuner, H.: Die Schwingfestigkeit von unlegiertem und niedriglegiertem Stahlguss sowie deren Beeinflussung durch kleine Werkstofffehler. Gießerei 57 (1970) H. 2, S. 25/30. Ostermann, H.; Rückert, H.; Engels, A.: Dauerfestigkeit und Betriebsfestigkeit von schwarzem Temperguss und ihr Zusammenhang mit metallurgischen Einflüssen. LBF-Bericht Nr. FB-143 (1979), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt, oder Gießereiforschung 31 (1979) Nr. 1, S. 25/36. Rückert, H.; Ostermann, H.: Betriebsfestigkeit oberflächennachbehandelter Bauteile aus Temperguss und Gusseisen mit Kugelgraphit unter zufallsartiger Belastung. Konstruktion 36 (1984) Nr. 6, S. 201/06. Grubisic, V.; Neugebauer, J.: Festigkeitsverhalten von Sphäroguss bei kombinierter statischer und dynamischer mehrachsiger Beanspruchung. LBF-Bericht Nr. FB-149 (1979), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt, oder Gießereiforschung 31 (1979) Nr. 4, S. 123/28. Hück, M.; Schütz, W.; Walter, H.: Moderne Schwingfestigkeitsunterlagen für die Bemessung von Bauteilen aus Sphäroguss und Temperguss, vor allem für den Fahrzeugbau. ATZ 86 (1984) Nr. 7/8, S. 325/31 und Nr. 9, S. 385/8.
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Ostermann, H.: Ausfallsichere Bemessung von Laufrädern für Wasserkraftmaschinen aus Stahlguss unter besonderer Berücksichtigung von Korrosion und Gefügezustand. In: FhG-Berichte (1979) Nr. 4, S. 25/27 (Vorabinformation über einen nicht veröffentlichten Abschlussbericht). Zhang, G.; Sonsino, C.M.: Porosität und Schwingfestigkeit von Proben und Bauteilen aus Aluminiumdruckguss. In DVM-Bericht 802, S. 81–93, Deutscher Verband für Materialforschung und -Prüfung E.V., Berlin (2003). In diesen Berichten finden sich statistisch belegte und im Einzelnen dokumentierte Schwingfestigkeitsdaten aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen für die aus den Titeln erkennbaren Gusswerkstoffe. Sonsino, C.M.: Ermittlung anwendungsrelevanter Kenngrößen für Sintermetalle. LBF-Bericht Nr. FB-158 (1981), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Sonsino, C.M.: Schwingfestigkeitsverhalten von Sinterstahl unter kombinierten mehrachsigen phasengleichen und phasenverschobenen Beanspruchungszuständen. LBF-Bericht Nr. FB-168 (1983), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Sonsino, C.M.: Schwingfestigkeit von verschiedenen Sinterstählen und Bemessungskriterien für gesinterte Bauteile. LBF-Bericht Nr. FB-170 (1984), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Für verschiedene Sinterwerkstoffe werden experimentell ermittelte Schwingfestigkeits-Daten mitgeteilt und vergleichend beurteilt. Sonsino, C.M.: Fatigue behaviour of sintered materials and components under operational service. In: 1998 Powder Metallurgy World Congress Education Programme, Granada, Spain 18.10.1998. Ed. by J. M. Torralba and F. Velasco. European Powder Metallurgy Association EPMA, Shrewsbury, United Kingdom (1998), S. 186–216. In einem Überblick zum Stand der Technik und anhand von praktischen Beispielen werden Daten über das Betriebsfestigkeitsverfahren von Bauteilen aus Sinterwerkstoffen im Vergleich zu Bauteilen aus Stahl hinsichtlich der ertragbaren Beanspruchungshöhe unter dem Einfluss von Kerben oder von Rollkontakt und einer erhöhten Temperatur mitgeteilt. Daten für Faserverbundwerkstoffe Berg-Pollak, A.; Gumnior, P.; Sonsino, C. M.; Hanselka, H.: Betriebsfeste Auslegung hochbelasteter Kunststoffbauteile. Polymer Forschung Darmstadt, Heft 1 (2003). Für eine betriebsfeste Auslegung von Bauteilen aus kurzfaserverstärktem Polyamid sind Kerben, Faserrichtung Temperatur, Alterung, Oberflächenzustand,
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Betriebs-, Mittel- und mehrachsige Beanspruchungen als Einflußgrößen zu beachten. Anhand umfangreicher Untersuchungen wurde ein analytisch-numerisches Bemessungsverfahren entwickelt und exemplarische Ergebnisse werden vorgestellt. Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund, Berechnung. VDIRichtlinie 2014 Blatt 3, Entwurf 2000. Luftfahrttechnisches Handbuch, Band Faserverbund-Leichtbau. Hrsg.: Arbeitskreis Faserverbund-Leichtbau (1989). Fatigue in Composites. Hrsg.: B. Harris. Woodhead Publishing (2003), ISBN 185573608. Ein Überblick zum aktuellen Verständnis des Schwingfestigkeits-Verhaltens von Faserverbundwerkstoffen für den Flugzeugbau, den Schiffbau und die Bautechnik. Gerharz, J. J.; Mattheij, P.; Huth H.: Werkstoffkennwerte für den Betriebsfestigkeitsnachweis von Faserverbundbauteilen. DGLR-Bericht 91-01 (1991), S. 185–205. Huth H.; Mattheij, P.; Gerharz, J. J.: Auswirkung von Kerben und Impactschäden auf die Betriebsfestigkeit von Faserverbundwerkstoffen. In DVM-Bericht 127, S. 39–49, Deutscher Verband für Materialforschung und -Prüfung E.V., Berlin (2000). Kerben und Impactschäden reduzieren die statische Festigkeit von Faserverbund-Bauteilen mehr als die Schwingfestigkeit. Bei hinreichend niedrigen Auslegungsbeanspruchungen sind deshalb Ermüdungs- und Restfestigkeitsprobleme kaum zu erwarten. Reliability Stress Analysis Failure Prevention Issues Fastening/Joining Composite Smart Structures. Proceedings of an International Mechanical Engineering Congress, Hrsg.: ASME (1996), ISBN 791815463. Die Beiträge behandeln Probleme beim Verbinden und Befestigen von Faserverbundbauteilen. Durability and Damage Tolerance of Composite Materials and Structures. Proceedings of an International Mechanical Engineering Congress, Hrsg.: ASME (1999), ISBN 791816419. Durability Analysis of Composite Systems 2001. Proceedings edited by Y. Miyano, A.H. Cardon, A.H. Reifsnider, H. Fukada, S. Ogihara. A.A. Balkema (2002), ISBN 9058093824. Themen der Konferenz-Beiträge betreffen Stoß- und Umgebungseinflüsse, Schwingfestigkeits- und Lebensdauervorhersagen, Schädigungsmechanismen, Schadenstoleranz und Versagens-Modellen.
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Daten für Bauteile der Antriebstechnik Buch, A.: Verdrehschwingfestigkeit und Betriebsfestigkeit von Achswellen. Materialprüfung 14 (1972) Nr. 9, S. 306/13. Eine Zusammenstellung und kritisch vergleichende Bewertung von Ergebnissen aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen für zylindrische Wellenschäfte aus Vergütungsstählen. Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit von Welle-Nabe-Verbindungen. Deutscher Verband für Materialprüfung, Berlin, Berichte der 12. Sitzung des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit in Langen (1986). Die abgedruckten Berichte vermitteln einen Überblick zum Stand der Technik und über die zum Thema Welle-Nabe-Verbindungen vorliegenden Untersuchungsergebnisse. Zenner, H.: Dauerfestigkeit von Kurbelwellen. Ein neues Berechnungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Baugröße. MTZ 38 (1977) Nr. 2, S. 75/81. Ergebnisse aus Dauerschwingversuchen für einteilige, geschmiedete Kurbelwellen mit unbehandelter Oberfläche sind hinsichtlich des Werkstoffeinflusses, des Größeneinflusses, des technologischen Einflusses und des Oberflächeneinflusses zusammenfassend ausgewertet und in ein Berechnungsverfahren umgesetzt. DIN 3990: Tragfähigkeit von Stirnrädern. Beuth Verlag, Köln (1987). Die in mehreren Teilen endgültig oder als Entwurf vorliegende Norm vermittelt die Unterlagen zur Berechnung von Stirnrädern nach heutigem internationalen Erkenntnisstand. Linke, H.: Praxisorientierte Berechnung von Wellen und Achsen. In VDI-Berichte Nr. 1442 (1998), S. 63/81 [46]. In diesem Beitrag werden wesentliche Festlegungen und der Aufbau von DIN 743 „Tragfähigkeit von Wellen und Achsen“ dargelegt und Betrachtung über deren mögliche Erweiterungen auf eine Zeit- oder BetriebsfestigkeitsBerechnung gegeben. Leidlich, E.: Zeitgemäße Dimensionierung von Pressverbindungen. In VDIBerichte Nr. 1689, S. 203/277 [46]. Diese Abhandlung gibt einen Überblick über den hohen, auf physikalisch begründeten Ersatzmodellen beruhenden Kenntnisstand zur Dimensionierung von Pressverbindungen, die hinsichtlich der Betrachtung von Biegespannungen über die einschlägige DIN 7190, „Pressverbände – Berechnungsgundlagen und Gestaltungsregeln“, hinausgeht.
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DIN 6892 „Mitnehmerverbindungeen ohne Abzug – Passfedern – Berechnung und Gestaltung“, Beuth-Verlag, Berlin, Köln (1998). Die experimentell und analytisch erarbeiteten Erkenntnisse zur Neufassung dieser Norm sind im Abschlußbericht zum Forschungsvorhaben 217/1 der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. im Forschungsheft 531 (1997) dargestellt. Daten für Schrauben-, Niet- und Klebeverbindungen Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen. VDI-Richtlinie 2230, Blatt 1 (2001). Beuth Verlag, Berlin, Köln. Anwendung hochfester Schrauben im Stahlbau. DASt-Richtlinie 010 (1976). Beuth Verlag, Berlin, Köln. Es handelt sich hier um zwei Richtlinien zur Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen. Kloos, K.H.; Thomalla, W.: Zur Dauerhaltbarkeit von Schraubenverbindungen. Verbindungstechnik 11 (1979) H. 1, S. 11/24; H. 2, S. 27/33, H. 3, S. 31/37; H. 4, S. 22/29 oder Sonderdruck als RIBE Blauheft Nr. 22, Richard Bergner, Schwabach. Kloos, K.H.; Schneider, W.: Haltbarkeit exzentrisch beanspruchter Schraubenverbindungen. VDI-Z 126 (1984) Nr. 19, S. 741/50. Kober, A.: Schäden an großen Schraubenverbindungen, Spannungsanalyse – Bruchmechanik – Abhilfemaßnahmen. Maschinenschaden 59 (1986) H. 1, S. 1/9. Gudehus, H.: Betriebsfeste Dimensionierung großformatiger Dehnschrauben – Stand des Wissens und Empfehlungen für die Praxis. Bericht Nr. ABF 37, Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf (1986). Berger, C.; Arz, U.; Kaiser, B.; Landgrebe, R.: Gebrauchseigenschaften von Schraubenverbindungen für Leichtmetalle. In DVM-Bericht 802, S. 5–23, Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V., Berlin (2003). Huth, H.: Zum Einfluss der Nietnachgiebigkeit mehrreihiger Nietverbindungen auf die Lastübertragungs- und Lebensdauervorhersage. LBF-Bericht Nr. FB-172 (1985), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Mit diesen Veröffentlichungen werden allgemeine wie auch spezielle Fragen der Berechnung von Schrauben- und Nietverbindungen abgehandelt. Luftfahrttechnisches Handbuch – Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben vom Industrie-Ausschuss Strukturberechnungsunterlagen. MesserschmittBölkow-Blohm GmbH, München (1990). Das Handbuch Strukturberechnung enthält Richtlinien zur Bestimmung der Lebensdauer und der Ausfallwahrscheinlichkeit von hochbeanspruchten Schrau-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
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benverbindungen und Nietverbindungen des Flugzeugbaus und Hinweise auf die entsprechenden Datenquellen. Habenicht, G.: Kleben – Grundlagen, Technologien, Anwendungen. 4., erweiterte Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2003), ISBN 3-540-43340-6. Eine Übersicht zum aktuellen Stand der Klebstoffe und Klebeverbindungen sowie der Berechnung, Gestaltung und Qualitätssicherung metallischer und nichtmetallischer Fügeteile. Maßnahmen zur Schwingfestigkeitssteigerung Schütz, D.; Gerharz, J.J.: Zusammenstellung von Maßnahmen zur Steigerung der Schwingfestigkeit von Flugzeugkonstruktionen. LBF-Bericht Nr. FB-128 (1976), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Möglichkeiten der Schwingfestigkeitssteigerung durch geeignete Verfahren der Nachbehandlung. Festwalzen und Glattwalzen zur Festigkeitssteigerung von Bauteilen. Deutscher Verband für Materialprüfung, Berlin, Berichte der 8. Sitzung des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit in München (1982). Die Berichte vermitteln einen Überblick zum Stand der Technik und zu den vorliegenden Versuchsergebnissen zur Schwingfestigkeitssteigerung durch Festwalzen oder Glattwalzen. Jung, U.: Einfluss der Probengröße und der Festwalzparameter auf die Schwingfestigkeit bauteilähnlicher Proben, sowie Steigerung der TorsionsSchwingfestigkeit durch Festwalzen und Entwicklung eines computergestützten Optimierungskonzeptes. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 223 (1997). Etwa 1300 abgesetzte Rundproben aus Vergütungsstahl 42CrMo4, Kugelgraphitguss GGG-60 und AFP-Stahl 38MnVS5 im Durchmesserbereich von 8 bis 64 mm wurden unterschiedlich festgewalzt und unter Umlaufbiegung sowie wechselnder Torsion untersucht, um den Einfluss der Verfahrensparameter auf die Schwingfestigkeit zu ermitteln. Mit nichtlinearen FE-Methoden wurde das Festwalzen der Absatzkerben zur Berechnung des Eigenspannungsfeldes simuliert, um daraus eine Verfahrensoptimierung abzuleiten. Shot peening; science, technology, application. Herausgeg. von H. Wohlfahrt, R. Kopp, O.Vöhringer. DGM-Informationsgesellschaft mbH, Oberursel (1987), ISBN 3-88355-120-1. Proceedings einer internationalen Tagung zum Thema Kugelstrahlen und dessen Anwendung.
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Spur, G.; Stöferle, Th.: Handbuch der Fertigungstechnik, Bände 4/1 und 4/2: Abtragen, Beschichten, Wärmebehandeln. Hanser Verlag (1987). Eine Beschreibung der Verfahren und u.a. auch der erzielten Schwingfestigkeitssteigerung durch Verfahren der Wärmebehandlung wie Induktionshärten oder Einsatzhärten. Fessenmayer, W.; Günther, U.; Buschermöhle, H.; Sigwart, A.: Untersuchungen zum Einfluss der Oberflächenrauheit auf die Ermüdungsfestigkeit. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 156 (1995). Günther, U.; Fessenmayer, W.; Krämer, O.; Mauch, H.: Untersuchungen zum Einfluss der durch moderne Fertigungsverfahren gefertigten technischen Oberflächen auf die Ermüdungsfestigkeit. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft (262 (2001). Experimentelle Ergebnisse zur Beeinflussung der Schwingfestigkeit durch die durch Fräsen erzeugten technischen Oberflächen, gekennzeichnet durch Rautiefe und Eigenspannungen. Chatterjee-Fischer, R.: Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen – Nitrieren und Nitrocarburieren. Expert Verlag, Sindelfingen (1986), ISBN 3-8169-0076-3. Eine zusammenfassende Darstellung zum Thema Nitrieren und Nitrocarburieren mit umfangreichen Schrifttumshinweisen, auch zur Frage der Schwingfestigkeitssteigerung. Residual stresses in science and technology, Vol. 1 und Vol. 2. Herausgeg. von E. Macherauch und V. Hauk. DGM-Informationsgesellschaft mbH, Oberursel (1987), ISBN 3-88355-099-X und -100-7. Proceedings einer internationalen Konferenz zum Thema Eigenspannungen und deren Auswirkungen. Lowak, H.: Zum Einfluss von Bauteilgröße, Lastfolge und Lasthorizont auf die Schwingfestigkeitssteigerung durch mechanisch erzeugte Druckeigenspannungen. LBF-Bericht Nr. FB-157 (1981), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Aus den durchgeführten Wöhler- und Zufallslasten- und Einzelfolgen-Versuchen werden die maßgebenden Einflussgrößen erkennbar, die die Auswirkung von Eigenspannungen auf die Schwingfestigkeit in der Anriss- und in der Rissfortschrittsphase bestimmen. Einfluss des Spannungsarmglühens bei Schweißverbindungen. Zum Einfluss des Spannungsarmglühens auf die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus Baustahl: Siehe auch unter Daten für Schweißverbindungen bei den Wöhlerlinienkatalogen von Olivier und Ritter.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
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Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Maßnahmen zur Rissverzögerung an schwingbeanspruchten Stahlkonstruktionen. Bericht ABF 13/1 (1979), Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Maßnahmen zur Rissverzögerung an schwingbeanspruchten Stahlkonstruktionen unter regelloser Belastung. Bericht ABF 25 (1982), Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Untersuchung von Rissverzögerungsmaßnahmen an unsymmetrischen Rissen. Bericht ABF 32 (1985),Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. Oberparleiter, W.; Schütz, W.: Erhöhung der Lebensdauer angerissener Wellen durch Ausdrehen der Risse und Kugelstrahlen. Bericht ABF 13/2 und ABF 26 (in einem Band) (1982), Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. Untersucht wurden Maßnahmen, die geeignet sind, die weitere Ausbreitung von im Betrieb aufgetretenen Schwinganrissen zu verlangsamen. Daten für Schweißverbindungen Radaj, D.: Gestaltung und Berechnung von Schweißkonstruktionen. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 82, Deutscher Verlag für Schweißtechnik, Düsseldorf (1985). Dieses Fachbuch behandelt die Fragen der Gestaltung und Berechnung schwingbeanspruchter Schweißverbindungen nach heutigem Stand der Technik. Es enthält einen Abriss zu den allgemeinen Berechnungsgrundlagen sowie spezielle Hinweise zur Berechnung geschweißter Bauelemente, ergänzt durch eine Übersicht zu Regelwerken, die die Bemessung schwingbeanspruchter Schweißverbindungen betreffen. Einige richtungweisende bzw. neuere Regelwerke oder Empfehlungen sind nachstehend parallel oder ergänzend dazu genannt. Radaj, D.; Sonsino, C. M.: Fatigue assessment of welded joints by local approaches. Abbington Publishing, Woodhead Publishing, Abbington Hall, Abbington, Cambridge, England (1998). ISBN 1-85573-403-6. Desgl. als stark gekürzte Fassung in Deutsch: Ermüdungsfestigkkeit von Schweißverbindungen nach lokalen Konzepten. Fachbuchreihe Schweißtechnik 142, Verlag für Schweißen und verwandte Verfahren, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf (2000), ISBN 3-87155-191-0. Die Originalfassung (in Englisch) vermittelt einen detaillierten Überblick über die existierende Vielzahl von Varianten lokaler Konzepte zur Berechnung der Schwingfestigkeit von Naht- und Punktschweißverbindungen, sowie einen Vergleich deren Potenziale, Probleme und Grenzen. Etude comparative des regles de calcul a la fatigue des structures soudees. Bericht EUR 7757 FR, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg (1981).
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5 Anhang
Ein einheitliches Schema zum Vergleich der in den verschiedenen Ländern der Europäischen Gemeinschaft geltenden Regelwerke für die Berechnung schwingbeanspruchter Schweißverbindungen zeigt, dass nach diesen Regelwerken in der Höhe der zulässigen Spannungen sehr große Unterschiede bestehen. DIN 15 018: Krane, Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung. Beuth Verlag, Berlin (1984). DASt 011: Hochfeste schweißgeeignete Feinkornbaustähle StE460 und StE690, Anwendung für Stahlbauten. DASt-Richtlinie 011, Stahlbau-Verlag, Köln (1979). Diese beiden Regelwerke beziffern nach gleichartigem Schema die ertragbaren Spannungen für Schweißverbindungen aus üblichen Baustählen (St 37, St 52) und aus höherfesten Feinkornbaustählen (StE 460, StE 690), und zwar in Abhängigkeit von typisierten Kollektivformen (schwer, mittel, leicht) von der geforderten Lebensdauer (Anzahl der Schwingspiele), von der Kerbfallzuordnung der betreffenden Verbindungsform, sowie von dem Spannungsverhältnis. Dieses erstmals mit der DIN 15 018 entwickelte Bemessungskonzept nach Grundsätzen der Betriebsfestigkeit wurde so oder leicht abgewandelt in zahlreiche andere Regelwerke übernommen. Nach heutigem Erkenntnisstand sind die mit diesen Regelwerken festgelegten zulässigen Spannungen in einigen Punkten zu revidieren, Abschn. 3.1.2. Insbesondere erscheinen die für wechselnde Beanspruchung (– 1 < R < 0) geltenden zulässigen Spannungen um einiges zu hoch, wenn ungünstige Schweißeigenspannungen vorliegen, wie sie bei Bauteilschweißungen als die Regel gelten müssen. Ebenfalls zu hoch sind die zulässigen Spannungen für die Beanspruchungsgruppe B6 bei konstanter Amplitude (Kollektiv S3) und Schwingspielzahlen > 2 · 106; für diesen Fall fehlt eine Beanspruchungsgruppe B7. Andererseits sollten die für den Schwellbereich (R > 0) zulässigen Spannungen nicht die vorgegebene starke Abminderung bei höherem Spannungsverhältnis erfahren. Die für R = 0 angegebenen zulässigen Oberspannungen sind etwa den heute nach dem Ds-Konzept (s.u.) als zutreffend erachteten Spannungen vergleichbar, wenn sie R-unabhängig angesetzt werden. ECCS-T6 „Fatigue“: Recommendations for the fatigue design of steel structures. Europäische Konvention für Stahlbau (EKS), Generalsekretariat, Brüssel (1985). Hobbacher, A.: Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindungen und Bauteile (Recommendations for fatigue design for welded joints and components). International Institute of Welding (IIW/IIS), Doc. XIII-153996/XV-845-96. Deutscher Verlag für Schweißtechnik, DVS-Verlag (1997). Bei den ECCS-Empfehlungen handelt es sich um die Gemeinschaftsarbeit einer internationalen Expertengruppe, vorgesehen als Grundlage für die Schaffung künftig einheitlicher nationaler Normen und Vorschriften zum Nachweis der Betriebsfestigkeit von Stahlkonstruktionen. Sie entstanden aus einer Zu-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
677
sammenfassung und einem Angleich international anerkannter Grundsätze und Auswertungen nach dem seinerzeit vorliegenden Erkenntnisstand. Die IIW-Empfehlungen stellen eine ebenfalls international erarbeitete Weiterentwicklung und Erweiterung der ECCS-Empfehlungen nach aktuellem Erkenntnisstand dar. In beiden Ausarbeitungen fehlen jedoch Angaben über die Sicherheitszahlen, die beim Ableiten der als zulässig angegebenen Spannungen in Ansatz kamen. Bei nicht konstanter Spannungsamplitude wird die Anwendung der Miner-Regel empfohlen. Beachtenswerte Unterschiede gegenüber der DIN 15018 bestehen vor allem in der Kerbfallzuordnung der konstruktiven Details, im Verlauf der Wöhlerlinien, die sich mit einer Neigung k = 3 bis auf 5 · 106 Schwingspiele fortsetzen, und – mit dem Hinweis auf die in geschweißten Bauteilen zu unterstellenden ungünstigen Schweißeigenspannungen – in R-unabhängigen zulässigen Spannungen, hingegen in R-abhängigen Spannungen für spannungsarm-geglühte oder -gefertigte Schweißverbindungen, ebenso über die Größe der zugrunde gelegten Sicherheitszahlen. Olivier, R.; Ritter, W.: Wöhlerlinienkatalog für Schweißverbindungen aus Baustählen. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf. DVS-Bericht Nr. 56/I, DVS-Bericht Nr. 56/II, DVS-Bericht Nr. 56/III, DVS-Bericht Nr. 56/IV, DVS-Bericht Nr. 56/V,
Teil 1: Stumpfstoß. Teil 2: Quersteife. Teil 3: Doppel-T-Stoß. Teil 4: Längssteife. Bolzenschweißung, Teil 5: Halskehlnaht, Brennschnitt, Gurtplatten.
Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien der genannten Schweißverbindungen aus Baustahl. Erfassen der Einzelergebnisse in einheitlicher Tabellenform und einheitliche, normierte Auftragung der Wöhlerlinien. Zusammenfassende statistische Auswertung der daraus zu entnehmenden Schwingfestigkeits-Kennwerte. Veranschaulichung der zwischen nominell gleichartigen Versuchsreihen bestehenden Unterschiede und der maßgeblichen Einflüsse, insbesondere auch von Eigenspannungen bzw. eines Spannungsarmglühens. Haibach, E.; Atzori, B.: A statistical re-analysis of fatigue test results on welded joints in AlMg5 – Description of the procedure and documentation of the evaluated test series. LBF-Bericht Nr. FB-116 (1974), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus AlMg5 und Aufarbeitung ähnlich den Wöhlerlinienkatalogen von Olivier und Ritter. Olivier, R.; Ritter, W.: Schwingfestigkeitssteigerung an Schweißverbindungen durch unterschiedliche Nachbehandlungen – Statistische Auswertung von
678
5 Anhang
Schwingfestigkeitsdaten aus dem Schrifttum. Paper 9.6 in: Stahl in Meeresbauwerken, Bericht EUR 7347 DE, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg (1982). Statistisch aufbereitete Daten zur schwingfestigkeitssteigernden Nachbehandlung von Schweißverbindungen durch Schleifen, durch Kugelstrahlen oder Hämmern, oder durch nochmaliges WIG- oder Plasma-Aufschmelzen des Nahtübergangs. Munse, H.W.; Wilbur, T.W.; Tellalian, M.L.; Nicoll, K.; Wilson, K.: Fatigue characterization of fabricated ship details for design. Department of Civil Engineering, University of Illinois, Urbana-Champain. Bezug: National Technical Information Service, Springfield, VA 22161, USA, (1983), oder IIWDokument XIII-1154 (1984). Dieser Bericht vermittelt einen ausführlichen Überblick über schiffbautypische Schweißdetails mit einer zusammenfassenden Auswertung der für solche Details verfügbaren Schwingfestigkeitswerte und die daraus mit einem angemessenen Sicherheitsfaktor abzuleitenden zulässigen Spannungen, sowohl für konstante Amplituden wie auch für die für Schiffe anzusetzenden Beanspruchungsabläufe mit veränderlichen Amplituden, basierend auf der Miner-Regel. Den schiffbautypischen Details vergleichbare Schweißdetails finden sich auch in zahlreichen anderen Schweißkonstruktionen, die orthotrope Aussteifungen und Ausschnitte aufweisen. NRIM Fatigue Data Sheets des National Research Institute for Metals, Tokio, Japan. Statistisch belegte Schwingfestigkeitsdaten für Schweißverbindungen aus Wöhlerversuchen und Rissfortschrittsversuchen, ermittelt unter Einbeziehung werkstoff- und fertigungsbedingter Streueinflüsse. Olivier, R.; Greif, M.; Oberparleiter, W.; Schütz, W.: Untersuchungen zur Korrosionsermüdung von Offshore-Konstruktionen unter einstufiger Belastung, Paper 2.4, bzw. … unter seegangtypischer Belastung, Paper 7.1 in: Stahl in Meeresbauwerken, Bericht EUR 7347 DE, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg (1982). Olivier, R.; Grimme, D.; Lachmann, E.; Müsgen, B.: Untersuchungen zur Betriebsfestigkeit von geschweißten Offshore-Konstruktionen in Meerwasser. Stahl und Eisen 106 (1985) Nr. 1, S. 55/61. Olivier, R.; Rückert, H.: Schwingfestigkeit feuerverzinkter Schweißverbindungen ohne und mit Korrosion. Schweißen und Schneiden 37 (1985) Nr. 10, S. 519/23. Olivier, R.: Zur Schwingungsrisskorrosion feuerverzinkter Schweißverbindungen unter Dauertauch- und Wechseltauchbeanspruchung. Werkstoffe und Korrosion 37 (1986) Nr. 4, S. 169/75.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit
679
Greif, M.; Olivier, R.: Schwingfestigkeit von Kehlnaht-Schweißverbindungen in Abhängigkeit von Blechdicke, Nahtdicke und Schweißverfahren. LBF-Bericht Nr. FB-163 (1982), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Es handelt sich hier um Untersuchungen zur Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen unter dem korrosiven Einfluss künstlichen Meerwassers. Haibach, E.: Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus der Sicht einer örtlichen Beanspruchungsmessung. LBF-Bericht Nr. FB-77 (1968), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Haibach, E.; Köbler, H.-G.: Beurteilung der Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus AlZnMg1 auf dem Weg einer örtlichen Dehnungsmessung. Teil 1: LBF-Bericht Nr. TB-111 (1978), Teil 2: LBF-Bericht Nr. TB-112 (1978), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt. Iida, K.: Application of hot spot strain concepts to fatigue life prediction. IIWDoc XIII-1103-83, beziehbar über Deutscher Verband für Schweißtechnik, Düsseldorf. Nach diesen Veröffentlichungen kann der Betriebsfestigkeits-Nachweis auf der Grundlage der Spannungs- oder Dehnungsamplituden vorgenommen werden, die örtlich an der Schweißnaht entweder als Strukturspannung zu berechnen oder mit Dehnungsmessstreifen zu messen sind. Luftfahrttechnisches Handbuch – Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben von der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, München (1983). Das Handbuch Strukturberechnung behandelt die schweißbaren Werkstoffe, Schweißverfahren und konstruktiven Details des Flugzeugbaus. Bruchmechanische Bewertung von Fehlern in Schweißverbindungen. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 101. Verlag für Schweißen und verwandte Verfahren, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf (1996), ISBN 3-87155-162-7. Proposed fatigue clause for Britisch Standard published document dealing with acceptance levels for welded defects. IIW-Doc. XIII-(92-78. Zu beziehen von Deutscher Verband für Schweißtechnik, Düsseldorf. Diese Unterlagen vermitteln Anhaltswerte und Vorgehensweise zum Beurteilen festgestellter oder anzunehmender Fehler in Schweißverbindungen anhand bruchmechanischer Betrachtungen.
6 Schrifttumshinweise
Schadensfälle 1. Pohl, E.: Das Gesicht des Bruches metallischer Werkstoffe, Band I–III, Band I mit einem Vorwort von M. Pfender. Allianz Versicherungs-AG, München und Berlin (1956). 2. Naumann, K.F.: Das Buch der Schadensfälle, Untersuchen – Beurteilen – Vermeiden. Riederer-Verlag GmbH, Stuttgart (1980). 3. NN: Der Todeszug, Anatomie einer Katastrophe. Stern, Nr. 34 vom 16. 08. 2001, S. 24ff. 4. Kühlwetter, H. J. bzw. Kühlwetter, H. J.; et al.: Der Prozess um den Unfall Eschede – Juristischer Maßstab des technischen „Vorhersehenmüssens“ oder der technischen Unabwendbarkeit? Eisenbahn-Revue ab Heft 1/2003, S. 13/14, Heft 3/2003, S. 112/117, und folgende. 5. Hobbacher, A.: Schadenuntersuchung zum Unglück des Halbtauchers „Alexander L. Kielland“. Maschinenschaden 56 (1983) Nr. 2, S. 42/48. 6. Allianz – Handbuch der Schadenverhütung. Allianz Versicherungs-AG, 1. Auf., München und Berlin (1972); 3. Aufl., VDI-Verlag, Düsseldorf (1984). 7. Ungerer,W.: Ermüdungsschäden im Schwermaschinenbau: Schadensschwerpunkte in Hüttenwerken. Betriebsforschungsinstitut, Bericht Nr. 553, Düsseldorf (1975). 8. Müller, U.: Ermüdungsschäden an Maschinen- und Stahlbauteilen von Hüttenwerksanlagen. Betriebsforschungsinstitut, Bericht Nr. 888, Düsseldorf, 1982. 9. Huth, H.; Schütz, D.: Sammlung und Analyse von im Betrieb von Luftfahrzeugen aufgetretenen Ermüdungsschäden. Forschungsbericht Wehrtechnik Nr. 79–10, Bundesministerium der Verteidigung, Bonn (1979). 10. Blick durch die Wirtschaft 2.12.1997. 11. Schönfeldt, H.: Anwenderprobleme zur Betriebsfestigkeit in Schiffbau und Meerestechnik. In: DVS Berichte Band 88, S. 17/21. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf (1984). 12. Siebke, H.: Betriebsfestigkeit – bemessen oder konstruieren. In: DVS Berichte Band 88, S. 25/35. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf (1984). Allgemeine Grundlagen 13. Gaßner, E.: Begriffsbestimmungen der Betriebsfestigkeit. In: Lueger, Lexikon der Technik, Band Fahrzeugtechnik. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart (1967). 14. Gaßner, E.: Festigkeitsversuche mit wiederholter Beanspruchung im Flugzeugbau. Luftwissen 6 (1939) Nr. 2, S. 61/64. 15. Gaßner, E.: Ergebnisse aus Betriebsfestigkeits-Versuchen mit Stahl- und Leichtmetallbauteilen. Bericht 152, Lilienthal-Gesellschaft für Luftfahrtforschung, Berlin (1942), S. 13/23.
682
6 Schrifttumshinweise
16. Gaßner, E.: Betriebsfestigkeit, eine Bemessungsgrundlage für Konstruktionsteile mit statistisch wechselnden Betriebsbeanspruchungen. Konstruktion 6 (1954) Nr. 3, S. 97/104. 17. Gaßner, E.: Bedeutung der Betriebsfestigkeit für die Konstruktionsforschung. Manuskript eines Vortrags beim Werkstoffkolloquium der Technischen Universität Karlsruhe (1976). 18. Svenson, O.: Beanspruchungskollektiv – Betriebsfestigkeit – Leichtbau. Leichtbau der Verkehrsfahrzeuge 14 (1970) H. 5, S. 178/84. 19. Bierett, G.: Einige wichtige Gesetze der Betriebsfestigkeit geschweißter Bauteile aus Stahl. Schweißen und Schneiden 24 (1972) H. 11, S. 429/34. 20. Griese, F.W.: Steigerung der Verfügbarkeit von Hüttenwerksanlagen unter besonderer Berücksichtigung der Bauteillebensdauer. Stahl u. Eisen 91 (1971) Nr. 8, S. 439/46. 21. Haibach, E.: Probleme der Betriebsfestigkeit von metallischen Konstruktionsteilen. VDI-Z 113 (1971) Nr. 5, S. 397/403. 22. Buxbaum, O.; Haibach, E.: Zur Systematik des Betriebsfestigkeitsversuchs im Fahrzeugbau. Materialprüfung 17 (1975) Nr. 6, S. 173/75. 23. Werkstoff- und Bauteilprüfung sowie Betriebslastensimulation – Ausgewählte Beispiele. Herausgegeben von G. Jacoby. Werkstofftechnische Verlagsgesellschaft, Karlsruhe (1981); erhältlich auf Anfrage von Carl Schenck, AG, Darmstadt. 24. Luftfahrttechnisches Handbuch – Handbuch Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben vom Industrie-Ausschuss Strukturberechnungsunterlagen. MesserschmittBölkow-Blohm, München (1990). 25. Verhalten von Stahl bei schwingender Beanspruchung, Berichte zum Kontaktstudium „Werkstoffkunde Eisen und Stahl III“. Herausgegeben von W. Dahl. Verlag Stahleisen, Düsseldorf (1978). 26. Dubbel – Taschenbuch für den Maschinenbau. 20. Aufl. Herausgegeben von W. Beitz und K.-H. Grote. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (2001). 27. Issler, L.; Ruoß, H.; Häfele, P.: Festigkeitslehre – Grundlagen, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1995). 28. Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung. Empfehlung zur Lebensdauerabschätzung von Maschinenbauteilen. 3. Aufl. Herausgegeben vom Verein zur Betriebsfestigkeitsforschung (VBFEh) im Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh), 2.Aufl. (1995). 29. Zammert, W.-U.: Betriebsfestigkeitsberechnung. Grundlagen, Verfahren und technische Anwendungen. Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig (1985). 30. Buch, A.: Fatigue strength calculation. Materials Science Surveys No. 6., Trans Tech Publications, Switzerland, Germany, UK, USA (1988). 31. Seeger, T.: Grundlagen für Betriebsfestigkeitsnachweise. Kapitel-Folge 12, S. 5/123 in: Stahlbau Handbuch – Für Studium und Praxis, Band 1. Stahlbau-Verlagsgesellschaft mbH, Köln (1996). 32. Radaj, D.: Gestaltung und Berechnung von Schweißkonstruktionen – Ermüdungsfestigkeit. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 82. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf (1985). 33. Radaj, D.: Ermüdungsfestigkeit – Grundlagen für Leichtbau, Maschinen- und Stahlbau. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2003), ISBN 3-540-44063-1. 34. Radaj, D.; Sonsino, C.: Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen nach lokalen Konzepten. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 142, Verlag für Schweißen und verwandte Verfahren DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf (2000). 35. Veröffentlichungen, Berichte und Technische Mitteilungen des Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), früher Laboratorium für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt. 36. Unveröffentlichte Berichte und Unterlagen, u.a. Abb. 2.3–23, 3.5–11, 3.5–17 und 3.5–18. Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), früher Laboratorium für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt.
6 Schrifttumshinweise
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37. Berichtsbände zu Sitzungen des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit. Herausgegeben vom Deutschen Verband für Materialforschung und -prüfung e.V., Berlin. 38. Berichte des Verein zur Förderung der Forschung und der Anwendung von Betriebsfestigkeitskenntnissen in der Eisenhüttenindustrie (VBFEh), ABF-Berichte. Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. 39. DIN 50100: Dauerschwingversuch. Begriffe, Zeichen, Durchführung, Auswertung. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1978). 40. DIN EN 10002: Zugversuch, Teil 1 bis 5. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1991). 41. DIN 15018: Krane. Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1984). 42. DIN 18800 Stahlbauten, Bemessung und Konstruktion. Insbesondere Teil 1 in Verbindung mit DASt-Richtlinie 008 (Traglastverfahren). Beuth Verlag, Berlin, Köln (1990). 43. Hobbacher, A.: Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindungen und Bauteile (Recommendations for fatigue design for welded joints and components). International Institute of Welding (IIW/IIS), Doc. XIII-1539-96/XV-845-96. Deutscher Verlag für Schweißtechnik, DVS-Verlag (1997). 44. FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile aus Stahl, Eisenguss- und Aluminiumwerkstoffen. 5., erweiterte Ausgabe 2003. VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2003), ISBN 3-8163-0479-6. 45. Festigkeitsberechnung metallischer Bauteile, Empfehlungen für Konstrukteure und Entwicklungsingenieure. VDI Berichte 1227. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf (1995). 46. Festigkeitsberechnung metallischer Bauteile, Empfehlungen für Entwicklungsingenieure und Konstrukteure. VDI Berichte 1442 (1998) und VDI-Berichte 1689 (2002). VDI-Verlag, Düsseldorf. 47. FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile, 2. Ausgabe. VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2004), ISBN 3-8163-0482-6. 48. Eurocode 3: Design of steel structures; Part 1.1: Generalrules for buildings; Chapter 9: Fatigue. CEN (1992). 49. AD-Merkblatt S2. Berechnung gegen Schwingbeanspruchung. AD-Regelwerk. CarlHeymanns Verlag KG, Köln (1998). 50. Germanischer Lloyd: Klassifikations- und Bauvorschriften, I Schiffstechnik, Teil 1 – Seeschiffe, Kapitel 1 Schiffskörper. Selbstverlag, Hamburg (1997). 51. Hinweise auf verfügbare Rechnerprogramme. Auf Anfrage erhältlich vom Verfasser, Augustastraße 15, 65189 Wiesbaden. Wöhlerversuche, s. auch [23, 27, 35, 39] 52. Finney, J.M.; Mann, J.Y.: Fatigue S/N data in relation to variability in predicted life. Proc. of a Symposium on Aircraft Structural Fatigue, Aeronautical Research Laboratories, Melbourne (1976). 53. Fatigue investigation of typical welded joints in steel Fe E 460 as compared to steel Fe E 355 – Final report of a common investigation by seven European laboratories. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Luxembourg, EUR-Bericht Nr. 6340 en (1979); identisch mit LBF-Bericht Nr. FB-147 (1979) [35]. 54. Schütz, W.: Zeit- und Betriebsfestigkeit gekerbter Flachstäbe aus 3.4364.7. LBF-technische Mitteilung TM 43/68 (1968) [35]. 55. Schütz, W.: Über eine Beziehung zwischen der Lebensdauer bei konstanter und bei veränderlicher Beanspruchungsamplitude und ihre Anwendbarkeit auf die Bemessung von Flugzeugbauteilen. Z. f. Flugwissenschaften 15 (1967) H. 11, S. 407/419.
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Statistische Versuchsauswertung 56. Kreysig, E. Statistische Methoden und ihre Anwendungen. 4. Auflage. Vandenhoek u. Puprecht, Göttingen (1973). 57. Wartmann, R.: Einführung in die mathematische Statistik. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1969). 58. Natrella, M.G.: Experimental statistics handbook 91. U.S.Department of Commerce, National Bureau of Standards, Washington, D.C. (1966). 59. Handbuch der Qualitätssicherung. Herausgegeben von W. Masing. Carl Hanser Verlag, München, Wien (1980) (insbesondere Teil 3: Statistische Verfahren). 60. Dengel, D.: Planung und Auswertung von Dauerschwingversuchen bei angestrebter statistischer Absicherung der Kennwerte. In [25], S. 23/46. 61. Maennig, W.-W.: Entwicklung bei der Planung und Auswertung von Schwingfestigkeitsversuchen. In [37], Berichtsband der 6. Sitzung (1981) S. 103/31. 62. Rossow, E.: Eine einfache Rechenschiebernäherung an die den normal scores entsprechenden Prozentpunkte. Qualitätskontrolle 9 (1964) Nr. 12, S. 146/47. 63. Henning, H.J.; Wartmann R.: Stichproben kleinen Umfangs im Wahrscheinlichkeitsnetz. Mitteilungsbl. math. Statistik 9 (1957) S. 168/81. 64. Dixon, W.J.; Wood, A.M.: A method for obtaining and analyzing sensitivity data. J. Am. Statistical Ass. 43 (1948) S. 108/26. 65. Bühler, H.; Schreiber, W.: Lösung einiger Aufgaben der Dauerschwingfestigkeit mit dem Treppenstufen-Verfahren. Arch. Eisenhüttenwesen 28 (1957) H. 3, S. 153/56. 66. Haibach, E.: Die Dauerfestigkeit von Schweißverbindungen bei Grenzlastspielzahlen größer als 2 · 106. Arch. Eisenhüttenwesen 42 (1971) Nr. 12, S. 901/08. 67. Hück, M.: Ein verbessertes Verfahren für die Auswertung von Treppenstufenversuchen. In [37], Berichtsband der 6. Sitzung (1981), S. 147/76. Normierte Wöhlerlinien, s. auch [240, 241, 258] 68. Haibach, E.: Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus der Sicht einer örtlichen Beanspruchungsmessung. LBF-Bericht Nr. FB-77 (1968) [35]. 69. Olivier, R.; Ritter, W.: Wöhlerlinienkatalog für Schweißverbindungen aus Baustählen. DVS-Berichte Band 56 I bis V, Deutscher Verlag für Schweißtechnik, Düsseldorf (1979–1985). 70. Ritter, W.: Kenngrößen der Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Stählen. Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, Technische Hochschule Darmstadt, Heft 53 (1994). 71. Haibach, E.; Atzori, B.: Ein statistisches Verfahren für das erneute Auswerten von Ergebnissen aus Schwingfestigkeitsversuchen und für das Ableiten von Bemessungsunterlagen, angewandt auf Schweißverbindungen aus AlMg5. Aluminium 51 (1975) Nr. 4, S. 267/72. 72. Haibach, E.; Matschke, Ch.: Normierte Wöhlerlinien für ungekerbte und gekerbte Formelemente aus Baustahl. Stahl und Eisen 101 (1981) Nr. 3, S. 21/27. 73. Haibach, E.; Matschke, C.: The concept of uniform scatter bands for analyzing S-N curves of unnotched and notched specimens in structural steel. In: ASTM STP 770, American Society for Testing and Materials (1982), S. 612/29. 74. Spindel, J.E.; Haibach, E.: The method of maximum likelihood applied to the statistical analysis of fatigue data including run-outs. Int. J. Fatigue 1 (1979) Nr. 2, S. 81/88. 75. Spindel, J.E.; Haibach, E.: Some considerations in the statistical determination of the shape of S-N curves. In: ASTM STP 744, American Society for Testing and Materials (1981), S. 89/113.
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6 Schrifttumshinweise
701
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6 Schrifttumshinweise
456. 457. 458.
459. 460. 461. 462.
705
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7 Verwendete Formelzeichen
Einzelne Formelzeichen haben, je nach dem Zusammenhang, in dem sie verwendet werden, eine teils unterschiedliche Bedeutung, Abschn. 1.2.2. In der nachstehenden Auflistung ist deshalb neben dem Formelzeichen und seiner verbal erläuterten Bedeutung zusätzlich angegeben, in welchem Abschnitt das Formelzeichen in seiner jeweiligen Bedeutung definiert ist.
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
A
2.1.6
A A A Aäq Ar A0 … A3 a a a a a a a a* a* ac ad
2.3.7 3.1.1 3.2.5 3.5.6 3.4.10 3.4.9 2.1.3 2.3.7 3.1.2 3.1.6 3.3.5 3.4.1 3.5.6 3.4.8 3.4.9 3.4.3 3.3.5
ae ae aGH
3.3.5 3.4.6 3.1.6
Parameter bei der Auswertung von Treppenstufenversuchen Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix Fläche des Nennquerschnitts Konstante des angesetzten Polynoms spannungsäquivalente Oberfläche Fläche des nicht gerissenen Restquerschnitts Parameter in der Formel nach Newman Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung Spanne beim Verfahren der Übergangsmatrix Kehlnahtdicke Auslastungsgrad Kennwert im Schädigungsparameter PB Risslänge Größe der Fehlstelle Risslänge ohne den Einfluss der Spitzenlast Eigenrisslänge kritische Risslänge Kennwert a für Druck im Schädigungsparameter PB Endrisslänge für kurze Risse Endrisslänge bei der numerischen Integration Auslastungsgrad nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese
708
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
ai aij aNH
3.4.8 2.3.7 3.1.6
ao as au
3.4.2 3.4.8 3.5.6
au0 au1 az a0
3.5.6 3.5.6 3.3.5 3.4.6
a0 … az a1 , a2 ,…
3.4.7 3.4.6
a1 … a3 aI , aII ,… aa j ab j ac B B
3.4.7 3.1.6 2.3.7 2.3.7 3.1.3 2.1.3 2.1.6
B B B B0 …Bz b b b b bN
2.3.7 3.2.5 3.4.3 3.4.3 2.1.3 3.1.1 3.3.1 3.5.2 3.5.5
bS
3.5.5
b0
3.3.7
b1…b3 bc
3.5.6 3.1.3
Risslänge beim Schwingspiel i Element in der Matrix der Übergangshäufigkeiten Auslastungsgrad nach der NormalspannungsHypothese Anfangsrisslänge Risslänge beim Auftreten der Spitzenlast charkteristische Fehlstellengröße nach der Extremwertverteilung maximale Fehlergröße im Volumen V0 maximale Fehlergröße im Volumen V1 Kennwert a für Zug im Schädigungsparameter PB Anfangswert der Risslänge bei der numerischen Integration Risslängen für die Funktionswerte B0 … Bz momentane Risslängen bei der numerischen Integration Risslängen, a1 < a2 < a3 Auslastungsgrad aus Belastung I, II, usw. Häufigkeit für Übergang aus Klasse a Häufigkeit für Übergang aus Klasse b Konstante zur Berechnung von c Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung Parameter bei der Auswertung von Treppenstufenversuchen Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix Konstante des angesetzten Polynoms Integrant bei der numerischen Integration Funktionswerte von B Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung Breite des Nennquerschnitts zyklischer Spannungs-Exponent des Werkstoffs Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung entsprechend TN Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung entsprechend TS zyklischer Schubspannungs-Exponent des Werkstoffs Ausfallsteilheiten nach der Extremwert-Verteilung Konstante zur Berechnung von c
7 Verwendete Formelzeichen
709
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
C C C C C Ca Cm
2.1.5 2.3.6 3.2.5 3.4.1 3.4.2 3.4.8 2.1.6
Cp
3.4.8
Cs
2.1.6
c c c c
2.1.3 3.3.1 3.3.3 3.5.3
cij, k (s) c0 c1 … c3 D
3.3.3 3.3.7 3.3.3 2.3.7
D – D
3.2.1 3.2.11
D
3.3.1
D D (…)
3.5.6 3.4.9
DB
3.2.12
Di Di Dj
2.3.7 3.2.1 3.2.9
DSo-Koll DSWT
2.2.1 3.3.5
DSWT, i
3.3.5
Vertrauenswahrscheinlichkeit Scheitelfaktor eines Zufallsprozesses Konstante des angesetzten Polynoms Integrationsweg für das J-Integral Konstante der Rissfortschrittsgleichungen Freiwert beim Loseq-Modell Parameter bei der Auswertung von Treppenstufenversuchen Verzögerungsfaktor des Rissfortschritts im Wheeler-Modell Parameter bei der Auswertung von Treppenstufenversuchen Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung zyklischer Dehnungs-Exponent des Werkstoffs Lastfaktor anzupassender, die Kollektivform bestimmender Exponent Proportionalitätsfaktoren zyklischer Schiebungs-Exponent des Werkstoffs Proportionalitätsfaktoren Differenzwert (Parameter) beim Verfahren der Übergangsmatrix Schädigungsssumme Mittelwert (50%-Wert) der für Bruch errechneten Schädigungssummen Parameter in der Modified Universal Slopes Equation Bruttoquerschnitt des gekerbten Rundstabes Schädigungsbeiträge für Abschnitte des Lastablaufs von D = 1 abweichend vorgegebene Schädigungssumme für Bruch Differenzwert D für die Teilzeile bzw. Klasse i Schädigung auf dem Spannungshorizont i Schädigungsteilsumme bei beliebigem Wert der Dauerfestigkeit Schädigung des Sonderkollektivs mit PSWT errechnete Schädigung beim Schädigungsparameter PHa Schädigung DSWT für das i-te Schwingspiel
710
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
DV
3.2.12
DZ
3.3.5
DZ, i DI … DIII D1 D1
3.3.5 2.2.1 3.2.1 3.2.8
D2 D2
3.2.1 3.2.8
D3 D3
3.2.1 3.2.9
D4
3.2.9
D6 d d
3.2.7 2.1.6 3.2.9
d d d da / dn (da / dn)* E E¢
3.3.1 3.4.9 3.5.6 3.4.2 3.4.2 3.3.1 3.4.1
E( ) Ep(i) e e*
2.1.7 3.3.3 3.3.3 3.3.3
ea
3.3.3
ertr…
1.2.2
F
2.1.6
Schädigungssumme für die durch Versuche belegte Kollektivform Zusatzschädigung nach dem Schädigungsparameter PHa Zusatzschädigung DZ für das i-te Schwingspiel Schädigung der Teilkollektive I bis III Schädigung auf dem Spannungshorizont 1 Schädigung durch die Kollektivstufen oberhalb der Dauerfestigkeit Schädigung auf dem Spannungshorizont 2 Schädigung durch die Kollektivstufen unterhalb der Dauerfestigkeit Schädigung auf dem Spannungshorizont 3 aus den Stufen i = 1 bis 3 entstehende Schädigungssumme aus den Stufen i = 1 bis 4 entstehende Schädigungssumme Schädigung durch die Kollektivstufe 6 Stufenteilung bei Treppenstufen-Versuchen i = 1 bis d: Stufen oberhalb der abgeminderten Dauerfestigkeit SD (D) Exponent zur Mitteldehnungs-Formel Abklingfaktor beim Modell Fatica Nettoquerschnitt des gekerbten Rundstabes Rissfortschrittsrate Bezugswert der Rissfortschrittsrate Elastizitäztsmodul des Werkstoffs Elastizitätsmodul im ebenen Spannungsbzw. Verformungszustand statistischer Erwartungswert Rechengröße im Mróz-Modell (elastisch-plastische) Nenndehnung Rechengröße bei der erweiterten Neuber-Regel oder Seeger-Formel elastisch-plastische Nenndehnungsamplitude ertragbarer Beanspruchungs- oder Lebensdauerwert Parameter bei der Auswertung von Treppenstufenversuchen
7 Verwendete Formelzeichen
711
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
F – Fa
3.1.1 3.5.5
F(a) FAT
3.5.6 3.1.4
FAT0
3.1.4
Fij Fx Fy f fB (x)
2.3.7 3.1.6 3.1.6 2.3.1 3.5.1
f(D) fF (x)
3.2.8 3.5.1
fg fi fO fOT fT f (teff) fws fwt fz G GA (w) GE (w)
2.2.6 2.1.6 3.1.3 3.1.3 3.1.3 3.1.4 3.1.3 3.1.3 2.2.6 3.4.1 2.3.2 2.3.2
G( f ) Gx (w) Gy (w) G(w) g(x)
2.3.1 3.1.6 3.1.6 2.3.2 3.5.6
g(x,y)
3.5.6
g(x, y, z)
3.5.6
Normalkraft Prüfkraftamplitude im BetriebsfestigkeitsVersuch Größenverteilung der Fehlstellen Schwingfestigkeitsklasse einer Schweißverbindung als Nennspannung Schwingfestigkeitsklasse einer Schweißverbindung als Kerbspannung Flächenelement in der m,a-Ebene Einwirkende Kraft in x-Richtung Einwirkende Kraft in y-Richtung Frequenz Streuverteilung der einwirkenden transformierten Beanspruchung xB eine Funktion der Schädigung D Streuverteilung der ertragbaren transformierten Beanspruchung xF Frequenz der Grundschwingung Anzahl der Versuche auf der Spannungsstufe i Oberflächenfaktor kombinierter Oberflächen- und Technologiefaktor Technologiefaktor Blechdickenfaktor Zug-Druck-Wechselfestigkeitsfaktor Schub-Wechselfestigkeitsfaktor Frequenz der Zusatzschwingung Schubmodul Leistungsspektrum der Systemantwort Leistungsspektrum der Einwirkung auf das System spektrale Leistungsdichte, Leistungsspektrum Leistungsspektrum der Spannungen Sx (t) Leistungsspektrum der Spannungen Sy (t) spektrale Leistungsdichte, Leistungsspektrum Verteilungsfunktion der Spannung über die Länge Verteilungsfunktion der Spannung über die Oberfläche Verteilungsfunktion der Spannung über das Volumen V
712
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
H – H HE
2.2.1 2.2.1 3.2.4
Hi
2.2.1
Hi–1
3.2.2
Hms
2.5.2
HP
2.3.2
H(u, e2 / e1)
3.1.6
H(w)
2.3.2
H(Sa)
2.3.2
H0
2.3.2
– H0
2.3.2
H0, x
3.1.6
H0, y
3.1.6
– HI …HIII h h hi
2.2.1 2.2.6 3.4.3 2.2.2
h(m, a)
2.3.7
I I INT( ) i i i
2.3.2 3.4.3 1.2.2 – 2.1.6 2.2.2
Überschreitungshäufigkeit (als Variable) Gesamthäufigkeit oder Kollektivumfang Gesamthäufigkeit des schädigungsgleichen Rechteck-Ersatzkollektivs Überschreitungshäufigkeit am Ende der Stufe i des getreppten Kollektivs Überschreitungshäufigkeit am Ende der Stufe i–1 des getreppten Kollektivs Überschreitungshäufigkeit bei der meistschädigenden Spannungsamplitude Sa,ms Zahl der sekündlichen (einsinnigen) Scheitelwerte Faktor zur vereinfachten Berechnung der Vergleichsspannung s u Übertragungsfunktion eines (linearen) Schwingungssystems Überschreitungshäufigkeit als Funktion der Spannungsamplitude Zahl der sekündlichen (einsinnigen) Mittelwertdurchgänge Gesamthäufigkeit der (einsinnigen) Mittelwertdurchgänge (Kollektivumfang) Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge der Spannungen Sx (t) Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge der Spannungen Sy (t) Umfang der Teilkollektive I, II und III Häufigkeit der Schwingspiele Schrittweite der numerischen Integration Häufigkeit innerhalb der Kollektivstufe i (Stufenhäufigkeit) zweidimensionale Verteilung der Übergangshäufigkeit Unregelmäßigkeitsfaktor = H0 / HP numerisch erhaltener Integralwert Integer von ( ) Laufzahl i = 1, 2, 3, … Stufen-Nummer bei Treppenstufen-Versuchen Nummerierung der Stufen eines getreppten Kollektivs
7 Verwendete Formelzeichen
713
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
i
2.3.7
i
3.2.1
ik J Je Jp JI …JIII
3.1.3 3.4.1 3.4.1 3.4.1 3.4.1
j
2.1.5
j j
2.3.2 2.3.7
j
3.2.7
j
3.3.3
jC
5.4
jC, n
3.5.4
jL
3.5.2
jN
3.5.2
jS jS*
3.5.1 3.5.1
jS, x
4.2.2
j 90%, 1 K K¢ Kc
3.5.4 3.4.1 3.3.1 3.4.2
KJ Ko
3.4.9 3.4.8
Ausgangsklasse beim Übergangsmatrix- bzw. Rainflow-Verfahren Spannungshorizont mit Sai und Smi gemäß der Wöhlerlinie innere Kerbwirkung des Werkstoffs J-Integral nach Rice elastischer Anteil des J-Integrals plastischer Anteil des J-Integrals J-Integrale für die Rissöffnungsarten (Moden) I bis III Ordnungszahl für die Einzelversuche einer Stichprobe ––– Imaginärzahl, j = k–1 Zielklasse beim Übergangsmatrix- bzw. Rainflow-Verfahren i = 1 bis j: Stufen oberhalb oder gleich der Dauerfestigkeit SD Segmente j = 1, 2, 3, … des rheologischen Hysterese-Modells Sicherheitszahl zur Umrechnung von C = 50% auf C = 90% Risikofaktor für eine Vertrauenswahrscheinlichkeit C bei n Einzelversuchen auf die Lebensdauer anzuwendende Sicherheitszahl auf die Schwingspielzahl anzuwendende Sicherheitszahl auf die Spannung anzuwendende Sicherheitszahl Sicherheitszahl jS gemäß der vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA* Sicherheitszahl jS bezogen auf die Lebensdauerlinie für PA,Bruch < 50% Risikofaktor jC,n für C = 90% und n = 1 Spannungsintensitätsfaktor zyklischer Festigkeits-Koeffizient kritischer Spannungsintensitätsfaktor (Bruchzähigkeitswert) Spannungsintensitätsfaktor aus J berechnet Oberwert des Spannungsintensitätsfaktors entsprechend S = So
714
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Ko, eff
3.4.8
Ko, i
3.4.8
Kr
3.4.10
Ku
3.4.8
Ku,eff
3.4.8
Ku, i
3.4.8
KI…KIII
3.4.1
k
2.1.3
– k
2.2.2
– k (B)
2.5.2
– k (C)
2.5.2
ks
3.1.6
kt
3.1.6
L Läq LB
3.3.3 3.5.6 3.5.2
Lk (t) Lp L0 L0 = L0%
3.3.3 3.3.3 3.5.6 3.5.2
L1 … L3 L16 , L84
3.3.3 5.1
L50 = L50%
3.5.2
effektiver Oberwert des Spannungsintensitätsfaktors im Loseq-Modell Oberwert des Spannungsintensitätsfaktors beim Schwingspiel i Spannungsintensitätsfaktor für eine Referenzlösung Unterwert des Spannungsintensitätsfaktors entsprechend S = Su effektiver Unterwert des Spannungsintensitätsfaktors im Loseq-Modell Unterwert des Spannungsintensitätsfaktors beim Schwingspiel i Spannungsintensitätsfaktoren für die Rissöffnungsarten (Moden) I bis III Neigungsexponent in der Gleichung der Wöhlerbzw. Zeitfestigkeitslinie Neigungsexponent in der Gleichung der Lebensdauerlinie Neigungsexponent der Lebensdauerlinie aus Blockprogramm-Versuchen Neigungsexponent der Lebensdauerlinie aus Zufallslasten-Versuchen Neigungsexponent der NormalspannungsWöhlerlinie Neigungsexponent der Schubspannungs-Wöhlerlinie Lastgröße spannungsäquivalentes Volumen charakteristischer Lebensdauerwert (PA = 63,21%) nach der Extremwert-Verteilung Last-Zeit-Funktion vollplastische Grenzlast Nahtlänge bei Versuchsstücken sicherer Lebensdauerwert (PA = 0%) nach der Extremwert-Verteilung Lastgrößen Fixpunkte zur Anpassung der ExtremwertVerteilung mittlerer Lebensdauerwert (PA = 50%) nach der logarithmischen Normalverteilung
7 Verwendete Formelzeichen
715
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
lk M M
3.4.8 2.1.4 2.3.7
MAX( ) Mb MC
1.2.2 3.1.1 3.5.4
ME MIN( ) MOD( ) Mt m m m
3.1.5 1.2.2 1.2.2 3.1.1 2.1.5 2.3.7 3.1.4
m m m mB
3.2.11 3.4.2 3.5.1 3.5.1
mC
3.5.4
mF
3.5.1
mJ
3.3.5
mJ m(t) N
3.4.2 2.3.1 2.1.2
– N
2.2.2
– N
3.2.2
N
3.3.1
NA
2.1.3
– NA
2.2.6
Kontaktlänge der Rissufer bei der Unterlast Mittelspannungsempfindlichkeit des Werkstoffs Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix Maximalwert von ( ) Biegemoment Schätzwert für den wahren Mittelwert bei einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C Eigenspannungsempfindlichkeit des Werkstoffs Minimalwert von ( ) Modulo von ( ) Verdrehmoment Mittelwert der Stichprobe Mittelwert beim Verfahren der Übergangsmatrix bei den genannten Regelwerken statt k: Neigungsexponent der Wöhlerlinie Mittelwert der bezogenen Spannungsamplituden Exponent der Rissfortschrittsgleichungen Mittelwert der Differenzwerte z = xF – xB Mittelwert der auf die Merkmalsgröße x transformierten einwirkenden Beanspruchung Sa,B überdurchschnittlicher Mittelwert einer Stichprobe als obere Vertrauensgrenze Mittelwert der auf die Merkmalsgröße x transformierten ertragbaren Beanspruchung Sa, F Neigungsexponent der SchädigungsparameterWöhlerlinie für PJ Exponent der Rissfortschittsgleichung für DJ linearer Schar-Mittelwert eines Zufallsprozesses ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl bis Bruch oder Anriss (im Wöhler-Versuch) ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl (im Betriebsfestigkeits-Versuch) errechneter Wert der ertragbaren Schwingspielzahl (Lebensdauer) unter Kollektivbelastung ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl bis zum Schwinganriss (im Wöhler-Versuch) Schwingspielzahl für Sa = SA nach der Zeitfestigkeitsgeraden Lebensdauer unter dem Originalablauf A
716
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
– NB – NBruch
2.2.6 4.2.2
– NC ND
2.2.6 2.1.3
ND
3.3.1
N(D)
3.2.8
– N (D = 1)
3.2.9
– N (D = DB)
3.2.12
– N (D = DV)
3.2.12
ND (D)
3.2.8
– Nd
3.2.9
Nfiktiv
3.2.8
– NFord
4.1.7
Ni Ni
2.1.5 3.2.1
Ni = 1
3.5.4
NL
3.3.1
– NP
2.3.3
N(Pi)
3.3.5
N(PJ)
3.3.5
N(PSWT)
3.3.5
Lebensdauer unter der Häufigkeitsverteilung B bis zum Auftreten des Betriebsbruchs erreichte – Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl N Lebensdauer unter der Häufigkeitsverteilung C Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhlerlinie bei Sa = SD Grenzschwingspielzahl am Abknickpunkt der Dehnungs-Wöhlerlinie ertragbare Schwingspielzahl für das mit D vorgeschädigte Bauteil für die Schädigungssumme D = 1 errechnete Lebensdauer für die Schädigungssumme D = DB errechnete Lebensdauer für die Schädigungssumme D = DV errechnete Lebensdauer für die durch Versuche belegte Kollektivform Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhlerlinie des mit D vorgeschädigten Bauteils Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeitsabfall von Stufe d auf Stufe d + 1 Schwingspielzahl nach der fiktiven Fortsetzung der Wöhlerlinie unterhalb der Dauerfestigkeit für den Betriebsfestigkeits-Nachweis geforderte Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl N Schwingspielzahl für den i-ten Einzelversuch ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungshorizont i Schwingspielzahl für einen einzigen Einzelversuch Schwingspielzahl für eine plastische Dehnungsamplitude ea, p = 0 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl im Zufallslasten-Versuch als Zahl der Scheitelwerte ertragbare Schwingspielzahl nach der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie ertragbare Schwingspielzahl nach der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PJ ertragbare Schwingspielzahl nach der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PSWT
7 Verwendete Formelzeichen
717
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
– NQ N(Sai ,Smi)
3.2.12 3.2.1
NT
3.3.1
– N V (D = 1)
3.2.12
– N V (exp)
3.2.12
N0
3.2.2
– N0
2.3.3
– N1
2.2.2
N1
3.2.1
N10% N2
2.1.5 3.2.1
N3
3.2.1
N3
3.2.9
N4
3.2.9
vorgegebene Schwingspielzahl beim Q0 -Verfahren ertragbare Schwingspielzahl unter einer Beanspruchung mit Sai und Smi Transition-Life, Bezugswert der Schwingspielzahl bei der Dehnungs-Wöhlerlinie für die Schädigungssumme D = 1 errechnete Lebensdauer für die durch Versuche belegte Kollektivform experimentell ermittelte Lebensdauer für die durch Versuche belegte Kollektivform Schwingspielzahl für einen Bezugspunkt auf der Wöhlerlinie ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl im Zufallslasten-Versuch als Zahl der Mittelwertdurchgänge Schwingspielzahl am Bezugspunkt für die Gleichung der Lebensdauerlinie ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 1 Schwingspielzahl für Pü = 10% ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 2 ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 3 Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeitsabfall von Stufe 3 auf Stufe 4 Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeitsabfall von Stufe 4 auf Stufe 5 Schwingspielzahl für Pü = 50% Mittelwert N50% bei pauschalierender Auswertung der Versuchsreihen A, B und C Mittelwert der (logarithmierten) Schwingspielzahlen Ni für eine Vertrauenswahrsch. C Mittelwert der (logarithmierten) Schwingspielzahlen Ni aus n Einzelversuchen ertragbare Schwingspielzahl für die Kollektivstufe 6 Schwingspielzahl für Pü = 90% Anzahl der Einzelversuche in der Stichprobe Anzahl der Treppenstufenversuche
2.1.5 N50% N50% (A,B,C) 3.5.5 N50%, C
3.5.4
N50%, n
2.1.5
N6
3.2.7
N90% n n
2.1.5 2.1.5 2.1.6
718
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
n
2.3.7
n
3.4.2
n n
3.4.7 3.5.6
n¢ n0
3.3.1 3.4.6
n1
3.2.1
n1 , n2 n2
3.4.7 3.2.1
n3
3.2.1
ng ni
2.2.6 3.2.1
n(c) n(c)s, d
3.1.3 3.1.3
n(c)s, r
3.1.3
n(c)t, t
3.1.3
n(c)t, r
3.1.3
ok P PA
3.1.3 5.1 3.5.1
PA*
3.5.1
PA, Bruch
4.2.2
PB Pe
3.3.5 3.5.1
Anzahl der Zeilen (Klassen) beim Verfahren der Übergangsmatrix aufgebrachte Schwingspielzahl (als Variable), n=1…N Schwingspielzahl bei der Risslänge a Vergrößerungsfaktor für das Volumen, die Oberfläche oder Länge zyklischer Verfestigungs-Exponent Anfangswert für n bei der numerischen Integration aufgebrachte Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 1 Schwingspielzahl unter DS1 bzw DS2 aufgebrachte Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 2 aufgebrachte Schwingspielzahl für den Spannungshorizont 3 Anzahl der Grundschwingungen aufgebrachte Schwingspielzahl für den Spannungshorizont i Stützziffer Stützzahl für die Normalspannung, abhängig vom Spannungsgefälle aus einer Biegespannung Stützzahl für die Normalspannung, abhängig vom Spannungsgefälle aus dem Kerbradius r Stützzahl für die Schubspannung, abhängig vom Spannungsgefälle aus einer Torsionsspannung Stützzahl für die Schubspannung, abhängig vom Spannungsgefälle aus dem Kerbradius r Kerbwirkung der Bauteiloberfläche Integralwert der Normalverteilung Ausfallwahrscheinlichkeit (für Bauteile unter der angesetzten Betriebsbeanspruchung) vereinfachend mittels Ansatz von Pe bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit abschätzbare und zuzuordnende Ausfallwahrscheinlichkeit für den Lebensdauerwert N Schädigungsparameter nach Bergmann Auftretenswahrscheinlichkeit der vereinfachend (ohne Streuung) angesetzten Beanspruchung
7 Verwendete Formelzeichen
719
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
PHa PHe PHL PJ PJ, D PJ, D0 PJ, i ; Ni
3.3.5 3.3.5 3.3.5 3.3.5 3.4.9 3.4.9 3.4.9
Pj
3.3.3
PM=0
3.3.5
PM=1
3.3.5
Pn, r
2.1.6
PSWT
3.3.5
Pü
2.1.5
Pü,A(N)
3.5.6
Pü, u(S)
3.5.6
Pü, DVi (Si)
3.5.6
p p p
2.2.1 2.3.7 3.1.3
p
3.4.7
p
3.4.8
p pmax p(S) p(x) p(x,t) Q
3.5.3 3.5.3 2.3.1 3.4.10 2.3.1 3.1.1
Schädigungsparameter nach Hanschmann Schädigungsparameter nach Heitmann Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke Schädigungsparameter nach Vormwald Dauerfestigkeitswert von PJ bei einer Risslänge a Dauerfestigkeitswert von PJ bei einer Risslänge a0 Versuchspunkt für die SchädigungsparameterWöhlerlinie Verfügbarkeits-Koeffizient im rheologischen Hysterese-Modell Schädigungsparameter für eine Mittelspannungsempfindlichkeit M = 0 Schädigungsparameter für eine Mittelspannungsempfindlichkeit M = 1 Wahrscheinlichkeit für den tatsächlichen Pü-Wert eines Spannungshorizontes Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper Überlebenswahrscheinlichkeit (für Schwingfestigkeits- oder Lebensdauerwerte) Überlebenswahrscheinlichkeit der Schwingspielzahlen im Versuch Überlebenswahrscheinlichkeit für das Volumen V bei der Spannung S Überlebenswahrscheinlichkeit für das Teilvolumen i bei der Spannung Si Kollektivparameter für die p-Wert-Kollektive Oberwert beim Verfahren der Übergangsmatrix Parameter in der Gleichung für den Mittelspannungseinfluss Abkürzung für den Exponent der integrierten Rissfortschrittsgleichung Exponent in der Formel des Verzögerungsfaktors Cp gemessener Bremsdruck maximal gemessener Bremsdruck Dichtefunktion p(x,t) für x = S Rissuferbelastung Dichtefunktion eines Zufallsprozesses Schubkraft
720
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Q Q Q0
3.4.9 5.1 3.2.12
q q
2.3.7 3.1.6
q
3.2.8
R – R
2.1.1 2.2.2
R¢
3.4.8
Re Reff
1.1.2 3.4.8
Ri
2.2.5
Rm Rn Rn–1 Rp 0,2 Rz R0 R0i r r r
1.1.2 2.3.7 2.3.7 1.1.2 3.1.3 2.3.7 2.3.7 2.1.6 2.3.7 3.4.1
ry
3.4.10
S S S*
3.1.1 3.5.6 3.3.3
SA
2.1.3
SA
3.1.4
Rechenwert Integralwert der Normalverteilung Verhältnis der experimentellen zu den errechne– – ten S a-Werte bei der Schwingspielzahl N Q Unterwert beim Verfahren der Übergangsmatrix Gewichtungsfaktor für die VergleichsspannungsHypothesen Exponent in der Formel für den Dauerfestigkeitsabfall als Funktion der Schädigung Spannungsverhältnis = Su / So oder = su / so kennzeichnendes Spannungsverhältnis des – – Kollektivs = S u / S o gemitteltes Spannungsverhältnis aller Schwingspiele der Beschleunigungsphase Streckgrenze des Werkstoffs effektives Spannungsverhältnis im Willenborg-Modell Spannungsverhältnis für die Stufe i des getreppten Kollektivs Zugfestigkeit des Werkstoffs aktuelle Pseudo-Zufallszahl vorherige Pseudo-Zufallszahl 0,2%-Dehngrenze des Werkstoffs Rautiefe Anfangswerte der Pseudo-Zufallszahlenfolgen Rn Anfangswert R0 in der Klasse bzw. Teilzeile i Anzahl der Versuche ohne Bruch Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix Koordinate des Spannungsfeldes an der Rissspitze Radius der zug-plastischen Zone als Zuschlag zur Risslänge a Nennspannung (Normalspannung) versagenskritische Spannung Rechengröße in der erweiterten Neuber-Regel und in der Seeger-Formel kennzeichnende Spannungsamplitude für die Wöhlerlinie bei der Schwingspielzahl NA Schwingfestigkeitskennwert in Verbindung mit NA
7 Verwendete Formelzeichen
721
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Sa – Sa
2.1.1 2.2.1
Sa,äq – S a,B
3.2.10 3.5.1
– Sa (B)
2.5.2
– S a (C)
2.5.2
SaE
3.2.4
– S a, F
3.5.1
– Sa,g , S a, g Sa (H)
2.2.6 3.2.5
Sa (Hms)
2.5.2
Sai Sai
2.1.7 2.2.1
Sai
2.2.2
Sai
3.2.1
Sa,ms
2.5.2
– Sa,z , S a,z Sa,0 = Sa,0%
2.2.6 3.5.2
Sa0
3.2.2
– S a1
2.2.2
Spannungsamplitude kennzeichnende Nennspannung (Höchstwert) des Amplitudenkollektivs schädigungsäquivalente Spannungsamplitude einwirkende Beanspruchung (kennzeichnende Spannung des Amplitudenkollektivs) ertragbare Spannungsamplitude im Betriebsfestigkeits-Versuch ertragbare Spannungsamplitude im ZufallslastenVersuch Spannungsamplitude des schädigungsgleichen Rechteck-Ersatzkollektivs ertragbare Beanspruchung (kennzeichnende Spannung des Amplitudenkollektivs) Spannungsamplitude der Grundschwingung Spannungsamplitude als Funktion der Überschreitungshäufigkeit im Wöhler-Versuch ertragbare Spannungsamplitude Sa bei N = Hms Spannungsamplitude für den i-ten Einzelversuch Spannungsamplitude, die im stetigen Amplitudenkollektiv mit der Häufigkeit Hi überschritten wird Spannungsamplitude für die Stufe i des getreppten Kollektivs Spannungsamplitude auf dem Spannungshorizont i meistschädigende Spannungsamplitude im Kollektiv eines Gaußprozesses Spannungsamplitude der Zusatzschwingung sicherer Beanspruchungswert (PA = 0%) nach der Extremwert-Verteilung Spannungsamplitude für einen Bezugspunkt auf der Wöhlerlinie bei N kennzeichnende Spannungsamplitude am – Bezugspunkt N 1 für die Gleichung der Lebensdauerlinie Höchstwerte der Teilkollektive I bis III mittlerer Beanspruchungswert (PA = 50%) nach der logarithmischen Normalverteilung
– – S a I … S a III 2.2.1 Sa,50 = Sa 50% 3.5.2
722
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Sa50%
2.1.7
Sbrutto SD
3.4.9 2.1.3
SD
2.1.7
SD (D)
3.2.8
SD (D = 1)
3.2.9
SDx
3.1.6
SDy
3.1.6
SD0
2.1.6
SD50% SF SG SM – Sm
2.1.6 1.2.2 3.1.3 1.2.2 2.2.1
Sm Smax Sm,Flug Smi
2.1.1 3.5.6 2.4.2 2.2.5
Smi So – So
3.2.1 2.1.1 2.2.1
– S oi
2.2.1
SP
3.3.3
SP Sr
3.1.3 3.4.10
Spannungsamplitude für N = Ni nach der Gleichung der Wöhlerlinie berechnet Spannung im Bruttoquerschnitt Dauerfestigkeitswert, d.h. Spannungsamplitude am Abknickpunkt der Wöhlerlinie bei ND Dauerfestigkeit als Schwingfestigkeitskennwert in Verbindung mit ND abgeminderter Dauerfestigkeitswert als Funktion der aufgebrachten Schädigung D abgeminderter Dauerfestigkeitswert SD = 0 bei einer aufgebrachten Schädigung D = 1 dauerfest ertragbare Nennspannung in x-Richtung dauerfest ertragbare Nennspannung in y-Richtung unterste belegte Treppenstufe (Spannungsamplitude) Dauerfestigkeit für Pü = 50% Formdehngrenze des Bauteils Parameter der Gleichung der Goodman-Geraden Formfestigkeit des Bauteils kennzeichnende Mittelspannung (für den Höchstwert) des Spannungs- oder Amplitudenkollektivs Mittelspannung maximale Spannung im Volumen V Mittelspannung im ungestörten Reiseflug Mittelspannung für die Stufe i des getreppten Kollektivs Mittelspannung auf dem Spannungshorizont i Oberspannung kennzeichnende Oberspannung (Höchstwert) des Spannungskollektivs Oberspannung, die im Kollektiv mit der Häufigkeit Hi überschritten wird Nennspannung im Kerbquerschnitt für den vollplastischen Zustand Parameter der Gleichung der Gerber-Parabel Nennspannung aus Zug- und Biegespannungsanteilen berechnet für die Rissspitze
7 Verwendete Formelzeichen
723
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Srms
2.3.2
Srms,x Srms,y S(t)
3.1.6 3.1.6 2.1.1
Su – Su
2.1.1 2.2.1
– Sui
2.2.1
Sx
3.1.6
Sx (t) Sy
3.1.6 3.1.6
Sy (t) S0 S1 S1 , S2 , … s s s
3.1.6 3.5.6 3.5.6 2.2.6 2.1.5 3.1.4 3.4.8
s
3.5.1
sB
3.5.1
sc
3.3.1
se
3.3.1
sF
3.5.1
sm sN
2.1.5 3.5.5
sp
3.3.1
Effektivwert oder rms-Wert (root mean square value) Effektivwert oder rms-Wert der Spannungen Sx (t) Effektivwert oder rms-Wert der Spannungen Sy (t) Spannungs-Zeit-Funktion (Nennspannungs-Zeit-Funktion) Unterspannung kennzeichnende Unterspannung (Höchstwert) des Spannungskollektivs Unterspannung, die im Kollektiv mit der Häufigkeit Hi unterschritten wird Nennspannungskomponente in x-Richtung im bauteilbezogenen Koordinatensystem Biegespannungen in der xz-Ebene Nennspannungskomponente in y-Richtung im bauteilbezogenen Koordinatensystem Biegespannungen in der yz-Ebene versagenskritische Spannung beim Volumen V0 versagenskritische Spannung beim Volumen V1 Spannen beim Spannenpaar-Verfahren Standardabweichung der Stichprobe Mehrachsigkeitsfaktor Größe der von früheren Schwingspielen erzeugte zug-plastische Zone Standardabweichung der Differenzwerte z = xF – xB Standardabweichung der auf die Merkmalsgröße x transformierten einwirkenden Beanspruchung Sa,B Standardabweichung für die plastischen Dehnungsamplitude bei der s-e-Kurve Standardabweichung für die Linie der elastischen Dehnungsamplitude Standardabweichung der auf die Merkmalsgröße x transformierten ertragbaren Beanspruchung Sa, B Standardfehler des Mittelwertes Standardabweichung der logarithmierten Schwingspielzahlen entsprechend TN Standardabweichung für die Linie der plastischen Dehnungsamplitude
724
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
sS
3.5.5
ss st
2.1.5 3.3.1
s2 (t)
2.3.1
T
2.3.2
T T
3.1.1 5.1
TD
2.1.7
TD
3.2.11
TDxy
3.1.6
TL TN ??
3.5.2 2.1.5
TN (A,B,C)
3.5.5
TN (B)
3.2.11
TN (C)
3.2.11
TQ TS
3.2.11 2.1.6*
TS (B)
3.2.11
TS (C)
3.2.11
TU TU (B)
3.2.11 3.2.11
TU (C)
3.2.11
Standardabweichung der logarithmierten Spannungsamplituden entsprechend TS Standardfehler der Standardabweichung Standardabweichung für die Linie der GesamtDehnungsamplitude quadratischer Schar-Mittelwert eines Zufallsprozesses (endliche) Beobachtungszeit bzw. Integrations-Zeitintervall Nennspannung (Schubspannung) Streuspanne der jeweils betrachteten Merkmalsgröße Verdreh-Dauerfestigkeit als Schwingfestigkeitskennwert in Verbindung mit ND Streuspanne der für Bruch errechneten Schädigungssummen D dauerfest ertragbare Nennschubspannung in der xy-Ebene Streuspanne der Lebensdauerwerte L Streuspanne der Schwingspielzahlen N (oder Ni – bzw. Ni ) Streuspanne TN bei pauschalierender Auswertung der Versuchsreihen A, B und C auf Lebensdauerwerte umgerechnete Streuspanne TU (B) für Blockprogramm-Versuche (B) auf Lebensdauerwerte umgerechnete Streuspanne TU (C) für Zufallslasten-Versuche (C) Streuspanne der Q0-Werte Streuspanne der Spannungsamplituden Sai – bzw. Sai Streuspanne der Spannungsamplituden aus den Blockprogramm-Versuchen (B) Streuspanne der Spannungsamplituden aus den Zufallslasten-Versuchen (C) Streuspanne der U0-Werte Streuspanne der U0-Werte für Blockprogramm-Versuche (B) Streuspanne der U0-Werte für ZufallslastenVersuche (C)
7 Verwendete Formelzeichen
725
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Txy
3.1.6
Ta Tb Te Ts
2.3.7 2.3.7 3.3.1 3.1.4
t t teff t1 , t2 U
2.3.1 3.1.4 3.1.4 2.3.1 2.3.7
U U0 U0 (B)
3.4.2 2.5.2 2.5.2
U0 (C) U1 , U2
2.5.2 2.3.7
u
3.2.5
u u
3.3.3 5.1.1
uB
4.2.2
uC
3.5.4
ue u0
3.5.1 4.2.2
u0
3.5.1
u0*
3.5.1
V V Väq
3.2.3 3.5.6 3.5.6
Nennschubspannung im bauteilbezogenen x-y-Koordinatensystem Zeilensumme aller aij in der Klasse i = a Zeilensumme aller aij in der Klasse i = b Streuspanne in e-Richtung Streuspanne der örtlichen Spannungsamplitude se, A Zeit (als Variable) Blechdicke effektive Blechdichte Zeitpunkt t1 bzw. t2 erzeugte Ausgangsspannung beim Verfahren der Übergangsmatrix R-abhängige Funktion – Verhältniswert Sa (N = 106) / Sa (Hms) Verhältniswert U0 bei BlockprogrammVersuchen Verhältniswert U0 bei Zufallslasten-Versuchen Werte zum Berechnen der Ausgangsspannung U beim Verfahren der Übergangsmatrix Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektivtreppung Rechengröße in der Seeger-Formel standardisierte normalverteilte Zufallsvariable (bezogene Merkmalsgröße) bezogene Merkmalsgröße u zum Bestimmen von PA, Bruch bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen der Vertrauenswahrscheinlichkeit C bezogenen Merkmalsgröße entsprechend Pe bezogene Merkmalsgröße u zum Bestimmen von PA bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen von PA bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen von PA* Völligkeitsgrad des Kollektivs betrachtetes Volumen spannungsäquivalentes Volumen
726
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
VB
4.2.2
VL
4.2.2
VS
4.2.2
V0 u u
3.5.6 2.1.6 3.2.5
u uG ur W
3.5.1 3.5.1 3.4.10 2.3.7
Wb Wr
3.1.1 3.4.10
Wt w w
3.1.1 3.1.2 3.2.5
w*
3.4.8
wi
3.4.8
wo
3.4.8
wo, CA
3.4.8
wo, LS
3.4.8
wu
3.4.8
w0 … w3 Xa XB
3.4.8 3.4.8 5.1
Xr
3.4.8
erforderliche Absenkung der Beanspruchung als Verhältniswert erforderliche Steigerung der Lebensdauer als Verhältniswert erforderliche Steigerung der Schwingfestigkeit als Verhältniswert betrachtetes Ausgangsvolumen Varianz Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektivtreppung Verhältnis der Standardabweichungen = sB /sF Grenzwert von u für PA = PA* Rissuferverschiebung für eine Referenzlösung Steuergröße für p-q- oder q-p-Übergänge beim Verfahren der Übergangsmatrix Widerstandsmoment bei Biegung Widerstandsmoment bei Biegung des angerissenen Restquerschnitts Widerstandsmoment bei Verdrehung Schlitzlänge des Kreuzstoßes Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektivtreppung Ausdehnung der zug-plastischen Zone in Rissrichtung ohne den Einfluss der Spitzenlast Ausdehnung der zug-plastischen Zone in Rissrichtung aus dem Schwingspiel i Ausdehnung der zug-plastischen Zone in Rissrichtung Ausdehnung der zug-plastischen Zone des betrachteten Schwingspiels Ausdehnung einer lastfolgenabhängig zu berechnenden zug-plastischen Zone Ausdehnung der druck-plastischen Zone in Rissrichtung Ausdehnungswerte der zug-plastischen Zonen Beschleunigungsfaktor im Loseq-Modell charakteristischer Merkmalswert (PA = 63,21%) nach der Extremwert-Verteilung Verzögerungsfaktor im Loseq-Modell
7 Verwendete Formelzeichen
727
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
X0
5.1
X50
5.1
x– x x
2.3.1 3.4.4 3.5.1
x
3.5.4
xB
3.5.1
xD
3.2.8
xd xd = j
3.2.9 3.2.9
xF
3.5.1
xi
3.2.2
xj xj+1 xPe
3.2.9 3.2.9 3.5.1
xz+1
3.2.9
–– x2
2.3.1
x3 x4 x5 Y Y(a) Yel (…) Yr (a)
3.2.9 3.2.9 3.2.9 3.4.3 3.4.1 3.4.9 3.4.10
Y(z)
3.4.10
sicherer Merkmalswert (PA = 0%) nach der Extremwert-Verteilung mittlerer Merkmalswert (PA = 50%) nach der logarithmischen Normalverteilung linearer Zeit-Mittelwert eines Zufallsprozesses Vergrößerungs-Verhältnis transformierte Merkmalsgröße der Beanspruchung transformierte Merkmalsgröße der Schwingspielzahl transformierte Merkmalsgröße der einwirkenden Beanspruchung – auf die Spannungsamplitude Sa bezogener Dauer– festigkeitswert = SD / Sa Faktor xi für die Kollektivstufe i = d Faktor xi für die mit d variable Kollektivstufe i=d=j transformierte Merkmalsgröße der ertragbaren Beanspruchung – Faktor = Sai / Sa für die bezogene Schreibweise des Kollektivs Faktor xi für die Kollektivstufe i = j Faktor xi für die Kollektivstufe i = j + 1 transformierte Merkmalsgröße der ohne Streuung angesetzten Beanspruchung Faktor xi für die rechnerisch zu ergänzende Kollektivstufe i = z + 1 quadratischer Zeit-Mittelwert eines Zufallsprozesses Faktor xi für die Kollektivstufe i = 3 Faktor xi für die Kollektivstufe i = 4 Faktor xi für die Kollektivstufe i = 5 risslängenunabhängige Geometriefunktion risslängenabhängige Geometriefunktion Geometriefunktion, elastisch berechnet Geometriefunktion Y(a) in Verbindung mit der Spannung Sr Geometriefunktion Y(a) in anderer Schreibweise
728
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Y(l)
3.4.10
y ymax
5.1 5.1
Z
2.2.2
Z z
3.1.6 3.2.8
z z z zul…
3.4.1 3.4.3 3.5.1 1.2.2
a a
2.3.7 3.4.9
ak ak1 ak,N ak,W akx
3.1.1 3.1.6 5.3 5.3 3.1.6
akxy aky
3.1.6 3.1.6
ap
3.3.3
ap a1 … a5 b b b bk bkw bkz g g ¢f
2.1.7 5.3 2.3.7 3.1.6 3.4.1 3.1.3 3.1.2 3.1.2 2.3.7 3.3.7
Geometriefunktion Y(a) in bezogener Schreibweise Wahrscheinlichkeitsdichte der Normalverteilung maximale Wahrscheinlichkeitsdichte der Normalverteilung bis Bruch (oder Anriss) im Betriebsfestigkeits-Versuch ertragene Anzahl von Teilfolgen Exponent in der Interaktionsgleichung i = 1 bis z : Stufen des getreppten Kollektivs mit z = kleinster Stufe bezogene Risslänge geradzahlige Anzahl der Integrationsschritte Differenzwert = xF – xB zulässiger Beanspruchungs- bzw. Lebensdauerwert Klasse beim Verfahren der Übergangsmatrix Beiwert für den ebenen Spannungs- oder ebenen Dehnungszustand Formzahl (elastizitätstheoretische Formzahl) Formzahl für die Hauptdehnung e1 Formzahl des Nahtübergangs Formzahl der Wurzelkerbe Formzahl für die Spannungskomponente in x-Richtung Formzahl für die Schubspannung in der xy-Ebene Formzahl für die Spannungskomponente in y-Richtung Formzahl für den vollplastischen Zustand des Kerbquerschnitts plastische Formzahl approximative Formzahlen Klasse bei Verfahren der Übergangsmatrix Winkelkoordinate am Lochrand Koordinate des Spannungsfeldes an der Rissspitze Kerbwirkungszahl Kerbwirkungszahl an der Nahtwurzel Kerbwirkungszahl am Nahtübergang Klasse bei Verfahren der Übergangsmatrix zyklischer Schiebungs-Koeffizient des Werkstoffs
7 Verwendete Formelzeichen
729
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Da
2.3.7
DDi
3.2.1
DJ DJ* DJeff DJeff,0
3.4.2 3.4.2 3.4.9 3.4.9
DK DK*
3.4.2 3.4.2
DKc
3.4.2
DKeff
3.4.2
DKLS
3.4.6
DKZug
3.4.2
DK0
3.4.2
DKe
3.4.2
DKs
3.4.2
Dm
2.3.7
DN
3.5.5
DS
3.5.5
DS DS(n)
2.1.1 3.4.6
DSR
3.1.4
Fehler der klassierten Spannen beim Verfahren der Übergangsmatrix Schädigungsbeitrag eines einzelnen Schwingspiels i Schwingbreite des I-Integrals Bezugswert für die Schwingbreite des I-Integrals effektive Schwingbreite des J-Integrals effektive Schwingbreite für den Schwellwert des J-Integrals Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors Bezugswert für die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors Schwingbreite beim kritischem Spannungsintensitätsfaktor Kc effektive Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors veränderte (effektive) Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors nach dem Loseq-Modell effektive Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors aus der Zugspannung bestimmt Schwellwert für die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktor Schwingbreite des dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors Schwingbreite des spannungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors Fehler der klassierten Mittelwerte beim Verfahren der Übergangsmatrix Abweichung der ertragenen Schwingspielzahlen gegenüber dem globalen Mittelwert Abweichung der ertragenen Spannungsamplituden gegenüber dem globalen Mittelwert Schwingbreite der Spannung bzw. Nennspannung schwingspielzahlabhängige Schwingbreite der Spannung Schwingfestigkeitskennwert (DS = 2 · SA) bei NA = 2 · 106
730
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
DS1
3.4.6
DS1 DS2
3.4.7 3.4.6
DS2 Dua DVi
3.4.7 3.4.8 3.5.6
Dgmax De Deeff
3.3.7 3.3.2 3.3.5
Deörtl Dep Dep,eff Dep,eff Det
3.1.4 3.3.5 3.3.5 3.4.9 3.4.2
Ds Ds
3.3.2 3.1.4
DsD DsD Dseff ds j
3.4.9 3.4.9 3.3.5 3.3.3
Dsörtl d dej
3.1.4 3.1.6 3.3.3
e eA
1.2.2 3.1.4
ea,e a e op, einst, u
3.3.1 3.4.9
ea, örtl ea, p
3.1.4 3.3.1
Schwingbreite der Spannung für den 1. Integrationsschritt Schwingbreite der Spannung auf dem Horizont 1 Schwingbreite der Spannung für den 2. Integrationsschritt Schwingbreite der Spannung auf dem Horizont 2 Schwingbreite der Rissspitzen-Verschiebung incrementelles (gleichmäßig beanspruchtes) Teilvolumen maximale Schiebung in einer der Schnittebenen Schwingbreite der Kerbgrunddehnung effektive Schwingbreite der Dehnung beim Schädigungsparameter PHL Schwingbreite der Strukturdehnung Schwingbreite der plastischen Dehnung effektive Schwingbreite der plastischen Dehnung effektive Schwingbreite der plastischen Dehnung Schwingbreite der elastisch-plastischen Gesamtdehnung Schwingbreite der Kerbgrundspannung in den genannten Regelwerken statt DS: Schwingbreite der Nennspannung Werkstoffdauerfestigkeit Dauerfestigkeit abhängig von der Risslänge effektive Schwingbreite der Spannung Spannungskomponente des Segmentes j der Spannungs-Dehnungs-Kurve Schwingbreite der Strukturspannung Phasenwinkel Dehnungskomponente des Segmentes j der Spannungs-Dehnungs-Kurve Dehnung (wahre Dehnung) Schwingfestigkeitskennwert der örtlichen Spannung elastische Dehnungsamplitude fiktive einstufig stabilisierte Rissöffnungsdehnung bei einer Risslänge a Strukturdehnungs-Amplitude plastische Dehnungsamplitude
7 Verwendete Formelzeichen
731
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
e acl, einst, u
3.4.9
ea, t ecl eD
3.3.1 3.3.5 3.3.1
eD,e
3.3.1
eD, p
3.3.1
ee eF
3.3.1 3.3.3
e ¢f
3.3.1
eL em0 emax, vorher emax
3.3.1 3.3.1 3.4.9 3.3.5
emin, vorher eo
3.4.9 3.3.5
eop eop, alt
3.3.5 3.4.9
eop, einst
3.4.9
eop, einst, u
3.4.9
eo, u
3.4.9
ep er eT
3.3.1 3.3.5 3.3.1
et e (t)
3.3.1 3.3.2
fiktive einstufige stabilisierte Rissschließdehnung bei einer Risslänge a Gesamtdehnungsamplitude Rissschließdehnung dauerfeste Gesamt-Dehnungsamplitude für N ≥ ND dauerfeste elastische Dehnungsamplitude für N ≥ ND dauerfeste plastische Dehnungsamplitude für N ≥ ND elastische Dehnung Dehnung an der elastisch-ideal-plastischen Fließgrenze zyklischer Dehnungs-Koeffizient des Werkstoffs Grenzwert der plastischen Dehnungsamplitude im Versuch aufgebrachte Mitteldehnung vorausgegangener Maximalwert von so Vorbelastung der Probe beim dehnungskontrollierten Wöhler-Versuch vorausgegangener Minimalwert von su Dehnung am oberen Umkehrpunkt der Hystereseschleife Rissöffnungsdehnung von einem vorausgegangenen Schwingspiel erzeugte Rissöffnungsdehnung bei einstufiger Belastung von dem aktuellen Schwingspiel erzeugte Rissöffnungsdehnung bei einstufiger Belastung fiktive einstufig stabilisierte Rissöffnungsdehnung fiktive Dehnung am (unmittelbar) vorausgegangenen oberen Umkehrpunkt plastische Dehnung Eigendehnung im Modell dünner Randschichten Bezugswert der Dehnung Spannung beim Transition-Life NT Gesamtdehnung Kerbgrunddehnungs-Zeit-Funktion
732
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
eu
3.3.5
eu, akt
3.4.9
ez
3.4.1
e 0op, einst, u
3.4.9
e1 e1B e1Ü
3.1.6 3.1.6 3.1.6
e2 e2B e2Ü e3 hk k
3.1.6 3.1.6 3.1.6 3.4.1 3.1.3 2.1.1
l µ n
Sh
3.4.10 2.1.5 3.1.6 3.1.1 3.1.3 3.1.4 3.1.4 3.2.2
es
3.3.3
es (s, t) ij
3.3.3 2.1.5 2.3.7 3.3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.1 3.1.4 3.3.1
Dehnung am unteren Umkehrpunkt der Hystereseschleife Dehnung am aktuellen unteren Umkehrpunkt der Hysterese Dehnungskomponente im bauteilbezogenen Koordinatensystem fiktive einstufige stabilisierte Rissöffnungsdehnung bei einer Risslänge a = 0 (betragsmäßig größte, erste) Hauptdehnung betragsmäßig größte Hauptdehnung im Blech betragsmäßig größte Hauptdehnung am Nahtübergang (betragsmäßig kleinere, zweite) Hauptdehnung zweite Hauptdehnung im Blech zweite Hauptdehnung am Nahtübergang (dritte) Hauptdehnung Kerbempfindlichkeit Kappa-Wert (Alternative zum Spannungsverhältnis) bezogene Risslänge Mittelwert der Grundgesamtheit Querdehnzahl Kerbradius Radius der Ersatzkerbe des Werkstoffs Ersatzstrukturlänge des Werkstoffs fiktiv vergrößerter Kerbradius Teilfolgenumfang, Summe der Stufenhäufigkeiten hi skalarer (elastisch berechneter) Beanspruchungskennwert Komponenten des elatischen Spannungstensors Standardabweichung der Grundgesamtheit rms-Wert in der Formel für h(m, a) Spannung (wahre Spannung) zyklischer Spannungs-Koeffizient des Werkstoffs Kerbgrundspannungs-Zeit-Funktion Spannungsamplitude Strukturspannungs-Amplitude dauerfeste Spannungsamplitude N ≥ ND
r r* r* rf
s s s sf¢ s (t) sa sa, örtl sD0
7 Verwendete Formelzeichen
733
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
sDE
3.1.5
sE se, A
3.1.5 3.1.4
se, a se, D
3.1.4 3.1.4
sF
3.3.3
sF sH sij, m (s) sL sm sm0 smax
3.3.5 3.3.3 3.3.7 3.3.1 3.3.1 3.3.1 3.1.1
smax, D
3.1.3
sn (t)
3.3.7
sn, max
3.3.7
so so
3.3.1 3.3.5
so, u
3.4.9
sr
3.3.5
sT
3.3.1
st st,x st,xy st,y su su
3.1.6 3.1.6 3.1.6 3.1.6 3.3.1 3.3.5
Dauerwechselfestigkeit unter dem Einfluss einer Eigenspannung sE Eigenspannung Schwingfestigkeitskennwert der örtlich elastisch ertragbaren Spannungsamplitude elastisch berechnete örtliche Dehnungsamplitude Dauerfestigkeitswert der örtlich elastisch ertragbaren Spannungsamplitude Spannung an der elastisch-ideal-plastischen Fließgrenze Rechenwert für die Fließgrenze nach Newmann (elastisch zu errechnende) Hooksche Spannung modale Komponenten des Spannungstensors Grenzwert der Spannungsamplitude Mittelspannung nicht relaxierte Mittelspannung entsprechend em0 Maximalspannung (als Normal- oder Vergleichsspannung) in einer Kerbe dauerwechselfest ertragbare Kerbspannungsamplitude Normalspannungsablauf in der betrachteten Schnittebene maximale Normalspannung in einer der Schnittebenen Oberspannung Spannung am oberen Umkehrpunkt der Hystereseschleife Spannung am (unmittelbar) vorausgegangenen oberen Umkehrpunkt Eigenspannung im Modell dünner Randschichten Bezugswert der Spannung beim Transition-Life NT Tangentialspannung am Lochrand Tangentialspannung am Lochrand aus Sx Tangentialspannung am Lochrand aus Txy Tangentialspannung am Lochrand aus Sy Unterspannung Spannung am unteren Umkehrpunkt der Hystereseschleife
734
7 Verwendete Formelzeichen
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
su, akt
3.4.9
su su, GH
3.1.6 3.1.6
su, NH
3.1.6
sW
3.1.3
sx
3.1.6
sy
3.1.6
sz
3.1.6
s1 , s2 s1 s2 s3 s0,2 ¢ sh sx sxh t ta te. D
3.4.9 3.1.6 3.1.6 3.1.6 3.3.1 3.1.6 3.1.6 3.1.6 1.2.2 2.1.7 3.1.4
t f¢
3.3.7
tmax
3.1.1
tn(t)
3.3.7
tW txy
3.1.3 3.1.6
t12 F
3.1.6 3.4.8
Fm (t)
3.3.7
Spannung am aktuellen Umkehrpunkt der Hysterese Vergleichsspannung Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese Vergleichsspannung nach der NormalspannungsHypothese Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit des Werkstoffs Spannungskomponente im bauteilbezogenen Koordinatensystem Spannungskomponente im bauteilbezogenen Koordinatensystem Spannungskomponente im bauteilbezogenen Koordinatensystem Spannung in bzw. quer zur Rissrichtung (betragsmäßig größte) Hauptspannung (betragsmäßig kleinere) Hauptspannung (dritte) Hauptspannung zyklischer Streckgrenzen-Wert Spannung im gedrehten Koordinatensystem Spannung im gedrehten Koordinatensystem Spannung im gedrehten Koordinatensystem Schubspannung (wahre Schubspannung) Schubspannungsamplitude Dauerfestigkeitswert der örtlich elastisch ertragbaren Schubspannungsamplitude zyklischer Schubspannungs-Koeffizient des Werkstoffs Maximalspannung (als Schubspannung) in einer Kerbe Schubspannungsablauf in der betrachteten Schnittebene Schub-Dauerwechselfestigkeit des Werkstoffs Schubspannung im bauteilbezogenen Koordinatensystem Schubspannung im Hauptspannungssystem = 0 Freiwert für die Rissverzögerung in Willenborg-Modell modale Partizipationsfaktoren
7 Verwendete Formelzeichen
735
Formelzeichen
siehe Abschnitt
Bedeutung des Formelzeichens
Fm, k (t) j c c0 y w wmax
3.3.7 3.1.6 3.1.1 3.1.1 3.3.1 2.3.2 2.3.6
Partizipations-Zeitreihe Winkel der Schnittebene bezogenes Spannungsgefälle der Kerbspannung bezogenes Spannungsgefälle der Nennspannung Parameter im Universal Material Law Kreisfrequenz = 2pf obere Eckfrequenz eines weißen (rosa) Rauschens
8 Sachverzeichnis
Abgrenzungs-Verfahren 37 Abknickpunkt 11, 27, 40–42, 47–50, 177, 186–190, 200, 204–206, 243–244, 273, 287–290, 303, 311–312, 317, 353, 447, 451 Aluminium-Legierungen 29, 39, 64, 142, 191, 203, 204, 212, 213, 225, 309, 310, 326, 349, 350, 409, 439, 497, 542, 573, 663ff Amplitude (Definition) 21–23 Amplitudenkollektiv 53, 55–56, 59, 61, 63–64, 66–67, 68–72, 73–77, 266, 274, 283, 285, 290, 310–311, 324–325, 331–334, 370–373, 404–406, 411, 558, 636 Amplitudentransformation 282–283, 324, 370–372, 404–411, 411–413, 431 – nennspannungsbasiert 282–283 – Amplitudenkollektiv für R i = –1 283, 310–313 – bei veränderlicher Mittelspannung 332–334 – Lebensdauerberechnung, s-e-basiert 404–407 – Amplitudentransformation als Zählverfahren 411–413 – Beispiele zur Anwendung 407–411 Analytisch erzielte Ergebnisse wesentliche Eigenschaft 618 Anfangsrisslänge 404, 443–446, 447–449, 450–454, 475–489, 480, 486, 491, 495–496, 500, 562, 572 Anforderung 13, 15, 82, 95, 164, 225, 551, 577, 579, 580, 584, 585, 588, 593, 597, 603, 611, 621, 622–623 Anforderungsliste 579, 585, 593–594, 596, 600, 602–603 Anisotroper Werkstoff 245, 427 Anriss-Lebensdauer 135, 181, 238, 354, 356, 357, 363, 364, 390, 395, 477, 479, 480, 547 – Experimentelle Ermittlung aus Kerbgrundbeanspruchung 132–135, 353–355
– Berechnung aus Kerbgrundbeanspruchung 358–370, 384–395, 400–404, 404–407, 477–479, 479–484, 484–487 – Abgrenzung zur RissfortschrittsLebensdauer 135–357, 392, 476, 484 Anstrengung s. Beanspruchung oder Auslastungsgrad Anzahl der Kollektivstufen 59–62, 140–141, 273, 280–281 Approximationsformeln für Formzahlen 638ff Auftretende Spannung (Beanspruchung) 5, 6, 501–506, 549, 569–570, 577–579, 582, 587, 588 Auftretenswahrscheinlichkeit Pe 502, 506–510, 519–523 Ausfallwahrscheinlichkeit 6, 11, 501ff – Berechnen aus Integral der Normalverteilung 502–504 – abhängig von der Lebensdauer 501ff, 574 – vereinfachte Berechnung 506–510, 549 – Berechnung für beliebige Streuverteilungen 510–511 – einzuhaltende Sicherheitszahl 505–506, 517, 631ff – Extrapolation auf niedrige Werte 34, 511–517, 524, 536 – als Problem der unteren Extremwerte 513–517 – sicherheitlich und wirtschaftlich vertretbare Werte 574 – Maß der Zuverlässigkeit 574 Auslastungsgrad 241, 662 Außermittiger Kraftangriff 152–157, 249, 495, 555 Bauteilauslegung – schwingbruchsicher (Prinzip sicheres Bestehen, safe life) 575
738 Bauteilauslegung (Forts.) – ausfallsicher (Prinzip beschränktes Versagen, fail safe) 575 – schadenstolerant (damage tolerance) 575 – s. auch Bemessung Bauteilklasse s. Schweißnaht-Kategorie Bauteil-Versagen 1, 7, 240, 256, 267, 324, 384, 431, 443, 536, 538, 574–576, 588 Bauteil-Wöhlerlinie – aus Versuchsdaten 197–198, 663ff – aus Normen, Vorschriften, Richtlinien, Empfehlungen 160, 198–202 – rechnerische Abschätzung nach FKMRichtlinie 191–197, 552ff – rechnerische Abschätzung nach den IIW-Empfehlungen 198–202 – rechnerische Abschätzung für Bauteil mit Anriss 447–449, 449–451 – rechnerische Abschätzung (nach früheren Vorschlägen) 189–191, 649ff Beanspruchung – Berechnung, Verfahren und kritische Wertung 260–265 – Ermittlung der kennzeichnenden 569–570 – örtlich mehrachsiger Beanspruchungsablauf 367–370, 382–384, 414–421, 569 – ertragbare s. ertragbare Spannung – beanspruchungsgerechte Bauteilgestaltung 582 – s. experimentelle Ermittlung s. Betriebsbeanspruchung Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Ursachen – Grundbeanspruchung 51–52, 72, 83, 101, 412 – Zusatzbeanspruchung 51–52, 55, 68, 412, 586, 604 Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Beschreibung – Beschreibung im Zeitbereich 87–88, 92, 99, 248, 370, 414 – Beschreibung im Frequenzbereich 87–89, 89–93, 99, 248–249, 370, 567 – Beschreibung im Rainflow-Bereich 87, 99, 370, 373 Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Unterscheidung – quasistatische 52, 68, 125, 414–415, 560–562 – deterministische 52, 84, 86, 120, 124, 126, 377
8 Sachverzeichnis – periodische 59, 84, 87, 121, 125, 412 – sinusförmige 21–22, 23, 54, 70, 82, 84, 87, 101, 115–116, 405, 412–413 – komplex-periodische 59, 84, 87, 121, 125 – quasi periodische 87–88 – nicht periodische 84, 88 – stochastische 52, 60, 82, 84–87, 88, 89–95, 103–106, 106ff, 120, 137, 239, 248–249, 250, 257, 267, 268, 270, 597 – stationäre 56, 58, 84–85, 88, 90–93, 106, 117 – ergodische 85, 88, 90, 93 – quasistationäre 85, 106, 116, 121, 141 – nicht stationäre, instationär 56, 85, 88–89 Beanspruchungs-Zeit-Funktion, für Betriebsfestigkeits-Versuche – Beispiele gemessener 51 – Standard-Lastfolge 114, 116–119, 122, 125–129, 323, 322, 559, 572, 287 – Gauß’sche Zufallsfolge 110–120, 147, 318, 323 – Veränderliche Mittelspannung 52, 68, 83, 124–125, 323, 331–332, 412, 455 – Analoge Erzeugung 96–97, 103–106, 141 – Digitale Aufbereitung 99–103, 378–384 – Digitale Erzeugung 106–120, 375–378 – Biharmonische 409–410 – experimentelle Ermittlung s. Betriebsbeanspruchung Beanspruchungsart 153, 160, 176, 177, 310, 495, 500, 572, 579, 602, 603 Beanspruchungskollektiv s. Kollektiv Begleitproben-Versuch 132, 353–354 Begriffe der Betriebsfestigkeit 18 Belastung s. Beanspruchung Bemessung 1, 7, 11–12, 50, 56,64, 81–82, 170, 186, 555, 557 – Über- oder Unterbemessung 7, 555 Bemessungsunterlage 64, 77, 82, 122, 208, 216, 230, 231 Betriebsbeanspruchung – Messung 11, 51, 56–58, 64–65, 73–76, 85, 90–93, 96–103, 125, 140–141, 378–382, 384, 423, 506, 518–523, 549, 554, 558, 560, 562, 564, 566, 567–568, 586 – Streuung 10–11, 58, 378–381, 502, 518–523, 575 – Fehleinschätzung 549, 555, 588–591 Betriebsbedingungen 51, 56, 96, 121, 139, 378, 382, 518, 519, 549, 551, 580, 584, 585, 588, 606
8 Sachverzeichnis Betriebserfahrung 50, 591, 619, 623–624 Betriebsfestigkeit 1ff – Problemstellung, Abriss der Zusammenhänge 1–12 – Anwendungen in der Technik 6 – Kenngrößen und Grenzfälle 11ff – Konzept und praktische Umsetzung 551ff – Neuzeitliche Konzepte 613–622 – Experimentelle Grundlagen 21ff – Rechnerische Verfahren 151ff – Einfluss des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften 77–82 – Vorteil hochfester schweißbarer Baustähle 81 – Maßnahmen zur Optimierung s. Optimierung – Unternehmerische Entscheidungen 13, 15, 580, 610, 613, 622, 624 – Elemente eines Gesamtkonzeptes 622–624 Betriebsfestigkeitsfaktor 196, 657–659 Betriebsfestigkeits-Nachweis 13, 191–197, 559, 577–579, 588–591, 652 – s. auch Maximalspannungs-Nachweis – als Spannungs-Nachweis 577 – als Lebensdauer-Nachweis 578 – experimentell 13, 617–619 – als Nachweis des Auslastungsgrades 578, 662 – Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens 13–14, 551–591 – rechnerisch 13, 191–197, 151ff, 652 – Vorzugebende Anforderungen 551–554 – Einzuhaltende Sicherheitszahlen s. Sicherheitszahlen – Erstellen und Beurteilen 577–579, 662 – Ergebnis unbefriedigend 580ff – Dokumentation 579, 584, 591, 610 Betriebsfestigkeits-Schaubild (Haigh-Schaubild ) 67–68 Betriebsfestigkeits-Versuch 7, 8, 23, 30, 50–52, 56, 65–68, 77, 80, 82, 93, 94, 97, 244, 308, 311, 318, 320, 321, 322–326, 334, 528, 530, 548, 587, 588 Betriebslasten 67, 139, 557–568, 569, 581, 582, 584, 586, 613, 617 – anzusetzende 52, 81, 383–384, 414–416, 421, 584 588, 549, 559–568, 576 – digitale Simulation, quasistatisch 560 – digitale Simulation, dynamisch 562
739 – messtechnische Überprüfung der Lastannahmen 554 Betriebslasten-Versuch 139–144, 484 Betriebslastennachfahr-Versuch 95, 96–98, 103, 121, 139, 140–142, 318–320, 423 Betriebsstunden, Betriebszeit 54–55, 61, 97, 103, 378, 518, 579, 584 Binomialverteilung 37, 65 Block-Lastfolge 59–61, 66–67, 132, 452 Blockprogramm-Versuch 51ff, 132–135, 460, 574 – Durchführung und Auswertung 58–61, 65 – Auftragung der Lebensdauerlinie 62–64, 140 – Einflüsse auf das Ergebnis 77–82, 97, 132–135 – Verlässlichkeit der Ergebnisse 139–142 – Vergleich Versuch und Miner-Rechnung 306–310, 318–323 – Auswertungen zum Reihenfolgeeinfluss 143–149 – Kritische Wertung 82–84, 320 Boden-Luft-Lastspiel 52, 124–135, 138, 558 – Auswirkung im Versuch 143–144 – Auswirkung rechnerisch 309, 323–325, 334, 395–397, 408–409 Boundary-Element-Berechnung s. Randelement-Berechnung Bruch-Schwingspielzahl 23, 32, 35, 37, 60–61, 181, 267–269, 524 Bruchausgang, Bruchfläche 3, 5, 39, 62, 96, 182, 205, 240, 402, 468, 536, 541–545, 547, 586–587 – s. auch Schwinganriss Bruchmechanik 431ff – linear-elastische 431ff, 434, 441, 449–450, 470 – elastisch-plastische 434, 435, 441, 449, 456, 470, 484–487, 495, 479, 500 Bruchmechanik-Konzept 13, 265, 431ff, 487–498, 498–501, 574 Damage tolerance 575 Dämpfung 90, 565–566, 603 Daten – zur Betriebsfestigkeit 65, 67, 83, 122, 143, 145, 149, 160, 197, 202, 306–311, 548, 570, 579, 603, 605, 663ff
740 Daten (Forts.) – s. auch Werkstoff-Daten – aus dehnungskontrollierten WöhlerVersuchen 347–353 – zu statistischen Verfahren 625ff – zu Sicherheitszahlen 631ff – zu typisierten Kollektiven 636ff Datenbanken 663 Dauerfestigkeit 8, 11, 569, 447 – Dauerfestigkeitsabfall 256, 285–290, 295, 306 454, 476–477, 539 – bei extrem hoher Schwingspielzahl 49, 666 – Abschätzung nach FKM-Richtlinie 151, 191–197, 652ff – Abschätzung nach IIW-Empfehlungen 198–202 – Abschätzung nach älteren Vorschlägen 179, 187–191, 649ff – eines Bauteils mit Anriss 447–448, 450–451 – bei kurzen Rissen 469, 476 – unter Korrosionseinfluss 49, 268 – Nachweis 35–38, 191–197, 303, 559, 652ff Dauerfestigkeits-Schaubild s. HaighSchaubild Dauerschwing-Versuch s. Wöhler-Versuch Dehnungsamplitude – Gesamtdehnungsamplitude (Definition) 335–336 – elastische (Definition) 335–336 – plastische (Definition) 335–336 Dehnungsbehinderung 438 Dehnungskontrolliert – Wöhler-Versuch 335–347, 392, 429, 475–476 – Betriebsfestigkeits-Versuch 353–357 Dehnungsmessstreifen 160, 172, 212, 216–218, 568, 619 Dehnungs-Wöhlerlinie 335ff – (Definition) 338–339 – Kennwerte und Schätzformeln 338–341, 347–353 – bezogene Darstellung 340–341 – nach Vorbelastung 385 – bei hohen Schwingspielzahlen 341–343, 385 – Einfluss von Mittelspannung und -dehnung 343–347 – Erfassen der Streuung 346–347, 352
8 Sachverzeichnis Dehnungszustand – ebener Dehnungszustand 167, 258, 435 – ebener Dehnungszustand an der Rissspitze 432, 435, 439, 457 – ebener Dehnungszustand an kurzen Rissen 473, 494 – örtlich mehrachsiger 258 Digitale Aufbereitung – im Zeit-Bereich 97–98, 99–103, 421–424 – im Frequenz-Bereich 91, 99 – im Rainflow-Bereich 97–98, 99–103, 375–378, 378–382, – gemessener Beanspruchungs-ZeitFunktionen 99–103, 375–378 Digitale Simulation – quasistatischer Belastungen 560–562 – des dynamischen Systemverhaltens 562–567, 613–614, 619–620 – des stochastischen Systemverhaltens 567 Dokumentation eines Nachweises 579, 584, 591, 610 Doppelamplitude s. Schwingbreite Dugdale-Streifen-Modell 461–465 Durchläufer s. Versuche ohne Bruch Ebener Dehnungszustand s. Dehnungszustand Ebener Spannungszustand s. Spannungszustand Effektive Schwingbreiten 388–389, 392–394, 439, 460–461, 474–475 Effektivwert s. RMS-Wert Eigenfrequenz 89–91, 562, 566 Eigenspannungen 225ff – Makro- und Mikroeigenspannungen 226–227 – Beurteilung im Haigh-Schaubild 185, 189, 206–207, 227, 233–234, 429 – Problem der Berechnung 238–239, 260, 496, 573, 619 – herstellungsbedingte 182, 225, 238, 400, 402 – künstlich eingebrachte 80, 149, 182, 236–239 – beanspruchungsbedingte 130–131, 225, 238, 265, 310, 407, 455, 465 – Abbau, Spannungsumlagerung 130, 135, 185, 227, 230, 233–239, 309, 400, 558
8 Sachverzeichnis – bei ungekerbten Bauteilen 231–233, 234 – bei gekerbten Bauteilen 231–233, 234–238, 400–404 – bei geschweißten Bauteilen 196, 200–203, 205, 206–207, 217, 223, 228–231, 657 – in Oberflächenschichten, Tiefenverteilung 189, 231–233, 236, 238–239, 400–403, 583 Eigenspannungsempfindlichkeit 232 Eigenspannungsfaktor 196, 659 Einflusslinie 561–562 Einheitskollektiv 64–65, 83 Einkürzung von Lastfolgen s. digitale Aufbereitung – von mehrkanaligen nicht proportionalen Lastabläufen 422, 423 Einstufen-Beanspruchung 238, 325, 394, 473, 477, 478, 486, 560 Einstufen-Versuch s. Wöhler-Versuch Einzelfertigung, Einzelstück 13, 512, 513, 583, 588, 611 Einzelfolgen-Versuch 124ff – Kritische Wertung 137 Endrisslänge 392, 445, 447, 450, 452, 475–479, 491, 496–497, 500 Entfestigung s. zyklische Entfestigung Entscheidungen unternehmerische 13, 15, 580, 610, 613, 622, 624 Erfahrung 12, 49, 80, 82, 117, 181, 185, 191, 195, 198, 218, 227, 311, 404, 420, 421, 467, 548, 555, 556, 559, 560, 568, 572, 575, 585 Erfahrungswert 65, 83, 84, 167, 198, 199, 207, 303, 324, 334, 347, 430, 441, 525, 526, 527, 530, 547, 548, 549, 566, 611 Ermüdungsfestigkeits-Nachweis – in der FKM-Richtlinie gebrauchter Begriff für Dauer- bzw. BetriebsfestigkeitsNachweis Ersatzkerbe 189 Ertragbare Spannung (Beanspruchung) 7–8, 11–12, 501–506, 570–574, 577–579, 582, 587–588 Eurocode 3 174, 191, 198, 200, 205–208, 225, 231, 244, 252 Event-Slicing 424 Experimentelle Verfahren – Merkmal experimenteller Ergebnisse 618 – Ermittlung der Beanspruchung 158–160, 169, 172, 211–212, 216–219, 238, 474, 528–529
741 – Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 132–135, 353–355 – Ermittlung des Rissfortschritts 135–137 Extrapolation – auf die Strukturspannung 211–216 – der Zeitfestigkeitslinie unter die Dauerfestigkeit 285–290 – der Lebensdauerlinie 62, 144, 293–294, 300–302, 328 – gemessener Kollektive oder RainflowMatrizen 58, 65, 97, 370, 378–380, 558 – auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten 34, 511–517, 524, 536 – auf ein 1%-Kollektiv oder eine 1%-Rainflow-Matrix 380–382, 519– 523 – Ergebnisse für Kleinproben auf große Bauteile 181, 404, 536–549, 547, 570–572 Extremwert – einer Lastfolge 374, 380–382, 478, 558 – einer Streuverteilung 512, 513, 548, 574, 583 Extremwert-Verteilung s. Weibull-Verteilung Fail safe design 575 Faserverbundwerkstoffe 669–670 FAT-Klasse s. Schweißnaht-Kategorie Fehleinschätzung 37, 83, 143, 327, 334, 547, 549, 555, 588 Fehlerbewertung, bruchmechanisch 496, 514 Fehlstelle – durch zerstörungsfreie Prüfung bestimmt 499, 514 – Modellierung als Riss 496 Fehlstellenmodell 178, 451, 536, 538, 540–548 Fertigung 623–624 – s. Serienfertigung – s. Großserienfertigung – s. Kleinserienfertigung – s. Einzelfertigung Fertigungseinfluss 1, 6, 7, 10, 204, 241, 323, 350, 400, 404, 487, 528, 574, 605 Festigkeits-Hypothesen 22, 240–242, 245–246, 251–253, 254–255, 256–257, 257, 258–259
742 Festigkeits-Hypothesen (Forts.) – s. Gestaltänderungsenergie-Hypothese – s. Normalspannungs-Hypothese – s. Hauptdehnungs-Hypothese – s. Schubspannungs-Hypothese – s. SchubspannungsintensitätsHypothese – s. Oktaederspannungs-Hypothese – als Interaktions-Beziehungen 196, 197, 240, 243, 250, 252, 258 – Handhabung in der FKM-Richtlinie 241, 251–253, 661 – Berechnung mit der größten Hauptdehnung 259–260 Festwalzen 673 Fiktive fortgesetzte Zeitfestigkeitslinie 288–290 Filterung s. Frequenz Finite-Element-Berechnung 158–159, 160–175, 187, 188–189, 191, 194, 209, 210, 216, 217, 219, 228, 241, 210, 216–217, 219, 228, 241–242, 247, 258, 261–264, 358, 402, 414–422, 435, 486, 493–494, 547, 556–557, 566, 568, 568–569 – Elementtypen 164–167 – Modellbildung 163, 417 – Ergebnisbewertung 167–172 – Anwendung in der Betriebsfestigkeit 174–175 – als Grundlage der Lebensdauerberechnung 414–424 – Methoden der Strukturoptimierung 172–174 – Aufwand 161, 162, 175, 188, 210, 358, 421–424, 493 FKM-Richtlinie „Festigkeitsnachweis“ 191–197, 652–662 – Inhalt, Struktur, Berechnungsablauf 191–194, 652–662 – Statischer Festigkeits-Nachweis 194–196, 656–657 – Betriebsfestigkeits-Nachweis 196–197, 657–662 – Festlegungen zu Einflussgrößen 176–186, 207, 212, 224–225, 241–242, 250–253, – Festlegungen zu Einflussgrößen (Forts.) 258, 311, 325–326, 541, 576, 578 – Sicherheitszahlen 576 – Anhänge 197 FKM-Richtlinie „Bruchmechanik“ 487–488, 496
8 Sachverzeichnis Fließen s. Plastizierung Fließgrenze 47, 195, 421, 656–657 – s. auch Streckgrenze Fließkriterium 230, 233, 236, 240, 457 Fließkurven, Fließflächen 358–359, 367–369 Forman-Gleichung 438, 460, 466, 497 Formdehngrenze 18, 26, 47, 64, 67 Formelzeichen, Formelschreibweise 17–19 Formfestigkeit statische 18, 26, 504 Formzahl 21–22, 46–47, 77–80, 139, 144, 148, 151, 153–155, 157, 178, 181, 182, 187, 188, 190, 195–197, 219–221, 241, 245, 258, 262–264, 309, 310, 327, 354, 358–364, 406, 409, 412, 424–427, 429–430, 491, 495, 541, 556, 569, 570, 573 – Bestimmung 158–160, 641 – Approximationsformeln 641ff – plastische 47, 195, 358–362 Fourier-Integral 88 Fourier-Reihe 87, 167 Fourier-Transformation 88, 99 Frequenz – Beschreibung im Frequenzbereich 87–89, 89–93, 99, 248–249, 370, 567 – Beanspruchungsfrequenz 68–70, 75, 87, 103, 248, 251, 257, 412 – Prüffrequenz 23, 60, 94–95, 97, 101, 116, 119 – Eigenfrequenz 89–92, 562, 566 – Frequenzspektrum 87–89, 95, 103–104, 423 – Frequenz-Filterung 89–92 – Einfluss auf die Schwingfestigkeit 23, 101, 375 Gaßnerlinie s. Lebensdauerlinie Gauß’sche Normalverteilung s. Normalverteilung oder Logarithmische Normalverteilung Gauß’sches Wahrscheinlichkeitsnetz s. Wahrscheinlichkeitsnetz Gauß’sche Häufigkeitsverteilung (Kollektiv) 93, 114, 119, 146, 147, 148, 272, 278, 326 Gauß’sche Lastfolge 65, 93, 103, 106, 109, 110, 114, 116, 119, 121, 141, 143, 145, 146–148, 248, 272, 278, 323, 326, 331, 542 – Anomalie der Stufenhäufigkeiten 118
8 Sachverzeichnis
743
– unterschiedliches Schädigungspotential 119–120 Gauß’scher (Zufalls-)Prozess s. Gauß’sche Lastfolge – Empfohlene Verbesserung des Algorithmus 118–119 Geforderte Schwingspielzahl s. Lebensdauerforderung Geforderte Lebensdauer s. Lebensdauerforderung Geometriefaktor s. Geometriefunktion Geometriefunktion 265, 433, 444, 470, 479, 486–487, 488–490, 495, 500–501 Geradelinien-Verteilung 58, 65, 140, 149, 272, 310, 637 Gerber-Parabel 184 Gestaltänderungsenergie-Hypothese 170, 172, 220, 240–241, 243–244, 245, 246, 250–259, 367, 416–419 Gestaltfestigkeit 9, 10, 12, 13, 16, 181, 262, 430, 500, 570–571 Gestaltung – beanspruchungsgerechte Bauteilgestaltung 582 – s. Bauteilauslegung – s. Optimierung Gewaltbruch 5, 240, 431, 438, 586 Goodman-Gerade 184 Grenz-Schwingspielzahl 24, 35, 37, 342 Größeneinfluss 48, 177, 181–183, 570 – Geometrischer 182–183, 208, 209, 447 – Geometrischer bei einem Bauteil mit Anfangsriss 447 – Technologischer 182–183, 187, 195, 196 – Spannungsmechanischer 182–183 – oberflächentechnischer 182–183 – statistischer 182–183, 183, 209, 263, 354, 402, 404, 428, 536–548 Grundbeanspruchung 51–52, 72, 83, 101, 412 – veränderliche 72, 83, 101, 412 Gusswerkstoffe 169, 189, 190, 191, 195, 197, 241, 242, 326, 421, 528, 531–532, 576, 583, 660, 668 – Fehlerbewertung 496, 514, 576
– bei Biege- oder Torsionsspannungen 185–186 – erweitert für zyklisches Kriechen 343 – Begrenzung durch den Maximalspannungsnachweis 186 – für Bauteile mit Eigenspannungen 189, 202, 206–207, 230, 233–236 – nach FKM-Richtlinie 184–185, 206–207 – für Schweißverbindungen 202, 206–207 – nach IIW-Empfehlungen 206–207 – als Betriebsfestigkeits-Schaubild 67–68 – Basis für Amplitudentransformation 282–283 Häufigkeits-Verteilung s. Kollektiv Hauptdehnungen 170–172, 252, 258–259 Hauptdehnungs-Hypothese 252 Hauptspannungen 47, 160, 170–172, 185, 206, 212, 339–241, 250–254, 258, 416–420 Hochfeste schweißbare Baustähle Vorteile für die Betriebsfestigkeit 81–82 Höchstwert s. Kollektiv-Höchstwert Hook’sche Spannung 363–364, 419 Hüll-Hysterese 236, 374–375, 395 Hysterese s. Hystereseschleife Hystereseschleife 106, 133, 335, 345, 362, 365–370, 370–375, 387, 387, 392–395, 420, 429, 481–484 – als Definition eines Schwingspiels 429 – stabilisierte 374, 375, 395, 475 – Schachtelung 373, 418, 481–483 – Scheinhysterese 481–483
Haigh-Schaubild 27, 29, 48, 184, 254, 331, 430 – als Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild 38, 67–68
J-Integral 434–435, 438, 471–472, 485–486, 487, 494, 500 – Schwellwert für DJ 476, 471 Jiang-Modell 367, 370
IIW-Empfehlungen 174, 191, 196–198, 200, 203, 205–208, 212–214, 223–224, 231, 244 – Abriss 203 Incremental-Step-Test 337–339 Inspektion, Inspektionsintervall 197, 499, 576 Instandhaltung s. Wartung Interaktion s. Festigkeits-Hypothesen Invarianzbedingung Probleme durch Werkstoffdaten 242–244
744 Kerbdehnungs-Versuch 356 Kerbe 46, 80, 155, 158, 189 220, 246, 258, 259, 459, 545, 555–556 – einer Schweißnaht 220, 258, 259 – flache bzw. tiefe 158 Kerbempfindlichkeit 178 Kerbfälle s. Schweißnaht-Kategorien Kerbgrundbeanspruchung – experimentell ermittelt 132, 353–355 – rechnerisch ermittelt 358–370, 569 – und Normierte Wöhlerlinien 424–429 – Kritik des Kerbgrund-Konzeptes 429–431 Kerbgrundspannungs-Konzept 13, 265, 335ff, 399–400, 429–431, 573 Kerbradius 156, 158, 178, 182, 220, 236, 402, 479, 495, 660 – kleiner 49, 156, 181, 263, 404 – am Schweißnaht-Übergang 189, 220–221 Kerbspannung 13, 130, 153, 155, 157, 158, 161, 163, 166, 168, 173, 176, 178, 182, 188, 189, 194, 203, 209, 219, 220, 234, 240, 241, 245, 259, 260, 358, 373, 416, 491, 495, 556, 569, 582, 587 – ertragbare Werte bei gekerbten Bauteilen 194, 209, 541, 555, 572, 657 – bei Schweißverbindungen 198, 203, 210, 214, 217, 219, 220, 225, 231 – ertragbare Werte bei Schweißverbindungen 218, 223, 658 Kerbspannungs-Konzept 13, 158, 188–189, 219–225, 264, 572 – Problematik 262 Kerbstellen 556 Kerbwirkung 77, 176–178, 181, 187, 189, 211, 223, 239, 495, 556, 582 – überlagerte 556 Kerbwirkungszahl 178, 182, 190, 196, 197, 219, 220, 221, 262, 409, 569, 573, 661 Kerbzahl s. Formzahl Kitagawa-Diagramm 469–470 Klassen s. Zählverfahren Klassendurchgangs-Verfahren 53, 68, 70, 72, 108, 311, 324, 332, 380, 520, 561 Klassengrenzen s. Zählverfahren Klassengrenzen-Überschreitung s. Klassendurchgangs-Verfahren Klassenhäufigkeit 73–75, 283 Klassierverfahren s. Zählverfahren Klebeverbindungen 673 Kleinserienfertigung 612
8 Sachverzeichnis Kollektiv 8, 51, 107–108, 372, – Einheitskollektive, typisierte Kollektive 64–65, 83, 202, 636–639 – Kennwerte 55, 66 – Summenhäufigkeit 54, 59, 73–76, 283 – Überschreitungshäufigkeit 53–55, 72, 93, 108, 119 – Klassenhäufigkeit 73–75, 283 – gemessene Kollektive 58, 98 140–141, 518 – rechnerische Abschätzung 559–560 – unsymmetrisches 66, 282 – Amplitudenkollektiv 55–56 – Treppung 59, 116, 118, 125, 140, 266, 268, 270, 277–281, 290, 292, 293, 298, 299, 636 – Stufenhäufigkeit 59, 268, 272, 292, 299 – Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude 96, 303–305 – Schädigungsfunktion 271–274, 409–410, 423 – Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv 274–277, 304 – Völligkeitsgrad 63, 65, 271, 293, 331 – Weglassen großer Amplituden (Truncation) 129, 131–132, 323, 395 – Weglassen kleiner Amplituden (Omission) 129–130, 323, 423 – für 1% Auftretenswahrscheinlichkeit 380, 519ff – Amplitudentransformation auf R i = –1 282 Kollektiv-Höchstwert – Definition und Bestimmung 55–56, 58, 95, 558–559 – Begrenzung (Truncation) 129, 131–132, 323, 395 Kollektive S0, S1, S2, S3 202 Kollektivform 55–58, 59, 64–65, 93, 95, 116, 119, 122, 129, 140, 144, 147, 196, 271, 285, 291, 326–327, 518, 520, 559–560, 586, 603 – Häufig beobachtete und spezielle Formen 56–57 – Normverteilung 57–58, 59, 64–65, 145, 147–148, 279–280, 292, 326, 331, 528, 636 – p-Wert-Kollektive 56–57, 63–65, 202, 93–294, 310, 568, 636 – Kollektive S0, S1, S2, S3 202 – Einfluss auf die Lebensdauer 8, 11, 12, 63–64, 80, 97, 144, 202, 298, 326
8 Sachverzeichnis – Völligkeit 63, 65, 271, 293, 331 Kollektivstufe 59–62, 66–68, 82, 83, 95, 118, 129–132, 140, 141, 267–272, 273, 276, 277–281, 283–285, 290–297, 298, 300, 302–302, 395, 407, 409 Kollektivtreppung 59, 61, 116, 118, 125, 140, 266, 268, 270, 277–281, 290, 292, 293, 298, 299, 636 Kollektivumfang 55, 58, 61, 93, 196, 269, 275, 290, 304, 518, 521, 559–560 – Umrechnung auf die Lebensdauer 61 Konstruktion – schwingbruchsichere (Prinzip sicheres Bestehen, safe life) 575 – ausfallsichere (Prinzip beschränktes Versagen, fail safe ) 575 – schadenstolerante (damage tolerance) 575 – methodisches Konstruieren und Betriebsfestigkeit 592–609 Korrelation von Zugfestigkeit (und Streckgrenze) mit der Dauerfestigkeit 177 Korrosionseinfluss 77, 142, 149, 191, 310, 445, 572, 573, 582, 583, 587, 603 – auf die Dauerfestigkeit 49, 268 – Meerwasser-Korrosion 272, 678–679 – Reibkorrosion 77, 328, 582, 586, 587 Kosten-Nutzen-Analyse 610–613 Kriechen s. zyklisches Kriechen Kritische Schnittebene 242, 253, 254–255, 414–421 – beim Nennspannungskonzept 254– 255 – beim örtlichen Spannungs-Konzept 414–421 – Rissöffnungsspannung (Normalspannung) 416 – Schubspannung 416 Kritischer Querschnitt s. schwingbruchkritischer Querschnitt Kritischer Spannungsintensitätsfaktor 438, 487 Kugelstrahlen 673 Kurzer Riss 238, 265, 388, 392, 440, 458, 468ff, 479ff, 486, 491, 494, 499, 500 – Abgrenzung gegen langen Riss 469 – Dauerfestigkeit 469 Kurzzeitfestigkeit (Definition) 8, 12, 335 – Verlauf der Wöhlerlinie 8, 12, 25, 32, 47, 205 – Abgrenzung 26, 45, 46, 47, 64, 67, 204, 426, 448
745 Lastannahmen s. Maximallast oder Betriebslasten Lastfaktor 360, 383 Lastfolge – Folge von Schwingspielen bzw. Halb-Schwingspielen 121, 124, 130, 370–371, 429 – Folge von Ober- und Unterwerten (Umkehrpunkten) 101, 106–107, 111–114, 119, 122, – Folge von Ober- und Unterwerten (Umkehrpunkten) (Forts.) 123, 365, 366, 375–378, 405 – Folge von Schwingungsvorgängen 562–564 – Folge komplexer Beanspruchungsabläufe 124, 137, 423 – Folge zufälliger Einzelereignisse 52, 91, 120–121, 561 – Folge von Einzelflügen 125–138, 143, 407–409, 559 Lastspiel s. Schwingspiel Lastübertragung – beim Augenstab 310, 321 – bei einer Nietverbindung 149 Lebensdauer (Definition) 5, 6, 8, 11, 12, 16, 61–62 – in Zahl der Schwingspiele s. Lebensdauerlinie – in Betriebsstunden, Fahrkilometer 61, 584 – Streuung und Ausfallwahrscheinlichkeit 10, 502–504, 511–512, 526–527 Lebensdauerberechnung – s. Rechnerische Verfahren – anhand von Nennspannungen 266 ff, 294 – anhand der Kerbgrundbeanspruchung 335ff, 384 – anhand einer Amplituden-Transformation 404–413 – anhand von Finite-Element-Berechnungen 414–424 – anhand des Rissfortschritts 431ff, 447, 451–468, 468–487 – Einbeziehung von Randschichteffekten 400–404, 430–431 – Einbeziehung von Oberflächenrauigkeiten 402–404 – Einbeziehung von Eigenspannungen 400–404
746 Lebensdauerberechnung (Forts.) – Problematik der Eingabedaten 400 – Vergleich mit Versuchsergebnissen 305–333, 395–400, 402–403, 407–411, 407–411, 466–467 Lebensdauerforderung 6, 11, 12, 18, 64, 81, 304, 326, 430, 577–579, 588–591 Lebensdauerlinie – Gleichung 61–62 – aus Versuchsdaten 62, 63, 64, 122, 128, 140, 197, 237, 318–319 – aus Normen, Vorschriften usw. 202 – Berechnung aus der Wöhlerlinie 266ff – Berechnung aus der Kerbgrundbeanspruchung 335ff – Berechnung aus Rissfortschrittsdaten 431ff – Verlauf bei hohen Schwingspielzahlen 62, 144, 293–294, 300–302, 328 – Neigung s. Neigungsexponent Lebensdauer-Nachweis 64, 526, 578 Lebensdauer-Steigerung 65, 77, 136, 236, 350, 590 Lebensdauerwert s. Lebensdauer bzw. Lebensdauerlinie Leistungsspektrum s. spektrale Leistungsdichte-Verteilung Lineare Schädigungsakkumulation s. Miner-Regel Logarithmische Normalverteilung 31–32, 34, 37, 65, 346, 502, 507, 511–512, 513, 515–518, 520, 583, 637 – Umrechnung auf die Weibull-Verteilung 515–517, 629 Loseq-Modell 461, 465, 500 – Berechnungsansatz 465–466 – Beispielrechnungen 466–467 Low-Cycle-Fatigue (LCF) s. Kurzzeitfestigkeit (und Zeitfestigkeit) Magnesium-Legierungen 664–665 Markov’sche Folge 60, 107, 123 Masing-Hpothese, Masing-Verhalten 362–363, 365, 367, 392, 473 Maßnahmen – bei unbefriedigendem Betriebsfestigkeits-Nachweis 580ff – bei Schwingbrüchen im Betrieb 584ff Matrix s. Rainflowmatrix oder Übergangsmatrix
8 Sachverzeichnis Maximal zulässige Beanspruchung s. Maximalspannungs-Nachweis Maximallast anzusetzende 11, 81, 99, 194–195, 238, 246, 557–558, 576 Maximalspannungs-Nachweis 7, 11–12, 56, 64, 81–82, 186, 193–195, 557–558, 573, 656–657 – nach der FKM-Richtlinie 193–195, 656 – als Voraussetzung für den Betriebsfestigkeits-Nachweis 11–12 Mehrachsige Schwingbeanspruchung 239ff, 414ff – s. Festigkeits-Hypothesen – additiv 247–249 – proportional 172, 197, 249–252, 258, 367–369, 382, 414–421, 422–424, 466, 487, 490, 570 – synchron 250–251 – nichtproportional 172, 175, 197, 250, 251–253, 257–258, 367, 369, 382–383, 414–421, 423–424, 429, 487, 570, 582 – aus Werkstoffdaten bedingte Invarianzprobleme 242–244 – anisotroper Werkstoff 245–246 – Vorgehensweise 257–258 – Auslastungsgrad 197, 662 – Finite-Element-Berechnungen 414–421 – kritische Schnittebene 254–255, 414–421 – Betrachtung des Dehnungszustandes 258–260 – Einfluss der Bauteilgestalt 246–247 Mehrachsigkeitsfaktor 220 Mehrkörper-Simulation (MKS) 414, 562–567, 568, 613–614, 619–620 Mehrstufen-Versuch s. BlockprogrammVersuch Meistschädigende Spannungsamplitude 146, 269, 272–273, 276, 303 Meistschädigende Kollektivstufe s. Meistschädigende Spannungsamplitude Memory-Effekt s. Werkstoffgedächtnis Messen, Messung s. Betriebsbeanspruchung Messgerechte Konstruktion 568 Methodisches Konstruieren 592–609 – Arbeitsschritte 595 – Anforderungsliste 593, 602–603 – Leitlinien zur Konstruktionsbewertung 596–599 – Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit 600
8 Sachverzeichnis – Maßnahmen und Bewertungskriterien 605–609 – Gewinnen der erforderlichen Informationen 601–605 Miner-Regel 160, 266ff, 480, 499, 520 – Elementare Form 268–283, 293, 300, 395, 451 – Original-Form 283–285, 293, 395, 410 – Modifizierte Form 285–294, 300, 406–407, 410, 411, 451, 454 – Konsequente Form 294–303, 300, 394–396, 406–407, 411, 451, 453, 454, 478 – Rechnen mit verändertem Schwingfestigkeitskennwert 328–333 – Rechnen mit veränderten Schädigungssummen 324–328 – Relative Miner-Regel 326–328 – bei veränderlicher Mittelspannung 331–333 – und Rissfortschritt 453–454 – Überprüfung an Versuchsergebnissen 305–324, 396–397, 398, 399 – Kritische Wertung 333–334 Minitwist 129, 323, 356, 390, 395, 397, 409, 639 Mischkollektiv 56–57, 521 – nach ADAC-Statistik 521–523 Mittelspannung 21–23, 27, 86, 90, 151, 195, 233–234, 236, 251, 254, 267, 370, 372–373, 418 – von Kollektiven 54, 55, 62, 66, 70, 72, 81, 83, 119, 140, 281, 282–283, – veränderliche 124–125, 132–135, 268, 310, 331–333, 390, 455, 471, 478, 496, 573 Mittelspannungseinfluss – im Wöhler-Versuch 27–30, 48, 255, 256 – im Betriebsfestigkeits-Versuch 67–68, 70, 78–80, 130–131, 309, – bei gekerbten Bauteilen 177, 182, 184–186, 187, 189, 190–191, 192, 196 – nach FKM-Richtlinie 184–186, 196, 207 – bei geschweißten Bauteilen 201–202, 206–207, 224 – bei Eigenspannungen 227, 230–231 – beim Kerbgrund-Konzept 53, 343–346, 385–390, 404–408, 411–413 – beim Kerbgrund-Konzept (Forts.) 421, 429–430
747 Mittelspannungsempfindlichkeit 29–30, 78–79, 184–185, 189, 190, 207, 233, 332, 386–388 – Grenzfälle M = 0 und M = 1 386 –388 Mittelspannungsparameter s. Schädigungsparameter Mittelspannungsrelaxation 343, 429 Mittelwert – Berechnung für n Einzelversuchen 32–33 – aus wenigen Einzelversuchen 523–526, 548, 628 – Bestimmung im Wahrscheinlichkeitsnetz 30, 32, 34 – der Dauerfestigkeit 35–35 – Zeitmittelwert 85, 86 – Scharmittelwert 85 – der Schädigungssumme 306–310, 310–317, 321–323, 396–399 Mittelwertdurchgangs-Zahl 93, 95, 104, 107, 111, 115, 119, 122, 140, 141, 143, 145, 147, 372 MKS s. Mehrkörper-Simulation Modale Berechnung 415–416 Modell Fatica 396–398, 400, 479–484, 500 Modus I, II, III 433, 435 Mróz- bzw. Mróz-Garud-Modell 367, 417 Nachweis – als Zeitfestigkeits-Nachweis 7, 8, 11, 50, 559, 577, 588–591 – als Dauerfestigkeits-Nachweis 7, 11, 50, 256–257, 303–305, 558–559, 577, 588–591 – als Betriebsfestigkeits-Nachweis 13, 191–197, 559, 577–579, 588–591, 652 – der statischen Festigkeit s. Maximalspannungs-Nachweis – als Spannungs-Nachweis 577, 588–591 – als Lebensdauer-Nachweis 578, 588–591 – des Auslastungsgrades 578, 662 – nach einschlägigen Normen, Vorschriften, Richtlinien 198, 202–203, 551 – experimentell s. Experimentelle Verfahren – rechnerisch s. Rechnerische Verfahren – im Rahmen des Konstruktionsprozesses 551–553, 600 – unter zweckentsprechenden Annahmen 553
748 Neigungs-Exponent – der Zeitfestigkeitslinie 26–27, 40–41, 186–187, 447, 450–451 – der PJ -Schädigungsparameter-Wöhlerlinie 393 – der Lebensdauerlinien 61–62, 148 – der Paris-Gleichung für DK 437, 498 – der Paris-Gleichung für DJ 438, 471 Nennlast 558, 560 Nennquerschnitt 47, 151–152, 155, 263 Nennspannung Definition und Berechnung 151–155, 245–246, 260–263, 569 – ertragbare 160, 192–197, 203–206, 266ff Nennspannungs-Konzept 13, 151ff, 260–263, 266ff, 332–334, 399, 404, 409–411, 430 Neuber-Control-Versuch 354–356 Neuber-Regel 354, 356, 358–364, 419, 424–425, 429–430, 470 – Hook’sche Spannung 356–358, 419 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 613–619, 619–621 Nichtproportional mehrachsige Beanspruchung 172, 175, 197, 250, 251–253, 257–258, 367, 369, 382–383, 414–421, 423–424, 429, 487, 570, 582 – Probleme 251–253, 369, 419–421 Nicht stabilisiert s. transient Nietverbindung 149, 152, 323, 555, 572, 672 Normalspannung 22, 47, 151, 153, 156, 178, 204, 225, 240–244, 255–257, 259, 416–421, 433 – in der Schnittebene 242–243, 416–421 Normalspannungs-Hypothese 240–242, 245, 246, 250, 252 Normalverteilung 31, 33, 36, 346, 503, 504, 505, 507, 513, 523, 524, 626 – Daten der Normalverteilung 504, 626–627 – Logarithmische 31–32, 34, 37, 346, 502, 507, 511–512, 513, 515–518, 520, 583 – für gekerbte Bauteile 39–45, 149, 177, 185, 233, 266, 311, 317–320, 353 – anhand der Kerbgrundbeanspruchung 364, 424–428 – für Schweißverbindungen 39, 80, 199, 201, 204–206, 217, 266, 311, 532, 534 – Ableitung 39ff, – Erörterung ihrer Anwendung 45–48, 311, 572
8 Sachverzeichnis – für Bauteile mit Anriss 447–449, 449–451, 499 Normverteilung 57–58, 59, 64–65, 145, 147–148, 279–280, 292, 326, 331, 528, 636 Nutzungsdauer 6, 96, 558–560, 574, 575, 578, 580, 588, 590 Oberflächenbehandlung 49, 77, 182, 196, 400, 430, 487, 582 Oberflächeneinfluss 49–50, 77, 169, 176, 181–182, 189–190, 196, 227, 264, 400, 430, 528, 547, 570–573, 582–583, 619, 674 Oberflächenfaktor 182, 190, 196, 402 Oberflächenrauigkeit 50, 182, 196, 400, 402, 404, 480, 487, 583 Oberflächenrisse 393, 394, 468, 472, 473, 485–486, 490–491, 587 Oberspannung (Definition) 21–23 Oktaederspannungs-Hypothese 254–256 Omission 129–130, 323, 423 Optimierung 7, 94, 65, 77, 123, 136, 172–173, 206, 236, 239, 350, 562, 566, 577, 579, 582, 586, 590, 591, 604–605, 607, 610, 612–615, 617 – beanspruchungsgerechte Bauteilgestaltung 582 – s. auch Schwingfestigkeits-Steigerung – s. auch Konstruktions-Methodik Ordnungszahl 30 örtlich gemessene Dehnung an Schweißverbindungen 217–219 Örtlich mehrachsiger Dehnungszustand 258–259 Örtliche Krafteinleitung 153, 157, 165 Örtliche Spannung (Beanspruchung) 161–162, 166, 170, 173, 194, 219ff, 247, 262, 265, 353–370 Örtliches Konzept s. Kerbgrund-Konzept p-Wert-Kollektiv 56–57, 63–65, 202, 93–294, 310, 568, 636 Palmgren-Miner-Regel s. Miner-Regel Paris-Gleichung 436–438, 460, 466, 471, 497–498 – Integration 443–445, 447, 466, 471 – Neigungs-Exponent 393, 438 Plastische Zone an der Rissspitze 432, 434, 435, 456–458, 460, 461, 464–466
8 Sachverzeichnis Plastizierung, Fließen 47, 195, 230, 233, 236, 240, 265, 407, 409, 419, 429, 449, 457 Probit-Verfahren 37 Programm-Versuch s. BlockprogrammVersuch Programmbelastungs-Versuch s. Blockprogramm-Versuch Proportional mehrachsige Beanspruchung 172, 197, 249–252, 258, 367–369, 382, 414–421, 42–424, 466, 487, 420, 570 Prüfhorizont s. Spannungshorizont Pseudo-Zufallszahlenfolge 112, 113 Q 0 -Verfahren 322, 329–331 Qualitätssicherung 1, 13, 178, 575, 588, 599, 624 – Zusammenhang mit der Sicherheitszahl 513–514, 517, 548, 583 – Berücksichtigung in der Dokumentation 579, 605 Rainflow-Matrix 99, 151, 283, 311, 370–373, 379, 378–382, 382 – Editierung 370, 382 – Superposition 370, 382 – Extrapolation 370, 378–382 – Amplitudentransformation 283, 311, 324, 370 Rainflow-Projektions-Zählung 382–384 Rainflow-Rekonstruktion 370, 375–378 Rainflow-Verfahren 370–384 – Multiaxiale 382–384 Rainflow-Zählung 53, 70, 101, 106, 332, 366, 370–373, 416, 477, 481–484 – Residuum 99, 370, 373–375, 376, 380, 382, 482, 483 – für die kritische Schnittebene 416 – Kritik und modifizierter Algorithmus 481–484 Randelement-Berechnung 158, 160, 161, 162–163, 167, 174, 191, 194, 217, 221, 261, 262, Randelement-Berechnung (Forts.) 264, 435, 493–494, 569 Random-Versuch s. Zufallslasten-Versuch Randschichteinfluss 400–404 Randschichtfaktor 196, 660 Rauigkeit s. Oberflächenrauigkeit Rauschgenerator 104–106
749 Rauschsignal 89–90, 103–106 Reale Testverfahren 613–622 Rechnerische Verfahren 151ff – Berechnung der Spannung 151ff – Berechnung der Lebensdauer 266ff – Berechnung des Rissfortschritts 431ff – Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit 501ff – Berechnung der Schädigung 266ff Rechnerische Abschätzung – von Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 175–198, 657–662 – von Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 198–225, 657–662 Rechteck-Ersatzkollektiv 274–277, 304 Regellose Beanspruchung s. zufallsartige Beanspruchung Regelmäßigkeit s. Unregelmäßgkeitsfaktor Regelwerk s. Norm etc. Reibkorrosion s. Korrosionseinfluss Reihenfolge-Einfluss 9, 149, 263, 265, 377–378, 405, 406–407, 495, 500 – bei Betriebsfestigkeits-Versuchen 53, 83, 138, 142–143 – Vergleich Blockprogramm- und Zufallslasten-Versuch 143–144, 144–149 – Schrifttumsauswertungen 143–144, 144–149, 329–331 – U0-Verfahren 145–149, 322 – Nichtbeachtung bei der Miner-Regel 309, 325, 331–333, 334, 495, 499 – bei Makro-Rissen 451, 453, 455–456, 458–468, 499, 500, 573 – bei kurzen Rissen 392–400, 469–479, 479–484, 500 – beim Rainflow-Zählverfahren 481–483 Relative Miner-Regel 160, 326–329 Residuum 99, 370, 373–376, 376, 380, 382, 482, 483 Restbruch 5, 290, 431, 438, 497, 547 Restfestigkeit 497, 575 Restlebensdauer 497, 498–499, 500 Rice’sche Beziehung 93 Richtlinie s. FKM-Richtlinie Risiko – sicherheitliches 258, 557, 574, 585 – unternehmerisches 15, 610, 613 Risikofaktor (bei wenigen Einzelversuchen) 523–526, 635
750 Rissfortschritt – bei konstanter Schwingbreite der Spannung 436–443, 443–451, 469–472 – bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung 451–487, 498–501 – verzögerter oder beschleunigter 135–137, 443, 455–468, 500, 675 – experimentelle Ermittlung unter Lastfolgen 135–137 – s. auch Reihenfolgeeinfluss – von kurzen Rissen 238, 265, 388, 392, 440, 458, 468ff, 479ff, 486, 491, 494, 499, 500 – in elastisch-plastischem Umfeld 434–435, 441, 449–451, 456, 470–471, 484–487, 495, 499–500 – Einfluss der Werkstoffeigenschaften 439–443, 469–470, 497–498 – Rissmodell 265, 451, 458, 483, 487, 488, 495, 496 – reale Fehlstelle als Anfangsriss 496 – Einfluss der Bauteileigenschaften 487–497 – Berechnung von Anriss bis Restbruch 484–487 – Restlebensdauer 497, 498–499, 500 Rissfortschritts-Daten 497, 501 Rissfortschritts-Konzept s. Bruchmechanik-Konzept Rissfortschritts-Lebensdauer 135, 357, 479, 484, 486, 514 – Abgrenzung zur Anriss-Lebensdauer 135, 392, 476, 484 – s. auch Rissfortschritt Rissfortschritts-Versuch 135–137, 436–443, 455–456, 461–463 Rissfortschrittsgleichung – Paris-Gleichung für DK 437 – Paris-Gleichung für DJ 438–439, 471 – Forman-Gleichung 438–439 – erweiterte Forman-Gleichung 438–439 – Werkstoff-Einfluss 439–443, 469–470, 497–498 – Integration 443–447, 452–453 Rissfortschrittsrate 135 – als Funktion von DK 436–443 – als Funktion von DJ 438–439, 471–472 – bezogen auf den E-Modul 440–442 Risslänge 136, 137, 265, 404, 433, 434, 436–438, 440, 443, 465, 466, 469–470, 475–476, 479–484, 486, 490, 491, 500
8 Sachverzeichnis – Anfangsrisslänge, Endrisslänge 136, 292, 404, 443–445, 450, 451, 468, 475–476, 478–480, 497, 500 – kritische 438, 443, 444, 448, 487, 497 Risslängenzuwachs und Schädigungswert 136, 454 Rissmodell 265, 451, 458, 483, 487, 488, 495, 496 – reale Fehlstelle als Anfangsriss 496 Rissöffnen s. Rissschließen und Rissöffnen Rissschließen und Rissöffnen – Rissöffnungsmodi I, II, III 433, 435, 470 – bei Makrorissen 236, 238, 455–458, 463–465, 468, 473, 495, 500 – bei kurzen Rissen 265, 388, 392–393, 471–478, 479, 481, 484, 485, 500 – teilweises (partielles) Rissschließen 392–393, 458, 463, 466, 471–478, 500 – stabilisiertes 392, 440, 479–480, 484 – in der Schnittebene 416–417 – neue Erkenntnisse 440, 479 Rissstadien I und II 421, 470 Rissuferkontakt 391, 461–465, 466, 468, 500 Rissuferverformungen 461–465, 468 RMS-Wert 90–93, 95, 106, 111, 115, 143, 248–249, 272 Rossow-Formel 30, 629 Rückstellbreite 68–69, 103 Ruhende Beanspruchung (Definition) 22 SAE-Histories 97–98, 409–410 Safe life design 575 Sampling-Zählverfahren 53, 73–77 Schadensakkumulation s. Schädigungsakkumulation Schadensanalyse 585, 587, 588, 591, 625 Schadensfälle – ICE-Unfall 2 – Offshore-Plattform 3 – nach Allianz-Versicherung 4 – in Hüttenwerksanlage 4 – im Flugzeugbau 4 – Beurteilung und Maßnahmen 584ff Schadensfolgen 576 Schadenstoleranz 575 Schädigung (Definition) 267 Schädigungs-Rechnung s. Miner-Regel
8 Sachverzeichnis Schädigungsakkumulation – lineare 266ff – s. Miner-Regel – praktische Berechnung 269ff, 290ff, 299ff, 301, 319, 324–333, 333–334 – schwingspielweise mittels Schädigungsparameter 384ff Schädigungsanteil s. Schädigungsbeitrag Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude 96, 276, 303–305 Schädigungsbeitrag – eines Schwingspiels 267, 277, 282, 331, 384, 390, 394, 404–405, 480, 481–482 – von kleinen Amplituden 99, 101, 129, 247, 397 – von Kollektiv-Stufen 61, 129, 268–269, 271–274, 295, 302–303, 409 – von Kollektiv-Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit 283–284, 285–286, 288–289, 294 – von sonstigen Ereignissen 257, 309, 380, 384, 430, 478, 482 Schädigungsfunktion 271–273, 302–303, 409, 410, 423 Schädigungsgleiche Ersatz-Spannungsamplitude 275–276 Schädigungsgleiche Ersatz-Schwingspielzahl 275 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv 274–277, 304 Schädigungsparameter 333, 345, 385, 406, 429 – PB nach Bergmann 388, 395 – PHa nach Hanschmann 388, 390, 395, 430 – PHe nach Heitmann 388, 395, 472 – PHL nach Haibach und Lehrke 333, 388, 390, 396, 411, 430, 431 – PJ nach Vormwald 333, 388, 392, 396, 411, 430, 431, 472ff – PSWT nach Smith, Watson und Topper 345, 387, 395, 396, 410, 421, 429, 430 – nach Brown-Miller 421 – nach Fatemi und Kurath 421 – nach Fatemi und Socie 421 – bei nicht proportionaler Beanspruchung 369, 414–421 – Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen 390, 429, 478 Schädigungsparameter-Wöhlerlinie 345–346, 350, 385, 402–404, 405–406
751 – Dauerfestigkeit 393–394, 476 – für PJ und kurze Risse 392–395, 475–478 Schädigungssumme – vorgegeben für die rechnerische Lebensdauer 267, 324–326, 326–328 – errechnet für die Lebensdauer im Versuch 306–310, 310–317, 321–323, 396–399 Schädigungswert und Risslängenzuwachs 136, 454 Scharmittelwert 85 Scheitelwert-Zahl 93, 95, 122 Schnittebene 242–243, 253, 254–255, 414–421 – kritische 242, 253, 254–255, 414–421 Schnittkraft 414, 555, 561, 562, 568 Schraubenverbindungen 672 Schubspannung – als Nennspannung 18, 22, 47, 151, 153, 156 – als Kerbspannung 178 – als Mittelspannung 185 – mit Finite-Elementen berechnet 165, 167 – bei mehrachsigem Spannungszustand 241–245, 252–259, 416–420 – in der Schnittebene 242–243, 416 Schubspannungs-Hypothese 241, 256 Schubspannungsintensitäts-Hypothese 242, 251, 253, 256–257 Schubspannungs-Wöhlerlinie 46, 204–206, 225 – Problem der Kennwerte 205–206, 242–244 Schwachstelle – Erkennen von Schwachstellen 555–557, 599, 603 – s. auch schwingbruchkritischer Querschnitt Schweißeigenspannungen 196, 200–203, 205, 206–207, 217, 223, 228–231, 659 Schweißnaht-Kategorie, Bauteilklasse 197, 199–200, 212–213, 224–225 Schweißverbindungen – kritische Querschnitte 152, 555–557, 599, 603 – Berechnung nach Normen, Vorschriften etc. 198–203, 206–209 – Berechnung nach der FKM-Richtlinie 191–197, 652–662
752 Schweißverbindungen (Forts.) – Berechnung nach den IIW-Empfehlungen 203–206 – Berechnung mit Nennspannungen 203–209, 657 – Berechnung mit Strukturspannungen 210–219 264, 569, 658 – Berechnung mit Kerbspannungen 219–225, 658 – Berechnung mit örtlich gemessenen Dehnungen 217–219 – Schweißnaht-Kategorie, Bauteilklasse 197, 199–200, 212–213, 224–225 – Eigenspannungen 196, 200–203, 205, 206–207, 217, 223, 228–231, 659, 674 – Verzug und Versatz 169, 203, 207–208, 225, 228, 620 – Fehlerbewertung 496, 679 Schwellbeanspruchung (Definition) 22 Schwinganriss 1, 7, 23, 80, 181, 241, 261, 262, 265, 335, 339, 384, 392, 415, 427, 431, 468, 557, 584 – s. auch Bruchausgang – s. auch Schwingbruch Schwingbeanspruchung (Kennwerte) 21–23 Schwingbeiwert 561 Schwingbreite (Definition) 21–23 Schwingbruch 1–5, 7, 23, 39, 82, 95, 240, 256, 263, 267, 324, 556, 575, 584–591, 611 – Bruchfläche 5, 96, 547, 586, 587 – Kennzeichen 5, 39, 240, 539, 540, 556, 586 – im Betrieb, Maßnahmen 584, 588 – s. auch Schwinganriss Schwingbruchkritischer Querschnitt – nach Erfahrung 152, 555–557 – bei Schweißverbindungen 152 – nach Finite-Element-Berechnungen 556 – s. auch Schwingbruch Schwingbruchsicherheit bzw. -gefahr 13, 82, 513, 514, 517, 555, 612 Schwingfestigkeit – summarisches Synonym für Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit Schwingfestigkeits-Daten 664ff Schwingfestigkeitskennwert 27, 42, 317, 324, 328–331, 447 – für Schweißverbindungen 199–201, 204, 208, 209, 217–218, 221–225 Schwingfestigkeits-Steigerung 239, 526, 530, 587, 590, 612, 673, 677
8 Sachverzeichnis – s. auch Optimierung Schwingspiel (Definition) 21–23, 429 Schwingspielzahl – s. Bruch-Schwingspielzahl – s. Grenz-Schwingspielzahl – s. Anriss-Lebensdauer – s. auch Mittelwertdurchgangs-Zahl Schwingungen – gedämpfte 75, 84, 100, 123, 483 – überlagerte 68–69, 70, 106, 248–249 – s. auch Beanspruchungs-Zeit-Funktion Schwingungserregung 52, 86, 88, 89, 90, 101, 415, 567, 568, 581, 586 Seeger-Formel 358, 366, 419, 430, 470, 419 Sekundärbiegung s. Zusatzbeanspruchung, Zusatzbiegung Serienfertigung, Serienteile 13, 181, 206, 501, 512, 514, 518, 528, 588, 591, 611, 620, 621 Servohydraulische Prüfmaschine 93–94, 96, 121 Sicherheitszahl – herkömmliche, empirisch festgelegte 206, 505, 576 – statistisch begründete 6, 11, 505, 548, 549, 574–575 – abhängig von der Ausfallwahrscheinlichkeit 6, 11, 16, 505, 516–518, 631ff – abhängig von der Streuspanne 516–518, 631ff – abhängig von den Schadensfolgen 547, 575, 576 – abhängig von der Qualitätssicherung 513–515, 517, 548, 575–576, 583 – spannungsbezogen 276, 512–513, 517–518, 577, 588–591 – lebensdauerbezogen 512–513, 516–517, 578 – Umrechnung lebensdauerbezogen auf spannungsbezogen 512–513, 575 – tabellierte Werte 516–518, 631ff – Kritik der Sicherheitszahl 548–549 Sicherheitszuschlag 12, 15, 181, 334, 521, 548, 549, 611, 612 Simulation – s. digitale Simulation – s. Mehrkörper-Simulation Sollwert-Funktion 90–93, 95, 123, 141, 142 – Erzeugung aus gemessenem Beanspruchungsablauf 96–103
8 Sachverzeichnis – analoge Erzeugung aus Rauschsignalen 103–106 – digitale Erzeugung aus der Übergangsmatrix 106–120 – Erzeugung als Dehnungsablauf im Kerbgrund 353–357 Spannenpaar-Verfahren 53, 55, 70–72, 108, 118, 120, 311, 332, 372, 373, 380, 561 Spannung – s. auch Beanspruchung – s. auch auftretende Spannung (Beanspruchung) – s. auch ertragbare Spannung (Beanspruchung) – s. auch zulässige Spannung (Beanspruchung) – Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannung 151–260 – s. auch Finite-Element-Berechnung – s. Randelement-Berechnung – kritische Wertung der Berechnung 260–265 – örtliche Spannung 161–162, 166, 170, 173, 194, 219ff, 247, 262, 265, 353–370 – an der Rissspitze 431–435 Spannungsamplitude (Definition) 21–23 Spannungsanalyse 209, 262, 383, 414, 415, 566, 570, 582 Spannungsberechnung 151–175 Spannungs-Dehnungs-Ablauf 132, 257, 265, 375, 402, 419–420 Spannungs-Dehnungs-Hysterese s. Hystereseschleife Spannungs-Dehnungs-Kurve – zügige 7, 8, 336–337, 362, 365 – zyklische 335–339, 340–342, 343, 346, 350, 354–357, 358, 362–363, 363–369, 390, 392, 406, 419, 429, 499–450, 470–472, 482, 573 – zyklische, bezogene Darstellung 340–341 – zyklische, Schätzformeln der Kennwerte 347–348 – zyklisch stabilisierte 238, 392, 402, 429, 472, 482 Spannungs-Dehnungs-Schaubild s. Spannungs-Dehnungskurve Spannungsfeld vor der Rissspitze 431–435 Spannungsgefälle bezogenes 151, 155–156, 178–179, 183, 219, 234, 541, 545
753 Spannungsgradient s. Spannungsgefälle Spannungshorizont (Prüfhorizont) 30, 32, 33–34, 37, 47–48, 62, 140, 236, 267, 272, 285, 311, 317, 392, 405, 453, 461, 466, 475, 480, 541 Spannungsintegral 539–541, 547 Spannungsintensitätsfaktor 13, 433–435, 436–439, 444, 461, 465, 468, 485–487, 500, 569, 573 – Geometriefunktion 265, 433, 444, 470, 479, 486–487, 488–490, 495, 500–501 – Bestimmungs-Möglichkeiten 488–495 – abhängig von Spannungsberechnung 495 – abzudeckende Einflüsse 494 – Schwellwert 437, 441, 451, 469, 497 – effektive Schwingbreite 439, 460–461 – dehnungsbezogener 441, 449–450, 470–471 – kritischer 438, 487 Spannungskonzentration s. Formzahl oder Kerbwirkung Spannungsmoden 415–416 Spannungs-Nachweis 577, 578 – s. auch Maximalspannungs-Nachweis Spannungstensor elastischer 242, 251, 367, 383, 415–417, 424 Spannungsumlagerung 130, 135, 185, 227, 230, 233–239, 309, 400, 558 Spannungsverhältnis (Definition) 21–24 – Einfluss nach dem Haigh-Schaubild 27–30, 68, 184–186, 190, 207, 234, 282– 283 – Einfluss bei einer Wöhlerlinie 27, 47, 48 – Einfluss bei Kollektivbelastung 62, 66–68, 81, 144, 148, 201, 282–283, 390 – Einfluss bei Versuchsergebnissen 264, 221 – Einfluss bei der Miner-Regel 267–268, 310, 311, 317, 331–332 – Einfluss beim Rissfortschritt 437, 439, 440, 466, 475, 495 Spannungsverteilung 21, 152, 153, 158, 160–170, 212–218, 225, 261–264, 485, 494, 496, 536, 539, 540, 556, 570, 587, 597 Spannungs-Zeit-Funktion s. Beanspruchungs-Zeit-Funktion Spannungszustand – ebener 167 – ebener, für die Rissspitze 432, 435, 440, 457
754 Spannungszustand (Forts.) – ebener, für kurze Oberflächenrisse 393–394, 473, 494 – mehrachsiger s. mehrachsige Schwingbeanspruchung Spektrale Leistungsdichte-Verteilung 88, 89–93, 103–106, 116–117, 121, 122, 567 Spitzenwert-Zählung 53, 108 Spektrum s. Frequenz Spröder Werkstoff, Sprödbruch 241, 262, 421, 438, 497, 536 Stabilisierte Spannungs-DehnungsHysterese 374, 375, 395, 475 Stabilisiertes Rissschließen und Rissöffnen 392, 440, 479–480, 484 Stabilitäts-Nachweis 12, 81, 558 Stähle 29, 39, 41, 45, 46, 48, 77–82, 103, 140, 142, 149, 177, 178, 181, 187, 189–191, 198, 199, 203, 204, 212, 213, 218, 220, 221, 223, 225, 228, 232, 233, 241, 268, 310, 317, 322, 326, 337, 349, 350, 353, 412, 426, 427, 450, 451, 467, 497, 528, 532, 533, 541, 573, 591, 664 Standardabweichung (Berechnung) 32–33 – Standardfehler 33 – und Streuspanne 33 – Tabelle zur Umrechnung auf die Streuspanne 635 Standard-Lastfolge 122, 129, 327, 559, 587, 640 – für die Normverteilung im Blockprogramm-Versuch 59–60 – Gauß’sche Zufallslastfolge 110–120, 147, 318, 323, 640 – Lastfolge Twist 125–129, 323, 324, 390, 409–411, 559, 572, 640 – Minitwist 129, 323, 356, 390, 395, 397, 409, 640 – SAE-Histories 97–98, 409–410 – Wawesta 559, 640 – Carlos 559, 640 – Falstaff 323, 559, 640 Statischer Festigkeitsnachweis s. Maximalspannungs-Nachweis Statistische Auswertung – der ertragbaren Schwingspielzahl 30–34, 49, 64, 389 – der ertragbaren Beanspruchungshöhe 35–37, 42–45, 146, 320–321, 329–331 Statistischer Größeneinfluss 182–183, 183, 209, 263, 354, 402, 404, 428, 536–548
8 Sachverzeichnis – Berechnung des Spannungsintegrals 539–541, 547 – bei Schweißverbindungen 545–547 – daraus ableitbare Stützziffern 178, 541–543 Steifigkeit 140, 165, 167, 172, 555, 566, 618 Stichprobe 33, 34, 315, 513, 515, 523–526, 545, 548–549 Stochastischer Beanspruchungsvorgang s. zufallsartige Beanspruchung Straßenbeschaffenheit, Straßenunebenheit 52, 56, 58, 86, 90, 106, 519, 521 Streckgrenze 7, 9, 10, 12, 18, 62, 81, 97, 177, 186, 189, 190, 195, 207, 228, 230, 233, 234, 322, 340, 457, 487, 495, 573, 649–651 – s. auch Fließgrenze Streuband 10, 39, 40, 42, 45, 47–49, 177, 178, 204, 217, 318, 345, 346, 350, 441, 501–502, 504, 578, 588, 590 Streueinflüsse abzudeckende 526–536 Streuspanne 30, 32–33 – Bestimmung im Wahrscheinlichkeitsnetz 32 – Umrechnung mit der Standardabweichung 33, 635 – Umrechnung mit dem Exponent der Weibull-Verteilung 527, 547, 629 – Erfahrungswerte 526–527 Streuung – der betrieblichen Beanspruchungshöhe 10–11, 58, 378–381, 502, 518–523, 575 – der ertragbaren Schwingspielzahl 30–34, 49, 64, 389 – der ertragbaren Beanspruchungshöhe 10–11, 502, 526–536, 575 – der Schädigungssummen 305–324, 397, 399 – der Bauteileigenschaften, fertigungsbedingt 530–536 – der Bauteilgestalt, fertigungsbedingt 528–530 – s. auch Streuspanne bzw. Standardabweichung Streuverteilung – der betrieblichen Beanspruchungshöhe 502–504, 510–511, 518–523 – der ertragbaren Beanspruchungshöhe 502, 510–511, 511–517, 588–591 Strukturdehnung ertragbare Werte 217–219, 258–260 Strukturspannung – Berechnung bei gekerbten Bauteilen 187
8 Sachverzeichnis – Berechnung bei Schweißverbindungen 210–219, 264, 569 – Probleme der Berechnung und Extrapolation 211–216 – zulässige 214, 216, 218, 658–662 Strukturspannungs-Konzept 13, 187, 210–219, 263–264, 572 Strukturspannungs-Nachweis 210 Stufe s. Kollektivstufe Stufenhäufigkeit 59, 268, 272, 292, 299 Stützziffer – nach Siebel et al. 178, 545 – nach VDI 226 179 – nach FKM-Richtlinie 178–181, 196, 541 – nach Neuber 545 – nach Kogaev-Serensen 545 – nach Zenner und Liu 545 – nach dem statistischen Größeneinfluss 178, 541–543 – Wertung 181, 189, 190 Summenhäufigkeit 54, 59, 73–76, 283 Synchron mehrachsige Beanspruchung 250–251 Technischer Anriss 214, 480 Teilaufgaben – bei einem Betriebsfestigkeits-Nachweis 13–16 – als Leitlinie des Vorgehens 551–579, 579–584, 585–591 Teilfolge 59–62, 70, 96, 125, 140–142, 277, 374, 395, 407 Teilfolgenumfang 61, 140–142, 407 Temperatur 77, 163, 173, 191, 195, 196, 228, 309, 322, 620, 655–656 Temperaturfaktor 655–656 Tensorielle Beanspruchung 242, 251, 367 Tensorieller Beanspruchungs-Zeit-Ablauf elastischer 383, 415–417, 424 Titan-Legierungen 309, 310, 349, 350, 497 Traglast 18, 195, 360–362, 558 Transienter (nicht stabilisierter) Spannungs-Dehnungsablauf 132–134, 375 Transition-Life 340–341 Treppenkurve, getrepptes Kollektiv 59, 61, 116, 118, 125, 140, 266, 268, 270, 277–281, 290, 292, 293, 298, 299, 636 Treppenstufenverfahren 35–37 – Daten zur Auswertung 630–631
755 Truncation 129, 132–132, 323, 395 Twist-Lastfolge 125–129, 130, 323, 324, 390, 409–411, 559, 572, 610 U0-Verfahren 145–149, 322 Überbeanspruchung 82, 97, 170 Übergangsmatrix 53, 55, 106–110, 122–123, 143, 145, 147, 311, 372 – zur Erzeugung einer Gauß’schen Standard-Lastfolgen 111–120 – Berechnung der Matrixelemente 110–111 Überlebenswahrscheinlichkeit 30–32, 34, 36, 37, 346, 448, 501, 506, 526, 538–541, 576 – Rossow-Formel 30, 628 Überprüfung der Miner-Regel – an Versuchsergebnissen 305–324, 396–397, 398, 399 – anhand der Schädigungssumme 306–310, 310–317, 321–323 – Mittelwerte der Schädigungssummen 307–308, 321–322 – Streuspannen der Schädigungssummen 307–308, 322–324 – anhand der Lebensdauerlinie 317–321 – nach dem Q 0 -Verfahren 322, 329–331 – hinsichtlich unterschiedlicher Formen der Miner-Regel 306, 313, 316 – hinsichtlich Einfluss der Wöhlerlinie 311–312, 315 – hinsichtlich Einfluss des Zählverfahrens 311–313 – hinsichtlich Einfluss der Beanspruchungsart 310, 315 – hinsichtlich Einfluss der Kollektivform 307, 323 – hinsichtlich Einfluss des Werkstoffs 306–308, 315, 316, 317 – hinsichtlich Einfluss von Eigenspannungen 327–328 – Feststellungen und Folgerungen 309–310, 324–326, 333–334 Überschreitungshäufigkeit 53–55, 72, 93, 108, 119 Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten 139–143 Übertragungsfunktion 90, 97, 566–567 Umgebungseinfluss 6, 52, 77, 96, 121, 142, 176, 191, 268, 273, 467, 570, 572, 574, 582, 583
756 Umkehrpunktfolge 83, 94, 97–98, 100–103, 107–114, 115–118, 122, 124, 338, 356, 365–366, 370–375, 405, 423–424, 481–484 Umlaufbiegung 49, 73, 75, 236, 250 Umlaufend beanspruchte Teile 53, 73–77, 175 Umsetzung des BetriebsfestigkeitsKonzeptes 551ff Uniform Material Law 347–353, 573 Universal Slopes 347–349 Unregelmäßigkeitsfaktor 55, 93, 104–105, 107–108, 111, 115–116, 119–120, 122–123, 318, 372 Unsicherheit 11, 15, 34, 308, 334, 409, 517, 548, 549, 554, 571, 611, 612 Unternehmerische Entscheidungen 13, 15, 580, 610, 613, 622, 624 Unterspannung (Definition) 21–23 Validierung – experimentell erzielter Ergebnisse 568, 617 – analytisch erzielter Ergebnisse 568, 574, 617 Veränderliche Mittelspannung 72, 124–125 Verfestigung s. zyklische Verfestigung Verformung 81, 94, 157, 161–163, 167, 170, 172, 211, 216, 366, 402, 431, 436, 495, 497, 500, 555, 561, 567, 568, 582, 604, 614 – plastische 68, 163, 185, 227, 228, 390, 391, 402, 426, 434, 438, 439, 455, 461, 470, 497, 569 Verfügbarkeit s. Ausfallwahrscheinlichkeit 501ff Vergleichsspannung 22, 47, 155, 170–172, 195, 240–244, 250–252, 254, 257, 259, 367, 378, 416–417, 419, 424 Versuche ohne Bruch 24, 35, 37–38, 42–45, 47 – Wahrscheinlichkeit bei n Versuchen 37 Verteilungsfunktion s. Streuverteilung Vertrauensbereich, Vertrauensgrenzen 33, 35–37, 523–526 Vertrauenswahrscheinlichkeit 33, 45, 190–191, 223, 306, 324, 523–526 Verweildauer-Zählung 53, 73, 420 Virtuelle Testverfahren 613–622 Virtueller Prototyp 613
8 Sachverzeichnis Völligkeitsgrad, völliges Kollektiv 63, 65, 271, 293, 331 von Mises Hypothese s. Gestaltänderungsenergie-Hypothese Vorbelastung 385 Vorgehensweise s. Teilaufgaben Wahrscheinlichkeitsnetz – für die Gauß’sche Normalverteilung 30 – für die Weibull-Verteilung 546 – Auswertung 30–34, 42, 306, 314, 515, 520, 521, 534, 546 – Zufalls-Streubereich einer Streugerade 33–34, 320, 515–516 Wartung, Instandhaltung 579, 593, 603, 604, 606, 608, 623 Wechselbeanspruchung (Definition) 22 Wechselfestigkeit – des Werkstoffs 79, 182, 190, 196 – bei Zug-Druck 177, 196, 541 – bei Schub 177, 196 – Verhältnis Schub zu Zug-Druck 177, 185, 241 – bei Biegung 177 – des Bauteils 196 – schweißnahtspezifisch 196 Weglassen kleiner Amplituden (Omission) 129–130, 323, 423 Weibull-Verteilung 34, 513–517, 536, 538–539 – Exponent, Erfahrungswerte 515, 527, 547, 629 – Exponent beim Fehlstellenmodell 538–541, 547 – Umrechnung aus der Log. Normalverteilung 515, 629 Werkstoff – s. Aluminium-Legierungen – s. Gusswerkstoffe – s. Stähle – s. Titan-Legierungen Werkstoff-Daten 664ff Werkstoff-Datenbanken 663 Werkstoffeinfluss 77–82, 174, 177–178, 306–308, 314–317, 439–443, 469–470, 497–498 Werkstoffgedächtnis 355, 362, 363, 365–367, 367 Werkstoffwahl 30, 350, 575, 580, 582, 596, 609 Wheeler-Modell 460–461, 465, 467, 500
8 Sachverzeichnis Willenborg-Modell 460–461, 465, 467, 500 Wirkprinzip 597, 602, 603, 604 Wöhlerlinie 25ff, 160 – als Grundlage des BetriebsfestigkeitsNachweises 12, 160 – Form der Darstellung 25–27, 39–50 – Gleichungen 25 - 27 – Dauerfestigkeitsbereich 7–8, 11, 26, 47, 49 – Statistische Belegung der Dauerfestigkeit 35–38 – Zeitfestigkeitsbereich 7–8, 11, 26, 41–42, 45–46, 48, 49 186 – Statistische Belegung der Zeitfestigkeit 30–34 – Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich 26, 45, 46, 47, 64, 67, 204, 426, 448 – Kurzzeitfestigkeitsbereich 8, 12, 25, 32, 47, 205, 335 – Normierte Wöhlerlinie 39–50, 424–428, 447–449 – eines Bauteils mit Anfangsriss 447–449 – für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen 449–451 – aus Versuchsdaten 197–198, 663ff – aus Normen, Vorschriften usw. 198–202 – rechnerische Abschätzung 175, 186–189, 189–191, 191–197, 198–202, 649 –652, 652–662 – Treffsicherheit einer rechnerischen Abschätzung 311–312 – s. auch Dehnungs-Wöhlerlinie – s. auch Schädigungsparameter-Wöhlerlinie Wöhlerlinie gekerbter Bauteile – Neigungs-Exponent 26–27, 40–42, 186–187, 311–312, 447, 450–451, 657ff – Abknickpunkt 11, 27, 40–42, 47–50, 177, 186–190, 199–201, 204–206, 311–312, 447, 451, 658, 469, 476 – Dauerfestigkeit 8, 11, 447–448, 450–451 – Schwingfestigkeitskennwert 27, 42, 447 – Streuspanne 31, 42, 44, 526–527, 532–536 – Spannungsverhältnis 21–23, 27–30, 47–48 – Werkstoffeinfluss 177–178 – Kerbeinfluss 178–181 – Mittelspannungseinfluss 184–186 – Oberflächen- und Größeneinfluss 181–183
757 – Eigenspannungseinfluss 231–239 – Randschichteinfluss 400–404 – Mehrachsigkeitseinfluss 239–260 – Datensammlung 667–669 Wöhlerlinie geschweißter Bauteile – Neigungs-Exponent 199–201, 204–206 – Abknickpunkt 199–201, 204–206 – Dauerfestigkeit 199 – Schwingfestigkeitskennwert 199–201, 204, 208, 209, 217–218, 221–225 – Streuspanne 201, 204–205, 526–527, 532–536 – Spannungsverhältnis 21–23, 27–30, 201–202, 205–207 – Werkstoffeinfluss 80–81 – Kerbfall, Schweißnaht-Kategorie 197, 199–200, 212–213, 224–225 – Mittel- und Eigenspannungseinfluss 202, 205–207, 659 – Einfluss der Blechdicke 208–209, 662 – Einfluss geometrischer Imperfektionen 207–208 – Einfluss von Meerwasser 678–679 – spezielle Befunde 204–206 – nach der FKM-Richtlinie 196, 656–661 – nach den IIW-Empfehlungen 199–202 – Datensammlung 677–679 Wöhler-Versuch 21ff – Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung 21–23 – spannungskontrolliert 21, 429 – dehnungskontrolliert 335–347, 429 – Durchführung und Auswertung 23–24, 30–34, 35–38 – Versuche im Dauerfestigkeitsbereich 23, 35–38 – Versuche im Zeitfestigkeitsbereich 23, 30–34 – Ergebnisse als Wöhlerlinie 24, 25–27, 39–50 – Ergebnisse im Haigh-Schaubild 27–30 – Kritik des Wöhler-Versuchs 50 Zählverfahren 53 – einparametrisch, zweiparametrisch 53 – Anzahl der Klassen 54 – Klassendurchgangsverfahren 53, 68–69, 69–72, 108, 311, 324, 332, 380, 520, 561 – Spannenpaar-Verfahren 53, 55, 70–72, 108, 118, 120, 311, 332, 372, 373, 380, 561
758 Zählverfahren (Forts.) – Rainflow-Zählung 53, 70, 99, 101, 106, 332, 366, 370–376, 380, 382, 416, 477, 481–484 – Verfahren der Übergangsmatrix 107–110 – Spitzenwert-Zählung 53, 108 – Verweildauer-Verfahren 53, 73, 420 – Sampling-Verfahren 53, 73–77 – zweiparametrisches Sampling-Verfahren 75–77 – Amplitudentransformation 311, 411–413 – Rainflow-Projektions-Zählung 382–384 – aus einer Matrix-Zählung ableitbare Zählergebnisse 107, 108, 372 Zeit- und Dauerfestigkeits-Schaubild s. Haigh-Schaubild Zeitfestigkeit 8, 11 Zeitfestigkeits-Nachweis s. Betriebsfestigkeits-Nachweis Zeitfestigkeits-Schaubild s. Haigh-Schaubild Zeitfestigkeitsbereich s. Wöhlerlinie Zeitfestigkeitsgerade s. Wöhlerlinie Zeitfestigkeitslinie s. Wöhlerlinie Zeitmittelwert 85, 86 – quadratischer 85–86 Zeitraffung durch Eliminieren kleiner Amplitude 99–103, 423 Zerstörungsfreie Prüfung 487, 496, 499, 500, 514, 554, 576, 580 – unentdeckte Defekte 514 Zufälligkeiten weniger Einzelversuche 523–526, 635 Zufalls-Streubereich zu einer Streugerade 33–34, 320, 515–516 Zufallsartige Beanspruchung – Beschreibung im Zeitbereich 87–88, 92, 99, 248, 370, 414 – Beschreibung im Frequenzbereich 87–89, 89–93, 248–249, 567 – Beschreibung im Rainflow-Bereich 87, 99, 370, 373 – Zeitmittelwert 85–86, 92 – linearer Mittelwert 85–86, 90, 92–93 – quadratischer Mittelwert (Effektivwert) 85–86, 92–93 – Scharmittelwert 85, 92 – Leistungsspektrum s. spektrale Leistungsdichteverteilung
8 Sachverzeichnis – spektrale Leistungsdichteverteilung 88–93, 103–106, 116–117, 248–249, 567 – Zahl der sekündlichen Scheitelwerte 93, 95, 122 – Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge 85–86, 90, 92–93 – Unregelmäßigkeitsfaktor 55, 93, 104–105, 107–108, 111, 115–116, 119–120 – Unregelmäßigkeitsfaktor (Forts.) 122–123, 318, 372 – Effektivwert, RMS-Wert 90–93, 95, 106, 111, 115, 143, 248–249, 272 – schmalbandiges, breitbandiges, weißes Rauschen 89–90 – Scheitelfaktor (Crestfaktor) 106 – Erregerfunktion und Systemantwort 89–90, 248, 562–568 – Übertragungsfunktion für ein FederMasse-System 89–90, 567 – stochastische Schwingungen eines linearen Feder-Masse-Systems 89–91, 567 – Überschreitungshäufigkeit, Kollektivform Gaußverteilung 93, 115, 117 Zufallslasten-Versuch 84ff, 94–95, 141, 236, 574 – Durchführung und Auswertung 94–95, 142 – Sollwert-Vorgabe 95 – Anwendungen 236, 141, 272, 542 – Betriebslastennachfahr-Versuch 95, 96–98, 103, 121, 139, 140–142, 318–320, 423 – Betriebslasten-Versuch 139–144, 484 – Vergleich mit Blockprogramm-Versuch 83, 142–144, 144–149, 306–309 – Kritische Wertung 120, 320 Zufallslastfolge – s. auch Lastfolge oder StandardLastfolge – analoge Erzeugung 103–106, 121 – digitale Erzeugung 106–120, 560–562 – biharmonische Lastfolge 409 – Rauschsignal und Frequenzfilterung 89–90, 103–106 – s. Gauß’sche Lastfolge Zufallsprozess – s. zufallsartige Beanspruchung – s. Gauß’sche Lastfolge Zufallsspannungsgenerator 104–106 Zufallszahl, Zufallszahlenfolge 112–113
8 Sachverzeichnis Zugfestigkeit 7, 8, 17, 18, 29, 77–80, 177, 182, 186, 190, 195–196, 323, 350, 386, 392, 472, 536 Zügige Spannungs-Dehnungs-Kurve 7, 8, 336–337, 362, 365 Zulässige Spannung (Beanspruchung) 11–12, 63–64, 81, 160, 170, 195, 197, 200, 202, 213, 218, 223, 228–231, 257, 262, 263, 303, 505, 536, 547, 569, 577 Zusatzbeanspruchung 51–52, 55, 68, 412, 586, 604–605 Zusatzbiegung 153, 155 Zuverlässigkeit s. Ausfallwahrscheinlichkeit Zwängung, Zwangsverformung 582, 604, 619 Zweistufen-Versuch 478, 484 Zyklisch stabiles oder stabilisiertes Werkstoff-Verhalten 336–338, 362, 365, 374–375, 392, 402, 409, 429, 472, 475, 482
759 Zyklisch stabilisierter Beanspruchungszustand 132, 238, 343, 395, 440, 479, 484 Zyklische Werkstoff-Daten inkompatible Datensätze 349 Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve – s. Spannungs-Dehnungs-Kurve, zyklische Zyklische Ver- oder Entfestigung 337–338, 369, 370, 419, 421, 429 Zyklische Streckgrenze 340–341, 387, 388, 450 Zyklisches Kriechen 343–344, 369–370, 419, 429 D s -Konzept 200, 202, 206, 230 0,2%-Dehngrenze s. Streckgrenze – s. auch Fließgrenze