Oda Wischmeyer
Der höchste Weg pas 13. Kapitel des 1 ~ Korintherbriefes
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
Studien zum Neuen Testament Herausgegeben von Professor Dr. Günter Klein, Münster; Professor D. Willi Marxsen, Münster, und Professor Dr. Wolfgang Schrage, Bonn Band 13
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wischmeyer, Oda: Der höchste Weg: d. 13. Kapitel d. 1. Korintherbriefes / Oda Wischmeyer. - Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Mohn, 1981. (Studien zum Neuen Testament; Bd. 13) ISBN 3-579-00080-2
NE: Paulus (Apostolus): Epistola ad Corinthos prima
©
ISBN 3-579-00080-2 Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh 1981 Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen Umschlagentwurf: Dieter Rehder, Aachen Printed in Germany
MATRIS MEMORIAE SACRVM
EVA-MARIA SCHüTTPELZ
OBIIT VIII KAL IVL MCMLXXlI
INHALT Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Forschungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. 2. 3. 4. 5.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsgeschichte und Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitungsfragen zu lKor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Agape . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
11 11 16 22 23
B. Kontext von lKor 13 ................................
27
1. lKor 12-14. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. lKor 12,31 und 14,1 .............................. , 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 31 38
C. -Exegese von lKor 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
39
1. Verse 1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
39
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39 48 76 89
2. Verse 4--7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
92
3. Verse 8-12 ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Vers 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Vers 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Vers 10 ..................................... , d) Vers 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. e) Vers 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. f) Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
116 116 124 126 128 130 143
4. Vers 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
144
a) b) c) d)
a) b) c) d)
Vers 1 . . . . . . . . . Vers 2 . . . . . . . . . Vers 3 . . . . . . . . . Zusammenfassung.
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Interpretationsmöglichkeiten Trias. . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation von Vers 13 . Theologie der Trias . . . . . .
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144 147 153 155
D. Sprache von lKor 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
163
1. Allgemeine Wortschatzuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
164
a) Verse 4-7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 165 b) Verse 1-3 und 8-13 ............................ 166 c) Bildhafte Ausdrücke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 169 2. Der Wortschatz von lKor 13 im Rahmen der neutestamentlichen Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
171
3. lKor 13 als ethisch-religiöse. Rede ............. ; . . . . . . .. 172 E. Stil von lKor 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
1. 2. 3. 4. 5.
Verse 1-3 . . . . . . Verse 4-7 . . . . . . Verse 8-12 . . . . . Vers 13 . . . . . . . . Zusammenfassung.
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175 177 182 185 188 189
F. Form von lKor 13 ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 191 1. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 191 2. Terminologie der Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 a) Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205 c) Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 207
3. Formen in lKor 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 208 a) b) c) d)
Verse 1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Verse 4-7 ............................... ' ..... Verse 8-12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Vers 13 ......................................
208 210 213 217
4. Die Form von lKor 13 und lKor 13 im 1. Korintherbrief ..... 217 G. Zusammenfassende Interpretation von lKor 13 . . . . . . . . . . . . . .. 224 1. Charakteristik von lKor 13 .......................... 224 2. Agape in lKor 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 228 3. lKor 13 im Corpus Paulinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 230 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 234 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
VORWORT
Die vorliegende Arbeit geht auf eine Dissertation zurück, mit der ich 1973 an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg promovierte 1. Für den Druck habe ich sie stark überarbeitet und die neue Fachliteratur bis einschließlich 1979 benutzt. Das Kapitel, das der überlieferung des Substantivs a:ycbr71 in vorchristlicher Zeit gewidmet war, habe ich in überarbeiteter Form als Aufsatz in der Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft 1978 veröffentlicht. Eine ergänzende Studie zur Traditionsgeschichte der a:ya:rr71 bei Paulus werde ich in Kürze vorlegen. Zu danken habe ich meinen verehrten Lehrern, Herrn Professor D. H. Conzelmann, der mich in das Studium des Neuen Testamentes einführte, und Herrn Professor D. K Dinkler, unter dessen Leitung diese Arbeit entstanden ist. Den Herausgebern der ,Studien zum Neuen Testament', besonders Herrn Professor Dr. G. Klein, danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in diese Reihe. Während der Drucklegung der vorliegenden Arbeit erschien der wichtige Aufsatz "Agape - der eschatologische Hauptbegriff bei Paulus" von Sigfred Pedersen, in seinen Grundzügen eine theologische Exegese von lKor 13. Ich stelle erfreut eine übereinstimmung zwischen Pedersens und meinen Ausführungen in grundlegenden Punkten fest: 1. auch Pedersen betrachtet lKor 12-14 als genuinen Zusammenhang und bezieht von daher die Aussagen von lKor 13 konsequent in die Theologie des Paulus ein. 2. Auch Pedersen sieht hinter den W. 4-7 die Christologie des Paulus. 3. Auch Pedersen knüpft an die BultmannBarth-Diskussion an und versteht den Text ganz eschatologisch. - Ein exegetischer Differenzpunkt liegt in der unterschiedlichen Interpretation von Vers 13. Wesentlich ist der methodische Unterschied: Pedersen behandelt den Paulustext "dogmatisch", während die vorliegende Arbeit traditionsgeschichtlich fragt. Um so bemerkenswerter bleiben die übereinstimmungen, die hoffentlich ein Zeichen dafür sind, daß lKor 13 nach langer Zeit seinen Platz im Zentrum der paulinischen Theologie findet. Heidelberg, 24. August 1980
Oda Wischmeyer
1. Oda Schüttpelz, Der höchste Weg. 1. Korinther 13, Diss. theol. masch., Heidelberg 1973.
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A. FORSCHUNGSPROBLEME 1. Einführung Das 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes ist ein ebenso bekannter und hochgeschätzter wie wissenschaftlich oft bearbeiteter Text aus der paulinischen Korrespondenz mit der korinthischen Gemeinde. Zuletzt hat Conzelmann in seinem Kommentar zum 1. Korintherbrief gerade diesem Kapitel besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine monographische Behandlung des kurzen Textes ist daher auf den ersten Blick kein Desiderat der Paulusforschung, sie läßt sich nur von ihren Ergebnissen her rechtfertigen. Motiv für die eingehende Bearbeitung des Textes war sein besonderer literarischer und theologischer Charakter, seine Schönheit, Eindringlichkeit und der hohe theologische Anspruch, den er stellt. Die Arbeit hat daher zum Ziel, diesen Text so gut wie möglich zu verstehen. Zu den vielen angrenzenden Fragen wird nur soweit beigetragen, wie ihre Beantwortung zum Verständnis des Textes selbst verhilft. Vollständige Diskussion der wissenschaftlichen Literatur zum Thema ist nicht angestrebt 1. Bereits allgemein Bekanntes wird möglichst nicht neu entfaltet, sondern als solches benannt. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt nach der Erschließung richtiger Fragestellungen und genauer Quellenauswertung zum Text auf dem Verständnis des Textes in seinen Einzelzügen und in seiner Gesamtheit.
2. Forschungsgeschichte und Forschungsstand Zunächst sei ein kurzer Rückblick auf die Forschungsgeschichte gegeben. Eine der Forschungsgeschichte innewohnende organische Tendenz wird sich ltier wie anderswo nicht ohne weiteres konstruieren lassen, so daß nicht nur dort weiterzuarbeiten ist, wo die Forschung bisher aufgehört hat 2. So hat z.B. Spicq in seinem großen Werk über die u'YU1TT] die sehr umstrittene Form von lKor 13 mit dem €'YKWJ.1WV aV'YKpLTUdw zusammengebracht 3 , einer Formbezeichnung, die schon Johannes Cluysostomos in der 32. Homilie zum 1. Ko-
1. Literaturberichte: Riesenfeld, CN 1941, 1-27; ders., Nuntius 1952, 47f.; Tebbe,
Monatsschrift für Pastoraltheologie 1954, 471-481; Sanders, Interpretation 1966, 159-187. Auslegungsgeschichte: Balducelli, Concetto teologico di carita. 2. Diesen Forschungsstaud spiegelt der Kommentar Conzelmanns für unser Kapitel. 3. Spicq, Agape 11, 62.
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rintherbrief gebraucht hatte 4, ohne daß Spicq diesen Zusammenhang erwähnte. Aßdererseits ist v. Rads wichtiger Aufsatz zur Form der VV. 4-7 erst in Conzelmanns Konunentar berücksichtigt worden s. Die Forschungsgeschichte hat Sprünge gemacht, Gewonnenes vergessen, Wichtiges ohne engeren Kontakt mit der gleichzeitigen Forschung entdeckt und jeweils neue zeitspeziflsche Fragestellungen entwickelt und wieder verworfen. Wesentliche Beiträge hat die klassische Philologie von Norden über Reitzenstein und Jaeger bis hin zu neuen Spezialarbeiten geliefert 6, aber auch teilweise einseitig und willkürlich eine erschöpfende Interpretation des Textes zu geben gemeint. 7 und die exegetische Debatte in ihren Strom gezogen. Nachdem nach 1900 J. Weiß im Gefolge Heinricis sehr wesentliche Einsichten in Form, Stil, religions geschichtlichen Umkreis und Literarkritik des Kontextes unseres Kapitels gewonnen hatte 8 - Feststellung der formalen Unabhängigkeit des Kapitels vom Kontext, Umstellungshypothese, Formbestimmung als Lehre, Satzbauanalyse, theologische Neutralität von o:'1o:rr1], Nähe zum jüdischen Hellenismus -, arbeitete die Folgezeit Einzelprobleme aus 9, ohne die Weißschen Fragestellungen hinreichend. weiterzufwuen. Beibehalten wurde weithin das Pathos in der Exegese des Kapitels, das aber nicht theologisch begründet wurde, - im Gegenteil vernachlässigte die historisch-kritische Exegese eine theologische Interpretation des Textes gemäß ihrem Programm völlig. Das schon sträfliche Hinweggehen über eine theologische Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Textes dokumentiert v. Hamack, wenn er - nachdem er zuvor von lKor 13 als der formal wie inhaltlich "eindruckvollste(n) schriftstellerische(n) Leistung" des Paulus gesprochen hat 10 - schreibt: "Den religiösen und sittlichen Gehalt dieses Lobgesangs ausschöpfen zu wollen, soll man sich nicht anmaßen; er will empfunden sein" 11. Hamack folgt dem damals üblichen Leitfaden: einem starken Interesse, das sich vor allem an der von Weiß mit den Mitteln klassischer Philologie beschriebenen Schönheit der Form entzündet, aber auch an der besonderen, freilich nicht analysierten Sprachhaltung, dem anspruchsvollen, in höchste
4. 5. 6. 7.
8. 9. 10. 11.
12
MPG 61, 267. v. Rad, FS. Alt, 153-168. Zuletzt Schmid, Priamel. Neben den Veröffentlichungen Reitzensteins sind hier vor allem kritisch LehmannFridrichsen, ThStKr 1922, 55-95, und Hoffmann, DVfLG 1926,58-73; CN 1939, 28-31 (ebd. S. 32 ein Auszug aus Rudberg, Hellas, - übersetzt von Fridrichsen -, der auch in diese Reihe gehört) zu nennen. Vgl. auch seine kleine Studie ,Rhetorik'. Vor allem wurde über die Trias und über religionsgeschichtliche Fragen gearbeitet. v. Harnack, Das Hohe Lied, 135. Ebd., 153.
Bereiche greifenden Inhalt und der stets faszinierenden Vokabel Liebe, die jedem theologischen wie nicht-theologischen Verstehen zugänglich und von zentraler Bedeutung zu sein scheint. Dieser Respekt vor dem Text war mit weitgehender Vernachlässigung einer inhaltlichen Auseinandersetzung verbunden, teils weil man wußte, was Liebe - sei es nun Nächsten- oder Gottesliebe - sei, teils weil man danach aus methodischen Gründen nicht fragte. Des inhaltlich derart verlassenen Textes nimmt sich nun 1924 die junge dialektische Theologie an und geht an die Aufgabe, dasjenige zu beschreiben, was bisher höchstens behauptet worden war: die ftihrende Rolle des Abschnitts im Zusammenhang des 1. Korintherbriefes und der paulinischen Theologie. Während Barth das "entscheidende" Wort des Kapitels in der eschatologischen Verheißung des neuen Menschen sieht 12, so daß die Botschaft von der a:yG:rrr, Vorspiel der Verkündigung der Auferstehung ist, hat Bultmann K. 13 selbst zum Höhepunkt des Briefes erklärt, da hier die eschatologische Existenz des Menschen am reinsten beschrieben werde 13. Die in diesen beiden eminent theologischen Exegesen beschlossenen Probleme sind bis heute nicht angemessen weiter verfolgt worden. Weder ist Bultmanns Interpretation, nach der K. 13 einer theologischen Sachkritik eher standhält als K. 15, mit den Ergebnissen der religionsgeschichtlichen Arbeit an K. 13 verglichen worden, die die mythologische Verflochtenheit nicht nur der W. 8-12, sondern auch der a:ya1T17 selbst beleuchtet haben, noch hat man den Beitrag Barths, der die eschatologische Stoßrichtung des Textes besonders betont hatte, in der exegetischen Einzelarbeit genügend bedacht 14. Barths und Bultmanns Einsichten in den Text sind bis heute die exponiertesten neutestamentlichen Aussagen zu lKor 13 15 • Festzuhalten ist ihre Erkenntnis der theologischen Radikalität des Textes - in ihrer Diktion als ,eschatologisch' bezeichnet -, die auch Luther fast unwillig verspürte: Vulgo ista Epistola ignota ... Scharff und hart Wort ... Multa insunt in hac epistola l6•
12. Barth, Auferstehung, 38. 13. Bultmann, GuV I, 64. 14. Conzelmanns Kommentar verfolgt wohl die eschatologische Diktion, wertet sie aber theologisch nicht aus. 15. Auch die Alte Kirche und die Reformation hat das Kapitel nicht in dieser Weise in den Vordergrund gestellt. Für die Alte Kirche sei auf Chrysostomos verwiesen, der ganz im Sinne Harnacks und Jaegers das Kapitel als Beschreibung der d'YQ.1TTj als höchster dp~T1~ auffaßt (MPG 61, 267-296), für die Reformation auf Luther, der im Zuge der antikatholischen Polemik auf den Beweis dessen, daß lKor 13 kein Gegensatz zu Röm 3,28 sei, abgedrängt wurde trotz einer sehr sorgsamen und die wichtigen Aussagen des Kapitels richtig herausarbeitenden Exegese (vgl. Luthers Epistel-Auslegung, 173195). 16. WA 49, 351. - Zu Luthers Auslegung von lKor 13 vgl. Althaus, Theologie, 357-371.
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Ein völlig anderes Verständnis desselben Textes zeigen gleichzeitig Forscher wie Lehrnann, Fridrichsen, Hoffmann, Rudberg, Jaeger, Hitchcock 17, die alle in Anknüpfung an Weiß versuchen, das Kapitel im Rahmen griechischer Traditionszusammenhänge zu sehen, und die die Liebe als höchste Tugend deuten. Daneben treten die von Dibelius über Vögtle und v. Rad bis zu neueren Monographien reichenden Arbeiten zur ntl. Paränese katalogischer Art und ihren vornehmlich jüdischen, mit griechisch-popularphilosophischem Gut angereicherten Vorgängern 18. In diesem Zusammenhang erscheint unser Kapitel, vor allem der Mittelteil, als ein Text unter Vielen ähnlichen ethischen Äußerungen der jüdischen, der paganen und der urchristlichen Ethik. Von den nachdialektischen ntl. Beiträgen mit theologischem Anspruch sind die Aufsätze Schliers und Bornkamms hervorzuheben, die zwar nicht Barths und Bultmanns Fragestellungen weiterfUhren, wohl aber auf einer theologischen, einheitlichen Interpretation des gesamten Kapitels insistieren 19. Liebe verstehen sie ganz im Gegensatz zu J aeger u.a. als theologischen Schlüsselbegriff, der die Einheit von Gottesliebe, Liebe Christi und Nächstenliebe umschließe und daher eschatologische Qualität im Sinne der W. 8-13 besitze. In neuester Zeit haben sich der Aufgabe einer Gesamtinterpretation zwei Forscher unterzogen, Spicq und Conzelmann, während neue Einzeluntersuchungen zu Echtheit 20 und religions- und formgeschichtlicher Einordnung 21 nichts grund17. ThStKr 1922, 56-95 (Fridrichsen, Miracle, 1925, 97ff., nimmt seine alte Einschubhypothese zurück); DVfLG 1926, 58-73; CN 1939, 28-32; Jaeger, Tyrtaios; ET 1923, 488-492. 18. Dibelius, ThR 1931, 207-242; Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge; v. Rad, FS. Alt, 153-168; Wibbing, Tugend und Lasterkataloge; Kamlah, Katalogische Paränese; zur linguistischen Einordnung der Form vgl. Berger, Exegese, 77. 19. Bornkamm, Ende des Gesetzes, 93ff.; Schlier, Zeit der Kirche, 186-193. Vgl. auch Eichholz, Tradition und Interpretation, 121-137 (dort S. 124 weitere Predigtmeditationen zum Text). 20. Z.B. Titus, JBR 1959, 299-302 (sehr gute Einzelbeobachtungen, aber keine greifbare Konklusion). 21. Z.B. Sahlin, CN 1941, 28f.; Schmid, Priamel; Dombrowski, ThZ 1966, 396ff.; Gerhardsson, SvExArsb 1974, 121-144; ders. in: FS. Daube, 184-209. Seine These, Paulus habe dem Text das Sch'ma Israel zugrunde gelegt, ist in dieser Form abzulehnen. G. selbst bringt keine nennenswerten Belege. Trotzdem wirft er eine traditionsgeschichtlich bedeutsame Frage auf: nach dem Verhältnis der a"Ya1TT/ des Paulus zur a"Ya1TT/ des AT. Vgl. dazu Wischmeyer, s. Vorwort. Kieffer, Le Primat de l'Amour, bietet auf den Seiten 15-70 seiner auch methodische Probleme behandelnden Studie eine kurze Exegese mit ausgezeichneter Dokumentation der Literatur. Er schließt sich Gerhardsson bei dessen kultischer Hypothese mit großer Vorsicht und ohne deren einseitige Durchführung an.
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legend über die bisherigen Fragestellungen und Materialien Hinausweisendes erbringen. Spicq behandelt den Text "textkritisch" unter Einschließung der Hterarischen Kritik, d.h. formal, "exegetisch" und "theologisch". Während seine exegetischen Ausftihrungen die sorgfältigste Sammlung und Ordnung des von der Forschung erarbeiteten Materials darstellen, ist seine theologische Deutung des Kapitels zusätzlich von eigenem Interesse, da hier aus den Textaussagen heraus eine eigene theologisch-systematische Bestimmung der a:ya.:rr1} gegeben wird - in Aufnahme des Textanspruchs und der Textgestalt selbst, die anderswo nicht in dieser Weise ernstgenommen werden 22. Wenn Spicqs Absicht, lKor 13 als Lehre des Paulus über die Liebe zu verstehen, also sehr bedenkenswert bleibt, so ist seine Lösung doch unbefriedigend, weil auf die exegetischen Ergebnisse nicht zurückgegriffen und der Text durch schematische Fragen eher nachträglich verdunkelt als weiter erhellt wird 23. Die allgemeine Fonnulierung des Proprium von lKor 13 kann in ihrer Textferne nicht befriedigen: "l'enseignement le plus important" lautet, "que la dilection fraternelle est essentiellement dependante de l'amour que Dieu a pour le chnHien"24. Dabei wird die a:ya1T1} einseitig und ohne exegetischen Beleg als Nächstenliebe verstanden 2s. Die spezifische Bedeutung des Conzelmannschen Kommentars liegt für lKor 13 in der Behandlung der Darstellungsart und des Stils des Kapitels. Durch die Charakterisierung der Traditionsverarbeitung als ,Weisheitsstil der paulinischen Schule' - prononcierter aufgezeigt in einem früheren Aufsatz "Paulus und die Weisheit" 26 - gelingt es Conzelmann im Ansatz, die bloß literarkritische Debatte um 1Kor 13 einerseits und um die religionsgeschichtliche Einordnung des Kapitels andererseits auf eine neue Ebene zu stellen. Es kann von jetzt an nicht mehr nur um die ,Echtheit' des Kapitels oder seine Verankerung in Stoa, Platonismus oder Judentum gehen, sondern um die differenzierte Erfassung des paulinischen Umgangs mit vielfältigen Traditionsmaterialien. Hinter diese Fragestellung kann man auch dann nicht zurückgehen, wenn man sich mit der von Conzelmann vorgeschlagenen paulinischen Schule in Ephesus als für dies Kapitel verantwortlich noch nicht zufriedengibt 27. 22. Bes. Spicq, Agape 11, 108. 23. Die ordnenden Überschriften "L'objet de la charite" (S. 108), "Nature de la charite" (S. 111) "Röle et actes de la charite (S. 114) tragen eine sekundäre Systematik an den Text heran. 24. Ebd., 112. 25. Ebd., 110. 26. NTS 1965/66, 231-244. 27. Zur Schule in Ephesus vorsichtig positiv Bornkamm, Paulus, 102, und Vielhauer, Geschichte, 70. - Vgl. die weiterführenden Erwägungen und Beobachtungen zum Phänomen der Schule bei Berger, Methode, 226-234 (Lit.). - Die Darlegung von H. Ludwig, Kolosserbrief, 201-229, beschränkt sich auf eine Entfaltung der These Conzelmanns.
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Stellt man nach diesem überblick nun zusammen, was über unseren Text in der Forschung bereits bekannt und auch anerkannt sei, so ist dieser Bereich erstaunlich klein. Am ehesten anerkannt sind Einheitlichkeit und Abgeschlossenheit des Kapitels, das oft eine eigenen Behandlung ohne weitere Berücksichtigung des Kontextes erfuhr. Als bekannt und anerkannt, wenn auch nicht überall gleichmäßig beachtet, dürfen weiter die wichtigsten Beobachtungen zur Eigenart unseres Textes gelten: Häufung von hapax legomena 28, ungewöhnlich fein ausgebildete stilistisch-syntaktische Formung, Durchsetzung mit anspruchsvollen Bildern, Dreiteilung des in sich abgeschlossenen Textes, Absolutheit der lI:ra:fm, Fehlen spezifisch christlicher Kennzeichen 29. Hypothetisch blieben dagegen bisher die Erklärung der Bilder und die Beurteilung der Trias. Ebensowenig gibt es einen Konsensus über die Form des Kapitels und seine literarische Absicht, über die Bedeutung der U'YG.1T1] und über das Verhältnis des Kapitels zum Corpus Paulinum. Zuwenig gefragt wurde bisher nach der Argumentationsweise und der Art der Diktion, nach den Wortfeldern, nach der Bedeutung der Großform des Kapitels für die a'YG.1T1], vor allem aber auch nach dem inhaltlichen Zusammenhang der drei Teile des Kapitels untereinander und nach dem Gesamtgedankengang.
3. Einleitungsfragen zu 1Kor Ein besonderes Problem für unsere Untersuchung bilden die Einleitungsfragen zur korinthischen Korrespondenz. Authentizität und Einheitlichkeit des 1. wie auch des 2. Korintherbriefes sind umstritten. Im lKor werden die Echtheit mehrerer Glossen und unseres Kapitels bezweifelt, die Einheit des Briefes wird ausdrücklich und von verschiedenen Seiten her angegriffen 30. Beide Probleme betreffen unser Kapitel zentral. Die Frage der Autorenschaft zunächst, von E. L. Titus wieder aufgeworfen, hat Conzelmanns Kommentar nicht explizit beantwortet, wenn er auch stillschweigend Paulus für den Verfasser hält 31. Diese Frage läßt sich nicht durch eine Aus28. Nur bei Robertson-Plummer, I. Corinthians XLIX-LU, hinreichend dokumentiert. 29. Dieser entscheidende Gesichtspunkt ist in seinem vollen Umfang von Titus (JBR 1959, 300) herausgestellt worden: "No reference to Christ (or to God for that matter) appears in these thirteen verses". Conzelmann, 1. Korinther, 261, diagnostiziert nur die Abwesenheit der Christologie, kommt aber in NTS 1965/66, 242, ebenfalls zu dem richti-, gen Urteil: "Das Kapitel enthält in seinem Grundbestand nichts spezifisch Christliches." Vgl. auch Gerhardsson, FS. Daube, S. 208 Anm. 2, und Kieffer, Le Primat de l'Amour, 51. 30. Vgl. Kümmel, Einleitung, 238ff.; Vielhauer, Literatur, 140f.; Schenke-Fischer, Einleitung I, 90-105. 31. Conzelmann, 1. Korinther, 256f., A. 7,8.
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einandersetzung mit der vorliegenden gelehrten Literatur allein lösen, sondern erfordert eine genaue Untersuchung der Sprache, der Grammatik und des Stiles - derjenigen Merkmale, die einen Verfasser besonders kennzeichnen - und der Verbindungen der Aussagen des Kapitels mit denen des näheren und weiteren Kontextes wie des ganzen Briefes. Die seit den Untersuchungen von J. Weiß anhaltenden literarkritischen Überlegungen zu den Nahtstellen zwischen 12,31 und 13,1 einerseits und 13,13 und 14,1 andererseits, die besonders von Iber durchgeftihrt wurden 32, können, allein betrieben, nichts Endgültiges zur Autorenfrage sagen. Dasselbe gilt für die Frage nach dem Kontext von K. 13, da diese ihrerseits mit der Frage nach der Einheitlichkeit des gesamten Briefes eng zusammenhängt. Denn die genannten literarkritischen Beobachtungen von Rissen zwischen KK. 12/13 und 13/14 können nur dann ftir die Kontextfrage ausgewertet werden, wenn man den lKor als redaktionell bearbeitet versteht. Interpolationshypothesen und Umstellungsvorschläge zu K. 13 sind nur im Rahmen einer ausgewiesenen These zur Einheitlichkeit des Briefes sinnvoll. Beispielhaft ftir diesen Sachverhalt sind die Kommentare von Weiß, der lKor 13 in Zusammenhang mit K. 8 bringt, und von Conzelmann 33, der dieselben literarkritisch~n Beobachtungen zu K. 13 wie Weiß macht, sich aber nicht zu einer Umstellung des Kapitels versteht. Beide Forscher entscheiden die speziellen literarkritischen Fragen zu K. 13 im Rahmen ihrer verschiedenen Grundhaltung zu den Teilungshypothesen ftir den lKor. Auch hier wird die erneute kritische Sichtung der Forschung 34 nicht weiterfUhren, wie Schmithals und Kümmel, jeder für seine Seite, zutreffend feststellen 35. Trotz der gebotenen Beschränkung auf K. 13 müssen daher hier einige allgemeine Überlegungen zu literarkritischen Problemen der Paulusbriefe angeschlossen werden, die dann ftir unser Kapitel ausgewertet werden können. Die starke Uneinigkeit der Forschung zur Literarkritik der Paulusbriefe leitet sich von der Einseitigkeit her, mit der hier Literarkritik und hypothetische Geschichtsrekonstruktion isoliert betrieben werden. Die literarkritische Forschung zu den Paulusbriefen stützt sich vor allem auf drei Beobachtungsfelder: einerseits auf inhaltliche Sprünge in der Gedanken32. ZNW 1963, 43ff. 33. Weiß, 1. Korinther, XXXIXff.; Conzelmann, 1. Korinther, 257, raUt keine Entscheidung ("Er ist jedenfalls zunächst für sich auszulegen") von der Einzelexegese her, sondern von der allgemeinen These S. 15 her: "Verschiedene Situationen sind innerhalb des lKor nicht zwingend nachzuweisen." Kieffer, Le Primat de l'Amour, 27, entscheidet sich für die Einheit der Kapitel 12-14. 34. Schmithals, ZNW 1973, 263-288, zu lKor 13, S. 268f.: "Schluß- und Höhepunkt des Antwortbriefes" (269) in Ausarbeitung von Schenk, ZNW 1969, 219-243. 35. Schmithals, ebd., 264; Kümmel, Einleitung, 238-241.
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ftihrung, z.B. zwischen 2Kor 2,13 und 2,14, zweitens auf Unstimmigkeiten in den praktischen Angaben des Paulus, z.B." zwischen lKor 1,11 und 11,18f., drittens auf Unvereinbarkeit verschiedener inhaltlicher Aussagen, die eng neben36 einanderstehen, z.B. in den KK. 8-10 des lKor • Man begegnet diesen Schwierigkeiten bisher durch die Verbindung einer Rekonstruktion der Geschichte des Paulus mit seinen Gemeinden 37 - indem man verschiedene Partien der Briefe auf verschiedene Strömungen und Ereignisse antworten läßt - mit einer Theorie über Gemeindearchive 38 und deren mögliches Interesse, später nur einen Teil der paulinischen Briefe zu edieren und in bestimmter Weise zu komponieren. Zur Feststellung und Ausweisung solcher Komposition bedient man sich weithin speziellliterarkritischer Beobachtungen: ein fester Argumentationsblock ist mit anderen solchen Blöcken durch redaktionelle Notizen verbunden. Das sind die ,Nahtstellen', die die ,Risse' zwischen den Blöcken verdecken sollen. Diese Arbeitsweise paulinischer Literarkritik ist nicht unumstritten. Klassische Zweifel bestehen ebenso an der Existenz von Redaktoren in den Gemeindearchiven wie an der Möglichkeit, die Vorgänge zwischen Paulus und den Gemeinden richtig zu rekonstruieren 39. Es werden auch alle Beobachtungen zu den drei Formen von Widersprüchen bestritten. Diese Debatten sind unentschieden, und die wissenschaftlichen Antithesen schließen sich zum Teil gegenseitig aus 40. In einer Beobachtung sind sich dagegen alle Gelehrten einig, ohne daß diesem Tatbestand genügend Gewicht beigelegt würde. Die Briefe bestehen aus einzelnen Argumentationseinheiten, es gibt überleitende Sätze, es gibt auch gedanklich wenig kongruente größere Passagen über ein bestimmtes Thema - sonst wäre der Streit über die entsprechenden Fragen gar nicht entstanden. Aber über den einseitigen literarkritischen Lösungsversuchen, die kaum zu neuen gesicherten Ergebnissen führen, wurde die Möglichkeit, daß Paulus selbst nicht nur jene kurzen geprägten Formen wie Hymnus, Doxologie, Bekenntnis USW. 41 verwendet, 36. Vielhauer faßt diese drei Kriterien zu dem einen der ,verschiedenen Situationen' zusammen, Literatur, 141. 37. Vgl. dazu die vergleichende Tabelle bei Conzelmann, 1. Korinther, 14f., der diese Parallelität sinnfällig zeigt. Der große Initiator dieser Richtung ist Weiß. 38. Auch hier hat Weiß sich grundlegend im Kommentar XLf. geäußert. Ausführlich dann Harnack, Briefsammlung; weitere Lit.: Conzelmann, 1. Korinther, 12, A. 11. Weiterhin wichtig der Vergleich mit anderen antiken Briefcorpora bei Vielhauer, Literatur, 154f. - Die These von den Gemeindearchiven vertreten nachdriicklich Schenke-Fischer, Einleitung I, 233ff. 39. Das gilt bes. für lKor, weniger für 2Kor. 40. Vgl. auch die neue Teilungshypothese zum Römerbrief von Schmithals, Römerbrief, bes. 210f., und ihre Ablehnung bei Wolter, Rechtfertigung, 16 Off. 41. Dazu zuletzt zusammenfassend Vielhauer, Literatur, 9-57, mit der Anwendung auf Paulus, S. 69.
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sondern vielleicht analog dazu im Verlauf seiner größeren theologischen Ausführungen kürzere Einzelabschnitte relativ sorglos aneinanderreiht, noch nicht genügend im Zusammenhang diskutiert, obgleich es wichtige Hypothesen zur Frage gibt. Die offene Frage nämlich, ob diese jeweils kürzeren und in sich geschlossenen Argumentationseinheiten auf den Schreibstil des Apostels - so Kümmels "Exkurshypothese"42, die Conzelmann in seinem Kommentar ver43 tieft, indem er feste Schulstücke vermutet - oder auf Gegebenheiten wie Temperament, längere Abfassungsdauer, neue Nachrichten oder Gedanken während der Abfassung zurückgehen - so Lietzmann 44 - oder aber Ergebnis der Arbeit der Redaktion in Gemeindearchiven sind 45 -, diese Frage kann nicht allein anhand des jeweiligen Textes und Briefes gelöst werden. WeiterfUhren kann dagegen eine detaillierte formgeschichtliche Analyse der Briefe entsprechend der synoptischen Forschung und der Vergleich der Formen, des Aufbaus und des allgemeinen literarischen Charakters der paulinischen Briefe mit den zeitgenössischen paganen, jüdischen, ntl., apokryphen und frühen altkirchlichen Briefen 46. Das bedeutet, daß vor der Frage nach der Arbeitsweise des möglichen Redaktors der paulinischen Briefe die Frage nach der literarischen Arbeitsweise des Paulus in verstärktem Maße zu stellen ist. Hat er logisch deduktiv oder induktiv in langfristig stringenter Gedankenftihrung entwickelnd gearbeitet? Hat er von ilun 42. Einleitung, 233f.: lKor 2,6-16; 6,1-11; 9,1-27; 10,1-13; 13,1-13. VgI. bei Vielhauer den Begriff ,Einlage', 49f., dort ebenfalls lKor 13 genannt. ~3. NTS 1965/66, 231-244. Zustimmend Vielhauer, Literatur, 70. 44. Z.B. zu 2Kor 1-9/10-13, An die Korinther I, 11, 139 ("Aber Paulus ist kein Briefschreiber, an den man den normalen Maßstab anlegen dürfte, und deshalb ist das Problem der Exegese seiner Briefe weniger ein literarkritisches (wie man früher meinte), sondern ein psychologisches"). 45. Siehe Anm. 38. - Schmithals, Römerbrief, setzt eine kirchliche Redaktion voraus. Schenke-Fischer, Einleitung I, 237ff., stellen in Auseinandersetzung mit Schmithals ihre eigene These dar. 46. Dazu Vielhauer, Literatur, 59-70, mit Lit. Zu ergänzen wäre: Hennecke-Schneemelcher, Apokryphen 11, 55, zu den nach apostolischen Briefen; Stirewaldt, FS. Stamm, 179-196; Berger, ZNW 1974, 190-231 (grundsätzliche Bestimmung apostolischer Briefe und von daher der apostolischen Existenz im Zusammenhang jüdischer und paganer Vorbilder und Parallelen). - Weiterhin: Doty, CBQ 1969, 183-199; ders. Letters; White, Greek Letter; Berger, Exegese, 36ff.; Gamble, JBL 1975, 403-418; Hunger, Byzantinische Profanliteratur I, 199-239; Schenke-Fischer, Einleitung, pass.; grundlegend bleibt Sukutris, Epistolographie, PW SuppI. 5, 1931, 185-220. Neue Aufschlüsse versprechen die amerikanischen Unternehmungen zu den althebräischen Briefen und den griechischen Papyrusbriefen: White-Kensinger, Soc. BibI. Lit. Sem. Papers, 1976, 79-91; Pardee, JBL 1978, 321-346 (Lit. in Anm. 1).
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selbst bereits fertiggestellte Texte zu einzelnen Themen in einem Brief ad hoc einander zugeordnet? Hat er in einem langen Gedankengang verschiedene Formen 47 miteinander zu einem neuen Ganzen verbunden? Dann wären die ,Nahtstellen' jedenfalls Übergänge, die von Paulus selbst stammen. Und die oben besprochenen argumentativen Brüche ebenso wie inhaltlich widersprüchliche Aussagen könnten den jeweiligen Traditionszusammenhängen, aus denen sie stammen, entspringen. Fragt man in dieser Art nach der literarischen Arbeitsweise des Paulus, so könnten sich auch neue Gesichtspunkte für die unklaren persönlichen Notizen des Paulus erg~ben, die ein besonders starkes Argument für Teilungshypothesen darstellen. Denn in seinen theologischen Ausftihrungen konnte Paulus auf reiches jüdisches und auch schon urchristliches Material fester Formung zurückgreifen, das er dann nach Maßgabe seiner eigenen Theologie bearbeitete - eine ähnliche Arbeitsweise, wie sie schon die atl. und jüdische Literatur charakterisierte. So bedachte und bearbeitete er stets auch ,private' Fragen in dieser theologischen Weise mit ihrer eigenen Art der Traditionsverarbeitung, wie exemplarisch der Philemonbrief zeigt 48• Dagegen zeigt er nur wenig Interesse an ,privater' Genauigkeit, überhaupt an Autobiographischem. Er hat keine literarischen Vorbilder für die Formulierung solcher Fragen gehabt oder gesucht, wie man Wickerts These zum Philemonbrief zuspitzen müßte. Persönliche Notizen scheinen ihm im Rahmen seiner Briefe wenig bedeutet zu haben, so daß er die wichtigsten praktischen Abmachungen immer durch seine Mitarbeiter mündlich hat machen lassen. Vor diesem Hintergrund würden auch die wiederholten Klagen der Korinther über die Unklarheit seiner brieflichen Mitteilung über seine Pläne verständlich 49. Erst vor dem Hintergrund dieser - notwendigerweise allgemein bleibenden kritischen Fragen und Überlegungen zur Literarkritik der Paulusbriefe erhält 47. Vgl. dazu ausführlich in dem Kapitel ,Kontext'. 48. Zu dessen literarischem Charakter zutreffend Wickert, ZNW 1961, bes. die richtige Frage S. 238. 49. Diese Erwägungen setzen natürlich nicht das literarkritische Argument sich direkt widersprechender Aussagen als Indizien für verschiedene Briefe außer Kraft. Ihre Bedeu tung ziehen sie vielmehr aus dem Umstand, daß alle Fälle sich möglicherweise widersprechender Reiseaussagen usw. des Paulus in eben ihrer sich ausschließenden WiderspfÜchlichkeit bisher kontrovers geblieben sind, d.h. aber, daß dies auf den ersten Blick so einwandfreie Kriterium sehr viel weniger eindeutig als meist behauptet ist. Wenn man dies zugibt, wird man nach anderen Deutungsversuchen für die umstrittenen Stellen greifen. - Vgl. auch die methodischen Erwägungen bei Berger, Exegese, 27-32. Allgemein wichtig sind die Ausführungen bei Hunger, Byzantinische Profanliteratur I, 208-213, zu der Rolle, die Mimesis und Tradition im literarischen antiken Briefwesen im Zuge der literarischen Herrschaft der Rhetorik seit dem 4. Jh. v. Chr. bis in byzantinische Zeit spielen.
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die nun folgende kurze Darstellung und Diskussion der Teilungshypothesen zum lKor und zu K. 13 des Briefes ihren richtigen Stellenwert. Während Dinkler im Anschluß an Bultmann K. 13 im Rahmen des Briefes A zwischen K. 12 und 14 beläßt, allerdings K. 8, das für die Interpretation von lKor 13 bedeutsam ist, Brief B zuordnet 50, so daß aber doch wenigstens der engere Kontext des Kapitels unberührt bleibt, halten Hering und zunächst auch SchmithaIs K. 13 für ein vom Redaktor an falscher Stelle eingeschobenes paulinisches Stück 51 - so schon Weiß. Schenk will darüber hinaus die ursprüngliche Stellung von K. 13 hinter K. 14 inhaltlich einleuchtend machen. SchmithaIs bestätigt dies 52. Gehörte bei Dinkler K. 13 zum Vorbrief' , so ist es bei SchmithaIs in seinem Gnosisbuch Teil des Briefes B 53, bei Schenk und in Schmithals' neuer Analyse Teil des "Antwortbrief(es) auf schriftliche Anfragen aus Korinth" = C 54. Diese Hypothesen beruhen auf literarkritischen und gemeinde geschichtlichen Erwägungen. Gerade hinsichtlich dieser Rekonstruktion der Begebenheiten zwischen Paulus und der Gemeinde nach dem Zeugnis des lKor gelingen aber weder Schenk noch Hurd noch· Schmithals trotz detaillierter Analysen scharfkonturierte Ergebnisse 55. Speziell für unser Kapitel kommt Schenk nur zu der schwachen textlogischen Hypothese, an K. 13 schließe inhaltlich gut die Kollektenpassage in K. 16 an. Warum K. 16 aber besser an K. 13 anschließen soll als K. 14, ist nicht einzusehen. Zu einer Motivierung der Umstellung des Kapitels aufgrund einer gemeindegeschichtlichen Begebenheit kommt es bei diesen Hypothesen zu lKor 13 nicht. Die historische Unschärfe solcher Hypothesen wird kritisch von Bornkamm konstatiert, der daher ohne grundsätzliche Kritik an der literarkritischen Methode, die er selbst für den 2Kor anwendet, an der Integrität des lKor festhält 56. Vielhauer dagegen findet unabhängig von historischer Rekonstruktion ein stichllaltiges Kriterium für eine Uneinheitlichkeit des lKor: nämlich "verschiedene Situationen bzw. verschiedene Beurteilungen der Situation" 57 in 1,10-4,21 gegenüber 11,18f. betreffs der Schismata der korinthischen Gemeinde. Er teilt daher lKor in zwei sehr ungleiche Teile: 11,2-34 = A; der Rest = B. Vielhauer ist zuzustimmen, wenn er ,verschiedene 50. RGG 3 IV, 18; Hurd, Origin, 189f., behandelt ebenfalls KK. 12-14 als Einheit. Dasselbe gilt für Suhl, Paulus, 208. 51. Schmithals, Gnosis 2, 89, A. 1 (K. 13 nach K. 14); Hering, Epftre, 115. 52. Schmithals, ZNW 1973, 268f., nach Schenk, ZNW 1969, 225f. 53. Gnosis l , 12-17; Gnosis 2 , 84-90. 54. Schenk, a.a.O. 241, Schmithals, ZNW 1973, 288, A. 70. 55. Vgl. zu Hurd: Kümmel, ThLZ 1966, 505-508, und Einleitung, 239, A. 24 (Lit.). 56. Vorgeschichte, 34, A. 131; Paulus, 246. 57. Vielhauer, Literatur, 141.
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Situationen' als schlüssiges Kriterium für Briefteilung nennt. Kontrovers aber bleibt die Frage, wieweit diese Änderung der Situation für die genannten Texte evident zu machen ist. In der Forschung ist seit Weiß gerade auch diese Stelle immer umstritten und wird z.B. vo·n Lietzmann und Conzelmann nicht als Situationsänderung beurteilt 58.
4. Gang der Untersuchung Was ergeben alle diese Erwägungen nun rur die Behandlung unseres Kapitels? Zunächst seien die Fragen deutlich formuliert, die im Zusammenhang mit den Einleitungsfragen und Teilungshypothesen sich für unser Kapitel stellen und einer Antwort bedürfen. Sie lauten, kurz formuliert: Wer hat lKor 13 verfaßt? Steht lKor 13 am ursprünglich beabsichtigten Platz? Ist lKor 13 für seinen überlieferten Platz geschrieben oder vom Autor vorformuliert und dann an seinen jetzigen Platz gestellt worden? Welches ist das Thema von IKor 13? In welcher Weise bezieht sich lKor 13 inhaltlich auf den Kontext? Welcher Weg soll nun zur Beantwortung dieser Fragen beschritten werden? Vor dem Hintergrund der Erwägungen rur literarischen Technik des Paulus ist es nicht geraten, aufgrund einer vergleichenden Diskussion der vorliegenden Teilungshypothesen zum lKor sich für eine dieser Thesen anband von Wahrscheinlichkeitsgründen zu entscheiden und diese These dann der Exegese von 1Kor 13 zugrundezulegen. Denn, wie wir sahen, muß die Tatsache, daß es sich bei unserem Kapitel um einen festen, in sich geschlossenen formalen und thematischen Zusammenhang handelt, nicht eo ipso Anlaß zu einer literarkritischen Untersuchung und Entscheidung sein. Vielmehr kann die Frage, ob es sich bei entsprechenden Stücken um den Teil eines anderen Briefes oder um eine ,Einlage' oder aber um ein traditionell geformtes Einzelstück einer im ganzen zusammen konzipierten größeren Komposition handele, nur mit'Hilfe eines komplexen und detaillierten Arbeitsprogrammes beantwortet werden. Denn es wird deutlich, daß die oben formulierten Fragen weit über den Bereich der Teilungs- und Verfasserproblematik hinausgehen und in Wirklichkeit mit aller Schärfe nach dem Text im ganzen fragen. Daher muß das Arbeitsprogram.r!1 folgendermaßen aussehen: In einem ersten Durchgang sind Rahmen und Corpus des Kapitels exegetisch zu erläutern, wobei das Interesse bei der inhaltlichen Erklärung liegt. Dabei müssen stets die Fragen berücksichtigt werden, wieweit die Aussagen des Kapitels 58, Weiß, 1. Korinther, XLI; dazu kritisch Conzelmann, 1. Korinther, 227, A. 12.
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im Zusammenhang mit dem IKor stehen und wieweit das Kapitel in den IKor eingebettet ist oder aber diesem Kontext widerstrebt. Weiterhin ist stets nach möglichen Traditionen 59 und ihrer Verarbeitung zu fragen, auf der anderen Seite zugleich nach spezifischen paulinischen Theologumena im Text. ~ Zur Beantwortung der genannten Fragen ist sodann ein zweiter, dem Formalen gewidmeter Durchgan'g notwendig, der Sprache, Stil und Form des Kapitels untersucht. Auch hier wird wieder die Frage nach traditionellen Elementen und eigener Verarbeitung leitend sein. Nach diesen beiden Arbeitsgängen und im zusammenfassenden Vergleich der Teilergebnisse werden dann abschließend die oben fonnulierten Fragen rur unser Kapitel beantwortet. Das Arbeitsprogramm zeigt ganz deutlich eines: nämlich die enge Verbindung der allgemeinen Vers-, Ab schnitt- und Gesamtexegese, die dem Verständnis der Aussagen des Textes in seiner vorliegenden Gestalt gewidmet ist und der das Hauptinteresse der Arbeit gilt, mit den ,Einleitungsfragen' zu unserem Kapitel, die oft als vorab zu klärende Fragen von zweitrangiger Bedeutung rur das Textverständnis, als historische Vorfragen vor Sacherklärung und hermeneutischer Auslegung gelten. Für unsere Arbeit dagegen gilt, daß gerade diese hier aus gutem Grund im Rahmen des einleitenden 'Forschungsberichtes zuletzt statt zuerst, wie üblich, angeschnittene Frage nach der Stellung von lKor 13 im IKor keine Spezialfrage unter anderen ist, sondern erst das wirklich umfassende Verstehen des Textes erschließt. Daher sind einerseits alle Einzelteile der Untersuchung Beiträge zur Beantwortung dieser Frage, andererseits verliert sie den Charakter einer zu Beginn der Arbeit zu klärenden Spezialfrage, sondern verbindet sich mit der allgemeinen Frage nach dem Textverständnis, indem sie dieser Frage historische Tiefendimension gibt, wenn sie nach der möglichen Geschichte von Entstehung und Veränderung des Textes vor, von und nach Paulus fragt. So kann auch die Untersuchung des Kontextes von IKor 13, die den ersten Arbeitsgang bildet, nicht erschöpfend die oben formulierten Fragen beantworten, sondern ist nur das erste Glied der Gesamtuntersuchung, die erst im Ganzen durchgeführt werden muß, bis dann abschließend die genannten Fragen beantwortet werden können.
5. Agape Etwas anders liegt die Sache bei einem zweiten Problem unseres Textes, zu dem ebenfalls vorab in der Einleitung Stellung genommen werden muß: dem Leit59, Vgl. Conzelmann, NTS 1965/66, 232.
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wort unseres Kapitels, der a'Yo:rrT/. Zu diesem Begriff können der Exegese einige allgemeine Bemerkungen vorausgeschickt werden, die sich aus dem Text selbst nicht ablesen lassen, vielmehr die Bedeutung und Verwendung von U'YO,1TT/ in unserem Kapitel ins rechte Licht setzen, ohne der exegetischen Begriffsanalyse zu 1Kor 13 vorzugreifen 60. Das in der profanen Gräzität in einigen wenigen Fällen belegte Substantiv ist durch LXX in die literarische Sprache eingeführt worden und semantisch nur von hierher zu beschreiben. Sein Bedeutungsradius ist durch das hebräische Substantiv ;,~m.~ bestimmt, da LXX a'YO,1TT/ neben a'YO,1TT/atC; und 70 o..'Ya1Täv zur Übertragung von il~q~ verwendet. Die Bedeutung von ;,?n~ seinerseits ist im Rahmen des breiten Bedeutungsspektrums der Wurzel 'I":JilN zu beschreiben 61, die LXX mit ara1T- wiedergibt - die klassischen griechischen Vokabeln EPWC;, tpLAia und a7oP'Y~62 spielen in LXX keine Rolle. 'I'I:JilN umfaßt im AT "einen ganz eigenständigen Inhalt" 63, nämlich "Liebe ... (als) das leidenschaftliche Verlangen, dem Menschen, dem man sich aus Zuneigung verbunden ftihlt, nicht allein innerlich, sondern auch äußerlich nahe, fest in allen Lebensbeziehungen mit ihm verbunden zu sein" 64. Diesem ganz eigenen Inhalt entspricht die fast ausschließliche Wiedergabe von 'I":JilN durch ara1T- in LXX. a'YO,1TT/ steht dabei ähnlich wie o..'YO,1TT/atC; vorwiegend für die emotional-erotische Liebe des Hohenliedes 65, aber auch übertragen 66 für die Liebe Israels zu Gott (Jer 2,2). a'Ya1TT/ als ethische Tugend findet sich nicht in den LXX-Büchern mit hebräischer Vorlage, da das hebräische AT Liebe im ethischen Sinne in ihren Handlungsweisen darstellt, so daß einerseits das Verb Träger dieses Bedeutungsbereiches ist, andererseits das breite Spektrum der Taten der Nächstenliebe bei den Propheten vor allem in Satzparänese ohne Beteiligung der Wurzel "'I:JilN entworfen wird. "Eine Thematisierung des gesamten Ethos unter dem Liebesgebot ... fehlt dem AT noch ganz" 67 - das gilt auch für die verbalen Formulierungen. Dagegen kennt LXX il~n~ als Abstraktum für die Bezeichnung des emotionellen zwischenmenschlichen Liebens (PIed 9,1.6). Die primär griechischsprachigen Bücher der LXX formulieren zuerst den allgemeinen Tugendbegriff a'Ya1TT/ als Halten der Gebote der 1TaLoela (Weish 6,18) oder aber ganz allgemein in der Wendung €v a'YO,1Tn (Weish 3,9). 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67.
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Vgl. zum Folgenden ausftihrlicher Wischmeyer, ZNW 1978, 212-238. Vgl. ThWAT 1, 105-128 s.v. (Bergman, Haldar, Wallis). Ausnahme: cpLALa in Makk. ThWAT 1, 110. Ebd. 109f. Vgl. LXX 2Kön 1,26; 13,15. ThWAT 1,110. Zimmerli, RGG 3 IV, 364.
Anders als das Verb hat aber das Substantiv a:ya.:Tr1J auch dann, wenn man das eng verwandte Substantiv a:ya.:Tr1JGLC; hinzunimmt, in LXX keine zentrale Bedeutung, keinesfalls darf es als Begriff gelten wie später im NT. Das Substantiv ist nur als ein Seitenzweig des Verbs Bedeutungsträger, so daß die abschließende Würdigung von a'Yo..rr1J in LXX nur vom Verb aus sinnvoll ist. :lD~ hat einen besonderen Bedeutungsbereich, der nicht mit den schärfer umrissenen griechischen Verben epäv, !PLA€iv, GT€P'Y€LV übertragen werden konnte. Daher wählten die LXX-übersetzer a'}'arräv als fast ausschließliches LXX-Äquivalent, o.'Ya1Täv, das blasseste griechische Verb für den Bedeutungsbereich ,lieben', das nur die wenig feste Bedeutung ,sich mit etwas zufrieden geben'68 hatte. Dies Verb wurde in LXX nun Träger des ganzen Spektrums der ,Liebe' von der Liebe der Geschlechter über die Verwandten- und Nächstenliebe bis zur Feindesliebe, - soweit der profane Gebrauch -, darüber hinaus aber der Liebe Gottes zu Israel und der Erwiderung dieser Erwählungsliebe durch Israel in Liebe und Gehorsam 69. Alle diese Bedeutungsaspekte werden also in der LXX-Übersetzung durch das Verb a'}'arräv ausgedrückt und können von da aus mit dem Substantiv o.'}'o..rr1J verbunden werden, wie es nun in der griechisch-sprachigen jüdischen Literatur zuerst geschieht. Hatte LXX das Substantiv o.'}'o..rr1J für die Literatur "entdeckt" als bestes Äquivalent rur i1~n~ allgemeine menschliche Liebe -, so macht das griechisch schreibende Judentum Ct'Yo..rr1J zur theologischen Vokabel, die die Bedeutungsinhalte von Nächstenliebe, Bruderliebe und Liebe als allgemeiner Tugend ebenso aufnimmt wie die Gottesliebe. In Test XII Patr und Weisheit Salomos wird Ct'}'o..rr1J zu einer selbständigen hypostatischen Größe zwischen Mensch und Gott 70. Trotz dieser Theologisierung der Vokabel spielt Ct'Yo..rr1J aber nirgendwo im griechisch-jüdischen Schrifttum eine größere Rolle außer in den Test XII Patr, wo sie zu den tragenden Substantiven gehört. Philo fällt mit seiner e,Owc;-Lehre ganz aus dem Rahmen der jüdischen Liebesaussagen heraus 71 • Seine Lehre hat weder bei anderen jüdischen Schriftstellern noch im NT eine Parallele oder ein Echo gefunden. Der allgemeine Sprachgebrauch der ntl. Schriften schließt sich ganz an LXX und die griechisch schreibenden jüdischen Schriftsteller (außer Philo und Josephus) an, verschärft aber eher die in LXX liegende Tendenz, indem o.'}'o..1r1J nun zum alleinigen Substantiv rur ,Liebe' im NT wird 72. Zugleich wird a'}'o..rr1J
-
68. ThWAT 1, 110. Vgl. Liddell-Scott, 6: "greet with affection", "to be fond of', "to be contented". 69. ThWAT 1, I11f. 70. Test Gad 4, 6. 7; Weish 3, 9; 6,18. 71. Nissen, Gott und der Nächste, 429-445. - Zu Josephus vgl. Wischmeyer, ZNW 1978, 214, 235. 72. tpLAla begegnet einmal negativ Jak 4,4. Man beachte dagegen den nicht selten positiven Gebrauch von tpLA€tV, bes. bei Joh, wo allerdings auch d-ya1Täv das primäre Verb ist.
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nun im NT ein wichtiger theologischer Schlüsselbegriff. Von hier aus tritt das Wort in die reiche Literatur der Kirchenväter ein und wird zu jenem Begriff ,Agape', der noch heute in unserer Sprache einen eigenen Tenninus im Gegensatz zu ,Eros' bildet. . Aufgrund der jüdisch-hellenistischen Literatur ist Ct'YQ.7T17 im NT von vornherein ein theologischer Begriff und wird demgemäß bevorzugt von den ,theologischen' Schriftstellern des NT verwendet und weiter ausgearbeitet: von Paulus und in den johanneischen Schriften, wobei Hoh den eigentlichen Höhepunkt in der Entwicklung innerhalb des johanneischen Kreises bedeutet. Die Deuteropaulinen enthalten demgegenüber keine wirkliche Weiterentwicklung der paulinischen o.'Ya7T1]- Lehre. Während in Acta das Substantiv wie auch das Verb ganz fehlen und das Substantiv in den Synoptikern keine Bedeutung gewinnt, setzt Paulus Ct'YQ.7T17 schon im ersten Satz des ersten von ihm erhaltenen Briefes an hervorragender Stelle gleichsam programmatisch: im Prooemium des 1Thess, und zwar in einer besonders interessanten Verbindung mit 7Tiane; - fA7Tie; - V7TO/JOVf] , der bekannten jüdischen Dreierfonnel 73• Und ebendieseIbe jüdische Tugend-Geduld-Reihe liegt lKor 13 zugrunde. Die Ct'YQ.7T17-Aussagen unseres Kapitels werden also vor dem HinteFgrund der spätjüdischen 7Tiane; - fA7Tie; - v7To/Jovr7 usw. -Reihen 74 einerseits und den spätjüdischen Ct'YQ.7T17-Aussagen andererseits zu interpretieren sein. 73. Z.B. IMakk 2,59.61. 74. Vgl. unten zu lKor 13,7.
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B. KONTEXT VON lKOR 13
1. 1Kor 12-14 Die Kontextanalyse beginnt sachgemäß mit einer Betrachtung der Kapitel 12-14 anhand der Fragestellung, wie weit die drei Kapitel von Aufbau, formaler Durchgestaltung, Thematik und Aussage her als einheitliche Darlegung zu verstehen sind oder wie weit Kapitel 13 aus diesem Komplex herausfällt. TWV rrv€Vp.anKWV, Auf die bei Paulus beliebte Lehreröffnungsformelrr€pi M€A'fJOi, ou fJ€AW up.äc; a"{vo€iv (12,1) folgt die Belehrung (oLOaT€ 12,2) in 12,2-14,36. Der Komplex wird in 14,37-40 doppelt abgeschlossen, erstens mit zwei parallel gebauten Sätzen, die unter dem Horizont der Gerichtsdrohung auffordern, das Gehörte als Kvpiov eVTOA~ zu verstehen, zweitens mit einer kurzgefaßten Satzparänese, die den Hörern das praktische Fazit (waTf mit Imperativ) der Belehrung in handlicher Form übermittelt. Mit 15,1 beginnt eine neue Erörterung mit neuer Lehreröffnung ("{vwpi~w), so daß die Abgeschlossenheit der drei Kapitel nach vorn wie hinten evident ist. Die Durchführung der Belehrung enthält drei große Abschnitte, die sich mit den Kapiteleinteilungen decken, wobei K. 12 und K. 14 unterteilt sind in 12,2-3.4-11.12-31 und 14,1-25. 26-36. Auf die Anfrage der Korinther nach den rrvfvp.anKo{l oder rrv€Vp.aTLKu gibt Paulus eine erste, grundlegende Antwort in 12,2f. des Inhalts, das Bekenntnis KTPIO~ IH~OT~ sei oberstes Kriterium für christliches Pneumatikertum im Gegensatz zum heidnischen (V. 2)2. Es folgt in VV. 4-31 die zweite nun ausführliche Antwort, in der nach der Klarstellung der ersten Verse die theoretische Grundlage der pln. Charismenlehre im einzelnen entwickelt wird. Kriterium einer christlichen Gemeinde, in der verschiedene Gemeindeglieder verschiedene Charismen haben, ist das awp.a XPWTOV, in dessen Einheit alle Charismen gleich wertvoll und nützlich sind, ja sogar die geringeren Gaben besonders geachtet werden, so daß ein theologischer Rangstreit nicht
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1. So mit HoHz, NTS 1972, 369; aber eindeutige Kriterien gibt es nicht. Auch 1TV€VJ.laTLKa ist möglich. Allerdings sind eben gerade in 12,1-3 Menschen, nicht Gaben thematisiert und so im folgenden (anders Conzelmann, 1. Korinther, 240, A. 1). 2. Zu diesem Passus Holtz, a.a.O. 365-376, dessen Vorschlag, I
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christlich sein kann. Nach dieser theologischen Charismenlehre - der eigentlichen lehrhaften Antwort der Ausführungen der KK. 12-14 auf die in 12,1 gestellte Frage - folgt eine dritte Antwort in K. 13, die sich auf die Frage nach den Grenzen eben dieser Charismen bezieht: die negative Abgrenzung nach der vorangehenden positiven Darlegung. Kriterium für den Nutzen der Charismen und damit zugleich Grenze ihrer Reichweite ist die Ct-ycl1T71. Sie bildet die eigentliche Beziehung zu Gott wie den eigentlichen Inhalt des vorläufigen christlichen Lebens und verweist die Charismen auf ihren grundsätzlich beschränkten, nicht aber unwichtigen Platz im jetzigen christlichen Leben. Diesen drei grundsätzlichen Erörterungen über Echtheit, Wesen und Grenzen christlichen Pneumatikerturns folgen in K. 14 zwei praktische Abschnitte 3. 14,1-25 bildet eine pastorale Abhandlung über den Rang der bei den Korintllern umstrittenen Zungenrede und Prophetie unter dem christlichen Kriterium der Erbauung der Gemeinde. VV. 26-36 geben in einem letzten Gang praktische Anweisungen für den Vollzug des korinthischen Gemeindegottesdienstes. Kriterium christlichen Gemeindegottesdienstes ist die eip11VT/, die Ordnung, die Vernünftigkeit und Sitte. In diesem Zusammenhang liefert lKor 13 eines der flinf grundlegenden Kriterien: die Ct1u1T71. Ebenso wie die anderen Kriterien KVPWC:; 'I71aovc:;, aWJ.1a XpWTOV, und elp11VT/ kommt das Kriterium Ct-YU1T71 nur in dem eigenen Abschnitt, nicht vorher oder nachher vor. Speziell steht lKor 13 im Zusammenhang der ersten drei Grundsatzkriterien theoretischer Art und entwickelt hier wie die beiden vorangehenden Abschnitte eine eigene theologische Aussage 4 • Die drei ersten Kriterien stehen ohne Verbindung nebeneinander, keines von ihnen aber dürfte fehlen. Eine gewisse logische Disposition unterliegt insofern, als zunächst die '!Erkennbarkeit, dann das Wesen, schließlich die Grenze der Charismen beschrieben wird s. Die letzten beiden Abschnitte stehen in engerer Beziehung zueinander, da sie sich beide auf die Praxis beziehen. Literarkritische Probleme im Aufriß entfallen, wenn man KK. 12-14 zusammenhängend betrachtet, ohne einseitig auf K. 13 und seine literarische Eigentümlichkeit fixiert zu sein, vielmehr die gleichmäßig durchgeführte literarische Gestaltung der drei Kapitel betrachtet. Besonders der aWJ.1a-Abschnitt in K. 12 ist K. 13 literarisch völlig ebenbürtig, was die Geschlossenheit angeht. 3. Der Haupteinschnitt in K. 14 liegt zweifellos vor V. 26: Tl oliv eOTLV dc5€Acpol; denn nun folgen die praktischen Anweisungen. So mit NT Greek, anders Conzelmann, 1. Korinther, 284. Zur Unterteilung vgl. Weiß, 1. Korinther, 32lff. 4. lKor 12,1-3; 13 wiederholen sich bei Paulus nicht. lKor 12,3ff. wird in Röm 12 in Kurzform wiederholt. 5. Hierbei dürfte es sich weniger um eine vorher angefertigte Disposition als vielmehr um eine sich sinnvoll ergebende Gedankenordnung handeln, die sich nachträglich diagnostizieren läßt.
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Anredeformen und Einleitungswendungen der drei Kapitel geben zusätzlichen Aufschluß über den ganzen Komplex 6. Nach der Eröffnungsformel mit der feierlichen ilD eAl,OOi-Anrede folgt in V. 2 mit oLDaTe eine kurze Einleitung der ersten Antwort, die durchgehend die 2. Pers. PI. benutzt. Der zweite Teil, VV. 4-26, das Corpus der Lehre, zeigt weder Eröffnungsfonnel noch Anrede: es handelt sich um eine allgemeine theologische Darlegung. Erst V. 27, das Ende des aW/laAbschnitts, enthält eine Anrede, die zugleich argumentatives Fazit dieses Hauptteils der zweiten Antwort ist. Ebensolche fazitziehende Anrede an die Gemeinde enthält der letzte Unterabschnitt der zweiten Antwort (VV. 28-31) in V. 31a. V. 31b dagegen eröffnet lehrhaft (bDOV DemVV/lL) die dritte Antwort: K. 13, wiederum in direkter Anrede an die Gemeinde. K. 13 selbst bleibt ohne Beziehung auf die Hörer wie schon 12,4-26. 14,la enthält den Fazit-Anredeschluß für K. 13; 14,lb eröffnet die vierte Antwort mit einer Aufforderung statt einer Lehreröffnung gemäß dem praktischen Thema dieses Teils der Belehrung. Das 14. Kapitel trägt nun einen anderen Charakter als KK. 12 und 13. Vielfältige Anreden und kleinere Neueinsätze bestimmen das Bild. Wie der rechte Eingang, so fehlt auch ein deutlicher eigener Abschluß. Der Doppelschluß der drei Kapitel in 14,37ff. unterliegt eigenen Fonngesetzen. Deutlich ist die Zusammengehörigkeit von K.12 und 13. K.12,12-27; 12,28-31; 13,1-14,la folgen demselben formalen Aufbau. Diese Beobachtung relativiert das wie schon von Weiß so wieder von Conzelmann vorgetragene Argument zur Stellung von lKor 13 im Kontext, der "Anschluß nach rückwärts (12,31) und nach vorwärts (14,1) [sei] rissig"7. Dies gilt ebensosehr oder ebensowenig für die Teilstücke in K. 12. Daher ist es waluscheinlicher, daß Paulus sich hier einer bestimmten, Argumentationsblöcke nebeneinandersetzenden Schreibweise bedient. Kurze Anreden an den Hörer ziehen jeweils aus der theologischen Darlegung die Konsequenz rur die Gemeinde. K. 12 muß als K. 13 direkt vorangehend noch etwas genauer auf seine Aussagen hin befragt werden. Im Gegensatz zu K. 14 bewegt sich K. 12 ganz im theoretischen Bereich. VV. 4-11 entwerfen ein durchaus statisches Bild einer charismatischen Gemeinde. Jeder hat hier ein Charisma, so wie der Geist es ihm zuteilt. Diese Konstruktion ist auf das folgende Leib-Glieder-Bild hin konzipiert, das einen idealen Gemeindeaufbau beschreibt. Innerlicher Ziel punkt aller dieser Aussagen ist ein Gedanke: es gibt unter den Charismen keine geistlich-soteriologische Rangordnung, sondern nur eine innergemeindlich-pragmatische Abstufung. Das bedeutet: die Charismen verschaffen nicht je nach pneumatischer Intensität dem Enthusiasten die Gottesnähe, sondern dienen je nach ihrem 6. Vgl. Berger, Exegese, 18,22. - Dautzenberg, Prophetie, geht auf Gliederungs- und Aufbau fragen von lKor 12-14 nicht ein. 7. Conzelmann, 1. Korinther, 255.
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Charakter - enthusiastisch, karitativ oder leitend - dem Organismus der Gemeinde an eben dem ihnen spezifIschen Punkt. Die Rangordnung der Charismen bemißt sich nicht nach ihrem Verhältnis zu Gott, sondern zur Gemeinde. Denn Gott gibt ja gleichmäßig alle Charismen, nicht etwa kommt die Gemeinde durch die Charismen von sich aus zu Gott. Dieser Sachverhalt wird in K. 12 zunächst trinitarisch-theologisch beschrieben (W. 4-11), dann mit Hilfe des christologisch und sakraments theologisch fundierten Bildes aus der Ekklesiologie (W. 12-26) erläutert und in W. 27f. in eine explizite Ämtertheologie verarbeitet, welche ihrerseits aus der Praxis her durch die rhetorisch-polemische Fangfragenkette (V. 29f.) am Schluß dieses ersten Teils an phänomenologischer Evidenz gewinnen soll. Paulus bietet also in K. 12 verschiedenste Theologumena auf, um zu klären, daß die Charismen nützliche Gaben Gottes, die tpavepwatc; TOU rrv€vJ1.aroc; rrpoc; 1'0 aVJ1.tpepov (V. 7) seien - nicht mehr und nicht weniger. Während nun K. 12 selbst argumentativ das Wesen der Charismen als Gaben Gottes für die Gemeinde als aw J1.a XPWTOU darlegt, übernimmt K. 13 die Ausflihrung des theologischen Zielpunktes dieser Aussagen: die Beschreibung eben jener Größe, die soteriologische Bedeutung besitzt, der Q."{a1T1l. Die Charismen allein haben keine soteriologische Bedeutung: sie "nützen" dem Menschen nichts. Beweis rur diese These ist der dritte Teil des 13. Kapitels: das eschatologische Kriterium. Endgültig mit Gott verbindet nur die Q."{arrrt, weil sie Gottes Verbindung zu den Menschen entspricht (8,2f.). Die Charismen ihrerseits stellen zwar auch eine Verbindung zu Gott dar (14,2), aber eine vorläufige Art der Verbindung, wie ebenso K. 13 selbst in W. 1-3 und in dem EK J1.€POVC; im äpn der W. 9-12 sagt 8. Nach dieser soteriologisch-eschatologischen Ergänzung zu K. 12 kann nun in K. 14 von der Gemeindepraxis gesprochen werden. Hier wird deutlich, daß K. 12 ein theologisches Bild entworfen hatte. In der Wirklichkeit der Gemeinde gibt es nicht und darf es nicht geben eine statisch vereinzelnde (12,7-10) und hierarchisch stufende (12,28) Charismenverteilung, sondern ein buntes Ineinander verschiedener Charismen bei einem Pneumatiker, so auch bei Paulus selbst, und eine starke agon ale Dynamik im Streben nach wichtigeren Geistesgaben. Dies Geschehen steht im Kontext des riiAOc; rrv€VJ1.aTwV (14,12), der die Korinther erfilllt und den Paulus hier wie anderswo 9 nicht dämpft, sondern unterstützt. Er fordert sogar zum Gebet um bessere Charismen auf (14,13), denn jetzt ist der Rahmen abgesteckt, in dem sich solch Eifer sinnvoll entfaltet: nicht etwa der Nutzen vor Gott, sondern allein die
8. Damit löst sich der inhaltliche Gegensatz, den Conzelmann, 1. Korinther, 255, zwischen KK. 13 und 14 sieht, auf. 9. 1Thess 5,19f.; Röm 12,11.
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OiK08oJ.1T7 der Gemeinde, der die wichtigeren Charismen mehr dienen als die unwichtigen - wobei sich ihre Wichtigkeit eben nach der OlK08oJ.1T7 bemißt 10. Die .göttliche Geberschaft und die soteriologisch-cschatologische Irrelevanz der Charismen und die daraus folgende prinzipielle Gleichrichtung aller Pneumatiker erlauben einen solchen Wetteifer im Dienst der OlK08oJ.1T7 ebenso, wie sie ihn bezüglich der Erlangung besonderer Gottesnähe und besonderer Herrschaft pneumatischer Art in der Gemeinde verbieten. Die eingangs gestellte Frage muß nach allen Beobachtungen also positiv beantwortet werden. Kapitel 13 ist nach unserer Analyse der Kapitel 12-14 als inhärenter Bestandteil dieses Komplexes einer paulinischen Charismenlehre zu verstehen. Nach dieser Analyse muß das gewonnene Ergebnis nun aber an den umstrittenen Versen 12,31 und 14,1, Beginn und Schluß von Kapitel 13, überprüft werden.
2. 1Kor 12,31 und 14,1 Die Schwierigkeiten des engeren Kontextes konzentrieren sich auf 12,31 a, da von dem richtigen Verständnis dieses Satzes 12,31 bund 14,1 b abhängen. Drei Möglichkeiten, den Satz zu beziehen und zu übersetzen, wurden bisher vorgeschlagen. Erstens kann man die "wichtigeren Charismen" 11 auf Prophetie und Verwandtes beziehen und auffordernd übersetzen: strebt nach den wichtigeren Charismen! Der Satz wiese dann auf K. 14 vor, und K. 13 wäre in der Tat eine formal störende Einlage. Man könnte entweder vennuten, Paulus habe hinter 12,31 a K. 13 eingeschoben und dann in 14,1 b auf den Schlußgedanken von K. 12 zurückgegriffen, oder man rechnet mit einem Interpolator, der K. 13 eingefügt und durch die ähnlich lautenden Verse 12,31a und 14,lb mit dem Kontext verbunden habe. Nun sprechen aber drei Beobachtungen gegen ein solches Verständnis von 12,31 a. Erstens spricht 12,31 a von mehreren Charismen, während K. 14 ganz der Prophetie gewidmet ist. Zweitens bliebe unerklärlich, 10. In der Praxis wird also dazu aufgefordert, um andere Charismen als die vom Geist gegebenen zu beten: ein fast paradoxer Vorgang, der gerade für die Zungenrede gilt, die nach K. 12 doch Gottesgabe aus Gottes souveräner Verfügung ist, nach K. 14 aber in der korinthischen Gemeinde von Paulus am liebsten abgeschafft würde. Hier liegt kein Gegensatz, sondern der Unterschied zwischen theoretischer Grundlegung und praktischer Anwendung vor. I ~. Zur Textkritik vgl. Weiß, 1. Korinther, 309, A. 1; Conzelmann, 1. Korinther, 254, A. 50. Die Bedeutung von Il€{tova ist nach Il€-yac; in 1Kor 9,11; 2Kor 11,15 am ehesten mit ,bedeutender, wichtiger' wiederzugeben; vgl. Grundmann, ThWNT 4, 537 (dort werden 12,31 und 13,13 direkt miteinander verbunden).
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weshalb ein Interpolator oder Paulus selbst die Kontextverbindung mittels eines so ungeschickten Vorgriffs hätte herstellen sollen. Drittens spricht der Wortlaut der Formulierung gegen einen fremden Interpolator. ~T]AOW ist ein beliebtes Verb im 1. Korinthe rbrie f, sieben der zehn ntl. Belege sind paulinisch, vier begegnen im 1Kor. Xapwl1a ist ein spezifisch paulinisches Wort. Diese erste Möglichkeit, 12,31a zu verstehen, ist also problematisch. Weder als Interpolation des Paulus noch eines Fremden ergibt die Beziehung von 12,31 auf K. 14 einen guten Sinn. Die zweite Deutung versteht 12,31 als Einleitung zu K. 13 und meint, die wichtigeren Charismen seien Glaube, Hoffnung und Liebe. Nun sind zwar Glaube, Hoffnung und Liebe nirgendwo sonst bei Paulus als Charismen bezeichnet, aber da sonst sogar das ewige Leben (Röm 6,23) oder der Ehe- bzw. Asketenstand als xapwl1a gelten (IKor 7,7), ist solche einmalige Benennung der Trias durchaus möglich. Es ergäbe sich zudem eine sinnvolle Steigerung zwischen K. 12 und 13. Schließlich würde 13,13 gut an 12,31a anknüpfen. Dagegen stehen mehrere Beobachtungen. Erstens läßt sich bei dieser Deutung 12,31 b schlechterdings nicht unterbringen, sondern wird zur sinnlosen Dublette, die ihrerseits wieder als Interpolation zu werten wäre, wobei sich die Frage, wie eine so sinnlose Interpolation zu erklären sei, zum zweiten Mal stellte. Zweitens ist, wenn man - mit gutem Grund, wie gezeigt - flir 12,31a nicht mit einem fremden Interpolator, sondern mit Paulus rechnet, äußerst unwahrscheinlich, daß Paulus zum ~T]AOÜV von CL'Ya1TT1, rrianc: und €Arrie; auffordern sollte, wo es doch 13,4 mit gewichtigen Konnotationen heißt: i1 CL'YarrT] OU ~T]Aoi. ~i1 Aoe; auch in nicht eindeutig negativer Bedeutung kann bei Paulus nicht in Verbindung mit Liebe gebracht werden. Die dritte Möglichkeit versteht ~T]AOÜr€ als Indikativ und bezieht den Satz auf die Korinther selbst. Bousset versteht den Indikativ als Teil einer Frage: "Doch ihr fragt nach den besseren Geistesgaben?" 12, die die Korinther an Paulus gestellt und vorzüglich auf Zungenrede oder Prophetie gemünzt haben. Iber dagegen 13 übersetzt als Aussage, die die Meinung der Korinther wiedergibt: "ihr strebt aber nach den wichtigeren Charismen". Diese Erklärung fußt auf der richtigen Annahme, Paulus formuliere hier das Selbstverständnis der Korinther. 14,12 bestätigt diese Annahme. Von der sprachlichen Formulierung her ergeben sich aber mehrere Schwierigkeiten. Bei der Möglichkeit, die Iber vorschlägt, ~T/AOÜr€ stehen, bei Boussets übersetzung dürfte man in müßte doch vl1€ie; 12,31b statt Kai eine Fügung mit dem Sinn: ,so, also zeige ich euch nun' erwarten, wie Bousset selbst auch unter der Hand übersetzt: "so zeige ich euch einen vorzüglichen Weg".
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12. Schriften des NT 11, 140. 13. ZNW 1963,43-52.
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Keiner der drei angebotenen Lösungsvorschläge ist überzeugend. Unter Berücksichtigung aller bisher zutagegetretenen Aspekte wird man 12,31a nicht mit 12,31b zusammen zu K. 13 ziehen dürfen. Eine nichtpaulinische Interpolation ftir 12,31 a anzunehmen, empfiehlt sich nicht. Ein Präludieren von K. 14 in 12,31a ist nicht wahrscheinlich. Von diesen Beobachtungen aus legt es sich nahe, 12,31a als Abschluß von K. 12 zu verstehen, eine Möglichkeit, die schon die allgemeine Analyse der Kapitel 12-14 ergab. Diese formal allein saubere Lösung ist bisher kaum gewählt worden unter dem Eindruck des Weiß sehen Verdikts: "Zunächst befremdet es, daß P., nachdem er soeben das ehrgeizige Streben nach höheren Gaben zurückgewiesen und gemahnt hat, jeder solle sich mit seinem Platz begnügen (V. 29f.), nunmehr das Eifern um die größeren oder wertvolleren Charismata nicht nur zu billigen sondern sogar zu ermuntern scheint" 14. Unter dem Eindruck dieses Arguments hat Weiß selbst auf eine sinnvolle Erklärung verzichtet und einen schlechten Interpolator angenommen, Conzelmann hat 12,31a auf K. 13 bezogen. Barth dagegen hat diese petitio principii Weiß' glaubwürdig widerlegt. Er liest 12,31a als Imperativ mit folgender Begründung: "Dieser Imperativ kollidiert mit jenen Aussagen V. 6,7,11,18 darum nicht, weil es für Paulus eine Konkurrenz zwischen göttlichem Wirken und menschlichem Wollen überhaupt nicht geben kann. Gottes Alleinherrschaft in allen menschlichen Erscheinungen einmal gründlich und grundsätzlich anerkannt, können diese auch wieder in ihrem relativen Unterschied von höher und niederer, wichtiger und unwichtiger erkannt, kann auch von dem Ernst der menschlichen Entscheidung ftir das eine oder andere Tun wieder unbefangen geredet werden. Ja die Anerkennung der Alleinherrschaft Gottes wird dann gerade darin sich auswirken müssen, nicht daß man sich fatalistisch mit seiner nun einmal gesetzten Eigenart abfindet, sondern daß man über die Unterschiede der Eigenarten nachdenkt und nach den höheren xaptu/laTa strebt" 15. Diese, aus Phil 2,12-18 gewonnene, grundsätzliche Reflexion ermöglicht es Barth in der Tat, eine dem Text adäquate Deutung zu finden. Sie läßt sich exegetisch noch etwas präzisieren. V. 31a ist nicht ein Vorgriff auf K. 14, sondern das praktische, allgemeine Fazit ftir die Korinther aus den theologischen Erwägungen von K. 12 und schließt diese mit einer bei Paulus beliebten etwas plötzlichen Wendung ab 16, die sich in K. 13 wiederholt. Das Fazit, das in die Gemeindepraxis zurückleitet, hat den logischen Wert einer aufmunternden Erlaubnis: strebt ruhig nach den besseren Charismen - sub specie dessen, was bisher gesagt wurde. Daß so allgemein von den xaptu/lara Ta /l€i~ova die Rede ist, zeigt, daß hier kein eigentlicher Vorgriff auf K. 14 vorliegt, vielmehr eine 14. Weiß, 1. Korinther, 309. 15. Auferstehung, 42f. Blasser, aber ähnlich: Schlatter, Der Bote, 352. 16. Vgl. 11,16 (dazu Conzelmann, 1. Korinther, 225).
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allgemeine praktische Maxime aus K. 12 gezogen wird. An den nun so zu übersetzenden Satz: ,strebt nach den wichtigeren Charismen', schließt sich sinnvoll 12,31 b an: ,und ich zeige euch den allerhöchsten Weg'. Denn jetzt liegt eine addierende Steigerung ,höher-am höchsten' vor - die einzige Möglichkeit, V. 31b mit dem Kontext zu verbinden 17. Bevor man nun V. 31 b literarkritisch erörtern kann, müssen einige exegetische Fragen behandelt werden. Zunächst ist die Bedeutung des Satzanfanges zu klären. €TL hat hier deutlich nicht temporalen, sondern logischen Charakter und dient der Hinzufligung eines weiteren Gedankens zu 12,31a. Damit schließt 12,31b direkt an 12,31a im Sinne der genannten Steigerung an. Kai dient der einfachen Anschlußreihung zwischen den beiden Argumentationsblöcken von K. 12 und 13 18• Die zweite Frage lautet: ist KatJ' lJ1repßoArw Attribut zu ooav oder Adverb zu oelKvvp.t? Bei Paulus begegnet KatJ' lJ1TepßoArw sonst nur adverbial oder als Adverbsergänzung 19. Wie Belege aus der Profangräzität zeigen, ist eine Verwendung als Attribut möglich 20. 2Kor 8,2 gibt einen zusätzlichen Hinweis: hier ist die entsprechende Wendung Kara ßatJovc; attributiv konstruiert. Die Entscheidung muß also von daher fallen, ob ooav oeLKvup.L allein stehen kann oder das Attribut braucht und ob das Adverb zu oeLKvvp.L sinnvoll erscheint. Die von Schlatter 21 vertretene adverbiale Lösung ist im Ernst nicht übersetzbar, weshalb Schlatter auch auf eine wirkliche Übersetzung verzichtet. KatJ' lJ1TepßoArw heißt "extravagantly, in extremity, superlative"22, "im Übermaß"23. Keine dieser Bedeutungen läßt sich mit oeiKvvp.L 24 verbinden. Demgemäß ist KatJ' lJ1TepßoATW ooav zu lesen 25, und €TL gehört nicht zu KatJ' lJ1TepßoAr]v 26 , so daß sich übersetzen läßt: und ich zeige euch den ausgezeichnetsten Weg 27. 17. p46 D* entwickeln eine andere Möglichkeit, V. 31a und 31b miteinander zu verbinden: "ihr sucht aber größere Charismen, und wenn ihr etwas im Übermaß sucht, will ich euch den Weg (dazu) zeigen." Inhaltlich kommt dies Verständnis dem hier entwickelten in dem Stufenautbau der Argumentation nahe. Anders ist das grammatische Verständnis von tT/AOÜTE und Ka{J' lI1fEPßOA.qV. 18. Zu Ifn vgl. Mayser 11, 3, 136ff., zum kumulativen Gebrauch in Argumentationen vgl. Ifn bei Aristoteles: Bonitz, Index A., 291. Lk 14,22 bietet eine ntl. Parallele. 19. Röm 7,13; 2Kor 1,8; 4,17; Gall,13. 20. Liddell-Scott, 1861. 21. Der Bote, 352f. So auch Schmid, Priamel, 137f. 24. Delling, ThWNT 8, 522. 22. Liddell-Scott, 1861. 23. Bauer, WB 1662. 25. So auch Blaß-Debrunner-Rehkopf, § 272,2: präpositionales Attribut. 26. Vgl. A. 18. 27. Ka{J' V1TEpßOAT,V ist hier superlativisch zu verstehen (häufig komparativisch verstanden: so z.B. bei Conzelmann, 1. Korinther, 245, A. 53, indem En als einen Komparativ steigernd aufgelöst ist).
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Dieser Satz enthält eine eigenartige Mischung spezifisch paulinischen und fremden Materials. Während irrrepßoA17 im NT nur bei Paulus begegnet und darüber hinaus solche il7TEp-Formulierungen spezifisch paulinisch sind 28, ist 8€iKVV/1.L hap.leg. bei Paulus. 68(k aber steht "bei Paulus nur in Zitaten und in WeisheitsKontext" 29, wie Conzelmann etwas vereinfachend feststellt 30. Richtig ist, daß Paulus selbständig 680, nur lKor 4,17 im Sinne von ,Lehren' benutzt, womit er dem allgemeinen urchristlichen, aus LXX hervorgegangenen Sprachgebrauch folgt 31 • 8eiKvV/1.L in Zusammenhang mit 680, ist LXX-Sprache 32, die ins spätere Judentum übernommen wurde 33 • Wenn 680, hier singularisch und ohne inhaltliche Ergänzung gebraucht wird, so geht diese Diktion wohl auf die besondere jüdische Wege-Terminologie zurück 34, 12,31 b gehört aber nicht der ausgesprochen dualistisch konzipierten Zwei-Wege-Lehre an, deren religionsgeschichtliche Herleitung immer noch im einzelnen umstritten ist 35, sondern der allgemeineren Weg-Terminologie, die, aus dem AT stammend, im Judentum in verschiedener Verwendung begegnet. In der Weisheitsliteratur und bei Philo ist die Weisheit der Weg 36, bei Philo wird weiterhin die ßaOLALKT7 680, von Num 20,17; 21,22 mittels der vier klassischen Tugenden beschritten 37, die Abot bezeichnen das gute Herz als den besten Weg 38 , in den Hodajot gibt Gott dem Gerechten
28. Vgl. Delling, Nov Test 1969, 127-153; zu lKor 12,31: 146. Beachte auch die Vorliebe des Paulus rur Superlative aller Art. 29. Conzelmann, NTS 1965/66, 241, A. 2. 30. 1Thess 3,11 ist einfach höhere LXX-Diktion. 31. Vgl. Mt 22,16 par.; die bödc;-Belege in Apg (Michaelis, ThWNT 5, 93ff.), bes. 18,25f. (gg. ThWNT 5,94, mit Haenchen, Apostelgeschichte, 491, A. 7; wichtig die Lesart TOV AO-YOV TOÜ Kvpiov 945,1739 für V. 26); vgl. allg. Repo, Weg; Riesenfeld, Stud Thco11948, 146-157. Zur "Weg"-Terminologie in lQS vgl. McCasland, JBL 1958, 222-230. 32. lKön 12,23 LXX; 1/1 49,23; Mi 4,2; Jes 40,14; Jdt 10,13. 33. 4Esr 4,4. 34. Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge, 33-42. Zu :1':n im AT vgl. ThWAT 2,288-312 (Bergman-Haldar-Ringgren-Koch). - Vgl. Iuvenal Sat 14,96-106. 35. Vgl. grundlegend Kuhn, ZThK 1952, 296-316, und Kamlah, Katalogische Paränese. Bergman vermutet dementsprechend hinter lKor 13 eine Zwei-Wege-Lehre von d-ya1Tll und 'fJUUiWULC; / KaVxllULC; (SvExArsb 1977, 27 -56, bes. 44f.). Diese Hypothese verkennt die Form des Kapitels, die gerade nur eine oock entfaltet. Bergmans traditionsgeschichtliche Ausführungen behalten aber ihren eigenen Wert. 36. Vgl. Wilckens, Weisheit, 17 Off. - Philo, Deus Imm, 142ff.: uO'fJia ist der Weg, Ziel des Weges sind -YVWULI; und E1TLun/'J.lll tgeoü; vgl. dazu Wlosok, Gnosis, 102ff. 37. Deus Imm 159ff., 180. 38. Abot 2,9a.
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einen C?17 111 39. Das NT kennt die 000, ou
39. 1QH 4,4. Weitere allgemeine Belege bei Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge, 41. in 1QS, McCasland, JBL 1958, 222-230, verfolgt den absoluten Terminus von dem er Mk 1,1-3 ableitet. .. 40. Mt 21,32; 2Petr 2,21. 41. Mt 22,16 par. 42. 2Petr 2,2. 43. Apg 16,17. Vgl. weitere Belege bei Spicq, Agape 11, 64f. 44. Ign Eph 9,1. 45. Mit Lietzmann, 1. Korinther, 65; Allo, 1. Korinther, 342; Spicq, Agape 11, 66; Conzelmann, 1. Korinther, 255. 46. Michaelis, ThWNT 5, 89, A. 153. 47. ,Weg' selbst ist als Angabe einer Strecke mit gleichzeitiger Angabe der Bewegung auf ein Ziel hin gemeint. 48. Joh 14,6 formuliert noch radikaler in der gleichen Tradition und dem gleichen OS dc;- Verständnis stehend; J esus selbst ist 11 Moc;. 49. Spicq, Agape 11,65. Vgl. Lyonnet, Agape, in: Paul de Tarse, 509-527, der ebenfalls die d'Ya1Ty/ als die Mdc; versteht. 50. Weiß, 1. Korinther, 310.
o:rr:r
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Die auffallige Diktion von 12,31 b schließlich kann nicht etwa literarkritisch ausgewertet werden. Vielmehr spricht Paulus hier schon in dem spezifischen Lehrstil, der K. 13 im ganzen kennzeichnet. Zu dem jüdischer Lehr- und Literaturtradition entstammenden OOOV O€{KVVJ1t tritt die paulinische Wendung KarF V1T€pßOArw, die nicht als "abgeschliffen" 51 verstanden werden kann, sondern vielmehr die eschatologische Qualität des Weges der Liebe anzeigt 52. Was nun 1Kor 14,la.b betrifft. kann man sich kurz fassen. Die Wendung OtWK€T€ TiW a:ya:TTrw wird seit Weiß 53 als "unerträglich matt" perhorresziert - nicht zu Recht. OU;)K€LV, meist ,verfolgen' im feindlichen Sinn im NT, wird bei Paulus auch positiv verwendet mit den Objekten 8tKawouv7754, cptAov€~ia55, Ta Tr,<: €lpT!V77<: und TO o..ra{)ov57. Phil3,12.14 begegnet das Verb ohne Objekt in einem Zusammenhang, der deutlich macht, daß OLWK€LV Umschreibung der Existenz des Christen in der G~genwart, ausgerichtet auf das Eschaton ist. In diesem pointierten pln. Sinn wird OtWK€T€ TijV o..ra1T77v auch 1Kor 14,1 verwendet. Dieser Satz zieht das aktuelle Fazit rur die Existenz der korinthischen Christen nicht in matter, sondern gerade in zugespitzter, leidenschaftlicher Diktion. 14,lb greift nun in der Tat das praktische Fazit aus 12,31a in variierender Redeweise wieder auf, aber nur, um diesen Zwischengedanken, der nun ein praktisches Zugeständnis an die Gemeinde bedeutet, zugunsten eines konkreten neuen Themas zu verlassen: des Verhältnisses von Prophetie und Zungenrede, dem die folgenden AusfUhrungen gewidmet sind. Die Verschiebung von 12,31a zu 14,lb ist wesentlich und bisher unbeachtet geblieben. 12,31a zieht das Fazit aus K. 12 in durchaus paulinischem Sinn. 14,lb dagegen: t77AOVT€ oe 1TVfVJ1anKa, ist nicht als paulinischer Imperativ, sondern als Einräumung zu verstehen mit koordinierendem Sinn: sucht auch die Pneumatika - nicht zufällig wird hier der korinthische term.techn., nicht der paulinische gesetzt. Die eigene Aussage folgt mit: J1äAAOv oe tva 1TPDcp77T€U77T€. Hier ist nicht in reihend-steigerndem Sinne: ,besonders aber nach dem Prophezeien' 51! oder: ,am meisten aber ... ' 59 zu übersetzen, sondern: ,mehr aber'60, so daß die Trennung in nützliche und in 51. Michaelis, ThWNT 5, 89; Conzelmann, 1. Korinther, 254, A. 53. 52. inr€pßo~Tj ist bei Paulus stets ein Wort, das höchste Steigerung bedeutet und mehrfach noch weiter gesteigert wird. 53. Weiß, 1. Korinther, 310. 54. Röm 9,30.31 (vop.ov 6tKaLOOVVll-'). 55. Röm 12,13. 56. Röm 14,19. 57. IThess 5,15. 58. Conzelmann, 1. Korinther~ 274. 59. Lietzmann, 1. Korinther, 69f. 60. Bauer, WB 967. Es wäre paraphrasierend zu übersetzen: ,mehr aber, damit ihr prophezeit, (als z.B. damit ihr Zungen redet)' oder ,vornehmlich, damit ... '. In p.äA~ov 6e
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leere Charismen, von der das Kapitel handelt, sofort thematisch ausgesprochen ist. Mit 14,1 wird ein neuer Ton angeschlagen. Direkte Rede und schnelle Folge einzelner Aufforderungen und Argumente lösen den ein Thema jeweils genau durcharbeitenden Stil der KK. 12 und 13 ab. 14,1 enthält nicht blasse parallele Aussagen, sondern drei verschiedene Imperative, wovon der erste K. 13 abschließt, der zweite ein Zugeständnis an die Gemeinde im Vorübergehen macht, der dritte das neue Thema des Paulus fonnuliert. Auch zu lKor 14,1 läßt sich also keine literarkritische Beobachtung machen.
3. Ergebnis So läßt sich das Ergebnis der Kontextanalyse für die Stellung von lKor 13 im Zusammenhang der Kapitel 12-14 abschließend folgendennaßen fonnulieren: Weder die Analyse der Kapitel 12-14 im ganzen noch die spezielle Untersuchung der Einleitungs- und Schlußsätze von Kapitel 13 haben Hinweise auf eine Interpolation des 13. Kapitels in den Zusammenhang gegeben. Vielmehr hat Kapitel 13 innerhalb der Lehre über die ,Charismen61 , die in den Kapiteln 12-14 vorliegt, seinen genuinen Platz sowohl im Rahmen der Großargumentation als auch in den Einzelzusammenhängen, die 12,31 mit 13,1 und 14,la mit 14,lb verbinden. Die sogenannten Nalltstellen sind nicht als schlechte und unverständliche Einschübe von Interpolatorenhand zu verstehen, sondern Anfangs- und Schlußsätze größerer Texteinheiten mit eigener Gesetzlichkeit in Diktion, Tempus, Personenanrede usw. Damit entfallt die klassische Begründung der Interpolationshypothesen. Die Einzelexegese des Kapitels wird dies erste Ergebnis vertiefen.
steckt eine Korrektur der vorangegangenen Aussage: Liddell-Scott, 1076. '{va 1TP0'PT/TelJr/T€ läßt sich auch direkt imperativisch verstehen, vgl. Liddell-Scott, 830. Das finale Verständnis ist aber nach 14,5 vorzuziehen, da dort die finale Logik deutlich ist. Dort läßt sich verdeutlichend paraphrasieren: "Ich möchte, daß ihr in Zungen redet - atJer nicht wegen des pneumatischen Hochwertes der Zungenrede selbst, sondern vielmehr damit ihr die Zungenrede prophezeiend auslegt, denn das ist der Gemeinde nützlich." 61. So auch Gerhardsson, FS. Daube, 188. - Obgleich d'Ya1TT/ der zentrale Begriff des Kapitels ist, handelt es sich in 1Kor 13 doch nicht nur um eine Lehre von der Liebe, sondern um eine Verhältnisbestimmung zwischen Charismen und Liebe. Das steht grundsätzlich jenen Umstellungshypothesen im Weg, die K. 13 mit K. 8 zusammenbringen wollen. Dort liegt keine Charismenlehre vor. - Auch Miguens. CBQ 1975, S. 80, kommt zu dem Schluß, IKor 13 sei paulinisch, sei im Kontext der KK. 12-14 zu erkllU'en und vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung des Paulus mit den Korinthern zu lesen.
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C. EXEGESE VON IKOR 13
1. Verse 1-3 a) Vers 1 1. 'Eav raLe; -y'Awaaate; rwv QJr&pW1rWV AaAw Kai rwv o.'Y'Y€AWV 1: die Eigenart des Satzes liegt in der im nt!. Sprachbereich einzigartigen Formulierung. In den Paulusbriefen begegnet an Vergleichbarem nur 'YAwaan / -aLe; AaAeiv, 'Y€v'T1 'YAwaawv, 'YAwaaae; €Xetv usw., der weitere nd. Sprachbereich fügt nichts Neues hinzu 2. Der hier gebrauchte Ausdruck steht allgemein für die Totalität aller Möglichkeiten des Sprechens, die von der einfachen menschlichen bis zur göttlichen Sprache reichen 3. Eine erste Erklärung nimmt nun an, der Pneumatiker spreche fremde Sprachen und darüber hinaus die Engelssprachen, die ebenso real wie die menschlichen Sprachen und im Kult in Fonn der Glossolalie verfügbar sind 4. J. Weiß gelangt zu weiterer Klärung, indem er Menschen- und Engelszungen gleichermaßen als verschiedene Fonnen von Himmelssprachen versteht, die der Mensch in der Verklärung oder Entrückung geschenkweise sprechen darf s. Während das Sprechen in Engelszungen sicher als Teilnahme
1. Zum folgenden Tempuswechsel vom Präsens ins Perfekt, das die Wirkung am Subjekt hervorhebt, also konstatierend-verstärkenden Charakter hat, vgl. Blaß-Debrunner, § 342,1. 2. 1. Paulinische Briefe: ,),€V'T/ ')'Awaawv / ')'Awaaat/ ')'Awaaa / ')'Awaaatr; AaAELV / EV ')'Awaau AaA€i"v / ')'Awaaav €XElv. Inhaltlich parallel: rrpoa€Vxeal'Jat / ljIaAA€W / €vAo')'€iv / €VxapWT€tv T4 rrv€v/J.an. 2. Mk 16,17: ')'Awaaatr; Kawa[r; AaA€iv 3. Apg 2,4.11 €T€patr; ... 'h/J.€T€patr; ')'. A.; 10,46; 19,6: ')'Awaaatr; AaA€i.v. Als Bestimmung zu ')'Awaaat ergeben sich also nur KatVOr; und €T€pOr;, nicht aber eine Bestimmung der Autorenschaft wie in Kor 13,1. Zur Terminologie vgl. auch Harrisville, CBQ 1976, 35-48 (H. nimmt richtig jüdischen Ursprung an), und Dautzenberg, RAC 11, 226 (Art. ,Glossolalie', 225-246). 3. Vgl. Riesenfeld, CN 194,4, 1-21. Er bringt unsere Stelle mit lKor 4,9 zusammen und kommentiert: "Anges et hommes forment l'ensemble des etres doues de raison du monde" (13). Man wird aber 1Kor 4,9 nicht einfach als Umschreibung für Koa/J.or; verstehen dürfen, sondern die mythologische Vorstellung berücksichtigen (vgl. auch vorsichtiger Weiß, 1. Korinther, 110). 4. So Spicq, Agape 11, 67, dessen Pointe von der Realität der Engelsprachen verfehlt ist, da niemand die Realität dieser Sprachen bestreitet. Im Gegenteil hat es sich dabei um eine sehr geschätzte pneumatische Gabe gehandelt. 5. Weiß, 1. Korinther, 339.
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an den Sprachen der verschiedenen Engelsgruppen zu deuten ist, läßt sich über den Ausdruck 'YAwaaat uv{}pwrrwv Näheres sagen, wenn man einerseits die Pflngstperikope Apg 2 und andererseits Zeugnlsse der hellenistischen Religionen berücksichtigt, in denen Pneumatiker in fremden Sprachen oder Fremdes nach· ahmenden ekstatischen Sprachverbindungen sprechen 6. Von hier aus lassen sich mit der gebotenen Vorsicht die 'YAwaaat av{}pwrrwv als Pseudosprachen mit z.B. semitisierendem oder archaisierendem Gehabe besclueiben 7, während die Engelszungen als die im Gebet und Lobpreis sich erweisenden verschiedenen Sprachen der verschiedenen Engelsklassen zu verstehen sind 8, an denen das Ich ausnahmsweise teilnimmt. lKor 13,1 ist schließlich vor dem in lKor 4,9 und Röm 8,18-39 angedeuteten Vorstellungshintergrund zu sehen 9, nach dem Menschen und Engel Glieder der geschaffenen Welt sind, die als in Gruppen und Größen strukturiert vorgestellt ist. Hier wurden die für den Besitz von 'YAwaaat infrage kommenden Glieder des KOa/10C; ausgewählt 10.
6. Die Problematik des Pfingstberichtes mit den möglicherweise zwei Erzählungsschichten von ursprünglicher Glossolalie und späterer theologischer Bearbeitung im Sinne des Sinaisprachenwunders kann hier nicht berücksichtigt werden. Hier ist nur wichtig, daß das Phänomen reiner Glossolalie in Zusammenhang mit einem Sprachwunder gebracht worden ist. Zum ekstatischen Sprechen fremder Sprachen oder fremdartiger Sprachverbindungen vgl. z.B. Lukian Alex 13 und die vieWiltigen Belege aus den Zauberpapyri (hg. von K. Preisendanz) 11, 8,20f., wo die ßapßaptKG. ovo,.,.ara des Hermes genannt werden; oder allgemein, die "voces mysticae"-Stellen, z.B. Pap. 13,139ff., 588ff. usw. 7. So z.B. bei Lukian Alex 13; vgl. dazu Georgi, Gegner, 58: die semitisierende Sprache soll das geheimnisvoll Göttliche zeigen. 8. So auch Dautzenberg, RAC 11, 227.235. Die Hauptbelege für diese Vorstellung stammen nicht aus dem Bereich hellenistischer Religionen, sondern aus den atl. und ntl. Apokryphen: Test Job 47ff. (bes. 48,3); Ase Jes 6,8-10; Anonyme Apokalypse 13, (hg. von G. Steindorff); vgl. auch Corp Herrn 1,26. Die Vorstellung besagt nicht, wie Lietzmann, 1. Korinther, 65, meint, die "Zungenrede" der Engel, sondern die Formen des Gottesdienstes der himmlischen Heerscharen, vor allem Gebet und Lobpreis. Damit erweisen sich die hellenistischen Parallelen des Anrufens der Namen Gottes als doch sehr andersartig. Zum möglicherweise therapeutischen Hintergrund von Test Job vgl. Dautzenberg, Prophetie, 110. Rahnenftihrer, ZNW 1971, 87f., vermutet hier wohl zu direkt paulinische Polemik gegen Test Job. 9. Röm 8,18-22 handelt vom Schicksal der KT/me; (bei Paulus teilweise mit Koa,.,.oe; austauschbar: 1Kor 3,22), 23-30 von den Menschen, die das 1Tveü,.,.a empfangen haben; 38f. faßt in Form einer Hypostasenreihe alle außergöUlichen Größen zusammen. Diese Reihen sind schon atl.: z.B. I/J 148,lff. 10. Zur Zungenrede in lKor 13,1 vgl. noch Braun, Qumran 1,196 (Auseinandersetzung mit der These Teichers: siehe d.). Aber ist in 1QH 4,16 wirklich Zungenrede gemeint? Vgl. V. 18: hier sind doch Skeptiker geschildert (vgl. Weish 2 in hellenistischer Form).
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Wie gewinnt das Ich an diesen dem normalen Sprachvermögen nicht zugänglichen sprachlichen Möglichkeiten Anteil? Die paulinische Vorstellung ist vor
dem Hintergrund der gemeinantiken Überzeugung zu beschreiben, derzufolge der die Sprache verursachende und lenkende Verstand des Menschen durch direktes göttliches Eingreifen ausgeschaltet werden könne, so daß der menschliche Sprecher Medium außermenschlicher Sprecher werde 11. Bei Paulus hat dementsprechend der äV{)pW1TOC; EV Xpwri;; 2Kor 12,2 das 1TVEÜJ.la ro EK rou {)€Ou empfangen. Er ist 1TVEVJ.lanKOC; (2Kor 2,14f.), aber eben nicht aus dem 1TVEÜJ.la rou av{)pw1ToV (2Kor 2,11). Das 1TV€UJ.la Gottes kann selbst an die Stelle des äV{)pW1TOC; EV Xpwri;; treten: V1T€P€VTV,,/XaV€lV (Röm 8,26f.) ist dann seine Funktion 12. Dasselbe 1TVEÜJ.la schenkt ihm innerhalb des relativ festen Rahmens der Gemeindefeier das Charisma der Zungenrede (IKor 12,8). Der Pneumatiker wird also bei der pneumatischen Gabe der Zungenrede, wie es auch beim einfachen Gebet möglich ist, vom 1TVEÜJ.1a in die Lage versetzt, in den Sprachen der Engel, die 1TV€VJ.1ara sind 13, zu sprechen, oder aber auch vom 1TV€VJ.1a selbst ersetzt. Dieser vorstellungsmäßige Hintergrund wird in lKor 13,1 nicht angedeutet. Weder Geber noch Adressat der Zungenrede spielen eine Rolle, sondern allein das pneumatische Subjekt, das über die Sprachen der Menschen und der Engel gebietet und das damit Macht über einen wichtigen Bereich des Kosmos besitzt 14. Das grammatische Verständnis des Ausdrucks ,,/AwaaatC; AaA€iv ist zunächst offen 15. Nach lKor 14,6.19 können reiner Dativ und präpositionaler Ausdruck mit €V wechseln, während die präpositionale Wendung ötiL ,,/Awaa71c; der Beschreibung des Physiologischen vorbehalten bleibt (lKor 14,9). Ein instrumen11. Diese Vorstellung wird im griechischen Raum zur Erklärung der Orakel benutzt; vgl. Platon Tim 71e-72a und ebenso die systematisierende späte Darstellung bei J amblich Myst 3,4. Durchgebildet erscheint sie bei Philo, z.B. Spec Leg 4,49 (Prophet als eplll'lvetk; genaue Darstellung der Übernahme des menschlichen Sprechapparates durch den göttlichen Geist); vgl. auch Rer Div Her 266: der Geist bedient sich der 'YXwaaa des Propheten; Spec Leg 1,65; Rer Div Her 265 (Verhältnis von menschlichem vovc; und göttlichem 1Tvevlla). Weiteres zu Philo: Philo, Dtsch. Übersetzung VII (hg. von L. Cohn u.a.) 407. - Ganz massiv begegnet dieselbe Vorstellung des statt des Menschen sprechenden 1TVeVJLa ä'Ywv auch in der synoptischen Tradition Mk 13,11 und Mt 10,20. (Man beachte die Abschwächung der technischen Redeweise bei Lk 12,12 und 21,15). 12. In diesen -IKor 2 grundsätzlich ausgeführten - Zusammenhang gehören weiterhin Röm 8,15 und lKor 14,14. 13. Die Bezeichnung der Engel als 1TVeVJLaTa ist schon atl. (1/1 103,4) und begegnet Hebr 1,14, nicht aber bei Paulus selbst. 14. Zu der Flut neuer Artikel und Bücher zum allgemeinen Phänomen der Glossolalie vgl. die letzten Jgg. der Biblica. Zusammenfassend jetzt Dautzenberg, RAC 11,225-246. 15. Zur Herleitung des Sprachgebrauchs vgl. Behm, ThWNT 1,725.
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tales Verständnis der Verbindung ist daher auszuschließen. Nach lKor 14,6 kann sich 'Y AwaaaLC; AaA€iv einmal auf die Angabe der Gattung des Redens beziehen, so daß die Zungenrede als homiletischer term. techno neben anderen Formen gottesdienstlicher Rede steht, was lKor 14,26 zeigt. Zu übersetzen ist hier: in Form der Zungenrede sprechen. €V 'YAwaan AaA€iv kann weiter wie €V 1TveV/Jan AaA€iv (1Kor 12,3) die geistliche Herkunft der Redeform bezeichnen, die als Gebet, Psalm, Lobpreis oder Danksagung angegeben wird (lKor 14,15f.). Davon zu unterscheiden ist der Ausdruck 1TveV/Jan AaA€iv (lKor 14,2), der den Adressaten der Rede angibt. Diese Bedeutung kann 'YAwaaaLC; AaA€LV natürlich nicht annehmen. In diesem Rahmen gibt lKor 13,1 die Art der Sprache an, und zwar mit einem technischen Interesse, das ohne Parallele im NT bleibt. Es handelt sich um die Menschen- und die Engelsprachen, die die pneumatische Person sprechen kann, wie die Parallele Test Job 48,3 zeigt, wo die Töchter ril U'Y'Y€ALKV ÖLaA€Kr~ sprechen. Andererseits teilt der Seher im Äth Hen dasjenige, was ihm im Traumgesicht offenbart wurde, später "mit seiner Fleischeszunge" mit (14,2; 84,1)16. Die hier vorliegende Formulierung zeigt noch eine spezifische Eigenart: sie ist nicht nur an dem enthusiastischen Vermögen der pneumatischen Person interessiert, sondern vor allem an den Kreisen, zu denen der Pneumatiker Zutritt erhält: an den Engeln, wie die betonte Nachstellung dieses Satzgliedes anzeigt 17. Diese Verbindung weist in den Raum der spätjüdischen Apokalyptik, deren . Umkreis die Vorstellung von lKor 13,1 entstammt 18. Die Formulierung sagt 16. 2Kor 12,1-4 zeigt in diesem Zusammenhang zweierlei: a) Paulus kennt selbst Entsprechendes, denn die Worte, die er im Paradies hört, sind Worte einer Himmelssprache. b) Er hat aber kein Interesse an einer Beschreibung, so daß z.B. Engel hier nicht begegnen - mehr noch, das Gehörte sind l1.ppT/ra pTjp.ara, die eben dem vom 1rvevp.a Ergriffenen nicht zur eigenen Verfiigung stehen. c) Dabei ist das paulinische Selbstzeugnis zu berücksichtigen, 1Kor 14,18: 1ravrwv up.wv p.äl\l\ov "YM":Juuatc; l\al\W. Hier steht auch das Selbstbewußtsein des Pneumatikers im Vordergrund (unkorrigiert, da es sich nur um einen Nebengedanken handelt). 17. So geschieht es ja auch mit den Personen, die mit Engelszungen reden können: die Töchter Hiobs begegnen den Engeln, die zu Hiob kommen: Test Job 52. Der Seher im Henochbuch wird von Engeln begleitet usw. 18. So auch Dautzenberg, Prophetie, 159; ders. RAC 11,233ff. D.s Urteil ebd. 237, 1Kor 13,1 deute auf das Verständnis eines vorpaulinischen Judenchristentums, hat keinen Anhalt am Text. Zur Rolle der Engel in den antiken Religionen vgl. Michl, RAC 5, 53-322, dort 57 und 64; in der historischen Beurteilung anders: Dibelius, Geisterwelt, 209-221. Allerdings ist das bei Dibelius 7-37 untersuchte Material von ihm selbst weitgehend als jüdisch in der Vorstellungswelt beurteilt worden. VgL außerdem die direkte Bezeugung des Motivs der Engelrede in den spätjüdischen und frühchristlichen Apokalypsen. Apk 19,10 und 22,8f. bezeugt ebenfalls die enge Verbindung von
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das Interesse an der Stellung des pneumatischen Subjekts im kosmologischen Rahmen, seine Freiheit von dem Beschränktsein auf die irdische Sphäre aus 19. 2. 'A-ya:rrrw De p.ij €Xw, "{€"{ova XaAK()c; i1xwv 71 Kvp.ßaAov aAaAa~ov: Wie in V. la begegnen auch in V. lc von der Bedeutung her nur hapax legomena. Kvp.ßaAov ist vokabelmäßiges hapax legomenon im NT, während XaAK<J<;, i1X€W und aAaAa~ w zwar noch öfter bezeugt sind, aber mit anderer Bedeutung 20. Für den paulinischen Bereich sind alle vier Worte vokabelmäßige hapax legomena. Das Kvp.ßaAov gehört zu den aus Metall gefertigten, idiophonen Schlaginstrumenten 21, die neben der Verwendung bei Gastmählern 22 und im Krieg 23 vor allem ihren Platz im Kultwesen der hellenistischen Welt hatten 24, aber auch schon im Festwesen und Tempelkult der Israeliten benutzt wurden 25. Im Gegen-
19. . 20. 21.
22.
23. 24.
25.
Engeln und Propheten, die zur Gleichstellung des inspirierten Charismatikers mit den Engeln führen kann. Herrn mand 11,9 spricht von dem 1J.'Y'Y€"Aof; Tol} rrV€uJjaTof; TOl} rrpOI{1Tl'TLKol}, der den Propheten erfüllt. 1Kor 11,10 könnte auch in diesen Zusammenhang gehören (so Dautzenberg, in: Prophetie Vocation, hg. Panagopoulos, l35). Allg. Darstellung der ntl. Engelaussagen: Schlier, Besinnung NT, 160-175. Zum gemeinsamen Lobgesang von Menschen und Engeln vgl. 1QH 3,22f. u.ö. Schäfer, Rivalität, 39. - Zur ~ngenrede im Montanismus vgl. Schepelern, Montanismus, 18ff. 156ff. Sehr vorsichtig in diesem Zusammenhang Dautzenberg, RAC 11, 243f. Die 'Y"Awooat-artigen Phänomene in den Zauberpapyri dagegen zeigen die Macht der Zauberer über die genannten Gottheiten an: ein grundsätzlich anderes Interesse . xa"AK(k: Apk 18,12 Metall; Mt 10,9; Mk 6,8; 12,41 Geld. 1!xwv: Lk 21,25 Donnern des Meeres. a"Aa"Adt€tv: Mk 5,38 Totenklage - Geschrei. Vgl. Der Kleine Pauly 3, 1495, zu den drei möglichen Hauptgestalten: a) zwei Becken: Ovid Fast 4,184, b) zwei Platten: Jos Ant 7,306, c) Beckenklingeln: Plutarch Quaest Conv 4,6,2; Tertullian Pallium 4. Aus dem 1 Kor 13,1 verwendeten seltenen Singular (vgl. PW 11, 2, 2472) ist nicht auf die etwaige Klingelform der Zymbel zu schließen, da nicht nur Tertullian, a.a.O., Sg. steht, sondern auch z.B. Lukian Dial Deor 12, wo es sich um das Instrument des Kybelekults, die Beckenzymbeln, handelt. Vgl. weiter z.B. Zauberpapyri, (hg. Preisendanz) 11, 36, 159 (Singularbeleg ohne eindeutige Indizien für die Gestalt). - Vgl. zum Ganzen: Schatkin, JbAC 1978, 147-172. Vgl. z.B. Petronius Satirae 22f.; Kritik an diesem als unsittlich empfundenen Gebrauch üben Philo Spec Leg 2,193 und die Kirchenväter (z.B. Clemens Al Paed 2,40-44; bs. 40,2). Diese Art der Gastmahlmusik ist erst für die spätere Antike nachweisbar, vgl. Daremberg-Saglio 1, 2, 2472. Vgl. PW 11, 2, 2472. A.a.O. - Aus der Vielfalt der Belege sind besonders aufschlußreich: Lukian Alex 9; Apuleius Met 8,30; Catull Carm 63, 21. 29; zur Theorie der Wirkung der Musik vgl. Jamblich Myst 3, 9. Vgl. Hatch-Redpath s.v. KUJjßa"Aov.
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satz zu diesem sehr bekannten Instrument läßt sich über XaAKCk als Instrument kaum Eindeutiges sagen 26. XaAKCJ<: ist ein Erzgegenstand, der wegen seines Materials auch zu einfachen Instrumenten verarbeitet werden kann. Für diese gongartigen Instrumente benutzt man fast immer die Bezeichnung xaAKeiov / xaN<.{ov, während XaAK(k kaum so dezidiert verwandt wird 27. XaN<.o<: ist eine durchweg sehr selten gebrauchte Instrumentenbezeichnung. Während also xaAKo~ ohnehin selten in der Literatur begegnet, trifft man Kvp.ßaAov - der Singular ist hier sehr ungewöhnlich - fast stets mit rvp.1Tavov, KporaAov u.ä. im heidnischen Uteraturbereich 28, mit aciA1TL"Y~, 4>07], rvp.1Tavov in LXX 29 • Die Zusammenordnung von Kvp.ßaAov und xaN<.o~ dagegen als von gleichgeordneten Instrumenten ist ganz ausgefallen, während die Vokabeln kombiniert begegnen, wenn Kvp.ßaAov das Instrument, xaAKo~ oder Ähnliches das Material angeben 30. Die Charakterisierung des xaAKo~ als ilxwv ist gebräuchlich 31, ebenso die des Kvp.ßaAov mit aAaAci~€Lv32. Die nächste Parallele zu 1Kor 13,1 in I/J 150,5 zeigt zugleich die Eigenart von 1Kor 13,1. Das Bild von den klingenden Zymbeln kann Paulus aus dem Bereich des atl. Kultes literarisch vertraut sein, der Gong dagegen ist nur im hellenistischen Kultwesen beheimatet 33.
26. Die übliche Erklärung, wie Weiß, 1. Korinther, 313, sie gibt: "ein ehernes Becken ... , ein Gong, ... aufgehängt ... in Tempeln oder an heiligen Bäumen", ist einzig auf eine allgemeine Kenntnis des dodonischen XaAK€iov gegründet, das laut Stephanus Byzantinus, Ethnica s.v. ~w8wvll, und Strabo 7 frg. 3 nicht ein einfacher Gong ist, sondern eine ganz eigentümliche Form hat (vg. Schatkin, JbAC 1978, 160f.). Die Nachrichten über das dodonische XaAK€iov bilden überhaupt die Fundgrube für Aussagen über den "Gong", da hier der am eindeutigsten zu erkennende Bericht über dies Instrument vorliegt. - Vgl. auch das XaAK€OV Lukian Dea Syr 29. 27. Parallelen: Scholien Theokrit 2, 36: 0 TOÜ XaAKOÜ .ryXOfö' (als kultisches Musikinstrument gemeint), hg. Wendel, S. 279, Euripides Helena 1346: xaAKOü 8' avoav x{}ovlav. 28. Stellvertretend ftir viele Beispiele sei auf Catull Carm 63, 21. 29 verwiesen. Vgl. weiter PW 11, 2, 2472. 29. Z.B. lChr 13,8; IMakk 4,54; 2Kön 6,5. 30. Vgl. aber die Zusammenstellung von XaAKc:k und TV(J,L)1Tavov Euripides Helena 1346f.; Kombinationen, bei denen XaAKc:k das Material angibt: Josephus Ant 7, 306, KVJ,LßaAa sind 1TAaTEa KaI. J,LeyaAa xaAK€a; lChr.15,19: €V KUJ,LßaAOtfö' XaAKOifö'. 31. Scholien Theokrit 2,36 und Platon Prot 329a. 32. '" 150,5b; aAaAM€LV ist allgemein in LXX häufig im Zusammenhang mit Musik bezeugt. Ebenfalls begegnet in LXX und öfter KVJ,LßaAov 1!XWV u.ä.: '" ISO, 5a; Jos Bell 5, 385; Zauberpapyri (hg. Preisendanz) 11, 36, 158. 33. Zu bedenken bleibt die Möglichkeit, den Ausdruck als Hendiadyoin zu verstehen: eine erzene Zymbel (vgl. die instruktive Parallele Vergil Georg 2, 192: pateris libamus et auro). Die beigegebenen Attribu te machen diese Möglichkeit aber unwahrscheinlich.
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'Mehrere Exegeten verstehen diesen Satz als direkte Pobmik gegen die heidnischen Kulte 34.' Nun läßt sich der XaMOC; mit dem xaM€iov von Dodona, der "neben Delphi berühmtesten Orakelstätte des Altertums", in Verbindung bringen 35, die Zymbeln dagegen tauchen in allen spätantiken Kulten, besonders allerdings im Kybelekult auf3 6, wobei aber ihre feste Verbindung mit dem jüdischen Tempelkult nicht übersehen werden darf3 7• Von daher verbietet sich solch einseitiges Verständnis des Satzes. Statt an direkte Kultkritik ist hier an die pejorative Bedeutung dieser Instrumente in der Antike anzuknüpfen. Dabei ist zwischen direkter Kritik an den Instrumenten, die für lKor 13,1 nicht gemeint ist 38 , und indirekter Kritik zu unterscheiden. Diese letztere benutzt die pejorative Bedeutungsvalenz, die die direkte Kritik der Instrumente als bei Gastmahl und Kultus in unziemlicher Weise verwendet erzeugt hat. Es werden nun übertragungen auf andere zu kritisierende Phänomene vorgenommen. Hier lassen sich zwei Linien unterscheiden, einmal die kritische Verwendung für Vielrednerep9, zweitens fur 34. So Hitchcock, ET 1923, 489f., und Riesenfeld, CN 1948, 50ff. Vorsichtig Weiß, 1. Korinther, 313, und Deißmann, Licht, 103, A. 4, die meinen, Paulus habe an diese kultischen Geräte gedacht (ohne Polemik); ebenso leitet Peterson, ThWNT 1, 228, ohne Berücksichtigung des LXX-Vokabulars a~a~Metv aus den orgiastischen Kulten ab. 35. PW 5, 1, 1257; vgl. den ganzen Artikel, bes. 1262. 36. Neben den zahlreichen literarischen und archäologischen Zeugnissen ist besonders die bei Clemens Al Prot 2, .15 und Firmicus Mat Err Prof Rel 18,1 erhaltene Formel des Attiskults von Interesse. Typisch auch Menander Fr. 277 (hg. von Koerte, 11, 104), wo KVJJßa~arew "kultisch begehen" bedeutet. Zur Formel des Attiskultus: "eK TVJJ1TlIVOV ßeßpwKa, EK KVJJßa~ov 1T€1rWKa, 'YG'Yova J.l.vunKdc;" vgl. jetzt Boyance, Etudes, 201-204 (Ritus musikalischer Reinigung und imaginärer Speisen). 37. Jos Ant VII 306; vgl. dazu RE 13,594. Gerhardsson, 1. Kor. 13, in: FS. Daube, 192f., und (vorsichtig) Kieffer, Le Primat de l'Amour, 27.45, sehen hier kultische Argumentation vor dem Hintergrund der These Gerhardssons zum Sch'ma Israel (vgl. dazu Kap. A, Anm. 21 kritisch). 38. Hier lassen sich drei Typen erkennen: 1. atl. Kultkritik (bes. Am 5,43). 2. Philosophische Kultkritik mit dem Ziel der ~crytKT! "'vu{a (dazu Quasten, Musik, 70ff.); vgl. Philo, bes. Spec Leg 1,27lf. (Eph 5,19; Kol 3,16; Philo Plant 126; Vit Mos 2,239). Der Gegensatz zu Paulus ist deutlich: wenn Paulus meint, das (pneumatische) Gotteslob ohne Liebe sei nichts wert, so sagt Philo, (gottesdienstliches oder pneumatisches) Gotteslob ohne geistliche Tugend und/oder seelisch-mystische Gottesbegegnung sei nichts wert. 3. Zur heidnisch-philosophischen Parallelerscheinung, der Kultkritik, vgl. Philodem Mus 65; ganz anders dagegen Jamblich Myst 3, 9, der in durchaus positiver Beurteilung die orgiastische Wirkung der Musik aufzeigt - eben das, was die Kirchenväter zur gleichen Zeit zum Anlaß des Tadels nehmen. 39. Verwendet von Tiberius für Apion, vgl. Plinius (d.Ä.) Hist Nat Praef 25: Apion quidem grammaticus - hic quem Tiberius Caesar cymbalum mundi vocabat, cum propriae famae tympanum potius videri posset. Vgl. auch Platon Prot 329a: wU1Tep n]. xa~K{a
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die Charakterisiemng eines richtigen Redens, dem das Tun fehlt 40• Das tertium comparationis ist nicht der kultischen oder sinnenerregenden Funktion der Instrumente, sondern stets ihrem bloßen Instrumentencharakter entnommen 41. Im Zusammenhang mit dieser Tradition steht lKor 13,1 42• Den paulinischen Satz erflillt dieselbe kritische Haltung einer Rede gegenüber, die ohne persönliche Konsequenzen vorgetragen wird - wobei Diogenes und seine Schule eine philosophische, Paulus eine pneumatische Redeweise kritisieren. Paulus hat in diesem Zusammenhang immmerhin zum Teil solche Instrumente ausgewählt, die von LXX her voller kultischer Bedeutung und Schätzbarkeit waren. Dadurch, daß nun das Vergleichsobjekt selbst in einen bekannten, aber zugleich untergeordneten Zusammenhang mit der Zungenrede als gottesdienstlicher Übung tritt, wird das Paradox der IdentifIzierung ganz wirksam. Der Zungenredner ohne a:ya1TTI ist für Paulus nicht mehr als ein Kultinstrument - er, der mit den Sprachen der Engel lobpreist, steht auf derselben Stufe wie z.B. ein von einem Leviten zum Gottesdienst benutztes KVJ.l.ßaAov 43 •
3. In Kapitel 14 kritisiert Paulus im Verlauf einer längeren diatribenartigen Ausführung die Zungenrede ohne Erklärung als nutzlos für die Gemeinde 44. Kapitel fiXEt (auch auf Rhetoren bezogener Vergleich). Vgl. dazu die Überlieferung, die Stephanus Byzantinus s.v. Dodona zitiert. Ebenso bei Zenobius Centuria 6, 5: t:'tpT/Ta, €7ri TWV 7rOAAQ, AaAovvTwV = Diogenianos 8,32: 'mi TWV 7rOAAa AaAOVVTWV. Dieser Typus hat also Sprichwortcharakter angenommen. Ebs. Menander Fr. 60 (Koerte II 34). Vgl. auch die interessante Stelle Ps Oemens de virginitate 1, 12, 3 (hg. von Funk-Diekamp I, 23), wo lKor 13,1 in diesem Sinn zitiert ist. Vgl. den Kommentar bei Harnack, Missionsgeschichte I, 158. Herrn mand 11, 13 wendet auf Pseudopropheten das Bild von leeren Gefäßen an, die - aneinandergeschlagen - OUIl'Pwvovow. 40. Der Initiator dieser Grundmetapher, die im Tradierungsprozeß variiert wird, scheint laut Überlieferung Diogenes der Kyniker zu sein: Diogenes L 6, 64 (K{lJapa); Stobäus Anthologia 3, 23, 10 (Aupa); Dio Chrys Gr 8,lf. (oaA7rt'Yt). 41. Dies ist sowohl gegen die Meinung, Paulus polemisiere gegen die Kulte oder habe sie zumindest vor Augen, als auch gegen Spicqs Hinweis (Agape II, 68) auf den kultischen Kontext von lKor 13,1 zu beachten. 42. lKor 13,1 folgt derselben Technik der einfachen Prädizierung wie das Dictum des Tiberius: das tert. comp. muß erschlossen werden, was die Deutungspräzision begrenzt. 43. Sicher ist jedenfalls dreierlei: a) lK 13,1 benutzt keine Instrumente aus dem Sprachbereich der Diatribe (wie 1K 14); b) die Erklärung von LXX her paßt besser in den pneumatologischen Zusammenhang von lK 13,1-3 als die einfache Anknüpfung an ein diatribisches Sprichwort gegen Schwätzer. - Ähnlich Spicq, Agape 11, 68, der allerdings die popularphilosophische Wurzel des Bildes stärker betont (69), und Riesenfeld, CN 1946, 3. 44. Die drei bildhaften Beispiele: Melodie, Signal, Fremdsprache haben anders als die Instrumente in 13,1 als tert. comp. die mangelnde Verstehbarkeit und Klarheit ihrer Aussage. 7rA'TneVTa llaKPOV
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14 erklärt die in Kapitel 13 nicht behandelte Frage nach der Wirkung der in Kapitel 12 genannten Charismen für die Gemeinde, wobei nun nicht die a:ya TrT/, sondern die OiKooop:r7 als Kriterium dient. Kapitel 13 dagegen klärt das Verhältnis des einzelnen zur Zungenrede und bedeutet damit eine Verschärfung von 14,4: auch die eigene Erbauung ist nur nützlich, wenn man a"{aTrT/ hat. Die a"{aTrT/ 4S ist in diesem wie in den beiden folgenden Sätzen fundamentales Kriterium für den Nutzen und Wert einzelner pneumatischer Charismen für den Pneumatiker selbst. In dieser kritischen Funktion begegnet sie bei Paulus auch an anderer Stelle. Röm 14,15 wird der Eßgewohnheit der Starken, die dem €toEVaL des Paulus ganz entspricht (oloa Kai TrETr€W/laL V. 14), als praktisches Kriterium entgegengestellt: du darfst damit nicht den Bruder betrüben. Das aber bedeutet, theologisch ausgedrückt: den Wandel Kara u"{aTrT/v V. 15 46• In demselben Zusammenhang heißt es 14,23: Träv oe ö OUK EK TrLar€WC; U/laprLa eariv. Hier steht 1Tianc; an derselben Stelle wie a"{aTrT/ lKor 13,1-3. Die Front ist dieselbe wie in lKor 8-10, wo die ganze Auseinandersetzung um die Starken und die Schwachen unter dem kritischen Leitwort steht: i1 "{vwatc; 'Pvaw'i, i1 oe u"{aTrT/ OiKOOO/l€'i (8,1). Vor hier aus ist lKor 13,1-3 konzipiert und in die Auseinandersetzung des Paulus mit den Korinthern eingeordnet. Dabei kritisiert V. 1 grundlegend theologisch das korinthische Pneumatikertum im gottesdienstlichen Rahmen, wozu Kap. 14 den praktischen Kommentar liefert. Dieselbe grundsätzliche kritische Funktion, diesmal aber in umgekehrter Front, hat die a"{aTrT/ in Gal 5,6: dort wird die Überschätzung ritueller Sitten mittels der u"{aTrT/ bekämpft. Die Argumentation ist dieselbe wie diejenige von lKor 13,1-3: Nutzen liegt nur in der u"{aTrT/, in nichts anderem, seien es pneumatische oder ganz andere - hier rituelle - Möglichkeiten. Wieweit die u"{aTrT/ hier und in den folgenden Sätzen selbst als Geistesgabe neben anderen Charismen, wieweit sie auch hier direkt ethisch wie in Röm 14 pass. zu verstehen sei, wird Paulus erst nach dem dreimaligen grundsätzlich kritischen Ansatz der W. 1-3 im zweiten Teil des Kapitels darstellen. Nicht zufaIlig steht die Zungenrede am Beginn des Charismenkatalogs unseres Kapitels. Die Zugenrede ist das in Korinth am höchsten geschätzte Charisma, und eben diese Stellung bestreitet Paulus diesem Charisma in K. 14. Paulus selbst stellt seine Skala der Wertschätzung von Charismen in 12,28ff. dar: hier steht die Zungenrede mit ihrer Auslegung am Schluß der Reihe. In V. 2a fwut Paulus nun weitere Trv€V/lanKa an, die AO"{Ot berühren und die in engem Zusammenhang mit der Zungenrede stehen. 45. Vgl. dazu Wischmeyer, ZNW 1978, 212-238. 46. -yvwatc; selbst begegnet hier nicht, ist aber aus lKor 8-10 sachgemäß zu erschließen.
Statt des Abstraktums -yvwatc; stehen hier die konkreten Objekte (3pwatc; Kai (V. 17), an denen die -YVWatC; sich erweist.
1I'OatC;
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b) Vers 2 Kai ECLV €XW rrpotpT/T€iav Kai el8w Ta pvon1pta rruvra Kai rräoav Tr,V -YVWOLV, Käv exw rräoav Tr,V rrionv ... 47; Prophetie, Mysterienwissen, Gnosis, bergever-
setzender Glaube als religiöse Fähigkeiten und Werte sind dem hellenistischen und palästinensischen Judentum, der paganen Antike hellenistisch-römischer Kultur und den nt!. Schriften vertraut 48• Vor dem weiten und allgemein bekannten Hintergrund des Theios-Aner-Wesens, apokalyptischer, weisheitli.cher, Mysterien- und Zauber-Texte erhebt sich die Frage nach dem Verständnis dieser Phänomene bei Paulus und nach dem proprium und dem integrierenden Gedanken eben dieses Katalogs in 1Kor 13,2. Zunächst sei anhand des Vergleiches mit den anderen paulinischen und übrigen nt!. Charismenlisten die Frage geklärt, um welche pneumatischen Gaben es sich überhaupt in 13,2 handelt. Dabei legt sich die Beantwortung der Frage von der Analyse der tragenden Svbstantive her nahe 49. Der große Charismenkatalog von 1Kor 12,8ff. bietet unter dem Stichwort xapiopaTa - den Gaben des Geistes - die wichtigste Parallele zu 1Kor 13,2 5 Während diese Liste eine Art Bestandsaufnahme der den Korinthern geschenk51 ten besonderen geistlichen Fähigkeiten darstellt , ordnet lKor 12,28 diese Fähigkeiten der EKKA.77oia als dem owpa XPWTOV zu 52. Eine Zwischenstellung nimmt der Katalog in Röm 12,6ff. ein, der im Zusammenhang des owpa XPWTOVTheologumenons nun nicht eine Dienst-Reihenfolge konstruiert, sondern Maß
°.
47. Textkritik: in VV. 2.3. ist die Überlieferung der Konjunktion Mv nicht sicher. Drei Schreib typen lassen sich unterscheiden: a) A C p46 bevorzugen die Kontamination Käv, b) N sr D G die Langform mit Kai. Mv, c) Beinen Mischtyp. Nestle schließt sich B an, ebenso The Greek New Testament. Eine sichere Entscheidung ist unmöglich, B bietet den lesbarsten Text. - A C st' pm Or; H lesen J.l.dJtUTCLV€W von der Nebenform J.I.€{)wTavw, vgl. Bauer, WB 986. Grammatik: zum Wechsel von ouoev / ou{)ev vgl. Blaß-Debrunner, § 33, zum neutrisehen adjektivischen Prädikatsnomen § 131.· 48. Grundlegende Literatur: Norden, Agnostos Theos; Fascher, nrOcl)HTHl:; Dupont, Gnosis; Lührmann, Offenbarungsverständnis; Böhlig, Mysterion, und die Artikel im ThWNT: 1Tpo'P"iTT/r;, Bd. 6, 781-863 (Krämer-Friedrich); mUT€Vw: 6, 174-230 (Bultmann); J.l.VUTr,pWV: 4,809-834 (Bornkamm); -YWWUKW: 1,688-719 (Bultmann); zu V. 2 insgesamt Dautzenberg, Prophetie, 152ff. 49. Anders Dautzenberg, a.a.O. 150f., der nur grammatisch argumentiert. 50. Wichtigste Literatur: Gunkel, Wirkungen des heiligen Geistes; Grau, XaptuJ.l.a; Brosch, Charismen; Greeven, WuD 1959, 111-120; Käsemann, EVB 11,198-204; ThWNT 9,393-397 (Conzelmann, xaptuJ.l.a); Schürmann, Ursprung und Gestalt, 236-267; Brockhaus, Charisma. 51. Vgl. die erweiterte Form Kol 1,9-11; Kurzform: 1Kor 1,4-7; 2Kor 8,7; Eph 1,17. 52. Ebenso verkürzt Eph 4,IH. und Apg 13,1.
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und Art der einzelnen Geistesgaben darstellt. Der sekundäre Markusschluß 16,17f. ist ebenfalls zu vergleichen 53. Hierhin gehören weiter die Charismen zur Ausstattung der missionierenden Apostel als Folge ihres Glaubens 54. In zwei Texten werden die Charismen der Rede mit anderen Redefonnen zusammengestellt und dadurch in ihrer Bedeutung spezifiert 55. Weiteres Vergleichsmaterial bieten schließlich die Texte, in denen die Charismen in eine christologische Begrifflichkeit hineingestellt worden sind 56. In den genannten Charismenlisten begegnet rrpOl{Tf1T€ia in 1Kor 12,10; Röm 12,6, rrpo'P77T''1C: als Träger der Gabe 1Kor 12,28; Eph 4,11; rrpOl{Tf1T€V€tV Mt 7,22. 'YVWaLC: findet sich in 1Kor 1,5 und 2Kor 8,7, rriunc: in 1Kor 12,9 und 2Kor 8,7. Mysterienwissen begegnet nirgends als Charisma 57. Einige andere Charismen stehen im engen Zusammenhang mit Prophetie, Gnosis und Glaube 58. Trotz der relativ festen Fonn der Charismen53. Das Problem der Echtheit kann hier unberücksichtigt bleiben; vgl. Linnemann, ZThK 1969, 255-287, dagegen Aland, ZThK 1970,3-13. 54. Mt 10 par.; Lk 10. Ebenso Mt 7,22f. 55. lKor 14,6 (1Tpol{1T7T€la und -YVWOte: sind hier gottesdienstliche Redeformen); 14,26 (vgl. V. 28). 56. Mt 11,25-27; vgl. Norden, Agnostos Theos, 277-308, und Christ, Jesus Sophia, 81-99; Eph 4,13 und Kol 2,2f., wo die christologische Füllung der Charismen in Ausarbeitung des paulinischen Ansatzes lKor H. (bes. 1,18.24.30) "Christijs Gottes Weisheit" klassisch formuliert erscheint. - Zu dem Offenbarungsschema Röm 16,25ff. u.ö., das dasselbe Vokabular (wie auch Paulus lKor 2,6ff.) von -YVWOte: a1ToKaAvl/JOte: - 1TpOl{1T7Teta - Ilvonl/ptov - 1Tlone: benutzt, vgl. Lührmann, Offen barungsverständnis. Eine inhaltliche Verbindung zu unseren Texten liegt nicht vor. 57. Vgl. die Aufstellungen bei Brosch, Charismen, 40f., und Schürmann, Ursprung und Gestalt, 250f. 58. Die 6taKp{oEte: 1TV€VllaTWV lKor 12,10 gehören zwar zur Prophetie, sind aber als Deutung von Prophetenworten (so mit Dautzenberg, Prophetie, 122-148; vgl. die eindeutigen Belege bei Liddell-Scott, 399, zu Verb und Substantiv, wobei L.-S. selbst unsere Stelle aber mit "discrimination" übersetzen wollen; gg. Dautzenberg vgl. Grudem, BibI Zs 1978, 253-270, bes. die Kritik S. 262f., wo Grudem die Übertragbarkeit der Deutbarkeit von Träumen - so die L.-S.-Beispiele - auf Deutbarkeit von Prophezeiungen bestreitet) von ihr zu unterscheiden. Eph 1,17 und Kol 1,9f. ist von der E1Tl-yvwote: Gottes oder seines Willens die Rede: eine theologische Einengung des weiteren Gnosisbegriffs. Der bergeversetzende Glaube hängt mit den lKor 12,9f. der 1r{one: zugeordneten Charismen ,Heilungskräfte' und €VEp-yTillara 6vVelllEWV zusammen. lKor 12,28 schreibt Paulus nur von den 6vVelllEte: und Heilungen ohne erneute Erwähnung der 1Tlone:. Mt 7 und Mk 16 stehen ebenfalls in diesem Zusammenhang. Die eigentümliche Diktion der Beispielreihe Mk 16,17f. zeigt besondere Verwandtschaft mit lKor 13,la. 2a.3a. - Die epllflV€{a etc. -YAWOOWV ist nach Thiseltons eindringlicher Studie (JThSt 1978, 15-36) nicht als Interpretation der Zungenrede, sondern als ,to put into words' der ,-YAwOOat' zu verstehen.
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kataloge sind der Kreis der Charismen und ilue Benennung erstaunlich offen. Wenn auch Prophetie, Gnosis und Glaube einen festen Platz in den Katalogen haben, so können sie doch auch anderswo zugunsten anderer Charismen entweder neu benannt oder unterschlagen werden. Für lKor 13,2 ergibt sich in diesem Zusammenhang mit Sicherheit, daß es sich um vier Charismen: Prophetie, Mysterienkenntnis 59, Gnosiskenntnis und Glauben handelt, wobei Prophetie, Gnosis und Glaube häufig als Charismen begegnen, während das Mysterienwissen nur hier begegnet, wie dies für mehr als die Hälfte der bei Paulus und in den Deuteropaulinen genannten Charismen ebenso gilt 60. Die syntaktische Analyse unterstützt dies Ergebnis. Es ist richtig gesehen worden, daß der Vordersatz von V. 2 wie der von V. 3 zweigeteilt ist, so daß der Glaube der Gruppe der drei anderen Charismen folgt. Diese originäre Struktur von zweigeteilten Vordersätzen ist durch den Einbau von vier Elementen eines Charismenkatalogs, dessen Struktur reihend ist, verunklärt. Um trotzdem die originäre Struktur beizubehalten, werden stilistisch geschickt aufgrund der bestehenden sachlichen Nähe der drei wortbezogenen Charismen zueinander diese drei einem ersten Nebensatz zugeordnet, während dem durch einen Nachsatz erweiterten rrianc:Charisma ein eigener Nebensatz vorbehalten ist 61 • Es handelt sich in lKor 13,2 59. Das Substantiv begegnet in unserem Zusammenhang nur 1Kor 14,2: der Zungenredner rr,,€v/-lan .. , XaX€, /-lUUT1JpW. Er spricht für Gott und erbaut sich selbst (VV. 2.4.). Hier ist die Mysterienrede im Geist eine inhaltliche Besclueibung der Zungenrede, kein eigenes Charisma. 60. Vgl. A. 57. - Das ist für das Charisma ,Mysterienkenntnis' bisher nicht berücksichtigt worden. 61. Dieser Zusammenhang ist zuletzt von Dautzenberg, Prophetie, 151, nicht berücksichtigt worden (vgl. aber auch die a.a.O. 150 genannte Lit.), der wohl die syntaktische Eigenart des Satzbaus von VV. 1-3 erkennt, nicht aber das Problem des Einbaus einer fremden Form in diese Struktur berücksichtigt. Zudem ist eine Lösung, die die ,),VWUL<: nicht als eigenes Charisma begreift, im Zusammenhang des 1Kor von vornherein ganz unwahrscheinlich. Weiterhin haben rrpOI{)11T€{a einerseits und ')'vwut<; - /-lUUTT!PWV andererseits je ein eigenes Verb. Die beiden letzteren sind enger miteinander verbunden. (Vgl. außerdem VV. 8, 9 und 12, 8-10; 14, 6.) Was aber syntaktisch für die ,),VWUL<; gilt, gilt ebenso für das Mysterienwissen. Auf die Schlüsselrolle, die die Zusammenstellung von rrpOI{)11Tela mit ')'VWUt<; und Mysterienkenntnis in 13,2 für das Verständnis der urchristlichen Prophetie LG. bei Dautzenberg hat, kann hier nicht weiter eingegangen werden. Es sei lediglich festgehalten, daß sich die syntaktische Analyse Dautzenbergs nicht bestätigt, so daß man zwar von einer besonderen Annäherung der drei Charismen im Verständnis der Korinther sprechen kann, nicht aber ein urchristliches Prophetieverständnis als Mysterienwissen nachweisen kann. 1K 13,2 spiegelt primär nicht ein allgemeines urcluistliches Phänomen, sondern eine korinthische Eigenart aus der Sicht des Paulus (auch gegen Dautzenberg, Prophetic Vocation, hg. von Panagopoulos, 138, A. 17).
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also um vier Charismen, die nun zunächst auf ihre Eigenart zu befragen sind, bevor die Frage nach dem proprium dieses Katalogs beantwortet werden kann. 1. K~ eD.v exw rrpo'PT/T€lav: der Kontext zeigt, daß Prophetie das Charisma einer besonderen, auf Offenbarung beruhenden Erkenntnis- und Redeform ist 62, das der Christ besitzen kann (eX€Lv). Die Zusammenstellung mit Gnosis und Mysterienkenntnis, die im dritten Teil des Kapitels verstärkt begegnet, ist bei Paulus s~nst nicht üblich 63. rrpO'PT/Teia als freies Charisma taucht im NT nur bei Paulus auf (dort nur lKor 12-14; Röm 12; IThess 5,20). Die Vokabel ist aus LXX übernommen, wo sie die Bedeutung ,Weissagung, prophetischer Spruch' trägt 64. Im paganen Bereich ist sie nur selu selten belegt 65. Die neue Bedeutungsgebung als Charisma ist wohl auf Paulus zurückzuführen 66. Gemeinsam ist den heidnischen, jüdischen und ntl. Aussagen zur Prophetie, daß es sich hier um direkte göttliche Offenbarung durch einen geistbegabten Menschen handelt. Die korinthische Annäherung dieser pneumatischen und offenbarten Prophetie an die Glossolalie unter dem Gesichtspunkt, daß diese Offenbarungsqualität sich gerade in der ,Himmelssprache' zeige, findet sich ebenso in den Traditionen der Apostelgeschichte (2,4; 10,46; 19,6), wo Geistgabe, Prophetie und Zungenrede in Form des Gotteslobes zusammenfallen. Diese Verbindung unter dem Oberbegriff Ekstase 67 läßt 62. Offenbarung: 1Kor 14,30; Rede: "Prophetengabe oder Prophetenspruch" (ThWNT 5, 830, Friedrich). Erkenntnis: dazu besonders zusammenfassend Dautzenberg, Prophetie, 301-304. 63. Röm 12,6ff.: Zusammenstellung mit Gemeindediensten; 1Kor 12,4ff.: Prophetie, Zungenrede, Unterscheidung der Geister (= Übersetzung der Prophezeiungen), Übersetzung der Zungenrede, bilden den klassischen Zusammenhang, wie er sich in den urchristlichen Gemeindeversammlungen wohl dargestellt hat; so auch 1Kor 14,23f. Die Korinther haben die Zungenrede außerordentlich geschätzt und der Prophetie vorgezogen; analog dazu sind VV. 1.2 aufgebaut. 64. Fascher, npO«llHTH~, 108. In diesem Sinn begegnet die Vokabel einmal Mt 13,14. 65. Fascher, a.a.O. 53; Friedrich ThWNT 6, 784. Weitere Belege bei Liddell-Scott, 1539, vgl. aber die zahlreichen Belege zu 1TPO~T1)C;. Diese Komponente ist m.E. bei Dautzenberg, Prophetie, nicht angemessen berücksichtigt. Richtig dagegen die Betonung der griechischen Komponente bei Käsemann, Römerbrief, 325, die die historische Schlußüberlegung Dautzenbergs, 303f., in Frage stellt. 66. Grau, Xapt0J.La, 213ff.; Fascher, a.a.O. 170f. 67. Vgl. dazu Oepke, €KOraOt<:, ThWNT 2, 447ff.; Pfister, Ekstasis, Pisciculi, 178-191; Pfister, Ekstase, RAC 4, 944-987; Courcelle, Divinatio, RAC 3,1235-1251, vgl. dort die bei Cicero gegebene Definition antiker Mantik (1236): vim cognoscentem et vidcntem et explicantem signa, quae a dis hominibus portendantur (Cicero Div 2,63,130). Die
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sich von Platon Ion 533dff. über Phil0 6B Rer Div Her 69-73 und 258-266 69 bis zu Jamblich Myst 3,11 70 verfolgen, wobei die Tendenz, die auch in Korinth vorherrscht, die Ausschaltung des voüc; zu schätzen, deutlich ist. Dagegen wendet sich Paulus entschieden, indem er betont, daß die Prophetie €V vot vor sich gehe. Auch die andere in Korinth begegnende Tendenz, die Prophetie unter Berücksichtigung ihrer Inhalte als eine Art -YVWaLC; zu verstehen, - außer 1Kor 13,2 ist 14,6 zu vergleichen: die Zusammensetzung Gnosis - Prophetie - Lehre zeigt jene eigenartige Mischung von Intellektualismus und Enthusiasmus, die im Zusammenhang mit der -YVWaLC; zur Sprache kommen wird -, findet sich zwar sonst nicht explizit im NT (dort nur in Form prophetischer Zukunftskenntnis in Apk und Apg 11,28; 21,10f. oder wunderbaren Einzelwissens besonders bei Jesus in den Evangelien und den Aposteln in der Apg), wohl aber im hellenistischen Judentum (Weish 7,27, wo die aO<{Jia die Propheten inspiriert)?l, im Poimandres pass. u. Ö. Die Korinther haben also verschiedene Züge des jüdischen und gemeinantiken Prophetieverständnisses beibehalten, gegen die Paulus sein eigenes Verständnis von Prophetie setzt 72 • Paulus selbst kennt, schätzt und empfiehlt die Offenbarungsrede €V VOt, die 1TPO
68. 69.
70. 71. 72.
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terminologische und phänomenologische Nähe zur jüdischen und frühchristlichen Prophetie ist deutlich und findet ihren Ausdruck in dem allen drei Bereichen vertrauten 1TPOIfYl1TT/C;. Vgl. auch Müller, Prophetie, 3lff. Vgl. Philo, Deutsche Übersetzung VII, 407; Register s.v. Ekstase. Dort 259 vom Propheten: €1Tei Kai p.ovoc; l)p-yavov 1'Jeov eoTtv flxeiov, Kpovop.evov Kai 1TAT/TTop.evov aopaTwc; U1T' aUToii: hier ist die Verbindung von lKor 13,1.2 in derselben Weise vollzogen, indem das, was lKor 13,1 der Zungenrede beigelegt wird, hier zur Prophetie gehört. [6 1'Jeoc;] 1TCipwTt 0' eu1'Jvc; Kai XP11TaL wc; op-yav0;J TtiJ 1TPOtpf!TT/ (hg. Parthey, S. 125). Vgl. Dautzenberg, Prophetie, 152-159; dazu auch Gillespie, JBL 1978, 74-95. Allg.: Bousset-Greßmann, Religion, 394-399; Lietzmann, 1. Korinther, 68ff. Vgl. dazu Müller, Prophetie, 23-42.
(lKor 14,31) und in der Erkenntnis des Gotteswortes (IKor 14,37). Röm 12,8 dagegen begegnet 1Tapal<. AT/at.<; als eigenes Charisma mit dem Inhalt ethischer Unterweisung 73. Es ist deutlich, daß gegenüber der korinthischen Annäherung an Zungenrede einerseits und Gnosis andererseits Paulus im Kontext seiner Theologie die Prophetie zugleich domestiziert und profiliert. Sie ist für ihn Offenbarung des 1TvEÜp.a, eben xapwp.a - €V vOL: eine schwierige Synthese, die der oll<.080p.17 der Gemeinde zugeordnet ist 74. Das 1TvEÜp.a spricht durch den Propheten zum Trost und zur ethischen Ermahnung, nicht im Mirakel - dem aT/p.€iov der Zungenrede -, sondern in verständlicher Rede und kontrolliert vom menschlichen Geises. Zweck und Nutzen der Prophetie ist nach Paulus nicht, wie die Zungenrede (unverstandenes) demonstratives Missionswunder zu sein, sondern der Erkenntnis und Lebensführung der Christen zu dienen. Im Zusammenhang von 1Kor 13,2 ist zusammenfassend zweierlei zur Prophetie zu sagen. Erstens: In Kapitel 14 differenziert Paulus zwischen Zungenrede und Prophetie, in K. 13 dagegen stehen sie eng zusammen. Die Prophetie ist ekstatisches Phänomen wie die Zungenrede, eng mit Zungenrede, Deutungen, mit -yvwatc; und Mysterienkenntnis verbunden. So meinen die Korinther auch mit gutem Gewissen die Zungenrede als ParaIlelphänomen zur Prophetie so hochzuschätzen. Die Differenzierung des Paulus beruht auf einer einheitlichen Basis: beide Phänomene sind xapiap.ara, als solche Gaben des Geistes. Von daher kann Paulus scheinbar paradox die Prophetie der Zungenrede in der Gemeinde vorziehen. Denn die Gaben des Geistes müssen ihren pneumatischen Ursprung nicht durch oT/p.€ia-Qualität demonstrieren. Da beide Gaben gleichermaßen vom 1TvEÜp.a geschenkt werden, zieht Paulus diejenige Gabe des 1TvEÜp.a vor, die dem menschlichen vovc; Raum gibt. Zweitens aber gilt nun eben nicht nur der Zungenrede, sondern auch der Prophetie, die Paulus selbst in K. 14 empfiehlt, das Verdikt: ohne a-ya1TT/ ist diese
73. Vgl. Schlier, Zeit der Kirche, 74-89; Besinnung NT, 340-347; Grabner-Haider, ParakIese. 74. Wichtig hierzu sind die Ausftihrungen Müllers, Prophetie, 31-37, wo er auf Paulus ähnliche Auffassungen der Prophetie im Bereich hellenistischer und jüdischer Religion hinweist. Zurecht werden demgegenüber die Korinther im Zusammenhang der weisheitlich gefarbten Apokalyptik gesehen (Glossolalie). Die theologische, nicht technische (so Plutarch De Pythiae Oraculis (7) 397bc, Müller, 33) Durchdringung dieser Gegebenheiten prophetischer Rede leistet aber eben Paulus, ohne daß wir hier einen Zusammenhang direkter Art mit den infragestehenden hellenistischen Texten herstellen können. 75. Zu dieser Einbettung der Prophetie in die paulinische Theologie gehört auch das Röm 12,6 genannte Kriterium der 1I'{onc;, das Paulus dort ebenso als Kriterium gegenüber einer subjektiv-pneumatischen Fehlentwicklung der Prophetie verwendet wie lKor 13,2 die a:yQ.1I'1I. Vgl. zu Röm 12,6 auch Müller, Prophetie, 27.
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Prophetie nichts. Zu dieser Aussage gibt es eine wichtige Erklärung in dem späteren Römerbrief, der das Charismenthema nochmals aufgreift. In RÖm 12,3-8," einer "Anweisung für herausgehobene Charismatiker", richtet Paulus seine Paränese "entscheidend gegen den Enthusiasmus" 76. Nachdem er in 12,3 (vgl. 12,15f.) grundsätzlich vor pneumatischem Hochmut warnt und in 12,4f. aus lKor 12 das aWJla-Theologumenon gegen die Bevorzugung einzelner Charismen auffUhrt, fügt er in W. 7,8 jeweils entscheidende Einschränkungen für jedes Charisma auf, nachdem er in V. 6 die Grundregel für diese Begrenzung formuliert: €XOllT€<: oe xapiaJlara "ani riw Xapw riw oot}€iaav ilJliv OtalPOpa. Dieser Regel entsprechend erhält als erstes Charisma die Prophetie die Einschränkung: "aHi T'I7V avaAO'"yiav r71<: rriar€w<:. Da alle Charismen des Kataloges in 12,6-8 wieder durch Charismen limitiert sind, ist rrian<: hier zweifelsfrei ebenfalls jenes Charisma rrian<:, das grundlegend in Gal 5,22 als "clprro<: roü rrveVJlaro<: neben der a"{arrT/ steht, in Gal 5,6 als rrian<: Ot' a"{arrT/<: €V€p"{oVJl€V17 (was in IThess 1,3 und lKor 13,7 erläutert wird) definiert ist und Gal 5,5 die Grundlage fur die christliche Lebensform in fArri<: bildet. Zieht man weiterhin Röm 8,24ff. heran, wo die €Arri<: gegenüber einem jetzigen Sehen-Wollen der Erlösung als Grundkategorie christlichen Lebens entfaltet wird, ergibt sich ein einheitlicher Zusammenhang, in dem lKor 13,2a steht. Prophetie olme u"{clrrT/ (lKor 13,2) entspricht einer Prophetie olme rrian<: (Röm 12,6), wobei die ci"{arrT/ die praktische Gestalt der rrian<: ist (Gal 5,6). Und grundsätzlich: die O,rrapXfl roü rrveVJ.l.aTo<: (Röm 8,23) findet die ihr adäquate jetzige Lebensform in der €Arrt<: (24f.). So setzt Paulus im Römerbrief rrian<: und €Arrt<: in derselben charismenkritischen Funktion ein wie die u"{arrT/ in lKor 13,2. Die Verflechtung unseres Verses mit Aussagen zu o'''{clrrT/ - rrian<: - fArri<: wird die Untersuchung von 13,7.13 weiter en tfal ten. Die drei Größen erläutern und ergänzen sich gegenseitig und haben denselben theologischen Stellenwert bei Paulus. Röm 12 ist die Prophetie durch die rrian<: limitiert, da dies Theologumenon am besten zu den xapiaJ.l.aTa AO"{wv paßt. Röm 8 setzt Paulus die fArrt<:, die für i1m stets die Größe ist, die die christliche Lebensform der Vorläufigkeit grundlegend
76. Käsemann, Römerbrief, 316, 317. - Die hier folgende Bemerkung zu 1dane: als einem Charisma dagegen scheint m.E. der Textlogik des Charismenkataloges Röm 12,6 ff. eher zu entsprechen als Käsemanns Verständnis der 1Ttane: als "fides quae creditur" (S. 326), zumal wenn man die oLaKpiate: 1TV€lJlJarwv mit Dau tzenberg nicht als Prüfung der Geister versteht. - Im übrigen vgl. Käsemanns ausführliche Darlegung 316ff.. (Lit.). Auf jeden Fall stellt Röm 12,6 die Folgerungen Dautzenbergs, Prophetie, 304, zum Verhältnis von Prophetie und Kerygma in Frage. - In eigenartiger Entwicklung der paulinischen Prophetie-Lehre steht Herrn mand 11: Kriterium rechter Prophetie ist hier die ~wfl des Propheten, die mit Tugendkatalogelementen paulinischer Art beschrieben wird (V. 8). Vgl. allg. dazu Reiling, Hermas, der auf diese Linie nicht eingeht.
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darstellt. IKor 13 ist die Prophetie nur eine unter anderen Charismen, die zur Selbstüberhebung der Pneumatiker verfUhren, und daher setzt Paulus hier wie IKor 8,1 die a:ya1T11 als kritisches Theologumenon ein. Von IKor 13,7.13 her wird dieser Zusammenhang noch deutlicher werden. Hier bleibt festzuhalten: angesichts der a:ya1T17 (und 1Tianc;-€A1Tic;) steht die Prophetie neben, nicht über der Zungenrede und ist wie sie gefährdet (vgl. auch 14,37). Sie läßt sich zwar anders als die Zungenrede über die oilwoolli] der Gemeinde positiv der ci'Ya1T17 annähern. Ohne diese aber vermag auch die von Paulus schon gereinigte, gleichsam ethisierte und rationalisierte Prophetie keinen eigenen Wert zu gewinnen. 2. r'Eav] elow ra Ilvari}pta 1TCivra: die besondere Spielart von Wissen 77, die Paulus hier auffUhrt, beruht wie die Prophetie seiner Meinung nach auf Offenbarung (IKor 2, Hf.) und ist sowohl dem Apostel als auch einzelnen Pneumatikern zugänglich 78. In 14,2 rückt Paulus einen Aspekt dieses Charismas in die Nähe der Zungenrede - ein Hinweis darauf, daß die Korinther auch dies Charisma besonders geschätzt haben werden. IKor 13,2 läßt sich mit Mk 4,11 par. vergleichen 79. Auch das synoptische Logion hat kein bestimmtes Objekt. Über den Inhalt der hier gemeinten Ilvari}pta läßt sich nichts Genaues sagen. Im NT werden f;.vari]pwv / Ilvari]pta nur in den Deuteropaulinen und in der Apokalypse als Gegenstand der Offenbarung über das Heilsgeschehen in Christus thematisch behandelt 80, während die Pastoralbriefe IlVar17PWv unspezifisch im Sinn der christlichen Missionssprache verwenden können 81. Paulus benutzt alle diese Bedeutungen der Vokabel, ohne ihr größeres Gewicht beizumessen. Daneben spricht er IKor 4,1 und 13,2 im allgemeinsten Sinn von Ilvari]pta. Bei den 77. Die Identifikation, die z.B. Lührmann, Offenbarungsverständnis, 114, zwischen ,Geheimnisse wissen' und ,Geheimnisse reden' vornimmt, auf deren Grund er dann 1Kor 13,2; 14,2 als "Charisma der urchristlichen Propheten" kennzeichnet, wird der besonderen Formulierung von 1Kor 13 nicht ganz gerecht. Vgl. die differenzierte Aussage bei Conzelmann, 1Korinther, 263, die urchristliche Geistrede werde "in allgemeinen Weisheitsstil umgesetzt". Die Kritik Dautzenbergs, 153, A. 24, an Conzelmanns Formulierung betont zurecht die jüdische Wurzel der weisheitlichen Geistrede. Formal behält Conzelmanns Aussage trotzdem ihre Gültigkeit. 78. Apostel: 1Kor 2,1; 4,1; Pneumatiker: lKor 2,7; 14,2. 79. Zu Mk 4,11 par. vgl. bes. Jeremias, Gleichnisse, IHr.; Braun, Radikalismus 11, 18-23. Bei Markus bezieht sich /JVUT1'/PWV auf "die ganze Predigt Jesu" (Jeremias, 11). Matthäus und Lukas spezifizieren stärker auf die Lehrinhalte (yvwvat!). Der umfassende Anspruch ist der Vergleichspunkt zu lKor 13,2. 80. Zum dtpln. Revelationsschema und seiner Beziehung zu 1Kor 2 vgl. Lührmann, ZThK 1970,437-452. 81. So auch Eph 6,19 und Kol 4,3.
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Synoptikern begegnet das Wort nur in dem genannten Logion allgemeinen Inhalts. Im außerchristlichen Raum 82 bezeiclmet die Vokabel zunächst kultische Feiern mit Weihen. Diese spezifische Bedeutungsgebung ist bei Platon entschränkt, indem er die Vokabel rur den Sinn ,dunkle Geheimrede' profaniert 83. Die spätere Philosophie präzisiert diesen Gebrauch. /.waT71pta sind geheimnisvolle Inhalte höherer Philosophie 84. Im gnostischen Sprachgebrauch werden diese Inhalte ihres philosophischen Charakters noch weiter als bei Philo entkleidet und beziehen sich nun auf die ,jenseitige, verborgene Himmelswelt" 85, besonders auf das wirkliche Wesen des Menschen und die Art seiner Erlösung. Da hier rur die Gnosis alles Entscheidende verborgen ist, kommt es zu allgemeinen Formulierungen wie im Naassenerpsalm: J.1VaT17pta TUivTa 8' avoi~w, sagt der Erlöser 86 • Ähnlich sieht auch die Apokalyptik die J.WaT77Pta als die Realitäten der himmlischen Welt an, und zwar nicht nur wie in der Gnosis als solche, die vorwiegend auf die Erlösung des Menschen bezogen sind, sondern auch als die himmlischen, wahren Bilder aller irdischen Dinge. Daher sind Auskünfte der apokalyptischen Seher wie ,ich sah alle Geheimnisse' häufig 87 • Besonders sieht der Apokalyptiker die Geheimnisse und Bilder der Zukunft, die in der himmlischen Welt schon vorhanden sind. Spezielles Interesse verdient die Rolle, die Mysterienwissen in Qumran spielt. Der Verwendung von t, in den Qumranschriften liegt die Vorstellung zugrunde, bei Gott sei die Welt der Geheimnisse, die zweifach verstan. den wird. Einmal sind die Geheimnisse Gottes die Geheimnisse seiner Schöpfung, die die Engel kennen 88 und die besonderen Menschen offenbart werden 89. An_dererseits sind bei Gott die Geheimnisse der Endzeit 90, die besonders fromme Menschen ebenfalls erfahren können, um sich zu retten, während die Bösen, die Verlorenen sie nicht kennen. Es besteht in Qumran ein fester Zusammenhang von Geheimnissen - Einsicht - Erkenntnis 91, zu dem auch die Prophetie gehört 92, mittels derer der erwählte Fromme diese Geheimnisse offenbaren kann. 82. Vgl. ThWNT 4, 809-834 (Bornkamm). Weiter: Wewers, Geheimnis; Nock, Essays I, 343; Dautzenberg, Prophetie, 152-156. 83. Theaet 156a. 84. Philo Deus Imm 61. 85. ThWNT 4, 818. 86. Hippolyt Ref 5,10. 87. Z.B. Äth Hen 49,2; 71,4; 51,3: hier auf die Endzeit bezogen. Die Vorstellung leitet sich aus Daniel 2 LXX her. Dazu zuletzt Dexinger, Henochs Zehn wochen apokalypse. 88. 1 QH 1,11.13. Zur Schöpfungslehre vgl. Philo Quod Omn Prob 12ff. 89. 1 QpHab 7,5; 1 QS 11,5.19. 90. 1 QM 16,11; 1QMyst 3f. Maier/Schubert, Qumran, 100, betont diese Linie etwas zu einseitig. 92. 1 QpHab 7,5. 91. 1 QpHab 7,5; 1 QH 2,13.
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In der antiken Magie schließlich, die von vornherein auf verborgen zu haltender Erkenntnis des Verborgenen beruht, kann die Magie selbst ebenso als Mysterion bezeichnet werden wie einzelne Zauberformeln oder Zauberrnittel 93• Die ursprünglich dem Kultus zugehörige Bezeichnung fand also Einlaß in Philosophie, Frömmigkeit und Zauberwesen der Antike, aber auch in verschiedene Bereiche des Judentums und ins NT ebenso wie in die entstehende Gnosis und ist damit ein geläufiger Begriff der gemeinreligiösen Sprache der ntl. Zeit. Bei Paulus selbst begegnet J1VUT17PWV vorwiegend im 1Kor, und zwar erstens als Bestimmung einer besonderen Redeform in der Gemeinde: 1Kor 2,1 94, 1Kor 2,7 95 ; 1Kor 14,2 96 ; 1Kor 15,51 97, Röm 11,25 98 ; zweitens auf das Wissen des Redenden oder der Hörer bezogen: 1Kor 4,1 99 und 1Kor 13,2. Beide Diktionsarten gehören zusammen: man ,hat' und ,weiß' die Geheimnisse 100 und spricht sie aus. Eine inhaltliche Beschränkung auf apokalyptische Geheimnisse 101 ist angesichts der umfassenden Aussagen von 1Kor 4,1; 13,2 und der Bestimmung 1Kor 2,7; 14,2 nicht möglich. Sie umfassen ebensogut heilsgeschichtliche Themen oder direkt das Christusgeschehen, während bei den anderen apokalyptischen Aussagen J1VUT17Pwv fehlt 102. Auch dies Charisma ist ganz unverfestigt. Es steht nicht einmal fest, ob. fV vot oder 'YAWUUn gesprochen wird. Mysterienrede in himmlischer Sprache ist eine bekannte apokalyptische Vorstellung: die himmlische Welt wird in der ihr adäquaten Sprache beschrieben. Die neuen Studien zu J1VUT17PWV 103 und den Hintergründen des paulinischen Wortgebrauchs stellen diese Terminologie und die dahinterstehenden Vors tel93. PW 14,369ff.; über die Geheimnisse speziell 337ff. 94. Die Mehrzahl der Exegeten liest IlV0T11PtOv mit p46 ~* A C, vgl. 4,1 dieselbe Selbstbezeichnung des Paulus; so auch The New Testament Greek und Nestle-Aland gegen Nestle; andererseits aber 1,6 PfJ.TPVpWV als Botschaft von Christus. 95. Zu der Frage der Beziehung von €V PVOTllpl«tJ vgl. ThWNT 4, 825f. 96. Hier ist die Mysterienrede kein spezifischer Ausdruck, sondern bedeutet ,unverständlich' als Form der Glossolalie im Gegensatz zu den spezifischen Äußerungen, wo er ja stets selbst €vvo{ schreibt. 97. Hier wird Apokalyptisches als Inhalt der pvoTT!pta faßbar; vgl. inhaltlich IThess 4,13. 98. Nach der formalen Analogie zu 1Thess 4,13 sind lKor 15,51 und Röm 11 ,25 ebenfalls zu den apokalyptischen Inhalten zu rechnen. 99. Apostel als Kenner und Verwalter der Mysterien, vgl. dazu besonders Mt 13,11 und zum Bild Lk 12,42ff.; Eph 3,9 ist dies Bild in den Zusammenhang des Einst-JetztSchemas eingebaut. 100. Röm 11 ,25; lKor 2,2 sprechen auch von 'YtVWOK€tv und €LÖevat. 101. lKor 15,51. 102. Dautzenberg, Prophetie, 152f., spitzt doch zu einseitig auf Apokalyptisches zu. 103. Rigaux, NTS 1957/58, 237-262; Coppens, RechB 1960, 152-165; Braun, Radikalismus 11, 2lf.; dort weitere Verweise A. 4.
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lungen in engen Zusanunenhang mit den Qumranschriften, während Brown 104 zutreffender den allgemeinen spätjüdischen Horizont des Phänomens aufzeigt. Die Ableitung von p.vorr,pwv bei Paulus aus den hellenistischen Mysterienreligionen, die auch für lKor 13,2 angewandt wurde 105, ist von dalier zu korrigieren. p.vorr,pwv tritt, wie gezeigt, auch in jüngeren Teilen der Septuaginta auf, die Vorstellung ist ebenso gemein-apokalyptisch l06 • Bei Paulus wird sie auf die Gemeinderede ausgeweitet und in den Deuteropaulinen zum ,Kerygma' verallgemeinert. eiöevaL hat die Bedeutung des vollständigen, das verborgene Wesen erfassenden Wissens und kommt wie öfter bei Paulus dem 'YLVwoKeLV nahe, wie auch die hier vollzogene Verbindung mit 'YVWOLC:; zeigt 107. Der Totalitätsanspruch dieses offenbarten Geheimwissens ist nicht eine bloße ad-hoc-Konstruktion und auch den Korinthern vertraut, da Paulus selbst sich als OlKOVOP.OC:; p.vOT'1piwv ßeoü bezeichnet (1 Kor 4,1). Ebenso kann auch der €V rravrt reichgemachte Pneumatiker in Korinth alle Geheimnisse kennen (vgl. 1,5), wie es ja auch Apokalyptiker lOB und Goeten für sich in Anspruch nehmen. Paulus selbst wird den Korinthern diesen Anspruch in den Mund gelegt haben und versucht nun mit Hilfe der Charismentheologie (K. 13), die korinthische Verselbständigung dieses Charismas zu korrigieren. Schließlich muß zu dem Ausdruck eweval rel p.vorr,pw mlvra nochmals besonders aufMk 4,11 par. hingewiesen werden. Nur Paulus im lKor und dies synoptische Logion, das fest mit dem Komplex des Gleichnisses vom Säemann verbunden ist, benutzen den Ausdruck: 'YvwvaL / eweval rel Ilvorilpw (mlvra). Man wird nun nicht von synoptischer Tradition bei Paulus sprechen können, da das synoptische Logion sich wesentlich auf den Kontext von Gleichnis/Gottesreich bezieht, der bei Paulus nicht vorliegt. Aber es läßt sich erkennen, daß Paulus diese Aussage weisheitlich-apokalytischer Herkunft, mit der er als etwas selbstverständlich Bekannten umgeht: ,die Christen kennen die Ilvorr,pw', in lKor 13,2 kritisch betrachtet und ihr einen sehr beschränkten theologischen Stellenwert anweist. Anders das synoptische Logion, das sich durch streng dualistische und präsentische Konstruktion auszeichnet: wir kennen die Ilvorr,pLa. Die Korinther schätzen diese Ilvorr,pw hoch im Zusammenhang ihrer 'YVWOLc; 104. BibI 1958,426-448; 1959, 70-87. 105. Vgl. z.B. Prümm, ZKTh 1937, 396. 106. Vgl. Böhlig, Mysterion, 19ff. - Bezeichnend für die Terminologie: Weish 2,22 DU/( €-yvwaav IJUaTr,p~a "eov (sc. die Bösen). 107. Vgl. 1Kor 2,lH.; 2Kor 5,16; Gal4,8 (dazu Röm 1,19.21; auch noch Tit 1,16 über die judenchristliche -yvwa~c;, als deren Kennzeichen genannt wird: "eav blJOAD-yoümv eLöeva~); Vorbilder dazu in der jüdischen Weisheitsliteratur, z.B. Weish 7,17. 108. Vgl. 1QS 4,6: n~1
".n.
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und werden beides auch von Paulus erwartet haben - etwa im synoptischen Sinn. Vor diesem Hintergrund wird die Schärfe der paulinischen Aussage deutlich. Die zuletzt von Christ 109 gestellte Frage, in welchem Verhältnis der mit Mk 4,11 par. zusammenhängende Text Mt 11 ,25ff. par. 110 zu lKor 2,6ff. stehe, ist in diesem Zusammenhang nicht unwichtig. Denn Christ fragt, ob Paulus in IKor 2 nicht "dieselbe Tradition wie Q" benutze. Damit wäre gesagt, daß Paulus in IKor 2 in massiver Form eben dieselbe Tradition benutzte, die er in IKor 13,2 korrigierte. In der Tat sind die formalen Parallelen deutlich, IKor 2 arbeitet wie Mt 11,25ff. nach dem Schema: draußen (Unwissenheit, Verstockung, 1/Ivxuwi, Weltweise ) - drinnen (Wissen als Geheimwissen = Mysterienwissen, 1TvfV/J.anKoi, Verborgenheit vor den Menschen). Aber in Mt 11 handelt es sich um die vr71TwL im Gegensatz zur Weltweisheit analog den /J.wpa von IKor 1,17ff. Inhaltlich parallel sind dagegen IKor 2 und Mt 13,11 (= Mk 4,1-20), so daß nur dies Logion rur den paulinischen /J.va7'1]pwv- und 'YvwaL~-Begriff wichtig bleibt. Ob sich IKor 2 und lKor 13 inhaltlich widersprechen, wird im Zusammenhang der Darstellung der 'YvwaL~ bei Paulus deutlicher werden. 3. Kai [eav eiD w] 1Täaav rTW 'Yvwaw: Es gilt zunächst festzustellen, daß 'YvwaL~ 'YLvwaK €w weit über die Grenzen der eigentlichen Gnosis als einer spätantiken
Religion hinaus ein Begriff der religiösen Sprache der Juden und der Christen, kaum dagegen anderer antiker Religionen ist. Daher kommt dem jüdischen Sprachgebrauch als der Basis des christlichen wie des gnostischen 'YvwaL~-Be griffs zweifellos eine wichtige Bedeutung zu 111. Das spätere Judentum hat in den Vertretern der Weisheitslehre, häretischer Gruppen, unter Apokalyptikern und Rabbinen die Meinung gehabt, Erkenntnis zu besitzen 112. Klassisch formuliert Weish 7,17ff., wie Gott dem Weisen rwv övrwv 109. Christ, Jesus Sophia, 82, A. 298. llO. Zu dem Zusammenhang vgl. a.a.O. 81, unter Berufung auf Hunter, NTS 1961/62, 243, der das raura von Mt 11,25ff. mit dem J.Luun'/pwv von Mk 4,11 gleichsetzt. 111. Zu den Beziehungen zwischen den verschiedenen Strömungen des Judentums und der sich entwickelnden Religion der Gnosis vgl. jetzt die abgewogene zusammenfassende Darstellung bei Rudolph, Gnosis, 293-299, 312-316. Zu Simon Magus, der Schlüsselfigur in dieser religionsgeschichtlichen Konstellation: ders., ThR 1977, 297-359. ll2. Vgl. dazu den zu knappen und daher vereinfachenden Aufsatz von Reicke, FS. Black, 245-255. Reickes These, -YVWUL<; / oa'aT sei grundsätzlich nicht intellektuell gebraucht, ist ähnlich einseitig wie Dautzenbergs (Prophetie pass.) Betonung der Erkenntniskomponente in den drei von ihm als ein zusammenhängendes Phänomen interpretierten Größen Prophetie, Gnosis und Mysterienkenntnis. Die integrative Struktur des Offenbarungswissens verbietet aber solche einseitigen Akzentierungen.
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')'vwaw lLl/Jruoil verleiht, damit er erkenne (ewevat): öaa Te Eanv KpV1fTa Kai E/1l(Javil, nämlich Inhalte der Kosmologie 113. Für die auf ihn folgende Apokalyptik
formuliert Daniel den Anspruch, alle Geheimnisse zu kennen (K. 2) und in allem Wissen bewandert zu sein (K. 1). Beides ist Gabe Gottes. ')'vwmc:; als term.techn. fehlt hier; die /1VaTi]pta stehen ganz im Vordergrund 114. Der Erwählte in Qumran hat dasselbe Selbstbewußtsein wie der fromme Weise: "Und als ein Einsichtiger habe ich dich erkannt (~,,), mein Gott, durch den Geist, den du mir gegeben hast, und Zuverlässiges habe ich gehört hinsichtlich deines wunderbaren Rates durch deinen heiligen Geist. Du hast mir Erkenntnis im Geheimnis deines Verstandes eröffnet" (1QH 12,llff.), - nämlich diejenige, daß Gott allein herrsche und der Mensch ohne Gottes Geist nichts als ein Lehmgebilde sei (12,31). Für die Rabbinen erftillt sich die Erkenntnis Gottes in der Gesetzeskenntnis 115. Schließlich vertreten die Lehrer der jüdisch-hellenistischen Missionsschriften und Philo die Meinung, das elc:; ()e(Je:; sei die rechte ')'vwmc:; ()eoü, die die Juden besäßen, ihrerseits dabei in der Argumentation von der Philosophie der Stoa beeinflußt 116. Andererseits kann Philo bekanntlich den ')'vwmc:;-Begriff auch anders akzentuieren, nämlich als Gottesschau, wobei er den Weg zur Gottesschau stärker ethisch oder aber eher mystisch versteht 117. In den Zauberpapyri begegnet eine interessante Zusammenstellung von voüc:;, AO')'OC:; und ')'vwmc:; als xapwa/1evoc:;, wobei die ')'vwatc:; Gotteserkenntnis bedeutet 118. Vollends zum soteriologischen Zentralbegriff wird die Kenntnis aller ')'vwatc:; in den gnostischen Texten. Das
Der Artikel Gnosis I, RAC 11. 446-537 (Mortley-Colpe) bietet wenig zum Thema (473-486). At!. Hintergründe und Lit.: Art. c:m, ThWAT 2,920-944 (Müller, Krause). - T 113. Vgl. auch Weish 2,22. 114. Vgl. aber andererseits Weish 2,13, wo formelhaft von einer "Yv~at~ ~eoü als Summe rechten jüdischen Glaubens gesprochen wird; ebs. z.B. '" 93,10; lKön 2,3 und Spr 24,26 (= 30,3). 115. Vgl. ThWNT 1,700f., Bultmann. Vgl. auch Röm 2, wo Paulus genau diesen rabbinischen gesetzesbezogenen "Yvwat~-Begriff zugrunde legt. Ein entsprechender Sprachgebrauch Test Lev 18,3. 116. Vgl. ThWNT 1, 122, Bultmann; 701, Bultmann; Bornkamm, Ende des Gesetzes, 13ff. Allgemein zur jüdischen €l~-~€b~-Lehre Bousset-Gressmann, Religion, 190-194; 302-304 (RAC 11, 476ff., nicht erwähnt). 117. Vgl. besonders Philo Op Mund 170, 171 zur €l~-~€(k--yvwat~ und Deus Imm 142f. zur "Yvwat~ als Gottesschau. Dazu Wlosok, Gnosis 102ff. - Für diese Art der "Yvwat~ ist auch Test lob 2-4 zu vergleichen: Hiob strebt nach "Yvwat~ ~€Oü (2,4) und kämpft dann gegen die Götzen (dazu auch RAC 11, 480f.). 118. Papyrus Mimaut, Zaupberpapyri I (hg. Preisendanz), S. 58, Z. 590-619 (um 300 n. Chr.). Vgl. die Parallele bei Ps.-Apuleius, AscIepiusepilog, 416, 8, hg. von Scott, Hermetica 1, S. 374ff.
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erste BU,ch Jeu beginnt: "Dies ist das Buch von den Erkenntnissen (rvwaetc;) des unsichtbaren (cioparoc;) Gotte~ vermittelst der verborgenen Mysterien (p.vaT17Pta), welche zu dem auserwählten Geschlechte (r€Voc;) führen ... , welche Jesus, der Lebendige, seinen Aposteln (rurOaroAOt) gelehrt hat, indem er sagte: Dies ist die Lelue, in der die gesamte Erkenntnis wohnt" 119. Die Einleitung zur Sophia Jesu Christi gibt Auskunft über die Inhalte der rVwatc;: "wobei sie (sc. die Jünger) nun im unklaren waren (CL1Topeiv) über das wahre Wesen (inroaraatc;) des Alls, den Heilsplan (OiKOVOJ.1ia), die heilige Vorsehung (1TpOVOta), die Trefflichkeit (aperi]) der Gewalten (€~ovaia), über alles, was der Erlöser (awri]p) mit ihnen tut, die Geheimnisse (J.1vari]pwv) des heiligen Heilsplans (OiKOVOJ.1ia), da erschien ihnen der Erlöser (awri]p), nicht in seiner ursprünglichen Gestalt (p.op~i]), sondern im unsichtbaren (Mparov) Geist (1TveVJ.1a)" 120. Deutlich ist, wie die ntl. Ansätze zu Themen einer zusanunenhängenden Theologie unter den Oberbegriff der rVWatc; gebracht werden. Daß rVwatc; Offenbarungsgröße ist, macht Corp Herrn 1,31 besonders deutlich: ärwc; 0 !geck, ÖC; rvwa19i!vat ßovAETat Kai rLVwaKETat Tois iOfmc;. Der Anspruch, umfassende rVWatc; zu haben, ist auch hier klar ausgesprochen: so in Corp Herrn 23,5: ,,0 1TCivra rVOl.k 'EpJ.1r,c:." Entsprechend heißt es in dem koptischen Werk aus dem Codex Brucianus: "Und dieser (sc. Kranz) [auf dem Kopfe des Unteilbaren] ists, in dem jede Art (r€Voc:) und jede Erkenntnis (rvwatc:) sich befindet" 121. Dreierlei läßt sich den· genannten Texten entnehmen. Erstens verstehen Weisheitslehrer, Apokalyptiker und Gnostiker wie Paulus und die Korinther die rVwatc: als religiöse Größe und umgeben sie daher mit Esoterik. Insofern besteht vielerorts eine enge Verbindung zwischen rVWatc: und J.1VaT17PWV, auch zwischen rVwatc: und Prophetie. Zweitens ergibt sich aus der rVwatc: in der Weisheitsliteratur Demut und Frönunigkeit, in Qumran sogar eine Art der Selbsterniedrigung, wie die Hodajot zeigen. Auch bei Philo ist die rVWatc: mit Frömmigkeit gepaart 122. In gnostischen Texten heißt es, daß "jeder ... durch seine Praxis und seine Gnosis seine Physis offenbaren" werde 123. Diesen beiden
119. TU 8, 1. R., 142. - Zum gnostischen ")'vWotc:-Sprachgebrauch vgl. Menard, BZNW 1969, 59-64. - Allgemein Rudolph, Gnosis, 60ff. 120. TU 60, 5. R., 195,9-199,18. 121. TU 8,289 (hg. v. C. Schmidt). 122. Vgl. ThWNT 1, 702, Bultmann. 123. Kopt.-gnost. Schrift ohne Titel, Codex 2,5, übs. in: Tardieu, Mythes, S. 335. - Im Anschluß an Bultmann, a.a.O. 695, betont diesen wichtigen Zug gnostischer Theologie L. Schottr:off, BZNW 1969, 65-97; vgl. auch Graffon, Koptisches Philippus-Ev., 284f.; auch schon Haenchen, Thomasevangelium, 49; zusammenfassend Rudolph, ThR 1971, 1-61; 89-124. Zur Formel ")'VWOtc: und evoeßeta in der hermetischen Gnosis vgl. Wlosok, Gnosis, 136f.
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Aspekten unterliegt drittens die Grundstruktur der ,,/VWOt<; als eines "Wissens" religiöser Inhalte mit soteriologischer Zielrichtung und einer bestimmten ethischen Haltung. Vor diesem Hintergrund gilt es nun, das ,,/vwot<;-Verständnis des Paulus und der Korinther zu skizzieren 124, wobei wir auf die Paulusbriefe als Quelle angewiesen sind, denn innerhalb des ntl. Bereiches sind nichtpaulinische ,,/VWat<;Belege selten 125. Am Anfang der Darlegung muß das ,,/vwat<;-Verständnis des Paulus stehen, das uns direkt aus den paulinischen Quellen zugänglich ist 126• Für Paulus wie für die paulinischen Gemeinden muß der Begriff aus dem Judentum und auch aus der religiösen Sprache des Hellenismus bekannt gewesen sein, da Paulus sich seiner stets ohne nähere Erklärung bedient. Bei Paulus selbst ist die ,,/VWOt<; außer im Römerbrief nur im lKor thematisiert. Im 2Kor ist sie zwar ebenfalls häufiger genannt, ohne aber zum Thema zu werden. Die wenigen €1TL,,/vwat<;j €1TL,,/LVwoKw-Belege verändern dies Bild nicht 127. Die theologische Grundlage des paulinischen ,,/vwot<;-Begriffs wird im Römerbrief am klarsten. Da sich die Grundkomponenten der im Römerbrief entworfenen ,,/VWOt<; auch schon im lKor fmden, ist es sinnvoll, das komplexe paulinische
jl. ,.1.
124. Das allgemeine religionsgeschichtliche Thema "Die Gnosis in Korinth" kann und soll hier nicht behandelt werden, weil dazu lKor 10.11.15. und Partien des 2Kor einläßlich exegetisch bearbeitet werden müßten. Im Zusammenhang mit einer Bearbeitung von lKor 13 läßt sich diese Frage nicht lösen. Das religionsgeschichtliche Phänomen "Gnosis" kann nicht von einer lexikalisch-begriffsgeschichtlichen Untersuchung der 'Yvwotc; her erschlossen werden, die dagegen rur unser Kapitel ebenso notwendig wie ausreichend ist. - Zu lKor 13,2 geht es um den theologischen Begriff und um das Charisma ,'YVWOtc;' in paulinischer und korinthischer Sicht. Dies Charisma muß hier lexikalisch und vorstellungsmäßig in seiner Eigenart und seiner Beziehung zu den anderen Charismen von lKor 13,1-3 herausgearbeitet werden und in Zusammenhang mit der 'YvWotc;--ytVWoK€tv-Terminologie gestellt werden. Deshalb beschränkt sich die Untersuchung auf die Begriffsanalyse, ohne diese auf eine allgemeine religionsgeschichtliche Untersuchung der Bewegung der sog. Gnosis (1 Tim 6,20) auszudehnen. Vgl. die entsprechende Einteilung des Artikels RAC 11, 446ff. (Mortley-Colpe) in "Gnosis I (Erkenntnislehre)" und "Gnosis II (Gnostizismus)". 125. Lk 1,77; 11,52; einige formelhafte Briefstellen; 1Tim 6,20: Hinweis auf eine Strömung, die sich ,'YVWOtC;' nennt. Es bleibt zu beachten, daß sich bei Paulus (auch rur Korinth) Derartiges nicht findet. 126. Methodisch lassen sich 1Kor 13,2 einerseits und das 'Yvwotc;-Verständnis der Korinther andererseits erst dann erfassen, wenn das paulinische Verständnis des Begriffs geklärt ist. Denn das 'Yvwotc;-Verständnis der Korinther ist nur durch Paulus überliefert, so daß man nur aus einer Analyse des paulinischen Begriffsverständnisses heraus Kriterien rur die Rekonstruktion des korinthischen Begriffsverständnisses gewinnen kann. 127. Zu hrt'YvwotC; vgl. Dibelius, FS. Heinrici, 176-189.
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'YvwoL<;,-Verständnis vom Römerbrief her nachzuzeichnen. Die Darlegungen des Römerbriefes beginnen mit der einen Komponente, die der paulinische 'YVWOLC;-
Begriff umfaßt: sie ist auf "das Offenbarsein Gottes in der Schöpfung" 128, das den Heiden die €1Ti)'VWOLC; rJ€OÜ anbot, nach der diese sich nicht gerichtet haben (Röm 1,2lf.), bezogen. Mit 'YVWOLC; ist hier die Wesenserkenntnis Gottes, seiner f)€WT1}C::, V. 20, gemeint. Aber diese 'YVWaLC::, die die Heiden ja aus der Schöpfung haben, ist als solche unwichtig und nutzlos, solange sie nicht in oo~a und €vxapwTia 1TPOC:: TOV f)€OV mündet (V. 21), die ihrerseits zu rechtem sittlichem Wandel fUhren, da mit der Offenbarung der rJ€WT1}C:: auch das oLKaiwp.a &oü mitgesetzt und 'YVWOTOV ist (V. 32), nämlich das Sittengesetz (2,15)129. Und die gleiche Nutzlosigkeit fonnaler Gotteserkenntnis als Gesetzerkenntnis 130 gilt rur die Juden, die die 'YVWaLC:: auf das Gesetz anwenden, das erkannte Gesetz aber nicht befolgen (K. 2). Der 'YVWOLC:: Ti7c:: f)€WT1}TOC:: f)€OV tritt hier die Frage nach dem praktischen Gehorsam den Geboten gegenüber in den Weg 131. Röm 1 und 2 sind die jüdischen Inhalte, die der Begriff der 'YVWOLC:: umfaßt, ins Allgemeinste ausgeweitet, indem nicht nur das Grundbekenntnis dc:: f)€oc:: von lKor 8,4132, sondern das ganze Gesetz und seine Auslegung (Röm 2,20) als Inhalte der 'YVWOLC:: bezeichnet werden. D.h. das AT enthält die 'YVWaLC::, und die ganze jüdische Theologie ist Lehre der 'YVWaLC:: rJ€OÜ 133. Ein solches Verständnis der 'YVWOLC:: als einer Gotteserkenntnis aus Schöpfung und Gesetz mit der Folge ethischen Verhaltens 134 kennen wir auch aus jüdischen und stoischen Quellen. Die christliche 'YVWOLC:: ist für Paulus dagegen durch die Rechtfertigungslehre gefüllt 135, wie der Aufriß des Römerbriefes zeigt. . Sie ist bestimmt von der christologischen Interpretation der atl.-jüdischen dc:: f)€oc::-Gnosis und gewinnt dadurch einen ganz neuen Stellenwert. Die klassische Formulierung dieser grundsätzlichen Umwertung der 'YVWOLC:: findet sich schon lKor 8,3: nicht mehr der Mensch erkennt Gott mittels seiner eigenen 'YVWaLC::
128. 129. 130. 131.
132. 133. 134.
135.
Bornkamm, Ende des Gesetzes, 12. Vgl. dazu Käsemann, Römerbrief, 46f., 59. Hier bedeutet VOjlo<; das Alte Testament. Vgl. zu der ähnlichen hellenistisch-jüdischen und popularphilosophischen Argumentation und der andersartigen paulinischen Basis Bornkamm, Ende des Gesetzes, bes. l8f. In der Sprache der jüdisch-hellenistischen Missionsliteratur: Röm 1,21-23. Für das rabbinische Verständnis siehe oben A. 115. Hier bes. die Lehrtätigkeit gegenüber den Heiden vom Standpunkt des jüdischen Diasporalehrers aus gemeint, vgl. Lk 11,52: der vop,tKck hat den Schlüssel der ')'vwat<;; Michel, Römerbrief, 87ff. Röm 10,2f.; Röm 3 pass.; Gal 2,16: €loDre<:.
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und gewinnt damit sein Heil, sondern Gott hat den Menschen erkannt, worauf der Mensch als von Gott Geliebter nicht mit -yvwat<::, sondern mit u-ya7T7} antwortet. Nicht /,vwat<::, sondern u-ya7T7} bestimmt das grundlegende Verhalten des Christen, weil Gott in Christus dies Verhalten zur alleinigen Heilskategorie gemacht hat. Vor dem Hintergrund dieses christologisch verstandenen Heilshandelns Gottes wird für Paulus die alte, an sich auch für Christen formal korrekte Formel "vVv -yvdVT€<:: t?€OV" mißverständlich, und er korrigiert sie nach der Struktur der Rechtfertigungslehre in: "llä"A"Aov OE -yvwat?eVT€<:: lmo t?€Oü" (Gal 4,9). Darauf aber antwortet nicht die -yvwat<::, sondern die u-ya7T7} zu Gott (lKor 8,3). So ist im soteriologischen Bereich bei Paulus kein Platz mehr für -yvwat<::. Diese Korrektur geht nun aber nicht so weit, daß der -yvwat<::-Begriff bei Paulus gar nicht mehr zur Beschreibung christlichen Verstehens und Lebens Verwendung finden könnte. Die -yvwat<:: erhält aber einen neuen Stellenwert, einen neuen, auf das Handeln Gottes in Christus bezogenen Inhalt und eine Einbettung in die paulinische Charismenlehre. Durch das Heilshandeln Gottes in Christus haben die an Christus Glaubenden die -yvwat<:: in neuer Form, zunächst wieder zentral als Erkenntnis Gottes, des Schöpfers, nun aber als -yvwat<; Try<:: oO~7}<:: TOÜ t?€OÜ ev 7TpOaW7T4J XPWTOÜ (2Kor 4,6). Die -yvwat<:: wird weiterhin als Kenntnis der Predigt von Christus verstanden (2Kor 2,14-17), als Kenntnis Christi selbst (Phil 3,10), der Rechtfertigung, als Geschenk des 7Tvrulla und als Besitz der Christen als neuer Geschöpfe. Solche (€7TtJyvwat<:: kann nicht mehr als unnütz und tödlich aufgedeckt werden, da sie ja nicht mehr ein falscher Weg zu Gott ist, sondern aus eben dem 7Tvrulla lebt, das Juden und Heiden fehlt, wie Röm 2,29 und 2Kor 3 zeigen. Sie ist als theologisches Wissen nicht mehr aktiv selbständig, sondern Antwort auf das Geschenk (Xapt<::) der Christusbotschaft. Diese -yvwat<:: versteht Paulus des Näheren als Geistgeschenk an die Christen und stellt sie in den Rahmen seiner Charismenlehre. Damit sind wir bei der zweiten formalen Komponente seines -yvwat<::-Begriffs: dem Phänomen pneumatischer -YVWat<:: und des "Ao-yo<:: -yvwa€w<:: im Gemeindegottesdienst 136. Dies xapwlla Try<:: -yvwa€w<:: ist als Geistphänomen den christlichen Gemeinden der paulinischen Mission wohl bekannt 137 und wird von Paulus theologisch durchdacht. Denn hier ist -YVWat<:: Gabe und daher grundsätzlich vor einem soteriologischen Mißverständnis geschützt. So kann Paulus von seinem christologisch geftillten -yvwat<::-Verständnis aus hier eher bei der positiven Neubestimmung eines christlichen -yvwat<::-Begriffs ansetzen als bei der
oe
136. Vgl. die parallele Verbindung der Rechtfertigungspistis mit dem Charisma ,"Iune; = Wunderglau be. 137. Vgl. den Sprachgebrauch des Papyrus Mimaut, Anm. 118 (Zeile 596: xaptuaJ..l.€voe; 7?J..I.LV voüv, AO')'OV, ')'VWaLv).
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klassischen Form der -yvwatc; t'J-eou als allgemeiner intellektueller Gotteserkenntnis 138. Nun muß Paulus aber erfahren, daß auch das Charisma -yvwatc: nicht gegen Fehldeutungen geschützt ist. Denn diese -yvwatc: und gerade die entsprechenden AO-YOt -yvwaewc: können leicht als AO-YOt eines t'J-ei"oc; aV'llp und als persönliche Leistung des Apostels, nicht als Gotteswort verstanden werden, wodurch sie wieder eine sekundäre soteriologische Funktion erhalten 139. So jedenfalls sieht Paulus seinerseits die Lage der korinthischen Christen. Sie sind rur ihn V'Il1TWt €v Xpwri;; und müssen noch in allem wachsen, in richtiger
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christliche xapwpa rijc; 'Yvwaewc; stets von der Rechtfertigungslehre bestimmt und kann sich niemals zu einer - noch so richtigen - festen christlichen Erkenntnis, zu einem Wissensbesitz, der Heil stiftet oder garantiert, entwickeln. Wie stellt sich demgegenüber den Korinthern selbst die 'YVWatC; dar? Wir kennen das korinthische 'YvwaLc;-Verständnis, so wie Paulus es diskutiert, nur in einem Aspekt: im Zusammenhang mit der Frage nach der Erlaubnis, Götzenopferfleisch zu essen - ein sehr wichtiges Problem der damaligen Gemeindepraxis, wie die breiten Ausführungen des Paulus in lKor 8-10 ebenso zeigen wie die Vorgänge um das Aposteldekret in Acta. Nur ftir diese Frage erhalten wir Ein. blick in das korinthische 'YvwaLc;-Verständnis und in die Kontroverse, die Paulus mit den Korinthemüber die 'YvwaLC; hat 143. Hier müssen besonders lKor 8-10 herangezogen werden, wie auch die parallele Antithetik von 'YVWatC; und a'Ya7rT/ in diesen Texten zeigt 144.
143. Ob die Korinther selbst das ,1raVT€~ 'Yvwow €xoJj€V' auch auf andere Bereiche theologischen Wissens angewendet haben, so daß man von einer bewußten ,Gnosis' der Korinther als einer höheren Theologie oder einer sich vom Christentum unterscheidenden eigenen Religion sprechen könnte, und wieweit solche Theologie bzw. Religion zu dem allgemeinen religionsgeschichtlichen Phänomen ,Gnosis' in Beziehung gestanden habe, wie Schmithais und Rudolph, Gnosis 319 A. 131, annehmen, ist rein exegetisch nicht direkt zu erheben. Grundsätzlich muß jede religionsgeschichtliche These zur ,Gnosis' in Korinth fünf Sachverhalte berücksichtigen. 1. geben 1 und 2Kor keinen Hinweis auf eine 'YVWOL~ im Sinne des l.Timotheusbriefs; 2. tragen im lKor andere Substantive eher programmatischen Charakter als 'YVWOL~, vor allem oO'flla (zur Verbindung von 'YVWOL~ und oO'flla in Judentum und früher Gnosis vgl. Rud?lph, Gnosis, 297ff.: oO'flla als Erlösungswissen); 3. wird 'YVWOL~ schon im 2 Kor nicht mehr thematisch im Sinne des lKor verwendet; 4. zeigt Röm 1-3.14, daß die korinthische 'YVWOL~ nicht für diese Gemeinde spezifisch ist, sondern das theologische Denken des Paulus auch im Zusammenhang mit ganz anderen Gemeinden beschäftigt; 5. spielt 'YVWOL~ als korinthischer term.techn. nur im Zusammenhang mit dem Götzenopferfleisch eine Rolle, (vgl. die Nikolaiten Apk 2,20ff.), d.h. im Zusammenhang mit der Thematik von Rein - Unrein, was Rudolph, Gnosis 319, nicht berücksichtigt. - Sicher ist, daß wir aus den paulinischen Briefen nicht direkt eine Bewegung der Gnosis erheben können. Die Briefe geben explizit eher Zeugnis von einem Gemeindecharisma 'YVWOL~ und theologischem Grundsatzwissen als 'YVWOL~ ~€OÜ und in spezifischer Anwendung als Wissen darum, daß es weder Götzen noch Götzenopferfleisch gebe. (Das gilt für die substantivische wie für die verbale Verwendung der Wurzel 'Ywwo-). -- Trotzdem zeigt die 1räoa 'YVWGL~ von lKor 13,2 durchaus eine Nähe zu gnostischen Vorstellungen. Colpe, RAC 11, 602ff. (Gnosis 11 zu Paulus) geht nicht auf das Thema ,Gnosis in Korinth' ein. 144. Dieselbe Antithetik von d'Ya1rrj und 'YVWOL~ beherrscht Röm 14, dort aber nicht auf das Götzenopferfleisch, sondern auf A.skese bezogen, vgl. Käsemann, Römerbrief, 358f.
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Zunächst muß betont werden, daß im inhaltlichen Verständnis der rVWaLc; sich die Korinther nicht von Paulus unterscheiden, vielmehr beide dieselbe Basis haben: elc;-flEoc;-rVwatc; jüdisch-hellenistischer Mission und ihre christliche Interpretation durch das Elc;-rdJpwc;: lKor 8,4-6. Diese Linie dürfte sich nicht von dem "vvv OE rVOVTEC; flEOV" von Gal 4,9 unterscheiden. Es erscheint von daher auch nicht angezeigt, lKor 8,1 "mivrcc; rvwaw €X0J.lEV" nur als Parole der starken Korinther zu verstehen 145. Denn die paulinische Lehrargumentation rrEpi TqC; ßpwaEwc; TWV ElOWAoflvTWV stellt die rVwatC; der Korinther nicht in Frage. Die Inhalte dieser rVwaLc; sind: ovoEv ELOWAOV €V l
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Schwachen, die - ohne ;yvwmc::' - Götzenopferfleisch äßen, wieder in den Machtbereich der Götzen zurückholen. Für Paulus ist es also anders als für die starken Korinther nicht notwendig, die richtige rvc:"cnc; in entsprechendes prak· tisches Verhalten und Handeln umzusetzen (8,13), vielmehr richtet sich sein Handeln nach der OlKODO/1i], nicht nach der eigenen rVwatc:, sondern nach dem Nutzen ftir den Bruder (10,24). Denn nicht rvwmc::, sondern UrCL7T17 ist nach Paulus die richtige christliche Lebensform. Daß die Starken die Gefahr nicht erkennen, hängt eng mit dem dritten Aspekt ihres Verhaltens zusammen, der aus K. 10 zu erschließen ist. Die Logik von 10,1-13,14-22,23-33 deutet daraufhin, daß die Starken bewußt und absichtlich jenes Götzenopferfleisch aßen, das als solches bezeichnet und verzehrt wurde (10,28). Die Starken müssen dies Essen von Götzenopferfleisch und das Trankopfer als Demonstration ihrer Stärke gerade gesucht haben, um mit ihrer durch rvwmc::, d.h. Verachtung der Macht der Götzen 149, bestimmten Teilnahme ilne Stärke (8!JVaof}aL 10,13), ihr Stehvermögen (10,12) zu zeigen 150. Die Korinther folgen damit in modifizierter Form den Vorstellungen der jüdisch-helle-. nistischen Apologetik, die die Nichtigkeit der heidnischen Götzen betont. Dagegen warnt Paulus durch den Hinweis auf Israels Wüstenwanderung und auf das Abendmahl vor dieser KOLvwvia mit den Dämonen (10,20). Sich den Dämonen zu nähern, heißt, auf seine Stärke pochend, den Herrn zu versuchen (10,9). Die Gefahr dieses Verhaltens zeigt 1Kor 10, 12f. In diesem Zusammenhang der Auseinandersetzung des Paulus mit den Korinthern über den Stellenwert der rvwatc:: steht 1Kor 13,2. Der Satz: Kai €av [€ww] , 1Täoav Tflv rVwOtv, UrCr1T17v D;; /1fl €XW, ovf}ev €tpL hat im Kontext des 1. Korin. therbriefes und des paulinischen Denkens einen festen und wichtigen Platz. Die Diktion ist hier wie auch sonst in VV. 1-3 singulär bei Paulus. Diese umfassendste und richtige rVWOLC:: von 1Kor 13,2 ist im Zusammenhang mit der Prophetie und vollständigem Mysterienwissen durchaus jene esoterische, mit Offenbarung und Geistbesitz (als Charisma) verbundene Größe, die sie zunächst mit der jüdischen und gnostischen rVWatc:: kommensurabel macht und die die Korinther so hoch schätzen. Andererseits ist sie dieselbe rVwatc::, die Paulus an den christlichen Gemeinden schätzt und besonders ftir sich selbst in Anspruch nimmt. Die
149. Daß die Starken die Existenz der Dämonen leugnen, wird nirgends diskutiert. Die starken Korinther waren keine ,Aufklärer': wären die Götzen ,nichts' gewesen, hätte es keinen Ruhm für die Starken gegeben. 150. 1Kor 10,28: mit Conzelmann, 209f., ist die Aussage so zu verstehen, daß ein Heide sagt ,iepo19vToV eOTLv' und der starke Christ eben gerade das so bezeichnete Fleisch ißt. Conzelmann spricht (210) von einem ,gedachten' Fall. Die Argumentation läßt eher darauf schließen, daß solche Fälle vorkamen.
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Korinther messen dieser "(vwate; aber soteriologische und eschatologische Funktion bei und verstehen sie damit teils wie die jüdischen t teils wie die frUhgnosUsehen Quellen. Diese 'YvwaLC: machen die Korinther zu ihrer ethischen Richt· schnur, die durch eAfV"epla und e~ova{a gekennzeichnet ist und ihre ovVallte; manifestieren soll. Hier liegt der Streitpunkt. Gegen dieses "(vwate;- Verständnis polemisiert 13,2. Denn ftir Paulus hat die Rechtfertigung des Menschen durch Christi Heilshandeln soteriologische Bedeutung. Daher kann die "(vwate; auch nicht ethische Richtschnur werden und hat vollends keine eschatologische Bedeutung. Diese Stelle nimmt vielmehr die CL"(arrf/ ein, die dem Handeln Gottes und Christi am Menschen entspricht (8,1-3) und sich in olKOOOIlr7, Selbstverzicht und aa{}eveta manifestiert. Diese ethischen Zusammenhänge entfalten die VV. 4-7 unseres Kapitels, die eschatologische Dimension enthüllt der Abschnitt 8-12. 13,2 ist der soteriologischen Gegenüberstellung von "(vwate; und a"(arrf/ gewidmet. So ist die "(vwate; "nichts nütze" in bezug auf den Zugang zu Gott in diesem Leben und in bezug auf das Zusammenleben mit dem Bruder. In diesen Dingen "nützt" vielmehr die CL"(a1Tf/ als Liebe zu Gott (lKor 8,3) und zum Bruder (Röm 14,15). Als Charisma im paulinischen Sinne dagegen steht rräaa "(vwate; ftir Paulus neben der u"(arrf/ (2Kor 8,7), nicht gegen sie, in diesem Sinne behält sie durchaus auch in Korinth ihren Wert und wird durch das Urteil in 13,2 nicht vernichtet, sondern in ihrer beschränkten Reichweite als charismatisches Phänomen der Jetztzeit dargestellt. Es handelt sich bei dem "Wissen aller "(vwate;" in 13,2 also nicht um die rhetorisch konstruierte Fähigkeit eines hypothetischen Idealpneumatikers, dessen unnütze oder schädliche Fähigkeiten durch die CL"(arrf/ kritisiert oder gar ad absurdum gefUhrt werden sollen, sondern 13,2 muß als Aussage über Christen, nicht über "Gnostiker" gelesen werden. lKor 1,5; Röm 15,14 und 2Kor 8,7 beweisen, daß Paulus die Christen in Korinth wie in Rom für rräaav "(vwaw €XOVTee; halten konnte, ja daß er sie rühmend und Gott dafiir dankend deswegen ansprach. lKor 13,2 sclmeidet nicht die "(vwate;, sondern ihre soteriologische Qualität ab. Daß allerdings auch dies theologisch gereinigte Charisma "(vwate; immer wieder fälschlich nach soteriologischer Qualität strebt, wird im Zusammenhang mit 13,12 nochmals verschärft hervortreten.
4. Käv €Xw rräaav TrW rrianv waTe Öpf/ lle{}wTavat: nach den drei verwandten, eng miteinander verbundenen Charismen von Prophetie, Mysterienkenntnis und ,,(vwale; fUhrt der zweite Bedingungssatz ein anderes Charisma ein, den Glauben, der Berge versetzt. Auch ftir den Pneumatiker, der diesen Glauben besitzt, gilt wieder: ohne CL"(a1Tf/ "ist er nichts". Auch der wunderwirkende Glaube bringt ohne a"(arrf/ dem Pneumatiker kein Heil. Dieser Glaube selbst reicht als Heilsbringer nicht aus, sondern ist wertvoll nur im Gefolge der a"(a1Tf/, die dem Pneumatiker Heil bringt.
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1T.f.anc; begegnet im NT vielfach im Zusammenhang mit Wundern, aber nicht immer wie hier als Voraussetzung, die das V/under ermöglicht 151. Vielmehr gibt es einen zweiten 1Tlanc;-Typus: 1Tlanc; als Folge eines ~1issionswunders, das direkt daraufhin angelegt ist 152. Wie in V. 1 die Zungenrede, so ist auch hier der Wunderglaube nicht einfach mit dem üblichen terminus 1Tian<; charakterisiert, sondern durch die in einem warE-Satz beigefügte Angabe eines bestimmten von ilun bewirkten Wunders bezeichnet: 1Tianc; warE ÖPTl /J.dhan1.VaL. Wieder ist die spezielle Diktion wie schon bei der Zungenrede und dem Mysterien- und 'YvwOLc;-Wissen bei Paulus sonst nicht belegt. Die einzige Parallele lKor 12,9 spricht im Zusammenhang mit den Charismen AO'YOC; aOl{Jiac; und AO'YOC; 'YvwaEwc; nur von 1Tianc;, der die weiteren Gaben "xapia/J.ara ia/. u1.rwv" und ,,€VEP'Yr7/J.ara ovva/J.Ewv" angegliedert sind 153. Die Zuordnung des 1Tianc;-Charismas in lKor 13,2 zu den Erkenntnischarismen entspricht der Charismenliste von K. 12, die Diktion dagegen findet ihre Parallele nicht dort, sondern in den synoptischen Evangelien, wo ein Logion über 1Tianc;, die Berge versetzt, in mehrfacher Fassung und in einer veränderten Spielart, in der vom Bäume Entwurzeln und Versetzen die Rede ist, begegnet 154. 151. Als Voraussetzung bezeichnet rrloTLr; den festen Glauben des Wundertäters an das Handeln Gottes auf sein Gebet hin oder aber den Glauben dessen, an dem das Wunder geschehen soll, so teils in den synoptischen Wundergeschichten, besonders Mk 11,23 (Glaube des zu Heilenden: Apg 14,9). In den Evangelien richtet sich das Gebet an Gott und bezieht sich auf das Vertrauen auf sein Handeln, in Apg kann das övolla 'ITjoOÜ an diese Stelle treten (Apg 3,16, dort auf den Glauben des Kranken bezogen; vgl. Conzelmann, Apostelgeschichte, 34). 152. Zum religionsgeschichtlichen Umfeld dieses Typus vgl. Theissen, Wundergeschichten, 262ff. Theissen weist (135) darauf hin, daß es keine direkte Parallele zur rrloTLr; als dem Glauben, der dem Wunder vorangeht, in antiken Heilungsberichten gibt. rrloTLr; ist dort Folge des Wunders. Dieser Hinweis ist für die religionsgeschichtliche Einordnung von 1Kor 13,2 wichtig. Die rrlonr; von 1Kor 13,2 ist im urchristlichen Sinne verstanden und steht nicht in einem direkten Zusammenhang mit anderen antiken Formen des Wunderglaubens. Lührmann, ZNW 1973, 19-38, zeigt zusätzlich, daß dieser frühchristliche Gebets-Wunderglaube auch nicht aus dem Judentum herzuleiten ist oder dOrt Parallelen hat. 153. Verwandt, aber auf apostolische Wunder beschränkt, sind die kombinierten Begriffe: oTjIlEla, TlfpaTa, 6uVall€Lr; 2Kor 12,12; Röm 15,19. - Zu OTjIl€ia Kat Tepara vgl. Stolz, ZThK 1972, 125-144. - Vgl. weiter: lalJa (lKor 12,9.28.30), €v€p'Y.qllaTa (lKor 12,6.10), OTjIl€ta (1Kor 1,22; 14,22), 6uvalJ€,r; als Wunderkräfte (1Kor 12,10.28.29; Gal 3,5), €P'Yov (Röm 15,18). 154. Mk l1,22f./ Mt 21,21; Mt 17,20/ Lk 17,6. - Vgl. ThEv 48.106. - Vgl. zum jüdischen Hintergrund (dort ohne ,Glaube') Strack-Billerbeck 1,759. - Zu dem Wunder des Wegrückens eines Baumes vgl. Fiebig, Jüdische Wundergeschichten, Nr. 10, S. 31ff.
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Dieser Sachverhalt wirft mehrere Fragen auf. Zunächst sind der Sprachgebrauch unserer Wendung und das Verhältnis zu den synoptischen Logien zu klären. Die Wendung vom "Bergeversetzen" findet sich in antiken Texten in drei verschiedenen Zusammenhängen: erstens zur Beschreibung eines außergewöhnlichen Naturereignisses (so Jes 54,10), zweitens in der gemeinantiken wie jüdischen Redeweise "die Berge umwerfen, zerschmeißen, versetzen", die ein außergewöhnliches Handeln charakterisiert 155, drittens in dem synoptischen Logion, in dem das Bergeversetzen Folge eines starken Glaubens ist 156. Unserem Vers unterliegt also formal eine gemeinantike bzw. jüdische Wendung 157, er ist thematisch wegen der Verbindung mit der rrLanc; jedoch der synoptischen Gruppe zuzuordnen. Von daher ist mit Lührmann ein "traditionsgeschichtlicher Zusammenhang" mit den synoptischen Logien zu vermuten 158. Andererseits sind lKor 13,2 und das synoptische - vielleicht auf Jesus zurückgehende 159 - Logion vom Bergeversetzen in der Diktion so weit voneinander entfernt, daß man ebenfalls mit Lührmann keinen Hinweis darauf fmden kann, Paulus zitiere hier (polemisch) ein Herrenwort, zumal der Text selbst keinen Hinweis auf einen AO')'OC; KVPWV oder Ähnliches enthält, wie es bei Paulus üblich ist, wenn er ein Jesuslogion zitiert 160. Schwieriger ist ein Urteil über die genauere Bedeutung von rrianc; in lKor 13,2 zu gewinnen. Lillumann warnt aufgrund seiner Analyse des jüdischen Glaubens155. 156. ·157. 158. 159.
Lukian Nav 45; Herrn vis 1, 3,4. Dazu Lührmann, Glaube, 18ff., 54; Zmijewski, FS. Zimmermann, 81-104. Vgl. Conzelmann, 1. Korinther, 263, A. 8. Glaube, 22. Ebd. 19; Zmijewski, a.a.O. 95: das Sykaminenwort aus Q ist "authentisches Jesuswort." 160. Ebd. 22. - Die These, lKor 13,2 sei eine Spielart des synoptischen Logions, vertreten auch Riesenfeld, Rech B 1960,49, und Kuhn, ZThK 1970, 314f. Robinson (Entwicklungslinien, 38ff.) bemerkt, daß Paulus nur im 1. Korintherbrief Jesusworte benutzt (ausgenommen 1Thess 4,15f. mit seiner speziellen Problematik) und diese jeweils dem Sinne nach ohne eigentliche Zitation frei formuliert. Er stellt 1Kor 13,2 in diesen Zusammenhang und versteht den Vers als Kritik des Paulus an der Benutzung einer Q-ähnlichen weisheitlichen Spruchsammlung der Korinther. Paulus stelle hier einem enthusiastischen Herrenwort die o.-yU1TT) als kritisches Theologumenon gegenüber (vgl. dazu allgemein: a.a.O. Robinson 70-106; Köster 147-190). Im Anschluß hieran vertritt Kuhn a.a.O. die Ansicht, Paulus habe bewußt auf die Benutzung der Jesus-Logien verzichtet, da diese von gnostisierenden Gegnern in Korinth verwendet wurden (2Kor 5,16 als Schlüsselstelle). 1Kor l3,2 selbst verrät derart speziell polemische Tendenzen nicht. Trifft Zmijewskijs Rekonstruktion zu, nach der das Bild vom Berge-Versetzen eine sekundäre Stufe des Jesuslogions ist (S. 94), so wäre eine direkte Beziehung auf ein J esuslogion auch dadurch erschwert.
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begriffs davor, die nianc;, die in den synoptischen Wundergeschichten und auch in dem traditionsgeschichtlichen Komplex, zu dem lKor 13,2 gehört, begegnet, einfach als "Wunderglauben" jüdischer und paganer Frömmigkeit zu interpretieren, der hier ins NT übernommen und noch gesteigert wäre. Andererseits versteht Lührmann die nlanc; in lKor 13,2 durchaus als "wunderwirkende Kraft" 161 und erwägt, diese nlJTLC; wegen ihrer Verbundenheit mit den xapla/1ara iap.urwv lKor 12,9 als "spezielles Charisma des Heilens" zu verstehen, zumal Jak 5,15 eine älmliche Verwendung von nlanc; belegt ist l62 , wodurch sich nianc; hier ganz vom ursprünglichen Wortsinn entfernen würde. Nun handelt es sich zwar Mt 17,20f. um nlanc; im Zusammenhang mit einer wunderbaren Heilung, aber weder spielen die synoptische Variante Mk 11,22ff. noch lKor 13,2 auf Krankenheilung an. Man wird daher lKor 13,2 vom Wortlaut her verstehen müssen: es handelt sich um das Charisma des Glaubens, der zu Wundertaten befähigt. Die Steigerung näaa nlanc; ist singulär bei Paulus 163 und erklärt sich formal aus dem hyperbolischen Stil der Verse 1-3. lKor 13,2 und 12,9 stellen nun die Frage nach der Einheit des paulinischen nlanc;-Begriffs. Trifft Conzelmanns Urteil zu 12,9 zu: "nlanc; ist hier eine besondere Gabe neben anderen, also nicht der Glaube"? 164 Paulus hätte danach . einen einheitlichen Glaubensbegriff, nlanc; als "Bekenntnis zu Gott als dem, der Jesus von den Toten auferweckt hat" 165, wo hingegen die Bezeichnung des Wunderglaubens als nlanc; eine bloße Übernahme des auf Jesus zurückgehenden urchristlichen Sprachgebrauches wäre, olme daß Paulus eine theologische Verbindung zwischen den beiden Phänomenen hergestellt hätte. Für IKor 13,2 würde sich in diesem Fall das Problem noch dadurch zuspitzen, daß V. 2 von einer nianc;, die ohne a:yanl1 nichts nützt, spräche, während in V. 7 und V. 13 nianc; und Urunl1 nebeneinanderstehen. Handelt es sich auch hier um verschiedene Begriffe von Glauben? Deutlich sind die beiden verschiedenen Ausprägungen der Bedeutung von nianc; und die Verankerung der "Wunderpistis" in der urchristlichen Gemeindeerfahrung. Die Frage lautet also, ob Paulus eine theo-
161. Glaube, 26f. Zum ,Wunderglauben', in lKor 13,2 vgl. S. 54. 162. Glaube, 22. - Jak 5,15 ist 1rLOne; nicht selbst die Heilungskraft, sondern deutlich Gebetsglaube, dem die Heilung folgt. Der Begriff ,1T{one;' allein bedeutet also auch dort nicht ,Heilung'. 163. Im NT noch Tit 2,10. 164. 1. Korinther, 246f. Ähnlich Gerhardsson, FS. Daube, 203. - So Luther z.B. in der Estomihipredigt von 1525: Althaus, Theologie, 358. 165. Lührmann, Glaube, 55; vgl. auch ders. in RAC 11,48-122: ,Glaube', dort 71 zu lKor 13. Lührmann stellt keine Verbindung zwischen dem allgemeinen Glaubensbegriff des Paulus und lKor 13 her, sondern behandelt lKor 13 in einer Art Nachtrag zur 1Tlone; bei Paulus.
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logische Verbindung zwischen dem Gemeindephänomen des Wunderglaubens und dem abgekürzt als Kerygmaglauben zu bezeichnenden Glauben, der im Zentrum seiner Theologie steht, hergestellt habe. Im anderen Falle hätte Paulus eine verwirrend inkonsinne und widersprüchliche Tenninologie, die verschiedene Inhalte mit derselben Vokabel bezeichnete. Zunächst ist sicher, daß Paulus eine bewußte Beziehung durch das Theologumenon der xapiup.aTa herstellt, dessen Theologie er in lKor 12 und in Röm 12 entwirft 166. Das Gemeindephänomen der Wunder-1Tiun<; ist durch die Charismenlehre direkter Bestandteil des paulinischen 1Tiun<;-Begriffs. Mehr noch: nicht nur der Wunderglaube ist Charisma, sondern ebenso spricht Paulus umgekehrt vom Kerygmaglauben als vom 1Tvevp.a T17<; 1TiuTew<; (2Kor 4,13). Da der Glaube stets Geistgeschenk ist, haben auch nicht alle Christen denselben Glauben, vielmehr hat jeder sein p.€rpov 1TiuTew<; (Röm 12,3 16'1), es gibt starken und schwachen Glauben 168, so auch 1Täua 1Tiun<; in 1 Kor 13,2. Und inhaltlich ist der Wunderglaube von lKor 13,2 derselbe Glaube wie derjenige Abrahams in Röm 4, den Paulus in Röm 4, 24f. direkt auf den Glauben der Gemeinde an den auferweckten Jesus, eben auf den Kerygmaglauben, der die Mitte des paulinischen Glaubensbegriffs bildet, bezieht. Abraham glaubte an Gott den Schöpfer und Lebendigmacher, er hoffte, ohne zu zweifeln, gegen den Augenschein und alle Wahrscheinlichkeit, wurde nicht schwach, verfiel nicht in Unglauben, o'AAa €veövva/-Lwfn1 TTI1TiuTet, ... 1TA11pOepoprr&i<; ön Ö €1TrrrreATat övvaTck eunv Kai 1TOL17Uat (4,20f.). Am deutlichsten wird dieser innere Zusammenhang von Wunder- und Kerygmaglauben Gal 3,5f., wo die Rechtfertigungslehre ins Spiel kommt. Der Kerygmaglaube ist hier Grund des Wunderglaubens der Gemeinde wie Abrahams, der selbst wieder Rechtfertigungsglaube ist. Handelt es sich also bei der 1Tiun<; von lKor 13,2 um einen theologisch ftir Paulus durchaus legitimen Aspekt der 1Tiun<;, so wiegt der Nachsatz umso schwerer: ci'Ya1T11v öe P.f7 €XW, ovf}ev e;Pt. Die o''Y0.1T11 ist dieser 1Tiun<; übergeordnet, da der Charismatiker bei allem Glauben o.hne 0''Y0.1Tf/ "nichts ist". Auf einen bloßen Wunderglauben bezogen, der im Zusammenhang mit den övvQp.eL<; und u11p.eia 166. Vgl. Mundle, Glaubensbegriff, 160f. A. 1; Grau, Xcip~op.a, 217-222. - Zu Röm 12 in diesem Zusammenhang: Käsemann, Römerbrief, 317ff. 167. Zu p.fTpOV 1T{oTewc: vgl. Käsemann, Römerbrief, 320. Wichtig ist Käsemanns Hinweis auf die Austausehbarkeit von 1T{on<: und 1Tveüp.a an dieser Stelle. Hier zeigt sich deu tlieh, wie sehr 1T{on<: durch die Verbindung mit der Gnaden- und Geistlehre des Paulus selbst xap~op.a ist. 168. Mit Bultmann, ThWNT 6, 220, gegen Lührmann, Glaube, 54, der den Glaubensbegriff des Paulus zu einseitig versteht. Das gilt auch für Lührmanns Artikel ,Glaube', RAC 11, 48-122, dort 68.
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apostolischer Mission leicht zu persönlicher Machtdemonstration und zu falschem Selbstruhm entartet, ist dies Urteil, die a:YCL1TT/ sei die übergeordnete Größe, verständlich. Ihre antienthusiastische Spitze wurde ja schon für die vorangehenden Charismen herausgearbeitet. Ist dieser Wunderglaube aber Bestandteil der paulinischen Rechtfertigungs-1Tlon<;, dann überrascht die Aussage, der Mensch mit 1TLan<; ohne Ct,,/U1TT/ sei nichts, denn diese 1Tlon<; selbst bringt oLKawaVV7] und OWTT/pta. Damit entsteht eine theologische Konstellation, die für die bisher genannten Charismen nicht galt: bisher wurde Cr,,/U1TT/ solchen Charismen entgegengestellt, die bei Paulus nirgendwo soteriologische Eigenbedeutung haben, sondern nur von den Korinthern dahingehend mißverstanden werden. Hier aber wird die Ct,,/U1TT/ einem Charisma übergeordnet, das selbst bei Paulus zentrale soteriologische Funktion hat. In diesem Zusammenhang wirft lKor 13,2 in besonderer Weise Licht auch auf den paulinischen Kerygma-Glaubensbegriff. Die 1TtUn<; ist kein "statischer Zustand", sondern sie vollzieht sich stets "in der Bewegtheit des individuellen Lebens" 169. Der Glaubende "muß stehen" und kann "fallen" 170. Dies aber hängt theologisch nicht formal ursächlich mit der Geschichtlichkeit der menschlichen Existenz zusammen, sondern mit der inhaltlich zu verstehenden Notwendigkeit praktischer Ausformung des Glaubens in der Liebe 171. Das aber gilt nun eben nicht nur für den sogenannten Wunderglauben. Vielmehr bestätigen Gal 5,6: 1Tion<; OL' U,,/U1TT/<; ev€p"/oVJ..L€V17 und das ep,,/ov TT1<; 1TtOT€W<; (1 Thess 1,3) ebenso wie die Zusammenstellung von 1TtOn<; und Ct,,/a1TT/ (1 Thess 5,8), daß dasselbe für den sogenannten Kerygmaglauben gilt. Ernt die Ct,,/u1TT/ gibt allem Glauben letzten Wert. Sie allein "fällt niemals", wie V. 8 sagt. Für lKor 13,2 bleibt weiter festzuhalten: die Cr,,/u1TT/ steht nicht gegen das 1Tion<:-Charisma, sondern neben und über ihm. Wie Gal 5,6 soll sich die 1TtOn<; in Ct,,/u1TT/ erftillen, nicht aber ersetzt Ct,,/a1TT/ einfach die 1Tlon<;. Ziel punkt ist eine Ct,,/U1TT/ als von Gottes Geist dem Herzen eingegossenes Charisma, bewirkt durch den Glauben (Röm 5,1-5). Die Logik des Satzes ist addierend, nicht alternativ. lKor 13,2 macht so eine allgemeine Grenzaussage über die 1TLon<:, die durchaus theologisch gemeint ist und nicht nur auf ein Randphänomen des Glaubens zu beziehen und dann zu vernachlässigen ist. Richtig ist aber auch, daß Paulus diese Begrenzung der 1Tlon<; hier an dem "Wunderglauben" vornimmt, der deutlicher als der "Kerygmaglaube" die Begrenztheit eben aller 169. Bultmann, ThWNT 6, 219. 170. lKor 10,12; Röm 11,20; 2Kor 1,24. 171. Ginge es um eine solche Existenzbestimmung, dann wäre gerade die Forderung nach d-ya1fl1 in 13,2 nicht verständlich. So kann auch Jonas, Gnosis 11, 48,1fionr; und c:'L')'a1fl1 einander nicht im paulinischen Sinn zuordnen, sondern beschränkt sich auf die Betonung der 1flonr; als dem Menschen adäquater Existenzstruktur.
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rriunc: zeigt. Andererseits ist lKor 13,2 keine systematische Aussage, die der rriunc: grundsätzlich ihren soteriologischen Rang absprechen will oder die a-ycl.rr1] an diese Stelle setzt. Hier geht es vielmehr um die soteriologische Überordnung der u-yQ.rr1] über einen Aspekt der rriunc:. So liegt die eigentliche Aussage über den bergeversetzenden Glauben eben auch nicht in der Wunderkritik. Im Gegenteil ist rräua rriunc: stärker noch als die vorangehenden Charismen legitime Macht des christlichen Pneumatikers, sein eigentliches Heil aber, sein eigentlicher Wert liegt in der Q,-yQ.rr1]. Nicht Wundertun aus Glauben wird kritisiert, sondern sein Nutzen im Verhältnis zur u-ycl.rr1] bestimmt 172. Zwei Fragen bleiben hier offen. Erstens: welchen Aspekt der rrlnTLC: kritisiert bzw. limitiert die Q.-yQ.rr1] im Wunderglauben? D.h.: Welches Element der rriunc:, das im Wunderglauben besonders hervortritt, bedarf einer Ergänzung durch CL-yQ.rr1], um dem Menschen soteriologisch "Nutzen" zu bringen? Zweitens: Weshalb ist gerade die u-ycl.7r1] die Vollendung der rriunc: und ihr hier damit soteriologisch übergeordnet? Die Antwort darauf enthalten die W. 4-7, die die eigene Struktur der u-yQ.rr1] aufzeigen und in V. 7 nochmals ihr Verhältnis zur rriunc: aussprechen. So wird nach V. 7 nochmals das Verhältnis von u-ycl.7r1] und rriunc: zu erläutern sein.
5. Diese Verhältnisbestimmung arbeitet mit dem Urteil "oviJev elp.L". oVDev elvaL benutzt Paulus öfter, um die Bedeutung einer Person oder Haltung zu Gott, ihren Wert vor Gott, anzugeben, wobei er lKor 7,19 zwei sich zunächst grundsätzlich voneinander unterscheidende Größen: Beschneidung und Unbeschnittenheit, nebeneinandeJ stellt, da sie neben der 777P1]ULC: eVToAwv 'lJeov gleichermaßen wertlos sind 173. Daß lKor 13,2 nicht zufcillig ob{)ev elp.L steht, zeigen Gal 6,3 und 2Kor 12,11. Gal 6 setzt Paulus diese Bezeichnung, um die rrVeVJ.1.aTLIWl (6,1) vor falscher Ka{rmULC: zu warnen und zur Liebe als zu dem VOJ.1.0C; TOU XPWTOV (6,2) zu ermahnen. 2Kor 12,11 betont er äußerst polemisch, er sei trotz seiner apostolischen Wundertaten "OVDEV". ov{)ev elp.L hat also eine ganz deutlich antienthusiastische Spitze und wird auch sonst im Zusammenhang der Gegenüberstellung von Ruhm durch rrv€Vl.wTlKcl. und Liebe verwendet. Die theologische Meinung des Pau]us ist hier dieselbe wie in 2Kor 12,11 ff.: auch wenn ich alle Wunder wirke, bin ich (dadurch) nichts 174. 172. Im Hintergrund stehen Erfahrungen, die Paulus 2Kor 10-13 dann thematisiert und auf die von V. 3 her noch Licht fällt. 173. Röm 2,25 wird das €TvaL Tl durch WI{I€A€LV interpretiert: vgl. lKor 13,3. 174. Auffallend ist die gleiche Bauart der Sätze Gal 2,6; 6,3; lKor 8,2; 14,37; 2Kor 10,7. Das Objekt der Polemik in diesen Sätzen sind (vor allem wahrscheinlich aus Korinth stammende) Parolen des Inhalts: ich bin aOl{ldc;, ich habe "Yvwa,~, ich bin Prophet, ich bin 1fV€v/JaTlKOC;, ich bin XPWTOV (zu diesem parallelen Beispiel einer Selbstbezeichnung in Form der Abhängigkeitsangabe vgl. 1Kor 1,12: ich bin des Pau-
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c) Vers 3
1. Käv I/IwJ1iaw mi1J7a Ta imapxovni J10V: die Aufzählung wendet sich nach den religiösen Fähigkeiten nun den Handlungsweisen zu 175, und zwar solchen, die mit den Charismen der vorangehenden Verse kommensurabel sein müssen 176. Es handelt sich hier um die Fortgabe des ganzen Besitzes - der Akzent liegt gerade hier auf dem 1Täc; - als besondere Leistung, die WI{J€A€ta bringt. Die Diktion ist wieder gesucht und ausgefallen und bewußt allgemein gehalten. Die exakte Bedeutung von I/IwJ1i~w bleibt zweifelhaft, da das Verb hier ganz ungewöhnlich konstruiert ist 177. Es schwingt neben der Anspielung auf LXX 178 lus, ich bin des Apollos, ich bin des Kepha, ich bin XpWTOÜ), ich bin Tlr;. Letztere Spielart begegnet in Apg 5,36; 8,10 wobei die berichtete Selbstbezeichnung des Simon Magus von besonderem Interesse ist. Es ist zu erwägen, ob hinter diesen Formulierungen nicht eine religiöse Selbstprädikation Tir; ellJt ... [mit Ergänzung] steht, die die Korinther selbst verwendeten. Deutlich ist jedenfalls, daß das OVOEV dlJt-Urteil hier nicht zufällig steht, sondern einen ganz gezielten polemischen Stellenwert hat, wahrscheinlich sogar die Negation eines enthusiastischen term. techno ist. Wieweit dieser Ausdruck TL( r;) elvaL im Zusammenhang mit der Prädikation des Simon Magus "ovTCk eUTLv ~ {)vvaIJLr; TOÜ 1')eoü ~ KaAovlJEVTj lJeyaAT/" auf gnostische Anwendung hindeutet und von daher ein Licht auf die Frage nach der Gnosis in Korinth wirft, kann hier nur gefragt werden. - Vgl. unten zu V. 7 und 13 "ou 1I't1rTetV" und "IJEVetV". - Angesichts dieses Materials tragen jedenfalls die bei Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 72, beigebrachten stoischen Parallelen nicht so sehr religionsgeschichtIichen wie vielmehr ausdrucksgeschichtlichen Wert, ebenso die bei Wettstein 11, 155, verzeichneten Aristophanes-Parallelen (so auch Apg 25,11). - Zu den sozialen Implikationen des Ausdrucks vgl. Theissen, ZNW 1974, 233ff. 175. Vgl. Schlatter, Der Bote, 256; Spicq, Agape 11,71. Conzelmann, 1. Korinther, 263: "Leistungen", was aber vom religiösen Gesichtspunkt aus für alle Charismen in 13,1-3 gilt. 176. Vgl. Harnack, Das Hohe Lied, 138, und Spicq, a.a.O. 71, der das Charisma der dVTLAfUJ.l/letr; von 1Kor 12,28 heranzieht, das m.E. keine Parallele zu 13,3 darstellt. 177. Stephanus, Thesaurus 8, 1969f.; Liddell-Scott 2029; Bauer, WB 1768; nicht in Papyri. Die 22 LXX-Belege müssen stets mit ,speisen mit .. .' übersetzt werden (m.Akk. d. Pers. U. Akk. d. Sache). 1Kor 13,3 fehlt der Akk. d. Pers. (in Vulgata und bei Luther sinngemäß ,1TTwxovr;' ergänzt), und der Akk. d. Sache gibt nicht die Art der Speise, sondern ihre finanzielle Quelle an. I/Iwp.i!;w ohne Akk. d. Sache begegnet bei Aristoteles Hist An 592 a 30 (€dv TLr; I/Iwp.i!;n) und Spr 25,2lf. (= Röm 12,20), nicht aber ohne Akk. d. Pers. Man muß mit einer unscharfen, umschreibenden Übersetzung zufrieden sein, etwa im Sinne Liddel1-Scott's: "bestow for food". Die andere, häufig vorgeschlagene Lösung ,zersplittern' (so auch Bauer, a.a.O.) ist aus dem Substantiv I/Iwp.o<: = Brocken abgeleitet. 178. Vgl. das LXX-Zitat in Röm 12,20 (neben 1Kor 13,3 der einzige weitere ntl. Beleg für I/Iwp.i!;etv).
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die Komponente des Austeilens der Speise mit, so daß das Verb dem 8ta8i8wJ1.L von Lk 18,22 und Apg 4,35 vergleichbar ist. Ta inrapxovra als ,Besitz' begegnet bei Paulus nur hier, ist aber häufig bei den Synoptikern belegt. Freiwilliger Besitzverzicht als religiöse Leistung ohne Hinweis auf eine karitative oder asketische Abzweckung l79 unter dem Stichwort ,Weggabe der ganzen Habe' begegnet im NT nur noch in denjenigen synoptischen Nachfolgesprüchen, die ohne die karitative Beziehung zu den Armen 180 nur die beiden Elemente der Weggabe aller Habe und eben der Nachfolge enthalten: Mk 10,28 par. und Lk 14,33 181 • Mt 19,27ff. zeigt am deutlichsten die eschatologische Komponente dieses apostolischen Besitzverzichts in der Petrusfrage: Ti äpa (faTaL 1]J1.iv? Es gab also eine Diskussion über die Frage: welchen Lohn hat der Apostel? Welche WI{J€ A€La hat sein apostolischer Besitzverzicht? 179. Die Ziele des Besitzverzichts sind in der Antike verschiedenartig und reichen von dem Wunsch, durch Almosengeben Gott wohlgefällig zu sein, über natürliche Lebensführung bis zur Entweltlichungsdemonstration. Zum karitativen Aspekt vgl. bes. Bolkestein, Wohltätigkeit; RAC 1, 301-307,689-698,749-795 (Bolkestein, Schwer, Strathmann); Braun, Radikalismus I, 10, 35, 58ff., 77ff.; 11,77 A. 1, und Strack-Billerbeck IV, 1.22, Exkurs: Die jüdische Privatwohltätigkeit; Berger, Gesetzesauslegung, 422ff.; Keck, ZNW 1965, 100-129, und 1966,54-78; zur spätjüdischen Armentheologie bes. Dibelius, Jakobus, 37ff.; zur lukanischen Armentheologie: Degenhardt, Lukas. Zur Weggabe der Habe bei den Rabbinen vgl. Gerhardsson, 1. Kor. 13, in: FS. Daube, 193f.; so auch Kieffer, Le Primat de l'Amour, 53f. Zum asketischen Aspekt vgl. bes. Strathmann, Askese; Stelzenberger, Frühchristliche Sittenlehre; Greeyen, Soziaiethik; Hengel, Nachfolge (31f., 35f.); RAC 1, 749-795. Zum Besitzverzicht des theios aner vgl. Bieler, 8EIOl; ANHP, 68f. (ApoUonius v. Tyana und Peregrinus Proteus) und Betz, Lukian, 74f., 194ff. Zur freiwilligen Armut der indischen Asketen vgl. Dmitrewski, Freiwillige Annut. - Unser Text spricht weder von einem asketischen noch von einem karikativen Ziel, so daß die genannten Phänomene nicht zur Erklärung von 1Kor 13,3 beitragen. 180. So Mt 19,21ff. par.; Lk 12,33. Vgl. dazu bes. v. Campenhausen, Askese; Braun, Radikalismus 11, 73ff.; Schulz, Nachfolgen (79-97); ThWNT 6,37-40; 316-330; 885-915 (Hauck, Kasch, Bammel); Theissen, NovTest 1977,161-196 (für unseren Zusammenhang unergiebig, da das ganz spezielle historische Phänomen der apostolischen Nachfolge als Variante sozialer Entwurzelung verstanden wird, so daß eine einheitliche Untersuchungsgruppe entsteht, die von den Aposteln bis zu den Räubern reicht). 181. Vgl. Lk 5,11. - Unter Beachtung der Gleichnisstruktur sind auch Mt 13,44 (lI'wXEi lI'avTa b'aa ;;'X€L) und 13,46 (lI'€lI'paK€V 1J'CIVTa b'aa €lx€v) zu vergleichen. - Zu Mk 10,28ff. par. vgl. bes. Berger, Gesetzesauslegung, 421-460. Berger erhellt den jüdisch-hellenistischen Hintergrund des Besitzverzichtes im Bekehrungszusammenhang. Mk 10,28ff. wird diese Tradition für die Jüngernachfolge in Anspruch genommen. Eben diese Stufe der Traditionsverarbeitung haben die korinthischen Apostel vertreten, gegen die Paulus lKor 13,3 argumentiert. Diesen Zusammenhang verkennt Gerhardssons Interpretation (1. Kor 13, in: FS. Daube, 193f.)
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In diesem Zusammenhang nun steht genau lKor 13,3. Denn nur für Apostel kommt das dort umschriebene Charisma in· Frage. Die Aufgabe des Besitzes zieht zugleich den Unterhalt der Apostel durch die Gemeinden nach sich, sofern die Apostel nicht eine Zeitlang in einer Gemeinde blieben und in der Lage waren, dort einen Beruf auszuüben. Die korinthische Gemeinde kannte dies Apostelcharisma nicht von Paulus, Apollos und Bamabas 182, sondern von anderen Missionaren, die später nach Korinth kamen und deren Identität unklar bleibt 183. Paulus selbst dagegen hat während seines Missionsaufenthalts in Korinth den letzteren Weg gewählt und seinen Beruf ausgeübt (lKor 4,12; 9,15). Dabei kennt und billigt er die ,€~ovaia tpo:yetv Kai 1TLetv' (lKor 9,4) als Anordnung des Herrn (lKor 9,14) und nimmt selbst z.B. von den Christen aus Philippi
182. Zu Paulus und Apollos vgl. lKor 4,12; zu Paulus und Barnabas vgl. 9,6. Dabei ist zu Barnabas die interessante Notiz Apg 4,36 zu vergleichen: Barnabas verkauft einen Acker und bringt das Geld den Aposteln. Wäre es sicher, daß dies sein ganzer Besitz war, hätte er eben diesen apostolischen Besitzverzicht geleistet, den sonst jene Jünger leisteten, die eben nicht selbst arbeiteten, sondern sich von den Gemeinden unterstützen ließen. Jedenfalls zeigt die Überlieferung über Barnabas wie dann auch das unterschiedliche Verhalten des Paulus, daß die interessante Typologie von Theissen, NTS 1975, 192-221, von Wundercharismatikern und Gemeindeorganisatoren, was die finanziellen Implikationen betrifft, unzulässig vereinfacht. Zudem überschätzt Theissen die Schärfe der Auseinandersetzung zwischen beiden "Aposteltypen" im lKor (trotz seiner Einschränkung, S. 205f.). - Eine nützliche Zusammenstellung der Argumentation des Paulus zu diesem Thema gibt Pratscher, NTS 1979, 284-298. 183. Zu dem umstrittenen Problem der Identität dieser Missionare, vor allem dem möglichen Korinthaufenthalt des Petrus, vgl.: Weiß, l.Korinther, XXXlVff. (von Petrus Getaufte, zugewanderte Gemeindeglieder); Lietzmann, 1. Korinther, 7 (Petms war in Korinth); Manson, Studies, 190-209 (wie L.); Barrett, FS. de Zwaan, 1-19 (wie L.); Cullman, ThWNT 6, 111 (unentschieden); Barrett, FS. Michel, 1-12 (wie L.); Dahl, FS. Knox, 313-335 (Petrus hat nichts mit den Parolen zu tun); Barrett, 1. Corinthians, 44 (unentschieden); Conzelmann, 1. Korinther, 47 A. 23 (unentschieden); Kümmel im Anhang zu Lietzmann, 167, mit Goguel, RHPhR 1934,461-500 (gegen L.). Wichtig ist weniger die Person des Petrus, sondern die Tatsache, daß die Korinther vor der Abfassung des 1. Korintherbriefes - wie es ja natürlich ist (dazu bes. Dahl, a.a.O. 334: "It is easy to understand that many were quite willing to listen when some new, wandering apostels arrived", wozu Korinth alle Möglichkeiten bot) - in Berührung mit ihre €~oua{a auf Unterhalt nutzenden Wandermissionaren kamen, die nicht so klar konturiert sind wie die Gegner des 2Kor. Und sicher gehören Petrus und andere palästinensische Missionare aus der direkten J esusnachfolge zu diesem Aposteltyp. Sicher ist ebenfalls, daß Petrus in Korinth als Apostel bekannt war und Einfluß besaß und Paulus seine Autorität nicht angreift, ja in 1Kor 15,5 im Gegenteil bestätigt.
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Unterstützung an 184. In Korinth aber haben er und Barnabas selbst gearbeitet und keine Unterstützung von der Gemeinde angenommen. Den Grund gibt Paulus in 9,12 an: a:A.Aa rravTa OT€'Y0J.1,EV Lva J.1,1] TLva €'Y1wrriw OWJ.1,EV TCiJ Eua'YrEAt4J TOV XpWTOV. 1Kor 13,7 aber heißt es eben von der CL'Ya1TT/: rravra OT€'YEL. Das heißt: der Apostel soll mit CL'Yarrl1 handeln. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung von 1Kor 13,3 ganz klar. Das apostolische - legitime! - Charisma des Besitzverzichts mit der Konsequenz der Unterstützung durch die Gemeinde ist trotz all seiner Berechtigung und seiner zeitweiligen Inanspruchnahme durch Paulus selbst wie die in 1Kor 13,1 und 2 genannten Gemeindecharismen der Gefahr ausgesetzt, in Lieblosigkeit auszuarten. Diese Lieblosigkeit äußert sich nach Paulus in Korinth zweifach: als Herrschaftsverhalten bei den anderen Aposteln 18S und als Parteiung innerhalb der Gemeinde 186. Um dem vorzubeugen, haben Paulus und Barnabas beschlossen, auf ihr apostolisches Vorrecht zu verzichten und statt dessen ,mit CL'Yarrl1' zu missionieren (9,12), was sich in rravra OT€'YELV konkretisiert. Den theologischen Kommentar zu diesem Missionsverhalten, das in K. 9 dargestellt wird, hat Paulus schon in 4,9-13 gegeben. Die eigene Handarbeit, die wenig einbringt, so daß die Apostel arm sind (4,11)187, gehört zum Apostolat, wie Paulus es von der Kreuzestheologie her konsequent seit 1Kor 1,17ff. entwickelt. Daß er gerade in Korinth auf den Unterhalt durch die Gemeinde verzichtet, hängt also direkt mit seiner bewußten missionarischen Grundentscheidung rur Korinth zusammen, die sicher auf den Erfahrungen der vorherigen Mission beruht: ,ou 'Yap fKpLva TL Eio€VaL (;V UJ.1,LV Ei J.1,it 'I1100VV XPWTOV Kai TOVTOV eOTaVpWJ.1,€vOV' (2,2). Diese seine apostolische Haltung nun ist die Haltung des Vaters zu den T€KVa CL'Yarrl1Ta (4,14), sie ist die CLrarrl1, wie sie 1Kor 13,4-7 beschrieben wird. Diese missionarische Haltung des Paulus ist in einer 184. 2Kor 12,13 zeigt ex negativo deutlich, daß Paulus sich in anderen Gemeinden hat unterstützen lassen (so auch 2Kor 11,7f.). Diese Unterstützung kann nicht nur für Philippi gegolten haben (vgl. dazu Phil 4,10ff.). Andererseits hat er sich in Thessaloniki wie in Korinth verhalten: 1Thess 2,1-12. - VgI. allg. Apg 2034f., wo allerdings die spezifisch paulinische theologische Deutung seines Verhaltens fehlt. - Zu der Frage im Ganzen vgl. die ausgezeichnete Studie von Pratscher, NTS 1979, 284298 (Lit.). lKor 13,2 ist dort allerdings nicht erörtert, wodurch die Fragen von Herrschaft und d-ycl1rl1 für 1Kor nicht hinreichend scharf heraustreten. 185. Diese Gefahr will Paulus schon in Thessaloniki vermeiden: 1Thess 2,7. Vgl. lKor 4,15. - Stärker tritt diese Gefahr dann im 2Kor hervor. 186. Dies ist die Hauptgefahr der korinthischen Gemeinde nach lKor. Vgl. dazu die wichtigen Überlegungen bei Theissen, NTS 1975, 217-220. 187. Theissen, NTS 1975, 212, weist zurecht darauf hin, daß Paulus durchaus dem Geist der apostolischen Armut entsprach - wahrscheinlich sogar mehr als die anderen Apostel.
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allgemeinen Formulierung in 13,3 ausgesprochen. Ohne o..ra1T77 bringt der apostolische Besitzverzicht dem Apostel keine Wtp€A€ta. Daher verzichtet Paulus in der Praxis auf die €~ovaia seines Apostolats, und daher fordert er die Korinther immer wieder auf, seine Nachahmer zu werden wie er Christi (so auch 11,1). In lKor 13,3 geht es also nicht um eine hypothetische Asketen- oder Charismatikergestalt oder einen frommen Menschen, der die Armen unterstützt, so daß Paulus das hypothetische Paradoxon tätiger caritas ohne uru1T77 konstruierte, sondern präzise um das Charisma des urchristlichen Apostolats. Paulus greift auch damit ein anscheinend bei den Korinthern geschätztes Charisma auf. Er kritisiert die Lebensform der Missionare, die, in apostolischer Besitzlosigkeit lebend, von den Gemeinden unterhalten werden, nicht direkt, wie er auch die anderen Charismen nicht kritisierte, sondern limitierte. So vermag er sich selbst ebenfalls dieser Lebensform zu bedienen, wo ihm keine Gefahr des Mißverständnisses zu drohen scheint. Hier aber sagt er: auch diese apostolische Lebensform als solche "nützt" nicht vor Gott. Eschatologischen Lohn erhält der urchristliche Missionar nicht direkt wegen seiner Lebensform, sondern nur, wenn er o..ra1T77 hat. Dahinter steht die kritische Einsicht des Missionars Paulus, dem Evangelium sei mit einem selbst arbeitenden und verdienenden Missionar mehr gedient als mit der urchristlichen apostolischen Lebensweise, die in den jungen Gemeinden leicht zu Parteiungen und bei den Aposteln selbst zu einer falschen Herrschaftshaltung führe 188. Seine eigene apostolische Armut dagegen fällt nach seinem Verständnis gerade nicht unter die apostolische Herrschaft, die €~ovaia (lKor 9 pass.), sondern unter die Schwäche als Lebensform des Apostels Christi, der den Herrn stark sein läßt und deshalb selbst schwach ist. Wieweit sein Apostolat nach seinem Verständnis von Ura1T77 geprägt ist, wird bei der Betrachtung der W. 4-7 noch deutlicher werden. Mit dieser Stellungnahme zum apostolischen Charisma des Besitzverzichtes entfernt sich Paulus grundsätzlich von einem Apostolatsverständnis, wie. es im hellenistischen Judentum vorgebildet und von der urchristlichen Gemeinde übernommen worden war und von ihm selbst allgemein gebilligt und teilweise selbst in Anspruch genommen wurde. Die Apostel, die allen Besitz aufgeben
188. Daß die "übrigen Apostel, die Herrenbrüder und Petrus" (9,5) synoptische Jüngervorstellungen verwirklichen, ist deutlich und natürlich. Ebenfalls deutlich ist, daß Paulus hier unter Rückgriff auf die Ausdrucksweise dieser Apostel in verallgemeinernder Form gegen Erfahrungen, die er mit dem Apostolat dieser Apostel gemacht hat, polemisiert. Damit schließt die Polemik von 13,3a an l3,2a an. Wieder wird eine synoptische Tradition als einseitig und damit theologisch anfechtbar sub specie a-ya,1T1}!; ausgewiesen. - Die traditionsgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen der synoptischen Jüngeraussendung Mt 10,9ff. par. und dem Hermwort lKor 9,14 können hier nicht erörtert werden.
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und sich von ihren Gemeinden unterhalten lassen, stehen in der legitimen Tradition eines Hiob und seiner lmop.ovr, (Test lob 4) und einer Asenet in ihrer Bekehrung (13,2). Wie jene im Dienste des wahren Gottes, so haben die Jünger in der Nachfolge Jesu alles verlassen: iöov i]p.€is U'f!17Kap.€V 7TCivra Kai i]KOAOVt91]Kap.ev aOL (Mk 10,28). Himmlischer Lohn ist ihnen allen sicher zugesagt (Test lob 33; Mk 10,30; Mt 19,27f.). So ist auch der Besitzverzicht der korinthischen Apostel sicher christologisch in Anlehnung an die Jünger Jesu motiviert gewesen. Wenn Paulus hier nun die endgültige wl{J€A€La dieses Besitzverzichtes bestreitet und statt dessen der u-ya:lTT/ zuschreibt, so zeigt sich auch rur den Besitzverzicht, wie der Streit um den Wert der Charismen zutiefst christologisch fundiert ist. Denn das Kriterium des Paulus - die u-ya:lT71. - ist nicht allein ethisch zu verstehen, sondern hat seine christologische Dimension in dem paulinischen Verständnis des Apostolats der Niedrigkeit und Schwäche als des Vollzuges des Kreuzes Christi.
2. Kai ECW 1Tapaöw TO awp.u 1l0V 'iva K01J19i1aOllat/K01Jxi1awp.at, U-YU1T71V
öe p.17
€XW, ouöev WI{J€AOVP.at 189: In diesem Satz befmdet sich das einzige schwerwie-
gende textkritische Problem des Kapitels, nämlich die Frage, ob es um ,Hingabe des Leibes zur Verbrennung' oder ,zum Ruhm' gehe. Die äußere Textkritik spricht, wie K. W. Clark richtig festgestellt hat 190, ftir K01Jxäa19aL, die innere Kritik kann nur durch NebeneinandersteIlen beider Möglichkeiten behandelt werden. Verfolgt man zunächst die Leseart mit Kal€LV, so ist zwar die Vorstellung der Verbrennung im NT nicht aufzuweisen, im jüdischen und heidnischen Schrifttum aber verbreitet. Das ,awp.a 1TapuöLÖovaL Eie; €1l1TVpwp.ov' ist stehender Ausdruck 191. Die Verbrennung war zur Zeit des Paulus keine offizielle römische 189. Zum Ausgleich der Quantitäten zwischen Kavt'Jf!aw/J.a und Kavt'JT!ao/J.at vgl. Blaß-Debrunner § 28, zu den Finalsätzen mit tva und Konjunktiv vgl. § 369,2. 190. Clark, FS. de Zwaan, 52-65, dort 6lf. richtig gegen das Urteil Harnacks, "textkritisch betrachtet", neige sich "die Wagschale nach der Seite des Kavt'Ji!ao/J.at" (Harnack, Das Hohe Lied 140); bei Harnack vgl. die genaue Darlegung der Zeugen 139ff. Anhand der äußeren Kritik entscheidet sich das "The Greek New Testament" gegen Nestle für Kavxäat'JaL. Die neu este Ausgabe Nestle-Aland von 1979 (26. Aufl.) liest nun auch Kavxf!aw/J.aL. Die Kommentare von Weiß, Lietzmann, Barrett, Conzelmann und Spicq, Agape 11, 54ff. übernehmen den Nestle-Text, während WestscottHort den NT Greek-Text wählen. Neuerdings plädiert Elliott, ZNW 1971, 297f., mit den alten Argumenten für KaletV. Metzger, Commentary, 563f.: Kavxf!aw/J.at. Kieffer, NTS 1975/76, 95-97: KaleLv (ebenso in: Le Primat de I'Amour, 18ff.), so auch Riesenfeld, FS. Daube, 210-214. 19l. Vgl. das von Popkes, Christus traditus, pass., gesammelte Material, von dem folgende Stellen besonders wichtig fur lKor 13,3 sind: Dan 3,95 (1TapE8wKav T<1. aW/J.ara
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Strafe 192, wohl aber eine Form der Lynchjustiz und als solche eine mögliche Form des Lynch-Martyriums, wie Philo sie rur die alexandrinischen Juden bezeugt 193. Von entsprechenden christlichen Martyrien dieser Zeit wissen wir nichts 194. Das offiziell angesetzte Feuermartyrium ist dagegen in den hellenistisch-jüdischen Schriften vielfach bezeugt. Am bekanntesten wurde die in Dan 3 erzählte Rettungslegende von den drei Jünglingen im Feuerofen, die ihre Leiber zur Verbrennung hingaben, um niemand anderem zu dienen als dem einen Gott. Diese Legende erlangte bald als Paradigma der Errettung durch Gott, der Glaubensstärke und des unschuldigen Leidens im Judentum besondere Bedeutung l95 . Dasselbe Motiv begegnet ca. 100 n.ehr. in der Geschichte des Turmbaus zu Babel bei Pseudo-Philo, wo Abraham wie Daniel im Feuerofen gerettet wird 196. Die wirklichen Feuermartyrien einzelner Juden, die im 1. und 4. Makkabäerbuch und im Talmud berichtet werden, gehören ebenfalls in diesen Zusammenhang 197. Dabei nehmen die Rabbinermartyrien Züge des fleto\'-dvr1p-Feuertodes im Sinne der freiwilligen asketischen Leistung und des Schauwunders in aVT~)IJ ek E/J1TUPLO/JOIJ); IMakk 7,35; 3=vtakk 6,6 (1TUpL TTjIJ l/JuxTjIJ c5ec5wKoTac;); Äth
192. 193. 194. 195.
196. 197.
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Hen 108,8 (ihren Leib der Qual preisgeben, Kautzsch, Apokryphen und Pseudepigraphen 11, 310); Jos Bell 7,355 (1TUPL Ta oW/Ja 1Tapac5olJuc;). Zum heidnischen Material vgl. Spicq, Agape H, 73ff.; besonders wichtig für 1Kor 13,3: Porphyrius Abst 4,18 (1TUpL Ta oW/Ja 1TapaOOIJTec;); Dio C 54,9 (1TUpL eaUTalJ tWlJTa eteoWKelJ); vgl. auch die Zusammenstellung bei Weiß, 1. Korinther, 315. Angesichts dieses Sprachgebrauchs ist die These Preuschens, es handele sich um freiwillige Hingabe in die Sklaverei, sprachlich unwahrscheinlich (ZNW 1915, 127-138). - Zum Verb vgl. Perrin, in: FS. Jeremias, 204-212. Vgl. PW Suppl. 7, 1614: im 3. Jh. n. Chr. gegen Überläufer und Christen angewandt; die Verbrennung des Brandstifters bildet seit alters einen Sonderfall. Vgl. Philo Flacc 36-69; dazu Schürer I, 498. Andere Lynchjustizformen begegnen reichlich im NT, z.B. Apg 7, in den Evangelien und bei Paulus die Steinigung; weitere Formen in den paulinischen Peristasenkatalogen. Vgl. dazu außer Popkes, Christus traditus: Michel, Gebet; RAC 3, 583f. (Danielou). Dan 3 wird in den Paradigmenreihen 1Makk 2,60; 3Makk 6,4-9; Apk EHae 9,2-11 (hg. G. Steindorff, TU 17, 3, S. 49); 4Makk 18,11-13; 16,21-22; PsPhilo De Jona (hg. Siegert) 25 (vgl. Siegert S. 24 A. 165) benutzt. Die Bedeutung dieses Paradigmas auch für die frühe Christenheit zeigt im NT Hebr 11,32ff., 37; dann 1Clem 45,7; Apost Constitut 7,37 usw. (vgl. weiter Söder, Apostelgeschichten 83f.; zu den bildlichen Darstellungen RAC 3, 581-584; zur jüdisch-rabbinischen Überlieferung: StrackBillerbeck I, 416). Pseudo-Philo Antiquitates 6 (Entstehungszeit zwischen 73 und 132 n.Chr., so Dietzfelbinger, Pseudo-Philo, 91). Nachweise ThWNT 3, 466-469. Von den folgenden christlichen Feuermartyrien sei auf Mart Pol 15,1 hingewiesen, weiter auf Thecla in den Act PI 21ff (HenneckeSchneemelcher, Ntl. Apokryphen I, 246f.).
sich auf1 98, die ihrerseits ebenfalls zur Erklärung von 1Kor 13,3 herangezogen worden sind 199. Ein besonderes Phänomen schildert Jamblich, der Pneumatiker kennt, die sich in ihrer Verzückung ins Feuer stürzen, aber Oul 777V 'lJeiav E1drrVOLaV vor dem Verbrennen bewahrt werden 200. Hätte Paulus an eines dieser Vorbilder gedacht, so ergäben sich mehrere mögliche Pointen. In Hinsicht auf Jamblich könnte man an ein Wundercharisma der Unempfmdlichkeit gegenüber dem Feuer denken, wie ähnliche Phänomene Mk 16,18 den Missionaren verheißen werden 201. Ein solches Charisma stände auch sinnvoll neben der Zungenrede genau wie in Mk 16. Auch der Wundercharakter, die Aus~ gefallenheit und das Extreme dieser Vorstellung passen sowohl in den Rahmen der 1Kor 13,1-3 genannten Charismen wie auch in das Mk 16 entworfene Bild charismatischer Jesusjünger, die o'T1J1.eia tun. Damit fiele weiteres Licht auf den Charakter der hier möglicherweise von Paulus gemeinten Charismatiker, nämlich auf ihre Fähigkeit, Schauwunder zu tun. Und schließlich ließe sich die Verbindung dieser Charismatiker zu den in den synoptischen Evangelien dargestellten Wandermissionaren dann auch in diesem Charisma aufzeigen. Durchaus möglich wäre auch die verwandte Konstellation: Verfolgung und Errettung wie bei Daniel und Abraham, ein Wunder, wie es bezüglich der Steinigung Lk 4,30 von Jesus überliefert ist. Beidemale wäre an Pneumatiker zu denken, die mit Hilfe ihrer o'T1J1.eLa Mission treiben, im zweiten Fall sogar unter Berufung auf atl. Vorbilder. Der Gedanke an den Feuertod heidnischer Pneumatiker, 'lJeiOL ävopec:, scheidet im Zusammenhang von 1Kor 13,1-3 aus, wo deutlicherweise christlich verstandene pneumatische Fähigkeiten durch die a:yarr'T1 kritisiert werden 202. 198. Darauf weist mit Recht Schmidt, ThWNT 3, a.a.O., hin. Vgl. weiter Fiebig, Wundergeschichten, 38ff., und Surkau, Martyrien, 9-57. 199. So Weiß, 1. Korinther, 315; Barrett, I. Corinthians, 303; Spicq, Agape 11, 73ff. (Material!); Dölger ACh 1, 254-270; Conzelmann, 1. Korinther, 263f., und Schmidt, ThWNT 3,466ff., in vorsichtigerer Form. Infrage kommen indische Gymnosophisten, griechische Philosophen wie Empedokles, griechische und römische Heroen und I9€LOL Cil)öp€~ (Betz, Lukian, 122; Bieler, 0EIOI: ANHP, 66). 200. Jamblich Myst 3,4. 201. Im Traktat Kallah 45f. (Fiebig, Wundergeschichten, 44ff.) stehen neben dem Feuer die Schlangen und Skorpione als mögliche Todesursachen. Feuer gilt als ähnlich bedrohlich wie diese Tiere, die Mk 16,18 erwähnt. Ein Charisma ,Feuerunempfindlichkeit' läßt sich ebenso denken wie ,Schlangenunempfindlichkeit' usw. 202. Dieser Zusammenhang wird oft nicht beachtet. 1Kor 13,1-3 stellt nicht irgendwelche Pneumatika zusammen, die jeder beliebige Heide vollbringen könnte, sondern Phänomene aus der christlichen Gemeinde, die dort fälschlicherweise als ausreichend zum Heilserwerb verstanden werden. Dem stellt Paulus die d-yQ.7T71 entgegen, nicht irgendeinem allgemeinen religiösen Phänomen - hier wären 7T{an~ und Gottesbekenntnis die entsprechenden Kriterien (so 1Kor 8,Hf.; 12,Hf.).
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Die jüdischen Feuermartyrien dagegen könnten im Kontext mit lKor 13,1-3 gesehen werden 203. Dann läge die Pointe im Bekennertod als dem höchsten Charisma, nicht im Wunder der Rettung. Sowohl angesichts der Verfolgungen, die Paulus selbst dauernd erlitt, wie angesichts der allgemeinen Lage der Christen ist diese Möglichkeit im J alne 55 realistisch. Betrachtet man die zweite Lesart, so ändert sich die Bedeutung des Lva-Satzes. Statt der Art der Leibeshingabe wird nun Ziel und Ergebnis dieser Hingabe beschrieben: der Ruhm. Hier ist zunächst auf die nicht genügend beachtete, grundsätzliche Feststellung Harnacks hinzuweisen, daß Paulus keineswegs das Rühmen stets negativ bewerte (wie alle jene Kommentatoren voraussetzen, die die Lesart wegen ihrer Bedeutungsgleichlleit mit a'Yurrrw OE p.7} €XW verwerfen), sondern daß es "eine vox media" seP04, mehr noch, daß es ein christliches Sich-Rühmen bei Paulus an exponierter Stelle gibt 20s • Negativ wird dieser Ruhm erst dann, wenn er gegen Gott auf seine eigene Gesetzeserftillung oder Geistbegabung pocht 206. ,Den Leib zum Ruhm hingeben' bedeutet dann zunächst, dadurch Ruhm vor Gott haben, so wie es z.B. in der Öffnung des Himmels für Stephanus geschildert ist. Wie stark Paulus selbst von dieser Vorstellung her lebt, zeigt lKor 15,3lf.: Ka{}' r,p.€pav a:1To{}vflaKw, vr7 T7}V vp.E7€paV KaVX11OtV, aO€Acpoi,
f/v
ExW €V XPWT4J 'I77aov T4J Kvpl~ r,p.wv. ei Kani äV{}pW1TOV €fJ77PWl1uX77aa €V 'EI{)€a4J, Tl p.m TO ÖI{)€AOC;? Der Einsatz des Lebens bringt also apostolische KaVx77atC; und damit WI{)€A€ta. Eben dies Schema liegt bei der zweiten Lesart in lKor 13,3 zugrunde. Auch die apostolische KaUX77atC; bleibt ohne Nutzen, wenn die a'Yu1T77 fehlt. Ebenso wie dort der Nutzen des Rühmens ausbleibt, wenn die a'Yu1T77 fehlt, bleibt in lKor 15,31ff. der Nutzen des apostolischen
Leidens und seines Ruhmes aus, wenn es keine Auferstehung gibt. Wählt man diese Lesart, bleibt die Frage, ob es sich um Formen des Leidens oder um das echte Martyrium mit tödlichem Ausgang handelte. Die erste Möglichkeit ist sprachlich wahrscheinlicher, da Paulus nur für Jesu Tod 1TapaOwovaL
203. Daß für diese Zeit keine christlichen Feuermartyrien bekannt sind, ist nicht ausschlaggebend. Denn die Gefahr des Feuermartyriums durch Lynchjustiz war immer gegeben. - Die Feuermartyrien unter Nero (64. n. Chr.) bilden einen Sonderfall, da die Strafe wahrscheinlich wegen Brandstiftung verhängt wurde: vgl. RAC 2, 1165f.; 1211 (Vogt, Last). 204. Harnack, Das Hohe Lied, 143. - Zu KavXl1at<; etc. bei Paulus vgl. Berger, Exegese, 144ff. 205. Röm. 5,2.11; 15,17; 2Kor 9,3; 10,13; Gal 6,14; Phil 2,16; 3,3; 1Thess 2,19. - So auch wieder Käsemann, Römerbrief, 123f.: Ruhm als ,Existential'. 206. So lassen sich die beiden Hauptrichtungen des Römerbriefes (Rühmen der Juden) und des 1. und 2. Korintherbriefes (Rühmen eines Teiles der christlichen Gemeinde, d.h. ihrer Pneumatiker) zusammenfassen.
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absolut gebraucht 207, sonst aber 1TapaJ)t.fjoVat im Sinne von ,dahingeben' auf die Hingabe an Laster 208 oder auf das Leiden der apostolischen Existenz 209 bezogen ist 210. Die Formulierung selbst, ro aWl1a 1Tapa Swovat, ist im NT sonst nicht bezeugt und reiht sich in dieser singulären Diktion ganz in die anderen Formulierungen der VV. 1-3 ein. Apg 15,26 ist eine begrenzte Parallele, in der Paulus und Barnabas als solche bezeichnet werden, die ihre Seelen (I/Ivxil) für den Namen Christi dahingeben. Hier ist eindeutig nicht an den Tod, sondern an das apostolische Leiden gedacht 211. Wie Paulus selbst sich diese Hingabe des Leibes vorstellte, zeigt 2Kor 4,11: aei rap 17l1e"ie; oi ~ wVTee; Eie; {}avarov 1TapaJ)wOl1e{}a Stil '!17aouv, 'iva Kai 17 ~wi1 rou 'I17aou l{)avepw{}f, €V rTI {}V1]rTI aapKi 17l1wV 212 . In etwas abgeschwächter Form begegnet der Gedanke auch für die Gemeinde. Röm 12,1 ermahnt, 1Tapaarijaat ra aWl1ara213. Die Bestimmung zum ,lebendigen Opfer' fUhrt ähnlich wie 2Kor 4,11-12 metaphorisch (und auch praktisch!) in die Nähe des Todes. Die Schlüssel aussage 2Kor 4,10-12 faßt einen Peristasenkatalog zusammen. Diese Leiden sind bei Paulus Charismen, so daß ~eiden und andere Charismen 2Kor 6,4-10 in einem großen Katalog zusammen aufgezählt werden. Diese Auff~sung vom Nutzen des apostolischen Leidens teilt er mit weiteren Kreisen von urchristlichen Missionaren und Gemeinden. Die synoptischen Aussagen zur Dahingabe der Jünger in der Nachfolge Jesu, die ebenfalls D~ngabe und endgültige Rettung verbinden, verheißen den Leidenden Charismen wie geistbegabte Rede und Weisheit 214• Wie 2Kor 10-13 zeigen, rühmen sich auch die missionarischen Gegner des Paulus in Korinth nicht nur ihrer Besitzlosigkeit 215, nicht nur ihres Pneumatikertums 216 und ihrer jüdischen Herkunft 217, 207. Röm 4,25; 8,32; 1Kor 11,23; Gal 2,20: hier liegt überall traditionsgeprägte Sprache vor, nicht eigene paulinische Fügung. 208. Röm 1 pass. 209. 2Kor 4,11. 210. Die Deutung von lKor 5,5 ist schwierig. Hier ist eher ,übergeben' zu übersetzen. 211. Vgl. Popkes, Christus traditus, 127f. (Semitismus). Mt 27,4 ist zwar sprachlich ebenfalls eine Parallele, alj.,ta deu tet aber per se auf den Tod hin. 212. Das Leiden ist für Paulus die ihm gemäße Form des Sterbens (Röm 8,36; lKor 15,31; 2Kor 4,10.16; 6,9; K. 12; GaI6,17; Phil 3,10; Peristasen kataloge). 213. Vgl. weiter Röm 6,13; mit JJ€AT/ verbunden: Röm 6,13.19. 214. Mk 13,9.11.12; Lk 21,12ff. (15 C1o",la); Mt 10,16ff.; 24,9ff.; vgl. Popkes, a.a.O. 145148. - Jervell, Der schwache Charismatiker, FS. Käsemann, 185-198, bedenkt diesen Umstand nicht ausreichend. Richtig sieht er dagegen, daß es 2Kor 10-13 nicht um die 6VvaJ..u~, sondern um das KavxäC1~at geht. 215. Vgl. "die Aussagen im 1. und 2. Korintherbrief zur Unterhaltsfrage. 216. 2Kor 11,6: A6-yO~ und 'YVWC1t~ bei den Gegnern geschätzt (vgl. 13,3); 12,Uf.: Gesichte und Erscheinungen des Herrn; 12,12: OT/l-J.€la Kai TepaTa Kai 6vvciJ..l.€t~ (Wunder vom bergeversetzenden Glauben!). 217. Zu den besonders qualifIzierten Ausdrucken 2Kor 11,22f. vgl. Georgi, Gegner, 51-82.
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sondern auch ihres Lebens in allerlei Gefahren, deren Überwindung ihnen ebenso wie ihre Wundertaten als Erweis ihrer Sendung galten 218. Aber während diese Missionare sich anscheinend der 7rEPWTCiuELC; im Sinne von Machterweisen der Dt.aKovia XPWTOV ruhmen 219 als des Erweises der eigenen DOKLJJTJ (2Kor 10,18) wahrscheinlich enthielten ihre eigenen Empfehlungsbriefe auch Peristasenkataloge 220 - , rühmt Paulus sich dieser 7rEpwdwELC; nur gezwungenermaßen 221 eben218. 2Kor 11 ,23 -33: der Peristasenkatalog ist von der gegnerischen Selbstbezeichnung abhängig, die Paulus überbietet mit VrrEP €'Yw. Die Einschränkung Tfapaeppovwv ist nicht sachlich zu verstehen, sondern theologisch gemeint: es ist nicht gut (12,1), das Folgende auszusprechen, wenn es auch zutrifft. Hier liegt die Differenz zwischen Paulus und den Missionaren im 2Kor. Beide haben 1'(f:pwTaueLC; (das Wort selbst nicht im NT, aber geeignet, um neutral den verschiedenen Weisen des Leidensverständnisses gerecht zu werden), was sich ja schon aus ihrem gleichen Schicksal ergibt, wenn auch Paulus als der Missionar mit dem weitestgespannten Missionswerk sicher mehr apostolische TfepWTaUeLC; erlitt als andere Missionare. 2Kor 11,16-32 ist sicher wörtlich zu verstehen. Paulus wie seine Gegner haben die Tf€pWTaUeLC; der apostolischen Lebensform zu ertragen, aber Paulus mehr (gegen Georgi, Gegner, 295, und Bultmann, 2. Korinther, 221). Der Unterschied liegt zunächst nicht in der Lebensform, sondern in ihrer theologischen Interpretation: denn Paulus interpretiert die Tf€pLUTaUeLC; statt als Ausweis der ouva,.,.LC; des Apostels als Leiden und Schwäche, um nicht dem Selbstruhm zu verfallen. - Richtig: Georgi a.a.O. 288, A. 5, wo er auf das unterschiedliche Verständnis des Leidens Jesu bei den Gegnern und bei Paulus hinweist. In diesem Zusammenhang sind Georgis Ausführungen über die TfepWTaUeLC; der kynisch-stoischen Diatribe, die "die dem Missionar eigene göttliche Kraft unter Beweis stellen" (195), von besonderem Interesse. 219. Zu o,aKovoc; XPLUTOÜ vgl. Georgi, a.a.O. 31-38; Theissen, NTS 1975, 210. 220. 2Kor 11,23-33 macht diese Annahme wahrscheinlich: erstens steht deutlich eine viermalige Steigerung in 11,23-33, die nur als Antwort auf gegnerische Listen verständlich ist. Es handelt sich jeweils um allgemeine Gefahren einer christlichen Mission, die den Gegnern ebenso widerfahren wie Paulus. Zweitens begegnet in V. 26 achtmal das Wort KtvOVVOC;, das bei Paulus nicht in Peristasenkatalogen üblich ist (noch Röm 8,35 bezeugt), in seiner Affinität zu dem Muster ,Gefahr - Überwindung' aber genau zu dem gegnerischen Verständnis paßt. Drittens begegnen fünf Zählungen von Rettungen, analog zu den Wunderzählungen im Johannesevangelium - ein Brauch, der bei Paulus sonst nie begegnet. Viertens ist das Rettungsparadigma V. 32 nur als Antwort auf entsprechende gegnerische Erzählungen zu verstehen (vgl. den Verzicht auf ein Verständnis bei Bultmann, 2. Korinther, 220; Weiß, 2. Korinther, 364; Lietzmann, 2. Korinther, 15lf.; es ist charakteristischer Weise die einzige "Anekdote", die Paulus aus seinem Leben in strikt persönlich-biographischem Sinn überliefert). - Für die Synoptiker vgl. Mk 16,18a; Lk 10,19. Hier liegen im Gegensatz zu den paulinischen Texten atl.jüdische Wendungen vor. Die paulinischen Texte dagegen lehnen sich in realistischer Diktion an die stoischen Kataloge an. Weiteres ausführliches Material liefert naturgemäß die Apostelgeschichte (bes. 28,1-6: Schlangenwunder, vgl. Mk 16 !). 221. 2Kor 1l,23.30a.
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so wie seiner Visionen. Außerdem kehrt er die Bewertung der n€pWnia€LC; um: nicht stark ist er in Überwindung der vielfachen Gefahren, sondern schwach 222, stark ist der Herr allein 223. Diese Auseinandersetzung um die rechte Deutung der apostolischen Existenz, die in 2Kor in zugespitzter Weise mit anderen Missionaren gefUhrt wird, zeichnet sich schon in lKor ab, dort setzt sich Paulus aber mit der Gemeinde auseinander (4,9-13), die anscheinend nach der Auffassung des Paulus kein angemessenes Verständnis der apostolischen Existenz hat. Die Apostel - hier noch alle - sieht Paulus €nLftavaTWVC; (4,9)224. Zu dieser Existenz in Leiden und Schwäche gehören auch eben die Handarbeit und Armut, die nun doch schon hier Paulus und Barnabas von den anderen Missionaren unterscheiden. Nach dieser Darstellung beider Lesarten legt sich aus verschiedenen Gründen die Entscheidung für die zweite Lesart mit Kauxäa{}aL nahe. Zunächst ist die erste Lesart in ihrer Diktion ausgefallen, grammatisch sehr ungeschickt und inkonsinn 225. Weiterhin ist Harnack darin recht zu geben, daß eine Änderung zu Kai€LV in der Märtyrerzeit eher verständlich ist als zu Kauxäa{}aL, vor allem, da das entsprechende Gegenargument, man habe mit Hilfe von Kavxäa{}aL die paulinische Martyriumskritik entkräften wollen, weit hergeholt erscheint 226. Viel eher ist der Vorgang so zu denken, daß eine spezifisch paulinische Formulierung in ihrer Bedeutung nicht mehr recht eingeschätzt wurde und an die Stelle der apostolischen Aussage eine martyrologische trat. Schließlich neigt sich die sprachliche Kritik aus zwei Gründen eher zur zweiten Lesart. Einmal entspricht 'iva KaVx~awJ1aL dem waTE ÖPfl J1€{}wnivaL in der logischen Position, indem beide Male das Erfolgsziel angegeben wird. Zweitens entspricht die Antithese ,Ruhm - kein Nutzen' genau den beiden zuvor festgestellten Antithesen von Engelssprache - Schelle und ,€lvaL Ti' - ,€lvaL ovöev'.
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222. 2Kor 2,4ff.; 7,5; 1Kor 2,3; 4,9-13. Diese Sätze würden die Gegner wohl nicht von sich sagen. 223. 2Kor 12,9. 224. Zum theologischen Verständnis dieses Schlüsselaspekts der Peristasenkataloge vgl. den grundlegenden Aufsatz von Schrage, EvTheol 1974, 141-175. 225. Ausgefallene Formulierung: nirgendwo außer Mt 27,4 wird 1Tapaolooval mit einem partiellen direkten Objekt konstruiert, wenn es den Tod aussagen soll, wie es bei der ersten Lesart der Fall ist, wenn man an das Feuermartyrium denkt. Stets wird aVToc;, eavToc;, dA~:nAOc; usw. benutzt. Ist andererseits an ein Rettungswunder zu denken, so ist der tva-Satz unglücklich formuliert: der Leib würde dann ja gerade nicht brennen! Es müßte in diesem Fall unbedingt eLc; E/-l1TVPW/-lOV heißen, damit der Ausgang offen bliebe. 226. Auch ein einfacher Abschreiber dürfte schwerlich die Bedingung: Ul'clmw /-ln ExwV überlesen haben.
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Ausschlaggebend aber ist, daß sich die Kavxäa~aL-Lesart präzise in die theologische Auseinandersetzung einordnet, die Paulus im lKor fUhrt. Die Lesart mit Kai€LV, die als spätere Korrektur zu verstehen ist, hat also eben jene oben dargestellten Bedeutungszusammenhänge. Es handelt sich um eine durchaus sinnvolle Lesart nachpaulinischer Zeit. Die ursprüngliche Aussage selbst: wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich Ruhm habe, fUhrt dagegen ins Zentrum des theologischen Verständnisses von apostolischer Existenz, wie Paulus sie sieht. Paulus selbst wie auch die anderen Apostel geben ihren Leib hin und suchen das KaV)(17/1a des Apostels, den Kampfpreis (lKor 9,15 und 9,24). Aber Paulus ist sich der Gefahren dieses legitimen und notwendigen (1Kor 9,15) apostolischen Rühmens und Ruhms bewußt. Er sucht seinen Ruhm als Apostel vor Gott. Andererseits kann sein Rühmen gerade seinen Ruhm zerstören und die wl{JEA.€La seines Ruhmes zunichte machen, wenn ihm nämlich die a:yu1TT/ fehlt. Eben diese Situation, die in lKor 13,3 kritisiert" wird, findet sich selbst in 2Kor 12,1 wieder: Kavxäa~at o€i, ou aV/1l{JEpOV /1EV: hier nützt das Rühmen nichts, obgleich Paulus durchaus apostolische Charismata aufzählt, die er ja hat. Aber weder Rühmen wegen der 01TTaaiat noch wegen der KivDVlJOL wird apostolische OlKOOO/11] für die Gemeinde bedeuten, nur der Apostel selbst als Charismatiker ist betroffen. Ihm selbst aber kann nur der Dienst an der Gemeinde nützen. Gerade in den Korintherbriefen kommt Paulus immer wieder auf den einen Sachverhalt zurück: er leidet nicht, damit er Leben habe, sondern damit die Gemeinde lebe, während er in den Tod gegeben wird. Dies aber wirkt jenes Kavxäa~aL, das der Liebe nicht ermangelt. Die Gemeinde hat aber deshalb keine OlKOOO/11] von der Selbsthingabe des Apostels, weil sie einmal die 1T€PWriW€t~ der Missionare als Erweis ihrer eigenen OVVap.L~ mißversteht und zum anderen sich diesen ,mächtigen' Missionaren in der Weise unterordnet, daß sie je ,ihrem' Missionar anhängt (lKor) und sich von ihm oder von ihnen tyrannisieren läßt (1 und 2Kor) und darüber hinaus alle Missionare an diesem Bild mißt und diese sich geradezu durch Krafttaten vor der Gemeinde ausweisen sollen, was Paulus wegen der gänzlich falschen Intention dieses Sich-Ausweisens ablehnt (2Kor)227. Damit ist auch IKor 13,3b als Limitierung eines apostolischen Charismas durch die ara1TT/ zu verstehen. 3. OUDEV Wl{J€A.OV/1at: Wl{J€A.eLV und Wl{JEA.€ta begegnen bei Paulus noch dreimal im Zusammenhang der Diskussion über die Beschneidung 228. Dabei steht hinter Röm 2,23-25 eine entsprechende Argumentation: wenn man beschnitten ist, aber das Gesetz nicht hält, hat man keinen Nutzen. Der Nutzen ist Röm 2 227. So ist 2Kor 13,3 zu verstehen. 228. Röm 2,25; Gal 5,2; Röm 3,1.
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wie lKor 13,3 religiöser Art 229• lKor 14,6 hat Paulus die Aussage von K. 13 umgebogeJ): hier ist wt.p€A€iv parallel zur OiKOOO/J.7j gebraucht, der Nutzen gilt nicht dem Pneumatiker selbst, sondern der Gemeinde.
d) Zusammenfassung Die ersten drei Verse bilden inhaltlich eine Einheit und müssen nach der Versexegese nun kurz im Zusammenhang interpretiert werden. lKor 13,1-3 enthält in den Vordersätzen eine Zusammenstellung verschiedener Fähigkeiten und Handlungsweisen, die zwei Bereichen entstammen. Die Verse 1 und 2 nennen mit Glossolalie, Prophetie, Mysterienwissen und Erkenntnis diejenigen Charismen, die gerade rur die korinthischen Pneumatiker (14,12.37) besonders kennzeichnend sind und in KK. 8-10 und 12 und 14 diskutiert werden. Wieweit die VV. 1.2. eine Steigerung beinhalten, ist schwer festzustellen 230. Jedenfalls ist in V. 2 der Komplex der -yvwatC; besonders betont, was V. 12 entspricht, wo es nur noch um -YVWOtC; geht. Die Diktion von K. 13 entfernt sich dabei stark von der sonst bei Paulus üblichen Aufzählung dieser und anderer Charismen in den sogenannten Charismenkatalogen 231. Die Charismen verlieren ihren Gemeindebezug und sind stat~ des229. So auch Mk 8,36 par. 230. Müller, Prophetie 29, vermutet z.B., Paulus gebe die Charismen in der in Korinth geschätzten Auswahl und Rangfolge wieder und setze daher die Zungenrede an die Spitze. Im ganzen geht die Argumentation aber doch in die Richtung der vorwiegend "apostolischen" Charismen. 231. Eine Wurzel der ntl. Kombination verschiedener Pneumatika liegt in der späteren jüdischen Weisheit, in der die Weisheit charismatischen Charakter erhält (Hiob 32,6-11. 18-20; 4,12-16; vgl. v. Rad, Weisheit, 77ff., 376; allg. Dan 1.2). Die Prophetie geht auf die Weisen über und wird durch sie abgelöst (Weish 7,27; Seder Olam Rabba 30). Die Propheten sind Träger der -yvwot, (PsPhilo De lona 3). Mose und Abraham werden zu Trägern verschiedener Pneumatika: ThWNT 4,852-856 (Jeremias); PW 10,359-275; Georgi, Gegner, 78ff., 145ff.; Tiede, Charismatic Figure, 10Hf. Hier ist Test lob besonders interessant. Rahnenführer, ZNW 1971, 87f., weist auf die Parallelen zwischen den Fähigkeiten Hiobs und seiner Töchter zu lKor 13,1-3 eigens hin. Dasselbe gilt für das apokalyptische Schrifttum (Äth Hen 49,H.) und Qumran (1 QH 12,11-12); vgl. auch Jos As 22,13 und Aristobul Fragment 2 (hg. N. Walter, JSHRZ IU, 2, S. 270f.). Ähnliche pneumatische Fähigkeiten hat der &'[0, avr,p (vgl. Bieler, eEIO~ ANHP, 90f., 87ff., 99, 73ff., 113ff.; Betz, Lukian, pass.; Smith, JBL 1971, 174-199; Holladay, 'TheiosAner', dort kritische Analyse der Vorstellung für das hellenistische Judentum, vgl. Rez. Telford, JThSt 30, 1979, 246-252). Aus der synkretistischen Literatur vgl. die bei Bauer, Johannesevangelium, 34, angegebenen Quellen; weiter: Zauberpapyri (hg. Preisendanz) I, 5,99ff. und die bei Eitrem, Vig Alb 5,40-44, gesammel-
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sen als Fähigkeiten des religiösen Individuums verstanden 232. Aus diesem Verständnis ergibt sich als Folge, daß diejenigen Charismen, die Paulus in K. 14 hinsichtlich ihrer olKo50J.l.r, für die Gemeinde einander scharf gegenüberstellt, nämlich Zungenrede und Prophetie, hier nebeneinander stehen. Denn sie alle sind hier unter einem streng individualistischen Gesichtspunkt gesehen: nicht in ihrer oiKo50J.l.r, für die Gemeinde werden sie beurteilt, sondern in ihrer Wl{)f"A€la für den einzelnen. Diese Tendenz der Argumentation fUhrt in der weiteren Aufzählung dazu, daß Paulus Fähigkeiten heranzieht, die vor allem' die Apostel kennzeichnen. Denn die Apostel sind ja faktisch und besonders nach dem Verständnis der Korinther die Träger der höchsten pneumatischen Fähigkeiten. Und Paulus selbst bezeugt: eVxapwrw r4; ile4;, rravrwv VJ.l.WV J.l.ä"A"Aov 'Y"Awooatc; "Aa"Aw (14,18). Was aber schon für die Zungenrede bei Paulus persönlich gilt, gilt viel grundsätzlicher für die Wunder-rrwnc;, die in der Fonn der ol1J.l.€'ia rou Q.rrooro"Aov allgemein und besonders in Korinth als Ausweis des Apostels gilt. Vollends gilt dies für die beiden Charismen von V. 3, die apostolische Lebensform des Besitzverzichts und der Leibeshingabe. Paulus weitet im Verlauf der Verse 1-3 die Diskussion aus. Geht es zu Beginn um verschiedene in Korinth besonders geschätzte Gemeindecharismen, deren Nutzen für den einzelnen Pneumatiker diskutiert wird, so tritt spätestens im V. 2b der Apostel mit seinen entscheidenden pneumatischen Fähigkeiten und seiner geistgewirkten Lebensform in die Diskussion, und zwar der Apostel, wie die Korinther ihn schätzen (VV. 2b.3a), aber dann auch, wie Paulus selbst ihn versteht (V. 3b). So ist im Sinne des Paulus sicher V. 3b der Höhepunkt der Aufzählung. Denn hier ist die Quintessenz seines eigenen Apostolats ins Spiel gebracht. An diesem Punkt stellt sich die Frage, wie das "Ich" dieser Verse zu verstehen sei. Sicher handelt es sich weder um das rein autobiographische "Ich" z.B. von lKor 2,1 noch um eine bloße Stilfigur, die im Sinne der Diatribe ein allgemeines "Man" in ein anschauliches "Ich" kleidet, um dadurch moralischen Sätzen stärkere Aktualität zu verleihen. Vielmehr handelt es sich um ein generalisierendes "Ich" in einer theologischen Grundsatzrede, die zwar nicht auto-
ten Zauberpapyribelege (dort 43 bes. zum "Streben nach Universalismus" in den Papyri; allgemein Reitzenstein, Mysterienreligionen, 236ff.). Schließlich ist die Prophetie der Pseudo-Clementinen wichtig: Horn 2,6,1 (hg. B. Rehm, GChS 42, 1953, S. 37); Rec 3,45,3 (hg. Rehm, GChS 51,1965, S. 127), vgl. Fascher, llPOHTHI:, 190ff. - In diesem weiten Umfeld stehen die christliche pneumatische Gemeindefrömmigkeit und das Pneumatikerturn der christlichen Apostel, die die Eharismenlisten spiegeln. 232. Conzelmann, 1. Korinther, 262f., deutet diese Umbiegung religionsgeschichtlich als "allgemeinen Weisheitsstil" .
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biographisch abgezielt ist, wohl aber die eigene Person und die eigene Erfahrung direkt in den Zusammenhang der theologischen Rede einbezieht. Eine genaue Parallele zu dieser Verwendung der 1. Person Singular liegt in 8,13 vor. Paulus formuliert eine allgemeine Maxime in einem nicht persönlichen Ich-Stil, die aber durchaus durch die eigene Lebensftihrung des Apostels bestätigt wird, wie die Fortsetzung mit dem autobiographischen "Ich" in 9,lff. zeigt, so daß die Maxime auf die apostolische Lebensftihrung hin transparent wird. So sind auch neben der gerade entwickelten Differenzierung der Charismen von VV. 1-3 einerseits alle Charismen der VV. 1-3 des 13. Kapitels als allgemeine Fähigkeiten eines Pneumatikers gedacht, andererseits hat der Apostel Paulus alle aufgeZählten Fähigkeiten: Zungenrede (14,18), Prophetie (14,6), Mysterienwissen (2,7, 15,51), Erkenntnis (2Kor 11,6), Wunderglauben (2Kor 12,12), apostolische Armut (1Kor 4,12a; 2Kor 11,27)233, apostolisches Leiden (4,9). Und seine Erfahrung als CL1TOarOAOC; Xpwroü hat ihn gelehrt, 6:'1a:TT17 zu üben (4,21). Dies Verhalten gilt aber nicht nur für ihn, sondern ebenso für die Gemeinde (14,1; 16,14). Das tertium comparationis, das die Auswahl der Charismen der ersten drei Verse bildet, ist also das Spektrum pneumatischer Fähigkeiten der Gemeindeglieder und der Apostel, beides zugespitzt, einmal auf Korinth, zum anderen auf Paulus selbst 234• Von daher gilt für alle Charismen der ersten drei Verse, seien sie stärker auf die Gemeinde oder auf Apostel im allgemeinen oder auf die Lebensweise des Paulus selbst bezogen und sogar so wichtig, daß sie - legitimen Ruhm eintragen, ein und dasselbe Verdikt: ohne a:'1U1f17 ist jeder, auch der vollkommene Pneumatiker und selbst der Apostel "nichts". Wie demgegenüber diese Liebe sei, die allein auch dem vollkommenen Pneumatiker nützt, entfalten die Verse 4-7. Die VV' 1-3 dagegen entfalten nicht den Begriff der Q,"{um7. Sie verurteilen auch nicht die genannten Größen. Aber sie urteilen scharf über jeden Pneumatiker, der meint, seine pneumatischen Gaben allein könnten ihm im religiösen Sinne nützen. Ihm selbst nützen diese Gaben nur im Zusammenhang mit a"{U1fl1. Das aber heißt: die Gaben für sich haben keinen religiösen Nutzen für den einzelnen. Dies Urteil aber wird die Basis für K. 14: die Charismen dienen zur OlKOD0/171 der Gemeinde. Jede andere Anwendung ist unsachgemäß. 233. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Formulierung von lKor 13,3 sich eher auf den Besitzverzicht der anderen Apostel bezieht als auf die spezifische Armu t des Paulus (vgl. zu V. 3). 234. Fridrichsen, Miracle, 104, sieht den integrierenden Gedanken der VV. 1-3 fälschlich in dem Kontrast "action exterieure - sentiment interieur", da er die These Preuschens zu Kavl9.qao,uat als Sich-selbst-als-Sklaven-Verkaufen-Lassen übernimmt (Preuschen, ZNW 1915, 127ff.).
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2. Verse 4-7 Mit V. 4 beginnt der zweite Abschnitt des Kapitels 235 , der bis V. 7 reicht und in einer langen Hauptsatzreihe mit flinfzehn Verben Verhaltensweisen der Liebe aufzählt 236. Die der (l"ya1Tf/ zugeordneten Verben sollen zunächst einzeln untersucht werden. 1. 'H a:ya1Tf/ J.1aKpo{}VJ.1Ei: J.1CL1<.po{}vJ.1ia, J.1CL1<.po{}VJ.1€W, J.1aKpO{}VJ.10~ 237 ist in LXX reich bezeugt als eine Grundeigenschaft Gottes in Zitation oder Abwandlung des Schlüsseltextes: Kupwe; 0 {}Ede; OlKTipJ.1wV Kai €A€'r7J.1WV, J.1CL1<.po{}vJ.1oe; Kai 1TOAV€AfOe; Kai aAf/{}tvde; Kai ou
235. Zu den folgenden Ausführungen vgl. durchweg Spicq, Agape 11, 77 -93 (die beste vorliegende Kommentierung), und Vögtle, Tugendkataloge, 147-163. 236. Die Satzreihe gliedert sich in vier Einheiten: 1. V. 4a (zwei positive Hauptsätze), 2. VV. 4b.5( sieben negative Hauptsätze), 3. V. 6 (eine zweigliedrige antithetische Satzreihe, 4. V. 7 vier gleichförmige positive Hauptsätze). Die Gliederung ist "nicht logisch, wohl aber rhetorisch": so treffend Käsemann zu dem Katalog Röm 1,29ff. (Römerbrief, 46). So auch Vögtle, Kataloge, 16ff. Zu sehr unterlegt ist dagegen die jüdische Begriffe verwendende Analyse bei Gerhardsson, FS. Daube, 199. 237. Vgl. ThWNT 4, 377-390 (Horst). 238. Vgl. dazu die Stellen: Num 14,18; 2Esr 19,17; '" 24,6-10; 84,llff.; 85,5.15; 102,4-8; Jon 4,2; Sir 18,11; 2Makk 1,24; Weish 15,lff. Mit lKor 13,4ff. stimmen im Exoduszitat die vier Adjektive p.aKpo{}vp.Oc;, XPf/oroc;, aAf/{}woc;, OlKawc; (oder apatpwlJ dcStK{ac;) überein, die Rahmenprädikate in lKor 13,6. - Spr 25,15 und Jes 57,15 ist p.aKpo{}vp.{a menschliche Eigenschaft, ebenso p.aKpo{}vp.€'iv in Spr 19,11; Pred 8,12; Sir 2,4; 29,8. p.aKpo{}vp.{a ist deutlich primär Gottesprädikat und nur abgeleitet und selten in der weisheitlichen Literatur auf das menschliche Handeln bezogen, so Test Gad 4,7 (als Funktion der d-ya.1Tf/); Test Jos 2,7. Zur Schlüsseltugend wird die p.aKpo· {}vp.ta im Test lob (z.B. 21,3; 26,5; 27,7: dort die höchste Tugend). Hier liegt eine wesentliche Voraussetzung des paulinischen Peristasenbegriffs. Die verbale Bezeugung ist gering und unbedeu tend. Als Gottesprädikat fungiert stets das Adjektiv, das überall formelhaft und ohne Erklärung steht. p.aKpo{}vp.Oc; = C:~~, langmütig, den Zorn zurückhaltend. 239. Röm 2,4; 9,22. Auch öfter in den späteren Briefen. 240. Gal 5,22; im Eph Kol fortgesetzt (Eph 4,2; Kol 1,11; 3,12). Hier dominiert die substantivische Verwendung, das Verb begegnet noch IThess 5,14 bei Paulus. - Zu den ntl. Tugendkatalogen vgl. die grundlegende Arbeit von VögtIe, Tugend- und
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J.1.at<.po!JvJ.1.ia ist hier ein allgemeiner Haltungsbegriff, etwa mit ,langmütiges SichVerhalten' zu übersetzen 241. J.1.aKpo!JvJ.1.ia ist auch eine der Tugenden des Apostels selbst in dem großen Peristasenkatalog 2Kor 6,1-10 neben a:ya:TFt] und XP11oror11C:. Im lKor begegnet der Wortstamm sonst nicht.
2. Xp110r€V€rat i} Q."(Ct1T11: XP11oror11C:, XP11oreVOJ.1.at, XP11oroc: 242 begegnet in adjektivischer Form oft in LXX als Kupwc:-Prädikat 243 , in der Weisheit Salomons als Weisheitsprädikat 244, selten auch als Prädikat des gerechten Menschen in der Bedeutung ,redlich, aufrichtig, zuverlässig, gütig' 245. Der ntl. Gebrauch von XP11oror11C: läuft dem von J.1.aKpo!JVJ.1.ta parallel. Auch hier tritt neben XP11oror11C: als Gottesprädikat die Tugend des gütigen Verhaltens 246 • lKor 13,4 zeichnet
241.
242.
243. 244. 245.
246.
Lasterkataloge; für Qumran: Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge; zur religionsgeschichtlichen Herleitung der katalogischen Paränese: Kamlah, Katalogische Paränese. Mögliche inhaltliche Füllungen von p.aKPo{Jvp.la im ntl. Sprachbereich zeigen einerseits Mt 18,26.29, wo der Rechtsanspruch-Vergebung-Bereich in den zwischenmenschlichen Beziehungen gewahrt ist, so daß der langmütige Mensch wie Gott handelt, andererseits Jak 5,7, der die Tugend in den eschatologischen Kontext stellt. In LXX ist diese Ausweitung der p.aKpo{Jvp.{a zur Haltung des langmütigen Wartens vorgebildet (Spr 25,15 usw.) 2Petr 3,9 übernimmt diese Ausweitung für Gott selbst. 1Thess 5,14 zeigt, wie selbstverständlich und, ohne näher den Inhalt zu präzisieren, Paulus p.aKpo{Jvp.€i.v in der Paränese verwendet aufgT1.l.nd jüdisch-hellenistischen Sprachgebrauchs. Vgl. Stachowiak, Chrestotes (dort weitere Lit.); ThWNT 9, 472-481 (K. Weiß). XpTjoTCk = iW'; XPTjOTOC;-XPTjOTOTTjC; begegnen vorwiegend in 1/11/1. At!. Bedeutung der hebräisch~nT Vokabel: "redlich, aufrichtig, zuverlässig" (Gesenius-Buhl, s.v.). Weish 8,1. 1/1 111,5: soziale Tugend (weiteres siehe Stachowiack, 19ff.); zur Verinnerlichung der XPTjOTOTTjC; in der späteren hellenistischen Literatur: a.a.O. 29f. Der Begriff begegnet ebenso bei Philo (z.B. in dem großen Tugendkatalog Sacr Ab 26f., der eine wichtige Parallele zu lKor 13,4-6 darstellt) wie bei den Stoikern (Fridrichsen-Lehmann, ThStKr 1922, 74), in Qumran (lQS 4,3), in Ps Sal (Braun, Studien, 41), im Rabbinenturn (z.B. Abot 6,6: Tugenden des Gesetzes). XPTjOTOTTjC; ist im Gegensatz zu p.aKpo{Jvp.{a nicht auf LXX und spätere jüdische Literatur beschränkt, sondern eine ebenso im Hellenismus geschätzte menschliche Tugend, bes. dem Herrscher zugeordnet. Aber gegen Lehmann-Fridrichsen darf der hellenistische Gebrauch nicht genetisch für die Erklärung von lKor 13,4 verwendet werden, da die hier typische Kombination p.aKpo{Jvp.€L, XPTjoT€U€Tat nur aus LXX zu erklären ist. Zur paganen Verwendung vgl. auch Vögtle, Kataloge, 151. Ntl. Gottesprädikat: Röm 2,4; 11,22 (vgl. Eph 2,7); Tugend: 2Kor 6,6; Gal 5,22 (vgl. Kol 3,12). Tit 3,4 wird XPTjOTOTTjC; mit tptAav{Jpw1T{a in typisch hellenistischer Diktion zur Bezeichnung des Soter verbunden. Das Adjektiv ist nur in seinem synoptischen Gebrauch interessant: Lk6,35; Mt 11,30. Lk 6,35 ist das XPTjoToc;-Sein des
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sich durch die verbale Formulierung aus: XP17arevoJ1at ist hapax legomenon im NT und vorher kaum in der Gräzität nachgewiesen 247. Hier ist das Verb durch den verbal formulierten Kontext evoziert. Grundlage ist die LXX-Zuordnung von J1aKpo{)vJ1ia und xp1}aror1}C;. V. 4ä bestimmt die 6:ya1T1l als langmütige und gütige Verhaltensweise, ohne daß man hier Spezifizierungen vornehmen könnte oder dürfte. Beide Verben bilden die Rahmendefinition, die im folgenden mittels negativer Bestimmungen weiter ausgebaut wird. Dabei verhält sich die Liebe ganz allgemein und grundlegend wie Gott im Alten Testament - so wie sich auch der Apostel verhält und wie das 1TVEÜJ1a den Gemeindegliedern gibt 248. Den Rahmenbestimmungen folgen nun kleinteiligere, sehr spezielle Aussagen, die zum Teil eher Tätigkeitscharakter haben.
3. OU ~1}AOL: ~17Aoc; / ~1}A6w 249 bezeichnen in LXX eine "bestimmte Intensität des Handeins Gottes" 250 oder den "Eifer" des Menschen, "der sich auf Gott richtet" 251. Im NT ist die Wortgruppe gut bezeugt und wird in positiver wie negativer Bedeutung verwendet. Für die Erklärung von lKor 13,4 kommen zwei Möglichkeiten in Frage 252. Einmal tritt ~iiAOC; als Laster in den Lasterkatalogen 2Kor 12,20; Gal 5,20 in der Bedeutung ,Eifer/Eifersucht' auf 253• Da auch lKor
247. 248. 249. 250. 251. 252. 253.
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Jüngers durch Feindesliebe und Leben ohne Hoffnung auf Wiedererstattung gekennzeichnet analog zur xpT/ororT/<: Gottes und seines Erbarmens. Nach dem häufigen Schema ,seid, wie Gott ist' werden hier die in AT und Judentum nebeneinanderstehende xpT/ororT/C; Gottes und der Menschen direkt auseinander abgeleitet (das apokryphe Herrnwort 1Clem 13,2, ist nach dem Schema der Goldenen Regel umgeformt). Mt 11,30 wird die XPlIororT/c; des Joches Jesu durch 1TpaJrT/C; und ra1T€LVo
3,3 auf dies Laster als in den korinthischen Parteistreitigkeiten vorhanden hinweist, kann lKor 13,4 sub specie CL"{Ct1f'Tl~ erneut darauf verweisen. Andererseits kann der Satz auf eine möglicherweise korinthische Parole J'TlAwTai 1fVCVJ.1CtTWV eaJ.1EV' anspielen 254, die Paulus 12,31; 14,1; (I4,39) bejaht, 13,4 aber von der CL"{U1f'Tl her kritisiert (analog zu VV. 1-3). Beide, das Laster der Eifersucht und der pneumatische til AO~, hängen aber flir Paulus so eng zusammen, da beide die oilwooJ.1fJ des anderen und der Gemeinde vernachlässigen, daß man beide hinter lKor 13,4 hören muß 255: "die Liebe eifert in keiner Beziehung." 4. 'H c1."{Ct1f'Tl OU 1fEP1fEpEVETat 256 : auch 1fEP1fEpEVOJ.1at ist hapax legomenon im NT und als Verb hier zuerst in der Gräzität bezeugt 257 • Das Verb bezieht sich anders als das weitere Substantiv 1fEP1fEPO~ (Prahler) eher auf die prahlende Redeweise 258. Mit Braun ist das Prahlen auf die korinthische Gemeinde zu beziehen, die die Kräfte des AO"{O~ unkritisch und prahlerisch handhabt.
5. Du !pvawüTat: nimmt man dies Verb hinzu, wird man sich umso eher flir 1fEp1fEpeVEa{}at Brauns Deutung anschließen, da !pvawüv sich augenscheinlich auf korinthische Verhältnisse bezieht. !pvaww ist ebenso wie t'TlAOW ein LXX-Wort 259
254. So Gunkel, Wirkungen des heiligen Geistes, 24f.; Weiß, 1. Korinther, 304. 255. Mehr wird man aus dem Satz nicht herauslesen können. Die vorgeschlagene Deutungskombination zeigt, daß zwischen dem vorgeprägten Bestandteil eines Lasterkatalogs, tfiAOI;, und einer bestimmten Gemeindesituation des tl1AoÜV kein Gegensatz liegt, sondern sich nuancierende Übergänge ergeben, die zwar wahrnehmbar, nicht aber exakt bestimmbar sind. 256. Vgl. den erschöpfenden Artikel ThWNT 6,92-94 (Braun). 257. Vgl. Bauer, WB 1296 (in paganer Literatur €P.1T€p1T€p€Vea{)at). 258. So Braun, ThWNT 6,93, und Conzelmann, 1. Korinther, 265, A. 59 nach Clcmens Al Paed 3,1,3 (hg. O. Stählin, GChS 12, 1905, S. 237), die beide die Verbindung zu lKor 1,17; 2,lff. herstellen. Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 161, A. 11, weist auf stoische und diatribische Parallelen hin (auch Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 75, und Bonhöffer, Epiktet, 89, 109, 126, 313ff.). Dabei betont Vögtle, daß Paulus das Wort in einer der Stoa ganz fremden Motivierung benutze. Er tadelt den im Prahlen enthaltenen Mangel an demütiger Liebe und OlKOOOP.r" nicht aber die Abhängigkeit von de~ Außenwelt. - Zum allgemeinen Laster der Prahl sucht vgl. Q.AatovEla / Q.Aatwv (Röm 1,30; 2Tim 3,2 und hellenistische Parallelen bei Vögtle, 78). 259. Vgl. aber auch die Belege von Fridrichsen-Lehmann, ThStKr 1922, 75 (Epiktet und Marc Aurel), und bei Liddell-Scott unter der Bedeutung: ,vor Stolz aufschwellen'. Das ntl. Verb 'Pvot6w = ist ein später, wesentlich der christlichen Literatur eigener Ersatz für 'Pvaaw (nicht im NT; vgl. Bauer, WB 1719). - Zu diesem Laster vgl. auch Test Gad 3,3: (0 /J.wwv) 1)1T€Pl1'PaVLav Q.,a1Tii.
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und begegnet im NT mit einer Ausnahme nur im 1. Korintherbrief2 60• Das Laster der Aufgeblasenheit steht der bei Paulus oft als Tugend begegnenden rarr€tvotppoavv'1l gegenüber 261 • Es wird im Zusammenhang mit der paulinischen ')'vwat<:-Kritik und den Parteien und Lehrstreitigkeiten gebraucht. tpvawüv reicht wie ~r"A.oüv in den Bereich der allgemeinen Laster hinein, hat aber ebenso wie dies im 1. Korintherbrief eine spezifische Anwendung 262.
6. OVK aaX77J1ov€i 263 : auch dies Verb begegnet nur noch einmal im 1. Korintherbrief innerhalb des NT 264. In seiner Bedeutung ,sich unziemlich/schamlos benehmen' gehört es in den Zusammenhang der Laster, die die Unzucht betreffen, und damit in einen besonders festen Topos jüdischer und frühchristlicher Ethik 265. Unzucht ist in der korinthischen Gemeinde bekannt geworden, so daß 260. Partizipial: Kol 2,18, - 1Kor: 4,6 (sich gegeneinander um der Lehrer willen im Zusammenhang mit den alpEU€LC; aufblasen); 4,18f. (angeben, Paulus käme nicht); 5,2 (allgemeiner Tadel der Korinther als aufgeblasen); 8,1 (die -YVWULC; bläht auf: allgemeines Urteil). Vgl. noch das ntl. hapax legomenon I{JUUtWULC;, 2Kor 12,20 im Lasterkatalog zusammen mit I:'PLC; und tfJAOC;. 261. Vgl. Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 148. Diese Gegenüberstellung von Aufgeblasenheit und Demut ist in der spätjüdischen Literatur bekannt, vgl. bes. Test XII Patr (z.B. Test Lev 14,7). 262. Wie verbreitet der Vorwurf des I{JUULOUV ist, zeigt sich besonders, wenn man das bedeutungsmäßig verwandte Wort u7r€pT/l{Javia hinzunimmt (Mk 7,22; Röm 1,30; 2Tim 3,2; im jüdischen Bereich z.B. Spr 8,13; Test Rub 3,5; Test Gad 3,3; Test Lev 17,11; 1 QS 4,9). Auch die Belege zu UßpLUTT!C; und ßLa{oc; kann man zu diesem Laster rechnen. Die Aussage Abot 6,6, zur Gesetzestugend gehöre es, nicht auf sein Wissen stolz zu sein, gehört ebenfalls hier her. 263. P 46, der öfter für unser Kapitel Sonderlesarten bringt, liest sinnentstellend €UUXT//-lOVeL (gegen Debrunner, CN 1947, 37ff.). Die ntl. Parallelen geben keinen Hinweis auf die von Debrunner herausgearbeitete Bedeutung, die daher rein hypothetischer Vorschlag bleibt. 264. 7,36; der Sinn des Satzes ist unklar. Barrett, 1. Corinthians, 303, deutet wohl zu direkt 1Kor 13,5 von 7,36 her: "love never treats anyone unfairly, as a man would do who provoked a girl's passion and refused to marry her". Röm 1,27 im Lasterkatalog begegnet dUXT//-louVVT/. 265. Die LXX-Bedeutung ist nach Bauer, WB 236, "etwas Unanständiges, Ehrverletzendes erleiden"; die Bedeutung unserer Stelle taucht in der paganen hellenistischen Literatur auch auf, ebenso wie dUXT//-lomJVT/ als schamlose Tat. Die von Bonhöffer, Epiktet, 90, 109, 126, 313ff., und Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 75, herangezogenen stoischen Parallelen sind von der Bewahrung der Persönlichkeit, nicht von der Schamlosigkeit der Tat her motiviert, wie es Röm 1,27 deutlich ist. Auch ftir 1Kor 13,5 ist diese Motivierung zu erschließen. Vgl. zur Unanständigkeit Philo, Sacr Ab 21ff., wo die Spielarten der Unzucht im Gefolge der 'hoovn der Sittlichkeit der ap€T';'
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Paulus die unangebrachte l{)VaiwaLC; der Korinther scharf tadelt (lKor 5,2). Im Kontext von lKor 13,4-7 ist wohl weniger nur an die unzüchtigen Handlungen gedacht, sondern an die prahlerische Haltung, die sich der Unzucht rühmt. 5,2 zeigt, wie Paulus die Haltung des l{JVawüv und die Taten der Unzucht zusammen sieht. Die Verbindung von Gnosis-Selbstruhm-Aufgeblasenheit und sexueller Freiheit, wie sie für einen Teil der korinthischen Gemeinde aus 6,12ff. erschlossen werden kann, ist in dieser u:ya1T77-Prädikation mit angesprochen 266. Trotz der allgemeinen Formulierung zeigt sich also lKor 13,5 eng auf das Gemeindegeschehen bezogen 267.
7. OU ~77T€i Ta €QJJT17C; 268: diese Redewendung, die das Laster der Selbstsucht beschreibt, ist innerhalb des NT wieder spezifisch paulinisch und begegnet mit Ausnahme von Phil 2,21 nur im 1. KorintherbrieP69 in dem Abschnitt über das Götzenopferfleisch. Die Forderung, das Seine oder nach der Verdeutlichung von 10,33 den eigenen Nutzen nicht zu suchen, sondern den des anderen, ist eine gegenübergestellt werden. - Ebenso typisch ist die Aufforderung zur euaXT/I-'oaUVTl (Röm 13,13; lKor 7,35; 12,23; 14,40; IThess 4,12), mit der Paulus in 14,40 die Ausführungen der Kapitel 12 bis 14 beschließt. - Wesentlich für 1Kor 13,5 ist Test Iss 4,5: ou tT/~oi €V {jtaßov~{otC; oMe 1fepta1faal-'dc; €V d1f~T/aTel{t €V voi~. Hier stehen ebenso wie 1Kor 13,5 Eifer und Unzucht bzw. Gier nebeneinander. 266. Vgl. Conzelmann, 1. Korinther, 28ff., 13 Off. 267. Wenn in dem großen Lasterkatalog Röm 1,27ff. mehrere Termini aus lKor 13,4-7 wiederkehren (aaXT/I-'0avT/, KaKov, eptc; [tTj~oc;J und die Gruppe vßptaT11c;, v1fepr7.pavoc;, d~Mwv), so daß 1Kor 13,4b5 als fester Lasterzusammenhang bei Paulus erkannt werden können, so ist damit keineswegs gesagt, daß lKor 13,4fI. nur formelhaft und nicht auf die korinthische Gemeinde bezogen sei. Dazu sind die Parallelen zum Brieftext zu deutlich. 2Kor 12,10 stellt Paulus dann noch einmal ähnliche Laster, die mit Parteiungen zusammenhängen, den Korinthern vor Augen, hier viel schärfer und ganz deutlich ad hoc formuliert. Vielmehr sieht Paulus in den Gemeinden eben jene Laster (und Tugenden), die ihm aus den Katalogen geläufig und großenteils aus AT und Judentum überkommen sind und ebenso in der hellenistischen Ethik eine Rolle spielen. Die häufig aufgestellte Alternative: formelhaft oder aktuell (so wieder Conzelmann, 1. Korinther, 122) ist unzutreffend,. wie lKor deutlich zeigt. Zudem ist für den Römerbrief stets zu beachten, daß Paulus hier früher in anderen Gemeinden gemachte Erfahrungen in verallgemeinernder Lehre wiederholt. - Die Vermutung Lietzmanns, 1. Korinther, 65f., aUXT/I-'oveiv beziehe sich auf K. 11 oder 14 (so auch Weiß, 1. Korinther, 316, vorsichtig), ist möglich: für Paulus hat ein Laster stets verschiedene konkrete Spielarten. 268. Ta 1-'11 eavTTjc; lesen p46 c B CIPt; h (auch Debrunner, CN 1947, 4lf.). Hier ist der Text moralisch mißverstanden. Im Kontext geht es aber nicht um moralische Taten, sondern um allgemeine Verhaltensformen. 269. lKor 10,24.33.
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spezielle Formulierung aus der Kritik an der ,,/vwatC; durch das av/J.ip€peLV, die und a,,/a:TTr/ in den Kapiteln 8-10. Das Laster der Selbstsucht steht also im 1. Korintherbrief in engem Zusammenhang mit dem ipVUWUV und den damit verbundenen Haltungen 270. Auf der anderen Seite aber zeichnet die hier implizit beschriebene Tugend der Selbstverleugnung bei Paulus vor allem Christus aus (Phil 2,6; 2Kor 8,9) und wird daher auch von den Christen gefordert (Phil 2,3f.), so daß diese Aussage über das Wesen der a,,/arrT/ in den Zusammenhang mit /J.cu<po-ßv/J.ia und XPT/UTOTT/C; als Gottesprädikaten rückt und trotz ihrer deutlichen negativ formulierten Situationsbezogenheit größere positive theologische Aussagekraft als die sie umgebenden verwandten Prädikationen besitzt. OLKOOO/J.~
8. Du rrapO~VV€7aL: dies Verb ist hapax legomenon bei Paulus und taucht sonst im NT nur noch Apg 17,16 in neutraler Bedeutung auf. Es handelt sich um eine den LXX und dem hellenistischen Judentum geläufige Vokabel genuin neutraler Bedeutung ,anspornen, erregen'271, die im hiesigen Kontext einen negativen Akzent trägt: sich reizen lassen 272. Der Zusammenhang mit ~T/AOUV ist deutlich 273. Die Frage, wie es zu diesem ausgefallenen Verb im vorliegenden Zusammenhang komme, läßt sich im Rückgriff auf LXX klären. In Num und Dtn, auch in den Psalmen, wird das Verb stets im Sinne des Unglaubens des Volkes gegenüber Jahwe gebraucht in der Bedeutung von ,Erbitterung' parallel zu Murren (,,/o,,/"{Vu/J.oc;/ ,,/o,,/-yV~w). In der Geschichte vom Untergang der Rotte Korah Num 16 begegnet rrapo~vveLV an proftlierter Stelle (V. 30), ebenso ,,/o,,/-yV~eLV (17,6), eben jene Stelle, die Paulus im 10. Kapitel des 1. Korintherbriefes zur Warnung der Korinther heranzieht (V. 10). Dort warnt er im Zusammenhang mit der Idolatrie vor rropveia (V. 8), vor dem Gott-Versuchen (V. 9) und dem Murren (V. 10) in ebendemselben Sinn, bezogen auf die Rotte Korah. Test lob 14,5 begegnet ,,/o,,/"{Vu/J.oc; als allgemeines Laster. Der Zusammenhang mit aUXT//J.oveiv legt für Kapitel 13 nahe, rrapo~vveLV von diesen LXX-Stellen her zu verstehen: nach einer Warnung vor Unzucht nun diejenige vor Auflehnung gegen Gott - Phänomene, die überall bei Paulus verbunden auftreten und zusammen mit ipvuwvv 270. Strack-Billerbeck IH, 451. verzeichnet parallele rabbinische Forderungen aus der Zeit um 300 n. ehr., während die Regel jeder ist sich selbst der Nächste' häufiger ausgesprochen ist (vgl. bes. Abot 5,13). Vgl. zur Sache auch 2Tim 3,2 und die Selbstaussagen Jesu Joh 5,30; 6,38; 7,18; 8,50. Zu den jüdischen Parallelen vgl. auch Nissen, Gott, 209ff. 271. Die Bedeutung von 1I'apo~uol-Lck Apg 15,39 (negativ) und Hebr 10,24 (positiv, mit d')'d,1I'T/ zusammen verwendet) zeigt ebenfalls die doppelte Wertigkeit der Vokabel. 272. So in den paganen Belegen bei Bauer, WB 1248. 273. Auf die ähnliche Bedeutung von 1rLKp,a in popularphilosophischen Katalogen, bei Philo (z.B. Ebr 223) und Eph 4,31 weist Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 139, hin. Es handelt sich um ein LXX und Hellenismus vertrautes Laster.
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besonders deutlich sind 274. Die Liebe verhält sich nicht wie diejenigen, die aus I{Jvai Wat<: der gegen Gott gerichteten Sünde des 1Tapo~vallo<: verfallen.
Die sechs Prädikate zwischen ou ~l1AO;: und OU 1TapO~VV€TaL gehören inhaltlich zusammen, ergänzen einander und sind eng auf die Situation der Gemeinde in Korinth bezogen, wie die Analyse zeigte. Erwartet man eine allgemeine, vollständige und grundsätzliche Belehrung über die Handlungsweisen der a:ya:TT77, so scheinen die sechs Verben einerseits eher willkürlich herausgegriffen und nicht zu den wichtigsten Bestimmungen der Liebe gehörend, andererseits müßte die negative Formulierung befremden, die ja nichts eigentlich Positives über die a:ya1Tl1 sagt. Ihren Sinn und ihr einheitliches Profil erhalten die sechs Aussagen dagegen im Zusammenhang der theologischen Kritik des Paulus an der korinthischen Gemeinde, wie sie Paulus sieht und mittels der a:ya1Tl1 kritisiert 275. Pneumatischer Eifer und ihm benachbarte Eifersucht, prahlende Rede und pneumatische Kraft, Aufgeblasenheit, die zur Parteiung fUhrt, Benehmen, das die Sitte verletzt und dies als pneumatische Freiheit versteht, schließlich das Umschlagen der 'YVWat<: in Murren gegen Gott, das den selbstsicheren Pneumatikern Korinths ebenso droht wie den alten Israeliten - daher der Mahnruf an die Eingebildeten, die von keiner Gefahr wissen: Wer steht, sehe zu, daß er nicht falle (10,12) -, all das kennzeichnet die Situation in Korinth nach Paulus. Die a'Yu1Tl1 dagegen tut all das nicht, denn sie handelt wie Gott und Christus in Großmut und Geduld - so in der Einleitung -, in Demut und in der Annahme des andern - so hinter den sechs Verben positiv zu erschließen. Die drei folgenden Prädikationen kehren zu den allgemeinen Aussagen von V. 4 zurück. 9. OU AO'Yi~€TaL TO Ka/
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fmdet sich im NT bei Paulus wieder 278. Die a:y(i1rfl handelt hier also wie bei paKpo{)vJ.1ia und XPflOTOTflC: auch wie Gott selbst. Zugleich wird die Linie von
ou ~17T€;: eavrqc: fortgeführt.
Allgemeine Haltungen von Zuwendung, Güte, Großmut und Selbstverleugnung, die zunächst Gott und' Christus und dann den gottglaubenden und gehorsamen Menschen als Gaben des Geistes kennzeichnen, werden hier der a:ya1Tfl beigelegt. Dabei verdient die Beobachtung Aufmerksamkeit, daß hier KaKOV statt apapTLa, aO/}(La usw. mit OU AO"{/J€o{)at verbunden ist 279, also ein neutraler Ausdruck, der nicht wie die Sündenvergebung von vornherein theologisch ausgerichtet ist. Trotz der allgemeinen Formulierung hat diese a'Ya1Tfl-Prädikation im paulinischen Sprachkontext besonderes theologisches Gewicht. ,Ao'Yi~€a{)at TL als etwas' ist ein typisch paulinischer Ausdruck, der im Römerbrief allein ca. zwanzigmal begegnet und stets eng mit der paulinischen Rechtfertigungslehre verbunden ist. In dieser Prädikation ist ein grundlegender Zusammenhang zwischen der a'Ya1T17-Lehre und der Rechtfertigungslehre hergestellt, und zwar so, daß die Liebe dasselbe tut wie der rechtfertigende Gott.
10. ou Xaip€t €1TL T17 ao/}( i(L, OV'YXaip€t oe Tft CLAflfJ€i(L280: die in LXX häufig. ftir profan oder religiös begründete Freude verwandten Verben erscheinen bei 278. Röm 4,8 = I/J 32,1; 2Kor 5,19. Die entsprechenden LXX- und Test XII Patr-Texte verändern das im ganzen wohl richtige, aber zu einseitige Bild, das Nissen, Gott, 264ff., nach Amos 5,14 usw. von der Dominanz der atl.-jüdischen Gerechtigkeit zeichnet, die sogeartete Vergebungsaussagen nicht zulasse. Allerdings erhalten diese Aussagen bei Paulus eine völlig andere, grundlegende Bedeutung, die sie z.B. in Test XII Patr nie haben. Außerdem ist stets zu berücksichtigen, daß "der Nächste" im AT einen gegenüber Paulus ganz beschränkten Begriff darstellt (vgl. Nissen pass.). Paulus selbst versteht das AT dagegen in seinem Sinn, wie das Sacharjazitat zeigt, und schreibt im Sinne der atl. Offenbarung in christologischer Interpretation. 279. Vgl. hierzu den informativen Beitrag von Grundmann, ThWNT 3, 470-487, der für das AT zeigt, daß TO KaKov hier als ethisch-negativer Begriff bei den Propheten, vor allem aber in der Weisheitsliteratur erscheint (S. 479). Wie im AT tritt auch im NT TO KaKov hinter ap.apTta zurück; für Paulus ist beides aber eng verbunden: Röm 1,18ff. Die Mahnung zum Guten und die Warnung vor dem Bösen sind fester Bestandteil seiner Paränese (Röm 12,17.21; 13,10; 16,19; 1Thess 5,15). Röm 13,10 ist eine Abwandlung von 1Kor 13,5 ins Praktisch-Ethische hinein: 'h d:ya7fll T4> 7fAllatOV KaKov OVK €p-yci.teTal. Röm 1,29.30; 16,19; 1Kor 10,6 ist von dem Laster des KaKovallein die Rede. - Vgl. Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 199, zu d1) lKta als popularphilosophischem Laster. Auch OU P'lTeiv Ta eavTflc; ist ethisch formuliert und unterscheidet sich von der für Christi Erniedrigung gewählten Formulierung. 280. Zu Xatpw c. €7ft c. dat. vgl. Blaß-Debrunner, § 235,2 (auch z.B. 1Kor 16,17). - Zu den weiteren theologischen Perspektiven des Satzes vgl. Käsemann, EvTheo11973, 447-457.
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Paulus oft auch in dieser Kombination, die eine Steigerung und Intensivierung mit sich bringt 281 • Sie werden aber nur sehr selten mit Objekt konstruiert 282 • Diese sonst begegnenden Objekte xapa, iJ"Ai1/JL~, €"Arri~ haben mit O)\r,iJ€La und Muda gemeinsam, daß es sich jedesmal um allgemeinste Haltungen und abstrakte Größen hande1t 283 , Wie die paulinischen Parallelen zeigen, ist Paulus die Verbindung aöu<.ia - a"Ar,iJ€ta wohlbekannt 284, und zwar aus LXX, wo sie als feste Kombination auftritt 285 • Die antithetische Kombination von a"Ar,iJ€ta und aöuda ist in LXX und bei Paulus durch das ursprüngliche Paar Cr"Ar,iJ€La öIXawavV17 ermöglicht, das in LXX vielmals als Übersetzung von li~~ und 'i"~ begegnet 286. Die Bedeutung des Gegensatzes ist in lKor 13,6 ganz allgemeiner Art, indem ein typisches Begriffspaar gewählt wird, das Paulus in verschiedenen
281. Phil 2,17.18; oU'YXatpELv allein noch lKor 12,26. - Vgl. Anm. 299 zu Test Benj 4,4. 282. Röm 12,12 TU V"1Tllltxa{povrec;; 2Kor 7,13 €xapr/l.lev €1Ti. TÜ xapf[. T{TOV; 2Kor 7,4 substantivisch: TÜ xap~ €1Ti1Taou Tfi fJl\{t/lEL. Eine ähnlich allgemeine Formulierung, wenn auch auf den Nächsten spezifiziert, begegnet Abot 6,6. 283. Die enge Gemeinschaft zwischen Xapd. und €l\1T{C; geht aus Röm 12,12; 15,13 hervor. 284. Röm 1,18; 2,8 (vgl. auch Röm 1,25.29 und 3,5.7). 285. t/I 57,2f.; t/I 118,29f., 160, 163; Mi 7,19f.; Sir 27,8-10; Dan Th 9,13. Vgl. ~azu ThWNT 1, 153ff. (Schrenk, 150-163). Vgl. aber das griechische Material, das Hommel, Antike und Abendland 1969, 159-186, zusammengestellt hat. Die Verbindung, die Hommel als aus der Gerichtssphäre stammend und sich allmählich ins Allgemeine hebend darstellt, korrigiert das in Bultmanns Artikel ThWNT 1, 233-251, dargebotene, aus der philosophischen Literatur stammende Material (vgl. dazu auch Bultmann, Exegetica, 124-197). Das bei Hommel ausgebreitete griechische Material kann nicht direkt als zweite Quelle des paulinischen Ausdrucks gelten, zeigt aber, wie einerseits die LXX-Übersetzer auf gängige griechische Wortverbindungen zurückgreifen konnten und wie andererseits Paulus mit der von ihm benutzten LXX-Wendung bei den griechischen Hörern ihnen eigene Assoziationen wecken mußte. Zum Sprachgebrauch des hellenistischen Judentums vgl. Dodd, The Bible, 42-75 . 286. Vgl. bes. die von Hommel, 166, angegebenen Stellen: Jes 11,5; Ez 18,5.8.9; t/I 35,6.7; 84,12; t/I 118,40ff.; beachtenswert sind die rabbinischen Reflexe dieser atl. Aussagen (Abot 1,18 u.ö.). t/I 84,llff. ist besonders charakteristisch in der Aufzählung von göttlichen Eigenschaften, die in lKor 13,4-6 wieder begegnen: V. 11 El\eoc; Kai llMfJeta (li~~) ov~v'TTloav, 6tKatoOVvTl (i'':!~) Kai elprWTI KaTelj){l\Tloav. V. 12 dMfJeta €I< Tr,C;' ~r,c; dvhetl\ev, Kai 6tKatOoVV'T'/ h. TOÜ ovpavoü 6u!Kvljlev. V. 13 Kai. 'rap Ö KVPtoC; 6woet XPTlOTOTTlTa. Bes. Böhlig, Mysterion, 20, weist darauf hin, daß li~~ in LXX nicht nur mit dMfJeta, sondern auch mit 6tKaWOUV'T'/ übersetzt werden ka~n, was zeigt, wie für LXX beide Begriffe bis zur partiellen Identitä t sich einander annähern können, und zwar im Rahmen der Rechtssprache, in der das tert. comp. ,Beständigsein' ist. d6tK{a kann dementsprechend in LXX Unwahrheit = Lüge bedeuten (ThWNT 1, 154, Schrenk). Zu li~~ ThWAT 1~ 333-341 (Jepsen).
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Zusammenhängen verschiedenartig spezifiziert 287. Deutlich ist wieder, daß die b:yarrT/ wie Gott handelt - und wie der Gott gehorsame Mensch -, denn Gott
haßt die Muda (Röm 1,18; 2,8), während die O),'I7rJfLa eine seiner Haupteigenschaften ist (Röm 1,25 u.ö.). Dementsprechend ist es die Hauptsünde der Menschen, Gottes b). :fl'~fLa in aouda zu verkehren (Röm 1,18)288. Die O),:TjrJfLa ist zugleich Tugend und Geistesfrucht bei Paulus 289, den Christen vielfach empfohlen oder bescheinigt, die aouda dementsprechend Laster 290, ausflihrendes Organ der Sünde 291. Paulus selbst, der Apostel, beschreibt sein Apostolat in seiner großen Rechtfertigungsrede 2Kor 6: (rrapaKaAOVJ.l.fv) €V J.l.aKporJvJ.l.iq., €V xpT/aTOTl1Tt, ••. €V Cl/yarrn allVrroKpin.-(J (V. 6), €V AcYyv.; aAT/rJelac; ... , ÖLci. TWV örrAWV Tilc: oLKaWauVT/C: TWV Of~LWV Kai apwTfpwV (V. 7)292. Hier ist weder speziell die aoLKia avrJpwrrwv (Röm 1,18) noch die aAr,rJfLa rJfOU (Röm 1,18) / XPWTOU (2Kor 11,10) / TOU fVa'Y'YfA{OV (Gal 2,5) gemeint, sondern hier sind Wahrheit und Ungerechtigkeit als allgemeine Orientierungspunkte des zustimmenden oder ablelmenden Grundverhaltens der a'YQ.rrT/ dargestellt 293. Daß nun gerade die Lie-
287. Röm 1,18 im Zusammenhang von Gotteserkenntnis und Gottesverehrung; Röm 2,8 im Zusammenhang einer dualistischen Ethik; 1Kor 13,6 im Zusammenhang einer katalogischen Aufzählung von Handlungsweisen der d'Yo'1Tll. 288. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Bedeutung der dliLl
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be mit Wahrheit und Gerechtigkeit verbunden sei, geht nicht nur auf die atl. Gottesprädikationen zurück, die hier wieder auf die a:ya1TT/ übertragen werden, sondern ist auch vom Judentum tradiert worden 294. Zudem fungieren hier a"AiJ&ta und ciJj u,ia als ein zusammengehörender Begriff, der ausdrückt, daß die ci'Ya1TT/ ganz wie Gott handelt - also eine Steigerung gegenüber V. 4a 295, die dann in der expliziten Totalitätsformulierung mivTa von V. 7 ihrerseits steigernd überboten wird. Woher stammt aber die Fonnulierung: die Liebe freut sich über ... , statt des einfachen: die Liebe übt Gerechtigkeit ... ? In den Proverbien werden die Bösen beschrieben: ol €vl{Jpatv0J.1€vDt €1TL Ka/wie; Kai XaipOVT€C; €1TL (HaaTpolfJfl KaKn 296, und vor dem Gottlosen wird gewarnt: J.1r, xaip€ €1TL KaKo1TowLC; J.1T/O€ tiJ"Aov aJ.1apTw"Aouc; 297. Demgegenüber steht die jüdische Freude am Gesetz, die den Gerechten erftillt 298. Bei Paulus tritt diese Freude an der Wahrheit in den Zusammenhang der Tugenden xapa und a"AiJ~€ta, so daß die Freude zur Mitfreude innerhalb der Gemeinde wird, wie lKor 12,26 zeigt 299• D(J'1 Mitleiden mit dem leidenden Gemeindemitglied, das derselbe Satz beschwöl't, vertieft das Verständnis dessen, daß die Liebe sich nicht über das Unrecht freut, nämlich nicht aus der bloßen Einsicht heraus, daß der Herr selbst das Unrecht strafen werdei wie in den Sprüchen, sondern aus der Einsicht heraus, daß man Leiden mitleiden wie Freude mitfreuen solle, daß das Unrecht anderer dagegen kein Anlaß zur Freude sein könne, daß aOtUia vielmehr ständige Gefahr für den Menschen ist, vor der die CL'Ya1TT/ bewahrt.
294.
295.
296. 297. 298. 299.
heit auch im zwischenmenschlichen Bereich üben. dOL/da ist demgegenüber die Essenz gegengöttlichen Wesens, die sich in der Fülle der Laster konkretisiert (Röm 1). Vgl. Nissen, Gott, 237f., Beispiele. - Besonders wichtig rur lKor 13 ist Test Gad 3-5 (3,3; TflV aMßELaV 1/!€'YEt), ebenso lQS 5,1-4 und 8,1-4. Auch Philo, Sacr Ab 2lff. ist von dem Gegensatz dOtKta-dMßEta und OtKawouV1'j geprägt. Beachte dazu den Hinweis von Berger, Gesetzesauslegung, 387, daß die von ihm so genannten Beispiele "sozialer Reihen" in ihren Anfangs- und Schlußsätzen "in der Regel allgemeinere Formulierungen über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit ... " enthalten. Spr 2,14. Spr 24, 19. Vgl. Nissen, Gott, 180f., 215_ Vgl. Franz, ThLZ 1962, 795ff., der zurecht auf 2Kor 1,24 hinweist und auch unseren Satz in die Situation des lKor hineinstellt. Dabei braucht man sich aber nicht wie Franz auf die grammatische Beziehung von Freuen zum "Liebenden" statt zur d'Ycl1Tl1 festzulegen. Denn hier gilt gerade dasjenige allgemein von der d'Ycl1Tl1, das anderswo spezifiert vom Apostel gilt. - Eine wesentliche Parallele zu lKor 12,26 und indirekt auch zu 13,6 bildet wieder Test Benj 4,4: (0 d'Yaßoc; liVßPW1TOC;) T4J dOßEVOÜVTt oVJ..L1TaO)(Et.
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Die Aussagen der Verse 5 und 6 gewinnen nun im Zusammenhang ein eigenes ProfIl. Einerseits enthalten sie Elemente der jüdischen Paränese, wie sie uns vor allem in Test Gad 4, Test Iss 4 und Test Benj 4 überliefert ist. Aber auch so heterogene Schriften wie Test lob, 1QS und Phllos Sacr Ab enthalten Aspekte dieser Paränese. Andererseits zeigen sich diese Traditionselemente in lKor 13,4-6 durchweg auf die korinthische Situation bezogen und in Hinsicht auf den Apostel und sein christusförmiges Leben hin vertieft. Und etwas Weiteres tritt hinzu: schon in den Test XII Patr können diese paränetischen Traditionen mit der a:yarr77 verknüpft werden, wie Test Gad 4 zeigt (Sacr Ab Cain 27 I{JtAav{}pwrria; lQS 5,4 i1~qtt). Paulus denkt also durchaus im Sinne einer jüdischen paränetischen Tradition, wenn er an die der LXX entnommenen - und ebenso im Judentum vertretenen - Rahmenbestimmungen des Verses 4 nun einzelne jüdische Elemente aus dem Themenbereich des c:W1]P a:ya{}o<;, des ärr AOV<;, des leidenden Bekenners, der ap€Tfl, der "Männer der Gemeinschaft" anschließt und sie zu Wirkweisen jener a'}'cL1r77 macht, die seiner Meinung nach den korinthischen Pneumatikern fehlt und die er selbst in seiner apostolischen Existenz leben will. V. 7 bringt die positiven Aussagen über die a'}'arr77 von V. 4 und 6b durch vier positive Verhaltensangaben zum Abschluß, die zudem durch die Verallgemeinerung gesteigerte Bedeutung haben. Neben drei Paulus und den anderen ntl. Schriftstellern geläufigen Verben taucht hier zunächst das seltene aT€'}'€LV auf. 11. IlavTa aT€'}'€t: aT€'}'w, in LXX hapax legomenon 300, begegnet im NT nur
bei Paulus 301. Im profanen Griechisch lauten die Hauptbedeutungen: to "cover closely, bear up, sustain, support, endure, resist, contain oneseIf, hold out" 302. Paulus benutzt die vier letzten Möglichkeiten 303. Berücksichtigt man den Kontext, so wird man mit Liddell-Scott die Bedeutung ,sustain' vorziehen, da sie wie die anderen Verben eine passive, ins Allgemeine gehende Haltung des Ertragens aussagt 304. Es ist bedeutsam, daß die einzige genaue Parallele sich lKor 300. 301. 302. 303.
Sir 8,17 (ein Wort verschweigen). lKor 9,12; 13,7; IThess 3,1.5. Liddell-Scott 1636; vgl. Bauer, WB 1517. lKor 9,12 bear up; IThess 3,1.5 to contain oneself. Die Sirachstelle belegt, daß Paulus auch die andere, zudem ältere Bedeu tung kennen konnte. 304. So mit Liddell-Scott gegen Hamack, Das Hohe Lied, 147; Spicq, Agape 11, 92; Weiß, 1. Korinther, 317. Weiß verbindet lKor 13,7 mit IPetr 4,8 (= Spr 10,12; vgl. dazu Strack-Billerbeck 111, 766). Barrett, 1. Corinthians, 304, liest ,doing of kindness', ,to support' und führt Abot 1,2 als Parallele an. Diese Deutung ist möglich, sollte aber doch wegen ihrer karitativ-aktiven Note, die den Kontext sprengt, zurückgestellt werden. Die Überschneidung mit tnrop.EV€W, die Weiß u.a. vermeiden wollen, ist bei der
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9,12 fmdet, also in der grundlegenden Ausführung des Paulus über sein Apostolat, wo er .seinen Unterhaltsverzicht folgendermaßen begründet: G.AAa 1Tavra OrE"jop.€V, 'lva p.ft nva €"jKo1Tilv OWp.€v Ti;; €va-y"j€Ai4) TOU XpWTOU. Die G.-ya1TT/ verhält sich hier wieder wie der Apostel selbst, nämlich schwach statt stark. Den Hintergrund dieses Verhaltens bildet das paulinische Christusverständnis (lKor 1-4). So trägt OT€-Y€LV trotz dieser allgemeinen Bedeutung einen geradezu persönlichen Akzent und ist hier also nicht als nur allgemeine Belehrung über das Wesen der Liebe in Parallele zum Verhalten des Apostels im Ertragen neben den anderen allgemeinen Größen €A1Tic; 1TLonc;, V1TOP.Ovr, zu verstehen. Sondern man wird nicht übertreiben, wenn man hier versteht: die Liebe verhält sich genauso, wie ich mich bei euch verhalten habe - fälschlich deswegen von euch angegriffen . wegen mangelnder 0 UVapLC;. Nur so wird man dem persönlichen und aktuellen Charakter des Verbs OT€-Y€LV gerecht, das aber andererseits durch die Zusammenstellung mit den allgemeinen, überpersönlichen Begriffen mOTeV€LV, €A1TL~€LV, lJ1TOP.€V€LV ebenfalls einen allgemeineren Charakter erhält und die anderen, persönlichen OT€-Y€LV-Aussagen des Apostels in das allgemeine Licht rückt, das ihnen theologisch gebührt. Mit dieser Aussage schließt der Satz ,17 a-yu1TT/ 1TavTa OT€-Y€L' direkt komplementär an V. 3 an. Dort sagte Paulus: ,ohne Liebe nützt mir meine apostolische Leidens- und Sterbensexistenz nichts'. Hier ergä~zt er positiv: die Liebe fUhrt völlig und ganz diese Leidensexistenz, eben diese Existenz ist direkter Ausdruck von a"ja1TT/305. Apostolisches Leiden ohne CL-ya:TT'17, wie er es bei anderen Aposteln sieht, ist für Paulus ein Unding, streng genommen eine Unmöglichkeit. Diese Argumentation setzt sich dann in ,1TavTa mOT€V€L fort. Auf das persönliche Verb OT€"j€LV folgt die verbale Dreiheit von Glaube, Geduld und Hoffnung, deren Bestandteile zunächst einzeln zu betrachten sind. j
I
12. navTa mOTeV€L: 1TLOT€VW begegnet bei Paulus - vorwiegend im Römer-
brief - zur Kennzeichnung des rechten Verhältnisses des Menschen zu Gott (Abrahams), des Glaubens an Christus und in der sogenannten Pistisformepo6, auch als term.techn. der Zugehörigkeit zur Gemeinde 307. 1Kor 13,7 liegt ein besonderer Zusammenhang vor, in dem bei Paulus das Verb nur an dieser Stelle Übersetzung mit ,ertragen' noch nicht notwendig, da OT€')'EW (lKor 9,lff. als Illustration!) doch eine aktivere Nuance als das spirituelle inrOJ.l.€IJEW zu tragen scheint. 305. So auch Schrage, Einzelgebote, 268: "Das unum necessarium geschieht nicht neben oder gar im Gegensatz zu dem in lKor 13 aufgeführten Einzelnen, sondern gerade in ihm .... 306. Vgl. dazu Kramer, Christos, 15-60. 307. Grundsätzlich zu mOTEuw KT'l\.. ThWNT 6, 174-230 (BuHmann); Lührmann, Glaube. Zu den hier nicht wichtigen weiteren Bedeutungen Bauer, WB 1309-1312.
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begegnet 308, während der Gebrauch des Substantivs näheren Aufschluß gibt. Nach Gal 5,22 kennt Paulus eine 1tianc;, Vertrauen, genannte Tugend, die in engem Zusammenhang mit a:ya:1T11 steht und der andere Geistesgaben wie auch J.1.aKpo{)vJ.1.ia und XPllaToTllC; zugeordnet sind 309. rrianc; ist hier ein allgemeiner Haltungsbegriff, die ins Abstrakte gehende Verallgemeinerung des Glaubens an ... Dasselbe gilt rur mlvra rrWTcV€t, wo 1TWTeJ€LV kein spezielles theologisches Objekt hat 310. Verglichen mit anderen ntl. Stellen, an denen 1TWTcV€W mit direktem Akkusativobjekt konstruiert ist - bei Paulus begegnet diese Konstruktion nur hier -, ist maTeJ€W im Sinne von ,überzeugt sein von, Glauben schenken, anerkennen, für wirklich halten' zu verstehen 311. 2Kor 4,13, wo rrveVJ.1.a TiJC; rriaT€WC; den Abschluß des Peristasenkatalogs bildet und in ähnlichem Sinn wie in lKor 13,7 zu verstehen ist, zeigt allerdings in der Verbindung mit der Pistisformel V. 14, wie eng der allgemeine Haltungsbegriff 1Täaa 1Tianc; und die rrwnc; €ic; ... zusammenhängen 312. Den Zusammenhang klärt Gal 5,6 noch weiter: die rrianc; muß sich in a'YO,1TT/ auswirken, dann ,nützt sie' (laxvft). Damit bestätigt lKor 13,7 in positiver Hinsicht die negative Aussage von lKor 13,2: rrianc; ohne a'YO,1rT/ nützt nichts. Zugleich interpretiert V. 7 die Aussage von V. 2. Paulus polemisiert dort eben nicht nur einfach gegen einen Wunderglauben, an dessen Stelle er caritas setzt. Vielmehr gewinnt auch dieser Glaube seinen Wert erst durch a'Ya1Tll, und umgekehrt: 'h o''Ya1Tll rravra rrwTeJ€L. So bestätigt V. 7 auch das oben dargelegte Verständnis von V. 2. Die Gesamtinterpretation der W. 4-7 wird hier noch weiteren Aufschluß geben. Die spezielle Richtung unseres Satzes wird im Zusammenhang mit den beiden folgenden Prädikaten ganz deutlich werden.
13. navTa €Arrl~€t: €Arri~w, ein der LXX geläufiges Verb, begegnet im NT vorwiegend bei Paulus, meist wie €Arric; auf den K'UPWC;, XpWTO> und das Leben
308. Röm 4,17f, und 15,13 ist das 1TLoTeveLv zwar der €A1T{r; zugeordnet, aber in einem rein theologischen Zusammenhang. Daß 1TLOTeveLv hier in der Bedeutungsnuance als hap. leg. bei Paulus auftritt, ist unbedenklich, da VV. 4-7 unter dem Stilzwang verbaler Formulierung stehen (vgl. 1Tep1TepeveoiJaL). 309. Der Vergleich von Gal 5,22 und lKor 13,7 zeigt, daß die Ausdrucksweise des Paulus bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Glaube und Liebe variiert. Gal 5,22 stehen beide Größen als Tugenden nebeneinander. Weitere lexikalische Belege: Bauer, . WB 1313f, 310. Lührmann, Glaube, 51, zeigt, daß 1TLOTeVeLv mit direktem Objekt (Christus u.ä.) für Paulus das Zentrum des Glaubensbegriffs bildet. 311. Zur Konstruktion vgl. Bauer, WB 1309: lJoh 4,16; Joh 1l,26b; Apg 13,41 (= Hab 1,5). Passivisch 2 Thess 1,1 Ob. 312. So auch Lührmann, Glaube, 53f. Die Linie unseres Textes berücksichtigt Lührmann nicht.
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im Eschaton bezogen. Neben dieser (und der profanen) Bedeutung steht eine dritte, €A1Tic; - €A1Tit€LV als christliche Existenzbestimmung allgemeinster Art verwendende, so daß €A1Tie: hier zwar objektbezogen, aber diese Objektbezogenheit selbst aussagend 313 zu verstehen wäre. Ebenso ist wieder mivra €A1Tit€L zu verstehen. Auch hier liegt die ausgefallene Konstruktion mit direktem Akkusativobjekt vor, die noch zweimal bei Paulus für €A1Tit€LV begegnet: Röm 8,24f. 314, Eben dieser Satz nun kommentiert lKor 13,7: ... Ö OU ßA€1TO/1€V €A1Tito/1€v. Das Leben im Nicht-Sehen nämlich ist gekennzeichnet durch 1Tiane: (2Kor 5,7) und durch V1T0/10vT7 (Röm 8,25)315, die beiden anderen Bestimmungen der Handlungsweise der a"{u1Tfl in lKor 13,7.
14. nUvTa V1TO/1€V€L: V1TO/1€VW, ,bleiben, hoffen, ausdauern, erdulden', im NT selten, wohl aber in LXX häufig benutzt, begegnet bei Paulus zweimal 316, während V1T0/10vT7 im Bereich der paulinischen und deuteropaulinischen Literatur häufiger verwendet wird. Auch hier ist wieder die direkte Akkusativ-ObjektSetzung auffällig, die bei Paulus nur hier bezeugt ist 317, .verständnismäßig aber keine Schwierigkeiten machpl8. In substantivischer Form leitet dieselbe Aussage den großen Katalog der apostolischen Lebensumstände 2Kor 6,4 ein: €V V1TO/1€Vn 1TOAAil 319 . Während die Zuordnung der Verben aT€"{€LV, 1TiaT€V€LV, €A1Tit€LV, lJ1TO/1€V€LV zur a,,{u1Tfl im Rahmen der paulinischen Theologie also ein bestimmtes Theologumenon aussagt: die Existenz in der Zeit des Wartens (Röm 8,24), zu der - in verschiedenen möglichen Formen der Zusammenstellung - Liebe, Glaube, Hoffnung, Geduld gehören, ist das viermalige Akkusativobjekt 1Tuvra problematisch und der Exegese stets ein Anstoß gewesen, den man mit Hilfe des acc.1im. b~:.
313. Röm 5,Hf.; 8,23f.; Röm 4,18 (auf Abraham bezogen). 314. Vgl. Bauer, WB 500; LXX: Jes 38,18; Weish 2,22 ("die Gottlosen erhoffen nicht den Lohn der OOLOTl1<;"). 315. Röm 4,18 drückt diesen Charakter der 1Tlon<; als reiner Hoffnung gegen jeden innerweltlichen Augenschein am deutlichsten aus. Diese Existenzform ist aber nur vor dem Hintergrund des Glaubens an Jesus Christus (Röm 8) und der Hoffnung auf die Auferweckung von den Toten (2Kor 5) möglich. Dasselbe gilt mr die apostolischen Existenzformen des OT€'YELV und lI1TOIl€VELV. 316. lKor 13,7: Röm 12,12. - Zu V1TOIl€VELV / V1TOIl0vQ allg. vgl. zuletzt ,Geduld' RAC 9, 243-294 (Spanneut), dort Lit. Spanneut weist auf die enge Verwandtschaft zwischen V1TOIlOvQ und llaKpoiJullla hin (253ff.). Beispiele damr sind besonders Test lob und Jak. Vgl. 1Kor 13,4 und 7. 317. Vgl. Bauer, WB 1673; mit Akk. d. Sache: 2Tim 2,10; Hebr 10,32; 12,2.3; Jak 1,12. 318. Derselbe Ausdruck begegnet 2Tim 2,10. 319. Vgl. 2Kor 12,12: 1Täoa V1TOIlOVn.
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seitigen wollte 320. Dieser Ausweg aber ist grammatisch unnötig, da das direkte Akkusativobjekt bei diesen Verben bezeugt ist 321 . Sachlich handelt es sich um 1I'äaa imop.ovr, 322 - sie ist bei Paulus bezeugt -, 1I'äaa 1I'{aTt~ - sprachlich in V. 2 begegnend - und 1Täaa fA1I't;; analog dazu. Die sprachlich ausgefallene Verbindung wird initiiert durch jenes mivra aT€'Y€t, das schon in 9,12 verwendet wurde und anscheinend als erstes Glied der Viererkette die drei anderen, weniger geläufigen Sätze nach sich zog323. Die Betonung innerhalb dieser Viererreihe liegt auf den Verben, parallel zu den Verben vor allem in V. 4 324, im Gegensatz zu den pauschalen Aussagen der ersten drei Verse. Gegen ,Zungenrede, alle Geheimnisse, allen Wunderglauben, alle Erkenntnis, alle Armut zu haben', steht: ,alle Geduld, allen Glauben, alle Hoffnung zu üben' als Verhaltensweisen der o.'Y U1T17 325. Um das polemische Pathos, das trotz der allgemeinen und durch die Beziehung auf o.'Yu1T17 neutralisierten Formulierung V. 7 anhaftet, deutlich zu machen und die grammatische Konstruktion zu veranschaulichen, sei V. 7 abschließend folgendermaßen paraphrasiert: die Liebe erträgt alles im Gegensatz zu den korinthischen Pneumatikern, die alles beherrschen (lKor 4,8); die liebe glaubt
320. Für 1TaVTa 1TtoT€V€t und 1TaVTa €A1Tlr€t haben Weiß, 1. Korinther, 317 A. 2, und die wichtigeren Kommentare nach ihm die Übersetzung "in allen Stücken" mit Hilfe des acc. lim. herangezogen. Vgl. dazu Blaß-Debrunner § 160; genauer Mayser 11, 2, 327ff., bes. die Beispiele 328f.: 7TOAAU Kai J.wyaAa €V€P"(€TeLV (328); 1TOAAU xa1pew (a.a.O.); fA€"(OV ön TaÜTa 1TaVTa TU 1TOAAU €vvfla elol (a.a.O.). 321. Zu V7TOP€V€tV vgl. die interessante Variante Röm 8,24: Tlc; Kai V1TOP€V€t (N * A). 322. Es wird jeweils die umfassende Reichweite des Phänomens ,Glauben' usw. angegeben. 323. Eine grammatische Verschiedenheit innerhalb dieser rhetorisch ganz einheitlichen Satzreihe wäre unerträglich! 324. Ins Substantivische übertragen ergibt sich die bekannte Reihe: paKpo,'}vpla, XPT/OTOTT/C;, 7Tlonc;, €A1T{C;, V1TOPOV1j -
d"(a7TT/.
325. Das achtmalige 1Täc; in 1Kor 13,1-7 ist wohl nicht nur auf den generalisierenden, typisierenden Charakter der Gegenüberstellung von Pneumatika contra a"(a1TT/ zurückzuführen. Im 1Kor begegnet 1Täc; doppelt so häufig wie im 2Kor und viel häufiger als im Römerbrief (Morgenthaler, Statistik, 130, zählt 71:111:51). Die Schlagworte 3,21; 6,12 = 10,23 (je zweimal); 8,1 und die thematischen Abschnitte 10,1-5 und K. 12 zeigen alle deutlich, daß die Korinther Formulierungen wie die des Präskriptes 1,5 exzessiv und gesetzlich-zwanghaft ausgelegt haben. Paulus übt mit den verschiedensten Mitteln an diesem 1Täc; der Korinther Kritik. Eine dieser Formen der Kritik liegt in K. 9 und 13,7 vor: die Diktion der Korinther wird aufgenommen, aber mit einem ganz anderen, den korinthischen Parolen gegenüber scharf polemisierenden Inhalt gefüllt. Dem 1T(WTa neonv tritt das 7TavTa OT€"(W und 1TavTa €"yKpareuopat des Apostels selbst entgegen, das nun in K. 13, den aktuellen Auseinandersetzungen sprachlich entzogen, als ~ d"(a1TT/ 1TavTa OT€"(et usw. wieder erscheint.
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alles im Gegensatz zu den Korinthern, die alles zu sehen vermeinen (2Kor 5,7); die liebe hofft alles im Gegensatz zu den Korinthern, die alles schon zu haben (exew: lKor 4,7) vermeinen; die Liebe erduldet alles im Gegensatz zu den Korinthern, die über alles e~ovaia haben wollen (lKor 9,12). ,Alles Haben' steht so gegen ,Alles Erwarten'. Für die Korinther sind die Charismen (VV. 1-3) ,Haben', für Paulus ,Gaben des Geistes' in der Wartezeit.
15. Schon bei der Versexegese zeigen sich enge Beziehungen zwischen den fünf von Paulus hier verbundenen Größen: Liebe, Ertragen, Glaube, Hoffnung, Geduld. Bevor dargestellt werden kann, in welcher Form hier ein grundlegendes paulinisches Theologumenon verarbeitet ist, muß zunächst der spätjüdische Traditionshintergrund des Satzes ausgeleuchtet werden, denn tenninologisch hat lKor 13,7 an einer bestimmten Richtung spätjüdischen und dann auch urchristlichen Denkens Anteil, die es kurz zu skizzieren gilt 326. Es gibt im Judentum und in einigen ntl. und nachntl. Schriften Zeugnisse, die Glaube - Hoffnung - Geduld zueinander in Beziehung setzen: z.B. IMakk 2,59.61; 4Makk 17,2.4; I/J 77,22; Sir 2,6.8; Jub 17,18; 19,8; Test lob häufig; Philo häufig; Hebr 6,9-20; 10,22ff.36.39; 11 ,Hf.; IPetr 1,6ff.; 2Petr 1,5ff.; Jak 1,2ff.12f.; Apk pass. (bes. 2,19); Ign Eph 14,1 (u.ö.). In der jüdischen Literatur 327 lassen sich mehrere Zusammenhänge erkennen. Einmal sind Glaube, Hoffnung und Geduld die Verhaltensweisen des Frommen in einer Welt der rFAil/Jtc;. Sie führen zur OOl
326. Dieser Hintergrund von lKor 13,7 ist bisher nicht präzise erfaßt. Spicq, Agape 11, 92, handelt den Vers ganz kurz ab und deutet konsequent ethisch: marevetv bedeutet "tout interpreter en bien", €'A1Titetv meint ,nicht verzweifeln', v1Top.Evew "patience inlassable". Conzelmann, 1. Korinther, 265, weist ohne jede Erklärung lediglich auf einige atl. und apokryphe Verbindungen von 1Tianc; und cl/ya1T1j hin. Die Frage nach der Bedeutung des Satzes wird nirgends gestellt, da - wenn überhaupt - das Problem der Trias besprochen wird, die hier aber nicht vorliegt (vgl. unten zu V. 13). 327. Vgl. auch RAC 9, 256 (Spanneut), und Wolter, Rechtfertigung, 129ff. Nebe, "Hoffnung", trägt zu diesem Zusammenhang kaum etwas bei. Lührmann, ZNW 1973, 19-38, betont zurecht den jüdischen Hintergrund der ntl. 1Tianc;, geht aber nicht näher auf unseren Vorstellungskreis ein. 328. Sir 2,6.8; ähnlich, aber ohne die ausgearbeitete Begrifflichkeit: die rabbinischen Aussagen, Strack-Billerbeck III, 22lf.; II 274.282; 193-197, nach denen Züchtigung aus der Liebe Gottes ohne Schuld des Leidenden Bewährung bewirkt. 329. 1Makk 2,59.61; 4Makk 17,2.4.
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Eine andere Form der -ßAi'JIte; ist drittens die Versuchung durch Gott, klassisch an Abraham und Hiob vorgebildet und besonders im Testament Hiobs und in den Jubiläen dargestellt, wo Abrahams Leben nach der Hioberzählung geschildert wird. In allen Versuchen ist er geduldig und vertrauensvoll (muTEVELV) und liebt Gott (b:ya1Täv), bes. 17,18; 19,8. - Diese drei Typen sind Variationen der einen Grundsituation: wenn der Zusammenhang von Gerechtigkeit und glücklichem Leben, in den Glaube und Hoffnung als Sich-Verlassen-auf-Gott genuin hineingehören, durch unverdientes Leiden zerbrochen ist, wird dies Leiden zur Bewährung und damit zur Freude und verliert angesichts der eschatologischen Hoffnung seinen (atl.) Todescharakter. Etwas anders wenden die Psalmen Salomons diesen Zusammenhang von -ßAit/lLe; und V1T0I10vr, / fA1Tte; / 1TtUne;. Besonders in Ps 3,1-8; 10,1-3 (auch 9: auf Israel bezogen) taucht die Meinung auf, Leiden und Dulden seien Züchtigungen Gottes für Sünden der Gerechten. Wegen des Erbarmens Gottes über die Gerechten (= Bußfertigen) könne man aber auch und gerade auf Gott, und d.h. auf die Auferstehung hoffen 330. Die in Ps Sal nur angedeutete Linie begegnet in I QH 9 voll ausgearbeitet und in beachtlicher Absetzung gegen die vorher dargestellte Meinung. Der Kontext der Barmherzigkeit Gottes und der Plagen über den Frommen und der Freude und Zustimmung und der eschatologischen Hoffnung auf Gott den Erbarmer und ewigen Retter ist gleich. Aber der Fromme ist Sünder und stimmt den über ihn verhängten Plagen als Ausdruck nicht der Versuchung, sondern der Gerechtigkeit Gottes zu 331. Der Komplex Glaube-Hoffnung-Geduld wird hier in den Rahmen der sündigen Existenz des Menschen gestellt - eine Grenzaussage im späteren Judentum. In einen anderen Grenzbereich fUhren die Aussagen Philos zu den genannten Begriffen. Neben traditionellen philosophisGhen Erwähnungen der iJ7Top.ovr, als Tugend, so besonders deutlich Mut Nom 197, wo die Vertreter der Diatribe die imop.ovfl Tfie; avopEiae; rühmen, und der 1Ttune; einerseits als Tugend im Sinne des Tuns des Guten (bes. Abr 268), andererseits als Vertrauen auf Gottes Zusage (bes. Abr 275), stehen die andersartigen Aussagen Migr Abr 43f. und Cher 77f. Migr Abr begegnet die Meinung, 1TtUne; und fA1Tte; seien letztlich identisch als gegenwärtiges Betrachten dessen, das noch nicht ist 332. Cher 77f. vertritt Philo die These: i'owv OE 'YEVJ7TOV TO mlUX€Lv (77) 330. Vgl. bes. Braun, Studien, 8-69, der allerdings weniger diese Linie als vielmehr die letztlich entscheidende Aussage, daß rur den Gerechten das Leiden nur eine Bestätigung seiner Gerechtigkeit sei, betont. 331. Vgl. Braun, Studien, 100-119, der 1 QH 9 als "Extremfall", 115, wertet; der Hinweis auf 4 Esr 8,32.36 betont mit Recht, daß hier der Gedanke in der Schwebe bleibt. 332. Käsemann, Gottesvolk, 48ff.: Michel, Hebräer, 377f.i Braun, Philo, 79ff., der diese Linie des philonischen Gottesbegrüfs nicht aufzeigt.
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und: €1T€L0Tz mWX€LV ava:YK1J ni f1V1JTOV (82). In diesem Rahmen muß der Mensch lmoll0vfl üben, aber nicht als passives über-Sich-Ergehen-Lassen, sondern als Sich-gegen-Leid-Stemmen in KpaT€pia. Diese Anwendungsmöglichkeiten der Begriffe finden sich im NT außerhalb des corpus pln. in Schriften, die von diesem beeinflußt sind, wieder. Zunächst bezeugen feste Wendungen 333, daß der Begriffskreis aus dem Judentum und vielleicht auch von paulinischen Briefen her den entsprechenden Verfassern gut bekannt war. Ein erster Zusammenhang verwendet 1TiaTL~ - fA1Tte; - im0ll0vri wie die Makkabäerbücher rur die Verfolgungssituation 334. Dabei spielt die Bewährung des in Verfolgung gezeigten und geläuterten Glaubens, der sich in Geduld erweist und die eschatologische Hoffnung nicht verliert, die entscheidende Rolle. 2Petr 1,5ff.; Hebr 6,9ff.; 10,36.39 werden die Verheißungen Gottes, die man durch 1TiaTL~ in der v1Toll0vf} erringt, besonders hervorgehoben. Die fA1Tte; wird auf diese Verheißungen bezogen. rriane; - fA1Tte; - v1Tollovf} stellen hier eine besondere Bestimmung der christlichen Existenz in Treue gegen Gott und christlicher Bewährung dar, vergleichbar den traditionellen Aussagen bei Phllo. Ebenso wie dort wird hier solcher Existenz eschatologische Erftillung und Belohnung versprochen. Hebr 6,9-20; 10,22ff.; 11 ,lff.27 dienen die drei Begriffe dazu, die Haltung zu beschreiben, die - wie Abrallam, auch dies jüdisches Vorbild - gegen die berechtigten und unaufhebbaren Zweifel doch und gerade an Gott als dem nicht zu Sehenden in Treue, Hoffnung und Geduld festhält 335. Die Nähe dieser Haltung zu derjenigen Philos ist bekannt. Von hierher muß nun eine Verbindung mit Paulus und speziell mit lKor 13,7 hergestellt werden 336 . Zunächst zeigen die Texte von 1Thess 1,3; 3,6; 5,8; Gal 5,5f.22; 2Kor 6,4ff.; Röm 4,17f.; 12,9.12 in ihrer traditionellen Diktion, daß Paulus sich des behandelten Begriffskomplexes häufig und mit Selbstverständlichkeit bedient. Weiter geht dies aus den kettenartigen Sätzen Röm 5,3ff. (ähnlich Röm 12,13)337 hervor, deren Abhängigkeit von jüdischen und hellenistischen Vorbildern oben erwähnt wurde. Einmal ordnet Paulus nun diese Begriffe den
333. 1Petr 1,21; 2Petr 1,5ff. - Kettenschluß -; Jak 1,12; vgl. 5,10f., wo auf die Propheten und besonders auf Hiob als Vorbild hingewiesen wird: ganz im Sinne des Test lob; Hebr 10,22f., 36, 39; Apk 2,19 u.Ö. 334. IPetr 1,6f.; Jak 1,2ff., 12; Apk 2,19 u.ö. 335. Vgl. zu diesen Texten Dibelius, Jakobus, 70f., 74,92ff.; Michel, Hebräer, bes. 376ff.; Grässer, Glaube, 5lff., 102ff., 115ff.; ThWNT 6, 207f.; 2,527ff. 336. Michel, a.a.O., erwähnt Paulus nicht; Bultmann, der in ThWNT 6, a.a.O., die hellenistische Komponente mit Hinweis auf Philo richtig herausgearbeitet hat, bezeichnet S. 233 die entsprechenden Paulusstellen als typisch paulinisch, ohne auf die genannten Zusammenhänge einzugehen. 337. Vgl. dazu Michel, Römer, 360; Wolter, Rechtfertibrung, pass.
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IJAll/J€tC; zu 338, in denen 1Tlonc;, EA1Tlc; und a:ya1T17 geübt werden sollen. Die Beziehungen zu den oben erörterten jüdischen Texten sind offenkundig. Gal 5 und Röm 12 gliedern die genannten Existenzbestimmungen in paränetische Kontexte ein, um zu zeigen, daß nicht automatisch mit der IJAil/Jtc; auch die Inhalte des neuen Lebens gesetzt seien, wie Röm 5 glauben machen könnte, sondern daß ethisches Bestreben nötig ist (€vep'Y€La Röm 5,3; Gal 5,5f.), dessen Herkunft der Geist ist. Röm 4,17 steht ganz deutlich im Bereich der jüdischen Aussagen über Abrahams Glauben, die sich auch bei Philo finden. 2Kor 5,7 und Röm 8,24f. sind 1Tlonc; und EA1Tic; dadurch auszeichnet, daß sie nicht sehen (vgl. 2Kor 4,18). Die Verwandtschaft mit Philo, Migr Abr 43f., und Hebr 11,1; IPetr 1,8 ist deutlich. Eine besondere Rolle spielt Röm 15,4, wo Christus als U1Toll0vTz verkörpernd gilt, der Hoffnung schafft. Christus steht damit in demselben theologischen Zusammenhang wie der Glaubende Röm 5 und die O:.'YCr1T1} lKor 13,7. Drei Texte, nämlich IPetr 1,6ff.: die Bewährung der Gottesliebe und des Glaubens, der nicht sieht, in der Anfechtung, Jak 1,3ff.: die Bewährung des Glaubens, die Geduld in der Anfechtung bewirkt, Hebr 11,1: Glaube als Hoffnung auf unsichtbare Dinge, stehen in engem Zusammenhang mit den paulinischen Äußerungen. In KK. 2-5 des 2. Korintherbriefes liegt eine Anwendung dieser Haltung von 1Tlonc; ~ EA1Tic; - U1TOllovTz auf die Existehz des Apostels vor. Den Abschluß der Passage bildet ehen jener Katalog in K. 6, der schon herangezogen wurde. Die These lautet: ft il
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Röm 5 besonders deutlich, wie €A1Tir:; in V. 2 ebenso wie lmopoV17 zur Kennzeichnung des Lebens in der Jetztzeit verwendet werden kann 341 • In Röm 12,9ff.; 2Kor 6,4ff. werden €ATrlr:; - lmopoV17 - a:ya1T71 im Zusammenhang mit anderen christlichen Existenzbestimmungen nebeneinandergestellt, so auch in allgemeiner, knappster Form lKor 13,7. 16. Stehen die paulinischen Aussagen also traditionsgeschichtlich und begrifflich in enger Verbindung mit der jüdischen Leidenstheologie, so ist der entsprechende Begriffszusammenhang, der IKor 13,7 ganz bestimmt, doch bei Paulus grundsätzlich anders verarbeitet, worauf Schrage zu Recht mit großem Nachdruck für die paulinischen Peristasenkataloge hinweist 342• Vor eben diesem Hintergrund der paulinischen Leidenstheologie, wie sie sich besonders in den Peristasenkatalogen niederschlägt 343, muß man nun aber V. 7 interpretieren, um dem aufs äußerste komprimierten theologischen Satz gerecht zu werden und nicht bei einer bloßen Interpretation vom jüdischen duldenden Gerechten oder in einem rein ethischen Verständnis stehen zu bleiben. Die richtige These Schrages, deren Entfaltung hier nicht wiederholt zu werden braucht: "Der alles entscheidende Verstehenshorizont der Peristasenkataloge ... (ist) die Christologie" 344, gilt auch für V. 7 345 • Denn, wie schon oben erwähnt, ist Sinn und Grundlage der Existenz in Warten und Geduld die Auferstehungshoffnung mit ihrem christologischen Fundament 346, d.h. es gibt für Paulus keine aus sich heraus sinnvolle Existenz in 1Tiunr:;, €A1Ttr:;, lJ1TOPOV17, auch das apostolische UT€'}'€tV ist kein Wert in sich, sondern bedeutet das Gleichförmigwerden mit Christus. Die Peristasen des Apostels gehören in den christologisch begründeten Zusammenhang der paulinischen Eschatologie und werden von ihm gegen die korinthischen Pneumatiker und ihren Enthusiasmus realisierter Eschatologie kritisch gesetzt 347. Damit befindet sich V. 7 unseres Kapitels in eben der Front der VV. 1-3 und 4-~, der grundsätzlichen Kritik an den Korinthern, "die schon reich geworden 341. Zu dem hier benutzten Kettenschluß vgl. Dibelius, SyBU 1944, 2-17; ders.: Jakobus, 92ff.; Michel, Römer, 129, hier Hinweis auf hellenistische Vergleichstexte; jetzt auch Woiter, Rechtfertigung, 137ff., der breites jüdisches Material bearbeitet. 342. Schrage, EvTheol 1974, 141-175, wo 166f. m;E. die Traditionszusammenhänge zwischen der jüdischen Literatur und Paulus doch zu wenig akzentuiert werden. 343. a:yQ.1Tf'j in Peristasenkatalogen Slav Hen 66; 2Kor 6; 1TLun<; Slav Hen 66; lJ7TO/.lOVT! Äth Hen 103; 2Kor 6. 344. Schrage, a.a.O. 167f. 345. Schrage erwähnt unser Kapitel nicht (außer V. 12 als Zeugnis für den eschatologischen Vorbehalt). Die christologische Dimension der d')'Q.1Tf'j betont Kieffer, Le Primat de l'Amour,51. 346. Schrage, a.a.O. 170. 347. Ebd. 172.
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,:
sind und schon (jetzt) herrschen" 348. Dies Ergebnis bestätigt und vertieft unser in der Versexegese gewonnenes Verständnis des Satzes und stellt ihn in den deutlichsten Zusanunenhang mit den vorangehenden Sätzen. Die Liebe verhält sich nicht wie die korinthischen Pneumatiker in Eifern, Prahlen, Unzucht usw. (V. 5). Sie verhält sich dagegen wie der Apostel und wie alle rechten Gemeindemitglieder in Langmut, Güte, Mitfreude usw. (V. 4.6), wobei sie handelt wie Christus. Aber nun doch noch mehr: sie verhält sich ganz wie der Apostel Christi, der Christi Sterben offenbart, und wie in seiner Nachahmung die rechte Gemeinde (z.B. In Thessaloniki, IThess 1,3), in Glaube, Hoffnung und Geduld. Die Liebe konkretisiert sich also nicht nur in den christlichen Tugenden, sondern auch und ganz (1Uivra V. 7) in der eschatologischen Existenz, die in Glaube, Hoffnung und Geduld und in allem Leiden die künftige ~wi7 erwartet, die hier und jetzt in der paradoxen Form des Leidens schon verborgen gegenwärtig ist (2Kor 2-6). Warum folgt auf die Tugendaussagen der vorangehenden Sätze in V. 7 als Höhepunkt und Zusanunenfassung die peristasenähnliche Kette der Existenzbestimmungen? Der Grund liegt darin, daß die a:yu1T11 niemals nur Tugend ist und sich niemals nur aktiv in Tugenden konkretisiert, sondern daß sie zutiefst Gabe des Geistes rur die Wartezeit ist, als solche eschatologische Qualität besitzt und dadurch eine direkte Beziehung zur Christologie hat, wodurch die implizite Christologie der Prädikationen in V. 4 und in dem ,Nicht das Seine'-Suchen weitergeführt und vertieft wird. Die Geduld wird damit zu einer zentralen Wirkform der Liebe: als l1aK.po{)UI1La V. 4 und als inrop.ovr, V. 7. An dieser Stelle ist schließlich der Ort, die zu V. 2 gestellte Frage aufzugreifen, weshalb die a'Yu1T1} soteriologisch über der 1TLane:; stehe, so daß in V. 7 das 1TUJr€VetV als Verhaltensweise der u'YQ.1T1} erscpeint. Der Grund liegt in der Christologie. Die a'Yu1T1} verhält sich wie Christus. Mehr noch: Gott handelt €V a'Yci1TT/. Von dieser göttlichen Liebe gilt: OU AO'Yi~erat ro KaK.OV. Damit enthält die u'Yun1} ein Element der Vollkommenheit, das der 1TLane:; fehlt, die stets menschliches Verhalten bleibt. Menschliches Verhalten aber ist nicht vollkommen. Damit sind die beiden zur nLane:; von V. 2 gestellten Fragen beantwortet. Das Wesen dieses vollkommenen Verhaltens machen Demut, gegenseitiges Sich-Annehmen usw. aus, alle jene Aspekte, die die W. 4-7 nennen. So gehört auch nwr€Vetv selbst zu jener Vollkommenheit der u'Yu1T1} als ein Hauptaspekt neben den anderen der Aufzählung. Da aber, wo der 1TLane:; die Demut fehlt, weil sie ihren Glauben zu demonstrieren beginnt, eben bei dem Wunderglauben von V. 2, ist die u'Ycin1} als Korrektiv notwendig. Gal 5,6 zeigt, wie diese Konstellation letztlich rur alle 1TLane:; gilt, was andererseits die grundsätzliche Notwendigkeit der U'YQ.1T1} zeigt. Der dritte Teil des Kapitels wird dieses Thema der Überlegenheit der 348. 1Kor 4,8: vgl. die zentrale Bedeutung dieses Satzes für Schrages Analyse, a.a.O. 172.
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a'YU1TT/ neu aufgreifen. V. 13 wird dann das Verhältnis von 1Tionc; und o..'YU1TT/ noch einmal abschließend bestimmen 349. Zwei Einsichten sollen am Ende der Exegese der W. 4-7 stehen. Erstens wird Conzelmanns richtiger Hinweis, das Kapitel enthalte keine Christologie, das "Christliche steck(e) ... in der Bestimmung der drei Begriffe, Glaube, Hoffnung, Uebe an anderen Stellen"3so, präzisiert. Die Christologie des Kapitels ist in der Tat nur implizit, aber eben doch implizit vorhanden. Sie steckt hinter der Zusammenstellung der Prädikationen der W. 4-7, die ohne die implizite Christologie zwar vom traditionellen Vokabular her, nicht aber von der inhaltlichen Zuordnung und Abfolge her verständlich im Sinne der inneren Notwendigkeit sind. Daher muß die Exegese dieses Abschnittes den Hauptwert auf das Aufdecken der inneren Beziehungen der a'Yu1TT/ legen. Sonst bleibt der Eindruck einer entweder zufälligen oder bloß traditionellen Prädikatenhäufung. Hier ergibt sich eine wesentliche Einsicht zu der Frage, in welcher Weise oder wodurch denn die paränetischen Stoffe durchgehend jüdischer Herkunft der W. 4-7 bei Paulus zu Trägern impliziter Christologie werden, ohne daß irgend welche Umformungen zu erkennen wären. Wie ist eine solche direkte, teilweise sozusagen wörtliche übernahme von Traditionen möglich? Möglich wird diese übernahme mit Hilfe des Theologumenons der a'Yu1TT/. Die o.'YU1TT/ ist in der paulinischen Theologie eine theo-logische und christologische Größe, die zugleich aber die Grundkategorie gläubigen Lebens bildet. So können die im Judentum der a'Yu1T17 zugehörenden Verhaltensformen der Geduld, der Hoffnung, des Glaubens und des freundlichen Verhaltens zum Nächsten in den paulinischen o..'Yu1TT/-Begriff übernommen werden. Der korinthische Christ kann durchaus ermahnt werden, sich wie Hiob, wie Abraham oder wie ein Märtyrer der Makkabäerzeit zu verhalten - wobei es hier alallerdings zum Stil gehört, dies nicht wie im J akobus- und Hebräerbrief zu explizieren, wenn Paulus auch an anderer Stelle durchaus eine vergleichbare explizite Mahnung gibt (K. 10). So kann auch Christus selbst durchaus Züge des Hiob oder des Abraham tragen (PhiI 2), andererseits ist Christus zugleich der Erweis von jener Liebe Gottes zu den leidenden Menschen in der jetzigen vorläufigen Zeit, mit der Gott auch die leidenden Gläubigen des Judentums liebte. Die Grenzlinie zum Judentum verläuft nicht im Bereich der a'Yu1TT/ und ihrem Kontext von Leiden und Geduld, sondern im Feld der Torainterpretation unter dem
349. Hier liegt die Grundschwierigkeit bei Luthers Exegesen zu lKor 13,2: vgl. Althaus, Theologie, 357ff. Luther erfaßt nicht den christologischen Grund der d'YQ.1Tl1 von lKor 13, sondern sieht sie verkürzt als christliche Tugend, als Ergebnis des Glaubens. Solche d'YQ.1Tl1 kann er nicht über die richtige 1T{anc; stellen und mißversteht die 1T{anc; daher als Fähigkeit der Abgefallenen etc. Daran ist richtig, daß nur eine christologische d'YQ.1Tl1 die 1T{anc; umschließen kann. 350. Conzelmann, 1. Korinther, 261.
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Stichwort des VOf.1oC: (Röm 13,8-10; Gal 5,13-15). Allerdings ist auch die im Judentum nicht belegte konsequente Konzentration aller zum jüdischen Vorstellungs feld gehörenden Verhaltensweisen auf die a:ya1T1] hin, wie Paulus sie 1Kor 13,4-7 vornimmt, eben als Ausdruck der ganz neuen Wertung der a:ya1Tl1 im Zusammenhang der impliziten Christologie des Kapitels zu sehen. Zweitens erklärt sich aus der in V. 7 aufgedeckten eschatologischen Struktur der Cl"YCl1Tl1 die Fortsetzung des Kapitels in seinem dritten Teil, der diese Struktur nun thematisiert.
3. Verse 8-12 Im allgemeinen lassen die Kommentare den dritten Abschnitt des Kapitels mit V. 8 beginnen, gemäß der Gliederung bei Nestle. Dabei gilt V. 8a als "proposition generale, analogue a 17 a:ya1Tl1 f.1aKpO{)Vf.1E'i au debut de la seconde strophe" 351. Bei diesem Verständnis des Satzes kommt der Einleitungsaussage entscheidende Bedeutung für den dritten Teil zu.
a) Vers 8 352 1. 'H cL'ya1Tl1 ouo e1TOTE 1Tl1TTEt: 1T{1TTW, ein in LXX und NT häufig begegnendes Verb, hat ein breites Bedeutungsspektrum, das vom anschaulichen ,Fallen' über ,das unanschauliche ,Hinfälligwerden, die Geltung Verlieren, Aufhören' bis zum
351. Spicq, Agape II, 94; so auch schon Weiß, 1. Korinther, 312. - Hering, 1. Korinther, 120, teilt den dritten Teil in zwei Teile, deren einer, VV. 8-10, die Überlegenheit der Liebe gegenüber den Charismen zeigt, während VV. 11-13 "I 'idee du proges qui se realisera dans le domaine de la connaissance" zeige. - Für die Exegese wird die geläufige Einteilung beibehalten. Weiteren Aufschluß kann erst die Diskussion der Form geben. 352. Textkritik: a) 1T{1TT€L - e/<1Tl1TTf:L: die von KDG u.a. vertretene verdeutlichende Lesart: e/ml1TT€L wird von Harnack, Das Hohe Lied, 148, unterstützt. Der Sinn bleibt der gleiche (Röm 9,6). b) Singular- und Pluralsetzung: Harnack, a.a.O., bevorzugt auch den Plural von 'Yvwat<:, der im Gegensatz zum Singular von 1TpoI{J11T€iaL (erleichternde Lesart von B) gut bezeugt ist (NAG al). Aber auch hier liegt eine stilistische Glättung vor. Inhaltlich muß ebenfalls 'YVWaL<: als dem Stichwort der Korinther der Vorzug gegeben werden. Grammatik: Die disjunktiven Partikeln €i.r€ - €i.r€, in LXX, bei Paulus und in den Papyri besonders häufig, werden hier wie öfter bei Paulus elliptisch ohne finites Verb gebraucht und nähern sich kopulativem Sinn; vgl. Blaß-Debrunner, §446; 454,3; Mayser II, 159.
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eschatologisch bezogenen ,Vernichtetwerden' reicht 353. Für lKor 13,8 kommen die beiden letzteren Möglichkeiten infrage 354 • Die paulinische Verwendung von rrirrT€w 355 zeigt, soweit sie für IKor 13,8 von Belang ist, den in LXX vorhandenen, besonders deutlich bei Sirach 2 begegnenden Sprachgebrauch, der ganz allgemein eine verlorene Existenz beschreibt. Gegenbegriff ist das ebenso allgemeine ,Stehen' oder ,Bleiben' 356. Das Begriffspaar umschreibt in LXX die 353. Diese Möglichkeiten der Bedeutung begegnen schon in LXX: flir 1Kor 13,8 ist hier 1. der Verwendungszusammenhang ,durch das Schwert usw. fallen' - ,sterben' wichtig, 2. ,Fallen' im Gegensatz zu ,Stehen' als allgemeine positive Existenzbewertung für den Gottesflirchtigen, 3. das eschatologische ,Fallen' - ,Vernichtet-Werden', das in Apk ebenso begegnet (z.B. 18,2). Auf einige Stellen der zweiten Gruppe weist Michaelis, ThWNT 6, 162, hin und bezeichnet ihre Reichweite als "soteriologisch-eschatologisch" (bes. Sir 2,7). 354. So die Alternative bei Conzelmann, 1. Korinther, 266, der sich ohne weitere Begründung flir eschatologisches Aufbören entscheidet. 355. Röm 11,11.22; 14,4; 1Kor 10,8.12; 13,8; 14,25. 356. Die LXX-Vokabel UaA€U€LV, die im NT kaum in diesem spezifischen Sinn verwendet wird, bestätigt dies Bild (zur Synonymität von UaA€UW - 7r{7rTW vgl. Mt 7,25; Lk 6,48; Sir 13,21). Der Gottlose glaubt zwar, nicht zu wanken (I/J 9,27; so auch Ps Sal 1,5), aber in Wahrheit wankt nur der Gottesfürchtige nicht. I/J 111 gibt ein Bild dieses Gerechten, der durch XPT/uTOTT/e; (lKor 13,5!) ausgezeichnet ist. Seine Gerechtigkeit wird ,als, ewig bezeichnet, ist aber auch schon in seiner irdischen Existenz voll erfüllt. Weiter wird der Gerechte als der bezeichnet, der auf Gott hofft (z.B. I/J 20,7; 25,1; 124,1), vgl. ThWNT 7, 65-71 (Bertram). Auch Test Isaak 8,19 sind die Gerechten, die Liebeswerke tun, solche, "die in ihrem Glauben nimmermehr wanken" werden, (zu beachten ist die formgeschkhtlich wichtige Position dieses Passus am Ende des Testaments). - Der Gebrauch der Oppositionsvokabel tUTT/IlL in LXX und NT ist ebenso erhellend. Die Verbindung Stehen - Fallen (z.B. I/J 19,9; 35,13) wird ganz allgemein für das Los der Gottlosen und Gottesfürchtigen gebraucht. ,Stehen' bezeichnet in LXX die Existenz des Gerechten (Spr 14,11) und Israels (Jes 66,22) in Gegenwart und Zukunft. Von den paulinischen Belegen sind Röm 11,20 und 2Kor 1,24 heranzuziehen, wo die Wendung ,im Glauben stehen' als Bestimmung einer richtigen christlichen Existenz erscheint. Zu IlEV€LV und lUTavat: I/J 101,26-28 (uu oe OWIl€v€"i<;) = Hebr 1,10-12; I/J 111,5ff.: V. 9 7} oLKawuVVTj aUTOÜ IlEV€L ele; TOV alwva; ähnlich Jes 66,22, wo dem IlEV€W der neuen Schöpfung das ,Stehen' des Samens und des Namens Israels entspricht; d.h. Israel ,bleibt' in der neuen Schöpfung. Eben dasselbe gilt flir die neue ßaaLAela Dan 2,44, fine; €UTaL €lc; Toue; alwvae; ... Kai. .. , uT11u€TaL de; TOV alwva (stehen, sein und bleiben sind hier synonym); so futurisch auf die Gerechten bezogen Äth Hen 5; I/J 111 unterscheidet sich von Jes 66 und Dan 2 darin, daß hier keine Zukunftsprophezeiung getrieben, sondern ein erfahrungsweisheitlicher Lehrsatz formuliert wird, der rur Vergang~nheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen gilt (vgl. Röm 11, 22). Die entsprechende Formulierung für den einzelnen Gerechten: Test Jud 21,1: d-ya7räT€ TOV A€vl I.va oLallelVT/~€ Kat
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f7ratpea{)€ f7r' aVTOV.
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Existenz des Gottlosen und des Frommen. Paulus knüpft an diesen Sprachgebrauch an: Röm 11,22 bezieht die Begriffe auf Juden und Heiden, Röm 14 und 1Kor 10 auf die Situation des gehorsamen und des ungehorsamen Christen. Dabei wird zwar lKor 10,8ff. und Röm 14,4f. das ,Stehen' und ,Fallen' in den Rahmen der Gerichtsterminologie gestellt, aber es ist zugleich und überwiegend Bestimmung schon der hiesigen Existenz. Derartige Aussagen basieren auf einem atl. Gottesprädikat 357 : das ,Nicht-Fallen' sagt die prinzipielle Oberzeitlichkeit und All-Zeitigkeit Gottes und seiner Eigenschaften im Sinne des in LXX oft t solchen Wendungen beigefügten aiwvwc; aus 358. So ,steht, bleibt und fällt nicht' die Wahrheit Gottes, seine Gerechtigkeit, sein Wort, seine Weisheit, seine Liebe zum Menschen (a:ya:rrT/atc;), auch seine ßaaLA.€la 359. Dem entspricht das ,Nicht357. Vgl. ThWNT 4, 578ff. (Hauck). 358. Vgl. ThWNT 1, 197-209 (Sasse). 359. Vgl. z.B. a) Gottes dM~Eta 3 Esr 4,38 u.ö.; oO'flla (Sir 24,9; Weish 9,9 u.ö.); €~ouo{a (Dan 7,14); pfJp.a roii ~€OÜ (Jes 40,8; vgl. dazu Mk 13,31 par. im Zusammenhang eines eschatologischen Lehrstücks); c5ta~~Kl1 (Sir 17,12); f~€OC; (Jes 54,8); c5tKaWovV11 (Dan 9,24); bes. die Psalmenschlüsse. b) Weiterhin wird in der späteren Weisheitsliteratur auch der Mensch als der unvergänglich Bleibende beschrieben, u. z. in den verschiedensten theologischen Zusammenhängen (Weish 2,23 als imago Dei; Dan 12,2 als der Gerechte im Gericht; Weish 6, 17f.; 8,13.17 als der mit der oO'Pla Zusammenlebende; in 1/11/1 als der demütige, fromme Gerechte; die I/IIP kennen aber nicht die Vorstellung von der Unsterblichkeit oder Unvergänglichkeit, sondern meinen eine weiterdauernde Zeit). c) Vergleichbar ist auch die rabbinische Vorstellung von der nicht aufhörenden Tora, die aber auf die Endzeit bezogen ist (Strack-Billerbeck IV, I, 435, A. 2). d) Philo und Aristobul (vgl. auch andeutend Hebr 12,27f.: die Kommentare verweisen nicht auf diesen Zusammenhang) wenden das Gottesprädikat in besonderer Weise an: das Unbewegliche ist allein bleibend und ewig. Das Bewegliche, die Welt der Geschöpfe ist vergänglich, sie wankt, fällt und hört auf. In Philos Gottesaussagen spielt die oTCiotc; Gottes eine beachtliche Rolle: vgl. bes. Poster C 19.23.29 nach Gen 18,22f.; 46,4; Somn 2, 222.237; Leg A1l3,101; Deus Imm 4; Mut Nom 57; Quaest in Gen 4,25 (armenisch; englische Übersetzung: Marcus, Philo Supplement I, 299); 3,55 (a.a.O. 256, englisch: "who always stands firm" in genauer Entsprechung zu dem negativen Ausdruck 1Kor 13,8). Zugrunde liegt hier "das aristotelische Weltbild. Gott ist unbewegt, bewegt aber alles" (Philo, Deutsche Übersetzung, IV 2 , übs. Leisegang, S. 11, A. 4; Wlosok, Gnosis, 74ff.). Aber die oraotc;-Diktion selbst ist genuin biblisch, nicht der antiken Philosophie entnommen. Philo entfaltet die oraotc;-Lehre stets an entsprechenden Pentateuchzitaten. Vgl. ThWNT 7, 568-571 (Delling), wo auf das Aristobulfragment 2 hingewiesen wird; Aristobul Frg 2 = Eus Praep Ev 8,10,9 (Walter, JSHRZ III, 2, S. 270fO. Vgl. weiter Braun, Philo, 2lf. - Dieselbe oraotc;-Auffassung wie Philo zeigt Test lob 33.36: c. 33 stellt der Herrlichkeit der Welt, die vernichtet werden wird, die Herrlichkeit seines Thrones entgegen, die himmlisch, unveränderlich und ewig ist. 36,3 bezeichnet die
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Fallen' der ci"{anf/ lKor 13,8. Durch das Adverb OVD€nOTE - bei Paulus hapax legomenon - erhält der Satz gegenüber einem möglichen bloßen OU n{nTEl eine auf das Zeitliche bezogene Aussagekraft, wobei die Zusammenstellung mit dem Präsens des Verbs zu beachten ist 360. Adverb und Präsens verleihen n{nTElv als Kennzeichen der a:ya1rf/ den Zeitwert der "unendlichen Zeit"-Dauer 361 , wie ihn eben Gott und seine Eigenschaften besitzen 362. Für den Zusammenhang zwischen W. 7.8. gibt nun die apokryphe Literatur einen bedeutenden Hinweis. Sirach und die Weisheit Salomos kennen eine feste theologische Verbindung zwischen Glauben, Hoffen usw. als Existenzform und der Verheißung oder einfachen Konstatierung des Bleibens und Nicht-Fallens himmlische Welt als beständig (vgl. Jak 1,17, dazu Dibelius, Jakobusbrief, 13lff., bes. der Hinweis auf lQS 3, 15-17). ~ Zu eOTwc; in der Gnosis, bes. im Zusammenhang mit Simon Magus, vgl. Rudolph ThR 1977, 279ff. Der Titel "der Stehende" für Simon ist vor dem Hintergrund der jüdischen oni.atc;-Aussagen zu verstehen (Rudolph selbst denkt an einen samaritanischen Ausdruck; vgl. dazu Kretschmar, Das christliche Leben, S. 98, A. 13.) Interessant ist in jedem Fall sein Zusammenhang mit der entstehenden Gnosis, zu derem Sprachschatz er gehört. Die Warnung des Paulus 1Kor 10,12 und das "Stehen" der d-ya1TTj tragen sicher einen Akzent gegen die -yvwmc; der Korinther. 360. Von den vier LXX-Belegen sind drei mit dem Präteritum des Verbs verbunden (Ex 10,6; 3Kön 1,6; Weish 15,17). 2Makk 6,16 heißt es von Gott: öLChr€p OVöbrOT€ P.EV Tal' e'lI.€ov D.I.{J' 'hp.wv D.l.{JlOTTjOW mit präsentischem Verb. Im NT begegnet dieselbe Verwendung Hebr 10,1 (vop.oc;) und 10,11 (Opfer). In den übrigen Belegen haben die Verben Präteritumsformen (außer Mt 26,33: Futur). Nach Blaß-Debrunner, § 323 und Mayser 11, 1,133f. handelt es sich hier um futurischen Gebrauch des Präsens, "meist mit einer in die Zukunft weisenden Zeitbestimmung", Blaß-Debrunner a.a.O. Aber die Zusammenstellung mit OVö€1TOT€ und Präteritalformen des Verbs zeigt (so auch im klassischen Griechisch, vgl. Liddell-Scott 1269), daß die Zeitbestimmung OVö€1TOT€ nicht an eine Zeit gebunden ist, sondern gerade bedeutet ,zu jedem denkbaren Zeitpunkt überhaupt' (so richtig Michaelis, ThWNT 6, 166; Theilers Erwägung, a.a.O. A. 28, \vird dem Sprachgebrauch gerade nicht gerecht!). Es ist hier also nicht mit einfacher Umschreibung des Futurs zu rechnen (das die Koine deutlich kennzeichnen konnte, wie Mt 26,33 zeigt), sondern mit einem durativen Präsens entsprechend den Gottesaussagen (Blaß-Debrunner, § 318,2, wobei die Bezeichnung "zeitlos" wohl wenig zutreffend ist und im Sinne der Ausführungen von Sasse, ThWNT 1, 200-202, zu korrigieren ist). 361. ThWNT 1, 201. Ebd. 199 (Sasse). 362. Michaelis, ThWNT 6, 166f., deutet 1fL1TT€LV (im LXX-Sinn!) als "eine Haltung des Ungehorsams, die vor Gottes Anspruch versagt" (166). Damit wäre zugleich der Anschluß an VV. 4-7 hergestellt, die eben exemplifizierten, was ,Fallen' und ,nicht Fallen' bedeuten (Erfüllung oder Nichterfüllung des Liebesgebotes). Diese einseitige nichteschatologische Deutung trifft sich einerseits mit dem hier Erörterten und bemerkt die von der streng eschatologischen Interpretation vernachlässigten Züge von 1TL1TTELV, übersieht aber andererseits die eschatologischen Momente in der d-ya1fTj-Darstellung der W. 4-7.
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dieser Existenz, die sich als Existenz des Frommen und Gerechten darstellt, der Gott oder die Weisheit liebt 363. Damit sagt V. 8 also dasjenige thetisch zusammengezogen und auf den Begriff gebracht aus, was aus der Beschreibung in V. 7 hervorgeht, und erftillt zugleich den Anspruch, den V. 6 gestellt hatte. Der a:ya:TTT7 eignet die Zugehörigkeit zur Wahrheit und Gerechtigkeit und die Ablehnung der Unwahrheit und Ungerechtigkeit, das aber hat überzeitlichen Bestand zur Folge 364, so daß die a:ya:TTT/ - wie in Sirach und Weisheit Hoffnung und Glaube - ,bleibt'. V. 8 zieht so einerseits das Fazit aus den vorangehenden Versen. Andererseits ist V. 8 argumentativ deutlich zum Nachsatz hin orientiert (oe in V. 8b)36s. Daher ist zum Verständnis der These 17 a:ya7TT/ OVO€1TOT€ 1TL1TT€L die Komplementärthese über das Schicksal der Charismen heranzuziehen: €'iT€ OE 1TPOI{JTIT€Lat.,
363. Davon ist Sir 2 besonders bedeutsam. Hier werden die Gottesfürchtigen, diejenigen, die nicht fallen (V. 7), als solche beschrieben, die auf Gottes Erbarmen warten (dvalleVELv), ihm glauben (man,vEw), auf seine ewige Güte hoffen (E~:TTirEtV) und Geduld im Unglück üben (llaKpo{}vllia / VTTOIlOVn>. Sie werden zusammenfassend beschrieben als ol a:ya1TwVTEe; aUTov ell1TA.'na{}Tjaovrat TOÜ vOIlOV (V. 16). Diese Terminologie zur Beschreibung des Gottesfürchtigen, nicht Fallenden erinnert an lKor 13,4ff. 7.8. Die Exegese von V. 7 hatte gezeigt, wie die d'Ya1Trj, vom Warten auf das Eschaton bestimmt, sich in 1Tiane; - H.1Tie; - v1Tollovi! darstellt. Sir 2 bringt diese Haltung, auf die Haltung des frommen, Gott liebenden Menschen, statt auf die d'Ya1Trj bezogen, in Zusammenhang mit dem Nicht-Fallen - ein Ausdruck für das gute Los des Gottesfürchtigen (die Ausdrücke ,eschatologisch' oder ,soteriologisch' erscheinen für Sirach zu theologisch!). Vgl. Sir 4,11-19: hier garantiert das Leben aus der aOI{){a dasStehen; Verlassen der aOI{){a bedeutet 1TTWate; (V. 19). Außer auf Sir 2 sei auf Weish 3,1-9 hingewiesen, einen in der Thematik parallelen Abschnitt, der aber deutlich den Unterschied zu der Weisheit des Jesus Sirach zeigt, die nichts von Unsterblichkeit des einzelnen und Gegenüberstellung des eschatologischen Schicksals der Frommen und Gottlosen weiß, das Weish zeigt. Während Sir 2 1Tiane;, ell.1Tle; und iJ1rOllvoTj zum rechten Standhalten des gerechten Weisen im Rahmen seines einmaligen, irdischen Lebens führen, ist das 1TpoalleVEtv der Gerechten, die glauben, hoffen und lieben, auf das Leben der zukünftigen Welt bezogen: Kai oL maToL EI' o.'Ya1Tt11TpOaIlEvOÜatv aim.;> (Futur des Verbs!). Vgl. auch Ps SaI15,l-6; 17,1-3. 364. Das klassische Beispiel ist 3Esr 4,37-40 (der LXX-Stil der reihenden, akausaleri Verknüpfung mit Kai ... ist der ebenfalls akausal reihenden, aber das hebraisierende Kai auslassenden Satzreihe lKor 13,6-8 nahe verwandt). Statt der Psalmenargumentation ,der Gerechte und Wahrheit Übende und Gott oder die Weisheit oder das Gesetz Liebende wird (deshalb) nicht fallen', begegnet hier wie in lKor 13 die Wahrheit als Macht mit ebendenselben Prädikaten ausgestattet wie der Fromme. Der Mensch dagegen gehört in den Bereich der Ungerechtigkeit. 365. Vgl. Schmid, Priamel, 127, A. 116.
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K.arapyrrrJiwovrat 366. Der Plural rrpol(lT1r€iat 367 dürfte analog zu -y/...waaat und -yvwau:; am ehesten mit ,Prophezeiung' wiedergegeben werden, da es in der
kurzen Wiederholung der in den W. 1-3 genannten Charismen nicht mehr um ein sie ausübendes religiöses Individuum, sondern um die jeweilige charismatische Gabe geht. Das in LXX und der Profangräzität wenig bezeugte Verb K.arap-y€w 368 kommt im NT häufiger in der paulinischen Literatur vor 369. Da in den jüdischen Apokalypsen ,vernichten' oder ,vergehen' oft im Zusammenhang mit dem Endgericht oder dem Anbruch des neuen Äon verwendet wird 370, ist hier, zumal das Verb im Futur auftritt, nach der zeitli:hen Implikation von K.arap-y€ta{)at zu fragen. Bekannter Kontrastbegriff zu K.arap-y€La{)at ist wie bei rrirrr€w, das auch sonst als Parallelbegriff zu K.arap-y€La{)at begegnet, neben taTllvat wieder /1€V€W 371 , so daß die Verbenreihe von V. 8 bedeutungsmäßig eng verwandt ist. Paulus benutzt dies Verb fast durchgehend zur Angabe der Vernichtung theologisch bedeutsamer Größen; es wird daher ähnlich wie in der apokalyptischen Literatur etwas wie ein terminus technicus 372 • Allerdings ist lKor 13,8 nur aus366. Die Singularlesart von Bist lectio facilior. 367. Vgl. 1Thess 5,20, sonst überall im NT Singular. Bauer, WB 1433: "verschiedene Arten u. Grade proph. Begabung"; ThWNT 6, 831 (Friedrich): "prophetische Tätigkeit". Für 1Thess 5,20 läßt Bauer auch die Übersetzung mit "Prophetenspruch" zu. Conzelmann, 1. Korinther, 267, A. 74, deutet präzisierend: "das Phänomen des Pro~he zeiens". LXX-Sprachgebrauch: Plural begegnet nur bei Sir in den verschiedenen Bedeutungen von ,prophetische Bücher' (Prolog 24), ,Verheißungen' (36, 14), ,Weissagungen' (44,3), ,Prophetendienst' (46,1). 368. LXX nur viermal in 2Esr (= töten im Krieg). 369. Außerpln.: Lk 13,7. Vgl. allg. ThWNT 1,453-55 (Delling). Ähnlich wie bei 1T{1Tr€LV kann man zwischen einer unspezifischen Bedeutung ,der Wirkung berauben' und dem eschatologisch spezifischen ,vernichten' unterscheiden. 370. Z.B. Äth Hen 1,9; 38,5; 50,4; 52,9; 53,5; 54,10; 58,6; 62,2; 91,8; 92,5; 94,1; 4Esr 4,23; 6,27; 7,31; 10,10; Slav Hen 65,7. Diese Stellen seien genannt, da der entsprechende Artikel ThWNT 1, 453-455, auf die apokryphe Literatur nicht eingeht. Conzelmann, 1. Korinther, 267, spricht allgemein von "der harten Konfrontation im apokalyptischen Tenor". 371. 2Kor 3,11; vgl. dazu 4Esr 9,37: lat. nam lex non peri(i)t, sed permanet (permansit) in suo honore (C M), labore (S A), valore (emendavit Hilgenfeld, Messias Judaeorum, S. 76); in griechischer Rückübersetzung von Hilgenfeld, S. 76: 0 oe VOIJOC; OÜK o:7ToAAvraL, aAAo. OLaIJ€V€L €v rv nIJV avroü. Zur Parallelität von 1T{1Tr€LV und Karap-y€'ia(JaL: Ga15,4. 372. Rhetorisch: 1T{anc; rou (J€OÜ (Röm 3,3), VOIJoc; (Röm 3,31), €1Ta-Y-Y€A{a (Röm 4,14; Gal 3,17), aKavoaAov rou aravpou (Gal 5,11); als reale Vorstellung eschatologischer Vernichtung: aWIJa rfic; o.IJaprlac; (Röm 6,6), T
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gesagt, daß das Phänomen der Prophezei1.;lI1gen in zukünftiger Zeit vergehen wird, nicht aber ein Hinweis auf Endgericht und neuen Äon enthalten. ELTE 'YAWOOru. 373 , navoovTaL: fUr die Zungenrede, die hier in Variation des ersten Teils erst nach der Prophetie erscheint 374, gilt dasselbe wie rur die Prophezeiungen. 1Tavw, hapax legomenon bei Paulus, begegnet in der hier von l<.aTap'Yeiot9aL her zu erschließenden futurisch-eschatologischen Bedeutung sonst nicht im NT375, wohl aber in LXX 376. 1TCweot9aL wird hier als stilistische Variante gesetzt. Es wirft zugleich Licht auf I<. aTaP'Yeiat9at, das, von 1TaVeot9at her gelesen, weniger den Akzent des Vernichtet-Werdens als einer apokalyptischen Handlung Gottes oder des Messias erhält, sondern zeitlich fonnal als ,das Ende Finden' verstanden werden muß 377. EiTe 'Yvwatr;, l<.aTapYf/t9i!oerat: rur die 'YvwatC;,
373. 374.
375. 376. 377.
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(2Kor 3,14). Die Tempora der Paulusstellen, die wirkliche Vorstellungen aussagen, geben teils wie in lKor 13 das Futur, teils aber auch Präsens und Aorist an. Während sich 1Kor 2,6; 15,24.26 eindeutig auf die Zukunft beziehen ebenso wie die futurischen Formulierungen selbst, ist die zeitliche Bezogenheit bei 1Kor 1,28; 2Kor 3 nicht deutlich. Für 1Kor 1,28 postuliert Conzelmann, 1. Korinther, 67, A. 22, eschatologischen Sinn. 2Kor 3 geht es um eine Qualitätsaussage, allerdings unter eschatologischem Vorzeichen, wie bes. V. 11 zeigt. Diese Formulierung ist sachlich bedingt: Amt und Wort des Mose dauern bis zu dem Tag, an dem Paulus schreibt, an (V. 14). Andererseits sind für die, die den Geist des Herrn haben (V. 17f.), Amt und Wort des Mose vernichtet. Diese Vernichtung ist also nicht an einen bestimmten Zeitpunkt in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft gebunden, sondern an das Wirken und Anwesendsein des Geistes. - In den jüdischen Apokalypsen beziehen sich die Tempera (überwiegend Futur, auch Präsens oder Präteritum in Visionsberichten, aber auf zukünftige Ereignisse bezogen) auf das kommende Gericht und die Vernichtung des Vergänglichen (4Esr 7, 31). Äth Hen 94,1; Syr Bar 44,9: präsentische Sätze über die Vernichtung des Ungerechten und des Verweslichen, nicht so sehr zeitlich, als vielmehr gnomisch gemeint: Ungerechtigkeit usw. vergehen grundsätzlich. Vernichtet werden die Sünder, die Machthaber, Unrecht (Äth Hen 91,8), Sünde (Äth Hen 92,5), Trug (4Esr 6,27), Vergänglichkeit, Verwesliches. Die einfache Wendung begegnet ebenso 1Kor 14,22 und meint das Phänomen des Zungenredens (vgl. rrpO
die hier ohne Erwähnung der Mysterienkenntnis als drittes Charisma erscheint, gilt ebendasseIbe 378. Das dreimal gebrauchte eLTe in V. 8b ist eine typisch paulinische Einleitungsformel, die außer bei Paulus nur noch dreimal in den Deuteropaulinen und zweimal im 1. Petrusbrief begegnet 379. Paulus benutzt zweifaches, dreifaches, vierfaches oder noch anders kombiniertes el,Te stets als rhetorisches Mittel, meist zum wirkungsvollen Abschluß einer Passage, inuner in Verbindung mit generalisierenden Aussagen, die mit 1Tiic; ausgedrückt sind (z.B. lKor 3,22). Diese Generalisierung leistet in lKor 13 das OVOf.1TOTe. 2. Der Gegensatz ,alles wird aufhören, die CL"{a:rr17 fällt niemals' beschließt den rein thetischen Teil des 13. Kapitels in rhetorisch eindrucksvoller Weise, indem zugleich der erste Teil wieder aufgegriffen und einer eschatologischen Beurteilung unterworfen wird. Diese eschatologische Beurteilung der Charismen einerseits und der CL"{u1T17 andererseits, die logisch V. 7 expliziert und inhaltlich auf die W. 1-3 zurückgreift, ist alles andere als selbstverständlich. Vielmehr entwirft Paulus in V. 8 ein ganz eigenes Bild vom Eschaton, das nun kurz zusammenhängend darzustellen ist. Zunächst ist zu bedenken: Wenn der zweite Satz von V. 8 dem Bleiben der CL"{U1T17 diejenigen Charismen gegenüberstellt, die zukünftig vernichtet werden, dann ist diese futurische Perspektive ' nicht ungewöhnlich im Zusammenhang mit der CL,,{U1T17. Hier ist der Peristasenteil der synoptischen Apokalypse von Bedeutung, wo Luk 21,19 die imopovr] zum Schlüsselbegriff endzeitlicher Bewährung wird. D.h. U1TOP0vr] - ein Aspekt der Ct"{U1T17 von lKor 13,7 - kann im Urchristentum mit dem apokalyptisch verstandenen ,Bleiben' verbunden werden. Ebenso verhält es sich 4Esra 6,25.28 und Apk 2,10 mit der 1Tionc;. So wird nun auch analog in lKor 13,8b die Ct,,{u1T17, die zunächst im Sinne der Gottesprädikation des ,Stehens' definiert war, im Nachsatz auf ihre futurische Qualität hin entfaltet. Eschatologische Größe ist auch die Ct"{U1T17 Test Gad 4. Was die Charismen angeht, so werden nicht alle der in den W. 1-3 genannten Größen einer eschatologischen Prüfung unterzogen. Die besonderen Apostelcharismen: Wunderglaube, Besitzverzicht und apostolisches Leiden, haben per se keinen eschatologischen Aspekt, da sie rur Paulus nur auf die hiesige Existenzform in der {JALVILC; unter dem Kreuz bezogen sind. Die anderen Charismen aber: Zungenrede, Prophetie und "{vwmc;, werden im Angesicht der Ct,,{u1T17 geprüft. Diese selbst ist wie auch in den Test XII Patr (Gad 4) bei Paulus eine 378. Der von Harnack bevorzugten Lesart 'YVWOEL<;, gut bezeugt (Das Hohe Lied, 148), könnte man als nur hier im NT bezeugt den Vorzug geben. Aber die Annahme, daß es sich um sekundäre Angleichung an die vorangehenden Plurale handele, ist doch vorzuziehen. 379. Eph 6,8; Kol 1,16.20; IPetr 2,13f.
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eschatologische Größe, sei sie nun als a:ya:TT77 {hou / XPWTOU / 1TvtVJ,laTOC; oder einfach wie hier als a:ya1T77 konzipiert. Eschatologische Größen können aber durchaus auch Prophetie, Zungenrede und ,,/vwatc; sein. Im späten Judentum, aus dem, wie gezeigt wurde, die Vorstellung der Zungenrede und der Prophetie gerade in ihrer Verbindung miteinander stammt, sind Prophetie im Allgemeinen und Zungenreden im Besonderen Wirkung des göttlichen Geistes und eröffnen die Teilhabe an der himmlischen Welt, wie exemplarisch Test lob 46-5 1 ze~gt. Dasselbe gilt ftir die Erkenntnis. Denn bekanntlich ist die aoc.pia nach Weish 7 und anderen spätjüdischen Zeugnissen eine dem 1TVEUJ,la ä,,/tov verwandte Größe des himmlischen Bereichs, an der man mittels Prophezeiung und Erkenntnis Anteil gewinnt oder die entsprechende Menschen mit Erkenntnis begabt (Weish 7,27). So werden gerade den Erwählten nach Äth Hen 5,8 in der Endzeit Weisheit, Licht und Verstand verliehen werden (vgl. 92,10). Mit Recht weist Dautzenberg auf lQM 10, 1Off. hin, wo die Erkenntnis der Heiligen ebenfalls in den Himmel reicht 380. Von hier aus führt eine Linie zur Gnosis 381. So heißt es etwa umgekehrt Ev Verit 21,3: "Denn der, welcher bis zum Ende unwissend ist, ist ein Gebilde des Vergessens, und er wird vernichtet zusammen mit ihm." Vor eben diesem Hintergrund gewinnt die Aussage von 1Kor 13,8 polemische Kontur, zumal wenn man in Erwägung zieht, daß sonst von dem aWJ,la Ti}C; CrJ,lapTiat:; (Röm 6,6), den Archonten TOU alwvoc; TOVTOV (IKor 2,6), dem Bauch 'und den Speisen (lKor 6,13), den äpxat, €~ovaiat, DVVaJ,lEtC; (lKor 15,24) und dem Tod (1 Kor 15,26) als denjenigen Größen gesprochen wird, die vernichtet werden oder im Eschaton aufhören. Angesichts der eschatologisch gedachten Hochschätzung der hier von Paulus genannten Charismen in Teilen des späten Judentums und der frühen christlichen Gemeinden, besonders der Zungenrede und der ,,/VWatC; in Korinth selbst, sind diese Thesen von V. 8 so exponiert, daß Paulus sie in den folgenden Aussagen begründet und damit von den bisherigen thetischen Aussagen abgeht. Die W. 9-12 bilden also eine Erklärung und Begründung der eschatologischen Thesen von V. 8.
b) Vers 9 V. 9 beginnt daher sinngemäß mit dem ersten ,,/ap dieses Kapitels 382 und wird argumentativ von V. 10 ans Ende gefUhrt: beide Sätze sind durch De miteinander verbunden wie W. la.b, 2a.b., 3a.b., 6a.b., 8a.b. 380. Allerdings ist 1QM 10,10-15, nicht so sehr ein "Zeugnis rur ekstatisch-visionäres Schauen" (Dautzenberg, Prophetie, 207), sondern rur die weisheitlich-apokalyptische "Erkenntnis" in Qumran. 38l. Rudolph, Gnosis, 294ff. 382. Conzelmann, l. Korinther, 267, A. 76, meint, das "rap sei "nicht begründend, sondern explizierend". Dies gilt zwar, wenn man "rap nur auf V. 9 bezieht, da hier ledig-
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'EK /1€POVC; 'Yap 'YLVc.:.nKO/1€V Kai EK /1€POVC; rrpO!fJT7TeUo/1€V: der adverbiale Ausdruck EK jJ.epovc;: ,teilweise', in der Profangräzität gut belegt, begegnet bei Paulus seltener, das sehr ähnliche arro /1€POVC; ist aber zusätzlich zu vergleichen 383. Hier wird im formalen Sinn des ,zu einem Teil, teilweise' zu übersetzen sein, ohne daß ein temporales oder in einem speziftzierten Sinne qualitatives Bezugsfeld mitzuhören wäre 384. 'YW0.xJKO/1€V: das Verb wird hier ebenso ohne Ergänzung gebraucht wie das Substantiv, eine bei Paulus sehr seltene Erscheinung 385• Man kann 'YWWJK€LV entweder als Charisma wie in W. 2.8 verstehen oder mit Reitzenstein auch schon an Gotteserkenntnis denken 386. Der Gebrauch der Charismen erstreckt sich nach V. 9 387 im Teilhaften. Die Zeitstufe dieser Phänomene ist die dem Schreiber und den Hörern - Lesern gleichzeitige Zeitstufe des jeweiligen Jetzt.
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lich ein weiterführendes Glied der Argumentation geliefert wird, nicht aber, wenn man, wie zweckmäßig, VV. 9.10 als argumentative Einheit (ÖE V. 10) liest. Denn VV. 9.10 zusammen liefern in der Tat die Begründung für die These V. 8 (wenn auch nachgestellt). Vgl. zu IJEPOC; ThWNT 4, 598-602 (Schneider). Zur Wortart: Schwyzer I, 618ff., 625f. Profangriechische Belege: Bauer, WB 1001; nicht in UOC, aber bei Philo. €K IJEpOUr; bei Paulus: 1Kor 12,27 und K. 13. d7TO IJEPOUC;: Röm 11,25; 15,15.?4; 2Kor 1,14; 2,5. 1Kor 12,27 ist, wie Weiß, 1. Korinther, 318, richtig bemerkt, nicht direkt zu vergleichen, da hierfür die Übersetzung ,was die Teile anbetrifft' zutrifft (Bauer, WB 468). So ist auch Röm 11,25 zu verstehen: Israel ist zu einem Teil der Verstockung verfallen, es soll aber 7Tür; 'IapanA gerettet werden (die zahlenmäßige Ganzheit), wenn das 7TAnPWlJa der Heiden eingetreten ist ("die Vollzahl", Bauer, WB 1333). Noch wichtiger zur Erklärung von 1Kor 13,9f. ist 2Kor 1,14. Hier werden in eindeutig formaler Weise d7TO -lJepoue: = teilweise, und EWe: TeAoue: = gänzlich, zusa.mmengestellt, wobei die Kontinuität zwischen bei dem deutlich ist. So wird also rur 1Kor 13,9 eine SpezifIzierung temporaler Art (V. 12) noch fernzuhalten sein. Auch sonstige SpezifIzierungen treffen den Sinn des Satzes nicht, wie: man erkennt Teilbereiche, man prophezeit nur zu bestimmten Zeiten usw. Röm 10,19 bedeutet 'YtVwaK€tV eher ,wissen'; 1Kor 2,14: OU övvaTat 'Yvwvat bedeutet ,verstehen', ,begreifen' (vgl. Weiß, 1. Korinther, 66, der auvt.€vat als Synonym vorschlägt). Reitzenstein, Mysterienreligionen, 299. Charisma: Dupont, Gnosis, 202. Das pln. Vergleichsmaterial: Röm 1,21; 1Kor 1,21; 8,2.3; 1Kor 2,11;GaI4,9; Phil3,10 ('Yvwatr; XptaToü) ist vom 'YwwaK€LV TOV ~€OV oder rci TOÜ ~€OÜ die Rede. In allen übrigen Fällen, in denen 'YwwaK€LV theologisches Gewicht hat, hat es Inhalte (volJor;, dlJapTla, xapte:; weiter Röm 6,6; Gal 3,7) nicht spezifisch charismatischer Art. 7TPOI{ft7T€V€tV, im NT häufiger begegnend, wird von Paulus nur 1Kor 11-14 verwendet. Es handelt sich stets um den gottesdienstlichen Vorgang, der für Paulus selbstverständlich aus der Gabe des Charismas ,Prophetie' herzuleiten ist.
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c) Vers 10 "OTav 8e €Arm ro T€A€WV, TO EK J.l.€POVC; KaTapyrr{}r,aETat: V. 10 bringt als zweiter Teil des Arguments von V. 9 das durch V. 8 verlangte futurische Element wieder ins SpieP88, indem das zeitliche Verhältnis von EK J.l.€POVC; zu TO T€A€WJ.! aufgedeckt wird. TEAELOC;: ,vollständig', begegnet häufiger im NT. Ob die ntl. Vokabel bedeutungsmäßig primär formal als Angabe einer wie inuner gearteten Ganzheit oder aber bezogen auf ethische, eschatologische oder gnostische Kontexte zu verstehen sei, ist in der Literatur umstritten 389 und kann hier unerörtert bleiben. Zur Erklärung von V. 10 selbst sind außer 2Kor 1,13f. besonders Hebr 9,11; Jak 1,4.17 und Phil 3,12 heranzuziehen 390. Daß für Paulus J.l.€POC; - T€A€WV zunächst die Bedeutung von ,Teil-Ganzheit' haben, zeigen die adverbialen Wendungen 2Kor 1,13f. 391 . Hebr 9,11 und Jak 1,17 dagegen 392, die zunächst ebenfalls formal die Ganzheit des "besseren" Zeltes und der göttlichen Gabe aussagen, beziehen sich dabei auf himmlische Größen und ordnen damit den T€A€wc;-Begriff in einen eschatologischen, wenn auch nicht futurischen Zusammenhang des Inhaltes ein, das Vollkommene sei ävw, im Himmel. Phil 3,12ff zeigt, wie bei Paulus selbst in diesem Rahmen das zeitliche Element seine Rolle spielt, denn die ävw KAijatC;, der Kampfpreis, ist zukünftig, und das T€A€WV, was inuner es hier genau bedeuten mag, liegt ävw und in der Zukunft 393. Diese vollkommene, transzendente Größe, die rur die menschliche Perspektive als zukünftig erscheint und über deren ontologische Bestimmtheit lKor 13,10 nichts ausgesagt wird, steht dem EK J.l.€POVC; gegenüber, das man nun als ,Teilgröße' definieren kann, die die Jetztzeit beherrscht und in deren Sphäre sich die charismatischen Gemeindegaben ereignen 394. Die Aussage, daß ein T€A€WV komme, findet sich sonst nicht 388. Zum Charakter der temporalen Partikel l:JTav m. Konj. vgl. Bauer, WB 1165. 389. Vgl. Forschungsbericht bei Du Plessis, T EAEIO~, 11-35. 390. Zum gesamten Material vgl. außer Du Plessis auch ThWNT 8, 50-88 (Delling). TtA€tO<; begegnet bei Paulus noch Röm 12,2; lKor 2,6; 14,20. Ta T€A€WV findet sich nur noch Röm 12,2 (vgl. Michel, Römer, 294: formelhafte Sprache der stoischen Ethik). Zusätzlich sind die Jakobusbriefaussagen und Mt 5,48; 19,21 zum atl.-jüdischen Hintergrund des Ausdrucks zu beachten. Röm 12,2 wird Ta T€A€WV in einen ethischen Zusammenhang hineingestellt, der lKor 13,8ff. in keiner Weise vorliegt. 391. Dasselbe deutlicher Jak 1,4. 392. Zu Jak 1,4.17 vgl. Dibelius, Jakobus, 73; zu Hebr 9,11 vgl. Michel, Hebräer, 309ff. 393. Formale Deutung von Phil 3,12: ThWNT 8, 85 (Delling); das T€A€WV ist die vollkommene -YVWOt<;: Dibelius, 1.2. Thessalonicher. Philipper, 91, unter Berufung auf Reitzenstein (nach V. 10); eschatologische Deutung: Du Plessis, TEAEIO~, 196. 394. Der Übergang von dem adverbialen Ausdruck fK. /J.€pov<; zu dem substantivischen Adjektiv TO TfA€WV und dem substantivierten Adverb Ta €K /J.€POV<; (vgl. Schwyzer II,
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im NT, wohl aber diejenige eines kommenden T€AO,395, ,Kommen' hat in LXX wie im NT vielfach eine spezifische Bedeutung: es sagt das Auftreten endzeitlicher Zustände oder das Erscheinen einer ins Irdische kommenden Erlösergestal taus 396, Bei Paulus lassen sich einige weitere Anwendungsbereiche feststellen, von denen der allgemein eschatologische rur lKor 13,10 bedeutsam ist 397. Gal 4,4 und lKor 10,11 zeigen, mit lKor 13,10 zusammengenommen, daß das T€A€WV usw. oder 1TA77PW/1a der Zeit, das kommt, nicht in spezifisch apokalyptischer Bedeutung vorgestellt werden muß, sondern daß eine solche Verwendung der Vorstellung eine unter anderen ist, die nur für lKor 10,11 zutrifft. Denn Gal 4,4 verlegt, mit der apokalyptischen Terminologie operierend, die Äonenwende in die Geschichte und in das Leben eines einzelnen Menschen. Phil 3,12ff. individualisiert diese Terminologie und verwendet sie zur Beschreibung der ftir den lebenden Menschen noch ausstehenden 'YVWUL, XpWTOV. lKor 13,10 biegt das apokalyptische Modell ins abstrakt Qualitative um: es kommt nicht das Äonenende, sondern es kommt das Vollkommene allgemein. Diese in V. 10 behauptete Diskontinuität zwischen Teil und Vollkommenem bedarf selbst weiterer Erläuterung. Diese Erläuterung muß mit einem zeitlichen
415f.; Mayser 1I,1, § 1, der die Verbreitung der Konstruktion in der Koine aufzeigt) bedeutet sachlich die Verschiebung yon der Beschreibung der in der Jetztzeit sich abspielenden Phänomene zu der Formulierung dieser Jetzt-Zeit und ihrer Teil-Qualität. Die Charismen von V. 9 bleiben in diesem Zeitbereich zurück und sind an ihn gebunden. 395. Mt 24,14 in apokalyptischem Zusammenhang; im Plural, ebenfalls apokalyptisch, 1Kor 10,11. 396. Vgl. ThWNT 2, 662-672 (Schneider). Diese ,klassischen' Aussagebereiche finden sich gleichmäßig in allen ntl. Schriftgruppen, so daß man eine feste Terminologie vor sich hat. 397. Der eschatologische Kontext findet seine bedeutendsten Parallelen in Gal 4,4 und 1Kor 10,11. Bei ön: 1lAl'J€V Ta 1TA11PWJ.l.a TOÜ Xpovov (vgl. Schlier, Galater, 194ff.) ist die substantivische Formulierung bemerkenswert (bei Lietzmann, Galater, 24, vernachlässigt). Schlier weist S. 195 auf die enge Verbindung der 1TAl1pwJ.l.a-Aussagen mit den n!Ao<;-Aussagen hin (Röm 10,4; 1Kor 10,11; Hebr 9,26) und ordnet diesen Aussagenkreis in die "Eschatologie des apokalyptischen Judentums" ein. Deutet man 1Kor 13,10 von den im Zusammenhang mit Gal 4,4 erkennbaren Vorstellungen her, rückt Ta T€A€LOV in die Nähe eines apokalyptisch verstandenen Zeitpunktes der Vollendung des jetzigen Äon (so wörtlich in 10,11), und epxwl'Ja, ist apokalyptischer term. techno (vgl. z.B. Syr Bar K. 44, bes. 44,10-12). Aber Ta TeAO<; ist nirgends mit TO TeA€LOV identisch. Während Ta T€AO<; das Ende, die selbst zeitlose bloße Äonenwende markiert, ist Ta TEA€WV als Gegenbegriff zu €K J.l.€pov<; zeitlich gefüllt (V. 12!). Hier liegt der Unterschied zu TC) 1TA17PWJ.l.a, das ,Erfüllung, Vollendung' im Sinne von ,Ende' bedeutet.
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Modell arbeiten, denn nur im zeitlichen Kontext wird die genannte Diskontinuität verständlich, während ein qualitativer Kontext von Teil und Ganzem die Kontinuität beider Größen voraussetzen würde 398 •
d) Vers 11 "OTe 77l1rW vrl1Twc;, €AaAOVV wc; vr,7rWC;, €tpp6vovv WC; vr,moc;, €AO"f/'~61117V WC; vr,moc;. öTe "/€fOVU avqp, KUTilp"/17KU Tel TOU VT"/7riov: Während der begründen-
de Vers 9 selbst nur eine weitere These brachte, nämlich den Teil-Charakter der Charismen behauptete, konnte dann V. 10 unter Benutzung der zusätzlichen These von V. 9 eine Begründung für V. 8, den Fall der Charismen am Ende geben: denn alles Teilhafte fällt, wenn das Ganze kommt, lautete das Argument. Der logische Schluß ging vom Ganzen zurück auf das Teil, ohne daß ein formales Schlußverfahren außer dem losen ,,/ap vorläge. Aber auch V. 10 selbst bestand damit aus einer weiteren Behauptung, die nicht unmittelbare Evidenz beanspruchen konnte. Warum sollte nicht das Ganze Vollendung der Teile sein, so daß die Teile Vorwegnahme des Ganzen wären, wie man in Korinth glaubte? Die Antwort auf diesen Einwurf könnte sinnvollerweise mit dem verdeutlichenden Hinweis auf die zwei Äonen der Apokalyptik gegeben werden. Wenn statt dessen in V. 11 die Antwort mit Hilfe eines rein beobachtenden Diatribenbildes im Sinne einer weisheitlichen Argumentation vom natürlich Konstatierbaren her gegeben wird, so erhellt abschließend,. daß V. 8 nicht spezifisch apokalyptisch, sondern allgemein zeitlich argumentiert. V. 11 399 ist also nicht rhetorisches superadditum - eine Vorstellung, die sich angesichts der Knappheit des Kapitels ohnehin verbietet -, sondern eigentliche
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398. Vgl. zu den temporalen und quantitativen Aspekten des Paralleltextes 2Kor 1,14: Windisch, 2. Korinther, 57f.; Bultmann, 2. Korinther, 40. 399. Die Aussage Conzelmanns, 1. Korinther, 267: "epx€ot'Jat weist auf die Parusie hin", ist einseitig (wie C. schon Weiß, 1. Korinther, 318; Lietzmann, 1. Korinther, 66). Das in V. 11 vorliegende Bild ist allerdings deutlich 1. auf Diskontinuität, 2. auf bereichartig vorgestellte, einander qualitativ entgegengesetzte Zeiträume, 3. auf zukünftiges Kommen der neuen Zeit angelegt. Die Zeiten gehen nicht etwa ineinander über, so daß die guten Teilgrößen der jetzigen Zeit der vollkommenen neuen Zeit einverleibt würden, sondern zwischen beiden Zeitbereichen liegt eine trennende Größe, die Diskontinuität erzeugt. Für V. 10 ist aber bezeichnend, daß dieses zugrundeliegende Anschauungsschema nicht apokalyptisch geftillt wird. Ähnlich steht es mit Röm 10,4; Gal 4,4, wo auch 1TAr,PWf.ja und TffAO~ nicht Ziel = Erftillung = vollkommene Fortführung des unvollkommenen Anfangs bedeuten, sondern Abschluß = Ende und Neuanfang meinen (christologische Begründung dieser Diskontinuität: Röm 1-3; lKor 1). Vgl. allg. ThWNT 1, 197-208 (Sasse); Strack-Billerbeck IV,2, Exkurs 29, 799-976.
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Begründung der VV. 8-10 und Schlüssel zur Aufdeckung der Vorstellung, die hinter diesen Versen steht. V. 11 erläutert die zeitlichen Verhältnisse von V. 10 im Bild. Das Ich ist dasselbe typische wie in VV. 1-3. Der Inhalt des Bildes, fur sich betrachtet, ist folgender: die zeitliche Phase der Kindheit, geftillt durch Hinweise auf das geistige Leben des Kindes 400 - dieser Aspekt weist ohne nähere Spezifizierung auf den Kontext, in dem, durch V. 9 vorbereitet, in V. 12 die -yvwatl:; allein behandelt wird -, wird derjenigen des Mannesalters gegenübergestellt, die ihrerseits nur negativ definiert ist: die Inhalte des Kindesalters sind in dieser Phase abgelegt. Tertium comparationis ist das Verhältnis der zeitlich gedachten Phasen zueinander im Hinblick auf die diesen Phasen inhärenten Inhalte. Das Argument lautet: Beim Übergang von einer Zeitphase zur anderen, die im Verhältnis von Vorläufigkeit und Endgültigkeit zueinander stehen, werden die Inhalte der alten Phase nicht aufbewahrt und der Vollendung zugeftilut, sondern abgelegt. Sie finden ihr Ende. Die Inhalte der neuen Phase selbst sind ebenfalls neu. Das Verhältnis beider Phasen zueinander ist durch inhaltliche "Diskontinuität" gekennzeichnet 401. Welche Beweiskraft kann diese Aussage für die Hörer im Zusammenhang mit V. 10 haben? Die Äußerungen hellenistischer Schriftsteller und auch Philos zeigen, daß die Vorstellung von der Kindheit und dem Erwachsenenalter als einander ablösender, selbständiger zeitlicher Phasen bekannt war 402. Die Diskontinuität wird zwar nicht wie bei Paulus eigens betont, ist aber sachlich mitgesetzt, so daß V. 11 eine verständliche Parallelsetzung enthält: wie mit den Lebensaltern ist es auch mit dem €K J.L€POVI:; und dem TEA€WV. Als eigentlicher Beweis wird aber dieser Schluß vom Kleineren aufs Größere nicht verwendet, es liegt kein explizites Schlußverfahren vor. Das Bild wird nicht aufgelöst oder argumentativ in den Zusammenhang eingegliedert403 •
400. Die Unterschiede zwischen AO'Y{~OlJat und CPPOVEW sind nicht genau zu bestimmen, es sollen verschiedene Aspekte geistiger Tätigkeit ausges~gt werden. Parallelsetzungen mit VV. 1-3 werden seit Weiß, 1. Korinther, 318, mit Recht zurückgewiesen. Zur konventionellen Ausdrucksweise vgl. die bei Bauer, WB 1712 verzeichnete Parallele (Scholien zu Apollonius v. Rhodus 4,868a). 401. Conzelmann, 1. Korinther, 268. In unserem Zusammenhang ist es nicht nötig, auf andere Verwendungsmöglichkeiten des ~1Ttoc;-Bildes bei Paulus einzugehen. Vgl. Bauer, Aufsätze, 122-154, und Grundmann, NTS 1958/59, 188-205. 402. Vor allem Xenophon Cyrop 8, 7, 6; Epictet Ench 51,1; Philo Agric 9. Congr 19. Sobr 8. Omn Prob Lib 160; Polybius 5,29,2. - Vgl. allg. Gnilka, JbAC 1977,5-38. 403. Die sich ebenfalls eines Bildes bedienende Parallelargumentation 1Kor 15,35-49 verwendet dagegen in einem explizit apokalyptischen Kontext ein durch und durch theologisiertes Bild, das durch den Zusatz Mv IJU cl1Tot)aVTI schon das paulinische Sachinteresse zeigt und argumentativ benutzt wird (vgl. Braun, Studien, 136-158, bes. 141, 143).
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W. 10.11 bleiben zwei thetische, parallele Fonnulierungen, die durch das Wortspiel: T€A€WC; c vollkommen und T€A€WC; = Erwachsener 404, weiterhin die Ähnlichkeit der Phasen: Kind - Mann Jetzt = Stückwerk - Dann = Vollkommenes bedingt sind 405. Dazu kommt, daß dieses Vergleichsobjekt es erlaubt, das Thema des Abschnitts, die rVWUtC; in Kontinuität oder Diskontinuität, ebenfalls in den Vergleich direkt einzubeziehen, indem die Diskontinuität kindlichen und männlichen Verstandes zum Inhalt des Lebensaltervergleichs gemacht wird 406.
e) Vers 12 Bisher hat Paulus die Diskontinuität zwischen jetzigem und künftigem Zustand des Menschen dargelegt, zunächst allgemein bezogen auf sein Verhältnis zu den Charismen Prophetie, Zungenrede, Gnosis, dann speziell dargestellt am Erkennen. Dabei hat sich ·die negative These von V. 8: €LT€ rVWUtc;, KaTapyT1{)ijuerat, durch die Erläuterungen der W. 9-11, besonders durch den Vergleich in V. 11, soweit differenziert, daß nicht jede Form von rvwmc; aufhören wird, vielmehr
404: Daß mit 13,11 auf 2,6 angespielt werde, so daß in 13,11 die VTj7TtOL direkt diejenigen sind, die keine -YVWUH; haben, die T€A€WL dagegen die Eingeweihten von K. 2, ist unmöglich. Denn in 13,11 fehlt gerade das Stichwort T€A€WC;. Außerdem ist V. 11 zeitlich konzipiert im Sinne zweier Zeitphasen, während 2,6ff.; 3,1ff. eine und dieselbe Zeitstufe vorliegt. 1Kor 2 steht zwischen der futurisch konzipierten Aussage von 1Kor 13 und der die Vollkommenheit in das vergangene Christusge'schehen legenden Aussage von Ga! 4. - Zu der im Zusammenhang mit der Antithese &n11TlOC; - T€A€WC; von Reitzenstein, Mysterienreligionen, 338-340, vertretenen Hypothese gnostischen Vokabulars vgl. kritisch Dupont, Gnosis, 15lf., ausftihrlich Hugede, Miroir, 177 -184. 405. Paulus selbst legt sich das Kindheit-Erwachsenenzeitalter-Bild zur Erläuterung der Ablösung der Äonen nahe, wie seine ausführliche Benutzung Ga! 4 zeigt. Gal 4,3f. hat dieselbe Struktur wie 1Kor 13,11: ÖT€ - ÖT€ (vgl. zum apokalyptischen Zusammenhang Gal 4: Schlier, Galater, 194ff.). Bertram, ThWNT 4, 913-925, arbeitet diesen Zusammenhang nicht genügend heraus. Sein Hinweis darauf, daß Gal 4,1.3 der &n11TtOC;Zustand überwunden sei, ist wichtig. Paulus füllt dasselbe formale Konzept Gal 4 und lKor 13 verschieden. - Für die korinthische Gemeinde ist die Diskontinuität zwischen den Größen der jetzigen und der neuen zukünftigen Zeit wohl problematisch, wie die Einfügung der verdeutlichenden Bilder 13,11; 15,35ff. zeigt. Die bekannte Vorstellung aus der Lehre über die Altersstufen des Menschen soll ftir sie eine (notwendige) Anschauungshilfe sein. 406. Vgl. Philo Congr 136, wo in einem Vergleich dem Embryo die undeutliche Wahrnehmung, die scharfe dagrgen dem vollausgebildeten Wesen zugeordnet ist.
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die jetzige 'YVWatc; fallen wird und von einer neuen, zukünftigen Erkenntnisform (im Bild: deIjenigen des Erwachsenen) abgelöst werder. wird. Nun erhebt sich die Frage, wie beide Erkenntnisformen aussehen. So stellt Paulus in einer doppelten Erklärung, die durch das zweite 'Yap des Textes eingeleitet ist, die gegenwärtige, vergehende und die zukünftige, neue Erkenntnisform einander gegenüber. Dabei macht Paulus zugleich eine doppelte Aussage über das T€AfWV, die die eschatologische Hauptthese von V. 8: i} a'Ya1TT/ OUO€1TOTf 1Tt1TTfL, positiv ergänzt. V. 12 ist nach dem Prinzip des parallelismus membrorum gebaut. Der erste Satz ist metaphorisch formuliert, der zweite Satz formuliert eigentlich: auf das Erkennen selbst bezogen. Beide Sätze bedienen sich weiterhin des von V. 9 an geübten Zeitschemas der scharfen Unterscheidung der Jetztzeit und der Zukunft. V. 12 nimmt die inhaltliche Bestimmung der beiden Zeitepochen vor, deren Diskontinuität V. 11 dargelegt hat. Die ,Kinderzeit' - in V. 12 in eigentlicher Rede wieder als äpTL gefaßt - ist in erkenntnismäßiger Hinsicht eine Spiegelschau, sie trägt rätselhaften Charakter. Die ,Erwachsenenzeit' - in V. 12 in eigentlicher Rede wieder als TOTf gefaßt - ist als Schauen von Angesicht zu Angesicht aufzufassen. Ebenso steht in V. 12b dem sruckweisen Erkennen das reziproke Erkennen als vollständiges gegenüber.
1. Die erste Aussage: ßA€1TOPfV'Yap äpn OL' eao1TTpov EV aivi'Ypan, ist daraufhin zu befragen, ob in den beiden Umstandsbestimmungen über das formale tertium comparationis EI<. P€POVc; = ,undeutlich, abgeleitet' hinaus ein weiterer inhaltlicher Beitrag zur Bestimmung des Wesens der jetzigen Erkenntnis gegeben wird. ßA€1TfLV 407 als Ausdruck des Sehvermögens wird bei Paulus nur an dieser Stelle mit adverbialen Bestimmungen verbunden 408. Ein zu erwartendes Objekt fehlt hier wie in 12b. Daß es sich um das Schauen einer Person handele, geht aus 1TPOaW1TOV 1TPOc; 1Tpoaw1Tov hervor. Das qbjekt ist vermieden, da damit der Bildcharakter des Satzes gestört wäre 409. Nun ist die Vorstellung einer - wie auch immer gearteten - direkten Gottesschau in diesem Leben Paulus wie allen ntl. Schriftstellern außer dem Verfasser der Johannesapokalypse unbekannt und
407. Röm
~,25;
2Kor 4,18 ist ßAbretv ebenfalls im theologischen Zusammenhang verwandt.
opäv wird rur das Schauen des Kyrios gebraucht: 1Kor 9,1; 15,5ff. Sonst: eISo<;
2Kor 5,7; KaroTrrpltw 2Kor 3,18 (zur Übersetzungsproblematik: Bauer, WB 839f.). 408. Meist mit Objekt (z.B. Röm 7,23), oder auch ohne weitere Ergänzung (z.B. Röm 8,25). - Vgl. Mt 6,4.6 (mit Ortsadverb). 409. Es ist beachtenswert, daß bei den Stellen, in denen das Nicht-Sehen als Existenzbezeichnung verwandt wird, ßAETrEtV kein Objekt hat, so daß ,Gott' oder ,die göttliche Welt' ergänzt werden kann. Eine einfache Festlegung auf tteck (so Spicq, Agape 11, 101, A. 3) wird dem Wortlaut nicht gerecht. 1Kor 13,12 ist nicht !Joh 3,2.
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wird auch in der Visionsschilderung 2Kor 12 nirgends angedeutet 410• Im Gegenteil ist für Paulus wie ftir das ganze NT diese Zeit durch das Nicht-Sehen gekennzeichnet und durch Glauben, Hoffen, Warten, kurz: durch die Begriffe von lKor 13,7, ausgeftillt 41l • Dagegen gibt es bei Paulus die Vorstellung einer indirekten Gottesschau in diesem Leben, wie sie die beiden adverbialen Ergänzungen bildlich umschreiben. ,ol eaOTrTpOV - hapax legomenon bei Paulus 412 - sehen', bedeutet hier dementsprechend nicht einfach, etwas Vergängliches sehen - so Test lob 33,8 und Jak 1,23f. -, sondern ist im Zusammenhang mit dem Verb zu verstehen: ein dem Walunehmenden nicht unmittelbar sichtbarer Gegenstand kann von ihm doch gesehen werden, wenn der Gegenstand sein Bild in einen Spiegel wirft, aus dem der Wahrnehmende dies nun für ihn sichtbare Bild entnimmt. Dies im Spiegel erscheinende Bild gibt das Objekt richtig wieder, aber es ist nicht das Objekt selbst. Die Beziehung zum Objekt ist also nicht personal, sondern vermittelt 413. Soweit reicht das Bild. Dies zunächst auf verschiedenste Sach410. Dort wird auch nicht von einer Vision, sondern von einer ekstatischen Audition berichtet. Wenn Dautzenberg, Prophetie, 217ff., 2Kor 12,1-7, rur das visionäre Schauen in prophetisch-apokalyptischem Zusammenhang heranzieht, läßt er sich von der allgemeinen Einleitung o1Traa{at bestimmen. Auch Festugit~re, Revelation I, 45-66, beachtet diese Ausrichtung auf Audition nicht, wenn er S. 51 schreibt, das NT nehme am allgemeinen Zeitglauben teil, Gott sei im Traum oder in einem Entrückungszustand dem Menschen sichtbar (dort heidnisches Material). Es gibt im NT nur Erscheinungen von Engeln und vom Auferstandenen (Mt 17 par.: Mose und Elia; Apk: Menschensohn und himmlische Welt). Ausnahme: Apk 4 und 20 Thron Gottes; 20,11: Kal €Ioov 19povov p.f-yav A€UKOV Kai TOV Ka19'1ip.€voV ~1T' aVTov; hier ist die Gottesschau des christlichen Apokalyptikers ausnahmsweise berichtet! Dautzenbergs Ausführungen a.a.O. 214ff. bleiben gegenüber dem Tatbestand spekulativ. 411. 1T{ane; 2Kor 5,7; Joh 20,29; Hebr 11,1.27; Hoffen oder Warten Röm 8,24f.; Hebr 11,1.3.7; d-yD.1T1l 1Petr 1,8; lJoh 4,20. Die atl. Vorstellung, Gott dürfe nicht gesehen werden, findet ihre klassische Formulierung Ex 33,20; vgl. Joh 1,18 U.ö. (Bauer, J ohannesevangelium, 29f.; BuHmann, J ohannesevangelium, 54ff.; ders. Exegetica, 124-197, bes. 174ff.; ThWNT 5, 315-381, Michaelis). Die einzige Ausnahme im NT ist dem Wortlaut nach Joh 14,7, wobei aber die johanneische Christologie zu beachten ist. Sinn des Satzes ist nicht eine Aussage über die Gottesschau, sondern der Verweis auf den Glauben an den Sohn, theologisch direkt parallel zu 2Kor 5,7 (vgl. Bultmann, Johannesevangelium, 470, A. 4; Bauer, Johannesevangelium, 180f.). Zu Apk, KK. 4 und 20, vgl. A. 410. 412. 2Kor 3,18 begegnet KaTo1TTplt€LV, Jak 1,23 eao1TTpov. 413. Dies Schema: Objekt - Spiegelbild des Objekts - Wahrnehmung des Objekts durch den Sehenden im Spiegel in vermittelter Form, in derselben metaphorischen Einkleidung wie bei Paulus, ist von Hugede, Miroir, in Ausarbeitung von Dupont, Gnosis, 105-148, durch die antike Literatur verfolgt worden. Daß rur 1Kor 13,12 indirektes
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verhalte anwendbare Bild vom Spiegel 414 hat, wie besonders der Gebrauch bei Philo und Plutarch zeigt, seinen festen Platz in der antiken Schöpfungstheologie im weiteren Sinne. Das Göttliche oder die intelligible Welt ist unsichtbar. Beides spiegelt sich in Sonne, Planeten, belebter oder unbelebter Schöpfung. Aus dem Anblick dieser Größen wird dem Menschen ein Bild des Göttlichen vermittelt 41S. ,'Ev aivir/lan - aLVtr/la ist hapax legomenon im NT416 - sehen', hat eine ganz ähnliche Bedeutung, wie Hugede im Anschluß an Dupont herausgestellt hat: a'ivtr/la hat seine Bedeutung als ,Rätselwort' aus LXX abgeschwächt und ist hier ,Symbol'417 oder ,undeutliches Bild' und kann daher mit ß'Xhretv verbunden werden 418. Der Ausdruck wird ebenfalls auf die Schöpfung als Chiffre des Göttlichen bezogen und im Zusammenhang mit KaT01fTpOV gebraucht 419.
414.
415.
416. 417. 418. 419.
Sehen gemeint sei, weist Hugede erschöpfend nach (115-136.137 kurze Zusammenfassung zu den anderen Verwendungstypen der Metapher, die ftir lKor 13,12 nicht infrage kommen und im ersten Teil der Arbeit dargestellt werden. Dazu gehört auch die Katoptromantie, die R. Mortley, RAC 11, 488, wieder für lKor 13,12 heranzieht). Spicq, Agape 11, 95ff., und Conzelmann, 1. Korinther, 269, kommen zu demselben Ergebnis. Besonders auf die Funktion des Auges als Spiegel der Seele (z.B. Plutarch Gen Socr 22 = Mor 591 E; PhiIo Abr 153) oder die Leber als Spiegel der Gedanken (Platon Tim 71b; Philo Spec Leg 1,219). Es ist deu tlich, daß diese Bild-Aussagen philosophische topoi sind, die in dem weiten Rahmen platonisierender Philosophie jeweils verschiedenartig verwendet werden können (weitere Belege: Hugede, Miroir, 116-145). Planeten: z.B. Philo Decall05, Sonne: bes. bei Plutarch, z.B. Princ Inerud 5 = Mor 781 F; Plac PhiI 2,20 = Mor 890 B; Schöpfung allgemein: z.B. Plutarch Amat 19 = Mor 765 A-B; Philo Leg All 3,100-103; belebte und unbelebte Schöpfung: z.B. Plutarch Is et Os 76 = Mor 382 A. Eine Verbindung der Argumente begegnet bei Xenophon Mem 4, 3, 14 (Sonnenmetapher und Seelenmetapher als Bild der Gotteserkenntnis). - "Die Anwendung der Spiegelmetapher auf die indirekte Gotteserkenntnis aus der Natur" verzeichnet auch Dautzenberg, Prophetie, 190. Auch Kieffer, Le Primat de l' Amour, 66, versteht den Satz im Sinn der platonischen Tradition. In LXX geläufig als ,Rätselwort', bes. Num 12,8; Dtn 28,37. Vgl. dazu Müller, Vet Test 1970, 465-489. Hugede, Miroir, 141ff.; "Symbol" in Arethas In Apoc 17,707 d ("nicht vor 913" entstanden: Beck, Kirche und theologische Literatur, 591). Vgl. Dupont, Gnosis, 135ff. Bauer, WB 46. Hugede, Miroir, 145ff.; bes. wichtig: Plutarch Is et Os 76; Philo Somn 2,3-7. Plutarch Is et Os 76 macht zugleich die bedeutungsmäßige Differenz zwischen eoo1TTpoV und a'lvL'YJ..la deutlich. Der Spiegel zeigt nicht so sehr undeutliche, unkla~~ Bilder (so auch richtig von Kittel, ThWNT 1, 177-179, betont, dessen weitere Behauptung, der Spiegel vermittele al. .:h kein indirektes Sehen, aber falsch ist), sondern vielmehr eben klare Bilder statt der Sache selbst, die wesenhaft unsichtbar ist. Die 'YvwoLc;-kritische Nuance liegt hier in
133
Diese Art von Schöpfungstheologie findet sich nun aber nicht nur im religiösen Hellenismus, sondern auch bei Paulus selbst in der bekannten Aussage Röm
o:rro
1, 19ff. 420: Ta 'Yap aopaTa aVTOV KTiu€wr; K6u/-wv TOir; 1TOLTJJ.1aUtv VOOUJ.1€va KatJopäTaL ..• : sein unsichtbares Wesen nämlich wird seit der Schöpfung der Welt betrachtet 421 , indem es in seinen Werken erkannt wird 422 • Paulus kennt also die Vorstellung einer indirekten Gottesschau (KatJopäTaL), und zwar in der Formulierung, wie sie weite Teile der späteren hellenistischen Philosophie der Mittelbarkeit, in der personalen Diskontinuität. Die unbelebte Schöpfung dagegen gibt ein a'tvt'Ylla rou 1'J€OU, d.h. ein undeutliches, das Urbild verwischendes Abbild. ParallelausdTÜcke sind: ollo{wlla, imovota, 7rapaßoM (Hugede, 142), Gegenbegriff ist €'t/KWV = wesensgleiches Bild. Durch die Nebeneinanderstellung beider Bestimmungen in lKor 13,12 tritt neben das vermittelte, aber klare Spiegelbild die zweite 'Yvwot~-kritische Nuance des ,nicht ganz scharf', der begrenzten Reichweite und damit stark begrenzten Qualität des EK Il€POV~ entsprechend. Das ev alv{'Yllan betont die Nuance der bildqualitativen Diskontinuität zwischen Spiegelschau und personalem Sehen. 2. Die seit Preuschen, ZNW 1900, 180f., als ungewöhnlich und unverständlich betrachtete Zusammenstellung von a1vt'YJ.la und ßA€7r€tv (noch bei Spicq, Agape II, 100, nicht gelöst) ist also aus der hellenistischen Literatur her verständlich, nicht aber aus LXX, von woher 1Kor 13,12 a nicht bedeutungsmäßig abgeleitet werden kann. 3. Zu der von Kittel a.a.O. vorgeschlagenen Ableitung aus der rabbinischen Exegese (vgl. auch Strack-Billerbeck 111, 452-454) siehe die Kritik bei Hugede, Miroir, 42-44. 4. Die Parallele Äth Hen 60,1, auf die Dautzenberg, Prophetie, 197, hinweist, ist nur formal, nicht inhaltlich von Wert rur lKor 13,12. Denn Äth Hen 60 wird ,Bilderrede' (masal) nicht bildlich, sondern als apokalyptischer literarischer term. techno benutzt, daher fehlt auch die kritische Nuance des EK J.l€pov~: die Schau des Apokalyptikers ist gerade nicht "rätselhaft". 5. Die Präpositionen ota und EV sind in diesem Zusammenhang gebräuchlich und wechseln vielfach miteinander (ota Kar07rrpov z.B. Philo Decal 105; EV Kar07rpn.y z.B. Philo Op Mund 76; EV alv{'Yllan z.B. Dtn 28,37; ot' alvt'YJ.larwv z.B. Num 12,8; Zusammenstellung von zwei modalen adverbialen Bestimmungen mit EV und oia: Num 12,8 EV d/oeL Kai ou OL' aLvL'Yllarwv); 1Kor 1,21: EV oOl{)lp, Ota oOl{)la~. 6. Reitzensteins These, der Spiegel sei das 7rveUlla (Historia Monachorum, 242-255.262), ist von Dupont, Gnosis, 126f.; Spicq, Agape 11, 98; Hugede, Miroir, 49ff., hinreichend kritisiert worden. Zu 2Kor 3,18 vgl. Windisch, 2. Korinther, 127ff. (KaT07rTpltollat = sehen), Lietzmann, 2. Korinther, 112f. (ebenso), Bauer, WB 839f., auch Schlier, Besinnung NT, 307-318 (316 zu 2Kor 3,18). 420. Vgl. außer Lietzmann, Römer, 3lf., und Kuß, Römer I, 36f., weiter Bornkamm, Ende des Gesetzes, 9-33 (bes. 13), und den immer noch wichtigen Beitrag von Fridrichsen, ZNW 1916, 159-168. - Eine bedeutende Parallele findet sich Ps Philo, De Iona, 33-35: Gotteserkenntnis durch Betrachtung der Schöpfung. 421. Nach Liddell-Scott, 856, wo gerade die distanzierte Deutlichkeit des Darauf-Sehens als besondere Bedeutung des Kompositums erfaßt wird. 422. Hier handelt es sich um das geistige Verstehen im Anschluß an den Sehvorgang, Bauer, WB 1069.
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erarbeitet und auch der jüdischen Missionsliteratur weitergereicht haben 423. Dies indirekte Sehen Gottes in der Schöpfung heißt bei Paulus zugleich abgekürzt wie im jüdisch-hellenistischen Sprachgebrauch 'YVWOLc; -&€OV (Röm 1,21). Aus diesem Bereich stammt die Verbindung der Verben ß"A€rT€LV und 'YLVWOI<€W in V. 12 424 • Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhanges scheint es evident, daß V. 12a nicht nur tautologisch die Unvollkommenheit, das €I< I1€POVC; der 'YVWOLC; im jetzigen Leben aussagt, vielmehr wird hier im Bild auf eine eigene Aussage zum Wesen der Gottesschau in der jetzigen Zeit wie in Röm 1,20 425 angespielt. Die jetzige 'YVWOLc; ist mittelbar und unscharf. Der Nachsatz, der die zukünftige 'YVWOLc; bildlich beschreibt, wird ex negativo zusätzlich Licht auf den Vordersatz werfen 426. 423. Dazu bes. Bornkamm, a.a.O. S. 13 (Lit.). 424. Dupont, Gnosis, lllff., 146f., fragt ebenfalls, weshalb Paulus im Zusammenhang mit der Gnosis vorn Sehen spricht (112). Seine These (147), flir Paulus erflille sich im atl.jüdischen Sinne die errL'YvWaLf; im Schauen Gottes und deshalb habe er mit Hilfe der hellenistischen Spiegelmetapher das ßA€rrfLV eingeflihrt, übersieht zweierlei. Erstens ist die errl-yvwaLf; im Eschaton das letzte Wort des Paulus zur eschatologischen Gottesbegegnung. err{'YvwaLf; aber ist nicht das einfache atl. ,Gott sehen', sondern liebend ganz mit ihm verbunden Sein. Der Interpretation Duponts (und Hugedes, Miroir, 151) entspricht nicht direkt lKor 13,12, wohl aber Philo z.B. Somn 2,226 (die Denkseele des Mose befindet sich Gott gegenüber opwaa TE Kal öpw/JeJJ1"j; vgl. weiter Hugede, 157, A. 4). Ähnlich auch Corp Herrn 5,2; 7,2; 10,4.5. Zweitens aber steht das ßAerrfLV von 12 a im Zusammenhang mit der jetzigen 'YVWaLf;. Diese Verbindung entstammt jüdischem Denken: soweit hut Dupont recht. Diese 'YvwaL<; als Schöpfungserkenntnis ermllt sich aber nicht einfach im Eschaton, sondern wird von der errL'YvwaL<; abgelöst. Den Übergang von V. 12 a zu 12 b bildet die mit Hilfe von errl- formulierte 'YvwaL<;Kritik. 425. Dupont, Gnosis, 140f.; Spicq, Agape 11, 99. - Vgl. die Parallelvorstellung lKor 1,18-25. Hier gilt dasselbe von der aoopla, was lKor 13 von der 'YvwaL<; gilt: sie wird vernichtet, da sie sich wie die 'YvwaLc; in Röm 1 als unfähig erwiesen hat, Gott angemessen zu erkennen ('YLvWaKetV lKor 1,21). An die Stelle der Schöpfungssophia tritt Christus als aoopia, verstanden vom Kreuz her, und auch die aoopla der Christen ist von der Betrachtung CHristi als der Weisheit Gottes bestimmt (2,6ff.). 426. Die Deutung des Satzes auf prophetische Schau, wie Dautzenberg, Prophetie, 185ff., sie vornimmt, scheitert an drei Umständen: 1. ,sehen' begegnet bei Paulus anders als im apokalyptischen Judentum nicht zusammen mit der Prophetie (auch nicht 2Kor 12), wohl aber gehören 'YvwaL<; und ,sehen' zusammen (Röm 1); '2. eine prophetische Spiegelschau kann Dautzenberg selbst nicht im Judentum als einen Hintergrund der paulinischen Wendung belegen, als Metapher der Schöpfungserkenntnis ist die Spiegelschau dagegen auch nach Dautzenberg gut im Judentum belegt und von daher als Hintergrund flir lKor 13,12 anzunehmen; 3. der Beleg zu afvL'Y/Ja im Zusammenhang mit der prophetischen Schau (Äth Hen 60) bietet keine Parallele zu lKor 13,12.
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2. TOT€ OE rrpoawrrov rrpoc; rrpoawrrov 427 : das Schauen von Angesicht .zu Angesicht ist eine atl. Vorstellung, in LXX mit demselben Wortlaut wiedergegeben wie lKor 13,12 428• Der Ausdruck - hier eine weitere adverbiale Bestinunung zu ß"Aerr€LV, denn ein Objekt fehlt auch hier - ist hapax legomenon im NT und innerhalb der Gräzität nur in LXX belegt 429• Bei der Suche nach ähnlichen Paulusaussagen über ein Sehen eschatologischer Größen, wie es das Adverb beschreibt, ohne daß Gott als Objekt selbst genannt wäre, bietet sich 2Kor 5,7 an: our rriaT€WC; rdp rr€pmaTOÜ/1€V, OU our ELOOVC;430, daneben 2Kor 4,18: Ta /1i? ß"A€rro/1€va aiwvLa 431 . Nimmt man Röm 8,24 und Hebr 11,1-3 hinzu, so läßt sich ein Kreis von Aussagen erheben, der die errovpavLa (Hebr 9,23), nicht Gott selbst in den Blick nimmt, wenn Aussagen über die Beschaffenheit des lKor 13,12 als roTE angedeuteten Bereichs gemacht werden. Daß diese Diktion und Vorstellung philonischen Bestimmungen und deren philosophischem Kontext parallel ist, ist bekannt 432 • lKor 13,12 formuliert zwar im Rahmen dieser Gedanken, fUhrt aber das Spiegel-Bild nicht erkenntnistheoretisch konsequent mit ev €LO€L zu Ende, sondern eben mit rrpoawrrov rrpoc; rrpoawrrov. Die Sphäre der aiwvLa ist hier im bildlichen Kontext also personal gedacht. Röm 1,20 stellt
oe
427. Vgl. RAC 1, 437-440 (Nötscher-Klauser); ThWNT 6, 769-781 (Lohse); JBL 1950, 85-112 (McCasland), über EiKWV. Vgl. auch unter inn in ThWAT 2, 822-835 (J epsen i, Lit.). . T T 428. Gen 32,31 (Jakob hat Gott 1Tpoaw1Tov 1TPOC; 1Tpoaw1Tov gesehen) und Ri 6,22 (Gideon hat den Engel des Herrn 1T. 1T. 1T. gesehen). Beide Male wird das Einzigartige betont, wenn versichert wird, beide würden nicht sterben, was nach Ex 33,20.23 nötig wäre. 429. Zu der semitischen grammatischen Fügung vgl. Brockelmann, Grammatik I, 355f.. 356 erwähnt Brockelmann lKor 13,12 als "christI. pal. ". Im Griechischen erscheint die Fügung als modaler Adverbsakkusativ (Mayser 11, 2, 328), der wie im Semitischen einen Prädikativsatz ,indem ich ihn von Angesicht zu Angesicht sehe' verkürzt. Die Erscheinung tritt nur bei Redewendungen auf, "die die enge Verbindung der Körperteile zweier Personen schildern" (Brockelmann, 355): Jes 52,8; Jer 39,4; 1TPOaW1TOV 1TPOC; 1Tpoaw1Tov begegnet Dtn 34,10 (Mose verkehrt in dieser einmaligen Weise mit Gott). Im Griechischen wird dafür sonst KarO. 1TpoaW1TOV gesagt, so auch in den Papyri (Preisigke, Wörterbuch 2, 421). Philo Rer Div Her 262 bringt den Ausdruck einmal im Zitat von Dtn 34, 10 (LXX hat Kara.!). Zum AT vgl. auch Reindl, Angesicht, 70ff. 430. Hier legt sich der Gedanke an Num 12,8 nahe: €V €i~€t hat Gott mit Mose gesprochen, rf/v öo~av Kvplov E.'lö€v. Dies Geschenk erhalten die Christen nicht in diesem Äon. (Dagegen spricht nicht etwa 2Kor 3,18, denn dort ist der Spiegel das Evangelium: auch hier wird die öo~a KVp{OV nicht etwa 1Tpoaw1Tov 1TPOC; 1Tpoaw1Tov gesehen; vgl. Schlier, Besinnung NT, 316.) 431. Dieselben Beziehungen stellt Windisch, 2. Korinther, 166f., her. Vgl. auch dort S. 156. 432. Vgl. noch Michel, Hebräer, 372ff.; Grässer, Glaube, 126ff. (Lit.)
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dieselbe Verbindung her: Tl! aopaTa - TOU t9EOU 433 . [ßA€7TELV] 1TpOaW1TOV 1TPOC; 1Tpoaw1Tov eignet sich nach dem paulinischen Sprachgebrauch ausgezeichnet zur Besclueibung eben dieses Von-Person-zu-Person~Sehens434 und wird in abgewandelter Form: Kani 1Tpoaw1Tov usw. häufiger von Paulus gebraucht 43s . Die Aussage ist nicht auf das Objekt: Gott, sondern auf die Modalität: ,personal, unvermittelt', gerichtet, ebenso wie V. 12a.a. auf die Modalität, nicht auf das Objekt innerweltlichen Sehens gerichtet war. Die Verwendung des feierlichen LXX-Ausdrucks 1Tpoaw1Tov 1TPOC; 1Tpoaw1Tov bringt dazu stärker als KaTu 1Tpoaw1TOV die Gegenseitigkeit dieses Sehens heraus und bereitet damit V. 12b vor, wo die Art dieser Gegenseitigkeit nun, auf die 'YVWaLc; gemünzt, ausformuliert wird 436.
oe €1TL)'VwaOf.1aL Kat9wc; Kai €1TE'Yvwafh7V: der Nachsatz macht zwei Aussagen, genaugenommen drei, und zwar über die zukünftige Erkenntnis des Menschen, über sein jetziges Erkanntsein und über das Verhältnis dieser beiden Formen der Erkenntnis zueinander 437. Der Vordersatz wiederholt in singularischer Formulierung V. 9. Ebenso wie bei ßA€1TELV fehlt auch bei €1TL'YLVwaKELV / 'YLVwoKeLV das erwartete Objekt tgeoc;, so daß die 3. "Apn 'YLvwaKw €K f.1€POVC;, TOTE
433. Eine ähnliche Verbindung philosophischer und atl. Tenninologie findet sich in größerem Stil bei Philo Leg All 3, 100-103, wo die philosophische Frage durch den Verweis auf Mose und LXX-Zitate weitergeführt wird. 434. Öto. etöov~ ist ebenso LXX-Stil (Num 12,8) wie 7TpdoW7TOV 7TPO~ 7TpOOW7TOV. Spicqs Meinung, Agape 11, 100, die Gegenüberstellung lKor 13,12 sei von LXX her "naturei", würde ebenso von einer Zusammenstellung mit €V e't'öet gelten. Auf LXX geht nur die Formulierung des adverbialen Ausdrucks zurück. Der Gebrauch von 7TPOOW7TOV überhaupt ist eigene paulinische Diktion. 435. 2Kor 2,10 benutzt Paulus die Wendung €V 7TPOOW7f(.~ XptOTOV = vor dem Angesicht Christi = vor der Person Christi (feierliche Ausdrucksweise, LXX-Stil); 2Kor 10,1.7 beschreibt KaTo. 7TpdoW7TOV die 7Tapovo{a TOU oWllaTo~ (V. 10). 2Kor 1,11 heißt 7TpdoW7TOV direkt ,Person' (LXX-Stil: Lietzmann, 2. Korinther, 100). - e'{[jo~ dagegen wird nur 2Kor 5 (und unspezifisch 1Thess 5,22) gebraucht. 436. Paulus verbindet also mit der Formulierung in 1Kor 13,12a eine besondere Absicht. Man darf diesen Satz nicht ohne weiteres mit den anderen ntl. Aussagen zum GottSehen im Eschaton identifizieren (lJoh 3,2 öl/Jollet'Ja aVTov Kat'Jw~ €OTtV; Mt 5,8 llaKaptot ol Kat'JapOI. TU Kapöl'l-lIn aUTO' TOV t'Jeov öl/Jovrat). Apk 22,4 KaI. öl/Jovrat TO 7TPOOW7TOV aVTou zeigt Nähe und Differenz zu 1Kor 13,12 am deutlichsten: Apk bringt das Objekt, an dem Paulus nicht primär interessiert ist, mit demselben Wort, das Paulus für die Modalität des Sehens benutzt. Paulus bearbeitet die allgemeine Vorstellung: ,der Gerechte wird im Eschaton Gott sehen' theologisch in Auseinandersetzung mit der prä sen tisch orientierten 'YVwot~ der Korinther. 437. So schon Kurfeß, Katholik 1918, 262.
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Knappheit und das bloße Andeuten des Bildes nun auch in der eigentlichen Aussage über die 'Yvwatc; beibehalten wird. Aber wie rrpoowrrov rrpoc; rrpoowrrov so gibt auch Ka{)wc; Kai Err€'YvWo{)rw Aufschluß: Gott ist gemeint. e1rL'YLVwoKW / ErrL'YvWatC; ist eine beliebte paulinische Vokabel 438, "die zur Steigerung einer 'YLvwoK€LV-Aussage verwendet wird 439. Hier gibt Erri personale Gerichtetheit der Erkenntnis und ihre Vollkommenheit im Gegensatz zu EK J,l€POVC; an 440. Demselben Zweck dient die Paronomasie, die aus Aktiv und Passiv desselben Verbalstammes gebildet ist - ein von Paulus gern benutztes Stilmittel 441 , das auch sonst im NT begegnet. In diesem zweiten Teil des Satzes wird nun das zukünftige Erkennen des Menschen in einer allerknappsten Formulierung nur andeutend bestimmt. Der Formulierung 442 liegt die ntl. Vorstellung einer Entsprechung zwischen "Erkennen und Erkanntwerden in der Beziehung von Mensch und Gott" zugrunde 443, die mittels verschiedener Verben ausgesagt werden kann 444 • Diese bei Matthäus,
438. Das Substantiv ist ganz auf den Umkreis des pln. Schrifttums beschränkt. 439. Bes. deutlich 2Kor 1,13. Eine Verbindung mit der Gotteserkenntnis aber nur Röm 1,32. Diese Verbindung bleibt sonst dem Substantiv vorbehalten (z.B. Röm 1,28 u.ö.). 440. Moulton-Milligan, Vocabulary, 236, weisen auf Papyrusfunde hin, die €7rt-YUJWOKEUJ im Sinne von "knowing arrived at by the attention being directed to (e1d) a particular person or object" verwenden, was 1Kor 13,12b besonders gut entspricht (ähnlich Spicq, Agape 11, 102, A.l). Bultmann, ThWNT 1, 703, begründet den Wechsel "rein rhetorisch", indem er zugunsten eines einheitlichen -yvwot,,-Begriffs die paulinische Nuancierung unterschätzt. Dementsprechend bedeutet €rrL-yvWOt" bei Paulus ,Einsicht' (Phil 1,9), den Akt, etwas verstehend auf sich selbst zu beziehen (Röm 3,20; 10,2), anerkennend lieben. Die These von Sullivan, Stud. Paul. Congr. Internat. Cath. 1961, 11, 409-416, Paulus gebrauche €rrl-yvwot" in einer "strictly Semitic" Bedeutung (414), ist zwar richtig, leidet aber durch die Einbeziehung der Deuteropaulinen. Die Beziehung auf Gottes Heilswerk findet sich bei Paulus noch nicht. 441. Vgl. Dupont, Gnosis, 70ff.; Hugede, Miroir, 174ff. (Lit.). Dort die pln. Beispiele und Hinweise auf Beispiele aus der Profangrätität. 442. Der terminus ,Formel', der vielfach für den Ausdruck verwendet wird (zuletzt Conzelmann, 1. Korinther, 168, A. 1), täuscht eine Einheitlichkeit im Ausdruck vor, die nicht besteht. Zu Material und Deutung vgl. bes. außer in den Kommentaren: ThWNT 1, 708ff. (Bultmann); Dupont, Gnosis, 5lff.; Hugede, Miroir, 164ff.; Spicq, Agape I, 222ff. (forschungsgeschichtlich bahnbrechend: Norden, Agnostos Theos, 287f.; Bousset, Kyrios Christos, 60f.; Festugiere, Revelation IV, 54ff.). 443. Conzelmann, 1. Korinther, 168. 444. Ntl. Belege: Mt 11,27 (€7rt-ytVWoKEtV beide Male: vokabelmäßig am stärksten mit 1Kor 13,12 verwandt); Joh 10,14 (-ytVwoKEtV auf Christus und seine Jünger bezogen statt auf Gott); 1Kor 8,2f. (-ytVwOKEtV und d-yarräv); 1Kor 13,12 (€7rt-ytVWOKEtV); Gal 4,9 (-ytVWOKEtV).
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Johannes und Paulus begegnenden Wendungen sind aber keineswegs identisch44S , so daß man von einer festen ntl. Formulierung sprechen dürfte. Die lKor 13,12 vertretene Meinung, einer schon geschehenen Erkenntnis des Menschen durch Gott werde eine ebensolche endzeitliche Erkenntnis Gottes durch den Menschen entsprechen, findet sich so in keinem der Paralleltexte 446. Ebensowenig können die seit E. Norden stets zur Erklärung herangezogenen sog. hellenistischen Identitätsformeln 447 als inhaltliche Parallelen verstanden werden. Festzuhalten ist aber, daß es in vor- und außerchristlicher wie in christlich beeinflußter religiöser Literatur die Vorstellung einer Erkenntnisidentität zwischen Gott und Mensch gegeben hat, die von Gnosis, Neuplatonismus, niederer Religiosität und von einzelnen ntl. Schriftstellern aufgegriffen wurde, so daß sprachlich wie vorstellungsmäßig Paulus wie Joh 10 und Mt 11 in diesem Zusammenhang steht 448 • Innerhalb der infragekommenden Paulustexte zeigt Gal 4,9 am deutlichsten die Nähe zu 445. Mt 11 und Joh 10: präsentisch-statische Vollkommenheitsaussage ohne futurischeschatologische Dimension; lKor 8: Abwertung der menschlichen -yvwmc;, Gott hat schon jetzt die Menschen erkannt, die ihn lieben; lKor 13: Differenz zwischen schon jetzt bestehender Erkenntnis der Menschen durch Gott und eschatologischer Qualität menschlicher Gotteserkenntnis, wobei wie Mt 11 durch €1rl-yvwmc; ein eigener Bedeutungsakzent vorliegt; Gal 4: schon bestehende Kenntnis Gottes über die Menschen, wobei die menschliche Gotteserkenntnis, zunächst präsentisch formuliert, zurückgenommen wird. D.h. lKor 8; Gal 4 sind nicht wirklich reziproke Aussagen, denn beide Male wird die gegenwärtige -YVWOLC; t'iwü der Menschen entweder abgewertet oder zurückgenommen. Von eschatologischer -YVWOlC; ist nirgendwo die Rede. 446. Die Betonung der Eigenart unserer Aussage ist angesichts der Erklärungen notwendig, die bis zu Spicq, Agape 11, und Conzelmann, 1. Korinther, stets 13,12b als Selbstverständlichkeit behandeln und auf 8,3 verweisen, wo sich aber jene eschatologische Aussage und die eigene Bestimmung der menschlichen -YVWOlC; nicht findet. Vgl. dagegen richtig: Dupont, Gnosis, 111. 447. Es handelt sich um folgende Stellen: Corp Herrn 1,31; 10,15 (andere öfter herangezogene Stellen sind nicht als Parallelen im engeren Sinne zu bewerten); Zosismus d. Alchemist (Zitat und Diskussion: Dupont, Gnosis, 68); Zaubergebet des Astrapsoukos (Zauberpapyri, hg. Preisendanz 11, S. 45 -47, vgl. Dupont 65 mit Diskussion); Porphyrius Mare 13.2lf. (Dupont 57). Gnostische Belege: Thomev 3; Od Sal 7,3.6; 8,12; Ev Ver f. Xr , (hg. Malinine-Puech-Quispel, 1956, S. 19, 32f.). Die häufig in diesem Zusammenhang erwähnten Philo-Stellen (Somn 2,226; Cher 115) gehoren zwar dem Wortlaut, nicht aber dem Inhalt nach hierher. Somn heißt es nicht -YlVWOKW, sondern OPW/-LEVlI. Cher 115 handelt von dem Verhältnis zwischen Seele und ,Ich' des Menschen; wie Somn auch Poster C 13. - Zu dem Zusammenhang auch Kurfeß, Katholik 1918, 262-265. 448. Dies ist gegen Dupont, Gnosis, 87, hervorzuheben, der die Gegensätze zwischen Paulus und den paganen Texten überbewertet und die Existenz einiger paganer Parallelen aus der Zeit des Paulus vernachlässigt.
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diesen Aussagen an. Inhaltlich aber hat Paulus diese allgemeine religiöse Sprachform entscheidend umgeformt, wie in Gal 4,9 jene Vergangenheitsangabe zeigt, die der göttlichen Erkenntnis das Prae sichert. Dies zeitliche Prae, das auch bei Johannes und Matthäus wie in den paganen Texten fehlt, ist zu Recht als paulinisches Speziftkum und als eigentliche Intention bei der Verwendung des Ausdrucks durch Paulus bezeichnet worden. Zugleich liegt für 1Kor 13,12b hier der Unterschied und Fortschritt im Gedanken gegenüber V. 12a. Denn nun rückt statt des menschlichen Erkennens Gottes Erkennen in den Vordergrund, während - vor allem in den paganen Texten, aber auch in V. 12a - der Mensch das Interesse hat 449. 4. Fragt man nun nach der Bedeutung dieses Prae, das den Höhepunkt und Abschluß des letzten Teils unseres Kapitels bildet, so bieten sich neben 1Kor 8,3 und Gal 4,9 noch Phil 3,12 450 und Hoh 4,19 zur Erklärung an, weiterhin Röm 8,28ff und 1Kor 2,6-9. In all diesen Texten geht es um das vorgängige Handeln Gottes am Menschen, das in klassischer Form das cWTCk 7rPWTO<: von IJoh 4,19 ausspricht 451. Dies göttliche Prae begegnet 1Kor 8 und 13, Gal 4 und Phil 3 hier auf Christus gewendet und mit KaTaAClJ1ßcivELV im Wechsel zu 'YLVWUKELV von V. 10 fonnuliert - stets als Jetzt-schon-von-Gott-erkannt-Sein. Die menschliche Erkenntnis Gottes (oder Christi) dagegen verlegen 1Kor 13 und Phil 3 (W. 14.21) in die Zukunft, während 1Kor 8 auch ausspricht, wie man sich jetzt richtig Gott gegenüber verhalten solle, damit man der göttlichen €7ri'YVWUL<: recht entspreche: Ei TL<: a'Ya7r~l. Tdv tJEOV. Ähnliches ergänzt Phil 3 für die zukünftige Christuserkenntnis, daß sie nämlich jetzt als Laufen nach dem Ziel (V.i, 12.14)452, als Sich-Ausstrecken-Nach-Vom (V. 13), als Warten (V. 20) zu verstehen sei 453. Die demgegenüber eigentümliche Zwitterstellung jetziger 'YvwUL<: bei Paulus beleuchtet Gal 4 in besonderer Weise: der an sich als sachgerecht vonPaulus gewählte Ausdruck 'YvOVTE<: tJEOV zur Bezeichnung der galatischen Gemeinde, typischer EL<: tJE(i\-Missions-Terrninus (V. 8!), wird sofort
oe
449. Joh 10 und Mt 11 legen den Akzent besonders auf die Gleichheit der Erkenntnis bei der Partner. 450. Vgl. Gnilka, Philipper, 198f., zu den Unterschieden zwischen Phil 3 und 1Kor 13. 451. Vgl. zum atl. Hintergrund: ThWNT 1,699 (Bultmann) und Kurfeß, Katholik 1918, 262-265. 452. OL(./;KElV: vgl. Röm 12,13 (Gastfreundschaft); 14,19 (Friede); 1Kor 14,1 (d'Ycbrll); 1Thess 5,15 (Ta d'Yaß6v). 453. d1TEKoExEußat: typisch paulinisches Verb für die eschatologische Erwartung als gegenwärtige Existenzbestimmung; Röm 8, 19.23.25 (hier mit V1TO/"Wvr1 inhaltlich geflillt); 1Kor 1,7; Phil 3,20 stärker futurisch-eschatologisch gewendet; Gal 5,5 wird das eschatologische Hoffnungsgut der OLlWtoUUVTj erwartet (gegen Bauer, WB 502, der Ga! 5,5 €A1Tlr; nicht als Hoffnungsgut, sondern als Hoffnung übersetzt).
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korrigiert, so daß eigentliche Geltung nur 'Yvwaf)€VT€~ U1TO f)€Ou hat. Wie nun dies göttliche Prae des näheren vorzustellen sei, zeigen lKor 2, Röm 8 und 110h 4. Gottes Den-Menschen-Erkannthaben hat sich als Berufung für die, die Gott lieben (Röm 8,28ff.), als Bereitung des Heils für die, die Gott lieben, (IKor 2,6-9), als Liebe (11oh 4,19) erwiesen. 110h 4,19 enthält die urchristliche Tradition von der göttlichen Liebestat, die sich in der Hingabe Jesu rur die Sünden der Menschen zeigt 454 • Paulus selbst greift diese Tradition besonders Röm 8,35.37.39 auf. Das zeitliche Prae der Gotteserkenntnis von lKor 13,12 wurzelt also in Gottes Berufungstat, und diese ist Ereignis geworden in seinem Heilshandeln in Christus, in der a'Yu1TT/ rou f)€OU €v Xpwr(fJ 'IT/aou. Gottes Hingabe des eigenen Sohnes aus Liebe zu den Sündern ist die übergeordnete theologische Aussage in Röm 8,28ff. und steht hinter lKor 13,12 und den entsprechenden anderen Aussagen 455. Fragt man nun weiter nach der Art der zukünftigen Gotteserkenntnis von seiten des Menschen, so fällt von dem vorgängigen Erkanntsein durch Gott Licht auf diese 'YvwaL~, da Kaf)w~ Kai bei Paulus üblicherweise die Identität zwischen zwei Handlungsweisen aussagt 456. Die €1Ti'YvwaL~ Gottes im Eschaton ist weniger als intellektueller Vorgang oder pneumatische Schau, sondern als personale (V. 12a!) Liebesbegegnung zu verstehen, wie Röm 8,38f. ebenfalls andeutet 457. Damit steht lKor 13,12 neben anderen Aussagen über den Zustand des Glaubenden im Eschaton, der als Bei-Gott-Sein umschrieben wird 458. In V. 12b 454. Vgl. dazu Schnackenburg, Johannesbriefe, 233. 455. Dies ist in Ergänzung zu Bultmanns Deutung, ThWNT 1, 709, zu betonen, wo nur die Erwählung als Hintergrund des Ausdrucks genommen wird aufgrund der Herleitung von -YLVwoKftV aus i1," = erwählt durch Jahwe. 456. Spicq, Agape 11, 103, weistT;ichtig auf diese spezifische Bedeutung von Kat'Jw<; Kat bei Paulus hin: "Kat'Jw<; Kat ... veut suggerer le mode direct et adequat - divin - de la vision celeste." Bei Paulus fmden sich häufiger entsprechend strukturierte Satzverbindungen, wobei teilweise beide Male dasselbe Verb benutzt wird (Röm 15,7; lKor 10,33; 11,1; 2Kor 1,14 - mit €1ft'YUJWOKftV - ; 11,12; lThess 2,14; 4,1.13). 457. 1fPO-ytVwOKftV und 'YUJWOKftV im Sinne der Erwählung sind nicht auf die menschliche Gotteserkenntnis übertragbar und können daher hier nicht unmittelbare Wortbedeutung sein. Die von Dupont, Gnosis, 73f., und Hugede, Miroir, 172ff., herangezogenen Papyrusbelege (vgl. auch Nock-Festugiere 1,27, A. 80), nach denen die 'YVWOt<;/ -ytVWOKftV für freundliches Verhalten Gottes den Menschen gegenüber stehen kann, für persönliche Anteilnahme usw. (z.B. P Oxy 939,4), die auch aus dem NT zu vermehren sind (Joh 18,15f.; Mt 7,23), weisen auf die hier vorgeschlagene Deutung hin. €1ft-ytVwoKftV und die Paronomasie vertiefen die Bedeutung und die personale Art der Begegnung. Daß das atl. i17~ zu dieser Bedeutung von -ytVWoKEtV beigetragen hat, ist bekannt (zusammenfassendes Urteil richtig bei Dupont, Gnosis, 81). 458. Vgl. Röm 8,18ff.; Phil 1,23; 2Kor 5,8. 1Kor 15 ist nur von der eschatologischen oo~a die Rede, nicht von einem Sein ovv XPWT4> usw. (so Phil 1,23).
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wird also nicht jene 'YVWOLr;, die die Korinther schätzen, einfach von der Gegenwart in die Zukunft verlagert, sondern sie wird inhaltlich neu bestimmt und im Sinne der a'Ya:Tm interpretiert. Nicht zufällig ist hier auch 'YtVWUKEtV durch €1TL'YtVwUKEtV ersetzt. Die korinthische 'Yvwutr; hat weder jetzt noch dann ihren Platz. So bewahrheitet sich V. 10f. in V. 12b: das Stückwerk wird abgetan, nicht im Vollkommenen vollendet. Als erkennende Liebe versteht also Paulus die endgültige Gottesbegegnung, nicht als 'Yvwutr; ~EOÜ4S9. Von hier aus fällt nun noch einmal Licht auf das äpn. Wir sind jetzt von Gott erkannt, erwählt, geliebt. Hier liegt eine entscheidende Akzentuierung der gegenwärtigen Zeit im Zusammenhang der eschatologischen Argumentation der W. 8-12. Die Jetztzeit ist nicht nur negativ von dem EK /J.epovr; der Charismen, vor allem der 'YvwOLr; bestimmt, vielmehr gibt es schon jetzt eine vollkommene Größe: die E1TL'YvwUtr; des Menschen durch Gott, seine a'Ycl1TTl zum Menschen (Röm 5,5; 8,3Hf.), mit der Gott die liebt, erwählt und erkennt, die ihn lieben. Dem entsprechend leistet die a'Ycl1TTl von 1Kor 13 das, was die Korinther von der 'Yvwmr; und den anderen Charismen erwarten: in der a'Yu1TTl liegt der Zugang zum TeAEwv schon in der Jetztzeit. Derjenige, der a'Yu1TTl übt, hat jet~t schon Teil an dem, das nicht fallt. So ist jetzt ftir den Christen die Zeit eben der a'Yu1TTl. Dahinter steht das paulinische Verständnis des Christusgeschehens. Indem durch die liebende Heilstat Gottes in Christus, wie Paulus sie in 1Kor H. darlegt, die Weisheit der Weisen zunichte gemacht worden ist, ist fUr den Gläubigen jetzt und dann nicht die Zeit der UOI{JLa und 'YvwOLr;, sondern jetzt wie denn (äpn und TOTE) die Zeit der a'Yu1TTl und iluer Implikationen, bei denen jetzt die in den Versen 4-7 genannten wirksam werden" während die liebend-erkennende E1Ti'YvwUtr; dem Eschaton vorbehalten ist. Was bleibt nach all diesem fUr die 'YvwOLr; EK /J.epovr; der Jetztzeit übrig? Das Phänomen ist da, in Korinth wie bei Paulus selbst. Es bleibt auch in 1Kor 13 unbestritten. V. 2 bestreitet nicht das christliche 'Yvwutr;-Phänomen, sondern seine soteriologische Mißdeutung. V. 12 fUhrt diese Linie fort und ergänzt die dortige soteriologische Argumentation eschatologisch. Die 'YvwOLr; reicht jetzt nicht ins Eschaton und wird im Eschaton selbst nicht fortwirken. Wieder ist 459. Darauf in aller Deutlichkeit für V. 12 hingewiesen zu haben, ist das Verdienst von Schlier, Zeit der Kirche, 192. Barth, Auferstehung, 44, betont zwar die Diskontinuität von Jetzt und Dann, fUhrt diese aber nicht exegetisch fUr V. 12 aus (ebenso Bultmann, ThWNT 1,710). Die anderen Exegeten begnügen sich mit dem Bultmannschen Hinweis (ThWNT 1, 703ff.) auf die Vorgängigkeit der göttlichen Gnadenwahl, ohne diesen Aspekt fUr die Zukunft der menschlichen Gottes-€1I'{-yvwa,c; als Liebe aufzudecken. Direkt gegen den Text versteht Marxsen, FS. III Cullmann, 229, wenn er von der ,,-yvwa,c; als Gabe der Zukunft" spricht (dagegen V. 8!). Wie Schlier: Spicq, Agape 11, 103.
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es die a:ya:Tr'q, die diesen Platz ausfüllt. Als mittelbare und undeutliche Erkenntnis in der Jetztzeit hat aber die "{VWUtc:; ihren Platz. Denn wie dem Kind eignet auch dem Christen in der Jetztzeit "{VWatc:; als Form der Welt- und Gotterfassung, und dies Erkenntnisorgan läßt sich in seinem jetzigen Leben nicht einfach durch a"{Q.1TT1 ersetzen, sondern es ist der o.."{Q.1TT1 unterzuordnen. Als Gabe des Geistes ist und bleibt die "{VWatc:; Bestandteil christlicher Existenz, ja sie kann als christologisch verstandene Erkenntnis zum Inbegriff der paulinischen Predigt werden (2Kor 2,14; 4,6). Ihre bleibende Gefährdung und Limitierung durch o.."{Q.1TT1 in der Jetztzeit wurden schon im Zusammenhang mit V. 2 erörtert.
f} Ausblick 1. Bei einem abschließenden Blick auf die VV. 8-12 ist nun der zeitliche Rahmen zu bedenken, in den die Aussagen dieser Verse hineingestellt sind: das äpn - rorE 460• äprt, neben vüv unter anderem die Angabe des gegenwärtigen Zeitpunktes, wird von Paulus sonst nicht als Kennzeichnung der gegenwärtigen Zeitperiode gebraucht. Daftir verwendet er vüv oder 0 VÜV Katpoc:; 461. Der VÜV KaLpoc:; oder das VÜV als Epoche der Jetzt-Zeit der Christen ist bei Paulus vorwiegend Heilszeit, Erfüllungszeit, Neuanfang €V Xpwrc:;;462, - außer lKor 13,12 und Röm 8,18-22. Röm 8,18 wird'wie lKor 13,12 zwischen dem VÜV KaLpoc:; (äpn) und der kommenden o6~a (rorE)463 unterschieden. Das vüvist Röm 8 durch Tra~para (V. 18) und parawrT1C:; (V. 20), \fJ{)opa (V. 21) negativ akzentuiert. Die dahinterstehende apokalyptische Tradition ist bekannt 464 • Die positive Akzentuierung des rorE dagegen ist selbstverständlich und lKor 15,28 ähnlich klassisch formuliert wie lKor 13,12 465 . rorE ist zwar nicht lKor 13,12 explizit, aber anderswo bei Paulus direkt auf die Parusie bezogen 466. lKor 13,12 steht 460. ThWNT 4,1099-1117 (Stählin); Delling, Zeit und Endzeit; Luz, Geschichtsverständnis, 30Hf.; Stuhlmacher, ZThK 1967,423-450. Allg.: RGG 3 2,1476-1482 (Dinkler). 461. ThWNT 4, 1107f. 462. Klassisch formuliert 2Kor 5,16f.; 6,2. 463. Michel, Römer, 201, weist darauf hin, daß die kommende 8d~a Umschreibung des kommenden a'Lwv sei. 464. Vgl. Lietzmann, Römer 84f.; Strack-Billerbeck BI, 244ff. Besonders wichtig ist4Esr 7,15f., wo in derselben Weise ,vergänglich - gegenwärtig' gegenübergestellt werden dem ,unvergänglich - zukünftig'; ebenso Hebr 11,1 (Michel, Hebräer, 376, nimmt fälschlich die erstmalige Verbindung von Zukünftigkeit und Unsichtbarkeit rur Hebr in Anspruch). 465. Delling, Zeit und Endzeit, 43, weist auf denselben Stellenwert von 1Kor 13,12 und 1Kor 15,28 hin als "die letzte Aussage des Paulus über das Endgeschehen". 466. lKor 4,5; 15,28.54; 1Thess 5,3 (einfach futurisch: 1Kor 16,2; Bestimmung eines genauen Zeitpunktes: 2Kor 12,10).
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in einem bei Paulus vertrauten Rahmen: die Jetztzeit ist vorläufig - unter welchem Gesichtspunkt auch immer im einzelnen charakterisiert -, die mit der Parusie einsetzende Zeit wird vollkommen sein, wie V. 11 es formulierte 467• Die Formulierung dieses Gegensatzes aber ist für Paulus nur hier belegt - wobei das sonst nie in solchem theologischem Zusammenhang gebrauchte äpn besonders auffäUt, - und läßt sich auch sonst weder im NT noch in LXX nachweisen 468. Die ad hoc geschaffene, ungewöhnlich scharfe Gegenüberstellung "J etzt - Dann" trägt daher außergewöhnlich starkes Gewicht und ist sicher polemisch zu verstehen, zumal das äpn bei Paulus stets auf den gerade statthabenden Zeitpunkt weist und stärker als vVv die Aktualität der Aussage angibt. 2. Im Hinblick auf diese Polemik gegen das korinthische "{vwatc;- Verständnis wird schließlich ein Ausblick auf die VV. 8-12 viererlei bedenken. Erstens ist die eigentliche Aussage in den VV. 8-12 äußerst knapp: im Eschaton wird es personale Erkenntnis geben. Zweitens: der Schluß von V. 12 lenkt schon wieder auf die Gegenwart: jetzt ist die Zeit, die von Gottes erkennender Liebe zu uns bestimmt ist. Drittens: die a"{a:TTT] ist daher die Jetzt und Dann verbindende Größe, "die niemals fällt". Viertens: dahinter steht unerwähnt, aber theologisch ganz präsent wie in VV. 4-7 die paulinische Christologie der ersten Kapitel des Briefes. Paulus steUt die Christologie, die er als liebende Heilstat Gottes durch die Torheit des Kreuzes entwirft, in den Mittelpunkt der Theologie. Damit ist der aOl{Jla und der "{vwatc; der eigentliche Boden entzogen. Nicht mehr ,,{VWaLC;, . sondern die a"{Cz1TT] der VV. 4-7 verbinden mit Gott. Nur von hier aus, als Streit um die Christologie, ist die Wucht der Polemik der VV. 8-12 richtig zu verstehen.
4. Vers 13 a) Interpretationsmöglichkeiten l. Nvvi
oe /lEVEL
1TLanc;, €A1TLC;, a"{Cz1TT/, Tli rpia nwra' /lei~wv
oe
rovrwv
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a"{Cz1TT]:
das Verständnis des Verses ist in allen Punkten kontrovers, und eine Erklärung muß alle Deutungsmöglichkeiten der einzelnen Glieder des Satzes berücksichtigen, gleichzeitig aber den Satz stets als Ganzes behandeln.
467. Zu der eigentümlichen Stellung des vvv als schon Gott nahe und doch diesem Äon zugeordnet vgl. die sehr treffenden Ausführungen von Stählin, ThWNT 4, 1099-1117, im ganzen. 468. Weder IipTl - TOTe noch vüv - rehe begegnen in LXX oder NT.
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Das einleitende llUVt S€469 zunächst kann logisch oder temporal verstanden werden. Ein logisches Verständnis interpretiert V. 13 als Fazit aus dem Vorhergehenden und als allgemeinen Abschluß des Kapitels. Man würde etwa erklärend übersetzen: "Also sage ich nun abschließend Folgendes ... ". Eine temporale Deutung wäre etwa folgendermaßen zu übersetzen: "Während der Zeit des irdischen Lebens aber ... ". Bei der Suche nach einem richtigen Verständnis von llUVL S€ müssen zwei Gesichtspunkte bedacht werden. Erstens ist fraglich, ob ein Fazit nach V. 12 zu erwarten ist, das mit der logischen Klausel llUVL S€ eingeleitet würde. Zweitens ist zu fragen, ob das llUV{ nach dem zeitlichen Gerüst von äpn - TOTe des Verses 12 logisch vorzustellen und als solches zu erkennen ist. Das zweite Glied von V. 13 ist das Prädikat I1€VeL 47o. Das Verb I1€VeLV hat bei Paulus die Grundbedeutung der allgemeinen Weiterftihrung des jeweiligen Zustandes, dessen Erstreckung sich auf Zeit, Ort, Wesen oder Art beziehen kann. Die Erstreckung in der Zeit kann den Rahmen dieser Weltzeit überschreiten und meint dann eine Erstreckung in die Endzeit hinein, und in der Endzeit weiter, so daß "Bleiben" zu "ewig Bleiben" wird 471. In V. 13 könnte I1€VeW dementsprechend das "Bleiben in Ewigkeit" meinen oder aber die Geltung und Dauer in der Weltzeit. Bei der Deutung von I1€VeLV sind drei Überlegungen bedeutsam. Wenn erstens I1€VeLV im Zusammenhang mit OVS€7TOTe rrLrrTeW und l<.aTap'YeiarJaL steht, dann reicht seine Bedeutung mindestens bis ins Eschaton. Andererseits fehlt zweitens die Ergänzung Ei<: Tdv alwva, wie sie 2Kor 9,9 und 3Esr 4,38 haben. Drittens hat aber auch bei innerzeitlicher Beziehung von I1€VeLV mindestens o''YCtrr17 hier eschatologische Reichweite von V. 8 und V. 12 her. Dieser Gesichtspunkt fmut· zum dritten Element des Satzes, dem dreifachen Subjekt rrian<:, €A.rri<:, cl'YCt1l77, Ta Tpia TaVTa. Im Zusammenhang mit den ftir llUVL S€ und I1€VeW genannten Deutungsmöglichkeiten ist für das dreifache Subjekt Folgendes zu bedenken: wenn alle drei Größen in der Jetztzeit "bleiben", ergeben sich keine Interpretationsschwierigkeiten. Wäre das "Bleiben" als Bleiben im Eschaton selbst zu verstehen, dann würde sich nur die cl'YCtTr71 nahtlos dieser Interpretation einfügen (V. 12), nicht aber rrian<: und €ATri<:. Denn Paulus sagt an anderer Stelle nachdrücklich, rrian<: und €ATri<: seien die Lebens469. Vgl. dazu Spicq, Agape 11, 104, A. 2.3. Kieffer, Le Primat de l'Amour, 68f., neigt der temporalen Deutung zu. 470. Heise, Bleiben, führt zu Paulus kaum über Hauck, ThWNT 4, 578-593, hinaus. - Lit. : ZNW 1939,115-124 (Jeremias); RB 1954,508-532 (Grossouw); Jonas, Gnosis 11, 47; Schmid, Priamel, 131ff.; Rech SR 1958, 321-343 (Lacan); EThL 1963, 595-615 (Neirynck); Stud Paulin Congr Intern Cath I, 1963, 403-412 (Dreyfuß); CBQ 1975, 76-97 (Miguens). 471. l.dV€LV €k TOV aLwva: 2Kor 9,9 von Gottes OLKatoaVV?1, Zitat t/J 111,9.
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form der Christen eben in dieser Zeit (Röm 8,24; 2Kor 5,6f.). Allerdings muß man gegenüber diesem paulinischen Urteil auch lKor 13,7 berücksichtigen, wo 1TWT€V€LV und fA1Ti~€LV als Modi der a:YCL1Tl1 ja auch an V. 8: iJ a:ya1Tl1 ouOE1TOT€ 1Ti1TT€L teilhaben müssen. Das rc:i Tpia TaVTa schließt jedenfalls die drei Subjekte so eng zusammen, daß eine einheitliche Interpretation des J1.EV€LV rur alle drei Größen notwendig ist. Das letzte Element des Satzes: J1.€i~wv TOVTWV il a:ya1TT{, scheint dem zu Ta Tpia TcWTa aufgestellten Grundsatz einer einheitlichen Interpretation direkt zu widersprechen, da hier der Text selbst der a:ya1Tl1 eine übergeordnete Rolle zuspricht. Wieder ist eine Nähe zu V. 7 festzustellen, wo 1TLOTeV€LV und fA1Tif€LV nur Modi der u"(a1TT{ sind. Von diesem Satzelement her gesehen, kann ~ie Differenz zwischen u"(a1Tl1 und 1Tione; - fA1Tie; nicht in dem Modus des J1.eV€LV liegen, sondern muß einen anderen Grund haben.
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2. Bis zu diesem Punkte reicht die Erwägung der Interpretationsmöglichkeiten von V. 13. Angesichts dieser Lage haben sich vier Erklärungstypen herausgebildet. Die religionsgeschichtlich beeinflußte Forschung deutete den Satz strikt futurisch-eschatologisch und nahm damit den Widerspruch innerhalb der drei Größen 1TLone;, fA1Tk, u"(a1Tl1 hin 472. Bei dieser Lösung muß man nicht nur eingestehen, daß Paulus mit V. 13 einen aus dem Kapitel heraus nicht zu erwartenden Schlußgedanken formuliere - obwohl man bei dieser Interpretation vuvi OE gerade logisch verstehen muß - und damit wie Weiß behaupten, "daß de~ Abschluß des herrlichen Kapitels nicht auf der Höhe des Übrigen steht"473, sondern man muß auch einen möglichen Widerspruch zu den anderen Äußerungen des Paulus über 1Tione; und fA1Tie; in Kauf nehmen. Weiß, Reitzenstein, Lietzmann und Hauck 474 wollen die Erklärung rur diesen Gedankensprung darin finden, daß Paulus hier die nicht von illffi selbst geschaffene Trias benutzt habe, ohne diese richtig in seine Argumentation einfügen zu können. Hauck formuliert dementsprechend: "Nach dem Zusammenhang erwartet man nur die Aussage vom Bleiben der Liebe im Gegensatz zur Vergänglichkeit der vorher genannten Charismen." Dagegen deuten Bultmann, Stählin, Bomkamm und Conzelmann diesen Vorgang gerade positiv und gewinnen il1ß1 eine eigene theologische Aussage ab 475. Sie harmonisieren die Aussagen über eschatologisches Bleiben der 472. Weiß, 1. Korinther, 320; Lietzmann, 1. Korinther, 66f.; Barrett, I. Corinthians, 308; so auch Reitzenstein, Formel, 407ff.; ders., Historia Monachorum, 101 A. 2; Schmid, Priamel, 131; Lacan, Rech SR 1958, 321-343; Neirynck, EThL 1963, 595-615. 473. Weiß, 1. Korinther, 321. 474. Hauck, ThWNT 4, 580, A. 2. 475. ThWNT 1, 710, A. 78, stimmt Bultmann Reitzensteins These zur Trias zu. - Daraufhin Bultmann, ThWNT 6, 223: "Gottes Gnade (wird) auch in der eschatologischen
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a'Yarrf/ einerseits und des Glaubens und der Hoffnung andererseits in der Form, daß alle drei Größen als christliche Existentialen fungieren und für diese wie für die kommende Welt die Strukturen christlicher Existenz abgeben. Demgegenüber steht die katholische Exegese, die Paulus, soweit möglich, keine Widersprüche zuschreiben will. Die hier vorgeschlagene Deutung lautet daher: für die Jetztzeit, sagt Paulus abschließend, bleiben die drei theologischen Tugenden das Bestimmende 476 . Eine wissenschaftsgeschichtlich interessante Parallele zu diesem exegetischen Verständnis bildet Harnacks Tugend-Interpretation 477. Die vierte Deutung hat Jonas vorgelegt: "Solche Seinsmodi der durch den Hinblick auf das EaxaTov bestimmten Vorläufigkeit sind rriaTL~, €Arri~, a'Yarrf/. Sie unterscheiden sich nicht dadurch von der zum l<.aTap'Yf/iJi!vaL verurteilten 'Yvwat~, daß in ihnen das "EI<. J-I.€POV~" = Moment als Strukturmoment der Zeitlichkeit überhaupt überwunden wäre, - sondern dadurch, daß sie dies Moment gerade radikal in ihren Sinn einbeziehen und so durch das dereinstige, die Zeitlichkeit aufhebende TeAo~ nicht widerlegt, sondern bestätigt werden. (Das ist der Sinn des "J-I.€V€LV" in V. 13, nicht etwa, daß auch im Jenseits noch Glaube, Hoffnung und Liebe bestehen bleiben, was ganz unsinnig wäre.)"478 Da Jonas die drei Größen ganz unter dem Aspekt des EI<. J-I.€POV~ sieht, ist für ihn die rriaTL~ die Schlüssel größe TOVTWV 17 u'Yarrf/' bleibt und der schärfste Gegensatz zur 'YvwaL~. Das ,J-I.ei~wv wird nicht erörtert. hier unberücksichtigt. Die Qualität von vvvi
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b) Trias Jetzt ist der Ort, jene Frage neu zu stellen, bei der die ältere protestantische Exegese eingesetzt hatte: weshalb bleiben "Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei"? Weshalb sind gerade rriaTL~ und EArri~ Modi der a'Ya7rf/? Von ReitzenVollendung nicht erledigt sein." Für die €A:TTlc; vgl. ebenso ThWNT 2,529. Bornkamm, Ende des Gesetzes, 93-112, schließt sich ebenfalls Reitzenstein an (l07f.) und deutet die Trias als bezogen auf Vergangenheit (Glaube), Gegenwart (Liebe) und Zukunft (Hoffnung), d.h. von Eph 1,15-19; Kol l,4b her. Stählin, ThWNT 4, 1102, A. 28, meint ebenfalls, Glaube, Hoffnung und Liebe hätten dieselbe eschatologische Struktur. - Conzelmann, 1. Korinther, 272f., legt sich nicht auf die von Weiß bezeichnete exegetische Position fest, neigt aber in der theologischen Interpretation Bultmann zu. Ähnlich in eigener Diktion: Schlatter, Der Bote, 366f. 476. So schon Bengel, Gnomon 11, 206 ("das Notwendigste im Christenlauf"). - AHo, 1. Korinther, 350f.; Grossouw, RB 1954,508-532 (dort 516ff.); Spicq, Agape 11, 104ff. Zur Herkunft des Ausdrucks vgl. LThK 10, 78 (Rahner); Weiteres: ebd. 395-399 (Vögtle). 477. Harnack, Das Hohe Lied, 152. 478. Jonas, Gnosis 11, 47.
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stein bis zu Conzelmann ist diese Frage mit der Annahme der sog. Trias beantwortet worden, die Paulus vorgegeben sei und hier von ihm sozusagen zitiert werde 479. 1. Zunächst empfiehlt es sich, an der Forderung Reitzensteins festzuhalten, zwischen einer prägnant gesetzten Trias ,Glaube, Hoffnung, Liebe' und anderen mehr oder weniger losen und zufälligen Zusammenstellungen der drei Begriffe zu unterscheiden, da sich nur so die Frage nach der Herkunft einer vorgegebenen "Formel" beantworten läßt. Unter den strikten Triasbegriff fällt keiner der vor- und außerchristlichen jüdischen oder paganen Paralleltexte, die zur Erklärung der Trias herangezogen werden. In den Texten, die nach dem Neuen Testament entstanden sind, finden sich die ersten strikten Trias-Bezeugungen gleichzeitig bei Clemens Alexandrinus und Tertullian 480. Seitdem wird die Trias im Verlauf des altkirchlichen Bibelstudiums und in der altkirchlichen Theologie zu einem klassischen Ausdruck, der sich ganz von dem Text lKor 13,13 löst. Die Entwicklung geht über Augustin 481 zu Gregor dem Großen, der die Trias 479. Vgl. den Exkurs I, Spicq, Agape 11, 365-378. Die hauptsächlichen Beiträge: Reitzenstein, Formel; Harnack, Preußische Jahrbücher 1916, 1-14; Brieger, Trias; Spicq, a.a.O.; den Forschungsstand zusammenfassend Conzelmann, 1. Korinther, 270f.; danach Friedrich, ZThK 1973, 295, und Lührmann, Glaube, 54. - Allgemeine Literatur: Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 158-170. 480. Die apostolischen Väter zitieren die Trias noch kaum im strikten Sinne. Barn 1,4: Zusammenstellung wie 1Thess 5, aber Hoffnung der erkennbaren Verbindung Glaube - Liebe übergeordnet. Barn 1,6: eine nicht ganz abwegige Interpretation der pln. Trias (gegen Windisch, Apostolische Väter 111, 306, der der Zusammenstellung keinen Sinn abgewinnen kann). Barn 11,8: Glaube und Liebe wieder eigene Einheit innerhalb der Trias. Ign Eph 1,1-2: Umschreibung der Trias, wobei Glaube und Liebe eine selbständige Einheit bleiben. Ign Phld 11,2: ebenso wie die anderen Ignatiusstellen. - Ignatius kennt neben rrlonc; - a:yarrl1 ebenfalls in diesem Zusammenhang die €"Arr{c;, benutzt aber lieber rr{onc; - a:yarrl1, damit der ntl. Tendenz folgend. Trias als Beschreibung und Summe pln. Theologie: Polyc 3,3. - Clemens Alexandrinus: Quis Div Salv 3,6 (zusammen mit fünf weiteren Tugenden), ebenso 18,1; 29,4; 38,2 (Zitation von lKor 13,13); 38,3 (Auslegung von 1Kor 13,13). Strom 4,7,54,1: Trias als 17 a'Y{a TpLac; bezeichnet: hier wird zum ersten mal die Trias als eine ganz besondere klassische theologische Größe hervorgehoben. Ebenso 5,1,13,4 (beachtenswert die anderen Trias-Bildungen Strom 3,10,69,3: 'YVWOLC;, rr{onc;, a'Yarrl1, von Reitzenstein hervorgehoben; 4,7,53,1 oLoaoKa"A{a, €"Arr{c;, a'Yarrl1). - Tertullian: De ieiunio 17,2f., parodistische Aufnahme der Trias unter dem Verständnis der a'Yarrl1 als des Liebesmahles (hg. Reiffenscheid, Wissowa, CCSL 2, 1276). 481. Vorläufer: Zeno von Verona, Tractatus de spe, fide et caritate, MPL 11, 269-280; hier begegnen zwar andere Zitate aus lKor 13, nicht aber V. 13. - Augustinus: Enchiridion ad Laurentium sive de fide, spe et caritate (hg. Evans, CCSL 46),
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mit den vier klassischen virtutes zu jener Siebentahl von Tugenden verbindet, die dann 'das Mittelalter theologisch verarbeitetoitii:l, Die nichprutbare Geschichte der Trias aber beginnt im Neuen Testament selbst, dort aber nicht mit lKor 13,13, wie Reitzenstein postuliert, sondern mit 1Thess 1,3; 5,8, wo in weniger prägnanter, aber doch ganz deutlicher Fonn die Trias verwendet ist 483 • Wenn man nun wegen des 1Thess Reitzensteins These ablehnen wird, die Trias sei die Antwort des Paulus auf eine gnostische Viererformel, die die Korinther benutzt hätten 484, so macht doch die doppelte Bezeugung der Trias im 1Thess das allerdings der fides als dem Glauben an das Symbolum den Hauptanteil zuweist und über spes et caritas nur anhangsweise handelt. Von lKor 13,13 wird nicht der TriasSatz, sondern ~€ltwv .•. zitiert (31, 117, Evans, S. I11f.). Vgl. Weiteres in LThK 10,76ff. unter "Theologische Tugenden" 11 von Dehaye, der allerdings gerade Clemens Al unerwähnt läßt. Von einer Lehre der drei Tugenden wird man vor Gregor d.Gr. kaum sprechen können. Im allgemeinen zeigt der Artikel ein zu einheitliches, vom Mittelalter rückwärts interpretierendes Bild, das im ersten Abschnitt auch in das NT rückprojiziert wird. 482. Gregor, Moralium Liber 1,27 (MPL 75, 544); weiteres bei Schwarz, Fides. 483. Reitzensteins ,Trias'-Verständnis ist, - durch eine Überinterpretation von TCl rpla raüra -, zu exklusiv auf lKor 13,13 bezogen. Vergleicht man IThess 1,3; 5,8 mit lKor 13,13, so wird man in der Tat in lKor 13 die strikteste Trias sehen, zugleich aber die direkte Verbindung mit den Thessalonicherstellen nicht leugnen können. Von diesem Urteil her wird Reitzensteins Hypothese schon im Ansatz hinfällig. Das ist vor der Einzelkritik der Hypothese zu betonen. 484. Reitzenstein (Formel, 391) will zunächst in 2Petr 1,4; Kol 3,12, bei den Apostolischen Vätern (Barn 2,2; Herrn vis 3,8; sim 9,15) Vorstufen gnostischer "Systeme" finden und verfolgt diese dann weiter bis zu Porphyrius Mare 24 u.ö. (hg. von Pötscher, S. 28f.), Oracula Chald (hg. von Kroll 74,24) und Clemens Al Strom 3,10,69,3. Weitere gnostische Texte bei Conzelmann, 1. Korinther, 271, A. 111. Vgl. auch Epiphanius Haer 31,2.5 (hg. Dindorf I, 1859, S. 143). Weitere neuplatonische Texte bei Theiler, Neuplatonismus, 147ff.; Beierwaltes, Proklos, 320ff.; Geffcken, Ausgang, 271f. Aus diesem Material rekonstruiert Reitzenstein die Lehre von der Zusammenfügung der Glieder des inneren Menschen, die er nun auch in lKor 13,13 bei Paulus wiederfindet, und zwar in polemischem Gegensatz zu der in Korinth verwendeten, bei Porphyrius überlieferten Vierheit von arOLx€i'a: rrlanr;, ltM19€La, (fpwr;, 6:yarr17. Auf die damit berührte Frage, in welcher Form die gnostischen und neu platonischen Texte des 2.-4. christlichen Jahrhunderts ntl., jüdische, hermetische, popularphilosophische und mittelplatonische Begriffe ihren Spekulationen unterlegen und welche Rolle die apostolischen Väter und Apologeten in diesem Prozeß spielen, kann hier nicht eingegangen werden. Für lKor 13,13 sind die beigezogenen Texte nicht von Bedeutung, da sie nirgends direkte Parallelen enthalten, sondern, wenn sie überhaupt mit lKor 13 in Verbindung stehen, dann im Sinne spekulativer Entfaltung des pln. Satzes: dies zeigen gerade die für Reitzensteins These so unerläßlichen Deuteropaulinen und Apostolischen Väter. Pötscher, Prophyrios, 89-95,
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und ihre Wiederholung lKor 13,13 die Annahme verlockend, Paulus habe die Trias literarisch oder in mündlichem Gebrauch vorgefunden und zitiere sie, wodurch sein eigener Gedankengang in Kapitel 13 gestört werde. Eins ist nun sicher und bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung mehr nach den Ausführungen zu V. 7: die theologischen Wurzeln der Trias von 1Thess und lKor liegen weder in der Gnosis noch im Urchristentum selbst 485 , sondern in LXX und in der griechischsprachigen jüdischen Literatur. Eine direkte Bezeugung der Trias kennen wir zwar auch aus diesem literarischen Bereich nicht, wohl aber Zusammenstellungen von einem oder zwei Triasgliedern mit verwandten Größen 486. Weish 3,4.9 zeigt diese Theologie am deutlichsten: 11 €Arric; meint in Umkehrung Reitzensteins, Porphyrios ersetze polemisch die Paulusformel. Für diese drei Größen eine gemeinsame, zeitlich vorausliegende Trias zu rekonstruieren, erlauben die Quellen nicht. Die früheste außerchristliche Parallele, Corp Herrn 13,7ff., wo ebenfalls mit Hilfe von Laster- und Tugendkatalogen der Aufbau des neuen, inneren Menschen dargestellt wird (es erscheint von den in 1Kor 13 wichtigen Begriffen nur 'YVWOtc;), kann nicht zu einer die ntl. Kataloge in diese Konstruktion hineinstellenden These führen. Vielmehr ist Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 56-119, zu vergleichen. Festzuhalten ist aber, daß im 2. Jh. die hellenistischen, vom NT in spezifischer Weise aufgenommenen Tugendkataloge in christlicher (Apostolische Väter) wie außerchristlicher (Hermetica) Schriftstellerei in kosmologische und soteriologische Ontologien hineingestellt wurden. - Zu Corp Herrn 13 vgl. v. Moorsei, Mysteries, 105ff. Zu der ganzen Frage Spicq, Agape 11, 369ff. 485. So Harnack, Preußische Jahrbücher 1916, 1-14. 486. Vgl. Conzelmann, 1. Korinther, 265, A. 67, weiter: 4Esr 6,27f.; 7,34.114; Äth Hen 108,7ff.; Syr Bar 51,7; Sir 24,18 (d'Ya1T110tC;, l{)oßoc;, 'Yvwotc;, €A.1Tlc;; Lesart von @, L, La; zur griechischen Handschriftengruppe L und dem Wert ihrer Varianten vgl. Ziegler, Septuaginta 12,2,64ff.). Die von Schütz, ThLZ 1917,456, erschlossene Formell{)oßoc; = 1Tlonc;, a'Ya1Tl1, 'YVWOtC;, fA.1Tlc;, die Paulus polemisch zur Trias umforme, dürfte erstens sicherlich nachpaulinisch sein (L: ca. 300), zweitens ist cpdßoc; nicht einfach Synonym von 1Tlonc;, wie z.B. Barn 2,2 zeigt, wo l{)oßoc; und V1TOJjOVn Mithelfer der 1Tlonc; sind. Man könnte dann ja mit demselben Recht die LXX-V1TOJjOvnBelege als 1T{onc;-Belege lesen. Sir 24,18 ist eher ein interessanter Hinweis darauf, wie Tugendkatalogtradition in der alten Kirche fortgesetzt wird. - Die von Spicq, Prolegomtmes, 51, A. 2; 68, A. 3; 188, A. 3; 61, A. 1; 43, A. 1 gesammelten Belege zu Zusammenstellungen von Teilen der Trias in der Gräzität können hier teilweise unberücksichtigt bleiben, da sie Paulus zu fern stehen. Beachtenswert sind Josephus Ant 14,186 (avöp€{a, 1T{onc;, a'Ya1Tö'v) und Plutarch Amat 23,7 (a'Ya1Tl1utC; aA.A.nA.WV Kal1Tlonc; = eheliche Liebe und Treue). Jos. Plutarch zeigen, wie die von Vögtle herausgearbeiteten Tugendkataloge der hellenistischen ethischen Terminologie auch die Bestandteile der Trias in anderen Bedeutungszusammenhängen umfassen können. - Dornseiff weist richtig auf die Wurzel aller dieser Formeln in "einer orientalischen Formel XYZ ... bleibt" hin (in: Kröhling, Priamel, 88). Das gilt auch für die Porphyrios-Belege, wie Dornseiff betont.
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aVrwv [rwv oLKaiwv] a:ßavaaiae; rr"A1]P17e;'oi rr€rrodJOr€e; frr' aVr4J [r4J ~€4J] avvilaovaw o.."A1]~€tav, Kai oi maroL fV o.."{CLrrn rrpoa/1€vovaw aVr4J, ön xa,pte; Kai €A€Oe; €V roie; oawte; aVrov Kai fmaKorri] €V TOie; fKA€Kroie; aVrov.
In diesem Rahmen geht es nun um die präzise Frage nach der Zitation oder mindestens nach der Verwendung einer geläufigen Dreierkombination. Denn wenn die Herkunft der Elemente der Trias wie verschiedener Kombinationen dieser Elemente aus der griechischsprachigen jüdischen Literatur deutlich ist, stellt sich die engere Frage, ob Paulus die Trias im strikten Sinne bereits vorgefunden habe und sie gleichsam zitierte. Da uns keine vorpaulinische Bezeugung der Trias überliefert ist, läßt sich die Frage nur indirekt von den paulinischen Triasbezeugungen her beantworten. Dabei ist natürlich zunächst nicht lKor 13,13, sondern die ältere Trias IThess 1,3 die SchlüsselsteIle. Formal gesehen verbindet 1Thess 1,3 zwei triadische Reihen miteinander 487: ep"{ov Korroe; - il7rojJovil und rriane; - fArrie; - a"{a7r1J. Paulus ordnet substantivisch und verbal diese verschiedenen Elemente von 1Thess 1,3 einander immer neu in anderen theologischen Zusammenhängen zu, entweder im Sinne einer Tugendreihe formulierend oder aber, indem er verschiedene Möglichkeiten eines Kausalnexus innerhalb des Wortfeldes herstellt 488 • Wie die kausale Verknüpfung wechselt auch die Reihenfolge der Substantive. Eine direkte Wiederholung gibt es nicht. Die Einkleidung der Triaselemente differiert ebenfalls sehr. Hinzu kommt ein entscheidender Umstand: ci"{arr17 ist trotz des genannten Weisheit-Satzes in dem Zusammenhang der Gedulds-, Leidens- und Glaubenstheologie, die das jüdische Substrat der Trias bildet, so selten bezeugt 489 , daß es von daher sehr viel wahrscheinlicher ist, Paulus habe dies von ihm zuerst zum zentralen theologischen Begriff erhobene Substantiv mit rriane; - fArrie; - imo/1ovil etc. verbunden, den Kreis der jüdischen Theologumena damit bedeutend erweitert und inhaltlich verändert, wie IThess 1,3 und lKor 13,7 zeigen, als umgekehrt anzunehmen, Paulus zitiere eine Formel. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen gewinnen nun einige Einzelbeobachtungen zusätzliche Bedeutung. Daß Apk 2,2 die erste Triadenreihe von 1Thess 1,3 ebenfalls verwendet, schien den Formelcharakter des Paulussatzes sicher zu machen 490. Nun ist aber Korroe;, wie v. Hamack ausgeführt hat, ein Substantiv, dessen sich im NT vomehmlich Paulus aus persönlichen theologischen Erwägungen über sein Apostolat bedient. Und andererseits zeigt der Zusammenhang von Apk 2,2, daß zu den ep"{a auch die Cr"{arr17 als weiteres festes Glied hinzu-
487. 488. 489. 490.
Rigaux, Thessaloniciens, 362ff., bringt keine Analyse der Trias. Vgl. Spicq, Agape 11, 366ff. Vgl. Wischmeyer, ZNW 1978, 212-238. So Dibelius, Thessalonicher, 3; Rigaux, Vocabulaire, 387.
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gehört 491. Außerdem begegnet Apk 2,19 die Fünferreihe ep-ya - a-YCl1r17 1Tiane:: - oWJ<.Dvia - V1TO/lOvi]. So erweist sich Apk 2,2 nicht als reine Dreierformel und ist eher eine zufällige parallele Diktion zur 1Thess 1,3 aus derselben Überlieferungsgeschichte, als daß Apk 2 und 1Thess 1 eine Formel zitieren. Weiterhin zeigt 1Thess 1,3 persönliche Diktion des Paulus. Von daher ist kaum an ein doppeltes Zitat einer vorgegebenen Triadenformel ep-yov - K01TOe:: - V1TO/lovi] zu denken, die zudem einmal theologisch viel zu blaß ftir eine Formel wäre und andererseits wegen der anderweitigen Verflechtung von V1TO/J.ovi] sehr unwahrscheinlich ist. Und auch das zweite Element von 1Thess 1,3 ist keine ganz glatte Trias, da V1TO/lOvT-t r77e:: EA1TLOOe:: eine eigene theologische Tradition hat, wie die umgekehrte Wendung EA1Tie:: r77e:: V1TO/lOvi]e:: 4Makk 17,4 zeigt. Auch hier ist eher mit einer selbständigen Zusammenstellung traditioneller Begriffe als mit einer Zitation zu rechnen. So wird man 1Thess 1,3 nicht einfach als Formel, die Paulus zitierte, verstehen, sondern als sorgfaltige theologische Sprachftigung, deren Länge und Kompliziertheit eigene paulinische Diktion (K01TOe::) und Theologie (a-ya1T17) unter Aufnahme jüdischer Geduldslehre in der traditionellen jüdischen Form einer doppelten Tugendreihe, die Verbindungen zu dem Kettenschluß von Röm 5 aufweist, zeigt. 1Thess zeugt von dreierlei: daß Paulus selbst die ,Trias' formuliert hat, soweit wir erkennen können; daß ihm die ,Trias' in diesem Stadium seines theologischen Denkens schon ganz geläufig war; daß sie einen fast programmatischen Platz zu Beginn des 1Thess einnimmt. 2 Versteht man die Trias in IThess 1,3 derart als Formulierung paulinischer Theologie auf dem Hintergrund jüdischer Theologumena, dann wird von hier aus auch die Stellung der ,Trias' in lKor 13,13 deutlich. Hier tritt die Trias in der ganzen Stringenz paulinischer theologischer Begriffsbildung hervor, nicht in das allgemeine religiöse Sprachumfeld des Judentums eingekleidet wie lKor 13,7. Vielmehr greift lKor 13,13 auswählend, verkürzend und in substantivischer Präzision die Aussage von V. 7 wieder auf und ist von daher zu verstehen. So ist auch ra rpLa raVra präzisierend 492, nicht aber exkludierend gegenüber Größen wie V1TO/lOvi] von V. 7 gemeint und steht daher weder zu V. 7 noch zu anderen paulinischen Aussagen im Gegensatz. Denn ra rpLa raVra, stets ftir eine ,Idee', die auf die Zitation einer Formel deute, in Anspruch genommen, bedeutet in der breiten antiken Benutzung dieser Wendung nicht eine exkludie491. So v. Harnack, ZNW 1928, 1-10. 492. Lit.: RAC 4, 269-310 (Mehrlein, weitere Lit.); ThWNT 8,215-825 (Delling, weitere Lit.). Beispiele aus dem griechischen Bereich: Wettstein 11, 159; Spicq, Agape 11, 375f., A. 5 (gegen Delling: 224, A. 67); aus Plutarch: Almquist, Plutarch, 103. An jüdischen und atl. Beispielen sind neben Spr 30, 15.18.21.29 besonders Abot zu nennen (z.B. 4,17: drei Kronen werden genannt, aber diese sind nicht absolut wertig, sondern werden von einer vierten Größe übertroffen; vgl. 1,2; 1,18).
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rende Definition 493, sondern ist "zusammenfassend gemeint" 494. 1Kor 13,13 steht also einerseits neben den Trias-Bezeugungen von 1Thess, andererseits neben ähnlichen, nichttriadischen Begriffszusammenstellungen bei Paulus 49s • Daß weder Pau]us selbst noch eine deuteropaulinische Schrift die Formulierung von lKor 13,13 wiederholt, zeigt am besten, daß es sich um eine glückliche Formulierung 496, nicht um eine zitierte Formel handelt, die weiterzitiert worden wäre. Denn da Paulus selbst den Gedanken, der hinter der Trias von lKor 13,13 steht, häufiger wiederholt, hätte er sicher noch öfter diese Formulierung benutzt, wenn sie eben eine ,Formel' gewesen wäre. Für die Interpretation des ganzen Satzes folgt daraus dreierlei: 1. die Begriffe der Trias müssen aus dem Zusammenhang anderer Aussagen des Paulus zu 1Twnc: - €Arrifi - a:yu1T17 erklärt werden; 2. mit einem durch die Übernahme einer fremden Formel begründeten Bruch in der Gedankenführung ist nicht zu rechnen; 3. die Erklärung der Zusammenstellung gerade der vorHegenden drei Begriffe darf keine paulinische "Lehre über die Trias" konstruieren, sondern muß die Trias von lKor 13,13 als eine theologische Aussage des Paulus neben anderen auf ihren spezifischen Inllalt hin befragen.
c) Interpretation von Vers 13
oe
Die Interpretation des Satzes wird am besten bei vuvi OE einsetzen. vuvi wird bei Paulus entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch ganz überwiegend 493. Gegen die entgegengesetzte Behauptung Dellings, ThWNT 8, 222. Damit ist zugleich gegen den auf der Dissertation von A. Brieger, Trias, 31, fußenden Interpretationsvorschlag von Marxsen, FS: III Cullmann, 223-229, Stellung genommen. Marxsen befindet sich in dem Dilemma, einerseits deutlich zu sehen, daß eine religionsgeschichtliche Herleitung der Trias nicht möglich ist, andererseits aber will er sie als feste Trias Paulus vorgegeben sehen. 494. So in der Formulierung richtig Delling, ThWNT 8,222, der allerdings diesen Sachverhalt nicht weit genug bedenkt. 495. Zu Zählungen bei Paulus: vgl. lKor 12,28ff.: hier werden die ersten drei Größen gezählt, die anderen einfach angefügt. Ebenso hätte Paulus Gal 5,22 zählen können, wo zumindest die a-ya.1Tl1 denselben hervorzuhebenden Stellenwert wie die a1TC)UTOA.Ot hat. Die Zählung ist bei Paulus aber ein Mittel, dessen er sich frei bedient. Anders wird das bei den Kirchenvätern, vgl. Clemens Al Strom 5,1,13,4ff. Hier ist die Trias Bauprinzip, nach dem die ganze Ausführung organisiert ist. Die öfter zitierte Stelle Strom 4,7,54.1 ('h a-yla TPtli~) ist gerade nicht ausschlaggebend. da hier die Trias wie öfter im NT untergeordnet ist, in diesem Fall der 'YVWut~. Reitzenstein zitiert stets nur diese zweite Stelle. 496. Nach Spicq, Agape 11, 399: "une phrase heureuse". Wie freilich sein theologisches Denken auf diese Aussage hinführt, wird noch deutlich werden.
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temporal gebraucht 497, und zwar meist in temporaler Opposition. Versteht man vuvl oe in diesem Sinne als jetzt aber', so steht der Satz im Zusammenhang der Zeit struktur der VV. 9-12: fK p.epou~ - vr,1TLO~ - äpn - vuvi Oe gegen 70 7eA€LOv - o.vr,p - 707€. In diesem Falle liegt in V. 13 die Grundlage rur das praktische, auf das Handeln der Adressaten bezogene Fazit von 14,la vor; Die Gedankenfuhrung von V. 12 zu 14,1 wird deutlich: V. 12 ist der eschatologische theoretische Abschluß des Kapitels. So gesehen, ist die Bemerkung von Weiß, V. 13 falle gegenüber dem Vorausgehenden ab, gar nicht falsch 498• In der Tat kommt Paulus vom Himmel auf die Erde zurück 499 und beantwortet die Frage der Korinther, welche Charismen denn in dieser Zeit - vuvi Oe - wirkliche Qualität haben. Was bedeutet dann "p.eV€LV - in dieser Zeit jetzt"? Eine Übersetzung mit "weiter in Geltung bleiben wie bisher, weiter (L'YU1TTl pflegen, weiter a:yu1TTl tun", wie sie Spicq von Hebr 13,1 her vorschlägt SOO, bleibt hinter der Interpretation von J onas zurück 501. J onas berücksichtigt die Zeitstruktur der VV. 8-13 und stellt das p.eV€LV sachgemäß in den Zusammenhang der Verb reihe : oVOe1T07€ 1Ti1T7€LV, Ka7ap,e'iu{)aL, 1TaV€u{)aL. p.ev€w bedeutet daher nach Jonas das eschatologische Bestätigtwerden der drei Seinsmodi 1Tiun~, fA1TtC;, o.,U1TTl wegen der ihnen inhärenten Vorläufigkeit, die selbst natürlich im Eschaton überwunden werden wird! Sie sind die richtigen Verhaltensformell in der jetzigen Weltzeit. Diese Interpretation läßt sich noch präzisieren und korrigieren, wenn man sogleich den Zusatz p.ei~wv oe 70V7WV i} a:yu1TTl mitbedenkt, der bei Jonas nicht berücksichtigt ist. Hier bietet Spicq die richtige Lösung 502: die o.,U1TTl allein bleibt im Eschaton selbst weiter in Geltung. Insofern ist sie nicht nur adäquater Seinsmodus der Vorläufigkeit wie 1Tiunc; und fArrlc;, sondern sie ist eben das, was die Korinther in der ,VWULC; und den anderen pneumatischen Charismen suchen: die direkte Verbindung zu Gott jetzt wie dann. Darin liegt ihre exklusive Größe. Nuvt oe, jetzt aber, P.eVfL, bleiben, rriune; und fArrie; genau wie die o.,uTrT/ selbst. p.eV€LV ist also hier wie lKor 3,14 (ep'Yov) und 2Kor 3,11 (KaLvr7 ÖLarnwrJ) zu
497. VgI. Liddell-Scott, 1185: "now, at this moment, mostly of the present". 498. Weiß, 1. Korinther, 321. 499. Nach Spicq, Agape 11, 105; temporal versteht auch Dreyfuß (s. A. 470), S. 410. 500. Agape 11, 105. - Die Bedeutung ,Wert behalten', die Bengel, Gnomon 11, 206, und Grossouw, RB 1954,517, bevorzugen, ist nicht gut bezeugt: Röm 9,11; Jes 14,24 LXX (parallel zu eIvaL im betonten Sinn) werden von Grossouwals Parallelen herangezogen. Auch die Deutung Allos, 1. Korinther, 351, "ces trois-Ia restent liees" ist lexikalisch kaum zu belegen. Ähnlich wie Spicq versteht Miguens, CBQ 1975, 94ff. 501. Jonas, Gnosis 11, 47; eschatologisch auch Dreyfuß, a.a.O., der in V. 13 "une conception proche de l'eschatolOgie realisee" findet. 502. Spicq, Agape 11, 107.
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verstehen: als ein Bestehen in der Jetztzeit, das im Eschaton nicht vernichtet werden wird, sondern dessen Richtigkeit aufgezeigt werden wird, ohne daß die entsprechenden Größen, wie z.B. das '€p"{ov des Menschen 1Kor 3,14, selbst im Eschaton weiter bleiben werden. Dort herrscht vielmehr die €1Ti"{vwaL\ - CL"{a:TrTl. V. 13 läßt sich also paraphrasierend folgendermaßen übersetzen: "In dieser Jetztzeit aber sind richtig vor Gott und werden daher auch ins Eschaton hinein Bestand haben (- was ihr Korinther in den 1TVff/llaTuai sucht -) Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, die größte aber unter ihnen ist die Liebe, (weil sie auch im Eschaton herrschen wird, so daß ihr Korinther in der Lebensform u"{cmTl all das findet, was ihr in den 1Tv€vllanKa erstrebt)." Daran schließt direkt der Appell "OtwK€T€ T1W Ct"{a1TTl" an, der ganz zur praktischen Lebensftihrung hinlenkt 503. Ein so verstandenes IlEV€LV nimmt die richtigen Aspekte der Weiß-Bultmannschen Interpretationslinien auf, die Spicq vernachlässigt, ohne daß dabei Spicqs richtige vvvi OE-Deutung und die tiefere strukturelle Bestimmung von 1Tian\ - €A1Ti\ Ct"{a1TTl durch Jonas mit der ihm gegenüber notwendigen Korrektur im Stellenwert der CL"{a1TTl wieder nach Spicq verlorengingen.
d) Theologie der Trias Es stellt sich nun die abschließende und wichtigste Frage zu V. 13, die in zwei gleichzeitig zu bedenkende Teilfragen zerfällt: was bedeuten die drei Größen 1Tian\ - €A1TL\ - Ct"{Cr1TTl inhaltlich~ und weswegen sind gerade sie hier zusammengestellt?
1. Eine Antwort muß die Art der Aussage von V. 13 beachten. Hier wie auch ähnlich in V. 7 sind die drei Begriffe unmittelbar nebeneinandergestellt. Ihre Verwandtschaft, Verschränkung und jeweilige Eigenart lassen sich daher am ehesten angemessen darstellen, wenn man gemäß dieser Struktur die möglichen Verbindungen untersucht, in denen zwei der Begriffe oder aber alle drei zusammen begegnen. Die Darstellung dieser Zusammenhänge ergänzt und erweitert zugleich die Aussagen zu dem Verhältnis zwischen CL"{a1TT/ und 1Tian\, die bisher zu den VV. 2 und 7 gemacht wurden. 1Tian\, €A1TL\, CL"{a1TTl als Dreiheit liegen im Schnittpunkt von vier paulinischen theologischen Denkzusammenllängen. Der erste Zusammenhang steht unter dem Stichwort "Wandel im Geist" (Gal 5,25), auch als €A€v&pia (Gal 5,13), als Ausübung der geschenkten Charismen (Röm 12,6), als Ausübung der oLaKovia des Apostels (2Kor 6,4) beschrieben. u"{a1TTl wie 1Tian\ können in diesem Zusam503. Auf diese Überleitungen weist besonders Spicq, Agape 11, 105 hin: "il s'agit d'une transition".
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menhang als zentrales Verhalten des Wandels im Geist verstanden werden, während fA1Tie: hier eine Größe neben anderen ist. Der große Katalog der Geistesfrüchte Gal 5,22f. setzt die a:yu1T17 ausdrücklich an die Spitze der Aufzählung, während 1Tiane: erst an siebenter Stelle folgt. Röm 12,3 dagegen ist das /1€rpov rr,e: 1Tlar€we: der Schlüsselbegriff, unter dem die folgende Kombination von Gemeindecharismen und ethischen Existenzformen zusammengefaßt erscheint, an deren Spitze dann wieder die a:yu1T17 steht, während die fA1Tle: später folgt. 2Kor 6,4ff. steht V1T0/10vr, an erster Stelle, a:yu1T17 folgt erst nach anderen Größen, darunter /1al<potJv/1ia und XP17aror17e:, die in lKor 13 als Erscheinungsformen der a:ya1T17 auftreten. Ein zweiter theologischer Zusammenhang stellt die a:yu1T17 in den Mittelpunkt. In den Texten Röm 13,8ff. und Gal 5,13f. ist die o."{U1T17 die Erftillung des Gesetzes und die Lebensform der fA€vtJ€pla. Diese Art des Haltens der Gebote, die allein wirksam ist (IKor 7,19), kann Paulus in demselben Kapitel des Galaterbriefes auch 1TLane: öL' Ct"{U1T17e: €V€P"{OV/1€lJT7 nennen, so daß die 1Tiane: die Grundlage dieser Ct"{U1T17 wird (Gal 5,6). Ein dritter Zusammenhang ist derjenige von Glauben, Hoffnung, Geduld und Warten in der Jetztzeit, wie er Röm 8,18-25 dargestellt ist. Er beschreibt gleichsam negativ das fl< /1€pove: jetziger Existenz. Hier ist die fA1Tte: die Schlüsselgröße des Verhaltens in der Zeit der Vorläufigkeit. 2Kor 5,7 tritt dagegen 1Tiane: an die Stelle eben der fA1Tle:. Röm 4,18 wendet die 1Tiane: in diesem Zusammenhang etwas anders: das nicht Sichtbare, auf das sich Abrallams Hoffnung und Glaube richten, sind nicht die /1i] ßA€1To/1€va (2Kor 4,18), sondern Gottes Schöpfungs- und Wunderhandeln. Der vierte Zusammenhang wendet gleichsam die Elemente des dritten Zusammenhangs ins Positive: er ist derjenige von Leiden, Geduld und Hoffnung auf der Grundlage von 1Tlane: und 1TveV/1a durch die Rechtfertigung in Christus, wie ihn Röm 5,1-5 unter dem Stichwort der XUPLe: fV earryKa/1€V grundlegend entfaltet 504. Hier hat die Hoffnung präzise denselben Charakter wie 1Kor 13,13: 7] EA1Tie: ou l<araWxUV€L. Die Begründung dafür wird wie in Röm 8,3lff. von der Ct"{U1T17 roü ff€OÜ bzw. roü Xpwroü her gegeben, von Gottes Heilshandeln in Christus her also sos. Röm 5,2 wird dies Heilshandeln XUPLe: genannt, Röm 8,32 ist es verbal beschrieben: ra 1Tavra xaplaeraL. So wird in Röm 5 das christologische Fundament der Trias deutlich, auf das schon im Zusammenhang mit lKor 13,7 hingewiesen wurde. Die Ct"{u1T17 der Trias selbst aber ist christliche Lebensform wie auch 1Thess 1,3 und 5,8, nicht o.,,{U1T17 tJ€OÜ oder Xpwroü. Denselben Zusammenhang stellen noch zwei Texte her. Gal 5,5f. komprimiert die Ausführungen von Röm 5 in einem kurzen, geradezu verschlüsselten Satz. Eben denselben
n
504. Dazu Wolter, Rechtfertigung: bei Wilckens, Römer, 285ff., noch nicht verarbeitet. 505. Zum gen. subj. Röm 5,5 vgl. Wi1ckens, Römer, 293f.
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Zusammenhang fUhrt aber auch 2Kor 3-5 in einer umfangreichen Darlegung fiir die Existenz des Apostels in Tr€TroifhJate; (3,4), fATrie; (3,12), otaKovia (4,1), TrveVJ1a Tile; TriaT€We; (4,13) aus. 5, 14ff. deckt nochmals die christologische Grundlage dieser apostolischen Existenz in der a:ya:rr17 XPWTOV' auf und beschreibt die durch Triane; und €ATrie; bestimmte Existenz a1s Kauff, KTiate;. Die vier Zusammenhänge bilden in vielfacher Variation und Verschränkung ohne eigentliche Systematik ein vieWiltiges Ganzes. Verschränkungen bestehen zunächst zwischen dem ersten und zweiten Zusammenhang: gegen die Geistesfrüchte ist das Gesetz nicht (Gal 5,23), sie erftillen das Gesetz wie die Liebe allein (Gal 5,13f.); und umgekehrt ist die Gesetzeserftillung durch b:yaTrTl Inhalt des Wandels im Geist (Gal 5,22) und Ausdruck der €A€v{)€pia des Geistes (Gal 5,13). So ist auch alles, was nicht aus dem Glauben is~, Sünde (Röm 14,23). Hier tritt die Trione; an die Stelle der a:yaTr17, die das Gesetz erftillt und aufhebt. Ebenso verschränken sich der erste und der dritte Zusammenhang, denn die Existenz des Wartens entbehrt nicht des TrveVJ1a (Röm 8,23.26), und der erste und vierte Zusammenhang, denn das Bild gleichsam negativer und gleichsam positiver apostolischer Peristasen und Charismen von 2Kor 6,4ff. entspricht der Existenz von Röm 5,1-5. Selbstverständlich sind schließlich der dritte und vierte Zusammenhang nur gleichsam zwei Seiten einer Münze, wie Röm 5,3f. zeigt. Weniger direkt ist der Zusammenhang zwischen dem zweimal bei Paulus begegnenden kurzen Lehrstück über die a:yaTr17 als ErftUlung des Gesetzes und dem dritten und vierten Zusammenhang. Hier muß man die Aussagen von Gal 6,15 und 5,5 heranziehen, die auf die Frage ,was hat Wert' antworten: Triane; Ot' u'YaTr17e; €V€P'Y0VJ1€VT/ und KatV1} KTiate;. Beide Größen sind dem Kennzeichen des vOJ1oe;, der Tr€ptToJ177, entgegengesetzt und haben damit denselben Platz, den die 'U'YaTr17 in dem vOJ1oe;-Zusammenhang hat. Die Triane; von Gal 5,6 ist aber eben die, die die Existenz des Wartens und Hoffens begründet, wie V. 5 zeigt. Die vier Zusammenhänge entwerfen in ihrer dichten Verflechtung ein umfassendes Bild vom Leben und Wandel im Geist und von den Geistesfrüchten, von der xapte; und den xapiaJ1aTa, von der TrLane; wie von der o..'YaTr17 506. Weitere Benennungen ftir die Existenz im Geist, die zu unseren Zusammenhängen in enger Beziehung stehen, sind die KatV1} KTLate;, die KaWOr17e; TrveVJ1aTOe; (Röm 7,6) und die €A€V{)€pia. In diesem Rah1!1en sind die drei Größen der Trias nicht ex506. Ganz allgemein ist die Variabilität der Aussagen über die Geistesfrüchte und Geistesgaben erstaunlich und bedenkenswert. Gerade hier, wo ständig mit katalogischen Aufzählungen und zählbaren Zusammenstellungen gearbeitet wird, gleicht keine Aussage der anderen. Die Wirkungen des Geistes sind grundsätzlich frei: Eitatpeo€lC: Eie xaptop.aTwv elolv, TO Eie alm> 7Tvevp.a lKor 12,4.
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klusive Hauptformen des neuen Lebens, wohl aber die entscheidenden Größen, deren triadische Zuordnung im Gefüge der paulinischen Theologie eine bedeutende Rolle spielt. Neben der a:yu1Tl1 als der Erfilllung des Gesetzes und der ersten Geistesgabe stehen die 1Tlanc; als Grundlage des Rechtfertigungslebens und als Maß christlicher Existenz und die €A1Tis als Verhalten zum Eschaton in der Jetztzeit.
2. Die jeweils gegensätzlichen Existenzformen zu den vier Zusammenhängen der Trias sind erstens das Leben KarO. aupKa, zweitens das Leben unter dem vop.oc;, drittens das Leben om €LOOVC;, im ßA€1T€W, viertens die Herrschaftshaltung, die sich über das Kreuz hinwegsetzt und sich statt jetziger {JAil/nc; jetziger 06~a rühmt: KaTei aupKa steht gegen KarO. 1TV€üp.a, vop.oc; steht gegen a:ya1Tl1, ßA€1T€tV steht gegen €A1Tic;, 06~a gegen tfAil/Itc;. Diese Gegensätze mit Ausnahme des vOp.oc;-Zusammenhanges bestimmen die Argumentation von lKor 13,13 507• 1Tianc;, €A1Tlc; und a:ya1Tl1 setzen dem Leben KarO. aupKa, dem Eifer nach den größten 1TvEVp.anKu in der Jetztzeit und dem Herrschaftsstreben in der Gemeinde die Möglichkeiten wahren Wandels im Geist entgegen. Der erste Trias-Zusammenhang, die a:yu1T77 als erste Geistesfrucht, und die dem widersprechende Existenzform KarO. aupKa oder KarO. äVtfPW1TOV (lKor 3,1-17) bilden den Hintergrund des cl-yu1T11-Elements der Trias. Denn Wandel KarO. aupKa erweist sich in ~71Aoc; Kai €ptC; (lKor 3,3), aber: r, cl-YU1Tl1 OU ~l1Aoi. Dem doppelten ~ol1 von 1Kor 4,8 steht die €A1Tic; gegenüber, zugleich aber auch wieder die cl-YU1T77 selbst, denn dem l{JVawüv der Korinther (4,6), dem genauen Ausdruck ihres Herrscherwillens in der Gemeinde, steht eben auch die CL-ya1Tl1 entgegen: r, u-yu1Tl1 ou \{Jvawürat. Und der aO\{Jia der Korinther steht die zentrale Größe des vierten Zusammenhanges, die 1Tianc; entgegen, wie Paulus sie predigt (2,5). Aber auch in diesem vierten Zusammenhang spielt die Existenzform der cl-ya1Tl1 die entscheidende Rolle: r, -yvwatc; \{JvawL, r, OE U-YU1Tl1 ouwoop.€i (8,1). Wie V. 7 erweist sich auch die Trias in V. 13 als genau auf die korinthische Situation bezogen trotz und in der Allgemeinheit ihrer Diktion. Hier liegt die Zielrichtung des ra rpla
reWra. 3. 1Tlanc;, €A1Tlc; und cl-YU1Tl1 sind also Grund- und Haupterscheinungsformen des Wandels im Geist. Von daher erklärt sich nicht nur ihre Zusammenstellung 507. Der zweite Trias-Zusammenhang, die vOJ,tol;-a:ya:TI'Tj-Lehre, hat eine besondere Traditionsgeschichte und gehört zudem nicht in die Auseinandersetzung des Paulus mit den Korinthern. Ihre Elemente sind aber über die gezeigten Verbindungen hinaus ebenfalls in der a:ya7TTj von Gal 5,22 und 1Kor 13 aufgehoben, wie die Parallele zwischen 1Kor 13,4-6 und Röm 13,10 zeigt.
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zur Trias, sondern auch weiter ihr Wesen, das nun nach drei zentralen Richtungen hin dargestellt werden muß. Sie sind erstens Erscheinungsformen des 1rv€vpa, pneumatische Größen. Röm 5,5 formuliert dies für die a:ya:TrT/: 1] a:ya1rT/ TOÜ tJ€OÜ €K/d)(VTat €V TaL~ KapDiat~ 1]IlWV Dur 1rv€VllaTo~
UrLoV TOÜ
DOtJ€VTO~ 1]IlLV
Abgekürzt heißt es Röm 15,30: ara1rT/ TOV 1rV€VpaTo~. Für die 1rLan~ formuliert 2Kor 4,13 die Verbindung: rrv€vpa Tii~ 1riaT€W~ 508. über die €A1ri~ heißt es Röm 8,23f.: Kai airroi TiW cL1rapxrw TOV 1rv€VllaTo~ €XOVT€~ .•• ev €avToL~ aT€VarOIl€V vLotJ€aiav a1r€KD€XOP€V€t, Trw U1rOAVTpWmv TOV aWllaTo~ 1]llwv' TT7 rap eA1riDt eawtJTJll€v. Von hierher eignet allen drei Größen die Qualität des OUÖ€ITOTE 1rL1rT€tV (ara1rT/) oder KaTaWxVV€LV (eA1ri~ Röm 5,5 und 1rian~ Röm 9,33), eben des Il€V€W von lKor 13,13. Dabei handelt es sich nicht, wie schon die
ou
Interpretation des ganzen Verses ergab, um das wesenhafte Weiterbestehen dieser Größen im Eschaton, das der ara1rT/ vorbehalten ist, sondern um ihr Hineinreichen bis ins Eschaton. Als wesenhaft pneumatische Größen entziehen sie sich einer strikt innerweltlichen ~rstreckung. Sie wirken in der Jetztzeit in a1l den Erscheinungsformen, die für die ura1rT/ auswahlweise in IKor 13,4-7 aufgezählt sind. Aber sie erschöpfen sich nicht darin und sind keine ethischen Größen. Sie sind nicht nur pneumatischen Ursprungs, sondern reichen ins Eschaton. Trotzdem wird man sie besser als pneumatische denn als eschatologische Größen verstehen und bezeichnen, um ihre Herkunft ebenso wie die Sonderstellung der ara1rT/, die allein im strikten Sinne eschatologisch bleibenden Charakter hat, klarzustellen. Die Kategorie ,eschatologisch' ist vor allem deshalb irreführend, da 1rLan~ - €A1rL~ - ara1rT/ als Erscheinungsformen des Lebens im Geist eben gerade auf die Jetztzeit bezogen sind und das Leben der Christen bestimmen. Ihre Wirkkraft entfaltet sich jetzt und nicht in jenem Eschaton, in das sie hineinreichen werden. Ihre ins Eschaton hineinreichende Qualität beruht auf ihrem pneumatischen Charakter, der selbst allerdings jetzt zu erläutern ist 509. An diesem Punkt wird deutlich: zwischen Paulus und den Korinther ist das 1Tv€Ülla-Verständnis kontrovers, auch wenn der 1rv€Ülla-Begriff selbst hier nicht fallt. Sein enger Zusammenhang mit der Trias ist schon dargestellt worden. IKor 13 hat eine bedeutende implizite Pneumatologie 510. Die Korinther neh-
508. Die verschiedene Diktion in Röm 15,30 und 2Kor 4,13 ist wesentlich. d:ya.7T71 wie 7T{an<; sind pneumatische Größen. Aber das 7TveÜJ.La kann wohl lieben, nicht aber glauben. 509. Zu Eschatologie und Pneumatologie in Korinth grundlegend Conzelmann, 1. Korinther, 31. Die Pneumatologie bestimmt die Eschatologie, nicht umgekehrt. Thiselton, NTS 1978,510-526, argumentiert mit Eschatologie und Pneumatologie, macht die letztere aber von der ersteren abhängig. Er bezieht sich nicht auf Conzelmann. 510. Formuliert nach Conzelmann, 1. Korinther, 261, und zwar den dortigen Aussagen ZLU Christologie von lKor 13.
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men mit einer gewissen Selbstverständlichkeit die 7rVEV/laTUai, die pneumatischen Phänomene, als direkte Wirkung und als Bestandteil des 7rvtV/la. Damit haben die 7rVEV/lanl<.a die pneumatische Qualität des ,Bleibens' und verschaffen im Jetzt jenen Zugang zur göttlichen Welt, der auch im Eschaton derselbe bleiben wird 511. Für Paulus dagegen sind die eigentlichen l<.ap7rOL TOU 7rVcU/laToc; eben 7rtOUC;, fA7ric;, a:ya7r77 und ähnliche Größen (Gal 5,22ff.; lKor 13,4-7). Sie haben pneumatische Qualität des Bleibens. Die 7rVEV/laTu
die tiefere Kontroverse um die Christologie, die sich als Schlüssel der W. 8-12 erwiesen hatte. V. 13 steht damit in derselben theologischen Linie wie die VV. 8-12. Das 7rVEÜ/la ist von der Christologie bestimmt, und von daher leitet sich das besondere Verständnis der 7rVEV/laTu
511. Wieweit hier hellenistische und/oder jüdische 7TvevJ.la- Vorstellungen zugrunde liegen, kann nicht anhand von lKor 13 geklärt werden. Wie sehr die 7TVeVJ.laTLlai, die lKor 13 selbst nennt, jüdische und hellenistische Parallelen haben, ist im einzelnen gezeigt worden. - Lit.: Volz, Geist Gottes (Materialsammlung); Förster, NTS 1961/62,117134 (Qumran); Schäfer, Vorstellung vom Heiligen Geist (Rabbinen).
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Der ao<{)ia zunächst ist die rriane; entgegengesetzt (IKor 2,5), weil der ao<{)ia das Kreuz Torheit ist und sie dadurch Gottes ao<{)ia verfehlt (1,20-25). Die rVwate; vernichtet den Schwachen (8,11), aber [)(pwroe;] faravpwrhJ f~ aarlEvelae; ... , Kai rap 'hJ.1.e'ie; aatJeVOVJ.1.ev €V aiJT4> (2Kor 13,4). Der pneumatische Eifer in Korinth vernichtet die Einheit der Gemeinde. Die Gemeinde soll aber riw aiJTiW arurrrw haben, die auch in Christus war, der die Gestalt eines Knechtes annahm (Phi! 2,1-11). ao<{)ia und rVwrrte; sind und bleiben daher letztlich gefährliche Charismen, wie zu V. 2 gezeigt wurde. Anders steht es aber zunächst mit den gleichsam harmlosen, nicht gefährlichen rrv€VJ.1.anKU wie Zungenrede und Prophetie, die lKor 13 unter dasselbe Verdikt wie die rVwate; fallen. Was unterscheidet sie als rrv€VJ.1.anKU so grundlegend von den Spielarten der Existenz im Geist, von rriane; - fArrte; - O,rU1TTl? Hier erweist sich die implizite Christologie der Trias als unerbittlich kritisches Instrument. Denn die Zungenrede erftillt nicht das Kriterium der arurr1'1, wie 14,2 zeigt. Die Jetztzeit ist die Zeit der Nächstenliebe (Röm 13,8ff.), nicht der Selbsterbauung. Aber die Prophetie dient doch gerade diesi!r OiKO{jOJ.1.T7 der Brüder und hat trotzdem gegenüber der Trias keinen pneumatischen Bestand. Die Prophetie überschreitet das fK J.1.€pove; der Jetztzeit in Richtung auf das ßA€rreLV hin, das der Endzeit vorbehalten ist. Damit erfüllt sie nicht das Kriterium der fArric; und 1TLane;. So fallt von der Trias her ein letztes Mal Licht auf die Charismen: das Erkennen und Sehen fK J.1.€pove; gilt durchaus. Die christologisch fundierte Kritik an den rrVeVJ.1.aTLKU ist scharf, aber nicht vernichtend. Die 1Tv€VJ.1.aTLKU sind nicht überflüssig, teilweise wie die Prophetie sogar nützlich, obgleich auch diese gefährdet bleibt (IKor 14,37). Aber sie sind wesensmäßig nicht christusförmig, und damit findet ihre durchaus geistgewirkte Erkenntnis oder Prophetie, die im einzelnen der Gemeinde durchaus nützen kann, im Eschaton keine angemessene Fortsetzung, sondern erlischt zugunsten der f1TLrVwate;. Daher stammt auch der Versuch des Paulus, eine ao<{)la zu lehren, die auf der Christologie, wie er sie lehrt, aufbaut (1Kor 2,6-16, bes. V. 12b). Die Trias ist in ihrer Eigenart bei Paulus erst erfaßt, wenn man 1Ttane; - fArrie; - o'rU1TTl nicht nur als die pneumatischen Größen von Bestand versteht, sondern wenn man erfaßt, daß diese Pneumatologie christologisch vom Kreuzesgeschehen her entworfen ist.
5. An dieser Stelle ist nun schließlich das J.1.eitwv {je TOVTWV 'h a-yu1TTl zu bedenken, das noch einmal grundsätzlich die Oberordnung der o'rU1TTl über 1Tianc; und fA1Tic; aussagt und damit die Aussagen von VV. 2 und 7 zum Verhältnis zwischen rriane; und a-yu1T1'1 ergänzt. Diese Differenzierung innerhalb der Trias dagegen ist nicht nur pneumatologisch und christologisch fundiert, sondern weist darüber hinaus, wenn auch nur in Andeutungen, auf Gottes Wesen, wie es in seinem Heilshandeln an den Menschen in J esus Christus Ausdruck findet. So steht hinter der Pneumatologie und der Christologie eine dritte Größe: die 161
Theologie des Paulus mit dem Aspekt der a:ya:TTr/ f)eov, auch diese implizit in 1Kor 13 enthalten 512. Die disiecta membra dieses Zusammenhanges zwischen göttlicher und menschlicher Liebe sprechen von Gottes Liebe zu uns in Christi Hingabe (Röm 5,8), von Gottes Liebe zu uns in der Geistverleihung (Röm 5,5), von Christi Liebe zu uns (Röm 8,35.38; 2Kor 5,14), von unserer Liebe untereinander, die wie Christi Liebe sein soll (Phil 2,1ff.), von unserer Liebe zu Gott (IKor 8,3) und vom endzeitlichen liebenden Erkennen Gottes (lKor 13,12), so wie wir jetzt schon von ihm geliebt und liebend erkannt werden (lKor 8,3; 13,12; Gal 4,9). Diese durchgehende Struktur der CL')'cbTr/, die Paulus nicht zusammenhängend dargestellt hat, sondern wieder in großer Freiheit und Zurückhaltung nur andeutet, hebt die CL,,/a:TTT/ über die beiden anderen Existenzformen des Lebens im Geiste, 1TW7L\ und EA1Ti\, grundlegend hinaus. Das Urteil: J..Leirwv {je TOVTWV i7 Q,,/a1TT/ beruht also nicht auf der gleichen pneumatischen Qualität der drei Größen 1Tio7L\, EA1Ti\, CL,,/O,1TT/, die sie alle drei über das EK J..L€pov\ ins Eschaton fUhrt, sondern darauf, daß die CL')'a1TT/ die Beziehungen zwischen Gott, Christus, 1TveVJ..La und den Menschen jetzt wie im Eschaton bleibend darstellt. In diesem strikten Sinne ist allein die Q')'a1TT/ eine eschatologische Größe 513. Denn allein in der Q,,,/0,1TT/ hat der Mensch jetzt schon Anteil an Gottes Handeln, und in der €1Ti,,/vWOL\ wird er "dann" Gott selbst begegnen. Nur die Liebe ist zugleich Handeln Gottes am Menschen und Antwort des Menschen darauf, während 1TW7L\ und EA1Ti\ stets allein menschliche Antwort bleiben. Deshalb gilt j~tzt wie dann: J..Leirwv {je TOVTWV i7 CL,,/a1TT/. 512. Vgl. Bengel, Gnomon 11, 206; Barrett, I. Corinthians, 311. 513. Eine bloße Gegenüberstellung von jetztzeitlich/vergänglich und eschatologisch/bleibend wird lKor 13 nicht gerecht und belastet die exegetische Arbeit an diesem Text. Die drei pneumatischen Größen der Trias sprengen diesen Gegensatz. Nur von einem strikt eschatologischen Verständnis des "Bleibens auch im Eschaton selbst" her unterscheidet sich die d')'U1Tll ihrer zeitlichen Qualität nach von 1T{OTL, und €A.1T{,. Dies hat aber nicht eschatologisch-zeitstrukturelle, sondern theologische Gründe. Den besten Kommentar für diesen Umstand liefert theologisch Uoh 4,8: ~EO, a:yu1Tll eor{v. Paulus hat eine solche theologische Aussage nicht gemacht.
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D. SPRACHE VON 1KOR 13
An die Exegese des Kapitels schließt zu Beginn des zweiten Untersuchungsganges, der den formalen Aspekten gewidmet ist, am besten die Untersuchung der Sprache an 1. Die Sprache unseres Kapitels ist im Zusammenhang mit der Verfasserfrage immer wieder Gegenstand des Forschungsinteresses gewesen, ohne daß eine zusammenhängende Untersuchung dazu vorläge.
1. Eine Darstellung der Sprache der paulinischen Briefe fehlt ebenso wie eine solche des gesamten NT. Die bekannten englischen Werke von Moulton, Sprache; Introduction; Moule, Idiom Book, bleiben im grammatisch-syntaktischen Bereich. Thumb, Sprache, und Debrunner, Grundfragen, stecken nur den allgemeinen Rahmen der Koine-Forschung ab. Die hoffnungsvollen Anfange der ntl. ausgerichteten Wortschatz-Forschung, die Deißmann (Licht vom Osten, 57-95; Bibelstudien, 55-168; Neue Bibelstudien, 22-95) in Gang setzte und Nägeli, Wortschatz, ftir Paulus auswertete, haben sich zu umfangreichsten Unternehmungen, dem ThWNT und dem Corpus Hellenisticum NT ausgeweitet, ohne daß zusammenfassende Arbeiten möglich geworden wären. Wohl aber wurden wertvolle Hilfsmittel wie das Bauersehe Wörterbuch, das Vocabulary von Moulton-Milligan und die Statistik Morgenthalers bereitgestellt. Daneben sind die monographischen Beiträge und Aufsätze des Corp. Hell. N.T. von steigender Bedeutung, ohne daß eine zusammenfassende Arbeit auch nur langfristig in Aussicht genommen werden könnte (vgl. NovTest 1971, 199-216: ein Bericht van Unniks über den Stand des Unternehmens; weitere Berichte: vgl. a.a.O. 201, A. 1). Eine integrierte Betrachtung zu Grammatik, Wortschatz und Stil hat v. Dobschütz ftir den Römerbrief erstellt (ZNW 1934, 51-66). - Die Literatur zur Grammatik vgl. bei Blaß-DebrunnerRehkopf, XI-XIX; wichtige Ergänzungen bei Breitenstein, 4. Makkabäer, 198-212. Dazu auch: Gingrich, JBL 1954,189-196; Rigaux, Sacra Pagina 1959,380-389; Pax, Studii Biblici Franciscani Lib. An. 1971, 220-262; ders., Biblica 1972,557-564; Rydbeck, NTS 1975, 424-427; Merkelbach, ZsPapEpigr 1975, 101-148; Delling, 1St] 1978, 29-56. Ein bedeutendes Hilfsmittel stellen Spicqs Notes de Lexicographie, dar. Trotz der jüngeren Beiträge stagniert die Forschung zur paulinischen Sprache etwa im Vergleich zu den Arbeiten über Form und Rhetorik. Einen neuen Impuls für die Untersuchung der Sprache der paulinischen Briefe bedeutet Zmijewskis Studie: Der Stil der paulinischen "Narrenrede". Z. behandelt den Wortschatz von 2Kor 11,1-12,10 als Stilmittel (vgl. die methodischen Ausftihrungen 61-69). Da Z. die Sprachanalyse gemäß seiner Fragestellung nur als Funktion der Stilanalyse betreibt, gibt er keine zusammenfassende Darstellung der Sprache seines Textes. Unsere Untersuchung trennt dagegen die Sprach- und die Stilanalyse voneinander, um von der eigentlichen Stilanalyse ein deu tliches Sprachprofil zu erarbeiten. Dabei wird diachron (historischer Wortschatz) und synchron (christliche Missionssprache etc.) gefragt (zu Z.s Stilanalyse selbst vgl. zu Kap. E).
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1. Allgemeine Wortschatzuntersuchung Oft ist die Sprache 2, besonders die Wortwahl des Kapitels gerühmt worden. Was für Worte verwendet Paulus? Woher nimmt er sie? Auf welcher sprachlichen Ebene bewegt er sich? Ist er allgemein verständlich? Wie weit liegt eine jüdische oder frühchristliche Eigensprache vor? Antwort auf diese Fragen kann eine historisch gerichtete Wortschatzuntersuchung geben 3. Dabei müssen der erste und der dritte Teil des Kapitels zusammen behandelt werden, da beide das Vokabular der Charismenlehre verwenden. Der zweite Teil des Kapitels hat demgegenüber ein eigenes, zusammenhängendes Vokabular und sei an den Anfang gestellt. 2. Eine Grammatik der Paulusbriefe fehlt, so daß ein grammatischer Vergleich zwischen 1Kor 13 und dem 1Kor nicht möglich ist. Es sei daher nur auf einige Attizismen hingewiesen: V. 2 Käv: Krasis (Blaß-Debrunner § 18), V. 2.3 oV{JEv elJ.tL etc.: pronominales Prädikat im Ntr. (§ 131,2), liL' €OO1TPTOV: Elision (§ 17), 12,31 und 13,2: klassische Verbkonjugation (§ 92.93). Daneben stehen grammatische Eigenarten der Koine: V. 2: Mv + Konj. statt Opt. pot. (§ 373,2), V. 3: i.'va + Ind. Fut. (§ 369,2; es ist aber zu fragen, ob nicht ~ den besseren Text hat, wobei nach der Exegese vorausgesetzt wird, daß es Kavxäa1'JaL heißen muß; § 28 wäre danach dann auch zu befragen), V. 12: €OO1TTPOV (§ 30,3), €K in adverbialer Redeweise (§ 212,3), V. 13: Komparativ statt Superlativ (§ 244), unklassischer Gebrauch des Artikels in TlI Tp{a Taüra (§ 265, mit olliwlieKa zu vergleichen). 3. Das Kapitel umfaßt 202 Wörter, 53 Verben (ca. 25%), 43 Substantive (= ca. 20%), 33 Partikeln (= ca. 15%), 12 Adjektive (= ca. 5%), 11 Adverbien (= ca. 5%), 11 Konjunktionen (= ca. 5%). Die hohe Zahl der Partikeln ist ein Kennzeichen für die sorgfältige sprachliche Durcharbeitung des Kapitels, die über dem ntl. Durchschnitt liegt (vgl. dazu neben Denniston, Particles, und ThralI, Particles, besonders Breitenstein, 4. Makkabäer, 84-90). Demgegenüber ist die Zahl der Präpositionen (7 = ca. 3,5%) entsprechend gering (dazu Breitenstein, 76-83). Weiter können die Angaben zum Wortbestand des Kapitels statistisch nicht ausgewertet werden, da die in diesem Zusammenhang z.B. von Ludwig, Kolosserbrief, 9ff., herangezogene Statistik von Morgenthaler, 164 § 4, sich nicht auf den Wortbestand, sondern auf den Wortschatz bezieht, wodurch die statistischen Angaben bei Ludwig in diesem Punkt nicht zutreffen. Die Tabelle gibt lediglich darüber Auskunft, welchen Wortarten die einzelnen ntl. Schriften besonders Interesse schenken, indem sie dort vokabelmäßig stark differenzieren. Für 1Kor 13 lauten die entsprechenden Werte bei einem Wortschatz von 97 Vokabeln im Vergleich zum 1Kor insgesamt: 42 Verben (= ca. 40%: 36,4% 1Kor), 22 Substantive (= ca. 20%: 31% 1Kor), 5 Adverbien (= ca. 5%: 6% 1Kor), 4 Adjektive (= ca. 5%; 13% 1Kor), 24 restliche Wörter (= ca. 25%: 10% 1Kor). Die hohe Differenz bei den restlichen Wörtern beinhaltet die Partikeln (und Konjunktionen), auf die schon hingewiesen wurde. Die auffallende Reduktion des Vokabelanteils der Substantive ist darin begründet, daß d'Ya1TT] neunmal begegnet. Demgegenüber ist die Verbskala reicher als sonst im NT. Auf diesen Umstand wird in der Stiluntersuchung Bezug genommen.
164
a) Verse 4-7 Den Hauptanteil haben natürlich die altgriechischen Wörter 4 , die sich in die Gruppe der oft in der antiken Literatur wie auch in LXX S vertretenen a)\.r,{}eLa, €Arritw, t77AoW, t77T€W, TO I
4. 5. 6. 7. 8. 9.
Die Systematik lehnt sich an Nägeli, Wortschatz, an. Zu LXX vgl. Schleusner, Thesaurus. Vgl. dazu Bonhöffer, Epiktet, 109. Vgl. Bauer, CN 1955, 15. Vgl. ThWNT 4, 287-295 (Heidland). Im klassischen Griechisch dominiert napav0lJ.{a, das im NT nur einmal erscheint, während es in LXX und bei Philo öfter vertreten ist, wenn auch deutlich hinter Q.6LKla zurücktretend. 10. Philodem, nicht in Papyri. Klassisch ist .,ovuaw, oft bei Philo und öfter in LXX, nicht in Papyri. 11. Polybios, Epictet, Cicero (vgl. Liddell-Scott s.v.), nicht in Papyri. Vgl. Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 75; Braun, ThWNT 6,92-94; Bonhöffer, Epiktet, 126f. 12. lJ.aKpo-{}VIJ.€w: zehnmal LXX, einmal Test XII Patr, nicht in Papyri, in der paganen Gräzität seit Plutarch. XP1/uT€Vo/JaL PsSaI, sonst nicht in der jüdisch-griechischen Literatur, auch bei den Kirchenvätern äußerst selten, vgl. Weiß, ThWNT 9, 481. Danach sind LiddeIl-Scott und Bauer WB zu korrigieren.
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b) Verse 1-3 und 8-13 Das Vokabular, das Paulus zur Benennung der pneumatischen Phänomene benutzt, erscheint der Exegese leicht als urchristliche Gemeindeterminologie. Wie weit stimmt dieser Eindruck? Der Wortbestand selbst ist im ganzen durchaus altgriechisch: äV{}pW1TOC;, oloa, p.varijpwv, ,,(vwaLC;, "(L("()vwaKw, €1TL"(LVwaKw 1TPO!.pT1T€VW, auch ä"("(€A.oC; und "(A.waaa. Während die sieben ersten Wörter im NT dieselbe Bedeutung wie im Altgriechischen haben, ist ä"("(€A.oC; wohl durch LXX zum ,Engel' geworden l3 , und der Ausdruck "(A.WaaaLC; A.aX€iv als pneumatische Rede dürfte in den christlichen Gemeinden selbst geprägt sein 14, jedenfalls begegnet er zuerst bei Paulus. 1Tp0
13. Pagane Belege erst seit dem 4. Jh. n.Chr. (Julian, Jamblich). ,Engel' auch bei Philo. 14. Vgl. Nägeli, Wortschatz, 51. 15. Grenfell-Hunt-Smyly, Tebtunis Papyri 5,65; 80.6,21; 34.88,2. Pap 5: Dekret Euergetes' 11., 118 v. Chr.; Pap 6: ders.: 140-139 V. Chr.; Pap 88: Tempelliste 115-114 v. Chr. Inschriften: vgl. Liddell-Scott s.v. 16. A.a.O. 17. Lukian Alex 40. 18. Vgl. des Places, Platon-Lexique. 19. -YAwaaa, 1TPO
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Innerhalb dieses Wortfeldes ist zugleich eine gegenläufige Bewegung zu beobachten. Einmal werden termini technici heidnischer Religion unabhängig von ihrer eigentlichen Bedeutung verwendet: so P.V0T17PWV und 1Tpol{JrlreJELv, zum anderen Wörter, die im heidnischen Raum keine religiöse Bedeutung haben, in religiösem Sinne gesetzt: 'YVWOLC; - 'YLVWOK€LV, i'Awooa und ä'Y'Y€AOC;. Eben dieser Vorgang setzt die sprachliche Arbeit der LXX und der griechischsprachigen Literatur des Judentums fort. Neben die bekannten Gemeindecharismen treten in unserem Text einige weitere pneumatische Fähigkeiten: bergeversetzender Glaube, die Weggabe aller Habe und die Hingabe des Leibes. 1Tionc;, 1TapaJ)iowp.L und owp.a sind altgriechische Vokabeln, die gemäß ihrer neutralen Bedeutung in der griechischen Literatur, in LXX und jüdischen Schriften, in Papyri und im NT gleichermaßen häufig begegnen. Dabei ist aber der ntl. 1Tionc;-Begriff als religiöse Vokabel von LXX und jüdischer Literatur beeinflußt. Allerdings gewinnt auch im Heidentum 1TtOnc; um die Zeitenwende religiöse Qualität 21. Der paulinische Gebrauch von I/Iwl1i~w könnte ebenfalls durch LXX beeinflußt sein 22. Das Verb begegnet seit Aristophanes seltener in der Literatur, nicht jedoch in den Papyri 23. V1Tapxovra dagegen ist ein altgriechisches Wort, begegnet dann überaus häufig in den Papyri und oft in LXX, seltener dagegen in der höheren Literatur 24. Die dreizehn ntl. Belege 25 spiegeln die Beliebtheit des Wortes in der umgangssprachlichen Koine. Das Charismenvokabular ist also im ganzen seiner Herkunft nach altgriechisch, bedeutungsmäßig aber schon teilweise durch LXX und ihren Umkreis religiös bestimmt. Einfache Umgangssprache liegt im allgemeinen nicht vor. Einzelzüge umgangssprachlicher Koine sind festzustellen. So zeugt der zweite Vokabelkreis durchaus von einer sich herausbildenden frühchristlichen Gemeindetenninologie - besonders in V. 1a -, andererseits hat sich diese Sprache in ihrem Wort- und Bedeutungsbestand nicht sehr weit von der griechischen Nonnalsprache entfernt. Mit dem eigentlichen Charismenwortschatz sind die zahlreichen Ausdrücke verbunden, die sich auf die eschatologische Reichweite der Charismen beziehen: OVO€V €iP.L, OVO€V W'fJ€Aovp.aL, Kavxaop.aL, OVO€1TOTE 1Tt1TrW, Karap'Y€w, 1Tavw, EK P.€POVC;, r€A€LOV, epxop.aL, äpn, ror€ und öre - öre.
21. ThWNT 6,179-182 (Bultmann). Kritisch dagegen: Lührmann, Art. Glaube, RAC 11, 53f.; vgl. aber L.s Belege ebd. unter oe'. 22. Ca. 20 Mal in LXX; vgl. Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 70f. 23. Dort einige Male IJIwp.lov. 24. ,Besitz' dort eher: K.rTI/.ta, K.rr,uLc;, ro €'X€LV, ra. xpilp.ara, ovula, ra. övra. 25. Das Verb tnraPX€LV begegnet oft im NT.
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Die Zeitbestimmungen gehören alle dem altgriechischen Vokabular an. Ebenfalls diesem Vokabular entstammen die Verben l
26. Vgl. Sophokles Philok 951 u.ö., nicht in Papyri. LXX: Hiob 40,4. Siehe auch Conzelmann, 1. Korinther, 67, A. 23; Bauer, WB 1173. 27. Thukydides 2.87. LX-X: Sir 5,8. 28. Besonders deu tlich bei 1T1.1TTELV, das im Gemeingriechischen nur selten im Sinne von ,vergehen' gebraucht wird (vgl. Bauer, WB s.v.). ,Vergehen' heißt sonst d'PaVI.~E01'JaL, d1ToAAva1'JaL, 'P1')ElPEa1'JaL, bei Zuständen auch 1TavEa1'Jat. 29. Im Gemeingriechischen ist das Wortfeld für ,Rühmen' breit, bes. öota~ELV, f1TaLVE"iv, hKWP.Lli~ELV spielen eine Rolle. Für die paulinische Verwendung ist Jer 9,22f. wichtig, ein Satz, den Paulus lKor 1,31 an zentraler Stelle zitiert. Hier ist der LXX-Hintergrund ganz deu tlich. 30. Vgl. Nägeli, Wortschatz, 36, und Bauer, CN 1955, 14. 31. Weitere Belege bei Liddell-Scott S.v. 32. Dort EK TOÜ Erepov p.epoc; als vertraglicher Ausdruck. Statt fK p.epovc; findet sich fV p.epEL etc. 33. Liddell-Scott s.v. 34. In Papyri nur selten vom 1. Jh. n.Chr. an. 35. Vgl. ThWNT 8,70ff. (Delling). 36. Schon seit Euripides.
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c) Bildhafte Ausdrücke Es bleibt die Untersuchung der zahlreichen Ausdrücke der bildhaften Redeebene: xa"AKoc: ilxwv KVIlßa"Aov ci"Aa"Aatov, öPfI IlEfJiuTflIlL, v17moc: - "Aa"AEw -
dinge bezeichnen 38, besonders Waffen, auch Spiegel und Gefäße, natürlich auch Geld wie im NT. Als ,Gong' aber wie lKor 13,1 begegnet das Wort in LXX gar nicht, sonst nur einmal: XaMoü flxoc: in den Scholien zu Theokrit 2,36. Auch dAa"Aatw, ein altes Verb mit der Bedeutung ,laut rufen' - so oft in LXX ftir den Kriegsruf des Volkes verwendet -, ist als Ausdruck eines Geräusches, das nicht von Menschen stammt, ein "poetical word" und ist selten bezeugt 39. Als Singen von Psalmen (also nicht direkt in der Bedeutung von lKor 13,1) begegnet es I/J 94,2 4 KVIlßa"Aov begegnet in der Profangräzität seit der alten Zeit meist, in LXX dann ausschließlich im Plural entsprechend der Beschaffenheit der Zymbeln_ Aus I/J 150,5 konnte Paulus die Verbindung kennen: €V KVIlßa"AOLC: u"Aa"Aa"{IlOU. i7X€W, ein altes, in der Profangräzität wIe in LXX häufiges Verb, ist schon bei Herodot 41 mit Xa"AKOC: verbunden, nicht dagegen in LXX, da LXX kein derartiges Musikinstrument kannten. Im Zusammenhang mit ua"A1Ti"{~ tritt i7X€W Ex 19,16 und Sir 50,16 auf. Im ganzen liegt hier also ein literarisch eher gehobenes, der Dichtung vertrautes Vokabular vor, das teilweise auch in LXX begegnet. Wichtig sind die Eigenarten der allgemeinen Gräzität gegenüber: XaMOC: als Musikinstrument und KVIlßa"Aov im Singular. Die einmalige Diktion innerhalb des NT ist besonders hervorzuheben. Das ÖPfl ll€tJwTavaL bietet vokabelmäßig nichts Besonderes. Im vorliegenden Wortlaut wird es in Beziehung zu les 54,10 gebracht werden müssen. Die inhaltlich entsprechende sprichwörtliche Formulierung Lukians 42 lau tet nämlich anders: ÖPTl ö"Aa KLV€iv. Die synoptischen Evangelien benutzen die Verben IlETaßaiV€LV (Mt 17,20) und a'iPELV (Mt 21,21; Mk 11,23). Herrn vis 1,3,4 findet sich noch einmal die paulinische Wendung.
°.
37. 1JXew und KVJJßaAov lexikalisches hap. leg., dAaAMw noch Mk 5,38 in der Bedeutung ,klagen', XaAKO" noch viermal als ,Geld'. 38. Liddell-Scott 1974. 39. Liddell-Scott 60. 40. Vgl. Aischylos Fr 57. 41. Herodot 4.200. 42. Nav 45.
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Das Vokabular von V. 11 ist durchweg altgriechisch und weist keine Besonderheit auf. Die Nuance des AaA€W, Kindersprache nachzuahmen oder zumindest stärker den klanglichen Aspekt des Redens zu betonen 43, - das würde ja auch für V. 1 gelten -, würde bedeutungsmäßig hier gut passen. Angesichts der sehr häufigen allgemeinen Verwendung in LXX 44 bleibt diese Spezifizierung aber fraglich. Das Verb IfJpOV€W, im lKor nur hier vertreten, wird gleichwohl öfter von Paulus verwendet. In LXX und den Papyri begegnet es nicht häufig. Der parallele Sprachgebrauch im Scholion zu Apollonios Rhodios 4,868a 45 ist zu beachten. AO'Yi~oJ1at, ein Verb, das in den Papyri fast nur in der Bedeutung ,mathematisch rechnen' begegnet, ist innerhalb des NT geradezu ein spezifisch paulinisches Wort (vgl. auch V. 5). Die vergleichbare Gegenüberstellung von Mann und Kind ist der Antike geläufig. b.v~p begegnet in diesem Zusammenhang öfter 46 , statt vT7rrwr:; 47 steht dagegen meist rra;s oder rratowv 48• IfJPOV€W begegnet in diesen Gegenüberstellungen als ein mögliches Verb. Aus dem häufigeren Vorkommen sowohl des Bildes als auch der in seinem Zusammenhang benutzten Vokabeln in der griechischen Moralphilosophie 49, kann man hier natürlich nicht auf eine philosophische Tönung des Vokabulars schließen. Im Wortbestand des Verses 12 fallen einige Besonderheiten auf. Das Verb ßA€rrW statt opaw/eloov weist in die "Sphäre der unliterarischen Koine" 50. €ao rrrpo v, ein altgriechisches Substantiv, begegnet im NT außer lKor 13 nur noch Jak 1,23. Auch in LXX fmdet sich eaorrrpov nur zweimal: Weish 7,26 und Sir 12, 11 (dazu "arorrrpov Ex 38,26), beide Male in bildlichem oder begrifflich-übertragenem Zusammenhang, was ja auch für Jak 1,23 gilt. Genauso verwendet Plutarch "arorrrpov 51 • Das altgriechische a'lvL'YJ1a, hap.leg. im NT, begegnet neunmal in LXX, einmal im Singular: €V alvi'YJ1an (Dtn 28,37). Sonst begegnet das Substantiv in LXX wie üblich in der Profangräzität, im Plural 52. Bei Plutarch, Moralia 382A, finden sich a'lvt'YJ1a im Singular und eaorrrpov in einem Argumentationszusammenhang 53. Das altgriechische rrpoawrrov begegnet 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50.
ThWNT 4,75 (Debrunner). Bauer, WB 915. Ebd. 1712. Text: hg. von Wendel, S. 296: VT}'Tr{OV ÖVTO!; Kat vr,Trta I/JPOVOÜVTO!;. Xenophon Cyrop 8,7,6; Epiktet Ench 51,1; Philo Abrah 48. LXX bevorzugt allgemein 'TraL!; stark vor VTlTrtO!;, besonders in den Makkabäerbüchern. So Arrian Epict III, 24. Vgl. beispielhaft Weiß, 1. Korinther, 318, A. 4. Vgl. allgemein ThWNT 5,317,327, 343f. (Michelis), speziell Nägeli, Wortschatz, 78 (daher das Zitat). 51. Plutarch Mor 672 E (hg. von Hubert, S. 150). 52. Vgl. Liddell-Scott 39. 53. Plutarchus, Moralia, hg. von Nachstädt-Sieveking-Tichener, De Iside et Osiride 76, S. 74f.
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in dieser Fügung 1rpoaw1rov 1rPO~ 1rpoaw1rov außer in lKor 13 nur noch zweimal in LXX Gen 32,31 und Ri 6,22, beide Male mit eLOOV, nicht mit ßA€1r€LV verbunden zum Ausdruck der Gottesschau oder der Schau des Engels Gottes. So liegt 1Kor 13,12 eine LXX-Fügung vor. Das Ergebnis der Untersuchung des Wortschatzes von 1Kor 13 entspricht ganz Nägelis allgemeinem Urteil über die Sprache der paulinischen Briefe und besonders des 1. Korintherbriefes. "Hellenistische Umgangssprache und die Sprache der LXX haben die Elemente für den Wortschatz der paulinischen Briefe geliefert" 54. Das gilt auch für 1Kor 13. Neben diesem sehr allgemeinen Sachverhalt sind die Teile des Wortschatzes, die der gewählteren philosophischen Ethikdiktion angehören, besonders zu beachten. Nägeli hat diese Wortschatzschicht gerade für 1Kor als typisch herausgestellt 55. Eine besondere Eigenart des Kapitels aber liegt in den Worten, die aus dem poetischen Wortkreis stammen. Im ganzen ist der Wortschatz also nicht derjenige einer unliterarischen Sprache, sondern einer "im Ausdruck gewandten Umgangssprache, die sich auch in den abstrakten Lebensgebieten zu bewegen weiß" 56, zuzurechnen. Sie entspricht damit dem, was wir als paulinische Sprache kennen.
2. Der Wortschatz von 1Kor 13 im Rahmen der Neu testamentlichen Schriften Betrachtet man den Wortschatz nun unter der engeren Fragestellung, wie sein Verhältnis zu den übrigen Paulusbriefen und zum NT insgesamt zu beurteilen sei, so ergibt sich ein auf den ersten Blick spannungsreiches Bild. Auf der einen Seite stehen Eigenarten des Textes. Fünf Vokabeln begegnen nur hier bei Paulus: aAaAa~ov (im NT noch Mk 5,38), 1rapo~vvw (noch Apg 17,16), OVO€1r01€ (öfter im NT), 1raUw (öfter im NT), ea01r1pOV (noch Jak 1,23). Dazu kommen das Substantiv 10. v1rapxovra (öfter im NT) und der Ausdruck ÖPTl Jl€i)wnivaL, sonst nur bei den Synoptikern belegt. Dem stehen drei Vokabeln gegenüber, die innerhalb des NT nur mehrfach bei Paulus begegnen: IjJwJli~w (noch Röm 12,20), a1€'YW (noch lKor 9,12; IThess 3,1.5) und aaXl7JloV€W (noch lKor 7,36, also nur im lKor verteten). Dazu treten sechs spezifisch paulinische Vokabeln: 'YvwaL~ (besonders im lKor), KavxaoJlaL *56a (nur drei nichtpaulinische Belege), €L1€ *; Ka1ap'Y€W, IPPOV€W und AO'Yi~oJlaL *,-weiterhin fünf typisch paulinische Fügungen: die Substantivierungen 10 1€A€LOV, 10 €K Jl€POV~ und 1a 10V Vf/1rWV 57 54. Nägeli, Wortschatz, 74. 55. Ebd. 79. 56. Ebd. 13. 56a. * = mehrfach in lKor 13. 57. Vgl. v. Dobschütz, ZNW 1934, 63.
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sowie die Verbkombination von V. 7 und die Trias. Besonderes Gewicht in dieser Gruppe haben zwei Vokabeln, die vornehmlich im lKor begegnen: l{JVuww und 1TPOI{JTlTruW, daneben der Ausdruck ~1]T€LV Ta €aVT~C;. Zusätzlichen Aufschluß geben vvvi, a:ya1T1], uW/1a und 1Tiunc;, die zu den am häufigsten von Paulus benutzten Worten gehören. Die dritte Gruppe bilden ftinf nt!. hapax legomena: XP1]UTruO/1aL, 1T€P1T€pruO/1aL 58, 17Xwv, K.V/1ßaAov und a'ivL'Y/1a, und eine acht Glieder umfassende Gruppe von Ausdrücken, die im NT nur hier begegnen: XaAKOC; ilxwv, €WeVaL /1VUTT7Pta und eiDeVaL 1Täuav ,),VWULV, I/JW/1i~€LV Ta v1Tapxovra, 1Tapa8t8ovaL TO aW/1a, 1TPOUW1TOV 1TPOC; 1TpoaW1TOV, äpn-TOT€, Ta Tpia TafjTa.
Diese Übersicht zeigt zunächst die deutliche Verankerung des Kapitels im 1. Korintherbrief und im Corpus Paulinum, denn die drei nur bei Pau]us oder sogar nur im lKor begegnenden Vokabeln können zusanunen mit den vielen anderen spezifisch Paulinisches bezeichnenden Indizien nicht als zufällige Setzung interpretiert werden. Ungewöhnlich ftir pln. Kontext sind nur OVO€1TOT€ und 1TaV€LV zusammen mit der Redewendung in V. 2, da die drei anderen oben genannten Vokabeln als nt1. Dislegomena eher der Gruppe der hapax legomena zuzurechnen sind. Diese Gruppe nun bestimmt neben den Paulus konformen Worten und Begriffen das Kapitel entscheidend und trägt zu dem sprachlichen Reiz bei, der dem Kapitel seit jeher bescheinigt wird. Nicht die Tatsache, daß das Verhältnis zwischen Wortbestand und Vokabelbestand hier 2 : 1 beträgt, ist nämlich literarisch zu veranschlagen 59, sondern die Fülle von unbekannten oder selten benutzten Worten und Wendungen, die zu teilweise ausgefallenen Bildern verbunden werden können, wie schon in Erscheinung trat.
3. IKor 13 als ethisch-religiöse Rede An das Ergebnis schließt sich die weitere Frage an, wieweit und in welcher Weise hier ,christliche' Sprache vorliegt. Bei der Exegese des Kapitels wurde betont, daß 1Kor 13 weder eine explizite Christologie oder Pneumatologie noch auch eine explizite Theo-Iogie enthält. Auf die Sprachgebung angewendet, bedeutet dieser Umstand: es fehlen die charakteristischen Kennzeichen der frühchristlichen Verkündigungssprache 60. 58. Zugleich ein Neologismus. 59. Morgenthaler, Statistik, 164, zeigt, daß bei allen kleinen Schriftstücken im NT: Titus, Philemon, Judas, 2.3. Johannesbrief ein Verhältnis von 3:1, 2:1 oder gar 1:1 (3Joh) vorliegt. lKor 13 enthält 202 Worte:97 Vokabeln. 60. lKor 13 ist das einzige Kapitel des lKor, in dem keines der Christusprädikate XPWTO<;, KVPW<;, 'llluov<; begegnet. Es ist neben Kapitel 16 auch das einzige ohne ,l'JEO<;', wobei die Schlußformel von Kapitel 16 aber 'llluov<; und KVPW<; enthält.
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Nun beziehen sich aber die drei Themenkreise des Kapitels, die Charismenlehre, die Darstellung des Lebens der a:ya7rl1 und die eschatologische Belehrung gleichermaßen auf feste Bestandteile frühchristlicher Verkündigung. Aber auch hier ist die Distanz der Sprache von lKor 13 zu der frühchristlichen Verkündigungsund Lehrsprache evident. Alle Charismen der W. 1-3 sind in ungewöhnlicher, sonst nicht mehr im NT begegnender Weise umschrieben. Ebenso ist das apokalyptische Schema in W. 8-12 kaum angedeutet, und das bekannte Substantiv-Material der Tugendkataloge, das sonst unter dem Stichwort des Lebens im Geist u.a. begegnet, ist der b:ya7rl1 in einer verbalen Form zugeordnet, die sogar zu Neologismen fUhrt. Statt der üblichen Charismenreihen bietet lKor 13 ins Poetische reichende Umschreibung. Apokalyptische Aussagen sind durch philosophierende Diktion ersetzt. Die Substantivreihe der "Früchte des Geistes" ist verbalisiert, so daß die Geistesgaben zu psychologisch-ethischen Verhaltensformen unter dem Vorzeichen der b:ya1T1] werden. Nicht so sehr das Vokabular selbst, sondern vor allem die Setzung des Vokabulars, die eigentliche Diktion also ist es, die die eingangs genannte Besonderheit der Sprache von lKor 13 ausmacht. Das Kapitel ist Teil eines Briefes voller tlleologischer Belehrungen, den der christliche Apostel und Missionar Paulus an die ohristliche Gemeinde zu Korinth schreibt. Doch ist das Kapitel nicht im Sinne der christlichen Gemeindesprache verfaßt. Die Probleme der christlichen Gemeinde zu Korinth werden zwar behandelt, aber in einer sehr kunstvollen, das Besondere in ein allgemeines Sprachgewand kleidenden Diktion. Die christlichen termini technici werden zum Teil durch allgemeinere Formulierungen ersetzt, zum Teil durch sparsame VerWendung ihres spezifischen Klanges beraubt. Es handelt sich aber auch kaum um die paulinische Missionssprache, da nicht nur das Kerygma, sondern auch jeder theologische oder pneumatologische Ausdruck vermieden wird. Vielmehr liegt eine vom griechisch-sprachigen Judentum und LXX beeinflußte, trotzdem aber allgemeinverständliche Sprache mit deutlich paganen Sprachzügen vor, also eine synkretistische Sprache religiösethischen Inhalts. Sie dient zur Beantwortung einer Frage, die die christliche Gemeinde in Korinth betrifft, formuliert aber im Sinne einer allgemeinen religiös-philosophischen Frage nach der Größe, die jetzt und dann bleibenden Wert gibt. Die Antwort: a:ya7rl1, stellt einen Begriff in den Mittelpunkt des Textes, der gerade im Schnittpunkt zwischen religiös gefarhter Ethik des Judentums wie des Heidentums und zentraler christlicher Verkündigung liegt: die a:ya7rl1, die wie die pagane Tugend a:ya7rl1aIS oder die a:ya1T77 als Nächsten- und Bruderliebe in Test XII Patr gesetzt ist und doch die ganze Christologie impliziert, wie die Exegese aufde'ckte 61. Die Sprache unseres Kapifels verdeckt dagegen 61. Gerhardsson versteht demgegenübeI die absolut gebrauchte d'Ya1TT/ als rabbinischen Begriff (FS. Daube, 191). Dies ist im Hinblick auf die Addressaten von vornherein un-
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diese Zusammenhänge. Ihre Diktion ist weitgehend ethisch, wenn auch die eschatologischen Zeitbestimmungen und die personale Fonnulierung der Erkenntnisfonnel in V. 12 in den Bereich religiöser Redeweise hineinreichen. Die Sprachgebung dieser ethisch-religiösen Rede 62 ist bewußt unscharf, Wie die allgemeinen Zeitbestimmungen und die fehlenden Objekte im dritten Teil zeigen, verallgemeinernd - so ist rräc; fast das einzige der Adjektive -von lKor 13, die ja ihrer Funktion nach eher spezifizieren -, metaphorisch in hohem Maße und im Verbalbereich stark differenzierend, wohingegen der Substantivbereich zurücktritt. Die Sprache des Kapitels trägt in diesen Zügen deutlich poetischen Charakter in einem allgemeinen Sinn. Wie dieser poetische Charakter näher zu beschreiben ist, wird die Stilanalyse ergeben. wahrscheinlich. Die jüdisch-hellenistischen Schriften bieten sich hier eher als sprachliche Grundlage an. 62. Der Ausdruck "religiöse Rede" ist an dieser Stelle noch nicht als Formbezeichnung im engeren Sinne gemeint, sondern zur Beschreibung der Sprache gewählt. Zu einem anderen Formtypus religiöser Rede vgl. Norden, Agnostos Theos, 279. Zur Formbestimmung und zu der Form ,AOyOC;' im besonderen vgl. Kapitel F.
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E. STIL VON IKOR 13 An die Untersuchung der Sprache schließt sich die Stil analyse 1 an. Sie wird jeweils von der Syntax über die Figuren - beides einerseits noch zur Grammatik, 1. Bei der hier vorgetragenen Stilanalyse wird keine vollständige Beschreibung im Detail angestrebt, denn diese wäre in unserem Zusammenhang nur sinnvoll, wenn die Ergebnisse in ein Gesamtbild paulinischer Stilistik eingezeichnet werden könnten und sich von dorther ihre spezifische Bedeutung bestimmen ließe. Von einem solchen Gesamtbild sind wir aber weit entfernt. In den letzten Jahren mehren sich die Beiträge zu Stil und Rhetorik bei Paulus, wenngleich die Begriffe teilweise unter dem Einfluß der Linguistik sehr unscharf gebraucht werden. Während das stilistische Material öfter zusammengestellt wurde, fehlt eine literarische und historische zuverlässige Auswertung bis jetzt. Deshalb werden hier Stilistik und Grammatik (Syntax) nur soweit behandelt, wie sie die Formgeschichte und Exegese unterstützen und fördern, nicht aber zu einem eigenen Thema gemacht. - Nach den klassischen Untersuchungen des 19. Jhs.: Wilke, Rhetorik; Böttcher, De Paronomasia, haben die Arbeiten von Weiß, Rhetorik (FS. B.Weiß 165-247), Bultmanns Diatribe und v. Dobschütz' großer Aufsatz ZNW 1934,51-66, neben den allgemeineren Arbeiten Nordens ein gewisses überblickshaftes Bild des paulinischen Stils erstellt, das in neuerer Zeit nicht grundlegend überprüft wurde. Brunot hat 1955 mit "Le Genie litteraire" eine neue Zusammenfassung zu geben gesucht, deren teilweise' richtige Einzelbeobachtungen in einen ungeeigneten psychologisch-theologischen Rahmen gespannt wurden. Zur Lage der pln. Rhetorikforschung vgl. das allg. Referat bei Bujard, Kolosserbrief, 130ff., dort auch eine (nicht vollständige) Zusammenstellung der infragekommenden Literatur. Moulton, Grammar IV: Turner, Style, 80-100, behandelt auswahlweise in Kurzform grammatische, sprachliche, rhetorische, formale und stilistische Fragen nebeneinander. Zur Literatur vgl. auch: Konopasek, RevHist PhilRel 1932,47-66.141-161; Allo, RSPhTh 1934,29-39; Alonso-Schökel, AT; Denniston, Prose; Dick, Plural; Duncan, Style; v. Heylen, EThL 1935, 253-290; Wifstrand, StudTheol 1947/48, 170-182; Hugede, St. Paul; Straub, Bildersprache; Wilder, Rhetoric; Ludwig, Kolosserbrief; Breitenstein, 4. Makkabäer; Betz, NTS 1975,353-379; Wuellner, CathBiblQuart 1976, 330-351; ders., Linguistica Biblica 1978, 5-66; Scroggs, FS. Davies, 271-298; Church, HarvTheolRev 1978, 17-34; Kurz, CBQ 1980, 171-195. Besonders zu 1Kor 13: ThStKr 1922 (Lehmann-Fridrichsen); Lund, JBL 1931, 266-276. - Ein besonderes Problem stellt der Komplex der compositio, was die Wortfolge angeht, dar (Lausberg, §§ 911-1054); Quantitätäten, Lautung und Klauseln. Bujard, 165ff., gibt eine vorzügliche Einführung in diesen Bereich und zeigt, daß es nicht sinnvoll ist, mit Argumenten aus diesem Bereich zu arbeiten, solange es keinerlei verläßliche Spezialliteratur zum Thema gibt (ein Urteil, das besonders Schattenmann, Prosahymnus, betrifft). - Einen neuen Zugang zur Beschreibung des paulinischen Stils bedeutet Zmijewskis "Stil der paulinischen Narrenrede" (dort auch eine breite Einführung in die Forschung). Z.S Stilbegriff umfaßt sachgerecht Sprache, Grammatik mit Syntax, rhetorische Mittel, Figuren und Bilder und
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andererseits schon zum Stil gehörend 2 - zu einer Charakteristik des Stils führen. Die syntaktische Analyse ergibt dieselbe Vierteilung des Kapitels wie die Exegese. Jeder Teil wird daher einzeln untersucht. entspricht damit dem hier zugrundegelegten Stilbegriff (zur eigenen Untersuchung der Sprache von lKor 13 vgl. Kap. D, Anm. 1). Zurecht wendet er sich gegen einen rhetorisch verengten Stilbegriff (42) wie gegen vorschnelle "vergleichende Betrachtungsweise" (34), die dem Text selbst nicht gerecht wird. Dementsprechend ist seine Methode eher synchron und (mit kritischen Einschränkungen) der werkimmanenten wie der linguistischen Stilauffassung verpflichtet (48f.). Problematisch bleibt dagegen der Umstand, daß Z. entgegen seinem eigenem Programm (75f.) den notwendig ergänzenden und vergleichenden diachronen Stilvergleich für seinen Text nicht durchführt. (426f. weist Z. selbst auf diesen Mangel hin, ebenfalls 440f.). So bleibt auch seine eigene zusammenfassende Stilzeichnung (412ff.) sehr allgemein und beantwortet die offenen Forschungsfragen (z.B. hellenistisches Vorbild für 2Kor 11-12, vgl. 423f.) nicht. Ein Gesamtbild des paulinischen Stils will und kann Z. also nicht geben. Der Wert der Arbeit liegt vielmehr im breit angelegten Aufgreifen der Thematik und in der stilistischen Einzelanalyse. - Gerade für unsere Untersuchung eignet sich Z.s Methode (trotz des gleichen Stilbegriffs und der gleichen Auffassung über die Stilmittel, 49f.) nicht, da unser Text eine so weitgehende traditionsgeschichtliche Komponente hat, daß eine historische Stiluntersuchung unabdingbar ist. Damit ist zweierlei verbunden: einmal lassen sich die Ergebnisse zum Stil von lKor 13 nicht ohne weiteres auf andere paulinische Texte übertragen, so daß hier nicht "methodisch" im Sinne der Übertragbarkeit gearbeitet wird. Zum anderen ist aber damit zugleich auch eine wesentliche Grundlage der Methode Z.s infragegestellt: seine Konzeption von Traditionsgeschichte bei ntl. Brieftexten (438). Umfang und Bedeutung der Tradition bei Paulus (und den anderen ntl. Briefschriftstellern) ist hier unterschätzt und der grundsätzliche Unterschied zwischen Evangelien und Briefen überschätzt. Trotz einheitlicher Textpassagen muß die Traditionsfrage stets gestellt werden, und zwar differenzierter als bei Z. (438). Das stilistische Profil läßt sich nur zeichnen, indem das Zusammenwirken von Tradition, (die nicht immer im synoptischen Sinne ,abhebbar' sein muß), und schriftstellerischer Leistung des Paulus, auf deren Bedeutung Z. zurecht insistiert, dargestellt wird. 2. Die im folgenden verwendeten Gliederungspunkte Syntax, Figuren, Tropen und Gedankenführung berücksichtigen die Eigenart des Kapitels. Gerade für K. 13 gilt der Satz Spitzers, Stilstudien 11,517: "Syntax, ja Grammatik sind nichts als gefrorene Stilistik." Syntax und Stil sind engstens miteinander verbunden und durcheinander bedingt. Die stilistische Seite wird nach Figuren (Lausberg, Rhetorik I § 600; die Figuren scheiden sich in F. elocutionis = rhetorische Wortfiguren, § 602, und F. sententiae =rhetorische Gedankenfiguren, a.a.O.) und Tropen (a.a.O. §§ 552ff., Tropen = verbum translaturn, § 553) hin untersucht - einer Einteilung der klassischen Rhetorik, die sich dank ihres großen heuristischen Wertes auch zur Beschreibung außerklassischer Texte eignet. Zugrundegelegt wird die Systematik Lausbergs, die gegenüber den eher zufalligen Stichworten bei Blaß-Debrunner § § 472-496; Alonso-Schökel, AT (Parallelismus, Synonymie, Antithese, Bilder, Strukturen); Weiß, Rhetorik (Satzgefüge, Parallelismus, Antithese); Hugede, St. Paul (Bilder, Syntax, Argumentation) ein breites Beobachtungs- und Benennungssystem mit eindeutig definierter Begrifflichkeit
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1. Verse 1-3 Betrachtet man den syntaktischen Aufbau der VV. 1-3, so ergibt sich folgendes Bild 3:
V.l: H l a)
N2
N 1
OE
Eav
V.2: H 1
N I b)
Kat
t-
Eav
I
N4
N2
c)
I OE
K'av
N3
warE V.3: H 1
N 1 av
N4
N2
OE
Kat. Eav
N3
wa
a) = zweiteiliges Prädikatsnomen b) = zwei teiliges ~ c) = zweitg PO hat zweiteiliges 0 bietet. Bujards Grobgliederung (Kolosserbrief): Satzftigung, Gedankenführung, rhetorisches Engagement kommt der Lausbergschen Systematik nahe, rechnet aber wie die Wiederholung auch Paradox und Oxymoron mit der Antithese zusammen zur Gedankenftihrung, während L. sachgemäßer die Wiederholung den Redefiguren zuordnet. Für die Gedankenftihrung gibt die Rhetorik nur innerhalb des Bereiches Antitheton (§§ 787-807) Anweisungen. Weiteres ist aus den Figuren abzuleiten (was Bujard mit dem Stichwort Wiederholung versucht), - neben Wiederholung oder Fortschritt stehen die Punkte Asyndeton oder Syndeton und Behauptung thetischer Art oder Argumentation verknüpfender Art, ferner aus den Beobachtungen zu adiectio, detractio, ordo (§§ 607.688.712). 3. Abkürzungen: H = Hauptsatz, N = Nebensatz, S = Subjekt, P = Prädikat, 0 = Objekt, PO = direktes Objekt, P-O = semantisch notwendiges direktes Objekt, E = Ergänzung, SP oder PS = Prädikat, das Subjekt enthaltend.
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Die Verse haben denselben Bauplan: positiver Bedingungssatz, negativer Bedingungssatz, urteilender Hauptsatz, der den inhaltlichen Gegensatz (oe) der Vordersätze zum Austrag bringt. Die gleichbleib enden und wechselnden Einzelteile des syntaktischen Gefüges sind von stilistischem Interesse. Der Bauplan selbst dagegen, der dreimal dieselbe feste Struktur bietet, begegnet ebenso Weish 9,6: Käv "{ap ne; f7 T€AeWe; €V vioie; avf)pwrrwv, Tile; eirro oov ocxp{ae; eirrovo1]e; eie; OVO€V AO"{wf)iloeTaL, und Abot 3,11: "Wer die heiligen Dinge entweiht, wer die Festtage verachtet, [wer seinen Genossen öffentlich beschämt], wer den Bund unseres Vaters Abraham bricht und wer in der Tora seine Person hervorkehrt, der hat, auch wenn er gute Werke aufzuweisen hat, keinen Anteil an der zukünftigen Welt"4. Ebenso strukturiert sind Abot 2,8e.8f.; 3,7b; Jak 2,14.17; !Joh 2,4.9; 3,17; 4,20 und Mt 16,26 par. Letzteres Logion ist allerdings in die Frageform umformuliert. Als Aussage hieße es: Wenn (eav) der Mensch die Welt gewänne, aber (oe) Schaden am Leben nähme, OVO€V wI{JeA1]f)iloeTaL (IKor 13,2!). In Test Ass 2 fmdet sich ebenfalls dies syntaktische Grundschema, im einzelnen modifIziert, als einer ganzen Ausftihrung unterliegend. Es geht um die Frage, wie eine Mischung aus gutem und bösem Tun zu beurteilen sei. In diesem Rahmen wird eine priamel artige Beispielreihe gegeben, die deutlichen Schulcharakter trägt. Im dritten Glied der Reihe heißt es: Kai"{e a:ya1T7} ovoa, ev rroV1]p{Q- eOTLv 0 oV"{KpurrTwv TO KaKov vrrep TO övop.a TO {
das zweite, die negative Bedingung enthaltende, Glied gerückt worden. Die weiteren Beispiele aus K. 2 lassen sich im Sinne von 1Kor 13,1-3 folgendermaßen umformen: wenn ich mich des Armen erbarme, aber Laster tue, ist das Ganze schlecht (VV. 5.6-7); wenn ich die Gebote und Kultvorschriften befolge, aber Laster tue, so ist das Ganze schlecht (V. 8). Anstelle der Bedingung ,keine Liebe haben' treten hier einzelne Laster des Lasterkataloggutes: Diebstahl, Raub, Unrechttun, übervorteilen usw. Syr Bar 19, 8 zeigt denselben Satzplan. Wendet man sich den Stilfiguren zu, so fällt zunächst die Metapher in V. 1c auf. Die Exegese ergab, daß es sich hier nach Gegenstand und argumentativer Verwendung um eine nicht eindeutig einzuordnende Trope handelt. Das Bild stammt aus dem Bereich der Kunst wie auch jenes in 1Kor 14,7 6 und ist der Diatribe 4. Übersetzung nach Mischna 4,9 (Marti-Beer, S. 77). Der inhaltliche Unterschied zu lKor 13,1-3 liegt darin, daß der erste Bedingungssatz inhaltlich rein negativ ist, während lKor 13,la.2a.3a. inhaltlich neutral (Paulus) bis positiv (Korinther) wertet. - Weiteren allgemeineren Vergleichsstoff bietet Fiebig, Evangelium, 3-32, wo allerdings die Satzform von lKor 1,-3 selbst nicht behandelt wird. 5. Hs. a; Varianten: Charles, Testaments, 174: Test Ass 2,4. - Eine entferntere Parallele stellt Test Gad 3 mit seinen eingipfligen Mv-Sätzen und den folgenden kurzen Hauptsätzen dar. 6. Vgl. die Zusammenstellung bei Bultmann, Diatribe, 88ff.
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geläufig. Andererseits sind die genannten Instrumente solche des Tempelkults und in LXX wie bei Philo erwähnt. Das Bild ist also nicht einfach diatribischer Stilzug, sondern - wie auch die auffällige Diktion zeigt - sehr selbständig gefunden und angewendet. Redefiguren begegnen reichlich: Anapher V. 1a.2a.3a 7, Epiphora in Gestalt der disiuncti0 8, Synonymie V. 1c 9, Polysyndeton V. 2a.3a 10, Hyperbaton V. I3 lall, Chiasmus und Parechese V. 2a 12 , Isokolon V. Ib. 2b.3b.2c.3c , weiterhin Antitlleton in allen drei Versen zwischen erstem und zweitem Nebensatz 14. Die Ebenmäßigkeit in den Verhältnissen der Sätze ist auffällig: die Verse 1b.2b.3b und 2c.3c haben dieselbe Wortzah1: vier und zweps. In V. 1 haben der Vordersatz und der Nachsatz je ein zweigeteiltes Satzglied: 'YAwaaat~ 7WV uvßpw1TWV ... Kai 7WV U'Y'Y€AWV, xaAKck ilxwv ij KVJ.1ßaAov uAaAa~ov. V. 2a teilt sich 4 : 5 : 4 : 5, V. 3a 6 : 6. Die kleinen Nebensätze in VV. 2.3 haben zwei und drei Worte Umfang. Insgesamt ist das Verhältnis der Teile zueinander durch eine vorsichtige Variation des Grundmusters gekennzeichnet. Ein wesentlicher Bestandteil der syntaktisch-stilistischen Fonngebung ist die dreimalige Anwendung des einen Satzgefüges. Die drei Sätze sind durch Kai verbunden - eine semitische Art der Verknüpfung _16, so daß der ganze erste Teil eine syntaktische Großeinheit aus drei gleichen syntaktischen Gebilden darstellt. Die bisher gesammelten Beobachtungen lassen' sich nun unschwer zu einem zusammenhängenden Bilde fügen: 1Kor 13,1-3 liegt eine literarische Komposition aus drei Sprüchen eines der Weisheitsliteratur vertrauten Bauplans vor. Und zwar handelt es sich um einen "Grundsatz" nach Bultmanns Tenninologie 17. Die literarische Fonn des Spruchs näher zu bestimmen, ist kaum möglich. Könnte man V. 1 noch für einer.. Zweizeiler halten 18, eventuell für antithetischen Parallelismus 19, so ist dies für VV. 2.3 wegen der Erweiterung der Vordersätze 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
Lausberg, §§ 629f. A.a.O. §§ 631.739. A.a.O. §§ 649-656. A.a.O. §§ 686f. A.a.O. §§ 716-718. A.a.O. § 723 (A. 1). § 637. A.a.O. §§ 719ff. A.a.O. §§ 787ff. Weiteres bei Weiß, Rhetorik, 37. Vgl. Norden, Agnostos Theos, 367. BuHmann, Synoptische Tradition, 74. So Weish 9,6. Kautzsch, Apokryphen I, 492, druckt den Satz dreiteilig und zeigt damit, daß er den Satz nicht als antithetischen par.membr. versteht (bearbeitet von Siegfried). 19. Dies trifft allerdings eigentlich nur - wenn überhaupt - auf Weish 9,6 zu, weil dort der nega tive Bedingungssatz dem Urteilssatz zugeordnet ist.
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bei verkürzten Nachsätzen formal unmöglich. Es lassen sich lediglich die Merkmale des Spruchs: Geschlossenheit, lehrhafte Tendenz, gehobene Form, Kurzform bestätigen 20. Dabei wird die dem atl. Spruch am ähnlichsten erscheinende Ausftihrung des syntaktischen Grundschemas V. 1 in den folgenden Versen variiert und in reine Prosa überHihrt 21 • Die Ich-Form der ersten drei Verse ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Weish 7,8-10 berichtet Salomo im Ral1ß1en einer Lehrrede, die 6,25 eingeleitet wird, von seinem Leben auf die Weisheit hin und von der Rolle, die die Weisheit für ihn spielte. Die in sich geschlossene Wertepriamel ist dreigliedrig strukturiert wie lKor 13,1-3, der Satzbau aber ein anderer. Ist hier das Ich durch die Applizierung auf Salomo natürlich stärker belastet als in lKor 13,1-3, so gilt dies nicht Hir das Ich Sir 51,13-22 22 , das mit lKor 13,1-3 zu vergleichen ist 23. Neben das Ich als feinen didaktischen Stilzug weisheitlicher Lehrdichtung 24, der das zu direkte ,Ihr', das doch gemeint ist, vermeidet, treten das kunstvolle, der LXX- Vorstellungswelt nahestehende Bild in V. 1 und das zu einem Bild zusammengezogene ursprüngliche Sprichwort V. 2, das hier nicht wie bei den Synoptikern als Logion begegnet. 20. Diese Merkmale lassen sich Jolles, Formen, 150-170, entnehmen. Zu der Syntax des Satzes als eines möglichen Spruches im atl. Sinn vgl. Schmidt, Spruchliteratur, 52 (Nr. lOb). 21. 1Kor 13,1-3 steht damit auch in deutlicher Nähe zu den synoptischen Logien, gerade was die Zusammenstellung von Sprüchen gleicher Struktur betrifft. Bultmann, a.a.O., z.B. 86 (dort Mk 8,36: ebenfalls eine der engsten strukturellen Parallelen zu 1Kor 13,1-3). - Dazu allgemein: Fiebig, Erzählstil, 3-32. 22. Ob es sich, wie Ryssel, Kautzseh, Apokryphen I, 473, meint, um eine "Empfehlung der Weisheit auf Grund der eigenen Erfahrung des Verfassers" handelt oder um einen anonymen Nachtrag, ist für das ,Ich' dieses Textes unbedeutend, das rein typischen Charakter eines Weisheitslehrers und -dichters trägt, wie ihn die Anreden ,Mein Sohn' Spr 2,1 u.ö. tragen. 23. Allgemein zu diesem weisheitlich-gnomischen Ich: Blaß-Debrunner § 281; ThWNT 2, 341360: "hypothetisch-fiktiv( er) Paränesestil", 356 (Stauffer). Kümmel, Römer 7, hat die genaueste Untersuchung über das ,Ich' bei Paulus vorgelegt. Er versteht 1Kor 13, 1-3 (wie Röm 7) als "Stilform " (124) und führt Beispiele aus der jüdischen und griechisch-lateinischen Literatur an, wovon besonders die fiktive Lehrerzählung Abot 6,9b von Interesse ist, da sie eine der schon erwähnten Wertepriameln enthält und so 1Kor 13 besonders nahesteht. 24. Es ist wichtig, das ,Ich.' in 1Kor 13,1-3 als weisheitlieh im engeren, literarhistorischen Sinn zu fassen. Denn die rabbinischen Parallelen bei Kümmel sind Lehrerzählungen, d.h. primäre Formen mit einem ursprünglichen Sitz im Leben (vgl. dazu: hg. Schreiner, Einführung, 196f.), während 1Kor 13 wie Sir und Weish literarisierte Formen sind, in denen das ,Ich' literarische Attitüde geworden ist. - Zur theologischen Bedeutung des ,Ich' vgl. die Zusammenfassung zu VV. 1-3, S. 90f.
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Alle diese Stilzüge zusammengenommen weisen in die weisheitliche Lehrliteratur, als deren Vertreter Jesus Sirach 25, Weisheit Salomos 26, Baruch, auch zum Teil 4 Esra, syrische Baruchapokalypse und der Äthiopische Henoch 27 zu nennen sind. Diese Literatur ist entscheidend durch die langsame Auflösung des atl. Spruches als primärer Fonn der Weisheitsliteratur gekennzeichnet. Hatte die atl. Weisheitslehre Einzelsprüche fonnuliert, die höchstens durch Stichwortreihung oder thematische Verwandtschaft lose größere Einheiten bilden konnten, so entstehen in der späteren literarischen Weisheit primäre Großeinheiten wie Lehrpredigt, Lehrgedicht usw. über ein Thema. Der Spruch ist nicht mehr dem Inhalt adäquat, er sperrt sich in seiner Ein- oder Zweigipfligkeit und lediglich antithetischen oder synthetischen Logik differenzierteren Inhalten, die über Erfahrungsformulierung oder Mahnung hinausgehen, und entfällt auch als mnemotechnischer Grundfaktor. Zum bloßen literarischen Formprinzip geworden, entfremdet er sich mehr und mehr dem klassischen Maschal und entzieht sich langsam der einfachen literarischen Analyse, zwischen lehrhafter Prosa und spätjüdischer Dichtung schwankend, die ihrerseits formale Auflösungserscheinungen zeigt 28• Als Kennzeichen einer Herkunft aus atl. weisheitlicher Spruchdichtung bleiben der jüdischen Weisheitsliteratur eine bestimmte Höhe des Vokabulars und seiner sprachlichen Verarbeitung (Bilder usw.), reiche kolometrische Gliederung 29, die einer Sprucheinheit näher oder ferner stehen kann - die mö.gliche Spannweite zeigt lKor 13,1-3 auf engstem Raum -, Satzparallelismus parataktischen Charakters 30, die Verbindung von gedanklicher Wiederholung bei sprachlicher Variation und schließlich das entscheidende Kriterium: das Fehlen eines gedanklichen Fortschritts, einer wirklichen Argumentation, die durch die nie ganz aufgegebene Spruchfonn unmöglich gemacht ist, positiv gesagt: die Aufreihung von inhaltlich parallelen Aussagen, Mahnungen oder Fragen 31. Diese 25. Vgl. Baumgartner, ZAW 1914, 161-198. 26. Fichtner, ZNW 1937, 115. 27. Zu den drei Letztgenannten vgl. ThWNT 7, 508ff. (Wilckens); zum Stil von 4Esr vgl. Kautzsch, Apokryphen 11, 349f. (Gunkel). Zum weiteren Umkreis: Jansen, Psalmendichtung, 5-8, 125-133. 28. Die Psalmen Salomos und Hodajaot sind wichtige Beispiele. Jansen, Psalmendichtung, hat von Fall zu Fall auf diese Tendenz hingewiesen, ohne sie weiter zu verfolgen. 29. Die Anregung Nordens, Agnostos Theos, 360ff., zu einer kolometrischen Ausgabe des NT ist nicht aufgegriffen worden. Für die spätjüdische Literatur gilt dasselbe. Bedeutung und Problematik der Kolometrie stellt Bujard, Kolosserbrief, 142-144, dar. 30. Vgl. Norden, a.a.O. 254ff., 355ff. 31. Die hier vorgelegte Skizze ist notwendigerweise ganz unvollständig, da für das Gebiet der intertestamentarischen Literatur zusammenhängende stilistische, syntaktische und formgeschichtliche Untersuchungen fehlen. Weiter fehlt eine AT, jüdische Literatur und NT . umfassende Literaturgeschichte, die allein sichere Ergebnisse über Geschichte und Gestalt
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Kennzeichen treffen für lKor 13,1-3 zu und bestimmen auch die Logik der Argumentation. Die Argumentation ist einpolig, thetisch und enumerativ. Die Behauptung, die Liebe allein mache wertig, wird mittels mehrerer Beispiele umschrieben, nicht direkt ausgesprochen. Die Umschreibung trägt durchaus schmükkenden, nicht etwa kasuistischen Charakter 32, ohne aber inhaltlich bedeutungslos oder tautologisch zu sein. Dabei ist eine inhaltliche Steigerung vorhanden, wie die Exegese ergab, so daß eine Einförmigkeit vermieden wird.
2. Verse 4-7 Der syntaktische Aufbau des Abschnitts stellt sich folgendermaßen dar: Hl
SP ........
-----
H2 PS ".".
Chiasmus
H8
H9
SP
g-o
H3
H4
H5
H6
g
H7
g-o
~ SP ~ r~------------------~ Sammelsubjekt
Hll
H 12
H 13
Spo --_ .............. SPO
o~
o~
H 10 '--"' ..........
Antithese ----------------------------~
H 14
H 15
o~
O~
-------+ Es handelt sich um eine fünfzehngliedrige Satzreihe von Hauptsätzen in Aussage form. Der zweigliedrigen positiven Einleitung folgen acht negative Glieder, deren letztes mittels einer Antithese zusammen mit dem zehnten positiven Glied diese Reihe abschließt. Es folgt eine gleicht gebaute Vierergruppe als Abschluß von Formen, Gattungen, Stilzügen, syntaktischen Mustern usw. liefern könnte. Eigenartigerweise hat auch die neuere Logienforschung sich nur traditionsgeschichtlich betätigt, ohne die literaturwissenschaftliche Grundfrage ,was ist und woher kommt das Logion' weiter zu fördern. Gerade für die neuerdings durch Köster, Robinson, H.W. Kuhn u. a. neu aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von synoptischen Logien und Paulus besitzt aber diese literaturwissenschaftliche Frage eine Schlüsselbedeutung. 32. So dagegen Abot 3,11. Zum Stil der Abot vgl. Mischna, 4,9, XVII-XXI (Beer).
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des ganzen Abschnitts. Mittels syntaktischer Variationen des Grundschemas des einfachen, aus einem flektierten Verb bestehenden Aussagesatzes gelingt eine deutliche Dreigliederung dieser Satzreihe in V. 4, VV. 5-6, V. 7. Das Grundmuster der verneinten verbalen Aussagesatzreihe der VV. 5-6, die von einem Subjekt abhängt, findet sich ebenso Test Benj 6,lff., wo es V. 3 heißt: ou T€p1r€7at €V 1Jöovf/, [Oli AV1rEi Tdv 1rA1]Ulov], OUK €j11ri1rAaTat TPVI(I{I, ou 1rAaväTm j1€7EWPWj10;'C: ol(JfJa"AJ1wv. Dieser Beschreibung des guten Sinns steht der zwiegestaltige, böse Mensch Test Ass 2 gegenüber (V. 5): äAAOC: KA€1rTEL, afnKEi, ap1rarEL, 1rAEOVEKTEi, Kai €AEEi 1rTWXOVC:, (V. 8) äAAOC: j10LXEVEL Kai 1rOPVEVEL usw. Die Formulierung solch kurzer Verbalsätze zur Beschreibung einer abstrakten Größe ist in der Weisheitsliteratur nicht gewöhnlich. Sie erklärt sich vielmehr als literarische Verarbeitung einer ursprünglich auf eine Person bezogenen at1. Form, die in der spätjüdischen paränetischen Literatur auf abstrakte Größen übertragen wurde. Die Reduktion dieser Aussagesätze auf Verb mit Negation ist aber nicht der ursprünglichen Form eigen, die in Zitation der Gebote meist Subjekt, Prädikat, Objekt und teilweise kasuistische Ergänzungen enthielt 33, eine Übung, die Test Iss Benj teilweise beibehalten. Daneben aber tritt die neue ethische Orientierung an Lasterkatalogen statt an Gebotsreihen. Diese nun ermöglicht die Reduktion der Sätze auf das ins Verb umgesetzte einfache Substantiv, ein Vorgang, den Test Ass 2 und lKor 13,4ff. gleichermaßen deutlich zeigen. Die Sprachanalyse hatte schon auf die Bedeutung der Verben flir lKor 13 aufmerksam gemacht. Die positiven Aussagen lKor 13,4ff. orientieren sich an Begriffen aus den Tugendkatalogen. Diese Tendenz, die alte Form der Bekenntnisreihe statt auf den verbal formulierten at1. Gesetzen auf den substantivisch vorliegenden Tugend- und Lasterkatalogen aufzubauen, fUhrt zu dem psychologisierenden Katalog 1Q 54,3ff. und formlosen Aussagereihen wie Test Benj 6,4, wo ein Lasterkatalogsplitter in ein Glied der Bekenntnisreihe eingearbeitet ist. 1Kor 13,4-7 dagegen hat mit der Orientierung an Tugendund Lasterkatalogen seine Form im Verhältnis zum AT eher präzisiert und gefestigt, ganz im Gegensatz zu Test XII Patr und 1QS, wo die Form starken Auflösungserscheinungen ausgesetzt ist. lKor 13,4 tritt damit in deutliche Nähe zu Formulierungen der kaiserzeitlichen philosophischen Rhetorik, deren epideiktische Reden über Tugenden bzw. menschliche Haltungen dieselben syntaktischen Formen zeigen 34. 33. Dtn 26,13b-14: als ich in Trauer war; als ich unrein war. 34. Vgl. Maximus v. Tyrus (20,2 Hobein, 26 Dübner; bei Conzelmann, 1. Korinther, 259f.) über den Eros. Maximus (125-185 n.Chr.), Rhetor über philosophische Gegenstände, sieht sich selbst in platonischer Tradition, so daß der Verweis Conzelmanns auf Platon Conv 197c ff. auch traditionsgeschichtlich richtig ist. Im Verhältnis zum Stil des Paulus geht es dabei nicht um direkte Abhängigkeit, sondern um allgemeine Beeinflussung.
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Hierzu trägt außer der syntaktischen Knappheit und dem dreigliedrigen Aufriß die stilistische Behandlung bei. In V. 4 wird der Chiasmus sehr wirkungsvoll am Eingang des Abschnittes zur Formulierung der positiven These verwandt 35, VV. 4b.5 sind als Isokolon mit Anaphern gestaltet 36. V. 6 enthält eine Antithese, der Vers ist im Satzparallelismus gestaltet und darf durchaus als literarisierter Spruch gelten 37. V. 7 enthält Anapher 38 und Synonymie 39. Entsprechend der Bekenntnisreihe, aber ebenso der Erosbeschreibung der Rhetorik, ist die Satzfolge abgesehen von dem Spruchelement durchgehend asyndetisch gebaut. Die Gliederzahl zeigt ein ähnliches Spiel von Dauer im Wechsel wie im ersten Teil. Die Maße der Kola sind: 3 : 3: 3 - 2: 2: 2: 4: 5 : 4 - 2: 2 : 2: 2. Der Abschluß in V. 7 findet seine genaue Entsprechung in dem Schlußsatz des Eros-Lobes bei Maximus v. Tyros: 1Tavraxo·ü ()apae;" mivrwv lJ1TepopQ., mivrwv K.paTei. Es handelt sich um eine syntaktisch wie stilistisch besonders genau durchgeformte Schlußpointe, wie sie überall, im Hymnus wie in der Rede, am Schluß ihren Platz findet 40. 1Kor 13,4-7 liegt eine sehr sorgfältige literarische Bearbeitung einer atl. Stilform vor, die im Judentum im Zusammenhang mit einer neuen Ethik umgeformt wurde. Bei deutlicher Nähe zu Test XII Patr und 1QS herrscht ein eigener Stil, der dem der ersten drei Verse entspricht. Eine im Zerfall begriffene Form wird mit Hilfe stilistischer Mittel und syntaktischer Konsequenz, die der philosophischen Rhetorik verwandt oder aus ihr entnommen sind, zu neuer literarischer Bedeutung erhoben. V. 6 bringt ein Element weisheitlicher Lehr35. V. 4 ist textkritisch problematisch: a) Nestle: " d-ya1Tl1 lJ.a"po~vlJ.€i, XP110T€V€TaL " a-ya1Tl1,oU !"nAoi, 17 a-ya1Tl11T€p1T€P€V€TaL •.. , b) GNT: " d-ya1Tl1 lJ.a"po~vlJ.{i, XP110TEV€TaL " d-ya1Tl1,ou !"l1Aoi,ou 1T€P1T€P€V€TaL ••. (nach B p46, so auch Zuntz, Text 68; dgg. NTS 1954/55, 191, Tasker), c) Lietzmann, 1. Korinther, 65: 17 u-yQ.1Tl1 lJ.a"po~vlJ.€i, XP110T€V€TaL, " d-yQ.1Tl1 ou !"l1Aoi ... (so auch Robertson-Plummer, I. Corinthians, 292), d) Jeremias, Abba, 278: " d-yQ.1Tl1 lJ.a"po~vlJ.€i, XP110T€VETaL 17 u-ya1Tl1, OU !"l1Aoi r, a-ya1Tl1, OU 1T€P1T€P€V€TaL ... (so auch Conzelmann, 1. Korinther, 256, A. 2; Lund, Chiasmus, 179). Nach Jeremias, a.a.O. 276-290, ist Chiasmus PI. geläufig, d) wohl die beste Lösung. - Vgl. den entsprechenden Chiasmus bei Maximus Tyr: OU liLKaoT11Pwv 'l'VAaTTETaL' ou 'I'€V-Y€L ~alJaTOIJ.
36. Lausberg, Rhetorik I, § 719. 37. Antithetischer Parallelismus, keine genuine Form, da das Subjekt nicht ausgesprochen wird. Der Spruch ist in die syntaktische Großstruktur der verbalen Hauptsatzreihe eingegliedert. 38. Lausberg, a.a.O. § 629. 38. Ebd. § 649. 40. So an bedeutender Stelle Sir 43,26ff. (dazu Hengel, FS. Stählin, 340, A. 31). Gerhardssons Herleitung aus Dtn 6,6 (dreimal ,~, LXX: öAl1d ist nicht schlüssig (FS. Daube, S. 196, Anm. 1).
184
dichtung in die von Haus aus paränetische Prosa, ein im Hinblick auf den Zusammenh~g der bei den ersten Teile des Kapitels wesentlicher Vorgang. Wieder ergibt sich die Art der Argumentation aus der Fonn: der ursprünglich Fälle aufzählenden Satzreihe fehlt jeder Gedankenfortschritt bis auf die Generalisierung zum Schluß. Die Aussage ,die Liebe hat alle guten Eigenschaften' wird aufzählend-beschreibend umschrieben.
3. Verse 8-12 Der Absclulltt läßt sich syntaktisch folgendennaßen darstellen:
V.8: H 1
H2
Hl
41 t------hl X 1 leLTe
I
x2
IeLTe
eLTe
S P (+E) oe
H3
SP
x3
SP
~
I
SP
W.9.10: H 1
N 1
H2
H 1
I
KaL
IOTav
De V. 11: N 1
Hl
H2
(N 1
H3 11
OTe 1
H 1
I~
OTe
asyndetisch V.12: H2
H 1
H2
H 1 TOTe
aprt
apn
IKa{)w<;
11
oe
NI
TOTe oe
Aufgrund der syntaktischen Analyse wird die Zweiteilung dieses Abschnitts in V. 8 und in VV. 9-12 deutlich. V. 8 stellt einen eigenen Satzbautyp dar. H 1 185
liefert den Bauplan S P + E, der in inhaltlich antithetischer Gegenüberstellung von dem Folgesatz unter dreifacher Aufteilung wiederholt wird 41. Es handelt sich um einen einfachen Aussagesatz, wie er zur Darstellung der eschatologischen Dauer einer der a:ra:Trq vergleichbaren Größe oft in AT und spätjüdischer Literatur verwandt wird 42, wie im einzelnen schon dargelegt wurde. Die mit V. 8b erfolgende Gegenüberstellung verschiedener vergänglicher Werte ,in Form einer Wertepriamel findet sich ebenfalls häufig in dem genannten Literaturkreis 43 • Und zwar hält sich nicht nur V. 8a mit seiner lapidaren Aussage syntaktisch im Rahmen entsprechender weisheitlicher und apokalyptischer Sätze 44, sondern gerade die Gegenüberstellung beider Größen, des Vergänglichen und des Unvergänglichen, in einem antithetischen Satzgeftige mit zwei A..ussagesätzen ist ein bevorzugtes syntaktisches Muster der jüdischen Literatur. Wie die Psalmen Salomos, Test lob 33 und 4Esra zeigen, liegt dieser Konstellation der at1. Spruch mit antithetischem Parallelismus zugrunde, der, wie schon gezeigt, zunehmend entschärft und der Prosa angenähert wurde. 3Esr 4,37f. trägt ebenfalls deutliche Spuren solcher Herkunft aus der Spruchdichtung, ist aber im Zuge der Prosaisierung stärker ausgeweitet als die präzise Formulierung lKor 13,8. Die Verse 9-12 sind nach demselben Bauprinzip des antithetischen Parallelismus formuliert, im Gegensatz zu V. 8 aber der Spruchform durch zwei gleichmäßig lange Teilglieder näher und formal nicht priamelartig konzipiert. Inhaltlich geht es dementsprechend nicht um die Lehrfrage nach dem bleibenden Gut, sondern um die Gestalt von Jetzt und Dann - ein Thema, das besser in die antithetische Spruchform gekleidet werden kann 4s • Auch Syr Bar 44,9-10. 41. Die syntaktische Bestimmung der EtTE-Einheiten ist schwierig. Blaß-Debrunner § 454 begreift E'TE - EtTE als hypothetische Konjunktionen, die elliptische (§ 446) Nebensätze einleiten. Diese Beschreibung bedüfte einer genauen Analyse, die für unseren Zusammenhang unerheblich ist. Wichtig ist dagegen, daß die mit EirE kombinierten Substantive Teile des umgreifenden Subjekts von H1.H2.H3 sind, das als ,Nicht-d')'Q.1I"11' zu verstehen ist. Das dreimalige Eire schließt die Teilaspekte bietenden Einzelsubjekte zu eben diesem Gegensubjekt zusammen. 42. 2Kor 9,9; paradigmatisch I/J 111,9; Weish 1,15; Äth Hen 39,7; 49,1; Sir 24,9 (mit einer Protologie verbunden); 40,13-17 (eAET/j.lOaVVT/ Elc; TOV alwva ÖLaj.lEVEr); Abot 6,7: [die Tora] gewährt denen, die sie befolgen, Leben in dieser und in der zukünftigen Welt (Mischna, 4,9, S. 177); vielfach in den Psalmen. Besonders deutliche Parallele: Test lob 33. 43. Einfache dualistische Gegenüberstellung: Ps Sal 3,5-12; 9,5; 13,11; 14 pass. 15 pass. u.ö.; Mt 5,18; 4Esr 9,36f.; Abot 4,l1b; 5,16 Äth Hen 58,6; Syr Bar 14,19; 44,9-11; Vergleiche: 3 Esr 4,37f. (aus dem Lob der ciA~~eta, vgl. Conzelmann, 1. Korinther, 260); Syr Bar 73,lff.; Äth Hen 1O,13ff.; 49,lf.; 58,5f.; 4Esr 7,33f.; 113f., Abot 6,9b. 44. Vgl. besonders 4Esr pass. 4~. Vgl. die AnUth~slm lKor IS,42bff.
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11-12 behandelt dasselbe Thema in derselben Form, wobei aber dort die Antithese zwischen die beiden übergreifenden Satz komplexe verlegt ist, die in sich dem synthetischen Parallelismus atl. Sprüche nahesteht. lKor 13,9-12 dagegen folgt durchweg einem Schema, das durch die Zeitbestimmungen und oe - das Bild in V. 11 fugt beide Teile asyndetisch - strukturiert wird. W. 11 und 12 verdoppeln die Struktur jeweils. V. 12a.b. zeigen die ausgewogenste Konstruktion mit je einem Hauptsatzpaar. N 1 in VV. 10.lla.b sind zu Nebensätzen aufgewertete Zeitbestimmungen, dem roTe von V. 12a.b entsprechend. V. lla entspricht dem üpn. W. 9.11 gliedern den ersten Hauptsatz in zwei oder drei Hauptsätze. V. 12b schließlich. verstärkt die Bedeutung des Prädikats von H 2 durch eine Erläuterung in N 1. In den W. 9-12 liegt wie in VV. 1-3 dreimal dasselbe, von der Spruchfonn herkommende syntaktische Schema vor mit dem Unterschied, daß beim zweiten und dritten Mal durch Verdoppelung zu einem synonymen Parallelismus, der die Antithese jeweils in sich trägt, ein stärkerer Abschluß als im ersten Teil des Kapitels erzielt wird und daß die einzelnen Einheiten variabler konstruiert sind. Besonders das Präteritum in dem Bild V. 11 schWächt den einheitlichen Eindruck des Abschnittes. Die stilistische Durcharbeitung ist ähnlich sorgfältig wie in den vorangehenden Versen. Der durch Tempuswechsel, asyndetische SatzfUgung und Dreiteilung des ersten Hauptsatzes besonders proftlierte Vergleich in V. 11 entstammt dem gemein antiken Bilderkreis der Fartillie 46, der LXX ebenso vertraut ist wie der paganen Literatur und von Paulus häufig benutzt wird. Die metaphernartige Aussage in V. 12a, aus dem Bereich der jüdisch-hellenistischen Erkenntnislehre stammend, dagegen ist rhetorisch weniger stark akzentuiert, argumentativ aber bedeutungsvoller und literarisch ähnlich anspruchsvoll wie V. lc. An Figuren begegnen dreifache Anapher in V. 8, Synonymie inV. 8b, in den Versen 8 und 10 dreifache Epiphora als Polyptoton 47, in V. 9 Anapher, in V. 10 Chiasmus, in V. 11 distributio 48, in V. 12 Anapher, intensiver Pleonasmus (0,' eao1TTpov €V aivi"fl1an), eine alliterierende Wendung mit Wortwiederholung: 1Tpoaw1Tov 1Tpd~ 1Tpoaw1Tov, und eine Stammwiederholung: e1Tt"fvwa-(Paronomasie), weiterhin die durchlaufenden Antitheta. Die Verhältnisse der Satzabschnitte untereinander sind in V. 8b: 3:1; 2:1; 2:1, in V. 9: 4:4; in V. 10: 5:4; in V. 11: 3:3:3:3:3:4 (V. lOb: V. llb = 4:4; V. Ba ebenfalls 4); V. 12: 7:5:4:6. Der dritte Teil des Kapitels ist eigenwilliger gestaltet als die vorangehenden Abschnitte. Das zugrundeliegende Spruchschema büßt durch drei Stilmittel stark an strukturierender Bedeutung verglichen mit W. 1-3 ein, wie auch der Vergleich mit Test lob 33 deutlich zeigt. Der Wechsel zwischen Ich (W. 11.12b), 46. Vgl. BuHmann, Diatribe, 88. 47. Vgl. Lausberg, Rhetorik I, § 64ff.
48. Ebd. § 675.
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Wir (VV. 9.12a) und sachlichen Aussagen (VV. 8.10) gegenüber durchgehendem ,Ich' der ersten Verse, das Fehlen eines öfter gleichlautend gesetzten Gliedes und der eingeschobene V. 11 wirken nicht variierend, sondern desintegrierend. Der verstärkte Schluß in V. 12 bringt weitere Spannung in das Grundgeftige. V. 8 hat sich syntaktisch verselbständigt trotz der vorhandenen antithetischen Gliederung. Die Gedankenführung ist nicht aufzählend und wiederholend, sondern fortschreitend, durchaus argumentativ gemeint. V. 11 ist Beweismaterial ftir VV. 9.10, also auf einer anderen logischen Ebene als die übrigen Sätze. Die Verse 9-12 sind ihrerseits V. 8 nicht gleichgeordnet, sondern Ausführungen zu dem in V. 8 gegebenen Lehrsatz. Der ganze Teil ist stärker als die Verse 4-7 gegliedert in Lehrsatz, Ausführungen zum Lehrsatz und angewandte Schluß formulierung. Es liegt hier ein durchgeformtes Lehrstück vor, das sich an ein Publikum wendet mit der Absicht, zu erklären und zu überzeugen. Im Gegensatz zu den beiden ersten Teilen ist hier der Sitz im Leben eben der vorliegende Brief, die literarische Fonn genuin, nicht Literarisierung. Gearbeitet aber wird mit demselben Material wie bisher. Die Traditionen, die verarbeitet werden, sind, wie es dem Thema entspricht, nicht nur in weisheitlichen und allgemein paränetischen, sondern vornehmlich in apokalyptischen Texten nachzuweisen. Gewisse diatribenähnliche Stilzüge - V. 11 und die eLT€-Aufzählung in V. 8 - treten im Zusammenhang mit der publikumsbezogenen Haltung des Textes zutage 49 , während der Gesamteindruck der semitischen Syntax dominiert 50.
4. Vers 13 Der einfache syntaktische Plan des Satzes: HS2
HSI
oe ist kunstvoll ausgeftillt. Dreigeteiltes Prädikatsnomen, Apposition zum Prädikatsnomen mit substantivischem Charakter, spezifIzierender (oe) Nominalnachsatz, der am Ende a:ya:lTl1 trägt, wodurch eine redditio zwischen VV. 8.13 entsteht 51, 49. Bultmann, Diatribe, 73, A. 2. 50. Vgl. Norden, Agnostos Theos, 261. 51. Lausberg, Rhetorik I, § 625. - Dieser zweifellos gelungene Stilzug findet sich in den Conzelmannschen Vergleichsbeispielen nur 3Esra 40, allerdings in abgeschwächter Form, da dM~€La im Genitiv steht und zum Schluß Gott untergeordnet erscheint. Gerade dieser Vergleich zeigt die rhetorische Qualität und theologische Kühnheit von lKor l3,l3.
188
enumeratio und Epiphora geben dem ganzen Satz, der zudem als Antitheton zu V. 12 steht, eigenes Gewicht. Diese Dreier-Gnome ist wesentlich kunstvoller gestaltet als rabbinische Vergleichssätze Abot 1,2.18a; 2,ld; 3,1 und zeigt auch syntaktisch und stilistisch den Charakter eines theologischen Satzes, der sich bei der Exegese ergab 52. Hier liegt also eine deutliche Literarisierung der ursprunglichen Form vor wie auch in den Versen 1-3 und 8. Die Herkunft aus dem antithetischen Spruch ist wieder unverkennbar. Die Gnome steht V. 8 näher als VV. 1-3. Prägnanz und knappe stilistische Raffmesse weisen auf diatribische Elemente hin, die die Grundlage der Weisheitsdichtung überformen und mit präziseren theologischen Ausführungen Hand in Hand gehen, wie sie für den dritten Teil des Kapitels schon charakteristisch waren. V. 13b ist gesondert zu betrachten. Drei wesentliche Parallelen finden sich in jüdisch-hellenistischen Schriften. Test lob 27,7 heißt es am Schluß der Ausführung über die /laKpotJU/lla: KpELrrWV earw 7Tavroe: iI /laKpotJu/lia. Die Rede des Leibpagen von Darius über die Wahrheit (3Esra 4,40) endet mit dem Preis des Gottes der Wahrheit. Darauf ruft der Aack (41): /lE')'aA77 1] aA1?tJELa Kai lJ7TEptaxVEL 53. Zu Beginn des 4Makk wird das Thema (ähnlich wie lKor 12,31) angegeben: Kai ')'ap ava')'Kaioe: Eie: €7TLar1?r77v 7TavrL 6 AO')'Oe: Kai äAAWe: r17e: J.1.E')'iar77e: apEr17C:, Ae')'w o~ IfJPOvr7aEWe:, 7TEpLeXELv €7Tawov. Hier ist die Gnome: "die Einsicht ist die höchste Tugend" in die Themenangabe umgeformt worden. Diktion, Prägnanz und Kürze des Satzbaus, in Test lob und 3Esra auch die Position der Gnome: in diesen Punkten gehört lKor 13,13b in den Rahmen der angegebenen Texte aus dem Spätjudentum.
5. Zusammenfassung Der Stil des Kapitels liegt auf dem Schnittpunkt zwischen demjenigen der weisheitlichen Spruchdichtung und ihren spätjüdischen Nach':"olgern einerseits und dem epideiktischen Genus der hellenistischen und kaiserzeitlichen Rhetorik andererseits, ohne daß sich diese Bestimmung historisch präzisieren ließe. Beiden Literaturformen fehlt eine wirkliche Argumentation. Sie stellen dar, sie loben, sie belehren in einem poetisch entschärften, verallgemeinernden Ton. lKor 13 zeigt die Tradition weisheitlicher Spruchdichtung, den zweiteiligen, oft antithetischen Spruch, der die Möglichkeit bietet, eine einzelne Aussage mit allgemeinem Anspruch und weitreichender Gültigkeit zu formulieren, wobei metaphorische Aussagen und Ich-Diktion beliebt sind und variierende Wiederholung
52. Vgl. stilistisch z.B. 2Kor 4,18b. 53. Beachtenswert im Vergleich mit U1T€p{JoAfl oödc; ist das Verb
U1T€PLOXV€LV.
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an die Stelle gedanklichen Fortschritts tritt. Hinzu kommen in lKor 13 Stilzüge der beweglicheren rhetorischen Prosa 54 mit ihren kürzeren Satzeinheiten, präziseren Aussagen und ihren sprachlichen Pointen und dem rednerischen Schmuck, der seinerseits dieser Prosa etwas von poetischem Stil zukommen läßt. 54. So bezeichnet Gerhardsson, SvExArsb 1974, 124, 1Kor 13 ähnlich als Kunstprosa, (ders. in FS. Daube, 188: "rhetorisch-didaktisches Prosagedicht"), sofern man diesen Begriff vom spätjüdischen und neutestamentlichen Umfeld her bestimmt. - Zu den fließenden Grenzen zwischen P~esie und Prosa im Umkreis der hellenistisch-römischen Rhetorik vgl. zuletzt die allgemeine Charakteristik bei Hunger, Byzantinische Profanliteratur, Bd. 1 und 2 pass.
190
F. FORM VON lKOR 13
1. Forschungsstand Die literarische Form 1 des Kapitels ist seit langem neben der inhaltlichen Fragestellung zum hauptsächlichen Gegenstand der Untersuchungen über lKor 13 gemacht worden, so daß hier anders als bei den Untersuchungen zu Sprache und Stil zunächst die in der Literatur vorgeschlagenen Formbezeichnungen zusammengestellt werden müssen. Nachdem HeinricP, v. Harnack 3 und Weiß 4 auf die Selbständigkeit und formale Geschlossenheit dieses Kapitels hingewiesen und es wegen seiner literarischen Schönheit gelobt hatten, ohne daß sie zu einer genauen Formbestimmung - "Psalm1ied", "Hymnus", "Lehre" wurden vorgeschlagen - gekommen wären, erstellte gleichzeitig Norden mit seinem Buch "Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formgeschichte religiöser Rede" (1913) Grundlagen, die eine präzisere Forschung an der Formbestimmung griechischer und lateinischer religiöser Literatur einleiteten. Norden selbst faßte diese seine 1. Zu den literarischen Formen im NT grundlegend Dibelius, Literatur, und ders. ThR 1931, 207-242; neuerdings Vielhauer, Literatur (dort reichliche Literatur-Angaben zu allen Fragen). Eine monographische Behandlung der Formprobleme in den Paulusbriefen fehlt ebenso wie die Basis einer solchen Arbeit: eine Analyse und Geschichte der vorliterarischen Formen der ntI. Briefe (dazu allgemein Vielhauer, Literatur, Ilf.). Vielhauer gibt eine zusammenhängende EinfUhJung in "eine(n) bestimmte(n) Teil der vorliterarischen Formen" des NT (a.a.O.), nämlich in "diejenigen vorliterarischen Formen, die fUr keine größere Gattung literarisch konstitutiv geworden sind" (a.a.O.), beschränkt sich aber "auf das relativ Sichere" (S. 12). Einen allgemeinen Überblick über die "Formen frühjüdischer Literatur" gibt Weimar in: Hg. Maier-Schreiner, Frühjudentum, 123-162. Allgemein ist zu beachten, daß häufig Aussagen zum Stil als solche zur Form betrachtet werden. So z.B. jetzt bei Turner (MouIton), Grammar IV, 80-100 (Lit.). Die zahlreichen neuen Beiträge zu Formproblemen bei Paulus stellen die Eingangs- und Schlußformen der Briefe in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. Eine durchgehende literarhistorische Analyse dagegen fehlt. 2. Heinrici, Der literarische Charakter, 67: "Das Psalmlied von der Liebe, ... das seinesgleichen nicht hat." 3. Harnack, Das Hohe Lied, 137, "Hymnus", 154, "kein Psalm", 153, A. 4, "Poesie im strengen Sinne ist der Hymnus freilich nicht, sondern Rede (daher ist auch die Bezeichnung Hymnus nicht ganz korrekt)". - Rede ist hier im Sinn einer Formbezeichnung gebraucht (so Vielhauer, Literatur, 241, über die Form des Hebräerbriefes). 4. Weiß, 1. Korinther, 311: "Hymnus, Ode, Psalm sind unzutreffende Namen, denn es fehlt das Merkmal eines solchen, ein Metrum." "Der Verfasser will Wert und Wesen der Liebe schildern, und er tut es in rednerischer Form ... Lehre." - So jetzt auch Gerhardsson, SvExArsb 1974, 124: rhetorisch-didaktisches Prosagedicht.
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Untersuchungen folgendermaßen zusammen: "Als gesichertes Ergebnis der beiden Abhandlungen dieses Buches betrachte ich den Nachweis des festen Bestandes eines Typenschatzes religiöser Rede, zu dessen Prägung der Orient und Hellas in gleicher Weise beigetragen haben und den die synkretistischen Religionen der Kaiserzeit, einschließlich des Christentums, übernahmen. Das hellenisierte Judentum hat bei dieser Herübernahme von seiten des Christentums eine bedeutende Rolle gespielt; die eigentliche Vermittlerin aber sowohl für Juden- wie Christentum ist die orientalisierte Stoa - vor allem Poseidonios - und der an sie anknüpfende Platonismus gewesen. Um bewußte Entlehnung im äußerlichen Wortsinne handelt es sich nur in seltenen Fällen, stets aber um die immanente Form der ,immortale farma'." 5 Die Form von lKor 13 bestimmt Norden an anderem Ort als "Psalm" 6. Dibelius konnte 1931 in seinem großen Literaturbericht zur "Formgeschichte des NT (außerhalb der Evangelien)" 7 eine erste Zusammenfassung der aufgrund der Anregungen Nordens, Reitzensteins und der atl. Gattungs- und Formgeschichte in der ntl. Brief- und Geschichtsliteratur für die Formbestimmung geleisteten Arbeit geben. Für die Briefe arbeitet er an fest geformten und aus dem Kontext isolierbaren, der urchristlichen Gemeindetradition entnommenen Stücken heraus: paränetische Texte, gottesdienstliche Lieder, Bekenntnisse und Akklamationen, exegetisches Material und Predigt formen 8, welch letzterer Gruppe Dibelius lKor 13 zuordnet, wenn auch mit Vorbehalten und unter Hinweis darauf, daß eine eigene Bestimmung der Form dieses Kapitels dringend benötigt werde 9. Wichtige Beiträge zu dieser Arbeit haben dann neben anderen Autoren 10 vor allem 5. 277f. 6. Norden, Kunstprosa 11, 459: "der Hymnus des Paulus auf die Liebe". 509 liest man zu Plato und Paulus: "beide haben den Ton der Hymnen angeschlagen, der Attiker den das Dithyrambus ... , der orientalische Hellenist den des Psalms." 7. ThR 1931, 206-242. 8. Ähnlich Kümmel, Einleitung, 214: Predigt, Paränese, Lehre, Prophetie, Hymnus; Bornkamm, Paulus, 22: Predigt, theologische Beweisführung, Mahnrede, liturgische Wendungen. 9. A.a.O. 231 über lKor 13: "Ich widerstehe der Versuchung, es zum Liede zu erklären, obwohl die formale Bindung und die strophische Gliederung deutlich zu sein scheint. Aber wie in der popularphilosophischen Predigt, so kann es auch in der urchristlichen rythmisch-rhetorisch gestaltete Partien gegeben haben, die deswegen doch nicht au!börten, gesprochene Predigt zu sein. Auch die Gemeindebriefe des Paulus sind ja zum mündlichen Vortrag in der Gemeindeversammlung, also zum Gepredigtwerden bestimmt." 10. Hier sind vor allem drei Arbeiten zu nennen, die alle lKor 13 als Hymnus verstehen. Hitchcock, ET 1923, 488-492, faßt seine These S. 488 folgendermaßen zusammen: "The following is an attempt to show that this famous hymn was originally written
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v. Rad 11, Sahlin 12, Schmid 13, Spicq l4, DowneylS und zuletzt Conzelmann 16 geleistet 1? Alle diese Forscher stimmen mit den zuvor Genannten darin überein, daß 1Kor 13 sich nicht nur inhaltlich, sprachlich und stilistisch als besondere Einheit innerhalb des 1Kor darstellt, sondern darüber hinaus sich durch eine besondere Formgebung aus dem aktuellen Kontext als geschlossenes Stück heraushebe und daß diese Fonn im Zusammenhang einer längeren Form- oder Gattungsgeschichte stehe 18. Während an eindeutig orientalisch-at!. herzuleitenden Formen neben dem Psalm noch durch v. Rad die Gattung der Bekenntnisreihe geltend gemacht wurde 19, suchen Schmid, Sahlin und Spicq die griechischen Formen von
in metre. " Vorbilder sieht er in den euripideischen Chor-Oden und in den PindarOden. Hoffmann, DVfLG 1926,58-73, hält 1Kor 13 für "ein Gedicht in Prosa, ... , einen Hymnus, welcher auch den Anspruch erhebt, ein literarisches Kunstwerk, und zwar spezifisch hellenistischer Prägung zu sein" (59). Neuerdings hat Schattenmann in seinen "Studien zum ntl. Prosahymnus" unser Kapitel wiederum als rhythmischen Hymnus eingehend analysiert (19-21). Dem Buch fehlt aber die Definition dessen, was einen Hymnus ausmache und wie man hymnisch-rhythmische Gestaltung erkenne. Die pauschale Erklärung auf S. V., die besagt, "daß Stilformen der griechischen Kunstprosa" im NT enthalten seien, bietet für diesen grundlegenden Mangel keinen Ersatz. Auch Allo, 1. Korinther, 342, erkennt in 1Kor 13 einen Hymnus: "Au Heu de donner une explication didactique, de ,gnose' ou science, Paul entonne une sorte d'hymne, qui devra beaucoup surprendre et frapper les Corinthiens." Rigaux, Briefe, 187-200, zählt 1Kor 13 unter den Beispielen fur "rhythmische Prosa und Hymnen" auf. Kümmel, Einleitung, 233, spricht von "hymnischer Beschreibung". Dagegen nimmt die bisher gründlichste Gesamtdarstellung zu diesem Thema, Krolls "Altchristliche Hymnodik", nicht auf 1Kor 13 Bezug. - Zu neueren Arbeiten über ntl. Hymnen, in denen nach Kroll anders als bei Schattenmann 1Kor 13 nicht erwähnt wird, vgl. den Literaturbericht von Rese in VF 1970, 75-95. Ebenso erwähnt der Artikel vi.tVo~ von Delling, ThWNT 8, 492506, 1Kor 13 nicht. 11. FS. Alt, 143-168. 12. CN 1941, 28f. 13. Schmid, Priamel. Vgl. dazu ThZ 1966, 396ff. (Dombrowski). 14. Spicq, Agape 11, 59-63. 15. Ekphrasis, RAC 4, 921-944, dort (923): "Dieser Tradition (sc. der E. und dem €lKovLap.o~ - xapaKT1'/PLap.o~) entstammt auch die Beschreibung der Agape 1. Cor. 13." 16. So auch Fridrichsen, Mirac1e, 100, unter Verweis auf Martin, Rhetorik, 89ff. (rrapEKßaatt; - egressio - Exkurs) und Viel hauer, Literatur, 69f., wie schon Dibelius, Literatur, 103. 17. Conzelmann, NTS 1965/66, 231-244; 1. Korintherbrief, 256ff. 18. Vgl. auch die kurze, nicht vollständige Zusammenfassung von Sanders, Interpretation 1966, 160-187; dort 160f.: Stellungnahme gegen die Hymnus-Erklärung; Übereinstimmung mit Spicq. Weiter: CN 1941, 1-27. 19. v. Rad, FS. Alt, 164ff.: v. Rad selbst bevorzugt für den von Galling, ZAW 1929, 125ff., gewählten terminus ,Beichtspiegel' die Bezeichnung ,Bekenntnisreihe' (165).
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Priamel, Enkomion und Ekphrasis zur Beschreibung zu verwenden 20. Conzelmann betont stärker die Unterschiede zwischen den Fonnen der drei Teile des Kapitels und kommt daher zu keiner eindeutigen Aussage über die Gesamtfonn, sondern eher zu einem traditionsgeschichtlichen Umriß: er spricht vom "Stil der jüdischen Weisheitstradition" 21, von der Tradition der "Aretalogie der Weisheit" 22. Die Frage, ob es sich um einen Hymnus handele, läßt er offen und erklärt sie zu einer (bloßen) "Frage der Definition" 23. Es sind also die verschiedensten - deutlicherweise nicht immer kommensurablen - Bezeichnungen: Enkomion, Ekphrasis, Priamel, Hymnus, Aretalogie, Psalm, Predigt, Lehre und Bekenntnisreihe, daraufhin zu prüfen, wie weit sie spezifische Teile von lKor 13 oder das ganze Kapitel beschreiben. Im Zusammenhang damit wird zu klären sein, ob es sich um einen eigenem schriftstellerischem Formwillen entstammenden Text 24 oder um überfonnte Tradition handele, ob eine griechische oder orientalische Fonn vorliege 25 und ob der Text prosaisch oder poetisch sei 26. Wegen der Vielfalt der Hypothesen und der öfter nicht sorgfältig verwendeten Begriffe empfiehlt sich zunächst eine kurze definitorische Orientierung über die vorgeschlagenen Fonnen 27. 20. Schmid, Priamel, 118ff.: Wertepriamel. Spicq. Agape 11, 59: "une exhortation pan!netique" (dazu kritisch Kieffer. Le Primat de l'Amour, 37) und: "cet expose didactique est communement divise en trois ,strophes'." 62: es handelt sich um die in der hellenistischen Zeit verbreitete Gattung des ~'YKWIJWV OU'YKPLTtKdv. Spicq vermu tet also die Verwendung der griechischen ~'YKwJ.tw~Form in ntl.-paränetischem Zusammenhang. Ebenso Sahlin, a.a.O. 28; Sanders, a.a.O. 160. Vgl. zu Spicqs Vorschlag J. Chrysostomos, siehe Kap. A., Anm. 3. Kieffer, Le Primat de l'Amour, 36f., schlägt (mit Einschränkung) "eloge" vor. 21. Conzelmann, 1. Korinther, 257. So auch Sahlin, a.a.O. 29. 22. Ebd. 261. 23. Ebd. 257, A. 11. Kritisch Kieffer, Le Primat de l'Amour, 36f. Direkt gegen ,Hymnus': Sanders, a.a.O. 160f. 24. So etwa Harnack, Das Hohe Lied, 155, der urteilt, daß "sich auch in der profanen Literatur nichts Ähnliches" finde. 25. Auf diese Frage geht bes. Schmid, Priamel, ein. 26. Die ,Hymnus'-Hypothese ist in sich uneinheitlich. Man kann einen Prosahymnus oder einen dichterischen Hymnus in 1Kor 13 vermuten. Auch die ,Psalm'-Hypothese betrachtet 1Kor 13 als Dichtung. 27. Vgl. allgemein Dibelius, Formgeschichte; Bultmann, Synoptische Tradition; Eißfeldt, Einleitung, 10-170; Sellin-Fohrer, Einleitung, 54-111; 276-301; 331-345; 374-396; Norden, Agnostos Theos; Koch, Formgeschichte; (Hg.) Schreiner, Methoden, 194-231 (Schreiner), 232-260 (= Abkürzung von Zimmermann, Methodenlehre, 128-176).
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2. Terminologie der Formen a) Darstellung Die beiden ersten Begriffe, Enkomion und Ekpluasis, finden wir als feste Formbezeichnungen in der antiken Rhetorik. Enkomion = laus und ekphrasis = descriptio gehören in der Gliederung der Rhetorik von Lausberg unter dem dritten Kapitel "exercitatio" in den Oberabschnitt "scribendo" der "verba coniecta". Dort begegnen sie im dritten Unterabschnitt "pluribus modis tractare" nebeneinander unter einer größeren Reihe anderer Behandlungsformen 28. Beide modi gehören dem genus epideicticon = demonstrativum an, dem dritten genus der Rede 29. Dieses bezieht sich vor allem auf "das Lob der Schönheit" 30. Die Gegenstände des epideiktischen Lobs sind weit gestreut und umfassen "Götter, Menschen, Tiere, Unbelebtes" 31. Sie erstrecken sich auf ästhetische wie auf ethische Qualitäten 32. Das Lob auf Menschen behandelt u.a. die virtutes hominum, "fortitudo, iustitia, continentia, ceteres virtutes" 33. Auch das Lob der Seele kann auf einzelne Tugenden aufgeteilt werden 34, Lausberg beschreibt die €K..ppaat<: als "meist eine Funktion des '€'YKWJ.lLOV' "; sie "ist die detaillierte Beschreibung einer Person oder eines Gegenstandes"3s. Ilu Ziel ist die "evap'Y€La" 36. Wendet man sich den beiden Formen unabhängig von ihrer rhetorischen Bedeutung zu, so treten die charakteristischen Unterschiede beider stärker hervor. Die Ekphrasis ist seit den homerischen Dichtungen durch ihren Besclueibungsstil gekennzeichnet 37 und von daher ebenso in der Prosa - Reden und Geschichtsschreibung - wie in der Dichtung, soweit sie Orte, Personen, Feste, Kunstwerke usw. beschreibt, zu finden 38. Auch AT und hellenistisches Juden28. Lausberg, Rhetorik I, §§ 1129 (laus). 1133 (descriptio). 29. A.a.O. §§ 239-254 (vgl. die Übersicht S. 9f.). Vgl. dazu PW Suppl 7, 1039-1138, bes. 1128ff. (Kroll). 30. A.a.O. § 239 (S. 130). 31. A.A.O. § 243 (S. 132). 32. A.a.O. § 240, A. 1 (131). 33. A.a.O. § 245 (133). 34. A.a.O. § 1129 (542). 35. A.a.O. § 1133 (544). Ähnlich beurteilt den Zusammenhang Hohlweg, Reallexikon zur byzantinischen Kunst 2, 33-75; dort 35.39. 36. Lausberg, a.a.O. § 1133 (544). Vgl. § 810 (339ff.) dort (400): Hermogenes Prog 10; fK.ppaab; earL i\o-yo~ 1Tf:pt~rtJ.l.aTLKOr;,
w<;
I{)aat, €vap-Yr1~, Kai im' lJtjJw ä-YVWTO lirti\Ol.JJ.l.€VOV.
(Teil der Figurenlehre, und zwar unter den affektivischen Figuren der Sachzugewandtheit eingestuft.) 37. Vgl. bes. Ekphrasis, RAC 4,921-944 (Downey). 38. Quellen bei Hohlweg, RbK 2, a.a.O. Vgl. allg. die Kurzbeschreibung von Hommel, LAW 796.
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turn verwenden die Ekphrasis - als Beschreibung "eine der Urausdrucksformen menschlichen Denkens" 39 - häufiger 40. Die Rhetorik bemächtigt sich dieser Form, so daß sie zum "Lehrgegenstand des höheren Schulunterrichts innerhalb der rhetorischen Progymnasmata" wird 41 . Das Enkomion selbst ist eine genuin dichterische Form, zunächst närillich das "Loblied, welches der Festzug (KW/10C::) auf den heimgekehrten Sieger zu singen pflegte" 42. Die Technik entnimmt das Enkomion aus der Hymnendichtung. Da auch eine prosaische Gestaltung des Enkomion möglich ist 43, übernimmt in späthellenistischer und römischer Zeit die Rhetorik immer stärker diese Form 44. Hier wird einerseits die starke Annäherung von Ekphrasis und Enkomion möglich, andererseits vollzieht das Enkomion selbst nicht nur Beschreibung, sondern die enkomiastische alJ'YKpwLC:: dient "ganz agonal dem Erweis der VTTEPOXi! des Gefeierten" 45. Das €'YKW/1WV aV'YKPLTtKOV ist seit Isocrates bekannt und "stets mit starker aV~77aLC:: der Taten verbunden"46, kann also ebenfalls Ekphrasis einschließen. Bei der Priamel handelt es sich um "ein aus dem erstmals bei Martianus Capella (im allgemeinen Sinn) begegnenden Adj. ,praeambulus' entwickeltes mittelalterliches Wort, seit dem 18. Jh. gebraucht rur die rhetorische Figur der Beispielreihung, auf die gern im letzten Glied eine Schlußpointe folgt. Bezeiclmet diese einen alle anderen vorgenannten Werte übersteigenden Höchstwert, so spricht man von einer Wertepriamel"47. Die Form begegnet seit Homer in Dichtung und Prosa. Sie wurde nicht direkt von der Rhetorik übernommen, die sich aber in der "Argumentationsform des incrementum auch priamelartiger Mittel" bediente 48. Incrementum und comparatio als genera amplificationis können priamelälmliche Aufzählungen und exempla enthalten, besonders im epideiktischen Genus 49. Der Hymnus war zunächst seit homerischer Zeit Kultlied mythologischen Inhalts mit den drei Teilen der Herbeirufung, des Preises und der Bitte an die 39. RbK 2, 34; RAC 4, 930f. (vgl. bes. Spr 31: xapaKTf/pLoP.O<; der guten Hausfrau, d.h. eines Menschen!). 40. RbK 2,42; RAC 4, 930f. 41. LAW 796. 42. PW 5,2,2581-2583; dort 2581 (Crusius). 43. RAC 5, 332-343; dort 334 (Payr). 44. Ebd. 335. 45. A.a.O. 46. A.a.O. 47. LAW 2429. Der Artikel Hammels referiert im zweiten Teil die Ergebnisse seines Schülers Schmid in bezug auf 1Kor 13. 48. LAW 2429. 49. Lausberg, Rhetorik I, § 401-404.
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Gottheit. Der epische Mittelteil wurde zur Erzählung der Taten und des Wesens der Gottheit ausgedehnt, löste sich langsam vom Kult und gewann eine eigene Form. Seit ca. dem 4. vorchristlichen Jahrhundert traten auch Prosahymnen auf, und die Rhetorik gliederte den Hymnus in ihre Übungen ein 50. Damit tritt der Hymnus in die Nähe des Enkomion = laus als Teil des epideiktischen Redegenus, das bei den griechischen Theoretikern auch panegyrisches Genus genannt wird 51. Der so veränderte Hymnus ist natürlich thematisch entschränkt und wird "zum Lobe einer zu feiernden ... Person, einer zu feiernden Gemeinschaft ... , einer zu feiernden Tätigkeit ... , einer zu feiernden Sache" 52. Neben der klassischen Gattung des Hymnus steht die Aretalogie, deren Herkunft und Wesen nicht deutlich zutage liegen. In der Antike nur dreimal sicher belegt, zweimal davon in LXX 53, wurde das Wort zur "philologische(n) Bezeichnung fiir hellenistische Zusammenstellungen der Wundertaten einzelner Götter" 54, bei denen im Unterschied zum Hymnus nicht die mythologischen Taten und Wesenszüge der Götter, sondern ihre in Kult und Epiphanie sich gegenwärtig zeigenden Handlungen gepriesen werden. Infrage kommen besonders Isis und Asklepius 55. Nachdem Reitzenstein in seinen "Hellenistischen Wundererzählungen" Götter-, Propheten- und Philosophenaretalogien der späteren antiken Literatur zusammengestellt hatte, um den engen Zusammenhang der Wundergeschichten der Evangelien, Acta, Apokryphen und Mönchserzählungen mit dieser· hellenistischen Gattung der Aretalogie aufzuzeigen 56, beschäftigte sich Norden genauer mit den formalen Kennzeichen der Aretalogie als einer Form der reli-
50. PW 9,1,14-183 (Wünsch); ThWNT 8, 492-506 (Delling, dort S. 496 Belege für Prosahymnen). 51. PW 18,3,559-581, bes. 570 (Ziegler). Weiter: Der kleine Pauly 2, 1268-1270 (Ziegler). Vgl. Lausberg, Rhetorik I, § 61 (55): TO E7TLO€lKTLKOV 'Y€VO, = demonstrativum est quod tribuitur in alicuius certae personae laudem vel vituperationem (Herrn 1,2,2). - Vgl. auch den christlichen Prosahymnus des 4. Jhs., den Koenen in Papyrologica Lugduno-Batava 1968, 31-52, mitteilt (strophisch, Anrede, ~'Yto,-Formel). 52. A.a.O. § 62 (55). 53. Nach Liddell-Scott 238: LXX Sir 33 (36), 19 (16); Sm Ps 29 (30),6; Manetho 4,44,7; Strabo 17,1,17 (prob.!.). Vgl. in der lateinischen Literatur: Scholien des Juvenalpalimsestes in Bobbio (Nachweis: Reitzenstein, Hellenistische Wundererzählungen, 8). 54. LAW 292 (Knebel). So wird das Wort auch von Crusius, PW 2,1,670-672, verwandt (vgl. den Nachtrag PW Suppl 6,13-15, Aly). 55. Nilsson, Religion 11, 228f. Die beste kritisch sichtende Darstellung des Gesamtphänomens gibt Smith, JBL 1971, 174-199, der 176 besonders darauf hinweist, daß "no text identified in the manuscript as an ap€Ta"Ao'Y1a has come down to us, but a miracle story was entitled Aw,'H"A{ov iJ€'YQ."Aov ~apQ.1Ttoo, dp€Ti!" usw. 56. Reitzenstein, Hellenistische Wundererzählungen, 82L, zusammenfassend.
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giösen Rede 57. Norden setzte aber von vornherein Aretalogie und Eulogie, "hymnenartige Lobpreisung Gottes" 58 und christliche Doxologie von der Form her gleich und faßte alle drei Fonnen zur "Hymnenpoesie" zusammen 59, deren Merkmale er anhand der Du- und Er-Prädikationen, des Partizipial- und Relativstils herausarbeitete. Die Aretalogie verliert damit ihren eigenen, vom Inhalt bestimmten Charakter völlig und wird dem Hymnus eingegliedert. Diese Überschneidung von Hymnus und Aretalogie beherrscht die Terminologie weitgehend, besonders auffillig in der Isis-Literatur, in der teils von Isis-Aretalogien 60, teils von Isis-Hymnen gesprochen wird. Gegenüber der engen Beziehung von Hymnus und Aretalogie im Fonnalen ist jedoch mit M. Smith der sachliche Unterschied festzuhalten: "the aretalogy ... has (- im Gegensatz zum Hymnus! -) no precise formal definition but is detennined by its context; it must have a hero whom it celebrates, by reporting one or more of his marvellous deeds. 'ApETa'Ao"'(la was used in antiquity both for the act of reporting and for the resultant reports" 61. Die immer wieder für 1Kor 13 vorgeschlagene Bezeichnung ,Psalm' führt in einen ganz anderen literarischen, historischen und geographischen Zusammenhang, in die altorientalischen Kulturen und ihre literarischen Gattungen. Die Herausarbeitung und Benennung solcher Gattungen findet nicht ähnliche systematische Kategorien vor, wie sie die griechische und lateinische Poetik und Rhetorik dem ihr vorliegenden Material klassifizierend entnahm und auf die sich die neue re Philologie weitgehend stützt. Vielmehr ist eine Philologie dieser Literaturen auf die nicht so sehr klassifizierend gemeinten Selbstbenennungen der jeweiligen Gattungen angewiesen wie eben auf l/Ia'AoJ.lOc; LXX (= ii~!7?)62, im klassischen Griechisch rur "the twitching or twanging with the fingers" stehend 63, in der Bedeutung ,Loblied' zuerst in LXX überliefert, so auch im NT gebraucht 64. Die atl. Gattungsforschung 65 hat die Merkmale der Psalmenformen 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64.
65.
Norden, Agnostos Theos, 149ff. A.a.O. 149. Norden, a.a.O. 157. Festugiere, Etudes, 136-163 (A. propos des aretalogies d'Isis); ebd. 164-169 (L'aretalogie isaique de la Kore Kosmou). JBL 1971, 198. Andere hebräische Vokabeln für l/JaAlJo~: Hatch-Redpath s.v. Liddell-Scott 2018. Lk 20,42; 24,44; Apg 1,20; l3,33: auf das atl. Psalmenbuch bezogen; lKor 14,26; Eph 5,19; Kol 3,16, auf eine (gottesdienstliche) Gattung geistlicher Lieder bezogen (vgl. lKor 14,15; Jak 5,l3 verbal im letzteren Sinne). RGG\ 2, 638-640, unterscheidet Schmidt unter dem Stichwort "Formgeschichte" Gattung und Form nicht klar voneinander, ebensowenig a.a.O. 418-422 Bultmann unter dem Stichwort "Evangelien, gattungsgeschichtlich (formgeschichtlich)". Dem-
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und -gattungen und ihre Verflochtenheit mit der altorientalischen Liederdichtung herausgearbeitet 66• Folgt man der Gunkelsehen Gattungsterminologie der Psalmen, so dürfte für die Bestimmung von lKor 13 nur die Gattung des Hymnus infrage kommen, dessen Hauptcharakteristikum in der Dreiteilung von Aufforderung zum Gotteslob, dem ausftihrlichen Gotteslob im spezifisch hymnischen Partizipialstil und Nennung der Gotteswerke in Schöpfung und Geschichte und einem variierbaren Schlußteilliegt 67, wobei eine gewisse von der Sache her gegebene Verwandtschaft mit dem griechischen Hymnus nicht zu übersehen ist. Der atl. Hymnus wurde im Kult gesungen. Im griechischsprachigen Judentum wurde V/1voc: zur pars-pro-toto-Bezeichnung für die Psalmen 68. Auch die neu gedichteten Psalmen wurden im Gottesdienst verwendet, teilweise aber auch zu "privaten Zwecken" 69. Hymnen verfaßte die Qumrangemeinde 70, Psalmen als gottesdienstliche Gesänge kennen auch die ntl. Gemeinden 71. Aber im NT begegnet nirgends ein als solcher bezeic1meter Hymnus wie in der Literatur des griechischsprachigen Judentums 72. In der Bezeichnung wird nicht mehr zwischen Psalm, Hymnus und Ode unterschieden 73. Alle drei sind Formen des Gemeindegesanges oder der Darbietung des einzelnen vor der Gemeinde, von dem sich Beispiele im NT, besonders bei Lukas und in der Apokalypse finden 74.
66. 67.
68. 69. 70. 71. 72. 73. 74.
gegenüber hat Gunkel, der Begründer der atl. Gattungsgeschichte, in der "Einleitung in die Psalmen", 32f., Gattung und Form klar unterschieden, wenn er aus der Beobachtung der "Form" oder der "Fonnensprache" (33) die Gattung z.B. des Hymnus bestimmt und diese dann historisch verfolgt. So ganz präzise dann Kuhl, RGG J , 2, 996, unter dem Stichwort "Formen und Gattungen im AT": "auch in der Literatur treffen wir überall auf ganz charakteristische Formen, auf Grund deren es möglich ist, die einzelnen Literaturwerke in bestimmten Typen (Gattungen) zu klassifIzieren." - Vgl. die guten Definitionen bei Roloff, Neues Testament, 14, 15, 20, und die allgemeine Wegweisung bei Vielhauer, Literatur, 3, A. 5. Vgl. neben Gunkel bes. Westennann, Das Loben Gottes; RGG 3 5, 672-684 (Galling). Vgl. Gunkel, a.a.O. 33ff.; Koch, Formgeschichte, 195ff.; RGG 3 5, 676f.; Kraus, Psalmen I, XLiff. (mit altorientalischen Parallelen). Bei Westennann a.a.O. 24ff., 87ff.; 118f. wird der Begriff ,Hymnus' durch ,beschreibender Lobpsalm ' ersetzt. ThWNT 8,499f. (Delling). ThWNT 8, 500f.; Zitat nach Holm-Nielsen, DTT 1955, 135-148.193-215. Vgl. allg. Jansen, Psalmendichtung, bes. 119-125; Mowinckel, FS. Rowley, 205-224. Vgl. Kuhn, Enderwartung, 16-33. ThWNT 8, 501f. Ps SaI10,14,16 (2,3,5,13,15,17,18 IjIaAJ.L0c;); vgl. ThWNT 8,496, A. 34. Koi 3,16; Eph 5,19; vgl. Bauer, Aufsätze, 172ff. Vgl. zu den ntl. Hymnen außer Schattenmann, Studien zum ntl. Prosahymnus, und Schille, Hymnen, die grundlegende Arbeit Deichgräbers, Gotteshymnus (11- 21 Forschungsgeschichte; 21-23 Formbestimmung) und zur Apokalypse Jörns, Das hymnische Evangelium (17 -19 Fonnbestimmung).
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Eine ebenfalls der altorientalischen Literatur entstammende Gattung mit ursprünglich kultischem Sitz im Leben ist der Beichtspiegel oder die Bekenntnisreihe 75. Anders als bei atl. Psalmen oder Hymnen steht der Philologie hier keine authentische Gattungsbezeichnung zur Verfligung, viehnehr muß diese aus den analytisch erhobenen Formmerkmalen heraus eingegrenzt und benannt werden. Formmerkmale sind Reihen von - zunächst negativ formulierten - Bekenntnissätzen, primär im Ich-Stil abgefaßt. Als inhaltliche Konstante läßt sich der erste Satz der Reille Dtn 26, 13b.14 anfUhren: "Nicht übertrat ich eines deiner Gebote", also eine Reille von "Vollkommenheitsaussagen "76 über den Sprecher selbst. Diese Gattung fmdet sich in den Qumrantexten 77 ebenso wie in der griechischsprachigen jüdischen Literatur 78 mit gewissen Abweichungen gegenüber der atl. Gattung, aber durchaus im Rahmen der Bekenntnisreihe bleibend 79. Die genannte Gattung bedient sich katalogiseher Satzreillen, die ihrerseits in verschiedenartigen Zusammenhängen Verwendung finden können und fUr sich allein keinen gattungskonstituierenden Faktor darstellen 80. Im NT finden sich nur diese katalogischen Satzreihen, nicht aber Bekenntnisreihen selbst. Die bei den letzten Gattungen, Predigt und Lehre, sind vor allem Bezeichnungen aus der ntl. (und atl.) Philologie, die aus dem Interesse an der Rekonstruktion ntl. Gemeindegottesdienste und Missionstätigkeit 81 heraus aus den ntl. Schriften und ihrem diesbezüglichen Vokabular als ntl. Gattungen erschlossen wurden 82. Für die Predigt kommt als ntl. Bezeichnung zunächst l<.r,pVrlla 83, daneben auch ",oro\' in Frage 84. Die einzigen sicher als solche zu erkennenden Predigten fin75. Das neutrale Wort ,Bekenntnisreihe' ist zutreffender, da die aus der christlichen Literatur bekannte Gattung ,Beichtspiegel' die private Gewissenserforschung betreibt. 76. v. Rad. FS. Alt, 164. 77. 1 QS 10, 17ff.; 1QH 14, 17ff. 78. Vgl. die bei v. Rad, a.a.O., zusammengestellten Texte aus Test XII Patr. 79. Atl. Beispiele: die Vergangenheit darstellend; Qumrantexte: auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet; einige der Test XII Patr-Stellen: Übertragung ins Neu trale. 80. Vgl. die Beispiele bei v. Rad, a.a.O. 161ff. 81. Vgl. DibeIius, Formgeschichte, 8-34. 82. Grundlegend Bauer, Aufsätze, 155-209; weiter: Delling, Gottesdienst; Halm, Gottesdienst; Cullmann, Gottesdienst. 83. Vgl. ThWNT 3, 714-716, K71Pv'Ypa als Predigt und Rede (Friedrich). 84. Vgl. ThWNT 4, 115ff. (Kittel): AO'YO<; als Missionspredigt in Apg und als Botschaft von Christus bei Paulus. AO'YO<; selbst (vgl. Hg. Schreiner, Einftihrung, 194f. zu eignet sich nicht ohne weiteres als Gattungsbezeichnung (vgl. Anm. 187). AO'YO<; k;nn im NT sowohl Großformen wie "Buch" (Apg 1,1) und "Rede" (Apg 13, 15: A0'Y0<; rrapaKArla€w<;; Hebr 13,22) umschreiben wie die Kleinform des Spruches (z.B. Mk 7,29). KTJPV'Y)'W bezeichnet einen spezifischen Teil der Predigt und eignet sich daher nicht als allgemeiner Terminus. Das von Norden, Kunstprosa 11, 541, A. 1: angeführte
,:1,)
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den sich in den Missionsreden der Apostelgeschichte, deren fester Aufbau: Kerygma, Schriftbeweis, Bußmahnung deutlich zu tage liegt 85. Wieweit diese Predigten nach einem urchristlichen homiletischen Schema aufgebaut sind 86 oder wieweit sie eine von Lukas geschaffene literarische Form darstellen, die ad hoc komponiert wurde, um seine theologisch-historischen Reflexionen aufzunehmen 87, ist in der neueren Forschung umstritten. Sicher ist, daß Lukas diese Form der Reden als Missionspredigt verstanden und dargestellt hat. Ähnlich schwierig ist es, über die Form des in diesen Reden enthaltenen Kerygmas, das - ein Teil der urchristlichen Predigt - als eigene Gattung verstanden wird, Klarheit zu erzielen 88. Das Predigtkerygma, das Dibelius und Dodd aus einem Vergleich der christologischen Hauptaussagen der Acta-Reden und IKor 15,3-5 par rekonstruierten 89, bleibt als Predigtform hypothetisch. Zu isolieren sind lediglich die formelhaften Kerygmata wie lKor 15,3-5, über deren formgeschichtliche und inhaltliche Bedeutung keine einheitliche Meinung
85. 86.
87.
88. 89.
klassische Wort olJ.tAlu begegnet als ,Predigt' - ,predigen' nur in der verbalen Form (Apg 20,11); zur Form vgl. LAW 1326 (Lohse). a1ToKuAul/JtC; und 1Tpocpf/Te'9- und -yvwotC; sind in den paulinischen Gemeinden wohl feste Gattungsbezeichnungen (IKor 14,6 u.ö.: €V 1TPOlPf/T€{9- reden oder: €V a1ToKuAvtjJet, €V -yvwoet) für gottesdienstli~he Redeformen, man kann sie aber nicht als ,Predigt' bezeichnen, da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß solche Redeformen eine zusammenhängende Rede im Wortgottesdienst darstellten, wie man ,Predigt' - eine Gattung, die aus der altkirchlichen Praxis gefüllt ist - definieren muß. Norden, a.a.O. 539f., entnimmt Herrn mand 11,9, es habe eine rein prophetische Predigt gegeben (vgl. Müllers formgeschichtliche Studie ,Prophetie'). Hier handelt es sich aber doch eher um eine dem 1. Korintherbrief ähnelnde Aussage über mögliches Sprechen in der Gemeindeversammlung. Ein Typus prophetischer Rede als christlicher ,Predigt' läßt sich anhand dieses Berichtes nicht rekonstruieren. - Gillespie, JBL 1978, 74-95, versucht im lKor prophetische Ich-Worte zu isolieren. - Vgl. allg. die Kritik Dautzenbergs, BiblZs 1978, 125-132. Dibelius, Aufsätze zur Apostelgeschichte, 142ff. So Dibelius, a.a.O. 142: "Gewiß ist zunächst, daß dem Verfasser dieser Typus christlicher Predigt als der zu seiner Zeit (um 90 n. Chr.) übliche erscheint. So predigt man - und so soll man predigen." So Conzelmann, Apostelgeschichte, 8. Ähnlich Wilckens, Missionsreden, der allerdings nirgendwo klare form- und gattungsgeschichtliche Aussagen macht und rein traditionsgeschichtlich orientiert ist. 187ff.: die Reden enthalten lukanische Theologie, kaum urchristliche Tradition. Auch Plümacher, Lukas, beschäftigt sich nicht mit Form- und Gattungsfragen. Vgl. RGG 3 2, 1003f.: die Bornkammsehe Darstellung ist unüberholt. Neuere Arbeiten: Kramer, Christos; Neufeld, Confessions. Dibelius, Formgeschichte, 15ff.; Dodd, Apostolic Preaching pass., bes. die Schluß tabelle. Zu den Unterschieden zwischen Dibelius und Dodd vgl. Wilckens, a.a.O. 19f.
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besteht 90. Ein "Ausbau des Kerygmas" zur "Predigt" darf zwar angenommen werden, läßt sich jedoch nicht sicher nachweisen 91. Eine bestimmbare Gattung ,Predigt' läßt sich von den bisher genannten Texten nicht isolieren, wenn auch Argumentationsschemata und inhaltliche Konstanten sich abzeichnen 92. Einen eigenen Zugang zur Predigt hat BuHmann mit seinem Buch "Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe" 93 eröffnet. Diatribische Formen in Jen Briefen können auch Hinweise auf die Art der paulinischen Gemeindepredigt geben 94, da der Diatribenstil selbst "der Stil der kynisch-stoischen Volkspredigt" ist 95 • Wenn man diesem Urteil rur die Stilistik wird zustimmen dürfen, so bleibt doch das von Bultmann angestrebte Ziel, zu erweisen, "daß die wirklich rhetorischen Wendungen bei Paulus nur Begleiterscheinungen der Gattung" seien 96, und zwar der als Gattung verstandenen Diatribe, von vorläufigem Wert. Denn Bultmann arbeitet zwar eine dreiteilige Form der Diatribe heraus und vergleicht diese mit paulinischen Texten 97; diese Struktur bleibt aber ganz allgemein, und eine echte Gattungsbestimmung selbst (auch zu lKor 13) gelingt nicht 98• Auch Lehmann-Fridrichsen halten
90. Seeberg, Katechismus, 55ff., spricht von der ,Glaubensformel', die dann als Predigt-, Unterrichts- und Bekenntnisformel verwendet werden kann. Neuerdings wird von ,Bekenntnis', ,Homologie' usw. gesprochen (vgl. das zusammenfassende Referat Conzelmanns, Theologie, 8lff., und die Darstellung bei Vielhauer, Literatur, 9-35). Der Sitz im Leben ist nach Seeberg verschiedenartig zu bestimmen; Kramer und Dibelius: Verkündigung (Kramer 59f.); zugleich bes. Taufe (vgl. RGG 3 2, 1002, Born kamm). 91. Die gleichlautende Überschrift des § 11 der Theologie Conzelmanns ist nicht auf Form und historische Entwicklung ausgerichtet, sondern beschreibt quantitativ und systematisch den Ausbau des ,ursprünglichen' Kerygmas. 92. Vgl. RGG 3 2, 1003f.; Conzelmann, a.a.O. § 11. 93. Vgl. Bultmann, Diatribe, 5f. zu den Vorgängern, Norden und Wendland. 94. A.a.O. 2: "Der Stil der Diatribe ist recht eigentlich Predigtstil; es ist der Stil der kynisch-stoischen Volkspredigt. - Wir haben keine Predigten des Paulus, sondern nur Briefe. Objekt unserer Betrachtung sind also nU,r diese. Das Resultat unserer Untersuchung aber kann uns helfen, ein Bild vom Stil der paulinischen Predigt zu bekommen." 95. Ebd. 96. Ebd. 97. A.a.O. 52.99ff. 98. A.a.O. 73: lKor 13 wird als einer der drei Hauptzeugen der dritten Gruppe der diatribenartigen Texte zugeordnet, wobei unklar bleibt, ob das Kapitel diatribische Predigtrede oder Psalm-Hymnus sei, da 73 die begeisterte Rede als dritte Gruppe diatribischer Redeweise herausgearbeitet wird, dagegen aber A. 2 Diatribenstil und Psalm einander gegenüberstellt und zugleich 1Kor 13 eine einheitliche Form abspricht, da VV. 1-3 psalmartig seien, andererseits aber "Analogien zur Diatribe ebenfalls zu bemerken" seien. Vgl. noch 107: "begeisterte und begeisternde Ermahnung".
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1Kor 13 fiir eine "christlich-stoische Diatribe" 99, können aber von der Form her nur die VV. 4-7 mit der Eros-Rede des Maximus v. Tyros zusammenbringen. In der neueren philologischen Forschung wird allgemein in Zweifel gezogen, wieweit der Ausdruck Diatribe über gewisse "Stilmerkmale und thematische Zusammenhänge der antiken populärphilosophischen Literatur" hinaus auch eine Gattung bezeichnen könne 100 - ein Zweifel, dem man sich zumindest für die paulinische Literatur wird anschließen müssen. Es ist bisher nicht gelungen, von den Stilelementen der Diatribe aus eine ntl. Predigt zu isolieren. Ähnliches gilt für die Bultmann fortführende Arbeit über den "Stil der jüdisch-hellenistischen Homilie" von H. Thyen, die ebenfalls "eine streng formgeschichtliche Betrachtung" jüdischer homiletischer Texte zum Ziel hat 101, zugleich aber die zu erhebenden Texte als bekannt voraussetzend, sich ganz der Stil analyse zuwendet, so daß auch hier die konstitutiven Elemente der Gattung Homilie nicht deutlich werden. Auch schon die atl. Predigt, deren Gattungsmerkmale vorwiegend inhaltlicher Art - eine Verbindung von Paränese und geschichtlichem Rückblick - sind und die von vornherein Priester-, Prophetenund Weisheitsspruch an sich gezogen hat, zeigt die Schwierigkeit, Stücke der Gattung ,Predigt' im NT zu isolieren 102. Für die von Weiß herangezogene Gattung ,Lehre' stehen im NT selbst die Bezeichnungen ÖtÖaX'T} - ötÖaaK aAia ~r Verftigung. Während die griechische Literatur die poetische Gattung des Lehrgedichts seit Hesiod kennt 103 und daneben im Lauf der Zeit auch prosaische Lehrschriften entstehen, die allerdings nicht eine eigene Gattung entwickeln 1<>4, während das Alte Israel im Zusammenhang 99. Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 55-95; zur Form S. 86. 100. Der kleine Pauly 2, Nachträge, 1577f. (Schmidt); ebs. LAW 727: "Die Tatsache, daß die Antike selbst den Ausdruck D. nicht häufig verwendet, bewirkt, daß die Grenzen der Gattung fließend bleiben" (Gigon). Vgl. auch RAC 3, 990-1009 (Capelle, Marrou, reiche Lit., ergänze: Nock, Essays 1,26-32, "Diatribe Form in the Hennetica"), wo das Phänomen der Diatribe noch unkritischer betrachtet wird (1957). Aber auch hier wird die D. vom Stil und von den Inhalten her, nicht so sehr als Gattung identifiziert. 998: "philosophische Unterweisung volkstümlichen Charakters mit vorwiegend ethischem Inhalt ... fingierter Dialog mit einem anonymen Gesprächspartner." 101. Thyen, Homilie 7. 102. Vgl. dazu orientierend Eißfeldt, Einleitung, 19-21 (Lit. 14). Die erste deutlich als solche zu erkennende Predigt ist 2Klem, vgl. Vielhauer, Literatur, 739. Melito v. Sardis, Vom Passah, dürfte fast gleichzeitig entstanden sein, vgl. Altaner, Patrologie, 88f. Siegert, Predigten, Hf., weist PsPhilo De Jona etc. der Gattung der Synagogalpredigt zu, deren einzige überlieferte Zeugen sie nach S. darstellen. Vgl. die engen formalen Beziehungen der 2. J onashomilie zu Melito. 103. Vgl. LAW 1699ff., 1246 (Erbse; Haendel); Der kleine Pauly 2, 4f. (v. Albrecht). 104. Vgl. a.a.O. 1737.
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mit der altorientalischen Literatur eine umfangreiche lehrhafte Spruchdichtung hervorbringt, die vom hellenistischen Judentum und der frühen Synagoge weitergeftihrt wird, wobei nun Einflüsse der griechischen Literatur hinzutreten lOS, finden wir im NT prosaische und poetische Lehrdichtung nicht in so fest umrissener Gestalt vor, was die Gattung ,Lehre' angeht, wohl aber sind Stücke lehrhaften Charakters im einzelnen nach Form und Inhalt deutlich zu erkennen 106. Lehre als mündlich oder schriftlich weitergegebene Aussageform in religiösen Gemeinschaften kann zu jeder Zeit und in jeder Kultur als ein geistiges Grundphänomen vielfältige Inhalte haben: neben der Belehrung über Kultus, Mythos, Kosmos und allgemeine Erfahrungen steht als ein Hauptzweig Belehrung über Sitte und Ethos 107. Die at1. und jüdische Lehrliteratur behandelt einen Großteil dieser 111emen. Bei den späteren Werken ist dabei z. T. eine thematische Differenzierung zu beobachten: es entstehen u.a. ganz ethisch ausgerichtete Schriften 108. Aber nicht nur ethische Spruchdichtung oder Prosa-Paränese 109 gehört zur Lehre in AT und Judentum, sondern auch die Predigt kann als Lehrform auftreten 110. Im jüdischen Bereich ist die Predigt mit der Auslegung eines atl. Textes verbunden, eine Übung, die die synoptischen Evangelien auch Jesus beilegen (Luk 4) und von der Melitos Passahomilie zeugt. Auch die religiöse Unterweisung in Katechismusform kann als Lehre bezeichnet werden - ein formgeschichtlich besonders intensiv bearbeitetes Gebiet. Wieweit man im Judentum und im frühen Christentum mit festen Katechismen zu rechnen habe, ist umstritten 111. Als katechismusartige Überlieferungsstücke werden die Bergpredigt 112 und der erste Teil der Didache oder auch die ganze Didache bewertet 113. Die Existenz solcher katechismusartiger Stücke ist nach Gal 6,6; Röm 6,17; lKor 4,17; 2Thess 2,15; Hebr 6,lf. und Didache-Barnabasbrief nicht zu bezweifeln, fraglich ist nur die Identifizierung bestimmter Abschnitte als Teilstücke oder ganzer Exemplare solcher Katechismen, schließlich vor allem die Erstellung eines Urkatechismus und seiner Filiationen. Die ethisch besti.mrllten Teile solcher Katechismen wie Tugend- und Lasterkataloge und Haustafeln lassen sich formgeschichtlich isolieren und in ihrer inhaltlichen Konstanz
105. 106. 107. 108. 109. 110.
Weish, Ep Arist, Sib, Pseud Phokyl, Aristobul. Vgl. RGG 3 2, 999ff. (Bomkamm). Vgl. RGG 3 4, 269f. (Goldammer). Große Teile von Sir, Ep Arist, Test XII Patr, Pseud Phokyl. Vor allem in Test XII Patr vertreten. So schon in Dtn und vor allem in der Weisheitsliteratur, wo die Lehre in der Form einer Predigt vorgetragen werden kann. 111. Vgl. RGG 3 3, 1179 (Lohse), und Seeberg, Katechismus XXI-XXXII (Hahn). 112. Jeremias, Abba, 180ff. Auch Bomkamm, Überlieferung, 15. 113. RGG 3 , 1179: Lohse zustimmend. - Kritisch: Vielhauer, Literatur, 726ff.
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als tradiertes Lehrgut erkennen. Auch Bekenntnisse, Sakraments- und Frömmigkeitsbelehrungen, bestimmte Gebete, Kirchenrechtliches und eschatologische Belehrung können formgeschichtlich erfaßt und für den katechetischen Stoff im Sinne einer Otoaxil in Anspruch genommen werden 114. Ein vollständiger Katechismus im Sinne des Didache-Kreises ist jedoch für das NT nicht nachzuweisen, trotz der Ähnlichkeit der Bergpredigt mit der Didache. Es ergibt sich also, daß trotz der Bezeugung des Vorhandenseins von Lehre und katechismusartigen Stücken im NT beide Begriffe nicht als im formgeschichtlichen Sinne feste Gebilde aus dem NT zu eruieren sind. Offen zutage liegen die kleineren Formen der paränetischen Tafeln, Kataloge, Weisheitswort und Gebot der usuellen Satzparänese 115 usw., die in jeder Form der Lehre, auch im Katechismus, wie in der Predigt Verwendung finden. Neben der oLoaxil - so Mt 7,28 als Bezeichnung der Bergpredigt - steht auch der Ausdruck bODe:; 116. 1Kor 4,17 gebraucht Paulus TUe:; oooue:; /.l0U TUe:; fV XPWT4J ['Irwoü] im Sinne von ,meiner Lehre' 117. Eine ethische Speziflzierung ist diesem Begriff nicht zu entnehmen. Die ZweiWege-Lehren im Zusammenhang paränetischer Lehre sind dagegen in jüdischen und außertestamentlichen christlichen Texten deutlich isolierbar und gattungsund traditionsgeschichtlich als tradierte Einheiten erkennbar 118. Man wird also auch bei Paulus mit Lehrstücken zu rechnen haben, olme daß solche bisher isoliert wären 119.
b) Kritik Enkomion, Ekphrasis, Priamel, Hymnus, Aretalogie, Psalm, Bekenntnisreihe, Predigt, Lehre, Diatribe, Lehrpsalm - welche dieser Form beschreiben nun 1Kor 13 angemessen? Eine erste Antwort wird sich schon jetzt geben lassen. Ein echtes Enkomion zunächst liegt in 1Kor 13 sicher nicht vor, da nirgendwo ein wirkliches Lob ausgesprochen wird, ganz im Gegensatz zu 3Esra 4, wo in V. 36 ein Lobpreis und in V. 40 eine Doxologie auf die Wahrheit vorliegen. Damit erweisen sich ebenso Hymnus und Aretalogie wie auch Psalmenhymnus 114. Vgl. Grabner-Haider, ParakIese, 18ff. - Zu 115. 116. 117. 118. 119.
OtljaaKW KTA. aUg. ThWNT 2,138-168 (RengstorO. Dibelius, Formgeschichte, 239. Vgl. bes. Dibelius, Jakobus pass. (dort bes. die Einleitung). ThWNT 5, 9lff. (Michaelis). Conzelmann, 1. Korinther, 112; ThWNT 5, 92. Vgl. aber Conzelmann, NTS 1965/66, 231-244 (dort nichts zur OcSd~-Form). Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge, 33-42.61-64; Kamlah, Katalogische Paränese, 21 Off. - Vielhauer, Literatur, 52f., betont zurecht, daß im NT selbst keine Zwei-WegeFormen begegnen.
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als unzutreffend ftir lKor 13, da eben jenes gemeinsame Element von ,hymnenartiger Lobpreisung', das nach Norden die Gattungen der ,Hymnenpoesie' kennzeichnet, hier ganz fehlt. Die Bezeichnung €KtppaatC; ist für die VV. 4-7 nicht unzutreffend, wird aber präzisiert durch den Hinweis auf die ,Bekenntnisreihe' , die besser als jene die negativen Prädikate erklären kann. So ist €Ktppaatc; für lKor 13,4-7 nur sehr allgemein geeignet, denn dort wird viel weniger das Wesen der Liebe umfassend beschrieben, als vielmehr aufgereiht, was sie nicht tut. Aber auch die Bekenntnisreihe kann nur als Tradition hinter lKor 13,4-7 gesehen werden, nicht aber als Formbezeichnung selbst hier erscheinen. Denn statt der konstitutiven Person und der Vergangenheitsaussage begegnet hier eine abstrakte Größe, deren gegenwärtiges Verhalten ex negativo defmiert wird. Beide Formbestimmungen werden auch nicht ohne weiteres den ganzen Text darstellen können. Sie gelten wenn, dann nur für den Mittelteil des Kapitels. Die Priamel wird zur Bestimmung der VV. 1-3 herangezogen werden können, wenn man in Erinnerung behält, daß es sich hier nicht um eine klassische liteI rarische Gattung, sondern um eine wie in anderen Kulturen so auch in der griechischen begegnende Form handelt, die erst von der neueren Philologie als feste Form aus den antiken Texten erhoben wurde. Wendet man sich nun den noch nicht geprüften Formen Rede, Predigt und Lehre zu, zu denen vor dem Hintergrund der spätjüdischen lehrhaften Psalmendichtung (und der Qumranloblieder) auch wieder die Psalmenform - nun nicht mehr als Hymnus - gehören kann, wie J ansen und Mowinckel gezeigt haben, so steht man hier vor dem Dilemma, eben keine festen Gattungen vor sich zu haben. Vielmehr zeigte sich in der kurzen Skizze zur Gattung von Lehre und Predigt, daß es sich um zwei Begriffe handelt, die verschiedenste fonngeschichtlich zu beschreibende Kleinformen bezeichnen können, daneben selbst aber als Großfonnen oder Gattungen zwar wohl aus dem Gemeindeleben heraus zu postulieren und als rein literarische Eneugnisse auch vorhanden. sind, nicht aber als Formen der Gemeinde im Sinne der Fonngeschichte uns direkt überkommen sind. Rede, Lehre und Predigt (und im Spätjudentum zudem Psalmen) liegen uns literarisch ftxiert und direkt greifbar nur als literarische Großfonnen und als Sammelbecken verschiedener formgeschichtlicher Gebilde vor. Das bedeutet, daß diese Formen im Vergleich mit lKor 13 viel zu umfangreich sind. Sie sind der nd. Gattung ,Brief zu vergleichen, nicht dem Kurztext lKor 13 12 Eine weitere Schwierigkeit bei der Anwendung dieser Begriffe liegt in ihrer engen Verwandtschaft, die bis zur Identität reicht und ihnen den kritisch-differenzierenden Charakter des Begriffs bis zu einem gewissen Grade raubt. Es wäre da-
°.
120. So ist eben der Hebräer"brief' eine "Abhandlung" (Dibelius, Literaturgeschichte, 127f., oder "Rede" (Vielh au er, Literatur, 24lf.), der 2Klem eine Predigt.
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her wenig mit einer bloßen Klassifikation von lKor 13 als Lehre, Predigt oder Psalm gewonnen, solange kein weiteres Kriterium über die Form des Kapitels hinzukommt.
c) Gang der Untersuchung Eine Auswertung der bisherigen Vorschläge zur Bestimmung der Fonn von lKor 13 fUhrt zu ftinf Einsichten. Erstens müssen Untersuchungen zur Fonn des Kapitels literarisch vorgehen, nicht nur allgemein historisch. Es ist unbestritten, daß es in den paulinischen Gemeinden Predigt, Lehre, Psalmenvortrag und anderes mehr gab. Hier kann es aber nur darum gehen, anhand von formgeschichtlich bestimmbaren Vergleichstexten lKor 13 direkt einer Form zuzuordnen und das Kapitel in eine Gattungsgeschichte zu stellen. Diese Forderung hat eine Implikation, daß nämlich lKor 13 eine geformte Rede sei. Dies ist in der Tat überall anerkannt und steht nicht eigens zur Diskussion. Zu fragen ist also nicht, ob, sondern wie das Kapitel gefonnt sei. Zur richtigen Beantwortung dieser Frage ist eine zweite Einsicht wesentlich: es gilt zu untersuchen, ob sich die Fonnung nur auf die sprachliche und stilistische Ebene bezieht oder ob darüber hinaus eine traditionelle Form dem Kapitel zugrunde liege. Daß eine stilistisch-rhetorische Formung des Kapitels vorliegt, ergpben die vorangegangenen Untersuchungen. Aber syntaktisch-stilistisch-rhetorische Formung ist nicht mit der Form des Kapitels identisch. Hier ist nun also weiter zu fragen, ob dieser stilistisch geformte Text zu einer Gattung gehöre, die eine aufweisbare Geschichte habe. Dabei sind die schon untersuchten fonnalen Aspekte von Syntax, stilistischen und sprachlichen Merkmalen ebenso wie bestimmte Inhalte, oft ,Tradition' genannt, durchaus Teilaspekte solcher Formen, die sich aber nicht darin erschöpfen, sondern eigene Fonnmerkmale haben, die aufzusuchen sind. Diese Frage ist aufgrund der dritten Einsicht zu differenzieren. Denn die Teile des Kapitels, die in der Exegese und in der Stilanalyse - naturgemäß weniger deutlich in der Untersuchung der Sprache - hervortreten, haben auch ihre eigenen Formen. Diese kleineren Formen müssen zunächst bestimmt werden. Diese Differenz zwischen den Teilformen und der Gesamtform ist in der Forschung nicht hinreichend klar beobachtet worden. Daran schließt dann die vierte Einsicht an: es ist erst danach nach der Form des ganzen Kapitels zu fragen, die nicht identisch mit der Form des einen oder anderen Teiles ist. Die Teilformen des Kapitels dürfen nicht mit der Gesamtform des Kapitels verwechselt werden. Die fLinfte Einsicht betrifft das Verhältnis von lKor 13 zum IKor als einem Brief. Wieweit die Form des Kapitels und die einzelnen Formen im Kapitel auf 207
einen Sitz im Leben zurückzuführen sind, wird gegenüber der Formbestimmung selbst eine untergeordnete Frage sein. Denn in jedem Fall sind alle Einzelformen soweit literarisiert, als sie im Zusammenhang des 1. Korintherbriefes auftreten und an dieser Stelle ihren eigenen primären Sitz im Leben,. - sei er Lehre, Lob oder Dichtung -, zugunsten des Briefes verloren haben. Ihre Funktion im Ganzen des Briefes wird also zuletzt ebenfalls zu bedenken sein.
3. Formen in 1Kor 13
a) Verse 1-3 Der erste Teil, VV. 1-3, bildet eine inhaltliche und formale Einheit. Der Abschnitt gibt eine Antwort auf die Frage: was macht den Menschen letztlich wertvoll? Was nützt ihm wirklich? Gegenüber verschiedenen aufgezähl ten religiösen Höchstwerten wird ein Wert, die a:ya1T77, als allein wirklich Nutzen bringend herausgestellt. Eben dies macht auch das Wesen der antiken Werte-Priamel aus, wie Jaeger und Schmid es herausgearbeit haben 121. Das Wesen einer solchen Form liegt in der Behauptung eines bestimmten Wertes, dem beispielhaft ein oder mehrere andere Werte gegenübergestellt und als unterlegen beschrieben . werden. Diese Form ist aber, unabhängig von ihrer literarischen Ausformung in der klassischen Literatur seit Homer, eine allgemeine übernationale literarische Grundform, die Antwort auf die Frage gibt: "was ist das Höchste" oder "was soll man tun, um (richtig, ewig usw.) zu leben". Dombrowski hat daher auf die atl. , und jüdischen Wertepriameln hingewiesen 122, während Schmid selbst Test XII ,. Patr und 3Esra herangezogen hatte. Verfolgt man diese Wertepriamel durch die atl., jüdische und ntl. Literatur, so ergibt sich ein klares Bild ilues Sitzes im Leben und ihrer Geschichte. Den Sitz im Leben zeigt am allgemeinsten 3Esr 3,5, wo die Leibpagen des Darius zunächst aus Zeitvertreib, dann aber mit dem Ziel, als weise Ratgeber zu Ansehen zu gelangen, die alte Frage des Xo')'oc; ÖC; V1T€PWXUOEL beantworten 123. Eben diese Formulierungen aber sind im jüdischen Bereich Aufgabe der Weisen, der Lehrer, der Gesetzeskundigen. Abot 2,9a, Mt 19,16 par. auch - etwas undeutlicher - Mt 22,36 par. und Horajot 3 schildern solche Szenen, in denen lesus als öwamwXoc; oder ein Rabbi nach solchen Höchstwerten, die andere bekannte Höchstwerte einschließen und ohne welche letztere nicht wirkungsvoll sind, fragt. 121. Jaeger, Tyrtaios, pass. Schmid, Priamel, pass. Kieffer, Le Primat de l'Amour, 30ff., weist allgemein auf die vergleichende Struktur des Textes hin. 122. ThZ 22, 396ff. 123. Die Nähe zu lKor 12,31 ~ v1T€pßoM Moc; ist beachtenswert: das V1T€P ist Zeichen der echten Wertepriamel und sachlich identisch mit dem T€A€WC; von Mt 19,21.
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Die Lehrer aber antworten in einer Wertepriamel kleineren oder größeren Umfangs. Das interessanteste Vergleichsmaterial bietet Mt 23,16-22. Es liegt offensichtlich formgeschichtlich ein echtes Frage-Antwort-Schema der rabbinischen Schuldiskussion zugrunde, das durch Umstellung von Frage und Antwort und den kritischen Sinn der Frage travestiert wird 124. Die literarisierte Form dieser Wertepriameln, bei denen der lehrhafte Sitz im Leben manchmal noch durchschimmert, haben wir außer in lKor 13,1-3 125 und 3Esr 4,13-41 im Syr Bar 19,8 in Weish 9,6, in der Reihe Sir 40,18ff., in Abot 3,11, im NT vor allem im Jakobushrief126 und in Mt 16,26 par. 127. Die Priamel ist hier zu einer Kleinform geworden, die neben anderen Formen im Rahmen einer didaktischen Großform steht. Diese Wertepriamel in ihrem dialektischen Charakter ist ein Spezial fall jener allgemeineren Schulfrage nach dem höchsten Gut, deren Sitz im Leben in der Lehre der Weisen und Rabbinen vielfach bezeugt ist. Allgemein bekannt ist die Anekdote Sabbat 2,5 128, ähnlich verhält es sich mit Ep Arist 207 129, Abot 2,la, Berakot 4,2 13 Die literarisierte Form begegnet schon Mi 6,5-8, öfter im NT131 und in Did 1,2 132 . lKor 13,1-3 gehört also in die Tradition jüdischer und gemein-urchristlicher Belehrung weisheitlicher Färbung und kann in formaler Hinsicht als Priamel der Werte bezeichnet werden. Das Urteil von Lehmann-Fridrichsen 133, es handele sich hier um "ein paränetisch-polernisches Schema", ist daher zutreffend. Lehmann und Fridrichsen haben aber den Ursprung dieses Schemas einseitig als der hellenistischen Philosophie zugehörig bestimmt, während es sich ebenso um eine jüdische Form handelt, die die jüdisch-hellenistische Literatur übernommen hat. Die Syntax der VV. 1-3 von lKor 13 ist die der Priameln aus Abot und Weisheit wie aus Mt 23. Die Form von lKor 13,1-3 leitet sich also aus der jüdischen Spielart der Priamel her 134.
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124. Vgl. das Material Strack-Billerbeck I, 93lff., III, 257. 125. Ein nicht mehr formaler, sondern nur noch inhaltlicher Nachklang von 13,1-3 findet sich 1Kor 16,13f. 126. Jak 2,14-17: enge Parallele zu 1Kor 13,1-3 wegen der Dreiteilung der Wertepriamel in V. 14, 15f., 17, Jak 1,22-27: zwei Gegenwerte: V. 23f., V. 26. 127. Vg!. 2K1em 6,2; Just Apol 1,15,12. - Besonders deutliche Priamel Weish 7,8ff. (aol{)la im Vergleich mit anderen Größen). 128. Baby!. Talmud, übs. L. Goldschmidt, 1,1929, S. 52lf. 129. Ausdruck: aOl{)lac: OLOaxf!. 130. Berakot 4,2 (Baby!. Talmud, übs. L. Goldschmidt, I, 1929, S. 124): Wege des Lebens; Abot 2,la: Gerader Weg, vgl. 1Kor 12,31. 131. Röm 13,8-10; Gal 5,14; Jak 2,8; Mt 7,12 = Lk 6,31 = Did 2,1. 132. Ausdruck: Moc: Tf/c: twf/c:, vgl. Justin, Apol I 16,6; Dial 93,2 133. ThStKr 1922, 55ff.; dort 82f. 134. Die wenn auch nicht genaue syntaktische Parallele, die L.-F. auf S. 83f. aus Epictet geben, ist interessant im Zusammenhang mit dem Hinweis auf orientalische Elemente in der Diatribensprache.
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b) Verse 4-7 Auch der zweite Teil bildet eine formal und inhaltlich abgeschlossene Einheit. Der Abschnitt gilt der Frage: "was tut die a:yo.:rr77" und: "welche Eigenschaften gehören der a'Ya1T77 nicht an". An der Anwendung der Begriffe "Ekphrasis" und "Enkomion" allein zur Beschreibung dieser Form wurde schon grundsätzlich Kritik geübt. In der Tat benutzen die Eros- und- Sophiabeschreibungen, die vor allem Conzelmann vergleicht, dieselben kurzen positiven und negativen Aussagesätze, wie sie 1Kor 13,4-7 für die a'Ya1T77 verwendet werden. Aber diese Beschreibungen machen mit diesen Aussagesätzen im Unte~schied zu 1Kor 13,4-7 primär Wesens aussagen von definierendem Interesse. 'Platon schreibt im Gastmahl über den epwc:;: "Epwc:; 1TPWrOC:; aVTdc:; wv KaAAWTOC; Kai äptaTOC:; p.eni Toum TOic:; äAAOtC:; äAAWV TO({)VTWV aLTWC:; elvat 135. Dieser Wesensbestimmung folgt dann eine Beispielreihe, in der Rühmung des Wesens und beschreibende Aufzählung von Handlungsweisen sich abwechseln. Eben dasselbe gilt für Maximus von Tyrus, der die These ,,0 öe epwc:; ... eaTiv ... öewwc:; eAeVfJepov" mit Beispielen belegt 136, fLir 3Esr 4, wo die aATJ{}eta als gerecht bestimmt wird: OVK eanv p.€T' aVTOü äÖtKOV OV{}€V 137 • Schließlich gilt dasselbe für Weish 6, wo die aO\fJia ausdrücklich ihrem Wesen nach definiert wird: Ti Ö€ eanv aO\fJia Kai 1TWC:; e'Y€v€To, a1Ta'Y'YeAW 138. 1Kor 13,4-7 dagegen liegt keine Wesensbestimmung oder -beschreibung vor, und es wird keine These zum Wesen der a'Ya1T77 durch die Aufzählung einzelner Wesenszüge erläutert (Freiheit bei Maximus Tyr, 1Tveup.a usw. Weish 7,22ff.). Vielmehr werden, umrahmt von positiven Anfangs- und Schlußaussagen, der a'Ya1T77 eine Reihe negativer Handlungen und Verhaltensweisen abgesprochen, ohne daß diese eine These zur a'Ya1T77 oder eine Wesensbestimmung enthielten. Dies ist in der Tat aus qer von v. Rad für lKor 13,4-7 namhaft gemachten Gattung der Bekenntnisreihe zu erklären, die im Judentum vor allem in Test XII Patr und in lQS 10,18ff. begegnet. Die Syntaxanalyse hatte schon diese Texte zum Vergleich herangezogen. Aus dieser Gattung lassen sich drei Strukturelemente des Abschnittes erklären. Erstens werden über eine abstrakte Größe nicht defmitorische Aussagen gemacht, sondern ihr werden wie einem Menschen Handlungs- und Verhaltensweisen beigelegt 139. Zweitens erklärt sich von hierher die 135. 136. 137. 138. 139.
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Platon Symp 197c. Maximus Tyr 20,2. 3Esr 4,36. Weish 6,22. Der Platon-Text läßt sich nicht damit vergleichen, denn der Eros ist dort als Gott dargestellt.
Kette von Negationen, die man nicht als abgrenzende Kriterien einsichtig machen könnte, auch nicht als "negative Theologie". Eine nur ex negativo schildernde Ekphrasis würde ihren Sinn verfehlen 140. Drittens gehört auch der summarische positive Schluß in V. 7 nicht etwa einem hymnischen Lobpreis an, sondern soll als fester Bestandteil der Bekenntnisreihe "ein vielhaItiger Abschluß des Ganzen sein, der über allen Einzelsätzen steht" 141. Zugleich aber tritt die atl.jüdische Gattung der Bekenntnisreihe hier in ganz grundlegend veränderter Form auf, nachdem sie ihren kultischen Sitz im Leben verloren hat 142 und durch die Literarisierung ihre beiden Grundbestandteile des "Ich" und der vergangenen Taten entbehrlich wurden, so daß einmal das "Ich" in der literarisierten Form erhalten bleiben konnte, nun in Testamenten oder Hymnen verwendet 143, oder aber die negative Satzreihe nun präsentischer Verben mit dem positiv-summarischen Schlußteil zur Beschreibung einer abstrakten Größe verwendet wird wie hier. Diese Entwicklung läßt sich in Test XII Patr verfolgen. Neben die testamentarisch stilisierten Bekenntnisreihen tritt in Test Benj 6 dieselbe Form, angewandt auf das OWßOVAWV TOU a:ya{)ou avopoc;, wodurch der Rückblick auf die Vergangenheit entfällt. Der hier vorliegende und zu 1Kor 13,4ff. hinftihrende Abstraktionsprozeß läßt sich deutlich belegen: während im AT der Mensch selbst ganz Subjekt seines Verhaltens und Tuns ist (Ich), wird im späteren Judentum im Rahmen einer differenzierenden Anthropologie zunächst das OwßOVAWV des Menschen als eigentlich Handelndes erkannt. Eine solche Stufe vorsichtiger Differenzierung begegnet Test Benj 8,2 im Zusammenhang mit a:ya1T77 in den Hss ß SI: 0 €XWV OLaVOLaV l<.atJapav €V a"{a1TT1 OUX OpQ- "(Vvatl<.a eLc; 1Topveiav. o.."{a1Tf/ ist noch nicht wie in 1Kor 13 an die Stelle des guten Menschen getreten, sondern fungiert als Umstandsbestimmung des menschlichen Sinnes 144. Der nächste 140. Die negativen Aussagen bei Maximus Tyr haben eine andere Ursache: sie dienen der Ver-
141.
1-12. 143. 144.
deutlichung der These von der Freiheit des Eros, die als Freiheit von negativen Größen dargestellt wird. v. Rad, FS. Alt, 167. In 1 QS 10,17ff. findet sich kein solcher Abschluß; überhaupt ist dort die Bekenntnisreihe weniger Traditionsstück als ad hoc formulierte lebendige Aussage. Der generalisierende Schluß begegnet Test Iss 4.7 Benj 6. Zu beachten bleiben aber auch die formalen Parallelen in den Platon- und Maximus von Tyrus-Texten, die zeigen, daß längere Aufzählungen von Einzelbeispielen auf einen allgemeinen Abschluß hindrängen: wie im einzelnen, so im ganzen. Vgl. bes. ISam 1,23. lQS 1O,8ff. In diesem Kontext erhält die Einleitungsformel von Test Benj 6: TO otaßOO"ll.LOv TOÜ d:ya~ov dvopd,> verstärkte Bedeutung und kann nun auch inhaltlich und formal mit TO 7rv€vIJa Tf),> d')'Q.7rf/'> parallel gesehen werden. Denn die Lehre von den zwei 6 taßou "lI.ta, mit denen Test Ass beginnt, zeigt, daß Test Benj 6,la als voll dualistische anthropolo-
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Schritt ist eben derjenige, eine Haupttugend selbst zum Subjekt menschlichen Handeins zu machen, die Einfalt usw. Dies ist innerhalb der jüdischen Tugendund Lasterlehre durchaus vorstellbar 145, ermöglicht durch die "verobjektivierende Lehrweise, die die Tugenden oder Laster zu personalen Subjekten verabsolutiert" 146, wie dies im Umkreis von Test XII Patr und Qumran geschieht 147. An dieser Stelle steht lKor 13, und zwar in auffallender Nähe zu Test XII Patr. Denn wenn dort auch die drei Bekenntnisreihen nicht a:yarr77 , sondern den Einfältigen, den Sinn des guten Mannes und "Ich" zum Subjekt haben, so spielt in Test Gad doch die ci:yarr77 eine entscheidende Rolle im Zusammenhang der dualistischen Anthropologie, die sich jener Absolutsetzung von Tugenden und Lastern bedient: Test Gad 4,7 werden das rrvev/la rav /l{aauc; und das rrvev/lari7c; a:yarr77C; als zum Tod und zum Leben führend einander gegenübergestellt 148. Diese beiden grundsätzlichen Prinzipien begegnen in verschiedener Nomenklatur als ,Zwei Geister' oder ,Zwei Wege' oder ,Licht-Finsternis' usw. nicht nur in Test XII Patr oder 1QS 4, sondern auch in anderen spätjüdischen Schriften, im NT und den frühen nachneutestamentlichen Schriften 149. Die in diesen dualistischen Rahmen eingespannte Paränese bedient sich neben der variablen Form der reihenden Satzparänese auch gern der festen Bekenntnisreihen, der Tugend- und Lasterkatalog·e 15o• Daher ist es nur verständlich, daß inhaltlich eine enge Beziehung zwischen den Aussagen der Tugend- und Lasterkataloge und den Bekenntnisreihen besteht, wie auch die Reihe lKor 13,4-7 Material verwendet, das ebenso in den paulinischen Katalogen begegnet 151.
145. 146. 147. 148.
149. 150. 151.
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gisehe Aussage zu werten ist: dem Geist des guten Mannes steht der böse Geist Belials ebenso gegenüber wie dem Geist der d')'Q.1Tl1 der Geist des Hasses. Test Gad 4: der Haß tut ... v. Rad, FS. Alt, 159. Vgl. dazu allg. Rost, Apokryphen, 98-143. Inhaltlich und fonnal ist diese Aussage lKor 13,4-7 sehr verwandt, zumal da ein Hauptlaster der Handlungsweise der d')'Q.1Tl1 abgesprochen wird. Weitere inhaltliche parallele Züge sind: Herabsetzung der Wahrheit, Verleumdung, Übermut, Freude an der Sünde des Bruders (c. 3 und 4). Vgl. auch Slav Hen 30,15 und CD 19,29ff.: Haß und Liebe (i11n~O als die beiden Verhaltensprinzipien. 1 QS 9,21 ist nur der Haß ausgeführt. Vgl. Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge, 33-42. Vgl. a.a.O. 26-33,44-61. Die Didache hat diese ganze Tradition verarbeitet, wenn sie in ihr Zwei-Wege-Schema nicht nur die traditionelle Satzparänese und einen großen Lasterkatalog außer den atl. Geboten und synoptischen Sprüchen übernimmt (vgl. zu dieser Technik der Einarbeitung atl. Gebote in die Tugend- und Lasterliteratur des Judentums: Wibbing, a.a.O. 42), sondern auch Anklänge an die Bekenntnisreihen in der imperativisch for-
1Kor 13,4-7 ist also in einer Form abgefaßt, die von der jüdischen anthropologisch-ethisch interessierten Literatur aus einer at1. Gattung entwickelt wurde. Einer abstrakten ethischen Größe 152 werden in kurzen Aussagesätzen positive und negative Handlungen zugeordnet. Das Ende der Form kann eine generalisierende Schlußaussage bilden 153. Die wesentliche Umgestaltung der zugrundeliegenden at1. Gattung erfolgte unter dem Einfluß einer bestimmten Anthropologie derjenigen jüdischen Literatur, deren Exponenten Test XII Patr und die Qumranschriften sind. Das schon im AT selbst aus dem kultischen Zusammenhang der Rückschau auf das eigene Leben befreite Bild vom gerechten, guten Mann wird im Judentum zum Bild der Güte, Gerechtigkeit usw., an der der Mensch Anteil haben kann und die bei aller Abstraktheit das praktische Sein des Menschen meint, wie die Gattung, der 1Kor 13,4-7 angehört, deutlich macht. Damit nähert sich die Form deutlich den Beschreibungen der ethischen philosophierenden Literatur der Zeit 154. 1Klem 49f. kann dann die Form von 1Kor 13,4-7 ganz in das Enkomion der a:ya1TTl umformen, indem das p€'ya"Aewv rijc:; l
c) Verse 8-12 1. Lag im ersten Teil eine Art Wertepriamel als Antwort auf die Frage: ,was nützt jetzt wirklich dem Menschen' vor, so kehrt der dritte Teil mit V. 8 zu dieser Priamel form zurück. Die Frage hat sich nun, nachdem im Mittelteil diese anthropologische Fundamentalgröße, die wirklich nützt, wie das Verhalten des guten Mannes etc. dargestellt worden ist, erneut in radikaler Form mulierten Nicht-Reihe in K. 3 zeigt. Did 3 ist nicht allein als Fortsetzung der Dekalogzitierung von K. 2 zu erklären. Hier ist zur Schärfung der Aussagen auf eine der Bekenntnisreihe ähnliche Fonn zurückgegriffen worden. 152. Der Ausdruck "ethische Größe" darf nicht im griechisch-philosophischen Sinn verstanden werden. Größen wie 1TVEvp.a, IhaßovA.tOv des Menschen u.ä. sind ebenso theologisch verankert wie die Q:ya1T1'/ lKor 13. 153. Eine engere definitorische Aussage ist hier nicht ratsam, wenn man die Implikationen von Ekphrasis und Bekenntnisreihe wirklich erhalten will. 154. Neben allen anderen Versuchen einer Fonnbestimmung von lKor 13,4-7 mit griechischen Kategorien ist daher auch die von Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge, 161, A. 11, vertretene Einordnung in dem hier vorgetragenen Sinne zu modifIZieren ("diese Reihe 13,4-7, die stilistisch wohl einem katalog-ähnlichen Schema der Diatribe folgen mag"). Nicht Ableitung aus hellenistischen Fonnen, wohl aber der Hinweis auf Verwandtschaft mit ihnen entspricht dem Text des Kapitels. 155. Das hellenistische Judentum macht dieselbe Entwicklung zur hellenistischen Form durch: vgJ. Weish 7,22-8,1 wo die oo",la in ihrem Wesen beschrieben wird (bes. adjektivisch).
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gestellt: ,welche Größe entgeht der eschatologischen Vernichtung', oder auf den Menschen bezogen: ,welche Größe nützt nicht nur jetzt wirklich dem Menschen, sondern hält bis ins Eschaton stand', - eine abstraktere Formulierung für die Frage in den synoptischen Evangelien: ,wie erbe ich das ewige Leben' u.ä. Die Antwort heißt: 17 CL'ya1fl1 OVÖ€1fOT€ 1fi1fT€L - abgesetzt gegen die nochmals priamelartige Beispielreihung der vergänglichen Größen von Zungenrede, Prophezeiung und Gnosis. Wie der erste Teil des Kapitels einer bestimmten lehrhaften Diskussionsform zugewiesen werden konnte, so läßt sich auch für V. 8 der entsprechende Zusammenhang herstellen. Denn sowohl in den apokalyptischen wie in den weisheitlichen Schriften des intertestamentarischen Judentums, in den den ntl. Schriften gleichzeitigen jüdischen Texten und im NT selbst gibt es den Lehrsatz von der Ewigkeit des Gesetzes 156 - eine Vorstellung, die entweder zu einer ontologischen Aussage von der Prae- und Postexistenz des Gesetzes analog zur oo..pia der Weisheitsliteratur fUhrt 157 oder aber, soteriologisch verstanden, bedeutet, daß die Gesetzestreuen Erben der neuen Welt sein werden 158. Diese Vorstellung findet sich in einem klassischen Lehrsatz Abot 6,9b im Rahmen einer fiktiven Ich-Erzählung des Rabbi Jose: "Denn in der Scheidestunde begleiten den Menschen weder Silber noch Gold, weder Edelsteine oder Perlen, sondern nur Tora und gute Werke" 159. Hier liegt dieselbe Gestaltung des eschatologischen Lehrsatzes als Wertepriamel vor wie 1Kor 13,8. Die weniger abstrakte Vorstellung, die guten Werke blieben im Gericht, ist ein im Judentum und Urchristentum weit verbreiteter Gedanke 160. In diesen Zusammenhang gehört auch die Ewigkeit der ÖLKawOVVTJ, wie sie programmatisch zu Beginn der Weisheit formuliert ist: ÖUWWOVVTJ "(o.p arJavarck eonv l61 • Diese Formulierung aber ist mit der Priamel 3Esr 4,38 austauschbar, wo die a"Ai!rJeta J1€V€L Kai WxV€L elc: TOV aiwva Kai ~i7 Kai KpaT€L elc: TOV alwva TOÜ alwvoc:, denn die uA:.qrJeLa ihrerseits ist durch vollständige öLI
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Dauer von Gesetz, Gerechtigkeit, Wahrheit, guten Taten haben 163. Einige dieser Sätze sind mit Hilfe priamel artiger Züge ausgeweitet, so daß der bleibenden Größe vergängliche Größen gegenübergestellt werden. Diese Konzeption, die auf der Erwartung eines neuen Äon der endgültigen, offenbaren Gottesherrschaft aufbaut und als solche sich nicht nur in dem apokalyptischen Schrifttum im engeren Sinne, sondern auch in Werken wie 3 Esra, Abot und Psalmen Salomons findet, ebenso im NT 164, kann dualistisch entwickelt werden, so daß sich das Böse, Vergängliche und das Gute, Bleibende gegenübertreten 165; der Gegensatz kann aber auch zwischen mehreren relativen Werten, die im Endgericht aufhören, und einem absoluten Wert (der seinerseits aufgefachert vorgestellt werden kann), der bleibt, liegen. Hierher gehören Abot 6; 4Esr 7,33ff.; Mt 24,35 und lKor 13,8. Die dem Höchstwert gegenübergestellten Werte gehören entweder der orientalischen Volksweisheit an wie Schätze, König, Frauen USW. 166, oder aber es sind echte theologische Gegenwerte wie z.B. Mt 7,2lff. 167• Test lob 33,1-9 weitet diese eschatologisch bezogene Wertepriamel stark aus. Der "Thron" Hiobs wird bleiben, während der laJUj..LOe;, seine 06~a und oi 1TpouexovTee; cWri;; vergehen werden 168. 2. Die in V. 8 in Form eines Lehrsatzes aufgestellte These wird nun in W. 9-12 zu einer spekulativ-theologischen Endzeitbelehrung ausgearbeitet. Dabei handelt es sich nicht um eine eschatologische Belehrung, wie sie 1Thess 4;5; 1Kor 15 (teilweise) vorliegt 169, deren Thema lautet: ,wie verhält es sich mit der Äonen163. Vgl. weitere Belege nach Volz, Eschatologie, 362, bes. Äth Hen 91,1-11 (verwandt mit 4 Esr und lKor 13); Apk 21,1-8. 164. Klassische Formulierung 2Kor 3,11; apokalyptische Texte: Syr Bar 73,lff.; Äth Hen 10, 13ff.; 4Esr 7,33ff. 165. Z.B. Ps Sal, wo die Gerechten das ewige Leben erben, die Gottlosen dem Verderben verfallen, z.B. 13,11 u.ö. So auch 4Esr 7,34, wo der Ungerechte zugrunde geht, die Wahrheit als gerecht ewig bleibt. Abot 5,16: ewige und vergängliche Liebe (i1:Ji1N). 166. Diese priamelartige Form auch Test Lev 13, aber ohne eschatologische Reich~;ite der Aussage. 167. Mt 7 setzt wieder beide Größen einander dualistisch entgegen, indem, auf die Pseudopropheten bezogen, die Wundertäter der b..vop.{a angehören und zugrunde gehen, während in lKor 13,8 die Wundertaten aufhören 168. Diese Wertepriamel wird noch zweimal wiederholt (VV. 6.7 und 8.9). Das Stück schließt mit der gleichen Ewigkeitsformel wie 3Esr 4. Eben dieser Schluß fehlt im IKor 13. Die Aussage von V. 12 behält die Zukunft nicht der d')'Q.1T'Tj, sondern der endgültigen Begegnung des Menschen mit Gott vor. V. 13 ist nicht diesen Ewigkeitsaussagen parallel, wie die Exegese ergab. 169. IKor 15 ist eine aufgrund der korinthischen Situation ad hoc zusammengestellte Lehre über die Auferstehung der Toten, die verschiedene formgeschichtlich isolierbare Einzelteile enthält.
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wende' und das dann auf verschiedene Einzelfragen hin weiter untersucht wird 170. Vielmehr gehört 1Kor 13,8-12 in den Zusammenhang einer anderen Gruppe eschatologischer Lehrtexte: Röm 8,18-27 (zwei Absclmitte, Zäsur vor V. 22); 1Kor 15,35-57 (drei Abschnitte: 35-44a.44b-49,50-57); 2Kor 3,4-11; 4,16-18; 5,1-10; Phil 3,20f. Hier liegen jeweils Lehrstücke vor, die vom Kontext abzuheben sind und mit vorgegebenen Lehrtraditionen jüdischer und urchristlicher Herkunft arbeiten 171. Inhaltlich kreisen sie um das Thema der gegenwärtigen und zukünftigen Existenz der Glaubenden, Gerechten usw. Stilistisch zeigen sie stark rhetorische Durcharbeitung und ausgesprochen argumentativen Charakter. Besonderes Kennzeichen dieser Texte ist, daß die schwierige, Traditionsstücke relativ mühsam verarbeitende, spekulative Belehrung dieser Abschnitte stets allgemein formulierte Lehrsätze über die bleibende Größe enthält, um die herum sich die Lehre entfaltet, so 1Kor 13,8; 15,36-38 172 ; 2Kor 3,6 173 ; 4,18b; 5,1 174 ; Röm 8,18 175; Phil 3,20a. Solche ausgeweitete eschatologische Lehre, die, zwischen Jetzt und Dann Beziehungen herstellend, nach dem Bleibenden fragt, begegnet auch im späteren Judentum in weisheitlichen Lehr~chriften, wobei stets wie 1Kor 13,8-12 Bleibendes und Vergehendes einander gegenübergestellt wird 176. Die Form der VV. 8-12 ist notwendigerweise weniger fest gefUgt als die der bei den vorhergehenden Teile. Dasselbe hatte die Stilanalyse ergeben. Es handelt sich um einen argumentierenden Abschnitt, dessen Form variabler ausgeftillt 170. Diese Texte gehören zur Form der "apokalyptischen Weissagung" (BuHmann, Synoptische Tradition, 126ff.). Vgl. zu dieser Form: hg. Schreiner, Gestalt, 313-329 (Pesch). 171. Zu Röm 8 vgl. Balz, Römer 8; zu 2Kor 3 vgl. Schulz, ZNW 1958,1-30; zu 2Kor 4,16-18 vgl. bes. Windisch, 2. Korinther, 127ff.; zu Phil 3,20f. vgl. Gnilka, Philipper, 206ff. 172. In diesen Versen liegt die allgemeine These, die im folgenden ausgeführt wird. 173. V. 6 enthält die These, die dann midraschartig entfaltet wird: so ist Windisch, 2. Korinther, 11lf., mit Lietzmann, 2. Korinther, 111 zu korrigieren. V. 6 ist nicht nur Abschluß, sondern auch Anfang, d.h. Angelpunkt der Argumentation. 174. 5,1 ist der Hauptsatz der folgenden Lehre: dazu Windisch, a.a.O. 158. 175. V. 18 als These: vgl. Michel, Römer, 200f. 176. Weish 1,1-15 (abstraktes Subjekt, dualistischer eschatologischer Schluß); Ps Sal 3,3-12 (Subjekt ,Der Gerechte', dualistischer eschatologischer Schluß); 14,1-5; I/J 1.14 u.ö.; Syr Bar 48, 42-50 (die Gerechten); Test lob 33. - Diese Texte argumentieren weniger als die paulinischen Beispiele. Diese Einsicht in die Form der VV. 8-12 und ihre Geschichte relativiert den Gliederungsvorschlag von Wonneberger, Textgliederung, 308f. (VV. 8-10.11-13), unbeschadet seiner z.T. richtigen Beobachtungen. Nach V. 10 liegt in der Tat ein Einschnitt vor, der aber ein Gliederungselement innerhalb des 3. Teils darstellt.
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wird als die beiden anderen Formen. V. 8 wird in den folgenden Versen erläutert und einsichtig gemacht. Der Rahmen der eschatologisch bezogenen Wertepriamel ist aber erhalten.
d) Vers 13 Daß in V. 13 nochmals eine lehrhafte Wertepriamel vorliegt, die ebendenselben Charakter trägt wie die zu den VV. 1-3 verglichenen jüdischen lehrhaften Texte 177, bedarf nach den bisherigen Ausführungen nur noch einfacher Erwähnung. Die Bedeutung der Werte untereinander ist nicht wie in VV. 1-3 eine kritische, sondern positiv reihend unter Hervorhebung eines Hauptwertes 178, der, wie die Exegese zeigte, durch seine eschatologische Dauer seine Stellung erhält 179. Eine andere Möglichkeit, innerhalb gleichwertiger Größen eine Hauptgröße zu bestimmen, zeigt Mt 19,16-22 par., wo nicht die eschatologische Reichweite das Kriterium bildet, sondern die Radikalität im Vollzug der Gebote. Diese Form der Wertepriamel, spezieller als diejenige der Verse 1-3, hat ihren Sitz im Leben aber ebenfalls in der Lehre, wie die Abot-Beispiele zeigen.
4. Die Form von 1Kor 13 und 1Kor 13 im 1. Korintherbrief Die Untersuchung von Kontext, Sprache und Stil hatte ergeben, daß lKor 13 als Ganzes sich von seiner Umgebung abhebt. Die Formanalyse hat zusätzlich aufgedeckt, daß der Text mehrere kleine Formen enthält, die sich gattungsgeschichtlich einordnen lassen. Gilt ähnliches nun auch ftir den Text im ganzen? Die Beantwortung der Frage wird bei 12,31 b einsetzen: Kai eTt Ka{}' lJ1T€pßOArW ooov vp.iv O€u<'VVP.L. Daß der "höchste Weg" als Metapher für eine Tugend gebraucht wird, ist ein sprachlicher Topos,den die bekannten Ausführungen Philos zur T€A€LU oo~<; T77<; oO'{JLa<; (Imm 142ff.) und zur ßaoLALI<.ij 000<; ap€Tij<; (Imm 180) besonders gut belegen, da diese Fonnulierungen auf dem Schnittpunkt zwischen jüdischer ethischer Weglehre und griechischer ethischer Sprache liegen 180. Daß im Judentum auch pneumatisch-intellektuelle Größen zu dem eigent177. Z.B. Abot 2,9a. - Vgl auch die Texte bei Strack-Billerbeck 1, 194. 178. Z.B. Abot 4,13b; 6,5. 179. Es ist eigenartig, daß gerade Schmid, Priamel, V. 13 keine eigene Form abgewinnen kann (13lff.). 180. Dazu Wlosok, Laktanz, 103ff.; Weiß, 1. Korinther, 309ff.; Lehmann-Fridrichsen, ThStKr 1922, 65ff. - Jüdische Zweiwegelehre: '" 1,6; Äth Ren 91,1-19; Slav Ren
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lich ethisch konzipierten ,Weg' gerechnet werden können, zeigt z.B. 1Q S 9, 16-21: zu den Geboten für den Unterweiser gehört es, "mit Wissen, Wahrheit und gerechtem Urteil (v1~ ~~~~~ Tl~~ Tl~1) diejenigen zurechtzuweisen, die den Weg (177.) wählen ... , um sie mit Erkenntnis (i1~1~) zu leiten und sie so Einsicht zu lehren in die Geheimnisse des Wunders und der Wahrheit (Tl~~~. N7~ 'I~?~) inmitten der Männer der Gemeinschaft, daß sie vollkommen wandeln (c'l??~ 1?i]7)". 1QS 9 zeigt, wie auch Wissen - Wunder - Geheimnisse usw. zum" Weg" gehören können, dem Paulus die a:yuTrT/ als höchsten Weg gegenüberstellt. Nimmt man noch die Aussage des Naassenerpsalmes (Hipp Ref 5,10,2) hinzu, wo die -yvwme; ,a-yla oooe;' genannt wird, so entsteht ein polemisches Profil, in das sich Paulus hier in seiner spezifischen Darlegung gegen die korinthischen "Schwärmer" einordnet. Eine aktuelle Diskussion wird mit traditionellen Mitteln ge fUhrt , auch wenn diese hier in der Kontroverse gehandhabt werden. Es ist nun zu fragen, in welche Form diese polemisch vergleichende Darstellung der wahren DOck gebracht ist. Auch die Fonn steht im Zusammenhang von Tradition. Denn der ethische Topos der oOck ist mit O€LKvUVaL zur fonnelhaften Eröffnung einer Rede über die höchste Tugend verbunden 181, zugleich aber durch das Attribut und die 1. Person Sing. poetisiert 182. Diese Rede verfolgt einen ethischen Zweck, da der "Weg" selbst "gezeigt" wird, nicht aber eine definierende Wesensbestimmung dieses Weges vorgenommen wird 183. Andererseits handelt es sich nicht direkt um eine Paränese, da deren wichtigstes Element, der Imperativ, erst als Folge des Kapitels im Übergang zur nächsten formalen Einheit, den Anweisungen über das Verhalten im Gottesdienst, begegnet (14,1). Kapitel 13 aber schließt mit einer strikten ethischen Gnome im Rahmen der Priamel V. 13. Der typische paränetische Imperativsatz OLWK€T€ rrw a-yuTrT/v steht nach den Ausführungen des Kapitels, die selbst eben nicht in jener paränetischen Weise formuliert sind wie die inhaltlich parallelen Sätze Röm 13,8-10 in ihrem Zusammen-
30,15; Test Ass 1,3; Test Gad 4,7; Abot 2, 9a-9d; Philo Spec Leg 4,108; Plant 37; Did 1,1 pass.; Mt 7,13f. Lit.: Wibbing; Tugend- und Lasterkataloge, 33-42; 61-64: 71-76; 114-117; ThWNT 5,42-119 (Michaelis). Bergman, SvExÄrsb 1977,27-56. Kieffer, Le Primat de l'Amour, 37, nimmt "la voie" selbst als Formbestimmung. 181. Vgl. die Formeln bei Weiß und Lehmann-Fridrichsen, a.a.O. Vgl. auch LXX 1Kön 12,23. - Es geht im folgenden nur um ,oc5ov c5€LIO,uVCU' als Teil der Formbestimmung. Zur Exegese vgl. Kap. B. 182. Das Attribut zu Oc5d~ hat damit einen anderen formalen Stellenwert als V1T€PLUXV€LV 3Esra 4. 183. Die Einleitung einer Wesensbestimmung der aOIP'a (Sap 7,22) erfolgt mit eaTLv. Zur Einleitung einer Lobrede auf die d'Ycl1TT/ vgl. lKlem 49,2f., ebenfalls ein Topos (vgl. Apuleius Met 11.25). Vgl. dieselbe Funktion von oel/\lJIJIU Test lob 33,2.
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~'
r-;
hang. So hat auch die Eröffnungsfonnel nicht den einfachen Charakter des Lehrtopos im Sinne der o'ioaTe ön-Formeln der paulinischen Briefe. Vielmehr eröffnet der Satz ,Kai EiL Kar)' vrrepßOAflV oodv VP.LV oeiKvup.t' eine ethische Rede, die vor allem im dritten Teil inhaltlich in den eigentlich religiösen Bereich vorstößt. Die wichtigsten Strukturelemente der Gesamtform des derart eingeleiteten Textes sind ganz verschiedenartige: erstens das "Ich" (VV. 1-3.11.12b), zweitens die Priamel form der VV. 1-3,8-12.13, drittens die o.'Yarr1}. Das "Ich" nimmt dem Text, wie bei der Stilanalyse ausgefUhrt wurde, den direkt paränetischen Charakter und setzt an seine Stelle eine poetische Metapher. Die Priamelform ist zwar nicht die einzige Fonn im Kapitel 13, sie hält aber den beschreibenden Mittelteil umschlossen. Wenn der Text auch nicht eine stringente Priamel wie z.B. Abot 2,9a ist, so hat er im ganzen doch soweit priamelartigen Charakter 184, daß diese TeHform ein Struktureleinent der Gesamtfonn darstellt, ohne mit dieser identisch zu sein. Damit ist dem Text zugleich ein lehrhaftes Element beigegeben. Das wichtigste Strukturelement, die o.'Ya7r1}, verbindet alle drei Teile miteinander. Der Text ist durchgehend eine Rede eben über die o.'Yarr1} 185. Wenn die Q.'Yarr1} auch die oOck von 12,31 b ist, so ist Kapitel 13 eben doch nicht in der im Judentum und im Urchristentum bekannten Fonn der zwei Wege verfaßt, sondern als ,Rede' über die eine höchste Tugend Q.'Yarr1} 186. Die Bestimmung J 84, Hier ist Schmid, Priamel, 118ff., zu modifIzieren. 185. Paulus wählt als Bestimmungsbegriff des positiven Weges nicht die traditionellen atl.-jüdischen Begriffe Gerechtigkeit oder Wahrheit - beide begegnen aber als Erscheinungsweisen der d-yG.1T1j -, sondern Liebe, d-yG.1Tl1. Diese Bestimmung ist innerhalb der spätjüdischen Wege-Lehren zwar ungebräuchlich, nicht aber unbekannt. Sowohl in Test Gad 4,7 als auch in Slav Hen 30,15 begegnen Liebe und Haß als gegensätzliche Bestimmungen des Wege-Schemas. Im Slav Hen heißt es: "Und ich zeigte ihm zwei Wege, Licht und Finsternis. Und ich sprach zu ihm: Jenes gut, aber dies böse, damit ich wisse, ob er Liebe hat zu mir oder Feindschaft, damit offenbar werden in seinem Geschlecht die mich Liebenden" (hg. G. Bonwetsch, S. 29). Test Gad spricht vom Haß als von der Grundsünde und stellt ihm ohne ausgesprochenes Zwei-Wege-Schema die Liebe gegenüber: Tl) -yo..p 1TvEupa TOU pL'aovc: 0'0.. TTjc: O'AL-YOI/JvXLac: avvfP-YEi TtfJ l:a:ravQ. EV 1Tämc: dc: (JG.vaTov TWV (zv(Jpc;,J7TWV, TO oe 1TVEupa TTjc: Q-yG.1Tl1C: EV paKpO(JvpL/f aVVEP-YE'i n.ji VOp4J TOU (JEOU dc: aWTl1PLav TWV (zv(Jpc;,J7Twv: daß der gute Weg der Weg der Liebe sein könne, ist also eine spätjüdischer Theologie zur Verfügung stehende, wenn auch nur sehr selten vertretene Vorstellung (vgl. auch Sir 11,15). J 86. Hier liegt die enge Beziehung zu 3Esra 4, während z.B. die Abot-Priamel über das gu te Herz im Sinne der Struktur der Zwei Wege mit der entsprechenden Ausführung über das böse Herz fortgesetzt wird. Andererseits ist die fonnale Parallclsetzung von 1Kor 13 und 3Esra 4, wie Schmid, Priamel, 136, sie vornimmt, doch gepreßt. 3Esra
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der Gesamtform des Kapitels wird diese letzte Definition wählen, da diese sowohl der strengen formalen Durcharbeitung des Kapitels als auch der relativen Freiheit der Gesamtform gerecht wird 187. Zur näheren Bestimmung der Form ,religiös-ethische Rede' müssen hier zwei Texte herangezogen werden: Hebr 11 und das vierte Makkabäerbuch. Hebr 11 ist eine belehrende Rede über die rrianc:, die nach einer Definition der rrianc: in 11,1 eine lange Zeugenreihe der Alten (€paprvpi}{)17oav oi rrpeaßvrepoL) bringt 188. Den Redecharakter des Kapitels betont der Einschub V. 32: Kai ri ETL A€rW. Die Eröffnungsformel des 4Makk lf. lautet: I{>LAOaOI{>Wrarov AOrOV errweiKvva{)m P€AAWV, Ei aVTOO€arrOToc: eanv rwv rra{)wv 0 EiJaeßr,c: AOrWpOC: ... (2) Kai rap avarKaioc: eie: emaT17P17v rravri 0 AOrOC: Kai äAAWC: rilc: p€riar17C: aperilc: , A€rW or, I{>povr}a€wc:, rr€pL€xeL €rraLVOV 189. Der philosophische AOrOC: ist ein Lob der höchsten Tugend, der Einsicht - für einen jeden notwendig zu hören. Formbezeichnung AGyOC: bzw. Mac:, O€LKVVVm als Beschreibung der Belehrung, Aufforderung zum Hören, Erläuterung der höchsten Tugend: dies Einleitungsschema zu einer ethisch-religiösen Rede über eine Tugend verbindet 4Makk und lKor 13 trotz der ganz unterschiedlichen Länge der jeweiligen Rede 190.• Ergänzend ist auf Test lob 26f. hinzuweisen. Hier liegt eine locker gestaltete Rede über die inropovr} / paKpo{)vpia vor, die in dem Schluß: KpetrrwV eariv rravroc: 17 paKp6tJvpia (27,7) gipfelt 191. Daß die dem 4Makk entnommene Formbezeich-
187.
188. 189. 190. 191.
220
4 bleibt ein Lob der dM~€La. Für die Fonn von lKor 13 ist demgegenüber die rednerische Figur des "Ich" im Zusammenhang mit der Lehrtenninologie von 12,31b entscheidend. Wie nahe die a:ya:Trl1 fonnal gesehen hier an die dp€T11 herankommt, zeigt der Vergleich mit Philo Sacr Ab 27, wo unter dem Oberbegriff dp€Tr, Werte wie <.pLAav~pw1T{a au (gezählt werden. Auch Philo bleibt trotz der dp€Tr,-Begrifflichkeit im Umkreis des ethischen Denkens des Judentums, wenn er dp€Tr, und 1'Ioovr, nach dem Schema der Zwei-Wege einander gegenüberstellt und bei der t,oovr,die Unzuchtsünden so stark betont. So erweist sich v. Harnacks (Das Hohe Lied, 153, A. 4 "Rede") Definition im ganzen als angemessen, so unfest eine solche Fonnbezeichnung wie AO-YOC; auch ist: vgl. oben Anm. 84. Hier ist nicht an eine feste antike Gattung AO-YOC; gedacht, sondern ,Rede' ist rein deskriptiv und pragmatisch verwendet, wie der Terminus auch in den jüdischen und ntl. Schriften begegnet. Michel, Hebräerbrief, 368, bezeichnet das Kapitel als" ,Summarium' nach dem Muster spätjüdischer Paradigmenreihen". Zur Form vgl. Deißmann bei Käutzsch, Apokryphen 11, 150f. 4Makk hat den Umfang einer längeren Predigt oder Rede: ca. 1 1/2 Stunden Vortragsdauer. Test lob 27 bildet einen Abschluß innerhalb des Gesamtwerkes. 27,7 ist eine typische Schlußgnome. 28,1 beginnt ohne inneren Zusammenhang mit einer neuen Erzähleinheit. Vgl. dazu Schaller, Testament Hiobs, 305, besonders Anm. 14. - Das allgemeine
nung AO'Y0<; wenig präzise ist, mag als Nachteil erscheinen 192. Immerhin ist dieser Terminus dem Umkreis der literarischen Welt des Paulus entnommen. Auch die Forschung zur Form des 4Makk hat den Begriff A0'Y0<; untersucht und die Frage aufgeworfen, ob es sich dabei um eine literarisch konzipierte Rede oder um einen Synagogenvortrag gehandelt habe 193. Für 1Kor 13 und Hebr 11 ist diese Frage müßig, da hier der AO'Y0<; auf jeden Fall seinen ursprünglichen Sitz im Leben verloren hat und der Großform ,Brief eingegliedert worden ist 194. Trotzdem zeigt die Diskussion um 4Makk, daß der Vorschlag, 1Kor 13 als Predigt zu verstehen, nicht abwegig ist 195. Wesentlich an der Formbestimmung in 4Makk 1 ist weiterhin der Terminus €7Tatvo<;. Ein AO'YO<; auf eine apf.T~ umfaßt danach einen €7TaLVO<;: eben jene Aspekte, die für 1Kor 13 oft fälschlich zur Formbestimmung des ,Hymnus' führten. Hierhin gehören die plerophoren und hyperbolischen Elemente der Sprache und des Stils. Nun ist den vier Texten über die genannten Formelemente hinaus eine inhaltliche Gemeinsamkeit eigen: eine tugendartige Größe - Cr'Ya:TT17, 7Tian<;, /1aKpo{}v/1ia und 'PpoV17aL<; - bewährt sich im Zusammenhang von Dulden, Leiden und Martyrium. Das gilt auch und gerade für 4Makk, wo die eigentliche Schlüsseltugend V7TO/1oV'it ist, während 'PPOV17at<; im Laufe des Werkes völlig zurücktritt. Jedesmal führt die Tugend zur eschatologischen Rettung (4Makk 17, 17f.: V7T0/10Vl7; Hebr 11,39f. zugunsten der christlichen Vollendung der alttestamentlichen Beispielreihe umgebogen). So steht nicht nur eine gemeinsame Formtradition, sondern auch eine gemeinsame inhaltliche Tradition spätjüdischer Ethik und Leidenstheologie hinter diesen Texten, wie verschiedenartig auch immer die Texte im einzelnen ausdifferenziert sind. Die Tradition ist durch den Umkreis der Begriffe a'Yu7TT]-7Tian<;-v7TO/1oV'it gekennzeichnet, ohne daß die Verarbeitung dieser Begriffe die hier gewählte Form stets nach sich ziehen müßte 196. Auch der Kontext dieser Form und ihrer zugehörigen Inhalte ist jeweils derselbe. Es handelt sich um eine lehrhafte Vertiefung in paränetischem Zusammenhang. Die Aufforderung: ÖtWKf.T€ T17V a'Yu7T17v (lKor 14,1) findet ihre direkte Entsprechung in Hebr 12,1: TOL'YapOÜV Kai T7/1€i<;, ToaofJTov €XOVT€<; 7T€ptK€l/1€voV T7/1iv V€I{XJ<; /1apTVpwv ... öt' V7T0/10vij<; TP€XW/1€V TC>V 7TPOK€L/1€VOV 17/1LV
192. 193. 194. 195. 196.
Urteil SchaUers (S. 306) entspricht den Überlegungen zu den Paulusbriefen, wie sie Kap. A und B dieser Arbeit ausbreiten. Test lob 26f. ist ebenso in den Kontext eingegliedert wie Hebr 11 und 1Kor 13. Vgl. dazu Anm. 62 Kap. D und Anm. 84 und 187 Kap. F. Vgl. Deißmann in: Kautzsch, Apokryphen 11, 150f. Auch die Diskussion über die Einordnung des Textes in die ,Diatribe' ist ähnlich wie für lKor 13 diskutiert worden. Für Hebr 11 vgl. dazu Michel, Hebräerbrief, 422f. Vgl. dazu Anm. 84-102. Vgl. dazu Kap. C zu lKor 13,7 und 13.
221
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~j,,';". '
a:ywva. Ebenso schließt das Corpus des 4Makk nach einem Resurne 17,23 über die vrro/J.0VT7 als vrrooet,,{/J.a mit einem Aufruf an die rraioee; 'lopar(AiTaL .•• : rraVTa Tporrov eiJoeßeLTe "{LVwOIwVTee; ön TWV rraf)wv eonv oeorroT11e; 0 eioeßi]e; A..o"{W/J.oe; 197. Und Test lob 27,7 schließt Hiob: VÜV ouv, Texva /J.0V, /J.aKpof)V/J.i]oaTe Kai v/J.eie; EV rraVTL oV/J.ßaivoVTL v/J.iv, wobei hier die Schlußgnome über /J.aI<.pof)v/J.La
als höchstes Gut nachgestellt ist 198. Es ist also jeweils eine Lehrrede in einen ethischen Zusammenhang paränetischer Natur eingefligt. Für die beiden ntl. Texte, Hebr 11 und IKor 13, ist dabei der Umstand besonders wichtig, daß diese AO"{Ot ihre Traditionen dem Judentum entnehmen, so daß in bei den AO')'OL ,christliche', d.h. christologische Hinweise fehlen 199. Auch dieser wesentliche Umstand ist also unter anderem und vor allem ein Formelement. Blickt man auf die Vergleichstexte zurück, so tritt nun bereits der besondere Formcharakter von IKor 13 in dem gezeichneten Zusammenhang heraus. Unsere Charakteristik der Form von IKor 13 als eines religiös-ethischen Ao"{oe; ist als literarhistorische Beschreibung im Umkreis spätjüdischer und ntl. Literatur trotz ihrer Unschärfe erhellend. Diese Formbeschreibung geht davon aus, daß es einerseits bei Paulus keine feste Formennomenklatur gibt, auf die er einfach zurückgreift, und daß wir in seinen Schriften nur eine einzige literarische Großform: den Brief, finden, daß aber andererseits seine Briefe ähnlich wie die Testamente, Lehrschriften, Apokalypsen etc. des Judentums Sammelbecken überlieferter, relativ fester Form-Inhalt-Komplexe sind. Solch ein relativ fester Form-Inhalt-Komplex ist der Ao"{oe; über die CL"{arr11, der neben den AO"{Ot über rrLone;, /J.aI<.po{)v/J.La, vrro/J.ovi] und I{)pOV110te; steht. Dieser A&yoe;, der in seinem Umfang ganz variabel ist, wurde von Paulus der Großform ,Brief in. poetisierender Sprache und Stilform und in reduziertem Umfang knappster Prägnanz integriert, wie die Sprach- und Stiluntersuchungen erwiesen. Der Verfasser des Hebräerbriefes gab dem Ao')'oe; über die rrLone; den dreifachen Raum im Corpus seines Ao"{oe; Tile; rrapaKAi]oewe; - der Großform des Hebr. Der Verfasser des
197. 4Makk 18,1 ist fonngeschichtlich gesehen ein Abschluß des A0'YOC;. 18,2ff. sind anhangs- und erweiterungsartige Gebilde (vgl. auch Deißmann a.a.O. 175, Anm. g). 198. Test lob 26,5 ist die paränetische Konsequenz vorweggenommen, 27,7 wird sie wiederholt, die Tugendgnome ist jedoch nachgestellt, da das Werk in K. 28 erzählend, nicht paränetisch weitergeführt wird, so daß ~in paränetischer Schluß in der Luft hängen würde. 199. Michel, Hebräerbrief, 370, schreibt: "Auffallend ist, daß der [christologische] Höhepunkt und Abschluß in 12,2 eigentlich außerhalb der Reihe 11,1-40 liegt." Die eigentliche Problematik der impliziten Christologie von Hebr 11 ist damit noch nicht scharf genug erfaßt. - Zu 11,26 vgl. 409f. Auch wenn der Ausdruck sich direkt auf Christus beziehen sollte, so ändert sich das Bild von der grundsätzlich fehlenden expliziten Christologie des Kapitels nicht, wie Michel selbst eingesteht.
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4Makk schließlich schrieb über die lfJP0VT7aLC;-V1T0/10vr, einen AO-YOC;, der den Umfang eines größeren Vortrags hat. Damit ist zugleich die Stellung des Kapitels im Ganzen des Briefes beschrieben, soweit sie sich auf die Form des Kapitels bezieht. Die Form des Kapitels ist nicht so geschlossen, daß sie aus dem Briefganzen herausfiele, wie auch die Kontextanalyse ergab. Das Kapitel ist dem Formprinzip des Briefes integriert. Dies beruht auf "dem Persönlichen der Zwiesprache mit einem abwesenden bestimmtcn Partner, die ... besonders eindringlicher sprachlicher Mittel bedarf, im Ges.cluiebenen leibhaftig gegenwärtig zu erscheinen. Auf dieser Intensität der persönlh.:hen Vergegenwärtigung eines Menschen, der ,einem etwas zu sagen hat', beruht die literarische Wirkung der philosophischen Lehr-Epistel" 200. Diese Formulierung, von H. Rahn auf Senecas Briefe gemünzt, gilt ebenso für die paulinischen Briefe 201. Die Form der ethisch-religiösen Rede über die u-ya1TT1 als KatJ' iJTT€pßo'A1W oMc; ist im Rahmen des Briefes eine unter vielen Formen, die der wirksamen und autoritativen 202 Anrede des Apostels an die Gemeinde dient. Diese Formen varüeren, wodurch das Interesse der hörenden Gemeinde wachgehalten wird. Als ,Rede' über eine ,Tugend' ist 1Kor 13 so ohne formale Parallele im 1. Korintherbrief und im Corpus Paulinum. Als eine mögliche Form, eincn Brief oder Teile eines Briefes für die Gemeinde wichtig zu machen, ist Jie Form des Kapitels aber eine neben anderen, wie Conzelmarm sie aufweist 203 • Zugunsten der Briefform als der neuen Großform hat Paulus weder eine eher den Briefzusammenhang sprengende Kapitelform wie eine reine Priamel (Abot) noch einen Lobpreis (3Esra, 1Klem) oder eine Wegelehre (Didache) gewählt. Vielmehr hat er mit den mehr oder weniger festen Teilformen einerseits, den drei Strukturelementen des "Ich", der Priamelrahmung und der CL-ya1TT1 andererseits eine Rede über die CL-ya1TT1 an die Gemeinde zu Korinth geschrieben, die diese zu höchstem Interesse auffordert und dabei formal wie inhaltlich in den Rahmen des Briefes als der eigentlichen integrierenden Großform eingefügt bleibt. ~oo.
Rahn, Morphologie, 157. Vgl. dazu allgemein Thraede, Brieftopik, Schenke-Fischer, Einleitung, 26-35 (Lit.). Zur Kontinuität in der byzantinischen Epistolographie vgl. Hunger, Byzantinische Profanliteratur I, 199ff. 202. Dazu Rahn, Morphologie, 158. 203. NTS 1965/66, 231ff. - Vgl. dazu auch unter Kapitel A und B. ~Ol.
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G. ZUSAMMENFASSENDE INTERPRETATION VON IKOR 13
Die Exegese wie die Untersuchungen zu Kontext, Sprache, Stil und Form des 13. Kapitels des 1. Korintherbriefes haben ergeben, daß der Text von Paulus verfaßt ist, in die Korrespondenz des Apostels mit der Gemeinde zu Korinth gehört und zwischen dem 12. und 14. Kapitel des 1Kor seinen ursprünglichen Platz hat. Dennoch handelt es sich um ein gesch1osse~esliterarisches Stück, zu dessen Form, Tradition und Inhalt sich im Corpus Paulinum nicht olme weiteres Vergleichbares fmdet. Dies eigene Wesen des Textes, der bisher unter verschiedenen Aspekten analytisch untersucht wurde, muß nun abschließend synthetisch dargestellt werden, indem seine fonnale und sprachliche Gestaltung mit seinen traditionellen und eigenen Aussagen in Zusammenhang gebracht wird. Abschließend wird ein kurzer Ausblick auf die Stellung der a:yU1f'T} von lKor 13 im Gesamtgeftige der paulinischen a'Yu1T77-Aussagen und auf die Stellung von 1Kor 13 im Corpus Paulinum gegeben.
I. Charakteristik von 1Kor 13 1 Im ersten Teil des Kapitels spricht Paulus zu den Korinthern in einer fonn, wie sie Juden aus der weisheitlichen Lehrdichtung und den Griechen aus Dichtung und öffentlicher Rede wie philosophierender Prosaliteratur gleichennaßen vertraut ist. Er bedient sich des gemeinantiken paränetisch-polemischen Schemas der Wertepriamel, um die allgemein menschliche Frage zu beantworten, was den Menschen letztlich wertig mache, ihm letztlich nütze. Syntax und Stil erw~i~e-fl Paulus als einen an der spätjüdischen Literatur geschulten Lehrer, der unter Benutzung eines bestimmten, leicht variierten syntaktischen Musters prosaische Schulsprüche formuliert, deren sprachliche Einkleidung auf ihre Entstehung aus dem atl. weisheitlich-poetischen Spruch zurückweist, wie das )ch'~ die Figuren und .die F~!nheit des Ausdrucks mit der Menge der hapax legomena ebenso zeigen wie das Fehlen eines gedanklichen Fortschritts, einer Argumentation, . wie sie sich sons1 oft bei Paulus findet. Paulus richtet nur vermeintlich überraschend die ethische Frage" was nützt dem Menschen" an einige der Charismen, das Thema des vorangehenden Kapitels. Er stellt die Charismen damit wieder wie schon in anderer Weise in K. 12 2 als Teil der christlichen Existenz dar, nicht nur als gottesdienstliche Phänomene.
den
1. Alle Nachweise zu den folgenden Ausflihrungen finden sich in den exegetischen und sprachlich-formalen Untersuchungen. 2. Die Einfügung der Leib-Glieder-Parabel zieht die lI'vEvllaTL/{d-Belehrung ins Ethische.
224
Indem er di~__4'YlLTI:njm Priamel schema w~Jtendmit diesen Charismen vergleicht, ruckt er zugleich die a:YCl1T17 in die Nähe der Charismen 'ais Geistesgaben. Auch dieser Vergleich ist nicht ungewöhnlich, da auch Gal 5,22 die Cl"yarr17 Kaprro~ TOU rrv€V/1aTo~ ist.l~ittels des Kriteriums der a:yarr17 zeigt Paulus auf, wie die Korinther die christlichen Gemeindecharismen zu I ndividualmächtigkeiten gemacht haben, zu einem pneumatischen Instrumentarium wunderbaren Wissens, Wundertuns und apostolischen Lebens, dessen dichte pneumatische Struktur für die Korinther existenzbestimmenden Charakter hat, so daß die überraschende Konfrontation dieser Charismen mit einer eher ethischen Größe wie der a:ya7r17 nun folgerichtig erscheint. In der Wertepriamel tritt die a:yarr17 nicht an die Stelle der pneumatischen Fähigkeiten, die ja auch von Paulus selbst geübt werden, sondern deckt auf, daß diese ~- anders als die a:yarr17 - dem Pneumatiker keinen Wert verleihen. Daß dieser Wert nicht nur ethischer Natur ist, sondern eschatologische Bedeutung habe, geht aus diesem ersten Teil noch nicht direkt hervor. Seine Argumentation ist allein antienthusiastisch, soweit der Enthusiasmus den pneumatischen Fähigkeiten eigenen Wert zubilligt., j Weshalb wird nun gerade die a:yarr17 den rrVEV/1aTU<.a geg~nübergestellt, warum nicht ein besonders nützliches Charisma wie die UVTLA1]/1 J./;€L~ aus der Charismenliste von 1Kor 12,28 oder aber die Schlüsselgröße, die Wert gibt: die rriaTL~ (Gal 5,6), die ihrerseits ja auch als Kaprro~ TOU rrvei;/1aTO~ (Gal 5,22) mit den 1f.VEV/1aTU<.a kommensurabel wäre? Dieser notwendigen Frage gilt der zweite Teil des Kapitels, die Darstellung der a:yarr17, die dem Menschen Wert gibt. Die Beschreibung dieser a"Ya7r17 muß deutlich machen, inwiefern gerade sie im Rahmen der Wertepriamel den pneumatischen Fähigkeiten gegenübergestellt ist. Über die auf die Situation in Korinth bezogenen antienthusiastischen Akzente hinaus trägt die a"Yarr17 Züge des Wirkens, die zugleich Gottes- (V. 4) und Christusprädikate (V. 5) sind und andere, die die Existenz des Gläubigen und besonders die des Apostels im Sinne der paulinischen Theologie ausmachen (VV. 6 und 7). pie CL"Yarr17 wird damit zur umfassenden Existenzbeschreibung. Nur eine derartige Größ~' aber kann den hoch gesteigerten korinthischen Charismen entgegengesetzt werden - nicht eine einzelne Geistesgabe wie die UVTLA1]/1 J./;€L~. Indem die CL"Yarr17 derart zur umfassenden Existenzbestimmung wird, erscheint sie als solche auch der rriaTL~ übergeordnet, und diese wird zu iluer Erscheinungsform. Das bedeutet nicht eine Abwertung der rriaTL~ als der einzigen heilsbringenden Beziehung zu Gott, sondern diese rriaTL~ ist hier in den Zusammenhang der allgemeinen christlichen Existenzbeschreibung gestellt. Die Existenz des Christen aber geht nicht in seiner Beziehung zu Gott auf und muß daher nicht als rrian~ beschrieben werden. Hier ist sie stattdessen von der u"Ya1rT/ her bestimmt, und unter dieser Blickrichtung wird die rriaTL~ als Beziehung zu Gott ein Ausdruck der u"Ya1rT/, der christlichen Existenz. Eine entsprechende Verhältnisbestimmung liegt Gal 5,6 vor, wobei dort von der rriaTL~ her argumentiert wird. 225
Diese grundlegende Bestimmung der a:ya1T1l, eines bis dahin fast unbekannten Begriffs der jüdisch-hellenistischen ethischen Literatur, erfolgt nicht mit Hilfe einer hellenistischen Wesensbestimmung im Rahmen eines Enkomions, sondern in der Abwandlung einer atl.-jüdischen Form der Bekenntnisreihe, die ursprünglich auf den guten Menschen bezogen war. Damit wird ein Lob der a:ya1T1l analog dem Lob der aOlPia oder a)l.rr()€La im hellenistisch beeinflußten Judentum oder des epw.;; in der griechischen Literatur vermieden, das die Q.'Yarrl1 zu einem eigenen Instrument Gottes wie die jüdischen Hypostasen oder aber zu einer direkt göttlichen Größe wie den epwc; machen würde. Die gewählte Form bezieht das Wirken der a'Yarrl1 direkt auf das Tun des Menschen. Andererseits ist die CL'Yarrl1 durch den Rahmen der ekphrasisartigen Umgestaltung der Bekenntnisreihe in den Rang einer eigenen Existenzbestimmung gehoben, wie das in den jüdischen CL'YO,rrl1- Texten nicht der Fall ist. Die W. 4--7 stellen die Q.'Ya1T1l über die Alternative einer bloß ethisch ge faßten Tugend einerseits und einer Geistesgabe neben vielen ähnlichen andererseits. Sie erhält eine Bedeutung wie keine andere Geistesgabe bei Paulus, ohne sich begrifflich zu sehr zu verselbständigen. Dabei tritt die Beschreibung der CL'Ya1T1l Juden wie Griechen trotz der relativen Unbekanntheit des Begriffs in einer vertrauten literarischen Form entgegen. Die Gegenüberstellung der rrv€VllaTLKa und der CL'Yarr'Tl erfolgt in den beiden ersten Teilen in einer sprachlich äußerst hochgespannten Form zwischen den Polen "rräc;" und "OVO€V". So drängen die bisherigen Aussagen auf eine Wertung unter einem letztgültigen Gesichtspunkt. Daß dieser letzte Gesichtspunkt fiir Paulus der eschatologische ist, ist im Gefüge seiner christlichen Theologie vor dem Hintergrund des Judentums notwendig. So entwickelt Paulus im dritten Teil des Kapitels die These von der eschatologischen Beständigkeit der o.'Ya1T1l im Gegensatz zur eschatologischen Hinfälligkeit der Charismen in der Form eines ausgeftihrten Lehrstücks mit These und Erläuterung. Er arbeitet vor dem Hintergrund der jüdischen und urchristlichen Endzeitbelehrung, wobei aber die apokalyptischen Vorstellungselemente ganz zurücktreten und die Eschatologie selbst auf ein karges Grundgerüst des "Jetzt - Dann, Stückwerk - das Vollkommene" reduziert ist. Das spezifisch eschatologische urchristliche Vokabular, wie Paulus es z.B. lKor 15 und 1Thess 4 und 5 benutzt, ist vennieden. Mehr noch: weder Gott noch Christus werden genannt. Vokabular, Bilder und stilistische Mittel zielen auf möglichste Allgemeinverständlichkeit dieser eschatologischen Belehrung im Zusammenhang der CL'Ya1T1l. So ist auch die gemeinantike Wertepriamel wieder aufgegriffen. Sie wird wieder mit umgewandelter jüdischer Spruchprosa geftillt, nun aber stärker argumentativ ausgerichtet und der Diatribensprache angenähert. Mit der eschatologisch bezogenen Wertepriamel wendet sich Paulus nun in verstärkter Polemik gegen die 'Yv0JaLC; der Korinther. Diese wird sub specie der Vollendung in der Zukunft als Teilwissen und - wichtiger - als
226
vergehendes Wissen aufgedeckt. Die eigentliche, vollkommene bri)'vwot<: dagegen, die in der Zukunftsvollendung herrscht, erweist sich als ein Erkennen von Angesicht zu Angesicht, das derjenigen Erkenntnis entspricht, mit der Gott jetzt schon den Gläubigen erkannt hat. Auf dieses schon jetzt von Gott ErkanntSein antwortet der Christ nach Paulus aber mit a:ya~ zu Gott (Röm 8,28ff., lKor 8,3) statt mit -YVWOt<:. Die endzeitliche f1Ti-yvwot<: ist ihrer Struktur nach also tief von der Cr-ya1TTl bestimmt, nicht von jener pneumatischen -YVWOL<:, die die Korinther für den eigentlichen Zugang zu Gott halten. Eine Aussage über die Ewigkeit der Cr-ya1T1] nach Art der Ewigkeitsaussagen zur CrArl'ßew und oOl{Jia der jüdischen Texte hat Paulus hier ebenso wie das Lob der CL-ya1T1J vermieden. Die Vorgänge im Eschaton bilden nur den Rand der Argumentation und bleiben in der Andeutung. Sie werden nicht auf den Begriff CL-ya1T1] gebracht. Diese Beobachtung führt in die eigenste Aussage des Paulus im dritten Teil des Kapitels. Die endzeitliche Struktur der f1Ti-yvwot<:, die der Cr-ya1T1J, nicht der -YVWOt<: 1Jeov der Korinther entspricht, erhält bestimmende Bedeutung für die jetzige Existenz. Die Cr-ya1TTl erweist sich so als durchgehende Existenzbestimmung, die über der Einteilung des äpn - TOTe steht. Die eschatologische Gotteserkenntnis bestimmt darin die jetzige Existenz, daß die Hauptstruktur der Existenz im Eschaton, die gegenseitige personale Erkenntnisschau, mit der a:ya1f11 als der einen, Wert gebenden Existenzbestimmung im Jetzt zu einer überzeitlichen Einheitsstruktur verbunden wird, ohne daß die Schranken des roTe damit aufgehoben wären. Gerade die Wertepriamel bestätigt sie für die "(VWOt<:. Die Cr-ya1T1J hebt sie nicht auf, sondern überdauert sie. Vers 12b fUhrt zur jetzigen Existenz zurück. So stellt sich am Schluß des Kapitels noch einmal gleichsam unabhängig und ohne polemischen Kontext die positive Frage: was hat in diesem Leben Wert? Die Trias von Glaube, Hoffnung und Liebe beschreibt für Paulus angemessen die Hauptaspekte des Lebens im Geist als des Lebens in der Jetztzeit, im Wartestand vor der eschatologischen Vollendung. Die Formulierung der Wertpriamel von V. 13 verbindet die drei Größen der Trias bezüglich ihrer Bedeutung in der Jetztzeit, in der 1Tion<: und fA1Ti<: gleichwesentliche Aspekte des Lebens unter dem eschatologischen Vorbehalt wie die Cr-ya1T1J sind, ebenso wie sie für die Endvollendung differenziert, wo nach V. 8-12 nur die Liebe herrscht, so daß sie die Größte innerhalb der Trias ist. Glaube, Hoffnung und Liebe beschreiben also nicht wie die CL-ya1T1] des zweiten Teils das Wesen der christlichen Existenz in höchster Synthese, unter der auch 1Tion<: und fA1Ti<: zu Wirkweisen der Cr-ya1T1] werden können, sondern entfalten die Strukturen des christlichen Lebens sub specie des TOTe, des T€Aewv. Insofern setzt V. 13 die eschatologische Fragestellung des 3. Teils voraus und ist eine ganz eigene Aussage, nicht einfach eine variierende Wiederholung von V. 7. Damit erweist sich aber auch die scheinbare Unabhängigkeit der Sentenz von der Charismen diskussion als zu kurz gesehen. Sie ist vielmehr ein letzter 227
Beitrag zur Auseinandersetzung in der Frage, ob die Charismen wirklich Wert verleihen. Die Schlußpriamel entspricht damit der Priamel der drei ersten Verse. Dem wirklichen Zustand des Gläubigen in der Jetztzeit entsprechen Glaube statt pneumatischem Eindringen in den himmlischen Bereich, Hoffnung statt pneumatischer Vollendung im Jetzt und Liebe statt pneumatischer Herrschaft 3•
2. Agape in 1Kor 13 IKor 13 ist keine systematische Lehre über die 0:ya:rr71 4 , sondern eine Auseinandersetzung über den Wert der pneumatischen Fähigkeiten der Christen im Vergleich mit der a:ya:TT77. Auch die breite Entfaltung der Wirkungen der O:ya:TT77 hat nicht gänzlich allgemeinen Charakter, s'ondern formuliert möglichst umfassend bei genauer Zielrichtung auf die spezifische Situation in Korinth im besonderen und die 1Tvw,uaTLJ
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Gesetzes verstanden (Röm 13,8-10, Gal 5,13-15). Paulus fußt bei diesen Texten auf jüdischer und urchristlicher Tradition 6, die hier außer Betracht bleiben können, da lKor 13 in keinem Zusammenhang mit dem Gebot der Nächstenliebe als Toraerftillung steht. Es handelt sich um eine in sich geschlossene Linie der a"{G.TTTl bei Paulus, die außer in den genannten Texten, die jeweils feste Einzelstücke sind, anderswo nicht bei ihm begegnet. Zweitens ist die a"{aTTTl bei Paulus ebenfalls auf der Grundlage jüdischer a"{aTTTlAussagen 7 in den Zusammenhang der Pneumatologie gestellt. Die Cr"{G.TTTl ist Kap1Toc: TOU TTvEvllaroc: (Gal 5,22). Gottes Liebe wird den Glaubenden durch dep.. Geist ins Herz gegossen (Röm 5,5). So erklären sich auch die formelhaften Wendungen wie z.B. von der a"{aTTTl rou TTvEVllaToc: Röm 15,30. lKor 13 selbst zeigt diese Herkunft der a"{aTTTl aus dem Geist nicht und stellt auch keine direkte Verbindung zu den Tugendkatalogen her. Der dritte Zusammenhang ist derjenige der Christologie, der verschiedene Aspekte hat. So deutet Röm 5,1-11 an, daß Gott J esus Christus aus Liebe zu den Menschen dahingegeben hat, ohne daß dies direkt ausgesprochen würde. Röm 8,35.37ff. und 2Kor 5,14 sprechen von der Liebe Christi zu den Menschen, wieder ohne einen direkten Zusammenhang mit seinem Tod herzustellen. Phil 2,1-11 ermahnt Paulus die Philipper, dieselbe Liebe zu üben, wie sie auch J esus Christus hatte. Jede Spielart dieser explizit christologisch bezogenen u"{a.TTTl fehlt in lKor 13. Der vierte Zusammenhang zeigt die u"{aTT17 als Liebe Gottes zum Menschen (Röm 5,5.8) und in Antwort darauf als Liebe des Menschen zu Gott (lKor 8,3). Aber auch Gott selbst wird in lKor 13 nicht direkt genannt. Der ftinfte Zusammenhang ist der der usuellen Paränese mit kurzen Mahnsätzen ohne weitere Begründung der Aufforderung, CL"{aTTTl zu üben (Röm 12,9; lKor 14,1; 16,14; 1Thess 3,12; 5,13). So stellt sich die Rede über die CL"{G.TT17 auf den ersten Blick außerhalb der ftinf genannten Zusammenhänge. Formuntersuchung und Exegese aber haben ein vertieftes Bild gegeben. Die a"{aTTTl-Prädikate der Verse 4-7 sind nur auf dem Hintergrund der paulinischen Christusprädikate zu verstehen, und die Trias enthält eine implizite Christologie. Der Zusammenhang mit der Pneumatologie ist direkter: indem die CL"{aTT17 mit den Gaben des Geistes, den TTVEVllaTU< a verglichen wird, ist sie selbst grundsätzlich in ihrer Struktur des KapTToc: rou TTvEVllaroc: ftir die Jetztzeit verstanden. Der Zusammenhang mit der Theo-Iogie ist in V. 12 selbst hergestellt und bietet das entscheidende Argument daftir, daß die u"{aTT17 jetzt und dann die wirklich Wert verleihende und bleibende Größe ist. Schließlich ist indirekt, nämlich von der Form der Wertepriamel her, auch der Zusam6. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung der ntl. d-ya1TTj-Aussagen fehlt (vgl. Vorwort). 7. Besonders Test XII Patr.
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menhang zwischen der a'Yo.:lT'T7 von 1Kor 13 und der a'Yo.:rrT7 als der Erfüllung des Gesetzes gegeben. i1 Ka-8' inrepßoATW 000<; ist dieselbe a'Yo.:rrT7 wie die a'Ya:TT17 als 1TArypw/Ja vO/Jov. Und die usuelle Paränese begegnet in 14,1 in der Überleitung zum neuen Thema des 14. Kapitels. So sind auch diejenigen Züge von Interesse, die die a'Yu1T77 von 1Kor 13 mit anderen a'YG..1T77-Aussagen des Paulus verbinden. Die Gegenüberstellung von 'YvwUt<; und a'YG..1T77 mit der daran anschließenden Aussage über Gottes zuvorkommende Erwählung begegnet schon 1Kor 8,1. Die Aussage über die a'Yu1T77 als Gesetzeserfüllung: 7~ 1TA77Uiov KaKov OVK ep'YUr€7aL (Röm 13,10) ist eine' Zusammenfassung von 1Kor 13,5.6. Die Beziehungen der Trias schließlich zu den anderen Paulusbriefen wurden ausftihrlich dargestellt. Nun ergibt sich ein differenziertes Bild von der a'Yu1T77 in 1Kor 13 im Vergleich zu den anderen a'Yu1T77-Aussagen des Paulus. 1Kor 13 ist die umfassendste, breiteste und doch sprachlich, begrifflich und formal am wenigsten "theologische" Aussage des Paulus zur a'Yu1TT/. Alle alttestamentlichen, jüdischen, urchristlichen und anderen paulinischen theologischen Zusammenhänge stehen zwar implizit im Hintergrund des Kapitels, aber sie bleiben implizit. Das Proprium dieser Aussage des Paulus über die U'YG..1TT/, das sich so nur hier bei ihm findet, ist weder die 'Yvwut<;-Kritik (8,1-3) noch die Aussage von V. 12 (z.B. 8,3), sondern die Beschreibung der Wirkweisen der a'Yu1T77, die, wie die sprachlichen und formalen Untersuchungen ergaben, die u'YU1TT/ trotz aller Unterschiede doch enger, als es sonst bei Paulus geschieht, in die Nähe einer Tugend hellenistischer Prägung rücken. Hier liegt nicht der inhaltliche Skopos des Paulustextes, wohl aber sein literarisch-begriffliches Proprium, das zugleich Ausdruck der Bemühung ist, in möglichst allgemein verständlicher Sprache und Form eine grundsätzliche und hinreichende Auskunft über die Beschaffenheit des eigentlichen Wertes im menschlichen Leben zu geben.
3. 1Kor 13 im Corpus Paulinum Von hierher stellt sich am Schluß die Frage, ob Kapitel 13 des 1Kor aufgrund seiner eigenen u'YG..1TT/-Darstellung mit ihren sprachlichen, formalen und inhaltlichen Implikationen ohne Gegenstück im Corpus Paulinum sei. Liegt hier eine Redeweise vor, die Paulus in den uns überkommenen Briefen nur dies eine Mal verwendet hat? Um die Frage zu beantworten, muß man in zwei Richtungen suchen. Erstens soll nach Texten 8 gefragt werden, die wie 1Kor 13 die spezifisch christlich8. Um sachlich und umfangmäßig einigermaßen kommensurable Größen zu erhalten, werden die Kapitel als Einheit genommen, wenn nicht innere Gründe dagegen sprechen.
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theologische Sprache möglichst reduzieren. Zweitens wird nach Texten gefragt, die wie lKor 13 eine feste Einheit mit Themenangabe und deutlichem Schluß bei guter formaler und sprachlicher Durcharbeitung bilden und deren Thematik dem Bereich zwischen Ethik und Eschatologie gilt. Es gibt zunächst nur einen Textzusammenhang bei Paulus neben lKor 13, in dem Gott nicht genannt wird: lKor 16. Dies inhaltlich unspezifische Schlußkapitel des lKor nennt aber mehrfach Christus, so daß der Vergleich von dorther an Bedeutung verliert. Etwas anders steht es mit Texteinheiten, denen wie lKor 13 eine explizite Christologie fehlt. Röm 11 und 2Kor 7 sind ohne Erwähnung Christi in seinem Namen oder im I
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1Kor 15,35-49 (14 Verse) ist wie 1Kor 13 durch eine besonders gewählte Metaphorik, eine Reduktion der Nonnalsprache urchristlicher Eschatologie und das Fehlen der Christologie gekennzeichnet. Auch Gott wird nur einmal in V. 38 erwähnt. Anders als in lKor 13 wird dagegen das AT direkt zitiert und daraus die Adamspekulation entnommen, die nicht allgemein religiösen Charakter hat, sondern deutlich ins Judentum weist. lKor 13 venneidet explizite Hinweise in diese Richtung. Röm 1,18-32 (14 Verse) ist mit lKor 13 besonders durch die rvwat<:-Problematik verbunden. Die Eschatologie wird noch weiter reduziert als in IKor 13. Die Christologie fehlt. Anders als IKor 13 aber ist die Theo-Iogie selbst in diesem Text direkt thematisiert. Röm 2,1-11 (11 Verse) ist als AOrO<: an alle Menschen, Juden wie Griechen, so allgemein formuliert wie IKor 13. Statt des ErW von IKor 13 ist die Stilfigur des äVßPW1T€" gewählt. Elemente jüdischer und hellenistischer Ethik sind in einen eschatologischen Rahmen gespannt. Die Christologie fehlt. Die ethischen Termini in V. 4 und V. 7 begegnen ebenso in lKor 13. In deutlichem Gegensatz zu der allgemein-religiösen Sprache von IKor 13 stehen aber die explizite Theologie und die scharfe apokalyptische Sprache der Analyse des menschlichen Verhaltens von Röm 2,1-11. Röm 13,1-7 (7 Verse) enthält wie IKor 13 Elemente jüdischer und urchristlicher Missionspredigt 11, zeigt dazu eine deutliche sprachliche, vorstellungsmäßige und inhaltliche hellenistische. Komponente, ist antienthusiastisch gerichtet und läßt jede Christologie fehlen. In all diesen Komponenten ist der Text wie IKor 13 ein "selbständiger Block" 12 und "in mancher Hinsicht bei PIs einzigartig" 13. Allein in der expliziten schijpfungstheologischen Begründung der Ermahnung zum Gehorsam den staatlichen Gewalten gegenüber unterscheidet sich Röm 13 wieder von IKor 13. Diese mit IKor 13 zusammen ftinf Texte haben neben den genannten Gemeinsamkeiten alle ein und dieselbe generalisierende Grundstruktur, die die Texte in doppelter Weise bestimmt. Erstens ist der durchgängige Gebrauch von 1Tä<: zu nennen: 1Täaa iwe߀ta Kai aDtKta b.PßpWrrwv Röm 1,18; 1Tä<: 0 KptVWV (Röm 2,1) und 1Täaa ljJvX7? avßpWrrov (2,9); 1Täaa ljJvxr7 (Röm 13,1); 1Täaa aap~ (1Kor 15,39). Dem entspricht die 1Tä<:-ovDev-Struktur in IKor 13. Zweitens stehen die umfassenden Antithesen in diesen Texten im Dienste der generalisierenden Struktur, indem sie eben das ;TTä<:' in zwei ihrerseits sehr allgemeinen Teilaspekten darstellen: aae߀ta Kai aDtKta - aAr,&ta (Röm I,I8f.); KaKov -
"w
11. Käsemann, Römerbrief, 335, spricht von ,jüdischer und judenchristlicher Missionspropaganda". 12. Käsemann, ebd. 337. 13. Ders., ebd. 335.
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U'YarJov (Röm 2,9f.); u'Yat90v €P'Y0v - I
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LITERATUR VERZEICHNIS Das Literaturverzeichnis umfaßt Wörterbücher, Konkordanzen, Grammatiken und Lexika, Monographien und Aufsätze, die in der vorliegenden Arbeit zitiert werden. Wörterbuchartikel sind in den Anmerkungen mit Autorennamen zitiert, erscheinen aber nicht eigens im Literaturverzeichnis. Quellenschriften und Übersetzungen sind nicht aufgenommen, da die hier benutzten Quellen allgemein bekannt und zugänglich sind. In den Fußnoten werden dort, wo es notwendig erscheint, Hinweise auf Editionen oder Übersetzungen von Quellenschriften gegeben. Verzeichnet sind lediglich Editionen mit Einleitungen bzw. Kommentaren oder kommentierte Übersetzungen, sofern hier aus Einleitung bzw. Kommentar zitiert wurde. Erscheinungsorte werden nur bei ausländischen Titeln verzeichnet.
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Nicht mehr berücksichtigt werden konnten drei wichtige Arbeiten: Küchler, M.: Frühjüdische Weisheitstraditionen, 1979. McDonald, J. I. H.: Kerygma and Didache, Cambridge Mass., 1980. Woschitz, K. M.: Elpis. Hoffnung, 1979.
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REGISTER
I. Stellenregister (Auswahl) Das Stellenregister verzeichnet Zitate griechischer Schriftsteller (1), atl. Belege (2), Belege aus jüdischen Schriften (3), nt!. Zitate und längere Passagen (4) und Zitate der Kirchenväter unter Einschluß der Apostolischen Väter (5). Es sind in strenger Auswahl nur solche Stellen verzeichnet, die entweder häufiger zur Erklärung von 1Kor 13 herangezogen werden und von daher eine gewisse Bedeutung für die Untersuchung haben oder zu denen im Laufe der Untersuchung eine spezielle Aussage gemacht wird. Die Paulusstellen bilden ein Register zu den Texten, die in inhaltlichem und formalem Zusammenhang mit lKor 13 stehen. Die vielen Parallel angaben, Quellenhinweise, Fundorte von Vokabeln etc. sind nicht aufgenommen. 1Kor 12,31-14,1 sind nicht verzeichnet, da das Inhaltsverzeichnis hierflir ausreichende Hinweise gibt.
1. Griechische Schriftsteller Platon Ion 533d ff.: 52 Convivium 197c ff.: 183 A.34, 210 Timaios 71e-na: 41 A.ll Plutarchos De Pythiae Oraculis (7) 397bc: 53 A.74 De Iside et Osiride (76) 382a: 133 A.4, 15, 419 Maximus v. Tyros Dialexeis 20,2 (H. Hobein): 183 A.34f., 203, 210 Iamblichos De Mysteriis 3,4: 41 A.l1, 83 3,9: 43 A.24, 45 A.38 3,11: 52
2. Altes Testament Genesis 32,31: 136 A.428 Exodus 33,20: 132 A.411 34,6f.: 92 Leviticus 19,18: 229 Numeri 12,8: 133 A.416, 134 A.419, 136 A.430, 137 A.434 Deuteronomium 26,13f.: 200 28,37: 133 A.416, 134 A.419
34,10: 136 A.429 Richter 6,22: 136 A.428 Psalm (LXX) 150,5: 44 Sacha.r:ja 8,17: 99
3. Judentum 3. Esra 3,5: 208 4,13-41: 209f. 4,37-40: 120 A.364, 186, 205, 214 4,40f.: 189 4. Esra 6,25.28: 123 4. Makkabäer 17,4: 152 Jesus Sirach 2: 120 51,13-22: 180 Weisheit Salomos 2,13: 60 A.114 3,1-9: 120 A.363 3,4.9: 150f; 7,8-10: 180 7,17: 59f. 7,22-8,1: 213 A.155 7,27: 52, 124 9,6: 178 Test XII Patr: Test Iss 4: 104 Test Gad 3-5: 103 A.294, 104
249
4: 123 4,7: 212, 219 Test Ass 2: 178, 183 Test Benj 4,4: 103 A.299, 104 6,lff.: 183, 211 8,2: 211 Test lob 2-4: 60 A.117 4: 81 26f.: 220ff. 27,7: 189 33: 81, 118f. A.359, 132, 186f., 215 46-51: 124 47ff.: 40 48,3: 42 Syr Bar 44,9-10: 186f. Äth Hen 14,2: 42 60,1: 134 A.419, 135 A.426 84,1: 42 103: 113 A.343 Slav Hen 30,15: 219 A.185 66: 113 A.343 Abot 2,9a: 35 A.38, 208 3,11: 178 6,9b: 214 Qumranschriften: 1 QS 4,3ff.: 183, 212 1 QS 5,1-4: 103 A.294, 104 1 QS 8,1-4: 103 A.294 1 QS 9,16-21: 218 1 QS 1O,17ff.: 99 A.277, 210f. 1 QH 2,13: 56 1 QH 4,4: 36 A.39 1 QH 4,16: 40 A.lO 1 QH 9: 110 1 QH 12,llff.: 60 1 QM 10,10ff.: 124 Philo: Leg All 3,100-103: 137 A.433 Migr Abr 43f.: 110, 112 Op Mund 170f.: 60 A.117 Rer Div Her 69-73: 41 A.11 258-266: 52 Deus Irnm 142ff.: 35 A.36, 60 A.117, 217
250
159ff.: 35 A.37, 217 . 180: 35 A.37, 217 Sacr Ab 2lff.: 96 A.265, 103 A.294 26f.: 93 A.245 27: 104 Somn 2,3-7: 133 A.419 2,226: 135 A.424 Spec Leg 1,65: 41 A.11 4,49: 41 A.ll Ps Philo De Iona 33-35: 134 A.420
4. Neues Testamen t Mt 11,12ff. par.: 7Off. 11,25 ff. par.: 59 11,27: 138ff. 16,26 par.: 178, 209 17,20 par.: 7Off. 19,16 par.: 208 19,16-22 par.: 217 23,16-22: 209 Mk 4,1 par.: 55, 58f. 8,36: 180 10,28 par.: 77,81 16,17f.: 49, 83 Lk 21,19: 123 loh 10,14: 138ff. 14,7: 132 A.411 Apg 2: 40 4,36: 78 A.182 5,36: 76 A.174 8,10: 76 A.174 Röm 1-2: 99 A.274 1,18-32: 232f. 1,20ff.: 63, 135ff. 1,27ff.: 97 A.267 2,lff.: 60 A.115, 63, 232f. 2,23-25: 88 3-5: 157 4,lff.: 73 4,18ff.: 107 A.315, l1lf. 5,1-5: 74, 11Hf., 156, 162,229 8: 160 8,18ff.: 40, 143, 156, 216
8,24ff.: 54, 107, 112, 136, 159 8,28ff.: 140ff., 156, 227 8,35ff.: 141, 162, 229 12: 73 12,1: 85 12,3-8: 54, 155f. 12,6ff.: 48ff., 53 A.75 12,9ff.: 11lff. 13,1-7: 232f. 13,8-10: 116, 156, 161, 229 13,10: 100 A.279, 230 14: 47,66 A.144 15,4: 112 1Kor 1-4: 105,216, 232 1,18-25: 135 AA25 2,1ff.: 55, 57, 90 2,6: 130 AA04f. 2,6ff.: 59, 65, 140ff. 3,1-17: 158 4,1: 55, 57f. 4,7: 109 4,8: 108, 158 4,9ff.: 79f., 87 8-10: 66ff. 8,1: 47, 54f., 67,83 A.202, 158 8,2f.: 138ff., 162 8,3f.: 63f., 227, 229f. 8,4: 63, 67 9: 78ff., 88 9,12: 105, 108f. 10: 68 10,11: 127 11,10: 43 A.18 12: 27-34,38,47,51 A.63, 73 12,1: 27, 83 A.202 12,8ff.: 48ff. 12,9: 70, 72 12,10: 49 A.58 14: 27-34, 38,47, 52ff., 66 A.143f., 89ff. 15: 13 15,28: 143 15,31f.: 129 A.403 15,35-49: 105, 216, 232 2Kor 1,13f.: 122 A. 373
2-5: 112 2,6-16: 161 3: 112, 114 3,4-11: 216 3,18: 134 AA19 4,10-12: 85 4,13: 106, 159 4,16-18: 216 4,18: 112, 136, 156 5,1-10: 216 5,7: 107, 109, 112, 136, 156 5,14ff.: 157, 229 6,1-10: 93, 102, 112f. 6,4-10: 85, 107, 111, 155f. 10-13: 85ff. 11,1-12,10: 163 A.1 11,23-33: 86 A.218, 220 12: 126, 132 12,1-4: 42 A.16 12,10: 97 A.267 12,llff.: 75 Ga] 4,3f.: 130 AA04f. 4,4: 127 4,9: 64, 138ff., 162 5,6: 47, 54, 106, 11lf., 114, 156f., 225 5,13-15: 116, 156f., 229 5,22: 54, 106, 11lf., 155ff., 160, 225, 229 5,25: 65, 155f. 6,15: 157 Phil 2,1-11: 16lf., 229 3,12: 140ff. 3,20: 216 1Thess 1,3: 74, 11lf., 149ff. 3,6: 111 5,8: 74, 111, 149ff. 1Tim 6,20: 62 A.124f. Tit 1,16: 58 A.107 Hebr 6,9-20: 111 9,11: 126 1O,22ff.: 111 11,lff.: 11lf., 136, 220ff. Jak 1,4: 126 1,17: 126
251
5. Kirchenschriftsteller
1,23f.: 132 5,15: 72 1Ptr 1,8: 112 110h 4,19: 140ff. Apk 2,2: 151f. 22,4: 137 A.436
Ign Eph 9,1: 36 1Clern 49f.: 213 Herrn Mand 11,9: 43 A.18, 54 A.76 Qernens Al Prot 2,15: 45 A,36 Johannes Chrys 32. 'Horn. ad 1 Cor.: 11
11. Sachregister 1. Griechische Wörter Das Wortregister erschließt den Wortschatz von 1Kor 13 philologisch und theologisch und bildet zugleich eine Ergänzung zu dem Register der theologischen Begriffe. o.-Ya7TaW 25 o.-yarrT/ 11ff., 14 A.21, 16, 24ff., 28, 30,
35 A.35f., 38 A.60, 47, 54f., 66, 69, 73-75, 79ff., 91, 98-109, 114 ff. , 120, 123f., 142ff., 145-153, 155162, 165, 172f., 186, 208, 210, 212219, 221ff., 224-233 o.-yarrT/ate; 24f., 172f. ä-Y-YEAoe; 166f. Mt/da 101ff., 165 atvt'YI,.la 133f., 170, 172 o.AaAMw 43ff., 169, 171 o.M19€ta 10Uf., 165 äv19pwrroe; 166
143f., 168 96ff., 165, 171 ßAErrw 131, 134 A.419, 170 -ytVWaKw 58, 64, 67, 125, 141 A.457, 142, 166f. -YAwaaa 39-42, 166f. -yvwate; 47 A.46, 50, 52, 58-69, 99, 124, 131-135, 138f., 141-144, 147, 166f., 171, 226ff., 230 äpn
o.aXT/I..tovEw
-yayyV~w
98
lhaKpLate; (rrvEVJ,laTwv) OEtKVVJ,lt 35
otKawaVVTj 10 Uf. 252
49 A.58, 54 A.76
37 etre 123,171 €Arrl~w 106f., 165 €Arrle; 26, 54,106-113, 115, 145-153, 155-162 €1ft-ytIJWaKW 138, 142, 166, 227 €rrl-yvwate; 62f., 138, 140f. €paw 25 EPxoJ,lat 127, 168 Epwe; 24f., 226 ffaorrTpov 132f., 170f. tfjAoe; 30, 32, 94f. ~T/AOW 32, 94, 98f., 165 tT/T€W 97f., 165, 172 flx€w 43, 169, 172 taTT/J,lt 117 A.356, 118f., 121 Ka19'vrrEPßoArw 34, 36f. Kalw 81ff., 87f. KaKoe; 165 Karap-y€W 121f., 168, 171 KavxaoJ,laJ. 87f., 168, 171 KaVxT/ate; 84 Korroe; 151 KVJ,lßaAov 43f., 169, 172 AaA€W 170 Ao-yl~oJ,lat 100, 165, 170f. Ao-yoe; 174 A.62, 200 A.84, 220-223, 231 OU,;;KW
~aKpo6v~~w 9~
1TP0'P"1Tf/t;
~aKpo6v~{a
OaA€VW
165 92f., 98, 100, 106 ~E6{OTf/~t 169ff. ~~vw 117 A.356, 121, 145f. EK ~€POVt; 125,168, 171 ~VOT'l1PLOV 55-61, 166f. vt71TLOt; 170
52 141, 143f., 153f., 172 Oc5<}t; 35ff., 217ff. voüt;
vüv(t)
ol5a58,166
oM €1TOTE 119, 171f. 1Tat5Ela 24 1Tapa5{5w~t 81, 84f., 87 A.225, 167 1TapaKAf/ott; 52f. 1Tapo~uvw 98f., 165, 171 1Tauw 122,168, 171f. 1TEp{oTaOtt; 86ff. 1TEP1TEpEvo~at 95, 165, 172
51 A.65 117 A.356 oTaOtt; 118 A.359 OTE-yW 75, 104f., 108, 113, 171 OT€P-YW 25, 165 OTOP-rTI 24 oV'Y){alpw 100ff., 165 ow~a 167, 172 T€A€LOt; 126f., 130 A.404, 168, 171 TOTE 143f. Tplt; 152f. iJ1TaPXOVTa 167,171 lJ1T€pßoM 35 iJ1To~€vW
107, 165 26, 107-113, 115, 123,221 I{JtA€W 25 I{JtAla 24f. I{JPOV€W 170f. I{Jvoww 95f., 98, 172 iJ1To~ovt1
1T€P1TEPOt; 95
I{Jvolwott; 97
116-121, 168 1TlOT€VW 105f., 165 1TloTtt; 26, 54, 70-75, 106-115, 123, 145-153,155-162,167,172,221, 225 1TV€Ü~a 41, 53 1TPOOW1TOV 136f., 170 1TpO'P!1T€la 51f., 121, 166 1TPO'P!1T€UW 166f., 172
100ff., 165 44f. XaAKOt; 43ff. xapto~a 32, 48, 53, 64, 66, 72f. XPf/OTEuO~at 93f., 165, 172 XPf/OTOTf/t; 93, 98, 100, 106 tJ;w~lrw 76f., 167, 171 WI{J€A€ta 89
1T{1TTW
xalpw
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WI{JEA€W 89
2. Literarische und historisch-kritische Begriffe und Fragen Das Register erschließt literarische Grundbegriffe (a), die stilistisch-rhetorischen Begriffe, die für lKor 13 von Belang sind (b), die For~en und Gattungen (c) und die Probleme der historisch-kritischen Forschung zu lKor 13 (d).
a) Literarische GlUndbegriffe Fonn(en) 191 A.1, 198 A.65, 2 06f. , 217, 223, 226 Gattung 191 A.l, 198 A.65, 206f., 217 Lehrdichtung 181, 184f., 203f.
Poesie 171, 174, 185, 189, 190 A.54, 194, 196, 203f., 206, 218f., 222 Prosa 185, 190 A.54, 194, 196, 203f., 224 Rhetorik (hell.) 175f. A.l, 183f., 189f., 195, 197, 202, 207, 216, 224, 233
253
Sitz im Leben 188, 208f., 211, 217, 221 Spruchdichtung 181, 186f., 189, 204 Weisheitsliteratur (jüd.) 35, 179, 181, 183, 189, 209, 214, 216f., 224
b) Stilistisch-rhetorische Begriffe Allgemeine Begriffe Argumentation 146, 177 A.2, 181ff., 185, 188f., 224 Lehrstil 37, 180 Logik 68, 74, 188 Stil 175f., 189f., 224 Syntax 176 A.2, 178, 183, 186ff., 210, 224
Spezielle Begriffe Alliteration 187 Anapher 179, 184, 187 Antitheton 179, 182, 184, 186f., 232 Asyndeton 184, 187 Bild 16, 128f., 129 A.403, 135f., 169171, 187 Chiasmus 179, 184, 187 distribuitio 187 enumeratio 189 Epiphora 179, 187, 189 Formel 138 A.444, 139, 148-153 Hyperbaton 179 Ich-Stil 90f., 180, 189, 200, 219, 223f. Isokolon 179, 184 Kolometrie 181 A.29 Metapher 36, 131ff., 174, 178f., 189, 217, 219 Parallelismus 179, 181, 184, 186f. Parechese 179 Paronomasie 138, 141, 187 Pleonasmus 187 Polyptoton 187 Polysyndeton 179 redditio 188
254
Selbstbezeichnung 75 A.174 Synonymie 179, 184, 187 Oberleitung 18ff., 155 A.503 variatio 189
c) Formen und Gattungen Anredeformen 29 Aretalogie 194, 197f., 205 Bekenntnisreihe 183f., 193f., 200, 206, 21Off., 226 Brief 19f., 188, 206ff., 22lff. Charismenkatalog 47-51, 89f., 173 Diatribe 46, 90, 94 A.253, 110, 178f., 188f., 202f., 213 A.154, 221 A.193, 226 Einleitungswendung 27, 29, 36, 38, 116, 123, 210, 218ff. Ekphrasis 193 A.15, 194ff., 206, 210f., 226 Enkomion 11, 194ff., 197, 205, 210, 213, 226 epideiktisches Genus 183, 189, 195ff. Hymnus 184, 191f., 193 A.I0, 196-199, 205f., 211, 221 Katechismus 204f. Lasterkatalog 94f., 97 A.267, 98 A.273, 183, 204, 212 Lehre 12,181,188,191,194,200-206, 208f., 214f., 216 Lehrsatz 188f. Lied 192, 199 Logion 71, 180, 182 A.31 Paränese 14, 93, 104, 115, 204f., 212, 218, 221 PeristasenkataIog 86, 93, 106f., 113 Predigt 192, 194, 200-206 Priamel 180, 186, 194, 196, 206, 208f., 213ff., 217, 219, 223-228, 233 Prosagedicht 190f., 193, 197 Psalm 19lf., 193f., 198f., 205f. Rede 184, 191, 200 A.84, 206, 219-223, 233 Schlußformel 27, 29, 33f., 37f., 184, 188, 210, 213, 218, 222
Spruch 179ff., 184, 186f., 189 Testament 211 Tugendkatalog 92, 173, 183, 204, 212 Wege-Lehre 35f., 205, 212 A.151, 217, 219 A.185
d) Historisch-kritische Forschung Exkurshypothese 19 Gegner des Paulus 71 A.160, 78 A.183, 85f. Gemeinde in Korinth 18,47, 52f., 58,
65-69, 78ff., 81, 87, 91, 95ff., 104, 109, 113f., 158, 161, 227 Interpolator/lnterpolation 17, 31f., 38 korinthische Korrespondenz 16ff., 224 Literarkritik der Paulusbriefe 16-21, 28, 37f. Parteien in Korinth 67, 79, 95f. Paulinische Schule 15, 19 Teilungshypothesen 17, 2 Off. Traditionsverarbeitung 14f., 20, 23, 37, 59,71, 104, 109, 113, 115, 141, 143, 152,176 A.1, 188, 194,207,216, 218, 22lf.
3. Religionsgeschichtliche Phänomene Das Register erschließt religiöse Phänomene des paganen Hellenismus, des Judentums und des Urchristentums, so weit sie mit der Erklärung von 1Kor 13 zusammenhängen.
Apokalyptik 42, 48, 56ff., 59ff., 89 A.231, 121f., 124 A.380, 127ff., 132 A.4lO, 134 A.419, 143, 226 Askese 77, 80, 82 Besitzverzicht 77, 80f. Ekstase 40, 51ff., 124 A.380, 132 A.410 Enthusiasmus 29f., 42, 52, 54, 74ff., 113,
225 Gnosis 53, 56, 59ff., 62 A.124, 66 A.143, 67ff., 76 A.174, 119 A.359, 124, 139, 149 Griechisch-hellenistische - Philosophie 14,56, 63 A.131, 95 A.258, 100 A.279, 133f. - Kulte/Religion 24 A.18, 40, 43ff., 46, 48, 53 A.74, 56, 58, 72, 139 - Stoa 15, 63, 76 A.174, 95 A.258, 126 A.390 lllinmeissprache 39, 42 A.16
Jüdische(r) - Hellenismus 12, 48, 52, 56f., 60, 63 A.131, 67f., 80, 89 A.231, 93 A. 241.245, 99 A.274, 118 A.359, 119f., 135ff. -- Religion 43-46, 53 A.74, 59, 72, 124 - Weisheit 48, 59, 61, 89 A.231, 100 A. 278, 118 A.359 Martyrium 82-84, 87, 109, 115 Orakel 41 A.ll, 44ff., 53 A.74 Pneumatikertum 28, 30f., 39, 40ff., 47, 69, 80, 83, 89, 90f., 114, 225 Religi onsgesch ich tliche F0 rsc hung/Sch u le 13ff., 146 Theios-Aner-Phänomen 48, 65, 82f., 89 A.231 Wunder 53, 70-75, 82f. Zauberwesen 40 A.6.8, 48, 51 A.67, 57f., 60, 89 A.231
255
4. Theologische Begriffe und Themen Das theologische Register umfaßt systematisch-theologische Begriffe der Un tersuchungen zu 1Kor 13 ebenso wie wesentliche Begriffe des Kapitels selbst, so weit sie den Rang von eigenen Theologumena haben. Register 11,1 ergänzt diesen Aspekt. Apostel 64f., 77-88, 90, 94, 102, 104f., 112, 114, 156, 225 Charismenlehre 27f., 29ff., 36, 38,47-50, 53f., 64, 74, 80, 89ff., 109, 123f., 157, 173, 224f. Christliche Existenz 13, 37, 107, 112ff., 143, 156, 160, 216, 224f., 227 Christologie 63f., 81, 105, 113-116, 144, 156f., 160f., 173, 229 Eschatologie 13f., 30ff., 36f., 69, 77, 113-116, 123f., 136, 142, 155, 159, 173f., 214ff., 226f., 231
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Ethik 62, 69, 173f., 219-224, 231 Gotteslehre 115, 141, 162, 229 Kreuzestheologie 65, 79, 144, 161 Leiden 84f., 87, 113f. Pneumatologie 155f., 159ff., 229 Rechtfertigungslehre 63f., 66, 73f., 100, 158 Soteriologie 30ff., 47, 62, 64[., 67, 69, 74f., 81 Theologie/Theologumenon 13ff., 20, 23, 25[., 28, 30, 55, 73, 151, 172f., 233 Trias 32,54, 115, 147-153