Christina Fink Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
Christina Fink
Der Übergang von der Schule i...
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Christina Fink Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
Christina Fink
Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Perspektiven für die kommunale Bildungslandschaft
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Zugl. Diss. an der Pädagogischen Hochschule Weingarten 2010 Erstgutachter: Prof. Dr. Diemut Kucharz, Pädagogische Hochschule Weingarten Zweitgutachter: Prof. Dr. Thorsten Bohl, Eberhard Karls Universität Tübingen Gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dorothee Koch | Priska Schorlemmer VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-18149-3
Inhalt
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
11
Teil I – Theoretischer Rahmen
17
1
Einleitung
19
2
Bildungslandschaften
25
2.1 2.1.1 2.1.2
Begriff und Entstehung Entwicklungsansätze Zwischenfazit und Definition
25 26 30
2.2 2.2.1
Bezugspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft Veränderte Steuerungskonzepte im Bildungsbereich: Governanceforschung und Netzwerkforschung Bildungsbiografien im Mittelpunkt: Bildungsgangforschung, erweiterter Bildungsbegriff, Sozialraum- und Lebensweltorientierung Schulentwicklungsforschung: Die Bedeutung der Einzelschule in der Bildungslandschaft
32
2.2.2
2.2.3 2.3 2.3.1
33
35 37
2.3.4
Empirische Ergebnisse Schulzentrierte Entwicklungsvariante: Ergebnisse der Projekte „Schule & Co“ und „Selbstständige Schule“ Netzwerkorientierte Entwicklungsvariante: Ergebnisse aus dem Programm „Lernende Regionen – Netzwerke gestalten“ Kooperationszentrierte Entwicklungsvariante: Das Forschungsprojekt „Lokale Bildungslandschaften“ Ergebnisse kommunaler Bildungsberichterstattung
44 46
2.4
Internationale Ansätze
48
2.5
Zusammenfassung
50
2.3.2 2.3.3
39 39 42
6 3
Inhalt Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
55
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5
Übergänge Der Übergang als Statuspassage Der Transitionsansatz nach Welzer Das Transitionskonzept von Griebel Der Übergang aus systemtheoretischer Perspektive Zwischenfazit
55 56 58 59 60 61
3.2
Exkurs: Das deutsche Berufsbildungssystem
63
3.3
Empirische Ergebnisse zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Statistik und Forschung am Übergang in Ausbildung Hintergrund: Entwicklung des Arbeits- und Ausbildungsmarktes Einflussfaktoren auf den Übergang in Ausbildung Übergangswege von Jugendlichen mit Hauptschulbildung Wahrnehmungen und Deutungsmuster Jugendlicher in schwierigen Übergangssituationen
3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.4 4
65 66 73 77 85 89
Zusammenfassung
91
Gestaltung von Übergängen
95
4.1 4.1.1 4.1.2
Berufsorientierung Begriffsklärung Empirische Ergebnisse
4.2 4.2.1 4.2.2
Berufsvorbereitung Die schulische Berufsvorbereitung Empirische Ergebnisse
109 109 112
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3
Gestaltung von Übergängen im regionalen Kontext Beispiele regionaler und kommunaler Initiativen Das Projekt „Regionales Übergangsmanagement“ Gestaltung des Übergangs in der „Region des Lernens“
116 117 118 120
4.4
Zusammenfassung
122
5
Entwicklung eines Untersuchungsrahmens
95 96 98
125
Inhalt
7
Teil II – Untersuchung
129
6
131
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3
Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung Zum Kontext der empirischen Untersuchung Die Bildungsoffensive der Stadt Ulm Einbettung in verschiedene Forschungskontexte Folgerungen für die methodische Konzeption des Gesamtprojekts
131 131 133 136
7
Das methodische Vorgehen im Überblick
139
8
Datenerhebung
145
8.1 8.1.1 8.1.2
Die Dokumentenanalyse Ziele und Fragestellung Datenbasis
145 145 145
8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3
Experteninterviews Ziele und Fragestellung Erhebungsinstrumente Auswahl der Experten
146 146 146 147
8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4 8.3.5
Die quantitative Fragebogenerhebung Ziele und Fragestellung Entwicklung des Erhebungsinstruments Stichprobe Durchführung der Datenerhebung Rücklauf und Stichprobenbeschreibung
147 147 148 150 152 152
8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.4.4 8.4.5
Die qualitative Interviewstudie Ziele und Fragestellung Vorüberlegungen zum Erhebungsinstrument Beschreibung des Erhebungsinstruments Fallauswahl Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Interviews
154 154 155 159 161
9 9.1 9.1.1 9.1.2
Datenaufbereitung und Datenauswertung Dokumentenanalyse Datenaufbereitung Datenauswertung
162 165 165 165 166
8
Inhalt
9.2 9.2.1 9.2.2
Experteninterviews Datenaufbereitung Datenauswertung
167 167 167
9.3 9.3.1 9.3.2
Die quantitative Fragebogenerhebung Datenaufbereitung Datenauswertung
169 169 169
9.4 9.4.1 9.4.2
Die qualitative Interviewstudie Datenaufbereitung Datenauswertung
170 170 170
10 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4 10.1.5 10.1.6 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.2.6 10.2.7 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4 10.3.5 10.3.6 10.3.7
Ergebnisse Dokumentenanalyse und Experteninterviews Gründung, Selbstverständnis, Bedeutung der Bildungsoffensive Steuerung und Verwaltung Ziele und Maßnahmen Kooperation von Schule und Jugendhilfe Das Handlungsfeld „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion
179 179 179 179 182 183 185 191
Quantitative Fragebogenuntersuchung Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ Beschreibung der Stichprobe der Schulabgängerbefragung Schulerfolg, Bildungswege, Schulerfahrungen der Jugendlichen Wünsche und aktuelle Perspektiven der Jugendlichen Unterstützungsangebote am Übergang Wichtige Personen am Übergang Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion
195 195 202
Qualitative Interviewstudie Fallübersicht Fallbeschreibungen Von Konflikten und Misserfolgen geprägte Schulerfahrungen Das Berufsvorbereitungsjahr als Neuanfang und Chance? Berufsorientierung und Berufswahl Systematisierung der Fälle im Hinblick auf erklärende Faktoren Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion
242 242 243 254 257 258
206 211 220 231 234
261 268
Inhalt
9
Teil III – Schlusskapitel
271
11
273
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Literatur
287
Teil IV – Anhang
305
1 2 3
Ergänzende Tabellen zur Dokumentenanalyse Ergänzende Tabellen zur quantitativen Befragung (Gesamtprojekt) Ergänzende Tabellen zur quantitativen Schulabgängerbefragung
307 309 315
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15:
Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23:
Aktuelle Studien zum Übergang bzw. zu Übergangsverläufen 70 Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2006 nach Berufssegmenten und Anteilen schulischer Vorbildung 75 Regionale Untersuchungen zu Anschlüssen von Hauptschulabsolventen 83 Überblick über das forschungsmethodische Vorgehen im Gesamtprojekt 136 Fragen und Erhebungsmethoden der Untersuchung 140 Untersuchungsphasen 143 Dokumente und Personen, die in die Untersuchung einbezogen wurden 144 Fragebogenbereiche der Befragung zum Übergang 149 Rücklauf und relevante Stichprobenmerkmale (vgl. Kucharz u.a. 2009; gekürzt und angepasst) 153 Interviewverläufe im Vergleich 156 Geplanter Verlauf des problemzentrierten Interviews 160 Beispiel für eine induktive Ergänzung der Analysekriterien 167 Erstellung des Kategoriensystems (Beispiel) 168 Arbeitsschritte bei der Entwicklung des Kategoriensystems 172 Vergleich der Kodierungen und Berechnung des Reliabilitätskoeffizienten am Beispiel des Interviews mit Denis 173 Beispiel Tugba – bildungsbiografischer Verlauf und zentrale Themen 175 Beispiel – Reduktion auf Kernthemen 176 Schematische Darstellung der Einzelfälle mit dem Ziel der Typenbildung 176 Struktur des kommunalen Bildungsberichts 181 Bildungspolitische Leitlinien im Jahr 2000 und im Jahr 2003 182 Zuordnung von Maßnahmen zu Leitlinien 183 Gremien am Übergang 187 Klassifizierung zentraler Aktivitäten von 2000 bis 2006 188
12 Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27:
Tabelle 28: Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32: Tabelle 33: Tabelle 34: Tabelle 35: Tabelle 36: Tabelle 37: Tabelle 38: Tabelle 39:
Tabelle 40: Tabelle 41: Tabelle 42: Tabelle 43: Tabelle 44: Tabelle 45: Tabelle 46: Tabelle 47:
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Klassifizierung der Aktivitäten der Schulen Häufigste Kooperationspartner der (Ganztags-) Hauptschulen (n=6) Rangfolge der bedeutsamsten Ziele (Plätze 1 bis 3) und Zielerreichung Förderung von Kindern und Jugendlichen: Bedeutung der Ziele und Einschätzung der Zielerreichung aus Sicht der Befragten (Lehrkräfte; Eltern) Zusammensetzung der Stichprobe nach Schularten Bildungsgang und Migrationshintergrund der Jugendlichen (n=476) Bildungsgang und Bildungsabschluss der Eltern (n=387) Bildungsabschluss der Eltern und Migrationshintergrund (n=386) Deutsch- und Mathematiknoten nach Geschlecht Deutsch- und Mathematiknoten nach Migrationshintergrund Klassenwiederholungen nach den Bildungsgängen der Jugendlichen (n=478) Brüche in der Bildungsbiografie der Jugendlichen und Schulabschluss (nur berufsvorbereitende Bildungsgänge) Erfahrung von Unterstützung in der Schule Sichere Perspektiven und Noten in den Fächer Deutsch und Mathematik Jugendliche ohne sichere Perspektive nach Bildungsgängen (n=496) Sichere Perspektiven im Hinblick auf das kommende Schuljahr und Schulabschluss (nur berufsvorbereitende Bildungsgänge; n=109) Deutsch- und Mathematiknoten Realisierung des Ausbildungswunsches nach Bildungsgängen Teilnahme an der Bildungsmesse nach Bildungsgängen Besuch der Bildungsmesse und sichere Perspektive im Juni Beratung durch die Schulsozialarbeit (nach Bildungsgang) Teilnahme an der Beratung durch die Schulsozialarbeit und sichere Perspektive Schüler ohne Abschluss: Beratung durch die Schulsozialarbeit und sichere Perspektive Ausgewählte Merkmale der untersuchten Haupt- und Werkrealschulen
189 198 199
200 202 204 205 205 206 207 207 209 210 215 216
216 219 220 224 225 226 227 227 230
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 48: Tabelle 49: Tabelle 50: Tabelle 51: Tabelle 52: Tabelle 53: Tabelle 54: Tabelle 55: Tabelle 56: Tabelle 57: Tabelle 58: Tabelle 59: Tabelle 60: Tabelle 61: Tabelle 62: Tabelle 63: Tabelle 64: Tabelle 65: Tabelle 66: Tabelle 67: Tabelle 68: Tabelle 69: Tabelle 70: Tabelle 71: Tabelle 72: Tabelle 73: Tabelle 74: Tabelle 75: Tabelle 76: Tabelle 77: Tabelle 78: Tabelle 79:
Bedeutung der Eltern nach Bildungsgängen Bedeutung der Eltern bei der Ausbildungsplatzsuche Bedeutung der Eltern bei der Ausbildungsplatzsuche (nur Hauptschule Klasse 9) Bedeutung der Lehrer nach Bildungsgängen Fallübersicht Auswahl der analysierten Fälle Erste Übersicht Übersicht im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen Aktivitäten vor und nach 2000 Bekanntheit des Begriffs: nach Einrichtungsformen getrennt Bekanntheit der Ziele: nach Einrichtungsformen getrennt Bekanntheit der Ziele: nach Personengruppen getrennt Leitbild/Konzeption nach Einrichtungsformen getrennt Integration der Maßnahmen und Leitgedanken der Bildungsoffensive in das Leitbild zw. die Konzeption Verwendung des Begriffs in der Einrichtung Bedeutung der Zielsetzungen der Bildungsoffensive und Grad der Zielerreichung (Sekundarschulen) Bedeutung der Zielsetzungen der Bildungsoffensive und Grad der Zielerreichung (nur Hauptschule) Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit dem Träger Veränderung der Zusammenarbeit mit dem Träger Geschlecht Geschlecht nach besuchter Schulform Alter Alter nach besuchtem Bildungsgang Überalterung ( 6 Jahre+Bildungsgang +2) Überalterung ( 6 Jahre + Bildungsgang +2) Migrationshintergrund Migrationshintergrund und Schulform (alle) Migrationshintergrund und Schulform (allgemeinbildende Schulen) Bildungsabschluss der Eltern Bildungsabschluss und besuchte Schulform Noten in den Fächern Deutsch und Mathematik (alle Jugendlichen) Klassenwiederholungen
13 232 233 233 234 243 244 263 265 307 309 309 310 310 311 311 311 313 314 314 315 315 315 316 316 317 317 317 318 318 318 319 319
14 Tabelle 80: Tabelle 81: Tabelle 82: Tabelle 83: Tabelle 84: Tabelle 85: Tabelle 86: Tabelle 87: Tabelle 88: Tabelle 89: Tabelle 90: Tabelle 91: Tabelle 92: Tabelle 93: Tabelle 94: Tabelle 95: Tabelle 96: Tabelle 97: Tabelle 98: Tabelle 99: Tabelle 100: Tabelle 101: Tabelle 102: Tabelle 103: Tabelle 104: Tabelle 105: Tabelle 106: Tabelle 107: Tabelle 108:
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Klassenwiederholungen nach Bildungsgängen Schulische Herkunft der Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen Schulabschlüsse der Jugendlichen in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen Schulabschlüsse der Jugendlichen und schulische Herkunft (nur BV) Zuvor besuchte Klassenstufe an einer Hauptschule (nur BV) Einstellungen gegenüber der Schule Einstellungen gegenüber der Schule (nur BV) Wünsche der Jugendlichen im Überblick (Mehrfachantworten) Wünsche der Jugendlichen in einem BV Bildungsgang nach dem Schulabschluss Wunsch Ausbildung und Bildungsabschluss der Eltern Wunsch Ausbildung und Noten in Deutsch und Mathe Wunsch weiterführende Schule und Geschlecht Wunsch weiterführende Schule und Migrationshintergrund Wunsch weiterführende Schule und Bildungsniveau Wunsch weiterführende Schule und Noten Wunsch weiterführende Schule und Haltungen/Bildungserfahrungen/Einstellungen Wunsch weiterführende Schule und besuchte Haupt- und Werkrealschule Wunsch Ausbildung und besuchte Haupt- und Werkrealschule Wunsch Ausbildung und besuchte Realschule Wunsch Ausbildung und besuchte Realschule Situation der Jugendlichen im Juni (Mehrfachantworten) Stand der Berufsentscheidung im Juni Verwirklichung des Wunsches Ausbildung Verwirklichung des Wunsches Schule Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Bildungsgang Verwirklichung des Wunsches Ausbildung nach Besuch einer weiterführenden Schule Verwirklichung des Wunsches Schule und Bildungsgang Sichere Perspektiven im Hinblick auf das kommende Schuljahr Klassenwiederholung und sichere Perspektive
319 320 320 320 321 321 321 322 322 323 323 323 324 324 324 325 325 326 326 326 327 327 327 328 328 328 329 329 329
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 109: Tabelle 110: Tabelle 111: Tabelle 112: Tabelle 113: Tabelle 114: Tabelle 115: Tabelle 116: Tabelle 117: Tabelle 118: Tabelle 119: Tabelle 120: Tabelle 121: Tabelle 122: Tabelle 123: Tabelle 124: Tabelle 125: Tabelle 126: Tabelle 127: Tabelle 128:
Verwirklichung des Wunsches Schule und Noten in Deutsch und Mathematik Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Geschlecht Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Migrationshintergrund Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Klassenwiederholungen Zusammenhang Realisierung des Ausbildungswunsches und Status der Berufsentscheidung Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Klassenwiederholungen Teilnahme an berufsvorbereitenden Angeboten (Mehrfachantworten) Struktur der wahrgenommenen Angebote nach Bildungsgängen Anzahl der wahrgenommenen Angebote zur Berufsorientierung Wahrnehmung v. Angeboten – Unterschiede zwischen Haupt- und Werkrealschulen Wahrnehmung von Angeboten – Unterschiede zwischen einzelnen Realschulen Wahrnehmung von Angeboten: Unterschiede zwischen beruflichen Schulen Bewertung der wahrgenommenen Angebote durch die Jugendlichen Besuch der Bildungsmesse und Realisierung des Ausbildungswunsches Teilnahme an der Bildungsmesse: Einschulen (Haupt- und Werkrealschulen) Teilnahme an der Bildungsmesse: Einzelschulen (Realschulen) Teilnahme an der Bildungsmesse: Einzelschulen (Berufliche Schulen) Beratung durch die Schulsozialarbeit (Teilnahmequoten alle Schulen) Bewertung der Beratung durch die Schulsozialarbeit (HWRS) Angebot Schulsozialarbeiter Bewertung (Berufliche Schule)
15
330 330 330 331 331 331 332 333 333 334 335 335 336 337 337 337 338 339 340 340
16 Tabelle 129: Tabelle 130: Tabelle 131: Tabelle 132: Tabelle 133: Tabelle 134: Tabelle 135: Tabelle 136: Tabelle 137: Tabelle 138: Tabelle 139: Abbildung 1: Abbildung 2:
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Beratung durch die Schulsozialarbeit (ausgewählte HWRS: Teilnahme > 30%) Beratung durch die Schulsozialarbeit (ausgew. Berufl. Schulen: Teilnahme > 30%) Wichtige Personen in der Berufsorientierung Bedeutung der Eltern für die Jugendlichen mit bzw. ohne Schulabschluss (nur berufsvorbereitender Bildungsgang) Bedeutung der Eltern für die Jugendlichen mit bzw. ohne Migrationshintergrund Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (HWRS 10) Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (RS 10) Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (BV-Bild.gang) Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (2j BFS) Bedeutung der Lehrer für die Jugendlichen mit bzw. ohne Migrationshintergrund Bedeutung der Lehrer nach Einzelschulen
Neuzugänge in das berufliche Ausbildungssystem 2006 Bekanntheit des Begriffs und der Ziele der Bildungsoffensive (%) Abbildung 3: Wünsche der Jugendlichen im Juni (n=467) Abbildung 4: Perspektiven der Jugendlichen im Juni (n=469) Abbildung 5: Überblick: Realisierung von Ausbildungs- und Schulwünschen Abbildung 6: Im Rahmen der Schule wahrgenommene Angebote zur Berufsorientierung (n=469) Abbildung 7: Bewertung der wahrgenommenen Angebote durch die Jugendlichen Abbildung 8: Struktur der wahrgenommenen Angebote Abbildung 9: Wahrnehmung von Angeboten an den einzelnen Haupt- und Werkrealschulen Abbildung 10: Wichtige Personen im Prozess der Berufsorientierung und bei Bewerbungen (=474)
340 341 341 341 342 342 342 343 343 343 344 76 196 212 214 218 221 222 223 228 231
Teil I – Theoretischer Rahmen
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit verbindet zwei aktuelle Themen: den Übergang von Jugendlichen von der Schule in die berufliche Ausbildung und die Entstehung von Bildungslandschaften im kommunalen bzw. regionalen Kontext. Beide sind in der pädagogischen und bildungspolitischen Diskussion zu verorten, gehen gleichzeitig aber auch über deren Grenzen hinaus. Bildungslandschaften zwischen Globalisierung und Regionalisierung Bildung ist in der globalisierten Welt zu einem Entwicklungsfaktor geworden, der sowohl für den Einzelnen als auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften und Staaten von elementarer Bedeutung ist. Bildung ist sowohl individuelles als auch kollektives Gut und die Arbeit an der Qualität des Bildungssystems zentrales Anliegen jeder Nation (vgl. Eichert 2007, S. 14). Nicht zuletzt angesichts des fortschreitenden demografischen Wandels ist es im Hinblick auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Staaten von zunehmender Bedeutung, die Potenziale der nachkommenden Generationen auszuschöpfen (vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. 2007). Internationale Bildungsrankings wie PISA oder TIMMS zeigen, dass der Wettbewerb um gute Bildungssysteme längst begonnen hat und dass Bildung das Merkmal eines weichen Standortfaktors verloren hat (vgl. Eichert 2007, S. 22). In Deutschland haben die internationalen Bildungsrankings das Vertrauen der Gesellschaft in das deutsche Schulsystem nachhaltig erschüttert (vgl. Kahl 2007, S. 5); der daraus resultierende Handlungsdruck führte zu Reaktionen auf unterschiedlichen Ebenen:
Auf Bundesebene wurde beispielsweise das Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ verabschiedet, mit dem der Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen gefördert werden sollte. Mit dem Programm „Lernende Regionen“ wurde die Bildung regionaler Netzwerke für lebenslanges Lernen angeregt. Auch die Bundesländer, die im Zuge der Föderalismusreform von 2006 ihren bildungspolitischen Einfluss ausweiten konnten, entdeckten Bildung
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
20
Einleitung als Standortfaktor, erneuerten Bildungspläne (z.B. Baden-Württemberg im Jahr 2004) und loteten „in erstarktem Selbst- und Verantwortungsbewusstsein die regional passenden institutionellen Formen und Strukturen aus“ (Knauer 2007, S. 9f). Auf regionaler und kommunaler Ebene betraten ganz neue Akteure die „Bildungsbühne“ (vgl. Kahl 2007, S. 5). Vereine, Stiftungen, Unternehmen und nicht zuletzt die Kommunen übernahmen im Hinblick auf ihre Zukunftsfähigkeit zunehmend Verantwortung für die Bildungsangebote vor Ort und erhoben Anspruch auf eine erweiterte Mitgestaltung der lokalen Bildungspolitik.
In der bildungspolitischen Debatte werden diese Initiativen aktuell unter dem Begriff der „Bildungslandschaften“ diskutiert. Sie machen deutlich, dass das Bildungsmonopol der öffentlichen Hand in seiner Ausschließlichkeit der Vergangenheit angehört (vgl. Kahl 2007, S. 6) und dass neue Steuerungsmodelle im Bildungsbereich entstehen, die verstärkt auf regionale Selbststeuerung setzen. Dieser Wandel wird unter dem Begriff von „Governance“, der für neue Formen des Regierens steht (vgl. Benz 2004), auch für andere Politikfelder1 beschrieben; und zwar überall dort, wo der Staat an „unilateral wirksamer Steuerungsfähigkeit“ verliert und zum „Spieler unter anderen Spielern“ wird (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007a, S. 22). Dabei wird die Wahrnehmung von Aufgaben, die in den bestehenden Strukturen nicht mehr zufriedenstellend bewältigt werden können (z.B. in der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik) auch auf die lokale bzw. regionale Ebene verlagert. Der Aufbau von Bildungslandschaften in regionaler bzw. kommunaler Initiative steht damit auch für eine sich ausweitende Diskussion um geeignete Steuerungsformen im Bildungssystem, die im Rahmen einer erweiterten Autonomie der Schulen, dem systematischen Aufbau regionaler Unterstützungssysteme oder neuen Formen der Zusammenarbeit von Schulträgern und Schulaufsicht bereits vielfältig erprobt werden. Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Der zweite Themenkomplex, dem sich die vorliegende Arbeit widmet, ist der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung. Dieser wird aktuell sowohl im Kontext von Übergängen im stark gegliederten deutschen Schulsystem diskutiert, als auch im Zusammenhang mit arbeitsmarktpolitischen, soziologischen und sozialpolitischen Aspekten: 1
z.B. die Überlegungen von Heinelt (2004, S. 36 -39) zu ‚local governance‘ in der Arbeitsmarktpolitik
Einleitung
21
Aus bildungspolitischer Sicht wurde in den vergangenen Jahren häufig auf die Entstehung sozialer Disparitäten an Übergängen im stark gegliederten deutschen Schulsystem aufmerksam gemacht (u.a. Baumert/Köller 2005, S. 19; Eckert 2007, S.7; Walther 2006, S. 38). In der Sorge um den notwendigen Fachkräftenachwuchs melden sich beim Thema „Übergänge in Ausbildung“ immer häufiger Vertreter der Wirtschaft zu Wort. Sie sehen angesichts des demografischen Wandels und einer als unzureichend eingeschätzten Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit gefährdet. Gleichzeitig standen in den vergangenen Jahren nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung, sodass trotz Ausbildungspakt und anderen Maßnahmen viele Jugendlichen im Übergangssystem aufgefangen werden mussten – verbunden mit dem Risiko, auch auf Dauer ausbildungslos zu bleiben. Auch aus soziologischer und psychologischer Sicht interessiert der Übergang von der Schule in das Berufsleben, geht es hier doch auch um die Frage, wie jungen Menschen der Übergang in den Erwachsenenstatus gelingt, der in Deutschland eng mit dem Übertritt in die berufliche Erwerbstätigkeit verbunden ist. Und nicht zuletzt aus sozialpolitischer und finanzieller Sicht sind gelingende Übergänge in Ausbildung auch die Kommunen von Interesse, da Ausbildungslosigkeit häufig mit unregelmäßiger Beschäftigung bzw. Arbeitslosigkeit verbunden ist und erhebliche Kosten verursacht.
Damit zeigt sich der Übergang in die berufliche Ausbildung als Querschnittsthema, das interdisziplinär diskutiert wird und das Anlass zum gemeinsamen Handeln ist – insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene, wo Betriebe (Fachkräftenachwuchs) und Kommunen (Sozialkosten, Standortattraktivität) direkt von den Auswirkungen gelingender bzw. misslingender Übergänge betroffen sind. Die Bildungsoffensive der Stadt Ulm Die im Jahr 2000 initiierte „Bildungsoffensive“ der Stadt Ulm kann als Beispiel einer kommunalen Initiative für bessere Bildungsangebote vor Ort verstanden werden. Angesichts der diagnostizierten Schwierigkeiten im nationalen Bildungssystem und an den Schulen sowie den Betrieben vor Ort hat sich die Stadt Ulm mit der „Bildungsoffensive“ dem Thema Bildung zugewandt und lässt ihm einen hohen Stellenwert zukommen. Im einem Gründungsdokument aus dem
22
Einleitung
Jahr 2000 heißt es dazu: „Bildung ist Voraussetzung für eine humane Zukunft. Unsere Stadt muss zu einer ‚lernenden Stadt’ mit einer neuen Lernkultur werden. Wir wollen die Schulen in ihr gesellschaftliches Umfeld einbinden und ein tragfähiges Fundament für ihre Gemeinwesensarbeit schaffen. Die Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt, Bildung und Weiterbildung, sind entscheidende Entwicklungsfaktoren für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel.“ (Zukunftsmanifest der Stadt Ulm 1999, zitiert nach: Stadt Ulm 2000, GD 289/00, Anlage 1, S. 1). In den Jahren 2006 und 2007 wurden die bisherigen Entwicklungen der „Bildungsoffensive“ untersucht. Da eine Evaluation bei der Gründung der „Bildungsoffensive“ im Jahr 2000 jedoch noch nicht angelegt wurde, konnten Wirkungen im strengen Sinne für den Zeitraum von 2000 bis 2006 nicht erfasst werden. Das Evaluationsprojekt wurde daher als Querschnittsstudie konzipiert, deren Ziel es war, die gesamte inhaltliche Breite und Komplexität der kommunalen Initiative in den Blick zu nehmen. Damit ist die vorliegende Untersuchung auch von einem kommunalen Bildungsbericht abzugrenzen, wie ihn beispielsweise die Städte Ravensburg, Freiburg und Dortmund vorlegten. Während diese Bildungsberichte anhand regelmäßig erhobener statistischer Daten einen quantitativen Überblick über Bildungseinrichtungen und Entwicklungen vor Ort geben, setzte die Evaluation der Bildungsoffensive ihren Schwerpunkt auf Einblicke, wie die Bildungsoffensive in den verschiedenen Bereichen wahrgenommen wurde und warum, sowie auf Hinweise für deren Weiterentwicklung (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 7). Kennzeichnend für das Forschungsdesign des Evaluationsprojekts waren die Kombination unterschiedlicher methodischer Verfahren (z.B. Dokumentenanalyse, standardisierte schriftliche Befragung, qualitative Interviews), eine multiperspektivische Betrachtungsweise (z.B. Sichtweise von Lehrkräften, von Erziehern und Erzieherinnen, von Eltern, von Schülerinnen und Schülern, von Schulleitungen und Leitungen der Kindertageseinrichtungen und von Vertretern der Stadtverwaltung) und die Vertiefung von drei inhaltlichen Schwerpunkten entlang der Bildungsbiografien von Kindern und Jugendlichen: vorschulische Bildung, Ganztagsschule und Übergang Schule – berufliche Ausbildung (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 6f). Zum Aufbau der Arbeit Das folgende Kapitel (Kapitel zwei) greift das Thema der Bildungslandschaft auf und analysiert zunächst verschiedene Entwicklungsansätze im Hinblick auf ihre Besonderheiten und Gemeinsamkeiten. Anhand der hier abgeleiteten Leitgedan-
Einleitung
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ken wird die Bildungslandschaft in der pädagogischen und bildungspolitischen Diskussion verortet und es werden empirische Ergebnisse zu verschiedenen kommunalen und regionalen Initiativen dargestellt. Das dritte Kapitel widmet sich dem Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung. Es beleuchtet Theorieansätze unterschiedlicher Disziplinen zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung und in Erwerbstätigkeit bzw. von der Jugend in den Erwachsenenstatus und stellt anhand aktueller Studien die Situation von Jugendlichen am Übergang in die Ausbildung dar. Dabei wird zunächst der Erfolg bzw. Misserfolg einzelner gesellschaftlicher Gruppen betrachtet. Im Anschluss daran werden Umwege und Sackgassen auf dem Weg in Ausbildung beleuchtet. Auch die subjektive Sicht von Jugendlichen auf Übergänge kommt zur Sprache. Nicht berücksichtigt wird im Rahmen der Arbeit der Übergang von der Ausbildung in Beschäftigung, wenngleich sich auch hier in den vergangenen Jahren zunehmend Schwierigkeiten zeigten (vgl. Hillmert 2006, S. 10; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 180). Eine Zusammenführung der beiden Themenkomplexe findet im vierten Kapitel statt, das die Gestaltung von Übergängen thematisiert. Hier wird entlang der Bildungsbiografien der Jugendlichen zunächst die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen betrachtet, dann die Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen. Dabei wird deutlich, dass dem jeweiligen Kontext, beispielsweise der einzelnen Schule und dem Engagement sowie der Kooperation der beteiligten Akteure, eine wichtige Bedeutung zukommt. Im dritten Abschnitt werden daher regionale bzw. kommunale Initiativen zur Gestaltung von Übergängen betrachtet und es werden erste empirische Ergebnisse aufgezeigt. Das fünfte Kapitel führt die zentralen Ergebnisse des ersten Teils zusammen und skizziert einen Rahmen für die Untersuchung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung im Kontext kommunaler bzw. regionaler Bildungslandschaften. Der zweite Teil der Arbeit dokumentiert die Untersuchung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung, die im Rahmen der Evaluation der „Bildungsoffensive Ulm“ durchgeführt wurde. Zentrale Frage der Untersuchung war, inwiefern es der Stadt Ulm im Rahmen der Bildungsoffensive bereits gelingt, Jugendliche, insbesondere Jugendliche mit Hauptschulbildung, am Übergang in Ausbildung gezielt zu unterstützen bzw. welche Entwicklungsmöglichkeiten die „Bildungsoffensive“ als Bildungslandschaft im Hinblick auf eine verbesserte Förderung und Unterstützung bieten kann. Kapitel sechs beschreibt den Kontext der empirischen Untersuchung, die Stadt Ulm und ihre Bildungsoffensive, und stellt Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung an. Kapitel sieben skizziert das methodische Design der For-
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schungsarbeit im Überblick, das in den Kapiteln acht und neun dann ausführlich beschrieben und begründet wird. Dabei wird der Ebene des subjektiven Erlebens ein hoher Stellenwert eingeräumt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in Kapitel zehn dargestellt. Im Schlusskapitel (Kapitel elf) werden die Ergebnisse abschließend zusammengefasst und diskutiert. Darüber hinaus werden Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Bildungsoffensive Ulm bzw. zur Gestaltung von Übergängen im Kontext kommunaler Bildungslandschaften abgeleitet.
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Der Begriff der Bildungslandschaft ist in der bildungspolitischen Debatte ebenso schillernd wie aktuell (vgl. Kahl 2007, S. 5). Unter dem Anspruch bessere Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen und in Sorge um einen ausreichend qualifizierten Fachkräftenachwuchs für die Wirtschaft, entstanden in den vergangenen Jahren immer häufiger regionale und kommunale Initiativen zur Bewältigung aktueller Herausforderungen der Bildungspolitik. Diese werden im Folgenden unter dem Begriff der Bildungslandschaften ausführlicher betrachtet. Ausgehend von in der Praxis entwickelten Ansätzen werden zunächst gemeinsame Elemente solcher Bildungslandschaften identifiziert und zu einer Definition verdichtet (vgl. 2.1). Anhand der hier herausgearbeiteten Leitgedanken werden im Anschluss Bezugspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft skizziert (vgl. 2.2). Schließlich werden die bislang vorliegenden empirischen Ergebnisse projektweise dargestellt und anhand der Leitgedanken zusammengeführt (vgl. 2.3). Nach einem kurzen Blick auf ähnliche Entwicklungen in den Niederlanden, Großbritannien, Schweden und Italien (vgl. 2.4) werden abschließend die wesentlichen Ergebnisse des Kapitels zusammengefasst (vgl. 2.5). 2.1 Begriff und Entstehung Während der Begriff der deutschen Bildungslandschaft weitgehend synonym für das gesamte institutionalisierte deutsche Bildungswesen steht, drückt der Zusatz regional, kommunal oder lokal mehr aus als eine Begrenzung des räumlichen Kontextes: Er ist Ausdruck eines neuen Verantwortungsbewusstseins, das Bildung stärker als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und das Kommunen ebenso wie andere gesellschaftliche Akteure dazu veranlasst, sich aktiv an der Gestaltung von Bildungsprozessen und Bildungsangeboten vor Ort zu beteiligen. Die im Folgenden dargestellten Projekte bzw. Programme zeigen solche Initiativen und Entwicklungsansätze, die sich bereits über einen längeren Zeitraum in der Praxis bewährt haben und die dabei, trotz unterschiedlicher Wege, perspektivisch sehr ähnliche Ziele verfolgen. Dabei wird auch deutlich, dass die hohe Bereitschaft der neuen Akteure in der Bildungspolitik an die Grenzen einer geC. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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setzlichen geregelten Zuständigkeit stößt: Gemeinden, Städte und Kreise sind als Schulträger zwar für die äußeren Schulangelegenheiten (z.B. Schulgebäude, Ausstattung der Schulen) verantwortlich, die inhaltliche Gestaltung, beispielsweise von Bildungsplänen und Fortbildungsprogrammen, obliegt jedoch der staatlichen Schulaufsicht. 2.1.1 Entwicklungsansätze Derzeit werden zwei idealtypische Varianten der Entwicklung von Bildungslandschaften unterschieden: eine „schulzentrierte“ und eine „kooperationszentrierte“ Entwicklungsvariante (vgl. Stolz 2007a). Beide werden im Folgenden dargestellt und mit dem Programm der „Lernenden Regionen“ (vgl. BMBF 2008e) um einen dritten Ansatz ergänzt, der über die Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen hinausgeht und mit dem Lebenslangen Lernen die (Weiter-)Bildung aller gesellschaftlichen Gruppen fokussiert. Von der Einzelschule über die regionale Schullandschaft zur Regionalen Bildungslandschaft: die schulzentrierte Entwicklungsvariante Im Zentrum der schulzentrierten Entwicklungsvariante (vgl. Stolz 2007a) stehen die in Entwicklungsprozesse eingebundenen Schulen. Ihre herausragende Stellung wird dabei durch ihre gesetzliche Verankerung und ihren verpflichtenden Charakter begründet; sie ermöglichen es, alle Kinder und Jugendlichen einer Region zu erreichen (vgl. Lohre 2005; Lohre u.a. 2008, S. 24). Beispielhaft für diesen Ansatz stehen die von der Bertelsmann Stiftung und dem Land Nordrhein-Westfalen initiierten Projekte „Schule & Co“ (1997–2002) bzw. „Selbstständige Schule“ (2002–2008), sowie die in anderen Bundesländern in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung durchgeführten Projekte zum Aufbau Regionaler Bildungslandschaften.2 Den Projekten ist gemeinsam, dass jede einzelne teilnehmende Schule aufgefordert ist, die Qualität ihrer Arbeit durch Schulentwicklung zu verbessern und sich mit anderen Schulen zu einer regionalen Schullandschaft zu vernetzen. Aus dieser Schullandschaft soll, so die Projektidee, durch die Gewinnung weiterer Kooperationspartner vor Ort schließlich die Regionale Bildungslandschaft entstehen. Der Weg über die Entwicklung der Einzelschulen und die regionale Schullandschaft wird dabei wie folgt begründet: „Gelingt es in einer Region nicht, das Schulangebot vor Ort zu einem 2
Darunter zwei Regionen in Baden-Württemberg: Freiburg (2005 – 2008); Ravensburg (2006 – 2008) (vgl. Stern u.a. 2008).
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inhaltlichen-pädagogischen Ganzen auszubauen, d. h. gelingt es nicht, insbesondere die Anschlussfähigkeit zwischen den verschiedenen Schulformen herzustellen und Lernkompetenzzuwächse bei den Kindern und Jugendlichen kontinuierlich und möglichst bruchlos zu erzeugen, wird es auch nicht gelingen, ein kohärentes Bildungswesen unter Einschluss der anderen Akteure vor Ort aufzubauen.“ (Lohre u.a. 2008, S. 24) Regionalisierung wird damit als Voraussetzung und Ziel zugleich verstanden: Voraussetzung, weil davon ausgegangen wird, dass die Einzelschulen in diesem Prozess auf regionale Unterstützungs- und Beratungsstrukturen angewiesen sind; Ziel, weil eine zunehmende Vernetzung der Schulen und schließlich auch anderer Bildungseinrichtungen angestrebt wird (vgl. Lohre u.a. 2008, S. 10f). Zur besseren Unterstützung der Schulentwicklungsprozesse durch Fortbildungskonzepte, Schulentwicklungsberater, schulübergreifende Workshops und Regionalkonferenzen (vgl. Stern u.a. 2008) wurden in den Projekten neue Strukturen auf regionaler Ebene geschaffen: darunter eine Steuergruppe aus Vertretern der Schulen, der Schulaufsicht und der Schulträger, ein Bildungsbüro als Ansprechpartner und „Dienstleister“ für die Schulen bzw. Bildungsinstitutionen und ein Entwicklungsfonds (vgl. Lohre u.a. 2008, S. 100f). Als besonders bedeutsam wurde dabei die Etablierung neuer Steuerungsformen auf der Basis einer „staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft“ (vgl. u.a. Stern u.a. 2008, S. 9; Schönstein 2008, S. 52) hervorgehoben. Das heißt, „Schulträger und Schulaufsicht treten in neue Kooperationen, um einen größtmöglichen Bildungserfolg für alle Kinder und Jugendlichen in ihrer Region sicherzustellen“ (Schönstein 2008, S. 52). In der Praxis bedeutete das, dass regionale Entscheidungen im Rahmen der Projekte von der Schulaufsicht und den Schulträgern im Konsens getroffen wurden und dass gleichzeitig den Einzelschulen ein erweiterter Entscheidungsspielraum zugestanden wurde (vgl. Schönstein 2008). Lokale Bildungslandschaften in Kooperation von Schule und Jugendhilfe: die kooperationszentrierte Entwicklungsvariante Im Zentrum der kooperationszentrierten Entwicklungsvariante steht die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im kommunalen Raum (vgl. Stolz 2007a). Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) beschreibt solche kooperationszentrierten Konzepte kommunaler Jugend- und Bildungspolitik unter dem Begriff der „Lokalen Bildungslandschaft“. Dabei wird Bildung als kommunale Gestaltungsaufgabe verstanden, durch die versucht wird, „Kindern und Jugendlichen im kommunalen Raum bessere Bedingungen und vielfältige Gelegenheiten für ihre Bil-
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dung zu bieten“ (Mack u. a. 2006, S. 7; vgl. auch Mack 2007, S. 31). Hintergrund der kommunalen Anstrengungen ist dabei meist die Überzeugung, dass gute Bildungsbedingungen einen Standortvorteil verschaffen, sowohl hinsichtlich der Ansiedlung von Unternehmen als auch hinsichtlich des demografischen Wandels (vgl. Mack 2007, S. 31). Als konkreten Auslöser bzw. Katalysator für den Aufbau solcher Bildungslandschaften sehen Mack u.a. (2006; vgl. auch Mack 2007) in vielen Kommunen den Ausbau der Ganztagsschulen, der eine verstärkte Kooperation von Schule und Jugendhilfe erforderlich machen und vielerorts dazu führen, dass die Kommunen Aufgaben übernehmen, die über ihre Schulträgerschaft hinaus gehen. Auch das Konzept der Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe und die Diskussion um den erweiterten Bildungsbegriff des Zwölften Kinder- und Jugendberichts tragen zu einer veränderten Wahrnehmung von Bildungsprozessen im kommunalen Raum bei. Dabei rückt verstärkt das Zusammenspiel verschiedener, sowohl formaler als auch informeller Lernorte und -gelegenheiten in den Blickpunkt (vgl. Mack 2007, S. 18). Die Schaffung einer integrierten Infrastruktur für Bildung im kommunalen Raum steht damit im Zentrum der Lokalen Bildungslandschaft, für die die Kooperation von Schule und Jugendhilfe Strategie und Bedingung zugleich ist. Im Kontext solcher Aushandlungs- und Kooperationsprozesse erhoben Kommunen in letzter Zeit immer wieder die Forderung nach einer Kommunalisierung von Schulen, die sie mit einer besseren Verzahnung der Bereiche des zersplitterten Bildungswesens, der Vermeidung von Reibungsverlusten und einem effektiveren und effizienteren Einsatz der Ressourcen begründeten (z.B. Celler Thesen zur kommunalen Bildungspolitik; vgl. Niedersächsischer Städtetag 2007). Eine einheitliche Trägerstruktur führe, so die Celler Thesen, zu einer besseren Vernetzung der Schule mit ihrem kommunalen Umfeld und zu einer echten Integration des Schulwesens in die kommunale Selbstverwaltung. Dies käme letztlich den Schulen und den Schülerinnen und Schülern zu Gute. (vgl. Niedersächsischer Städtetag, S. 12) Ungeachtet der bildungspolitischen Frage einer Kommunalisierung von Schulen können mit Stolz (2007a) vier Dimensionen einer so verstandenen Lokalen Bildungslandschaft beschrieben werden (vgl. Stolz 2007a; auch Deutsches Jugendinstitut 2008):
Eine integrierte lokale Fachplanung ermöglicht die Kooperation von Schule und Jugendhilfe (Planungsdimension). Durch die Konstitution öffentlich verantworteter, partizipativ orientierter Bildungsnetzwerke können vielfältige einrichtungsübergreifende Angebote gemacht werden (zivilgesellschaftliche Dimension).
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Anregende Lern- und Lebensumgebungen werden als Gelegenheitsstrukturen informellen Lernens betrachtet. Zu diesem Zweck werden Schulgelände, Quartier und der kommunale Raum als Ganzes so gestaltet, dass sie selbstbestimmte und kreative Aneignungsformen zulassen (Aneignungsdimension). Inter-institutionell koordinierte Fortbildungsprogramme für Leitungs- und Fachkräfte ermöglichen die flächendeckende Fortbildung von Praxistandems (Professionsdimension).
Die Bildungslandschaft als regionales Bildungsnetzwerk für lebenslanges Lernen: ein netzwerkorientierter Ansatz Das im Jahr 2000 ins Leben gerufene Programm der Bundesregierung „Lernende Regionen – Förderung von Netzwerken“ stellt das lebenslange Lernen in den Mittelpunkt. Dabei geht es von der Annahme aus, dass insbesondere auf der Ebene der Regionen ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der Idee des lebenslangen Lernens geleistet werden kann. Das Programm der „Lernenden Regionen“ verfolgt damit einen dezentralen Ansatz, der es jedem Netzwerk ermöglichen soll, sich möglichst optimal auf die Situation vor Ort einzustellen. (vgl. BMBF 2008e, S. 6) Der Zusammenhang von Region und Bildung lässt sich dabei auf zweierlei Weise beschreiben: Zum einen wird die räumliche Struktur zur lernenden Struktur (lernende Region) zum anderen findet Lernen immer im Kontext einer räumlichen Gegebenheit statt (lernen in der Region). In Bezug auf die Festlegung der Region wird mit Minderop/Solzbacher (2007) eine Offenheit für situativ und geografisch sinnvolle Abgrenzungen vorgeschlagen. (vgl. Tippelt u.a. 2009b, S. 32) Zentral für die „Lernende Region“ ist die Idee des Netzwerks. Es wird als „moderne Organisationsform“ eingeschätzt, die es ermöglicht, sowohl den Herausforderungen der Globalisierung als auch der Regionalisierung zu begegnen: „Es bietet eine flexible Kooperationsebene für Partnerschaften zwischen den regional wichtigen Akteuren in den zentralen Handlungsfeldern der Bildung, Politik, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Kultur und Gesellschaft.“ (BMBF o.J.) Als relevante Akteure der regionalen Bildungsnetzwerke gelten neben Akteuren aus dem Bildungsbereich solche aus Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Verwaltung, Kultur und Politik (vgl. BMBF o.J.). Im Hinblick auf Schulen im Netzwerk wird auf deren besondere Stellung angesichts der staatlichen Schulaufsicht verwiesen und ihr Spielraum, sich in regionale Initiativen einzubringen, kritisch eingeschätzt (vgl. Forschungskonsortium Lernende Regionen 2004, S. 16).
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Mit der zentralen Idee des lebenslangen Lernens geht das Programm über die Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen hinaus. Auch der Begriff der „Bildungslandschaft“ wird nur selten verwendet. Zienert (2007) spricht von der „Lernenden Region“ als „integrierter Bildungslandschaft“ bzw. als „Bildungslandschaft für lebenslange Lernprozesse“ (Zienert 2007, S. 35; 38), häufiger wird von „regionalen Bildungsnetzwerken“ (vgl. u.a. BMBF o.J.) gesprochen. 2.1.2 Zwischenfazit und Definition Der Vergleich der oben dargestellten Ansätze zeigt aufgrund der Fokussierung auf Kinder und Jugendliche zunächst eine größere Nähe von schul- zentrierter und kooperationszentrierter Entwicklungsvariante. Davon unterscheidet sich die Idee der „Lernenden Region“, da sie das Lebenslange Lernen in den Mittelpunkt stellt und sich damit an alle Menschen in der Region wendet. Trotz der unterschiedlichen Entwicklungswege liegen den Ansätzen aber gemeinsame Ideen zugrunde, die sich schlagwortartig in zwei Leitgedanken zusammenfassen lassen: Leitidee „Aufbau von Vernetzungsstrukturen“ Alle Ansätze gehen davon aus, dass Bildungslandschaften im Zusammenwirken ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure entstehen. Dabei wird der Aufbau von Vernetzungsstrukturen als zentrale Strategie für die Zusammenarbeit und Steuerung der Bildungslandschaft erachtet.3 Schule ist aus dieser Perspektive „kein losgelöster, unangefochtener Eigenraum mehr“ (Knauer 2007, S. 12). Während den Schulen im schulzentrierten und im kooperationszentrierten Ansatz jedoch eine zentrale Stellung im Netzwerk und damit in der Bildungslandschaft zukommt, sind sie in den „Lernenden Regionen“ mögliche, wenn auch besondere (Schulaufsicht!) Netzwerkpartner neben anderen.
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Während Minderop und Solzbacher von Netzwerken als einer „mögliche[n] Entwicklungsstufe auf dem Weg zur regionalen Bildungslandschaft“ (Minderop/Solzbacher 2007, S. 4), wird das Netzwerk hier eher als „Strategie“ verstanden.
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Leitidee „Orientierung an den Bildungsbiografien der Lernenden“ Alle Ansätze stellen die Lernenden mit ihren individuellen Biografien in den Mittelpunkt. Während die schul- und die kooperationszentrierte Entwicklungsvariante (vgl. Stolz 2007a) dabei die Kinder und Jugendlichen in den Vordergrund stellen, geht es in der „Lernenden Region“ um lebenslanges Lernen bzw. um die Bildungsbiografien aller Bürgerinnen und Bürger. Mit der Orientierung an den individuellen Bildungsbiografien wird in allen Ansätzen außerdem die Bedeutung von Übergängen im Bildungssystem hervorgehoben, die sowohl zwischen Bildungseinrichtungen (z.B. Grundschule – Sekundarschule, Sekundarschule – Berufliche Schule) als auch zwischen Bildungsbereichen (formal, informell) stattfinden und die den Aufbau möglichst passgenauer Bildungs- und Beratungsangebote erfordern. Definition Die Ausrichtung an den oben beschriebenen Leitgedanken wird im Folgenden als konstitutiv für den Aufbau einer Bildungslandschaft gesehen. Dabei geht die Bildungslandschaft über Kooperationsverbünde und Netzwerke hinaus: sie zeichnet sich durch ihre regionale Zielsetzung, den gemeinsamen Entwicklungsprozess aller Beteiligten und ihre „weitergehende, systematischere und stärker organisierte oder gar ‚verrechtlichte’ Form“ aus (vgl. Minderop/Solzbacher 2007, S. 4). Während Bildungslandschaften prinzipiell als offen für lebenslanges Lernen verstanden werden, wird im Folgenden ein Schwerpunkt auf dem Bereich der Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche gelegt. Damit sind perspektivisch alle Bildungseinrichtungen entlang der Biografien der Kinder und Jugendlichen in die Bildungslandschaft einbezogen (vgl. Minderop/Solzbacher 2007, S. 4) – sowohl im formellen als auch im informellen Bildungsbereich (vgl. Mack 2007). Als verpflichtenden Bildungseinrichtungen entlang der Biografien der Kinder und Jugendlichen kommt den Schulen in der Bildungslandschaft eine zentrale Bedeutung zu. Aufgrund ihrer besonderen rechtlichen Stellung wird jedoch davon ausgegangen, dass der systematische Einbezug der Schulen eine darauf ausgerichtete Steuerung der Bildungslandschaft erfordert – beispielsweise eine stärkere kommunale Verantwortung für die Schulen (vgl. die Forderung der Celler Thesen; Niedersächsischer Städtetag 2007) oder eine verstärkte und systematische Kooperation von Schulträgern und Schulaufsicht (vgl. die Steuerung im Projekt „Selbstständige Schulen; Lohre u.a. 2008).
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Regional, lokal, kommunal oder integriert? Der Begriff der Bildungslandschaft wird häufig durch die Attribute lokal (vgl. u.a. Mack u.a. 2006; 2007; Maykus 2007; Stolz 2007a), regional (vgl. u.a. Lohre u.a. 2006; 2008; Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008), kommunal (vgl. u.a. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge 2007) oder integriert (vgl. u.a. Baumheier/Warsewa 2007; Zienert 2007) näher bestimmt:4
Der Begriff der „Regionalen Bildungslandschaft“ wird häufig in Zusammenhang mit den schulzentrierten Ansätzen der Bertelsmann Stiftung verwendet (vgl. 2.1.1). Projektunabhängig bezeichnet das Adjektiv „regional“ eine Bildungslandschaft, die in ihren Grenzen nicht definitiv festgelegt ist, sondern ihre Aufgabe vor allem in der „Ausbalancierung der Verantwortlichkeiten zwischen Schulen, Land und Kommunen“ sieht (vgl. Minderop/Solzbacher 2007, S. 7).5 Der Begriff der „Lokalen Bildungslandschaft“ steht häufig in Verbindung mit den vom Deutschen Jugendinstitut beschriebenen kooperationszentrierten Ansätzen (vgl. 0) und bezeichnet Ansätze kommunaler Jugend- bzw. Bildungspolitik, bei denen die kommunale Verwaltung und Politik zentraler Akteur ist (vgl. Mack 2007, S. 16). Gezielt an Kommunen wendet sich auch das Papier des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. (2007). Hier wird mit Bezug auf den kommunalen Raum jedoch vom Aufbau „kommunaler Bildungslandschaften“ gesprochen (vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 2007). Der Zusatz integriert bezieht sich bei Baumheier und Warsewa (2007, S. 78) auf die Einbindung von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen in ein „stadtteil- und quartiersorientiertes Netzwerk“.
2.2 Bezugspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft Die Entstehung aus der Praxis kann maßgeblich dafür verantwortlich gemacht werden, dass eine eigenständige Theorie der Bildungslandschaft bislang nicht vorliegt. Ausgehend von den Leitgedanken Aufbau von Vernetzungsstrukturen 4
Im Zusammenhang mit einem spezifischen Projekt werden die Attribute regional bzw. lokal groß geschrieben (vgl. auch 2.1.1). Geht es um eine projektunabhängige Charakterisierung, scheint die Kleinschreibung dagegen eher angebracht. 5 Minderop und Solzbacher (vgl. 2007, S. 7) charakterisieren den Begriff der Region dabei als „offen für situativ und geografisch sinnvolle räumliche Abgrenzungen“, der auch in anderen Handlungsfeldern (z.B. Raumordnungspolitik, Wirtschaft) von Bedeutung ist.
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und Orientierung an den Bildungsbiografien der Lernenden werden daher im Folgenden verschiedene Bezugspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft skizziert: 1.
2.
3.
Bildungslandschaften auf der Grundlage von Netzwerken sind nur denkbar, wenn die Steuerung nicht ausschließlich vom Staat ausgeht. Im Blick auf veränderte Steuerungskonzepte können daher sowohl die Netzwerkforschung als auch die Governanceforschung Bezugspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft sein (vgl. 2.2.1). Bildungslandschaften rücken Kinder bzw. Jugendliche und ihre Bildungsbiografien ins Zentrum der gemeinsamen Arbeit. Hier deutet sich eine Verbindung zur Bildungsgangforschung ebenso an wie zum Diskurs um einen erweiterten Bildungsbegriff und einen stärkeren Lebensweltbezug schulischen Lernens (vgl. 2.2.2). Schulen sind als zentrale Elemente der Bildungslandschaft aufgefordert, sich mit anderen Schulen und Partnern zu vernetzen und auf eine veränderte Zeitstruktur (Ganztagsschule) zu reagieren. Dabei scheinen (gezielte) Schulentwicklungsprozesse unerlässlich. Insbesondere der schulzentrierte Ansatz, setzt explizit auf Schulentwicklungsprozesse zur Verbesserung der Qualität schulischer Arbeit (vgl. 2.2.3).
2.2.1 Veränderte Steuerungskonzepte im Bildungsbereich: Governanceforschung und Netzwerkforschung Die Steuerung im Bildungsbereich ging bislang fast ausschließlich vom Staat aus und war von einer Differenz zwischen dem ‚Steuerungssubjekt’ (Staat) und den ‚Steuerungsobjekten’ (z.B. Lehrerinnen und Lehrer) gekennzeichnet. Dies führte bzw. führt regelmäßig zu Problemen bei der Implementierung neuer Inhalte, Methoden und Konzepte. (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007a, S. 23) Angesichts der großen Herausforderungen im Bildungsbereich richtet sich der Blick daher auf die Entwicklung neuer Formen der Steuerung, die verstärkt das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit berücksichtigen und dieses neu gestalten.
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Governanceforschung Aus Sicht der Educational Governanceforschung werden im Hinblick auf die Steuerung im Bildungswesen aktuell folgende Entwicklungen beschrieben (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007a, S. 42):
Die staatliche Detailsteuerung wird zugunsten einer erweiterten Autonomie von Bildungseinrichtungen reduziert; gleichzeitig gibt der Staat durch Bildungsstandards substanzielle Außenziele vor. Teamorientierte Formen lösen zunehmend individual-professionelle Strukturen im Lehrerberuf ab. Leitungspositionen werden gestärkt. Innerhalb gewisser Grenzen werden Wettbewerbselemente eingeführt.
Brüsemeister (2007) sieht in diesem Prozess eine Entwicklung der schulischen Steuerung hin zu einer Governance-Konzeption, in der „nicht einseitig auf den Staat oder den Markt gesetzt“ wird, „sondern auf die Abstimmung zwischen unterschiedlichen Ebenen und Akteuren: von der Bildungsadministration, über kommunale Behörden, die Lehrerprofession, bis zu privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren“ (Brüsemeister 2007, S. 141). Schulische Steuerung im Sinne einer Governance-Konzeption umfasst daher mehr als die Umsetzung und Abstimmung einzelner Maßnahmen. Im Vordergrund steht die Koordination von Akteuren mit unterschiedlichen Handlungslogiken auf verschiedenen Ebenen des Schulsystems, die gemeinsam am Ziel der Bildung von Kindern und Jugendlichen arbeiten (vgl. Brüsemeister 2007, S. 143). Während sich aus diesem veränderten Bild von Steuerung neue Aufgaben, aber auch neue Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, bewegen sich die unterschiedlichen Handlungslogiken unterworfenen Akteure gleichzeitig in einem „in vielen Bereichen rechtlich und organisatorisch ungeklärten Raum“ (Minderop/Solzbacher 2007, S. 5). Die Ähnlichkeit von Bildungslandschaften mit Governance-Mustern beschreibt Fürst (2004) am Beispiel der „Regionalen Bildungslandschaften“ im Projekt „Selbstständige Schulen“ (z.B. Integration regionaler Akteure, „Promotoren“, organisatorischer Kern). Gleichzeitig sieht er anhand dieses Beispiels noch einen deutlichen Entwicklungsweg zur Verwirklichung „echter“ Governance-Formen. Als wichtige Schritte nennt er unter anderem eine stärkere Fokussierung der Selbststeuerung, eine Erweiterung des Akteurskreises und eine intensivere „Evolutionsdynamik“ (z.B. über regionale Diskurse zu Leitbildern). (vgl. Fürst 2004)
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Netzwerkforschung Arbeitet eine Vielzahl von Akteuren auf der Basis von abgestimmten Strategien und zur Durchsetzung gemeinsamer Ziele zusammen, wird von einem Netzwerk gesprochen. Netzwerke stellen die Autonomie der Partner nicht in Frage und sind häufig weniger stark formalisiert als die Institutionen aus denen sie sich zusammensetzen. (vgl. Minderop/Solzbacher 2007, S. 4f; Tippelt u.a. 2009b, S. 28) Im Unterschied zu anderen, häufig weniger verbindlichen Beziehungsgeflechten, verfügen Netzwerke über ein Mindestmaß an Dauerhaftigkeit, Belastbarkeit und akteursübergreifenden kollektiven Strukturen (vgl. Tippelt u.a. 2009b, S. 28f). Auch im Bildungsbereich lässt sich angesichts der Herausforderungen eine gewachsene Bedeutung von Netzwerken feststellen (vgl. Dedering 2007, S. 40), die als „ideale Antwort auf aktuell wichtige Fragen“ (Minderop/Solzbacher 2007, S. 5) erscheinen: Sie bündeln Kompetenzen und Ressourcen, „um gemeinsam Ziele zu erreichen, mit denen jeder Partner für sich allein überfordert wäre.“ (Minderop/Solzbacher 2007, S. 3; auch Tippelt u.a. 2009b, S. 31) Dabei ist die Zusammenarbeit im Netzwerk nach Baitsch und Müller (2001) und Tippelt (2005) von verschiedenen Faktoren abhängig (vgl. Tippelt u.a. 2009b, S. 30f): darunter die Identifikation der Beteiligten mit dem Netzwerk, dauerhafte und tragfähige Kommunikationsstrukturen, die Orientierung der Aktivitäten an gemeinsamen Zielen, die Herausbildung von Regeln und Routinen der Netzwerkorganisation, aber auch der Konfliktbewältigung und die Stabilität über einen längeren Zeitraum. Bereits im Abschnitt 2.1.2 wurden Netzwerke als konstitutiver Teil von Bildungslandschaften herausgearbeitet. Im Hinblick auf die Autonomie der einzelnen Partner (z.B. Schulen) wird aber deutlich, dass es hier Unterschiede gibt, die in der Netzwerkorganisation berücksichtigt werden müssen bzw. die dazu führen, dass Bildungslandschaften mehr sind als Netzwerke gleichberechtigter Partner. 2.2.2 Bildungsbiografien im Mittelpunkt: Bildungsgangforschung, erweiterter Bildungsbegriff, Sozialraum- und Lebensweltorientierung Die Perspektive der Bildungsgangforschung Ausgangspunkt der Bildungsgangforschung ist die Erfahrung, „dass Schüler und Lehrer zwar sehr viel Mühe aufwenden, um den jeweiligen Unterrichtsstoff zu lehren, zu lernen und zu verstehen, dass jedoch ein großer Teil dieser Anstren-
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gungen vergeblich bleibt und oftmals nur die ‚Oberfläche’ des lernenden Menschen erreicht“ (Hericks 1998, S. 173). Eine am Bildungsgang der Schüler orientierte Gestaltung schulischer Lernprozesse bezieht Lernen daher auf den Entwicklungsprozess des Einzelnen und betrachtet ihn „in Relation zu allgemeinen oder typischen Entwicklungsaufgaben“ (Bastian u.a. 2007, S. 30; vgl. auch Hericks 1998, S. 178f). Im Kontext der Institution Schule berücksichtigt die Bildungsgangforschung daher drei Aspekte: (1) die Perspektive der Schüler, (2) die biografische Dimension des Lernens, verstanden als Einbettung von Lernprozesse in einen längerfristigen lebensgeschichtlichen Kontext und (3) das Spannungsverhältnis zwischen objektiven, beispielsweise gesellschaftlichen Anforderungen und der subjektiven individuellen Auseinandersetzung des Lernenden mit eben diesen Anforderungen (vgl. Koller 2008, S. 7). Dabei steht vor allem die Frage im Zentrum, „in welcher Weise und unter welchen Bedingungen Schülerinnen und Schüler den Inhalten und Formen schulischen Unterrichts biografisch bedeutsamen Sinn zuschreiben“ (Koller 2008, S. 7). Damit geht es aus der Perspektive des bildungsgangspezifischen Forschungsparadigmas einerseits um die Einmaligkeit und Individualität von Bildungsbiografien im Sinne schulischer Lerngeschichten, andererseits wird aber auch die Normiertheit von Bildungslaufbahnen thematisiert, die durch die Möglichkeiten, Zugangsregelungen und Zwänge im (lokalen) Schulsystem offen und beschränkt zugleich sind (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 30). Ausgehend vom Leitgedanken der Orientierung an den Bildungsbiografien der Lernenden (vgl. 0) zeigt sich die Bildungsgangforschung für die Bildungslandschaft damit in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen bei der Frage, wie Lernumgebungen innerhalb von Bildungseinrichtungen strukturiert werden können, damit an der Biografie von Kindern und Jugendlichen ausgerichtete Lernprozesse möglichst optimal gefördert werden. Zum anderen verweist die Thematik der Bildungsgangforschung auf die Bedeutung der Übergänge im Bildungssystem und die Frage, wie die einzelnen Bildungseinrichtungen des lokalen Schulsystems miteinander vernetzt sein müssen, damit möglichst bruchlose Übergänge im Interesse der Kinder und Jugendlichen gelingen können. Die Diskussion um einen erweiterten Bildungsbegriff An die Perspektive der Bildungsgangforschung, die die individuellen Lerngeschichten der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt, schließt sich die Frage nach einem Bildungsbegriff an, der sich nicht ausschließlich auf formales schulisches Lernen bezieht, sondern offen für subjektiv bedeutsame Lernprozesse ist. Anhaltspunkte hierfür bietet der erweiterte Bildungsbegriff des Zwölften
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Kinder- und Jugendberichts, der neben formellen schulischen Lernprozessen auch informelles Lernen außerhalb der Schule, in der Jugendarbeit oder in der Familie, einschließt (vgl. u.a. Mack 2007) und damit den Blick über die Institution Schule hinaus öffnet. Im Kontext der Bildungslandschaft stellt sich damit die Frage, wie formelle und informelle Bildungsprozesse bzw. die entsprechenden Bildungsinstitutionen eingebunden werden können, sodass sich die Lerngeschichten der einzelnen Kinder und Jugendlichen positiv entwickeln können. Sozialraum- und Lebensweltorientierung Der Begriff der Lebenswelt ist seit Mitte der 1970er Jahre Teil des sozialwissenschaftlichen Sprachgebrauchs (vgl. Mack u.a. 2003, S. 39) und bezieht sich auf „Alltag und Alltäglichkeit von Handeln und Handlungsmustern und auf Milieus, also auf Fragen sozialkultureller Lebensführung und ihrer sozialräumlichen Verankerung“ (Mack u.a. 2003, S. 51). Dabei wird davon ausgegangen, dass unterschiedliche soziale Räume die Entwicklung bzw. die Chancen von Kindern und Jugendlichen unterschiedlich, positiv wie auch negativ, beeinflussen können (vgl. Mack 2007, S. 20). Mit sozialräumlichen Ansätzen wird daher insbesondere in der Jugendhilfe versucht, diese Unterschiede zu berücksichtigen (vgl. Mack 2007, S. 20f). Die Bildungslandschaft lenkt den Blick von der einzelnen Bildungsinstitution auf das gesamte Angebot vor Ort, das den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen – gerade auch im Hinblick auf ihre Verschiedenheit – gerecht werden will. Verstanden als Ort der Bildung, ist daher nach der Struktur des kommunalen Raums zu fragen bzw. nach den Möglichkeiten der Gestaltung des (kommunalen) Raums als Bildungsraum (vgl. Mack 2007, S. 23). Auf institutioneller Ebene sind hier insbesondere Schule und Jugendhilfe angesprochen, einen Beitrag zur Qualität dieses Bildungsraums zu leisten, indem sie stärker kooperieren und sich dabei mit ihren Angeboten auf den jeweiligen sozialräumlichen Kontext beziehen (vgl. Mack 2007, S. 23). 2.2.3 Schulentwicklungsforschung: Die Bedeutung der Einzelschule in der Bildungslandschaft Die Einzelschule als pädagogische Gestaltungsebene spielt seit Beginn der 1980er Jahre eine zentrale Rolle in der Weiterentwicklung bzw. Reform des Bildungswesens (vgl. Mack u.a. 2003, S. 25). Dazu trugen insbesondere die Studien von Fend bei, der zeigen konnte, dass sich einzelne Schulen derselben
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Schulform zum Teil stärker von einander unterscheiden als solche verschiedener Schulformen (vgl. Fend 1986). Aus dieser Erkenntnis entwickelte sich eine verstärkt mikropolitische Denkweise auf der Ebene der Einzelinstitution, die die bis in die 1970er Jahre vorherrschende Fokussierung von Reformmaßnahmen auf Systemebene ablöste (vgl. Rahm 2005, S. 32; Heinrich 2007, S. 15). Damit wurde die Schulentwicklung auf der Ebene der Einzelschule ab den 1980er-Jahren zu einer zentralen Größe der Reform des Bildungswesens (vgl. Mack u.a. 2003; Heinrich 2007). Verstanden als Trias von Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Unterrichtsentwicklung setzt eine systematische Schulentwicklung auf Einzelschulebene eine erweiterte Autonomie der Einzelschulen voraus, die es den einzelnen Einrichtungen ermöglicht, Ziele und Methoden ihrer Entwicklung innerhalb der Grenzen von Rahmenrichtlinien und im Hinblick auf ihre konkrete Situation selbst zu gestalten (vgl. Bastian 1998a; Rolff u.a. 2000; Mack u.a. 2003). Diese Autonomiediskussion wurde ab den 1980er und 1990er-Jahren jedoch durchaus kontrovers geführt: während einerseits Chancen einer Reform von unten gesehen wurden, zeigten sich andererseits Befürchtungen einer „Verschleierung von Ressourcenkürzungen“ (vgl. Bastian 1998a, S. 17), von Mehrarbeit, wachsender Ungleichheit und vermehrter Kontrolle durch zentrale Produktund Terminvorgaben der Kultusministerien (Bastian 1998a; kritisch zur Autonomiediskussion äußert sich auch Heinrich 2007). Dass Schulentwicklungsprozesse Veränderungsprozesse voranbringen können, konnte inzwischen anhand verschiedener Forschungsprojekte (z.B. Holtappels u.a. 2008a, Bohl 2005, Kucharz 2005) gezeigt werden. Dabei wurden sowohl Wirkungen auf der Ebene des Unterrichts (z.B. Holtappels u.a. 2008a; vgl. auch 2.3.1) als auch Veränderungen der „Schule als Ganzes“ (Bohl 2005, S. 95) festgestellt. Die Nähe zur Idee der Bildungslandschaft zeigt sich dabei sowohl auf der Ebene der untersuchten Schulentwicklungsprojekte, in denen sich meist mehrere Schulen in räumlicher Nähe gemeinsam auf einen Entwicklungsprozess einließen (z.B. Holtappels u.a. 2008a, Bohl 2005, Bastian/Rolff 2002), als auch auf theoretischer Ebene: Als zentrale Akteure der Bildungslandschaft sind insbesondere die Schulen aufgefordert, sich im Hinblick auf die Förderung der Bildungsprozesse aller Kinder und Jugendlichen zu entwickeln und ihre Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die konkrete Situation Lebenswelt ihrer Schüler zu nutzen (vgl. dazu auch das Konzept einer Lebensweltbezogenen Schulentwicklung von Mack u.a. 2003, das mit der Thematisierung des Sozialraums und der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen einen besonders engen Bezug zur Bildungslandschaft weist).
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Gleichzeitig muss mit der Bildungslandschaft als neuer Steuerungseinheit im Bildungswesen aber auch die Frage nach der Autonomie der Einzelschule kritisch diskutiert werden. Zu klären wäre im Blick auf die verschiedenen Ansätze, inwiefern sich mit der zunehmenden Bedeutung der Kommune eine neue Steuerungsebene im Bildungswesen bildet, die im „Verteilungskampf um Autonomie“ (Heinrich 2007, S. 24) die neu entstandenen Handlungsspielraum der Schulen beschneiden kann bzw. inwiefern die Bildungslandschaft tatsächlich als Netzwerk verstanden wird, das von den Bildungseinrichtungen vor Ort in erster Linie als Unterstützungsstruktur im Hinblick auf eine möglichst optimale Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen vor Ort wahrgenommen wird. Die aktuellen Entwicklungsansätze zeigen Anhaltspunkte für beide Positionen. 2.3 Empirische Ergebnisse Die Erforschung von Bildungslandschaften steht noch am Anfang. Mit der Veröffentlichung von Ergebnissen der wissenschaftlichen Begleitforschung einzelner Projekte (z.B. „Schule & Co“, „Selbstständige Schule“, „Lernende Regionen – Netzwerke gestalten“) erschienen in den vergangenen Jahren jedoch wichtige Forschungsberichte, die Hinweise zu Voraussetzungen, Bedingungen und Hemmnissen bei der Entwicklung von Bildungslandschaften geben und die daher als wichtige Eckpunkte auf dem Weg zu einer systematischen Erforschung von Bildungslandschaften bezeichnet werden können (vgl.2.3.1 bis 2.3.3). Von diesen Forschungsberichten zu unterscheiden sind die seit 2006 entstandenen kommunalen Bildungsberichte, die überwiegend auf statistischen Daten des Landes und der jeweiligen Stadt beruhen und für die nur teilweise weitergehende Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. 2.3.4).6 2.3.1 Schulzentrierte Entwicklungsvariante: Ergebnisse der Projekte „Schule & Co“ und „Selbstständige Schule“ Für die Projekte „Schule & Co“ und „Selbstständige Schule“, die ausgehend von der Entwicklung der Einzelschulen den Aufbau regionaler Bildungslandschaften anstrebten (vgl. 0), liegen Ergebnisse einer wissenschaftlichen Begleitforschung 6
Die Stadt München veröffentlichte 2006 als erste deutsche Stadt einen kommunalen Bildungsbericht (Stadt Dortmund 2008, S. 12). Auskunft über weitere kommunale Bildungsberichte gibt die Internetplattform „Deutscher Bildungsbericht“ (Online: URL: http://www.bildungsbericht.de/ zeigen. html?seite=7374 [Datum der Recherche: 23.09.2009]).
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vor. Im Folgenden interessieren insbesondere diejenigen Ergebnisse, die die Entwicklung regionaler Schul- bzw. Bildungslandschaften thematisieren. Das Projekt „Schule & Co“ Ziel des Projektes „Schule & Co“ war die „Entwicklung und Erprobung eines regionalen Schulentwicklungskonzeptes“ (Bastian/Rolff 2002, S. 30). Dabei kam der Region die Funktion einer Ressource für Unterstützungsleistungen zu, sodass nur von einer Annäherung an die Idee der Bildungslandschaft gesprochen werden konnte (vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 22). Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider:7 Die Autoren der Studie konnten einerseits zeigen, dass das Projekt zur Unterrichtsentwicklung beigetragen hat (z.B. größere Vielfalt von Lernformen; vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 30). Andererseits wurde deutlich, dass Ansätze zur Entwicklung Regionaler Bildungslandschaften noch wenig strukturiert waren. Als wichtige Bausteine einer Regionalisierung bzw. des Aufbaus Regionaler Bildungslandschaften, die erst allmählich als bedeutsam erkannt wurden, wurden derweil die Einrichtung eines regionalen Qualifizierungssystems, einer „Organisationsplattform“ bzw. eines „Regionalen Bildungsbüros“8 und eines Entwicklungsfonds identifiziert (vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 22; 30f). Ausgehend von den Ergebnissen der Studie benannten die Autoren zentrale Arbeitsfelder einer systematischen Weiterentwicklung der Projektidee: der Ausbau des regionalen Aspekts, der stärkere Einbezug der vorschulischen und außerschulischen Bildung und der Weiterbildung, die verstärkte Partizipation von Eltern, Schülern und Vereinen, eine systematische Personalentwicklung und eine veränderte kommunale Bildungspolitik, die äußere und innere Schulangelegenheiten auf der Basis eines kommunalen Leitbildes koordiniert (vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 31f). Das Projekt „Selbstständige Schule“ Für das Nachfolgeprojekt „Selbstständige Schule“ liegen ein Zwischenbericht (Lohre u.a. 2006) und ein Abschlussbericht (Holtappels u.a. 2008a) der wissenschaftlichen Begleitforschung sowie ein Abschlussbericht der Projektleitung 7
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Qualitativ: z.B. Berichte der Projektschulen und der Schulaufsicht; quantitativ: z.B. schriftliche Befragung von über 3000 Schülern. Der Begriff des „Regionalen Bildungsbüros“, der heute auch außerhalb des Projektkontextes verwendet wird, geht auf den Namen der in Herford eingerichteten Organisationsplattform für die Regionale Bildungslandschaft zurück (vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 22).
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(Lohre u.a. 2008) vor. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Begleitforschung standen dabei zwei zentrale Zielbereiche: die einzelschulische Unterrichts- und Qualitätsentwicklung und der Aufbau regionaler Schul- und Bildungslandschaften (vgl. Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 195). Dabei kam der Regionalisierung im Projektverlauf eine wachsende Bedeutung zu, da sich die Unterstützung schulischer Entwicklungsprozesse auf regionaler Ebene (z.B. geeignete Rahmenbedingungen und Steuerungsinstrumente) als zentral erwies (vgl. Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 195; dazu auch Lohre u.a. 2006). Im Hinblick auf das Ziel der Regionalisierung wurde der Schritt zur Regionalen Bildungslandschaft in einem Stufenschema dann als erreicht angesehen, wenn sowohl die Schulen als auch außerschulische Bildungs- und Erziehungseinrichtungen (z.B. im Elementarbereich oder in der Berufsvorbereitung) in ein gemeinsames regionales Netzwerk eingebunden waren.9 Insgesamt konnte die Begleitforschung zeigen, dass sich der Austausch zwischen den Schulen einer Region zwar verbessert hatte (vgl. Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 223), dass zwischen den einzelnen Regionen zum Teil jedoch signifikante Unterschiede bestanden. Der Weg zur Regionalen Bildungslandschaft wurde in den meisten Regionen noch als weit eingeschätzt (vgl. Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 223; auch Lohre u.a. 2006, S. 80; 2008, S. 119). Als positive Bedingungen für einen gelingenden Regionalisierungsprozessen wurden dabei identifiziert:
„Selbstverständnis als Region bzw. regionale Einheit Einbeziehung aller betroffenen Ebenen Regionales Leitbild bzw. Vereinbarung von Zielen Engagement von öffentlich wirksamen Personen Leitung der beteiligten Institutionen durch von der Sache überzeugte Personen Einrichtung einer Vermittlungs- und Serviceagentur quer zu bestehenden Strukturen Zuverlässig und gut erreichbare, als hilfreich erlebte Unterstützungsstrukturen (…)“ (Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 222).
Über den Aspekt der regionalen Entwicklung hinaus konnte die wissenschaftliche Begleitung zeigen, dass die Selbstständigen Schulen „im internen Management hoch entwickelt“ und „gut aufgestellt“ waren (vgl. Holtappels u.a. 2008a, 9
Stufe 1: Aufbau geeigneter Steuerungsstrukturen zur Überwindung der traditionellen Aufteilung „innerer“ und „äußerer“ Schulangelegenheiten; Stufe 2: Aufbau einer regionalen Schullandschaft, die durch ein regionales Angebot (z.B. Beratung, Fortbildung) bedarfsgerecht unterstützt wird; Stufe 3: Regionale Bildungslandschaft (vgl. Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008, S. 196f).
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S. 331). Darüber hinaus gab es Hinweise darauf, dass in den Projektschulen auch die Ebene des Unterrichts bzw. der Schülerinnen und Schüler erreicht werden konnte:
Die verbesserte Innovationsbereitschaft der Kollegien und eine vermehrte Kooperation unter den Lehrern beeinflusste zentrale Merkmale schulischer Qualität (z.B. eine differenzierte Lernkultur) (vgl. Holtappels u.a. 2008a, S. 331; 2008b, S. 321). Das Organisationslernen wirkte sich positiv auf das Klassenmanagement und die Individualisierung von Unterricht aus (vgl. Holtappels u.a. 2008a, S. 331). An den Selbstständigen Schulen zeigten sich Zusammenhänge zwischen dem Schulleitungshandeln, dem Entwicklungsstand der schulischen Evaluationskultur, der Unterrichtsqualität und einer verbesserten Leseleistung der Schüler (vgl. Holtappels u.a. 2008a, S. 332). Beim Leseverständnis deutete sich eine Verringerung der sozialen Ungleichheit im Hinblick auf die Herkunft der Schüler an (vgl. Holtappels u.a. 2008a, S. 332).
2.3.2 Netzwerkorientierte Entwicklungsvariante: Ergebnisse aus dem Programm „Lernende Regionen – Netzwerke gestalten“ Die wissenschaftliche Begleitung des Programms „Lernende Regionen – Netzwerke gestalten“ stellte im Jahr 2009 zentrale Ergebnisse vor (vgl. Tippelt u.a. 2009a). Dabei interessieren im Hinblick auf die Leitgedanken der Bildungslandschaft (vgl. 0) insbesondere Ergebnisse zur regionalen Netzwerkarbeit (Erfolgsfaktoren, Rolle von Schulen und Kommunen), Erkenntnisse zur Regionalentwicklung durch die Netzwerkarbeit und, im Hinblick auf die Förderung von Bildungsbiografien, Ergebnisse zum Themenfeld „Übergänge in Lern- und Bildungsphasen“. Erfolgsfaktoren für die Arbeit in regionalen Netzwerken Im Hinblick auf die Arbeit in regionalen Netzwerken wurde zunächst festgestellt, dass sich sowohl der Netzwerkansatz als auch der Ansatz der Regionalisierung bewährt haben (vgl. Strobel u.a. 2009, S. 133): Zum einen zeigte sich die Region als geeignete Ebene für die Verknüpfung verschiedener Lernformen, Lernorte und Bildungsbereiche, zum anderen konnten durch die Vernetzung von Akteuren
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Synergie- und Produktivitätsvorteile erzielt werden (vgl. Strobel u.a. 2009, S. 133). Strobel u.a. (2009) stellten abschließend ein Set von Erfolgsfaktoren vor, von denen sich jeder einzelne für den Gesamterfolg unverzichtbar zeigte: (1) die Netzwerkidentität (z.B. gemeinsame Ziele, gegenseitiges Vertrauen), (2) der Bezug zur Umwelt (z.B. Einbezug möglichst vieler regionaler Akteure), (3) die Adressierbarkeit bzw. zielgerichtete Ansprechbarkeit von Partnern und Nutzern (z.B. durch eine regionale Ausgangsdiagnose), (4) die Selbstorganisation auf der Basis klarer Regeln, (5) Systemvertrauen (z.B. durch Abbau von Konkurrenzdenken), (6) dauerhafte und tragfähige Kommunikationsstrukturen (z.B. regelmäßige Treffen, Arbeitsgruppen) und ein hohes Maß an zeitlicher Stabilität (z.B. kontinuierliche Netzwerkarbeit, geringe personale Fluktuation von Schlüsselpersonen). Als hinderlich wurden aus Sicht der Beteiligten am häufigsten Veränderungen in den Rahmenbedingung (z.B. durch Hartz IV) und Schwierigkeiten bei der Gewinnung bestimmter Partner, vor allem von Kommunen und Betrieben, wahrgenommen. (vgl. Strobel u.a. 2009, S. 148 - 150) Akteure im Netzwerk Die Analyse der Akteure im Netzwerk führte zur Identifikation von Netzwerkpartnern, die mit besonders vielen anderen Partnern vernetzt waren. Solche „Netzwerkknoten“ waren vor allem Weiterbildungseinrichtungen, Kommunen, Wirtschafts- und Unternehmensverbände bzw. Kammern und „regionale Initiativen“. Schulen dagegen befanden sich lediglich auf den hinteren Rangplätzen. (vgl. Reupold u.a. 2009b, S. 156) Während die Einbindung der Weiterbildungseinrichtungen in die Netzwerkarbeit insgesamt als gut gelungen bewertet wurde, stellte die wissenschaftliche Begleitung für die Kooperation mit Unternehmen und Kommunen trotz ihrer Knotenfunktion ein noch nicht ausgeschöpftes Kooperationspotenzial fest. Dabei wurde im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Transfer insbesondere die Bedeutung der Anbindung des Netzwerks an die Kommunalpolitik hervorgehoben. Eine zu große Dominanz der Kommunen wurde gleichzeitig jedoch als hinderlich wahrgenommen. (vgl. Reupold u.a. 2009b, S. 169f) Anders stellte sich die Situation für die Schulen im Netzwerk dar: Schulen waren zwar meist in die Netzwerkarbeit einbezogen, zeigten sich aber selten als Netzwerkknoten. Als Erklärung wurden insbesondere langwierige Entscheidungsprozesse an Schulen herangezogen, die als Hindernis bei der Netzwerkarbeit wahrgenommen wurden und die eine weitergehende Integration der Schulen erschwerten. Gleichzeitig zeigte sich, dass das Programm den Austausch der Schulen untereinander anstoßen konnte und dass gute Kontakte zur Schulverwal-
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tung (z.B. Schulamt) die Beteiligung an den Netzwerken erhöhte. Inhaltlich betrachtet, waren Schulen insbesondere in diejenigen Netzwerke integriert, die Übergänge fokussierten (z.B. Schule – Beruf, Kindergarten – Grundschule). (vgl. Forschungskonsortium Lernende Regionen 2004; Reupold u.a. 2009b) Handlungsfeld „Übergänge in Lern- und Bildungsphasen“ Der Bereich der Übergänge und ihres Managements konnte als bedeutsames Handlungsfeld der Netzwerke der Lernenden Regionen identifiziert werden (vgl. Reupold u.a. 2009a, S. 75). Insbesondere die Zusammenarbeit der Schulen untereinander bzw. mit anderen Einrichtungen zur Optimierung des Übergangs in Ausbildung und Beruf wurde häufig thematisiert (vgl. Reupold u.a.2009a, S. 70f). Als förderliche Faktoren einer gelingenden Netzwerkarbeit an Übergängen wurden dabei das Engagement der beteiligten Akteure, eine stabile Vertrauensbasis zwischen den Kooperationspartnern, gemeinsame Ziele, „systemische Regularien“ (z.B. Arbeitskreise, gemeinsame Veranstaltlungen) und eine Orientierung am regionalen Bedarf genannt. Hemmend wirkten sich dagegen nicht ausreichende Ressourcen für große Projekte, kurze Förderzeiträume oder die wenig kontinuierliche Unterstützung der Agentur für Arbeit aus. Auch „verkrustete Strukturen (z.B. in Schulen)“ und Konkurrenz zwischen Bildungseinrichtungen wurden als ungünstig beschrieben. (vgl. Reupold u.a. 2009a, S. 72 - 76) 2.3.3 Kooperationszentrierte Entwicklungsvariante: Das Forschungsprojekt „Lokale Bildungslandschaften“ Im Rahmen des Forschungsprojektes „Lokale Bildungslandschaften“ des Deutschen Jugendinstituts formulierten Mack u.a. (2006) anhand von Fallbeispielen förderliche Bedingungen und Perspektiven für den Aufbau von Bildungslandschaften in Kooperation von Jugendhilfe und Schule:
Es gibt einen kommunalen Konsens, dass Bildung als kommunale Aufgabe verstanden wird und dass sich die Kommune mit ihren Möglichkeiten für die Schaffung besserer Bedingungen einsetzt (vgl. Mack u.a. 2006, S. 79; auch Mack 2007, S. 31). Es gibt verbindliche Ziele, die von allen beteiligten Akteuren mitgetragen werden. Gleichzeitig gewährleisten partizipative Planungs- und Entscheidungsverfahren einen möglichst weitgehenden Konsens (vgl. Mack u.a. 2006, S. 79; Mack 2007, S. 32).
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Kommunale Jugend- und Bildungspolitik wird als „Chefsache“ verstanden und erfährt dadurch Aufmerksamkeit und Durchsetzungskraft (vgl. Mack u.a.2006, S.80; Mack 2007, S. 32). Die Akteure der verschiedenen Institutionen (v. a. Schule und Jugendhilfe, aber auch Sozialamt, Kulturamt u. a.) kooperieren auf unterschiedlichen Ebenen (z.B. auf Verwaltungs-, Leitungs- und Mitarbeiterebene) (vgl. Mack u.a. 2006, S. 79; Mack 2007, S. 32). Verbesserte Rahmenbedingungen erleichtern die Kooperation von Schule und Jugendhilfe auf kommunaler Ebene (z.B. die Zusammenlegung von Schulverwaltungsamt und Jugendamt, eine integrierte Schulentwicklungsund Jugendhilfeplanung, die Integration von Schul- und Jugendhilfeausschuss und die Einrichtung eines Bildungsbüros) (vgl. Mack u.a. 2006, S. 80f; Mack 2007, S.32f). Es gibt Verfahren der Qualitätssicherung, die sowohl Monitoring auf der Basis statistischer Daten als auch regelmäßige Evaluationen umfassen (vgl. Mack u.a. 2006, S. 82; Mack 2007, S. 33). Es gibt externe Unterstützung, beispielsweise in Form einer Teilnahme an Bundes- und Landesprojekten, von Wissenstransfer in (über)regionalen Netzwerken oder (gemeinsamen) Fortbildungen für die beteiligten Akteure (vgl. Mack u.a. 2006, S. 82).
Die integrierte Planung von Schulentwicklung und Jugendhilfearbeit wird im Rahmen der „Lokalen Bildungslandschaften“ zur Strategie: einerseits zur Erweiterung der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten im Bildungsbereich, andererseits für eine bessere Ausrichtung der Bildungsangebote an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen vor Ort (vgl. Mack u.a. 2006, S. 81). Als besondere Herausforderungen wurden im Rahmen der bisherigen Studien die Trennung von innerer und äußerer Schulaufsicht, Charakteristika der kommunalen Planung (separierte Planungshorizonte, wenig pädagogische Expertise) und fehlende Strategien im Hinblick auf Partizipation, soziale Durchmischung und Qualitätssicherung identifiziert (vgl. Deutsches Jugendinstitut, Juli 2009; Mack u.a. 2006, S. 80). Weitere Ergebnisse einer systematischen Erforschung lässt das Forschungsprojekt des Deutschen Jugendinstituts „Lokale Bildungslandschaften in Kooperation von Ganztagsschule und Jugendhilfe“ erwarten (vgl. Deutsches Jugendinstitut, Juli 2009).
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2.3.4 Ergebnisse kommunaler Bildungsberichterstattung Die immer zahlreicher erscheinenden kommunalen Bildungsberichte können als Ausdruck eines wachsenden Interesses von Kommunen an der Qualität von Bildungsinstitutionen und -prozessen vor Ort verstanden werden. Da ein Gesamtüberblick über die kommunalen Bildungsberichte deutscher Städte an dieser Stelle weder möglich noch sinnvoll ist, werden mit den Berichten der Städte Dortmund (Nordrhein-Westfalen), Osnabrück (Niedersachsen) und Ravensburg (Baden-Württemberg) exemplarisch drei, in ihrer Form sehr unterschiedliche Bildungsberichte betrachtet.10 Alle drei Berichte bieten einen datenbasierten Überblick über zentrale Bildungseinrichtungen bzw. -themen der jeweiligen Stadt. Entstehungskontext Die Bildungsberichte der Städte Dortmund und Ravensburg verweisen auf die Teilnahme an einem Projekt zum Aufbau Regionaler Bildungslandschaften (Dortmund: „Selbstständige Schulen“; Ravensburg: „Bildungsregion Landkreis Ravensburg“11), die als Anstoß für die Erstellung des Berichts diente. Für die Stadt Osnabrück gibt es keinen Hinweis auf einen entsprechenden Entstehungskontext. Auf der Basis eines erweiterten Bildungsbegriffs wurde hier das Ziel der „Vermessung“ der lokalen Bildungslandschaft formuliert, um daraus „Ansatzpunkte für eine kommunalpolitische Bildungsplanung zu ermitteln“ (Stadt Osnabrück 2007, S. 12). Methodischer Zugang Unterschiede zeigen sich auch beim methodischen Zugang. Während der Bericht der Stadt Ravensburg ausschließlich auf statistischen Daten der Stadt und des Landes aufbaut (vgl. Stadt Ravensburg 2009, S. 15), wurden in Dortmund und Osnabrück zusätzlich (quantitative) Befragungen durchgeführt: In Dortmund wurden Eltern und Schülern befragt, mit dem Ziel einen Sozialindex zu erstellen (vgl. Stadt Dortmund 2008, S.131 - 136). In Osnabrück richtete sich die Befra10
Im Folgenden wird aus Gründen der Lesbarkeit lediglich der Stadtname als Quellenverweis verwendet. Die ausführlichen Angaben befinden sich im Literaturverzeichnis: Stadt Ravensburg (2009); Stadt Dortmund, der Oberbürgermeister (2008); Stadt Osnabrück, der Oberbürgermeister (2007). 11 Der Bildungsbericht bezieht sich dagegen lediglich auf die Stadt Ravensburg.
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gung an die Einrichtungs- bzw. Schulleitungen, um auf diese Weise Strukturdaten, Einrichtungsinformationen, sowie Stärken und Problemlagen der Einrichtungen zu erheben (vgl. Stadt Osnabrück 2007, S. 31f). Bildungsbereiche Im Hinblick auf die untersuchten Bildungsorte bzw. –bereiche werden unterschiedliche Schwerpunkte sichtbar. In Dortmund stehen die allgemeinbildenden Schulen und die Situation am Übergang in die berufliche Bildung im Vordergrund. Ein systematischer Einbezug nonformaler (z.B. Kinder- und Jugendhilfe) und frühkindlicher Bildung findet nicht statt. (vgl. Stadt Dortmund 2008) Demgegenüber beziehen die Berichte der Städte Ravensburg und Osnabrück sowohl den frühkindlichen als auch den außerschulischen Bildungsbereich mit ein, wenngleich auch hier der Schwerpunkt auf dem schulischen Bereich liegt. (vgl. Stadt Osnabrück 2007; Stadt Ravensburg 2009) Empfehlungen Alle drei Berichte formulieren ausgehend von den analysierten Daten ein Fazit. Dabei zeigen sich Unterschiede in der Intention: Während der Bildungsbericht der Stadt Ravensburg zusammenfassend Stärken und Herausforderungen benennt, aber keine Empfehlungen ausspricht (vgl. Stadt Ravensburg 2009), verweisen die Berichte für Dortmund und Osnabrück nicht nur auf Problembereiche, sondern schlagen auch konkrete Handlungsschritte vor (vgl. Stadt Osnabrück 2007; Stadt Dortmund 2008). Trotz unterschiedlicher Hintergründe und Vorgehensweisen, die einen direkten Vergleich wenig sinnvoll machen, zeigen sich in den Empfehlungen bzw. Problembereichen Übereinstimmungen, die Hinweise auf grundlegende Schwierigkeiten des Bildungssystems bzw. kommunaler Bildungslandschaften geben können. Für die Städte Osnabrück (2007, S. 11) und Dortmund (2008, S. 24f) sind dies:
die Koordination der Aktivitäten an Übergängen im Bildungssystem, ein „zielgenauer“ (Dortmund) bzw. „selektiver“ (Osnabrück) Einsatz kommunaler Ressourcen und die Erarbeitung von Lösungen zur Vermeidung schulischen Scheiterns.
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2.4 Internationale Ansätze Der Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zeigt, dass die Suche nach einem Schulsystem, das den aktuellen Herausforderungen gewachsenen ist, auch in anderen europäischen Staaten vorangetrieben wird. Die Ansätze aus den Niederlanden („Vensterscholen“) und aus Großbritannien („Extended Schools“) (vgl. Baumheier/Warsewa 2007) machen dies ebenso deutlich wie die Beispiele aus Schweden und Italien (vgl. Mack u.a. 2006). Kennzeichnend für alle genannten Beispiele sind auch hier die Ideen des Netzwerks, der Orientierung an den individuellen Lebenslagen und Lernbiografien der Kinder und Jugendlichen und der gemeinsamen gesellschaftlichen Verantwortung für Bildung und Erziehung. Damit kann mit Blick auf die Definition und die Leitgedanken von Bildungslandschaften (vgl. 0) zunächst von vergleichbaren Ansätzen gesprochen werden. Während die „Vensterscholen“ in Groningen ihren Schwerpunkt dabei auf eine bessere Förderung aller Kinder im Stadtteil legen und eine „continuous line of learning and upbringing“ anstreben (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 80), zielen die „Extended Schools“ in Großbritannien in erster Linie auf die Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern durch qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und Unterstützung der Eltern bei Schulübergängen (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 86f). Ohne die verschiedenen Ansätze im Einzelnen zu beschreiben (vgl. dazu die ausführlichen Darstellungen von Mack u.a. 2006 und Baumheier/Warsewa 2007), geht es im Folgenden vorrangig um die Klärung von Voraussetzungen und Bedingungen für den Aufbau solcher Bildungslandschaften bzw. -netzwerke sowie um deren Organisation. Anstoß für Veränderungen in den Schulsystemen gaben in allen Beispielen soziale Faktoren: ungleiche Bildungschancen für Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten (NL)12, Verbesserung der konkreten Lebensbedingungen der Kinder (GB) bzw. ein zunehmender Druck auf die Sozialsysteme (S) (vgl. Mack u.a. 2006, S. 66 bzw. Baumheier/Warsewa 2007, S. 84; 86). Voraussetzungen Unterschiede im Hinblick auf die Initiierung von Veränderungsprozessen gibt es aufgrund der jeweiligen Organisation der Schulsysteme: In Schweden entwickelte sich im Rahmen einer grundlegende Reform ab den 1960er Jahren ein dezentralisiertes Bildungssystem, das die Kommunen sowohl mit Gestaltungsmöglich12
Zur leichteren Lesbarkeit erfolgt die Zuordnung zu einem bestimmten Projekt anhand des jeweiligen Landes: Großbritannien (GB), Niederlande (NL), Italien (I), Schweden (S).
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keiten (Finanzierung, Auswahl des Schulpersonals, Stundenplangestaltung) als auch mit erheblicher Verantwortung ausstattete (vgl. Mack u.a. 2006, S. 66). In den Niederlanden, die ebenfalls über ein dezentral organisiertes Schulsystem verfügen, haben die einzelnen Schulen einen großen Freiraum bei der Unterrichtsgestaltung und der Verteilung der Finanzmittel. Die hier beschriebenen „Vensterscholen“ wurden dabei auf kommunaler Ebene gegründet und erfuhren durch Vertreter der Kommunalpolitik erhebliche Unterstützung (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 82; 84). Eine deutliche kommunale Initiative zeigte sich auch in Turin (I), wo das Thema Bildung und Erziehung mit dem Beitritt zur „Associazione Internazionale delle Città Educative (AICE) auf die „kommunalpolitische Agenda“ gesetzt wurde (vgl. Mack u.a. 2006, S. 71). Während Baumheier und Warsewa (2007) in der dezentralen Organisation eine günstige Voraussetzung sehen, zeigt das Beispiel aus Großbritannien, dass auch über zentral gesteuerte Impulse, die den Kommunen Gestaltungsfreiräume lassen, Veränderungsprozesse im Hinblick auf eine lokale Vernetzung angestoßen werden können (Baumheier/Warsewa 2007, S. 84; 89). Aufbau, Verwaltung und Steuerung der Netzwerke Übereinstimmend kommt den Kommunen in allen Ansätzen eine zentrale Aufgabe bei der Steuerung und im Hinblick auf die Verantwortung für das lokale Bildungssystem zu. Unterschiede gibt es dagegen bei den einbezogenen Partnern. Während in den Niederlanden in erster Linie öffentliche Institutionen mit den Schulen kooperieren vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 80f), sind die „Extended Schools“ aufgefordert mit „lokalen privaten oder sozialen Dienstleistern zusammenarbeiten“ (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 90). Die internationalen Beispiele zeigen auch, dass zur Steuerung, Organisation und Verwaltung der ganz unterschiedlich entstandenen und funktionierenden Bildungsnetzwerke neue Stellen geschaffen wurden, die für die Koordination und Verwaltung zuständig sind: In Großbritannien wurden zur Entlastung der Schulleiter Koordinatoren eingestellt, die die Vernetzung der Schulen mit lokalen Partnern vorantreiben und neue Angebote entwickeln (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 91). In den Groningen (NL) gibt es an jeder „Schule“ einen „location manager“ zur Initiierung und Steuerung der Kooperation, darüber hinaus wurde auf kommunaler Ebene die Stelle einer Schulmanagerin geschaffen, die direkt der Leitung der Bildungsbehörde zugeordnet ist (vgl. Baumheier/Warsewa 2007, S. 83). Auch in Turin wurde ein offizielles Büro „Turin – erziehende Stadt“ eingerichtet, das für die Sammlung von Informationen und die
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Betreuung einer Datenbank zuständig ist und das als Ansprechpartner für Fragen und Unterstützung zur Verfügung steht (vgl. Dokument der Stadt Turin, zit. nach Mack u.a. 2006, S. 77). Die Beispiele zeigen, dass in der Bildungspolitik anderer europäischer Länder bereits stärker und systematischer auf die kommunale Ebene gesetzt wird. Dies gilt insbesondere dort, wo ein dezentral organisiertes Schulsystem den Kommunen Freiräume und Verantwortung in der Bildungspolitik überträgt. Zusammenfassend können übereinstimmend mit den Ideen der in Deutschland entstanden Bildungslandschaften zwei zentrale Charakteristika hervorgehoben werden: (1) die Einbindung der Schulen in Netzwerke und (2) das Ziel der Förderung von Kindern und Jugendlichen aller sozialen Schichten bzw. der Verbesserung der konkreten Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen vor Ort. 2.5 Zusammenfassung Ausgehend von den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und den damit verbundenen Erwartungen an das Bildungssystem zeigte das Kapitel im ersten Abschnitt anhand von drei Entwicklungsansätzen auf, welche Anstrengungen auf lokaler Ebene unternommen wurden bzw. werden, um die Qualität des Bildungsangebots für die Kinder und Jugendlichen (perspektivisch für alle Bürgerinnen und Bürger) zu verbessern. Über diese verschiedenen Ansätze hinweg wurden schließlich zwei übergreifende, zentrale Gedanken herausgearbeitet, die im Folgenden als konstitutiv für den Aufbau von Bildungslandschaften betrachtet wurden bzw. werden: der Aufbau von Netzwerkstrukturen und die Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen (perspektivisch: aller Lernenden). Die daran anschließende Definition betonte, dass Bildungslandschaften gleichzeitig aber mehr sind als Netzwerke und Kooperationsverbünde: sie zeichnen sich darüber hinaus durch ihre regionale Zielsetzung, einen gemeinsamen Entwicklungsprozess aller Beteiligten und eine systematischer und stärker organisierte, teilweise auch verrechtlichte Form aus (vgl. Minderop/Solzbacher 2007, S. 4). Unterschiede zeigten sich im Vergleich der Entwicklungsansätze vor allem im Hinblick auf die Gewichtung und das Zusammenspiel der Akteure, insbesondere dem Einfluss von Kommunen, Schulen und Schulaufsicht. Ungeklärt blieb daher die Frage nach der Bedeutung und Stellung der Schulen im Netzwerk: Während der schulzentrierte Ansatz der „Regionalen Bildungslandschaften“ die Schulen in den Mittelpunkt stellte, waren die Schulen im netzwerkorientierten Ansatz der „Lernenden Regionen“ lediglich ein Partner unter vielen. Der kooperationszentrierte Ansatz der „Lokalen Bildungslandschaften“ setzte einerseits an kommunalen Strukturen und der Gestaltung
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des kommunalen Raums an, zielte aber gleichzeitig auch auf eine Gestaltung der Schule als „Lern- und Lebensort“ (Maykus 2007, S. 44). Ausgehend von den oben genannten Leitgedanken wurden die Bildungslandschaften im zweiten Abschnitt in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion verortet. Da eine eigene Theorie der Bildungslandschaften bislang nicht vorliegt, wurden drei theoretische Bezugspunkte beschrieben:
Aus der Governance-Perspektive betrachtet, wurde deutlich, dass die Entstehung von Bildungslandschaften im kommunalen bzw. regionalen Kontext als Teil einer Entwicklung verstanden werden kann, in der die staatliche Detailsteuerung zurückgeht und die dezentralen Ebene (Schulen, Kommunen) an Bedeutung bzw. an Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten gewinnt. Während dies in anderen Staaten bereits auf Schulsystemebene realisiert wurde (vgl. 2.4), zeigte sich anhand der Beispiele, dass die in Deutschland entstandenen Bildungslandschaften auf regionaler bzw. kommunaler Ebene neue, intermediäre Steuerungsformen entwickelten, die auf Kooperation und Netzwerkarbeit basierten. Dabei wurde insbesondere der Kooperation von Schulträgern und Schulaufsicht eine zentrale Bedeutung beigemessen. Aus der Perspektive der Bildungsgangforschung, die wie die Bildungslandschaften die Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen thematisiert, konnten zwei Fragen an den Aufbau von Bildungslandschaften gestellt werden: (1) die Frage nach der Gestaltung von Lernumgebungen, die es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, dem schulischen Unterricht biografisch bedeutsamen Sinn zuzuschreiben (vgl. Koller 2008) und (2) die Frage nach der Vernetzung von Bildungseinrichtungen des lokalen Schulsystems, damit möglichst bruchlose Übergänge im Interesse der Kinder und Jugendlichen gelingen können. Ausgehend von den Lernprozessen der Kinder und Jugendlichen wurde dabei der Blick über formelle schulische Lernprozesse hinaus geöffnet, sodass sich für die Bildungslandschaft die Frage nach einer Integration formeller und informeller Bildungsbereiche und ihrer –institutionen stellte. Außerdem rückten mit dem Fokus auf die individuellen Lernprozesse auch die (unterschiedlichen) Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen in den Blickpunkt: Wenn unterschiedliche soziale Räume die Entwicklung bzw. die Chancen von Kindern und Jugendlichen unterschiedlich – positiv wie auch negativ – beeinflussen können (vgl. Mack 2007, S. 20), dann ist die Bildungslandschaft aufgefordert, diesen unterschiedlichen Voraussetzungen mit sozialräumlich ausgerichteten Ansätzen zu begegnen (vgl. Mack 2007, S. 20f).
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Bildungslandschaften Mit der Schulentwicklung wurde darüber hinaus ein Ansatz aufgenommen, der der Bedeutung der Einzelschule im Schulsystem Rechnung trägt (vgl. Fend 1986). Im Hinblick auf die Leitgedanken der Bildungslandschaften sind die einzelnen Schulen sowohl beim Aufbau von Vernetzungsstrukturen (z.B. systematische Zusammenarbeit mit schulischen und anderen Kooperationspartnern) als auch bei der Gestaltung von Lernumgebungen, die sich an den Bildungsbiografien der Lernenden orientieren, gefordert. Die Bildungslandschaft kann den Einzelschulen dabei als Unterstützungsstruktur bei der Weiterentwicklung der Schule und des Bildungssystems vor Ort dienen (vgl. beispielsweise die Idee der „Selbstständigen Schulen“). Inwiefern sie die Autonomie der Einzelschulen auch beschneiden und damit in Konkurrenz zu den erworbenen Freiräumen treten kann, ist bislang nicht geklärt.
Der dritte Abschnitt zeigte anhand von empirischen Ergebnissen, dass die Projekte zum Aufbau von Bildungslandschaften je nach Entwicklungsansatz unterschiedliche Stärken entwickeln konnten. Legt man die Leitgedanken der Vernetzung und der Orientierung an den Bildungsbiografien zugrunde, wird deutlich, dass die Ansätze je nach Ausgangspunkt zwar unterschiedliche Wege nahmen, perspektivisch aber – nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse der Begleitforschung – zu ähnlichen Entwicklungen führten. Gleichzeitig können die Ergebnisse eines Projektes wichtige Anhaltspunkte für die (Weiter-)Entwicklung anderer Bildungslandschaften geben. Dabei zeigten sich über die verschiedenen Ansätze hinweg vor allem folgende Elemente eines gelingenden Aufbaus von Bildungslandschaften:
das Engagement öffentlich wirkender Personen; die Ausrichtung an gemeinsamen Zielen und die Identifikation der Akteure mit dem gemeinsamen Ziel; die Ausrichtung der Arbeit an der spezifischen lokalen Situation; der Aufbau dauerhafter Strukturen, die Kommunikation erleichtern, Transparenz schaffen und Unterstützung ermöglichen: o sowohl die Einrichtung eines ‚organisatorischen Kerns’ für Moderations- und Koordinationsaufgaben (Minderop/Solzbacher 2007, S. 4), beispielsweise eines „Bildungsbüros“ (vgl. Bastian/Rolff 2002, S. 22) o als auch der Aufbau neuer Formen der Abstimmung und Steuerung im Bildungsbereich, die alle relevanten Akteure einbeziehen (z.B. Kommune, Schule, Schulaufsicht) und die Einführung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung (z.B. Monitoring und Evaluation).
Bildungslandschaften
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Kaum thematisiert wurde in den bisherigen Untersuchungen, die eher Steuerungsfragen in den Vordergrund stellten, die Frage nach der Wirksamkeit der Bildungslandschaft im Hinblick auf die Lernprozesse der Lernenden. Lediglich im Projekt „Selbstständige Schulen“ wurden Auswirkungen auf die Ebene des Unterrichts untersucht. Hier deutete sich ein positiver Einfluss auf die Innovationsbereitschaft der Kollegien, auf den Unterricht (v.a. Individualisierung und Klassenmanagement) und auf die Leseleistungen der Schüler (v.a. Verringerung der sozialen Ungleichheit) an (vgl. Holtappels 2008a). Will sich die Bildungslandschaft als Steuerungsebene im Bildungssystem dauerhaft etablieren, wären aber gerade hier weitere Ergebnisse von Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die von den Bildungslandschaften häufig thematisierten Punkte: die hohe Zahl von Bildungsverlierern im Schulsystem und die Übergange von der Schule in die berufliche Ausbildung.
3 Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
Bildungsexpansion, kulturelle Modernisierung, neue Technologien und eine konsequent vorangetriebene Rationalisierung führten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem Rückgang des Arbeitsvolumens einerseits und einer Ausweitung und Flexibilisierung der Arbeitszeiten andererseits (vgl. Brock 1991). Diese veränderten Arbeitsmarktbedingungen und die damit einhergehende Aufweichung des Normalarbeitsverhältnisses als Bezugspunkt beruflicher Ausbildungsanstrengungen (vgl. Brock 1991, S. 18) führten auch in Deutschland, wo der Übergang in den Beruf im internationalen Vergleich als relativ stark reguliert und robust galt (vgl. Hillmert 2006, S.10), zu bedeutenden Instabilitäten am Übergang von der Schule in die Berufstätigkeit. Insbesondere die Engpässe auf dem Lehrstellenmarkt und die zunehmend komplexen Wege in Ausbildung und Beruf rückten die Übergänge im Anschluss an die allgemeinbildende Schule in den Blick der deutschen Übergangsforschung. Diese befasst sich seit dem Ende der 1970er-Jahre mit dem Übergang in das Beschäftigungssystem und seinen teilweise einschneidenden sozialen Folgen für die Betroffenen (vgl. Brock 1991, S. 9). Im Folgenden liegt der Fokus auf Übergängen in Ausbildung. Dabei wird zunächst fragt, welche Ansätze zur Beschreibung von Übergängen in verschiedenen Disziplinen vorliegen (vgl. 3.1), dann folgt ein Exkurs zum beruflichen Bildungssystem in Deutschland (vgl. 3.2). Dieser dient als Hintergrundfolie für die Interpretation der empirischen Ergebnisse, die im Abschnitt 3.3 dargestellt werden. Abschließend werden die zentralen Gedanken und Aspekte des Kapitels zusammengefasst und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gestaltung kommunaler bzw. regionaler Bildungslandschaften beleuchtet (vgl. 3.4). 3.1 Übergänge Im Bildungsbereich wird der Begriff des Übergangs meist in Zusammenhang mit dem Wechsel von Bildungsinstitutionen verwendet (vgl. Ilg/Weingardt 2007, S. 19). Typische Beispiele sind der Eintritt ins formale Schulsystem, der Wechsel C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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von der Grundschule in eine weiterführende Schule oder die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung im Anschluss an die allgemeinbildende Schule (vgl. Tippelt 2004; 2007). Darüber hinaus sind Übergänge jedoch weder auf Bildungsinstitutionen noch auf die schulischen Lebensjahre beschränkt (vgl. Tippelt 2004; 2007). Sie erstrecken sich über die gesamte Lebensspanne und umfassen neben Übergängen im Kontext von Bildung und Ausbildung auch Übergange in anderen Lebensbereichen: z.B. den Übergang von der Jugend zum Erwachsensein, von der Partnerschaft zur Elternschaft oder von der Berufstätigkeit ins Rentenalter (vgl. Griebel 2004, S. 26). Im Folgenden werden Übergänge aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen beschrieben und auf den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zugespitzt. Ausführlich dargestellt werden:
der Ansatz der Statuspassagen, der auf Glaser und Strauss (1971) zurückgeht und auf soziologischen Studien aufbaut (vgl. 3.1.1); der Transitionsansatz als Forschungsgegenstand der Soziologie und Sozialpsychologie, der im deutschsprachigen Raum insbesondere durch H. Welzer (1990; 1993) aufgegriffen wurde (vgl. 3.1.2); das Transitionskonzept von Griebel (2004; 2008), der den ökopsychologischen Ansatz nach Bronfenbrenner, die Stressforschung, die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne und das Konzept der kritischen Lebensereignisse zugrunde legt (vgl. 3.1.3); der systemtheoretische Ansatz von Bührmann (2008), der Ergebnisse ganz unterschiedlicher Forschungsbereiche und -disziplinen aufnimmt (u.a. die Übergangs- und Verbleibsforschung, die betriebliche Sozialisationsforschung und die Stress- und Belastungsforschung) und zu einer systemischen Betrachtung zusammenführt (vgl. 3.1.4).
Nicht vertieft wird der Ansatz des französichen Ethnologen van Gennep, der den Übergang als Ritus („rites des passage“) beschreibt, da dieser in modernen Gesellschaften weitgehend vom Konzept der Statuspassage abgelöst wurde (vgl. Friebertshäuser 2005, S. 128f; auch Walther 2000, S. 51). 3.1.1 Der Übergang als Statuspassage Das von Glaser und Strauss entwickelte Konzept der Statuspassage (vgl. u.a. Glaser/Strauss 1971) wurde vor dem Hintergrund der ethnologischen Forschung (z.B. van Gennep) entwickelt und nimmt Übergänge von einem gesellschaftli-
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chen Status in einen anderen in den Blick (vgl. Tosana/Faulstich-Wieland 2005, S. 151). Dabei wird der Status als sozialer Zustand eines Individuums in einem sozialen System verstanden (z.B. Student/Studentin, Schüler/Schülerin), die Statuspassage dagegen als Übergang von einem Zustand in einen anderen (z.B. vom Schüler bzw. Studenten zum Absolventen). Übergänge lassen sich damit als „Bewegungssequenzen von normativ definierten Lebensabschnitten in andere“ (Bührmann 2008, S. 23) bezeichnen, die sowohl Anforderungen an die Gesellschaft als auch an die Individuen, die Übergänge zu bewältigen haben, selbst stellen (vgl. Bührmann 2008, S. 24). Stauber und Walther (2004) vergleichen die Statuspassage mit dem Bild einer Schleuse: „Zur Überbrückung von Höhenunterschieden in einem Flusslauf wird ein Schiff in eine Wasserkammer gelotst, diese hermetisch abgeschlossen und dann durch Zuführung von Wasser (Bildung, Arbeitsplatz) auf das höhere Niveau gehievt.“ (Stauber/Walther 2004, S. 52) Den Schleusenwärtern („Gatekeeper“) kommt dabei die Funktion zu, den Übergängern verschiedene Lebenslaufbahnen zuzuweisen. Dabei können sie Übergänge nach oben ebenso einleiten wie Übergänge nach unten (z.B. durch die Feststellung mangelnder Ausbildungsreife und die Überweisung ins System der Jugendberufshilfe) (vgl. Stauber/Walther 2004, S. 52). Aktuell werden folgende Kennzeichen von Statuspassagen beschrieben (vgl. Bührmann 2008, S. 24; Tosana/Faulstich-Wieland 2005; S. 152): 1.
2.
Moderne Statuspassagen sind stark individualisiert. Sie sind im Vergleich zu den „rites de passage“ weniger vorbestimmt und rituell geregelt, sondern müssen vom Einzelnen „weitgehend in eigener Regie“ (Bührmann 2008, S. 24) vollzogen werden. Der Einzelne ist damit zur aktiven Mitgestaltung seiner Übergänge aufgefordert und verantwortet diese mit. Trotzdem wird davon ausgegangen, dass sich auch in den individualisierten Statuspassagen moderner Gesellschaften gesellschaftliche Reproduktion vollzieht (vgl. Tosana/Faustich-Wieland 2005, S. 152). Moderne Stauspassagen sind durch Pluralität und Gleichzeitigkeit gekennzeichnet. Dabei wird Pluralität als Ausdifferenzierung und Vervielfachung von Möglichkeiten verstanden, während der Aspekt der Gleichzeitigkeit auf die Überlappung von Übergängen in verschiedenen Lebensbereichen hinweist und zu einer „permanenten Veränderungsanforderung an die Subjekte“ führt (vgl. Bührmann 2008, S. 24).
Am Übergang in den Beruf hat die zunehmende Individualisierung und Pluralisierung zur Folge, dass kollektive Muster im Sinne eines Normallebenslaufes kaum mehr zur Verfügung stehen und dass Entscheidungen angesichts der Wahlmöglichkeiten immer mehr selbst verantwortet werden müssen. Darin lie-
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gen für den Einzelnen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken, da viele nur scheinbar unter vermehrten Möglichkeiten wählen können. (vgl. Stauber/Walther 2004, S. 58; Walther 2006, S. 38) Angesichts der zunehmenden Unsicherheit an Übergängen – insbesondere am Übergang in Arbeit – geriet das Konzept der Statuspassage, das häufig mit der Vorstellung von „(sozial)technologischer Machbarkeit“ und mit Normalitätsannahmen verbunden ist, in die Kritik (vgl. Stauber/Walther 2004, S. 53; dazu auch Heinz 1995, S. 6613). Insbesondere dort, wo einst lineare und institutionell abgesicherte Statuspassagen zu Übergängen auf Dauer werden (z.B. in Warteschleifen am Übergang von der Schule in den Beruf), eignet sich das Bild der Schleuse, das die Idee der Statuspassage beschreibt, nicht mehr. Stauber und Walter schlagen für den Übergang in Ausbildung und Beruf bzw. in das Erwachsenenleben daher das Bild des „Yoyos“ vor. (vgl. Stauber/Walther 2004; Walther 2006; Stauber u.a. 2007) Darin kommt zum Ausdruck, dass sich Übergänge aus Teilübergängen zusammensetzen, die häufig reversibel sind: „Schritte in Richtung Erwachsenenstatus“ werden also getan und können später teilweise zurückgenommen werden; gleichzeitig werden junge Menschen in manchen Lebensbereichen noch als Jugendliche behandelt, während sie in anderen schon einen Erwachsenenstatus erreicht haben (vgl. Walther 2006, S. 38). Aufgrund der Kritik am Konzept der „Statuspassage“ wird aktuell zunehmend von „Übergängen“ gesprochen. Dabei schwingt im neuen Begriff auch die veränderte Wahrnehmung von Übergängen mit, und zwar im Sinne einer Zunahme von Ungewissheit in Dauer und Richtung sowie im Sinne einer aktiven Mitwirkung der Übergänger selbst (vgl. Stauber u.a. 2007, S.24). 3.1.2 Der Transitionsansatz nach Welzer Im deutschsprachigen Raum wurde der Transitionsansatz insbesondere durch Welzer (1990; 1993) aufgegriffen und weitergeführt. Konkrete Anwendung fand er in Studien zu Übergangsprozessen von Hochschulabsolventen (vgl. Welzer 1990) und in Einzelfallanalysen der Transitionsprozesse ehemaliger DDRBürger (vgl. Welzer 1993). Unter Transitionen versteht Welzer Übergänge im Lebenslauf bzw. den Wechsel „von Individuen aus eingelebten Lebensabschnitten und -zusammenhängen in andere“ (Welzer 1993, S. 8). In Abgrenzung zum Konzept der Statuspassage, das er angesichts der häufigen Veränderungsaufgaben nur noch als 13
Heinz (1995, S. 64) geht davon aus, dass die „Denkfigur der Normalbiographie“ in der Bundesrepublik nur in der Periode des Wirtschaftswachstums der 1950er und 1960er Jahre der Realität entsprochen hat.
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begrenzt tauglich einschätzt, beschreibt Welzer Transitionen als „sozial prozessierte, verdichtete und akzelerierte Phasen in einem in permanentem Wandel befindlichen Lebenslauf“ (Welzer 1993, S. 37). Während Adams und Hopson (1976, zit. nach Bührmann 2008) ein Phasenmodell der Transitionen auf der individuellen Ebene entwickelten, wandte sich Welzer verstärkt den sozialen Prozessen zu und berücksichtigte insbesondere das gesellschaftliche und persönliche Umfeld des Übergängers sowie dessen Biografie (vgl. Welzer 1993, S. 37; Bührmann 2008). Ausgehend von diesem Verständnis betrachtet die Transitionsforschung, die Welzer der Soziologie und Sozialpsychologie bzw. der Lebenslaufforschung zuordnet, zwei Ebenen von Übergängen (vgl. Welzer 1993; Bührmann 2008, S. 26; 29):
die Ebene der sozialen Prozesse bzw. der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen, in die der einzelne Transitionsprozess eingebettet ist (z.B. Arbeitsmarktlage, Familie, Freunde) und die Ebene des individuellen Handlungs- und Bewältigungsvermögens (z.B. Bewerbungsstrategien).
Im Unterschied zur Statuspassage, die Bewegungssequenzen von einem normativ definierten Lebensabschnitt in einen anderen beschreibt, lassen sich Ausgangs- und Zielpunkt der Transition nicht mehr genau bestimmen. Vielmehr gehen Bewegungssequenzen ineinander über – überblenden sich. (vgl. Welzer 1993, S. 36f) So kann beispielsweise der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung bereits während der Schulzeit beginnen, wenn der Jugendliche Bewerbungen verschickt oder Praktika in einem Betrieb absolviert oder erst mit dem Erhalt des Abschlusszeugnisses. Entsprechend kann der Abschluss sehr schnell erfolgen, wenn der Jugendliche direkt eine Ausbildung beginnt und sich rasch auf die neuen Anforderungen einstellen kann (z.B. weil er bereits im Betrieb mitgearbeitet hat). Gleichzeitig kann sich der Abschluss des Übergangs aber auch hinauszögern, wenn der Jugendliche Wartezeiten in Form von berufsvorbereitenden Maßnahmen oder Arbeitslosigkeit hinnehmen muss.14 3.1.3 Das Transitionskonzept von Griebel Griebel legt seinem Transitionskonzept den ökopsychologischen Ansatz nach Bronfenbrenner, die Stressforschung, die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne und das Konzept der kritischen Lebensereignisse zugrunde legt (vgl. 14
Beispiel analog zu Bührmann (2008, S. 29), der den Übergang von der Hochschule in die Erwerbtätigkeit thematisiert.
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Griebel 2004; 2008). Transitionen werden hier in erster Linie als Entwicklungsaufgaben betrachtet. Sie gelten dann als abgeschlossen, wenn auch die zugehörigen Entwicklungsaufgaben bewältigt wurden und eine erfolgreiche Reorganisation der Passung zwischen dem Einzelnen und seiner Umgebung stattgefunden hat (vgl. Griebel 2004, S. 34; 2008). Griebel, der das Transitionskonzept Untersuchungen zum Eintritt in die Grundschule zugrunde legte, unterscheidet dabei drei Ebenen von Anforderungen (vgl. Griebel 2004, S. 34):
eine individuelle Ebene (z.B. Bewältigung starker Emotionen wie Vorfreude, Neugier, Angst), eine interaktionale Ebene (z.B. Aufnahme neuer Beziehungen, beispielsweise zu Lehrern und Mitschülern) und eine kontextuelle Ebene (z.B. die Integration der Lebensbereiche Familie und Schule.
Darüber hinaus führt Griebel (2004) den Begriff der „Schutzfaktoren“ als Ressourcen für eine erfolgreiche Bewältigung von Übergängen ein. Diese lassen sich wiederum den oben genannten Ebenen zuordnen: z.B. ein positives Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen als „biologische Schutzfaktoren“; stabile emotionale Beziehungen und warmes Erziehungsklima als „familienbezogene Schutzfaktoren“ und ein guter sozioökonomischer Status und positive Erfahrungen in Schule und Kindergarten als „kontextuelle Schutzfaktoren“ (vgl. Griebel 2004). „Transitionskompetenz“ benötigen nach Griebel folglich nicht nur die Übergänger selbst15, sondern auch die am Übergang beteiligten Akteure (vgl. Griebel 2004, S. 38). 3.1.4 Der Übergang aus systemtheoretischer Perspektive Bührmann (2008) legt seiner Arbeit zum Übergang von der Hochschule in den Beruf eine systemische Betrachtungsweise von Übergängen zugrunde, die er aus der Personalen Systemtheorie sowie aus Ansätzen im Bereich der Berufs- und Laufbahnberatung und des Übergangscoachings herleitet (vgl. Bührmann 2008, S. 34 - 38). Dabei geht er von folgenden Annahmen aus (vgl. Bührmann 2008, S. 39 - 42):
15
Im Beispiel von Griebel (2004) ist dies das Kind am Eintritt ins Schulsystem.
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Soziale Systeme setzen sich aus beteiligten Individuen zusammen. Der Übergang bringt für den Absolventen einen Wechsel der Systemelemente mit sich. Die Personen im Übergang werden als handelnde Subjekte gesehen, die sich Gedanken über sich und andere Personen machen. Der Übergang bedeutet für den Übergänger daher eine Veränderung subjektiver Deutungen. Das Verhalten von sozialen Systemen ist durch wiederkehrende Verhaltensmuster (z.B. Regeln, Regelkreise) bestimmt. Beim Übergang muss der Übergänger die Regeln des alten Systems ablegen und sich die des neuen Systems aneignen. Soziale Systeme grenzen sich von ihrer Umwelt ab. Der Übergang fällt umso leichter, je mehr die beiden Systeme miteinander verzahnt sind. Soziale Systeme entwickeln sich. Mit dem Eintritt in das neue System ändern sich nicht nur der Übergänger und seine Deutungen; auch das Umfeld verändert sich.
Eine systemtheoretische Perspektive betrachtet Übergange damit weder linearkausal noch losgelöst von sozialen Prozessen, sondern richtet den Blick auf das Zusammenwirken einzelner Personen, ihrer subjektiven Deutungen, ihrer sozialen Regeln und Regelkreise, ihrer Umwelt (material und sozial) und die bisherigen Entwicklungen (vgl. Bührmann 2008, S. 42). 3.1.5 Zwischenfazit Für die Beschreibung des Übergangs in Ausbildung wird im Folgenden vor allem auf die ersten beiden Ansätze zurückgegriffen: den Ansatz der Statuspassage (vgl. 3.1.1) und den Transitionsansatz von Welzer (vgl. 3.1.2). Die Stärke des Transitionskonzepts von Griebel (vgl. 3.1.3) und der systemtheoretischen Perspektive von Bührmann (vgl. 3.1.4), die viele der dort genannten Merkmale aufgreifen, wird dagegen im Hinblick auf die Gestaltung des Übergangs in Ausbildung gesehen. Ausgehend von den oben beschriebenen Ansätzen werden für den Übergang in Ausbildung damit folgende Merkmale angenommen:
Übergänge in Ausbildung werden als prozesshaft verstanden. Sie umfassen sowohl soziale Prozesse (z.B. Integration in einen Betrieb) als auch individuelle Prozesse (z.B. Treffen einer Berufsentscheidung). Dabei ist ihr Beginn und ihr Abschluss nicht immer genau zu bestimmen (z.B. Prozesscharakter der Berufsorientierung) (vgl. 3.1.2).
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Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Übergänge in Ausbildung und Erwerbstätigkeit verlaufen parallel zu anderen Übergängen (z.B. Übergang in den Erwachsenenstatus) und sind (teilweise) reversibel (z.B. Abbruch einer Ausbildung und Besuch einer berufsvorbereitenden Maßnahme, Anschluss eines Studiums; vgl. das dazu Bild des „Yoyos“ in Abschnitt 3.1.1). Damit können sich Übergänge in Ausbildung und Erwerbstätigkeit zum einen in die Länge ziehen, zum anderen können sich parallel verlaufende Übergänge gegenseitig beeinflussen oder behindern (z.B. fehlende finanzielle Selbstständigkeit behindert den Übergang in den Erwachsenenstatus). Übergänge in Ausbildung sind durch Individualisierung und Pluralisierung gekennzeichnet. Die Jugendlichen müssen ihre Übergangswege also (zumindest teilweise) selbst gestalten und verantworten. Dabei gibt es einerseits eine Fülle von Möglichkeiten, andererseits stehen diese Möglichkeiten aber nicht allen offen (vgl. die Vorstellung vom „Gatekeeper“ in Abschnitt 3.1.1). Durch die Aufweichung des Normalarbeitsverhältnisses bzw. des Normallebenslaufs und die Möglichkeit, dass auch Übergänge nach unten eingeleitet werden können (vgl. Stauber/Walther 2004), werden Übergänge in Ausbildung und Erwerbstätigkeit für den Einzelnen damit auch risikoreicher.
Konkrete Hinweise für die Gestaltung von Übergängen geben vor allem die Ansätze von Bührmann (vgl. 3.1.4) und Griebel (vgl. 3.1.3), die abschließend auf den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zugespitzt werden:
Der systemtheoretische Ansatz (Bührmann 2008) geht davon aus, dass Übergänge dann gelingen können, wenn eine enge Verzahnung der Systeme existiert. Übertragen auf den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung kann dies bedeuten, dass eine enge Zusammenarbeit von allgemeinbildender Schule und dem System der beruflichen Ausbildung (z.B. Betriebe, Berufliche Schulen, Agentur für Arbeit) dazu beitragen kann, dass Übergange in Ausbildung gelingen. Aus systemtheoretischer Sicht könnten die Übergänger durch eine Verzahnung der Systeme bereits im alten System (hier: Schule) Elemente und Regeln des neuen Systems (hier: Berufsschule und Betrieb) kennenlernen und ihre subjektiven Deutungen im Hinblick auf eine zukünftige Integration in das neue System langsam verändern. Griebel (2004; 2008) formuliert „Schutzfaktoren“ als Ressourcen einer erfolgreichen Bewältigung von Übergängen. Während er einerseits davon ausgeht, dass die Übergänger ihre Transitionen, verstanden als Entwicklungsaufgaben, selbst bewältigen müssen, sieht er andererseits eine Verantwortung des Umfeldes. Daraus lässt sich nicht zuletzt ein pädagogischer
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Auftrag zur Gestaltung und Begleitung von Übergängen ableiten. Übertragen auf den Übergang in Ausbildung könnten die Aufgaben von Lehrern, Eltern und anderen Akteuren am Übergang folgendermaßen formuliert werden: die Förderung eines positiven Selbstwertgefühls und die Vermittlung positiver Erfahrungen in Schule und Ausbildung sowie die Gewährung von Unterstützung und Rückhalt in Entscheidungssituationen. 3.2 Exkurs: Das deutsche Berufsbildungssystem Unter dem Begriff der Berufsbildung bzw. der beruflichen Bildung werden in Deutschland in der Regel die institutionalisierten Lern- und Ausbildungsprozesse unterhalb der Hochschulebene verstanden, die zwischen dem Abschluss der allgemeinbildenden Schule und dem Eintritt in die Erwerbstätigkeit liegen (vgl. Baethge/Wieck 2006, S. 165; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 2; Baethge u.a. 2007, 13). Dieses institutionell und funktional sehr heterogene System von Ausbildungsgängen lässt sich insgesamt in drei Teilsysteme gliedern (vgl. BMBF 2003; Baethge/Wieck 2006, S. 165; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 79; Baethge u.a. 2007, 13f):
Im dualen Ausbildungssystem wird eine betriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (BBiG, HwO) durch den Unterricht an einer Teilzeitberufsschule begleitet. Das Schulberufssystem umfasst Ausbildungen in gesetzlich anerkannten Berufen (BBiG, HwO), die in vollzeitschulischer Form erfolgen und in alleiniger Verantwortung des Ausbildungsträgers durchgeführt werden. Zum Übergangssystem (vgl. Baethge u.a. 2007, Konsortium für Bildungsberichterstattung 2006) oder Chancenverbesserungssystem (vgl. BMBF 2003), gehören Bildungsangebote, die nicht zu einem anerkannten Ausbildungsabschluss führen, sondern auf eine Verbesserung der individuellen Kompetenzen, beispielsweise des Allgemeinbildungsniveaus, zielen (vgl. Baethge/Wieck 2006, S. 166; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 79; Baethge u.a. 2007, S. 14). Ziel der Bildungsgänge des Übergangssystems, die sowohl Maßnahmen außerschulischer Träger (z.B. der Bundesagentur für Arbeit) als auch schulische Bildungsgänge umfassen, ist es damit, die Jugendlichen zur Aufnahme einer Ausbildung, unter Umständen auch einer Beschäftigung, zu befähigen (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 14; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 79). Insgesamt werden unter dem Begriff des Übergangssystems Bildungsgänge sehr unterschiedlicher
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Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Qualität zusammengefasst (vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S. 81). Baethge u.a. (2007, S. 22f) unterscheiden dabei drei Bereiche: 1. Berufsfachschulen, die keinen beruflichen Abschluss vermitteln (Ziel: Erfüllung der Berufsschulpflicht oder Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses); 2. Berufsvorbereitende Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit und 3. weitere schulische Maßnahmen, wie z.B. das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) und das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ), soweit diese nicht als erstes Ausbildungsjahr anerkannt werden.
Besonderheiten des deutschen Berufsbildungssystem im internationalen Vergleich Kennzeichnend für das deutsche Berufsbildungssystem ist die Bedeutung der dualen Ausbildung, die dem deutschen Berufsbildungssystem zeitweise „zum Nimbus eines Musterlandes der beruflichen Bildung“ verhalf (vgl. BMBF 2003, S. 36). Im Vergleich zu schulischen Ausbildungsmodellen (z.B. in Frankreich) oder reinen Marktmodellen (z.B. in Großbritannien) zeichnet sich das korporatistische deutsche Modell insbesondere durch die gemeinsame Steuerung des Staates und der großen Korporationen des Beschäftigungssystems aus (vgl. Greinert 1998). Darüber hinaus gilt das deutsche Ausbildungssystem im internationalen Vergleich als robust und stark reguliert (vgl. Hillmert 2006, S. 10). Als weitere deutsche Besonderheit wird häufig auch die institutionelle Trennung (z.B. Finanzierung, Ziele, Funktion, Professionalität und Status des Personals) von höherer Allgemeinbildung (Gymnasium, Universität) und Berufsbildung genannt (vgl. Baethge u.a. 2007).16 Im Hinblick auf die Organisation des Übergangs zeigen sich ebenfalls Unterschiede zwischen den Staaten. Für das auf Erwerbsarbeit zentrierte deutsche Übergangssystem arbeiteten Walther und Stauber (vgl. 2007, S. 35f) in der Gegenüberstellung verschiedener Systeme das Kennzeichen der Spaltung zwischen „normal“ und „prekär“ in Bezug auf Bildung, Ausbildung oder Lebenslauf heraus. Die Ursache dieser Spaltung sehen sie insbesondere in der Verbindung eines selektiven Schulsystems und eines standardisierten Berufsbildungssystems (vgl. Walther/Stauber 2007).17 16 17
Baethge u.a. (2007) sprechen vom „deutschen Bildungs-Schisma“. Insgesamt unterscheiden Walther und Stauber (2007, S. 25f) vier Typen von Übergangsregimes: ein universalistisches Übergangsregime (v.a. nordische Länder wie Dänemark, Schweden u.a.), ein
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Aktuelle Diskussion Während die Stärken des dualen Systems in der aktuellen Diskussion vor allem in der Verknüpfung der Lernorte Betrieb und Schule, dem günstigen Allokationsmechanismus beim Übergang von der Ausbildung in die Beschäftigung und in einem hohen durchschnittlichen Qualifikationsniveau gesehen werden (vgl. BMBF 2003, S. 36f), wurde in den vergangenen Jahren vermehrt auch auf Schwächen dieses Systems hingewiesen. Nicht zuletzt aufgrund der Auswirkungen der schwierigen konjunkturellen Situation auf die Zahl der verfügbaren Ausbildungsplätze, standen in den vergangenen Jahren insbesondere zwei Fragen im Vordergrund: 1.
2.
Die Frage, inwiefern das duale System im Hinblick auf Jugendliche aus bildungsschwächeren Familien seine Integrationsfähigkeit, und damit seine einstige Stärke, verloren hat (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 158; Beicht u.a. 2008, S.307f). Die Frage, inwiefern die zunehmende Nachfrage akademischer Qualifikation im zweigeteilten System (Berufsbildung unterhalb der Hochschulebene einerseits und höhere Allgemeinbildung andererseits) angemessen bedient werden kann (vgl. Baethge u.a. 2007).
Auch im internationalen Vergleich steht das deutsche Ausbildungssystem zunehmend unter Druck. Eine vergleichende Studie zur Steuerung dualer Ausbildungssysteme (Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweiz) zeigte für Deutschland dringenden Reformbedarf. Dieser wurde insbesondere im Hinblick auf die unüberschaubare Vielzahl der Akteure und gesetzlichen Regelungen und im Hinblick auf die geringe Gestaltungsfreiheit der lokalen Organisationen formuliert. (vgl. Rauner 2008) 3.3 Empirische Ergebnisse zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Der Übergang von der Schule in Ausbildung und Erwerbstätigkeit erweist sich seit Ende der 1970er- Jahre als intensiv beachteter und erforschter Übergangsprozess (vgl. Brock 1991; Ilg/Weingardt 2007). Dies hängt zum einen damit zusammen, dass der Übergang in Ausbildung in den vergangenen Jahren komliberales Übergangsregime (v.a. angelsächsische Länder wie USA, Großbritannien u.a.), ein erwerbsarbeitszentriertes Übergangssystem (Deutschland u.a. kontinentale europäische Länder) und ein unterinstitutionalisiertes Übergangsregime der südeuropäischen Länder.
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plizierter, vielfältiger und zeitlich ausgedehnter wurde (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 161; auch Walther u.a. 2007, S. 104). Zum anderen wird eine qualifizierte berufliche Ausbildung mehr denn je als Voraussetzung für eine stabile Erwerbstätigkeit betrachtet (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 206). Trotzdem offenbart sich die Datenlage an manchen Stellen als lückenhaft und teilweise wenig transparent. Im Folgenden wird daher zunächst die Datensituation am Übergang in Ausbildung (vgl. 3.3.1) thematisiert. Dann wird die Entwicklung des Arbeits- und Ausbildungsmarktes als Hintergrund für die Interpretation der Daten skizziert (vgl. 3.3.2) und es werden Ergebnisse zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung thematisch geordnet dargestellt und verglichen (vgl. 3.3.3 bis 3.3.5). 3.3.1 Statistik und Forschung am Übergang in Ausbildung Statistische Daten Die Daten der Schulstatistik und der Berufsbildungsstatistik ermöglichen bislang keine systematische Erfassung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung (vgl. Weishaupt 2006, S. 47). Während die Schulstatistik bei der Erfassung der Abgänger und ihrer Schulabschlüsse endet, beginnt die Berufsbildungsstatistik bei den Neuzugängen in das System der beruflichen Bildung. Dies hat zur Folge, dass Jugendliche, die nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule nicht in das berufliche Bildungssystem einmünden, aktuell nicht systematisch erfasst werden. Ihre genaue Zahl bleibt ebenso unklar wie ihr konkreter Verbleib (z.B. Praktika, Arbeitslosigkeit, Wehr- bzw. Zivildienst). Darüber hinaus erfolgt eine positive Selektion der Datengrundlage der beruflichen Bildung, da Jugendliche, die nach vergeblicher Ausbildungsplatzsuche in Arbeitslosigkeit münden, gar nicht erfasst werden (vgl. Baethge/Wieck 2006, S. 177). Auch Aussagen darüber, zu welchen Übergangswegen sich die Bildungsgänge, berufsvorbereitenden Maßnahmen und anderen Aktivitäten vor Beginn einer Berufsausbildung verbinden (vgl. BMBF 2007), sind anhand der amtlichen Statistiken des Bundes und der Länder bislang nicht möglich. Schwierigkeiten zeigen sich auch innerhalb der einzelnen Systeme:
Für die Datensituation in der beruflichen Bildung stellen Baethge und Wieck (2006) fest, dass nicht nur Verlaufsdaten fehlen, sondern dass selbst die Bestandsdaten nicht kompatibel und „mit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten behaftet“ sind (Baethge/Wieck 2006, S. 172). Tiefer gehende
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67
Analysen, beispielsweise zu individuellen oder betriebsbezogenen Merkmalen, seien daher nicht möglich (vgl. Baethge/Wieck 2006).18 Für den Schulbereich verweist Weishaupt (2006) insbesondere auf Mängel in Bezug auf Angaben zur sozialen Herkunft und zum Migrationsstatus der Schüler (vgl. Weishaupt 2006, S. 48)
Diese Lücken bei der statistischen Erfassung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung werden auch in der indikatorengestützten Bildungsberichterstattung (national, regional, kommunal) sichtbar, die sich weitgehend auf regelmäßig verfügbares statistisches Material stützt. Während der aktuelle nationale Bildungsbericht von 2008 diese Lücken durch vertiefende Untersuchungen des Berufsbildungsinstituts reduzieren konnte (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008), zeigen sich die Schwierigkeiten auf kommunaler Ebene deutlich. So schlägt der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegebene „Anwendungsleitfaden zum Aufbau eines Kommunalen Bildungsmonitorings“(BMBF 2008d) lediglich Datenquellen (u.a. amtliche Schulstatistik für die allgemeinbildenden bzw. für die beruflichen Schulen, Beschäftigten- und Betriebstatistik der Bundesagentur für Arbeit) vor, die aktuell keine Aussagen über tatsächliche Bildungsverläufe oder Angaben zu Kontextfaktoren (z.B. soziale Herkunft, Migrationsstatus) ermöglichen. Dies wird beispielhaft am Bildungsbericht der Stadt Ravensburg (Stadt Ravensburg 2009) deutlich: Hier wird dem Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zwar ein eigener Abschnitt gewidmet, der Übergang selbst und seine Probleme können aber nur unzureichend abgebildet werden. Ein auf statistische Daten angewiesenes kommunales bzw. regionales Monitoring des Übergangs in die berufliche Ausbildung ist daher aktuell eingeschränkt. Sollte die Einführung landes- bzw. bundesweit einheitlicher Hashcodes gelingen, könnten sich zukünftig jedoch neue Möglichkeiten einer Berichterstattung zu Übergängen in Ausbildung erschließen (vgl. DIPF 2007, S. 17).19
18
19
Baethge und Wieck (2006) zeigen die Problematik exemplarisch an zwei Indikatoren des nationalen Bildungsberichts auf: „Ausbildungsanfänger“ und „Angebot und Nachfrage in der dualen Ausbildung“. Für jede Einzelperson soll über konstante Merkmale (z.B. Geburtsdatum, Geschlecht, Name) ein über die Schuljahre identischer Code (Hashcode) errechnet werden, der die Zusammenführung zu Bildungsverläufen ermöglichen soll (vgl. DIPF 2007, S. 17f).
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Daten zum Ausbildungsmarkt Neben den statistischen Daten der Länder bzw. des Bundes geben auch die Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) wichtige Einblicke in die Situation am Übergang. Dabei steht die Angebot-Nachfrage-Relation (ANR), die zur Beobachtung der Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt eine wichtige Rolle spielt, zunehmend in der Kritik, die Situation nur unvollständig zu beleuchten und die tatsächliche Ausbildungslücke damit systematisch zu unterschätzen (vgl. Ulrich 2006b; Birkelbach 2007; BMBF 2007, S. 36).20 Zur Begründung wird argumentiert:
Die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von Vermittlungsleistungen der BA, führe dazu, dass Ausbildungsangebote und Nachfrager, die bei der BA nicht gemeldet sind, in der Statistik nicht berücksichtigt würden (vgl. u.a. Ulrich 2006b). Jugendliche, die nach erfolgloser Bewerbung auf berufsvorbereitende Maßnahmen ausweichen, zählten in der ANR nicht mehr zu den Nachfragern – trotz Vermittlungswunsch (vgl. u.a. Ulrich 2006b). Umorientierungsprozesse der Jugendlichen, die ihre Wünsche bereits vor dem Verlassen der Schule an die schwierige Situation anpassten, könnten nicht berücksichtigt werden (vgl. u.a. Birkelbach 2007).
Darüber hinaus ist auch die Interpretation der Daten zum Ausbildungsmarkt Gegenstand kontroverser Diskussionen (vgl. Ulrich 2006a, S. 22): Während die einen in der Zahl der gesunkenen Ausbildungsverträge ein kurzsichtige Personalpolitik der Unternehmen sehen, interpretieren andere den Rückgang als Folge einer mangelnden Ausbildungsreife der Schulabgänger. In der Folge werden einerseits sanktionierende Maßnahmen des Staates (z.B. Ausbildungspflicht für Betriebe) gefordert, andererseits wird nach höheren Investitionen in die schulische Bildung gerufen. (vgl. Ulrich 2006a, S. 22) Damit wird deutlich, dass nicht nur ein kritischer Umgang mit den Daten erforderlich ist, sondern angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen der Akteure am Übergang in Ausbildung auch mit den daraus abgeleiteten Interpretationen und Maßnahmen.
20
Nach den Berechnungen von Ulrich (2006b) lag die tatsächliche Angebots-Nachfrage-Relation für das Jahr 2005 damit nicht bei 95,2%, sondern nur bei 81,1%.
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
69
Studien zum Verbleib von Schulabsolventen und zu Übergangsverläufen Ergänzend zu den Daten der amtlichen und nicht-amtlichen Statistik liefern Studien, die den Verbleib von Schulabsolventen und den Verlauf von Übergangsprozessen in den Blick nehmen, wichtige Daten zu (institutionellen) Übergangsverläufen von der Schule in die berufliche Ausbildung. Dabei werden neben Fragen nach dem Verbleib der Schulabgänger auch individuelle Determinanten von Übergangsschwierigkeiten und Übergangsverläufen einbezogen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über vier zentrale Studien und verweist auf Unterschiede (z.B. befragte Personen, Erhebungsart, Erhebungszeitraum), die beim Vergleich der Ergebnisse zu berücksichtigen sind. So handelt es sich bei den Schulabgänger- und Bewerberbefragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB)21 beispielsweise um Querschnittsuntersuchungen, die im Abstand von ein bis zwei Jahren wiederholt werden und die auf diese Weise Veränderungen am Übergang in Ausbildung aufzeigen können. Dagegen ermöglicht das Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts (DJI) das Aufzeigen von Übergangswegen, wenngleich auch nicht auf individueller Ebene. Auch in der Übergangsstudie des BiBB wurden Übergangsverläufe erhoben – im Vergleich zum Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts jedoch auf der Basis retrospektiver Längsschnittdaten (vgl. Tabelle 1). Ergänzend gibt die Lebensverlaufsstudie des Max-Planck-Instituts Informationen zu Übergangsverläufen der Geburtsjahrgänge 1964–1971 (vgl. Hillmert 2006). Die aktuelle Übergangssituation ist hier jedoch nicht mehr berücksichtigt. Im kommunalen bzw. regionalen Kontext gibt es bislang wenige Untersuchungen. Beispielhaft können hier die Studien für Stuttgart, Leipzig, Jena, Halle und Frankfurt (Oder) genannt werden, die vom Deutschen Jugendinstitut durchgeführt wurden (vgl. Gaupp/Prein 2007; Gaupp/Geier 2008; Kuhnke/Reißig 2007; Kuhnke u.a. 2008) und die aufgrund ähnlicher Untersuchungsdesigns Vergleichsmöglichkeiten bieten. Auch Hiller (2000) untersuchte am Beispiel der Stadt Reutlingen (Baden-Württemberg) die Übergänge von Jugendlichen auf kommunaler Ebene.
21
Die Bewerberbefragung erfolgt regelmäßig in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit (BA).
70
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
Tabelle 1: Aktuelle Studien zum Übergang bzw. zu Übergangsverläufen22
Design und Datenerhebung
BiBBSchulabgängerbefragungen Querschnittstudie zu beruflichen Plänen im Frühjahr (retrospektiv) und zur aktuellen Situation: ein Erhebungszeitpunkt (seit 2004); computergestützte Telefoninterviews; repräsentativ durch Ist-SollGewichtung.
Zeitraum
22
jährlich seit 1990
BA/BiBBBewerberbefragungen
BiBBÜbergangsstudie
DJIÜbergangspanel
Querschnittstudie zur Situation von Ausbildungsstellenbewerbern:
Retrospektive Längsschnittdatenerhebung zur Bildungsund Berufsbiographie:
Längsschnittstudie:
schriftlichpostalische Befragung im Spätherbst; repräsentativ durch Ist-SollGewichtung.
ein Erhebungszeitpunkt; computergestützte Telefoninterviews; repräsentativ durch Ist-SollGewichtung.
sieben Befragungen zwischen 1997 und 2006
einmalige Erhebung in der Zeit von Juni bis August 2006
Basiserhebung: schriftliche Befragung; Folgebefragungen: Telefoninterviews; eingeschränkt repräsentativ: keine Zufallsstichprobe, Auswahl von Schulen mit hohem Anteil Benachteiligter. Basiserhebung: März 04; Folgeerheb.: Jun 04–Nov 07 halbjährlich, dann jährlich.
Quellenangaben: DJI-Übergangspanel: BMBF 2008a, Kuhnke 2005; BiBB Übergangsstudie: Bundesinstitut für Berufsbildung 2008a, BMBF 2007, Beicht/Friedrich/Ulrich 2008; BiBB Schulabgängerbefragung: Bundesinstitut für Berufsbildung 2008b; BMBF 2007; BiBBBewerberbefragungen: Friedrich/Eberhard/Ulrich 2008.
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung Befragte Personen
Sonstige Angaben
Schulabgänger aus allgemeinbildenden Schulen, Fachoberschulen, Fachgymnasien und berufl. Vollzeitschulen, die nicht zu einem Berufsabschluss führen. jährlich ca. 1.500 Aufgrund zu geringer Fallzahl keine differenzierten Ergebnisse zu Jugendlichen ohne Schulabschluss.
Ausbildungsstellenbewerber, die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet sind und als ausbildungsreif eingestuft wurden. 2006 ca. 4.600 Jugendliche (Nettostichprobe)
Jugendliche mit max. mittlerem Schulabschluss (Schwerpunkt), aber auch Gymnasiasten und Studierende der Altersjahrgänge 1982– 1988. 7.230 Jugendliche Die Analysen beziehen sich schwerpunktmäßig auf nichtstudienberechtigte Jugendliche, die bei erstmaligem Verlassen der allgemeinbildenden Schule eine betriebliche Ausbildung suchten.
71 Jugendliche in Hauptschulen bzw. Hauptschulzügen im letzten Schulbesuchsjahr Basiserhebung: 3.900 Jugendliche Jun 04: 2.400 Jugendliche Nov 07: 1.450 Jugendliche Verringerung der Befragten im Untersuchungszeitraum führte zu einer Veränderung der Stichprobe (positive Selektion).
Quelle: eigene Darstellung.
Die subjektorientierte Übergangsforschung Die Übergangsforschung „beschäftigt sich mit dem Übergang der Jugendlichen von der schulischen Ausbildung in das Beschäftigungssystem“ (Brock 1991, S. 9). Sie entwickelte sich ab dem Ende der 1970er-Jahre bzw. Anfang der 1980erJahre mit dem Ziel, die Übergänge in das Beschäftigungssystem zu analysieren, biographische und gesellschaftliche Folgeprobleme herauszuarbeiten und nach Lösungsmöglichkeiten (sozialpolitisch, institutionell) zu fragen (vgl. Brock 1991, S. 9f). Ausgehend von der These, dass die aktuellen ökonomischen und
72
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
kulturellen Entwicklungen für die Jugendlichen selektiv wirken und sich die Lebenskonzepte und Lebenslagen der jungen Menschen in der Folge immer stärker auffächern, schlägt Brock eine interdisziplinäre Ausrichtung der Übergangsforschung vor, die verstärkt auf eine biografische Perspektive setzt und damit die subjektive Bedeutsamkeit der Übergangsphase für die Betroffenen in den Blick nimmt (vgl. Brock 1991, S. 13 - 15). Dieser Ansatz spiegelt sich auch in dem von Stauber u.a. (2007) vorgelegten Band „Subjektorientierte Übergangsforschung“ wider, in dem der Anspruch formuliert wird, gesellschaftliche Wandlungsprozesse auf die Lebenslagen von jungen Frauen und Männern zu beziehen. Die Orientierung am Subjekt wird dabei mit der Entstandardisierung und Pluralisierung von Übergangsverläufen begründet (vgl. Stauber u.a. 2007, S. 8). Diese Perspektive legt eine qualitative, am Subjekt orientierte Untersuchung von Übergängen nahe, die beispielsweise die Forschungsprojekte prägt, die im Rahmen des europäischen Netzwerkes EGRIS23 durchgeführt wurden (vgl. Stauber u.a. 2007). Ausblick: das Nationale Bildungspanel Zukünftig soll das Nationale Bildungspanel24 durch Längsschnittdaten zur Kompetenzentwicklung und zu Bildungsprozessen bzw. Bildungsentscheidungen (vgl. Blossfeld u.a. 2008, S. 2) dazu beitragen, Lücken in der statistischen Datenerfassung zu schließen (vgl. Weishaupt 2006, S. 48; auch .Blossfeld u.a. 2008, S. 24). Durch Längsschnittanalysen sowie durch die Erfassung individueller Bildungsverläufe und die Erhebung von Kontextmerkmalen (z.B. soziale Herkunft, Migrationsstatus) sollen damit zum einen die (kritischen) Übergänge zwischen den Institutionen des Bildungssystems sichtbar werden, zum anderen sollen Einblicke in die Struktur von Bildungsprozessen und ihre wesentlichen Einflussfaktoren ermöglicht werden (vgl. Weishaupt 2006, S. 48; Blossfeld u.a. 2008, S. 6). Damit sind vom Bildungspanel auch Ergebnisse zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zu erwarten, die bislang in diesem Umfang und dieser Systematik nicht verfügbar waren (vgl. Blossfeld u.a. 2008, S. 8). Aufgrund des Stichprobendesigns (vgl. Blossfeld u.a. 2008) werden jedoch keine flächendeckenden Daten vorliegen, sodass kleinräumige Analysen auf
23
Einzelprojekte waren: „Misleading Trajectories“, „Integration through Training“, „Youth Policy an Participation (YOYO)“, “Families and Transitions in Europe (FATE)” (vgl. Stauber u.a. 2007). 24 Die Haupterhebungen für die Kindergartenkohorte, die Kohorten der Sekundarstufe 1 (Klassen 5 und 9) und die Studierendenkohorte werden im Herbst 2010 beginnen (vgl. Blossfeld u.a. 2008, S. 17).
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
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kommunaler Ebene oder auf Schulebene auch mit Hilfe des Bildungspanels nicht möglich sein werden. 3.3.2 Hintergrund: Entwicklung des Arbeits- und Ausbildungsmarktes Die Betrachtung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung muss immer auch eine Bestandsaufnahme der aktuellen Arbeits- und Ausbildungsmarktsituation beinhalten, da nicht nur individuelle Faktoren, sondern auch äußere Umstände Einfluss auf das Gelingen von Übergangen haben. Dies gilt auch für die Interpretation von Untersuchungsergebnissen zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, die „nur vor dem Hintergrund der beträchtlichen Veränderungen seit der Wiedervereinigung verstanden werden können“ (Ulrich/Eberhard 2008, S. 14). Grundlage der Einschätzung der Lage auf dem Ausbildungsmarkt sind dabei die Daten der Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), sowie des Statistischen Bundesamtes und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB). Entwicklung von Angebot und Nachfrage seit Beginn der 1990er-Jahre Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage bzw. zur Angebots-Nachfrage-Relation beruhen auf einer gesetzlichen Definition (§86 Abs. 2 BBiG; vgl. BMBF 2007, S. 10) und stützen sich in erster Linie auf die der BA gemeldeten Ausbildungsstellen und Bewerber (vgl. BMBF 2007, S. 10). Seit Beginn der 1990er-Jahre zeigten sich hier erhebliche Veränderungen. Auf der quantitativen Ebene sind dabei vor allem zwei Abschnitte zu unterscheiden (vgl. BMBF 2006a, 2007, 2008b, 2009):
Eine angespannte Ausbildungssituation bis 2006: Der deutliche Rückgang des Ausbildungsangebots von 1992 bis 2005 (-22%) führte bei gleichzeitigem Anstieg der Absoventenzahlen (+23,6%) zu einem Rückgang der Angebots-Nachfrage-Relation von 119% (1992) auf ca. 95% (2004 – 2006). Eine Verbesserung der Situation ab 2006: In den Jahren 2006 und 2007 nahm die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge deutlich zu, die Zahl der Absolventen aus allgemeinbildenden Schulen bzw. der Nachfrager ging ab 2007 bzw. 2008 zurück (vgl. BMBF 2008b, S. 50 BMBF 2009, S. 13). In der Folge verbesserte sich die Angebots-NachfrageRelation auf 98% (2007) bzw. 101% (2008). Dadurch lag die Einmün-
74
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung dungsquote in Ausbildung in den Jahren 2007 bzw. 2008 erstmals wieder über 66% (vgl. vgl. BMBF 2008b; BMBF 2009).25
Gleichzeitig war die Entwicklung der vergangenen Jahre durch regionale Unterschiede gekennzeichnet: So konnte in den günstigsten Bezirken eine ANR von über 105% erreicht werden, während die ungünstigen Bezirke nur auf durchschnittlich 94% kamen. Darüber hinaus zeigte sich in manchen der günstigen Regionen eine „überdurchschnittliche Beteiligung von Betrieben an der Ausbildung“. (vgl. BMBF 2008b, S. 67) Tertiarisierung und Segmentierung des Ausbildungsangebots Neben der Veränderung von Angebot und Nachfrage ist der Ausbildungsmarkt durch weitere Entwicklungen gekennzeichnet. Hier ist zum einen die Tertiarisierung des Ausbildungsangebots zu nennen, d.h. die Stärkung des Dienstleistungssektors bei gleichzeitigem Rückgang der Ausbildungsplätze im Fertigungsbereich (v.a. Baubereich).26 (BMBF 2009. S. 9) Zum anderen zeichnete sich in den vergangenen Jahren eine zunehmende Segmentierung des Ausbildungsmarktes in Abhängigkeit vom Schulabschluss der Bewerber ab (vgl. Tabelle 2).
25
Langfristige Erfahrungen führten zu der Faustregel, dass bei einer Einmündungsquote von mind. 66% eine ausreichende Versorgung gewährleistet ist (vgl. BMBF 2008b, S. 46). 2007 lag die Einmündungsquote bei 66,2% (vgl. BMBF 2008b), 2008 bei 67,7% (vgl. BMBF 2009, S. 13). 26 Aktuell: 55% der Ausbildungsplätze im Dienstleistungsbereich und 39% im Fertigungsbereich. Die Ausbildungsplätze im Baubereich gingen seit 1994 auf die Hälfte zurück. (vgl. BMBF 2009, S.9)
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
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Tabelle 2: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2006 nach Berufssegmenten und Anteilen schulischer Vorbildung27 darunter (in Prozent)
61.995
Ohne Schulabschluss 0,1
Hauptschulabschluss 6,9
Mittlerer Abschluss 37,9
(Fach-) Hochschulreife 52,3
Sonstige/ ohne Angabe 2,8
100.082
0,3
13,7
56,4
25,8
3,8
Untere Mitte
126.093
0,8
31,8
55,3
8,5
3,6
Unteres Segment Sonstige Berufe Insgesamt
147.084
3,7
57,8
32,0
3,0
3,5
145.927
4,4
37,5
40,1
13,1
4,8
581.181
2,3
34,0
43,9
15,9
3,8
Berufssegmente
Anzahl (100%)
Oberes Segment Obere Mitte
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 285 (gekürzt).
Tabelle 2 zeigt, dass Jugendliche mit und ohne Hauptschulabschluss weitgehend auf die Ausbildungsberufe der „unteren Mitte“ bzw. des „unteren Segments“ (vgl. Fußnote) verwiesen sind und im Vergleich zu Jugendlichen mit mittlerem bzw. höherem Bildungsabschluss damit einem deutlich eingeschränkten Angebot an Ausbildungsberufen gegenüberstehen. Strukturverschiebungen im beruflichen Bildungssystem Die Schwierigkeiten am Ausbildungsmarkt hatten eine Strukturverschiebung zwischen den drei Sektoren des beruflichen Bildungssystems (vgl. auch 3.2) zur Folge. Dabei ging der Anteil der Neuzugänge in die duale Ausbildung von 51% 27
Beispielberufe: Oberes Segment: Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation, Industriekaufmann/-frau, Fachinformatiker/in; Obere Mitte: Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte(r), Kaufmann/-frau für Spedition und Logistikdienstleistung, Chemielaborant/in, Chemikant/in; Untere Mitte: Medizinische(r), Zahn- und Tiermedizinische(r) Fachangestellte(r), Industriemechaniker/in, Einzelhandels- und Automobilkaufmann/-kauffrau; Unteres Segment: Metallbauer/in, Verkäufer/in, Bäcker/in, Fleischer/in, Maurer/in, Maler/in und Lackierer/in, Fahrzeuglackierer/in (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 111; 285).
76
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
(1995) auf 43% (2004) zurück (2006: 44%), während das Übergangssystem im gleichen Zeitraum eine Ausweitung von 32% auf ca. 40% (2004, 2005, 2006) erfuhr. Der Anteil des Schulberufssystems blieb dagegen weitgehend stabil bei ca. 17%. Die wachsende Zahl der Neuzugänge wurde damit vor allem vom Übergangssystem aufgefangen. (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 22) Neuzugänge in das berufliche Ausbildungssystem 200628
Abgänger ohne Schulabschluss
79% 21% <1%
Absolventen mit Hauptschulabschluss Absolventen mit Mittlerem Bildungsabschluss Absolventen mit (Fach-) Hochschulreife
51%
41% 8%
28%
Übergangssystem
Duale Ausbildung
47% 24% 4% 67%
Vollzeitschulische Ausbildung
Berufliches Bildungssystem
Schulabgänger 2006 und früherer Entlassjahrgänge
Abbildung 1:
29%
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 158; eigene Darstellung.
Die Grafik (vgl. Abbildung 1) zeigt, dass über die Hälfte der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss bzw. ohne Schulabschluss (51% bzw. 79%) nicht direkt in eine vollqualifizierende berufliche Ausbildung einmünden konnte, während dies nur für 28% der Jugendlichen mit Mittlerem Bildungsabschluss bzw. 4% der Jugendlichen mit (Fach-)Hochschulabschluss zutraf (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 158).
28
Unter den Neuzugängen in das System der beruflichen Bildung sind auch Jugendliche früherer Entlassjahrgänge.
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
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Geschlechtsspezifische Unterschiede Insgesamt liegt der Anteil der Ausbildungsverträge, die mit jungen Frauen geschlossen werden, unter dem der jungen Männer (2008: ca. 42%; vgl. BMBF 2009, S. 9f). Gleichzeitig zeigt das Ausbildungsjahr 2008 aber auch, dass vom Rückgang der neu abgeschlossenen Verträge allein die männlichen Bewerber betroffen waren (vgl. BMBF 2009, S. 9f), deren Anteil an den Neuzugängen im Übergangssystem sich entsprechend erhöhte (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 158f). Zwischenfazit Während die aktuelle Entwicklung einerseits eine Entspannung der Situation am Übergang erwarten lässt, diagnostizieren die Autoren des Bildungsberichts 2008 andererseits eine „Verfestigung von Passungsproblemen an der Schwelle zwischen allgemeinbildenden Schulen und qualifizierter beruflicher Ausbildung“ (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 99). Es sei davon auszugehen, dass der „Marktcharakter“ bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen erhalten bleibe (vgl. Beicht/Friedrich/Ulrich 2007, S.10) und dass der Übergang in eine Ausbildung insbesondere für Jugendliche mit geringer Schulbildung auch zukünftig schwierig sei (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 96 - 99; auch Baethge u.a. 2007, S. 21f). Darüber hinaus könne eine wachsende qualitative Diskrepanz zwischen den steigenden Anforderungen in den Ausbildungsberufen und den Qualifikationen der Schulabgänger Auswirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe haben (vgl. Ulrich/Eberhard 2008, S. 32 - 36). Zusammenfassend wurde deutlich, dass sich aus den verfügbaren Daten zwar ein „aufschlussreiches Mosaik“ zusammensetzen lässt (vgl. Ulrich/Eberhard 2008, S. 15), dass aber Unsicherheiten bleiben. Diese beziehen sich auf die Berechnung wichtiger Daten zum Ausbildungsmarkt (z.B. AngebotsNachfrage-Relation), auf fehlende Daten zu individuellen Übergangsbiografien (vgl. Ulrich/Eberhard 2008, S. 15) und auf häufig interessengeleitete Interpretationen der vorliegenden Daten (vgl. Ulrich 2006a). 3.3.3 Einflussfaktoren auf den Übergang in Ausbildung Neben der Bedeutung der Schulbildung, die sich bereits in den Daten zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt andeutete, verweisen Verbleibsstudien zum Über-
78
Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung
gang in Ausbildung (vgl. 3.3.1, Tabelle 1) auf weitere Faktoren, die den Übergang in Ausbildung beeinflussen. Dabei ist allen berücksichtigten Untersuchungen gemeinsam, dass sie auf der schriftlichen bzw. mündlichen Befragung der Übergänger selbst beruhen. Es wird zwar darauf verwiesen, dass auf Selbstauskünften basierende Ergebnisse nicht überinterpretiert werden dürfen (vgl. BMBF 2007, S.37), dennoch ermöglichen diese Untersuchungen angesichts der aktuellen Datensituation (vgl. 3.3.1) eine unverzichtbare Perspektive auf unser Bildungs- und Ausbildungssystem. Dies gilt insbesondere solange die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung individueller Bildungsverläufe nicht geschaffen sind.29 Individuelle Qualifikation: Schulabschlüsse Die Analysen der Schulabgängerbefragungen des BiBB (2004, 2005, 2006) zeigen, dass die Chancen, direkt in eine vollqualifizierende Berufsausbildung30 einzumünden, mit der Höhe des Schulabschlusses steigen: Jugendliche mit mittlerem Bildungsabschluss (bzw. Studienberechtigung) hatten in den Untersuchungsjahren eine um das 1,5-fache (bzw. 3-fache) höhere Chance als Schulabgänger mit Hauptschulabschluss. Im besonders angespannten Jahr 2005 lagen die Chancen der Jugendlichen mit Studienberechtigung sogar um das 4,5-fache höher. (vgl. BMBF 2008b, S. 81) Bestätigt wird die Bedeutung des Schulabschlusses auch durch die BiBBBewerberbefragung (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 168) und durch die BiBBÜbergangsstudie (vgl. Beicht u.a. 2007, S. 2). Letztere zeigt auf, dass die Hälfte der ausbildungssuchenden Jugendlichen mit mittlerem Schulabschluss nach zwei Monaten in eine betriebliche Ausbildung eingemündet war. Dagegen wurde die 50%-Marke von den Jugendlichen mit maximal Hauptschulabschluss erst 13 Monate nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule überschritten. Mehrere 29
30
Zu berücksichtigen sind beim Vergleich der Ergebnisse allerdings die zum Teil unterschiedlichen Definitionen: - Ausbildung: Das Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Ausbildungsformen (z.B. betrieblich, außerbetrieblich schulisch), die Studie des BiBB bezieht sich teilweise auf alle Formen von Ausbildung (einschließlich Hochschulstudien), teilweise nur auf die Einmündung in eine betriebliche Ausbildung. - Übergangssystem: Der Bildungsbericht 2008 (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 97) zählt auch weiterführende schulische Bildungsgänge (z.B. Zweijährige Berufsfachschule zum Erwerb der Mittleren Reife) zu den Bildungsgängen des Übergangssystems. Im Übergangspanel des DJI wird dagegen zwischen den Stationen Schule und Berufsvorbereitung unterschieden (vgl. BMBF 2008a). Auch der Übergang in ein Studium wurde als Übergang in eine vollqualifizierende Berufsausbildung in die Berechnungen einbezogen.
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Jahre später zeigten sich noch immer Unterschiede zwischen den Gruppen. (vgl. Beicht u.a. 2007, S. 2) Auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Hauptschulabschluss werden anhand der Untersuchungen Unterschiede deutlich: Die Daten der BiBBBewerberbefragung zeigen, dass nur 12% der Bewerber ohne Hauptschulabschluss in eine betriebliche Lehrstelle einmündeten, während dies immerhin 27% der Bewerber mit Hauptschulabschluss gelang (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 168). Das Übergangspanel (DJI) belegt, dass von den Jugendlichen, die direkt im Anschluss an die Schule eine Ausbildung beginnen wollten, 49% der Befragten mit Abschluss, aber nur 30% der Jugendlichen ohne Schulabschluss diese auch antreten konnten (vgl. BMBF 2008a, S. 20).31 Anhand einer Teilstichprobe des Übergangspanels (DJI)32 wird darüber hinaus deutlich, dass insbesondere Mädchen ohne Schulabschluss schlechtere Chancen auf einen in Ausbildung führenden Bildungsverlauf haben (vgl. Gaupp u.a. 2008, S. 399 - 401). Solga (2004)33 konnte dagegen zeigen, dass auch ein nachgeholter Hauptschulabschlusses von Bedeutung ist und die Chancen der Jugendlichen, eine Ausbildung zu beginnen und diese auch abzuschließen, deutlich erhöht. Individuelle Qualifikation: Zeugnisnoten Die Untersuchungen verweisen darüber hinaus auf den Einfluss der Noten im Abschlusszeugnis: Die Analysen der Schülerbefragung des BiBB zeigen über alle Ausbildungsformen34 und Abschlussarten hinweg, dass eine gute oder sehr gute Note im Abschlusszeugnis die Chance auf eine Einmündung in Ausbildung um das 1,8-fache erhöht. Mit einer ausreichenden Note verringert sie sich dagegen um die Hälfte (vgl. BMBF 2008b). Die BiBB-Übergangsstudie kann darüber hinaus eine nachhaltige Wirkung belegen: „Fällt das Abschlusszeugnis im Durchschnitt um eine ganze Note schlechter aus, steigt das Risiko, ausbildungslos zu bleiben, um 51% an.“ (Beicht/Ulrich 2008b, S. 4). Anhand der Daten der BiBB-Berwerberbefragung 2004 wurde für die Einmündung in eine betriebliche Ausbildung insbesondere die Mathematiknote als bedeutender Faktor identifiziert (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 168). 31
Die Definition von Ausbildung umfasst in der DJI-Studie sowohl betriebliche als auch außerbetriebliche und schulische Ausbildungen (vgl. BMBF 2008a, S. 22). Untersucht wurden Jugendliche ohne Schulabschluss in bayrischen Praxisklassen. 33 Grundlage der Untersuchung waren Daten der Lebenslaufuntersuchungen des Max-Planck-Instituts (Geburtskohorten 1964 und 1971). 34 Einbezogen wurde die Einmündung in eine duale, berufsfachschulische oder akademische Ausbildung. 32
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Geschlechtsspezifische Unterschiede Die verschiedenen Übergangsuntersuchungen verweisen auf zwei Faktoren, die bei der Betrachtung geschlechtsspezifischer Unterschiede Einfluss auf die Richtung der Ergebnisse nehmen: die zugrunde gelegte Definition von Ausbildung und die Schulbildung der Absolventinnen bzw. Absolventen. Die Schulabgängerbefragungen des BiBB zeigen, dass es zwar keine Unterschiede zwischen jungen Frauen und Männern im Hinblick auf den Übergang in eine vollqualifizierende Ausbildung (inkl. Schulberufe und Studium) gibt; sie belegen aber eine geringere Einmündungsquote der Frauen in eine betriebliche Berufsausbildung (31% der jungen Frauen vs. 45% der jungen Männer; vgl. BMBF 2008b, S. 77). Letzteres bestätigt auch die BiBB-Bewerberbefragung (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 166 - 168). Im Vergleich zu den oben genannten Studien untersuchte das DJIÜbergangspanel (vgl. BMBF 2008a, S. 20) lediglich die Übergänge von Jugendlichen mit Hauptschulbildung. Hier werden anhand der Daten schlechtere Übergangsquoten junger Frauen über alle beruflichen Ausbildungsformen hinweg (betrieblich, außerbetrieblich, schulisch) belegt: Während 46% der Jungen ihre Ausbildungspläne direkt im Anschluss an die Schule realisieren konnten, waren es bei den Mädchen nur 42%. Im Verlauf der ersten zwei Jahre verfestigten sich diese Unterschiede: die Ausbildungsbeteiligung der Mädchen stieg von 22% auf 47%, die der Jungen von 29% auf 60%. (vgl. BMBF 2008a, S. 22f). Die BiBB-Übergangsstudie für die nicht studienberechtigten Jugendlichen zeigt darüber hinaus, dass sich die Geschlechterverteilung im Übergangssystem im Verlauf der ersten drei Jahre ändert: ab dem zweiten Jahr nach Schulende sind weibliche Jugendliche häufiger in einer Maßnahme des Übergangssystems anzutreffen als männliche Jugendliche (vgl. Beicht/Ulrich 2008a, S. 246). Inwiefern die erhöhte Quote der jungen Frauen im Übergangssystem auf ein verstärktes Streben der weiblichen Jugendlichen nach höheren Bildungsabschlüsse hindeutet (z.B. durch die Zweijährige Berufsfachschule zum Erwerb der Mittleren Reife), kann anhand der Daten jedoch nicht abschließend geklärt werden. Damit ist der Übergang in eine vollqualifizierende Ausbildung, insbesondere eine betriebliche Ausbildung, für junge Frauen ohne Studienberechtigung quantitativ betrachtet schwieriger zu bewältigen als für junge Männer. Eine mögliche Erklärungen für diese Ungleichheit ist die segmentierte Nachfrage entlang der Berufe: die Schulabgängerinnen interessieren sich häufiger für Berufe im stärker nachgefragten Dienstleistungsbereich und konzentrieren sich im Ver-
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gleich zu den männlichen Abgängern stärker auf wenige Berufe (vgl. BMBF 2009, S. 9f).35 Migrationshintergrund Im Vergleich zur amtlichen Statistik ermöglichen die Studien zum Übergang in Ausbildung eine differenzierte Erfassung des Migrationshintergrunds, beispielsweise über die Herkunft der Eltern und/oder die Erstsprache der Jugendlichen. Für die Jugendlichen mit Hauptschulbildung zeigt das Übergangspanel (DJI), dass zwar 54% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, aber nur 36% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund ihren Plan, direkt in eine Ausbildung einzumünden, realisieren konnten. Unterschiede in der Ausbildungsbeteiligung zeigten sich auch noch nach zwei Jahren. Besonders niedrig lag die Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen, die in der Türkei geboren waren und den nicht in Deutschland geborenen Aussiedlern. (vgl. BMBF 2008a, S. 20 - 23) Anhand der Analysen der BiBB-Übergangsstudie wird außerdem deutlich, dass Jugendliche mit eigener Migrationserfahrung ein erhöhtes Risiko haben, ganz ohne Ausbildung zu bleiben (vgl. Beicht/Ulrich 2008a). Im Rahmen der BiBB-Übergangsstudie wurde der Migrationshintergrund darüber hinaus als eigenständiger Einflussfaktor auf Übergänge in Ausbildung nachgewiesen: er wirkt auch dann, wenn vermittelnde Einflussfaktoren (z.B. Schulbildung) ausgeschaltet werden (vgl. Beicht 2008, S. 302). Dies bestätigen auch die Analysemodelle der BiBB-Bewerberbefragung 2004 (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 166) und der BiBB-Schülerbefragungen von 2004, 2005 und 2006 (vgl. BMBF 2008b, S. 80). Aktuell werden verschiedene Erklärungsansätze verfolgt, warum schon der Migrationshintergrund allein bei der Lehrstellensuche von Nachteil ist. Diskutiert werden vor allem eine geringe Mobilitätskompetenz der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, ihre stärkere Präsenz in Ballungsräumen, Diskriminierung und schlechtere Zugangsmöglichkeiten zu betriebsinternen Netzen. Eine genaue Klärung der Ursachen steht jedoch noch aus. (vgl. Beicht u.a. 2008)
35
76% der weiblichen vs. 60% der männlichen Ausbildungsanfänger konzentrieren sich auf die 25 häufigsten Berufe. Die fünf häufigsten Ausbildungsberufe junger Frauen: Kauffrau im Einzelhandel, Bürokauffrau, Verkäuferin, Friseurin, Medizinische Fachangestellte; die fünf häufigsten Ausbildungsberufe junger Männer: Kraftfahrzeugmechatroniker, Industriemechaniker, Kaufmann im Einzelhandel, Koch, Elektroniker. (vgl. BMBF 2009, S. 11)
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Soziale Herkunft Als eigenständige Determinante in Bezug auf einen erfolgreichen Übergang in Ausbildung zeigte sich im Rahmen der BiBB-Übergangsstudie auch der familiale Hintergrund. Daneben wurde über die schulischen Leistungen ein indirekter Einfluss des Schul- und Berufsabschluss der Eltern und einer qualifizierten Erwerbstätigkeit des Vaters deutlich. Darüber hinaus konnte anhand der Daten gezeigt werden, dass die Übergänge derjenigen Jugendlichen signifikant günstiger verliefen, die angaben, mit ihren Eltern während der Schulzeit stets alle Probleme offen beredet zu haben. (vgl. Beicht/Ulrich 2008a, S. 269) Auch das Übergangspanel (DJI) identifizierte einen Einfluss der sozialen Herkunft: hier wurden die Arbeitslosigkeit von Vater und Mutter und eine „niedrige kulturelle Alltagspraxis“ als ungünstige Faktoren für einen Übergang in Ausbildung benannt (vgl. Gaupp/Reißig 2006, S. 27; 30). Als mögliche Erklärungen für einen eigenständigen Einfluss der sozialen Herkunft, der im Rahmen der BiBB-Übergangsstudie deutlich wurde, werden aktuell vor allem Vorteile durch eine intensivere und bessere Beratung und durch effektivere soziale Netzwerke (z.B. beim Zugang zu Ausbildungsstellen) diskutiert (vgl. Beicht/Ulrich 2008a, S. 269; auch Beicht u.a. 2007). Einfluss der Region Positiven Einfluss auf die Einmündung in eine betriebliche Ausbildung haben nach Berechungen der BiBB-Bewerberbefragung sowohl ein Wohnort in den alten Ländern (vs. neue Länder/Berlin) als auch eine Arbeitslosenquote in der Region unter 9% (vs. über 9%) (vgl. Ulrich/Krewerth 2006, S. 167). Auch zu einzelne Regionen liegen Studien zur Situation am Übergang vor (vgl. Tabelle 3).
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Tabelle 3: Regionale Untersuchungen zu Anschlüssen von Hauptschulabsolventen36 Übergang in…
Reutlingen 1998
Stuttgart 2007
Leipzig/Jena/ Halle/Frankfurt 2007
Deutschland (2004)
eine berufliche Ausbildung
34%
26%
36%
26%
eine weiterführende Schule
40%
41%
27%;
35%
einen berufsvorber. Bildungsgang
18%
27%
30%
26%
Quelle: Reutlingen: Hiller 2000, S. 22 - 24; Stuttgart: Gaupp/Geier 2008; Leizig/Halle/ Jena/Frankfurt a.d. Oder: Kuhnke u.a. 2008, S. 14; Deutschland: Basiserhebung des DJIÜbergangspanels im Jahr 2004: BMBF 2008a.
Ein Vergleich der in Tabelle 3 dargestellten Daten ist aufgrund der verschiedenen Untersuchungszeitpunkte kaum möglich. Besonderheiten werden dennoch sichtbar:
Trotz der schwierigen Arbeitsmarktsituation zeigt sich für die Städte Leipzig, Jena, Halle und Frankfurt (Oder) eine erhöhte Einmündung in eine vollqualifzierende Berufsausbildung, was häufig mit Systemunterschieden zwischen alten und neuen Bundesländern erklärt wird (z.B. höheres Angebots an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen) erklärt wird (vgl. Beicht/Ulrich 2008a, S. 151- 154; Ulrich/Krewerth 2006, S. 170). Dagegen zeigen die Übergangsquoten für Reutlingen und Stuttgart (beide Baden-Württemberg) eine höhere Bedeutung schulischer Anschlüsse, was auf eine länderspezifische Besonderheit hindeuten könnte.
Einzelschulen und individuelles Engagement Weniger untersucht ist bislang der Einfluss der Schulen. Daten hierzu liefern zwei regionale Studien des DJI (vgl. Gaupp/Prein 2007; Gaupp/Geier 2008). Unabhängig von der Zusammensetzung der Schülerschaft konnten hier Unter36
Anmerkung: Alle Daten beziehen sich aus Gründen der Vergleichbarkeit nur auf den Hauptschulbildungsgang.
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schiede zwischen einzelnen Schulen derselben Schulart nachgewiesen werden. Dabei zeigte sich eine Varianz in den Anschlüssen, die zwischen 21% und 37% beim Übergang in eine Ausbildung und zwischen 33% und 49% beim Übergang in eine weiterführende Schule lag (vgl. Gaupp/Prein 2007, S. 65).37 Als erklärende Faktoren wurden im Rahmen der Studie das Engagement der Schulleiter und Lehrkräfte, eine optimistische Einschätzung der Situation am Arbeitsmarkt durch den Schulleiter und das Angebot und die Nutzung von Angeboten am Übergang von der Schule in den Beruf identifiziert (vgl. Gaupp/Geier 2008, S. 19 - 22). Weitere Aspekte Neben den oben genannten Determinanten zeigten sich in einzelnen Studien weitere Faktoren:
37
Soziale Einbindung: Die BiBB-Übergangsstudie zeigte, dass Jugendlichen, die während der Schulzeit sozial engagierten waren (z.B. in der örtlichen Feuerwehr, einem Rettungsdienst o. ä.), ein schnellerer Einstieg in eine betriebliche Berufsausbildung gelang. Erklärt wird dies mit dem arbeitsnahen Charakter der Tätigkeit und der Einbindung in soziale Netzwerke (vgl. Beicht/Ulrich 2008a, S. 270f). Altbewerber: Die Bewerberbefragung des BiBB verweist auf die Schwierigkeiten von Altbewerbern. Während nur 29% der Altbewerber in eine betriebliche Ausbildung einmündeten, waren es 41% derer, die sich erstmals um eine Ausbildung bemühten (Ulrich/Krewerth 2006, S. 166; 169f). Bewerbungsverhalten: Jugendliche, die sich nach eigenen Angaben nicht richtig um eine Ausbildungsstelle bemüht hatten, mündeten nur zu 15% in eine Ausbildung ein, diejenigen mit hohem Einsatz zu 38% (vgl. BiBBBewerberbefragung; Ulrich/Krewerth 2006, S. 167; 170). Unklare Berufsvorstellungen: Die Ergebnisse des Übergangspanels (DJI) verweisen auf die Schwierigkeiten von Jugendlichen, die im Verlauf ihrer Schulzeit keine Vorstellung über ihren weiteren Bildungs- und Ausbildungsweg entwickeln konnten. Ihr Anteil an den erfolgreichen Übergängern lag auch noch nach zwei Jahren unter dem Referenzwert der Gesamtgruppe (vgl. BMBF 2008a, S. 23).
Die untersuchten Hauptschulen wurden ausgehend von ihrer Übergangsgestaltung zu vier Clustern zusammengefasst. Die Unterschiede beziehen sich auf die Übergangsquoten innerhalb eines Clusters.
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Zum Vergleich: Ergebnisse des Längsschnitts TREE (Schweiz) Systemunterschiede machen Vergleiche mit anderen Ländern grundsätzlich schwierig und müssen bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden. Trotzdem soll an dieser Stelle ein Blick über Deutschland hinaus geworfen werden. Ausgewählt wurde ein Vergleich mit Daten aus der Schweiz, die ebenfalls über eine förderale Struktur und eine lange Tradition in der dualen Ausbildung verfügt (vgl. Rauner 2008). Untersuchungen aus der Schweiz zeigen im Hinblick auf individuelle Risikofaktoren ein ähnliches Bild. Auch dort bestimmen Geschlecht, besuchter Schultyp der Sekundarstufe I, soziale Herkunft, Migrationshintergrund und Region die Übergangswege von Schulabgängern (vgl. Meyer 2004). Das Risikoprofil von Jugendlichen, denen der Eintritt in eine qualifizierende Ausbildung nur verzögert bzw. gar nicht gelingt, beschreibt Meyer (2004) in der Tendenz so: „eher weiblich, eher in der Deutschschweiz ansässig, haben auf Sekundarstufe I nur Grundanforderungen erfüllt, verfügen über eher geringe Lesekompetenzen und stammen aus Familien mit tiefem sozioökonomischem Status und/oder Migrationshintergrund“ (Meyer 2004, S. 15). Insgesamt gelingt ca. drei Vierteln ein direkter Einstieg in Ausbildung, wobei hier im Vergleich zu Deutschland nicht zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Bildungsgängen unterschieden wird, was weitere Vergleiche schwierig macht. Die Autoren der Studie sehen insgesamt für ca. 60% der Jugendlichen einen „linearen ‚Normallebenslauf’“, während ca. 40% der Übergang nur diskontinuierlich, über Verzögerungen und Wechsel gelingt (vgl. Meyer 2004, S. 13). 3.3.4 Übergangswege von Jugendlichen mit Hauptschulbildung Mit der Betrachtung von Übergangswegen wird im Folgenden eine neue Perspektive eingenommen. Darüber hinaus liegt der Fokus auf Jugendlichen mit geringer Schulbildung, insbesondere Jugendlichen mit und ohne Hauptschulabschluss. Gefragt wird zum einen, auf welchen Wegen die Jugendlichen erfolgreich in Ausbildung münden können. Zum anderen interessiert, inwiefern die Stationen auf diesen Wegen von den Jugendlichen als Warteschleifen erlebt werden.
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Anpassungsprozesse, Warteschleifen, Maßnahmekarrieren Eine Warteschleife liegt vor, wenn Jugendliche, die ausbildungsreif sind und mit einer Lehre beginnen wollen, nur deswegen einen bestimmten Bildungsgang (z.B. schulische Berufsvorbereitung, weiterführende Schule) aufnehmen, weil sie keine Ausbildungsstelle bekommen konnten. Wenn sie dagegen bewusst eine solche Maßnahme anstreben, wird nicht von einer Warteschleife gesprochen. (vgl. Krewerth/Ulrich 2006, S. 70) Die Erfassung von Warteschleifen ist damit nicht nur vom eingeschlagenen Weg abhängig, sondern auch von den Intentionen und Kompetenzen der Jugendlichen. Hinweise auf das Vorliegen von Warteschleifen können daher sein:
die Pläne der Jugendlichen im Vergleich zu ihrer Realisierung; Anpassungsprozesse aufgrund erfolgloser Bewerbungen; Kompetenzen und Qualifikationen der Jugendlichen zum Zeitpunkt des Übergangs und Ziele der Jugendlichen hinsichtlich des besuchten Bildungsgangs.
Die Daten des Übergangspanels (DJI) zeigen, dass 43% der befragten Jugendlichen ihre im März genannten Wünsche bereits im Juni revidiert hatten, darunter besonders viele Mädchen und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Während im März noch der Plan eine Ausbildung zu beginnen an erster Stelle stand (44% Ausbildung vs. 27% Schule), zeigte sich bei der Befragung im Juni der Wunsch an eine weiterführende Schule zu wechseln auf Platz eins (40% Schule vs. 35% Ausbildung). (vgl. BMBF 2008a, S. 17 – 20) Auch Birkelbach (2007) konnte solche Anpassungsprozesse nachweisen. Er spricht dabei von einem „rekursiven Prozess“, in dem die Jugendlichen ihre Wünsche an die externen Gegebenheiten anpassen. (vgl. Birkelbach 2007, S. 252). Damit kann bereits der „angepasste Wunsch“, eine weiterführende Schule zu besuchen aus der Sicht der Jugendlichen auf eine Warteschleife hindeuten. Hinweise auf Warteschleifen gibt es auch für den Übergang in berufsvorbereitende Bildungsgänge: So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Jugendliche mit guten Schulnoten und klaren Berufswünschen, die nicht zur Zielgruppe berufsvorbereitender Maßnahmen gehören, in entsprechende Angebote wechselten. Darüber wurde anhand der Daten des Übergangspanels deutlich, dass fast 50% der Jugendlichen, die einen berufsvorbereitenden Bildungsgang beginnen sollten, diesen Plan als Notlösung bezeichneten. (vgl. BMBF 2008a, S. 27; 33)38 Trotzdem konnte auch hier eine hohe Bereitschaft der Jugendlichen festgestellt 38
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die BiBB-Bewerberbefragung (vgl. Krewerth/Ulrich 2006, S. 138).
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werden, die aktuelle Situation trotz ursprünglich anderer Pläne als die gewünschte zu akzeptieren. Vor dem Hintergrund dieser Anpassungsbereitschaft, so folgern die Autoren, stimmten die hohen Anteile derjenigen, die von einer Notlösung sprechen, daher umso bedenklicher. (vgl. BMBF 2008a, S. 33) Werden auf dem Weg in Ausbildung wiederholt Warteschleifen durchlaufen, wird von Maßnahmekarrieren gesprochen (vgl. Krewerth/Ulrich 2006, S. 71). Die Bewerbergefragung des BiBB (vgl. Krewerth/Ulrich 2006) quantifiziert diese mit 2% der befragten Bewerber, die bereits drei berufsvorbereitende Maßnahmen absolviert hatten. Schumann (vgl. 2006) konnte in einer Studie über Jugendliche in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang für 12% der Befragten die Einmündung in eine solche Maßnahmekarriere nachweisen. Betroffen waren hier vor allem Jugendliche, die auch nach der Berufsvorbereitung ohne Schulabschluss waren – darunter häufig Jugendliche mit Migrationshintergrund (vgl. Schumann 2006, S. 248f; 251). Da ein systematischer Nachweis von Maßnahmekarrieren anhand der verfügbaren statistischen Daten bislang aber nicht möglich ist, bleibt eine Quantifizierung dieser Maßnahmen auf einzelne Stichproben mit teilweise unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (z.B. Schumann 2006 im Vergleich zu Krewerth/Ulrich 2006) beschränkt.39 Über Schule und Berufsvorbereitung in die berufliche Ausbildung Während sich die Wege derer, die direkt in Ausbildung münden, als relativ stabil erweisen (vgl. BMBF 2008a, S.23f), geht es im Folgenden um die Frage, inwiefern Jugendlichen auch über Zwischenstationen –häufig als Warteschleifen empfunden – der Übergang in eine qualifizierende Ausbildung gelingt. Zwischenschritt Schule. Anhand der Daten des Übergangspanels zeigte sich die weiterführende Schule als bedeutendste Anschlussstation für Jugendliche mit Hauptschulbildung (35%). Erst danach folgten die Stationen Ausbildung und Berufsvorbereitung mit jeweils 26%. Besonders häufig entschieden sich Mädchen, Jugendliche mit Migrationshintergrund und Jugendliche mit guten Schulnoten für den Besuch einer weiterführende Schule. (vgl. BMBF 2008a, S. 40 42). 39
Vergleiche dazu beispielsweise den Hinweis im Bildungsbericht für Baden-Württemberg 2007, der deutlich macht, dass anhand der Daten zwar belegt werden kann, dass es einen Anschluss (z.B. weiterführende Schule, Ausbildung) an einen berufsvorbereitenden Bildungsgang geben kann, dass aufgrund fehlender Individualdaten aktuell aber nicht festgestellt werden kann, ob ein Anschluss (z.B. Berufsausbildung) direkt auf den (erstmaligen) Besuch des BVJ folgt, oder ob von den Jugendlichen zuvor mehrere berufsvorbereitende Maßnahmen durchlaufen wurden. (vgl. Landesinstitut für Schulentwicklung u.a. 2007, S. 124).
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Für die Mehrheit dieser Jugendlichen (61%), so zeigen die Daten des Übergangspanels, war der weitere Schulbesuch längerfristig angelegt und konnte für weiterführende Abschlüsse genutzt werden: Innerhalb von drei Jahren stieg der Anteil der Jugendlichen mit mindestens Hauptschulabschluss von 80% auf 92%, der Anteil der Jugendlichen mit mittlerem Bildungsabschluss von 22% auf 42%. (vgl. BMBF 2008a, S. 29). Ebenfalls drei Jahre später waren 50% der Jugendlichen, die zunächst eine weiterführende Schule besuchten, in einer betrieblichen Ausbildung, 23% gingen weiter zur Schule, 2% besuchten eine Berufsvorbereitung. (vgl. BMBF 2008a, S. 28) Während in Deutschland der Besuch weiterführender Schule häufig unter dem Aspekt der Verzögerung einer Berufsausbildung diskutiert wird, stößt dies international eher auf Verwunderung (vgl. BMBF 2008a, S. 40). Zwischenschritt Berufsvorbereitung. Anhand einer retrospektiven Untersuchung von Jugendlichen in einem Berufsvorbereitungsjahr40 konnte Schumann (2006) zeigen, dass die meisten Jugendlichen, die in das untersuchte Berufsvorbereitungsjahr mündeten, bereits im Verlauf der allgemeinbildenden Schule (zum Teil mehrere) strukturelle Brucherfahrungen machten (z.B. Klassenwiederholungen, Zurückstufungen beim Eintritt in die Grundschule, Schulwechsel „mit Abstufungscharakter“; vgl. Schumann 2006, S. 181; 187; 192). Nur ca. ein Fünftel der Jugendlichen berichtete nicht über Brucherfahrungen in der Primar- oder Sekundarstufe, die gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, einen Schulabschluss zu erreichen, signifikant minderten. Schumann (2006) beschreibt die Sekundarschulzeit für die späteren Berufsvorbereitungsschüler daher als „bildungsbiografisches Problemfeld“. (vgl. Schumann 2006, 187 - 192) Betrachtet man anhand der Ergebnisse des Übergangspanels (vgl. BMBF 2008a) schließlich die weiteren Wege der Berufsvorbereitungsschülerinnen und -schüler, so zeigt sich, dass über ein Viertel auch ein Jahr später einen berufsvorbereitenden Bildungsgang besuchte. Insgesamt gelang im Laufe von zwei Jahren knapp 60% der Einstieg in eine berufliche Ausbildung. (vgl. BMBF 2008a, S. 35) Allerdings hatten gerade Jugendliche mit schlechten Startbedingungen, die eigentliche Zielgruppe der berufsvorbereitenden Angebote, häufig weniger günstige Anschlusschancen. Gleichzeitig konnte aber auch gezeigt werden, dass es insbesondere Jugendlichen ohne Schulabschluss häufig gelang, diesen in der Berufsvorbereitung nachzuholen. (vgl. BMBF 2008a, S. 41) Mit Solga (2004), die zeigen konnte, dass auch ein nachgeholter Hauptschulabschlusses die Chancen der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz erhöht, kann für diese Jugendlichen daher von einem Effekt der Chancenverbesserung ausgegangen werden. 40
Untersucht wurde eine Klasse im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) in Berlin.
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Anhaltende Schwierigkeiten nach Beendigung eines berufsvorbereitenden Bildungsganges zeigten sich vor allem für Jugendliche mit Migrationshintergrund, insbesondere für solche, die einen Teil ihres Schulbesuches bereits im Herkunftsland absolviert hatten. (vgl. BMBF 2008a, S. 36; auch Schuhmann 2006) Insgesamt zeigt damit sich für beide Wege, sowohl über die weiterführende Schule als auch über die Berufsvorbereitung, ein zwiespältiges Ergebnis: Einerseits gelang einem großen Teil der Jugendlichen der Übergang in Ausbildung, andererseits blieb eine Gruppe von Jugendlichen, deren Weg in weitere berufsvorbereitende Bildungsgänge führte. Auch im Rahmen der BiBBÜbergangsstudie wurde deutlich, dass Teilnehmer weiterführender schulischer und berufsvorbereitender Bildungsgänge bessere Chancen hatten, in eine duale Berufsausbildung einzumünden als Jugendliche, die den Einsteig nach einer einjährigen Wartezeit versuchten (vgl. Beicht/Ulrich 2008b, S. 9f). Andererseits konnte auch hier eine Gruppe von Jugendlichen identifiziert werden, für die das Übergangssystem zur dauerhaften Warteschleife wurde. Diese bildete gleichzeitig die größte Teilgruppe unter den ausbildungslosen Jugendlichen. (vgl. Beicht/Ulrich 2008b, S. 9f) 3.3.5 Wahrnehmungen und Deutungsmuster Jugendlicher in schwierigen Übergangssituationen Während die bisherigen Daten den Verbleib bzw. die Wege von Schulabsolventen quantifizierten, steht im Folgenden die Wahrnehmung der Jugendlichen im Vordergrund. Dabei geht es um die Frage, wie die Jugendlichen selbst ihre Situation in der Schule und am Übergang in Ausbildung und Erwerbstätigkeit) einschätzen und wie sie mit Erfolgen bzw. Misserfolgen umgehen. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf Jugendlichen mit bzw. ohne Hauptschulabschluss. Wahrnehmung der schulischen Situation Geffert (2006) zeigte anhand von Metaphern, mit denen Haupt- und Förderschüler ihre Wahrnehmung von Schule beschreiben, dass sich die Jugendlichen in der Schule als passiv erleben bzw. dass sie Schule nicht als Teil ihrer Welt erfahren.41 In ihren Metaphern beschreiben sich die Schüler als passiv Erlebende oder sogar Erleidende in der Welt der Schule, der sie nur in der Pause oder außerhalb 41
Die Teilnehmer besuchten die 8. oder eine höhere Klassenstufe. Die Daten wurden in Form von Aufsätzen und Gruppendiskussionen erhoben.
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der Schule entkommen. Lediglich den Bereich der Beziehungen zu Lehrern und Mitschülern erfahren die Jugendlichen – trotz der sonst erlebten Passivität – als gestaltbar. Damit blenden diese Jugendlichen, so die Interpretation von Geffert (2006), die Möglichkeiten der Gestaltung ihrer schulischen Situation weitgehend aus. (vgl. Geffert 2006, S. 263f) Dies könnte erklären, dass sich viele Jugendlichen den schulischen Anforderungen systematisch entziehen. Im Rahmen des Übergangspanels gab jeder fünfte Hauptschüler bzw. jede fünfte Hauptschülerin an, in den letzten zwei Wochen ganze Schulstunden oder -tage geschwänzt zu haben (vgl. BMBF 2008a, S. 11). Widersprüchlich erscheint hier das Ergebnis, dass 60% der Befragten sagten, gerne zur Schule zu gehen – auch ca. die Hälfte derer, die Unterricht geschwänzt hatten (vgl. BMBF 2008a, S. 11). Wahrnehmung der beruflichen Zukunftsperspektiven Prager und Wieland (2005b) zeigten anhand einer repräsentativen Umfrage zur Selbstwahrnehmung der Jugend in Deutschland, dass die Jugendlichen mit wenig Vertrauen in die Zukunft blicken (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 3). Die Ergebnisse machen deutlich, dass ausbildungs- und berufsbezogene Sorgen vor anderen Zukunftsängsten wie Krankheit oder Tod stehen. Knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 20 Jahren zeigte sich überzeugt, dass nicht jeder, der sich anstrengt, den gewünschten Beruf ergreifen kann. Besonders pessimistisch blicken die Jugendlichen mit geringer Schulbildung in ihre berufliche Zukunft: ca. zwei Drittel sind skeptisch oder pessimistisch (Gymnasium: 40%) und mehr als 80% glauben, dass der Hauptschulabschluss bei der Suche nach einer Lehrstelle benachteilige. (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 3f) Gleichzeitig deckte die Studie auf, dass pessimistisch eingestellte Jugendliche weniger bereit sind, in den Beruf zu investieren: Sie sind seltener bereit für einen Arbeitsplatz in eine andere Stadt zu ziehen und wollen häufiger erst einmal abwarten und nichts zu tun, falls sie keinen Arbeitsplatz finden. Gleichzeitig sind sie im Vergleich zu anderen Abgängern eher bereit, einen anderen als den zunächst geplanten Beruf zu erlernen. (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 5f) Deutung von Misserfolgen aus Sicht der Jugendlichen Im Rahmen der BiBB-Bewerberbefragung wurden die jungen Erwachsenen, die in den letzten 15 Monaten auf Lehrstellensuche waren, gefragt, welche Gründe sie für ihren Misserfolg sehen. Dabei zeigte sich, dass die Bewerber relativ selten
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persönliche Merkmale (z.B. eine unzureichende Schulbildung oder gesundheitliche Einschränkungen) zur Erklärung ihrer Misserfolge heranziehen. Deutlich häufiger wurden die allgemeinen Rahmenbedingungen des Ausbildungsstellenmarktes, mangelnde Unterstützung und Merkmale konkreter Ausbildungsstellen genannt. (vgl. Krewerth/Eberhard 2006) Solche externalisierenden Deutungsmuster zeigten sich auch in der Untersuchung von Walther u.a. (2007). Hier wurde darüber hinaus deutlich, dass Deutungsmuster, die außerhalb der eigenen Person lagen (z.B. Pech, mangelnde Unterstützung), den Betroffenen als Strategie zur Aufrechterhaltung der eigenen Handlungsfähigkeit dienten, indem stigmatisierende Erfahrungen nicht individuell zugeschrieben wurden (vgl. Walther u.a. 2007, S. 115). Darüber hinaus arbeiteten Walther u.a. (2007) anhand der Interviews jedoch noch eine zweite, entgegengesetzte Strategie heraus: Sie zeigten, dass gerade „die Selbstzuschreibung von Scheitern auch das Gefühl aufrecht erhalten [kann], die Entwicklung in der Hand zu haben“ (Walther u.a. 2007, S. 115). Auf dieser Grundlage wurden Verweigerung und Rückzug (z.B. gegenüber schulischen Anforderungen) als letzte Möglichkeit gedeutet, sich selbst als handlungsfähig zu erleben bzw. eine eigene Entscheidung treffen zu können. (vgl. Walther u.a. 2007, S. 115f) Während damit einerseits der Einfluss individueller Deutungsmuster auf die die Entscheidungsprozesse und Strategien der jungen Erwachsenen am Übergang aufgezeigt werden konnte (vgl. Walther u.a. 2007, S. 113), wurde andererseits deutlich, dass diese nur auf der biografischen Ebene verstehbar wurden. (Walther u.a. 2007, S. 126f): Während die einen versuchten angesichts schlechter Schulabschlüsse bzw. schlechter Noten am Ball zu bleiben, reagierten andere in der gleichen Situation und mit dem gleichen internalisierenden Deutungsmuster mit Rückzug und Verweigerung. (vgl. Walther u.a. 2007, S. 115f) Insgesamt gelang es jungen Frauen in dieser Situation häufiger, Selbst- und Fremdzuschreibungen auszubalancieren und so den Rückweg in das Übergangssystem nicht abzubrechen (vgl. Walther u.a. 2007, S. 117). 3.4 Zusammenfassung Das dritte Kapitel thematisierte den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung. Im ersten Abschnitt wurde deutlich, dass sich Übergänge im Lebenslauf aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten lassen. Mithilfe dieser Blickwinkel konnten zentrale Merkmale von Übergängen herausgearbeitet werden: insbesondere die Parallelität und Prozesshaftigkeit von Übergängen, ihre (teilweise) Reversibilität, ihre Einbettung in gesellschaftliche Prozesse und
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Strukturen sowie eine verstärkte Individualisierung und Pluralisierung, die Anforderungen an die einzelnen Übergängerinnen und Übergänger stellen (vgl. ausführlich 3.1.4). Damit konnte gezeigt werden, dass der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung mehr als ein einmaliger Wechsel zwischen zwei Bildungsinstitutionen ist: Er verläuft parallel und verflochten mit anderen Übergängen (z.B. dem Übergang in den Erwachsenenstatus), er wird häufig nicht in einem Schritt vollzogen, er kann Rückschritte enthalten (z.B. Abbruch der Ausbildung und Rückkehr in die finanzielle Abhängigkeit von den Eltern) und er ist durch individuelle Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten gekennzeichnet. Während die zunehmende Pluralisierung und Individualisierung am Übergang in Ausbildung für manche Jugendliche jedoch eine Vervielfachung der Möglichkeiten bedeutet, werden andere durch „Gatekeeper“ an der Realisierung gewünschter Übergänge gehindert und haben nur geringe Wahlmöglichkeiten. Welche institutionellen Möglichkeiten das deutsche Berufsbildungssystem unterhalb der Hochschulebene für Jugendliche mit maximal mittlerem Bildungsabschluss bietet, war Thema des zweiten Abschnitts. Dabei wurde deutlich, dass das Berufsbildungssystem sowohl direkte Übergänge (schulische und duale Berufsausbildung) als auch indirekte Wege (über berufsvorbereitende oder weiterführende schulische Bildungsgänge) in Ausbildung umfasst. Im dritten Abschnitt wurden zunächst Schwierigkeiten bei der systematischen (statistischen) Erfassung von Übergängen aufgezeigt. Anhand von Verbleibsstudien zum Übergang in Ausbildung konnten schließlich Übergangsprobleme für folgende Gruppen herausgearbeitet werden (vgl. ausführlich 3.3.3): 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Jugendliche mit geringer Schulbildung (ohne Schulabschluss, mit Hauptschulabschluss; mit schlechten Noten im Abschlusszeugnis); junge Frauen mit niedrigem und mittlerem Bildungsabschluss, die eine betriebliche Ausbildung beginnen möchten; Jugendliche mit Migrationshintergrund, insbesondere Jugendliche mit eigener Migrationserfahrung; Jugendliche mit einem ungünstigen sozialen Hintergrund; Jugendliche, die im Verlauf ihrer Schulzeit keine Vorstellung über ihren weiteren Bildungs- und Ausbildungsweg entwickeln konnten. Jugendliche, die sich bereits früher um eine Ausbildungsstelle bemüht hatten (Altbewerber).
Darüber hinaus deutete sich ein Einfluss der Region, der Einzelschule und der Einbindung in eine gesellschaftliche Gruppe (z.B. einen Verein) an. Zusammenhänge zwischen der individuellen Qualifikation der Jugendlichen und ihrer sozialen bzw. ethnischen Herkunft (vgl. Beicht u.a. 2007) machten
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darüber hinaus auf Probleme aufmerksam, die zeitlich bereits vor dem Übergang in Ausbildung liegen. Darauf verwies auch die Studie von Schumann (2006), der zeigen konnte, dass ein großer Teil der Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr bereits im allgemeinbildenden Schulsystem strukturelle Brüche und Misserfolge erfahren hatte (vgl. 3.3.4). Zusammen mit dem Ergebnis, dass insbesondere Jugendliche mit geringer Schulbildung und schlechten Noten Schwierigkeiten am Übergang haben, lässt dies vermuten, dass bereits frühe Übergänge und Selektionsmechanismen (z.B. am Übergang in die Sekundarstufe) sowie Misserfolge in der allgemeinbildenden Schule Ursachen für Schwierigkeiten am Übergang in Ausbildung sein können. Die institutionell verankerten Zwischenschritte auf dem Weg in Ausbildung können die Schwierigkeiten dieser Jugendlichen dabei nur teilweise auffangen. Der vierte Abschnitt zeigte, dass viele Jugendliche ihre Wünsche bereits im letzten Schulbesuchsjahr an ihre Situation anpassen und dass sie statt der zunächst gewünschten Ausbildung am Ende des Schuljahres den Besuch einer weiterführenden Schule anstreben. Deutlich wurde auch, dass der (Um-)Weg über eine weiterführende Schule oder einen berufsvorbereitenden Bildungsgang für einen großen Teil der Jugendlichen schließlich erfolgreich in Ausbildung führt. Allerdings bleibt „immer noch eine viel zu große Minderheit“ (vgl. Beicht u.a. 2008, S. 307), für die auch die Umwege und Zwischenstationen ohne Erfolg bleiben. Für sie besteht die Gefahr, dass das Übergangssystem zur Sackgasse wird und dass Warteschleifen zu Maßnahmekarrieren werden – ohne letztlich in eine qualifizierende Ausbildung zu führen. Angesichts einer zunehmenden Individualisierung von Übergängen wurde im fünften Abschnitt die Perspektive der Jugendlichen selbst betrachtet. Dabei wurde deutlich, dass sich gerade Jugendliche mit geringer Schulbildung häufig als „Erleidende“ in der Welt der Schule wahrnehmen (vgl. Geffert 2006), dass sie häufiger als andere pessimistisch in ihre berufliche Zukunft blicken und dass sie weniger bereit sind, in einen Beruf zu investieren (vgl. Prager/Wieland 2005b). Damit blenden diese Jugendlichen sowohl im schulischen Bereich als auch im Hinblick auf ihre berufliche Zukunft die Möglichkeit einer Gestaltung ihrer Situation weitgehend aus – insbesondere dann, wenn sie zusätzlich zu externalisierenden Begründungsmustern greifen und auf mehr Glück bzw. bessere Umstände hoffen. Deutlich wurde aus der Perspektive der Jugendlichen auch, dass die individuellen Deutungsmuster und Bewältigungsstrategien sehr subjektiv und unabhängig von der konkreten Situation sind, in der sich die Jugendlichen befinden; dass sie also nur auf der biografischen Ebene verstehbar werden (vgl. Walther u.a. 2007). Fragt man abschließend nach der Gestaltbarkeit von Übergängen, die auch im Hinblick auf den Aufbau von Bildungslandschaften von Bedeutung ist, so
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zeigten sich im Verlauf des Kapitels immer wieder Hinweise auf pädagogisch gestaltbare Faktoren:
Der systemtheoretische Ansatz (Bührmann 2008) weist auf die Bedeutung der Verzahnung der Systeme der allgemeinen und der beruflichen Bildung hin. Die von Griebel (2004) vorgeschlagenen Schutzfaktoren und die Ergebnisse der Studien von Geffert (2006) und Prager/Wieland (2005b) verweisen auf die Bedeutung eines positiven Selbstwertgefühls, das es den Jugendlichen ermöglicht, ihre Situation zu gestalten. Dazu sind positive Erfahrungen in der Schule und im Prozess der Berufsorientierung notwendig, sowie die Erfahrung von Rückhalt und Unterstützung in formellen wie informellen Kontexten. Der Einfluss der Einzelschule zeigt, dass die Gestaltung von Übergängen im Rahmen der Schule eine wichtige Rolle spielt, darunter nicht zuletzt die Unterstützung bei der Entwicklung eines klaren Berufswunsches sowie bei konkreten Bewerbungsaktivitäten. Die Bedeutung der individuellen Qualifikation (Schulabschlüsse und Noten) verweist auf die Notwendigkeit früher Förderung und Unterstützung beim schulischen Lernen und auf die Bedeutung von Strategien zur Vermeidung von dauerhaftem schulischen Misserfolg. Auch hier sind die einzelnen Schulen gefordert.
4 Gestaltung von Übergängen
Ausgehend von den Schwierigkeiten am Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung steht im Folgenden die Frage im Vordergrund, wie Jugendliche, insbesondere Jugendliche mit ungünstigen Ausgangsbedingungen, frühzeitig, langfristig und erfolgreich am Übergang in Ausbildung und Erwerbstätigkeit unterstützt werden können. Während Kapitel drei bereits erste Hinweise auf Gestaltungsansätze gab, werden Angebote zur Unterstützung am Übergang im vierten Kapitel systematisch betrachtet. Dazu werden entlang der Bildungsbiografie von Jugendlichen zunächst Angebote zur Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen beleuchtet (vgl. 4.1), dann folgt mit der schulischen Berufsvorbereitung ein Angebot für Jugendliche, denen der direkte Übergang in Ausbildung nicht gelang (vgl. 4.2). Die zeitlich meist nachfolgenden Fördermaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit und der Jugendberufshilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz (SGB III) treten im Rahmen der Arbeit zugunsten eines präventiven Blicks in den Hintergrund. Die Betrachtung der Initiativen von Regionen bzw. Kommunen zur Gestaltung des Übergangs in Ausbildung ermöglicht schließlich einen direkten Anschluss an die in Kapitel zwei beleuchteten Bildungslandschaften (vgl. 4.3). 4.1 Berufsorientierung Berufsorientierung und Berufsfindung sind Aufgaben der modernen Industriegesellschaft, die sich erst mit der Auflösung der ständischen Ordnung, der Einführung der allgemeinen Schulpflicht und der Formulierung eines Grundrechts auf eine freie Berufswahl herausgebildet haben. Seit den Anfängen einer gezielten Berufsberatung gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat sich dabei ein zunehmendes Problembewusstsein und ein wachsendes Engagement von Staat und Gesellschaft herausgebildet, mit dem Ziel, die junge Generation in die Berufs- und Arbeitswelt und damit in die Gesellschaft zu integrieren. (vgl. Schäfer 1998, S. 10) Heute gehört Berufsorientierung zum Auftrag der allgemeinbildenden Schulen und ist im Schulgesetz (z.B. Schulgesetz für Baden-Württemberg §1 und §6)
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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verankert.42 Ausgehend davon wird das Thema „Berufliche Orientierung und Arbeitswelt“ im Bildungsplan als eine von zehn zentralen Aufgaben genannt, die von jeder Schule altersgemäß umgesetzt werden müssen (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2004, S. 18). 4.1.1 Begriffsklärung Von der „Inflation immer neuer und kreativer Worte“ Für Gestaltungsansätze am Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung gibt es zahlreiche, oft synonym gebrauchte Begrifflichkeiten. Schober (2001) spricht von einer „Inflation immer neuer und kreativer Worte“ (Schober 2001, S. 7), die von Berufsorientierung über Berufswahlvorbereitung, Berufswahlorientierung, Berufsfrühorientierung, Arbeitsweltorientierung bis zu Jobund Karriereorientierung und Berufsvorbereitung reichen. (vgl. Schober 2001). Während unter dem Begriff der Berufsvorbereitung relativ einheitlich berufsbezogene Unterstützungsmaßnahmen verstanden werden, die nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule angesiedelt sind (vgl. Decker 1981, S. 46), gibt es bei den Gestaltungsansätzen im Rahmen der allgemeinbildenden Schule weniger Begriffsklarheit. Dies zeigt sich beispielsweise in der häufigen Verwendung von Begriffspaaren wie Berufs- und Arbeitsweltorientierung oder Wirtschafts- und Arbeitsweltorientierung, die dann aber nicht differenziert definiert und gebraucht werden (vgl. ASW o.J.). Die Vielfalt und Unschärfe von Begrifflichkeiten wird dabei einerseits als „Desorientierung, in der sich die professionellen ‚Orientierer‘ befinden“ (Schober 2001, S. 7) interpretiert, andererseits deuten manche Bezeichnungen, beispielsweise der Begriff der Arbeitsweltorientierung, auf einen Paradigmenwechsel hin, der unter anderem das Leitbild des Berufs zur Diskussion stellt (vgl. Schober 2001, S. 7). Insgesamt betrachtet bleibt der Begriff der Berufsorientierung aber der am häufigsten verwendete Begriff, wenngleich es in Bezug auf ein gemeinsames Verständnis von Begriff und Problemlage weniger Klarheit gibt (vgl. Wissenschaftliche Begleitung des Programms „Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“ 2008, S. 258; dazu auch Feldhoff 1985, S. 21).
42
Online: URL: http://www.smv.bw. schule.de/Gesetze/schulgesetz.pdf [Datum der Recherche: 19.02.2009].
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Zum Verständnis von Berufsorientierung In der Diskussion um ein angemessenes Verständnis wird aktuell vor allem Kritik an einer „klassischen“ Form der Berufsorientierung geübt, die sich auf den direkten Übergang in Ausbildung konzentriert und häufig aus einem „schlecht vorbereiteten Betriebspraktikum, einem BIZ-Besuch, dem Einüben von Bewerbungsroutinen sowie praktischem Tun in einem Fach Arbeitslehre“ besteht (Butz 2006, S.2; vgl. auch Butz 2008a, S. 45). Weitere Kritikpunkte sind die Beschränkung der Berufsorientierung auf die Abschlussklassen der Sekundarstufe, die fehlende Verbindung mit dem „normalen“ Unterricht und die Konzentration auf eine allgemeine Information über Berufsangebote, Anforderungen und Realisierungschancen (vgl. Meier 2002; Butz 2006, S.2; 2008a, S. 45; Beinke 2008a, S. 11). Demgegenüber betonen die Vertreter einer „zeitgemäßen Berufsorientierung“ (vgl. Lumpe 2002), eines „erweiterten Verständnisses von Berufsorientierung“ (vgl. Schudy 2002; Butz 2006) bzw. eines „ganzheitlichen Begriffs von Berufsorientierung“ (vgl. Famulla 2008) die Bedeutung folgender Aspekte:
Berufsorientierung wird als lebenslanger Lernprozess verstanden, in dem sich Interessen, Wünsche, Wissen und Können des Individuums einerseits und Möglichkeiten und Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt andererseits annähern (vgl. Famulla/Butz 2005). Berufsorientierung soll beim Einzelnen, und nicht bei den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ansetzen (vgl. Butz 2006). Berufsorientierung soll die Ausprägung einer subjektiven Haltung zu Arbeit und Beruf als wesentliche Elemente des eigenen Lebensentwurfs ermöglichen (vgl. Schudy 2002). Berufsorientierung soll die Entfaltung der Persönlichkeit sowie die Entwicklung von Eigeninitiative und Selbstverantwortung stärken (vgl. Lumpe 2002; Butz 2006; Famulla 2008; ASW o.J.). Berufsorientierung soll „entscheidungsfähig“ (Butz 2006, S. 3) machen in Bezug auf die Gestaltung und Abstimmung der persönlichen Berufs- und Lebensplanung – auch jenseits eines Lebensberufes (vgl. Butz 2006; ASW o.J.). Berufsorientierung wird als Prozess betrachtet, der sowohl in formellen Lernumgebungen (z.B. Schulen, andere Bildungsträger) als auch im alltäglichen Umfeld stattfindet (vgl. Famulla/Butz 2005).
Im Folgenden wird Berufsorientierung daher als Prozess verstanden, der „alle zielgerichteten Aktivitäten“ umfasst, „die dazu beitragen, die Fähigkeiten und
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Möglichkeiten der Jugendlichen zur Berufswahl, zur Bewältigung der Anforderungen der Arbeitswelt und zu deren Mitgestaltung zu verbessern“ (Famulla/Butz 2005). Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Berufsorientierung eine starke pädagogische Dimension hat, die die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt (vgl. Famulla/Butz 2005). Berufsorientierung, sowohl im Rahmen der Schule als auch darüber hinaus, dient damit nicht nur dem Sammeln von Informationen, Kenntnissen und Erfahrungen, sondern zielt darauf, dass Jugendliche diese „vor dem Hintergrund gesellschaftlicher, betrieblicher und persönlicher Interessen und Wertigkeiten interpretieren, bewerten und in eigenverantwortliches und zielgerichtetes Handeln übersetzen […] können“ (Famulla/Butz 2005). Enthalten in diesem Verständnis von Berufsorientierung sind auch Aspekte einer Arbeitsweltorientierung, die bewusst über die Beschäftigung mit Berufen hinausgeht und Lebensentwürfe rund um das Themenfeld Arbeit aufgreift (vgl. Butz 2003, S. 2). Ein über die Erwerbsarbeit hinausgehendes Verständnis von Arbeit ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine geschlechtersensible Berufsorientierung notwendig, die es insbesondere Mädchen ermöglicht, eigene Erfahrungen und Orientierungen zu reflektieren (vgl. Lemmermöhle 1993). Im Rahmen der Schule wird Berufsorientierung als zentrale Zieldimension schulischen Handelns verstanden, die Einfluss auf den „normalen“ Unterricht nimmt (z.B. in Bezug auf Inhalte, Methoden, Sozialformen; vgl. Schudy 2002) und dabei alle Fächer und Jahrgangsstufen umfasst (vgl. Famulla/Butz 2005). 4.1.2 Empirische Ergebnisse Die Literatur zur Berufsorientierung umfasst eine Vielzahl von Konzepten und Berichten, die beschreiben, wie gute Berufsorientierung in der Schule gestaltet werden kann.43 Deutlich seltener sind dagegen Darstellungen, die über Erfahrungsberichte hinausgehen und empirische Aussagen zur Wirksamkeit dieser Konzepte machen. Damit kann von einer gewissen Diskrepanz zwischen der hohen Bedeutung von Berufsorientierung und der systematischen Erforschung ihrer Wirksamkeit gesprochen werden (vgl. Brüggemann 2009, S. 30; Lehmkuhl/Schöler 2009, S. 35).
43
Vgl. dazu beispielsweise den Sammelband von Prätorius/Giese (2004) zu Erfahrungen im PROJEKT AKTIV, die Erfahrungsberichte in der Zeitschrift Pädagogik (5/2009) oder einige der „Beiträge von Berufsorientierungsprojekten“ im SWA-Programm (vgl. Wissenschaftliche Begleitung des Programms Schule – Wirtschaft/Arbeitsleben 2008a).
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Im Folgenden werden sowohl projektunabhängige Studien (z.B. Prager/ Wieland 2005b44; Berzog 200845; BMBF 2008a46; Hofmann-Lun/Geier 2008) als auch Projektevaluationen (z.B. Bastian u.a. 2007) in die Darstellung empirischer Ergebnisse einbezogen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie sich die Aussagen meist auf einzelne Elemente und nicht auf ein Gesamtkonzept beziehen und dass die im Rahmen von Einzelprojekten entstandenen Studien immer in Bezug auf die konkreten Rahmenbedingungen eines regional und zeitlich begrenzten Projektes interpretiert werden müssen. Betriebspraktika Betriebspraktika gehören heute zum festen Bestandteil schulischer Berufsvorbereitung an Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Dabei ermöglichen die Erlasse und Richtlinien der jeweiligen Bundesländer sowie die Handlungsspielräume der einzelnen Schulen unterschiedliche Umsetzungsformen, die es schwierig machen, Praktika großflächig zu untersuchen bzw. Untersuchungsergebnisse zu vergleichen. (vgl. Bergzog 2008, S. 9) Unterschiedliche und unerfüllte Erwartungen an Praktika. Je nach der Perspektive der Befragten werden Praktika mit ganz unterschiedlichen Zielen in Verbindung gebracht. Für die einen geht es um Berufswahl bzw. das Kennenlernen von Wunschberufen, für andere um systematische Erfahrungen in der Arbeitswelt und aus Sicht der Betriebe spielt nicht zuletzt die Rekrutierung von Auszubildenden eine wichtige Rolle. (vgl. Feldhoff 198547, S. 22; 32; Beinke 2008a48, S. 41f; Bergzog 2008, S. 14; 23; BMBF 2008a, S. 15)
44
Prager und Wieland (2005b) untersuchten in ihrer Studie „Jugend und Beruf“ die beruflichen Zukunftsperspektiven von Jugendlichen, ihre Einstellung zur künftigen Berufstätigkeit und ihre Sicht bzw. Wünsche im Hinblick auf das Thema „Berufswahl“. Die Studie wandte sich an 779 Jugendliche in ganz Deutschland und kann aufgrund der Stichprobenauswahl als repräsentativ gelten. Befragt wurde mündlich, anhand eines standardisierten Fragebogens. (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 15) 45 Bergzog (2008) stellte die Frage nach der Effizienz der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika. In die Untersuchung waren knapp 1000 Betriebe, 16 Hauptund 15 Realschulen (Schüler, Lehrer) in drei Bundesländern einbezogen. Ergänzt wurden die Ergebnisse durch eine bundesweite Befragung von Schulabgängern im Rahmen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB). 46 Daten zur Berufsorientierung, die im Rahmen des Übergangspanels (DJI) erhoben wurden. 47 Feldhoff verweist hier auf das „Deutsche Handwerksblatt“ 3/1980, in dem das Praktikum als ideale Form des Kennenlernens beworben wird. 48 Beinke (2008a, S. 41; 46) führte eine schriftliche Befragung von Hauptschülern (N= 124) im Landkreis Osnabrück durch und befragte die Schulleiter der untersuchten Hauptschulen.
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Gleichzeitig zeigen die vorliegenden Untersuchungen, dass diese Erwartungen nur teilweise erfüllt werden:
Im Hinblick auf das Kennenlernen von Wunschberufen konnte Beinke (2008a) zeigen, dass nur gut die Hälfte der befragten Jugendlichen den Praktikumsbetrieb selbst wählen konnte und dass ebenfalls die Hälfte nur einen Betrieb kennenlernte. Darüber hinaus waren die zur Verfügung stehenden Praktikumsplätze nicht repräsentativ für das tatsächliche Ausbildungsplatzangebot, und eine Analyse der Tätigkeiten zeigte, dass Schülerpraktikanten überwiegend für Hilfsarbeiten eingesetzt wurden. (vgl. Beinke 2008a, S. 41 - 44) Am ehesten konnten die männlichen Hauptschülern ihre Wunschberufe erkunden (vgl. Bergzog 2008, S. 15). Im Hinblick auf das Sammeln systematischer Erfahrungen in der Arbeitswelt wurde deutlich, dass große Betriebe ihre Praktikanten eher geregelt und systematisch einsetzen als kleine Betriebe – mit der Folge, dass „der konkrete Eindruck, den Jugendliche vom Beruf bekommen, stark vom Einzelfall abhängt“ (Bergzog 2008, S. 15). Darüber hinaus stellte Bergzog (2008) fest, dass das Sammeln von Erfahrungen in der Arbeitswelt dann systematischer verlief, wenn es einen regelmäßigen Kontakt zwischen Schule und Betrieb gab. Dies war aber nur bei ca. einem Viertel der befragten Betriebe der Fall. (vgl. Bergzog 2008, S. 13)
Reflexion von Praxiserfahrungen im Unterricht. Aus theoretischer Sicht wird die Bedeutung der Reflexion von Praktikumserfahrungen im Unterricht betont (vgl. Feldhoff 1985, S. 21; Beinke 2008a, S. 89). Untersuchungen dagegen zeigen, dass eine Vor- und Nachbereitung im Rahmen des Unterrichts nicht immer stattfindet. Am ehesten wurde sie dort angeregt, wo mehrere Praktika aufeinander aufbauten. (vgl. Bergzog 2008, S. 22; 28f) Überwiegend positive Ergebnisse zeigte hier ein Schulversuch in Hamburg, in dessen Zentrum die „systematische Nutzung außerschulischer Lernorte und deren Verknüpfung mit dem Lernort Schule“ stand (Bastian u.a. 2007, S.17).49 Hier wurden betriebliche Erfahrungen gezielt im Unterricht bearbeitet. Insbesondere die „besondere betriebliche Lernaufgabe“ erwies sich dabei als wichtiges 49
Der Schulversuch war auf drei Jahre beschränkt und wurde an drei Schulen (14 Real- bzw. Hauptschulklassen, 300 Schüler, 20 Klassenlehrer) durchgeführt (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 255). Im Zentrum des Versuchs stand die enge Verknüpfung der Lernorte Schule und Betrieb: „Die Schülerinnen und Schüler lernen und arbeiten jeweils für ein Schulhalbjahr an zwei Tagen in der Woche in einem Betrieb und an drei Tagen in der Schule.“ (Bastian 2007 u.a., S. 17) Die wissenschaftliche Begleitforschung umfasste unterschiedliche Methoden und zeichnete sich insbesondere durch die Einbeziehung der Lern- und Leistungsentwicklung der Schüler und den Vergleich mit einer Kontrollgruppe aus (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 35f).
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Instrument zur Reflexion von Erfahrungen und zur Weiterentwicklung der Eigenständigkeit der Schülerinnen und Schüler. (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 257) Bedeutung von Praktika aus Sicht der Jugendlichen. Trotz dieser Einschränkungen haben Praxiserfahrungen aus der Sicht der Jugendlichen einen hohen Einfluss auf die Berufswahl und stehen weit vor der Bedeutung von Informationsmaterial und -veranstaltungen (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 9; Bergzog 2008, S. 17f; BMBF 2008a, S. 14). Einen Grund hierfür sieht Lemmermöhle (1993) im Kontrast des Praktikums zur alltäglichen Schulerfahrung: „Froh darüber, endlich einmal etwas anderes machen zu können als in der der oft als kopflastig empfundenen Schularbeit, beurteilen SchülerInnen die Arbeit im Betreibspraktikum danach, in welchem Ausmaß sie praktisch tätig sein können und ob sie sozial, d.h. als Erwachsene anerkannt werden“ (Lemmermöhle 1993, S.124). Während diese Kriterien einerseits sinnvoll sind, wären Schlussfolgerungen auf den Beruf „unzulässige und falsche Verallgemeinerungen“, da die Jugendlichen meist nur Hilfstätigkeiten kennenlernen und weil die soziale Anerkennung aus der Perspektive der Arbeitskraft möglicherweise anders aussehen würde. (vgl. Lemmermöhle 1993, S. 124) Insgesamt betrachtet zeigen die vorliegenden empirischen Untersuchungen, dass sich die hohen Erwartungen an Praktika nicht durchgehend bestätigen lassen und dass Erfolge nicht zuletzt von den konkreten Bedingungen und Personen vor Ort abhängen, beispielsweise den Kooperationsbeziehungen zwischen Schulen und Betrieben, dem Engagement der begleitenden Lehrer und Ausbilder und einer gezielten Reflexion im Unterricht. Dass Praktika dennoch gewinnbringend eingesetzt werden können – auch über die Perspektive der Jugendlichen hinaus – zeigen die Ergebnisse eines Schulversuchs, für den jedoch noch keine Alltagstauglichkeit nachgewiesen werden konnte (vgl. dazu die Kritik von Beinke 2008a)50:
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Sowohl leistungsstarke als auch leistungsschwache Schülerinnen und Schüler konnten den Schulversuch mehrheitlich für ihre Lernentwicklung nutzen (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 52; 240). Das Praxismodell ermöglichte den Jugendlichen Kompetenzerfahrungen und führte sie zu einem veränderten Lernverhalten. Gezeigt wurde unter anderem, dass die Jugendlichen aktiver und eigenständiger in die Gestaltung Beinke (2008a) äußert sich kritisch zum Ergebnisbericht, der auf „wunderbare Weise den Schulversuch als in fast jedem Aspekt erfolgreich erscheinen“ lässt (vgl. Beinke 2008a, S. 85). Seine Zweifel an der weitestgehend positiven Darstellung stützt er auf die Vermutung, dass der Schulversuch unter hohen Erwartungsdruck von Seiten der Hamburger Schulbehörde durchgeführt wurde. Darüber hinaus geht er davon aus, dass Erfolg nur dann vorliegt, wenn eine Übertragung in den Alltag von Schulen und Betrieben möglich ist. Dies wurde im Rahmen des Modellversuchs nicht nachgewiesen. (vgl. Beinke 2008, S. 85)
102
Gestaltung von Übergängen ihrer Lernbiografie eingriffen und Voraussetzungen für eigenständiges Weiterlernen erwerben konnten (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 241; 249). Die Schülerinnen und Schüler konnten ihre individuelle Berufswahlreife entfalten: sie entwickelten eigenständige berufliche Vorstellungen – weitgehend unabhängig von den Vorstellungen der Eltern (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 242). Hinsichtlich der Übergänge in Ausbildungsverhältnisse zeigte sich die Nachhaltigkeit des Schulversuchs anhand einer Absolventenbefragung (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 245f). Darüber hinaus wurde die Lernortkooperation zum Ausgangspunkt einer Struktur- und Qualitätsentwicklung der beteiligten Schulen (vgl. Bastian u.a. 2007, S.247).
Informationsangebote Informationen zum Thema Berufsorientierung sind den Jugendlichen vorwiegend über das Internet und über die Schriften und Angebote der Bundesagentur für Arbeit zugänglich (vgl. Beinke 2008b51; Berzog 2008, S. 21). Sie werden von den Jugendlichen jedoch häufig als wenig hilfreich bewertet (vgl. Beinke 2008b, S. 105; Bergzog 2008; Prager/Wieland 2005b). Dabei sehen die Jugendlichen meist keinen Mangel an der Menge der Informationen. Ire Aussagen verweisen eher auf Defizite bzw. mangelnde Unterstützung beim Verarbeiten der verfügbaren Datenflut (vgl. Beinke 2008b, S. 104; Bergzog 2008, S. 21). Da diese Form der Unterstützung von der Agentur für Arbeit in der Regel aber nicht geleistet wird, sind hier die Schulen gefragt. Im Rahmen der Untersuchung von Beinke (2008b) gab jedoch ein Drittel der Jugendlichen an, hier keine Hilfe bei der Nutzung der Information erfahren zu haben (vgl. Beinke 2008b, S. 64; 106). Über zu wenig Information klagten am häufigsten Hauptschülerinnen bzw. Hauptschüler und pessimistisch eingestellte Jugendliche (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 8; 10; Beinke 2008b, S. 104). Inwiefern hier ein Zusammenhang mit der Fähigkeit der Informationsverarbeitung besteht, konnte anhand der Daten nicht geklärt werden. Beratungsangebote Beratung im Prozess der Berufsorientierung gibt es in formalen Kontexten (z.B. durch Berufsberaterinnen und -berater der Agentur für Arbeit, durch Lehrerinnen 51
Ausgewertet wurden insgesamt 480 Fragebögen von Hauptschülern, Realschülern und Gesamtschülern.
Gestaltung von Übergängen
103
und Lehrer, durch sozialpädagogische Fachkräfte) sowie informell, durch Eltern, Geschwister oder Freunde. Dabei überwiegt aus der Sicht der Jugendlichen der Einfluss bzw. die Bedeutung informeller Beratung, insbesondere der Eltern (vgl. Bergzog 2008; Prager/Wieland 2005b). Die empirischen Ergebnisse zu den formalen Beratungsangeboten und –formen lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen: Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Dem regelmäßigen und flächendeckenden Beratungsangebot der Agentur für Arbeit steht aus Sicht der Jugendlichen dessen geringe Bedeutung gegenüber (vgl. Bergzog 2008; Prager/Wieland 2005b). Darüber hinaus machten die Studien deutlich, dass das Gespräch mit dem Berufsberater bzw. der Berufsberaterin von vielen als demotivierend, sinnlos, verletzend oder entmutigend erlebt wurde (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 254; Spies 2006a, S. 163; 165). Auch aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer überwogen negative Erfahrungen (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 253f; auch BMBF 2008a). Als Ursachen wurden im Rahmen der Studien zum einen die geringe Informiertheit der Berater über die Situation, die Neigungen und die Fähigkeiten der einzelnen Jugendlichen genannt (vgl. Bergzog 2008, S. 27), zum anderen die zu geringe Zahl an Ausbildungsplätzen, die die Berufsberaterinnen und -berater anbieten konnten (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 254). Positiv hervorgehoben wurde von Seiten der Lehrerinnen und Lehrer dagegen das Wissen der Beraterinnen bzw. der Berater um neue Entwicklungen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt und ihre Autorität bezüglich der Einschätzung der Realisierbarkeit von beruflichen Wünschen. Eine gute Zusammenarbeit zeigte sich vor allem dort, wo eine enge und fallbezogene Zusammenarbeit von Lehrern und Berufsberatung stattfand, die es ermöglichte, individuelle Lösungen für einzelne Schüler zu finden. (vgl. Bastian u.a. 2007, S. 254) Sozialpädagogische Beratung ermutigt. Den eher negativ besetzten Erfahrungen mit der Arbeitsverwaltung stehen in der Untersuchung von Spies (2006a; 2006b) die positiven Erfahrung der Jugendlichen mit sozialpädagogischer Beratung gegenüber.52 Die Jugendlichen erlebten die Sozialpädagoginnen und -pädagogen als Mut machend und waren vor allem dort, wo das Beratungsangebot gut bekannt war, auch in schwierigen Situationen zuversichtlich (vgl. Spies 2006a, S. 162f). Spies (2006a) konnte außerdem zeigen, dass sich die Be52
Spies berichtet Ergebnisse der Zwischenevaluation des Modells „BRÜCKE ZUM BERUF“ (Spies 2006a) und Ergebnisse der Abschlussevaluation des Teilprojekts „ORIENT“ im Modell „BRÜCKE ZUM BERUF“ (Spies 2006b). Datenbasis der Zwischenevaluation waren Gruppendiskussionen mit 75 Jugendlichen und Experteninterviews mit 14 Schul- und 3 Wirtschaftsexperten (vgl. Spies 2006a, S. 161). Datenbasis für die Abschlussevaluation von „ORIENT“ war die quantitative Arbeitsdokumentation der vier Sozialpädagoginnen, die knapp 800 Schüler bzw. ca. 1700 Beratungskontakten umfasste. Dazu kamen Leitfadeninterviews mit den Sozialpädagoginnen und Netzwerkpartnern. (vgl. Spies 2006b, S. 238)
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Gestaltung von Übergängen
ratung positiv auf die persönliche Entwicklung der Jugendlichen (z.B. Selbstbewusstsein), auf ihre Schulabschlüsse und auf den Abschluss von Lehrverträgen auswirkte (vgl. Spies 2006a, S. 172). Auch die Eltern der Jugendlichen (ca. 40%) nahmen das Beratungsangebot an, unter anderem solche, „die sonst kaum von Schule zu erreichen sind“ (vgl. Spies 2006b, S. 245). Deutlich wurde auch, dass Jungen und Mädchen bzw. Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund unterschiedlicher Beratungsbedarfe hatten (vgl. Spies 2006b S. 244) Die Untersuchungen von Spies (2006a; 2006b) und Bolay u.a. (2004)53 geben darüber hinaus Hinweise auf die Wirkungsweise sozialpädagogischer Beratung. Dabei zeigten sich vor allem die Faktoren Zeit und Akzeptanz, die die Jugendhilfefachkräfte den Jugendlichen entgegen brachten, von Bedeutung. So wurde beispielsweise das Schreiben einer Bewerbung zum Anlass genommen, die Schulsozialarbeit aufzusuchen, die Zeit wurde dann aber auch für Gespräche über andere Probleme genutzt (vgl. Bolay u.a. 2004, S. 242f). Als günstige Bedingungen für ein gelingendes Beratungskonzept zeigten sich in den Untersuchungen:
die Integration der sozialpädagogischen Arbeit in den Schulalltag (z.B. Beratungsangebote während der Unterrichtszeit und eine gute Ansprechbarkeit der Berater (Spies 2006a, S. 167f); die Kombination von berufsorientierenden Themen und Fragen der Lebensplanung (vgl. Spies 2006a, S. 168); die Lösungsorientierung der Beratungsgespräche (Spies 2006a, S. 162); die Freiwilligkeit und Individualität der Beratung (Spies 2006a, S. 168); eine personelle Verbindung von Jugendsozialarbeit an der Schule und Jugendhaus (vgl. Bolay u.a. 2004, S. 246).
Schwierigkeiten gab es dagegen häufig dort, wo eine Kooperation der Systeme Schule und Jugendsozialarbeit nicht gelang (vgl. Spies 2006a, S. 168 - 172). Individuelles Engagement sichert Beratungserfolg. Deutlich wurde auch, und zwar über die verschiedenen Formen der Beratung hinweg, dass der Beratungserfolg vom individuellen Engagement der Beratenden (z.B. Lehrerinnen und Lehrer, Berufsberaterinnen und -berater) abhängig ist (vgl. Bergzog 2008, S. 44).
53
Bolay u.a. (2004) untersuchten die Jugendsozialarbeit an Hauptschulen und am BVJ in BadenWürttemberg.
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Berufsorientierung als Aufgabe von Schulentwicklung Im Rahmen des Programms „Schule – Wirtschaft/Arbeitsleben“ (kurz: SWA) zeigte sich, dass (neue) Instrumente zur Berufsorientierung von den beteiligten Schulen nur dann effizient genutzt werden konnten, wenn sie im Zusammenhang mit einem durchgängigen, fächer- und jahrgangsübergreifenden Konzept standen (vgl. Butz 2008c, S. 122). In der Folge nahm die Bedeutung von Schulentwicklungsprozessen im SWA-Programm zu, und es bildeten sich verstärkt Projekte heraus, in denen Schulen beim Aufbau eines schulspezifischen Berufsorientierungscurriculums unterstützt wurden. Anhand der Beispielprojekte und der Arbeit der AG „Schulentwicklung“ im SWA-Programm arbeitete Butz (2008c) schließlich folgende Faktoren für das Gelingen von Berufsorientierung als Schulentwicklungsprozess heraus (vgl. Butz 2008c, S. 139 - 141):
Erstellung einer Ausgangsanalyse, die sowohl den aktuellen Stand als auch förderliche bzw. hinderliche Kräfte beschreibt; externe Unterstützung der Schulen und ihrer Mitarbeiter, beispielsweise im Hinblick auf Moderation, Motivation oder Fachwissen; Schaffung regionaler schulischer Netzwerke zur Förderung des Erfahrungsaustausches; klare Kompetenzverteilung und Benennung verbindlicher Ansprechpartner an den Schulen; ausreichend Zeit bzw. Planungssicherheit zur nachhaltigen Veränderung der Organisationskultur; Verständigung auf einen gemeinsamen Begriff von Berufsorientierung als schulischer Leitaufgabe, der auch durch das konsistente Agieren der Entscheidungs- und Aufsichtsinstanzen und durch eine Verankerung in den länderspezifischen Orientierungsrahmen unterstützt wird; Aufbau eines komplexen Kommunikationsmanagements, „das auf allen Ebenen, die Schulhandeln beeinflussen oder gar ‚bestimmen’, aktiv wird (Lehrkraft, Einzelschule, Schullandschaft, regionales Umfeld, Politik/Verwaltung)“ (Butz 2008c, S. 141).
Anhand der hier genannten Faktoren wird deutlich, dass gute Berufsorientierung nicht nur die Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen darf, sondern systemisch ansetzen muss (vgl. Butz 2008c, S. 117). Das innovative Element von Berufsorientierung als Aufgabe von Schulentwicklung liegt dabei weniger in „greifbaren absoluten Neuigkeiten“, sondern eher in einem veränderten Ineinandergreifen bereits bekannter Elemente und Strukturen. (vgl. Butz 2008c, S. 107). Folglich kann sich auch die Weitergabe guter Erfahrungen im Sinne eines Trans-
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fers nicht in einer bloßen Übernahme von Maßnahmen erschöpfen. Sie erfordert einen grundlegenden Veränderungsprozess, in dem sich das Rollen- und Aufgabenverständnis von Lehrkräften und Schule insgesamt verändern. (vgl. Butz 2008c, S. 106) Weitere Ergebnisse Bedeutung einzelner Elemente der Berufsorientierung aus Sicht der Jugendlichen. Aus Sicht der Jugendlichen stehen Praxiserfahrungen und Gespräche mit den Eltern weit vor dem Einfluss von Freunden und Lehrern. Informationsmaterial und -veranstaltungen (Broschüren und Messen usw.) belegen in der Rangliste der Jugendlichen den letzten Platz. (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 9; dazu auch Bergzog 2008, S. 17f; BMBF 2008a, S. 14). Überwiegend positiv bewertet werden auch Bewerbungstrainings (Prager/Wieland 2005b, S. 11). Testverfahren zur Einschätzung der eigenen Fähigkeiten fallen dagegen deutlich ab (vgl. BMBF 2008a, S. 15; Beinke 2008b; Walther u.a. 2007, S. 110). Wünsche äußern die Jugendlichen im Hinblick auf mehr Einblicke in die konkrete Berufspraxis und eine möglichst individuelle Betreuung im Orientierungsprozess (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 11). Einfluss von Grundhaltungen. Prager und Wieland (2005b) konnten in ihrer Studie „Jugend und Beruf“ einen Zusammenhang zwischen pessimistischer beruflicher Zukunftsperspektive und Unsicherheit bei der Selbsteinschätzung und der Berufswahl zeigen (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 7). Insbesondere Hauptschüler zeigen sich häufiger pessimistisch, weniger bereit zu beruflichen Investitionen auf Kosten des Privatlebens und bei ihrer Berufsentscheidung abhängiger von „offiziellen Stellen“ (z.B. Lehrer, Berufsberater; vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 5, 10 - 12). Bedeutung von Einzelschule und individuellem Engagement. Die Unterstützung durch die Schule wird von den Jugendlichen unterschiedlich beurteilt. Prager und Wieland (2005b) schließen daraus auf die Bedeutung der Einzelschule und des individuellen Engagements von Lehrerinnen und Lehrern. (vgl. Prager/Wieland 2005b, S. 11) Zu dieser Einschätzung kommen auch Bergzog (2008) sowie Hofmann-Lun und Geier (2008). Berzog (2008) spricht zusammenfassend von einem großen Spektrum schulischer Angebote „von der Erfüllung bildungspolitischer Vorgaben … bis hin zu hoch engagierten Schulen“ (Berzog 2008, S. 25). Förderunterricht in Vorbereitung auf den Schulabschluss. Trotz der hohen Bedeutung der individuellen Qualifikation am Übergang in Ausbildung wird das Thema einer fächerspezifischen Förderung im Rahmen von Studien zur Berufs-
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orientierung bzw. zum Übergang in Ausbildung kaum angesprochen. Eine Ausnahme ist das Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts (vgl. u.a. BMBF 2008a). Hier wurde gezeigt, dass ca. ein Viertel der Hauptschülerinnen und Hauptschüler Förderunterricht in Anspruch nahm. Zwei Drittel davon konnten ihre schulischen Leistungen verbessern. Deutlich wurde aber auch, dass nur ca. 1% der Jugendlichen Förderung in Deutsch als Fremdsprache bekam, was angesichts des hohen Anteils an Jugendlichen mit Migrationshintergrund überraschte (vgl. BMBF 2008a, S. 14; Hofmann-Lun/Geier 2008). Kooperationspartner in der Berufsorientierung. In der Berufsorientierung kooperieren Schulen mit ganz unterschiedlichen Partnern. Dies zeigen auch die Ergebnisse der regionalen Studien in Stuttgart und Leipzig (vgl. HofmannLun/Geier 2008). Dabei erwies sich in beiden Städten die Bundesagentur für Arbeit als wichtigste Partnerin. Auch die beruflichen Schulen wurden häufig als Kooperationspartner genannt. Deutliche regionale Unterschiede zeigten sich dagegen bei der Kooperation mit kleinen und mittleren Betrieben bzw. Großbetrieben. (vgl. Hofmann-Lun/Prein 2008, S. 8; 27) Während Kooperationen hier jedoch nur quantifiziert wurden, geht Tiemeyer (2003) davon aus, dass eine solche Bestandsaufnahme von Kooperationspartnern nicht genügt, da keine Aussagen über die tatsächliche Qualität der Zusammenarbeit gemacht werden (vgl. Tiemeyer 2003). Gruppenspezifische Unterschiede. Während einige Untersuchungen Unterschiede zwischen Jugendlichen verschiedener Schularten thematisieren (vgl. u.a. Prager und Wieland 2005b, S. 10f; Bergzog 2008, S. 23), untersuchen nur wenige Studien Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen bzw. zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Dass es hier unterschiedliche Bedürfnisse gibt, wird in der Studie von Spies (2006b) am Beispiel der gewünschten Beratungsthemen deutlich. Andere Untersuchungen thematisieren die höhere Bedeutung institutioneller Ratgeber (z.B. Lehrerinnen und Lehrer) für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund (vgl. Gaupp/Prein 2007; Kuhnke/Reißig 2007; BMBF 2008a). Zwischenfazit Die vorgestellten Untersuchungen zeigen, dass es Unterschiede in der Umsetzung des schulischen Auftrags der Berufsorientierung gibt. Sowohl unterschiedliche Richtlinien (z.B. in den Bundesländern) als auch die Gestaltungsfreiheit der Schulen führen dazu, dass selbst gemeinsame Elemente wie Betriebspraktika und Beratung bzw. Information durch die Agentur für Arbeit vor Ort ganz unterschiedlich realisiert werden. Dies hat zur Folge, dass abschließend kaum allge-
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meine Aussagen über die Wirksamkeit einzelner Gestaltungselemente gemacht werden können. Deutlich wurde anhand der Untersuchungen, dass gerade die unterschiedlichen Bedingungen vor Ort, das Engagement einzelner Lehrerinnen und Lehrer bzw. einzelner Schulen, die Gestaltung von Kooperationen zwischen Schulen und Betrieben, die konkrete Verbindung einzelner Elemente zu einem Gesamtkonzept und das zugrundeliegende Verständnis von Berufsorientierung, Auswirkungen auf den „Erfolg“ von Berufsorientierung haben. Dies zeigte sich insbesondere am Beispiel der Betriebspraktika. Hier kamen die verschiedenen Untersuchungen zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Wirksamkeit bzw. der Empfehlungen zur Weiterentwicklung: einerseits wurde eine Ausweitung der Betriebserfahrungen empfohlen (vgl. u.a. Bastian u.a. 2007; Bergzog 2008), andererseits wurden Zweifel an ihrer Wirksamkeit formuliert (vgl. u.a. Feldhoff 1985; Beinke 2008a). Gleichzeitig zeigen die Studien, dass es bislang keine Einigkeit darüber gibt, wie „Erfolg“ bzw. „Wirksamkeit“ von Berufsorientierung überhaupt bestimmt werden kann. Auch hier wurde die Problematik am Beispiel der Praktika deutlich: Aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler haben Praktika einen zentralen Einfluss auf die Berufsentscheidung (vgl. Prager/Wieland 2005b). Gleichzeitig, so Lemmermöhle (1993) werden Praktika von den Jugendlichen aber nicht immer anhand geeigneter Kriterien reflektiert und können zu unzulässigen Schlüssen im Hinblick auf einen Beruf führen (vgl. Lemmermöhle 1993, S. 124). Berufsorientierung auf der Basis eines weiten Verständnisses (vgl. 4.1.1) als Leitaufgabe von Schulentwicklung zu verstehen, erscheint dabei als Möglichkeit, den schulischen Auftrag neu zu durchdenken und Einzelelemente in einem durchgängigen Konzept neu zu bündeln und zu verzahnen. Neben den günstigen Faktoren für die „klassischen“ Elemente von Berufsorientierung können dabei die ermutigenden Ergebnisse zur (sozialpädagogischen) Beratung und der bislang noch kaum eingebundene Bereich der Förderangebote in den Schulfächern neue Impulse geben. Die von Butz (2008c) vorgeschlagenen Gelingensbedingungen für Schulentwicklungsprozesse mit dem Fokus auf „Berufsorientierung“ verweisen dabei auf die Bedeutung der Region und des Aufbaus von Netzwerken. Zwei Faktoren, die bereits in Kapitel zwei („Bildungslandschaften“) herausgearbeitet wurden. Darüber hinaus gewinnt mit einem ganzheitlichen Verständnis von Berufsorientierung (vgl. 4.1.1), das als Leitaufgabe von Schule verstanden wird, auch der Aspekt der Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Berufsorientierung. Damit kann angenommen werden, dass sich die Leitziele (schulischer) Berufsorientierung gut mit
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denen der Gestaltung kommunaler bzw. regionaler Bildungslandschaften verbinden. 4.2 Berufsvorbereitung Unter dem Begriff der Berufsvorbereitung werden Bildungsangebote verstanden, die nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule auf die Aufnahme einer Berufsausbildung oder einer Erwerbstätigkeit vorbereiten (vgl. Decker 1981, S. 46). Sie wenden sich an Jugendliche, denen der direkte Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine berufliche Ausbildung nicht gelingt. Dabei wird in der Regel in zwischen schulischen und außerschulischen Maßnahmen (vgl. Rahn 2005) bzw. schulischen und betrieblichen Maßnahmen (vgl. IAW 2003) der Berufsvorbereitung unterschieden. Im Unterschied zu schulischen Angeboten, die als Teil des beruflichen Bildungssystems der Bildungshoheit der Länder unterliegen, werden außerschulische bzw. betriebliche Maßnahmen häufig in der Kooperation von Arbeitsverwaltung (Hauptfinanzierung, Richtlinienkompetenz) und Jugendberufshilfe (inhaltliche Ausgestaltung) durchgeführt (vgl. Walter/Walther 2007, S. 74). In der Regel durchlaufen die betroffenen Jugendlichen zunächst die schulische Berufsvorbereitung und erst anschließend, wenn der Übergang in Ausbildung weiterhin nicht gelingt, außerschulische Maßnahmen. Letztere sind durch ein großes Angebot zum Teil hoch differenzierter Einzelmaßnahmen gekennzeichnet, weshalb häufig auch vom „Maßnahmedschungel“ gesprochen wird (vgl. Rahn 2005, S. 26). Der Bildungsbiografie der Jugendlichen folgend liegt der Schwerpunkt hier auf der schulischen Berufsvorbereitung, insbesondere dem Berufsvorbereitungsjahr. 4.2.1 Die schulische Berufsvorbereitung Entwicklungslinien schulischer Berufsvorbereitung Die Entwicklung der vorberuflichen Förderung in Deutschland begann Ende der 1920-Jahre in wenigen lokalen und freiwilligen Fördereinrichtungen. Ab Mitte der 1950er-Jahre wurden diese Maßnahmen Schritt für Schritt ausgeweitet – zunächst auf regionaler, dann auf überregionaler Ebene. Dabei wird als Grund für die überregionale Ausweitung nicht zuletzt die wirtschaftliche Rezession von 1967 angenommen werden. (vgl. Müller 1983) Mit der Einführung des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) durch die Kultusverwaltungen der Länder ab Mitte der 1970er-Jahre wurde die Teilnahme an
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berufsvorbereitenden Maßnahmen für alle Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz verpflichtend (vgl. Müller 1983, S. 36 - 47). Als Sonderform des Berufsgrundbildungsjahres (BGJ) wandte sich das neue BVJ an alle Jugendlichen, die durch das BGJ nicht ausreichend gefördert werden konnten (vgl. Müller 1983, S. 44f; Rahn 2005, S. 17f). Die Vermittlung von Ausbildungsreife und der Abbau von Nachteilen gegenüber anderen Bewerbern wurde zum wichtigsten Ziel des BVJ (vgl. Rahn 2005, S. 20). Während das neue BVJ die Möglichkeit bietet, einen (verbesserten) Hauptschulabschluss zu erwerben, kann es im Vergleich zum BGJ aber nicht auf eine qualifizierende Ausbildung angerechnet werden (vgl. Walter/Walther 2007, S. 74). Ansätze zur Weiterentwicklung der schulischen Berufsvorbereitung werden derzeit in der Dualisierung der schulischen Berufsvorbereitung, der curricularen Nutzung von Qualifizierungsbausteinen, der Gestaltung zielgruppenspezifischer Angebote und der Organisation individualisierter Förderwege gesehen (vgl. BMBF 2008c, S. 161). Das Berufsvorbereitungsjahr in Baden-Württemberg Bei der Entwicklung der schulischen Berufsvorbereitung gingen die einzelnen Bundesländer bereits ab Mitte der 1970er-Jahre unterschiedliche Wege (vgl. Rahn 2005, S. 20). Im Folgenden wird daher exemplarisch das BVJ in BadenWürttemberg betrachtet, das 1978 als Schulversuch eingeführt wurde und im Schuljahr 1981/82 andere Formen schulischer Berufsvorbereitung ablöste (vgl. Walter/Walther 2007, S. 74; Müller 1983, S. 66).54 Laut Schulgesetz richtet sich das BVJ in Baden-Württemberg an alle Jugendlichen, die zu Beginn der Berufsschulpflicht kein Berufsausbildungsverhältnis nachweisen können und keine weiterführende Schule besuchen (vgl. §10, Abs. 5). Nach dem einjährigen Pflichtbesuch des BVJ haben die Jugendlichen ihre Berufsschulpflicht erfüllt, auch wenn sie nicht in ein Berufsausbildungsverhältnis eintreten (vgl. § 78a).55 Ziel des BVJ ist die Vermittlung grundlegender beruflicher Kenntnisse zur Vorbereitung auf die Anforderungen einer beruflichen Ausbildung. Dabei ist eine umfassende Förderung der Jugendlichen vorgesehen, sowohl im Hinblick auf die Kompensation kognitiver und sozialer Kompetenzdefizite als auch in 54
55
Inhaltlich ist das Berufsvorbereitungsjahr an beruflichen Schulen mit der Berufsvorbereitenden Berufsfachschule vergleichbar, die ausschließlich bei privaten Trägern existiert (Bertelsmann Stiftung 2008a). Schulgesetz für Baden-Württemberg: Online: URL: http://www.smv.bw.schule.de/Gesetze/ schulgesetz.pdf [Datum der Recherche: 10.10. 2009].
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Bezug auf Motivation und Sinnorientierung. (vgl. Enggruber u.a. 2003, S. 165) Durch unterschiedliche Schwerpunkte (z.B. Kooperation mit Hauptschulen, Schüler mit Lern- und Leistungsproblemen) wird darüber hinaus versucht, das Angebot auf die unterschiedlichen Problemlagen der Jugendlichen abzustimmen (vgl. Bertelsmann Stiftung 2008a; Pätzold/Wingels 2006, S. 68f; Rahn 2005, S. 20). Demel (2007) unterschied im Jahr 2007 folgende Richtungen: die Regelform des BVJ (73% der Schüler), das BVJ für Schüler mit Lern- und Leistungsproblemen (12%), das BVJ mit Schwerpunkt auf dem Erwerb von Deutschkenntnissen, das BVJ mit der Möglichkeit, eine Teilqualifikation zu erwerben und das BVJ in Kooperation mit einer Haupt- oder Förderschule (zusammen 15%) (vgl. Demel 2007, S. 5). Neben dem Berufsvorbereitungsjahr gibt es in Baden-Württemberg zahlreiche weitere Bildungsgänge, die am Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine berufliche Ausbildung angesiedelt sind (vgl. Bertelsmann Stiftung 2008a; Enggruber u.a. 2003). Im Vergleich zum BVJ sind diese Bildungsgänge (z.B. BEJ; Ein- und Zweijährige Berufsfachschule) jedoch nicht voraussetzungslos, sondern erfordern in der Regel einen (guten) Hauptschulabschluss oder einen Ausbildungsvertrag (vgl. Bertelsmann Stiftung 2008a; Ministerium für Kultus und Sport, Baden-Württemberg o.J.).56 Das Berufsvorbereitungsjahr: Stützargumente und Kritikpunkte Im Rahmen eines Gutachtens von Enggruber u.a. (2003) wird das BVJ „konzeptionell als guter Ansatz“ bewertet. Positiv hervorgehoben werden vor allem die auf eine differenzierte Förderung der Schülerinnen und Schüler zielende Konzeption und das angestrebte, breite Angebotsspektrum, das auf die Kompensation von Defiziten und die Unterstützung von Sinnorientierung und Motivation ausgerichtet ist. Auch die konzeptionelle Verankerung der Einbindung in lokale bzw. regionale Netzwerke wird positiv beurteilt. (vgl. Enggruber u.a. 2003, S. 165f) Kritik wird dagegen geübt an der polyvalenten Zielsetzung (vgl. Müller 1983, S. 13), an der Orientierung an den Defiziten der Schüler (vgl. Scherr/Stehr 1998), am Fehlen weiterführender Abschlüsse (vgl. Rahn 2005, S. 36, auch Müller 1983), an begrenzten Praxiserfahrungen (vgl. Walter/Walther 2007, S. 74), an einer mangelnde Differenzierung der heterogenen Teilnehmerschaft (vgl. Walter/Walther 2007, S. 74; Müller 1983, S. 13) und an einer Geschlechter segmentierenden Aufteilung in hauswirtschaftliche und gewerblich-technische Züge 56
Der Bereich der Sonderberufsschulen bzw. Sonderberufsfachschulen wird im Rahmen der Arbeit nicht berücksichtigt.
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(vgl. Walter/Walther 2007, S. 74). Darüber hinaus wird die nicht ausreichende sozialpädagogische Betreuung (vgl. Enggruber u.a. 2003; Rahn 2005) und die unzureichende spezifische Ausbildung der Berufsschullehrerinnen und -lehrer (vgl. Müller 1983, S. 13; Görlich 2002; Walter/Walther 2007, S. 74) kritisiert. Trotzdem wurde die schulische Berufsvorbereitung seit ihrer Einführung kaum grundsätzlich in Frage gestellt. Vielmehr werden die Potenziale des Bildungsangebots gesehen und es werden, angesichts der Kritik, Perspektiven für eine Weiterentwicklung formuliert (vgl. u.a. Görlich 2002; Enggruber u.a. 2003; Rahn 2005). Die in den vergangenen Jahren gestarteten Modellversuche und neu geschaffenen Bildungsgänge (z.B. Teilqualifikation im Berufsvorbereitungsjahr; Berufseinstiegsjahr, Kooperationsklasse Hauptschule – BVJ; Landtag von Baden-Württemberg 2004; 2006; Ministerium für Kultus, Jugend und Sport BadenWürttemberg 2004b) greifen diese Kritik auf und können nicht zuletzt als bildungspolitische Reaktion darauf verstanden werden. Unklar bleibt auf dieser Diskussionsebene jedoch, inwiefern aus den neuen Bildungsgängen tatsächlich eine veränderte Praxis erwächst, die sich auf die Ebene der Jugendlichen auswirkt (z.B. Kompetenzzuwachs, gelingende Übergänge). 4.2.2 Empirische Ergebnisse Quantitative Entwicklung des Berufsvorbereitungsjahres und empirische Datenlage Das Berufsvorbereitungsjahr ist Teil des Übergangssystems (vgl. dazu 3.2), dessen Teilnehmerzahl deutschlandweit von 1995 bis 2004 um 43% anwuchs (vgl. Baethge u.a. 2007). In Baden-Württemberg stieg die Zahl der Jugendlichen im BVJ im vergleichbaren Zeitraum ebenfalls um 43%, von ca. 9.600 Jugendlichen im Schuljahr 1994/1995 auf ca. 13.700 Jugendliche im Schuljahr 2004/2005.57 Diese Ausweitung wird im Bildungsbericht 2006 als „die möglicherweise folgenreichste und auch problematischste Strukturverschiebung“ im deutschen Bildungswesen und „ernsthafte bildungspolitische Herausforderung“ beurteilt (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, S.80; 82). Doch obwohl dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren eine hohe politische Aufmerksamkeit und Aktivität zuteil wurde (vgl. Autorengruppe Bil57
Berechnung auf der Grundlage der Daten des Statistisches Landesamt Baden-Württemberg. Online: URL: http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/SRDB/Tabelle.asp? 13025037LA und http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/SRDB/Tabelle.asp?13025047 LA [Datum der Recherche: 10.03.2010].
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dungsberichterstattung 2008, S. 166)58, zeigt sich die Datenlage zur empirischen Wirksamkeit von Maßnahmen der Berufsvorbereitung noch vergleichsweise wenig systematisch und transparent (vgl. Bojanowski u.a. 2004; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 167). Insbesondere das pädagogischdidaktische Kerngeschäft sei bisher kaum empirisch untersucht und eine systematische Überprüfung der vorliegenden Förderkonzepte fehle grundlegend (vgl. Bojanowski u.a. 2004, S. 15). Zur Verbesserung dieser Situation wird vorgeschlagen, Daten zu den vermittelten Kompetenzen zu erheben, da nur diese Informationen über nachhaltige Wirkungen auf individueller Ebene geben können (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 167). Weil diese Daten bislang aber weitgehend fehlen, weichen Studien meist auf die Ebene der unmittelbaren Effekte (z.B. Abschlüsse und Verbleib der Teilnehmer) aus, wenngleich dieses Maß als unbefriedigend und wenig transparent eingeschätzt wird (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 167f).59 Verbleib und Schulabschlüsse Verbleib der Teilnehmer. Die Ergebnisse zum Verbleib von Jugendlichen nach Verlassen der schulischen Berufsvorbereitung geben Anhaltspunkte für eine kritische Bilanz der Wirksamkeit des Berufsvorbereitungsjahres. Anschlüsse sind zwar möglich – aber nur für einen Teil der Jugendlichen (vgl. dazu die Ergebnisse und Einschätzungen in Abschnitt 3.3.4). Erwerb von Schulabschlüssen. Der Nationale Bildungsbericht 2008 verweist darauf, dass Jugendliche, die die Sekundarstufe ohne Schulabschluss verlassen haben, diesen oftmals nachholen können: Die Quote der Jugendlichen (15 bis 17 Jahre), die die Sekundarstufe ohne Schulabschluss verlassen, liegt derzeit bei ca. 8%. Bei den 18 bis 24-Jährigen sind dagegen nur noch gut 2% ohne allgemeinbildenden Schulabschluss (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 88). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Deutsche Jugendinstitut im Rahmen des Übergangspanels. Hier konnte gezeigt werden, dass sich der Anteil der befragten Hauptschülerinnen und -schüler ohne Schulabschluss im Verlauf von drei Jahren von 20% auf 8% verringerte (vgl. BMBF 2008a, S. 29f). Anhand der Daten wurde außerdem deutlich, dass insbesondere Jungen aus Aussiedlerfami58
59
Als Indiz für die politische Aufmerksamkeit wird insbesondere der hohe Mitteleinsatz genannt (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 166; dazu auch Bertelsmann Stiftung 2008a, S. 59; 2008b). Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung (vgl. 2008, S. 168) verweist insbesondere darauf, dass Studien, die denselben Zeitraum untersuchen, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
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lien häufig einen Hauptschulabschluss nachholen konnten (vgl. BMBF 2008a, S. 29f). Die Frage, inwiefern es die berufsvorbereitenden Bildungsgänge sind, die das Nachholen von Abschlüssen ermöglichen, kann aber weder anhand des Bildungsberichts noch mit Hilfe der Daten des Übergangspanels geklärt werden. Eine genauere Quantifizierung des Erwerbs von Abschlüssen durch die schulische Berufsvorbereitung legen dagegen folgende Studien vor:
Für Baden-Württemberg spricht der länderspezifische Bildungsbericht von 75% der Teilnehmer ohne Abschluss (Schuljahr 2006/2007), die den Hauptschulabschluss im Verlauf des Berufsvorbereitungsjahres neu erwarben (Landesinstitut für Schulentwicklung u.a. 2007, S.124f)60. Für ein Berufsvorbereitungsjahr in Berlin zeigte Schumann (2006), dass über die Hälfte der Jugendlichen ohne Schulabschluss einen allgemeinbildenden Schulabschluss erwerben bzw. den bestehenden erweitern konnte (vgl. Schumann 2006, S. 215). Ungünstig wirkten sich dabei das Vorliegen eines Migrationshintergrundes und Brüche bzw. Diskontinuitäten während der Sekundarstufe I bzw. im Anschluss daran aus (vgl. Schumann 2006, S. 199; 201). Die Schätzungen von Baethge u.a. (2007), die sich auf alle Jugendlichen im BVJ beziehen, gehen dagegen davon aus, dass bundesweit lediglich ein Viertel der Abgängerinnen und Abgänger des BVJ einen zusätzlichen Schulabschluss erwirbt, meistens einen Hauptschulabschluss (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 55).61
Die Ergebnisse der drei Studien machen damit auch auf die bereits genannte Schwierigkeit der Vergleichbarkeit von Daten aufmerksam. Motivation, Erfahrung, subjektive Bedeutung Der qualitative Zugang, den Walther u.a. (2007) im Rahmen einer Untersuchung biografischer Übergangsentscheidungen wählten, ermöglicht einen Blick auf die 60
61
Die Zahlen beziehen sich auf die öffentlichen Schulen. An den privaten berufsvorbereitenden Berufsfachschulen (dem BVJ vergleichbar) lag der Anteil mit 58% etwas darunter (Landesinstitut für Schulentwicklung u.a. 2007, S.124f). Die Schätzung ist notwendig, so Baethge (2007), da aufgrund fehlender statistischer Daten (z.B. individuelle Verlaufsdaten, keine Unterscheidung zwischen qualifiziertem und einfachem Hauptschulabschluss und zwischen neu erworbenem und verbessertem Abschluss) keine genauen Berechnungen möglich sind (vgl. Baethge u.a. 2007, S. 54 - 56).
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„Motivationskarrieren“ von jungen Erwachsenen und ihre Erfahrungen mit Institutionen des Übergangssystems.62 Die Ergebnisse zeigen, dass viele Jugendliche die Erfahrung machten, als Person nicht ernst genommen zu werden. (vgl. Walther u.a. 2007, S.103) Dies konnten Walther u.a. (2007) sowohl für berufsorientierende Maßnahmen als auch für die Berufsvorbereitung, darunter das Berufsvorbereitungsjahr, zeigen. Der „Ersatzstatus“, den die Maßnahmen für die Jugendlichen hatten, und fehlende Alternativen führten häufig dazu, dass Jugendliche diese Bildungsgänge nicht als Chance wahrnahmen und nutzten, sondern vorhandene Erfahrungen und Verhaltensmuster reproduzierten. (vgl. Walther u.a. 2007, S. 110f) Walther u.a. (2007) illustrieren ihre Ergebnisse unter anderem mit folgenden Aussagen von zwei Jugendlichen (vgl. Walther u.a. 2007, S. 111): „Also das [Berufsvorbereitungs-]Jahr, das war ganz, ganz, ganz schlimm (…) Das wäre eigentlich das Jahr gewesen, um den qualifizierten Hauptschulabschluss [bayrisches Sondermodell, d.A.] nachzumachen. Deswegen habe ich’s überhaupt gemacht. Und dann ging das voll in die Hose (…) Also, das hätte keinem Jugendlichen weitergeholfen (…) Das kann ich wegschmeißen, das Jahr. Es hat mir überhaupt nichts gebracht, ich saß halt nur nicht auf der Straße (…) Also, für die waren wir irgendwie das Letzte, wir haben es praktisch nicht verdient, Unterricht zu haben.“ „Wenn ich mir so den IB anschaue, dann seh ich Leute dort, die es nicht drauf haben, so von der schulischen Situation her, von dort rausgeschmissen wurden und so (…) alles nur Chaoten (…) ohne Ausbildung und Faulenzer, die Hälfte der Schüler kommt nicht mehr in die Schule und so. Und (…) wenn du dann auch noch mit Freunden dort bist, dann kommt die gleiche Leier wieder, dann tust du wieder Scheiße bauen und fliegst wieder raus!“
Während sich die zitierten Aussagen vermutlich direkt auf die Erfahrungen der Jugendlichen mit der schulischen Berufsvorbereitung (z.B. BVJ) beziehen, erstrecken sich die Ergebnisse der Studie nicht nur auf bestimmte Übergangswege (z.B. über das BVJ), sondern auf das Übergangshandeln von jungen Erwachsenen insgesamt. Dabei zeigen sich insbesondere die Einschätzung der eigenen Handlungsfähigkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit und die subjektive Bedeutung des verfolgten Handlungsziels als Grundlagen bzw. Voraussetzungen eines zielgerichteten Übergangshandelns von jungen Erwachsenen (vgl. Walther u.a. 2007, S. 127).
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Der Untersuchung liegen 73 Interviews aus den Studien YOYO und FATE zugrunde. Befragt wurden Jugendliche und Erwachsene im Alter von 16 bis 37 Jahren.
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Zwischenfazit Insgesamt betrachtet zeigt sich die empirische Datenlage zum Berufsvorbereitungsjahr aufgrund unterschiedlicher Bildungsgänge in den verschiedenen Bundesländern und fehlender statistischer Daten, beispielsweise in Bezug auf Schleifen im Übergangssystem und auf den Neuerwerb von Abschlüssen, wenig befriedigend und transparent. Auf der Grundlage der berichteten Ergebnisse kann zusammenfassend davon ausgegangen werden, dass die berufsvorbereitenden Bildungsgänge, darunter das Berufsvorbereitungsjahr, das Nachholen von Schulabschlüssen ermöglichen, dass sie aber auch der Beginn einer längeren „Maßnahmenkarriere“ (vgl. 3.3.4) mit unklarem Ausgang sein können. Verlässliche Aussagen über das Ausmaß der Chancenverbesserung (z.B. Schulabschlüsse) bzw. der Einmündung in eine Maßnahmenkarriere liegen aber nicht vor. Ebenso fehlen Daten zum Kompetenzerwerb im Berufsvorbereitungsjahr sowie anderen berufsvorbereitenden Bildungsgängen. Die berichteten qualitativen Daten können angesichts der schwierigen Datenlage für die Bedeutung der individuellen Ebene sensibilisieren und jenseits von repräsentativen Stichproben die Bedeutung subjektiver Erfahrungen und Wahrnehmungen unterstreichen. Sie verweisen insbesondere auf die Gefahr wiederkehrender Negativerfahrungen in der Berufsvorbereitung und zeigen, dass die subjektiv positive Einschätzung von Handlungsfähigkeit, Erfolgswahrscheinlichkeit und Bedeutung des angestrebten Ziels wichtige Faktoren eines zielgerichteten Übergangshandelns sind. 4.3 Gestaltung von Übergängen im regionalen Kontext Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung ist durch die spezifische wirtschaftliche Struktur und die Ausbildungsmöglichkeiten der örtlichen Betriebe und Schulen eng mit der Region verbunden. Damit hat auch die Gestaltung des Übergangs schon immer einen starken regionalen Bezug. „Die Notwendigkeit einer kohärenten Abstimmung im Übergangsgeschehen auf regionaler Ebene“ wird dabei kaum mehr bestritten (vgl. Reißig 2009, S. 22). Insbesondere den Kommunen kommt hier immer stärker eine initiierende Rolle zu (vgl. Reißig 2009, S. 23). Dieses Engagement auf kommunaler bzw. regionaler Ebene wird häufig mit dem Begriff des regionalen bzw. lokalen Übergangsmanagements beschrieben (vgl. u.a. Bertelsmann Stiftung 2007; Schaub 2007; Reißig 2009; Tippelt 2009) –
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unter anderem im Zusammenhang mit dem Aufbau Regionaler Bildungslandschaften (vgl. Schaub 2007). Tippelt (2009) schlägt vor, Übergänge und Übergangsmanagement im regionalen Kontext aus zwei Perspektiven zu betrachten: einer Netzwerkperspektive und einer Lebenslaufperspektive:
Die Netzwerkperspektive sieht Tippelt (2009) „idealtypisch in den Lernenden Regionen angewandt und ausgearbeitet“ (Tippelt 2009, S. 13), die in ihren Netzwerken die horizontale und vertikale Kooperation von Bildungseinrichtungen entwickelten und förderten (vgl. Tippelt 2009, S. 13). Mit der Lebenslaufperspektive betont Tippelt (2009) die Bedeutung der Bildungserfahrungen und der Bildungsinstitutionen von der frühkindlichen Bildung bis zur beruflichen Weiterbildung sowie die Einbettung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung in den Lebenslauf (vgl. Tippelt 2009, S. 12)
4.3.1 Beispiele regionaler und kommunaler Initiativen Beispiele für regionale bzw. kommunale Initiativen gibt es unter anderem in Herford (vgl. Schaub 2007; Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim 2008a), Stuttgart (vgl. Schaub 2007), Freiburg (vgl. Busse u.a. 2008) und der Region „main-kinzig+spessart“ (vgl. Institut für Sozialund Organisationspädagogik der Universität Hildesheim 2008b). Für sie wird im Folgenden exemplarisch beschrieben, ob und inwiefern sich die von Tippelt (2009) vorgeschlagenen Perspektiven in der Umsetzung widerspiegeln.63 Netzwerkperspektive Die Beispiele zeigen, dass in allen Regionen und Kommunen Netzwerke und Kooperationsstrukturen am Übergang von der Schule in Ausbildung aufgebaut werden. Darauf verweisen Bezeichnungen wie „Netzwerk Berufliche Orientierung“ (Freiburg), „Netzwerk für Bildung und Ausbildung“ (Herford) oder „Übergangsnetzwerk“ („main-kinzig+spessart“). Wenngleich damit noch nichts über die tatsächliche Struktur und Arbeitsfähigkeit der Netzwerke gesagt ist, geben die vorliegenden Beschreibungen dennoch Anlass zur Vermutung, dass hier bereits gezielt am Aufbau von Netzwerken gearbeitet wird. Einbezogen sind 63
Im Folgenden dient der Name der Stadt als Hinweis auf die Quellen, die bereits im vorliegenden Abschnitt genannt wurden.
118
Gestaltung von Übergängen
dabei ganz unterschiedliche Partner wie Schulen, Arbeitsagentur, Betriebe und Kammern, Jugendhilfe, die Kommunen und andere Bildungsträger. Lebenslaufperspektive Hinweise auf eine früh einsetzende individuelle Förderung und Beratung im Hinblick auf eine möglichst optimale Gestaltung von Übergängen entlang der Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen finden sich weniger systematisch. Viele Bausteine sind auf den direkten Übergang beschränkt. Am häufigsten findet der Aspekt der Lebenslaufperspektive in Form von fallbezogener, und damit individueller Beratung und Begleitung von Jugendlichen Berücksichtigung: zum Beispiel als einzelfallbezogene Zusammenarbeit im Fördersystem u25 (Stuttgart; vgl. Schaub 2007, S. 26 - 29), als Idee zur Weiterentwicklung individualbiografischer Aspekte der beruflichen Orientierung (Freiburg; vgl. Busse u.a. 2008, S. 91), als individuelle Unterstützung und Begleitung durch Übergangscoaches (Herford; vgl. Schaub 2007, S. 9) und als systematische Sammlung individueller Übergangsdaten (Herford; vgl. Schaub 2007, S. 9). Anhand der vorliegenden Beschreibungen kann daher vermutet werden, dass die Entwicklung der Netzwerkperspektive in den verschiedenen Regionen bereits weiter vorangeschritten ist als die Integration der Lebenslaufperspektive. 4.3.2 Das Projekt „Regionales Übergangsmanagement“ Das Forschungsprojekt „Regionales Übergangsmanagement“ des Deutschen Jugendinstituts ist Teil des Programms „Perspektive Berufsabschluss“.64 Ausgangspunkt des Programms sind frühere Forschungsarbeiten, die zwar auf die Existenz von Förderangeboten im regionalen Kontext hinweisen, die aber auch deutlich machen, dass diese besser auf den konkreten Bedarf vor Ort abgestimmt und miteinander verknüpft werden müssen. Ziel von „Perspektive Berufsabschluss“ ist daher der Aufbau einer kohärenten und transparenten Förderstruk-
64
Das Programm „Perspektive Berufsabschluss“ wird von 2007 bis 2013 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit Bundesmitteln und Mitteln des ESF gefördert. Im Vordergrund stehen die strukturelle Weiterentwicklung und eine verbesserte Integrationsförderung im Hinblick auf Ausbildung und Beruf. Das Programm versteht sich darüber hinaus als Anschluss an das BMBFProgramm „Kompetenzen fördern – Berufliche Qualifikation für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf“ (BQF). Neben der Förderinitiative „Regionales Übergangsmanagement“ wird mit der Förderinitiative „Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung“ ein zweiter Schwerpunkt verfolgt. (vgl. Deutsches Jugendinstitut, Februar 2010)
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119
tur.65 In diesem Kontext will die Förderinitiative „Regionales Übergangsmanagement“ durch „Kooperation und Bündelung der Potenziale lokaler bzw. regionaler Akteure eine bestmögliche Qualifizierung von Jugendlichen mit Förderbedarf im Übergang von der Schule in Ausbildung“ erreichen. Ziel ist es, die Platzierung der Jugendlichen in Bildung, Ausbildung und Erwerbstätigkeit zu verbessern (vgl. Reißig 2009, S. 30), um dadurch die Zahl Jugendlicher ohne Berufsabschluss langfristig zu senken (vgl. Deutsches Jugendinstitut Februar 2010). Ergebnisse Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die beteiligten Regionen (16 Städte und 11 Landkreise) trotz Unterschieden in den konkreten Konzepten und Maßnahmen übereinstimmend mit folgenden Themen auseinandersetzen (vgl. Deutsches Jugendinstitut, Februar 2010):
Klärung des konkreten Handlungsbedarfes und Entwicklung von Verfahren zur Gewinnung von Daten; Schaffung von Transparenz im Hinblick auf lokale Angebote; Verknüpfung lokaler bzw. regionaler Strukturen mit Hilfe von Projekten und Initiativen auf Landesebene; Prüfung und Klärung von Zuständigkeiten bzw. Handlungsmöglichkeiten der am Übergang beteiligten Akteure; Entwicklung von Verfahren und Strukturen zur Abstimmung und Kooperation der verschiedenen Akteure, auch im Hinblick auf deren Einbindung in unterschiedliche Hierarchien; Einbezug politischer Mandatsträger zur Unterstützung bei der Umsetzung.
Die Übereinstimmung der Handlungsfelder zeigt dabei, dass hier vermutlich zentrale Problemfelder beim Aufbau eines regionalen Übergangsmanagements liegen. Reißig (2009) unterscheidet bei der Arbeit der Regionen zwei Ebenen (vgl. Reißig 2009, S. 23f):
Auf einer ersten Arbeitsebene geht es um die konkrete Ausgestaltung der Schnittstelle Schule – Beruf (z.B. Verbesserung der Angebote zur Berufsorientierung in der Schule, Schaffung effektiver Kooperationsstrukturen);
65
Online: URL: http://www.perspektive-berufsabschluss.de/de/215.php [Datum der Recherche: 07.03. 2010].
120
Gestaltung von Übergängen auf einer zweiten Ebene geht es um die Einbindung regionaler Übergangskonzepte in eine übergreifende kommunale bzw. regionale Gesamtstrategie für Bildung.
Im Hinblick auf die Gestaltung kommunaler bzw. regionaler Bildungslandschaften interessiert im Folgenden vor allem die zweite Ebene. Hier konnten anhand von Experteninterviews bereits förderliche Aspekte für das Gelingen einer Verknüpfung von Übergangsmanagement und regionalen Gesamtstrategien für Bildung herausgearbeitet werden (vgl. Reißig 2009, S. 27 - 29): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Unterstützung durch die „kommunalpolitische Spitze“; Voranstellen gemeinsamer Leitbilder; Einrichtung von Koordinierungsstellen; Kooperation innerhalb der kommunalen Verwaltung; Einbettung in eine Bildungslandschaft; Zusammenarbeit mit Akteuren bzw. Initiativen im Bereich Integration; Stärkung der Verbindlichkeit und der Partizipation (z.B. durch Vereinsgründung), auch im Sinne von bürgerschaftlichem Engagement (z.B. Mentorenprojekte).
Während sich in den bisherigen Ergebnissen die Arbeit am Aufbau von Netzwerken bereits deutlich widerspiegelt, bleibt auch hier noch unklar, inwiefern vor Ort auch die Integration der Lebenslaufperspektive gelingt. 4.3.3 Gestaltung des Übergangs in der „Region des Lernens“ Im Vordergrund des Modellversuchs „Region des Lernens“ des Niedersächsischen Kultusministeriums (2001 – 2004) stand die Einbindung regionaler Ressourcen in ein Bildungsnetzwerk aus Schulen und außerschulischen Partnern. Dabei kam den beruflichen Schulen als „Leitstellen“ der Vernetzung eine herausragende Stellung zu. „Als letztes Glied einer Kette“ und Ort, an dem viele Schüler und Schülerinnen mit Schwierigkeiten am Übergang ankommen, sollten sie Schwächen im Schulsystem analysieren und kommunizieren (vgl. Solzbacher 2007, S. 132). Arbeitsbereiche des Projektes waren unter anderem der Aufbau von Organisationsstrukturen, die Unterrichtsentwicklung (z.B. Lern- und Sprachförderung), die Planung und Vorbereitung des Übergangs und der Aufbau einer „Schulkultur der Anerkennung“ (vgl. Solzbacher 2007, S. 134).
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121
Damit zeigt sich auch im Projekt „Region des Lernens“ der zentrale Gedanke einer regionalen Gestaltung von Übergängen. Im Unterschied zum oben beschriebenen Programm stehen hier jedoch die Schulen im Mittelpunkt. Ergebnisse Zusammenfassend zeigten sich über die verschiedenen Phasen und Module hinweg folgende Ergebnisse (vgl. Solzbacher 2007, S. 135 - 137):
Zu Beginn gab es unter den Netzwerkpartnern kein ausreichendes Problembewusstsein, in Bezug darauf, welche Schülergruppen von Schwierigkeiten am Übergang betroffen sind. Dieses musste erst aufgebaut werden. Auf der Ebene der Netzwerke und ihrer Steuerung zeigte sich die hohe Bedeutung der Beziehungsebene (z.B. Transparenz, gegenseitige Information und niederschwellige Kommunikation). Auf der Ebene des Unterrichts konnten aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler Wirkungen der Kooperationen von allgemein- und berufsbildenden Schulen auf den Unterricht gezeigt werden: z.B. verbesserte Methodenkenntnisse, Einblicke in andere Schulformen und Rückwirkungen auf das Lernen in den Fächern (u.a. eine zunehmende Anwendungsorientierung im Fach Mathematik). Aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer wuchs der Wunsch, mehr Maßnahmen zur (frühzeitigen) individuellen Förderung zu realisieren. Die zahlreichen Projekte zur Planung und Vorbereitung des Übergangs führten zu einer besseren Selbsteinschätzung der Schüler und zu klareren Abstimmungen zwischen Schulen und Betrieben bei der Organisation von Praktika. Wenige Maßnahmen bzw. ein geringes Problembewusstsein wurden dagegen im Hinblick auf die Sprachförderung und im Modul „Schulkultur und Anerkennung“ entwickelt.
Neben positiven Ergebnissen zum Aufbau von Kooperationen und Netzwerken wurde im Verlauf des Projekts damit auch für die Lebenslaufperspektive sensibilisiert.
122
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4.4 Zusammenfassung Das vierte Kapitel thematisierte die Gestaltung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung auf unterschiedlichen Ebenen. Im ersten Abschnitt wurden auf der Ebene der allgemeinbildenden Schule zunächst Angebote zur Berufsorientierung betrachtet. Dabei wurde die Bedeutung eines weiten Verständnisses hervorgehoben, das Berufsorientierung als Teil des schulischen Bildungsauftrages sieht und damit eine starke pädagogische Dimension hat. Anhand der empirischen Ergebnisse wurde im Anschluss deutlich, dass nicht nur bestimmte Elemente (z.B. Praktika, Beratung, Informationsveranstaltungen) für eine gute Berufsorientierung garantieren. Vielmehr konnte gezeigt werden, dass es häufig die Kontextbedingungen sind, beispielsweise die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Elemente, ihre Verbindung zu einem Konzept und das Engagement der beteiligten Akteure, die zum Erfolg von Berufsorientierung beitragen. Bei der Ausgestaltung neuer Konzepte zur Berufsorientierung geht es daher vermutlich weniger um neue Elemente und Projekte, sondern eher um ein verändertes Ineinandergreifen bekannter Strukturen (vgl. Butz 2008, S. 107). Hier können Schulentwicklungsprozesse eine wichtige Rolle spielen. Weitgehend ungeklärt blieben anhand der dargestellten Studien die Fragen nach einem einheitlichen und angemessenen Maßstab für den Erfolg von Berufsorientierung sowie nach Unterschieden zwischen einzelnen Gruppen gibt (z.B. Jungen/Mädchen oder Jugendliche mit/ohne Migrationshintergrund). Der zweite Abschnitt thematisierte Angebote auf der Ebene der beruflichen Schulen, die im Anschluss an die allgemeinbildende Schule von den Jugendlichen durchlaufen werden, denen der direkte Übergang in Ausbildung oder in eine weiterführende Schule nicht gelang. Aufgrund der Vielzahl der Angebote und der quantitativen Bedeutung des Berufsvorbereitungsjahres sowie im Hinblick auf die vorliegende Untersuchung wurde exemplarisch das Berufsvorbereitungsjahr in Baden-Württemberg thematisiert. Es soll, wie auch andere berufsvorbereitende Angebote, dazu beitragen, die Chancen der Jugendlichen auf einen Übergang in Ausbildung zu verbessern. Dabei zeigte sich, dass es zwar eine hohe politische Aufmerksamkeit für Maßnahmen der schulischen Berufsvorbereitung gibt, dass diese Aufmerksamkeit aber im Gegensatz zu einer systematischen Erforschung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen steht. Letztlich blieben die dargestellten Zahlen unbefriedigend und ließen nicht zuletzt vermuten, dass sich Schwierigkeiten, die bereits beim Verlassen der allgemeinbildenden Schule bestanden, im Berufsvorbereitungsjahr fortsetzten. Jenseits von quantitativstatistischen Daten konnte mit Hilfe einer qualitativen Untersuchung schließlich der Blick für die subjektive Ebene der betroffenen Jugendlichen gestärkt werden: Hier wurde deutlich, dass insbesondere Maßnahmen, die die Jugendlichen als
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123
Person wahrnehmen, die Chance bieten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Motivation im Hinblick auf individuell bedeutsame Handlungsziele entwickeln. Der dritte Abschnitt betonte den regionalen Aspekt der Gestaltung von Übergängen. Dabei zeigte sich über die von Tippelt (2009) formulierten Perspektiven (Netzwerkperspektive, Lebenslaufperspektive) und die Beispiele regionaler bzw. kommunaler Übergangsgestaltung die Nähe des regionalen Übergangsmanagements zur Gestaltung von Bildungslandschaften (vgl. zweites Kapitel, insbesondere die Leitgedanken Aufbau von Netzwerken und Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen). Anhand der von Reißig (2009) vorgestellten Ergebnisse wurde schließlich deutlich, dass eine Verknüpfung der beiden Themen bzw. „Arbeitsebenen“ (Reißig 2009, S.22f) in manchen Regionen bereits gelingt, das heißt, dass Übergangskonzepte in eine regionale Gesamtstrategie für Bildung integriert werden konnten. Die vorgestellten Ergebnisse deuteten auch darauf hin, dass die regionalen initiativen zum Übergang in Ausbildung bislang vor allem den Ausbau von Netzwerken thematisieren, was angesichts der Vielzahl der beteiligten Akteure und der Bedeutung ihrer Kooperation als zentrale Herausforderung verstanden werden kann. Weniger deutlich zeigte sich hingegen die Orientierung am Leitgedanken der individuellen Bildungsbiografien (vgl. 2.1.1) bzw. die Lebenslaufperspektive (vgl. Tippelt 2009). Vor dem Hintergrund der im dritten Kapitel aufgezeigten Schwierigkeiten von Jugendlichen am Übergang in Ausbildung wird daher vermutet, dass bei der Weiterentwicklung der vorhanden Konzepte gerade der bildungsbiografische Aspekt, der den Übergang in Ausbildung nicht isoliert betrachtet und der die unterschiedlichen Bildungserfahrungen der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt, von Bedeutung sein könnte – sowohl im Hinblick auf die Übergänge selbst als auch im Hinblick auf die Einbettung der Übergangsgestaltung in eine kommunale bzw. regionale Gesamtstrategie für Bildung. Neben einer einzelfallbezogenen Unterstützung, wie sie in manchen Regionen bereits realisiert wird, wäre hier auch die systematische Integration von Förderkonzepten (z.B. Sprachförderung, Unterstützung bei Lernschwierigkeiten) und eine gezielte Weiterentwicklung des schulischen Unterrichts über alle Bildungsstufen hinweg denkbar. Die Verständigung über ein gemeinsames, weites Verständnis von Berufsorientierung, wie es im Abschnitt 4.1.1 vorgeschlagen wurde, könnte hier ein wichtiger Ausgangspunkt sein.
5 Entwicklung eines Untersuchungsrahmens
Die vorliegende Arbeit beleuchtete zunächst die beiden Hauptthemen „Bildungslandschaften“ und „Übergänge von der Schule in die berufliche Ausbildung“ bzw. deren Gestaltung: Im Kapitel „Bildungslandschaften“ wurden zunächst Entwicklungsansätze aufgezeigt, zentrale Leitgedanken herausgearbeitet und Anknüpfungspunkte einer Theorie der Bildungslandschaft dargestellt. Die empirischen Ergebnisse zu den verschiedenen Entwicklungsansätzen gaben schließlich Hinweise auf Bedingungen und Schwierigkeiten beim Aufbau von Bildungslandschaften und zeigten, dass perspektivisch ganz ähnliche Ziele verfolgt werden. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die empirische Forschung bislang eher Steuerungsfragen in den Vordergrund stellte und dass Fragen der Wirksamkeit auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen eher selten untersucht wurden. Das Kapitel „Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung“ charakterisierte zunächst Übergangsprozesse in unserer Gesellschaft allgemein, dann wurde der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung fokussiert. Dabei wurde deutlich, welche Gruppen von Jugendlichen besonders häufig Schwierigkeiten am Übergang in Ausbildung haben. Deutlich wurde auch, dass die Jugendlichen auf dem Weg in Ausbildung häufig Umwege in Kauf nehmen müssen: Während diese für die meisten zwar in Ausbildung führen, beginnt für andere eine Maßnahmekarriere mit dem Risiko, ganz ohne Ausbildung zu bleiben. Die Studien gaben außerdem Hinweise darauf, dass Ursachen für Schwierigkeiten am Übergang häufig bereits vor dem eigentlichen Übergang in Ausbildung liegen: Schon in der allgemeinbildenden Schule waren die Bildungsbiografien der Jugendlichen mit Schwierigkeiten am Übergang von Brüchen und Misserfolgen geprägt. Gerade die Jugendlichen mit geringer Schulbildung erlebten sich dabei häufig als „Erleidende“ (Geffert 2006) im System der Schule und blickten am Ende der Schulzeit eher skeptisch in die berufliche Zukunft. Das vierte Kapitel thematisierte schließlich die Gestaltung des Übergangs in Ausbildung. Dabei spiegelte sich seine individuelle und gesellschaftliche Bedeutung – auch vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen Schwierigkeiten – in der Verankerung von Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen, im Angebot berufsvorbereitender Bildungsgänge an beruflichen Schulen sowie im Rahmen regionaler und kommunaler Initiativen zur Gestaltung des Übergangs C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_5, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
126
Entwicklung eines Untersuchungsrahmens
wider. Auf der Ebene der regionalen und kommunalen Gestaltungsansätze konnte dabei auch eine Verknüpfung der Themen „Bildungslandschaften“ und „Übergänge in Ausbildung“ hergestellt werden: Auf theoretischer Ebene wurden vergleichbare Leitgedanken bzw. Perspektiven herausgearbeitet und auf der Ebene der aktiven Gestaltung zeigte sich in einigen Regionen bzw. Kommunen bereits eine Verbindung der Übergangsgestaltung mit regionalen bzw. kommunalen Gesamtstrategien für Bildung. Die Ergebnisse zur Berufsorientierung, die deutlich machten, dass der Erfolg von Unterstützungsangeboten unter anderem von der spezifischen Konzeption, ihrer konkreten Umsetzung und dem Engagement und der Zusammenarbeit der Akteure vor Ort abhängt, lassen dabei vermuten, dass dem gemeinsamen Engagement der beteiligten Akteure auf regionaler bzw. kommunaler Ebene ein hohes Potenzial bei der Gestaltung von Übergangsprozessen zukommt. Fragt man abschließend daher nach den Möglichkeiten und Chancen der kommunalen bzw. regionalen Bildungslandschaft bei der Gestaltung des Übergangs in Ausbildung, so können entlang der Leitgedanken folgende Anknüpfungspunkte und Überlegungen formuliert werden. Aufbau von Netzwerkstrukturen Als Schnittstelle zwischen verschiedenen Bereichen bzw. Institutionen (Schule, Jugendhilfe, Wirtschaft, Arbeitsmarktpolitik) stellt sich der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung aktuell als Handlungsfeld dar, in dem ganz unterschiedliche Akteure tätig sind bzw. benötigt werden. Um Doppelstrukturen zu vermeiden und Kompetenzen möglichst optimal einzusetzen sind diese auf Zusammenarbeit und Vernetzung angewiesen. Es wird daher angenommen, dass die Bildungslandschaft als übergreifende kommunale bzw. regionale Struktur vernetzter Bildungseinrichtungen mit gemeinsamen Zielen und regionaler Ausrichtung gute Voraussetzungen im Hinblick auf eine erfolgreiche Gestaltung des Übergangs in Ausbildung bietet. Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen Der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung steht am Ende der vom Staat verantworteten Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche. Schwierigkeiten am Übergang entstehen, wie gezeigt wurde, daher nicht nur aufgrund der aktuellen Übergangssituation (z.B. Ausbildungsplatzangebot). Sie geben auch Hinweise auf Probleme in der vorausgegangenen Bildungsbiografie
Entwicklung eines Untersuchungsrahmens
127
des Einzelnen. Diese Bildungsbiografien können einerseits als individuell betrachtet werden. Andererseits werden sie durch die Voraussetzungen des Schulsystems gestaltet und geformt. Ausgehend davon wird angenommen, dass die Verbesserung von Übergängen in Ausbildung als Herausforderung für die Gestaltung aller Bildungsangebote entlang der Bildungsbiografien von Kindern und Jugendlichen verstanden werden kann. Eine kommunale bzw. regionale Bildungslandschaft, die sich konsequent an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen orientiert, kann daher einen geeigneten Rahmen für die Gestaltung des Übergangs in Ausbildung bieten – und zwar als Teil einer Gesamtstrategie für eine möglichst optimale und langfristige Förderung der Lern- und Entwicklungsprozesse aller Kinder und Jugendlichen vor Ort. Für die Evaluation der Gestaltung des Übergangs in Ausbildung im Kontext einer kommunalen bzw. regionalen Bildungslandschaft werden daher drei Leitfragen vorgeschlagen: 1. 2.
3.
Inwiefern gibt es bereits eine regionale bzw. kommunale Bildungslandschaft, die sich an den vorgeschlagenen Leitlinien orientiert? Inwiefern wird die Gestaltung des Übergangs als Handlungsfeld der Bildungslandschaft verstanden? bzw. Inwiefern lässt sich für die Gestaltung des Übergangs die Orientierung an den Leitgedanken der Bildungslandschaft nachweisen? Inwiefern können die Jugendlichen vor Ort von den Unterstützungsangeboten profitieren und welche Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich aus der aktuellen Situation ableiten?
Teil II – Untersuchung
6 Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
6.1 Zum Kontext der empirischen Untersuchung 6.1.1 Die Bildungsoffensive der Stadt Ulm Stadt Ulm: Regionale und wirtschaftliche Bedeutung Mit knapp 121.500 Einwohnern ist Ulm eine von neun Großstädten des Landes Baden-Württemberg.66 Als Universitäts- und Messestadt und verfügt sie über ein breites Kulturangebot mit eigenem Theater und zahlreichen Museen. Zahlreiche Großunternehmen (z.B. EADS, Deutsche Telekom, Deutz AG, Schwenk Zement KG u.a.) machen Ulm zu einem wirtschaftlichen Zentrum von regionaler und überregionaler Bedeutung. Gemeinsam mit der Nachbarstadt Neu-Ulm (Bayern) bildet Ulm ein Oberzentrum der grenzüberschreitenden Region Donau-Iller.67 Die regionale Bedeutung der Stadt zeigt sich dabei unter anderem in der überdurchschnittlich hohen Zahl von Einpendlern, die in Ulm arbeiten (100 Auspendler vs. 368 Einpendler; vgl. Brachat-Schwarz 2007).68 Stadt Ulm: Demografischer Wandel und Zukunftsfähigkeit Angesichts des demografischen Wandels und der damit zusammenhängenden Diskussion um die Zukunftsfähigkeit der Städte werden Ulm aktuell gute Ausgangsbedingungen bescheinigt (vgl. Prognos AG 2007). Dennoch hat der demografische Wandel auch hier begonnen: Während die Stadt aktuell noch von einem Bevölkerungswachstum profitiert, das laut einer Prognose des Statistischen 66
Bevölkerungsstand zum 31.12.2007. Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Online: URL: http://www.stala.bwl.de [Datum der Recherche: 12.10.2009]. 67 Die Region Donau-Iller wurde als besonderes Modell grenzüberschreitender Zusammenarbeit 1973 durch einen Staatsvertrag gegründet. Sie umfasst die Kreise Ulm, Alb-Donau-Kreis und Biberach in Baden-Württemberg und die Kreise Günzburg, Neu-Ulm und Unterallgäu (mit Oberzentrum Memmingen) in Bayern (vgl. Regionalverband Donau-Iller 2006). 68 Der Vergleich bezieht sich auf den Durchschnitt der baden-württembergischen Großstädte (vgl. Brachat-Schwarz 2007).
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_6, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
Landesamtes bis 2025 anhalten könnte,69 wird der Wandel als Verschiebung der Altersstruktur der Bevölkerung bereits jetzt deutlich: Im Verlauf der kommenden 15 Jahren wird der Anteil der unter 18-jährigen von 17% auf 14% zurückgehen, während der Anteil der über 65-jährigen von 18% auf 22% steigen wird.70 Die Bildungsoffensive der Stadt Ulm Die Stadt Ulm zeigt im Blick auf die Herausforderungen der Zukunft vielseitige Anstrengungen: Innovationsoffensive, Medienoffensive, Familienoffensive und Zukunftsoffensive machen deutlich, dass die Stadt den aktuellen und zukünftigen Entwicklungen aktiv begegnen will, um so ihre Attraktivität für die Menschen und die Unternehmen in der Region und darüber hinaus zu sichern. Diese aktive Gestaltung von Herausforderungen setzt sich mit der Gründung der „Bildungsoffensive“ fort: „Bildung ist Voraussetzung für eine humane Zukunft. Unsere Stadt muss zu einer „Lernenden Stadt“ mit einer neuen Lernkultur werden. Wir wollen die Schulen in ihr gesellschaftliches Umfeld einbinden und ein tragfähiges Fundament für ihre Gemeinwesensarbeit schaffen. Die Vorbereitung auf die Berufsund Arbeitswelt, Bildung und Weiterbildung sind entscheidende Entwicklungsfaktoren für den gesellschaftlichen Wandel. Die Bildungs- und Kultureinrichtungen unserer Stadt sollen Kristallisationspunkte eines vielfältigen Beziehungsgeflechts von Bildung, Kultur, Geselligkeit und Erholung sein.“ (Zukunftsmanifest der Stadt Ulm 1999, zitiert nach: Stadt Ulm 2000, GD 289/00, Anlage 1, S. 1) Mit der Gründung der „Bildungsoffensive“ im Jahr 2000 erklärte die Stadt Ulm Bildung explizit zu einem kommunalen Schwerpunktthema und machte deutlich, dass sie Bildung als zentrale Ressource für die kommunale Entwicklung versteht: als Garant für die Sicherung eines qualifizierten Fachkräftenachwuchses und einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und als Beitrag zur Attraktivität der Stadt im Hinblick auf die Zuwanderung von Familien und ein (vergleichsweise) ausgewogenes Generationenverhältnis.
69
Die Prognose der Bevölkerungsentwicklung bis 2025 bezieht sich auf die Bevölkerungszahlen von 2005. In alle Prognosen wurden vermutete Wanderungsbewegungen einbezogen. (vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Online: URL: http://www.stala. bwl.de [Datum der Recherche: 12.10.2009]. 70 Ohne die Bevölkerungsgruppe der Menschen mit Migrationshintergrund (in Ulm 17,2%) würden die Folgen der demografischen Alterung noch gravierender ausfallen (vgl. Hin/Schmidt 2006).
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133
Bildungsangebote in Ulm Ulm verfügt über ein breites Angebot von vorschulischen bis zu universitären Bildungseinrichtungen. Die Bildungsoffensive richtet sich dabei vorwiegend an vorschulische Einrichtungen und allgemeinbildende Schulen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren dies: 87 Kitas (davon 23 in städtischer und 64 in kirchlicher bzw. freier Trägerschaft), 27 Grundschulen (darunter zwei private Schulen), zehn Hauptschulen, fünf Realschulen (darunter eine private Einrichtung), sieben Gymnasien (darunter eine private Schule), zehn Sonderschulen (darunter zwei private Schulen) und zwei Waldorfschulen. Darüber hinaus gab es sechs Berufliche Schulen mit Berufsvorbereitungsjahr bzw. entsprechendem Bildungsgang, darunter 3 Schulen in städtischer Trägerschaft.71 Zum Zeitpunkt der Untersuchung im Schuljahr 2006/2007 besuchten ca. 16.000 Schülerinnen und Schülern eine allgemeinbildende Schule. Davon verließen 570 die Schule mit Hochschulreife (37%; n=1543), 514 mit mittlerem Bildungsabschluss (33%), 358 mit Hauptschulabschluss (23%) und 101 ohne Abschluss (7%). An den Beruflichen Schulen wurden im Schuljahr 2006/2007 10.083 Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und 905 Jugendliche an privaten Schulen unterrichtet. 225 Schülerinnen und Schüler besuchten ein Berufsvorbereitungsjahr an öffentlichen Beruflichen Schulen.72 6.1.2 Einbettung in verschiedene Forschungskontexte Wie bereits im ersten Teil der Arbeit deutlich wurde, verbindet das Thema der vorliegenden Arbeit zwei aktuelle Themen: die Entstehung von Bildungslandschaften und den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung. Beide stellen jeweils eigene Anforderungen an den Aufbau einer empirischen Studie. Diese werden im Folgenden kurz skizziert und um jene Ansprüche und Erwartungen erweitert, die sich aus dem Evaluationsauftrag der Stadt ergaben, der Anlass der vorliegenden Studie war. Damit wird einerseits der Rahmen der Untersuchung transparent gemacht und andererseits eine Grundlage für die abschließende Reflexion des methodischen Vorgehens geschaffen.
71
72
Quelle: Website der Stadt Ulm: Online: URL: http://www.ulm.de [Datum der Recherche: 10.12. 2008]. Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Online: URL: http://www.stala.bwl.de/ SRDB/home.asp?H=BildungKultur&U=04&R=KR421 [Datum der Recherche: 16.02.10]. Die Zahlen für SchülerInnen an privaten Schulen, die Bildungsgänge besuchen, die dem Berufsvorbereitungsjahr entsprechen, werden vom Statistischen Landesamt nicht ausgewiesen.
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Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
Erforschung von Bildungslandschaften Bei der Erforschung bzw. „Vermessung“ regionaler und kommunaler Bildungslandschaften wurden bisher unterschiedliche Wege beschritten:
Zum einen liegen Forschungsberichte zu spezifischen Projekten vor, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung erstellt wurden und deren methodische Konzeption eng an das konkrete Projekt und seine Rahmenbedingungen geknüpft war (vgl. 2.3.1). Zum anderen gibt es Indikatorenkonzepte zur regionalen bzw. kommunalen Bildungsberichterstattung, die als Leitfaden für die Zusammenstellung systematischer und vergleichbarer Informationen über das lokale Bildungssystem erstellt wurden (vgl. Döbert 2007; BMBF 2008d). Ziel dieser indikatorengestützten Berichte ist es, „kommunalen Entscheidungsträgern in Bildungspolitik und Verwaltung ein tieferes Verständnis der Faktoren, die Einfluss auf die Qualität der Bildung haben, zu vermitteln“ (Döbert 2007, S. 12). Aussagen über Wirkungen, Zusammenhänge und Verläufe sind dabei nicht vorgesehen. Als Datengrundlage dienen in erster Linie die Bildungs- und Bevölkerungsstatistiken der Länder sowie die kommunale Schul- bzw. Kinder- und Jugendhilfestatistik (vgl. Döbert 2007).
Die indikatorengestützten Konzepte zur Bildungsberichterstattung weisen damit deutliche Grenzen im Hinblick auf den komplexen Gegenstandsbereich der „Bildungslandschaft“ auf. Dies wurde im Abschnitt 3.1.1 insbesondere für den Bereich des Übergangs in Ausbildung deutlich. Die Erforschung regionaler bzw. kommunaler Bildungslandschaften, die über diese Form der Berichterstattung hinaus geht, ist bisher nicht standardisiert. Damit ist auch kein Vergleich mit einer geeichten Einheit möglich. (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 6) Übergangsforschung Die Übergangsforschung, die sich mit den Übergängen Jugendlicher von der schulischen Ausbildung ins Beschäftigungssystem auseinandersetzt, bewegt sich „auf einem von vielen Seiten her ins Rutschen gekommenen Terrain“ (Brock 1991, S. 11). In dieser Situation zeichnen sich zwei Merkmale einer zeitgemäßen Übergangsforschung ab (vgl. Brock 1991, S. 11 - 17; auch Bührmann 2008):
Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
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Übergangsforschung liegt im Schnittpunkt unterschiedlicher Forschungsdisziplinen (z.B. Psychologie, Soziologie, Erziehungswissenschaft), die ihre jeweils spezifische Sicht auf Übergänge haben; Übergangsforschung interessiert sich im Zuge von Individualisierung, Pluralisierung und Entstandardisierung verstärkt für eine biografische Perspektive und beschränkt sich nicht „auf die reinen Faktizitäten des Übergangs von Schule und Ausbildung in den Beruf“ (Brock 1991, S. 13; 15).
Daraus ergeben sich Folgen für die Datenerhebung und -auswertung, die im Hinblick auf die Bedeutung subjektiver und biografischer Daten qualitative Interviews und detaillierte Auswertungsverfahren erforderlich machen. Beschränkungen im Hinblick auf die untersuchten Fragestellungen werden dabei in Kauf genommen. (vgl. Brock 1991, S. 16) Evaluationsauftrag und Erwartungen Die vorliegende Studie entstand im Rahmen eines Evaluationsprojekts im Auftrag der Stadt Ulm. Ziel der im Februar 2006 vom Gemeinderat beschlossenen Evaluation sollte sein, „den Wirkungsgrad verschiedener Investitions- und Modellmaßnahmen im Rahmen der Bildungsoffensive der Stadt Ulm seit dem Jahr 2000 aufzuzeigen“ (Stadt Ulm 2007, GD 02/07). Auch die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung formulierten Erwartungen an die Evaluation: Sie wünschten sich unter anderem Ergebnisse, die deutlich machen, ob „wir auf dem richtigen Weg sind oder auf dem falschen Weg. Einfach, ob wir die Ziele richtig definiert haben, ob wir die Wege auch richtig eingeschlagen haben, um auf diese Ziele zu gelangen. Oder ob Sie sagen, wir müssten da eine Kurskorrektur noch anbringen. Auch, ob wir das eine oder andere Ziel vielleicht noch gar nicht erkannt haben.“ (Experteninterview I, Z. 591 – 597). Darüber hinaus wurden Perspektiven für die Weiterentwicklung erwartet, so „dass dann zusätzliche Konzeptideen vielleicht noch entstehen können … oder was vielleicht noch Bausteine sein könnten“ (Experteninterview II, Z. 646 – 656). Auch der Wunsch nach Aussagen zur Wirksamkeit einzelner Projekte „in die wir auch sehr viel manpower hineinstecken“ (Experteninterview III, Z. 551 – 554) wurde genannt. Damit war der Evaluationsauftrag mit hohen Erwartungen von Seiten der Stadt und mit einem nicht unerheblichen Erwartungsdruck verbunden, der nicht zuletzt in der gewünschten Legitimation (konzeptionell, finanziell) bisheriger und zukünftiger Anstrengungen begründet lag.
136
Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
6.1.3 Folgerungen für die methodische Konzeption des Gesamtprojekts Der oben beschriebene Auftrag macht deutlich, dass die Evaluation aus Sicht der Stadt über eine reine Datensammlung im Sinne eines kommunalen Bildungsmonitorings hinaus gehen sollte und dass sowohl Aussagen zur Wirksamkeit von Maßnahmen als auch Perspektiven zur Weiterentwicklung erwartet wurden. Ein längsschnittliches Untersuchungsdesign im Sinne einer wissenschaftlichen Begleitung, das den Erwartungen am ehesten entsprochen hätte, konnte aufgrund der beschriebenen Ausgangssituation jedoch nicht realisiert werden: Der Evaluationsauftrag der Stadt Ulm erfolgte im Jahr 2006 und bezog sich auf die zurückliegenden Jahre der Bildungsoffensive (2000 – 2006/2007). Wirkungen im strengen Sinne konnten damit nicht mehr erfasst werden (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 6). Die Untersuchung wurde daher als Querschnittsstudie angelegt, die Wirkungen aus der Sicht der Beteiligten (z.B. Selbstauskünfte von Eltern, Lehrern, Schulleitern, Vertretern der Stadt usw.) und auf der Grundlage erkennbarer Sachverhalte benannte und vor dem Hintergrund der Entwicklungen interpretierte (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 6f). Untersucht wurden dabei drei thematische Schwerpunkte entlang der Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen: (1) die vorschulische Bildung, (2) die Verlässlichen Grundschulen und Ganztagsschulen und (3) der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung (vgl. Kucharz u.a. 2009). Tabelle 4 gibt einen Überblick über die eingesetzten Methoden und die damit verbundenen Zielsetzungen. Tabelle 4: Überblick über das forschungsmethodische Vorgehen im Gesamtprojekt
Quelle: Kucharz u.a. 2009, S. 28.
Vorüberlegungen zum Aufbau der Untersuchung
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Die Dokumentenanalyse und die Expertengespräche dienten dabei in erster Linie der Beantwortung der Frage, inwiefern durch die Bildungsoffensive bereits eine Bildungslandschaft aufgebaut werden konnte. Mit Hilfe der standardisierten Befragung wurden quantitative Daten zur Bildungslandschaft insgesamt und zu spezifischen Fragestellungen im Hinblick auf die genannten Schwerpunktthemen erhoben. Dabei wurden unterschiedliche Perspektiven auf die Bildungslandschaft berücksichtigt (z.B. Perspektive der Eltern, der Lehrkräfte, der Schulleiterinnen und Schulleiter, der Jugendlichen). Die qualitativen Interviews mit Jugendlichen, Schulleitungen und Vertretern der Stadtverwaltung, die auf den quantitativen Daten aufbauten, dienten schließlich der Vertiefung der spezifischen Fragestellungen. Insgesamt wurden für die Studie über 3000 Fragebögen ausgewertet und ca. 20 Interviews durchgeführt. Ziel dieses Vorgehens war es, über den Einsatz unterschiedlicher Untersuchungsmethoden, sowohl qualitativ als auch quantitativ, und durch den Einbezug verschiedener Perspektiven das komplexe und vielschichtige Zusammenspiel von gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen und unterschiedlichen Handlungslogiken einzelner Institutionen und Personengruppen nachzuzeichnen. Auf der Basis dieser Daten sollten schließlich Aussagen zu Wirkungen und Empfehlungen für die Weiterentwicklung abgeleitet werden. (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 5; 27f)
7 Das methodische Vorgehen im Überblick
Die vorliegende Studie zum Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung entstand im Rahmen des oben beschriebenen Forschungsprojektes und wurde auf der Basis der methodischen Konzeption des Gesamtprojektes (vgl. 6.1.3) geplant. Fragestellung und Ziele Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage, inwiefern es der Stadt Ulm im Rahmen der Bildungsoffensive bereits gelingt, Jugendliche, insbesondere Jugendliche mit Hauptschulbildung am Übergang in Ausbildung gezielt zu unterstützen und welche Entwicklungsmöglichkeiten die „Bildungsoffensive“ als Bildungslandschaft im Hinblick auf eine verbesserte Förderung und Unterstützung bieten kann. Diese zentrale Frage wurde mit Hilfe der in Kapitel fünf vorgeschlagenen Leitfragen differenziert. Gefragt wurde:
inwiefern mit Hilfe der Bildungsoffensive bereits eine regionale bzw. kommunale Bildungslandschaft aufgebaut werden konnte (vgl. Tabelle 5, Frauge 1); ob die Gestaltung des Übergangs als Aufgabe der Bildungsoffensive verstanden wird, und, falls ja, inwiefern sich diese Gestaltung an den Leitgedanken der Bildungslandschaft orientiert (vgl. Tabelle 5, Frage 2); inwiefern die Jugendlichen vor Ort von diesen Unterstützungsangeboten profitieren können (vgl. Tabelle 5, Frage 3).
Ziele der Untersuchung waren zum einen die datenbasierte Einschätzung des bisher erreichten Ausbaus der Bildungslandschaft und der Gestaltung des Übergangs in Ausbildung und zum anderen das Aufzeigen von Perspektiven für die weitere Entwicklung.
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_7, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Das methodische Vorgehen im Überblick
Zuordnung und Verknüpfung von Untersuchungsmethoden Die oben genannten Fragestellungen wurden schließlich weiter differenziert, operationalisiert und mit den gewählten Untersuchungsmethoden des Gesamtprojekts (vgl. Kapitel 6, Tabelle 4) verknüpft. Ausgehend von dieser Grundstruktur gibt Tabelle 5 über Untersuchungsmethoden (mittlere Spalte), über die Zuordnung von Leit- und Teilfragen der Untersuchung (linke Spalte) und über die Art und Weise der Verknüpfung der verschiedenen Methoden (rechte Spalte; vgl. dazu Lamnek 2005, S. 283). Tabelle 5: Fragen und Erhebungsmethoden der Untersuchung 1. Konnte durch die „Bildungsoffensive Ulm“ eine regionale bzw. kommunale Bildungslandschaft entstehen? Orientiert sie sich an den zentralen Leitlinien „Netzwerke“ und „Bildungsbiografien“ (vgl. 2.1.2)? Kann sie einem der beschriebenen Entwicklungsansätze (vgl. 2.1.1) zugeordnet werden?
Sind die Schulen und Eltern in die Bildungsoffensive einbezogen (Bekanntheit von Begriff und Zielen, Umsetzung von Maßnahmen, Aufbau von Kooperationen)?
Dokumentenanalyse Experteninterviews
Fragebogen (SL, E, L)
Dokumentenanalyse und Experteninterviews beleuchten dasselbe Phänomen. Ihre Kombination ermöglicht eine gegenseitige Validierung und eine Vertiefung des Gegenstandsbereichs (z.B. durch Erklärungen, wie es zu Entwicklungsprozessen kam).
Das methodische Vorgehen im Überblick
141
2. Wird die Gestaltung des Übergangs als Aufgabe der Bildungsoffensive verstanden und, falls ja, welche Eckpunkte kennzeichnen dieses Handlungsfeld? Welche Bedeutung Dokumentenanalyse, hat das HandlungsExperteninterviews feld „Übergang“ inund Schulleiterbenerhalb der Bilfragung beziehen dungsoffensive sich auf dasselbe (Dokumente) und Phänomen. Dokumentenaus Sicht der Betei Ihre Kombination analyse ligten (Eltern, Lehermöglicht die Er Experteninterviews rer)? fassung unterschied Fragebogen Welche Eckpunkte (SL,E,L) licher Perspektiven. (Ziele, Leitlinien, Schwerpunkte, Maßnahmen) kennzeichnen das Handlungsfeld? 3. Können die Jugendlichen von den Unterstützungsangeboten profitieren? Die Interviewstudie a) Was kennzeichnet dient der Vertiefung ihre Übergangssider Fragebogenuntuation? tersuchung. Wäh Welche Wünsche rend die Fragebohaben die Jugendligenuntersuchung chen im Hinblick Querschnittsdaten auf den Übergang in liefert, ermöglicht Ausbildung bzw. in die Interviewstudie Schülerfragebogen den Beruf und könsowohl die Beleuchzum Übergang nen sie diese vertung bildungsbiogra Interviewstudie wirklichen? fischer Erfahrungen Welche individuellen als auch die ErkläBildungserfahrunrung quantitativer gen, Problemlagen, Ergebnisse aus der subjektiven DeutunPerspektive der Jugen bzw. Einstelgendlichen. lungen kennzeich Die Kombination der nen die Situation quantitativen und von Jugendlichen? qualitativen Metho-
142 b) An welchen Angeboten nehmen die Jugendlichen teil und wie bewerten sie diese?
Das methodische Vorgehen im Überblick den steht dabei unter dem Leitgedanken der Ergänzung von Perspektiven im Hinblick auf dasselbe Phänomen, dem Übergang von Jugendlichen von der Schule in die berufliche Ausbildung.
Quelle: eigene Darstellung.
Im Hinblick auf den Gesamtkontext der Studie werden die unterschiedlichen Methoden damit in erster Linie komplementär, im Sinne eines Puzzles (vgl. Lamnek 2005, S. 286), verwendet. Mit der Entscheidung für eine qualitative Interviewstudie mit Jugendlichen wurde in der Vertiefungsphase ein Schwerpunkt auf den Aspekt der Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen und deren subjektive Perspektive gelegt: Zum einen, weil der Gedanke der Orientierung an Bildungsbiografien in den bisherigen Untersuchungen zu Bildungslandschaften weniger stark berücksichtigt wurde als der Netzwerkgedanke; zum anderen, weil gerade dieser Aspekt als mögliche Chance für eine Integration des Übergangsthemas in die Bildungslandschaft herausgearbeitet wurde (vgl. Kapitel 5). Untersuchungsphasen Tabelle 6 zeigt die verschiedenen Phasen des Evaluationsprojektes: Die Untersuchung begann mit einer ausführlichen Dokumentenanalyse und ersten Experteninterviews. Darauf aufbauend wurde in einem zweiten Schritt die schriftliche Befragung durchgeführt. Vertiefende Experteninterviews und eine Interviewstudie, für die Jugendliche im BVJ befragt wurden, schlossen sich an.
Das methodische Vorgehen im Überblick
143
Tabelle 6: Untersuchungsphasen Jahr Quartal
2007 1.
2.
2008 3.
4.
1.
2.
3.
4.
Dokumentenanalyse Fragebogenuntersuchung Interviews Quelle: eigene Darstellung.
Auswahl der Personen und Dokumente Tabelle 7 gibt einen Überblick über die befragten Personen und die berücksichtigten Dokumente. Bei der Fragebogenuntersuchung wird dabei zwischen zwei Befragungen unterschieden: Befragung I, die Fragen zum Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ stellte, und Befragung II, die sich auf den Übergang in Ausbildung konzentrierte. Daten zu den Kindertageseinrichtungen sowie zu Verlässlichen Grundschulen und Ganztagsschulen, die im Rahmen des Gesamtprojektes ebenfalls erhoben wurden (vgl. Kucharz u.a. 2009), wurden in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt.
144
Das methodische Vorgehen im Überblick
Tabelle 7: Dokumente und Personen, die in die Untersuchung einbezogen wurden73 Dokumentenanalyse Dokumente des Gemeinderats und der kommunalen Ausschüsse; Dokumente anderer kommunaler Gruppen, (z.B. Bildungsforum, regionale Planungsgruppen, Arbeitskreise usw.); Explizierende Dokumente (z.B. Projektbeschreibungen des BMBF). Quelle: eigene Darstellung.
73
Fragebogenuntersuchung
Interviews
Befragung I 38 Schulleitungen, 672 LehrerInnen, 1093 Eltern an Grundschulen, Haupt- und Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien Befragung II 708 SchülerInnen in Haupt- und Werkrealschulen; Realschulen, Berufliche Schulen im letzten Schulbesuchsjahr
Experteninterviews: 5 Interviews mit leitenden Vertretern aus dem Bereich der kommunalen Verwaltung; Interviewstudie: 11 Jugendliche, die zum Zeitpunkt der Befragung ein Berufsvorbereitungsjahr besuchten
Die Zahlen zur Fragebogenuntersuchung beziehen sich auf die Anzahl der verschickten Fragebögen (vgl. Tabelle 9).
8 Datenerhebung
8.1 Die Dokumentenanalyse 8.1.1 Ziele und Fragestellung Die Dokumentenanalyse, die zu Beginn der Untersuchung durchgeführt wurde, fragte (1) nach Zielen, Steuerungsstrukturen, Maßnahmen und Entwicklungen der Bildungsoffensive zwischen 2000 und 2006; (2) nach dem Verständnis von kommunaler Verantwortung im Bildungsbereich und (3) nach der Bedeutung des Handlungsfeldes Übergang Schule – berufliche Ausbildung. Bezogen auf den Schwerpunkt des Übergangs wurde darüber hinaus nach spezifischen Zielen, Maßnahmen und Akteuren gefragt. Damit wurde der Blick sowohl auf die Bildungsoffensive im Gesamten als auch auf den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung gerichtet. Insgesamt wurden mit der Dokumentenanalyse vor allem zwei Ziele verfolgt: (1) die Rekonstruktion und Beschreibung zurückliegender Entwicklungen und (2) die Schaffung einer Informationsgrundlage für die Konstruktion weiterer Erhebungsinstrumente sowie für die Interpretation der Untersuchungsergebnisse. 8.1.2 Datenbasis Die Stadt Ulm stellte zu Beginn des Projektes vielfältige Dokumente der Jahre 2000 bis 2006 (teilweise auch 2007 und 2008) zur Verfügung, darunter vor allem Dokumente aus den Gemeinderats- und Ausschusssitzungen. Dabei handelte es sich in erster Linie um Beschlussvorlagen des Gemeinderates bzw. verschiedener Ausschüsse und um Zahlen der Schulstatistik aus den Jahren 2000 bis 2006 (vgl. Tabelle 7). Während die Zahlen der Schulstatistik in erster Linie dazu dienten, ergänzende Berechnungen zu Entwicklungen im Zeitraum der Bildungsoffensive durchzuführen, wurden die Textdokumente einer ausführlichen Analyse unterzogen. Systematisch einbezogen wurden dabei alle von der Stadt Ulm zur Verfügung gestellten Dokumente von September 2000 (Gründung der Bildungsoffensive) bis 2006 (Beginn der Evaluation). Ergänzend wurden im weiteren Verlauf C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
146
Datenerhebung
der Untersuchung die zentralen Gemeinderatsdokumente zur Bildungsoffensive aus den Jahren 2007 (GD 02/07) und 2008 (GD 02/08) berücksichtigt. 8.2 Experteninterviews 8.2.1 Ziele und Fragestellung Ziel der Experteninterviews war es, die Perspektiven von Schlüsselpersonen der Bildungsoffensive in die Untersuchung einzubeziehen. Dabei wurden zwei Zielsetzungen verfolgt:
Exploration: Die zu Beginn durchgeführten Experteninterviews (I bis IV) dienten in erster Linie der Klärung von Erwartungen und einem vertiefenden Verständnis der in den Dokumenten beschriebenen Entwicklungen. Konkret gefragt wurde unter anderem nach der Entstehung und der Funktionsweise der Bildungsoffensive, nach Erwartungen an die Bildungsoffensive, nach einem „roten Entwicklungsfaden“, nach Einschätzungen zu ersten Effekten und nach Erwartungen an die Evaluation. Vertiefung: Ein vertiefendes Interview mit einem Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe (Experteninterview V) ermöglichte den Einbezug einer weiteren, nicht schulbezogenen Perspektive, die in den quantitativen Befragungen nicht berücksichtigt wurde. Inhaltlich diente es darüber hinaus der Vertiefung von Fragestellungen zum Aufbau von Netzwerkstrukturen am Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung. Konkret gefragt wurde unter anderem nach Netzwerkstrukturen am Übergang, nach der Funktion der Kommune und nach Einschätzungen aus Expertensicht.
8.2.2 Erhebungsinstrumente Die Experteninterviews wurden als offene Leitfadeninterviews durchgeführt, die den Befragten Raum für eine freie Darstellung ließen. Auf diese Weise sollte erreicht werden, dass die Expertinnen und Experten neben den Aspekten, die sich bereits aus der Analyse der Dokumente ergaben, auch eigene Gesichtspunkte einfließen lassen konnten. Darüber hinaus ermöglichten die offenen Fragen Raum für die Darstellung eigene Einschätzungen. Auf diese Weise sollten nicht zuletzt mögliche Diskrepanzen zwischen den in den Dokumenten beschriebenen Entwicklungen und den Erfahrungen der Expertinnen und Experten aufgezeigt werden.
Datenerhebung
147
Insgesamt lagen den Interviews drei verschiedene Leitfäden zugrunde, die zum einen an die Position der Befragten innerhalb der Kommune (Verwaltung bzw. Führung), zum anderen an die Funktion des Interviews im Gesamtprojekt (Exploration bzw. Vertiefung) angepasst waren. 8.2.3 Auswahl der Experten Die Ergebnisse der Dokumentenanalyse verwiesen auf eine zentrale Bedeutung der Kommune, sodass für die Interviews Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Verwaltung und Leitung ausgewählt wurden. Der Expertenstatus der Interviewpartnerinnen und -partner wurde dabei an die Bekleidung eines bestimmten, herausragenden Amtes gebunden. Aufgrund dieses Amtes wurden die Befragten als Teil der Bildungsoffensive gesehen, die – so die Annahme – durch die kontinuierliche Mitarbeit an der Planung, Entwicklung und Umsetzung, über ein breites Wissen bezüglich des untersuchten Gegenstandes verfügten und sowohl retrospektiv als auch prospektiv Entwicklungen aufzeigen konnten. (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 29f) Um eine möglichst große Bandbreite von Einschätzungen zu gewinnen, wurden Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Bildungsstufen (vorschulisch, schulisch) und Bildungsformen (Schule, Kinder- und Jugendhilfe) in die Experteninterviews einbezogen. 8.3 Die quantitative Fragebogenerhebung Die quantitative Fragebogenerhebung stellte die zweite Untersuchungsphase innerhalb des Forschungsprozesses dar und baute auf den Ergebnissen der Dokumentenanalyse und der explorativen Experteninterviews auf (vgl. Tabelle 6). 8.3.1 Ziele und Fragestellung Ziel der schriftlichen Befragung war es, unterschiedliche Perspektiven (Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Schulleitungen, Jugendliche) auf die aktuelle Situation der Bildungsoffensive zu erhalten. Für die vorliegende Untersuchung waren dabei sowohl Fragen zum Gesamtprojekt (Befragung I) als auch Fragen zur Situation von Jugendlichen am Übergang in Ausbildung (Befragung II) von Interesse (vgl. Tabelle 7).
148
Datenerhebung
Ziel von Befragung I war es, Aussagen über die Einbindung der Schulen und der am Schulleben Beteiligten in die „Bildungsoffensive“ zu gewinnen. Darüber hinaus interessierten die Einschätzungen der Betroffenen hinsichtlich der Bedeutung der Ziele der „Bildungsoffensive“ und der Erreichung dieser Zielsetzungen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit lag der Schwerpunkt dabei vor allem auf dem Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung.74 Ziel von Befragung II war es, die Situation der Jugendlichen am Übergang zu beschreiben und aufzuzeigen, inwiefern Angebote am Übergang, darunter Maßnahmen im Rahmen der Bildungsoffensive, bei den Jugendlichen ankamen und wie sie von ihnen beurteilt wurden. 8.3.2 Entwicklung des Erhebungsinstruments Befragung I: Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ Bei der Fragebogenkonstruktion wurde auf die Ergebnisse der Dokumentenanalyse und der Expertengespräche zurückgegriffen. Zentrale Bereiche, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessierten, waren die Bekanntheit der Bildungsoffensive (z.B. Begriff und Ziele), ihre Integration in den schulischen Alltag und die Einschätzung der Wichtigkeit und Erreichung von Zielen, die im Rahmen der Dokumente Bildungsoffensive genannt wurden. Beim letzten Punkt sollten über die Befragung unterschiedlicher Personengruppen auch Unterschiede in der Wahrnehmung der „Bildungsoffensive“ deutlich werden. Die Schulleitungen wurden darüber hinaus nach Angeboten ihrer Schule gefragt.75 Damit interessierten im Rahmen dieser Untersuchung vor allem die Fragebogenbereiche „Bildungsoffensive Ulm“ (Schulleitungen, Eltern, Lehrkräfte) und „Zusammenarbeit mit dem Träger“ (Schulleitungen). Darüber hinaus wurde im Hinblick auf die Bedeutung von Kooperationsstrukturen am Übergang in Ausbildung auch der Bereich „Kooperation und Kommunikation nach außen“ (Schulleitungen) in die vorliegende Untersuchung aufgenommen.76
74
75
76
Darüber hinaus wurden im Rahmen des Gesamtprojektes weitere Gruppen (z.B. pädagogisches Personal in der vorschulischen Bildung) und Themenschwerpunkte (z.B. Ganztagsbetreuung) in die Befragung aufgenommen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden diese aber nicht berücksichtigt vgl. dazu die Darstellungen in Kucharz u.a. 2009). Gefragt wurde nach Maßnahmen, für die aufgrund der Dokumente ein Zusammenhang mit der Bildungsoffensive angenommen werden konnte. Die weiteren Fragebogenbereiche standen im Zusammenhang mit anderen Themenschwerpunkten im Gesamtprojekt und wurden nicht ausgewertet.
Datenerhebung
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Befragung II: Schulabgängerbefragung zum Übergang in Ausbildung Der Schülerfragebogen zum Übergang in Ausbildung wurde auf der Basis der Dokumentenanalyse und mit Hilfe von Fragebogenelementen aus anderen Untersuchungen (vgl. Kuhnke 2007) konstruiert (vgl. Tabelle 8). Tabelle 8: Fragebogenbereiche der Befragung zum Übergang A B C D E F G
Allgemeine Angaben (z.B. Geschlecht, Alter, Schule) Schule (z.B. Einstellungen, Klassenwiederholung, Noten) Pläne für die Zeit nach der Schule (z.B. Wünsche, Situation) Berufsorientierung (z.B. Teilnahme und Bewertung von Angeboten) Fragen zur Berufswahl und zu Bewerbungen (z.B. Stand der Berufsentscheidung, Anzahl der verschickten Bewerbungen) Wie siehst du dich selbst und deine Zukunft? (z.B. aktuell, in 5 Jahren) Angaben zu deiner Herkunft (z.B. Sprache, Geburtsland der Eltern, Schulabschlüsse und berufliche Situation der Eltern)
Quelle: eigene Darstellung.
Im Zentrum des Fragebogens standen die Wünsche der Jugendlichen und ihre aktuelle Situation (Fragebogenbereiche C und E) sowie die Teilnahme der Jugendlichen an Unterstützungsangeboten und deren Bewertung (Fragebogenbereich D): Anhand der Wünsche und der aktuellen Situation der Jugendlichen sollte deutlich werden, welche Wege die Jugendlichen im Anschluss an die besuchten Bildungsgänge realisieren können und inwiefern sie dabei Warteschleifen in Kauf nehmen müssen. Die Teilnahme an Unterstützungsangeboten und deren Bewertung sollte Auskunft darüber geben, inwiefern die Jugendlichen von den Angeboten am Übergang profitieren können. Neben diesen zentralen inhaltlichen Bereichen wurden Hintergrunddaten zu Geschlecht, Alter und Herkunft (Fragebogenbereiche A und G) erhoben sowie Daten zum Schulbesuch (Fragebogenbereich B) und zu Einstellungen gegenüber der Schule bzw. zu ihrer persönlichen Zukunftsperspektive; Fragebogenbereiche B und F). Für sie wurde aufgrund früherer Studien (vgl. 3.3) ein Einfluss auf die Übergangssituation der erwartet. Darüber hinaus sollten sie Hinweise auf gruppenspezifische Unterschiede bei der Teilnahme an Angeboten und deren Bewertung geben. Der Schülerfragebogen wurde in drei Versionen erstellt: für Schülerinnen und Schüler der Haupt- und Werkrealschule (HWRS), der Realschule (RS) und der Berufliche Schule (BS). Während sich die Fragebögen für Haupt- und Real-
150
Datenerhebung
schule nur in den Antwortalternativen unterschieden77, enthielt der Fragebogen für die Beruflichen Schulen zusätzliche Fragen zum Schulabschluss und zur vorher besuchten Schule. Die Fragebögen beinhalteten überwiegend geschlossene Fragen. Dort, wo die Befragten um ihre Einschätzung (z.B. Zustimmung, Ablehnung, Bewertung) gebeten wurden, lag den Antworten eine vierstufige Skala zugrunde (z.B. trifft überhaupt nicht zu; trifft eher nicht zu; trifft eher zu; trifft voll und ganz zu). Vor Beginn der Untersuchung wurden alle Fragebögen einem Pretest unterzogen und überarbeitet. 8.3.3 Stichprobe Befragung I: Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ Mit Hilfe eines mehrstufigen Verfahrens wurden zunächst unterschiedliche Bildungseinrichtungen und Personengruppen ausgewählt. Dabei wurden auf der Grundlage der Kriterien „Zeitstruktur der Einrichtungen“, „Schulform“, „Trägerschaft“, „Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund“, zunächst 41 Kindertageseinrichtungen und 44 Schulen zufällig bestimmt.78 Die Einrichtungen der Stichprobe verteilten sich dabei über das gesamte Stadtgebiet. Darauf aufbauend erfolgte die Auswahl der Versuchspersonen innerhalb der einzelnen Bildungseinrichtungen. Sowohl in den Kindertageseinrichtungen als auch in den Schulen wurde das gesamte pädagogische Personal befragt.79 Darüber hinaus wurden auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Einrichtungen (Kindertageseinrichtungen und Schulen) befragt. Zur Auswahl der Eltern wurde eine Zufallsstichprobe von Schulklassen der Stufen 3, 6 und 8 gezogen.80 (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 30f)
77
Der Realschulfragebogen enthielt beispielsweise nicht Antwortmöglichkeit „Wunsch Werkrealschule“ oder „Wunsch Zweijährige Berufsfachschule“, da es sich um Wege zur Erlangung des Mittleren Bildungsabschlusses handelt. 78 38 Schulen konnten letztlich einbezogen werden. 79 Die Befragung bezog sich nur auf Grundschulen und weiterführende Schulen. Lehrkräfte und Schulleitungen an beruflichen Schulen wurden nicht befragt, da der Schwerpunkt der Bildungsoffensive bislang auf den allgemeinbildenden Schulen und vorschulischen Bildungseinrichtungen lag. 80 In den ausgewählten Klassen wurden sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Eltern befragt. Die Ergebnisse der Schülerbefragung der Klassen 3, 6, und 8 waren aber nicht Teil dieser Studie, sondern gingen in ein anderes Teilprojekt ein. (vgl. dazu Kucharz u.a. 2009)
Datenerhebung
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Befragung II: Schulabgängerbefragung zum Übergang in Ausbildung Im Mittelpunkt der Untersuchung standen Jugendliche mit Hauptschulbildungsgang, da Hauptschülerinnen und Hauptschülern in den Dokumenten der Bildungsoffensive immer wieder als besondere Zielgruppe von Maßnahmen und Angeboten am Übergang in Ausbildung hervorgehoben wurden. Darunter:
Hauptschülerinnen und Hauptschüler am Ende des neunten Schuljahres; Werkrealschülerinnen und –schüler am Ende des zehnten Schuljahres; Jugendliche am Ende eines berufsvorbereitenden Bildungsganges, da dieses Bildungsangebot (voraussetzungslos) im Anschluss an die Hauptschule besucht werden muss, falls keine Ausbildung aufgenommen werden kann; Jugendliche am Ende der Zweijährigen Berufsfachschule, die bereits über einen (guten) Hauptschulabschluss verfügen und sich im Verlauf von zwei Jahren auf den Erwerb der Mittleren Reife vorbereiteten.
Damit konnten neben den Übergangswegen von Hauptschülerinnen und Hauptschülern der Klasse 9 auch typische Zwischenschritte und Umwege dieser Gruppe auf dem Weg in Ausbildung betrachtet werden. Die Gruppe der Realschülerinnen und Realschüler am Ende des 10. Schuljahres ermöglichte darüber Vergleiche im Hinblick auf den Einfluss verschiedener Schulformen und Schulabschlüsse. Aufgrund der quantitativ stärkeren Berücksichtigung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern ist die Gesamtstichprobe nicht repräsentativ. Das Vorgehen ermöglichte aber eine genauere Analyse der Gruppe der Hauptschülerinnen und Hauptschüler, die aufgrund der Schwerpunktsetzung im Rahmen der „Bildungsoffensive“ im Zentrum der Untersuchung stand. Die Befragung wandte sich an alle Hauptschulen, Realschulen und Beruflichen Schulen in Trägerschaft der Stadt Ulm ein. Darüber hinaus wurden zwei Berufliche Schulen in privater Trägerschaft einbezogen, da diese das Berufsvorbereitungsjahr mit einem speziellen Schwerpunkt anboten. Innerhalb der insgesamt 18 Schulen (9 Hauptschulen81, 4 Realschulen, und 5 Berufliche Schulen) wurden wiederum Zufallsstichproben gezogen.
81
Insgesamt gibt es in Ulm 10 Hauptschulen. Eine Hauptschule hatte jedoch keine Abschlussklasse.
152
Datenerhebung
8.3.4 Durchführung der Datenerhebung Die ausgewählten Einrichtungen wurden schriftlich und telefonisch über die Untersuchung informiert und zur Teilnahme eingeladen. Die Erhebung fand von Mai bis Juli 2007 statt. Hierfür wurden die Fragebögen per Post an die Kindertageseinrichtungen und Schulen verschickt und über die Einrichtungsleitungen an das pädagogische Personal (Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher) ausgegeben. Das pädagogische Personal verteilte die Fragebögen schließlich an die Schüler und Eltern. Den Schülerfragebögen lag darüber hinaus ein Begleitschreiben für die Lehrkräfte bei, das Hinweise zur Durchführung im Klassenzimmer gab. Dabei wurde insbesondere auf den Umgang mit den Schülerdaten und auf die Bedeutung der Kontaktdaten verwiesen (vgl. dazu den folgenden Abschnitt). Die Rücksendung der Fragebögen erfolgte ebenfalls postalisch über die Sekretariate der Schule, von wo aus die Fragebögen gebündelt zurückgeschickt wurden. Da aufgrund des Querschnittdesigns der Untersuchung (vgl. Kapitel 6) nur eine einmalige Untersuchung vorgesehen war, wurde der Zeitpunkt der Erhebung möglichst spät im Schuljahr (Juni) gewählt. Es wurde davon ausgegangen, dass die Schülerinnen und Schüler zu diesem Zeitpunkt bereits Perspektiven für das kommende Schul- und Ausbildungsjahr entwickelt hatten und dass (vorläufige) Zusagen von Ausbildungsbetrieben und Schulen bereits erfolgt waren, sofern die Bewerbungen der Jugendlichen erfolgreich waren. Da aufbauend auf den Ergebnissen der schriftlichen Erhebung eine Interviewstudie folgen sollte, wurden die Fragebögen mit einem Code gekennzeichnet und die Jugendlichen wurden um Kontaktdaten (Telefonnummer oder EmailAdresse) gebeten. Für die meist minderjährigen Schüler war dazu das Einverständnis der Eltern erforderlich. Diese wurden ebenfalls in einem Anschreiben über die Vorgehensweise informiert wurden. 8.3.5 Rücklauf und Stichprobenbeschreibung Tabelle 9 gibt einen Überblick über den Rücklauf und die für die vorliegende Untersuchung relevanten Stichprobenmerkmale.
Datenerhebung
153
Tabelle 9: Rücklauf und relevante Stichprobenmerkmale (vgl. Kucharz u.a. 2009; gekürzt und angepasst) 82 Befragung I: Gesamtprojekt „Evaluation der Bildungsoffensive“ (51%)83
Schulstichprobe
- 31 Schulen, darunter 6 Haupt- und Werkrealschulen - 17% der Schulen sind sog. soziale Brennpunktschulen - alle Sozialräume berücksichtigt
Leitungen/Lehrkräfte
- 24 Schulleitungen und 262 Lehrkräfte
Eltern
- 636 Eltern von Schülerinnen und Schülern der Klassen 3, 6 und 8 - 15% der befragten Eltern verfügten über einen niedrigen und 39% über einen höheren Bildungsstatus - 40% der befragten Eltern hatten einen Migrationshintergrund
Befragung II: Übergang Schule – berufliche Ausbildung (68%) Schulstichprobe
- 16 Schulen84
Schülerinnen und Schüler
- 482 Schülerinnen und Schüler - Alter: zwischen 14 und 23 Jahren (M = 16,4) - 54% der Schüler sind männlich - besuchte Schulform: 46% Hauptschule, 20% Realschule, 34% Berufliche Schule - 63% der befragten Schüler hatten einen Migrationshintergrund
Quelle. eigene Darstellung.
82
Einen Überblick über das Gesamtprojekt gibt Kucharz u.a. (2009, S.32f). Nur berücksichtigte Teilstichproben. 84 Darunter auch die 6 Haupt- und Werkrealschulen aus Befragung I. 83
154
Datenerhebung
Bei der Befragung zum Gesamtprojekt (Schulleiter, Lehrkräfte, Eltern) wurde eine Rücklaufquote von 51%, bei der Schülerbefragung zum Übergang in Ausbildung von 68% erreicht. Dieser Rücklauf wird als akzeptabel bis gut eingeschätzt, wenngleich einige Teilstichproben, vor allem die der Lehrkräfte (39%) und der Jugendlichen der Kooperationsklasse Hauptschule – BVJ (27%) im Vergleich deutlich abfielen. Während für die Jugendlichen der Kooperationsklassen rückblickend organisatorische Schwierigkeiten als Ursache für die geringe Beteiligung angenommen werden können85, ist die Frage nach der geringen Beteiligung der Lehrkräfte schwieriger zu beantworten. Mögliche Gründe könnten sowohl in der hohen zeitlichen Belastung im Schulalltag als auch in einer geringen Bereitschaft zur Evaluation oder einer wenig ausgeprägten Identifikation mit der „Bildungsoffensive“ liegen. 8.4 Die qualitative Interviewstudie Den qualitativen Interviews mit Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr kam im Gesamtdesign eine wichtige komplementäre Funktion zu. 8.4.1 Ziele und Fragestellung Ziel der Interviews mit Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr war es, eine subjektive Ebene von Realität zu erheben, die im Hinblick auf den Leitgedanken der „Orientierung an den Bildungsbiografien“ (vgl. 0) als bedeutsam eingeschätzt wurde. Damit ging es nicht um die Erhebung objektiver und generalisierbarer Daten und Aussagen zu Bildungsverläufen, sondern um Einblicke in die Art und Weise wie die Bedingungen der Bildungslandschaft auf die einzelnen Individuen wirken bzw. wie die Individuen sie „aufnehmen, verarbeiten, beantworten“ (Schulze 2006, S.52). Im Gesamtkontext der Untersuchung betrachtet, kommt den Daten dabei (1) eine explikative und (2) eine explorative Funktion zu: 1.
85
Explikative Funktion: Anhand der Interviewdaten sollten subjektive Erklärungen für Wirksamkeit von Maßnahmen am Übergang gewonnen werden, die zur Interpretation, Erklärung und Veranschaulichung der Fragebogenergebnisse herangezogen werden konnten. Die Fragebögen gingen an die Hauptschulen. Die Jugendlichen werden im zweiten Jahr jedoch vorwiegend der Beruflichen Schule zugerechnet.
Datenerhebung 2.
155
Explorative Funktion: Darüber hinaus sollten anhand der Interviews subjektive und individuelle Bildungserfahrungen von Jugendlichen herausgearbeitet werden. Diese sollten vor dem Hintergrund des kommunalen Gestaltungskontextes Hinweise auf bislang nicht aufgedeckte Bedürfnisse und Problemlagen geben.
8.4.2 Vorüberlegungen zum Erhebungsinstrument Die qualitative Teilstudie richtete den Blick damit auf die Jugendlichen in der kommunalen Bildungslandschaft und machte deren Bildungsbiografien zum Gegenstand der Analyse. Zur Erhebung von bildungsbiografischen Daten werden insbesondere qualitative Interviews, Gruppendiskussion oder teilnehmende Beobachtung vorgeschlagen (vgl. Marotzki 2006, S. 115). Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde daher zunächst eine Entscheidung für qualitative Einzelinterviews getroffen: zum einen, weil sie dem einzelnen Jugendlichen mehr Raum ließen für seine individuellen Erfahrungen und subjektiven Deutungen; zum anderen, weil erwartet wurde, dass die Erinnerungen für manche Jugendliche mit unangenehmen, vielleicht schmerzlichen Erfahrungen verbunden waren, die sie im Einzelinterview eher äußern würden. Schließlich wurden zwei Interviewformen im Hinblick auf Ziel und Fragestellung in die engere Wahl gezogen: das narrative und das problemzentrierte Interview, die im Folgenden näher erläutert werden. Das narrative Interview Das von Schütze entwickelte narrative Interview (vgl. u.a. Schütze 1983) wird in der erziehungswissenschaftlichen Forschung häufig in Zusammenhang mit lebensgeschichtlich orientierten Fragestellungen eingesetzt (vgl. Hopf 1995, S. 179; Jakob 2005, S. 445). „Grundelement … ist die vom Befragten frei entwickelte, durch die Eingangsfrage … angeregte Stegreiferzählung“ (Hopf 1995, S. 179). Ziel dieses „erzählgenerierenden Verfahrens“ (vgl. Friebertshäuser 1997) ist, dass der Befragte ausführlich und eigenständig erzählt und die Erzählung dabei frei assoziativ entwickelt (vgl. Reinders 2005, S. 104). Das narrative Interview folgt damit nicht dem Frage-und-Antwort-Schema (vgl. Hermanns 1995, S. 182f). Sein Hauptprinzip ist die Erzählung einer selbsterlebten Geschichte bzw. vergangener Erfahrungen entlang eines selbst gewählten roten Fadens (vgl. Hermanns 1995, S. 183; Marotzki 2006, S. 115). Das
156
Datenerhebung
bedeutet, dass der Befragte über die Strukturierung und den Grad der Detaillierung selbst entscheidet (vgl. Friebertshäuser 1997; Reinders 2005). Während Reinders (2005) davon ausgeht, dass sich längere Erzählphasen und kürzere Nachfragephasen öfters abwechseln können (vgl. Reinders 2005, S. 106), betont Friebertshäuser (1997), dass der Interviewende diesen Erzählfluss nicht durch Nachfragen stören soll (vgl. Friebertshäuser 1997, S. 238). Auf diese Weise, so Schütze (1983), können Lebensgeschichten erhoben werden, die von den Deutungsmustern und Interpretationen des autobiografischen Erzählers entscheidend geprägt sind (vgl. Schütze 1983, S. 284). Mayring (2002) spricht von subjektiven Bedeutungsstrukturen, die sich im freien Erzählen herausschälen, einem systematischen Abfragen gegenüber aber verschlossen blieben (vgl. Mayring 2002, S. 72). Tabelle 10: Interviewverläufe im Vergleich Narratives Interview (vgl. Friebertshäuser 1997; Reinders 2005)
Problemzentriertes Interview (vgl. Witzel 2000)
0. Erklärungsphase86 1. Erzählstimulierung 2. (Haupt-)Erzählung Befragter: freie Erzählung Befragender: Aufrechterhaltung der Erzählstruktur und des roten Fadens 3. Nachfragen 4. Bilanzierung
1. unmittelbare Kontaktaufnahme 2. erzählungsgenerierende Kommunikationsstrategien (z.B. Gesprächseinstieg, allgemeine Sondierungen, Ad-hocFragen) 3. verständnisgenerierende Strategien: spezifische Sondierungen (z.B. Zurückspiegeln, Verständnisfragen, Konfrontationen)
Quelle: eigene Darstellung.
Das problemzentrierte Interview Das problemzentriertes Interview geht auf Witzel zurück (vgl. u.a. Witzel 1985) und kann als teilstandardisierte Methode den Leitfadeninterviews zugerechnet werden (vgl. Friebertshäuser 1997, S. 397; Mayring 2002, S. 67; Reinders 2005, S. 117). Das problemzentrierte Interview folgt im Vergleich zum narrativen Interview damit einem Leitfaden, dessen Fragen bzw. Themen behandelt werden müssen (vgl. Mayring 2002, S. 67; Reinders 2005, S. 117). Es besitzt also keinen 86
Vgl. Die Erklärungsphase ist nur bei Reinders (2005) erwähnt und bezieht sich auf die Besonderheiten und die Funktion des Interviews (vgl. Reinders 2005).
Datenerhebung
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rein explorativen Charakter (vgl. Mayring 2002, S. 70), sondern eignet sich im Gegensatz zum narrativen Interview für die theoriegeleitete Forschung. Reinders (2005) spricht von einer Kombination aus deduktivem und induktivem Vorgehen, bei dem das Vorwissen des Forschers explizit gemacht wird (z.B. im Leitfaden), bei dem gleichzeitig aber eine Orientierung des Gesprächsverlaufs an den im Interview gewonnenen Informationen möglich ist. (vgl. Reinders 2005, S. 118). Der Leitfaden dient dabei nicht der Vorstrukturierung im Sinne eines Frage-Antwort-Schemas, sondern der Unterstützung und Ausdifferenzierung der Erzählsequenzen (z.B. als Orientierungsrahmen und Gedächtnisstütze; vgl. Friebertshäuser 1997, S. 380). Damit kommt das Interview einem offenen Gespräch nahe, das auf ein bestimmtes Problem bzw. eine bestimmte Fragestellung fokussiert ist (vgl. Mayring 2002, S. 67). Verbunden mit Elementen des narrativen Interviews kann das problemzentrierte Interview als teilstandardisiertes Interview einen Zugang zur Erschließung von Lebensgeschichten schaffen (vgl. Hopf 1995, S. 178); vor allem dann, wenn die Befragten ihre subjektiven Perspektiven darlegen und selbst Zusammenhänge entwickeln können (vgl. Mayring 2002, S. 68f). Damit ermöglichten zunächst beide Interviewformen die Erhebung subjektiver Perspektiven auf einen Forschungsgegenstand, sodass auch die Anforderungen an die Befragenden und die Befragten in die Entscheidung einbezogen wurden. Anforderungen an die Befragenden und die Befragten Anforderungen an die Befragenden. Hopf (1995) beschreibt zwei Formen von Kompetenz, über die der bzw. die Interviewende bei der Durchführung qualitativer Befragungen verfügen muss (vgl. Hopf 1995, S. 181f)87: (1) inhaltlichtheoretische Kompetenz (z.B. Vertrautheit mit den Fragestellungen und den theoretischen Grundlagen des Projektes) und (2) Kompetenz hinsichtlich der angemessenen Durchführung des Interviews (z.B. Geduld beim Zuhören, geschicktes und angemessenes Aufgreifen von Anhaltspunkten). Während es hinsichtlich der inhaltlich-theoretischen Kompetenz einen relativ breiten Konsens gibt (vgl. Hopf 1995, S. 181), geht Hopf nicht davon aus, dass „Kompetenzprobleme sich mit der Narration sozusagen von selbst erledigen“ (Hopf 1995, S. 181). Vielmehr müssten Schwierigkeiten auf der Kommunikationsebene (vgl. dazu auch Hermanns 1995, S. 185) anhand von Interviewprotokollen analysiert 87
Hopf (1995) unterscheidet dabei nicht zwischen narrativen und teilstandardisierten Interviewformen.
158
Datenerhebung
und diskutiert werden – mit dem Ziel, die kommunikative Kompetenz des Interviewers zu verbessern. (vgl. Hopf 1995, S. 180 – 182) Beim narrativen Interview liegt die Schwierigkeit für den Interviewer bzw. die Interviewerin insbesondere im ruhigen Zuhören – auch bei Pausen und Ungereimtheiten, während beim problemzentrierten Interview eher Flexibilität und Sensibilität gefragt sind, um dort Detaillierungen zu erreichen, wo sie im Hinblick auf das Thema wichtig erscheinen (vgl. Friebertshäuser 1997, S. 380; 387). Witzel (2000) spricht von einer komplexen Gesprächsstrategie, die das problemzentrierte Interview erfordert und bei der es darauf ankommt, „das Vorwissen für Fragen zu nutzen, ohne damit die originäre Sichtweise der Befragten zu überdecken“ (Witzel 2000, Absatz 17). Anforderungen an die Befragten. Mit Blick auf die ausgewählte Personengruppe, Jugendliche im Berufsvorbereitungsjahr, stellt sich auch die Frage nach den Anforderungen des Interviews an die Befragten. Während Schütze (1977) im Hinblick auf das narrative Interview eine schichtunabhängige narrative Kompetenz bzw. eine prinzipielle Erzählfähigkeit unterstellt (vgl. Schütze 1977, S. 51), bezweifeln Lamnek (2005) und Reinders (2005) die allgemeine Eignung des narrativen Interviews: „Durch die starke Betonung der eigenständigen Erzählung müssen Personen in der Lage sein, sich an Erlebnisse und damit verbundene Empfindungen etc. zu erinnern. Dies stellt eine zuweilen recht hohe kognitive Anforderung dar und auch die Länge von narrativen Interviews führt dazu, dass Personen über ausreichend kognitive Kapazitäten verfügen müssen.“ (Reinders 2005, S. 108) Beim problemzentrierten Interview stellen die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema und der Leitfaden dagegen eine Erleichterung für die Befragten dar, da sie im Vergleich zum narrativen Interview ihre Erzählungen nicht durchgängig selbst strukturieren müssen. Insgesamt formuliert Reinders (2005) für das narrative Interview daher höhere Anforderungen an die Befragten, insbesondere dann, wenn es um die Befragung von Jugendlichen geht (vgl. Reinders 2005, S. 108): Darunter (1) eine gute Ausdrucksfähigkeit, die es den Jugendlichen ermöglicht, ihre Erzählungen eigenständig zu generieren und aufrecht zu erhalten, (2) soziale Sicherheit im Umgang mit anderen und (3) Motivation zur Teilnahme am Interview, um die Erzählung über einen langen Zeitraum hinweg weiterzuführen. Reinders (2005) weist außerdem darauf hin, dass Jugendliche zwar in der Lage sind, Ereignisse und Erfahrungen aus der Kindheit zu rekonstruieren, dass sie aktuelle Erlebnisse aber häufig nicht in einer geschlossenen Erzählung darstellen können. (vgl. Reinders 2005, S. 108)
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Entscheidung für die Durchführung problemzentrierter Interviews Für die Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr, die für die Interviewstudie befragt werden sollten, konnte im Vorfeld nicht angenommen werden, dass sie über eine gute Ausdrucksfähigkeit verfügten. Auch eine hohe Motivation, über Erfahrungen in der Schule bzw. in ihrem Umfeld zu berichten, konnte angesichts vermuteter Misserfolge nicht vorausgesetzt werden. Die erwarteten kommunikativen Fähigkeiten der Jugendlichen und ihre vermutete Motivation sprachen daher eher für die Durchführung problemzentrierter Interviews. Hier schien die Möglichkeit zur Unterstützung der Jugendlichen (z.B. Strukturierung des Gesprächs, Aufrechterhaltung des Gesprächsfadens) eher gegeben. Dennoch sollte auch in den problemzentrierten Interviews das subjektive Erleben der Jugendlichen fokussiert werden (vgl. dazu Reinders 2005, S. 117), und es sollte erreicht werden, dass sich die um Nachvollziehbarkeit bemühten Erzählenden immer mehr in den zurückliegenden Erfahrungen und Erlebnissen verstrickten (zu den Zugzwängen des Erzählens vgl. Schütze 1977, S. 187ff). Um dies in der Interviewsituation zu erreichen, war einerseits der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses notwendig, andererseits bedurfte es wie im narrativen Interview möglichst offener Impulse, die den Jugendlichen Freiraum zur Gestaltung ihrer Erzählungen ließen. Das oben vorgestellte Forschungsdesign zeigte, dass der Interviewstudie eine Dokumentenanalyse und eine quantitative Untersuchung vorausgingen, deren Ergebnisse in die Vorbereitung der Interviews bzw. in die Erstellung eines Leitfadens eingehen konnten. Auch dies schien im Rahmen eines problemzentrierten Interviews eher möglich als im freier gestalteten narrativen Interview. 8.4.3 Beschreibung des Erhebungsinstruments Den problemzentrierten Interviews nach Witzel (2000) wurde für die Untersuchung ein offen gehaltener Leitfaden zugrunde gelegt, der Themen beinhaltete, die im Gespräch behandelt werden sollten.
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Tabelle 11: Geplanter Verlauf des problemzentrierten Interviews 1. Unmittelbare Kontaktaufnahme: Offenlegung des Untersuchungszwecks und Erklärung der Interviewform; Information über Aufzeichnung des Gesprächs und Zusicherung der Anonymisierung der Protokolle; Einverständniserklärung (Jugendliche; bei Jugendlichen unter 18 auch Eltern) Vorbereitung einer offenen, vertrauensvollen Gesprächssituation (vgl. Witzel 2000, Abs.4; 11). 2. Erzählungsgenerierender Gesprächseinstieg und möglichst freie Erzählung Die vorformulierte Einleitungsfrage fokussiert das Gespräch auf die Bildungserfahrungen des Befragten und ist dabei so offen formuliert ist, „dass sie für den Interviewten ‚wie eine leere Seite’ wirkt, die er in eigenen Worten und mit den ihm eigenen Gestaltungsmitteln füllen kann“ (Witzel 2000, Abs. 13). Dieser erste und zentrale Abschnitt ist damit stark von der Idee des narrativen Interviews geprägt, wobei die Erzählung möglichst lange aufrechterhalten werden soll. Erst wenn der Erzählfluss ins Stocken gerät, greift der bzw. die Interviewende als Gesprächspartner bzw. -partnerin ein und versucht, dem Erzählenden durch Nachfragen (z.B. Aufgreifen von Aspekten der Einleitungsfrage, Bitte um Detaillierung) die Wiederaufnahme des Gesprächsfadens zu ermöglichen und den gewünschten Grad der Detaillierung zu erreichen (vgl. Witzel 2000, Abs. 14). 3. Spezifische Sondierungen Wechsel von den erzählungsgenerierenden zu den verständnisgenerierenden Fragen, die gezielt Aspekte der Interviewerzählung und des Leitfadens aufgreifen. Dabei wird wiederum auf Offenheit geachtet, so dass der Befragte die Möglichkeit hat, seine Erzählung wieder aufzunehmen und zu detaillieren bzw. auf weitere Aspekte auszudehnen (vgl. Witzel 2000, Abs. 16). Quelle: eigene Darstellung.
Während es im ersten Teil (vgl. Tabelle 11) dabei insbesondere um den Aufbau einer vertrauensvollen Gesprächssituation ging, traten im zweiten Teil narrative Elemente in den Vordergrund. Erst im dritten Teil waren spezifische Nachfragen bzw. Fragen zum Verständnis vorgesehen. Grundlage des gesamten Gesprächs sollten dabei ein sensibler und akzeptierender Gesprächsstil und ein offene, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre sein (vgl. Witzel 2000, Abs. 4; Reinders 2005, S. 117). Auf diese Weise sollte sich der Interviewte „ernst genommen und nicht ausgehorcht fühlen“ (Mayring 2002, S. 69).
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8.4.4 Fallauswahl Fragebogenuntersuchung und Interviewstudie sollten über die Fallauswahl direkt miteinander verknüpft werden. Geplant war, anhand der durch die Fragebogenuntersuchung gewonnenen Kontaktdaten, gezielt Interviewpartnerinnen und -partner auszuwählen (Profil-Sampling; vgl. Reinders 2005, S. 143). Da aufgrund von Schwierigkeiten bei der Durchführung der Interviews an den Schulen aber keine zuverlässigen Kontaktdaten gewonnen werden konnten, musste der Kontakt zu den Jugendlichen auf andere Weise hergestellt werden.88 Zunächst wurde anhand der Ergebnisse der quantitativen Studie die Entscheidung getroffen, nur Jugendliche zu befragen, die im Anschluss an die Hauptschule in ein Berufsvorbereitungsjahr gewechselt hatten, da sich für diese Jugendlichen eine wenig aussichtsreiche Lage im Hinblick auf den Übergang in Ausbildung andeutete. Die konkrete Auswahl der Interviewpartnerinnen und -partner erfolgte in Kooperation mit den Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen und den Lehrenden im Berufsvorbereitungsjahr (zur Stichprobenauswahl durch Gatekeeper vgl. Reinders 2005, S. 139f). Bei der Auswahl der Jugendlichen wurden aufgrund der Schwerpunktsetzung der Untersuchung und der Ergebnisse der Fragebogenstudie dabei die folgenden Kriterien bzw. deren Varianz beachtet:
Vorheriger Bildungsgang: Hauptschule; Geschlecht: sowohl Jungen als auch Mädchen; Migrationshintergrund: sowohl mit als auch ohne; Schulabschluss: sowohl mit als auch ohne.
Die Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeitern erwies sich dabei als hilfreich: Zum einen wurden die Jugendlichen von Personen auf das Interview angesprochen, die sie kannten und die von ihnen als Vertrauenspersonen oder zumindest als „unterstützende Personen“ wahrgenommen wurden. Zum anderen ermöglichten die Vorgespräche mit den Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen eine gezielte Auswahl ganz unterschiedlicher Fälle.
88
Der größte Teil der Blätter mit den Kontaktdaten kam nicht zurück. Bei anderen Fragebögen wurde der Code entfernt oder es lag keine Einwilligung der Eltern bei.
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8.4.5 Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Interviews Schulung der Interviewer Die kommunikative Kompetenz und die Interviewerfahrung des Forschenden (vgl. Hopf 1995, S. 181f; Reinders 2005, S. 102; vgl. 8.4.2) sind wichtige Kriterien für die Qualität offener Interviewformen. Aus diesem Grund wurden die ersten Interviews zur Reflexion und Verbesserung der Interviewstrategie herangezogen. Insbesondere längere Pausen, weniger direkte Fragen und mehr Impulse zur Fortführung der Erzählung konnten anhand des ersten Interviewmaterials als Hinweise zur Verbesserung der Interviewstrategie herausgearbeitet werden. Terminvereinbarung, Ort des Interviews, Gesprächsverlauf Die Termine wurden mit den Vermittlerinnen bzw. Vermittlern vor Ort (sozialpädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte) vereinbart und konnten meist während der Schulzeit bzw. an Tagen, an denen die Jugendlichen auch aus anderen Gründen vor Ort sein mussten, stattfinden. Über die Vermittlung durch die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter konnten außerdem die Einverständniserklärungen der Eltern (nur Jugendliche unter 18 Jahren) bereits vor dem Interview eingeholt werden. Mit einer Ausnahme – der Jugendliche meldete sich am vereinbarten Tag krank – konnten alle Interviews zum vereinbarten Termin stattfinden. Die Gespräche mit den elf Jugendlichen verliefen sehr unterschiedlich: Während zwei Jugendliche sehr ausführlich erzählten und den Gesprächsverlauf weitgehend selbst bestimmten, verliefen andere Interviews eher in Gesprächsform, teilweise auch schleppend. Einige Jugendliche mit Migrationshintergrund hatten mit sprachlichen Problemen zu kämpfen, anderen fiel es schwer, ihre Erzählung über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten und selbstständig zu strukturieren. Hier waren immer wieder Impulse notwendig. Befürchtungen, die Schulumgebung könnte ein ungünstiger Ort für die Interviews sein, da die Jugendlichen Schule mit negativen Erfahrungen verbinden, bestätigten sich nicht. Lediglich ein Jugendlicher fühlte sich im zur Verfügung stehenden Raum (die Fenster zeigten zum Pausenhof) sichtlich unwohl. Im Gespräch wirkte er abgelenkt und bemüht, das Interview bald zu beenden.
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Feldnotizen Das Interview kann als reaktives Verfahren der Datenerhebung bezeichnet werden (vgl. Marotzki 2006, S. 115). Das bedeutet, dass der Forschende bei der Durchführung des Interviews selbst Teil der sozialen Situation wird. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass ‚das Feld’ auf die Anwesenheit des Forschenden reagiert, dass also eine Feldveränderung stattfindet, muss auch die konkrete Interviewsituation in die Interpretation der Daten einbezogen werden (vgl. Schmidt 1997, S. 546f). Dazu wurden direkt im Anschluss an die Gespräche Protokolle zum Ablauf der Interviews angefertigt, die insbesondere Eindrücke zur Gesprächssituation und zur Erzählbereitschaft der Befragten enthielten; die aber auch das eigene Verhalten und die eigene emotionale Befindlichkeit in der Interviewsituation reflektierten (vgl. Friebertshäuser 2005, S. 392). Darüber hinaus wurden Gesprächsnotizen zu Inhalten vor dem Einschalten und nach dem Abschalten des Aufnahmegerätes erstellt (vgl. dazu auch Witzel 2000, Abs. 9).
9 Datenaufbereitung und Datenauswertung
9.1 Dokumentenanalyse 9.1.1 Datenaufbereitung Die Auswahl der Dokumente wurde zunächst durch die Stadt Ulm vorgenommen, die die Unterlagen für die Evaluation zur Verfügung stellte. Die erste Durchsicht der Dokumente führte hinsichtlich der Fragestellung zu einer Unterscheidung zwischen mehr bzw. weniger zentralen Dokumenten. In einem zweiten Schritt wurden dann Lücken im Material aufgespürt und weitere Dokumente bei der Stadt angefordert. Die als zentral bewerteten Dokumente wurden in die weitere Analyse einbezogen. Nach ihrem Umfang, ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung konnten dabei zwei Arten von Dokumenten unterschieden werden: (1) die Beschlussvorlagen der jährlichen Gemeinderatssitzungen zur „Bildungsoffensive“ und (2) die Dokumente verschiedener Ausschüsse. Zu (1): Die Beschlussvorlagen89 für die jährliche Sitzung des Gemeinderates zur Bildungsoffensive bzw. zur Klausursitzung werden im Folgenden als „zentrale Dokumente“ bezeichnet. Zu ihnen gehören die Dokumente GD 289/00, GD 42/01; GD 34/02; GD 12/03; GD 02/04; GD 02/05; GD 02/06; GD 02/07 und GD 02/08. Die Beschlussvorlagen thematisierten einmal jährlich grundlegende Fragen und Entscheidungen im Rahmen der Bildungsoffensive (z.B. Bildungspolitische Leitlinien, Finanzierung, Kennzahlen, Beschlüsse der Ausschüsse). Dabei kam es ab dem Jahr 2006 zu einer Veränderung der Berichtsform. Hauptinhalt dieses neuen „Bildungsberichtes“ war die Darstellung von Kennzahlen zu verschiedenen Bildungsbereichen, die auf der Grundlage statistischer Daten berechnet wurden. 89
Aus Sicht der Stadtverwaltung handelte es sich bei den Dokumenten um Beschlussvorlagen, die Informationen zur Vorbereitung bzw. Anbahnung von Beschlüssen enthielten (z.B. Darstellung des Sachstandes, Verweise auf frühere Beschlüsse, Anträge von Mitgliedern bzw. Fraktionen des Gemeinderats, Projektberichte, statistisches Datenmaterial, Zeitungsberichte u.a.). Sie dienten damit als Informations- bzw. Diskussionsgrundlage für die Sitzung und unterstützten eine zielgerichtete Beschlussfindung. Anhand der Vermerke der Protokollanten konnte festgestellt werden, ob die auf diese Weise vorbereiteten Anträge auf Beschlussfassungen so angenommen wurden.
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_9, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
166
Datenaufbereitung und Datenauswertung
Zu (2): Die Dokumente der verschiedenen Ausschüsse (z.B. Fachbereichsausschuss Kultur, Bildung, Sport und Freizeit; Internationaler Ausschuss; Schulbeirat), meist auch Beschlussvorlagen, wandten sich in der Regel einer speziellen Fragestellung bzw. einem konkreten Projekt zu. Für den Bereich des Übergangs in die berufliche Ausbildung wurden insbesondere die Dokumente des Fachbereichs Kultur, Bildung, Sport und Freizeit (später: Bildung und Soziales)90, des Internationalen Ausschusses und des Schulbeirats herangezogen. 9.1.2 Datenauswertung Die Auswertung der Dokumente erfolgte anhand einer strukturierenden und explizierenden Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 2000; 2003). Ziel der Dokumentenanalyse war es, die Entstehung und Entwicklung der „Bildungsoffensive Ulm“ bzw. des Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ zu rekonstruieren. Dabei ging es sowohl um das Herausarbeiten manifester Inhalte des Datenmaterials als auch um latente Inhalte, die durch die Interpretation im Textkontext herausgearbeitet werden sollten (vgl. Mayring 2000, Absatz 4). Die Analyse erfolgte auf der Grundlage eines Kategoriensystems, das sowohl deduktive Kategorien (von außen an das Material herangetragen) als auch induktive Kategorien (aus dem Material heraus entwickelt) umfasste (vgl. Mayring 2000, Absätze 10 - 15). Darüber hinaus wurde ein Kodierleitfaden zugrunde gelegt, in dem die Kategorien definiert, voneinander abgegrenzt und mit Ankerbeispielen verdeutlicht wurden. Indem mehrere Projektmitarbeiterinnen die Analyse zunächst unabhängig von einander durchführten und ihre Ergebnisse bzw. Interpretationen anschließend diskutierten, wurde darüber hinaus eine Reliabilitätsprüfung in das Verfahren integriert. Da davon ausgegangen wurde, dass die Meilensteine und Entwicklungen, die mit Hilfe der Inhaltsanalyse nach Mayring (2000; 2003) herausgearbeitet wurden, nur dann Relevanz besaßen, wenn sie sich auch im Handeln der Beteiligten manifestierten, wurden die Ergebnisse der Dokumentenanalyse, soweit möglich, mit den Aussagen der Expertinnen und Experten verglichen. Damit dienten die Expertenaussagen sowohl der Validierung als auch der Explikation der Ergebnisse der Dokumentenanalyse. Der Vorteil des gewählten Verfahrens wurde in erster Linie darin gesehen, dass die große Datenmenge, die zu Beginn der Untersuchung vorlag, systematisch und gezielt bearbeitet und in die weitere Untersuchung einbezogen werden konnte. 90
Im Verlauf der ersten Jahre der „Bildungsoffensive“ kam es zu einer Umstrukturierung und, in der Folge, zu einer Umbenennung der Fachbereiche.
Datenaufbereitung und Datenauswertung
167
9.2 Experteninterviews 9.2.1 Datenaufbereitung Die Interviews wurden mit Hilfe eines Laptops digital aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Für die Verschriftlichung wurde ein mittlerer Genauigkeitsgrad gewählt. Auf diese Weise konnten Auffälligkeiten im Text festgehalten werden; gleichzeitig waren die Transkriptionsregeln für die studentischen Hilfskräfte aber schnell erlernbar. In einem weiteren Schritt wurden die so entstandenen Transkripte durch die Forscherin und Interviewerin Wort für Wort mit der Tonaufnahme verglichen und gegebenenfalls korrigiert (vgl. Schmidt 1997, S. 546). Gleichzeitig erfolgte die Anonymisierung der Texte: Dabei wurden die Namen der Befragten entfernt sowie die genaue Beschreibung ihrer Funktion und Tätigkeit, da diese Rückschlüsse auf die Person zugelassen hätten. Darüber hinaus wurden Namen genannter Personen, Schulen usw. entfernt. In einem abschließenden Durchgang wurden zusätzlich auffällige Pausen und Betonungen durch Hervorhebungen im Text markiert. 9.2.2 Datenauswertung Die Interviews wurden inhaltsanalytisch auf der Basis von zwei Kategoriensystemen ausgewertet (vgl. Mayring 2000; 2003). Tabelle 12: Beispiel für eine induktive Ergänzung der Analysekriterien Oberkategorie: Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ Unterkategorie 1 1.3 Ziele
Unterkategorie 2 Orientierung an Bildungsbiografien Vernetzungsstrukturen Bedeutung induktive Ergänzung der Analysekriterien während der Auswertung d. Experteninterviews
Ankerbeispiel: Bedeutung
168
Datenaufbereitung und Datenauswertung
„Die Bildungsoffensive hat einmal auch gezeigt, dass man sich zunächst auch einmal erst über die Ziele einigen muss. Wo wollen wir hin, bevor wir uns überhaupt erst auf den Weg machen. Und dass man hier nicht einfach in einen reinen Aktionismus verfällt (…) sondern wir haben erreicht … dass der Gemeinderat sich einmal überhaupt Gedanken /eh/ macht und darüber debattiert: Wo stehen wir und wo wollen wir überhaupt hin? Um daraus dann nachher auch die Maßnahmen zu schneidern, die notwendig sind, um dieses Ziel letztendlich zu erreichen.“ (Experteninterview 1, Z. 115 - 133) Quelle: eigene Darstellung.
1.
2.
Zur Beantwortung von Kontextfragen bzw. im Hinblick auf Erwartungen an die Evaluation wurde allen Experteninterviews das Kategoriensystem der Dokumentenanalyse zugrunde gelegt. Dabei kam es, wie in Tabelle 12 exemplarisch aufgezeigt, zu einer Ergänzung der Analysekriterien. Für das Interview mit dem Experten der Kinder- und Jugendhilfe wurde auf der Grundlage der Themen des Leitfadens ein weiteres Kategoriensystem erstellt, das im Auswertungsprozess induktiv erweitert wurde. Tabelle 13 zeigt an einem Beispiel, wie aus dem Interviewimpuls eine Oberkategorie deduktiv abgeleitet und dann induktiv erweitert wurde.
Tabelle 13: Erstellung des Kategoriensystems (Beispiel) Aus dem Leitfaden: Verhältnis von Schule und Jugendhilfe (1) „Die Dokumente heben immer wieder die Schnittstelle Schule/Jugendhilfe als einen zentralen Bereich der Bildungsoffensive hervor. Bitte beschreiben Sie, wie diese Schnittstelle gestaltet ist!“ Entwicklung des Kategoriensystems: Oberkategorie (deduktiv) 1. Kooperation Schule – Jugendhilfe
Unterkategorie 1 (induktiv) 1.1 Ebenen der Kooperation 1.2 Formen der Kooperation 1.3 Bedingungen der Kooperation 1.4 Bedeutung Übergang Schule-Beruf
Quelle: eigene Darstellung.
Zur Sicherung der Analysequalität wurden die Interviews von mehreren Projektmitarbeitern ausgewertet und die Ergebnisse in der Projektgruppe diskutiert.
Datenaufbereitung und Datenauswertung
169
9.3 Die quantitative Fragebogenerhebung 9.3.1 Datenaufbereitung Die Fragebogendaten wurden mit Hilfe eines Codebuches in das Analyseprogramm SPSS übertragen und auf Fehler überprüft. Kriterien der Fehlerprüfung waren dabei Plausibilität, unmögliche Wert, Mehrfachantworten bei Fragen, die nur eine Antwortmöglichkeit zulassen, weitgehend unvollständige Fragebögen und Fragebögen mit schlechter Ausfüllqualität (vgl. Raithel 2008). Schwierigkeiten zeigten sich insbesondere beim Fragebogen zum Übergang in Ausbildung (Befragung II):
Für die Frage nach den Wünschen und der momentanen Situation waren keine Mehrfachantworten vorgesehen. Während dies im Pretest keine Probleme bereitete, zeigte sich in der Hauptuntersuchung, dass viele Jugendliche mehrere Antworten gegeben hatten. Mögliche Erklärung: Der Pretest wurde von der Forscherin selbst mit den Jugendlichen durchgeführt. Dabei wurden zunächst alle Fragen einmal mit den Jugendlichen gemeinsam durchgegangen. Dies geschah in der Hauptuntersuchung, bei der die Forscherin selbst nicht anwesend war, möglicherweise nicht. Die Jugendlichen wurden gebeten, Kontaktdaten für ein späteres Interview anzugeben. Dazu war aufgrund der Minderjährigkeit der meisten Schüler eine Unterschrift der Eltern erforderlich. Die Schüler sollten daher das letzte Blatt abtrennen und unterschrieben wieder in der Schule abgeben. Die Eltern wurden über dieses Vorgehen in einem Elternbrief informiert. Der Rücklauf der vollständigen Daten war jedoch so gering, dass die geplante Vorgehensweise aufgegeben werden musste (vgl. 8.4.4).
9.3.2 Datenauswertung Die Auswertung der Daten erfolgte mit Hilfe des Statistikprogrammes SPSS. Zunächst wurden deskriptive Verfahren wie die Berechnung von Häufigkeiten, Mittelwerten und Standardabweichungen durchgeführt, dann wurden bivariate Verfahren herangezogen, um Hinweise auf Zusammenhänge zwischen einzelnen Variablen zu erhalten. Der Einsatz multivariater Verfahren zur Prüfung von Zusammenhängen (z.B. binär logistische Regressionsanalyse) wäre rückblickend ebenfalls wichtig gewesen: Insbesondere deswegen, weil sich anhand der bivariaten Verfahren vielfältige Zusammenhänge gezeigt hatten, die vermuten ließen, dass hier ein
170
Datenaufbereitung und Datenauswertung
Einfluss von Drittvariablen besteht (z.B. im Hinblick auf Realisierung des Ausbildungswunsches). Aufgrund der Qualität der vorliegenden Daten (z.B. Schwierigkeiten mit den Mehrfachantworten) wurde auf diese Form der Analyse jedoch verzichtet. 9.4 Die qualitative Interviewstudie 9.4.1 Datenaufbereitung Die Interviews mit den Jugendlichen wurden wie in Abschnitt 0 beschrieben transkribiert und dann in die Auswertungssoftware MAXQDA 2007 importiert. 9.4.2 Datenauswertung Bei der Auswertung der Interviews wurden zwei Herangehensweisen miteinander verknüpft: 1.
2.
91
Es wurden einzelfallorientierte Analysen der Interviews durchgeführt, die nach Witzel (2000) Grundlage der Auswertung problemzentrierter Interviews sind (vgl. Witzel 2000, Abs. 19). Im Mittelpunkt stand dabei die Frage nach den individuellen Bildungserfahrungen und Problemlagen der Jugendlichen sowie nach ihren subjektiven Deutungen und Einstellungen. Diese sollten mit Hilfe der einzelfallorientierten Analyse im jeweiligen biografischen Gesamtkontext betrachtet werden. Ziel war es „Sinnkonstruktionen und Handlungen aus der Perspektive der handelnden und erleidenden Individuen“ (Jakob 2005, S. 445)91 sichtbar zu machen. Da aufgrund der genannten Schwierigkeiten bei der Datenerhebung (vgl. 8.4.5) nicht alle Interviews die erforderliche narrative Struktur besaßen, wurden lediglich Interviews mit längeren narrativen Passagen in diese Form der Analyse einbezogen. Darüber hinaus wurde eine fallübergreifende, strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring (2003) durchgeführt, die eine vergleichende Betrachtung ausgewählter Aspekte entlang des Leitfadens bzw. im Hinblick auf die Themen der Jugendlichen (z.B. Bildungserfahrungen, Unterstützung am Übergang) ermöglichte. Während in den ersten Teil der Analyse vor allem die stärker narrativ geprägten Interviews einbezogen wurden, ermöglichte
Jakob (2005) bezieht diese Aussage auf narrative Interviews. In den vorliegenden Interviews wurde dieses Ziel vor allem in Interviews mit längeren narrativen Passagen verfolgt.
Datenaufbereitung und Datenauswertung
171
die inhaltsanalytische Betrachtung die Auswertung aller Texte – unabhängig von ihrer Struktur. Gleichzeitig zeigten sich aber auch Grenzen der zergliedernden Vorgehensweise, da viele Aussagen (z.B. zum Selbstkonzept) erst vor dem Hintergrund des jeweiligen individuellen Biografiekontextes Bedeutung erlangten. Aus diesem Grund mussten einzelne Passagen immer wieder vor dem Hintergrund des Gesamttextes betrachtet werden. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte der Datenauswertung ausführlich beschrieben: Schritt 1: Entwicklung eines Kategoriensystems Am Beginn des Analyseprozesses stand eine intensive Auseinandersetzung mit dem Material. Durch mehrmaliges Lesen und schließlich durch Paraphrasieren und Generalisieren von Aussagen wurden die Formulierungen der Befragten zunächst zu Themenblöcken zusammengefasst (vgl. Mayring 2003), dann wurden erwartete Inhalte aufgespürt und es wurden neue Inhalte bzw. Kategorien herausgearbeitet. Tabelle 14 zeigt, wie sich in der „Auseinandersetzung mit dem Material“ (Tabelle 14a) und „vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen“ (Tabelle 14 b) (Schmidt 1997, S. 548 - 550) schrittweise ein Kategoriensystem (Tabelle 14c) herausbildete. Dieses zunächst vorläufige Kategoriensystem (Tabelle 14c) wurde in der Auseinandersetzung mit weiteren Interviews und nach ersten Probekodierungen im Team92 überarbeitet und weiterentwickelt. Ergebnis dieser Auswertungsphase war schließlich ein gemeinsames Kategoriensystem, das auf alle Interviews angewandt werden konnte.
92
Die Texte wurden jeweils von der Forscherin selbst bzw. von Mitarbeitern des Projekts kodiert, so dass eine gleichberechtigte Diskussion der Kodierungen möglich war.
172
Datenaufbereitung und Datenauswertung
Tabelle 14: Arbeitsschritte bei der Entwicklung des Kategoriensystems (a) Herausarbeiten von Themenblöcken durch Paraphrasieren und Generalisieren am Beispiel des Interviews mit Alexandra: Grundschulzeit, Wechsel an die Hauptschule, Selbstvertrauen/Unsicherheit, Unterstützung durch die Familie, Integration in die Clique, Schulleistungen, rückblickende Verurteilung des eigenen Verhaltens, Blick in die Zukunft, Mehrsprachigkeit, Beziehungen zu Lehrern, usw. (b) Einbezug von Themen des Leitfadens: Bildungserfahrungen, Familienkontext und Freunde, Prozess der Berufsorientierung, schulische und außerschulische Unterstützung. (c) Erstellung eines vorläufigen Kategoriensystems durch Verbindung der vorangegangenen Arbeitsschritte (a) und (b): Oberkategorie 1 Kontext
2 Bildungserfahrungen
3 Zukunftsperspektive 4 Retrospektive 5 Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche
Unterkategorie Familie Migrationshintergrund/Sprache Freunde Übergänge und Bildungsabschnitte Schulleistungen Interaktionen/Beziehungen Erfahrene Unterstützung Pläne, Ziele, Wünsche Einstellungen, Haltungen eigenes Handeln Handeln anderer Berufswahl/ -entscheidung Angebote/Unterstützung aktive Ausbildungsplatzsuche Erklärungen für Erfolg/Misserfolg
Quelle: eigene Darstellung. Schritt 2: Kodieren der Interviews und Reliabilitätsprüfung Das Kodieren der Interviews erfolgte auf der Basis des entwickelten Kategoriensystems, eines Kodierleitfadens und gemeinsam vereinbarter Kodierregeln. Darüber hinaus wurde pro Durchgang immer nur eine Kategorie bearbeitet, um die
Datenaufbereitung und Datenauswertung
173
Kodierungen möglichst unabhängig von anderen Kategorien vornehmen zu können. Die Kodierung erfolgte durch zwei Projektmitarbeiterinnen, die die Interviews unabhängig voneinander analysierten. Zur Prüfung der Reliabilität wurde im Anschluss die Übereinstimmung dieser Kodierungen als prozentuale Übereinstimmung der vergebenen Codes berechnet: R= 2 x CÜ / (C1+ C2)93 (vgl. Lenz 2008; auch Wirtz/Caspar 2002). Überschneidungen wurden als Übereinstimmung gewertet. Diese weiche Form der Prüfung wurde aufgrund des offenen Erhebungsverfahrens für angemessen erachtet. Die Reliabilitätsprüfung der ersten Interviews ergab eine prozentuale Übereinstimmung der Codes von 75 % bzw. 88%.94 Tabelle 15: Vergleich der Kodierungen und Berechnung des Reliabilitätskoeffizienten am Beispiel des Interviews mit Denis
Kontext
CÜ
nur C1
nur C2
C1+C2
R
5
1
0
11
0,91 0,67
Selbstkonzept
1
0
1
3
Bildungserfahrungen
17
4
0
38
0,89
Berufsorientierung und Berufswahl
12
1
1
26
0,92
Zukunftsperspektive
1
0
0
2
1,00
Reflexion
1
0
2
4
0,50
37
6
4
84
0,88
Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 15 zeigt am Beispiel des Interviews mit Denis (88% Übereinstimmung), dass vor allem bei den Codes „Reflexion“ und „Selbstkonzept“ Schwierigkeiten auftraten. Als Ursachen hierfür wurden in der Diskussion Unklarheiten im Leitfaden und nicht ausreichend trennscharfe Unterkategorien identifiziert. Diese wurden behoben und es wurde nochmals kategorisiert. 93
94
CÜ: Übereinstimmende Codes; nur C1 bzw. nur C2: keine Übereinstimmung, da nur von einem Auswerter kodiert; C1 + C2: Summe der insgesamt vergebenen Codes in dieser Kategorie. Formel zur Berechnung der prozentualen Übereinstimmung. Die Übereinstimmung wurde auf der Ebene der ersten Unterkategorie bestimmt. Für weniger untergliederte Kategorien wie „Selbstkonzept“, „Zukunftsperspektive“, „Reflexion“ wurde die Reliabilität auf der obersten Ebene bestimmt. Die Berechnung des Reliabilitätskoeffizienten erfolgte als Durchschnittwert über alle Kategorien hinweg.
174
Datenaufbereitung und Datenauswertung
Die wiederholte Kategorisierung der Interviews anhand der überarbeiteten Auswertungswerkzeuge (Kodierleitfaden, Kategoriensystem) brachte dann, wie erwartet, höhere Übereinstimmungen (95% bzw. 98%). Die unabhängige Kodierung weiterer Interviews ergab aufgrund des verbesserten Kategoriensystems bzw. Leitfadens bereits im ersten Schritt Übereinstimmungen zwischen 85% und 88%. Dennoch zeigten sich bis zuletzt Schwierigkeiten bei den Kategorien „Selbstkonzept“ und „Reflexion“:
Die Kategorie „Reflexion“ erwies sich nach wie vor als zu wenig trennscharf und wurde aufgegeben. Die Kategorie „Selbstkonzept“ verwies auf Grenzen des zergliedernden Vorgehens durch das Kategoriensystem. Der Aspekt wurde daher fallbezogen diskutiert und vor dem Hintergrund des gesamten Textes eingeschätzt.
Die so kategorisierten Texte dienten im Folgenden als Basis für die Durchführung weiterer Auswertungsschritte. Schritt 3: Erste Fallanalysen Bei der fallorientierten Analyse dienten die Kategorien der Herausarbeitung biografischer Verläufe und fallspezifischer zentraler Themen jeweils eines Einzelfalles (vgl. Witzel 2000, Abs. 22 - 24). Die mit Hilfe von MAXQDA erstellten Dateien hatten dabei die Funktion eines elektronischen Fundstellenregisters, das die Orientierung im Text erleichterte (vgl. Witzel 2000, Abs. 20). Tabelle 16 zeigt am Beispiel von Tugba das auf diese Weise herausgearbeitete biografische Gerüst der Erzählung und die fallspezifischen zentralen Themen. Beide wurden im Anschluss zu Fallbeschreibungen verbunden, die Originalstellen, Paraphrasierungen und erste analytische Aussagen entlang der biografischen Chronologie beinhalteten (vgl. Witzel 2000, Abs. 22 – 24).
Datenaufbereitung und Datenauswertung
175
Tabelle 16: Beispiel Tugba – bildungsbiografischer Verlauf und zentrale Themen Bildungsbiografischer Verlauf
Zentrale Themen
Kindertageseinrichtung Grundschule: Wiederholung von Klasse 1 und 3 Hauptschule: drohende Nichtversetzung in Kl. 7, Schulabschluss in Kl. 9 Berufsvorbereitungsjahr
Belastung durch Probleme außerhalb der Schule (z.B. Scheidung der Eltern, Ehe der Tante, Umzüge, Wohnungssuche). Sprachliche Schwierigkeiten und Hilflosigkeit gegenüber schul. Anforderungen, denen sie nicht gerecht wird. Unsicherheit gegenüber ihrer Rolle/ihren Aufgaben als türkische Ehefrau (z.B. Familiengründung vs. Ausbildung; eigene Wünsche vs. Erwartungen).
Quelle: eigene Darstellung.
Insgesamt wurden fünf Interviews auf diese Weise analysiert. Erstes Auswahlkriterium war dabei die Qualität der Interviews (möglichst viele und längere narrative Passagen). Darüber hinaus sollten entlang der Aspekte Geschlecht, Migrationshintergrund, Schulabschluss und aktuelle Situation möglichst verschiedene Fälle in die Analyse eingehen. Schritt 4: Inhaltsanalytische Betrachtung zentraler Themen Ausgehend von den Einzelfalldarstellungen konnten zentrale Themen aufgedeckt werden, die sich in allen Einzelfallanalysen widerspiegelten. Diese wurden im Folgenden inhaltsanalytisch und fallübergreifend betrachtet. Dabei wurden alle Interviews einbezogen, auch diejenigen, die aufgrund der genannten Schwierigkeiten (vgl. 8.4.5) eher in Gesprächsform verliefen. Darüber hinaus wurde im Hinblick auf die Fragestellung der Untersuchung das Thema der Berufsorientierung aufgegriffen. Grundlage der Auswertung waren wiederum die mit Hilfe des Kategoriensystems herausgearbeiteten Textstellen.
176
Datenaufbereitung und Datenauswertung
Schritt 5: Herausarbeitung erklärender Faktoren Im Hinblick auf die Situation der Jugendlichen am Ende der Berufsvorbereitung wurden die Interviews abschließend auf mögliche erklärende Faktoren untersucht. Einbezogen wurden sowohl die zugrunde gelegten Auswahlkriterien (Geschlecht, Migrationshintergrund, Schulabschluss) als auch die von den Jugendlichen in den Interviews eingebrachten Themen. Tabelle 17 zeigt an einem Beispiel, wie dazu die Aussagen verschiedener Jugendlicher auf Kernthemen reduziert wurden. Tabelle 17: Beispiel – Reduktion auf Kernthemen Einzelfälle
Kernthema
Tugba: Scheidung der Eltern, Probleme in der Ehe der Tante, die sie belasten, erfolglose Wohnungssuche Denis: Starkes Übergewicht Emre: Verhaltensprobleme (Verwicklung in Schlägereien), die in Form von Schulverweisen dokumentiert sind Quelle: eigene Darstellung.
Belastende Aufgaben und Probleme außerhalb der Schule (z.B. Probleme und hohe Verantwortung in der Familie, körperliche Probleme, Verhaltensprobleme)
Die auf diese Weise herausgearbeiteten Kernthemen, die sowohl Potenziale als auch Belastungen am Übergang beschreiben, wurden gemeinsam mit den Auswahlfaktoren in eine Tabelle übertragen (vgl. Tabelle 18)). Tabelle 18: Schematische Darstellung der Einzelfälle mit dem Ziel der Typenbildung
Quelle. eigene Darstellung.
Gezielte frühe Unterstützung
Dauerhafter Misserfolg in der Schule
Schulisches Selbstkonzept
Probleme außerhalb der Schule
„Hauptsache Ausbildung“
Beziehungen zu Ausb.betrieben
Große sprachliche Probleme
Einreisealter > 6J.
Individuelle Potenziale und Belastungen
Schulabschluss
Migrationshintergrund
Geschlecht
Auswahlfaktoren
Datenaufbereitung und Datenauswertung
177
Abschließend wurden die Interviews im Hinblick auf das Vorliegen der herausgearbeiteten Faktoren systematisiert (vgl. Tabelle 54)). Darüber hinaus wurden die einzelnen Faktoren auf der Basis der Interviews und der bisherigen Forschungsergebnisse (vgl. 3.3) auf ihren positiven bzw. negativen Einfluss eingeschätzt.
10 Ergebnisse
10.1 Dokumentenanalyse und Experteninterviews 10.1.1 Gründung, Selbstverständnis, Bedeutung der Bildungsoffensive In den bildungspolitischen Leitlinien, die als Gründungsdokument der Bildungsoffensive verstanden werden können, bekennt sich die Stadt zu einem Bildungsverständnis, das Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sieht, das nur in einer „Verantwortungsgemeinschaft für Kinder und Jugendliche“ verwirklicht werden kann (vgl. Stadt Ulm 2000: GD 289/00, Anlage 1, S. 1). Während bereits vor der Bildungsoffensive gezielt in Schulen und Bildungseinrichtungen investiert wurde (vgl. Experteninterview IV, Z. 20ff), sollte Bildung durch die Gründung der „Bildungsoffensive“ zu einem Schwerpunkt kommunaler Politik werden, und zwar „über die traditionelle Schul- und Sachaufwandsentschädigung hinaus“ (Stadt Ulm 2008: GD 289/00). Dass Bildung damit zur „Chefsache“ erklärt wurde, zeigt auch die Präsenz des Bildungsthemas in den Schwörreden des Oberbürgermeisters.95.So beispielsweise im Jahr 2008: „Wir müssen noch mehr unternehmen, um noch früher mit Bildung und Betreuung der Kinder zu beginnen, um das Aussortieren und das Einsortieren in vorgefertigte Schulschubladen zu vermeiden. Das gemeinsame Lernen und die Förderung individueller Talente, das war und ist Leitlinie unserer Bildungsoffensive.“ 96 10.1.2 Steuerung und Verwaltung Bei der Gründung der Bildungsoffensive durch den Gemeinderat im September 2000 wurden zunächst zwei Elemente zur Steuerung des bildungspolitischen Vorhabens festgeschrieben: die Bildungspolitischen Leitlinien und das Bildungs95
96
In seiner jährlichen „Schwörrede“ legt der Oberbürgermeister traditionell Rechenschaft über das vergangene Jahr ab und stellt seine politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Pläne für die kommende Zeit vor. Aus der Schwörrede des Oberbürgermeisters Ivo Gönner vom 21.07.08. http://www.ulm.de/ politik_verwaltung/rathaus/2008.54078.3076,3571,3744,3521,4105,54078.htm [Datum der Recherche: 21.11.08]
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_10, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
180
Ergebnisse
forum. Im Jahr 2006 kam mit der kommunalen Bildungsberichterstattung ein weiteres Steuerungselement hinzu. Darüber hinaus wurden Veränderungen auf der Verwaltungsebene vorgenommen, die zu einer besseren Kooperation und Umsetzung der Maßnahmen und Ziele beitragen sollten. Bildungspoltische Leitlinien Die Bildungspolitischen Leitlinien beschreiben im Sinne einer Zielbestimmung wie Bildung und Weiterbildung in der Stadt aussehen sollen und wollen die Handlungsspielräume der Kommune im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen ausloten (vgl. Stadt Ulm 2000: GD 289/00, S. 6). Die Bedeutung der Bildungspolitischen Leitlinien als Steuerungselement auf kommunalpolitischer Ebene beschreibt ein Vertreter der Stadt zum einen als Diskussionsanlass im Hinblick auf eine gemeinsame Zielbestimmung:„… wir haben erreicht, durch die Bildungsoffensive, dass der Gemeinderat sich einmal überhaupt Gedanken macht und darüber debattiert: Wo stehen wir und wo wollen wir überhaupt hin….“ (Experteninterview I, Z. 115 - 127); zum anderen als notwendige Leitlinie im Hinblick auf den gezielten Einsatz von Ressourcen: „Also viele wollen letztlich die Maßnahme haben, da gibt es jetzt natürlich schon sehr viele, die auf diesen fahrenden Zug aufspringen und sagen: Ich hätte da auch irgendetwas (…) Wenn man dann rückfragt: Was soll das denn letztlich bringen ... das dann oft im Unklaren belassen wird.“ (Experteninterview I, Z. 132 – 136). Bildungsforum Das Bildungsforum wurde im Jahr 2000 als Gesprächs- und Beratungsverbund unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters gegründet. Die Geschäftsordnung des Bildungsforums vom 26.01.2001 sieht das Gremium als „Bündnis für Bildung“, das sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Träger von Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen, von Tätigen im Schulverbund und von Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft und Wissenschaft zusammensetzt. Als Ziele der Arbeit im Gremium wurden in den Dokumenten vor allem die Entwicklung von Vorschlägen, Initiativen und Konzeptionen und die Beratung des Gemeinderats und der Stadtverwaltung in bildungspolitischen Fragen genannt. (vgl. Stadt Ulm 2000: GD 289/00, S. 5f)
Ergebnisse
181
Kommunaler Bildungsbericht Im Jahr 2006 wurde erstmals ein Bildungsbericht vorgelegt, der von der Stadtverwaltung auf der Basis von Kennzahlen erstellt wurde (vgl. Tabelle 19). Die Daten sollten „der wirkungsorientierten Analyse, Planung, Organisation und Steuerung geeigneter Handlungsschritte im Bereich der Bildungsoffensive“ (Stadt Ulm 2006: GD 02/06, S. 15) dienen. Begründet wurde diese Form der Berichterstattung mit ihrer wirkungsorientierten Sichtweise auf Bildung sowie ihrer Transparenz. (vgl. Stadt Ulm 2006: GD 02/06) Tabelle 19 zeigt die Struktur des kommunalen Bildungsberichts, der die bildungsbiografischen Stationen von der vorschulischen Bildung bis zum Übergang in den Beruf thematiert. Tabelle 19: Struktur des kommunalen Bildungsberichts 1. Zugang zu Bildung ermöglichen – Vorschulischer Bereich 2. Bildungspotenziale ausschöpfen – Schulpflichtige 3. Übergang Schule – Beruf 4. Kommunale Finanzierung 5. Demografische Entwicklung 6. PC-Ausstattung an Schulen in städtischer Trägerschaft
Quelle: eigene Darstellung. Umstrukturierung der Fachbereiche Auf der operativen Ebene (z.B. Vorbereitung von Sitzungen, Information, Umsetzung) konnten die Abteilungen „Bildung und Sport“ und „Familie, Kinder und Jugendliche“ als zuständige kommunale Akteure identifiziert werden. Die Zusammenlegung der beiden Abteilungen im gemeinsamen Fachbereich „Bildung und Soziales“ zeigte sich dabei als wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Identifikation der Kinder- und Jugendhilfe mit der „Bildungsoffensive“ und zur Ausweitung der Kooperation von kommunaler Schulverwaltung und kommunaler Kinder- und Jugendhilfe: „…also Bildungsoffensive war was, was bis vor einigen Jahren, sag ich jetzt mal, ziemlich separat von der Abteilung BS [Bildung und Sport, cf] betrieben worden ist. (…) Wenn wir inzwischen über die Bildungsoffensive diskutieren, spielt da durchaus so was wie Bildungspartnerschaft mit rein.“ (Experteninterview 5, Z. 1016 – 1018 bzw. Z.1032 – 1034)97 97
Der Begriff der Bildungspartnerschaft wurde vom Interviewpartner immer dann gebraucht, wenn es im weitesten Sinne um die Zusammenarbeit der Bereiche Schule und Jugendhilfe ging.
182
Ergebnisse
10.1.3 Ziele und Maßnahmen Die Bildungspolitischen Leitlinien beschreiben die Ziele der Bildungsoffensive. Gleichzeitig waren sie im Verlauf der Bildungsoffensive Gegenstand eines fortlaufenden Diskussionsprozess, in dem die Leitlinien aus dem Jahr 2000 immer wieder verändert und an die aktuelle Situation angepasst wurden (vgl. Tabelle 20). Zum Zeitpunkt der Untersuchung galten die Leitlinien aus dem Jahr 2003. Allerdings fiel der letzte Punkt, „Förderung der Weiterbildung im Hinblick auf lebenslanges Lernen“ (vgl. Tabelle 20) ab dem Jahr 2004 weg, sodass fünf Leitlinien blieben. Der Vergleich der Leitlinien aus den Jahren 2000 und 2003 zeigt dabei eine deutliche Konkretisierung und Hinwendung zum Aspekt der Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen, und zwar von der vorschulischen Bildung, Förderung und Betreuung (vgl. Leitlinie 2 und 3), über den Bereich der allgemeinbildenden Schulen (vgl. Leitlinie 2 und 3) bis hin zum Übergang in das Berufsleben und darüber hinaus (Leitlinie 4 und 6). Tabelle 20: Bildungspolitische Leitlinien im Jahr 2000 und im Jahr 2003 Bildungspolitische Leitlinien 2000
Bildungspolitische Leitlinien 2003
1.
1.
2. 3. 4. 5. 6. 7.
Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe Bildung braucht Partner u. Kooperation Bildung fördert Chancengleichheit und Integration Bildung vermittelt Werte, Leitbilder und Schlüsselkompetenzen Bildung im internationalen Kontext Bildung heißt „qualifizierte“ Ausbildung Bildung heißt „lebenslanges Lernen“
2. 3. 4. 5. 6.
Bildungsinfrastruktur zeitgemäß weiterentwickeln Ungleichen Bildungschancen begegnen Betreuungs- und Förderangebote ausbauen Unterstützung der SchülerInnen am Übergang in das Berufsleben Aufbau vernetzter Strukturen Förderung der Weiterbildung im Hinblick auf lebenslanges Lernen (nur 2003)
Quellen: Leitlinien 2000: vgl. GD 289/00, Anlage 1; Leitlinien 2003: vgl. GD 12/03; GD 02/04
Dass die sechste Leitlinie ab 2004 in den Dokumenten nicht mehr explizit genannt wurde, kann als Hinweis auf eine vorübergehende Konzentration der Anstrengungen auf den vorschulischen und allgemeinbildenden Bildungsbereich verstanden werden. Dies kam auch in den Experteninterviews zum Ausdruck.
Ergebnisse
183
Die in den Bildungspolitischen Leitlinien formulierten Ziele waren in der Folge auch Richtschnur zur Entwicklung von Strategien und zur Umsetzung von Maßnahmen und Projekten. Dies wird in Tabelle 21 deutlich, die zeigt, dass jeder Leitlinie anhand der Dokumente Maßnahmen oder Projekte zugeordnet werden konnten. Tabelle 21: Zuordnung von Maßnahmen zu Leitlinien 1. Bildungsinfrastruktur zeitgemäß weiterentwickeln
Ausbau der Medienausstattung an Schulen Bauliche Maßnahmen an Schulgebäuden
2. Ungleichen Bildungschancen begegnen Sprachfördermaßnahmen in Kindertageseinrichtungen Schulsozialarbeiter zur Förderung von Jugendlichen in Hauptschulen am Übergang 3. Ausbau von Betreuungs- und Förderangeboten
Ausbau von Ganztagsschulen und Verlässlichen Grundschulen Ausbau von Plätzen für unter dreijährige Kinder
4. Unterstützung von Kindern und Jugendlichen beim Übergang in das Berufsleben Unterstützung der Schüler beim Übergang in den Beruf (z. B. Projekt „Starthilfen“) Ausrichtung einer Bildungsmesse im Zweijahresrhythmus 5. Ausbau vernetzter Strukturen
Aufbau von sozialraumspezifischen Arbeitskreisen (z. B. „AK Wiki“) Intensivierung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe
Quelle: Kucharz u.a. 2009; variiert.
10.1.4 Kooperation von Schule und Jugendhilfe Als zentrales Element der kommunalen Kooperation im Rahmen der Bildungsoffensive (vgl. Tabelle 21) und als Merkmal einer kooperationszentrierten Entwicklungsvariante von Bildungslandschaften (vgl. Mack u.a. 2006; Mack 2007) wird im Folgenden die Kooperation von Schule und Jugendhilfe genauer betrachtet. Während die Dokumente lediglich die Bedeutung und Absicht einer Kooperation Schule-Jugendhilfe betonten, konnte das Interview mit einem leitenden Vertreter der Jugendhilfe ergänzend konkrete Formen der Zusammenarbeit aufzeigen. Dabei wurde deutlich, dass die Kooperation von Schule und Ju-
184
Ergebnisse
gendhilfe im Rahmen der „Bildungsoffensive“ bereits auf verschiedenen Ebenen etabliert werden konnte:
auf der kommunalpolitischen Entscheidungsebene (z.B. Zusammenlegung von Ausschüssen); auf der Ebene der Mitarbeiter (z.B. Zusammenlegung der Abteilungen in einem Fachbereich; Kooperationen bzw. Koordinierungsgruppen auf Sozialraumebene; Schulsozialarbeit); auf der Planungsebene (zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht umgesetzt, aber angestrebt: Verbindung von Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung zu einer kleinräumigen kommunalen Bildungsplanung).
Wichtig war dem Experten dabei vor allem die Ebene der Mitarbeiter: Dass „man einfach vom andern mehr weiß“ (Experteninterview V, Z. 398 - 401), war aus Sicht des Vertreters der Jugendhilfe eine zentrale Voraussetzung für eine intensive Vernetzung und Zusammenarbeit, die – wie im Interview ebenfalls deutlich wurde – bisher vor allem auf Sozialraumebene realisiert werden konnte und jeweils vom konkreten Einzelfall ausging (vgl. Experteninterview V, Z. 392 - 396; 404 - 411). Ziel dieser Kooperation sei es, „die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung weiter zu bringen“ (Experteninterview V, Z. 363 364). Neben der Unterstützung im Einzelfall wurde auch das Ziel genannt, Aktivitäten auf der Ebene der Mitarbeiter transparent zu machen und Formen der Zusammenarbeit zu finden, mit denen langfristig Synergieeffekte erzielt werden können (vgl. Experteninterview V, Z. 196 - 200). Als positive Beispiele für das Gelingen einer solchen Kooperation nannte der Experte:
die regelmäßigen Treffen der „Koordinierungsgruppen Sozialer Raum“, in denen Schulleiter, Schulsozialarbeiter und Vertreter der Jugendarbeit zusammenarbeiten (vgl. Experteninterview V, Z. 174 - 184) und die „Bildungspartnerschaften“, die von Lehrkräften und Vertreterinnen bzw. Vertretern der Jugendarbeit und der Schulsozialarbeit getragen werden.98
Gleichzeitig wurden im Interview Schwierigkeiten angesprochen, die in den unterschiedlichen Traditionen und Aufträgen der Akteure Schule und Jugendhilfe begründet sind und die es in der Zusammenarbeit so auszubalancieren gilt, 98
Konkret berichtete der Befragte über den Bau eines Jugendhauses auf dem Gelände einer Hauptschule (vgl. Experteninterview V, Z. 150 – 156).
Ergebnisse
185
damit beide Akteure ihrem Auftrag treu bleiben können (vgl. Experteninterview V, Z. 443 - 445). Exemplarisch machte der Experte dies am Beispiel des Verpflichtungsgrades von Angeboten deutlich: Schule ist verpflichtend, Jugendarbeit aber freiwillig. Dadurch werden Kompromisse notwendig bzw. müssen gemeinsame Bildungsziele vereinbart werden, hinter denen Schule und Jugendhilfe gleichermaßen stehen (vgl. Experteninterview V, Z. 290 - 297). So wurde zum Beispiel die Vereinbarung getroffen, dass ein Schüler mit Schulausschluss weiterhin den Schulsozialarbeiter zur Beratung aufsuchen darf (vgl. Experteninterview V, Z. 146 - 153). 10.1.5 Das Handlungsfeld „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ Bedeutung des Handlungsfeldes „Übergang“ im Gesamtkontext Das Handlungsfeld des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung bzw. den Beruf wurde bereits in den Gründungsdokumenten als Schwerpunkt der „Bildungsoffensive“ thematisiert. Hier wurde ein gelingender Übergang in eine qualifizierte Ausbildung als Voraussetzung für die gesellschaftliche Integration des Einzelnen und eine positive wirtschaftliche Entwicklung hinsichtlich des demografischen Wandels beschrieben. (vgl. Stadt Ulm 2000: GD 289/00, Anlage 1; Experteninterview IV). Darüber hinaus wurden positive Auswirkungen auf die finanziellen Verpflichtungen der Kommune erwartet: „Je gebildeter eine Bürgerschaft ist, desto niedriger die Arbeitslosenquote und desto niedriger die Sozialhilfeausgaben des Sozialhilfeträgers, Stadt Ulm, im konkreten Fall.“ (Experteninterview I, Z. 89 - 91) Ausgehend von dieser Bedeutung des Übergangs wurde zu Beginn der „Bildungsoffensive“ das Ziel formuliert, „möglichst allen Jugendlichen eine Berufsausbildung einschließlich eines Abschlusses zu ermöglichen“ (Stadt Ulm 2000: GD 289/00, Anlage1, S.9). Auch im weiteren Verlauf wurde dem Übergang in Ausbildung und qualifizierte Erwerbstätigkeit ein hoher Stellenwert zugemessen, der sich unter anderem in den Bildungspolitischen Leitlinien ab 2003 (vgl. Tabelle 20) und im Bildungsbericht der Stadt (ab 2006) widerspiegelte. Auch zukünftig wird Handlungsbedarf gesehen: Ein leitender Vertreter der Stadt Ulm stellte im Experteninterview eine zweite Bildungsoffensive in Aussicht, die in erster Linie die „Schnittstelle Schulende – Eintritt ins Berufsleben“ (Experteninterview IV, S. 11) thematisieren soll.
186
Ergebnisse
Ziele des Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ Neben den übergeordneten Zielen, Jugendliche am Übergang zu unterstützen und möglichst allen eine Berufsausbildung zu ermöglichen, wurden im Rahmen der Dokumente und in den Experteninterviews weitere Ziele benannt:
Zum einen wurden strategische Ziele formuliert: z.B. die Kooperation von Schule und Jugendhilfe, der Ausbau der Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben und die Unterstützung der Schulen bei der Durchführung von Maßnahmen zur Berufsorientierung (vgl. Stadt Ulm 2000: GD 289/00, Anlage 1). Zum anderen wurden Ziele im Hinblick auf die Bildungsbiografien der Jugendlichen, insbesondere der Hauptschülerinnen und Hauptschüler, formuliert. Konkret benannt wurden unter anderem die Verringerung des Anteils der Jugendlichen ohne Schulabschluss, die Verbesserung der Schulabschlüsse im Hauptschulbereich und die Förderung direkter Wege in Ausbildung. (vgl. Stadt Ulm 2006: GD 02/06; Stadt Ulm 2007: GD 02/07; Stadt Ulm 2008: GD 02/08)
Umsetzung Zur Umsetzung dieser Ziele wurden im Rahmen der „Bildungsoffensive“ konkrete Schritte unternommen, die sich zum einen an die verantwortlichen Akteure und zum anderen direkt an die Jugendlichen wandten: Auf der Ebene der Akteure ist dabei insbesondere das Netzwerk „Übergang Schule – Beruf“ hervorzugeben, das 2007 gegründet wurde und das regelmäßig Vertreter der Schulen, der Jugendhilfe, der Kommune, der Agentur für Arbeit und der Ausbildungsbetriebe zusammenführt. Ziel des Netzwerkes ist in erster Linie die gegenseitige Information und die Abstimmung von konkreten Projekten. Im Vergleich zu früheren Gremien (vgl. Tabelle 22) beschäftigt sich das neue Netzwerk ausschließlich mit dem Übergangsthema und führt diejenigen zusammen, „die direkt mit Jugendlichen zu tun haben“ (Experteninterview V, Z. 570 - 572). Vom befragten Experten wurde es aus diesem Grund als „praxisbezogen“ und „sehr fruchtbar“ wahrgenommen (Experteninterview V, Z. 709). Nach der Erfahrung des Experten zeigte sich das Netzwerk in den Zeit seit seiner Gründung geeignet, die Aufnahme von Beziehungen, die gegenseitige Information und die direkte Abstimmung von Handlungsschritten zu erleichtern und führte zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren (z.B. Schule, Jugendhilfe) und den verschiedenen Ebenen (z.B. operative Ebene,
Ergebnisse
187
Entscheidungsebene) (vgl. Experteninterview V, Z. 495f; Z. 707; 782 – 786; 801- 803). Tabelle 22: Gremien am Übergang99 Gremium
Bildungsforum
AK Jugendhilfeplanung
Netzwerk „Übergang Schule-Beruf“ von der Bürgermeisterin als „Arbeitsebene“ ins Leben gerufen (seit 2007)
Initiative (seit…)
Oberbürgermeister und Schulleiter (seit 2000)
Gremium nach dem KJHG (~ seit 1970)
Ziel
Verbesserung der Zusammenarbeit, Informationsaustausch, Diskussion zu Themen der gesamten Bildungsoffensive
demokratisches Instrument der Sozialräume
Information, Abstimmung und Vereinbarung konkreter Projekte/ Maßnahmen/Kooperationen am Übergang
Teilnehmer
OB (Vorsitz), SchulleiterInnen, Fachbereich Bildung u. Soziales, IHK, HK, andere Bildungsträger
Vertreter der Jugendhilfeplanung (Leitung), Vertreter d. Sozialräume; geschäftsführende Schulleiter
Stadt Ulm (Leitung), Staatl. Schulamt, geschäftsf. Schulleiter, Lehrer, Kinderund Jugendhilfe, Agentur f. Arbeit, Ausbildungsberater der HK u. IHK
Treffen
2-3x pro Jahr
4-5x pro Jahr
4-5x pro Jahr
Quellen: Dokumente der Stadt Ulm; Experteninterview V.
Dies wurde unter anderem am Beispiel der Schulsozialarbeit an beruflichen Schulen (vgl. Experteninterview V, Z. 522 - 540) und an den Projekten „Xenos“ und „Jugendberufshelfer“ (vgl. Experteninterview V, Z. 1446 – 1469) deutlich. Hier konnten durch das Netzwerk Doppelstrukturen vermieden und die trägerund ressourcenübergreifende Zusammenarbeit erleichtert werden. Neben dem Aufbau des Netzwerks und der Intensivierung der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe wurden auch Projekte ins Leben gerufen, die sich direkt an die Jugendlichen am Übergang wandten. Dabei gestaltete sich der Versuch, über die Dokumentenanalyse ein Bündel von Maßnahmen der „Bildungsoffensive“ am Übergang zu identifizieren, als schwierig, da für viele der 99
Abkürzungen in der Tabelle: AK: Arbeitskreis, OB: Oberbürgermeister, IHK: Industrie- und Handelskammer, HK: Handwerkskammer; KJHG: Kinder- und Jugendhilfegesetz
188
Ergebnisse
genannten und beschriebenen Projekte nicht deutlich wurde, ob und in welcher Beziehung sie zur „Bildungsoffensive“ standen. Als Hinweise auf einen Zusammenhang mit der „Bildungsoffensive“ wurden interpretiert: die Finanzierung durch Mittel der „Bildungsoffensive“, die Entwicklung im Hinblick auf bestimmte Ziele der „Bildungsoffensive“; die Umsetzung an allen (Haupt-)Schulen der Stadt. Ausgehend von den Dokumenten zeigten sich damit die folgenden zentralen, weil häufig genannten Maßnahmen und deren Schwerpunkte (vgl. Tabelle 23; zu weiteren Maßnahmen vgl. Anhang, Tabelle 56). Tabelle 23: Klassifizierung zentraler Aktivitäten von 2000 bis 2006100 Schwerpunkte Sibille International Bildungsmesse Jugendberufshelfer Starthilfen JAZzMentoren programm Berufl. Qualifizierungsnetzwerk Koop. klasse HS/BVJ
Information
Beratung/ Begleitung
Vermittlung in Ausbildung
X X
Lernförderung/ Schulabschluss
Mädchen mit Migrationshintergrund
X
Jugendliche aller Schularten HauptschülerInnen und Jugendl. im BVJ
X X
X
X
X
X
Zielgruppe
HauptschülerInnen X
HauptschülerInnen Jugendliche mit Migrationshintergrund
X
X
HauptschülerInnen, deren Abschluss in Gefahr ist
Quelle: Stadt Ulm (vgl. Kucharz u.a. 2009)
100
Die Klassifizierung orientiert sich an den Schwerpunkten, die aus den Beschreibungen in den Dokumenten hervorgingen. Dies bedeutet nicht, dass ein Projekt nicht auch andere Aspekte aufweisen kann. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere Aktivitäten, die nach 2006 hinzukamen (z.B. Kompetenzagentur ab Juli 2007) konnten im Rahmen der Evaluation nicht mehr systematisch berücksichtigt werden. Auch das Projekt „Individuelle Lernbegleitung“ wurde nicht aufgenommen, da es lediglich an einer Schule durchgeführt wird und keine weiteren Informationen vorlagen.
Ergebnisse
189
Aufgrund der genannten Schwierigkeiten wurde auch eine Liste der Aktivitäten der Hauptschulen ausgewertet, die von der Abteilung Bildung und Sport nach Selbstauskunft der Schulen erstellt wurde (vgl. Tabelle 24). Tabelle 24: Klassifizierung der Aktivitäten der Schulen101 Schule
Info
Beratung
Vermittl. in Ausb.
Lernförderung
Training
A
X
Start
Start
JAZz
X
Vermittl. von Praktika X
B
X
Start
Start
X
X
C
X
Start
Start
X
X
X
X
X
X
X
HSBVJ
X
X
BS,JB
X
X
X
X
X
X
x
D E
X
Start
Start
F
X
x
JBH
JAZz u.a JAZz,I L
X
x
G H I
JAZz
B. messe
Start
Start
Start
Start
X
Eltern
Kooperation
X BS,IH K
JB
Quelle: Abt. Bildung u. Sport, Stadt Ulm 2007
Der Vergleich der Ergebnisse zeigt dabei, dass sich Projekte, die in den Dokumenten zur „Bildungsoffensive“ besonders hervorgehoben wurden (z.B. Bildungsmesse oder Jugendberufshelfer), in den Angaben der Schulen nur teilweise widerspiegeln: Während das Projekt „Starthilfen“ häufig als Teil der schulischen Vorbereitung auf den Übergang in Ausbildung genannt wurde, wurde die Bildungsmesse, die sich laut der Dokumente explizit an die Schulen aller Schulformen wendet, nur von einer Hauptschule als Element der schulischen Berufsorientierung genannt. 101
Abkürzungen: Starthilfen (Start), Berufliche Schule (BS), Hauptschule (HS), Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), Bildungsmesse (B.messe), Jugendbegleiter (JB), individuelle Lernförderung (IL), Industrie- und Handelskammer (IHK), Jung und Alt Zukunft zusammen (JAZz); anderes Angebot der Kategorie (X).
190
Ergebnisse
Die Lernförderung, die gerade im Hinblick auf das Ziel der Verbesserung von Schulabschlüssen von Bedeutung ist, zeigte sich anhand der Auskünfte der Schulen nur in Form von JAZz e.V., einem Mentorenprogramm zur Begleitung und Förderung von Schülern. Aufgrund der breiten Angebotspalette des Vereins ist aus der Angabe der Schulen jedoch nicht ersichtlich, ob es sich immer um eine kontinuierliche Lernförderung handelt. Dies ist insbesondere dort zu bezweifeln, wo JAZz als einmaliges Seminar (ein- oder mehrtägig) angeboten wird. Lediglich zwei Schulen (vgl. Tabelle 24; Schulen E und F) nennen hier weitere Angebote. Konkrete Anhaltspunkte zur Erklärung der Unterschiede zwischen den Zielen und Maßnahmen der „Bildungsoffensive“ und den Angeboten der Schulen gaben weder die Dokumente noch die Experteninterviews. Ursachen können an dieser Stelle daher nur vermutet werden: Zum einen könnte es sein, dass unterschiedliche Definitionen von Unterstützung am Übergang bzw. schulischer Berufsorientierung vorliegen, sodass Elemente der „Bildungsoffensive“ von den Schulen nicht im Zuge der Vorbereitungsaktivitäten genannt wurden; zum anderen ist aber auch denkbar, dass die Kommune die Schulen zwar als selbstverständliche Akteure der „Bildungsoffensive“ ansieht, dass sich die Schulen den Angeboten und Zielen der „Bildungsoffensive“ aber nicht gleichermaßen verpflichtet sehen, da die Stadt als Schulträgerin lediglich für die äußeren Schulangelegenheiten zuständig ist. Schwierigkeiten und Grenzen Bezogen auf das Handlungsfeld des Übergangs zeigten sich anhand des Experteninterviews (V) weitere Schwierigkeiten:
102
unabhängige Entscheidungen der Bundesagentur für Arbeit, die häufig nicht beeinflusst werden können (vgl. Experteninterview V)102 Grenzen der sozialräumlichen Struktur bei der Einbindung der beruflichen Schulen (vgl. Experteninterview V) und
Beispielhaft wurde dies an der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit (vgl. Experteninterview V, Z. 454 - 496) und an der Vergabe der Jugendberufshilfe/Berufshilfeangebote nach „den Gesetzen des Marktes“ durch die Agentur für Arbeit in Ulm bzw. in Nürnberg deutlich. Hier hat die Jugendhilfe vor Ort keinen Einfluss. Die jährliche Neuvergabe führt u.a. dazu, dass sich Träger und Namen der Angebote z.T. jährlich ändern (vgl. Experteninterview V, Z. 993 - 998), was die Undurchsichtigkeit des „Berufshilfedschungels“ (Experteninterview V, Z. 971) erhöht.
Ergebnisse
191
Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Projekten durch langwierige Antragsverfahren und ungewisse sowie befristete Finanzierungszusagen (vgl. Experteninterview V, Z. 1524 - 1585).
Als weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor bei der Umsetzung von Maßnahmen zeigte sich nach Ansicht des Experten (V) außerdem der „Faktor Mensch“: „Das geht nicht alles per Rezept und Konzept […] Sondern es hat schon auch was mit … der Kooperationsfähigkeit der einzelnen Personen selber zu tun.“ (Experteninterview V, Z. 1142 - 1145). In der Folge führten, so die Erklärung des Experten, gleiche Konzepte nicht immer zum gleich guten Erfolg. Nach Einschätzung des Experten waren die verschiedenen Sozialräume zum Zeitpunkt des Interviews daher auf unterschiedlichem Stand in Bezug auf die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen der „Bildungsoffensive“ (z.B. Bildungspartnerschaften, Schulsozialarbeit; vgl. Experteninterview V). 10.1.6 Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion Die „Bildungsoffensive“ – auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft Mit der „Bildungsoffensive“ erklärte die Stadt Ulm Bildung zu einem kommunalpolitischen Schwerpunkt und drückte ihre Bereitschaft aus, Verantwortung über die traditionelle Schulträgerschaft hinaus zu übernehmen. Die ersten Dokumente zur „Bildungsoffensive“ aus dem Jahr 2000 (z.B. die Bildungspolitischen Leitlinien in GD 289/00) zeigten dabei ein weites Bildungs- und Aufgabenverständnis sowie eine Ausrichtung an den in Abschnitt 2.1.2 vorgeschlagenen Leitgedanken. So wurde der „Aufbau vernetzter Strukturen“ ab 2003 als „Bildungspolitische Leitlinie“ festgeschrieben und auch die „Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen“ erfuhr im Zuge der Weiterentwicklung der Leitlinien im Jahr 2003 eine deutliche Aufwertung: Sowohl die Ausweitung der „Bildungsoffensive“ auf die (frühkindliche) Förderung als auch die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler am Übergang in das Berufsleben und das Ziel, ungleichen Bildungschancen zu begegnen (vgl. Tabelle 20), können in diese Richtung interpretiert werden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung konnten anhand der Dokumente vor allem Ähnlichkeiten zur kooperationszentrierten Entwicklungsvariante von Bildungslandschaften festgestellt werden (vgl. Mack u.a. 2006; Mack 2007):
192
Ergebnisse Die kommunale Bildungspolitik wurde mit der „Bildungsoffensive“ zur „Chefsache“ erklärt: Sie wurde seit 2000 regelmäßig im Gemeinderat thematisiert und vom Oberbürgermeister auch nach außen engagiert vertreten. Mit den „Bildungspolitischen Leitlinien“ wurden Ziele zugrunde gelegt, die im Folgenden immer wieder diskutiert und angepasst wurden. Der Kooperation von Schule und Jugendhilfe wird eine zentrale Bedeutung innerhalb der „Bildungsoffensive“ zugemessen: auf Verwaltungsebene wurden die für Jugendhilfe und Schule zuständigen Ämter zusammengelegt, auf der politischen Ebene wurden die zugehörigen Ausschüsse verschmolzen. Gleichzeitig konnten auf Mitarbeiterebene zahlreiche Formen der Zusammenarbeit entstehen bzw. gefördert werden (z.B. Schulsozialarbeit, Zusammenarbeit in Sozialraumteams, Bau eines neuen Jugendhauses auf dem Gelände einer Hauptschule). Mit den jährlichen Bildungsberichten (ab 2006) und der Evaluation des Gesamtprojekts wurden Verfahren der Qualitätssicherung initiiert. Externe Unterstützung wurde als Teilnahme an Schulversuchen (z.B. Kooperationsklasse Hauptschule – BVJ) und an Bundes- und Landesprojekten (z.B. Berufliches Qualifizierungsnetzwerk) einbezogen. Partizipative Elemente zeigten sich vor allem auf der Ebene der Sozialräume, aber auch in Form von Gremien und Arbeitskreisen wie beispielsweise dem Bildungsforum.
Elemente einer gemeinsamen Schul- und Unterrichtsentwicklung, die den schulzentrierten Entwicklungsansatz von Bildungslandschaften prägen, konnten in Ulm dagegen nicht identifiziert werden. Während die verschiedenen Dokumente zur „Bildungsoffensive“ einerseits die Bedeutung der Schulen als zentrale Bildungseinrichtungen der Stadt betonten, erschöpfte sich ihr Einbezug, soweit aus den Dokumenten und Expertengesprächen ersichtlich, bislang in gezielten Investitionsmaßnahmen zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur und der Finanzierung von Einzelmaßnahmen (z.B. Maßnahmen am Übergang in die berufliche Ausbildung). Auch eine verbindliche Kooperation von kommunaler Schulverwaltung und staatlicher Schulaufsicht konnte für die „Bildungsoffensive“ nicht identifiziert werden. Es wurden zwar Gremien geschaffen, in denen sowohl Schulaufsicht als auch Schulverwaltung vertreten waren (z.B. Bildungsforum, Netzwerk „Übergang Schule – Beruf“), eine rechtliche Absicherung der Zusammenarbeit konnte bislang aber nicht nachgewiesen werden. Anhand der Dokumente und Interviews wurde darüber hinaus deutlich, dass den kommunalpolitischen Akteuren, insbesondere dem Gemeinderat und den Abteilungen der kommunalen Verwaltung, eine hohe Bedeutung und Steuerungsfunktion zukam. Andere Akteure (z.B. Schulleiterinnen und Schulleiter,
Ergebnisse
193
Vertreterinnen und Vertreter der Kammern, Schulaufsicht) wurden im Rahmen verschiedener Gremien (z.B. Bildungsforum) zwar einbezogen, ihre Funktion blieb aber „beratend“. Damit sprechen insbesondere die Orientierung an den oben genannten Leitgedanken und die lokale Ausrichtung der „Bildungsoffensive“ dafür, dass in Ulm eine Bildungslandschaft entstehen konnte. Für weitere Voraussetzungen wie den systematischen und rechtlich abgesicherten Einbezug der zentralen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Schulen, konnten anhand der Dokumente dagegen keine überzeugenden Hinweise gefunden werden. Es wird daher vorgeschlagen, die „Bildungsoffensive“ als Initiative auf dem Weg zu einer kommunalen Bildungslandschaft zu verstehen, in der dem ordnungspolitischen Raum der Stadt Ulm und den kommunalen Gremien (Initiierung, Organisation und Entwicklung der „Bildungsoffensive“) eine zentrale Funktion zukommt. Der Übergang in Ausbildung als Handlungsfeld der kommunalen Bildungslandschaft Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung bzw. die Erwerbstätigkeit zeigte sich im Gesamtkontext als wichtiges Thema bzw. Handlungsfeld der Bildungsoffensive, das von Anfang an in den Dokumenten (z.B. Bildungspolitische Leitlinien, spezifische Maßnahmen) präsent war und das auch in den Experteninterviews in seiner Bedeutung hervorgehoben wurde. Ein Schwerpunkt wurde dabei auf die Jugendlichen der Hauptschulen gesetzt. Für die formulierten Ziele und – zumindest teilweise – für die entwickelten Maßnahmen konnte ebenfalls eine Ausrichtung an den Leitlinien der Vernetzung und der Orientierung an Bildungsbiografien festgestellt werden. Vernetzung unterschiedlicher Partner. Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung wird von vielen Akteuren beeinflusst. Die Vernetzung dieser Akteure wird daher sowohl für die Bildungslandschaft im Allgemeinen (vgl. 2.1.2) als auch für die Gestaltung von Übergängen im Besonderen (vgl. u.a. Reißig 2009; Tippelt 2009) als zentral eingeschätzt. Die Akteure am Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zusammenzubringen war von Beginn an formuliertes Ziel der „Bildungsoffensive“. Neben einer verstärkten Zusammenarbeit der Abteilungen für Schule und Jugendhilfe, beispielsweise beim gezielten Einsatz von Schulsozialarbeit bei der Beratung und Begleitung am Übergang, zeigten sich Bestrebungen der Vernetzung vor allem in der Schaffung neuer Gremien, wie zum Beispiel dem 2007 gegründeten „Netzwerk Übergang Schule – Beruf“.
194
Ergebnisse
Das neu geschaffene Netzwerk ermöglicht, so ein Experte, den direkten Austausch, die persönliche Kontaktaufnahme sowie die Entwicklung gemeinsamer Strategien und Projekte und trägt durch gezielte Absprachen zur Vermeidung von Doppelstrukturen bei. Auf diese Weise, so wurde deutlich, konnten Schwierigkeiten aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten zumindest teilweise überwunden werden. Die Schulen als zentrale Bildungseinrichtungen, sowohl am Übergang in Ausbildung als auch darüber hinaus, waren in den Gremien meist durch die (geschäftsführenden) Schulleiter vertreten. Hinweise darauf, dass die Schulen selbst zu Knotenpunkten der Vernetzung werden sollten (z.B. durch eine systematische Kooperation mit Betrieben und anderen Bildungseinrichtungen), gab es anhand der Dokumente keine. Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder- und Jugendlichen. Anhand der Zielformulierungen wurde deutlich, dass die Bildungswege der Jugendlichen durch das Schulsystem bzw. ihre Bildungsbiografien als wichtige Voraussetzungen für gelingende Übergänge in Ausbildung und qualifizierte Erwerbstätigkeit gesehen wurden (z.B. Verbesserung von Schulabschlüssen, Verminderung der Quote der Jugendlichen ohne Schulabschluss). Während in der Folge Angebote zur Beratung und Begleitung von Jugendlichen ins Leben gerufen wurden, die eine Berücksichtigung der individuellen Erfahrungen und der konkreten Situation des Einzelnen ermöglichten (zumindest für die Jugendlichen der Hauptschulen im Projekt „Starthilfen“), wurde anhand der Dokumente auch deutlich, dass mit den neuen Maßnahmen vor allem der Übergang direkt in den Blick genommen wurde (z.B. das Projekt „Starthilfen“ für die Abschlussklassen 9 der Hauptschulen und die „Bildungsmesse“ als Informations- und Kontaktforum für die Jugendlichen am Ende der allgemeinbildenden Schulzeit). Weitere Anhaltspunkte für eine systematische Umsetzung von Lernförderung im Hinblick auf eine Verbesserung der Schulabschlüsse gab es anhand der Dokumente nicht. Auch Hinweise auf eine gezielte Schul- und Unterrichtsentwicklung mit dem Schwerpunkt der kontinuierlichen Förderung wurden anhand der Dokumente und Interviews nicht sichtbar. Damit deuten sich anhand der Dokumente zwar erste Ansätze einer Integration der Übergangsgestaltung in eine umfassendere Strategie für bessere Bildungsbedingungen vor Ort an, von einer vollständigen Integration und Ausrichtung an gemeinsamen Zielen kann aber noch nicht gesprochen werden.
Ergebnisse
195
10.2 Quantitative Fragebogenuntersuchung Aus den Ergebnissen der Dokumentenanalyse ging hervor, dass im Rahmen der Bildungsoffensive Ziele formuliert und Maßnahmen zu deren Umsetzung initiiert wurden. Dabei gab es Hinweise auf Schwierigkeiten im Hinblick auf eine systematische Umsetzung von Zielen und Maßnahmen an den Schulen. Inwiefern die kommunale Initiative bei den Bildungseinrichtungen und ihren Mitgliedern ankam, war daher Thema der Fragebogenuntersuchung, die sich an die Leitungen, das pädagogisches Personal und die Eltern der verschiedenen Bildungseinrichtungen wandte (Befragung I). Mit Blick auf den bisherigen Schwerpunkt der Bildungsoffensive und das Thema der vorliegenden Arbeit wurden in die folgenden Auswertungen nur die allgemeinbildenden Schulen einbezogen (vgl. 10.2.1).103 In einer zweiten Befragung (Befragung II) wurden die Jugendlichen nach Angeboten zur Gestaltung von Übergängen und nach ihren Wünschen und aktuellen Perspektiven gefragt. Dabei standen insbesondere Jugendliche mit Hauptschulbildung im Vordergrund (vgl. 10.2.2 bis 10.2.6). 10.2.1 Gesamtprojekt „Bildungsoffensive“ Einbindung der Schulen in die „Bildungsoffensive“ Die Identifikation der Bildungseinrichtungen mit der „Bildungsoffensive“ wurde zum einen über die Bekanntheit des Begriffs und der Ziele bei Leitungen, pädagogischem Personal und Eltern bestimmt, zum anderen wurde nach der Verwendung des Begriffes in den Einrichtungen bzw. nach der Integration der Leitgedanken und Ziele in die Konzeptionen der Einrichtung gefragt. Abbildung 2 zeigt, dass der Begriff der „Bildungsoffensive“ den Schulleitungen besser vertraut war als den Lehrkräften. Zwar gaben knapp zwei Drittel der Lehrkräfte an, den Begriff zu kennen, über die Hälfte der befragten Lehrerinnen und Lehrer kannte die Ziele der Bildungsoffensive nach eigenen Angaben aber nicht. Noch weniger bekannt waren Begriff und Ziele bei den Eltern. Darüber hinaus gaben 90% der Schulleitungen und Lehrkräfte an, dass der Begriff der „Bildungsoffensive“ in der Einrichtungen bislang nur selten oder gar nicht verwendet wurde (vgl. Anhang, Tabelle 62). Und nur 36% der Schulleitungen sagten aus, dass Ziele und Maßnahmen der Bildungsoffensive im Leitbild
103
Zu Ergebnissen zur frühkindlichen Bildung und Betreuung vgl. Kucharz u.a. 2009.
196
Ergebnisse
bzw. der pädagogischen Konzeption der Einrichtung verankert seien (vgl. Anhang, Tabelle 61).104 Abbildung 2:
100
Bekanntheit des Begriffs und der Ziele der Bildungsoffensive (%)105 95,8 87,5
80 64,3 60 43,6 40
38,9 27,8
20 0 Leitung
Lehrkräfte
Eltern
Schule Bekanntheit des Begriffs (n=893) Bekanntheit der Ziele (n=883) Quelle: Kucharz u.a. 2009, S. 49, gekürzt.
Die geringe Bekanntheit von Begriff und Zielen, insbesondere bei Lehrkräften und Eltern, lässt vermuten, dass die „Bildungsoffensive“ noch kein gemeinsam getragenes und verantwortetes Bildungsprojekt ist, wie es dem in den Leitlinien beschriebenen Ideal entspräche. Die geringe Verwendung des Begriffes im schulischen Alltag und die in vielen Einrichtungen fehlende Integration von Zielen in das Leitbild bzw. die Konzeption deuten außerdem darauf hin, dass sich viele
104
Die Ergebnisse für die Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich zum Teil signifikant von den Ergebnissen der Schulen. Für die Gegenüberstellung von Schulen und Kitas vgl. Anhang, Tabelle 57 bis Tabelle 62 und Kucharz u.a. 2009). 105 Anteil der Personen, denen Begriff bzw. Ziele der Bildungsoffensive bekannt sind in %. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Befragten der Schulen (Leitungen, pädagogisches Personal, Eltern).
Ergebnisse
197
Schulen auch aus Sicht der jeweiligen Schulleiter nicht als Teil der Bildungsoffensive sehen. Hier deuten sich auch Unterschiede zwischen den Schulen an, die sich anhand weiterer Ergebnisse bestätigen lassen (vgl. Kucharz u.a. 2009):106
106
Finanzieller Input im Rahmen der Bildungsoffensive: Die Entwicklung einer zeitgemäßen Bildungsinfrastruktur gehörte zu den zentralen Zielen der Bildungsoffensive. Dazu wurde ab dem Jahr 2000 gezielt in die Bildungseinrichtungen vor Ort investiert. Die Befragung der Schulleitungen (n=24) zeigte, dass die Bildungseinrichtungen in unterschiedlichem Umfang von den Leistungen profitierten. Insgesamt gaben 75% der Schulen an, finanzielle Unterstützung im Rahmen der Bildungsoffensive erhalten zu haben (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 53). Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Bildungsoffensive: Die Schulleitungen (n=24) wurden gebeten, Maßnahmen und Projekte im Rahmen der Bildungsoffensive zu nennen, die an ihrer Einrichtungen durchgeführt wurden: Während die Schulen im Mittel vier Maßnahmen umsetzten, reichten die Angaben der Schulleiter von null bis zwölf Maßnahmen pro Einrichtung. (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 52) Von den Maßnahmen zum Übergang in die berufliche Ausbildung wurden von den Schulleitern der Hauptschulen (n=6) im Mittel drei Maßnahmen pro Einrichtung genannt. Auch hier zeigte sich eine Spannbreite von null bis sechs Maßnahmen.107 Kooperationen auf kommunaler Ebene: Im Rahmen der Untersuchung wurden die Schulleitungen auch nach Kooperationspartnern der Schule gefragt (vgl. Kucharz u.a. 2009, S. 113). Tabelle 25 gibt einen Überblick über die häufigsten Kooperationspartner der befragten (Ganztags-)Hauptschulen (n=6). Unterschiede zeigten sich vor allem in der Anzahl der Kooperationsbeziehungen, die bei den befragten Hauptschulen zwischen sechs und zwanzig lag (M=12; n=6).108
Die entsprechend gekennzeichneten Ergebnisse sind dem Projektbericht zur Evaluation der Bildungsoffensive (Kucharz u.a. 2009) entnommen. 107 Das Ergebnis zu Maßnahmen im Bereich des Übergangs ist nicht dem Projektbericht entnommen. Es wurde im Hinblick auf den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit zusätzlich aufgenommen. Aufgrund der kleinen Fallzahlen müssen die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden. 108 Aufgrund der kleinen Fallzahlen müssen die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden.
198
Ergebnisse
Tabelle 25: Häufigste Kooperationspartner der (Ganztags-)Hauptschulen (n=6) A. Schulunterstützender Dienst
B. Kommunale Einrichtungen
x
Schulpsychologischer Dienst/ x Sportvereine (5) Psychologen (4) x Arbeitsagentur/ Berufsberatung x Sozialer Dienst des Sozialraum(5) teams (4) x Gericht/Polizei/Feuerwehr (4) x Jugendamt (4) x Gemeindeverwaltung/ x Schulsozialarbeit (4) Ämter (4) x Fachbereiche der Stadt (4) x Erziehungsberatungsstellen (3) x Betriebe/IHK (4) x Mobile Jugendarbeit (3) Anmerkung: In Klammern ist die Anzahl der Schulen angegeben, die mit der jeweiligen Einrichtung kooperieren Quelle: Kucharz u.a. 2009, S. 113; veränderte Darstellung.
Zusammenarbeit von Schulen und kommunalem Träger: Die Dokumentenanalyse machte deutlich, dass die Verbesserung von Kommunikations- und Vernetzungsstrukturen zu den zentralen Gedanken der Bildungsoffensive gehört. Aus diesem Grund wurden die Schulleiter nach ihrer Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit dem städtischen Träger und nach Veränderungen in der Kooperation gefragt. Dabei zeigten sich über 80% mit der Zusammenarbeit zufrieden. Gleichzeitig gab die Hälfte der Schulleiter an, die Zusammenarbeit habe sich in den letzten Jahren verbessert (vgl. Anhang, Tabelle 66).109
Bedeutung zentraler Ziele des Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ und Einschätzung des bereits erreichten Standes Das pädagogische Personal und die Eltern wurden gebeten, die Bedeutung verschiedener Ziele, die aus den Dokumenten zur Bildungsoffensive hervorgingen, sowie den Stand der Zielerreichung einzuschätzen. Dabei zeigte sich, dass die Vorbereitung auf den Übergang von der Schule in den Beruf bei allen Befragtengruppen an erster bzw. zweiter Stelle stand (vgl. Tabelle 26).
109
Für die Gegenüberstellung von Schulen und Kitas vgl. Kucharz u.a. (2009, S. 53f).
Ergebnisse
199
Tabelle 26: Rangfolge der bedeutsamsten Ziele (Plätze 1 bis 3) und Zielerreichung110 Alle Sekundarschulen alle Befragten 1. 2. 3.
Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,7; 2,8) Schaffung gleicher Bildungschancen (3,7; 2,3) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,6; 2,3)
Lehrerinnen u. Lehrer 1. 2. 3.
Schaffung gleicher Bildungschancen (3,7; 2,1) Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,7; 2,7) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,6; 2,2)
Eltern 1.
2. 3.
Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,8; 2,9) Schaffung gleicher Bildungschancen (3,7; 2,3) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,7; 2,3)
Hauptschulen alle Befragten 1. 2. 3.
Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,8; 3,1) Schaffung gleicher Bildungschancen (3,8; 2,3) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,7; 2,4)
Lehrerinnen und Lehrer 1. 2. 3.
Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,8; 2,8) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,7; 2,4) Abbau von Sprachdefiziten (3,8; 2,3)
Eltern 1.
2. 3.
Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf (3,8; 3,1) Schaffung gleicher Bildungschancen (3,8; 2,4) Förderung von leistungsschwachen Kindern (3,7; 2,5)
Anmerkung: Erste Zahl (fett): Zielwichtigkeit (Mittelwert); 1 = sehr unwichtig; 4=sehr wichtig. Zweite Zahl: Zielerreichung (Mittelwert); 1 = nicht erreicht; 4 = erreicht. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 26 macht darüber hinaus deutlich (vgl. jeweils die zweite Zahl), dass das Ziel der Vorbereitung auf den Beruf mit Bewertungen von 2,8 (alle Sekundarschulen) bzw. 3,1 (Hauptschulen) dabei als eher erreicht beurteilt wurde. Die auf Förderung bezogenen Ziele (z.B. Förderung leistungsschwacher Kinder, Abbau von Sprachdefiziten) wurden im Vergleich weniger positiv bewertet. 110
Abgefragt wurden insgesamt 12 Ziele. Eine Übersicht über alle Ziele und den Stand der jeweiligen Zielerreichung aus der Sicht der Lehrkräfte und der Eltern befindet sich im Anhang (vgl. Tabelle 63 und Tabelle 64).
200
Ergebnisse
Da gerade die Förderung lernschwächerer Kinder und Jugendlicher im Hinblick auf das Erreichen von (besseren) Schulabschlüssen als Zielbereich des Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ gesehen wird (vgl. 10.1.3), wird dieser Bereich anhand der Aspekte „Förderung von leistungsschwachen Kindern“, „Abbau von Sprachdefiziten“ und „Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund“ im Folgenden noch genauer betrachtet (vgl. Tabelle 27). Tabelle 27: Förderung von Kindern und Jugendlichen: Bedeutung der Ziele und Einschätzung der Zielerreichung aus Sicht der Befragten (Lehrkräfte; Eltern)111 Alle Sekundarschulen Ziele
Wichtigkeit
Zielerreichung
Grundschulen Wichtigkeit
Zielerreichung
n s n s n s n s M M M M Abbau von 1,03 544 3,5 ,80 435 2,5 307 3,7 ,70 253 2,7 ,95 Sprachdefiziten Förderung leistungs551 3,6 ,62 447 2,3 ,95 308 3,8 ,78 265 2,7 ,90 schwacher Kinder u. Jugendl. Förderung von 530 3,3 ,80 375 2,3 304 3,4 ,76 224 2,5 ,97 1,00 Migr. kindern Anmerkungen: Wichtigkeit: 1 = sehr unwichtig; 4=sehr wichtig; Zielerreichung: 1 = nicht erreicht; 4 = erreicht. Quelle: eigene Darstellung.
111
Da Förderung entlang der Bildungsbiografien als kontinuierlich über alle Klassenstufen hinweg verstanden wird, werden an dieser Stelle sowohl Grundschulen als auch Sekundarschulen betrachtet. Ausgewertet wurden die Daten für die Sekundarschulen (Hauptschule mit Werkrealschule, Realschule, Gymnasium) und die Daten für die Grundschulen. Die Daten für die Hauptschule weichen nur geringfügig ab (vgl. Anhang, Tabelle 64).
Ergebnisse
201
Tabelle 27 macht deutlich, dass bei allen Zielen, die sich auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen beziehen, eine Kluft zwischen der Bedeutung aus Sicht der Befragten (alle Bewertungen 3,3) und einer erfolgreichen Umsetzung (alle Bewertungen 2,7) besteht. Insbesondere an den Sekundarschulen wird die Zielerreichung mit max. 2,5 noch als unbefriedigend eingeschätzt, aber auch an den Grundschulen zeigt sich ein deutlicher Abstand zwischen den beiden Bewertungen. Diese Kluft zwischen der Bedeutung und der Zielerreichung kann als Hinweis verstanden werden, dass hier noch Handlungsbedarf besteht. Zwischenfazit Anhand der Daten kann vermutet werden, dass die Schulen noch nicht systematisch in die „Bildungsoffensive“ eingebunden sind. Dies zeigte sich insbesondere anhand der noch nicht als zufriedenstellend eingeschätzten Bekanntheit des Begriffs und der Ziele der „Bildungsoffensive“. Darüber hinaus deutete sich an, dass die Schulen unterschiedlich stark einbezogen sind: Insbesondere die Angaben der Schulleitungen zur Integration der Ziele der „Bildungsoffensive“ in die Konzeption der jeweiligen Einrichtung können in diese Richtung gedeutet werden. Und auch für die Umsetzung spezifischer Maßnahmen deuteten sich Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen an. Ebenso können Unterschiede in der finanziellen Unterstützung der Schulen entsprechend gedeutet werden; sie könnten aber auch Ausdruck unterschiedlicher Bedarfslagen sein. Im Hinblick auf das Handlungsfeld des Übergangs in Ausbildung wurde anhand der Einschätzung der Bedeutung verschiedener Ziele der „Bildungsoffensive“ deutlich, dass der Vorbereitung auf diesen Übergang aus Sicht von Eltern und Lehrkräften eine hohe Bedeutung zugemessen wird. Damit zeigt sich der Schwerpunkt, den die „Bildungsoffensive“ hier setzt, einerseits als gerechtfertigt, andererseits verweisen die Ergebnisse auf eine Bedeutung des Themas über die Hauptschule hinaus. Dass auch die Bewertung der Zielerreichung als befriedigend eingeschätzt wurde, zeigt darüber hinaus, dass die Anstrengungen der „Bildungsoffensive“ bzw. der Schulen für die Eltern und die Lehrkräfte bereits sichtbar sind. Gleichzeitig verweist die Kluft zwischen Zielwichtigkeit und Zielerreichung auf weiteren Handlungsbedarf. Ein etwas anderes Bild zeigte sich beim Aspekt der Förderung, der im Rahmen der „Bildungsoffensive“ auch im Hinblick auf gelingende Übergänge für wichtig erachtet wird (vgl. 10.1.5): Hier wurden im Hinblick auf die Zielerreichung deutlich niedrigere Werte gemessen. Auch hier verweist die Kluft zwischen der Wichtigkeit und der Einschätzung der Zielerreichung auf Handlungsbedarf – sowohl an Sekundarschulen als auch an Grundschulen.
202
Ergebnisse
10.2.2 Beschreibung der Stichprobe der Schulabgängerbefragung Bei der Auswahl der Stichprobe der Schulabgängerbefragung wurde ein Schwerpunkt auf die Jugendlichen mit Hauptschulbildung gelegt: Befragt wurden sowohl Jugendliche der Hauptschulabschlussklassen 9 als auch Jugendliche in daran anschließenden Bildungsgängen (Werkrealschule Kl. 10; Zweijährige Berufsfachschule, berufsvorbereitende Bildungsgänge). Darüber hinaus wurden Jugendliche der Abschlussklassen der Realschulen befragt.112 Bildungsgänge Tabelle 28: Zusammensetzung der Stichprobe nach Schularten113 Häufigkeit
Prozente
HWRS 9
169
35,1
HWRS 10
47
9,8
96
19,9
BV Bildungsgänge
125
25,9
2j.BFS
45
9,3
482
100,0
RS 10 114
Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 28 gibt einen Überblick über die verschiedenen Befragtengruppen nach den derzeit besuchten Bildungsgängen. Sie zeigt, dass der größte Teil der Jugendlichen (44,9%; n=482) zum Zeitpunkt der Befragung eine Haupt- und Werkrealschule besuchte. Die zweitgrößte Gruppe (25,9%) besuchte einen berufsvor-
112
Aufgrund der Stichprobenwahl entspricht die Verteilung bestimmter Merkmale nicht der Verteilung innerhalb der gesamten Schülerschaft der Stadt Ulm, sodass die Prozentangaben nicht auf die Gesamtpopulation übertragen werden können. Auch die Fachrichtungen bzw. Schwerpunkte der gewählten beruflichen Schulen hatten Einfluss auf die Verteilung der Variablen Geschlecht oder Migrationshintergrund. 113 Abkürzungen: HWRS 9 bzw. 10: Haupt- und Werkrealschule, Klasse 9 bzw. 10; RS 10: Realschule, Klasse 10; BV Bildungsgänge: Berufsvorbereitende Bildungsgänge; 2j.BFS: Zweijährige Berufsfachschule. 114 Aufgrund kleiner Fallzahlen wurden die Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), im Berufseinstiegsjahr (BEJ), im Einstiegsqualifikationsjahr (EQJ) und in der Kooperationsklasse Hauptschule - BVJ zur Gruppe „Berufsvorbereitende Bildungsgänge“ zusammengefasst.
Ergebnisse
203
bereitenden Bildungsgang, 19,9% waren an einer Realschule, und 9,3% an einer Zweijährige Berufsfachschule115. Geschlecht Insgesamt wurden mehr junge Männer als junge Frauen befragt. Der erhöhte Anteil an männlichen Befragten (54,5%; n=482) ist dabei sowohl auf die Anteile der jungen Männer an den Beruflichen Schulen (59,9%; n= 162)116 als auch auf den erhöhten Anteil in Haupt- und Werkrealschulen (52,5%; n=216) zurückzuführen (vgl. Anhang, Tabelle 67 und Tabelle 68). Alter Das Alter der Jugendlichen (M=16,4; s=1,0) reichte zum Zeitpunkt der Befragung von 14 Jahren in der Hauptschule (Klasse 9) bis zu 23 Jahren in der Zweijährigen Berufsfachschule (vgl. Anhang, Tabelle 69 und Tabelle 70). Bezogen auf ihren Bildungsgang konnten dabei insgesamt 14,8% der befragten Jugendlichen (n=479) als „überaltert“ bezeichnet werden, in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen sogar 21,6% (n=125) (vgl. Anhang, Tabelle 71).117 Der größte Teil dieser Jugendlichen, nämlich 84,1% (n=69), hatte einen Migrationshintergrund (vgl. Anhang; Tabelle 72). Migrationshintergrund Insgesamt hatten 62,6% der befragten Jugendlichen (n=476) einen Migrationshintergrund (vgl. Anhang, Tabelle 73).118 Tabelle 29 zeigt insbesondere für die 115
Die Zweijährige Berufsfachschule schließt an den Hauptschulabschluss an und ermöglicht Abgängern mit gutem Abschlusszeugnis innerhalb von zwei Jahren den Erwerb eines mittleren Bildungsabschlusses an einer Beruflichen Schule. 116 Es wurden Jugendliche einer kaufmännischen und einer gewerblich-technischen Schule befragt. Insbesondere die gewerblich-technische Schule mit den Schwerpunkten Fahrzeugtechnik, Metalltechnik, Elektro- und Informationstechnik wurde deutlich häufiger von männlichen Jugendlichen besucht. 117 Als „überaltert“ werden Jugendliche bezeichnet, die das „erwartete Alter“ (6 Jahre + Dauer des Bildungsganges) um mindestens zwei Jahre überschritten hatten. 118 Der Migrationshintergrund wurde bestimmt über die Nationalität des Jugendlichen, das Geburtsland der Eltern und die Verkehrssprache in der Familie. Ein Migrationshintergrund liegt vor, wenn die Nationalität des Jugendlichen nicht deutsch ist und/oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde und/oder eine der angegebenen Sprachen in der Familie nicht deutsch ist.
204
Ergebnisse
Bildungsgänge der Haupt- und Werkrealschule und für und die berufsvorbereitenden Bildungsgänge einen erhöhten Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Tabelle 29: Bildungsgang und Migrationshintergrund der Jugendlichen (n=476) Migrationshintergrund
HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BV Bild.gang
2j.BFS
Ohne
31,0%
23,4%
57,9%
23,1%
71,1%
Mit
69,0%
76,6%
42,1%
76,9%
28,9%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
168
47
95
121
45
Anmerkung: chi²= 56,313; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Weitere Unterschiede zeigten sich zwischen den verschiedenen Schulformen (Haupt- und Werkrealschule, Realschule und Berufliche Schule; chi²= 24,017; df=2; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 74) und zwischen den beiden allgemeinbildenden Schulen (Haupt- und Werkrealschule und Realschule; vgl. chi²= 23,971; df= 1; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 75). Bildungsabschlüsse der Eltern Nach Angaben der Jugendlichen hatten 37,2% der Eltern (n=387) einen niedrigen Schulabschluss, 34,6% einen mittleren und 28,2% einen höheren Bildungsabschluss (vgl. Anhang, Tabelle 76). Tabelle 30 zeigt dabei statistisch bedeutsame Unterschiede im Hinblick auf den besuchten Bildungsgang der Jugendlichen.
Ergebnisse
205
Tabelle 30: Bildungsgang und Bildungsabschluss der Eltern (n=387)119 Bildungsabschluss
HWRS 9
HWRS 10 RS 10
BV. Bild.gang
2j.BFS
Niedrig
42,1%
38,1%
14,6%
55,3%
31,6%
Mittel
32,3%
33,3%
42,7%
27,1%
42,1%
Hoch
25,6
28,6%
42,7%
17,6%
26,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
133
42
89
85
38
Anmerkung: chi²=35,176; df=8; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Demnach gaben Jugendliche, die eine Haupt- und Werkrealschule oder einen berufsvorbereitenden Bildungsgang besuchten, häufiger an, ihre Eltern hätten einen Hauptschulabschluss bzw. gar keinen Schulabschluss. Unterschiede konnten auch für die allgemeinbildenden Schulen (Haupt- und Werkrealschule bzw. Realschule) nachgewiesen werden (chi²=20,286; df=2; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 77). Darüber hinaus zeigten sich Unterschiede hinsichtlich der Herkunft der Jugendlichen bzw. ihrer Eltern: Die Jugendlichen mit Migrationshintergrund gaben häufiger an, ihre Eltern hätten einen niedrigen oder mittleren Bildungsabschluss (vgl. Tabelle 31). Tabelle 31: Bildungsabschluss der Eltern und Migrationshintergrund (n=386) Bildungsabschluss
Ohne Mig.hintergrund
Mit Mig.hintergrund
Niedrig
30,5%
42,3%
Mittel
40,2%
30,6%
Hoch
29,3% 100,0%
27,0% 100,0%
Gesamt
N 164 Anmerkung: chi²=6,233; df=2; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
119
222
Niedrig: kein Schulabschluss oder Hauptschulabschluss; mittel: mittlerer Bildungsabschluss (z.B. Realschulabschluss); hoch: (Fach-)Hochschulreife.
206
Ergebnisse
10.2.3 Schulerfolg, Bildungswege, Schulerfahrungen der Jugendlichen Im Rahmen der Fragebogenuntersuchung wurden die Jugendlichen nach Schulleistungen und nach Stationen ihrer Bildungsbiografie gefragt. Dabei interessierten aufgrund ihres erklärenden Potenzials in anderen Studien (vgl. 3.3) vor allem Schulnoten (hier: in den Fächern Mathematik und Deutsch) und bildungsbiografische Brüche wie Klassenwiederholungen und fehlende Schulabschlüsse. Noten in Mathematik und Deutsch Insgesamt hatten die befragten Jugendlichen im letzten Zeugnis etwas bessere Noten in Mathematik (M=2,97; s=1,1; n=460) als in Deutsch (M=3,02; s=0,8; n=459) (vgl. Anhang, Tabelle 78). Tabelle 32 verweist dabei auf signifikante Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen: während die Jungen bessere Mathematiknoten hatten, konnten die Mädchen bessere Deutschnoten vorweisen. Tabelle 32: Deutsch- und Mathematiknoten nach Geschlecht n Deutschnote
Mathenote
M
s
männlich
247
3,12
0,76
weiblich
211
2,90
0,80
männlich
247
2,77
1,12
weiblich
212
3,20
1,12
Anmerkungen: Deutschnote: T=3,083; df=456; p<0,01; Mathenote: T=-4,139; df=457; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 33 weist darüber hinaus auf statistisch bedeutsame Unterschiede im Hinblick auf die ethnische Herkunft der Jugendlichen hin (mit vs. ohne Migrationshintergrund). Demnach hatten Jugendliche mit Migrationshintergrund sowohl schlechtere Noten in Deutsch als auch in Mathematik. Als Ursachen können sowohl sprachliche Schwierigkeiten der Jugendlichen mit Migrationshintergrund vermutet werden als auch ein geringes Unterstützungspotenzial des Elternhauses (vgl. Tabelle 31 zu den Bildungsabschlüssen der Eltern).
Ergebnisse
207
Tabelle 33: Deutsch- und Mathematiknoten nach Migrationshintergrund n Deutschnote
Mathenote
M
s
ohne Mig.hintergrund
171
2,84
0,75
mit Mig.hintergrund
282
3,12
0,80
ohne Mig.hintergrund
172
2,77
1,11
mit Mig.hintergrund
282
3,11
1,15
Anmerkung: Deutschnote: T=-3,810; df=451; p<0,001; Mathenote: T=-3,165; df=452; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Unterschiede zwischen den Jugendlichen in den verschiedenen Bildungsgängen waren nicht nachweisbar. Wiederholung von Klassenstufen Insgesamt hatte gut ein Drittel (36,0%; n=478) der befragten Schüler mindestens eine Klassenstufe wiederholt. 30 Jugendliche (6,3%) gaben an, bereits mehrfach wiederholt zu haben (vgl. Anhang, Tabelle 79). Deutliche Unterschiede zeigten sich dabei zwischen den Jugendlichen in den verschiedenen Bildungsgängen. Tabelle 34: Klassenwiederholungen nach den Bildungsgängen der Jugendlichen (n=478) HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BV Bild. gang
2j.BFS
60,4%
78,3%
70,8%
52,5%
80,0%
39,6%
21,7%
29,2%
47,5%
20,0%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
169
46
96
122
45
Nie wiederholt Mind. einmal wiederholt
Anmerkungen: chi²=19,037; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
208
Ergebnisse
Tabelle 34 macht deutlich, dass es insbesondere bei den Jugendlichen der Hauptund Werkrealschule Klasse 9 und bei den Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen einen hohen Anteil von Jugendlichen mit mindestens einer Klassenwiederholung gab (39,6% bzw. 47,5%). 14,8% der Jugendlichen in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang (n=122) hatten bereits mehrfach wiederholt (vgl. Anhang, Tabelle 80). Bildungswege und Schulabschlüsse der Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr120 Bisherige Bildungswege. 84,6% der Jugendlichen in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang (n=117) hatten zuvor eine Hauptschule besucht, jeweils 6% eine Realschule bzw. eine Förderschule und jeweils 2% eine Berufliche Schule bzw. keine Schule (vgl. Anhang, Tabelle 81). Damit zeigte sich der Weg über die Hauptschule als häufigster Weg ins Berufsvorbereitungsjahr. Schulabschlüsse. 65,0% der Jugendlichen in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang (n=117) hatten die zuvor besuchte Schule mit einem Schulabschluss verlassen. 40 Jugendliche (34,2%) hatten zum Zeitpunkt der Befragung keinen Schulabschluss (vgl. Anhang, Tabelle 82). Zwei Drittel dieser Jugendlichen ohne Abschluss hatten zuvor eine Hauptschule besucht (66,7%; n=39; vgl. Anhang, Tabelle 83). Wiederum zwei Drittel dieser Gruppe verließen die Hauptschule bereits in der 7. bzw. 8. Klasse (vgl. Anhang, Tabelle 84). Darüber hinaus wiesen die Bildungsbiografien der Jugendlichen ohne Schulabschluss im Vergleich zu denen mit Schulabschluss signifikant mehr Klassenwiederholung auf: Tabelle 35 zeigt, dass fast drei Viertel der Jugendlichen ohne Abschluss (71,8%; n=39) bereits mindestens eine Klassenstufe wiederholt hatten.
120
Ohne die 7 Jugendlichen der Kooperationsklasse HS-BVJ, da diese den Schulabschluss erst nach insgesamt 10 Schuljahren machen.
Ergebnisse
209
Tabelle 35: Brüche in der Bildungsbiografie der Jugendlichen und Schulabschluss (nur berufsvorbereitende Bildungsgänge)121 Keine Klassenwiederholung Eine Klassenwiederholung Mehrere Klassenwiederholungen
Ohne Abschluss
Mit Abschluss
28,2% 38,5% 33,3%
69,3% 28,0% 2,7%
Gesamt 100,0% n 39 Anmerkungen: chi²=27,081; df=2; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
100,0% 75
Einstellung gegenüber der Schule und Erfahrung von Unterstützung Die Jugendlichen wurden nach ihren Erfahrungen bzw. ihrer Einstellung gegenüber der Schule gefragt. Dabei zeigte sich insgesamt eine eher positive Haltung gegenüber der Schule (M = 2,7; s = 0,7; n=461, vgl. Anhang, Tabelle 85).122 Auch die Unterstützung durch die Lehrer wurde eher positiv bewertet (M=2,9; s=0,8; n=458).123 Hier zeigten sich außerdem Unterschiede zwischen den verschiedenen Bildungsgängen. Tabelle 36 macht deutlich, dass sich insbesondere die Haupt- und Werkrealschüler und die Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen durch die Schule bzw. die Lehrer unterstützt fühlten. Noch stärker unterstützt fühlte sich die Gruppe der Jugendlichen ohne Schulabschluss (M= 3,2; s=0,8; n=34; vgl. Anhang, Tabelle 86).
121
Jugendliche in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang ohne Kooperationsklasse (vgl. vorige Fußnote). 122 Die Variable „Haltung gegenüber der Schule“ umfasst die Items „Es gibt viele Schulfächer, die mich interessieren“ und „Alles in allem gehe ich gerne zur Schule“ (Cronbachs Alpha =0,6). Antwortskala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 4 (trifft voll und ganz zu). 123 Die Variable „Erfahrung von Unterstützung durch die Lehrerinnen und Lehrer“ umfasst die Items „Die Lehrer unterstützen mich beim Lernen“ und „Bei Problemen kann ich mich an meine Lehrer wenden“. (Cronbachs Alpha = 0,7) Antwortskala: von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 4 (trifft voll und ganz zu).
210
Ergebnisse
Tabelle 36: Erfahrung von Unterstützung in der Schule n
M
s
HWRS 9
163
2,84
0,9
HWRS 10
43
3,05
0,7
RS 10
92
2,68
0,6
BV Bildungsgänge
116
3,03
0,8
2j. BFS
44
2,74
0,7
Gesamt 458 2,87 Anmerkungen: BF= 4,041; df = 4; 340,722; p< 0,01. Quelle: eigene Darstellung.
0,8
Zwischenfazit Anhand der ausführlichen Beschreibung der Stichprobe und anhand der Ergebnisse hinsichtlich der Bildungswege und -erfahrungen der Jugendlichen wurde deutlich, dass es statistisch signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen gibt. Als besonders zentral werden abschließend die folgenden bewertet:
Unterschiede im Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den verschiedenen Bildungsgängen; Unterschiede in den Bildungsabschlüssen der Eltern (nach Angaben der Jugendlichen), sowohl zwischen den verschiedenen Bildungsgängen als auch im Hinblick auf die ethnische Herkunft der Jugendlichen (mit vs. ohne Migrationshintergrund); Unterschiede zwischen den Noten in Deutsch und Mathematik nach dem Geschlecht der Jugendlichen und ihrer ethnischen Herkunft (mit vs. ohne Migrationshintergrund); Unterschiede in der Häufigkeit der Klassenwiederholung im Hinblick auf den besuchten Bildungsgang und das Vorliegen eines Schulabschlusses (nur berufsvorbereitende Bildungsgänge); Einschätzung der erfahrenen Unterstützung durch die Lehrerinnen und Lehrer im Hinblick auf den besuchten Bildungsgang.
Darüber hinaus deuteten sich anhand der Ergebnisse für einen Teil der Jugendlichen schwierige, von Brüchen gekennzeichnete Bildungswege ab. Diese zeigten sich insbesondere für die 40 Jugendlichen ohne Schulabschluss, die die Haupt-
Ergebnisse
211
und Werkrealschule häufig bereits in der 7. oder 8. Klasse verlassen hatten und die häufig bereits mehrere Klassenstufen wiederholt hatten. 10.2.4 Wünsche und aktuelle Perspektiven der Jugendlichen Überblick: Wünsche der Jugendlichen Im Rahmen der Fragebogenuntersuchung wurden die Jugendlichen nach ihren Wünschen gefragt. Ziel der Frage war es, zu klären, inwiefern die Jugendlichen im Anschluss an den besuchten Bildungsgang tatsächlich eine Ausbildung anstrebten und inwiefern es Unterschiede zwischen verschiedenen Schülergruppen gab. Viele Jugendlichen gaben bei der Beantwortung dieser Frage mehrere Antworten (vgl. Abbildung 3; Anhang, Tabelle 87). Insgesamt gab der größte Teil der Jugendlichen (56,5%; n=467) an, nach Abschluss des Schuljahres eine Berufsausbildung beginnen zu wollen. An zweiter Stelle (47,5%) folgte der Wunsch, eine weiterführende Schule zu besuchen (vgl. Abbildung 3; Anhang, Tabelle 87). Abbildung 3 macht deutlich, dass sich die Wünsche der Jugendlichen zum Zeitpunkt der Befragung vor allem nach dem besuchten Bildungsgang unterschieden: während die Jugendlichen der Haupt- und Werkrealschulen am häufigsten den Besuch einer weiterführenden Schule wünschten (62,7% bzw. 67,4%), lag bei den Jugendlichen der Realschulen und der Beruflichen Schulen der Wunsch nach einer Ausbildung zum Teil deutlich vorne (56,0% bzw. 71,2% und 71,1%) (vgl. Abbildung 3; Anhang, Tabelle 87).124
124
Die teilweise hohen Werte bei der Antwortmöglichkeit „Arbeiten“ lassen sich insofern relativen, als von den 44 Jugendlichen, die hier mit „ja“ antworteten nur 15 keine Alternative bzw. „weiß nicht“ als zweite Antwort angaben (8 bzw. 7 Jugendliche). Zieht man die Jugendlichen, die Alternativen (außer „weiß nicht“) angeben ab, so ergeben sich für das Item „Arbeiten“ zum Teil deutlich niedrigere Werte: HS 9: 2%; HWRS 10: 7%; RS 10: 1%; BV: 4%; 2BFS: 4%.
212
Ergebnisse
Abbildung 3:
Wünsche der Jugendlichen im Juni (n=467)125
80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% insgesamt
HWRS 9
weiter Schule Arbeiten
HWRS 10 Ausbildung Weiß nicht
RS 10
BV
2BFS
Berufsvorbereitung Sonstiges
Quelle: eigene Darstellung.
Bei den Jugendlichen ohne Schulabschluss (nicht in der Grafik; n = 39) fiel darüber hinaus auf, dass knapp ein Drittel (30,8%) nur Wünsche mit unklarer Perspektive nannte;126 dabei zeigte sich ein signifikanter Unterschied zu den Jugendlichen mit Schulabschluss (chi²= 6,015; df= 1; p<0,05; vgl. Anhang, Tabelle 88). Weitere Unterschiede zeigten sich im Hinblick auf folgende Faktoren:
125
Mädchen äußerten häufiger den Wunsch nach dem Besuch einer weiterführenden Schule (vgl. Anhang, Tabelle 91); ebenso wie Jugendliche, deren Eltern einen hohen Bildungsabschluss besaßen (vgl. Anhang, Tabelle 93), Jugendliche mit besseren Noten in Deutsch und Mathematik (vgl. Anhang, Tabelle 94) und Jugendliche mit einer positiven Haltung gegenüber der Schule (vgl. Anhang, Tabelle 95)
Es gab Mehrfachantworten. Abkürzungen: HWRS 9 bzw. 10: Haupt- und Werkrealschule Klasse 9 bzw. 10; RS 10: Realschule Klasse 10; BV: Berufsvorbereitende Bildungsgänge (BVJ, EQJ, BEJ, Kooperationsklasse HS-BVJ); 2BFS: Zweijährige Berufsfachschule. 126 „Arbeiten“, „weiß nicht“ oder „Berufsvorbereitung“
Ergebnisse
213
Dagegen wünschten sich Jugendliche mit durchschnittlich schlechteren Noten und Jugendliche, deren Eltern einen mittleren oder niedrigen Bildungsabschluss besaßen, häufiger eine Ausbildungsstelle (vgl. Anhang, Tabelle 89 und Tabelle 90). Auch hinsichtlich der besuchten Schule (jeweils derselben Schulart) zeigten sich zum Teil signifikante Unterschiede (vgl. Anhang, Tabellen 96 bis 99).
Eine mögliche Ursache dafür, dass gerade Jugendliche mit Hauptschulabschluss häufig den Besuch einer weiterführenden Schule wünschten, könnte in ihrer pessimistischen Einschätzung des eigenen Marktwertes liegen. Der Wunsch, eine weiterführende Schule zu besuchen, könnte dann als Strategie zur Aufwertung des eigenen Bildungsabschlusses bzw. Marktwertes verstanden werden. Dass gerade Mädchen besonders häufig den Wunsch nach einer weiterführenden Schule äußerten, könnte außerdem in der Struktur des deutschen Berufsbildungssystems begründet liegen: viele für Mädchen attraktive Berufe (u.a. zahlreiche Gesundheitsberufe) setzen einen mittleren Bildungsabschluss voraus. Die Unterschiede hinsichtlich des Bildungsabschlusses der Eltern können dagegen als Einfluss der Eltern bzw. der sozialen Herkunft auf die angestrebten Bildungswege interpretiert werden. Dass auch die Einzelschule Einfluss auf die Ausprägung von Wünschen hat, könnte einerseits mit der Zusammensetzung der Schülerschaft zusammenhängen. Möglich wäre aber auch, dass die speziellen Beratungs- und Übergangskonzepte der Schulen eine Rolle spielen. Überblick: Perspektiven der Jugendlichen Die Jugendlichen wurden auch nach ihrer aktuellen Situation im Hinblick auf das kommende Schul- bzw. Ausbildungsjahr gefragt. Wenngleich anhand dieser Selbstauskunft der Jugendlichen im Juni noch keine endgültige Aussage über den tatsächlichen Verbleib möglich ist, konnte auf diese Weise ein Bild der Situation der Jugendlichen kurz vor Ende des Schuljahres gezeichnet werden. Die große Zahl an Mehrfachantworten kann dabei zum einen als Zeichen von Unsicherheit und unklaren Perspektiven, zum anderen als Zeichen von Flexibilität hinsichtlich der möglichen Wege gedeutet werden. Auch der große Anteil derjenigen, die zum Zeitpunkt der Befragung, ca. vier Wochen vor Ende des Schuljahres, noch keine sichere Angabe zum weiteren Bildungs- bzw. Ausbildungsgang machen konnten (38%; vgl. Abbildung 4; An-
214
Ergebnisse
hang, Tabelle 100)127, lässt vermuten, dass die Situation der Jugendlichen zum Zeitpunkt der Befragung einerseits von Unsicherheit, anderseits von (notwendiger) Flexibilität geprägt war. Insbesondere die Jugendlichen in den Berufsvorbereitenden Bildungsgängen (58,1%;) und die Jugendlichen der Werkrealschulklassen 10 (47,7%) hatten im Juli besonders häufig keine sichere Perspektive („weiß nicht“; vgl. Abbildung 4; Anhang, Tabelle 100). Bei den Jugendlichen ohne Schulabschluss waren es 74% (nicht in der Grafik). Abbildung 4:
Perspektiven der Jugendlichen im Juni (n=469)128
70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% insgesamt HWRS 9 HWRS 10 weiter Schule Berufsvorbereitung Weiß nicht
RS 10 BV Ausbildung Arbeiten Sonstiges
2BFS
Quelle: eigene Darstellung.
127
Auch die Antworten „Ich habe mich um eine Ausbildungsstelle beworben und warte noch auf Antwort“ bzw. „Ich hoffe, später noch eine Zusage für einen Schulplatz zu bekommen“ wurden zur Kategorie „weiß nicht“ gezählt. 128 Es gab Mehrfachantworten. In der Grafik wurden die Antworten an der Zahl der Jugendlichen, die geantwortet haben, relativiert. Aus diesem Grund können sich in der Summe über 100% ergeben.
Ergebnisse
215
Abbildung 4 zeigt, dass insgesamt ca. 35% der Befragten die (vorläufige) Zusage einer weiterführenden Schule, weniger als 30% jedoch eine Zusage für einen Ausbildungsplatz hatten (vgl. Abbildung 4; Anhang, Tabelle 100). Außerdem werden Unterschiede zwischen den Bildungsgängen deutlich: Abbildung 4 zeigt, dass die Abgängerinnen und Abgänger der allgemeinbildenden Schulen (HWRS 9/10, RS 10) am häufigsten die Zusage einer weiterführenden Schule hatten, während die Jugendlichen der Beruflichen Schulen (BV, 2BFS) am häufigsten eine Ausbildungsplatzzusage vorweisen konnten (vgl. Anhang, Tabelle 100). Sichere und unsichere Perspektiven im Hinblick auf das kommende Schul- und Ausbildungsjahr Insgesamt gab gut ein Drittel der Jugendlichen (35,6%; n= 469) gar keine sichere Perspektive im Hinblick auf das kommende Schul- und Ausbildungsjahr an (vgl. Anhang, Tabelle 107). Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede im Hinblick auf die Noten der Jugendlichen in den Fächern Deutsch und Mathematik (vgl. Tabelle 37) und im Hinblick auf den besuchten Bildungsgang (vgl. Tabelle 38).
129
Tabelle 37: Sichere Perspektiven und Noten in den Fächer Deutsch und Mathematik N Deutschnote Mathenote
Keine sichere Perspektive Sichere Perspektive Keine sichere Perspektive
155 293 156
M 3,4 2,8 3,4
s 0,7 0,8 1,1
Sichere Perspektive 293 2,7 1,1 Anmerkungen: Deutschnote: T=6,907; df=446; p<0,001; Mathenote: T=6,465; 447; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Während Tabelle 37 auf die Schwierigkeiten der Jugendlichen mit durchschnittlich schlechteren Schulnoten verweist, macht Tabelle 38 vor allem auf die Probleme der Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen aufmerksam: Hier hatte weniger als die Hälfte der Jugendlichen (45,3%; n=396) eine sichere Perspektive. 129
Als sichere Perspektive wurde gewertet: Die Zusage eines Ausbildungsplatzes oder einer weiterführenden Schule, die Zusage Bund/Zivildienst, die Zusage eines FSJ, die Zusage eines Praktikums/Auslandsaufenthaltes, die Zusage einer FOS und einer Sportschule (unter Sonstiges).
216
Ergebnisse
Tabelle 38: Jugendliche ohne sichere Perspektive nach Bildungsgängen (n=496) HWRS 9
HWRS 10 Keine sichere Perspektive 32,7% 34,1% Sichere Perspektive 67,3% 65,9% Gesamt 100,0% 100,0% n 168 44 Anmerkungen: chi²=31,127; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
RS 10 28,4% 71,6% 100,0% 95
BV Bild. gang. 54,7% 45,3% 100,0% 117
2j.BFS 13,3% 86,7% 100,0% 45
Darüber hinaus zeigte sich innerhalb der Gruppe der Jugendlichen in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang ein signifikanter Unterschiede zwischen den Jugendlichen mit Schulabschluss am Ende der allgemeinbildenden Schule (44,6%; n=74) und den Jugendlichen ohne Schulabschluss (71,4%; n= 35; vgl. Tabelle 39). Tabelle 39: Sichere Perspektiven im Hinblick auf das kommende Schuljahr und Schulabschluss (nur berufsvorbereitende Bildungsgänge; n=109) Ohne Abschluss Keine sichere Perspektive 71,4% Sichere Perspektive 28,6% Gesamt 100,0% n 35 Anmerkungen: chi²= 6,872; df= 1; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Mit Abschluss 44,6% 55,4% 100,0% 74
Auch für Jugendliche, die bereits Klassenstufen wiederholt hatten, ergab sich seltener eine sichere Perspektive (chi² = 11,785; df = 2; p < 0,01; vgl. Anhang, Tabelle 108). Stand der Berufsentscheidung Das Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts (vgl. BMBF 2008a) zeigte, dass Jugendliche mit unklaren Berufsvorstellungen häufiger Schwierigkeiten am Übergang hatten. Die Jugendlichen der Abschlussklassen wurden daher nach dem Stand ihrer Berufsentscheidung gefragt. Von den Jugendlichen, die im kommenden Schuljahr eine Ausbildung beginnen wollten gaben knapp zwei Drittel (63,6%; n=256) an, sich bereits sicher für einen Beruf entschieden zu
Ergebnisse
217
haben. Von den Jugendlichen mit anderem Wunsch (z.B. weiterführende Schule) hatte sich erst ein Viertel der Befragten (24,8%; n=206) für einen Beruf entschieden. (vgl. Anhang, Tabelle 101) Dass immerhin ein Drittel der Jugendlichen, die aktuell eine Ausbildung anstrebten, noch keine sichere Berufsentscheidung getroffen hatte, kann dabei zum einen als Zeichen von Unsicherheit gedeutet werden, zum anderen aber auch als Hinweis auf eine große Flexibilität im Hinblick auf eine mögliche Ausbildungsstelle: „Hauptsache überhaupt eine Ausbildung“. Realisierung von Ausbildungs- und Schulwünschen Aufgrund der Mehrfachantworten bei Wünschen und tatsächlicher Situation wurde für die folgenden Berechnungen eine Variable gebildet, die Aussagen zur Übereinstimmung des Wunsches und der aktuellen Situation der Jugendlichen macht.130 Abbildung 5 (vgl. Anhang, Tabellen 102 bis 106) zeigt die Realisierung der Ausbildungs- und Schulwünsche im Überblick. Insgesamt wird anhand der Grafik deutlich, dass weniger als die Hälfte der ausbildungswilligen Jugendlichen im Juni eine Zusage für einen Ausbildungsplatz hatte, während immerhin knapp drei Viertel der Jugendlichen ihren Wunsch, eine weiterführende Schule zu besuchen, realisieren konnten. Hinsichtlich des Wunsches, eine Ausbildung zu beginnen, zeigten sich dabei statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Bildungsgängen: insbesondere die Jugendlichen der Haupt- und Werkrealschule Klasse 9 und der berufsvorbereitenden Bildungsgänge hatten Schwierigkeiten, ihren Ausbildungswunsch zu realisieren (chi²=15,923; df=4; p<0,01; vgl. Anhang, Tabelle 104).
130
Aus den Variabeln „Wunsch“ und „Situation“ wurden neue Variablen gebildet, die Auskunft darüber geben, ob die Jugendlichen ihren Ausbildungs- bzw. Schulwunsch realisieren konnten (z.B. aus „Wunsch weiterführende Schule“ und „aktuelle Situation“ wurde die neue Variable „Wunsch weiterführende Schule erfüllt/nicht erfüllt“. In die Berechnungen wurden nur die Jugendlichen einbezogen, die sowohl eine Angabe zu ihrem Wunsch als auch zu ihrer Situation machten.
218
Ergebnisse
Abbildung 5:
Überblick: Realisierung von Ausbildungs- und Schulwünschen
90% 80%
78%
77%
73%
65%
70% 60% 50%
77% 75% 62%
53% 47%
47% 40%
39%
40% 30% 20% 10% 0% gesamt
HWRS 9
HWRS 10 RS 10 Wunsch Ausbildung erfüllt Wunsch Schule erfüllt
BV
2j. BFS
Quelle: eigene Darstellung.
Anhand der Grafik (vgl. Abbildung 5; Summen über 100%) wird auch deutlich, dass manche Jugendliche mehrere Optionen angegeben hatten, dass sie zum Zeitpunkt der Befragung also sowohl eine Zusage für einen Ausbildungsplatz als auch für eine weiterführende Schule hatten. Eine vertiefende Untersuchung der Realisierung des Schul- bzw. des Ausbildungswunsches verwies darüber hinaus auf Unterschiede zwischen den folgenden Gruppen:
Im Hinblick auf die Verwirklichung des Schulwunsches zeigte sich lediglich ein Unterschied im Hinblick auf die Noten, die den Zugang zu den weiterführenden Bildungsgängen regeln (vgl. Anhang, Tabelle 109).
Dagegen konnten für die Realisierung des Ausbildungswunsches Unterschiede zwischen folgenden Gruppen nachgewiesen werden:
Ergebnisse
219
Die jungen Frauen (39,5%; n=114) konnten ihren Ausbildungswunsch seltener realisieren als die jungen Männer (53,2%; n=141; chi²=4,76; df=1; p<0,05; vgl. Anhang, Tabelle 110). Die Jugendlichen mit Migrationshintergrund (36,7%; n=150) konnten seltener eine gewünschte Ausbildung aufnehmen als Jugendliche deutscher Herkunft (62,1%; n=103; chi²=15,90; df=1; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 111). Jugendliche mit besseren Noten in Deutsch und Mathematik hatten häufiger eine Zusage für einen Ausbildungsplatz (vgl. Tabelle 40).
Tabelle 40: Deutsch- und Mathematiknoten
Deutschnote
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt
N
M
s
125
3,3
0,7
117
3,0
0,7
Wunsch Ausbildung nicht 125 3,3 1,0 erfüllt Mathenote Wunsch Ausbildung erfüllt 117 2,8 1,1 Anmerkungen: Deutschnote: T=2,94; df=239,9; p<0,01; Mathenote: T=3,32; df=240; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Jugendliche mit bildungsbiografischen Brüchen in Form von Klassenwiederholungen konnten ihren Wunsch nach einem Ausbildungsplatz weniger häufig verwirklichen (chi²=5,110; df=1; p<0,05; vgl. Anhang, Tabelle 112). Ein weiterer Unterschied zeigte sich auch bezüglich des besuchten Bildungsgangs. Tabelle 41 macht deutlich, dass insbesondere Jugendliche der 9. Klasse (Haupt- und Werkrealschule) und Jugendliche in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang Schwierigkeiten hatten, ihren Ausbildungswunsch bis Juni zu realisieren.
220
Ergebnisse
Tabelle 41: Realisierung des Ausbildungswunsches nach Bildungsgängen
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt n
HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BV2j.BFS Bild.gang
59,7%
52,9%
46,7%
61,2%
22,6%
40,3%
47,1%
53,3%
38,8%
77,4%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
77
17
45
85
31
Anmerkungen: chi²=15,923; df=4; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Im Hinblick auf erfolgreiche Übergänge in Ausbildung nach dem Besuch eines weiterführenden Bildungsganges im Anschluss an die Hauptschule (Klasse 9), gab es Unterschiede zwischen den Jugendlichen der Werkrealschule (Klasse 10) und den Jugendlichen der Zweijährigen Berufsfachschule: Jugendliche, die eine Zweijährige Berufsfachschule besucht hatten konnten ihren Ausbildungswunsch mit 77,4% (n=31) deutlich häufiger realisieren als Jugendliche, die eine Werkrealschule (Klasse 10) besucht hatten (47,1%; n=17) (chi²=4,554; df=1; p<0,05; vgl. Anhang, Tabelle 105). Auch hinsichtlich des Standes der Berufsentscheidung zeigten sich Unterschiede: Während ca. zwei Drittel der Jugendlichen mit sicherer Berufsentscheidung (64,2%; n= 159) im Juni eine Ausbildungsplatzzusage hatten, konnten nur 23,8% (n=21) der Jugendlichen ohne bzw. 14,5% (n=69) mit unsicherer Berufsentscheidung im Juni eine Ausbildungsstelle vorweisen (chi²=52,582; df=2; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 113). Kein Unterschied zeigte sich hinsichtlich der Zahl der verschickten Bewerbungen; wohl aber im Hinblick auf die absolvierten Vorstellungsgespräche (vgl. Anhang, Tabelle 114).
10.2.5 Unterstützungsangebote am Übergang Die Jugendlichen wurden im Rahmen der Fragebogenuntersuchung zu ihrer Teilnahme an berufsorientierenden Maßnahmen befragt. Außerdem wurden sie gebeten, die besuchten Angebote daraufhin zu bewerten, ob sie ihnen bei ihrer individuellen Berufsorientierung geholfen haben.
Ergebnisse
221
Überblick: Teilnahme an Unterstützungsmaßnahmen und deren Bewertung Abbildung 6 gibt einen Überblick über die von den Jugendlichen im Rahmen der Schule wahrgenommenen Einzelangebote zur Berufsorientierung. Abbildung 6:
Im Rahmen der Schule wahrgenommene Angebote zur Berufsorientierung (n=469)131
Schriftl. Bewerbung Praktika BIZ Bildungsmesse Bewerb.gespräch Test zu Fähigkeiten Einstellungstest BerufsberaterIn KlassenlehrerIn BeratungslehrerIn Schulsoz.arbeiterIn FachlehrerIn
88% 87% 76% 69% 61% 56% 56% 55% 42% 30% 27% 17% 0%
20%
40%
60%
80%
100%
Quelle: eigene Darstellung.
Dabei wird deutlich, dass Angebote wie das Training von Bewerbungsschreiben, Praktika und der Besuch des Berufsinformationszentrums (BIZ) von mehr als drei Vierteln der Jugendlichen genannt wurden (Plätze 1 bis 3), während Angebote wie die Beratung durch einen Fachlehrer bzw. eine Fachlehrerin, einen Schulsozialarbeiter bzw. eine Schulsozialarbeiterin oder einen Beratungslehrer bzw. eine Beratungslehrerin von weniger als einem Drittel der Jugendlichen angegeben wurden (Plätze 10 bis 12) (vgl. Abbildung 6; Anhang; Tabelle 115). Die Jugendlichen wurden darüber hinaus gebeten, die Angebote, an denen sie teilgenommen hatten, zu bewerten. Abbildung 7 (vgl. Anhang; Tabelle 121) zeigt die durchschnittlichen Bewertungen der Jugendlichen über alle Angebote hinweg.
131
Mehrfachantworten waren möglich.
222 Abbildung 7:
Ergebnisse Bewertung der wahrgenommenen Angebote durch die Jugendlichen132
Praktika Schriftl. Bewerbung Bewerb.gespräch Fachlehrer Klassenlehrer Einstellungstest Schulsozialarbeiter Test zu Fähigkeiten Beratungslehrer Berufsberater Bildungsmesse BIZ
3,2 3,1 3,1 3,0 3,0 2,9 2,8 2,7 2,7 2,4 2,4 2,2 0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
Quelle: eigene Darstellung.
Der Vergleich mit der Teilnahme an den Angeboten macht dabei deutlich, dass häufig genannte Angebote wie der Besuch des Berufsinformationszentrums oder der Bildungsmesse von den Jugendlichen eher kritisch bewertet wurden (Teilnahme: Plätze 3 und 4; Bewertung: Plätze 11 und 12), während die seltener genutzten, individuellen Beratungen als hilfreicher empfunden wurden (Teilnahme: Plätze 9 bis 12; Beratung: Plätze 4, 5, 7, 9). Als Ausnahmen zeigten sich Praktika (Teilnahme: Platz 2; Bewertung: Platz 1) und das Training schriftlicher Bewerbungen (Teilnahme: Platz 1; Bewertung: Platz 2). Da für beide Angebote jedoch kein direkter Zusammenhang mit der Bildungsoffensive hergestellt werden konnte (z.B. Erarbeitung eines spezifischen Konzeptes) und da beide von mehr als 85% der Jugendlichen wahrgenommen wurden, sind sie in die folgenden Berechnungen nicht mehr einbezogen. Insgesamt hatten die Jugendlichen im Durchschnitt 6,6 Angebote wahrgenommen (n=469; s=2,3; vgl. Anhang, Tabelle 117). Ein Zusammenhang mit einer sicheren Berufsentscheidung bzw. einer Ausbildungsplatzzusage konnte für keine der Unterstützungsmaßnahmen nachgewiesen werden.
132
1: überhaupt nicht geholfen; 2: eher nicht geholfen; 3: eher geholfen; 4: sehr geholfen
Ergebnisse
223
Struktur der Angebote Strukturiert nach der Art der jeweiligen Angebote, zeigte sich, dass Trainingsangebote über alle Befragtengruppen hinweg am häufigsten wahrgenommen wurden, gefolgt von Beratungs- bzw. Informationsangeboten. (vgl. Abbildung 8; Anhang, Tabelle 116) Abbildung 8:
Struktur der wahrgenommenen Angebote
3 2,5 2 1,5
2,3
2,2 2,0 1,7
1,9
1,9
1,8
1,6
1,4
2,3 2,0
1,9
1,5
1,4
1,3 1,0
1
1,0 0,8
0,5 0
Information Beratung Training Quelle: eigene Darstellung.
Gleichzeitig wird anhand der Grafik (vgl. Abbildung 8) deutlich, dass es Unterschiede zwischen den Bildungsgängen gibt:133 während die Jugendlichen der berufsvorbereitenden Bildungsgänge am häufigsten Beratungsangebote nutzten, nahmen die Schülerinnen und Schüler der Realschulen am häufigsten Informations- und Trainingsangebote wahr. Diese Unterschiede können einerseits auf eine 133
Angebot Beratung: BF = 25,111 df=4; 342,131; p < 0,001; Angebot Training: BF = 7,662; df= 4; 237,309; p< 0,001; Angebot Information: BF = 35,176; df= 4; 221,223; p < 0,001 (vgl. Anhang, Tabelle 116).
224
Ergebnisse
zielgruppenspezifische Ausrichtung der Angebote in den verschiedenen Bildungsgängen hinweisen. Andererseits könnten sie aber auch durch Unterschiede in den jeweiligen Ressourcen (z.B. verfügbare Stunden für individuelle Beratung, für Schulsozialarbeit) bedingt sein. Betrachtet man die Angaben der Jugendlichen aus Klassenstufe 9 und 10 (jeweils Haupt- und Werkrealschule) im Vergleich, so deuten die Ergebnisse außerdem an, dass in Klasse 10 insgesamt weniger Angebote wahrgenommen wurden. Da nach den Angeboten der aktuell besuchten Schule gefragt wurde, ist darüber hinaus zu vermuten, dass die tatsächlich wahrgenommenen Angebote in Klasse 10 noch niedriger liegen, weil Jugendliche, die die neunte Klasse an der gleichen Schule besucht hatten, vermutlich auch Unterstützungsangebote aus Klasse 9 genannt haben. Als zentrale Elemente der Bildungsoffensive bei der Gestaltung des Übergangs wurden die Bildungsmesse (Schwerpunkt Information und Kontaktaufnahme) und die Schulsozialarbeit am Übergang (Projekt „Starthilfen“; Schwerpunkt Beratung) genauer untersucht. Bildungsmesse. Insgesamt hatten ca. 70% der Befragten die Bildungsmesse besucht (vgl. Abbildung 6). Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Bildungsgängen. Tabelle 42 macht deutlich, dass die Bildungsmesse am häufigsten von Jugendlichen der Realschulen besucht wurde (94,8%; n=459). Jugendliche der berufsvorbereitenden Bildungsgänge besuchten die Bildungsmesse am seltensten (40,0%). Tabelle 42: Teilnahme an der Bildungsmesse nach Bildungsgängen HWRS 9
HWRS 10
RS 10
Berufsvorb. Bildungsgang
2j.BFS
Nein
25,8%
40,9%
5,2%
60,0%
6,7%
Ja
74,2%
59,1%
94,8%
40,0%
93,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
159
44
96
115
45
Anmerkungen: Der Unterschied ist sehr signifikant (chi²=93,523; df=4; p<0,001). Quelle: eigene Darstellung.
Als Ursache für Unterschiede zwischen den Bildungsgängen können dabei wiederum unterschiedliche Bedürfnissen bzw. Voraussetzungen der Jugendlichen angenommen werden. Sie führten vermutlich dazu, dass die Bildungsmesse, die zunächst für alle Jugendlichen am Übergang gedacht war, mehr oder weniger
Ergebnisse
225
stark in die jeweiligen Konzepte der schulischen Berufsorientierung integriert wurde. Analysiert man die Teilnahme an der Bildungsmesse im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen, so zeigt sich auf den ersten Blick ein positiver Effekt. Tabelle 43 macht deutlich, dass Jugendliche, die die Bildungsmesse besuchten, häufiger eine sichere Perspektive hatten: Insgesamt hatten 70,2% der Teilnehmer (n=315) eine sichere Perspektive, aber nur 55,6% der Jugendlichen, die die Bildungsmesse nicht besucht hatten (n=135). Tabelle 43: Besuch der Bildungsmesse und sichere Perspektive im Juni Bildungsmesse
Keine Teilnahme
Teilnahme
Keine sichere Perspektive
44,4%
29,8%
Sichere Perspektive
55,6%
70,2%
Gesamt
100,0%
100,0%
n
135
315
Anmerkungen: chi² =8,952; df =1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Bei der Betrachtung der einzelnen Bildungsgänge bestätigte sich dieser Unterschied jedoch nicht, sodass davon ausgegangen werden muss, dass dieser Effekt lediglich auf den besuchten Bildungsgang zurückzuführen ist. Für den Erhalt einer Ausbildungsstelle konnte ein Zusammenhang mit dem Besuch der Bildungsmesse weder insgesamt noch innerhalb der Bildungsgänge nachgewiesen werden (vgl. Anhang, Tabelle 122). Schulsozialarbeit. Die Schulsozialarbeit, die im Rahmen der „Bildungsoffensive“ gefördert wurde, begleitete laut Dokumentenanalyse und Experteninterviews vor allem den Übergang von Hauptschülerinnen und Hauptschülern der Klasse 9 (Projekt „Starthilfen“). Dies zeigte sich auch anhand der Daten: Tabelle 44 macht deutlich, dass bei den allgemeinbildenden Schulen, die im Zentrum der Bildungsoffensive standen, vor allem Jugendliche der Hauptschulen (Klasse 9) beraten wurden (Beratungsquote 40,4%; n=156). Darüber hinaus konnte ein Schwerpunkt sozialpädagogischer Beratung in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen festgestellt werden (41,1%; n=112).
226
Ergebnisse
Tabelle 44: Beratung durch die Schulsozialarbeit (nach Bildungsgang) HWRS 9
HWRS 10
RS 10
Berufsvorb. 2j.BFS Bild.gang
59,6%
70,5%
97,9%
58,9%
95,6%
40,4%
29,5%
2,1%
41,1%
4,4%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
156
44
94
112
45
Nicht teilgenommen Teilgenommen
Anmerkungen: chi²= 65,097; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Dass auch viele Jugendliche der Werkrealschule (Klasse 10) angegeben hatten, durch einen Schulsozialarbeiter bzw. eine Schulsozialarbeiterin beraten worden zu sein, kann auf zwei Arten erklärt werden: (1) Die Angebote im Projekt „Starthilfen“ wurden auch für ratsuchende Jugendliche der 10. Klasse geöffnet. (2) Die Jugendlichen der 10. Klasse suchten die Beratungsangebote bereits im vorigen Schuljahr auf. Auch die Beratungsquote bei den Jugendlichen der berufsvorbereitenden Bildungsgänge kann möglicherweise auf einen solchen Effekt (v.a. Punkt 2) zurückgeführt werden. Darüber hinaus wurde anhand der Experteninterivews (vgl. Interview V) aber deutlich, dass es hier weitere Angebote gibt, die jedoch nicht im direkten Zusammenhang mit der „Bildungsoffensive“ stehen. Da sich bei der Beratung durch die Schulsozialarbeit auch große Unterschiede zwischen den Einzelschulen zeigten, wurden im Folgenden nur Schulen in die Berechnung einbezogen, bei denen die Teilnahme an der Beratung mindestens 30% betrug. Für diese Schulen wurde angenommen, dass es ein spezifisches Konzept sowie Ressourcen zur individuellen Beratung am Übergang gibt. Insgesamt wurden damit 5 Haupt- und Werkrealschulen und zwei Berufliche Schulen einbezogen (vgl. Anhang, Tabelle 126). Analysiert man die Teilnahme an der Beratung durch die Schulsozialarbeit im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen, so zeigt sich zunächst ein gegenteiliger Effekt (vgl. Tabelle 45): Die Jugendlichen, die keine Beratung erhielten, hatten häufiger eine sichere Perspektive. Dieses Ergebnis lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass die Beratung vor allem den Jugendlichen mit Schwierigkeiten am Übergang zuteil wurde und kann damit als Anzeichen einer gezielten Beratung interpretiert werden.
Ergebnisse
227
Tabelle 45: Teilnahme an der Beratung durch die Schulsozialarbeit und sichere Perspektive Schulsozialarbeiter
keine Teilnahme
Teilnahme
Keine sichere Perspektive
30,1%
45,6%
Sichere Perspektive
69,9%
54,4%
Gesamt
100,0%
100,0%
n
319
125
Anmerkungen: chi² = 9,561; df = 1; p< 0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Ausgehend davon erscheint es umso erfreulicher, dass sich zumindest bei der Gruppe der Jugendlichen ohne Schulabschluss positive Anzeichen der Wirksamkeit dieser Beratung abzeichneten. Tabelle 46 deutet an, dass diejenigen Jugendlichen ohne Schulabschluss, die durch einen Schulsozialarbeiter beraten wurden, etwas häufiger eine sichere Perspektive nannten. Tabelle 46: Schüler ohne Abschluss: Beratung durch die Schulsozialarbeit und sichere Perspektive134 Schulsozialarbeiter
keine Teilnahme
Teilnahme
Keine sichere Perspektive Sichere Perspektive
15 (83,3%) 3 (16,7%)
8 (57,1%) 6 (42,9%)
Gesamt n
100,0% 18
100,0% 14
Quelle: eigene Darstellung.
Da ein signifikanter Unterschied aufgrund der kleinen Fallzahl aber nicht gemessen werden konnte, ist das Ergebnis sehr vorsichtig zu interpretieren. Es wurde daher in der Planung der qualitativen Studie aufgegriffen, indem sowohl Jugendliche mit als auch ohne Schulabschluss befragt wurden.
134
Der chi²-Test ist aufgrund der zu kleinen Zellgrößen nicht interpretierbar. Das Ergebnis ist daher sehr vorsichtig zu interpretieren.
228
Ergebnisse
Unterschiede zwischen Einzelschulen Unterschiede wurden auch zwischen den einzelnen Schulen (einer Schulart) deutlich: Bei den Haupt- und Werkrealschulen zeigten sich Unterschiede bei der Teilnahme an Beratungs-, Trainings- und Informationsangeboten (vgl. Abbildung 9; Anhang, Tabelle 118).135 Bei den Realschulen waren Unterschiede bei der Teilnahme an Trainingsangeboten nachweisbar.136 An den Beruflichen Schulen gab es Unterschiede bei der Teilnahme an Beratungsangeboten.137 Für die Haupt- und Werkrealschulen ergab sich daraus folgendes Bild (vgl. Abbildung 9). Abbildung 9:
3,5
Wahrnehmung von Angeboten an den einzelnen Haupt- und Werkrealschulen
3,2
3
3 2,5 2
2,4 1,8 1,6
2,5
1,6
1,8
2,1
2,1 1,9 1,6
1,8
1,5 1,1 1
2,5
2,4
2,3
2,2
2 1,7
1,8
1,3 0,9
0,7
0,5 0 HWRS A HWRS B HWRS C HWRS D HWRS E HWRS F HWRS G HWRS H Beratung Information
Training
Quelle: eigene Darstellung. 135
HWRS: Angebot Beratung: F= 10,910; df= 7; 207; p< 0,001; Angebot Training: F= 2,817; df = 7; 2,458 p< 0,01; Angebot Information BF= 3,423; df = 7; 157,017; p< 0,01 (vgl. Anhang, Tabelle 118). 136 RS: Angebot Training: BF= 12,504; df= 3; 69,696; p<0,001 (vgl. Anhang; Tabelle 119). 137 BS: Angebot Beratung: BF= 7,145; df= 3; 149,765; p< 0,001 (vgl. Anhang; Tabelle 120).
Ergebnisse
229
Abbildung 9 zeigt, dass die Jugendlichen je nach besuchter Schule unterschiedliche Angebote wahrgenommen hatten: Während an den Schulen A, E und H häufiger Beratungsangebote wahrgenommen wurden, waren es an den Schulen B, C und D eher Trainingsangebote (vgl. Anhang, Abbildung 118). Geht man davon aus, dass die von den Jugendlichen wahrgenommenen Angebote auch Auskunft über die Angebote und Konzepte der einzelnen Schulen machen, so kann anhand der Daten vermutet werden, dass es Unterschiede zwischen den Unterstützungskonzepten der einzelnen Schulen gibt. Die Hinweise auf Unterschiede zwischen einzelnen Schulen deuteten sich auch anhand der Angebote im Rahmen der „Bildungsoffensive“ an:
Bildungsmesse: An den Hauptschulen betrug die Teilnahmequote zwischen 7% und 100% pro Schule (vgl. Anhang, Tabelle 123); an den Beruflichen Schulen zwischen 25% und 79% (chi²=26,86; df=3; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 125). Weniger groß waren die Unterschiede zwischen den Realschulen (zwischen 88% und 100%; vgl. Anhang, Tabelle 124).138 Schulsozialarbeit. Unterschiede zeigten sich zwischen den einzelnen Hauptund Werkrealschulen: Während einzelne Schulen eine Beratungsquote von 86% erreichten, kamen andere nur auf 31% (chi²=24,74; df=4; p<0,001; vgl. Anhang; Tabelle 129).139
Während für die Unterschiede zwischen den Einzelschulen einerseits eine zielgruppenspezifische und ressourcenbedingte Erklärung möglich ist, können darüber hinaus Unterschiede in der Verankerung einzelner Elemente im jeweiligen Unterstützungskonzept der Schulen bzw. im Engagement einzelner Lehrer als Erklärungen herangezogen werden. Dass es hier Unterschiede gibt, deutete sich bereits in den Ergebnissen der Dokumentenanalyse und der Experteninterviews an. Die Gegenüberstellung ausgewählter Merkmale zur Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler (hier: Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund) und der bis Juni realisierten Übergängen bzw. Perspektiven (vgl. Tabelle 47) kann den Einfluss der Einzelschule zwar nicht belegen, sie gibt aber weiteren Hinweise darauf, dass Einzelschulen bzw. ihre Gestaltungskonzepte Einfluss auf das Gelingen von Übergängen haben. 138
139
Haupt- und Werkrealschule und Realschule: Der chi²-Test konnte aufgrund kleiner Zellgrößen nicht interpretiert werden. Unterschiede zeichneten sich aber deutlich ab, vor allem für die Hauptund Werkrealschulen. Einbezogen in die Berechnung waren 5 Haupt- und Werkrealschulen mit einer Beratungsquote von mindestens 30% (vgl. Berechnungen zur Beratung durch die Schulsozialarbeit). Keine Unterschiede zeigten sich zwischen den beiden Beruflichen Schulen (vgl. Anhang, Tabelle 130).
230
Ergebnisse
Anhand der Gegenüberstellung in Tabelle 47 wird deutlich, dass in Schulen mit geringem Migrationsanteil (z.B. Schulen D und C) der Anteil der Jugendlichen mit sicherer Perspektive bzw. mit erfülltem Ausbildungswunsch höher lag als an anderen Schulen. An Schulen mit einem hohen Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund (z.B. Schulen B und H) hatten die Jugendlichen dagegen seltener eine sichere Perspektive bzw. konnten ihren Ausbildungswunsch seltener erfüllen. Während diese Unterschiede im Hinblick auf das Vorliegen eines Migrationshintergrundes bereits im Abschnitt 10.2.4 aufgezeigt werden konnten, macht die Gegenüberstellung in Tabelle 47 deutlich, dass es einzelnen Schulen (hier Schule E) trotz hohem Migrationsanteil gelang, gute Übergangsquoten zu erzielen. Für diese Schule wird daher ein Zusammenhang mit dem Gestaltungskonzept vermutet. Tabelle 47: Ausgewählte Merkmale der untersuchten Haupt- und Werkrealschulen140 a: Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund Migrationshintergrund
< 60%
60 – 80%
>80%
Schulen (aufsteigend)
D
C
F
A
G
B
H
E
n (Anzahl d. befr. Jugendl.)
21
6
23
16
42
17
13
30
b: Anteil der Schüler, die im Juni eine sichere Perspektive haben Sichere Perspektive
> 80%
80 - 60%
< 60%
Schulen (absteigend)
C
D
F
A
G
E
H
B
n (Anzahl d. befr. Jugendl.)
7
21
23
16
42
29
13
17
c: Anteil der Schüler, die im Juni eine Ausbildungsplatzzusage haben Wunsch Ausbildung erfüllt Schulen (absteigend)
> 60% C
n (Anzahl d. befr. 3 Jugendl.) Quelle: eigene Darstellung.
140
60 - 30%
< 30%
D
E
F
A
G
B
H
6
21
11
7
17
9
3
Aufgrund der kleinen Fallzahlen sollten die Ergebnisse sehr vorsichtig interpretiert werden.
Ergebnisse
231
10.2.6 Wichtige Personen am Übergang Im Rahmen der quantitativen Untersuchung wurden die Jugendlichen auch gefragt, welche Personen bei der Berufsorientierung und bei Bewerbungen wichtig waren. Abbildung 10: Wichtige Personen im Prozess der Berufsorientierung und bei Bewerbungen (=474)141
Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 10 zeigt, dass die Beratung durch die Eltern von ca. zwei Dritteln der Jugendlichen als wichtig eingeschätzt wurde – deutlich häufiger als die Beratung durch Lehrer und Schulsozialarbeiter. Immerhin jeder sechste Jugendliche (17%; n=474) gab an, keine Unterstützung durch andere Personen erfahren zu haben. (vgl. Anhang, Tabelle 131). Die beiden am häufigsten genannten Begleiter, Eltern und Lehrkräfte, wurden im Folgenden genauer untersucht.
141
Mehrfachantworten waren möglich.
232
Ergebnisse
Bedeutung der Eltern Im Hinblick auf die Bedeutung der Eltern zeigten sich Unterschiede zwischen folgenden Gruppen: Tabelle 48: Bedeutung der Eltern nach Bildungsgängen HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BV
2j.BFS
Eltern nicht wichtig
32,5%
42,2%
20,2%
50,0%
31,1%
Eltern wichtig
67,5%
57,8%
79,8%
50,0%
68,9%
Gesamt
100%
100%
100%
100%
100%
n
166
45
94
124
45
Anmerkungen: chi²=22,902; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Während 79,8% der Realschüler (n=94) die Eltern als wichtige Berater nannten, waren dies bei den Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen lediglich 50,0% (n=124) (vgl. Tabelle 48). Von den Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr gaben 62,3% der Jugendlichen mit Schulabschluss (n=77) die Eltern als wichtige Berater an, jedoch nur für 30,8% der Jugendlichen ohne Schulabschluss nur (n=39; chi²=10,33; df=1; p<0,01; vgl. Anhang, Tabelle 132). Außerdem nannten 70,9% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund (n=175) ihre Eltern als wichtige Beratungspersonen im Prozess der Berufsorientierung. Dem gegenüber standen nur 55,4% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (n=296; chi²=26,27; df=1; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 133).
Im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen zeigte sich darüber hinaus ein Unterschied hinsichtlich der Verwirklichung des Wunsches nach einem Ausbildungsplatz.
Ergebnisse
233
Tabelle 49: Bedeutung der Eltern bei der Ausbildungsplatzsuche Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt
Eltern nicht wichtig
Eltern wichtig
66,2%
48,0%
33,8%
52,0%
100%
100%
n 77 Anmerkungen: chi²=7,14; df=1; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
173
Tabelle 48 zeigt, dass Jugendliche, die sich von ihren Eltern beraten fühlten, häufiger einen Ausbildungsplatz vorweisen konnten. Dieser Unterschied bestätigte sich jedoch nicht, wenn die Bildungsgänge einzeln betrachtet wurden. Tabelle 50 zeigt am Beispiel der Haupt- und Werkrealschüler (Klasse 9), dass hier kein Unterschied mehr gemessen werden konnte.142 Tabelle 50: Bedeutung der Eltern bei der Ausbildungsplatzsuche (nur Hauptschule Klasse 9) Eltern nicht wichtig Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt n Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Eltern wichtig
70,6%
56,9%
29,4%
43,1%
100%
100%
17
58
Bedeutung der Lehrerinnen und Lehrer Insgesamt gaben fast 50% der Jugendlichen an, dass die Beratung durch einen Lehrer bzw. eine Lehrerin für sie wichtig war (vgl. Abbildung 10). Statistisch signifikante Unterschiede zeigten sich dabei für die ethnische Herkunft der Jugendlichen, den besuchten Bildungsgang und die einzelne Schule:
142
Zu den anderen Bildungsgängen vgl. Anhang, Tabelle 134 – 137.
234
Ergebnisse Während 44,6% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (n=296) angeben, dass die Lehrerinnen und Lehrer für sie von Bedeutung waren, sagten dies nur 29,1% der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund (n=175; chi²=11,05; df=1; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 138). Auch Jugendliche der Haupt- und Werkrealschule (Klasse 9) (46%; n=166) und der berufsvorbereitenden Bildungsgänge (48%; n=124) nannten häufiger als Jugendliche anderer Bildungsgänge Lehrkräfte als wichtige Personen (vgl. Tabelle 51).
Tabelle 51: Bedeutung der Lehrer nach Bildungsgängen HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BV
2j.BFS
Lehrer nicht wichtig
54,2%
68,9%
76,6%
51,6%
75,6%
Lehrer wichtig
45,8%
31,1%
23,4%
48,4%
24,4%
Gesamt
100%
100%
100%
100%
100%
n
166
45
94
124
45
Anmerkungen: chi²=22,65; df=4; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Außerdem zeigten sich Unterschiede zwischen den Einzelschulen einer Schulform: während an einer Hauptschule lediglich für 19,0% der Schülerinnen und Schüler (n=21) die Beratung durch einen Lehrer bzw. eine Lehrerin wichtig war, waren sie an anderen Hauptschulen für bis zu 81,3% der Schülerinnen und Schüler wichtige Begleiter (n=16; chi²=43,08; df=7; p<0,001; vgl. Anhang, Tabelle 139). In der Berufsvorbereitung der einzelnen Beruflichen Schulen gab es Unterschiede zwischen 29,3% (n=41) und 63,5% (n=52) (chi²= 14,690; df=3; p<0,01; vgl. Anhang, Tabelle 139).143
10.2.7 Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion Einbindung der Schulen in die „Bildungsoffensive“ Anhand der Ergebnisse der Befragung von Schulleitungen, Lehrkräften und Eltern wurde deutlich, dass die „Bildungsoffensive“ bislang nur teilweise bei den Schulen und ihren Mitgliedern ankommt. Darauf verweisen die relativ geringe 143
Die angegebenen Werte sind die minimalen bzw. maximalen Werte. Die Unterschiede zwischen den Realschulen sind nicht signifikant.
Ergebnisse
235
Bekanntheit von Begriff und Zielen bei Lehrkräften und Eltern sowie Unterschiede zwischen den Schulen bei der Integration der Ziele in Leitbilder und Konzepte und bei der Umsetzung von Maßnahmen und beim Aufbau von Kooperationen. Aufgrund dieser Ergebnisse wird vermutet, dass die Schulen und ihre Mitglieder noch nicht gleichermaßen in die „Bildungsoffensive“ eingebunden sind, wie es dem in den Leitlinien beschriebenen Ideal entspräche. Ursachen dafür könnten in der Struktur der „Bildungsoffensive“ liegen, die sich, wie aus der Dokumentenanalyse ersichtlich wurde (vgl. 10.1), bislang vor allem auf der Ebene der kommunalen Steuerung und Verwaltung entfaltete und die zum Zeitpunkt der Untersuchung noch kein Konzept zur systematischen Einbindung der Schulen (z.B. Schulentwicklungskonzept) entwickelt hatte. In dieser Situation, so wird vermutet, kommt dem persönlichen Engagement einzelner Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Schulleitungen vor Ort eine hohe Bedeutung hinsichtlich der Bekanntheit der Bildungsoffensive bzw. hinsichtlich der Einbindung der jeweiligen Schulen in die Bildungsoffensive zu. Hohe Bedeutung des Handlungsfeldes „Übergang Schule – Ausbildung“ Anhand der Befragung wurde deutlich, dass sowohl Eltern als auch Lehrkräfte und Schulleitungen dem Ziel der Vorbereitung auf den Beruf eine sehr hohe Bedeutung beimessen. Damit rechtfertigen die Ergebnisse die zentrale Bedeutung dieses Handlungsfeldes, die sich bereits in den Dokumenten gezeigt hatte (vgl. 10.1). Die Einschätzung der Erreichung dieses Ziels verweist darauf, dass die Anstrengungen der Schulen von den Lehrkräften und den Eltern wahrgenommen werden. Der Abstanden zwischen Bedeutung und Zielerreichung zeigt aber auch, dass die Beteiligen hier noch Entwicklungsbedarf sehen. Verbindung des Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ mit einer Gesamtstrategie für bessere Bildungsbedingungen vor Ort Anhand der quantitativen Daten wurde deutlich, dass eine Verbindung des Übergangsthemas mit einer Gesamtstrategie für die Gestaltung von Bildungsanboten im Hinblick auf die Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen noch nicht überzeugend gelingt: Nimmt man den Aspekt der individuellen Förderung als eine mögliche Strategie zur Verbindung der beiden Bereiche (vgl. 4.3), so wurde anhand der Ergebnisse deutlich, dass hier noch Handlungsbedarf besteht. Während die Bedeutung der Förderung im Hinblick auf
236
Ergebnisse
gelingende Übergänge zwar formuliert wurde (vgl. Ergebnisse der Dokumentenanalyse) und die Befragten diese Ziele als wichtig bewerteten, wurde anhand der Einschätzung der Zielerreichung deutlich, dass die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Sicht der Befragten noch nicht überzeugend gelingt. Wünsche am Übergang in Ausbildung Die Wünsche der Jugendlichen zeigten sich abhängig vom besuchten Bildungsgang. Während die Jugendlichen der Haupt- und Werkrealschulen (Klassen 9 und 10) eher den Besuch einer weiterführenden Schule anstrebten, planten die Jugendlichen, die im Anschluss an die allgemeinbildende Schule einen Bildungsgang an einer beruflichen Schule besucht hatten, eher den Beginn einer beruflichen Ausbildung. Für den hohen Wunsch der Abgängerinnen und Abgänger der allgemeinbildenden Schulen nach einem weiterführenden schulischen Bildungsgang werden zwei Erklärungsansätze vorgeschlagen: 1.
2.
Dass gerade Jugendliche mit Hauptschulabschluss häufig den Besuch einer weiterführenden Schule wünschten, könnte mit der pessimistischen Einschätzung des Marktwerts des eigenen Schulabschlusses zusammenhängen (vgl. Prager/Wieland 2005b). Der Besuch einer weiterführenden Schule könnte dann als Strategie betrachtet werden, den Hauptschulabschluss durch den Erwerb eines mittleren Bildungsabschlusses aufzuwerten. Dies kann insbesondere für die Mädchen angenommen werden, die vermehrt den Besuch einer weiterführenden Schule wünschten. Sie streben häufiger als die jungen Männer eine Ausbildung im Schulberufssystem an, beispielsweise in einem der zahlreichen Gesundheitsberufe, die den mittleren Bildungsabschluss voraussetzen (vgl. BMBF 2003). Vorstellbar wäre auch, dass an den Wünschen der Jugendlichen bereits Anpassungsprozesse an ihre Situation ablesbar sind. Darauf könnten sowohl die Mehrfachantworten hindeuten, mit denen die Jugendlichen eine hohe Flexibilität und Unsicherheit am Ende des Schuljahres zum Ausdruck brachten, als auch die teilweise noch unsicheren Perspektiven der Jugendlichen, insbesondere im Hinblick auf die Realisierung von Ausbildungswünschen. Auf solche (rekursiven) Anpassungsprozesse verweisen auch andere Studien (vgl. Birkelbach 2007; BMBF 2008a). In diesem Kontext könnte auch das Ergebnis, dass viele Jugendlichen zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine sichere Berufsentscheidung getroffen hatten, als Zeichen einer hohen Anpassungsbereitschaft interpretiert werden.
Ergebnisse
237
Weitere Unterschiede im Hinblick auf die genannten Wünsche zeigten sich im Hinblick auf die Noten, die soziale Herkunft (hier: Bildungsabschluss der Eltern) und die besuchte Schule:
Die Unterschiede hinsichtlich der Noten deuteten darauf hin, dass die Schulleistungen der Jugendlichen im Hinblick auf die Erfüllung bestimmter Zugangsvoraussetzungen Auswirkungen auf die geäußerten Wünsche hatten. Die Unterschiede im Hinblick auf das Bildungsniveau der Eltern verwiesen auf den Einfluss der Eltern bei der Entwicklung von Wünschen. Zu vermuten ist – gerade angesichts der Bedeutung, die die Jugendlichen den Eltern zumessen (vgl. auch Prager/Wieland 2005b), dass über die Vorbildfunktion der Eltern und über Gespräche in der Familie spezifische Wünsche herausgebildet werden. Die Unterschiede zwischen den Einzelschulen deuteten darauf hin, dass auch die Einzelschule einen Einfluss auf die Ausprägung von Wünschen hat: Hierzu wurden zwei Erklärungsansätze herangezogen: (1) die spezifische Zusammensetzung der Schülerschaft oder (2) das Übergangs- bzw. Unterstützungskonzept bzw. das Engagement der einzelnen Schulen. Da für die tatsächlichen Übergänge (vgl. Gaupp/Geier 2008) und die Gestaltung der Berufsorientierung (vgl. u.a. Bergzog 2008) bereits Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen nachgewiesen werden konnten, kann vermutet werden, dass auch die Wünsche der Jugendlichen von den jeweiligen Konzepten der Schulen abhängig sind. Insbesondere diesen Interpretationsansatz gilt es im Hinblick auf die Gestaltung des Übergangs im Kontext von Bildungslandschaften im Auge zu behalten, da er auf Potenziale einer (gemeinsamen) Weiterentwicklung der schulischen Konzepte am Übergang verweist.
Situation der Jugendlichen Auch bei Angaben der Jugendlichen zu ihrer momentanen Situation konnten die Mehrfachantworten der Jugendlichen als Zeichen von Unsicherheit und unklaren Perspektiven hinsichtlich des kommenden Schul- bzw. Ausbildungsjahres gedeutet werden. Gleichzeitig konnte anhand der Daten aber auch vermutet werden, dass ein Teil der Jugendlichen auch im Juni noch mehrere Wege zugleich verfolgte und teilweise auch mehrere Zusagen bekommen hatte (vgl. Abbildung 5). Während es damit einerseits Jugendliche mit mehreren Perspektiven gab, konnte andererseits eine Gruppe von Jugendlichen identifiziert werden, die noch ganz
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Ergebnisse
ohne Perspektive im Hinblick auf einen weiteren Bildungs- oder Ausbildungsweg war. Darunter waren besonders häufig Jugendliche im Berufsvorbereitungsjahr (v.a. Jugendliche ohne Schulabschluss), Jugendliche mit schlechten Noten in Deutsch und Mathematik und Jugendliche mit (teilweise mehreren) bildungsbiografischen Brüchen in Form von Klassenwiederholungen. Schwierigkeiten bei der Verwirklichung von Wünschen Im Hinblick auf die Verwirklichung von Wünschen wurde anhand der Daten deutlich, dass weniger als die Hälfte der Jugendlichen, die eine berufliche Ausbildung anstrebten, diesen Wunsch bis Juni umsetzen konnte. Demgegenüber konnten knapp drei Viertel ihren Wunsch, eine weiterführende Schule zu besuchen, verwirklichen. Angesichts der (rekursiven) Anpassung von Wünschen (vgl. Birkelbach 2007; vgl. BMBF 2008a) kann jedoch vermutet werden, dass bis Juni bereits Anpassungsprozesse zugunsten einer „realisierbaren“ Lösung stattgefunden hatten, sodass die tatsächliche Realisierung, insbesondere im Hinblick auf Ausbildungswünsche, noch niedriger angenommen werden kann. Bei der Verwirklichung des Wunsches eine weiterführende Schule zu besuchen zeigte sich bei der vertiefenden Analyse lediglich ein Zusammenhang mit den Noten in den Fächern Deutsch- und Mathematik, der vor allem mit Zugangsvoraussetzungen zu den jeweiligen Bildungsgängen begründet werden kann. Bei der Verwirklichung des Wunsches eine Ausbildung zu beginnen zeigten sich anhand der Daten Schwierigkeiten für Jugendliche der Haupt- und Werkrealschulen (v.a. Klasse 9) und der berufsvorbereitenden Bildungsgänge, für Jugendliche mit Migrationshintergrund, für Jugendliche mit durchschnittlich schlechteren Noten in den Fächern Mathematik und Deutsch sowie für Jugendliche mit bildungsbiografischen Brüchen in Form von Klassenwiederholungen und für Jugendliche mit unsicherer Berufsentscheidung. Damit decken sich die Übergangsschwierigkeiten weitgehend mit den Ergebnissen der in Kapitel drei dargestellten Studien (vgl. insbesondere die Abschnitte 3.3 und 3.5) Nicht gezeigt werden konnte allerdings ein Zusammenhang mit der sozialen Herkunft der Jugendlichen. Dies könnte daran liegen, dass im Vergleich zu den dargestellten Studien (z.B. BiBB-Übergangsstudie; vgl. Beicht/Friedrich/Ulrich 2007) andere Variablen zur sozialen Herkunft erhoben wurden. Darüber hinaus gaben die vorliegenden Daten Hinweise auf weitere Zusammenhänge bzw. auf komplexe Verflechtungen zwischen einzelnen Faktoren (z.B. Migrationshintergrund und Bildungsgang, Migrationshintergrund und Noten, Migrationshintergrund und Übergang in Ausbildung). Diese wurden auf-
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grund der Unsicherheiten, die sich aus den Mehrfachantworten ergaben, aber nicht weiter aufgeklärt. Über die Hauptschule (Klasse 9) und eine weiterführende Schule in die berufliche Ausbildung? Ausgehend vom erfolgreichen Abschluss der Hauptschule besuchen Jugendliche in Baden-Württemberg vor allem zwei weiterführende Schulen: (1) die Werkrealschule, die einem Jahr zum mittleren Bildungsabschluss führt und an der Haupt- und Werkrealschule angesiedelt ist; (2) die Zweijährige Berufsfachschule, die auf verschiedene Berufsfelder hin ausgerichtet ist, in zwei Jahren zum mittleren Bildungsabschluss führt und zu den Beruflichen Schulen gehört. Der Vergleich der Perspektiven zeigte, dass die Jugendlichen der Zweijährigen Berufsfachschule ihren Ausbildungswunsch deutlich häufiger verwirklichen konnten. Dies könnte sowohl an der stärker berufsbezogenen Ausrichtung der Berufsfachschulen liegen, die bereits berufliche Qualifikationen im gewählten Schwerpunkt vermitteln und eine vertiefte berufliche Orientierung ermöglichen, als auch am höheren Alter der Abgängerinnen und Abgänger. Über die Berufsvorbereitung in die berufliche Ausbildung? Insgesamt hatten weniger als 40% der Jugendlichen in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang eine Zusage für einen gewünschten Ausbildungsplatz hatten (Wunsch: 70%). Wenngleich die Nachvermittlungen in das kommende Ausbildungsjahr zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht abgeschlossen waren, besteht für diese Jugendlichen doch die Gefahr, dass ihnen ein Übergang in Ausbildung (wiederholt) nicht gelingt. Dies ist insofern als problematisch einzuschätzen, da im Rahmen der BiBB-Übergangsstudie gezeigt werden konnte, dass das Übergangssystem für manche Jugendlichen zur dauerhaften Warteschleife wird und dass diese Gruppe gleichzeitig die größte Teilgruppe unter den ausbildungslosen Jugendlichen bildet (vgl. Beicht/Ulrich 2008b, S. 9f). Weitere Ergebnisse zur Gruppe der Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen gibt die qualitative Untersuchung.
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Unterstützung durch Angebote zur Berufsorientierung? Anhand der Dokumentenanalyse zeigte sich nur für einzelne, auf den Übergang direkt gerichtete Angebote, ein Zusammenhang mit der „Bildungsoffensive“ (v.a. das Projekt „Starthilfen“ und die „Ulmer Bildungsmesse“). Darüber hinaus wurde deutlich, dass die Schulen weitere, teilweise unterschiedliche Unterstützungsangebote machten. Aus diesem Grund wurden die Jugendlichen sowohl nach ihrer Teilnahme an den Maßnahmen der „Bildungsoffensive“ befragt als auch nach ihrer Teilnahme an weiteren schulischen Angeboten. Außerdem wurden sie gebeten, die dadurch erfahrene Unterstützung zu bewerten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Jugendlichen durchschnittlich an sechs bis sieben Unterstützungsangeboten in jeweils unterschiedlichen Bereichen (Beratung, Information, Training, Praktika) teilgenommen hatten. Während einzelne Trainings- und Informationsangebote sowie auch Praktika dabei von über 70% der Jugendlichen wahrgenommen wurden, nahm nur ca. ein Viertel der Jugendlichen Beratungsangebote durch Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in Anspruch. Dabei zeigte sich zugleich eine Diskrepanz zwischen der Reichweite einzelner Angebote und deren Bewertung: Während Informationsangebote zwar von sehr vielen Jugendlichen genutzt wurden, insgesamt aber als weniger hilfreich beurteilt wurden, wurden Beratungsangebote zwar deutlich besser bewertet, konnten insgesamt aber weniger häufig wahrgenommen werden. Diese Situation deutete sich auch den Studien von Bergzog (2008) und Prager und Wieland (2005b) an: Auch hier wurde deutlich, dass Informationsangebote (z.B. der Agentur für Arbeit), zwar von vielen Jugendlichen im Rahmen der Schule genutzt werden, dass die Jugendlichen gerade die Informationsangebote aber als wenig nützlich erleben. Eine Betrachtung der Struktur der einzelnen Angebote machte darüber hinaus deutlich, dass neben Praktika Trainingsangebote insgesamt am häufigsten wahrgenommen wurden, an zweiter und dritter Stelle folgten Beratungs- und Informationsangebote. Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen den Bildungsgängen, für die sowohl zielgruppenspezifische als auch ressourcenabhängige Ursachen vermutet wurden. Darüber hinaus deuteten die Unterschiede zwischen den Bildungsgängen der Haupt- und Werkrealschule darauf hin, dass es in Klasse 10 insgesamt weniger Angebote gab. Unterschiede zeigten sich auch zwischen den einzelnen Schulen einer Schulart. So konnte für die Haupt- und Werkrealschulen gezeigt werden, dass die Struktur der Angebote, die von den Jugendlichen wahrgenommen wurden, auch von der einzelnen Schule abhängt. Darüber hinaus gab es erste Hinweise darauf, dass sich die konkreten Konzepte der einzelnen Schulen bzw. das Engagement
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der zuständigen Pädagoginnen und Pädagogen auf die Übergänge der Jugendlichen auswirken. Während die vorliegende Studie dies aber nicht abschließend belegen konnte, wird die Vermutung, die aus den Daten abgeleitet werden konnte, jedoch auch durch andere Studien gestützt (vgl. Gaupp/Prein 2007; Gaupp/Geier 2008; dazu auch 3.3.3). Eine vertiefende Untersuchung der Maßnahmen der „Bildungsoffensive“ zeigte zunächst eine kompensatorische Funktion der neuen Angebote: Mit den „Starthilfen“ (Beratung) und der „Ulmer Bildungsmesse“ (Information und Kontaktaufnahme) wurden genau die Bereiche aufgegriffen, die bislang weniger stark vertreten waren bzw. sind. Während die Bildungsmesse auch bei einem großen Teil der Jugendlichen ankam, war dies für die Beratungsangebote nicht festzustellen. Vielmehr zeigte sich hier eine zielgruppenspezifische Ausrichtung (Schwerpunkt: Jugendliche der Haupt- und Werkrealschule Klasse 9). Dass gleichzeitig aber nicht alle Jugendlichen der 9. Klassen (HWRS) von diesem Angebot profitieren machten die Unterschiede zwischen den Einzelschulen deutlich. Die Beratungsangebote in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen konnten zwar nicht direkt auf die Bildungsoffensive zurückgeführt werden, sie konnten jedoch ebenfalls als zielgruppenspezifisches Angebot identifiziert werden. Insgesamt kann anhand der Daten zu Schulsozialarbeit festgestellt werden, dass gerade die Beratungsangebote bei den Jugendlichen ankommen, die auf zusätzliche Orientierungshilfen angewiesen sind – beispielsweise weil sie am Ende des Schuljahres häufig noch ohne sichere Perspektive waren. Dass es dabei in Einzelfällen zu einem positiven Effekt kam, deutete sich im Rahmen der Fragebogenuntersuchung lediglich an. Weitere Hinweise hierzu gibt die Interviewstudie (vgl. 10.3). Über die Angebote der Schule hinaus zeigten sich vor allem Eltern als wichtige Begleiter und Berater im Prozess der Berufsorientierung. Wie diese Beratung wirkt, konnte anhand der Daten allerdings nicht geklärt werden. Unterschiede bei der Elternberatung wurden vor allem zwischen den Bildungsgängen, zwischen den Jugendlichen mit bzw. ohne Schulabschluss und zwischen Jugendlichen mit bzw. ohne Migrationshintergrund deutlich. Als Ursachen für diese Unterschiede können Unterschiede im jeweiligen Unterstützungspotenzial der Eltern vermutet werden (z.B. Kenntnis des (deutschen) Schul- und Ausbildungssystems oder Kontakte zu Betrieben). Gleichzeitig konnte dort, wo die Eltern weniger bedeutsam waren, eine höhere Bedeutung der Lehrerinnen und Lehrer aufgezeigt werden (z.B. Jugendliche der Hauptschule (v.a. Kl. 9), der berufsvorbereitenden Bildungsgänge und Jugendliche mit Migrationshintergrund), was als Kompensation der geringeren Bedeutung der Eltern bzw. als
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höhere Abhängigkeit dieser Jugendlichen von offiziellen Stellen (vgl. Prager und Wieland 2005b, S. 10) interpretiert werden kann. 10.3 Qualitative Interviewstudie 10.3.1 Fallübersicht Tabelle 52 gibt einen Überblick über alle geführten Interviews im Hinblick auf relevante Merkmale und Ergebnisse. Sie macht deutlich, dass wie geplant sowohl Jungen als auch Mädchen und sowohl Jugendliche mit als auch ohne Schulabschluss befragt werden konnten. Im Hinblick auf die Herkunft konnten dagegen nur zwei Jungen ohne Migrationshintergrund für die Studie interviewt werden. Alle anderen Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund und waren teilweise erst im Grundschulalter oder später nach Deutschland gekommen. Ein Schüler (Emre) hatte zuvor keine Hauptschule besucht. Er wechselte vom Gymnasium an eine Realschule und dann ins Berufsvorbereitungsjahr. Da er ohne Schulabschluss in das Berufsvorbereitungsjahr kam, wurde das Interview trotzdem ausgewertet. Die beiden rechten Spalten greifen bereits erste Ergebnisse auf. Sie zeigen die zum Teil sehr unbestimmten Berufswünsche der Jugendlichen und die jeweilige Situation im Hinblick auf den Übergang in Ausbildung. Ausgehend von der Gesamtheit der geführten Interviews wurden im Folgenden vier Interviews ausgewählt, analysiert und zusammenfassend beschrieben. Die Auswahlkriterien waren dabei zum einen formaler Art (möglichst viele narrative Passagen), zum anderen sollten möglichst unterschiedliche Fälle analysiert werden (vgl. 10.3.2).
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Tabelle 52: Fallübersicht144
Quelle: eigene Darstellung.
10.3.2 Fallbeschreibungen Ausgehend von der aktuellen Situation sollten die Interviews von Jugendlichen mit bzw. ohne Ausbildungsplatz betrachtet werden, darüber hinaus sollten Jungen und Mädchen dabei sein, Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sowie Jugendliche mit und ohne Schulabschluss. Da aufgrund der Fallzahl und der formalen Qualität der Interviews nicht alle Kombinationen möglich waren, wurden fünf Interviews zur näheren Beschreibung ausgewählt, die möglichst viele der genannten Faktoren abdeckten (vgl. Tabelle 53).
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Alle Namen wurden geändert. Zur Spalte „Situation zum Zeitpunkt der Befragung“: auch mündliche Zusagen. Zur Spalte „Schulabschluss“ bei Andrej: Besuch der Hauptschule in Russland.
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Tabelle 53: Auswahl der analysierten Fälle Kein Ausbildungsplatz Ausbildungsplatz
Mädchen
Jungen
(1) Tugba (MIG; SA) (2) Alexandra (MIG; kein SA) (4) Amara (MIG, SA)
(3) Denis (kein MIG; SA) (5) Murat (MIG, SA)
Abkürzungen: MIG: Migrationshintergrund; SA: Schulabschluss Quelle: eigene Darstellung.
Fall 1: Tugba – „Ich bin so kaputt geworden wegen die Wohnungen“ Tugba (18 Jahre) ist Türkin und in Deutschland geboren. Sie hat drei Geschwister, ihre Eltern, beide türkischer Herkunft, sind geschieden. Tugba selbst ist mit ihren 18 Jahren bereits verheiratet. Tugba besuchte den Kindergarten, den sie aufgrund der vielen „Freunde“ und „Tanten“ dort „immer ganz doll lieb“ hatte (Z. 11 - 17). Ihre Grundschulzeit hat sie in weniger guter Erinnerung, da diese gleich mit Schwierigkeiten begann: „Und als ich in 1. Klasse war, war ich nicht gut. (…) Ich konnte nicht gut Deutsch, obwohl ich hier geboren bin in Deutschland.“ (Z. 17 - 20M auch 106ff; 128ff) Ihre schlechten Deutschkenntnisse waren vermutlich auch Grund für die Wiederholung der ersten und dritten Klasse und sie waren für Tugba mit der Erfahrung von Ausgrenzung verbunden: „Dann haben dich immer so blöd angeguckt. Was für ein Mädchen ist das, was wird bei denen zu Hause gesprochen.“ (Z. 131ff) Ihre schulischen Schwierigkeiten setzten sich an der Hauptschule fort (vgl. Z. 27 - 29). Neben Problemen mit der deutschen Sprache nannte sie weitere Ursachen für diese Situation: wiederholte Umzüge, „Stress“ mit Freunden und Schwierigkeiten in der Familie: „Also mein Tante, von mein Cousin die Frau, ist abgehauen von zu Hause und war in Frauenheim und was weiß ich alle Geschichten. Sind 8. Klasse raus gekommen. (…) Ich konnte mich da nicht so, also ich konnte mich danach nicht konzentrieren, wirklich. (…) Und ich war danach auch ganz schlecht in der Schule.“ (Z. 330 - 358) Auf die schlechten Noten und „Stress“ in der Schule reagierte sie ausweichend: „Ich wollte, ich hatte keine Lust mehr zur Schule, immer wieder Bauchschmerzen. Typische Bauchschmerzen dann halt noch.“ (Z. 29 - 31) Über Unterstützung beim Lernen sprach sie nur auf Nachfrage: Ihr Bruder, der eine Realschule besuchte, habe ihr hin und wieder geholfen. Ansonsten war ihre Erzählung eher von der Erfahrung fehlender Unterstützung geprägt. Eine Situation schilderte sie sehr ausführlich: Aufgrund
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schlechter Noten in Englisch war ihre Versetzung in der siebten Klasse gefährdet. Um ein weiteres Sitzenbleiben zu verhindern, „musste meine Mutter unterschreiben, dass ich keine mittlere Reife machen darf, da ich kein Englisch habe. Wenn man also Englisch abwählt, dann muss die Eltern auch unterschreiben, dass die Kind keine mittlere Reife mehr da-, machen darf.“ (Z. 263 - 267) Rückblickend glaubt sie, dass ihr Englischlehrer sie in dieser Situation nicht genügend unterstützt habe: „Ich habe immer gesagt, Herr A., sie sind ganz schnell, ich will mitkommen. Und er hat nein, er hat immer so gesagt, ja eine bleibt halt hinten, ist ja umso besser, ist ja umso besser …“ (Z. 244 - 247). Ein Grund, warum sie diese Situation noch immer beschäftigt, ist ihr damaliger Berufswunsch: „weil ich wollte Polizistin werden. Das war mein Traumberuf. Aber alles wegen diesem Lehrer habe ich das nicht geschafft. Das schaffe ich jetzt immer noch nicht, weil ich jetzt verheiratet bin.“ (Z. 311 - 318) Den Hauptschulabschluss schaffte sie, aber „mit 4ern konnte ich überhaupt nichts anfangen. Das ist so gerade.“ Um Bewerbungen hatte sie sich bis dahin kaum gekümmert (vgl. Z. 489f). Den Wechsel ins BVJ schilderte sie als logische Konsequenz (vgl. Z. 37 - 42). Während sie am Ende der 9. Klasse keine Lust auf Schule mehr hatte (vgl. Z. 32), besuchte sie das BVJ gerne, vor allem weil sie die Lehrer dort unterstützten: „Ich freue mich hier zu sein. Die haben, also meine Lehrer, die haben mir wirklich ganz viel geholfen.“ (Z. 47f) Und sie berichtete von besseren Noten und davon, dass sie kein Bauchweh mehr hatte (vgl. Z. 42 - 46; 180 - 184). Trotzdem war auch ihre Zeit im BVJ nicht ohne Probleme: Zunächst suchte sie eine Wohnung in einer anderen Stadt, da ihr Mann dort eine Arbeitsstelle gefunden hatte. Nach der plötzlichen Rückkehr ihres Mannes („er wurde vor zwei Wochen rausgeschmissen“; Z.493f) fing sie in Ulm von vorne an und fühlte sich zudem mitverantwortlich, eine neue Arbeitsstelle für ihren Mann zu suchen. Die Ungewissheit hinsichtlich einer Wohnung und ihre Verantwortung belasteten sie und behinderten auch ihre Bewerbungsaktivitäten: „Was soll ich in Bewerbung ei, aufschreiben. Unter eine, äh hinter Donauplatz oder was weiß ich, auf der Straße, Bahnhof. Ich kann da nichts schreiben. Also ich brauche eine Anmeldung.“ (Z. 531 - 551) (…) „Und dann habe ich es, ich war beinah durch zu drehen. Ich, ich bin so kaputt geworden wegen die Wohnungen." (Z. 575f) Mit ihrem Wunsch, eine Ausbildung zu machen, setzt sie sich vom Vorbild ihrer weiblichen Verwandten ab: „Zu Hause sitzen will ich wirklich nicht. Keine Lust. Weil so jung und gleich zu Hause sitzen und auf dem Uhr gucken, wann kommt mein Mann, wann ist er da, 10 Minuten zu spät. Da hab ich wirklich keine Lust drauf. Weil so habe ich von meine Tanten aus gesehen. (…) Das will ich wirklich nicht.“ (Z. 62 - 68) Diese Vorstellung musste sie auch ihrem türkischen Mann gegenüber durchsetzen (vgl. Z. 651 - 653). Angesichts der eigenen
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Ziele schwankte sie im Blick auf die kommenden Jahre immer wieder zwischen Selbstvertrauen und Zweifeln, ob es ihr gelingen würde, allen Zielen und Erwartungen gerecht zu werden: „Ob ich das jetzt alleine hinkriege, weiß ich wirklich nicht, aber ich werde schon Erfahrungen sammeln. (...) Meine Hände sind stark. Starke Familie. Aber trotzdem muss ganz alleine durchziehen. Wenn man noch verheiratet ist. Dann sagt man, dann mach ganz schön. Hoffentlich das wird was.“ (Z. 556 - 570) Fall 2: Alexandra – „Natürlich tut das weh, einem Menschen tut das weh. Es ist härter als man ihm eine Schelle geben würde.“ Alexandra ist 17 Jahre alt. Sie ist Deutsche Ihre Mutter ist als Philippinin in Amerika aufgewachsen; ihr Vater, ein Deutscher, starb als sie drei Jahre alt war. Alexandra ist in Deutschland aufgewachsen. Sie hat zwei ältere Schwestern und spricht drei Sprachen (Deutsch, Englisch, Philippinisch). Alexandra besuchte einen Kindergarten bevor sie in die Grundschule ging. Sowohl die Kindergartenzeit, als auch der Beginn der Grundschulzeit waren von Verständigungsschwierigkeiten aufgrund nicht ausreichender Deutschkenntnisse geprägt: „Das war schon witzig im Kindergarten. Ich rede Englisch und die reden mit mir Deutsch und ich habe es nur verstanden und konnte kein Deutsch. Dann haben die mich nur so angeschaut[…]. Dann haben die immer so eine Handsprache gemacht.“ (Z. 435 - 441) Unterstützung beim Deutschlernen erfuhr sie in dieser Zeit durch die Großeltern sowie durch ihre Schwestern und Freunde. Sie erinnert sich daran, wie der Vater den älteren Schwestern Deutsch beibrachte. „Mein Vater war voll klug, der war halt am Gymnasium. (…) Der hat immer mit uns so eine Deutschstunde gemacht.“ (Z. 456f) Die Grundschulzeit beschrieb sie als schöne Zeit. Sie endete mit der Empfehlung für den Besuch der Hauptschule. Dieser Wechsel machte ihr Angst, da sie von ihren Schwestern und Freunden gehört hatte, dass es dort „gefährlich“ sei, dass es Schlägereien gäbe (vgl. Z. 14f; 56 - 61). Unterstützung suchte sie in dieser Zeit bei der Mutter und den Schwestern: „Ich bin auch immer zu meiner Mama gegangen und hab gesagt Mama ich habe voll Angst, ich will nicht mehr in die Schule gehen und so. Da hat sie gesagt, nein, die reden nur, das schaffst du schon. Du brauchst keine Angst zu haben.“ (Z. 74 - 78) Nach anfänglicher Schüchternheit fand sie dort schnell Freunde, wurde zur Klassensprecherin gewählt und entwickelte sich zu einer guten Schülerin: „Die Lehrer waren immer so stolz auf mich. […] In Englisch hatte ich auch voll die guten Kenntnisse“. (Z. 196 - 199)
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Die 8. Klasse beschrieb sie rückblickend als bildungsbiografischen Bruch. Als Ursache dafür nannte sie ihre Clique, die zu ihrem wichtigsten Bezugspunkt wurde: „Meine Freunde sind für mich da.“ (Z. 141f) Die Clique bestimmte auch die Verhaltensregeln: rauchen, Schule schwänzen und „Lehrer verarschen“ (vgl. Z 99 - 106). Rückblickend betrachtet Alexandra diese Zeit aus zwei Perspektiven. Damals empfand sie ihr Verhalten als „cool“, „und da fühlt man sich halt nicht Scheiße, da fühlt man sich halt cool.“ (Z. 106f) Heute distanziert sie sich eher davon, denn „…wenn man älter wird sieht man, dass man früher schon Scheiße gebaut hat oder so.“ (Z. 93f) Die Warnungen und Sorgen der Mutter und der Lehrer ignorierte sie damals: „Das ist doch scheißegal, mach einfach dein Ding, ziehe es dir einfach rein“ (Z. 122 - 124). Die Schule reagierte erfolglos (Briefe, Anrufe), die Mutter resignierte, die Lehrer waren enttäuscht. Ihre Noten verschlechterten sich und sie bestand die Abschlussprüfung nicht. Dies schreibt sie rückblickend ihrem eigenen Verhalten zu. „Und ich hätte eine 2 geschafft in Ma-, Englisch aber ich hatte mich nicht angestrengt und so.“ (Z. 155 - 157) Gleichzeitig ist diese Zeit für Alexandra aber auch mit der Erfahrung verbunden, dass sie von den Lehrern aufgeben wurde: „du wirst es sowieso nie schaffen“ (Z. 364 - 366), so zitierte sie ihre Lehrer, und „dass wir ein Nichts werden, haben die gemeint“ (Z. 375f) Oder: „Ihr werdet auch Ding, BVJ landen und keine Ahnung, Hartz 4 Empfänger.“ (Z. 384f) Dieses Urteil traf Alexandra: „Klar bekommt man da schon so Tränen in den Augen“ (Z. 389f). Immer wieder berichtete sie von dieser Situation. Rückblickend hätte sie sich gewünscht, dass die Lehrer mit ihr geredet hätten, „anstatt mich hier so fertig zu machen. Natürlich tut das weh, einem Menschen tut das weh. Es ist härter als man ihm eine Schelle geben würde.“ (Z. 554 - 557) Da Alexandra keinen Abschluss hatte, musste sie ins BVJ wechseln. Auch dieser Wechsel macht ihr zunächst Angst. Sie suchte Trost und Unterstützung bei der Familie (Mutter, Schwestern), kam dann aber schnell mit der veränderten Umgebung klar: Sie fand neue Freunde und wurde zur Klassensprecherin gewählt. Bei der Beschreibung des Schuljahres im BVJ betonte sie immer wieder die Bedeutung der Klassenlehrerin. Diese ermutigte sie, lernte mit ihr und ihren Mitschülerinnen, bot Wiederholungen und Zusatzunterricht an. Sie zeigte sich offen für Gespräche und interessierte sich für schulische und private Probleme. Daraus entstand eine positive Beziehung, die Alexandra im Interview als sehr wertvoll darstellte: „Und sie ist auch voll stolz auf uns. Und wir sind stolz auf sie. Weil man kann sagen sie hat uns ja so gemacht. Sie hat uns immer Mut gegeben. Sie hat immer gesagt ihr packt das und so alles.“ (Z. 615 - 619) In dieser Zeit, so beschrieb Alexandra, veränderte sie sich: Sie wurde wieder eine gute Schülerin und kam wieder regelmäßig zur Schule. Trotz der Möglichkeit eine
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zweijährige Berufsfachschule zu besuchen, möchte sie nun aber zunächst eine Ausbildung machen. Da sie sich aber nur auf Ausbildungsplätze im Hotelfach beworben hatte und hier keine Stelle bekam, vermittelte ihr das Arbeitsamt eine finanzierte Ausbildung (BAE) als Einzelhandelskauffrau. An ihrem Traum Hotelfachfrau oder vielleicht sogar Stewardess zu werden, hält sie fest: „Aber naja, man fängt ja immer von klein an und da wird man (mhm) irgendwo da oben sein.“ (Z. 327f) Wichtig ist ihr, zunächst überhaupt eine Ausbildung zu machen und dies abzuschließen. Für die Zukunft formulierte Alexandra folgende Wünsche: Sie möchte zunächst eine Ausbildung abschließen, um unabhängiger zu sein (Geld verdienen, mit dem Freund zusammen ziehen). Dann will sie an der Verwirklichung ihrer Träume weiterarbeiten: „Ja sobald ich meine Ausbildung in der Hand habe, sobald ich fertig damit bin werde ich es den ganzen Leuten zeigen. Dann zeige ich die starke Frau.“ (Z. 748f) Fall 3: Denis – „Und man traut sich halt nicht aggressive Lehrer zu fragen“ Denis (16 Jahre) hat keinen Migrationshintergrund. Er wohnt bei seinen Eltern, die beide berufstätig sind und hat einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester, die beide eine Förderschule besuchen bzw. besuchten. Denis besuchte eine Kindertageseinrichtung, wo es ihm gut ging, „weil man halt die Kontakte hatte“ (Z.19). Auch die Grundschule sei „noch im Bereich n o r m a l“145 gewesen, aber bereits hier „ging es halt los mit schlechten Noten“ (Z. 19f). Aufgrund seiner Schulleistungen musste Denis dann an die Hauptschule wechseln, obwohl er lieber eine Realschule besucht hätte: „Das war so, man wollte sich bessern, man hat es versucht, dass man auch mindestens auf die Realschule kommt. Aber man gibt sein Bestes und im Endeffekt war es halt doch nichts.“ (Z. 90 - 93; auch 119 - 123) Die Gründe, die Denis für seine schlechten Leistungen anführte, waren widersprüchlich: mal nannte er eigene „Faulheit“ (Z. 42), mal beteuerte er, sein Bestes gegeben zu haben, mal schob er die Schuld auf die „relativ schlechte Einstellung“ der Lehrer, die dazu führte, dass Schule „nicht Spaß machend“ (Z. 44f) war. In dieser Situation entwickelten sich auch Konflikte mit Lehrern, die Denis als unfreundlich und aggressiv bezeichnete (vgl. Z. 49 - 51). Seine Erzählung wurde an dieser Stelle sehr emotional und war von Pausen und lautem Schnaufen begleitet: „Vor allem gab es Lehrer, die wurden dann handgreiflich. Wenn ich heute zurückdenke, da könnte man gerade zurückschlagen.“ (Z. 53 - 56) Und es folgte die detaillierte Beschreibung einer 145
Sehr gedehnt gesprochen.
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Konfliktsituation, die damit endete, dass die Lehrerin das Heft zerriss, Schulmaterial zerbrach und auf den Boden warf (vgl. Z. 53 - 56). Das Thema der schlechten Noten und Beziehungen zu den Lehrern bestimmte auch seine weitere Erzählung: „Ja und dann halt, kam halt Hauptschule. Da wurde es von Zeit zu Zeit noch schlechter. Weil die Lehrer halt, wie soll ich sagen, einen nicht ermutigen, also selbst wenn man irgendeine Frage hat oder nicht mitkam, dann kam gleich, so, ja wie, warum sagst du dann nicht gleich was. Und man traut sich halt nicht aggressive Lehrer zu fragen, traut sich halt nicht so zu fragen, ja, und erkläre mir das noch mal, oder ja.“ (Z. 22 - 29) Diese Situation hatte spätestens ab der 7. Klasse eine „Kein-Bock“-Einstellung zur Folge (vgl. Z. 118 - 126). Insgesamt wurde im Interview nach und nach eine Negativspirale von schlechten Noten und schlechten Beziehungen zu den Lehrern sichtbar, aus der er aus eigener Kraft nicht mehr aussteigen konnte – obwohl er, wie er beteuerte, bereit war, sein Bestes zu geben: „Weil man ständig immer dasselbe gemacht hat, entweder, oder man hat halt Sachen gemacht, die man halt nicht versteht. Wo eigentlich, wo man am Anfang schon lernen hätte sollen, und das war dann auch wieder nichts. Und dann hat man halt keine Lust mehr drauf, weil ständig, ähm, ja zu fragen, ja könnten Sie mir das noch mal erklären. – Ja und dann kam halt wieder gleich, ja, willst du wieder eine Klasse zurückgehen? – Nein aber es wäre halt nett, wenn Sie das erklären würden. – Ja nee, das mach’ ich nicht und so. Da hättest du besser aufpassen müssen, ja.“ (Z. 126 136). In der Folge verweigerte er sich zunehmend den schulischen Anforderungen: „… das war, da – Fehlzeiten, oft. Außerdem auch, wegen, echt keine Lust hier hinzusitzen und sich hier niedermachen zu lassen von den Lehrern. Ja hier mach’ doch mal was und bäh. Und dann bleibt man gleich zu Hause, schreibt eigene Entschuldigungen hier mit gefälschter Unterschrift“ (Z. 392 - 397). Die Nachfrage nach gezielter Unterstützung durch die Schule verneinte er und auch zu Hause konnte er nicht mit Hilfe rechnen: Seine Eltern waren zwar bereit zu helfen, hatten aber kaum Zeit. Sein älterer Bruder war auf einer „schlechteren Schule“ (Z. 147; gemeint: Förderschule), seine Schwester war jünger. Die letzten Schuljahre an der Hauptschule waren für Denis auch mit der Frage nach dem zukünftigen Beruf verbunden. Während der Blick in die Berufswelt „für den Anfang recht lustig“ war (Z. 158f), stellte sich für ihn bald die Frage: „Was schaffe ich mit dem Hauptschulabschluss, was schaffe ich da?“ (Z. 160f) Er erlebte die Suche nach Ausbildungsplätzen wie einen „Wettkampf“ (Z. 165), bei dem er mit seiner Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Koch nicht erfolgreich war, „weil die meisten Betriebe wollen ja hier schon wieder Realschulabschluss. Und da ich halt einen schlechten Hauptschulabschluss habe, war es nicht möglich.“ (Z. 171 - 175). Sein Aushilfsjob in der Gastronomie half ihm dabei nicht weiter (vgl. Z. 177 - 181).
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Den Wechsel ins BVJ, der ihm vom Berufsberater nahe gelegt wurde, versteht er als Möglichkeit, seine Noten zu verbessern: „Vor allem weil, das nützt nichts, wenn man schlechte Noten hat, wenn man sich versucht zu bewerben.“ (Z. 254f) Die Verbesserung gelingt ihm, zumindest aus seiner Perspektive, und er stellt wiederum einen Zusammenhang mit seinem Verhältnis zu den Lehrern her, dieses Mal im positiven Sinne: „Da habe ich mich verbessert, weil auch die Lehrer netter waren. Die haben auch wirklich geholfen, also da konnte man auch wirklich fragen wenn man auch was nicht gewusst hatte.“ (Z. 30 - 35) Neben den besseren Noten ging es ihm auch insgesamt besser (Z. 35 - 37), da er sich im neu erlebten Lehrer-Schüler-Verhältnis („Kumpel“, „Freunde“, „Leute, wo man halt schwätzen kann“; Z. 277 - 279) mit seinen Sorgen und Fragen, auch im Hinblick auf die Zukunft, ernst bzw. wahrgenommen fühlte. Seine Ausbildungssuche, inzwischen im „Metallbereich“, blieb währenddessen erfolglos – obwohl er über 36 Bewerbungen schrieb und zu Einstellungstests (Ergebnis: 95 von 100 Punkten) und Vorstellungsgesprächen eingeladen wurde: „Es wird halt irgendwie am Gespräch liegen.“ (Z. 235). Der einzige Ertrag: ein zweiwöchiges Praktikum, das er auf jeden Fall antreten will, und das Angebot seiner Schule, das erste Lehrjahr an der Einjährigen Berufsfachschule zu absolvieren. Dass er trotz Anstrengung keinen Ausbildungsplatz hat, macht ihn „sehr skeptisch“, im Blick auf die Zukunft (vgl. Z. 313), da aus seiner Perspektive bis jetzt „eigentlich alles richtig gut“ lief (vgl. Z. 362). Fall 4: Amara – „Also im BVJ kriegt man das alles, was man in der normalen Schule nicht bekommt. […] ich konnte richtig aufpassen, ich konnte was lernen.“ Amara (18 Jahre) war neun Jahre alt, als ihre Eltern nach Deutschland flohen: „Und von uns hat man halt im Dorf voll viele Leute umgebracht. Und meine Eltern wollten, dass die Kinder, also ich habe zwei Geschwister noch, dass wir wenigstens aus uns was machen können.“ (Z. 64 - 67) Deutsch sprach sie bei ihrer Ankunft in Deutschland nicht. In Deutschland wurde sie aufgrund ihres Alters einer dritten Klasse zugewiesen. Über diese erste Zeit berichtete sie: „Du denkst, du bist taub. Naja, du bist dann unter fremden Leuten, du kannst gar kein Wort und wenn du Hilfe willst, können die dir nicht helfen und du kannst denen nicht helfen. Das war halt hart.“ (Z. 76 - 79) Aufgrund ihrer fehlenden Deutschkenntnisse konnte sie sich kaum am Unterricht beteiligen, sodass die Lehrer sie kaum bemerkten. Außerdem musste sie „auch in der hinteren Reihe sitzen“. (Z. 84f) Aufgefallen sei sie erst aufgrund von Konflikten mit Mitschülern: „Habe ich da halt mich geschlägert. Weil ich die nicht verstanden habe und dann sind die einfach auf mich
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gekommen. Und dann haben die Lehrer schon bemerkt und dann mussten die erst mal meine Tante holen, die Deutsch ein bisschen kann und so.“ (Z. 87 - 91) Gezielte Unterstützung beim Deutschlernen erhielt sie schließlich über einen Nachbarn, auch Ausländer, der eine Deutschlehrerin für sie organisierte: „…dann haben wir uns halt jeden Tag bei ihm getroffen und dann habe ich angefangen Deutsch zu lernen.“ (Z. 105 - 107) Trotz ihrer allmählich besseren Deutschkenntnisse beschrieb Amara ihre Schulzeit in Deutschland, die aufgrund von Aufenthalten in anderen europäischen Ländern immer wieder unterbrochen war, als konfliktreich und geprägt von Ausgrenzungserfahrungen: „Das Größte war auch, dass eine Klassenkameradin zu mir gesagt hat, ähm, geh von unserem Land weg, du gehörst nicht dazu. Das war das Größte.“ (Z. 380 - 383) Auch von vielen Lehrern glaubte sie, dass sie „die Schnauze voll haben von den Ausländern“ (Z. 138f). Und auf Nachfrage erklärte sie: „Meine Vorstellung ist, weil meistens die, das ganze Ärger von den Ausländern kommt. Meistens ist es so, dass die Ausländer halt nicht in die Schule kommen, weil die keine, nicht so riesige Interesse für die Schule zeigen. Oder bloß in die Schule kommen zum Ärger machen. Oder ich weiß es nicht. Also meines Wissens ist es so.“ (Z. 591 - 597) Und sie fügte hinzu: „Ich war halt nicht wie die anderen Schüler, ich kam halt, ich habe halt null Fehlstunden, ich habe, ich habe keinen Eintrag, ich hab’ keinen Bemerk, ja, ich habe gar nichts. Aber trotzdem hat man halt kein Interesse gezeigt. Weil ich einfach Amara war. Und deswegen.“ (Z. 609 - 614) Ihr „Anders-Sein“ begründete sie vor allem mit ihrem Wunsch, etwas zu lernen: „Das ist irgendwie zu meinem Hobby geworden.“ (Z. 129f). Dies hatte wiederum Auswirkungen auf ihre Beziehungen zu den Mitschülern: „[…] dann haben die angefangen Streberin zu sagen. Dann habe ich einfach aufgegeben.“ (Z. 198 - 202) Vor dem Hintergrund ihres Status (noch keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung) interpretierte sie auch ihre Erfahrungen im Prozess der Berufsorientierung: „Konnten mir aber nicht so helfen, weil das wieder mit dem Geduldeten zu tun hat.“ (Z. 254 - 256) Im Rahmen der Berufsberatung des Arbeitsamtes wurde ihr dann empfohlen Friseurin zu werden, „weil das nicht so schwierig ist“ (Z. 259f). Dieses Ziel verfolgte sie zunächst auch, „weil das voll viele wollten“ (Z. 217). Ein Praktikum überzeugte sie schließlich vom Gegenteil, und sie berichtete von ihrem Traum, Anwältin oder Ärztin zu werden, „weil das mit unserer Duldung zu tun hatte, weil ich halt meine Familie retten wollte“ (Z. 236 240) bzw. weil ihre Mutter immer Ärztin werden wollte, „aber die konnte halt nicht“ (Z. 308f). Weil sie zum Ende des Schuljahres keinen Ausbildungsplatz hatte, musste Amara ins BVJ wechseln. Dies machte ihr zunächst Angst (vgl. Z. 338): Wer ins BVJ kommt, sagte ihre Klassenlehrerin, „kommt nie wieder raus, kriegt keinen
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Ausbildungsplatz“ (Z. 327 - 330). Rückblickend beschrieb Amara das BVJ als unerwartete Chance. „BVJ ist wirklich super. Also im BVJ kriegt man das alles was man in der normalen Schule nicht bekommt. (…) ich konnte richtig aufpassen, ich konnte was lernen. (…) bei der normalen Schule hat man jeden Tag nur Einträge bekommen, jeden Tag nur Stress mit den Schülern, jeden Tag fast gar kein Unterricht.“ (Z. 338f) Sie machte die Erfahrung, dass sich ihre Lehrer für sie interessierten, sie bestärkten und unterstützten: „… die haben mir so getraut, dass ich gar nicht wusste, dass ich das bin.“ (Z. 306 f) Unterstützung und Interesse bezogen sich dabei nicht nur auf schulische Fragen und Lernprobleme (vgl. Z. 466f; 368f), sondern gingen auch darüber hinaus: „Also wenn wir mit der Familie mal ein Problem hatten, hat man uns geholfen. Man hat halt uns zugehört. Nicht wie die anderen gesagt, wir haben was anderes zu tun, tut mir leid wir sind nur Lehrer. Die haben sich schon für uns interessiert. Und das fand ich halt gut.“ (Z. 344 - 350) Amara konnte ihre Noten im BVJ deutlich verbessern und hatte zum Zeitpunkt des Interviews eine Zusage für eine Ausbildung in einer Arztpraxis, in der sie auch schon ein Praktikum absolviert hatte. Vermittelt wurde ihr diese Ausbildungsstelle durch, ihren „Busfahrer, der von C. immer nach B. zur Schule gefahren hat“ (Z. 283f). Angesichts dieses Erfolgs blickt Amara zuversichtlich auf die nächsten Jahre. An ihrem Ziel, Ärztin zu werden, hält sie fest. Im Interview beschrieb sie ihren Weg zum Ziel: erst die Ausbildung und den mittleren Bildungsabschluss, dann das Abitur und das Studium (vgl. Z. 509 - 513). Amara beendet ihre Erzählung mit dem Wunsch, dass in der Schule auf die Stärken und Schwächen der Kinder geachtet wird und dass auch ausländische Kinder in der Schule lernen können. „Weil … Kinder sind halt Kinder. Ist egal ob die Ausländer sind oder von nebenan sind. Aber trotzdem sind es Kinder und die haben ein Recht trotzdem in die Schule zu kommen und von den Lehrern was zu beizubringen.“ (Z. 601 - 605) Fall 5: Murat – „Also ich hätte viel mehr Leistung zeigen können, wenn ich es wollte.“ Murat (17 Jahre) ist in Deutschland geboren. Seine Familie, über die er im Interview kaum sprach, ist türkischer Herkunft. Murat besuchte eine Kindertageseinrichtung, die Grundschule und wechselte dann an die Hauptschule. Seine Grund- und Hauptschulzeit war von Misserfolgen wie schlechten Noten, einer Nichtversetzung in Klasse 7 und Konflikten mit Lehrern geprägt. Als Ursachen nannte er einerseits mangelnde Anstrengung (vgl. Z. 14 - 16), Faulheit (vgl. Z. 29) und andere Interessen (vgl. Z. 31f), ande-
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rerseits machte er rückblickend Konflikte mit seinen Lehrer für seine Misserfolge mitverantwortlich. Dabei betont er immer wieder, dass seine schlechten Leistungen eigentlich nicht seinen Fähigkeiten entsprachen: „Also ich hätte viel mehr Leistung zeigen können, wenn ich es wollte.“ (Z. 52f) Dass beides eng miteinander verbunden war und dass es Murat schließlich nicht mehr gelang aus dem Teufelkreis von schlechten Noten und schlechten Beziehungen auszusteigen, deutet sich in der folgenden Interviewpassage an: „Dann hatte ich halt drei Jahre eine Lehrerin. Und mit der habe ich mich halt nicht immer verstanden. Also. (I: Nicht verstanden?) Ja, halt im Unterricht mitzumachen. Und so also. (…) Ja, also, ich habe mich nicht direkt mit ihr verstanden. Also, die war ja Klassenlehrerin und ich konnte nicht mit der alles einigen. (…) Ha ja, Hausaufgaben oder Aufgaben, wenn ich es halt nicht kapiert habe oder so. Also wie sie es erklärt hat und so. Ich habe es halt nicht verstanden und so, schon kompliziert und so. Aber, allgemein, ich habe mich nicht mit ihr verstanden, halt.“ (Z. 60 - 76) Die schlechten Schulleistungen belasteten auch die Beziehungen zu den Eltern, die ihn zu mehr Anstrengung aufforderten und Nachhilfe für ihn organisierten, die ihm aber, „auf gut Deutsch gesagt, am Arsch vorbei [ging]“ (Z. 32 - 40; vgl. auch 107 - 110). Murat strengte sich in dieser Situation nicht mehr an, sondern entwickelte eine Null-Bock-Einstellung und versuchte den schulischen Anforderungen auszuweichen. Meist habe er eine Krankheit oder Magenschmerzen vorgeschoben; insbesondere dann, wenn Arbeiten geschrieben wurden und er nichts gelernt hatte (vgl. Z. 301 - 325). Zum Ende der Hauptschulzeit bewarb sich Murat als Kaufmann im Einzelhandel, mit der Begründung „Mundpropaganda, spricht sich halt rum und so (…) ja, Kaufmann im Einzelhandel ist cool und so.“ (Z. 136 - 143) Auf seine Bewerbungen erhielt er nur Absagen – rückblickend begründete er, „also kaufmännische Berufe wollen mehr Leistung. Die hatte ich halt damals nicht, also die Noten.“ (Z. 365 - 367) Aufgrund seiner schlechten Noten und der noch fehlenden Ausbildungsstelle konfrontierte ihn der Berufsberater der Agentur für Arbeit mit dem Besuch des BVJ. Auch hier verlagerte Murat den Interessenskonflikt auf die persönliche Ebene: „Ähm, da kam einer, aber mit dem habe ich mich auch nicht so verstanden. Der kam mir gleich mit BVJ.“ (Z. 165 - 169) Der Versuch einer späten Vermittlung scheiterte, weil sich Murat auf die angebotenen Stellen nicht bewarb: „Aber die haben mir halt Stellen geschickt, wo ich halt nicht hinkomme, also aus dem Dorf raus.“ (Z.178 - 180) Seine Zeit im BVJ betrachtete er rückblickend als Chance, da es ihm gelang, den Negativkreislauf (vgl. Z. 104f) zu durchbrechen: Er berichtete von guten Beziehungen zu den Lehrern, „also besser geht es nicht, sage ich mal“ (Z. 21f), er konnte sich am Unterricht beteiligen und war regelmäßig in der Schule anwesend. Außerdem traf er eine begründete Berufsentscheidung: „Äh,
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ich habe mich also informiert über kaufmännische Berufe, über Metallberufe. (…) Waren viel interessanter (…) Und bei handwerkliche, ich bin ja handwerklich viel besser als in der Theorie. Und daraus habe ich halt gezogen, dass ich eher einen Metallberuf wählen sollte als kaufmännische. Und wenn man schaut heutzutage, Industrie läuft halt sehr gut, meine ich.“ (Z. 254 - 267) Hilfreich war für ihn, dass er über die Schule an Adressen kam, wo er sich bewerben konnte. (Z. 273 - 283) Zum Zeitpunkt des Gesprächs hatte Murat die mündliche Zusage eines Betriebs. Er plante, diese Ausbildung zunächst abzuschließen, um anschließend weitermachen: „Vielleicht einen Meisterbrief oder so was machen. Und, ja dann halt, also immer weiter hoch, ähm, immer weiter, also nicht aufgeben und weiter machen. (…) Ja, also ohne Fleiß, kein Preis.“ (Z. 332 - 341) Die Gegenüberstellung der beschriebenen Bildungserfahrungen verweist auf zwei zentrale Themen, die sich in allen Interviews widerspiegelten: (1) Die von Konflikten und Misserfolgen geprägten Schulerfahrungen (vgl. 10.3.3) und (2) die Wahrnehmung des Berufsvorbereitungsjahrs als Neuanfang und Chance (vgl. 10.3.4). Beide werden im Folgenden unter Einbezug aller Interviews ausführlicher dargestellt. Darüber hinaus wird aus theoretischem Interesse das Thema der Berufsorientierung aufgegriffen, auf das die Jugendlichen nur auf Nachfragen der Interviewerin genauer eingingen (vgl. 11.3.5). 10.3.3 Von Konflikten und Misserfolgen geprägte Schulerfahrungen Die Erzählungen der fünf Jugendlichen waren überwiegend von negativen Erfahrungen während ihrer Grund- und Hauptschulzeit geprägt. Diese Erfahrungen werden im Folgenden thematisch gebündelt dargestellt und durch Beispiele und Zitate aus allen Interviews belegt bzw. illustriert.146
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Die Interviews mit Joni und Andrej werden im Hinblick auf die Bildungserfahrungen nicht berücksichtigt. Beide kamen erst im Alter von 15 bzw. 16 Jahren nach Deutschland, besuchten einen Vorbereitungskurs bzw. Deutschkurs und wechselten dann direkt in ein Berufsvorbereitungsjahr. Im Folgenden interessieren insbesondere die Bildungsbiografien und Erfahrungen der Jugendlichen in der Grundschule und in der weiterführenden Schule.
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Bildungsbiografische Brüche Die Jugendlichen berichteten von schlechten Noten, teilweise mehrfachen Klassenwiederholungen, fehlenden Schulabschlüssen und Schulverweisen. Darüber hinaus erlebten einige den unfreiwilligen Wechsel an die Hauptschule bzw. ins Berufsvorbereitungsjahr als Scheitern: „Das war so, man wollte sich bessern, man hat es versucht, dass man auch mindestens auf die Realschule kommt. Aber man gibt sein Bestes und im Endeffekt war es halt doch nichts.“ (Denis, Z. 90 95) Auch der Wechsel ins BVJ war für einige Jugendliche mit Sorgen und Ängsten verbunden: „Und ich habe viele Geschichten gehört, ja, wenn du BVJ kommst, dein Leben hat keinen Sinn mehr, du bist irgendwo voll tief gesunken.“ (Alexandra, Z. 220 - 225) Diese Sorge wurde auch durch die Lehrerinnen und Lehrer geschürt, die die Drohung mit dem BVJ vielleicht sogar als Disziplinierungsmittel einsetzten: „Ja, die, die Schule von B., also meine Klassenlehrerin hat gemeint, ja, BVJ ist zu, also nicht zu stark, sondern BVJ ist schlimm. Wer im BVJ ist, kommt nie wieder raus, kriegt keinen Ausbildungsplatz. Hat man uns halt Angst gemacht.“ (Amara, Z. 327 - 331) Ursachen für schlechte Leistungen und andere Schwierigkeiten Als Ursachen für schlechte Leistungen und Schwierigkeiten in der Schule nannten die Jugendlichen zum einen Probleme und Brüche in ihrem Umfeld (z.B. mit Schulwechseln verbundene Umzüge, Konflikte in der Familie), zum anderen sprachen sie von Schwierigkeiten, mit den schulischen Anforderungen Schritt zu halten. Insbesondere für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund, ob in Deutschland geboren oder später zugewandert, war Letzteres meist mit sprachlichen Schwierigkeiten verbunden: „Ich konnte nicht gut Deutsch, obwohl ich hier geboren bin in Deutschland. (…) Aber Deutsch war ja damals ganz wichtig.“ (Tugba, Z. 18 - 20; 128f) Von gezielter Förderung, sowohl im Hinblick auf ihre sprachlichen Fähigkeiten als auch in Bezug auf einzelne Schulfächer, berichteten die Jugendlichen nicht. Vielmehr erlebten sich gerade die Jugendlichen mit Migrationshintergrund als ausgegrenzt bzw. nicht beachtet: „Weil, wenn du nicht Esel gut schreiben konntest, oder das nicht gut aussprechen konntest, war ganz schwierig. Dann haben dich immer so blöd angeguckt. Was für Mädchen ist das, was wird bei denen zu Hause gesprochen.“ (Tugba, Z. 128 - 133) Und Amara war davon überzeugt, dass sich die Lehrer nicht für sie interessierten, weil sie „halt nicht Deutsch konnte“ (Amara, Z. 81ff). Die sprachlichen Schwierigkeiten führten
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nicht zuletzt auch zu Problemen und Konflikten im Umgang mit den Mitschülern. Sowohl Amara als auch Ali berichteten von Handgreiflichkeiten, in die sie verwickelt waren und aufgrund derer die Lehrer schließlich (im negativen Sinn) auf sie aufmerksam wurden. Konflikthafte Beziehungen zu Lehrerinnen und Lehrern Als konflikthaft beschrieben die Jugendlichen auch die Beziehungen zu den Lehrern. Sie entstanden zum einen aufgrund von Konflikten mit Mitschülern, zum anderen entwickelten sie sich infolge dauerhafter Misserfolge. Dabei zeigten sich Ursache und Wirkung verschwommen, was zum Beispiel im Interview mit Murat deutlich wurde, der „Nicht-Verstehen“ und „Sich–nicht-Verstehen“ kaum trennte: „Dann hatte ich halt drei Jahre eine Lehrerin. Und mit der habe ich mich halt nicht immer verstanden. (…) Ha ja, Hausaufgaben oder Aufgaben, wenn ich es halt nicht kapiert habe oder so. Also wie sie es erklärt hat und so. Ich habe es halt nicht verstanden und so, schon kompliziert und so. Aber, allgemein ich habe mich nicht mit ihr verstanden halt.“ (Murat, Z. 60 - 76) Ähnlich wurde dies auch im Interview mit Elif deutlich: „Wenn mich zum Beispiel jemand anschreit, ja das kannst du nicht, also ein Lehrer, meine ich. Das kannst du nicht, das und das. Dann, da habe ich überhaupt keinen Bock drauf, keine Ahnung. Ähm, dann will ich es auch nicht mehr machen.“ (Elif, Z.112 - 118) Die als konfliktreich erlebten Beziehungen und die schlechten Schulleistungen wirkten in der Folge wie zwei sich gegenseitig verstärkende Pole einer „Abwärtsspirale“, die teilweise auch das Verhältnis zu den Eltern beeinträchtigte und aus der die Jugendlichen aus eigener Kraft nicht mehr ausbrechen konnten – trotz mancher Beteuerung, das Mögliche getan zu haben. Reaktionen und Verhalten gegenüber schulischen Anforderungen Auf die Misserfolge und Konflikte in der Schule reagierten viele der befragten Jugendlichen mit ausweichendem Verhalten: „Typische Bauchschmerzen“ (Tugba, Z. 30f) und andere Krankheiten wurden vorgeschoben, um nicht am Unterricht oder an Klassenarbeiten teilnehmen zu müssen. Darüber hinaus fälschten die Jugendlichen Entschuldigungen, öffneten Briefe der Schule und beantworteten Telefonanrufe anstelle der Eltern. Weitere Gründe für ausweichendes Verhalten waren aus Sicht der Jugendlichen mangelndes Interesse („ja, Freizeit geht vor“; Murat, Z. 28f) oder die Bedeutung der Clique („Wenn es eine Person macht, dann macht es die ganze Clique“; Alexandra, Z. 130f). Dabei
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konnte anhand der Texte nicht endgültig geklärt werden, inwiefern Misserfolge und Konflikte mit Lehrern dem ablehnenden und ausweichenden Verhalten vorausgingen. Insgesamt betrachtet konnte keiner der Jugendlichen die Negativspirale aus Konflikten und schlechten Leistungen während der Zeit an der allgemeinbildenden Schule durchbrechen. Gleichzeitig deutete sich zwischen den beschriebenen Konflikten immer wieder die Not der Jugendlichen an, von ihren Bezugsperson in der Schule nicht wahrgenommen und unterstützt worden zu sein. 10.3.4 Das Berufsvorbereitungsjahr als Neuanfang und Chance? Die Erfahrungen der Jugendlichen im Berufsvorbereitungsjahr grenzten die Jugendlichen im positiven Sinn von früheren Schulerfahrungen ab. Lehrerinnen und Lehrer werden als unterstützend erfahren In ihren Berichten über die Zeit im BVJ sprachen die Jugendlichen wiederholt von positiven Beziehungen zu den Lehrkräften und von der Unterstützung, die sie durch ihre Lehrerinnen und Lehrer erfahren hatten. Häufig schilderten sie dies in Abgrenzung zu den Erfahrungen in der Hauptschule: „Mit denen kommt man auch gut klar, wenn man was nicht versteht oder so, die helfen dir dabei. Zeigen mir das also auch, wenn ich es brauch’. Aber dort in der A-Schule [hier: die besuchte Hauptschule] hab ich so was nicht mal erlebt, ey.“ (Ali, Z.199 202) Wichtig war den Jugendlichen, dass sie fächerspezifische Unterstützung erhielten (z.B. Nachhilfe, Zusatzunterricht) und dass sie die Erfahrung machten, mit ihren Fragen ernst genommen zu werden. Zumindest aktuell schien die Negativspirale gestoppt: Das als unterstützend wahrgenommene Verhalten wirkte sich positiv auf die Beziehungen zu den Lehrerinnen und Lehrern, auf das Verhalten gegenüber den schulischen Anforderungen und nicht zuletzt auf die schulischen Leistungen aus: „Da habe ich mich verbessert, weil auch die Lehrer netter waren. Die haben auch wirklich geholfen. Also, da konnte man auch wirklich Fragen, wenn man auch was nicht gewusst hat.“ (Denis, Z. 30 – 34) Ähnlich äußerten sich auch Murat und Elif: „Der Umgang ist halt viel besser hier. (…) Und hier, hier kann ich halt voll mitmachen. Ja, also hier habe ich viel besseren Kontakt mit den Lehrern. Eigentlich nur positiv, also negativ kann ich jetzt sagen.“ (Murat, Z. 214 - 224) – „Also hier, weiß nicht, hier habe ich mich voll verändert. Hier alle so äh, wie soll ich Ihnen sagen, keine Ahnung, alle voll
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nett. Ich habe es noch nie gesehen, dass hier ein Lehrer, eine Lehrerin halt mich angeschrien hat.“ (Elif, Z. 239 - 243) Während die Jungen ein „kumpelhaftes“ Lehrer-Schüler-Verhältnis schätzten, in dem sich für sie die Erfahrung ausdrückte, als junge Erwachsene ernst genommen und unterstützt zu werden, war es für die befragten Mädchen wichtig, dass sich ihre Klassenlehrerin auch für ihre Person und ihre Probleme außerhalb der Schule interessierte „…die Lehrer haben Interesse gezeigt, wo die normalen Schulen gar nicht gezeigt haben. Oder auch privat. (…) Man hat halt uns zugehört. Nicht wie die anderen gesagt, wir haben was anderes zu tun, tut mir leid wir sind nur Lehrer.“ (Amara, Z. 344 - 349) Auch das Vertrauen der Lehrerin in ihre Leistungsfähigkeit war für die jungen Frauen wichtig und machte ihnen Mut. So zeigte sich Alexandra überzeugt davon, dass die Lehrerin „will, dass wir es schaffen. Sie gibt uns einen Ruck, sagt, ihr packt das Mädels.“ Das spornte sie an, denn „wenn wir sehen, dass die Person es, also an uns denkt, an uns glaubt, natürlich machen wir es dann. Wir wollen die Person ja nicht enttäuschen.“ (Alexandra, Z. 577 - 599). Auch Amara schöpfte aus dem entgegengebrachten Vertrauen Mut: „Die Lehrer, die haben mir so getraut, dass ich gar nicht wusste, dass ich das bin.“ (Amara, Z. 305 - 307) 10.3.5 Berufsorientierung und Berufswahl Den Themen der Berufsorientierung in der Schule und der persönlichen Berufswahl gaben die Jugendlichen in ihren Interviews von sich aus wenig Raum. Berufswünsche der Jugendlichen und Begründungen Viele der befragten Jugendlichen gaben im Interview keine klaren Berufswünsche an, die sie konkret verfolgten. Häufig nannten sie mehrere Berufswünsche, signalisierten ihre Offenheit für Alternativen oder blieben sehr unbestimmt: „Hm, Metallbauer, oder irgendwas mit Autos. KfZ-Mechatroniker, Fahrzeuglackierer. Gibt es mehreres.“ (Wolfgang, Z. 265 - 267). Denis und Murat wollten sich auf einen „Metallberuf“ bewerben, den sie nicht näher spezifizierten (vgl. Murat, Z. 131; Denis, Z. 201). Ali äußerte den Wunsch, „so Kasse arbeiten und so“ oder „Auto reparieren und so“ (Ali, Z. 288; Z. 293). Tugba wollte „als Einzelhandelskauffrau eine Arbeitsstelle, oder als Verkäuferin, Bäckereifachverkäuferin, alles Mögliche halt.“ Auch Kinderpflegerin zu werden, konnte sie sich vorstellen (Tugba, Z. 49 - 52; 306). In vielen Interviews wurde deutlich: „Egal, für mich, Hauptsache Ausbildung.“ (Alexandra, Z.654)
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Die Begründungen der Jugendlichen orientierten sich dabei selten an ihren spezifischen Fähigkeiten und Interessen: „Mundpropaganda, spricht sich halt rum und so“, begründete Murat (Z. 136 - 138) seine Erstentscheidung für eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Andere orientierten sich an den Berufen von Freunden oder Verwandten – entweder, weil sie dadurch Einblicke in den Beruf hatten oder weil sie die Hoffnung hatten, in deren Betrieben als Auszubildende angenommen zu werden (vgl. Joni und Ali). Auch eine geschlechtsspezifische Ausrichtung der Berufswünsche wurde anhand der Erzählungen deutlich: Die Mädchen interessierten sich eher für den Beruf der Friseurin, der Altenpflegerin, der Bäckereifachverkäuferin, der Einzelhandelskauffrau, der Arzthelferin, der Hotelfachfrau oder der Schneiderin, die Jungen nannten Berufe wie Mechatroniker, Fahrzeuglackierer, Zerspanungsmechaniker und andere Berufe im Metall- und Kraftfahrzeugbereich. Darüber hinaus begründeten die jungen Männer ihre Berufswahl häufiger mit Verdienstmöglichkeiten, guten Aussichten auf Stellen und dem Ansehen des Berufs. Anpassung von Berufswünschen Die Interviews zeigen auch, dass sich die Berufsvorstellungen der Jugendlichen seit dem Verlassen der Hauptschule verändert hatten. Ausgehend von der Erfahrung, dass der Hauptschulabschluss nur begrenzte Wahlmöglichkeiten mit sich bringt („Was schaffe ich mit dem Hauptschulabschluss, was schaffe ich da?“; Denis, Z. 160 - 167), verabschiedete sich Alexandra (zumindest vorübergehend) von ihrem Traum, Hotelfachfrau oder Stewardess zu werden und Denis von seinem Ziel, Koch zu werden. Tugba wäre gerne Polizistin oder Erzieherin geworden und sucht jetzt eine Stelle als Einzelhandelskauffrau. Amara korrigierte ihre Vorstellung von Anwältin oder Ärztin auf Friseurin oder Altenpflegerin bis es ihr schließlich gelang, eine Stelle als Arzthelferin zu finden. Berufsorientierung im Rahmen von Hauptschule und Berufsvorbereitungsjahr Zur Berufsorientierung im Rahmen der Hauptschule äußerten sich die Jugendlichen nur zögerlich. Die meisten sprachen nur auf Nachfrage über berufsorientierende Angebote. Sie erinnerten sich an das Schreiben von Bewerbungen, das Training von Vorstellungsgesprächen, Praktika und Gespräche mit Berufsberaterinnen und Berufsberatern des Arbeitsamtes. Teilweise wurde auch die Bildungsmesse angesprochen. Ein Grund, warum die Jugendlichen kaum über berufsorientierende Angebote sprachen, könnte darin liegen, dass andere Erfahrun-
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gen (z.B. schlechte Noten, Konflikte, Sprache, Schwierigkeiten in der Familie) die Hauptschulzeit der Jugendlichen so prägten, dass die Berufsorientierung im Erleben der Jugendlichen, sowie auch im Interview, eher in den Hintergrund trat. Gleichzeitig wurden die Angebote zur Berufsorientierung, mit Ausnahme der Praktika, kaum als hilfreich bewertet. Bildungsmesse. Ali beschrieb den Besuch der Bildungsmesse als Ausflug und als „eintönig, ich bin da einfach nur herumgelaufen“ und er erzählte: „Wir sind einfach hingegangen. Haben wir nur Spaziergänge gemacht und sind dann wieder zurück.“ (Ali, Z. 134 - 142) Wolfgang konnte dagegen einen Kontakt für einen Praktikumsplatz knüpfen und Murat bewarb sich, allerdings ohne Erfolg, bei einem der dort besuchten Betriebe. Während die Interviews wie im Fall von Ali einerseits auf eine ungenügende (individuelle) Vorbereitung der Jugendlichen hindeuten könnten, wäre es auch möglich, dass die Kluft zwischen der Situation bzw. den Möglichkeiten der Jugendlichen und der Vielfalt der Angebote und Informationen der Bildungsmesse so groß war, dass die Jugendlichen diese nicht für sich nutzen konnten. Berufsberatung. Die Gespräche mit den Beraterinnen und Beratern der Agentur für Arbeit wurden von den Jugendlichen häufig als konfliktbeladen beschrieben, nicht zuletzt deswegen, weil sie dem Traum vom gewünschten Ausbildungsplatz bzw. der baldigen finanziellen Selbstständigkeit ein jähes Ende setzten. Murat hatte sich mit dem Berufsberater „nicht so verstanden. (…) Der kam mir gleich mit BVJ.“ (Murat, Z. 165 - 169). Für Alexandra beendete das Gespräch den Traum vom Ausbildungsplatz als Hotelfachfrau: „mit diesen Noten kannst du es abstreichen“, zitierte sie den Berufsberater. Und weiter: „Du machst erst mal ein BVJ, holst deinen … Hauptschulabschluss und dann kannst du mit der Ding, mit …. Einzelhandelskauffrau anfangen und dann kannst du dich weiterbilden.“ (Alexandra, Z. 356 - 361) Für Amara endete das Gespräch mit der Empfehlung, eine Ausbildung zur Friseurin zu machen, „weil das nicht so schwierig ist“ (Amara, Z. 259f). Bei den Jugendlichen provozierte dies Ablehnung („mit dem habe ich mich auch nicht so verstanden“; Murat, Z. 165f) und Auflehnung: „Weil die Menschen, die machen das nicht, die Ausbildung nicht, dass muss ich ja drei Jahre lang machen. Und das muss mir gefallen und ich muss mit den Patienten und den Ärzten ja auskommen. Aber das ist halt blöd, wenn die anderen kommen und sagen, ähm, das wirst du nicht schaffen. Woher wissen die, kennen die die Zukunft? Nein, also können die das gar nicht.“ (Amara, Z. 318 - 325) Beispiel Praktika. Die absolvierten Praktika wurden von den Jugendlichen zwar meist positiv beschrieben, teilweise zeigten die Begründungen aber wenig Bezug zur erkundeten Tätigkeit. So fand Wolfgang die Arbeit und seine Kollegen „halt nett, sehr nett. Denen hat es halt nichts ausgemacht, wenn man halt 10
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Minuten zu spät kam.“ (Wolfgang, Z. 202 - 205). Elif hatte in ihrem Praktikum in einer Bäckerei „auch ein paar Mädels kennen gelernt (…) Das war einfach super, wir haben uns gut unterhalten, und so. Die haben alles gezeigt, habe da vieles gelernt.“ (Elif, Z. 419 - 422) Beratung durch Schulsozialarbeit sowie Lehrerinnen und Lehrer. Positiv und ausführlicher berichteten die Jugendlichen dagegen über ihre Erfahrungen im Berufsvorbereitungsjahr: von Gesprächen mit Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern sowie mit Lehrerinnen und Lehrern. Sie erzählten von individueller und praktischer Hilfestellung beim Suchen von Ausbildungsbetrieben und vom gemeinsamen Schreiben von Bewerbungen. Darüber hinaus konnten manche durch die (gemeinsamen) Vermittlungsanstrengungen von Lehrerinnen bzw. Lehrern, der Agentur für Arbeit und der Schulsozialarbeit Zukunftsperspektiven (z.B. geförderte Ausbildung, EQJ, einjährige Berufsfachschule) für das kommende Jahr entwickeln. Unterstützung und Vermittlung durch Freunde und Bekannte Neben Schule und Arbeitsamt zeigten sich Freunde und Verwandte als wichtige Helfer auf dem Weg zum Berufswunsch, zum Praktikumsplatz und zur Ausbildungsstelle: Sie waren Vorbild bei der Berufswahl, vermittelten Praktikumsplätze und verhalfen nicht zuletzt zu einer Ausbildungsstelle, wie am Beispiel von Amara, Joni und Ali deutlich wurde. 10.3.6 Systematisierung der Fälle im Hinblick auf erklärende Faktoren Anhand der bisher dargestellten Ergebnisse wurden Potenziale und Belastungen abgeleitet, die die Situation der Jugendlichen kennzeichnen und für die eine erklärende Funktion im Hinblick auf das Gelingen bzw. Misslingen von Übergängen vermutet wird. Als Potenziale deuteten sich in den Erzählungen an:
ein positives schulisches Selbstkonzept bzw. die Erfahrung, dass Anstrengung zu Erfolg führt; gezielte Unterstützung bei schulischen oder sprachlichen Schwierigkeiten; Beziehungen zu Ausbildungsbetrieben.
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Belastend wirkten in den Erzählungen dagegen:
Probleme außerhalb der Schule, beispielsweise eine schwierige Familiensituation, körperliche Probleme (z.B. Übergewicht) oder Verhaltensprobleme; sprachliche Schwierigkeiten; dauerhafter Misserfolg in der Schule, Hilflosigkeit im Umgang mit schulischen Anforderungen und ein negatives schulisches Selbstkonzept.
Darüber hinaus zeigte sich, dass viele Jugendliche ihre beruflichen Wünsche zugunsten der Einstellung „Hauptsache Ausbildung“ aufgegeben hatten. Tabelle 54 gibt einen Überblick über die Verteilung der Auswahlfaktoren sowie über die oben beschriebenen Potenziale, Belastungen und Erfahrungen – soweit sie auf der Basis der einzelnen Interviews deutlich wurden.
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Tabelle 54: Erste Übersicht147 Situation Ausbildung
Probl.außerhalb d.Schule
Schul. Selbstkonzept
n
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n
j
j
j
n
n
n
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Gefördert?
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Migrationshintergrund
Einreisealter > 6J. j
j
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j
n
w
j
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n
w
j
n
j
Gefördert? n, evtl. BFS n, evtl. EQJ
Gezielte, frühe Unterstütung
„Hauptsache Ausbildung“
n
j
Dauerh. Misserfolg i. d. Schule
Bez. zu Ausbildungsbetr.
n
Schulabschluss j
w
Geschlecht Amara Murat Alexandra Tugba
Individuelle Potenziale und Belastungen
Große sprachl. Probleme
Auswahlfaktoren
Elif
w
j
n
n
Denis
w
n
-
j
Wolfgang
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n
-
j
Emre
m
j
n
n
n
n
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Ali
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Joni
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Anmerkungen: *Es wurden zusätzliche Informationen durch Beobachtungen im Interview sowie Informationen durch Gespräche mit dem Schulsozialarbeiter einbezogen. ? Anhand der Interviews bzw. zusätzlicher Informationen war keine endgültige Einschätzung möglich. „j“: Ja; „n“: Nein. Quelle: eigene Darstellung.
Im Anschluss an diese erste Systematisierung wurden die Fälle nach der aktuellen Situation der Jugendlichen (z.B. Ausbildungsplatz, kein Ausbildungsplatz, geförderte Ausbildung, usw.) sortiert. Darüber hinaus wurde auf der Basis der Übergangsstudien (vgl. 3.3.3; 3.3.5), der Fragebogenuntersuchung (vgl. 10.2) 147
Das Interview mit Andrej wurde nicht berücksichtigt, da aufgrund der sprachlichen Probleme zentrale Fragen unklar blieben.
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und der Erzählungen der Jugendlichen eine Einschätzung vorgenommen, inwiefern aufgrund der vermuteten Erklärungsfaktoren Schwierigkeiten erwartet wurden (vgl. Tabelle 55; fettgedruckt):
Geschlecht: Für junge Frauen (mit max. mittlerem Bildungsabschluss) wurden größere Schwierigkeiten beim Übergang in eine berufliche, speziell eine betriebliche Ausbildung erwartet (vgl. 3.3.3; 10.2.4). Migrationshintergrund, Einreisealter, sprachliche Schwierigkeiten: Für Jugendliche mit Migrationshintergrund wurden größere Schwierigkeiten erwartet – insbesondere für Jugendliche, die erst im Schulalter nach Deutschland kamen (vgl. 3.3.3; 10.2.4). Die Interviews machten darüber hinaus deutlich, dass sprachliche Schwierigkeiten für Schwierigkeiten in der Schule verantwortlich waren. Diese zeigten sich teilweise aber unabhängig davon, ob die Jugendlichen in Deutschland aufgewachsen waren oder erst später nach Deutschland kamen. Fehlender Schulabschluss, dauerhafter Misserfolg in der Schule, schulisches Selbstkonzept: Ebenso wurden für Jugendliche mit geringer schulischer Qualifikation (fehlender Schulabschluss) aufgrund der quantitativen Daten vermehrte Schwierigkeiten erwartet (vgl. 3.3.3; 10.2.4). In den Interviews zeigte sich außerdem, dass andauernder Misserfolg häufig mit einem geringen (schulischen) Selbstkonzept einherging, das die Schüler zu „Erleidenden“ machte, die ihre Situation nicht mehr selbst gestalteten und sich dem Anforderungen eher entzogen. Einstellung „Hauptsache Ausbildung“: Aufgrund von Schwierigkeiten beim Übergang in die gewünschte Ausbildung (z.B. erfolglose Bewerbungen, fehlende Zugangsvoraussetzungen) zeigten sich einige Jugendliche in den Interviews sehr flexibel im Hinblick auf eine Ausbildungsstelle. Trotzdem, so wurde anhand der Interviews deutlich, gelang es ihnen meist nicht (aus eigener Kraft) eine Ausbildungsstelle zu bekommen. Beziehungen zu Ausbildungsbetrieben: Jugendliche, die über persönliche Kontakte eine Beziehung zu einem Ausbildungsbetrieb aufbauen konnten, hatten trotz schlechter Ausgangsbedingungen die Chance, dort eine Ausbildung beginnen zu können. Voraussetzung war die Erfüllung von Mindestanforderungen (z.B. Schulabschluss, Verständigung in der deutschen Sprache). Probleme bzw. Unterstützung außerhalb der Schule: Als bedeutsam zeigte sich in den Interviews außerdem der unterstützende Einfluss des Umfeldes bzw. Schwierigkeiten außerhalb der Schule (z.B. körperliche Probleme, familiäre oder kulturelle Schwierigkeiten).
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265
Tabelle 55: Übersicht im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen
Gezielte, frühe Unterstützung
Dauerh. Misserfolg i. d. Schule
Schul. Selbstkonzept
Probleme außerhalb d. Schule
„Hauptsache Ausbildung“
Große sprachl. Probleme
Schulabschluss
Einreisealter > 6 J.
Migrationshintergrund
Geschlecht
Individuelle Potenziale und Belastungen
Bezieh. zu Ausbildungsbetrieben
Situation Ausbildung
Auswahlfaktoren
Gewünschten Ausbildungsplatz gefunden Amara
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j
j
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n
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Murat
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Ausbildungsplatz durch Beziehungen in Aussicht Ali
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Joni
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neg.
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j
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neg.
j
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n
j
j*
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j
n
Weiterhin unsichere Wege in Ausbildung: geförderte Ausbildung? geförderte Ausbildung? evtl. BFS evtl. EQJ
Alexandra
w
j
n
n
Elif
w
j
n
n
Denis
w
n
-
j
Wolfgang
m
n
-
j
Emre
m
j
n
n
n
n
n
n
j*
pos.
n
n
Tugba
w
j
n
j
n
n
n
j
j
neg.
j
n
Anmerkungen: *Es wurden zusätzliche Informationen durch Beobachtungen im Interview sowie Informationen durch Gespräche mit dem Schulsozialarbeiter einbezogen. ? Anhand der Interviews bzw. zusätzlicher Informationen war keine Einschätzung möglich. „j“: Ja; „n“: Nein. Fett gedruckt: Belastungen und nicht vorhandene Potenziale, die auf Schwierigkeiten am Übergang hindeuten. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 55 macht deutlich, dass die Faktoren Geschlecht, Migrationshintergrund und Einreisealter sowie Schulabschluss das Gelingen bzw. Misslingen von Übergängen in den ausgewählten Fällen nicht ausreichend erklären können: Beispielsweise deuten die gewählten Faktoren im Fall von Wolfgang nicht auf
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Schwierigkeiten hin – trotzdem konnte er bisher keine Ausbildungsstelle finden. Gleichzeitig hatten Ali und Joni trotz schlechter Ausgangsbedingungen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz (vgl. Tabelle 55). Durch den Einbezug der Themen, die sich aus den Erzählungen der Jugendlichen ergaben, konnten weitere, teilweise sehr individuelle Belastungen und Potenziale hinzugezogen werden. Dabei zeigten sich auf der individuellen Ebene zum Teil enge Verflechtungen zwischen einzelnen Faktoren, die im Rahmen der Fragebogenuntersuchung so nicht aufgezeigt werden konnten. Ausgehend von der aktuellen Situation der Jugendlichen ergaben sich aus der Systematisierung der Fälle schließlich drei Gruppen, die im Folgenden beschrieben werden. Amara und Murat haben den gewünschten Ausbildungsplatz gefunden: Die Interviews mit Amara und Murat waren von einem positiven schulischen Selbstkonzept geprägt. Darüber hinaus berichteten beide von Unterstützung in Form von Nachhilfe oder gezieltem Sprachunterricht, durch die sie belastende Faktoren (z.B. späte Einreise, sprachliche und schulische Schwierigkeiten) zumindest teilweise ausgleichen konnten. Allerdings gaben die Interviews keinen Hinweis darauf, dass hier institutionell verankerte Unterstützungsstrukturen gegriffen hätten. Vielmehr war die beschriebene Hilfe privat, durch Eltern und Bekannte, organisiert worden. So konnte sich Amara trotz ihrer späten Einwanderung fließend und souverän ausdrücken, besser als Elif, die in Deutschland geboren wurde. Ins BVJ wechselten die beiden aufgrund unklarer bzw. in Bezug auf den Abschluss ungeschickter Berufsentscheidungen. Bei Amara spielte auch ihre schwierige rechtliche Situation eine entscheidende Rolle. Beide, sowohl Amara als auch Murat, konnten am Ende des Berufsvorbereitungsjahres einen Ausbildungsplatz vorweisen, der ihren (angepassten) Wünschen entsprach. Ali und Joni haben trotz schwieriger Ausbildungsvoraussetzungen Aussicht auf einen Ausbildungsplatz: Ali und Joni unterschieden sich von den anderen Jugendlichen durch ihre schlechten Sprachkenntnisse. Beide erhielten bei ihrer späten Ankunft in Deutschland mit 14 bzw. 15 Jahren zwar Sprachkurse, hatten aber nach wie vor große Schwierigkeiten, sich auszudrücken, was auch die Interviewsituation beeinflusste. Einen Schulabschluss hatten sie beide nicht. Damit fehlten den Jugendlichen zwei zentrale Voraussetzungen bzw. Nachweise, die einen Arbeitgeber davon überzeugen könnten, dass sie den Anforderungen der Ausbildung, insbesondere in der Berufsschule, gewachsen sind. Dass sich beide trotzdem Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz machen konnten, hatten sie in erster Linie ihren Beziehungen zu Ausbildungsbetrieben zu verdanken. Um diesen Weg gehen zu können, müssen sie den Ausbildern aber zwei Dinge nachweisen: bessere Deutschkenntnisse und einen anerkannter Schulabschluss.
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Emre, Alexandra, Tugba, Denis, Elif und Wolfgang – unsichere Wege und Kumulation belastender Faktoren: Für den größten Teil der Jugendlichen zeichnete sich weiterhin ein unsicherer Weg in Ausbildung ab. Die Perspektiven, die die Jugendlichen andeuteten, waren zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht gesichert und beruhten zudem auf Vermittlungsbemühungen der betreuenden Lehrkräfte, Schulsozialarbeiterinnen bzw. Schulsozialarbeitern und der Arbeitsvermittlerinnen und -vermittler der Agentur für Arbeit. Gleichzeitig hatten die Jugendlichen ihre beruflichen Vorstellungen auf den Wunsch „Hauptsache Ausbildung“ reduziert. Gemeinsam war den Erzählungen der Jugendlichen auch die Kombination mehrerer belastender Faktoren und Erfahrungen, wobei Ursache und Wirkung oft kaum zu unterscheiden waren. Während bei manchen Jugendlichen schulische Schwierigkeiten im Vordergrund standen, waren es bei anderen eher Probleme außerhalb der Schule. Beide zeigten sich häufig eng verflochten. Exemplarisch wird dies im Folgenden an den Erzählungen von Tugba und Elif deutlich: (a) Tugba – außerschulische Probleme im Vordergrund: Tugba berichtete einerseits von schulischen Schwierigkeiten, die sie nicht zuletzt auf ihre sprachlichen Probleme zu Beginn der Grundschulzeit zurückführte. Andererseits beschrieb sie auch belastende Aufgaben und Probleme außerhalb der Schule, in der Familie (vgl. Fallbeschreibung 1), die sie daran hinderten, sich auf die Schule zu konzentrieren und auf diese Weise ihrerseits zum schulischen Misserfolgen beitrugen. In ihrer Erzählung belasteten sie neben der Sorge um einen Ausbildungsplatz aktuell vor allem ihre Auseinandersetzung mit der Rolle als türkische Ehefrau, die Sorge um den Arbeitsplatz des Ehemanns und die fehlende Wohnung, für die sie sich verantwortlich fühlte. (b) Elif – schulische Probleme bzw. Misserfolge im Vordergrund: Elifs Erzählung war durch mehrere Klassenwiederholungen und durch das vorzeitige Verlassen der Hauptschule geprägt. Auch im BVJ kämpfte sie mit schlechten Noten. Darüber hinaus wurde deutlich, dass sie sich wenig zutraute, keinen begründeten Berufswunsch verfolgte und keine Eigeninitiative entwickelte, sondern und voll auf die Unterstützung bzw. Vermittlung durch die Lehrerin und das Arbeitsamt setzte. Wie auch andere Jugendliche in dieser Gruppe (Ausnahme: Alexandra) sprach sie nicht von spezifischer Förderung und Unterstützung im Hinblick auf ihre sprachlichen bzw. fachspezifischen Schwierigkeiten. Vielmehr ist zu vermuten, dass ihr dauerhafter Misserfolg in der Schule, der sich nicht zuletzt auch in mehrfachen Klassenwiederholungen zeigte, zur Einwicklung eines negativen schulischen Selbstkonzepts und zu einer wenig positiven Erwartungshaltung in Bezug auf die künftige Ausbildung und Erwerbstätigkeit beitrug.
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10.3.7 Zusammenfassung, Interpretation, Diskussion Insgesamt betrachtet zeigten sich die Erzählungen der Jugendlichen stark von ihren individuellen Voraussetzungen, Problemlagen, Wünschen sowie den subjektiven Deutungen ihrer Situation gekennzeichnet. Dennoch konnten im Vergleich gemeinsame Bildungserfahrungen und Problemlagen herausgearbeitet werden:
die wiederholte Erfahrung von schulischem Misserfolg (beispielsweise aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten); Konflikte mit Lehrerinnen und Lehrern bzw. mit Mitschülerinnen und Mitschülern; Brüche in den Bildungsbiografien, wie zum Beispiel Klassenwiederholungen, Schulwechsel und Schulverweise; belastende Ereignisse bzw. Probleme außerhalb der Schule, beispielsweise Verhaltensprobleme, Konflikte in der Familie oder körperliche Probleme.
Ähnlich wie in der Studie von Geffert (2006), der über Metaphern die Wahrnehmungen Jugendlicher von Schule erfasste, wurde auch anhand der vorliegenden Interviews deutlich, dass sich die Jugendlichen in der Schule als passiv Erlebende bzw. Erleidende (vgl. Geffert 2006) beschrieben. Dass sie damit auch die Möglichkeiten der Gestaltung ihrer Situation ausblendeten (vgl. Geffert 2006), zeigte sich in den Interviews nicht zuletzt in Gestalt der beschriebenen „Negativspirale“, in der die Jugendlichen selbst die Ursachen ihrer Misserfolge bzw. ihres „Leidens“ nicht mehr benennen und damit auch nicht aktiv bekämpfen konnten. Die Analyse der bildungsbiografischen Erzählungen ließ vermuten, dass am Anfang dieser Schwierigkeiten häufig sprachliche Probleme und Lernschwierigkeiten standen, mit denen die Jugendlichen meist schon ab der Grundschule kämpften. Dabei fühlten sie sich – so wurde es in den Interviews deutlich - häufig hilflos und alleine gelassen. Diejenigen Jugendlichen, die in dieser Situation Unterstützung erhielten, bekamen diese außerhalb der Schule – organisiert von Eltern oder Bekannten. Den Jugendlichen fehlten damit frühere Selbstwirksamkeitserfahrungen in der Schule, die Walther u.a. (2007) neben anderen als Motivationsfaktoren in Übergangssituationen sehen (vgl. Walther u.a. 2007). Die Jugendlichen selbst reagierten in ihrer jeweiligen Situation zum Teil mit externalisierenden Begründungen (z.B. Klage über mangelnde Unterstützung durch Lehrer, hohe Anforderungen der Betriebe, türkische Herkunft), zum Teil schrieben sie sich ihren Misserfolg selbst zu (z.B. Faulheit, andere Interessen, kein Bock auf Schule) und beteuerten, es besser zu können. Mit Walther u.a. (2007) können hinter beiden Reaktionen Strategien zur Aufrechterhaltung der
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eigenen Handlungsfähigkeit angenommen werden: Während externalisierende Begründungen möglicherweise eine Entlastung von stigmatisierenden Erfahrungen bedeuteten, ging von Selbstzuschreibungen die Möglichkeit aus, es das nächste Mal besser zu machen (vgl. Walther u.a. 2007). Während die „Selbstzuschreibenden“ allerdings versuchten am Ball zu bleiben (z.B. Amara), reagierte die andere Gruppe eher mit Rückzug und Verweigerung (z.B. Tugba; vgl. Walther u.a. 2007, S. 115f). Im Anschluss an die als schwierig beschriebene Hauptschulzeit zeigten die Jugendlichen im Interview eine hohe Bereitschaft, das BVJ als Neuanfang und Chance zu sehen und zu nutzen – trotz der Ängste, die von den Hauptschullehrerinnen und -lehrern bezüglich des BVJ geschürt wurden. Als Ursachen hierfür nannten sie die Erfahrung von Hilfe und gezielter Förderung, persönliche Zuwendung und – in der Folge – Erfolgserlebnisse, an die sie anknüpfen wollten. Bei der Verwirklichung von Übergangswünschen im Anschluss an das Berufsvorbereitungsjahr hatten die Jugendlichen nicht gleichermaßen Erfolg. Anhand von drei Gruppen, die im Hinblick auf die aktuelle Situation der Jugendlichen herausgearbeitet wurden, konnte anhand der Interviews gezeigt werden, dass neben den Faktoren, die sich bereits in der quantitativen Untersuchung von Bedeutung waren, weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielten. Darüber hinaus wurden Verflechtungen zwischen den Faktoren deutlich, die anhand der quantitativen Daten so nicht aufgezeigt werden konnten.
Positive Perspektiven im Sinne einer Ausbildungsplatzzusage konnten diejenigen Jugendlichen entwickeln, die die Hauptschule mit Abschluss verließen, die über ein positives schulisches Selbstkonzept verfügten und die bereits während der allgemeinbildenden Schule gezielte Unterstützung durch (privat organisierte) Nachhilfe oder Sprachunterricht erhielten. Für diese Jugendlichen war das BVJ bzw. die dort gewährte individuelle Unterstützung eine wichtige Hilfe bei der Verbesserung der eigenen Startbedingungen und bei der Entwicklung einer subjektiv bedeutsamen und realisierbaren Perspektive. Ihnen gelang es, auf ihre bereits vorhandenen Potenziale (positives schulisches Selbstkonzept, Schulabschluss) aufzubauen. Auch Jugendliche mit persönlichen Beziehungen zu einem Ausbildungsbetrieb hatten, selbst mit schlechten Voraussetzungen, Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Ihr Ziel war es, über das BVJ Mindestbedingungen (bessere Deutschkenntnisse, Schulabschluss) für einen Ausbildungsplatz zu erfüllen. Ob ihnen das gelang, war zum Zeitpunkt des Interviews noch offen. Die Situation der Jugendlichen, die trotz Unterstützung im BVJ keine aussichtsreiche Perspektive entwickeln konnten, zeichnete sich insbesondere durch die Kumulation mehrerer belastender Faktoren aus, die teilweise eng
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Ergebnisse miteinander in Verbindung standen und die bereits die Zeit an der allgemeinbildenden Schule prägten (z.B. sprachliche Schwierigkeiten, schulischer Misserfolg, negatives schulisches Selbstkonzept, außerschulische Schwierigkeiten und Belastungen). Die Folgen dieser Belastungen konnten die Jugendlichen auch mit Hilfe des einjährigen BVJ nicht überwinden. Aufgrund der erfahrenen Rückschläge zeigten diese Jugendlichen eine hohe Bereitschaft, einen anderen Beruf als den gewünschten zu ergreifen. Dennoch berichteten auch diese Jugendlichen von Teilerfolgen, die sie mit Hilfe der Unterstützung erringen konnten: beispielsweise von der Verbesserung der Noten, vom Nachholen eines Schulabschlusses, von der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch oder von der Aussicht auf eine geförderte Berufsausbildung.
Anhand der Interviews wurde deutlich, dass das Verstehen von gelingenden und misslingenden Übergängen letztlich aber nur auf der Basis der subjektiven Erfahrungen und Deutungen der Übergänger selbst möglich ist: Während es Amara, – einem Mädchen mit Migrationshintergrund, das erst im Alter von 9 Jahren nach Deutschland kam und aufgrund von Umzügen viele Schulwechsel erlebte gelang, im Anschluss an das BVJ einen Ausbildungsplatz in einer Arztpraxis zu bekommen, gingen zwei Jungen ohne Migrationshintergrund und einer hohen Flexibilität hinsichtlich eines Ausbildungsplatzes leer aus und mussten am Ende des BVJ auf weitere Übergangslösungen (z.B. EQJ, Einjährige Berufsfachschule) hoffen.
Teil III – Schlusskapitel
11 Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Thema der vorliegenden Untersuchung war die Gestaltung des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung im Kontext kommunaler Bildungslandschaften. Konkretisiert am Beispiel der untersuchten „Bildungsoffensive“ wurde gefragt, inwiefern es der Stadt Ulm im Rahmen der Bildungsoffensive bereits gelingt, Jugendliche, insbesondere Jugendliche mit Hauptschulbildung, am Übergang in Ausbildung gezielt zu unterstützen. Aufgrund der Ausgangssituation zu Beginn der Untersuchung war eine längsschnittliche Erhebung und damit die Feststellung von Wirkungen im strengen Sinne nicht möglich (vgl. ausführlich Kapitel 6). Daher wurde anhand von quantitativen und qualitativen Daten aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ein differenziertes Bild der aktuellen Situation gezeichnet. Die daraus abgeleitete, datenbasierte Einschätzung der „Bildungsoffensive“ und ihres Handlungsfeldes „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ wird im Folgenden entlang der Leitfragen der Untersuchung zusammengefasst. Die „Bildungsoffensive“ als kommunale Bildungslandschaft Gefragt wurde, inwiefern durch die „Bildungsoffensive“ eine regionale bzw. kommunale Bildungslandschaft entstehen konnte. Anhand der Dokumente konnte zunächst gezeigt werden, dass die Gründung der „Bildungsoffensive“ durch den Gemeinderat im Jahr 2000 mit dem Ziel verbunden war, die Qualität der Bildungsangebote vor Ort zu verbessern. Ausgehend von diesem Anspruch wurden im Folgenden Ziele für den kommunalen Raum festgeschrieben und Maßnahmen entwickelt, die sich an den in Kapitel 2 herausgearbeiteten Leitgedanken der „Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen“ und des „Aufbaus von Netzwerkstrukturen“ orientierten. Die Ergebnisse der quantitativen Befragung deuteten jedoch darauf hin, dass diese Anstrengungen, zumindest auf der Ebene von Begriffen und Zielen, bislang noch nicht in zufriedenstellendem Maße bei den Betroffenen angekommen waren. Insbesondere die geringe Bekanntheit des Begriffs und der Ziele der „Bildungsoffensive“ bei den Lehrkräften und Eltern ließen vermuten, dass die C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8_11, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
274
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
„Bildungsoffensive“ zum Zeitpunkt der Untersuchung noch kein gemeinsames Bildungsprojekt von Kommune, Schulen und Eltern war. Auch weitere Ergebnisse, beispielsweise zur Integration der Ziele der „Bildungsoffensive“ in die Leitbilder und Konzepte der Bildungseinrichtungen, deuteten darauf hin, dass die einzelnen Schulen noch nicht systematisch in die „Bildungsoffensive“ einbezogen waren. Darüber hinaus ließen die Ergebnisse Unterschiede zwischen den Schulen vermuten. Anhand der Daten wird daher davon ausgegangen, dass eine Verzahnung der Angebote und Leistungen der Kommune mit der Arbeit der Schulen (vgl. Mack 2007) bisher nur in Ansätzen bzw. in Einzelfällen verwirklicht werden konnte. Insgesamt betrachtet konnten mit der Orientierung der „Bildungsoffensive“ an den Leitgedanken von Bildungslandschaften (vgl. 2.1.2) und mit der lokalen Ausrichtung des kommunalen Bildungsprojektes zwei zentrale Bedingungen für den Aufbau einer Bildungslandschaft identifiziert werden. Hinweise auf einen systematischen und rechtlich abgesicherten Einbezug der zentralen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Schulen (vgl. 2.1.2), gab es dagegen weder anhand der Dokumente noch anhand der Daten der quantitativen Befragung. Stattdessen zeigte sich eine zentrale Funktion der kommunalpolitischen Akteure und Gremien, sodass abschließend vorgeschlagen wird, die „Bildungsoffensive“ als Initiative auf dem Weg zu einer kommunalen Bildungslandschaft zu verstehen. Auf diesem Weg wurden bereits wichtige Schritte umgesetzt, die im Rahmen anderer Studien als bedeutsam hervorgehoben wurden (vgl. ausführlich 10.1.6). Andere Bedingungen können auf der Basis der vorliegenden Daten, insbesondere der Dokumentenanalyse und der Experteninterviews, für Ulm jedoch noch nicht als erfüllt angesehen werden. Insbesondere:
die Einführung rechtlich abgesicherter Abstimmungsformen von kommunaler und staatlicher Schulverwaltung (vgl. z.B. Mack 2007, S. 33; Stern u.a. 2008), die auch aus der Perspektive der Governancediskussion (vgl. 2.2.1) bedeutsam erscheinen; die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für die beteiligten Bildungsinstitutionen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (vgl. Bastian/Rolff 2002; Mack u.a. 2006; Mack 2007; Lehmpfuhl/Pfeiffer 2008); der Aufbau eines „organisatorischen Kerns“ (Minderop/Solzbacher 2007) außerhalb der kommunalen Verwaltung, der mit der Koordination und Moderation beauftragt ist (vgl. u.a. Bastian/Rolff 2002); die Initiierung systematische Prozesse der Schul- und Unterrichtsentwicklung, wie sie insbesondere den schulzentrierten Ansatz von Bildungslandschaften prägen (vgl. 0).
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
275
Damit bringt der Begriff der kommunalen Bildungslandschaft im Fall der „Bildungsoffensive“ nicht nur die Struktur (z.B. Steuerungsfunktion der kommunalen Gremien) und die Potenziale (z.B. Engagement zentraler öffentlicher Personen) der untersuchten Bildungslandschaft zum Ausdruck, sondern verweist aber auch auf Entwicklungsmöglichkeiten. Insbesondere im Hinblick auf
eine stärkere Integration der Schulen (z.B. durch systematische Schul- und Unterrichtsentwicklung auf der Basis der gemeinsamen Ziele); die Schaffung neuer und rechtlich abgesicherter Steuerungs- und Organisationsformen auf kommunaler Ebene, die auch die Schulen, die Schulverwaltung und andere Bildungsakteure einschließen und die Ausweitung der Mitgestaltungsmöglichkeiten und der Transparenz gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern. (vgl. auch Ausblick)
Das Handlungsfeld „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ als Teil der „Bildungsoffensive“ Gefragt wurde, inwiefern die Gestaltung des Übergangs als Aufgabe der „Bildungsoffensive“ verstanden wird und welche Eckpunkte dieses Handlungsfeld kennzeichnen. Das Handlungsfeld „Übergang Schule – berufliche Ausbildung“ zeigte sich anhand der Dokumente und Experteninterviews als zentrales Thema der „Bildungsoffensive“. Seine Bedeutung bzw. die Notwendigkeit einer gezielten Gestaltung wurde angesichts der wahrgenommenen Schwierigkeiten sowohl im Hinblick auf den Einzelnen als auch im Hinblick auf die Bedürfnisse der Wirtschaft und der Stadt selbst (z.B. Sozialausgaben) begründet. Dabei wurde ein Schwerpunkt auf die Unterstützung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern gelegt. Auch in der Einschätzung von Lehrenden und Eltern (quantitative Befragung) spiegelte sich die hohe Bedeutung wider – und zwar in allen Schulformen. Reißig (vgl. 2009 bzw. Abschnitt 4.3.2) unterschied in Bezug auf die Gestaltung von Übergängen in der Region zwei Ebenen: (1) die konkrete Ausgestaltung von Übergangsangeboten und (2) die Einbindung der Übergangskonzepte in eine übergreifende kommunale bzw. regionale Gesamtstrategie. Anhand der Dokumente wurde deutlich, dass der „Bildungsoffensive“ auf der Ebene der Leitgedanken und Ziele eine solche Verknüpfung bereits gelang: die konkreten Ziele bei der Gestaltung des Übergangs richten sich bereits jetzt an den übergreifenden Leitgedanken der Vernetzung (z.B. Ausbau der Kooperation „Schule – Jugendhilfe“) und der Orientierung an den Bildungsbiografien (z.B. weniger Schüler ohne Schulabschluss, bessere Schulabschlüsse) aus.
276
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Die Analyse der Dokumente und der Experteninterviews machte deutlich, dass im Hinblick auf den Leitgedanken der Vernetzung bereits gezielte Schritte unternommen wurden (z.B. Ausbau der Kooperation Schule – Jugendhilfe auf verschiedenen Ebenen; Aufbau des Netzwerkes Übergang „Schule – Beruf“; vgl. ausführlich 10.1.6). Im Hinblick auf den Leitgedanken der Orientierung an den Bildungsbiografien, so wurde deutlich, blieb die „Bildungsoffensive jedoch hinter ihrem Anspruch zurück: Zwar wurde mit dem Projekt „Starthilfen“ ein Fokus auf die individuelle Begleitung von Jugendlichen der Haupt- und Werkrealschulen gelegt; die Zielgruppe des Projekts (Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 und 9) sowie andere Angebote zum Übergang verwiesen aber auf eine Konzentration der Maßnahmen auf die Abschlussklassen. Anhaltspunkte für eine systematische Umsetzung des Anspruchs der „Bildungsoffensive“, die Jugendlichen systematisch und kontinuierlich zu fördern, gab es in den Dokumenten nicht. Und auch anhand der quantitativen Befragung wurde deutlich, dass das die Förderung der Kinder und Jugendlichen aus Sicht der Lehrkräfte und der Eltern noch nicht befriedigend umgesetzt wird. Damit zeigte sich für die Ulmer „Bildungsoffensive“ ebenso wie für andere regionale Übergangsprojekte (vgl. 4.3.1), dass eine Verbindung der Übergangsgestaltung mit einer Gesamtstrategie für Bildung auf der Ebene der Vernetzung bereits deutlicher gelingt als auf der Ebene der Orientierung an den Bildungsbiografien von Kindern und Jugendlichen (vgl. 4.4). Um diesen, auf der Zielebene bereits formulierten Anspruch auch auf der Ebene der Konzepte und Strategien einlösen zu können, wäre im Hinblick auf eine Weiterentwicklung daher insbesondere eine systematischere Ausrichtung am Leitgedanken der Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen notwendig (vgl. Ausblick). Zur Situation der Jugendlichen am Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung Im Hinblick auf die Bereitstellung geeigneter Unterstützungsangebote am Übergang wurde nach der Situation der Jugendlichen gefragt, insbesondere nach ihren Wünschen und Perspektiven sowie nach ihren individuellen Bildungserfahrungen und Problemlagen. Wünsche. Bei der Betrachtung der Wünsche der Jugendlichen zeigten sich entlang der besuchten Bildungsgänge zunächst zwei Gruppen: Während die Jugendlichen der Haupt- und Werkrealschulen (Klassen 9 und 10) eher den Besuch einer weiterführenden Schule anstrebten, planten die Jugendlichen, die im Anschluss an die Haupt- und Werkrealschule (meist Klasse 9) einen Bildungs-
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
277
gang an einer beruflichen Schule besucht hatten, eher den Beginn einer beruflichen Ausbildung. Dabei können für den hohen Wunsch nach einer weiterführenden Schule auf der Grundlage früherer Studien zwei Erklärungsansätze vermutet werden: 1.
2.
Es handelt sich um ein Streben nach höheren Abschlüssen, da der Wert des eigenen Abschlusses eher gering eingeschätzt wird („Was schaffe ich mit dem Hauptschulabschluss, was schaffe ich da?“; Denis, Z. 160f) (vgl. auch die Ergebnisse von Prager/Wieland 2005b). Der Besuch der weiterführenden Schule wäre dann als gezielte Bildungsinvestition zu sehen. Es liegen Anpassungsprozesse vor, in denen die Jugendlichen ihre Wünsche bereits an die aktuelle Situation angepasst hatten (vgl. Birkelbach 2007; BMBF 2008a). Die weiterführende Schule wäre aus Sicht der Jugendlichen dann eher als „Warteschleife“ zu bewerten. Eine genauere Bestimmung der Hintergründe war auf der Grundlage der quantitativen Daten nicht möglich. Und auch die Interviews mit den Jugendlichen im BVJ gaben keine weiteren Hinweise, da die Jugendlichen mit schlechten Noten und zum Teil fehlenden Abschlüssen kaum Aussicht auf eine weiterführende Schule hatten. Angesichts der Längsschnittergebnisse von Birkelbach (2007) und des DJI Übergangspanels (BMBF 2008a) ist jedoch anzunehmen, dass sich bereits im Wunsch der Jugendlichen, eine weiterführende Schule zu besuchen, Warteschleifen andeuten.
Weitere Unterschiede zeigten sich im Hinblick auf die Noten der Jugendlichen, die Bildungsabschlüsse der Eltern und die besuchte Schule (vgl. ausführlich 10.2.7). Dabei gilt es im Hinblick auf die Gestaltung des Übergangs im Kontext von Bildungslandschaften insbesondere den Aspekt der Einzelschule im Auge zu behalten, da er auf Potenziale einer (gemeinsamen) Weiterentwicklung der schulischen Konzepte am Übergang verweist (vgl. Ausblick). Perspektiven der Jugendlichen und Verwirklichung von Wünschen. Anhand der Angaben der Jugendlichen zu ihrer momentanen Situation konnte gezeigt werden, dass die Jugendlichen ihre Wünsche nur teilweise realisieren konnten. Schwierigkeiten hatten insbesondere Jugendliche mit schlechteren Noten in den Fächern Mathematik und Deutsch sowie – im Hinblick auf einen Ausbildungsplatz – Jugendliche der Haupt- und Werkrealschulen (v.a. Klasse 9) sowie der berufsvorbereitenden Bildungsgänge, Jugendliche mit Migrationshintergrund, Jugendliche mit bildungsbiografischen Brüchen in Form von Klassenwiederholungen und Jugendliche mit unsicherer Berufsentscheidung. Dies entspricht weitestgehend auch den Ergebnissen anderer Studien zum Übergang in Ausbildung (vgl. ausführlich 10.2.7).
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Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Während es einerseits Jugendliche mit mehreren Perspektiven gab, konnten andererseits Jugendliche identifiziert werden, die im Juni noch keine Angabe zum kommenden Schul- und Ausbildungsjahr machen konnten; darunter besonders häufig Jugendliche in berufsvorbereitenden Bildungsgängen (v.a. Jugendliche ohne Schulabschluss), Jugendliche mit schlechten Noten in Deutsch und Mathematik und Jugendliche mit (teilweise mehreren) bildungsbiografischen Brüchen in Form von Klassenwiederholungen. Damit zeigten sich insbesondere die schulischen Leistungen (Noten, Klassenwiederholungen, Besuch von Bildungsgängen, die lediglich Mindestanforderungen stellen) als zentrale Einflussfaktoren auf einen Übergang in Ausbildung oder in eine weiterführende schulische Bildung. Individuelle Bildungserfahrungen und Problemlagen. In einer vertiefenden Interviewstudie wurden daher Jugendliche in einem berufsvorbereitenden Bildungsgang in den Blick genommen. Dabei gelang es, die Schwierigkeiten der Jugendlichen – sowohl am Übergang als auch darüber hinaus – aus der Perspektive der Betroffenen selbst zu beleuchten. Deutlich wurde, dass die Faktoren, die sich anhand der quantitativen Untersuchung als nachteilig im Hinblick auf die Verwirklichung von Ausbildungswünschen zeigten, in den Erzählungen der Jugendlichen eng miteinander verflochten waren: So war beispielsweise die türkische Herkunft eines Mädchens, das in Deutschland aufgewachsen war, die Ursache für sprachliche Schwierigkeiten, die schlechte Noten, Klassenwiederholungen und schließlich den Wechsel ohne Schulabschluss in das BVJ nach sich zogen. Damit zeigte sich auch, dass viele der Ursachen für die aktuellen Schwierigkeiten der Jugendlichen, darunter auch die vergebliche Suche nach einem Ausbildungsplatz, weit vor dem Übergang in Ausbildung lagen. Anhand der subjektiven Erfahrungen wurde dabei nicht nur deutlich, dass, sondern auch wie sich (frühe) Lernschwierigkeiten, sprachliche Probleme, kulturelle Schwierigkeiten, Probleme außerhalb der Schule und Konflikte mit Lehrerinnen und Lehrern gegenseitig beeinflussten und verstärkten. Dies wurde mit dem Bild der „Negativspirale“ beschrieben, aus der die Jugendlichen aus eigener Kraft nicht mehr ausbrechen konnten. Anstatt ihre Situation aber aktiv zu gestalten, zogen sie sich meist zurück (z.B. Schule schwänzen), was Geffert (2006) in seiner Studie mit dem Bild des „Erleidenden“ beschrieb. Im Hinblick auf die Frage nach dem spezifischen Unterstützungsbedarf für Jugendliche mit Schwierigkeiten am Übergang kristallisiert sich damit heraus, dass insbesondere Jugendliche mit ungünstigen schulischen Voraussetzungen (schlechte Noten, bildungsbiografische Brüche und andere Misserfolgserfahrungen in der Schule) auf Unterstützung angewiesen sind. Daraus kann abgeleitet werden, dass Unterstützungsangebote, die auf gelingende Übergänge zielen,
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
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nicht nur direkt auf den Übergang ausgerichtet sein sollten, sondern bereits früher ansetzen sollten. Auch Solzbacher (2007; vgl. 4.3.3) konnte zeigen, dass Lehrerinnen und Lehrer im Modellversuch „Region des Lernens“ verstärkt die Notwendigkeit einer frühzeitigen Förderung erkannten. Strategien einer kontinuierlichen Förderung, sowohl an Haupt- und Werkrealschulen als auch darüber hinaus, könnten auch im Rahmen der „Bildungsoffensive“ dazu beitragen, dass die beschriebenen „Negativspiralen“ seltener in Gang gesetzt bzw. früher beendet werden können. Unterstützung der Jugendlichen am Übergang durch Angebote der Bildungsoffensive Im Hinblick auf die Frage, ob die Jugendlichen von den Unterstützungsangeboten profitieren können, wurde außerdem gefragt, inwiefern die Maßnahmen im Rahmen der „Bildungsoffensive“ bei den Jugendlichen ankommen und wie sie diese bewerten. Zunächst zeigte sich anhand der Dokumente, dass nur für wenige Angebote ein direkter Zusammenhang mit der Bildungsoffensive hergestellt werden konnte. Darüber hinaus wurde anhand der Dokumente deutlich, dass es im Rahmen der Schulen eine Fülle von Angeboten gab, an denen die Jugendlichen teilnehmen konnten. Innerhalb dieses Gesamtangebotes zeigten sich die Angebote der „Bildungsoffensive“ („Ulmer Bildungsmesse“ und „Starthilfen“) kompensatorisch, da sie ein zusätzliches Informations- und Beratungsangebot bereit stellten, während die Schulen ansonsten verstärkt auf Praktika und Informationsangebote setzten (vgl. ausführlich 11.2.7). Damit konnten im Rahmen der „Bildungsoffensive“ zwei Angebote geschaffen werden, die über die „klassische“ Form der Bildungsorientierung vgl. u.a. Butz 2006; 4.1.1) hinausgehen. Auf dieses Gesamtangebot bezogen, zeigte sich eine Diskrepanz zwischen der Reichweite einzelner Angebote und deren Bewertung aus Sicht der Jugendlichen, wie dies auch in den Studien von Bergzog (2008) und Prager und Wieland (2005b) deutlich wurde: Während Informationsangebote zwar von sehr vielen Jugendlichen genutzt, insgesamt aber als weniger hilfreich beurteilt wurden, erhielten Beratungsangebote zwar eine deutlich besser Bewertung, konnten insgesamt aber weniger häufig wahrgenommen werden. Dies wurde exemplarisch auch für die die Teilnahme an den Angeboten der „Bildungsoffensive“ deutlich (vgl. ausführlich 10.2.7). Angesichts dieser Diskrepanz stellen sich zwei Fragen: (1) Entsprechen die angebotenen Maßnahmen tatsächlich den Bedürfnissen der Jugendlichen? bzw. (2) Können die Jugendlichen die Unterstützungsangebote in der präsentierten Art
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Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
und Weise nutzen? Während im ersten Fall eine Veränderung der Angebotsstruktur (z.B. Ausweitung der Beratungsangebote) angedacht werden müsste, wäre im zweiten Fall eher über eine bessere Einbindung von Einzelmaßnahmen in ein Gesamtkonzept nachzudenken. Auf der Grundlage der dargestellten Ergebnisse zur Berufsorientierung (vgl. 4.1) ist anzunehmen, dass insbesondere in der konkreten Umsetzung und der Einbindung der einzelschulischen Angebote in ein Gesamtkonzept Potenziale einer Verbesserung der Berufsorientierung liegen (vgl. u.a. Butz 2008c). Die Unterschiede zwischen den Einzelschulen, die sich anhand der Daten andeuteten und auf die bereits Gaupp und Geier (2008) und Bergzog (2008) hinwiesen, lassen vermuten, dass sich auch hier Potenziale zur Weiterentwicklung der „Bildungsoffensive“ andeuten (vgl. Ausblick). Die Bewertungen der Jugendlichen im Rahmen der quantitativen Befragung deuteten wie auch die Erzählungen der Jugendlichen darauf hin, dass individuelle Beratungs- und Unterstützungsangebote von den Jugendlichen als hilfreich empfunden wurden. Anhand der Interviews zeigte sich, dass die Jugendlichen auf der Basis einer vertrauensvollen Beziehung und einer beratenden und unterstützenden Haltung der pädagogischen Bezugspersonen (teilweise der Lehrerinnen und Lehrer, teilweise der sozialpädagogischen Fachkräfte) Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufbauten, individuelle Erfolgserlebnisse hatten und, zumindest teilweise, Zuversicht im Hinblick auf ihre (berufliche) Zukunft aufbauen konnten. Dabei ging es nicht nur um Fragen des Arbeits- und Ausbildungsmarktes, sondern auch um persönliche Probleme sowie um Lernschwierigkeiten in einzelnen Fächern. Ausgehend von der aktuellen Situation der Jugendlichen zeigte sich damit, dass Beratungsangebote gerade für Jugendlichen in schwierigen Übergangssituationen von großer Bedeutung sind: zum einen um angesichts geringer Wahlmöglichkeiten subjektiv bedeutsame (Aus-)Bildungsperspektiven entwickeln zu können, zum anderen um – beispielsweise durch gezieltes Coaching im Rahmen von Beratungsangeboten – ihre Situation wieder selbst gestalten zu können. Im Hinblick auf die Frage, inwiefern die Jugendlichen von den Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der „Bildungsoffensive“ und darüber hinaus profitieren können, wurde damit zweierlei deutlich: 1.
Zum einen konnte gezeigt werden, dass sich schwierige und riskante Übergangswege häufig bereits weit vor dem Übergang in Ausbildung abzeichnen – teilweise bereits in der Grundschule. Diese Jugendlichen, so wurde insbesondere anhand der Interviews deutlich, können von Angeboten, die direkt auf den Übergang in Ausbildung zielen (z.B. von der Bildungsmesse) nur eingeschränkt profitieren.
Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick 2.
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Zum anderen wurde deutlich, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen der Reichweite einzelner Angebote und deren Bewertung durch die Jugendlichen. Insbesondere einer umfassenden individuellen Beratung kam aus Sicht der Jugendlichen, insbesondere der Jugendlichen mit Schwierigkeiten am Übergang, dabei eine wichtige Bedeutung zu.
Beide Punkte verweisen auf Entwicklungsmöglichkeiten, die dazu betragen können, dass die „Bildungsoffensive“ die Kinder und Jugendlichen vor Ort noch gezielter und besser auf einen gelingenden Übergang in Ausbildung vorbereiten kann. Insbesondere die Integration der Übergangsgestaltung in eine übergreifende Gesamtstrategie (vgl. Reißig 2009) wird dabei als Chance betrachtet, die Ziele und Strategien der verschiedenen Handlungsfelder aufeinander abzustimmen und zu einem Gesamtkonzept zu verbinden. Ausblick: Überlegungen zur Weiterentwicklung der „Bildungsoffensive“ Abschließend wird daher überlegt, welche Entwicklungsmöglichkeiten die „Bildungsoffensive“ als Bildungslandschaft im Hinblick auf eine verbesserte Förderung und Unterstützung am Übergang und darüber hinaus bieten kann. Die Vorschläge orientieren sich dabei sowohl an den oben dargestellten Ergebnissen als auch am Anspruch, den die „Bildungsoffensive“ als kommunale Bildungslandschaft an sich selbst stellt: an der Orientierung an den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen und am Aufbau von Vernetzungsstrukturen. Im Rahmen der Untersuchung wurde deutlich, dass durch die „Bildungsoffensive“ eine kommunale Bildungslandschaft entstehen konnte, die stark in den kommunalen Strukturen verankert ist. Die Bedeutung der Schulen wurde dabei zwar betont, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden – zumindest unterhalb der Leitungsebene – aber nicht systematisch einbezogen. In der Folge konnten Schwierigkeiten bei der gemeinsamen Arbeit an den Zielen der „Bildungsoffensive“ aufgedeckt werden. Um die Schulen und ihre Mitglieder stärker einzubeziehen, wird daher vorgeschlagen, die „Bildungsoffensive“ um ein kommunales Konzept der Schulund Unterrichtsentwicklung zu ergänzen, das auf die gemeinsamen Ziele ausgerichtet ist und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen einbezieht (vgl. Mack u.a. 2006 bzw. 2.3.3). Dazu müsste in einem breit angelegten Diskussionsprozess zunächst jedoch ein möglichst weitgehender Konsens über die Leitgedanken und Ziele der „Bildungsoffensive“ hergestellt werden, was bislang nicht geschah.
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Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Versteht man Schulentwicklung dabei als Trias von Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Unterrichtsentwicklung (vgl. Bastian 1998; Rolff u.a. 2000; Mack u.a. 2003), können der „Bildungsoffensive“ im Hinblick auf die Ergebnisse folgende Schwerpunkte einer kommunalen Schulentwicklung vorgeschlagen werden: Schulentwicklung als Unterrichtsentwicklung. Ausgehend von den schulischen Misserfolgserfahrungen der Jugendlichen mit Schwierigkeiten am Übergang in Ausbildung und ausgehend von den Aussagen der Lehrkräfte und Eltern zur Zielerreichung im Hinblick auf den Aspekt der Förderung wird vorgeschlagen, bei der Unterrichtsentwicklung einen Schwerpunkt auf die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen sowie auf den Umgang mit Heterogenität im Unterricht zu legen. Den Schülerinnen und Schülern Erfolgserlebnisse zu ermöglichen und ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken wird dabei nicht nur für die Lernentwicklung in den einzelnen Fächern als wichtig eingeschätzt, sondern auch im Hinblick auf das Selbstvertrauen der Jugendlichen und ihr Engagement für eine aktive Gestaltung des eigenen Übergangs (vgl. dazu auch die Ergebnisse von Prager/Wieland 2005b). Gelingt es darüber hinaus die Berufsorientierung als Schwerpunkt von Schulentwicklung zu verstehen, wäre im Rahmen einer gezielten Unterrichtsentwicklung zu überlegen, wie spezifische Elemente von Berufsorientierung noch bessere mit dem Unterricht vernetzt werden können (z.B. im Form einer Vor- und Nachbereitung einschließlich einer individuellen Reflexion der Erfahrungen durch die Schülerinnen und Schüler selbst) und wie zentrale soziale und personale Kompetenzen (z.B. Selbstvertrauen, Einschätzung der eigenen Fähigkeiten) durch den Unterricht noch stärker gefördert werden können. Schulentwicklung als Personalentwicklung. Eine solche Veränderung des Unterrichts sollte dabei von einem Qualifizierungsangebot begleitet sein, das die oben genannten Schwerpunkte der Unterrichtsentwicklung aufgreift. Darüber hinaus wären weitere Fortbildungsthemen denkbar, die sich ebenfalls anhand der Ergebnisse der Untersuchung begründen lassen: a.
Angesichts der Bedeutung der individuellen Beratung und Begleitung, die sich insbesondere anhand der Interviews zeigte, wäre ein gezielter und breiter Aufbau von Beratungskompetenz anzustreben – sowohl im Hinblick auf die Beratung bei schulischen Problemen und bei Schwierigkeiten außerhalb der Schule als auch im Hinblick auf Fragen des Übergangs. Gemeinsame Fortbildungen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe und den Beraterinnen und Beratern der Agentur für Arbeit zu diesen Themen könnten darüber hinaus Anstoß für eine intensivere Zusam-
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menarbeit und Vernetzung auf Mitarbeiterebene sein. Dabei könnten Beratungskonzepte entstehen, die die Kinder und Jugendlichen mit ihren Wünschen, Fähigkeiten und individuellen Schwierigkeiten im Mittelpunkt sehen und die darauf ausgerichtet sind, gemeinsam an tragfähigen Perspektiven zu arbeiten. Die Interviews mit den Jugendlichen gaben Hinweise darauf, dass viele Lehrerinnen und Lehrer ihre tägliche Arbeit unter konfliktreichen und belastenden Bedingungen ausüben. Damit Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit diesen Situationen nicht resignieren, sondern auch in Konfliktsituationen professionell pädagogisch handeln, können Angebote der kollegialen Beratung oder Supervision eine nachhaltige Unterstützung sein.
Schulentwicklung als Organisationsentwicklung. Auf der Ebene der Organisationsentwicklung werden zwei Punkte vorgeschlagen: a.
b.
Im Rahmen der „Bildungsoffensive“ konnten bereits Netzwerke aufgebaut werden, die sich für die Teilnehmenden als bedeutsam erwiesen – beispielsweise das Netzwerk „Übergang Schule – Beruf“. Auch die Schulen sind über die (geschäftsführenden) Schulleiter in diese Netzwerke einbezogen. Anhand der Untersuchung deutete sich aber auch an, dass die Schulen selbst noch nicht gleichermaßen mit außerschulischen Einrichtungen und anderen Schulen vernetzt sind. Gerade im Hinblick auf die Gestaltung des Übergangs könnten der gezielte Aufbau verbindlicher Kooperationsstrukturen (z.B. mit Betrieben und Beruflichen Schulen) und die systematische Einbindung der Partner in die schulische Arbeit (z.B. enge Verknüpfung von Praktika und Unterricht; vgl. 4.1.2) sinnvolle Schwerpunkte solcher Kooperationen sein. Die Untersuchung machte Hinblick auf Probleme am Übergang auf die Bedeutung von Beratungsangeboten aufmerksam. Diese zeigten sich sowohl in der Bewertung durch die Jugendlichen (quantitative Untersuchung) als auch anhand der individuellen Problemlagen und der Beratungserfahrungen der interviewten Jugendlichen. Gerade angesichts der Verknüpfung schulischer und außerschulischer Probleme, die hier deutlich wurde, wird vorgeschlagen, den im Rahmen der Bildungsoffensive begonnenen Weg der sozialpädagogischen Beratung und Unterstützung fortzusetzen und auszubauen. Dies gilt sowohl für einen Ausbau in die Breite (Zugang für Jugendliche aller Schulformen und aller Klassenstufen) als auch für eine systematische Integration in den schulischen Alltag. Hierzu müssen im Rahmen der Organisationsentwicklung der Schulen Zeiten und Räume zur Verfügung gestellt werden, die eine gute Zugänglichkeit der Beratungsangebote ermöglichen.
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Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick Auch für Lehrerinnen und Lehrer könnten Freiräume für Beratung geschaffen werden.
Bedingungen für eine gelingende Schulentwicklung im Rahmen der „Bildungsoffensive“. Damit Schulentwicklung im Rahmen einer kommunalen Bildungslandschaft gelingen kann, so zeigte sich insbesondere in den schulzentrierten Entwicklungsansätzen, ist aufgrund der geteilten Zuständigkeiten eine Kooperation mit der Schulaufsicht notwendig (vgl. 0; 2.3.1). Eine Verknüpfung der bisherigen Strategien der „Bildungsoffensive“ mit einer gezielten kommunalen Schulentwicklung sollte dabei auf verbindlichen und rechtlich abgesicherten Strukturen aufbauen, damit regionale Entscheidungen von der Schulaufsicht und den Schulträgern im Konsens getroffen und zielstrebig umgesetzt werden können (z.B. Aufbau eines kommunalen Fortbildungsprogramms für die Schulen und Bildungseinrichtungen im Hinblick auf die inhaltlichen Schwerpunkte der Bildungsoffensive). Für weitere zentrale Aufgaben, beispielsweise Koordinations- und Moderationsaufgaben bewährte sich im Rahmen von schulzentrierten Entwicklungsansätzen außerdem der Aufbau einer zentralen Anlaufstelle vorgeschlagen, häufig als „Bildungsbüro“ bezeichnet (vgl. 2.3.1). Angesichts der Unterschiede in der Einbindung der einzelnen Schulen in Kooperationen mit Betrieben, Arbeitsamt und Kinder- und Jugendhilfe könnte diese zentrale Service- und Vermittlungsstelle alle Schulen beim Knüpfen von Kontakten bzw. beim Aufbau einer Kooperationskultur zum gegenseitigen Nutzen unterstützen. Überlegungen zur Bedeutung der Ergebnisse über das konkrete Projekt hinaus Im Hinblick auf den Aufbau und die Weiterentwicklung anderer Bildungslandschaften können aus den Ergebnissen der Untersuchung der „Bildungsoffensive“ folgende Überlegungen abgeleitet werden:
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verweisen auf die Bedeutung der Leitlinien Aufbau von Netzwerken und Orientierung and den Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen. Es wird angenommen, dass diese auch für ähnliche Projekte als zentrale Leitgedanken für den Aufbau einer Bildungslandschaft herangezogen werden können – auch im Hinblick auf eine Integration der Übergangsgestaltung in eine Gesamtstrategie für bessere Bildungsbedingungen vor Ort. Die Ergebnisse verweisen auf die Bedeutung eines systematischen Einbezugs der Schulen, beispielsweise in Form eines kommunal bzw. regional
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ausgerichteten Schulentwicklungskonzeptes. Es wird angenommen, dass systematische Weiterentwicklungsprozessen, die bis in die einzelnen Bildungsinstitutionen reichen, notwendig sind, damit die Anstrengungen auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen ankommen. Im Hinblick auf die Unterstützung von Jugendlichen am Übergang deuteten die Ergebnisse auf eine begrenzte Wirksamkeit der berufsorientierenden Maßnahmen hin. Dies wurde insbesondere angesichts der Probleme der Jugendlichen im BVJ deutlich: aufgrund ihrer vielfältigen Schwierigkeiten konnten sie im Rahmen der bestehenden Angebote keine subjektiv bedeutsamen Perspektiven entwickeln. Damit deuten die Ergebnisse nicht nur auf die Notwendigkeit einer veränderten Verbindung und Ausgestaltung einzelner Gestaltungselemente hin, sondern auch auf die Bedeutung einer Verknüpfung der regionalen bzw. kommunalen Übergangsgestaltung mit einer Gesamtstrategie für Bildung im regionalen bzw. kommunalen Kontext. Dazu bedarf es angesichts der Ergebnisse einer intensiven Einbindung der Schulen. Es wird angenommen, dass neben der Schaffung von Einzelmaßnahmen vor allem systematische Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozesse geeignet sind, solche Entwicklungen anzustoßen – sowohl im Hinblick auf das Thema der Schulentwicklung, als auch im Hinblick auf den Aspekt der individuellen Förderung.
Überlegungen zur methodischen Anlage weiterer Studien zur Evaluation von Bildungslandschaften Aufgrund der im Rahmen der Untersuchung beschriebenen Schwierigkeiten folgen abschließend einige Überlegungen zur Evaluation weiterer Bildungsprojekte bzw. Bildungslandschaften:
An erster Stelle steht die Empfehlung für ein längsschnittliches Evaluationskonzept, durch das eher Wirkungen, auch auf der Ebene der Jungendlichen, gemessen werden könnten. Dies setzt jedoch eine langfristige Planung der Evaluation voraus, die idealerweise mit dem Projekt selbst bzw. mit einer Phase der gezielten Weiterentwicklung beginnt. Darüber hinaus wäre es wichtig, dass zu Beginn Handlungsziele festgelegt werden, die dann im Rahmen der Evaluation gezielt geprüft werden könnten. Vorstellbar wäre außerdem, dass eine solche Längsschnittuntersuchung als wissenschaftliche Begleitforschung angelegt wird, die Evaluation und Entwicklungsberatung miteinander verbindet (z.B. Bastian u.a. 2007).
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Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick Insbesondere dort, wo die Förderung der Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen genauer betrachtet werden soll, wäre es wichtig, dass auch Methoden zur Erfassung von Lernständen und Kompetenzen einbezogen werden. Sinnvoll wäre es auch, die verschiedenen Akteure am Übergang (z.B. Schulsozialarbeit, Agentur für Arbeit, Berufliche Schulen), soweit sie in das Projekt integriert sind, noch stärker in die Untersuchung einzubeziehen. Darüber hinaus sollte der Blick verstärkt auf die Qualität der Kooperationen (vgl. dazu Tiemeyer 2003) und die konkrete Ausgestaltung verschiedener Angebote (vgl. die Ergebnisse in 4.1.2) gelenkt werden. Weiterhin wäre bei vergleichbaren Studien darauf zu achten, dass bei allen Beteiligten zuvor ein Bewusstsein für die Potenziale einer solchen Untersuchung geschaffen wird und dass Vertrauen im Hinblick auf den Umgang mit den erhobenen Daten herstellt wird. In dem sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch stärker als geschehen den Fragen der Beteiligten stellen, könnten Schwierigkeiten bei der Datenerhebungen besser vermieden werden. Im Hinblick auf Daten zum Übergang wäre längerfristig auch eine regelmäßige und systematische Erhebung von Übergangsdaten sinnvoll, wie dies auf freiwilliger Basis beispielsweise von der Stadt Detmold realisiert wird (vgl. Bertelsmann Stiftung 2007, S. 36). Im Hinblick auf die allgemein unbefriedigende Situation der Datenlage zum Übergang in Ausbildung ist hier längerfristig jedoch eher eine nationale Lösung anzustreben.
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Teil IV – Anhang
1 Ergänzende Tabellen zur Dokumentenanalyse
Tabelle 56: Aktivitäten vor und nach 2000 Aktivitäten, die zu Beginn der Bildungsoffensive bereits existierten: x Schulsozialarbeit x Mentorenschaften x Außerschulische Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfen x Projekt „Sibille“ (GD 250/01) Aktivitäten, die zwischen 2000 und 2006 dazukamen: x Bildungsmesse (erstmals 2002, dann im zweijährigen Turnus: 2004, 2006, 2008) x Jugendberufshelfer (ab 2000 bis 2008) x Projekt „Förderung der Ausbildungsreife“ von 9/04 bis 8/06 (GD 419/04) – Fortsetzung durch Projekt „Starthilfen“ (9/06 bis min. 12/07- Verlängerung ist beantragt; vgl. GD 251/07) x Projekt „Sibille international“ (2000 bis 2008) als Fortsetzung von „Sibille“ x Berufliches Qualifizierungsnetzwerk BQN (2004 – 2006) (GD 222/06) x Modellprojekt „Kooperationsklasse Hauptschule – Berufsvorbereitungsjahr“ (GD 02/04) x Einrichtung eines Schulversuches „Berufseinstiegsjahr - BEJ“ (GD 298/06) x Individuelle Lernbegleitung für benachteiligte Jugendliche beim Übergang SchuleBeruf (GD 392/06 – nicht vorliegend) x IHK Schulpreis (GD 02/04, GD 02/05;) x Sparkassenpreis Jugend und Beruf (GD 42/01) x Ulmer Ausbildungskonferenz (GD 12/03, S. 18) x Jugendagentur (GD 12/03, S.23) x SALWE (für Ulm) unter dem Dach von KoLIBRI (GD 196/02) x Arbeitskreis Schule/Wirtschaft (GD 12/03) Quelle: Dokumente der Stadt Ulm
Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere Aktivitäten, die nach 2006 hinzukamen (z.B. Kompetenzagentur ab Juli 2007) konnten im Rahmen der Evaluation nicht mehr systematisch berücksichtigt werden.
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2 Ergänzende Tabellen zur quantitativen Befragung (Gesamtprojekt)
Tabelle 57: Bekanntheit des Begriffs: nach Einrichtungsformen getrennt Kita
Schule
Trifft überhaupt nicht 24,4% 25,0% zu Trifft eher nicht zu 29,1% 27,9% Trifft eher zu 28,3% 30,3% Trifft voll und ganz zu 18,1% 16,8% Gesamt 100,0% 100,0% n 992 893 Anmerkungen: chi2=1,463; df=3; p>0,05; befragte Personen: Leitungen, päd. Personal, Eltern. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 58: Bekanntheit der Ziele: nach Einrichtungsformen getrennt Kita
Schule
Trifft überhaupt nicht zu 31,2% 30,0% Trifft eher nicht zu 35,7% 36,6% Trifft eher zu 23,9% 26,2% Trifft voll und ganz zu 9,2% 7,2% Gesamt 100,0% 100,0% n 987 883 Anmerkungen: chi2=3,456; df=3; p>0,05; befragte Personen: Leitungen, päd. Personal, Eltern Quelle: eigene Darstellung.
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
310
Anhang
Tabelle 59: Bekanntheit der Ziele: nach Personengruppen getrennt KitaLeitung
Schulleitung
ErzieherInnen
LehrerInnen
Eltern
Trifft überhaupt 0,0% 0,0% 10,6% 21,9% 35,0% nicht zu Trifft eher 9,1% 12,5% 25,7% 34,4% 38,2% nicht zu Trifft eher 42,4% 45,8% 31,9% 35,2% 21,9% zu Trifft voll und ganz 48,5% 41,7% 31,9% 8,6% 4,9% zu Gesamt 100,0 100,0 100,0% 100,0% 100,0% N 33 24 113 256 1444 Anmerkungen: chi2=281,967; df=12; p<0,001***; befragte Personen: Leitungen, päd. Personal, Eltern; Eltern (nach Kita und Schule getrennt): kein signifikanter Unterschied; die Werte stimmen beinahe überein. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 60: Leitbild/Konzeption nach Einrichtungsformen getrennt Geplant/in Arbeit Liegt vor Gesamt n
Kita
Schule
31,3% 68,8% 100,0% 32
45,8% 54,2% 100,0% 24
Anmerkungen: chi2=1,244; df=1; p>0,05; befragte Personen: Leitungen. Gefragt wurde: „Liegt an Ihrer Kindertageseinrichtung/Schule ein Leitbild bzw. eine Konzeption vor, welche(s) die Leitideen, Ziele und grundsätzlichen Arbeitsweisen Ihrer Einrichtung wiedergibt?“ Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
311
Tabelle 61: Integration der Maßnahmen und Leitgedanken der Bildungsoffensive in das Leitbild zw. die Konzeption Kita
Schule
Trifft überhaupt nicht zu 14,3% 18,2% Trifft eher nicht zu 14,3% 45,5% Trifft eher zu 46,4% 31,8% Trifft voll und ganz zu 25,0% 4,5% Gesamt 100,0 100,0% n 28 22 Anmerkungen: Kein Signifikanztest aufgrund zu kleiner Fallzahlen; befragte Personen: Leitungen. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 62: Verwendung des Begriffs in der Einrichtung Kita
Schule
trifft überhaupt nicht zu 19,9% 39,2% trifft eher nicht zu 36,9% 50,7% trifft eher zu 26,2% 8,6% trifft voll und ganz zu 17,0% 1,4% Gesamt 100,0% 100,0% n 141 278 Anmerkungen: chi2=68,519; df=3; p<0,001***; befragte Personen: Leitungen und päd. Personal. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 63: Bedeutung der Zielsetzungen der Bildungsoffensive und Grad der Zielerreichung (Sekundarschulen) 148 (siehe nächste Seite) 148
Für die Tabelle (Spalte „Ziele“) wurden Abkürzungen verwendet. Die Formulierungen im Fragebogen lauteten: Verstärkung der Elternmitarbeit, Öffnung Schule zum Stadtteil, Abbau von Sprachdefiziten, Auf- und Ausbau der Medienkompetenz, Interkulturelle Bildung und Erziehung, Individuelle Betreuung von Kindern, Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf, Förderung von unterschiedlichen Begabungen, Förderung von leistungsschwachen Kindern, Schaffung gleicher Bildungschancen für alle Kinder, Ausbau der Ganztags-/ und Betreuungsangebote, Förderung v. Migrantenkindern
312
Anhang
Anmerkungen: Wichtigkeit: 1 = sehr unwichtig; 4=sehr wichtig; Zielerreichung: 1 = nicht erreicht; 4 = erreicht. Ausgewertet für die Daten für die Sekundarschulen (Hauptschule (mit Werkrealschule), Realschule, Gymnasium), befragt wurden Eltern und Lehrer Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
313
Tabelle 64: Bedeutung der Zielsetzungen der Bildungsoffensive und Grad der Zielerreichung (nur Hauptschule) 149
149
Für die Tabelle (Spalte „Ziele“) wurden Abkürzungen verwendet. Die Formulierungen im Fragebogen lauteten: Verstärkung der Elternmitarbeit, Öffnung Schule zum Stadtteil, Abbau von Sprachdefiziten, Auf- und Ausbau der Medienkompetenz, Interkulturelle Bildung und Erziehung, Individuelle Betreuung von Kindern, Vorbereitung auf den Übergang in den Beruf, Förderung von unterschiedlichen Begabungen, Förderung von leistungsschwachen Kindern, Schaffung gleicher Bildungschancen für alle Kinder, Ausbau der Ganztags-/ und Betreuungsangebote, Förderung v. Migrantenkindern.
314
Anhang
Anmerkungen zu Tabelle 64 (siehe S. 313): Wichtigkeit: 1 = sehr unwichtig; 4=sehr wichtig; Zielerreichung: 1 = nicht erreicht; 4 = erreicht Ausgewertet für die Daten für die Sekundarschulen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium), befragt wurden Eltern und Lehrer Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 65: Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit dem Träger Schulen in städt. Trägerschaft Eher nicht zufrieden Eher zufrieden Voll und ganz zufrieden Gesamt n
18,2% 68,2% 13,6% 100,0% 22
Anmerkung: befragte Personen: Schulleitungen von Schulen in städtischer Trägerschaft. Quelle: eigene Darstellung. Tabelle 66: Veränderung der Zusammenarbeit mit dem Träger Schulen in städt. Trägerschaft Gleich Besser Gesamt n
50,0% 50,0% 100,0 22
Anmerkung: befragte Personen: Schulleitungen von Schulen in städtischer Trägerschaft. Quelle: eigene Darstellung.
3 Ergänzende Tabellen zur quantitativen Schulabgängerbefragung
Tabelle 1: Geschlecht Häufigkeit
Prozente
Männlich
262
54,5
Weiblich
219
45,5
Gesamt
481
100,0
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 2: Geschlecht nach besuchter Schulform Haupt- u. Werkrealschule
Realschule
Berufliche Schule
Männlich
52,5%
50,0%
59,9%
Weiblich
47,5%
50,0%
40,1%
100,0% 96
100,0% 162
Gesamt 100,0% n 223 Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 3: Alter
Alter
N
Minimum
Maximum
M
s
479
14
23
16,44
1,043
C. Fink, Der Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung, DOI 10.1007/978-3-531-93208-8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
316
Anhang
Tabelle 70: Alter nach besuchtem Bildungsgang N
Minimum
Maximum
M
s
HWRS 9
166
14
18
15,74
,762
HWRS 10
47
15
22
16,81
1,076
15
18
16,39
,716
15
19
16,86
,830
16
23
17,60
1,232
RS 10 96 BV 125 Bild.gang 2j.BFS 45 Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 71: Überalterung ( 6 Jahre+Bildungsgang +2) 17
18
19
20
22
23
Gesamt
HWRS 9 (n=166)
22
2
0
0
0
0
24
Anteil Bild. gang 14,5%
HWRS 10 (n=47)
0
4
1
0
1
0
6
12,8%
RS 10 (n=96) BV-Bild.gang (n=125) 2j.BFS (n=45)
0
8
0
0
0
0
8
8,3%
0
24
3
0
0
0
27
21,6%
0
0
2
3
0
1
6
13,3%
Gesamt (n=479)
22
38
6
3
1
1
71
14,8%
Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
317
Tabelle 72: Überalterung ( 6 Jahre + Bildungsgang +2) n HWRS 9
24
Mit Mig.hintergrund 87,5% (21)
HWRS 10
6
66,7% (4)
33,3% (2)
RS 10
8
75,0% (6)
25,0% (2)
BV-Bildungsgang
25
92,0% (23)
8,0% (2)
2j.BFS
6
66,7% (4)
33,3% (2)
Gesamt 69 84,1% (58) Anmerkung: in Klammern: absolute Zahlen Quelle: eigene Darstellung.
Ohne Mig.hintergrund 12,5% (3)
15,9% (11)
Tabelle 73: Migrationshintergrund Häufigkeit
Prozente
Ohne Migrationshintergrund
178
37,4
Mit Migrationshintergrund
298
62,6
Gesamt
476
100,0
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 74: Migrationshintergrund und Schulform (alle) Hauptund Werkrealschule
Realschule
Berufliche Schule
Ohne Migrationshintergrund
28,8%
57,9%
37,1%
Mit Migrationshintergrund
71,2%
42,1%
62,9%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
n
222
95
159
Anmerkungen: chi²= 24,017; df=2; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
318
Anhang
Tabelle 75: Migrationshintergrund und Schulform (allgemeinbildende Schulen) Realschule
Ohne Migrationshintergrund
Hauptund Werkrealschule 28,8%
Mit Migrationshintergrund
71,2%
42,1%
Gesamt
100,0%
100,0%
57,9%
n 222 Anmerkungen: chi²= 23,971; df= 1; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
95
Tabelle 76: Bildungsabschluss der Eltern Häufigkeit
Prozente
Niedriger Bildungsabschluss
144
37,2
Mittlerer Bildungsabschluss
134
34,6
Höherer Bildungsabschluss
109
28,2
Gesamt
387
100,0
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 77: Bildungsabschluss und besuchte Schulform Realschule
Niedriger Bildungsabschluss
Hauptund Werkrealschule 41,6%
Mittlerer Bildungsabschluss
32,6%
42,7%
Hoher Bildungsabschluss
25,8%
42,7%
Gesamt
100,0%
100,0%
n 178 Anmerkungen: chi²=20,286; df=2; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
14,6%
89
Anhang
319
Tabelle 78: Noten in den Fächern Deutsch und Mathematik (alle Jugendlichen) Deutschnote
Mathenote
n
459
460
M
3,02
2,97
s
0,789
1,141
min
1
1
5 max Quelle: eigene Darstellung.
5
Tabelle 79: Klassenwiederholungen Häufigkeit
Prozente
Nein
306
64,0
Ja, einmal
142
29,7
Ja, mehrmals
30
6,3
Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
478
100,0
Tabelle 80: Klassenwiederholungen nach Bildungsgängen HWRS 9
HWRS 10
RS 10
2j.BFS
70,8%
Berufsvorb. Bildungsgang 52,5%
Nein
60,4%
78,3%
Ja, einmal
36,7%
17,4%
27,1%
32,8%
13,3%
Ja, mehrmals
3,0%
Gesamt
100,0%
4,3%
2,1%
14,8%
6,7%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
96
122
45
n 169 46 Anmerkungen: chi²= 36,551; 8; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
80,0%
320
Anhang
Tabelle 81: Schulische Herkunft der Jugendlichen in berufsvorbereitenden Bildungsgängen Häufigkeit 99 7 2 7 2 117
Hauptschule Realschule Berufliche Schule Förderschule Keine Schule Gesamt
Prozente 84,6 6,0 1,7 6,0 1,7 100,0
Anmerkung: **keine näheren Angaben zu „keine Schule“. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 82: Schulabschlüsse der Jugendlichen in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen Häufigkeit
Prozente
Keinen Schulabschluss
40
34,2
Hauptschulabschluss
76
65,0
Mittlerer Bildungsabschluss 1 0,9 Gesamt 117 100,0 Anmerkung zum Mittleren Bildungsabschluss: Der Schüler hat die WRS besucht und besuchte zum Zeitpunkt der Befragung das Berufseinstiegsjahr. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 83: Schulabschlüsse der Jugendlichen und schulische Herkunft (nur BV) ohne Abschluss
mit Abschluss
Hauptschule
66,7% (26)
93,5%
Realschule
7,7% (3)
5,2%
Berufliche Schule
5,1% (2)
0,0%
Förderschule
15,4% (6)
1,3%
Keine Schule
5,1% (2)
0,0%
Gesamt 100,0% n 39 Quelle: eigene Darstellung.
100,0% 77
Anhang
321
Tabelle 84: Zuvor besuchte Klassenstufe an einer Hauptschule (nur BV) ohne Abschluss 7
24,0% (6)
8
44,0% (11)
9
32,0% (8)
10
,0%
Gesamt
100,0%
n Quelle: eigene Darstellung.
25
Tabelle 85: Einstellungen gegenüber der Schule
Positive Haltung gegenüber der Schule
N
min
max
M
s
461
1
4
2,68
,657
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 86: Einstellungen gegenüber der Schule (nur BV) Erfahren von Unterstützung in der Schule
N
min
max
M
s
ohne Abschluss
34
1
4
3,24
,771
mit Abschluss
75
1
4
2,91
,844
Anmerkung: Der Unterschied ist nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
322
Anhang
Tabelle 87: Wünsche der Jugendlichen im Überblick (Mehrfachantworten) insgesamt
Weiterf. Schule Ausbildung BV Arbeiten Weiß nicht Sonstiges Gesamt
HWRS 9
HWRS 10
BVBild.gang
RS
H
P (%)
H
P (%)
223
47,5
106
62,7
31
67,4
41
48,8
28
22,4
17
37,8
265
56,5
80
47,3
17
37,0
47
56,0
89
71,2
32
71,1
34
7,2
17
10,1
0
0,0
3
3,6
13
10,4
1
2,2
44
9,4
19
11,2
4
8,7
2
2,4
14
11,2
5
11,1
26
5,5
3
1,8
3
6,5
4
4,8
13
10,4
3
6,7
10
2,1
1
0,6
4
8,7
1
1,2
4
3,2
0
0,0
602
128,4
226
133,7
59
128,3
98
116,7
161
128,8
58
128,9
H
P (%)
H
P (%)
2jährige BFS
H
P (%)
H
Anmerkungen: H: Häufigkeit; P: Prozent Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 88: Wünsche der Jugendlichen in einem BV Bildungsgang nach dem Schulabschluss ohne Abschluss
mit Abschluss
(Auch) anderer Wunsch
69,2%
88,0%
Nur Wunsch ohne Perspektive
30,8%
12,0%
Gesamt
100,0%
100,0%
n 39 Anmerkungen: chi²= 6,015; df= 1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
75
P (%)
Anhang
323
Tabelle 89: Wunsch Ausbildung und Bildungsabschluss der Eltern
Anderer Wunsch Wunsch Ausbildung
Niedriger Bildungsabschluss
Mittlerer Bildungsabschluss
Hoher Bildungsabschluss
39,3% 60,7%
38,5% 61,5%
62,9% 37,1%
Gesamt 100,0% 100,0% n 140 130 Anmerkungen: chi²= 17,526; df=2; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
100,0% 105
Tabelle 90: Wunsch Ausbildung und Noten in Deutsch und Mathe
Deutschnote
Mathenote
n
M
s
Anderer Wunsch
201
2,84
,827
Wunsch Ausbildung
244
3,15
,733
Anderer Wunsch
202
2,87
1,160
Wunsch Ausbildung
244
3,07
1,112
Anmerkkungen: Deutschnote: T=-4,095; df=403,538; p<0,001; Mathenote: T=-1,876 ; df=444; p=0,061. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 91: Wunsch weiterführende Schule und Geschlecht Männlich Anderer Wunsch 60,0% Wunsch weiterf. Schule 40,0% Gesamt 100,0% n 255 Anmerkungen: chi²=3,851; df= 1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Weiblich 50,9% 49,1% 100,0% 212
324
Anhang
Tabelle 92: Wunsch weiterführende Schule und Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund Anderer Wunsch 58,8% Wunsch weiterf. Schule 41,2% Gesamt 100,0% n 170 Anmerkung: Der Zusammenhang ist nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Mit Migrationshintergrund 54,0% 46,0% 100,0% 291
Tabelle 93: Wunsch weiterführende Schule und Bildungsniveau Niedriger Bild.abschluss
Mittlerer Bild.abschluss
Hoher Bild.abschluss
Anderer Wunsch 62,1% 60,8% 39,0% Wunsch weiterfüh37,9% 39,2% 61,0% rende Schule Gesamt 100,0% 100,0% 100,0% n 140 130 105 Anmerkung: Der Zusammenhang ist sehr signifikant (chi²= 15,437; df= 2; p< 0,001). Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 94: Wunsch weiterführende Schule und Noten N 249
Anderer Wunsch Wunsch weiterf. 196 Schule Anderer Wunsch 250 Mathenote Wunsch weiterf. 196 Schule Deutschnote: T= 6,122; df= 443 p<0,001 Mathenote: T= 3,874; df= 444; p< 0,001 Deutschnote
M 3,20
s ,769
2,76
,750
3,16
1,155
2,75
1,074
Anhang
325
Tabelle 95: Wunsch weiterführende Schule und Haltungen/Bildungserfahrungen/Einstellungen n
M
s
Positive Anderer Wunsch 245 2,61 ,666 Haltung Wunsch weiterf. gegenüber 201 2,76 ,639 Schule der Schule Anmerkungen: 1: Ich stimme überhaupt nicht zu; 4: ich stimme voll und ganz zu. T= 2,206; df= 458; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 96: Wunsch weiterführende Schule und besuchte Haupt- und Werkrealschule HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
A
B
C
D
E
F
G
H
Nicht erwünscht
50,0%
47,1%
42,9%
33,3%
70,3%
50,0%
35,2%
23,3%
Erwünscht
50,0%
52,9%
57,1%
66,7%
29,7%
50,0%
64,8%
76,7%
Gesamt
100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%
n
16
17
7
21
Anmerkungen: chi²=19,107; df=7; p<0,01.
37
40
54
30
326
Anhang
Tabelle 97: Wunsch Ausbildung und besuchte Haupt- und Werkrealschule
nicht erwünscht erwünscht
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
HWRS
A
B
C
D
E
F
G
H
56,3%
52,9%
57,1%
76,2%
27,0%
52,5%
59,3%
80,0%
43,8%
47,1%
42,9%
23,8%
73,0%
47,5%
40,7%
20,0%
Gesamt
100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%
n
16
17
7
21
37
40
54
30
Anmerkungen: chi²=23,620; df=7; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 98: Wunsch Ausbildung und besuchte Realschule RS I
RS J
RS K
RS L
Nicht erwünscht
29,6%
54,5%
60,0%
46,7%
Erwünscht
70,4%
45,5%
40,0%
53,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
27
22
20
15
Anmerkung: nicht signifikant.
Quelle: eigene Darstellung. Tabelle 99: Wunsch Ausbildung und besuchte Realschule RS I
RS J
RS K
RS L
Nicht erwünscht
70,4%
45,5%
30,0%
56,3%
Erwünscht
29,6%
54,5%
70,0%
43,8%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
n
27
22
20
16
Anmerkungen: chi²=8,017; df=3; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
327
Tabelle 100: Situation der Jugendlichen im Juni (Mehrfachantworten) Insg.
HWRS 9 HWRS 10
RS
BV
2j. BFS
H
P (%)
H
P (%)
H
P (%)
H
P (%)
H
P (%)
H
P(% )
166
35,4
81
48,2
19
43,2
36
37,9
16
13,7
14
31,1
135
28,8
37
22,0
11
25,0
28
29,5
35
29,9
24
53,3
41
8,7
27
16,1
0
0,0
6
6,3
8
6,8
0
0,0
Arbeiten
1
0,2
0
0,0
0
0,0
0
0,0
0
0,0
1
2,2
Weiß nicht
178
38,0
45
26,8
21
47,7
33
34,7
68
58,1
11
24,4
Sonstiges
11
2,3
1
0,6
1
2,3
5
5,3
4
3,4
0
0,0
Gesamt
532
113,4
191
113,7
52
118,2
108
113,7
131
112,0
50
111,1
Weiterf. Schule Ausbildung Berufsvor b.
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 101: Stand der Berufsentscheidung im Juni Anderer Wunsch Noch keine Entscheidung 29,6% Unsichere Entscheidung 45,6% Sichere Entscheidung 24,8% Gesamt 100,0% n 206 Anmerkungen: chi²=76,530; df = 2; p < 0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Wunsch Ausbildung 8,2% 28,1% 63,7% 100,0% 256
Tabelle 102: Verwirklichung des Wunsches Ausbildung Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
Häufigkeit
Prozente
135
52,9
120
47,1
255
100,0
328
Anhang
Tabelle 103: Verwirklichung des Wunsches Schule Häufigkeit
Prozente
Wunsch Schule nicht erfüllt
54
26,6
Wunsch Schule erfüllt
149
73,4
Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
203
100,0
Tabelle 104: Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Bildungsgang HWRS 9
HWRS 10
RS 10
BVBild. gang
2j.BFS
59,7%
52,9%
46,7%
61,2%
22,6%
40,3%
47,1%
53,3%
38,8%
77,4%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
77
17
45
85
31
Wunsch Ausbild. nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt n
Anmerkungen: chi²=15,923; df= 4; p< 0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 105:
Verwirklichung des Wunsches Ausbildung nach Besuch einer weiterführenden Schule HWRS 10
2j.BFS
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt
52,9%
22,6%
Wunsch Ausbildung erfüllt
47,1%
77,4%
Gesamt
100,0%
100,0%
n
17
31
Anmerkungen: chi²=4,554; df=1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
329
Tabelle 106: Verwirklichung des Wunsches Schule und Bildungsgang
Wunsch Schule nicht erfüllt Wunsch Schule erfüllt Gesamt n
HWRS 9 HWRS 10
RS 10
BV Bild. 2j.BFS gang
23,4%
34,6%
22,0%
38,5%
25,0%
76,6%
65,4%
78,0%
61,5%
75,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
94
26
41
26
16
Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 107: Sichere Perspektiven im Hinblick auf das kommende Schuljahr Häufigkeit
Prozente
Keine sichere Perspektive
167
35,6
Sichere Perspektive
302
64,4
Gesamt
469
100,0
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 108: Klassenwiederholung und sichere Perspektive Nie
Einmal
Mehrmals
Keine sichere Perspektive
31,2%
38,1%
62,1%
Sichere Perspektive Wunsch
68,8%
61,9%
37,9%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
139
29
n 298 Anmerkungen: chi² = 11,785; df = 2; p < 0,01. Quelle: eigene Darstellung.
330 Tabelle 109:
Anhang Verwirklichung des Wunsches Schule und Noten in Deutsch und Mathematik N
M
s
Wunsch Schule nicht 49 3,24 ,630 Deutschnote erfüllt Wunsch Schule erfüllt 144 2,60 ,722 Wunsch Schule nicht 49 3,08 1,170 Mathenote erfüllt Wunsch Schule erfüllt 144 2,61 1,004 Anmerkungen: Deutsch: T = 5,591; df = 191; p<0,001; Mathe: T = 2,714; df = 191; p <0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 110: Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Geschlecht Männlich Wunsch Ausbildung nicht 46,8% erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt 53,2% Gesamt 100,0% n 141 Anmerkungen: chi²= 4,761; df= 1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 111:
Weiblich 60,5% 39,5% 100,0% 114
Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund
Wunsch Ausbildung nicht 37,9% erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt 62,1% Gesamt 100,0% n 103 Anmerkungen: chi²= 15,901; df= 1; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Mit Migrationshintergrund 63,3% 36,7% 100,0% 150
Anhang Tabelle 112:
331 Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Klassenwiederholungen Keine Wiederholung
Mind. eine Wiederholung
Wunsch Ausbildung nicht 47,1% erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt 52,9% Gesamt 100,0% n 155 Anmerkungen: chi²= 5,110; df = 1; p<0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 113:
61,6% 38,4% 100,0% 99
Zusammenhang Realisierung des Ausbildungswunsches und Status der Berufsentscheidung Nein
Unsicher
(Ziemlich) sicher
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt
76,2%
85,5%
35,8%
Wunsch Ausbildung erfüllt
23,8%
14,5%
64,2%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
69
159
n 21 Anmerkungen: chi²=52,582; df=2; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 114:
Bewerbungen
Verwirklichung des Wunsches Ausbildung und Klassenwiederholungen Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt
N
M
s
127
14,19
16,554
112
14,42
15,733
Wunsch Ausbildung nicht 131 1,15 1,584 erfüllt Vorstellungsgespräche Wunsch Ausbildung erfüllt 117 2,36 2,179 Anmerkungen: Bewerbungen: nicht signifikant; Vorstellungsgespräche: T= -4,966; df= 209,658; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
332 Tabelle 115:
Anhang Teilnahme an berufsvorbereitenden Angeboten (Mehrfachantworten) Häufigkeit
Schriftliche Bewerbung Praktika BIZ Bildungsmesse Bewerbungsgespräch Test zu Fähigkeiten Einstellungstest BerufsberaterIn KlassenlehrerIn BeratungslehrerIn SchulsozialarbeiterIn FachlehrerIn Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
411 409 355 323 287 264 262 257 196 141 126 80 3111
Prozent der Befragten (n= 469) 87,6% 87,2% 75,7% 68,9% 61,2% 56,3% 55,9% 54,8% 41,8% 30,1% 26,9% 17,1% 663,3%
Anhang
333
Tabelle 116: Struktur der wahrgenommenen Angebote nach Bildungsgängen
Angebot Beratung Summe
Angebot Training Summe
Angebot Infomation Summe
HWRS 9 HWRS 10 RS 10 Berufsvorb. Bildungsgang 2j.BFS Gesamt HWRS 9 HWRS 10 RS 10 Berufsvorbereitender Bildungsgang 2j.BFS Gesamt HWRS 9 HWRS 10 RS 10 Berufsvorbereitender Bildungsgang 2j.BFS Gesamt
N 166 42 96 121 44 469 166 42 96
M 1,91 1,83 ,97 2,31 ,77 1,71 2,17 1,48 2,33
s 1,537 1,248 ,945 1,353 ,831 1,409 ,864 1,131 ,790
121
1,88
,971
44 469 166 42 96
1,98 2,04 1,57 1,33 1,93
,927 ,939 ,606 ,786 ,299
121
,95
,805
44 469
1,39 1,45
,493 ,713
Anmerkungen: Angebot Beratung: BF = 25,111 df=4; 342,131; p<0,001; Angebot Training: BF = 7,662; df= 4; 237,309; p< 0,001; Angebot Infomation: BF = 35,176; df= 4; 221,223; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 117: Anzahl der wahrgenommenen Angebote zur Berufsorientierung Summe der wahrgenommenen Angebote zur Berufsorientierung Quelle: eigene Darstellung.
N
min
max
M
s
469
1
12
6,63
2,280
334 Tabelle 118:
Angebot Beratung
Angebot Training
Angebot Information
Anhang Wahrnehmung v. Angeboten – Unterschiede zwischen Hauptund Werkrealschulen HWRS A HWRS B HWRS C HWRS D
N 16 17 6 21
M 3,19 2,41 ,67 1,05
s 1,223 1,228 1,211 1,071
HWRS E
36
2,78
1,570
HWRS F HWRS G HWRS H Gesamt HWRS A HWRS B HWRS C HWRS D
39 53 27 215 16 17 6 21
1,97 1,06 2,22 1,91 1,81 2,53 2,17 2,29
1,423 1,045 1,219 1,465 ,750 ,800 1,169 ,717
HWRS E
36
2,33
,986
HWRS F HWRS G HWRS H Gesamt HWRS A HWRS B HWRS C HWRS D
39 53 27 215 16 17 6 21
1,67 2,02 1,74 2,03 1,06 1,59 1,83 1,81
1,009 ,930 1,023 ,961 ,250 ,618 ,408 ,512
HWRS E
36
1,42
,554
HWRS F 39 1,41 ,818 HWRS G 53 1,68 ,613 HWRS H 27 1,52 ,700 Gesamt 215 1,53 ,647 Anmerkungen: Angebot Beratung: F= 10,910; df= 7; 207; p<0,001; Angebot Training: F= 2,817; df = 7; 2,458 p<0,01; Angebot Information BF= 3,423; df = 7; 157,017; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
Anhang Tabelle 119:
Angebot Beratung
Angebot Training
Angebot Information
335 Wahrnehmung von Angeboten - Unterschiede zwischen einzelnen Realschulen RS I RS J RS K RS L Gesamt RS I RS J RS K RS L Gesamt RS I RS J RS K RS L Gesamt
N 27 24 22 23 96 27 24 22 23 96 27 24 22 23 96
M ,96 ,75 ,82 1,35 ,97 2,52 1,92 2,95 1,96 2,33 2,00 1,83 1,95 1,91 1,93
s 1,091 ,608 ,588 1,229 ,945 ,700 ,881 ,213 ,706 ,790 ,000 ,381 ,213 ,417 ,299
Anmerkungen: Angebot Training BF= 12,504; df= 3; 69,696; p<0,001; Angebot Information und Angebot Beratung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 120:
Wahrnehmung von Angeboten: Unterschiede zwischen beruflichen Schulen BS M
Angebot Beratung
Angebot Training
N
M
s
50
2,50
1,581
BS N
33
1,18
,983
BS O
41
1,73
1,467
BS P
34
1,79
1,149
Gesamt
158
1,87
1,426
BS M
50
1,82
,896
BS N
33
2,24
,751
BS O
41
1,93
1,034
BS P
34
1,65
1,070
Gesamt
158
1,90
,959
336
Anhang
Angebot Information
BS M
50
,86
BS N
33
1,33
,606 ,777
BS O
41
1,07
,755
BS P
34
,97
,870
Gesamt 158 1,04 ,756 Anmerkungen: Angebot Beratung: BF= 7,145; df= 3; 149,765; p<0,001; Angebot Training BF=2,381; df= 3; 137,382; p=072; Angebot Infomation: BF= 2,675; df= 3; 129,224; p=0,05. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 121:
Bewertung der wahrgenommenen Angebote durch die Jugendlichen N
Mittelwert
s
Angebot Praktika
382
3,24
,900
Angebot schriftliche
377
3,13
,859
Angebot Bewerbungsgespräch
259
3,06
,817
Angebot Klassenlehrer
180
2,97
,808
Angebot Fachlehrer
76
2,97
,923
Angebot Einstellungstest
234
2,88
,903
Angebot Schulsozialarbeiter
115
2,84
,904
Angebot Test zu Fähigkeiten
240
2,74
,938
Angebot Beratungslehrer
131
2,69
,936
Angebot Berufsberater
237
2,40
,963
Angebot Bildungsmesse
303
2,39
,910
Angebot BIZ
334
2,22
,853
Anmerkungen: 1: überhaupt nicht geholfen; 4: sehr viel geholfen. Quelle: eigene Darstellung.
Anhang
337
Tabelle 122:
Besuch der Bildungsmesse und Realisierung des Ausbildungswunsches
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt
Keine Besuch der Bildungsmesse 56,3%
Besuch der Bildungsmesse 49,7%
Wunsch Ausbildung erfüllt
43,8%
50,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
80
165
n Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 123:
Teilnahme an der Bildungsmesse: Einschulen (Haupt- und Werkrealschulen) HWRS HWRS HWRS HWRS HWRS HWRS HWRS HWRS A B C D E F G H
Keine Teilnahme
93,3%
17,6%
,0%
9,5%
37,1%
34,2%
10,0%
31,0%
Teilnahme
6,7%
82,4%
100,0%
90,5%
62,9%
65,8%
90,0%
69,0%
Gesamt
100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%
n
15
17
5
21
35
38
50
29
Anmerkung: Der chi²-Test ist aufgrund kleiner Zellgrößen nicht interpretierbar. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 124: Teilnahme an der Bildungsmesse: Einzelschulen (Realschulen) RS I
RS J
RS K
RS L
Keine Teilnahme
0,0%
12,5%
4,5%
4,3%
Teilnahme
100,0%
87,5%
95,5%
95,7%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
27
24
22
23
n
Anmerkungen: Der chi²-Test ist aufgrund kleiner Zellgrößen nicht interpretierbar. Quelle: eigene Darstellung.
338 Tabelle 125:
Anhang Teilnahme an der Bildungsmesse: Einzelschulen (Berufliche Schulen) BS M
BS N
BS O
BS P
Keine Teilnahme
75,5%
21,2%
35,9%
43,8%
Teilnahme
24,5%
78,8%
64,1%
56,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
24
22
23
n 27 Anmerkungen: chi²=26,86; df=3; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
100,0%
100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%
16
5
21
36
36
48
29
26
24
22
22
49
33
40
28
Gesamt
16
n
Quelle: eigene Darstellung. 23
25
O
82,1%
62,5%
33
N
5
15
37,5%
100,0%
28
M
17,9%
0
,0%
57,1%
21
L
21
95,5%
21
Realschulen
42,9%
1
95,5%
K
4,5%
1
24
J
4,5%
100,0%
26
I
0
100,0%
15
Haupt- und Werkrealschulen
,0%
0
51,7%
40
H
,0%
14
83,3%
25
G
48,3%
8
69,4%
5
F
16,7%
11
13,9%
21
E
30,6%
31
100,0%
D
86,1%
0
5
C
,0%
100,0%
8
5
B
0
50,0%
31,3%
Tabelle 126:
,0%
8
11
nein A
50,0%
68,8%
ja
Anhang 339
Beratung durch die Schulsozialarbeit (Teilnahmequoten alle Schulen) Berufliche Schulen P
340
Anhang
Tabelle 127: Bewertung der Beratung durch die Schulsozialarbeit (HWRS) N
M
s
HWRS A HWRS B HWRS E HWRS F
10 8 24 11
2,60 2,75 2,88 2,64
,843 ,463 1,076 1,027
HWRS H
14
2,50
,941
2,70
,938
Gesamt 67 Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 128: Angebot Schulsozialarbeiter Bewertung (Berufliche Schule)
BS M BS O Gesamt Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 129:
N
M
s
21 13 34
3,24 3,08 3,18
,768 ,862 ,797
Beratung durch die Schulsozialarbeit (ausgewählte HWRS: Teilnahme > 30%)
Keine Teilnahme Teilnahme Gesamt n
HWRS A 31,3% 68,8% 100,0% 16
Quelle: eigene Darstellung.
HWRS B 50,0% 50,0% 100,0% 16
HWRS E 13,9% 86,1% 100,0% 36
HWRS F 69,4% 30,6% 100,0% 36
HWRS H 51,7% 48,3% 100,0% 29
Gesamt 43,6% 56,4% 100,0% 133
Anhang Tabelle 130:
341 Beratung durch die Schulsozialarbeit (ausgew. Berufl. Schulen: Teilnahme > 30%) BS M
BS O
gesamt
Keine Teilnahme
57,1%
62,5%
59,6%
Teilnahme
42,9%
37,5%
40,4%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
40
89
49 n Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 131: Wichtige Personen in der Berufsorientierung Häufigkeit
Prozent der Befragten (n=474)
Niemand
81
17,1%
Eltern
306
64,6%
Lehrer
236
49,8%
Schulsozialarbeiter
68
14,3%
Freunde/andere Verwandte
66
13,9%
Sonstige
45
9,5%
802
100,0
Gesamt Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 132:
Bedeutung der Eltern für die Jugendlichen mit bzw. ohne Schulabschluss (nur berufsvorbereitender Bildungsgang) Ohne Abschluss
Mit Abschluss
Eltern nicht wichtig
69,2%
37,7%
Eltern wichtig
30,8%
62,3%
Gesamt
100,0%
100,0%
n
39
77
Anmerkungen: chi²= 10,332; df= 1; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.
342 Tabelle 133:
Anhang Bedeutung der Eltern für die Jugendlichen mit bzw. ohne Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund
Mit Migrationshintergrund
Eltern nicht wichtig
20,6%
43,9%
Eltern wichtig
79,4%
56,1%
Gesamt
100,0%
100,0%
n
175
296
Anmerkungen: chi²= 26,268;df= 1; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 134:
Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (HWRS 10) Eltern nicht wichtig
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt
66,7%
50,0%
33,3%
50,0%
100%
6 n Anmerkungen: Chi²-Test nicht interpretierbar. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 135:
Eltern wichtig
100% 10
Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (RS 10) Eltern nicht wichtig
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt
85,7%
41,7%
14,3%
58,3%
100%
7 n Anmerkung: Chi²-Test nicht interpretierbar.
Quelle: eigene Darstellung.
Eltern wichtig
100% 36
Anhang Tabelle 136:
343 Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (BV-Bild.gang) Eltern nicht wichtig
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt
70,0%
53,3%
30,0%
46,7%
100%
n Anmerkung: nicht signifikant. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 137:
Eltern wichtig
100%
40
45
Bedeutung der Eltern und Erfüllung des Ausbildungswunsches (2j BFS) Eltern nicht wichtig
Wunsch Ausbildung nicht erfüllt Wunsch Ausbildung erfüllt Gesamt
Eltern wichtig
14,3%
25,0%
85,7%
75,0%
100%
100%
7 n Anmerkung: Chi²-Test nicht interpretierbar. Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 138:
24
Bedeutung der Lehrer für die Jugendlichen mit bzw. ohne Migrationshintergrund
Lehrer nicht wichtig
Ohne Migrationshintergrund 70,9%
Mit Migrationshintergrund 55,4%
Lehrer wichtig
29,1%
44,6%
Gesamt
100,0%
100,0%
n 175 Anmerkungen: chi²= 11,053; df= 1; p<0,001. Quelle: eigene Darstellung.
296
344
Anhang
Tabelle 139: Bedeutung der Lehrer nach Einzelschulen Lehrer nicht wichtig
Lehrer wichtig
ges
HWRS A
18,8%3
81,3%13
100,0%16
HWRS B
23,5%4
76,5%13
100,0%17
HWRS C
80,0%4
20,0%1
100,0%5
HWRS D
81,0%17
19,0%4
100,0%21
HWRS E
45,9%17
54,1%20
100,0%37
HWRS F
41,0%16
59,0%23
100,0%39
HWRS G
75,9%41
24,1%13
100,0%54
HWRS H
79,3%23
20,7%6
100,0%29
RS I
70,4%19
29,6%8
100,0%27
RS J
83,3%20
16,7%4
100,0%24
RS K
63,6%14
36,4%8
100,0%22
RS L
90,5%19
9,5%2
100,0%21
BS M
36,5%19
63,5%33
100,0%52
BS N
66,7%22
33,3%11
100,0%33
BS O
70,7%29
29,3%12
100,0%41
BS P
66,7%24
33,3%12
100,0%36
Gesamt
291
183
474
61,4% 38,6% 100,0% Anmerkungen: alle Schulen: chi² = 75,172; df = 15; p<0,001; innerhalb der HWRS: chi² = 43,077; df = 7; p<0,001; innerhalb der RS: chi² = 5,509; df = 3; p=0,138 (nicht signifikant); innerhalb der BS: chi² = 14,690; df = 3; p<0,01. Quelle: eigene Darstellung.