Das dritte Handbuch des nutzlosen Wissens
Hanswilhelm Haefs
Das dritte Handbuch
des nutzlosen Wissens
Vom Stoff, au...
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Das dritte Handbuch des nutzlosen Wissens
Hanswilhelm Haefs
Das dritte Handbuch
des nutzlosen Wissens
Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Statt eines Vorworts
Statt eines Vorworts
»Bekanntlich« ist bekanntlich die unverfrorenste unter allen unverschämten Anreden, unterstellt sie den An gesprochenen doch in hämischster Weise: wären sie selbst nicht so blöde oder faul, wüßten sie eh schon, was der hochgelahrte Autor ihnen im Folgenden zu verpassen gedenke. Das klingt dann etwa so: »Be kanntlich hat bereits Isidor von Sevilla in seiner Ety mologie ›Bulgaren‹ und ›Burgunder‹ aus sprachlichen Gründen miteinander verwechselt und sie für ein Volk gehalten.« Diesen Satz habe ich des Beispiels halber frei formuliert. Doch trifft sein Inhalt trotz des »Be kanntlich« zu, und also merken Sie ihn sich gefälligst! Bekanntlich also ist es nun so, daß der Mensch we sentlich von der Gelehrsamkeit seiner Freunde lebt. Da habe ich denn in tiefer Dankbarkeit all jener immer zahlreicher werdenden viellieblichen Leserin Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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nen und wohlgeneigten Leser zu gedenken, die sich in ihren Briefen als wahrhaft gelehrte Freunde erwiesen und mir die unerschöpflichen Borne ihres frisch spru delnden Wissens bereitwilligst zur Verfügung gestellt haben. Ihnen allen ein herzhaftes Vergelt's Gott zu nebst der unbescheidenen Bitte: nur weiter so! Ihre Corrigenda zu Fehlern in HdnW I oder II sind wieder um mit einem * vor dem ersten Buchstaben der je weils ersten Zeile gekennzeichnet. Damit ist erneut untermauert, was sich wie folgt behaupten (und belegen) läßt: alle aufgeführten Fak ten sind in ihrer Faktizität zutreffend. Für Zitate aus der Literatur aber gilt weiterhin, was bereits im HdnW II auf Seite 12 festgestellt wurde: nach altchi nesischem Brauch schmückt den Autor nichts mehr als die Geschicklichkeit, mit der er Zitate größerer Geister treffsicher in sein kleines Werklein einbaut, und zwar ohne besondere Kennzeichnung; den Leser aber – von der Leserin ganz zu schweigen – der Scharfblick, mit dem das Zitat als solches erkannt wird1. Und also: Valete! Und: Dann lest mal schön.
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Fußnoten 1 Hierzu siehe aber auch alle Kapitelanfänge
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1. Von den geheimsten Geheimnissen der Natur
I. Von den geheimsten Geheimnissen der Natur
»Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen.« (Lichtenberg) »kein geschöpf ist wol so unbarmherzig, als wi mädchen und frauen es sind, resp. sein können, got gab den mädchen sein lebensun terfand mit, aber si wolen es nicht zur himli schen glükseligkeit auslösen lassen, und so muß der man nicht selten von inen stat himli schen balsam di hölle auf erden schmeken.« (gustaf nagel) »Wann ist und wo das zweite Frühstück ab handen gekommen?« Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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1. Von den geheimsten Geheimnissen der Natur
(Johannes Groß) »Der größte Teil der kulturellen Produktion der letzten Jahrzehnte wäre durch einfaches Turnen und zweckmäßige Bewegung im Frei en mit großer Leichtigkeit zu verhindern ge wesen.« (Bert Brecht) »Wundern kann es mich nicht, daß Menschen die Hunde so lieben; denn ein erbärmlicher Schuft ist, wie der Mensch, so der Hund.« (Goethe) »Die Grundlage des Christentums ist ein Apfel!« (Gustave Flaubert) »Nicht die Wetterfahne dreht sich, sondern der Wind.« (Edgar Faure)
Allah schuf sich die Sahara zum Garten, aus dem er alles überflüssige menschliche und tierische Leben entfernte, damit er wenigstens einen Ort habe, an dem er ungestört lustwandeln kann.
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Heute ist der erste Tag vom Rest Ihres Lebens. Der statistische Durchschnittsdeutsche küßt 3,2 x pro Tag. Jeder Kuß kostet ihn 12 Kalorien. Bei jedem Kuß tauscht er 250 Bakterien aus. Beim Lippenkuß werden die 12 Lippenmuskeln in Bewegung gesetzt, beim Zungenkuß zusätzlich die 17 Zungenmuskeln (= 29 Muskeln). Die Lippen sind nächst der Zunge der empfindlichste Körperteil. Die Lippen weisen für taktile Reize ge genüber etwa der Haut des Unterarms das 10fache Auslösungsvermögen auf. Neurophysiologisch kann der Kuß als positiver Streß aus dem limbischen System definiert werden. Küssen bereitet dann Freude, wenn das Kleinkind mit dem Mund als seinem ersten und wichtigsten Kon taktorgan erfreuliche Erfahrungen gesammelt hat, die in der Kußwiederholung beglückend aufleuchten. Profi-Martini-Trinker leben vorwiegend von den Oli ven. Als ein Romanist einen Keltologen fragte, ob kelti sche Sprachen wie das Irische etwas dem spanischen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»mañana« Vergleichbares aufzuweisen hätten, ant wortete der: »Gewiß, aber nichts von so dramatischer Dringlichkeit!« Wenn uns die Quotenfrau der Eisheiligen, die kalte Sophie, ihre kalte Schulter zeigt, bleiben die Maikäfer noch ein bißchen auf Tauchstation. Manganknollen bilden sich knorzelig wie Kuchen streusel nach Art der Perlen, etwa um einen ausgefal lenen Haizahn herum, dem sich die von unterseeis chen Schloten vom Typ »Schwarzer Raucher« ausge stoßenen Mineralerzpartikel anlagern, sobald sie durch Verbindung mit Sauerstoff zu beispielsweise Manganoxid geworden sind. Manganknollen sind bis zu 14 Millionen Jahre alt. Da in Wärmezeiten das Meer sauerstoffreicher ist, wach sen sie in Wärmezeiten schneller. In Kältezeiten wachsen sie wegen Sauerstoffmangels langsam oder gar nicht. In solchen Zeiten bleiben die ausgestoßenen Erzpartikel als Schwebestoffe im Meer. Beim Wachsen der Knollen wird Kohlendioxid freige setzt, das durchs Meer aufsteigt und zur Aufheizung der Atmosphäre beiträgt. Im Kreislauf dieses Klima mechanismus wachsen Eisberge rund 50000 Jahre Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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lang, und schmelzen dann binnen rund 5000 Jahren bis zum Zusammenbruch ab. Die Wachstumskurven von Manganknollen sind iden tisch mit den Klimakurven. Der Spechtfink gehört zu den wenigen wirklichen Werkzeugbenutzern in der Tierwelt: Maden und Wür mer und Käfer, die sich in faulendem Holz aufhalten, liebt er, mit einem Dorn oder Holzsplitter als Verlän gerung seines Schnabels herauszuporkeln. Die Zahl der Nachkommen des Sperbers richtet sich nach der Zahl der Blaumeisen im Sommer. Spießflughähne holen für ihre Brut Wasser in ihren saugfähigen Brustfedern herbei. Die Kaira-Spinne ahmt den Geruch des Falterweib chens nach, lockt so die Faltermännchen an, und ori entiert sich beim Fang ausschließlich am Schwirren der Männchen-Flügel. Wer nicht auf die Sprache hört, den bestraft sie durchs Leben. Es kann bei näherer Befrachtung überhaupt kein Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Fleck entfernt werden, der Fleck bleibt in jedem Ein zelfall restlos Fleck, er läßt sich in seiner Formge bung beim Wechseln seines Trägermediums nicht stö ren. Diese Form- und Energiekonstanz widerspricht dem Entropiegesetz, und schon ist mein häusliches Thema erneut in Gefahr, seinen Rahmen zu sprengen und unversehens überzugehen in ernste physikalische Problemstellungen, wenn nicht sogar in religionsphi losophische; denn einem Menschen, der stirbt, geht es kaum anders als einem Fleck, der entfernt wird: Beide werden aus ihrem Milieu herausgelöst und finden sich, im Anschluß an die qualitätsauflösende Sekunde des Bügeleisens, ohne sonderliche Zeitverluste in einem vergleichbar saugfähigen Milieu wieder, sofort wieder festgeronnen, etwas größer geworden, sonst aber in praktisch unveränderter Gestalt, es sei denn, der Fleck wird in Flüssigkeit aufgelöst. Doch auch in diesem Fall findet keine vollständige Liquidierung statt, sondern die Substanzen des Flecks bleiben au ßerhalb seiner Form vollständig erhalten. Diese po tentielle Unsterblichkeit teilt er mit der Amöbe, mit der er auch die typischen Pseudopodien teilt, ferner die Kopflosigkeit und überhaupt die unentschiedene Silhouette. Da Neuseelands 60 Millionen Schafe in ihrem Ge därm pro Jahr 1 Mill. t Methangas produzieren und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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anschließend freisetzen, haben Neuseelands 3,4 Mill. Menschen beschlossen, auf Staatskosten eine AntiBläh-Pille zu entwickeln, auf daß wenigstens diese Schafe nicht weiter zum gefürchteten Treibhauseffekt beitragen. (Die Kohlendioxid-Emissionen der Autos in New York sind weitaus gefährlicher.) Auch in oberbayerischen Mooren leben die Amei senarten Formica picea, Leptothorax acervorum und Myrmica scabrinodis, die sich à la Jager-Hiasl, Schin derhannes oder raubritterischem Adel ihren Lebensun terhalt beschaffen, dergestalt, daß sie fleischfressende Pflanzen wie den Sonnentau beobachten und in dem Augenblick, in dem sich eine solche Pflanze ein In sekt geangelt hat – eine Taufliege etwa –, herbeistür zen und dem Sonnentau die Taufliege wieder wegneh men. Gelbhaubenkakadus kratzen sich mit Stöckchen hinter den Ohren. Der Grünreiher Floridas fischt mit Ködern. Der Nachtreiher jagt Krabben. Alpendohlen haben schon den Gipfel des Mount Eve rest umflogen und gelten daher als Inhaber des Hoch flugweltrekordes für Vögel. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Mauerläufer speisen Spinnen und eine besondere Art Nachtfalter wegen des in ihm enthaltenen roten Farb stoffs, der zur Balzzeit die Flecken im Gefieder des Mauerläufers besonders rot erstrahlen läßt. Da die Rabenkrähe Miesmuscheln nicht mit dem Schnabel öffnen kann, nimmt sie die Muschel in den Schnabel, fliegt hoch und läßt die Muschel auf einen Stein stürzen, wo sie aufplatzt1. Der Wellenläufer verbringt wie die Dreizehenmöwe oder der Alk sein ganzes Leben auf hoher See: mit Ausnahme der Brutzeit. Ostsibirische Strandläufer überwintern auf Tasmani en, wo sie zu Zehntausenden oft stundenlange rätsel hafte gemeinsame Flugmanöver nach Art rhythmisch tanzender und sich wiegender Wolken unternehmen. Stiefmütterchen heißen Stiefmütterchen, weil das Hauptblumenblatt, die Stiefmutter, auf zwei grünen Knospenblättern sitzt, zu ihren Seiten ihre legitimen Blumenblätterkinder je auf einem eigenen Sitz, wäh rend ihr gegenüber ihre Stiefblätter zu zweit auf einem Knospenblatt zusammengedrängt hocken müs sen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die bunten Kreuzungen der Gartenstiefmütterchen heißen Tausendschönchen oder Pensées und gehören wie alle anderen Stiefmütterchen auch zur Gattung Viola = Veilchen. Ardennatische Penséeologen2 beobachten seit dem 9. November 1989 gespannt das weitere Verhalten jenes unseligen Tausendschönchens, das sich in einem ju gendlichen Anfall törichten Aberglaubens dazu ent schloß, fürder das Porträt eines gewissen sehr bärti gen Herrn aus Trier namens Karl Marx zu tragen, ob es nun ebenfalls zum Wendehals mutiere, und wenn ja: welches Porträt es als nächstes weise, oder ob es mannhaft bleibe, der PDS nicht beitrete, sondern ge schichtsbewußt bleibe, was es immer war: Marx-kon form Stiefmütterchen3. Eisbären geben keine meßbare Wärmestrahlung nach außen ab. Eisbären haben keine isolierende Fettschicht unter der Haut. Eisbärenhaare zeichnen sich durch das beste bekannte Isoliermittel aus: Lufteinschlüsse.
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Eisbärenfelle wirken wie Sonnenkollektoren: Die ein zelnen Haare leiten das Tageslicht an die Haut weiter, die es in Wärme umwandelt. Sonnenkollektoren wandeln Tageslicht bei 0° Celsius mit einem Wirkungsgrad von 40% um: Eisbärenfelle wandeln einstrahlendes Licht zu 95% in Wärme um. Die durch Abermillionen mehr oder minder vergilbter Photographien belegte Vorliebe nackter Mädchen für Eisbärenfelle vor Kaminen läßt daher auf frühe intui tive Einsichten der Kleinen in Zusammenhänge schließen, die der Wissenschaft erst jüngst bekannt wurden. Der älteste Bernstein entstand vor 125000000 Jahren im Libanon, der jüngste vor 25000000 Jahren auf der Insel Haiti im Gebiet der heutigen Dominikanischen Republik; dieser dominikanische Bernstein weist auch blaue und grüne Farben auf, deren Herkunft der Wis senschaft zu enträtseln bis heute nicht gelungen ist. Der größte bekannte Rohbernsteinbrocken, dominika nischer Herkunft, wiegt 4,8 kg. Die bedeutendsten Bernsteinfunde liefert das ostpreu ßische Samland aus der Blauerde bei Palmniken, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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heute noch pro Jahr im industriellen Abbau 300 bis 500 Tonnen. Pro Kubikmeter Erde im statistischen Durchschnitt etwa 1 kg. Davon sind nur rund 20% als Schmuckbernstein verwendbar, die übrigen 80% wur den/werden eingeschmolzen zu Industrierohstoff für Produkte wie Lacke, Öle zur Holzimmunisierung und -pflege, Säuren für Kosmetika usw. Bei der Bearbeitung der 20% entstehen wiederum Ab fälle vom Gesamtvolumen von ca. 80%, die dann ebenfalls in die Einschmelze gehen. Brandgänse verbrauchen dank der Flugordnung der Keilformation, in der die vom Flügelschlag des Vor vogels aufgewirbelte Luft dem Hintervogel Auftrieb verleiht, rund 18% weniger Kraft als im Einzelflug. Das Brennhaar der Brennessel besteht aus einer Zelle, in der die ätzende Brennflüssigkeit gespeichert ist. Damit diese nicht in die Haltezellen eindringt und sie zerstört, ist die Zellwand der Brennessel durch Einla gerung von Kalk und Kieselsäure stabil und undurch lässig geworden. Bülte heißen die Wurzelstöcke des Grases. Die meisten Arten des zu den Gräsern zählenden Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Bambus' blühen nur etwa alle 30 Jahre, manche nur alle 100 Jahre einmal. Die Halme werden bis zu 40 m hoch und bis zu 30 cm dick. Bei manchen Arten schießen die Sprossen pro Tag bis zu 50 cm in die Höhe. Die Vermehrung erfolgt überwiegend vegeta tiv: Aus dem Wurzelstock treiben Sprossen aus. Der Wurzelstock z.B. einer Phyllostachis bambusoides kann bis zu 9 t wiegen. 99% aller Arten, die bisher auf Erden lebten, sind be reits wieder ausgestorben – oder vom Menschen aus gerottet worden, der sich dieser Ausrottung mit höchst erfolgreichem Stumpfsinn weiter hingibt. Die Mandelbrot-Menge ist keine EG-Produktions norm für Bäckereien, sondern beschreibt das spontane Entstehen symmetrischer Systeme im Chaos, wie etwa von Farnblättern oder Schneekristallen. Das Leben ist wie eine Fakirschule. Im Grundkurs muß man lernen, auf 1 Nagel im Brett zu sitzen. Spä ter darf man sich auf einem Nägellager ausruhen. Der nachtaktive südamerikanische Laubfrosch Hyla truncata hält sich tagsüber gewöhnlich in den Achseln von Bromelienpflanzen auf. Er und seine Artgenossen ernähren sich zu 58% ausschließlich von Insekten, zu Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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13% von Insekten und von Früchten, zu 29% aus schließlich von Früchten. Der Hyla truncata frißt Früchte der Flamingoblume Anthurium harrasii und die hartschaligen Früchte des Cocainstrauchs Erythroxylum, indem er sie ganz he runterschluckt. In Magen und Darm des Hyla truncata wird das Fruchtfleisch als Nahrung aufgelöst, die Samenkörner werden wieder ausgeschieden. Da der Hyla truncata nächtens wandert, trägt er so zur Verbreitung der Pflanzen bei. Entweder haben die Gentheoretiker recht, daß alles menschliche Handeln ebenso triebhaft unkontrollier bar weil gengesteuert ist wie das Fortpflanzungsver halten von Wölfen und Gänsen; – oder die Archäolo gen, die nachweisen, daß der Mensch seit Jahrzehn tausenden Göttern Opfer bringt. Wann hätten je Wölfe für geschlagene Lebensmittel Göttern Opferal täre à la Abraham eingerichtet? Oder Gänse? Die Männchen der im Mittelmeer lebenden Gespen sterkrabbe Inachus phalangium haben die Laichzeiten der Weibchen ihres Reviers dergestalt verinnerlicht, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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daß sie sie jeweils unmittelbar vor deren Laichzeiten aufsuchen, um sich mit ihnen zu paaren. Ein solcher Gespensterkrabbenmann befruchtet im rechnerischen Durchschnitt in seinem Leben 26000 Gespensterkrabbenweibcheneier. Baumschlieffer sind stammesgeschichtliche Verwand te der Elefanten. Im Herbst sitzen alte Damen auf den Parkbänken, damit sich die nicht wie die Zugvögel auch davonma chen und Liebespaare im Winter dann im Schnee ste hen müßten. Grillen, die Ohren an den Beinen haben, kommunizie ren im Ultraschallbereich: Mit einer Pause von einer dreißigstel Sekunde zwischen Anruf und Antwort ver fügen sie über das schnellste aller tierischen Kommu nikationssysteme. Der Hai kann seine Beutefische an den bioelektri schen Entladungen ihrer Muskeln »sichten«; da schlecht isolierte Tiefseekabel ebenfalls elektrische Entladungen abgeben, verbeißen sich Haie oft in sie, da sie sie für Beutefische halten.
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Hai und Wal orientieren sich bei »Fernfahrten« vor allem an den Linien des Erdmagnetismus jeweils glei cher Stärke; sie können diese Linien »sehen« und bauen sich aus ihnen ein regelrechtes »Wegenetz« auf. Junglöwen nomadisieren in Rudeln, bis es gelingt, Chef eines Harems zu werden. Dann schläft und döst der Haremsboß rund 20 Stunden am Tag, frißt und verteidigt seine Position gegen Konkurrenten. Löwen sind faul und feige und stinken bestialisch. Der Harem kann bis zu 10 Löwinnen umfassen. Löwinnen gehen auf die Jagd und ernähren den Haremsboß ge meinsam. Dafür verlangen sie von ihm, wenn sie heiß sind, Mannesdienste, bis zu 40 Mal pro Tag etwa 1 Woche lang. Nach spätestens 3 Jahren wird der Ha remsboß mit Duldung der Löwinnen von einem Riva len gestürzt und verjagt: er soll das Rudel verlassen haben, ehe seine eigenen Töchter geschlechtsreif sind. Kamelstuten pflegen um ein Paar im Liebesakt einen Ring zu bilden, da es dann verteidigungsunfähig ist. Kamelhengste neigen dazu, eine einmal geschlossene Beziehung eifersüchtig über Jahre hinweg zu verteidi gen.
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Die größte Kamelforschungs- und -zuchtanstalt Asi ens befindet sich in Jorbeer im westlichen Rajastan, wo insbesondere die 3 Zuchten Bikaneri, Kutchi und Jaisalmeri gepflegt werden. Die Jaisalmeri sind aus gesprochen hochedle Reitkamele, die pro Tag 80 bis 100 km mit einer Marschgeschwindigkeit von 15 km/h bewältigen; die beiden anderen sind reine Last kamele, die 1/4 Tonne Ladung oder Karrengewicht mit 6 km/h Marschgeschwindigkeit pro Tag bis zu 40 km weit transportieren. Männer sind komische Wesen. Neulich sah ich einen in einer Ausstellung vor einem vollendeten Marmor akt in Lebensgröße stehen, ruhig und in die Vollkom menheit der marmorn prangenden Pracht versunken. Da begann neben ihm ein gar nicht besonders hüb sches Mädchen an ihrem Strumpfband zu nesteln. Das Rascheln durchdrang seine Versunkenheit ins künstle risch Vollkommene. Ein Blick nur, und alle Verzau berung durch die Statue schwand aus seinen Augen. Daß die Mathematik zu den Naturwissenschaften zu rechnen ist, geht z.B. aus folgendem Satz zur Vekto renlehre hervor: »Ein stetig und nicht-trivial gekämm ter Igel hat mindestens einen Glatzpunkt.« Daß die Mathematik mit der Natur nur so klarkommt, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wie Kant in seiner ›Kritik der reinen Vernunft‹ mit den Tatsachen, erhellt daraus, daß a) der Igel als eine vollständig behaarte Kugel definiert wird, und daß b) »nichttrivial gekämmt« zu bedeuten hat, nicht alle Haare dürfen zu Berge stehen. Es ist eines, das Wort Ringelblume zu kennen, gar in fremden Sprachen, ein anderes, sie in der Natur zu er kennen. Rippenquallen können groß wie Hüte werden. In der Antarktis gibt es keine Heuschrecken. Menschen fressen 600000 mal häufiger Haie, als Haie Menschen fressen. Meerschweinchen reagieren fast um den Faktor 10000 empfindlicher auf Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) als syrische Goldhamster. Schillerlocken werden aus Haifleisch gedreht. * Seit 1987 weiß man, daß Haie nicht ständig schwimmen müssen, sondern auch beim Ruhen auf dem Meeresgrund durch Kiemenatmung genügend Luft bekommen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Lorenzinische Ampullen sind winzige Hohlräume im Haikopf, die Druckveränderungen durch Schallquel len wahrnehmen und so dem ohrenlosen Hai als nicht akustisches »Hörsystem« dienen. Des Hais Geruchssinn bildet zusammen mit den Lo renzinischen Ampullen ein vollkommenes Beuteor tungssystem. Mako-Haie sind bis zu 60 km/h schnell und gelten als die schnellsten Makrelen Jäger. Haie verbrauchen pro Leben bis zu 2000 Zähne. Der beste Haischutz ist ein Vollkörperkettenhemd aus ca. 150000 Edelstahlringen in mehreren Schichten. Nur den Weißen Hai würde das nicht stören. Der Engelshai ist ebenfalls ein Grundhai, der haupt sächlich von Krebsen lebt und im Aussehen kaum vom Rochen und seiner Plattfischgestalt zu unter scheiden ist. Der Manta oder Teufelsrochen kann bis zu 6 m breit und 2 t schwer werden, ist davon abgesehen aber ein absolut friedfertiger und ungefährlicher Pflanzenfres Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ser. Das Rothörnchen Tamiasciurus hudsonicus liebt süßen Ahornsirup. Im Mitteldevon Schottlands wurden mindestens 400 Millionen Jahre alte Belegfossilien für die saprophyti sche Lebensweise von Ständer- und Schlauchpilzen entdeckt, wie man die Zersetzung des Gewebes toter Tiere und Pflanzen durch diese Pilze nennt: diese ihre Arbeit der Zersetzung organischen Materials bereitete die Eroberung der Erde durch die Landpflanzen vor. In der Antarktis wurden mindestens 240 Millionen Jahre alte Belegfossilien für die Mycorrhiza entdeckt, die symbiotische Lebensweise von Pilzen mit Pflan zen, eine weitere Voraussetzung für die Entwicklung der Landpflanzen. In dominikanischem Bernstein wurden mindestens 35 Millionen Jahre alte Belegfossilien für die kompli zierte Mischlebensweise entdeckt, den Parasitismus, also z.B. den Befall von Tieren durch parasitäre Pilze. Wenn Pilze, die wichtigsten Krankheitserreger bei Pflanzen, Pflanzen angreifen, kommt es zwischen den angreifenden Pilzfäden und den Pflanzen zu einem Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Kampf auf Leben und Tod mittels chemischer Waf fen. Pflanzen setzen sich mit den Enzymen Chitinase und (Beta-1-3-)Glucanase sowie mit Phytoalexinen zur Wehr. Die Pilzfäden verteidigen sich gegen die Enzy me, indem sie ihre Zellwände von innen mit Callose und Chitin auskleiden. Vögel, die durch die Luft humpeln, sind auch nicht besser dran als der Wurm, der im Stall unter der Scheißkruste langfliegt. Die Völker fordern von den politischen Klassen ihre Länder zurück. Warum hat der Rotaugenlaubfrosch Agalchynis calli dryas aus Mittelamerika so rote Augen? Damit er seine Feinde besser erschrecken kann. Warum aber hat er ein so breites Maul? Damit er die Insekten bes ser und auch quer schnappen kann. Und warum hat er so dicke Füße? Damit er sich besser an den Blättern festhalten kann. Jedes Kaninchen hat ein anderes Verhältnis zur Sauce.
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Wie kann jemand ständig die Ärmel aufkrempeln, um anzupacken, wenn er sie zwischendurch nicht immer wieder heruntergekrempelt hat? Die meisten Beeren sind bekanntlich keine. Wirkliche Beeren sind u.a.: Stachelbeere, Kiwi, Heidel-, Preisel und Johannisbeere, die Dattel und alle Zitrusfrüchte. Beerenfrüchte sind: Tomate, Aubergine, Paprika, Gurke, Melone, Kürbis, Avocado und Luffa. Die Wa cholderbeere ist eine Schein- oder Zapfelbeere, die Banane eine Panzerbeere, die Erdbeere eine Sammel nußfrucht. Himbeere und Brombeere sind Sammel steinfrüchte, Granatapfel und Kakaobeere Trocken beeren. Und die Beeren von Holunder und Schlehdorn wie Kaffeebohnen reine Steinfrüchte. Seit vielen Jahren streiten sich die Dschungel-Zoolo gen, welche von den Riesenschlangen der Welt die größte ist. Die Anaconda-Leute werden nicht müde, den Ruhm jenes Exemplars vom Orinoco hinauszupo saunen, das gut über 500 Pfund wog, worauf die Py thon-Leute unfehlbar auf die in der Sambesi-Gegend gefundene Felsschlange hinweisen, die 34 Fuß und 7 Zoll lang war. Der Streit ist natürlich töricht, denn »die größte« ist eine unbestimmte Vokabel, die in ernsthaften wissenschaftlichen Diskussionen nichts zu suchen hat. Aber jeder ernsthafte Schlangenliebhaber, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gleich welcher Schule, würde zugeben, daß die arabi sche Garstini, obwohl kürzer als der Python und leichter als die Anaconda, dennoch schneller und ge fräßiger ist als beide. Der Hund ist das Haustier mit den geringsten Men schenkenntnissen. Das private Eigentum, vom Marxismus als eine Erb sünde der kapitalistischen Gesellschaft diskreditiert (mit den bekannten, in den Ländern des ehemaligen Realsozialismus zu besichtigenden Ergebnissen: das Wesen des Materiellen haben die Materialisten offen bar nie begriffen), besitzt eine lange evolutionäre Vorgeschichte. Denn auch Affen respektieren im all gemeinen das Hab und Gut ihrer Artgenossen, und wohlhabende Schimpansen geben sogar hin und wie der ein paar Brocken an arme Schlucker ihrer Gruppe ab. Doch wird Privateigentum offenbar bei ihnen nur dann respektiert, wenn der Eigentümer uneinge schränkte Kontrolle über seinen Wohlstand hat. Viel leicht aber nur deshalb, weil ein potentieller Dieb so die Mühsalen einer anstrengenden Verfolgung meiden will. (Welcher Born der zwischenmenschlichen Weis heit tut sich da beim Blick auf die Potlatsch-Kultur der Tlingit auf!)
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Mäusemütter können die Länge ihrer Därme je nach Bedarf und Futterangebot verlängern oder verkürzen. Eine Fleder-Maus könnte als eine nach Ovids Art ver wandelte Maus angesehen werden, die, von einer un züchtigen Maus verfolgt, die Götter um Flügel bittet, die ihr auch gewährt werden. Dieses ist eine Theorie, die meines Erachtens in der Psychologie eben das vorstellt, was eine sehr bekann te in der Physik ist, die das Nordlicht durch den Glanz der Heringe erklärt. Wer dieses nicht einsieht, muß entweder eine schlech te Erziehung genossen oder irgend einmal einen Schlag an den Kopf bekommen haben, wodurch die Brücke zwischen diesem Satz und dem Beifall einge stürzt ist. Man kann zwanzig Grundformen menschlicher Vor wärtsbewegung unterscheiden: Robben, Krabbeln, Staksen, Gehen, Schlendern, Schlurfen, Hasten, Lau fen, Traben, Sprinten, Zehenspitzengehen, Marschie ren, Stechschritt, Springen, Hüpfen, Versetztes Hüp fen, Klettern, Vorwärtsschwingen, Akrobatik, Schwimmen.
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The second sight der Hochländer in Schottland ist ei gentlich a foreknowledge of future events. Ich glaube, daß sie die Gabe besitzen, weil sie keine Hosen tra gen. Daher auch die Weiber in allen Ländern mehr zu Prophezeiungen aufgelegt sind. Weiße Hüte mit schwarzen Straußenfedern stehen blonden Frauen am besten. Wenn Wahnsinn epidemisch wird, heißt die Seuche Vernunft. Hyperion ist ein kartoffelförmiger Mond des Jupiter, den er linear umläuft, wobei er sich aber auf der regel mäßigen Bahn chaotisch dreht. Ich habe nie mehr etwas Komischeres gesehen, als einst einen an der Spitze einer Staubwolke durch die arizonische Wüste rasenden Roadrunner. Bei den im Meer lebenden Igelwürmern Bonellia viri dis ist das Weibchen (ohne Rüssel) ca. 10 cm lang, die Männchen sind hingegen nur 1–2 mm groß. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven haben sich hin sichtlich ihres zukünftigen Geschlechtes noch nicht festgelegt.
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In Irland gibt es keine Schlangen und keine Schild kröten; in einem einzigen Staat Europas, nämlich in Island, gibt es überhaupt keine Amphibien oder Rep tilien, also z.B. auch keine Eidechsen oder Frösche. Eine Kugel ist ein dreidimensionaler Stapel von Krei sen; eine Hyperkugel ist ein vierdimensionaler Stapel von Kugeln. Daß in den Kirchen gepredigt wird, macht die Blitz ableiter auf ihnen nicht unnötig. Von einem Kupferstich können normalerweise zwi schen 300 und 1000 Abzüge hergestellt werden, von einem Holzschnitt mehrere Tausend, von einer Radie rung etwa 50 bis 200, von einer Kaltnadelradierung selten mehr als 20. Die Zahl der Abzüge von einer Mezzotinto-Platte schwankt zwischen 50 und etwa 400, von einer Aquatinta-Platte zwischen 100 und 200. Die mögliche Auflagenhöhe von Stahlstichen und Lithographien ist nahezu unbegrenzt. Wie groß muß die Langeweile des Mondes im Mai sein, der doch im März schon den Katzen leuchtet? Nicht ohne Grund fragte sich einst Janusz Minkie wicz, ob wohl Hennen nächtens ihrem Hahn zuflü Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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stern, sie hätten ein süßes Geheimnis: »Wir kriegen ein Ei!« Die Leistenschnecken, wie z.B. die Purpurschnecke Trunculariopsis trunculus, erlangten vormals große wirtschaftliche Bedeutung als Lieferanten des begehr ten und äußerst teuren Farbstoffs Purpur. Der Purpur wird aus einem Drüsensekret der Schnecken gewon nen. Er ist von gelblicher Farbe und entwickelt erst bei Sonnenbestrahlung den bekannten purpurvioletten Farbton. Etwa 10000 Tiere müssen sterben, um 1 Gramm dieses Farbstoffes zu liefern. Die eine Seite seines Gehirns war weit härter und älter als die linke, und das gab seinen Gedanken das Sonderbare; er hatte oft Gedanken, die gar nicht wie Gedanken aussahen. Branntewein aus Sperlingen brennen, würde sie bald zerstören. Der Esel kommt mir vor wie ein Pferd ins Holländi sche übersetzt. Es ist wohl ausgemacht, daß nächst dem Wasser das Leben das Beste ist, was der Mensch hat.
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Meeresleguane trinken Meerwasser und scheiden das Salz mit nieserähnlichen Schnaufern durch die Nü stern wieder aus. Der Mensch stammt mit allen anderen Lebewesen aus dem Meer. Der Mensch besteht aus 10 Quatrilliarden Atomen, einer 1 mit 28 Nullen: 10000000000000000000000000000. Nennt man diese Zahl »n« und berechnet die Masse von »n« Menschenkörpern, so erhält man die Masse eines durchschnittlichen Sterns. Also steht der Mensch genau in der Mitte zwischen dem kleinsten Baustein Atom und dem größten Bau stein Stern. Der menschliche Körper scheidet pro Stunde zwi schen 40 und 60 Millionen (40000000–60000000) organische Fuseln ab, deren größte Hautschuppen und Haarbrüche sind. Äußerlich anziehende Menschen werden von Ge schworenen nachsichtiger behandelt als unattraktive, sie laufen weniger Gefahr, geisteskrank zu werden, sie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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sind sozial mobiler, und sie nehmen potentielle Ar beitgeber mehr für sich ein. Nichts unterscheidet den Menschen eindeutiger von Vieh und Gemüse als seine Fähigkeit, seinen inner sten Bewegungen schriftlich Ausdruck zu verleihen. Großfußhühner lassen brüten. Fluß- oder Nilpferde, eher den Schweinen als den Pferden verwandt, wiegen bis zu 3 Tonnen und haben das größte Maul aller Landtiere. Nilpferdleder wird nach 6jährigem Gerben so hart, daß man es zum Schleifen von Diamanten verwendet. Das Nilpferd verwirbelt seinen Kot beim Ausscheiden mittels seines kurzen, spatelförmigen, propellerartig rotierenden Schwanzes. Als Gott die Welt erschuf, bestimmte er das Fluß pferd dazu, in Afrika Gras zu weiden. Als das Fluß pferd merkte, wie heiß es dort ist, bat es um Erlaub nis, tagsüber im Wasser zu bleiben und nur nachts Gras fressen zu müssen. Gott erlaubte das unter der Bedingung, daß es am Tage nicht heimlich Fische fresse. Seither verwirbelt das Tier seinen Kot, um Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Gott zu zeigen, daß keine Gräten darin sind. Man muß Nichtstun nicht tun, sondern nicht tun. Kein elementares Phänomen ist ein Phänomen, solan ge es nicht ein beobachtetes Phänomen ist. Nach giftigen Pilzen und Beeren, giftigen Schlangen, Spinnen und Skorpionen, giftigen Faltern, Fischen und Fröschen entdeckte man kürzlich auf Neuguinea auch giftige Vögel. Die auffällig gelb-schwarz gefärb ten Spatzenverwandten der Gattung Pitohui verfügen in Federn und Haut über das Alkaloid Homobatracho toxin, eines der stärksten natürlichen Gifte, das bisher nur von den Pfeilgiftfröschen Kolumbiens bekannt war. Wer Kinder liebt, der zeugt jetzt keine mehr. Zu Abwehrbissen kommt es beim Ergreifen einer Rin gelnatter kaum, sie versucht vielmehr ihren Gegner durch eine sehr stark stinkende gelbe Flüssigkeit ab zuschrecken, die sie aus der Analdrüse entleert. Hilft das nicht, kommt es bei manchen Tieren zu einem Re flex des Sich-Tot-Stellens. Als die Meere noch nicht vom Geräusch der Motor Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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schiffe akustisch verseucht waren, konnten Blauwale vor der europäischen Atlantikküste mühelos mit Art genossen vor der amerikanischen Atlantikküste mit ihren Infratönen plauschen; heute tragen ihre Stimmen nur mehr knapp 1000 km weit. Wären nur die Herren Weiber besser, mit den Frauen Ehemännern ginge es wohl noch hin. Systematische Untersuchungen in Schanghai haben ergeben, daß Katzen im Haus keineswegs die Mäuse population vermindern: Mäuse fanden sich in 12,6% der Häuser mit und in 13,9% der Häuser ohne Kat zen. Der erkennbare Unterschied sei lediglich, daß Mäuse in Katzen-Häusern klüger und vorsichtiger würden und sich seltener sehen ließen. Ratten, die das Schiff verlassen haben, nehmen es ihm übel, wenn es dann nicht untergeht. Je kleiner das Tier, desto höher seine Töne – der Quietschton einer Ratte ist ihr tiefster Ton. Tintenfische haben Augen, die funktionieren wie po larisierte Sonnenbrillen; das ermöglicht ihnen, auch in durchleuchtetem Wasser Fische mit Silberschuppen zu sehen, die durch ihren Silberschimmer sonst im Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Silberschimmer des Wassers unsichtbar werden. Tölpel sind nicht Politiker, sondern eine ehrbare Vo gelfamilie mit 9 Arten, die in großen Kolonien nistet, höchst fluggewandt ist, einen langen und kräftigen Schnabel hat, den Grundstoff für Schießpulver in Ge stalt von Guano genannten Exkrementen liefert, und als Gänsefüßler fast alle Weltmeere befischt. Das Sonarorgan der Schwertwale ortet bis zu 1 1/2 cm genau. Im Ozean haben Wale das heißeste Blut. Bei den Seenadeln tragen die Männchen die Eier, die ihnen die Weibchen in ihre Bruttaschen legen, mit sich herum. Der Seeschmetterling ist eine Meeresschnecke, die von Plankton lebt. Die Seeschwalbe brütet im Wattenmeer und fliegt zum Überwintern nach Südafrika. Segelquallen, die zu den Staatsquallen gehören, weil sie aus Kolonien von Nesseltierchen bestehen, heißen so, weil sie schräg vor dem Wind gegen Strömungen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ansegeln können. Nach Charles Darwin geschieht die Selektion der Natur dergestalt, daß bei Veränderungen der Lebens bedingungen die für die neuen Bedingungen am be sten Geeigneten überleben (survival of the fittest; woraus erst Ignoranz oder bösartige Dummheit ein »Überleben der Stärksten« oder gar ein die Realitäten des Dschungellebens völlig verkennendes »Dschun gel- oder Wolfsgesetz« gemacht haben). Nach Richard Dawkins sind die Körper der Organis men lediglich Vehikel, die sich die Gene zur ununter brochenen Weitergabe ihrer Informationen geschaffen haben: demnach steuert in der Natur der Gen-Egois mus das Verhalten alles Lebendigen, und das Huhn ist lediglich eine Erfindung des Eis, um die weitere Produktion von Eiern sicherzustellen. Nach Wolfgang Wieser stellt die wichtigste neuere Erkenntnis der Evolutionstheorie die Einsicht dar, daß die Selektion sich nicht auf Individuen, sondern auf Populationen richtet: weshalb die Ablehnung eindi mensionaler Fortschrittsmodelle ebenso notwendig und nötig ist wie der Übergang von linearem zu sy stemorientiertem Denken.
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Von der flugunfähigen Takahé-Ralle leben auf Neu seeland noch knapp 150 Stück; von den Europäern eingeführte Hirsche zerstören ihren Lebens- und Nah rungsraum; von den Europäern eingeführte Wiesel, Hunde und Katzen haben sie bis an den Rand der Ausrottung dezimiert. Die von den Europäern eingeführten Lupinen erstik ken auf Neuseeland überwuchernd nach und nach die einheimische Pflanzenwelt. Träge Tiere tauchen tiefer. In der Regel sind Bischöfe größer als einfache Geist liche, Universitätspräsidenten größer als College-Prä sidenten und Verkaufsleiter größer als Verkäufer. Als er eine Mücke ins Licht fliegen sah, und sie nun mit dem Tode rang, so sagte er: hinunter mit dem bit teren Kelch, du armes Tier; ein Professor sieht es und bedauert dich. Die bei weitem größte Angst haben die Menschen vor Schlangen. Das gilt nicht nur für Länder, in denen es wirklich gefährliche Reptilien gibt. In Großbritannien ist während einer einjährigen Reise durch die ländli chen Gebiete die Chance etwa 1:500 Millionen, von Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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einer Schlange getötet zu werden. Ein guter Schwimmer kann in Eiswasser maximal 200 Meter zurücklegen, ehe er stirbt. Der Hund wurde vom Menschen vermutlich zuerst als sich selbst transportierender Fleischvorrat domesti ziert und gezüchtet. In der Mandschurei aß ich hervorragend schmecken den »Feuertopf«; einen raffiniert gewürzten Eintopf mit Hundefleisch. Warum der sozialistische Hund nie einen kapitalisti schen Hasen gefangen hat? Der Hund handelt immer nur auf Kommando und es ist ihm egal, ob er fängt oder nicht – Futter und Unterkunft sind ihm garan tiert. Der Hase aber ist sein eigener Herr und kann sich keine Fehler leisten, wenn er überleben will. Hunde, die bellen, beißen solange nicht. Wer kein Steckenpferd reitet, den reitet der Teufel. Überfütterung der Stockenten in städtischen Gewäs sern aus sogenannter Tierliebe hat die Populationen dort dermaßen anwachsen lassen, daß ihr Verhalten Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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völlig artfremd wird. Da unter allem einheimischen, männlichen Federgetier lediglich die Entenvögel einen Penis zur Übertragung des Samens haben, sind sie auch als einzige zur Vergewaltigung weiblicher Tiere fähig. Fälle, daß 6 oder 7 männliche Vögel eine einzi ge Ente zugleich vergewaltigen wollen und diese dabei bis zum Ertränken unter Wasser drücken, wer den immer häufiger. Bei immer mehr Enten lassen sich die Spuren häufiger Vergewaltigungen durch Erpel daran erkennen, daß die Region im Nacken, in die die kopulierenden Erpel beißen, völlig »verkahlt«. Roland Prinzinger hat die Stoffwechsel-Uhr entdeckt, die in Herzschlägen, Atemzügen, Reproduktionszy klen tickt, und nach der alle Lebewesen die gleiche Zeit des Lebens haben; da aber Kolibris und Manager zum Beispiel lieber ihre Zeit verprassen, statt mit ihr wie Schildkröten und Mönche haushälterisch umzuge hen, leben Menschen, Tiere und Pflanzen halt unter schiedlich lange. Skorpione sehen sehr schlecht und finden ihre Beute meist durch Tasten. Skorpione sind Hungerkünstler und können nach einem fetten Mahl gut ein Jahr bis zur nächsten Mahl zeit warten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Skorpiongifte wirken als Nervengifte, indem sie sich Ionenkanälen in den Nervenzellmembranen anlagern. Aus Skorpiongift extrahierte und gereinigte Anti-Säu getier-Toxine sind in einer Dosis von weniger als 0,03 Mikrogramm pro Kilogramm Lebendgewicht des Gestochenen tödlich. An vielen Stellen ist der Neckar so schmal, daß man einen Hund hinüberwerfen kann, wenn man einen hat. Der Eisvogel ist ein reiner Fischfresser, braucht pro Tag 10 Fische und muß dazu 100 Male tauchen. Durchschnittlich schlüpfen 7 Junge, die 6 Wochen lang pro Tag je 6 Fische brauchen: also müssen beide Elternvögel während dieser Zeit pro Tag insgesamt ca. 300 mal tauchen. Das bedeutet bei etwa 10 Stun den Jagdzeit pro Tag alle 2 Minuten einen Tauch gang. Die Flughunde Kenyas schalten, wenn sie in dunkle Höhlen fliegen, vom Sicht- auf ein Echolotsystem um, das auf der Basis von scharfen Zungenschnalzern im Ultraschallbereich arbeitet; das effizienteste Echoor tungssystem außerhalb des Wassers aber entwickelten die europäischen Zwergfledermäuse. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Sabenusaffen gehören zu den Stummelaffen und sind Blätterfresser. Die Augenbrauenzipfelkröte – wenn sie sie hochzieht, gibt es Regen. Beim zweihörnigen Bergchamäleon ist das Weibchen ungehörnt. Ebenso beim Vierhornchamäleon. Der Meleagris gallopavo liebt das Fliegen nicht, schlägt in der Balz sein 18fedriges Schwanzgefieder wie ein Pfau zum Rade, rennt schneller als ein Pferd, heißt bei uns Truthahn (von seinem Lockruf »truut«) oder Puter (männliche Form zur niederdeutschen Pute, die nach dem niederdeutschen Lockruf nach Hühnern »put-put« so genannt ist), lebte einst auf dem gesam ten Territorium der USA östlich der Rocky Mountains bis hinab nach Mexiko, sollte nach dem Willen von Benjamin Franklin als der typischste allgemein vor kommende Vogel zum Wappentier der Vereinigten Staaten werden, heißt dort offiziell Turkey (weil Eng länder ab 1555 das Guinea-Huhn wegen seiner bun ten Ähnlichkeit mit türkischen Festgewändern Tur key-cock bzw. -hen nannten, obwohl es aus Afrika stammt), wird aber allgemein »gobbler« genannt (wegen seines charakteristischen Geräuschs aus der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Gurgel, dem Kollern), während man ihn in manchen Gegenden Frankreichs »jésuit« nennt (weil Jesuiten missionare ihn aus Nordamerika nach Europa zurück brachten). Auf dem unbeackerten Boden der Unwissenheit wu chert das Unkraut der Vorurteile. 1 Meter entspricht der Entfernung, die das Licht in einem Vakuum in einer 299792458tel Sekunde zu rücklegt. 1 Sekunde ist die Zeitdauer, in der die von heißem Cäsium abgestrahlten Mikrowellen 9192631770 Male schwingen. Im Solmspark zu Frankfurt am Main steht eine Kau kasische Flügelnuß mit einem Durchmesser von rund 60 m und einer Höhe von etwas über 20 m. In den USA entdeckte man kürzlich einen Pilz der Art Ar millaria Bulbosa, dessen unterirdisches Geflecht sich über 15 Hektar erstreckt und dessen Masse auf 10 t geschätzt wird. In Colorado kennt man eine Amerika nische Zitterpappel, die mit ca. 47000 Stämmen auf einer Fläche von 43 Hektar steht und dennoch nur ein einziger Organismus ist. Beispiele für die als ur sprünglich angesehene Neigung zu horizontalem Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Wachstum. Die Zahnfußgarnele kann mit ihrer Schere ein so scharfes Knacken produzieren, daß davon ihre Beute tiere betäubt, manchmal gar getötet werden. Zugvögel orientieren sich dergestalt, daß sie einen an geborenen Flugplan mit Sonnenstand und Sternen himmel, Licht- und Infraschallwellen, Luftdruck und erdmagnetischen Kraftlinien vergleichen, die sie über entsprechende, geeignete Sinnesorgane wahrnehmen können, und außerdem gespeicherte Informationen zu Landschaftsformen, Windrichtungen, Geräuschen und Sehbildern aus früheren Flügen zur Verifikation her anziehen. Schnecken heißen amtlich Gastropoden = Bauchfü ßer. Schnecken raspeln ihre Nahrung mit Zungengebissen, die bis zu 210000 Zähne enthalten können, welche je nach Art in unverwechselbaren Gruppen angeordnet sind. Zahlen sind algebraische Strukturen, die durch ihre Axiomensysteme definiert werden.
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Das Kamel kann bis zu 80 l Wasser tanken und ver braucht auf 100 km rund 40 l. Der Steinzeitmensch verbrauchte pro Leben ca. 100 kg Rohstoff. Der Plastzeitmensch derzeit ca. 1000000 kg. 1990 produzierte die deutsche Industrie 9000000000 kg Plastik der unverrottbaren Art. Zur Befriedigung der Verkaufsgier der grundsätzlich spar samkeitsfeindlichen Wirtschaft mittels Plastikproduk ten wühlt sich die Zivilisations- und Wegwerfgesell schaft in die Erdkruste, säuft hemmungslos die Erdöl lagerstätten leer und frißt Erzminen ebenso räuberisch auf wie Regen- und Urwälder, und scheidet die nach profitmaximierendem Umwandlungs- und Speditions prozeß übrigbleibenden wertlosen Hervorbringungen zur zusätzlichen Belastung der menschlichen Zukunft als unverdauliche Plastikschleimspur wieder aus.
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Eh daß ich vergeß Ihnen zu erzählen:
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Jene Verwirrung, die mich schon früh ob der Wider sprüchlichkeit zwischen dem Erscheinungsbild des so grazilen wie fragilen zärtlichen Gauklers und seinem Namen »Schmetterling«: als ob er etwas mit Old Schmetterhand zu tun habe, befallen hatte, vermochte schließlich meine Trägheit zu überwinden und mich auf eine Wanderfahrt durch die Labyrinthe der Enzy klopädien zu schicken, daraus mich heil hervorzuwin den nicht einfach war. Obwohl die Möglichkeit von Beziehungen zwischen Schmetterling und Schmetter hand zunächst noch zunahm, als sich der Einfluß eines Schmetterlings in Laos auf das Weltwetterge schehen herausstellte (siehe HdnW II, S. 21 f.). Je doch machte das den Graben zwischen dem deutschen Falter und der englischen Butterfliege (siehe HdnW I, S. 18, und HdnW II, S. 32 f.) nur um so tiefer. Als leichteste Übung stellte sich heraus, dem Zusam menhang zwischen Falter und Schmetterling auf die Spur zu kommen, und zugleich eine erste Ahnung vom Wesen des Schmetterlings zu gewinnen, sagt doch Friedrich Kluge in seinem ›Etymologischen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Wörterbuch der deutschen Sprache‹ (191963): »Zum Stamm von griechisch pállein ›schütteln‹, pelemizein ›schwingen‹ gehört mit Intensiv-Reduplikation [= verstärkende Verdoppelung] wie mittelhochdeutsch wiwint ›wirbelwind‹ zu Wind lateinisch papilio: Schmetterling ist ›der die Flügel Schwingende‹. Die entsprechende gemeingermanische Bildung *fifaldron wird im altnordischen fifrildi, angelsächsischen fifealde, altsächsischen fifoldara, vivaldra, althoch deutschen vivaltra, mittelhochdeutschen vivalter sichtbar. Aus der ursprünglichen Form sind entwik kelt mittelniederländisch viveltre, neuniederländisch vijfwouter, westfälisch fifoulstr, mittelfränkisch fi faltr, alemannisch fifalter(e). Häufiger sind Umge staltungen wie Baum-, Wein-, Zweifalter, denen sich schweizerisch pfiffalter, schwäbisch beufaltr, baie risch faier-, fein-, beinfalter, oberpfälzisch und erzge birgisch zweifels-, zweigfalter anreihen. Überall ist die Neigung deutlich, als zweites Glied Falter abzu spalten ... Selbständiges Falter begegnet seit ... 1788 ... Nachtfalter seit Jean Paul 1800 ... Tagfalter derselbe 1804 ... Gleichbedeutend Schmetterling und Sommervogel.« Welch dramatischer Erkenntnisfortschritt gegenüber den Brüdern Grimm, die zwar nicht in ihrer Märchen sammlung, wohl aber in ihrem ›Deutschen Wörter Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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buch‹ noch schlicht festgehalten haben: »Falter, papi lio, weil er ruhig sitzend die flügel faltet, wie man ein zeit (italienisch padiglione, spanisch pabellon, fran zösisch pavillon) entfaltet, passenderer name als schmetterling [offenbar ahnten die Gebrüder bereits die Assoziationsmöglichkeit zu Schmetterhand]. ver gleiche tagfalter, nacktfalter, sommerfalter, fenchel falter, weinfalter, besonders aber zweifalter und feifalter, fifalter ... leben feurfalter, beinfalter, wein falter usw. unterm volk ...« Zu all diesen Begriffen gibt es dann bei den Grimms jeweils noch Einzelarti kel, wie z.B. »Feuerfalter, papilio hippothoe, feuer vogel ... kann leicht das fliegen des Schmetterlings in die flamme ausdrücken ... sich aber auch aus feifalter entstellt haben, die bedeutung wäre immerhin tref fend.« Wie wahr, und wie poetisch, und wie falsch, und wieviel reicher ist doch auch hier die Wahrheit, die reine Wahrheit, und nichts als die Wahrheit, der es nunmehr weiterhin auf der Spur zu bleiben gilt. Auf der Spur des Schmetterlings nämlich, zu der der Kluge verzeichnet: der Schmetterling sei erstmals 1501 in Leipzig als Verdeutschung des lateinischen papilio aufgetaucht, werde noch 1734 »nur als land schaftlich« verzeichnet und werde erst ab 1750 von Sachsen aus als Schriftwort häufiger. »Damit ist An knüpfung an das aus tschechisch smétana ›Milch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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rahm‹ entlehnte ostmitteldeutsche Schmetten ›Sahne‹ gegeben (Schmetterling dissimiliert aus *schmetten ling?), zumal auch viele landschaftliche Namen das Insekt (ursprünglich die unter seiner Gestalt fliegen den Hexen) mit Rahm und Butter zusammenbringen: Milch-, Molkendieb, -stehler, westfälisch molkentö ver(er), smantlecker« [Verf. vermag dieses aus eige nem Sagenhören für das Eiflische zwischen Mittelmo sel und Hohem Venn Formen wie schmandelecker zu bestätigen und sichtete einst auf Rügen gar einen Rei sebus von der Mosel4 mit gleichem Namen], »Butter vogel, -fliege, angelsächsisch butorfleoge, englisch butterfly. Ehe Schmetterling zum Schriftwort wurde, galt die unter Falter dargestellte Benennung; darüber hinaus entfalten die Mundarten die bunteste Synony mik: schweizerisch und oberschwäbisch flättersch, nordschwäbisch bau-, weifalter, tirolisch flattermaus, baierisch müllermahler, mährisch krautscheißer, schlesisch und siebenbürgisch sommervogel, rhein fränkisch fledermaus, hessisch lattichvogel, raupen scheißer, westfälisch fluchter, märkisch kalitte, mecklenburgisch ketelböter, holsteinisch flörlörken, nordwestdeutsch und nordniederländisch vlinder, mit tel- und südniederländisch pepel (aus lat. papi lio) ...« Staunen gesteht der gegenwärtige Schreiber ob dieses Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ungeheuren Reichtums der so zahlreichen deutschen Mundarten, neben denen sich das so gefeierte Hoch deutsch wahrlich als in jeder Beziehung ärmliche Ra tionalisierungsveranstaltung zum Zweck der Abwick lung der Verwaltung unbequemer Seiten- und Eigen wege herausstellt, wenngleich ihr der Charakter und die Brauchbarkeit einer Lingua franca zwischen den deutschen Völkern nicht abgesprochen werden soll, können doch schließlich die praktischen Kriegslösun gen wie etwa das Landserrussisch im Osten keines wegs empfohlen werden, auch wenn das den Staats kanzleien offenbar nicht unangenehm wäre, wie die Vorgänge auf dem Balkan und in den ehemaligen rus sisch/sowjetischen Koloniallanden zu bezeugen schei nen. Die gelahrten Gebrüder verzeichnen übrigens zu Schmetten = Milchrahm, Sahne: man pflege es »auf böhmisch smétana, polnisch smietana zurückzufüh ren, hierfür spricht die gegend, in der das wort ver breitet ist [= Schlesien, Österreich, Böhmen, Deutsch ungarn], indessen ist nicht ausgeschlossen, daß schmetten mit niederdeutsch, niederländisch smet, smette schmutz, schmutziger ansatz, klebrige masse in Verbindung zu setzen ist ...« Womit ein höchst un feines Problem auftaucht. Zu Schmant nämlich ver zeichnen die Brüder »milchrahm, sahne. das wort Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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taucht zuerst im 15. Jahrhundert auf ... belege 1424 niederdeutsch, 1475 clevisch, 1482 ...« Woraus sich die Frage erhebt, ob sich aus einem urindoeuropä ischen Stammwort mit -nt/nd- irgendwann in einzel nen Mundarten das -n- entfernte, oder vielmehr sich in ein solches Stammwort auf -t/d- später irgendwie und irgendwo ein -n- einschlich? Eine Durchsicht etymo logischer Lexika indoeuropäischer Sprachen ergibt vor allem für den slawischen Bereich eine vorläufig undurchdringliche Wirrnis, in der sich jede Variante belegen läßt, sowie ihr Gegenteil, zunebst unauflös barer Widersprüche. Doch darf das nicht verwundern, hat doch schon das Zitat aus dem Kluge zu Schmetterling das Grundwort anklingen lassen: Hexe. Schärfer noch zieht diese Spur des Grauens der Duden aus, wenn er festhält: »Nach altem Volksglauben fliegen Hexen in Schmet terlingsgestalt, um Milch und Rahm zu stehlen.« Womit sich nicht mehr vermeiden läßt, nun tief in eines der abgründigsten Werke deutscher Sprache ein zutauchen, das ›Handwörterbuch des deutschen Aber glaubens‹, in dem allein dem Grundwort Schmetter ling 18 enggedruckte Spalten gewidmet sind. Ihre wichtigsten Inhalte versucht das folgende Kompilat aufzuzeigen.
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Auffällig ist, daß der Landmann, der sonst bei jeder Tiergruppe die einzelnen Arten mit Namen belegt, im allgemeinen solche für den Schmetterling nicht kennt. Für einen großen Teil der europäischen wie außereu ropäischen Schmetterlingsnamen ist die elementare Verwandtschaft nachzuweisen. Die meisten Namen sind Bildwörter, die den optischen Eindruck des rhythmischen Flügelschlags akustisch durch Verdop pelung ausdeuten. Typisch das lateinische papilio, woraus französisch papillon, tirolerisch pavel, trienti nisch pavela, hessisch papiller, westpfälzisch bubel ler [nicht mit dem schwäbischen bubele zu verwech seln, das durch Boris BumBum bekannt wurde!], im Dialektfranzösisch der Hochvogesen boubelé, spa nisch borboleta wurde; ins niederdeutsche hülebüle scheint sich volksetymologisch die Eule eingemischt zu haben. Im deutschen Sprachgebiet wird der Schmetterling am häufigsten als Flatterer bezeichnet, als Falter, abgespalten vom mittelhochdeutschen vi valter, der baierisch als feifalter erhalten ist. In Ober bayern kennt man den beienfalter = Bienenfalter: weil man ein Bienenvolk einfangen kann, indem man den ersten Frühlingsschmetterling durch das Ärmel loch des Rockes fliegen läßt. Weiter entfernen sich niederdeutsch flutter, tirolisch flutterl, rumänisch flú ture, obersteirisch fledertze, italienisch farfalla. Da dem Landmann alles Vogel ist, was fliegt, gibt es Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zahlreiche Vogelnamen für den Schmetterling: baie risch faltervogel, englisch bonny bird, in zahlreichen Mundarten und Sprachen sommervogel, sonnenvogel, maivogel, in französischen Dialekten sereillot = klei ne Sonne, himmelsvogel, gälisch eunan dé = Vogel Gottes, in norwegischen Dialekten marihoena = Ma riens Huhn, nordfranzösisch glaîne dieu = Huhn Got tes, steirisch weinhahnl = Hähnchen im Weinberg. In deutschen Mundarten häufig Fledermausnamen: fle dermaus und flimmermaus, fladdermus und flutter maus, im elsässischen speckmaus und im hunsrückis chen blindermaus. Nach französischem Volksglauben ist der Schmet terling ein Geschöpf Gottes, nach rumänischem ent stand er aus den Tränen der Muttergottes. Kaum ein anderes Tier wird so oft als Erscheinungsform der Seele angesehen, daher denn schon die alten Griechen ihn psyche nannten. Als Seelentier gilt er seither auch als Symbol der Unsterblichkeit: denn nirgendwo sah man ihn zur Sommerszeit häufiger als über blumenge schmückten Grabstätten vor den Toren der Städte – die Seelen der Verstorbenen. Bildlich wurde die Seele entweder direkt als Schmetterling dargestellt oder als Mädchen mit Schmetterlingsflügeln: man denke an das Märchen von Amor und Psyche. Bereits auf etrus kischen Skarabäen des 5. Jahrhunderts aCn (= ante Christum natum) ist der Schmetterling das Abbild der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Seele. Athene beseelte den Menschen des Prometheus, indem sie einen Schmetterling über seinen Kopf hielt. Und da Goethe im 2. Teil des Faust Mephisto die Seele so beschreiben läßt: »Das ist das Seelchen, Psy che, mit den Flügeln, die rupf ihr aus, so ists ein garstger Wurm!«, steht es uns Deutschen nicht an, diese Deutung zu bezweifeln. Da die Entpuppung des Schmetterlings als schönes Bild der Auferstehung angesehen wurde, übernahm das Christentum den heidnischen Glauben vom See lenschmetterling in diesem Sinne. Der weiße Schmet terling gilt als Symbol der Unschuld. In Irland hält man ihn für eine gereinigte Seele auf dem Weg ins Jenseits: gescheckte Flügel kennzeichnen den Seelen vogel auf dem Weg ins Fegefeuer. In der Haute Breta gne entfleucht ein grauer Schmetterling dem Mund des Sterbenden. Auf sardinisch heißt er puzzone-pec catu = Sündenvogel. In den Abruzzen nennt man den weißen Nachtfalter almadidi lu porgatòrie = Seele aus dem Fegefeuer. Nachtfalter, die um die Lampe schwirren, sind im Val d'Aosta Seelen aus dem Fege feuer, die ihre Verwandten besuchen. Madegassisch heißt der Schmetterling lolo = Geist, eskimoisch torn gaviak = böser Geist, englisch ghostmoth = Geister motte, tirolisch Schneiderseele. Im rätoromanischen mammadonna wie im russi schen babotschka (beides = Großmutter), im schwe Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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dischen käring-själ (= Altweiberseele) [vgl. zum Alt weibersommer wegen seiner silbrigen Fäden nachste hend S. 162]. halten sich Spuren des uralten Totemis mus. Und im baskischen astoaren arima (= Seele des Esels) Spuren des Glaubens an die Seelenwanderung. Die Verchristlichung führte schließlich zu nahelie genden Engelsnamen: in Kalabrien sieht man im Schmetterling, der eine Kinderwiege umgaukelt, des sen Schutzengel; in Lecce nennt man ihn angaleddra = Engelchen, in der Normandie ange = Engel, in den Landes anjoulet = Engelchen, im Bretonischen ealik = Engelchen, und Dante bezeichnet ihn im ›Paradiso‹ als farfalla angelica = englischer Flatterer. Im deutschen Volksglauben haben die Schmetter linge auch elbische Bedeutung: entweder sind sie gute Holden, die Feenwägelchen ziehen, oder aus der Ver mischung von Hexen mit dem Teufel hervorgegan gene böse Dinger. Die alten Römer nannten Abendund Nachtfalter fauni = Walddämonen. Daher denn auch allüberall Elbennamen: in der Schweiz z.B. schrätteli, in Aquila folechetta, in Planches-lesMines folletau (aus lateinisch follis = Ledersack, Geldbeutel). Koboldnamen wie italienisch farfarello und französisch farfardet hängen mit dem Schmetter ling zusammen, und bei den Wenden ist der Schmet terling eine Erscheinungsform des Kobolds. Zwerge verwandeln sich ebensogerne in Schmetterlinge wie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Hexen, bzw. schicken ihre Seelen in dieser Gestalt auf Reisen: im Münsterland heißt der Zitronenfalter hex, in Rumänien der Totenkopf striga nootii = Nachthe xe, im Provenzalischen masca = Zauberin. Das meck lenburgische kätelböter bedeutet eigentlich Hexen meister, doch gilt der Kessel vorwiegend als Attribut der Hexen. Wiederum vor allem im deutschen Gebiet (und hier im niederdeutschen) ist – wie auch sonst in germani schen Landen – der Glaube weit verbreitet, daß Hexen in Schmetterlingsgestalt Milch, Rahm, Butter stehlen: milchdieb, milchtrud, milchmahler, molken töfer (t. = Zauberer), schmantlecker, butterfly, bod derlicker, boddervagel, botersnep, boterhex und bo terwijf. Als Krankheitsdämon kennen ihn Tirol, das Eger land, die Schweiz; aber auch slawische Völker wie die Lausitzen: die Murawa, ein weiblicher Albdämon, erscheint als grauer Schmetterling, mura ist ihnen Alb wie Abendfalter, den Slowenen ist veša Schmetter ling, Hexe und Alb. Ähnliches in Italien und Rumäni en. In Westfalen, bei den Schweden in Finnland und bei den Rumänen gilt er als Pestverbreiter: rumänisch heißt der Totenkopf buba ciumei = Pestuhu. Fieber brachte er schon den alten Griechen, aber auch den Albanern, Rumänen und Litauern, und mazedonisch hiavra (aus lateinisch febris) bedeutet so Fieber wie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Schmetterling. Vor allem bei den Romanen gilt der Schmetterling auch als »Hirntierchen«, das Verände rungen in Gehirn und Stimmung hervorbringt: franzö sisch être atteint de la papillone = Gefallen an der Veränderung, papillons noirs = düstere Gedanken, rumänisch a se fluturá = wahnsinnig werden, portu giesisch borboletear = phantasieren. Wenn ein Zi geuner zu Ostern einen Schmetterling vorbeigaukeln sieht, wird er während des ganzen Sommers Tag für Tag einen Rausch haben. Und eine römische Grabin schrift der Kaiserzeit aus Andalusien beauftragt die Erben, ungemischten Wein auf die Asche zu gießen, damit die Seele des Verstorbenen als trunkener Schmetterling herumfliegen möge: volitet meus ebri us papilio. Orakeltiere sind sie auch: gute Omina beziehen sich vorwiegend auf Liebe und Geld – Hochzeitsbräu che in Böhmen, in Ungarn und Südslawien. Der erste weiße Schmetterling im Frühjahr bedeutet Glück in Geldsachen; ist er gelb, gilt es Gold – ist er weiß, nur Silber (so in den Vogesen). Wer in Polen beim An blick des ersten Frühlingsschmetterlings seine Geld börse schüttelt, wird immer Geld in ihr haben. In Sachsen deutet ein roter Schmetterling auf eine gute Zukunft, in Anhalt auf ein gutes Jahr. In Oberöster reich läßt ein brauner auf langes Leben hoffen, in Irland bringt der Schmetterling dem, dem er sich auf Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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den Rock setzt, Segen. Vielerorts deutet er auf Neuig keiten hin: französisch porte-nouvelle = Neuigkeits bringer, portugiesisch boa nova = gute Neuigkeit, provenzalisch visito = Besucher. Aber auch böse Omina sind sie: während im allge meinen helle Schmetterlinge Gutes bedeuten, bedeu ten dunkle (grau, braun, schwarz) Böses. Viele weiße zusammen jedoch kündigen einen Krieg an, oder Teuerung, oder Seuche (so kennen englische Dialekte den cut-throat = Gurgelschlitzer). Bereits seit dem 5. Jahrhundert aCn kennt man auf Gemmen den Schmet terling als Begleiter des Totenführers Hermes, und insbesondere der Totenkopffalter Acherontia atropos heißt denn auch leichenvogel, totenvogel, toteneu lerl, im Egerländischen lud = Tod, in Reggio di Cala bria morte = Tod. Unter den Tagfaltern gilt vor allem der Trauermantel als Todesomen. Und bereits seit Plinius weiß man, daß das frühzei tige Erscheinen von Zitronenfaltern ein frühes Früh jahr ankündigt. Schmetterlingsmassen deuten in Bel gien auf Sturm. In der Basse Normandie wie in der Haute Bretagne bringt ein gelber Schmetterling kal tes, ein weißer mildes Wetter. Und in Anhalt kündigt ein Schmetterling in der Stube schönes Wetter an. Ob nun aber als Orakeltier oder Seuchenbringer, als Seelenvogel oder Butterdieb, als Hexenseele oder Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Krankheitsdämon, als Geistverwirrer oder Alb – ge meinsam scheint allen Deutungen und Namen die Herkunft aus frühen agrarischen Gesellschaften zu sein, aus Vorstellungen von kleinen Agrardämonen, die dem Landmann das Leben schwer machen, wenn er sich nicht gut zu ihnen stellt. Hätten Sie das alles dem zierlichen bunten Gaukler, dem schwerfälligen weißen Flatterer, dem trübsinni gen grauen Falter zugetraut? Ich auch nicht. Und ebensowenig Arno Schmidt, der während sei nes kecken Purzelbaums durch die Ignoranzien der »Gelehrtenrepublik« zum Thema Fliegende Masken notierte: »Was ist denn das?!« – »Das?: Fliegende Köpfe.« /: Das also ist die rätselhafte »Dritte Form« von gestern! Hexapodie ebenfalls, ja: aber über Schmetterlinge! (Das muß auch ein deutsches Rind vieh gewesen sein, der für die paar Kleinglaukler den Hammervorschlag ›Schmetter‹ erfinden konnte! Wahrscheinlich 'n Wiederaufrüster.)
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Fußnoten
1 Das erinnert an das Schicksal des griechischen Dra matikers Aischylos: siehe nachstehend S. 210. 2 Über das Ardennat siehe im HdnW II, S. 17, aus führlicher. 3 Vielleicht steckt die einzige Möglichkeit eines Mar xismus mit menschlichem Antlitz in diesem bunten DiminutivA1. 4 Daß Schmetterlinge tatsächlich zu solchen Lang streckenreisen befähigt sind, falls die Umstände das nahelegen, beweist eine US-Gattung, natürlich! Der Monarch-Falter nämlich, der in den nordwestlichen Pazifik-Staaten der USA zu Hause ist, weicht vor den kalten Wintern jeweils nach Mexiko aus – eine Flug strecke von ca. 4000 km; durchschnittlich erst die 3. Generation erreicht wieder die nordwestliche Heimat; also muß die Kenntnis des Wanderweges wohl ver erbt werden: als genetisches Urprogramm? A1 Möglicherweise steckt in dieser Verflochtenheit der Dinge der Grund dafür, daß das Stiefmütterchen auf französisch und auf wissenschaftlich »La pensée« heißt: der Gedanke.
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II. Von den Völkern, ihren Eigenschaften,
Eigenheiten, Riten, Sitten u.ä.
»Wir haben die Damen gelehrt zu erröthen, wenn sie dasjenige bloß nennen hören, was sie sich nicht scheuen zu thun.« (Michel de Montaigne) »Das nationale Geschichtsbewußtsein ist das Ergebnis höchst selektiver Erinnerung und der Konstruktion national gesinnter Histori ker.« (Hagen Schulze) »Geschichtswissenschaft dient oft dazu, das Bestehende zu rechtfertigen.« (Manfred Hanisch) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»Es gibt mehr Dinge zwischen Schleswig und Holstein ...« (nicht von Gerhard Stoltenberg) »Ihr vergleicht Euer Trinken mit meinem Trinken?« (Branco Zebec) »Nichts übertrifft die Kurzsichtigkeit und den Hochmut der Jugend!« (Jake Gulliver) »Der Mensch kommt unter allen Tieren in der Welt dem Affen am nächsten.« (Lichtenberg) »Engländer verachten die Musik, lieben aber die Geräusche der Instrumente.« (Lawrence Norfolk)
In den USA erfolgten zwischen 1976 und 1985 nach weislich mindestens 18417 Gattenmorde. Hieran fas ziniert die Kriminologen weniger die Frage nach der Dunkelziffer, als die nach dem Verhältnis der Ge schlechter zueinander, der Quotient SROK (sex ratio of killing). Demnach kommen in den USA auf je 100
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Ehemänner, die ihre Gattinnen aus ihrem Leben elimi nieren, nur 75 Gattinnen, die es umgekehrt vorziehen. In Kanada lautet SROK pro 100 mordende Ehegatten 31 Gattinnen, in England und Wales 40, in Schott land gar nur 23; am duldsamsten erscheinen die Afri kanerinnen: SROK 100 zu 8,8. Die Motive liegen weitgehend im Dunkeln, ebenso wie der Grund für die Tatsache, daß Frauen nur selten zur Schußwaffe grei fen, sich ihres Ungeliebten zu entledigen. Auch nach der Ehescheidung gestaltet sich die Statistik der Ra chemorde unterschiedlich: Frauen töten den Geschie denen sehr viel seltener als umgekehrt die Geschiede nen ihre Exfrauen. Ethnische Differenzierungen lassen sich aus einer Statistik für Chicago von 1965 bis 1989 erkennen: da lag die Frauenquote der Schwarzen bei 131, der Weißen bei 43 und der Latinos bei 29. Bei Naturvölkern ist der Gattenmord praktisch unbe kannt: dort wählen die Verzweifelten als letzten Aus weg vorwiegend die Selbsttötung. Beim Rorschachtest wird jeder durchfallen, der die Bildlein auszuschneiden versucht. Falls Ihnen je durch ältere Bücher (etwa Krimis aus der DDR) Autos mit DDR-Kennzeichen fahren soll ten, hier die Auflösung: Es stand I für Berlin, A für Rostock, B für Schwerin, C für Neubrandenburg, D Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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für Potsdam, E für Frankfurt/Oder, H und M für Mag deburg, K und V für Halle, F und L für Erfurt, N für Gera, O für Suhl, R und Y für Dresden, S und U für Leipzig, T und X für Karl-Marx-Stadt und Z für Cott bus. Aber denen in Pullach gelang es in verbissener Kleinarbeit, auch diesen Stasi-Schlüssel zu knacken. Der Walkman ist jenes paradoxe Gerät, mit dem man Musik hören kann, indem man sich die Ohren zu stopft. Ab 1850 wurden Akkordeon, Walzer, Mazurka, Polka usw. in Norwegen sehr populär und von Puri sten sofort heiß angefeindet, weil ausländisch (das Akkordeon kam aus Österreich, die meisten Noten aus Deutschland und Österreich, und die Melodien der Brüder Schrammel aus Wien waren besonders be liebt). Die Puristen erklärten, echte Norweger hätten Har dingfiedel zu spielen und alte einheimische Tänze wie Slåttar, Springar und Rheinländer (!) zu tanzen. Da durch wurde die Hardingfiedel auch in Gebieten po pulär, wo es sie vorher nie gegeben hatte. Im Jahre 1904 verbrannten die wichtigsten Nachlässe von nor wegischen Akkordeonisten, unabhängig voneinander: der von Anders Sørensen, 1821–1896, einem Schüler Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Ole Bulls, der lieber Klassiker geblieben wäre, davon aber nicht leben konnte, und von Per Bolstad, Åle sunds Walzerkönig. Sein Nachlaß verbrannte beim großen Brand von Ålesund, was zeigt, wie weit diese fanatischen Puristen gehen. Es bleibt abzuwarten, wann einer der rührigen norwegischen Krimiautoren den unbedingt notwendigen norwegischen Walzerkri mi vorlegen wird. Der Antiwalzerterrorismus half den Puristen aber auch nix – kurz vor Weihnachten 1904 entstand Norwegens erste Grammophonaufnahme: Carl Mathiesen spielte auf dem Akkordeon einen Walzer. Ebenfalls 1904 eröffnete Christianias erstes Kino, das Edison, und viele andere folgten bald. Dort wurden nicht etwa Pianisten angeheuert, sondern Akkordeon spieler, die Walzer, Mazurka usw. spielten, und sie mußten sich dem Film entsprechend kleiden: als Scheich, als Cowboy usf. Salonfähig wurde die »neue« Musik 1917, als Köni gin Maud den Kinomusiker und Akkordeonisten Hans Erichsen zum Vorspiel ins Schloß einlud. »John Ruskin beschreibt in den ›Steinen von Vene dig‹ die Statuen der Laster am Dogenpalast. Die Völ lerei ist ein Weib. Sie trägt einen Turban, hält in der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Rechten einen juwelenbesetzten Pokal und kaut an einem Vogelknochen. Die Lust am Fleisch ist die äl tere Schwester der Fleischeslust. Erst wurde der Apfel gepflückt, dann kam alles weitere. Wenn Fernsehwer bung Nahrungs- und Genußmittel anpreist, unterlegt sie ihre Sehangebote mit erotischen Subtexten. Eroti sche und kulinarische Kultur in Deutschland sind frei lich, prüft man ein beliebiges Marktsegment, mittler weile auf das Niveau der Streitaxtkultur hinabgesun ken. Da ist keine Turbanträgerin, von der man sich ins Serail entführen ließe, zu pikantem Pastinaken pudding. Der Exotismus ist in die treudeutsche Ver waltung der Firma Eckes übergegangen, die den Ek kes-Edelkirsch Chocolat kredenzt. ›Eine neue Leiden schaft – ein neuer Likör mit dem Feuer der MarascoKirsche‹ – das exakte Pendant zum Edelkitsch des multikulturellen Touristen, der im Fremden bloß immer wieder sein Spiegelbild entdeckt. Bei Eckes wie bei Dujardin (›c'est bon, c'est bon‹) glaubt man wohl, man müsse nur die Farbe Rot über den Bild schirm versprühen und schon breche man die Herzen der stolzesten Käufer ... ›Nur Küsse schmecken bes ser‹, behauptet Eckes von seinem Tropfen, dessen Adel wahrscheinlich ein Patent von H.-H. Weyer be stätigt – und nur Fliegen ist schöner als ein Brumm schädel vom Likörgenuß. Einen Schritt weiter in der ›neuen Dreistigkeit‹ (V. Ullrich) geht das Haus Fer Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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rero, das seine Küßchen unverhohlen als Ersatz für das Echte darreicht. Das junge Paar hat es sich schon auf der Sitzgruppe bequem gemacht, da klingelt es, und plötzlich sind alle Freunde da. Im Zeichen guter Gastlichkeit werden Ferrero-Küßchen beschert, und amor löst sich auf in caritas. Dieser neue Puritanis mus verdankt sich aber keineswegs einem wiederer weckten Sündenbewußtsein, sondern im Gegenteil dessen Grabesruhe. Im Mittelalter tat Gott seine Wunder in der Kirche, der Teufel in der Schenke. Dort würde er heute nur noch Clausthaler erhalten. Allein das allerchristlichste Frankreich kämpft noch ein Rückzugsgefecht, einzig katholischer Käse ver heißt noch barocke Sinnlichkeit, verlockt durch eine rothaarige Verführerin dazu, ›die Prachtstücke von Bressot mit allen Sinnen zu genießen‹. Wo der Christ früher über den Trieb triumphierte, da weiß in einem neuen Pantheismus ›die Natur am besten‹, was dem Körper frommt, nämlich ›Ernährungsprogramme mit Lebensbausteinen‹ (Milupa). In dieser Natur werden Vögel nicht gefressen.« So Patrick Bahners, der dann fortfährt: »Obwohl Völlerei nicht mehr vorkommt und auch ein Surfweltmeister Nutella aufs Brett streicht, werden Heilmittel bei Völlegefühlen beharrlich offe riert – nie ohne den Nachsatz ›Zu Risiken und Neben wirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker‹. Die Gefahr des Alko Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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hols ist gebändigt, dafür hat das Rettende sich als Ri siko entpuppt«, und fährt in der sich erfreulich verjün genden FAZ fort: »Der Mund galt früher als das Ein gangstor zur Burg des Herzens. Die Nüchternheit ver schloß es dem Teufel. Die ›Kultur der Zurückhaltung‹ (V. Ruhe), die heute am Tor Wache hält, schließt Gott selber aus. Indes sagt sich der Teufel mitnichten: ›Darauf einen Dujardin!‹ Genuß ohne Reue ist kein Genuß. Ein Clausthaler hinterläßt keinen Nachge schmack. Doch Gaumenlust will Ewigkeit.« Wohl wahr! Die Unbefleckte Empfängnis bedeutet die Mariens in Mutter Anna. In Stavelot steht im liebenswürdigen Museumchen eine entzückend naive Statue aus dem 17. Jh., die dar stellt, wie Mutter Anna Tochter Maria das Lesen lehrt: aus einer Fibel mit dem lateinischen A B C. In Xanten befand sich bis vor einigen Jahren im St. Viktorsdom eine wunderbare Tafelmalerei (17. Jh.?), die auf einem schachbrettartig gemusterten Fliesenbo den Vater Joseph in reicher Handwerkermeisterklei dung zeigte und neben ihm den ebenso reich bekleide ten Sohn Jesus, wie der auf seinem Steckenpferdchen reitet. Der gegenwärtige Aufenthalt des Bildes konnte Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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bisher nicht eruiert werden. In Kirchsahr (zu trennen Kirch-sahr, und nicht etwa Kirchs-Ahr) befindet sich die einzige noch vollkom men erhaltene Türkenmadonna: sie zeigt die Madonna im Rosenkranz, dessen Perlen die von ihr ausgehen den Strahlen krönen, auf dem linken Arm den Jesus knaben, in der rechten Hand hochgeschwungen ein Schwert, mit dem der Türkenkopf abgehauen wurde, den der Jesusknabe seinerseits mit der linken Hand an der Skalplocke hält. Viele alte Kulturen sahen in der Schlange eine Ver körperung göttlicher Kräfte: von der Midgardschlange der alten Germanen über die Schlange des Übels Naga im alten Indien bis zu der geflügelten Schlange der indianischen Hochkulturen. Und auch der sumerische Marduk-Drache hat ebenso wie der chinesische Himmelsdrache viel mehr Ähn lichkeit mit geflügelten Schlangenwesen als mit den fliegenden Sauriern der europäischen Sagen- und Märchenwelt. Dem »Schlangenglauben des deutschen Sprachge biets« widmet das ›Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens‹ allein 80 Spalten oder 40 Druckseiten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Tempelmalereien lassen erkennen, daß das Alte Ägypten glaubte, weil die Schlange ihre Haut ab streift, sei sie unsterblich. Damit der Mensch wenig stens einen Anteil an der Unsterblichkeit erwerbe, müsse er wie die Schlange seine Haut abstreifen. Als symbolische oder Ersatzabstreifung erfand das Alte Ägypten die Beschneidung des Mannes. Vielleicht hängt die bis heute im Islam weitverbreitete Vorstel lung, die Frau habe keine Seele, mit der Abwesenheit einer beschneidbaren Vorhaut zusammen. Wenn Götter gestürzt werden, werden zunächst sie und ihre Tierwelt zu Dämonen und dann zu Teufeln. Als die Hebräer den Eingott entdeckten, geschah fol gerichtig eine Verteufelung der Schlange, die so bis in die Glaubenswelt der Christenheit als Verkörperung des Teufels und Anstifter zur Ursünde mit anschlie ßender Vertreibung des Menschen aus dem Paradies geriet. Jüngste Forschungen zur Höhlenmalerei von Lascaux und Altamira haben ergeben, daß die dort dargestell ten Tiere getötete Tiere sind. Also muß man die Höh len als eine Art Seelentempel verstehen, in denen die Seelen der Getöteten verehrt wurden, damit sie sich an ihren Tötern nicht rächten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Es war einmal ein französischer General in Afrika. Dem verweigerten die einheimischen Soldaten den Gehorsam: Eine Sonnenfinsternis hatte sich ereignet. Der General sprach mit dem Anführer und erklärte ihm den naturwissenschaftlichen Sachverhalt. Der Anführer sagte daraufhin, er habe verstanden, der Ge neral war beglückt, jetzt könne man ja weiter. Doch der Anführer weigerte sich. Es sei doch bekannt, daß ein Geist bei einer Sonnenfinsternis seinen Mantel vor die Sonne halte, ein schlechtes Zeichen. Bei den Bantu verwenden die Medizinmänner gegen Wunden Ameisen: die beißen sich in den zusammen gepreßten Wundrändern fest; alsdann kneift man die Ameise hinter ihrem Kopf mit den Beiß-Mandibeln ab; nach der Heilung fallen die Mandibeln aus der Narbe ohne Entzündung. Den ältesten Ziegelturm Chinas, den man noch besu chen kann, errichteten die Nördlichen Wei 520 n.C. im Song-yue-Tempel in Dengfeng (Provinz Henan). Den ältesten Turm im Pavillonstil errichteten die Öst lichen Wei 538 im Shentong-Tempel in Licheng (Pro vinz Shandong).
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Der älteste Gußeisenturm entstand 963 im Guang xiao-Tempel in Guangzhou (Kanton). Den ältesten Grabturm schufen die Späten Nördlichen Wei im Fuoguang-Tempel in Wutai (Provinz Shanxi). Den höchsten Wasserturm mit 84 m erbauten die Nördlichen Sung 1055 in Dingxian (Provinz Hebei). Den höchsten Holzturm, der noch steht, bauten mit 67,3 m 1056 die Liao im Fuogong-Tempel in Xing xian (Provinz Shanxi). Den höchsten Eisenturm errichteten die Nördlichen Sung 1061 im Yuquan-Tempel in Dangyang (Provinz Hubei). Die von der Sung-Dynastie (960–1279) erbauten Zwillingstürme im Kaiyuan-Tempel zu Quanzhou (Provinz Fujian) sind die größten Steintürme im gan zen Reich. Die Han-Chinesen haben rund 1000 Familiennamen, rund 100 dienen 90% der Gesamtbevölkerung von ca. 1000000000 Han, die 14 häufigsten dienen rund 50% oder 500000000, die 4 häufigsten lauten Wang, Chen, Li und Zhang und haben je über 100000000 Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Träger. Han-Bauern nannten in den Elendsjahren vor 1949 ihre Kinder gerne Xiaozhu (= Ferkelchen) oder Xia ogou (= Welpe), in der Hoffnung, daß die Kinder wie Tierkinder genug Futter fänden. Han-Bauern nannten ihre Kinder ab 1949 oft Liang (= Nahrung) als Ausdruck ihrer Hoffnung, daß es daran nie mehr mangeln möge. Han-Bauern nennen seit einigen Jahren ihre Kinder immer häufiger Fu (= Wohlstand) oder Jin (= Geld). Die Han-Chinesen haben rund 3000 Wörter, aus denen sie die Vornamen ihrer Kinder wählen; 409 davon bilden ca. 90% aller Vornamen. Die häufigsten Han-Vornamen sind Ying (= Held bzw. Blume), Hua (= China), Yu (= Jade bzw. rein), Xiu (= elegant), Ming (= strahlend, schimmernd) und Zhen (= Schatz). Vor 1949 hießen Han-Mädchen am häufigsten Lan (= Orchidee bzw. Sinnbild weiblicher Schönheit); zwi schen 1949 und 1966 meist Guo (= Nation); während der »Großen Proletarischen Kulturrevolution« Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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1966–1977 meist Hong (= Rot), Jun (= Armee) und Wen (= Kultur); seither am häufigsten Chun (= Früh ling), Li (= schön) und Yan (= Schwalbe bzw. Sinn bild anmutiger Geschmeidigkeit). In Beijing nennt man Mädchen am häufigsten Shu (= sanft, zärtlich); in Schanghai am häufigsten Mei (= Schwesterchen). In Shanxi nennt man Söhne am häufigsten Hu (= Tiger), in Fujian am häufigsten Shi (= Löwe). Mädchennamen weisen meist auf weibliche Vorzüge: Fang (= duftend), Jing (= ruhig, bescheiden), Zhen (= Jungfräulichkeit), Jie (= Keuschheit). Jungennamen weisen meist auf hohe Ideale und kör perliche Stärke: Zhong (= loyal), Yi (= gerecht), Zhi (= ehrgeizig), Wei (= groß), Qiang (= stark). Bischofsmais bedeutet »die Rodung des Bischofs« – vom gotischen maitan = Holz fällen. Dorla kommt von Thurnilohum = Dornenhain. Göttingen kommt von gutingi = Ort an der Gotte (= Bach). Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Grundriß der alten japanischen Kaiserstadt Kyoto ahmt exakt den Grundriß der alten chinesischen Kai serstadt Yian nach (die früher Chang-an hieß, »Ewi ger Friede«). Mamora ist die Schlittenhundmetropole von Ontario/ Canada. Tbilissi/Tiflis heißt »Warmes Wasser«. Am alten Rathaus in Prachatice, der alten Stadt am uralten Goldenen Steig, über den einst Salz von Pas sau aus herangeschafft wurde, befindet sich an der Stirnseite eine Malerei, die einen Kerl mit einem Zweig und einem Schwert im Munde zeigt, mit einem Löwenkopf auf der Brust, einer Bärentatze, und einer Hand, aus der er Geld schüttet. Was das bedeutet, weiß niemand. Reykjavik ist seit 1924 eine gesegnete Stadt: dort wurden damals Hunde wegen Seuchengefahr verbo ten. Im übrigen Land kosten sie pro Jahr DM 250,Hundesteuer und müssen in einer Zentralkartei regi striert sein. Ein ovaler Marmorblock im Heiligtum von Delphi Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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namens Omphalos galt den alten Griechen als Mittel punkt der Welt. Die Basken begannen im 12. Jh. mit der Jagd auf Glattwale. »Der letzte Gedanke der aussterbenden europäischen Völker gilt der Erhaltung bedrohter Tierarten, für die sie mit dem letzten Rest an Lebenswut kämpfen, was der übrigen Welt ebenso gleichgültig ist wie ihr eige nes Aussterben.« (Johannes Groß) »Burtonisieren« bedeutet, bei der Bierherstellung durch Gipszugabe die Karbonate aus dem Brauwasser zu entfernen. Am Oberlauf der Elbe wird bei Meißen auf 310 ha Fläche Wein angebaut, doch reichen die ca. 500000 l jährlichen Ertrags nicht aus, die Weinstuben im Elb tal ausreichend zu versorgen. Mit einem Kartoffelschälmesser kann man den Erfin der der Höchstleistungsmaschinenpistole erstechen. Mit einer Höchstleistungsmaschinenpistole kann man Kartoffeln nicht schälen. Die Nachtigall in ihrer Brust – sagte er über die Sän Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gerin – ist sehr klein, aber sie wohnt wunderschön. Wer in der Diskussion von Begriffsdefinitionen die Meinungen des Anderen erfährt, braucht über Inhalte nicht mehr zu streiten. Die USA sind das einzige Land auf Erden, in dem einer, der die Landessprache richtig spricht, sofort als Ausländer aus England erkannt wird. Der »Association of Sports Museums and Halls of Fame« der USA gehören knapp 100 solcher Institu tionen an. In den USA gibt es rund 800 »Sports Museums and Halls of Fame«. Das »International Boxing Hall of Fame Museum« ist in Canastota (Bundesstaat New York). Die »Hall of Fame« des Baseball steht in Coopers town (New York). Die »Hall of Fame« des Football steht in Canton (Ohio). Die »Hall of Fame« des Fußballs steht in Oneonta Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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(New York). Die »Hall of Fame« des Tennis steht in Newport (Rhode Island). Die »Pro Rodeo Hall of Champions« steht in Colora do Springs (Colorado). Die »National Cowboy Hall of Fame« steht in Okla homa (Oklahoma). Die »Hall of Flame« der Feuerwehr steht in Phoenix (Arizona).
Die »Polka Music Hall of Fame« steht in Chicago.
Die »Ironworld U.S.A. Polka Hall of Fame« steht in
Chisholm (Minnesota).
Die »National Cleveland Style Polka Hall of Fame«
steht in Cleveland.
Die »Country Music Hall of Fame« steht in Nashville
(Tennessee).
Die »Hall of Fame for Great Americans« steht in der
Bronx (New York).
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Die Anzahl der nicht dem Sport gewidmeten »Halls of Fame« in den USA ist unbekannt, wird aber auf mindestens 3000 geschätzt. Der Carrauntoohill in den Macgillycuddy's Reeks im County Kerry ist mit 1041 m der höchste Berg Ir lands, erreicht also die halbe Höhe der Durchschnitts höhe über NN von Colorado, und etwa 1/8 des Mount Everest. Drei weitere Gipfel in den Reeks sind die 4.-, 6.- und 13. höchste Erhebung Irlands, haben aber bis heute keine eigenen Namen. Der Shannon hat mit 15532 km2 das größte Einzugs gebiet aller irischen Flüsse, oder 18,5% der Oberflä che Irlands. Die 4 Aran-Inseln Inishmore, Aranmore oder Aran, Inishmaan und Inisheer haben zusammen ca. 18 Qua dratmeilen Oberfläche und etwa 2160 Einwohner. Die größte irische Grafschaft, Cork, mißt 3820 Qua dratmeilen und ist damit etwas größer als die Kana ren, die Hebriden oder Mindanao, etwa 90% von Kreta, und 9 mal größer als die kleinste irische Graf schaft, Louth, die mit knapp 317 Quadratmeilen aber immer noch größer ist als Madeira, Guam oder die Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Isle of Man. In Dublin leben pro Quadratmeile 2875 Menschen, 3 mal mehr als in dem dichtest besiedelten US-Staat, New Jersey; allerdings ist Macao 90 mal so dicht be siedelt wie Dublin. 1988 lebten in Irland 5579700 Rinder, 3251600 Schafe, 998200 Puter, 960200 Schweine, 138000 Enten und 54000 Gänse. Seit 1958 gewann Glenties in der Grafschaft Donegal 4 mal den Titel »sauberste Stadt Irlands«, gefolgt von (je 3 mal) Rathvilly im County Carlow und Trim im County Meath. Armagh nennt man auch Obstgarten Irlands, Athlone Herz Irlands, Ballymena Aberdeen Irlands, Bangor Belfast am Meer, Belfast Athen Irlands, die Blasket Islands Nachbargemeinde Amerikas, Carlow den Gar ten Erins, Dingle die westlichste Stadt Europas, Gal way die Stadt der (Völker)Stämme, Kerry das König reich, und Magilligan den Kräutergarten Irlands. Christine Brinck hat in langen und schwierigen Feld forschungen herausgefunden: Die Standard-Handta sche, als deren Inspiration der nach Grace Kelly be Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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nannte Kelly Bag zu gelten hat, enthält in der Grund ausstattung ein gefaltetes Taschentüchlein, einen Lip penstift, die Puderdose und den Hausschlüssel. Doch ist dies, wie gesagt, nur die Grundausrüstung, die Kino-Variante, die längst noch nicht das wirkliche Leben einer Frau widerspiegelt. Dieses erheischt als Minimum 4 weitere nützliche Dinge: das Portemon naie – das Scheckbuch – einen Stift – ein Adreßbuch. Freilich fehlen auch diesem wirklichkeitsnäheren Mo dell noch einige Gegenstände, die, wie umfassende Recherchen uns gezeigt haben, von Frauen als unum gänglich und unentbehrlich erachtet werden. Eine zu fällige Auswahl sieht etwa so aus: Medizin, Pflaster, Pillendose/Terminkalender/Geldbeutel, groß genug für Münzen/Kreditkarten/Photos/Geldscheine, Rech nungen/Socken, Strumpfhosen/Turnschuhe oder ein zweites Paar Schuhe/Taschenbuch, Zeitschriften/Ziga retten, Streichhölzer, Feuerzeug/Tempotücher/ Briefe, erhaltene und zu versendende/Briefmarken/ Kamm und/oder Bürste, Haarklammern/Einkaufsliste/Quit tungen, Rezepte/Brille/Sonnenbrille/KontaktlinsenKästchen und -Lösung/Notizblock/Parfum und Hand creme/Gummibänder, Büroklammern, Sicherheitsna deln/Kaugummi, Pfefferminz, Mundwässerchen/ Handschuhe/Garagentoröffner, Taschenlampe/Ta schenmesser, Gaspistole/Nähzeug/Tampons/Spiegel/ Kosmetiktäschchen und schließlich eine kleinere Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Handtasche, die man der großen entnimmt, wenn für den kleinen Lunch, den Trip zum Klo oder zum Cock tail die Miniaturausstattung ausreichend erscheint. Das Taschen-Mutterschiff wird derweil an der Garde robe, unter dem Bürotisch oder im Schließfach ge parkt. Aus Beckers Sport-Erinnerungen: Ich erinnere mich an Bumerangs. Eine elende Ren nerei. Ich erinnere mich, daß man sehen konnte, warum die nicht runterfielen von ihrer Umlaufbahn, wenn man beim Milchholen die Kanne am langen Arm kreisen ließ: da lief ja auch kein Tröpfchen raus. Ich erinnere mich an Liegestütz mit Händeklat schen, zumindest als Forderung von oben. Und was man über den Schleifer von Nagold in den Zeitun gen lesen konnte, als das rauskam. Ich erinnere mich, Fußball hat mich schon damals nicht interessiert, bloß Fußballbilder. Ich erinnere mich an Armin Harys Zehn-null, zack bumm, das saß. Aber all diese Haarspaltereien um Neunkommaneun-und-ein-paar-Kaputte, die sie seitdem veranstalten, gedopt bis in die Haarspitzen, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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die lassen mich kalt. Ich erinnere mich an Finger, die nach Knete rie chen. Und nach Reckstange. Und nach Mädchen. Ich erinnere mich an den Klapperstorch, der aller dings am Aussterben war. Ich erinnere mich an BH-Verschlüsse zum Ver zweifeln. Ich erinnere mich, wie gut mir immer schon regel mäßige sportliche Betätigung getan hätte. Ein irisches 7-Gänge-Diner besteht aus 1 gekochten Kartoffel und einem 6er-Pack Guinness. Das Kriegslied der 7. Kavallerie von General George Armstrong Custer stammte ebenfalls aus Irland: »Garryowen«. Wieweit das zum Zorn der Indianer beigetragen hat, ist noch nicht untersucht worden. Seit Susan Butcher zum 4. Mal das berühmt-berüch tigte Schlittenhundrennen von Alaska, das Iditarod, gewonnen hat, wirbt Alaska auf T-Shirts mit der Auf schrift: »Besuchen Sie Alaska, wo Männer noch Män ner sind und Frauen das Iditarod gewinnen.« Als einst Prescott und Flagstaff in Arizona darum stritten, welcher der Orte Sitz des Gouverneurs wer Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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den sollte, verglich man zunächst Saloons, Pferdestäl le und Briefkästen: unentschieden; daher traten beide Bürgermeister zum Duell an: es mußten 2 Gräber ge schaufelt werden. Hauptstadt wurde Phoenix. In Elma (US-Staat Washington) findet jedes Jahr die Weltmeisterschaft der »slugs« = Nacktschnecken statt, die Steve Morrow züchtet und am Renntag pro Stück für 1 US-$ an Rennbegierige verkauft. Im Kartoffelstaat Idaho/USA ist die Kartoffelhaupt stadt Shelley, in der jedes Jahr eine »Miß Kartoffel« gewählt wird. Japanische Touristen hinterlassen nicht nur in austra lischen Hotels oftmals überschwemmte Badezimmer, durchnäßte Wände und zerstörte Teppiche, weil sich in australischen Badezimmern ein unglückliches Zu sammentreffen japanischer Sitten und westlicher Ar maturen ereignet: die Japaner stehen nicht in, sondern neben der Wanne und gießen heißes Wasser über sich in Mengen, mit denen die einfachen Abflüsse nicht fertig werden, oder verwandeln das Badezimmer ver mittels Abdichtung der Türen mit Handtüchern und Aufdrehung aller Heißwasserhähne in Saunen. Der norwegische Bauernverband hat im Zuge einer Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Kuhzählung auch die Reihenfolge der beliebtesten Kuhnamen festgestellt: 1. Dagros (= Tagrose), 2. Rosa, 3. Litago (wohl ein Klangwort), 4. Stjerne (= Stern), 5. Rølin (= Rötchen), 6. Staslin (= Schön chen), 7. Dokka (= Puppe), 8. Kvarta (= die Vierte), 9. Roslin (= Röschen) und 10. Krona (= die Krone). Gott Jahwe beauftragte laut Mose IV, 13 den Mann Moses mit dem Einsatz von Spionen: er solle Männer ausschicken, das Land Kanaan auszukundschaften. Der Mann Moses wies seine Spione, je einen aus den 12 Stämmen, an, in Kanaan auszukundschaften, »wie es beschaffen ist, und das Volk, das darin wohnt, ob es stark oder schwach, wenig oder zahlreich ist; und wie das Land beschaffen ist, darin es wohnt, ob fruchtbar oder schlecht, und wie die Städte beschaffen sind, in denen es wohnt, ob in Lagern oder in Festun gen; auch wie der Boden beschaffen ist, ob fett oder mager, ob Bäume darauf stehen oder nicht. So zeigt Euch nun tapfer und bringt etwas von den Früchten des Landes mit.« Und entsprechend dieser ältesten und – da von Gott Jahwe inspiriert – bis heute un übertroffenen Dienstanweisung für Spione, zeigten sie sich tapfer, kundschafteten aus und kehrten mit den berühmten Weintrauben als Beispiel für die Früchte des Landes zurück, so schwer, daß zwei Mann je eine Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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an einer Stange über die Schultern schleppen mußten. Die Ansiedlung der slawischen Völker im Karpaten becken (das die Ungarn Pannonien nennen) kann man nicht auf einen genauen Zeitpunkt festlegen. Es sei denn, sie seien durch den Sturm der sogenannten Hunnen um 375 mit ins Karpatenbecken gerissen worden. Denn als die sogenannten Awaren dort um 565/70 ihre Herrschaft zu organisieren begannen, saßen Slawen bereits da. Und nicht wenige Ortsna men des heutigen Ungarn stammen aus der Sprache jener Slawen, die die landnehmenden sogenannten Ungarn um 900 dort vorfanden. Im Lande Merzig nennt man einen sauren Apfelwein Vietz; denn als dort zur napoleonischen Zeit die Fran zosen standen, konnten sich die schlecht bezahlten Viceofficiers nur diesen Weinersatz leisten. New Jersey heißt auch der Mosquito State (= Stech mückenstaat). Iowa heißt auch der Hawkeye State (= Falkenaugen staat). Die Kutsche heißt so, weil sie erstmals im ungari schen Ort Kocs gebaut wurde. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Ort Kocs (gesprochen wie Kotsch) im Kreis Ko marom wird erstmals 1237 genannt und ist vom Per sonennamen Koch (lateinische Wiedergabe in alten Dokumenten) bzw. Koš (ungarisch, und auszuspre chen wie Kosch) aus dem alttürkischen qoc (auszu sprechen wie Kotsch) = Widder abzuleiten. Bis 1941 herrschte in Ungarn Linksverkehr. Die erste elektrische U-Bahn fuhr 1896 in Europa in Budapest. Zwischen 1867 und 1914 wuchs von allen europäi schen Städtebevölkerungen die von Budapest am schnellsten. Die 45er Automatik wurde nach einem Filipino-Auf stand entwickelt. Die Aufständischen hatten sich die Genitalien mit Lederriemen zusammengeschnürt und brachten sich so dermaßen wahnsinnige Schmerzen bei, daß sie die Stellungen der US-Truppen einfach überrannten, während die Kugeln derer Springfields und 30–40-Kraigs in ihren Körpern kaum mehr Wir kung zeigten wie heiße Nadeln. Die neue 45er jedoch riß Löcher, die so groß waren wie Crocket-Kugeln, und sie auf der Stelle stoppten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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* Gelehrte Freunde wiesen mich darauf hin, daß zu Bang-Bang1 Ronnie Drew 1978 in seinem Lied ›The Mero‹ (The Mero war früher ein Kino in der Mary Street, bei und in dem man sich traf) die hübsche Zeile sang: »Bang-Bang shoots the buses with his golden key«. Wepsen sind kein Setzfehler, sondern ein ostseefinni sches Volk. Wie auch die Woten, die nichts mit Wotan zu tun habe2. Die durch Alexander den Großen und seinen Besuch beim Orakel des Armin auf ihrem Felsen Aghurmi be rühmt gewordene Oase Siwa, die schon rund 200 Jahre vor Alexander der Perserkönig Kambyses wegen eines ungünstigen Orakelspruchs durch ein Heer von 50000 Mann vernichten lassen wollte, von dem man zuletzt in der Oase Charga weiß, wonach es in der Wüste spurlos unterging, war in der Vergan genheit reich durch seine Rolle im Karawanenhandel und ist es heute durch rund 200000 Dattel- und etwa 40000 Olivenbäume, von denen 9000 Menschen leben, die aus arabo-beduinischen, negroiden und ber berischen Wurzeln stammen, als Hauptsprache einen berberischen Dialekt sprechen, bis heute vorwiegend von rein berberischen Honoratiorenfamilien regiert Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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werden, ihre Unabhängigkeit aber im 19. Jahrhundert während der Herrschaft Mohammed Alis in Ägypten verloren, weil sie »vergessen« hatten, jährlich 2000 Kamellasten Datteln als Tribut nach Kairo zu schik ken, das ihnen dafür zur Strafe einen Gouverneur mit Besatzungstruppe aufzwang, weshalb Siwa seither zu Ägypten gehört. Die Stadt Lagos gewann als Handelsplatz der Phöni zier Bedeutung, danach wurde sie Handelshafen für Griechen und Karthager; unter den Römern hieß sie Lacobriga, und später unter den Arabern Zawaia (= See, bzw. Quell). Im 15. Jahrhundert begaben sich von hier aus die Karavellen Heinrichs des Seefahrers auf die Reise, startete Gil Eanes als erster bekannter Europäer zur Umsegelung Afrikas, zog König João I. in den Krieg gegen Afrika, in dem er Ceuta eroberte und viel schwarzes Elfenbein gewann, Negersklaven, die nach seiner Rückkehr auf dem Markte von Lagos versteigert wurden. 1587 zerstörte Francis Drake die Stadt, 1755 das große Erdbeben. Im 15. Jahrhundert war Lagos der Mittelpunkt der westlichen Welt. Heute ist es eine von englischen Pubs übersäte Klein stadt im südlichen Portugal. Eskimos3 nennen sich selbst »Inuit« = Menschen.
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Ungarn nennen sich selbst »Magyar« = Menschen. Donauschwaben heißen so, weil deutsche Auswande rer aus der Rheinpfalz, von der Mosel, aus Südhessen und dem Elsaß, als sie im 17. und 18. Jh. in Richtung Osten auswanderten, mit sogenannten »Ulmer Schachteln« vom schwäbischen Ulm aus über die Donau in die neuen Ansiedlungsgebiete reisten. Die Siebenbürger Sachsen stammen größtenteils von rund 170 Familien ab, die nach der Zerstörung Un garns durch die Mongolen nach 1245 auf Einladung des ungarischen Königs Belas IV. aus dem Gebiet zwischen Trier und Luxemburg abwanderten, um die verheerten Gebiete wieder aufzubauen. Bookma's Oude Genever, der beste seiner Art, ist kein niederländisches Produkt, sondern ein friesischer Landwein. Der Marxismus-Leninismus ist (wie jede Ideologie) ein von gesellschaftlichen Zuständen und historischen Umständen bedingter Irrtum. Nachdem die britische Forschungsgruppe Monty Py thon in ihrem Dokumentarfilm ›Der Sinn des Lebens‹ den Zuschauer von der Hölle durch die Welt in den Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Himmel geführt hat, verliest eine Ansagerin das Re sümee: sei ein bißchen freundlich, iß nichts Fettes, lies ein gutes Buch, geh spazieren, und versuche, mit jedermann in Harmonie und Frieden zu leben. Die 25 häufigsten Familiennamen Irlands sind: Mur phy, O'Connor, Kelly, O'Brien, Ryan, Walsh, Byrne, O'Sullivan, McCarthy, O'Neill, Doyle, Lynch, O'Reilly, Fitzgerald, O'Connell, Kennedy, Brennan, Murray, Dunne, Daly, Nolan, Collins, Kavanagh, O'Leary und Farrell. Volary in Südböhmen ist eine seltsame Stadt. Einst wurden hier Tiroler angesiedelt, und die haben sich eine Tiroler Holzstadt errichtet, mit niedrigen Tiroler Dächern und Steinen darauf, und mit Alpenwiesen ringsum, und mit einer Sprache, die manchmal ent fernt dem Deutschen zu ähneln scheint. Klauen kleinklein führt am Ende auch zu nichts Gro ßem. Joseph Amiot aus Toulon war Jesuit und lebte bis zu seinem Tode 1794 als Missionar in Peking. Er über setzte als erster Europäer den berühmten Traktat über die Kriegskunst aus dem 4. vorchristlichen Jahrhun dert in eine europäische Sprache, jenen Traktat, der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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unter dem Autorennamen Sun Tse (oder Sun Tsu oder Sun-tze) in China noch Mao Zedong tief beeinflußte, in Japan seit spätestens 525 nach Christus bekannt war und gründlichst studiert wurde, und noch nach 1945 die Grundlagen für das so erfolgreiche japani sche Wirtschaftsmanagement lieferte, in Arabien wohl spätestens seit 1214 bekannt war und gelehrt und stu diert wurde, und vom arrogant-ignoranten Abendland zunebst seinen noch arroganter ignoranten Ablegern etwa in Nordamerika bis heute kaum zur Kenntnis ge nommen wurde. Weil Père Amiot im ausführlichen Titel seiner fran zösischen Ausgabe von 1772 feststellte, daß er seine Übersetzung (in Wirklichkeit eine nachdenkliche Pa raphrase) im Auftrag des Kriegsministers des franzö sischen Königs Louis XV, damals ein gewisser Mon sieur Bertin, geschaffen habe, führte dazu, daß die Jesuiten am chinesischen Hof noch stärker in den Ver dacht gerieten, eine Art 5. Kolonne des Abendlandes zu sein. Da das XIII. Kapitel des Traktats von Sun Tse ›Die Verwendung von Geheimagenten‹ betrifft, und da Chinas Herrscher (wie die Venedigs) von allen Un tertanen erwarteten, ständig im Dienste des Reiches Fremde und Fremdes auszuspähen, mußten sie auf diesen Verdacht kommen. Bis heute untersteht die Sammlung der ehemaligen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Jesuiten-Bibliothek in Peking/Beijing, der Nationalbi bliothek eingegliedert, nicht der Bibliotheksleitung oder dem Kulturapparat des Staates, sondern der Si cherheitsabteilung des ZK der KPCh, also dem chine sischen Geheimdienst. Wann ist Lügen erlaubt? Karol Irzykowski meint: Wenn man kürzt. Wenn das Sagen der Wahrheit die wahren Proportionen zerbräche. Adolf Neuwert Nowaczynski hält die Zeiten für so al truistisch, daß man von denen, die schwache Nerven haben, sagt, sie hätten ein goldenes Herz; von denen, die einen schlechten Stil haben, sie hätten brave Ab sichten; und von denen, die dumme Absichten haben, sie hätten schwache Nerven – und so im Kreis herum bis zum Erfolg, das heißt: bis zur absoluten Hegemo nie der schwachen Nerven, des schlechten Stils, der braven Absichten. Auch ist er der Meinung, daß in der Diplomatie und der Kunst die Mittelmäßigkeit gleich Null sei – in jedem Stadtrat und bei allen Wah len aber eine Tugend. Es wird gewiß in England des Jahres noch einmal so viel Portwein getrunken, als in Portugal wächst. Ein Grab ist doch immer die beste Befestigung wider die Stürme des Schicksals. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Um 1812 bestand die Besatzung eines englischen Kriegsschiffs im Durchschnitt zu 50% aus zum Dienst gepreßten Seeleuten. Um 1800 wog eine 32-Pfünder-Kanone auf engli schen Kriegsschiffen ca. 2,51 bei einer Länge von 2,9 m. Sie verschoß Kugeln des Kalibers 16,3 cm. In den zwanzig Kriegsjahren von 1793 bis 1813 star ben in der englischen Kriegsmarine etwa 80000 Mann durch Krankheiten, etwa 13000 durch Schiffbruch, Feuer oder Explosion und nur weniger als 7000 durch Feindeinwirkung. Liebe ist kein einfaches Forschungsgebiet. Das Anbringen von Aborten auf Landadelssitzen scheint eine Neuerung gewesen zu sein, die (in Eng land) zur Zeit der Königin Elisabeth aufkam. Die Römer und die Ägypter hatten Kotgötter, deren besondere Verrichtungen in der Fürsorge für die La trinen und für diejenigen bestanden, die diese auf suchten. Der Furz war den alten Ägyptern eine Gottheit. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Cicero betrachtete den Furz als ein unschuldiges Opfer, das von der Gesittung seiner Zeit unterdrückt würde. Er stieß daher zu seinen Gunsten einen Schrei nach Freiheit aus und stellte seine Rechte fest. In einem seiner Briefe heißt es: »Crepitus aeque liberos ac ructus esse opertere« (Sowohl der Furz, als auch das Rülpsen müssen in gleicher Weise gestattet sein.). Wenn wir nach langem Suchen und peinlicher Unge wißheit uns endlich einen bestimmten Sachverhalt er klären zu können glauben, kann unser darin investier ter emotionaler Einsatz so groß sein, daß wir es vor ziehen, unleugbare Tatsachen, die unserer Erklärung widersprechen, für unwahr oder unwirklich zu erklä ren, statt unsere Erklärung diesen Tatsachen anzupas sen ... Die Bereitschaft sich unterzuordnen ist jene menschli che Schwäche, die Demagogen und Diktatoren zur Macht bringt. Grundsätzlich ist es eine der Freuden des Gebrauchs von Doppelagenten, daß sie vom Feind bezahlt wer den. Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu sengen. 1831 wurde der Zoo von Dublin gegründet; gleichzei tig erfand man das »Arbeitsessen«: denn die Mitglie der des Aufsichtsrats des Zoos traten zu ihren Sitzun gen nach einem Porridge-Frühstück zusammen, das (bis heute) stehend einzunehmen ist. Der Anspruch von US-Managern, das Arbeitsessen erfunden zu haben, ist also unberechtigt. Ob »Arbeitsessen« als terminologische Aufwertung des alten deutschen Be griffs »Bratkartoffelverhältnis« zu gelten hat, gilt in Fachkreisen als ungelöste Frage, da jede Fachwissen schaft je nach den ihr gemäßen definitorischen Regeln unausweichlich zu anderen Ergebnissen aus anderem Frageansatz kommen muß. 1328 wird das Zandt'sche Haus in der Gesandten straße Nr. 3 zu Regensburg erstmals erwähnt, in dem seit 1812 die bereits 1733 in Offenbach am Main von Johann-Nikolaus Bernard und seinem Bruder Hein rich gegründete Firma Gebrüder Bernard Schnupfta bak herstellt, und zwar besonders seit 1894 aus brasi lianischen Tabaken die Weltspitzenmarke »Schmalz ler Franzl«. Schnupftabak heißt auf Bayrisch »Schmai«, verhoch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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deutscht Schmalzler, weil er ursprünglich mit Butter schmalz geschmeidig und den Gegebenheiten der Nase angenehm gemacht wurde, später dann mit fein stem und reinstem Öl. In der Bundesrepublik Deutschland verschnupften 1989 rund 700000 Nasen (davon jede 6. weiblich) etwa 250 t Schmai. Schmai ist gut gegen Heuschnupfen und Erkältungs krankheiten der Nase. Antrim in Michigan; Armagh in Quebec; Auburn in Alabama, Maine, Washington, Massachusetts und New York; Brandon in Manitoba; Ballina in New South Wales; Belfast in Maine, New Zealand und Ka nada; Carlow in Maine; Clare in Suffolk, South Au stralia, Iowa und Michigan; Clifden in New Zealand; Clonmel auf Jamaika; Coleraine in Minnesota, Au stralien und Quebec; Connaught in Ontario; Derry in New Hampshire, Pennsylvania und New Mexico; Do negal in Pennsylvania; Dublin in Kalifornien, Geor gia, New Hampshire, Ontario, South Australia, Texas sowie in Alaska, Maryland, Florida, Indiana, Iowa, Virginia, Arkansas, Ohio, North Carolina, Kentucky und 2 mal in Pennsylvania; Dundalk in Maryland und Ontario; Ennis in Texas und Montana; Galway in Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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New York; Kenmare in North Dakota; Kerry in Wales; Kildare in Oklahoma und Texas; Kilkenny in Minnesota; Killala in Ontario; Killaloe in Ontario; Kinsale in Maryland; Limerick in Maine; Listowel in Ontario; Longford in Tasmanien und Neuseeland; Mayo in Florida; Newry in Maine, Pennsylvania in Australien; Roscommon in Michigan; Sligo in Penn sylvania; Ulster in New York; Waterford in Connecti cut, Maine und Michigan sowie Westport in Neusee land und Wexford in Michigan heißen alle nach ent sprechenden irischen Städten. Mit Schußwaffen ist es wie mit Katzen: man liebt sie oder man haßt sie – selten stößt man auf Mittelgefüh le. Der alte Deutsche, auch in seinen rauhen Wäldern, er kannte das Edle im Weibe und genoß an ihm die schönsten Eigenschaften seines Geschlechts. Tochter Germaniens, fühle den Ruhm deiner Urmütter und ei fere ihnen nach. Bei einem anderen alten Autor ist zu lesen, daß seit Kanonen als Unterhändler üblich wurden, die Cano nes der Kirche in Vergessenheit gerieten, daß zuerst die Mitra herrschte, seither aber das Nitrat, daß also erst Sankt Peter regierte, seither Salpeter. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Engländer und Franzosen »winken« fast immer mit nach oben gerichteter Handfläche »heran«, Italiener dagegen fast ausschließlich mit nach unten gerichteter Handfläche. 1780 wurde Bern durch das Berner Modell zur sau bersten Stadt Europas: »An Deichseln gekettete Zuchthäusler ziehen jeden Morgen vierrädrige Wagen durch die Straßen; weibliche Sträflinge sind mit län geren und leichteren Ketten an die Wagen gebunden, teils um die Straßen zu fegen, teils um Unrat aufzula den.« Bei den Apache-Indianern hocken sich die Männer beim Pissen stets nieder, während die Frauen dagegen aufrecht stehen. Die Mohave-Indianer am Rio Colora do richten sich nach der selben Regel wie die Apa chen. Es ist eine schöne Ehre, die die Frauenzimmer haben, die einen halben Zoll vom Arsch abliegt!4 Da die East India Company während der rund 200 Jahre ihrer Existenz pro Jahr mit dem Untergang von rund 10% ihrer Schiffe in den schwierigen Gewässern um die Scilly-Inseln rechnete und ein durchschnittli Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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cher Schiffsbestand von 100 pro Jahr anzusetzen ist, rechnet man allein aus dieser Vorgabe mit mindestens 2000 Schiffswracks bei den Scilly-Inseln, wovon 780 dokumentarisch vollständig belegt, 50 bekannt und untersucht und 4 wohldokumentierte Schatzschiffe sind. Fachleute schätzen die bergbaren Schätze bei den Scillys auf einen gegenwärtigen Materialwert von mindestens 2 Milliarden Pfund (die britische Indus trieproduktion 1986 belief sich auf rund 250 Milliar den Pfund). Im südfranzösischen Gray versicherte ein Zauberer den Bürgern, ihr Geld werde sich binnen zweier Tage verdoppeln, wenn sie es zwischen die Seiten seines Zauberbuchs legten; das Unvergeßliche an diesem Trick ist, daß er anschließend mit rund 100000 ffrs spurlos verschwand. 1865 trafen sich in Pulaski/Tennessee sechs Vetera nen der geschlagenen Südstaatenarmee und gründeten gegen ihre Langeweile einen Verein, dem sie den rich tungweisenden Namen suchten; sie einigten sich auf das griechische Wort kyklos (Zirkel, Kreis), aus dem in Südstaatlich »Ku Klux« wurde, und hängten zur Erinnerung an die Clans ihrer schottischen Ahnen ein »Klan« an.
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Ist es nicht sonderbar, daß die Menschen so gerne für die Religion fechten, und so ungerne nach ihren Vor schriften leben? Sagt, ist noch ein Land außer Deutschland, wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen? Die beste Politik ist doch nicht für den Zustand von Europa, was ein gutes Barometer für das Wetter ist5. Vor rund 10000 Jahren wurde im Zweistromland das erste Gerstenbier gebraut. Vor rund 5500 Jahren kelterten die alten Perser den ersten Wein. Vor rund 2400 Jahren dürften Kelten an der unteren Donau erstmals die Geheimnisse des Destillierens enträtselt haben: nicht ohne Grund also sind keltische Whisk(e)ys bis heute die besten. In den USA haben 92 irische Familiennamen von Aiken bis Weld insgesamt 155 Counties den Namen gegeben, ca. 3 pro US-Staat. Am häufigsten der Name Carroll: in Illinois, Indiana, Iowa, Kentucky, Mary land, Mississippi, New Hampshire, Ohio, Tennessee und Virginia. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Im 7. Kreis der Hölle, in dem die Lüge regiert, sind Schinder und Geschundene einander nicht unähnlich. Schinder kann nur werden, wer in der Lüge lebt, es gebe Werte über der menschlichen Würde, weshalb man die zu Schindenden ihrer menschlichen Würde entkleiden könne, ohne die eigene menschliche Würde aufzugeben. Er hatte im Prügeln eine Art von Geschlechtstrieb, er prügelte nur seine Frau. Der Berggorilla lebt – doch kleine Menschensprachen wie die der Ainu werden von der »Modernisierung« zunebst der in ihnen enthaltenen einmaligen Kultur leistungen ermordet. In Diskussionen um den Müll gilt es als unfein, Schil lers ›Geschichte des Abfalls der Niederlande‹ ins Ge fecht zu führen. Hätte nicht Kaiser Probus 280 nach Christus ein Machtwort gesprochen und den unbegrenzten Reben anbau, den Kaiser Domitian zugunsten von Getreide drastisch eingeschränkt hatte, wieder zugelassen, wäre an Rhein und Mosel vielleicht eine germanische Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Kornkammer entstanden – und die heutigen EU-Ge treideberge türmten sich noch höher. Zu Braunschweig wurde in einer Auktion ein Hut für viel Geld verkauft, der aus dem heimlichsten Haar von Mädchen verfertigt war. Schlankheit gefällig wegen des bessern Anschlusses im Beischlaf und der Mannigfaltigkeit der Bewegung. Wen weder die Rache der MacDonalds an der Menschheit für den Verrat von 1692 zu Glencoe noch auch die ästhetisch reizvollen Tellergarnierungen der Nouvelle Cuisine reizen, der wird im »Fährhaus« des kleinen Fischerhafens Ditzum zur Zufriedenheit spei sen können: jeder Gast erhält dort (auch wenn es eine Gästin ist) auf einer Holzplatte eine brutzelndheiße Eisenbratpfanne vorgesetzt, in der je eine Zunge, eine Scholle, ein Aal und ein Butt schmurgeln, zunebst Böhnchensalat mit Salzkartoffeln – und das für 16 Mark 50. Im Jahre 1768 gründete eine »Society of Gentlemen« die Encyclopaedia Britannica, deren erste Auflage 3 Bände umfaßte (die 15. bringt es immerhin schon auf 32). In der ersten Auflage wird das Stichwort »Sex« so definiert: »Something in the body which distingui Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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shes male from female« (Ein Etwas im Körper, das männlich von weiblich unterscheidet). In der dritten Auflage (1788/97) wird der Begriff »Love« auf 5 Sei ten ausgebreitet (in der fünfzehnten taucht er nur noch als Begriff der griechischen Philosophie und der christlichen Ethik auf). In der gleichen Auflage be handelten die Herausgeber mit unüberbietbarem Mut das Thema »Nymphomanie«: der furor uterinus sei als eine besondere Form der Geisteskrankheiten zu defi nieren; zur Besänftigung des weiblichen Geschlechts triebes gebe es eine Reihe von Mitteln: Aderlässe, Klistiere, Opium. »Wenn irgend möglich, ist jedoch die Ehe vorzuziehen.« Sparsamkeit der Schotten? Aus den phantastischen Geographien des Honorius Augustoduniensis erfährt man nicht nur, warum im Knabenalter der Coitus nicht gelingt6, sondern auch, wie man zur Verlorenen Insel gelangt und wie man einen Basilisken fängt. Die Insel, die früher Sandwerder hieß, hat ihren liebli cheren Namen Schwanenwerder von den berühmten Kolonien von Schwänen erhalten, die am südlichen Ende der Havel lebten. Sie war während des letzten Jahrhunderts als Wohnsitz in Mode gekommen. Die meisten ihrer Gebäude stammen noch von damals.
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Die erste Ansichtskarte in Deutschland, Postkarten gab's seit 1869, druckte August Schwartz († 1904) aus Oldenburg und »großherzoglich Oldenburgischer Hofbuchhändler«, am 16. Juli 1870. Sie zeigte einen Kanonier, und er schickte sie an seine Schwiegerel tern in Magdeburg. 1875 veröffentlichte er die erste Serie von 25 Ansichtskarten. Norwegische Seeleute, die während des II. Weltkriegs auf alliierten Schiffen gedient haben, heißen »krigs seiler« (= Kriegsmatrosen) und schlössen sich nach dem II. Weltkrieg zum Kriegsmatrosenverein in Brooklyn zusammen, dessen Hauptaufgabe war, die norwegische Regierung dazu zu bewegen, daß sie ihnen von den Heuerentschädigungen, die die Alliier ten der norwegischen Regierung zahlten, einen ange messenen Anteil abgebe. Was Oslo partout nicht wollte. PCs neigen – wie Parteien, die politische Klasse oder der Papst, die Ehe, die Regierung oder das Militär – dazu, sich vorwiegend mit der Lösung solcher Pro bleme zu befassen, die es ohne sie gar nicht gäbe. Solche Leute sollten in wohleingerichteten Staaten eine Null auf den Knöpfen tragen.
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Der Mann machte sehr viel Wind. – O nein! Wenn es noch Wind gewesen wäre, es war aber mehr ein we hendes Vakuum. Die eine Schwester ergriff den Schleier und die andere den Hosenschlitz7. Nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine der letzten Bastionen der Planwirtschaft. Wer Menschen liebt, der zeugt jetzt keine mehr. Zur Zeit des Kaisers Konstantin gab es 28 öffentliche Bibliotheken in Rom. Als 1943 die britische Militärmacht auf den Vor marsch der Japaner in Richtung indischer Grenze mit der Beschlagnahmung der Getreide- und Reisvorräte und der Alleinverfügung über jegliche Transportkapa zität reagierte, hatten diese »administrativen Maßnah men« eine Hungersnot zur Folge, der binnen eines Jahres über 2 Millionen Bengalen zum Opfer fielen. In früheren Zeiten waren unter anderem folgende For men der Weissagung in Gebrauch:
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– Aeromantie: aus dem Zug von Wind und Wolken; – Anthropomantie: durch Beobachtung menschlicher Eingeweide; – Arithmantie: mit Hilfe von Zahlen; – Astragalomantie: mit Hilfe von Würfeln; – Chartomantie: durch Betrachtung von Briefen, ins besondere Liebesbriefen; – Chiromantie: mit Hilfe der Handlinien; – Dämonomantie: mit Hilfe des Teufels und böser Geister; – Gastromantie: mit Hilfe von Geräuschen aus dem Bauch; – Kapnomantie: durch Beobachtung des Rauchs; – Kephaleonomantie: durch Beobachtung der Köpfe von Eseln; – Keromantie: durch Beobachtung schmelzenden Wachses; – Logarithmantie: mit Hilfe von Logarithmen; – Omphalomantie: durch Beobachtung des Nabels; – Oneiromantie: durch Deutung von Träumen; – Onomatomantie: aus dem Namen seines Trägers; – Pyromantie: mit Hilfe des Feuers; – Tyromantie: mit Hilfe von Käse. – und nach Norfolks ›Lemprière‹ Ejaculomantie aus männlichen nächtlichen Ergüssen (vor allem von Kaisern).
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Einer unserer Voreltern muß in einem verbotenen Buch gelesen haben8. Das Schwarze Meer nannten bereits die alten Iraner wegen seiner dunklen Nebel so, nämlich axsaéna = dunkel. Daraus machten um 700 aCn einwandernde griechische Neusiedler aus Milet »pontos axeinos« = ungastliches (düsteres) Meer. Um durch diesen Namen die Meeresgötter nicht unwillig und damit un gnädig zu stimmen, wandelten die Abergläubischen axeinos in »euxeinos« um = gastlich, Pontos Euxei nos = gastliches Meer, also ein Euphemismus zur Ab wehr gefährlicher Strafaktionen beleidigter Götter. Weniger abergläubisch waren offenbar jene alten Ger manen, über die das iranische Wort als »schwarz« eingedeutscht wurde, ebenso wie die Russen »tscher noje morje«, Türken einschließlich der Osmanen »kara deniz«, Italiener »mar nero« und Franzosen »mer noire« sagen: obwohl doch ihre Kultur- und Sprachahnen, die Römer, der griechischen Haltung anhingen »pontus euxenus«. »Schlammschlachten« bezeichnen die saftvolleren Ungarn als »Zusammenstoß der Scheiße mit dem Ventilator«. Für die meisten zivilisierten Völker gilt Kannibalis Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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mus als etwas Abstoßendes. Alte Solnhofer Platten gehören nicht ins Angebot der Unterhaltungselektronik. Alles verfeinert sich, Musik war ehemals Lärm, Sa tyre war Pasquill, und da, wo man heutzutag sagt, er lauben Sie gütigst, schlug man einem vor alters hinter die Ohren. Es ist schade, daß es keine Sünde ist, Wasser zu trin ken, rief ein Italiener, wie gut würde es schmecken. Ich habe Leute gekannt, die haben heimlich getrunken und sind öffentlich besoffen gewesen. Er hatte ein paar Stückchen auf der Metaphysik spie len gelernt. D... spricht zuweilen so einfältiges Zeug, daß man kaum glauben sollte, daß es mit dem Maule ge schieht9. Der Blaue Umweltengel wird nur Produkten verlie hen, die schadstoffarm sind – Schadstoffreie Produkte sind seiner offenbar nicht würdig.
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HNW-3 2. Von den Völkern, ihren Eigenschaften, Eigenheiten, Riten,
Nur wenige Menschen, die an Husten leiden, gehen zum Arzt: die meisten gehen ins Konzert. Giovanni della Casa, italienischer Humanist und Kir chenfürst (1503–1556), verfaßte eine kulturgeschicht lich eminent bedeutsame Schrift ›Il Galateo ovvero de'costumi‹, ein Handbuch für den vollendeten Hof mann, die erst nach seinem Tode 1558 erscheinen konnte, in fast alle europäischen Sprachen übersetzt wurde, und in der er (nach der fast gleichzeitigen Übersetzung ins Deutsche) einen noch heute zu be obachtenden Brauch wie folgt geißelte: »Es gehöret sich auch nicht, wenn du die nase gewischet hast, daß du das schnupftuch auseinanderziehest und hinguk kest gleich als ob dir perlen und rubinen vom Gehirn hätten abfallen mögen.« Je grauer der Kopf, desto unwägbarer die Zukunft. Zynismus ist der Humor der hoffnungslos Verzweifel ten. Klostatistiker haben berechnet, daß der zivilisierte Mensch jede Sitzung mit 3 Wischen à 3 Blättern be endet. Wenn Vernunft als verantwortungsethisch gezähmter Egoismus verstanden wird, dann sind der reine Altru Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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HNW-3 2. Von den Völkern, ihren Eigenschaften, Eigenheiten, Riten,
ismus und der reine Egoismus in ihren Haltungen wie Handlungen deckungsgleich. Die Hopi-Sprache vermag durch 12 verschiedene Suf fixe 12 unterschiedliche Tageszeiten zu benennen. Als nun aber nach 1870 die Zeit der großen reform pädagogischen Entwürfe begann, mit denen man die Verheerungen der Industrialisierung bewältigen woll te, entstand auch Idee und Wirklichkeit der Jugendbe wegung, die in Deutschland vor allem wanderte, sich aber in den böhmisch-mährisch-slowakischen Landen vorwiegend in Kanusport auf den Flüssen umsetzte: wesmaßen die paddelnde Jugend sich den Seemanns gruß »Ahoi!« zulegte, der bis heute in tschechischen wie mährischen wie slowakischen Landen der All tagsgruß geblieben ist (und also nicht, weil Shake speare Böhmen einst ans Meer verleg hat). Den nordamerikanischen Santa Claus mit dem Rentier erfand der bedeutendste politische Karikaturist der USA, dem man auch Esel und Elefant als Parteisym bole verdankt: dem 1840 in Landau in der Pfalz gebo renen Thomas Nast, der 1904 als Botschafter in Ecua dor starb. Bundeskanzler, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
Ministerpräsident, Minister sind
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keine Beamten, sondern Angestellte ohne Kündi gungsschutz, denen ihr Arbeitgeber daher jederzeit fristlos kündigen kann. Die Deutschen mögen Rheinwein außerordentlich gern; man füllt ihn in hohe, schlanke Flaschen und hält ihn für ein angenehmes Getränk. Vom Essig un terscheidet man ihn durch das Etikett. 1991 lebten von allen zugelassenen Rechtsanwälten auf Erden 70% in den USA. 1991 entstanden von allem Zivilmüll auf Erden 70% in den USA.
Eh daß ich vergeß Ihnen zu erzählen:
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Gefährlich ist es, sich auf den Gleichklang von Wör tern unterschiedlicher Sprachen einzulassen, hoffend, der Gleichklang bedeute auch gleichen Sinn. So haben Norweger beim Wort »hundeeier« nicht etwa eine kulinarische Exzentrizität aphrodisiakischen Charakters im Sinn, sondern sprechen schlicht vom »Hundeeigner-, Hundebesitzer« und meinen mit »Sau« das Schaf. Die Schweden verstehen unter »se Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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mester« die Ferien. Die Dänen meinen mit »gammel dags« nicht einen gammelnden oder gar vergammelten Dachs, sondern »veraltet, unmodern« usw. (= von alten Tagen her), und meinen auch sonst recht eigen willig: »Øl« ist ihnen Bier (wie den Engländern Ale), mit »gæld« bezeichnen sie ihre Schulden, »skat« ist ihnen kein Kartenspiel, sondern ein Schatz (auch ein »blonder Schatz«), und der »biograf« schreibt Ihnen nicht Ihr Leben auf, sondern ist einfach das Kino; mit »knallert« meinen sie nicht etwa bekloppt, sondern lautmalerisch das Moped, mit »materialist« hinterhäl tig den Drogisten, und mit »sommerfugl« poetisch den Schmetterling10. Viel ungefährlicher ist es da mit ferneren Sprachen: wer käme denn schon beim tibetischen Wort ri-bong auf etwas anderes als den »Berg-Esel« = Hase (der langen Ohren wegen)? Oder beim klangvollen IwritWort ayelet ha-schachar auf etwas anderes als die wörtlich poetische »Hindin der Morgenröte« (die al lerdings in unpoetischen Texten als »der Morgen stern« bezeichnet wird)? Oder beim malaiischen mata hari auf etwas anderes als »die Sonne« (wörtlich Auge = mata, hari = des Tages)? Noch einfacher machen es uns da die indianischen Sprachen11, die aber so teuflisch schwierig aufzu Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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schreiben sind, daß hier auf die kompliziertesten Schreibformen und manche diakritischen Zeichen ver zichtet wird, nicht aber auf die Apostrophe, die Glot talverschlüsse andeuten (wie in »ver'eisen« im Gegen satz zu »verreisen«). Bekanntlich ist das Navajo – die Hauptsprache der Na Dene-Gruppe des Athapaska – die ausgebildetste, reichste, komplexeste, vielschichtigste und uns Abendländern fremdartigste aller bisher bekannten menschlichen Sprachen. Wie gewichtig diese Feststel lung ist, wird deutlicher, wenn man daran denkt, daß der große Linguist Edward Sapir bereits 1921 notier te: »Man kann darüber streiten, ob es Stämme gibt, die keine Religion oder keine Kunst haben, aber wir kennen kein Volk ohne eine vollentwickelte Sprache. Die primitivsten südafrikanischen Buschmänner drük ken sich in den Formen eines reichen symbolischen Systems aus, das durchaus der Sprache kultivierter Franzosen vergleichbar ist.« Was ja wohl andersher um so zu lesen wäre: selbst die Sprache kultivierter Franzosen übersteigt das Sprachniveau primitivster südafrikanischer Buschmänner nicht. Was bliebe da wohl vom Ruhm und Ruf des Französischen bei einem ernsthaften Vergleich mit den sprachlichen Möglichkeiten des Navajo übrig?
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Das Navajo weist z.B. für den Begriff »gehen« rund 356200 unterschiedliche flektierte Formen auf, wobei der Grundbegriff »gehen« schon nach Singular, Dual (= 2 Personen), Plural (= 3 und mehr Personen) ver schieden ist: »ghá« = 1 Person geht, »aash« = 2 Per sonen gehen, »kaah« und andere Formen = 3 und mehr Personen gehen. Zur Verdeutlichung: Singular: 1. »naashá« = ich gehe herum 2. »naniná« = Du gehst herum 3. »naaghá« = er/sie geht herum 4. »njighá« = Höflichkeitsform: man, er/sie geht herum Dual:
1. 2. 3. 4.
»neiit'aash« = wir beide (= zwei) gehen herum »naah'aash« = Ihr beide geht herum »naa'aash« = sie beide gehen herum »nji'aash« = höflich: sie beide gehen herum
Plural:
1. 2. 3. 4.
»neiikai« = wir (drei und mehr) gehen herum »naahkai« = Ihr geht herum »naakai« = sie gehen herum »njikai« = höflich: sie gehen herum.
Unschwer ist bereits hier eines der komplexesten Pro bleme des Navajo zu erkennen: beim Zusammentref fen der zahlreichen sprachlichen Elemente (Morphe me), zu denen etwa auch Präfixe, Suffixe und kurze Kompositionsglieder treten, kommt es zu endlich vie len lautlichen Veränderungen (etwa im Sinne von Lautassimilationen), die das Erkennen der eigentli Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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chen Bildung extrem erschweren. Aus dem Präfix »naa« = herum + dem Verb »ghá« = gehen + dem Morphem »sh« = ich wird im Singular 1. »naashá«: das Verb »ghá« ist bis auf den Vokal á geschwunden. Im Singular 2. wird aus dem gh des Verbs durch As similation ein n, also »naniná«, wobei das ná ur sprüngliches ghá vertritt. Im Dual 1. wird z.B. aus »naa« = herum + »iid« = wir + »aash« = 2 Personen gehen die Kontraktion »neiit'aash« = wir beide gehen herum. Außer diesen schwierigen Verbformen sind vor allem auch noch Satzwörter und Wortsätze, wie sie in den indianischen Sprachen weit verbreitet sind, zu be achten: sie werfen beim Übersetzen selbst kurzer Sätze erhebliche Schwierigkeiten auf. Es wird nun niemanden mehr wundern, daß auch Fragen der Vo kalharmonie (aus dem Ungarischen ja allgemein be kannt, oder dem Wogulischen) eine nicht unwesentli che Rolle spielen. Damit die Dinge nun aber nicht zu einfach erschei nen, muß ferner darauf hingewiesen werden, daß zum Plural noch distributive Formen hinzutreten: allein zur 1. Pluralis etwa »ndeiikai, ndaahkai, ndaakai, ndajikai« je nach Gegebenheit, usw. usf. Man stelle sich einmal vor, welch unerhörte Präzi sierungsmöglichkeiten eine Sprache, die allein 356200 flektierte Formen zum Verb »gehen« auf Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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weist, raunenden Tiefdenkern wie etwa Martin Hei degger böten (die dann aber womöglich nichts mehr zu raunen hätten)! Was es mit diesen 356200 »flektierten Formen« nun aber in Wirklichkeit auf sich hat, ist allerdings noch unbekannt: die Zahl ergibt sich aus einem ver suchsweise entwickelten Paradigmenraster, dessen Existenz man vermutet, dessen Schlüssel aber noch nicht gefunden wurde, obwohl er ja auch in den Köp fen der Navajo selbst vorhanden sein muß, da so gi gantische Formenreichtümer niemals auswendig zu lernen wären. Die Hauptschwierigkeit für die For scher besteht darin, daß es bisher nicht gelingen will, eindeutige Verbklassen aufzustellen, die eindeutigen Paradigmenschemata entsprächen. Nicht auszuschlie ßen ist daher, daß man bisher noch nicht die richtigen Fragen gefunden hat, sich noch zu sehr von den Er fahrungen mit anderen Sprachen in die falsche Rich tung locken läßt. Nicht auszuschließen also auch, daß eines Tages der richtige Schlüssel die Zahl 356200 drastisch vermindert (Paradigmenraster der indo-euro päischen Sprachen bringen es mit Prä-, In- und Suffi xen sowie agglutinierenden Affix-Techniken höch stens auf rund 120000 Formen – oder öffnen eine Un endlichkeit von Möglichkeiten, die nicht mehr durch fixe Zahlen bestimmt bzw. beschrieben werden kann, sondern eines Paradigmenrasters der Funktionsstruk Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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turen bedarf). Nicht auszuschließen schließlich, daß es im Navajo überhaupt keine »Verben« gibt. Nach diesem einleitenden Vorlauf wird es nicht mehr schwierig sein, in den folgenden Beispielen dem Geist der Navajos auf der Spur zu bleiben: Ein Fenster nennen sie tsé-so¸ = Stein-Stern; einen Wagen tsinaabaas = Holz rollt entlang, herum (tsin = Holz, baas = rollen, naa = herum); ein Motorrad Tl'idí = der, der furzt; einen Elefanten bíchííh-yee – 'adilohii = der mit seiner Nase Lasso wirft (bi = sein [im be sitzanzeigenden Sinn], chííh = Nase [der vorgestellte Akut zeigt an, daß in der Zusammensetzung dem vor angehenden Vokal ebenfalls der durch Akute bezeich nete Hochton zukommt: daher bi vor ´ chííh in der Zu sammensetzung = bí], yi = ihr [wird in Kompositio nen zu y oder i], ee = mit, 'adiloh = er wirft Fanglei ne/Lasso, ii = der welcher, derjenige der). Für fremde Völker haben sie ebenso eindeutige wie hübsche Bezeichnungen: naakaii(dine'é) = Mexikaner (Volk) (naakai = sie gehen umher, ii = die, welche: wörtlich also »die da umher gehen«, nämlich einen fe sten Wohnsitz haben, an dem sie umhergehen, die dort ansässig sind, die dort wohnen); ein Neger ist ihnen naakaii lizhinii = Mexikaner, der schwarz ist; ein Spanier naakaii lbáhí = Mexikaner, der grau ist (grau?, erschien ihnen die spanische Gesichtsfarbe Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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neben der der echten Mexikaner als grau?, oder galt/ gilt ihnen die Oberschicht, die mit Vorliebe feine graue Tuchanzüge trägt, generell als »Spanier«?) ein Japaner nááts'´ozí dine'é = der vom SchlitzaugenVolk (náá = Augen, ts'´ozí = eng); einen Deutschen bezeichnen sie als béésh-bich'ahii = der mit dem Ei senhut (siehe die US-Kriegsfilme; aus béésh = Eisen, Messer, bi = sein, ch'ah = Hut, Kopfbedeckung [UrAtapas-kisch *ch'iXd, im Tlingit heute s'ááxw]). Natürlich waren sie, deren unverschlüsselte Ge spräche im Funkdienst der US-Marine während des II. Weltkriegs auf dem pazifischen Kriegstheater die ja panischen Codeknacker vor unlösbare Probleme stell ten, auch um eine Bezeichnung für Adolf Hitler nicht verlegen: dágháilchiih = ungefähr »Der an seinem Schnurrbart riecht« (dághá = Schnurrbart, i [aus y] = ihn, chiih = Riecher, Riechender [doch legt das infi gierte, normalerweise eine Passivform anzeigende -l die Vermutung nahe, daß es sich hier eher um ein »Verb« als um ein Substantiv bzw. Nomen handeln könnte]). Ähnlich natürlich und eindeutig benennen sie einen Panzer als chidí-naa'na'í-bee'eldo¸o¸htsoh-bikáá'-dah naaznilígíí = Auto, das herumkriecht, auf dem oben große Kanonen sitzen (chidí = Auto [unerkannter Ety mologie; vielleicht lautmalerisch: das was »chid!« macht], naa'na' = es kriecht herum, entlang, í = das Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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was, bee'eldo¸o¸h = Kanone [aus bi = es, ee = mit, 'al do¸o¸h = es geschieht eine Explosion: wörtlich also »damit geschieht, wird gemacht eine Explosion«, zum »Verb« do¸o¸h = bersten, explodieren, aus dem ProtoAthapaskischen *dem = bis zum Bersten anfüllen; aus der Sequenz *biee'a wird die Kontraktion bee'e], tsoh = groß, bi = sein [besitzanzeigend], dessen, káá' = oben, Oberseite, dah = oben darauf, naaznil = sie sit zen, ígíí = die welche). Noch Fragen? Also weiter: »bee'eldííl-dahsinil-déé' naaghá« wird ja wohl keine Probleme mehr bereiten. Denn aus »bi« = es und »ee« = mit wird »bee« = damit; »'a« = irgendwel che wird im Sinne der männiglich bekannten Vokal harmonie in der Nachbarschaft von bee zu »'e« verän dert; »l« zeigt das Passiv an; »dííl« und ähnliche Bil dungen = Geräusche geschehen, sind zu hören, o.ä. »bee'eldííl« also etwa = damit werden irgendwelche Geräusche gemacht, dadurch sind irgendwelche Ge räusche zu hören. – »dah« = oben, von oben herab o.ä.; »sie« = Perfektpräfix; »niil, nil« o.ä. = mehrere Objekte bewegen sich, befinden sich irgendwo, han deln in bezug auf mehrere Objekte o.ä. »dahsinil« also etwa = mehrere Objekte haben sich bewegt, be finden sich oben, hängen von oben herab. – »déé'« = von, aus (Ablativsuffix; das Lokativsuffix in heißt »di«). – »naa« = herum, umher, und »ghá« = gehen. Heißt »bee'eldííl-dahsinil-déé' naaghá« also: es ge Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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schehen damit irgendwelche Geräusche – mehrere Objekte hängen herab – von – er geht herum? Mit nichten heißt es das, wenngleich es sprachanalytisch zunächst einmal so aufzubrechen ist. Denn wie jedem Missionarswörterbuch des Navajo zu entnehmen, be deutet bekanntlich »bee'eldííl« im aus »damit gesche hen irgendwelche Geräusche« übertragenen Sinn ein fach: Glocke; »bee'eldííl-sahsinil« also »Glocken – mehrere Objekte hängen herab« = mehrere Glocken hängen herab. Das Ablativsuffix »déé« = von, her verweist nun den Sprachkundigen eindeutig darauf, daß es sich um einen Ortsnamen handeln muß, ebenso wie das das Lokativsuffix »di« tun würde. »bee'eldííl-dahsinil-déé' naaghá« also = er kommt aus Albuquerque. Für die Navajos waren die von oben herabhängenden Glocken in der christlichen Kir che der neugegründeten neumexikanischen Stadt A. deren besonderes Kennzeichen, weshalb man sie nach ihnen benannte. Dementsprechend und unter Rück griff auf bereits Geschriebenes würde »Er wohnt in Albuquerque« auf Navajo heißen: bee'eldííl-dahsinil di naaghá. Für ein nomadisierendes Volk ist das Verb »gehen, sich fortbewegen« ein elementares, ein Grundwort. Und der einzige Ort, wo man nicht ein fach »geht«, um irgendwohin zu kommen, sondern »umhergehen« kann, ist der Ort, wo man ständig an sässig ist: wo man wohnt. Wer andererseits »aus Al Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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buquerque kommt« (also: von her kommt = mit dem Ablativsuffix »déé'« gebildet), der ist jetzt nicht da, wo er sonst umhergeht, also wohnt (mit dem Lokativ suffix »di« = in neutral anzugeben). Dementsprechend wäre der Dialog »háádéé' nani ná?« – »Na'nízhoozhídéé naashá« zu übersetzen: ich komme aus Gallup (Na'nízhoozhí = Gallup, déé' = aus, von her, naashá = ich gehe herum; also etwa: ich wohne/gehe umher in Gallup, bin jetzt aber von da weggegangen und jetzt bei Dir, also hier). Man merke:
bee'eldííl-dahsinil-déé' naaghá = er kommt aus A. bee'eldííl-dahsinil-di naagh´á = er wohnt in A.
Hier gilt es nun, einen erläuternden Exkurs einzufü gen, weshalb denn die Weißen ihre Stadt Albu querque nannten, ehe die Navajo ein so schönes Satz wort daraus machen konnten. 1706 wurde A. als San Francisco de Albuquerque gegründet. Den Namen er hielt es zu Ehren des 34. Vizekönigs von Neuspanien, Don Francisco Fernandez de la Cueva Enriquez, Her zog von Alburquerque; die Familie de la Cueva altka stilischen Adels war 1464 mit dem portugiesischen Herzogtum Alburquerque belehnt worden; englisch sprechende Einwohner Neumexikos ließen das »r« spätestens 1807 fallen, spanische Dokumente behal ten es noch bis 1849. Der Name geht zurück auf latei nisch albus quercus = weiße Eiche, oder/und arbor Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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quercus = Eichbaum, albor oder albur quercus = Weißeiche (nach Abschälung der Rinde), albura quer cus = Eiche mit weißem Laub (zu alburnum, ein weiß blühender Baum). Gallup andererseits wurde 1881 gegründet und bekam seinen Namen nach dem Zahlmeister David L. Gallup der A&P RR (Railroad). Und wenn die Eisenbahnar beiter ihren Lohn abholen wollten, versammelten sie sich zu dem Ruf »Let's go to Gallup's«, nämlich dem Büro des Zahlmeisters an eben jener Stelle in der Ein öde, an der heute die Stadt Gallup steht. Natürlich kennt auch das Deutsche Wortsätze und Satzwörter: »Vergißmeinnicht« etwa, und bietet einem Schlüsseldienst die Möglichkeit, sich »Ihr Schlüsselwegtürzusoforthelfer« zu nennen. Doch rüh ren solche Bildungen innerhalb eines Satzes leicht in die Irre: »Kauf Dir eine Hörzu«. Andererseits gibt es da Mammutkomposita im Indianischen wie im Deut schen: Krankenversicherungskostendämpfungsgesetz, oder Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsan wärtergattinnenabschlußball (bekanntlich beliebig ausbaubar). Jedoch zurück zum Navajo und jenem »Er wohnt in Albuquerque«. Denn das ist zugleich auch eine schö Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ne Illustration der 356200-Frage. Wenn nämlich eine solche Wortkomposition als flektierte Form des Verbs »gehen (ghá)« zu gelten hat: welche Vorstellung von Verben waltet dann in Navajo-Hirnen? Oder doch nur in denen von Navajo-Philologen? Kein Grammatiker der deutschen Sprache etwa käme ja wohl auf die Idee, die Komposition »Donaudampfschiffahrtskapi tänsgangway« als »flektierte Form des Verbs gehen« zu definieren? Wenn also das Gefüge »Er wohnt in A.« als Flexionsform zu gehen anzusehen ist, dann sind alle Grenzen offen, und auch ein »Satz« wie »Mümmelmänner gedeihen in Kohlfeldern besonders üppig« gehörte zu den Flexionsformen von gehen, denn »gedeihen in« insinuiert die ständige Anwesen heit des gedachten Riesenmümmelmanns in jenem Felde, sein Wohnen dort, also sein »stetig herumgehen können« zum Zweck der Selbstanfet tung. Dann aber ist diese präzise Zahl Unsinn. Und noch hat leider jener US-Linguiste, der die Zahl vor einigen Jahren autoritativ in die Welt setzte, Anfragen nach den Eckdaten seines (theoretischen) Paradigmen rasters nicht beantwortet. Wesmaßen in der Zwischenzeit die Frage à la Scrabble Linguistenpartys, Mümmelmannbewunde rern und Kohlfeldhütern als intelligenter Zeitvertreib empfohlen sei. Gönnen sie sich doch sonst nichts. An spornend mag dabei der Gedanke sein, daß Karls des Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Großen Auftrag an seine iro-schottische Intelligenz akademie, eine deutsche Grammatik zu verfassen (die offenkundig etwas ganz anderes wäre als die zuhauf vorhandenen Grammatiken des Deutschen), bis heute nicht erledigt ist. Käme nun ein Navajo-Linguist nach Deutschland, hörte – von Vicky Leandros schmelzend geschmet tert – das berühmte Liedchen »Theo, wir fahrn nach Lodz« und machte sich neugierig daran, diese Lied zeile mit den beschriebenen sprachwissenschaftlichen Mitteln zu analysieren, wohin geriete er dann? Er hätte festzustellen, daß – »Theo« die Kurzform des griechischen christlichen Männernamens Theodor = Geschenk Gottes ist, – der Intonation des Liedes entsprechend im Vokativ »Théé« stehen müßte, – mit »wir« jener Theo sowie die Sängerin gemeint sind, – das »fahrn« der Form nach als Indikativ, oder Kon junktiv, der Intonation nach aber als Imperativ auf zufassen ist, – als Ziel ein Ort in Polen angegeben ist, der – 1332 erstmals belegt – vom altpolnischen Wort »lodzi, lodzia« = Barke, kleines Boot abzuleiten ist, und also wohl als Fährort gedeutet werden muß. Demnach hätte unser Navajo-Gelehrter etwa zu Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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übertragen: »Eine weibliche Person unbekannten Na mens bedrängt imperativisch eine ihr offenbar nahe stehende verkürzte männliche christlich-griechische Gabe Gottes, mit ihr in nächster Zukunft den polni schen Fährort aufzusuchen«. Aus späteren Liedzeilen »Ich habe diese Landluft satt/will endlich wieder in die Stadt« könnte er schlußfolgernd hinzufügen: »... da sie mit ihren ländlichen Lebensumständen, verkör pert durch den Begriff der ›Landluft‹, nicht mehr zu frieden ist, sondern sich städtische Annehmlichkeiten ersehnt«. (Beispielsweise den Krach der Autos statt des christlichen Glockenläutens). Und wäre unser Navajo-Gelehrter so gründlich, wie ich ihn vermute, würde er zumindest in Fußnoten an fügen (wenn nicht gar in Ausnutzung navajoischer Sprachmöglichkeiten in die Übersetzung/Übertragung einarbeiten), daß dieses »moderne« Liedchen in Wirk lichkeit auf ein österreichisches Landserlied des I. Weltkriegs zurückgeht: »Heho, wir fahrn nach Lodz« (wie deutsche Uniformierte im II. Weltkrieg gegen Engelland fuhren), und daß wiederum jene frühere Version in Wirklichkeit Strukturen eines alten kroati schen Landsknechtsliedes aus dem 30jährigen Krieg aufgreift. (Von Erörterungen der Frage, ob »Lands knecht« nun ursprünglich »Landes-Knecht« bedeute te, oder à la Goethe als »Lanzen-Knecht« verwendet werden kann, ganz zu schweigen). Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Natürlich würde er als ideologiefreier objektiver Wissenschaftler nicht versäumen, uns darüber zu be lehren, daß bekanntlich auch andere indianische Spra chen die dem Navajo wie dem Deutschen eigene Fä higkeit zu Mammutwörtern aufweisen. So heißt etwa in dem zu den irokesischen Sprachen gehörenden Se neca »ich dreh(t)e den Schlüssel um« ganz einfach 'o'kehoto¸kwa'shäkahaatho' (wobei zu beachten ist, daß hier »sh« als s-h und nicht als sch zu lesen ist). Der senecaische Ausdruck läßt sich wie folgt analy sieren: 'o' = wirklich, ke = ich, ho = Tür, to¸ = Schlie ßung, kwa = Gegenteil (to¸kwa also = Öffnung), 'shä = Ding – hoto¸kwa'shä' also = Schlüssel; kahaat = sich umdrehen, h = verursachen, ho' = einmalig, und alles zusammen wörtlich: ich verursach(t)e wirklich einma lig ein Sich-umdrehen des Türschließungs-GegenteilDings. Übrigens sind die Comanchen beim Benennen ihrer Nachbarvölker ebenfalls von direktester Präzision: ihnen ist ein Mescalero-Apache ein ›esikwita‹ = graue Scheiße (da die sich nach dem Genuß von Mescal eben grau färbt). Als sehr viel vornehmer, wenn auch nicht weniger phantasievoll erweisen sich die die Tingit, die ja mit ihrer Potlatsch-Kultur überhaupt eine der verfeinert Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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sten menschlichen Ritual-Liturgien entwickelt haben. Den Weißen nennen sie einen dleet-qáà = SchneeMann (dleet = Schnee, weiß; qáà = Mann), den Neger einen t'uuch'-qáà = Holzkohlen-Mann (t'uuch' = Holz kohle, schwarz). Für andere Völkerbenamsungen be dienen sie sich des Mittels der phonetischen Anglei chung der fremdsprachigen Bezeichnung: ein Kanadi er ist ein kinjichwáán = King George's man, die USA ner sind ihnen waashdan-qwáán = Boston-Männer (im Sinne von Boston-Volk); aus den Russen (Ruß kij) wurden ihnen anúúshi, ein China-man verwandel te sich in ihrem Mund zum cháánwaan und der Aleute zum ana'úút (Metathese von l zu n). Einen Eskimo hingegen bezeichnen sie bildfroh beschreibend als X'atas'aaq aus X'a = Mund, ta (für táak) = unter, s'àaq = Knochen, also etwa »Knochen unter dem Mund (ha bend)« (wohl weil manche Eskimos sich mit Nadeln oder Pflöcken, aus Knochen oder Fischbein durch das Fleisch unter der Unterlippe gesteckt, zu schmücken liebten). Den christlichen »Gott« nennen sie dikíí 'aàn-qáàwu = oben-Häuptling, den ebenso christli chen »Teufel« entsprechend diyíí-'aàn-qáàwu = untenHäuptling ('àan-qáàwu allein bedeutet wörtlich der Dorf- oder Stadt-Mann). Milch ist ihnen wasúús-l'aa-tu-Káni = Kuh-BrustInneres-Essen; die Brille nennen sie waq-dáánaa = Augen-Dollar (waq = Auge, dáánaa ist der mit l/n Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Tausch anverwandelte Dollar, auch Geld); für den Türeingang, die Türöffnung haben sie die schöne As soziation X'a-wùul = Mund-Loch; für den Blitz xeetl l'úkgu = Donnervogel-Blinzeln; Rost ist ihnen Ga yées-háàtl'i = Eisen-Scheiße, und dementsprechend Grünspan 'ìiq-háàtl'i = Kupfer-Scheiße (háàtl' = Dung usw., i = der, die). Das Truthuhn nennen sie lu-Gèetl = Nasen-Schleim, -Spucke, und die Chikadee-Meise qaa-tùu-wú = Männerherz (qáà = Mann, Männer, tú oder tùu = Inneres, Herz, wú = das; da leider die Rolle der Chikadee-Meise in der Tlingit-Mythologie noch nicht erforscht ist, kann sich jeder Gott sei Dank selbst seinen Reim darauf machen). Niemanden aber wird es da noch wunders nehmen, wenn Chicago »beim Stinktier« heißt (Proto-Algon kin *shekaakwa = Stinktier, im Ojibwa sheekaak = Stinktier, Plural shekaakok, Lokativ shekaakonk = beim Stinktier; daher auch das englische skunk = Stinktier. Nicht verschwiegen sei, daß die romanti schere Form in älteren Büchern »Im Duft der Zwie belblüte« ebenso wenig etymologisch belegbar ist, wie die Behauptung von Siedlungshistorikern: die Namensurform sei »checagou« = groß, mächtig, womit dasige Indianer La Salles Fort Crevecour be nannt hätten, den mächtigsten Bau ihrer Erfahrung; doch sei der Platz unbewohnt und namenlos geblie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ben, bis Jean Baptiste Point Du Sable sich hier 1779 niederließ. (Das aus Gründen intellektueller Redlich keit). Leichtfertig wäre es angesichts solch deftiger Namen jenen fragwürdigen Nordlandkennern zu vertrauen, die da einfältige Touristen zu überzeugen suchen, Amrum hieße so, weil man da angesichts der Stürme und des naßkalten Regenwetters ewig »am Rum« hok ken müsse: hier handelt es sich um nicht mehr denn ein bedenkliches moralisches Pseudo-Alibi. Bekannt lich bedeutet Amrum ja »Heim der Ambronen« – im Sinne des Landes, der Siedlungsgegend jenes germa nischen Volksstammes (aus *ambra-hêm zu Ambrum: so 1231, 1462 bereits Amerum usw.). Anders ist es da mit dem thüringischen Sömmerda: hier nähert sich die richtige Rückführung auf germa nisches sumer-idi = der Ort sommerlichen Verwei lens, der schönen volksmundlichen Deutung, daß die Thüringer, als sie nach langer Völkerwanderung die liebliche Landschaft endlich erreicht hatten, erleichtert und mit wehen Füßen aufseufzten: söm mer da! Und ganz anders mit dem längsten Ortsnamen in den USA, der bekanntlich der Name eines Sees im südli chen Zentralmassachusetts ist: Chargoggaggoggman Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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chaugagoggchaubunagungamaug, der bei Anglern als wahres Fischparadies unter dem kürzeren Namen Lake Webster berühmt ist. Der indianische Name aus dem östlichen Algonkin ist in Rand McNally's ›Cos mopolitan World Atlas‹ verzeichnet und soll bedeuten »Ich fische auf meiner Seite und du fischst auf Deiner Seite und niemand fischt in der Mitte«. Nun sind aber leider sowohl die 45 Buchstaben des »indianischen Namens« wie demnach auch die 75 der deutschen Übersetzung blanker Unfug. Der eigentliche Name des Sees lautet Chaubunagungamaug (so auch in ›The Times Atlas of The World‹ 1983), stammt aus dem Nipmuck (einer dem Narragansett und dem Massa chusett verwandten und wie diese mit ihren ausgemor deten Sprechern ausgestorbene Sprache im südöstli chen Neuengland) und bedeutet etwa »durch Inseln geteilter See«. 1831 tauchte zum ersten Mal die Na mensform »Chargoggagoggmanchoggagogg Pond« auf, offenbar die Korruption des wirklichen Namens mit zusätzlicher Einmischung des Namens Manchaug Pond aus der Nachbarschaft durch einen nicht ausrei chend sprachkundigen Geographen. Die giganteske Form, auf die seither so viele hereingefallen sind, ist eine Erfindung von Larry Daly, dem Herausgeber der ›The Webster Times‹ in Massachusetts, der in seiner Zeitung 1921 erstmals sein Geisteskind vorführte. Später bedauerte er das, denn »vermutlich wird der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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tatsächliche Name durch diesen frei aus der Luft ge griffenen verdrängt werden«. Aber nicht einmal das stimmt: denn so frei aus der Luft gegriffen ist sein Konkokt nun auch wieder nicht. Auch die Bayern gehören zu den Völkern, denen ihre Sprache Riesenwörter erlaubt: den längsten bayeri schen Fluch fand ein geneigter Leser 1974 in Bulgari en als Streifenband im Heckfenster eines – natür lich! – BMW und stellte ihn freundlicherweise zur Verfügung. Er lautet »Himmihergozaggramentzefix lujamilekzamarschscheissglumpfareggts!«
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Fußnoten 1 Siehe das HdnW II, S. 165. 2 Hierzu ausführlicher: HdnW II, S. 51. 3 Das Wort »Eskimo« hingegen bedeutet keineswegs »Rohfleischesser«, wie vielerorts noch verbreitet wird, sondern stammt aus dem Cree aayaskimeew = Schneeschuhmacher, vom Verb assimeew, und ist vergleichbar dem Ojibwa askimee = sie stellt einen Schneeschuh her. 4 Ob wohl diese unfrömmlerische Einsicht Gregor von Rezzori zu seinem schönen Roman ›Der Herme lin von Tschernopol‹ angeregt haben mag? 5 Vielleicht sollte man Lichtenbergs Satz umkehren: Die Zustände in einem Land sind für die Qualität sei ner politischen Klasse, was ein gutes Barometer für das Wetter ist. 6 = quare in pueritia coitus non contigat. 7 Der Lichtenberg-Philologie ist es leider bisher nicht gelungen, die Frage zu beantworten, ob es nicht viel leicht gerade umgekehrt gewesen sei. 8 Vielleicht sollte man Berufstheologen die Lektüre der Bibel verbieten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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9 Es ist zulässig, jedes beliebige andere Namensiniti al in Lichtenbergs Verdikt einzusetzen, vor allem nach politischen Debatten. 10 Hierzu lese man aber auch S. 37 ff. 11 Die folgenden Ausführungen verdanken alles, was richtig ist, dem gelehrten Freund Prof. Dr. Jürgen Pin now, der es sich nicht verdrießen ließ, des Autors trotz intensiver Karl May-Studien höchst fragwürdige Kenntnisse in Indianersprachen durch umfängliche Korrespondenz unermüdlich aufzumöbeln.
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III. Die wahre Geschichte vom ›Lied der
Nibelungen‹
»Himmel, laß mich nur kein Buch von Bü chern schreiben.« (Lichtenberg)
Und doch läßt es sich manchmal nicht vermeiden, zu mindest über Bücher zu schreiben, vor allem dann, wenn eine große Dichtung wie die von den Nibelun gen dermaßen hinter einem Gebirge von Büchern über sie aus der Sicht verschwindet, wie das mit der Nibe lungendichtung der Fall ist, seit ihre Wiederentdek kung zum Entstehen der Germanistik führte. Der Weg seither ist eigenartig. Wie sagte doch der Weise aus Göttingen? »Ein ge wisses großes Genie fängt aus einem besonderen Hang an eine Verrichtung vorzüglich zu treiben; weil es schwer war, so wird er bewundert; andere reizt die ses. Nun demonstriert man den Nutzen dieser Be Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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3. Die wahre Geschichte vom 'Lied der Nibelungen'
schäftigung. So entstehen Wissenschaften.« Und dann verdichten sich Meinungen zu Lehrmeinungen, und bilden Schulen. Dieser Schulen bedienen sich andere Interessenten zu ganz anderen Zwecken: so werden aus den Lehrmeinungen Dogmen. Mit denen aber läßt sich trefflich streiten, je höher die themafremden Emotionen emporgefacht werden: und schon ist der schönste Glaubenskrieg im Gange; Argumente wer den nicht mehr wahrgenommen; die Leichen häufen sich. Aus der Nibelungendichtung ist ›das Lied der Deutschen‹ geworden zunebst all den Perversitäten, denen solche Umdeutungen allemal Raum bieten. Und von solchen Belastungen scheint die Wissenschaft, die der Nibelungendichtung ihr Entstehen verdankt, in ihrem Umgang mit der Dichtung immer noch nicht freigeworden zu sein. Daher denn ihre Werke oft an ein anderes Wort des Weisen aus Göttingen gemah nen: »Ein etwas vorschnippischer Philosoph, ich glaube Hamlet Prinz von Dänemark hat gesagt: es gebe eine Menge Dinge im Himmel und auf der Erde, wovon nichts in unseren Compendiis steht. Hat der einfältige Mensch, der bekanntlich nicht recht bei Trost war, damit auf unsere Compendia der Physik gestichelt, so kann man ihm getrost antworten: gut, dafür stehen aber auch wieder eine Menge von Din gen in unseren Compendiis, wovon weder im Himmel noch auf der Erde etwas vorkömmt.« Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die Nibelungen
Unternähme man eine repräsentative Umfrage, ergäbe sich vermutlich, daß weltweit keine Gestalt literari schen Ursprungs so bekannt ist wie das Personal aus der Nibelungendichtung: Siegfried und Kriemhild, Hagen von Tronje und Volker von Alzey, der Hun nenkönig Etzel, Dietrich von Bern, und nicht zuletzt Markgraf Rüdiger und des Berners Schwertmeister Hildebrand. Hierbei tut es nichts zur Sache, daß die ser Bekanntheitsgrad sicherlich weit mehr dem wa bernden Werke Wagners zu verdanken hat, als der Kenntnis der Dichtung selbst, oder auch nur ihrer un gezählten Nachdichtungen und Bearbeitungen »für unsere Jugend«. Die Dichtung entstand um 1200 in oder bei Passau. Sie entstand nahezu zeitgleich in 2 Fassungen: der Fassung C, nach der Schlußzeile (›der Nibelunge Lied‹ kurz ›Lied‹ genannt) und der Fassung B (›der Nibelunge Not‹, kurz ›Not‹ genannt). Lange tobte unter den Gelehrten ein wilder Streit, welche Fassung als die Urform anzusehen sei; heute ist man mehrheit lich zu der Auffassung gekommen, daß die Fassung C, also ›Lied‹, wohl zuerst geschaffen wurde, und daß Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zu ihr auch der wenig bekannte 3. Teil der Dichtung gehöre: ›die Klage‹, während man in der Fassung B oder ›Not‹ eine kurz nach C entstandene Bearbeitung zu sehen habe. Hier sei der Gesamtkomplex als »Dichtung« bezeichnet und ›Lied‹ und ›Not‹ und ›Klage‹ jeweils dann zitiert, wenn es sich um (ihnen) spezielle Züge handelt. Heute ist man ferner weitgehend der Auffassung, daß die Dichtung »ganz isoliert in der Literaturgeschichte der höfischen Zeit« stehe; daß die schriftliche Fassung älterer mündlicher Überlieferungen »jedoch ein iso lierter Vorgang« blieb, »der zunächst keine Nachah mung fand«; daß die metrische Gestalt »eindeutig von der mündlichen Dichtungstradition geprägt« sei und daß sich dadurch »die Dichtung äußerlich von der hö fischen Epik abhebt«; und schließlich, daß sie »nicht wie ein höfisches Epos interpretiert werden« kann (Joachim Bumke). Diese so einmalige Dichtung hat auf andere Dichtungen des 13. bis 15. Jahrhunderts starke inhaltliche wie sprachliche Auswirkungen ge habt: so schließt sich ihr z.B. nach und nach der weite Sagenkranz um Dietrich von Bern an. Eine letzte Ab schrift stammt aus dem Beginn des 16. Jh.s. Dann er stirbt die Tradition. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß etwa Hans Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Sachs 1557 seine Tragödie ›Der hürnen Sewfrid‹ schrieb: denn er bezog sich ganz eindeutig nicht auf die Tradition der Passauer Dichtung, sondern auf eine neben dieser stehende Tradition, die in der »Volks dichtung« vom hörnenen Siegfried und den sogenann ten Volksbüchern dieses Titels greifbar wird. Erst 1755 wird die Passauer Dichtung wieder ent deckt und 1757 in einem ersten Teildruck zugänglich gemacht. Die erste vollständige Ausgabe erschien 1782, die erste literarische Würdigung erarbeitete 1802/03 August Wilhelm Schlegel. Und die nationale Bewegung, die im Kampf gegen Napoleon entstand, bemächtigte sich ab 1810 der Dichtung und machte aus ihr »das deutsche Nationalepos«. Bereits zum I. Weltkrieg spielten Begriffe wie »Nibelungentreue« und »Siegfried-Linie« ihre unheimliche Rolle, die dann in jener grausigen Perversion einer Rede Gö rings zum Untergang der deutschen Armeen vor Sta lingrad endete, den er am 3. Februar 1943 als neuen Kampf der Nibelungen »in einer Halle von Feuer und Brand« bezeichnete. Wohl nie hat eine Dichtung solche Auswirkungen in allen Bereichen der Wissenschaft und der übrigen Künste und in der Politik gehabt wie die Nibelungen dichtung. An ihrer Interpretation entwickelte sich die Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Wissenschaft von der Germanistik (und ist bis heute viele der ihr damals inokulierten Nibelungen-Deutun gen nicht mehr losgeworden). Sie befruchtete Dichter und Schriftsteller, Maler und Bildhauer, und nicht zu letzt die Musik, wie Wagners ›Ring der Nibelungen‹ dramatisch beweist. Eigentümlich ist nun, daß schon ihr Wiederentdecker, der Arzt Jacob Hermann Obereit, sie in einer ersten Beschreibung als ein »weitläufig Heldengedicht ... von der burgondischen Königin oder Princessin Chriemhild« bezeichnete, womit vom ersten Tag an die Frage der Historizität der in der Dichtung be schriebenen Vorgänge angeschnitten war. Und diese Frage hat bis heute unendlich viel mehr Gelehrten schweiß gefordert, als wenn man sich an die (spätere) Forderung des großen alten J.R.R. Tolkien (des Pro fessors für Altenglisch und Erfinders der »Hobbits«) gehalten hätte: eine Dichtung wie den ›Beowulf‹ zu nächst als Dichtung und dann erst als Ort möglicher anderer Tradierungen zu betrachten. Doch hatte bereits Obereit die Jagd eröffnet, und das Wild hieß: Wer waren die Nibelungen?
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Das Passauer Bild der Nibelungen
Hier sei ein kurzer Inhaltsaufriß eingeschoben zur Ge dächtnisauffrischung. Es beginnt unsere Dichtung mit dem berühmten Vers: uns ist in alten maeren
von helden lobebaeren
von freuden, hochgezîten,
von küener recken strîten
wunders vil geseit von grozer arebeit, von weinen und von klagen, muget ir nu wunder hoeren sagen. Und dann wird berichtet: von der burgundischen Prin zessin Kriemhild zu Worms und ihren drei Brüdern Günther, Gernot und Giselher sowie deren Vasallen, vor allen dem mit dem Königshaus in undeutlicher Beziehung stehenden finsteren Hagen von Tronje; von dem niederländischen Königssohn Siegfried, der nach abenteuerlicher und gar nicht feiner Jugend nach Worms kommt, um die schönste der Jungfrauen zu freien; von König Günthers Brautfahrt gen Island, wo es mit Betrügereien aller Art gelingt, Brünhild (die Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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eine undeutliche Beziehung mit Siegfried verbindet) für Günther zu erwerben; von Siegfrieds Eheschlie ßung mit Kriemhild, ihrer gemeinsamen Rückkehr in sein Reich der Niederlande, dem dortigen Glück; zu gleich aber auch von Hagens Machenschaften, sie wieder nach Worms zu ziehen, um so vielleicht Hand auf den Nibelungenhort legen zu können; von jener tragischen Wormsreise, in deren Verlauf es zwischen Kriemhild und Brünhild zur berühmten Auseinander setzung vor dem Dom zu Worms kommt, deren Ende die Ermordung Siegfrieds durch Hagen ist. Im 2. Teil wird berichtet, wie Kriemhild, durch Hagen um Gatten und Hort gebracht, Frau des verwit weten Hunnenkönigs Etzel wird und diesen dazu be wegt, ihre Verwandten einzuladen, damit sie Gelegen heit finde, am verhaßten Hagen Rache zu nehmen; es wird die Reise der jetzt plötzlich Nibelungen genann ten Burgunder von Worms an den hunnischen Hof wunderbar erzählt; dann wie Kriemhild im Rachebe gehren gegen Hagen, der sie auch noch verspottet, die Helden beider Seiten zum Streit gegeneinander auf reizt, der in sich immer steigernden Aktionen und Ausweitungen zum blutigsten Gemetzel und zum Un tergang der Burgunder/Nibelungen führt, einschließ lich Kriemhilds selbst. Und dann folgt in den meisten alten Handschriften ein sehr viel weniger bekannter, aber noch rätselvolle Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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rer 3. Teil, die ›Klage‹, in der die Dichtung gewisser maßen kommentiert wird, indem die Getöteten be klagt und die weiteren Geschicke der Überlebenden geschildert werden. Ein höchst ungewöhnlicher Vor gang an sich schon, und noch ungewöhnlicher durch manche Formulierung in ihm, wie die Feststellung: zum Ende des Königs Etzels wisse sie nichts zu sagen (die ›Klage‹ nämlich): weder er sich vergienge oder in der Luft enpfienge oder lebende würde begraben oder zum himele uferhaben (ob er sich verirrte) (oder in der Luft zerflirrte) (oder lebendig wurde begraben) (oder zum Himmel emporgetragen) Mit dieser dunklen Endung der ›Klage‹, vor allem aber mit der Zeilen rätselvollster »oder lebendig wurde begraben« sind wir nun wirklich inmitten der Rätselwelt der Dichtung, von denen jetzt einige aufge zeigt seien, so Rätsel wie Ungereimtheiten. Hier fällt als erstes wiederum die schon erwähnte Frage ins Auge: Warum entstand zuerst die Fassung C, dann die Fassung B, und dann – wie ein nachträg Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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licher Kommentar zu C gegen B – die ›Klage‹? Daß die Fassung C, das ›Lied‹, als die älteste Fassung an zusehen ist, ergibt sich daraus, daß in der Fassung B unerklärliche Widersprüche stehen, die am ehesten zu verstehen sind, wenn man sie als stehengebliebene und unverarbeitete Reststücke aus C ansieht; umge kehrt funktioniert das Verfahren nicht. Und an der Zu gehörigkeit der ›Klage‹ zum ›Lied‹ zweifelt niemand. Der wesentliche inhaltliche Unterschied beider Fas sungen ist nun der: In der Fassung ›Lied‹ wird das Bild Kriemhilds durchgehend freundlich und liebevoll gezeichnet, das Bild eines Mädchens, einer jungen Frau, die durch vielfältige Vorgänge in ein Geweb von Zwängen gerät, das sie nicht mehr losläßt bis hin zum furchtbaren Ende: und doch wollte sie nie an deres, als sich an Hagen zu rächen, der als der fin sterste aller denkbaren Schurken gezeichnet ist von Anbeginn bis Schluß, ein Lügner und Betrüger und Meuchelmörder, dem aus unerfindlichen Gründen nur eines wichtig ist: durch seine bedingungslose Loyalität seine Herren, die Burgunderfürsten, zu vernichten (und dessen einzige wirklich bewunde rungswürdige Tat – neben der Anerkennung des »Spielmanns« Volker von Alzey in letzter Sekun de – die ist, gegen Rüdiger das Schwert aus Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Freundschaft nicht zu heben, wodurch zugleich der endgültige Verrat an seinen Herren erfolgt – war es also vielleicht doch keine Tat der Freundschaft, sondern bewußter Verrat im Gewand der Freund schaft?); und so entspricht das Bild Hagens auch dem in der ›Klage‹, die sich also auf das ›Lied‹ be zieht. In der Fassung ›Not‹ hingegen sieht das alles ganz anders aus: da ist Hagen ein zwar grimmer und dü sterer, aber doch im wesentlichen ritterlicher Mann, während Kriemhild von allem Anfang an als die Betrügerische, Wertlose, auch als Hausfrau Unfähi ge gezeichnet wird, die nicht einmal davor zurück schreckt, um endlich ihrer Rache Genüge tun zu können, ihr Söhnchen Ortlieb (von König Etzel ge zeugt) hinmetzeln zu lassen ohne allen Anlaß, auf daß endlich die Wut aller den für ihre Zwecke nöti gen Hitzegrad erreiche. (Im ›Lied‹ ist es Hagen, der Ortlieb von sich aus und aus ähnlichen, aber anders gelagerten Gründen mit dem gleichen Ergebnis ohne ersichtlichen Anlaß hinschlachtet). Während also in der Fassung ›Lied‹ Kriemhild eine helle, wenn auch tragische Gestalt ist, der Hagen Tronje als das elementar böse Verhängnis unerkenn baren Ursprungs alles vernichtend gegenübersteht, ist in der Folgefassung ›Not‹ aus dem elementar Bösen ein düsterer Schicksalsritter geworden, den die gift Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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speiende Megäre Kriemhild zunebst allen anderen in den Tod hetzt. Das alles läßt sich wohl nur so verstehen, daß dem maßgeblichen Publikum die Originalfassung ›Lied‹ bald nicht mehr zusagte, wenn es sie denn überhaupt je goûtierte, und daß es schleunigst eine revidierte Fassung erarbeiten ließ, in der die Akzente völlig um gekehrt gesetzt sind. Höchst eigenartig!
Die Rätsel in ›Lied‹ und ›Not‹ Es ist unmöglich, den ganzen riesigen Bereich an Wi dersprüchen aufzulisten, den die Forschung inzwi schen festgestellt hat. Einige besonders deutliche Bei spiele müssen genügen: – jenes flüchtige Burgunderreich unter König Gun dahar, das ohne Mitwirkung Attila/Etzels 437 von den Hunnen vernichtet wurde, befand sich nicht bei Worms, wo überhaupt historisch die Burgunder nicht nachzuweisen sind; – Attila/Etzel starb 453; Theoderich der Große, den man immer noch verzweifelt mit Dietrich von Bern identifizieren will, wurde erst 456 geboren: Wie also kam der Hunnenkönig, wie der ganze Ungarnbe reich (der Zustände um 1000 schildert) in die Dich tung? Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– Theoderich hatte mit Bern/Verona nichts zu tun, wohl aber mit Ravenna (»Rabenschlacht«), und wurde nicht von Odoaker/Ermenrich geschlagen/ver trieben, sondern besiegte Odoaker: Wieso aber dieser Skire nun plötzlich zum fernen Vorfahr Theoderichs, zu Ermenrich, umgedichtet wurde, ist ebenso uner findlich; – warum werden die im 1. Teil der Dichtung durch gehend Burgunder genannten Wormser im 2. Teil plötzlich ebenso durchgehend Nibelungen genannt: nur weil Siegfried in seiner Jugend den Schatz des Ni belung höchst unfein an sich brachte, den Hagen dann ebenso unfein in den Rhein kippte? – da sind die »Schneiderstrophen«, Dutzende von Strophen, in denen höchst kenntnisreich Nachricht darüber gegeben wird, wie die Damen ihre Helden be nähen, Strophen aus Braut- und Frauentruhe, aus Näh- und Kleiderkammer mit Fachvokabular, das Wirtschaftshistoriker inzwischen zur Verblüffung vie ler Germanisten als zutreffend und zeitgerecht nach gewiesen haben; – hingegen erweist sich der Dichter dieses Helden epos auf eigenartige Weise ungebildet in allen Be zeichnungen und Beschreibungen von Buhurt und rit terbürtiger Metzelei, von waidgerechter Jagd und der Behandlung des wichtigsten Freundes eines Ritters, des Pferdes; Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– und wie ist Volker der Spielmann, der Fiedler aus Alzey, in die Dichtung geraten, in der er dramatur gisch nichts verloren hat (seine Funktion könnte mü helos einer der Wormser Könige mit übernehmen): und dennoch wird er im 2. Teil zu einer der bedeu tendsten Gestalten, und zur einzigen noblen Figur der Burgunder/Nibelungen? – und wer ist Hagen, der finstere Verräter, der seine Wormser Herrschaft erbarmungslos in den Tod führt? Und warum befolgt man seinen unguten Rat immer wieder? – und woher kam Siegfried? Und was verband ihn aus der Vorgeschichte mit Brünhild?
Germanistische Nicht-Antworten Natürlich kennen die Germanisten all diese Fragen und haben sich immer wieder redlich und verzweifelt bemüht, Antworten zu finden, die ihr etabliertes Bild von den Nibelungen und der Passauer Dichtung nicht in Gefahr bringen. Insbesondere hat man die kompli ziertesten Stammbäume konstruiert, aus denen die Passauer Dichtung entstanden sein soll – mit dem ein zigen Nachteil, daß keine der so geistvoll rekonstru ierten Vorformen irgendwo je belegbar geworden wären. Im Gegenteil: je komplizierter das System der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Vorformen im Laufe der Jahrzehnte wurde, desto höher türmten sich die Gebirge immer neuer Wider sprüche und Ungereimtheiten. Sollten denn tatsäch lich jene Exegeten recht haben, die ihre Flucht aus dem Gewirr der Rätsel in der verzweifelten Formel suchen: es sei der Dichter ein völlig ungebildeter, kle rikaler, hochbegabter Poet mit keinerlei geschichtli chen und Sach-Kenntnissen gewesen? Wer nun versucht, in kommentierten zweisprachigen Textausgaben selbst ein Bild zu gewinnen, der stößt auf weitere Merkwürdigkeiten der germanistischsten Art. Ich will auch davon einige aufzeigen und benutze dazu Brackerts Ausgabe der Fassung ›Not‹ und Genz mers Ausgabe der Fassung ›Lied‹. 1. Bei Brackert wird Vers 688 »Sîfrit der herre ûzer Niderlant«, der zu Worms bei seiner Ankunft alles verschenkt, was er und seine Mannen »ze Rîne brâhten« völlig unkommentiert gelassen: obwohl die Formel, er habe an den Rhein mitgebracht, an gesichts der Tatsache, daß er angeblich aus Xanten am Rhein kam, einigermaßen seltsam anmutet. In Vers 711 gab »man hie den helden«, woraus bei Brackert wird »hier in Xanten schenkte man den Helden« – ist »hie« wirklich Xanten? Und in Vers 734 beauftragt König Günther seine Boten, »al daz ich dar enbiete« auszurichten; woraus Brackert Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wieder macht »nach Xanten melden lasse« – ist »dar« wirklich Xanten, und nicht »dorthin«, wo immer das sein mag? Mit anderen Worten: allein die Vorstellung, es handele sich um Xanten und Worms, bringt Brackert dazu, unklare Stellen schlicht falsch aber eindeutig zu übersetzen. (Karl Simrock hat sich vor solchen Identifikationen noch wohlweislich gehütet.) 2. König Günthers Boten, die Siegfried an den Hof der Burgonden einladen sollen, reiten in Vers 742 »den Rhein abwärts«, bis sie Siegfried in Vers 739 »In Norwegen an der Grenze« antreffen, »ze Nor waege in der Marke«! Und kein Wort des Kom mentars, weshalb bzw. wie man von Worms aus beim Ritt rheinab an die Grenzen Norwegens gera ten kann. Wie aber, wenn Heinz Gropp recht hätte, der angeregt hat, so nachzudenken: wer von Worms rheinab in Richtung niederländisches Reich Sieg frieds reitet, der passiert die »Norv waegen in der marke«: die uralten Straßen in dem uralten Grenz land bei Norf nahe Düsseldorf? Jenes Grenzland zwischen rheinischen und westfälischen Landen? 3. Prinz Giselher bemüht sich, Kriemhild zur Annah me der Werbung Etzels zu bereden und sagt (Brak kert Vers 1244): »von dem Róten zu dem Rîne, von der Elbe unz an daz mer, sô ist künec deheiner sô gewaltec niht« – laut Brackert »Von der Rhône Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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bis zum Rheine, von der Elbe bis zum Meer ist kein König gewaltiger« als Etzel, der sie also für alles Leid entschädigen könne (Genzmer übersetzt Vers 1274 geographisch erheblich vorsichtiger: »Vom Rotten bis zum Rheine und weiter bis zum Meer gibt es ihrer keinen, der solcher Herrschaft wert«). Brackerts Übersetzung ist, betrachtet man sich die Landkarte, absoluter Unsinn: zwischen Rhône und Rhein gibt es kein Herrschaftsgebiet (außer dem Glarner Alpengletscherland), und wo sieht Brackert Herrschaftsgebiet des mächtigsten Fürsten zwischen Elbe und Meer? Und das Ganze als Vergleich mit Etzels Reich? Heinz Gropp schlägt hier vor: da es von »Rodanus« über »Róten« zur Rhône sprachlich nicht weiter ist als vom »Róten« zur Rhön, machte es geographisch sehr viel annehmbareren Sinn, den Vers so zu lesen: »Von der Rhön bis an den Rhein, von der Elbe bis zum (atlantischen) Meer«. Womit zwar immer noch nicht klar ist, was das mit dem Hun nenkönig Etzel in Ungarn zu tun haben soll, aber doch zumindest eine geographisch verständliche Lösung gefunden ist. Außerdem paßt das nicht schlecht zu den Straßen in Norfs Grenzbereich. 4. In Vers 1539 (Brackert) spricht die Wasserfrau Hagen mit den eigenartigen Worten an: »Ich will Dich warnen, Hagen, Sohn Aldrians.« (Genzmer Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Vers 1581). Wieso ist Hagen der Sohn Aldrians (der Name fällt in der ganzen Dichtung sonst nie), und wer war Aldrian? Die Germanisten schweigen. Wohl aber findet sich in der Thidrekssaga eine ganze lange Geschichte darüber, wie König Aldri an ein König bei Rheine war, und wie seine Frau einst weintrunken im Garten von einem Fremden schwanger wurde, davon der Knabe Hagen kam, und wie Hagen auf dem Sterbelager durch Diet rich/Thidrek als letzte Liebestat noch eine Jungfrau beigesellt wurde, die von ihm eines Knaben genas, den sie nach Hagens Wunsch Aldrian nannte, und wie Aldrian später seinen Vater an Attila/Etzel/ Atala rächte, indem er ihn in einem Berg mit Sieg frieds Goldschatz einmauerte. (Wie hieß es in der ›Klage‹? Daß niemand vom Ende Attilas wisse, »ob er sich verirrte ... oder lebendig wurde begra ben«?) 5. In Vers 1699 (Brackert) erbittet sich Hagen den Schild des Nudung, den Wittich erschlagen hatte; Brackert merkt an: »Daß Nudung von Witege er schlagen worden ist, wissen wir aus der DietrichSage. Näheres über das Verwandtschaftsverhältnis wird uns weder dort noch hier mitgeteilt.« Anders Genzmer zu seinem Vers 1746: »Hier wird auf die Sage von Nudung, Rüdegers und Gotelinds Sohn, angespielt, der von Wittich in der Rabenschlacht Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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erschlagen worden war.« Tatsächlich steht aber in der Thidrekssaga (wo man auch die Geschichte des Königs Aldrian, des Nicht-Vaters von Hagen und des Vaters von Kriemhild, Gunter, Gernot und Gi selher findet) in der Ausgabe der Sammlung Thule S. 393, daß Herzog Naudung der Bruder von der Markgräfin Gudelinda gewesen sei. Wieso findet Brackert in der Dietrich-Sage, daß Nudung von Witege erschlagen wurde, aber nichts über die we nige Zeilen später stehenden Verwandtschaftsver hältnisse? Wieso entdeckt Genzmer, daß es sich bei Nudung um Gotelinds Sohn handelt, wenn doch die Thidrekssaga eindeutig von ihrem Bruder spricht? Und wieso darf man die Thidrekssaga hier zur (fal schen und unvollständigen) Erklärung heranziehen, nicht aber zur Erklärung des Namens Aldrian? Höchst sonderbar!
Die Thidrekssaga Dieser angeblich von einem »namenlosen norwegi schen Sagamann« nach 1250 in Bergen/Norwegen aus Erzählungen deutscher Handelsleute kompilierte Text spielt in der Germanistik eine höchst eigentümli che Rolle. Wie oben gezeigt, darf man ihn nach un durchsichtigen Regeln immer dann zur Erklärung von Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Rätselstellen in der Nibelungendichtung heranziehen, wenn dadurch das etablierte Gesamtbild nicht gestört wird. Sonst ist der Text tabu. Und zwar vor allem, weil seine Ortsangaben nicht zum etablierten Bild passen. Mit Hohn verweist die Germanistik darauf, daß es an einer Stelle heißt, die Niflunge (wie die Ni belungen hier heißen) hätten den Rhein auf ihrem Zug zu Attila an der Stelle überquert, wo die Donau in den Rhein stürze. Daran allein könne man schon erken nen, daß hier völlige Unkenntnis der wirklichen Ver hältnisse obwalte, daß man also davon auszugehen habe, der namenlose Sagamann habe mündliche Er zählungen deutscher Reisender (die vielleicht selbst die Geschichte nur halb kannten) mißverstanden und daraus sein Gebräu ›Thidrekssaga‹ gebraut. Nun ist es eigenartigerweise so, daß tatsächlich einst eine »Donau« in den Rhein sich stürzte: nämlich die erst im vorigen Jahrhundert als selbständiger Neben fluß des Rheins durch Kanalisierung verschwundene Dhünn (die einst bei Leverkusen mündete). Das aber fand Dr. Heinz Ritter-Schaumburg heraus, als er sich daran machte, als erster all die Hausaufgaben nachzu holen, um die die Germanistik sich bisher vornehm gedrückt hatte: nämlich die geographischen Angaben der Thidrekssaga einmal genau unter die Lupe zu neh men. Die Ergebnisse waren mehr als verblüffend (so Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wie einst die Funde Schliemanns mehr als verblüffend waren und ganze Wissenschaften auf neue Bahnen brachte, als er seinen Homer ernst nahm und archäo logische »Schularbeiten« machte). Von ihnen gleich mehr. Zuvor noch eine andere Feststellung: obwohl es eine ganze Reihe von Arbeiten zur Thidrekssaga gibt, hat doch meines Wissens mit Ausnahme einer ungedruck ten Londoner Dissertation von 1936 nie jemand sich die Mühe gemacht, die Thidrekssaga als Ganzes zu lesen und zu werten; man hat vielmehr immer nur jene Partien herangeholt, die sich auf die »Niflunge« be ziehen und sie mit der Nibelungendichtung vergli chen. Dabei mußte man notwendig immer wieder zu dem Ergebnis kommen, daß die Thidrekssaga eine li terarisch sehr viel geringerwertige und reichlich mit späterem Material aufgeschwemmte Nacherzählung der Nibelungendichtung voller Fehler und Irrtümer sei. Nun sind viele Einzelbefunde zur Thidrekssaga sicherlich richtig und von großem Wert. Insgesamt aber: Liest man die Thidrekssaga von Anfang bis Ende und unvoreingenommen, dann gewinnt man ein ganz an deres Bild. Erzählt wird die Jugend des Königs Thi drek in Bern und wie er zu seinen Freunden kam, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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seine Abenteuerfahrten mit ihnen, seine Vertreibung durch seinen Onkel König Ermenrich, sein Exil bei König Atala in Susat, seine Abenteuer in vielerlei Kämpfen u.a. mit den Wilzen, seine Bekanntschaft mit Siegfried und dessen Beziehungen zu Brünhild, die Geschichte von König Aldrian und der Niflunger, deren Untergang in Susat, Thidreks Versuche, sein Reich zurückzugewinnen und schließlicher Erfolg, und Thidreks Ende. Nun ist das Eigenartige, daß die Thidrekssaga nicht nur in völliger Ordnung und Logik all das erzählt, was in der Nibelungendichtung so wirr und anachronistisch und unerklärlich er scheint, sondern darüber hinaus auch noch fast den gesamten Stoff all der großen altdeutschen Helden dichtung enthält: vorn Hildebrandlied über die Sagen um Wieland den Schmied bis zu Walther und Hilde gunde, die Genoveva-Legende ebenso wie die Kerne der Erzählungen um Tristan und Isolde, in den Ge schichten um König Osantrix die späteren Erzählun gen um König Rother ebenso wie eben auch die Ge schichte der Nibelungen. Eine knappe Übersicht mag das verdeutlichen: Kap. 1 ›Ritter Samson und seine Söhne‹ (mit 14 Un terkapiteln). Kap. 2 ›Jung Thidrek‹ (8 Unterkapitel) berichtet, wie Samsons Enkel Thidrek in der Stadt Bern Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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aufwächst und zu seinen Freunden Hildi brand als Schwertmeister und Heime kom men, wie er das Schwert Nagelring gewinnt und Hild und Grim erschlägt. Kap. 3 ›Der Wilzensaga erster Teil‹ (19). Kap. 4 ›Attilas Brautfahrt‹ (22) erklärt, daß Attila ein Friesenprinz ist, der beschließt, König von Hunenland zu werden, dessen Prinzessin Oda inzwischen Königin von Wilzenland ist, weshalb sich Attila zunächst um die Hand der Wilzenprinzessin Erka bemüht, als ihm das abgeschlagen wird, einen ver geblichen Kriegszug unternimmt, schließ lich aber doch durch List in den Besitz Erkas und des Hunenlandes kommt. Kap. 5 ›Die Geschichte von Welent dem Schmied‹ (29). Kap. 6 ›Widgas erste Ausfahrt‹ (22) endet mit der Aufnahme von Welents Sohn Widga unter die Kämpen Thidreks. Kap. 7 ›Thidreks Kämpfe mit Ecke und Fasold‹ (13) – Ecke wird erschlagen, Fasold wird Kämpe Thidreks. Kap. 8 ›Von Thetleif dem Dänen‹ (28) erzählt das wilde Leben dieses mannhaften Kämpen, der ebenfalls Thidreks Mann wird. Kap. 9 ›Der Wilzensaga zweiter Teil‹ (19) – Wild
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Ewer kommt zu Thidrek, Attila bittet Thi drek um Waffenhilfe gegen Wilzenland. Kap. 10 ›Der Zug gegen Jarl Rimstein‹ (5). Kap. 11 ›Jung-Sigurd‹ (18) – König Sigmund von Tarlungenland (wohl der spätere Darlingau nördlich des Harzes) wirbt um Sisibe von »Hispania«; es kommt zu Vorfällen à la Genovevalegende; Sisibe stirbt bei der Ge burt Sigurds; die Geschichte seines Auf wachsens als Pflegesohn Mimes; der Dra chenkampf, Mimes Tod, Brünhild erzählt Sigurd das Geheimnis seiner Herkunft. Kap. 12 ›Die Heldenschau‹ (21) – die Herkunft Hög nis aus dem Beilager der Gemahlin König Aldrians mit einem »Alben«; die Helden am Hofe Thidreks: Hildibrand, Heime, Widga, Jarl Hornbogen, Amlung, Sintram, Fasold, Thetleif, Wild-Ewer, Herbrand, Gunnar, Högni, Sigurd, Sifka. Kap. 13 ›Thidreks Zug ins Bertangenland‹ (38) – es ist dieses Land wohl der spätere (Lango)Bardengau bei Lüneburg. Sigurd wird nach Thidreks Sieg über ihn (durch List) ebenfalls sein Mann. Kap. 14 ›Sigurds und Gunnars Hochzeit‹ (6) – Sigurd bekommt Grimhild, Gunnar Sigurds ehe malige Verlobte Brünhild, die aber Sigurd Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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erst in der berühmten falschen/richtigen Brautnacht zu entjungfern vermag, womit sie ihre große Kraft verliert, und sich an schließend geziemend dem König hingibt. Kap. 15 ›Herburt und Hilde‹ (11). Kap. 16 ›Waltari und Hildegund‹ (4) sei kommentar los vermerkt. Kap. 17 ›Jarl Iron‹ (34) enthält alle Elemente der Tri stan-und-Isolde-Affäre. Kap. 18 ›Sifkas Rache‹ (8) – König Ermanrik schän det die Frau seines Verwalters Sifka und setzt so den ganzen Apparat von Rache und Verfolgung in Gang, dem zunächst seine Söhne, dann Thidrek zum Opfer fallen, wie in Kap. 19 ›Thidreks Flucht‹ (7) berichtet wird: Thidrek flieht zu König Attila von Susat (= Soest). Kap. 20 ›Der Wilzensaga dritter Teil‹ (25). Kap. 21 ›Thidreks Zug gegen Ermanrik‹ (26) geht in der Schlacht von Gronsport (in anderen Fassungen die Schlacht von Ravenna, die Rabenschlacht) verloren, in der die Söhne König Attilas ebenso wie Herzog Naudung fallen. Kap. 22 ›Sigurds Tod‹ (7) – Brünhilds Forderung an Grimhild, es gebühre ihr der erste Platz, bringt diese so auf, daß sie das bisher Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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streng gehütete Geheimnis des wirklichen Entjungferers der Königin herausposaunt, womit dann die Tragödie ihren wohlbe kannten Lauf zu nehmen beginnt: allerdings bringt Högni Sigurd auf der Jagd um, ohne sich vorher von Grimhild in Sigurds Hemd ein Kreuz sticken zu lassen (das übrigens auch im Nibelungenlied nicht so ganz funk tionsfähig war: hatte Kriemhild es doch in seinen Waffenrock genäht, während Sieg fried auf der Jagd sein Jagdhemd trug). Kap. 23 ›Hertnids Kampf mit Isung‹ (7). Kap. 24 ›Grimhilds Rache‹ (42) stellt den Untergang der Niflungen in Soest dar, in einer sehr von der nibelungisch-burgundischen Dich tung »abweichenden« Art, und endet in Ab schnitt 42 mit der Feststellung: all dieses hätten deutsche Männer erzählt, die teilwei se in Susat geboren seien und noch die Ört lichkeiten gesehen hätten, wo sich alles ab gespielt habe: »Es haben uns aber auch Männer von diesen Din gen erzählt, die in Bremen und Münster burg geboren sind. Keiner wußte Genaue res von dem ändern. Dennoch erzählten alle in derselben Weise, meist überein stimmend mit dem, was alte Lieder in Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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deutscher Zunge sagen, die gelehrte Män ner gedichtet haben über die großen Be gebenheiten, die sich in diesem Lande zu getragen haben.« Kap. 25 ›Thidreks Heimkehr‹ (8).
Kap. 26 ›Thidreks und Hildebrands Empfang in
Bern‹ (9). Kap. 27 ›Thidreks Sieg‹ (4). Kap. 28 ›Thidreks Drachenkampf‹ (7). Kap. 29 ›Attilas Tod‹ (6) – hier wird die Rache des Högni-Sohnes Aldrian berichtet, und wie Thidrek nach Attilas Tod auch König von Hunenland wird. Kap. 30 ›Heimes und Thidreks Ende‹ (10) wird in dieser Ausgabe noch ergänzt durch ›Wide kes und Didriks Ende nach der altschwedi schen Fassung der Saga‹. Mit anderen Worten: von den insgesamt 30 Kapiteln und 487 Unterkapiteln befassen sich lediglich 5 Kapi tel mit 94 Unterkapiteln – nämlich die Kap. 11 (mit 18 Unterkapiteln), 12 (mit 21), 14 (6), 22 (7) und 24 (mit 42) – im engeren Sinne mit den Nibelungen: und doch tun (bis auf die Londoner Dissertation von 1936) alle germanistischen Arbeiten zur Thidrekssaga so, als gehöre sie unmittelbar zum Umfeld des Nibe lungenstoffes. Hier seien noch einige Anmerkungen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zu dem gestattet, was in der vorstehenden Übersicht nicht ganz deutlich oder verständlich ist: 1. Mit den Wilzen (Kap. 3 ff) sind Slawen gemeint; bisher geht die Germanistik davon aus, in diesen Kapiteln spiegelten sich die Zeiten der Slawenkrie ge der sächsischen Kaiser; natürlich könnten sich darin ebenso die Slawenfeldzüge Karls des Großen spiegeln; aber schließlich sind erste slawische Herrschaftsbereiche bereits um 590 an der Süd westecke der Ostsee nachzuweisen, die durchaus bereits erste kriegerische Kontakte mit westlicheren Völkern gehabt haben werden, weshalb der Zeitan satz für die Erfahrungen, die die Wilzen-Erzählun gen der Thidrekssaga berichten, spätestens etwa 600 sein könnte. 2. Vom Hunenland ist die Rede. Nun haben späte stens die Gebrüder Grimm dekretiert, daß das Wort »Hüne/Heune« im Mittelalter von »hunne« abgelei tet worden sei, welche Vorstellung (in Grimms Wörterbuch) zu folgenden merkwürdigen Folge rungen führt: (a) wurde der Begriff »Hunne« später zu »Recke, Riese« umgedeutet (als Erklärung für hunnische Siege?), weshalb »Hüne« zur Bezeich nung für Enakssöhne wurde: aber in aller Literatur wird eigentlich immer wieder davon gesprochen, daß die Hunnen (wie später Awaren und Mongo len) gerade nicht riesig gewachsen, sondern klein Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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und häßlich waren; (b) finden sich bis nach Pom mern hinein Sagen von den »Hünen«, die also aus dem Westen zugewandert sein müssen: oder als Er innerungsbruchstücke an die Zeit hünischer Feld züge gegen die Wilzen übrig blieben?; (c) müßte man dann auch Hünengräber usw. auf dem Weg über die Uminterpretierung der kleinen Hunnen in riesige Hünen erklären, die leichteste mögliche Verdrehung; (d) müßte man dann Anreden Hadu brands an seinen Vater Hildebrand »alter Hun« im Hildebrandlied wie Formulierungen in der Edda (»Hunding hieß ein mächtiger König, derselbe nach dem Hundland benannt ist«) wieder kompli ziert ins Namensraster »Hunne« einpassen. 3. Viel einfacher wäre es, den Brüdern Grimm und Walter Jordan in seiner Edda-Ausgabe zu folgen, um zu anderen Ergebnissen zu kommen. Die Brü der Grimm nämlich geben an anderer Stelle eindeu tig an, daß »Hund« und »Hundertschaft« und »Hunne« z.B. auch in den Bereich des alten Zahl worts hundert gehören, daß etwa »Hunne« noch spät als Bezeichnung für einen Dorfrichter ge braucht wurde usw., daß also auch in Namen wie »Hoenschaft«, »Hoensbrock« usw. noch letzte Reste des uralten Gefolgschaftswesens zu sehen wären, von dem schon Tacitus berichtete, und in dem eben »Hun«dertschaften die kleinste Organisa Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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tionseinheit waren, »Hun«dertschaftsführer die niedrigsten »Dienstränge« sowohl der militärischen wie der zivilen und Gerichts-Verfassung; das Land der »Hünen/Hünen/ Heunen« (schon Karl Simrock verweigerte die Identifizierung von Hüne mit Hunne und sprach lieber von Heunen) demnach ein noch nach der alten »Hun«dertschaftsordnung le bendes Land war – eben das Hunenland Westfalen mit seinen Hünen (»stolz und blond und großge wachsen ...«); und demnach wäre das »Hundland« im Atlilied, das Reich Hundings, eben nicht das Reich der Hunnen, sondern das der Hünen. 4. Zu »Thetleif dem Dänen« und überhaupt der gan zen Frage, wie Dänemark so besonders prominent in die Saga geraten ist, sei angemerkt, daß in alt französischen Heldenliedern »Danemarche« (Däne mark?) die Bezeichnung für den Ardennerwald ist, und Ogier der »Däne« in Wirklichkeit Otkar, der Enkel Dolins von Mainz aus der Karlssage. Sieht man sich das alles genauer an, dann kommt man zu der überraschenden Feststellung: wenn die Germa nisten mit ihrer Theorie vom Sagamann recht haben, dann muß dieser Sagamann der größte enzyklopädi sche Dichter, oder zumindest Schriftsteller, aller Zei ten gewesen sein. Denn ihm müssen nicht nur zur Er klärung der einzelnen Erwähnung des Namens Aldri Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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an in der Nibelungendichtung (von der er bekanntlich nur aus mündlichen Berichten halbgebildeter Kaufleu te Mißverständliches in Bergen erfahren hat, bei Met und Bier vermutlich) ganze Sequenzen von völlig stimmigen historischen Erzählungen eingefallen sein, in die Materialien Eingang fanden, die erst in den letzten Jahren von der Sprachforschung wie der Ar chäologie wieder entdeckt wurden (davon gleich mehr). Er muß auch den ganzen Bereich zwischen Wieland dem Schmied und König Rother und Tristan nebst Isolde perfekt gekannt haben, um all das in seine minderwertige Nachdichtung einarbeiten zu können. Von all dem altnordischen Sagenmaterial, aus Island wie von norwegischen Königshöfen und ihren Bemühungen um die Aneignung südlicherer Li teraturen ganz zu schweigen. Und von dem Ge schichtsmaterial, das etwa in den Wilzensagen verar beitet ist.
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Kleiner Exkurs in sprachwissenschaftliche und
archäologische Bereiche
Eine der ihm bekannten Quellen könnte die Geschich te der Franken von Fredegar gewesen sein. In der wird erzählt, wie die Franken, von den Trojanern abstam mend, sich am Unterlauf der Donau teilten, und wie eine der beiden Gruppen unter Francio nach Westen an den Rhein zog und sich in den Ruinen der alten Städte niederließ. Fredegar gilt in diesen Themenbe reichen der seriösen Wissenschaft für noch weniger zuverlässig als Gregor von Tours, der Ähnliches be richtet. Ähnlich werden auch dazu durchaus stimmige Berichte in der Königschronik von Snorri Sturlusson als Phantastereien abgelehnt. Gegen Fredegar werden besonders ins Feld geführt jene völlig unverständlichen, also »verderbten« Pas sagen, in denen er vom Reiche Samos und von der Bulgarenschlächterei des guten Königs Dagobert, des Merowingers, berichtet. Nun hat inzwischen der Münchner Slawist Heinrich Kunstmann in einer lan gen Serie von Untersuchungen nachgewiesen, daß (a) die Slawenberichte Fredegars nicht nur nicht ver derbt waren, sondern im Gegenteil auf überra schend exakte Weise damaliges Wissen wider Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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spiegeln, daß nämlich alle unverständlichen Wörter in Wirklichkeit exakte phonetische Wie dergaben slawischer Namen und Bezeichnungen mit dem ungeeigneten Mittel des lateinischen Al phabets sind. Wofür Fredegar nichts konnte. Und daß (b) in den Berichten über die Bulgarenschlächterei Dagoberts durch einen namenlosen baierischen Markgrafen an der Ostgrenze des Reiches (viel leicht ein Ahn der Agilolfinger) auf das verblüf fendste das genaue Muster der Burgunder schlächterei in der Nibelungendichtung zu finden ist. Und daß (c) bereits bei Isidor von Sevilla die Verwechslung der Burgunder mit den Bulgaren besteht. Wenn aber gerade die schwierigsten und bisher unver ständlichsten Stellen bei Fredegar plötzlich sinnvoll und exakt werden, dann muß das doch in gewisser Weise die Wahrscheinlichkeit steigern, daß er auch in anderen Zusammenhängen nicht ganz so unwissend war, wie heutige Germanisten gerne hätten. Was, wenn eine Gruppe der »Franken« tatsächlich aus Be reichen ostgermanischer Herrschaft zugewandert wäre? Und also auch Sturlussons Geschichten nicht mehr frei im Räume schwebten? Man geht heute davon aus, daß einerseits die salischen Franken vom Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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heutigen Tournai in Belgien aus sich die Grundlagen des späteren merowingischen, karolingischen, fränki schen Reiches durch Expansion in östlicher Richtung durch die Ardennenwälder und die später Eifel ge nannte Landschaft hindurch aufbauten, während ri puarische Franken von den Ufern des Rheines aus nach Westen vorstießen, Kleinherrschaften begründe ten, und schließlich von den merowingischen Franken ebenso unterworfen wurden wie die diese Landschaf ten zuvor besiedelnden Kelten. Nun ist es so, daß seit einigen Jahren die Archäologen zwischen Xanten und Mainz immer häufiger aus dem 5. Jahrhundert, also der Zeit der fränkischen Landnah me, Material finden, das eindeutig ostgermanischer Herkunft ist. Und sich deshalb hier gar nicht befinden dürfte: denn hier gab es damals keinerlei ostgermani sche Völker. Oder doch Franken, die unter Francio von der unteren Donau zugezogen waren? Eigentümlich ist auch, daß ausgerechnet Trier, wo Ritter-Schaumburg den Sitz des Königs Ermenrik vermutet, der Didrik aus seiner Königsstadt Bonn vertrieb (Bonn nannte sich bis ins 15. Jahrhundert stolz »Verona«), von solchem ostgermanischen Fund material (bisher) völlig frei ist. Sollte sich also hinter der undurchsichtigen Verratsgeschichte um Ermenrik Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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als historische Tatsache verbergen, daß der zu Trier herrschende Ripuarier in frühzeitiger Erkenntnis der Kräfteverhältnisse (oder aus anderen, noch weniger ehrbaren Gründen) sich mit den salischen Merowin gern gegen seine engeren Verwandten, die rheinischen Ripuarier, zusammengetan hat? Hätte man in Hagen, den ein »Albe« zu Virnich bei Zülpich mit der Frau von König Aldrian zeugte, einen Reflex der fränkischen Landnahme gegen die Kelten zu sehen, vielleicht gar das ferne Echo eines wirkli chen Vorfalls? Muß man den Fredegar neu lesen, und findet man in ihm mehr Material zur frühen Geschich te der fränkischen Landnahme, als man bisher anzu nehmen wagt? Sind bestimmte archäologische Befun de im Lichte solcher Überlegungen neu zu deuten, etwa das »Königsgrab von Enzen«? Kamen die Nibe lungen ursprünglich nicht aus Worms als Burgunder, sondern aus der Gegend von Zülpich als Niflunge, wie die Thidrekssaga vermeldet? Gingen sie in Soest am Hof des Friesenfürsten Atala zu Grunde, wie die Soester »Ortsgeschichte« seit langem behauptet? Hat Heinz Ritter-Schaumburg gegen die etablierte Germa nistik doch recht, wenn er die Passauer Nibelungen dichtung als späten Reflex auf »alte maeren« ansieht, deren ältere Form in der Thidrekssaga verborgen steckt? Sind das vielleicht jene Gesänge aus der Vor Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zeit (also der Zeit der fränkischen Landnahme und des Aufbaus der fränkischen Herrschaft), die Karl der Große sammeln und sein fromber Sohn Ludwig der Deutsche angeblich als barbarisch wieder verbrennen ließ? Vielleicht weil da zu viel von den Untaten der edlen Ahnen zu lesen war? Zogen, wie RitterSchaumburg das erste seiner Bücher betitelte, »die Nibelungen nach Norden«? War »Dietrich – König von Bonn« und nicht Theoderich der Große? Karl Simrock jedenfalls stellte bereits im vorigen Jahrhun dert kühl fest, die Geschichten um »Dietrich von Bern« seien Geschichten um einen Rheinfranken, die im Sagenkreis um Theoderich den Großen verschwan den.
Die Didriks-Chronik Neben jener norwegischen Tradition, die sich in der Thidrekssaga des »namenlosen norwegischen Saga mannes« erhalten hat, und mit der die Germanisten so eigenwillig umgehen, gibt es noch eine andere Über lieferung. Ritter-Schaumburg hat sie erstmals als ei genständigen Text erkannt, die altschwedische Versi on, die er ›Svava‹ nennt und die er jetzt zum ersten Mal vollständig ins Deutsche übersetzt und mit einem gewaltigen Apparat versehen vorgelegt hat. Diese Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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›Didriks-Chronik‹ wird von der Nordistik wie der Germanistik bisher als eine noch schwächere Überset zung der altnordischen ›Membran‹ (= Thidrekssaga) ins Altschwedische betrachtet. Ritter-Schaumburg weist nun in seinem Apparat nach, daß diese Ansicht absolut falsch ist. Daß es sich bei der Svava vielmehr um eine völlig unabhängige Version handelt, die im Gegenteil bedeutenden Einfluß auf die ›Membran‹ ausgeübt zu haben scheint. Anhand dieser ›DidriksChronik‹ kann jetzt der Leser nachvollziehen, was Ritter-Schaumburg in seinen beiden ersten Büchern ausschnittsweise vorgetragen hat: a) daß der Namensbestand der Svava (und damit auch der Thidrekssaga) ein eindeutiges geographisches Gebiet umschließt, das mit Eifel, Voreifel, Nieder rhein, Westfalen und Nachbargebieten bis in den Osten exakt zu umschreiben ist; b) daß Namen wie Beschreibungen des Besiedelungs standes eindeutig in die Zeit vor 600, auf jeden Fall aber vor Karl dem Großen verweisen, dessen Neu gründungen ausnahmslos in der Svava nicht vor kommen; c) daß das gesamte System in sich erzählerisch wie hi storisch wie eben auch geographisch vollkommen stimmig ist und all jene Widersprüche und Uner klärlichkeiten nicht aufweist, die die Passauer Ni belungendichtung in so reichem Maße zum Ver Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wirrspiel machen; d) daß also der Gang der Dinge entgegen aller amtli chen Germanistik etwa so verlaufen sein kann: I. Aus den dynastischen Ursprungserzählungen der ripuarisch-fränkischen Kleinkönige aus der Zeit ihrer Landnahme ab 420 entstand irgendwann zwischen 600 und 700 um den Haupthelden Didrik von Bonn herum angeordnet das System der Didriks-Chronik, die in der Svava erhalten blieb. II. Mit dem Sieg der salischen Merowinger und der Ausbreitung des merowingischen Reiches wur den die Spuren dieser Geschichte soweit es ging getilgt, auf daß die fränkische Reichsgeschichte zum Ruhm der Merowinger gestaltet werde. Aber Bruchstücke wanderten mit ripuarischen Franken in alle Teile des sich ausdehnenden Rei ches und gingen andernorts mit vielerlei Lokal traditionen neue Verbindungen ein, die den rheinfränkischen Ursprung immer schwerer er kennbar machten. III. Um 800 ließ Karl der Große diese verscholle nen Gesänge über das Leben und die Taten der Vorfahren sammeln, sein ›Heldenliederbuch‹, in dem also wohl auch all jene Lieder auftauchten, aus denen sich die ›Didriks-Chronik‹ zusammen gefunden hat. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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IV. Als sich die Passauer Nibelungendichtung rund 400 Jahre später aus »alten maeren« ihre Ver satzstücke zusammensuchte, blieben die Bruch kanten dieser alten maeren als unverstandene Reststücke im Text erhalten (wie die Anrede an Hagen als Sohn Aldrians), und führten später die Germanisten in die abenteuerlichsten Irrgänge. V. Was in der Svava relativ ungebrochen altgerma nisch erhalten blieb, wurde in der Thidrekssaga bereits nach damals modernen literarischen In teressen aufgeschwemmt und ausgewalzt (und partiell vielleicht auch durch die Nibelungen dichtung beeinflußt). VI. Da das ›Volksbuch vom hürnen Seifrit‹ eindeu tig der Tradition der Nibelungendichtung nicht zuzuordnen ist, aber vor allem im 1. und 3. Teil große Ähnlichkeiten mit der Svava zeigt, gehört auch der »hürnen Seifrit« eher zu dieser älteren Tradition. (Der 2. Teil stellt eine sehr wortreiche Neuerzählung der ganzen Geschichte dar, wobei diesmal der Held allerdings ein Christ ist und die Erzählung insgesamt wie eine »Verchristli chung« des Themas erscheint. Eigentümlich ist, daß viele Einzelheiten des 2. Teils überhaupt nicht zur Siegfriedssaga gehören, wohl aber zur Didriks-Chronik, und hier speziell zum Zug Didriks ins Bertangaland: eine Verwechslung, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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die ein weiteres Indiz dafür ist, daß Seifrit zur Didrikschronik, nicht aber zur Nibelungendich tung gehört). VII. Alle anderen germanischen Heldendichtungen müssen als »Auswüchse« dieses Urstamms an gesehen werden: und die angeblichen Geschich ten um Theoderich den Großen alias Dietrich von Bern sind in Wirklichkeit mit Lokaltraditio nen des donau-alpenländischen Raums aufgefüll te Stücke aus der Geschichte des Rheinfranken Didrik, der ein (Klein)König zu Bonn war, ir gendwann zwischen 460 und 530. Sollte Ritter-Schaumburg aber im Grundsätzlichen recht behalten, und alle Kritik lediglich am Detail Grund zu Verbesserungen finden, dann wäre mit die sem von ihm erarbeiteten Mosaik, das – wie gezeigt – von mancher anderen Seite direkt oder indirekt ge stützt wird, zugleich mit dem so oft als verloren be klagten ›Heldenliederbuch Karls des Großen‹ ein un geheuer wichtiger Teil der Frühgeschichte wieder zu rückgewonnen und in das Gewirr der Nibelungen-In terpretationen endlich der so notwendige rote Faden gezogen. Könnte nicht alles so gewesen sein? Zurück aber noch einmal zur Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Passauer Nibelungendichtung und ihren Rätseln Da waren die Schneiderstrophen und die zahlreichen Gebiete sonderbarer Unkenntnis des Passauer Dich ters. Wie nun, wenn sich das auflösen ließe durch die Annahme einer Dichterin? Man stelle sich vor, es hätte eine junge Dame aus gutem Hause den ihr An verlobten auf einem jener wahnwitzigen Züge verlo ren, an denen die Kreuzfahrerzeit so reich war, und ihn nur verloren, weil er sich den Verpflichtungen des Vasallentums nicht entziehen konnte. Und wäre dann in das Stift für adlige Frauen Niedernburg bei Passau abgeschoben worden, da mangels Mann für ihre Fa milie nicht mehr wertvoll. Und hätte sich da in der Klosterbibliothek die trostlose Zeit mit der Lektüre dort versammelter »alter maeren« vertrieben: damals waren die adligen Frauen meist sehr viel gebildeter als ihre Kampfhähne von Männern. Und hätte nach und nach Partien erkannt, die ihr wie Bilder ihres ei genen Geschickes vorkamen, und die sie dann als Versatzstücke aus den alten Rahmen löste und zu einer neuen Geschichte zusammenfügte: zur Nibe lungendichtung Fassung C ›Das Lied‹. In der sie ohne jede Rücksicht auf historische Zusammenhänge oder sachliche Richtigkeiten ein Gemälde ihrer Seelenland Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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schaft zu schaffen suchte. Und aus dem Fiedler Vol ker der Didrikschronik das Denkmal ihres verlorenen Geliebten ›Volker von Alzey‹ schuf, der dramatur gisch in der Dichtung so sonderbar überflüssig und doch so reich bedacht erscheint. Da sind die ganzen donauländischen und ungarländi schen Passagen, die teils der örtlichen Legende ent stammen: wie das Vorbild des Burgundermordes – der zum Jahreswechsel 630/31 von einem anonymen baierischen Markgrafen im Auftrag König Dagoberts in dieser Landschaft an 9000 Bulgaren durchgeführte Massenmord aus politischen Interessen – zeigen könnte. Teils aber auch der Geschichte der baieri schen Prinzessin Gisela, die nach ihren in vielem den Kriemhild-Erfahrungen so ähnlichen Erlebnissen am ungarischen Königshof zur Äbtissin in Niedernburg wurde, entstammen könnten. Was dann unschwer zu sammen mit untergegangenen Kenntnissen zur Ver wechslung des Friesenprinzen Atala zu Soest mit den Ungarnfürsten Attila zu Buda, zur Verlagerung einer rheinfränkischen Königssage in den oberdeutsch-do nauländischen Alpenraum geführt haben könnte. Und dann lag jener Text der Fassung C ›Das Lied‹ vor und klagte die herrschende, die politische Klasse, die Nomenklatura jener Zeit all der grausamen Ver Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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brechen an, die in den starken Farben der Dichtung bis heute unvergangen und erschütternd blieben. Klagte die Herrschaft der Männer an, die sich im düstren Hagen und seiner kalten Rationalität widerge spiegelt fand und dem Vorwurf an ihn, die Treue der unbedarfteren Nibelungen dazu ausgenutzt zu haben, sie in den Untergang zu führen, aus welchen Gründen auch immer. Durfte das sein? Natürlich nicht. Und also, könnte die Geschichte weitergehen, beauf tragte die Reichsnomenklatura einen ihrer Getreuen (vielleicht jenen Konrad von Fussesbrunnen, den manche als Dichter des Epos glauben ausgemacht zu haben) mit einer Überarbeitung der Dichtung, die nicht mehr aus der Welt zu schaffen war, aber viel leicht durch eine genehmere Fassung im Wege geziel ter Verlags- und Vertriebspolitik beiseite gedrängt, verdrängt werden könnte. Entstand so die Fassung B ›Die Not‹? Fast unmittelbar nach dem ersten Be kanntwerden der Urfassung C? Und hat die Dichterin gegen diese Manipulation mit dem rätselhaften Teil 3, der ›Klage‹, zu antworten versucht? Fügt man die Funde, die sich auf der Wanderung durchs heterodoxe Gefild angesammelt haben, auf diese Weise zum neuen Mosaik zusammen, ergibt sich zumindest ein sehr viel verständlicheres Bild der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Vorgänge, die zur Dichtung in ihren unterschiedlichen Fassungen geführt haben könnten mit all den Wider sprüchlichkeiten, die aufzulösen der orthodoxen Ger manistik bis heute nicht gelang, von den reichlich hilflosen Zuarbeiten der Nordistik ganz zu schweigen. Sind die gesammelten Funde wirklich nur nutzloses Wissen? Konkordanz geographischer Namen Name in Didrik-Chronik (bzw. Thidrekssaga)
übliche Deutung
Deutung Ritter-Schaumburg
Aengland Aldinsela
England Oldenzaal/NL
Bakalar Babilonia Ballofa/va Bern/Verona Bertangaborg
Pöchlarn/A Köln
Land der Angeln Seelhof (bei Altenmelle; alte Rechts-/ Thingstätte) Blecher bei Altenberg
Bertangaland
Britannien
Brictan Duna
Donau
Eydiss/a (Fluß) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
Verona
Balve Bonn wohl auf dem Kalkberg bei Lüneburg (der einzige Berg im Bardengau,naheBardowik) (Lango) Bardengau (bei Lüneburg) Brechten (bei Lünen) Dhün oder Dünn (rechter Nebenfluß des Rheins, Mündung nahe Leverkusen, 1824 in die Wupper umgeleitet, heute nochGroße Dhüntalsperre) beim Einfluß der
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Franci Nebulones Fritilia Furt (an der Eydiss) Gränsport
Greken Grönasund
(Rabenschlacht/Ravenna)
Griechenland
Hagen der »Albe« Hof Her Hespanien
Spanien
Humlungaland
Amelungenland
Hu/ü/nenland Lippa Lyr(a)wald
Hunnenland
Mundia
Montes (= Alpen)
Mundia-Gebirge
Alpen
Nogard (Hauptstadt) Osning Puli
Nowgorod
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Aller in die Weser (vgl. dort heute Eitzer Meer, Eitzer Fähre sowie das Flüßchen Eitze) Neffel-Franken (Neffelbach bei Zülpich; daher Niflunge) Friesdorf (bei Bad Godesberg) Verden Gänsefürtchen (bei Koblenz; am südl. Moselufer hieß eine Ebene früher »Rauenthal«, daher vielleicht »Rabenschlacht«?) Graach (an der Mosel) zwischen den dänischen Inseln Møn und Falster (aus Elvenich? von Albiniacum) Herhof (bei Meinerzhagen) Haspengau (westlich der Maas) die Heimatlandschaft Didriks um Bonn/Verona Westfalen+Niedersachsen Lippe Sauerland (heute noch teilweise als »Lyr«- oder »Lurwald« vorhanden) zu Mündung/Mund: die Tieflandsbucht von Bad Godesberg nordwärts vor allem das RheinischeSchiefergebirge) Nowgorod Teutoburger Wald Polch (bei Mayen)
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3. Die wahre Geschichte vom 'Lied der Nibelungen'
Pullernaland Rimslo(wald) Rom(aburg) Ro(o)m/Ra(a)m Rytzeland Salerna Susa(t) Tarlungaland
Rom Rußland Salerno
Thorta Ungeren
Ungarn
Vaska-ste(i)n Venedi
Wasgenwald, Vogesen Venedig
Vernica
Worms
Vinn(d)land Wilzenland
Winland = Vinn(d)land Wisar Wisara
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(Großschweden)
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Polen (?)
Riemsloh (bei Melle,
heute noch Waldstück)
Trier (= Roma Secunda)
Ramershofen (bei Bonn)
Russenland
Sauvenière (bei Namur)
Soest
Darlinggau (nördlich
des Harzes, das Land,
aus dem Siegfried
stammte)
Dortmund
Engerisgau
(rechtsrheinisch,südlichdes
Siebengebirges,naheBonn)
Forst (bei Karden)
Wenden (bei Olpe
im Sauerland)
Virnich/Firmenich
(bei Zülpich)
Wend(en)land (östlich
der Unterelbe)
Mecklenburg+
Südpommern+
Südschweden+
Dänische Inseln
Emscher (alt: Embiscara)
Weser
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IV. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
»Das Abecedeeefgehaijotkaelemenopequeres teuvauwehixypsilonzett-Buch.« (Jean Paul) »Anders gesagt, der Erzähler ist der Gefange ne seiner eigenen Prämissen.« (Umberto Eco) »Wer immer sich einer natürlichen Sprache bedient, um sich mit einem Adressaten über etwas in der Welt zu verständigen, sieht sich genötigt, eine performative Einstellung einzu nehmen und sich auf bestimmte Präsupposi tionen einzulassen. Er muß unter anderem davon ausgehen, daß die Beteiligten ihre illo kutionären Ziele ohne Vorbehalte verfolgen, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ihr Einverständnis an die intersubjektive An erkennung von kritisierbaren Geltungsansprü chen binden und die Bereitschaft zeigen, in teraktionsfolgenrelevante Verbindlichkeiten, die sich aus einem Konsens ergeben, zu über nehmen. Was derart in die Geltungsbasis der Rede eingelassen ist, teilt sich auch den übers kommunikative Handeln reproduzierten Le bensformen mit.« (Jürgen Habermas) »Jedes Wort ist ein ›Gedicht‹.« (Hugo Schrath) »Es war ihm unmöglich, die Wörter nicht im Besitz ihrer Bedeutungen zu stören.« (Lichtenberg) »Ich hasse die Wirklichkeit, aber sie ist der einzige Ort, wo man ein anständiges Steak bekommt.« (Woody Allen)
Einem Brief Michail Scholochows zufolge, den der KGB – die bedeutendste Verwahranstalt unbekannter Texte großer Denker und Schriftsteller im Sowjet staat – 1990 veröffentlichte, war er wirklich nicht der Verfasser des von ihm für sich beanspruchten Ro Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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mans ›Der stille Don‹. Eine beruhigende Nachricht. Wenn er eine Rezension verfertigt, habe ich mir sagen lassen, soll er allemal die heftigsten Erektionen haben. Unter die größten Entdeckungen, auf die der mensch liche Verstand in der neuesten Zeit gefallen ist, gehört meiner Meinung nach wohl die Kunst, Bücher zu be urteilen, ohne sie gelesen zu haben. Die Irin Eibhlin Dubh Ni Chonaill wurde im Alter von 15 Jahren von ihrer Mutter gezwungen, den sehr viel älteren O'Connor of Iveragh zu heiraten, der 6 Monate später starb, woraufhin sie mit einem gewis sen O'Leary durchbrannte, dessen Tod wiederum sie um 1830 veranlaßte, in der 1000jährigen Tradition gälisch dichtender Frauen Irlands ihre erschütternde Totenklage ›Caoinadh Airt Ui Laoghaire‹ zu verfas sen, die ›Klage um Art Ua Laoghaire‹, das letzte große Epos Irlands in gälischer Sprache und unter Verwendung der klassischen Versmaße. Sie hatte 21 Geschwister. Unter den heiligsten Zeilen des Shakespear wünschte ich, daß diejenigen einmal mit Rot erscheinen mög ten, die wir einem zur glücklichen Stunde getrunkenen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Glas Wein zu danken haben. Auf altirisch, einwandfrei vorchristliche Großzügig keit wiedergebend, lautet die Bezeichnung für Onanie »lámcairde« = Handliebe; im heutigen Bretonisch »skuill an natur« = die Natur ermüden. Im südlothringischen Ort Saint Dié wollten eine Druckerei und eine Gelehrtenschule, an der unter an deren der Freiburger Kartograph Waldseemüller und der elsässische Philologe Martin Ringmann wirkten, kurz nach 1500 an dem florierenden Geschäft mit geographischen Büchern und Karten teilhaben. Sie ließen sich von dem Reisebericht Amerigo Vespuccis inspirieren und schufen eine 1507 veröffentlichte Weltkarte, auf der die für Europa neue Welt jenseits des Atlantiks den Namen »Amerika« erhielt. Das ver mutlich von Ringmann verfaßte Begleitbuch ›Cosmo graphia Introductio‹ stellt dazu fest: »Ein viertes Teil ... ist von Americus Vespucci entdeckt worden, und ich meine, nichts hindert uns vernünftig, es mit dem Namen seines genialen Entdeckers zu benennen, das heißt: Land des Americus, oder Amerika, da auch Europa und Asien Frauennamen gegeben wurden.« Dem Stuttgarter Sprachforscher Manfred Rommel verdanken wir die tiefgründige Einsicht: »Ein saube Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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res Weib ist etwas anderes als eine reine Jungfrau. Es kann sich um dieselbe Person handeln, muß aber nicht.«1 Durch Überanstrengung erreicht man in den Alpen nichts; man erreicht nichts dadurch, daß man zwei Ta gesetappen in eine zusammendrängt, nur aus dem armseligen Grund, später mit der Heldentat prahlen zu können. Man wird feststellen, daß es auf die Dauer viel besser ist, die Sache in zwei Tagen zu machen und dann im Bericht einen abzuziehen. Das erspart Mühe und schadet dem Bericht nicht. Die umsichtige ren unter den Alpenreisenden tun das alle. Schlechte Dichtungen wären besser zu ertragen, wenn sie nicht so viele noch schlechtere Rezensionen her vorriefen. Dem deutschen Freibeuter (= Seeräuber) entspricht der niederländische »vrijbuiter« (ähnlich ausgespro chen). Da sich ab dem 17. Jahrhundert die »vrijbui ter« besonders mausig zu machen begannen, geriet das Wort als »flibutor« ins ältere Englisch, als »flibu stier« ins Französische, als »filibustero« ins Spani sche. Als sich nach 1650 im Bereich der westindi schen Inseln Seeräubergemeinschaften und -gesell schaften bildeten, nannten sich ihre Mitglieder »fili Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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buster«. Da sie insbesondere die spanischen Kolonien zum Opfer erkoren, was den angelsächsischen Interes sen sehr entgegen kam, geriet diese neue Form wie derum ins Englische vor allem auch Nordamerikas. Ab 1889 schließlich nahm der Begriff in den USA eine neue Bedeutung an: ein »filibuster« bedeutet jetzt dort, daß jemand im US-Senat, der keine Redezeitbe schränkung kennt, beliebig lange spricht (etwa die Bibel verliest, deren Text die Protokollanten dann textgetreu ins Protokoll aufzunehmen haben), um die Verabschiedung eines Gesetzestextes so lange wie nur möglich hinauszuzögern oder gar zu verhindern. Seit her schließlich nicht nur der »Redezeiträuber«, son dern in einem generelleren Sinne jeder »Obstruktions politiker«. So weit ist der ehrsame deutsche Freibeu ter im Laufe der Zivilisationsgeschichte des Abend landes herabgekommen! Ich habe seine Stärke im Kauderwelschen bewundert. All hail, Macbeth! übersetzte einmal jemand durch: »Alle Hagel, Macbeth!« Es donnert, heult, brüllt, zischt, pfeift, braust, saust, summet, brummet, rumpelt, quäkt, ächzt, singt, rap pelt, prasselt, knallt, rasselt, knistert, klappert, knur ret, poltert, winselt, wimmert, rauscht, murmelt, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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kracht, gluckset, röcheln, klinget, bläset, schnarcht, klatscht, lispeln, keuchen, es kocht, schreien, weinen, schluchzen, krächzen, stottern, lallen, girren, hauchen, klirren, blöken, wiehern, schnarren, scharren, spru deln. Diese Wörter und noch andere, welche Töne ausdrücken, sind nicht bloße Zeichen, sondern eine Art Bilderschrift für das Ohr2. Berühmte letzte irische Worte: – Brendan Behan zu der ihn pflegenden Nonne: »Danke, Schwester, Sie verdienten es, Mutter eines Bischofs zu sein.« – Erskine Childers vor dem englischen Erschießungs peloton: »Kommt näher, Jungs; das macht es leich ter.« – Thomas Dermody: »Ich bin lasterhaft, weil es mir gefällt.« – Robert Emmet wurde 3 mal vom Henker gefragt, ob er bereit sei, und antwortete 3 mal: »Noch nicht.« – Oliver St. John Gogarty: »Ich fürchte, jetzt fangen meine Schwierigkeiten an.« – James Joyce: »Versteht das irgend jemand?« – Jimmy O'Dea sprach auf der Bühne die Worte: »Lebet wohl, Freunde, eines Tages sehe ich Euch alle in Glocamara wieder«, und brach tot zusam men. – George Bernard Shaw zu Ellen Casey: »Well, auf Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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jeden Fall eine neue Erfahrung.« – John Millington Synge: »Zwecklos, weiter gegen den Tod zu kämpfen.« – Theobald Wolfe Tone, als ihm sein Arzt sagte, er dürfe sich nicht bewegen, da jede Bewegung seinen Tod bedeuten könne: »Ich finde keine Worte, um Ihnen dafür zu danken; das ist die erfreulichste Nachricht, die Sie mir bringen konnten; wofür soll te ich wohl noch leben wollen?« – Oscar Wilde: »Die Tapete bringt mich um; einer von uns beiden muß verschwinden.« Und dann: »Ich sterbe, wie ich gelebt habe: über meine Mit tel.« – Turlough O'Carolan, der berühmteste irische Har fenspieler, als er das letzte Glas Whiskey, um das er gebeten hatte, nicht mehr trinken konnte, küßte das Kelchglas und starb nach den Worten: »Es wäre bitter, wenn so gute Freunde ohne wenigstens einen Abschiedskuß voneinander scheiden müß ten.« Vielleicht hat ein Hund kurz vor dem Einschlafen oder ein betrunkener Elefant Ideen, die eines Magi sters der Philosophie nicht unwürdig wären. Sie sind ihnen aber unbrauchbar, und werden durch ihre allzu reizbaren sinnlichen Werkzeuge auch wieder ver wischt. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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David Lodge beschreibt den Unterschied zwischen Literatur und Leben so: »In der Literatur geht es größtenteils um den Sex und nicht ums Kinderkriegen und Kinderhaben; im wirklichen Leben ist es genau umgekehrt.« 1902 übertrug ein Goethe-Verehrer dessen berühmtes Nachtgedicht Über allen Gipfeln ist Ruh, In allen Wipfeln spürest du Kaum einen Hauch. Die Vöglein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest du auch. ins Japanische. 1911 übertrug ein französischer Ver ehrer japanischer Lyrik die Verse in der irrigen Mei nung, es handele sich um eine japanische Original dichtung, ins Französische. Woraus sie schließlich ein deutscher Bewunderer fernöstlicher Lyrik ins Deutsche brachte: Stille ist im Pavillon aus Jade. Krähen fliegen Stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mond licht. Ich sitze Und weine. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Verlag Feil & Söhne hat endlich den lang erwar teten ersten Band der Wäschelisten Metterlings (›Die gesammelten Wäschelisten Hans Metterlings‹, Band I, 437 Seiten, XXXII Seiten Einleitung, Register, DM 39,50) mit dem fundierten Kommentar des bekannten Metterling-Schülers Günther Eisenbud3 veröffent licht. Die Entscheidung, dieses Werk getrennt und vor Abschluß des gewaltigen vierbändigen Œuvres her auszubringen, ist so erfreulich wie vernünftig, wird doch dieses eigensinnige und schillernde Buch im Nu die ekelhaften Gerüchte aus der Welt schaffen, Feil & Söhne wollten, nachdem sie mit den Romanen, dem Theaterstück und den Notizen, Tagebüchern und Briefen Metterlings guten Gewinn gemacht hätten, bloß versuchen, weiter Gold aus derselben Ader zu schlagen. Wie unrecht diese Intriganten hatten! Tritt man zaghaft an den Rand der wahren Begeben heiten, um sie ästhetisch aufzubereiten, stinkt es nach Heimatdichtung. Der Acker ist durchsetzt mit völki schen Substraten. Ukko und Bukko waren exzentrische Clowns. Bukko war insgeheim ein Poet. Geld bedeutete für ihn das selbe, was für Ukko Poesie bedeutete: etwas, worüber man mit den Schultern zuckt und grinst. Er träumte von Spaziergängen durch Alleen, von schönen Mäd Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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chen im purpurnen Schatten von Rhododendronbü schen, vom Lächeln weißer Zähne, von errötenden Pfirsichwangen, von Küssen. Bukko hatte erfahren müssen, daß er in weiblichen Augen noch viel häßli cher war, als er sich selbst fand. Ukko war auch nie geküßt worden, aber ihm machte das nichts aus. Als sie einmal in einer schwülen Frühlingsnacht mit ihrem Wohnwagen über eine dunkelviolette Heide fuhren, dem schimmernden Band einer Wagenspur hinterher, hob Bukko die Augen zum Himmel und seufzte beim Anblick der Milchstraße, die wie eine Handvoll Goldstaub auf dem Boden einer schwarzen Schale voller Diamanten lag: »Ukko, hast Du auch so ein Heimweh nach der Liebe?« Ukko spie einen Strahl Kautabaksaft wie ein braunes Fragezeichen auf das weiße Hinterteil des Schimmels. »Was kann man sich dafür kaufen?« Ukko hatte seine eigenen Namen für alle Gegenstände. Eine Schippe war ein Gräber chen, eine Harke ein Klauchen, eine Kneifzange ein Kneiferchen, ein Bett ein Liegerchen. Auch für die Liebe hatte er einen eigenen Namen, vor allem im Hinblick auf Bukko. Er nannte sie Papageienheim weh. Das Heimweh von Papageien nach azurblauen Bergen mit zart grünen Wäldern, die sich in mond steinblauen Seen spiegeln. Das längste in einem Wörterbuch des US-Englischen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zu findende Wort zählt 45 Buchstaben, ist – wen wunderts – Medizinergriechisch, lautet Pneumonoul tramicroscopicsilicovolcanokoniosis und bedeutet, ein durch Einatmen von Quartzstäuben verursachtes Lun genleiden. Er liebte hauptsächlich die Wörter, die nicht in Wör terbüchern vorzukommen pflegen4. Lateinisch »cupa« heißt die Kufe, lateinisch »caupo« heißt der Weinschenk, der Kneipier. War also der erste »Kauf«mann ein Weinhändler? 1549 erschien erstmals der ›Grobianus‹ von Friedrich Dedekind auf lateinisch und bereits 1551 in deutscher Übersetzung. Darin ist das 2. Kapitel übergetitelt ›Von Höflichkeit des nasenbutzens/niesens/ lachens/ hustens/ und viel anderem Wohlstand der Kleider‹. Darin heißt es: Niemandt sein art verbergen kann Man sichts jm bald im angsicht an. Es ist der brauch in fremden landen Als India wo golt vorhanden Auch edelgstein Und perlin gut Daß mans an d'nasen hencken thut. Solch gut hat dir das glück nit bschert Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Drumb hoer was zu deiner nasen ghoert: Ein wüster Kengel rechter leng Auß beiden Löchern außher heng Wie lang eißzapffen an dem Hauß Das ziert dein nasen vberauß ... Doch halt in allen dingen maß Daß nicht der Kengel wird zu groß: Darumb hab dir ein solchels meß Wenn er dir fleußt bis in das gfreß Und dir auf beiden leffzen leit Dann ist die naß zu butzen zeit. Auf beide ermel wusch den rotz Daß wer es seh Vor unlust kotz. Die Meinung des Menschen, der zwar die Erde für rund hielt, aber glaubte, wir gingen auf der konkaven Seite wie Ochsen im Tret-Rade, verdient angemerkt zu werden5. Eine Hauptregel für Schriftsteller, zumal solche, die ihre eigenen Empfindungen beschreiben wollen, ist: ja nicht zu glauben, daß, weil sie solches tun, dieses bei ihnen eine besondere Anlage der Natur dazu anzeige. Andere können dieses vielleicht ebenso gut als du. Sie machen nur keine Geschäfte daraus, weil es ihnen ein fältig vorkommt, solche Dinge bekanntzumachen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die sächsische Mundart eignet sich bekanntlich wie keine zweite zum Austausch lieblicher Gefühle. Schriftsteller sind von allem unordentlichen Gelichter am ehesten dem postumen Heuchelmord ausgesetzt. Der ist des Teufels, sprach Bobtz, der so lang betten möchte. Wann ich Morgens auffstehe, sprach Grschwbtt, so spreche ich ein gantz A.B.C., darinnen sind alle Gebett auff der Welt begriffen, vnser Herr Gott mag sich darnach die Buchstaben selbst zusam men lesen und Gebette drauß machen, wie er will, ich könts so wol nicht, er kan es noch besser. Vnd wann ich mein a b c gesagt hab, so bin ich gewichst und ge trenckt, vnd denselben Tag so fest wie ein Maur. Hilperts Glaube an das Alphabet verhalf ihm zu der Entdeckung, daß auf die Erbsünde die Erbswurst folgt ... Hilperts geniale Eingebung war es, daß es zwischen Erbsünde und Erbteil noch etwas geben müsse. Damit hatte er auf jeden Fall recht, machte er doch später noch eine weitere Entdeckung in diesem Zwischenraum, der so grundlegend für uns alle ist, für die Gläubigen wie für die Schuldner ... das bis dahin übersehene Zwischenwort Erbtante.
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Er kann die Dinte nicht halten, und wenn es ihm an kommt, jemand zu besudeln, so besudelt er sich ge meiniglich am meisten. Die antike Landschaft Mösien hat nichts mit der Möse zu tun, alswie Franzosen und Französischspre chende die Maas zu nennen belieben (la Meuse), deren Diminutiv die Mosel ist, also das kleine deut sche Möschen. Für das Elementarwort »Kuß« gibt es immer noch keine befriedigende Etymologie. Hingegen irrt nicht, wer die Wörter »Liebe« und »Libido« in engstem Ur wortzusammenhang wähnt. Denn den Brüdern Grimm zufolge ist das gotisch, altnordisch, altsächsisch, alt niederfränkisch, niederländisch, niederdeutsch, angel sächsisch, altenglisch, neuenglisch, friesisch, althoch deutsch, mittelhochdeutsch und – natürlich! – sla wisch reich belegte Grundwort laut den Sanskritfor men und den lateinischen Varianten identisch mit »heftig verlangen, begehren, ergieren, habsüchtig sein«. Kurz: von anderen die Befriedigung egoisti scher Bedürfnisse verlangen. In 3jähriger Arbeit hat eine Spezialistengruppe an der McKenna-Universität zu Claremont in Kalifornien durch eine Computeranalyse von ca. 3 Millionen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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(3000000) Schlüsselwörtern (davon 884000 von Shakespeare) nachgewiesen, daß Shakespeares Werke von keinem der anderen Kandidaten für diese Autor schaft (Christopher Marlowe, Francis Bacon, John Donne, Edmund Spenser, Michael Drayton und Ed ward deVere, von denen die übrigen Schlüsselwörter stammen) geschrieben worden sein können. Damit bleibt nur noch die Frage offen, ob es nun wirklich William Shakespeare war, oder – wie bereits George Bernard Shaw erkannte – »ein anderer Schriftsteller gleichen Namens«. »Die Platonkritik Ciceros erbrachte den Hinweis auf das grundsätzliche metakritische Retorsionsargument aus der strukturellen Rhetorikaffinität philosophischer Redetexte und die Unterscheidung zwischen den in haltlich rhetorikrepugnanten und den rhetorikaffinen Philosophemen.« (Peter L. Oesterreich). Na denn! Und mir ist immer beigebracht worden, daß laut Quintilian Rhetorik die Kunst der schönen Rede sei und Cicero als einer der Großmeister des literarischen Lateins zu gelten habe. Oranariz heißt auf jamaika-spanisch »Goldene Nase«, und Oracabessa »Goldener Kopf«. Die Bougainvillea heißt auf mexikanisch-spanisch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»Bugambilia«. Der Kinderkreisel, den man mit der Peitsche antreibt, heißt am Niederrhein Dopp, Verkleinerungsform Döppke, im Englischen top, im Französischen toupie. Die Wand heißt so, weil die alten Germanen als erste ortsfeste Wohnstellen Flechtwerksbauten errichteten, wobei sie Gerten um die Pfähle wanden. Später errichteten sie Holzhäuser mit Luken, die sie »augatora« = Augentor und nördlicher »vindauga« = Windauge nannten: daher das englische »wind-ow« für Fenster. Tewa hat von allen Sprachen die vielfältigsten Aus drücke für die Schönheit von Wolken und Regen, Wasser und Mais, und die meisten Betonungen und Redewendungen zum Ausdruck von Spott und Ver achtung gegenüber unerfreulichen Mitmenschen. »flirten« kommt vom französischen »flirter«, das vom englischen »to flirt« kommt, das vom französischen »fleureter« = beblümen, mit Blümchen besticken o.ä. abstammt. Der englische »Beefeater« ist ursprünglich kein Rind Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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fleisch- und Roastbeefverzehrer, sondern ein Mitglied des Corps der königlichen »buffetiers«. Der ursprüngliche Reitweg »Rotten Row« in London hat nichts mit verrottenden Pfahlreihen o.ä. zu tun, sondern war ursprünglich die »nie du roi«, also etwa Königsstraße oder Königsallee (oder in Berlin der Kurfürstendamm). »pop goes the weasel« könnte man übersetzen mit »Bang geht das Wiesel«, analog zu »pop goes the balloon« = der Ballon zerknallt. Daß das Wiesel zer knalle, bedeutet im Englischen, es sei etwas über die Wupper gegangen. Und hat nichts mit Knall und Wiesel zu tun, sondern hieß einst »pawned goes the vaisselle« = verpfändet verschwindet das Familiensil ber aus dem Haus. Bekanntlich entgeht nichts dem spähenden Auge der Wissenschaft, sobald es sich erst einmal dazu herab gelassen hat, einen bestimmten Gegenstand genauer zu betrachten. Etwa Karl Mays schon früh im Werk bemerkbare Lust an der Rhythmisierung seiner Prosa durch Einsatz entsprechend strukturierender Versfor men – sei es in Passagen, die ihm besonders am Her zen lagen, sei es in den Schlußformeln seiner Erzäh lungen, die oftmals auf den Ausgangspunkt der gan Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zen Erzählung zurückverweisen. ›Durch Wüste und Harem‹, Band I seiner gesammelten Reiseromane, endet: Dann ritten wir denselben Weg zurück, den wir gekommen waren. (Also in einem jambi schen Tetrameter) ›Durchs wilde Kurdistan‹: ... freilich konnte ich nicht erwarten, daß der Inhalt ein so überraschender sei. (Einem glykoneischen Hypermeter folgt abschließend ein daktylischer Pentameter) ›Old Surehand I‹: Wie wichtig dieser Ring mir und Old Surehand später werden sollte, das konnte ich jetzt nicht ahnen. (Nach einem jambischen Tetrameter ein ka talektischer jambischer Dimeter) ›Der Schut‹: ... legte stumm beteuernd beide Hände auf das Herz und ritt dann seinem Vater nach. (Den kata lektischen trochäischen Trimeter beendet ein tro chäischer Trimeter) ›Am Jenseits‹: Schaut noch einmal zurück, und merkt euch diese
Stelle,
denn ihr kommt wieder, wenn abgerechnet wird!
(Elegisches Distichon) ›Im Reiche des silbernen Löwen IV‹: Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Und wenn das richtig ist, so habe ich den Berg gefunden, den ich suchte. (Den katalek tischen jambischen Trimeter pointiert ein jambi scher Dimeter) ›Und Friede auf Erden‹: ... sie soll uns betend – dankend – hoffend finden! (Ein Blankvers) ›Winnetou II‹: Wirst du den Feind erjagen? Wann sehe ich dich wieder, du lieber, lieber Winnetou? (Doppel ter Blankvers) ›Ardistan und Dschinnistan‹ schließlich endet 32 Bände in den gesammelten Reiseerzählungen weiter in einer trochäisch-daktylischen Schlußkadenz, in die energisch ein Hexameter geschoben ist: Wir aber wendeten unsren weiteren Aufstieg nun den Bergen, über deren Pässe der Weg nach Dschinnistan führte, und unsrem hohen, weiteren Ziele zu. Woher wir kommen und was wir schließlich werden und sind, der ABC-Schütze auf der Sehwelle vom Natur- zum Kulturzustand zeigt es uns als ein Ikono gramm vorbildlich an: ein ganzes Leben lang sind wir Lernende, Übende, Exerzierende. Es ist ja nicht so, daß die althergebrachte Benennung des ABC-Knaben von daher rührt, belehrt uns das Grimmsche Wörter Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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buch, daß »man kindern die buchstaben vormahlte und um sie ihnen einzuprägen sie mit dem bogen tref fen hiesz, sondern weil schütz überhaupt von anwach senden, umlaufenden knaben und Schülern galt«. In eigentlicher Bedeutung ist Schütz aber nicht so sehr »einer, der schieszt« (dafür steht das Wort SCHIES ZER nach Grimm), sondern Schütze bezeichnet den, »der das entsenden von geschossen übt«. Der Begriff des »Wiederholens«, des »Übungsmäßigen« liegt also von allem Anfang an in der Wortbedeutung von ABC-Schütze6, und obwohl aus einem »puer ele mentarius« ein »puer abcedarius«, aus uns Knaben, die noch im ABC sind, Erwachsene werden, unter den Auspizien der Ewigkeit sind und bleiben wir doch immer ABC-Schützen, denen der ABC-Teufel die Buchstaben durcheinanderbringt, oder wir sind dieser ABC-Teufel gar selber, nämlich im Sinne Luthers »recht gelehrte arme Teufel«. Friedrich Kluges ›Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache‹ behandelt in der 19. Auflage von 1963, die Walther Mitzka bearbeitet hat, insgesamt 8729 Wörter der deutschen Sprache nach ihren ety mologischen Herkünften. Sie verteilen sich auf die 26 Buchstaben des Alphabetes wie folgt: Alphabetisch
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Mengenmäßig
HNW-3 A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
390 680 34 319 272 467 523 429 65 87 809 375 471 188 103 437 37 391 1319 (+Sch) 335 113 203 410 2 5 265
1319 809 680 523 471 467 437 429 410 391 390 375 335 319 272 265 203 188 113 103 87 65 37 34 5 2
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
145 S (+ Sch) K B G M F P H W R A L T D E Z V N U O J I Q C Y X
In beiden Kolumnen stehen auf gleicher Höhe nur die Buchstaben und ihre Menge F, H, L und Y. Die Summe dieser 4 Mengen ergibt 1276, die Quersumme 52. Im marmatischen Zipserisch bezeichnet »Wander vogl« einen Mann, der hinter den Frauen her ist: einen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Schürzenjäger. Paul Mennicken hat seine Gedichtsammlung ›Hong det en Ee‹ nicht nur mit einem Wörterbuch, sondern auch mit grammatischen, graphemischen und pho nemischen Anmerkungen versehen, die das Lebens recht der raerischen Sprache nachdrücklich beweisen. Die wichtigeren Alphabete haben die folgende Anzahl Buchstaben: 12 das der Sandwich-Inseln 19 das Burmesische bzw. Birmanische bzw. heute Myanmanische 20 das Italienische 21 das Bengalische 22 das Hebräische, das Syrische, das Chaldäische, das Samaritanische 23 das Französische 24 das Griechische 25 das Lateinische 26 das Deutsche, das Englische, das Niederländi sche 27 das Spanische, das Serbische 28 das Arabische 32 das Persische, das Koptische 35 das Georgische 38 das Armenische Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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41 das Altrussische 43 das Russische 50 das Sanskritische, das Japanische 202 das Äthiopische, das Tatarische (= Mongoli sche). Die durchschnittliche Häufigkeit der Buchstaben bei der Wortbildung im Englischen stellt sich so dar: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
85 16 30 44 120 25 17 64 80 4 8 40 30 80 80 17 5 62
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S T U V W X Y Z
80 90 34 12 20 4 20 2
bzw.: 120 90 85 80 80 80 80 64 62 44 40 34 30 30 25 20 20
E T A I N O S H R D L U C M F W Y
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Cicero stellt in seinem Buch ›De Divinatione‹ (= Über die Kunst der Vorhersage) fest: »Die Verse der Sybillen zeichneten sich dadurch aus, daß sie nach jener Art gebildet waren, die die Griechen Akrostikon nennen. ... Ähnlich ist das der Fall bei einigen Versen des Ennius, deren Anfangsbuchstaben sich lesen ›die Ennius schrieb‹.« In Zeiten vor Beginn bildungsfördernder Schulrefor men war das folgende Akrostikon berühmt: N apoleon – Kaiser der Franzosen I oseph – König von Spanien H ieronymus – König von Westfalen I oachim – König von Neapel L ouis – König der Niederlande NIHIL = Nichts, oder: nichts (lat.) Als »alliterierende Akrostika« gelten so hochkompli zierte Gebilde, die zugleich Akrostikon und Lipo gramm sind, also deren Zeilenanfänge z.B. den Namen des Besungenen bilden, während jede Zeile nur Wörter aufweist, die mit eben jenem Anfangs buchstaben der Zeile beginnen. Ähnlich kompliziert ist der Mönchsvers, der zugleich Akrostikon, Mesostikon und Telestikon ist: »I nter cuncta micans Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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E xpellit tenebras S ic caecas removet V ivificansque simul S olem iustitiae I gniti sidera coel I E toto Phoebus ut orb E Je S us caliginis umbra S V ero praecordia mot V S ese probat esse beati S.« Als Anagramme bezeichnet man Wörter, die aus allen Buchstaben eines anderen Wortes oder Begriffes oder Satzes geformt werden und dabei zugleich den geheimen inneren Sinn des Namens oder Begriffes enthüllen. Anagramme stellen etwa 1/3 der Kunst der Kabbalisten dar, und dieses Drittel heißt »themuru« (= Veränderung). Der griechische Dichter Lycophron (im 3. Jahrhundert vor Christi Geburt) überlieferte in seinem Gedicht ›Kassandra‹ folgende Anagramme: – des Königs Ptolemais: apo melitos = aus Honig ge macht – seiner Königin Arsinoe: eras ion = Junos Veilchen. Eustachius berichtet, daß frivole Griechen aus arete (= Tugend) erate (= lieblich) anagrammierten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Schotte Sylvester feierte seinen König »James Stuart« als »a just master« (= ein gerechter Herr). Der Name der Geliebten von König Charles IX. von Frankreich, Marie Touchet, enthüllt im Anagramm »je charme tout« (= ich bezaubere alles) ihr wahres Wesen. Ebenso der Name des Mörders von König Henri III. von Frankreich, Frère Jacques Clement (Frère = Bru der im religiösen Sinn), nämlich »c'est l'enfer qui m'a créé« (= es ist die Hölle, die mich schuf). Pierre, der Vater des Heiligen Ludwig von Frankreich (Louis IX.) hieß eigentlich Ludovicus Bartelomi und wurde Mönch, als er in seinem Namen das Anagramm »Carmelo se devovet« entdeckte (= dem Karmel hat er sich geweiht), und also ward er Karmeliter. Als im 17. Jahrhundert der Franzose André Pujom in seinem Namen das Anagramm »pendu à Riom« ent deckte, vollendete er sein Geschick, indem er in der Auvergne ein Gewaltverbrechen beging, für das er in Riom gehängt wurde: »pendu à Riom«. Englands Poeten feierten ihre jungfräuliche Königin Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Elisabeth I. so:
»Elizabetha Regina Angliae (= Elisabeth, Königin
Englands,
Anglis Agna, Hiberoae Lea.« den Engländern Lamm,
den Spaniern Löwin).
Den Papst verspottete man anagrammisch: »Supremus Pontifex Romanus« (= Höchster Römi scher Priester »O non sum super petram fixus« (= ich bin nicht auf den Stein geschmiedet) Florence Nightingale: Flit on, cheering angel (= fliege weiter, ermutigender Engel) D. Martinus Lutherus: ut turris das lumen (= wie der Leuchtturm gibst Du Licht) Martinus Lutherus: vir multa struens (= Mann, der Du vieles aufbaust) Martinus Lutherus: ter matris vulnus (= dreimal ver wundetest Du die Mutter/Kirche) Martin Luther: lehrt in Armuth. In der Kirche St. Andrews findet sich auf einem alten Grabmal die anagrammische Inschrift: Catharine Carstairs Casta rara Christiana (= seltene keusche Christin) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Neil Kinnock: I knock Lenin Das berühmteste, älteste vorchristliche und rätselhaf teste Anagramm, »sator arepo tenet opera rotas«, das zugleich das magische Quadrat par excellence ist: SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS Bei Anagrammen können durchaus einzelne Buchsta ben durch ähnlich lautende andere ersetzt werden: aus »vier« wird so »Reif«. Pseudonyme vor allem von Schriftstellern sind oft Anagramme ihrer wirklichen Namen. Der bedeutendste deutsche Anagraphiker war Grim melshausen, von dem bisher 8 anagraphische Pseud onyme nachgewiesen sind: – Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen alias 1. Melchior Sternfels von Fugshaim alias 2. Erich Stainfels von Greifensholm alias 3. Simon Lenfrisch von Hartenfels alias Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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4. Samuel Greifensohn von Hirschfelt alias 5. Israel Fromschmit von Hugenfels alias 6. Michael Reghulin von Sehmstorr alias 7. Signeur Messmahl alias 8. German Schleifheim von Sulsfort. Kurt Tucholsky hielt fest: »Würde ist der Konjunktiv des deutschen Seins.« Der Lichtbildner Erich Kaiser besang 1982 im Hamburger ›Sprachpfleger‹ Leanders Liebe zu Hero im Konjunktiv, einer dank mancherlei Schulreformen heute kaum noch bekannten Möglich keit der deutschen Sprache, mit großer Genauigkeit und Geschmeidigkeit unterschiedliche Bedingtheiten und Möglichkeiten menschlichen Lebens elegant dar zustellen: 1. Zu der Hero sprach Leander,
daß kein Hellespont sie trenne.
Liebe brächt' sie zueinander,
weil er herrlich schwimmen könne.
2. Wenn ihn auch ein wenig fröre,
wichtig sei, daß es gelänge,
weil, wenn er ihr Herz verlöre,
ihm das seine sonst zerspränge.
3. Daß er ihre Lampe sähe, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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sei Bedingung, daß er käme, weil es sonst sehr leicht geschähe, daß er falsche Richtung nähme. 4. Ihretwegen, wie sie wisse, schlüg' er sich durch Sturm und Nöte, flöhe, ob es noch so gieße, daß er ihr den Gruß entböte. 5. Ob der Tag auch früh verglömme,
zög's ihn doch in ihre Sphäre –
eine Memme, wer nicht schwömme,
wenn die Nacht noch trübe wäre.
6. Alles, alles, was er täte,
täte er, weil er es müsse.
Alles, was die Welt ihm böte,
schmelze hin, wenn er sie küsse.
7. Wenn die ganze Welt erstürbe und die Nacht das Schweigen schüfe, dann mit seiner Liebe würbe er bei ihr im – Konjunktive. Limericks heißen seit 1898 so. Angeblich heißen sie so, weil bei einem Kneipenrund Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gesang aus Nonsense-Versen der Refrain ebenso »nonsensical« lautete: »Will you come up to Lime rick?« (Etwa: Und wann kommst Du nach Lime rick?). Der »klassische« Limerick weist 5 Zeilen auf: die bei den ersten und die fünfte sind Langzeilen und reimen sich (wobei durchaus die Unterschiede in Schreib und Sprechweise des Englischen zusätzliche Pointen enthalten können), die 3. und 4. Zeile sind kürzer und reimen sich untereinander. Der schönste und geist vollste klassische Limerick lautet: God's plan made a hopeful beginning, But men spoiled it's chances by sinning We trust that the story Will end in God's glory. But at present the other side's winning. (Etwa: Gottes Plan nahm einen hoffnungsvollen An fang, Aber die Menschen störten seine Aussichten durch Sündigen. Wir hoffen, daß die Angelegenheit Zu Gottes Ruhm ausgehen wird. Aber gegenwärtig gewinnt die andere Seite.) Den »schiefen« Limerick erfand Ehrwürden Patrick Brontë, der Vater der bekannten gleichnamigen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Schwestern, indem er die 5. Zeile grausig unreimte:
Religion makes beauty enchanting, And even where beauty is wanting,
The temper and mind,
Religion re-fined,
Will shine through the veil with sweet lustre. (Etwa: Religion macht Schönheit bezaubernd, Doch selbst wo Schönheit nicht vorhanden ist, Werden Wesen und Geist, Durch Religion verfeinert, Durch den Schleier mit süßem Schimmer scheinen.) Den »ungereimten« Limerick erfand W.S. Gilbert (1836–1911, von Gilbert & Sullivan), indem er keine der Zeilen sich reimen ließ: Da war ein Alter in Sankt Bien, Den stach in den Arm eine Wespe. Gefragt »Tut es weh?« Sagt er »Keineswegs, Ich bin froh, es war keine Hornisse.« Der »verlängerte« Limerick zeichnet sich dadurch aus, daß seine letzte Zeile übermäßig lang ist, etwa so: Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Da war ein Jüngling in Japan, Dessen Limericks kamen noch nie an.
Fragt ihn jemand »Warum?«
Seufzt er »Es ist darum,
Weil ich immer versuche, in die letzte Zeile so viele Wörter zu pressen, wie ich kann!« Diese Art des Limerick eignet sich in Verbindung und dem vorstehend genannten »schiefen«, wie schon des sen Herkunft nahelegt, zur Vermittlung sozio-analyti scher Moralitäten, ad exemplum: Ein Fleischergeselle aus Vlissingen küßte gern eine Maid aus Bad Kissingen
die kreuz und die quer
das fiel ihr nicht schwer
Bis ihre Mutter zu der Überzeugung kam, jetzt sei es an der Zeit, die Tochter aus ihrem eigenen lang weiligen ehelichen Liebesleben mit entsprechenden Verhaltensweisen bekannt zu machen. Lipogramme sind Texte, vorwiegend poetischer Art, deren Verfasser auf die Verwendung bestimmter Buchstaben bewußt verzichten. Tryphiodoros komponierte ein episches Gedicht über die Abenteuer des Odysseus in 24 Büchern; das erste Buch nannte er ›Alpha‹, da in ihm dieser Buchstabe Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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nicht vorkam, das zweite aus dem gleichen Grund ›Beta‹, das dritte ›Gamma‹, und so durchs ganze Al phabet, wobei ihm sehr hilfreich war, daß die antiken Griechen vielerlei unterschiedliche Dialekte sprachen, auf deren Bestände er auswich, wenn ihm im »Hoch griechisch« das treffende Wort durch den falschen Buchstaben unzugänglich wurde. Pindar schrieb eine Ode, ohne den Buchstaben »Sigma« zu verwenden. Peter de Riga, weiland Kanonikus zu Reims, verfaßte eine Kurzfassung der Bibel in 23 Kapiteln, deren jedes sich durch das völlige Fehlen eines anderen Buchstaben auszeichnete. Gordianus Fulgentius bezeichnete sein Buch ›De Ae tatibus Mundi et Hominis‹ (= Über die Zeitalter von Welt und Mensch) als ein wunderbares Werk, weil er das Kapitel über Adam ohne jedes »A«, das über Abel ohne jedes »B«, das über Cain ohne jedes »C« schrieb, usw. durch alle 23 Kapitel. Lope de Vega schrieb 5 Prosaerzählungen, die erste ohne jedes »A«, die zweite ohne jedes »E«, die dritte ohne jedes »I«, die vierte ohne jedes »O«, die fünfte ohne jedes »U«. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Als Lipogramme gelten auch Gedichte, deren Zeilen jeweils mit dem nächsten Buchstaben des Alphabets beginnen: von A bis Z, und in denen jedes Wort in jeder Zeile mit eben dem Buchstaben beginnt, also kein anderer als Wortanfang auftaucht. Als »umgekehrte Lipogramme« bezeichnet man sol che Werke, die eine besondere Vorliebe bzw. Ver wendung einzelner Buchstaben kennzeichnet: Hug bald der Mönch schrieb seine ›Ecloga de Calvis‹ (= Loblied auf Schädel) unter ausschließlicher Verwen dung von Wörtern, die mit »c« beginnen. Die ›Nugae Venales‹ (= Possen der Käuflichkeit) ent halten ein Gedicht von Petrus Placentius des Titels ›Pugna Porcorum‹ (= Boxkampf der Schweine), in dem jedes Wort – wie im Titel – mit einem »p« be ginnt. Und ein anderes ›Canum cum cattis certamen‹, in dem jedes Wort mit einem »c« beginnt. Lord North, einer der edelsten Edelmänner am Hofe James I., schrieb einst eine Reihe Sonette, die jeweils mit dem nächsten Buchstaben des Alphabets begin nen. Der Earl of Rivers zur Zeit Edwards IV. übertrug die Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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›Moralischen Sprichwörter‹ der Christine von Pisa, rund 200 Zeilen, dergestalt, daß nahezu jedes Wort auf »e« endet. Lord Holland schrieb, nachdem er die 5 Novellen von Lope de Vega gelesen hatte, im Jahre 1824 ›Eve's Le gend‹ aus 555 Wörtern, die alle als einzigen Vokal das »E« haben. Palindrome sind Wörter oder Wortfolgen, die sich von vorne nach hinten ebenso lesen wie von hinten nach vorne: Otto oder Anna oder Reliefpfeiler. »Bei Leid lieh stets Heil die Lieb.« »Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.« Das Motto der Rechtsanwälte: »si nummi immunis« (= zahl mich, und ich hol Dich raus). Sprechpalindrome entstehen, wenn man statt der nur dem Augenschmaus dienenden Buchstabenfolge die Silben- oder Wortfolge zugrunde legt. Dabei können tiefgründige Philosopheme entstehen: »erwidere: rede wie er«, oder Spielereien von fragwürdiger Apartheit: »ananasjoghurt gurrt jonas anna« oder »pyramus an thisbe: bettys anus am pier«, auf die dann des glei chen Autors, Oskar Pastiors, herrliches Verdikt paßt: Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»Schema masche«. Pangramme sind Sätze in Prosa oder als Gedicht, die jeweils mit möglichst wenig Buchstaben insgesamt doch aber alle Buchstaben des Alphabets aufweisen. Fürs Englische gilt der folgende Satz mit insgesamt 48 Buchstaben als klassisches Pangramm: »John P. Brady, give me a black walnut box of quite a small size« (= John P. Brady, gib mir einen schwarzen Wal nußkasten von kleiner Größe), als »klassisch« des halb, weil kürzere Pangramme um so unsinniger wer den. Der Qualitativ ist eine finite Verbalform, die den Zu stand bezeichnet, der durch den vom Infinitiv dessel ben Verbs bezeichneten Vorgang herbeigeführt wor den ist, bzw. bei transitiven Verben den Zustand, in dem sich das reale Patiens nach Erleidung der durch den Infinitiv bezeichneten Handlung befindet. Rhopaloische Verse sind solche, die mit einem 1-sil bigen Wort beginnen, sich über ein 2-silbiges an zweiter Stelle, ein 3-silbiges an dritter Stelle usf. ent wickeln, und – in ganz komplizierten Fällen – in der Folgezeile ähnlich zurückschrumpfen: »Rem tibi confeci, doctissime, dulcisonoram. Vectigalibus armamenta referre jubet Rex.« Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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(»rhopalon« hieß Herkules' Keule, deren Form man hier nachzuahmen bemüht war/ist?). 1886 erschien im ›Äolsharfenkalender‹ des ›Allge meinen Deutschen Reimvereins‹ der erste bekannte Schüttelreim. Deutsche Germanisten waren sich bis her zu schade, dem Schüttelreim jene Ehre zu erwei sen, die angelsächsische Anglisten mit Witz und Kön nen dem Limerick freudig darbringen. Und dabei zäh len zu den bedeutendsten Schüttlern nicht minder be deutende Akademiker, wie der Kunsthistoriker Wil helm Oinder, der sich zu Emil P. Hirnwedl verschüt telte, und alsdann reimte: »Komm, Pegasus, und leck des Schüttlerhauptes Stirn! Dein Schweif entwedelt schon mein kunstverstaub tes Hirn.« Als Grundform gilt und streng in Züchten der Zwei zeiler, bei dem die Anfangskonsonanten der beiden letzten Wörter vertauscht werden: »Wenn im Theater Recken schrein, dann geh ich nur mit Schrecken rein!« Den baltischen Philosophen Hermann Graf Keyser ling begrüßte die Schüttelmuse nicht eben liebens würdig und leicht unrein: Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»Als Gottes Atem leiser ging, schuf er den Grafen Keyserling.« Von einem Kölner Musikprofessor stammt: »Manch alter Bayer hat am After Schorf, doch wahre After-Werke schafft der Orff.« Unter dem Titel ›Amphora der Pan-Dora‹ liest man: »Er genoß die Nymphe, die schweißerhitzte, deren Brunst auch er sich heiß erschwitzte.« Über die Rentner im Kreis der Schüttelreimer reimte einer: »Nicht selten sich Talente recken, wenn sie das Blut der Rente lecken.« Und zu Schwerin meuterte einst wider das LutherFestjahr einer: »Was nützen uns die Luther-Büsten, wenn wir so sehr nach Butter lüsten?« Der Schüttelreim ist die deutscheste aller Dichtformen und in anderen Sprachen praktisch unbekannt. Als Telestikon bezeichnet man vor allem ein Gedicht, bei dem die Zeilenanfänge ein Wort ergeben, die Zei lenenden jedoch dessen Gegenteil, wie in dem folgen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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den englischen Lobgesang auf die gute Ehe: »U nite and untie are the same – so say yo U N ot in wedlock, I ween, has this unity bee N I n the drama of marriage each wandering gou T T o a new face would fly – all except you and I – E ach seeking to alter the spell in their scen E.« Unite = vereinen, Untie = lösen, aufbinden. 1842 suchte eine Dame in der ›Londoner Times‹ mit einer Anzeige einen Herrn, indem sie sich wie folgt beschrieb: »Agreeable, Becoming, Careful, Desirable, English, Facetious, Generous, Honest, Industrious, Judicious, Keen, Lively, Merry, Natty, Obedient, Phi losophic, Quiet, Regular, Sociable, Tasteful, Useful, Vivacious, Womanish, Xantippish, Youthful, Zea lous, etc.« Als der Herzog von Wellington in sehr hohem Alter angeblich ein Fräulein Angelina Burdett Coutts heira ten wollte, lief folgender Spottvers um: »Den Herzog quält der zweiten Kindheit Weh, Denn sehnsuchtsvoll bewirbt er sich ums A.B.C.« Rowland Hill bestand in einer hitzigen Debatte dar über, ob »H« im Englischen ein Konsonant oder ein Aspirans sei, darauf, daß »H« ein vollwertiger Buch stabe sein müsse, andernfalls man ihn dazu verurteile, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zeit seines Lebens ILL (= krank) zu sein. In dem Roman ›Castigatio divina‹ (Gottes Strafe) des Vizepräsidenten von Nicaragua und bedeutenden Schriftstellers Sergio Ramirez wird ein Gerichtsfall aus dem Jahre 1896 beschrieben, in dem »der Tierarzt Franz J. Strauß angeklagt worden war, seine Schwe ster mit Strychnin vergiftet zu haben ... Vier Monate nach der Beerdigung wurde die Leiche exhumiert und dem Pharmakologen Kohl zur Untersuchung überge ben, der ... Spuren der Strychninvergiftung festgestellt haben will. Die Professoren Blüm und Biedenkopf zogen indes den Befund in Zweifel«. Als Kohl die Kirche St. Alexander Newskij in St. Pe tersburg besuchte, zeigte ihm der Kirchendiener ein Grabmal mit dem sonderbaren Satz: »Da liegt Kanni bal«; Kohl ließ sich nachfragend erklären, daß, da im Russischen ein »H« nicht vorkommt und früher oft durch ein »K« ersetzt wurde (heute häufiger durch ein G: Genrich = Heinrich), dort der ehrenwerte General Hannibal der Ewigkeit entgegen schlummere. Vielleicht wirkt »Drink« dünnflüssiger und weniger massiv als Trunk. Seit Stunden wanderte er auf dem Meeresgrund Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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umher, als ihn angesichts der unendlichen Wasser masse ein natürliches Rühren immer stärker bedräng te. Kein Baum weit und breit. Seine gute Erziehung verbot ihm, sich der Fischheit monumental vorzustel len. Er tauchte auf und ging ans Land. Als Wilhelm Busch in Niedersachsen ›Max und Moritz‹ dichtete und malte, schrieb Karl Marx in London Band I seines ›Kapitals‹. Als Schwejk einst mit seinem Freund nach dem Krieg in Prag »U Flecku« beim dunklen Biere saß und die Schlamastik beredete, in die der Realsozialismus die Menschen und ihr Land gebracht hatte, fragte er sei nen Freund, wer denn bittich den Realsozialismus er funden habe? »Nun«, antwortet der, »das waren die Doktoren Marx und Engelsherich.« Darauf Schwejk: »Bittich, und wenns waren Doktoren, warum hamses nich erst ausprobiert an die Hunderln?« (Vermutlich, weil das der Tierschutzverein sofort unterbunden hätte). Jede Utopie ist eine Satire auf die Gegenwart. Ironie ist die Schamhaftigkeit der Wissenden. Altweibersommer. Dann spinnen die alten Weiblein Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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aus der blaßblauen Seide ihrer Seelen einen Balda chin7, sich vor den kommenden Schneekristallen zu schützen. Dann glitzern im frühen Morgen wunder same Perlenschnüre zwischen den Hecken, Perlen, die von jungen Mädchen in die einsamen Kissen ihrer Ju gend geschluchzt werden, aufgereiht am zarten Ge spinst kostbarer Träumereien. Dann ist die Sonne noch jung und ihre Leidenschaft zärtlich. Sie gebiert sich zu Winterbeginnen, verträumt ihre Jugend im Herbst, glüht in den erwachsenen Leidenschaften des Sommers, erkaltet feucht und nörglerisch im Frühling und stirbt im Winter. In ihrer zärtlichen Jugend aber, behütet vom Geraune und Gewese alter Weiblein, er weckt sie die köstlichsten Dinge zum Leben: Wein, die Perlentränen junger Mädchen, Bambis und die Septemberfrauen. Daher sind sie zärtlich und voll ver träumter Heiterkeit und voll der Weisheit lächelnden Weines. Liebe sie zur Stunde des Pan, wenn der Wind seine Grasharfe ins Rauschen des Waldes spielt, in den Träumen des Milchwaldes. »Du liest viel zuviel.« – »Hör mal«, sagte er. »In Vi etnam, wenn Du n Buch lesen konntest, dann warste glücklich. Die meisten Jungs waren so voll Stoff, die konnten nich ma laufen, nich zu reden von lesen. Echt tolle Abwechslung – Du willß unbedingt raus ausm College, weils Dich wahnsinnich macht, un sobald Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Du rauskriechß, es gibt wirklich was, was Dich wahn sinnich machen kann, haste dermaßen die Hosen voll, daß de sofort wieder das machßs, was Dich im Colle ge wahnsinnich gemacht hat. Un biß auch noch ver dammp dankba dafür. Wenn ich im College ein Drit tel von dem gelesn hätt wie in Danang, hätt ich jede Viertelstunde nen Preis gekriech.« 1490 erschien von dem katalanischen Dichter Joanot Martorell einer der bedeutendsten und eigenwilligsten Ritterromane der Literaturgeschichte, ›Tirant lo Blanch‹, der zu Recht von der Bücherverbrennung im 1. Teil des Don Quixote ausgenommen wird, da er »ein Schatz des Vergnügens und eine Fundgrube des Zeitvertreibs« ist, wie schon der verschonende Pfarrer feststellte. In der lausigen Geschichte der Zensur si cherlich das vertretbarste Kriterium überhaupt. »Junge Frauen sollen gute Beispiele geben, denn junge Männer folgen ihnen« – den Beispielen? den jungen Frauen? »Ich hab noch Sand in den Schuhen aus Hawaii« – hawaiiischer Sand? hawaiiische Schuhe? Die Geschichte des chinesischen Theaters und der chi nesischen Oper läßt sich in der Provinz Shanxi an Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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hand archäologischer Befunde seit 960 n.C., anhand von Textinterpretationen seit 206 v.C. belegen und verfolgen. Im Frankreich des 17. Jahrhunderts entstanden Tau sende von Nonnenbiographien, die von den meisten Orden in Sammelbänden gedruckt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, nach entsprechender Zensur. Die Salesianerinnen behielten die Lektüre solcher Biographien den Ordensmitgliedern vor, weshalb sie der Zensur nicht unterworfen wurden. In den Nonnenbiographien der Salesianerinnen spie len Traumberichte eine bedeutende Rolle. Das Traum geschehen spielt sich verglichen mit lebensweltlichen Erfahrungen außerhalb der Zeit ab. In den salesiani schen Traumberichten wird erkennbar, wie das außer zeitliche Traumgeschehen in den zeitlichen Verlauf der Biographie eingreift: durch Vermittlung der Erin nerung an das Traumgeschehen werden im Traum die Fäden aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dergestalt verknüpft, daß die Entscheidung für ein klösterliches Leben nicht als punktuelle Entscheidung verstanden wird, sondern aus dem Déjà-vu-Erlebnis als Rückkehr zu einem Ursprungszustand des Ich Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Seins, die dem weiteren Lebensverlauf zwar eine neue Wendung gibt, jedoch deren Verbindung mit der Ver gangenheit nicht aufhebt. Das Manuskript von Kafkas Roman ›Der Prozeß‹ er brachte mit 3,15 Mill. DM 1988 den bisher höchsten neuzeitlichen Preis für ein literarisches Manuskript (umgerechnet = 400000 Exemplare Taschenbuch zum normalen Ladenpreis). Den Märchen-Brüdern Grimm widerfuhr es, als sie in ihrem Deutschen Wörterbuch das Stichwort »Heune bzw. Hüne« zu behandeln hatten, daß sie sich, befan gen durch die verständlichen aber nicht minder fal schen Vorstellungen der von ihnen mit begründeten Germanistik über die Historizität der Passauer Nibe lungendichtung, des kritischen Blicks in ihre eigenen Zettelkästen begaben und »Hunen« von »Hunnen« ableiteten: jenen in der gesamten Literatur als klein, häßlich, dunkelhäutig, wirrhaarig und krummbeinig dargestellten Hordenreitern aus Zentralasiens Wüsten. Wohl nur eine verschwommene Assoziation zum Thema Reckenhaftigkeit = Sieger kann ihnen die Idee eingegeben haben, von jenen Reiternomaden und ihrem bis heute etymologisch ungeklärten Namen (der vielleicht entfernt ein Echo des chinesischen Namens Hiung-nu für Nomadenvölker, die 600 Jahre früher Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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China verheerten, enthält) den Namen für die großen, schönen, hellhäutigen, blonden und langbeinigen Rek ken der falischen Lande abzuleiten. Hätten sie hinge gen ihre eigenen Notizen zum Wort »Hun-dert« durchgesehen, wäre ihnen unschwer aufgefallen, daß die Hunen/Heunen wie der Hunsrück oder die Hoen schaft zu eben dem Zahlwort 100 zu stellen sind, wohl weil ihre ursprüngliche Verfassung die der Hun dertschaft war. Dann brauchten sie sich über das Auf tauchen von »Hunnensagen« in Pommern nicht mehr zu wundern, und könnten Abstand davon nehmen, im alten Hildebrandlied den Sohn seinen Vater als »alter Hunne« anreden zu lassen, wo doch seine Anrede »hun« viel verständlicher wird, wenn man dem Sohn die Meinung gestattet, der Alte sei so schlitzohrig wie eben nur ein erfahrener Hundertschaftführer (im Landserdeutsch weiland ein Spieß) sein könne. Auch ich habe seine Oden schnaubende Muse mit Un willen gehört. Liskow sagt, die greulige Menge elender Schriftsteller ist eben so geschickt eine Barbarei einzuführen, als ein Schwarm von Ost- und Westgoten. Es sind zuverlässig in Deutschland mehr Schriftstel ler, als alle vier Weltteile überhaupt zu ihrer Wohl Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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fahrt nötig haben8. Hölderlin war wie viele andere deutsche Geistesgrö ßen, die das Land der Griechen mit der Seele suchten und an der Umwandlung der menschenrechtlichen An fänge der Französischen Revolution über den antiki sierenden Republikutopismus zur Schreckensherr schaft der Guillotine und zur Diktatur Napoleons ver zweifelten, der Meinung, daß vor allen anderen Spra chen die deutsche und die griechische Sprache einan der zutiefst ähnlich seien, ja einander entsprächen. Da braucht es nicht Wunders zu nehmen, wenn bereits der alte Aristophanes in seiner Komödie ›Die Ekkle siazusen‹ gegen die spätere deutschösterreichische Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitänanwärter ausbildungsstättenvereinigungsvorstandsvorsitzenden gattin (je nach Schreibweise 106 oder 107 Buchsta ben) die letzte Szene mit dem nicht minder beeindruk kenden Einwortrezept enden läßt: »Gleich wirds geben mit austernschneckenlachsmuränenessighonig rahmgekrösebutterdrosselnhasenbratenhahnenkamm fasanenkälberhirnfeldtaubensirupheringlerchentrüf feln gefüllte Pasteten!«, wobei die deutsche 145 Buchstabenübersetzung das griechische Original noch fast verdoppelt, das Experten zufolge je nach Schrei bung bzw. Lesung 75 bis 78 Buchstaben lang ist.
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Druckfehler sind meist keine, sondern unkorrigiert ge bliebene Setzfehler, wie z.B. im folgenden Satz: »Die Verfilmung eines japoanischen Abenteuerromans, der in Frankreich vor und während der Franuzöischen Re voluiton spielt.« (HÖRZU zum 17. XII. 1989, S. 50). Nachdem der russische Schachweltmeister Garri Ka sparow in einem Interview mit dem ›Playboy‹ vorge schlagen hatte, die Mongolische Volksrepublik an die Volksrepublik China zu verkaufen und mit dem Erlös die sieche Wirtschaft westlich des Ural zu sanieren, gingen Tausende von Protestbriefen bei der sowje tischen Botschaft in Ulan Bator ein, und es kam zu einer Reihe von Proteststreiks in großen Betrieben, so daß man schließen muß, daß der ›Playboy‹ in der Mongolischen Volksrepublik eine große und aufmerk same Leserschaft hat. Kondoms Wortgeschichte: 1705 bringt der Herzog von Argyll aus London ein »Quondam« nach Edin burgh mit (lateinisch = manchmal). 1706 erwähnt der Dichter Lord Belhaven in einem Gedicht ein »Con dum« (vielleicht von lat. condus = Etui). 1708 be hauptet ein in London anonym erschienenes Gedicht, das »Condon« sei nach seinem Erfinder so benannt (der bisher nicht ausfindig gemacht werden konnte). 1717 bezeichnet Dr. Daniel Turner in London das Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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»Condum« als das beste Schutzmittel. 1773 erwähnt Beaumarchais in seinen Memoiren »le Condon«. 1785 nennt Grose's Slangwörterbuch aus London einen Oberst Cundom als Erfinder. 1788 taucht das Wort »Condom« erstmals in Göttingen auf, wo Gir tanner es als Namen seines Erfinders ausgibt. 1790 bezeichnet Casanova »die Engländer« als die Erfin der. 1904 vermutet Dr. Ferdy zu Hildesheim eine Pa tenschaft der französischen Stadt Condom. 1911 hält Herr Richter zu Berlin eine Ableitung vom persischen »Kondü/ Kendü« = Tiergedärm für wahrscheinlich. 1928 führt das Wiener Bilderlexikon das Wort aufs lateinische »condere gladium« = das Schwert in die Scheide stecken zurück. 1972 schlägt der ›Playboy‹ eine Ableitung vom englischen »conundrum« = Rätsel vor. Seit 1985 kursiert in der parisologischen Fach welt die Vermutung, es handele sich beim Kondom um eine Kontraktion des lateinischen »cum domine«, doch ist man sich nicht einig, ob ein »cum domine« = daß es den Herrn (bei seinem Spaziergang) begleite, oder ein »cum Domine« = mit Gott (als skeptischer Hilferuf?) anzusetzen ist (für die erstere Form spricht, daß bekanntlich noch bis in die 20er Jahre die pflicht bewußte Ehefrau ihrem Eheherrn, ehe er auf Dienst reisen ging, ein Silberdöschen mit Schwämmchen voll Zitronensaft als Prüf- und Heilmittel sowie zwecks Verhütung mitgab; silberne Büchschen dieser Art Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
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werden heute oft aus Unkenntnis als Tabatièren in den Antiquitätenmarkt geschleust). Zur Barockzeit beginnt man, sich nicht nur über die Wirkung und das Wesen der Schrift Gedanken zu machen, sondern nutzt auch das Schriftbild selbst – sei es, um eine Aussage »bildhafter« zu gestalten und sie damit zu unterstreichen (hier am Beispiel Rudolf Karl Gellers): Jesus / der ein Nazarener /
Judenkönig / Weltversohner.
Die Dornenstachel-Krone
Wird Christus aufgesetzt
Zu bitterm Spott uñ Hone /
Die ihm sein Haubt verletzt.
Es ist der Arme bandmordgrimmiglich zerzerret /
Dem Leben ist der Weg zum Lebenweg versperret /
Sie marmelweisse Brust mit eine Speer durchstochen /
Dadurch man sehen kan sein Bruderhertze pochen.
Der Leichnam blutet /
Mit Blut beflutet /
Die Knie gebogen /
Sind ausgesogen /
Die Beine sinken /
Dem Tode winken /
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4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
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Die vormals eilten / Die Beine heilten / Gestälte Spitzen Die Füsse ritzen. Herr Klaj fält nieder Besingt die Glieder / Die vor ihm tragen Der Sünden Plagen. In jenem Leben Wird ihm zu Lohne Der Heiland geben Die Lebenskrone. Er wird Gott loben Nach dem Elende Im Himmel oben Ohn alles. Dieses spielerische Element treiben Ernest Heming way (1899–1961) und Christian Morgenstern (1871–1914) noch weiter bis ins »sinnlose« Extrem. So nimmt Hemingway anläßlich einer Schulaufgabe über den Blankvers den Begriff »Blankvers« wörtlich (engl. blank ~ = leer) und verfaßt folgendes Gedicht:
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4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
[Blank Verse]
Und Christian Morgenstern dichtete:
Fisches Nachtgesang
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4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
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Fish's Nightsong
Echte Poesie aber ist jenes sprachliche Geschehen, bei dem es dem Hörer kalt über den Rücken läuft oder das Herz heiß werden läßt. »Die neue Generation von Waschmaschinen fragt: Was macht der Dichter Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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4. Vom Stoff, aus dem gedichtet wird
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wenn die Wäscherin nicht mehr wäscht? Der Dichter greift ein bißchen Sisyphos unter die Arme.« (Lyrik von Brigitte Struzyk, 1989) Die Herstellung moderner Lyrik geschieht durch Zerhacken eines unwichtigen Satzes und zeilende Reihung. 9 »Schlechte Epigramme werden durch Zerhacken nicht zu guten Gedichten.« (Gerhard Keller)
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Die wahre Geschichte des Golfens
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Eh daß ich vergeß Ihnen zu erzählen:
Die wahre Geschichte des Golfens
Von wannen kömmt uns Golf? Aus Schottland, be haupten die Schotten. Denn in Europa wird es erst mals in einem Gesetz des Königs Jakob I. im Jahre 1457 erwähnt, in dem er es verbietet, weil es seinen Mannen die Zeit für die militärisch wichtigere Übung im Bogenschießen raube. Deutsche anglophile Lexika vom Grimm bis zum Kluge stellen das Wort »seit 1457 als golf, gouff u.ä. bezeugt« zum schottischen Dialektwort »gowf« = schlagen, Schlag, wobei sie dem New English Dictionary folgen. Nicht so das noble Oxford Universal Dictionary, das sich durch seinen Namen der Wissenschaft und nicht dem Natio nalismus verpflichtet weiß: das OUD stellt das Wort »golf« zum holländischen »kolf, kolv-« = Keule o.ä., fügt aber gerechterweise hinzu: das Wort sei in Schottland früher bezeugt als der Sport bzw. die Sportart, als jede Art von Sport in Holland. Sprach lich eher holländisch, sportlich und gesetzlich eher schottisch? Des Rätsels Lösung ist zugleich einfacher und komplizierter. Das Spiel wird unter dem Namen »chuiwan« (chui = Ball, wan = schlagen) erstmals Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die wahre Geschichte des Golfens
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1282 in dem chinesischen Buch ›Wan Jing‹ beschrie ben, einem Traktat über Ballspiele. Darin heißt es, daß bereits Steingutkopfkissen aus der frühen SungZeit (960–1279) die Darstellung von Männern trügen, die mit Schlägern aus Holzgriff und Metallfuß einen kleinen Hartball in ein kleines Loch trieben. Inzwi schen hat die Archäologie mehrere solcher Steinkopf kissen mit dem Golfmotiv ausgegraben, die somit das Buch ›Wan Jing‹ bestätigen. Darin heißt es weiter: »Sowohl der Kaiser Huizong aus dem Haus Sung (1101–1125) wie auch der Kaiser Zhangzong aus dem Hause Jin (1190–1208) liebten das Spiel chui wan. Sie bewahrten ihre Bälle in seidenen Säckchen auf und benutzten beim Spiel farbige Schläger«. Das ›Wan Jing‹ enthält auch die Spielregeln, die sich in den Grundzügen vom sogenannten schottischen Golf spiel in nichts unterscheiden. Neben den tönernen Kopfauflagen zeigt auch eine Wandmalerei aus dem 10. Jh. im Shuishen-Tempel zu Hongdong in der Provinz Shanxi zwei Männer auf einem Golfkurs, die chuiwan spielen, wobei ihnen zwei Diener (heute nennt man sie Caddies) behilflich sind. Die jüngsten chinesischen Chuiwan-Darstellun gen finden sich auf Malereien aus der Zeit der Ming (1368–1644).
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Die wahre Geschichte des Golfens
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Die eine Abbildung zeigt den Kaiser Xuan Zong (1426–1435), wie er einen Golfkurs bespielt. Die an dere aus der Zeit um 1470 zeigt 5 Frauen (davon zwei unverheiratet, oder Dienerinnen) beim Golfspiel, ge nauer: beim Einputten.
Da nun Chuiwan 500 Jahre früher in China bezeugt ist als in Europa, wird man davon ausgehen müssen, daß das Spiel aus China nach Europa gelangt ist (was nicht unbedingt bedeutet, daß es eine chinesische Er findung war; auch Polo wurde ja zuerst von zentral asiatischen Reitern erfunden). Man wird davon auszu gehen haben, daß während der reichhaltigen Kontakte Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die wahre Geschichte des Golfens
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zwischen dem mongolisch beherrschten Orient und dem Abendland des 13. und 14. Jahrhunderts mit vie len anderen Kenntnissen auch die vom Golf in den Westen kam und über Holland die britischen Inseln erreichte, dabei das holländische Wort für Keule als Namen mitnehmend. Im aristokratischen Schottland aber, wo Ball- und Keulenspiele sowieso nicht unbe kannt waren, vermochte es die Hochländer so zu be geistern, daß sie sich seiner annahmen. War es so? So kann es gewesen sein. Denn anders wären die Fakten, die beweisbar sind, nicht zu einem sinnvollen Ganzen zu verknüpfen. Und wieder einmal hat sich gezeigt, was alles Eu ropa den Mongolen zu verdanken hat!10
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Die wahre Geschichte des Golfens
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Fußnoten
1 Einer Übertragung dieser Lehrformel auf andere Ge biete, etwa des politischen Lebens, steht vom lingui stischen Standpunkt aus nichts im Wege. 2 Doch wüßte ich nicht zu sagen, was Lichtenberg mit den unterschiedlichen Hörzeichen für das Auge sagen wollte: mal konjugierte, mal nichtkonjugierte Verbform, mal kursiv, mal nicht kursiv. 3 Hier ist es geziemend, an das berühmte Schlußwort des Citizen Kane zu erinnern: »Rosebud!« 4 Wie keusch zu Lichtenbergs Zeiten die Wörterbü chermacher doch noch gewesen sein müssen! 5 Ob Lichtenberg das wohl notierte, nachdem er des großen Casanova bedeutende Science fiction-Utopie ›Eduard und Elisabeth‹ gelesen hatte? 6 Welch schauerliche Einsichten eröffnet der Grimm sche Sprachverstand hier in das Wesen der »Mauer schützen« und der sie (und Andersbenamste ihresglei chen) hervorbringenden Systeme! 7 Siehe vorstehend S. 43. 8 Vom fünften ganz zu schweigen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die wahre Geschichte des Golfens
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9 Dem Urteil gewichtiger Autoritäten zufolge kann diese Zeile wegen des poetischen Adjektivs und ihrem anspruchsvollen Gedankeninhalt nicht als moderner Lyrik entsprechend anerkannt werden. Das entlarvt das vorstehende Machwerk als Hybridbildung und verbietet seine Aufnahme in jegliche anspruchsvolle Anthologie moderner Lyrik. 10 Ein Mehreres darüber findet sich im HdnW I, Seite 105 ff., Seite 132 ff. sowie Seite 155 ff.
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5. Von Recht und Gesetz und law and order
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V. Von Recht und Gesetz und law and order
»Das Recht ist ein ungenaues Instrument, daher Rechtsanwälte. Es befindet zugun sten, oder eben auch nicht, wobei die Wahr heit soweit wie möglich ausgeschlossen wird. Die neigt dazu, die Dinge zu komplizieren.« (George Peppard) »Wie viele Verurteilungen habe ich nicht ge sehen, welche strafbarer als das Verbrechen gewesen sind.« (Michel de Montaigne) »Erst während der Auseinandersetzung mit den Katharern entschied sich Europa mit allen guten und bösen Konsequenzen zu sei nem bis heute wirksamen Gesetz, daß die hie sige Welt eine Aufgabe und ihre Bewältigung der Daseinsgrund der Menschen war.« (Arno Borst)
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5. Von Recht und Gesetz und law and order
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»Eine Frau, die Gleichberechtigung sucht, verliert ihre Überlegenheit.« (Carol Matthau) »Fang nie was mit Verwandtschaft an, denn das geht schief, denn das geht schief. Schau lieber Dir ne Landschaft an: die wirkt nicht so massiv!« (Kurt Tucholsky) »Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir Gott. ›Mann o-Mann!‹, rief Gott. ›O Gott, o Gott‹, erwider te eingeschüchtert der Mann.« (Rudi Spengler)
Die Geschichte der Menschheit begann bekanntlich mit Diebstahl (angesichts der paradiesischen Gege benheiten kann die Aneignung fremden Eigentums in Gestalt von Äpfeln nicht der Strafmilderung des Mundraubs unterliegen), Mord (Kain an Abel, also auch noch in der Form des Brudermordes) und Inzest (wie sonst hätten die Kinder Adams und Evas, Ge schwister also allesamt, sich fortpflanzen und die heu tige Menschheit hervorbringen können?). Das Schneuzen in der Öffentlichkeit sah Juvenal als Scheidungsgrund an: Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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5. Von Recht und Gesetz und law and order
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Nimm Deinen Plunder, verzieh Dich!
Lästig bist Du uns schon
Und schneuzest Dich häufig.
Verzieh Dich schleunigst, mach rasch!
Es kommt schon die nächste
Mit trockener Nase.
Auch Religionen, die Toleranz predigen, praktizieren häufig soziale Intoleranz. Die vorchristlichen irischen Gesetze, die im 4. Jahr hundert als Brehon-Gesetze aufgezeichnet wurden (= Gesetze der Richter, die man sich etwa wie die galli schen Druiden zu denken hat), gestatteten eine Schei dung, bei der der Mann seiner Frau ihr Heiratsgut zu rückzuerstatten hatte, damit sie nicht in materielle Not gerate, unter zum Beispiel folgenden Voraussetzun gen: wenn der Ehemann seine Frau verleumdete; wenn er sich in der Öffentlichkeit über sie lustig machte; wenn er sie schlug; wenn er ihr untreu war; wenn er versuchte, durch Liebestränke ihre Leiden schaft für sich neu zu entflammen. Wer von anderen Maßhalten verlangt, will in Wahr heit, daß sie sich seinem eigenen Maßstab unterwer fen.
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5. Von Recht und Gesetz und law and order
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Nachdem die Westgoten sich die römische Provinz Spanien 468 für die Zeit bis 711 unterworfen hatten, verteilten sie das Land durch Los unter sich, weshalb der Gotenkönig Eurich in seinem Codex Euricianus von 475 die gotischen Ländereien im Gegensatz zu den vormals römischen Territorien als »sortes Gothi cae« bezeichnete, als »die gotischen Lose«, ein Be griff, den der gleichzeitige Bischof von Clermont-Fer rand, Sidonius, in seinen Briefen für den gesamten gotischen Herrschaftsbereich verwendete. Dem heuti gen deutschen Begriff »Landlos« im Sinne von »sor tes Gothicae« entspräche nun der nirgendwo belegte, aber nach den Regeln der gotischen Morphologie ein wandfreie gotische Begriff »landahlauts«. Die Araber ihrerseits, nachdem sie 711 das Land von Westgoten abgewonnen hatten und (offenbar schulreformgeschä digt) des Gotischen nicht mächtig waren, legten sich das anlautende »l« dem Arabischen gemäß als »al« (Artikel, »der, die, das«) aus und machten aus »lan dahlauts«, das sie als Landesnamen mißverstanden, ein »al-Andalus«, woraus sich das spanische Andalu cía, das deutsche Andalusien entwickelte. Tschinggis Chan ließ die Männer unterworfener Völ ker und Städte, wenn sie seinem Angebot der friedli chen Unterwerfung nicht gefolgt waren, neben die Achsen seiner hochrädrigen Ochsenwagen stellen und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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alles, was über die Achse hinausragte, abhacken. Auch eine Form des Egalitarismus, oft nachgeahmt. Von allen Mordtaten sind nur diejenigen ausgekom men, von denen man etwas weiß. Ein Kerl, der einmal seine 100000 Taler gestohlen hat, kann hernach ehrlich durch die Welt kommen. Der Versammlungssaal der Mönche heißt deshalb Kapitelsaal, weil z.B. die Benediktiner und ihr Re formorden der Cistercienser dort jeden Tag ein Kapi tel ihrer Ordensregeln zur Betrachtung und Beachtung vorgelesen bekommen. Die Mönche zu Lodève in der Gascogne erklärten eine Maus für heilig, die eine geweihte Hostie gefres sen hatte. Yosef ben Matityahu wurde als Josephus Flavius be rühmt. Er verfaßte um 100 n.C. sein Buch ›Gegen Apion‹, in dem es heißt: »Unendlich sind im einzel nen die Verschiedenheiten der Sitten und Gesetze im Menschengeschlecht. Hier hat man die Regierung der Staaten Monarchen, dort wenigen mächtigen Famili en, anderswo dem Volk überlassen. Unser Gesetzge ber hingegen hat auf keine solche Regierungsform Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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5. Von Recht und Gesetz und law and order
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Rücksicht genommen, sondern den Staat, wie man mit einem etwas erzwungenen Wort sagen könnte, zu einer Theokratie (= Gottherrschaft) gemacht, indem er Gott die Herrschaft und Gewalt anheim gab und die große Masse bewog, auf ihn als den Urheber alles Guten hinzuschauen.« Später säkularisierte man die Gottherrschaft zur »Ein parteiherrschaft« und bewog die große Masse, sie als die Urheberin alles Guten anzusehen, auch wenn es sich mangels Göttlichkeit durchwegs als Böses er wies. * Ist das Jahr 11 aCn (= ante Christum natum = vor Christi Geburt) wirklich das letzte mit einem 30. Fe bruar1? Nach der julianischen Kalenderreform war das 1. Schaltjahr das Jahr 45 aCn; in 4-Jahressprüngen kommt man über 41 und 37 und 33 aCn zu 13 und 9 und 5 und 1 aCn; und dann – z.B. nach J.W. Ekrutt ›Der Kalender im Wandel der Zeiten‹ – zu 4 pCn (= post Christum natum = nach Christi Geburt): aber nur, wenn man davon ausgeht, daß das Jahr 0 nicht stattgehabt hat, sondern wie der mathematische Punkt eine theoretische Größe zuliebe des Systems ohne realen Raum in der Zeit ist; danach ist dann jedes durch 4 teilbare Jahr ein Schaltjahr. Wo also ist das Jahr 11 aCn? Und dann kam das Jahr 8 pCn, in Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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dem der Monat »Sextilis« von den Römern zu Ehren des Augustus zum Monat »August« wurde und statt der 30 Tage des Sextilis 31 Tage erhielt, nämlich jenen 1 Tag mehr, den man dem Februar abnahm, der seither nunmehr 28 Tage hat bis auf die Schaltjahre mit 29. Aber: In Schweden hatte noch das Jahr 1712 einen 30. Februar, dank des Durcheinanders nach der Durchführung der gregorianischen Kalenderreform. Nur in Schweden? Auf einfallsreiche Art brachten einst die Londoner Ratsherren das Geld für den Bau des Mansion House auf: Nichtanglikaner waren zum Amt des Sheriffs von London unwählbar; sie durften weder kandidieren, wenn sie dazu aufgefordert, noch amtieren, wenn sie gewählt wurden. Die Ratsherren erließen folgende fin dige Bestimmung: jeder, der sich weigere, für das Amt des Sheriffs zu kandidieren, habe vierhundert Pfund Sterling, und jeder, der sich weigere zu amtie ren, nachdem er gewählt worden sei, habe sechshun dert Pfund Sterling Strafe zu zahlen. Dann machten sie sich ans Werk und wählten eine Menge Nichtan glikaner, einen nach dem anderen, bis sie fünfzehn tausend Pfund an Strafen eingenommen hatten, und da steht nun das stattliche Mansion House bis auf den heutigen Tag.
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Der Maria-Theresien-Orden blieb in Österreich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs die höchste militäri sche Tapferkeitsauszeichnung. Mit erfrischender Ab surdität war er jenen Offizieren vorbehalten, die aus eigener Entscheidung und unter Mißachtung erhalte ner Befehle den Verlauf einer Schlacht zum Sieg lenk ten. Ging ihre Eigenmächtigkeit aber schief, so blühte ihnen selbstverständlich ein Kriegsgerichtsverfahren wegen Ungehorsams. Zensoren sind wie Zöllner, die den Reisenden nackt ausziehen und dann die verdächtigen Stellen rot an streichen. US-Bezirksrichter William Dwyer entschied im Mai 1991 in Seattle, daß zur Sicherung des Überlebens der letzten ca. 3000 Paare der Gefleckten Eule Holz aus 27000 ha Staatsforsten in Kalifornien, Oregon und Washington nicht verkauft werden darf, obwohl ihn die Holzindustrie mit der Drohung, dann würden tausende Forstarbeiterarbeitsplätze vor allem in klei nen Firmen zerstört werden, unter Druck gesetzt hatte. Damit die Familie, die als Keimzelle des Staates gilt und unter dem besonderen Schutz der Verfassung steht, sich ja nicht herausnehme, die ihr aus diesen Zuerkennungen zustehenden Rechte auszuüben, ist Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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sie, die weder natürliche noch juristische Person im Sinne des Gesetzes ist und erst recht keine Großorga nisation gleich welchen Status, ohne die geringste ak tive oder passive Rechtsfähigkeit: sie ist staatsrecht lich nicht existent. Wenn ein Professor des Strafrechts bei der Straf rechtsprüfung einen Studenten durchfallen ließe, wäre das strafbarer Betrug, da das Strafrecht als Betrug de finiert, wenn jemand die Unkenntnis eines anderen dazu ausnutzt, ihm Schaden zuzufügen. Eine »Papageienwurst« ist in jeder Beziehung unge nießbar: so bezeichnen Tierschmuggler ein Verfahren, bei dem sie eine Strumpfhose mit Papageien, denen zuvor die Schnäbel zugebunden wurden, vollstopfen, um mit den geraubten Tieren so leichter über die ver botenen Grenzen zu können, die »Wurst« um den Hals. Die »Rücke-Richtlinie« Nordrheinwestfalens legt fest, daß Waldbauern für den Abtransport von Holz aus dem Wald mit Pferden, also das »Holz-Rücken« mit »Rücke-Pferden«, einen Rücke-Zuschuß beantragen und erhalten können; folgerichtig hat am 23.1.1990 das Düsseldorfer Umweltministerium auf den Antrag eines sauerländischen Waldbauern, ihm den Rücke Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Zuschuß von DM 6.- pro gerücktem Fest-Kubikmeter zu gewähren, obwohl er keine Kaltblüter sondern Ochsen einsetze, die aber »ebenso umweltfreundlich und waldschonend« wie Kaltblüter Holz rückten, ent schieden: »Auch Ochsen sind Pferde im Sinne der Rücke-Richtlinien.« Es war ihm unmöglich, das Vergnügen zu billigen, das sie ihm vielleicht schenken könnte. Wer Schlangen anbetet, begeht Ophiolatrie. In einem Urteil des Schweizer Militärappellationsge richts heißt es: »Ohne Zweifel wären z.B. Eigelboder Tomatenflecken in Bart- und Kopfhaar nicht zu dulden; ob aber z.B. Schuppen, die gemäß CoiffeurWerbung im Zivilleben abstoßend wirken, militärisch noch geduldet werden können oder aber unter Andro hung von Disziplinarstrafen zu bekämpfen sind, wurde bisher noch nicht entschieden.« 1748 begann am 27.IX. offiziell der Kampf von Paris gegen das jedem Zentralstaat unheimliche Existieren anderer Sprachen als der eignen im für Eigenbesitz gehaltenen Staat mit der Verordnung des von Ver sailles gesteuerten Kanzlers Galaizière im Herzogtum Lothringen des »bon roi Stanislas«, daß Gerichte und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Notare ab sofort nur noch das Französische verwen den dürften. 1981 setzte sich Staatspräsident Mitterrand am 14. III. im bretonischen Lorient für größere kulturelle Ei genrechte der unterschiedlichen muttersprachlichen Gesellschaften in Frankreich ein. Am 8.VI.1989 gab das chinesische Fernsehen allen Bürgern der Hauptstadt Peking bekannt, daß Denun ziationen politisch Unzuverlässiger ab sofort vermit tels der Wahl der Telephonnummer 5 12 48 48 ge schehen könnten. In einem Dorf standen zwei Windmühlen. 1987 ord neten die Behörden an, eine der beiden sei abzurei ßen, da es für zwei dort nicht genug Wind gebe. »Ein Baum, der am Rand eines an die Straße grenzen den, geschlossenen Waldstücks steht und in keiner Weise hervortritt, wird von der allgemeinen Verkehr sauffassung nicht der Straße zugerechnet. Die Ver kehrssicherungspflicht erstreckt sich auf ihn so lange nicht, wie er unauffällig im Wald steht.« (Neue Zeit schrift für Verwaltungsrecht) Aus einer Anweisung des Bundesbahn-Vorstandes Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zur dienstlichen Beurteilung von Beamten: »In Fällen, in denen die Aufgaben des Erstbeurteilers und des Zweitbeurteilers in Personalunion wahrzunehmen wären, geht die Funktion des Erstbeurteilers auf den ersten Vertreter des Erstbeurteilers über. Erstbeurtei ler des ersten Vertreters des Erstbeurteilers ist in die sen Fällen der erste Vertreter des Zweitbeurteilers.« 1836 ließ Zar Nikolaus I. einen russischen Philoso phen von willfährigen Ärzten für verrückt erklären, weil er sich geweigert hatte anzuerkennen, daß die Leibeigenschaft gottgewollt und naturnotwendig sei. Er kam hinter psychiatrische Gitter. Unter Breschnew wurde es üblich, Dissidenten für geistesgestört erklären und von willfährigen Psychia tern in ihre Kliniken einsperren zu lassen, wenn sie sich weigerten anzuerkennen, daß die Despotie der Einparteiregierung den Menschen- und Bürgerrechten entspreche und geschichtsgewollt sei. Am 3. Mai 1791 erließ der Polnische Reichstag die erste moderne Verfassung Europas. 1796 sieht sich der »Hoch-Edle und Hochweise Rath der Heil. Reichs-Stadt Frankfurt« in einem neuerli chen vergeblichen Versuch, ungehemmter Baulust Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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einen Riegel vorzuschieben, zur Bekanntgabe einer »erneuerten und verbesserten Feuer-Ordnung« veran laßt, weil »allhier mannigfaltige, und darunter sehr viele große und erschröckliche Feuerstbrünste, leyder! entstanden, daß dadurch mehrmalen die ganze Stadt in höchster Gefahr geschwebet, und jeden Einwohner in große Furcht und Schröcken, ja viele in die äußer ste Armuth gesetzet worden.« Widdig liegt zwischen Bonn und Köln linksrheinisch; es wurde dem vorwiegend rechtsrheinischen RheinSieg-Kreis zugeschlagen, mit der Metropole Siegburg weit jenseits des Rheines, ostwärts, dort wo nach Adenauer bereits Asien begonnen hat; die öffentlichen Verkehrsmittel kommen aus Bonn und Köln, die Te lephonvorwahl ist die von Wesseling, die Postleitzahl die von Bornheim, das Postamt steht in Hersel, der Strom kommt aus Brühl (in dem das berühmte Schloß Augustusburg mit der berühmten Neumannschen Treppe unter solchen Umständen nie entstanden wäre), das Wasser aus Urfeld, die KFZ-Zulassung sitzt in Meckenheim-Merl, die KFZ-Steuer ist an das Finanzamt Siegburg zu entrichten, die Einkommen steuer an das Finanzamt St. Augustin. Wer kann es noch besser? Ein Mann, der mit einer Frau in deren Ehebett vom Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Ehemann ertappt und anschließend krankenhausreif geprügelt wird, hat laut Entscheidung des Landge richts Paderborn keinen Anspruch auf Schmerzens geld, da es einen Unterschied ausmache, ob ein Ehe bruch andernorts oder im Schlafzimmer der Ehewoh nung vollzogen werde, welch letzterer Vollzug »ein besonderes Maß an Hemmungslosigkeit und Unver frorenheit« darstelle und als schamlose und nicht zu überbietende Dreistigkeit im Sinne der Provokation der nachfolgenden Verprügelung zu werten sei. »Eine nicht nur vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden Richters liegt vor, wenn er infolge Todes von seiner bisherigen Tätigkeit auf Dauer aus geschlossen ist.« (Urteil des Bundesfinanzhofes) In Fort Madison/Iowa ist die Feuerwehr verpflichtet, bei jedem Brand zunächst eine Viertelstunde zu üben, ehe die Löscharbeiten ernsthaft beginnen dürfen. In Sault Sainte Marie/Michigan gilt es als gebühren pflichtiger Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, wenn man gegen den Wind spuckt. In Kentucky besteht die Gesetzesvorschrift, daß Frauen sich nur dann im Badeanzug sehen lassen dürfen, wenn sie für allfällige Zwecke der Selbstverteidigung Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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eine Keule mit sich führen. In Arkansas ist es gesetzlich verboten, den Namen des Staates falsch auszusprechen. In Mohave/Arizona muß jeder, der beim Diebstahl von Seife in flagranti erwischt wird, sich so lange öf fentlich waschen, bis die gestohlene Seife aufge braucht ist. In Jonesboro/Georgia ist es gesetzlich verboten, »Oh, boy!« zu sagen. In Florida ist es gesetzlich verboten, unter der Haar trocknerhaube einzuschlafen. In Gary/Indiana ist es gesetzlich verboten, vor Ablauf von 4 Stunden nach dem Genuß von Knoblauch das Theater aufzusuchen. Aus den Rechtsvorschriften der Kolonie New Haven in Connecticut vor ihrer Vereinigung mit den Koloni en Saybrook und Hartford: – Kein Quaker oder Dissenter (vom offiziellen Glau ben des Dominions) darf bei der Wahl von Beam ten seine Stimme abgeben; Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– Quakern, Adamiten oder anderen Häretikern darf niemand Nahrung oder Wohnung gewähren; – Wenn jemand Quaker wird, ist er zu verbannen und darf bei Todesstrafe nicht zurückkehren; – Kein Priester darf im Dominion verbleiben: er soll verbannt werden und bei Rückkehr des Todes sein; jeder darf Priester ohne Haftbefehl festnehmen; – Niemand darf einen Fluß ohne Mitwirkung eines von Amts wegen anerkannten Fährmanns überque ren; – Niemand darf am Sabbat rennen, oder in seinem Garten spazieren oder sonst wo, außer würdig zur Kirchenversammlung und zurück; – Niemand darf am Sabbat reisen, Essen kochen, Bet ten machen, Zimmer fegen, Haare schneiden oder rasieren; – Keine Frau darf ihr Kind am Sabbat oder Fasttag küssen; – Der Sabbat beginnt bei Sonnenuntergang am Sams tag; – Einen Maiskolben aus Nachbars Garten pflücken ist Diebstahl; – Wer einer Gesetzesübertretung bei Nacht angeklagt ist, gilt für schuldig, falls er sich nicht durch einen Schwur reinigt; – Wenn offenkundig wird, daß ein Angeklagter Kom plizen hatte und er sich weigert, sie zu benennen, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ist er auf die Folter zu spannen; – Niemand darf ohne Erlaubnis der Stadtverordneten Land kaufen oder verkaufen; – Die Stadtverordneten haben einem Säufer einen Herrn zu geben und ihm die Freiheit des Kaufens und Verkaufens zu nehmen; – Wer zum Nachteil seines Nachbarn eine Lüge ver breitet, soll am Pranger geschlossen stehen oder mit 15 Hieben gepeitscht werden; – Kein Geistlicher (der anglikanischen Kirche) darf eine Schule unterhalten; – Wer Menschen stiehlt, ist des Todes; – Wer Kleidung mit Gold- oder Silberlitzen oder Spitzen im Wert von über 2 Schilling pro 91 cm trägt, wird vor Gericht gestellt und die Stadtverord neten sollen ihn mit 300 Pfund Strafe belegen; – Ein Schuldner in Schuldhaft, der schwört, kein Ei gentum zu besitzen, soll entlassen und zur Dek kung seiner Schulden verkauft werden; – Wer im Walde ein Feuer entzündet, und das brennt ein Haus nieder, ist des Todes; wer dieses Verbre chens verdächtig ist, muß eingekerkert werden ohne Möglichkeit der Freilassung gegen Kaution; – Wer Spielkarten oder Würfel in dieses Dominion bringt, hat 5 Pfund Strafe zu zahlen; – Niemand darf in der Öffentlichkeit Gebete sagen, Weihnachten oder Heiligenfeste begehen, Minzku Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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chen backen, tanzen, Karten spielen oder auf ir gendeinem Musikinstrument spielen, mit Ausnah me von Trommel, Trompete und Maultrommel (Jew-harp); – Kein Geistlicher des Evangeliums darf Menschen in die Ehe zusammengeben; nur die Verwaltung darf das tun, da so der Kirche Christi weniger Skandal entsteht; – Wenn Eltern ihren Kindern angemessene Heiraten verbieten, hat die Verwaltung zu entscheiden; – Wenn die Stadtverordneten feststellen, daß Kinder keine Schulbildung haben, sind sie ihren Eltern wegzunehmen und in bessere Hände zu geben, auf Kosten der Eltern; – Ein Mann, der seine Frau schlägt, ist mit 10 Pfund zu strafen; eine Frau, die ihren Mann schlägt, nach Befinden des Gerichts; – Eine Frau gilt als vertrauenswürdige Zeugin gegen ihren Mann; – Kein Mann darf einem Mädchen in Person oder brieflich den Hof machen ohne vorherige Zustim mung ihrer Eltern; beim ersten Mal 5 Pfund Strafe, beim zweiten Mal 10 Pfund, beim dritten Mal Haft nach Maßgabe des Gerichts; – Jedes männliche Wesen hat sich die Haare nach dem Rand seiner Kappe rund zu schneiden.2
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Die Hölle ist eine Bar, in der man unentwegt das sau fen muß, was man im Leben zu schlürfen liebte. Und in alle Ewigkeit kein Klo. Die Gesamtuniversität Mainz hat in einer Verwal tungsmitteilung festgelegt: »Bezeichnungen, die aus schließlich auf Männer abzielen, werden ersetzt. Der Begriff ›Doktorvater‹ ist beispielsweise zu ersetzen durch die Bezeichnung ›Doktormutter‹.« Das wird die trauernden »Doktormütter« unseres Dr. Bundeskanz lers auch nicht trösten können. Der Name der Republik Elfenbeinküste »Côte d'Ivoire« darf laut Dekret des Präsidenten vom 1.1.1986 nicht mehr übersetzt werden. (»Ivory Coast« erhielt diesen Namen während der Kolonialzeit nach dem Haupthandelsgut: weißem und »schwarzem« El fenbein = Sklaven). Rechtsverkehr fährt linksgesteuert. Der Rechtsphilosoph Gustav Radbruch stellte fest: Es »müssen Juristen den Mut finden, dem Gesetz den Rechtscharakter abzusprechen, wenn Gesetze den Willen zur Gerechtigkeit bewußt verleugnen«. Ein junger Mann, der Freundin und gemeinsame Kin Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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der getötet und wegen erwiesenen wie gestandenen Mordes zum Tode verurteilt worden war, sollte, nach dem alle Rechtsmittel mit negativem Ergebnis ausge schöpft waren, am 6. Juni 1991 hingerichtet werden, dergestalt nämlich, daß man ihn mit Zyanidgas vor den ewigen Richter befördere, was aber am 27. Mai 1991 von der zuständigen Behörde am Exekutionsort Phoenix, der Hauptstadt Arizonas, mit dem Bemerken untersagt wurde, daß das aus der Gaskammer ausströ mende Zyanidgas die Umwelt in nicht zu verantwor tender Weise belaste, ja sogar gefährde. Frage nicht, was Du für Kohl tun kannst. Frage lie ber, wie wir die furchtbaren Folgen der Verkohlung wenigstens neutralisieren können. Als Verstoß gegen die Menschenrechte und gröbliche Verletzung des Grundgesetzes gilt, mehr Glück zu verbrauchen als man hervorbringt. Mein Lieblingswirt hat auf die Rückseiten seiner flau schig-üppigen Zellstoffservietten, die im Gebrauchs wert nahe an den leinener Mundtücher heranreichen, folgende 10 Gebote für den Gast aufdrucken lassen: 1. Du sollst Deinem Wirt glauben. 2. Du sollst Dei nen Wirt loben und preisen überall. 3. Du sollst sonn und feiertags Deinen Wirt besuchen. 4. Du sollst Dei Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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nen Wirt ehren und schätzen und nicht ärgern, damit er lange lebe. 5. Du sollst, wenn Du einmal einen Rausch hast, nicht lärmen oder schlagen, sondern denselben stolz und schweigsam nach Hause tragen. 6. Du sollst im Gasthaus nicht unanständig sein. 7. Du sollst Deine Zeche richtig angeben und Deinem Nachbarn nicht sein Bier austrinken. 8. Du sollst nicht begehren Deines Wirtes Frau, Köchin oder Kell nerin, denn die gehören allein Deinem Wirt. 9. Du sollst nicht begehren Speise und Trank, wenn Du nicht bezahlen kannst. 10. Du sollst alle Gebote hal ten, damit Du nicht in die Hölle kommst und Durst leiden mußt. (Der darf so was, denn alle seine Speisen und Getränke kommen noch von richtigen Landwirten und echten Getränkeherstellern, und nichts aus den chemischen Giftküchen der EG-Verordnungen!) Charles I. war als Kind und Prinz so kränklich, daß er die Reise von Schottland nach London zur Krönung seines Vaters nicht mitmachen konnte, und als er 1649 auf dem Schaffott Cromwells hingerichtet wurde, war er nicht größer als 1 Meter 40. Seinen dü steren Schatten ehrt noch heute ein Gesetz, das es ver bietet, im Umkreis von 3 Meilen um seine Statue in Whitehall in bunten Gewändern aufzutreten, um Ge schäfte zu machen.
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Wie nun aber ein ordentlicher Ehevertrag auszusehen hat, das beschrieb unübertrefflich Tristram Shandy anhand eines Artikels aus jenem seiner Eltern, der da in der vorzüglichen Übersetzung von Michael Walter lautet: Und dieser Contractus bezeuget fürderhin, Daß der bemeldete Walter Shandy, Kaufmann, in Anbetracht der in Rede stehenden, beabsichtigt stattzuhabenden und mit Gottes Segen nach bestem Wissen und Ge wissen zu begehenden und zu vollziehenden Ehe schließung zwischen bemeldetem Walter Shandy und vorbemeldeter Elizabeth Mollineux, und auch aus mancherlei anderen guten und schätzenswerten Grün den und Erwägungen, welche ihn vorzüglich insglei chen dazu bewegen, – gewährt, verspricht, verheißet, sich verpflichtet und verbindlich macht, Handels einig ist und vollständig übereinkommt gegen und mit John Dixon und James Turner, Esqrs., den obbemeldeten Gewährsmännern, *c. *c. – nämlich, – Daß im Fall es dermaleinst so ausfallen, sich ereignen, sich begeben oder sonstwie zutragen sollte, – Daß beneideter Wal ter Shandy, Kaufmann, sein Geschäft aufgegeben haben möchte, vor der Zeit oder den Zeiten, da bemel dete Elizabeth Mollineux, nach dem Laufe der Natur oder sonst aufgehört haben wird, mit Kindern schwanger zu gehen und diese zu gebären; – und daß infolge dieser der Geschäftsaufgabe, durch bemelde Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ten Walter Shandy, jener, entgegen und zuwider dem freien Willen, Konsensus und Gutdünken bemeldeter Elizabeth Mollineux, – sich aus der Stadt London fortbegeben sollte, um sich zurückzuziehen und Woh nung zu nehmen auf seinem Gut Shandy-Hall in der Grafschaft –, oder auf irgendeinem anderen Landsitz, Schloß, Gutsanwesen, Herrenhaus, Vorwerk oder Meierhof, bereits erworbenem oder noch zu erwerbendem, oder auf irgendeinem Teil oder Beigebäude eines solchen: – Daß alsdann, und sooft, als bemelde te Elizabeth Mollineux gesegneten Leibes sein wird mit Kind oder Kindern, die verschiedentlich und ge setzlich erzeugt wurden, oder erzeugt worden sein werden, in dem Körper bemeldeter Elizabeth Molli neux, während ihres bemeldeten Standes und ihrer Lage als Ehefrau, – er, bemeldeter Walter Shandy, ge halten sein soll, auf eigene Kosten und zu seinen La sten und von seiner eigenen Barschaft, auf gute und vernunftgemäße Anzeige hin, welche, wie hiemit übereingekommen wird, sechs Wochen vor ihrer, der bemeldeten Elizabeth Mollineux, vollberechneten Niederkunftszeit oder dem Termin der mutmaßlichen und überschlagenen Entbindung gegeben werden soll, – zu bezahlen, oder bezahlen zu lassen, die Summe von einhundertundzwanzig Pfund guten und gesetzlichen Geldes an John Dixon und James Turner, Esqrs., oder deren Kuratoren, – auf Treu und Glauben Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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und für und zu folgendem Zweck und Bezwecken, Nutzen, Ende und Ziel: – Will sagen, – Daß die be meldete Summe von einhundertundzwanzig Pfund in die Hände der bemeldeten Elizabeth Mollineux ausbe zahlt, oder sonst durch sie, die bemeldeten Gewährs männer, dazu aufgewendet werde, um davon nach be stem Wissen und Gewissen eine Kutsche anzumieten, nebst tauglichen und hinreichenden Pferden, welche den Körper der bemeldeten Elizabeth Mollineux, sowie auch das Kind oder die Kinder, womit sie als dann und alldort schwanger und in der Hoffnung sein wird, – nach der Stadt London expedieren und trans locieren sollen; wie auch zur weiteren Bezahlung und Deckung aller anderen anfallenden Nebenkosten, La sten und Ausgaben jedweder Art, – um und bei und für und bezüglich ihrer bemeldeten vorgesehenen Ent bindung in bemeldeter Stadt oder den Vororten derselben. Und daß bemeldete Elizabeth Mollineux von Zeit zu Zeit, und zu all solcher Zeit und solchen Zeiten, als hier ausbedungen und übereingekommen ist, – in Ruhe und Frieden bemeldete Kutsche nebst Pferden mieten solle können und dürfen und auch frei en Einstieg, Ausstieg und Wiedereinstieg, während ihrer ganzen Reise in und aus bemeldeter Kutsche habe, gemäß dem Tenor, dem wahren Geiste und der Bedeutung dieses Vorliegenden, ohne Verzug, Ver fahren, Verdruß, Verhinderung, Molesten, Entgelt, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Nachteil, Einbuße, Entsetzung, Schikane, Unterbre chung oder Behelligung, welchergestalt auch immer, – Und daß es überdem bemeldeter Elizabeth Mollineux giltig erlaubt sein solle, von Zeit zu Zeit, und so oft und oftmalig sie nach bestem Wissen und Gewissen in ihrer bemeldeten Schwangerschaft bis zu der hierzuvor stipulierten und übereingekommenen Zeit fortgeschritten sein wird, – zu leben und zu woh nen an solchem Ort oder solchen Orten, und in sol cher Familie oder solchen Familien, und bei solchen Verwandten, Freunden und anderen Personen in be meldeter Stadt London, wie es ihr nach ihrem eigenen Willen und Belieben, unerachtet ihres derzeitigen Standes und ihrer Lage als Ehefrau, und gleich als ob sie eine femme sole und ledig wäre, – gutdünken wird. – Und dieser Contractus bezeuget fürderhin, Daß zur bindenderen Durchführung des bemeldeten Vertragswerks der bemeldete Walter Shandy, Kauf mann, hierdurch überträgt, zubilligt, verhandelt, ab tritt und bestätigt gegenüber den bemeldeten John Dixon und James Turner, Esqrs., deren Erben, Testa mentsvollstreckern und Kuratoren ihren gegenwärti gen habhaften Besitz, kraft eines Kauf- und Verkauf s kontrakts, befristet auf ein Jahr, ausgefertigt auf sie, bemeldeten John Dixon und James Turner, durch ihn, bemeldeten Walter Shandy, Kaufmann, der zu diesem Behufe verbrieft wurde; welcher bemeldete Kauf- und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Verkaufskontrakt, befristet auf ein Jahr, das Datum des Tages vor dem Datum dieses Vorliegenden schreibt und überschreibt kraft und vermöge des Sta tuts zur Cession von Nießbrauch in Besitz, – Alle Ge richtsbarkeit und Lordschaft von Shandy in der Graf schaft –, mit sämtlichen Rechten, Gliedern und An hängseln; und alle Vorwerke, Häuser, Gebäude, Scheuern, Ställe, Obstspaliere, Garten, Afterplätze, Haine, Zaunländer, Schleusen, Hütten, Liegenschaf ten, Wiesen, Weiden, Triften, Marschen, Gemeinde fluren, Holzungen, Unterholzungen, Ablaufrinnen, Fischteiche, Gewässer und Wasserläufe; – anbenebst allen Pachten, Anwartschaften, Servituten, Annuitä ten, Erbzinslehen, Ritterlehen, Landfriedensobwaltun gen, Heimfallgütern, Lehnswaren, Bergwerken, Stein brüchen, Kisten und Kasten von Missetätern und Ent sprungenen, Selbstentleibern und Vorgeladenen, ver wirkten Gütern, freien Jagd- und Hegerechten, und allen anderen Grundzehnten und Grundherrlichkeiten, Rechten und Jurisdiktionen, Privilegien und Erbschaf ten welcher Art auch immer. – Und auch das Patro natsrecht, Schenkungsrecht, Präsentationsrecht und die freie Verfügung über Rektorei oder Pfarrhaus des vorbemeldeten Shandy, und alle und jegliche Zehnten, Kirchengroschen, Pfarr»ländereien« – Mit drei Wor ten, – Meine Mutter konnte, (wenn es ihr gefiel) in London niederkommen. Um aber jeglichen Unredlich Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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keiten seitens meiner Mutter, denen ein sotaner Ehe vertrag doch zu handfest ein Türchen öffnete, einen Riegel vorzuschieben, woran freilich niemand anders gedacht hatte, als nur mein Onkel Toby Shandy; – wurde zur Absicherung meines Vaters eine Klausel angehängt, und zwar diese: – Daß falls meine Mutter meinen Vater hernach »irgendwann einmal durch fal schen Alarm oder Fehlanzeigen in das Ungemach und die Unkosten einer London-Reise stürzen sollte; – sie für jeden solchen Fall alle Rechte und Ansprüche, die ihr die Übereinkunft gewährte, für das nächste Mal verscherzt haben sollte; – für länger aber nicht, – und so fort, toties quoties, und auf eine ebenso giltige Weise, als ob eine solche Übereinkunft zwischen ihnen nicht getroffen worden wäre.« – Das war, bei läufig gesagt, nicht mehr als billig.
Eh daß ich vergeß Ihnen zu erzählen:
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Han-Chinesen und andere Anhänger des Konfuzius und seiner Lehren glaubten lange, daß das Haupthaar wie der Rest des Körpers von den Eltern stamme und daher nicht behindert werden dürfe. Also ließ man Haar und Bart unbeschnitten wachsen und bändigte des Hauptes Haarfülle durch jene berühmten Knoten Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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oder Dutts, wie sie z.B. die Tonkrieger aus Xian auf weisen. Natürlich kämmte und pflegte man sie, aber dazu bedurfte es keines eigenen Handwerks. Erst als die Mandschu 1644 die Herrschaft über China an sich brachten und auf der Übernahme bestimmter Sitten durch ihre neuen Untertanen bestanden, veränderte sich manches: Sie verlangten u.a., daß jeder chinesi sche Mann sich den Schädel teilweise glatt rasieren lassen und das Hinterkopfhaar zum Zopfe flechten müsse. Das entsprechende Edikt vom August 1645 verlangte die Durchführung binnen 10 Tagen. In Beijing wurde das Edikt unter der Überwachung durch den Prinzregenten aufs strikteste verwirklicht. Er ließ an den Hauptkreuzungen der Stadt Hütten er richten, die mit Barbieren aus dem Söldnerheer der Mandschu bemannt waren. Und jeder Vorüberkom mende, der sein Haar à la Han trug, wurde mit Gewalt geschoren und mit geflochtenem Zopf »geschmückt«. Wer sich weigerte, wurde auf der Stelle exekutiert, seinen Kopf stellte man auf Piken zur Schau. Da aber diese Zwangsscherung kostenlos geschah, kann man sie nicht unmittelbar als Beginn des Barbiertums bzw. des Friseurhandwerks betrachten. Kurz darauf allerdings gestatteten die MandschuHerren einigen der Han-Handwerker, die sie bei ihrer Besetzung Beijings gefangengenommen hatten, um Lizenzen für Privatbetriebe einzukommen: Und dar Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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unter waren auch die ersten Privatbarbiere der Haupt stadt. Es waren vor allem Männer aus Jidong, dem Gebiet des östlichen Hebei. Und deshalb waren prak tisch ausnahmslos alle Barbiere Beijings bis etwa 1930 Männer aus jener Gegend, vor allem aus dem Kreis Baodi. Besonders in der ersten Zeit betrieben sie ihr Handwerk als die Straßen durchwandernde Barbiere und nur selten schon in festen Hütten. Die Wanderbarbiere trugen ihr Handwerkszeug an der be rühmten wippenden chinesischen Bambustragestange über der Schulter mit sich. Die Gerätschaften aber verrieten noch lange ihre Herkunft aus dem Man dschu-Heer. So wusch man dem Kunden den Kopf über einer großen Metallschüssel, die ursprünglich der Helm der Mandschu-Soldaten war. Der Wasserschöpflöffel ent stand aus der Feldflasche der Soldaten. Der kleine Ofen zur Erhitzung des Wassers stellte ursprünglich jenes Gefäß dar, in dem die Soldaten ihr Schießpulver mit sich führten. Der Stab, an dem man auf alten Dar stellungen am oberen Ende wie ein Firmenschild ein Papier flattern sieht, trug in Wirklichkeit das Edikt der Qing-Kaiser betreffend das Kopfbarbieren und das Zopfflechten. Der Hocker, auf dem der Kunde Platz; nahm und der dem wandernden Barbier beim Marsch sonst am anderen Ende der Tragestange bau melte, war ursprünglich der Exekutionsblock. Als Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Sitzmöbel enthielt er Seitenschubladen, in denen der Exekutionsblock Foltergerät verbarg, der Barbier aber sein Handwerkszeug transportierte. Und sogar jene flache Schale, die der Kunde selbst hielt, um in ihr das abgeschnittene Haar aufzufangen, entsprang der Mandschu-Bewaffnung: Ursprünglich war das der Schild des Soldaten. Lediglich eine Art Metallrassel in der Form großer Haarzangen, mit deren Gelärme sich der Wanderbarbier bemerkbar machte, war zivi len Ursprungs. Diese Rassel, der Huatou, spielte in den Regeln der Zunft eine große Rolle: Sie durfte nicht vor Tem peln, auf Brücken oder in der Nähe der Hütte bzw. des Arbeitsplatzes eines anderen Barbiers ertönen. Wer als Wanderbarbier losziehen wollte, mußte also neben den Kunstgriffen des Handwerks auch die Re geln und Vorschriften der Zunft auswendig beherr schen, ehe er sein Gewerbe ausüben durfte. Wenn man z.B. in der Nähe eines anderen Barbiers die Ras sel spielte, mußte man schwerer Strafen gewärtig sein, oder aber – nach Nachweis unwissenden Irrtums – eine ganze Reihe höchst esoterischer Rituale als Ent schuldigung und Wiedergutmachung vollziehen. Der Wander- oder Hüttenbarbier der alten Zeit hatte 16 verschiedene Techniken des Haarschneidens, der Massage und des Knochenrichtens zu beherr schen, da er nicht nur Barbier, sondern auch Masseur Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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und Erste-Hilfe-Arzt bei Knochenbrüchen zu sein hatte: Die Parallele zum abendländischen Feldscher ist unübersehbar. Dementsprechend unterstanden die Eunuchen, die im Palast als Haarschneider wirkten, der »Masseur-Abteilung«. Wenn der Kaiser rasiert wurde, hatte der dazu befohlene Eunuch-Barbier ein Rasiermesser zu verwenden, dessen Klinge zwischen zwei Bambus-Streifen eingeklemmt war, aus denen die Schneide nur 2 Millimeter hervorstehen durfte, damit die Ermordung des kaiserlichen Kunden mög lichst unmöglich blieb. Während der 267 Jahre der Mandschu-Herrschaft bedienten die Barbiere lediglich jene Männer, die den Kopf teilweise glatt rasiert und den Zopf tragen muß ten. Damit blieben, dem Äußeren nach, drei Gruppen vom Mandschu-Edikt freigestellt: a) die Frauen, die in Haartracht und Kleidung den Han-Stil beibehalten durften; b) die Priester, denen gestattet war, ihre religiöse Haartracht beizubehalten (buddhistische Mönche wurden im Kloster völlig kahl rasiert, taoistische Priester ließen ihr Haar völlig unbeschnitten wie eh und je); c) Bettler, die für so arm galten, daß sie sich unbar biert und zopflos bewegen durften. Was die Zöpfe angeht, die also gar keine chinesi schen, sondern Mandschu-Zöpfe waren, so entwickel Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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te sich da natürlich sehr rasch eine breite Palette an Stilen. Sie hingen einmal von der Menge Haars ab, woraus der Zopf erwuchs, zum anderen von der Dich te und Länge der Zopfhaare selbst und zum dritten von Art und Farbe der Bänder, die in die Zöpfe ge flochten wurden. Der Kenner konnte an den Zöpfen erkennen, ob er es mit einem Beamten, einem kulti vierten Gelehrten, einem Play-boy oder gar einer Ge stalt der Unterwelt zu tun hatte. Bei Knaben begann man im Alter von etwa 3 Jah ren mit einem straff stehenden Schwänzchenzopf auf einer Seite des Kopfes; der 5jährige trug meist einen Haarkranz wie ein westlicher Mönch, mit einem ste henden Zöpfchen; mit etwa 7 Jahren trug man meist mehrere Zöpfchen, die in alle Himmelsrichtungen weisen konnten, oder auch nur einen Zopf, der dann aber senkrecht stehen mußte; den Erwachsenenzopf hatte der Jugendliche etwa ab 13 zu tragen. Dieser Stil der Knabenfrisur überdauerte bis in die 30er Jahre, also noch lange, nachdem der Zopf der erwach senen Männer bereits mit der Qing-Dynastie gefallen war.
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Fußnoten 1 siehe HdnW I, S. 77. 2 apropos Haarschnitt empfiehlt es sich, zu US-Ge setzen HdnW II, S. 152, nachstehend die Seite 192 aufzuschlagen.
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»Zwischen zwei Übeln entscheide ich mich immer für das, das ich noch nicht ausprobiert habe.« (Mae West) »Fragen des Blutes sind die kompliziertesten Fragen der Welt! Wenn man gewisse Urgroß mütter fragte, vor allem jene, die im Rufe der Demut standen, kämen erstaunliche Geheim nisse an den Tag! Es ist gewiß keine Sünde, wenn ich in diesem Zusammenhang von kunstvoll gemischten Spielkarten spreche. Es gibt eben Dinge, bei denen Standesunter schiede ebensowenig eine Rolle spielen wie Staatsgrenzen.« (Fagott Korowjow)
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»Wenn Berti Vogts als Bundestrainer auf der Mattscheibe erscheint und die Weisheit von seinen Lippen perlt, dann kriege ich immer Zustände. Aber trotzdem freue ich mich in der Regel, wenn Deutschland spielt – die Jungs singen ja auch immer so schön falsch die Nationalhymne.« (Joschka Fischer) »Wenn einer den Ball nicht stoppen kann, dann kann er sich noch so gesund ernähren und wird ihn trotzdem nicht stoppen kön nen.« (Franz Beckenbauer) »Man muß es nur nötiger haben als andere, dann macht man sich bei der Menschheit einen Namen.« (Thomas Mann) »Der Amerikaner, der den Columbus entdeck te, machte eine böse Entdeckung.« (Lichtenberg)
1619 ließ sich als erster Siedler am Harlem River der dänische Bauer Johan Bronck nieder, nach dem sich bis heute die New Yorker Bronx nennt.
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Ein englischer Anonymus reimte im 17. Jahrhundert bissig: »Nor imitate with Socrates To wipe thy snivveled nose, Upon thy cap, as he would doe, Nor yet upon thy clothes. But keep it clean with handkerchiffe, Provided for the same, Nor with the fingers on the sleeve: Therein thou art to blame.« (Du sollst deine verrotzte Nase nicht nach dem Bei spiel des Socrates an deiner Mütze abwischen und auch nicht an deiner Kleidung, sie vielmehr vermit telst des dazu vorgesehenen Taschentuches sauber halten, und nicht etwa mit den Fingern am Ärmel: das trägt dir Vorwurf ein.) Die deutsche Vereinigung darf nach Ansicht von An drzej Szczypiorski durchaus als politisches Wunder gelten: »Doch geschah dieses Wunder wie viele Wun der dieser Welt – ohne intellektuelle Vorbereitung.« C. Terentilius Harsa war bekanntlich der Gegenspie ler des antiplebeischen Cincinnatus, des Retters Roms, und hat deshalb Gesetze eingebracht, die glei chermaßen für die Plebs wie für die Patrizier gelten sollten. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der neue Plenarsaal des Bundestages in Bonn ist in seiner gläsernen Luftigkeit und seiner Offenheit nach allen Seiten nach Ansicht von Johannes Groß ein wunderschöner Annex der Bundesgartenschau und ein Monument der Ideale der vergangenen Bundesrepu blik: die Architektur gewordene Verneinung der Mög lichkeit des Ernstfalls. Cleo Kretschmer ließ sich in Strümpfelbrunn im Sok kenbacherhof von einem vietnamesischen Spezialisten gegen ihre pathologische Eifersucht erfolgreich aku punktieren. Die Musik zum Film ›Der Maulkorb‹ von Heinrich Spoerl schrieb Peter Kreuder. Der wieder auferstandene Lazarus wanderte nach dem Tode Jesu nach Zypern aus, wo er in Larnaka eine christliche Gemeinde gründete, deren Bischof er bis zu seinem endgültigen Tod in hohem Alter war; wäh rend seines langen Lebens ward nie beobachtet, daß er gelacht oder auch nur gelächelt hätte, was gewisse Rückschlüsse auf den Wert einer Wiederauferstehung mit Bewußtsein zuläßt; sein Grab befindet sich bis heute in Larnaka. Der Beweis des Grabes zusammen mit dem des Be Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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richts über sein Nicht-Lachen läßt die Darstellung der römischen Kirche, Lazarus sei Bischof von Marseille geworden, als haltlose Legende erscheinen. Wladimir Alexejewitsch Giljarowski, ein Mann wie das Urbild eines Saporoger Kosaken, steckte voller jungenhafter Einfalle. Einmal schickte er einen Brief mit seinem Namen als Absender und seiner vollen Adresse an einen völlig erfundenen Namen in Austra lien mit einer völlig erfundenen Adresse, und nach dem der Brief nach vielen Monaten als unzustellbar zurückgekommen war, saß er tagelang vor dem Um schlag und träumte sich anhand all der vielen Weiter leitungsstempel durch den ganzen langen erstaunli chen märchenhaften Weg, den der Brief gereist war. Samuel Goldwyn hieß weder so, noch wurde er am 27. August 1882 geboren: geboren wurde er unbe kannten Datums in den Slums des Warschauer Ghet tos als Schmeul Gelbfisz und erstes von 6 Kindern; die 8köpfige Familie lebte in 2 Räumen, die 3 Söhne schliefen in 1 Bett. Nie hat Cicero begriffen, daß die Marmoräderchen in Diokletians Thermen geplatzte Blutgefäße der Skla ven in den Steinbrüchen sind.
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Es ist ihm wie einem großen philosophischen Schwät zer nicht sowohl um die Wahrheit zu tun, als um das Geläute seiner Prose. Wenn Saint-Pol-Roux (1861–1940) schlafen ging, pflegte er ein Schild an seine Zimmertür zu hängen: »Der Dichter arbeitet.« Karl May veröffentlichte seine Texte mehrheitlich unter seinem richtigen Namen, daneben verwendete er aber auch Pseudonyme: Ramon Diaz de la Escosura, M. Gisela, Hobble-Frank, Karl Hohenthal, D. Jam, Prinz Muhamêl Lautréamont, Ernst von Linden, P. van der Löwen, Kara Ben Nemsi Effendi, Emma Poll mer. Er hatte die Eigenschaften der größten Männer in sich vereint. Er trug den Kopf immer schief wie Alexan der, und hatte immer etwas in den Haaren zu nisteln wie Caesar. Er konnte Kaffee trinken wie Leibniz, und wenn er einmal recht in einem Lehnstuhl saß, so vergaß er Essen und Trinken darüber wie Newton, und man mußte ihn wie jenen wecken. Seine Perücke trug er wie Dr. Johnson, und ein Hosenknopf stund ihm immer offen wie dem Cervantes. Emma Magdalena Rosalia Maria Josepha Barbara Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Baroneß Orczy, aus reicher ungarischer Diplomaten familie, schrieb unter dem Namen Baroneß Emmuska Orczy in London, Mitglied der feinsten Gesellschaft, Kriminalgeschichten, die ab 1900 erschienen, weil sie nur im Schreiben die Möglichkeit sah, »etwas Gro ßes« zu leisten. Ihr bedeutendster Detektiv ist »der alte Mann in der Ecke«, 1910 erfand sie die weibliche Detektivin Lady Molly Robertson-Kirk von der Frau enabteilung Scotland Yards, und 1905 erschien ihr größter Erfolg, die funkelnde Abenteuergeschichte aus den Blutorgien der Französischen Revolution und den Absurditäten der britischen Hocharistokratie, ›The Scarlet Pimpernell‹. Ein Friseur von der Madison Avenue, der sich An drew nennt, berichtet, daß er während der letzten 8 Jahre alle zwei Wochen nach Kinshasa gereist ist, um Präsident Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu Wa Za Banga die Haare zu schneiden. Zählt man Andrews Erster-Klasse-Flug von New York und zurück, seine Unterbringung im luxuriösen Inter-Continental-Hotel und seinen Arbeitslohn zusammen, dürfte jeder Haar schnitt des Präsidenten sein Volk etwa 5000 Dollar gekostet haben. Die Anhänger Pancho Vilas konnten seine Ermordung und das Ende der Ära seiner Gewaltherrschaft nicht Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ertragen. Da gruben sie seine Leiche aus, schnitten seinen Kopf ab, legten ihn in einem riesigen Glastopf in weißem Rum ein, und fuhren ihn mit einem Ford-T in die Van Horn-Berge außerhalb von El Paso, wo sie ihn unter einem Haufen orangener Steine verbargen. Und jahrelang kamen sie Nacht für Nacht dahin, leg ten ihn frei, tranken Mescal und rauchten Marihuana. Und redeten im heißen Nachtwind mit seinem aufge dunsenen grinsenden Gesicht, das in dem großen Glastopf im weißen Rum schwamm. Nachdem Pierre Salinger, der Pressesprecher des USPräsidenten John F. Kennedy, seinem Herrn wunsch gemäß 1961 binnen 12 Stunden 1200 Havanna-Zi garren des Typs Harry Upman beschafft hatte, ent nahm der Präsident seinem Schreibtisch ein vorberei tetes Dokument, lächelte und unterschrieb es: das noch heute gültige Einfuhrverbot für Erzeugnisse aus dem Cuba Fidel Castros in die nur moralischen Grundsätzen verpflichteten USA. Dialektik ist ein Tumor halbierter Seelen, die sich am liebsten mit kurzweiligen Zitaten aus Hegel drapieren, womit lästige Wiederholungen ihre Langweiligkeit verlieren. Wahre Dialektiker ziehen aus Flaschen und Hüten weiße Karnickel mit roten Augen, die Kikeriki machen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Den Überlebensrekord hält ein Chinese, der Seemann Poon Lim. Er trieb 133 Tage allein auf einem Floß, bevor er gerettet wurde. Fünfzig Tage davon hatte er Lebensmittel, dreiundachtzig Tage – das ist ein viertel Jahr! – ernährte er sich von Fischen, Seevögeln, Gar nelen, Muscheln und Regen. Am 31. Mai 1811 sprang der Schneider Albrecht Ludwig Berblinger mit selbstgebastelten Riesen schwingen von der Ulmer Stadtmauer, um durch einen Flug über die Donau zu beweisen, daß er das Ge heimnis des Fluges enträtselt habe, und fiel ins Was ser. Da der spanische Grammatiker Antonio de Nebrija frühzeitig (und wohl aus Erfahrungen im Verlauf der Reconquista) begriff, welche Bedeutung der Sprache bei der Förderung der kulturellen wie der staatlichen Identität zukommt, da sie von jeher eine »Begleiterin des Imperiums« sei, legte er 1492 seine ›Gramática de la Lengua Castellana‹ vor, die erste Grammatik des Kastilischen, das damit gleichzeitig zur Hoch sprache unter den spanischen Mundarten wurde, und zugleich eine der modernen europäischen Sprachen. Und wies darauf hin: »Wenn Eure Königliche Maje stät [die Königin Isabella nämlich] viele Barbarenvöl Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ker und Nationen mit fremden Sprachen zu unterjo chen gedenkt, werden nach der Unterwerfung diese die Gesetze übernehmen müssen, die der Sieger dem Besiegten aufzwingt, und damit unsere Sprache.« Sei nen Ruf als Grammatiker hatte er sich an der Univer sität von Salamanca erworben, indem er im Kampf gegen jene Barbaren der Praxis, die in Spanien das Latein völlig korrumpiert hatten, eine neue, äußerst geschickt angelegte Lateingrammatik ›Introductiones latinae‹ vorlegte, die bald so erfolgreich wurde, daß sie nicht nur als Lateinlehrbuch Verwendung fand, sondern auf Wunsch allerhöchst der Königin vom Verfasser selbst ins Spanische übersetzt wurde – der Anstoß zur nachfolgenden kastilischen Grammatik. Talleyrand, bekanntester Bischof von Autun, Hinke fuß, bedeutender Frauenheld, Meister der eleganten Boshaftigkeiten, erhielt während seiner Amtszeit als Staatsmann (1797–1834) den Besuch einer aufgereg ten Dame, die ob ihrer Häßlichkeit weithin bekannt war und ihm vorwarf, er habe sich gerühmt, ihre Gunst genossen zu haben. »Gerühmt, Madame? Ich habe mich dessen beschuldigt.« Betty Joan Perske nannte sich Lauren Bacall. Als Dr. med. Gurt Emmrich nicht mehr unter dem Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Pseudonym Detlev Clausewitz publizieren durfte, da die Zeiten einer solch respektlosen Verwendung des toten Generals nicht günstig waren, wollte er sich aus Zuneigung zu der Tänzerin Bambula ebenso nennen, worauf Paul Fechter ihm erklärte: »Hängen Sie sich die erste Silbe Ihres geliebten Namens als PS um den Hals, und der Vorname ist Peter, so heißt heute so wieso jeder.« Pauline Elisabeth Ottilie Luise, Prinzessin zu Wied, schrieb Lyrik unter dem anagraphischen Pseudonym E. Wedi, und veröffentlichte sie, nachdem sie Königin von Rumänien geworden war, als Carmen Sylva, denn: »Carmen das Lied, und Silva der Wald, Von selbst gesungen das Waldlied schallt.« Auch betrieb Carmen Sylva Lebenshilfe in Prosa, etwa in Gestalt ihrer ›Geflüsterten Wortes die sie »Den Schlaflosen gewidmet« hat. Der erste Teil die ses Werkes erschien, wen wunderts, in W. Wunder ling's Hofbuchhandlung, 1903, zu Regensburg. Johann Ulrich Megerle wurde unter seinem Kloster namen als Barfüßer-Augustiner berühmt: Abraham a Sancta Clara. Der Graf von Bollstädt ist besser bekannt als Alber Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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tus Magnus. Richard Engländer nannte sich Peter Altenberg, weil er seine erste – platonische – Liebe im Ort Altenberg erlebte. Theodor Heuß, der während der Nazi-Zeit Schreibver bot hatte, veröffentlichte in der frankfurter Zeitung‹ in dieser Zeit Artikel als Thomas Brackenheim (er war aus Brackenheim gebürtig). Aus dem römischen Eboracum an der Ouse, in dem einst Hadrian verweilte, Septimius Severus starb und Constantius zum Kaiser ausgerufen wurde, und aus dem 407 die römische VI. Legion für immer (?) abzog, wurde das christliche Eoforwic des großen Al kuin, dessen Bibliothek weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt war, und dann das Yorvik der rauhen Wikinger, und schließlich die anglonormannische Stadt York, darin 1134 ein Großbrand 39 Kirchen da hinraffte (heute gibt es immerhin noch 23, darunter die gewaltige Kathedrale, die unter den Kirchen ist »wie die Rose unter den Blumen«), in der 1953 der Flaschnerlehrling Henry Martindale im Keller des Schatzmeisterhauses plötzlich einen Trompetenstoß aus dem Horn eines römischen cornicularius (= Stabs trompeter) vernahm und dann entsetzt beobachtete, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wie 20 Legionäre in vollen Waffen ohne Rücksicht auf die steinernen Wände hinter ihrem Anführer zu Pferde an ihm vorbeizogen. Elisabeth Carlotta Helena Eulalia Bunterberg nannte sich lieber Lale Andersen (Lale aus Eulalia, Andersen nach einer Verwandten). Pierre Andrézel, Autor des Thrillers ›Die Rache der Engel‹, hieß eigentlich Karen Christence Baronin Bli xen-Finecke, besser als Tania Blixen bekannt. Vladimir Nabokov ließ sich in seinen Romanen in anagrammischer Form selbst mitwirken, u.a. als Vi bian Darkbloom, Vivian Bloodmark, Vivian Calm brod, Vivian Damor-Blok und Baron Klim Avidov. Trotzkij hieß ein Gefängniswärter des Zaren. Einer der von ihm Bewachten borgte sich später in bitterem Spott seinen Namen als Revolutionärspseudonym: Lew Davidowitsch Bronstein. Stalingrad heißt wieder Wolgograd, Kaliningrad wird wieder Königsberg heißen, wie Leningrad bereits wieder St. Petersburg heißt. Warum darf Hermann sich da auch weiterhin Kant nennen?
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Herr Schlömer ist in Kerpen Rennententrainer. Prinz Eugen, der edle Ritter von Savoyen (1663–1736), stand geistig den Aufklärern, und unter ihnen insbesondere den radikalen, besonders nahe. Sein Hof in Den Haag wie später in Wien war immer ein Sammelplatz der bedeutendsten Köpfe und Frei geister, und seine Bibliothek in Den Haag zum Bei spiel umfaßte praktisch das gesamte Schrifttum der Radikalaufklärer, etwa die vollständige Sammlung sämtlicher Schriften Giordano Brunos. Dank seiner militärischen Erfolge war sein politisches Gewicht so groß, daß er als einziger aller Freunde der Aufklärung die Möglichkeit gehabt hätte, auch Gedanken der Ra dikalaufklärer in die politische Tat umzusetzen. Wie man weiß, hat er die Möglichkeit nicht wahrgenom men; warum nicht, weiß man nicht. Wohl aber dieses: als im 19. Jahrhundert seine inzwischen in Wien zu sammengeführte Bibliothek erstmals katalogisiert wurde, stellte sich heraus, daß die meisten und wich tigsten Bände seiner Sammlung nicht einmal aufge schnitten waren. Ein großer Herr, der sich das alles als geistiges Divertimento leistete? 1892 sprach als erster Nathan Birnbaum, auf den Spuren von Moses Heß und vor Theodor Herzl, in Wien programmatisch vom politischen Zionismus. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Als Lucrezia Bori, die unvergessene Mimi und Vio letta der Metropolitan Opera, sich wegen Stimmermü dung in ihre heimatliche spanische Bergwelt zurück gezogen hatte, liebte sie zur Erholung Maultierausrit te, bis sie bei einem solchen Ausritt abgeworfen wurde und ohnmächtig liegen blieb. Als sie wieder er wachte, stellte sie beim Fluchen auf das Tier fest, daß sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. Als Hildegard Behrens in der Metropolitan die Brünnhilde sang, brach die Gibichungenburg vorzei tig zusammen und schmetterte durch einen herabsau senden Balken die leidgeprüfte Walküre zu Boden, die sich nur noch mühsam in die Garderobe schleppen konnte. Später stellte sich heraus, daß sich durch den Zusammen-bruch der Burg ein tiefer Schacht geöffnet hatte, in den Brünnhilde Behrens unweigerlich ge stürzt wäre, hätte der Balken sie nicht aus dem Pro gramm geworfen. Schuld an den Lügen der Politiker haben nach Man fred Rommel die Wähler. Denn: »Wer wissentlich von einem Politiker etwas fordert, was nicht möglich ist, und den Politiker mit der Drohung nötigt, er werde ihn nicht wählen, falls dieser es nicht ver spricht, kann, wenn es versprochen aber nicht gehal Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ten wird, sich nicht als Opfer bezeichnen, sondern al lenfalls als Hineingefallener – nämlich in die Grube, die er selbst gegraben hat. Während der Politiker nur als listig bezeichnet zu werden verdient, was eher ein Lob der Klugheit als ein Tadel ist.« Daraufhin schlug der »Hohe Lügenrat« des »25. Vellberger Lügenbeutelfestes« Rommel wegen seiner »politisch-philosophischen Ausdeutung des Wahr heitsbegriffs« zum »Ritter vom krummen Balken«. Rommel präzisierte: die Lüge »als vorsätzliche Verbreitung der Unwahrheit zur Täuschung Gutgläu biger« sei in der Politik sehr selten; denn »Entweder glauben wir Politiker selbst, was wir sagen, oder wir glauben nicht, daß die anderen das glauben.« Wenn er sprach, so fielen in der ganzen Nachbar schaft die Mausefallen von selbst zu. Charles Sanders Peirce (1839–1914), der produktiv ste Forscher und Denker in den USA, ein letzter Uni versalgelehrter, der praktische Erfahrungen in 12 Ein zelwissenschaften mit stupender Gelehrsamkeit und der Fähigkeit zu erbarmungsloser weil logischer Ana lyse mit der fruchtbarsten Bereitschaft zur spekulati ven Synthese verband, zwang sich jeden Tag ein schriftliches Pensum von rund 2000 Wörtern ab, hin terließ der Harvard University ca. 100000 Seiten Ar Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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beitsergebnis, von denen bis heute nur der kleinste Teil publiziert ist, und erhielt nie einen Lehrstuhl trotz aller Bemühungen hochmögender Verwandter und Freunde um seine Anerkennung und Aufnahme durch die akademische Welt. Stanislaw Jerzy Lec erklärte: »Sein Gewissen war rein – er benutzte es nie.« Und fragte: »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – aber wie kommen wir zu den Tätigkeitswörtern?« Christian Ludwig Liscow (1701–1760) war bekannt lich ein Gegner der Gottschedschen Schule und veröf fentlichte 1734 sein bedeutendes Buch ›Die Vortreff lichkeit und Nothwendigkeit der elenden Scribenten gründlich erwiesen‹. Katharina von Medici (1519–1589, ab 1533 Gemah lin des späteren französischen Königs Henri II.), besaß einerseits einen Sohn, der später als François II. König von Frankreich wurde, aber schon als Jüng ling ständig unter Kopfschmerzen litt, und anderer seits einen Gesandten in Portugal namens Jean Nicot, der sich seiner Königin besonders angenehm zu ma chen suchte, da er nach einem behaglichen Alterssitz an der Loire strebte. Nicot kam in Lissabon mit dem aus der Neuen Welt importierten Tabak in Berührung Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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und erfuhr, daß diese exotische Pflanze bei vielerlei Beschwerden und Erkrankungen Linderung verschaf fe. So empfahl er das Kraut seiner Königin, die ihren kranken Sohn die zerriebenen Blätter schnupfen ließ, worauf der jeweils seine Kopfschmerzen verlor. So brachte Katharina von Medici den Schnupftabak über die Menschheit. Menelik (richtiger: Menilek), der 1844 geborene Sohn des Ras von Schoa Hailä Mäläkot, erhielt seinen Taufnamen nach dem legendären Sohn Menelik der Königin von Saba und des weisen Königs Salomo, er kämpfte sich gegen Kaiser Tewodros II. und Kaiser Johannes II. aus einer anderen Dynastie die Oberherr schaft über die amharischen Lande, gründete um 1888 Addis Abeba, ließ sich als Menelik II. (zur Sicherung seiner Legitimität) 1889 zum Kaiser ausrufen und er rang 1896 durch den Sieg bei Adua über Italien die Unabhängigkeit; er unterwarf die Gebiete der Galla und der Somali und schuf die Grundlagen eines mo dernen Staatswesens. Zur Beförderung dieses Zwek kes ließ er aus den USA zwei elektrische Stühle ein führen, die aber mangels Stromes nicht funktionierten. Da erhob er den einen in den Rang eines Thronses sels, den er auch nach seinem Rückzug aus der Regie rung (wg. Krankheit) bis zu seinem Tode 1913 zu be setzen liebte. (Zu seinem Tode siehe HdnW I, S. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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153.) * Ein gelehrter Freund unterrichtete mich dankens werterweise über die im HdnW I, Seite 169 verzeich nete Tatsache, daß jener Chemiker, der die Barbitur säure entdeckt habe, sie nach seiner Frau Barbara be nannt habe: dem sei nicht so. Die Wahrheit sei viel mehr, daß der Chemiker A. von Baeyer die von ihm 1863 entdeckte Barbitursäure nach seiner Verlobten Barbara benannte. Nachdem er sie geheiratet und mit ihr die Hochzeitsreise nach Verona durchgeführt hatte, nannte er das erste Barbituratschlafmittel, das in Deutschland auf den Markt kam, Veronal. (Hony soit, qui mal y pense!) 963 erwarb Graf Siegfried durch Tausch ein Stück Land auf dem Bockfelsen hoch über dem Zusammen fluß von Alzette und Petrusse und baute dort seine Lützelburg (= Ludwigsburg, woraus Luxemburg wurde). Er heiratete die Nymphe Melusine, die ihn so liebte, daß sie ihre wahre Natur vor ihm verbarg, wes halb sie Grafen und Burg verlassen mußte, als man sie als Nymphe erkannte. Seither harrt sie verborgen in den Felsen auf ihre Erlösung und näht sich zum Zeitvertreib ein Hemd: alle 7 Jahre 1 Stich. Sollte sie mit der Arbeit fertig werden, ehe sie erlöst ist, wird die Gründung Siegfrieds untergehen. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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1148 fiel König Philipp II. von Frankreich einmal in Ohnmacht, weil der Gestank aus dem aufgewühlten Schmutz der Straße so unerträglich war. 1172 gewährte König Heinrich II. von England den (normannischen) Bürgern Dublins erstmals das Recht, die Stadtangelegenheiten in Eigenverwaltung zu regeln; das Dubliner Stadtarchiv enthält die voll ständigen Stadtverwaltungsprotokolle ab dieser Grün dungscharta, einschließlich weiterer 101 Chartas, die die britische Krone in den 752 Jahren ihrer Besat zungsmacht über Irland der Stadt erteilte. Österreicher wie Waldheim sind frei nach Helmut Qualtinger vergebliche Versuche des lieben Gottes, aus Bayern redliche Menschen zu machen. Lawrence Norfolk sammelt makabre Tode. Seine lieb sten bisher sind: – der des Urvaters der europäischen Tragödiendich tung Aischylos, dem, der, auf der Flucht vor dem Orakelspruch, er werde von des Geschickes Mäch ten durch ein herabstürzendes Haus zu Tode ge bracht werden, in seinem 69. Jahr den Hof des Hiero auf Sizilien und die Stadt Gela verließ, um sich in den Feldern in Sicherheit zu bringen, wo Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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alsbald ein vorüberfliegender Adler das kahle Dichterhaupt für einen Stein ansah, darauf seine unzugängliche Beute, eine Schildkröte, zu zer schmettern, und indem er sie hinabstürzen ließ, sie den Schädel zerschmetterte; – der Ödöns von Horvath, jenes satirischen Analyti kers der untergründigen Bösartigkeit der kleinbür gerlichen Gesellschaft, den, mit einem Packen por nographischer Literatur unterm Arm zur Erstauf führung von ›Bambi‹ in ein Pariser Premierenkino eilend, prompt ein stürzender Straßenbaum er schlug; – und schließlich der jenes namenlosen Anglers, den, als er mit einer Wurfangel großen Fischen nach spürte, die Wurfangel versehentlich ein Hornissen nest aufriß, dessen Bewohner sich wütend wider ihn warfen, wovor er sich mit einem Sprung in die brasilianischen Wasser zu retten trachtete, die Pi ranhas auffraßen. Cicero starb, als er auf der Flucht vor Marc Anton den Kopf aus der Sänfte streckte, den ihm im Auftrag Marc Antons bei dieser Gelegenheit ein gewisser He rennius abschlug. Martha Dreyer hielt den Vollzug des Liebesaktes am Nachmittag für eine dekadente Perversion. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Die Erkenntnis von Dieter Hildebrandt, daß jeder 5. Brillenträger, der die SPD gewählt hat, beim Bei schlaf die Brille nicht ablegt, dürfte auch auf die Ver hältnisse bei anderen demokratischen Parteien zutref fen. Iren, die von britischen Gerichten aus politischen Gründen zum Tode verurteilt wurden, der Exekution entkamen und anschließend wurden: Lady Betty – Henkerin in Roscommon, Robert Brennan – 1938/47 Gesandter in den USA, William T. Cosgrave – 1923/33 Ministerpräsident des Freistaats Irland, Eamon de Valera – zwischen 1919 und 1973 Parla mentspräsident, Präsident, Ministerpräsident des Frei staates, danach 3 x Ministerpräsident und zuletzt Prä sident Irlands, Patrick Donaghue – US-Brigadegene ral, Michael Ireland – Generalstaatsanwalt von Au stralien, Morris Lyene – Generalstaatsanwalt von Au stralien, Sean MacEntee – 3 x Kabinettsminister, Thomas D'Arcy McGee – Ministerpräsident von Ka nada, Terence McManus – US-Brigadegeneral, Gräfin Constance Markievicz – erste weibliche Abgeordnete im Unterhaus, Thomas F. Meagher – Gouverneur von Montana, Richard O'Gorman – Generalgouverneur von Newfoundland.
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Gottes Geschöpfe tragen zu Gottes Sein mitschöpfe risch bei, wenn sie zur Güte in der Welt beitragen und Böses zu schaffen vermeiden: denn so machen sie das Sein wachsen. Gott schuf nichts Absolutes. Dympna, Irin, wurde um 650 Märtyrerin und ist zu ständig für Geisteskrankheiten, Epilepsie, vom Teufel Besessene und Schlafwandler. St. Fiacra, um 670 in Irland geboren, Schutzpatron der Gärtner, der an Ge schlechtskrankheiten und Hämorrhoiden Leidenden, der Kutscher und Taxifahrer (da das ihm geweihte Hôtel St. Fiacre in Paris ursprünglich ein Kranken haus war, in dem die genannten Leidenden zum Ster ben untergebracht wurden, verfügte es über einen ei genen Fuhrpark an Leichenwagen, die ursprünglichen Fiaker). St. Gall, Ire, geboren ca. 535, ist zuständig für Vögel. St. Oliver Plunkett starb 1681 und ist der Schutzpatron der Urban-Universität zu Rom. Außer dem schulte St. Finnian zu Clonard 12 Schüler: St. Brendan aus Birr, St. Brendan aus Clonfert, St. Cani ce, St. Cîaran aus Clonmacnoise, St. Columba (nus: siehe oben), St. Colum aus Tir na nGlas, St. Mobhi aus Glasnevin, St. Molaise aus Deveneish, St. Ninnid aus Inismacsaint, St. Ruadan aus Lorrha und St. Si nell aus Cleenish, die als »Die 12 irischen Apostel« Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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bekannt sind. 1773 nannte der Kritiker Johann Adolph Scheibe den Opernkomponisten Reinhard Keiser »das vielleicht größte Originalgenie, das Deutschland jemals hervor gebracht hat«. 1710 hatte Keiser das Singspiel ›Der hochmüthige, gestürzte und wieder erhabene Croesus‹ nach dem deutschen Libretto des damaligen Bürger meisters von Hamburg Lukas von Postel für das erste kommerzielle bürgerliche Bühnenhaus Deutschlands, das Theater am Gänsemarkt in Hamburg, geschrie ben. Dementsprechend beherrschen weder Götter noch Könige die Szene, sondern ein Philosoph. Der Ire William Thomson Kelvin, 1. Baron Kelvin of Largs, entwickelte u.a. Kelvins Skala der Absoluten Temperaturen, den Kelvin-Kompaß, den Kelvin-Flut anzeiger. Der Gründer des Klosters Glendalough, St. Kevin, starb 622 im Alter von 120. Aus Irland kam der Mönch Kilian und verbreitete den christlichen Glauben in der Stadt Wirziburg in Ost franken. Mit päpstlichem Auftrag missionierte er den Herzog Gozbert und sein heidnisches Volk. Als Kili an von dem Herzog verlangte, die Ehe mit seiner Frau Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Geilana aufzulösen, die schon vorher mit seinem Bru der verheiratet worden war, sann diese auf Rache. Zwei Henkersschergen streckten in ihrem Auftrag den irischen Mönch und seine Gefährten Totnan und Ko lonat nieder und verscharrten die Ermordeten in aller Eile. Aber die Rache Gottes ließ nicht lange auf sich warten: Geilana verfiel dem Wahnsinn, und die Hen ker stürzten sich ins Schwert. Der Ire Louis Brennan erfand ein steuerbares Torpedo für den Küstenschutz, der ihm 100000 Pfund ein brachte, einen Hubschrauber und eine gyrostatische Monorail-Bahn. Der Ire Roger Bresnihan erfand den Schienbeinschutz für Baseballspieler. Der Ire Lucien Bull erfand das Elektrokardiogramm. Der irische Pfarrer Nicholas Callan erfand die Induk tionsschleife. Der Ire Aeneas Coffey erfand die erste Destillations anlage für Industriealkohol. Der Ire Richard Edgeworth erfand u.a. einen Sema phor (Signaltelegraph auf Sicht), ein Veloziped (Fahr Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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rad) und einen Pedometer (Schrittmesser, mit dem z, B. Kim und andere Agenten der anglo-indischen Krone nach und nach Asien wandernd vermaßen). Der Ire Harry Ferguson erfand als erster das Arbeits gerät Traktor + Pflug zunebst dem notwendigen tech nischen Zubehör, wie hydraulische Tiefensteller für den Pflug usw. Der Ire John Robert Gregg erfand das beste, weil der Hand und ihren Schreibbewegungen am nächsten an gepaßte, Stenographiesystem für Englisch. Der Ire Thomas Grubb erfand die erste Banknoten presse. Der Ire Michael Hicks erfand die Sturmlaterne, ur sprünglich für Eisenbahnarbeiter. Der Ire John Holland erfand das erste motorgetriebene funktionstüchtige U-Boot: der erste Typ »The Hol land« lief 1900 vom Stapel. Der Ire James Martin erfand den ersten Schleudersitz für Flugzeuge, der im II. Weltkrieg rund 3500 alliier ten Piloten das Leben rettete, weshalb er geadelt wurde. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Ire Joe Sheridan, Chefkoch in Dublins Restaurant »Foynes«, erfand 1943 den Irish Coffee. Der Ire John Walker erfand 1899 die ersten Raupen ketten für Panzer und Artillerie. Der Ire Sir William Wilde, Vater von Oscar W, er fand das Ophthalmoskop zur Untersuchung des inne ren Auges und der Netzhaut. Der Vater von Siddharta Gautama, aus dem Der Bud dha wurde mit den Beinamen Schakyamuni und Schramana (ca. 560–480 v.C.), war der Sohn des Fürsten Schuddhodana aus dem Geschlecht der Scha kya und seiner Frau Maya. Siddharta bedeutet (Sanskrit) »Der sein Ziel erreicht hat«. Gautama bedeutet (Sanskrit) »Der von Gotama ab stammt«. Gotama als Eigenname gehört zu go = Rind, Kuh (urverwandt mit griechisch boús, althoch deutsch kuo = Rind, Kuh; boús auch = Ochse); -tama ist das Superlativsuffix (urverwandt mit dem lateini schen Superlativsuffix -timus: in-timus = der inner ste/vertrauteste Freund); Gotama also etwa »bestes Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Rind«. Buddha bedeutet (Sanskrit) »Der Erwachte, der Er leuchtete« (der nämlich zur Erkenntnis der Weltzu sammenhänge gelangt und den Weg zur Überwindung der Welt gefunden hat); vom Verb budh, budhyati = erkannt/erkennen, erwacht/aufwachen, merkt/merken (urverwandt mit griechisch peuthetai und althoch deutsch biotan = bieten). Schakyamuni bedeutet (Sanskrit) »Der Heilige aus dem Geschlecht der Schakya«; muni in Sanskrit wie Pali = »der Heilige, der Weise«, vom Verb man, man yate = denkt/denken, glaubt/glauben, meint/meinen (urverwandt mit griechisch mantis = der Seher, latei nisch memini = sich erinnern und moneo = ich mahne, deutsch mahnen). Schramana (Sanskrit; Pali: samana) bedeutet »Asket, Bettelmönch, Wandermönch«, auch »Anstrengung, Mühe«, vom Verb schram, schramyati = müht sich ab/sich abmühen. Aus schramana wurde neupersisch und tungusisch »schaman« entlehnt: der Schamane. Schuddhodana (Sanskrit; Pali: Suddhodana) bedeutet »Dessen Essen/Reis (= odana) rein (= schuddha) ist«.
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Maya bedeutet »Wundermacht, Täuschung, Blend werk«. Al-Biruni (im europäischen Mittelalter als Alberuni bekannt), Abu al-Raihan Muhammed Ben Ahmed (973–1048): Aus Chwarizm stammender arabischer Philosoph und Naturwissenschaftler iranischer Her kunft, studierte Mathematik, Astronomie, Medizin, Chronologie und Geschichte (1. Hauptwerk um 1000 eine Chronologie der orientalischen Völker), lehrte anschließend in Indien die griechischen Wissenschaf ten und studierte die indischen (2. Hauptwerk um 1025 ein Bericht über Religion, Philosophie, Litera tur, Chronologie, Astronomie, Sitten, Gesetze und Astrologie Indiens), kehrte an den Hof von Ghasna zurück (3. Hauptwerk um 1030 eine Gesamtdarstel lung der Astronomie), verfaßte ferner mathematische, astronomische, medizinische Abhandlungen und sol che über Edelsteine; Korrespondenz mit Ibn Sina. Al Choresmi, richtiger: Mohammed Ibn Musa alChwarizm (= »aus Chorasan«, einer mittelpersischen Landschaft; gest. um 840). Persischer Mathematiker, Astronom und Geograph, brachte indische Einflüsse in der islamischen Mathematik zur Geltung, die Be griffe »Algebra« und »Algorithmus« gehen auf seine Arbeit zurück. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Al-Farabi, Mohammed Ibn Tarkhan Abu Nasr (gest. um 950 in Damaskus). Islamischer Philosoph und Mystiker aus Turkestan, schuf die erste Synthese aus der (islamischen) Theologie und der intellektuellen Philosophie des Aristoteles, durch die er dem Islam die Geistesschulung der aristotelischen Logik vermit telte und diese wahrscheinlich für die Weitertradie rung als Text und Anregung rettete; Lehrer Avicen nas, insbesondere durch seinen Aristoteles-Kommen tar. Al-Farghani (im europäischen Mittelalter als Alfarga nus bekannt = der aus Farghana/Transoxanien), Abu al-Abbas Ahmed Ben Mohammed Ben Kathir (geb. ca. 800, gest. nach 861). Hauptwerke sind eine grund legende Darstellung der Astronomie (von Gerard von Cremona in Toledo ins Lateinische übersetzt, vor Re giomontanus die in Europa verbreitetste AstronomieDarstellung) sowie 2 Bücher über das Astrolabium; zuletzt 861 erwähnt, als ihn der Kalif Mutawakhil zum Bau eines Nilmessers nach Fostat (= Altkairo) entsandte. Sankt Antonius von Padua, der 1195 in Lissabon als portugiesischer Adelssohn geboren wurde und als Franziskaner bis zu seinem Tode 1231 in Padua bei Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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spielhaft im Sinne des Glaubenszeugnisses von Franz von Assisi für die Armen eintrat, vertritt mit seinen Forderungen an den Einzelnen wie an die Gesellschaft den mittelalterlichen Grundsatz des »pretium iustum«, des gerechten Preises, der sozialistischen wie kapitali stischen Ideologien abhanden gekommen ist und schon dadurch das Menschenunwürdige aller Ideolo gien erweist. Als Czernowitz noch die kulturelle Hauptstadt der nördlichen Bukowina, ja geradezu das Kulturzentrum Galiziens war, wuchs dort ein Knabe namens Paul Antschel auf. Heute ist aus der Stadt die ukrainische Provinzstadt Tschernowzy geworden, aus dem Kna ben wurde der große Lyriker Paul Celan. Lew ben Bezalel (richtig: Judah Loew Ben Bezalel, auch »Der Hohe Rabbi Loew« oder in rabbinischem Akronym »MaHaRaL mi-Prag«), bedeutendster Rabbi, Talmudist, Kabbalist, Moralist und Mathema tiker seiner Zeit, stammte aus einer vornehmen Fami lie Wormser Herkunft und lebte von 1525 bis 1609. Er war 1553/73 mährischer Landesrabbi in Mikulov/ Nikolsburg, danach bis 1584 Lehrer und Wissen schaftler in Prag, bis 1588 erneut Landesrabbi in Mähren, dann bis 1592 wieder Lehrer und Wissen schaftler in Prag, bis 1598 Oberrabbi in Posen, dann Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Oberrabbi in Prag: er bezog sich als Wissenschaftler und Erzieher vor allem auf talmudische Quellen statt etwa auf den Aristotelianismus des Maimonides, lehnte aber den »pilpul« ab (von hebräisch »pilpel« = Pfeffer, talmudisches intellektuelles Verfahren, durch immer spitzfindigere Begriffsdifferenzierungen Pro bleme zu »klären«), er war als strikter Kabbalist ver wurzelt im Mittelalter trotz guter Kenntnisse der Re naissance-Wissenschaften und z.B. Freundschaft mit Tycho Brahe. – Die Golem-Legende wurde zuerst im Zusammenhang mit Rabbi Elija von Chelm (gest. 1583) erzählt und erst in der 2. Hälfte des 18. Jahr hunderts auf Rabbi Loew übertragen, den »Hohen Rabbi« als das Urbild des frommen kabbalistischen Wissenschaftlers und, daher für jene Zeit das Urbild des weisen Zauberers. Lobatschewskij, Nikolai Iwanowitsch (1793–1856); russischer Mathematiker, entwickelte als Mathematikund Ballistik-Professor an der Artillerieschule in Kazan unabhängig die Nichteuklidische Geometrie, was bei einem Teil seiner Zuhörer (damals war die Artillerie »die Waffe« feiner Leute) die Überlegung auslöste, wenn Gott die Welt so geschaffen hat, daß sie auch anders als in den Formen der Euklidischen Geometrie beschrieben werden kann, besteht kein Grund mehr anzunehmen, daß er für Rußland die Au Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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tokratie als ewige Staatsform vorgesehen hat, woraus sich u.a. die revolutionäre Bewegung der späteren »Dekabristen« entwickelte (traditionsgemäß also rich tete die Reichswehr 1923 mit Hilfe der Roten Armee bei Kazan ihre erste Panzerschule ein, um die Versail ler Rüstungsbeschränkungen zu unterlaufen). Die Irin Anne Lytton sprach fließend 8 Sprachen: Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch, Portugie sisch, Latein, Griechisch und Hebräisch; außerdem kannte sie 8 weitere Sprachen: Irisch, Arabisch, Rus sisch, Syrisch, Persisch, Samaritanisch, Äthiopisch und Chaldäisch. Sie starb mit 90. Maimonides (richtig Moses Ben Maimon, rabbini sches Akronym: Rambam) lebte von 1135 bis 1204. Er war einer der größten und bedeutendsten jüdischen Denker, wohl der größte der Nach-Talmud-Zeit über haupt; geboren in Cordoba, 1148 von dort mit seiner Familie durch die Almohaden vertrieben, 1160 nach Wanderungen durch Spanien und die Provence Nie derlassung in Fez, Studium unter Rabbi Judah haKohen Ibn Susan, dessen Märtyrertod 1165 die Fami lie erneut vertrieb, über Palästina nach Ägypten, dort endgültige Niederlassung in Fostat (= Altkairo), er langte er 1177 Anerkennung als Führer der Gemeinde von Fostat als Rabbi, Kodifizierer und Philosoph und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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lebte von seinen Einkünften als Leibarzt Saladins des Großen. Als solcher schrieb bzw. publizierte er seine wichtigsten Werke: gegen 1180 seinen Torah-Kom mentar ›Mishneh Torah‹, gegen 1190 seinen ›Führer der Verwirrten‹, geschrieben für seinen Lieblings schüler Joseph Ibn Shamun. Er beeinflußte durch Lehre, Briefe und Leben das Judentum seiner Zeit weitgehend bis hin zu tiefgreifenden Änderungen der Liturgie. Tiefschürfende Auseinandersetzungen mit seinem bzw. über sein Werk dauern an. Beim Wort Hasenpastete denkt der gebildete Mensch natürlich sofort an Enea Silvio Piccolomini, den be deutenden Renaissance-Humanisten, mit dem 1464 seine Familie im Mannesstamm ausstarb. Da er ein vorsichtiger Mann war – wozu er als Kanzleisekretär Kaiser Friedrichs III. und Mitarbeiter an den Fürsten konkordaten auch allen Grund hatte –, ließ er be kanntlich, wenn er sich seiner Leibspeise, der Hasen pastete, hingab, stets einen Benediktinerabt (in Deutschland mit Seine Gnaden anzureden) vorkosten, was ihm eine für damalige Zeiten recht lange Amts zeit als Papst Pius II. (1458–1464) sicherte. Seine Kampfansage gegen die Türken erschien erst 6 Jahre nach seinem Tod, im Jahre 1470 als ›Oratio contra Mahometum‹ (Predigt gegen Mohammed).
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Zwar hatte er mit diesem Aufruf trotz der kalligraphi schen Schönheit der Inkunabel keinen Erfolg, wohl aber vermochte er, wie ein genau 500 Jahre nach der Anti-Türken-Predigt (die natürlich nur gegen deren damals für Europa so bedrohlichen Staat militanter is lamischer Gläubigkeit und nirgendwo gegen die Men schen gerichtet war) erschienenes Buch ausweist, im westfälischen Münster eine heiße Liebesgeschichte in einen traurigen Abgrund zu stürzen: »Runte hatte Unglück in der Liebe. Er verehrte das schönste Mädchen von Münster – das schönste nach Gerda Driesen, jener von mir verstoßenen Natter. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Wenn Runte mit seiner Flamme (so sagte man da mals) unter den Bäumen des Domplatzes wandelte und über Äneas Piccolomini sprach, warf sie ihm ver wunderte Blicke zu und hob den Busen. Runte begriff das nicht. Er nahm ihren Seufzer für Neugier und er klärte, Äneas Piccolomini habe dies und das in latei nischer Sprache geschrieben, unsterbliche Werke, und sei als Pius II. Papst geworden. Wieder erhob die Flamme den schönen Busen und sah ihn schräg an. Es kam, wie es kommen mußte: Eines Tages verlobte sich das Mädchen mit einem Herrn aus der Beklei dungsbranche.« 1444 hatte er übrigens an seinen Freund, den kaiserli chen Kanzler Johann von Eich, eine lange Epistel über das Elend der Hofleute gerichtet, deren erster Satz lautet: »Daß die von Sinnen sind, welche den Königen dienen; daß die Hofleute ein unglückliches, ganz elendes Leben führen – ich fürchte, sie werden es mir sehr übelnehmen, wenn ich das in meinem Brief darlege«, in dem er zu dieser Schlußfolgerung kam: »Wenn wir den Frieden wünschen, die Ruhe lie ben und selber leben wollen, und das Heil der Seele wünschen, dann müssen wir die Gemächer der Köni ge und das Gedränge in ihren Vorzimmern meiden, wo nicht Besonnenheit und Ausübung des Guten noch Liebe zur Tugend herrschen, sondern nur Geiz, Be Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gierde, Grausamkeit, Trunkenheit, Neid und Ehr geiz ...«: doch zur höheren Ehre Gottes nahm er es 14 Jahre danach – wie gesagt – auf sich, in diesen Höl lenpfuhl hinabzusteigen und die Tiara zu erleiden. Der Ire Breandain O'Beachain nannte sich auf eng lisch Brendan Behan. Auch Gina Lollobrigida hat häßliche Zehen. Wir verdanken Napoleon vor allem gute Straßen. Die gesamte Literatur, die das Leben bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in England, Frankreich und Deutsch land beschreibt, enthält Schilderungen von Kutschen und Wagen, die sich, bis zur Radnabe in Schlamm und Matsch, durch diese Länder wälzten; aber wenn Napoleon sich mühsam durch ein erobertes König reich durchgearbeitet hatte, richtete er es gewöhnlich so ein, daß die übrige Welt mit trockenen Schuhen folgen konnte1. Gaius trug den Familiennamen Julius, weil er aus dem Geschlecht der Julier stammte, und übernahm später von seinem Großvater den Beinamen Caesar (wohl im Sinne »der Siegreiche«, zu cadere = niederschlagen, niederhauen), den sich alle folgenden Kaiser Roms bis zu Hadrian 138 und sodann auch alle Thronan Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wärter als Titel zulegten. Ins Deutsche wurde der Name als ältestes lateinisches Fremdwort übernom men in der Form »Kaiser«, im Bulgarischen, Russi schen und Serbischen tritt er als »Zar« auf. Ehe aus dem Kommunisten Ludwig Renn ein beach tenswerter Schriftsteller wurde, diente er als Arnold Friedrich Vieth von Golssenau und Gardeleutnant im vornehmsten Regiment des Königreichs Sachsen. Seitdem der ungarische Fürst Janos Hunyadi 1456 die Türken von Muhammad II., dem Eroberer von Kon stantinopel, vor Belgrad zurückschlug und so dem Abendland 70 Jahre Aufschub verschaffte, läuten aus Dankbarkeit für die Errettung des Abendlandes jeden Mittag um 12 Uhr die Glocken der katholischen Kir chen – »High Noon«. Preußens König Friedrich II. der Große, auch »Alter Fritz«, der Komponist der spanischen Nationalhymne, hatte einen in den Rang eines Obersten erhoben, der ihm durch die Herausgabe eines Buches über antike Kriegsgeschichte aufgefallen und ihm nachmals als Theologe, Militärexperte, Kommandeur, Beförderer der deutschsprachigen Literatur, Begründer des preu ßischen Bankenwesens, Sprachgenie, Wirtschaftsex perte und Herausgeber königlicher Poesie zu Diensten Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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war, wofür der König seinem querköpfigen Charles Guichard aus hugenottischem Stamm zugestand, daß der Hering der Emdenschen Heringsfanggesellschaft in der ganzen Kurmark, Magdeburg und Halberstadt monopolisch vertrieben werden konnte, denn »kein anderer Hering als Emdenscher wird zur einländi schen Konsumtion zugelassen«, und ihm nach jenem Centurio, der in der antiken Schlacht bei Pharsalos, in der bekanntlich Caesar und Pompeius aufeinandertra fen, den entscheidenden Angriffsbefehl gegeben hatte, nach einem Streitgespräch, ob jener, wie der König meinte, »Quintus Icilius« oder aber, wie Guichard vertrat, »Aetilius« geheißen habe, den Beinamen »Quintus Icilius« beilegte, wobei er, ebenso übrigens wie Guichard, irrig war, was nunmehr ein Emdener herausgefunden hat, Johann Philipp Janssen: der Cen turio hieß in Wirklichkeit »Crastinus«. So vermag un beirrbarer Forschergeist neugieriger Laien nach und nach einen der durch die Jahrhunderte von der Wis senschaft tradierten Irrtümer nach dem anderen auszu räumen. In der irischen Grafschaft Mayo kam es zwischen dem Verwalter des Besitzers Lord Erne, dem Captain Charles Boykott, und den irischen Landarbeitern zu so scharfen Spannungen, daß Rebellenführer Parnell durch gezielte Arbeitsverweigerung den Verwalter Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zwang, zur Ernte irlandfeindliche Arbeitskräfte unter Polizeischutz einzusetzen: daher das Wort Boykott. Atso Schopoff (Aco Šopov) wurde am 20. Dezember 1923 in Schtip (Štip) als Sohn einer Handwerkerfami lie geboren, besuchte dort Grund- und Mittelschule, fand 1940 Anschluß an die progressive makedonische Jugendbewegung, in der er bald großen Einfluß aus übte, arbeitete zunächst als Redakteur bei Zeitungen und Zeitschriften, studierte nach dem Zweiten Welt krieg an der Belgrader Hochschule für Politik und an schließend Philosophie in Skopje, war danach viele Jahre im Verlagswesen tätig, mehrfach Vorsitzender des makedonischen Schriftstellerverbandes, des jugo slawischen Übersetzerverbandes, Mitglied des make donischen ZK, Vorsitzender der Poesieabende von Struga, 1971/75 Botschafter Jugoslawiens in Senegal, danach Vorsitzender der makedonischen Kommission für kulturelle Zusammenarbeit mit dem Ausland, und Mitglied des Rates der Sozialistischen Republik Ma kedonien. Als er am 20. April 1982 starb, galt er als einer der bedeutendsten Lyriker, Übersetzer und Kul turpolitiker Makedoniens. Er übersetzte u.a. aus dem Russischen, dem Slowenischen, dem Serbischen und Kroatischen in seine Muttersprache, aber auch aus dem Französischen und Englischen. In seiner eigenen Lyrik, die ebenso reich, aufregend und vielgestaltig Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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wie die neue makedonische Lyrik überhaupt ist, ver binden sich Archaisches und Archetypisches mit Ele menten der Volksdichtung und solchen moderner und modernster Lyrik und Literatur aus Ost und West. Sein Gedichtzyklus ›Gebete meines Körpers‹ erschien erstmals 1963 (siehe nachstehend S. 263 ff.). Als Sven Feddersen in Bollerup Elke Brummel heira tete, aß man als Hochzeitsessen: saure Heringe, ge bratenen Aal, gebratene Seezungen, gebackenes Huhn, geschmorte Koteletts, panierten Speck, ein Stück vom Hasen, Wurstplatten, Platten mit Schinken und kalter Schweineschulter, dazu Brot, Kartoffeln und Gemüse, danach Eis und Käseplatten. Der Franzose Hercule Florence (1804–1879) baute 1833 in Sao Carlos, dem heutigen Campinas im bra silianischen Bundesstaat São Paulo, den ersten taugli chen Photokopierer. Hercule Florence prägte in seinem Labortagebuch 1834 den Begriff »photographie«. Alle Wissenschaften haben eine grundsätzliche Schwäche. Ich hatte einst einen Freund, der in unre gelmäßigen Abständen in wahre Paroxismen der Wettleidenschaft ausbrach. Ob etwa das nächste Mäd Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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chen, das vor dem Café vorbeikam, eine Blondine sei, oder welche der drei Fliegen auf dem Kuchen als erste starten würde. Oder welches der drei Spiegeleier auf dem Tisch als erstes vom Staub der Straße so einge dunkelt wäre, daß ich es nicht mehr essen würde. Woraus sich ergibt, daß wir damals in Paris waren, einer jener sogenannten Städte, in denen ich mich stets unwohl fühle. Prag hingegen, oder Berlin, oder auch Madrid und Zagreb: das sind wirkliche Städte, in denen zu leben sich lohnt. Oder Warschau. Von Hermannstadt ganz zu schweigen. Oder der Stadt des Wassergrafen nordwestlich von Chendu. An solchen lebenswerten Orten wettete er höchst selten. In Paris oft, noch häufiger in New York, am häufigsten in Los Angeles. Nie in Jerusalem oder Dunhuang oder Schüttenhof en. Nun ist es so, daß er immer um 17 Dollar und 38 Cent wettete. Oder fast immer. Manch mal Wettete er auch um dieselbe Summe in der Lan deswährung. Lange spürte ich wie ein Wissenschaft ler der Frage nach, warum er ausgerechnet um einen so krummen Betrag wettete. Eines Abends in Mün chen, aus vielen Gründen ebenso unerfreulich wie Paris, hatte er deshalb so viel getrunken, daß er weich wurde und sein Geheimnis verriet: »Weil Gorman Smalldane immer um diesen Betrag gewettet hat. Und Gorman war ein großer Mann.« Jahre später fand ich, auf wissenschaftliche Art, heraus, wer Gorman Small Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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dane gewesen war. War, denn er war schon lange tot. Wetten und Wissenschaft. Übrigens war Katharina Obrenowitsch eine wahrhaft große Frau. Cees Nooteboom ist der Überzeugung: »Wer über zeugt ist, die Welt besser zu kennen, als sie sich sel ber kennt, der ist Niederländer.«2 Um dem feministischen Ärgernis des männlichen Ge schlechtes Gottes abzuhelfen, hat die Theologin Sally McFague an der Vanderbilt-Universität in Nashville/ Tennessee die Heilige Dreifaltigkeit umorganisiert und spricht sie nun zu Beginn des bisherigen ›Vater unsers‹ als »Mother, Lover and Friend« an. Unbe kannt ist, ob und wenn ja wie der Adressat dieser fragwürdigen Beziehungskistenbeschreibung reagiert. Morpheus ist nicht der Gott des Schlafes: der heißt Hypnos, sondern ist einer der für Träume zuständigen Kleingötter. Das Wahrzeichen der fränkischen Kriegskönige war die Kriegsfackel, französisch auch »auriflamme« ge heißen, die in der Gestalt der sogenannten bourboni schen Lilie (die keine Lilie, sondern eben jene Kriegs fackel darstellt) überlebte. Demgemäß müßten jene 300 goldenen Bienen, die Napoleon aus dem Grab Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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des Chilperich zu Tournai rauben ließ, um sie auf sei nen mitternachtsblauen Krönungssamtmantel nähen zu lassen und so eine »ältere« Legitimation als die der Bourbonen vorzutäuschen, in Wirklichkeit das Sym bol der fränkischen Friedenskönige gewesen sein. Carlo Emanuele Madruzzo (1599–1658) war der letz te Sproß einer Kardinalsfamilie, die 120 Jahre lang die Geschicke von Trient und Südtirol prägte. Die Geliebte des Fürsterzbischofs hieß Claudia Particelli. 1909 wurde der Sozialist Benito Mussolini wegen seiner Agitation für die Sache Italiens zunächst aus der Schweiz und anschließend aus dem damals öster reichischen Trient ausgewiesen. Mussolini, damals Redakteur des Blattes der Trienter Sozialisten ›Il Popolo‹ und der Arbeiterzeitung ›L'Avvenire del lavoratore‹ (= Das Volk bzw. Die Zu kunft des Arbeiters), ein verbissener Österreich- und Katholikenhasser (da er wie alle Sozialisten unfähig war, seinen Widerwillen gegen die etablierte Religion als Antiklerikalismus zu begreifen), rächte sich in ›Il Popolo‹ mit dem Fortsetzungsroman ›Claudia Parti celli, l'amante del Cardinale‹ (= die Geliebte des Kar dinals).
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Mussolini, von geringen literarischen Fähigkeiten und ohne tiefere Bildung, schuf damit »einen schreckli chen Schinken«, eine »Familiensaga von Alpen-Bor gias« – so Thomas Bremer –, mit Mordanschlägen auf Claudia, Intrigen machtgieriger Priester, Verfol gungsjagden und Friedhofsszenen, mit Giftmord und Vergebung aus dem Arsenal des Schauerromans, mit edlen Frauen und verliebten Kirchenfürsten, mit dunklen Verliesen und Kahnpartien im Mondschein: kurz allem, was zu einem kitschigen Fortsetzungsro man gehört. Der Roman brachte ›Il Popolo‹ reißenden Absatz und reichlich neue Abonnenten, womit dem antiklerikalen Kampfblatt gegen Österreich erheblich gedient war. Mussolini wurde 1922 Ministerpräsident Italiens und verbot alsbald eine Neuauflage des Romans, da ihn der bei seinen Bemühungen um Unterstützung durch den Vatikan stören mußte. Um diese Bemühungen zu stören, wurde der Roman 1928 in den USA neu auf gelegt, ohne Zustimmung des Autors. 1929 kam es zum Konkordat mit dem Vatikan, einer der wichtigsten innen- wie außenpolitischen Erfolge des Duce. Verständlich, daß er den Roman 1932 als »schrecklichen Schinken, voll politischer Propaganda Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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und politischer Absichten« verurteilte. Rudolf Ditzen nannte sich nach dem Märchenpferd der Gebrüder Grimm Hans Fallada. Georg Heinrich Balthasar Seidel nannte sich Christi an Ferber, um sich von den anderen schreibenden Mitgliedern der Familie Seidel abzusetzen (Großvater Heinrich, Vater Heinrich Wolfgang, Mutter Ina und Bruder Willy). Die Mutter der Frau von Fernand Joseph Désiré Con standin pflegte von ihrem Schwiegersohn nur als von »Fernand d'elle« (= ihr Fernand) zu sprechen: Fernan del. Gabriel Ferry hieß mit vollem Namen Eugène Louis Ferry Gabriel de Bellemare und übte den nachhaltig sten Einfluß auf Karl May aus. Robert Schumann schrieb Musikkritiken, in denen er sich für neue Komponisten wie Brahms einsetzte, unter den Pseudonymen Florestan, Eusebius und Mei ster Raro. George IV., König von England, veröffentlichte seine Gedichte unter dem Pseudonym Florizel. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Jacques François Anatole Thibault nannte sich aus Verehrung für seinen Vater Anatole France, da dessen Kunden den alten Antiquar Monsieur France (= Herr Frankreich) zu nennen sich angewöhnt hatten. Heinrich von Meißen, Minnesänger, erhielt wegen seiner Preislieder auf die Jungfrau Maria den Beina men »Frauenlob«. Jean Gabin hieß eigentlich Jean Alexis Moncorgé. Domenico di Tommasi Bigardi nannte sich in Erinne rung an die Schmuckgirlanden, die sein Vater, der Goldschmied, köstlich zu fügen wußte, Ghirlandaio. Alexej Maximowitsch Peschlow nannte sich wegen der harten Lebensbedingungen des russischen Land volkes Maxim Gorki = Der Bittere. Cary Grant hieß eigentlich Archibald Alexander Leach. Albert Conrad Kiehtreiber nannte sich nach der gro ßen französischen Stadt und der kleinen westfälischen Stadt Albert Paris Gütersloh.
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Der Schauspieler Felix Ernst Wittkowski nannte sich ab 1876 als Publizist Maximilian Harden. William Sidney Porter nannte sich nach einem Mit häftling, dem französischen Apotheker Estienne-Ossi an Henry, als Schriftsteller O. Henry. Ursula Herking hieß eigentlich Ursula Natalia Klein.
Rudolf Leder wurde als Stephan Hermlin bekannt.
Hellmut Flieg wurde als Stefan Heym bekannt.
Patricia Highsmith heißt eigentlich Patricia Plang
man.
Ho Chi Minh (Ho = Onkel im Sinne einer ehrenden
Anrede, Chi Minh = der Erleuchtete) hieß eigentlich Nguyen That Tanh. Wilhelm Arpad Peter Hofkirchner wurde als Adrian Hoven bekannt. Roy Harold Scherer jr. wurde als Rock Hudson be kannt. Der deutsche Kartograph Martin Waldseemüller, der Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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als erster »America« so nannte, übersetzte sich – der Marotte der Zeit folgend – in ein griechisch-lateini sches Gemenge aus »hyla« = Wald, »lacus« = See, »mylos« = Müller zu Hylacomylus. Ilja Arnoldowitsch Fainzilberg nannte sich kürzer Ilja Ilf. John Innes Mackintosh Stewart schrieb seine Krimi nalromane als Michael Innes. Den Begriff »Krimi« erfand der deutsche Verleger Wilhelm Goldmann. Theodor Friedrich Emil Janenz nannte sich Emil Jan nings. Asa Yoelson, der vielleicht auch Joseph Rosenblatt hieß, wurde als Al Jolson berühmt. Robert Baum genoß als Zukunftsforscher unter dem Pseudonym Robert Jungk berechtigten Ruhm. Johnstone Kamao Ngengi leitete sein Pseudonym Jomo Kenyatta von einem Kikuyu-Wort für »verzier ter Gurt« ab.
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Claus Gunther Nakszynski zog die Kurzform Klaus Kinski vor. Ferenc Hoffmann nennt sich Ephraim Kishon. Alfred Henschke bildete aus Klabautermann und Vagabund sein literarisches Pseudonym. Reatha Watson, Jungschauspielerin in Hollywood, übernahm 1922 die Rolle einer vom Pferd gestürzten Kollegin, und den Rollennamen Barbara La Marr als Pseudonym. Hedwig Kiesler, österreichische Schauspielerin, trat 1936 in dem tschechischen Film ›Ekstase‹ nackt auf; vor dem sich daraus entwickelnden Skandal mußte sie fliehen; in den USA nannte sie sich Hedy Lamarr. Alfredo Arnold Cocozza ist als Mario Lanza bekann ter. Arthur Stanley Jefferson nannte sich Stan Laurel (= Lorbeer). Halldór Kiljan Gujonsson nannte sich nach dem Bau ernhof, auf dem er geboren wurde, Laxness.
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David John Moore Cornwell hatte als Diplomat An weisung, sich für sein literarisches Tun ein Pseud onym zu wählen: bei einer Busfahrt durch London fand er an einer Ladenfront den Namen John Le Carré. Charles-Edouard Jeanneret, Schweizer, wandelte als sein Pseudonym den Namen seiner Urgroßmutter Le corbésier zu Le Corbusier ab, damit er seinem Profil ähnlicher werde – nach dem Französischen »corbeau« = Rabe. Vivian Mary Hartley nannte sich nach dem Mittelna men ihres ersten Ehemannes Vivien Leigh. Georg Bötticher veröffentlichte satirische Gedichte
als »Leutnant Versewitz«.
Sein Sohn Hans nannte sich Ringelnatz.
Sein Bruder wurde als Paul de Lagarde bekannt.
Aus Joseph Levitch machte er Jerry Lewis. Oliver Goldsmith veröffentlichte seine ›Chinese Let ters‹ als Lien Chi Altangi. Maxim Maximowitsch Wallach nannte sich als Revo lutionär lieber Litwinow. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Herbert Charles Angelo Kuchazwitsch Schluderpa cheru nannte sich begreiflicherweise lieber Herbert Lom. Laszlo Löwenstein wurde als Peter Lorre berühmt. Der Maler Lucas Hugensz (= Hugos Sohn) (oder Ja cobsz = Jacobs Sohn) nannte sich nach seiner Ge burtsstadt Lucas van Leyden. Emil Ludwig Cohn schrieb als Emil Ludwig u.a. die bekannteste Goethe-Biographie. Als man ihn fragte, ob sein Name ein Pseudonym sei, antwortete er: »Wo denken Sie hin? Wenn ich mir ein Pseudonym zulegen würde, würde ich mich Emil Cohn nennen.« Hyazinth Maglanowitsch, der als illyrischer Volks sänger eine seinerzeit berühmte Sammlung ›Die Gusla, oder Auswahl illyrischer Dichtungen, gesam melt in Dalmatien, Bosnien, Kroatien und der Herze gowina‹ herausgab, war in Wirklichkeit Prosper Mé rimée. Der deutschstämmige Kurt Suckert nannte sich als italienischer Schriftsteller Curzio Malaparte.
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Jean Villain-Marais nannte sich nicht Villain (= Schurke), sondern Marais (= Sumpf, Morast). Marcel Mangel nennt sich Marcel Marceau. Frederick McIntyre Bickel ist besser als Fredric March bekannt. Die Tochter eines österreichischen Admirals, Valérie Pajer Edle von Maiersperg, nannte sich als Schau spielerin Valerie von Martens. Dino Crocetti wurde als Dean Martin bekannt. Tommaso Masaccio hieß eigentlich Tommaso di Gio vanni di Simone Guidi. Mata Hari hieß eigentlich Margaretha Geertruida MacLeod, geborene Zelle. Walter Matuschanskavasky nannte sich begreiflicher weise lieber Walter Matthau. Emile Salomon Wilhelm Herzog nannte sich André Maurois.
Ed McBain heißt eigentlich Salvatore A. Lombino.
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Giacomo Meyerbeer hieß eigentlich Jakob Liebmann Meyer-Beer. Michelagniolo di Ludovico di Lionardo di Buonarro ti-Simoni nannte sich kürzer Michelangelo. Jozsef Kardinal Mindszenty wurde als Joseph Pehm (= Böhme) geboren, legte sich aber aus Protest gegen den Pro-Hitler-Kurs Ungarns in den 30er Jahren sei nen neuen Namen nach seinem Geburtsort Csehi mendszent zu. Die Mistinguett hieß eigentlich Jeanne-Marie Bour geois. Lucila Godoy de Alcayaga nannte sich Gabriela Mi stral. Die Mutter rief ihren Sprößling Ivo von der Straße mit dem Ruf: »Ivo, monta!« (= komm rauf), woraus Ivo Livi später Yves Montand machte. Der niederländische Kolonialbeamte Eduard Douwes Dekker übte aus seinen Erfahrungen an den Kolonial praktiken seiner Regierung unter dem Pseudonym Mutatuli scharfe Kritik (»mutat uli« ist batavisch und Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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bedeutet »Ich habe viel erlitten«). Der Verleger Alfred Richard Meyer veröffentlichte seine eigenen Arbeiten unter dem Pseudonym Munke punke. Friedrich Wilhelm Plumpe traf in Murnau am See mit Max Reinhardt zusammen, den er in der Folge so ver ehrte, daß er sich nach dem Treffpunkt Murnau nann te. Gefragt, ob sein Pseudonym sich auf seinen Ge burtsort beziehe, antwortete er: »Dann müßte ich Friedrich Wilhelm Bielefeld heißen!« Barbara Apolonia Chalupiec wurde als Schauspiele rin von Lubitsch entdeckt, der ihr ihren Künstlerna men wie folgt verpaßte: »'ne Polin isse, schwarzhaa rig isse, also heeßtse Pola Negri.« Pablo Neruda hieß eigentlich Neftali Ricardo do Reyes-Basoalto. Francis Nwia-Kofi nannte sich als Politiker Kwame Nkrumah. Emil Hansen nannte sich nach seinem Geburtsort in Südtondern Nolde.
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José Ramón Gil Samaniegos wurde in Hollywood zu Ramon Novarro. Friedrich Freiherr von Hardenberg nannte sich als Ro mantiker Novalis = Brachfeld, Neuland. Merle Oberon hieß eigentlich Estelle Merle O'Brien Thompson. Der Kölner Opernkomponist Jakob Ebst nannte sich wie sein Vater nach dessen Geburtsstadt Offenbach. Maureen Fitzsimmons erhielt wegen ihrer roten Haare und ihrer grünen Augen als Künstlernamen den der Heldin aus ›Vom Winde verweht‹ – Maureen O'Hara. Maximilian Oppenheimer nannte sich als Emigrant in Frankreich Max Ophüls. George Orwell hieß eigentlich Eric Arthur Blair; er nannte sich G.O. nach dem schottischen Dichter Wal ter Chalmers Smith, der sich ebenfalls George Orwell genannt hatte. Der deutsche Theologe, Mitstreiter Luthers, Verfasser der Kirchenordnung von Brandenburg und Autor eines Buches über den Weltuntergang, Andreas Hose Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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mann, nannte sich lieber Andreas Ossiander. Dr. med. Hans Erich Blaich nannte sich als Satiriker Dr. Owlglass (englisch für »Eulenspiegel«). Lillie Marie Peiser nannte sich Lilli Palmer. Sandra Paretti hieß eigentlich Irmgard Schneeberger. Grethe Kornstadt, bedeutende deutsche Schauspiele rin zu Beginn der Tonfilmzeit, nannte sich passender weise Dita Parlo: beide Namen sind Formen aus den französischen Verben »dire« und »parier« = sprechen. Francesco Mazzola nannte sich nach seiner Geburts stadt Parmigianino. Edson Arantes do Nascimente nannte sich Pelé: »Es bedeutet in keiner Sprache irgend etwas, aber es ist in jeder Sprache leicht auszusprechen.« Fernando Pessoa hieß eigentlich António Nogueira de Seabra. Edith Giovanna Gassion wurde als »Piaf« = Spatz be rühmt.
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Der britische Altertumsforscher John Yonge Akerman nannte sich passenderweise Paul Pindar. Holger Mischwitzky zog es vor, sich Rosa von Praun heim zu nennen. Guy de Maupassant schrieb einige seiner Erzählungen als Joseph Prunier (= Pflaumenbaum). Amalie Janke wurde als Lya di Putti der Prototyp des Bubikopfvamps. Franz Eigen Helmuth Manfred Nidl-Petz heißt heute Freddy Quinn. Edith Gertrud Meta Raschke nennt sich Mady Rahl. Der englische Schriftsteller Cyris Henry Hoskins, Klempner, wurde als vorgeblicher Tibeter Lobsang Rampa durch sein Buch ›Das dritte Auge‹ weltbe rühmt, obwohl er kein Wort tibetisch sprach. Grigori Jefimowitsch Nowych, russischer Mönch, er hielt wegen seines einigermaßen unordentlichen Le bens den Beinamen Rasputin (von »rasputnij« = un moralisch).
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Man Ray hieß eigentlich Emmanuel Rudnitskij. Hermann Dannenberger erfand sich als Pressechef bei Krupp, als der er keinerlei Nebentätigkeit nachgehen durfte, das Pseudonym Erik Reger. Johannes Müller nannte sich nach seinem Geburtsort Königsberg in Bayern als Humanist lateinisch Regio montanus. Arnold Friedrich Vieth von Golssenau nannte sich Ludwig Renn. Israel Beer Josaphat nannte sich 1844 Paul Julius Reuter, gründete 1849 mit Brieftauben eine Nachrich tenagentur in Aachen, eröffnete 1851 eine Nebenstelle in London und entwickelte aus ihr die Nachrichten agentur Reuter's. Virginia Katharine McMath wurde zu Ginger Rogers. Der irische Variétékünstler und Transvestit Daniel Patrick Carroll machte sich zu Danny de la Rue, einer Danny von der Straße. Françoise Quoirez nannte sich nach der Herzogin in Marcel Prousts großem Roman Sagan. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Hector Hugh Monroe erhielt in Burma in britischem Polizeidienst von den Einheimischen den Spitznamen Saki, unter dem er später als Schriftsteller bekannt wurde. Amandine Lucile Aurore Dupin, verheiratete Baronin Dudevant, schrieb mit Jules Sandeau gemeinsam Ro mane und wählte sich aus Dankbarkeit ihm gegenüber später sein Pseudonym »Sand« auch für sich: George Sand. Der in Spanien geborene Jorge Ruiz de Santayana y Borrais nannte sich als Schriftsteller und Philosoph in den USA George Santayana. Andrea Domenico D'Agnolo di Francesco nannte sich nach dem Beruf seines Vaters, der ein Schneider = »sarto« war, Andrea del Sarto. Konstantin Aacklitzen (oder Angklitzen), deutscher Benediktiner, wurde wegen seiner alchimistischen Künste als »Bartoldus niger« = Berthold der Schwar ze bekannt; ob Berthold Schwarz in Europa das Schießpulver – in China längst bekannt – neu erfun den hat, ist ungewiß.
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Als Karl Anton Postl, entlaufener österreichischer Priester böhmischer Herkunft, 1864 starb, fanden sich in seinem Nachlaß ausreichend Beweise dafür, daß er der zu seiner Zeit bedeutende und einflußreiche Schriftsteller Charles Sealsfield war. Netty Radvanyi, geborene Reiling, wurde als Anna Seghers berühmt. Dr. jur. Walter Seligmann, Vertreter des Dadaismus, schrieb Kriminalgeschichten unter Titeln wie ›Der Pfiff um die Ecke‹ oder ›Hirngeschwüre‹, und eroti sche Kriminalgeschichten unter dem Titel ›Der elfte Finger‹, und veröffentlichte diese unordentlichen Mu sengewächse als Walter Serner – vom III. Reich am 12. August 1942 vom KZ Theresienstadt in die Mordanstalt Auschwitz deportiert, wo er umgebracht wurde. Simone Signoret hieß eigentlich Simone Henriette Charlotte Kaminker. Berta Helen Eckstein-Diener schrieb als »Sir Gala had« vielbeachtete kulturhistorische Romane. John Rowlands nannte sich als Journalist Henry Mor ton Stanley. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Ruby Stevens wurde Barbara Stanwyck. Marie Henry Beyle nannte sich aus Verehrung für den deutschen Archäologen und Kunsthistoriker Winckel mann nach dessen Geburtsstadt Stendal: Stendhal. Johann Kaspar Schmidt, der als Philosoph einen ex tremen Individualismus predigte, nannte sich, um den Zusammenhang seines Lebens mit seinem Denken deutlich zu machen, Max Stirner. Frank Lateur wählte sich, da sein Hauptthema der Freiheitskampf der flandrischen Bauern war, als Pseudonym den flämischen Namen Stijn Streuvels. Francesco Ezechiele Ermenegildo Suppé-Demelli nannte sich, nicht unbegreiflich, Franz von Suppé. Der österreichische Staatsangehörige deutscher Her kunft Ettore Schmitz schrieb in italienischer Sprache und nannte sich daher Italo Svevo = der italienische Schwabe (= Deutsche), um so seiner »Bastardschaft« Ausdruck zu verleihen. Jacques Tatischeff nannte sich Jacques Tati.
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Spangler Arlington Brough nannte sich Robert Tay lor. Andreas Thalmayr nennt sich auch Hans Magnus En zensberger. Carlos Thompson heißt eigentlich Juan Carlos Mund anschaffter. Tintoretto (= der kleine Färber) hieß eigentlich Jacopo Robusti. Antonio de Curtis Gagliardi Ducas Comnuno di Bi sanzio, aus erkennbar uraltem Adelsgeschlecht, nann te sich als Zirkusclown Toto. Felix Trollmund, der Übersetzer von Gracians ›Hand orakel‹, war in Wirklichkeit Arthur Schopenhauer. Wendelin Überzwerch hieß in Wirklichkeit Kurt Fuß. Suzanne Valadon gab ihrem unehelichen Sohn vom Maler Boissy den Vornamen Maurice; den Nachna men erhielt er von seinem Adoptivvater, dem spani schen Kunstkritiker Miguel Utrillo. Karl Valentin hieß eigentlich Valentin Ludwig Fey. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Rodolpho Alfonzo Raffaelo Pierre Filibert Guglielmi di Valentina d'Antonguolla wurde als Rudolfo Valen tino weltberühmt. Angelo Borrini nannte sich Lino Ventura. Die Schwestern Militza und Marina de Poliakoff-Bai darow nannten sich Odile Versois bzw. Marina Vlady. Der Liedermacher François aus Montcorbier nannte sich nach seinem Wohltäter und Förderer, der ihn erzog und an der Sorbonne studieren ließ, dem Ka plan Guillaume Villon. Als der Berufsoffizier Gustav Theodor Clemens Ro bert Freiherr von Rummel nach 1918 ein neues Leben als Journalist und Schauspieler begann, nannte er sich Gustav Waldau. Mathias Walden hieß eigentlich Eugen Wilhelm Otto Baron von Sas. Die Warner Brothers Harry Morris und Jack L. hießen eigentlich H. M und J.L. Eichelbaum.
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Thomas Trimm nannte sich Ehm Welk. Die auf Java geborene pfeifende Schauspielerin Ilse Charlotte Still nannte sich lieber Ilse Werner. Oskar Werner hieß eigentlich Josef Bschließmayer. Tennessee Williams hieß eigentlich Thomas Lanier Williams und nannte sich Tennessee, weil der erste Senator von Tennessee, John Williams, sein Vorfahr gewesen war. Heinrich Heine hieß eigentlich Harry Heine. Jugendwerke aus der Zeit seiner Kaufmanns lehre signierte »Harry Heine, Düsseldorf« als Sy Freudhold Riesenharf. Leopold Ritter von Sacher-Masoch dichtete auch als Zoe van Rodenbach. François Marie Arouet schuf sich aus seinem Famili ennamen mit dem Zusatz l(e) i(eune) = der Jüngere anagraphisch sein weltberühmtes Pseudonym Vol taire. Marguerite de Crayencour wurde als Marguerite Yourcenar berühmt. François Rabelais veröffentlichte das erste seiner 6 Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Bücher über den Riesen Gargantua und dessen Sohn Pantagruel unter seinem Anagramm Alcofribas Na sier. Hans Mayer nannte sich anagraphisch Jean Améry. Adolf Glaßbrenner nannte sich auch Adolf Brennglas. Paul Ancel (gesprochen Antschel) nannte sich als Ly riker Paul Celan. Georg Heinrich Schulz nannte sich Heinrich George. Otto Flake nannte sich auch Leo F. Kotta. Anton Kippenberg nannte sich auch Benno Papen trigk, wenn er seine (guten) Schüttelreime veröffent lichte. Auch Schüttelreime sind Anagramme. Der Eiffel-Turm heißt deshalb Eiffel-Turm, weil Gu stave Eiffel eigentlich Boenickhausen hieß; als sein Ururgroßvater Johann B. Anfang des 18. Jahrhun derts, Tapezierer von Beruf, nach Paris zog, fügte er französischen Zungen zuliebe seinem Namen den sei ner Heimat an: Eifel. Der Nachfahre Gustave erst Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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strich, nachdem er durch den nicht von ihm erfunde nen Turm berühmt geworden war, den wirklichen Namen Boenickhausen und verblieb der berühmte »Eiffel«. Maurice Koechlin und Emile Nouguier, Brückenbau ingenieure, entwarfen am 6. Juni 1884 einen »Pfeiler von 300 Meter Höhe für die Stadt Paris 1889«: ihr genialer Entwurf eines Brückenpfeilers als Denkmal des Jahrhunderts gefiel ihrem Chef nicht, dem Unter nehmer Ingenieur Gustave Boenickhausen-Eiffel. Welcher Architekt die 4 monumentalen Bögen ein zeichnete, die die Nasen der Streben wie Tore mitein ander verbinden, ist unbekannt. Das Konzept von Koechlin und Nouguier, verschönt durch den unbekannten Architekten: jetzt gefiel es Gustave, der es unter den Namen »Eiffel, Nouguier und Koechlin« zum Patent anmeldete, und dann um gehend seine beiden Angestellten auskaufte. Gustaves Vater heiratete nach Napoleon in Dijon die Tochter eines erfolgreichen Holzhändlers, der Gu staves Mutter auch seinen präzisen Geschäftssinn ver machte.
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Der aus der Eifel stammende Pariser aus Burgund war ein genialer Ingenieur, dessen bedeutendste Baulei stung neben zahlreichen Brücken und dem Eiffelturm das 46 m hohe Metallgerüst ist, welches die Freiheits statue innen trägt. Die Regenbogenpresse Großbritanniens berichtete über Königin Elizabeth II. zwischen 1958 und 1972 von 92 Schwangerschaften, 73 Ehescheidungen, 63 Thronabdankungen, 43 Schlafstörungen und 27 Mordanschlägen. Eine Wurzel des Problems zwischen Tschechen und Deutschen besteht darin, daß Kaiser Ludwig der Bayer 1322 das rührige Völkchen der Egerländer für viel Geld als »Reichspfandschaft« an das luxemburgi sche Herrscherhaus in Prag verschacherte, und sie nie wieder auslösen ließ. Hier ließe sich vielleicht Reme dur schaffen, indem Edmund Stoiber und Theo Wai gel als Nachfolger Ludwigs in ihrer Eigenschaft als Bayern und als Herrschafts- und Finanzpolitiker den Rechtsnachfolgern der Luxemburger in Prag die Aus lösung der Reichspfandschaft Egerland anböten. Schließlich haben sich ja die finanziellen Verhältnisse in mehr als 670 Jahren gegenüber 1322 grundlegend gewandelt. Und ein solcher Schritt wiese in dieser un serer Zeit der Wiederherstellung alter und uralter nie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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geregelter Probleme zwecks Aufbruchs in eine schö nere Zukunft einen ebenso einfachen wie gangbaren Weg für mancherlei Reorganisation in Europa (und seinen ehemaligen Kolonialgebieten) auf.
Eh daß ich vergeß Ihnen zu erzählen:
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Denn da das mythensüchtige Europa in seiner apper zeptionsverweigernden Wirklichkeitsangst, gezeugt vom heuchlerischen Christentum in inniger Verleug nung Jesu Nachricht, auch dieses Wahren Alchymi kers bedeutendes Leben bis ins Unerkennbare verzerrt hat, nur um sich wie seinem Werk so auch dem eige nen Vorleben nicht stellen zu müssen, sei ihm im 516. Jahr nach seiner Geburt (und im vermutlich 452. nach seiner dramatischen Abreise ins Jenseits) ein Weniges an Wiedergutmachung zugeteilt. Wiedergut machung ist ja nach dem Zerbröseln der Herrschaft jener verderbten Greise, die glaubten, Autorität und Legitimität der Herrschaft sei identisch mit der Mög lichkeit, Gewalt auszuüben, das Gebot nicht nur die ser, sondern noch unendlich vieler Stunden. Zwischen denen es sich sicherlich mühelos einschieben ließe, statt auf die Malediven zu fliegen, den Stätten Fausti Wirken nachahnend Besuche abzustatten, da das Zer Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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bröseln der gewaltlüsternen Greise auch uralte Kul turlandschaften Europas wie das herrliche Thüringen wieder besuchbar gemacht hat. Nie wohl haben allein die äußeren Umstände beim Tode eines Menschen einen so ungeheuren Strom gei stiger und künstlerischer Energien freigesetzt wie die Umstände beim Tode unseres »Schwarzkünstlers« Georg Faust aus Knittlingen: er kam ums Leben, als ihm in Staufen ein alchimistisches Experiment miß glückte und eine chemische Explosion geschah, die ihn tötete. Da das Leben den Leib des berühmt-be rüchtigten Zaubermanns unter Donner und Blitz und Gestank verließ und nichts als einen zerfetzten Körper hinterließ: was wunders, daß die abergläubische Zeit ihn vom Teufel geholt wähnte und schleunigst be gann, Legenden um ihn zu spinnen und ihm auch an dere schon umlaufende Legenden anzuheften, ihn gar mit dem anderen »Schwarzkünstler«, dem Mainzer Buchdrucker Johann Fust zu verwechseln, was ihm vermutlich posthum den Vornamen Johann eintrug, der seinen eigenen fast bis zum Vergessen verdrängte. Bis auch die Mythenfigur Johann Faust hinter jenem Dr. Heinrich Faust zu verschwinden begann, durch den Goethe Wahn und Scheitern des Lebens eines »Machos und Machers« neudeutschen Wortverständ nisses erläuterte (falls der ironische Alte Herr nicht doch noch mehr im Sinne hatte, wie zumindest Fau Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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stens Rettung nahelegt). Bedeutender Männer wie bedeutender Reliquien wollen sich vieler Städte Fremdenverkehrsämter be rühmen, bringen doch Geburtshäuser wie Heiligenör ter reich zinsende Wallfahrten herbei, denen selbst die beinharten unter den antikirchlichen Wirten ihr Wohl wollen nicht versagen. Günther Mahal zu Knittlingen allein mag wissen, in wie vielen Geburtswiegen und an welchen Orten allen das Kind Faust mag gewieget worden sein. In Thüringen allein nennt man als Ge burtsorte zweene: Stadtroda nämlich, die liebliche Stadt, und passend zu Goethe in Weimars Nähe das Örtchen Rödchen am Ettersberg, Wüstung seit lan gem schon wie Fauste Leben. Doch wenn auch wenig Handfestes von unserm Georg Faust bekannt blieb, leidet es doch nach penibler Forschung keinen Zwei fel, daß der Knabe am 23. April des Jahres 1478 zu Knittlingen das fragwürdige Vergnügen erlitt, der so genannten menschlichen Gemeinschaft zugesellt zu werden. Sein Sterbedatum hingegen, das genaue, ver schwindet bereits im Qualm seiner »Höllenfahrt«. Eine Kaufurkunde von 1542 belegt ein Haus neben der Kirche zu Knittlingen als sein Geburtshaus; in ihm fand sich ein einzigartiger sechseckiger sternför miger Wandschrank mit den Zeichen der vier klassi schen Elemente und dem Gottesnamen ELOHIM, einem Ewigkeitssymbol, dem Zeichen für Quecksilber Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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(jener so unendlich wichtigen Materie in der alchymi schen Lehre), und dem Symbol für das von Paracelsus definierte wirkmächtige philosophische SAL (was neben einem schriftlichen Zeugnis von 1539 der zwei te Hinweis darauf ist, daß möglicherweise engere Be ziehungen zwischen Paracelsus und Faust bestanden, denen nachzuspüren sich wohl lohnen könnte). Und es fand sich in ihm in den 20er Jahren unseres Jahr hunderts ein winziger Pergamentzettel, auf dem zwei vermutlich fürs Goldmachen gedachte »Rezepte« no tiert sind sowie die SATOR-AREPO-Formel, ein be reits vorchristliches magisches Buchstabenquadrat, dessen Sinn immer noch unbekannt ist, dessen Funk tion als Abwehrzauber jedoch nicht mehr bestritten wird. (Siehe auch S. 152). Sollte es sich auf dem Zet tel um ein Autograph Fausti handeln? Sichere Daten zu seinem Lebensweg sind: 1506/7 Würzburg, Kreuznach, Gelnhausen; 1513 Erfurt; 1520 Bamberg; 1528 Rebdorf und Ingolstadt; 1532 Fürth; 1536 Würzburg; 1539 Worms. Und 1507 schrieb Johannes Zeller, der nach seinem Geburtsort Trittenheim als Trithemius bekannt wurde, ein der Schwarzen Magie angeschuldigter und von seinen ei genen Mönchen aus seinem Kloster Sponheim bei Kreuznach vertriebener Abt fragwürdigen Charakters, einen Brief an den Heidelberger Mathematiker und Hofastrologen Johann Virdung, in dem er Faust (of Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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fenbar um sich selbst zu schützen) nicht nur in höh nender Denunziation als den größten aller Adepten in den magischen Künsten bezeichnete, sondern auch als gottverlassenes Scheusal, als skrupellosen Lügner und knabenschändenden Päderasten anschwärzte. Diese Schwärzung nach Art jeder Amtskirche blieb an ihm bis heute haften. Und jene 9 Stationen seines Le bensweges, die belegbar sind, tun eben nicht viel, das Bild aufzuhellen. Sicherlich war er Autodidakt – und wenn er sich 1528 in Ingolstadt »Doktor« nannte, dann war das ebenso ein »corriger la fortune«, wie die Selbstbezeichnung als Johanniterkomtur, als Herr von adligem Stande also, im selben Jahre 1528 in Reb dorf. Der Autodidakt hatte sich vor allem zum Fachmann in der Mode- und Mutterwissenschaft seiner Zeit ge macht: zum Astrologen bedeutenden Ruhms – 1520 zahlte ihm der Bischof zu Bamberg für ein Geburts horoskop das fürstliche Salär von 20 Gulden! Er war Wahrsager und Heilkundiger: zu Worms verfluchte ihn 1539 der Stadtphysicus Begardi als Paradebei spiel eines Quacksalbers nach dem Muster des Para celsus (also als einen Mann, der sich mit homöopathi schen und erfahrungsmedizinischen Therapien befaß te). Magier war er auch in dem Sinne, in dem noch heute Zauberer in Varietés als Magier gelten; Magier vor allem aber im Sinne seiner Zeit: ein Kenner alles Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Unbekannten. Und er war Alchymiker. Das bedeutete einmal seit Jahrhunderten einen, der versuchte, die Vier-Elemen te-Lehre des Aristoteles dergestalt zu nutzen, daß durch die Veränderung und Veredlung unedler Metal le schließlich das angeblich edelste aller Metalle ent stehe: Gold. Als Nebenprodukte dieser Art der Alche mie entstand vielerlei: beispielsweise das Porzellan; und beispielsweise die Wissenschaft der Chemie. Al chymiker dieser ersten Art waren sich nicht zu fein dazu, mittels allerlei verblüffender Effekte Gold we nigstens in der Gestalt von Eintrittsgeldern Schaulu stiger zu gewinnen. Daneben gab es die Wahren Alchymiker, die Wah ren Alchemisten. Sie suchten Gold und Wahrheit nicht nur im Laboratorium, sondern vor allem im Ora torium die eigene Veredelung, parallel zu der minde rer Metalle. Ihr Ziel war elitär: sie wollten durch Stu dium und Meditation und Askese sich selbst zur höchsten Vollkommenheit veredeln. In welchem Punkte beide Zweige der Alchemie sich wieder begeg nen: denn so wie man vom vollkommensten Metall, wüßte man nur erst sein Geheimnis, auch die körper liche Unsterblichkeit erwartete, so ebendies von der eigenen Vervollkommnung, da durch die Selbstläute rung alles Sterbliche aus Geist wie Körper verschwin de. (In diesen Gedankengängen sind die Alchemisten Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Europens den Taoisten Chinas nicht sehr fern.) Von diesen Wahren Alchemisten nun weiß man wenig, da sie ihr Wissen nie publizierten, sondern stets nur vom Meister an den Schüler weitergaben. Und mögliche erhellende Rückschlüsse aus späteren Entwicklungen wie in den Rosenkreuzer- oder Illuminatenorden und logen lassen sich noch kaum ziehen, da wie der Wah ren Alchemisten so auch der Illuminaten und Rosen kreuzer Geschichte weithin unerforscht ist. Angesichts der Tatsache, daß Georg Faust während rund 60 Jahren Lebenszeit nur knapp 10 mal eindeu tig belegt ist, dann aber jedesmal als erfolgreicher marktschreierischer Magier, meint der bedeutendste Kenner der Zusammenhänge, Günther Mahal: viel leicht sei Faust ein Wahrer Alchemist gewesen, der sich den größten Teil seiner Zeit in der Zurückgezo genheit von Laboratorium und Oratorium mit der Veredelung unedler Materien beschäftigt habe und nur immer dann, wenn ihm das Lebens- und Betriebs kapital ausging, als greller Wundermann durchs Land zog, die Leute anlockend und schröpfend, um sich da nach wiederum mit ausreichendem Gold zu seinen Studien zurückzuziehen. Und dieser historische Faust, der Wahre Alchemist, der wäre dann zugleich auch der wahre Vorfahr des Goetheschen Faust, wie ihn die Szenen des Studierzimmers in ›Faust I‹ zeigen.
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Je undeutlicher aber des wahren Fauste Spuren in der Geschichte immer sein mögen, desto deutlicher werden sie dem Reisenden, etwa in Gelnhausen: Im Mai 1506 trat er der alten Überlie ferung zufolge in der Gaststätte »Zum Löwen« auf, wobei seine Visitenkarte (nach Trithemius) lautete: »Magister Georg Sabellicus Faust der Jüngere, Ur quell der Necromantik (= Schwarzen Kunst), Astro log, der Zweite Magier, Chiromant, Agromant, Pyro mant, in der Wasserkunst der Zweite.« Dort will Tri themius, seinem Brief zufolge, »Bericht von mehreren frivolen Kunststücken« erhalten haben; »sobald er aber von meiner Anwesenheit gehört hatte, drückte er sich aus der Herberge und ließ sich von niemandem bewegen, mir vor die Augen zu treten.« Bad Kreuznach: Hierhin hat Franz von Sickingen, Trithemius zufolge, Faust als Rektor ans Gymnasium berufen, doch habe er die Stadt 1507 »wegen Unzucht mit Knaben« wieder verlassen müssen; an den unbe scholtenen Lehrer erinnert dort das Dr. Faust-Haus, Magister-Faust-Gasse 47. Erfurt: Dem Faustbuch von 1590 zufolge war er während seines thüringischen Aufenthalts im Jahre 1513 Lehrer an der Universität, wo er Vorlesungen über Homer hielt und die Gestalten der Dichtung zau berisch hervortreten ließ, bis er solchen Zauberwesens wegen aus der Stadt vertrieben wurde; seine Anwe Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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senheit dort bezeugt Mutianus Rufus (= Conrad Muth), der sich als Haupt des »Mutianischen Krei ses« für die Hinwendung der Geisteswissenschaften zum erasmianischen Humanismus einsetzte und sich gegen ihre Verhaftung in mittelalterlicher Scholastik wehrte. Faust wohnte damals im Haus »Zur großen Arche Noe«, heute Michaelisstr. 38, und führte vor Vertrauten seine Geheimnisse im ehemaligen Haus »Zum Anker« (heute Hermann-Jahn-Str. 19) vor; an ihn erinnern ferner das Faustgäßchen (heute Her mann-Jahn-Str. 17) und 3 Wandgemälde im Treppen haus des Rathauses am Fischmarkt. Freund Faust scheint sich nun gerade in Erfurt und gerade in jenen wilden und wüsten ersten Jahren der lutherischen Reformation – vermutlich eher auf der Seite der Müntzerschen Revolution – einen hallenden Ruf erworben zu haben. Denn eben Thüringens Sa genbuch zeichnet in 6 Stücken ein geschlossenes Bild seines Lebens und Treibens als Lehrer an Erfurts Hoher Schule ums Jahr 1513. Sie lauten in moderner Sprachfassung aus jenen Landen, die bis unlängst noch die SED nach Lenins Vorbild im Namen der Utopie des Trierers Karl Marx gestohlen hatte und den Menschen vorenthielt: »Doktor Faust war eines Bauern Sohn und wurde zu Roda in Thüringen geboren. Seine Eltern waren Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gottesfürchtige Leute. Seine Erziehung genoß der Junge bei einem vermögenden Onkel in Witten berg. Der hatte keine Leibeserben und nahm ihn an Kindes Statt. Faust studierte Theologie und dann noch viele andere Wissenschaften. Schon in jungen Jahren bestand er sein Examen als Magister und wurde gar bald Doktor der Theologie. Dann aber kehrte er sich von der Heiligen Schrift ab und be gann ein ruchloses Leben zu führen [wie nach ihm jene, die sich von der Heiligen Lehre des Kommu nismus in der Lesart des jeweiligen Parteisekretärs von Lenin bis zu Honecker abwandten]. Einst lag D. Faust zu Gotha bei einem ehrlichen Wirte in Quartier. Er versuchte dort mit allerhand Überredungskünsten, sich die junge und schöne Wirtin gefügig zu machen. Dies nahm der Haus knecht wahr und hinterbrachte es dem Wirte [das konstitutive Denunziantentum, auf dem jeder Tota litarismus auch beruht]. Der verwies Faust des Hauses. Der Magister schwur, sich an ihm zu rä chen. Nicht lange danach begann es im Keller des Gasthauses zu poltern und zu spuken [vertriebene Freiheit des Geistes spukt samisdatisch im Keller der Gesellschaft]. Wer Wein holen wollte, mußte gewärtig sein, es blase ihm ein unsichtbarer Geist das Licht aus. Mit der Zeit wurde es so übel, daß Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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das Gesinde es nicht mehr ertrug. Die Leute muß ten das Wirtshaus schließlich aufgeben [am 9. No vember 1989]. Der Poltergeist verblieb, bis das Haus abgerissen wurde [am 3. Oktober 1990]. Auf der Hohen Schule zu Erfurt hat Faust viele Jahre Vorlesungen gehalten. Vorzüglich seine Kollegs über Homer erfreuten sich großer Beliebtheit. Eines Tages äußerten die Zuhörer den Wunsch, die be rühmten Helden der Antike von Angesicht zu An gesicht kennenzulernen. D. Faust berief eine magi sche Sitzung ein. Er sprach eine Reihe von Be schwörungsformeln und zitierte damit der Reihe nach die Helden des Homer. Zuletzt erschien zu aller Schrecken der Riese Polyphem und gebärdete sich, als wolle er das Auditorium auffressen. Nun waren alle froh, als das Geisterheer wieder dort hin zurückkehrte, wo es hingehört. Keiner begehrte fortan solchen Spektakels. [Auf modern heißt das eine ›self-fulfilling prophecy‹.] Während seiner Erfurter Jahre war D. Faust mit einem in der Schlossergasse wohnenden Junker eng be freundet. Das Haus nannte sich ›Zum goldenen Anker‹. Zu einer Zeit, da sich der Magister in Prag am kaiserlichen Hofe aufhielt, hatte sich der Junker eine Anzahl Freunde eingeladen. Die Gesellschaft bedauerte lebhaft, daß Faust nicht unter ihnen weil te. Einer rief scherzhaft seinen Namen und bat ihn, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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zu kommen. Kurze Zeit darauf klopfte es stark an der Haustür. Zur Verwunderung aller stand der Ge rufene da, am Zügel einen schwarzen Gaul haltend. Auf die erstaunten Gesichter hin meinte er: ›Da ist mein Pferd gut dazu; weil mich die Herren Gäste so sehr begehrt und gerufen haben, wollte ich ihnen willfahren. Ich kann aber nicht lange bleiben und muß vor morgen wieder in Prag sein.‹ Als die Stimmung am lebhaftesten war, erbaten sich die Gäste ein Stücklein von ihm. Er nahm einen Boh rer, brachte am Ende des Tisches Löcher an und verspundete sie wieder [diesenorts also; von wegen ›Auerbach's Keller‹: auch hier irrte Minister Göthe!]. Nun hieß er frische Gläser bringen, zog die Pflöcke und ließ jedem den gewünschten Wein einlaufen. Des Junkers Sohn hatte unterdessen mit Erstaunen festgestellt, daß des Magisters Pferd mehr Hafer fraß als zwanzig gewöhnliche Gäule, war's doch sein Geist Mephistopheles in Roßge stalt. Um Mitternacht erscholl ein lauter Schrei. Da zögerte Faust nicht lange. Er verabschiedete sich von der Gesellschaft, saß auf und flog durch die Luft davon. Vor Tagesgrauen war er wieder in Prag und verrichtete dort seine gewohnten Geschäfte. Nahe dem Anger in Erfurt, ein Stück hinter der Lau rentiuskirche, mündet das schmale Faustgäßchen in Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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die Breite Straße. Durch diese Enge trieb D. Faust zum Erstaunen der Erfurter einen zweispännigen Wagen. Ein Mönch erfuhr von dem Spektakel, ging hin und sprach zornig einen Bann. Da gingen den Gaffern die Augen auf, und sie sahen in Wirklich keit zwei rote Gockelhähne, die einen Strohhalm zogen [Gysi und Modrow ziehen die Errungen schaften der DDR]. Der Mönch aber war Herr Doktor Martinus Luther, zu der Zeit Kustos im Augustinerkloster zu Erfurt, [dessen Satz, ein jegli cher sei Untertan seiner von Gott so gewollten Ob rigkeit, besonders die Stasi zunebst IMs, getreulich verwirklichte]. Zu Erfurt lebte der berühmte Barfüßermönch D. Klin ge. Er war auch mit D. Martinus Luther bekannt. Der Mönch bemühte sich, Faust zu bekehren. Al lein alle Vorstellungen fruchteten nichts. Faust ant wortete auf die Rede des Ordensbruders, er habe sich schon zu hoch verstiegen und sei Gott untreu geworden. Zudem sei es nicht ehrlich, wenn er sich dem Teufel gegenüber eidbrüchig verhalten würde. Als der Barfüßer merkte, daß Faust nicht auf den rechten Weg zu bringen sei, zeigte er solches dem Rektor der Universität an. Der veranlaßte den Rat der Stadt, den teuflischen Magister auszuweisen, damit dieser nicht zuletzt noch gar die Seelen der Erfurter Jugend verderbe [Wie man sieht, hat sogar Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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solche Verhaltensweise die spätere SED der heili gen Amtskirche eifrig nachgeahmt, wie z.B. Wolf Biermann bezeugen kann oder Erich Loest oder ...].« Faust aber dürfte sich, wie auch bei anderen Gelegen heiten, auf ein Weilchen zu weiteren Studien wieder ins heimische Knittlingen zurückgezogen haben, bis ihn der Mangel an regelmäßigen Einkünften, das Drängen des Finanzamtes und das Ausbleiben einer entsprechend honorierten Einladung zu TV-Talk shows wieder hinaustrieb ins unbarmherzige Leben des freien Menschen, in die sozial nicht abgefederte Marktwirtschaft, zunächst nach Maulbronn: Der Abt Johannes Entenfuß des 1147 ge gründeten Klosters stellte – der Saga zufolge – 1516 Fausten den heute nach ihm benannten Turm als La boratorium und Studierstube zur Verfügung; seines Treibens während seiner Freizeit gedenke man dorten in der »Faust-Stube« der Klosterschenke. Rebdorf: 1528 traf Faust in dem Augustiner-Chor herrenstift bei Eichstätt, dem Stift mit dem schönsten Arkadenhof Bayerns, mit dem gelehrten Prior Kilian Leib, dem »homo trilinguis« (= Dreisprachenmann: Latein, Griechisch, Hebräisch) zusammen und gab sich als Johanniterkomtur aus. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Ingolstadt: das Ratsprotokoll verzeichnet Faustens Anwesenheit in der Stadt fürs nämliche Jahr 1528; er wohnte Harderstr. 7, woran am Haus eine Gedenkta fel erinnert. Staufen: der »Chronik derer von Zimmern« bzw. der »Zimmerischen Chronik« zufolge logierte 1539 der schon legendenumwobene Magier dort im Gast haus »Löwen«, wo der »wunderbarliche Nigromant und weitbeschreibte Zauberer« dann allerdings bei einem seiner Experimente »elentlich« verschied: die Chronisten der Grafen von Zimmern müßten es ei gentlich genau gewußt haben, war doch Anton Frei herr von Staufen, der sich Faust als Goldmacher zur Behebung seiner Geldnöte hatte kommen lassen, mit den Zimmernern verschwägert. An Faust erinnert im »Löwen« die »Faust-Stube«, im Rathaus der »Teu felstritt«. Das Faustmuseum in Knittlingen, seiner Geburtsstadt, ist allerdings mit Abstand die bedeutendste aller wah ren Faust-Gedenkstätten. Es befindet sich im Alten Rathaus Kirchplatz 2 (sein Geburtshaus, das wohl auch während der Hauptzeit seines Lebens sein Wohn- und Studierhaus war, ist Am Kirchplatz 10 durch eine Gedenktafel gekennzeichnet). Das Muse um zeigt in 3 Etagen auf ca. 300 m2 mit über 100 Tisch-, Wand- und Schrankvitrinen in 21 Abteilungen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ca. 2500 Exponate (Bücher, Graphik, Puppen, Kar ten, Modelle usw.), die durch 16 didaktische Wandta feln ergänzt sind und insgesamt eine Lehrschau dar stellen, Leben und Wirkungen Fausts betreffend. Die 21 Abteilungen sind: 1. Der historische Faust, 2. Der Faust der Legende, 3. Die Faust-Tradition im Über blick, 4. Bildnisse Fausts, 5. Volksbücher, 6. Höllen zwänge, 7. Lieder und Gedichte, 8. Marlowes FaustTragödie, 9. Volksschauspiele, 10. Puppenspiele, 11. Faust-Tradition im 17./18. Jh., 12. Goethes ›Faust‹, 13. Faust-Tradition in der 1. Hälfte des 19. Jh., 14. Heines Tanzpoem, Ballette und Pantomimen, 15. Faust-Tradition in der 2. Hälfte des 19. Jh., 16. Faust-Tradition im 20. Jh., 17. Faust auf dem Thea ter, 18. Faust in der Musik, 19. Faust in den moder nen Medien, 20. Faust-Analogien, 21. Faust-Kuriosa. Hier vor allem wird verblüffend deutlich, wie sich in den Medien der Zeit aus dem überaus ernsthaften Mann, dem man sein großes Wissen und mehr noch seinen souveränen Umgang damit neidete und übel nahm, das Bildnis des Scharlatans und lästerlichen Teufelsknechts entwickelte, und wie aus diesem Kon glomerat die 3 Hauptströme der Faust-Deutungen ent sprangen. Da ist zum ersten jener Strang, der beim Grundbild des Teufelsbündners bleibt und ihn ent sprechend grauenhaft nach teilweise ausufernder Be Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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schreibung all jener Abenteuer, die er stellvertretend für alle Menschen gegen die Meinung der Obrigkeit und der Kirche(n) erleben und erfahren durfte, in die Hölle stürzt: Und wenn es da heißt, im Zimmer hätten seine Augen und Zähne herumgelegen, während sich sein zerfetzter Körper vor dem Hause auf dem Mist fand, so mag darin eine Erinnerung an das vermutli che Ende des wirklichen Faust mitspielen. Bereits 1587 erscheint das erste gedruckte Faust-Buch, das sich aber um den historischen Faust kaum kümmert, und das auf eine vor 1580 verfaßte Wolfenbütteler Handschrift zurückgreift, die ihrerseits auf einer Reihe deutscher (und vielleicht lateinischer) Vorläufer aufbaut. Jenes Faustbuch wurde trotz des noch sehr schmalen Lesepublikums binnen 12 Jahren mit 22 Neuauflagen und Übersetzungen in mindestens 5 Sprachen zu einem wahren europäischen Bestseller: 1588 ins Niederdeutsche und Dänische, wahrschein lich auch schon ins Englische, 1592 ins Holländische, 1598 ins Französische. Bereits das anonyme FaustBuch von 1587 ist stark von lutherischer Theologie geprägt und überaus moralisierend; das neue FaustBuch von 1599 (verfaßt von Georg Rudolff Widman) ist zwar durch Umfang und verschärfte lutherische Moralisierung bis ins Ungenießbare ausgewuchert, kann aber den Siegeszug des unfrommen Stoffanteils nicht mehr aufhalten, dem erst in den 70er Jahren des Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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18. Jh. neue Entwicklungen Einhalt gebieten. Es ist dieser zweite Strang, den wohl schon um 1589 Shakespeares Altersgenosse und neben ihm bedeu tendster englischer Dramatiker, Christopher Marlowe, meisterhaft anspann, auch wenn sein Stück selbst un mittelbar nur geringe Wirkung zeitigte, wohl aber durch die eigenartigsten Bearbeitungen die bedeutend sten Folgen auslöste. Seine ›Tragicall History of the Life and Death of Dr. Faustus‹ stellt das tragische Scheitern nicht eines Abnormen, nicht eines zu Recht bestraften Erzsünders dar, sondern einer außerordent lichen, einer titanischen Natur, die in ihrem Erkennt nishunger in einer immer noch kirchlich geprägten und das souveräne Individuum nur von ferne ahnen den Epoche durch die verständnislose Umwelt zum Scheitern verurteilt ist. Es mutet eigenartig an, daß Goethe, der Marlowes Stück nicht kannte, wie Mar lowe mit dem verzweifelten Monolog eines an seinen Wissenschaften Verzweifelnden in der Studierstube beginnt, und daß er sein Stück wie jener eine Tragö die nennt. Lessing bemühte sich vergeblich darum, mit dem Thema zu Rande zu kommen, da ihm, dem Aufklärer, unmöglich geworden war, den Wissens drang Faustens (führt doch im Traum der Aufklärung gerade Wissensdrang zum Heil) als Quelle satani schen Untergangs anzuerkennen; weshalb er es ver Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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gnügt begrüßte, als ihm Theaterzettel ein zunächst an onym erschienenes Stück des Österreichers Paul Weidmann ›Johann Faust‹ 1775 zuschrieben – das erste Stück, in dem Faust gerettet wird. Die Dichter der Genieperiode des »Sturm und Drang« – Jakob Michael Reinhold Lenz etwa, Friedrich »Maler« Mül ler oder Friedrich Maximilian von Klinger – verfolg ten diesen zweiten Strang weiter, indem sie Faust als Genie, als Vorbild- und Projektionsgestalt eines neuen Menschenverständnisses im Sinne der entfes selten Selbstverwirklichung verstanden und ausform ten. Auch Goethes Faust ist in den Wurzeln vor allem diesem zweiten Strang verpflichtet, wie viele Anre gungen ihm auch immer aus der Materialfülle des er sten Stranges zugeströmt sind. Und doch entwickelt Goethes ungeheures Werk – so eigenartig der dem Dichter unbekannten Tragödie Marlowes ähnlich – im Laufe der 60jährigen Arbeit sich zu etwas gänzlich Neuem, dem dritten großen Strang. Es wäre sicherlich Unfug zu versuchen, die ungeheuer sich türmenden 12111 Verse, die während eines langen Lebens entstanden und mit den weitge spannten Erfahrungen und Einsichten aus diesem Leben befrachtet wie befruchtet sind, mit 1 Schlüssel, 1 Verständnisraster entschlüsseln zu wollen. Und doch scheint mir, es ließen sich zwei Zentren heute Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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deutlicher als je zuvor benennen. Da ist in ›Faust I‹ das Gretchen-Thema, das man auch lesen könnte als Darstellung der tragischen Zerstörung des (Frau en)Lebens durch die von allen ethischen Bezügen be freite Gier des »Macho«-Mannes Faust (moralischen Konventionen hatten ja schon zuvor alle Faust-Ge staltungen abgeschworen): und wie sollte nicht der die Frauen liebende Goethe (darin Casanova nicht unähn lich) die Gefährdungen erkannt haben, die aus einer die Frau fürchtenden Frauenverachtung à la Don Juan für Opfer wie Täter entstehen? Da ist in ›Faust II‹ das Thema »große Taten«, das durch allerlei kriegerisches Tun sein eigentliches Terrain im 5. Akt erreicht mit den gigantischen Arbeiten zur Umwandlung eines Küstenstreifens durch den Bau eines Dammes in ein neues Reich, nicht aber aus menschenfreundlichen Gründen, sondern um die Lust an der Macht über die Natur zu genießen (nachdem in ›Faust I‹ im Studier zimmer die erste Beschwörung des Erdgeistes als der mächtigsten aller Gewalten an dessen Hohngelächter zerspellte): Kann man das nicht auch lesen als Dar stellung der tragischen Zerstörung aller menschlichen Lebensmöglichkeiten durch den »Macher«-Mann (vor allem, wenn in der Ermordung von Philemon und Baucis zugunsten des technisch Machbaren zugleich die liebevollste Darstellung ehelicher Liebe in der Weltliteratur ermordet wird) – Gefahren, die dem Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Berg- und Straßenbauminister Goethe sicherlich zu mindest ahnend bereits deutlich waren? Solchen Gedanken nachzuhangen bietet sich in Thale im Harz bei Quedlinburg die »Walpurgishalle auf dem Hexentanzplatz« an. Sie wurde 1901 in einem für altgermanisch gehaltenen Stil erbaut und mit 5 Gemälden des Malers Hermann Hendrich ge schmückt, die die Sage der Walpurgisnacht nach Goe thes ›Faust‹ darstellen. Den Georg Faust aber wird vielleicht eines Tages ein scharfes Auge in Werner Tübkes ungeheurem Theatrum Mundi auf dem Schlachtberg beim thüringischen Bad Frankenhausen entdecken, in jenem grausig-komischen Panorama vom blutigen Untergang der Müntzerschen Bauernre volution gegen die von Luther theologisch unterstütz te schwertschwingende Obrigkeit, in dem sich über 3000 Personen auf das unterschiedlichste tummeln. Thale übrigens befindet sich nebst seinem Hexen tanzplatz in Sachsen-Anhalt: wie das köstliche Wer nigerode; wie Karls des Großen Gründungen Qued linburg und Halberstadt mit ihren mächtigen Domen, die Urstädte des Heiligen Römischen Reiches Deut scher Nation, das dort unter den Ottonen entstand; wie das bedeutende karolingische Kastell Halle, von großer Bedeutung bei der Reichsausweitung gegen die slawischen Sorben, die damals noch fast ganz Mittel Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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deutschland besaßen; wie Magdeburg, die Handels stadt, von der einst das wirkmächtigste aller bürgerli chen Stadtrechte ausging, das Magdeburger Recht, das rund 150 Jahre nach seinem offiziellen Ende in Magdeburg seinen östlichsten Punkt erreichte: Polta wa, und dessen Stadtrecht wurde; wie schließlich auch die so unbekannte wenngleich gleichbedeutende Schwesterburg Neuenburg in Freyberg an der Saale der so bekannten Wartburg zu Eisenach. Im Lande Sachsen-Anhalt also, von dem GEW-Geschädigte und von durch andere Ideologien paralysierten Schulrefor mern ebenfalls ihrer Geschichte Beraubte jüngst noch in allerlei Medien bis hin zur Zeitung für den klugen Kopf in kindlicher Unbefangenheit verbreiteten, das Land sei arm an Tradition. Dreist könnte man es nen nen, schützte sie ihre unschuldige Unwissenheit nicht auch vor diesem Vorwurf. Wahrlich: In nichts sind sie Fausti Kinder. Was um so klarer sich herausstellt, wenn man in Knittlingen im Faust-Museum den eigentümlichen Pfaden nach spürt, auf denen gerade durch Goethes geniale Tat, die aus dem Thema des Knittlinger Wahren Alchemi sten ein Weltthema machte, eine Art Befreiung ent stand: für andere öffneten sich neue und stets weiter wegführende Wege, die jedoch immer noch ihren Ausgang direkt oder indirekt durch einen der drei Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Stränge beim Knittlinger und den Umständen seines explosiven Todes in alle Höllen der Literatur nehmen. Für Grabbe wie Lenau, für Heine wie Chamisso, Klingemann wie Karl von Holtei, Ludwig Bechstein wie Ferdinand von Spielhagen, wie – nicht zuletzt – für Prof. Dr. Friedrich Theodor Vischer, der als ›Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky‹ in ›Faust. Der Tragödie dritter Theil ... im Geiste des zweiten Theils des Göthe'schen Faust‹ eine der grim migsten Satiren (vor allem auf die germanistischen Kollegen) dichtete, die je der Feder eines deutschen Hochschulprofessors entflossen. Die vielleicht unerwartetste Fernwirkung Fausti aber ist diese: Karl May gestaltete den Untergang des Verbrechers Santer, des Mörders des edelsten Sohnes Sachsens, des bekanntesten deutschen Indianers, Win netous, als wahre Höllenfahrt Santers dem alten Pup penspiel vom Dr. Fauste nach, das – wie KM selbst in seiner Autobiographie bezeugt – dem Knaben Karl ein unvergeßliches Erlebnis gewesen war; und gerade dadurch, durch die Nachbildung der Höllenfahrt Faus ti in ›Winnetou III‹, läßt dessen Autor in der als säku larisierte Hagiographie angelegten Verteidigungs schrift für die Indianer gegen den Ausrottungsimpe rialismus des Weißen, läßt Karl May in diesem Bil dungsroman à la Goethes ›Wilhelm Meister‹ am Ende die mythische Dimension des Legendenwerks endgül Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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tig über die historische Analyse des bürgerlichen Bil dungsromans siegen. Der lange Weg durchs 20. Jh. bis hin zu Thomas Manns Roman ›Doktor Faustus‹ sei nur angedeutet. Angedeutet seien auch nur die Wirkungen in anders sprachige Regionen der Weltliteratur, die von Über setzungen der Dichtung Goethes in mindestens 53 Sprachen befruchtet wurden; zu nennen wären hier vor allem Byrons ›Manfred‹, die Faust-Dichtungen Puschkins und Turgenjews, die schärfste und kühnste Satire der slowakischen Literatur (bis heute von un verminderter Aktualität): Zaborskys ›Faustiade‹ von 1867 (erstmals 1912 veröffentlicht), des argentini schen Dichters Estanislao del Campo raffinierte Gau cho-Impressionen: aus dem scheinbar naiven Bericht des Gauchos Anastasio über seinen Besuch einer Faust-Aufführung, in der er das theatralische Spec taculum für berichtete Realität hielt, entsteht eine Art Pampa-Faust in Brechungen und Spiegelungen, deren innere Vollkommenheit an die meisterlicher Miniatu ren erinnert. Bis hin zu Paul Valérys mächtigen Frag menten ›Mon Faust‹. Und zu der übermütigen Opéra bouffe ›Der kleine Faust‹ von Hector und Adolphe Jaime mit der Musik von Hervé (alias Florimond Ronger), die als Zwitter zwischen Show, Musical und Schauspiel 1869 in Paris uraufgeführt wurde. Aus einer Rezension in der FAZ über die jüngste Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Aufführung in Hamburg (Dezember 1992) sei kurz zitiert, was diese Faust-Parodie in der Gestalt eines übermütigen Tanz-Spektakels zu bieten hat: »Die Ou vertüre beginnt mit Wagner-Zitaten, abgelöst jedoch bald von volkstümlich übermütigen Zweivierteltakten und schmachtender Walzerseligkeit. Vorweihnachtli ches Behagen macht sich breit. Wenn sich der Vor hang hebt, strecken uns die Internatsschüler(innen) des greisen Lehrers Faust die bloßen Gesäße entge gen. Aufruhr herrscht im Klassenzimmer: erste Gele genheit zu schmetternden Chören. Soldat Valentin, als tänzelnder Hampelmann ganz Parodie des preußi schen Militarismus, schleppt seine dralle Schwester Gretchen herbei (deutsch, blond und keusch), um sie für die Zeit seiner kriegsbedingten Abwesenheit bei Faust zu kasernieren. Der Zittergreis im Habit eines Märchen-Zauberers spürt ungeahnte Triebe in sich wachsen, gebiert erschreckt einen weiblichen Mephi sto. Der bietet gegen Faustens Intellekt die Wonnen von Wein, Weib, Gesang. Erst verwandelt Mephisto Faust in einen pubertären Jüngling, dann jagt er ihn zu den Kokotten von ›Auerbachs Garten‹ oder in die Herbertstraße von St. Pauli. Aber den wundersam Verjüngten (Ich bin Faust junior, Faustens Sohn!) verlangt es nur nach seinem Gretchen. Erst muß er dazu den mit Holzbein heimgekehrten Valentin erle gen. Dieser erscheint ihm bald darauf wie der Münch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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ner im Himmel als Racheengel mit Harfe und Flü geln – einmal sogar liegt sein Haupt wie das des Jo hannes auf einer Suppenschüssel. In der Hochzeits nacht schließlich muß er sich von Gretchen über ihr erotisches Vorleben belehren lassen. An Mephistos Drähten gezogen, landet das Paar in lodernder Ver dammnis – der ewigen Hölle der Zweisamkeit.« Wie alles weitergeht zum Thema Faust, verfolge man in Knittlingen. Und vergesse dabei nie: Das alles ent stand aus den Umständen des Todes von Georg Faust im »Löwen« zu Staufen ca. anno 1540. Aber das Schöne an Teufelspakten ist ja gerade, daß man sie klarsichtig unterschreibt, wissend, mit wem man sich einläßt. Wofür käme man sonst zum Lohn in die Hölle? Oder, wie Benedikt Jerofejew in seiner schönen Novelle ›Moskau – Petuschki‹ feststellt: »Schiller konnte nicht ohne Champagner leben. Er steckte seine Füße in eiskaltes Wasser, nahm ein Glas und schrieb. Als das Glas leer war, war auch der erste Akt fertig. Geheimrat Goethe nahm nie einen Tropfen zu sich. Selbst als Schiller ihm Champagner anbot, lehnte er ab. Aber glaubt ihr etwa, er wollte nicht trin ken? Natürlich wollte er! Aber, weil er Angst hatte, vor der Gesellschaft sein Gesicht zu verlieren, zwang er seine Charaktere, für ihn zu trinken. Seht euch doch Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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den ›Faust‹ an. Kein Charakter, der nicht trinken würde!«
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Fußnoten
1 Zu den Kosten der Französischen Revolution und vor allem Napoleons siehe jedoch auch HdnW I, S. 84 ff. 2 Der Verf. kann nach 3 Jahrzehnten Reisen auf drei Kontinenten Nooteboom dahingehend ergänzen: dann sind die meisten, die ihm auf drei Kontinenten begeg neten, Niederländer.
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7. Die makedonischen 'Gebete meines Körpers'
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VII. Die makedonischen ›Gebete meines
Körpers‹
»Das Unglück lauert überall.« (Rüdiger Nehberg)
Verwirrt bemerke ich, daß mir diese 3. Versammlung nutzloser Kaleidoskopsplitter des Wissens (davon im HdnW I, S. 177 ff. ausführlicher die Rede war) un versehens zu einem Florilegium auf linguistischen wie literarischen Wiesen geraten ist. Von Sprache und Sprachen und sprachlichen Vollzügen ward berichtet, vom Stoff aus dem gedichtet wird und Büchern und ihren Deutern (der Tichter und ihrer Talmatsch ge dachte bereits das HdnW II, S. 116 ff.). Da mag es denn nur ziemlich erscheinen, zum Abschluß die ma Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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7. Die makedonischen 'Gebete meines Körpers'
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kedonischen ›Gebete meines Körpers‹ vorzustellen1, da in ihnen nicht nur von der »Geburt des Wortes« die Rede ist und von der Frage »Wer wird diese Liebe finden«, sondern auch das »Gebet um ein gewöhnli ches, aber noch nicht gefundenes Wort« erklingt – womit jeder Schreibende füglich seines Tages Lauf beginnen sollte. Es hat dieses Gebet gedichtet Atso Schopoff2, der größte Lyriker der jüngsten slawischen Literaturspra che, des Makedonischen, das dank serbischer Groß machtträume und Herrenmenschenallüren, dank grie chischer Hysterie und gewollter Unkenntnis der Zu sammenhänge (als ob sich die Hellenen ihren Volkswie Staatsnamen nicht noch viel unberechtigter ange eignet hätten, als sie jetzt den slawischen Makedonen vorzuwerfen belieben3), dank westlicher Teilnahms losigkeit (oder sollte von moralischer Feigheit der westlichen Nomenklatura, gar Besitzstandswahrungs denken gesprochen werden müssen?) mitsamt Sprach volk und anderthalb Jahrtausende alter Heimstatt un terzugehen droht. Vor drei Jahrzehnten hat er es in einer wunderbar rhythmischen, reimreichen und dennoch streng gebun denen Sprache gedichtet, die mühelos archaische wie modernste Bilder zu einer unverwechselbaren Melo die vereint, in einer uralten und doch in der Moderne lebendigen Sprache, die erst 1944 Schriftsprache Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Gebete meines Körpers
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wurde. In einer Sprache, die dem Bulgarischen bei weitem nähersteht als dem Serbischen. In einer Spra che, angehörs derer man sich fragt, ob die Trennung in Archaisches und Modernes überhaupt rechtens und mehr als eine verlegene Leerformel ist. Und Peter Rehder hat die ›Gebete meines Körpers‹ ins Deutsche übertragen, ist dabei dem Inhalt der ma kedonischen Dichtung bis in die feinsten Verästelun gen gefolgt und hat ihn und sie ins Deutsche geholt, ohne sich auf den wahrscheinlich aussichtslosen Ver such einer »lyrischen Nachdichtung« einzulassen, die sicherlich den Übersetzer zum Verräter am Dichter gemacht haben würde.
Gebete meines Körpers
Geburt des Worts Knorren an Knorren. Stein auf Stein. Steinerner Wald frosterstarrt. Knorren an Knorren. Knorren an Knorren. Stein auf Stein, aus Stein sind auch wir beide. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Es raucht die Nacht.
Das Wort löst sich aus der Finsternis.
Blaue Kohle glüht ihm im Leib.
O du, das du bist, weil du nicht bist.
Den Himmel wiegst du.
Die Erde drehst du.
O du, das du bist, weil du nicht bist.
Die Erde stöhnt unter steinernen Platten.
Es kommt betäubt von seinen Toden
das Wort, das alle Schläfen sprengt.
Knorren an Knorren.
Stein auf Stein.
Mein Grab grabe ich fluchend.
Öffne mich,
Verdammnis,
du steinerne Festung,
daß ich ausglühe in der Kohle des Worts,
daß ich verschmelze.
Gebet um ein gewöhnliches, aber noch nicht
gefundenes Wort
Mein Körper betet zu dir:
Finde ein Wort, das gewöhnlichem Holz gleicht,
das den verkohlten und urväterlich nackten
Handflächengleicht, das wie Keuschheit in jedem ersten Beten ist. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Gebete meines Körpers
Um solch ein Wort betet mein Körper zu dir. Mein Körper betet zu dir: Finde ein Wort, von dem – sobald es im Aufschrei gesagt wird – das Blut wie im Wahn zu schmelzen beginnt, das Blut, das ein Bett sucht, um zu fließen. Um solch ein Wort betet mein Körper zu dir. Finde solch ein wahrhaftiges Wort, ähnlich allen stillen Gefangenen, jenem Wind, jenem Frühlingswind, der die Rehe in unseren Pupillen weckt. Finde solch ein wahrhaftiges Wort. Finde ein Wort des Gebarens, des Wehklagens, finde solch ein Wort. Und dieser Tempel, geschlossen in seinem Uralter und groß vor Warten, wird sich dir gehorsam und von allein öffnen. Finde ein Wort des Gebarens, des Wehklagens.
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Gebete meines Körpers
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Zweites Gebet meines Körpers
Dieser Körper, der wie eine Brücke zwischen zwei Ufern liegt, dieser Körper, der von den Dämmerungen deiner Wünsche lebt – wird auch morgen so sein wie heute, nur mit zwei Scharten mehr aus zwei schlimmen Ge fechten, dieser Körper, der wie eine Brücke zwischen zwei Ufern liegt. Dieser Körper, der wie eine Brücke liegt und seit lan gem geduldig wartet, daß ein fröhlicher Mensch vorübergeht und ihn wie der weckt ... Fließe unter diesen Körper wie ein gezähmter Fluß, damit er aufstöhnt, blau vor Zärtlichkeit mit jedem gespannten Bogen, dieser Körper, der wie eine Brücke liegt und seit lan gem geduldig wartet. Dieser Körper, der wie eine Brücke liegt, daß eine Welle ihn einnimmt, damit er in ihr sein vergessenes Antlitz fängt, wird mit jedem Erwachen und Vergehn Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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unwirklicher Wünsche ein wirklicher Leuchtturm werden, dieser Körper, der wie eine Brücke liegt, daß eine Welle ihn einnimmt. Drittes Gebet meines Körpers Was bist du: Mädchen, Frau, Mutter? Was bist du, die du vor diesem Tempel wachst, in dem in Stille mein Körper gesundet, der betend kniet. Bringt ihm dein Kommen Licht oder Finsternis? Was bist du: Mädchen, Frau, Mutter? Was bist du? Was bist du, erstarrt in dunkler Ruhe
vor diesem Körper, dessen Stimme jammernd
Wind jagt, der unter geheimen Himmelsgewölben irrt, dessen Stimme Durst und Jammer des Erdenjammers ist? Was bist du, erstarrt in dunkler Ruhe? Was bist du: Mädchen, Frau, Mutter,
du – versteinert vor dem Eingang dieses Tempels
mit mächtigem Namen: ICH SIEGE,
und diesen Körper erhöhtest du erhaben.
Was bist du: Mädchen, Mutter, Frau?
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Viertes Gebet meines Körpers Hier bist du, über diesem Körper, wie ein ruhiger Flügel, du – so vernünftig, so kalt Großzügige, und ich will beten um das, was längst gewesen ist, denn die Zukunft ist in allen Herzen heiter. Verflechte diese Lichter, dieses weiße Glühen, diese Blitze, die in Finsternis schlafen, winde sie heute um diesen stolz aufgerichteten Körper, gleich, ob sie als Peitsche oder als Efeu sich winden. Verflechte sie in ein riesiges Wundmal, versteinere sie im Glauben, laß mich, laß mich dieses Licht in einem Rauschtraumtrinken, denn alles, was in meinem Gestern dunkel wird, verberge ich wie ein leuchtender Morgen in der Tiefe.
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Fünftes Gebet meines Körpers Wirst du denn durch diesen Körper gehn, diese schwindelnden Höhen, du Wind der Stille, du Falter leidlosen Traums? Wohin weiter in mich? Bleib stehen, Rastloser, ruhe aus auf diesem Stein, pechschwarzem Stein, in dieser Nacktheit. Wirst du denn hinausschwimmen aus diesem Körper, aus diesem dunklen Wirbel, du Tänzerin aller unterirdischen, aller ungezähmten Wasser? Du bist hier nur als uralter Bewohner und tanzt auf diesem zornigen Körper, der dich gebar. Gefangen sind wir jetzt im Tanz, im Kreis, und getragen von trüber und unwirklicher Flut, das ganze Leben wandern wir zueinander, und jeder verbirgt das, was er hat.
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Sechstes Gebet meines Körpers Eine Stickerin bist du dieses Tanzes, dieses Rhythmus der Heimat. Aus der Wildnis rufst du mich mit dem Blut, aus der Ferne: »Zu deinem unbeweglichen Körper eile ich, ich Unbekannte, tauber Wasserfall aus Mondlicht. Hoch auf deiner Stirn grasen furchtsame Hirsche, du hast kräftige Arme, tief in der Erde eingewachsen, in deiner Kehle wachsen grüne Gräser, deine Worte sind knochig und spitz, aber stumm.« Eine Stickerin bist du dieses Tanzes, dieses Lieds der Heimat, und ich weiß nicht, ob du meine Nacht bist, ob du Tag bist, und diese Scholle Lehmerde, auf der ich liege, ist zu eng, für diese meine großartige Niederlage.
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Gebete meines Körpers
Siebtes Gebet meines Körpers
Deine bittende Drohung, deine zärtliche Hinterlist und alle deine süßen Täuschungen kenne ich. Bedrückt mich dies Spiel heute so sehr, daß ich mich vor dir bis zum Schmerz entblöße? Du weißt – an diesem Ort gibt es keine Spur, weder Bestie noch Wildtier kommt hier vorbei. Sei barmherzig, sei freigiebig und sanft zu diesem Körper, der vor Erwartung vergeht. Dieser Körper gleicht einer durstigen Trockenschlucht, gebräunt vor Sonne, zersprungen vor Hitze. Dieser Körper ist zäh und hungrig wie eine Unfruchtbare. Sei seine Gebärende, empfange ihn jetzt aufs neue.
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Gebete meines Körpers
Achtes Gebet meines Körpers
Oder: Wer wird diese Liebe finden
Unter diesem Schwert,
unter diesem Schwert der Stille,
unter diesem geöffneten Himmel,
diesen Espen
liegt dieser für immer hingestreckte Körper,
mit dem Auge zielt er ins Auge der Höhen,
die Erde gräbt er mit der Stirn.
Unter diesem Schwert,
unter diesem Schwert der Stille,
wer wird diese unbekannte Liebe finden,
dieses Wort, das es nicht gibt im Wörterbuch
der alltäglichen Begegnungen,
der tagtäglichen Begrüßungen,
in der Verzweiflung der Verlassenen,
im Frieden der Umgekommenen,
in der Stimme der Verliebten.
Für immer hingestreckt liegt dieser Körper,
mit dem Auge zielt er ins Auge der Höhen,
die Erde gräbt er mit der Stirn.
Erde, du bist keine Erde mehr,
du bist ein Klumpen Hoffnung,
schwarz vor Qual, vor Träumen grün,
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Gebete meines Körpers
du bist ein ins All geworfenes Auge.
Wer wird diese unbekannte Liebe finden –
vor diesem Aufwachen,
vor diesem Einschlafen –
dies Wunder im Wunder,
dies Aufheulen!
Für immer hingestreckt liegt dieser Körper,
unter diesem Schwert,
unter diesem Schwert der Stille,
die Erde gräbt er in die Stirn,
auf der Schulter trägt er das Mondlicht.
Aus, Mondlicht, aus für immer!
In deinem übervollen bunten Netz,
Netz aus Leiden,
in deinem Netz aus Lügen und Täuschungen,
aus Heucheleien und süßen Phantastereien
aus vielen verlorenen Hoffnungen,
gibt es für niemanden mehr Platz,
am wenigsten für die, die verliebt sind.
Schmerze, Mondlicht, schmerze nur!
Es schmerzen deine getroffenen Rippen.
Unter dir die Welt, und wir sind nackt.
Gerade erst geboren.
Wer wird diese unbekannte Liebe finden,
vor diesem Aufwachen,
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vor diesem Einschlafen. – Dies Wunder im Wunder, dies Aufheulen. Neuntes Gebet meines Körpers Das hier ist der Ort, der undurchgängige Körper,
ausgebreitet wie stummer Hunger.
Das hier ist alles Licht und Wasser
dieser errichteten Stadt.
Auf ihrem Dach gurrt eine ewige Taube –
ein wundersames Märchen aus Brot und aus
Silber ... Entdecktest du dies Wort, diesen Namen, der in der Tiefe jeder Rippe zuckt. Entdecktest du dies schreckliche Geheimnis,
dieses noch nirgends gelebte Zeitalter,
entdecktest du, wie sehr Licht schmerzt
über diesem Körper, der ohne Strömung strömt.
Das hier ist der Ort, der undurchgängige Körper,
dieser Hunger, der ihn ausbreitete und gebar.
Das hier ist diese errichtete Stadt,
errichtet aus Licht und Wasser.
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Gebete meines Körpers
Zehntes Gebet meines Körpers
Das hier ist der Ort, diese gefangene Schönheit,
dieser wunderbare Tod aus blau und weiß,
aus blau und weiß in den Augen des Windes,
das hier ist der Taugenichts, dieser Körper.
Das hier ist der Ort, diese welkende Schönheit
vor allen Gegenwarten und vor allen Vorzeiten,
vor deiner uranfänglichen dunklen Unruhe,
diese undurchgängigen Unebenheiten.
Du stehst hier stumm und geheimnisvoll
über diesem beruhigten und unbekannten Wirbel.
Sei ihm Frühling, rauschend und heilsam,
wenn du sein Gebieter und Bewohner bist.
Und ohne zu fragen, aus uralter Neugier,
ob er ein treuer Gefangener der Wahrheiten ist,
tritt leise und unbemerkt ein,
tritt mit der Weisheit der Jahre ein.
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Letztes Gebet meines Körpers Schwarz ist dein Wind und die Nacht weiß
und jede Ader angespannt vor Reife.
Stell dich wie ein Schwert in diese Allee aus
Körpern,
bevor du abstürzt, geblendet vor Weiße.
Aber auch dann wird der Tanz noch weitergehn mit gleicher Heimlichkeit und mit gleicher Keuschheit. Und diese Gräser, die dich mit Finsternis bedecken werden, werden verglühen im Feuer deiner Begierde. Zu hoffen wäre nun zwar, daß vor allem Balkan-Poli tiker aller Länder diese ›Gebete meines Körpers‹ läsen und verstünden und verwirklichten. Doch in der Zwischenzeit wird, fürchte ich, der schlimme alte Satz vor allem für den Balkan, aber nicht nur für dort, wei ter gelten: »Wenn einmal ein Engel des Herrn die Bilanz aufma chen sollte, ob das von Severus Antoninus be herrschte Gebiet damals oder heute mit größerem Verstand und mit größerer Humanität regiert wor den ist, ob Gesittung und Völkerglück im allgemei Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Gebete meines Körpers
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nen seither vorwärts oder zurückgegangen ist, so ist es sehr zweifelhaft, ob der Spruch zugunsten der Gegenwart ausfallen würde.« (Theodor Mommsen)
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Statt eines Nachworts
Hinsichtlich der Zitate übrigens4 wäre insbesondere die unantastbare Autorität eines Georg Christoph Lichtenberg heranzuziehen: »Ich habe dieses nicht selbst aus dem Persius genommen, sondern einmal die Stelle an einem anderen Ort angeführt gefunden; soll te Persius so etwas nie gesagt haben, so bitte ich so wohl den Persius als meine Leser um Vergebung.« Was die sprachliche Gestaltung anbetrifft, so habe ich zu gestehen, daß mir immer jene berühmte Passage aus ›Die Abenteuer des Werner Holt‹ von Dieter Noll als unerreichbares Ziel vor Augen flirrte: »Hatte Ihre Wirtin, ich glaube mich zu erinnern, daß sie Dengel mann heißt, Eusebia Dengelmann, doch halt, nein, Eulalia war wohl der Name, ein wohlklingender Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Name, der aus dem Griechischen stammt, wieder ein mal Nasenbluten?« – »Mitnichten hat die Nase mei ner Wirtin, deren Name Eulalia, wie Sie die Güte, sich zu erinnern hatten, lautet, geblutet, aber mich hatte morgens die Polizei, da ein Fahrrad, das ein Mann, der eine graue Jacke, die vielfach geflickt war, trug, fuhr, mit einem Auto, das auf der Straße, die über die Geleise, die vom Bahnhof, der unmittelbar bei meiner Wohnung liegt, kommen, führt, entlang kam, zusammenstieß, gebeten, meine Beobachtungen als Zeuge zu Protokoll zu geben.« Nun mag die liebliche Leserin, mag der geneigte Leser sich fragen, welcherlei sittlicher Wert solcherlei minimalischer5 Kunst-Fügung beizumessen ist, was zu beantworten mir der bereits einmal erwähnte Tri stram Shandy6 in seinen Memoiren betreffend seinen Vater wie folgt abgenommen hat: »Er hatte tausend kleine aberwitzige Vorstellungen schrulliger Natur zu verteidigen; von denen, wie ich wirklich glaube, die meisten zuerst als bloße Grillen mit einem vive la Ba gatelle ihren Einstand gaben; und mit denen verlu stierte er sich dann wohl ein halbes Stündchen, und wenn er seinen Witz an ihnen geschärft hatte, entließ er sie auf ein andermal. Ich führe dies ... auch zur Warnung für den gebildeten Leser (an) vor der unbe sonnenen Aufnahme solcher Gäste, die, nachdem sie Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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etliche Jahre lang freien und ungehinderten Zutritt in unser Hirn gehabt haben, dort schließlich auf eine Art Hausrecht pochen, manchmal treiben sie wie Hefe; doch zumeist mehr wie die sanfte Leidenschaft, die im Scherz anhebt – aber im nackten Ernst endigt.« Wozu – abschließend – Kompilator dieses die Mah nung des polnischen Satirikers Wieslaw Brudzinski »Recht haben ist sehr taktlos« beschämt zur Kenntnis nimmt.
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Fußnoten
1 Mit gütiger Genehmigung des Übersetzers und des Verlages. 2 Siehe vorstehend S. 224. 3 Doch entspricht diese Haltung Athens uralter Tradi tion: ist doch der gleisnerische Opportunist Demo sthenes weniger wegen der Steine, mit denen im Maul er wider das Rauschen des Meeres anschrie, noch heute bekannt, als vielmehr wegen seiner giftigen Lü genreden gegen König Philipp von Mazedonien, woher der bis heute lebendige Begriff »Philippika« für Schmährede kommt. 4 Hierzu vgl. insbesondere S. 8. 5 Die Wissenschaft von den Minimalia starb im 18. Jahrhundert aus. 6 Siehe S. 188 ff.
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Bibliographie
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gen zu abendländischen Ignoranzen, oder: Nach richten über die eurasische Schicksalsgemeinschaft, ihr Entstehen und ihre Auswirkungen bis heute (bisher unveröffentlichtes Manuskript; eine Kurz fassung erschien in der Zeitschrift ›Im Gespräch‹) – Von denen ›Nifl-Jungen‹ zum ›Lied der Nibelun gen‹ zum ›Ring der nie gelungen‹ – eine Wande rung durch heterodoxe Gefilde (bisher unveröffent lichtes Manuskript mit Studien zu den möglichen historischen Hintergründen von Didrikschronik, Thidreksaga und Nibelungenlied; eine Kurzfassung erschien in der Zeitschrift ›Tumult‹) – Spurensuche in Mexiko, oder: ›Der Waldläufer‹ – Karl Mays ›Kulissenschieber‹? ›Das Goldtal‹ – sein Steinbruch für Charaktere? Captain Reid – der Vater Winnetous? (erschienen als Sonderheft 80 der Schriftenreihe der Karl-May-Gesellschaft) – Wie Mao 1945 den USA eine exklusive Kooperati on anbot, wie daraus nichts wurde mit welchen Konsequenzen, und wie der US-Senat das 1971 be wertete (Beiheft 3/1987 der Deutschen China-Ge sellschaft, Köln) – Aufruf zur Verteidigung Europas gegen die politi schen Klassen
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vulgo Nomenklatura (in: Dampf-Radio Nr. 41/92) Hahn, Jürgen: ›Da klebte ich zwischen Himmel und Erde‹ – Betrachtungen zu Karl Mays Alterswerk (in: Jahrbuch der Karl May Gesellschaft 1992, S. 299–317, Hansa Verlag Ingwert Paulsen, Husum 1992) Hammett, Dashiell: Sämtliche Werke (10 Bände, Diogenes Taschenbücher, Zürich 1981) Handbook of Middle American Indians (16 Bände, 2 Supplementbände, University of Texas Press, Au stin ab 1964) Handbook of North American Indians (20 Bände, bis her erschienen Bde. 5, 6, 8, 9, 10, 11 und 15; Smithsonian Institution, Washington ab 1984) Harris, Roben: Vaterland (deutsch von Hanswilhelm Haefs, Haffmans-Verlag, Zürich 1992) Heinzle, Joachim: Das Nibelungenlied – eine Einfüh rung (in: Artemis-Einführungen, Band 35, ArtemisVerlag, München/Zürich 1987) Hess, Moses: Philosophische und sozialistische Schriften 1837 bis 1850 (Auswahl, Akademie Ver lag, Berlin 1961) Higgins, George V: Der Anwalt (deutsch von Oskar Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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T. Sahm, dem matzerathischen Gegenstück zu Oscar W. Ilde, Goldmann Verlag, München 1989) Histoire Générale de la Chine, ou Annales de cet Em pire; traduites du Tong-Kien-Kang-Mou, par le feu Père Joseph-Anne-Marie de Moyriac de Mailla, Jé suite François, Missionaire à Pékin, Publiées par M. l' Abbé Grosier chez Pierres et Clousier (13 Bände, Paris 1777 bis 1785) Historia von D. Johann Fausten. Nachdruck des Faust-Buches von 1587, mit einem Nachwort von Peter Boerner (Dr. Martin Sändig GmbH, Wiesba den 1978) Hofstädter, Douglas R.: Gödel, Escher, Bach. Ein Endloses Geflochtenes Band (Klett-Cotta, Stuttgart 1988) Hohoff, Curt: Unter den Fischen. Erinnerungen an Männer, Mädchen und Bücher 1934–1939 (Limes Verlag, Wiesbaden 1982) Honorius Augustodunensis (auch H. von Autun und H. von Regensburg): Imago Mundi (= Bild der Welt; erstes MS gegen 1110, 5. und letzte Überar beitung nach 1152; Inkunabel Nürnberg ca. 1472) Hosnes, Arild: Vals til tusen (Det norske samlaget, Oslo 1990) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Hügel, Hans Otto (Hrsg.): Das große Buch der Detek tive (Bastei-Lübbe Paperback, Bergisch Gladbach 1988) Janssen, Johann Philipp: Quintus Icilius oder der Ge horsam. Abenteuer zwischen Absolutismus und Aufklärung (Judicium-Verlag, München 1992) Kästner, Erich: Drei Männer im Schnee (Verlag Ull stein GmbH, Frankfurt-Berlin-Wien 1979) Kemelman, Harry: die 7 als rororo thriller erschiene nen Rabbi-Krimis Knoll, Ludwig: Kulturgeschichte der Erotik (10 Bände, Moewig Verlag, München 1983–1985) Kolman/Janouch: Die verirrte Generation – So hätten wir nicht leben sollen (herausgegeben und mit An merkungen versehen von Hanswilhelm Haefs, deutsch von Elisabeth Mahler-Berg, František Jan ouch, Hanswilhelm Haefs, Doris Breuer, Nadja George, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1982) Kreyher, Volker-Jeske: Der Hürnen Seyfrid. Die Deu tung der Siegfriedgestalt im Spätmittelalter (Peter Lang-Verlag, Frankfurt/Main 1986) Kühn, Dietrich: Sagen und Legenden aus Thüringen Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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(Wartburg-Verlag, Jena 1990) Kunstmann, Heinrich in: Die Welt der Slaven, Halb jahresschrift für Slavistik (Sagner, München) – Was besagt der Name Samo und wo liegt Wogastis burg? (1979, S. 1–21) – Spuren polnischer Zwangssiedlung in der Ober pfalz? (aaO. S. 172–184) – Die Pontius-Pilatus-Sage von Hausen-Forchheim und Wogastisburg (aaO, S, 225–247) – Samo, Dervanus und der Slovenenfürst Wallucus (1980, S. 171 bis 177) – Über die Herkunft Samos (aaO, S. 293–313) – Wo lag das Zentrum von Samos Reich? (1981, S. 67–101) – Über den Namen der Kroaten (1982, S. 131 -136) – Noch einmal Banz (aaO, S. 352–358) – Über den Namen der Bulgaren (1983, S. 122–130) – Nestors Dulebi und die Glopeani des Geographus Bavarus (1984, S. 44–61) – Wer waren die Weißen Kroaten des byzantinischen Kaisers Konstantinos Porphyrogennetos? (aaO, S. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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111–122) – Über die Herkunft der Polen vom Balkan (aaO, S. 295–329) – Mecklenburgs Zirzipanen und der Name der Peene (aaO, S. 353 bis 359) – Woher die Kaschuben ihren Namen haben (1985, S. 59–65) – Mazowsze – Land der Amazonen? Die Land schaftsnamen Masowien und Masuren (aaO, S. 77–88) – Die Namen der ostslawischen Derevljane, Polotcane und Volynjane (1985, S. 235–259) – Wie die Slovenen an den Ilmensee kamen (aaO, S. 388–401) – Der Wawel und die Sage von der Gründung Krak aus (1986, S. 47–73) – Woher die Russen ihren Namen haben (aaO, S. 100–120) – Woher die Huzulen ihren Namen haben (aaO, S. 317–323) – Waren die ersten Przemysliden Balkanslaven? (1987, S. 25–47) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– Der alte Polenname Lach, Lech und Lendizi des Geographus Bavarus (aaO, S. 145–157) – Gniczno und Warta (aaO, S. 302–309) – Der oberpfälzische Flußname Pfreimd, tschechisch Primda (1988 S. 183–190) – Die slovakischen Hydronyme Nitra, Cetinka, Æitava und Ipel' – Zeugen der slavischen SüdNord-Wanderung (aaO, S. 389–403) – Der Dukla-Name und sein Weg von Montenegro über die Karpaten nach Nordwestrußland (1989, S. 70–88) – Polens Goplo-See und die Schiffahrt (aaO, S. 109–115) – Slovakische Ortsnamen aus Thessalien: Prešov-Le voca-Spiš (aaO, S. 274–296) – Zur Frage nach der Herkunft der Balten: KaunasPomesanien-Pogesanien-Schalauen (1990, S. 16–35) – Bojan und Trojan – einige dunkle Stellen des Igor liedes in neuer Sicht (aaO, S. 162–187) sowie:
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– Dagobert I. und Samo in der Sage. In: Zeitschrift für slavische Philologie, Band XXXVIII, Heft 2 (Heidelberg 1975, S. 279–302) – Vorläufige Untersuchungen über den bairischen Bulgarenmord von 631/632. Der Tatbestand – Nachklänge im Nibelungenlied. In: Slavistische Beiträge, Band 159 (Sagner, München 1982) – Wer war Rüdiger von Bechelaren? In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Band CXII (Steiner, Wiesbaden 1983, S. 233–252) – Der anhaltische Landschaftsname Serimunti. In: Text, Symbol, Weltmodell; Johannes Holthusen zum 60. Geburtstag (Sagner, München 1984, S. 335–344) – Die oberfränkischen Raumnamen Hummelgau und Ahorntal. In: Aspekte der Slavistik; Festschrift für Josef Schrenk. In: Slavistische Beiträge, Band 180 (Sagner, München 1984, S. 152–164) – Der Name Piast und andere Probleme der polni schen Dynasten-Mythologie. In: Suche die Mei nung; Karl Dedecius, dem Übersetzer und Mittler, zum 65. Geburtstag (Harrassowitz, Wiesbaden 1986, S. 347–354) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– Beiträge zur Geschichte der Besiedlung Nord- und Mitteldeutschlands mit Balkanslaven. In: Slavisti sche Beiträge, Band 217 (Sagner, München 1987) – Choden und Hundsköpfe – vom Ursprung der alten tschechischen Grenzwacht gegen Baiern. In: Ge sellschaftsgeschichte – Festschrift für Karl Bosl zum 80. Geburtstag (Oldenbourg, München 1988, Band I, S. 195–205) – Wie sich die Hall(e)-Namen erklären (in: Blätter für oberdeutsche Namenforschung, 27. Jahrgang/1990) Lemprière's Classical Dictionary of Proper Names mentioned in Ancient Authors (London 1788) Leo nard, Elmore: Nr. 89 – unbekannt (deutsch von Jo chen Stremmel), Goldmann-Krimi 5192, München 1992 Lewin, Louis: Die Gifte in der Weltgeschichte (Berlin 1920) Lexikon der Antike (Hrsg. Johannes Irmscher und Re nate Johne, VEB Bibliographisches Institut, Leip zig 1990) Lichtenberg, Georg Christoph: Sudelbrevier (aus den Sudelbüchern gezogen und mit einer Sudelnotiz be schlossen von Gisbert Haefs, Haffmans Verlag, Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Zürich 1988) Mackay, Charles: Zeichen und Wunder – Aus den Annalen des Wahns (Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1992) Mahal, Günther: Faust – Der Astrologe, Alchemist und Wunderheiler Johann Georg Faust, Zeitgenos se Luthers. Leben, Wirken und Zeit des großen deutschen Magiers (Scherz Verlag, München 1980) Mennicken, Paul: Hondet en Ee op Rörender Platt (Gesellschaft zur Förderung des Töpfereimuseums, Raeren 1989) Michelet, Jon: In letzter Sekunde (deutsch von Ga briele Haefs, Fischer Taschenbuch Verlag, Frank furt/Main 1990) S. Morgensterns klassische Erzählung von wahrer Liebe und edlen Abenteuern ›Die Brautprinzes sin‹ – gekürzt und bearbeitet von William Goldman – die Ausgabe der »spannenden Teile« (deutsch von Wolfgang Krege, Hobbit Press KlettCotta, Stuttgart 1977) Nabokov, Vladimir: Einladung zur Enthauptung (deutsch von Dieter E. Zimmer, Rowohlt Verlag, Reinbek 1990)
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Needham, Joseph: Chinas Bedeutung für die Zukunft der westlichen Welt (Heft 1 der Schriftenreihe der Deutschen China-Gesellschaft, hrsg., übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Hanswilhelm Haefs, Köln 1977) – Science and Civilization in China (bisher 18 Bände, Cambridge University Press seit 1954) Nehberg, Rüdiger: Die Kunst zu überleben – Survival (Ernst Kabel Verlag, Hamburg 1981) Das Nibelungenlied in der Fassung C (›Lied‹): über setzt, eingeleitet und erläutert von Felix Genzmer (Philipp Reclam jun., Stuttgart 1965) Das Nibelungenlied auf der Basis der Fassung B (›Not‹): mittelhochdeutscher Text und Übertra gung, herausgegeben, übersetzt und mit einem An hang versehen von Helmut Bracken, 2 Bände (Fi scher Taschenbuch Verlag Nr. 6038/39, Frankfurt/ Main, Ausgabe 1984) Niebelschütz, Wolf von: Freies Spiel des Geistes – Reden und Essays (Eugen Diederichs, Düsseldorf 1961) Norfolk, Lawrence: Lemprière's Wörterbuch (deutsch von Hanswilhelm Haefs, Albrecht Knaus-Verlag, München 1992) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Ørum, Poul: sämtliche bisher als rororo thriller er schienenen Dänemark-Krimis Parisot, Jeannette: Dein Kondom, das unbekannte Wesen – Eine Geschichte der Pariser (Kabel Ver lag, Hamburg 1987) Pastior, Oskar: Kopfnuß Januskopf – Gedichte in Pa lindromen (Hanser Verlag, München 1990) Pinnow, Jürgen: Indianersprachen bei Karl May. Zwei Abhandlungen (Sonderheft der KMG 69,1987) – Aus der Geisteswelt der Apachen und Navaho + In dianersprachen bei Karl May II (Sonderheft der KMG 74,1988) – Die Sprache der Chiricahua-Apachen, mit Seiten blicken auf das Mescalero. Eine Übersicht (Helmut Buske-Verlag, Hamburg 1988) – Neues zu Inn-nu-woh, Winnetou und anderen india nischen Eigennamen (Sonderheft der KMG 95, 1993) Plaul, Hainer: Illustrierte Karl May Bibliographie (K.G. Saur, München-London-New York-Paris 1989)
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Poetisches Abracadabra – Neuestes ABC- und Lese buechlein: Zusammengestellt und mit einem Nach wort versehen von Joseph Kiermeier-Debre und Fritz Franz Vogel (dtv, München 1992) Polnische Pointen (ausgewählt und übertragen von Karl Dedecius, Carl Hanser Verlag, München 1962) Polo, Marco: Il Milione – Die Wunder der Erde (übersetzt von Elise Guignard, Manesse Bibliothek der Weltliteratur, Zürich 1983) Prodolliet, Ernest: Faust im Kino – Die Geschichte des Faustfilms von den Anfängen bis in die Gegen wart. (Band 12 der Reihe des Instituts für Journali stik und Kommunikationswissenschaft der Univer sität Freiburg, Schweiz, 1978) Rehder, Peter: Aco Šopovs ›Molitvi na moeto telo‹ – ein Meisterwerk der modernen makedonischen Lyrik (deutsche Übersetzung, Anmerkungen und Kommentar). In: Ars Philologica Slavica – Fest schrift für Heinrich Kunstmann, hrsg. v.V. Set schkareff, P. Rehder, H. Schmid, Verlag Otto Sag ner, München 1988, S. 314–329 Ritter (-Schaumburg), Heinz: Die Nibelungen zogen nordwärts (Otto Reichl, Buschhoven 1987) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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– Dietrich von Bern – König zu Bonn (Herbig, Mün chen 1982) – Die Didrikschronik (Reichl-Verlag, Buschhoven 1990) – Der Cherusker – Arminius im Kampf mit der römi schen Weltmacht (Herbig-Verlag, München 1988) Ronart, S. & N.: Concise Encyclopedia of Arabic Ci vilization (Amsterdam 1966) Rucker, Rudy: Die Wunderwelt der vierten Dimensi on (Scherz Verlag, Bern-München-Wien 1990) Rüger, Christoph B.: Gallisch-Germanische Kurien. In: Epigraphische Studien 9, Bonn 1972, S. 251–260 – Römische Inschriftenfunde aus dem Rheinland 1978–1982. In: Epigraphische Studien 13, Bonn 1983, S. 111–166 – A Husband for the Mother Goddesses – Some Ob servations on the Matronae Aufaniae. In: Rome and her Northern provinces – Papers presented to Shep pard Frere ..., Alan Sutton, Oxford 1983 – Eine Ubica Aemulatio Claudi Caesaris? – Beobach tungen zu einem Graphem in Niedergermanien. In: Acta Archaeologica Lovaniensia 25, 1986, S. Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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159–166 – Beobachtungen zu den epigraphischen Belegen der Muttergottheiten in den lateinischen Provinzen des Imperium Romanum. In: Matronen und verwandte Gottheiten (Beihefte der Bonner Jahrbücher Band 44, Rheinland-Verlag GmbH, Köln 1987) – Observaciones acerca de la construcción de los puentes romanos en Renania. Técnica y función: politica desde César hasta Honorio. In: 1er Semi nario Internacional Puente de Alcántara – Cuader nos de San Benito 1, 1989 Schmidt, Arno: Die Gelehrtenrepublik (Bd. 5 des er zählerischen Werks in 8 Bänden der Edition der Arno Schmidt Stiftung im Haffmanns Verlag, Zü rich 1985) Spender, Dale: Mothers of the Novel (Pandora, New York 1986) Spense, Jonathan D.: The Memory Palace of Matteo Ricci (Penguin Books, New York 1984) Stanesco, Michel: L' étrange aventure d'un taux muet. In: Cahiers de civilisation médiévale, 32. Jahrgang, Heft 2, 1989 Stary, Giovanni: I primi rapporti tra Russi e Cina. Documenti e testiomonianze (Guida Editori, Napo Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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li 1974) Steen, Sita: Schüttelrosen welken nicht – Ein bunter Strauß schüttelgereimt (Lax-Verlag, Hildesheim 1984) – Neue Schüttelgedichte der Meistergilde (dito 1985) – Viele schicke Gedichte und eine dicke Geschichte über Till Eulenspiegel (dito 1989) Stephani, Claus: Frauen im Wassertal. Lebensproto kolle aus Ostmarmatien (dtv, München 1990) Thalmayr, Andreas: Das Wasserzeichen der Poesie oder: Die Kunst und das Vergnügen, Gedichte zu lesen, in hundertvierundsechzig Spielarten vorge stellt von A. Th. (herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger in ›Die Andere Bibliothek‹ bei Franz Greno, Nördlingen 1985) Thomas, Ross: sämtliche bisher als Ullstein-Krimis erschienene Werke (der beste Weg, um festzustel len, was aus den Gesellschaftstheorien aller Art wird, sobald die Regenten die Gemeinschaftsstruk turen korruptiv verrotten lassen) Thorndike, Lynn: A History of Magic and Experimen tal Science during the first thirteen centuries of our era (8 Bände, Columbia University Press, New York 1923–1958) Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens
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Der Tübinger Reim-Faust von 1587/88. Aus der ›Hi storia ...‹ von 1587 in Reime gebracht von Johan nes Feinaug. Als Facsimile herausgegeben, mit einem Nachwort und Texterläuterungen von Gün ther Mahal (Jürgen Schweier Verlag, Kirchheim/ Teck 1977) Twain, Mark: Bummel durch Europa (Diogenes Ver lag AG, Zürich 1990) – Ein Yankee aus Connecticut an König Artus' Hof (dtv, München 1985) Valentin, Claus: Faszinierende Unterwasserwelt des Mittelmeeres (Pacini Editore, Pisa 1986; Vertrieb in Deutschland: Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Hamburg) Vogel, Martin: Onos Lyras – Der Esel mit der Leier (2 Bände, Verlag der Gesellschaft zur Förderung der systematischen Musikwissenschaft, Düsseldorf 1973) Watzlawick, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? (R. Piper & Co. Verlag, München-Zürich 1976) Westwood, Jennifer: The Atlas of Mysterious Places (London 1987) van de Wetering, Janwillem: die 9 als rororo-Thriller erschienenen Amsterdam-Krimis Digitale Bibliothek Sonderband: Das digitale Handbuch des nutzlosen Wissens