BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR ISSN 0340-7853· BAND 60
BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON PETER WIRTH UND WILHELM GESSEL
BAND 6 0
E I N BAND DER ABTEILUNG BYZANTINISTIK HERAUSGEGEBEN VON PETER WIRTH
ANTON HIERSEMANN STUTTGART
2003
DEMETRIOS KYDONES
Briefe
ÜBERSET ZT UND ERLÄUTERT VON FRANZ TINNEFELD
VIERTER TEIL (1 08 BRIEFE, REGISTER)
\'---..../
ANTON HIERSEMANN STUTT GART 2003
ISBN 3-7772-0315-7 Printed in Germany © 2003 Anton Hiersemann, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der übersetzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschü=e Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfahren
zu
vervielfälti
gen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für die Speicherung, Ver arbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen und elektronischer Kommunikationssysteme. Lichtsatz in Sabon-Antiqua und Druck von AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten. Gedruckt auf einem holzfreien, säurefreien und alterungsbeständigen Papier. Bindearbeit von Großbuchbinderei Heinrich Koch, Tübingen. Einbandgestaltung vonAlfred Finsterert, Stuttgart.
INHALT
VORWORT . .
VII
EINLEITUNG.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswahl und Anordnung der Briefe im vierten Teil 2. Konkordanz der Briefnummem im vierten Teil 2.1
Reihenfolge nach der Zählung von R. J.
2.2
Reihenfolge nach der eigenen Zählung
. . .. .. . .
DIE BRIEFE DES VIERTEN TEILS (Nr. 342-449 der eigenen Zählung)
1 1 4 4 5
9
ANHANG
285
Abkürzungsverzeichnis Korrekturen und Nachträge zu den Bänden I, TI und m Register zum vierten Teil . . .. ... . Historisches Register .. . . . . 1.
285 290 293 293 293 300 304 304 304 304 304 305 306 306 308 308 310 310 314 317
1.1
Namen (Personen, Geographisches) .
1.2
2.
Sachen ............. . Briefregister .. ... .. . .. .
2.1
Adressaten der in den Kydonesbriefen etwähnten eigenen Briefe
2.2
Die in den Kydonesbriefen erwähnten oder zitierten Briefe anderer Personen
2.2.1
Absender von Briefen an Kydones
2.2.2
Absender von Briefen an andere Personen .
3. 4.
Griechische Stichwörter Literarisches Register
4.1
Epistolographisches
4.2
Rhetorisches
....
... .
...... .
4.2.1
Beobachtungen zum Stil des Kydones
4.2.2
Äußerungen des Kydones zu Stil und Rhetorik
4.3
Bilder in Vergleichen und Metaphern .....
4.4
Antike, biblische und frühchristliche Namen und Begriffe
4.5
Testimonien antiker und byzantinischer Autoren
\
'-
5. 6.
Grammatisches . . Moderne Autoren
319 319
Gesamtkonkordanz zu Band I IV . . . . . . . . . . . . 1. Reihenfolge nach der Zählung von R. -J. 2. Reihenfolge nach der eigenen Zählung .. . . . -
.
.
.
321 321 324
V O RW O RT
Rund 25 Jahre nach Beginn der Arbeit wird mit diesem vierten Band die kommentierte deutsche Übersetzung der 449 Kydones-Briefe abge schlossen. Die Vorbereitung dieses letzten Bandes wurde mir durch die Gewährung eines Fellowship für die Zeit von Mitte September 2000 bis Mitte Januar 2001 an der Forschungsstätte Dumbarton Oaks in Washing ton, D .C., USA erheblich erleichtert.Ich danke den Senior Fellows for Byzantine Studies in Dumbarton Oaks, mir durch Empfehlung an die Trustees for Harvard University diese Zeit ungestörter Arbeit an meinem Vorhaben ermöglicht zu haben. Insbesondere danke ich Dr.Alice-Mary Talbot, Director of Byzantine Studies in Dumbarton Oaks, für unermüdli che Hilfsbereitschaft und freundlichen Rat.Ich danke den Freunden an meinem Wohnort München, Dr.Erich Lamberz, Bearbeiter der Konzil sakten von Nikaia 787 an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, für vielfältige Hilfe, Prof.Dr. Dr. Hubert Kaufhold für aufmerksame und kritische Lektüre der Korrekturfahnen auch dieses Bandes. Im August 2002 konnte ich das Manuskript einschließlich des Register teils dem Verlag zum Druck einreichen. Für die Aufnahme der gesamten kommentierten Übersetzung in die Reihe «Bibliothek der griechischen Li teratur» möchte ich hiermit dem Herausgeber, Herrn Dr.Peter Wirth, und dem Verlag Anton Hiersemann abschließend noch einmal herzlich danken . München, im Januar 2003 Franz Tinnefeld
EINLEITUNG
1. AUSWAHL UND ANORDNUNG DER BRIEFE IM VIERTEN TEIL In diesem vierten und letzten Band einer kommentierten Übersetzung der Kydonesbriefe (frühere Bände: 111: BGL 12,1981; 112: BGL 16,1982; 11: BGL 33, 1991; m: BGL 50, 1999) werden im wesentlichen die Briefe vorgelegt, die mit Sicherheit oder vermutlich in dem Zeitraum nach der ersten Eroberung Thessalonikes durch die Osmanen (Mai 1387) und spä testens vor der zweiten Reise des Kydones nach Venedig (September 1396) entstanden sind .Wie in den vorausgehenden Bänden 11 und m sind die Briefe zu Gruppen zusammengefaßt, und es wird wieder, mit dem gleichen Vorbehalt wie in der Einleitung von Bd.m,.zwischen «datierba ren» und «nicht datierbaren» Briefen unterschieden. Was die « datierba ren» Briefe betrifft, so folge ich wieder im wesentlichen der in LC 11 484496 (Chronotaxis) vorgeschlagenen Anordnung; Abweichungen von die ser werden jeweils begründet.Die «undatierbaren » Briefe, die durch eine Null vor der Nummer gekennzeichnet sind, werden in ungefähr datier bare Gruppen zusammengefaßt und innerhalb dieser Gruppen in der von der handschriftlichen Überlieferung bestimmten Abfolge der Edition vor gelegt. Besondere Erwähnung verdienen Gruppe m und (die letzte) Gruppe VI. Die Briefe der Gruppe m (T395-0402) datierte der Heraus geber R . -J.Loenertz selbst zu verschiedenen Zeiten seines Lebens unter schiedlich, im Jahr 1947 auf 1389/90, im Jahr 1960 auf 1380...,.82. Ich versuche in einer Vorbemerkung zu Gruppe m die zuerst vorgeschlagene Datierung auf 1389/90 als die wahrscheinlichere zu begründen und ordne die Gruppe entsprechend ein.In der Gruppe der spätesten Briefe (Gruppe VI) scheinen mir erhebliche Abweichungen von der Anordnung bei Loe nertz geraten, doch muß hier auch manches unsicher bleiben. Meine Entscheidung, die Briefe - abweichend von der Edition - in einer neuen, annähernd chronologischen Zählung vorzulegen, wurde kürzlich von Georgios Makris in einer Rezension von Bd. 11 und m (BZ 93,2000,653-655) wie folgt kritisiert: «Andererseits ist kein ausrei chender (geschweige denn ein zwingender) Grund dafür ersichtlich, daß Tinnefeld die Briefe anders als die Loenertzsche Edition zählt. Dies er schwert die Verweise. Daraus, daß hier und da präzisere chronologische
1
EINLEITUNG
Daten gewonnen wurden, so wichtig oder unwichtig sie im einzelnen und insgesamt sein mögen, bedeutet nicht, daß in die Zählung der Texte in der kanonischen Edition von Loenertz eingegriffen werden durfte, zumal Loenertz die Briefe nach der Überlieferung im Autographen, nicht chro » 1 Darauf erwidere ich folgendes: Was die An nologisch angeordnet hat. ordnung der Briefe bei Loenertz betrifft, so kann sie nur zum Teil auf das Autograph zurückgehen, weil nur- die Briefe des zweiten Bandes der Edi tion (LC II) in diesem überliefert sind.Sie folgt aber auch in diesem Band nicht streng dem Autographen, sondern setzt eine von Loenertz rekon struierte ursprüngliche Anordnung der Hefte dieser Handschrift voraus, die nach seiner eigenen Angabe nur mit Einschränkung Bedeutung für die historische Abfolge der Briefe hat.Ich betone ferner, wie bereits früher, daß ich mit der von mir im wesentlichen nach Vorschlägen von Loenertz (!) durchgeführten annähernd chronologischen Anordnung dessen Entschei dung für eine stärker der überlieferung verpflichtete Abfolge der Briefe in der Edition weder kritisieren noch korrigieren wollte. Andererseits aber sehe ich meine Aufgabe als Kommentator von Brie fen, die zugleich wertvolle historische Quellen sind, auch darin, die bei einer großen Zahl der Dokumente zweifelsfrei gesicherte annähernde Da tierung für den historisch interessierten Benutzer bestmöglich zu erschlie ßen. Ich habe damit einen für mich wesentlich schwereren Weg gewählt und bin nach wie vor überzeugt, damit die richtige Entscheidung getrof fen zu haben. Hier nur ein Beispiel aus dem vorliegenden Band: Wäre es wirklich sinnvoller gewesen, den Brief T442 (= L222) an Kaiserin Helene, mit dem Kydones im Alter von fast 70 Jahren rückblickend eine Bilanz der beiderseitigen Beziehung und seines eigenen Lebens zieht, bereits ge mäß der ihm in der Edition zugewiesenen Zählung in Bd. II oder III vor zulegen? Ich kann die Frage nur verneinen. Für den Vorteil der neuen Anordnung mußte ich allerdings eine abweichende Zählung in Kauf neh men, deren Benutzung jedoch durch die Angabe der Loenertz-Nummer in den Lemmata am Briefbeginn, durch Angabe beider Nummern, wo es notwendig erschien, und durch Konkordanzen in jedem Band, ergänzt durch eine am Schluß dieses Bandes vorgelegte Gesamtkonkordanz, pro blemlos möglich ist. So muß ich Herrn Makris zwar in diesem mir wichti1 Ich weise darauf hin, daß der mißlungene Bau des letztzitierten Satzes nicht auf falscher Wiedergabe beruht.
2
EINLEITUNG
gen Punkt widersprechen, danke ihm aber ausdrücklich für einige andere kritische Beobachtungen, die ich in den Addenda et Corrigenda gern be rücksichtigt habe . Die Loenertz-Edition zählt 450 Briefnummern, während der letzte Brief im vorliegenden Band die Nummer 449 trägt.Die Abweichung erklärt sich durch die Elirninierung der Briefe L121 und 122, die nicht von Kydo nes verfaßt sind (siehe Bd. 111, 77), und durch die Einfügung des Brief traktates T81 (Bd. 112, 446 -469) nach der Edition von G.Mercati . Für die Gestaltung von Übersetzung und Kommentar verweise ich auf die Ausführungen in Bd.III 7 -9.
3
EINLEIT1JNG
2. KONKORDANZ DER BRIEFNUMMERN IM VIERTEN TEIL 2.1 Reihenfolge nach der Zählung von R.-J. Loenertz L
=
T
=
Loenertz Tmnefeld
L
T
L
T
L
T
82 84
387 392 442
375 376
364 0409
414 415
380 0418
416 417 419 420 421 422 423
222 231 232 233
395 396 397
377 379 380 381
365 359 363 357
234 236 237 238
398 399 400 401
382 383 384 385
361 368 0410 362
424
0419 0420 0421 0422 391 0423 0424 389
239 240 341 343
388 0402 0403 0404
382
425
0425 0426 393 441
0405
369 370 367 371
426 427 428
347 348
386 387 388 390 391 392
429
372 375
430 431
434 427 435
373
432 433
349 350 351 352
342 0406 343 344 345
355 356 363
346 347 348 0407 349
364 365 366
350 351 0408
367 368 369 370 371 372
352 354
353 354
373 374
4
366 353 360 355 356 358
393 394 395 396
3 74 383 381
397 398 399 401 402 403
384 0411 385 376 377
404 405 406
378 379 0412
407
0413
408 409 410 411 412
0414 0415 386
413
390 0416 0417
434 435 436 437 438
433 447 443 394 431 449 437
439
448
440 441
440 432 430 428
442 443 444 445
429 436 444
446 447 448
438 445
449 450
446 439
EINLEmJNG
2.2 Reihenfolge nach der eigenen Zählung Nummern TIL Adressat
Datum
Gruppe 1: Datierbare Briefe der Liste LC 11 494, Nr. XVI (1387/88), mit abweichender Einordnung von L390, ohne L239 Reise Manuels 342 L348 343 L350 344 L351
II. von Thessalonike nach Lesbos
Reise 345 346 347 348
Manuels L352 L353 L354 L355
H. von Lesbos nach Tenedos
Reise 349 350 351
Manuels L363 L364 L365 L367
II. nach Kleinasien
Manuels L370 L368 L372 L373 L381 L374
H. von Kleinasien nach Konstantinopel
=
Kaiser Manuel II. Palaiologos (?) Rhadenos
=
Rhadenos
=
=
=
=
=
=
=
=
352
=
Reise 353 354 355 356 357 358
=
=
=
=
=
=
Reise Manuels 359 L379 360 L371 361 L382 362 L385 363 L380 3 64 L375 365 L377 366 L369 367 L390 =
=
=
=
=
=
=
=
=
Rhadenos
Frühjahr 1 3 8 7 Sommer 1387 Sommer 1387
SommerlHerbst SommerlHerbst SommerlH�rbst SommerlHerbst
Rhadenos Rhadenos Rhadenos
1387 1387 1387 1387
Kaiser Manuel II. Palaiologos Theodoros 1. Palaiologos, Despot Kaiser Manuel II. Palaiologos
Herbst 1387 Ca. Herbst 1387 Herbst 1 3 8 7
Kaiser Manuel II. Palaiologos
Herbst 1387
Kaiser Manuel II. Kaiser Manuel II. Kaiser Manuel II. Kaiser Manuel II. Kaiser Manuel II. Kaiser Manuel II.
Palaiologos Palaiologos Palaiologos Palaiologos Palaiologos Palaiologos
Herbst 1387 Herbst 1387 Herbst 1387 Herbst 1 3 8 7 HerbstlW"mter 1 3 87/88 HerbstIWinter 13 87/88 (?)
11. von Konstantinopel nach Lemnos
Kaiser Manuel II. Palaiologos Ioannes Laskaris Kalopheros Theodoros Palaiologos, Protobesriarites
Winter 1387/88 (?) Winter 1 3 87/88 Winter 1 3 8 7/88 (?)
Maximos Chrysoberges Kaiser Manuel II. Palaiologos
WinterlFrühjahr 1 3 87/88 WinterlFrühjahr 1 3 87/88
Ein Freund in Konstantinopel Ein Freund in Konstantinopel Ein Mönch in Konstantinopel Ein Verehrer auf Letnnos
1 3 8 7/88 1387-89 (?) 1387-89 (?) 1388
5
EINLEITUNG Gruppe II: Datierbare Briefe der Liste LC II 495, Nr. XVII (1388/89), mit abweichender Einordnung der Briefe L393, 398 und 82 und Einfügung von L239 368 = L383 369 L387 370 = L388 371 = L391 372 L392 373 L394 374 L395 375 L393 376 L402 377 L403 378 L404 379 L405 380 L414 381 = L397 382 = L386 383 L396 384 L398 385 = L401 385" L401*
Kaiser Manuel 11. Palaiologos Maximos Chrysoberges Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Maximos Chrysoberges Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Maximos Chrysoberges Maximos Chrysoberges Ein Beamter Kaiser Manuels 11. Ein befreundetes Schwesternpaar Theodoros I. Palaiologos, Despot Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Ioannes V. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Erstfassung von T385
Reise Manuels 386 L410 387 = L82 388 = L239 389 L424 390= L411 391 L421 392= L84 393 L427 394 L435
II. von Lemnos nach Konstantinopel
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos (Notiz über einen Traum) Theodoros I. Palaiologos, Despot Kaiser Manuel 11. Palaiologos Theodoros I. Palaiologos, Despot Manuel (?) Tarchaneiotes
1388 1388 1388 1388 1388 1388 1388 1388 1388 1388 Spätherbst 1388 Herbst 1388 (?) Herbst 1388-Frühjahr 1389 Spätherbst 1388 HerbstlWinter 1388/89 (?) Bald nach 15. 6. 1389 Ca. Juli 1389 (?) Sommer 1389
Herbst 1389 (?) HerbstlWinter 1389190 (?) HerbstlWinter 1389190 (?) Herbst 1389 (?) Herbst 1389 (?) Herbst 1389 (?) HerbstlWinter 1389190 (?) Winter 1389190 (?) April 1390
Gruppe III: Hier mit späterer Datierung eingereihte Briefe der Liste LC II 490, Nr. XI (= LC II, Liber XXIII, S. 127-143, ohne L235 und 239) Vorbemerkung 395= U31 396 L232 397 U33 =
=
398 U34 399 L236 400= U37 =
=
6
zu den Briefen T395-0402 Kaiser Manuel 11. Palaiologos Theodoros Palaiologos, Protobestiarites Kaiser Ioannes V. Palaiologos Pothos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos
1389190 (?) Winter 1387/88 (?) 1387-1389 (?), Sommer Vor Winter 1389190 (?) HerbstlWinter 1389190 (?) 1390, vor April (?)
EINLEITUNG 401= L238 0402= L240
Kaiser Manuel II. Palaiologos Ein befreundeter Arzt
1390, vor April (?) Ca. 1389 (?)
Gruppe IV: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXXII und XXXIV (ca. 1385-87) 0403= L341 0404= L343 0405 = L347 0406 = L349 0407 = L356 0408 = L366
Ein hoher Patriarchatsbeamter (?) Ein Bekannter Ein Adept der Mathematik Kaiser Ioannes V. Palaiologos Ein Freund Ein literarisch Gebildeter
1385-87 (?) 1386/87 (?) 1385-87 (?) 1379-86 (1385?) 1385-87 (?) 1387 (?)
Gruppe V: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXXV-XXXVIII (ca. 1387-90) 0409 = L376 0410= L384 0411 L399 0412= L406 0413= L407 0414 L408 0415= L409 0416 = L412 0417= L413 0418 = L415 0419 = L416 0420= L417 0421= L419 0422 L420 0423= L422 0424 L423 0425= L425 0426= L426 =
=
=
=
Ein Freund in Konstantinopel Ein Freund in Konstantinopel Kaiser Ioannes V. Palaiologos Mönch Joasaph Ein kaiserlicher Beamter Athanasios, Mönch auf Kreta Ein Gegner des Kydones Ein Mönch Manuel (?) Tarchaneiotes Ein kaiserlicher Beamter Nathanael, Mönch Manuel (?) Tarchaneiotes Manuel (?) Tarchaneiotes Theodoritos, Mönch Ein Sohn des Georgios Synadenos Astras Ioannes Asanes Theodoros I. Palaiologos, Despot Konstantinos Asanes
1387-89 (?) 1387-89 (?) Winter 1382/83-84/85 (?) 1388/89 (?) Herbst 1389-Frühjahr 1390 (?) 1388/89 (?) 1387/88 (?). 1388/89 (?) 1388-90 (?) 1388-90 (?) 1388-90 (?) Vor 1387 (?) Vor 1387 (?), bald nach 0420 1388-90 (?) 1 388-90 (?) 1388-90 (?) Ca. Herbst 1389 1388-90 (?), Winter
Gruppe VI: Mehr oder weniger genau datierbare Briefe der späten Jahre (1391-94) 427= 428 = 429= 430 = 431= 432 = 433 = 434= 435 =
L430 L443 L444 L442 L436 L441 L432 L429 L431
Kaiser Manuel II. Palaiologos Maximos Chrysoberges Kaiser Manuel II. Palaiologos Theodoros 1. Palaiologos, Despot Ioannes Laskaris Kalopheros Athanasios, Mönch auf Kreta Kaiser Manuel II. Palaiologos Kaiser Manuel II. Palaiologos Kaiser Manuel II. Palaiologos
Bald nach 8. 3. 1391 März-Mai 1391 Ca. Juli 1391 Sommer 1391 Ca. Sommer 1391 Sommer 1391 September 1391 Ende September 1391 NovemberlDezember 1391
7
EINLEITUNG 436 L445 437 L438 438 L447 439= L450 440 L440 441= L428 442= L222 443 L434 444 L446 445 L448 446 L449 447 L433 448 L439 449 L437 =
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
8
Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Thomas Dukas Alusianos, Großrichter Maximos Chrysoberges Kaiserin Helene Palaiologina Athanasios, Mönch auf Kreta Ein Freund in Konstantinopel Ein ehemaliger Freund Ein am Kaiserhof einflußreicher Freund Ein Freund Paulus, in Kaffa Manuel Kalekas
SommerlHerbst 1391 (?) Herbst 1391 (?) Herbst 1391 (?) Winter 1391/92 (?) 1392 (?) 1392 (?) Ca. SommerlHerbst 1392 Ca. 1392 1392 (?) 1392/93 (?) 1392/93 (?) 1391-94 (?) Ca. 1394 (?) Ca. 1394 (?)
D IE BRIEFE DES VIERTEN TEIL S
Gruppe 1 : Datierbare Briefe der Liste LC II 494, Nr. XVI (1 387-89) (ohne L239)
342 L: 348; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos (?); OE: Lesbos (?); D: Frühjahr 1387; wI: Die Nachricht von der soeben erfolgten Eroberung Thessalonikes durch die osmanischen Türken, mit der die Herrschaft Kaiser Manuels in dieser Stadt ihr Ende fand, hat Kydones tief betrübt, und er ist überzeugt, daß auf dieses Ereignis die baldige Versklavung aller Rhomäer folgen wird.
Ich wollte dir sehr gern Briefe zukommen lassen, zumal ich sie dir schulde, kann aber weder ! meine Pflicht erfüllen noch meiner (freund-
5
schaftlichen) Gesinnung entsprechend handeln, weil große Betrübnis mein Herz umfangen hält. Sie verleidet mir das Essen, schreckt mich aus dem Schlaf, verleidet mir (öffentliche) Versammlungen, schränkt mein (klares) Denken ein und hindert mich, Freunde und Gesprächspartner (über haupt) wahrzunehmen. Denn das Schattenbild jener unglücklichen Stadt verharrt Tag und Nacht in meiner Seele, ! hält mich gefangen und läßt 10 mich an überhaupt nichts anderes mehr denken. So sitze ich da, finde Trost für den Schicksalsschlag nur in meinen Tränen und meide wie Feinde alle, die meine Traurigkeit lindern wollen. Es vergrößert aber (nur) meinen Kummer, wenn ich dazu noch an deine Lage und dieses dein Schicksal denke, das du in keinem Fall verdient hast und dessen schwere Last auch kein gewöhnlicher Mensch, wenn es ihm zugestoßen wäre, hätte ertragen können.! Es erschreckt (deshalb) alle so sehr, weil sich nun 15 zum ersten Mal eine solche Tragödie in (deinem) Leben abspielt. Weder ein Dichter hätte sie erfinden können noch hätte irgendein anderer es
für möglich gehalten, daß ein so vielfältiges Unglück über die Menschen
kommen kann, das nicht nur im Augenblick Beschwernis bringt, sondern
auch die Reste der Hoffnung ganz und gar hinwegnimmt. Jetzt kann man getrost die Behauptung! aufstellen, daß ganz bestimmt kein Rhomäer der 20 Sklaverei entrinnen wird. Denn das, was man sieht und was geschieht,
9
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
beweist, daß dies der Wille Gottes ist. Verzeih mir also, um Gottes willen,
wenn mich das übergroße Unglück der Gedanken und der Stimme be raubt und ich deshalb schweige.
K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltson. E: Obwohl der Briefpanner nicht aus drücklich genannt oder auch nur angedeutet wird, dürfte doch kaum ein anderer als Manuel Palaiologos, der Thessalonike kurz vor der Eroberung durch die Türken verließ, in Frage kommen. OE: Da das traurige Ereignis soeben erst stattgefunden hat, ist anzunehmen, daß dieser Brief an Manuels ersten Aufenthaltsort nach der Abreise von Thessalonike (siehe fol genden Brief T343), also nach Lesbos, gerichtet ist. D: Da der Fall Thessalonikes nach SchreinChron IT 332f. spätestens am 7. Mai 1387 erfolgte, muß dieser bald danach anzuset zende Brief spätestens bis Ende Mai geschrieben sein. IT. BKyd, ZG: Der Brief ist ein Aufschrei des Schmerzes über die eroberte Heimatstadt, deren Verlust für Kyd. um so schwerer wiegt, weil er den Sieg der Türken mit Sklaverei für Byzanz gleichsetzt. Chalk 144, Z. 1-4 teilt mit, daß der im Dienst Murads 1. stehende Hayr eddin Pascha (PLP 11097) Thessalonike eroberte und dadurch noch größeres Ansehen als zuvor gewann. III. Hss: A BOY, Nr. 15; U 20ZV-203Y, Nr.206.
343 L: 350; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Lesbos; D: Sommer 1387; wI: Vor wurf, vom neuen Aufenthaltsort nicht als erster geschrieben und sogar drei inzwischen an
ihn gesandte Briefe nicht beantwortet, sondern an Kydones einen Brief geschrieben zu haben, der auf seine Briefe nicht eingeht und vom längst bekannten Fall Thessalonikes und der Reise nach Lesbos wie von etwas Neuem berichtet. Zweifel, daß sich die Hoffnung des Rhadenos, Kaiser Ioannes v. werde seinen Sohn Manuel und so auch ihn selbst bald nach Konstantino pel rufen, erfüllen werde, Befürchtungen, daß Manuel und sein Gefolge bald den Türken Sklavendienste leisten müssen.
,Wenn ich glaubte, daß es dir an Kummer mangelt, würde ich nicht 5
zögern, diesen / Brief mit Vorwürfen zu füllen und mit dir darüber zu
reden, daß ich mich vernachlässigt fühle. Nun aber, in der Überzeugung, daß deine Wunde der Heilmittel und nicht (neuer) Verletzungen bedürfe,
hielt ich mich zurück und verlange (nun) von dir nicht, was du für deine
Verfehlung erleiden oder büßen müßtest; vielmehr beschloß ich, dir nur wohlwollenden Tadel als leichte Strafe aufzuerlegen. (Ja), mein Bester, du hättest auf Homer hören und mir zuerst schreiben sollen, da du von Ge10
burt der Jüngere bistl; / du hättest es für notwendig halten sollen, daß
10
BRIEFE T342-3 43
diese Ehrung uns als den Älteren von euch2 als den Jüngeren erwiesen werde, oder (wenigstens), wenn du geglaubt hättest, daß dir dies weniger anstehe, dich meinem Beispiel anschließen, nicht aber sogar das Antwor ten für einen niedrigen (Dienst) halten und uns so (gleich) zweifach dein hochfahrendes Wesen demonstrieren sollen. Nun aber hast du nicht nur den ersten oder zweiten, sondern ganz prächtig sogar den dritten Brief übergangen / und somit klar das Gebaren eines allzu anmaßenden Men-
15
schen gezeigt. Und doch hast du vielen geschrieben, von denen du niemals gesagt hättest, du würdest sie mir vorziehen, und vielen hast du Briefe gewidmet, deren Ehrung mir klar beweist, daß dein Schweigen Mißach tung meiner Person bedeutet. Du willst mir dein Schweigen mit der Betrübnis um die Vaterstadt er klären? Warum hast du dann nicht auch ebenso - wie ich (schon) sagte andere in deinem (angeblichen) Schmerz ohne Nachricht gelassen, sondern
an / sie und den Diener 3 wie in freudiger Stimmung geschrieben und dazu
20
(noch andere) erwähnt, die sie grüßen sollten. Mir aber wolltest du nicht denselben (Gefallen) erweisen und hast dafür die Traurigkeit zum Vorwand genommen. Dabei wäre schon die Freundschaft, die du mir dereinst be teuert hast, Grund genug gewesen, dich zum Schreiben zu bewegen, noch mehr aber die gegenwärtige Notlage, zumal dir die Kenntnis dessen, was hier vor sich geht, großen / Nutzen bringen könnte4• Dieser wäre dir sicher,
25
wenn ich dir schriebe, und auch mir wäre es nützlich, etwas von dir zu erfahren. Nun aber hast du durch dein Schweigen deinem eigenen Nachteil auch noch den unsrigen hinzugefügt. Aber von (all) dem abgesehen sollte dich, wenn schon nichts anderes, so doch allein bereits das, was du Betrübnis nennen willst, zum Schreiben bewegen. Könntest du dich doch allein dadurch weitgehend von deinem Schmerz befreien; (denn) du würdest jemandem schreiben, der in gleicher Weise wie du betroffen ist / und des-
30
halb des Trostes bedarf, und so würde durch einen Austausch vOn Briefen der gemeinsame Schmerz schneller geheilt. So gibt es nichts, was dich bei der Verteidigung deines Schweigens unterstützen könnte, vielmehr wird alles zur Anklage wegen des Unrechtes, das du an uns begangen hast. Vielleicht glaubst du, daß jenes kleine Briefchen, (das du mir) durch Asanes (zukommen ließest)5, dir zur Rechtfertigung werde helfen können.
Im Gegenteil, es wird / die Anklage gegen dich noch verschärfen. Es wäre ja erträglicher, du suchtest Vorwände für den vollen Verzicht auf das Schreiben, statt vielleicht schreiben zu wollen, (aber) mit um so größerer
11
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Geringschätzung meinen früher (geschriebenen Brieft zu übergehen. Denn du hast weder bekundet, daß dich die Absicht, (mir) zu antworten, zum Schreiben veranlaßte, noch erfolgte die geringste Erwähnung der Dinge, die ich dir in meinem BrieF geraten hatte, damit du nicht dadurch 40
gezwungen wärest, zu diesen Stellung zu nehmen - / das aber wolltest du anscheinend nicht -, noch stand überhaupt irgend etwas darin, was ich, wie du (recht wohl) wußtest, von dir erfahren wollte. Vielmehr hast du all jenes übergangen und uns über das Unglück Thessalonikes berich tet, als ob es etwas Neues und keine seit langem von allen öffentlich diskutierte Angelegenheit wäre, ferner, daß ihr euch auf der Flucht von dort auf Lesbos aufhaltet, daß du die Flucht bedauerst und derlei mehr,
45
wovon einiges schon länger als Jahresfrist zurückliegt, anderes / aber kei nen Nutzen bringt, wenn man darum weiß. Ja, so steht es damit! Glaubst du denn (etwa), daß jemand von dem Schlag gegen jene unglückliche Stadt nichts gehört haben könnte und wir deswegen den Asanes hätten fragen müssen? Hat doch die ganze Welt vor dir8 von dieser Tragödie gehört und sie beklagt, und uns erreichte dein Brief, als wir schon seit langem deswegen trauerten. Wie hätte ich aber von der Reise nach Lesbos und der Gastfreundschaft, die euch die Lesbier
50
gewährten, / nicht wissen können? Habe ich dir doch, überzeugt, daß du dich dort aufhältst, dorthin einen Brief geschickt, und du hast mir danach (bereits) von dort geschrieben9! Und ich habe ja auch dem Herrscher der Insepo geschrieben und ihm zu verstehen gegeben, daß seine Gastfreund schaft und sein freundlicher Umgang mit euch ihm bei allen hohes Lob einbringen werden. Auch du hast davon gehört, wie man erzähltl1, und hast mir gebührenden Dank für den Brief ausgesprochen. Warum also
55
hast du (mir) / die Reise nach Mitylene als etwas Neues mitgeteilt? So (jedenfalls) bedeutete der Brief offene Geringschätzung und war eher eine Pflichtübung als ein Ausdruck der Zuneigung. Das hast du auch klar durch eine zusätzliche Bemerkung zu verstehen gegeben. Indem du näm lich sagtest, das bald zu erwartende W iedersehen veranlasse dich, nicht ausführlich zu schreiben, hast du dich (nur zu) gern davon befreit, mehr zu erzählen und mit mir Gedanken auszutauschen. Damit aber dein Schweigen vernünftig erscheine, hast du auch eine Prophezeiung hinzuge-
60
fügt, / indem du die Hoffnung aussprachst, der Kaiser werde euch binnen kurzem in die Große STADT einladen; dann könntest du dich ausgiebig mit mir unterhalten, so daß es jetzt nicht nötig sei, mehr zu sagen. 12
BRlEF T343
Dies brachte mich allerdings zum Lachen12, denn ich dachte daran, wie leicht die Menschen sich ihren Wunschträumen hingeben. Dadurch laßt auch ihr euch täuschen, die ihr nach langem Umherreisen sehnlich be gehrt, in die STADT heimzukehren, und laßt euch / einreden, der Kaiser
65
werde euch dies gewähren. Der aber ist zu allem eher bereit, als euch das jemals zu gestatten. Denn obwohl er von allen alles zu hören bekommt, was einen Menschen überreden könnte, hat er verlauten lassen, nur das eine werde ihn und die STADT retten, wenn er niemals (mehr) seinen Sohn empfange, und er werde, falls es ihm doch gelingen und ihn niemand daran hindern sollte, (zu ihm) zu kommen, seinen Anblick nicht ertragen.
Du wirst vielleicht glauben, das sei nur so gesagt. / Doch kannst du über-
70
zeugt sein, daß dies mehr als alles andere wahr ist, es sei denn, Gott würde bei ihm einen Sinneswandel bewirken. Bis jetzt jedenfalls ließ er sich durch keinen Zuspruch beugen. So wenig Gewicht hat der Grund, der dich nach eigenem Bekunden dazu bewegte13 , deinen Brief abzukür zen. Um dich aber vollends für dein Schweigen zu entlasten, fügst du auch deine Verpflichtungen beim Kaiser14 und (deine T ätigkeit) in der Verwal tung der öffentlichen Angelegenheiten hinzu, / welche dir (angeblich) die
75
Zeit nehmen, deinen Freunden zu schreiben. Was hätten da erst die Leute sagen sollen, die dem Perser15 bei seinem Kriegszug gegen Griechenland dienten? Ihnen war ja zuvor gesagt worden, sie hätten die Elemente zu bezwingen, über Bergeshöhen zu segeln16 und allen17 täglich eine Mahl zeit zu bereiten, während du selbst, wenn du wenigen Jammergestalten18 einen Gerstenbrei vorsetzt, dich (schon) rühmst, die zwölf Götter19 zu bewirten. / Freilich würde ich wünschen, daß es so viele Staatsgeschäfte
80
(um wie du zu sprechen) zu versehen gäbe, daß nicht nur du allein, son dern sogar viele nicht reichen würden, sie auszuführen. Das wäre mir (jedenfalls) soviel wert wie alle Briefe, von woher sie auch immer bei mir eintreffen! Ich fürchte aber, daß deine Freizeit größer ist als die der Philosophen und Hesychasten, die von dir zu grüßen du deinen Freunden aufträgstz°. Anscheinend redest du so hochtrabend daher, / um mich einzuschüchtern. Das wird dir aber nicht gelingen. Denn ich weiß, daß ihr nicht von Triumphen oder einem Sieg zurückkehrt, sondern etwas erlitten habt, woran man sich nicht gern erinnert. So würdest du dich besser, statt dich hochfahrend zu verhalten, (bescheiden) zur Erde beugen und überlegen, wie du das nutzlose Joch, das du jetzt trägst, abschütteln
13
85
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
kannst; sonst wirst du dich nach kurzer Zeit sogar (noch) den Barbaren, wenn du nicht ganz auf der Hut bist, unterjochen müssen. Denn ich sehe 90
außer Admetos keine Rettung für T hemistokles21• I Es bietet sich (ihm)
ja keine Möglichkeit, an einen anderen Ort zu fliehen, damit er dem Schierlingsbecher der Athener entgehe! Ich glaube aber, daß dies auch euch allen, wenn ihr gemeinsam Rat haltet, einleuchten wird; denn nahe den Grenzen ist der Mann22, und er hat schon seine Maßnahmen für die getroffen, die von dort (, wo ihr seid,) zu entkommen versuchen. Viel leicht aber wird er sogar Myus und Magnesia23 (dafür) geben, wenn je mand ihm nur verspricht, bei der Eroberung Griechenlands zu helfen. 95
Und gewiß wird man den, der dazu rät, in jeder Hinsicht I für einen überzeugenden Ratgeber halten, und ihr werdet alle zu der leichteren (Lö sung) eilen. Der Plan einer Flucht zu den Alpen aber ist mangels Mitteln negativ zu beurteilen24• Dann wird man den wackeren Rhadenos sehen, wie er, den Zweig des Bittstellers in der Hand25, an der Pforte26 des Bar baren sitzt und den Freunden, der Freiheit und der Bildung Lebewohl sagt. Zu wünschen, daß dies nicht geschehe, ist leicht, es zu vermeiden
100
nicht so leicht. Denn I wer sich auf das einläßt, woraus sich das Gesagte ergibt, wird notwendig eine entsprechende Erfahrung machen. Aber was auch immer Gott über euch beschlossen hat, wir werden dir, soweit es an uns liegt, die Treue bewahren und Erlösung vom Übel und Zunahme des Guten von Gott erflehen. Das habe ich gesagt, damit du weißt, daß wir auch, wenn es den Anschein hat, als würdest du abtrünnig, zu dir halten und dich, wenn du leichtsinnig bist, aufrütteln und dich an
105
das Frühere27 erinnern. I Denn ich glaube, mein Tadel an deinem Schwei gen wird auch von dir so verstanden, daß er von jemandem kommt, der die alte Freundschaft bewahren will. Aber selbst wenn du jene vielen schönen Beteuerungen, mit denen du alle überzeugt hast, daß niemand anderer dir mehr gelte als ich, nur noch für Geschwätz hältst, dich ganz (von uns) abwenden und uns fortan nicht mehr schreiben willst, als hät test du uns von Anfang an nicht gekannt, werden wir dir auch dann
110
unsere Gesinnung I wie ein unversehrtes Unterpfand bewahren, ja, dich sogar um Verzeihung bitten, daß wir dich früher um Briefe baten, und fortan das Schweigen der Pythagoreer28 einhalten, damit wir dir nicht unversehens zusätzlich zu deinem unleidlichen Schicksal auch noch Unan nehmlichkeiten wegen (der Frage) des Briefeschreibens bereiten.
14
BRIEF T343 K L OKyd: In der STADT (Z. 64. 67). E: Z. 97. OE: Z. 43. 54f. D: Wegen der unter Epl-3 und 5 erwähnten Korrespondenz, die nach dem Fall Thessalonikes (s. o., T342, D) erfolgte, ist der Brief zweifellos nicht vor Sommer 1387 geschrieben. Auf diese Zeit wird auch der Bericht Manuels an Kabasilas über seine Lage auf Lesbos datiert (s. u., X5). II. BKyd: Trotz seiner Enttäuschung über die unzureichende Schreibtätigkeit des Rhade nos und seine nicht akzeptablen Entschuldigungsversuche, die Kyd. tnit großer Umständlich keit analysiert (Z. 4-100), sichert er dem ehemaligen SchüIer auch jetzt noch seine an dauernde Freundestreue zu (Z. 101-113). BE: Tätigkeit im Dienst Kaiser Manuels als tQu JtE�OJtOW� (siehe T344, BE), hier, Z. 73-79, angedeutet; Kontakte zu den Hesychasten (s. u., A. 20). Xl: Ein Diener des Rhadenos (Ep2, A. 3; siehe aber auch unten, T344, BE). X2: Asanes, Z. 33f. 46f. (Briefbote). TrappAs 174 geht davon aus, daß es sich um Konstantinos Asanes handelt. Zur Person siehe Bd. I11, 268f., BE. X3: Francesco II. Gattilusio (Z. 52; s. u., Ep 5). X4: Ein Kaiser in Konstantinopel, der seinem Sohn gegenüber unnachgiebig bleibt, Ioannes V. (Z. 60-71). X5: Ein Sohn von X4, der vergeblich Verständigung mit seinem Vater sucht (Z. 67-71), Manuel Palaiologos. In dieser Situation verfaßte Manuel seinen langen Brieftraktat, tnit ausführlicher Erörterung und Meditation der Lage, an Niko laos Kabasilas, LetMan 187-205, Nr. 67; vgl. A. 1 zu diesem Brief, ebd. 204, sowie unten, A. 18. X6: Der Mann, dem sich Kaiser Manuel über kurz oder lang wird ergeben müssen, Murad L (Z. 92. 98). ZG: Der Brief beschreibt eindringlich (ab Z.60), daß Manuel an einem Wendepunkt steht und sich vom erbitterten Gegner der Osmanen zu deren Bundesge nossen (nach dem Muster seines Vaters) wandeln wird, um sein Leben zu retten. Ep: 1. Drei kürzlich verfaßte Briefe des Kyd. an Rhadenos (Z. 13 -15); der erste von ihnen ist auch Z. 50 (s. u., A. 9) erwähnt. 2. Mehrere Briefe des Rhadenos an diverse Personen in Konstanti nopel (Z. 15-21), unter ihnen auch sein Diener (Z. 20). 3. Ein «Briefchen» des Rhadenos aus Lesbos, überbracht von Asanes (s. u., A. 5); vgl. TinnFreund 243, NI. 58; identisch tnit dem in Z. 51 erwähnten Brief (in TinnFreund von mir noch, wohl irrig, als Nr. 55 von Nr. 58 unterschieden), Antwort auf den in A. 9 genannten Brief, dessen Inhalt Z. 53-62 ausführlich beschrieben wird. 4. Ein «früherer» Brief des Kyd. an Rhadenos (Z. 36-39; s. u., A. 6). 5. Ein Empfehlungsbrief des Kyd. an Francesco II. Gattilusio (Z. 51-53; s. u., A. 10, 11), der wohl wenig Erfolg hatte, denn gemäß Chalk I 48 suchte der Herrscher von Lesbos Manuel und sein Gefolge alsbald wieder loszuwerden. Ob die Passage bei Chalkokondyles JtQOUYOQEUELV emuIJ..
15
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR 5 W: 'to I-tLXgov tXELVO 'to I-tE'tU 't0'Ü 'Acruvlj ygal-tl-tu'tLOv. 6 Identisch mit T328 (Bd. ill ) , einem Brief aus der Zeit kurz vor dem Fall Thessalonikes, der in der Tat viele Ratschläge für Rhadenos enthält,auf die Kyd. im folgenden anspielt. 7 W.: tXEL. 8 Nicht bloße Hyperbel,sondern auch Anspielung darauf,daß Rhadenos auf der abgele genen Insel nicht so schnell informiert sein konnte wie mancher andere. 9 Gemeint ist der erste der drei unten, unter Ep1, genannten Briefe ( = TinnFreund 243, Nr. 54). 10 Francesco II. Gattilusio,PLP 3584. 11 Die einschränkende Bemerkung w� >acrL ist verwunderlich, denn aus dem Folgenden ergibt sich klar, daß Rhadenos sich bei Kyd.
für
dessen Intervention bedankt hatte. Kyd.
konnte also aus dem Dank enmehmen,daß Rhadenos von seinem Brief an Gattilusio wußte, und war nicht auf eine Mitteilung anderer angewiesen. 12 Sarkastisches Lachen aus ernstem Anlaß,bei Kyd. auch sonst belegt,z. B. Bd. II, T156, 37; 160,46; 0187,25; 198,32; 0226,20f.; Bd. ill, 0260, 19; 302,35; 3 1 1,40. 13 W: 01)'t0) QäO't6v tO'tLV u>' OUltEg ... tJtECa9lj� ... 14 Sc. Manuel. 15 Sc. dem antiken Perserkönig Xerxes. 16 Anspielungen auf die überbrückung des Hellesponts (Hdt VII 8. 33-37) und den Bau des sog. Xerxeskanals im Norden der Halbinsel Akte (Athos) (ebd. 22-24. 37. 122). 17 W.: ltäm OXEöOV &v9gwlto�. Auf das einschränkende OXE06v (fast) wurde in der über setzung verzichtet, weil es eher sinnstörend ist, denn es ist ja die Verpflegung des ganzen großen Heeres gemeint (Hdt VII 20. 49). 18 W.: Manuel selbst mitteilt (LetMan 187,Z.2-8),mußte er mit seinen Leuten in steinigem,baum losem Gelände bei glühender Sommerhitze in Zelten hausen. 19 Zu den zwölf Göttern des griechischen Olymp (Zeus,Hera,Poseidon,Demeter, Apol Ion, Artemis, Ares, Aphrodite,Hermes, Athene, Hephaistos und Hestia; statt ihrer später Dionysos, so
am
Parthenon-Ostfries) siehe W K. C. Guthrie, The Greeks and their Gods,
London 1950, 110f. Belege: PindOI 10, SOff.; Hdt II 7; VI 108; Thuk
VI
54, Z. 6; PlPhdr
246e,Nom 828; AristophAv 95 ( N. Dunbar, Aristophanes,Birds,Oxford 1995, 163),Equ 235 (Eid bei den zwölf Göttern). 20 Rhadenos hatte sich also,zusätzlich zu dem anderen Miß vergnügen,das er Kyd. berei tete,auch noch seinen Erzgegnern,den Hesychasten,angenähert. 21 Gemäß Thuk I 135-137 und Plutarch, Themistokles, 22-28 rettete sich Themisto kies,der um 468 v. ehr. in Athen in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war und an seinem Verbannungsort Argos von den Behörden Athens und Spartas verfolgt wurde, nach Kerkyra und von dort zum Molosserkönig Admetos in Epeiros,der
ihm bei seiner Flucht zu
den Persern behilflich war. Admetos steht hier, wie sich aus dem Folgenden ergibt, für eine Politik der Unterwerfung unter die Türken «
am
Mäander, die Themistokles vom Perserkönig Artaxerxes I. zur Finanzierung seines
Lebensunterhaltes als eine Art Lehen übertragen wurden (Thuk I 138; Plutarch, Themisto-
16
BRIEFE T343-344 kles, 29), deutet an, daß Murad dem Kaiser sogar verlockende Angebote machen wird, um ihn für sich zu gewinnen. Das Angebot an Themistokles wird in einem anderen Brief des Kyd. in einem anderen Zusammenhang erwähnt (Bd. m, T273,A. 24). 24 Mit dieser Bemerkung spielt Kyd. wohl auch auf frühere Pläne an, sich mit Rhadenos nach Italien zu begeben (Bd. m, T311,BKyd, 4.). 25 Metaphorischer Bezug des antiken Brauches, Schutzbedürftigkeit und bittende Hal tung durch eine Lxetl]QLa zu signalisieren. Dieselbe Metapher auch unten, T347,A. 6. 26 Wohl mit bewußtem Bezug auf die orientalische Bezeichnung «Pforte» (arab. bäb, pers. dar/der, türk. kap!) für den Palast des Herrschers; vgl. EI, Bd. 4 (1978) 568. 27 Wie aus dem Folgenden zu entnehmen ist, meint Kyd. die alte Freundschaft, aber es klingt wohl auch das frühere Vorhaben an, gemeinsam ein «philosophisches» Leben zu füh ren. Vgl. TtmlFreund 230f. mit A.90. 28 Zum Schweigen der Pytbagoreer s. o., Bd. m, T303, A. 2.
344 L: 351; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Lesbos; D: Sommer 1387; wI: Rhade nos hat sich inzwischen, noch bevor er den vorausgehenden Brief erhalten hat, für die ihm darin vorgehaltenen Versäumnisse entschuldigt. Kydones ist bereit, diese Entschuldigung an zunehmen, glaubt aber nicht, daß Rhadenos seinen Plan, nach Konstantinopel zu kommen, so bald verwirklichen werde. Zu sehr sei er im Dienst des Kaisers beschäftigt, derzeit als Verantwortlicher für die Verpflegung.
Wie das? Bevor du Asanes sahst, bevor du die Anklage wegen versäum ten Schreibens / hörtest, hast du eine Verteidigung dagegen verfaßt, und
5
anscheinend hat sie dir der Vorwurf des Gewissens diktiert. Denn nicht ohne irgendeinen zwingenden Grund warst du so sehr um deine Verteidi gung besorgt. Es ist also klar, daß du im Widerstreit mit deinem inneren Feind geschrieben hast. Aber in dieser Angelegenheit wirst du dich, wenn du das, was Asanes dir bringt, erhalten hast, vielleicht (noch) besser ver teidigen. Ich aber nehme auch die jetzige Entschuldigung an / und gebe
10
die Schuld denen, die von dir Briefe erhalten, sie aber nicht zugestellt haben, weil ich dir für ihre Versäumnisse keine Strafe auferlegen will. Du
könntest sogar, wenn du jene Anklage hörst, (darüber) lachen und jene
Vorwürfe als Zeichen der Freundschaft deuten. Denn Briefe zu fordern und die, welche sie nicht schicken, zu schmähen, ist, glaube ich, bezeich nend für einen Mann, der allzu große Zuneigung empfindet und sich in
Briefen ein Gespräch mit den / Freunden vorstellt; verhielte sich jemand 17
15
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
nicht so, würde er mit Recht als gleichgültig gegenüber seinen Freunden gelten. So wird man mich, glaube ich, für einen Schwätzer halten, wenn ich versuchen wollte, dich von meiner Zuneigung zu überzeugen.
Ich wunderte mich aber, daß du uns die Notwendigkeit, zu uns und in die Große S TAD T reisen, als etwas Neues ankündigtest; denn das sagst du ja ständig, hast es aber niemals verwirklicht. So glaube ich denn, daß du, 20
obwohl du weißt, was wir uns in I dieser Hinsicht wünschen, uns wie Kinder zum Narren hältstl; denn du freust dich zwar an Worten, schiebst aber die Tat auf, als könne sie dir überhaupt nichts nützen. Was aber ich dir in dieser Angelegenheit schon früher geraten habe, weißt du, und du hast selbst den Rat gebilligt und angekündigt, ihn alsbald zu verwirkli chen. Das war sogar zu einer Zeit, als es noch nicht soviel gab, was dich zur Flucht zwang. Obwohl aber jetzt so manches dich (dazu) drängt, I
25
zögerst du noch und begibst dich Tag für Tag tiefer in die Sklaverei hin
ein, indem du dich stets mit größeren Mauern umgibst. So glaube ich schon, daß du nicht einmal, wenn der Kaiser dich schlüge, fesselte und verjagte, den Dienst bei ihm aufgeben, sondern auf Dauer deinen Ehrgeiz auf das Handwerk eines T hearion und Mithaikos2 richten würdest. So ein ehrenwerter Mann bist du uns geworden, daß du, wie ich höre, den früheren Philosophen gegen einen Verpflegungsintendanten ausgetauscht 30
hast. Sieh aber zu, daß es dich nicht I einst gereue, allzusehr dem Faß der Hoffnungen3 vertraut zu haben! Denn dies ist, glaube ich, die Ursache deines jetzigen Verweilens (beim Kaiser). Für mich freilich ist es nun hohe Zeit, mit Ratschlägen in dieser Angelegenheit aufzuhören. Ich glaube nämlich, daß ich schon (zu)viel Zeit damit verschwendet habe, dich vor gefährlichen Situationen zu warnen. Zwar hast du (jedesmal) den Ratge ber gelobt und ihm versprochen, sofort (entsprechend) zu handeln, es
35
aber im übrigen bei Worten I bewenden lassen. Ich möchte aber, daß du
in Zukunft entweder mit den Versprechungen aufhörst und tatsächlich kommst, um zu vermeiden, daß es dir, wenn du zögerst, später schlechter als früher ergehe, oder dich entschließt, direkt auf die Gefahren zuzuge hen und an eine Rückkehr zu mir nicht mehr zu denken. Denn es ist deiner nicht würdig zu lügen; (noch) schlimmer ist es aber für mich, ge täuscht zu werden.
18
BRIEFE T344-345 K
I. OKyd: In der Großen STADT (Z. 18) . E: VgL TinnFreund 244, NL 61. OE: Die Si tuation hat sich seit T343 nicht geändert. D: Ziemlich bald nach T343, wie aus Z. 4f. zu enmehmen ist. II. BKyd: Kyd., enttäuscht über die gegenwärtige Beschäftigung des Rhadenos (siehe BE) und besorgt, er werde mit Kaiser Manuel in die türkische «Sklaverei» geraten, fordert von
ihm eine klare Entscheidung, wobei natürlich die Hoffung, er werde doch noch zur «Philoso phie» zurückkehren und zu ihm nach Konstantinopel kommen, überwiegt (Z. 21-38). BE: Rhadenos hat sich, bevor er den Brief T343 erhielt, bei Kyd. für sein Schweigen entschuldigt (Z. 4f.). Er versieht neuerdings das Amt eines 'tQ<mE�O:n:OL6� beim Kaiser (Z. 29), worunter nach der begründeten Ansicht von K.-P. Matschke (MaTiGes 192, A. 173; 204 mit A. 211213) eine Art Intendant für die Verpflegung von Hof und Truppe zu verstehen ist. Gemäß T345, Z. 18 war er u.a. für die Getreidebeschaffung zuständig. Matschke (MaTiGes 204) sieht hier einen Zusamm enhang mit dem Geschäft seines Vaters, der in Thessalonike einen Großhandel für Getreide betrieb (vgL dazu Bd. II, T168, Z. 9-11). Er vermutet auch in dem zweimal (T3 43, Xl; 3 45, Xl) erwähnten OLXE-tTJ� des Rhadenos einen geschäftlichen Verbindungsmann (fattore) des thessalonizensischen Getreidekauftnannes in Konstantinopel (MaTiGes 195, A. 183 ) . Xl: Asanes (Z. 4), überbringer des Briefes 1343 an Rhadenos (mit der Anklage wegen versäumten Schreibens) , nachdem er dessen «Briefchen» (T3 43, Ep3, A. 5) Kyd. überbracht hatte. Gemäß Z. 8f. überbrachte er auch wiederum den vorliegenden Brief an Rhadenos. X2: Ein Kaiser (Z. 26) , Manuel II., in dessen Dienst Rhadenos tätig ist. Ep: 1. Kyd. an Rhadenos (Z. 4f. 8f. T343; vgl. Xl); 2. Rhadenos an Kyd. (Z.4f.; =
vgl. BE) , verfaßt, bevor T343 ankam, mit der Ankündigung, daß Rhadenos nun doch nach Konstantinopel kommen wolle (Z. 17f.) . ill . Hss: A 133", N L 18; U 207'-208v, N r. 209. IV. 1 Im Griechischen: Wortspiel (Polyptoton) : Wcr:n:EQ :n:aLCJL :n:Qocr:n:a�ELv. 2 In PlGrg 518b ist Thearion ein Bäcker, Mithaikos der Verfasser eines Traktates über die sizilianische Küche. 3 Zum «Faß der Hoffnungen» siehe Bd. ill 3 44, Register, s. v.
345 L: 352; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Tenedos; D: SommerlHerbst 1387; wI: Rhadenos hat überraschend mitteilen lassen, daß er in absehbarer Zeit nicht nach Konstanti nopel kommen werde. Kydones ist um das weitere Schicksal seines Freundes sehr besorgt, denn er befürchtet, daß Manuel II., in dessen Dienst er sich befindet, sich mit dem Osmanen sultan Murad I. arrangieren und sich somit in türkische Sklaverei begeben werde.
Als du uns alle durch deine vielen schriftlichen (Ankündigungen) bei nahe schon hattest hoffen lassen, dich (bald) in den Armen zu halten, / da ließest du deinen Diener, der auf deinen Wunsch hier geblieben war, weil du ihn binnen kurzem benötigen würdest, zu dir kommen und erfüll19
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
10
15
20
25
30
test uns mit Schrecken, weil wir nun nicht einmal hoffen können, dich nach langer Zeit wiederzusehen. Dies aber machte nicht nur unsere (Vor freude), dich persönlich bei uns zu haben\ zunichte, sondern erfüllte uns auch mit Angst, weil sich aus einem Aufschub meist viele unvorhersehbare Nachteile / ergeben. Ich höre aber, daß eure Umgebung salzig ist; denn ihr seid, höre ich, wie der Anthedonier Glaukos verurteilt, das Meer und ein Inselchen zu bewohnen2, auf dem das Volk der Piraten haust, als sei es das Land ihrer Väter, und diese versuchen Eindringlinge wie Rechtsbrecher zu verjagen und sie auf alle Weise zu schädigen. So besteht die Sorge, daß plötzlich (eine Gefahr) von unbekannter Seite euch wie eine Wolke überschatte und ihr keine Zweige für die Blöße eures / Leibes wie Odysseus zur Verfügung habt3 • Aber vom Festland ist noch viel Schlimmeres als dieses zu befürchten; denn von alters her und beinahe von Natur aus hegen die Barbaren Haß gegen die Christen in ihrem Herzen. Komm mir also nicht mit dem biß chen Geld, dem wenigen Weizen, ihren zu Verhandlungen (beauftragten) Gesandten, ihren menschenfreundlichen Worten und dem anderen, womit sie euch zu ködern versuchen! Denn das / sind ihre trügerischen Netze, mit denen sie die Zerstörung anrichten, die sie mit ihren Waffen nicht erreichen. So bereden sie (nun) auch euch, weil ihr euch dem Meer wie einer schützenden Mauer anvertraut habt und daher nicht leicht zu über wältigen seid, bald mit schmeichelndenWorten, bald mit dem Angebot von Geschenken, ihnen wie Freunden zu vertrauen und euch ihnen auszu liefern. Haben sie euch aber erst in ihrer Gewalt, (dann) werden sie ihre einstweilen (noch) verborgene Gesinnung / offen zeigen und euch schlicht wie Feinde behandeln. Dann werdet ihr jammern, daß euch nichts mehr verbleibt, und werdet, weil ihr eure Freiheit verraten habt\ weinend das Schicksal von Sklaven zu erleiden haben. Diese Gedanken also beschäfti gen uns täglich. Wir sind besorgt um dich und fürchten, daß auch du, wenn der Ratschlag der Leichtsinnigeren sich durchsetzt, der für Auslieferung an die Barbaren / als die bessere Entscheidung plädiert, dich dem Kleinmut beugst, der den Menschen großen Schaden bringts, diesem Be schluß beipflichtest und dich selbst in den Abgrund stürzt, aus dem es keine Wiederkehr gibt. Daher6 wünschen wir auch, daß du dich der Ge sellschaft derer, die dazu raten und es auch ausführen, entziehst und zu uns, denen deine Rettung ein Anliegen ist, eilst, so schnell dich die Füße 20
BRIEF T345
tragen. Denn es dürfte kaum / Sicherheit bringen, noch lange bei denen
35
auszuharren, die so unvernünftig sind. Das Gute kommt ja nur von Gu ten; das übrige aber würde Hesiod besser sagen7. Wenn aber dies für dich nicht leicht (durchzuführen) ist, weil du den
Herrscher und den (üblen) Leumund scheust, ihn als erster von allen im Stich gelassen zu haben, solltest du doch eine Grenze dieser Ergebenheit einhalten: die Insel! Bleibt er nämlich dort, so solltest auch du dort blei ben und ihm gehorsam sein. / Wenn er aber zu den Barbaren überläuft,
40
darfst du ihm auf keinen Fall Gefolgschaft leisten. Denn abgesehen von
der übrigen Schande und dem üblen Ruf, sich denen, die unsere Feinde von Natur sind, angeschlossen zu haben, ist es (danach) auch nicht leicht, wieder in die Heimat zurückzukehren, wenn man es möchte. Leichter aber würde einer, der in einen Krater stürzt, der Vernichtung entgehen, als wenn er sich diesen ausliefert, die ihm außer allem anderen Guten,
das unser Leben sinnvoll erscheinen läßt, auch die Freiheit rauben wer den. Ich könnte dir aber auch / (noch) anderes sagen, wodurch du noch 45 mehr überzeugt würdest, daß die nun (so) offensichtliche Freundlichkeit der Barbaren nicht frei von Hintergedanken ist, wenn ich nicht überzeugt wäre, es wäre sicherer, gegenwärtig nicht über solche Dinge zu reden. So entziehe dich denn selbst schmählicher Sklaverei und befreie deine Freunde von der Besorgnis um dich! Zerreiße wie Spinnweben, was dich jetzt festhält, komm eilends zu uns, daß wir uns (wieder) dem altgewohn ten beglückenden / (Studium) zuwenden können, und laß die, welche dich in den Abgrund ziehen wollen, wehklagen! K
1. OKyd: Kyd. lädt Rhadenos ein, zu ihm an den Ort zu kommen, wo sie einst miteinan der Srudien betrieben (Z.33f. 49f.).
E: Vgl. TinnFreund 244, Nr. 62.
OE: Ein Inselchen,
welches zugleich ein Piratennest ist (Z.10-12) und wegen der erwähnten Verhandlungen mit den Türken (Z. 17 -19) nicht allzuweit vom kleinasiatischen Festland liegen kann. Der Name der Insel, auf der Manuel
(X2) nach seinem Aufenthalt auf Lesbos
vorübergehend verweilte,
wird weder in der Korrespondenz des Kyd. noch in einer anderen Quelle genannt. Aber es kommt gemäß DenReign 158 nur Tenedos in Frage, welches laut dem Vertrag von Turin zwischen Venedig und Genua (8.8.1381; vgl. die Quellenangabe in der Edition zu Z. II) unbewohnt bleiben sollte (BarkMan 61) und daher ein idealer Schlupfwinkel ten Piraten war.
für die erwähn
D: Da Manuel sich wohl längere Zeit auf Lesbos aufgehalten hatte, ist es
inzwischen vielleicht schon Herbst geworden.
II. BKyd, BE: Rhadenos hat seinen Diener, den er ursprünglich angewiesen hatte, in Kon stantinopel auf ihn zu warten, nun doch zu sich gerufen, woraus Kyd. bedauernd erschließt, daß mit Rhadenos' Besuch in Konstantinopel nun nicht mehr zu rechnen sei (Z.4 - 10). Er
21
50
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR befürchtet für Rhadenos das Schlimmste, wenn es zu einer friedlichen Vereinbarung mit den Türken kommen sollte, und beschwört ihn, auf keinen Fall einer Einladung nach Kleinasien zu folgen, sondern nach Konstantinopel zu kommen (Z. 24-51).
Es ist bemerkenswert, daß
Kyd. seinen Freund für den Fall, daß Kaiser Manuel sich den Türken beugen sollte, auch von seinem Gehorsam ihm gegenüber entbindet (Z. 39-44).
Xl : Der bereits in T343 (Xl)
erwähnte Diener bzw. geschäftliche Verbindungsmann (s. o., T344, BE) des Rhadenos (Z. 5), den dieser nun aus Konstantinopel zu sich kommen ließ (s. o., BKyd, BE) .
Xl:Ein Herrscher
(uQXWv), auf den Rhadenos bei seinen Entscheidungen Rücksicht nimmt (Z. 36-38), Manuel 11., in dessen Dienst er steht. Kyd. rät Rhadenos, diesem nur solange zu gehorchen, wie er auf der Insel bleibe, ihm aber auf keinen Fall zu folgen, wenn er zu den Türken «überlaufe» (Z. 38-40). ZG: Murad 1., der nicht ausdrücklich genannt, auf den aber zweifellos als Herrscher der im Plural genannten «Barbaren» (Z. 16. 29. 40 46) angespielt wird, versuchte sich anscheinend seinen entschiedenen Feind Manuel Palaiologos durch Unterhändler, die ihm gegen Geld und Getreidelieferungen ein Stillhalteabkommen anboten, gefügig zu machen (Z.17-19. 22f.).
Ep: Mehrere frühere schriftliche Ankündigungen des Rhadenos, nach
Konstantinopel zu kommen (Z. 4), darunter auch T344, Ep2. Die Nachricht, Rhadenos werde nun doch nicht kommen, entnimmt Kyd. hingegen ausschließlich der Abberufung sei nes Dieners (Z.5f.), und er weiß auch nur vom Hörensagen, daß Rhadenos sich auf dem erwähnten «Inselchen» aufhält (Z. 10f.).
ill. Hss: A 133V-134\ Nr. 19; U 208'-209v, Nr. 210. IV. 1 w.: . . . 'ti]v t'mo 't0'Ü !-Li] O'UvEo€o8aL OOL . Doch bemerkt Loenertz im Apparat zur . .
Stelle: !-Li]: sic, lapsu calarni, ut opinor, was wohl auch zutrifft. 2 Die Bewohner der kleinen Insel sind vom Meer umgeben wie der ehemals sterbliche Meeresgott Glaukos (siehe Bd. 111, T43, A. 4). 3 HomOd 7, 127-129. 4 w.: Kydones hat zwischen :n:QoMV'ta� und xAaov·ta� nachträglich ein xaL eingefügt, aber wohl versehentlich, weil es mit der Tatsache unvereinbar ist, daß der Verrat der Freiheit dem Weinen vorausging. Die Übersetzung folgt daher dem Text vor der Einfügung der Kon junktion. 5 Das griechische Wort atö6J�, das Kyd. unter Anspielung auf HomIl 24, 44f. und HesOp 318 verwendet, wird hier nicht mit seiner gängigen Bedeutung «Scham» , sondern, im Kontext besser passend, mit «Kleinmut» übersetzt. 6 Vor ßouAO!-L€8a steht in der Edition ein Punkt. Richtig wäre ein Komma, weil die vor ausgehenden Konjunktive von Ö€ÖL6't€� !-Li) abhängig sind und erst ßouAO!-L€8a das Hauptverb des Satzes ist. 7 Wie Loenertz im Apparat zutreffend bemerkt, irrt Kyd. hier, denn to8AU &.n: to8Awv ist eine Anspielung auf Theognis von Megara, Elegeia ('EAT]y€i:a ), I,V. 35. Die Stelle lautet (nach: Theognis, Poemes elegiaques, ed.}. Carriere, Paris 1975): to8AWv !-LEv YUQ an: to8AU !-La8i)o€m, die Fortsetzung aber, die Kyd. zu beherzigen empfiehlt: ijv ÖE xaxoLoLV O'U!-L!-LLOY!l�, &.:n:OA€L� xal 'tov EOv"ta v60v (wenn du dich aber in die Gesellschaft schlechter Menschen begibst, wirst du auch den Verstand verlieren, den du hast).
22
BRIEFE T345-347
346 L: 353; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Tenedos; D: SommerlHerbst 1387; wI: Kydones wirft dem Freund vor, durch seine Entscheidung, bei Kaiser Manuel zu bleiben und sich mit ihm den Türken zu unterwerfen, seine früheren Versprechungen gebrochen und seinen Glauben verraten zu haben.
o weh, was für einen häßlichen Kopf hast du einem schönen Körper
aufgesetzt, als du jene vielen / glänzenden Versprechungen (so) häßlich
5
und schlecht zugleich ausgehen ließest! Denn nichts (sind) anmutige Worte (wert), die nicht durch Fakten bestätigt werden, noch ist ein Mann von Nutzen, der seinen Verheißungen nicht die entsprechenden Taten fol gen läßt. Was aber mich betrifft, so könnte man mich eher unglücklich als unwissend nennen. So jedenfalls beschreiben alle das, was Getäuschte empfinden. Dein Verhalten aber erscheint allen als ve.rwerflich, / weil du die Treue zu deinen Freunden für schäbigen Gewinn verkauft hast. Aber auch dein Verhalten gegenüber Gott ist nicht frei von Tadel, weil du dir den erhofften Nutzen mit Lästerungen gegen ihn erkauftest. So bedenke, daß auch dies dir nicht frommen wird, denn noch niemandem hat es je einen Vorteil gebracht, gegen Gott Krieg zu führen. K 1. OKyd, E, OE, D: Der Brief setzt denselben Wissensstand des Kyd. wiE. T345 voraus, muß aber kurze Zeit nach diesem geschrieben sein, weil er eine stärkere Entrüstung erkennen läßt als der genannte, im ersten Schrecken verfaßte Brief. Vgl. TinnFreund 244, Nr. 63.
TI. BKyd: Ein starker Gefühlsausbruch des Kyd., diktiert von tiefer Enttäuschung und Verzweiflung, als ahne er bereits das frühe Ende des Freundes, der sich unterfangen hat, «gegen Gott Krieg zu führen» (Z. 13). Doch eigentlich hätte Kyd. dies seinem anderen Freund, Kaiser Manuel, vorwerfen müssen, denn Rhadenos begeht ja keinen anderen Fehler, als sich der Unterwerfungspolitik seines Herrn anzuschließen. Hier zeigr sich der «doppelte Boden» der Korrespondenz mit Rhadenos und der ttagische Charakter einer psychologischen Dreiecksbeziehung. ill. Hss: A 134\ Nr. 20; U 209v-210r, Nr. 2 1 1 .
347 L: 354; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Tenedos (?); D: SommerlHerbst 1387; TI., sich mit Murad I. zu arrangieren, fordert Kydones Rhadenos auf, sich von ihm zu trennen und nach Konstantinopel zu kom men, hält ihm aber zugleich vor, dazu nicht bereit zu sein, und warnt ihn wiederum, er werde wI: Wegen der offensichtlichen Bereitschaft Manuels
23
10
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR sich, wenn er sich einer islamischen Macht unterwerfe, damit von Gott lossagen, dem man mehr gehorchen müsse als selbst dem Kaiser.
5
10
15
20
25
Ich wollte, j a, ich wünschte mir inständig, niemals mit dir ins Gespräch gekommen zu sein, mehr noch, / dich von vorneherein gar nicht kennen gelernt zu haben! Denn dann würde ich nicht wie jetzt (zwar) mein eige nes Unglück oft vergessen, um dich aber mich nicht ständig ängstigen. Kannst du dir also vorstellen, wie ich leide, wenn ich ansehen (muß), daß der Kaiser sich gezwungen sieht, zu den Türken überzulaufen, du aber nicht imstande oder vielleicht (nicht einmal) bereit bist, ihn zu verlassen? Allerdings scheint es uns noch nicht sicher, ob du es / (doch) wagen wirst, aber auch der bloße Argwohn versetzt uns (schon) in große innere Un ruhe. Daher fragen die anderen, wenn jemand von euch hierherkommt, ihn nach der Meinung der Arkader und Amphiktyonen1 aus, und ob die Kaiser sich versöhnt hätten; was den älteren veranlasse, so zu zürnen, und was wohl in seiner Verzweiflung der jüngere tun werde, und alsbald bedauert man ihn, mag er nun zum Vater zurückkehren dürfen oder / in der Verbannung bleiben müssen. Meine erste Frage aber ist Rhadenos und ob er sich denn nun die Erfah rung zur Lehrmeisterin genommen habe (und einsehe), daß es gewiß bes ser für ihn wäre, so schnell wie möglich von diesen Labyrinthen2 befreit zu werden, oder ob er noch ehrgeizig sei und den Untergang mit den anderen als ehrenvoll und gewinnbringend für sein weiteres Leben an sehe. Dann belehren sie mich darüber - als ob ich es nicht wüßte -, wie der Kaiser dir zugetan ist, und / auch, wie treu ergeben du ihm bist, wie (sehr) er alle seine eigenen (Vorzüge) an dir schätzt und daß du ihm alles bedeutest, und sie verlachen mich, wenn ich mir vorstelle, irgendein Schicksal könnte euch voneinander trennen, und mich nicht überzeugen lasse, daß sogar, wenn es darum ginge, in den Hades hinabzusteigen, du dem Kaiser dorthin folgen würdest wie ein Theseus dem Herakles3• Ich aber schlug mir alsbald auf die Knie4 und sagte zu ihnen: «Was redet ihr da, meine Guten? Gibt es / denn ein so großes Übel, daß man ihm einen Dialog mit den Türken vorziehen möchte? Zudem ist auch noch von ei nem Mann die Rede, der seit langem den Studien ergeben ist, ein frommes Leben führt, sich für die Philosophie begeistert und den Gewinn, den ihm die Studien bringen, für wertvoller als alles Gold hält. » Da entfernten sich jene, die mich so gekränkt hatten, als sie mir zuredeten, du müßtest 24
BRIEF T347
unbedingt zusammen mit deinen Kollegen vor dem Barbaren erscheinen. Doch (dann) kamen andere von euch zu uns, und / wieder fragte ich sie 30 dasselbe und erhielt von ihnen dieselbe Antwort, (denn) alle behaupten, daß du dich wie ein Schatten an den Kaiser heftest und ihm nachläufst, wohin auch immer er sich begibt. Wenn ich dir aber früher die Zuneigung des Kaisers wünschte, so bin ich nun nahe daran zu wünschen, daß du sie verlierst. Nicht, als ob ich eifersüchtig auf deine Vorzüge wäre - wie sollte ich das sein, da ich doch deine guten Eigenschaften als meine Zierde ansehe? -, sondern weil deine übergroße Ergebenheit für den Kaiser dich vergessen läßt, daß du / in die 35
Netze der T ürken geraten wirst, aus denen, wie wir wissen, niemand ohne hohe Lösegelder befreit wird. Glaube nämlich nicht, daß die Barbaren, wenn sie uns bei sich haben, uns ähnlich behandeln werden wie (sonst), wenn sie als Gesandte zu uns kommen. Denn hier reden sie nach den Regeln der Diplomatie mit den Kaisern wie mit ihren Herren und sehen
sich in der / Erwartung, etwas von ihnen zu erhalten, gezwungen, uns ein 40 gewisses Maß an Ehre zu erweisen. Wenn sie aber (selbst die) Herren geworden sind und uns als Bittsteller empfangen, werden sie das Theater aufgeben, den altgewohnten Haß gegen die Christen offen hervorkehren und wie mit Handelssklaven auch mit denen umgehen, die bei euch etwas gelten. Gerät aber ein anderer5 in eine solche Lage, dann, glaube mir, beachten sie ihn nicht einmal. Möge dies nicht geschehen, beim ERLÖSER, und ich nicht hören müssen, daß du mit dem Zweig eines Bittstellers in der Hand6 / an der Pforte der Barbaren hockst. W äre das denn nicht 45 unerträglicher als eine Schlinge7? Und (dabei ) sage ich noch (gar) nicht, daß du, abgesehen von (dieser) unglücklichen Lage, dich auch vor Gott wirst verantworten müssen. Denn (schon) der (bloße) Aufenthalt bei den Ungläubigen ist mit vielen abscheulichen Greueln verbunden. Wenn man nämlich beständig hört, wie sie den wahren Gott lästern, ohne gewillt zu sein, ihn zu verteidigen, / oder, was Pflicht wäre, ihnen kühn zu widerspre- 50 chen, sondern sich schweigend niederbeugt und die Beschimpfung8 erträgt, unterscheidet sich das wohl wenig von offenem Verrat (des Glaubens). Daher möchte ich dir raten, ja noch mehr, dich bitten, (folgendes) zu bedenken: Du schuldest niemandem für irgend etwas soviel, daß du die Wahl treffen dürftest, um der Gunst dieser (Person) willen Gott zu beleidi gen. So meide den Aufenthalt bei den Barbaren, mag er auch, wie du meinst, der Situation angemessen sein, / als etwas in jeder Hinsicht Schäd- 55 25
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
liches und komm zurück zu deinen Freunden und in dein Vaterland, das du gar nicht erst hättest verlassen sollen. So wirst du dich auch von dem unerfreulichen Umherreisen, das keinerlei Sinn hat - um nicht (noch) mehr zu sagen -, befreien - denn du siehst ja selbst, daß die jetzigen Hoffnungen auf eine bessere Lage nichts als Träumereien von Verrückten9 sind -, sondern du wirst auch Gott und deinen Freunden zu Gefallen 60
handeln. Auf Grund dessen (wiederum) / wirst du leichter und sicherer auch die Angelegenheiten deines eigenen Hauses10 regeln können, wenn Gott dir die Leichtigkeit, mit der du die Ungläubigen verachtest, dankbar vergilt. Sieh also, daß du dein ursprüngliches Vorhaben wieder aufnimmst und Gott das Seinige gibst. Denn dem Kaiser haben wir bereits genug
zugestanden11. K
I. OKyd, E, OE, D: Die Situation entspricht der in beiden vorausgehenden Briefen (T345, 346). Doch ist dieser Brief etwas später zu datieren, weil Kyd. nun sichere Kunde zu haben scheint, Manuel wolle zu den Türken überlaufen (Z. 7f.). V gl. BarkMan 62, A. 169. Es sei hier noch bemerkt, daß Loenertz
für
L353, 354 und 355
(
=
T346, 347 und 348) als Ort
« Lesbos oder Tenedos» angibt. Dies ist m.E. übertriebene Vorsicht,da die Situation dieser Briefe sich so wenig von der des Briefes T345
(für den der Aufenthalt auf Tenedos gesichert ( T345), dem zweifellos ersten Brief von
ist) unterscheidet, daß ein Ortswechsel nach L352
=
Tenedos, kaum vorstellbar ist.
II. BKyd: Es fällt auf, daß Kyd., der bisher auch am Schicksal Kaiser Manuels interessiert war, in seiner Sorge um Rhadenos nur noch - nicht ohne eine gewisse Ironie - darüber zu berichten weiß, daß andere sich um den Kaiser sorgen (Z. 11-18). Auch die mutmaßliche Entscheidung des Rhadenos, mit Kaiser Manuel unterzugehen, kommentiert er mit der ironi schen Frage, verbunden mit einem Oxymoron, ob er dies denn als « gewinnbringend
für sein
Leben» ansehe (Z. 17f.). In dieser kritischen Situation steht ihm also Rhadenos deutlich näher als der kaiserliche Freund Manuel.
BE: W ie Kyd. von Augenzeugen unterrichtet wurde,
neigt Rhadenos immer mehr der Entscheidung zu, seinem Herrn, dem Kaiser, in den Herr schaftsbereich der Osmanen zu folgen, um sich ihnen zu unterwerfen (Z.18-23).
Xl : Ein
Kaiser, der zu den Türken « überlaufen» will (Z. 7f.), Manuel Palaiologos. Es ist bemerkens wert, daß aus den Wochen, in denen sich diese Wende in der Türkenpolitik Manuels vorberei tet, kein einziger Brief des Kyd. an ihn erhalten ist. Der nächste Brief des Kyd. an Manuel liegt erst wieder aus der Zeit vor, als die Entscheidung gefallen und Rhadenos gestorben ist (s. u., T349). Allerdings spielt er in diesem Brief auf ein nicht erhaltenes kurzes Schreiben an, in dem er Manuel anscheinend doch einige ermahnende Ratschläge gab (s.u., T349, Epl).
Xl:
Der Vater eines jüngeren von zwei Kaisern, deren Versöhnung erwartet wird
(Z. 12- 14), Ioannes v., der Vater Manuels.
III . Hss: A 134v- 135v, Nr. 21; U 210r-21P, Nr. 212. IV. 1 Kyd. bezieht sich auf DemOr 19, 288 (Fals. Leg. 434), wo Demosthenes moniert,
daß früher alle Griechen nach den Beschlüssen der Athener fragten, nun aber sich alles um
26
BRIEF T347 Philipp von Makedonien drehe, so daß man z. B. auch bei den Arkadern und den Amphiktyo nen zu erfahren suche, wo er sich aufhalte, ob er lebe oder tot sei usw. Auf die Stelle spielt LibEp, Nr. 625 (Foerster, Bd. X, 574) in einem ähnlichen Zusammenhang wie Kyd. an. 2 Das Labyrinth als Metapher für eine schwierige Situation: siehe Bd. III, T266, Z. 21; 268, Z. 26; 304, Z. 14. 3 Einen gemeinsamen Besuch des Theseus mit Herakles im Hades fand ich nicht belegt. Gemäß RE, Suppl. 13 ( 1 973), Sp. 1 1 73 war es vielmehr Peirithoos, mit dem er in den Hades stieg, um Persephone zu gewinnen. Es ist allerdings bezeugt, daß Theseus bei seiner Hades reise in mancher Hinsicht dem Vorbild des Herakles folgte (RE, ebd., Sp. 1 1 74f.). Darauf könnte Kyd. anspielen, wenn er sagt, Theseus sei dem Herakles «gefolgt» (cruvElt€cr6m). 4 w.: 'ta y6vu'tu JtJ,:rlSU\;. In TGL 2 ( 1 833), Sp. 723, s. v. y6vu konnte ich einen Hinweis auf Ioannes Tzetzes, Historiae, TI 807 ermitteln. In der Edition der Historien von P. A. M. Leone, Napoli 1968, 75 handelt es sich allerdings um V. 8 10. Hier heißt es mit Bezug auf HerakIes: 'to y6vu JtAijSU\; xUQ't€Qöi\; MO xUQOLa\; e
6 Wie oben, T343, A. 25. 7 Die würgende Schlinge als anschauliches Bild für bedrohte Freiheit. Das Bild wird aber auch in anderem negativem Bezug von Kyd. häufig verwendet (siehe Bd. TI, T197, A. 2). 8 w.: x(J)�(J)o(u. Kyd. gebraucht dieses Wort mehrfach, in pejorativer Erweiterung des vom Verbum x(J)�(J)öE(J) ( <
( Bd. TI, T220), Z. 64; L327 ( Bd. III, T316), Z. 34; L369 ( T366), Z. 4 (siehe dort, A. 1 ) =
=
=
und die vorliegende Stelle. Bei T220, Z . 6 4 übersetze ich (in Unkenntnis dieser semantischen Besonderheit): « Dann ist das Erinnern schlechter als jede Komödie»; doch ist wohl gemeint « als jede Beschimpfung» . Ähnlich wäre bei T316, Z. 34 zu übersetzen: « . . . die Beschimp fungen der . . . Hesychasten . . . ». Diese Korrekturen werden unten unter den Addenda und Corrigenda berücksichtigt. 9 Dies ist natürlich auch indirekte und erstaunlich scharfe Kritik an Kaiser Manuel, der für diese Politik verantwortlich ist, mag er auch, wie Z. 7f. andeutet, in einer Zwangslage sein. Erst in einem späteren Brief, T351, wird Kyd. ihn wegen seiner Türkenpolitik direkt • . •
tadeln. 10 Hier sind wohl auch die oben, T344, BE beschriebenen Geschäfte der Farnilie Rhade nos gemeint. 1 1 NTMk 12, 17 «
27
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
348 L: 355; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Tenedos; D: SommerlHerbst 1387; wI: Obwohl Kydones fürchtet, seinem Freund lästig zu fallen wie ein ungebetener Arzt, warnt er ihn nun zum letzten Mal inständig, seinem kaiserlichen Herrn ins Herrschaftgebiet der Osma
nen zu folgen und damit nicht nur seine Freiheit aufzugeben, sondern auch seinen Glauben zu verraten.
Dessen bin ich mir bewußt: Wie es für Ärzte peinlich ist, ungerufen
5
Kranke zu besuchen, / so ist es auch für Ratgeber höchst schmachvoll,
wenn sie es sich herausnehmen, ungebeten zu mahnen. Aber was empfin det wohl jemand, der Freunde auf einen Abgrund zueilen sieht, den sie nicht wahrnehmen? Wären andere in Gefahr, würde er vielleicht ein we nig innehalten und abwarten, bis er gerufen würde. Sieht er aber den, den er als sein anderes Selbst ansiehtl, in großer Gefahr, würde er es wohl für unmenschlich halten, wenn er nicht mit seinem Ratschlag dem Verderben
10 zuvorkäme / und
ihn notfalls auch gegen seinen Willen zu lenken ver
suchte. Es würde ja auch ein Arzt, wenn einer seiner Patienten oder Nach barn erkrankte, dessen Leiden vielleicht einmal mit Schweigen übergehen. Wenn aber seine Brüder und Söhne erkranken, wartet er nicht lange und tritt unangemeldet ein. Oft aber wendet er auch Zwang an, damit der Kranke das einnimmt, wozu die (ärztliche) Kunst rät. So habe auch ich mich dir gegenüber oft verhalten. Da ich dich aber bis jetzt nicht überzeu15 gen konnte, / wende ich nun sogar Gewalt an. Damit meine ich, daß ich
trotz häufiger Mißerfolge nicht zögere, dasselbe (immer) wieder anzu sprechen und den, der mir nicht folgen will, zu dem zu lenken, was (mir)
gut erscheint. Mensch, denke an dein eigenes Wohl und verrate nicht die
Ehre und zugleich die Freiheit!! (Ich zögere nämlich zu sagen: auch deine Seele, der du durch einen Aufenthalt bei den Türken zuerst schaden wirst.) Nicht das Geringste können die Gottlosen dir nützen, nicht das 20 Geringste die Feinde, nicht das Geringste die, / welche durch unser Un
glück (nur) gewinnen können!! Wie2 wirst du den Anblick derer ertragen, die deine Vaterstadt entvölkerten, deine Familie und deine liebsten
Freunde versklavten und dich zum Flüchtling und Heimatlosen machten? Was sollte denn einer, der freiheitsliebenden Sinnes ist, von den Sklaven händlern erwarten? Es ist ein Wahnsinn, keine Vernunft annehmen zu 25
wollen, da es so viele Beispiele ihrer ungezügelten Willkür gibt, / sondern zu glauben, daß (Menschen), die allenthalben Verderben bringen, unsere 28
BRIEF T348
Beschützer und Wohltäter sein könnten! Laß ab von denen, die entweder notgedrungen oder wegen ihres schlechten Charakters nicht zögern, sich mit ihnen einzulassen! Wir aber wollen uns an das, was von Anfang an Geltung hatte, halten und uns nicht zu Menschen gesellen, die gewohnt sind, Sklavendienste zu tun. Wenn du aber die alltäglichen schändlichen und geringfügigen Vorteile im Auge hast - denn ich komme nun offen auf das zu sprechen, was dich, / wie ich glaube, gefesselt hält - und den Abgrund vor deinen Füßen 30 nicht siehst, fürchte ich, daß du später einmal zugeben mußt, solches (bereits) lange Zeit begehrt zu haben, und du wirst es auch jetzt (schon) zugeben, wenn du die Wahrheit sagst. Denn darauf hattest du es auch schon in Thessalonike abgesehen, wo du, befangen im Traum vom klei nen Gewinn und Ruhm, unvermerkt deine frühere gesunde Kraft verloren hast3. Jetzt aber ist zu fürchten, daß du, wenn du dich nicht sehr in acht nimmst, auch noch die Freiheit zu deinen Verlusten' hinzufügst, die kein vernünftiger Mensch / gegen alle Schätze (der Welt) eintauschen würde. 35 So habe ich dir nun, von Zuneigung gedrängt, gesagt, was dir, wenn du eine Entscheidung triffst, meiner Überzeugung gemäß nützen wird. Gott aber lasse dich bei deiner Wahl und deinem Tun das, was gut für dich ist, finden. K 1. OKyd, E, OE, D: Die Situation entspricht der von T345 -347. II. BKyd, BE: Dieser Brief ist der letzte, von tiefer Zuneigung und Sorge für den Freund gekennzeichnete Versuch des Kyd., Rhadenos vor einer Entscheidung für Kaiser Manuel und seine Türkenpolitik zu bewahren, die sich für ihn in der Tat als verhängnisvoll erweisen sollte (s. u., T349, Xl). Es kommt auch wieder die alte Sorge des Kyd. klar zum Ausdruck, Rhade nos könne den geschäftlichen Gewinn den geistigen Werten vorziehen (Z. 2 8 - 34; vgl. Tinn Freund 2 1 3 -215). Xl: Die Kritik an den Ungenannten, die sich den Türken ausliefern und die Freiheit preisgeben (Z. 26 -28) ist wieder in erster Linie auf den nicht ausdrücklich erwähnten Kaiser Manuel zu beziehen und von ähnlicher Schärfe wie in T347 (siehe dort, A. 9). ID. Hss: A 135v- 136V, Nr. 22; U 2 1 P-212v, NL 213. IV. 1 Es handelt sich bei der Bemerkung, der Freund sei «ein anderes Selbst» (<j>o..ov äUov fUU1;OV elvm), um einen angeblichen Ausspruch des Pythagoras. Die Verifizierung mit Hilfe des TLG verdanke ich Erich Lamberz. In der bei Kydones zitierten Variante findet sich der Ausspruch anscheinend zuerst in der Pythagoras-Vita des Porphyrios (Porphyre, Vie de Pythagore etc., ed. E. des Places, Paris 1982, 51, § 33). Des Places verweist zwar in A. 5 als älteste Quelle auf den hellenistischen Geschichtsschreiber Timaeus (Timaios) von Taurome nium (F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, Bd. IIIIB, Leiden 1950, Nr. 566 [TimaiosJ, S. 598f., Nr. 13b), aber bei ihm ist nur die Variante XOLVCx ';Cx ,;WV <j>o..wv bezeugt.
29
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR Die Porphyrios-Variame findet sich aber auch im Brief Nr. 100 des Synesios von Kyrene an Pylaimenes (Synesii Cyrenensis Epistulae, rec. A. Garzya, Romae 1979, 1 69, Z. H.; dort im Apparat weitere Zitate). - Mit diesem Bekennmis seiner tiefempfundenen Freundschaft im letzten Brief an Rhadenos scheint Kyd. bereits den endgültigen Abschied von einem naheste henden Menschen, den bald darauf der Tod ereilen sollte, vorwegzunehmen. 2 Im Griechischen werden die folgenden drei Kola jeweils mit lt(ii � (wie) eingeleitet (Ana phora), was im Deutschen eine schwerfällige Konstruktion erfordert und deshalb nicht nach geahmt wird. 3 W:
xal -cwv naA.aLWV oaQxwv CJ'tEQT)eE�. Anspielung auf PlGrg 5 1 8c, wo Sokrates im
Gespräch mit Kallikles die Schmeicheleien der Rhetorik mit ungesunder Ernährung ver gleicht, welche die ursprünglich vorhandene Körperkraft verfallen läßt. Siehe zu demselben Bild auch Bd. 112, T60, A. 25. Vgl. auch die Anspielung auf eine kurz zuvor stehende Passage des platonischen Dialoges Gorgias in T344 (dort A.2).
349 L: 363; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Im kleinasiatischen Herrschaftsbereich der Osmanen, wohl in Brussa; D: Herbst 1 3 87; wI: Kydones erklärt die Kürze eines einige Zeit zuvor geschriebenen Briefes an den Kaiser mit dessen schwieriger Situation und erläutert abschwächend eine Passage, die jener als kritische Zurechtweisung verstanden harte. Nachruf auf den kurz zuvor verstorbenen Rhadenos.
5
10
15
Hätte ich anderen geschrieben, dann hätte ich andere Gründe für die Kürze meiner Briefe genannt. / Wenn ich aber damals die Länge des Brie fes an dich beschränkte, kann ich dafür nur deine Erhabenheit und die Unangemessenheit, einem so bedeutenden Kaiser Geschwätz anzubieten, als Entschuldigung anführen. Denn das Unzeitige wird, auch wenn es frei von Anmaßung ist, von allen getadelt. Deine jetzigen Sorgen aber, die der Taten, nicht der Worte bedürfen, ließen wohl jeden lästig erscheinen, der sich rhetorisch äußern wollte. Du würdest also recht daran tun, (mir) die Kürze meiner Ausführungen zu verzeihen 1. / Jener kleine Einschub aber war nicht, wie du meinst, zu (deiner) Zurechtweisung geschrieben und kam auch nicht von einem, der den An spruch erhob, dir seine Meinung vorzutragen - denn noch habe ich nicht den Verstand verloren, sondern kann abschätzen, wer ich bin und mit wem ich rede und wie man mit den Herrschern umzugehen hat -, son dern er war den Zurufen der Zuschauer an gute Wettläufer zu verglei chen, durch welche die Anwesenden jene, die auch von sich aus bereits bemüht sind, schnell zu laufen, / nicht belehren, sondern ihnen durch das 30
BRIEFE T348-349
Lob ihrer Leistung den Siegeskranz um so begehrenswerter erscheinen lassen. Mir war also deine Wesensart wohlbekannt, ich war vertraut mit dem Grad deiner Bildung, (wußte), welche bedeutenden Autoren und Rhetoren du studiert hast und daß dir nichts entgangen ist von dem, was die Alten über Ereignisse berichtet haben, die den Menschen unverhofft zugestoßen sind und die du selbst, wiewohl noch jung, aus vielfältiger Erfahrung / kennst. Deshalb würde ich, solange ich bei Verstand bin, es nicht wagen, einen Menschen, der so reich an Erfahrungen ist, zu beleh ren, wie er die (Schläge) des Schicksals ertragen soll, zumal mir bekannt wurde, daß derlei Ereignisse deine vernünftige Denkart nicht erschüttern konnten. Ich gab dir aber zwischen den Zeilen zu verstehen, daß ich auch das, was mir als deine gute Leistung bekannt war, weil ich dies für ange messen hielt, loben wollte. Verlaß dich also auf dich selbst und auf die göttliche Hilfe, bleib bei dem, was du tust / denn was von Menschen kommt, ist (nur) ein Schatten -, in der vollen Übe"rzeugung, daß der, welcher es den gefangenen Knaben mitten im Barbarenland verlieh, den Siegern überlegen zu sein2, auch dir den Feuerbrand der Versuchungen löschen und dich uns wieder in der früheren Stellung zeigen wird. Mir aber, der ich noch die Katastrophe meiner Vaterstadt betrauerte, verdoppelte der Tod des Rhadenos, der nun hinzukam, die Schrecken, denn die frühere Wunde / fährt fort, meine Seele zu quälen, die neue aber verschlimmert noch (die Schmerzen). Habe ich doch jetzt einen Freund und Schüler zu beklagen, der mir lieber als ein Sohn war, aber auch sei nerseits mich liebte und wie eine Mutter um mich besorgt war, ja mit seiner steten Verehrung für mich beinahe (ein Verhalten) zeigte, das den Vätern von ihren guten Kindern geschuldet wird, und mich zum Herrn über alle ihn betreffenden Dinge machte, / dazu aber in edlem Eifer auch sich selbst mir hinzugab; hörte er doch nie auf, sich in Briefen und Worten mein Knechr3 zu nennen. Es kommt mir aber (dabei) auch in den Sinn, was du (jetzt empfinden magst) und daß auch du allen Anlaß hast, mit mir zu trauern, da du eines zuverlässigen Dieners, wie du ihn jetzt wohl kaum so leicht finden wirst, beraubt bist. Jedesmal (also), wenn ich mich an ihn und zugleich an die Vaterstadt erinnere, wird mein Schmerz mir immer wieder neu bewußt. -
K 1. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Kyd. spricht von dem Verstorbenen, der ihm selbst sehr nahestand, zugleich als von einem Diener (ÖL
31
20
25
30
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR (Z. 37f.); so besteht über dessen Identität kein Zweifel.
OE: Aus der Anspielung auf die
babylonischen Jünglinge (s. u., A. 2) im Barbarenland (Z. 25 -28) ist zu enmehmen, daß sich Manuel nun im Machtbereich der Osmanen bei Sultan Murad L aufhält, wohl an der mehr fach genannten "Pforte» (T343, A. 26; T347, ZA5), also an dem Ort, wo Sultan Murad L residierte. Gemäß Chalk I 42, Z. 21f. (der von Tenedos nichts weiß) setzte Manuel von Lesbos nach «Troja» über und begab sich von dort zu Pferde nach Brussa (IIQoiicro). Daß Manuel Murad dort traf, nehmen auch BarkMan 62f. und E. Werner, Die Geburt einer Großmacht -Die Osmanen, WienlKöln/Graz 41985, 174 an. Obwohl also Murad bereits 1377 seine Hauptresidenz nach AdrianopeVEdime verlegt hatte (ebd. 1 64; hier auch zur Annahme des Sultanstitels), spielte Brussa offenbar weiter eine Rolle als Aufenthaltsort des Sultans.
D: Wie ich früher gezeigt habe (TmnFreund 227, A. 78), kommen zwei vermeintli
che Anhaltspunkte
für die Datierung von ManueIs Aufenthalt bei den Osmanen aufgrund der
genaueren Interpretation entsprechender Notizen in Kleinchroniken nicht mehr in Betracht (SchreinChron II 308f. und 343). Es kann nun weder sein Eintreffen in Konstantinopel noch seine anschließende Verbannung nach Lemnos präzise auf September 1 3 8 7 datiert werden, was BarkMan 64f. immerhin noch
für wahrscheinlich gehalten hatte. Dennoch ist der vorlie
gende Brief kaum später als im Herbst 1 3 8 7 verlaßt, weil das Andenken an den Fall Thessalo nikes bei Kyd. noch recht frisch zu sein scheint (Z. 2 8 . 38f.).
II. BKyd: Das diplomatische Geschick, mit dem Kyd. seine (uns nicht erhaltene) Zurecht weisung Kaiser Manuels (s. u., Ep1) abschwächend als anfeuernden Zuruf, den "Sieg» zu erringen, und sogar als verstecktes Lob umdeutet (Z. 10-24), ist bemerkenswert. Erst in T351 wird er offene Kritik wagen. Die Trauer um den Tod des Rhadenos ist zwar relativ knapp formuliert (Z. 28 -39; s. u., Xl), aber gerade die Kürze zeigt intensiver die tiefe Er schütterung. In seiner Trauer um den Toten fühlt er sich solidarisch mit dem Kaiser, obwohl dieser eigentlich das Unglück des Freundes mitverschuldet hat.
BE: S. o., OE, D.
Xl: Rha
denos, der einige Zeit vor Abfassung des Briefes unter unbekannten Umständen, wahrschein lich aber, da jede Anspielung auf einen Unfall fehlt, an einer plötzlichen Erkrankung gestor ben ist (Z. 28f.). Da er bei seiner ersten Bekanntschaft mit Kyd. um 1375 (TinnFreund 212f.) wohl kaum mehr als 20 Jahre alt war, ist er wohl nur etwa 33 Jahre alt geworden. In seinem Nachruf teilt Kyd. mit, Rhadenos sei
ihm nicht nur lieber als ein Sohn gewesen, auch er habe
Kyd. geliebt und geehrt wie ein Sohn, sich um ihn gesorgt wie eine Mutter und nie aufgehört, sich als sein Knecht (ÖoiiÄ.Ov) zu bezeichnen (Z. 3 1 - 3 6).
Ep: 1 . Ein früherer Brief des Kyd.
an Manuel, der kurz gefaßt war (Z. 5) und einen Einschub zurechtweisenden Charakters enthielt (Z. 10f.), nicht erhalten, aber zweifellos aus der Zeit, als Manuel in Verhandlungen mit den Osmanen stand. 2. Ein Antwortbrief Manuels auf Ep1, in dem Manuel, wohl etwas pikiert, den genannten Einschub als Zurechtweisung bezeichnet hatre (Z. 10f.), so daß Kyd. sich nun genötigt sah, seine Kritik abzuschwächen (Z. 1 1 -24).
III . Hss: A 67rv, Nr. fehlt. (Es handelt sich um den ersten Brief von Heft 11 nach der Zählung von Loenertz [vgl. LR 37]. Kyd. hat auch die folgenden Briefe dieses Heftes [L364367
=
T350, 351, 0408 und 352, außer 1.368
Nr. 123.
Ed: KydEpCam, Nr. 45.
=
T354] nicht numeriert.) U 1 1 P- l 12v,
Ob: KydEpCarn, ebd. (frz. ).
IV. 1 Der devote Ton ist bemerkenswert, wenn man die scharfe indirekte Kritik an Kaiser
Manuel in den Briefen an Rhadenos vergleicht (s.o., T347, A. 9; 348, Xl). Vgl. auch oben, OE.
32
BRIEFE T349-350 2 Anspielung auf die drei Männer vornehmer Abkunft aus dem Königreich Juda, Ananias, Misael und Azarias, die nach dem Sieg des babylonischen Königs Nabuchodonosor (Nebu
kadnezar) über Jerusalem auf dessen Wunsch, zusammen mit dem Propheten Daniel, in ju gendlichem Alter
(veav(O'XOL, nicht :n;aLöe<;, wie Kyd. sie nennt) als Pagen an den Hof von
Babyion berufen wurden (ATDa 1, 3 - 7) und insofern also « Gefangene» waren. Aber erst als Erwachsene, als sie durch Vermittlung Daniels hohe Verwaltungsposten erlangt hatten (ebd. 2, 49), machten sie sich beim König mißliebig, weil sie den Götterkult ablehnten, und sollten in einem Ofen verbrannt werden (ebd. 3, 12-22); doch konnte das Feuer ihnen nichts anhaben (ebd. 3, 23-94), was den König von der Wahrheit ihres Glaubens überzeugte (ebd. 3, 95- 97) (Verszählung nach LXX). 3 W.:
ÖOVAOV. Da kein Brief von Rhadenos erhalten ist, ist diese Angabe von besonderer
Bedeutung für das Selbstverständnis des jungen Mannes. Die Vater-Sohn-Beziehung war also gleichzeitig oder vielleicht sogar noch mehr von respektvoller Distanz bestimmt. So wird es leichter verständlich, warum sich Rhadenos dem Einfluß des Kyd. immer wieder zu entziehen versuchte.
350 L: 3 64; OKyd: Konstantinopel; E : Theodoros 1. Palaiologos, Despot; O E : Mistra, Pelo ponnes; D: Ca. Herbst 1 3 87; wI: Wegen der trostlosen politischen Lage sowohl im Bereich Konstantinopels wie auch der Peloponnes verspürt Kydones wenig Lust zum Schreiben.
Für die Spärlichkeit (unserer) Briefe sind die zahlreichen unglücklichen Ereignisse, die uns belagern, / verantwortlich. Denn über unsere Lage ist nichts Gesundes zu berichten, und von der eurigen, die in ähnlicher Weise krank ist1 , können die Menschen hier keinen Trost erwarten. Da nun die Verfasser von Briefen zwangsläufig an beides denken und zugleich Betrübliches erfahren und mitteilen, wäre es am besten, wie ein zutiefst Verstörter nur wortlos und seufzend zu verharren. Da aber dies uns weder die Freundschaft noch / unsere Pflicht dir gegenüber erlaubt, haben wir dem gänzlichen Schweigen einen kleinen Gruß an dein HAUPT vorgezo gen, das Gott den Mutlosen erhalten möge, als einziges zuverlässiges Heil mittel angesichts der geringen Hoffnungen. Das (jedenfalls) bekommt Gott von uns bei Tag und bei Nacht zu hören. K
1. OKyd: «Unsere Lage» (Z. 5), sc. in Konstantinopel. fernten Ort
(:n;aQ CI. ';OOV uf,le-reQwv,
E, OE: Jemand an einem ent
Z. 5f.), den Kyd. ehrfürchtig als HAUPT anredet (Z. 10)
und dem gegenüber eine Pflicht zum Schreiben (Z. 10) besteht. Hier kommt nur der Des pot in Mistra in Frage; vgl. den zuletzt vorausgehenden Brief an ihn, Bd. m, T3 1 8 ( 1 386).
33
5
10
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR D: Loenertz datiert diesen Brief auf 1387, wohl wegen der Anspielung auf die trostlose Lage (Z. 4f. ), welche sowohl den Fall Thessalonikes wie auch die neuerliche Türkenpolitik Manu eIs voraussetzt (deshalb kann man wohl präzisieren: «Herbst» 1387); aber auch auf der Peloponnes ist die Situation nicht besser (Z. 5 -7). Kyd. selbst deutet T343, Z. 93f. an, daß Murad 1. es auch auf «Griechenland» abgesehen habe, und aus anderen Quellen (s. u., T380, D) ist bekannt, daß auch Theodoros sich in diesem oder dem folgenden Jahr dem Sultan der Osmanen unterwarf.
II. ZC: S. o., D. 1Il. Hss: A 67", Nr. fehlt (s. o., T349, Hss); U 1 12", Nr. 124. IV. 1 W.:
'tu 'tE JtuQ' T)!!LV ouoev UOLV uyli� (zu dieser Redensart: Bd. 1Il, T245, A. 3;
257, A. 1 1 .). Kyd. setzt das sprichwörtliche Bild des Gesundseins durch dessen Gegensatz (das Kranksein) fort.
351 L : 365; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel II . Palaiologos; OE: Im kleinasiatischen Herrschaftsbereich der Osmanen, wohl in Brussa; D: Herbst 1387; wI: Kydones kritisiert Manuel nun deutlich für seine Türkenpolitik und empfiehlt ihm, gemeinsam mit seinem Vater Konstantinopel gegen den Feind zu verteidigen. Eine Versöhnung zwischen Ioannes V. und seinem Sohn sei freilich nur noch durch das Eingreifen Gottes zu erhoffen. So möge Manuel Gottes Hilfe erflehen und sich den biblischen König David zum Vorbild nehmen, der trotz seiner Frömmigkeit lange Zeit als Verfolgter habe umherirren müssen, bis er die Herrschaft erlangte.
Glaube nicht, daß es wenige einzelne sind, die mit dir über dein gegen5
wärtiges / Schicksal betrübt sind. Es sind vielmehr die, welche Verstand haben und Mitleid empfinden über die erbärmliche Lage der (noch) ver bliebenen Rhomäer; sie alle beklagen deinen verfehlten Gang1 zu den Barbaren und trauern um die S TADT, die aus diesem Grund in Gefahr ist wie nie zuvor. Dies lehren sie jedenfalls die Tatsachen, die beinahe (schon selbst) schreien, und alle sagen, (die Katastrophe) könne nur verhindert werden, wenn du dich an die Seite des Kaisers stellst und zusammen mit
10
den noch verbliebenen (Truppen) die Abwehr übernimmst. / Sie verweisen dazu auf das (Beispiel) früherer (Jahre), als du selbst (bereits einmal) die STADT, die ringsum von zahlreichen Feinden bedroht war, unter vielen
Mühen aus dem Sturm gerettet has�. Jetzt aber, da ein neidischer Dämon euch voneinander getrennt hat, besteht die Gefahr, daß auch das bislang (noch) sichtbare zarte Schattenbild der Freiheit wie ein Traumgesicht ver schwinden wird. So mußte anscheinend nunmehr, damit nichts Unglaubli34
BRIEFE T350- 3 51 ches unverwirklicht bleibe, / die führende STADT des Erdkreises sich
15
schändlich unter die Sklaven reihen, und sie, die als erste den Christen die Freiheit brachte3 , jetzt - wehe mir - verfluchten Menschen dienstbar werden. Daß ihr aber (nun) endlich einmal zusammenkommt und in Übereinkunft für das, was noch verblieben ist, Verantwortung über
nehmt, ist fortan nur von Gott allein zu erhoffen. Denn was wider die
Natur ist, kann nur der heilen, der die Natur erschaffen hat. / Was wäre
20
aber auch der Natur feindlicher als ein Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn? Würde doch das, was bisher einmütige Gesinnung bezeichnete, bei euch erstmals als Symbol der Spaltung gelten! Wir rufen aber für euch Gott als Versöhner an, weil wir glauben, daß nur so den Rhomäern in ihrem Jammer noch vage Hoffnungen bleiben. Auch du solltest ihn anrufen, mit ständigen Gebeten und mit Danksa gung für das, was sich täglich ereignet, / und die Leiden, die der Gerechte
25
uns bestimmt hat, für gerecht halten, aber auch glauben, daß die jetzige
Notlage uns Vergebung unserer Verfehlungen bringt, und der seligen Männer gedenken, die, obwohl sie Gott durch viele gute Taten ehrten, dennoch zu ihrer vollkommenen Reinigung auch der äußeren Anfechtun gen bedurften. Unter ihnen hast du auch den (als Vorbild), der nach dem Willen Gottes von der Schafherde zur Königsherrschaft / gerufen4 und
30
nach jener Wahl von denen, deren Wohltäter er gewesen war, wie ein Räuber und Dieb vertrieben wurde5, ein Mensch, der von der WAHRHEIT ein Zeugnis wie keiner je vorher erhielt, denn es steht geschrieben: «In David fand ich einen Mann nach meinem Herzen6. » Ihn solltest du dir ständig ins Gedächtnis rufen; er möge dich auf dei nem jetzigen Weg in der Fremde7 trösten und durch sein Vorbild dir zu versichtliche Hoffnung auf deine Rückkehr verleihen, / die dir alle, denen
35
das allgemeine Wohl ein Anliegen ist, wünschen. Glaube aber nicht, daß ich, weil ich ein unbeschwertes Leben führe, so hochtrabend daherrede und dir dies vortrage, um dich von oben herab zurechtzuweisen. Nein, auch ich bin einer von denen, die von allen Seiten her getroffen werden, und ich meine damit nicht nur die Sorge um dich - obwohl mich alles, was ich darüber höre, wie ein Pfeil in der Seele verwundet - , nicht nur den allgemeinen Schiffbruch, der alle kentern ließ, sondern auch die gro ßen Schwierigkeiten, die mir / die eigenen (Mitbürger) täglich bereiten.
Aus ihnen gibt es nur ein Entkommen: die Flucht8 . Das möchte ich dir aber nicht noch zusätzlich antun, damit nicht auch von uns dein Schmerz 35
40
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
noch verschlimmert werde. Ich weiß ja, daß auch dir meine Lage nicht gleichgültig ist. K
1. E: Aus den Anspielungen auf das Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn (Z. 8 - 23; s.o., T343, X4, X5) läßt sich zweifelsfrei erschließen, daß Manuel Palaiologos der Empfänger des Briefes ist.
OE: Manuel befindet sich auf einer ltAaVI'J (siehe A. 1, A. 7) bei den «Barbaren »
(Z. 6f.; vgl. auch Z. 3 3 ), also bei Murad 1., vermutlich noch in Brussa (s.o., T349, OE).
D:
Einige Zeit nach dem vorausgehenden Brief an Manuel (T349), aber wohl auch noch im Herbst des Jahres.
TI. BKyd, BE: Kyd. befürchtet, daß Manuel mit seiner Unterwerfungspolitik Konstantino
pel bereits der Versklavung durch die Türken ausgeliefert hat (Z. 1 5 - 1 7; zu beachten ist, daß Kyd. hier die Vergangenheit eOEL verwendet). Nur die Aussöhung mit seinem Vater könne noch Hilfe bringen (Z. 12- 14. 17-23). Manuel solle nur noch dem Gebet vertrauen und sich den frommen König David zum Vorbild nehmen (Z. 23-35). Kyd. betont, wie stark ihn
alles, was Manuel betrifft, berührt (Z. 38f.). Er klagt aber auch über seine persönliche Situa tion in Konstantinopel; seine eigene Umgebung mache
ihm das Leben schwer, so daß er als
einzigen Ausweg nur die Flucht aus Konstantinopel sehe (Z. 39-41).
Xl:
«Der Kaiser»
(Z. 8 ), der Vater Manuels (Z. 20), Ioannes v., mit dem sich nach Meinung «aller» Manuel versöhnen und gegen die Türken verbünden solle, um Konstantinopel zu retten (Z. 8 10).
ZG: S. o., BKyd; Xl.
III . Hss: A 67"- 68v, Nr. fehlt (s. o., T349, Hss); U 1 12v-1 14', Nr. 125. IV. 1 W.:
rltv . . . ltAaVI'Jv. Die übersetzung versucht die kritische Färbung des Wortes
an
dieser Stelle herauszuarbeiten. 2 Loenertz (Edition, Anmerkung zur Stelle) gibt an, daß Kyd. hier auf einen Einsatz Ma nuels in den Jahren 1379-82 anspiele, als jener zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Theodoros der Haft im Anemasturm zu Konstantinopel entkommen war, wo Andro nikos IV. sie drei Jahre lang gefangen gehalten hatte (BarkMan 32f.). Von den Passagen aus vier Briefen des Kyd., die Loenertz hier anführt, ist L220, Z. 1 1 - 1 6 die wichtigste. Siehe
TI, T213,
Bd.
ZG. Die zitierte Stelle deutet an, daß Manuel von Sommer 1 3 79 bis Frühjahr
1 3 8 1 maßgeblich an der Verteidigung Konstantinopels gegen seinen Bruder Andronikos und die mit ihm verbündeten Genuesen beteiligt war, worüber konkret nur westliche Quellen berichten (vgl. DenReign 4lf., 48; auch BarkMan 35, A. 92, der aber die Anspielung des Kyd. nicht erwähnt). Noch vager sind die übrigen von Loenertz zitierten Passagen: L214 (T201), 5f. (vor 1 3 82), L203 ( = T233), 6-9 ( 1 3 82), L243
(
=
T234), 5 - 10 ( 1382). Jedenfalls
befand sich Manuel damals noch im Einvernehmen mit seinem Vater, das sich Kyd. auch für die Zukunft wieder erhofft. 3 Kyd. spielt hier wohl auf die Wende in der Situation der Christen an, die Kaiser Konstantin der Große, der Gründer Konstantinopels, herbeiführte. 4 David; vgl. ATl Kg (LXX) 16, 1 1 - 13 ; Ps 77 (LXX), 70. 5 Anspielung auf die Verfolgung Davids durch Saul, ATl Kg (LXX), 1 9 -24. 6 Das Zitat ist kombiniert aus ATI Kg (LXX) 13, 14 (<<ein Mensch nach seinem Herzen» ) und ATPs 88 (LXX), 21 (ich fand David, meinen Knecht). 7 w.:
ltAUVI'J.
Die übersetzung versucht auszudrücken, daß das Wort «Irrfahrt» hier im
Gegensatz zu der in A. 1 erläuterten Stelle keinen Vorwurf impliziert.
36
BRIEFE T35 1 - 352 8 Im Griechischen Wortspiel ( << distinctio», steigernd-semantische Unterscheidung zwi schen der normalen und der emphatischen Verwendung eines Wortes):
iliv ILCav 6Qw
't'i)v
352 L: 367; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel ll. Palaiologos; OE: Im klein asiatischen Hertschaftsbereich der Osmanen, wohl in Brussa; D: Herbst 1387; wl: Kydones hält eine Entschuldigung des Kaisers für unterlassenes Schreiben für überflüssig, weil er sich seiner Zuneigung sicher sei und es auch unpassend wäre, von einem Kaiser auf jeden Brief eine Antwort zu erwarten. Der Briefbote habe bestätigt, daß Manuel nun dem Sultan der Türken diene. Dies sei, vor allem aus der Sicht des christlichen Glaubens, als eine Katastrophe zu beurteilen. Auch auf Versöhnung mit seinem Vater könne Manuel nicht hoffen. Nur im Ver trauen auf Gott sei Hilfe zu finden.
Du scheinst mich für ganz ungezogen zu halten, wenn du meinst, eine Entschuldigung / für unterlassenes Schreiben vorbringen zu müssen. Ich
5
freue mich zwar, wenn du mir schreibst, und mir sind deine Briefe will
kommener als jeder Gewinn. Wenn ich aber von dir keine Antwort be
komme, gebe ich mich mit der Überzeugung zufrieden, daß du mir gewo gen bist. Da dies für mich seit langer Zeit feststeht, wäre es sehr an spruchsvoll, auch noch eine briefliche Bestätigung (dafür) zu suchen. Wen würde zudem der Rang eines Kaisers nicht davon abschrecken, Gleiches für Gleiches zu fordern, zumal es sogar bei Menschen gleichen Ranges /
10
als offensichtliche Taktlosigkeit empfunden würde? Wenn ihr (Kaiser) also schreibt, haben wir dies als Ehrung entgegenzunehmen; schweigt ihr aber, (dann) haben wir uns der überlegenen Stellung der Herrscher zu fügen und nicht eine gleiche Gegengabe zu fordern. Denn euch gegenüber stehen wir in der Schuld; was aber ihr uns anbietet, ist eurer Gunst zuzu schreiben. Wie wir also darüber denken, haben wir dir hiermit gesagt. Der Bote Katrares aber fügte meiner schon vielfältig / angestauten Betrübnis auch 15 (noch) die Nachricht über deine Situation hinzu und hat mich (dadurch) so getroffen, daß mir bereits der Tod willkommen erscheint, weil er (uns) vor solchen (Schreckens)meldungen bewahrt, die geeignet wären, sogar Diamant zu erweichen, so unerträglich ist dieser Schlag, wenn man deine Person, Abkunft, Erziehung, dein Ethos und deine Würde bedenkt. Am bedrückendsten von allem ist aber, daß der, welcher früher von allen be37
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR 20
dient wurde, nun gezwungen ist, / Nichtswürdigen zu dienen, alles nach ihrem Gutdünken zu tun und auch noch zuzulassen, daß die Seele durch den Umgang mit ihnen beschmutzt wird und Tag für Tag mit dem Gewis sen im Streit liegtl . Das verletzt um so mehr meine Seele, weil die Verhält nisse, die dich von Anfang an umgaben, nun in ihr Gegenteil verkehrt sind. Es kommt aber noch hinzu, daß du nicht einmal deine Vertrauten zufriedenstelIen kannst, sondern gezwungen bist, sie zugleich zu ertragen
25 und zu lieben, wobei das eine die / Gemeinschaft im Leiden, das andere ihr Kleinmut angesichts ihrer Situation bewirkr2. So ergeht es dir ähnlich wie einem, der von Meereswellen umflutet ist und den ruhigeren Hafen nicht erreichen kann. Die Pfeile aber, die von hier aus und (zwar) von deinen Verwandten 3 abgeschossen werden, mußt du mit Schweigen übergehen, weil du dich
für die Schützen schämst. Es ist (ja) auch schwierig, sich gegen sie abzusi chern, zumal die, welche sie entsenden, einen Anspruch auf Verehrung 30
haben, / so daß man nicht wagt, sich gegen sie zu wehren4• So umgibt dich von allen Seiten ein heftiger Wogenschwall, jene sprichwörtliche «Ilias des Jammers »5. Gegen diese kann man von Menschen keinen Trost erhoffen; man kann nur den königlichen Propheten6 zitieren und seine Worte in einer ähnlichen Situation anhören, die Gott durch ihn den Tief-
35
betrübten zum Trost gesandt hat: « Warum bist du traurig, / meine Seele, warum beunruhigst du mich ? » Darauf folgt als Zuspruch und heilende Behandlung der Wunde:
« Hoffe auf Gott7. »
Wahrhaftig, nur dies
brauchst du in deiner gegenwärtigen Lage, und man kann darauf ver trauen, daß seiner Macht alles unterworfen ist. Er hat schon (Menschen) aus viel schlimmeren Situationen errettet, die ihn von Herzen anriefen, und sie nicht nur von Unglück befreit, sondern sogar durch große Ge40 schenke ihren früheren Schmerz getilgt. / So halte dich also aufrecht und glaube, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten ein guter Beschützer über dich kommen läßt. Denn wahrhaftig gibt es in widrigen Situationen kein so wirksames Heilmittel wie die Überzeugung, daß Gott das Geschehen bestimmt, um entweder von früheren Makeln zu reinigen oder um den Leidenden für die Zukunft eine Sicherheit zu geben und künftiges Übel aufzuhalten, wie es seinen zutiefst weisen Urteilen entspricht. Nach den 45
Gründen solchen Geschehens sollte man nicht suchen, da sie / den Men schen ganz und gar unzugänglich sind. Es bleibt uns nur wie Kranken, die Anordnungen eines weisen Arztes zu befolgen und keine neugierigen 38
BRIEF T352
Fragen zu stellen. Wenn auch du dich diesem (Rat) fügst, wird dir jetzt der Trost nicht fehlen, nach einer kurzen Weile aber wirst du die zugleich wohlschmeckenden und reichlichen Früchte deiner Standhaftigkeit ern ten. Denn gepriesen sei Gott, der uns nicht über unsere Kraft versucht werden läßt, sondern mit der Versuchung / auch den guten Ausgang gibt8, 50 der seiner Menschenfreundlichkeit entspricht. Verstehe dies nicht als Be lehrung von einem, den man ohnehin gering achtet9, sondern nur als (Zeichen der) Treue eines Dieners und verzeih (mir) die, wie ein anderer sagen würde, unpassend offene Sprache10• K I. OKyd: «Von hier aus» (naQ' �!!wv), Z. 27f., sc. aus KonstantinopeL E: Ein Kaiser (Z. 8), sc. Manuel, in derselben Situation wie sie T350 und 351 voraussetzen. OE: Ergibt sich aus der Anspielung Z. 1 9 -22, in Kombination mit den Angaben der vorausgehenden Briefe T349 und 351. D: Da Manuels sich nun bereits einige Zeit bei Murad aufhält (Z. 19 -22), ist dieser Brief chronologisch sicher der letzte der Reihe; .doch ist eine Datierung noch auf Herbst 1387 sehr wahrscheinlich, da dieser Aufenthalt des Kaisers in Kleinasien kaum sehr lange dauene. II. BKyd: S. u., A. 1 . Xl: Katrares (Z. 14), Briefbote, nur hier erwähnt (PLP 1 1541 ) . X2: Einer, der von Konstantinopel aus Pfeile auf Manuel abschießt (Z. 27f., dazu A . 3, 4), Manuels Vater Ioannes V. Dazu vor allem T343, X4.
III . Hss: A 69", NI. fehlt (s. o., T349, Hss); U 1 14v- 1 1 6r, Nr. 127. IV. 1 Mehr und mehr hält Kyd. nun auch Manuel persönlich das vor, was er zuvor nur Rhadenos zu schreiben wagte. Der Höhepunkt seiner Argumentation ist auch hier der Ge danke, daß der Aufenthalt bei Vertretern des Islam als einer verabscheuenswenen Religion der Seele schade und Gott mißfalle (vgL T346, Z. 1 0 - 13; 347, Z. 49 -51; 348, Z. 1 8f.) . Allerdings entschuldigt sich Kyd. a m Briefende für seine belehrenden Worte ( Z . 51f.). 2 Wahrscheinlich ist « ertragen» (q,EQELV) auf den Kleinmut, «lieben» (q,tAELV) auf das geteilte Leid zu beziehen. 3 Hier und im folgenden ist im verschleiernden Plural von Ioannes V. die Rede; s. o., X2. 4 Zum grammatischen Verständnis der Passage: Während der Akkusativ 'toiJ� nE�oV'ta� von nQoox'UvELV abhängig ist, gehön 'to",!!wV'ta� zu der Verbindung av6:yxTJ + Infinitiv. 5 W.: xaxwv nLa�. Gemäß LSc, s. n. 'I"-L
39
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR Plutarch-Edition von Henri Estienne/Stephanus, Genf 1572) einen Ausspruch des Herrschers Hieron L von Syrakus/Sizilien, niemand von denen, die offen zu ihm geredet hätten (!!TJöEva -cwv ltaQQTJ(JLa�6v,;oov 1tQo� av-c6v ), sei ungelegen gewesen ( äxa LQov eIvm). Siehe Plutarque, CEuvres Morales, t. ill. Texte etabli et traduit par
F. Fuhrmann, Paris 1988, 34 ('ItQoov,
§ 1).
Das Werk wurde von G . Xylander ( 16. ]h . ) bis ins 20. Jh. hinein Plutarch ab- und einem anonymen Autor zugesprochen. Doch verteidigt Fuhrmann in seiner Einleitung (Notice) zur Edition (S. 3 -22, hier 4- 10) entschieden seine Echtheit, so daß es bis auf weiteres als genui ner Bestandteil der «Moralia» und nicht als « Pseudo-» Plutarch (wie bei Stephanus) zitiert werden sollte.
353 L : 370; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel ll . Palaiologos; OE: Konstantinopel;
D: Herbst 1 3 87; wI: Kydones hat erfahren, daß Manuel in Konstantinopel bei seinem Vater Ioannes V. angekommen ist. Er selbst hat ein Treffen mit ihm bislang vermieden, um ihm wegen der Geringschätzung seiner Person am Kaiserhof die Versöhnung nicht zu erschweren, hofft aber bald von ihm empfangen zu werden.
Du sollst wissen, daß ich wie früher so auch jetzt noch dich ehre und 5 liebe,
I ja sogar beides wegen (deiner) Abwesenheit mehr als je zuvor. Es
war aber auch ein (Beweis) der Freundschaft, daß ich, als ich von deiner Rückkehr hörte, nicht sofort zu dir zu eilte. Ich fürchtete nämlich, es könne dir von seiten derer, die es nicht gern sehen, wenn ich mit dir rede, Unannehmlichkeiten einbringen. So warte ich einstweilen, indem ich meine Sehnsucht und mich selbst bezwinge, und freue mich auf das Gespräch und das Wiedersehen mit dir, die ich mir in Kürze erhoffe. Wenn uns dies von Gott und dem Kaiser gewährt wird, werden wir I 10 schneller als ein Pfeil fliegen und das göttliche HAUPT in gebührender
Weise begrüßen. So wird unsere große Betrübnis ein Ende haben, und wir werden Freuden erleben wie Menschen, denen plötzlicher Reichtum zuteil wurde. K
L OKyd, OE: Am gleichen Ort wie der zurückgekehrte Manuel (siehe E).
E: Ein Kaiser
( <
D: Obwohl die früher angenom
mene genauere Datierung der Rückkehr Manuels nach Konstantinopel nun hinfällig ist (vgl. T349, D), ist diese kaum später als Spätherbst 1387 anzusetzen, weil sonst die geringe Zahl der Briefe, die Kyd. dem Kaiser nach Brussa schrieb, kaum erklärbar wäre. Der vorliegende
40
BRIEFE T352-354 Brief ist der erste in einer Abfolge von 27 Briefen, denen der 1 972 erschienenene Aufsatz LoenLemn gewidmet ist. Die ersten fünf von diesen beziehen sich auf Manuels Aufenthalt in Konstantinopel vor dem Lemnos-Aufenthalt (L370, 368, 372, 373, 3 8 1 ) , L374 setzt seine Abreise nach Lemnos voraus, die folgenden sind an Manuel auf Lemnos gerichtet, L410 ist nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt geschrieben. Bis zum Brief L382
(
=
T361 ) behält
Loenertz in LoenLemn die in LC II 494f., Chronotaxis, Liste XVI und XVII vorgeschlagene chronologische Reihenfolge bei; danach werden erhebliche Änderungen der angenommenen chronologischen Abfolge vorgeschlagen. Auf diese wird im folgenden ab T362 jeweils Bezug genommen. ll. BKyd, BE, ZG: Sowohl im Leben des Kyd. (der sich nach wie vor nicht der Gunst Ioannes' V. erfreut, Z.
M.) wie auch im Leben Manuels ist dessen erste (nicht endgültige, wie
ich in Bd. IIl, 202 mit A. 53 irrig annahm) Rückkehr nach Konstantinopel als vorläufige Wende anzusehen, die allerdings nicht hält, was sie verspricht. Die vorausgehende Versöh nung Manuels mit Murad 1. wird ausführlich geschildert bei Clialk 1 42, Z. 23 -43 (dann ist Z. 17 zu lesen). Gemäß Chalk I 43, Z. 1 8 -44 ( dann Z. 1) «verzieh» Murad seinem einst so erbitterten Gegner seine « Verfehlung» und « befahl» Ioannes V., seinen Sohn wieder aufzu nehmen, was dieser auch alsbald verwirklichte. Die Chronologie des Chalkokondyles für diesen Zeitabschnitt ist allerdings verworren. Vgl. auch BarkMan 64.
Xl : Ein Kaiser, von
dem sich Kyd. die Erlaubnis zu einer Begegnung mit Manuel erhofft (Z. 9), obwohl dieser eine solche wahrscheinlich nicht wünscht (Z. 6f.), Ioannes V. Ep: Eine vorausgehende briefli che Mitteilung Manuels an Kyd., daß seine Ankunft zu erwarten oder bereits erfolgt sei, ist nicht anzunehmen, weil Kyd. sich nur darauf beruft, davon «gehört» zu haben (Z. 6).
ill . Hss: A 70', Nr. 2; U 1 1 6"- 1 17', Nr. 129. Resümee: LoenLemn 1 1 9, Nr. 1 .
354 L: 3 6 8 ; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel ll. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Herbst 1 3 87; wI: Kydones bedauert, daß ihm Ioannes V. noch kein Wiedersehen mit Manuel gewährt hat, und gibt seinen Widersachern am Kaiserhof, die ihn ständig beobachten und verleumden, die Schuld dafür.
Wir glaubten, die Rückkehr werde für dich das Ende deines weiten
Weges in der Fremde bedeuten, / uns aber den Ersehnten zeigen und die
5
früheren Freuden zurückbringen1. Nun ist sie schneller Wirklichkeit ge worden (als erwartet); du bist froh mit dem frohen Kaiser vereint und genießt2 das Gute, das er dir zu bieten hat, während er selbst sich freut, seinen Sohn und Thronerben bei sich zu haben. Nur uns bleibt noch die Betrübnis, die sich sogar noch täglich verschlimmert. Denn man empfin det nicht denselben Schmerz, wenn man sich / fern von den ersehnten 1 0 Freuden aufhält oder wenn man aus der Nähe von ihrem Genuß ausge41
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
schlossen wird. Dies müssen auch wir jetzt erfahren, und es vergrößert unsere Traurigkeit, daß wir den Ersehnten zwar sehen und beinahe berüh ren können, es uns aber streng versagt bleibt, ihn zu hören und persönlich mit ihm zu sprechen. Denn ich sehe, wie die Späher uns wie wilde Tiere umkreisen3 , wie sie bemüht sind, was gesagt wird oder geschieht, zu er haschen und eine solche unbedeutende (Beobachtung) in eine Flamme zu 15
verwandeln, die höher schlägt als / jene, die in Babyion den drei Knaben entzündet wurde4 . Vor ihnen muß man sich nicht weniger als vor Schlan gen hüten, wenn man hier auch nur ein wenig überleben möchte. Die Gebete aber, die Gott früher von uns zu hören bekam, daß er deine Rück kehr gewähre, hört er jetzt, damit er (uns) auch das übrige gewähre. Ge wiß wird der, welcher das Frühere gab, auch dies seinen Betern nicht neiden, sondern die Intriganten, die uns Fallen stellenS, verabscheuen /
20 und dir in jeder Hinsicht Frieden schenken, uns aber als Lohn für die
um deinetwillen erlittenen Feindseligkeiten die Erlaubnis bescheren, dich wiederzusehen. K I. OKyd: An demselben Ort wie Manuel und sein Vater (Z. 1 1 f.).
E, OE: Der designierte
Thronerbe, der bei seinem Vater weilt (Z. 6 - 8 ). Vgl. dazu auch LoenLemn 120, A. 1.
D:
Kurze Zeit nach T353. ll. BKyd, BE: Während Manuel sich mit seinem kaiserlichen Vater ausgesöhnt hat, befin det sich Kyd. nach wie vor am Hof in Ungnade, so daß ihm ein Wiedersehen mit Manuel bisher versagt blieb (Z. 8 - 12). Zudem wird Kyd. von kaiserlichen Spähern beobachtet (Z. 12- 16). So bleibt ihm nur die Hoffnung auf Erhörung seiner Gebete (Z. 17-21).
Xl:
Ein Kaiser, der sich freut, seinen Sohn bei sich zu haben (Z. 6 - 8 ), Ioannes V. ill . Hss: A 70v, Nr. 3; U 1 17rV, Nr. 130. Siehe auch unten, A. 1 . Resümee: LoenLemn 1 19f., Nr. 2. IV. 1 Die Originalfassung des vorliegenden Briefes, die nur in Hs A, f. 69v, am Rand
(ohne Nr. ) eingetragen ist, hat Loenertz als Nr. 368" ediert. Wegen der geringfügigen Abwei chungen der auf f. 70V stehenden, hier übersetzten Endfassung dieses Entwurfes werden unter Verzicht auf eine gesonderte übersetzung des Entwurfs die wenigen inhaltlichen Varianten in den Fußnoten angezeigt. Im ersten Satz steht in der Erstfassung nach «und» : « nach der vielen Betrübnis» (f,Leta ri)v ltOAAflV xa'ti)cj>ELav). 2 W.: cmoAavOlv. Die Erstfassung hatte hier statt des Partizips das Hauptverbum Cmo Aavw;, wie der Film der Hs A zeigt (nicht cmOAaVEL, wie die Edition irrig angibt). 3 «Uns wie wilde Tiere umkreisen» ist Zusatz der Endfassung. 4 Zur biblischen Geschichte von den drei babylonischen Jünglingen s. o. T349, A. 2. Der Vergleich mit der Flamme im babylonischen Feuerofen ist Zusatz der Endfassung. 5 W: oxavöoAOlv LExvLLa<;. Hier ist zweifellos oxovöaAov in seiner Grundbedeutung « trap or snare laid for an enemy» (LSc, s. v.) zu verstehen.
42
BRIEFE T354 - 355
355
-
An den Kaiser Kyr Manuel
L: 372; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Herbst 1387; wI: Manuel hält sich noch am gleichen Ort wie Kydones auf, aber zu einer persönlichen Begegnung beider ist es wegen der Intrigen einiger Neider am Hof nach wie vor nicht gekommen, was Kydones sehr bedauert; noch mehr aber betrübt
ihn
die Befürchtung,
Manuel werde bald auf die Insel Lemnos verbannt.
Was sollen wir dazu sagen? Wir haben nun den Ersehnten zum Greifen nahe, wie man sagtl, sind aber von seinem Aufenthaltsort / getrennt, und
5
so wurde uns die Erfüllung unseres Wunsches zum Unglück. Denn stärker als die Freude über das Sehen ist die Betrübnis über das Schweigen. Es genügt ja nicht, ihn von ferne zu sehen, aber nicht mit ihnt reden zu können, wonach wir uns natürlich auch gesehnt hapen. Dies also, aber noch mehr der Anblick schmerzt, der wenig zeigt, vom Honig (nur) ko sten läßt, zum persönlichen Gespräch aber, das süßer wäre, nicht hin führt. So erging / es uns ähnlich wie denen, die eine Statue zwar sehen, 1 0 dann aber, ohne etwas zu hören oder zu sagen, an ihr vorübergehen. Allerdings steht es ihnen frei, sich zu entfernen, ohne betrübt zu sein, sie gesehen zu haben. Wenn sie sich nämlich am Ebenmaß, der kunstvollen Gestaltung und der Schönheit der Statue gefreut haben, kann deren Schweigen sie nicht stören; waren sie doch von vorneherein nicht mit der Absicht gekommen, etwas von ihr zu hören. / Jeder weiß ja, daß die 15 Natur den leblosen Dingen keine Stimme verliehen hat. Du aber könntest viele, selbst wenn du in Schweigen verharrtest, in Entzücken versetzen2• Denn die Schönheit der Seele, die durch den Körper leuchtet, zwingt die Zuschauer zum Staunen, das Sichtbare bleibt hinter den inneren Kostbar keiten weit zurück, und schöner und größer als äußere Anmut sind die Schätze der Seele. Da wir von ihnen gekostet haben, seufzen wir, solange es nicht freisteht, deinen Geist / auch im Gespräch zu genießen, aber wir 20 werden von denen gehinden3 , die keinen anderen Weg zum Ruhm kennen als den Verzicht auf Bildung4 • Selbst wenn man Gewalt anwendete, wür den sie es verhindern, zu dir zu gelangen, es sei denn, jemand hätte den Ehrgeiz, sich mit dem Zugang zu dir (zugleich) eine Schlinge zu wün schen. So ist jetzt nichts groß genug, um den (vielen) Neid zu fassen, von dem die Schlechtesten sich bei ihrem Tun leiten lassen5, vor dem aber auch die Besten sich nicht schützen können. Dieser hat der Sache der 43
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR 25 Rhomäer von jeher geschadet, nun aber hat er alles vernichtet / und ist
in ihr Wesen eingedrungen; er zeigt das ehrgeizige Bestreben, dieses durch Menschen, die erfüllt von ihm sind6, zu spalten, um auf diese Weise dem Ganzen ein unseliges Ende zu bereiten. Aber es gilt, gegen diese Seuche Gott als Arzt anzurufen. In der jetzigen Lage soll man allein seiner Heilkunst vertrauen, daß sie uns entweder den alten Zustand zurückbringe oder wenigstens das j etzige Verderben aufhalte und nicht das geschehen lasse, was alle befürchten7. So läßt mich 30 j edenfalls auch (die Insel) Lemnos nicht ruhen, / weil sie uns des Liebsten
berauben will, dir aber nicht erlaubt, deinem Wesen gemäß zu leben; sie verurteilt vielmehr dich, einen so bedeutenden Mann, in Untätigkeit (zu leben und) dich mit Kindereien zu beschäftigen. So fürchte ich, daß man dem, was man über die Insel singt, nun ein neues lemnisches übelS hinzu fügt. Aber was dir dort auch geschehen mag, du mußt versuchen, Gott dafür dankbar zu sein, und es als notwendig ertragen; dann kann man 35 erwarten, daß er dir zum / Lohn für deine Ehrfurcht vor dem Vater eine
ruhmvolle Rückkehr gewährt. Möge er aber auch uns von dem Schmerz um das Vergangene befreien, damit wir, wo wir (dann) auch immer sein mögen, uns freuen können, wenn wir hören, daß alle Gebete für dich Erfüllung gefunden haben. K I. OKyd, E, OE: Die Situation entspricht der von T354.
D: Der vorliegende Brief ist
einige Zeit nach T354 zu datieren, weil dort noch nicht, hier aber nun von der anstehenden Verbannung Manuels nach Lernnos die Rede ist (Z. 29-33). Vgl. BarkMan 65, A. 177.
II. BKyd: Wie in T354 beklagt sich Kyd. wieder, daß er Manuel trotz seiner Anwesenheit in Konstantinopel nicht sehen kann, wobei er noch stärker als dort betont, daß es vor allem Neider am Hof sind, die seinen Zugang zu ihm verhindern (Z. 4-26).
Xl: Kyd.
empfiehlt
Manuel Ehrfurcht vor seinem Vater (Z. 34f.), sc. Ioannes V.
III . Hss: A 7P- 72', Nr. 5 (die Nummer wurde in der Edition vergessen; der Einblick in den Film der Hs zeigt deutlich die Zahlbezeichnung e'); U 1 19'- 120', Nr. 132; B 295rv, Nr. i 73; P 425rv, Nr. 42; U1 173", Nr. 24. In der überlieferung finden sich, wie der Apparat zeigt, zahlreiche Varianten, die aber alle inhaltlich geringfügig sind. Nr. 32.
ab: KydEpCam,
ebd. (frz.).
Resümee: LoenLernn 120.
Ed: KydEpCam,
ZG: Zur Anspielung auf
interne Streitigkeiten in Byzanz s. u., A. 5. Iv. 1 Beispiele
für
die hier intendierte metaphorische Verwendung von ev XEQo'(V €XELV
bei LSc, s. v. xeCQ, II 6, f. 2 Kyd. hatte zunächst sagen wollen, daß das « Schweigen» eines Menschen mit dem Schweigen einer Statue nicht zu vergleichen sei, weil nur das erstgenannte Schweigen Betrüb nis erzeugen könne, während man von der Statue nichts anderes erwarte. Doch dann kommt ihm der Gedanke, daß sogar der Anblick Manuels, wenn er schweige, Entzücken bereite,
44
BRIEFE T355-356 weil sein Äußeres seine schöne Seele durchscheinen lasse. Er kommt aber am Schluß der Gedankenreihe (Z. 19f.) zur ursprünglich intendierten Aussage zurück, indem er bemerkt, er vermisse dennoch oder gerade wegen der Schönheit seiner Seele das Gespräch mit dem Kaiser. 3 W.: ELQyw1LE9a. Wie der Einblick in den Film von Hs A zeigt, steht hier tatsächlich der Konjunktiv, doch dürfte das Omega (statt Omikron) ein lapsus calami des Kyd. sein. 4 W: tTjv WtmöE'Uoiav. Diese Bemerkung darf man als Oxymoron bezeichnen, denn nor malerweise erforderte auch eine Hofkarriere eine gewisse Bildung; der Verzicht auf Bildung kann also kein bewußt begangener «Weg» zum Erfolg sein. Der sich anschließende Gedanke, jemand könne den «Ehrgeiz» haben, sich eine würgende Schlinge zu wiinschen, ist ein weite res Oxymoron. 5 W.: öv aoxoiiOt ILEv ot :n;oVll Q6"ta"tOL. Loenertz führt zum Gedanken des zerstörerischen Neides eine Parallele aus dem zeitgenössischen Belisarlied nach der Edition von W. Wagner an, jetzt zu zitieren nach E. Follieri, n poema bizantino di Belisario, in: La poesia epica e la sua formazione, Atti dei convegno internazionale, 1969, Roma 1970, 583-651, Textedition mit ital. übers. 620 -651, hier Vers 55 -59, die ich in deutscher übersetzung wiedergebe: « 0 Neid, Zerstörer von befestigten Städten, Feind der Rhomania! Städte, Festungen, gläubige, kluge und tapfere Männer und Heerführer der Rhomäer gehen zugrunde durch den Neid; (um seinetwillen) zerstören sie mächtige Festungen und entvölkern Städte.» Gemäß Follieri, ebd. 592 durchzieht das Motiv des Neides das ganze Belisarlied, das in seiner endgültigen Fassung im späten 14. Jh., also in zeitlicher Nähe zum vorliegenden Brief, in Konstantinopel entstanden sein dürfte (Follieri, ebd. 613). Vgl. auch LoenLemn 120, A. 2. 6 W.: ÖLCr. "twv av"toii (sc. cp96vo'U) YEIL6V"toov. 7 Gemeint ist das Ende des byzantinischen Reiches. 8 Gemäß Paroem 1 1 1 0, Nr. 91 wurde die Wendung « lemnisches übel» (AijlLvLOV xax6v)
sprichwörtlich gebraucht. Für ihre Herkunft werden drei völlig unterschiedliche Erklärungen angeführt, aber nur die mittlere, die auf einem Bericht bei Hdt VI 138 beruht, stützt sich auf eine plausible Begründung: Die Pelasger, von den Athenern aus Attika vertrieben, hätten u. a. auf der Insel Lemnos Zuflucht gefunden. Um sich an den Athenern zu rächen, hätten eines Tages Pelasger von Lemnos zahlreiche Athenerinnen, die gerade ein Fest begingen, geraubt, nach Lemnos entführt und zu ihren Nebenfrauen gemacht. Deren Kinder aber, die von ihnen Sprache und Bräuche der Athener lernten, hätten sich, erwachsen geworden, den Pelasgern als überlegen erwiesen und sie zu beherrschen versucht. Darauf hätten die Pelasger sie samt ihren Müttern getötet. Wegen dieser Tat, aber auch wegen eines früheren Vergehens, der Ermordung lemnischer Männer durch ihre eigenen Frauen, bezeichne man in Griechenland Verbrechen aller Art als «lemnische Taten» (EQya AijlLvLa). Vgl. auch Suda A 45 1 .
356
-
An den Kaiser Kyr Manuel
L: 373; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Herbst 1387; wI: Endlich ist Kydones eine persönliche Begegnung mit Kaiser Manuel gelungen. Zwar bedauert er, daß sie nur kurz war, wertet es aber auch positiv, als Zeichen der Versöhnung zwischen Vater und Sohn, daß Manuel das Treffen abkürzte, um bald wieder zu seinem Vater Ioannes V. zurückzukehren.
45
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Viel Gutes wünsche ich denen, die den Wolf ankündigten, aber auch 5 dem, der den Befehl gab,
I seiner Spur zu folgen, ihn gemäß kaiserlichem
Auftrag zu fangen - hätte Platon gesagtl - und dem Kaiser den Fang durch Auslieferung anzuzeigen. Denn gewiß hat jenes Umherirren und Umherziehen euch keinen Nutzen, sondern nur vergebliche Plage einge bracht, mich aber ließ es zum erfolgreichen Jäger2 werden, der keines der wilden Tiere erjagte, wie sie das Gebirge in großer Zahl ernährt, sondern 10 eines der zahmsten,
I ich möchte aber hinzufügen, auch eines der weise
sten und eines von der Art, wie der, welcher es erbeutete, ein ähnliches nur schwer antreffen kann. Ein anderer aber, der die Jagdbeute noch hö her einschätzt, würde sagen, daß dieses Tier unter den Menschen das sei, was man unter den anderen Geschöpfen den Löwen3 nenne. Es vergrö ßerte aber mein Glück, daß ich mich nicht nur daran freute, 0 Kaiser, in dein Antlitz zu blicken, sondern daß ich auch Worte zu kosten bekam, nach denen ich seit langem gedürstet hatte und die ich beinahe schon I 15 nicht mehr gehofft hätte zu genießen. Hörte ich doch jetzt unversehens
und nach langer Zeit die mir (so) liebe Stimme, die mir (noch) viel süßer erschien als die eines Nestor\ und nur das betrübte mich, daß die Zeit mir diese (Freude) verkürzte und du nicht verweilen durftest, sondern allzuschnell zurückkehren mußtest, um, wie du selbst sagtest, ihm zur Freude beim Kaiser zu sein, aber dich auch selbst zu freuen, weil der Haß 20 (den Banden) der Natur gewichen war
I und Gott diese über j enen hatte
siegen lassen. Nicht also nur in Träumen, sondern auch in Wirklichkeit ist der Wolf etwas Schönes und Edles, der mir sein lange ersehntes Wort gewährte, nicht nur das gesprochene allein, sondern eines, das ein Redner auch aus der Ferne verwenden würde, wenn etwas zu sagen wäre, ich meine die attische Redeweise, welche die Zuhörer auch in Briefen ent25 zücken kann. Denn hierin könntest du sogar mit vielen
I wetteifern, die
sich allein auf diese spezialisiert haben. So ist für uns die Seele des Kaisers in jeder Hinsicht fruchtbar und eine freigebige Spenderin alles Notwendi gen. Diesen Reichtum bewahre und mehre dir Gott, der uns dies wirk same Heilmittel gegen unser Unglück bewahrt hat. Verleihe er doch einst auch uns, diese Arznei anzuwenden, von unserer Krankheit befreit zu werden und unser früheres (Ansehen) glücklich wiederzuerlangen! K 1. OKyd, OE: Die Versöhnung zwischen Manuel und seinem Vater (s. u., Xl) wie auch das Wiedersehen des Kyd. mit Manuel (Z. 13f.) fand am Aufenthaltsort des kaiserlichen
46
BRIEFE T356-357
Vaters (Z. 6), also in Konstantinopel statt. D: Einige Zeit nach Brief T355, aus dem zu entnehmen ist, daß ein Gespräch mit Kaiser Manuel Kyd. noch nicht gestattet worden war (s. u., BKyd). II. BKyd: Kyd. ist glücklich, daß nun endlich ein Gespräch mit Kaiser Manuel stattfinden konnte, wenn es auch nur kurz war (Z. 1 3 - 19). Er träumt davon, daß Manuel, wenn er einst regierender Kaiser geworden sei, das Reich wieder zu seinem frühere Ansehen führen werde (Z. 28 f. ) . Xl: Ein Kaiser, der sich mit seinem Sohn versöhnt hat, Ioannes V. (Z. 1 8 -20). ID. Hss: A 72rv, NL 6 (Nummer, wie der Einblick in den Film zeigt; Zifferbezeichnung crt" wurde in der Edition vergessen); U 120r-121', Nr. 133; B 295v-296r, Nr. 174; U1 173v1 74r, Nr. 25. Resümee: LoenLernn 121, NL 4. IV. 1 Die Zwischenbemerkung «hätte Platon gesagt» bezieht sich auf eine Passage in PlSoph 235bc, wo es allerdings darum geht, den Begriff des Sophisten gemäß den Vorschrif ten des königlichen Gesetzes zu fangen ( (J'\J MUßELV ulrtov XU1:a 1:0. tJ-tEcrtUA.!lEVU uno 1:0V ßUO"LA.LXOV A.6yol.l, xaxe(vqJ nUQuö6V"tu� uno
iivaL 1:T]v äyQuv). Die in der Klammer zitierte Passage wird von Kyd. wörtlich wiederholt. 2 Kyd. vergleicht sein ungeduldiges Warten auf ein Treffen mit Manuel mit einer Jagd, bei der Manuel der Wolf und er der Jäger ist. Im ersten Satz der Passage bezieht er den ßUOIALXO� A.6yo� Platons auf einen Befehl Kaiser Ioannes' V., Manu.el, nachdem seine Anwe senheit gemeldet worden war, «einfangen» und zu sich bringen zu lassen, und ist denen dankbar, die den Befehl ausführten, weil nun auch er selbst Nutznießer dieser Jagd ist. 3 Kyd. überhöht das Bild für Kaiser ManueI, indem er nun anstelle der Wolfsmetapher einen Vergleich mit dem « königlichen Tier» verwendet. 4 Kyd. preist die Stinlme Manuels, sie sei süßer (f]Ö(wv) als die des Nestor, der gemäß HomIl 1, 248f. f]öl.lE:Itll � (süßredend) war und dessen Rede « süßer als Honig von der Zunge floß» . Zu weiteren Anspielungen auf diese Stelle siehe: Bd. 111, T3, A. 1 3 .
357 L: 3 8 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel ll. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: HerbstlWinter 1387/88; wI: Inzwischen hat Kydones Kaiser Manuel mehrmals treffen
können, und schon haben es böswillige Denunzianten seinem Vater Ioannes V. hinterbracht; doch hofft Kydones auf das Verständnis des Kaisers, da er sich doch mit seinem Sohn ver söhnt habe.
Als ich gestern von dir wegging, bedrängten mich in einer und dersel ben Angelegenheit widerstreitende Gefühle. / Denn dein zuvor geäußerter Wunsch, ich solle häufiger in den Palast kommen, damit du dich länger meiner Gegenwart erfreuen könnest, diese größte Ehre, die ein Kaiser seinen Untertanen gewähren kann, erfreute mich und gab denen, die zu hörten, Anlaß, besser von mir zu denken, weil ich nun zu denen gehören sollte, welche sogar Kaiser durch ihre Anwesenheit beglücken können. 47
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR 10 Als ich nun sah, daß das, was ich
mir selbst gewünscht hatte, / du von
mir als Gefälligkeit empfangen wolltest, nahm meine anfängliche Freude
noch zu, weil zu ihr nun auch noch ein gewisses Glück hinzukam. Aber wiederum gestattete mir etwas Unliebsames, das sich dahinter verbarg, nicht lange, bei der besagten Freude zu verweilen. Es gebe nämlich (- so hieß es - Leute), die aus Neid die Besuche verhindern und uns beim Kaiser anschwärzen wollten. 15
So stand ich nun mitten zwischen beiden Überlegungen / und wünschte mir zwar das erstere, befürchtete aber das zweite; ich suchte danach, wie das Problem mit den vorhandenen Möglichkeiten gelöst werden könne, und fand (einen Weg), wie meiner Überzeugung nach allein die gegensei tige Freude aneinander dir und mir bewahrt werden könne: Ich beobachte (nämlich), daß der Kaiser jetzt offenbar nicht (mehr) so ganz auf die,
welche dich hassen, hört, sondern schon damit beginnt, die natürlichen (Bande) zu achten, und versucht, ihnen das zu entrichten, was er ihnen 20 schuldet. Jedenfalls kann man das aus vielen (Anzeichen) / erschließen,
die er in seinem Verhalten dir gegenüber (erkennen läßt). Ich lasse mich also überreden, dir auf deine Bitte hin als Gunst das Gespräch mit mir zu
gewähren. Denn er wird, da er fortan mit dir versöhnt ist, dir und deiner
guten Gesinnung vertrauen, von mir aber weiß er, wenn er denn so will, daß ich nichts tun oder sagen werde, was ihm nicht gefällt. Da er also
überzeugt sein kann, daß wir einander ohne Hintergedanken treffen, wird er sicher seinem Sohn das gewähren, was ihm selbst nicht schadet. K I. OKyd: Erwähnung des Kaiserpalastes (Z. 5),
sc.
in Konstantinopel.
E: Deudiche An
spielung darauf, daß der Brief an einen Kaiser gerichtet ist (Z. 7f.), der inzwischen mit einem anderen Kaiser (Xl) weitgehend versöhnt ist (Z. 17f.), sc. Manuel Palaiologos. OE: Vgl. T356, OE. D: Einige Zeit nachT356, in dem die erste Begegnung mit Manuel bezeugt war. Wegen der längeren Abfolge der auf Herbst 1387 angesetzten Briefe legt sich nun ein allmäh licher Übergang auch zum Winter nahe, wofür auch der Datierungsansatz der Edition plä diert. Ein direkter Hinweis auf die Jahreszeit liegt allerdings nicht vor. II. BKyd, BE: Es ist nun offenbar doch zu mehreren Begegnungen mit Manuel gekommen (Z. 4-9), aber schon muß Kyd. wieder die Neider fürchten, die diese Kontakte Ioannes V. melden wollen (Z. 12- 14). Er vertraut aber weiter auf die erkennbare Wende in der Bezie hung zwischen Vater und Sohn (Z. 17-24). Xl: Ein Kaiser, dem Feinde des Kyd. von dessen Begegnungen mit Manuel berichten könnten (Z. 12- 14), der aber nun den Feinden seines Sohnes weniger als früher vertraut (Z. 1 7 - 1 9), Ioannes V. ill. Hss: A 77', Nr. 14 (die Nummer wurde in der Edition vergessen; der Einblick in den Film zeigt deuruch am Rand die Ziffer LÖ'). Es folgt in der Hs eine Sentenz darüber, daß
48
BRIEFE T357-358 Bittgebete sich nicht an den persönlichen Wünschen, sondern am Willen Gottes orientieren sollen
(
=
CamSent 52, Nr. vm ). Sog. Sentenzen, kurze, belehrende, meist moralisierende
Überlegungen, sind in Hs A an verschiedenen Stellen zwischen den Briefen eingefügt. Sie werden in diesem Band ersttnals hier und im folgenden bei dem Brief erwähnt, nach dem sie eingereiht sind (siehe noch T359, 386, 395, 399, 0425). U 21 8", Nr. 141. Nr. 35.
ab: KydEpCam,
ebd. (frz.).
Ed: KydEpCam,
Resümee: LoenLemn 121, Nr. 5.
358 L : 374; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel II . Palaiologos; OE: In einem Hafen von Konstantinopel vor der Abreise nach Lemnos; D: HerbstlWinter 13 87/88 ( ? ); wI: Kydo nes hatte sich bereits auf den Weg zu dem Hafen begeben, von dem Manuel nach Lemnos abreisen wollte, war aber dann umgekehrt, um ihm Ärger mit seinem Vater zu ersparen, der sich aus dem Treffen ergeben könnte; denn durch Verleumdungen ist Kydones bei Ioannes V. völlig in Ungnade gefallen. Vermutlich konnte er den vorliegenden Brief Manuel noch vor der Abreise zukommen lassen.
Wir ließen uns weder durch die nächtliche Stunde noch durch den an schließenden weiten / Heimweg daran hindern, zum Hafen1 hinabzustei-
5
gen, um dein HAUPT gebührend zu ehren; doch bewog mich zur Umkehr die unbeschreibliche Betriebsamkeit derer, die als einziges Handwerk zur Fristung ihres Lebensunterhaltes gelernt haben, anderen zu schaden. (Freilich) tun sie vor allem sich selbst Unrecht, wenn sie böse Verleumder und als solche (auch) bekannt sind. Sie schaden aber auch dem Kaiser, um den sie angeblich (so) besorgt sind, daß sie sich so schändlich verhal ten. Indem sie ihm nämlich eine ungute / Meinung über Männer von guter 10 (Gesinnung) einflüstern, berauben sie ihn der treuen Ergebenheit, ein an derer würde sogar sagen, nützlicher (Dienste) der Verleumdeten. Um die sen (Intriganten) zu entgehen, zog auch ich mich zurück, bevor ich meiner Pflicht genügen konnte, überzeugt von vielen, welche diese Männer ken nen und mich dringend warnten. Ich war dabei nicht um mich selbst besorgt, es könne mir etwas Schlimmes zustoßen - denn der Schaden, den sie anrichten konnten, ist bereits angerichtet, und eine Entscheidung des Kaisers hat ihn bestätigt, / und vielleicht haben ihm einige (sogar) 1 5 prophezeit, wenn ich nicht mehr am Leben sei, werde das alte Glück zu den Rhomäern zurückkehren, so daß er alles unternimmt, um mich loszuwerden - , (nein), nicht um zukünftigem Schaden zu entgehen, son dern damit nicht auch dies dir schade, überwand ich mich selbst und zog 49
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
mich zurück. Dennoch würde ich gern auch den Schaden in Kauf nehmen, 20 wenn daraus das
I Gemeinwesen irgendeinen Nutzen ziehen könnte. Jetzt
aber sehe ich, daß die gegenwärtigen schlimmen Verhältnisse von etwas anderem abhängig sind. Gehen doch, seit ich in Ungnade lebe, die Barba ren keineswegs maßvoller mit uns um! Was aber meine Lage betrifft, so bestimmt vornehmlich der Wille Gottes, wo die Grenze ist. Sollte aber irgend etwas darüber hinaus verbleiben, was mich bedrängt, so werde ich dies selbst heilen, indem ich mich selbst zur Verbannung verurteile; denn das wird bei den Seiten dienlich sein: Sie werden ja von ihrem Ärger be25 freit,
I und mir wird es nützlich sein, zu vernünftigen Menschen zu kom
men, welche die Tugend zu ehren und die, welche bei ihnen leben, zu bessern verstehen. Ich habe also, wie gesagt, nicht aus Furcht um mich selbst das Gebührende unterlassen, sondern was mich antrieb, war (die Sorge), wenn man mich im Gespräch mit dir sähe, könnte dies bei jenen, die alles beobachten, Mißtrauen erwecken und dies dann auch Anlaß zur Anklage gegen dich werden. 30
Deshalb I sah ich mich ganz gegen meinen Willen gezwungen, fernzubleiben, wobei ich die verfluchte, die daran schuld sind, aber zu Gott betete, dir das Meer zu besänftigen, deinen Vater für dich milder zu stim men und ihn zu bewegen, vor den Verfluchten seine Ohren zu verschlie ßen, den natürlichen (Bindungen) mehr zu vertrauen als ihrer Verleum dung und weder für sich selbst noch für die Untertanen etwas als nützli cher und angenehmer als dies anzusehen. Solche (Gebete) für dich hört
35 Gott von
I uns Tag und Nacht. Es gerate dir aber auch das Leben auf
der Insel nach der Landung wunschgemäß, und Lemnos möge, da das Zweitbeste nun das Beste ist, dir nach den langen Mühen etwas geben, was dich erfreuen kann, damit ihr nach der Irrfahrt des Odysseus Erho lung findet, uns aber durch euer (Wohlbefinden) in unserer eigenen Situa tion ein wenig Trost zuteil wird.
K 1.
OKyd: Kyd. hält sich an dem Ort auf, wo Kaiser Ioannes V. (Xl ) residiert, also in
Konstantinopel. E, OE: Der Brief ist an einen Mann gerichtet, dessen Vater Kaiser ist (Z. 3 1f.) und der soeben im Begriff ist, von einem Hafen (Z. 5; vgl. A. 1), an dem Ort, wo dieser Kaiser residiert (Z. 9. 14), also Konstantinopel, nach Lemnos abzureisen (Z. 36). Im Kontext der folgenden Korrespondenz kann es sich nur
um
Kaiser Manuel handeln.
D:
Eine genauere Datierung der Abreise Manuels nach Lemnos ist schwierig geworden, seit Schreiner (SchreinChron 308f.) mit guten Gründen den von der früheren Forschung ange nommenen Bezug einer Notiz in einer Kleinchronik auf dieses Ereignis (dazu BarkMan 65,
50
BRIEF T358 A. 179) zurückgewiesen und für die Authentizität ihrer chronologischen Angabe plädiert hat. Demnach bezieht sie sich auf eine Verbannung Andronikos' IV. am 12. 9. 1 373 nach Lemnos, und es besteht keine Veranlassung, sie auf 1387 urnzudatieren und daraus die Abreise Manu eis am 12. 9. 1387 nach Lemnos abzuleiten. Manuel kann also auch einige Wochen oder gar Monate später dorthin abgereist sein. VgL T349, D, 357, D, aber auch T360, D. 11. BKyd: Nachdem sich der Druck der Intriganten gegen Kyd. aufs äußerste erhöht hat (s. u., Xl), hat er auf einen persönlichen Abschied von Manuel verzichtet, um diesem keine Schwierigkeiten zu bereiten (Z. 4- 14. 17f.), und denkt nun wieder ernstlich daran, sein Land zu verlassen und sich zu «vernünftigen» Menschen zu begeben, zweifellos nach Italien (Z. 22-27). Dafür, daß Kyd., statt persönlich zum Hafen zu kommen, den vorliegenden Brief verfaßte und ihn Manuel noch vor der Abreise aushändigen ließ, spricht der Z. 35f. ausgesprochene Wunsch, Manuels Leben auf der Insel möge «nach der Landung» wunschge mäß verlaufen. BE: Ioannes V. (Z. 21) hat trotz der angeblich vorausgegangenen Versöh nung (T357, E) seinem Sohn Manuel nicht gestattet, in der Hauptstadt zu bleiben, sondern verlangt, daß er fortan auf der Insel Lemnos (Z. 36), also in der Verbannung, residiere (Z. 30-39). BarkMan 64f., in einer kommentierenden Bemerkung zu dieser Entscheidung des alten Kaisers, zeigt sich skeptisch, ob überhaupt je eine wirkliche Versöhnung stattgefun den habe: «Aside from Cydones' never-ending optimism on the matter, we have no way of knowing the narure of feelings berween father and son, nor of when and how and in what spirit they met. But apparently John V bore some kind of grudge, or at least thought that Manuel should receive some form of punishment». Xl: Der Kaiser (Ioannes V.) hat vor einiger Zeit auf Rat der Widersacher des Kyd. eine Verlautbarung (Dekret oder nur formlose Äußerung?) gegen diesen erlassen (ßUOIAEW� 1.VT1
51
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
359 L: 379; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Lernnos; D: Winter 1387/88 (?); wI: Manuel hat offenbar um schön formulierte, lange Briefe gebeten, aber Kydo nes fürchtet, ihn durch zu viele Klagen über die heillose politische Lage und seine schwierige persönliche Situation, aber auch durch überflüssige Fragen über das Leben auf der Insel zu belästigen uno möchte sich deshalb auf anspruchslose, kurze Briefe beschränken.
Wissenschaft liebt die Seele des Philosophen, schöne Dinge der Ästhet. 5 Beides aber I in reicher Fülle zu lieben, ist ganz und gar euer Vorzug, ihr
Kaiser. Haben doch bei euch wegen eurer großen Seele und eurer ständi gen Großtaten die flüchtigen und kleinen (Angelegenheiten) keine Bedeu tung und erscheinen euch verächtlich. Deine Begierde (nach Höherem) aber würde kaum ein Platon oder Demosthenes stillen - oder wer sonst es auch immer sein mag von denen, die jetzt wegen ihrer natürlichen Begabung, ihrer Studien und ihrer Vertrautheit mit vielen weisen (Auto ren) zu solcher Fähigkeit gelangt sind und sich nicht damit begnügen, die 10 Schätze, über die I sie verfügen, (nur selbst) zu genießen, sondern auch
(andere), die sie für geeignet halten, mit leichter Mühe in Weise verwan delnl . Wir aber, die wir wie mühselig arbeitende Bauern nur Trübsinn2 säen, sind nicht einmal in der Lage, uns selbst zu ernähren, so weit sind wir davon entfernt, (etwas) zu besitzen, wovon wir denen, die uns darum bitten, etwas mitgeben könnten. Warum also belästigst du einen armen Bettler, um Schätze zu erlangen, obwohl es dir (doch) auch freisteht, zu 15 den Reichen zu gehen I und ihren Überfluß zu genießen? Ja, das wirst du
tun! Du wirst dir (Menschen) suchen, die dich mit schönen, weit ausho lenden Reden überschütten und dich lehren, das Kleine und Unbedeu tende zu verachten. Mich aber laß beiseite als gut festliegendes Übel, wie das Sprichwort sagt3 , denn bei mir ist ja auch das Unbedeutende und Unklare, das ich verlauten ließ - ja sogar dieses ! -, durch die alltäglichen Widerwärtigkeiten verschüttet und völlig erloschen. 20
Zwar bin ich auch der Rede kundig und habe viele (Zuhörer), I vor denen ich dies demonstrieren könnte, doch möchte ich jetzt aus gegebe nem Anlaß vorziehen zu schweigen, weil ich nichts habe, was ich dir schreiben könnte, ohne in Klagen auszubrechen. Wenn man nämlich von den Verhältnissen bei uns berichten will, so sind diese geradezu eine "llias des Jammers » 4, an der sogar Homer, wenn er über sie zu berichten ver52
BRIEF T359
suchte, scheitern würde, übertrifft sie doch an Größe jede Tragödie, zu mal wegen der Vielzahl (der Ereignisse); denn es kommen ja zu den ver gangenen Widerwärtigkeiten immer (noch) schlimmere hinzu und hem men durch ständiges Herbeiströmen / die Hand des Schreibers. Es ist ja 25 schon das Fragen, wie es (dir) auf der Insel (geht), eine Belästigung, (be deutet es doch,) längst Bekanntes und Unerfreuliches zu erforschen, erst recht aber (ist es eine Zumutung), wenn ich noch hinzufüge, wie es mir ergeht, und damit meine Briefe zu verlängern versuche. Ich weiß (aller dings), daß du wegen deiner Zuneigung auch darum besorgt bist. Was aber dies betrifft, so soll es damit genug sein, daß meine Feinde (mir übel zusetzen)S, und ich möchte (meinem Brief) an dich nicht noch (einen Bericht) über das Betrübliche, das sie mir antun, hinzufügen; / denn weil 30 du mir Gutes wünschst, wird es dir Sorgen bereiten, wenn du hörst, daß ich von viel Bosheit umgeben bin. Weil also die Unfä�gkeit, (etwas) zu sagen, mich zum Schweigen ermahnt und (zudem) der Anlaß des Redens
für Sprecher wie Zuhörer so unerfreulich ist, was bliebe da noch mitzutei len, was nicht schlimm und trübselig wäre und dem Redner mit Recht Tadel einbringen würde ? Wenn mich also diese (Überlegungen) nicht hin derten, würde ich das Gespräch mit dir für kostbarer als jeden Fest schmaus / halten. Erwarte also von anderen schöne, lange Ausführungen 35 und nimm das, was unsere Armut dir bieten kann, als Zeichen der treuen Ergebenheit an. K
1. OKyd: Kyd. bezieht sich auf die üblichen Anfeindungen seiner Gegner in Konstantino pel; s. u., BKyd. E, OE: Ein Kaiser (Z. 5) auf einer Insel (Z. 25). Der Brief steht an späterer Stelle in demselben Heft 12 der Hs A ( Liber XXXV) , in dem auch die Briefe stehen, die eine Verbannung Manuels nach Lemnos mitteilen (L372fT355 und L374fT358). So ist anzunehmen, daß es sich auch hier um Kaiser Manuel und Lemnos handelt. D: Manuel ist nun schon einige Zeit auf Lemnos, und seit seiner in T358 berichteten Abreise hat er Kyd. mindestens schon einmal geschrieben und Briefe bei ihm angemahnt (Z. 13f.; vgl. T358, D). II. BKyd: Seit der Abreise Manuels leidet Kyd. an einer tiefen Depression, die ihm das Schreiben verleidet (Z.ll - 14. 17- 19). Deren Ursache ist die Abwesenheit des Freundes, mehr aber noch sind es die nicht endenden Anfeindungen inrriganter Widersacher in Kon stantinopel (Z. 21 -25. 28 - 30). Die gespannte Beziehung zu Ioannes V. wird nicht erwähnt, gehört aber sicher zu den Widerwärtigkeiten, auf die Kyd. anspielt; vgl. den folgenden Brief T360. Ep: S. o., D. ill. Hss: A 75" _ 76r, Nr. 12 (es folgt in der Hs eine Sentenz über den widernatürlichen Cha rakter der Hingabe an die Leidenschaften; siehe CamSent 51f., Nr. VII; dann folgt in der Hs L380fT363); U 125" - 126r, Nr. 139; B 252" -253r, Nr. 109. Resümee: LoenLemn 124f., Nr. 7. =
53
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR IV. 1 Kyd. will mit dieser gewundenen Formulierung wohl sagen, daß weder die gerühm ten Vorbilder Platon und Demosthenes (siehe Bd. 112, T116, A. 3) noch gebildete Byzantiner, die sich an den antiken Autoren orientieren und ihre Bildung an andere weitergeben, die intellektuellen Ansprüche des Kaisers befriedigen können. 2 W.: J:u JtQ <1V '\jJ'UXT]v xul OtaVOLuv. A'UJtQ6<; ist gemäß LSc neben A.'UltTJQ6<; schon seit klassischer Zeit und früher belegt. 3 Die sprichwörtliche Wendung bezieht sich auf Negatives, mit dem man sich abfinden sollte (siehe Bd. m, T303, A. 5). 4 S. o., T352, A. 5. 5 W: &1.1.<1 JtEQl txe(vwv oi),;w y'E'LTJ "to� txeQo�. Die Übersetzung versucht die schwer verständliche, offenbar elliptisch formulierte Passage dem wahrscheinlichen Sinn gemäß wie derzugeben.
360 L: 371; OKyd: Konstantinopel; E: Ioannes Laskaris Kalopheros; OE: Venedig (?); D: Winter 1387/88; wI: Kydones gibt zu, sein bereits vor einem Jahr gegebenes Versprechen, nach Italien zu kommen, um Kalopheros dort zu treffen, nicht gehalten und in Konstantino pel ausgeharrt zu haben, obwohl sich die Stadt in einer verzweifelten Lage befinde. Er nennt drei Gründe, warum er sein Vorhaben nicht ausgeführt habe: eine Epidemie, die vor allem die Besatzungen der Schiffe befallen habe, die Versuche des Kaisers, ihn an der Abreise zu hindern, und die Unsicherheit, wo er den ständig umherreisenden Freund treffen könne. Falls sich aber Kalopheros nun entscheide, an einem Ort zu bleiben, könne er ihm definitiv seine baldige Ankunft zusagen.
5
10
Ich weiß, du wirst sagen, ich hätte gelogen, weil ich dir (bereits) im vergangenen Winter versprach, zu dir zu kommen, / aber mich nun, da ein Jahr seit der Ankündigung verflossen ist, noch nicht (von der Stelle) bewegt habe, sondern (immer) noch die Wirren in der Heimatstadt er trage; denn diese allein - und ihre Säulen, wirst du sagen - sind ihr statt der früheren glücklichen Zeiten verblieben. Du wirst auch, weil du genau über unsere Lage unterrichtet bist, die Unruhen im Inneren und außerhalb die kriegerische Bedrohung durch die Barbaren hinzufügen, ferner das dadurch bedingte (allgemeine) Mißtrauen, / die (entstandenen) Schäden, den (gegenseitigen) Neid! und die notwendig daraus folgende Not und Bedürftigkeit der Bewohner. So wirst du mich aus diesem Grund nicht nur einen Lügner, sondern sogar einen Verrückten nennen, weil ich mich so großen Schwierigkeiten unterwarf, obwohl ich mich ihrer hätte ent ledigen können. Ich werde also einerseits die Anklage der Lüge bereit54
BRIEFE T359- 3 60
willig auf mich nehmen und zugeben, daß der Vorwurf auch seine Berech tigung hat, kann aber andererseits vielfältige Entschuldigungsgründe vor bringen. Die / damals grassierende Pestepidemie, die auch uns (hier) befiel, gestattete es mir nämlich nicht, mich in einem bauchigen2 Schiff zu den Dahinsterbenden zu gesellen und mit ihnen mein Leben zu teilen3 • Denn daß dies für mich gefährlicher wäre als jeder Sturm (auf dem Meer), sag ten mir sogar die voraus, die mich vorher recht wohl zur Fahrt ermutigt hatten, vor allem, weil auch von den Ruderern die einen von der Krank heit bereits dahingerafft waren, die anderen aber krank darniederlagen. Aber auch wenn jemand von ihnen noch fähig zu sein schien, seine Hände zu gebrauchen, war er nicht gänzlich / von Angst befreit, sondern der schlechte Zustand seiner Kollegen schwächte auch seine Kraft und Bereit schaft. Damals also umstanden mich alle und erklä�en meine Entschlos senheit zur Abreise für Wahnsinn; sie rieten mir, mich zu schonen und dem Leben nicht das offene Verderben vorzuziehen. Du kennst aber auch nur zu gut die geschickten Machenschaften des wackeren4 Kaisers, deren er sich bedient, wenn er etwas, womit er nicht einverstanden ist, verhin dern will. / So sandte er damals viele zu mir, bald mit Versprechungen, wenn ich mich überreden ließe, bald mit handfesten Drohungen, wenn ich nicht nachgeben wolle. Jedenfalls überredete er mich dazu5, meinen Drang zu mäßigen, mich vorerst zu gedulden und der schlechten Witte rung, der Seuche und den Mahnungen der Freunde nachzugeben, zumal ja die Hoffnung, dir doch noch dein Versprechen einlösen zu können, bestehen blieb. Ich erhebe also den Anspruch, mich mit diesen (Argumenten) zu vertei digen und glaube damit etwas vorzubringen, wodurch ich die Anklage zum großen Teil, / wenn auch nicht ganz, entschärfen kann. Es wurde mir aber auch von dir ein zutreffendes (Argument) angeboten, das den Vorwurf abschwächen wird. Denn hast du mir nicht, als du damals bei den Kelten und auf dem äußeren Meer unterwegs warst, vorausgesagt, ich würde mich vergebens plagen, wenn ich versuchte, einem Menschen, der sich geradezu wie ein fliegendes (Wesen) verhalte, auf den Fersen zu bleiben? Denn was sonst könnte mich veranlassen6, nach Venedig zu rei sen, wenn ich dort den nicht vorfinde, dem zuliebe ich bereit wäre, (sol che) Beschwerden auf mich zu nehmen? Denn ich hatte weder / eine offizielle staatliche Einladung noch Landbesitz oder auch nur Handelskontakte 55
15
20
25
30
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
40
45
50
55
mit den Venezianern, an die ich mich bei einem Aufenthalt dort hätte halten können. Da ich mithin so viele Fürsprecher habe, setze auch du mir nicht (weiter) zu und bestehe nicht zu sehr darauf, mir eine Lüge vorzuhalten! Sollte ich aber dennoch etwas übersehen haben, so verspre che ich dir, daß ich mich dir fortan bereitwillig zur Korrektur des Verse hens zur Verfügung stellen werde! Nur setze dir selbst eine Grenze, was deine weiten I und endlosen Reisen betrifft; schreibe mir, wohin ich mich begeben soll, um den Ersehnten zu finden! Ich möchte nämlich nicht in die Lage geraten, wenn ich alles, was ich habe, gegen dich eingetauscht und eine so weite Seereise angetreten habe, um dich zu treffen, schließlich nicht einmal den Lohn meiner Mühen zu erhalten, sondern gezwungen zu sein, die bewohnte und sogar die unbewohnte Erde zu durcheilen und zu erkunden, ob jemand etwas sagen könne über den, der I in seinem Ehrgeiz sogar die Natur der Vögel an Schnelligkeit zu überbieten trachtet. Du weißt ja, wie sehr es betrüben kann, das erhoffte (Ziel) zu verfehlen, zumal wenn das, worauf man zueilt, zu den angenehmsten (Dingen) ge hört und großen Nutzen bringt, wie es nach meiner Überzeugung ein Leben mit dir wäre. Gönne dir also eine Ruhepause von deinen vielen Plagen, sieh ein, daß dir dies die gegenwärtigen Zeitumstände anraten, die ja jetzt auch allen nie zuvor I geahnte Schrecken bringen, und be denke, daß dein Umherreisen dir viele Gefahren einbringt. So wähle denn von den Städten Italiens eine, die sowohl Sicherheit bietet wie auch den Erhalt deines Besitzes garantiert und dir erlaubt, ihn, wie du es dir nur wünschen kannst, zu genießen. In dieser (Stadt) will auch ich mit größter Freude wohnen, wenn ich überzeugt sein kann, dort fortan mit einem bedeutenden Mann zu leben, den die Verständigen und die Fürsten der Völker bewundern. I So werden wir «beide miteinander gehen» 7, uns gebührend aneinander freuen und auch eine gewisse Lust daran haben, , uns an das Frühere zu erinnern und das weitere Leben besonnen zu gestal ten. Denn nun ist die Zeit gekommen, eine Entscheidung in dieser Sache nicht (länger) zu suchen, sondern sie (bereits) gefällt zu habenS. K 1. OKyd: Am Aufenthaltsort des Kaisers (sc. Ioannes' V.), der die geplante Reise nach Italien zu verhindern sucht (Z. 23-28). E: Der Brief fügt sich inhaltlich der vorausgehenden Reihe von Briefen des Kyd. an Kalopheros an; vgl. zuletzt Bd. III, T3301L345, ca. Frühjahr 1 387; EszKal 153 gibt L345 die Regest-Nr. 155, dem vorliegende Brief Nr. 156. OE: Ge mäß EszKal 95f. hielt sich Kalopheros zur angenommenen Zeit der Abfassung dieses Briefes
56
BRIEF T360 vorwiegend in Venedig auf und bereitete seinen endgültigen Aufenthalt don vor; doch könnte er vorübergehend auch noch einmal nach Methone auf der Peloponnes gereist sein (ebd. 238). Wohin Kyd. diesen Brief sandte, deutet er nicht an, doch versuchte er den Freund vermutlich in Venedig als dem wahrscheinlichsten On des zukünftigen Aufenthaltes (dazu Bd. ill, T330, z. 6f.) zu erreichen. D: Am Briefanfang bezieht sich Kyd. auf sein nicht gehal tenes Versprechen, «im vorausgehenden Winter», nach Italien zu kommen; seitdem sei nun ein Jahr vergangen. Die Andeutung des Kyd. im letzten Brief an Manuel vor dessen Abreise nach Lernnos (HerbstlWinter 1 3 8 7), er wolle nun bald seine Heimat verlassen (s.o., T358, BKyd), läßt sich chronologisch gut mit den hier vorgetragenen Reiseplänen vereinbaren und liefen auch einen zeitlichen Ansatz für die Lernnos-Korrespondenz mit Manuel ll. ll. BKyd: Kyd. hat seinen Plan, nach Italien zu reisen (s. u., Ep), bisher nicht verwirklicht (Z. 4-6). Dafür nennt er mehrere Gründe: 1 . Eine damals (Herbst 1 386; siehe Bd. ill , T324, D) vor allem auf den Schiffen grassierende Pestepidemie, die sich auch in Konstantinopel bemerkbar machte (Z. 14-23). 2. Die Verhinderung der Reise durch Ioannes V. (s. u., Xl). 3. Die Unsicherheit, ob Kalopheros nun endlich in Venedig bleiben oder sein unstetes Reiseleben fonsetzen werde. Ein Aufenthalt des Kyd. in Venedig ohne Kalopheros erscheine jedenfalls wenig sinnvoll, da er don nicht über persönliche Verbindungen v�rfüge (Z. 30-36.39-58). Er bietet dem Freund aber auch an, in einer anderen Stadt seiner Wahl mit ihm zu leben, falls sie ihm größere Sicherheit biete (Z. 51 -54). BE: Zu den Gründen für das unstete Reiseleben des Kalopheros um diese Zeit vgl. EszKal 83- 100. Es ging vor allem um die diplomatischen Dienste, die er Amedeo aus dem Hause Savoyen, geb. 1363, Herrscher von Piemont 1 3 68 bzw. 1377-1402 (PLP 771; zu unterscheiden von Amedeo VI., dem « Grünen Grafen», geb. 1334, Herrscher von Savoyen bis 1383, Bd. 112, 634, Register, s. n.), bei seinem Bemühen leistete, die Herschah über das Fürstentum Achaia auf der Peloponnes zu erlangen, die auch sein Vater Giacomo ( 1 3 1 5 -67) schon innegehabt hatte. Dies gelang ihm 1391 (bis 1396). Xl : Ein Kaiser, der die Abreise des Kyd. geschickt verhinden habe (Z. 23 -28), Ioannes V. Vgl. auch unten, A. 4 und 5. ZG: Kyd. deutet innere Unruhen ("tuQuxi!. EvOOV O"tacrEL�) in Konstantinopel an (Z. 6. 8f.), die eine angespannte Atmosphäre und eine Ver schlechterung der winschahlichen Situation zur Folge hatten (Z. 9 - 1 1). Es ist zu vermuten, daß sich damals bereits eine Auseinandersetzung Ioannes' V. mit seinem Enkel Ioannes VII. , dem Sohn des verstorbenen Aufrührers Andronikos IV., abzeichnete, obwohl dieser sich noch in seiner Apanage in Selymbria aufhielt (vgl. BarkMan 68f.; MesJov 59, 140). Auch vom andauernden Krieg mit den «Barbaren» (den Osmanen unter Murad 1.) ist die Rede (Z. 9). Ep: 1. Ein Brief an Kalopheros, in dem Kyd. versprochen hat, zu ihm nach Italien zu kommen (Z. 4f.), identisch mit T327 (Nov./Dez. 1 386; siehe Bd. ill; das Versprechen don: Z. 46-53). 2. Obwohl sich Kyd. hier gegen eine « Anklage» des Kalopheros veneidigt (Z. 31), ist kein vorausgehender Brief von diesem anzunehmen; denn Kyd. sagt eingangs deutlich, daß es sich nur um vorgestellte Argumente handelt (Z. 4- 14). ill . Hss: A 70v-71', Nr. 4; U 1 7?V - 179r, Nr. 131. Ed: KydEpCam, Nr. 3; Üb: KydEp Cam, ebd. (frz.); EszKal 238 -240, Nr. 14 (dtsch.). Iv. 1 Zum Neid s. o., T355, A. 5. 2 «Bauchig» (xoi:Ao�) ist ein homerisches Epitheton des Schiffes (LSc, s. v.). 3 Diese Entschuldigung hatte Kyd. bei Kalopheros bereits früher vorgebracht (s. o. Bd. ill, T327, Text mit A. 4; T330, BKyd); doch widmet Kyd. der Pest erst jetzt eine längere Passage.
57
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR 4 W: XQT]O"toii, nicht ohne Ironie. 5 W.: �v6:yXUO€. Der Kaiser «zwang» Kyd. nicht im prägnanten Sinne, sondern versuchte ihn mit mehr oder weniger sanftem Druck von seinem Vorhaben abzubringen. Zu diesem abgeschwächten Gebrauch von ClVUyx6:�€LV siehe Bd. I/1, T36, A. 13. 6 Auch hier wieder (wie A. 5) �v6:yxuoev im abgeschwächten Sinne. 7 W.: cnJv 't€ ÖlJ' EQXO!-LEvW, Zitat aus HomTI 10, 224. Dort sagt Diomedes, der das Lager der Troer erkunden will, zu Nestor: «Wenn noch ein anderer Mann mir folgte, mehr Zuver sicht würde das sein und ermutigender. Wo zwei zusammengehen, bemerkt auch der eine vor dem anderen, wo ein Vorteil sich bietet.» (V. 222-225, Übers. W Schadewaldt). Die Stelle wird auch zitiert in PlPrt 348c, wo Sokrates dem Protagoras beteuert, im Gespräch mit ihm etwas lernen zu wollen, denn Homer sage mit Recht, daß zwei mehr sehen könnten als einer. In ähnlichem Sinne wird die Anspielung auch in PlSmp 174d verwendet. 8 Versuch, das griechische Wortspiel (Polyptoton: !-Li) ß01!A.eU€o6m ClA.A.U ߀ßo1!A.€iio6m} nachzuahmen.
3 6 1 - An den Protobestiarites L: 382; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros Palaiologos, Verwandter Manuels II.; OE: Lemnos; D: Winter 1387/88 (?); wI: Wenn der Adressat den verbannten Kaiser Manuel auf seinen Besitzungen residieren lasse, bedeute dies auch höchstes Glück für ihn selbst. Kydones beneidet ihn darum, den Kaiser bei sich zu haben, und bittet ihn, er möge ihn bei diesem in Erinnerung bringen.
5
10
Das Glück, dessen du dich früher erfreutest, als du ein so bedeutendes Amt bekleidetest und (dazu) über Besitzungen verfügtest, die dir einen schönen I Wohlstand einbringen konnten, (aber auch,) als du von den vergeblichen Plagen bei uns befreit und - was allen am angenehmsten ist - dein eigener Herr wurdest und dein Leben nach deinen Wünschen einrichten konntest, das alles erlebst du durch das tägliche Zusammensein mit dem edlen Kaiser als angenehmer und sogar wertvoller. Wenn du also nicht geradezu unersättlich sein willst, könntest du dir, glaube ich, keine größere Wonne als die jetzige wünschen. Hast du doch Gelegenheit, auf deinem eigenen (Besitztum) I einen Kaiser, und zwar einen so hervorra genden, zu Gast zu haben, ein so edles Antlitz zu sehen, ihn reden zu hören wie einen Nestor, zusammen mit ihm auf die Jagd zu gehen, Sport zu treiben und zu speisen, (ihm) zuversichtlich zu sagen, was du willst, ihm ohne Mißtrauen zuzuhören, ihm bis zum Übermaß deine Freund schaft zu zeigen, nicht weniger aber überzeugt zu sein, daß (auch) er dir zugetan ist, und (alles) andere, woran ein geistiger Mensch eine lautere 58
BRIEFE T360-361
und schöne Freude empfindet. Deshalb würden dich / alle mit Recht 15 glücklich preisen, vor allem aber wir, die nicht nur der Mangel an Freude, sondern auch die Erfahrung gegenwärtiger und die Erwartung zukünfti ger Schrecken, die man bereits als gegenwärtig empfindet, soweit bringen, daß wir (schon) alles Widerwärtige für leicht (erträglich) halten. Ja, ich weiß, wie glücklich du bist, weiß mehr als die anderen, wie der Kaiser aufgrund seiner Erfahrung die Menschen in seiner Umgebung positiv be einflußt. / War ich doch niemals bei ihm, ohne etwas hinzugewonnen 20 zu haben, obwohl Umstände vorlagen, die mich daran hinderten, seine Gegenwart so zu genießen, wie ich es gewünscht hätte. Kannst aber du, dem es freisteht, dich an ihr ständig zu erfreuen, dir vorstellen, von ihr keinen Gewinn an Vernunft, Tapferkeit und allem, worauf man stolz sein kann, zu erfahren? Freue dich also, wenn dich die, welche im / Kaiserpa- 25 last ein betrübtes Leben führen, einen Seligen nennen! Sind sie doch mit nichts anderem beschäftigt, als ihre eigenen Leiden Und die Freuden der anderen aufzuzählen! Freilich weiß ich, daß du mich gern an deinem jetzigen Glück hättest teilnehmen lassen. Wäre ich also bei dir, ich hätte bestimmt auch einen gewissen Anteil daran; denn du würdest mir bereitwillig von dem Deini gen geben, und der Kaiser würde von sich aus das Gewohnte / hinzufü- 30 gen. Da aber das Schicksal mir in vielfacher Hinsicht Schaden zufügt und
mir dieses Fest verwehrt hat, muß ich also (hier) bleiben, wo ich viel Schlimmes erlebe, noch mehr aber (in Zukunft) werde erleiden müssen. So mag denn (wenigstens) geschehen, was (mir) noch verbleibt: daß (näm
lich), wenn du bei dem bewundernswerten Kaiser weilst, auch meiner ein wenig gedacht wird. Du wirst dich ja gern an deinen Freund erinnern und den Kaiser (damit) nicht kränken. Hat er mir doch selbst, wenn ich bei ihm eintrat, wie einem nicht / ganz Uneingeweihten (stets) befohlen, die 35 Türen zu schließen. So wird er es auch jetzt hinnehmen, wenn jemand von ihm erwartet, meiner im guten Sinne zu gedenken. Man muß sich nämlich, wenn man über Kaiser spricht, so deutlich ausdrücken 1. K L OKyd: Die Anspielung auf den Kaiserpalast (Z. 24f.) verweist auf Konstantinopel. E, OE: Im Titel des Briefes T396 (s. u.) wird ein «Palaiologos» mit dem Titel Protobestiarites genannt, zweifellos derselbe, der hier nur mit dem Titel bezeichnet wird. Ein Theodoros Palaiologos gleichen Titels ist erster Adressat eines patriarchalen Pittakion von April 1394 an die 1(E<paA6.ÖE� von Lernnos (MM n, Nr. 503, S. 267); er wird dort auch als eELo� (Onkel)
59
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR des regierenden Kaisers (sc. Manuels II.) angeredet. A. Tb. Papadopulos, Versuch einer Genealogie der Palaiologen, München 1938, 76 vermutet, daß er ein jüngerer Bruder Kaiser Ioannes' V. war. Es verwundert jedoch, daß er in keiner weiteren Quelle außer in dieser Urkunde und den zwei Briefen des Kyd. erwähnt wird. Die Angabe von PLP 2 1461, er sei ab 1 3 8 1 als Statthalter von Lemnos bezeugt, beruht auf der in LC II angenommenen Datie rung von L232 ( T396), die ich nicht übernehme (Begründung in der Vorbemerkung zur Briefgruppe T395- 0402, vor T395); ich nehme vielmehr an, daß L232 wie vorliegender Brief in die Zeit des AufeI}thaltes von Kaiser Manuel auf Lemnos zu datieren ist (s. u., D). - Zum Titel «Protobestiarites»: Gemäß einer Liste im Anhang zur Hexabiblos des Konstantinos Harmenopulos bekleidete im 14. Jh. der Protobestiarites den 19. Rang nach dem Despotes (PseudoKod 300). D: Einige Zeit nach der Ankunft Manuels auf Lemnos (zur Datierung der Abreise Manuels s. o., T358, D), da Theodoros nach Angabe des Kyd. die Anwesenheit Manuels dort bereits eine Zeitlang genießen konnte (Z. 9- 14). II. BKyd: Kyd. beklagt sich über das Schicksal, das ihm schon viel Schaden zugefügt habe und ihm nun auch die Reise nach Lemnos verwehre; doch hoffe er darauf, daß Theodoros wenigstens Manuel an ihn, seinen Freund, erinnern werde (Z. 30-36). BE: Kyd. preist Tbeodoros, der nach seiner Tätigkeit im Hofdienst eine nicht näher bestimmte Zeit zuvor Gouverneur von Lemnos wurde (Z. 4-7), glücklich, weil er mit Kaiser Manuel nun täglich zusammensein könne (Z. 4 - 13). Xl: Ein Kaiser (Z. 7. 19), der sich auf den Besitzungen des Theodoros Palaiologos (E) auf Lemnos aufhält (Z. 9f.), sc. der dorthin verbannte (s. o., T358, BE) Manuel II. ill. Hss: A 38rv, Nr. 1 ( a', wie der Film der Hs zeigt; die Nummer fehlt in der Edition); U 54'-55', Nr. 70; B 254v-255', Nr. 1 13; L 126'-127', Nr. 10. Resümee: LoenLemn 125, Nr. 8. N. 1 W;: ,oaoü,ov e!Jtei:v (soviel sagen). «Soviel>, bezieht sich auf die vorausgehenden Bemerkungen über sein gutes Verhältnis zu Kaiser Manuel, das zu betonen ihm notwendig erscheint, damit der Adressat keine Bedenken hat, Manuel an ihn zu erinnern. =
=
3 62 L: 385; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Lemnos; D: WinterlFrüh jahr 1387/88; wI: Der Adressat hält sich bei Manuel II. auf und genießt seine Gunst, worüber Kydones sich sehr erfreut zeigt. Er empfiehlt ihm auch das gelehrte Gespräch mit dem Kaiser, bittet ihn aber, er möge die Verehrung, die er für Kydones empfinde, für sich behalten, weil zu großer Enthusiasmus unangebracht und störend sei.
5
Nicht nur du, sondern auch wir haben gleichermaßen Anlaß, uns zu freuen, / weil es dir, wie du sagst, nicht schlechter erging, als du gehofft hattest. Denn wenn auch du allein die Gunst des Kaisers genießt, so hat ten doch wir, wie du weißt, es inständig gewünscht. So ist es nur recht und billig, daß wir uns freuen, weil das einen guten Ausgang nahm, 60
BRIEFE T3 61 - 3 62
worum wir uns bemüht hatten, zumal wir sehen, daß (deren Einfluß) gebrochen ist, denen dies nicht gefiel. Dies also möge Gott zum Besseren wenden und dir die Fremde angenehmer sein lassen / als das Vaterland. Belästige aber nicht zur Unzeit durch Vorlesen meines (Briefes) und durch einen Bericht über meine Lage die, welche davon nicht gern hören wollen. Denn mich selbst wirst du dadurch niemals überreden, höher von mir zu denken, als es den Tatsachen entspricht, jenen aber wirst du lästig fallen, wenn du ihnen Vorträge hältst, die sie ganz und gar nicht erbeten haben. Zugleich auch wirst du durch solche Schwärmerei zugleich mit dem Va terland auch deinen Verstand aufgeben. So soll ihn1 ja auch, wie du selbst schon (einmal) sagtest, jemand, weil er dir zur Unzeit (einen Brief) vorlas, weggeworfen haben. / Mich also liebe mit Verlaub schweigend, mit jenen2 aber versuche dich zu arrangieren, indem du dich überall so verhältst, wie es sich geziemt. So wirst du deine eigenen Angelegenheiten leichter erledigen und die, welche für die jetzige Notlage den gelehrten Studien die Schuld geben und sie verwünschen, sanftmütiger stimmen. Wenn du dich aber zusammen mit dem alleredelsten Kaiser um die Studien be mühst, wirst du darin Fortschritte machen und sein Wohlwollen gewinnen, mit dem du, so / Gott will, auch anderen nützlich sein kannst. K L OKyd, E, OE: E, sc. Maximos Chrysoberges (wie T369, s. u.) hält sich im Gegensatz zu Kyd. in der «Fremde», und zwar, wie T369 (s. u.) erweist, auf Lernnos bei einem Kaiser (Z. 6) auf, sc. bei Manuel TI. (vgl. oben, T361). D: Nicht eher als T361 geschrieben (An kunft Manuels auf Lernno s), kann aber auch einige Monate später verlaßt sein. LoenLemn 126 schlägt vor, L383 anders als in LC TI 494f. vor diesem Brief als Nr. 9 der Reihe einzuord nen. Da er keine zwingenden Argumente dafür vorbringt, wird dieser Vorschlag hier nicht übernommen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß Loenertz selbst die mangelnde Begründung der in LoenLemn vorgeschlagenen Brieffolge mit Alter und Krankheit entschuldigt (ebd. 124). TI. BKyd: Freude über gute Nachrichten von E (Z. 4f.), strikte Ablehnung jeder lobenden Erwähnung beim Kaiser und in seiner Umgebung (Z. 10- 16). BE: Chrysoberges erfteut sich der Gunst Kaiser Manuels (Z. Sf.), und es wird in der Zukunft auch zu gemeinsamer geistiger Betätigungt mit ihm kommen (Z. 1 8 -20). Xl : Ein Kaiser (Z. 6), wie T369, sc. Manuel TI. Xl: «Die, welche für die jetzige Notlage den gelehrten Studien die Schuld geben und sie verwünschen . . . » (Z. 1 6f.) ist wahrscheinlich Anspielung auf das von Kyd. öfters (T388, ZG; 399, Xl) getadelte bildungsfeindliche Klima unter Kaiser Ioannes V. Ep: Ein erster Bericht des Chrysoberges über sein Leben auf Lernnos (Z. 4 - 6). ill. Hss: A 39v, Nr. 4; U 56v-S7� Nr. 73. Resümee: LoenLemn 126f., Nr. 10. IV. 1 An dieser Stelle steht im Text das Relativpronomen ö, das aber in seinem Umfeld keinen Bezug hat. Sinngemäß kann es .sich nur auf 'twv
61
10
1S
20
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR lich at; lauten. Da es sich um einen späteren Zusatz in margine handelt, wäre ein hier anzu nehmendes Versehen des Kyd. erklärbar. 2 Sc. mit Kaiser Manuel und seiner Umgebung.
3 63
-
An den Kaiser Kyr Manuel
L: 380; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel ll. Palaiologos; OE: Lemnos (?); D: WinterlFrühjahr 1387/88; wI: Manuel hat vor längerer Zeit, als er sich noch auf der Insel Lesbos aufhielt, einen ausführlichen Bericht in Briefform über sein Leben auf der Insel und über eine Disputation zum Thema der Leidensbewältigung an (Nikolaos) Kabasilas gesandt. Kabasilas hat diesen Brief seinem Freund Kydones mit ziemlicher Verspätung zu lesen gege ben, was dieser ausdrücklich bedauert. Er bewundert wie immer Manuels glänzenden Stil, kritisiert aber, daß in der Disputation Manuel seinen Vater, der ihn unverdientermaßen schi kaniere, zu sehr in Schutz nehme und eine unangemessene Bereitschaft zeige, die ungerechte Behandlung durch ihn zu ertragen, statt seine eigenen Ansprüche anzumelden.
5
10
15
Ich wußte auch zuvor, daß du an mich denkst, wenn du ernsthaft und zugleich heiter redestl. / Denn wenn du mit uns scherzt, verdient dies keineswegs weniger Achtung als der Ernst der anderen. Ihr (Scherzen) schließt ja nicht völlig die Formen der Geselligkeit, die jungen Leuten gefallen, aus, sondern einiges davon mischen sie auch ihren Mühen bei, um so den Ernsthaften ihre Plagen zu erleichtern; in deinem (Scherzen) aber ist die Denkweise des fortgeschrittenen Alters und zudem seiner Weisheit erkennbar. Jetzt aber wurde ich (noch) klarer darüber / belehrt, als ich deine nicht weniger lange als schöne Abhandlung2 durchlas. Diese hätte ich freilich schon eher erhalten sollen; denn so hätte ich sie (bereits) längere Zeit mit Freude genießen können. Nun aber erfreute sich der gute Kabasilas vor mir an dem, was eigentlich ich als erster hätte erhalten sollen, und er, der sonst (so) Gerechte, beraubte mich bedenkenlos entge gen den Gesetzen lange Zeit dessen, was mir zustand. Sein ungerechtes Verhalten tadle ich nicht, / weil er es (einfach) nicht über sich brachte, leichthin auf einen so schönen Festschmaus3 zu verzichten, denn auch von einem Dürstenden könnte man nicht verlangen, jemand anderem den Becher vor dem eigenen (Trunk) abzutreten. Doch wird er dir dafür Rechenschaft ablegen, wenn du kommst. Mir aber erging es, als jener mir die Abhandlung aushändigte, wie einem, der völlig die Fassung verliert. Denn die Schönheit der Wortwahl, die präzise und zugleich doch abwechslungsreiche Verwendung der Begriffe, die 62
BRIEFE T3 62 - 3 63
Klarheit, die mit wenigen Worten erzielt wird, / und die - ähnlich wie in einem schönen Leib - alles durchdringende Pracht und Anmut entzück ten mich (so sehr), daß ich dieses Werk nur (noch) mit dem beschwören den Gesang eines Zauberers vergleichen konnte; ein solcher Freuden(tau mel) hielt mich gebannt und ließ mich andere angenehme Dinge verges sen. Ich bin mir aber auch bewußt, daß du deine so schöne Sprache bei keinem Lehrer gelernt hast, sondern daß allein deine natürliche Begabung dir die entsprechende Fähigkeit verleiht. / Zudem brachtest du (diese Leistung) in kurzer Zeit zustande, obwohl du von unsäglichen Problemen umringt warst. In einer solchen Situation hätte man (bereits dann) keinen Tadel verdient, wenn man (das Werk zwar) begonnen, aber nicht ganz vollendet hätte; man hätte vielmehr (auch dafür) Bewunderung verdient, wenn man sich (nur) die zuvor erworbenen (Fähigkeiten) bewahrt hätte. Dies (also) verwunderte mich bei der Lektüre der Abhandlung aufs äußerste und veranlaßte mich, Pindar zu loben, der die auf das Lernen (Ange wiesenen) mit Krähen gleichsetzte und dem Adler (gegenüberstellte), der von Natur aus weise sei4. So scheint es, daß die Zeit der Waffen und der Staatsgeschäfte dir keine Unterbrechung der literarischen Studien, sondern eher die (Gelegenheit zur) Beschäftigung / mit ihnen einbrachte. Möge dir also diese Eigenschaft der Hüter der Worte, der selbst das WORT ist, bewahren und mehren, dadurch dich an sich ziehen und denen, die dem Wort gemäß leben wollen, deinen Eifer für die Worte als Beispiel vor Augen halten. Ich pries aber auch die Eiche selig und unter ihr den Schatten und die Quelle, welche die / vielen schönen Reden über die Standhaftigkeit vernahmen5. Sie ist, möchte ich sagen, nicht weniger ehr würdig als die attische Platane, unter welcher Sokrates den Phaidros mit seinen schönen Worten über das Schöne bewirtete6 . Denn das, was dort gesagt wurde, könnte man mit Recht tadeln7• Eure (Gesprächsthemen) aber sind allesamt ehrbar und keuschen Ohren willkommen. Ich habe also nicht unbedacht gesagt, daß sogar deine Scherze den Ernst eines Phi losophen / erkennen lassen, und wenn du dich einmal erholen mußt, beschränkst du die Zeit der Muße nicht auf Würfelspiel, Trinkgelage und das Übliche, sondern auch sie ist ausgefüllt mit Studien und der Diskus sion von Streitfragen, die wohl eines Sokrates zur Lösung bedürften. All dieses hätte sich auch für Disputationen in der Akademie geeignet, doch muß man dabei vor allem bewundern, daß die anderen, als es darum ging, das Schlimmste zu finden, was dem Menschen zustoßen könne, / 63
20
25
30
35
40
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
45
50
ihre Entscheidung auf den Mangel der höchsten Güter beschränkten8 eine gute Entscheidung, würde ich sagen - , du aber, der du das Furcht barste zu leiden hattest, ehrtest den, der daran die Schuld trug9, und hiel test einen Versuch, dich selbst von Schuld freizusprechen und dadurch den Anschein zu erwecken, du wolltest ihn anklagen, für schwerer erträg lich als das gegenwärtige Unglück. Denn es blieb mir nicht verborgen, daß du durch deine Entscheidung den ehren wolltest, dem dies von Rechts wegen zukommt1 0. Wohlan, es sei dir freigestellt, zum Thema des guten Rufes auch Paradoxesl l zu sagen! Es ist jedenfalls wie manches andere / auch dies ein Vorrecht der Kaiser. Von uns aber, den einfachen Bürgern, würde sich niemand scheuen zu sagen, daß er sich selbst und seinen eigenen guten Ruf allem vorziehe; denn alle wissen, daß die Natur dies will und auch Gott (selbst) es gebietet. Denn er sagt: « Gib keinem anderen deine Ehre 12 ! » So war e s zu deinem Nutzen, daß ich nicht, wie ich e s gewünscht hätte, bei der Disputation zugegen war. Wahrhaftig, ich hätte deiner da mals (geäußerten) Meinung offen widersprochen! K L OKyd: Kabasilas händigte Kyd. die Abhandlung Manuels persönlich aus (Z. 17), zwei fellos in Konstantinopel, dem regulären Aufenthaltson beider (zu Kabasilas s. u., Xl). OE, D: Vom derzeitigen Aufenthaltson des Adressaten ist in diesem Brief keine Rede. Da aber Kyd. die Abhandlung erst nach längerer Zeit erhielt (Z. 1 0 - 16), ist Manuel zur Zeit der Abfassung kaum noch auf Lesbos, wo er sie verfaßte und an Kabasilas adressiene (s. u., A. I ), zu vermuten. Im Autographen A folgt der Brief des Kyd. auf einen anderen an Manuel gerichteten Brief (L379rr359), der nach Lemnos adressien ist. So ist es wahrscheinlich, daß auch vorliegender Brief diese Adresse trug, zumal die Disputation durch Manuels Verban nung nach Lemnos neue Aktualität erhielt. Vgl. zur zeitlichen Einordnung des Briefes auch LoenLemn 128. Der in LC TI 494 (Chronotaxis) vor L380 eingeordnete Brief L390 wird hier etwas später als T367 eingefügt.
TI. BKyd: Abgesehen von der üblichen Bewunderung für Manuels Stilempfinden enthält der Brief einige für die Denkweise des Kyd. charakteristische Details: Die ironisch gefärbte Kritik an dem Freund Kabasilas (Xl), der Kyd. die Abhandlung Manuels erst nach längerer Zeit zeigte und sich dadurch ausnahmsweise « ungerecht»verhielt, was Kyd. allerdings auch wieder zu entschuldigen versucht (Z. 1 0 - 1 6), und die ernsthafte Kritik an der allzugroßen Ehrfurcht Manuels TI. vor seinem Vater, die ihn zurVernachlässigung seiner eigenen Ansprü che verleite (Z. 49 - 54). BE: Der Brief nimmt Stellung zu der in A. 1 zitienen Abhandlung in Brieffonn Kaiser Manuels. Da diese erhalten ist, ist der Originaltext natürlich als Quelle für das Denken Manuels von größerer Bedeutung als die hier vorliegende Stellungnahme; doch trägt sie einiges zum Verständnis der Abhandlung bei. Xl: Kabasilas, der Empfänger der Abhandlung Manuels, der diese verspätet an Kyd. weitergab (Z. 1 2 - 1 6; vgl. oben,
64
BRIEF T363 BKyd). über dessen Identität mit Nikolaos Kabasilas Chamaetos (PLP 30539), die von Loe nertz und Barker als möglich bezeichnet wurde (vgl. BarkMan 59f., A. 163), kann nach den Ausführungen in LetMan XXX - XXXIV kaum ein Zweifel bestehen. Wenn Kyd. ihn ausdrücklich als «sonst Gerechten» bezeichnet (Z. 1 3 ), weist dies auf lange Freundschaft hin, wie sie auch in seinen über die Jahre verstreuten Briefen an ihn dokumentiert ist (siehe Bd. 111, T18; 112, T52, 58, 0138;
TI,
T 0223). Die geringe Zahl der Briefe ist vor allem daraus zu
erklären daß Kabasilas den größten Teil seines Lebens wie Kyd. in Konstantinopel verbrachte;
vgl. R.-J. Loenertz, Chronologie de Nicolas Cabasilas 1345- 1354, OCP 21 ( 1 955) 20523 1, hier 215
=
LBF I 303-328, hier 3 12.
Xl: Der, welcher Manuel «furchtbares Leid»zu
fügte (Z. 46), Kaiser loannes V. Palaiologos. Zu
ihm auch unten, A. 9 - 1 1 .
Ep: LetMan,
Nr. 67 (Myo�, Z. 9f.; s. u., A. 1 ) .
ill . Hss: A 76v- 77', Nr. 1 3 ; U 126v - 128', Nr. 140; B 250'V, N r. 106; L 120v-12P, Nr. 3; 0 271 v _272', Nr. 2; i 1 66v - 1 68', Nr. 6. (Die breite überlieferung beweist ein großes Leserin teresse an diesem bemerkenswerten Brief.)
(frz).
Resümee: LoenLernn 1 27f., Nr. 1 1 .
Ed: KydEpCarn, Nr. 2 1 .
ab: KydEpCam, ebd.
Lit: Frühere Literatur zum Briefbericht Manuels
bei BarkMan 59f., A. 163. IV. 1 Anspielung auf den Einleirungsteil der (Nikolaos, s.o.,
Xl)
Kabasilas gewidmeten
Abhandlung in Briefform LetMan 1 86-205, Nr. 67, die Manuel während seines Aufenthaltes auf Lesbos im Sommer 1 3 8 7 (ebd., Z. 2; vgl. oben, T342-344), verfaßte. Hier harte Manuel der Darstellung seines eigenen Unglücks und der daran anknüpfenden Frage, wie der Mensch schweres Leiden bewältigen könne, eingangs ein heiteres Element beigemischt, die dankbare Erwähnung des erfrischenden Meereswindes, welcher die brütende Sommerhitze auf Lesbos lindere (LetMan, Nr. 67, Z. 1 - 1 1 ) . Manuel begründet diese Abschweifung von seinem ern sten Thema im weiteren Verlauf des Briefes mit der Absicht, den Freund durch seine eigene Tragödie nicht allzusehr zu betrüben und ihm von vorneherein anzudeuten,
daß das Unglück
ihn - Manuel - nicht gänzlich in Verzweiflung gestürzt habe (ebd., Z. 36-63). Die Mi schung von Heiterkeit und Ernst in der philosophischen Erörterung ist im übrigen ein belieb ter platonischer Topos, auf den Kyd. auch anderwärts (vgl. z.B. Bd. ill, T305, Z. 4f.) anspielt. Vgl. die Ausführungen zum Topos bei
F.
Tmnefeld, Synesios von Kyrene: Philosophie der
Freude und Leidensbewältigung. Zur Problematik einer spätantiken Persönlichkeit, in: Stu dien zur Literatur der Spätantike, hg. von Ch. Gnilka/W. Scherter, Bonn 1975, 139- 179, hier 147f. mit A. 76- 8 1 . 2 Sc. der in A . 1 zitierte a n Kabasilas adressierte Text. 3 Anspielung auf LetMan, Nr. 67, S. 193, Z. 1 30 - 1 32, wo Manuel seine Abhandlung selbst als Festschmaus bezeichnet, zu dem er Kabasilas einlädt. 4 Zu diesem von Kyd. häufig bemühten Zitat aus PindOI 2, 155- 158 siehe Bd. 111, T5, A. 8. Zu weiteren Anspielungen auf die Stelle siehe Bd. 111, T21 , A. 7; Bd. 1I2, T81, A. 27; T84, A. 5; T94, A. 14; Bd. ill, T265, A. 2; T304, A. 4 (an den beiden letztgenannten Stellen ebenfalls mit Bezug auf Manuel). Der mit dem Zitat verbundene Gedanke von der natürli chen rhetorisch-literarischen Begabung Kaiser Manuels wird, unter Verzicht auf das Zitat, breit ausgeführt in T387; siehe dort, A. 4. 5 Es handelt sich um weitere Anspielungen auf LetMan, Nr. 67. Die schartenspendende Eiche befand sich nahe bei dem Zelt, das der Kaiser auf der Insel Lesbos bewohnte (ebd. 193, Z. 140- 143), dabei auch die erwähnte Quelle (ebd. 1 931195, Z. 144- 147). An dieser
65
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR Quelle korrunt es zu einem Gespräch des Kaisers mit seinen Getreuen über das Leiden und seine Bewältigung, das im zweiten Teil der Abhandlung wiedergegeben wird (ebd. 1 9 7-205, Z. 190-346). Die Haltung, mit welcher der Mensch nach Ansicht des Kaisers das Leiden bewältigen kann, ist die Tugend der Standhaftigkeit
(xaQ"tEQCa, ebd. 203, Z. 305).
6 PIPhdr 229ab, 230bc. 7 Gemeint sind die Reden am Anfang des Dialogs: die von Phaidros zitierte Rede des Lysias und die ironische des Sokrates über einen von schamloser Begierde bestimmten Eros (PIPhdr 230e-241d), dessen verderblichen Charakter Sokrates schließlich selbst entlarvt (PIPhdr 242b-243d). 8 In ManueIs Abhandlung wird die Frage, welches das größte Unglück sei (LetMan, Nr. 67, 197, Z. 195f.), von dem Fragesteller selbst so beantwortet: Das größte Unglück sei unverdientes Leiden, zumal, wenn es in seiner Schwere ohne Beispiel sei (ebd. Z. 214f.). 9 Sc. Kaiser Ioannes v., ManueIs Vater. Manuel hatte dem Gesprächspartner geantwortet, unschuldig zu leiden sei nicht das größte Übel, denn schlimmer sei es, mit schlechtem Gewis sen zu leiden. 10 Es scheint (wegen des einleitenden
y6:Q), daß auch dieser Satz noch auf Ioannes V. zu
beziehen ist, dem als dem regierenden Kaiser zwar von Rechts wegen die größere Ehre zu kommt, aber Kyd. ist, wie sich aus dem Folgenden ergibt, mit dieser Lösung dennoch nicht einverstanden. KydEpCam hingegen plädiert für Bezug des Satzes auf Jesus Christus; denn Manuel hatte ihn im weiteren Verlauf der Abhandlung als Vorbild des unschuldig Leidenden hingestellt (LetMan 201, Z. 275 -78). Doch müßten dann die folgenden Ausführungen, daß die eigene Ehre höher stehe - was dann bedeuten würde: höher als Gottes Ehre, im anderen Fall hingegen: höher als die Ehre des kaiserlichen Vaters -, doch recht befremden. Die Kritik des Kyd. bezieht sich vielmehr sehr wahrscheinlich auf die entscheidende Schlußpassage von LetMan, Nr. 67, nämlich S. 202, Z. 334-343. Sie lautet wie folgt: «Ich (sc. Manuel) sage deshalb: Wenn jemand von einem Mann offensichtlich gekränkt wird, der von sich den guten Ruf verbreiten kann ("tov
öo;av öllvallEVOll :rtaQWJXEi:V), er wolle nicht zu Unrecht kränken,
der Gekränkte aber dem Kränkenden in großer Liebe zugetan ist, ihn mehr als sein eigenes Haupt ehrt und sich deshalb gegen die Kränkungen nicht wehren will - obwohl er es könnte, weil der Kränkende von einer entsprechenden Gesinnung nicht freizusprechen ist, mag der Gekränkte auch versuchen, ihn davon reinzuwaschen - , wenn (also) jemandem dies wider fährt, warum sollte er leben, wenn es sich für ihn als schlimmer herausstellt, von den Krän kungen frei zu sein als diese mit sich herumzutragen, es andererseits aber viel besser als dies
für ihn wäre, zu sterben?» Ich verstehe diese sehr gewunden vorgetragene Argumentation so,
daß Manuel sich durch die Kränkungen seines Vaters, die er nicht anprangern wollte, in eine so ausweglose Situation versetzt sah, daß er es für besser hielt, tot zu sein, als zu leben. Mit dieser « Lösung» konnte sein Freund und Verehrer Kyd. natürlich nicht einverstanden sein. 1 1 Im Griechischen ein Wortspiel (Polyptoton): U:rtEQ öoSrlC; . . . :rtaQ6:öo;a MYELV. Wessen öo;a gemeint ist, ist nicht gesagt, doch nimmt Kyd. hier sehr wahrscheinlich Bezug auf "tOV öo;av Öllva!!EvOll :rtaQaaxEi:v (LetMan, Nr. 67, Z. 335, wie oben, A. 10, zitiert), bezieht sich also auf Ioannes V. Die Übersetzung bei KydEpCam « Mais ä toi ton renom te permet de dire ces choses meme completement paradoxales» bezieht
ö6;a, meines Erachtens irrig, auf das
Ansehen, das Manuel selbst genießt, denn der folgende Kontext setzt voraus, daß Manuel gerade nicht auf seinen eigenen Ruf bedacht ist, sondern zuerst auf den seines Vaters Rück sicht nimmt.
66
BRIEFE T363-364 12 Das Zitat aus ATBa 4, 3 (I-'i] öO� heQq> ti]v M!;av 001)), auf das sich Kyd. hier beruft, ist allerdings nicht auf die private Ehre bezogen, sondern eine Ermahnung an das Volk Israel, den Glauben an seinen Gott und die Ehre, die ihm daraus erwächst, keinem anderen Volk preiszugeben.
3 64 L: 375; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel;. D: 1387/88; wI: Kydones hat gehofft, den Freund, der nach Konstantinopel zurückgekehrt ist, zu tteffen, doch wird dies von neidischen Gegnern verhindert, die bereits zuvor angekündigt haben, die zu erwartende Rückkehr des Freundes werde Kydones nicht das erwünschte Wiedersehen bringen. Solche Inttigen in seiner Umgebung veranlassen Kydones, den Plan, seine Zuflucht im Abendland zu nehmen, nun ernsthaft anzugehen.
Du betrübst deine Freunde, wenn du abwesend bist, uild läßt sie leiden, wenn du hier bist. Schuld an beidem ist der Klang deiner Rede, die / süßer als Honig fließtl . Ihrer sind wir beraubt, wenn du abwesend bist; bist du aber hier, (dann) erlaubt man uns nicht, sie zu genießen. So sind wir in beiden Fällen in derselben unangenehmen Lage und wissen nicht, welche von beiden (Alternativen), die uns betrüben, wir vorziehen sollen; glei cherweise werden wir nämlich von beiden (schmerzlich) getroffen. Doch hat die Erwartung, dich binnen kurzem wiederzusehen, uns deine frühere Abwesenheit leichter ertragen lassen. Als du aber auf dem Weg hierher warst, neideten uns die, welche geschworen haben, ihr Leben lang gegen die Guten zu kämpfen, / das Zusammentreffen und erklärten uns, daß auch deine jetzt erwartete Rückkehr uns nichts nützen werde. Warum also sollte man jemanden noch sehen wollen, mit dem man keinen Kontakt haben darf? Denn das bedeutet geradezu, einen Becher schon erfaßt zu haben und trotz brennendem Durst gehindert zu werden, ihn an die Lippen zu führen. Es sollte uns ja jetzt nicht einmal das, was du uns bedeutest, Gutes bringen, damit uns, wie es scheint, / nichts im Land der Rhomäer verbleibe, was uns erfreuen könnte, so daß wir, in der Hoffnung auf die persönliche Begegnung, die wir uns stets wünschten, getäuscht, Gadeira, die Säulen2, das äußere Meer und die nördlichen In seln aufsuchen. Ja, das werden wir wahrhaftig tun und so denen zu Willen sein, die uns von allen Seiten bedrängen. Vielleicht werden wir die Kyklo pen dort wohlwollender finden als unsere eigenen Mitbürger. 67
5
10
15
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, wo man ihn hindert, seinen Freund wie derzusehen. E: Wer dieser rhetorisch b egab te Freund ist, den Kyd. nicht wiedersehen darf, ist nicht auszumachen. In manchem fühlt man sich an die Situation des verhinderten Wieder sehens mit Kaiser Manuel erinnert; vgl. oben, T354 und 355 und die unten, A. 1 behandelte Anspielung auf Nestor; doch gibt es keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, daß der intendierte Adressat identisch mit Manuel ist. Vielleicht handelt es sich um einen Briefentwurf für die beiden genannten präziseren Briefe an Kaiser ManueI während seines Aufenthaltes in Kon stantinopel, in denen allerdings von Reiseplänen wie hier keine Rede ist. D och äußert Kyd. diese in dem späteren Brief an Manuel T358 , Z. 22-27. OE: Loenertz überschreibt den Brief mit den Worten: «Amico, nuper in urbem reverso iterurnque profecto» (An einen Freund, der kürzlich nach Konstantinopel zurückkehrte, aber wieder abgereist ist) . Ich glaube hingegen, daß das Bedauern des Kyd., den Adressaten nicht sehen zu dürfen, sich auf den in Konstantinopel gegenwärtigen Freund bezieht. Die Interpretation hängt davon ab, ob man das «jetzt» in der Wendung « deine j etzt erwartete Rückkehr» (Z. 11) auf die Gegenwart oder auf die Zeit bezieht, als die Intriganten die Verhinderung des « jetzt erwarteten» Wiedersehens ankündigten. Ich halte letzteres für wahrscheinlicher. D: Die beiden zeitlichen Anhalts punkte sind: die Nennung der Intriganten, die wohl im Dienst des kaiserlichen Hofes tätig sind (vgl. T354, BKyd), und die Reisepläne des Kyd. (s.o., T360, BKyd und öfter). Beide Angaben sind zu vage, um daraus eine genauere D atierung als auf die späteren 80er Jahre abzuleiten. D och ist die Abfassung auf eine Zeit anzusetzen, als sich die Reisepläne des Kyd. noch nicht konkretisiert hatren (s. u., T394, D), also 138 7/88. Handelt es sich aber (wie oben unter E diskutiert) um den Entwurf eines Briefes an ManueI, dann wäre dieser wohl kurz vor T354, also auf Herbst 138 7 zu datieren. Da dies aber nicht sicher ist, wird der Brief hier gemäß LC I1, 494, Liste XVI zusammen mit einigen weniger genau datierbaren Briefen der Jahre 138 7/88 eingeordnet. II. BKyd: S. o., D.
III. Hss: A 73"', Nr. 8. IV . 1 Zu dieser Anspielung auf den homerischen Nestor (mit Bezug auf die Rhetorik
Kaiser Manuels), s. o., T356, A. 4. 2 Zu den «Säulen» (sc. des HerakIes) und Gadeira siehe Bd. I12, T49, A. 12
3 65 L: 377; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel; D: 138 7-8 9 (?); wI: Kydones berichtet, daß er arn vorausgehenden Tag überraschend zu seinem ehemaligen D ienstherrn, Kaiser Ioannes V., gerufen wurde. Der Kaiser, der sich krank fühlte und sonst niemanden empfing, erklärte ihm daß er seiner Gesellschaft b edürfe, und ließ ihm auch leutselig Geschenke zukommen; doch mußte Kydones sich bei ihm dafür entschuldigen, daß er einer Festfeier im Palast ferngeblieben war. Obwohl Kollegen arn Hof diesen fteundlichen Empfang als großen Fortschritt in der Verbesserung der Beziehungen preisen, bleibt Kydo nes skeptisch und erklärt das Ganze ironisch als ein Traumgesicht. ,
68
BRIEFE T3 64- 3 65
Gestern geschah etwas Erstaunliches, wenn man ein unverhofftes (Ereig nis) so bezeichnen darf. Ich / saß im Kaiserpalast, und viele saßen bei mir, die wie gewöhnlich das Unglück des Vaterlandes beklagten. Denn das Fest des ERLÖSERS l hatte uns alle zusammengeführt. Da kam jemand aus den inneren (Gemächern des Palastes), brachte mir einen Hasen und sagte: « Nimm ihn; der Kaiser gibt ihn dir und sagt, er hätte ihn gern selbst geges sen, aber lieber sei es ihm, wenn du das Tier als Mittagsmahl verzehrtest.» Da lachte ich, sagte ihm Dank / für seine Freundlichkeit und versprach ihm, das Gebotene so auszuführen, daß den Speisemeistern nicht einmal etwas von den Knochen verbleiben werde. Da schrieen alsbald die Anwesenden auf, als hätte mir der Kaiser Magnesia oder Myus geschenkt2; sie spendeten ihm Beifall für seine Wohltat, mir aber weissagten sie, was hier im Kleinen geschehe, werde der Anfang großer Gunsterweise und gewiß ein Vorspiel (weiterer) Geschenke in der Zukunft sein. / Als die (Begeisterung) über den Hasen sich noch nicht gelegt hatte, kam ein anderer und rief mich bei mei nem Namen zu dem Zimmer, wo der Kaiser zu schlafen pflegt. Dies wie derum schien denen, die es hörten, geradezu (soviel) zu bedeuten wie ein Aufruf zur Teilnahme an der Herrschaft. Denn nichts anderes besage es, wenn man vor allen bevorzugt werde; sei doch keinem der Eintritt bei ihm gestattet - der Kaiser war nämlich derzeit für niemanden zu sprechen, weil ihn ein körperliches Unwohlsein / zwang, in seinen Gemächern zu bleiben , und nur ich dürfe bei ihm eintreten. So folgte ich mit geziemender Würde3 dem, der mich (zu ihm) beordert hatte, und traf (den Kaiser) allein auf seinem Lager, in einen dicken Pelz gehüllt und stöhnend wie einer, der Schmerzen hat. Als ich ihn aber nach seinen Beschwerden fragte, antwor tete er, er habe am Vortage irgendeine Speise nicht vertragen, und fügte hinzu, er habe mich nicht rufen lassen, weil er meiner (Dienste) bedürfe, / sondern nur, um sich mit mir zu unterhalten; denn davon erhoffe er sich Linderung (seiner Schmerzen). Dann rief er einen anderen von seinen ver trauten Dienern herbei, denen sein leibliches Wohl anvertraut ist. Ich sagte ihm Dank für die Ehre, wünschte ihm Genesung von seinen Be schwerden und wollte (wieder) zu meinen Kollegen hinausgehen. Er aber hielt mich zurück und sagte, vor meinem Fortgehen müsse ich mich (für etwas) entschuldigen. Ich hätte nämlich am heutigen Tage etwas getan, was eine Abbitte / erfordere. Der Vorwurf aber bestand darin, ich sei der Feier des Festes4 ferngeblieben. Das hielt er mir als ein gravieren des (Vergehen) vor, wobei er noch einige erschwerende Aspekte hinzu-
69
5
10
15
20
25
30
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
fügte, z. B., daß der Chorführer - damit meinte er mich - seinem Chor nicht fernbleiben dürfe. Als ich aber einigen Hindernissen dafür die Schuld gab und mich auf diese zurückzog, beteuerte er, daß er mir glaube und bereit sei, mir Verzeihung zu gewähren. Als Beweis dafür nannte er 35 die / Geschenke, die er mir anläßlich des Festes zukommen lasse. Zugleich
überreichte er mir zwei LeuchtenS, die man an den Festtagen zu verteilen
pflegt. Darauf verweilte ich noch kurze Zeit bei ihm, und nachdem ich wenig gesagt und viel zu hören bekommen hatte, ging ich hinaus und wurde von den unglückseligen (Gestalten) im Palast für das Glück6, das mir binnen (so) kurzer Zeit (zugefallen sei), selig gepriesen. Du weißt ja, was für Seelchen die dort gestapelten Hohltöpfe7 sind und wie sie nicht nur auf das Wort, sondern sogar auf den Wink des Kaisers hin springen8 • / 40 Ich aber lachte, überzeugt, daß es mir aufgrund dieses Vorfalls um nichts
besser gehen werde. Jene aber bedauerte ich, weil sie sich nicht schämten, nach Trugbildern der Hoffnung Ausschau zu halten. Dies berichte ich dir über meine gestrigen Traumgesichte9, damit du weißt, mit welchen Wor ten der Kaiser das lange Schweigen unterbrach. K 1. OKyd: Im Bereich des Kaiserpalastes (Z. 4f. und passim). E, OE: Der Empfänger des Briefes, dem Kyd. in recht vertraulichem Ton schreibt, scheint die Verhältnisse am Hof zwar zu kennen und daher in Konstantinopel zu wohnen, selbst aber, da der Bericht sonst unnötig wäre, nicht dem höfischen Bereich anzugehören. D: Die von Loenerrz vorgenommene Ein ordnung des Briefes in die Phase der kaiserlichen Ungnade seit ca. Herbst 1 3 8 7 (s. o., T358, Xl) wird durch Z. 1 1 - 14. 37-41 begründet: Die Kollegen des Kyd. werten dessen leutseli gen Empfang beim Kaiser, der bereits «nach kurzer Zeit» (Z. 37) erfolgt, als ein besonderes Glück, während Kyd. selbst nicht glaubt, daß sich etwas ändern werde. Man fragt sich, was mit der «kurzen Zeit» gemeint ist. Die nach der Verhängung der Ungnade? Dann wäre der Brief nicht allzulange nach Herbst 1 3 8 7 einzuordnen. Loenerrz hingegen hält sogar 1389 noch für möglich, und auch dies läßt sich begründen, weil Kyd. am Schluß des Briefes von einem «langen Schweigen» des Kaisers spricht (Z. 43). Andererseits scheint der Kaiser, wenn er Kyd. als «Chorführer» (antike Bezeichnung des Vortänzers im Reigentanz) bezeichnet (Z. 31), eigentlich noch seine leitende Stellung am Kaiserhof vorauszusetzen, und dazu würde auch passen, daß er an einem Fesrtag die offizielle Anwesenheit des Kyd. am Hof erwartete (Z. 30). Die Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung sind mithin so widersprüchlich, daß der zeitliche Rahmen zwischen 1 3 8 7 und 1389 kaum noch genauer präzisiert werden kann. Ir. BKyd: Siehe die Angaben unter D. Xl: Ein Diener, der Kyd. die Einladung des Kai sers überbringt (Z. 6-9. 11). Xl: Ein Kaiser, Ioannes V. Palaiologos, der erkrankt ist und sich Kyd. gegenüber unerwartet leutselig erweist (passim). X3: Ein Kammerdiener des Kaisers (Z. 15f.). III . Hss: A 74'- 75', Nr. 10; U 123v- 124v, Nr. 137.
70
BRIEFE T365-366
rv. 1 Loenertz bemerkt zur Stelle: «Natale an Resurrectio Domini?»
2 Zur Anspielung auf die Verleihung der Herrschaft über Magnesia und Myus an Themi stokles durch Artaxerxes 1., hier als metaphorischer Ausdruck für ein wertvolles Geschenk oder Angebot s. o., T343, A. 23. 3 W.: f.LHU axli f.LaTo �. 4 Vgl. oben, A. 1 . 5 W.: Aaf.LJtuÖLa (wie unten, T382, A . 1 ) , hier allgemein mit «Leuchten» übersetzt. Es handelt sich wohl eher um Kerzenleuchter bzw. Kerzen als um Ö llampen, denn gemäß R. F. TaftJA. Kazhdan, ODB 371, Art. Candles wurden Ö llampen bereits seit dem 7. Jh. mehr und mehr durch Kerzen ersetzt, und nunmehr nahm auch das Wort Aaf.LJtu� die Bedeutung «große Kerze» an, so daß die hier verwendete Diminutivform eine kleinere Kerze bezeichnen würde. Vgl. nun auch: Byzantine Monastic Foundation Documents, ed.J. Thomas/A. Constantinides Hero, Washington, D. c., 2000, vol. I-V, hier vol. V, Glossary, 1934, s. v. lighting devices, mit zahlreichen Belegen für Kerzen. 6 Mit xaxoÖmf.L0vUJv ( <
=
=
»
366 L: 369; OKyd: Konstantinopel; E: Ein befreundeter Mönch; OE: Konstantinopel; D: 1387-89 (?); wI: Kydones teilt die Ansicht des Adressaten, daß der sittliche Tiefstand der Bürger von Konstantinopel die baldige Sttafe Gottes verdiene. Andererseits würde er es für ungerecht halten, wenn auch er selbst und die ihm Gleichgesinnten in die Bestrafung mit einbezogen würden. Er hofft deshalb dennoch auf barmherzigen Aufschub der Katastrophe und bittet den Adressaten um ein entsprechendes Gebet.
Passend hast du dem TadeF auch die Prophezeiung hinzugefügt. Denn was sich bei uns ereignet, / ist in jeder Hinsicht beschämend und schmäh71
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
lich, und (so) werden wir den Gefahren, die du voraussagst, nicht entrin nen können. Wenn aber die Feinde bis jetzt (noch) nicht innerhalb der Mauern ihr Unwesen treiben, will dies niemand aus natürlichen Ursachen erklären, sondern alle schreiben es göttlichem Eingreifen2 zu (und schlie ßen daraus, daß) Gott die Bosheit der Bürger (von Konstantinopel) noch 10 ertrage und sie (dadurch) in seiner Güte zur Bekehrung lenke.
/ Ich (aber)
bin überzeugt, daß er die Freveltaten nicht mehr dulden wird, sondern die Behandlung mit Arzneien aufgegeben hat und die Wunde mit glühen dem Eisen kurieren will. Denn für die, welche völlig gefühllos sind, ver bleibt nur dieses (Mittel zur) Rettung, das die Tierpfleger bei den unver nünftigen Wesen anwenden. Sie zwingen sie nämlich zu Boden, zerren und würgen sie und versuchen sie so zu heilen. Solcher (Methoden) be-
lS dürfen auch wir fortan, weil wir die / Vernunft bei unserem Tun völlig ausgeschaltet haben, uns vielmehr von den Affekten leiten lassen und uns offensichtlich wie Tiere verhalten. Möge aber Gott die Hefe seines Zor nes3 für die Gottlosen aufheben und nicht ständig die den Sündern (be stimmte) Rute auf das Erbteil der Gerechten einschlagen lassen4! Du aber, höre auf damit, nur Unglück zu prophezeien und bete (vielmehr), daß 20 Gott es abwende ! Denn seinen Dienern wird er, bereit zum
/ Erbarmen,
gnädig das Heil gewähren, um das sie (ihn) anflehen. K
<
1. OKyd: Die Feinde sind noch nicht in die Stadt (E'LOW 'tELXeiiV ) eingedrungen, in der sich Kyd. für gewöhnlich aufhält (Z. M.). E, OE: Der Empfänger des Briefes hat die verzweifelte politische Lage Konstantinopels als göttliche Strafe für die sittliche Verderbnis seiner Bürger gedeutet und weitere Sttafen prophezeit. Kyd. bittet ihn um sein Gebet (Z. 19). Beides weist darauf hin, daß er ein Kleriker oder eher noch ein Mönch ist. Es ist anzunehmen, daß auch er sich in der Stadt aufhält. D: Der Brief ist der erste in Heft 12 (nach der Zählung von Loenertz; vgl. LR 3 8 ) des Autographen A. Mit Ausnahme von L378 sind alle Briefe des Heftes in den Zeitraum ca. 1 3 8 7 - 89 (vgl. LC 11, XIV) zu datieren. Man darf daher anneh men, daß die erwähnten Feinde die während dieser Jahre Konstantinopel bedrängenden Os manen sind. Da Kyd. über einen längeren Zeitraum hinweg über die Streit- und Selbstsucht seiner Mitbürger klagt, z.B. T369, Z. 21 -23, aber auch T430, Z. 5 1 - 59, in einem Brief, der erst auf 1 391 zu datieren ist, ist aus dieser Kritik kein Anhaltpunkt für eine präzisere Datie rungdes vorliegenden Briefes zu enmehmen. 11. ZG: Zur äußeren und inneren Situation Konstantinopels s. o., D. Ep: Ob sich der einleitende Satz des Briefes auf einen vorausgegangenen Brief oder eine mündliche Aussage bezieht, muß offen bleiben. ill . Hss: A 70', Nr. 1; U 1 16rv, Nr. 128 . IV. 1 W: XW[!WÖLU. Zu dieser Bedeutung des Wortes s.o., T347, A. 8. 2 w.: 8EL«;! nvi [!OLQ«;!, vgl. LSc, s. v. [!OLgU, ill, 1 und 8ELO�, I, 1.
72
BRIEFE T366-367
3 Das Bild stammt aus ATPs 74 (LXX), 9, wo es heißt: « Denn der Kelch ist in der Hand des Herrn, voll von ungemischtem Wein, und er hat ihn hin und her gewendet, aber seine Hefe ist (noch) nicht ausgeleert; alle Sünder der Erde werden von ihr trinken.» 4 Vgl. ATPs 124 (LXX), 3.
367 L: 3 9 0 ; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Verehrer; O E : Lemnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Der Adressat war als Verehrer der literarischen Kunst des Kydones bereit, einem gewissen Angelos sein einziges Lamm zu geben, wenn er ihn überreden könne, ihm (dem Adressaten) einen Brief zu schreiben. Kydones schreibt nun zwar diesen Brief, hält aber den Enthusiasmus seines Bewunderers für töricht und rät ihm ironisch, das Lamm, das für seinen Lebensunterhalt unentbehrlich sei, nicht nur zu behalten, sondern sich auch noch bei Angelos und anderen weitere Lämmer zu stehlen.
Wie hoch du einen Brief von mir einschätzt, wußte ich früher nicht. Als ich jetzt aber hörte, / welche Versprechungen du dem Angelos gemacht hast, um in den Besitz eines solchen zu gelangen, ließ ich mich überzeugen, daß dir gewiß nichts wertvoller ist, als das, was ich schreibe. Hast du doch sogar jenes Schäflein, das jetzt dein einziges Eigentum ist und von dem allein du dich zu ernähren hoffst, dem Angelos dafür, daß er mich überrede, dir zu schreiben, zum Lohn gegeben. Denn ohne den geringen Preis des Tieres in Betracht zu ziehen, bedachte ich seine Not wendigkeit (für dich) und (gelangte zu dem Ergebnis), daß es dir jetzt sogar wertvoller und lebenswichtiger sein müsse als jenes goldene Lamm, mit dem der Mythos die Götter / bewirteteI . Denn zweifellos bist du, nachdem d u es weggabst, in Gefahr, Hungers z u sterben, weil dir keine andere Arznei gegen ihn verblieben ist. Du aber hieltest das Tier allein nicht für ausreichend, Angelos für seinen Auftrag geneigter zu stimmen, sondern vereinbartest zudem auch eine Zahl von Tagen, / innerhalb derer er bei dir vorsprechen müsse, um dir das Gewünschte zu bringen2• So leicht fällt es dir, für schlechte Briefe alles, was du hast, herzugeben! Nun (aber) rate ich dir, von dieser sinnlosen und unnützen Begeiste rung, die dir vielleicht sogar bei vielen Gelächter einbringen wird, abzu lassen, das Lamm aber zu behalten und wie ein kostbares Juwel zu hüten. Mußt du es aber unbedingt / verzehren, tu es schonend, damit du mögliehst lange bei lebendigem Leib dein Unglück spüren kannst; versuche aber das (Lamm) des Angelos noch hinzuzugewinnen. Ich höre nämlich, 73
5
10
15
20
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
daß auch er eines auf der Weide hat. Aber auch wenn ein anderer ein anderes von ähnlicher Qualität in seinem Hause füttert, solltest du versu chen, auch dieses bei Nacht in (deine) Unterkunft zu zerren. Ja, du solltest die Redekünste des Hermes ein wenig beiseite lassen und deinen Ehrgeiz 25
eifriger auf seine andere (Kunst), (nämlich) / das Stehlen richten. Du siehst ja, daß die gegenwärtige Zeit es nicht erlaubt, allzuviel Philosophie zu betreiben, sondern Unverschämtheit und Diebstahl sind das Gebot der Stunde, vielleicht aber auch Gewalt, wenn zu vermuten ist, daß jemand jetzt gerade schwächer ist als wir. Denn du wirst (sogar) mit so vielem Zugewinn kaum irgendwie überleben können. Für meine Briefe aber gib nichts aus und wirf für solche unbedeutenden Sachen dein Geld nicht
30
leichtfertig weg. Denn ich will dir von ihnen sogar gratis (einige) / zukom
men lassen und so deinen Hunger stillen, falls du es denn fertigbringst,
ihn mit Literatur3 zu besänftigen, wenn er in deinem Magen laut schreit. Es ist nämlich nicht so leicht, seiner Unersättlichkeit Einhalt zu gebieten. K
1. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort.
E, OE: Ein Mann auf Lemnos (wie aus
seinem Kontakt mit dem Boten Angelos zu erschließen ist, s. u.,
Xl), der sich so für Kydones'
Briefe begeisterte, daß er dem Angelos sein einziges Lamm versprach, wenn er Kyd. veranlas sen könne, ihm zu schreiben (Z. 4 - 1 1 ) . Kyd., der deshalb an seinem gesunden Verstand zweifelt, gibt ihm ironische Ratschläge, wie er in Zukunft seine Existenz sichern könne.
D:
Wegen des genannten Briefboten gehört der Brief in die zeitliche Nähe der anderen von Angelos nach Lemnos überbrachten Briefe. Daher wird der Brief hier unmittelbar vor dem muttnaßlich ersten Brief an Kaiser Manuel, in dem Angelos erwähnt wird, eingeordnet, in der Annahme, daß der Lemnier Angelos bei seinem ersten Besuch in Konstantinopel Kyd. zugleich über den Wunsch des Adressaten (s. o., E) wie auch über die in T368 erwähnte Entschuldigung Kaiser Manuels informierte. Die Einordnung des hier folgenden Briefes L387/ T369 vor 1.390 (dem vorliegenden Brief) durch LoenLemn 129 erfolgt ohne zwingenden Grund und wird daher nicht übernommen.
II. Xl:
Ein weiter nicht bekannter Mann aus Lemnos (vgl. LoenLemn 126), der gemäß
T371, Z. 36f. den Familiennamen Angelos trug (Z. 5. 8. 14. 2 1 ) . Der Name, der auch «Bote» bedeutet, war also kein Spitzname. Angelos war auch im Briefaustausch des Kyd. mit Kaiser Manuel und mit Maximos Chrysoberges auf Lemnos als Bote tätig (s. u., T368, Z. 14; T371, Z. 21. 32. 36. 44; T376, Z. 23).
ZG: Kyd. moniert die allgemeine Verrohung der gesell
schaftlichen Umgangsformen (Z. 25-27).
Ep: Ein Brief des Adressaten an Kyd. ist nicht
vorauszusetzen; er ließ seine Bitte durch Angelos vortragen (Z. 8f.).
m. Hss: A 41v_42r, Nr. 9; U 60v-61', Nr. 78.
Resümee: LoenLemn 1 3 0, Nr. 1 3 .
IV. 1 Vgl. Euripides, Orestes, 8 1 2 - 8 14. 2 W: EV ut<; ulftov ÖETjOEL OE l"tQOOX\JVELV, ö"tUV Chv EQQ.<; om XO[lLO!l. 3 W: Mym<;.
74
BRIEFE T367-368
Gruppe II: Datierbare Briefe der Liste LC II 495, Nr. XVII (1388/89), mit abweichender Einordnung der Briefe L393, 398 und 82 und Einfügung von L239 368
-
An Kaiser Manuel
L: 3 8 3 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Lemnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Der Kaiser hat sich durch den Briefboten Angelos dafür entschuldigen lassen, daß er längere Zeit nicht geschrieben habe. Kydones erklärt die Entschuldigung mit Hinweis auf Manuels schwierige Lage für unnötig; er sei sich seiner freundschafrlichen Gesinnung auch ohne Briefe sicher. Es genüge, nur dann zu schreiben, wenn er sich in entsprechender Stim mung fühle.
Auch dies ist ein Zeichen der Achtung, wenn man eine Entschuldigung dafür ausrichten läßt, nicht geschrieben zu haben. Ich / aber bin nicht so gedankenlos, von einem Kaiser Briefe zu erbitten, dessen Seele von mehr Sorgen überflutet ist als Seeleute bei Sturm von den Wogen. Nein, das wäre nicht gerecht, zumal es einige andere gibt, die es als Mißachtung empfinden würden, wenn ich Post bekäme, sie aber dieser Ehre beraubt wären1. Jetzt aber hast du mich durch dein Schweigen vor unverdientem Neid und dich selbst vor ungerechtem TadeF bewahrt. Warum brauchte im übrigen der (noch ) einen Beweis, / der durch die Tatsachen selbst überzeugt wurde ? Wenn also ein Brief ein Zeichen der Freundschaft ist, wäre es dann nicht Zeitverschwendung, wenn ich es versäumte, das Wich tigste, deine Gesinnung, im Auge zu behalten, für die mir seit langem viele Beweise vorliegen, sondern mich an Nebensächlichkeiten3 klammerte und mit ihrer Hilfe versuchte, jene (Gesinnung) zu erhaschen, über die ich doch sogar andere belehren könnte? Deshalb ließ ich es nicht zu, daß Angelos gemäß seiner Absicht in deinem Namen eine Entschuldigung aus sprach, / und sagte, ich sei durch frühere (Erfahrungen) zur Genüge über die Gesinnung, die der gute Kaiser für mich hege, belehrt worden. Schreibe also, wenn es dir ganz leicht fällt und nichts Äußeres dich hin dert; denn erfreuen wirst du mich (damit). Wenn es (aber) umgekehrt Gründe gibt, die dich hindern, schweige ! Du wirst mich ja nicht betrüben, weil du aus berechtigtem Anlaß schweigst. K
1. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. nos; vgl. D.
E, OE: Ein Kaiser (Z. 5. 1 5 ), auf Lem
D: Der Brief gehört in die Reihe der an Manuel
11.
nach Lemnos adressierten
75
5
10
15
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Briefe. Dafür spricht vor allem seine Stellung in der Überlieferung: Im gleichen liber XXXVI, gemäß LC
11, XN
identisch mit Heft 6 - dazu LR 34 - finden sich insgesamt elf nach
Lemnos adressierte Briefe. Ausdrücklich ist Lemnos nur genannt in L387fT369. Auch die Erwähnung des Briefboten Angelos (Z. 14; vgl. T367, E) weist in diese Richtung. Die Anspie lung auf die unerfreuliche Situation des Adressaten (Z. 5f.) ist zwar mehrdeutig, läßt sich aber zumindest auch auf die Verbannung nach Lemnos beziehen. Aus der Entschuldigung Manuels (Z. 4.14) läßt sich erschließen, daß seit seinem letzten Brief (s. o., T359, D: zumin dest ein Brief von Manuel aus Lemnos hat Kyd. schon erreicht) mehrere Wochen oder gar einige Monate vergangen sind. IL BKyd: Die Zurückweisung der überflüssigen Entschuldigung Manuels erfolgt mit der gewohnten Umständlichkeit.
Xl, Ep: Angelos
(siehe D) hat diesmal offenbar keinen Brief
von Manuel überbracht, sondern nur, von ihm beauftragt, seine Säumigkeit entschuldigt (Z. 14, Z. 4 und die Anspielung T371, Z. 43f.). Briefe Manuels aus Lemnos an Kyd. sind nicht erhalten.
IIL Hss: A 38v, Nr. 2; U 5Yv, Nr. 71; B 254', Nr. 1 1 2.
Resümee: LoenLemn 126, Nr. 9.
Die dort erfolgte chronologisch frühere Einordnung des Briefes wurde nicht übernommen.
IV. 1 Offenbar ließ Manuel durch den Briefboten (Z. 14) andeuten, er habe auch andere Freunde in Konstantinopel auf Post warten lassen und habe sie durch Bevorzugung des Kyd. nicht brüskieren wollen. 2 Sc., Tadel von seiten der Neider. 3 W.: OXLWV. Kyd. will sagen, daß der Beweis der Gesinnung durch Briefe nebensächlich wird, wenn man die Gesinnung eines Menschen so gut kennt.
369
-
An Chrysoberges
L: 387; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Lemnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Der Adressat, der sich bei Manuel 11. aufhält, hat sich über die bescheidene Wohn- und Ernährungssituation auf der Insel beklagt. Kydones spricht ihm Trost zu und ermahnt ihn zu Geduld und Vertrauen; denn die göttliche Vorsehung werde die tapfere Gesinnung des Kaisers nicht unbelohnt lassen und recht bald sein Schicksal wenden.
5
10
Ich hätte geglaubt, daß (die Insel) Lemnos, die anderen stets das / Sprichwort von ihren Übeln1 demonstrierte, euch Schonung und - aus Mitleid mit eurer langen Plage - ein wenig Barmherzigkeit zeigen, nicht aber denen, die jetzt auf ihr leben, noch schlimmere Widerwärtigkeiten als zuvor bescheren würde. Aber anscheinend gehört es zu ihrem Wesen, ihren Gästen Schlimmes anzutun und die, welche auf ihr verweilen, mit der Gastfreundschaft eines Kyklopen zu behandeln2. So hat sie (denn) auch an euch ihr sprichwörtlich rohes Verhalten bestätigt. / Da (also schon) kein Schwert euch bedrohen kann, besorgt sie durch übermäßigen Mangel 76
BRIEFE T368-369
das Werk des Schwertes, als ob sie fürchte, es könne ihr jemand unvermerkt wohlbehalten entrinnen und dadurch ihren traditionellen Ruhm schmä lern. Doch werden freilich für das Unrecht, das sie anderen zufügt, die Steuereinnehmer sie zur Genüge bestrafen und das Sprichwort mit Zinsen gegen sie anwenden, so daß man fortan das lemnische Übel nicht mehr wegen ihrer Taten, sondern wegen / ihrer Leiden besingen wird. Du aber, laß nicht alles nach Willkür mit dir geschehen; lerne3 vielmehr
15
auch, dich dem, was (dir) geschieht, entgegenzustellen, und schreibe nicht alles, was im Augenblick unerfreulich ist, Lemnos zu; denn überall wirst du Lemnos und seine Übel finden, solange der Wirbelstrom4 des Schicksals die Geschicke der Menschen auf- und niederwogen läßt, vor allem / j etzt, da alles, was rings um unser Land geschiehtS, die Habgier
20
der Barbaren wie eine Wolke umfängt, aber auch alle Vorgänge im Inne
ren von ihrem Gutdünken gelenkt werden, alles voll ist von Zwietracht und Mißtrauen und nur ein Weg zum Überleben verbleibt: ein perfekter Schurke zu werden. Wenn also überall Klippen (aufragen), wollen wir das nutzlose Klagen aufgeben und gegen das wogende Meer Gott anrufen. Weil er gut ist, wird er uns erhören; er wird den Sturm beruhigen / und
25
es denen, die auf ihn hoffen, gewähren, einen Hafen zu erreichen. Solange aber (die Lage so) düster bleibt, wollen wir versuchen, das Unabwendbare zu ertragen, weil wir wissen, daß jeder Wandel einen Umschlag ins Ge
genteil bringen kann. So sollen wir weder im Glück das Gegenwärtige für unabänderlich noch im Unglück die Wendung zum Besseren für unwahr scheinlich halten, sondern diese um so mehr erhoffen, je mehr wir / über-
30
zeugt sind, daß die göttliche Güte dem Erbarmen und der Menschenliebe zuneigt. Es wird auch der Gedanke deine Betrübnis lindern können, daß es viele vortreffliche Menschen gibt, die dein Unglück teilen. Wäre es nicht schmählich, sich weniger männlich zu zeigen als sie? Ja, ist es denn nicht auch mit Genugtuung verbunden, wenn man zusammen mit einem sol chen Kaiser in eine Notlage gerät? Man sollte (doch) glauben, daß die Gefahren, die man zusammen mit den Besten (besteht), auch ehrenvoll sind ! Das aber soll dich überzeugen, / daß es nicht nur ein Ausruhen von den jetzigen Widerwärtigkeiten geben, sondern das jetzt (so) Unerfreuli che sogar mit dem Gegenteil enden wird. Es ist aber gut, wenn du dir aufgrund der gegenwärtigen Plagen eine Zuversicht erwirbst, die dich be fähigen wird, in Zukunft getrost die (verdienten) Ehrungen für das Erlit77
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
tene einzufordern. Im Glauben also, daß du zu einem gewinnbringenden 40
Geschäft unterwegs bist, bestehe nun das mutwillige Meer, / binde deinen Kahn an das Schiff des Kaisers und laß dich tragen, wohin er dich führt, indem du ihm guten Mutes folgst und bereit bist, sein Schicksal zu teilen, in welche Richtung es sich auch (neigen mag). Es sind jedoch alle über zeugt, daß eure jetzige Not euch nicht lange quälen, sondern daß die gute
VORSEHUNG dem Unerfreulichen, (das euch) jetzt (widerfährt), Gutes in dichter Fülle entgegenstellen wird. Denn die tapfere Gesinnung des Kai sers verspricht uns auch dies, und niemand kann sich vorstellen, daß sie ohne Lohn bleiben wird. K L OKyd: An seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort.
E: Zur Identifizierung des im Titel OE: Z. 4. 1 5 . 1 7f. D: Die
genannten Chrysoberges mit Maximos Ch. siehe KalekEp 57f.
Klagen des Maximos über die bescheidenen Lebensverhältnisse (Z. 17) lassen vermuten, daß er sich bereits längere Zeit mit Manuel IL auf der Insel aufhält.
11. BKyd, BE: Der Klage des Maximos über sein Leben auf Lemnos hält Kyd. folgendes entgegen: Die allgemeine Situation in anderen Gebieten des byzantinischen Bereiches ist nicht besser (Z. 1 8 -24); von der Güte Gottes ist eine Besserung der Lage zu erhoffen, die man in Geduld abwarten soll (Z. 24- 30), zumal zu hoffen ist, daß Gott die tapfere Gesinnung des Kaisers, in dessen Gesellschaft sich Chrysoberges befindet, belohnen wird (Z. 30 -44).
Xl :
Ein Kaiser (Z. 32. 39. 43 ), Manuel 11. in seinem Exil auf Lemnos (s. o., T368, D ) , dessen auftechte Haltung Kyd. als vorbildlich hinstellt (Z. 32f. 43f. ) .
ZC: 1. Anspielung auf den
lastenden Steuerdruck (Z. 12f.), der durch die Krisensituation des Reiches noch erhöht wird. - 2. Klage über die Verrohung der Sitten infolge der allgemeinen Notlage; nur ein perfekter Schurke (ltafl3t6VT)Qo�) kann noch sein Leben retten (Z. 22f. ) . Vgl. T367, ZG. 3. Ausplünderung des Landes durch die Barbaren
(
=
Osmanen), die auch schon politische
Macht über Konstantinopel ausüben (Z. 20f.). III. Hss: A 40rv, Nr. 6; U 57v-58v, Nr. 75; B 255rv, Nr. 1 14; L 125"-1 26', Nr. 9. Resümee: LoenLemn 129, Nr. 12. Die dort vorgeschlagene chronologische Einordnung, die von LC 11 495 abweicht, wird nicht übernommen.
IV. 1 S. o., T355, A. 8 . Im folgenden (Z. 4 - 1 5 ) bezieht sich Kyd. humorvoll auf das Thema des «lemnischen Übels» .
2 Gemäß HomOd 9, 288 - 2 9 1 . 3 1 1 . 344 bestand die « Gastfteundschaft» des Kyklopen darin, die Gefährten des Odysseus nach und nach paarweise aufzufressen. Zum Kyklopenver gleich siehe auch Bd. 111, 167, T 1 8 , A. 5. 3 W.: EltLCftW
(
=
wisse), Imperativ zu EltL01:Uf,lUL statt attisch EltLO,UOO (zu beiden Formen:
Schwyzer I 668 ). 4 W.: EiJQl.1to� ( dazu Bd. III, Register, 344, s. n.). 5 « . . . was rings um unser Land geschieht» , w.: ,u E�W.
78
BRIEFE T369-370
370
-
An den Kaiser
L: 3 8 8 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Lemnos; D: 1388; wI: Kydones bestätigt den Empfang eines von Manuel aus Lemnos a n ihn geschriebenen Briefes, in dem jener ihn zum Schreiben ermahne, obwohl gegenwärtig sogar zwei eigene Briefe von ihm an den Kaiser unterwegs seien, in denen er ihn seinerseits ermahne, die geistige Betätigung nicht zu vernachlässigen. Wie der jetzige Brief des Kaisers nämlich zeige, erscheine diese Mahnung berechtigt, weil er behaupte, auf Lemnos seine Zeit nur noch mit der Jagd und anderen Zerstreuungen zu verbringen. Allerdings sei, meint Kydones, diese Mitteilung nicht ganz ernstzunehmen; vielmehr sei zu vermuten, daß Manuel nur seine Arbeit an einem neuen Werk verheimlichen wolle, um den Kreis seiner Bewunderer später um so mehr zu verblüffen.
Über beides habe ich mich gefreut: daß ich deinem Brief zuvorkam, indem ich dir zweimal schrieb, / und daß durch deinen Brief mich Vor-
5
würfe erreichten, ich würde nicht schreiben. Denn beides ist für mich ein Gewinn: das eine, weil ich das, was dir zusteht, eingehalten habe, das andere aber, weil ich von dir einen Beweis deiner Zuneigung erhielt. Denn es ist klar: wenn man von jemandem Briefe fordert, schätzt man das Ge spräch mit ihm noch mehr als seine Briefe, zumal, wenn man sogar ärger lich ist, daß man keine erhielt und dem Freund, der nicht schrieb, Vor würfe macht; / denn das ist schon ein prächtiger Beweis der Zuneigung. 1 0 Den Vorwurf des Schweigens wirst du allerdings jetzt, glaube ich, aufge ben, sobald du die Briefe erhältst, die mich rechtfertigen. Du wirst aber deinerseits darin die Mahnung finden, dich geistig zu betätigen. Einen solchen (Appell) wirst du vielleicht tadeln, weil ihn eher ganz unreife Jugendliche, nicht aber zutiefst verantwortungs bewußte Menschen wie du verdient haben. Denn wozu / braucht ein Läufer, wird man einwenden, 1 5 der den anderen weit voraus ist, einen Ansporn? Doch wurden jene auf munternden (Worte) nicht (gesprochen), um dich in Bewegung zu setzen, und es läge mir fern, (zugleich) an die und an dich zu denken, ohne auch dein Engagement zu loben und dir durch das Lob deine Bemühungen um die Bildung angenehmer zu gestalten, wie wir gewöhnlich (ja auch) bei Sportveranstaltungen die (ohnehin) ehrgeizigen Läufer (noch) durch er munternde Zurufe anfeuern. / Jetzt aber, nach deinem Brief, lobe ich mich für das, was ich dir riet, 20 und stelle fest, daß mein Rat nützlich war, und (zwar) so sehr, daß er sogar eines Zusatzes bedarf, vielleicht aber sogar auch eines Tadels, mit Verlaub gesagt. Denn wie sollte ich nicht eine so offene Sprache wagen, 79
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
wenn jemand so frei heraus (von sich) sagt, er habe seine (frühere) Sorge um die Studien auf Vergnügungen und auf die Jagd verlegt? Was soll das 25 bedeuten, mein / allerbester Kaiser, der du (alles) mit Überlegung zu sagen
(pflegst)? Wurde dir also jetzt ein Jagdhund teurer als Platon, ein Hase willkommener als Demosthenes und ein Wildschwein, das vom Gebell (der Meute) der Lanze zugetrieben wird, bedeutsamer als Aristoteles; hast du gegen wohlgesetzte Rede nun plötzlich das Geschrei der Banausen eingetauscht und mußt jenen unverständigen Dummkopf nachahmen, (ausgerechnet) du, der du fürchtetest, wenn du dich mehr als zwei Tage / 30 mit den Jägern vergnügtest, die Jagd nach den Worten zu vernachlässi
gen? (Willst du den Anschein erwecken,) daß es dir zur Verteidigung ge nügen könnte, wenn du an jemanden erinnerst, der ein leichtsinniges Le ben führt oder auch (nur) etwas Unbedachtes sagt? Aber sogar jener scheute den Schaden, den kurzes Vergnügen bringen kann, entsprang als bald der Hundemeute und beschäftigt sich nun mit den Studien, und es 3 5 ärgert ihn, wenn jemand ihn an jene Torheit erinnert. Aber selbst / wenn
jemand den Verstand verlor, sollten doch wir uns an das (gute) Vorbild halten und das ehren, was nach unserem Wissen bewährte Männer geehrt haben und weswegen sie geehrt wurden. Aber warum sage ich das? Daß du jetzt etwas anderes den Studien vorziehst, kann ich nicht so recht glauben, wenn ich bedenke, daß du nur die Zeit lebenswert nanntest, die du der Beschäftigung mit geistigen Din gen widmen könntest. Was du aber jetzt sagst, ist Ironie, die etwas ande40 res besagen will, / und ich glaube den Grund zu kennen. Ich vermute, daß
du an einer Schrift arbeitest, die du uns in Kürze schicken willst. Obwohl diese ohnehin bewundert würde, willst du deine Zuhörer noch mehr überraschen und gaukelst uns deshalb Erholung und Müßiggang vor, da mit, wenn der literarische Zirkel bei der Verlesung in Begeisterung gerät, (auch noch) allerseits Rufe laut werden wie: « Welchen Demosthenes hat 45 er nicht sogar übertroffen, indem er sich mit Büchern / beschäftigte, statt
die meiste Zeit auf der Jagd und mit Vergnügungen zu verbringen? » Die sen Zweck (also) hat (die Vortäuschung) von Vergnügungen und Müßig gang: Beifallsstürme bei künftigen glanzvollen Auftritten zu erzeugen. Wir aber werden (auch) ohnedies Werk und Verfasser loben und in vollem Umfang die literarische Qualität erkennen, die uns unvermerkt zu (noch) höherem Lob für den Meister der Redekunst veranlassen wird.
80
BRIEFE T370-371
K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Ein Kaiser (Titelzeile und z. 24f. ). Die Anspielung auf die literarische Qualität seiner Werke verweist auf Manuel (Z. 3 6 -49).
OE,
D: Die Andeutung des Müßigganges und der besonderen Gelegenheit zur Jagd (Z. 22 - 3 1 ) läßt sich i n Beziehung zum Aufenthalt auf Lemnos bringen (s. o., T36 1 , Z. 1 1 ). Seit Manuels Ankunft dort ist einige Zeit verstrichen, wie sich aus der Erwähnung zweier eigener Briefe nach Lemnos und einer Briefmahnung Manuels ergibt (Z. 4f.).
II. Xl : Die Anspielung auf einen leichsinnigen und unverständigen Dummkopf, der allzu sehr der Jagd ergeben sei und den Manuel nicht nachahmen solle, läßt Loenertz unkommen tiert. Manuel hatte ihn anscheinend in seinem nicht erhaltenen vorausgehenden Brief, auf den Kyd. anrwortet, zur eigenen Verteidigung als negatives Kontrastbild angeführt. Kyd. hält ihm entgegen, selbst jener habe inzwischen dem Waidwerk abgeschworen und sich den Stu dien zugewandt (Z. 2 8 - 34). Es ist doch wohl anzunehmen, daß Kyd. auf eine konkrete Person anspielt. Als solche käme am ehesten Ioannes Asanes in Frage, der in mehreren Briefen des Kyd. als leichtsinnig und als passionierter Jäger dargestellt wird (siehe Bd. III, T239; s. u., T 0424, E und T 0426,
X2).
Doch wissen wir von der hier vorausgesetzten «Bekehrung»
des Asanes zu den Studien aus den anderen Briefen nichts. Möglicherweise liegt ironische Übertreibung vor.
Ep: Kydones gibt an, daß zwei Briefe an Manuel von ihm unterwegs
waren, als dieser ihn zum Schreiben ermahnte (Z. 4f. ) . Loenertz bemerkt dazu im Apparat der Edition, einer der beiden Briefe, L379 ( = T359), sei tatsächlich erhalten, der andere verloren. Beide Briefe seien Manuel ausgehändigt worden, bevor er zurückgeschrieben habe ( << quae redditae sunt Emmanueli priusquam rescripsit» ) . Bevor Kyd. diese Anrwort erhalten habe, habe er allerdings noch L3 8 3 ( = T3 68) geschrieben. Letztere Bemerkung ist zutreffend, denn T368 bezieht sich nur auf die mündlichen Äußerungen des Briefboten, nicht auf einen Brief Manuels. Es ist mir aber nicht verständlich, wieso Loenertz annimmt, Manuel habe beide Briefe vor der Absendung seiner Mahnung erhalten, denn dann wäre die Mahnung sinnlos gewesen. Außerdem geht Kyd. ausdrücklich davon aus, daß Manuel sie noch nicht erhalten habe (Z. 1 0 - 12). Ferner kann ich in T359!L379 keinerlei Ermahnung des Kyd. finden, Manuel möge die geistige Betätigung nicht vergessen, wie sie doch angeblich in beiden Briefen ausgesprochen sein soll (Z. 12f.). Man könnte allenfalls Z. 3 1 - 3 3 im Brief T363! L3 8 0 als Ausdruck des Wunsches verstehen, Manuel möge sich auf Lemnos geistig betätigen. So bleibt es im ganzen doch unsicher, auf welche beiden eigenen Briefe Kyd. anspielt. Vor T370 sind uns jedenfalls die Briefe T359, 363 und 368 an Manuel nach Lemnos erhalten, wenn die chronologische Anordnung zutrifft.
III . Hss: A 40' -41', Nr. 7; U 59'- 60" Nr. 76; B 256'- 257', Nr. 1 1 6; L 124' - 125', Nr. 8 .
Resümee: LoenLemn 1 30f., Nr. 14.
371 L: 3 9 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Lemnos; D : 1 3 8 8 ; wI: Kritische Stellungnahme zur Reaktion Manuels auf einen Brief des Kydones, i n dem dieser für ein länger dauerndes «Schweigen» Manuels sein Verständnis erklärte und zugleich betonte, er sei sich der Zuneigung Manuels sicher und deshalb nicht auf deren briefliche
81
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Bestätigung angewiesen. Manuel scheint gerade dieses freundschaftliche Verstehen als Gleich gültigkeit gegenüber seinen Briefen mißdeutet zu haben. Daher erläutert Kydones noch ein mal, wie er seine Bereitschaft zum Verzicht verstehen wollte, und bittet gleichzeitig darum, Manuel möge in seinen Briefen an ihn, da er sein Freund sei, auf übertriebene Rhetorik verzichten.
Welchen Zweck hatten denn nun, bei Gott, die vielen großen Labyrin5 the, / in die du uns durch deinen Brief, die Antwort auf meine allzu
schlichten und klaren Zeilen, geraten ließest? Denn was ist verwirrender oder vielmehr widersinniger als dies: den, der Briefe schrieb und dem, der nicht geschrieben hatte, verzieh und sein Verhalten ohne Einschränkung lobte, unter Anklage zu stellen, während der, welcher nicht geschrieben hat, obwohl er sich rechtfertigen müßte, es sich leisten kann, den, der 10 geschrieben hat, zur Rechenschaft zu ziehen? Ich / jedenfalls glaube, daß
wohl noch nie jemand seltsamere Reden gehört hat. Allerdings glaube ich, daß du uns den Brief geschrieben hast, weil du, vertraut mit Platon, bei seinen Sophisten in die Lehre gegangen bist und damit prunken wolltest, der schwächer (begründeten) Sache zur Anerkennung zu ver helfeni, aber dann deinem eigenen Gedankengebäude nicht so recht ver trauen mochtest. Offenbar aus diesem Grund hast du deinen Brief ge-
lS fälliger formuliert, deine Anklage / mit freundlichen Worten abgemildert, dem Angeklagten sogar Gelegenheit zur Verteidigung gegeben und ange deutet, daß ich vielleicht auch etwas vorzubringen hätte, um die Vorwürfe zu entkräften. Ich aber verzichte darauf, deinen Ausführungen meine eige nen entgegenzustellen, und werde dies einstweilen denen überlassen, die durch Sophistereien Ruhm ernten wollen. Was ich aber zuvor dir und mir als angemessen zubilligen wollte und dir zu der (Frage), was ich für ge20 recht halte, schrieb, wird / auch jetzt in meinem Verhältnis zu dir gültig
bleiben. Ich hatte von vielen gehört, daß Angelos gekommen sei, und ging um her, um den Mann zu suchen. Als ich ihn schließlich im Palastbereich fand, fragte ich sofort nach dir und wollte zuvor nichts anderes wissen, und als ich wunschgemäß hörte, es gehe dir gut, wollte ich ihn anschlie ßend fragen, ob er mir auch einen Brief von dir bringe, was aber nicht als Forderung zu verstehen war. Denn ich wußte, daß der Kaiser nieman25 dem / eine Antwort auf einen Brief schuldet, weil dies ein Recht ist, das
(nur) für uns gewöhnliche Leute untereinander gilt, daß man aber von einem Kaiser, wenn man ihm schreibt, einen Dank besonderer Art erhof82
BRIEF
T3 71
fen kann, wenn man in einem Brief (an ihn nur) wenig Selbstbewußtsein zeigt und, wie es angemessen ist, zugesteht, daß zum Beantworten von Briefen nur die niederen und höheren Beamten I verpflichtet seien. Des- 30 halb war ich nicht allzusehr geneigt, ihn an Briefe zu erinnern. Da du mich aber oft durch Briefe geehrt hattest, hielt ich es damals nicht für unpassend anzufragen, ob mir Angelos wiederum Ehre in Form eines Briefes bringe. Er aber kam mir zuvor und sagte: «Der Kaiser läßt dir durch mich sagen, du solltest dich nicht wundern, wenn du von ihm kei nen Brief erhältst. )} Es gebe nämlich einen Hinderungsgrund. Und er fügte I dies und jenes hinzu, unter anderem alle (möglichen) Gründe mit 3 5 denen wir uns gewöhnlich bei Freunden für unser Schweigen entschuldi gen. Ich war also bereit, dem Angelos zu glauben; denn er ist ein zuverläs siger Mann und kam seinem Namen gemäß2, mit einem wichtigen Auf trag von dir betraut, als Gesandter zum Kaiser. Ich gestand dir also Dank zu, daß du überhaupt an mich gedacht hattest, konnte aber nicht heraus finden, was dich zur Verweigerung (eines Briefes) veranlaßt hatte. Doch hielt ich dies für I eine deiner seltsamen und überflüssigen Äußerungen, 40 die mich zwar ehren, deine Würde aber beeinträchtigen. Wer sich nämlich für ein Versäumnis entschuldigen will, erklärt sich offensichtlich für ver antwortlich in der Sache, für die er sich entschuldigt. Ich hielt es auch alsbald für nötig, dazu schriftlich Stellung zu nehmen, und erklärte, auch dies sei eine Ehrung, daß du mir deine Entschuldigung, nicht geschrieben zu haben, durch Angelos ausrichten ließest3 • Soweit zu meinem I eindeutigen und angemessenen Verhalten in der 45 Angelegenheit, in der ich (von dir) beschuldigt werde, obwohl mich ein jeder dafür mit Recht lobt. Wo also sind hier die neuen Gesetze der Freundschaft, die ich (angeblich) jetzt erfunden haben soll, (wo ist der,) welcher zu verzeihen vorgibt, sich aber in Wirklichkeit ungerecht verhält, (wo ist der,) welcher deine Briefe zu ersehnen scheint, es aber andererseits (nur) für eine leichte Strafe hält, auf sie verzichten zu müssen4 ? Anschei nend waren die anderen Vorwürfe und diese Verleumdung notwendig, I 50 damit so die Redekraft eines Demosthenes sich noch erhöhe! Zeige (mir), ob du zu deiner Anklage stehst, die sich auf eine (angebliche) Bemerkung in meinem Brief (bezieht): falls du nicht schreiben wolltest, werde es mich wenig betrüben! Du wirst kein (Argument) für einen Beweis haben. Ich hingegen behaupte ganz das Gegenteil, nämlich daß mein Brief von gro ßer Treue, großer Verehrung und großer Achtung für dich geprägt ist. 83
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR 55 Wenn ich nämlich sagte, ich hätte, da du mich (nun) einmal / von deiner
Zuneigung überzeugt hast, kein Recht, einen Brief zu fordern, der das bekräftige, was mir oft von dir gesagt und auf vielerlei Weise durch Tatsa chen bestätigt wurdes, war dies, glaube ich, auch ein Zeichen meiner Vernunft und meiner (Bereitschaft), dich zu verteidigen, warum du nicht geschrieben hast, zugleich aber auch des festen Vertrauens auf das, was 60 du oft gesagt hast, es sei denn, du verlangst jetzt, daß / ich deinen Briefen
mehr als deinen Worten vertrauen solle. Gewiß wirst du auch jetzt noch rechthaberisch (mit mir) streiten, aber ich werde mich niemals überzeugen lassen, niemals die Meinung, die ich von dir habe, aus meinem Herzen verbannen; denn ich weiß, daß dir die Wahrheit wichtiger ist als selbst das Leben. Deshalb gestehe ich zu, daß dein Brief schön und voll attischer Ausdrücke ist, daß er im Hinblick auf 65 Anmut und gepflegten Stil deine früheren Briefe / weit hinter sich läßt
und ein glänzender Beweis deiner Vertrautheit mit Platon und Demosthe nes ist, und alle anderen pflichten mir hierin bei, denen ich ihn zeigte, weil ich wissen wollte, wieweit hier natürliches (Können) der (rhetorischen) Technik überlegen und wie groß der Unterschied zwischen Krähe und Adler sei6. Ich erlaube mir jedoch die Bemerkung, daß man solche Ge schosse für andere aufheben, mit uns aber schlichter und einfacher reden 70 sollte. Denn / Waffen sind
für die Feinde da, und unter Freunden braucht
man nicht zu prunken. Denn auch wir, die wir viel zu sagen hätten, nicht nur zu Anschuldigungen, sondern auch zu ungerechter Behandlung7, se hen darüber hinweg, weil es nicht nötig ist, daß Freunde darüber viele Worte machen; wir sagen vielmehr nur das eine, daß nächst deinem An blick uns nichts lieber ist als deine Briefe, die wir mit größter Dankbarkeit erhalten. Solltest du aber das Schreiben aufschieben (müssen), werden wir 75 dich nicht / tadeln und das Schweigen auch nicht sofort als Vergessen
interpretieren, sondern einen angemesseneren Grund für den Aufschub suchen, weil wir es für eine schroffe (Reaktion) halten, wegen eines Ver
säumnisses gleich alles Vorausgehende als nicht geschehen zu betrachten8 •
Schreibe also, wenn es dir leicht fällt und nichts dich hindert; denn du wirst (uns) erfreuen. Wenn es aber (Gründe) gibt, die es dir nicht erlau ben, schweige, denn du wirst die nicht betrüben, die überzeugt sind, daß du in allem mit Vernunft vorgehst. Und gewiß werde ich wieder dasselbe / 80 sagen und mich nicht fürchten, wenn mir jemand mit Sophistereien9 zu
setzen will. 84
BRIEF T371
K I. OKyd: Die Erwähnung des Kaiserpalastes (Z. 2 1 ) verweist auf Konstantinopel. E, OE: Der Inhalt und die Erwähnung des Angelos (Xl) verbinden diesen Brief mit T368, der an Kaiser Manuel auf Lemnos gerichtet ist. D: Einige Zeit nach T368 (s. u., Ep2). TI. BKyd, BE: Der Brief ist ein weiterer, zum Teil recht umständlich argumentierender Beitrag zu der zwischen Kyd. und Manuel häufiger diskutierten Thematik des Schreibens und Nichtschreibens von Briefen. S. o., T352 und 359; siehe auch unten, Ep1 und 2.
Xl: Ange
los (Z. 2 1 ) , der vor der Abfassung von T368 von Manuel aus Lemnos gekommen war und Kyd. dessen Begründung, warum er nicht geschrieben habe, mitgeteilt hatte (Z. 20- 36; s. u., Ep1 ) . Er wird als zuverlässige Person bezeichnet (Z. 3 6 - 3 8 ) .
Ep: 1. Ein Brief Manuels an
Kyd. (Z. 4 - 16), nicht erhalten, von Kyd. mit vorliegendem Brief beantwortet. Manuels Brief enthielt befremdliche « Anklagen» (Z. 6 - 1 0 ) , die Z. 46-49 angedeutet werden: Kyd. habe neue Gesetze der Freundschaft erfunden, indem er (sc. in dem unten unter Ep2 diskutierten Brief) erklärte, über ausbleibende Post von Manuel nicht ungehalten zu sein, und diesen Verzicht als leichte Strafe hinstellte. Es beeindruckt Kyd. wenig, daß Manuel seine Vorwürfe in abgemilderter Form vorbrachte (Z. 1 0 - 1 8 ) . Was Kyd. im folgenden über die von Manuel durch Angelos vorgebrachte Entschuldigung, warum er keinen Brief geschrieben habe, mit teilt (Z. 2 0 - 3 9 ) , kann sich nicht auf die Gegenwart beziehen, weil Kyd. ja jetzt einen Brief von Manuel erhalten hat, sondern ist eine Rückblende ('tO'tE, Z. 3 1 ) auf die Situation vor Abfassung von Ep2. hatte, »
2. Ein Brief des Kyd., in dem dieser « dem, der nicht geschrieben
- sc. Kaiser Manuel - « verzieh und sein Verhalten ohne Einschränkung lobte»
(Z. 7f. ) , zweifellos, wie auch Loenertz zu Z. 5 vermerkt, identisch mit L383 ( = T 3 6 8 ) . Dieser grundsätzlichen Einstellung gegenüber dem Kaiser und seiner Bereitschaft, Briefe zu schrei ben, will Kyd. unbeirrt tteu bleiben (Z. 1 8 -20. 79f. ) .
m . Hss: A 42r_43v, Nr. 1 0; U 6 1 ' - 63v, Nr. 79.
IV. 1
Resümee: LoenLemn 1 3 lf., Nr. 1 5 .
W: 'tov ijTIW (sc. Myov) XQELTIW JtOLeLV, Anspielung auf einen i n PlAp 1 8 b zitierten
Anklagepunkt gegen Sohates, den Platon grundsätzlich auf die rhetorische Technik der So phisten bezieht. 2 Anspielung auf die Bedeutung des Namens Angelos (äyyEAOC;)
=
Bote.
3 S. o., T368, Z. 4. 4 Hiermit spielt Kyd. auf die Vorwürfe an, die Manuels Brief enthielt; s. o., Ep1. 5 Bezug auf T368, Z. 1 0 - 13. 6 Den pindarischen Vergleich der Krähe mit dem Adler (erstmals in einem Brief an Ioan nes Kantakuzenos, Bd. I11, T5, A. 8; weitere Stellen: oben, T363, A. 4) bemüht Kyd. mit Bezug auf Kaiser Manuel hier schon zum vierten (siehe Bd. m, T265, A. 2; T304, A. 4; hier, T363, A. 4), allerdings nun zum letzten Mal, aber doch schon fast bis zum Überdruß! 7 W.: UAAU xal iliv uOLxELa8m OOXO'Üf!EV. Hier wird deutlich gesagr, daß Kyd. sich von Manuel mißverstanden und ungerecht behandelt fühlte. 8 Kyd. faßt hier zusammen, was er in T368 hatte sagen wollen und was Manuel TI. seiner Meinung nach mißverstanden hat. 9 Vgl. Z. 17f.; wie dort mit Bezug auf den vorausgehenden Brief Manuels.
85
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
372 - An Kaiser Manuel L: 392; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel TI. Palaiologos; OE: Lemnos;
D: 1 3 8 8 ;
wI: Da ein Kaiser doch immer Recht behalte, weil e r die größere Macht habe, will auch Kydones nun nachgeben und Manuel darin beipflichten, daß die Entschuldigung, die er für dessen Schweigen vorgebracht hatte, unangebracht war. Fortan will er also, wie er ironisch ankündigt, unerbittlich Briefe von ihm fordern und keine Ausflucht mehr akzeptieren. Ma nuel aber solle Platons Werke nur unter dem ernsthaften Aspekt der Philosophie studieren und nicht, wie in seinem vorausgehenden Brief, als Vorbild für rhetorischen Stil mißbrauchen.
Ich weiß, daß es stets gefährlich ist, Kaisern, worin es auch immer sein 5 mag, zu widersprechen, / denn sie ertragen es nicht, wenn sie mit (ihren)
Worten weniger als mit Waffen Herrschaft ausüben. Wenn aber der Herr scher seine Macht durch Redekunst erhöht, wenn er Redekraft mit Herr schergewalt verbindetl und so zu den Städten redet, bedeutet es geradezu, sich ins Messer zu stürzen, wie man sagt2, wenn man versucht, es mit einer solchen Machtfülle aufzunehmen. Denn nicht der Macht allein wird, wer ihr widersprechen will, unterliegen, sondern mit der Schande / 10 wird sich auch (der Eindruck) verbinden, (dies sei) mit Recht geschehen,
weil die mit der Macht vereinte Redegewalt alle zu einem solchen Urteil zwingt. Da auch ich dies vermeiden will, bin ich nicht so recht geneigt, mich mit dir anzulegen, weil ich weder über die Macht noch über die Redekraft verfüge, mich dem, was du mir geschrieben hast, zu widerset zen. Ich beschloß daher nachzugeben und bin bereit, was von meinen früheren Äußerungen als Geschwätz empfunden wurde, jetzt zu korrigie ren, indem ich stattdessen wie ein Amphion rede3 . So erkläre ich denn, 15 daß ich alles, was du / tust oder sagst, loben werde - was übrigens jetzt
allen im Palast eine glanzvolle Position sichert4 -, obwohl ich aus diesem Grunde niemals die Mächtigen, wer es auch immer sei, gegen meine Über zeugung zu ehren bereit bin. Es soll also, wenn es dir so gefällt, die gegen mich erhobene AnklageS gelten und beschlossen sein, weil ich in meinem Brief sagte, es sei nicht recht, daß du mich wegen des Schweigens um Entschuldigung bittest, weil du ein kaiserlicher Herr bist und deine Seele 20 von so gewaltigen Wogen / umbrandet ist. Denn mir würde ganz gewiß
jedes Taktgefühl fehlen, wenn ich die gleiche Anzahl Briefe von einem Privatmann, der über zwei Diener verfügt6, wie von einem Kaiser ver langte, zumal jetzt, da die Verhältnisse (so) chaotisch sind? und die Sorge die Feuchtigkeit nicht zur Kresse, sondern zur Seele selbst zieht8 . Füge, 86
BRIEF
T372
wenn du willst, der Anklage auch hinzu, daß ich dir, weil ich dies wußte, die (Entscheidung) über die Briefe freistellte, (also) zu schreiben, / wann 25 du willst und die Zeit es dir erlaubt, es aber zu unterlassen, wenn etwas dich davon abhält, und dich jeweils von der Situation leiten zu lassen, weil ich dir für beides gleicherweise dankbar wäre, überzeugt, daß jeweils die eine oder die andere Entscheidung vernünftig ist. Das ist es, glaube ich, weshalb du im Umgang mit mir auf solche Laby
rinthe9 angewiesen warst, und das ist es, / weswegen ich jetzt um Verzei- 30 hung bitte - hatte ich mich doch zuvor unklar geäußert und « anderes im Herzen verborgen, anderes aber mit dem Munde gesagt » 1 0 -, weil ich den Anspruch erhob, dir dein Schweigen zu verzeihen. Nimm also zur Kenntnis, daß ich in Zukunft mit heftigem Drängen Briefe (von dir) erbit ten, ja vielmehr fordern werde, und ich werde darin kein Maß kennen, sondern sogar, wenn du dir Schneeschauerll zum Vorbild nimmst, nie mals sagen, es sei genug. Dir aber wird es niemals mehr freistehen, / eine Menge von Verpflichtungen oder deine geliebte Jagd vorzuschützen, 35 sondern wenn du es wagst, dich zu entschuldigen, werde ich dich lauthals anklagen; ich werde bei den kaiserlichen Richtern gegen dich aussagen, und wenn sie Gnade walten lassen und dich von der Strafe freizusprechen versuchen, werde ich gleichwohl (auf ihr) beharren und bemüht sein, den Prozeß an das Appellationsgericht zu delegieren 1 2, bis auch der Kaiser dich verurteilt - ich bin nämlich überzeugt, daß auch er / verpflichtet ist, 40 dem Recht mehr als den natürlichen (Banden) zu folgen1 3 - und du durch die Tatsachen belehrt wirst, nicht allzusehr der Rhetorik zu vertrauen und einen Mann, der zwar unbedeutend, dir aber treu ergeben ist, wie einen Dorfbewohner oder ganz Unbemittelten an der Nase herumzuführen. Schreibe also nach diesem Brief sofort; darauf soll ein anderer Brief fol gen; ein dritter und ein vierter sollen sich ohne Unterbrechung an den vorausgehenden anschließen, und die Zusteller / sollen es den Dienern 45 des Persers gleichtun, die auf schnellfüßigen Kamelen ritten14• Denn we der wirst du jemals unseren Hunger stillen - so sehr sehnen wir uns nächst deinem Anblick nach deinen Briefen - , noch wirst du, glaube ich, müde werden, sie auf uns niederregnen zu lassen. Denn der jetzt eingetroffene Brief läßt die früheren weit hinter sich; er beweist, daß schö ner Stil dir (auch) weiterhin keine Mühe macht, und ist vielmehr ein glän zendes Zeugnis dafür, daß du mit Platon und Demosthenes vertraut bist. So / wirst du, wenn du schweigst, einem Konflikt mit deinen eigenen 50 87
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Gesetzen nicht entgehen können und einsehen müssen, mich grundlos beschuldigt zu haben. Da ich aber (gerade) Platon erwähne, möchte ich mir wünschen, daß du die Werke Platons und das, was er der Philosophie ernsthaft hinzufügt und als ihre Vollendung preistl S , kennst und nach Kräften nachahmst und damit, wo es nötig ist, dein Werk zu schmücken suchst, Euthydemos 55
aber und Polos und / Prodikos16 und alle, die jener zu Gesprächen einlädt, von Platon unterscheidest, die Scherze mit ihnen nicht für platonische Lehren hältst, sondern erkennst, daß die Philosophie himmelweit von der Sophistik und (ebensoweit) die Dialektik von der Eristik entfernt ist. Sonst wirst du, scheint mir, das, was Platon meint, bei weitem verfehlen. Das sage ich deshalb, weil ich fand, daß dein Brief viel von dem überflüs-
60
sigen Geschwätz des Prodikos angenommen / hat. K
1. OKyd: Auf Konstantinopel verweist die Erwähnung Ioannes' V. (s. u.X l ) .
OE,
D:
Durch seine Thematik schließt sich der Brief an die nach Lemnos addressierten Briefe T368 und 371 an.
II. BKyd: In der Diskussion um die Frage, ob Kyd. richtig daran tat, Manuel wegen seiner Säumigkeit im Schreiben zu entschuldigen (s. o., T371, passim), fügt sich Kyd. nun ironisch den Argumenten des Kaisers und kündigt an, in Zukunft seinen Anspruch auf Briefe rück· sichtslos anzumelden und sogar gerichtliche Schritte zu dessen Durchsetzung nicht zu scheuen (Z. 32-47). Bemerkenswert ist die Warnung am Schluß des Briefes (Z. 5 1 - 60), Manuel möge sich nicht allzusehr die Rhetorik der platonischen Dialoge auf Kosten ihres philosophi schen Gehaltes zum Vorbild nehmen. Kyd. verstand sich also trotz seiner vielen lobenden Äußerungen zum Stil des Kaisers nach wie vor als dessen Mentor und wagte es trotz vieler Beteuerungen seiner unbedeutenden Stellung (hier Z. 4 1 ) , dem Kaiser - ironisch, aber deut lich - die Meinung zu sagen.
Xl : Ein Kaiser, der Manuel wegen Säumigkeit im Briefeschrei
ben verurteilen wird (Z. 39), was natürlich ironisch gemeint ist: Ioannes V.
Ep: 1 . Ein Brief
des Kyd., in dem dieser das Schweigen des Kaisers entschuldigt (Z. 3 1 ) und ihm das Schreiben freigestellt hatte (Z.23 -28), T368 (siehe dort Z. 4 - 6 . 1 6 - 1 8 ); vgl. auch T371, Ep2.
2. Ein
Brief Manuels mit einer «Anklage» (Z. 12. 17f.), den Kyd. als verwirrend empfand (s.u., A. 9), identisch mit T371, Ep1 .
III. Hss: A 43v-44', Nr. 1 1 ; U 63v- 65', Nr. 8 0 ; B 259'-260', Nr. 1 2 1 .
Resümee: Loen
Lemn 132f., Nr. 16.
IV. 1 W.: KUL 6 ulnoe; ÖELV01:T]1:U ßLI,l flLyvUe;. 2 W: 1:0· AEyOflEVOV Eie; flUXULQUe; aV1:LKQUe; E01:"L KUßL01:äv. Die auch im modernen Deutsch verwendete Metapher ist nach Ausweis von LSc, s. v. KußL01:"aW, in antiken Texten mehrfach belegt, z. B. PIEuthd 294e. 3 Anspielung auf eine Stelle im nicht erhaltenen Drama «Antiope» des Euripides, die aus PlGrg 485e-486d bekannt ist. Vgl. E. R. Dodds, Plato, Gorgias. A Revised Text with Intro duction and Commentary, Oxford 1959, 275f. Die Zwillingsbrüder Zethos und Amphion,
88
BRIEF T372
auf welche sich die Passage bezieht, waren Kinder des Zeus und der thebanischen Königs tochter Antiope, die als Findlinge von einem Hirten aufgezogen wurden. Der praktisch veran lagte Zethos wurde seinerseits Hin, sein künstlerisch begabter Bruder widmete sich der Mu sik. Bereits bei Euripides verkörpern Zethos und Amphion als Symbolgestalten je das prak tische und das theoretisch-musische Leben. Vgl. Tragicorurn Graecorum Fragmenta, rec. A. Nauck, Neuauflage mit Ergänzungen von B. Snell, Hildesheim 1964, 4 1 6, frg. 1 88. Im Gorgias ist es Kallikles, der Sokrates von seinem philosophischen Ideal mit empirisch-prakti schen Argumenten abbringen will. Er sieht sich in der Rolle des euripideischen Zethos, der seinen Bruder Amphion ermahnt, sich dem praktischen Leben zuzuwenden. Sokrates hinge gen äußert in PIGrg 506b den Wunsch, seinerseits dem Kallikles eine Rede zu halten, in der er die Rolle des Amphion übernimmt. So verwendet auch Kyd. hier die Anspielung im Sinne einer "idealistischen» Korrektur seiner früheren, eher an den praktischen Möglichkeiten aus gerichteten Stellungnahme zum Ausbleiben von Briefen. 4 Ironische Entwertung des angeblich gefaßten Beschlusses mit dem Hinweis darauf, daß es sich auch im Palast zu Konstantinopel lohne, dem Kaiser nach dem Munde zu reden. 5 W: 1:0 EIlOV EyxATjlla. 6 W: d öoa� ltaQ' avÖQo� ÖUOLv OLXE"tm� XQ WIlEVOV . . . Offenbar meint Kyd. hier sich selbst und will sagen, daß man von einem Privatmann, der wie er über ·zwei Diener verfügte, wesentlich mehr Briefe erwarten könne als von einem Kaiser, den so viele Sorgen plagen. 7 Das Zitat des Anaxagoras 0ll0l) mlV"ta XQijlla1:a ( alle Dinge waren ungeordnet mit einander vermischt) war in dieser Kurzform, in der es sich bei PIPhd 72c im Munde des Sokrates findet, weit verbreitet. Im ursprünglichen und vollen Wortlaut wurde es nur von Simplikios überliefert; vgl. D. Si der, The Fragments of Anaxagoras, Meisenheim/Gl. 1981, 42-50, zu frg. 1 . Es bezieht sich jedenfalls auf das große Chaos der Elemente am Anfang der Welt, bevor der Geist (vol)�) es ordnete. 8 Anspielung auf AristophNu 234. Hier verwendet die Karikaturgestalt Sokrates das Bild von der Brunnenkresse, die Feuchtigkeit anzieht, für die Vermischung von Geist und Materie. Vgl. dazu Scholia in Aristophanem, ed. W. J. W Koster, IIIIl , Scholia vetera in nubes, ed. D. Holwerda, Groningen 1977, 58. Hier wird unter 233a 1:ilV LXlluö a wie folgt erläutert: 1:ii�
89
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
14 Wie schon im Apparat der Edition angegeben, scheint Kyd. hier auf LibEp, Nr. 1402 des Libanios anzuspielen (Foerster, Bd. XI, 445), der seinem Briefparmer Aristophanes vom siegreichen Vordringen Kaiser Julians ins Perserreich berichtet. Gemeint ist der Feldzug, der am 5. 3. 363 von Antiochien seinen Ausgang nahm. VgL G. W Bowersock, Julian the Apo state, London 1978, 1 0 8 . Auf die Nachricht, daß «der Perser» (6 II€goT]C:;) (Sc. der Perserkö nig Schapur 11.) vor dem heranziehenden Kaiser erschrocken die Flucht ergriffen habe, folgt (Z. 1 0 - 12) die Mitteilung: xal TaUTa ayyfAAouOLV Ol btl TWV ltTT]VWV ÖLaLTW!lEVQL
Xa!l!'iAwv - TETL!l!'io8w yag mJTOLC:; TO Taxoc:; n{l QVO!laTL TWV ltTEgwv (das melden die, welche auf den geflügelten Kamelen ihr Leben verbringen - ihre Geschwindigkeit sei durch das Wort « Flügel» geehrt) . Libanios verwendet also hier das Wort «Flügel» metaphorisch, wie es auch LSc, s. v. ltTT]voc:;, I, 3 mit der Übersetzung « swift-footed» andeutet. Kyd. spricht hier von den Dienern des «Persers» auf «geflügelten» Kamelen, aber es scheint mir nicht sicher, daß die schnellen Boten, von denen Libanios spricht, im Dienst des Perserkönigs standen. 15 W.: TTJV TauTT]C:; U!lVWv xogucpi]v. Loenertz äußert sich nicht zu der Frage, auf welche Platonstelle Kyd. hier anspielen könnte. Vielleicht ist an PIKra 415a zu denken, wo Sokrates eine gesuchte Erkennmis als « Gipfel» (xogucp!'i) bezeichnet. 16 Euthydemos war ein Sophist aus Chios (PIEuthd 271c, 28 8b; vgLauch PIKra 3 8 6d), der in PlEuthd Sokrates im Gespräch unterliegt. Polos von Akragas, Vertreter der rhetori schen Richtung der Sophistik (PIPhdr 267c), tritt in PIGrg 461b-481b als Gesprächsparmer des Sokrates auf, der eine Definition der Rhetorik im Sinne des Gorgias verteidigt. Der So phist Prodikos von Keos (Insel vor Attika, heute Kea) wird vor allem in PIPrt 340b- 342a vorgestellt.
373 - An Chrysoberges L: 394; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Lernnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Kydones weist den Vorwurf des Adressaten wegen ausbleibender Post zurück, weil ein Brief an ihn schon unterwegs sei. Die Mahnung sei aber von der Freundschaft diktiert und daher verständlich. Kydones weist aber das zugleich ausgesprochene Lob auf die eigene Person zurück. Den Dank des Adressaten für die mit Kaiser Manuel vermittelte Freundschaft nimmt er hingegen gern entgegen. Ferner lobt er ihn dafür, daß er auf die Menschen in seiner Umge bung positiven Einfluß nehme.
Ich glaube, daß ich fortan keiner Entschuldigung mehr für das Schwei5 gen, das mir vorgeworfen wird, bedarf. Denn / ich bin überzeugt, daß du
den Brief schon erhalten hast, der mich zur Genüge von den Anklagen freisprechen kann. Ihn, den ich (schon) vor diesen (Anklagen) abgeschickt hatte, hast du nicht abgewartet, sondern sprichst wie ein schlechter Rich ter dein Urteil vor der Beweisführung und wirfst denen, die (an dich) gedacht und geschrieben haben, Vergeßlichkeit vor, obwohl (andere), wel che die Zustellung versprachen, oder auch (widrige) Winde an unserer 90
BRIEFE T372 - 373
Statt zu beschuldigen wären. Aber möge man dies / der Freundschaft 1 0 zugutehalten und der heftigen Sehnsucht der Freunde, (in) Verbindung (zu bleiben). (Sie ist ja der Grund), weshalb sie ohne Unterlaß Briefe for dern, denn sie haben ja (nicht anderes dabei) im Sinn, als den wechselseiti gen Gedankenaustausch zu ergänzen. Versuche aber nicht, mich von dei ner Zuneigung durch Lob, das du über mich aussprichst, zu überzeugen, zumal ich ein für allemal deiner Freundschaft, auch wenn du schweigst, gewiß bin; denn ich halte ein Mehr von dir für überflüssig und möchte nicht, daß du mit deinen Lobreden übertreibst. / Du wirst ja auch viele 1 5 finden, die dir widersprechen, und ich selbst, den du s o gern lobst, werde es dir nicht im geringsten danken, weil es bei mir nicht bewirkt, Schein in Sein zu verwandeln. Zugleich aber wirst du selbst zum Lügner, wenn du mir nicht Vorhandenes zuschreibst, und ich möchte nicht, daß es dir mir zuliebe so ergeht. Wenn du mir aber deine Dankbarkeit beteuerst, weil du dich bei dem wunderbaren Kaiser aufhalten darfst, tust du recht und / zeigst ein Emp- 20 finden für diese Gunst. Denn dies gehört zum Schönsten, was man erleben kann und ist eines von den Dingen, die man sich vor allem wünschen möchte. Bringt doch der Kaiser schon dank seiner (überragenden) Stel lung1 den Menschen seiner Umgebung viel Ehre und Nutzen und läßt sie noch mehr für die Zukunft erhoffen. Wenn er aber die schöne Rede pflegt, bietet er seinen Zuhörern geradezu den Gesang der Sirenen. Aller dings übten jene nur ihren Zauber aus, / bannten die Vorübergehenden 25 mit ihren Gesängen und hielten sie von nützlicher Tätigkeit ab, er aber entläßt seine Zuhörer, nachdem er ihnen zugleich mit der Lust auch Besse rung ihrer Seele vermittelt hat2 • Ich weiß, daß es auch mir selbst oft so erging und seine Worte mir nicht nur Ansporn zur Tugend, sondern auch zu literarischer Betätigung3 wurden. Wenn du dich also in seiner Gesell schaft aufhalten darfst, sei überzeugt, daß nicht (einmal) die ganz Reichen glücklicher sind als du. Denn was / du täglich von ihm hörst, ist für 30 Vernunftbegabte viel kostbarer als sogar die Goldkörner des Kroisos4• Ja, ein in vielfacher Hinsicht kostbares GutS ist der Mann, und er könnte allein durch seinen Anblick die, welche ihn anschauen, bereichert nach Hause gehen lassen. Versuche also auch du dich dessen, was er dir gibt, würdig zu erweisen, damit - so wie du (mir dankst) - auch der Kaiser mir dankbar für die Freundschaft mit dir sein kann.
91
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
K I. E: Der Chrysoberges des Titels ist zweifellos identisch mit dem Adressaten von T369. OKyd, OE, Xl, D: Aus der Diskussion der Briefmahnung (Z. 4-9) ergibt sich, daß Kyd. sich an einem anderen Ort als Maximos aufhält, zweifellos in Konstantinopel, Maximos hingegen in der Nähe eines Kaisers, der als durchaus positive Persönlichkeit und beein druckender Redner beschrieben wird (Z. 1 8 -34). Wie sich aus T369 erschließen läßt, kann dies nur Kaiser Manuel auf Lemnos sein. Aus der vermutlichen Abfassung einige Zeit nach T369 (s. u., Ep2) ergibt sich die Datierung und die Einordnung an dieser Stelle. Warum L393, der in der Chronotaxis (LC II 49S) wie auch bei LoenLemn vor 1.394 (also vor dem vorliegen den Brief) eingeordnet wird, hier erst als T375 erscheint, wird unten, T374, D erläutert. 11. BKyd, BE: Kyd. beneidet E offenbar um die Chance, sich an der Seite Kaiser Manuels aufhalten zu können, und betont noch einmal (wie schon T369, Z. 32-34), welchen geistigen und moralischen Gewinn ihm seine Gegenwart bringen wird (Z. 1 8 - 34). Ep: 1 . Ein Brief, in dem Chrysoberges Kyd. zum Schreiben ermahnte (Z. 4 - 9 ) . 2. Ein Brief, den Kyd. bereits vor der Mahnung an Maximos abgeschickt hatte (Z. 4 - 6), wohl identisch mit T369. III. Hss: A 4Srv, Nr. 13; U 66'- 67', Nr. 82; B 261rv, Nr. 123. Resümee: LoenLemn 1 33f., Nr. 1 8 . IV. 1 W.: �lLa T O oxi'illa. 2 Sittliche Besserung zu bewirken, ist aus der Sicht Platons die vornehmliche Aufgabe des idealen Staatsmannes (Grg 503b, S17b; Pltk 297b) bzw. des Redners ( Grg SOle, S02e). 3 W.: nDV avTOu "J...oywv ov nQo� UQETT]V llovov, uno. xal nQo� TOU� Myou� avTOu� XEVTQOV llOL YEVOllEVWV. Im Griechischen handelt es sich um ein Wortspiel ( distinctio, wie T35 1 , A. 8) mit zwei verschiedenen Bedeutungen des Plurals Mym. Es läßt sich im Deutschen nicht nachahmen. 4 W: KQ oCoou 'lJ!TjYll(hwv. Kroisos zeigte Solon von Athen seine Schätze und wollte von ihm hören, daß er der glücklichste Mensch sei, doch billigte Solon dies anderen zu (Hdt 1 3 0 - 32), und in der Tat kam bald Unglück über Kroisos, vor allem der Tod eines Sohnes (Hdt 1 34-46) und die Eroberung seiner Residenz Sardeis durch Kyros, in deren Gefolge er beinahe den Tod auf dem Scheiterhaufen gefunden hätte (Hdt. 1 86). Kyd. bezeichnet die Schätze hier abschätzig als 'lJ!i)YllaTa (Goldspäne, Goldkörner), um so ihre tatsächliche Wert losigkeit anzudeuten. Der Reichtum des Kroisos (Krösus) war sprichwörtlich: Paroem 1 3 1 6, Nr. 53; 11 87, Nr. lS; 689, Nr. 17. 5 W.: navTOOanov . . . uya8ov.
3 74 L: 395; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel
II. Palaiologos; OE: Lemnos; D: 1 3 8 8 ;
wI: Angelos hat Kydones von einer Erkrankung und der folgenden Genesung des Kaisers
berichtet und als Beweis der letzteren einen Brief Manuels mit entsprechendem Inhalt an seinen Vater loannes V. erwähnt. Kydones erhofft sich nun offenbar eine baldige Aussöhnung zwischen Vater und Sohn und entsprechend ein Wiedersehen mit Manuel.
92
BRIEFE T373 -374
Ich konnte nicht umhin, als ich Angelos sah, vor allem nach deinem Befinden / zu fragen. Er aber kam sogleich auf Schmerzen in Kopf und
5
Brust zu sprechen, die damit verbundene Schlaflosigkeit, das Fieber und das andere, weswegen man, würde er in der Gegenwart leben, Hippokrates hätte rufen müssen. Als er aber bemerkte, daß ich über die Nachricht entsetzt war, erklärte er: « Zwar hat ihn die Krankheit heftig überfallen, doch konnte sie nichts von dem bewirken, was sie androhte, und mußte der Natur nachgeben. So hat jetzt der Kaiser / dank der Gnade des ERLÖ- 1 0
SERS den Hafen erreicht, und keiner seiner Ärzte schreibt ihm noch eine Diät vor. » Als ich aber diesen Worten noch mißtraute und annahm, er habe es nur gesagt, um mich zu trösten, beteuerte er, was er beschworen habe, sei nicht erlogen, und fügte hinzu, er habe dem Kaiser einen Brief von deiner Hand gebracht, der dem Vater seine Genesung bestätige. Dies nahmen wir als ausreichenden Beweis für die Erfüllung unseres Gebetes, / sagten dem ERLÖSER Dank für die höchst erfreuliche Nachricht und baten 15 ihn, dir Leben und Gesundheit, Ruhm (und Ehre) auf lange Zeit zu be wahren, uns aber die Freude des Wiedersehens und das Ende des Brief wechsels mit dir zu gewähren. K I. E: Der Sohn eines Kaisers (Z. 13f.), der selbst Kaiser ist (Z. Z. 9), zweifellos Manuel IL OKyd: Am Aufenthaltsort Kaiser Ioannes' V. (Z.13f.). OE: Kyd. hofft auf ein Wiedersehen (Z. 17); Manuel hält sich also noch auf Lemnos auf (wofür auch die Erwähnung des Angelos spricht; s. o., T371, Xl). D: Die Briefe L393 und 395 beziehen sich auf eine Erkrankung Manuels; doch ist L395 (der vorliegende Brief) entgegen der Annahme von Loenertz (LC II 495 und LoenLemn 133f.) einige Zeit früher einzuordnen, weil hier der Bericht des Angelos über die Genesung Manuels wie eine Neuigkeit behandelt wird, während der Brief L393 (Z. 27f.) die Bestätigung dieser Genesung durch Manuel selbst mitteilt. Eine genauere Datie rung innerhalb einer Reihe von Briefen, die in das Jahr 1 3 8 8 gehören, ist aber nicht möglich. 11. BKyd, BE: Kyd. zeigt sich, offenbar bereits zuvor über dessen Erkrankung informiert (woraus sich die Z. 4f. gestellte Frage erklärt), besorgt um die Gesundheit des Kaisers und zugleich erleichtert, durch Angelos von seiner Genesung zu erfahren (Z. 4 - 15). Xl: Ange los (T373, Xl) ist von Lemnos nach Konstantinopel gekommen und hat von Krankheit und Gesundung Kaiser Manuels berichtet (Z. 4- 14). X2: Ein Kaiser, Vater Manuels II.: Ioannes V. (siehe Ep). Ep: Ein Brief, von Angelos überbracht, in dem Manuel seinem Vater Ioannes V. von seiner Gesundung berichtete (Z. 13f.). ill. Hss: A 45v, Nr. 14; U 67'", Nr. 83.
Resümee: LoenLemn 134, Nr. 1 9 .
93
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
3 75
-
An den Kaiser Kyr Manuel
L: 393; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Lemnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Kydones weist Manuels Lob für seine Briefe als voreingenommen zurück, läßt aber auch erkennen, daß er sich über die Anerkennung freut. Er gratuliert Manuel zur der von ihm
bestätigten Genesung von seiner Krankheit und vor allem für den Empfang großzügiger Zu wendungen von seinem Vater. Er möge dies erfreuliche Zeichen der väterlichen Gunst mit den Leuten seiner Umgebung gebührend feiern, aber bei der Verteilung von Geschenken auch Kydones nicht vergessen.
5
Ich erkläre dein Lob für meine Briefe nicht, wie du selbst sagst, / mit ihrem ansprechenden (Stil), sondern mit deiner Zuneigung; denn diese ist es, die dich verführt, das viele schlechte Geschwätz1 eines Thersites mit der Rhetorik eines Nestor zu vergleichen2 . Das Urteil der anderen über (meine Briefe) stimmt nämlich keineswegs mit dem deinen überein. Wie ließe sich denn auch das (Votum) der Tadler mit dem des Lobredners vereinbaren? So fürchte ich, daß deine Begeisterung bei der Beurteilung literarischer Arbeiten der Sachkenntnis (der Kritiker) unterlegen ist und
10 jene als hellsichtiger / erweist, die verborgenen Schwächen meiner Texte
(zu entdecken). Doch gibt es in dieser Hinsicht auch einen (Grund), warum ich mir wünsche, daß du dich täuschen läßt: nicht um einen Vorteil vom (bloßen) Schein zu haben, sondern damit deine Selbsttäuschung über meine Leistung dich dazu bringe, mich, weil ich dir etwas (wert) zu sein scheine, mehr zu lieben; denn du würdest ja niemanden lieben, den du nicht zuvor für liebenswert hältst. Das aber ist mir von allem, was ich 15 mir wünschen könnte, am wichtigsten. Doch bleibe / dies deinem Urteil
überlassen, das nach der Erfahrung aller zutreffend und bewundernswert ist. Wenn du aber forderst, dir schöne und lange Briefe zu senden, warum befiehlst du mir nicht auch, im Fluge zu dir zu kommen? Sind doch Flügel und schöne Briefe gleichermaßen nicht meine Sache! Wenn du also von anderen solches erbittest, wirst du wohl eher das Gewünschte erhalten, (ich meine) die, welche umfangreiche Werke und Prunkreden (verfassen). 20 Was aber von mir kommt, / ist der kleine Ertrag einer kleinen Seele, so
daß ich nicht einmal wage, es ans Licht zu bringen, weil ich selbst weiß, welches Gelächter ich (dafür) von den Zuhörern zu hören bekomme. Höre also damit auf, dir das Unmögliche zu wünschen! Denn das (wünschst du dir) in der Tat, wenn du einen schönen Brief von mir zu erhalten hoffst. Vielmehr werde ich dir das Gewohnte und Übliche schreiben. Es ist zwar 94
BRIEF
T375
ohne Schönheit, aber von treuer Ergebenheit für dich ganz erfüllt. Doch auch kurz wird es sein, / so daß die Zuhörer es nicht niederschreien wer- 15 den, weil beim Vorlesen ihre kostbare Zeit verschwendet wird, und keinen Anlaß haben, die Länge als langes Geschwätz zu tadeln. Mit der Nachricht von deiner Genesung aber hast du uns etwas mitge teilt, was auch von uns Tag und Nacht Gott im Gebet hört und was wir dir als Geschenk von ihm mehr wünschen als die Talente des Lyders Kroi SOS3 oder eines womöglich / (noch) reicheren (Mannes). Uns also hätte 30 gegenwärtig, wie du sagst, auch dieses genügt. Gott aber, der mit seinen Wohltaten die Bedürfnisse der Bittenden übertrifft, war auch jetzt gütig zu dir und hat deiner Genesung Wohlstand hinzugefügt. Denn die Göttin Hesiods4 , welche die STADT umfangen hält, hat alle (darüber) belehrt, daß wie einst die Wolke den Rhodiern5, so auch dir jetzt die Triere Gold regnet, da der / gütige Kaiser dir nicht nur das (Verfügungs)recht über 35 die Schafherden übertragen, sondern sich auch herabgelassen hat, seinen (Sohn) mit großen Geschenken zu ehren. So soll denn der « Chremylos» 6 Chrysoberges damit aufhören, sich über das Schicksal und die Armut zu beschweren. Denn ich glaube, daß er nun plötzlich wie einst jener reich sein wird, da die Wolke ihn mit einigen wenigen Tröpfchen bedacht hat. Ich glaube aber auch, daß die Schar der übrigen Armen aufleben wird, / da ihnen die Speisung der Bedürftigen zuteil wird. Sie werden sich kurze 40 Zeit über das, was ihnen gegenwärtig zuteil wird, freuen, wohl auch prächtiger speisen, einen Dankeshymnus 7 singen, dem Dionysos häufiger aus einer großen Schale Trankopfer spenden, vielleicht auch «tanzen und
Dinge sagen, die besser ungesagt blieben» 8 , und sich wenig um den üblen
Nachgeschmack und den Mangel sorgen, welche gewöhnlich auf die gute Verdauung folgen9 . Wenn aber keiner / ohne Anteil an der allgemeinen 45 Gunst, die dein Haus betrifft, ausgehen soll, ist es billig, daß auch ich nicht als einziger von den Argivern ohne Ehrengeschenk bleibelO. Im Au genblick also sollen die Leute in deiner Umgebung Geschenke erhalten. Mir aber mögen die Hoffnungen bewahrt bleiben, welche meistens die Speise der Dummen sindll. K I. OKyd: In der STADT (Z. 33). OE: Vor allem die Anspielung auf das Verfügungrecht über Schafherden (Z. 35) und auf die Anwesenheit des Chrysoberges (Z. 37; vgl. oben, T361, 369 und 373) verweisen auf den Lernnosaufenthalt Manuels. D: Zur Einordnung nach T395 s. o., T394, D .
95
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
II. BKyd: Kyd. weist, wie oft, das Lob für seinen Briefstil bescheiden zurück (Z. 4 -27).
Weniger bescheiden ist er, wenn er sich, allerdings nicht ohne Ironie, bei der Verteilung von Geschenken in Erinnerung bringt (Z. 44-47). Was die Rückkehr Manuels nach Konstantino pel betrifft, so scheint Kyd. doch noch einigermaßen skeptisch zu sein (Z. 46f.). BE: Manuel hat von seiner Genesung berichtet (s. u. Ep). Vom Hörensagen (Z. 33f.) weiß Kyd., daß er von seinem Vater Ioannes V. großzügig beschenkt wurde (s. u., Xl). Xl : Der «gütige Kai sen" Ioannes v., hat seinem Sohn Schafherden (vgl. oben, OE) überlassen und ihn mit weite ren «großen Geschenken» bedacht (Z. 3 3 - 36). Zweifellos waren die Zuwendungen eine Re aktion auf den brieflichen Bericht Manuels an seinen Vater von seiner Erkrankung und Gene sung (s. o., T374, Ep). LoenLemn 1 3 3 nimmt an, daß Manuel und sein Gefolge bereits seit einiger Zeit ihren Hunger mit Schafen der kaiserlichen Herde gestillt hatten und daß Ioannes V. ihnen dies nachträglich genehmigte. X2: Chrysoberges, sc. Maximos (s. u., A.6). Ep: Ein Brief von Kaiser Manuel, in dem dieser den Stil des Kyd. lobte (Z. 4f.) und von seiner Gene sung berichtete (Z. 27 -30), nicht erhalten. III. Hss: A 44V -45r, Nr. 12; U 65'-66r, Nr. 8 1 ; B 258v -259r, Nr. 120. Resümee: Loen Lernn 1 33, Nr. 1 7. Iv. 1 W: ELxoAoyLav. So schreibt die Ausgabe und folgt damit offenbar einer Lesatt der beiden Handschriften U und B. Aber dieses Wort ist in keinem Lexikon belegt. Ein Blick in den Film des Autographen A zeigt, daß dort die Lesung problematisch ist. Die Buchstaben folge oAoYLav steht hier am Anfang von f. 43v, Z. 3. Am Ende von Z. 2 findet sich eine Rasur, an deren Anfang noch ein EL zu lesen und ein folgendes x zu vermuten ist. Doch wird man annehmen dürfen, daß Kyd. ursprünglich das gut belegte xaxoAoYLa ( << böses Geschwätz» ) geschrieben oder zumindest intendiert hatte, das auf Thersites passen würde. Zum Thersites Vergleich als Bescheidenheitstopos bei Kyd. siehe Bd. 112, 625, T 0 1 36, A. 1 . 2 In der Edition steht hier vor dem folgenden, mit E:rrEL eingeleiteten Nebensatz (der hier mit einem Hauptsatz übersetzt wird) versehentlich ein Punkt. 3 Hdt I 3 0 - 32. Siehe auch oben, T373, A. 4. 4 Gemeint ist Fama (cfJijflTJ), die Göttin des Gerüchtes; siehe Bd. III, T312, A. 2. 5 Siehe Bd. III , T276, A. 1. Das Bild von der Wolke wird Z. 3 8f. noch einmal aufge nommen. 6 Chremylos, ein tugendhafter Armer in AristophPl, dem unerwatteter Reichtum zufällt (siehe Bd. 112, T100, A. 1 ) , hier spöttische Bezeichnung des Maximos Chrysoberges, der sich zuvor über das bescheidene Leben auf Lernno s beschwert hatte (s. o., T369, D). 7 W: :rratäva, in der Antike ein Fest- und Danklied an Apollo. 8 Vgl. HomOd 14, 465f. 9 Im Griechischen Wortspiel (Paronomasie): :rrE'ljJLV E'ljJOflEVTJe; 10 Anspielung auf die berühmten Worte des Agamernnon HomIl 1 , l I 8f., als er, von Kal chas genötigt, seine Sklavin Chryseis ihrem Vater, einem Priester des ApolIon, herauszugeben, nun leer auszugehen fürchtete. 1 1 Eine Wendung mit EA:rr LÖEe; ßO(JXOUOL findet sich zwar bereits bei Euripides, Phoenissai 399, aber hier spielt Kyd. wohl auf eine der Sentenzen ( fvwfla t flOVOQovae;. Zur hier ausgedrückten Skepsis s. o., BKyd.
96
BRIEFE T375-376
376 - An Chrysoberges L: 402; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Lemnos; D: 1388; wI: Kydones erklärt dem Freund, er habe ihm nicht allzu häufig geschrieben, weil er ihm die Lektüre stilistisch mittelmäßiger Briefe ersparen wollte. Zudem seien Briefe als Beweise der Freundschaft unnötig, wenn man einander gut genug kenne. Im übrigen habe er dem Adressaten Briefe in angemessener Zahl zukommen lassen. Dennoch wolle er ihm in Zukunft häufiger schreiben, allerdings in einem anspruchslosen Stil. Er sei aber besorgt, daß Maximos diese bescheidenen Briefe Kaiser Manuel zeige, der an den Stil höhere Ansprüche stelle.
Du liebst, wie du sagst, meine Briefe. Solltest du sie allerdings wegen ihrer Schönheit begehren, / dann könnte man dir vorhalten, es erginge dir
5
so wegen deines mangelnden Empfindens für schöne Literatur. Ich aber würde das das nicht sagen - weiß ich doch, daß du wohlgelungene Texte nicht nur beurteilen, sondern auch selbst verfassen kannst - , sondern nehme an, daß die Ursache dieser Blindheit1 deine Zuneigung ist. Aus Zuneigung wurden ja (bereits) viele zu Liebhabern unschöner Literatur und schätzten Texte, die schöner als die ihrer Freunde waren, gering ein. Weil ich das also weiß, wollte auch ich nicht durch häufiges Schreiben / deine Selbsttäuschung vermehren.
10
Wenn du aber Briefe als Zeichen der Freundschaft verstehst und glaubst, von uns um so mehr geliebt zu werden, je zahlreicher unsere Briefe sind, bist du, glaube ich, von einer anderen Variante derselben Täuschung befangen - wenn du nämlich meinst, Freundschaften könnten durch Geplauder vertieft werden. Das muß sich aber nicht zwangsläufig ergeben. Denn wie man schweigend lieben kann, so ist es auch möglich, obwohl man (mit jemandem) redet, (ihn) nicht / zu lieben oder (ihn) viel- 15 leicht sogar zu hassen.Wir sind jedenfalls überzeugt, daß du, obwohl du so lange Zeit geschwiegen hast, uns um nichts weniger zugetan bist. Ver suche also nicht in gewohnter Weise, dich, als hättest du oft geschrieben, als untadelig hinzustellen, während du mich, als hätte ich so viele Briefe von dir unbeantwortet gelassen, tadelst. Denn ich empfing nur den einen Brief von dir, den mir dein Vater übermittelte, und erkannte (daraus) was ich auch zuvor schon wußte -, daß du mir zugetan bist. Dieser / Meinung wäre ich auch gewesen, wenn ich jenen Brief nicht erhalten 20 hätte. Dennoch habe ich ihn damals sofort beantwortet. Ich würde aber sagen, daß ich ihm auch andere Briefe folgen ließ, wenn ich mich (denn) wie du an die Namen der Briefboten erinnern könnte. Zähle (mir) also 97
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
keinen Angelos, einen Kaufmann Soundso, einen Kapitän Soundso und (weitere) Leute auf, die du nie gesehen has2-, um uns dadurch zu über25 trumpfen, sondern / laß dich überzeugen, daß unser Briefkatalog nicht
kleiner als der deine ist. Wenn du aber willst, daß keiner, der zu euch reist, ohne Post von uns bei dir erscheint, wenn du hierin um nichts dem Kaiser nachstehen und nicht, während jener in Briefen von mir schwelgt, selbst des Festmahles, wie du sagst, beraubt werden willst - ich weiß freilich nicht, wie es dir in den Sinn kam, nach gleicher Behandlung wie er zu verlangen - werden 30 wir, wie / du befiehlst, häufiger schreiben; allerdings wirst du Briefe (nur)
in der Zahl erhalten, die auch den anderen Freunden zukommt, und wir werden dir (auch) keine stilistisch anspruchsvolleren Briefe, die größerer Sorgfalt bedürfen, zukommen lassen. Denn die gegenwärtigen Zeiten er lauben solches nicht, weil sie uns zwingen, unsere Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken, nach dem Motto: « Ein trauriger Vogel singt nicht» 3 Ich weiß aber auch, daß du es nicht erträgst, dem Kaiser •
die Lektüre (meiner Briefe) vorzuenthalten, und ich bin auch überzeugt, 35 daß er von mir Rechenschaft / über den Namen eines jeden (Briefempfän
gers) verlangt. Du weißt aber deinerseits, wie sorgfältig er den literari schen Stil prüft und daß ihm nichts gefällt, was nicht mit Demosthenes und Platon zu vergleichen ist. Nun zwingt mich aber die Pflicht, daß meine Briefe an ihn dieser Prüfung standhalten. Ich möchte aber nicht in anderen Fällen zur Rechenschaft gezogen werden, wo ich mir einer gro ßen Schlichtheit meines Stils bewußt bin. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Aus der Situation des Briefes ergibt sich, daß der im Titel genannte Chrysoberges mit dem Empfänger der Briefe 362, 369 und 373 identisch ist. OE: Der Kaiser, bei dem sich Chrysoberges aufhält (Z. 27. 34), kann nur, wie in den genannten Briefen, Manuel (X3) auf Lemnos sein. D: Zur Einordnung des vorliegenden Briefes nach T362, 369 und 373 s. u., Ep3, Ep4. Der in der Chronotaxis LC II 495, Liste XVII hier folgende Brief L398 wird weiter unten als T384 eingeordnet (Begrün dung dort).
II. BKyd: Bemerkenswert ist die Angabe des Kyd., daß er bewußt auf verschiedenen Stil ebenen schreibt und Kaiser Manuel die höchste vorbehalten hat, so daß er besorgt ist, es könnten jenem seine stilistisch schlechteren Briefe zu Gesicht kommen (Z. 26-39). BE: Aus der Tatsache, daß der Vater des Chrysoberges noch lebt (Xl ), schließt LoenLemn 135 mit Recht darauf, daß Maximos einer wesentlich jüngeren Generation als Kyd. (geboren kaum vor 1360) angehört. Xl: Der Vater des Chrysoberges (Z. 1 8f.), der Kyd. einen Brief (Ep2) seines Sohnes ausgehändigt hat. X2: Angelos, von Maximos als Briefbote erwähnt (Z. 23);
98
BRIEFE T376-377
s. o., T367, Xl. X3: Ein Kaiser, der es gewohnt ist, von Kyd. stilistisch anspruchsvolle Briefe zu erhalten (Z.27f. 34-38), zweifellos Manuel II (s.o., OE). ZG: Betrübnis des Kyd. über die heillose politische Lage (ohne nähere Angaben) (Z. 32f. ) . Ep: 1. Ein kürzlich verfaßter Brief des Chrysoberges, in dem dieser von Kyd. häufigere Briefe erbat (Z. 4f. ). 2. Ein früher verfaßter Brief des Chrysoberges mit Beteuerungen seiner Zuneigung, der Kyd. durch dessen Vater übermittelt wurde (Z. 1 8f., wohl T362, Ep). 3. Eine Antwort des Kyd. auf Ep2 (Z. 20f.), wohl identisch mit T362, weil dort Kyd. mit der Zurückweisung des allzu großen =
Enthusiasmus, den Maximos für seine Person zeigt, offenbar auf die Beteuerungen von Ep2 reagiert. 4. Einige weitere Briefe des Kyd. an Maximos, an deren Boten er sich nicht mehr erinnern kann (Z. 2lf.). Wahrscheinlich waren es nur zwei, nämlich T369 und 373. IIl. Hss: A 49v- SO', Nr. 7; U 73'_ 74', Nr. 89; B 260v-261', Nr. 122. Resümee: Loen Lemn 134f., Nr. 20. IV. 1 Hier wie Z. 5 verwendet Kyd. das Wort ayvOLa, eigentlich «Unkennmis» , doch ist hier wohl eher mangelndes Urteilsvermögen gemeint; daher übersetze ich Z. 4 mit «mangeln des Empfinden», hier mit «Blindheit». 2 Kyd. will sagen, Chrysoberges solle sich nicht auf alle möglichen Personen berufen, denen er angeblich Post für ihn mitgegeben habe, um sich dadurch als fleißiger Briefparmer auszuweisen. 3 W.: OQVEOV OVX c;tÖEL AUJWU[!EVOV, mit Bezug auf PlPhd 8Sa: OVöEV oQVEQV c;tÖEL ö,;av
. . . AVJtTjV AUJtfj';aL (kein Vogel singt, wenn er traurig ist). Der Gedanke ist dort breiter ausge führt.
377 L: 403; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Lemnos; D: 1 3 8 8 ; wI: Der Adressat hat sich Briefe von Kydones gewünscht, aber dieser erklärt sein Ansinnen für kaum begreiflich, weil er sich doch bei einem so glänzenden Stilisten wie Kaiser Manuel aufhalte. Daher empfiehlt er ihm einen Vergleich der Briefe des Kaisers mit den von ihm verfaßten, der ihn hoffentlich eines Besseren belehren werde.
Wie soll ich das verstehen? Du hältst dich bei einem Kaiser auf, (der zugleich ein) Rhetor (ist), und glaubst doch noch, meiner Briefe zu bedür fen? / Dann wirst du es kaum vermeiden können, denen zu gleichen, die
5
nach dem Manna und den Wachteln Appetit auf den Knoblauch Ägyptens verspürten1 ! Aber anscheinend schwelgst du allzusehr und willst deine Freuden in jeder Hinsicht vermehren, so wie die Reichen den Ehrgeiz haben, daß ihr Tisch auch mit den gewöhnlichsten (Speisen) angefüllt ist. Nimm also auch dies hier von uns, wenn es dir Spaß macht, und füge dem (Rede)strom des Kaisers auch / unseren Tropfen hinzu! Gewiß aber 1 0 wirst du, glaube ich, nicht weiter Briefe von mir begehren, wenn du die 99
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
meinen mit den seinen vergleichst; so sehr wirst du dir nach jenen Vor würfe machen, noch die schlechten haben zu wollen! Wir aber werden so lange (weitere Briefe) schicken, bis euch die (noch) kommenden auf die Nerven gehen und ihr uns endlich Schweigen gebietet! K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E, OE, D: Ein Mann, der Briefe von Kyd. begehrt und sich bei einem rhetorisch gebildeten Kaiser aufhält. Die Situation entspricht der von T376. In den Hss A und U folgt der vorliegende Brief unmittelbar auf L402 (= T376). Die Annahme, daß ebenfalls Chrysoberges der Adressat ist, liegt nahe. Vielleicht hatte er seinen bereits vor T376 ausgesprochenen Wunsch noch einmal wiederholt. Zu Brief L398, dessen Einordnung vor dem vorliegenden Brief LoenLemn 135f., Nr. 21 vorschlägt, s. u., T384, D. 11. BKyd, BE: Kyd. drückt sich hier deutlicher aus als in T376: Er hält es für unbegreiflich und kann es allenfalls mit geistiger Gefräßigkeit erklären, daß Chrysoberges in der Nähe Kaiser Manuels weilt und dennoch Briefe von Kyd. erbittet. Xl : Der Z. 4 und 9 erwähnte Kaiser, der zugleich ein Rhetor sei, kann nur Manuel 11. sein. III. Hss: A 50v, Nr. 9; U 74v, Nr. 9 1 . Resümee: LoenLemn 136, Nr. 22. IV. 1 ATNum 1 1 , 5 .
378 L: 404; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Beamter Kaiser Manuels II.; OE: Lemnos; D: Spätherbst 1388; wI: Der Adressat hat Kydones ein von Kaiser Manuel versprochenes Tierfell noch nicht zugesandt, so daß zu befürchten ist, es werde erst im kommenden Frühjahr eintref fen. Kydones gibt ihm mit spöttischem Unterton zu verstehen, daß er es noch vor Beginn des
bald zu erwartenden Winters braucht.
Euch sind TierfelleI anscheinend im Sommer nützlich; deshalb habt ihr 5 vorgesehen, sie uns / bei Aufgang der Plejaden2 zu schicken. Wir aber suchen und brauchen sie - wie alle -, wenn (das Gestirn) im Begriff ist
unterzugehen3 . Jetzt beobachten wir also alle soeben ihren Untergang.
Ich glaube aber, daß sie auch bei euch untergehen und daß ihr dies beob achtet, wenn man nicht behaupten will, daß euch wegen allzu großen Wohllebens und wegen Schlafes über den Mittag hinaus der Anblick der 10 auf- und untergehenden Sterne / entgeht. Schicke also das Heilmittel ge
gen den Winter, das der Kaiser mir geschenkt hat, damit wir nicht ihm dankbar sind für das Geschenk, dich aber tadeln, weil du aus Nachlässig keit die gnädig (gewährte) Gabe entwertet hast. 100
BRIEFE T377-378
K I. OKyd, OE: Wegen der thematischen Beziehung zu T3 8 1 (s. u.) ist auch hier ein Brief austausch zwischen Konstantinopel und Lemnos anzunehmen. E: Daß der Adressat im Dienst Kaiser Manuels steht, ist aus Z. 1 0 - 12 zu entnehmen. Offenbar war er mit der Zusen dung des gewünschten Felles beauftragt. D: Zur Datierung des Briefes auf den Spätherbst s. u., A. 3. Als Jahr kommt nur 1 3 8 8 in Frage, weil bereits ein längerer Aufenthalt Manuels auf Lemnos vorauszusetzen ist ( deshalb nicht 1387) und er im folgenden Jahr wohl kaum noch im Spätherbst auf Lemnos war (s. u., T386, D). LoenLemn 1 3 6f. plädiert für die Einord nung von L397 an Kaiser Manuel vor L404. Doch ist in beiden Briefen von früheren Verspre chen des Kaisers die Rede (L397, Z. 24, ltOAAUXL� U lt€ OXou ; hier Z. 1 0, öEÖWXE), so daß auch T397 nicht ein erstes Ersuchen, sondern bereits eine Mahnung ist, plausibler, wenn der Adressat von L404 nicht reagiert hat. Daher wird L397 hier als T381 nach dem vorliegenden Brief eingeordnet. II. BKyd: S. o., wl. Xl : Daß der erwähnte Kaiser (Z. 1 0 ) Manuel II. ist, wird durch T3 8 1 bestätigt (s.o., D). ill . Hss: A 50v, Nr. 10; U 74v- 75', Nr. 92. Resümee: LoenLemn 137, Nr. 24. IV. 1 W.: ÖL<j>8EQaL. Da öL<j>8€Qu jede Tierhaut bezeichnen kann, ist die Verwendung nicht sicher und wird auch durch den Kontext nicht klarer. Daher empfiehlt sich die neutrale übersetzung «Tierfell, Fell " . Wahrscheinlich handelt es sich um die Anmahnung desselben Tierfells, das Kyd. in einem Brief (s. u., T396) an den Protobestiarites Theodoros Palaiologos auf Lemnos bestellt hatte. Das Schreiben T396 wird jedoch entgegen der hier vermuteten chronologischen Abfolge erst an einer späteren Stelle eingeordnet, weil es zu einer Gruppe von Briefen gehört, deren Datierung umstritten ist; s. U., vor T395, die zusammenfassende Bemerkung zu dieser «Gruppe ill » . 2 W: rD.T)LUÖWV eltL"tEAAOI-1EVUWV, Zitat aus HesOp 382. Zum Aufgang der Plejaden Ende Mai vgl. TinnFreund 217, A. 34. Weitere Datierungen mit dieser Angabe: Bd. II, T175, ZG; T210, A. 1 . 3 Zum Untergang der Plejaden teilt Kyd. im folgenden mit, daß er a m Morgen sichtbar war, weil man ihn durch zu langes Schlafen verpassen konnte (Z. 8 - 1 0 ) . Es handelt sich also um den Termin des sichtbaren Frühunterganges. Vgl. RE VI ( 1 909), Sp. 2424f. Zu den sichtbaren Auf- und Untergangsterminen der Plejaden ist die Tabelle in RE, Bd. XXI/2 ( 1 952), Sp. 2504 zu benutzen. Aus dieser ergibt sich für 500 Jahre eine Verschiebung des Unterganges nach vom um ca. 3 Tage. Für den Frühuntergang ist die letzte Angabe, auf das Jahr 500 n. ehr. bezogen, für den Konstantinopel nächstgelegenen Ort Kyzikos der 12. No vember. Für das Jahr 1000 ist also ein Frühuntergang am 15., für 1500 einer am 1 8 . Novem ber anzusetzen, für 1 3 8 8 folglich der 17./1 8 . November. So bezieht sich Kyd. mit dem Ver weis auf den Untergang der Plejaden jedenfalls auf Spätherbst 1 3 8 8 .
101
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
3 79 L: 405; OKyd: Konstantinopel; E: Ein befreundetes Schwesternpaar; OE: Konstantinopel;
D: Herbst 1 3 8 8 ( ? ) ; wI: Kydones läßt den beiden Damen, denen er viele Gefälligkeiten ver dankt, ein seinen Möglichkeiten entsprechendes bescheidenes Geschenk (Früchte aus dem Garten?) zukommen.
Die Frauen, die durch Gott und die Natur miteinander verbunden wur den, bei (der Überreichung) eines kleines Geschenkes gesondert zu beden5 ken 1, hielt ich für ungerecht und / zudem für unvernünftig, zumal auch das
Geschenk selbst wegen seiner Geringfügigkeit eine Aufteilung nicht ver trägt. Denn alles, was ich besitze, ist bescheiden und gering, weil es der wak kere Kaiser so will. Nehmt also gütig kleine Geschenke von (meiner) großen Zuneigung an, die ich euch für viele große Gefälligkeiten schulde. K I. OKyd: Kyd. spielt auf seinen bescheidenen vom Kaiser gewährten Besitz, sc. in Kon stantinopel, an (Z. M.). E, OE: Daß es sich um zwei (und nicht mehr) mit Kyd. befreundete Frauen, vermutlich Schwestern, handelt, die beieinander wohnen, ist ähnlich zu begründen wie für den inhaltlich verwandten Brief Bd. III, T 0335. Sie wohnen vermutlich in der Nähe, jedenfalls in Konstantinopel, denn von einer Versendung des Geschenkes ist keine Rede. D: Die Andeutung, daß der Kaiser (Ioannes
v.) Kyd. nur einen bescheidenen Lebensunterhalt
gewähre (Z. 6f. ), ist wohl auf die Zeit nach dem Rückzug des Kyd. in den Ruhestand im Frühjahr/Sommer 1 3 8 6 zu beziehen (siehe Bd. III, T3 1 8 , BKyd). Es wird nicht gesagt, ob es sich bei dem Geschenk (Z. 7) um Früchte handelt; doch ist dies wegen paralleler Fälle (siehe Bd. III, T 0334 und 0335) wahrscheinlich, und damit auch die Datierung auf einen Herbst, wohl 1 3 8 8 , wie die der drei in der Hs vorausgehenden Briefe T3 76-378. 11. BKyd: S. o., D. Xl: Ioannes V. (s. o., D). III . Hss: A 50v- 5 1', Nr. 11; U 75', Nr. 93. IV. 1 W.: ÖuoAELV. Kyd. will also sein Geschenk nicht aufteilen, sondern es den Beschenk ten gemeinsam zukommen lassen.
3 8 0 - An den Sohn des Kaisers, den Despoten Theodoros L: 414; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros I. Palaiologos, Despot; OE: Mistra, Pelo
ponnes; D: Herbst 1 3 8 8 - Frühjahr 1 3 89; wI: Entgegen einem früheren Versprechen hat Theodoros nicht geschrieben und sich damit entschuldigt, daß er sich zum Stil des Kydones nicht äußern könne. Kydones bedauert diese Zurückhaltung und betont, daß an das stilkriti sche Urreil eines Mannes, der sich im kriegerischen Alltag bewähren müsse, niemand hohe Ansprüche stellen würde. Im übrigen solle er seinem Bruder Manuel nacheifern und sich literarisch betätigen.
1 02
BRIEFE
T379- 3 80
Du hast mir immer und in jeder Hinsicht Wohltaten erwiesen, mir aber jetzt unversehens ein Unrecht zugefügt; versprachst du mir doch / zu
5
schreiben und (konntest) dich dann nicht dazu entschließen. Was mich aber am meisten schmerzte, war die Ursache des Schweigens, denn du sagtest, du hättest lieber geschwiegen, weil du zu meinen Äußerungen nichts Angemessenes sagen könntest. Diese Entschuldigung für dein Schweigen hast du (einfach) erfunden, denn sie hat nichts Wahrschein liches für sich; in Wirklichkeit aber wolltest du mich nicht ehren, weil du, wie es scheint, anderen, die angesehener sind als ich, diese Auszeichnung vorbehalten hast. Wäre es nämlich nur, wie du sagst, Respekt gewesen, was dich vom Schreiben / abhielt, hättest du dir das vorher und (zwar) 1 0 vor deinem Versprechen überlegen sollen. (Es geht aber) nicht (an), zuerst das Schreiben anzukündigen und dann notgedrungen eine Entschuldigung für das Schweigen zu suchen; denn das ist ein Unrecht an denen, deren Hoffnungen du durch die Ankündigung geweckt hast. Du verstehst dich doch auch auf die Gesetze und weißt, was die verwirkt haben, die Zah lungen versprechen und sie nicht leisten. Warum hast du uns überdies für so ungerecht gehalten, daß wir an den / Kriegsmann Anforderungen wie 1 5 an einen Rhetor stellen und denen, die mit praktischen Aufgaben befaßt sind, die gleiche Routine zumuten wie denen, die in Muße leben? So den ken ja (nur) die, die alles vermengen und keine Ahnung von der Gerech tigkeit haben; sie besteht ja darin, daß jeder das Seine tut1 ! Ich werde also niemals aufhören, dich wegen deines Schweigens anzu klagen; denn obwohl ich dir dankbar bin für das, was du (mir) gegeben hast, würde ich sagen, daß du Unrecht daran getan hast, mir nicht zu schreiben, / weil du mich einer großen Freude, aber auch einer nicht gerin- 20 geren Ehre beraubt hast. Wenn du aber eine Entschuldigung suchst, wirst du keine überzeugendere finden als das Schreiben2. Denn nur so kannst du deine Versprechungen einlösen und wirst der Seele dessen, der dir
zugetan ist, eine größere Freude bereiten, als sie der Wein3 und deine
(übrigen ( ? ) Geschenke bewirken können. Du wirst dich dann nicht wie die Soldaten, sondern wie die Feldherren verhalten, die, wie man sagt, nicht weniger um gute Reden als um / die Waffen bemüht sind4• Davon 25 abgesehen wirst du aber auch deinem kaiserlichen Bruder nacheifern, der in vielen Dingen den anderen überlegen ist, vor allem aber eines besitzt, was ihn vor allen auszeichnet, Begeisterung für die (Kunst der) Worte, die ihn nicht zögern läßt, literarische Werke zu verfassen, seinen Freunden, 103
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
wann immer es angemessen ist, zu schreiben und in den Briefen, die er an sie richtet, einen gepflegten Stil zu verwenden. Dadurch erreichte sogar er, der (bereits) so lange mit der Redekunst befaßt war, darin eine (noch) 30 größerer Gewandtheit. Halte also auch du dich an das, was ihm / gut
erscheint, damit man auf diese Weise erkenne, daß du einem Gleichge sinnten nacheiferst. K 1. OKyd: Am gewohnten Aufenthaltsort. OE: Der im Titel des Briefes genannte Theodo ros residiert in Mistra (s. o., T350, E). D: Zur Datierung des Briefes siehe die Bemerkung von R.-J. Loenertz zu Z. 5 sowie seinen Aufsatz: Pour l'histoire du PeJoponese au XIVe siede ( 1 3 8 2 - 1404), Etudes byzantines 1 ( 1 943) 1 52 - 1 96, hier 1 68f. LBF I 227-265, hier 236f.: 1 3 8 7/8 8 unterwarf sich Theodoros dem Osmanensultan Murad und gewann dadurch dessen Hilfe gegen seine rebellischen Untertanen und deren lateinische Bundesgenossen. Quelle die ses Vorganges sind die Verse 76-78 einer metrischen Inschrift in der Kirche der Panagia zu Parori bei Mistra, erstmals ediert von G. Millet 1 8 99, ins Französische übersetzt von R.-J. Loenertz, ebd. 158 - 1 6 1 bzw. 228 -230 und von demselben erneut ediert in: Res gestae Theodori Joann. f. Palaeologi. Titulus metricus A. D . 1 3 8 9 , EEBS 25 ( 1 955) 207-210, mit =
Richtigstellung der Versfolge. Loenertz nimmt weiter an, Theodoros habe diese Ruhepause genutzt, um seinen Vater Ioannes V. in Konstantinopel zu besuchen. Jedenfalls ergibt sich Theodoros' Anwesenheit in der Haupstadt im Sommer 1 3 8 8 aus dem Dokument Senato di Vcnezia, Misti 40, f. 1 33 , alias 129, das in LC II 439 als Nr. 8 im Appendix D abgedruckt ist. Die entscheidende Passage teilt mit, der baiulus
( bailo) von Venedig habe in Konstanti =
nopel mit Theodor, dem Despoten von Morea ( Peloponnes), über die venezianischen Besit zungen auf der Peloponnes und über eine engere Zusammenarbeit gegen die Türken verhan =
delt. Da sich nun Kyd. auf ein Versprechen des Theodoros bezieht, ihm zu schreiben, das offenbar nicht schriftlich gegeben wurde (Z. 4f.), liegt die Annahme nahe, daß es bei seinem Besuch in der Hauptstadt erfolgte. Sommer 1 3 8 8 wäre also ein terminus post quem für vorliegenden Brief, wobei eine gewisse Zeitspanne nach diesem Termin anzunehmen ist, die eine Beschwerde, keine POSt erhalten zu haben, wahrscheinlich macht; daher die oben vorge schlagene Datierung. II. BKyd, BE: Theodoros hat Kyd. Geschenke zukommen lassen (Z. 4. 1 9 . 22f.), vielleicht bei einem Besuch in Konstantinopel (s. o., D), darunter auch Wein ( ? ) (s. u., A. 3 ) . Kyd. aber betont, daß Briefe von ihm wichtiger seien, und weist seine Erklärung, er scheue sich, zu seinem Briefstil Stellung zu nehmen, als gesuchte Entschuldigung zurück (Z. 6 - 8 ). Xl: Ein Bruder des Adressaten, der Kaiser ist und dessen rhetorisch-literarische Meisterschaft ihm ein Vorbild sein soll (Z. 25-30), natürlich Manuel, zudem einziger überlebender Bruder des Theodoros, da Andronikos 1 3 8 5 (SchreinChron II 3 3 0f.), Michael schon 1 3 76/77 (ebd. II 3 1 1f.) gestorben ist. III. Hss: A 3v_ 4r, Nr. 2; U 3rv, Nr. 2; L 129rv, Nr. 17; 0 272r, Nr. 3; Gruppe H, Nr. 9; i 1 64r- 1 65" Nr. 3. Ed: S. P. Lampros, IIuÄmoAOYELa XUL IIEÄoJtovvT]OLUXU, IV, Athen 1930, 12f. (nach Hs r der Gruppe H). Iv. 1 Anspielung auf die platonische Definition der Gerechtigkeit (PIPlta 433ab).
1 04
BRIEFE T38 0 - 3 8 1
2 Die Aussage, es gebe keine überzeugendere Entschuldigung für das Nichtschreiben als das Schreiben, ist natürlich unlogisch, aber ein bewußt verwendetes Oxymoron, welches den Wunsch des Kyd., von Theodoros einen Brief zu erhalten, pointiert und nicht ohne Witz ausdrückt. 3 Der hier etwas unverminelt als Freudenbringer genannnte Wein gehörte vielleicht zu den im folgenden erwähnten Geschenken, die der Despot bei seinem Besuch in Konstantino pel (s. o., D) dem Kyd. überreichte. 4 Die Ansprachen der Feldherren an das Heer spielten im Kriegswesen seit der Antike eine große Rolle. Kyd. denkt hier wohl eher an diese Tradition als an die zeitgenössische Praxis.
381 L: 397; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel II . Palaiologos; OE: Lemnos; D : Spät herbst 1388; wI: Kydones erinnert den Kaiser an seine mehrfachen Versprechen, ihm ein Ziegenfell zukommen zu lassen. Er möge ihm nicht vorenthalten, was sogar den Hirten zu steht, und im übrigen berücksichtigen, daß Manuel, der gefeierte Redner, dieses Geschenk
einem ebenfalls rhetorisch Gebildeten, also einem Kollegen, werde zukommen lassen. Keines wegs aber sei in diesen schweren Zeiten ein Ziegenfell ein zu geringfügiges Geschenk, das eines Kaisers unwürdig sei.
Es soll so sein, daß die, welche weichliche Kleider tragen, in euren Palä sten leben, ihr Kaiserl, / uns aber, die wir das bürgerliche Leben vorziehen,
5
sollte es nicht gestattet sein, was ihnen zusteht, zu erbitten oder zu emp fangen! Aber warum neidet ihr uns deswegen auch (noch) das Bocksfell, so daß wir nackt umhergehen müssen und nicht einmal für würdig befun den werden, Ziegen zu hüten, weil ihr uns auch von dem nichts gönnen wollt, was (sogar) Ziegenhirten beanspruchen können? Denn jenen steht es frei, ihren Ziegen, wann sie wollen, das Fell abzuziehen und sich so vor Frost zu schützen2 , uns aber sind, wie es / scheint, wie die Purpurgewänder 1 0 auch die Jacken der Hirten und Bauern versagt. Und d u ordnest dies (so gar) an oder handelst vielmehr so, obwohl du allein bei dem gegenwärti gen Mangel an Bildung den Studien (noch) einen Platz einräumst und jene, die sich ihnen widmen, nicht zu den gänzlich Verachteten zählen willst. (So) sieh zu, daß du nicht, indem du mich nachlässig behandelst, unverse hens auch deiner eigenen Sache schadest! Denn schon gestehen dir alle großen Ruhm / in Redekunst und Wortgewalt zu, und (so) kannst du es 1 5
nicht umgehen, ein Erbe der literarisch Gebildeten3 zu sein. (Davon) wird dich auch deine kaiserliche Macht nicht ausnehmen. Wenn du nämlich 1 05
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
der Zunft der Rhetoren entrinnen willst und dich zu den Kaisern flüchtest, werden wir dir zwar zugestehen, daß du auch dieses Chores würdig bist, doch werden wir dich (danach) keineswegs weniger bedrängen, sondern 20 dich zwingen, auch (dann) mit uns das Lied der Musen zu / singen. Gewiß
werden aber auch die Kaiser sich freuen, daß sie in ihren Reihen einen finden, der das ihnen gemeinsame Kaisertum mit Weisheit ziert, und wer den uns für den Versuch, dich (auf unsere Seite) zu ziehen, nicht zürnen; denn sie sind gerecht. Sie werden vielmehr entsprechend den Gesetzen verfahren und dich Flüchtigen uns ausliefern. Damit du also nicht festge nommen und bestraft wirst, schicke so schnell wie möglich deinem Kolle gen4 das oft versprochene Fell; denn auch uns gebietet der Winter schon 25 Vorsorge, / und (zudem) ist es dir ein Leichtes, (eines) zu schicken, weil
Lemnos viele Ziegenherden ernährt. Zugleich aber wird es auch ein Ge gengeschenk für diesen Brief sein, von dem du vielleicht nicht sagen wirst, daß er von größerem, wohl aber von gleichem Wert wie ein Fell ist. Wenn du aber dasselbe sagen willst, was Alexander zu dem «Hunde» sprach, (nämlich,) das Geschenk sei nicht eines Herrschers wertS, steht es dir er stens frei, etwas zu schicken, was deines Ranges würdig ist, und wir wer den mit größerer Freude das große (Geschenk) annehmen. Zweitens aber 30 sind auch wir / über die gegenwärtige Zeitlage - nach der wir unser ge
samtes Tun ausrichten müssen - nicht so schlecht informiert, daß wir uns Großes von denen wünschten, die (nur) Geringes geben können. Denn auch wir wissen ja, daß jetzt das Schicksal sogar die Kaiser in jeder Hin sicht eingeschränkt hat. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort.
E, OE: Ein Kaiser (Z. 4f. 1 6 - 1 8 . 20.
28. 32), auf Lemnos (Z. 25), Manuel II. an seinem Exilsort. D: Die Anmahnung des ver sprochenen Ziegenfells (TguyOlv öogu, Z. 6f.) bei dem auf Lemnos weilenden Kaiser Manuel ist wie die auf einen ähnlichen Gegenstand bezogene in T378 (siehe dort, D) nur im Herbst! Winter 1 3 8 8/89 unterzubringen. Wahrscheinlich handelt es sich in beiden Briefen um dieselbe Sache, denn das Wort öL<j>8EgU (eigentlich jedes Stück Leder) ist bei den Briefen gemeinsam (hier Z. 24; T378, Z. 4); daneben ist hier auch von einer öogu (Fell, Z. 7. 27) die Rede. Zwar handelt es sich gemäß Z. 11 um eine ESOl[li�, eine Schulterjacke ( ? ) , also eher um ein Kleidungstück. Doch empfiehlt sich die neutrale Übersetzung « Fell», die eine präzise Defini tion der Nutzung offenläßt, denn vielleicht sollte dieses Fell sowohl als Kleidungsstück (Um hang?) wie auch als Decke verwendet werden, wie Kyd. dies ausdrücklich von dem in T396 genannten Schaffell, einer ltgOßUTOlV öogii� öL<j>8EgU, mitteilt (ebd. Z. 6-9). 11. BKyd, BE: Kyd. mahnt ein vom Kaiser versprochenes Ziegenfell an, das er angesichts des nahenden Winters dringend braucht. Er gibt nicht ohne Ironie zu bedenken, der Kaiser
106
BRIEF T381
sei gleichsam zur Hilfe verpflichtet, weil er wie Kyd. ein literarisch Gebildeter, Kyd. also sein Kollege sei (A. 4). Der eventuell vorgebrachte Einwand, ein solches Geschenk sei zu gering und stehe einem Kaiser nicht an, sei durch ein größeres Geschenk leicht zu entkräften und im übrigen angesichts der angespannten Wirtschaftslage hinfällig (Z. 27 - 32). ZG: Zur An spielung auf die schlechten Zeiten und die Einschränkung der kaiserlichen Macht (Z. 2931) s. o., T360, ZG; 374, ZG. Ep: Gemäß Z. 24 hat Manuel bereits «oft» versprochen, Kyd. ein Ziegenfell zukommen zu lassen, vielleicht in nicht erhaltenen Briefen, vielleicht auch mündlich bei den im HerbstfWinter 1 3 8 7/88 erfolgten persönlichen Begegnungen (T357, BKyd). III. Hss: A 46v-47r, Nr. 2; U 68v - 69r, Nr. 85; B 25�-258r, Nr. 1 1 8; P 4 1 5v-41 6r, Nr. 37. Resümee: LoenLemn 1 3 6, Nr. 23. Iv. 1 Anspielung auf NTMt 1 1 , 8 : «Seht, die sich weichlich kleiden, wohnen in den Häusern der Könige. »
2 3 4 5 ders
W.: f,lT] QLYOÜV (nicht z u frieren). W.: "töiv "tOL� MyOL� (J'Uf,lßmvoV"twv. W.: "tOL� 6f,l0"t€XVOL�, also eigentlich «den Kollegen» (Plural der Bescheidenheit?). Die Edition gibt nicht an, welcher Quelle Kyd. diesen angeblichen Ausspruch Alexan des Großen gegenüber dem «Hunde» , sc. dem Kyniker Diogenes von Sinope, entnom
men hat. Es finden sich aber zwei Versionen mit dem Zitat im Gnomologion Vaticanum, ed. L. Sternbach, Berlin 1 9 64 (von O. Luschnat besorgter unveränderter Nachdruck der Originaledition aus Cod. Vat. gr. 743, 6v_4� in: Wiener Studien 9 - 1 1 , 1 8 87-89), Nr. 96 (S. 44) und Nr. 104 (S. 49). (Ich verdanke die Verifizierung mit Hilfe des TLG Erich Lam berz.) Gemäß der ersteren Version schickte Alexander dem Kyniker einen Teller voll Kno chen, zu dem Diogenes bemerkte: «Hündisch (XUVLXOV) ist der Geruch, aber das Geschenk ist nicht königlich. » Da aber Kyd. den Ausspruch Alexander in den Mund legt, trifft nur die zweite Version zu: Als Diogenes Alexander um eine Drachme bat, sagte dieser: «Nicht könig lich ist das Geschenk.» Als jener aber sagte: «So gib mir ein Talent!», antwortete Alexander: «Nicht kynisch ist die Bitte.» Ein entsprechender Dialog wird allerdings von Plutarch, Apophthegmata regum et imperatorum 1 82e (siehe Plutarque, CEuvres Morales, t. III [wie oben, T352, A. 10], 55, Antigonos, § 15) dem Antigonos Kyklops bzw. Monophthalmos (Offizier unter Alexander, später Herrscher in Kleinasien) und dem (sonst unbekannten) Ky niker Thrasyllos zugeschrieben und wurde vielleicht erst später auf Alexander und Diogenes übertragen. Jedenfalls findet sich in den einschlägigen Quellen für deren legendäre Begegnung im Kraneion von Korinth (vor allem Diogenes Laertios 6, 3 8 ; Arrian, Anabasis, 7, 2, 1 ; Dion Chrysostomos, or. 4, 1 - 82, der einen langen Dialog zwischen Diogenes und Alexander erfindet; Plutarch, Alexander, 14) keine Spur dieses Wortwechsels. Zur Selbstbezeichnung des Diogenes als « Hund» im Gespräch mit Alexander siehe Diogenes Laertios 6, 60.
107
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
3 82 L: 3 8 6; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Ioannes V Palaiologos; OE: Konstantinopel;
D: HerbstlWinter 1 3 8 8/89 ( ? ) ; wI: Kydones erinnert den Kaiser an ein versprochenes Ge schenk, nimmt dies aber zum Anlaß, ihn auf das ihm schon seit zwei Jahren geschuldete Gehalt hinzuweisen. Er habe sich das Geld borgen müssen, könne aber seine Gläubiger nicht länger vertrösten. So könne er nur noch von der Großmut des Kaisers, die er nachdrücklich preist, eine reichliche Zahlung erhoffen.
Du hast mir seit langem Leuchten1 und Bücher versprochen, Kaiser, sie 5 mir aber / noch nicht gegeben, was nicht deine Gewohnheit ist. Bis jetzt
nämlich kannte ich dich so, daß du deinen Versprechungen mit der Erfül lung zuvorkams2-. Nun (aber) hast du anscheinend (dieses) Geschenk ver gessen, weil es gering und eines Kaisers unwürdig ist3 . Für mich aber ist nichts gering, was ich von dir bekomme. Das Besagte also wirst du mir geben, nachdem ich dich (nun) erinnert habe. Du wirst aber gewiß auch die sechshundert Stateren4 hinzufügen. Denn das ist nichts Geringes, we10 der für dich noch für mich; doch ist eher / für dich auch dies (noch) eine
geringe (Summe). Denn wie groß ist eine Schüssel, verglichen mit der Donaus ? Mir aber (bedeuten) sie soviel wie die Talente des Lyders Kroi sos; fehlen sie mir doch jetzt schon zwei Jahre lang, und ich habe mir dadurch viele Gläubiger zugezogen, die mich lauthals anklagen. Wenn du (die Schulden) nicht alsbald für mich ablöst und (die Gläubiger), die (schon) wie wilde Tiere nach mir schnappen, verscheuchst, bleibt mir fortan nichts, als die Freiheit und mich selbst zu verkaufen, um (diese) 15 Leute loszuwerden. Daß du / dies tun wirst, darauf also vertraue ich und
glaube fest daran, zumal wenn ich bedenke, wie viele Wohltaten ich stän dig von dir erhalten und daß ich bislang nichts von dir erbeten habe, was du mir nicht gegeben hättest. Man könnte sogar in Anbetracht deiner (noblen) Gesinnung prophezeien, daß dein Wohlwollen mit der Zeit zu nehmen wird. Denn nur den geschuldeten Betrag6 zu bezahlen, ist allen gemeinsam, welche entweder die Liebe zur Gerechtigkeit oder die Scheu vor den Gesetzen zur (Wahrung der) Gleichheit aufruft. Einem guten 20 Herrscher aber, / vor allem einem solchen, der wie du seine Freude daran
hat, mehr zu geben als die Beschenkten ihm gegeben haben, sollte unsere bürgerliche Tugend nicht genügen, sondern er sollte uns gleichermaßen kraft seiner (erhabenen) Stellung wie auch an Großmut überlegen sein.
108
BRIEF T382
K 1. OKyd, OE: Am gleichen Ort wie der angesprochene Kaiser (E).
E: Ein Kaiser, der Kyd. für seine Dienste Geld schuldet (Z. 8f. 1 8 -11), Ioannes V. D: Kyd. erinnert den Kaiser daran, zwei Jahre kein Gehalt bekommen zu haben. Die zwei Jahre sind vermutlich ungefähr seit seinem Rückzug in den « Ruhestand» zu zählen, also seit SommerlFrühherbst 1 3 8 6 (siehe Bd. m, T3 1 8 , BKyd). Die Datierung des Briefes wird folglich auf Herbst 1 3 8 8 oder etwas später angesetzt. 11. BKyd: Kyd. mahnt ein versprochenes Geschenk ( <
lentiae» ) , das Wohlwollen des Kaisers in den rosigsten Farben schildert (A. l; Z. 1 6 - 1 8 ), obwohl die Wirklichkeit anders aussah (siehe Bd. 1/1, 4 1 , A. 133). Kyd. teilt auch mit, sich mehrfach verschuldet zu haben und deshalb dringend auf die Zahlung angewiesen zu sein (Z. 1 1 - 14). Die Angabe LetMan 34, A. 1 zu S. 31, Kyd. danke in vorliegendem Brief dem Kaiser für ein Geschenk von 600 «Stateren» (s. u., A. 4), beruht auf einem Mißverständnis. Das Geschenk ist von den Stateren zu unterscheiden, und beides hat er noch nicht erhal ten. Möglicherweise bezieht sich aber Manuel 11. in seinem Brief LetMan 3 0 - 34, Nr. 11, Z. 1.6 - 8 auf diese Forderung, wenn er mitteilt, daß Kyd. nach der Genesung des erkrankten · Kaisers 100 Stateren erhalten habe, und zugleich darauf hinweist, daß diese Zahlung seinem Vater nicht leicht gefallen sei (Z. 8 - 1 1 ) . Da diese Genesung vermutlich erst auf ca. Herbst 1389 zu datieren ist (s. u., T3 87 und LetMan 31, A. 1 ) , mußte Kyd. wohl noch eine Zeitlang auf die Zahlung warten. Sie betrug also nur ein Drittel des geforderten Betrages, wenn der vermutete Zusammenhang zutrifft. Ein Brief, in dem sich Kyd. bei Ioannes V. für den Emp fang eines ungenannten Betrages bedankt (L83), ist wahrscheinlich das Dankschreiben für diese Summe (so LetMan 34, A. 1 zu S. 31). Die von mir vorgenommene Einordnung in Bd. m als Nr. 0141 ist daher wohl unzutreffend. Siehe dazu auch unten, T387, D . m. Hss: A 3 9 v-40r, Nr. 5; U 57rv, Nr. 74. rv. 1 W.: AU!J.11:UÖLa, s. o., T365, A. 5 . 1 Mit diesem Oxymoron übertreibt Kyd. allerdings gewaltig, wohl u m den Kaiser leutse lig zu stimmen; denn in Wirklichkeit wird das Thema der ausbleibenden Gehaltszahlungen auch in früheren Briefen des Kyd. an Ioannes V. oder seine Beamten nicht selten berührt. Siehe Bd. 1/1, 101 mit A. 30, 3 1 , 37; 11, T149, passim; m, T310, Text mit A. 6 und 7. 3 Eine ähnliche Besorgnis äußert Kyd. im Brief an Manuel T3 8 1 , A. 5. In seinem fortge schrittenen Alter befürchtete offenbar, daß seine bescheidenen Wünsche nicht mehr ernst genommen wurden. 4 Zur antikisierenden Umschreibung der zeitgenössischen Währung ( <<Stauraton» ) siehe Bd. m, T15 8 , A.6. 5 W.: 11:Qo,; 'lUAUWV. D a s Wort wird laut TrappLex IV 8 1 5 ( s . v. ) i n byzantinischer Zeit in der Bedeutung «Steuer, Abgabe» verwendet.
109
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
383
-
An Kaiser Manuel
L: 396; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel IL Palaiologos; OE: Lernnos; D: Bald nach 15. 6. 1389; wI: Kydones freut sich, bei Kaiser Manuel seine früheren Briefe aufgehoben
zu wissen, und hofft weiter von ihm stilistisch so vollendete Briefe wie den soeben eingetroffe nen zu erhalten. Vorn unerwarteten Tod des Osmanensultans Murad L erhofft er sich kaum eine Besserung der politischen Lage, weil nach seiner Meinung die Hauptverantwortlichen für die heillose Situation des Reiches in den eigenen Reihen zu suchen sind.
Dank, der bei einem edlen Mann aufbewahrt sei, sei ein kostbarer 5 Schatz, hat jemand einst gesagtl . So / freue ich mich denn, weil ich bei
dir die Briefe aufgehoben weiß, die ich dir in der Vergangenheit geschickt habe; denn es besteht kein Zweifel, daß du sie binnen kurzem mit nicht weniger wertvollen eigenen (Briefen) beantworten wirst. So werde ich (bald) reicher an (schönen) Texten (als du) sein2, und nicht nur dies, son dern auch der höher Geehrte, wenn denn der ein angesehener Mann ist, der von einem geistreichen Kaiser geehrt wird. Das wird mir auch jetzt schon von denen bestätigt, die deinen (letzten) Brief lasen, in dem du
10 deine Verpflichtung3 zugabst / und versprachst, ihr nachzukommen. Denn
alle priesen mich nach dem (Empfang des) Briefes glücklich und fügten deinen ehrenden Worten (für mich noch) die ihrigen hinzu. Sie baten mich aber (auch), ihnen die Verlesung deiner (noch) zu erhoffenden Briefe nicht zu mißgönnen. Sende (mir) also (weitere Briefe), um alle in Staunen zu versetzen und im Vertrauen darauf, daß du für deine Begabung zu schö ner Rede von allen Beifall erhalten wirst. Bilde dir aber nicht ein, daß du 15 uns mit Ironie / täuschen kannst, indem du ankündigst, (zwar Briefe) in
nicht geringerer Zahl zu schicken, aber vorgibst, dir über ihren anmutigen (Stil) nicht ganz sicher zu sein. Denn der Brief, der jetzt kam, enthält viel Schönheit und verheißt eindrucksvoll, daß die folgenden ihm an Glanz nicht nachstehen werden, zumal du zweifellos mit (noch) größerer Sorg falt ihre Qualität erhöhen wirst. Den Beweis dafür sehe ich jedenfalls 20 darin, daß diese noch nicht angekommen sind; / denn ein Mehr an Schön
heit erfordert (seine) Zeit. So verfahren (jedenfalls) die Maler mit ihren Bildern: Sie betrachten sie oft, fügen Farbe hinzu und sind ständig be müht, sie schöner zu gestalten. Die Briefe also wirst auch du senden, wenn du dazu Zeit gefunden hast, und wenn wir sie erhalten, werden wir sie nicht als Pflichtübung, sondern als neue Wohltat verstehen. 110
BRIEF T383
Jener Verfluchte aber, / der schon viel gegen Gott und sein Erbe lästerte 25 und alle mit größter Arroganz behandelte, ist dahin, (ganz wider Erwar ten) getötet von (der Hand seiner Gegner)4. Hatte er doch geglaubt, sie würden nicht einmal auf die Kunde hin, daß er sich gegen sie rüste, stand halten, sondern (bereits), wenn sie nur davon hörten, bis zum äußeren Meer fliehen. Dennoch steht auch, nachdem jener gefallen ist, unsere Sa che nicht günstiger. Ich glaube sogar, daß es nicht einmal, wenn alle / Türken den Tod gefunden hätten, den Rhomäern besser erginge. Der 3 0 Grund dafür läßt sich finden - wenn man will. Wir werden allerdings, glaube ich, niemals aufhören, ihn zu suchen, solange wir nicht die ande ren außer Betracht lassen und uns selbst beschuldigens. Ja, ich behaupte, daß es uns ergeht wie dem unreinen Geist: Jetzt irrt er (noch) umher und hält sich bei anderen auf. Ich bin aber überzeugt, daß er noch andere, die schlimmer als er sind, mit sich nehmen / und nach kurzer Zeit zu dem 35 Haus zurückkehren wird, von dem er ausging. Dann wird auch für uns das Letzte schlimmer sein als das Frühere6• Daß dies nicht eintrete, wird Gott und euch Kaisern ein Anliegen sein. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. OE: Der Brief setzt voraus, daß Kyd. noch auf den Austausch von Briefen mit Manuel angewiesen ist; sie werden deshalb auch in seinem Freundeskreis gemeinsam gelesen (Z. 6 - 14. 1 9 -24); so ist noch von Manuels Aufent halt auf Lemnos auszugehen, auch wenn davon nicht ausdrücklich die Rede ist. Die Anrede der Kaiser im Plural Z. 37 ist allgemein zu verstehen; es gibt keinen Grund, daraus auf die Anwesenheit Manuels bei seinem Vater Ioannes V. zu schließen. D: In der Literatur zu diesem Brief wird von niemandem bezweifelt, daß die Zeilen 24-28 auf den Tod des Osma nenherrschers Murad 1. (s. u., Xl) in bzw. zur Zeit der Schlacht auf dem Kosovo Polje ( 1 5 . 6. 1 3 8 9 ) anspielen. Vgl. die ausführliche Behandlung der Frage durch ReinSource 254259 (Überblick über die frühere Spezialliteratur zur Schlacht: ebd. 249 -252). Siehe auch BarkMan 67, A. 1 8 5 . Auf den Tod Murads bezieht sich Kyd. wie auf eine aktuelle Neuigkeit; der Brief wird also bald nach dem Eintreffen der Nachricht in Konstantinopel (Juli 1 3 8 9 ? ) verfaßt sein. Der von Loenertz i n der Chronotaxis, L C II 495, Liste XVII, vor diesem Brief eingeordnete Brief L82 wird hier aufgrund der Überlegung LetMan 32f., A. 1 zu Brief Nr. 12 erst später (als T387) eingereiht.
II. BKyd, BE: Zur Sammlung der Kyd.-Briefe durch Manuel (Z. 4f.) s. u., A. 1. Die erste Hälfte des Briefes (Z. 4-24) dokumentiert die Wertschätzung, die Manuel und Kyd. für das Stilniveau ihrer gegenseitigen Briefe empfanden. Xl : «Jener Verfluchte» , der von der Hand seiner Gegner getötet wurde (Z. 24 -28): der Osmanensultan Murad 1. (s. o., D). Zu den Todesumständen Murads: Er fiel nicht in der Schlacht, sondern wurde, offenbar noch am gleichen Tage, von dem serbischen General Milos Obilic, der sich mit List Zugang zu seinem Zelt verschaffte, ermordet (ReinSource 253, auf der Basis der neueren Untersuchungen zur
111
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Schlacht). Kyd. wählt zur Darstellung der Todesart Murads zweimal das Verbum JtLl-rtEW ( <
3 84
-
An Kaiser Manuel
L: 398; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel TI. Palaiologos; OE: Lemnos; D: Ca. Juli 1 3 8 9 ( ? ) ; wI: Kydones bemerkt, es könnte Anlaß zur Freude bestehen, weil die Gegner des Rei ches eine Niederlage erlitten, aber es sei zu befürchten, daß der Erfolg verspielt werde, wenn
Manuel nicht bald nach Konstantinopel zurückkehren dürfe und seine militärischen Fähigkei ten zum weiteren Kampf gegen den Feind einsetzen könne. Ein Brief Manuels an seine Mutter, die Kaiserin, den sie Kydones habe lesen lassen, gebe ihm Anlaß, erneut seinen literarischen Stil zu preisen, der wegen seiner Leistungen als Kriegsheld um so mehr zu bewundern sei.
1 12
BRIEFE
T383 - 384
Solltest du denn jetzt nicht bei uns sein, da der Christenheitl eine so große / Gnade vom ERLÖSER gewährt wurde, (solltest du) nicht mit uns feiern und Gott für die allgemeine Befreiung Dankopfer darbringen2 und
5
Ratschläge erteilen, wie man fortan endgültig die Reste der Gottlosen vernichten könne, anstatt unbeachtet, wie eine andere « nutzlose Last der Erde» 3 , bei den Bauern auf Lemnos zu sitzen, ein Mann, dem keiner der Rhomäer gleicht, nicht nur im Krieg, / sondern auch anderwärts, « wo 1 0 sich auszeichnen die Männer» 4 ? Ich jedenfalls weiß nicht, ob man von allem, was je geschah, etwas widersinniger nennen könnte ! Dies bestätigt auch die einhellige Meinung aller ausdrücklich; denn man kann von allen
hören, wenn jetzt JENERs anwesend wäre, könnte (uns) nichts mehr daran hindern, die Heeresmacht der Barbaren über die Grenzen zu jagen. Nun aber scheint es, daß wir (nur) halbwegs glücklich sind, weil zu dem / von 1 5 Gott bescherten (Erfolg) nicht auch die Unsrigen beitrugen. Deswegen, prophezeien alle, werde auch das von Gott gegebene Ges·chenk uns keinen Nutzen bringen. So schmälert deine Abwesenheit nun unsere Freude über die Niederlage der Feinde. Möchten uns diese (Freude) jedoch Gott und der Kaiser6 ungemischt bescheren und den heimkehren lassen, der zusam men mit allen Gott für das Geschehene danken und im gemeinsamen Kampf mit dem Kaiser? dazu beitragen wird, die noch ausstehenden Kriegsziele zu erreichen. / Ich sah auch deinen edelsinnigen Brief, den die von allen über alles 20 geschätzte Kaiserin, (deine) Mutter, mir (zu lesen) gab. Ihr hast du (be reits) auf vielfältige Weise für deine Geburt, Ernährung und Erziehung glänzenden Dank erwiesen, sie jetzt aber nicht weniger durch deine Fähig keit erfreut, dich schön auszudrücken, indem du kaiserliche Erhabenheit mit anmutiger Wortwahl verbandest und (ihr) zeigtest, daß derselbe (Mann) ein « starker Kriegsheld» 8 und ein / fähiger Rhetor ist. Rede mir 25 also nicht von diesen Marathonkämpfern auf den öffentlichen Plätzen9 , die eine Trennung von Kriegswesen und Bildung fordern und behaupten, daß derselbe Mann niemals beides miteinander vereinbaren könne, sich selbst aber auf beiden Gebieten lächerlich machen, weil sie als Tapferkeit allein die unvernünftige Kraft bezeichnen und darauf hoffen, mit ihr (um so mehr) Ruhm zu ernten, je mehrlo sie die literarischen Studien und die Weisheit schmähen. / Nun, diese Leute leisten (bereits) dadurch, daß sie 30 Feinde der Musen sind und von den Vernunftbegabten verachtet werden, der literarischen Bildung eine angemessene Strafe. Du aber bist in beider113
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
lei Hinsicht zu bewundern: weil du die Waffen mit Weisheit schmückst, die Weisheit aber wiederum mit diesen verteidigst. So hast du dich in beiderlei (Hinsicht) als hervorragender Mann erwiesen und deine Mutter beglückt. Mögest du nicht aufhören, sie durch deine Worte und Taten zu erfreuen! Ich weiß aber, daß du ihre Freude auch durch das, was du in 35 Zukunft vollbringst, / (noch) vergrößern wirst, wenn Gott dir aufgrund
ihrer Gebete Gelegenheiten zu schönen Taten gewährt. Denn diese Fraul l ist zweifellos fähig, auch Gott z u allem z u überreden, was sie sich wünscht, weil ihre Tugend ihr diesen vertraulichen Zugang gewährt. Ich freute mich aber, aus dem Brief auch zu erfahren, daß du gesund bist. Doch nicht weniger freute mich die über den ganzen (Brief) ausge40 breitete (sprachliche) Anmut und (die Beobachtung), wie sehr / du dich
jetzt selbst durch deine Fähigkeit zu schöner Rede übertroffen hast. Denn schon behaupte ich, daß du sogar denen, die in der Beschäftigung mit der literarischen Kultur gealtert sind, das ihnen dafür gebührende Lob streitig machen kannst. Daran erkennt man eine kraftvolle Natur! K 1. OKyd: Am Aufenthaltsort der Kaiserin Helene (Z. 20f.), sc. in Konstantinopel. OE: Lemnos (Z. 8). D: Die Datierung des Briefes ist davon abhängig, ob man den hier angedeu
teten großen Triumph der Christen (s. u., A. 1) über einen gemeinsamen Feind (Z. 4-6. 1 6f.), sc. die Osmanen, auf den eindeutigen Sieg des bosnischen Generals Vlatko Vukovic bei Bileca (27. 8 . 1 3 8 8 ) oder auf die eher unentschieden ausgegangene Kosovo-Schlacht (15. 9. 1 3 8 9 ) beziehen will. Der Stand der Diskussion ist aus ReinSource z u entnehmen. Für die Bileca Lösung plädierte vor allem mehrfach (siehe ReinSource 266, A. 3 3 ) R.-J. Loenertz, zuerst 1938, zuletzt 1972 (Loen Lemn 135f., Nr. 21); ihm folgre BarkMan 66 mit A. 1 84. Einen Bezug auf die Kosovo-Schlacht verteidigre S. Cirkovic, Dimitrije Kidon 0 Kosovskom Boju, Zbornik Radova Vizantoloskog Instituta 12 ( 1 970) 2 1 3 -219. Das Hauptargument für Bileea ist der Bezug des Briefes auf eine türkische Niederlage, die in diesen Jahren allein für die dortige Schlacht zutrifft. Doch mag man sich andererseits mit Cirkovic fragen, ob dieser Sieg im fernen Bosnien, der allenfalls von lokaler Bedeutung war und nur aus den Annales Ragu sini anonymi (Monumenta spectantia ad historiam Slavorum meridionalium, Bd. 14, Scripto res, I), Zagreb 1 8 83, 48 bekannt ist, in der Hauptstadt des byzantinischen Reiches überhaupt zur Notiz genommen wurde, geschweige denn einen solchen Widerhall finden konnte, wie ihn der Brief suggeriert. Es ist hingegen durch L396rT3 8 3 bekannt, daß man in Konstantino pel Kunde von der Kosovo-Schlacht hatte und daß man sie, gewiß wegen des Todes von Sultan Murad, als einen Sieg der christlichen Sache ansah. Zudem ist beiden Briefen der Vorwurf gemein, der Sieg werde den Byzantinern wenig nützen, weil sie an ihrer heillosen Situation selbst schuld seien. In T383, Z. 3 0 - 32 wird nur angedeutet, worin diese Schuld besteht, hier aber, Z. 4 -24, wird deutlich gesagr, daß der regierende Kaiser (Ioannes V.) den schweren Fehler begehe, seinen Sohn Manuel auf einer Insel zur Untätigkeit zu verdammen,
1 14
BRIEF T384
während es jetzt darauf ankäme, den Erfolg durch weitere Siege auszubauen, und dazu wäre nach Meinung des Kyd. und vieler anderer nur Manuel fähig. Mit Bezug auf die Kosovo Schlacht ergeben diese Ausführungen einen Sinn; ob Kyd. einen Sieg im femen Bileca als eine solche Chance hätte ansehen können, ist mehr als fraglich. Noch weniger ist vorstellbar, daß Kyd. diese Schlacht als « Gnade für die Christenheit» bezeichnet hätte (s.u., A. 1 ) . Die Stel lung des Briefes im Autographen A schließlich (Abfolge: L396 - 3 9 8 T3 83, 3 8 1 , 384), die Cirkovic ebenfalls für seine These anführt, ist für sich allein als Argument werrlos, im Kon =
text mit den anderen Argumenten hingegen nicht ohne Bedeutung. Jedenfalls darf man nicht damit argumentieren, daß Kyd. so exakt wie die modeme Forschung über den tatsächlichen Verlauf der Kosovo-Schlacht hätte inforrnierr sein müssen. Wie aus Quellen des 15. Jh.s bekannt ist, endete die Schlacht ja mit dem Rückzug der christlichen Streitkräfte, und der serbische Fürst Lazar wurde zusammen mit einigen anderen serbischen Noblen hingerichtet (ReinSource 253, Nr. 1 und 4). So kann man mit ReinSource 254 feststellen, daß die Osma nen «achieved something of a victory, but at a considerable price» , nämlich in Anbetracht ihrer Verluste, der Ermordung Murads und der folgenden inneren Auseinandersetzungen. Eine frühe Interpretation der Schlacht als Sieg der Christen ist in einern Brief des bosnischen Königs Tvrrko an den Senat der Stadt Trogir (Dalmatien, unweit Split) vorn 1. 8 . 1 3 8 9 über lieferr sowie in der Antwort auf einen nicht erhaltenen ähnlich lautenden Brief Tvrtkos an den Senat von Florenz, dessen Inhalt der Florentiner Staatsmann Coluccio Salutati in einern Antwortbrief wiedergibt (ReinSource 25 8, A. 19; 266f. mit A. 34). Es ist durchaus möglich, daß eine ähnlich lautende Interpretation nach Byzanz gelangte und Kyd. Anlaß zu seiner positiven Bewertung gab. So glaube ich zusammenfassend, daß für Kosovo trotz der in Rein Source 267f. vorgebrachten Bedenken die stärkeren Argumente sprechen. - AIs ein von Rei nert nicht genanntes Argument für Bileea könnte allerdings noch vorgebracht werden, daß Kyd. Z. 37f. mitteilt, er sei durch Manuels vorausgehenden Brief an seine Mutter Helene Palaiologina über dessen gesundheitliches Wohlbefinden informiert worden (TTIV aTIv
uYELav . . . ÖLÖaXeEL�). Sollte sich diese Bemerkung auf eine vorausgegangene Erkrankung Ma nuels beziehen, dann ist von einer solchen auch in den Briefen T374 und 375 die Rede, die offenbar wie die Bileca-Schlacht in das Vorjahr zu datieren sind; vgl. den Verweis von Loe nertz im Apparat zu Z. 38 des vorliegenden Briefes auf L395
( T374), Z 14. Hier aber ist =
nicht ausdrücklich von einer vorherigen Erkrankung die Rede, und so ist es durchaus denkbar daß Manuel im Brief an seine Mutter sein Wohlbefinden bestätigte, ohne daß eine Krankheit unmittelbar vorausging. Auch wenn eine solche bereits längere Zeit zurücklag, konnte Kyd. immer noch ein besonderes Interesse an der Gesundheit des Kaisers zeigen. - Ich gehe also aufgrund der vorausgehenden Überlegungen davon aus, daß T384 sich wie T3 83 auf den Tod Murads als ein glückliches Ereignis für die Christen bezieht. Der Sinn dieses zweiten Briefes zum Thema der Kosovo-Schlacht bestände dann vor allem darin, die Notwendigkeit der Erlösung Manuels aus seinem Exil auf Lernnos zu betonen, damit er dazu beitragen könne, den gegen die Osmanen erreichten Erfolg militärisch zu nutzen.
II. BKyd: Z. 20-37, besonders Z. 3 6f., dokumentieren die tiefe Verehrung, die Kyd. für Manuels Mutter, die Kaiserin Helene (Xl), empfindet. BE: Den ganzen Brief durchzieht der von Kyd. häufiger vertretene Gedanke, daß Manuel zugleich ein fähiger Feldherr und Literat sei. Zur Nachricht über Manuels Gesundheit s. o., D, gegen Ende. Xl : Ein Kaiser (s.u., A. 6 und 7), Ioannes V. Kyd. wünscht, daß er sich ganz mit seinem Sohn aussöhne und mit
1 15
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ihm zusammen gegen die Türken kämpfe (Z. 1 7 -20). X2: Eine Kaiserin, die Mutter Manu els II. (Z. 20f.): Helene Kantakuzene Palaiologina (PLP 21365), deren Liebe zu ihrem Sohn Manuel (Z. 20-25. 34-36) sowie ihre Tugend und Frömmigkeit (3 6f.) betont werden. Doch hofft Kyd. vor allem, daß sie ihren Gatten Ioannes V. mit Manuel versöhnen könne. So sind wohl die Worte zu verstehen, sie werde durch ihr Gebet erreichen, daß Manuel Anlaß zu schönen Taten erhalte (Z. 35f.). ZG: Siehe die Ausführungen oben unter D. Ep: Ein Brief Manuels an seine Mutter (X2), dessen schönen Stil Kyd. wie üblich lobt (Z. 20-25. 37-42). Der einzige erhaltene Brief Manuels an seine Mutter ist LetMan, Nr. 1 . In Anrn. 1 zu diesem Brief schließt der Herausgeber G. T. Dennis mit überzeugenden Gründen eine Identität dieses Briefes mit dem in L398, also hier, erwähnten aus. Er ist also nach unserem Kennmisstand nicht erhalten. III. Hss: A 47rv, Nr. 3; U 69'- 70', Nr. 86; B 257rv, Nr. 1 1 7. Resümee: LoenLemn 1 35f., Nr. 21. Iv. 1 W: T0 xOLv0 TOlV XQLOTLaVOlV. Dies ist eine Anspielung darauf, daß der Sieg nicht von byzantinischen Truppen errungen wurde, wie es Z. 14f. deutlich ausgesprochen wird. Die umfassende Bezeichnung der Sieger als « Gemeinschaft der Christen» dürfte andeuten, daß mehrere christliche Mächte bei dem Sieg zusammenwirkten. Dies ttifft nur für die Ko sovo-Schlacht zu (wenn man sie denn als Sieg bezeichnen will, s. o., D), wo der serbische Fürst Lazar, der Herrscher des Kosovo Vuk Brankovic und König (kralj ) Tvrtko von Bosnien zusammenwirkten, während den Sieg bei Bileca (s. o., D) allein der bosnische General Vlatko Vukovic errang. 2 W: XUQWTTjQLU avunTELV (
Dankopfer anzünden): Anspielung auf den in antiken Quellen bezeugten Brauch, Brandopfer als Zeichen des Dankes darzubringen, hier natürlich =
symbolisch zu verstehen. 3 W: Tij� yij� hwmov ax90�, Anspielung auf hwmov ax90� aQouQl]� (HomIl 1 8 , 104; dort Selbstbezeichnung des Achilleus, der in seinem Zorn untätig bei den Schiffen saß; übers. Schadewaldt). 4 W: önt1n01:' av (Homer: i:vu T') aVÖQE� aQLJtQE1tEE� TEAE90uOLV, HomIl 9, 441 (übers. Schadewaldt). 5 W.: TOU ÖErVO�, mit Bezug auf Manuel, hier mit «jener» übersetzt, das wegen der Bedeu rung seiner Person aus der Sicht des Kyd. mit Kapitälchen geschrieben wird. 6 Gemeint ist Ioannes v., der hier zu entscheiden hat. 7 Auch hier ist wieder Ioannes V. gemeint. Obwohl auch Manuel Kaiser ist, nennt Kyd. an dieser Stelle nur seinen Vater so, wohl um seine übergeordnete Stellung als regierender Kaiser anzudeuten. 8 W: XUQTEQOV UtX!ll]TTjV. Vgl. HomIl 6, 97. 278 (dort in umgekehrter Wortfolge, bezo gen auf Diomedes). 9 Gemeint sind wohl Kriegsveteranen, die auf den Straßen der Stadt von ihren Taten erzählen und als Experten in Kriegsftagen auftreten. 10 W: UV !lovov. Die sinngemäße Übersetzung «um so mehr, je mehr» ist in diesem Fall verständlicher als die wörtliche Übersetzung mit «wenn nur » . 1 1 W: TI av9Q(j)no�. Gemäß LSc, s. v., I I wird « Mensch» mit weiblichem Artikel zwar oft, aber nicht nur im pejorativen Sinne verwendet, hier jedenfalls zweifellos mit der Konnotation respektvoller Verehrung.
116
BRIEFE T384-385
3 8 5 - An den Kaiser Kyr Manuel L: 401; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Lemnos; D: Som mer 1389; wI: Kydones preist einen Brief des Kaisers, der seine eigenen stilistischen Fähigkei ten bei weitem übertreffe und diese dennoch sehr positiv bewerte, aber auch das Zugeständnis einer Briefschuld enthalte. Diese fordere er gern ein, noch lieber aber wäre es ihm, wenn Manuel nach Konstantinopel zurückkehrte.
Viel Gutes wünsche ich dem Schiffskapitän, der dich dazu drängte, jenen schönen Brief / abzufassen. Er begeisterte alle für dich, die ihn lasen,
5
und mir brachte er Freude und Ehre, denn er war nicht nur in anmutigem Stil verfaßt, sondern du bekanntest dich in ihm auch als mein Schuldner, der nicht in der Lage sei, seine Schulden zu bezahlen, und nanntest deine Schriften kümmerliche « OboIen» im Vergleich zu meinen « Talenten» 1 . Bekäme man solches von einem einfachen Bürger z u hören, wäre e s schon als großartige / Anerkennung zu werten; zeichnet aber ein Kaiser mit 1 0 solchen Worten einen unbedeutenden Mann aus, wie hoch muß der Ge ehrte dann wohl das Lob einschätzen? Ich aber werde auch danach wis sen, daß ich die mir von der Natur gesetzten Grenzen nicht überschreiten kann, sondern vermuten, daß dieses Lob mir von dir als Gunst zuteil wurde, weil du einen Mann, der dir ergeben ist, ehren wolltest. Das Geschuldete aber / werde ich nicht aufhören von dir zu fordern. 1 5 Denn wegen meiner Armut wird e s gut für mich sein, wenn ich das mir Zustehende bekomme, ein Kaiser aber sollte nicht in dem schlechten Ruf stehen, er entziehe (anderen, was ihnen gebührt?; denn seine Stellung verpflichtet ihn, sich zuerst anderen freundlich zuzuwenden3 . Ich bete aber zu Gott, er möge unsere Korrespondenz beenden, uns statt ihrer den herrlichen Kaiser zeigen und uns statt der Briefe seine Stimme, die süßer als Honig ist\ hören lassen. Wir sind es nämlich leid zu fragen, wann unser aller / (kostbares) Gut zu uns zurückkehren wird.
10
K I. OKyd, OE: Kyd. betet um die Rückkehr des Kaisers, sc. von Lemnos nach Konstanti nopel (Z. 1 7-10). Lemnos ist namentlich nur in der Erstfassung des Briefes (s. u., T385*), Z. 17 genannt. E: Loenertz entnimmt die Titelzeile (TWL ßaOlAEL X'UQWL Mavo'UllA) dem in Hs B folgenden (vgl. LR 66) Brief L393 ( T375; Incipit: 'Eyw TOU� cL� "t(i�), der gemäß Apparat zu L393, Z. 1 die Überschrift trägt: TW aUTw ßaOlAEL X'UQWL Mavo'Ut]A. Im Autogra phen A und in dessen Abschrift U ist kein Adressat angegeben; doch verweist auch der Inhalt des Briefes klar auf diesen Adressaten. D: Wohl wegen der Anspielung auf die erwartete =
117
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Rückkehr Manuels reihte Loenerrz (LC II 495 wie auch LoenLemn 138, Nr. 26) diesen Brief als letzten der von Kyd. an Manuel auf Lemnos adressierten ein. II. BKyd, BE: S.o., wI, sowie unten, Ep. Xl : Ein Kapitän oder Schiffsherr (vaUxAT]Qo�), der offenbar vor seiner Abreise von Lemnos nach Konstantinopel Kaiser Manuel empfahl, ihm noch einen Brief an Kyd. mitzugeben (Z. 4f.). Ep: Kyd. nimmt Bezug auf einen voraus gehenden Brief Kaiser Manuels (s. o., Xl), in dem dieser den Stil seiner eigenen Briefe mit hohem Lob bedachte (Z. 6 - 1 1 ) . III . Hss: A 50rv, Nr. 8; U 74rv, Nr. 90; B 258rv, Nr. 1 1 9. LoenLemn 1 3 8 gibt nur ein Resümee der folgenden Erstfassung (T385" ). IV. 1 Der Vergleich stellt die niedrigste antike Zahlungseinheit der höchsten gegenüber. 2 W: ßaOlAEL ÖE ou KaÄov ÖOKELV ii.ltOO'tEQT]'tllV. 3 W: . . . OV YE Kai xaQL'to� uQXELV ii.vaYKa�EL 'to axiirw. Wörtlich wäre dieser Nebensatz zu übersetzen: « . . . den seine Stellung auch zum UQXELV in bezug auf die Gunst zwingt», wobei im Griechischen die doppelte Bedeutung von UQXELV (herrschen und anfangen) heraus zuhören ist. Es handelt sich also um eine «distinctio», eine steigernd-semantische Unterschei dung zwischen zwei Bedeutungen des Wortes uQXELV, die im griechischen Text mit «auch» angedeutet wird. Diese doppelte Bedeutung läßt sich in der übersetzung nicht ausdrücken, weshalb hier das «auch», weil es unverständlich wäre, wegfallen muß. 4 Anspielung auf den Vergleich der Stimme bzw. Rhetorik Manuels mit der des homeri schen Nestor wie T356, A. 4; 361, 1 1 ; 375, 6.
T3 8 Y·
(L: 401 * )
Vorbemerkung: Es handelt sich um eine in Hs A 49rv stehende Erstfassung des Briefes mit erheblich abweichendem Wortlaut, die zunächst von Kyd. am Rand mit dem griechischen Zahlzeichen für 6 numeriert wurde. Dann entschied er sich, den Brief durch Streichung und mit dem Randvermerk Eaoov 'tau'tT]v (für den Kopisten der Hs U Manuel Kalekas bestimmt; s. u., T449, D) zu widerrufen. Es folgt im Autographen der Brief an Chrysoberges L402 ( T376) als Nr. 7 und dann, auf f. 50rv, Brief L401 ( T385) mit der Nr. 8. Daß dies der Brief ist, welcher den athetierten ersetzen sollte, ergibt sich aus einer Reihe paralleler Formulierun gen. Im folgenden wird die Erstfassung mit Hinweis auf die Parallelen vollständig übersetzt. Inhalt des Briefes (wI): Manuel hat eine Zeitlang nicht geschrieben und dies mit seinem litera rischen Unvermögen entschuldigt. Kydones, überzeugt vom glänzenden Stil seiner Schriften, weist diese Erklärung zurück, will aber seine Säumigkeit auch nicht mit kaiserlichem Hochmut gegenüber dem einfachen Bürger entschuldigen, sondern ist überzeugt, daß die Leidenschaft für die Jagd ihn am Schreiben gehindert habe. Dies sei aber auf einer langweiligen Insel wie Lemnos verzeihlich, zumal das Jagen Körper und Geist frisch halte. Doch ist Kydones auch bereit, die vom Kaiser vorgebrachte Entschuldigung anzunehmen, in der Hoffnung, daß wegen seiner Rückkehr eine Korrespondenz ohnehin bald nicht mehr notwendig sei. =
=
Übersetzung: Ich weiß nicht, welchem deiner Worte ich glauben soll, 5 um dich von der Schuld, nicht geschrieben zu haben, / freizusprechen.
118
BRIEFE T38S-3 8 S '
Denn das Bekenntnis deiner Schuld und das gütige Eingeständnis deiner Pflicht1 reichen aus, um sogar einen allzu beflissenen Ankläger zu versöh nen. Aber die Schönheit und die kraftvolle Sprache deines Briefes und der damit verbundene freie Redefluß2 klagen dich nicht der Armut und Kraftlosigkeit an, wie du sagst, so daß du, willens, meine Briefe zu beant worten, dazu unfähig wärest, sondern wir wissen, was (dies) bedeutet. Ein anderer hätte hier / den Verdacht geäußert, der Kaiser wolle einfachen 1 0 Bürgern3 nicht mit gleicher (Münze) zurückzahlen. Er hätte nämlich ge sagt: «Was hat ihn denn daran gehindert, obwohl er so sehr die schöne Rede beherrscht, meine beiden Briefe mit zahlreichen Briefen von seiner (Hand) zu überfluten? » Ich aber werde das nicht sagen und es auch nicht als Ironie bezeichnen, (wenn du von) meinen Talenten und deinen Obolen redest4• Ich würde vielmehr sagen, daß du Hasen und Rebhühner und die Freude an der JagdS mir vorgezogen hast und daß du deshalb auch / keine 15 Zeit fandest, mir zu schreiben. Nun, das werden wir dir verzeihen und an den Sohn der Thetis denken, der sich, wie Homer es darstellt, aus der Schlacht zurückzog und mit Musik sein Gemüt tröstete6. Denn da es auf Lemnos nichts Bedeutendes (zu tun) gibt, willst du nur das dort genießen, was dir zuträglich ist. Nutze also die Jagd, denn das Aufspüren des Wildes trainiert den Kör per eines Kriegers, Strapazen (leichter zu ertragen), und seinen Geist, die Feinde zu schlagen oder wiederum anzugreifen, / und wir werden dich 20 nicht tadeln, wenn du deswegen nicht schreibst. Denn statt einer Ent schuldigung wird uns deine gute Gesinnung und dein (angebliches) litera
risches Unvermögen7 genügen. Obwohl wir davon nicht überzeugt sind, müssen wir (die Behauptung) dennoch annehmen, weil du es so willst. Was also die Briefe betrifft, so bleibe dies deiner Entscheidung überlassen.
Denn in jedem Fall wird für mich dein Wille Gesetz sein. Ich bete aber zu Gott, er möge diese (Korrespondenz) beenden, / uns statt ihrer den 25 herrlichen Kaiser zeigen und uns statt der Briefe seine Stimme, die süßer als Honig ist, hören lassen. Wir sind es nämlich leid zu fragen, wann unser aller (kostbares) Gut zu uns zurückkehren wird8 • K II. BKyd, BE: S. o., Vorbemerkung zum Brief.
Ep: In einem vorausgehenden Brief, der identisch ist mit T385, Ep, hatte Kaiser Manuel seine Pflicht zu schreiben eingestanden und sein Schweigen mit literarischemUnvermögen entschuldigt (Z. 5f.), doch die Schönheit des Briefes ließ seine Entschuldigung unglaubwürdig erscheinen (Z. 6-9).
1 19
ÜBERSETZUNG UND KOMMENfAR
III. Hs: S.o., Vorbemerkung.
Resümee: LoenLemn 138, Nr. 26.
IV. 1 Vgl. T385, Z. 7f.
W: 6 "tOunp O1Jve:n:o[!evo<; OQO[!o<;. Vgl. T385, Z. 9. Vgl. T385, Z. 9f. Vgl. T372, Z. 35. So HomIl 9, 186 über Achilleus. Vgl. T385, Z. 7f. Die Schlüsse von T385 und 385* mit dem Zitat aus der Ilias stimmen - bis auf "tU<; Emm:oAu<; (T385, 1 7f.) statt "tau"ta<; (hier) - wörtlich überein. 2 3 4 5 6 7 8
386 L : 410; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel;
D: Herbst 1389 ( ? ) ; wI: Manuel ist nach Konstantinopel zurückgekehrt, doch Kydones sieht sich durch eine Erkrankung gehindert, ihn zu begrüßen. Es tröstet ihn aber der Gedanke, daß er nun mit seiner kriegerischen Erfahrung Rettung aus der Not bringen und schließlich ein glänzendes Siegesfest feiern werde.
Auch in dieser Hinsicht sollte es mir schlecht ergehen, daß ich den 5 (Menschen), nach dem ich mich aus der Ferne sehnte / und dessen Anblick
ich (mir von Gott) erflehte, als er (endlich) zurückkehrte und zum Greifen nahe war, weder sehen noch, als er sich mir nach langem (Warten) zeigte, begrüßen und ansprechen konnte. In eine solche Lage geriet ich durch die verfluchte Augenkrankheit und die mit ihr verbundene Schwäche und Ermattung! meines ganzen Körpers, die mich täglich dem Tode näherte 10 und mir das Gehen und Reiten verwehrte, mir aber auch jede / andere -
und sei es die leichteste - Erschütterung unerträglich erscheinen ließen. So sitze ich da, eingesperrt und unbeweglich wie die Steine, ohne wahrzu nehmen, was geschieht, ohne etwas zu hören, es sei denn, jemand erzählt mir von dir und erleichtert damit ein wenig meinen Schmerz. Doch tröstet mich in meiner trüben Stimmung wegen der Krankheit (der Gedanke), daß du allein nächst Gott dem Vaterland Rettung bringen kannst. Weil 15 sie das glaubten, riefen alle nach dir / wie Kranke nach einem Arzt, waren
betrübt, als du ausbliebst und verfluchten die (widrigen) Winde, die es nicht zuließen, daß der Steuermann schneller zu ihnen kam. Jetzt (aber) sehen sie dich und verspüren neues Leben und halten, wenn du anwesend bist, jede Gefahr für leicht erträglich. Wohlan, erfülle allen mit Gottes (Hilfe) ihre Hoffnungen! Du kennst ja nichts Ehrenvolleres als Gefahren, 120
J
BRIEFE T3 8 S ' - 3 8
6
die man für das Vaterland (besteht), zumal du nicht nur für dieses, / sondern auch für deinen Vater kämpfen wirs�. Ich aber werde mich ei- 20 nerseits in aller Namen freuen, weil das allgemeine Wohl zum Teil auch mich betrifft, andererseits aber auch persönlich, wenn unser Staat durch dich gerettet wird. Bedeutet es doch zusätzliche Freude, wenn man das, was man sich wünscht, von seinen Freunden erhält. Wenn aber auch mein Körper ein wenig Frieden / findet, werde ich es zuerst (mit eigenen Augen) 25 sehen, wie du dich (für uns) mühst, danach aber, (wie du) den Siegeskranz (trägst), den man dir nicht wegen deiner Abkunft, sondern wegen deiner Taten verleihen wird. Vielleicht werde aber auch ich (dann) mit einer Rede zum allgemeinen Freudenfest beitragen3 • K I. OKyd, OE: Manuel ist an den Ort zurückgekehrt, an dem Kyd. sich ständig aufhält (Z. 4-6). E: Der Mann, dessen Rückkehr Kyd. so sehnlich erwartet hat (Z. 4f.; vgl. oben, T385, Z. 19f.), damit er nun für sein Vaterland und seinen Vater kämpfe (Z. 19f.), kann nur Manuel lI. sein. D: Loenertz hatte aufgrund eines venezianischen Dokumentes, das er in der Edition zu Z. 7 zitiert, als terminus ante quem für die Rückkehr Manuels nach Konstanti nopel den 2 1 . 10. 1389 angesetzt. BarkMan 67f., A. 1 8 6 zeigte überzeugend, daß dieser An satz nicht akzeptabel sei, und auch Loenertz schloß sich in späteren Jahren dieser Ansicht an (LoenLernn 139; in Bd. 111, 42, A. 234 behaupte ich irrig, Barkers Argumente würden in LoenLernn nicht zur Kenntnis genommen). Es läßt sich also nicht genau sagen, wann das Lemnos-Exil Manuels endete. Der einzig sichere terminus ante quem ist der 3 1 . 3. 1 390. Für dieses Datum (den Donnerstag der Karwoche 1390) berichtet nämlich der russische Pilger Ignatij von Smolensk, Manuel, der Sohn des Kaisers Kalojan ( loannes' V.), sei mit Galeeren von Lernno s seinem Vater gegen den Aufrührer loannes VII . zu Hilfe gekommen (MajTrav 100). Doch schließt diese Angabe eine frühere Rückkehr Manuels von Lernno s. wahrschein lich in den späten Monaten des Jahres 13 89, nicht aus (BarkMan 68, A. 1 8 6 zu S. 67; 7lf.). Die Briefe T38 6 - 3 89, 391 - 392 sowie 395, 399, 400 und 401, welche anscheinend alle die Anwesenheit Manuels in Konstantinopel erst nach dem Lernnos-Aufenthalt voraussetzen, können nicht erst nach dem genannten terminus geschrieben sein. Ihre genauere Einordnung in die Zeit vor diesem Datum ist allerdings nicht möglich, weshalb die vorgeschlagene Date nangabe für diese Briefe mit Fragezeichen versehen wird. 11. BKyd: Eine Augenerkrankung (o9aAfLla, Z. 7) des Kyd. scheint nur in diesem Brief bezeugt zu sein. Sie war mit allgemeinen Schwächesymptomen verbunden, so daß Kyd. nicht in der Lage war, den soeben von Lemnos zurückgekehrten Kaiser Manuel zu begrüßen (Z. 410). BE: Manuel hat sich mit seinem Vater ausgesöhnt (vgl. die Bemerkung, Z. 20, er werde nicht nur für das Vaterland, sondern auch für ihn, sc. gegen die Türken, kämpfen) und ist nach Konstantinopel zurückgekehrt (Z. 4f.). Xl : Manuels Vater (Z. 20), loannes V. ill . Hss: A 52rv, Nr. 1 6; U 77r _ 78r, Nr. 98. Hier folgen im Autographen A, f. 53r zehn Kurzsentenzen verschiedenen Inhalts, die CamSent 50 unter Nr. IV zusammengefaßt hat. Ed: KydEpCam, Nr. 22. Üb: Ebd. (frz.). Resümee: LoenLernn 13 8f., Nr. 27. =
121
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
IV. 1 W.: rrugwL'; xai xaXOXUI-!La.
2 W.: 8ijOELV 1:a. örrAa. Man würde gemäß LSc, s. v. 1:L8T]I-!L, A, 11, 10 das Medium (8ijow8m) erwarten. 3 Kyd., von dem im ganzen sechs Reden (siehe Bd. 111, 64f., Nr. 1 .3 . 1 - 6) überliefert sind, hofft also nun in vorgerückten Jahten endlich einmal ein Enkomion auf Manuel halten zu können, wie er einst zwei Lobreden auf Kaiser Ioannes VI. Kantakuzenos hielt (Nr. 1 .3.23). Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Er sollte es nicht mehr erleben, daß die politische Lage zu Lobreden Anlaß gab, und so hat trotz vieler lobender Briefe Kyd. nie ein Enkomion auf Manuel verfaßt.
387 L : 82; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel 11 . Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: HerbstfWinter 13 89190 (?); wI: Manuel hat eine Dankrede anläßlich der Genesung seines erkrankten Vaters gehalten, die Kydones formal und inhaltlich als vollendete Leistung Manu eIs preist. Sie gibt ihm Gelegenheit, ausführlich auf das geniale rhetorische Talent des Kaisers einzugehen.
Dafür, daß allein dank ihrer Natur die Menschen große Taten vollbrin5 gen, / könnte man vielleicht auch ein anderes Beispiel nennen, aber gewiß
keinen so klaren Beweis finden wie deinen Erfolg bei all deinen Unterneh mungen. Denn alles, was du vollbringst, ist nach aller Meinung das Werk eines Mannes, dem dies von Natur gegeben ist und der sich nicht darum zu mühen braucht. Daher wird auch alles, was du tust, von allen mehr gelobt als das Tun derer, die viel Zeit auf die Vorbereitung eines Vorha bens verwenden. Diese gute (Eigenschaft), die dir von Natur gegeben ist, / 10 gibt all deinen Taten Glanz, wird aber noch herrlicher durch deine Reden
und Schriften bestätigt. Denn du bist nicht zuerst zum Grammatiklehrer gegangen, um bei ihm Attisch zu lernen, noch hast du dir dann einen Lehrer der schönen Rede gewähltl und ihm zugehört, wie er dir Aufgaben stellte, dich im Aufbau der Redeteile und in kraftvollem Ausdruck unter wies, dich aber auch für manches Versagen tadelte und höhnte, noch hast 15 du dich in vielen / Nachtwachen und Abhandlungen mit der Sorge um
diese Dinge geplagt, was doch für alle selbstverständlich ist und worauf man nicht verzichten kann, wenn man ein erfolgreicher Redner werden will. Ohne (also) mit solchen Methoden deine Begabung wie mit Arzneien vorbeugend zu behandeln, bist du dazu gelangt, schöne Reden zu halten. Du hast vielmehr die (anderen), die sich bei Lehrern bewährt haben, wie 1 22
BRIEFE
T386-387
ein guter Wettläufer als die Trägeren hinter dir gelassen und gezeigt, wie groß der Unterschied zwischen einem Vogel / und einer Schildkröte ist.
20
Denn kurz nur hast du dich dem Studium der antiken (Vorbilder) gewidmet, kurz nur dich mit ihren Methoden beschäftigt, hast ihre We senszüge genau in deine Seele aufgenommen und hältst Reden, die sogar im Kreis professioneller Redner gerechten Beifall fanden. Dies bewirkt deine angeborene Sprachkunsr2 , die Zeitaufwand und Mühe so gut wie ganz entbehren kann, die aus eigener Kraft entschiedener als jeder Vogel auf das Ziel / zustürzt und beweist, daß die rhetorische Technik ein 25 Glücksgeschenk der Natur ist. So kann (deine Begabung) den Schwäche ren behilflich und ihnen wie einer morschen Mauer Stütze sein, die Star ken aber daran hindern, (die Technik)3 in enge und niedrige Grenzen einzuschließen. So hast du dich deiner überreichen Begabung bedient und allein mit ihrer Hilfe die Redekunst ausgeübt, ließest viele, die nur auf
Technik und langjähriges (Studium) vertrauen, / ver�tummen und hältst 30 Reden, die wie ein Echo die schöne (Sprache) eines Demosthenes erklin gen lassen4• Es zieren aber deine Reden nicht nur (schöne) Wort(wahl), Figuren, über Kreuz gestellte SatzgliederS und derlei nebensächlicher Zierat, mit dem die Verfasser schöner Reden ihre Sprache gefälliger gestalten, son dern bei dir bleibt die Schönheit der Komposition weit hinter der Anmut deiner Gedanken zurück. Zudem / reicht die Eleganz deiner Worte nicht 35 nur bis zu den Ohren, sondern zugleich mit dem entzückten Lauschen wird den Zuhörern auch Gewinn beschert. Du läßt es ja nicht zu, daß aufs Geratewohl dahinströmende Worte über den Geist (des Gesagten) die Oberhand gewinnen, sondern stimmst den Lakoniern auch darin zu, daß du viele erhabene Gedanken in wenige Worte einschließt und deine Zuhörer nicht nur heiterer, sondern auch als bessere (Menschen) entläßt. So / gibst du deinen Texten vielerlei Gestalt und läßt doch in allen eine 40 Idee, in unbeschreiblicher Schönheit ausgearbeitet, zur Sprache kommen und sie überall durchscheinen, ob du nun Freunden Briefe schreibst oder - (wie) häufig - in literarischen Werken deine Gedanken ausführst oder gerechtes Lob austeilst. So hast du auch uns gestern bewirtet, als du dem ERLÖSER Dank sagtest für die Gesundheit deines Vaters, des Kaisers, zu der dieser zurückfand, nachdem er beinahe den Tod gekostet hätte6. / Du verstandest dies aber 45 als Anzeichen dafür, daß die VORSEHUNG Gottes fortan gnädiger über uns 123
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
beschließen wird, weil sie uns den Arzt der Städte? erhalten hat, gabst aber den Zuhörern deiner Rede auch den Rat, nicht nur, um Gutes zu erlangen, zu Gott zu beten, die Bewahrung des Geschenkten aber zu ver nachlässigen, sondern sich (gerade) dadurch dem Geber des Guten dank-
50 bar zu erweisen 8 . Allerdings beeindruckt das (Gesagte) nicht / nur wegen
seiner ansprechenden Formulierung, sondern bezeugt auch die hohe mo ralische Autorität des Redners und bringt den Zuhörern großen Nutzen. Denn die Gesundung deines Vaters Gott zuzuschreiben und ihm dafür zu danken9 , ist uns zugleich ein Beweis deiner Frömmigkeit und des Glau bens, daß alles Gute von ihm kommt. Und sich über die Genesung des Vaters zu freuen und sie zugleich als Unterpfand zukünftigen Glücks zu 55 verstehen1o, / ist ein Zeichen frommer Liebe zum Vater. Aber auch die
Mahnung, das zu bewahrenl1, was der Vater seinen Untertanen zu geben hat, ist nicht nur Zeichen der Ehrerbietung für den Vater und (Ausdruck) des Vertrauens, daß die Rhomäer solche Wohltaten von ihm zu erwarten haben1 2, sondern (beweist) auch den Wunsch, daß den Freunden das ge währte Gut verbleibe. Das aber ist nicht nur ein Kennzeichen aufrichtig60 ster Liebe, sondern auch das untrügliche / Merkmal eines Kaisers, der kraft seiner Stellung die Aufgabe hat, für die Untertanen alles Gute zu gewinnen und das Gewonnene zu bewahren, indem er das, was diese Wohltaten beeinträchtigt, mit Entschlossenheit abwehrt. So wurde uns das gestrige Festmahp 3 zu einem vielfältigen Geschenk; es gab uns literarische Anregung, gab aber auch Weisung zu richtigem Verhalten gegenüber Gott, den Eltern und dem gemeinsamen Vaterland. 65 Verleihe also, ERLÖSER, dem Kaiser in seinen Reden die / Sprache eines Platon und eines Demosthenes, in seinen Kriegstaten aber das Glück des Makedonen14; denn was seine Menschenliebe betrifft, so dürfte er selbst anderen ein Vorbild sein1 S • K
I. o Kyd, OE: Kyd. hat am Vortage eine Rede angehört(Z. 43. 62), die Kaiser Manuel in Konstantinopel auf die Genesung seines Vaters gehalten hat. E: Der Adressat ist selbst Kai ser (Z. 59. 64) und der redebegabte (passim) Sohn eines Kaisers (Z. 43f.), kann also in dieser Zeit nur Manuel TI. sein. D: Wichtigster Anhaltspunkt für die Datierung des Briefes ist die Nachricht von schwerer Erkrankung und Gesundung Ioannes' V. (Z. 43-46) und der anläß lich der Gesundung gehaltenen Rede Manuels. Aus der im Wortlaut überlieferten (s. u., A.6) Rede selbst läßt sich zwar kein Argument für eine genauere Datierung entnehmen. Aber auch Manuels Brief LetMan, Nr. 12, ebenfalls in Konstantinopel verfaßt, bezieht sich auf die Genesung seines Vaters. Dennis schlägt daher in LetMan 32-34, A.l eine Datierung von
1 24
BRIEF T387
L82 unmittelbar vor LetMan, Nr. 12 vor, den er auf 13 89/90 datiert, weil er annimmt, daß Manuel wegen der Erkrankung seines Vaters aus Lemnos zurückkehrte, was zwar nicht be wiesen ist (!), aber ein plausibler Grund für die Rückkehr Manuels wäre. BarkMan 431 hingegen hatte die Rede auf die Genesung des Vaters, ebenfalls ohne Beweis, noch als « early» bezeichnet. Nun erwähnt aber derselbe Brief Manuels auch eine großzügige Zahlung seines Vaters an Kyd. Für eine solche bedankt sich Kyd. in L83, einem Brief, der allerdings wahrscheinlich irrig - bereits in Bd. 11 als T 0142 eingeordnet wurde. Dennis hingegen sieht auch L83 in zeitlichem Zusammenhang mit Manuels Brief Nr. 12 und mit L82. Dafür spricht auch der Kontext der Überlieferung dieser bei den Briefe in der Hs B, der wie folgt aussieht: L 82: B 251'-252r, Nr. 107; es folgt in B als Nr. 108 auf f. 252rv der Brief L239/T388, dann als Nr. 109 auf f. 25r-25Y L379/T359, und schließlich als Nr. 1 1 0 auf f. 253V der Brief L83. In der Überlieferungsfolge der Hs B sind also die ersten drei genannten Briefe in die Zeit von Winter 1387/88 bis Winter 13 89/90 verfaßt. So ist dies auch für L83 wahrschein lich. Daß die genannten vier Briefe in verschiedenen Bänden der Edition Loenertz stehen, erklärt sich daraus, daß L82 und 83 nur in Hs B überliefert sind, während die drei übrigen auch im Autographen A stehen und deshalb gemäß LC I, IV (zu Hs B) in LC 11 eingeordnet wurden. 11. BKyd: Kyd. zeigt enthusiastische Bewunderung für die Rede Manuels auf seinen Vater (passim). BE: Vgl. die Angaben zur Rede Manuels unter D und in den folgenden Anmer kungen Nr. 4 und 6 - 1 3 . Xl: Ein Kaiser, Vater des Adressaten (Z. 43f.), Ioannes v., der von schwerer Krankheit genesen ist (s. o., D ) . ill . Hss: B 251'-252r, Nr. 107. Iv. 1 W.: J'tgOO1:1l0Uf,LeVO<;. Zu dieser Bedeutung des Mediums von J'tgOL01:llf,LL siehe LSc, s. v., A, 11, 1 (to chose as one's leader). 2 W: � l"fj<; UOeW<; ugel"T], Subjekt des Satzes bis « einzuschließen» (Z. 28). 3 W.: l"UUl"llv, wohl auf l"EXYll (Z. 25) zu beziehen. 4 Diese Passage (Z. 4 - 3 1 ) ist, wenn auch die Anspielung auf das Pindarzitat (s. o., T363, A. 4) fehlt, in den Kyd.-Briefen die breiteste Ausführung des Gedankens, daß Manuel eine rhetorische Naturbegabung besitze. 5 W.: XWAWV E�UUUyij. Damit ist wahrscheinlich gemeint, was bei Lausberg, § 801 als commutatio bezeichnet wird, die sich auf Satzglieder bezieht. In dieser Figur (figura senten tiae) werden Bestandteile eines Satzgliedes (Kolon) in einem zweiten Satzglied in überkreuzter Setzung und mit verändertem Sinnzusammenhang wiederholt. Beispiel: Esse ( edere) oportet ut vivas, non vivere ut edas. 6 Die Dankrede Manuels anläßlich der Genesung seines Vaters ist in BoissAnNov 223238 ediert. 7 Diese schmeichelhafte Bezeichnung des kaiserlichen Vaters spielt wohl auf den Wortlaut der Rede, ebd. 223 an, wo Ioannes V. als «Arzt und Vater» seiner Untertanen bezeichnet wird. 8 Wohl Anspielung auf den Appell Manuels an die Untertanen, sich des von Gott ge schenkten Glückes würdig zu verhalten (BoissAnNov 233). 9 Vgl. BoissAnNov 226 - 23 1 . 1 0 Vgl. BoissAnNov 228f., w o Ioannes V. als der von Gott bestimmte Garant der Wieder kehr glücklicher Tage für das Reich dargestellt wird. =
125
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
1 1 W: . Erd "tT]v uAmulv. Vgl. BoissAnNov 238: uAcism. 12 W.: . . . I'X ye [lEAAOL "tOOO1J"tWV aya6Ölv "tOi:� 'PW[laLOL� ahw,,; elvm. 13 Zum Vergleich einer schönen Rede mit einern Festmahl siehe Bd. III, T265, Z. 72 (ebenfalls Brief an Kaiser Manuel). Siehe auch T363, A. 3 (Manuel selbst bezeichnet ein eigenes Werk als Festschmaus). 14 Sc. Alexanders des Großen. 15 Kyd. will sagen, daß er für die Menschenliebe (lAav6gwrcLa) des Kaisers kein Vorbild (wie die zuvor genannten Vorbilder) zu nennen braucht, weil Manuel in dieser Hinsicht selbst das Vorbild für andere ist. . .
388
-
An Kaiser Manuel
L: 239; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel;
D: HerbstlWinter 1389190 (?); wI: Mit dem Argument, Manuel sei gegenwärtig der einzige, der noch in der Lage sei, den Verfall der Bildung in Konstantinopel aufzuhalten, empfiehlt ihm Kydones einen geistig interessierten j ungen Mann von bescheidener sozialer Herkunft, der mit dem literarischen Zirkel um den Kaiser Kontakt aufzunehmen wünscht.
Wer sich mit den literarischen Studien beschäftigt, braucht viele Helfer. 5 Vor allem trifft dies für junge Menschen zu, / die noch nicht mit (dem
Fortgang ihrer Lebens)zeit den Beistand erfahren haben\ wie (ihn), glaube ich, Wettläufer durch (anfeuernde) Zurufe und Pflanzen durch Be wässerung (erhalten). Gegenwärtig aber ist allerseits ein Krieg gegen die Studien ausgebrochen, und es ist den Eltern ein Anliegen, daß der Wunsch nach literarischer Bildung ihren Söhnen nicht einmal in den Sinn komme, weil das Bemühen darum sie zu Bettlern machen oder ihnen ein schlechte res Leben als das der Sklaven einbringen würde. So gibt es für (die Stu10 dierwilligen) nur die eine (Gelegenheit) zum Aufatmen, die / deine Gesin
nung und Redekunst ihnen (gewährt); denn du hältst deinen Blick auf das Wesen der literarischen Studien gerichtet, hältst sie für den einzigen Be sitz, der eines Menschen würdig sei, und siehst alle, die etwas anderes mehr bewundern, als blind an; .du hast dich den Büchern gewidmet, weil du glaubst, daß der Reichtum, den sie vermitteln, kostbarer als die kaiser lichen Schätze sei. So bist du uns nunmehr nach langem Umherreisen als der erschienen, 15 den Platon ersehnte, als der Philosophenkönig, / unter dessen Herrschaft,
wie er weissagte, die Städte von (allem) Unglück befreit würden. Dies hat nun auch die Studierwilligen ermutigt, die zuvor gedemütigt und ernied126
BRIEFE T3 8 7-3 88
rigt waren; sie sind überzeugt, daß niemand sie fortan um der Redekunst willen tadeln werde, und sprechen eine offene Sprache. So wagen es (nun) die einen, sich zu äußern, weil sie sich durch den Ruf, der von dir ausgeht, geschützt fühlen. Wissen sie doch, daß die Widersacher eines so bedeuten den Kaisers / als Schwätzer (entlarvt werden), wenn sie ein unfreundliches 20 Wort über die literarische Bildung fallen lassen. Andere wiederum sind begierig, dem Kaiser wie Demosthenes zu lauschen. Ja, nun wagt wohl auch ein Vater seinen Sohn in die Schule zu schicken, weil er glaubt, damit für das Kind eine nützliche Entscheidung getroffen zu haben; läßt er ihn doch (jetzt) etwas lernen, was dem Kaiser gefällt, (und ist über zeugt), daß dies sein Glück sichern werde. In der Tat siehst du gern Men schen, die lesen, / und hörst auch Rednern gern zu, und wenn sich jetzt 25 jemand von denen naht, die früher die Pforte des Palastes von ferne wie ein unzugängliches Heiligtum verehrten, genügt es, dem Türhüter einen Wink zu geben, und alsbald wird er bei dir vorgelassen und findet ein offenes Ohr für seinen rhetorischen Vortrag. Empfange also auch diesen j ungen Mann, der dich (schon) seit langem (persönlich) sehen und deine Stimme hören will, wegen seiner Armut und seines bescheidenen Standes aber seine Hoffnungen / zurückstellen mußte, 30 jetzt jedoch den Schritt wagte und von mir belehrt wurde, daß du in (deiner) Güte keineswegs denen gram bist, die sich an deiner (Redekunst) erfreuen wollen. Er kommt zu dir, um wenig zu sagen, vieles aber von dir und allen, die Respekt verdienen, zu hören, und gewiß wirst du, wenn er einige Zeit mit dir verbringen kann2, binnen kurzem seine Fähigkeit unter Beweis stellen, auch über dich etwas Angemessenes zu sagen. Das wird vielleicht auch andere junge Leute für die / literarischen Studien gewinnen 35 und sie von dem Krämergeist3 befreien, der nun wegen der Mißachtung der Bildung allein den Palast beherrscht. K I. OKyd: Kyd. ist über die Vorgänge im Kaiserpalast informiert (Z. 36), hält sich also in der Hauptstadt auf. OE, D: Loenertz ordnet diesen Brief als letzten in Liste XVI der Chro notaxis (LC II 494) ein, nach den ersten Briefen an Manuel 11. auf Lemnos, obwohl er als Aufenthaltsort Manuels mit Recht Konstantinopel angibt. Doch gehört der Brief, der in Loen Lemn nicht erwähnt wird, zweifellos in die Zeit nach der endgültigen Rückkehr Manuels in die Hauptstadt, wie vor allem aus der Bemerkung, er sei «nach langem Umherreisen» (Z. 14) nunmehr als platonischer Philosophenkönig erschienen, zu erschließen ist. Es ist verwunder lich, daß der Brief bei BarkMan nicht erwähnt wird; vielleicht war Barker durch die unzutref fende Einordnung bei Loenertz irritiert. Da loannes V. zwar indirekt als bildungsfeindlich
127
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR
kritisiert, aber nicht als lebend erwähnt wird, ist auch eine Datierung des Briefes in die Zeit nach seinem Tode nicht auszuschließen. Die Bemerkung über das <
389
-
An Kaiser Manuel
L: 424; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel;
D: Herbst 1389 ( ? ) ; wI: Begleitschreiben zu einigen Früchten aus seinem Garten, die Kydones dem Kaiser als Geschenk überbringen läßt, mit Beteuerung seiner Zuneigung und dem Aus druck des Vertrauens auf die Zuneigung des Kaisers.
Empfange hiermit gemäß der Jahreszeit, mächtigster Kaiser, kleine AnS zeichen großer Zuneigung. / Du wirst erkennen, daß sie nicht wie die
Feldfrüchte nach festen Regeln kommt und geht, sondern fortdauernd ihre volle Kraft bewahrt und bewahren wird, wie die Pflanzen, denen es von der Natur gegeben ist, das ganze Jahr hindurch zu grünen. Möge es mir entsprechend beschieden sein, dein Wohlwollen wie ein hinterlegtes Gut ständig unversehrt zu besitzen! Haben doch die, die sich darauf ver ließen, erkannt, daß es nicht weniger als Berge denen, die ihren Fuß dar10 auf setzen, / festen Halt gibt. K
128
BRIEFE T38 8 - 390
1. OKyd, OE: Kyd. schenkt dem Kaiser zweifellos Fruchte aus seinem Garten in Konstan tinopel; beide halten sich also dort auf. D: Es ist anzunehmen, daß Kyd. Kaiser Manuel im ersten Herbst nach dessen Rückkehr, also im Herbst 1389 ( <
390
-
Ein Traum
L: 4 1 1 ; OKyd: Konstantinopel; D: Herbst 1389 (?); wI: In einer unadressierten Notiz beschreibt Kydones einen Traum: Er wird zu Kaiser Ioannes V. gerufen, der aber in einer unverständlichen Sprache mit ihm redet, für die sich kein Dolmetscher finden läßt. Schließlich verläßt er, weil er hungrig ist, den Kaiser und will in einern anderen Teil des Palastes bei Kaiser Manuel speisen. Man sagt ihm jedoch, daß dieser sich in einern Zelt vor der Stadt aufhalte, da sein Vater ihm den Zutritt verwehre. Er könne auch keine Speise bei ihm erhof fen, weil Manuel nicht einmal genug habe, um seine eigenen Leute zu ernähren. Bestürzt über diese Auskunft, wacht er aus dem Traum auf.
Es war mir, als ob ich vor dem Kaiserpalast stand. Da trat einer der Verantwortlichen / heraus, rief mich beim Namen und sagte, der Kaiser
5
wünsche seit langem ein Gespräch mit mir, und dann zog er mich an meinem Gewand in das Gemach hinein, wo der Kaiser, wenn er sich von der Menge zurückzog, auszuruhen pflegte. Ich folgte ihm also und trat mit dem, der mich dazu einlud, (in das Zimmer) ein, wo ich den Kaiser antraf, wie er, um sich auszuruhen, rücklings auf seinem Bett lag, redete ihn auf die vorgeschriebene Weise an, / erwies ihm die Proskynese und 1 0 blieb stehen, um abzuwarten, ob e r etwas sagen würde, und e r sah mir wirklich so aus, als habe er den Wunsch, über eine Angelegenheit, die ihm dringend erschien, mit mir zu sprechen. Er ließ aber nichts Klares verlauten, sondern lallte nur etwas vor sich hin1. So blickte ich umher und erklärte, ich brauchte einen Dolmetscher für seine Worte. Es fand sich aber einer, welcher der Sprache und der Kleidung nach ein Lateiner war; er erklärte sich bereit, wenn der Kaiser etwas / sage, es zu überset- 15 zen. Ich aber bat ihn, einstweilen zu schweigen, weil er mir gegenwärtig keinen Nutzen bringen könne; (denn wenn
er
es verstehe,) könne auch ich
selbst verstehen, was der Kaiser wolle, da ich mit der italischen Sprache wohlvertraut sei2• Ich bat aber die Anwesenden, sie möchten eher einen Inder suchen. Denn die Sprache des Kaisers sei mehr der indischen ähn129
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
lich. Zugleich schien es mir, als sei er selbst bei den Indern geboren und 20 erzogen worden, / als ob er nur oberflächlich und wie ein Anfänger ver
suchte, sich im Griechischen auszudrücken, und deshalb dem Altgriechi schen viele einheimische (Ausdrücke) beimischte. Da ich nun in dieser Lage war und weder verstehen konnte, was er sagte, noch einen passenden Dolmetscher fand, verbrachte ich lange Zeit bei ihm, bis ich (schließlich) Hunger verspürte und mich wegen dieses Bedürfnisses alsbald entfernte, ohne ihn auch nur angeredet zu haben, da 25 es mir unmöglich erschien. Als ich nun hinausging, suchte ich, weil / kein
bekanntes (Gesicht) zu sehen war, jemanden, der mich einladen und mir etwas zu essen geben könnte. Da aber alle mir unbekannt erschienen, kam mir der Gedanke, ich sollte in den Gemächern Kaiser Manuels spei sen, weil ich beim Kommen oder Gehen oft bei ihm zu Verweilen pflegte. So begab ich mich zuversichtlich (zu ihm), weil ich auf sein Wohlwollen vertraute. Ich bekam aber zu hören, daß es keinen Sinn habe, sich abzu30 mühen und ihn zu suchen; er hause nämlich außerhalb der Stadttore / in
einem Zelt, weil sein Vater ihm nicht den Zutritt erlaube, und man fügte hinzu: « Wen sollte jener bewirten, wenn er nicht einmal genug Gerste hat, um seine eigenen Leute zu sättigen? » Diese entmutigende Auskunft versetzte mich in gebührenden Schrecken, und ich erwachte. K I. OKyd: Ort des Traumes ist der Kaiserpalast von Konstantinopel. D: Abweichend von Dennis (LetMan 32, A. 1 zu Nr. 12), der die Verbannung Manuels vor die Stadt als histori sches Faktum versteht, glaube ich, daß dieses Detail nichts anderes als die Spiegelung einer früheren Sitation in einem Alptraum ist, denn Z. 27f. spricht Kyd. ja klar von einer Gewohn heit, sich im Palast bei Manuel aufzuhalten. In der Realität hatte also die Versöhnung Manu els mit seinem Vater bereits stattgefunden, im Traum aber bleibt Ioannes V. der Vater, der seinen Sohn nicht in die Stadt hineinläßt. TI. BKyd: Im Gegensatz zum Brief T365, in dem Kyd. ein reales Erlebnis ironisch als einen Traum bezeichnet, handelt es sich hier tatsächlich um einen Traum. X: Da es sich nicht um reale Nachrichten über die vorkommenden Personen handelt, wird auf deren Aufzählung verzichtet. TII. Hss: A 52V _53', Nr. fehlt. Statt einer Ziffer ist am Rand als Überschrift vermerkt: OVELQo <; (Traum). U 78V - 79v, Nr. 100. Ed: LR 105f., Nr. 6. IV. 1 W: UM' �v TU AEy6!lEva oIa TU TWV \j!EAAL�O!lfVWV. 2 W: OUX aJtELQov oVTa TTi <; 'haATi<;. Zur Lateinkennmis des Kyd. siehe Bd. VI, 1 lf.
1 30
BRIEFE T390-391
391
-
An Theodoros, den Sohn des Kaisers
L: 421; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros 1. Palaiologos, Despot; OE: Mistra; D: Herbst 1389 ( ? ) ; wI: Der Despot hat sich für versäumtes Schreiben entschuldigt. Kydones weist dies zurück, da er als der sozial Geringere keinen Anspruch auf Briefe von einem Herrscher erheben könne, zumal Theodoros auf der Peloponnes mit inneren und äußeren Gegnern zu kämpfen habe. Zudem habe auch er selbst ihm nicht geschrieben, weil auch die Hauptstadt in einer schwierigen Siruation sei und er ihm daher keinen Trost spenden könne. So habe er es vorgezogen, zu schweigen und für ihn zu beten.
Wie das ? Hast du uns für so einfältig oder aufgeblasen gehalten, daß wir in Unkenntnis deiner / hohen und unserer bescheidenen Stellung von
5
dir alsbald für jeden von uns gesondert Briefe fordern und es mit Unmut aufnehmen, wenn wir sie nicht erhalten? Angeblich sahst du dich ja da durch gezwungen, dein Schweigen auf diese und jene Weise zu entschuldi gen, und als jene (Erklärungen) nicht ausreichten, auch (noch) hinzuzufü gen, daß es Triboles aus Trägheit versäumt habe, dir durch (Zustellung) der Briefe tatkräftig zur Hand zu gehen. Aber wir haben doch dich und / deine Taten nicht vergessen und (wissen auch), daß es sich nicht ziemt, 1 0 dasselbe wie von den Freunden auch von euch Despoten z u verlangen! Denn das, was die Größten zu geben haben, wird auch (nur) Großen geschuldet. Denen aber, die dorthin gehören, wo wir sind, bedeutet es schon viel, wenn sie überzeugt sein können, im Gedächtnis des Herrschers einen Platz zu haben. Da wir dies erfahren haben, glauben wir von dir zu erhalten, was gerecht ist; was aber über unseren (Anspruch hinausgeht), wünschen wir uns zwar (auch) in Zukunft; wenn wir es aber nicht erhal ten, wollen wir es nicht fordern und darüber / auch nicht ungehalten sein. 15 Höre also auf, bester Mann, dich für etwas zu entschuldigen, was wir dir nicht vorwerfen! Oder hast du etwa bei deiner Abbitte einen Hinterge danken, entschuldigst dich nur zum Schein und (willst) uns (in Wirklich keit) unser Verstummen vorwerfen, als ob wir den Despoten das Geschul dete versagten, (und uns belehren), daß unsere Pflicht ebenso wie das Bitten auch das Schreiben sei, wie man etwa auch von den Menschen erwartet, daß sie zu Gott beten? Es ziemt sich aber für Gott nicht, /
Uffi-
herzugehen und sich die (Menschen) auszusuchen, die er erhören (will), sondern er hat nur schweigend zu verharren und auf die Gebete zu hören1. 131
20
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Wenn also das (dein) Vorwurf gegen uns ist, kann man von dir mit Recht erwarten, daß du dir nun auch eine gerechte Verteidigung anhörst. Wir wußten, von welchen Wogen du jetzt überschwemmt wirst und daß dir keine Ruhepause gegeben ist, weil stets die neu herankommenden Schrecken die vorausgehenden gering erscheinen lassen. Denn was ist un sicherer, als täglich gezwungen zu sein, mit wenigen und noch dazu 25 schlechten (Truppen) gegen so viele Feinde /
-
ich füge aber hinzu: auch
für die Feinde2 - Gefahren zu bestehen? Was ist vernünftigen Männern verhaßter als der Hochmut und die Prahlerei der Barbaren, die (ihr) zu ertragen habt? Wenn ihr aber jetzt denen gehorchen müßt, denen ihr frü her Befehle erteiltet, ist das nicht schlimmer als (der Tod an der) Schlinge ? Was aber kann euer Reichtum und die Tatsache, daß euer Jammer mit 30 Wohlstand verbunden ist, an diesen Schrecken / lindern? Das ist ja gerade
der Gipfel des Unglücks: das tägliche Geschrei der Lohnempfänger und der Kampf gegen die Armut, den die Unsrigen in noch höherem Grade zu bestehen haben als den Kampf gegen die Barbaren3 . Es ist sicher, daß wir auch nicht durch (Briefe), die wir euch von hier aus schreiben, eure Lage lindern könnten, zumal man nicht leicht heraus finden könnte, worin sich die unsrige von der eurigen unterscheidet; denn wenn dein kaiserlicher Bruder nicht wäre, seine Präsenz an vielen Orten4, 35 seine Sorgen / und Nachtwachen - will er doch weder sich selbst ausru
hen, noch gönnt er anderen Ruhe und zeigt dadurch, was ein Mann im Staat bedeutet, der Tugend und Kraft mit Sorge verbindet -, bliebe der Großen STADT nichts anderes übrig, als schändlichen Sklavendienst zu leisten. Da wir also dies Zusammentreffen widriger Umstände und das Laby rinth des Unglücks, in das wir hineingeraten sind, bedachten, taten wir, was angebracht erschien, und schwiegen. Zugleich wußten wir, daß 40 (Menschen), die sich / in Schwierigkeiten befinden, alles für Geschwätz
(halten), mit Ausnahme dessen, was (ihnen) gegenwärtig nützen kann. So, meine ich, wollen ja auch die, welche mit Krankheiten zu kämpfen haben, von nichts hören außer von Ärzten und Arzneien. Von uns und durch unsere Briefe aber konntest du weder einen vernünftigen Vorschla� noch Heilmittel erwarten, und einfach aufs Geratewohl zu schreiben, erschien (mir) nicht sinnvoll. Entweder trübseliges Gerede oder (schlichtes) Ge schwätz wären die notwendigen Alternativen gewesen. Das war es, was 45 uns vom Schreiben abhielt: wir wollten / den Empfängern nichts Uner-
132
BRIEF T391
freuliches zumuten. Vielmehr bedachten wir dich aus den genannten Gründen mit Schweigen. (Wohl aber) riefen wir zu Gott und erflehten dir Rettung und Ruhm, baten aber auch darum, daß dir für das, was du für uns erträgst, das Himmelreich zuteil werde. Darum beteten wir schwei gend für dich, und wenn es nötig war zu reden, gaben wir unseren Zuhö rern offen zu verstehen, daß du dies verdient hast. Es sei dir aber - beim
ERLÖSER
-
beschieden, Taten vorzuzeigen, die deiner kaiserlichen Vor
fahren / würdig sind, und dich eines langen, ruhmreichen Lebens zu er- 50 freuen. K I. OKyd: In der Großen STADT (Z. 37). OE: Theodoros Palaiologos war Despot in Mi stra. D: Ein wichtiger Anhaltspunkt für eine Datierung des Briefes ist die Angabe, daß sich Theodoros sowohl gegen innere Feinde zu bewähren wie auch den Hochmut der Barbaren zu ertragen hat (Z. 24-28), denn dies verweist auf das Arrangement, das er mit den Osmanen einging, um sie als Bundesgenossen gegen seine aufsässigen Barone (s. u., A. 2) zu gewinnen. Auf diese Vorgänge bezieht sich auch T380 (siehe dort, D). Aber der vorliegende Brief ist wohl erst längere Zeit nach T380 verfaßt, weil Kyd. hier angibt, Theodoros seit langem nicht geschrieben zu haben (a.<\>wv[u, Z. 1 7, und passim); daher datiere ich auf Herbst, nicht auf SommerlHerbst (Loenertz) 1389. Für Herbst spricht auch die Tatsache, daß eine bereits län gere Anwesenheit Kaiser Manuels (X2) in Konstantinopel vorausgesetzt wird (Z. 34f.). 11. BKyd, B E : Kyd. weist die Entschuldigung, die Theodoros für sein eigenes Schweigen vorbringt, zurück, weil für einen Herrscher keine Pflicht zur Abfassung von Briefen bestehe (Z. 4- 16). Falls sich aber hinter der Entschuldigung ein versteckter Vorwurf gegen Kyd. verberge, nicht geschrieben zu haben, so verteidigt sich Kyd. auch gegen einen solchen, mit dem Argument, er könne Theodoros in seiner schwierigen Lage keinen förderlichen Rat ertei len, zurnal Konstantinopel selbst in keiner besseren Situation sei, und wolle daher lieber schweigen (Z. 16-46), habe es aber freilich nicht versäumt, für ihn zu beten (Z. 4650). Xl : Triboles, durch dessen Schuld angeblich Briefe des Despoten nicht ihr Ziel erreich ten (Z. 8 ), ist in einem früheren Brief des Kyd. als Kanzleibeamter in Konstantinopel bezeugt (siehe Bd. lI, T210, X2), in einem späteren in einer Funktion am Hof von Mistra (Bd. III, T273, X5), die auch hier vorausgesetzt wird. Vgl. auch LetMan LIII, Nr. 21. X2: Ein Bruder des Theodoros, der Kaiser ist und unermüdlich seine politischen Aufgaben wahrnimmt (Z. 34-37), Manuel 11. in Konstantinopel. ZG: S. o., D und unten, Ep, A. 2, 3. Ep: Kyd. antwortet hier auf einen Brief des Despoten, in dem dieser sein längeres «Schweigen» u. a. mit der Säumigkeit des Briefboten Triboles entschuldigte (Z. 4-9). Vielleicht hatte Theodoros auch von der Aufsässigkeit seiner Barone und seinem Paktieren mit den Türken berichtet und letzteres damit entschuldigt, daß es ihm einen gewissen Reichtum (ltAO'ÜTO<;) und Wohlstand (eVltogLu), Z. 29) ermögliche (Z. 22-32; siehe auch unten, A. 3). III . Hss: A 5v_ 6v, Nr. 9; U 6v-8" Nr. 9. Iv. 1 Die Vorstellung, daß Gott nur schweigend die Gebete der Menschen entgegen nehme, ohne ihnen seinerseits entgegenzukommen, erscheint als Aussage eines Theologen wie Kyd. befremdlich. Er will damit jedenfalls sagen, daß Theodoros zu Unrecht versteckte Vor-
133
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
würfe gegen säumige Briefschreiber erhebe und in gleicher Weise wie Gott schweigend zu verharren habe. 2 Loenertz erklärt «für die Feinde» (l!nEQ "twv ltOÄEWIlV) mit Verweis auf eine Stelle aus seiner Edition der Res gestae Theodori (zitiert oben, T380, D), wo über die Unbotmäßigkeit des einheimischen Adels berichtet wird, und dem Vermerk «hostes erant subditi rebelles» . Ich sehe aber noch eher die Möglichkeit, UltEQ "twv ltoÄE!twv auf die Türken zu beziehen, die ja eigentlich seine Feinde sind, mit denen und für die - als seine Bundesgenossen - er aber nun gegen die aufsässigen Barone zu Felde zieht. 3 In dieser Passage scheint zunächst die klare Aussage zu stehen, daß auf der Peloponnes der Jammer, den Türken unterworfen zu sein (s.o., T380, D), mit einem gewissen Wohlstand verbunden war. Dann aber ist anschließend vom täglichen Geschrei der ulto!tLo80L (Lohn empfänger) die Rede, vermutlich Söldner, mit denen Theodoros gegen die aufsässigen Barone zu Felde zog, die offenbar mehr Sold verlangten, als gezahlt werden konnte. Daher sieht Kyd. sich nun doch genötigt, die Armut auf der Peloponnes für schlimmer zu halten als den Hoch mut der «Barbaren». Der Widerspruch zwischen beiden Aussagen erklärt sich wohl dadurch, daß es Theodoros selbst war, der sich in seinem vorausgehenden Brief darauf berufen hatte, das Bündnis mit den Türken sichere ihm Reichtum und Wohlstand (siehe auch oben, ZG). Wahrscheinlich also zitiert Kyd. diese Aussage nur, um sie dann zu entkräften. 4 W: "ta(; EXE(VOU ltEQLC,QO!tUS. S W: "tEXV1]V.
392
-
An den Kaiser
L: 84; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel lI. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: HerbstlWinter 1389/90 (?); wI: Kydones erklärt dem Kaiser, warum er ihn am Vortage nicht treffen konnte. Als er in den Palast kam, um zu seinem Vater Ioannes V. zu gehen, habe Manuel noch geschlafen, um sich von einem Fieberanfall am Vortage zu erholen; später aber habe er erfahren, daß Manuel nun gerade den hohen Beamten Gudeles und einen Dolmet scher empfange, so daß er nicht habe stören wollen. Er habe aber vor dem Weggehen den Türsteher gebeten, ihn bei Manuel zu entschuldigen.
Glaube nicht, ich hätte gestern eine Gelegenheit, dich zu treffen, ver-
S säumt und sei, als ob (ein Wiedersehen) / unnütz gewesen wäre, ohne (die Chance) wahrzunehmen, nach Hause gehastet. Niemals würde ich so gering von dem, was (mir) am wichtigsten ist, denken. Nein, das Aller höchste und Wertvollste für mich bist du und (alles), was Dich betrifft. Es war vielmehr ein zufälliger Anlaß, der es mir nicht gestattete, lange zu verweilen: Ich war frühmorgens zum Kaiser gegangen, um meiner Pflicht nachzukommen und ihm wie gewöhnlich meine Aufwartung zu machen. 10 Bevor ich aber den Palast / betrat, kam ich an deinen Gemächern vorbei
134
BRIEFE
T39 1 -392
und fragte den Türhüter, womit du beschäftigt seist, denn ich wollte dich, (noch) bevor ich zum Kaiser ging, sehen. Ich erhielt die Auskunft, daß du schliefest, weil dir der gestrige unglückselige Fieberanfall die ganze Nacht lang den Schlaf geraubt habe. Da wartete ich ein wenig und fragte wie derum einen anderen aus deiner Umgebung, ob es (nun) angebracht sei, dich zu besuchen1. Aber auch er sagte / mir, du lägest noch im Bett, um 15 dich von dem überstandenen Fieber zu erholen. Darauf begab ich mich in den Hof des Kaisers2 und nahm dort am Gottesdienst teil, der gerade begangen wurde. Ich bemerkte aber, daß Gudeles und der Dolmetscher dir mitteilen ließen, daß sie über notwendige Angelegenheiten mit dir zu sprechen wünschten, und auch von dir vorgelassen wurden. Weil ich also glaubte, dich zu stören, wenn ich mir erlaubte, dieses / Gespräch über 20 vertrauliche Angelegenheiten durch mein Hinzukommen zu unterbre chen, hielt ich es für angebracht, mich zu entfernen, zumal mich Hunger und Kälte veranlaßten, zu meinem warmen Kamin und zum Essen zu gehen. Aber zuvor beauftragte ich einen Türsteher, dir meine Entschuldi gung zu übermitteln, warum ich nicht gewartet habe. Dies (also) beraubte mich deiner wohllautenden3 und dich meiner unbedeutenden Stimme; doch vielleicht / hättest auch du sie nicht ungern gehört.
25
K I. OKyd: Kyd. hält sich in der Nähe des Kaiserpalastes, also in Konstantinopel auf. E, OE: Der im Titel genannte Kaiser, den Kyd. aufs Höchste schätzt und verehrt (Z. 5 - 7), der sich im Palast aufhält (Z. 9ff.) und von einem zweiten, in der dritten Person genannten Kaiser (Z. 8. 1 1 ) zu unterscheiden ist, kann nur Manuel 11. sein. D: In der Chronotaxis, LC 11 495, Liste XVII, ordnet Loenertz den Brief an dieser Stelle ein. Da sich zugleich loannes V. und sein Sohn Manuel im Palast aufhalten, könnte man eine Datierung in die Zeit nach der Rückkehr Manuels aus Lemnos in der Tat in Erwägung ziehen. Zu denken gibt allerdings die Bemerkung des Kyd., er habe Kaiser Ioannes V. (Xl) an diesem Tage pflichtgemäß und wie gewöhnlich seine Aufwartung machen wollen (UOOLWOO[!EVot; "tE JtQo� "W'Ü"WV "tu ö(xma xat "tL[!ijowv "tu ELw8o"ta, Z. 8f.). Diese Situation wäre nur dann in der Zeit ab Herbst 1389 unterzubringen, wenn auch Kyd. nach einer Aussöhnung Manuels mit loannes v., wie sie LetMan, Nr. 12 voraussetzt, wieder regelmäßig bei Ioannes V. vorgesprochen hätte. Dafür aber liegt kein anderes Quellenzeugnis vor. Zu bedenken ist jedoch andererseits, daß die Erwähnung des Gudeles in angesehener Stellung (Z. 17) für eine Datierung des Briefes nicht vor 1386 spricht (5. u., Xl). Da aber Manuel offensichtlich nicht nur im Palast anwesend ist, sondern dort auch über politischen Einfluß verfügt, kommt in der Zeit nach 1386 nur die Situation ab Herbst 1389 (und vor der Revolte loannes' VII., April 1390) in Frage. Siehe auch unten, Hss. 11. BKyd: Kyd. geht zwar regelmäßig im Palast und auch bei loannes V. aus und ein (Z. 9. 1 1 ); politische Funktionen aber werden von andern wahrgenommen (Z. 17 -20), und seine
135
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
gute Beziehung zu Kaiser Manue! (Z. 4 - 7. 10f.) ist rein privat. Xl: Ein Kaiser, bei dem Kyd. regelmäßig vorspricht (Z. 8f. 1 1 ), Ioannes V. X2: Der Hofbeamte Gudeles, der sich zu einer dienstlichen Besprechung bei Manue! aufhält (Z. 17-19). Ein ( Georgios?) Gudeles wird in den Briefen des Kyd. noch an zwei weiteren Stellen, in den Briefen Manuels überhaupt nicht erwähnt. Die Stellen bei Kyd.: Bd. 112, T 0127, D; Bd. III, T321, E. Laut letzterer Stelle wurde er wahrscheinlich 1 3 8 6 Nachfolger des Kyd. als «Mesazon». Dies würde für eine Datierung des vorliegenden Briefes nicht vor 1386 sprechen. Zur wahrscheinlich slavischen Herkunft des Namens Gudeles siehe jetzt B. KrsmanoviC/A. Loma, Georgije Manijakis, ime rOUÖO.LO� i Pselova «Skitska Autonomija», Zbornik Radova Vizantoloskog Instituta 3 6 ( 1997) 233 -263, hier 244-249, und im frz. Resümee: 262. X3: Ein Dolmetscher (für die lateinische Sprache?), der beim Dienstgespräch Kaiser Manue!s mit Gudeles zugegen ist (Z. 1 8 ), zur Vorbereitung von Verhandlungen mit einem auswärtigen Staat? III . Hss: B 255'-256', Nr. 1 15; P 415", Nr. 36. - Für eine Datierung des vorliegenden Brie fes in die späten 80er Jahre spricht auch die Tatsache, daß er in der Hs B im Umfeld von Briefen überliefert ist, die 1 3 8 7/88 nach Lemnos adressiert sind. Die beiden in der Hs vorausgehenden Briefe sind T3611L382 (B 254'-255', Nr. 1 13), T3691L38 7 (B 255", Nr. 1 14), und auf den vor liegenden Brief folgt T3701L388 an Kaiser Manuel (B 256'-257', Nr. 1 16). Iv. 1 Im griechischen Text geschraubte Formulierung: . . EL y' eh] [tfTa XaLgov, eLOL"tr]1:ov eIvaL [tOL ltaga oe, mit Gebrauch des Verbaladjektivs auf -"t6� statt -"teo�. Vgl. Schwyzer 11 150. Zur Form t"tTJ"teov heov vgl. Schwyzer I 705 und 810. 2 W: eL� "tijv "tOv ßaotAew� . . . aUATjv, offenbar der dem Hauptkaiser vorbehaltene Teil des Palastes. Zwar war es nach allgemeiner Annahme in der Palaiologenzeit der Blachernen palast, in dem die Kaiser residierten, doch wurde durch kriegerische Auseinandersetzungen mit den Genuesen 1379 der Palast anscheinend so zerstört, daß die Kaiser bis zu den frühen Jahren des 15. Jh.s in Räumen des Großen Kaiserpalastes am Bosporos residierten (TinnBlach 277 -285, hier 283f.). 3 W.: . . . "töiv oöiv LeLgT]Vöiv (deiner Sirenen). .
=
393
-
An Theodoros, den Sohn des Kaisers
L: 427; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros I. Palaiologos, Despot; OE: Mistra, Pelo ponnes; D: Winter 1389190 (?); wI: Kydones bedauert, daß mehrere seiner Briefe an Theodo ros nicht ankamen, doch hat der Briefbote Phialites diesmal die zuverlässige Zustellung ga rantiert. Als Dankesgabe an den Despoten hat Kydones einen Pelz beigefügt, den eventuell an die aufsässigen Barone der Peloponnes oder die türkischen Verbündeten weiterzuverschen ken er ihm ironisch empfiehlt.
Schon vielfach hat mir gegenwärtig das böse Schicksal geschadet, mich 5 aber durch dies eine am meisten I betrübt, daß es mich sogar (meine)
Briefe an dich vergebens schreiben läßt. Ich habe nämlich gehört, daß sie teils verlorengingen, bevor sie dir zu Gehör gebracht wurdenl, teils wegen des Leichtsinnes der Briefboten bei ihnen verblieben und nicht zugestellt 136
BRIEFE
T392 - 3 93
wurden. Für die Verfehlungen anderer aber werde ich zur Verantwortung gezogen und erscheine dir undankbar. Das ist (schon) schlimm (genug). Ich fürchte aber, daß ich auch mit diesem Brief Unglück habe und der Zusteller / etwas anderes mit ihm beschließen wird. Gleichwohl, mag ich 10 auch nicht gerecht erscheinen, so will ich es doch sein. Ich schreibe also und bete zugleich, daß das Schicksal von der VORSEHUNG gehindert werde2 , damit ich nicht aufs neue sein Spiel mit den Briefen zu erleiden habe. Ich glaube aber, daß mit meinen Gebeten auch die treue Ergebenheit des Phialites3 zusammenwirkt, der überzeugt ist, daß dir die Lektüre des Briefes nicht unwillkommen sein wird, und ehrlich bemüht ist, dir mit (diesem Brief) eine Freude zu machen. / Mich aber will er von den Vor- 15 würfen, ich sei undankbar, befreien und zugleich auch durch (diesen) zweiten (Brief) für das Unrecht, das er mir früher angetan hat, Abbitte leisten. Er ist es nämlich, dem ich den ersten Brief gab, doch war das, was mit (dem Brief) geschah, nicht von ihm, sondern von der Gleichgültigkeit anderer verschuldet. Jetzt also versprach er mir, Sorge zu tragen, daß dasselbe Versehen wie beim damaligen (Brief) nicht (wieder) vorkomme. / Daher bin ich zuversichtlich, daß du diesen Brief nun erhalten wirst. 20 Nimm ihn also und sieh mich bereit, deinen Befehlen Folge zu leisten. Es ist aber auch der Pelz4 beigefügt, der alle, die sich in die Angelegen heiten anderer einmischen, am meisten in Atem hält5 • Er ist aber nicht als Geschenk, sondern als (die Abstattung meiner) Schuld für die vielen Dinge (zu verstehen), die ich (von dir) erhalten habe. Wenn er bei dir ankommt, weiß ich nicht, welcher von beiden (Parteien) du ihn geben sollst. Denn es ist gerecht, den Freunden eine Freude zu machen; die Feinde (aber) zu besänftigen, / ist jetzt mehr als je notwendig. Jedenfalls 25 wird erzählt, daß du zur Zeit von beiden belagert wirst6. So weiß ich also nicht, wie du mit dem Pelz und mit dir selbst verfahren sollsr7 . K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. OE: Die Residenz des Theodoros, Mi stra auf der Peloponnes. D: Die Situatiuon ist ähnlich wie die in T391 vorausgesetzte; doch müssen wegen der Bemerkung, daß Kyd. inzwischen mehrere Briefe an Theodoros geschrie ben habe (Z. 6f.), seit T391 einige Wochen oder Monate vergangen sein. Eine wesentlich spätere Datierung auf 1391 -93, die Loenertz in der Edition auch in Erwägung zieht, ist allerdings weniger wahrscheinlich. II. BKyd: S. u., A. 5. BE: Zu den «Freunden» und «Feinden» des Theodoros s. u., A. 6. Xl : Phialites (PLP 29713), überbringer des Briefes und treuer Diener des Adressaten (Z. 1 3 2 1 ) . ZG: S . u., A . 6.
137
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
III. Hss: A 9v, aber hier durchkreuzt mit dem Randvermerk Eu6ij"tw (soll ausgelassen werden), was wohl für den Abschreiber Manuel Kalekas (s. u., T449, D) bestimmt war, denn der Brief fehlt in U. Ob daraus auch zu schließen ist, daß der Brief nicht abgesandt wurde, bleibt offen; denn ein als solcher erkennbarer Ersarzbrief liegt nicht vor. Es ist auch kaum möglich, daß L425 ( T 0425) anstelle des vorliegenden Briefes abgesandt wurde, weil Inhalt und Umstände dieses Briefes von dem vorliegenden völlig verschieden sind. rv. 1 W: ltQLv ruXELV "tmv amv w"twv. Bemerkenswerter Hinweis darauf, daß Theodoros die Briefe nicht selber las, sondern sich vorlesen ließ. Zu der Praxis, Briefe vorzulesen, siehe auch die unten, im Register unter 4.1 (s. v. « Vorlesen von Briefen» ) gesammelten Stellen. 2 Hier werden also, nicht ohne Ironie, Vorsehung und Schicksal also als zwei miteinander konkurrierende Mächte verstanden. Für das Verschwinden von Briefen ist also demnach das Schicksal, für ihr glückliches Eintreffen die Vorsehung zuständig. 3 W: "tQV "toü tUAL"tTJ "tQOltov. 4 W.: � . . . yoüvu. Näheres über dieses Wort: siehe TrappLex 11 327f. (s. v.), mit zahlrei chen Belegen. Dort auch zur Ableitung von keltisch-lateinisch «gunna» und Überserzung mit « Pelz» . 5 Der dem heutigen Leser unklare Hintergrund der Anspielung war dem Despoten offen bar bekannt. Anscheinend war der Pelz zuvor einmal Gegenstand des Neides. 6 Die « Freunde» sind die aufsässigen byzantinischen Barone auf der Peloponnes, die Theodoros zu schaffen machen, die «Feinde» die Osmanen, die aber nun Bundesgenossen sind; vgl. oben, T380, D; 391, D. 7 Diese Passage ist natürlich ironisch zu verstehen. Zweifellos will Kyd. den Pelz niemand anderem als dem Despoten schenken, aber er erlaubt sich zugleich einen Scherz mit seiner schwierigen Situation zwischen den Landsleuten, die ihn bekämpfen, und den eigentlichen Feinden, die er zu Bundesgenossen machte, um mit seinen Landsleuten fertig zu werden. =
394 - An Tarchaneiotes L: 435; OKyd: Konstantinopel; E: Manuel ( ? ) Tarchaneiotes; OE: Konstantinopel; D: April 1390; wI: Empfehlungsschreiben für einen jungen Mann aus Mailand, der seine in Italien begonnenen Studien in Byzanz forts erzen wollte, um die antiken Autoren im Original zu studieren. Doch wurde er enttäuscht, weil sich offensichtlich niemand bereitfand, ihn zu unterrichten oder ihm Handschriften zur Verfügung zu stellen. So war sein bescheidenes Reisegeld bald aufgebraucht, ohne daß er etwas erreicht hatte. In dieser Notlage scheint er sich an Kydones gewandt zu haben, der nun seinen einflußreichen Freund bittet, ihn in sein Haus aufzunehmen und weiter zu fördern. Dafür versichert er ihn seiner Dankbarkeit und verheißt ihm große Anerkennung in der Heimat des Mailänders.
Ich weiß, daß du bereit bist, ständig anderen Gutes zu erweisen, vor 5 allem all denen, welche / in ihrem Eifer für die Studien durch Armut
beeinträchtigt werden. Weil es nun auch mein persönlicher Wunsch ist, daß du bei Gott wegen dieser Gesinnung Wohlgefallen findest und von 138
BRIEFE
T393 -3 94
den Menschen das Lob zu hören bekommst, das die Rechtschaffenen ver dienen, kam mir der Gedanke, dir diesen jungen Mann vorzustellen, der dir viel Lob einbringen könnte. Er hat mehr, als es sein Alter erwarten ließe, seinem (guten) Charakter Ehre gemacht, so daß er in dieser Hin sicht hinter keinem Hochbetagten / zurücksteht, solche Vernunft zeigt er, 10 solche Sanftmut sogar gegenüber denen, die ihm Unrecht tun. Er ist aber in den Wissenschaften so bewandert, daß er bei seinen eigenen Mitbür gern nichts mehr lernen konnte - (übrigens) kommt er aus Mailand, und du weißt, welche Aufmerksamkeit die weisen Lehren der Stoa und des Peripatos nun bei den Bewohnern Italiens finden. Die Früchte ihrer (Er kenntnis) hat er also nun für sich gesammelt und glaubte (doch) erst das Ganze zu haben, wenn er seinen Durst an den Quellen stillen könnte, aus denen, wie er gehört hatte, / die Ströme der Weisheit zu den Barbaren 15 flossen. So achtete er Heimat, Eltern und das Haus, das seinen Lebensun terhalt gesichert hätte, gering und kam zu uns, weil er giaubte, hier Platon und Demosthenes zu begegnen; denn er hatte daheim gehört, Tullius1 und Boethius2 seien ihre Schüler gewesen. Dies aber beweist zur Genüge seine Liebe zur Philosophie, daß er so wichtige Dinge geringschätzte, um sie zu gewinnen. Es dürfte aber auch uns / keine geringe Ehre einbringen, wenn 20 bekannt würde, daß die Liebhaber der Weisheit zu uns eilen. Als er je doch, wie gesagt, mit bewundernswertem Enthusiasmus (bei uns) ange kommen war, mußte er die Erfahrung machen, daß die Fama (doch) keine Göttin sei3 , die Milesier aber nur vor Zeiten stark gewesen seien4 • Wie er aber (zu dieser Erkenntnis kam), kann ich nicht ohne Scham erzählen. Jedenfalls verfehlte er nicht nur, was er sich erhofft hatte, sondern er verbrauchte bei seiner Suche nach Lehrern auch das (Reisegeld), das ihm bei seiner vermeintlichen Jagd nach der Wissenschaft zur Verfügung stand. / So kann er nun, mittellos, wie er ist, weder bei uns bleiben, noch 25 wegen seiner Armut ohne weiteres zu seinen Angehörigen zurückkehren. Er hält aber aus Scham das Betteln für schlimmer als (den Tod an der) Schlinge, zumal er auch nicht den Tonfall beherrscht, der (andere) zu einer Spende aus Mitleid bewegen kann. So irrt er in der Großen S TADT wie in einer Wüste umher. Dies (Problem) zu lösen / hat anscheinend 30 Gott dir vorbehalten, weil bei dir mit der guten Gesinnung auch Macht verbunden ist. Hilf ihm also, um Gottes willen, aus seiner Not und zeige ihm, daß er nicht vergebens geplant und gehofft hat, von uns einen Nut zen zu haben. Dies wird aber (möglich) sein, wenn du ihn in dein Haus 139
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
aufnimmst und ihm mit denen, die unter deinem Dache leben, Lebensun terhalt gewährsts. Denn dann wird auch er, noch vor ihm aber Gott, dir 35 dankbar sein, und bis nach Italien / wird die Fama gelangen, um die
Kunde über ihn zu verbreiten. Wird er doch bei seinen Landsleuten nicht darüber schweigen, was ihm widerfuhr - denn er hat ein großes Redeta lent -, und (alle), die dem jungen Mann nur Gutes wünschen - seine (angenehme) Wesensart hat ihm nämlich viele Freunde eingebracht, die das als ihren eigenen Gewinn ansehen, was ihm an Wohltaten zuteil wird - , auch sie werden überall am Rhein erzählen, was du ihm (Gutes) 40 erweisen wirst6. Gewiß aber / hoffe auch ich von Dir eine gewisse Beloh
nung für diesen Brief zu erhalten, wenn du diesen (Mann) kennengelernt hast, durch die Tatsachen über seine Vorzüge belehrt wirst und (dann) den Ratgeber lobst. Ich bin nämlich überzeugt, daß du bei dem jungen Mann viel (von dem) finden wirst, was für dich (selbst) von Bedeutung ist, zumal wenn du dich an das erinnern willst, was du von den Lateinern wußtest, wenn du jetzt nicht ebenso wie ihr Dogma auch das Gespräch mit ihnen verurteilst. / 45
Soviel also über Paulus, den Besucher aus dem Ausland. Für den einfachen Stil des Briefes jedoch ist teils wohl die mangelnde Bildung des Verfassers, teils aber vielleicht auch der Wind und der Kapitän zu beschul digen, der zum Einsteigen drängte7. Man könnte aber auch sagen, daß ich nun zu den Barbaren unterwegs sei und daher barbarisch zu reden habe 8 • K 1. OKyd: In der Großen STADT, kurz vor einer Seereise (Z. 46f.).
E: Zur Identität des Tar chaneiotes siehe Bd. IIl, 2 1 8 -22 1 . OE: Da sich auch Paulus in Konstantinopel aufhält (Z. 29) und von einem Ortswechsel, falls Tarchaneiotes ihn in sein Haus aufnimmt, keine Rede ist, muß auch Tarchaneiotes, der zuvor Bürger von Thessalonike war, nunmehr in Konstantino pel wohnen. Er ist wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Eroberung Thessalonikes durch die Türken nach Konstantinopel umgezogen (vgl. Bd. IIl, 219, Text vor A. 19). D: Vor der Abreise nach Venedig (Z. 47), die wohl auf Ende AprilJMai 1390 zu datieren ist (s. u., T428, BKyd). Kyd. reiste also wahrscheinlich erst ab, nachdem Ioannes VII. , der Sohn des 1385 ver storbenen Andronikos IV., am 14. 4. 1390 (BarkMan 72f.; ReinPal 3 12; MesJov 65) Konstanti nopel in seine Gewalt gebracht hatte. Von ihm ist in dem Brief allerdings keine Rede, wenn man nicht die Angabe, der Bildungshunger des Paulus sei in Byzanz enttäuscht worden (Z. 21 -25), auf die Zeit seiner Herrschaft beziehen will. Aber ähnliche Klagen finden sich auch in anderen Briefen, die Kyd. in den späten Jahren Kaiser Ioannes' V. verfaßte (s. o., T383, Z. 25-31; T38 8 , Z . 6 -9). Doch muß trotz der Bemerkung, der Kapitän dränge Kyd. zum Einsteigen i n das Schiff (Z. 46f.), der Brief nicht unmittelbar vor der Abreise verfaßt sein.
140
BRIEF T394
II. BKyd: S. o., wI. Es fällt auf, daß eine Unterbringung des Paulus im Hause des Kyd. offenbar nicht in Frage kam. Ausschlaggebend dafür war hier wohl sein Vorhaben, nach Venedig zu reisen. Aber wahrscheinlich war die Wohnung des Kyd. ohnehin zu klein für die Aufnahme von Gästen, so daß er eine solche Möglichkeit nicht einmal erwähnte. BE: Der Brief bezeugt, daß Tarchaneiotes offenbar auch in Konstantinopel (s. o., OE) wie früher in Thessalonike eine einflußreiche Stellung hatte (Mvaf,lu;, Z. 30). Xl: Paulus (Z. 45) aus Mai land (Z. 12) gehört zu den frühesten Vertretern des italienischen Humanismus, die Interesse für die griechische Antike zeigten und sich von Byzanz Anregung und Unterweisung erhoff ten. Vgl. TinnNiv 277-279; KiankIt 1 09 mit A. 28 -30; PLP 22087. m. Hss: A 1 8 l r - 1 82r, Nr. fehlt. Gemäß LR 48 fehlen die von Kyd. eingetragenen Num mern in diesem ganzen Heft 28 der Hs A, das gemäß LC II, XIV die Briefe L428 -439 enthält. U 307'-308" Nr. 304; B 284v-285', Nr. 157; P 42?V-428v, Nr. 45; U1 161cv, Nr. 6. Ed: BoissAnNov 259 -262. rv. 1 Marcus Tullius Cicero, 106-43 v. Chr. 2 Anicius Manlius Severinus Boethius (ca. 480-ca. 524), bedeutender spätantiker Philo soph und Schriftsteller; Verfasser der "Consolatio philosophiae». 3 Gemäß HesOp 762f. ist die Fama "auch» eine Göttin (siehe Bd. m, T312, A. 2.). Der junge Mann aber machte in Byzanz die Erfahrung, daß die Fama, er gefange dort "ad fontes» , falsch war und daß sie also, wie Kyd. ironisch bemerkt, doch keine "Göttin» sei. 4 Zu dieser Redensart, die auf vergangene Herrlichkeit anspielt, siehe Bd. I/2, TI0l, A. 5. Sie ist hier auf die Erfahrung des Paulus zu beziehen, daß es nicht so selbstverständlich war, wie er gehofft hatte, in Byzanz der Antike zu begegnen. 5 W.: . . . KaL 1:OL� uno OE aU vtQ o<pov Ö fLSn �. 6 Mit rhetorischem Geschick malt Kyd. seinem Freund aus, welches Lob er für die Wohl tat zu erwarten hat, um die er ihn bittet. Der Rhein, der natürlich mit der Heimat des jungen Mannes nichts zu tun hat, steht hier stellvertretend für einen fluß im fernen Abendland. Seine Erwähnung soll aber wohl kaum übertreibend andeuten, daß man sogar über die Gren zen Italiens hinaus Tarchaneiotes loben werde. 7 Dieser Bemerkung ist auf die bevorstehende Abreise des Kyd. nach Venedig zu beziehen (s.o., D). 8 Der Brief schließt mit einer humorvollen Bemerkung> die wohl nochmals auf die kri tische Einstellung des Tarchaneiotes gegenüber den "Lateinern» anspielt (vgl. Z. 43f. und Bd. I/2, T76, A. 7).
Gruppe III: Hier mit späterer Datierung eingereihte Briefe der Liste LC II 490, Nr. XI (= L C n Liber XXIII, S. 1 27- 1 43, ohne L235 und 239) Vorbemerkung zu den Briefen T395 - 0402: Die Briefe des Liber XXIII sind identisch mit denen des Heftes (cahier) 10 der Hs A (f. 61'- 65V). Gemäß LR 37 befinden sich folgende Texte in diesem Heft (die Nummern der einzelnen Briefe, in LR am Incipit erkennbar, werden gemäß der später erschienenen Edition angegeben; in Klammern steht die in LR 37 vorge schlagene Datierung): L231 ( 1 389/90); zwei Sentenzen (zum Begriff s. o., T357, Hss); L232
141
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
( 1 389/90?); L233 (Sommer 13 89); L234 ( 1 3 8 9/90?); L235 ( 13 84 - 8 6?); L236 ( 1 3 8 9/90?); eine Sentenz; L237 ( 1 3 8 9/90); L238 ( 1 3 8 9/90); L239 ( 1 3 89 -92?); L240 (nicht datiert). Die meisten Briefe dieses Heftes datierte Loenertz also im Jahr 1947, dem Erscheinungsjahr von LR, mit oder ohne Fragezeichen auf 13 89/90. In der Edition von 1960 (LC II) hingegen schlug er für die meisten Briefe der Gruppe eine Datierung auf 1 3 8 0 - 82 (mit Fragezeichen) vor, also auf die Zeit vor der Übersiedlung Kaiser Manuels nach Thessalonike. Im Falle der Briefe L232 und 233 steht diese Zeitangabe in Klammem, für L235 wurde 1382/83 angesetzt (dieser Brief wurde in Bd. III als T244 eingeordnet); nur für L239 wurde in LC II ein späterer Ansatz, 1387-89 (mit Fragezeichen; nicht ganz mit LR übereinstimmend), vorgeschlagen (dieser Brief wurde oben als T38 8 eingeordnet). Loenertz gibt für die Umdatierung der ge nannten Briefe keine Grunde an, es sei denn mit der Bemerkung zu L231, Z. 8, der dort genannte vltaQXo� sei «Nicolaus Gattilusius, Aeni dominus ante 1 3 84. VI. 27, frater Fran cisci», und zu Z. 9, der dort genannte Schwager (XT]ÖE01:Ti�) des Kaisers sei dieser «Francis cus» ( Francesco I. Gattilusio). Nun ist aber die Angabe von Loenertz, Niccolö Gattilusio sei vor 1384 Herrscher von Ainos gewesen, offensichtlich ein Versehen, denn gemäß Loe nertz' eigener Angabe zu L202, Z. 32 herrschte er von 1384 bis 1404 in Ainos (vgl. auch unten, T395, Xl). Die Datierung des Briefes bis oder vor 1384 wird auch nicht durch die Erwähnung des 1384 verstorbenen Francesco gefordert, weil die Angabe in Z. 8i. sich auf eine weiter zurückliegende Vergangenheit (ltQ01:EQOV) bezieht. Andererseits liegen für eine Datierung mehrerer Briefe dieser Gruppe auf 1389/90 ernsthafte Gründe vor. Für L239, den einzigen Brief, dessen Spätdatierung auch von Loenertz nicht bezweifelt wurde, wurden diese Gründe bereits erläutert (s. o., T388, D). Es lassen sich noch folgende Gründe für die spätere Datierung anderer Briefe dieser Gruppe anführen: Ein wichtiger Anhaltspunkt ist die Andeutung in einem der Briefe, daß Kyd. sich nicht mehr im kaiserlichen Dienst befindet. Wie früher gezeigt wurde (siehe Bd. III, T3 18, D), betrachtete er sich seit SommerlFrühherbst 1 3 8 6 als im Ruhestand befindlich (0)(0A
142
BRIEF T395
der Gruppe hingegen, der an Ioannes V. adressiert ist, T3971L233, geht es nur um das Anlie gen des in völliger Ungnade Lebenden, den Kaiser durch ein Geschenk gnädig zu stimmen, was wiederum für den späteren Datierungsansatz spricht. Sowohl mit diesem Brief wie auch mit dem auf 1388/89 datierten Brief T382 läßt sich die Klage des Kyd. über ausbleibende Zahlungen des Kaisers in den Briefen T3981L234 und T4001L237 in Verbindung bringen. Die Briefe T397, 398 und 400 sind also (wie auch T390) zweifellos noch vor LetMan, Nr. 12 zu datieren, wo bezeugt ist, daß Kyd. nach der Genesung Ioannes' V. von diesem endlich eine Geldsumme erhielt (s. o., T387, D). Doch ist all dieses in dem Zeitraum vor der Abreise des Kyd. nach Venedig unterzubringen, die auf Mai 1390 anzusetzen ist (s. o., T394, D). Der Brief T3961L232 ist durch das Thema des wärmenden Tierfelles mit den beiden Brie fen T378 und 381 verbunden. Wie bereits unter T378, A. 1 ausgeführt, gehört er daher vermutlich noch in die Zeit des Aufenthaltes Manuels 11. auf Lemnos und ist einige Zeit vor T378 und 381 anzusetzen, nicht aber, wie in der Edition vermutet, 1380-82. Nur für den Brief L240, den Kyd., geplagt von Zahnschmerzen, an einen Arzt richtet, lassen sich keinen inneren Gründe für eine Datierung finden. So kann man nur vermuten, daß der Brief wie die anderen der Gruppe auch auf die Zeit 1389/90 zu datieren ist. Im folgenden werden die Briefe der Gruppe (L231-240) wegen ihrer umstrittenen Datie rung als geschlossener Block (Ausnahmen: L235 Bd. III, T244; L239 T388) und innerhalb ihres Zeitrahmens (1387-April/Mai 1390) nicht in der vermuteten chronologischen Reihen folge, sondern nach ihrer Zählung in LC II aufgeführt. =
395
-
=
An Kaiser Manuel
L: 231; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: 1389/90 ( ? ) ; wI: Empfehlung eines pikardischen Söldners, der, unzufrieden mit seiner Behandlung beim Gouverneur von Ainos, in die Dienste Ioannes' V. eintreten und dies durch Vermittlung des Kydones und Kaiser Manue1s erreichen will.
Der Überbringer dieses Briefes ist ein Soldat pikardischer Abstam mung, / einer von den abendländischen Kelten 1, die nördlich der Säulen2 wohnen. Gemäß der Sitte seines Vaterlandes verbrachte er lange Zeit fern von seiner Heimat und stellte sich denen, die seiner bedurften, als Mit streiter zur Verfügung. So verweilte er kürzlich auch als Söldner im Dienst des Gouverneurs von Ainos. Zuvor aber hatte er auf Lesbos für den Schwager des Kaisers Waffen getragen und dort mit / Anstand und Rechtschaffenheit seinen Dienst versehen3 . Es konnte ihm also niemand etwas vorwerfen, was sonst bei fast allen Soldaten zu tadeln ist. Darüber kannst du dir klare Kenntnis verschaffen, wenn du liest, wie seine Dienstherren in ihren Zeugnissen über ihn urteilen. Mochte sich also auch alles andere an dem besagten Ort, wo er (nun) Kriegsdienst leistete\ günstig für ihn 143
5
10
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
15
20
25
gestalten, so betrübte ihn doch das eine, daß er, der gewohnt war, stets an der Seite edler, gesitteter Männer zu kämpfen, / dort von seinem Dienstherrn gezwungen wurde, sich drittrangigen, leichtbewaffneten Fuß soldaten einzureihen, die zudem auch noch verabschiedete Söldner und mehr an Netzen und Reusen als an Waffen interessiert sind. Da er also glaubte, daß dies seinem militärischen Ruf abträglich sei, wollte er gegen den Reichtum der fischers die Steuerklasse6 der Wohlge borenen eintauschen und möchte lieber, indem er mit ihnen dem Kaiser dient, / weniger haben, als reich sein und an der Seite von Bauern und Landarbeitern zum Kampf gegen angreifende Truppen ausziehen. Denn er glaubt, daß es ihm Ehre einbringen wird, gemeinsam mit den Besten Gefahren zu bestehen. Weil er also wußte, daß ihm dies nützen werde, begab er sich eilends? in die Große STADT und bat mich, ihn deinem HAUPT vorzustellen, im Vertrauen darauf, durch mich Zugang bei dir zu finden. Du aber mögest ihm bei deinem kaiserlichen Vater (ein Vermittler) sein, / durch den er seine treue Gesinnung und seine guten Sitten glaub haft darstellen könne. Empfange also den Mann und schenke dem Kaiser einen eifrigen Soldaten, der seine gute Gesinnung für ihn und seine Hand gegen die Feinde einsetzt. Wegen seiner Bereitwilligkeit und seines Eifers werden seine Unterhalts(ansprüche) gewiß bescheiden sein. K 1. OKyd, OE: In der Großen STADT (Z. 22).
D: Manuel kann bei seinem Vater vermit
teln (Z. 24f.), ist also mit ihm versöhnt, zweifellos nach der Rückkehr aus Lemnos. Zur abweichenden Datierung in LC 11 siehe Vorbemerkung vor diesem Brief. 11. BKyd: Kyd. vermittelt wieder, wie in T394, für einen Abendländer, und zwar nicht direkt bei Ioannes v., sondern bei Manuel (Z. 25 -27).
BE: S.o., D.
Xl: Ein pikardischer Ritter
(Z. 4f.), der sich an verschiedenen Orren als Söldner verdingte, zuletzt bei Francesco Gattilusio auf Lesbos und, wohl nach dessen Tod am 6.8.1384, bei dessen Bruder in Ainos (X2), der ihn aber in seiner Armee offenbar nicht standesgemäß unterbrachte (Z. 5-22). Er begab sich daher nach Konstantinopel, in der Hoffnung, dorr zu besseren Bedingungen in das kaiserliche Heer eingegliederr zu werden, und bat Kyd. um entsprechende Fürsprache beim Kaiser (Z. 22-25). Zum Erfolg der Empfehlung: s. u., T401. X2: Der Gouverneur (ü1tagxo�) von Ainos, Niccolö (PLP 3582), Bruder des Francesco Gattilusio, der gemäß SchreinChron 11 328 «spätestens ab 1384» in Ainos herrschte (und zugleich Mitregent Francescos 11. über Lesbos war; BarkMan 464). X3: Der «Schwager des Kaisers», Francesco 1. Gattilusio, Herrscher von Lesbos, der mit einer Schwesterloannes' V. verheiratet war (siehe Bd. I12, 557-5 64). Z G: Bemerkenswerr ist die Angabe, daß Leute von vornehmer Abstammung (EUYEVEL�, Aristokraten, Z. 18) um diese Zeit offenbar manchmal weniger reich waren als Fischer und Bauern (Z. 17-21). Die Versiche rung, daß der Unterhalt des Söldners nicht viel kosten werde (Z. 27f.), zeigt, wie schwierig es in diesen Jahren für den Kaiser war, Söldnertruppen zu finanzieren.
144
BRIEFE T395-396 III . Hss: A 61', Nr. 1; U IOSrv, Nr. 114; B 247"-248', Nr. 103. In Hs A folgen auf diesen Brief (f. 61rv) die beiden Sentenzen CamSent 50f., Nr. V (weil alles Menschliche vergänglich ist, soll der Mensch sich von der Anhänglichkeit an die angenehmen Dinge dieser Welt frei halten) und VI (das Glück ist hinfällig, aber der Weise erträgt gleichmütig die Wechselfälle des Schicksals). Ein inhaltlicher Zusammenhang mit diesem oder dem folgenden Brief ist
nicht erkennbar. Iv. 1 W: . . . T01lTWV Öit TWV 'EOJ"tEQLWV xaL TWV . . . KEATWv, d. h., ein Franzose. «Kelten» in diesem Sinne auch oben, T360, Z. 31 und Bd. 112, T49, A. 12. 2 W.: lmEQ Ta� LTllAa�, «oberhalb» (aus der Sicht einer Landkarte, also nördlich) der Säulen, sc. des Herakles (s. o., T364, A. 2). 3 W.: ÖLi]yaYE . . . TitV TUSLV TT]QWV. 4 Nach der Rückblende auf die Zeit auf Lesbos ist nun wieder von Ainos die Rede. 5 Offenbar war der Fischfang in Ainos ein einträgliches Geschäft. 6 W: O1J�!lOQLav, Bezeichnung einer Steuerklasse im alten Athen. Kyd. will wohl andeu ten, daß der Picarde bereit ist, für die Aufnahme in eine angesehenere Klasse der Gesellschaft auch höhere Steuern zu entrichten. 7 Edition: ÖQa�wVTL, was natürlich in ÖQa�6VTL zu korrigieren ist, wie bereits P. Wirth, BZ 56 (1963) 344 beobachtete und der Einblick in das Autograph' A bestätigt; einer der seltenen Druckfehler der Loenertz-Edition (wie z.B. auch Bd. III, T231, A. 8).
396 - An den Protobestiarites Palaiologos L: 232; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros Palaiologos, Protobestiarites; OE: Lemnos; D: W inter 1387/88 (?); wI: Bitte um Zusendung eines Schaffells, das Kydones aber auf jeden Fall bezahlen möchte.
Ich weiß, ich würde, wenn ich nur darum bitte, alles Erdenkliche von dir erhalten. / Alles andere werde ich im entsprechenden Notfall vertrauensvoll von dir erbitten, und du wirst es mir bereitwillig geben. Jetzt aber gib den Auftrag, daß ich ein gut und brauchbar bearbeitetes Schaffell bekomme; denn man sagt, daß es bei euch gute Kürschner1 gibt. Ich möchte es nämlich tagsüber zu Hause (als Kleidungsstück) tragen und zur Nacht als Bettdecke gebrauchen, und es soll mich überhaupt überallhin begleiten, so daß ich mich notfalls darin / einhüllen kann2. Die Bezahlung dafür aber wird dem Überbringer ausgehändigt werden. Fürchte also nicht, daß ich dir mit dem Versprechen der Bezahlung hinterlistig Schaden zufügen will - vielleicht scheust du ja den Ruf, ein Geizhals zu sein, wenn es so aussieht, als könntest du dich nicht überwinden, deinen Freunden unentgeltlich zu dienen -; vielmehr habe ich nur die schlichte Bitte, von dir zu erhalten, was ich notwendig brauche. Wenn ich es bekomme, 145
5
10
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
15
werde ich dir für deinen guten Willen dankbar sein. Wenn du aber eine Vergütung deiner Unkosten / ablehnst, sollst du wissen, daß dies für mich eine Lehre sein wird, dir in Zukunft nicht allzusehr zu vertrauen. Es wird aber auch das Fell (an dich) zurückgehen, und es wird uns nur Betrübnis bereiten, statt mir den erhofften Nutzen zu bringen. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, den er von dem des Adressaten unter scheidet «
D: Sicher ist nur, daß dieser Brief in einem
Winter geschrieben wurde, wie sich aus der Notwendigkeit des wärmenden Tierfells ergibt. Wie in der Vorbemerkung (vor T39S) gesagt, ist der Brief durch die Thematik mit anderen Briefen verbunden, die in die Zeit des Aufenthaltes Manuels auf Lemnos zu datieren sind. Ob er aber wirklich in diese Zeit gehört, ist aus inneren Gründen nicht zu beweisen; nur seine Zugehörigkeit zur hier behandelten Briefgruppe spricht dafür. LoenLemn 1 3 6, Nr. 23 scheint nach wie vor ein früheres Datum (das in der Edition in Klammern und mit Fragezei chen angegebene Datum 1 3 8 0 - 82?) anzunehmen. 11. BKyd: Ein wärmendes Tierfell wünscht sich Kyd. auch in den Briefen T378 und 3 8 1 (eine ÖLcj>8EQa bzw. eine 1:Qaywv ÖOQa [Ziegenfell], versprochen von Kaiser Manuel auf Lem nos). Im vorliegenden Fall hingegen erbittet Kyd. eine JtQoßa1:wv ÖOQa (eigentlich: Schaffell), die er allerdings kaufen will (Z. 1 0 - 17). In beiden Fällen jedenfalls stammt das erhoffte Tierfell aus Lemnos. Siehe auch oben, D. BE: Zur Person, siehe T36 1 , E. III. Hss: A 61', Nr. 2; U 1 06v- 1 07r, Nr. 1 1 6. IV. 1 W.: 1:EXVL1:a<; 1:01J1:WV (Hersteller solcher Dinge). 2 W: El ÖEijOEL xai XUALOfJ,EVOV.
397
-
An Kaiser Ioannes
L: 233; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser loannes V. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 7 - 1 3 8 9 (?), Sommer; wI: Begleitbrief zu einer Sendung von Rosen aus dem eigenen Garten an den Kaiser, die Kydones wegen ihrer späten Blüte als ein Symbol der Hoffnung deutet, auch selbst noch einmal eines Tages wieder beim ihm Gnade zu finden.
Meinen Platz bei dir ahmen auch die Früchte meines (Gartens) nach. 5 Denn ich selbst bin / bei dir der letzte von allen, und diese finden sich,
wenn man sie Früchten vergleicht, die andere anbauen, in derselben Lage. Denn nachdem alle anderen schon geerntet und vergessen sind, wird man die meinigen beinahe noch nicht (einmal) in Blüte stehen sehen. So erging es nun auch meinen Rosen. Denn während sich nach dem Ende des Früh lings schon alle auf der Tenne aufhalten und mit dem Einbringen des 146
BRIEFE T396-397
Weizens beschäftigt sind, zeigen sie außerhalb der gebührenden Zeit jetzt den Ehrgeiz zu blühen. / Dennoch kann auch das Ungewohnte erfreuen, 10 und ein Wunder kann auch angenehme Gefühle wecken. Mich aber mahnt das unerwartete Geschehen, nicht ganz an den besseren Hoffnun gen zu verzweifeln und nicht die jetzige Vernachlässigung als Zeichen dafür anzusehen, daß dies auf immer so bleiben soll, sondern daß es da nach bessere Zeiten für mich gibt, wenn du es willst, und daß die Zukunft erfreulicher sein wird als die Vergangenheit. / Ich sende dir also (einige) 15 von diesen zur Unzeit (blühenden) frischen Rosen1, die dich, Kaiser, erin nern sollen, daß du dich nach allen (anderen) ein wenig auch dem zuwen dest, der früher (einmal) mehr als alle anderen geehrt wurde, nun aber weder geachtet noch wahrgenommen wird, obwohl diese Mißachtung nicht den geringsten Grund hat außer dem (einen), daß alles Menschliche dem Wandel unterworfen ist. K I. OKyd, OE: Am gleichen Ort (durch das Blumengeschenk gesichert), also in Konstanti nopel; D: Die Jahreszeit ist aus der Bemerkung des Kyd. zu erschließen, daß seine Rosen erst nach dem Ende des Frühlings blühen (Z. 8f.). Da Kyd. nach eigenem Bekunden schon einige Zeit in der Ungnade des Kaisers lebt, kommt als frühester Sommer nach dem Ausscheiden aus dem kaiserlichen Dienst (SommerlHerbst 1386) der Sommer 1387 in Frage, am wahr scheinlichsten aber Sommer 1389, wenn dieser Brief zu einer gewissen Aussöhnung beitrug, denn die in LetMan, Nr. 12 angedeutete großzügige Zahlung, die Ioannes V. Kyd. zukommen ließ, erfolgte spätestens im Frühjahr 1390, vielleicht aber auch schon im Herbst 1389. Die von Kyd. beschriebene Situation paßt hingegen auf keinen Fall in die Jahre 1380-82, die Loenertz für möglich hält. TI. BKyd: Dies ist wohl der schönste Brief, den Kyd. seinem einstigen kaiserlichen Herrn je geschrieben hat. Die symbolische Deutung der späten Rosenblüte auf die Tatsache, selbst der «Letzte» bei Ioannes V. zu sein, verbunden mit der Hoffnung auf die kaiserliche Gnade, ist von ergreifender Eindringlichkeit. Man sollte vielleicht in diesem Zusammenhang an den in T390 überlieferten bemerkenswerten Traum des Kyd. erinnern, der den Tiefpunkt seiner
Beziehungen zu Ioannes V. eindrucksvoll darstellt. Nur auf dem Hintergrund der dort erkenn baren Verzweiflung wird der Aufschrei des Kyd. im vorliegenden Brief ganz verständ lich.
BE: Ioannes V. erscheint als unversöhnlich, obwohl, zumindest aus der Sicht des Kyd.,
sein Groll eigentlich unbegründet ist (Z. 15 -19). III. Hss: A 62', Nr. 3; U 1 07rv, Nr. 1 17; B 253v-254', Nr. 111. IV. 1 Zum Blumengeschenk in der Epistolographie vgl. T110, A. 1. Während aber solche Geschenke im allgemeinen Routine sind, fällt hier die ungewöhnlich tiefsinnige Begründung auf (s. o., BKyd).
147
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
398
-
An Pothos
L: 234; OKyd: Konstantinopel; OE: Konstantinopel; D: Vor W inter 1389/90 (?); wI: Kydones hat Pothos, der, wie auch er selbst, auf eine Zahlung des Kaisers wartet, im Ge spräch mit einern Fiskalbeamten gesehen und erkundigt sich, ob sich aus der Unterredung Positives für ihn ergeben habe.
5
10
15
Ich freute mich, als ich sah, wie gestern jemand an der Mauer1 mit dir sprach, weil ich glaubte, er / bringe dir entweder etwas, was über die vielen Versprechungen hinausgeht, so daß du folglich nahe dabei bist, etwas zu bekommen - was Freunden nicht weniger Freude macht als persönlicher Gewinn -, oder es sei dir wiederum « ein verderblicher Traum von Zeus,, 2 gesandt worden, damit du nach anfänglichem kurzem Schlummer und angenehmen Traumgesichten beim Aufwachen erkennen mußt, (nur um so) weiter von den früheren Hoffnungen entfernt zu wohnen. Das könnte uns zum Lachen bringen, / weil wir für die (nur) Spott übrig haben, die darauf hoffen, sich durch Lug und Trug die Untertanen wohlwollend zu stimmen und dadurch mehr sich selbst schädigen und täuschen, als die, denen sie es zugedacht hatten3 • Sage uns also, ob jene geheime (Zusammenkunft) uns irgendeinen Nutzen brachte, denn ich fürchte, daß (diese Leute)4 wieder die alten Winkelzüge anwenden, uns auf unendlich lange Zeit vertrösten und das Geld zurückhalten werden. / Wenn dennoch der Schimmer einer Hoffnung auf (eine Zahlung) wie ein Körnchen im tiefen Schlamm verborgen ist, wäre dies eine «Nahrung für Kranke und Schwache» , wie Demosthenes gesagt hättes. K I. OKyd, OE: Am Ort des Kaiserpalastes (s. u., A. 1). E: Zur Identität vgl. Bd. IIl, T302, Xl; PLP 23433; LetMan Lf. D: Kyd. wartet auf eine kaiserliche Zahlung (vgl. T397 und 400; siehe auch T382, D), deren Verwirklichung LetMan, Nr. 12 für Herbst 1389IFrüh jahr 1390 bezeugt. 11. BKyd: S.o., D. Er äußert sich sarkastisch über die betrügerischen Finanzbeamten (Z. 9-12). BE: Auch Pothos hofft vergeblich auf eine Zahlung von höchster Stelle (Z. 4-9). Xl: Die offene Kritik des Kyd. richtet sich zwar gegen Beamte, die ihm das Zustehende
vorenthalten (Z. 9-12), aber hier wie sonst ist, wie sich aus T397 und 400 ergibt, immer auch Kaiser Ioannes V. gemeint. IIl. Hss: A 62r, Nr. 4; U 107" -108r, Nr. 118. IV. 1 Wahrscheinlich ist eine Mauer im Palastbereich gemeint. Zu Frage, welcher Palast in Frage kommt, s. o., T392, A. 2. 2 HornIl 2, 6 und öfter. Vielleicht Anspielung auf eine für Pothos negative Entscheidung des Kaisers.
148
BRIEFE T398-399
3 Diese spöttische Bemerkung des Kyd. ist nicht gegen Pothos gerichtet, sondern gegen die Beamten, die Pothos und Kyd. gleichermaßen Schaden zufügen, wie sich aus dem Folgen den ergibt. 4 Sc. die betrügerischen Beamten. 5 DemOr 3, 33 (01. 3, 37).
399
-
An Kaiser Manuel
L: 236; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: HerbstfWinter 1389190 (?); wI: Manuel solle auf seinen Vater einwirken, daß er mehr Verständnis für literarische Bildung zeige, denn ohne sie sei die Pflege der Rhetorik, die doch dem Ansehen des Kaisertums höchst förderlich sei, nicht möglich.
Wenn du den Brief durchliest, dich darüber freust und ihn der Muse der antiken (Autoren) / zur Seite stellst - denn ich bin überzeugt, daß du so über ihn urteilen wirst, nicht weil die Anmut des dort Gesagten, son dern weil die Zuneigung dich zwingt, dir eine solche Meinung zu bilden und geradezu wie eine weiße Richtschnur1 meine Worte aufzunehmen - , wenn du also voll des Lobes über den Brief bist, gedenke auch dessen, der ihn schrieb, und vergiß nicht, wenn du dich am Strome labst, die Quelle. / Du mußt vielmehr, wenn du dich am Trinken erfreuen willst, zuerst diese reinigen und dir aus vielen Richtungen viele Zuströme von Wasser hinzudenken, damit sie dir, von vielen Nebenflüssen reichlich ge speist, den Fluß zeige, (der) aus dem jetzt (sichtbaren) Tröpfchen (nur zu ahnen ist? Bewege aber auch den Kaiser dazu, den Feinden der literarischen Bil dung nicht alles zu erlauben, damit sie in ihrer Anmaßung nicht überall Einfluß gewinnen3 und den Literaten / die Pforten des Palastes verschließen, wie (man) Mörder aus Tempeln verbannt, sondern einsehen, daß auch die rhetorisch Gebildeten seinem Kaisertum einigen Nutzen bringen. Denn so wird er weder den Gesetzen noch den natürlichen Gegebenheiten noch dem althergebrachten Brauch der Städte, aber auch nicht seinen kaiserlichen Vorgängern zuwider handeln, welche der Rhetorik unge schminkte Offenheit gestatteten und mit ihrer Hilfe / die Städte regierten. Wenn er beschließt, sich ihrer zu bedienen, wird er vielleicht auch die Barbaren lehren können, weniger übermütig zu sein; er wird die Zunei gung seiner Vertrauten erhöhen und keinen Mangel an Leuten haben, die 149
5
10
15
20
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25
seine guten Taten preisen; er wird die Chance erhalten, zu den Kaisern gezählt zu werden, deren Verdienste in aller Munde sind, und einsehen, daß (die Rhetorik) seiner Herrschaft überhaupt in vielerlei Hinsicht Nut zen bringt. Denn so steht es um (die Macht) des Wortes4 : Wer über sie / verfügt, bringt alles schön, leicht und lobenswert zuwege; (alle) aber, die sie entbehren, sind wie Menschen, die des Nachts in abschüssigem Ge lände umherirren. Um dies zu vermeiden, sollte der gute Kaiser auch der literarischen Bildung eine gewisse Beachtung schenken und den Glanz, den sie vermittelt, für nicht geringer halten als den eines Purpurgewandes. Er sollte vielmehr auch in dieser Hinsicht den früheren Kaisern folgen, zu deren Lob die rhetorische Ehrung in höchstem Maße beitrug. K
1. OKyd: Am Ort, wo sich die Kaiser aufhalten, sc. Konstantinopel. OE: Manuel soll auf seinen Vater einwirken, hält sich also in seiner Nähe auf. D: Zur Datierung auf Herbst! Winter 1389/90 s. o., Vorbemerkung vor T395 . Der Brief sollte nicht - wie in Bd. II1, 35 mit A. 189 und 203 mit A. 13 - auf die frühen 80er Jahre datiert werden. 11. BKyd: Das hier vorgetragene Plädoyer für die Bedeutung der Rhetorik im politischen Leben (Z. 12-29) ist von exemplarischer Bedeutung für die Mentalität des Kyd. und des gebildeten Byzantiners überhaupt. Xl: Ein Kaiser, unter dessen Herrschaft die literarische Bildung gering geschätzt wird (Z. 12-15; vgl. T388, ZG) und den Manuel von ihrem Wert überzeugen soll (Z. 12f.), loannes V. III. Hss: A 64', Nr. 6; U 108rv, Nr. 119. Es folgt im Autogtaphen A, f. 64' die Sentenz CamSent 49f., Nr. III mit dem Incipit OUÖEV E-tEQOV (hier zum zweiten Mal, erstmals an der bei CamSent angegebenen Stelle f. 26' [zwischen L248 und 249 Bd. III, T259 und 237]; vgl. LR 33, Liste 4 und ebd. 37, Liste 10). Inhalt: Die Sorge der Herrscher für das Wohl der Untertanen trägt zu ihrem eigenen Wohlbefinden bei; sie sollen sich vor schlechten Beratern =
hüten, die auch ihnen selbst nur schaden. Diese Sentenz zeigt einen gedanklichen Zusammen hang mit diesem wie auch mit dem in der Handschrift folgenden Brief an Kaiser Manue1 (T400), ferner (in Bd. III) mit T237 (wo Kyd. selbst als guter Berater auftritt; siehe dort, BKyd). Dies ist also ein Beispiel dafür, daß die Sentenzen im Autographen (s.o., T357, Hss) wenigstens zum Teil einen Bezug zu den in ihrer Nähe befindlichen Briefen haben. IV. 1 «Zur weißen Richtschnur werden» (siehe Bd. II2, T102, A. 18) bedeutet hier: auf grund großer Zuneigung seinen Sachverstand verlieren. 2 Kyd. will mit dieser Kombination mehrerer Metaphern wohl bescheiden andeuten, daß sein Brief nur ein Tröpfchen ('ljJEXUt;) sei, welches seine Quelle und deren Zuflüsse, den Strom der antiken Literatur und ihrer rhetorischer Tradition, nur ahnen lasse. 3 W.: IlTJÖE 'tOv'WUt; IlEV eäv aoßELv xal rcUVta aYELv xal <\>EQELV. 4 W.: 'tOWÜ'tOV YUQ 6 Myot;.
150
BRIEFE T399-400
400
-
An Kaiser Manuel
L: 237; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: 1390, vor April (?); wI: Bitte des Kydones an Kaiser Manuel, seinen Vater Ioannes V. zu bewegen, ihm sein ausstehendes Gehalt zu zahlen. Drohung, er werde, wenn auch Manuel sich nicht für ihn einsetze, ihm entweder mit weiteren Forderungen lästig fallen oder außer Landes gehen.
Um Gottes willen, bewege den alleredelsten Kaiser, mir meinen Lebens unterhaitI zu zahlen, der früher entsprechend / meinem langfristigen Dienst beträchtlich war, jetzt aber aus unbekannten Gründen ganz gering und bescheiden geworden ist. Jedenfalls sollte er nicht den anderen seine Reichtümer hinwerfen, mich aber nicht einmal weniger Obolen2 für wert halten; denn das ist weder gerecht, noch entspricht es dem, was er zuvor einmal zugesagt hat, indem er beteuerte, er werde mir in der Zukunft nichts entziehen, was mir zustehe. Das hatte mir jedenfalls der (Beamte) mitgeteilt, der allen in allen Dingen / die Meinung des Kaisers auslegt und dem man in jedem Fall Glauben schenken muß; denn auch der Kaiser hatte, weil er ihn offenbar bei den alltäglichen Geschäften als durchaus wahrheitsliebenden Mann kennengelernt hatte, nicht gezögert, seine Er hebung über alle gegen die Stimmen aller durchzusetzen3. Bis jetzt also hat mich dieser Wunderbare4 in meinen Hoffnungen hin gehalten. Er hatte mir nämlich versprochen, wenn ich nicht aus der Staatskasse das mir Zustehende erhielte, werde er selbst es mir aus eigener Tasche / auszahlen. Jetzt aber läßt er sich nicht einmal herab, mich anzuschauen, sondern wenn er merkt, daß ich ihn an das Versprochene erin nern will, macht er sich eiligst aus dem Staube und läßt mich stehen. Mag er also selbst wissen, was er zu tun gedenkt. Dich aber fordere ich auf, mir dieses Rätsel zu lösen, mir dein Mitgefühl zu zeigen, weil ich so an der Nase herumgeführt werde, und mir die Absicht des Kaisers mitzutei len, damit ich nicht mehr nach Statuen5 Ausschau halten muß. Wenn aber auch du selbst / es für richtig hältst, mich zu übersehen, weil ich (bereits) einmal zurückgesetzt wurde, werde ich darüber bekümmert sein und die sen Kummer schweigend ertragen, aber versuchen, auch dir meinerseits Kummer zuzufügen und mich für diese Mißachtung zu rächen. Halte es aber nicht für lächerlich6, wenn ein Privatmann sogar einem Kaiser droht! Ich gebe ja zu, daß ich in anderer Hinsicht schwach bin, bin mir aber sicher, daß ich, um dich zu betrüben, genügend Macht besitze. Ich will 151
5
10
15
20
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25
30
35
dir aber deutlich sagen, worin diese Macht besteht, damit du nicht / meinst, daß ich ohne Grund prahle. Ich habe notgedrungen beschlossen, eines von zwei Dingen zu tun: Ent weder gebe ich die Hoffung auf, vom Kaiser noch etwas zu bekommen, dringe, ohne Rücksicht auf die Türhüter, mit Gewalt zu deiner Tafel vor und bin zudringlich bis zum alltäglichen Überdruß - das wird dich betrü ben, weil du dem Freund weder die Türen verschließen, noch ihn aufneh men und deswegen einen deiner Vertrauten, der dir kein Unrecht getan hat, verdrängen willst, wenn ich / seinen Platz einzunehmen wünschte - , oder ich werde mich den Unbarmherzigen entziehen und Menschen su chen, welche die Bedürftigen anständig behandeln. Gewiß werde ich Leute finden, die einem nicht ganz unbrauchbaren Menschen Respekt erweisen. Dann wirst du dich nicht ohne Kummer nach dem sehnen, der nicht mehr da ist, und wirst vielleicht sagen: ,,0, wenn doch der . . . noch unter uns weilte! » Wenn aber auch das dir nicht gefiele und ich nicht, die Ohren mit Wachs verstopft, an den Sirenen des Vaterlandes vorbeisegeln könnte7, sondern gezwungen wäre, / zu verweilen und die Undankbarkeit des Vaterlandes, wie ein Kind die Vorwürfe der Mutter erträgt, zu ertra gen, werde ich gewiß, vom Hunger überwältigt, sterben; du aber wirst auch dann mit bescheidenem Lob und angemessener Trauer den ehren, der nicht mehr ist. Da ich also an meiner unglücklichen Lage leide, will ich auch selbst versuchen, sie, soweit es möglich ist, zu lindern. K I. OKyd, OE: Beide halten sich am gleichen Ort wie Ioannes V. (Z. 4-6), also in Konstan tinopel auf. D: Der Brief ist in jedem Fall in die Zeit nach der Entlassung aus dem kaiserli chen Dienst zu datieren, denn Kyd. bezeichnet sich als Privarmann ((ÖLU)'t:T]�, Z. 22). Zur ausbleibenden Gehaltszahlung vgl. T397 und 398, aber auch schon Bd. m, T320, BKyd (1386/87). Auch dort berichtet Kyd., man habe ihm nach dem Ausscheiden aus dem Dienst eine angemessene finanzielle Versorgung (also eine Art Pension) in Aussicht gestellt, sie aber nicht verwirklicht. Siehe auch unten, BKyd. ll. BKyd, BE: Dieser Brief an Manuel fällt durch seinen ungewöhnlich heftigen Ton auf.
Kyd. ist offenbar nicht mehr bereit, länger auf die ihm zugesagte finanzielle Versorgung zu warten, und auch seine an den kaiserlichen Freund gerichteten Drohungen sind kaum noch, wie sonst, eher scherzhaft zu verstehen (Z. 19-39). Es scheint, daß auf diesen Brief hin bald die erwartete Zahlung an Kyd. erfolgte, die in LetMan, Nr. 12 bezeugt ist, und auch auf die Drohung mit der Abreise (Z. 30-33) scheint LetMan, Nr. 12, Z. 16-19 Bezug zu nehmen, wenn Manuel schreibt: «Da du nun wieder schöne Hoffnungen hegen kannst, mein Guter, und deinen Lebensunterhalt empfangen hast, solltest du dich fortan von allem lossagen, was dich einlädt, in die Fremde zu reisen, und dich nicht weniger, als Polypen sich an Felsen
152
I
_--
BRIEFE T400-401
klammem, fest an dein Vaterland halten.» Xl: «Der alleredelste Kaiser» , den Manuel bewe gen soll, Kyd. sein Gehalt zu zahlen (Z. 4f.), Ioannes v., der seine Zusagen an Kyd. nicht eingehalten hat (Z. 7-9). X2: Ein Hofbeamter mit hohen Befugnissen, wahrscheinlich ein «Mesazon» wie einst Kyd. selbst (s. o., T392, X2; Bd. 111, 11 mit A. 54; 14 mit A. 74), der diese Stelle gemäß dem W illen Kaiser Ioannes' V. und entgegen dem Votum aller anderen erlangte. Diese Bemerkung zeigt, daß die hohen Beamten nicht einfach vom Kaiser ernannt wurden, sondern daß der Kollegenkreis ein Wort dabei mitzusprechen hatte, das allerdings vom Kaiser überstimmt werden konnte. Dieser Mann also hat Kyd. hoffen lassen, er werde ihm notfalls die ausstehende Summe aus eigener Tasche zahlen, geht ihm aber neuerdings aus dem Wege und läßt sich nicht mehr sprechen (Z. 9-17). Vielleicht war er einer der unzuverlässigen Beamten, auf die Kyd. in T398 (siehe dort, BKyd, Xl) anspielt. III. Hss: A 64v-6Y, Nr. 7; U 108v-I09v, Nr. 120; B 249N, Nr. 105. Specimen von A 64v in: P. Franchi de Cavalierill. Lietzmann, Specimina Codicum Graecorum Vaticanorum, 2Bero lini et Lipsiae 1929, Tabula 57 (Bemerkungen dazu: S. XIX). Iv. 1 W.: öuJtuvT]v, also eigentlich der Aufwand selbst, nicht die Vergütung, die aber hier gemeint ist. 2 Die antike Bezeichnung für die kleinste Münze; s. o., T385, A. 1. 3 Sc. der l-1e:cru�wv. Dazu oben, X2. 4 W: 6 8U1JI-1UOTO<; 01)'-;0<;, ironische Bezeichnung des einflußreichen Mannes. 5 Anspielung auf das Schweigen der Statuen, vgl. Bd. 111, T30, A. 5; mit Bezug auf das Schweigen des Kaisers in einer Geldangelegenheit auch schon Bd. 112, T74, A. 14. 6 Einblick in Hs A zeigt, daß in der Edition ein l-1ii vor YEAuan<; einzufügen ist. Dies ist einer der sehr seltenen Fälle eines sinnentstellenden Versehens in dieser fast perfekten Edition. Trotz der Mahnung an den kaiserlichen Freund, nicht zu lachen, ist die Drohung natürlich ironisch zu verstehen. 7 HomOd 12, 173-177.
401
-
An Kaiser Manuel
L: 238; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Konstantiopel; D: 1390, vor April ( ? ); wI: Der picardische Soldat, den Kydones in einem früheren Brief Manuel als Söldner für das byzantinische Heer empfohlen hatte, wurde zwar inzwischen als Soldempfänger registriert, hat aber noch keinerlei Zahlung erhalten und leidet daher Not. Daher wiederholt Kydones seinen dringlichen Appell, Manuel möge sich seiner annehmen.
Ich bin verärgert, wenn ich ansehen muß, daß der Soldat, dem zuvor jener Brief! Nutzen gebracht zu haben schien, / jetzt sein Pferd verkaufen muß und einen Pfandleiher für seine Waffen sucht. Er ist zwar als (Sold) empfänger eingetragen2, und die Geldsumme ist festgesetzt. Doch reicht die Entlohnung nur bis zu Worten, und der tägliche Aufschub nimmt kein Ende; stets wird er auf morgen vertröstet. Das ist für die Zuständigen ein 153
5
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
10
15
20
25
30
35
einfaches (Verfahren); denn sie können daheim in Saus und Braus speisen. Wem aber der Trödelmarkt als einzige Zahlstelle verblieben ist, für den bedeutet es / den Strick, wenn er nicht täglich etwas bekommt, was er mit nach Hause nehmen kann. Zwar können die anderen, welche die Mühen des Kriegsdienstes mit ihm teilen, miteinander an den Pforten des Kaisers jammern, die (unbezahlten) Monate aufzählen, ihren Hunger beklagen und sich über die Verantwortlichen beschweren, daß sie den Kaiser nicht über ihre Not informieren; (sie können) durch dies gemeinsame Auftreten und ihr Geschrei den Lohn / einfordern und dadurch ihre üble Situation erleichtern. Denn (die Möglichkeit), über ihr Unglück reden zu können, bringt den Bedrängten einigen Trost, wie auch, glaube ich, denen, die Schmerzen haben, das Jammern. Dieser (Mann) aber ist auch eines solchen Trostes beraubt; denn er hat niemanden, dem er über seine betrübliche Lage berichten kann, weil er ein Ausländer ist und weder die Sprache der anderen versteht noch anderen mitteilen kann, wie ihm zumute ist. Denn von der / Sprache Griechenlands ist die seinige weiter als die Thraker von den Galliern entfernt. So irrt er allein wie in der Wüste in der Großen STADT umher und erfährt nichts anderes als sein eigenes Unglück. Seine Lage ist aber von der Art, daß er nicht einmal hoffen kann, durch Betteln seine Not zu lindern, weil er auch die Rufe der Bettler nicht kennt, mit der diese unser Mitleid erregen3. Es bleibt ihm also (nur noch), / sich einzuschließen und ohne alle Fürsorge zu sterben, was jedermann ihm natürlich am allerwenigsten wün schen würde, weil man Mitleid mit ihm hat und überzeugt ist, daß Xenios4 uns mit Recht zürnen würde, wenn wir den Ausländern, die zu uns kom men, einen solchen Empfang bereiten. Zwar wenn man ihm vorwerfen könnte, daß er seine Truppe verlassen, sich als schwach oder feige in der Schlacht erwiesen oder streitsüchtig und aggressiv gegenüber seinen Kameraden erwiesen hätte, / gäbe es einen Grund, den Mann geringzuschät zen und sich seiner zu entledigen. DaS aber dort, wo es zu kämpfen gilt, niemand seine Einsatzbereitschaft übertrifft, da er nach der Schlacht je doch die Sanftmut eines Philosophen zeigt und alle, die ihm begegnen, von weitem mit gezogener Kopfbedeckung begrüßt, wäre es ungerecht, den Mann geringzuschätzen, der sich im Kriegsfall zu bewähren weiß, im Frieden aber niemanden kränkt und allen / nach Möglichkeit Ehre erweist. Bei Gott also, Kaiser, der Mann, der von soviel Unglück betroffen ist, braucht Hilfe ! Es ist ja schon als solches eine Last, wenn man fern vom 154
BRIEF T401
Vaterland umherirren muß, denn es kann (uns) Reichtum und andere Freuden in der Fremde verdüstern. Du kennst ja den, der sich nach dem Rauch in Ithaka sehnte6 und nach dem Gebell des vertrauten Hundes7. Wenn man aber zugleich mit der so großen Entfernung von der Heimat noch Armut (leidet), / nicht einmal jemanden hat, der die gleiche Sprache 40 spricht, daß er Trost spende, und auch seine Zunge nicht gebrauchen kann, um Schutz zu erflehen, würde das nicht sogar einen Stein aufrei ben? Haben wir also Mitleid mit dem Menschen und nehmen wir ihm etwas von dem Schmerz, der ihn umgibt; gönnen wir ihm, den von allen Seiten her (das Unglück) trifft, ein kleines Aufatmen! So werden wir auch dem wohlgefällig sein, der mehr als ein Opfer Erbarmen fordert8 , und jener wird, wenn er einst in seine Heimat zurückkehrt, / Lobeshymnen 45 auf das, was er von uns empfing, bei den dort Mächtigen singen. Und vielleicht wird einem unserer Landsleute, wenn ihn ein Zufall zu den Kel ten führt, woher jener kommt, für das (Gute) vergoiten, das ihr ihren Bürgern erwiesen habt9. K 1. OKyd, OE: Beide befinden sich in der Großen STADT (Z. 21). D: Einige Zeit nach T395 (erste Erwähnung des Picarden), jedenfalls, wegen der Revolte loannes' V ll., vor April 1390. 11. BKyd: Die Parallelen mit T394 (s. u., A. 3, A. 8) zeigen, daß Kyd. Argumente, die er in einer ähnlichen Situation für passend hielt, zu wiederholen sich nicht scheute. Xl: Der aus T395 (Empfehlungsbrief an Manuel 11.) bekannte pikardische Soldat, der zwar in die kaiserliche Armee eingegliedert worden ist, in Konstantinopel aber allzulange auf seinen Sold warten muß und deshalb Not leidet (Z. 4 - 24). Kyd. betont, daß sein untadeliges Verhalten als Mensch und Soldat eine so nachteilige Behandlung nicht verdient hat (Z. 27 -35). ZG: Der Brief dokumentiert die elende Wirtschaftslage des Reiches, in dem eine Armee nicht mehr zuverlässig finanziert werden konnte. ill . Hss: A 65"', Nr. 8; U 105v - 1 06v, Nr. 115; B 248'-249', Nr. 104. Iv. 1 S.o., T395. 2 W.: XUL"tOL EYY€YQumm et<; "tou<; AT]'\jJO�€vou<;. 3 Vgl. den Empfehlungsbrief für Paulus aus Mailand, T394, Z. 27 -29. Dort in umge kehrter Reihenfolge zuerst die Unfähigkeit zu betteln, dann der Vergleich der STADT mit der Wüste. In beiden Fällen wird für "Wüste» EQT]�LU, für «U1nherirren» das Verbum JtAuvöi�L verwendet. Diese auffälligen Parallelen sprechen dafür, daß beide Briefe auch in zeitlichem Zusammenhang stehen. 4 Zeus «Xenios», der Schützer der Gastfreundschaft. 5 W.: EL, also eigentlich «wenn». 6 HomOd 1, 58f.: Odysseus sehnte sich so nach der Heimat, daß er sogar bereit gewesen wäre, für den Anblick des Rauches, der von seinem Hause aufstieg, zu sterben. 7 Gemeint ist Argos, der Hund des Odysseus. Von der Sehnsucht des Odysseus nach dem Gebell seines Hundes ist allerdings in der Odyssee keine Rede, wohl aber von seinem
155
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
bewegenden Wiedersehen mit dem Tier, das seinen Herrn nach so langer Zeit sofort erkannte (HomOd 17, 291-327). 8 NTMt 9, 13. 9 Der Gedanke vom Dank seiner Heimat für die freundliche Behandlung des Fremden findet sich auch T394, Z.34-39.
0402 L: 240; OKyd: Konstantinopel; E: Ein befreundeter Arzt; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1389 (?); wI: Gegen heftige Zahnschmerzen sucht Kydones bei dem Freund Hilfe und Rat. An den früher von diesem empfohlenen Nothelfer gegen Zahnschmerzen, den heiligen Anti pas, hat er sich bereits gewandt und hofft nun noch auf weitere Ratschläge.
5
10
15
20
Du bist auch in anderer Hinsicht den Freunden nützlich, kannst aber vor allem Kranken durch Medikamente helfen. Für deine übrigen Fähigkeiten könnte ich viele Zeugen anrufen, / die deine (freundliche) Gesin nung durch ihr Wohlbefinden bestätigt fanden. Mir aber hast du einst auch ein Mittel gegen Schmerzen gegeben, und dein Rat hätte damals die Beschwerden vertrieben, wäre dir nicht die Natur, die das Übel vertrieb, zuvorgekommen. Da mich jetzt aber dasselbe Leiden mit verstärkter Ge walt überfallen hat, zwingt es mich, zu dir und deiner Kunst Zuflucht zu nehmen.Was mich aber bedrängt, sind Zahnschmerzen. Obwohl diese nur einen Teil des Kopfes betreffen, / haben sie ihn doch ganz erfaßt und zeigen den Ehrgeiz, ihn zu zerreißen, und von dort wirken sie wiederum weiter, führen Krieg gegen den ganzen Körper und machen ihn untauglich für meine alltägliche Arbeit. Sie verwehren mir aber auch das Essen und haben mich, der ich ohnehin bereits schlecht schlafe, gänzlich des Schlafes beraubt. Bücher aber sind nur eine Belästigung1, und wenn jemand her einschaut und fragt, was mich quäle, geht er ohne eine Antwort davon, weil die Zunge keine Berührung mit den Zähnen zuläßt / und sich deshalb im Munde nicht bewegen kann. So sitze ich da und habe zwar keinen Ochsen auf der Zunge2, halte aber stets die Hand (vor den Mund), als ob jeden Augenblick die Zähne ausfallen könnten. Sage mir also, bei Gott, was wir tun können, um das Übel gänzlich zu beenden oder wenig stens zu lindern? Denn ich bin überzeugt, daß meine Natur diesen Krieg nicht mehr lange aushält. Komm mir (aber) nicht wieder mit Antipas3 und / seiner Fürbitte4 bei Gott für die, welche ein solches Leiden haben, mit der wunderbaren Be156
BRIEFE T40 1 - 0402
sprechungS und mit all dem, womit du uns früher einmal den Schmerz lindern wolltest! Jenen haben wir nämlich schon vor allen anderen ange rufen; sein Name gilt bei uns viel, und wir führen ihn ständig im Munde, wenn wir aufschreien, und er wird Heilung geben, wenn er will. Denn ich bin überzeugt, daß jener Selige alles vermag, weil er bei Christus ist, der alles vermag. / (Der Himmel) ist aber nicht neidisch darauf6, wenn man Menschliches auch von Menschen erbittet, zumal von denen, auf deren Freundschaft wir uns verlassen können. Von dir ist aber auch noch etwas mehr Hilfe zu erwarten. Ich erinnere mich nämlich, daß auch gegen dich einst ein Zahn rebellierte. So kannst du uns wohl aus Erfahrung lehren, womit wir uns bewaffnen müssen, um uns gegen die Frechheit des Schmerzes zu rüsten. K I. OKyd, OE: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, wo ihm auch bereits früher einmal der Freund bei einer Erkrankung Hilfe leistete (Z. 5 - 7). E: Der Adressat ist Arzt, der Krankheiten zwar auch mit Medikamenten (Z. 3) behandelt, aber Kyd. bei einer anderen Gelegenheit die Anrufung des heiligen Antipas (Z. 19f.; dazu A. 3) empfohlen und Heilung durch «Besprechung» (Eltwl"l, Z. 20, dazu A. 5) versucht hat. Ob es sich bei dem früheren Leiden, auf das Kyd. anspielt (Z. 5 -7), auch um Zahnschmerzen handelte, wird nicht aus drücklich gesagt, ist aber wahrscheinlich, und es ist möglich, daß sich der Brief Bd. ill, T 0338, in dem Kyd. ebenfalls die Hilfe eines Arztes gegen Zahnschmerzen erbittet, auf diese früheren Beschwerden bezieht. Laut vorliegendem Brief war die Heilung damals nicht einer Arznei ('ia[la, Z. 5) bzw. der Anrufung des heiligen Antipas zu verdanken, sondern natiirli chen Ursachen (Z. 6f.). So bleibt der Hauptgrund, warum sich Kyd. wieder hilfesuchend an den Arzt wendet, der Erfolg, den er bei der Behandlung eigener Zahnschmerzen hatte (Z. 2729). D: Als einziger Brief der Gruppe hat L240 keinerlei innere Gründe für eine Datierung aufzuweisen. Er wird daher hier mit vorgesetzter 0 als nicht datierbarer Brief eingeordnet. Doch läßt sein Platz in der Handschrifr Abfassung um 1389 vermuten. II. BKyd: Kyd. beschreibt auf zeitlose Weise die Gefühle eines Menschen, der an schweren Zahnschmerzen leidet (Z. 8-16). Da er zum Gebet bereits selbst seine Zuflucht genommen hat, bittet er den Arzt (s.o., E), auf entsprechende Ratschläge zu verzichten und ihm lieber eine Behandlung mit «menschlichen» Methoden anzubieten, die nicht in Konkurrenz zu den Heilmitteln der Religion stehe (Z. 19-26 und A. 6). ill. Hss: A 66", Nr. fehlt wie auch bei dem in A vorausgehenden Brief L239fT388. Dort läßt sich der Ausfall durch einen anderen Eintrag an der erwarteten Stelle erklären, hier aber wäre auf dem Rand Platz für eine Zahl gewesen (zu erwarten wäre Nr. 10). rv. 1 W: OXÄo<; uÄÄw<;. Anspielung auf DemOr 19, 24 (Fals. Leg. 348), WO es heißt, jeder W iderspruch gegen eine früher herrschende politische Meinung sei als OXÄo<; uUw<; KaL ßaoKav(a (nur als Belästigung und Verleumdung) angesehen worden. 2 W.: ou ßotiv EltL yM:rt"tT]<; EXWV. Anspielung auf die bei Theognis, Elegeia, I, V. 815 und öfter bezeugte sprichwörtliche Wendung ßoti<; [lOL EltL yÄwoon. Zur Erklärung siehe Theo-
157
25
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
gnis, Poemes elegiaques, ed. J. Carriere, Paris 1975, 103, A. 1: Der Ochse, der auf der Zunge eines Menschen lastet, war ursprünglich ein Geldstück mit dem Bild eines Ochsen, das einem Bediensteten als Lohn für sein Schweigen gezahlt wurde. Das Sprichwon wird auch Paroem 151, Nr. 70; 223, Nr. 48; 11 18, Nr. 2; 332, Nr. 7 zirien. 3 Antipas war Bischof von Pergamon und starb als Märtyrer unter Kaiser Domitian. Er wird auch erwähnt NTApk 2, 13 im «Brief an den Engel der Gemeinde von Pergamon» als «Antipas, mein getreuer Zeuge Ü1(igTU�), der von euch getötet wurde». Sein Fest wird am 11. April gefeiert. Vgl. E Halkin, Bibliotheca Hagiographica Graeca, 3Bruxelles 1957, 48, Nr. 138. Die hagiographischen Quellen berichten über viele Heilungswunder an seinem Grab. 4 W.: rtugouo(u, eig. Anwesenheit. 5 W: 'tT)v 9uUflUO'tT)v ErtWÖijV, vielleicht ein Gebet, mit dem der Freund damals versucht hatte, das Leiden zu «besprechen». 6 W.: <jl96vo� ÖE OMf(�.
Gruppe IV: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXXII und XXXIV (ca. 1385-87) 0403 L: 341; OKyd: Konstantinopel; E: Ein hoher Patriarchatsbeamter (?); OE: Konstantino pel; D: 1385-87 (?); wI: Der betagte Mönch Galaktion wurde seines jugendlichen Dieners beraubt, weil dieser wegen angeblichen Diebstahls zu Unrecht aus seinem Kloster verbannt wurde. Der Adressat möge, notfalls unter Einschaltung des Patriarchen, der sich bereits für den Delinquenten ausgesprochen habe, bei der Klosterleitung bewirken, daß sie diese Ent scheidung aufhebe und dem Mönch seinen Diener zurückgebe.
5
10
Der Diener Gottes Galaktion hatte seinerseits einen Knaben als Die ner\ der ihm bei seinen kleinen alltäglichen Verrichtungen zur Hand ging. Dieser mußte, verleumderisch des Diebstahls bezichtigt, / das Klo ster verlassen. Nun konnten ihn (zwar) seine Ankläger mit ihren Argu menten nicht überführen. Dennoch wird er, während (nun) ein anderer die entwendeten Dinge genießt, an dessen Stelle wie ein Dieb bestraft, obwohl er nicht unter Anklage, sondern nur unter Verdacht steht. Dem Knaben also geschieht Unrecht, weil er auf widerrechtliche Weise seines Lebensunterhaltes beraubt wird, und der Knecht Gottes, der von ihm bedient wurde, empfindet wegen dieses Unrechts gleichen Schmerz mit ihm, ist aber auch betrübt, / weil er niemanden mehr hat, der ihm jenen Dienst leisten könnte; ist er doch nun wohl gezwungen, vieles selbst zu tun und zu ertragen, was er nicht gewohnt ist. Du aber weißt genau, daß 158
BRIEFE T 0402-0403
ein solcher (Ausfall) allen schwerfällt, vor allem denen, die seit langem der Philosophie und den Studien ergeben sind, was, wie wir wissen, Ga laktion von Kind an war. Hinzu kommen aber auch Alter und Krankheit, die sogar einen Bauern oder Seemann / oder einen anderen kräftigen Mann, der zu arbeiten gewohnt ist, Krankenlager und Pflegebedürftigkeit würden fürchten lassen. Damit hat das Unglück aber noch nicht sein Be wenden, sondern er kann auch seinen Dienst vor Gott nicht so, wie er möchte und sollte, verrichten. Denn die Sorge um die leiblichen Bedürf nisse hält ihn von der Kirche und vom Gebet ab und bindet ihn an seine Zelle. Weil keine Martha zugegen ist, kann er also nicht / wie Maria zu Jesu Füßen sitzen2. Das aber ist ihm schmerzlicher als alles, was man sonst noch anführen könnte. Um Gottes willen also, rede denen zu, die den Jungen (aus dem Kloster) verbannt haben, dem alten Mann seinen Diener zurückzugeben, und gib ihnen zu verstehen, daß es gewagt ist, wenn sie öffentlich erklären, das Ge bot zu beobachten, welches befiehlt, auch den offensichtlich Schuldigen ihre Verfehlungen zu vergeben, nun aber sogar für unsichere Anklagen mit aller Strenge Strafe einfordern und zugleich einem Mann Schmerz zufügen, dem / Ehrfurcht zu erweisen sie vielfachen Grund hätten. Wenn sie nämlich das von dir zu hören bekommen, werden sie vielleicht einlenken und die Verbannung des Knaben aufheben, für die sogar der ehrwürdige Patriarch sie getadelt hat. Er befahl ihnen nämlich, diesem das zurückzugeben, was sie ihm, den sie ohne Beweise (aus dem Kloster) vertrieben hatten, wegge nommen hätten. So gab er deutlich zu verstehen, daß jener zu Unrecht be schuldigt worden sei. Daß du darauf einwirkst, dieser Äußerung (des Patri archen noch) größeren Nachdruck zu verleihen, (darum) bitten wir dich, damit du so / bei Gott Wohlgefallen findest - darauf hast du es ja bei all deinen Taten am meisten abgesehen - , und von denen Lob zu hören be kommst, die von deiner Hilfsbereitschaft erfahren. K I. OKyd: In der Stadt, wo sich auch der Patriarch aufhält (Z. 26f.).
E, OE: Ein Mann
in der Umgebung des Patriarchen von Konstantinopel (X 3), wahrscheinlich ein Patriarchats kleriker. Seine Zugehörigkeit zum Klerus ergibt sich jedenfalls aus der Andeutung Z. 29f., ihm sei am Wohlgefallen Gottes gelegen. Kyd. bittet ihn, dem Votum des Patriarchen, der eines Diebstahls verdächtigte Diener des Galaktion sei unschuldig, bei der Klosterleitung Nachdruck zu verleihen und seine Rückkehr ins Kloster zu erwirken (Z. 21-28). D: Eine Datierung des Briefes aus inneren Gründen ist nicht möglich. Das betreffende Doppelheft 18/ 19 der Hs enthält gemäß LC II, XIV vornehmlich Briefe der Jahre 1385-87.
159
15
20
25
30
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR TI. BKyd: Kyd., der mit Galaktion (Xl) befreundet ist, setzt sich bei einem einflußreichen Patriarchatskleriker (?) für sein Anliegen ein. Xl: Der bereits betagte (Z. 14) Mönch Galak tion (Z. 3), der Kyd. offenbar um Vermittlung in seiner Angelegenheit (s. u., Xl) gebeten hat.
Ein Mönch gleichen Namens (mit ihm identisch?) ist auch Adressat eines wohl früheren Briefes (Bd. 11, T 0119, E). X2: Der Diener (8EQUJtEU"tTt<;, Z. 3, ÖLUXOVO<;, Z. 22) des Galak tion, der mehrfach als JtuL<; (Knabe, Junge) bezeichnet wird (Z. 3. 7. 9. 26). Er wurde wegen eines Diebstahls, der ihm aber nicht nachgewiesen wurde, verdächtigt und daher aus dem Kloster verwiesen (Z. 3-7). Kyd. ist von seiner Unschuld überzeugt und sucht durch Vermitt lung des Adressaten zu erreichen, daß er ins Kloster zurückkehren könne (Z. 21- 31). X3: Ein Patriarch (Z. 26f.), sc. von Konstantinopel, der das Vorgehen der Klosterleitung bereits kritisiert hat, im erwähnten Datierungszeitraum (s. o., D) Neilos (Kerameus) (1379-88), zu dem aber als einem überzeugten Palamiten Kyd. nicht gerade freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Siehe Bd. TI, 236 und Bd. III, 329, Register, s. n. Neilos. TII. Hss: A 12Srv, Nr. 8; U 194rv, Nr. 199. Iv. 1 Kyd. kennzeichnet das Wortspiel der Kategorie distinctio (s. o., T3S1, A. 8) mit dem Wort "Diener» (8EQUJtEUTTt<; - 8EQUJtEUTTtV), das auf verschiedenen Bedeutungsebenen verwendet wird, durch den Zusatz "seinerseits» (xul UUTO<;). 2 NTLk 10, 38-42 (Martha von Bethanien widmet sich im Gegensatz zu ihrer Schwester Maria, die nur den Worten Jesu zuhört, ganz der häuslichen Arbeit).
0404 L: 343; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Bekannter; OE: Konstantinopel (?); D: 1386/87 (?); wI: Bitte, eine selbstverfaßte Rede auf die Himmelfahrt Christi, die Kydones an den Adressaten ausgeliehen hatte, zurückzugeben.
5
Ich glaube, daß du mein Geschwätz nicht mehr länger brauchst, son dern dich genügend damit geplagt hast. Um dich also von langer Unlust zu befreien, hielt ich es für angebracht, / die Homilie über die Himmel fahrt (Christi? zurückzuerbitten. Sende sie (mir) also zu, damit sie, wie sie es verdient, in einem Winkel verrotte und nicht mehr zum Vorschein komme, um etwaige Leser zu langweilen. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E, OE: Eine Person, wohl in Konstanti nopel, welche die Rede (Myo<;) des Kyd. auf die Himmelfahrt Christi (A. 1) entliehen und nicht zurückgegeben hatte, wahrscheinlich ein Kleriker. D: Der in der Hs vorausgehende Brief L341 ( Bd. III, T319) ist auf 1386/87 zu datieren. 11. BKyd: Das äußerst negative, wegwerfende Urteil über das eigene Werk ist auffallend, auch wenn man die sonstigen Bescheidenheitsäußerungen des Kyd. vergleicht. III . Hss: A 127" Nr. 10; U 197", Nr. 201. Iv. 1 Zu diesem noch unedierten Werk siehe Bd. 111 , 64, Nr. 1 .1.1. =
1 60
BRIEFE T 0403 -0405
0405 L: 347; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Adept der Mathematik; OE: Konstantinopel; D: 1385-87 (?); wI: Kydones hat dem mathematisch interessierten Bekannten Ausführungen des Diophantos zukommen lassen, die er in einem Buch seiner Bibliothek fand, hat diese aber durch euklidische Beweise ergänzt und birtet ihn nun um strenge Beurteilung seiner Korrekturen.
Ich habe dir zugesandt, was ich von den Lehrsätzen der Rechenkunst des Diophantos finden konnte 1 , denn ich fand ein Büchlein, das mir je mand (einmal) gegeben hatte, und darin waren auch diese verborgen. / Ich hörte aber von einem Mann, der in der Mathematik sehr bewandert ist, daß sie nicht geringer (zu bewerten) seien als die Geometrie Euklids2 . Mag sich damit also befassen, wer wilP. Ich aber bemühte mich, dem, was ich gefunden hatte\ auch Beweise hinzuzufügen, indem ich mich an das hielt, was Euklid über die Zahlen geschrieben hat. Dies erschien mir nützlich für alle, denen es um eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Gegenstand geht. Diophantos hat sich nämlich damit begnügt, nur die Probleme darzulegenS, / sich aber in seinen Ausführungen um Beweise nicht im geringsten gekümmert. Studiere also diese (Beweise), wenn wir (damit) etwas geleistet haben und unsere Leser überzeugen konnten; fälle ein Urteil, und wir werden jedenfalls dein Urteil für wichtiger als unsere dort (nachgetragenen) Beweise halten. Haben wir uns aber dabei unverse hens statt auf zwingende (Beweise) nur auf Wahrscheinlichkeit verlas sen - nichts ist ja lächerlicher als wenn einem solches in der Mathematik unterläuft - , tilge du dies Geschwätz, / soweit es dir möglich ist, und füge das zwingend Überzeugende hinzu, damit (meine Ausführungen) entweder geheilt und offen vorgetragen werden können oder, durch Tat sachen widerlegt, in einen Winkel verbannt werden6 und aufhören, ihre Leser in die Irre zu führen. K L OKyd:An seinem gewohnten Aufenthaltsort.
E: Ein bereits in der Mathematik einiger
maßen Bewanderter (weil Kyd. Z. 10-17 um sein strenges Urteil über die Zusätze aus Euklid birtet, die er den Lehrsätzen des Diophant hinzugefügt hat), der aber dennoch anscheinend bei Kyd. um weitere mathematische Literatur gebeten harte und sich also auf dem Gebiet noch wei terbilden wollte. OE: Sehr wahrscheinlich am gleichen Ort wie Kyd., weil ein müheloser Ge dankenaustausch vorausgesetzt wird. D: Die Briefe von liber XXXI I sind gemäß LC 11, XIV in der Regel auf 1385 -87 zu datieren. Die beiden bekannten Beiträge des Kyd. zur Mathematik (Bd. 1/1, 67, Nr. 1. 7. 6, Opusculum arithmeticum, und 1. 7. 7, Scholien zu Euklid) können zur Datierung nichts beitragen, da die Daten ihrer Abfassung unbekannt sind.
161
5
10
15
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
11. BKyd: Vgl. H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, 11, Mün chen 1978, 254, Text vor A. 63 (zu diesem Brief): «Mit einern Brief an einen ungenannten Freund von ca. 1387 übersandte Demetrios Kydones gleichzeitig ein Exzerpt aus Diophantos, das er entdeckt und mit Scholien in der Art seiner eigenen Eukleides-Scholien versehen hatte.» 111. Hss: A Bor" Nr. 14; U 202v, Nr. 205. IV. 1 W.: 1:ij� öwcpaV1:0U AOYLm:LXij� a(Ja 1:WV 8EOlQT]�a1:OlV oI6� 1:' EYEV6�T]V E'lJQELV. Dio phant: Mathematiker aus Alexandreia, 3. Jh. n. Chr., spezializiert auf algebraische Probleme. 2 Euklid (Eukleides), alexandrinischer Mathematiker um 300 v. Chr., gleichermaßen be deutend in der Arithmetik und der Geometrie. 3 W.: EXELVOlV �Ev oiiv 1:OL� EV1:EU1;o�tvOL� �Ekfi(JEL. Das Pronomen EXELVOlV muß sich auf das vorausgehende YEOl�E1:QLXWV ( Geometrie des Euklid) beziehen, weil Kyd. fortfährt, er aber (EYW öE) wolle der Schrift Diophants Beweise aus der Arithmetik Euklids beifügen. 4 Sc. den Ausführungen Diophants. 5 W.: �T]1:"fi�a1:a �6vov JtQ01:ELva�. 6 W.: YOlvLav OLX1l(Jn. Das Stichwort YOlv[a (Winkel) verbindet diesen Brief mit T0404, wo Kyd. ein anderes seiner Werke in einen Winkel verbannt wissen möchte.
0406 L: 349; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser loannes V. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: 1379-86 (1385?); wI: Bitte um eine Zuwendung an Konrad von Ancona, dem der Kaiser und seine Landsleute viel zu verdanken hätten, der aber jetzt durch eine Erkrankung der Beine an jeder Aktivität gehindert werde.
5
10
15
Du kennst, Kaiser, den Konrad aus Ancona, den vernünftigen, maßvollen, / freundlichen und klugen (Mann), der für deine Wünsche bereitwil ligst sein Leben,eingesetzt hätte, der dir vielerlei Dienste erwies, aber um deinetwillen auch uns allen behilflich war, als wir mit dir über Ancona zum Ionischen Meer segelten1 . Jenen meine ich, der damals alle Bürger seiner Heimatstadt dazu gewann, aus den Toren zu strömen und dir hohe Ehren zu erweisen, und dem du zum Dank für seine Freundlichkeit / durch ein eigenhändiges Schreiben die Gunst erwiesen hast, in der Großen STADT steuerfrei zu sein2 . Dieser (Mann) hatte zuvor bereits wegen der wirtschaftlichen Einbußen seiner Vaterstadt3 sein Eigentum verloren, weil er viel von seinem Vermögen für sie aufwandte und es dabei völlig ver brauchte. Jetzt aber haben ihn Schmerzen an den Beinen befallen und ihn, der früher Flügel zu haben schien, aufs Lager geworfen. So liegt er nun da wie ein Stein, betrübt, daß er seine Beine nicht gebrauchen kann, um seiner Familie den Unterhalt / zu beschaffen, nicht weniger aber betrübt, 162
BRIEFE T 0405 0406 -
daß er von der Krankheit auch daran gehindert wird, zu dir zu eilen. Hat er doch, auch wenn (sonst) keine Notwendigkeit bestand, die Große STADT zu besuchen, um deinetwillen oft die Seereise unternommen, über zeugt, daß du der einzige bist, der seine Not lindern könne. Aber auch jetzt, da er das Bett hüten muß, hat er seine Hoffnungen auf eine gute (Wende) nicht aufgegeben, sondern weil er weiß, welch ein Hel fer du den Bedrängten bist, hat er an dein HAUPT geschrieben, wie auch an mich, ich möge für ihn / bei deiner MENSCHENFREUNDLICHKEIT Fürsprache einlegen. Um Gottes willen also, Kaiser, laß diesem Menschen ein wenig Hilfe zukommen, der vielfach durch sein Tun, mehr aber noch durch seine ergebene Gesinnung deinen Wünschen zu Diensten war. Wirst du doch, wenn du ihm Gutes erweist, (auch) bei vielen (anderen) größere Bereitschaft wecken, sich für dich zu mühen. Wir bitten aber nicht um etwas Großes noch um etwas, was dir beschwerlich und unpassend er scheinen könnte, sondern (nur) um soviel, daß nicht der Anschein ent steht, / unsere Gabe bleibe völlig hinter dem zurück, was er für uns getan hat. Es würden ja auch alle, die deine Wesensart kennen, versichern, daß selbst jemand, der (dich) um vielfache Vergeltung (einer Wohltat) bäte, dir doch das Maß nicht zu überschreiten schiene. So wie die Stellung (des Kaisers) die der anderen überragt, so sollten ja auch die kaiserlichen Geschenke die Gefälligkeiten der einfachen Bürger übertreffen! Dennoch wollen wir mit Rücksicht auf die (schlechten) Zeiten darauf verzichten, eine kleinliche Rechnung aufzustellen, sondern (nur) soviel fordern, daß die / Gabe die Staatskasse nicht belastet, ihm aber ein wenig Aufatmen ermöglicht. Vielleicht aber wird er es dir auch mit einer Gegengabe vergel ten, der einzigen, welche die Kranken den Gesunden anbieten können, wenn sie in ihrer Freude, beschenkt zu werden, darum bitten, daß Gott ihren Wohltätern die Gesundheit erhalte. K I. OKyd: Kyd. weiß, daß Konrad sich mit seinem Hilferuf auch an den Kaiser gewandt hat (Z. 1 9 ), hält sich also an demselben Ort auf wie dieser. E: Ein Kaiser, der einst zusammen mit Kyd. im italienischen Ancona auf Veranlassung Konrads (Xl ) freundlich empfangen wurde (Z. 4 - 9 ) und diesem dafür Steuerfreiheit in Konstantinopel gewährte (Z. 10; dazu A. 2), Ioannes V. (s. u., A. 1 ) . OE: Zweifellos am Ort seiner Residenz, also in der Großen STADT (Z. 1 6 ) . D: Sicherer terminus post quem ist die Reise des Kaisers von Rom nach Venedig März- Mai 1 370 (s. u., A. 1 ) . Die Bemerkung Z. lSf., Konrad habe seitdem den Kaiser « oft» in Konstantinopel besucht, spricht für einen größeren Zeitraum, der seitdem verstrichen ist. So muß von den bei den in der Edition vorgeschlagenen Alternativen, den Brief
1 63
20
25
30
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
auf 1372-76 oder 1379 - 9 1 zu datieren (ausgespart ist nur die Zeit der Haft loannes' V. 1376-79, siehe Bd. 111, 201 mit A. 39f.), die erstere wegen des zu kurzen Zeitabstandes sicher ausscheiden. Da Kyd. hier seinen Einfluß auf loannes V. eher günstig beurteilt, kommt
andererseits eine Datierung auf die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem kaiserlichen Dienst, also nach Sommer 1386 (siehe Bd. ill, T3 18, BKyd), kaum in Frage. Gemäß den Überlegun gen in A. 3 dürfte der Brief aber auch nicht sehr lange vor diesem Termin, also am ehesten 1385 verfaßt sein. Treffen diese überlegungen zu, dann gehört er chronologisch etwa zur Gruppe der Briefe T30 1 - 3 1 5 (Bd. ill ) . 11. BKyd: Siehe D. X l : Komad (KoQQciÖo�), Kauftnann aus Ancona (PLP 1323 1), der sich 1370 um den Kaiser verdient gemacht hatte (s. u., A. 1 ) , ihn später mehrfach in Konstan tinopel besuchte (Z. 16) und nun wegen einer schmerzhaften Erkrankung seiner Beine an das Bett gefesselt ist (Z. 12-15. 17f.). ZG: Kyd. spielt (mit Recht) auf die angespannte Finanz lage des Reiches an, die eine großzügige Unterstützung nicht zuläßt (Z. 2 8 ) . Ep (1 und 2): Komad hat in je einem Brief (aus Ancona) direkt an den Kaiser und an Kyd. um finanzielle Unterstützung gebeten (Z. 19). III. Hss: A 130v- 1 3 F, Nr. 1 6; U 203v-204', Nr. 207. Ed: KydEpCam, Nr. 19. Üb: Ebd. (frz.). N. 1 W: O"tE "tov 'Ayxwva flE"tCr. (JOÜ 1taQa1tAEoV"tE� "tov '16vLOV EOXOflEV. Nach seinem Aufenthalt in Rom ( Oktober 1369 bis Februar 1370) reiste Kaiser loannes V. Anfang März 1370 auf dem Seeweg nach Venedig ab, wo er im Mai des Jahres eintraf. Unterwegs legte er in Ancona an, wo er dank der Vermittlung des besagten Komad freundlich aufgenommen wurde. Vgl. Bd. 111, 25 mit A. 130; BarkMan 10, A. 26. Die geographische Angabe des Kyd. ist ungenau, denn als der Kaiser von Rom aus Italien umsegelte, gelangte er bereits weit südlich von Ancona in das «Ionische Meer» , wie Kyd. sonst das ganze Adriatische Meer nennt (so LC 11 474, s. n. lonicus sinus). Vielleicht aber versteht er hier unter dem 'I6vLO� (x6Arro�) nur die nördliche Adria. 2 DöReg, Nr. 3 123. 3 W.: ai "tij� 1ta"tQ(Öo� �T]fl(UL. Zur Frage, auf welche wirtschaftlichen Einbußen Anconas im Zeitraum zwischen 1379 und 1 3 8 6 Kyd. anspielen könnte, vgl. J.-F. Leonhard, Die See stadt Ancona im Spätrnittelalter, Tübingen 1983. Die Kommune Ancona gehörte zur fragli chen Zeit dem Kirchenstaat an und nahm wegen ihrer propäpstlichen Haltung bis 1378 eine unangefochtene wirtschaftspolitische Stellung ein. Die Situation änderte sich, als nach Gre gors XI. Tod etwa gleichzeitig das abendländische Schisma und der sog. Chioggia-Krieg zwi schen Venedig und Genua ausbrachen (ebd. 240). Das Schisma führte Ancona zu einer ge wagten Schaukel politik zwischen den rivalisierenden Päpsten Urban VI. und Klemens VII . , die ihm aber schließlich eher Vorteile einbrachte (ebd. 242-252). Gefährlicher wurde der Kommune der Chioggia-Krieg. Sie konnte zwar durch Taktieren zwischen den Kriegsparteien eine größere Konfrontation vermeiden (ebd. 252-255), doch führte die kriegsbedingte Unsi cherheit der Meere, der die Handelsschiffe vor allem bei Fahrten in den byzantinischen Be reich ausgesetzt waren, zu einem erheblichen Rückgang der Einnahmen. Nach der Beendi gung des Krieges August 1 3 8 1 im Frieden von Turin (ebd. 255f.) bedeuteten eine weitere Beeinträchtigung der Wohlfahrt Anconas die unkontrolliert im Lande umherziehenden Söld nerbanden, die auf ihren Beutezügen auch das umliegende Gebiet heimsuchten. Vor allem ist hier der in kirchlichen Diensten stehende Söldnerführer Boldrigo da Panicale zu nennen,
1 64
BRIEFE T 0406-0408
gegen dessen Umtriebe sich Ancona und die Nachbarstadt Fermo zu einem Abwehrbündnis zusammenschlossen, das aber nicht sofort den erhofften Erfolg brachte (ebd. 256-259). Da Kyd. über bereits länger zurückliegende Einbußen Komads zugunsten seiner Kommune be richtet, ist auf jeden Fall an die Folgen des Chioggia-Krieges, vielleicht auch an Schäden durch Söldnerbanden zu denken. Der Brief wäre dann wahrscheinlich gegen Ende der in Frage kommenden Zeitspanne, also erwa 1385 abgefaßt.
0407 L: 356; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Ein Ort in einiger Entfernung von Konstantinopel; D: 1 3 8 5 - 87 ( ? ); wI: Mahnung des säumigen Briefschreibers.
Briefe ersetzen getrennten Freunden das persönliche Gespräch. Wer also zögert, einem in der Ferne weilenden Freund zu schreiben, würde den Freund zweifellos auch bei einer persönlichen Begegnu.ng / übersehen. Überlege dir also, ob es aus deiner Sicht in Ordnung wäre, mich bei einer persönlichen Begegnung nicht einmal zu grüßen. So hast du dich jetzt (jedenfalls) offensichtlich verhalten, weil du zwar viele fandest, die auf raschem Wege zu uns reisten, aber nicht bereit warst, auch nur eine (Zeile) an uns zu richten, obwohl du wußtest, wie hoch wir es schätzen, von dir etwas zu erfahren. K 1. OKyd: Der Vorwurf an den Freund, nicht geschrieben zu haben, setzt den Aufenthalt am gewohnten Aufenthaltsort voraus. OE: Da von einem Reiseweg die Rede ist, muß sich E an einem Ort in einiger Entfernung von Konstantinopel aufhalten. D: Gemäß LC II, XIV sind die Briefe von Heft 19, in dem L356 steht, im wesentlichen in die Jahre 1 3 8 5 - 8 7 zu datieren. Der Brief ist jedoch so allgemein gehalten, daß es sich vielleicht auch nur um einen Musterbrief zum Thema «Mahnung des säumigen Briefschreibers» handelt, der historisch keinerlei Bedeutung hat. Der Vorwurf «du hast an viele geschrieben, nur nicht an mich» ist jedenfalls ein einschlägiger Brieftopos. ill. Hss: A 136v, Nr. 23; U 21r, Nr. 213".
0408 L: 366; OKyd: Konstantinopel; E: Ein literarisch Gebildeter; OE: Konstantinopel; D: 1387 ( ? ); wI: Ein gewisser Asanes hat Kydones ausgerichtet, daß der Adressat näheren Kon takt mit ihm wünsche. Obwohl Kydones den Wunsch bescheiden mit dessen Zuneigung er klärt und sich selbst als unbedeutend bezeichnet, nimmt er das Angebot doch mit großer Freude an und erhofft für sich selbst und den Adressaten Gewinn aus dieser Beziehung.
1 65
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
5
10
15
20
25
Asanes, dem alles von allen anvertraut wird, sagte mir, daß du dich sehr / nach einem Gespräch mit mir sehnst, weil du glaubst, davon großen Gewinn zu haben, und dir so dringend ein solches wünschst, daß du dich bereits über die Größe der STADT beklagst, weil sie uns so sehr voneinan der trenne und dir nicht erlaube, täglich zu Fuß zu mir zu kommen1. Ich freute mich, als ich es hörte, (und es erging mir) wie denen, die in (ihrer) Armut nichts erwarteten und plötzlich einen Schatz entdeckten; doch fragte ich mich verwundert, ob du eine gewisse Vorliebe für Minderwertiges hast. / Denn so ist ja das, was ich zu bieten habe, beschaffen: (Es ist) (von) geringem (Wert), und (so) kann es vielleicht nur (Menschen mit) geringen (Ansprüchen) beeindrucken. So hätte ich (diese) Mitteilung denn auch als nicht glaubhaft zurückgewiesen, wenn ich angenommen hätte, sie komme von einem Manne, der eigenmächtig bemüht sei, die zusam menzuführen, die einander eigentlich schon früher hätten kennen sollen. Nun aber halte ich es für unsinnig, einem Mann, dessen Meinung auf Wahrheit beruht, nicht zu glauben, ließ mich durch seine Worte überzeu gen und danke dir für deine Zuneigung. Denn es steht außer Zweifel, daß du unter ihrem Einfluß / die persönliche Begegnung mit dem, der dir lieb ist, für etwas Angenehmes hieltest. Ich fürchte aber, die Erfahrung wird dich eines Besseren belehren; du wirst die erwartete Förderung bei mir nicht finden und wirst dir, weil du dich getäuscht hast, mir aber, weil ich (so) unzulänglich bin, Vorwürfe machen. Wenn du dich also wegen dieser (Enttäuschung) tadelst und wie im Sprichwort jammerst, Kohlen statt eines Schatzes gefunden zu haben2, werden, glaube ich, alle, die mich kennengelernt haben, dir beipflichten. Mir / aber wird (die Begegnung) auch (in der Zeit) bis zu (diesen) Vorwürfen keinen geringen Gewinn einbringen. Ich werde mich nämlich freuen, wenn ich Worte zu hören bekomme, die Freude bringen können, und werde ihnen vielleicht auch ein wenig zu verdanken haben, was zur Be reicherung meines Wissens und meines Charakters beiträgt, und dies wird mich vielleicht anregen, auch selbst etwas Weises und deiner Ohren Würdi ges zu sagen. Ich bin aber überzeugt, daß daran auch du deine Freude haben wirst, wenn du siehst, daß deine Worte den Freund positiv beeinflußten. Wir wollen also / das Angenehme, das wir einander geben können, uns ge genseitig nicht neiden, sondern vielmehr darauf hinwirken, daß es zu nehme. Dies könnte aber erreicht werden, wenn die Kontakte sich nicht auf weite Zeitabstände beschränkten, sondern vielmehr die Möglichkeit tägli1 66
I I
J
BRIEFE T 0408-0409
cher Begegnungen genutzt würde. Vielleicht aber werden wir auch , «wenn wir beide gemeinsam gehen» 3 , etwas von dem, was man bis jetzt nicht weiß, herausfinden können. So komm denn zu einem Mann, der dir mit Vergnü gen zuhören wird, und nimm auch du ihn auf, / wenn er zu dir kommt und 30 dich um das Gleiche bittet. Denn ich bin überzeugt, daß du mich gern emp fangen wirst, wenn ich zu dir komme, und ich werde so häufig bei dir (er scheinen), daß du gewiß oft sagen wirst, es sei dir lästig. K 1. OKyd, OE: Beide Briefpartner wohnen in der Großen STADT (Z. 4 - 8 ); s. u., A. 1. E: Ein Gebildeter, der Kontakt mit Kyd. sucht und von dem sich Kyd. eine Bereicherung seines Wissens, aber auch persönliche Anregung erhofft (Z. 20-24). D: Gemäß LC 11, XN sind die Briefe des Heftes 1 1 , zu dem L366 gehört, im Jahr 1387 verfaßt. 11. Xl: Asanes hat Kyd. mitgeteilt, daß E Kontakt mit ihm aufnehmen wolle (Z. 4 - 8 ) . Gemäß PLP 1503 ist hier Konstantinos Asanes gemeint. Die Begründung dafür findet sich bei TrappAs 174: Kyd. gibt dem Asanes des vorliegenden Briefes ein ähnlich auszeichnendes Prädikat (<<dem alles von allen anvertraut wird», Z. 4) wie dem Konstantinos Asanes in den Briefen L 1 1 6rrl02 (Z. 4) und L1 63rr0 1 8 8 (Z. 3), wo er «alleredelster» (n:uv1:a UQLm:OS) genannt wird. So ist wahrscheinlich auch hier von Konstantinos die Rede. 111. Hss: A 68v- 69r, Nr. fehlt (s. o., T349, Hss); U 1 14rv, Nr. 126. rv. 1 Dieser Hinweis auf die Größe der Stadt bestätigt die in mehreren Fällen dieser Korrespondenz vorausgesetzte Annahme eines Austausches von Briefen auch innerhalb Kon stantinopels. 2 Zum Sprichwort siehe Bd. 1/2, T73, A. 3 . 3 w.: oliv 1:10 M ' EQXOf,lEVW. Anspielung auf HomIl 10, 224 wie oben, T360, A . 7.
Gruppe V: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXXV- XXXVIII (ca. 1387-90) 0409 L: 376; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel; D: 1387-89 ( ? ); wI: Kydones bittet den Adressaten, der ihn beredt gegen einen Verleumder verteidigt hat, sich das nächste Mal vorher mit ihm abzusprechen und die Berechtigung der Vorwürfe zu prüfen. Im vorliegenden Fall handle es sich tatsächlich um Verleumdungen, aber der Gegner habe sich mit ihnen selbst so geschadet, daß eine Bestrafung überflüssig sei.
Ich wußte, daß du den, der alles unternimmt, um mir zu schaden, mit Haß verfolgen und nicht aufhören wirst, ihm Widerstand zu leisten, bis du ihm zeigen kannst, daß er sich mit seinem ungebürlichen Benehmen (nur) 167
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
selbst Tadel einbringt. / Für deine Treue zu mir bin ich dir also dankbar. Denn wenn dir die als Feinde gelten, die mich verletzen wollen, beweist dies, daß du in gleicher Weise um dich und mich besorgt bist, und niemand könnte wohl ein herrlicheres Merkmal wahrer Freundschaft nennen als dies! Doch wünsche ich mir, daß du, wie in anderen Dingen, so auch in fol gendem meine Meinung teilst, (daß du nämlich) Mitgefühl mit mir empfin10 dest, wenn du mich (wirklich) leiden / siehst, und dann gelassen bleibst, wenn du bemerkst, daß auch ich mich gegen meine Bedränger nicht wehre. Denn (erst) das ist wirklich ein Zusammenwirken, wenn man mit der Mei nung derer, die mutmaßlich Unrecht leiden, übereinstimmt. Ich also bin von der Art, daß ich nicht sofort, wenn jemand mich ver leumdet, zur Abwehr übergehe und dem Verleumder mit gleicher Münze heimzahle, sondern zuvor die Anklagepunkte prüfe. Sollte ich dann fest15 stellen, daß der Ankläger die Wahrheit sagt, / lasse ich ihn gewähren und suche den Grund für die Vorwürfe bei mir selbst; denn ich glaube, er hätte sie niemals erhoben, wenn er nicht von mir zuvor Anlaß zu negati ver Beurteilung erhalten hätte. Darauf versuche ich die Ursachen abzustel len und ihn auch auf diese Weise von seinen ungebührlichen Reden abzu bringen. Gelange ich aber zu der Meinung, daß mein Widersacher lügt 20 und unter dem Zwang einer Leidenschaft zum Ankläger wurde, / lasse ich von meinem Zorn ab und bedaure den Menschen wegen seiner Verlo genheit und der Verwirrung seiner Seele, unter deren Einfluß er die Wahr heit vernachlässigte. Daher (darf ich) verlangenl , daß auch du dir diesen Standpunkt zu eigen machst, wenn du erfährst, daß jemand negativ über mich redet, und zuerst bei mir über das, was du gehört hast, nachfragst; denn ich werde dir rückhaltlos die Wahrheit sagen. Wenn wir dann herausfinden, daß der Betreffende uns im Einklang mit der Wahrheit beschuldigt, wollen wir ihn 25 unbehelligt lassen, selbst aber miteinander beraten, / wie wir uns bessern können. Denn es gibt keine stärkere Widerlegung unserer Kritiker als diese. Scheint es uns aber, daß er uns grundlos angreift, wollen wir nicht weiter suchen, welche Strafe wir ihm noch auferlegen können. Denn es ist für ihn (Strafe) genug, daß er gelogen und nichts (damit) ausgerichtet hat und darüber vor Wut außer sich ist. So ist es nun auch diesem guten Mann ergangen. Denn nicht was wir, sondern was er selbst skrupellos 30 begangen hat, / hat er uns in seiner Schamlosigkeit angehängt und damit gegen die eigene Person einen (solchen) Skandal ausgelöst, daß beinahe 5
168
BRIEFE T
0409 -041 0
alle, die davon hörten, ihn gesteinigt hätten. Solchen Lohn hat dem Mann sein haltloses Geschwätz eingebracht. Und wir wollen uns noch Gedan ken machen, wie wir diesen Verrückten bestrafen könnten? K
I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Offenbar ein guter Freund, immer bereit, für Kyd. einzutreten, dabei aber manchmal zu voreilig (Z. 3 - 1 1 ) . OE: Das beschrie bene Verhalten des Freundes setzt voraus, daß er sich am gleichen Ort aufhält. D: Die Briefe des Heftes 12, dem der vorliegende angehört, sind mehrheitlich in den Zeitraum 1387-89 zu datieren (LC H, XIV). H. BKyd: Kyd. legt in diesem Brief dar, wie besonnen er mit Kritikern umzugehen pflegt. Sind ihre Vorwürfe berechtigt, dann will er diese zu seiner eigenen Besserung nutzen, sind sie aber unberechtigt, dann schadet sich der Kritiker, da er sich als Lügner bloßstellt, nur selbst, und seine Bestrafung ist unnötig. Kyd. sieht also in keinem Fall Bedarf zu einem Gegenan griff. Xl: Einer, der alles unternahm, um Kyd. zu schaden (Z. 3), und ihn skrupellos ver leumdete; er hat aber das, was er ihm vorwarf, sich selbst zu Schulden kommen lassen, wofür er bereits in der Öffentlichkeit heftig angegriffen wurde (Z. 29 -32). Die vagen Angaben lassen keine Vermutung zu, um wen es sich handeln könnte. IIl. Hss: A 73v- 74', Nr. 9; U 122v - 123V, Nr. 136. Iv. 1 Am Schluß dieses Satzes stand ursprünglich das Prädikat 6.;LW (ich fordere, halte etwas für angebracht, billig), das Kyd. aber dann gestrichen hat, ohne ein Äquivalent dafür anzubieten. Vielleicht erschien ihm die Formulierung gegenüber dem wohlmeinenden Freund zu stark, ohne daß er eine bessere finden konnte. Der hier vorgelegten Übersetzung liegt daher ausnahmsweise die von Kyd. selbst verworfene Lesart zugrunde, da er selbst keinen Ersatz vorgeschlagen hat.
04 1 0 L : 3 84; OKyd: Konstantinopel; E : Ein Freund; OE: Konstantinopel; D : 1387-89 (?); wI: Kydones hatte eine Rede auf die Verkündigung an Maria nicht zum Vortrag oder zur Verbrei rung verfaßt, sondern sie nur einem guten Freund zur privaten Lektüre zugesandt. Dieser aber ließ sie in einem interessierten Zuhörerkreis verlesen, wo sie viel Beifall erhielt. Auch der Adressat war bei diesem Vortrag zugegen und erhielt eine Abschrift. Er berichtete Kydo nes von dieser Lesung und teilte ihm mit, daß gegen das Werk keine formal-literarische Kritik, wohl aber der theologische Einwand vorgebracht wurde, es widerspreche der Energienlehre des Palamas, weil es das Gutsein mit Gottes Wesen gleichsetze. Diesem Vorwurf hält Kydones ein gleichlautendes Zitat des Kirchenvaters Basileios entgegen.
Ich habe die Rede1 auf die Verkündigung (an Maria? nicht prunkvoll vorgetragen3, sondern nur als Huldigung auf die gnadenvolle Gottesmutter verfaßt. / Deshalb wollte ich sie nicht der Menge zu Gehör bringen, 1 69
5
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
10
15
20
25
30
sondern habe sie nur einem einzigen Freund auf sein vieles Bitten hin geschickt und ihm geboten, sie bei geschlossenen Türen zu lesen. Er aber hat, was ich ihm sagte, (nur zu) gern vergessen, weil er anscheinend glaubte, mir einen Gefallen zu tun, wenn er (zum Vortrag) der Rede viele Zuhörer versammelte. Er hat sie sich selbst abgeschrieben, eine Versammlung einberufen, sie wie ein Prunkstück vorgelesen und sie denen, / die sie sich ihrerseits aufschreiben wollten, bereitwillig gegeben. So ist jetzt die Rede bei vielen im Gespräch und in der Hand vieler. Einer von ihnen bist auch du. Es ist aber angemessen, wenn du nicht mir für den Besitz des Textes, sondern dem, der ihn dir gab, dankbar bist. Denn ich hatte von vorneherein entschieden, ihn weder dir noch jemand anderem zu geben. Er sollte vielmehr unter Verschluß und nur den Freunden vorbe halten bleiben, die mich (um die Aushändigung) bitten würden. Dennoch habe ich mich gefreut, als du sagtest, die Rede habe gestern bei den Lesern viel Lob und großen Beifall / erhalten, und man habe in ihr nur einen (Gedanken) gefunden, der Tadel verdiene. Ich hatte freilich angenommen, sie werde nicht nur wegen eines (Mangels), sondern aus vielen Gründen bei den Lesern Gelächter ernten. Aber anscheinend haben die Männer, die, wie du sagst, die Rede be wunderten, es entweder aus übertriebener Zuneigung zu mir an allzu gro ßer Strenge fehlen lassen, oder sie beurteilen Reden weniger nach Maß gabe der Kunst, sondern sind ausschließlich Experten der neuen Theologie4 • / Wenn also etwas auch nur zufällig und unversehens gegen die nun herrschende (Meinung) gesagt wird, ist diese unbedeutende (Bemerkung) in ihren Augen sogleich als Gotteslästerung zu beurteilen; jener aber, der sich so äußerte, ist der öffentlichen Ächtung verfallen. So nehmen sie in unserem Fall daran Anstoß, daß wir Gott nicht nur für gut erklären, sondern zugleich behaupten, daß das Gutsein sein Wesen ausmache. Da her hielten sie die Rede für eine Entgleisung und glaubten, sie sei mit Bedacht gegen Palamas / und seine Lehren gerichtet, weil jener Gott und das Gutsein voneinander trenne und beiden unterschiedliche Stufen zu weises. Dabei betonen sie, man müsse sich hüten, etwas gegen seine Mei nung zu sagen; sonst frevle man auch gegen den Synodaibeschluß6 und alle Bischöfe, denen Palamas soviel bedeutet wie die Tafeln des Moses. Gib also denen, die alles, was sie an meinen (Äußerungen) tadeln können, / für einen Glücksfund halten, zu verstehen, daß mir an ihrem Lob wenig gelegen ist. Jene unbedeutende Äußerung aber, mit der ich nach 1 70
BRIEF T 0410
ihrer Meinung die Anhänger des Palamas beleidigt haben soll, sollen sie mir nicht länger vorwerfen, sondern die Schuld bei dem großen Basileios und genau bei seinen Formulierungen suchen. Denn sein (Ausspruch) ist das, was ihnen befremdlich erscheine. Damit es also nicht so scheine, als wolle ich meine eigene Meinung / vortragen - obwohl ich auch Gedanken 35 hinzufügte, die meinen persönlichen Standpunkt wiedergaben - , zögerte ich jedenfalls nicht, den wörtlichen Ausspruch des Lehrers in meine Aus führungen einzufügen. Jener sagte nämlich: « Gut ist der, welcher aus dem Guten geboren ist und das Gutsein als (sein) Wesen besitzt.» Diesen Aus spruch kann man wörtlich in meinem (Text) wiederfinden. Deshalb sollen sie von mir ablassen / und, wenn sie wollen, gegen ihn und seine Aussagen 40 polemisieren. Ich aber werde, gedeckt mit dem Schild des Basileios, die Angreifer abwehren. Wenn also (schon) etwas Negatives hinzunehmen ist, ist es jedenfalls gut, mit ihm zusammen angeklagt zu werden. Ich glaube aber, daß ich nicht nur Basileios, sondern alle die als Vorkämpfer haben werde, die ihm ähnlich sind. Jedenfalls lache ich darüber, wenn ich sehe, wie sich Käfer einen Wettflug mit Adlern anmaßen8 • K I. OKyd, OE: Gemäß Z. 14, wonach Kyd. soeben erst persönlich mit E gesprochen hat (flJt6v'tO� oou), halten sich Kyd. und E am gleichen Ort auf, zweifellos am gewohnten Auf enthaltsort des Kyd. E: E ist ein Gebildeter, der in einem literarischen Zirkel verkehrt (Z. Hf.), wo ein Werk des Kyd., eine Rede auf die Verkündigung an Maria, vorgelesen wurde. Dort erhielt er nach dem Vortrag eine Abschrift des Textes und berichtete Kyd. von der anschließenden Aussprache über den Inhalt der Rede, die viel Lob, Tadel aber nur wegen einer Abweichung von der Lehre der Palamiten gefunden habe (Z. 4-29). D: Gemäß LC 11, XN ist Heft 6, in dem 1.384 überliefert ist, durchweg auf 1387-89 zu datieren. 11. BKyd: Daß Kyd. sein Werk nur für einen oder wenige Leser verfaßt haben will (Z. 3 -7. 12f.), ist vielleicht nicht eine bloße Bescheidenheitsgeste, wenn er auch zugibt, sich über das Lob der Zuhörer gefreut zu haben (Z. 14f.). Kritik an der Rede wurde, was nicht überrascht, ausschließlich von seinen palamitischen Gegnern vorgebracht (Z. 15. 17-29), welche die damals in der byzantinischen Orthodoxie vorherrschende Lehrmeinung vertraten (Z. 20). Daß Kyd. in diesen Jahren nicht weniger wegen seiner romfteundlichen Glaubens überzeugung als Abtrünniger der Orthodoxie getadelt wurde, wissen wir aus einem an ihn adressierten Brief des Ioseph Bryennios (LBF 11 55f.). Xl: Ein Freund, dem Kyd. sein Werk auf dessen Bitten hatre zukommen lassen und der dieses, obwohl er es ausdrücklich nur zur privaten Lektüre erhielt, mehrfach abschreiben und in einem Zirkel interessierter Zuhörer verlesen und diskutieren ließ (Z. 5 - 1 1). III . Hss: A 3 8v-39v, Nr. 3; U 55V -56v, Nr. 72. Ed: KydEpCam, Nr. 10. Üb: Ebd. (frz.). N. 1 Kyd. nennt sein Werk durchweg A6yo�, nicht OflLALa, daher wird es hier als «Rede», nicht als «Predigt» bezeichnet. Siehe auch T0404.
1 71
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
2 Nähere Angaben und Literatur zu der unedierten Rede (Aoyot; eit; 'tOV EuayyeALO[.Lov) siehe Bd. 111, 64, 1. 2. 1 . Der Datierungsansatz basiert allein auf der Erwähnung im vorliegen den Brief. 3 W.: 'tov . . . Myov . . . OUK bnÖeLKvU[.L€vOt; eInov. Es handelt sich also um einen eigentlich zum Vortrag bestimmten Text, nicht einen Traktat; dennoch verzichtete Kyd. auf den Vortrag. 4 Gemeint ist die Theologie der Palamiten (so auch Loenertz zur Stelle). 5 W: KaL 'tLvat; 'tOU'tOLt; anoÖLMv'tOt; ßa8[.Lout;. Kyd. spielt hier auf den von Palamas und seinen Anhängern betonten grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Wesen und den « Energien» Gottes an. 6 W.: 'tO[.LOv. Gemeint ist die Dogmatisierung der Energienlehre des Gregorios Palamas im Jahr 1351, die in einem Synodalakt ('to[.LOt;) niedergelegt wurde. Siehe J. Darrouzes, Les regestes des acres du patriarcat de Constantinople. Vol. 1. Les actes du patriarcat de Constan tinople. Fasc. V. Les regestes de 1 3 1 0 ä 1 376, Paris 1977, Reg. No. 2324. 7 Die zitierte Stelle aus dem Werk des Basileios, die Loenertz (laut Angabe im Apparat) nicht finden konnte, verifizierte ich mit Hilfe des TLG. Es handelt sich um eine Passage aus « De spiritu sancro» , Patrologia Graeca 32, 156B, die von Kyd., wie er selbst richtig angibt, wörtlich zitiert wird (aya8ot; 6 EK 'tOü aya80ü yevvlj8eLt;, ouoLav EXWV 'tT]v aya8o'tl]'tU). Durch diesen Beweis der Authentizität erhält das Argument des Kyd. gtößeres Gewicht. S Es gibt zwar eine Fabel des Aisopos (Äsop) « Der Adler und der Käfw> (Ed. B. E. Perry, Aesopica I, UrbanalIllinois 1952, Nr. 3 ) , aber dort geht es nicht um einen aussichtslosen Wettflug, sondern im Gegenteil um den Gedanken, daß sogar ein kleiner Käfer einem Adler gefährlich werden könne. Kyd. muß also das Bild einer anderen Quelle entnommen haben.
041 1 L: 399; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Ioannes V. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Winter; 1 382/8 3 - 1 3 84/85 ( ? ); wI: Bitte um freundliche Aufnahme einer Gruppe von Dominikanermönchen, unter Hinweis auf die ihnen von dem adressierten Kaiser bereits frü her erwiesene Gastfreundschaft. Er könne sich zum Dank für seine Wohltaten den Lohn Gottes, den ihr Gebet ihm erflehen werde, aber auch allenthalben ihre positive Propaganda für seine Person erhoffen.
5
So wie ich nicht behaupten würde, daß die Quellen (eines Antriebes) bedürfen, um zu fließen, weil ihnen ja von der Natur / ein Gesetz (gegeben wurde), sich so zu verhalten, auch wenn niemand sie dazu drängt, so ist auch der Versuch unnötig, dich mit Worten für Menschen gewinnen zu wollen, die um gute Behandlung bitten. Nicht also, um den Praedicatores 1 einen Nutzen zu erweisen, gedachte ich den vorliegenden (Brief) abzu schicken - weiß ich doch, daß du sie, wann immer sie vor dir erscheinen, nach deiner Gewohnheit frohgestimmt wieder entläßt; denn oft hast du ihnen Hilfe erwiesen, weil du zu neuen Wohltaten durch die Erinnerung 1 72 i
J
BRIEFE T
041 0-041 1
an die früheren angeregt wurdest , / sondern weil ich im Gedenken an den seligen Thomas, den ihre Gemeinschaft sich z u ihrem (geistigen) Führer erwählte und den ich selbst meinen Lehrer in den schönsten und größten Dingen nenne2, nicht umhin konnte, seine Anhänger zu lieben und zu ehren und alles zu ihren Gunsten zu sagen, was, wie ich glaube, auch er selbst gesagt hätte. So bitte ich denn dein HAUPT nicht um etwas Neues, das jetzt gerade erst anfangen soll, / sondern (nur darum), ihnen dieselbe Gesinnung zu zeigen, die du ihnen bereits seit langem und viele Male (gezeigt hast), und die nicht unbeachtet zu lassen, die freiwillig um Christi willen die Armut gewählt haben und die kein Land, keinen Och sen oder Pflug, weder Truhe noch Schatz besitzen, noch ein Dach (über dem Kopf) haben, noch irgend etwas, was man üblicherweise zu den Din gen zählt, die einen Menschen (am Leben) erhalten können. Denn gegen all dieses haben sie Christus und die Hoffungen derer, die ihn lieben, eingetauscht. So verheißen sie auch / wiederum ihren Wohltätern als Gegengabe die Freuden des Himmels. Ein anderer also würde sich durch den Gedanken an den zukünftigen Lohn und die hundertfältigen Schätze3 gewinnen lassen, diesen Armen Hilfe zu leisten. Dich aber, Kaiser, möge (neben) diesem auch der (Umstand) bewegen, daß du von Gott als sein Stellvertreter eingesetzt wurdest und es deshalb für notwendig halten soll test, der göttlichen VORSEHUNG zu folgen und die, für die sie selbst sorgt, / nicht im Stich zulassen, sondern in deiner Gesinnung mit ihr solidarisch zu erscheinen. Ob du nun diesen Dienst Gott als eine Pflicht erweist oder auch Gaben der Vergeltung und Kränze für dein Almosen gewinnen willst, strecke ihnen deine freundliche Hand hin, sorge in (dieser) Win terszeit für ihren Lebensunterhalt und werde so dein eigener Nachahmer in dem (Guten), das du ihnen häufig erwiesen hast. Wenn es aber angebracht ist, daß du nun auch von / ihnen für die ihnen erwiesenen Wohltaten eine Gabe des Dankes empfängst, so wirst du sie erstens bei dem öffentlichen Schauspiel4 empfangen, wenn Christus dich als den Gesegneten seines Vaters ruft und dir für dein Erbarmen mit den Geringsten deiner Brüder als Gegengabe das Himmelreich verleihts. Zweitens werden (aber) auch sie selbst bemüht sein, dir nicht undankbar zu erscheinen, sondern mit den Gebeten, die sie regelmäßig verrichten6, deiner Seele, aber auch deinem Leib zu Hilfe kommen; / sie werden dein Herrscherhaus festigen und zum Wohl deiner Herrschaft Gott gegen des sen Widersacher anrufen. Er aber, der gut ist, wird (sie) erhören, und die -
1 73
10
15
20
25
30
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Herrschaft, die du jetzt innehast, wird er dir glänzender gestalten durch die Hinzugabe seines Königreiches. Ferner werden sie keine der erhalte nen Wohltaten verschweigen, sondern bei allen ihren Wohltäter preisen. Denn sie beherrschen eine Sprache, die nicht nur das Göttliche, sondern 40 auch die / Tugenden der Menschen angemessen zu besingen weiß. So werden alle, weil sie davon erfahren, was diese von dir erhalten haben, die Städte mit deinem Lob erfüllen, dir alles Gute von Gott erbitten und dir auf deinen Befehl bereitwilliger dienen, weil jeder in dem, was an ihrem (Beispiel) demonstriert wird, selbst eine Wohltat zu erhalten glaubt. 45 Genießen sie doch die Sympathie aller, nicht nur um Gottes und / seiner Verheißungen für die Armen willen, sondern weil sie in den Städten ihren Zuhörern durch die täglichen Kirchenpredigten auch etwas Bedeutendes zu bieten haben, denn sie richten die Seelen und die Familien auf, be schwichtigen die Unruhen, welche die Städte erschüttern, besänftigen die Menschen, die miteinander im Streit liegen, und wenden (ihren Zorn) gegen die Feinde des gemeinsamen Glaubens. / 50 Dies sagte ich nicht, weil ich dich als einen (noch) Zögernden anspornen wollte - kenne ich dich doch als einen, der den Rufen der Bedürftigen zuvorkommt! - , sondern damit auch ich ein wenig zu deinem Eifer für das Gute beitrage und zugleich den Wohltaten, die du mir erwiesen hast auch diese noch hinzufüge, nämlich einen Anteil an deinem Lohn, der für dein Almosen auf dich wartet. Denn es ist ja auch Lohn bei Gott für die (zu erwarten), die andere zum Guten anregen7. K 1. OKyd, OE: Der Brief setzt voraus, daß Kyd. am Kaiserhof einigen Einfluß hat; er ist also in Konstantinopel an einen dort residierenden Kaiser (E) gerichtet. E: Ein Kaiser gemäß Z. 22. Aber die Antwort auf die Frage, wer dieser Kaiser sein mag, ist schwierig. Loenertz (Fußnote zu Z. 2) denkt an Ioannes VI. Kantakuzenos, der von 1 347 bis 1354 in Konstanti nopel regierte. An ihn ist auch der folgende Brief in diesem Heft (L400) gerichtet, der aller dings den Zorn des Kyd. über des Exkaisers Verhalten gegenüber Prochoros Kydones voraus setzt und zu einer Zeit geschrieben ist, als Kantakuzenos, etwa im Jahr 1 372, seine Traktate gegen Prochoros verbreiten ließ (s. o., Bd. I12, T93; Iohannis Cantacuzeni Refutationes duae Prochori Cydonii et Disputatio cum Paulo Patriarcha Latino epistulis septem tradita, ed. E. VoordeckerslF. TinnefeId, TurnhoutlLeuven 1987). Hier hingegen wird ein Kaiser für seine stete Hilfsbereitschaft «seit langem und viele Male» (nuAm xai nOAAuxL';, Z. 15) gegenüber den Patres des Domikanerordens gelobt und um weitere Fürsorge für sie gebeten. Es ist nicht bekannt, daß Ioannes VI. Kantakuzenos sich zu irgendeiner Zeit als Gönner und Förderer der Dominikaner erwiesen hätte. In der Monographie von R. Loenertz, La societe des freres peregrinants. Etude sur l'orient dominicain, Romae 1937 kommt der Name dieses Kaisers
1 74
BRIEFE T 0411
nicht vor. Es ist aber bemerkenswert, daß Loenerrz in seinen mir vorliegenden maschinen schriftlichen «sommaires» der Kyd.-Briefe, die er vor der Erstellung der Edition verfaßt hatte (siehe Bd. IIl , Register, 294, s. v. LS TI, S. 1 06 der von Peter Schreiner entliehenen Version, zu A 47" -48"), doch eher loannes V. zuneigt, wenn er schreibt: «l'empereur (Jean V?), Con stantinople» . Dies dürfte in der Tat die richtige Lösung sein. Wenn man nämlich die zwei Briefe an loannes V. vergleicht, in denen Kyd. mit ganz ähnlichen Argumenten diesem Kaiser einen wohlwollenden Empfang des Dominikanermönches Garcia (Garses) empfiehlt - es sind die Briefe Bd. TI, T214, datiert auf Mai/Juni 1 3 8 1 ( ? ) und Bd. III, T230, datiert auf 1 3 82 ( ? ) - , kann kaum noch ein Zweifel bestehen, daß auch hier loannes V. angeredet wird. Man ver gleiche die folgenden parallelen Gedanken in den drei Briefen: 1. Garcia bzw. die Mönche werden im Falle seines Wohlwollens den guten Ruf des Kaisers mehren: T214, Z. 6-13; T230, Z. 1 8 - 20; T041 1, Z. 40-49. 2. Sein Lob wird «in allen Städten» gesungen werden: T214, Z. 34; T04 1 1 , Z. 41. 3. Garcia bzw. die Mönche werden Fürsprecher des Kaisers bei Gott sein: T214, Z. 48 -53; T230, Z. 3 7-39; T 041 1 , Z. 29-37. 52-54. 4. Wohltaten, die der Kaiser den Dominikanermönchen erweist, wird Kyd. auch als Wohltaten für seine eigene Person verstehen: T214, Z. 54-56; T 041 1, Z. 52-54 (zur ausgeklügelten Begründung im letzteren Fall s. u., A. 6). 5. Die freiwillige Armut der Dominikaner verdient besonderen Respekt: T230, Z. 5-9; T 041 1, Z. 1 6 - 19. - Die auffallende Betonung der Tatsache, daß der Kaiser sich den Dominikanern bereits mehrfach als hilfsbereit erwiesen habe (T 041 1 , Z. 4- 10. 14- 1 6), läßt vermuten, daß Kyd. seine zweimalige Empfehlung für Garcia nicht vergeblich vorgebracht hatte. Die Mitteilung des Kyd., daß er Thomas von Aquin als seinen Lehrer betrachte (Z. 1 0 - 12), wäre zur Regierungszeit des Kantakuzenos, als Kyd. das Werk des Aquinaten zu studieren begann, noch ein wenig verfrüht, in den achtziger Jahren aber aus der rückblickenden Schau eher berechtigt, wie auch die zusammenfassende Würdigung des Thomas in T 0341, einem Brief, der erwa in die Jahre 1 3 85 - 87 gehört, beweist. Das Gebet der Mönche für die Festigung des Herrscherhauses und gegen die Widersacher des Reiches, das Kyd. dem Kaiser verheißt (Z. 35f.), und die Anspielung auf Unruhen in den Städten (Z. 47f.) passen zudem gut in die Zeit der Auseinandersetzungen loannes' V. mit seinem Sohn Andronikos, in die Zeit des Aufenthaltes Manuels 11. in Thessalonike und die Phase der wachsenden Auseinandersetzungen mit den osmanischen Türken in den 80er Jahren. So ist dieser Brief in einem Winter (Z. 28), sehr wahrscheinlich nach T230 ( 1 3 82), also frühestens Winter 1 382/83, und vor der Abdankung des Kyd. im Sommer 1 3 8 6, oder sogar noch vor dem Tod Andronikos' IV. am 28. 6. 1 3 85 (siehe Bd. III' T307, D) verfaßt. Nach dem Tod des ältesten Sohnes von loannes V. wäre die Erwähnung einer Konsolidierung des Herrscherhauses ohne Anspielung auf dieses Geschehen kaum denkbar. Spätestes Datum wäre also Winter 13 84/85. In diesem Zusammenhang verdient die Tatsache Aufmerksamkeit, daß Kyd. in T314 (Herbst 1 3 8 5 -Sommer 1386) an Rhadenos noch einmal von einem Aufenthalt Garcias in Konstantinopel zusammen mit dem päpstlichen Legaten Paolo Foscari spricht. Diese Gesandtschaft wurde jedoch von loannes V. unfreundlich aufgenommen (T314, Xl). Man könnte daran denken, daß der vorliegende Empfehlungsbrief sich auf diese päpstli che Gesandtschaft bezieht, doch ist hier von einem Legaten nicht die Rede, sondern nur von Dominikanermönchen. Daß Foscari diesem Orden angehörte, ist zudem nicht belegt. Vgl. zuletzt den Artikel Foscari, Paolo in: Dizionario biografico degli Italiani, vol. 49 ( 1 997) 336-338.
1 75
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
IL BKyd: Zur Bezeichnung des Thomas von Aquin als Lehrer des Kyd. (Z. 1 0 - 12) s. o., E. 111. Hss: A 47"-48v, Nr. 4; U 70r_71v, Nr. 87. Iv. 1 W.: wiJ; I1EQÖLXUTOQOL (siel). Gemeint ist der Bettelorden (vgl. Z. 1 6f.) der Dominikaner, lat. Ordo Praedicatorum (0. P.). 2 Zur Bedeutung des Thomas von Aquin für Kyd. s. o., E. 3 Vgl. NTMk 10, 29f. 4 W: el"tL TOÜ l"tuvöiU.lolJ 8EUTQOlJ. Der Vergleich des Jüngsten Gerichtes mit einem öffentlichen Schauspiel ist bemerkenswert. 5 Vgl. NTMt 25, 34. 6 W: TUÜ; ELW8lJLUU; Euxui:�. 7 Kyd. will hier sagen, daß er, weil er den Kaiser zur guten Tat anregte, auch an dessen Lohn Anteil habe, daß aber dieser Lohn letztlich der Bereitschaft des Kaisers zu verdanken sei, die gute Tat auch zu tun. In diesem Sinne sei die gute Tat, die der Kaiser den Mönchen erweise, eine Wohltat auch für Kydones.
0412
-
An den Mönch Ioasaph1
L: 406; OKyd: Konstantinopel; OE: Konstantinopel (?); D: 1 3 8 8/89 ( ? ); wI: Ioasaph hat einen Kodex mit Predigten des Ioannes Chrysostomos, den er selbst von anderen zur vorübergehenden Lektüre erhalten hatte, Kydones leihweise überlassen. Dieser betont seine große Wertschätzung für das Werk des Kirchenvaters, die besondere Qualität der Predigten in dieser Handschrift und sein Bedauern, sie schon zurückgeben zu müssen. Er versichert aber, die kostbaren Worte des Predigers in seinem Gedächtnis zu bewahren, und bittet den Mönch um sein Gebet, daß er sie auch in Taten verwirkliche.
Sehr dankbar bin ich dir für die Freude und den Nutzen, die du mir zugleich beschert hast, als du mir das Buch des bewundernswerten Chry5 sostomos 2 sandtest. Denn ich habe / jenen Mann immer allen, die jemals rhetorisch tätig waren, am meisten vorgezogen und seine Sprache mit der Musik des Lesbiers verglichen, die, wie der Mythos fabelte, in ihrer überragenden Meisterschaft sogar Steine bewegen konnte3; jetzt aber habe ich ihn noch höher schätzen gelernt, als ich las, was du mir sandtest. Denn er, der geradezu alle, die sich als Redner versucht haben, mit dem 10 Strom von seiner Zunge überflutet, zeigte in diesem (Fall) sogar / den Ehrgeiz, sich selbst zu übertreffen, und schien mir mit der bezwingenden Kraft und (gleichzeitigen) Anmut (seiner Sprache) noch herrlicher als ge wöhnlich zu sein. Mit seiner Kunst also hat er, selbst wenn er in Athen und vor einer Runde von Rednern sprach, alle in Erstaunen versetzt und ihre Bedeutendsten dafür gewonnen, bei ihm Unterricht zu nehmen. Wer 1 76
BRIEFE T 041 1 -0412
aber wird den Nutzen beschreiben, den seine Reden den Menschen brach ten? / Führt er doch seine Zuhörer geradewegs zum Himmel und zu sei- 15 nem Herrscher und bewirkt, daß (jedem), der auf ihn hört, das Reich dieses Herrschers zuteil wird. So hast du meine Begeisterung für ihn, die ohnehin bereits heftig war, noch mehr entzündet und ließest mich ihn beinahe (leibhaftig) sehen, ihm zuhören, wie er predigte, seiner Stimme hingegeben lauschen und ihm nahe sein, wie er den Seelen der Zuhörer / 20 die Körner seiner Worte einsäte. Wenn also das Buch dir gehörte, würde ich es noch bei mir behalten, weil ich es nicht ertrage, so schnell auf den Honig verzichten zu müssen. Da aber andere es dir gaben und du wünschtest, auch ich sollte dein Teilhaber sein an dem, was du bewunderst, sende ich es dir zurück, wobei ich jetzt und für immer den Widerhall der goldenen Zunge in meiner Seele als dauernd gegenwärtig besitze. Füge also deinem Geschenk noch einen zweiten Gefallen hinzu und bete / zu Gott und dem Verfasser dieser goldenen Worte, daß 25 unser Gewinn nicht nur bis zur Freude an den Worten reiche, sondern daß diese auch in die Seele eindringen und durch das Tun den Lehrer für seine Ermahnungen ehren. Denn ich weiß, daß diese Frucht auch er selbst, der bewunderswerte Ratgeber, von uns, seinen Hören, fordert. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Der Adressat ist nach Angabe der Edition außer in A in allen Hss genannt, in Hs i allerdings mit der Variante 1:00 xUQoo Lwaaa<j>. PLP 8923 geht von der Identität dieses Ioasaph mit dem von T89 (Bd. 1I2) aus. Die dort erwähnten Reisepläne des Kyd. (Z. 1 7 - 1 9 ) können sich, statt auf die der frühen siebziger (wie ebd., unter D vermutet), auch auf die der späteren achtziger Jahre beziehen. OE: Wohl wie Kyd. in Konstantinopel, da von einer übersendung der entliehenen Hs an einen anderen Ort keine Rede ist. D: Der Brief ist in Heft 7 des Autographen A überliefert, welches mir überwiegender Mehrheit Briefe der Jahre 1 3 8 8/89 enthält (LC 11, XIV). 11. BKyd: Der Brief bezeugt die große Wertschätzung des Kyd. für die Predigten des Ioannes Chrysostomos, die er auch durch ein kurzgefaßtes Enkomion auf den Kirchenvater dokumen tierte (siehe Bd. 111, 67, Nr. 1 . 7. 4). Nicht geringer war die Verehrung, die Kaiser Manuel 11. für ihn zeigte; vgl. seinen Brief LetMan, Nr. 25 an Kyd. Xl: Der unbekannte Eigentümer der Hs, die auch E nicht gehört (Z. 20-22); die Verwendung des Plurals (<
1 77
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
sej) Biblioteki. Cast' pervaja: Rukopisi greceskija, Moskva 1 894 entsprechen. Der Text des vorliegenden Briefes steht in Hs Nr. 213 auf f. 207", in Nr. 252 auf f. 95r• B. L. FonkiclF. B. Poljakov, Greceskie rukopisi Sinodal'noj Biblioteki, Moskva 1993, 78 und 92 datieren Nr. 213 in die ersten Hälfte des 16. Jh.s, Nr. 252 in dessen 70er/80er Jahre. Bei der Auflistung der handschriftlichen Überlieferung dieses Briefes (hier unter Hss wiederholt) hat Loenertz auf die Erwähnung dieser beiden späten Hss verzichtet. IV. 1 In drei Hss (BOi) ist die Anrede des Briefes überliefert, die in der autographen Tradition fast immer fehlt. Sie lautet: TL[lLC nUTEQ (ehrwürdiger Vater). Die Überlieferung dieses Briefes liefert also einen weiteren Beleg für die Tatsache, daß auch Kydones seine Briefe nicht ohne Antede versandte. Dieselbe Anrede ist im Autographen A für Brief L420 (s. u., T 0422) bezeugt. Weitere Beispiele für Anredeformeln am Briefanfang: siehe Bd. 1/1, T89, A.1; Bd. III, T320, A. 2; unten, im Register unter 4.1 (s. v. «Anrede des Briefpartners, am Briefanfang» ). 2 Der Kirchenvater und bedeutende Prediger Ioannes Chrysostomos (353 -407, Patriarch von Konstantinopel 397-403). 3 Bezug auf Terpandros von Lesbos (Mitte 7. Jh. v. Chr.). Siehe Bd. I, T3, A. 5; T13, A. 12; Bd. 11, Tl??, A. 1.
041 3 L : 407; OKyd: Konstantinopel; E: Ein kaiserlicher Beamter; OE: Konstantinopel; D: Herbst 1389-Frühjahr 1390 (?); wI: Der Adressat war damit beauftragt, eine Sonderzuwen dung des Kaisers an seine Beamten zu verteilen und hatte dabei Kydones übergangen. Dieser betont seine einflußreiche Stellung beim Kaiser und droht ihm, ein entsprechender Hinweis werde genügen, daß er seinen Posten verlieren könne.
Du handelst unklug, wenn du mich jetzt zwingst, das Gegenteil von dem zu sagen, was ich früher über dich sagte. Ich möchte nämlich nichts vor bringen, was dir Unannehmlichkeiten bereiten könnte, nicht, weil ich 5 mich / vor dir, sondern vor mir selbst und meinen früheren Worten schäme, die gut und für angesehene Männer nützlich waren; denn durch sie wurden viele dafür gewonnen, deine Freundschaft zu suchen. Dir aber würde jeder raten, nichts zu tun, wodurch ich gekränkt werden könnte, selbst wenn ich darüber schweige; denn ich werde, wie gesagt, deine bisherige Mißach tung - ein anderer würde es Ungerechtigkeit nennen - sanftmütig ertragen 10 und mich mit Worten nicht verteidigen. Wenn du dir aber / weitere Über griffe erlaubst und dein Übermut kein Maß findet, werde auch ich fortan das tun, was gerecht ist und den Gesetzen entspricht: Ich werde es den Kai ser wissen lassen, daß mir allein seine Geldzuwendung vorenthalten wurde. Dann wird er dir sofort sein Mißfallen zeigen und von deiner üblen Gesin178
BRIEFE T
04 1 2-0413
nung überzeugt sein, weil durch deine Schuld die Beschenkten ihm nicht dankbar sind1 . Nichts aber ist für einen Kaiser unleidlicher, als wenn er von seinem Eigentum etwas hergibt und / wegen der Unzuverlässigkeit seiner 15 Diener für seine Gunsterweise (auch noch) getadelt wird. Vielleicht aber wird er dich sogar für einen ungerechten Verwalter (seiner Geschenke) hal ten und sich veranlaßt sehen, j emand anderem die Verteilung zu übertra gen. Dann wirst du deine Trägheit für ein Unglück halten, wenn du zugleich dein Ansehen und deine Einkünfte verlierst. Wird doch, wie alle prophe zeien, der Kaiser so mit dir verfahren, wenn ich ihn über das mir geschehene Unrecht informiere; denn mir schenkt er, wie du selbst weißt, größtes Ver trauen. Das sollte / dir eigentlich bekannt sein, (zumal) wenn du dich daran 20 erinnerst, daß auch meine Fürsprache zu deiner jetzigen Stellung (am Hof) beigetragen hat. Habe ich doch zu einer Zeit, als der Kaiser dir deinen jetzi gen Rang verlieh, diese Entscheidung ausdrücklich gelobt. Hätte ich also damals geschwiegen, (dann) hättest du jetzt weniger Macht, Bedürftige zu übergehen. So vermeide denn solches (Verhalten in Zukunft); bedenke wohl, daß du bei (weiteren) Verfehlungen mit denen zu rechnen hast, die vielleicht gemeinsam mit mir gegen dich vorgehen werden, und / wahre ge- 25 genüber deinem alten Freund die Gerechtigkeit. K 1. OKyd, OE: Am Kaiserhof (Z. I l f. 15f.), zweifellos in Konstantinopel. E: Ein Fiskalbe amter, zuständig für kaiserliche Zuwendungen an Hofbeamte (Z. 15f.), der gegenüber Kyd. seine Befugnis mißbraucht und ihn übergangen hat (Z. I lf.). D: Der Brief steht wie der vorausgehende in Heft 7 des Autographen A, dessen Briefe meist auf ca. 1 3 8 8/89 zu datieren sind. Daß Kyd. auch nach seinem Rückzug in den Ruhestand von Kaiser Ioannes V. Zahlun gen erwartete, beweist T382, adressiert an diesen Kaiser und etwa in den gleichen Zeitraum zu datieren. Es ist in dieser Zeit allerdings kaum zu erwarten, daß Kyd., wie hier (Z. 1 1 1 3 ) , einem säumigen Beamten androht, er werde sich bei diesem Kaiser über ihn beschweren und damit auch Erfolg haben, wenn dieser Kaiser Ioannes V. ist. Daher ist mit Loenertz (zu Z. 1 1 ) zu erwägen, ob es sich nicht um Manuel handeln könnte. In Brief T400 bittet Kyd., falls die Datierung zutrifft, den aus Lemnos zurückgekehrten Manuel um eine Intervention bei seinem Vater in einer Geldangelegenheit. Seine Drohung im vorliegenden Brief drückt eine entsprechende Zuversicht aus. T400 wurde vermutlich einige Zeit vor der Abreise des Kyd. nach Venedig (AprillMai 1390) verfaßt. So gehört auch dieser Brief wahrscheinlich in die Zeit zwischen der Rückkehr Manuels von der Insel Lemnos (Herbst 1 3 8 9 ? ) und dieser Reise. 11. BKyd, BE: S. o., D. Xl: Ein Kaiser, bei dem Kyd. über großen Einfluß verfügt (Z. 1 8f.), was für diese Zeit nur für Manuel Palaiologos zutrifft (s. o., D). III . Hss: A 51rv, Nr. 13 ; U 76rv, Nr. 95. IV. 1 Kyd. will sagen, der Beamte habe ihn durch Übergehung bei der Verteilung der Sonderzuwendung daran gehindert, dem Kaiser dankbar sein zu können.
1 79
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
0414 L : 408; OKyd: Konstantinopel; E : Athanasios, Mönch; O E : Kreta; D: 1 388/89 (?); wI: Tadel, daß der Mönch in seinem vorausgehenden Brief Kydones maßlos lobte und damit die Gesetze der Tugend verletzte; Birte, er möge in zukünftigen Briefen zum rechten Maß zurückfinden. Anerkennung seiner Leistung als Vermirtler griechischer Bildung auf Kreta.
Ich liebe und bewundere alles, was von dir kommt; doch jetzt erging es mir nicht entsprechend auch mit dem, was du geschrieben hast. Denn du bist stets ein Freund der Tugend, weil du sie gleichsam wie andere ihren Be5 rur / dein Leben lang übst. Nichts aber kennzeichnet Tugend so sehr wie die Wahrung des Maßes in allem, was sie sagt und tut. Wenn also jemand Tugend einfach als Ausgewogenheit in jeder Hinsicht definierte, würde er genau (ihr Wesen) treffen. In dem aber, was du mir jetzt geschrieben hast, scheinst du mir nicht in jeder Hinsicht um das Maß besorgt gewesen zu sein. Denn welchen Grund hattest du, mir in deinem Brief soviel an Herrscher qualitäten und Lobesworten, dir selbst aber (nur) Sklavendienst und Unter10 ordnung zu gönnen? Oder wo finde ich / ein Maß bei (deiner) mir darge brachten tiefen Verehrung2, die nach allgemeiner Überzeugung nicht ein mal Kaisern und Satrapen, sondern nur Gott zukommt? Aber auch dein sonstiges übertriebenes Lob hat zweifellos jedes Maß überschritten! Sieh (also) zu, ob du nicht in deiner übermäßigen Bemühung um Demut unverse hens von ihr zu schmachvoller Sklavengesinnung abgleitest; (denn) vor ei ner solchen muß man sich ja nicht weniger hüten als vor Hochmut. In glei15 eher Weise schien ja den Weisen sowohl die / Verachtung aller wie auch die allzu große Demütigung der eigenen Person schmählich zu sein, weil beides der Wahrheit und dem rechten Maß widerspreche. Schreibe also das, was angemessen und wahr ist, und bewahre es dir und mir. Sonst werde ich dich entweder für deine Maßlosigkeit tadeln und dir nicht glauben, was du sagst, oder mich von deinem Lob überzeugen lassen, mich selbst verkennen und in überhöhter Einschätzung meiner Eigenschaften allen unverschämt er20 scheinen. Dann wirst du schuld an dieser / schädlichen Entwicklung sein, weil du mich durch dein unangebrachtes Lob zum lächerlichen Prahler ge macht hast. Darüber also denke nach und besinne dich, wenn du Briefe schreibst, auf das «Nichts zuviel »3. Große Freude aber empfand ich, als ich erfuhr, daß du unter den Kindern der Kreter die Weisheit verbreitest, die du dir selbst erworben hast. Denn wenn du dein eigenes (Wissen) weitergibst, wirst du durch die 180
BRIEFE T 0414-0415
Mitteilung das Erworbene vermehren und deinem Vaterland durch deine / Schüler zu Ruhm verhelfen, weil du ihm gute Bürger schenkst. Denn das 25 erzählte mir der junge Mann, der deinen Brief überbrachte, und er hat wohl reichlichen Gewinn vom Studium bei dir davongetragen. Denn sein Scharfsinn, der für sein Alter ungewöhnlich ist, und sein freundliches We sen erwiesen ihn untrüglich als einen, der von dir geprägt wurde. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E, OE: Der Empfänger lebt auf Kreta (Z. 22), ist Mönch (<
0415 L: 409; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Gegner des Kydones; OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 7/88 ( ? ) . wI: Offene Auseinandersetzung mit der Feindseligkeit des Adressaten.
Dir ist von uns kein Unrecht geschehen, und du hast doch beschlossen, uns zu schaden, als müßtest du dich gegen uns verteidigen. Ein anderer aber hat den Schaden geheilt, indem er dir seinerseits schadete. Ich jedenfalls bin beiden dankbar, / ihm für seine gute Gesinnung, dir aber, daß du mir deinen Charakter gezeigt hast, damit ich fortan weiß, vor wem ich mich hüten muß. 181
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
K 1. OKyd: An seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort. E, OE, D: Vielleicht einer der Wider sacher am Kaiserhof, wie sie Kyd. öfters für etwa 1387/8 8 in Konstantinopel erwähnt (vgl. oben, T354, 355, 357, 358, 359, jeweils BKyd). 11. Xl : Einer, der Kyd. gegen E verteidigt hat (Z. 4). Vgl. den in T 0409 adressierten Verteidiger, dessen Eingreifen Kyd. allerdings zurückweist. III . Hss: A 52', Nr. 15; U 77', Nr. 97.
0416 L: 412; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Mönch; OE: Konstantinopel ( ? ); D: 1 3 8 8/89 ( ? ); wI: Dank für erwiesene Dienste durch ein kurzes fürbitten des Gebet, dessen Text Kydones in diesem Brief mitteilt.
5
10
15
20
Ich wollte dir für die Dienste, die du mir erwiesen hast, auch von mir eine Gegengabe zukommen lassen. Sie besteht in einern kurzen Brief mit einern Gebet, einern Text, der weit hinter deinen Taten / zurückbleibt. Derlei Geschenke sind ja die einzigen, (die) von Menschen, die wie ich nichts anderes (zu tun) vermögen, (zu erwarten sind). Schriebe ich nun an Personen, die mit weltlichen Dingen befaßt sind, (dann) würde ich Gesundheit und Reichtum wünschen \ ich würde Ehre bei den Kaisern und Ruhm in den Städten und auch den Gedanken hinzufügen, daß ihnen dies auf immer verbleiben möge. Dir aber, der du von Anfang an diese (Dinge) als Träume verlacht und dich bemüht hast, die Freuden, die alle zu gewinnen suchen, / wie etwas Widerwärtiges zu meiden, weil du allein auf Gott und das, was die Seele bessern kann, wie auf einen Zielpunkt das Auge deiner Seele gerichtet hast, (dir also) darf man nicht wünschen, worauf die verblendeten Menschen aus sind. Man würde ja auch, wenn man Seefahrern Sturm und schwere See wünschte, ihnen damit keinen Gefallen tun, weil sie gerade darum, daß sie ausbleiben, alle Gott / anfle hen. Solche (Wünsche) also will ich für andere aufheben. Dir aber gebe ich das, was der Vorliebe eines Philosophen2 entspricht. So bete ich denn zu Gott, in deiner Seele Wahrhaftigkeit keimen zu las sen, die dich lehren wird, auf das, was ihm zukommt, zu sinnen, denn ohne sie ist es unmöglich, etwas anderes3 zu vollbringen, was Gott will. Möge er dir auch guten Willen verleihen, dich um die Tugend zu mühen, und wenn etwas dich von außen hindern will, sie zu erlangen, / auch dies mit Leichtig keit zu überwinden. So möge er dir einen Weg, frei von Hindernissen, zum 1 82
BRIEFE T
041 5-041 7
Guten bahnen, damit du auch, wenn du wie Paulus den guten Kampf ge kämpft, deinen Lauf vollendet und den Glauben bewahrt hast, die Krone der Gerechtigkeit von dem gerechten Richter erlangst4 • Nichts Besseres als dies konnte ich dir wünschen, überzeugt, daß es nichts Besseres oder Nützlicheres für den Menschen gibt als dies. / Ich 25 glaube aber auch, daß du selbst dir nichts anderes mehr als dies wünschst, zumal alle wissen, daß dein ganzes Leben darauf ausgerichtet ist. Dies also möge Gott vollenden, dir deine Mühen um die Tugend lohnen und auch uns durch deine Gebete zum guten Leben lenken! K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. OE: Nichts weist darauf hin, daß der Adressat an einem anderen Ort als Kyd. lebt. D: Der Brief steht im 7. Heft, dessen Briefe gemäß LC 11, XIV in der Regel auf 138 8/89 zu datieren sind. 11. BKyd: Der Brief ist ein Dokument der frommen Gesinnung des Kyd. ill . Hss: A 53rv, Nr. 16; U 78rv, Nr. 99. IV. 1 W.: E[J.E[J.vill.J.T]v (ich würde an . . . denken). 2 «Philosoph» (
041 7
-
An Tarchaneiotes
L: 413; OKyd: Konstantinopel; E: Manuel ( ? ) Tarchaneiotes; OE: Konstantinopel (?); D: 1 3 8 8 -90 (?); wI: Zuvor durch andere und dann durch einen Brief des Adressaten hat Kydo nes vom Tod seiner Gattin erfahren, der auch ihn sehr betrübt. Durch Gedanken über die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und die unwandelbare Güte Gottes, die sich bisher auch in seinem Leben erwiesen habe, versucht er ihn zu trösten.
Es gab Personen, die uns von dem (schmerzenden) Pfeil, der dich ge troffen hat1 , bereits vor deinem Brief berichtet haben. Wir sahen sie sofort als Feinde an und untersagten ihnen, Übles zu berichten, weil sie sich, wie ich meinte, / an der Erzählung schlimmer Dinge erfreuten, von denen sie keine sichere Kenntnis hatten. Ein Grund dafür, daß wir sie für diese Reden tadelten, war aber auch, daß wir uns um der Freundschaft willen genötigt sehen, mit dir Angenehmes und auch das Entgegengesetzte zu teilen. Zudem erscheint uns das, was unseren Wünschen entgegensteht, 183
5
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR
10
15
20
25
30
niemals glaubwürdig, und so wollen wir, ebenso wie die betrüblichen Tatsachen (selbst), auch Berichte darüber nicht wahrhaben. Dein Brief aber - / hätte er uns (doch) jene unerfreuliche Kunde nicht bestätigt! Dann wäre unsere eigene Betrübnis nicht auch noch durch dich ver schlimmert worden! So aber gerieten wir, die wir von den anderen bereits ausführlich gehört hatten, welcher Sturm dich umtobt, nun vollends in Schwermut, wie es nur natürlich ist, wenn man sich vorgenommen hat, alles miteinander gemeinsam zu haben. Welchen Trost also erhoffst du dir von (Freunden), die sich ebenso getroffen fühlen wie du selbst und daher für die gleichen Wunden wohl auch gleicher Behandlung bedürfen? / Was könnte man dir zudem noch Neues sagen, was du nicht auch selbst zuvor (schon) wüßtest und denen, die betrübt sind, raten könntest? Wenn dir daher (zum Trost) in deinem Schmerz das bereits Bekannte genügt, wirst du bei dir selbst Linderung finden. Wenn aber dies deine Betrübnis nicht trösten kann, ist wohl auch der Zuspruch von anderer Seite vergeblich. So empfehle ich dir, dich nicht an andere Ratgeber zu halten, sondern den Arzt in deinem Inneren aufzusuchen2, dich auf die frommen Gedanken / zu besinnen, die dir immer schon vertraut waren, dich an das zu erinnern, was du sagen würdest, wenn du mit Worten die Verzagtheit von Freunden, denen Leid widerfahren ist, vertreiben müßtest, und mit den gleichen (Worten), als wären sie (deine) Bundesgenossen, deinen Schmerz anzugehen. Denn diese ( Überlegungen) werden dich lehren, was du ja selbst seit langem weißt, daß man sich nicht wundern oder es für über die Maßen erschreckend halten darf, wenn ein sterbliches (Wesen) stirbt, und auch nicht meinen sollte, es sei etwas Unerwartetes geschehen. / So ergeht es nur denen, die völlig verkennen, daß - wie Heraklit sagt - alles im Fluß ist3, oder aus Schwäche oder wegen ihres Wohllebens vergessen ha ben, was sie (einmal) wußten. Beides sollte auf dich nicht zutreffen, einen Mann, der sich an der Wahrheit freut und ihr nicht zuwider handeln will. Wozu solltest du also lange die Verstorbene beweinen? Wußtest du doch bereits vor deiner Heirat mit ihr genau, daß ihr ein solches Ende beschieden sei4! / (Daher sollte es) nicht (so sein), daß der Schmerz, bevor er (dich) traf, abzusehen war, nun aber, da er sich ereignete, als etwas Uner wartetes beklagt wird, sondern wir sollten, weil wir die Natur kennen und darum wissen, daß unser Sterben zugleich mit unserer Geburt geboren wurde, unsere Gedanken nicht haltlosem Schmerz hingeben, sondern Wi1 84
BRIEF T
041 7
derstand leisten und das Unabänderliche zu ertragen versuchen! Denn es ist widersinnig, wenn wir (zwar) die Leidenschaften zügeln, obwohl sie uns anhaften und ihnen fast alle nachjagen, / nicht aber die Maßlosigkeit der Trauer einschränken, sondern zulassen, daß sie unsere Natur zerstört; (es ist) aber auch (widersinnig), bevor sie über uns kommt, zu ihrer Ab wehr Opfers und Gebete darzubringen, wenn sie uns aber befallen hat, sie wie etwas Nützliches zu bewahren und sie für ein Heilmittel ihrer selbst zu halten. Ein weiser Mann also, der wie du die Natur beobachtet hat, sollte sich von dem, was ihm zustößt, weder schrecken lassen noch sich deswegen in Kummer verzehren, / sondern sogar einen Gewinn aus der Erkenntnis ziehen wollen, daß unvernünftige Trauer nur Schaden mit sich bringt. Der größte Gewinn aber ist es, sich dem zu fügen, der in Weisheit und Güte unser Leben lenkt und immer das will und tut, was jeweils gut für uns ist. Er hätte niemals zugelassen, daß das schmerzliche Geschehen uns betroffen hätte, wenn wir daraus nicht etwas Wichtiges und Nützliches ernten könnten, vorausgesetzt, daß wir nur mit dem, was uns zustößt, gut umzugehen wissen. / Denn weil er gut ist, würde er es niemals ertragen, die Menschen ohne Sinn und Ziel zu plagen; verspricht er doch denen, die gut gelebt haben, ein leidloses Leben6! Aber ich glaube, daß auch er wie die Ärzte gezwungen ist, bei denen, die durch die sanfte ren Mittel nicht gerettet werden wollen, die weniger angenehmen zu ver wenden. Man sollte also davon ausgehen, daß er diese Verordnung nicht zur Bestrafung, sondern vielmehr zur Heilung (erlassen hat) und daß er (uns) kleine Freuden entzieht, damit (wir) / die größeren (um so) sicher(er) genießen können. Daher ist es nicht weniger gerecht, ihm für das Ange nehme wie für das Unerfreuliche zu danken, zumal wenn uns durch den Verlust dessen, was wir zu besitzen glaubten, kein Unrecht geschieht; denn wir haben nichts in die Welt mitgebrachr7 . Wenn aber alle das, was sie besitzen, von Gott haben, wollen wir für die zur angemessenen Zeit (ge schenkten) Freuden dem Geber dankbar sein, es ihm aber nicht verübeln, wenn er sich das Seinige nimmt, zumal uns daraus großer / Nutzen erwächst. Denn es ist ungewiß, ob uns das jetzt so ErWünschte, wenn es uns erhalten bliebe, nicht großen Schaden bringen würde. Sehen wir doch häufiger, wie die Wünsche der Menschen sich in ihr Gegenteil verkehren und wie sie meist durch das, was sie begehrten, zugrunde gerichtet, oft aber durch das, was sie zu meiden suchten, gerettet wurden. So schwierig ist es herauszufinden, was man sich wünschen sollte. So sollten wir auf 185
35
40
45
50
55
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
60
65
70
75
80
den vertrauen, der alles weiß, und seine Entscheidungen annehmen, / überzeugt, daß uns so nicht entgehen wird, was uns frommt. Ich weiß aber, daß du die Sorge um den Haushalt anführen und sagen wirst, daß Haus und Kinder auf eine Hausfrau angewiesen sind und es für einen Mann unerfreulich ist, sich, an das Heim gebunden8 , mit dem, was nicht seine Sache ist, zusätzlich zu befassen. Mag aber dies auch schwierig sein, so doch nur für den, der nicht weiter als seine eigenen Sorgen und das, was er von ihnen zu erwarten hat, denken9 kann. Wenn aber jemand sich und das Seine der weisen VORSEHUNG / anvertraut hat und überzeugt ist, daß Gott vor allen (leiblichen) Eltern aller gemeinsamer Vater und Beschützer ist - daß dies für dich zutrifft, davon sind alle einhellig überzeugt - , ist es da nicht schmählich, so kleinmütig zu sein, so die geöffnete und alles mit Gutem erfüllende Hand1 0 zu verkennen und sich zu beklagen? Davon abgesehen, kannst du auch dich selbst als Beispiel nehmen und daraus Mut schöpfen für das, was du / nach eigenen Worten fürchtest. Denn in frühester Jugend verlorst du selbst deine El tern. Die VORSEHUNG aber sah darin, obwohl du ein Waisenkind warst, kein Hindernis für dich, dir Bildung zu erwerben und auf diese Weise Ruhm zu gewinnen, den Mächtigen geeignet für höchste Aufgaben zu erscheinen, dir Macht und Reichtum zu verschaffen und auch das übrige zu erlangen, was (dem Leben) eines Menschen Glanz verleiht. So ist es recht und billig, daß / Gott dir dasselbe jetzt auch für dein Haus erweist, wenn du nur die Betrübnis wie eine unerträgliche Last abschüttelst und ihm Dank für das, was geschehen ist, aussprichst. Ich bin überzeugt, daß du noch viel mehr andere und schönere Gedanken in dir trägst als diese. Habe ich doch dies gesagt, nicht um einen Unwissen den zu belehren - denn ich habe nicht so schnell das, was ich sagtel 1 , ver gessen - , sondern um dich dafür zu gewinnen, selbst dein Leben in die Hand zu nehmen, den inneren Schatz auszugraben / und ihn reichlich aus zuschöpfen, nicht aber auf die Armut der anderen zu schauen12 . Möge dies also geschehen, und schreibe uns, daß die Wolke sich aufgelöst hat! Denn das wird uns den jetzigen Sturm in ruhige See verwandeln. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. OE, D: Gemäß T394 wohnte Tarcha neiotes seit den späteren 80er Jahren nicht mehr in Thessalonike (das 1 3 8 7 von den Türken erobert wurde), sondern in Konstantinopel. Da der Brief gemäß LC II, XN in Heft 1 des Autographen steht, dessen zeitlicher Rahmen im allgemeinen 1 3 8 8 -90 ist, ist es wahrschein-
186
BRIEF T 0417
lich, daß Tarchaneiotes damals schon in Konstantinopel wohnte, zumal von einem entfernten Aufenthaltsort des Adressaten keine Rede ist. Eine schriftliche Traueranzeige (s. u., Ep) ist auch innerhalb derselben Stadt denkbar. II. BKyd: Obwohl Kyd. den Schmerz des Freundes um seine Gattin zu teilen versucht, zeigen seine Versuche, das Thema der Trauer seines Freundes um die verstorbene Gattin zu versachlichen (Z. 2 8 - 60), daß er selbst, der ehelos lebt, nur begrenzt den Schmerz seines Freundes nachempfinden kann. Doch ist er wohl auch von einer verbreiteten Tendenz der christlichen Theologie - unter dem Einfluß stoischen Denkens - geprägt, Trauergefühle zu unterdrücken. Vgl. zu diesem Thema die Ausführungen von K.-E. Apfelbacher, Selig die Trau ernden. Kulturgeschichtliche Aspekte des Christentums, Regensburg 2002. BE: S. u., Ep. Der Brief enthält außerdem das wichtige biographische Detail, daß Tarchaneiotes bereits in früher Jugend Vollwaise wurde (Z. 70). Xl : Die soeben verstorbene Gattin des Tarchaneio tes (Z. 28 f.). Ep: Kyd. bezieht sich auf einen Brief des Freundes (Z. 9f.), der die Nachricht vom Tode der Gattin, die er von anderen bereits erhalten hatte (Z. 3), bestätigte. ill . Hss: A 2r_3v, Nr. 1; U 1'-Y, Nr. l (der Brief steht in der autographen Sammlung, wie sie heute vorliegt, und auch in der Abschrift des Kalekas an erster Stelle) . IV. 1 W.: 'to ßEAOC; i(.> 'tE'tQwom. 2 W.: 'tov OIXO L �TJ'tf1:v tu'tQov. 3 Dasselbe (nach einem längeren, authentischen vereinfacht formulierte) Heraklit-Zitat verwendet Kyd. in einem früheren Brief (Bd. II, Tl77) an denselben Freund in völlig anderem Zusammenhang. Vgl. die Bemerkungen zum Zitat ebd., A. 8. 4 Kyd. will hier wohl nicht andeuten, daß die Gattin des Tarchaneiotes bereits vor der Heirat an einer schweren Krankheit litt, so daß ihr Tod abzusehen war, sondern er bezieht sich ganz allgemein auf das Todeslos des Menschen, mit dem immer zu rechnen sei. 5 «Opfer darbringen» (8UHV) ist auf die Eucharistie zu beziehen; siehe Bd. ll1, T15, A. 1 0; 112, Register, 660. Die Eucharistie meint wohl auch Anna Komnene ill, 8, 10 mit der Wendung oöiO'tQu 8UfLV XQLO'tLuv01:C; JtQ0mlxoV'tu. 6 W.: ßLOV UAUJtOV. Kein wörtliches Bibelzitat. Es ist an Schriftstellen wie NTApk 21, 4 zu denken. 7 Wörtliches Zitat aus NTl Tim 6, 7; die Edition verweist nur auf ATJb 1, 21 (<
187
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
04 1 8 L: 415; OKyd: Konstantinopel; E: Ein kaiserlicher Beamter; OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 8 -90 (?); wI: Ein gewisser Rhales will sich mit der Ablehnung eines Antrages durch den Kaiser nicht abfinden und verlangt eine klare Äußerung. Kydones, von ihm um Vermittlung gebeten, gibt die Bitte an den Adressaten weiter.
(Rhales)l wußte, bevor er fragte, welche Antworten er erhalten würde. Er weiß aber (dies) nicht, weil er es durch eine Mitteilung erfahren hätte, sondern wurde, was entscheidender ist, durch die Tatsachen selbst be5 lehrt. / Weil es aber sehr schwer ist zu glauben, was man nicht will, gibt auch er sich mit den schreienden Fakten nicht zufrieden, sondern sagt, er müsse auch die Stimme des Kaisers hören, damit er ihm das, was ihn die Erfahrung lehrte, ausdrücklich bestätige. Da er nun mich in dieser Angelegenheit zum Vermittler wählte, bekam er von mir zu hören, daß ich nicht im Ruhestand lebe, um Träume auszulegen. Ich bitte aber dich, an meiner Statt die Mühe auf dich zu nehmen und ihm sein Orakel zu 10 deuten, / da du dich auch (sonst schon) als Ausleger für die Sprüche des Loxias2 bewährt hast, und versuche (den Kaiser)3 zu überreden, daß er seine Mitmenschen nicht mit solchen Rätselsprüchen beschäftige, sondern seine Ablehnung in offener Sprache bestätige. Denn ich glaube nicht, daß man Rhales auf andere Weise veranlassen könnte, einen anderen und viel leicht nützlicheren Lebensweg zu wählen. K L OKyd, OE: Am Ort der kaiserlichen Residenz. E: Ein Mann im Dienst des Kaisers, der besser geeignet ist als Kyd., den Kaiser zu einer klaren Äußerung zu bewegen. D: Jeden falls nach dem Rückzug des Kyd. aus dem kaiserlichen Dienst (s. u., BKyd), also nach Sommer 1386. Die Briefe von Heft 1, in dem sich dieser Brief befindet, sind gemäß LC II, XN auf 1 3 8 8 - 90 zu datieren. II. BKyd: Mit der unfreundlichen Bemerkung Z.8, oux ayw OXOATtv EQf!T]vcUfLV OvcLQU1:a (mit finalem Infinitiv; vgl. Schwyzer II 3 62f.) spielt Kyd. zweifellos auf sein Leben im Ruhe stand an; dazu Bd. III, T3 1 8, BKyd. Der unwirsche Ton erklärt sich wohl aus der Verärgerung des Kyd. über die unrealistische Selbsteinschätzung des offensichtlich für den Hofdienst unge eigneten Bewerbers Rhales (Xl ). Xl : Rhales (Z. 12; vgl. auch A. 1), ein sonst nicht bekann ter Mann (PLP 24055), der sich mit der Ablehnung seines Antrages (wohl auf Einstellung in den Hofdienst, wie aus der Empfehlung Z. 12f. zu erschließen ist, er möge sich einen besseren Lebensweg wählen) von seiten des Kaisers nicht abfinden will und von diesem eine klare Äußerung verlangt. Xl: Ein Kaiser (Z. 6), der dem Antrag des Rhales nicht stattgeben will. Daß es sich um Ioannes V. (und nicht um seinen Sohn Manuel) handelt, ist wegen des ironi schen Vergleichs seiner unklaren Äußerungen mit den dunklen Orakeln des ApolIon (A. 2)
188
BRIEFE T 0418-0419
zu vermuten. Der ironische Ton läßt sich in der Zeit nach seinem Rückzug aus dem Palast dienst plausibel aus der gespannten Beziehung des Kyd. zu diesem Kaiser erklären. III . Hss: A 4", Nr. 3; U 3V-4", Nr. 3 . Iv. 1 Hier fehlt in beiden Hss der Name (<
0419
-
An Nathanael
L: 416; OKyd: Konstantinopel; E: Nathanael, Mönch; OE: Unbekannt, wahrscheinlich nicht Konstantinopel; D: 1 3 8 8 - 90 ( ? ) ; wI: Nathanael hat Kydones einen Brief geschrieben, in dem er ihm sein fürbittendes Gebet zusicherte. Dieser dankt mit. großer Herzlichkeit und bittet um weitere Briefe und Gebete.
Die Briefe, die ich von den anderen Freunden erhalte, können mich (nur) in geringem Maß erfreuen 1 . Die (Briefe) von dir aber und von eini gen, die so wie du sind, bringen (mir) viel / Freude, aber noch mehr 5 Nutzen. (Die Freude) ist (eurer) Freundschaft zu verdanken, (der Nutzen) aber eurem2 (uns) verbürgten unbefangenen Umgang mit Gott, den euch die Entscheidung, nach seinen Gesetzen zu leben, gewährt. So ist es ver ständlicP, mit welcher Freude und welch schönen Hoffnungen du uns mit deinem Brief erfüllt hast. Denn offenbar wünschst du deinen Freun den, weil du sie liebst, auch Gutes und erbittest dies von Gott für die, denen du zugetan bist. Oder sollte einer, der den Auftrag hat, / sogar für 10 seine Feinde zu beten\ nicht auch ein großes Engagement für seine Freunde zeigen? Daher sind wir dir auch dankbar für deinen Brief wie keinem anderen und bitten dich, häufiger zu schreiben, damit auch unser Gewinn, den wir (schon) von deinen Gebeten haben, noch größer wird. Du kannst dich jedenfalls darauf verlassen, daß wir dir zurückschreiben, mögen wir auch nur Erz für Gold erstatten. Doch werden wir dir, so gut wir können, deine Liebe vergelten / und (so) zugleich die Anklage der 15 Undankbarkeit vermeiden. K 1. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Daß der im Titel erwähnte Natha nael Mönch ist, erweist die Anspielung auf seinen vertrauten Umgang mit Gott (Z. 5f.) und
189
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
die Erwähnung seiner Gebete (Z. 8 - 13). OE: Da offenbar der Kontakt zwischen beiden nur brieflicher Natur ist (Z. 1 1 - 13), ist ein Aufenthalt des Adressaten in Konstantinopel weniger wahrscheinlich. D: Vorgeschlagene Datierung gemäß LC II, XIV, Heft l. II. BKyd: Der Brief bezeugt wie auch T0412, 24-27, daß dem alternden Kyd. an fiirbit tendern Gebet eines Mönches viel gelegen war. Er war keineswegs ein Feind des Mönchtums schlechthin, sondern nur der hesychastischen Richtung. Vgl. auch unten, T0420, Z. 3 . Ep: Ein Brief Nathanaels (Z. 7f. 1 1), in dem dieser Kyd. sein fürbittendes Gebet versprochen hatte (Z. Sf.). III. Hss: A 4'v, Nr. 4; U 4', Nr. 4; M 2Sv, Nr. 24. IV. 1 W.: �EXQL<; OA(Yll<; iJöovfj<; TTjV XUQLV taT
0420
-
An Tarchaneiotes
L: 417; OKyd: Konstantinopel; E: Manuel ( ? ) Tarchaneiotes; OE: Thessalonike ( ? ); D: Vor 1387 ( ? ). wI: Einige unleidliche Mönche haben David, den Briefboten des Tarchaneiotes, an einem Besuch bei Kydones gehindert; er hat den Brief aber auf Umwegen doch erhalten. In jedem Fall sei David zu tadeln, der sich auch sonst als unzuverlässig und habgierig erwiesen habe. Tarchaneiotes erhält Ratschläge, wie er sich beim Kaiser mit einem Anliegen durchset zen könne.
Einige Mönche - denn man soll nicht schlechthin alle verurteilen1 vor allem die, welche ihren sogenannten Gehorsam in den Städten zur S Schau stellen, / tragen nicht nur eine von der unsrigen völlig abweichende Kleidung, sondern auch ihr Tun und Handeln ist dem unsrigen ganz und gar unähnlich. Denn uns genügt es, wenn jeder das Seinige tut, und wenn uns nur dies gelingt, so halten wir jede weitere Betriebsamkeit für ver werflich2. Sie aber mischen sich in alle Angelegenheiten des Lebens ein und zeigen den Ehrgeiz, überall dabeizusein und in öffentlichen und pri10 vaten Angelegenheiten mitzumischen. / Sie verkünden (zwar) Beschaulich keit und geben vor, sich aus dem Getriebe der Welt zurückzuziehen, befas sen sich aber mit so wichtigen Angelegenheiten, daß sogar Kaiser damit ihre Schwierigkeiten hätten. Von ihnen wurde dein Bruder, wie du ihn nennst, der gute David, gehindert, uns den Brief zu geben und uns auszu190
BRIEFE T 0419-0420
richten, was du ihm aufgetragen hattest, weil er offenbar etwas anderes tun sollte, was (angeblich) wichtiger war als dein Auftrag. So ist er jetzt schon zwanzig Tage in der / Großen STADT und hat sich bei mir noch nicht sehen lassen. Allerdings habe ich den Brief erhalten, weil ihn mir zufällig jemand anderer aushändigte. Dieser aber war (schon) der vierte nach David, den er, wie er beteuerte, nie gesehen hatte3. Als ich nun nach (David) suchte, um zum Thema deines Briefes Genaueres zu erfahren, hörte ich, er habe es gestern so eilig gehabt abzureisen bzw. davonzuflie hen, daß er, ohne (noch) jemandem Lebewohl zu sagen, davonhastete, obwohl zu der Zeit Gott einen heftigen Regenguß ausbrechen ließ, / so daß alle notgedrungen zu Hause blieben. Aber nicht nur das ist ihm vorzuwerfen, daß er sich weder sehen ließ, noch den Brief aushändigte, sondern er ließ sich auch ein kaiserliches Privileg, das einem Nonnenkonvent auf meine Bitten hin gewährt worden war, vom Sekretär aushändigen und reiste mit diesem ab, anscheinend, um (es den Nonnen persönlich zu überbringen und) ihnen (damit) zu demonstrieren, welche Macht er beim Kaiser habe, zugleich aber auch in der Hoffnung, von ihnen etwas für seinen angeblichen Einsatz in ihrer Angelegenheit zu bekommen. Denn / diese wackeren Leute, die unseren Staat erhalten4 , nehmen Spenden von ihrem Sündenkatalog aus und er klären, daß Tugend auch Belohnung verdient habe, damit ihnen «nichts ohne Ehrengeschenk» bleibes. Einen solchen Sachwalter deiner Angele genheiten hast du uns gesandt. So brauchst du dich nicht zu wundern, wenn auch ich dir nichts Sicheres schreiben kann. Das kannst du dir erst erhoffen, wenn ich den wackeren6 David getroffen habe, von dem ich j a nach deinen eigenen Worten / erfahren soll, was dein Wille ist. D u solltest jedoch jenem (Mann lieber) nicht alles anvertrauen und auch nicht glau ben, daß meine Worte dir auf der Jagd nach dem, was du vom Kaiser erbittest, eine ausreichende Hilfe sind. Vielmehr solltest du dem Kaiser in einem persönlichen Schreiben deine Wünsche mitteilen, damit er mich nicht für einen Schwätzer hält, weil ich ihm, während du dich in Schwei gen hüllst, (die Sache) allein vortrage, als wollte ich dich mir dadurch zu Dank verpflichten. Dieses Gesetz gilt jedenfalls für die, welche beim Kaiser / etwas Gutes für sich erreichen wollen. Die von dir mit wenigen Worten vorgebrachte Schmeichelei hingegen, mit der du bereits gewonne nes Spiel zu haben glaubtest, wird dir wohl keine Gunst einbringen; (denn Menschen dieser Art) glauben (ja), jedes Lob bleibe hinter ihren Leistun191
15
20
25
30
35
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
40
gen zurück, zumal sie täglich viele und viel ansehnlichere Lobpreisungen als die deinen von vielen zu hören bekommen. / Du mußt also an den Kaiser in deiner Angelegenheit einen deutlich formulierten Bittbrief schreiben - ein anderer würde (sogar) sagen, daß auch Taten erforderlich sind - , wenn wir in der Angelegenheit etwas erreichen wollen. K 1. OKyd: Der Brief setzt voraus, daß Kyd. sich in der Nähe der kaiserlichen Residenz, also in Konstantinopel befindet. OE: Der Briefbote David, der Kyd. einen Brief von E überbringen sollte, weilt nur vorübergehend in Konstantinopel (Z. 14f.). Er wurde also an einem anderen Ort von Tarchaneiotes beauftragt, wahrscheinlich in Thessalonike, wo Tar chaneiotes in den meisten Briefen als wohnhaft bezeugt ist. Wenn es aber zutrifft, daß er seit den späten 80er Jahren (seit der Eroberung Thessalonikes durch die Tiirken 1387) in Konstantinopel wohnte (s. o., T394, OE; 0417, OE), muß der Brief vor dieser Zeit geschrie ben sein (s. u., D). D: Der Datierungsrahmen des Heftes 1, dem der Brief angehört, ist gemäß LC H, XIV 1 3 8 8 -90, evtl. bis 1393. Die Überlegung unter OE läßt aber Zweifel aufkommen, ob vorliegender Brief später als 1 3 8 6 datiert werden kann. Nur bis zu diesem Jahr ist, wegen der Eroberung Thessalonikes durch die Türken im Friihjahr 1387, ein Aufent halt des Tarchaneiotes in Thessalonike noch wahrscheinlich. Das wiirde aber bedeuten, daß es sich bei dem erwähnten Kaiser um Ioannes V. und nicht um Manuel H. handelt. Auf Ioannes V. würde auch besser die ironisch gefärbte Bemerkung Z. 3 5 - 3 9 über die hohen Anspriiche der Herrscher an das Kaiserlob passen, die Kyd. sich mit Bezug auf den von ihm so sehr verehrten Kaiser Manuel wohl kaum erlaubt hätte. Dann müßte allerdings auch der in demselben Heft überliefette Brief T04211L419 an Tarchaneiotes auf die ftüheren Jahre umdatiert werden (s. u., T0421, D). H. BKyd: Der Brief ist ein wichtiges Zeugnis für die von Kyd. geübte Kritik an den ortho doxen Mönchen (Z. 3 - 13 . 24-27). BE: Hier ist nur von einem Anliegen des Tarchaeiotes an den Kaiser, nicht aber von dessen Inhalt die Rede; siehe aber T0421, BE, A. 1 . Xl : David, gemäß Z. 12 von Tarchaneiotes «Bruder» genannt, wohl in seiner Eigenschaft als Mönch, die aus der Bemerkung Z. 24-27 zu erschließen ist, war von diesem beauftragt, Kyd. einen Brief auszuhändigen und ihm eine Nachricht zu übermitteln, ließ sich aber von beidem durch Mönche in Konstantinopel, die ihm eine andere Aufgabe zudachten, abhalten (Z. 12- 14) und reiste nach zwanzig Tagen geradezu fluchtartig ab, ohne sich bei Kyd. auch nur einmal blicken zu lassen (Z. 14f. 1 8 -20). Er hatte aber eine durch Vermittlung des Kyd. für ein Nonnenkloster ausgestellte kaiserliche Privilegienurkunde im Gepäck (bei DöReg nicht zitiert), die er sich beim Sekretär des Kaisers beschafft hatte, um sie den Nonnen (in Thessalonike? ) in der Hoffnung auf Anerkennung und Belohnung persönlich zu überbringen (Z. 2 1 - 24). X2: Der kaiserliche Sekretär (YQal-l!W,E'\J�), der David das Privileg aushändigte (Z. 21 -23). X3: Ein Kaiser, von dem Tarchaneiotes etwas erbitten möchte (Z. 3 1 . 34. 39), wahrscheinlich Ioannes V. (s. o., D). Vgl. aber auch den folgenden Brief. Ep: Ein Brief von Tarchaneiotes an Kyd., der diesen wegen der Unzuverlässigkeit des David (Xl) erst spät und durch mehrere Vermittler erreichte (Z. 1 2 - 1 7). ill . Hss: A 4v_y, Nr. 5; U 4v_ 5r, Nr. 5. IV. 1 Vgl. oben, T 0419, BKyd.
1 92
BRIEFE T 0420-0421
2 Vgl. PlPlta 433a: TO Ta a1JTOÜ Jl{HlnfLV xai 1lT] JtoAuJtQaYf,LOvfi:v ÖLxmomJVTJ Ecn(V (das Seinige tun und nicht in vielerlei Hinsicht betriebsam sein ist Gerechtigkeit). Siehe auch oben, T380, A. 1 . 3 Kyd. will sagen, daß der Brief durch mehrere Hände ging, bis er ihn erhielt. 4 Wohl ironische Kennzeichnung der Mönche, die sich darauf etwas zugute ihre Gebete den Staat zu erhalten.
tun,
durch
5 W: Lva W!ÖEV alJToi:1; aYEQwJ"toV n. Anspielung auf die Befürchtung des Agamemnon im Streit mit Achilleus, im Heer der Griechen «als einziger . . . ohne Ehrengeschenk » zu bleiben» (Homli 1, 1 1 9). Dieselbe Anspielung auch oben, T375, A. 10. 6 Kyd. nennt ihn Z. 1 2 den «guten» (xaM<;), hier den «wackeren» (XQ1]cn6<;) David, beide Male natürlich ironisch.
0421
-
An Tarchaneiotes
L: 419; OKyd: Konstantinopel; E: Manuel ( ? ) Tarchaneiotes; OE: Thessalonike ( ? ) ; D: Vor 1 3 8 7 (?), bald nach 0420; wI: Bericht über erfolgreiche Fürsprache beim Kaiser in einer Angelegenheit des Adressaten.
Es zeigte sich, daß der gute Aplesphares kein Nachahmer des David ist, sondern als ein Freund sich (auch) wie ein Freund verhält. Denn als er eintraf, sagte er mir alsbald, was du durch meine Vermittlung / beim Kaiser erreichen willst. So stand ich ihm nicht nach, sondern ließ den Kaiser unverzüglich wis sen, was er mir mitgeteilt hatte, und (fügte hinzu), daß es nicht gerecht sei, das, was dir zustehe, der Auszahlung\ die der Soundso erhalte, zuzuschla gen. Der Alleredelste ging mit Freuden auf den Vorschlag ein und sagte: «Auch wenn ihr ihn nicht erwähnt hättet, hätte ich niemals den Tarchaneiotes vergessen. So soll auch keinem anderen (etwas) zukommen, was ihm ent zogen wird. » 2 Fasse also Mut, denn was dir zusteht, wird dir erhalten blei ben. / Jedenfalls sagte dies der Kaiser, der nichts widerruft oder täuschend ankündigt, was er (einmal) mit dem Nicken seines Hauptes bestätigt3 . K
I. OKyd: Im Bereich des Kaiserhofes, zweifellos in Konstantinopel.
OE: S. u., D.
D:
Der Brief nimmt auf die in T0420 gerügte Unzuverlässigkeit des David Bezug und muß daher bald nach diesem Brief verfaßt sein. Ein zweiter Bote des Tarchaneiotes hat sich besser be währt als David, und so kann E diesmal mit dem guten Ausgang seines Anliegens beim Kaiser rechnen. Die Briefe T04201L4 1 7 und 042 11L419, die in der Edition ohne Angaben für OKyd, OE und D stehen, setzen also allem Anschein nach voraus, daß Tarchaneiotes sich noch in Thessalonike und noch nicht in Konstantinopel (wie zur Zeit von T3941L423 und wohl auch T04171L4 1 3 ) aufhält, und sind entsprechend früher zu datieren, in die Zeit vor Sommer 1 3 8 6, als Kyd. noch im kaiserlichen Dienst war (BKyd).
193
5
10
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR TI. BKyd: Kyd. erweist sich in der Angelegenheit seines Freundes beim Kaiser als zuver lässiger Vermittler (Z. 5 - 7). BE: Tarchaneiotes versucht durch Vermittlung des Kyd. zu verhindern, daß eine Summe, die ihm zusteht, an eine andere Person (X4) ausgezahlt wird (Z. 4-9). Xl : Aplesphares, der dem Kyd. im Auftrag des Tarchaneiotes dessen Anliegen zuverlässig schilderte (Z. 3 - 5 ; PLP 1 1 68, nur hier erwähnt). X2: David (Z. 3 ) , Mönch
(s. o., T0420, Xl); in T 0420 und hier (Z. 3) wegen Unzuverlässigkeit getadelt.
X3: Ein
Kaiser, wegen des angenommenen Zeirrahmens Ioannes v., der sein Wohlwollen für Tarcha neiotes betont und bereit ist, das von diesem gerügte Versehen zu korrigieren (Z. 5 1 1 ) . X4: Der " Soundso » , wohl ein hoher Beamter am Kaiserhof, dem widerrechtlich eine dem Tarchaeiotes zustehende Zahlung zufallen sollte (Z. 6f. ) . III. Hss: A Sv, Nr. 7; U 5rv, Nr. 6; L129v - 13 0', Nr. 1 8 ; Gruppe H , N L 8 . IV. 1 W. : OWQEa. E s handelt sichn u m eine Geldzuwendung, die offenbar ein Hofbeamter
eingesrrichen hatte. 2 W.: Loenettz kennzeichnet die Worte des Kaisers bis hier als wörtliche Rede. So wird auch hier übersetzt. Aber das letzte Kolon ouO' E-tEQqJ XUQl-Ela9m "tT]v E%cLVO\J �TJf-l(uv kann grammatisch nur als indirekte Rede verstanden werden, die von dem vorausgehenden Eepua %EV abhängig ist. Während eine solche Mischung von direkter und indirekter Rede im Grie chischen nicht ungewöhnlich ist (Schwyzer TI 637f.), kann sie in der deutschen übersetzung nicht nachgeahmt werden; daher im Deutschen Fortsetzung des Satzes in direkter Rede. 3 W: of, f-lTJOEV nUALvaYQE"tOv ouO' cmu"tTJAOv ÖTIL %EV %EepUAft %U"tuvEuau. Vgl. HomIl 1, 526f. (dort als Aussage des Zeus in der ersten Person). Ein Zeuszitat wird hier also nicht ohne feine Ironie auf Ioannes V. bezogen.
0422
-
An den Mönch Theodoritos
L: 420; OKyd: Konstantinopel; OE: Unbekannt; D: 1 3 8 8 -90 ( ? ); wI: Der Adressat hat Kydones gebeten, ein Zitat aus einem nicht näher bezeichneten theologischen Text zu deuten. Dieser erklärt sich für nicht kompetent, sieht aber doch eine Chance, mehr sagen zu können, wenn ihm Verfasser und Kontext der Passage mitgeteilt werden.
5
10
Ehrwürdiger Vater1 ! Du solltest, weil du ein Freund des Wortes, mehr aber noch ein Freund der Weisheit2 bist, wie es scheint, und zugleich ein Efforscher und Schöpfer feinerer Begriffe, einen Mann finden, / der ähnlich wie du weise und nicht unerfahren in den göttlichen Dingen ist, damit dieser dir die Schwierigkeiten deiner Theoreme3 auflöse, nicht aber mein Wissen für geeigner halten, dich von den Aporien zu befreien. Es ist (ja) nicht ein mal genügend vorbereitet, alltägliche (Fragen) zu lösen. Daß ich dies aber nicht ironisch4 meine, dafür folgt alsbald der Beweis. Zu der Frage, die du mir gestellt hast, kann ich dir nichts Passendes sagen, j a, nicht einmal einem, der im Rufe steht, weiteres / neugieriges Forschen aufgegeben zu 1 94
BRIEFE T 0421-0422
haben, weil er das Gesuchte schon (gefunden) ha�. Daher muß ich gemein sam mit dir einen Hierophanten6 suchen, der uns beide wegen des Umher irrens bedauert und uns ein Licht leuchten läßt, die Wahrheit zu finden. Allerdings müßtest du uns, wenn du erwartest, von mir7 etwas darüber zu hören, den Verfasser des Kapitels kundtun, aber auch zeigen, in welchem Zusammenhang / er jenes Rätsel8 vorbrachte, und die einleitenden und die folgenden Worte der zitierten Passage (mitteilen). Wenn diese Dinge be kannt sind, kann man vielleicht orakeln, wie das Rätsel zu lösen ist. K
1. OKyd: Kyd. befindet sich an seinem gewohnten Aufenthaltsort. E: Der Adressat ist sonst nicht bekannt. OE: Er hat seine Frage (Z. 9) vermutlich schriftlich gestellt (s. u., Ep), kann sich also in Konstantinopel oder anderwärts aufbalten. D: Gemäß der Liste LC II, XIV steht der Brief in Heft 1, für welches als Zeitrahmen 1388 -90 (evtl. auch 1393) angege ben ist. II. BKyd, BE: Kyd. zeigt im ganzen wenig Interesse an der spe.kulativen Frage des Adressaten. Doch weist er ihn dann doch darauf hin, daß die Diskussion über eine Textpas sage nur sinnvoll sei, wenn ihr Verfasser bekannt sei und sie in vollem Wortlaut und in ihrem weiteren Kontext zitiert werde. Ep: Die Anfrage erfolgte brieflich, denn Kyd. bezieht sich nicht auf ein vorausgehendes Gespräch. II1. Hss: A Sv, Nr. 8; U 6rV, Nr. 8; 0 274rv, Nr. 1 0; i 1 68rv, Nr. 1 0 . Ed: BoissAnNov 324. IV. 1 Zur Anrede vgl. oben, T0412, A. l. 2 Versuch, das Wortspiel (Paronomasie) <j>LAOAOYOV - <j>LAoao<j>ov nachzuahmen: Die Wiedergabe mit « Philologe» und « Philosoph» wäre auch möglich, aber « Philologe» wird heute anders verstanden. 3 W: EV 1;OLe; 8EW Q tl flUmv. Theorem: eine theologisches oder philosophisches Problem. 4 Der ausdrückliche Ausschluß von Ironie im Zusammenhang mit der bescheidenen Be teuerung der eigenen Inkompetenz ist interessant, weil diese Bescheidenheit auch sonst nicht immer deutlich von Ironie zu unterscheiden ist; siehe z. B. T372, Z. 41, wo Kyd. sich selbst für unbedeutend erklärt. 5 W: . . . ovÖ' oIov uXOUaUV1:L mü JtEQumtQw JtoAUJtQ UYflOVELV uJtoax€a8m we; UV �ÖT] 1;0 �T]1;OUflEVOV EX0V1:L. So wie übersetzt verstehe ich jedenfalls die schwierige Passage (die Dative sind wie auch aOL abhängig von dem vorausgehenden A€YELV) und deute sie so: Kyd. gibt an, so wenig Ahnung von der Sache zu haben, daß er nicht einmal mit einem, der die Frage schon gelöst hätte, vernünftig darüber reden könnte. Diese überspitzte Ablehnung nimmt er aber im folgenden doch zurück, wenn er um genauere Angaben birtet. 6 Eigentlich der Priester der Eleusinischen Mysterien. Als Interpret theologischer Fragen wird hier nicht ohne ironischen Unterton ein « Hierophant» gesucht. 7 Hier bezieht Kyd. kurz nacheinander zuerst EflOÜ (Singular), dann �flLV (soziativer Plural) auf sich selbst, was die Übersetzung gemäß Bd. I/l, 84 auch in diesem Fall wörtlich wiedergibt. 8 W: 1;0 YQC<j>ov. Kyd. schreibt dieses Wort im Autographen mit Akut, die Edition setzt den gebräuchlichen Zirkumflex. Tb YQL<j>OV (bei LSc nur: 6 YQL<j>Oe;), ist mit der Bedeutung « Rätsel» belegt in: TrappLex II 330.
195
15
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
0423 - An Astras L: 422; OKyd: Konstantinopel; E: Michael Synadenos Astras, Sohn des Georgios Synade nos Astras; OE: Lemnos ( ? ) . D: 1 3 8 8 - 90 ( ? ); wI: Kydones entschuldigt sich, dem Sohn seines verstorbenen Freundes bisher nicht geschrieben zu haben. Er möchte nun eine Korre spondenz mit ihm eröffnen und hofft auf Vergebung für sein bisheriges Schweigen.
5
10
15
Ich gebe zu, es war ein Unrecht, daß ich bis jetzt zögerte, Dir zu schreiben, obwohl es (so) viele gerechte (Gründe) gibt, die mich dazu hätten bewegen können 1 . Deine noble Gesinnung könnte ja sogar den Gleichgültigsten dazu gewinnen, dein / Lobredner und Freund zu werden! Außerdem weiß ich von dir, daß du dich an meinen Briefen, die ich an andere sandte, erfreu test und zu ihrer Verlesung eine Zuhörergemeinde zu versammeln pfleg tesr2, die schönen Worten angemessen war, so daß du es auch verdient hät test, von mir persönlich Briefe zu erhalten. Zudem könnte ich deinen Vater, der alle bei uns durch seine Kenntnis in städtischen Angelegenheiten übertraf, wohl kaum vergessen; zeigte er mir doch / höhere Verehrung und Zu neigung, als (man sie von) Geschwistern (erwarten kann). So schäme ich mich denn, und weil ich glaube, daß mein langes Schwei gen die Anklagen gegen mich täglich vergrößert, ändere ich mein Verhal ten und beginne eine Korrespondenz, für deren bisheriges Ausbleiben du mir mit Recht Vorwürfe machen könntest. Ich möchte aber wünschen, daß nun nicht auch du - weil ich erst mit dem Schreiben begann, als ich wegen meines fehlerhaften Verhaltens getadelt wurde - mein Verhalten durch Schweigen nachahmst, / sondern mir das Frühere verzeihst und meine späte Bereitschaft durch Briefe honorierst. Wenn du nämlich jetzt aus Rache schweigen willst, werde ich dein Ankläger sein, weil ich zuge geben habe, zuvor unrecht gehandelt zu haben. K I. OKyd: Zweifellos an seinem gewohnten Aufenthaltsort.
E: Weitere Angaben zu seiner
Person: PLP 1599. Dort auch sein urkundlich bezeugter Vorname Michael. Zu seinem Vater s. u., Xl. OE: Der Aufenthaltsort ist nicht genannt, doch teilt PLP mit, daß Michael Astras die Güter seines Vaters auf Lemnos erbte.
D: Gemäß LC II, XIV wird Heft 1, in dem dieser
Brief steht, auf 1 3 8 8 -90 datiert. II. BKyd, BE: Die Erinnerung an die Freundschaft mit seinem 1366 verstorbenen Vater (Xl) und die Nachricht, daß er seine Briefe in einem literarischen Zirkel verlesen läßt (s. u., Ep), bewegen Kyd., mit dem jungen Mann Kontakt aufzunehmen. Xl: Der Vater des Adressaten, Georgios Synadenos Astras, den Kyd. wegen seines «Wissens um die Städte» (Astras war Architekt) und seiner freundschaftlichen Zuneigung lobt (Z. 8 - 1 0). Zur Person
196
BRIEFE T
0422 -0424
siehe Bd. IIl, 250- 254; PLP 1 59 8 . Ep: Briefe des Kyd. an andere Personen, die Astras in seinem Zirkel verlesen läßt (Z. 5 - 7). III. Hss: A 6v, Nr. 10; U 8r, Nr. 1 0. IV. 1 Im folgenden zählt Kyd. diese Gründe auf. 2 W. : "tuu"tm� 8€u"tQOv JtEQllO"ta�. Der terminus technicus «Theatron» wird hier mit «Zu hörergemeinde» wiedergegeben. S. o., Bd. III, Register, 334, s. v. Zirkel, literarischer.
0424
-
An Ioannes Asanes
L: 423; OKyd: Konstantinopel; OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 8 -90 ( ? ) , am 27.128. 1 . oder 13.114. 1 1 .; wI: Verärgerte Reaktion auf eine erneute Enttäuschung durch einen unverbesserli chen Leichtfuß. Anstatt mit seinem Onkel am nächtlichen Gottesdienst zu Ehren des hl. Ioannes Chrysostomos teilzunehmen, ist Asanes sehr wahrscheinlich auf die Jagd gegangen. Aber noch hofft Kydones, ihn von seinen banalen Interessen ablenken und vom Wert geistiger Betätigung überzeugen zu können.
Ob du, wie geplant, auf die Jagd gehen konntest, weiß ich nicht. Da du aber viel Gutes versäumt hast, als du / gestern nicht auf mich hören wolltest, würde ich dies mit ziemlicher Sicherheit behaupten. Wenn du also erfahren willst, was (dir entgangen ist), höre mich an. Ich bat dich, deinen Onkel mitzunehmen und zu kommen, um das Nachtgebet1 in der größten und zugleich schönsten Kirche2 zu erleben und damit zugleich das Gedächmis des heiligen und goldenen Vaters3 zu ehren, dort eine Vielzahl von Freunden zu treffen und dich mit ihnen zusammen gebüh rend zu erfreuen. Der erste meiner Vorwürfe / (gegen deine Entscheidung), dich (der Feier) zu entziehen, ist, daß du die Bitte eines nicht ganz unbe deutenden Mannes mißachtet hast, dann aber auch die eines Freundes, den du nach deinen eigenen Worten allen anderen vorziehst4 • Aber auch Chrysostomos war von der Mißachtung betroffen, ein Mann, den wohl nur Gott in würdiger Weise ehren kann. Nicht allein dich aber, sondern auch deinen Onkel hast du um die Festfeier gebracht, obwohl du doch in jeder Hinsicht zu seinem Wohl beitragen solltest. Du hast aber (noch) zusätzlichen Schaden angerichtet, / weil du durch deine Weigerung teilzunehmen auch ihn, der teilnehmen wollte, (daran) gehindert hast - wie (seinerzeit) die PharisäerS. Denn von mir will ich schweigen, nämlich da von, daß auch ich es nicht ertrug, ohne euch das Fest zu begehen. Jeden falls war auch ich ein Betroffener. Von den Genannten also war jeder betrübt, weil er wegen deines Fernbleibens (die Feier) versäumte6. Es 197
5
10
15
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
20
25
30
schließt dich aber von jeder Nachsicht aus, daß du all diesen (wichtigen Dingen) einen einzigen Hasen vorzogst, den du noch nicht einmal gefangen, sondern - wie / lächerlich! - dir nur erhofft hattest. So gut weißt du, welche Sache man gegen welche andere austauschen sollte! o du ausgemachter Leichtfuß, der sich selbst vernachlässigt und den Dingen, die ihm nützen könnten, ausweicht, als ob sie ihm schaden könn ten, da aber, wo gescherzt wird, die Sache ernstnimmr7! Nachdem du nun genug gegen ängstliche Tiere gekämpft hast8, halte es nun für an der Zeit, fortan von ihnen deinen Eifer auf Menschen zu lenken, deine allzu große Betriebsamkeit ihrer / Eigenart und ihren Taten zuzuwenden und eifrig dar auf bedacht zu sein, wie man lernen kann, einen guten Menschen zu erja gen, was ich niemals müde werde, dir zu raten. Denn wenn du so das beste und stärkste Lebewesen zu bezwingen lernst, wirst du selbst ein Freund der Besten und der Beste sein und von allen Lob zu hören bekommen. Wenn dich aber nach einem Festschmaus gelüstet, wirst du einen solchen genießen können, wie dir nicht einmal einer geboten würde, / wenn du alle Tiere erja gen und dir aus ihnen ein Mahl bereiten würdest. Solltest du diese Lehre annehmen, wirst du vielleicht einmal die Spuren Gottes verfolgen9, und wenn du ihn findest, wahrhaft glücklich sein. K I. OKyd, OE: Kyd. und Asanes halten sich an einem und demselben Ort auf, wo sich die « größte und schönste Kirche» befindet (A. 2), zweifellos in Konstantinopel. D: In Z. 7 - 9 ist eine nächtliche Feier (Pannychis, s. u" A. 1 ) zu Ehren des hl. Johannes Chrysostomos erwähnt, an der E nicht teilgenommen habe. Loenertz nimmt an, daß sie sich auf das Fest des Heiligen am 27. Januar bezieht. An diesem Tag wird die übertragung seiner Reliquien im Jahr 438 gefei ert. Man könnte aber auch an sein Fest am 1 3 . November denken. Da die Pannychis in der dem Festtag vorausgehenden Nacht gefeiertwurde, ist der Brief entsprechend auf den der Nacht fol genden 27. Januar bzw. 1 3 . November zu datieren. Die vermutete Zeitspanne für die Jahresda tierung ist die des Heftes 1, dem dieser Brief angehört (LC TI, XIV). TI. BKyd: Die Verärgerung des Kyd. über eine geplatzte Verabredung ist unmittelbar spür bar und läßt den Brief recht lebensnah erscheinen. BE: Der Adressat ist aus anderen Briefen des Kyd. als Leichtfuß gut bekannt, seine Begeisterung für die Jagd (Z. 4f. 1 8 -20. 23. 29f.; Ha
senjagd, Z. 19 und A. 8) insbesondere aus Bd. TI, T 0228; Bd. m, T239. Xl : Ein Onkel des Ioannes (Z. 6. 1 3 ) , den Kyd. zusammen mit Ioannes zur Teilnahme an der Pannychis eingeladen hatte. Loenertz denkt an Konstantinos Asanes, den Adressaten von L426. Dies ist aber auszu schließen, da Konstantinos wohl eher ein Bruder des Ioannes war; vgl. PLP 9 1 3 71 (wo auch der hier genannte Onkel von Konstantinos Asanes unterschieden wird) und Bd. 111, T43, BE, 268f. TI!. Hss: A 7"", Nr. 1 1 ; U 8'_9v, Nr. 1 1 .
Iv. 1 W : ltavvvX(Öa, Eine Pannychis ist in der ostkirchlichen Liturgie ein Nachtgebet zur
Vorbereitung auf ein hohes Kirchenfest,
198
1
BRIEFE T 0424-0425
2 Wohl die Hagia Sophia, nicht die Apostelkitche. 3 Ioannes Chrysostomos; vgl. Z. 12f. Siehe auch oben, T0412, A. 2. 4 Anspielung auf diese Beteuerung auch Bd. III , T239 (ca. 1 3 8 3 verfaßt), Z. 12f. 5 Hier ist der Vorwurf gemeint, den Jesus gegen die Pharisäer erhob, sie hätten den Men schen das Himmelreich verschlossen, denn sie würden selbst nicht eintreten (ELOEAeEIv, was oben, entsprechend dem Zusammenhang mit «teilnehmen» übersetzt wird) und die, welche im Begriff seien einzutreten, nicht eintreten lassen (NTMt 23, 13; Variante: NTLk 1 1, 52, wo statt vom Himmelreich von der (wahren) Erkenntnis die Rede ist). 6 W.: aVE1J OOÜ flT] ·Wxwv. 7 Asanes nimmt die Jagd ernst, die nach Meinung des Kyd. keine so ernstzunehmende Sache ist. Zur Anspielung auf die platonische Antithese ScherzIErnst (1ta�ELv/o1t01JÖa�ELv) s. o., T363, A. l. 8 Ironische Anspielung auf die Hasenjagd, die zugleich den Jagdeifer des Asanes lächer lich macht. 9 W: ewIo flE"taÖLW�EL� 'LXVEa. Anspielung auf HomOd 2, 406 und 3, 30 (Telemachos, welcher der Göttin Athene folgt) bzw. 5, 193 (Odysseus, welcher der Nymphe Kalypso folgt) ; e s heißt jeweils wörtlich: flE-.;' 'LxvLa ßaIvE (= EßmvE) ewIo. Die Wendung klingt auch bei PlPhdr 266b an, wo Sokrates dem Phaidros versichert, er folge dem, der ihn in der Dialektik belehren könne, wie einem Gott. Im Kontext des vorliegenden Briefes ist die Anspielung auf den christlichen Gott zu beziehen, dessen Spuren Asanes fortan folgen möge.
0425
-
An Theodoros, den Sohn des Kaisers
L: 425; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros I. Palaiologos, Despot; OE: .Mistra, Pelo ponnes; D: Ca. Herbst 1 3 8 9; wI: Nach überschwenglichem Dank für den von Theodoros geäußerten Wunsch, von ihm Briefe zu erhalten, entschuldigt Kydones sein längeres Schwei gen mit ängstlicher Zurückhaltung, zu der allerdings nun kein Anlaß mehr bestehe.
Nie habe ich mich je so sehr über das Lob von anderen gefreut wie über den Tadel, der mir jetzt von dir / durch Leontares übermittelt wurde. Denn daß ein so bedeutender Mann, wie du es bist, sich über meine Briefe zu freuen scheint und mich aus meinem Schweigen aufwecken will, aber auch verspricht, selbst wieder zu schreiben, wenn ich selbst schreibe, gleichsam, um nicht Erz für Gold\ sondern Gleiches für Gleiches einzu tauschen, macht mich das nicht glücklicher als einen, der wegen seines Glücks berühmt ist? Vor allem aber, daß du nicht in Wohlleben / und Muße nach dem Wort verlangst, sondern (dann), wenn dich Kriege um branden und die Zeit es nicht erlaubt, außer Waffen und Pferden etwas anderes wahrzunehmen, gleichsam wie einer, der im sicheren (Haus) und (umgeben von) Gärten dasitzt, erklärst, es gelüste dich nach Briefen: (das) 199
5
10
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
15
20
25
30
35
weist dich als einen Liebhaber des Größten und Göttlichsten von allem aus - wird doch der Wortkunst sogar von den Unvernünftigen dieses Zeugnis ausgestellt -; mir aber vergrößert es, wie gesagt, mein Glück, / wenn ich dir soviel bedeute, daß du nicht einmal, wenn du um dein Leben kämpfst, mich und meine Worte - wenn sie denn überhaupt erwähnens wert sind - vergiß�. Freilich kann ich dir für deine freundschaftliche Gesinnung und dafür, daß du mich nicht nur durch dein Lob, sondern nicht weniger auch durch deinen Tadel zu ehren scheinst, wohl keine adäquate Gegenleistung anbieten; du aber hoffe darauf, von Gott, den du bei all deinem Tun vor Augen hast, dafür / und für deine Liebenswürdig keit in anderen (Dingen) den würdigen (Lohn ) zu empfangen. Ich muß aber nun den Grund meines Schweigens erklären; denn ich möchte mich dir auch in den geringsten Dingen als untadelig erweisen. Du hast nach meiner Überzeugung schon in den vorausgehenden Briefen eine ausreichende Entschuldigung (erhalten), die mich freisprechen kann. Ich muß aber noch den entscheidenden (Grund) nennen, der mir (bislang) sowohl den Gedanken wie die Sprache hemmte: Ich bin schüchtern / und ängstlich gegenüber den Mächtigen, und zwar so sehr, daß ich es leichter ertrage, ein Dieb als ein Großmaul zu heißen, obwohl ich genau weiß, wie erfolgreich Unverschämtheit heutzutage ist, da die ständige Einfluß nahme auf die Herrscher denen, die sie ausüben, mehr einbringt als der Zehnte der Syrakusaner3• Trotzdem bin ich so weit davon entfernt, die, welche sich auf diese Weise bereichert haben, zu beneiden, daß ich mich sogar für sie schäme. / Dies hinderte auch meine Hand zu schreiben, weil ich fürchtete, jemand könnte vielleicht sagen: « Ja, mein Lieber, merkst du denn nicht, wie du die dir gesetzten Grenzen überschreitest und dir eine Zudringlichkeit herausnimmst, die dir nicht ansteht? » Deshalb schwieg ich, obwohl ich mich sehr gern an dein HAUPT gewandt hätte. Weil aber du glücklicherweise die Angst von meiner Seele nahmst, werde auch ich fortan nicht mehr so übermäßig schüchtern sein, / sondern will im Ver trauen darauf, daß ich nicht ungelegen erscheine, (dir) so fleißig schrei ben, daß du schon sagen wirst, es sei dir lästig. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. OE: Der Despot Theodoros, Sohn Ioan nes' v., herrschte 1 3 82- 1407 auf der Peloponnes. D: Loenertz datiert den Brief ohne Frage zeichen auf Herbst 1 3 89, weil er wahrscheinlich auf T39 1 Bezug nimmt, den Loenertz auf SommerlHerbst 1 3 8 9 datiert hatte (meine Datierung: Herbst 1 3 89). S. u., Ep. Er scheint in
200
BRIEF T 0425
der Tat nicht allzulange nach T391 geschrieben zu sein. So hätte Loenertz ihn eigentlich in der Liste XVII in LC II 495 zwischen L421ff3 9 1 und L427ff3 93 einreihen sollen. Er hat ihn aber dort vielleicht vergessen oder doch wegen Unsicherheit über die Datierung mit Be dacht nicht aufgeführt. Wegen dieser Unsicherheit wird der Brief auch hier in die Gruppe der «nicht datierbaren» Briefe eingereiht. II. BKyd: Der devote Ton des Kyd. zeigt, daß der Brief auf jeden Fall nach seinem Rückzug aus dem kaiserlichen Dienst verfaßt ist. Siehe vor allem die bescheidene Bemerkung über den Wert seiner eigenen Worte (Z. 1 6 ) und die längeren Ausführungen über seine Schüchternheit gegenüber den Mächtigen (Z. 24 -36). BE, ZG: Die durch die aufsässigen Barone bedingten Unruhen, die Theodoros auf der Peloponnes in Atem halten, dauern an (Z. 9 - 12; vgl. Bd. m, T273, ZG; hier, T380, D; 391, D ) . Xl: Leontares (Z. 5), Briefbote des Theodoros, nur hier erwähnt (PLP 14667). Ep: Kyd. nimmt Z. 22 Bezug auf einen vorausgehenden Brief an Theo doros, in dem er sich bereits zur Genüge für versäumtes Schreiben entschuldigt habe. III. Hss: A 7"-8', Nr. 13; U 9'- 10" Nr. 1 3 . Im Autographen folgt (f. 8') die Sentenz Cam Sent, Nr. I, mit dem Inhalt, es sei töricht, den Tod zu fürchten; Todesfurcht sei das Zeichen mangelnden Glaubens an die Unsterblichkeit der Seele. Eine inhaltliche Beziehung zu diesem oder dem in A folgenden Brief T0426 ist nicht festzustellen. IV. 1 Anspielung auf Hornll 6, 236 (wie auch in T0419, 1 3 f.; 0426, A. 14): Im Kampf vor Troja entdecken der Lykier Glaukos und der Achäer Diomedes, daß ihre Vorfahren Gast freunde waren und beschließen einen freundschafrlichen Waffentausch, bei dem allerdings Diomedes durch das Eingreifen des Zeus goldene statt der ehernen Waffen des Glaukos er hält. Die Stelle wird auch in PlSmp 219a zitiert. Es ist hier aus der Sicht des Kyd. natürlich Theodoros, der in Gefahr ist, Erz für Gold zu erhalten, wenn er mit Kyd. korrespondiert. 2 Hier führt der Editor Loenertz seine Leser durch die Wahl der Interpunktion in die Irre. Nach AOf,lßavfLv (Z. 1 6 ) ist ein fehlendes Komma nachzutragen; nach "tLf,lWvw (Z. 1 8 ) ist statt Punkt ein Komma zu setzen. 3 W: LUgOXOUcr(wv öExa"tTj, sprichwörtliche Bezeichnung für großen Reichtum. Belege: Paroem I 418, Nr. 14; 455, Nr. 8 8 . Gemäß der Erläuterung an letzterer Stelle beschlossen einst die reichen Syrakusaner, den Zehnten ihres Besitzes zur Finanzierung von Schiffen, Weihgeschenken und Festgesandtschaften zu spenden, und dieser Anteil fiel so reichlich aus, daß man den Begriff fortan ironisch im genannten Sinne verwendete.
0426
-
An Asanes Konstantinos
L: 426; OKyd: Konstantinopel; E: Konstantinos Asanes; OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 8 90 ( ? ) , Winter; wI: Anschauliche Beschreibung einer Periode winterlichen Wetters mit anhal tendem Schneefall, der selbst gegenseitige Besuche innnerhalb der Stadt verhindert. Ironische Ausmalung der Vorstellung, der jagdbegeisterte Ioannes Asanes könnte sich auch bei diesem Wetter in sein geliebtes Jagdrevier begeben, was er dann wahrscheinlich zu bereuen hätre. Besser sei es jedoch, wenn er von vorneherein zu Hause bleibe und sich endlich mit an spruchsvoller Lektüre beschäftige.
201
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
5
10
15
20
25
30
Was einst bei der Sintflut Noe erlebte, erlebten nun auch wir: / Alle Türen und Fenster sind zwar verschlossen\ der Schnee aber kommt trotz dem herein und nimmt so überhand, daß wir nicht einmal die Wahl ha ben, ohne ihn in unserem Bett zu schlafen, und unsere Diener mit Anwei sungen schikanieren, ihn von den Ruhebänken2 zu entfernen. Wenn wir aber in unseren Häusern sitzen, ist es auch nicht leicht, zum Himmel zu schauen, weil Wind und Schneegestöber die Augenlider reizen / und uns zwingen, sie zu schließen. In dieser Hinsicht übertreffen wir sogar Noe, denn er konnte sich von dem Vorrat an (kultisch) reinen Vögeln ernäh ren3; wir hingegen sind auf die Vorräte des Marktes angewiesen, können uns aber dort keine Nahrung holen, weil die Händler sich in ihre Löcher verkrochen haben und dem Geschäft das Überleben vorziehen, und so setzt uns der Hunger noch mehr als die Kälte zu. Aber freilich wird dies auch deshalb / für uns noch schlimmer, weil wir auf eure4 Anwesenheit verzichten müssen, die uns wichtiger ist als vieles, was wir besitzen, es sei denn, man verwandelte sich in einen Vogel und käme durch die Luft dahergeflogen wie Bellerophontess. Denn dies wäre leichter als über die Straßen zu gehen, die man vergeblich ausfindig zu machen sucht. So hätten wir beinahe auch unseren Diener, den wir Einge schlossenen ausgesandt hatten, um zu erfahren, wie es euch geht, zu sammen mit (anderen) tödlich Verunglückten / beweinen müssen. Als er sich nämlich ein wenig aus der Arche6 herauswagte und durch die Straßen zu gehen versuchte, wäre er beinahe eingeschneit worden, hätte er nicht sei nen Verstand gebraucht und beschlossen, seinen Ehrgeiz aufzugeben. So kehrte er zurück und dankte dem ERLÖSER. Nun würde ich mir wünschen, daß unser Jäger sich hohe StiefeF anzieht, einen filzhutS / aufsetzt und wie Herakles ausstaffiert, um mit der Jägerei, die er betreibt, zu beeindrucken. (Jetzt) könnte er über Berg und Tal streifen, um jenen Spottvogel9 zu suchen, den er mehr liebt als Zeus den Ganymedes10. Jener aber ist übermütig und hochfahrend, er treibt den Liebhaber durch Schluchten und über Berghänge und bedauert ihn vielleicht, während er selbst hoch oben sitzt, wegen seines Umherirrens, / der Mühen und des Aufwandes, den er für einen, der ihn verachtet, ein setzt. Wenn er also ohne Rücksicht auf Wind, Schnee, Schlamm und Frost ausgezogen ist, in der Hoffnung, die flüchtigen Vögel zu fangen, wird er den Krieg gegen die Elemente als Tapferkeit und Kraft bezeichnen und uns als unmännlich verspotten, weil wir uns lieber an Rauch und Asche11 202
BRIEF T
0426
halten. Ich will aber übergehen, was dazu / treffend die anderen sagen, sondern zu Gott beten, er möge ihm den Winter angenehmer gestalten. Denn ich möchte nicht, daß er am eigenen Leibe die Strafe für seine un vernünftige Passion zu spüren bekommt. Es ist jedenfalls klar, daß er uns, wenn er zurückkehrt, die Winde, die ihm zuteil geworden sind, mitbrin gen wird. Denn diese sind, wie Salomon gesagt hat, die Beute derer, die dem Geflügel nachjagen12 . Wenn er aber fortan so vernünftig ist, zu Hause zu bleiben und zusammen mit uns Stubenhockern / ebenfalls mit dem Rauch vorlieb zu nehmen, soll er sich nun belehren lassen, welche Plage die Kunst, die er bevorzugt, denen bringt, die sie betreiben. Wenn er diese also (nun) spät verurteilt, möge er den Theologen1 3 und seine Reden, also Gold gegen Erz, wie man sagtl 4, dafür eintauschen. Denn jene (Sc. die Jägerei) kann man nicht ohne Mühen genießen, und er wurde von ihr schon zur Genüge aufgerieben. Wenn er sich a,ber an jenen hält, wird er wissen, was Tier, was Gott und was Mensch ist15. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort; vgl auch OE.
E: In diesem Band ist dies
dank der Angabe im Brieftitel der einzige sichere Brief an Konstantinos Asanes. Zur Person des Adressaten siehe Bd. I11, 268f. (T43, BE) und oben, T343, Xl und 0408, Xl. Kaiser Manuel II. schrieb an ihn die Briefe LetMan, Nr. 18 ( 1 3 9 1 ) und 30 ( 1 396).
OE: Der Adressat hält sich
am gleichen Ort wie Kyd. auf, weil in Z. 1 8 -23 von einem Diener die Rede ist, der auf den Straßen (sc. der Stadt) zu E unterwegs war (s. u., Xl). D: Der Brief mit seiner realistischen und bildhhaften Beschreibung Konstantinopels im tiefen Schnee (Z. 5 - 1 0. 1 7f. 20-23) ist in einem Winter verfaßt. Die vermutete Zeitspanne für die Jahresdatierung ist wie bei dem inhaltlich ver wandten BriefT 0424 die des Heftes 1, dem dieser Brief angehört (LC II, XIV). II. BKyd: Der Brief ist vor allem eine weitere Quelle für die Beziehung des Kyd. zu Ioannes Asanes (Xl), die durchweg von ironisch gefärbter Kritik an seinem Leichtsinn geprägt ist (vgl. Bd. II, T 0 1 95, 198, 200, 0228; Bd. III, T239, 257, 258 sowie hier T 0424). Die Jagdlei denschaft des Ioannes Asanes wird, nicht ohne Ironie, in folgenden Briefen thematisiert: T 0228 (ca. 1 3 8 0 -82), T239 (ca. Winter 1 3 8 1182), vielleicht auch in T370 an Manuel II. auf Lemnos (wenn hier, Xl, von Ioannes Asanes die Rede ist) sowie T 0424. T370 (sicher datierbar, aber die Identität von Xl ist dort unsicher), vielleicht auch T 0424 und der vorlie gende Brief sind etwa acht bis zehn Jahre später als die anderen zu datieren. In dieser relativ kurzen Zeitspanne ist es durchaus möglich, daß Ioannes Asanes seine Gewohnheiten nur wenig geändert hat.
Xl : Der Diener des Kyd., der ausgesandt wurde, sich nach dem Befin
den des Adressaten (und seines Bruders, Xl) zu erkundigen, aber beinahe im Schneegestöber umgekommen wäre, wäre er nicht rechtzeitig umgekehrt (Z. 18 -23, Übertreibung?). Aus der Erwähnung von Dienern im Plural (Z. 7) muß wegen des allgemeinen Charakters der Aussage nicht auf mehrere Diener des Kyd. geschlossen werden; doch scheint T372 zwei Diener des Kyd. zu bezeugen (siehe dort, A. 6). X2: «Unser Jäger» (Z. 24); gemeint ist Ioannes Asanes, Konstantins Bruder gemäß T 0424, Xl. Kyd. kritisiert und karikiert seine Jagdleidenschaft
203
35
40
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
(vgI. auch unten, A. 4) und möchte sein Interesse den geistigen Dingen, vor allem dem Stu dium der Kirchenväter zuwenden (ähnlich wie oben, T 0424, 21 -32). III. Hss: A 8v_ 9r, Nr. 14; U 1 0r - l l', Nr. 14. IV. 1 Die Parallele zur Arche Noes beschränkt sich auf die verschlossenen Fenster und Türen gemäß ATGe 7, 1 6: « . . . und Gott verschloß die Arche von außen.» Es ist im Bibeltext nur von einem Fenster die Rede, aus dem Noe eine Taube fliegen ließ (ebd. 8, 6). Um die Arche zu verlassen, öffnete er das Dach (eine Dachluke? ) (ebd. 8, 1 3 ) . 2 W.: "twv XAWWV. Zur Übersetzung vgI. N. Oikonomides, The Contents of the Byzantine Horne from the Eleventh to the Fifreenth Centuty, DOP 44 ( 1 990) 205-214, hier 213: Der vorherrschende Haustyp in mittel- und spätbyzantinischer Zeit «had a permanent wooden or stone-built couch, a kind of divan, which covered three sides of the room ("tQLXA(VLQv) and which could serve as bed and chair». 3 Dies enmimmt Kyd. offenbar aus ATGe 7, 3 , wonach Gott Noe gebot, eine größere Zahl sowohl reiner wie unreiner Vögel mit in die Arche zu nehmen, so daß einige von ihnen als Speise zur Verfügung standen. 4 Der hier wie auch Z. 19 stehende Plural der Anrede bezieht offenbar den Bruder des Adressaten, Ioannes Asanes (s. o., X2), mit ein, der nicht bereits auf die Jagd gegangen ist, sondern sich noch «zu Hause» (Z. 39), also anscheinend bei seinem Bruder, aufhält. Kyd. stellt sich nur vor, wie es ihm ergehen würde, wenn er sogar bei solchem Wetter seiner Jagdleidenschafr folgte. 5 Der antike Heros Bellerophon(tes), ein Enkel des Sisyphos, pflegte auf dem geflügelten Götterroß Pegasos, das er sich gebändigt hatte, durch die Lufr zu reiten. 6 Anknüpfung an das A. 1 erläuterte Bild. 7 W.: x06oQvo1J<;. 8 W.: Jto.ov. 9 W: VßQLO"tT]V EXEIvov OQVLV. Weder mit Hilfe des TGL noch des TLG noch mit sonsti gen Hilfsmitteln gelang es mir (oder befragten Kollegen) festzustellen, welcher Vogel hier gemeint ist bzw. auf welche Beschreibung des «Spottvogels» Kyd. anspielt. 10 Zeus verliebte sich in den trojanischen Prinzen, entführte ihn in Gestalt eines Adlers in den Olymp und erhob ihn zu seinem Mundschenk. 1 1 Umschreibung in Form einer Synekdoche für den warmen Ofen bzw. Kamin. 12 Für die Anspielung aVEflO1J<; . . , xaQJtou<; ElVaL "twv "tu Jt"tEQW"tU ÖLWXOv,-;WV zitiert die Edition ATPr 1, 17: ou YUQ aö(xw<; fX"tE(VE"taL ö(x1:1Ja Jt"tEQw1:OI<; ( nicht zu Unrecht breitet =
er den Vögeln Fangnetze aus), eine Stelle, die aber wohl kaum gemeint sein kann. Ich danke , Erich Lamberz für die wahrscheinlich «richtige» Lösung mit Hilfe des TLG, die nicht leicht zu ermitteln war, weil es sich um eine Anspielung, nicht um ein Zitat handelt: ATPr 9, 12a: 0<; fQE(ÖE1:aL EJtL 'lj!EUÖWLV, 0-01:0<; JtoLflavEI aVEflO1J<;, 6 ö' au"to<; ÖLWSE"taL oQVEa JtE"toflEVa
( wer sich auf Lügen stützt, der weidet Winde, und derselbe wird fliegende Vögel verfolgen) . 1 3 Gregor von Nazianz, der «Theologe» wie B d . III, T3 19, Z . 21 (A. 5). =
14 Zu dieser Anspielung s. o., T0425, A. 1. 1 5 In seiner zweiten Theologischen Rede (or. 28, IIEQL 6EOAoy(a<;) geht Gregor von Nazianz nicht nur auf das Wesen Gottes, sondern auch auf die Schöpfung ein und erörtert u. a. die Natur des Menschen ( § 22) und der Tiere ( § 23-25). Kyd. will sagen, daß Asanes durch das Studium dieses Theologen Wichtigeres, sogar über die Tiere, werde erfahren können als durch die Jagd.
204
1
BRIEFE T 0426-427
Gruppe VI: Mehr oder weniger genau datierbare Briefe der späten Jahre (1391 - 94) Vorbemerkung: Die spätesten Briefe des Kydones sind in den zwei Heften Nr. 28 (L42 8 439 ) und 2 4 (L440 -450) erhalten. Von diesen Briefen datierte Loenertz nur L435 ( T394) ftüher als 1 3 9 1 und fügte Brief L222 ( T442) hinzu, der im Autographen zusammen mit =
=
Briefen der Jahre 1 3 8 0 - 82 überliefert ist.
427 - An Kaiser Manuel L: 430; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Bald nach 8 . 3 . 1 3 9 1 ; wI: Kydones, aus Venedig zurückgekehrt, kurz nachdem Manuel die Alleinherrschaft erlangt hat, will, sobald er sich von seiner anstrengenden Fahrt zur ausge henden Winterszeit ein wenig erholt hat, den Kaiser persönlich begrüßen.
Nicht um dir etwas Ungewöhnliches oder auch nur Angenehmes zu be richten, / schreibe ich dir dies, sondern nur, damit du erfährst, daß ein Mensch, an dem du einst viel Freude zu haben schienst, nach langer Odyssee mit knapper Not wieder in sein Vaterland zurückgekehrt ist, nachdem nun du dank glücklicher Fügung Gottes das Zepter erhalten hast. Wenn ich imstande wäre zu gehen, würde ich selbst meine Füße gebrauchen und mich beeilen, das göttliche Haupt zu sehen. Da aber mein Körper wegen des win terlichen Wetters und der Seereise geschwächt ist, werde ich (erst) kommen, wenn ich mich ein wenig erholt habe, / um den von alters her gepriesenen Philosophenkönig1 zu begrüßen, aber auch, um dem zu lauschen, was ein Mann, der gern zuhört, aus einem solchen Munde zu erwarten hat. K I. OKyd, OE: Kyd. ist (sc. von Venedig) in sein Vaterland (Z. 6), und zwar an den Ort, wo der Kaiser residiert (Z. 7f. ), also nach Konstantinopel, zurückgekehrt. D: Terminus post quem des Briefes ist der 8. März 1391, denn an diesem Tag (s. u.) traf Manuel in Konstantinopel ein, um die Nachfolge seines am 1 6.2. 1 39 1 (BarkMan 80, A. 214) verstorbenen Vaters Ioannes V. anzutreten. Er hatre dem Sultan Bayazid I. ( 1 3 8 9 - 1403; PLP 21248) seit Herbst 1390 Kriegs dienste geleistet (BarkMan 79f., 82f. gemäß Dukas [Ducas, Istoria Turco-Bizantinä, ed. V. Grecu, Bukarest 1958, 75-77]), nachdem er mit dessen Duldung den Usurpator Ioannes VII. am 1 7. 9. 1 390 entmachten konnte (BarkMan 77; SchreinChron II 342f. ). Doch trifft es nicht zu, daß er Bayazid im Herbst 1390 zusammen mit Ioannes VII. bei der Einnahme von Philadel pheia behilflich war, wie man früher angenommen hatte (so zuletzt BarkMan 79 mit A. 2 1 1 ). Wie P. Schreiner, Zur Geschichte Philadelpheias im 14. Jh. ( 1293 - 1 390), OCP 35 ( 1969) 375 431, hier 405 -41 0, überzeugend dargelegt hat, ergab sich Philadelpheia dem Sultan bereits im
205
5
10
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Frühj ahr 1390, zu einer Zeit, als weder Manuel noch Ioannes Vll . an seiner Seite sein konnten. Barker, dessen Buch bereits 1968 erschien, hatte dieses Ergebnis Schreiners nicht mehr berück sichtigen können. - Gemäß einem Ausgabenbeleg, ediert von L. T. Belgrano, Studi e documenti su la Colonia genovese di Pera (Prima serie) , Am della Societa ligure di storia patria, XIII, 2 ( 1 877) 97- 3 1 7, hier 161, Nr. 36, kehrte Manuel am 8. März aus dem Gebiet der Türken nach Konstantinopel zurück, und Dukas (wie oben) teilt mit, daß er sich heimlich aus der Umgebung Bayazids entfernte, um in der Hauptstadt die Macht zu übernehmen. - Der vorliegende Brief ist also an Manuel in Konstantinopel gerichtet, «nachdem er von Gott das Zepter erhalten hat» (Z. 7). Kyd. zeigt Manuel seine Ankunft an, ist also auf jeden Fall nach Manuel eingetroffen, aber nur kurze Zeit nach ihm, denn aus �)La 'tov XELflGiva (Z. 9) ist zu entnehmen, daß der Brief noch im Winter, also jedenfalls vor dem 21. März, geschrieben ist. Dieser Zeitansatz stimmt mit der Tatsache überein, daß Kyd. von Venedig nach Konstantinopel abreiste, als sich Kardinal Cosma Migliorati (s. u., T428, Xl), der ihm von einer Reise nach Rom abgeraten hatte, noch in Venedig aufhielt, und dieser verließ Venedig im März 1391, wie der Apparat der Edition zu L443 ( T428), Z. 27 mitteilt. Die Anspielung auf den Herrschaftsantritt bezieht sich also sicher nicht auf das Datum der Krönung Manuels, die erst am 1 1 . Februar 1 392 erfolgte. Vgl. P. Schrei ner, Hochzeit und Krönung Kaiser Manuels 11. im Jahre 1392, BZ 60 ( 1967) 70 - 85, hier 75. 11. BKyd: Zum Aufenthalt des Kyd. in Venedig siehe Bd. I11, 43f. und unten, T428. BE: =
S. o., D. III. Hss: A 177', Nr. fehlt (im ganzen Heft 28; s. o., T394, Hss); U 302', Nr. 300; B 1 82rv, Nr. 7; L 128v - 129', Nr. 15; 0 274', Nr. 8 ; 0 275', Nr. 1 3 (also in 0 ein zweites Mall ); Gruppe H, Nr. 4; i 1 74', Nr. 1 5 . Ed: KydEpCam, Nr. 47. Üb: Ebd. (ftz.). IV. 1 Zu dieser Titulierung Manuels siehe Bd. III , T233, A. 4; 242, A. 1 lf. und oben, T3 8 8, Z. 1 3 - 15, D. Der ebenfalls an Manuel gerichtete Brief T437 (etwa aus derselben Zeit) trägt sogar die handschriftlich (wenn auch nicht im Autographen A) überlieferte Adresse: «Dem Philosophen» .
42 8 L: 443; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Pera; D: März-Mai 1 3 9 1 ; wI: Ausführlicher Bericht über die eigene Reise nach Venedig, den Aufenthalt dort, den Verzicht auf die Weiterreise nach Rom, die Heimkehr nach Konstantinopel und die Enttäuschung, die Stadt politisch bereits völlig in der Hand der Osmanen vorzufinden. Hoffnung auf ein Wieder sehen mit dem Freund und Schüler, das im genuesischen Pera derzeit nicht möglich sei, weil man dort in Verdacht gerate, ein Anhänger des Usurpators Ioannes VII. zu sein.
5
Weil ich weiß, daß du es für notwendig hältst, genau über meine Angelegenheiten Bescheid zu wissen, möchte ich dir darüber ein wenig / schrei ben, woraus du auch das übrige wirst folgern können. Genauer aber wirst du alles erfahren, wenn Gott uns ein Wiedersehen gewährt. Laß dir also erzählen, daß wir durch die Gnade des ERLÖSERS bei ruhigem Meer und 206
BRIEFE T 42 7 -42 8
Wind reisten und in ganz wenigen Tagen, die niemand, der je zuvor nach Venedig segelte, unterboten hat, dort eintrafen. Als wir an Land gingen, fanden wir in der Stadt freundlichen Empfang / und wurden, wie mir scheint, von allen Anwesenden mehr geehrt, als es selbst einer der höchst Angesehenen erwarten könnte. Dann wollten wir uns, wie verabredet, auch nach Rom begeben, um den hochgepriesenen Aposteln die zukom mende Verehrung zu erweisen und das Gelübde einzulösen, wie wir es uns von Anfang an als Ziel unserer Reise und unserer Mühen vorgenom men hatten. Die Freunde in Venedig aber, die von unserem Plan erfuh ren, / belagerten mich und gaben mir teils Ratschläge, teils setzten sie mir mit Bitten zu, teils verweigerten sie mir rundheraus die Erlaubnis, bereit, mich womöglich mit Gewalt zu hindern, damit ich nicht mich und meine Begleiter offenkundigem Verderben ausliefere. Denn die Reise nach Rom (, meinten sie,) dauere viele Tage, und (das Gebiet) sei voll von Räubern, Tyrannen und Kontrahenten, die miteinander Krieg führten. Das werde auch den Durchreisenden unverhoffte Gefahr / bringen. Sie wußten aber auch von vielen zu berichten, die durch Italien gezogen waren. Von ihnen seien einige ihrer Habe bis auf das Hemd beraubt, andere gefoltert und nach der Abtrennung einiger ihrer notwendigsten Glieder gezwungen worden, den Rest ihres Körpers für die Schätze eines Kroisos freizukau fen; einige hätten diese Foltern aber auch nicht ertragen und seien an ihnen gestorben. Daß zwangsläufig auch / wir solche Erfahrungen machen würden, sagten sie uns voraus, wenn wir trotz ihrer nützlichen Rat schläge nicht (in Venedig) bleiben wollten. Am meisten aber veranlaßten mich die ständigen Ermahnungen des Kardinals, mich ihren Ratschlägen zu fügen. Er hielt sich nämlich damals gerade dort auf, vom Papst zum Legaten mit besonderer Vollmacht1 bestellt, ein Mann, hochgebildet in der antiken Tradition2, / aber auch in der Theologie, und nicht weniger von ausgeprägtem Charakter3. Mich aber liebte und ehrte er durchweg wie ein eigenes Kind oder wie einen anderen sehr nahen Verwandten. Er (also) riet mir so nachhaltig, im gegenwärtigen Augenblick von meinem Plan einer Romreise abzusehen, daß er mich geradezu an meinen Händen zog, die er mit den seinen ergriff, während er mir gebot, zu bleiben / und mich nicht so unvernünftig und tollkühn den unvermeidlichen Gefahren auszusetzen. (Dabei) sagte er: « Gewiß wird die Zeit kommen, und sie ist, wie wir alle überzeugt sind, schon ganz nah, da diese Tyrannen und Frevler, die (jetzt) so überhand nehmen, dank der Macht und Gerechtigkeit 207
10
15
20
25
30
35
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Gottes denen, die von ihnen Unrecht erlitten, Rechenschaft ablegen und der Kirche Gottes die von jeher geschuldete Ehre erweisen werden. f Dann wirst auch du ohne Schwierigkeit den Aposteln die Verehrung zukommen lassen, die du (ihnen) gelobtest; mit Freuden aber wirst du den gemeinsa men Vater4 sehen, der sich (seinerseits) freuen wird, wirst aber auch das erhalten, was (ein Mann), der sich durch so große Tugend und Weisheit _ auszeichnet, verdient hat.» Mit solcherlei Reden also - ich weiß nicht, was ihn (so über mich) täuschte5 - wollte er mich ehren. Mir aber war an diesen Geschenken und Ehren weniger gelegen. Wie du meine Sinnes45 art kennst, lege ich ja keinen Wert auf solche Dinge. f Jedenfalls hatte er mir mit seiner Erzählung von den Räubern und dem Unheil, das sie ihren Opfern zufügen, einen gehörigen Schrecken eingejagt. So gab ich denn nach, durch die Ratschläge der anderen und vor allem die des Kardinals überzeugt - denn die Tatsache, daß er vor kurzem Rom verlassen und seine Erfahrungen mit den Verhältnissen dort und unterwegs gemacht 50 hatte, ließ seine Ermahnungen zuverlässiger erscheinen - , f und willigte ein, zu bleiben und die Reise aufzuschieben. Weil ich aber nun dasaß und nicht wußte, was ich tun sollte - denn die Stadt ist von jeher, wie du auch selbst weißt, ein Ort der Kaufleute, und es ist durchaus unerfreulich und bringt wenig Ehre ein, sich dort untätig aufzuhalten, wenn man we der Handel treibt noch als seefahrender Kaufmann in alle Länder reist - , wurde ich des Aufenthaltes überdrüssig, und die Erinnerung an mein Va55 terland und die Freunde f ließen mir keine Ruhe; ich hielt mir selbst vor, ob ich (es denn) nicht bemerke, daß sich diese Untätigkeit (nur) wenig vom Tod unterscheide, zumal ich täglich die negativen Seiten (des Aufent haltes in) der Fremde erleben müsse, und ob ich es aushielte dahinzule ben, ohne meine Freunde und die anderen gewohnten Dinge zu sehen. Da also diese und andere solche Gedanken mich davontrieben, hielt ich es nicht mehr aus, sondern bestieg ein Schiff, und ich fand einen 60 gnädigen ERLÖSER f und gelangte recht schnell zum heimatlichen Hafen. Nun halte ich mich hier auf, voll Freude, in meinem Vaterland zu sein, aber doch auch unglücklich wegen der Habgier und Arroganz der Barba ren, und auch deshalb, weil wir nicht einmal mit den öffentlichen Abga ben, die wir an sie zahlen, die STADT freikaufen können, sondern diesen auch noch das Privatvermögen der Bürger hinzufügen müssen, und zwar 65 andauernd, solange bis der Barbar aufhört, Geld zu verlangen. Das f be reitet mir täglichen Schmerz und läßt mich sogar meine Rückkehr be-
40
208
BRIEF T428
reuen, die mir solches täglich zu sehen und zu hören gibt. Vielleicht aber hätte ich meinen Kummer lindern können, wenn ich dich, wie erwartet, hier getroffen und in gewohnter Weise Gedanken mit dir ausgetauscht hätte; denn so hätte ich Trost gefunden, weil das Gespräch mit dir meinen Schmerz erleichtert und mir als Arznei gegen die unerfreulichen Erlebnisse auf meiner Reise gedient hätte. / Nun aber war auch dies mir, als ich zurückkehrte, nicht beschieden. Ich hörte nämlich, daß du die STADT ver lassen hast und bei Philosophen deine Zeit besser verbringst, weil du es nicht länger aushältst, dich mit dem Ärger am Kaiserhof zu plagen. Noch schlimmer aber ist es, daß ich meinerseits keine Möglichkeit habe - ob wohl ich es sehr wünsche - , zu dir zu kommen, weil ich mich davor hüten muß, bei euch denen von der anderen Partei zu begegnen; / denn alle sagen hier, daß schon die wegen Verrats angeklagt werden, die sie auch nur gesehen haben6• Als ich aber hier mit dem gemeinsamen Vater7 zusammentraf und von ihm alles über dich erfuhr, pries ich dich selig wegen deiner Pläne für dein zukünftiges Leben und hielt dich für glück lich, weil du in Gemeinschaft mit Männern lebst und leben wirst, die sich selbst Tugend und Weisheit erworben haben und auch (andere), die mit ihnen leben, in entsprechender Weise formen können. Bleibe / also deinem Vorhaben treu, in der Gewißheit, daß du deinen Entschluß niemals bereuen, sondern täglich mehr loben wirst, vor allem jetzt, da du selbst, wie auf einem hohen Felsen, festen Stand hast; denn während du die angeblich freien BürgerS untergehen siehst, kannst du dich deiner eigenen Sicherheit erfreuen und Gott dafür danken, die aber, die mit den Wogen kämpfen, nur bedauern. Denn / die gegenwärtige unsichere Lage der STADT bietet solche Szenen allenthalben9, und wer einmal (in diesen Strudel) hineingeraten ist, hat es äußerst schwer, nicht (darin) unterzugehen. Soweit, der Situation entsprechend, (die Zeilen), die ich dir (heute) schreibe. Ich hoffe dich jedoch in Kürze zu sehen. Dann will ich dir auch das, was mein Brief übergangen hat, ausführlich erzählen und noch hinzufügen, was dir meiner Ansicht nach förderlich sein wird; weiß ich doch, daß du meinen / Rat niemals mißachtet hast. K 1. OKyd: In seinem Vaterland (Z. 59-61 ) bzw. in der STADT (Z. 62f. 70f. 84f. ).
E, OE:
Der Empfänger (E) des Briefes und sein Aufenthaltsort werden weder in einem überlieferten Titel noch im Brief genannt. Doch enthält der Brief dazu folgende Angaben: Zuvor im Dienst am Kaiserhof (Z. 7lf.), hat E nun Konstantinopel verlassen, um bei "Philosophen» ( Mön=
209
70
75
80
85
90
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ehen; s. o., T0416, A. 2) seine Zeit besser zu verbringen (Z. 70f. ). Kyd. ist überzeugt, daß er in Gemeinschaft mit Männern lebt, die sich Tugend und Weisheit erworben haben (Z. 77-79), und daß er dort in Sicherheit ist (Z. 82). Er kann ihn aber an diesem Ort nicht besuchen, weil er dann eine Anklage wegen Hochverrats zu fürchten habe (Z. 72 - 75); doch hat er von dem «gemeinsamen Vater» (s. u., X4), den er in Konstantinopel traf, alles über ihn erfahren (Z. 76f.). Diese Angaben sind wie folgt zu deuten: Das Kloster, in dem sich E aufhält, kann kein orthodox-byzantinisches sein, denn Kyd. erwähnt gegenüber dem Adressaten unbefangen den Papst (Z. 28) und einen Kardinal (Z. 27ff. ). Ferner liegt das Kloster an einem Ort, der Kyd. aus dem genannten Grunde unzugänglich ist, der aber, weil die Entfernung offenbar keine Rolle spielt, nicht weit von Konstanrinopel liegt. Ein abendländisches Kloster in nächster Nähe Kon stantinopels war das Dominikanerkloster in Pera jenseits des Goldenen Hornes, wo seit 1267 die Genuesen mit Genehmigung Kaiser Michaels VIII. Quartier genommen hatten. Es war einige Zeit nach 1299 (jedenfalls vor 1 307) von Guillaume Bernard gegründet worden. Zu diesem St.-Dominikus- oder auch St.-Pauls-Kloster vgl. R. Loenertz, La societe des freres peregrinants, Bd. I, Rom 1937, 38 -47. Der einzige uns bekannte Briefpartner des Kyd. der sich um die Zeit der ersten Venedigreise des Kyd. in diesem Kloster aufhielt, war Maximos Chryso berges (zu seiner Person: Bd. m, T0341, E; dort auch Literatur), der sich einige Zeit vor Ab fassung dieses Briefes dem Dominikanerorden angeschlossen hatte. D: Einige Zeit nach der Venedigreise, von der Kyd. nicht lange nach dem 8. März 1 3 9 1 zurückgekehrt war (s. o., T427, D ) . Daß die Rückkehr noch nicht lange, allenfalls bis zu zwei Monaten, zurückliegen kann, ist aus dem Ton des Berichtes, vor allem aber aus Z. 5 8 - 62 zu erschließen. II. BKyd: Der Brief ist eine wichtige Quelle für die folgenden Details seiner Italienfahrt 1 3 90191 (vgl. KiankIt 1 09f. mit A. 3 1 - 35): Die Seereise nach Venedig erfolgte «bei ruhigem Meer und Wind» und in rekordmäßig kurzer Zeit (Z. 7-9). Kyd. traf wohl noch im Mai 1390 in Venedig ein, da er angibt, «der Kardinal» sei kürzlich erst aus Rom gekommen (Z. 47f.), und dieser sich seit Mai 1 390 in Venedig aufhielt (s. u., Xl). Kyd. wurde von den Venezianern äußerst freundlich und ehrenvoll empfangen und behandelt (Z. 9 - 1 1 ). Er teilt jedoch nicht ausdrücklich mit, daß ihm während seines Aufenthaltes (am 20. 1 . 1 3 9 1 ) das venezianische Bürgerrecht verliehen wurde (siehe Bd. II1 , 43). Bereits ziemlich bald nach sei ner Ankunft plante er die Weiterreise nach Rom zur Einlösung eines Gelübdes, die Gräber « der AposteL, (sc. Petrus und Paulus) zu besuchen (Z. 1 1 - 14). Seine Freunde rieten ihm aber dringend von der Reise ab, da auf dem offenbar vorgesehenen Landweg von Räubern und von den Fehden der miteinander rivalisierenden örtlichen Machthaber vielerlei Bedrohungen zu erwarten seien (Z. 14-26). Vor allem war es «der Kardinal» (Xl), der ihn aus freund schaftlicher Gesinnung beschwor, auf die Reise zu verzichten und sie auf bessere Zeiten zu verschieben (Z. 26-40). Er stellte ihm auch in Aussicht, wenn er dann wirklich nach Rom komme, werde der Papst ihn mit Geschenken und Ehrungen überhäufen. Diese Aussicht konnte Kyd. allerdings nach eigenem Bekunden weniger beeindrucken (Z. 40-45 ) . Jedenfalls gab er schließlich nach, abgeschreckt vor allem durch die Greuel, die man von den Straßen räubern erzählte (Z. 45 - 50). Doch wurde es ihm nun in der « Stadt der Kaufleute» langwei lig, und das Heimweh drängte ihn schließlich zur Rückkehr nach Konstantinopel (Z. 5 0 6 0 ) . Nun freut e r sich zwar, daheim z u sein, leidet aber unter der heillosen Situation der von den « Barbaren» eingeschlossenen Stadt, die sich von ihr den letzten Rest der Freiheit durch Tribut erkaufen lassen (Z. 60-66). Er bedauert auch, Chrysoberges (E) bei seiner Rückkehr
210
BRIEF T428
nicht angetroffen zu haben und ihn an seinem jetzigen Aufenthaltsort nicht besuchen zu können (Z. 66-75). Dabei erwähnt er beiläufig, daß er nun die «gewohnten» Gespräche mit ihm entbehren müsse (Z. 67f. ); es ist also hier ausdrücklich angedeutet, daß sich E in früheren Jahren in Konstantinopel aufhielt (s. o.). Abschließend hofft Kyd. dennoch auf ein baldiges Wiedersehen (Z. 87). Xl : Ein Kardinal, ausgestattet mit besonderen Vollmachten (s. u., A. 1 ), der sich zur Zeit des Kyd. in Venedig aufhielt und ihm nachdrücklich von der Reise nach Rom abriet (Z. 2 6 - 50). Es handelt sich nach Maßgabe der in LC TI 433f. (C2) und 440 -443 (D9 - 14) zitierten Dokumente um Cosma (bzw. Cosmarus, C2; ital. Cosimo) Gen tile de' Migliorati, seit 1 3 8 9 Erzbischof von Bologna und Kardinal, Apostolischer Legat für Tuszien und die Lombardei, der sich von Mai 1 3 90 bis März 1 3 9 1 in Venedig aufhielt, später Papst der römischen Obödienz im abendländischen Schisma mit dem Namen Innozenz VII. ( 1404 - 06), also erst nach dem Tod des Kyd. Zu seiner Person siehe die Artikel über Innozenz VII. in: Catholicisme 5 ( 1 9 62), Sp. 1 665; Dictionnaire d'histoire et de geographie ecclesiasti ques 25 ( 1995), Sp. 1266f.; Lexikon für Theologie und Kirche 5 ( 1 9963), Sp. 521. Kyd. bezeugt eine freundschaftliche Zuneigung des Kardinals für seine Person (Z. 3 lf. ) . X2: Ein regierender Papst (Z. 2 8 ) . Zur fraglichen Zeit war der neapolitanische Adlige Perrino Toma celli unter dem Namen Bonifaz IX .. ( 1 3 8 9 - 1404) Papst der römischen Obödienz im abend ländischen Schisma. X3: Ein «Barbar» , der von den Byzantinern die permanente Zahlung eines Tributs fordert (Z. 64), Bayazid 1., Sultan der Osmanen.
X4: «Der gemeinsame Vater»
(Z. 76); s. u., A. 7. ZG: 1 ) Für unsere Kenntnis der Verhältnisse in Italien im späten 14. Jh. bemerkenswert ist die Beschreibung der Gefahren, die um diese Zeit mit einer Reise zwischen Venedig und Rom auf dem Landwege verbunden waren (Z. 14-36; s. o., BKyd). Zur damali gen Lage in Italien allgemein: Th. Schieder, Handbuch der europäischen Geschichte, Bd. 2, Europa im Hoch- und Spätmittelalter, hg. v. F. Seibt, Sruttgart 1 9 87, 660- 662 (mit der in den Anmerkungen 3 3 - 3 7 zitierten Literatur). In Süditalien tobten Machtkämpfe zwischen den ungarischen und den französischen Anjou um die Königreiche Neapel und Sizilien, im Norden suchten die mailändischen Visconti ihren Einfluß auf Kosten von Florenz auszudeh nen, und im abendländischen Schisma war je der avignonesische (Klemens VII. ) und der römische Papst (Bonifaz IX., s. o.,
Xl) bemüht, sich durch Parteinahme in diesen Auseinan
dersetzungen zu behaupten. 2) Zur Situation Konstantinopels (Z. 60-66): s. o., BKyd.
III. Hss: A 1 69r- 1 70", Nr. 4; U 265'-267r, Nr. 261. Ed: KydEpCarn, Nr. 6. Üb: Ebd. (frz.). IV. 1 W.: ui'!1:oxQu"twQ ÖLOLXTJ'tl�. Dies scheint eine freie Wiedergabe für die Bezeichnung «legarus Apostolicae sedis» zu sein, die in einem Dokument des vatikanischen Archivs vom 9 . 3. 1390 (LC TI 433f. [C2)]) für diesen Kardinal (zur Identität: s. o., X l ) bezeugt ist. Ein anderes Dokument aus den Secreta des Senates von Venedig (LC 11 441 [D I0]) teilt über ihn mit, «quod dominus cardinalis qui hic est habet specialem commissionem et mandatum a sede Apostolica providendi de ipsa patria» . «Patria» kann sich hier nur aus der Sicht des Senates auf Venedig beziehen, denn Cosma Migliorati stammte aus Sulmona in den mittelita lienischen Abruzzen. 2 W.: "tii� E�W ltmöE1iaEw�. 3 W.: ,i]v ,mv "tQOltWV UQE"ti]V �aXTJf!EVo�. Das in der Edition stehende ltQOltWV ist ein Druckfehler, was auch durch Prüfung der Stelle im Film des Autographen A bestätigt wurde. 4 W: XQLVOV . . . ltU,EQU, sc. den Papst.
211
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
5 Bescheidenheitswendung. 6 Die andere Partei (�EgL�), mit der Kontakt zu haben als Hochverrat ausgelegt wird, sind nach Angabe von Loenerrz (zu Z. 74) die Anhänger loannes' VII. Er verweist dazu auf L442 ( T430), 24, wo er die Nachricht einer Kleinchronik zitiert, loannes sei nach seiner Rückkehr von Genua am 14.4. 1390 in die Stadt Konstantinopel eingedrungen. Siehe jetzt =
SchreinChron I 68, Chr. 7, Nr. 21, Hs A
Ath. Dionys. 219 (rechte Spalte): . . . EnavEA8wv uno Tfj� rEVoua� tlLa ;T]gi'i� 6 ßaOl).Eu� xüg 'l(J)avVT]� 6 VEO� . . . - über die Kontakte =
loannes' VII . mit den Genuesen (u. a. eine Heiratsverbindung mit einer Tochter Francescos
11. Gattilusio) bzw. mit deren Kolonie in Pera, siehe auch BarkMan 77f. mit A. 207, ferner die Bemerkung von ReinPal 327, daß loannes sich nach seiner Niederlage im September 1390 für kutze Zeit nach Pera begab. 7 Dieselbe Bezeichnung wie die in A. 4 erläuterte ist hier nicht auf den Papst zu beziehen,
sondern gemäß Loenerrz (zu Z. 76) wahrscheinlich auf fr. Elias Petit o. P. Gemäß KalekEp 9 1 -93 war dieser Dominikaner, der aus dem Languedoc stammte und 1 3 74 als Leiter einer Gruppe von Missionaren von Avignon in den Orient reiste, nach seiner Ankunft in Konstanti nopel von Papst Gregor XI. mit der Restautation der Dominikanerklöster in den genuesi schen Kolonien der Ägäis und des Schwarzen Meeres beauftragt worden. In dieser Funktion war er bis 1393 tätig, behielt aber auch danach die Jutisdiktion über die Klöster auf Chios, Lesbos und in Alt- und Neu-Phokaia. Der Schüler und Mitarbeiter des Kyd. Manuel Kalekas schrieb seinen einzigen erhaltenen lateinischen Brief (Edition: KalekEp 323, Nr. 4) an einen Superior der Dominikaner auf Chios, zweifellos identisch mit fr. Elias, der zuletzt 1407 als lebend bezeugt ist. Siehe auch unten, T441, Xl. 8 W: "tOu� nOAL"tEuEo8m AEYO�EVOU�. 9 W.: "tOwu"t(J)v yag 6 vüv "tij� n6AE(J)� EugLJto� 8Ea�a"t(J)v �EO"t6�. Mit dem folgenden Zusatz «in diesen Strudel>, nimmt die übersetzung auf die Eutipos-Metapher Bezug. Zu dieser s. o., T369, A. 4.
429 L: 444; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Im türkischen Kleinasien; D: Ca. Juli 1 3 91; wI: Kydones versucht dem Kaiser, der offenbar in Kleinasien den Osmanen Dienste leistet, wortreich zu erklären, warum er keinen Anlaß sieht, ihm einen längeren Brief zu schreiben, und gibt am Schluß der allgemeinen Hoffnung Ausdruck, der Kaiser werde bald nach Konstantinopel zutückkommen.
5
Ich schreibe, weil ich deinem BefehP nicht ungehorsam sein und zugleich der Pflicht eines treuen Dieners / genügen will. Ich schreibe (nur) wenig, damit eine gewisse (Person) nicht das Zepter erhebt und mir sagt: « Schwätzer und Schreihals Thersites2 , hör' auf! » So meide ich das Gefasel eines zu langen Briefes, das automatisch zu befürchten ist, wenn man wie ich kein konkretes Thema hat und deshalb nur aufs Geratewohl daherre212
BRIEFE
T428 - 429
det. Außerdem weiß ich, daß du von vielen Seiten zahlreiche Briefe be kommst, / die durch die Schönheit des sprachlichen Ausdrucks und ihren Reichtum an Gedanken einen Freund der Worte entzücken können. So hielt ich es für lächerlich, hier (noch) Briefe von mir einzureihen, den Zusammenklang der anderen Briefe durch die meinigen zu stören und dich zu belästigen, indem ich die Freude, die du an ihnen hast, unterbre che, zumal man dir von allen Seiten möglichst viele Gelegenheiten zur Heiterkeit anbieten sollte, da es dir bei den Plagen, die du gegenwärtig für uns durchstehst, an Betrübnis nicht mangelt. Daher / hielt ich es für geboten, mich zurückzuhalten und nicht wider besseres Wissen das Ange messene zu verkennen. Allerdings kann ich nicht ebenso, wie ich auf vieles Reden verzichte, auch damit aufhören, dir und deinen Begleitern Wohlergehen und Gesundheit zu wünschen; ist mir das doch noch wichti ger als mein eigenes Wohlbefinden! Denn das, was sich auf das Gemein wesen bezieht3, muß man in jedem Fall dem Privaten vorziehen. Nun aber hat die Gesamtheit der noch verbliebenen Rhomäer in euch4 ihren Bestand und hält auf euch / ihre Augen gerichtet. Gebe also Gott, der uns nicht über unsere Kraft versucht werden läßrS und euch, die ihr euch sehr wünscht, zu uns zurückzukehren, alles eurem Wunsch entsprechend fügt, daß wir den Widerwärtigkeiten, von denen wir gegenwärtig umgeben sind, diese (Wende zum Guten) entgegenstellen (kön nen). Denn alle sind sich einig, daß deine Rückkehr soviel wie das Leben bedeutet für die, welche (schon dabei sind), ihren Lebensmut zu verlieren. Mehr als dies konnte ich nicht schreiben, weil ich gegenwärtig weder für euch noch für uns etwas als nützlicher / oder notwendiger ansah. K
1. OKyd: Kyd. spricht von der "Rückkehr» des Kaisers (Z. 2 1 ) , sc. nach Konstantinopel, wo er selbst sich aufhält. E, OE: Die Situation des Adressaten entspricht der von Brief T434, der gemäß der handschriftlichen Adresse an Manuel II. gerichtet ist. D: Mit diesem Brief be ginnt die Reihe der Briefe an Manuel 11., die seinen zweiten Aufenthalt im Kriegsdienst für den Osmanensultan Bayazid in Kleinasien voraussetzen (zum ersten Aufenthalt s. o., T427, D), der für die Zeit ab Juni 1 3 9 1 durch folgendes Schreiben des venezianischen Bailo in Konstantino pel, abgefaßt ca. Anfang Juni 1 3 9 1 (SchreinChron II, 345f.; Text: LC II 443, Nr. 15; Eintrag in Senato misti vom 4. 7. 1 3 9 1 ) , bezeugt ist: " . . . imperator Constantinopolis est iturus ad Tur chum et secum (so statt "cum eo» ! ) equitaturus in proelium». Auf diesen Aufbruch nach Klein asien bezieht sich wohl auch die ohne Jahresangabe überlieferte Notiz einer Kleinchronik, die in einer Handschrift des Klosters ·toü AELIlWVO<; auf Lesbos überliefert ist. Sie datiert ihn auf den 8. Juni (SchreinChron 1 104, Chronik 1 0, Nr. 8 ) . Manuel nahm nach eigenem Bekunden diesmal an Feldzügen gegen türkische Emire im Raum Sinope, Amisos, Kastamon und Seba-
213
10
15
20
25
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
steia teil (LetMan, Nr. 1 6, Z. 54 - 63; dazu kommentierend 49, A. 8 - 1 0 ) und kehrte erst im Januar 1 392 nach Konstantinopel zurück (BarkMan 99). Über die Teilnahme auch Ioannes' VII. an diesem Feldzug s. u., T430, X2, X3. - Der vorliegende Brief, der sicher nicht allzu lange Zeit nach Manuels Aufbruch verfaßt ist, deutet ohne nähere Erläuterungen nur an, daß er für seine Untertanen Plagen durchsteht (Z. 14) und daß sie seine Rückkehr erhoffen (Z. 20-23). Von den Briefen des Kyd. aus diesen Jahren, die sich auf einen Aufenthalt Manuels in Kleinasien beziehen, sind außer dem vorliegenden folgende mit Sicherheit auf die Zeit des zweiten Feldzu ges (zwischen Juni 1 3 9 1 und Januar 1 392) zu datieren: der vorliegende Brief, T43 3, 434, 435, 436 und 439. Für die Briefe T437 (
=
L438) und 43 8 (
=
L447) schließt Loenertz eine spätere
Datierung nicht aus, die ich aber für weniger wahrscheinlich halte (s. u., T437 und 438, D ) . Vorliegendem Brief ging ein erster Brief Manuels aus Kleinasien voraus (LetMan, Nr. 1 4 , s. u., A. 1); aber es scheint, daß auch T436 auf diesen Brief Manuels Bezug nimmt; doch ist das Ver hältnis zwischen T429 und T436 nicht klar (s. u., T43 6, Ep). Auf T429 antwortete Manuel mit dem Brief LetMan, Nr. 1 6, der eingangs, Z. 2, den Empfang eines Briefes von Kyd. bestätigt. Der Thersites-Vergleich dort (Z. 85f.) scheint an T429, Z. 6 anzuknüpfen. Kyd. antwortete mit T433 , der sich seinerseits deutlich auf LetMan, Nr. 1 6 bezieht (s. u.). T433 ist einige Zeit vor Ende Sept. 1 3 9 1 zu datieren, weil der folgende Brief an Manuel T434 wegen der Erwähnung des einen Monat zurückliegenden Endes des Ramadan Ende Sept. 1 3 9 1 geschrieben sein muß (s. u., T434, D). Die restlichen der oben genannten Briefe lassen sich in ihrer Abfolge nicht ge nauer bestimmen. Nach Januar 1 3 92 fand offenbar ein weiterer Heeresdienst Manuels bei Bay azid nicht mehr statt (BarkMan 1 04f. ) . Es ist jedoch noch ein mehrwöchiger, nicht mit einem Feldzug verbundener Aufenthalt Manuels in Bayazids Residenz zu Serres im Winter 1 3 93/94 belegt. Dazu unten, T437, D . II. BKyd, BE: Kyd. beurteilt seine eigenen literarischen Fähigkeiten mit gewohnter Be scheidenheit, doch der konkrete Anlaß, der ihn hindert, lange Briefe zu schreiben, ist die unerfreuliche Situation des Kaisers (Z. 5 - 15; siehe auch D). ZC: Kyd. ist überzeugt, daß Manuel durch seine Willfährigkeit gegenüber Bayazid das einzige tut, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt Konstantinopel vor der gewaltsamen Eroberung bewahren kann (Z. 1 8 -20). III. Hss: A 1 70', Nr. 5; U 267r-268r, Nr. 262. IV. 1 Kyd. bezieht sich auf LetMan, Nr. 14, Z. 18 -22, denn in diesem Brief, dem ersten, den Manuel aus Kleinasien an Kyd. schrieb (so Dennis, LetMan 3 8 , Nr. 14, A. 1 ) , bedauert der Kaiser, keine Post von Kyd. erhalten zu haben, und spricht den dringenden Wunsch aus, er möge ihm schreiben. 2 Der Thersites-Vergleich bezieht sich auf Homii 2, 246f. Siehe auch oben, T375, A. 1 . Im folgenden Brief LetMan, Nr. 1 6 (Z. 85f.) vergleicht sich Manuel selbst wegen eines langen Briefes mit dem Schwätzer der Ilias. 3 W.: 1:0. XOLVU. Kyd. will sagen, daß das Wohlbefinden des Kaisers, weil es das gesamte Gemeinwesen betrifft, wichtiger ist als sein eigenes. 4 Anrede des Kaisers im Plural (ihr, euch), hier (Z. 1 9 ) und nochmals Z. 19, ferner Z. 21 und 24; Singular der Anrede: Z. 4, 5 , 12, 14, 16, 17, 22. Die PluralsteIlen beziehen sich vielleicht auf den Kaiser und seine Begleiter. 5 w.: 6 !-1TJ EWV �!-1ät; UJtEg 0 öuvu!-1E8a JtfLgu8fjvUL, Anspielung auf NTl K lO, 13 (Ot; oux EuaEL U!-1ät; JtELgua8fjvm UJtEg 0 öUvua8E), wie unten, T442, A. 2 1 .
214
BRIEFE T429 -430
430 L: 442; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros L Palaiologos, Despot; OE: Mistra, Pelo ponnes; D: Sommer 1 3 9 1 ; wI: Kydones dankt dem Adressaten für großes Lob, das er zugleich bescheiden zurückweist. Er blickt zurück auf die Reise nach Venedig und nennt die Gründe für seinen Verzicht auf einen Besuch in Rom. Die Lage Konstantinopels nach seiner Rückkehr
ist beklagenswert: Die Stadt ist von Osmanen belagert, während die rivalisierenden Kaiser gemeinsam dem Sultan Kriegsdienste leisten. Daher plant Kydones, nun doch noch nach Rom zu reisen und danach seinen Wohnsitz auf der Peloponnes zu nehmen.
Auch das ist kaiserliche Art, daß die Gaben (der Herrscher) die Ver dienste der Empfänger um vieles übertreffen. / Deshalb hast auch du mein Lob mit viel Großmut aufgenommen und mich in deinen Briefen mit reichlichem Lob überschüttet, obwohl es allgemein bekannt ist, daß viele berechtigt wären, mich in vielerlei Hinsicht zu tadeln.. Hätte es jedoch nur mich betroffen, hätte ich an dem Übermaß des Lobes vielleicht meine Freude gehabt. Da ich aber auch um dich besorgt bin, so wäre es mir lieber gewesen, wenn du dir nicht mir zuliebe viele / Ankläger zugezogen hättest, die dich (nun) der Lüge zeihen. Deshalb schränke dein Lob ein, sei aber (zugleich) überzeugt, daß es mir genügt, wenn du an mich denkst und mir zugetan bist und dies durch deine Briefe andere wissen läßt. Denn das wird dir bei allen Lob einbringen und meinen Freunden Gele genheit geben, sich über die Ehrung, die mir zuteil wird, zu freuen. Deine jetzige Beteuerung nämlich, betrübt gewesen zu sein, als du von meiner Reise hörtest, / dich aber über meine Rückkehr gefreut zu haben, die ja auch nützlich für das Vaterland und meine Freunde sei, und (deine Erklä rung), es sei meine Pflicht gewesen, mich denen wiederzugeben, die mich jetzt und in Zukunft verehrten, all dies wäre für viele Anlaß genug, mich glücklich zu nennen - wenn ich nur in Wirklichkeit der Vorstellung gleichkäme, die ein so bewundernswerter (Mann wie du) von mir hat! Was mich aber daran hinderte, Rom zu sehen, wohin ich reisen wolltel , um dort den göttlichen Aposteln mein Gelübde einzulösen, / (das) war zunächst einmal die (für mich) unerwartete alltägliche Bedrohung und Gefährdung der Reisenden in Italien durch Räuber und Tyrannen, die das Land jetzt in höherer Zahl, als es Städte zählt, ernährt und gegeneinander und gegen die Fremden bewaffnet. (Diese Gefahren) zu meiden, mahnten und baten mich die Freunde, da sie zweifellos bestanden. Der wichtigste Hinderungsgrund aber war das, was über den Kaiser und die Große 215
5
10
15
20
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
steia teil (LetMan, Nr. 16, Z. 54 - 63; dazu kommentierend 49, A. 8 - 1 0 ) und kehrte erst im Januar 1 392 nach Konstantinopel zurück (BarkMan 99). Über die Teilnahme auch Ioannes' Vll . an diesem Feldzug s. u., T430, Xl, X3. - Der vorliegende Brief, der sicher nicht allzu lange
Zeit nach Manuels Aufbruch verfaßt ist, deutet ohne nähere Erläuterungen nur an, daß er für seine Untertanen Plagen durchsteht (Z. 14) und daß sie seine Rückkehr erhoffen (Z. 20-23 ) . Von den Briefen des Kyd. aus diesen Jahren, die sich auf einen Aufenthalt Manuels i n Kleinasien beziehen, sind außer dem vorliegenden folgende mit Sicherheit auf die Zeit des zweiten Feldzu ges (zwischen Juni 1 3 9 1 und Januar 1 3 92 ) zu datieren: der vorliegende Brief, T433, 434, 435, 436 und 439. Für die Briefe T437 ( L43 8 ) und 43 8 ( L447) schließt Loenertz eine spätere Datierung nicht aus, die ich aber für weniger wahrscheinlich halte (s. u., T437 und 438, D ) . Vorliegendem Brief ging ein erster Brief Manuels aus Kleinasien voraus (LetMan, Nr. 1 4 , s. u., =
=
A. 1); aber es scheint, daß auch T436 auf diesen Brief Manuels Bezug nimmt; doch ist das Ver hältnis zwischen T429 und T436 nicht klar (s. u., T43 6, Ep). Auf T429 antwortete Manuel mit dem Brief LetMan, Nr. 1 6, der eingangs, Z. 2, den Empfang eines Briefes von Kyd. bestätigt. Der Thersites-Vergleich dort (Z. 85f.) scheint an T429, Z. 6 anzuknüpfen. Kyd. antwortete mit T433, der sich seinerseits deutlich auf LetMan, Nr. 1 6 bezieht (s. u.). T433 ist einige Zeit vor Ende Sept. 1391 zu datieren, weil der folgende Brief an Manuel T434 wegen der Erwähnung des einen Monat zurückliegenden Endes des Ramadan Ende Sept. 1 3 9 1 geschrieben sein muß (s. u., T434, D ) . Die restlichen der oben genannten Briefe lassen sich in ihrer Abfolge nicht ge nauer bestimmen. Nach Januar 1392 fand offenbar ein weiterer Heeresdienst Manuels bei Bay azid nicht mehr statt (BarkMan 104f.). Es ist jedoch noch ein mehrwöchiger, nicht mit einern Feldzug verbundener Aufenthalt Manuels in Bayazids Residenz zu Serres im Winter 1393/94 belegt. Dazu unten, T437, D. II. BKyd, BE: Kyd. beurteilt seine eigenen literarischen Fähigkeiten mit gewohnter Be scheidenheit, doch der konkrete Anlaß, der ihn hindert, lange Briefe zu schreiben, ist die unerfreuliche Situation des Kaisers (Z. 5 - 15; siehe auch D ) . ZC: Kyd. ist überzeugt, daß Manuel durch seine Willfährigkeit gegenüber Bayazid das einzige tut, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt Konstantinopel vor der gewaltsamen Eroberung bewahren kann (Z. 1 8 -20). III. Hss: A 1 70v, Nr. 5; U 267r-268', Nr. 262. Iv. 1 Kyd. bezieht sich auf LetMan, Nr. 14, Z. 1 8 -22, denn in diesem Brief, dem ersten, den Manuel aus Kleinasien an Kyd. schrieb (so Dennis, LetMan 3 8 , Nr. 14, A. 1 ) , bedauert der Kaiser, keine Post von Kyd. erhalten zu haben, und spricht den dringenden Wunsch aus,
er möge ihm schreiben. 2 Der Thersites-Vergleich bezieht sich auf Homii 2, 246f. Siehe auch oben, T375, A.
l.
Im folgenden Brief LetMan, Nr. 1 6 (Z. 85f.) vergleicht sich Manuel selbst wegen eines langen Briefes mit dem Schwätzer der Ilias. 3 W: TU XOLva. Kyd. will sagen, daß das Wohlbefinden des Kaisers, weil es das gesamte Gemeinwesen betrifft, wichtiger ist als sein eigenes. 4 Anrede des Kaisers im Plural (ihr, euch), hier (Z. 1 9 ) und nochmals Z. 19, ferner Z. 2 1 und 24; Singular der Anrede: Z. 4, 5, 1 2 , 14, 1 6, 1 7, 22. Die PluralsteIlen beziehen sich vielleicht auf den Kaiser und seine Begleiter. 5 W.: 6 �T] EOJV ��ä<; U:I1:EQ 0 öuva�f8u ltfLQu8fjvaL, Anspielung auf NT1 K lO, 1 3 (0<; oux eaofL u�ä<; ltfLQuo8fjvaL UltEQ 0 öUVU08f), wie unten, T442, A. 21.
2 14
BRIEFE T429 -430
430 L: 442; OKyd: Konstantinopel; E : Theodoros 1. Palaiologos, Despot; OE: Mistra, Pelo ponnes; D: Sommer 1 3 9 1; wI: Kydones dankt dem Adressaten für großes Lob, das er zugleich bescheiden zurückweist. Er blickt zurück auf die Reise nach Venedig und nennt die Grunde für seinen Verzicht auf einen Besuch in Rom. Die Lage Konstantinopels nach seiner Rückkehr ist beklagenswert: Die Stadt ist von Osmanen belagert, während die rivalisierenden Kaiser
gemeinsam dem Sultan Kriegsdienste leisten. Daher plant Kydones, nun doch noch nach Rom zu reisen und danach seinen Wohnsitz auf der Peloponnes zu nehmen.
Auch das ist kaiserliche Art, daß die Gaben (der Herrscher) die Ver dienste der Empfänger um vieles übertreffen. / Deshalb hast auch du mein Lob mit viel Großmut aufgenommen und mich in deinen Briefen mit reichlichem Lob überschüttet, obwohl es allgemein bekannt ist, daß viele berechtigt wären, mich in vielerlei Hinsicht zu tadeln. Hätte es jedoch nur mich betroffen, hätte ich an dem Übermaß des Lobes vielleicht meine Freude gehabt. Da ich aber auch um dich besorgt bin, so wäre es mir lieber gewesen, wenn du dir nicht mir zuliebe viele / Ankläger zugezogen hättest, die dich (nun) der Lüge zeihen. Deshalb schränke dein Lob ein, sei aber (zugleich) überzeugt, daß es mir genügt, wenn du an mich denkst und mir zugetan bist und dies durch deine Briefe andere wissen läßt. Denn das wird dir bei allen Lob einbringen und meinen Freunden Gele genheit geben, sich über die Ehrung, die mir zuteil wird, zu freuen. Deine jetzige Beteuerung nämlich, betrübt gewesen zu sein, als du von meiner Reise hörtest, / dich aber über meine Rückkehr gefreut zu haben, die ja auch nützlich für das Vaterland und meine Freunde sei, und (deine Erklä rung), es sei meine Pflicht gewesen, mich denen wiederzugeben, die mich jetzt und in Zukunft verehrten, all dies wäre für viele Anlaß genug, mich glücklich zu nennen - wenn ich nur in Wirklichkeit der Vorstellung gleichkäme, die ein so bewundernswerter (Mann wie du) von mir hat! Was mich aber daran hinderte, Rom zu sehen, wohin ich reisen wollte1 , um dort den göttlichen Aposteln mein Gelübde einzulösen, / (das) war zunächst einmal die (für mich) unerwartete alltägliche Bedrohung und Gefährdung der Reisenden in Italien durch Räuber und Tyrannen, die das Land jetzt in höherer Zahl, als es Städte zählt, ernährt und gegeneinander und gegen die Fremden bewaffnet. (Diese Gefahren) zu meiden, mahnten und baten mich die Freunde, da sie zweifellos bestanden. Der wichtigste Hinderungsgrund aber war das, was über den Kaiser und die Große 215
5
10
15
20
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25
30
35
40
45
50
STADT berichtet wurde, (denn dies war) samt und sonders erschreckend und Grund genug, nicht nur den / Bewohnern, sondern auch allen, die davon hörten, Angst um den Bestand2 der Stadt einzujagen. Dies also veranlaßte auch mich, alles hinter mir zu lassen und alsbald zum Kaiser und zur STADT (zurück)zureisen, um ihr Schicksal zu teilen - ich wäre (aber) nicht so rasch zu ihnen heimgekehrt, wenn ich gehört hätte, daß ihr Leben wie gewohnt und so, wie ich sie verlassen hatte, weiterging - ; denn wenn die i n Bedrängnis waren, mit denen ich durchweg Angeneh mes erlebt hatte, hielt ich es für undankbar, nicht (wenigstens) soweit wie möglich3 ihr leidvolles (Schicksal) zu teilen. / Ich fand aber, als ich zurückkehrte, die STADT in einer Situation, in der sie von Menschenweisheit nichts mehr (erhoffen konnte), sondern nur noch auf göttliche Hilfe angewiesen war; so sehr ist alles in Verwirrung, und es ist schwierig, im (normalen) Leben ein Beispiel für die unsäglichen Verhältnisse hier zu finden, denn außerhalb (Konstantinopels) haben die Barbaren alles in ihre Hand gebracht und sich angeeignet, was der STADT zugute kommen könnte; / (zudem) fordern sie aber (auch) von ihr so hohe Steuern, daß nicht einmal alle öffentlichen Einkünfte insgesamt zur Zahlung ausreichen, und so müssen auch die Armen besteuert werden, wenn wir den unersättlichen Hunger der Feinde auch nur annähernd stil len4 wollen. Weil alle dies für unmöglich halten - denn ihre Habgier (, meinen sie, ) werde sich nicht zügeln lassen - , denken sie schon daran, in baldiger Zukunft die Versklavung hinzunehmen, weil diese allein sie / aus ihrer heillosen Lage in der STADT erlösen könne. Denn auch das Um land werde (dann) vor den Barbaren Ruhe haben, weil sie es verschonen würden, wenn die STADT erst in ihren Händen sei. Es verbleibt (uns) aber außerdem noch das alte Übel, das alles zugrunde gerichtet hat, der Zank der Kaiser um das Phantom dieser Herrschaft. Ihr zuliebe müssen ja beide dem Barbaren huldigen, weil ihnen nur so eine Chance zum Aufatmen bleibt5; / denn sobald er sich für einen von beiden ausspricht, sind sich alle sofort einig, (dieser eine) solle fortan herrschen. So müssen (noch) vor den Bürgern die Kaiser selbst ihm dienen und nach sei nen Befehlen leben, und so folgen ihm nun auf seinen Befehl beide Kaiser, j eder mit der ihm verbliebenen Heeresmacht, um zusammen mit ihm die Städte in Phrygien und im Pontos zu erobern6. Daher ist die STADT der schützenden Truppen / beraubt und ist jedem beliebigen Feind wie ein Sie gespreis zur Eroberung ausgeliefert. Aber die inneren Unruhen und Streite216
BRIEF T430
reien der Bürger untereinander, nicht der einfachen, sondern der Angese hensten, die im Palast etwas gelten, ihr Rivalisieren um die höchste Stellung, ihr Bemühen, sich nach Möglichkeit alles zu erraffen, ihr Drohen, andern falls zum Feind / überzulaufen und danach die Vaterstadt samt ihren (dort wohnenden) Freunden zu erobern - (Vorgänge), die das, was Homer und alle Tragödien der Dichter schildern, bei weitem in den Schatten stellen - , wer könnte von ihnen in leichtem Plauderton erzählen? S o könnte man die Lage der STADT am ehesten mit der von (Seeleuten) vergleichen, die in schreckenerregender Finsternis von einem Wirbelsturm geschüttelt wer den, (aber) ihr Schiff (auch noch) von innen her umzustürzen versuchen. Ich muß dies persönlich erleben und preise dich glücklich, / daß du dich außerhalb des wogenden Getümmels aufhältst. Denn selbst wenn auch du etwas von dem Rauch bemerkst - ist es doch schwierig, jetzt einen Staatsmann der Rhomäer zu finden, der nic;ht (wenigstens) zum Teil von dem allgemeinen Schicksal betroffen ist - , hast du doch noch (Untertanen), denen du als Despot nach deinem Gutdünken Befehle erteilen kannst und die dir treu und bereitwillig dienen. So steht es dir auch vielfach frei, die Barbaren / geringzuschätzen und ihnen, wenn sie dich nötigen wollen, eine Absage zu erteilen, ja, du kannst ihnen sogar Wider stand leisten und nach Kräften gegen sie einschreiten. Das Gegenteil trifft bei uns zu, denn bei uns gibt es nur ein Gesetz: das, was die Feinde mit einem Wink anordnen, bereitwillig auszuführen oder bei Widerspruch Kerkerhaft zu gewärtigen. Deshalb preisen wir dich, wie gesagt, glücklich, ich und die anderen, die von (unserem) Volk noch verblieben sind. Wer mich aber früher für meine Rückkehr7 lobte, nennt mich nun (gerade) deswegen unglücklich; / denn ich hätte (dort) ein angenehmes Leben führen können - man sichert mir ja zu, ein solches werde mir der Aufenthalt in Venedig bescheren - , doch habe ich es nicht gewollt, sondern bin lieber zurückgekehrt, um geradewegs ins Feuer zu springen und darin kläglich umzukommen. So gereut mich denn allmählich die Heimkehr, und ich gestehe den Kritikern zu, daß ihr Tadel vernünftig war. (Hielten sie mir doch vor), ich wolle (anscheinend), obwohl ich dem Vaterland nichts nüt zen könne, lieber zusammen mit Wahnsinnigen zugrunde gehen, die nicht fähig seien / zu erkennen, was zu tun sei, die man aber auch nicht kurieren könne, wenn man sie wie Maultiere anbinde. So suche ich denn, wohin ich mich wenden soll, um weder das, was man sich hier gefallen läßt, zu erleben, noch das, was als dessen Folge zu erwarten ist, zu erleiden, und 217
55
60
65
70
75
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
80
85
90
ich sehe (für mich) nur die eine Chance, mich dir anzuvertrauen, und das, was kommen soll, gemeinsam mit dir abzuwarten. Denn möglicherweise wirst du den allgemeinen Schiffbruch sogar überstehen, weil Gott dich für die überlebenden Rhomäer / vielleicht seit langem als Hafen vorgese hen hat. Sollte aber der Sturms noch stärker sein als deine (staatsmänni sche) Kunst, so bringt der Untergang an letzter Stelle doch denen, die alles zu ihrer Rettung tun wollen, keinen geringen Gewinn. Gewährt es doch in Gegenwart und Zukunft großen Trost, zusammen mit den Besten, die mit Umsicht alles für ihre und ihrer Untertanen Rettung tun, Gefahren zu bestehen, (mag man sich) / Sicherheit oder zugleich auch Ruhm (erhof fen). Deshalb möchte ich jetzt (zunächst), wenn Gott es erlaubt, Rom besuchen, wie ich es den Aposteln gelobte9. Wenn ich ihnen aber mein Gelübde eingelöst habe und zurückgekehrt bin, möchte ich auf der Pelo ponnes Wohnung nehmen, sollte nicht vorzeitiger Tod mein Vorhaben verhindern. So werde ich von den langen Plagen ausruhen und den Rest meines Lebens bescheiden an deiner Seite verbringen. Dir aber wird davon / bin ich überzeugt - meine Anwesenheit nicht unwillkommen sein, denn ich weiß ja, daß du (mich) oft darum gebeten hast. K I. OKyd: Kyd. ist in die STADT (Z. 26f.), sc. nach Konstantinopel, zurückgekehrt (Z. 15. 71f.). E, OE: Ein Despot (Z. 63) auf der Peloponnes (Z. 87), der zur in Frage kommenden Zeit (s. D) nur Theodoros I. sein kann. D: Sicherer terminus post quem dieses Briefes ist die Rückkehr des Kyd. von seiner Reise nach Venedig (Z. 26f. 30. 69-73) im März 1 3 9 1 (s.o., T427, D; 428, D). Da aber auch ein gleichzeitiger Feldzug Manuels 11. mit Bayazid erwähnt wird (Z. 47 -49), kann dies nur der zweite (gemäß T429, D) sein, der von Juni 1 3 9 1 bis Januar 1392 dauerte. Da einige Ergebnisse des Feldzuges bereits angedeutet werden, muß seit dem Be ginn schon einige Zeit verstrichen sein. Doch ist eine Datierung des Briefes noch auf Sommer 1 3 9 1 wahrscheinlicher als die von Loenertz vorgeschlagene auf HerbstlWinter 1 3 9 1 , weil über die Venedigreise nicht wie über ein lange zurückliegendes Ereignis berichtet wird. Vielleicht kam Loenertz zu seiner Datierung, weil er XELflWV (Z. 80) nicht metaphorisch, sondern mit Be zug auf den kommenden Winter verstand, was aber wohl nicht zutrifft (s. u., A. 8 ) . TI . BKyd: Kyd. nimmt Bezug auf seinen i n T428 beschriebenen Aufenthalt i n Venedig (Z. 70f.) und erläutert, warum er auf die geplante Romreise verzichtete: wegen der Gefahren in Italien und der heillosen Situation Konstantinopels, die ihn zur Heimkehr drängte (Z. 1 8 30). Er schildert ausführlich die bedrückenden Gefühle, die er bei seiner Ankunft dort emp fand, weil Konstantinopel praktisch ein Spielball in der Hand des Sultans Bayazid sei und trotzdem im Inneren größte Uneinigkeit herrsche (Z. 30-59). Er gibt zu, daß er inzwischen seine Rückkehr bedauere, weil er in Venedig sicher hätte leben können (Z. 72-76), und eröffnet nun seinen Plan, stattdessen in Mistra bei Theodoros Zuflucht zu suchen, da er dessen Lage nun als wesentlich günstiger beurteilt (Z. 76-80). Selbst wenn die Sicherheit
218
BRIEF T430
nicht von Dauer sei, sei es schon ein Gewinn, wenigstens vorerst dort in Ruhe leben zu können (Z. 8 0 -85). Allerdings will er zuvor noch das Gelübde seiner Romreise einlösen, bevor er auf der Peloponnes, wo er sich bei Theodoros willkommen weiß, seinen Alterssitz wählt (Z. 85 - 9 1 ). BE: Theodoros hat Kyd. durch sein wohlwollendes Verhalten zu seinem Vorhaben, nach Misrra zu kommen, ermutigt (Z. 4 - 1 8 . 90), und Kyd. hält die Übersiedlung dorthin für geraten, weil die Peloponnes sich derzeit anscheinend in einer wesentlich günstige ren Lage als Konstantinopel befindet (Z. 5 9 - 66. 7 8 - 85).
Xl : Ein Kaiser in Konstantino
pel, zu dem Kyd. aus Venedig zurückkehren wollte (Z. 23 -27). Loenertz fragt sich (zu Z. 24), ob es sich um Ioannes V. oder Manuel handele. Als Kyd. von Venedig abreiste (s. o., D), war Ioannes V. allenfalls soeben (am 1 6.2. 1 3 9 1 ) gestorben; Kyd. konnte also keineswegs bereits von seinem Tod gehört haben. Es ist daher anzunehmen, daß er sich hier auf den aus seiner damaligen Sicht noch lebenden Hauptkaiser Ioannes V. bezieht. Allerdings geht es hier wohl mehr um die Tatsache, daß Konstantinopel die Residenz des Kaisers schlechthin ist, als um eine bestimmte Person. X2, X3: Zwei Kaiser, die im Streit um die Herrschaft notgedrungen gute Beziehungen zu dem mächtigen Sultan Bayazid unterhalten (Z. 42-44). Nach dem Tod von Ioannes V. kann es sich nur um dessen Sohn Manuel II. und um dessen Enkel Ioan nes VII., den Sohn des 1 3 8 5 verstorbenen Andronikos IV., handeln.. Die Nachricht, daß sich auch Ioannes VII. um diese Zeit noch im Gefolge des Bayazid aufhielt (vgl. auch unten, A. 6) und somit auch nach seiner Vertreibung aus Konstantinopel noch eine Rolle im Kampf
um
die höchste Macht spielte, ist von besonderem historischem Wert, da sie nur hier bezeugt ist (vgl. BarkMan 8 8 mit A. 7). Zur Vorgeschichte: Als Ioannes VII. am 14.4. 1 3 90 die Macht in Konstantinopel übernommen hatte, hatten sich Ioannes V. und sein Sohn Manuel, der seinem Vater Beistand geleistet hatte, in die Festung des GoldenenTores zurückgezogen (Bark Man 71; SchreinChron II 340f.; MesJov 65). Manuel konnte schließlich, am 17. 9. 1 3 90, den Usurpator mit Duldung Bayazids aus Konstantinopel vertteiben (SchreinChron II 342f. ). Doch blieb Ioannes VII. ein Faustpfand Bayazids gegen Manuel (BarkMan 78, 82, 84). X4: Der «Barbar» (Z. 44), Sultan Bayazid, dessen Gunst Manuel II. und Ioannes VII. notgedrun gen gleicherweise suchen (Z. 42-44). ZC: S. o., X2-X4. Ep: Kyd., der zuletzt, etwa HerbstlWinter 1 3 89, die Briefe T39 1 , 393 und 0425 an den Despoten gesandt hatte, bezieht sich im vorliegenden Brief nicht nur auf einen an ihn selbst adressierten Brief des Theodoros (Z. 14 - 1 8 ) , sondern auch auf Briefe an andere (Z. 12) in Konstantinopel, in denen ihn Theo doros lobend erwähnte. Der Hauptgrund für die lange Schreibpause von etwa eineinhalb Jahren seit den genannten Briefen ist die Reise des Kyd. nach Venedig, von welcher der Despot bedauernd erfahren hatte (Z. 14f.); er hatte ihm erst wieder geschrieben, als er ihm seine Freude über die Rückkehr aussprechen konnte (Z. 15).
ill . Hss: A 1 67" - 1 69" Nr. 3 ; U 26ZV-26Y, Nr. 260.
Ed: KydEpCam, Nr. 5 . Üb: Ebd.
(frz.). IV. 1 W: EJtAEOV, imperfectum de conatu. Die hier angedeutete Reise über das Meer ist nur auf die damalige überfahrt von Konstantinopel nach Italien, nicht auf eine etwa geplante
Seereise von Venedig nach Rom zu beziehen, denn sowohl hier wie in Brief T428 mit seinem genaueren Rückblick auf die Italienreise (Z. 14-50) werden aus der Sicht des Aufenthaltes in Venedig nur die Gefahren des Landweges diskutiert (ebd. Z. 20-26). 2 W: Eö
219
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
4 W: bnoxiJOElV, KydEpCam: «calmer». 5 W.: 00<; oihw yoüv flOVW<; EVOVTO<; avunvELv. 6 Zur Datierung dieses Feldzuges Guni 1391 -Januar 1 392) s.o., T429, D. Zu «Phrygien» vgl. LetMan, Nr. 20, Z. 1 1 , wo ein Aufenthalt Manuels mit Bayazid im «phrygischen» An kyra erwähnt wird. Zu «Pomos» siehe LetMan, Nr. 1 6, Z. 59 (vgl. auch SchreinChron TI, 346, A. 94); gemäß LetMan, Nr. 1 6, Z. 42ff. mit A. 5 führte der Feldzug nach Pompeiupolis im pontischen Paphlagonien und gegen den Emir Isfendiyaroglu von Sinope. Die Angaben des vorliegenden Briefes setzen also wahrscheinlich die Kennmis von LetMan, Nr. 16 bereits voraus, den Kyd. jedenfalls vor T433 erhielt. 7 Sc. aus Venedig (s. o., D). 8 W.: XELflwv. Hier wohl ebenso metaphorisch zu verstehen wie Z. 57f. xÄuÖwv(
9 W : T]i'iyflUL, relativ seltenes Perfekt von EUXOflUL, hier im Sinne von «geloben» , wie auch an den zwei Parallelstellen T428, Z. 13 EUXiJ « Gelübde» und ebd., Z. 40 EUXOflUL wiederum «geloben» bedeutet. Cammelli (KydEpCam) übersetzt: «Je veux voir Rome pour m'acquitter du voeu que j'ai fait aux Apötres. Une fois mon voeu rempli, je renviendrai . . . » .
431 L : 436; OKyd: Konstantinopel; E : Ioannes Laskaris Kalopheros; OE: Cypern; D : Ca. Sommer 1 3 9 1 ; wI: Kydones vergleicht das von Glück und Erfolg gesegnete Leben des Freun des bedauernd mit seinem eigenen unglücklichen Schicksal, die schwere Bedrohung seines
Vaterlandes durch die Barbaren miterleben zu müssen. Dies betrübt ihn um so mehr, als er sich gemäß einer früheren Vereinbarung einen Lebensabend zusammen mit Kalopheros in Venedig erhofft hatte, nach seiner Ankunft dort aber erfahren mußte, daß der Freund nach Cypern abgereist war. Von Venedig voll Enttäuschung nach Konstantinopel zurückgekehrt, plant er zwar weiter, sich der heillosen Lage dorr zu entziehen und wieder ins Abendland zu reisen, hat aber die Hoffnung aufgegeben, Kalopheros dort zu treffen, und wünscht ihm für sein weiteres Leben auf Cypern alles Gute.
5
Nichts ist unglückseliger als ein Mensch, der zwar die Hoffnung auf das, was er ersehnte, aufgeben mußte, / nach der Enttäuschung aber keineswegs aufhörte, es sich zu wünschen. Denn das bedeutet geradezu, ein verzehren des Feuer ständig in sich zu tragen oder auch, dahinzuwelken, wie eine von niemandem begossene Pflanze. So erging es mir nun auch mit dir. Denn ich bin es ja, der dir zuvor seit vielen Jahren freundschaftlich zugetan war, sich auch deiner Freundschaft erfreute und zudem, weil er mit dir diesselbe (Stadt) bewohnte, den ständigen Umgang mit einem liebenswerten Men schen wie du genießen konntel . Dann aber wurde aus vielerlei (Gründen) 220
BRIEFE T430-431
jene ! glückliche Zweisamkeit beendet, denn dir gaben die Lebensumstände den Rat, in die Fremde zu gehen, mir aber, zu verweilen. Dir aber ließ Gott deine Abwesenheit in jeder Hinsicht glücklich geraten, denn er verlieh dir führende Positionen in Städten und bei (anderen) Völkern, führte dich durch die bewohnte und unbewohnte Welt und gewährte dir nicht nur Freundschaft mit Herrschern, Tyrannen und Staaten, sondern ließ dich auch Teilhaber an ihren großen Taten sein. ! Überall wirst du daher bewundert, überall hast du die Erinnerung an deine Weisheit, mannhafte Ent schlossenheit, Besonnenheit und jegliche andere Tugend im Herzen derer, die deine Bekanntschaft machten, zurückgelassen. Dir hat also Gott gerechtermaßen deine lebenslang geübte Tugend ver golten. Ich aber, der ich hier geblieben bin, wurde nur als Zuschauer des Unglücks, welches mein Vaterland traf, aufbewahrt, denn offenbar sollte ich es erleben, wie das vielgerühmte Reich der Rhomäer von Barbaren, die ihm vorher nicht einmal als Sklaven verwendbar erschienen, wie ! Staub niedergetreten wurde, wie es ihnen alles, was ihm je gehört hatte, abtreten mußte, alles, von ihrer Übermacht bezwungen, verlor, bis ihm - wie ein Kopf, der vom Rumpf getrennt ist - nur (noch) die Hauptstadt verblieb, die nun mitsamt ihren Herrschern prächtige Sklavendienste leistet. Doch damit habe ich (nur) die äußersten Schrecken aufgezählt. Wollte man das Unglück ! (nämlich) im einzelnen beschreiben, man würde, glaube ich, nicht genügend Zeit finden, (erschöpfend) darüber zu berichten. Solche bitteren2 (Erfahrungen) brachte mir das Verbleiben ein. Es sind aber (noch) schlim mere zu erwarten, wenn unsere Sünden, die sie verschuldeten, nicht endlich ein Ende finden, sondern sogar täglich zunehmen, bis (diese Zustände) ih ren äußersten (Höhepunkt) erreichen und den Sündern zugleich mit ihrem Leben auch die (Gelegenheit zur) Sünde entziehen. Auf andere Weise ist es nämlich unmöglich, ! die Gerechtigkeit, die das Böse haßt und uns bestraft, aufzuhalten. Wie also, glaubst du, ist mir zumute, der ich (bereits) früher das Übel, als es leichter zu ertragen war, beklagte, jetzt aber (solche) Schrecken ansehen und erleben muß ? Fühle ich mich doch sowohl von der äußeren Bedrohung (der STADT) täglich betroffen wie auch gequält von dem, was ich innerhalb (der Mauern) ständig zu erdulden habe! Die Betrübnis darüber wurde aber noch verschlimmert, weil ich mich auch bei dir nicht trösten konnte. ! Nicht als wünschte ich mir, daß du an meinem Unglück teilhaben solltest - wie auch, da ich doch der VORSEHUNG dafür dankte, dich vor dem so schändlichen und gottlosen Treiben (hier) bewahrt 22 1
10
15
20
25
30
35
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR
40
45
50
55
60
zu haben? Du hättest es ja nie hingenommen, solches gemeinsam mit uns zu ertragen, hättest aber keine andere Wahl gehabt, als mit uns in Verzweif lung unterzugehen3 . Ich möchte auch nicht, daß du um meines persönlichen Wohlergehens willen hier wärest und auf die Annehmlichkeiten, die du genießen konntest, verzichten müßtest. / Doch du weißt ja, daß ein betrübter Mensch sich nächst der Gottheit an seine Freunde erinnert, weil er glaubt, daß er, wenn sie zugegen sind und ihm Trost spenden, seinen Kummer weni ger verspürt. So hat bis jetzt auch mich die Hoffnung, dich einmal wieder zusehen, ermutigt, das Unglück des Vaterlandes zu ertragen. Ich glaubte nämlich, wenn ich (erst) mit dir zusammen wäre, viel über Vergangenes be richten, viel auch erfahren zu können. Wir würden (dann, hoffte ich,) uns gegenseitig für die vergeudete / Zeit und die so lange Trennung tadeln, den Rest unseres Lebens aber um so angenehmer miteinander verbringen. Dies schienst nämlich auch du mir in deinen Briefen an mich oft gewünscht zu haben, indem du sagtest, bei mir zu sein erscheine dir glückbringender als alles (andere), und es sei dein Wunsch, daß dein Leben zu einem Ziel ge lange, welches deine vielen Mühen und Reisen angemessen aufwiege. Da ich also sah, daß wir beide diesen Wunsch gemeinsam hatten, / wollte ich ihn dir und mir erfüllen, segelte unter Gefahren über das Adriati sche Meer und eilte nach Venedig, wo ich dich gemäß der Vereinbarung zu treffen hoffte. Als ich aber dort ankam, fand ich statt des Schatzes nicht einmal Kohlen4 vor, während du es dir auf Cypern wohl sein ließest. Daher rieten mir meine Freunde, ich solle, wenn ich Vernunft hätte, meine Hoffnungen wie einen dummen Scherz aufgeben, weil / ein Leben zusammen mit dir fortan nicht (mehr) zu erwarten sei. Denn Cypern und seine Annehm lichkeiten seien voller Gifte, die stark genug seien, (einen Menschen) zu be rücken und ihn, wenn er einmal von ihnen gekostet habe, dort festzuhalten. Als ich dies hörte, wünschte ich dirs dies und alles andere, was Menschen zuteil wird, die ein ruhmreiches Leben führen, mich selbst aber hielt ich für unglücklich, nicht nur, weil ich mich um das Erhoffte getäuscht sah, sondern auch, weil ich sogar / das Schattenbild der Hoffnung zerstört6 und dazu noch Hohn verdient hatte, weil ich trotz meines Alters? nicht einmal das wahrnahm, was (schon) ein Kind durchschauen konnte. So sprach ich (zu mir selbst): «Anscheinend (will) das böse Schicksal nicht nur allen Rho mäern insgesamt, sondern sogar jedem einzelnen auf den Fersen bleiben, daß es ihm in jeder Hinsicht schlecht ergehe. Hat es doch auch mich, der ich vergebens eine weite, mühevolle Reise unternahm, nicht nur um das Er222
BRIEF T43 1
sehnte betrogen, sondern drängt mich auch wieder zur Rückkehr, / damit ich, scheint es, mit dem Vaterland untergehen soll.» Das Bleiben wäre mir ja nicht einmal, wenn ich gewollt hätte, möglich gewesen. Sagte man (mir) doch, daß die Lage in Italien nicht viel leichter als die unsrige sei; denn in allen Städten wurden ja auch die Menschen dort von Tyrannen beherrscht, und überall gab es Kriege und Räuber, so daß die Durchreise nicht ohne Gefahren möglich war. Ich bin also nun zurückgekehrt und lebe mit (Menschen) zusammen, die sich selbst aufgegeben haben. Denn wie könnte man es anders / nennen, wenn man aus Furcht vor dem mächtigen Barbaren nicht einmal wagt, über die Freiheit zu verhandeln, sondern sich selbst die Hände bin det und abwartet, wann man ein Sklavenschicksal erleiden wird? So kann man inzwischen in der STADT die allgemein verbreitete Meinung hören, daß wir, selbst wenn wir uns in Vögel verwandelten, nicht mehr so leicht der Sklaverei entgehen könnten. Mir aber kommen die Tränen bei dem Gedanken, was meine Verwandten und Freunde jetzt erleiden und was sie in baldiger Zukunft / zu leiden haben werden, und ich ertrage es nicht, sie im Stich zu lassen, wenn ich daran denke, was ich meinem Vaterland schulde. Andererseits bin ich überzeugt, daß (mein Los), aus Erbarmen mit ihm (hier) auszuharren, ihm nichts anderes als mein Mitleid anzubie ten und mich so der Knechtschaft gottloser Menschen auszuliefern, das Schlimmste von allem ist, was einem Menschen widerfahren kann, und so hätte ich lieber alles andere vorgezogen, als dies zu erleiden. Daher beabsichtige ich, / meine Verwandten um Verständnis zu bitten, die Alpen zu überqueren und zu den Menschen zu reisen, die jenseits von Gadeira wohnen. Solche Gedanken (jedenfalls) beschäftigen mich Tag und Nacht. Aber selbst dieser Wunsch verblaßt, wenn ich daran denke, daß ich kei nen Gefährten habe, dessen Anblick mir das Gefühl, in der Fremde zu sein, erleichtern wird. Dieser innere Zwiespalt bringt alsbald dich mir ins Gedächtnis, und ich beginne / Cypern zu verfluchen, weil es mir deine Gegenwart raubte, die mich (doch) von aller Betrübnis hätte heilen können. Dann tadle ich mich sofort wegen dieser Gedanken und sage zu mir selbst: « Warum denn nur sehnst du dich nach dem Unmöglichen? Wird sich doch dieser Mann nicht bewegen, denn er hat die Flügel abgelegt, mit denen er früher die Welt durchreiste, und gedenkt j etzt dort seßhaft zu werden! Warum also bist du so von dem Wahn besessen, etwas zu begehren, was niemals Wirk223
65
70
75
80
85
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
90
95
lichkeit werden kann ? » / Laß dir also sagen, daß ich von solchen Wogen umbrandet bin und mich einerseits gedrängt fühle, das Vaterland zu ver lassen, andererseits aber überzeugt bin, daß ich ohne dich die unerfreuli chen Seiten des Umherreisens als unerträglich empfinden werde. Da also die VORSEHUNG es so beschlossen hat, daß wir voneinander getrennt blei ben müssen, wollen wir wenigstens füreinander von Gott erbitten, was gut für uns ist. So bitte denn ich, daß Gott dir alles gebe, wodurch du / an Leib und Seele vollkommen werden kannst, und daß auch das äußere (Leben) dir gelinge, wie du selbst und deine Freunde es dir wünschen. Bete aber du für mich, daß ich dich fortan vergessen kann, damit nicht die Erinnerung, die in meiner Seele wohnt, (mich) verzehre wie Feuer das Brennholz verglühen läßt. Allerdings weiß ich nicht, ob du bei Gott solche Redefreiheit hast, daß es dir, wenn du darum betest, auch zuteil wird. K 1. OKyd: In der STADT (Z. 72).
E: Der ungenannte Adressat kann nur aus dem Brief
inhalt erschlossen werden; vgl. den vorausgehenden Brief T360 und unten, BE. OE: Auf Cypern (Z. 53. 55. 85). D: Einige Zeit nach der Rückkehr des Kyd. aus Venedig (März 1391 gemäß T427, D ) . II . BKyd: Der Brief gehört z u den ergreifendsten Dokumenten des gesamten Briefcorpus. Er ist verfaßt von der Hand eines Menschen, der seine letzte große Hoffnung, zusammen mit einem guten Freund in Venedig, fern von der trostlosen Lage der byzantinischen Heimat, seinen Lebensabend verbringen zu können (Z. 42-49), wegen dessen überraschender Abreise aus der Lagunenstadt endgültig als gescheitert erleben mußte (Z. 49 - 66), denn ein Übersie deln nach Cypern (s. u., BE) kam für ihn offenbar nicht in Frage (vgl. EszKal 1 04), wohl jedoch - eher eine Hyperbel der Verzweiflung (vgl. Z. 90 - 92 ) denn ein realer Plan - eine erneute Reise ins Abendland, aber an einen unbekannten Ort jenseits der Alpen oder gar im äußersten Westen (Z. 79 - 8 3 ) . Von dem in T430 geäußerten Vorhaben, nach Mistra überzu siedeln, ist aber hier überraschenderweise keine Rede. Kam Kyd. vielleicht dieser Gedanke erst einige Zeit nach T43 1 ? - Ob Kyd. auf diesen Brief noch eine Antwort erhielt, wissen wir nicht. Er selbst scheint es nicht zu erwarten, wenn er den als treulos empfundenen Freund darum bittet, für ihn zu beten, daß er ihn vergessen könne (Z. 96-99). Jedenfalls starb Kalo pheros bereits im folgenden Jahr (s. u., BE). - Ein weiteres biographisches Detail ist die Andeutung Z. 73f. 79f., daß zu der Zeit außer Freunden auch Verwandte (crl.lyyeveÜ;) des Kyd. in Konstantinopel lebten. Von seinen drei Schwestern war die letzte bereits 1 3 8 1 gestor ben (siehe Bd. I11, 6 mit A. 13; Bd. II, T206, II., X3 ) . Vielleicht handelt es sich um deren Nachkommen, über die aber nichts bekannt ist. Sonst wird in diesen Jahren nur ein Verwand ter auf der Peloponnes erwähnt, der vielleicht identisch mit Georgios Gabrielopulos ist (Bd. III, T273, Xl; 309, X l ) . BE: Eingangs erinnert sich Kyd. der gemeinsamen Vergangen heit mit E, die aber bald mit einer langen Zeit der Trennung endete, während derer E große Erfolge im öffentlichen Leben verzeichnen konnte (Z. 1 1 - 1 6). Gemäß EszKal 1 0 1 war Kalo pheros zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen Sommer 1 3 8 8 (Darum seines in Venedig
224
BRIEF T431
am 5 . 7. 1 3 8 8 ausgestellten Testamentes; vgl. LC I, 1 8 7f., Appendix V, Nr. 1 0 ) und Mai 1390 (Zeit der Ankunft des Kyd. in Venedig gemäß T428, BKyd), ohne eine Nachricht zu hinterlas sen, von Venedig nach Cypern abgereist. Die Datierung seiner Abreise läßt sich aber gemäß D. Jacoby, Jean Lascaris Calopheros, Chypre et la Moree, Revue des Etudes Byzantines 26 ( 1968) 1 8 9 -228 D. Jacoby, Societe et demographie ä Byzance et en Romanie latine, Lon don 1 975, IX; hier 216 mit A. 1 68 und 171 auf Ende Februar oder März 1 390 präzisieren. Kalopheros war also höchstens drei Monate vor der Ankunft des Kyd. von Venedig nach Cypern abgereist. Über den Grund der Reise können nur Vermutungen angestellt werden (vgl. EszKal 1 0 l f.). Kyd. selbst deutet an, daß Kalopheros diese Insel wohl als den angenehmeren Aufenthaltsort bevorzugte (Z. 53. 5 5 - 57). Schließlich besaß er dort in schöner und fruchtba rer Gegend ein Landgut (EszKal 102). Dort starb Kalopheros bereits im folgenden Jahr; vgl. EszKal 1 05; 156, Regest Nr. 173. Einzige Quelle für den Tod des Kalopheros ist die in diesem Regest genannte Urkunde aus dem Staatsarchiv Venedig, die in LC I 196f., Appendix V, Nr. 12 ediert ist. Es handelt sich um ein amtliches Dokument des Rates der Vierzig von Venedig, datien auf 22./24. April 1409, in dem ein gefälschtes Testament des Erard Laskaris, Sohn des Kalopheros, für ungültig erklärt wird. Hier wird in Z. 24f. als Datum des gefälsch ten Testamentes der 2. Sept. 1 392 angegeben, und in Z. 3 0 - 3 2 folgt die Angabe, daß es offensichtlich «POSt mortem dicti Erardi, habita notitia de morte doniini Iohannis Laschari qui decessit in partibus Cypri» verfaßt wurde. Am diesem 2. Sept. waren also Vater und =
Sohn bereits einige Zeit verstorben. Xl : Der mächtige «Barbar» (Z. 70f.), vor dem die Bewohner Konstantinopels sich fürchten: Sultan Bayazid; vgl. ZG. ZG: Obwohl Konstanti nopel damals noch nicht erobert und scheinbar «frei» war, war es praktisch doch bereits in der Hand der osmanischen Türken (Z. 1 9 - 33 ) , die nicht nur außerhalb der Stadt, sondern auch bereits innerhalb (Z. 32f.), wohl etwa in Form einer eingeschränkten Besatzung, weitge hend Macht ausübten. Kyd. spricht ironisch von «prächtigen Sklavendiensten» der Einwoh ner (Z. 23f.), die sich selbst aufgegeben haben (Z. 69-72), beklagt aber auch «das schändli che und gottlose Treiben» der Türken (Z. 36), das er nicht näher erläutert. Vermutlich meint er die öffentliche Ausübung des islamischen Kultes, der ihm ein Greuel ist (s. o., T347, 4651; 352, A. 1). Seine Bemerkung über die eigenen Sünden seiner Landsleute (Z. 27 -29) be zieht sich wohl auf die innere Zwietracht, bedingt durch den Zwist der rivalisierenden Herr scher und ihrer Anhänger (vgl. oben, T430, Xl, X3 ). III . Hss: A 1 82r- 1 8 3v, Nr. fehlt (s. o., T394, Hss); U 3 0 8v- 3 1 F, Nr. 305; Ul 1 58rv, Nr. 1 (Anfang fehlt). Ed: KydEpCam, Nr. 49. Üb: Ebd. (frz.); EszKaI 240-244, Nr. 15 (dtsch.). IV. 1 W: "twv Ev am xaAwv <J1JVEXW<; Ctl1:oAauwv. 2 Hier wird ultll Aa'Uaa (ich genoß) ironisch auf bittere Erfahrungen bezogen. 3 W: . . . <1iv XOLVWVEi:v �Ev "toi:<; "ta'Ü"ta "toA�waLV oux av :n:ot' �vEaxo'U, AOIJtOV ÖE �v
u:n:o:n:vLy6�Evov <J1JVa:n:6AA'Ua6m. 4 W.: OUÖ' av6Qaxa<;. Zu diesem metaphorischen Ausdruck getäuschter Hoffnung, hier gesteigert durch «nicht einmal», siehe Bd. 112, T73, A. 3 . 5 «Dir» (griech. am) wurde von Kyd. i n der korrigierten Fassung der Stelle (f. 1 83r, erste Zeile) vergessen, steht aber noch in der von ihm gestrichenen Erstfassung (f. 1 82v, letzte Zeile; vgl. auch Apparat zu Z. 57). 6 Sc. durch den Versuch, die Hoffnung zu verwirklichen. 7 W: "tT]ALXO'Ü"tO<; wv, eine Anspielung des Kyd. auf sein vorgerücktes Alter, wie auch oben, Z. 45 ( << den Rest unseres Lebens» ) und unten, T436, Z. 33.
225
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
432 L: 441; OKyd: Konstantinopel; E: Athanasios, Mönch; OE: Kreta; D: Sommer 1391; wI: Der Adressat hat trotz der vorausgehenden Vorhaltungen des Kydones ihn schon wieder über die Maßen gelobt, so daß er nun noch schärferen Tadel zu hören bekommt, verbunden mit der Drohung, er habe im Falle weiterer Lobhudelei mit dem Abbruch der Korrespondenz zu
rechnen.
Wie dasl, hochgeehrter Mönch? Wieder dasselbe? Schon wieder maßloses / Lob für mich, als ob ich in Lüften wandelte2 und beinahe schon eine Wohnung in den Wolken hätte3 ? (Nein,) es steht dir besser an4 , dich niederzuwerfen, mit gebeugtem Knie anzubeten und dich nicht so herab zuwürdigen5! So hast du anscheinend entweder das, was ich dir zuvor in ähnlicher Sache schrieb, nicht gelesen, nämlich meine Bitte, mit der Übertreibung in dieser Hinsicht aufzuhören, oder du fühlst auch, nach dem du es gelesen hast, deinen Ehrgeiz angespornt zu sagen, was du auch 10 vorher (schon sagtest), / oder diesem sogar noch eine unübersehbare Menge von Lobsprüchen aufs Geratewohl hinzuzufügen. Wenn diese Worte jedoch als Ehrung für mich gemeint waren und du in dieser Absicht ein solches Geschwätz ausgebreitet hast, hättest du wahrhaftig dabei be weisen können, daß du meinen Briefen gehorsam bist, in denen ich dich wissen ließ, wie übel ich solche Reden aufnehme! Wenn du aber die dort ausgesprochenen Ermahnungen mißachtest, wie glaubst du dann den zu 1 5 ehren, dessen Belehrung du verworfen hast? / Laß doch, um Gottes wil len, die Meinung von mir, die du nach eigenem Bekunden in dir trägst, nicht zur Rätselrede werden, indem du den, den du so hoch preist, durch dein maßloses Lob herabsetzt, sondern bewahre, wenn du schreibst, dir und mir zuliebe das Maß, das, wie du weißt, von allen gelobt wird6, eingehalten aber nur von denen, die bereit sind, der Tugend gemäß zu leben, da ihnen sonst keine ihrer übrigen Leistungen etwas nützen kann. / 20 Da du nach meiner Überzeugung auch einer von diesen bist, ist es mein Wunsch, daß du in jeder Hinsicht um das Maß besorgt bist und mit ihm das «Nichts zuviel ! » 7 verbindest, zumal du mich mit diesen unangebrach ten Lobreden weder besser machst noch mich jemals überreden wirst, das zu sein, was ich nicht bin. Du aber wirst dir für deine Lügen auch (noch) den Ruf eines Schmeichlers zuziehen, weil du mir das, was niemand mir zuerkennt, ohne jeden Grund und (nur) aus Gefälligkeit zukommen läßt. Das sollte dir wirklich nicht unterlaufen, denn du bist ja ein Mann, der / 5
226
BRIEFE T43 1-432
die Wahrheit zum Leitstern seines ganzen Lebens erkoren hat. Darüber also wirst du mit dir zu Rate gehen und fortan Briefe senden, die sowohl dir wie mir gemäß sind. Sonst könnte das unziemliche Loben dich meiner Briefe berauben, die dir nach eigenem Bekunden lieb und wert sind; denn ich würde schweigen, damit es nicht so aussieht, als schriebe ich dir, weil ich auf Lob erpicht bin. Ich möchte dir auch mitteilen daß ich nach der Rückkehr aus Venedig glücklich in der Heimat angekommen bin8 und jetzt / (hier wieder) mein gewohntes Leben führe. Ich würde aber, wie du (mir) auftrugst, in deiner Angelegenheit auch dem wackeren Pantaleon schreiben, wenn ich nicht sicher wüßte, daß er wegen des Ablaufs seiner Amtszeit von den (Behör den) in Venedig zurückbeordert wurde und nun in sein Haus zurückge kehrt ist, um (dort) zu leben. Ich hörte nämlich von seinen Freunden dort, er müsse im Frühjahr9 aus Kreta zurückkehren und werde dann wieder bei seinen Angehörigen sein. K I. OKyd: Aus Venedig zum gewohnten Leben, also nach Konstantinopel, zurückgekehrt (Z. 28 -30). E, OE: Athanasios, Mönch (entsprechend der handschriftlich überlieferten Ti telleiste zum Brief T443, der auf vorliegenden Brief Bezug nimmt; zur Person s. o., T0414, E), der auf Kreta lebt, wie sich aus Z. 33, aber noch deutlicher aus T0414, Z. 22 und T443, Z. 20 ergibt. D: Der Brief ist bald nach der Rückkehr des Kyd. aus Venedig, also 1 3 9 1 verfaßt. Dies wird durch die Angaben zu Pantaleone (s. u., Xl) bestätigt, aus denen sich zudem ergibt, daß der Brief nach dem Frühjahr 1 3 9 1 , wahrscheinlich im Sommer 1 3 9 1 , geschrieben ist. II. BKyd: Kyd. weist hier das Lob des Mönches so entschieden zurück, daß er offenbar damit aufhörte, wie sich aus T 443 ergibt. Es fällt auf, daß Kyd. hier nicht - wie in anderen nach der Rückkehr aus Venedig geschriebenen Briefen (L43 1 -433, jeweils BKyd; L434, ZG) - die unglückliche Lage Konstantinopels beklagt. Xl : Pantaleon (Z. 3 0 -34), gemäß PLP 2 1 674 der Venezianer Pantaleone Barbo il Giovane, seit 1 353 als Gesandter der Repu blik Venedig bezeugt, 1 3 8 1/82 ersrmals in Konstantinopel bei Ioannes V. (Quellenangabe in der Edition zu Z. 3 1 ) . Urkunden des Senates von Venedig vom 1 6. 2., 30.4. und 20. 7. 1 392 (Texte: LC II, Appendix, 445f. und 448-450, D 1 7, 19 und 20) erwähnen ihn wiederum als Gesandten in Konstantinopel. Gemäß einer weiteren Angabe in der Edition zu Z. 31 wurde er am 1 6. 3. 1 3 8 9 zum Capitanio in Candia gewählt. Laut Anmerkung zu Z. 33 erfolgte die Ernennung auf zwei Jahre. Die Z. 33 erwähnte bereits erfolgte (vgl. unten, A. 9) Rückkehr des Pantaleone aus Kreta nach Venedig «im Frühjahr" bezieht sich daher auf 1 3 9 1 . Kyd. will also Athanasios zu verstehen geben, daß es für die Empfehlung bei Pantaleone, die er sich von ihm erbeten hatte, bereits zu spät sei. Ep: Ein vorausgehender Brief des Athanasios an Kyd. mit der Bitte um ein Empfehlungsschreiben an Pantaleone (Z. 30f.; vgl. Xl). III . Hss: A 1 67rv, Nr. 2; U 26P-262v, Nr. 259. Iv. 1 W: TC wüw; Dieser Briefanfang ist bei Kyd. ziemlich beliebt. Er findet sich als bloße Frage ohne Zusatz noch in den folgenden Briefen (gewählte Übersetzung in Klammern):
227
25
30
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Bd. TI, T2091L21 8 (Wieso dies ?); Bd. m, T2541L254 (Wie das?); T03391L3 1 7 (Das ist er staunlich! ) ; Bd. IV, T3441L35 1 (Wie das ?); T3551L372 (Was sollen wir dazu sagen?); T377/ L403 (Wie soll ich das verstehen?); T39 11L421 (Wie das?). Die unwirsch klingende Kurzüber setzung «Wie das ? » scheint auch im gegenwärtigen Fall am besten zu passen; denn es folgt ja die scharfe Kritik des übermäßigen Lobes. 2 W: cU::Qoßm:elv, Anspielung auf AristophNu 225; dort von Sokrates gesagt, der "in Lüften wandelt». 3 Anspielung auf Sokrates in den "Wolken» des Aristophanes, der seine Wohnung in den Wolken aufgeschlagen hat, um mit ihnen Zwiesprache zu halten (AristophNu 252). 4 W.: aav 1iE. 5 W: �T]Öe TOUTOU yoiiv aaU1:av ä�LOV 0'Lw8m. 6 Bereits HesOp 719 lobt die maßvolle Rede (:rcAeCG'tTJ XUQL<; (YAWaGTj<;) xm:a �tt:QOv
wUGTj<;). 7 W: �T]öev äyav. S. o., T0414, A. 3. 8 W: aya:rcT]'tw<; Aaß6�evov 'tTi<; :rca'tQCöo<;. 9 Gemeint ist das kommende Frühjahr aus der Sicht der Zeit, als Kyd. sich noch in Venedig aufhielt (von wo er im März 1 3 9 1 abreiste; vgl. oben, T427, D); denn dort erhielt er diese Auskunft. Vgl. auch die Bemerkung zu Z. 33 der Edition und oben, Xl.
433 L : 432; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel TI. Palaiologos; OE: Im türkischen Kleinasien; D: September 1 3 9 1 ; wI: Eingangs lobt Kydones den schönen Stil eines langen Briefes, den er vom Kaiser erhalten hat, geht aber dann ausführlich auf dessen berrübliche Situation ein: Manuel leistet dem Erzfeind seines Reiches, dem Osmanenherrscher, Heeres dienste, um so die Einnahme Konstantinopels durch die Türken noch einmal abzuwenden. Am Schluß des Briefes ist von der schwierigen Situation der belagerten Hauptstadt die Rede, vor allem von schweren sozialen Spannungen wegen wachsender Hungersnot.
5
10
Ich habe deinen nicht weniger schönen als langen Brie? gelesen, von dem du treffend / sagtest, anderen werde er vielleicht lang erscheinen, mir aber allzu lakonisch2 . Damit hast du gut meine Begeisterung für deine Worte und meine Gefühle bei ihrer Lektüre erraten. Denn ich bewundere es, wenn ich sehe, daß sie die Bemühungen alterprobter Redner übertref fen, und freue mich zugleich, schöne Worte zu hören - wie es allen ergeht, die etwas Schönes genießen. / So ist es kein Wunder, daß ich mich auch über ihre Länge freue und es bedaure, wenn sie zu Ende sind. Denn wer wünschte nicht, daß ein geistiger Genuß lange anhalte, oder welcher Liebhaber der Worte würde sich nicht freuen, wenn er die Schönheit und die Fülle attischer Ausdrücke zu hören bekäme und die Dichte und Kraft 228
BRIEFE T432-433
der Gedanken und die Symmetrie zwischen beiden sähe, wo weder die Gedanken von den Formulierungen zugedeckt werden, noch / Armut im 15 Ausdruck die Klarheit des Gedankens beeinträchtigt, sondern wie bei ei nem (Gesang zur) Leier beide wunderbar zusammenklingen? Weil du also weißt, wie vollkommen dein literarischer Stil ist3, glaubtest du mit Recht, dein Brief werde zwar nicht den anderen, wohl aber mir lakonisch er scheinen. Nimm aber zur Kenntnis, daß es wie mir auch allen, die beim Vorlesen zugegen waren, so erging. (Denn) alle wünschten sie die Lesung möglichst lange hinauszuziehen, / um notfalls sogar noch bis in die Nacht 20 hinein zuhören zu können. So bedeutet denn dein Aufenthalt in der Fremde gleichermaßen (eine Zeit), dich in Waffen wie in Worten zu üben, wobei keines von beiden dir beim anderen hinderlich ist. Ich glaube aber, daß du dort auch nicht durch den Trunk aus den goldenen flachen Trink schalen und das Geschwätz der Zechgenossen4 bei deiner literarischen Tätigkeit gestört werden kannst, sondern daß auch solche (Gelage) dich zum (Schreiben von) Briefen anregen werden. Denn während / die Seele 25 sich entspannt, wird ernstes Tun vor allem verwirklicht. Alles aber, was nicht angenehm ist, ist erzwungen, weil es mit betrübtem Sinn erfolgt. Wir sollten es also nicht mit allzu großem Ernst betreiben, wenn wir unser Gemüt entspannen wollen, damit uns unsere Vorhaben leichter von der Hand gehen. Diese (Überlegung) sollte auch dir Anlaß sein, denen, die dich zum kühlen Trunk einladen, (gern) nachzugeben. Denn danach wirst du dich lieber dem Schreiben widmen und mit größerer Freude (deine Briefe) verfassen, wie jener Sophist, dem durch Trinken / die (freie) 3 0 Rede leichter fieP. Bis hierhin also will ich scherzen, als ob ich selbst beim Trinkgelage dabei wäre. Dein Brief hätte uns aber ebenso, wie du uns mit seinem anmutigen Stil entzückst, auch durch seine Nachrichten erfreuen und seine so schöne Sprache nicht zum Boten unerfreulicher Berichte werden sollen. So aber hat die Betrübnis, die er mir brachte, den größten Teil des Erfreulichen, das er enthielt, hinweggenommen. Denn was ist von allem, was dich be trifft, für uns schwerer (zu ertragen) als dieser Aufenthalt - / um es nicht 35 Sklavendienst zu nennen - in der Fremde? Oder was ist für dich unerfreu licher als die Nachrichten, die du aus der (Ferne) anzubieten hast? Es kommt j a die Verletzung von beiden Seiten, denn beide verwunden wir uns gegenseitig durch Berichte über unser jeweiliges Elend. Was du erlebt hast, ist ein Meer von Widerwärtigkeiten, das nicht, wie du sagst, meines 229
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
40
45
50
55
60
Schiffes bedarf6, sondern welches, glaube ich, auch die Muse Homers in dem Wogenschwall, der dich umgibt, verschlungen hätte. Mußt du dich doch bald bei glühender Sonnenhitze, / bald bei schneidender Kälte zum Kampf rüsten, der Nahrung entbehren und aus trüben Quellen trinken sie bringen dir Krankheiten, du mußt zuschauen, wie es deinen Soldaten ebenso ergeht, und ihr habt nichts zur Verfügung, was eure Erkrankung lindern könnte - , (ganz zu schweigen von) dem anderen, was du gar nicht erst erwähnt hast; wenn aber Leute von euch hierher zurückkehren, schreit nicht nur ihr Mund das Elend, sondern auch ihr Gesicht die Krankheit heraus. All dieses - / und noch mehr anderes lasse ich beiseite7 beweist deine einmalige Ausdauer und zeigt, daß du ein Mann bist, der seit langem gewohnt ist, auf ein weichliches Leben zu verzichten. So kennen dich alle, und die Tatsachen bezeugen dir vielfach diese Tugend. Aber in einer einzigen Hinsicht wirst du - davon bin ich überzeugt und habe es allen prophezeit - ganz sicher der Unterlegene sein, und du hast es selbst als das, was dich am meisten bedrückt und was dir schwerer fällt als alles andere / erwähnt; ich meine deinen Aufenthalt bei den Bar baren. Ist doch das, was sie reden, dir entweder von vorneherein nicht verständlich, oder es verwundet deine Seele, wenn du es verstehst, weil es widerwärtig ist. Widerwärtiger aber ist noch die Gesinnung, welche (diese Worte) hervorbringt; sie wäre, selbst wenn man die Lästerungen außer Betracht läßt, am ehesten mit der von Tieren bzw. von Weidevieh zu ver gleichen. Daß du es aber bist, der mit ihnen zusammenlebt, und dazu noch gezwungenermaßen, ein Mann, der / sein Leben lang um den wah ren GlaubenS und die ihm zugehörige Tugend bemüht, zugleich aber auch von der literarischen Tradition der Hellenen begeistert war und ihre sti listische Technik beherrschte, der nichts Willkürliches, was nicht zur Tu gend führt, von Anfang an weder zu hören noch zu sagen gewohnt war: diese Last, glaube ich, würde nicht einmal der aus dem Mythos bekannte Atlas tragen können. Das kann man auch deinen eigenen Äußerungen über das, was dich betrübt, entnehmen. Denn obwohl es vieles gibt, was dir täglich zustößt / jedes einzelne hätte dem Betroffenen genug Grund zu Klagen geboten -, hast du alles übergangen und nur dieser einen Sache gedacht, indem du sagtest, es sei für dich höchst betrüblich, bei Menschen zu weilen, von denen man nichts zu hören bekomme, was der Seele nüt zen könne. Wenn nun außerdem noch der Kaiser der Rhomäer Städte zu sehen bekommt, die einst von den Rhomäern bewohnt waren, jetzt aber, -
230
BRIEF T433
von den Barbaren wiedererrichtet, die (ursprüngliche) / Benennung durch ihre Bewohner verloren und stattdessen von diesen Verfluchten eine neue erhalten haben, hätte das nicht die Seele eines jeden mit Verzweiflung und seine Augen mit Tränen erfüllt? Du gibst ja auch selbst zu, es erschüttere dich im Innersten, ansehen zu müssen, wie die Orte, die deinen Vorfahren heilig waren, von diesen Verworfenen geschändet werden. Solche Kunde kommt also von euch (zu uns). Wenn sich daraus auch kein Schaden für die ergab, die sie hörten, / wen hätte (die Nachricht) nicht, selbst wenn er ein Stein wäre, aus Mitleid mit den Geplagten in Verzweiflung sinken und das eigene Elend vergessen lassen? Nun aber sind es wir nicht weniger als ihr, die dieses betrübt, erschreckt und be droht. Denn die Meldung von diesen Dingen, die (unsere) STADT überfällt, verleiht den Feinden Mut, jagt aber den Unsrigen Schrecken ein, und alsbald gehen viele umher und prophezeien, daß binnen kurzem alles, was uns gehöre, in der Hand der Feinde / sein werde. Welche Katastrophe das für die Städte bedeutet und wie die Furcht, welche die Bürger befällt, eine Stadt in viele (Teile) zerbrechen läßt, wenn Freunde gegeneinander zu den Waffen greifen, braucht man die nicht zu lehren, die schon seit langem in diesen schlimmen Verhälmissen leben und für die gegenwärtigen Schrek ken nur der Zwietracht die Schuld geben. Zudem läßt die Not, welche die meisten leiden, und der ungerechte Überfluß von wenigen bis jetzt die Bedürftigen nur / Neid gegen die Besitzenden empfinden. Wenn aber die Armut der einen (Gruppe) wächst, die Unersättlichkeit der anderen aber nicht geahndet wird, ist zu befürchten, daß sich beider Schicksal ins Ge genteil verkehrt. Denn (alles) Übermaß hat nicht lange Bestand. Das äußerste Übel9 aber ist der Hunger, der schon alle befallen, aber mehr (und mehr) auch schon begonnen hat, die Stärkeren zu bedrohen, die Armen aber sogar vernichtet. Wenn er sich aber siegreich ausbreitet, mit den Armen auch die Reichen / angreift und alle gegeneinander in Aufruhr bringt, weil es, wenn andere alles reichlich haben, nicht möglich ist, daß es die vielen dulden oder hungrig ins Bett gehen, dann müssen sich auch die Mächtigen vorsehen und die Angreifer (von ihrem Besitz) fernhalten. Was aber zu erwarten ist, wenn Hunger und Zwietracht eine Stadt befal len, lehren nach vielen anderen Bespielen der Geschichte / auch die Leiden der Juden10. Denn nichts anderes als diese (beiden) (sc. Hunger und Zwie tracht) haben jener vielgepriesenen Stadt das Verderben gebracht und sie gezwungen, den Römern Sklavendienste zu leisten, nachdem zunächst ihr 231
65
70
75
80
85
90
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Tempel in Brand gesteckt, später aber auch sie selbst vollständig zerstört worden war. Ein solches Schicksal umgibt nun auch deine STADT. Dabei habe ich nur die wichtigsten Übel aufgezählt. Wollte nämlich einer die täg95 lichen Übergriffe aufspüren und diese / bekannt machen, würde ihm keine Zeit für seine Erzählung reichen. Das schreibe ich, nicht weil ich dir mit dieser Tragödie Kummer bereiten will - wie sollte ich dies, da ich doch wünsche und bete, es möge dir in jeder Hinsicht wohl ergehen - , ich gelangte aber auch nicht deshalb, weil ich bei dir als einer der Einflußreiche ren erscheinen will und deshalb ehrgeizig bemüht bin, mit den Besten dir 1 00 einen politischen Rat zu geben, zu diesen Worten - / denn ich kenne mich und würde mich nicht dort aufdrängen wollen, wo es mir nicht zusteht - , sondern weil auch ich den Anspruch erhebe, dem Vaterlande diesen höchst geziemenden Beitrag zum gemeinsamen (Wohl) zu leisten. Es ist aber eine große Hilfe für den obersten Herrn zu wissen, was der Stadt frommt, wie, meine ich, für den Arzt im Hinblick auf die Kranken. Hier ruft also einer, der sich auf dem sturmgeschüttelten Schiff aufhält, laut nach dem SteuerlOS mann, obwohl er (selbst) auf keinerlei Weise / dem Fahrzeug seine Nöte erleichtert1 1 . Verzeih mir also, wenn auch ich mitten in der Gefahr den, der nächst Gott mich daraus erretten kann, mit diesen Worten zu erschüttern suche. So komm denn, um Gottes willen, besänftige den Schiffbrüchigen den Sturm, damit zu den traurigen Erzählungen aus deinem Leben nicht auch noch das, was der STADT droht, hinzukomme. K I. OKyd: In der STADT (Z. 72). E, OE: Ein Kaiser der Rhomäer (Z. 63), der sich wider Willen bei den Barbaren aufhält (Z. SO); gemäß LetMan, Nr. 1 6 (siehe D) Manuel TI., der Sultan Bayazid Kriegsdienste leistet. D: Im Brief, auf den der vorliegende Bezug nimmt, LetMan, Nr. 1 6 (vgl. LetMan 49, A. 16), hatte der Kaiser sich u. a. über «0 1tOAU<; XELWOV» beklagt (Z. 65). Dennis bemerkt in seinem Kommentar (LetMan 48, A. 1 ) , daß die Anspie lung auf den «Winter» nicht wörtlich zu nehmen sei, hält aber dann doch eine Datierung auf Herbst/früher Winter 1 3 9 1 für wahrscheinlich. Doch spricht einiges dafür, daß der vorlie gende Antwortbrief des Kyd. einige Zeit vor dem hier als nächster eingereihten Brief T434
( L429) zu datieren ist, dessen Ansatz auf Ende Sept. 1 3 9 1 gesichert ist, zumal man die =
Einladung zum gemeinsamen Umtrunk (Z. 22f.; unten, AA) wohl auf die Feiern zum Ende des Ramadan zu beziehen hat. TI. BE: Es ist ein seltener Glücksfall, daß wir nicht nur den ausführlichen Brief LetMan Nr. 1 6 als Quelle für den Aufenthalt Manuels im Dienst Bayazids besitzen, sondern auch die Reaktion des Kyd. im vorliegendem Brief. Die Passage Z. 3 1 - 68 ist eine regelrechte Medita tion der ttaurigen Situation des Kaisers, die stellenweise sogar noch mehr beeindruckt als dessen eigener Bericht. ZG: Kaiser Manuel bekommt während seines Kriegsdienstes (mit
232
BRIEF T433
einem eigenen Truppenkontingent, Z. 4lf.) in Kleinasien Städte zu sehen, die einst von den Rhomäern bewohnt waren, jetzt aber, von den «Barbaren» wiedererrichtet, nicht nur ihren ursprünglichen (griechischen) Namen verloren haben und von den türkischen Eroberern um benannt worden sind, sondern nun auch von Türken besiedelt und dadurch aus der Sicht des Kyd. geschändet wurden (Z. 6 3 - 6 8 ) . Ep: Ein Brief Manuels an Kyd. (Z. 4), identisch mit LetMan, Nr. 1 6 (s. o., D, BE und unten, A. 2, 4 und 6). ill . Hss: A 178V - 1 8 0\ Nr. fehlt (s. o., T394, Hss); U 303v-306v, Nr. 302. 50 (Z. 4-68, eng!., mit Auslassungen).
Üb: LetMan
IV. 1 Zur Identität dieses Briefes mit LetMan, Nr. 1 6, s. o., Ep.
2 Dies ist eine eindeutige Anspielung auf LetMan, Nr. 1 6, Z. 84- 87: <
JtLVELV EUJtOQWTEQOC; ELc:; J...6youC; YLyvOf.lEVOC;; Foerster gibt allerdings nicht an, wer dieser Sophist sein könnte. Darüber reflektiert ]. Martin in: Libanios, Discours, Bd. 2, Paris 1 9 8 8 , 286 (note complementaire z u S. 1 1 9, sc. zur genannten Passage) . E r bemerkt, daß Libanios im Kontext auf einen Kreis des Athener Sophisten Herodes Attikos (2. Jh. n. ehr. ) anspielt, der nach einer zur Bemessung der Redezeit verwendeten Wasseruhr «Klepsydrion» genannt wurde. Diesem Kreis gehörten zehn ausgewählte Rhetoriker an, welche unter Anleitung des Meisters ihre Redeübungen vortrugen, ofr im Rahmen eines gemeinsamen Mahles, bei dem auch Wein getrunken wurde. Martin nimmt an, daß der unbekannte spartanische Sophist, der nach einem Trunk bessere Reden hielt, zu diesem Kreis gehörte. 6 Manuel hatte (LetMan Nr. 1 6, Z. 89f.) die literarische Begabung des Kyd. mit einem Schiff verglichen, das allein imstande sei, das Meer seiner unglücklichen Erlebnisse zu befah ren, während sein kleines Boot dazu nicht imstande sei, sondern im Küstenbereich bleiben müsse. Vg!. auch den Kommentar von Dennis (LetMan 49, A. 14) zu dieser Stelle. Kyd. ist hingegen überzeugt, daß nicht nur jedes literarische «Schiff», sondern sogar die Muse Ho mers von diesem Meer verschlungen werde. Zur Überbierung der Möglichkeiten Homers bei der Erzählung gehäufren Unglücks (so auch oben, T430, Z. 56) siehe Bd. 112, T51 , A. 12. 7 In der Edition ist die Parenthese, die hier zweifellos vorliegt, nicht gekennzeichnet. 8 W.: EUoEßELac;. 9 W: Jtuf.la-rov xaxov. Zur Verwendung des epischen Wortes «JtUf.laToc;» bei Kyd. siehe Bd. 112, T0120, A. 1 7. Wie der Tod des Odysseus durch Polyphem das letzte, aber auch das größte übel ist, so trifft dies auch für den Hunger zu.
233
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
1 0 Kyd. vergleicht hier die Belagerung Jerusalems im «Jüdischen Krieg» der Römer, der mit dem Fall Jerusalems ( <<jener vielgepriesenen Stadt») im Jahr 70 n. Chr. endete, mit der Belagerung Konstantinopels durch die Osmanen. Der folgende Text knüpft mehrfach an die Beschreibung dieses Krieges bei Flavius Iosephus an ( Zitate nach: Josephus with an English Translation, ed. H. St. J. Thackeray, CambridgelMass., Bd. 3, 1 9 6 1 ) : «den Römern Sklaven dienste zu leisten» (Z. 9 1 : vgl. ebd. 494/496, Buch 6, §414-420); «Tempel . . . in Brand gesteckt» (Z. 92: vgl. ebd. 446-456, Buch 6, §249 -280); «(die Stadt) vollständig zerstört» (Z. 92f.: vgl. ebd. 504, Buch 7, § 1 -4). 1 1 W.: XOLLOL flTJÖEV a:n:o LWV MUQflWV ri)v 6h
434 - An den Kaiser Kyr Manuel L: 429; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Im türkischen KIeinasien; D: Ende September 1 3 9 1 ; wI: Klage über die lange Abwesenheit des Kaisers im Feindesland. Hoffnung auf sein baldiges Kommen, nachdem nun der Ramadan und die
nachfolgenden Feiern vorüber seien.
5
10
15
0, wer könnte diesem ständigen Briefeschreiben ein Ende machen und uns dein Antlitz zeigen, / nach dem wir uns nicht weniger sehnen als die Patienten, die von den Ärzten (bereits) aufgegeben sind, nach der Gesund heit! Schreiben wir doch, als könnten wir dich alsbald empfangen, aber unsere schönen Hoffnungen finden keine Erfüllung. Solltel es aber erfor derlich sein, daß zuvor das Feindesland verwüstet ist - es ist verwüstet, und zwar so gründlich, daß sogar die sogenannte Myserbeute2 im Vergleich zu dieser Öde gering erscheint; denn wo es früher / Weidevieh, Dörfer und Städte gab, dort sind jetzt nur noch der (bloße) Erdboden und wilde Tiere anzutreffen. Oder wären zuvor die Konjunktion der Ge stirne und das bei dieser (Gelegenheit stattfindende) Trinkgelage abzu warten - auch dies haben die, deren Gesetz (es befiehlt), verdienterma ßen3 (bereits) genossen, so daß wir nun schon alle sehen, wie der Mond, der uns den Anfang eines neuen Monats schenkte, wieder auf die Sonne zueilt. Welchen Grund habt ihr also jetzt noch zu verweilen? / Wollt ihr etwa noch, wie es Gesetz bei den Lakedaimoniern war, bis zum Aufbruch den nächsten Vollmond abwarten4? Ich fürchte aber, daß ihr auch diesen (noch) verstreichen und uns (weiter) zum Himmel und seinen Bahnen starren laßt. 234
BRIEFE T433-434
Nun denn, 0 (Herrscher), der du für deine Untertanen (so) viele Mühen auf dich genommen und auch jetzt so viele Unannehmlichkeiten für sie er tragen hast, erinnere dich daran, daß das Zusammensein mit den Vertrau ten daheim das Ziel / alles mühevollen Umherirrens sein muß und daß eine 20 Plage ohne Ende sich durch nichts von den besungenen Schrecken im Ha dess unterscheidet, zumal wenn die, welche auf keinerlei Weise mit uns ver bunden sind, die Früchte unserer Mühen davontragen. So beende die lange Abwesenheit und laß deine Vertrauten dich wiedersehen. Sie sehnen sich nämlich, dein Antlitz zu schauen und sich am Fluß deiner schönen Sprache zu laben; sie werden aber auch einen anderen Gewinn haben, der für die Städte / von unvergleichlichem Wert sein dürfte, wenn denn einem Reigen 25 der Chorführer, den Seeleuten der Kapitän, dem Heer der General und allen anderen, die glücklich leben wollen, ein vernünftiges Oberhaupt unent behrlich ist. Ist es nämlich nicht da, dann muß bei den Untertanen jede Ord nung zusammenbrechen, weil man sie leben läßt, wie sie wollen. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltson, an den der Kaiser zurückkehren soll (passim). OE: Im Feindesland, sc. auf einern Kriegszug an der Seite Bayazids (s. o., T433 , D). D: Zur Bestimmung des Datums innerhalb des Jahres 1391 (Feldzug Manuels i m Türken land; s. o., T433, D) steht als Fixpunkt das Ende des Ramadan zur Verfügung, das gemäß Z. l 1 f. bereits einige Zeit vergangen ist. Zur Datierung des 9. Monats, des Fastenmonats Ramadan im Jahr 1 3 91 siehe V. Grumel, La Chronologie, Paris 1958, 279 -296 (Concordance entre les annees de I'Hegire et les annees de l'ere chretienne), hier 294: Das Jahr 793 nach der Hedschra begann am 9. 12. 1390; der Ramadan dieses Jahres dauene vorn 2. bis zum 3 1 . 8. 1391. Die Feiern zur Beendigung des Ramadan begannen am ersten Tag des folgenden 10. Monats S awwal, also am 1. 9, der zugleich Tag des Neumondes war (Loenertz, zu Z. 1 1 , gibt irrig den 2. 9. an), da die muslimischen Monate dem Mondzyklus entsprechen (Grumel, ebd. 226). Wenn also Kyd. das Ende des Ramadan mit einer umQwv aiivoöo<; in Beziehung setzt, kann er damit nur den Neumond meinen. Für diese Verwendung findet sich ein Beleg bei LSc, s. v. aUvoöo<;, II, 2: at aiivoöm, of the times of new mo on, mit Beleg bei dem Stoiker Zeno von Tarsos. Zu diskutieren ist noch, wie viel Zeit nach Angabe des Kyd. seit diesem Neumond am 2 . 9. vergangen ist. Den Satz «so daß wir nun schon alle sehen, wie der Mond, der uns den Anfang eines neuen Monats schenkte, wieder auf die Sonne zueilt» deutet Loenertz mit Recht auf den Beginn des folgenden Mondmonats. Da aber gemäß Grumel, ebd. der Monat S awwal in diesem Jahr vorn 1 . bis zum 29. 9. dauerte, begann der folgende Monat bereits am 30. 9., während Loenertz (zu Z. 14) irrig den 2. 10. angibt. Der Brief muß also spätestens am 29. Sep tember und kann nicht erst incipienre Octobri (Loenertz im Brieftitel) 1391 verfaßt sein. II. BE: Kaiser Manuel nimmt die Mühen und Plagen an der Seite Bayazids seinen Unterta nen zuliebe auf sich (Z. 17-19), wird aber in Konstantinopel noch dringender gebraucht (Z. 24 -29). Ep: Kyd. spielt auf eine längere Reihe von vorausgehenden Briefen an Kaiser Ma nuel an (Z. 4); nennen lassen sich T429 und 433, wahrscheinlich auch 436 (siehe dort, D).
235
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
III . Hss: A 1 77", Nr. fehlt (s. o., T394, Hss); U 301'- 302', Nr. 299; B 1 82v, Nr. 8 ; L 123v_ 1 24', Nr. 7; 0 275', Nr. 14; i 174' - 1 75', Nr. 16. IV. 1 Die Struktur des Satzes bis Z. 14: Kyd. bietet zwei jeweils mit fL1:E ( << sei es, daß » , Z. 7 und 1 1 ) eingeleitete ironische Alternativen an, welche Grunde Manuel noch haben könnte, die Rückkehr aufzuschieben, nämlich erstens bis zur totalen Verwüstung des Feindes landes (also des ehemals byzantinischen Kleinasien), zweitens bis zur Feier des Ramadan Endes, auf die Kyd. bereits im vorausgehenden Brief angespielt hatte (T433, Z. 22f.; siehe dort, D). Die Pointe ist, daß beides bereits verwirklicht ist bzw. stattgefunden hat. Es gibt also aus dieser Sicht keinen Grund mehr, daß Manuel im Türkenland bleibt. 2 Zum Bezug der Redensart auf leichte Beute: Bd. III, T258, A. 1 1 . Hier liegt der Akzent auf dem Aspekt, daß die friedliebenden Myser sich leicht ausplündern ließen; doch ist der Grad dieser Ausplünderung gering im Vergleich zur trostlosen Situation des einstigen Landes der Rhomäer in Kleinasien. 3 w.: di l1OLoiiv1:ES;. «Verdientermaßen» wegen des vorausgehenden Fastens. 4 Zu diesem Brauch der Spartaner siehe Bd. Il, T197, A. 4. 5 Das Bild ist dem Unterweltsszenario der Antike entnommen und nimmt nicht Bezug auf die christliche Hölle. Aber in dem von antiken Vorstellungen geprägten Denken der gebil deten Byzantiner des 14. Jh.s sind die Grenzen zwischen beiden Vorstellungen fließend.
435
-
An Kaiser Manuel
L: 43 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel Il. Palaiologos; OE: Im türkischen Kleinasien; D: NovemberlDezember 1 3 9 1 ; wI: In der von Türken umringten Hauptstadt
Konstantinopel wütet eine Seuche, an der schon viele gestorben sind. Kydones hatte sich von einem fähigen, gebildeten und moralisch untadeligen Herrscher wie Manuel erhofft, er werde Byzanz aus seiner heillosen Lage befreien. Nun aber sei es wegen der Sünden seiner Unterta nen anders gekommen, und der Kaiser erlebe sogar noch die Demütigung, in Kleinasien an der Seite des Sultans kämpfen zu müssen, um seine Herrschaft zu retten. Angesichts dieser Lage denkt Kydones daran, seine Heimat bald wieder zu verlassen, jedoch nicht vor des Kaisers Rückkehr.
5
10
Weh, welch schwere und finstere Wolke überschattet nun die (Stadt) der Rhomäer1 ! Weh, welch / (gewaltige) Woge hat sie ganz überflutet! Weh, eine Pest2 hat ihre Einwohner überfallen; sie läßt uns kaum noch atmen, sondern rafft alle in raschem Tod dahin! Solche (Plagen)3 setzten uns schon seit langem zu und richteten uns nach und nach wie eine Aus zehrung allesamt zugrunde, denn viele schlimme Ereignisse haben zuvor diese Katastrophe eingeleitet. Jetzt aber hat der Schrecken seinen Höhe punkt erreicht, weil er nicht mehr das Schwache und Unbedeutende4 bedroht, sondern das, was wir / für furchterregender (als alles) hieltenS, 236
BRIEFE T434-435
umfangen hält und von allen Seiten belagert6• Wir alle hatten gehofft, Gott werde uns durch dich (wenigstens) bis zu einem gewissen Grade Erlösung von diesen Schrecken gewähren. Bist du doch ein vernunftbe gabter Mann und erfreust dich an den literarischen Studien. Du bist den Leidenschaften nicht ergeben und kannst dir ein Leben ohne Gerechtig keit und Gesetze nicht einmal vorstellen, bist ein Freund der Guten und ein Feind der Bösen, gibst stets dem, was dem Gemeinwesen nützt, vor dem Eigeninteresse den Vorzug / - was alle, Weise wie Ungebildete gleichermaßen als Definition eines Kaisers anführen - und bist überhaupt in jeder Hinsicht ein des Kaisertums würdiger (Herrscher). Weil diese (Pflichten) zuvor von den Lenkern des Staates vernachlässigt wurden, ge langten die Barbaren zu solcher Macht und schränkten Tag für Tag (im mer mehr) unseren Herrschaftsbereich ein? Seit aber du regierst, sind alle diese (guten Eigenschaften) erschienen und zieren allzumal einen einzigen Mann. So besteht für alle Anlaß zu den schönsten / Hoffnungen, das Gute nicht zu verfehlen, weil ihr Lenker vernunftbegabt ist, und nicht ganz unterzugehen, weil ein Mann wie du das Steuerruder ergriffen hat. Aber auch diese Arznei, obwohl sie zu den allerstärksten zählt, sehen wir der Arglist der Krankheit unterworfen, oder vielmehr der Größe und Menge unserer Sünden, durch die wir Gott, den Lenker und König des Alls, / täglich erzürnen, weil wir uns den Gesetzen der guten VORSEHUNG entziehen, uns als Gesetz die Gesetzlosigkeit wählen und daher so leben, wie es denen gebührt, die in Finsternis umherirren. Dies aber ist und bleibt nach Meinung aller die Ursache aller Übel, die über das Menschen geschlecht kommen8, und es verhindert auch den Nutzen, den uns deine Tugend bringen könnte, obwohl du alles unternimmst9 , um unser / Unglück ein wenig zu lindern; denn du erträgst erstickende Hitze, Kälte, Hunger, Gefahren und jede andere Mühsal, weil du uns etwas Gutes tun willst. Wenn ich nun die von Gott dir gegebene Würde bedenke, wie du gezwungen wirst, denen zu dienen, denen sich deine kaiserlichen Vorgän ger sogar ungebeten anschlossen, und wie du nun den Feinden zu Gefallen Heldentaten vollbringst, wie andere / den Gewinn deiner Mühen auskosten, dir aber den alleinigen Siegespreis für deine Mühe neiden und die Beneideten um ihr Schicksal beerben, und daß Sprache und Brauch der Barbaren einem Liebhaber hellenischer Tradition ganz und gar widerwärtig und unerträglich sein müssen, wenn ich (also) das bedenke - es ver folgt mich aber dieser Gedanke so, daß meine Sorge darum sich weder 237
15
10
15
30
35
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
40
45
am Tag noch in der Nacht beruhigt - , seufze ich um deinetwillen und rufe den Menschen in meiner Umgebung zu: / «Was für ein Mann hat hier ein solches Schicksal zu erleiden! Sind es doch unsere Sünden, die ihm diese Strafe auferlegen! )} Dann beklage ich die Unglückliche, die al lein uns Unglücklichen noch verblieben ist, ob man sie nun STADT nennt oder Heimat, die jetzt Knechtschaft erleiden muß, anstatt die Herrschaft (auszuüben), die sie früher über alle gewonnen hatte, und ich ersticke (bei dem Gedanken), daß ich es nicht vorzog, im fremden Land wohnen zu bleiben und andere Boten / des Unglücks in der Heimat zu haben, anstatt nach der Rückkehr durch persönliche Anschauung und Erfahrung über diese Dinge belehrt zu werden. Diesen (Fehler) werde ich also korrigieren, indem ich wieder das Land verlasse, wenn Gott sich nicht versöhnen läßt und uns durch dich Hilfe schickt. Denn das Faß der HoffnungenlO ist für die Menschen, solange sie (noch) atmen, niemals (ganz) leer. Jetzt aber bete ich zu Gott, er möge es nicht zulassen, daß das Licht Israels ganz erlischtll. Das bedeutet aber, dich als seinen Diener zu erhalten, wenn es Gott vielleicht (doch) gut mit uns meinen sollte. K I. OKyd: Die allein den Byzantinern noch verbliebene STADT (Z. 4lf.). OE: S. u., BE. D: Der Brief wurde durch LetMan, Nr. 21 beantwortet (s. u., Ep), den Dennis auf Win
ter 1391/92 datiert. Zu dieser Datierung vgl. auch die beiden vorausgehenden Briefe T433 und 434. 11. BKyd: Kyd. beklagt die heillose Lage der Hauptstadt (s. u., A. 2 und 3) und bedauert seine Rückkehr (Z. 42-44), sc. aus Venedig (vgl. Kianklt 1 1 0 mit A. 36). Er mächte sich bald wieder nach Italien begeben, um dem Unglück des eigenen Landes zu entkommen, wenn sich dessen Lage nicht ändert (Z. 46f.). BE: Kyd. stellt Manuel als den idealen Herrscher hin (Z. 1 2 - 16). Dann geht er (Z. 29-37) konkret auf seine derzeitigen Lebensumstände ein: Der Kaiser erträgt um seiner Untertanen willen Hitze (wie T433, Z. 39f.), Kälte (wie T433, Z. 40), Hunger, Gefahren und jede andere Mühsal im Dienst derer, denen Manuels kaiserliche Vorgänger bereits freiwillig Gefolgschaft leisteten (s. u., ZG); er vollbringt den Feinden zu Gefallen Heldentaten, und sie sind die Nutznießer seiner Mühen. Diese Feinde sind «Barba ren», deren Sprache und Bräuche einem Liebhaber hellenischer Tradition ganz und gar wider wärtig und unerträglich sein müssen. Zu Manuels erzwungenem Dienst im Gefolge Bayazids s. o., T433, E, OE, D. Xl : Die Anspielung auf den schmählichen Dienst der früheren Kaiser im Gefolge der Türken (Z. 33f.) ist wohl auf Ioannes V. zu beziehen, der in den frühen 70er Jahren des 14. Jh.s an der Seite Murads I. in Kleinasien zu Felde zog; s. o. Bd. 112, T106, D. Zu einer weiteren vermutlichen Anspielung auf loannes V. s. u., A. 7. ZG: S. o., BKyd, BE, Xl; unten, A. 2. Ep: Auf diesen Brief nimmt LetMan, Nr. 2 1 Bezug (vgl. LetMan, Nr. 21, A. 1 ) . Manuel empfiehlt dort im Anschluß an die Bemerkungen des Kyd. das Gebet zu Gott
238
BRIEF T435
um Vergebung der Sünden, durch die das Unheil über Konstantinopel gekommen sei (vgL LetMan, Nr. 2 1 , Z. 7f. und oben, Z. 40f. 48f.). III. Hss: A 1 78"', Nr. fehlt (s. o., T394, Hss); U 302'-303v, Nr. 3 0 1 ; B 1 8r - 1 83v, Nr. 9; 0 275"', Nr. 15; i 1 75' - 1 76\ Nr. 17. Ed: KydEpCam, Nr. 50, datiert auf 1 395- 1400. Üb: Ebd. (frz.). IV. 1 W.: rijv 'Pw!la(wv könnte auch «Land der Rhomäer» bedeuten. Doch deutet die
folgende Erwähnung der « Einwohner» ("tmv fVÖOV) darauf hin, daß von der Hauptstadt die Rede ist. VgL auch unten, A. 5. 2 Diese Pestepidemie (AOL!lO�) wird auch von Kaiser Manuel, LetMan, Nr. 20, Z. 19f., erwähnt. Er deutet an, daß sie bereits ausbrach, als er noch in Konstantinopel war. Gemäß SchreinChron II , 344 wird diese Pest in einer Kleinchronik auf Sept. 1 390-Aug. 1391 da tiert. Vgl. M.-H. Congourdeau, La peste noire ä Constantinople de 1348 ä 1466, in: Medi cina nei Secoli, Arte e Scienza 1 1 ( 1999) 377-389, hier 379 mit A. I0. 3 Das hier im Griechischen stehende "taB"ta bezieht sich nicht nur auf die zuletzt genannte Pest, sondern auch auf das weiter unten genauer angedeutete Geschehen, auf das die beiden vorausgehenden Ausrufe implizit anspielen: das ständige Vordringen der osmanischen Türken, welche nun die den Rhomäern allein noch verbliebene Hauptstadt belagern (Z. 9f. 1 7f. 42f.). 4 «Das Schwache und Unbedeutende» , w. "tu XE(gL<:n:a. 5 «Furchterregender als alles» ist die Festung Konstantinopel mit ihren mächtigen Mauern. 6 Der Schrecken ("tb ÖELvov), der die Stadt umzingelt hält, sind zweifellos türkische Truppen, die zwar noch nicht die Belagerung aufgenommen haben, aber das Umland praktisch beherrschen. 7 Dies ist wohl vor allem als Kritik an Ioannes V. zu verstehen. Ihm hatte Kyd. zwar lange Jahre gedient, sah sich aber immer wieder und schließlich endgültig von ihm enttäuscht. VgL dazu vor allem den langen Brief an seine Witwe Helene Palaiologina, unten, T442. 8 Eine Erklärung des Unglücks, das über die Menschen kommt, aus deren Sünden (so auch Z. 40f.) findet sich bei Kyd. öfter: Bd. III, T270, BKyd; T283, Z. 32-34; D08, Z. 85; oben, T366, 1 6 - 1 8 . 9 A b hier kommt Kyd. auf den kleinasiatischen Feldzug des Kaisers z u sprechen, s. o., BE. 10 Wie oben, T344, A. 3. 1 1 Anspielung auf AT2 Kg (LXX) 2 1 , 17: Nach einer für Davids Leben bedrohlichen Schlacht gegen die Philister beschließen seine Truppen, er solle nicht mehr in den Krieg zie hen, damit er «das Licht Israels nicht auslösche», d. h., sein eigenes Leben gefährde. Kyd. überträgt also hier eine auf David bezogene Metapher auf Kaiser ManueL
436 L: 445; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Im türkischen Kleinasien; D: SommerlHerbst 1 3 9 1 ( ? ) ; wI: Kydones reagiert begeistert auf einen Brief Ma nuels aus dem Feindesland und lobt wie üblich seine literarische Naturbegabung. Sein Ent schluß, an Manuel zu schreiben, sei allein dieser geistreichen Anregung zu verdanken.
239
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
5
10
15
20
25
«Herrlich, herrlich! » , rief ich alsbald laut aus, als ich den Brief erhielt, / und fügte hinzu: « Wer hätte wohl geglaubt, daß es jetzt (noch) einen Menschen gibt, der von niemandem zuvor in die literarischen Studien eingeführt wurde, sondern nur seiner natürlichen Begabung folgte und dadurch viele, die in der Literatur seit langem bewandert waren, in den Schatten stellte, so daß ihnen ihre vielen Jahre nichts nützten, viele aber auch, die als glänzende Redner galten, verstummen ließ und durch die Kraft und Schönheit seiner Worte verblüffte? » / Ich würde jedenfalls glau ben, daß jemand, der den Ehrgeiz hat, Erstaunliches zu berichten, niemals etwas Erstaunlicheres hätte erfinden können. Nun aber wurde dieses Wunder durch deinen Brief verwirklicht. Denn du verfügst über einen Stil, den sich jemand wünschen würde, der sich bis zur Erschöpfung den literarischen Studien gewidmet hat, und zwingst alle zu dem Bekenntnis, daß es nichts Stärkeres als die natürliche Begabung gibt, wenn sie einem Menschen in reicher Fülle zu Gebote steht; erweist sie doch (offen), daß ihm Unmögliches leicht / von der Hand geht, wie man es bei dir (sehen kann). Dies wäre schon ein Wunder, wenn du es in einem Leben der Muße vollbracht hättest. Wenn man aber dazu noch deine Stellung und die (ge genwärtigen) Zeiten in Erwägung zieht sowie die Tatsache, daß ein unbe sorgtes Wohlleben für Kaiser etwas Gewohntes, dieses aber der Weisheit und der Bildung (geradezu) feindlich ist, (wenn man weiter bedenkt,) daß Waffen und Tod deine tägliche Umgebung sind und du selbst dich mitten unter Feinden und Barbaren aufhältst, gezwungen, die einen abzuwehren, / den anderen beizustehen, (und wenn man) die daraus entstehenden Verdächtigungen, Widerwärtigkeiten und das andere, was ein Autor kaum bereit wäre zu beschreiben, (erwägt), welche Wunder könnte man wohl nennen, die mit (all) diesem zu vergleichen wären? So überaus fruchtbar hat Gott deine natürliche Begabung gestaltet, der dich seit lan gem vor vielen auserwählte und dir zu deiner Herrschaft auch angemes sene Fähigkeiten verlieh. Also, dein Brief brachte dir bei denen, die ihn lasen, / Lob und gute Wünsche ein, uns insgesamt Ruhm und die besten Hoffnungen für die Zukunft, weil wir von Gott einen solchen Herrscher erhalten haben 1 , mir persönlich aber Ehrung von seiten der anderen, wenn denn meine Bedeutung dem Platz entspricht, den mir dein Gedenken gewährt, das sich durch so viele Aufgaben und Entscheidungen eingeschränkt sieht. Dies gab mir auch Anlaß, das Gesetz, das ich mir selbst auferlegt hatte, 240
BRIEFE
T435-436
zu übertreten; denn ich hatte beschlossen, / fortan keine Briefe mehr zu 30 schreiben, sondern dies denen zu überlassen, die den Ehrgeiz haben, sich rhetorisch auszudrücken - von ihnen hast du ja nach eigenem Bekunden viele Briefe erhalten - , selbst aber nur noch den allgemein üblichen einfa chen Stil zu verwenden2, wie es bei den (schlichten) Bürgern der Brauch ist3, weil mir Alter und Krankheit4 dazu raten. Jetzt aber hat sogar mich, wie die Flöte den T änzers, der Klang deines Briefes wider Willen zum Schreiben / angeregt. Ich weiß aber, daß ich bei den Zuschauern Gelächter 35 hervorrufe, weil ich so der Melodie zuwider einherschreite und ungelenk meine Glieder bewege. Doch freilich ist sogar dies deinem Einfluß zu verdanken! K 1. OKyd: Kyd. hat ManueIs Brief (Z.4) offenbar an seinem gewohnten Aufenthaltsort
erhalten. E: Ein Kaiser (Z. 17), den Kyd. zugleich als Literaten preist (vgl. BKyd); es kommt nur Manuel II. in Frage. OE, D: Manuel befindet sich auf einem Feldzug im Dienst der Türken (Z. 18-20). Es handelt sich wie bei T429, 434 und 435 um Manuels zweiten Feldzug (Juni 1391 bis Januar 1392) unter Bayazid in Kleinasien, aber die genauere chronologische Einordnung in die Reihe der einschlägigen Briefe (s.o., T429, D) ist unsicher. Loenertz datiert den Brief mit Fragezeichen auf 1391. Wie unten gezeigt wird, scheint dieser Brief wie auch T429 auf LetMan, Nr. 14 zu antworten. Doch äußert sich Dennis (LetMan) zu dieser Frage nicht. Ein Problem besteht darin, daß keiner der beiden Kyd.-Briefe auf den anderen Bezug nimmt. Wegen der verbleibenden Unsicherheit wird der Brief daher wie die folgenden Briefe T437-439 erst hier nach den sicherer datierbaren eingeordnet. II. BKyd: Wie auch sonst oft (z.B. T 363, 23f.; 387, A. 4) bewundert Kyd. die natürliche literarische Begabung des Kaisers, die sich nun sogar in Zeiten extremer Belastung bewähre (Z.4-24). BE, ZC: S.o., OE, D und unten, Ep. Ep: Dieser Brief antwortet auf einen Brief Manuels (Z.4), der wegen folgender Anspielungen LetMan, Nr.14 sein könnte: Manuel spricht von Freunden mit literarischen Fähigkeiten, die ihm zwei- oder dreimal geschrieben hätten (Nr. 14, Z. 2f.); Kyd. will das Schreiben den rhetorisch Begabten überlassen, von de nen Manuel «nach eigenem Bekunden» viele Briefe erhalten habe (Z. 29-31). Manuel kriti siert Kyd., daß er so wenig schreibe und ihn dennoch zum Schreiben auffordere (Nr.1 4, Z. 3f.); Kyd. erklärt, daß er wegen mangelnder literarischer Fähigkeiten beschlossen habe, nicht mehr zu schreiben (Z. 29-31). Manuel erklärt, er schreibe so wenig, weil er im Sky thenlande für die Skythen Krieg führen müsse, was sogar einen Demosthenes hätte verstum men lassen (Nr. 14, Z. 10-13). Kyd. bewundert ManueI, der so vollendete Briefe schreibe (Z. 4-15), obwohl Waffen und Tod seine tägliche Umgebung seien und er sich mitten unter Feinden und Barbaren aufhalte, gezwungen, die einen abzuwehren, den anderen beizustehen (Z. 18-20). Manuel liebt den Stil des Kyd. so sehr wie den Gesang der Sirenen und schreibt ihm aus Sehnsucht inmitten des Kriegslärms, in der Hoffnung, Antwort von ihm zu erhalten (Nr. 14, Z. 14-22), Kyd. reagiert ebenfalls mit einem musikalischen Bild: der Klang seines Briefes habe ihn wie die Flöte den T änzer entgegen seiner Absicht zum Schreiben angeregt
241
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR
(Z. 33-35). Es ist wegen dieser Parallelen denkbar, wenn auch nicht beweisbar, daß dieser Brief eine erste Reaktion des Kyd. noch vor T429 auf LetMan, Nr. 14 war. Dafür spricht auch, daß Kyd. hier ausführlich erläutert, warum er nun doch schreibt, während er sich in T429 nur auf einen «Befehl» des Kaisers bezieht, ihm zu schreiben. Die Brieffolge sähe dann so aus: LetMan, Nr. 14; T436; T429; LetMan, Nr. 16; T433-435; LetMan, Nr. 21. Aber es muß dann immer noch offen bleiben, wie die weiteren Briefe an Manuel T437-439 in die Abfolge einzuordnen sind. Siehe auch die Überlegungen unter D. III. Hss: A 170v -171', Nr. 6; U 268rv, Nr. 262'. IV. 1 In der Edition steht hier irrig ein Punkt statt ein Komma.
2 W.: 1:0 lWLVOV ÖTj 1:0Ü1:0 ?tal Qä.O"t"ov 1:T]Qiiom yQU<jJfLV. 3 Dies ist eine der wenigen Stellen im Briefcorpus, wo Kyd. ausdrücklich verschiedene Sprachstile unterscheidet und angibt, er wolle sich selbst auf einen schlichten Stil beschrän ken. 4 Loenertz verweist im Apparat darauf, daß Kyd. auch in L410 ( T 386, zu datieren auf Herbst 1 389), Z. 6-13 über eine Erkrankung klagt. Dott handelt es sich um ein Augenleiden, verbunden mit allgemeinem Unwohlsein. Auf Gesundheitsstörungen des Kyd. spielen ferner zwei Briefe Manuels 11. an, die Dennis aber später als 1391 datiert (LetMan, Nr. 22, Z. 3f. 8; Nr. 29, Z. 2). Vielleicht handelte es sich um verschiedene Erkrankungen. Hier jedenfalls be =
tont Kyd., es sei außer einer Krankheit auch das Alter (vgl. T431, A. 7), das seinen sprachli chen Ausdruck bescheidener werden lasse. 5 Zur Macht des Flötenspiels siehe Bd. 111, T4, A. 4.
437 - An den Philosophen L: 438; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel
11. Palaiologos;
OE: Im türkischen
Kleinasien; D: Herbst 1391 (?); wI: Kydones wünscht so sehr, daß Manuel von einem unfrei willigen Aufenthalt bei Sultan Bayazid nach Konstantinopel zurückkehre, daß er ihm sogar vorschlägt, sich von ihm die Freiheit zu erbitten.
Wollte ich meine Empfindungen für dich mit dem Durst der Hirschkühe 5 nach den Wasserquellen1
/ vergleichen, werden, glaube ich, alle sagen, ich
sei nicht unbegabt für Vergleiche. Solche Pfeile versendest du dank der Schönheit deiner Seele an die, welche dir (je) einmal begegnet sind. Wer also möchte die Sehnsucht, die ich danach verspüre, bei dir zu sein, angemessen beschreiben, die nicht einmal ich selbst, der ich (von dir) verwundet bin, anderen genügend darstellen könnte? Um Gottes willen also, begib dich ei10 lends zu deinen Verehrern, da es uns nicht freisteht, zum / Geliebten (zu ei
len), und strafe die Mutmaßungen derer Lügen, die über deine Rückkehr überhaupt nichts Genaues erfahren können, sondern die Länge deiner Ab wesenheit bereits einern Weissagevogel überlassen. Diese Gunst erbitten
242
BRIEFE
T436-437
wir als einziges Heilmittel unserer Sehnsucht nach dir. Die Furcht aber zwingt uns, unsere inständige Bitte an dich immerfort zu wiederholen2; denn was ist für (Menschen), die im Finstern umherirren, bedrohlicher als der Verlust dessen, der sie führte? / Was ist mehr zu fürchten als eine See- 15 fahrt im Sturm ohne Steuermann? Solches zwingt auch uns, nach dem An ker zu suchen, der uns das Verweilen im Hafen ermöglicht. Soviel ist genug gesagt zu einem, den es ja auch selbst nicht weniger (zur Rückkehr) drängt. Ich weiß ja, daß das, was (dich) aufhält, in anderer Richtung zu suchen ist. Aber sogar ein Tier und selbst ein Phalaris3 sind oftmals durch Bitten zu erweichen, wenn jemand sich flehend an sie wendet, der in höchster Bedrängnis ist. Durch (Bitten), glaube ich, wird auch das Hindernis, welches es auch immer / sein mag, leichter nachgeben 20 und uns gewähren, den Ersehnten (bei uns) zu haben, ohne den wir uns weder guter Tage noch Nächte erfreuen können. Wi-,; aber werden es\ wenn auch zu nichts anderem, so doch zu dem SiegS beglückwünschen, daß es dir die Freiheit schenkte. K
1. OKyd: Kyd. kann die Rückkehr des Kaisers nur in Konstantinopel, am Ort seines stän digen Aufenthaltes, erwarten. nur Manuel
E, OE: Der Philosoph, dessen Rückkehr Kyd. ersehnt, kann
11. sein (s.o., T 427, A. 1), der sich nicht freiwillig (16f.) beim Sultan der Osma
nen aufbält. D: Loenertz, in einer Anmerkung zu L438, Z. 17 hält die Darierung dieses Briefes auf Ende 1393 für möglich, als Manuel 11. gemäß ManueiOr 137 -143 (vgl. auch die englische überserzung und folgende Erläuterung bei BarkMan 114-120) zusammen mit sei nem Bruder, dem Herrscher der Peloponnes Theodoros 1. und anderen christlichen Fürsten, von Sultan Bayazid (dem «Satrapen», wie Manuel sagt) angeblich zu Verhandlungen nach e(,l(,lui (Serres) zitiert wurde. In Wirklichkeit soll Bayazid damals die Ermordung beider Palaiologen befohlen haben, die aber dann doch nicht ausgeführt wurde, und schließlich scheint er Manuel sogar die Heimkehr nach Konstantinopel gestattet zu haben; seinem Bru der Theodoros aber versuchte der Sultan noch einige Abtretungen in seinem Herrschaftsge biet abzupressen, bis dieser ihm schließlich entkommen konnte. - Der Bezug des Briefes auf diesen Aufenthalt bei Bayazid ist also nicht auszuschließen, da in ihm von Kriegshandlungen keine Rede ist. Für den Feldzug in Kleinasien 1391/92 spricht aber die Anspielung des Kyd. auf die Länge des Aufenthaltes ('to tij� cmouaiu� f.lfpto�, Z. 11) und auf seine wiederholten Ermahnungen an Manuel (vgl. Text mit A. 2), nach Konstantinopel zurückzukehren (Z. 13f.). 11. BKyd: Mit der in Briefen üblichen erotischen Sprache der Sehnsucht formuliert Kyd. seinen Wunsch, Kaiser Manuel wiederzusehen (Z. 4-13). Anschließend äußert er sich be sorgt, in der schwierigen Situation Konstantinopels ohne die lenkende Hand Manuels sein zu müssen (Z. 13-16). Xl: Ein « Hindernis» (Z. 19) für die Rückkehr Manuels, das mit dem Tyrannen Phalaris verglichen wird (A.3), zweifellos Sultan Bayazid, der Manuel die Rückkehr nach Konstantinopel nicht erlaubt.
243
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
III. Hss: A 184', Nr. fehlt (s.o., T394, Hss); U 311'\ Nr. 306; B 282v-283', Nr. 153; UI 1 58\ Nr. 2. IV. 1 Vgl ATPs 41 (LXX), 2. Die Stelle wurde bereits in einem früheren Brief auf Manuel 11. bezogen; siehe Bd. III, T248, A. 5. 2 W: xai 1tEQULTEQOJ EXTElVELV. 3 Phalaris, Tyrann von Akragas (AgrigentiSizilien), 6. Jh. v. Chr., galt als Inbegriff eines grausamen Herrschers; RE 19 (1938), Sp. 1 649-1652. 4 Sc. das «Hindernis», Sultan Bayazid (Xl). 5 Sc. über sich selbst.
438 L: 447; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Im türkischen Klein
asien; D: Herbst 1 391 (?); wI: Kydones schreibt, wenn auch widerstrebend, an Manuel, weil dieser sich Briefe von ihm gewünscht hat und somit zu hoffen ist, daß er sich an ihnen erfreuen wird. Er ist jedoch besorgt, nicht die dem Kaiser gebührende stilistische Qualität zu erreichen und fürchtet auch das harte Urteil der Kritiker in seinem Umkreis. Die einzige Möglichkeit, ihm in seiner Zwangslage, für andere (sc. die Osmanen) Krieg führen zu müssen, Hilfe zu leisten, sei das Gebet, dessen Inhalt er ihm mitteilt. Er schließt mit dem sehnlichen Wunsch, ihn bald in Konstan tinopel zu sehen, wo sich wegen seiner Abwesenheit in1mer stärker Anarchie abzeichne.
Wenn ich dar an gehe, deinem HAUPT zu schreiben, freue ich mich 5 nicht
/ nur, daß ich durch das Schreiben mit dir in Gedanken verbunden
bin - denn süß ist denen, die einander zugetan sind, nach einem persönli chen Wiedersehen die Erinnerung an ihre ersehnten (Freunde) -, sondern auch, weil ich glaube, daß ich dir durch Briefe in den vielen Widerwärtig keiten, mit denen du zu leben hast, wenigstens ein Schattenbild von Freude vermitteln kann. Zu dieser Ansicht komme ich, weil ich von dir zum Schreiben ermuntert werde. Denn du hättest mir nicht befohlen zu 10 schreiben, wenn es dich nicht erfreuen würde. Wenn ich
/ nun bedenke,
daß du keinen Grund hättest, dich über meine Briefe zu freuen, wenn weder die Schönheit, die du selbst (so) liebst, sie schmückte - die Anmut der antiken (Schriftsteller) fehlt ihnen allerdings in einem unsäglichen Maßl -, noch irgendein anderer Nutzen oder Wert immer schon2 in ih nen zu finden wäre, wenn ich also daran denke, verkrampft sich meine Hand; ich bin wie betäubt und fühle mich zum Schweigen verurteilt, weil 15 ich sehen (muß), daß dir kein
/ Gewinn aus meinen Worten erwächst, mir
aber Schande und das (Gefühl), durch leeres (Gerede) lästig zu fallen. Beinahe schon will es mir scheinen, als hörte ich die um dich Stehenden,
244
BRIEFE
T437-438
wie sie die Länge des Geschriebenen tadeln, (wie sie) es unpassendes Ge schwätz und unnützes Gefasel von Stubenhockern nennen, welches den Zuhörern nur Störung bei ihrer wichtigen Tätigkeit bringe, (und hinzufü gen,) daß es sich nicht gehöre, dir einen solchen Sermon (zu schicken), / einem Mann und einem Kaiser, der sich ohnehin mit vielen anderen unan- 20 genehmen Dingen in der Fremde auseinanderzusetzen habe und seine Zeit Tag für Tag auf dem Schlachtfeld verbringe. Das sage ich nicht wie ein Orakeldeuter, sondern ich weiß ganz gewiß, daß alle so reden werden, zumal wenn jedem einzelnen von ihnen einfal len sollte, dich beiseite zu nehmen und mit dir unter vier Augen zu reden; doch3 dann wird der Betreffende vielleicht auch deinen Widerstand zu spüren bekommen. Deshalb hatte ich beschlossen, / einstweilen keine 25 Briefe zu schreiben und dich dadurch von unnützem Geplauder zu be freien, (zugleich) mich selbst Vorwürfen zu entziehen, die man vielleicht für berechtigt halten könnte, dir aber das, was ich dir schulde, und meine ergebene Gesinnung durch Gebete für dein Wohlergehen bei der Gottheit darzubringen. Da aber du mir zu reden befiehlst und ich verpflichtet bin, deinem Willen zu gehorchen, schreibe ich und stelle allein deinen Auftrag dem Tadel derer, welche (die Verlesung) des Briefes anhören werden, / entgegen. Und indem ich schreibe, komme ich auf das Gebet zu sprechen, 30 das ich für dich an Gott richte - dafür sind Tage und Nächte meine Zeugen - , er möge deine Seele in ständigem Erwägen und Tun dessen bewahren, was sein Wille ist, dir aber für deinen Körper zusammen mit der Gesundheit auch Kraft gewähren, daß er leichter und mit Freude deine guten Entscheidungen ausführe. Zu diesem soll auch das Äußere hinzukommen, das von den Menschen im allgemeinen als Glück bezeich net wird. / Ich bin aber der Meinung, daß auch dies Geschenke der guten 35 und weisen VORSEHUNG sind, welche die (Menschen) zu einem guten Ende lenkt, die (ihre Gaben) gut zu gebrauchen wissen. Dies sind meine Wünsche für dich, die noch meinen eigenen (Wünschen) vorausgehen; nichts anderes kann ich für dich tun. Ich glaube, daß sich darüber sogar die freuen werden, welche an den Briefen Anstoß nehmen, weil sie wissen, daß dein Nutzen auch ihr Gewinn sein wird. Wenn ich aber noch ein Viertes hinzufügen darf: Komm, / so schnell du kannst, zu uns, wie ein 40 Steuermann4 zu denen, die von einem gewaltigen Sturm geschüttelt wer den. Denn da Scham, Furcht und Ordnung wegen deiner Abwesenheit bei uns völlig dahin sind, ist, wie es uns in Zukunft ergehen wird, abzusehen.
245
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
K L OKyd: Kyd. hält sich bei denen auf, «die von einem gewaltigen Sturm geschünelt wer den» (Z. 40), also zweifellos in Konstantinopel. E, OE: Ein Kaiser (Z. 20), der sich «in der Fremde und Tag für Tag auf dem Schlachtfeld» aufhält (Z. 2lf.), zweifellos Manuel II. im Dienste Bayazids in Kleinasien. D: Loenertz (Apparat zu L438fT437, Z. 17) schlägt auch
die Datierung dieses Briefes (wie die von L438fT437) auf 1393 vor. Doch ist hier der Hin weis, daß Manuel dem Bayazid Kriegsdienste leistet, so klar (Z. 2lf.), daß er auf keinen Fall in der Zeit des friedlichen Treffens mit Bayazid in Serres (s. o., T437, D) entstanden sein kann. Auch Bark Man 93, A. 12 bemerkt, daß sowohl L438 wie der vorliegende Brief entge gen der Meinung von Loenertz «seem to fit readily into the period of 1391». Daß beide Briefe zeitlich zusammengehören, läßt auch das beiden gemeinsame Bild vom Steuermann (A. 4) vermuten. Schließlich spricht auch die Anspielung auf lange Abwesenheit Manuels (Z. 39-42) für die Datierung auf 139l. 11. BKyd, BE: Manuel hat sich von Kyd. Briefe gewünscht (wie z.B. LetMan, Nr. 14, Z. 18f.) aber dieser fürchtet, er könne stilistisch seine Erwartungen nicht erfüllen und auch von den Leuten in seiner Umgebung kritisiert werden (Z. 4-24). Deshalb habe er sich vorge nommen, nicht mehr zu schreiben und nur noch für ihn zu beten (Z. 24-28). Da Manuel es ihm aber befehle, schreibe er ihm dennoch, versichere ihn seiner Gebete und guten Wünsche (Z. 28-39) und birte ihn dringend, angesichts der Notlage daheim baldigst zurückzukehren (Z. 39-42). III. Hss: A 171"-172', Nr. 8; U 269'-270', Nr. 264. Jv. 1 W.: öaov ovö' EO'tLV fLnfLV. Hier ist m. E. die Parenthese zu schließen, nicht nach dem folgenden genetivus absolutus (wie in der Edition), der sich an den vorausgehenden anschließt.
2 W: nUAm. 3 W: YUQ. Man erwartet hier eher eine adversative Konjunktion. 4 Das Bild vom Steuermann, auf Manuel bezogen, wie T433, Z. 104 (und A. 11) und 437, Z. 15, spricht dafür daß diese Briefe zeitlich zusammengehören.
439 L: 450; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Im türkischen Kleinasien; D: Winter 1391/92 (?); wI: Kydones schreibt einen extrem kurzen Brief, um dem Adressaten, der sich auf einem Kriegszug befindet, nicht lästig zu fallen, und beschränkt sich
im übrigen auf Gebete für ihn.
Das war ganz und gar der Brief eines Soldaten, der eine Fülle von 5 Tatsachen über den Schreiber
/ berichtete und uns belehrte, wir sollten
keine langen (Briefe) schreiben. Da wir es also für eine Belästigung halten, den, der (so) beschäftigt ist, von seinen dringenden Aufgaben abzuhalten, haben wir unseren Brief gekürzt und fügen das Weitere, was wir geschrie ben hätten, in Gebeten hinzu.
246
BRIEFE T438-439
K
1. OKyd, E, OE, D: Wegen der Anspielung auf die kriegerische Tätigkeit des Adressaten handelt es sich wohl, wie in den vorausgehenden Briefen, um Manuel n. auf dem Feldzug in Kleinasien 1391192, dem Kyd. aus Konstantinopel schreibt. n. BKyd: Ähnlich wie in T438 (siehe dort, BKyd) spricht Kyd. auch hier von seiner Bereit schaft, nicht weitschweifige Briefe zu schreiben, sondern sich lieber auf das Gebet zu be schränken.
Ep: Der vorliegende Brief antwortet auf einen Brief Manuels n., der einen aus
führlichen Bericht über seine Erlebnisse, aber auch eine Anspielung auf Kürze enthielt. Dies könnte auf LetMan, Nr. 20 zutreffen, den Dennis auf Winter 1391 datiert, denn hier berichtet Manuel über einen Feldzug in der Gegend östlich des Halys-Flusses (Z. 12-14) und über sein «involvement in all sortS of tasks» (Z. 26f.), kündigt aber auch seine baldige Rückkehr an und meint, diese kurze Mitteilung wiege eine gtoße Zahl von Briefen auf (Z. 28f.). Dennis allerdings glaubt in einer Anmerkung zu LetMan, Nr. 29, der vorliegende Brief L450 beziehe sich auf ein späteres kriegerisches Unternehmen im Dienst Bayazids (?), das Manuel in Let Man, Nr. 29, Z. 14-18 ankiindige und das Dennis (wie auch den Brief) auf 1394-96 datiert. Doch ist die Annahme von Dennis, L450 sei eine Antwort auf LetMan, Nr. 29, nicht haltbar, da L450 eindeutig auf einen Kriegsbericht aus dem Felde zu beziehen ist, während LetMan, Nr. 29 noch vor einem kleinen Feldzug in Konstantinopel verfaßt wurde. (Nr. 29, Z. 14-16: «With God's help, I am about to march out to the aid of a certain small fortress under siege. lt is a little place indeed and really of little value to the enemy, but if it should be taken, it would make them feel happier and more respecrable .. . ».) Wegen der dürftigen Angaben läßt sich über dieses geplante Unternehmen, das weiter in der Korrespondenz beider keine Rolle spielt, nichts Sicheres sagen. m. Hss: A 17r, Nr. 11; U 271', Nr., 267.
440 L: 440; OKyd: Konstantinopel; E: Thomas Dukas Alusianos, Großrichter der Rhomäer; OE: Konstantinopel (?); D: 1392 (?); wI: Durch einen scheinbar geringfügigen Anlaß sieht
Kydones seine Freundschaft mit dem Adressaten bedroht: Alusianos, der den Vorsitz im Kol legium der Großrichter erlangt habe, mißbrauche seine Stellung, um einen jungen Mann zu benachteiligen, der sich bis dahin sowohl der Gunst loannes' V. wie auch Manuels n. erfreut habe. Auch sonst fördere er neuerdings völlig ungeeignete Personen, während er die wirklich Fähigen ihrer Ämter enthoben habe. Dadurch mache er sich bei vielen unbeliebt, und so könne man nur hoffen, daß er seine Personalpolitik gründlich revidieren werde, wenn er sich nicht die Gunst weiter Kreise in Konstantinopel verscherzen wolle.
Wie es den menschlichen Körpern ergeht, so kann man es auch mit Freundschaften erleben. / Auch sie erkranken ähnlich wie jene, und auch sie bedürfen der Schonkost, der Ärzte und der Arzneien und ertragen keinerlei wie immer geartete Belastung, wenn man nicht mit der Vernachlässigung
247
5
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
jener Kleinigkeit ihre völlige Auflösung in Kauf nehmen will, so daß einer, der früher ein Freund war, (nun) ganz im Gegenteil Feind genannt werden muß. Solches befürchte auch ich, und weil ich wünsche, daß die zwischen 10 uns bestehende lange Freundschaft mir als
/ kostbarer Besitz verbleiben
sollte, habe ich, als ich nur einen kleinen Anlaß ahnte1, der sie bedrohen könnte, nicht gezögert, dir die nahende (Krise) anzuzeigen, damit du die Angelegenheit in Ordnung bringen und (so) dich selbst als untadelig erwei sen, in Zukunft aber noch mehr meine Zuneigung gewinnen kannst. Jener geringfügige (Anlaß) ist aber der folgende: Dagegen, daß du gro ßen Einfluß beim Kaiser hast, ist nichts einzuwenden, da du durch deine Treue zu ihm und durch große Mühen diese machtvolle Stellung errungen 15 hast,
/ die dir auch lange erhalten bleiben möge, unbeeinträchtigt vom
Wechselspiel des Schicksals. Diesen (Einfluß) solltest du allen Bedürftigen zugute kommen lassen. Angesehene Personen im städtischen Bereich haben nämlich mit vielerlei Intrigen zu rechnen, und es gibt es nur eine Möglichkeit, dieser unerfreulichen Situation zu begegnen und ihre unlieb samen Folgen zu mildern, wenn man den den Bedürftigen Wohltaten erweist und sich auf viele verlassen kann, die sich (dankbar) an empfan20 gene Wohltaten erinnern.
/ Unter diesen sind an erster Stelle die Freunde
zu nennen, denn sie sollte man vor allem die Vorteile der Macht genießen lassen, da sie sich auch am meisten über eine einflußreiche Stellung ihrer Freunde freuen. Wenn nun auch ich mich zu denen zählen möchte, die Veranlassung haben, von dir eine Gunst zu erbitten und zu empfangen, glaube ich (damit) weder dir noch anderen lästig zu fallen. Denn du hast mich oft zum Bitten gedrängt und (versichert), mir nichts abzuschlagen, / 25 so daß alle überzeugt sind, nicht leer auszugehen, wenn sie sich aufgrund
meiner Vermittlung an dich wenden. Wenn du dich (weiter) so verhältst, wirst du mir damiT wohltun, und da du mir deine Gunst zeigst, werde ich Entsprechendes zu gegebener Zeit von dir einfordern, und vielleicht werde ich es (auch) erhalten, wenn es dein Wille ist, daß die Tatsachen den Verheißungen entsprechen sollen. Derzeit aber bedrängt mich nichts, 30 und so bete ich zu Gott, er möge mir auf immer gewähren,
/ niemandem
durch Bedürftigkeit zur Last zu fallen. Ich würde mir aber wünschen, daß es durch dich auch meinen Freunden wohlergehe; denn dann könnte ich genießen, was das Sprichwort meint, wenn es sagt, den Freunden sei alles gemeinsam2; dann könnte ich mich mit dir über das freuen, was du (ih nen) gegeben hast, mit ihnen aber über das, was sie empfangen haben.
248
BRIEFE T439-440
Solches konnte ich mir früher (einmal) erhoffen. Jetzt aber hast du den Ehrgeiz gezeigt, mich zu enttäuschen, denn du hast meinem Freund, der dir bekannt war und für den ich (schon) oft beim Kaiser eingetreten bin - / es war mir (ja immer) daran gelegen, bei meinen Gesuchen deine 35 Unterstützung zu finden -, nicht nur die zweite Zulage3 verweigert, son dern seinen Namen sogar gänzlich aus der Liste derer, die vom Kaiser etwas zu bekommen haben, gestrichen. So hast du ihm doppelt unrecht getan: Du hast ihm den aus dem Fiskus gezahlten Unterhalt entzogen und ihn noch dazu der Ehre beraubt, die er bei allen genoß, weil dir Sklaven, wie du selbst schriftlich bestätigt hast, / für den öffentlichen Dienst geeig- 40 neter erschienen. Man mag sich jedoch verwundert fragen, was dir an ihm des Tadels und an ihnen des Lobes wert war, daß du ihn ablehntest, jenen aber statt seiner den Vorzug gabst. Ist er nicht, so jung wie er ist, Belastungen gewachsen? Ist er nicht trotz seiner Jugend besonnen? Ist er nicht hochgebildet4? Ist er nicht bei allen in der Großen' STADT angesehen, wie man es sich selbst (nur) wünschen würde? Es hat ja auch der verstor bene Kaiser, unter dem, wie alle zugestehen, jede / Leistung, wie es ihr 45 zukam, belohnt wurdes, schon vor dem Alter, das er jetzt hat, seine (Eig nung) erkannt, ihn (an seinen Hof) berufen, ihm einen Platz in seiner engeren Umgebung zugewiesen und für seinen Unterhalt gesorgt. Als aber Angelegenheiten auf Lemnos zu regeln waren, entsandte er ihn zusammen mit denen, die dort die Verwaltung übernehmen sollten, weil er überzeugt war, daß so seine W ünsche daselbst besser berücksichtigt würden. Er ge wann aber auch, als er dort ankam und mit dem jungen Kaiser zusam mentraf, / bei ihm dasselbe (Ansehen) wie bei seinem Vater. Denn er 50 wurde (von ihm) ebenso geliebt und geehrt und täglich zu gelehrtem Ge dankenaustausch eingeladen, der (dem Kaiser) höchst willkommen und nützlich erschien. Dies bezeugen auch die Briefe, die sie einander schrieben. Sie sind von großer Schönheit und lassen ihre tiefe Freundschaft erkennen. Als er aber zurückkehrte, wollten ihm seine Neider schaden, und einige von ihnen / rieten dem (alten) Kaiser, sich vor dem Mann in acht zu nehmen. 55 Er aber ließ sie reden, änderte seine Zuneigung zu ihm nicht im geringsten, sondern verkehrte auch danach mit ihm wie früher. Daher bestanden, so lange (der Kaiser) lebte, große Hoffnungen für seine Karriere. Aber (auch), als er gestorben war, zeigte der junge Kaiser alsbald dieselbe (Zuneigung) für ihn wie sein Vater. Er gehörte also zu seiner engeren Umgebung und nahm am wechselseitigen Gedankenaustausch teil, / und alle verstanden 60
249
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR
jenen freundschaftlichen Umgang als Anzeichen dafür, daß er ziemlich bald auch zu einer gewissen Position aufsteigen werde. Dies dauerte aber nur solange, wie die Entscheidungen des früheren Kollegiums6 Gültigkeit hatten, von dem auch dieser mit Zustimmung des Kaisers seine gerechte (Anerkennung) erhielt und zu denen gezählt wurde, die der STADT von Nutzen sind. Als aber Tadel an dem früher Beschlosse65 nen laut wurde und man verlangte, daß
/ (Männer) zu wählen seien, wel
che die (angeblich) kindische Unerfahrenheit oder Anmaßung jener be strafen sollten - damals hattest du wegen deines heftigen Zornes gegen sie und deiner scharfen Kritik an ihnen große Chancen, in Zukunft einer von ihnen zu sein? -, wurden die gewählt, die alles auf gehörige Weise ordnen sollten, und du wurdest ihr Vorsitzender8• (In dieser Eigenschaft) schworst9 du als erster, den höchst gerechten und lauteren Beschluß aus zuführen1o, nämlich jedem das ihm Zukommende zu gewähren, daß nie70 mand einen
/ Anlaß zum Widerspruch oder zur Unzufriedenheit finden
könne. Der Kaiser aber förderte das (Vorhaben) (mit einem Beitrag) zum Etatll (des Kollegiums) aus eigener (Tasche) und erklärte, er werde dir noch dazu dankbar sein, wenn du nur den Streit (so) vieler (Parteien) beilegen würdest. Was sich nun aus jenen Eiden und Versprechungen ergab, welchen Ge winn sie dem Gemeinwesen oder den Besten im privaten (Bereich) zusätz75 lich einbrachten, und ob die Fehler der Vorgänger
/ durch eure, der Nach
folger, Weisheit ausgeglichen wurden, könnte ich nicht beantworten, wenn ich meine Meinung (dazu) sagen sollte. Es ist jedenfalls offensicht lich, daß die Fama euch für Taten besingt, die in völligem Gegensatz zu den Erwartungen stehen. Denn eine größere Zahl von ziemlich nichtsnut zigen (Elementen), die bis jetzt allen unbekannt waren, hat sich nun erst mals in die Reihen (der Hofbeamten) eingeschlichen, und zwar aus kei nem anderen Grund als dem, daß sie dich über die Maßen lobten. Den 80 Angesehenen aber und denen, die durch kaiserliche
/ Erlasse geehrt wor
den waren, wurde teils mehr als die Hälfte ihres Unterhalts gekürzt, teils sind sogar ihre Namen wie die von Geächteten und Räubern ausgemei ßelt. Und nun ist durch diese Neuverteilung alles so durcheinander gera ten, daß dadurch - darüber sind sich alle einig - in (unserem) Staat, wie das Sprichwort sagt, das Oberste zuunterst gekehrt wurde12, statt der 85 erhofften Gleichheit aber Anlaß zu Eifersucht,
/ Neid und Zank unterein
ander, aber auch zu vielerlei Tadel am Kaiser gegeben wurde.
250
BRIEF T440
Diese wirre Situation bekam auch unser Freund zu spüren, dem durch aus, hätte er nicht bereits vorher dem kaiserlichen Beamtenstab ange hört13, die Voten der Kaiser und seine Qualifikation, die allen wohlbe kannt ist, für die Aufnahme genügt hätten. Dabei will ich von meinem (Eintreten für ihn) gar nicht reden, weil auch ich nicht genug Einfluß gehabt hätte, dich von der vorgefaßten Absicht abzubringen, ihm zu / schaden. Im Gegenteil, du wolltest, daß die schimpfliche Behandlung, die 90 du ihm zukommen ließest, auch auf mich überging und auch ich nach seiner Verurteilung nicht ohne einen Tadel davonkam, weil du es für not wendig hieltestl4, die Ehrenrechte bewährter Männer einem Sklaven zu verleihen. Nein, es konnte dich keiner der genannten (Gründe) dazu über reden, den Mann zu verschonen. Du hast ihm ja nicht nur, was er immer schon hatte, weggenommen, sondern ihn wie einen Verräter mit ständiger Ächtung bedacht, womit du ihm nicht nur für den
J\ugenblick / gescha-
95
det, sondern auch seine Hoffnungen für die Zukunft erheblich gemindert hast. Denn die völlige Tilgung seines Namens aus der Liste der Geehrten hat zur Folge, daß er auch später nicht zurückkehren kann, sondern (die Verantwortlichen) auch in der Zukunft glauben müssen, daß er diese Strafe wegen höchster Verworfenheit verwirkt habe. So sehr hast du den Mann von allen Seiten in Bedrängnis gebracht. Jetzt also sucht er ringsum Rat15, denn er sieht klar, was er verloren hat und daß ihn der Schaden bis ins Mark / seines Lebens trifft. Er sieht 100 aber auch den Pfeil, und der Schütze ist ihm wohlbekannt. Doch hält er noch seine Zunge zurück und will noch nicht von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, obwohl alle dich als den Täter erkennen und schon fast dazu drängen, den Kaiser gegen dich anzurufen. Sie haben sich nämlich über ähnliche Dinge zu beklagen und werden das Unrecht laut herausschreien, das jeder von dir erlitten zu haben behauptet. / Denn das, was du sagst, um deine Schande zu bemänteln und deine 105 Schuld auf andere abzuwälzen, wird dir zur Täuschung der ungerecht Behandelten nicht ausreichen. Alle sagen nämlich samt und sonders, daß du der Urheber der Machenschaften bist. Ich selbst habe einen Mann, der, wie Demosthenes sagt, nicht lügen kann16, sagen hören, daß du viel Mühe aufgebracht hast, um ihm und vielen anderen zu schaden. Wenn ich aber / dieses höre, bin ich betrübt um den Freund und die 110 anderen, welche vom einen zum anderen gehen, um ihre Schande und zugleich ihren Schaden zu beklagen. Größer aber noch ist mein Schmerz,
251
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
wenn du der Verursacher dieser (Übel) bist, ein Mann, dem ich es um der Freundschaft willen gewünscht hätte, beim Kaiser und allen Bürgern in Ansehen zu stehen, mit dem aber nun seine Freunde eine solche Erfahrung machen müssen. Verachte nicht, bei Gott, die Fama, als ob sie nur wenig 115 zum Ansehen oder zum Gegenteil beitragen könnte,
I sondern sei über
zeugt, daß ihre Macht über einen Mann des öffentlichen Lebens, mag sie auch nicht, wie Hesiod sagt, eine Göttin sein1?, doch in beiderlei Hinsicht groß ist. So versuche, ihre unangenehmere Seite zu meiden und ihre schö nere und ehrenvollere durch Geduld mit den Bittstellern für dich zu ge winnen. Denn das wird dir bei denen, deren Wohltäter du warst, viel Lob einbringen - es gibt für die Menschen keinen erfreulicheren und 120 nützlicheren Gewinn
- I und nach der Tugend auch ihren Lohn nach dem
hier verbrachten Leben. Magst du also auch jetzt etwas nicht recht getan haben, bringe es in Ordnung; laß deinen Freund und viele andere eine Palinodie18 auf deine Verfehlungen anstimmen und trage dazu bei, daß ich die (gute) Meinung, die ich früher von dir hatte, fortan beibehalten kann. Wenn du aber meinst, es sei nicht zu tadeln, was geschehen ist, und du unbedingt dafür verflucht werden willst, als sei es eine Auszeichnung, 125 werde ich auch dann nicht aufhören, dein Freund zu sein,
I weil ich es
für unwürdig halte, mein früheres Lob durch späteren Tadel aufzuheben. Sieh aber zu, ob es gut für dich ist, daß ich nichts habe, was ich deinen Anklägern zu deiner Verteidigung sagen könnte. Denn das, was du began gen hast, nimmt mir diese Zuversicht. K 1. OKyd: Die Große STADT (Z. 43f. 63).
E: Kyd. redet den namentlich nicht genannten
Empfänger des Briefes als Freund an, den er aber warnen müsse, daß er durch sein jetziges Verhalten den Bestand der Freundschaft bedrohe (Z. 8-13). Er hat beim derzeitigen Kaiser (Xl) dank seiner treuen Dienste großen Einfluß (Z. 13-15). Kyd. betont, er sei sich aufgrund seiner früheren Freundschaftsbeteuerungen sicher, daß er sich ohne Bedenken mit der Bitte an ihn wenden könne (Z. 20-26), seinen Einfluß nicht zum Schaden anderer (s. u., Xl; Z. 109-113) zu mißbrauchen. Loenertz postuliert seine Identität mit dem Alusianos des Brie fes L208 ( T204), für den die Überschrift von L319 ( T282) den Vornamen Thomas und eine venezianische Urkunde (siehe Bd. III, T245, E) den zweiten Zunamen Dukas bezeugt. Die Identität wird auch in PLP 696 übernommen, doch werden die drei genannten Kyd. =
=
Briefe, die noch nicht die Zugehörigkeit des Alusianos zum Kollegium der Großrichter erwäh nen, in die früheren 80er Jahre datiert. Alusianos erlangte die Mitgliedschaft und den Vorsitz (A. 8) in dem Kollegium erst nach dem Regierungsantritt Manuels II., wie sich aus Z. 6672 ergibt, also nicht vor März 1391. Die Bezeichnung des AIusianos als Großrichter in der Kopfleiste von T282 (Bd. III) ist zur Zeit des erschlossenen Datums (ca. 1383-86) noch
252
BRIEF T440
nicht zutreffend und daher zu streichen. - Ausdrücklich in diesem Kollegium bezeugt ist ein Alusianos in einem Synodal dokument aus dem Patriarchatsregister von Konstantinopel (MM II 424, Nr. 597), datiert auf Weltjahr 6908, August der 8. Indiktion August 1400, wo für die um einiges früher zu datierende Anfangszeit des behandelten Streitfalles folgende Perso =
nen als Richter genannt werden: ein Metropolit von Nikomedien, ein Alusianos (identisch mit Thomas Dukas) und ein Kaballaropulos, die als EKElvQL bezeichnet werden, also alle inzwischen verstorben sind, wie bereits P. Lemerle, Recherches sur les institutions judiciaires ä l'epoque des Paleologues, I, Le tribunal imperial, in: Annuaire de !'Institut de Philologie et
d'Hisroire orientales et slaves 9 (Bruxelles 1949) ( Melanges Henri Gregoire, I), 369-384, hier 381 bemerkt hat. Gemäß LemJuge 314, Nr. 12 ist ein Metropolit von Nikomedien in =
der Unterschrift eines Synodalaktes von März 1393 in dieser Stellung bezeugt; er trug gemäß einem anderen Dokument den Vornamen Makarios (PLP 16268); im Jahr 1389 gehört er noch nicht dem Richterkollegium an. Das spricht für die Neuwahl des Kollegiums einige Zeit vor 1393, also in der hier angenommenen Zeit. Die Kombination der Angabe im Patriar chatsregister mit der Anspielung auf das Richterkollegium im vorliegenden Brief (Z. 61ff.) und der Tatsache, daß Kyd. auf eine längere Freundschaft mit E verweist, bestätigen die Annahme von Loenertz, es handle sich um Thomas Alusianos. OE: Als Mitglied des Rich terkollegiums muß sich E in Konstantinopel aufhalten.
D: Der Tod Ioannes' V. im Februar
1391 wird vorausgesetzt (X3), und Manuel II., der am 8.3.1391 in Konstantinopel die Herr schaft übernahm, ist schon einige Zeit im Amt, denn auch unter ihm blieb der unter X2 beschriebene junge Mann zunächst noch in seiner Stellung am Hof und zählte bald zur enge ren Umgebung des Kaisers (Z. 58f.). So käme für die Datierung des Briefes entweder die Zeit zwischen März und Mai 1391 in Frage, weil Manuel sich bereits am 8. Juni wieder nach Kleinasien begab, oder eher noch, weil der erstgenannte Aufenthalt Manuels in Konstantino pel für die geschilderten Ereignisse etwas zu kurz bemessen ist, die Zeit nach seiner Rückkehr aus Kleinasien im Januar 1392 (s.o., T429, D). I1. BKyd, BE: Kyd. schickt dem Brief, in dem er seine Fürbitte für X2 vorbringt, ein langes Prooimion (bis Z. 32) mit allgemeinen Überlegungen voraus, um E für sein Anliegen einzustimmen, bevor er erst ab Z. 33 zu seinem Anliegen kommt, der ungerechten Behand lung eines ungenannten jungen Mannes (X2), der bis vor kurzer Zeit eine angesehene Stel lung am Kaiserhof bekleidete, aber bald, nachdem E Vorsitzender des Kollegiums der Groß richter geworden war, diese verlor. Kyd. ist daher auf das neugewählte Kollegium schlecht zu sprechen und übt ab Z. 72 immer schärfere Kritik an seinen Mitgliedern. Zunächst erklärt er, ihre Leistung nicht beurteilen zu können (Z. 72-76), dann stellt er fest, daß sie in völli gem Gegensatz zu den Erwartungen stehe (Z. 76f.), denn man fördere nun die Aufnahme unbrauchbarer und ganz unbekannter Personen in die Hierarchie der Ämter (d� Ta� OllVTU SEL�), mit der einzigen Bedingung uneingeschränkten Lobes für Alusianos (Z. 77-79). Die wirklich Fähigen hingegen habe man abgesetzt und verfemt (Z. 80f.). Das Ergebnis sei allge meine Verwirrung (Z. 81-85), die auch der Kandidat des Kyd. habe zu spüren bekommen (Z. 86-88), und sogar er selbst, Kyd., werde von Alusianos verleumdet, weil er für den jungen Mann eintrete (Z. 90f.). Im folgenden hält Kyd. ihm in rhetorischer Breite vor, wie sehr er dem jungen Mann geschadet habe (Z. 92-109). Dann warnt er ihn vor der Macht der Fama, die auch einen mächtigen Staatsmann bedrohen könne, wenn sie Negatives über ihn verbreite (Z. 113-116), und empfiehlt ihm, ihr nur Gelegenheit zu positiven Nachrich-
253
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ten zu geben (Z. 117-120). So möge er den Schaden wieder gutmachen, damit auch er, Kyd., wieder eine gute Meinung von ihm haben könne (Z. 120-123). Bleibe er aber bei seinen Entscheidungen, dann werde Kyd. ihm zwar nicht die Freundschaft aufkündigen, aber auch nichts haben, was er seinen Anklägern zu seiner Verteidigung sagen könne (Z. 123127). Im ganzen sind diese Ausführungen zugunsten von Xl eine geschickte Mischung von Schmeichelei und Drohung. Ob das Schreiben zum gewünschten Ergebnis führte, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich blieb es erfolglos.
Xl: Ein gegenwärtig herrschender Kaiser
(Z. 13), identisch mit dem jungen Kaiser auf Lemnos (Z. 47-50), der Xl dort zu seinem Beamtenstab zählte und gelehrte Gespräche mit ihm führte (Z. 50-52), Manuel II. Manuel hielt sich von Spätherbst 1387 bis etwa Herbst 1389 auf Lemnos auf (s.o., T359 und 386). Als er die Herrschaft in Konstantinopel übernommen hatte, billigte und unterstützte er, wohl im Jahr 1392, die Neuwahl des Richterkollegiums (Z. 70-72). X2: Ein junger Mann (Z. 42), Freund des Kyd., für den dieser schon oft beim Kaiser interveniert hat (Z. 34f.). Der Großrichter Alusianos (E) hat ihn aus der Liste (XO'taAOYO�) der kaiserlichen Gehaltsem pfänger gestrichen (Z. 35 -38) und ihn damit einer Vertrauensstellung am Kaiserhof beraubt, die ihm Ioannes V. verliehen hatte (Z. 46: 'tTj� 'twv 01)1:({> ltATJOlO1;6V'tWv [,IE'tEOWXe XWQo�). Sein Amt habe Alusianos «Sklaven» (bzw. einem «Sklaven", Z. 92, wem?), die er für geeig neter hielt, übertragen (Z. 38- 40). Kyd. aber schätzt den jungen Mann weiter als aus dauernd, besonnen und hochgebildet (Z. 42f.). Er genieße in Konstantinopel hohes Ansehen und habe sich auch, als ihn Ioannes V. zur Wahrnehmung wichtiger Aufgaben zu seinem Sohn Manuel nach Lemnos sandte, dort bewährt (Z. 47-49). Dort schätzte ihn Manuel 11. (X l) bald ebenso wie sein Vater (Z. 49-53). Als er von Lemnos nach Konstantinopel
zurückkehrte, gelang es ihm trotz der Verleumdungen seiner Gegner, weiter die Gunst des alten Kaisers und nach dessen Tod nicht weniger das Vertrauen Manuels II. zu genießen, zu dessen engerem Kreis er bald gehörte (Z. 58-61). Seine Qualifikation für das ihm entzogene Amt steht für Kyd. außer Zweifel (Z. 86-88), und er bittet den Freund dringend, seine Entscheidung zu revidieren (Z. 120 -123). Eine Identifikation des jungen Mannes mit einer namentlich bekannten Person im Literatenkreis Kaiser Manuels (Z. 5lf.; siehe auch unten, A. 4) wurde, soweit ich sehe, bisher nicht versucht und scheint auch wohl nicht möglich zu sein.
X3: Der verstorbene Kaiser, Ioannes v., der alle nach Verdienst belohnt habe, so auch
den jungen Mann (Xl), den er an den Hof berufen und gefördert habe (Z. 44- 47). ZG: Der Brief ist eine wertvolle Quelle für die Geschichte des Kollegiums der Großrichter (frz. «grands juges», X080ALXOL XQL'tOC 'twv 'PW[,IoCwv, eng!. «universal judges»), «which served as a supreme court in the Palaeologan period» (A. Kazhdan, ODB 1158, Art. Kritai Katholi koi). Zur Bezeichnung «Großrichter» und zur Bedeutung des Amtes siehe auch Bd. I12, T72, E, im Brief an den Amtsinhaber Andronikos Oinaiotes. Begründet 1296 von Kaiser Androni kos II., umfaßte das Kollegium zunächst zwölf, ab 1329 vier Personen, von denen zwei Kleriker und zwei Laien waren. Kyd. spielt Z. 61-70 darauf an, daß einige Zeit vor diesem Brief das frühere Richterkollegium, wohl im wesentlichen auf Betreiben des Alusianos, abge setzt und mit Billigung Manuels II. (X 4) ein neues gewählt worden war. Dessen Vorsitz übernahm nun Alusianos (Z. 67f.), zum Schaden des jungen Mannes, für den Kyd. sich in vorliegendem Brief einsetzt (Xl). Offenbar hatte das Kollegium also die Befugnis, Hofbe amte ein- und abzusetzen. Ep: Die Z. 52f. angedeutete literarisch anspruchsvolle Korre spondenz zwischen Manuel 11. und dem unbekannten jungen Mann (Xl) ist leider verloren.
254
BRIEFE T440-441
Wie die chronologische Liste LetMan 245f. zeigt, ist aus Manuels Zeit des Lemnosaufenthal tes nur der Brieftraktat Nr. 67 an Nikolaos Kabasilas erhalten. III. Hss: A 165'-167" Nr. 1; U 258'-26P, Nr. 258. IV. 1 W.: [J.LXQOV nvot; u<j>oQ[J.OVvtOt; (von U<j>OQ[J.EW): «als nur ein Kleines verborgen vor Anker lag». 2 Zu dieser sprichwörtlichen Wendung s.o., T348, A. I. 3 W: Tiit; ÖEU"tEQUt; . . . ltQo o8i] xT]t;. 4 W: 'A.oywv yE[J.WV. 5 W.: lt UvtEt; ltuv"tu xu"tCr. "to öEo v YLvE08m ouyxwQOVOL. 6 W.: "tiit; ltQw"tT]t; . . . ßou'A.iit;, und Loenertz bemerkt dazu «consessus iudicum universa lium Romanorum». Kyd. spielt also hier auf das Kollegium der Großrichter (s. o., ZG) an, das in seiner früheren Zusammensetzung dem jungen Mann günstig gesonnen war. Zur Ver wendung von ltQGJ"tOt; im Sinne von ltQO"tEQOt; (früher) siehe LSc , s. v. ltQO"tEQOt;, B, I, 3, d. 7 W.: d)v EVu ouu"tov EOE08m Tfi ltOAAfj "tO"tE xut' EXELVWV QU[J.TI xUL "tUIt; 'ÜßQEOLV UltLOX
VOU. Die Übersetzung geht davon aus, daß es sich nicht um ein wirkliches Versprechen han delte, sondern daß er sich vor der Wahl durch seine Kritik am bislang angeblichen Fehlverhalten des Richterkollegiums selbst als Kandidat qualifizierte. . 8 W: "tOu"twv TJYo v als «inchoatives» Imperfekt verstanden, das Schwyzer II 277 zwar ,
nicht für erwiesen hält, aber aufgrund einiger der von ihm angeführten Beispiele doch belegt. Loenertz bemerkt zu dieser Stelle: discimusne hinc amicum Cydonii, i. e. Alusianum, toti collegio praesedisse? Diese vorsichtige Frage ist wohl kaum anders als mit einem Ja zu beant worten. Alusianos war also zur Zeit des Briefes der Vorsitzende des Richterkollegiums. Dies bestätigt auch die Bemerkung Z. 77-79, daß seitdem Anwärter nur durch maßloses Lob auf Alusianos eine Chance hatten, Karriere zu machen. 9 Zur Eidesformel der Großrichter verweist Loenertz auf deren Edition in LemJuge 297f. 10 W: E1;oLOE LV. Zur Bedeutung von EX<j>€QELV im Sinne von «bring about, accomplish» vgl. LSc, s. v., II, 2. 11 W.: "t0 XE<j>U'A.ULC[l. KE<j>u'A.mov bedeutet hier zweifellos im Sinne von LSc, s. v., Sb soviel wie «sum total», also die dem Kollegium zur Verfügung stehende Summe «<Etat»), zu welcher der Kaiser einen freiwilligen Beitrag leistete. 12 Die sprichwörtliche Wendung avw xu"tW findet sich schon bei PlTht 153d. Weitere Belege: Paroem I 61, Nr. 6I. 13 W.: Ei xUL [J.T] ltQO"tEQOV EvEY€YQumo. Ich beziehe die Bemerkung darauf, daß der junge Mann bereits früher ein Amt am Hof bekleidete (Z. 44-47), bevor er von Alusianos aus diesem Amt entfernt wurde (s.o., Z. 36-39). 14 W.: ÖEO[J.EVOV, welches hier anscheinend wie ein accusativus absolutus im Sinne von öEov gebraucht wird. Die Passage spielt auf die oben, Z. 39f. erwähnte Äußerung des Adressaten an. 15 W: ltEQLELOLV, er geht umher. Dasselbe Verbum verwendet Kyd. noch einmal Z. 110
(ltEQLLovtEt;, welche von einem zum anderen gehen). 16 Anspielung auf DemOr 2,17 (01 2,23), wo Demosthenes sich für eine Aussage auf einen zuverlässigen Zeugen beruft. 17 S.o., T375, A. 4. 18 Zur Palinodie (Widerruf einer früher geäußerten Meinung) siehe Bd. IIl, T9, A. 8.
255
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
441 L: 428; OKyd: Konstantinopel; E: Maximos Chrysoberges; OE: Im Dominikanerkonvent auf Chios (?); D: 1392 (?); wI: Dank für einen in lateinischer Sprache abgefaßten Brief, der die Fortschritte des Maximos in dieser Sprache beweise. So werde er auch zu seinem eigenen
Nutzen die Weisheit Italiens studieren und mit Lateinern disputieren können. Seinem Ordens oberen solle er sich in jeder Hinsicht unterordnen und auch den an sich begrüßenswerten Plan eines Besuches in Konstantinopel mit ihm abstimmen.
Selbst der verspätete Empfang deines Briefes erschien mir willkommen, 5 und daß er auf lateinisch1
/ verfaßt war, erhöhte meine Freude, nicht weil
ich diese Sprache der griechischen vorziehe, sondern weil es mir scheint, daß du außer der attischen auch diese gelernt und nachdem du viele zuvor in jener (sc. der attischen) unterwiesen hast, nun in dieser viele, die sie studieren, hinter dir läßt. Daß du aber in so kurzer Zeit soviel geleistet hast, ist ein klarer Beweis dafür, daß du bald im gleichen Ruf wie Zenon 10
stehen wirst. Denn jener / galt wegen seiner Fähigkeit, widersprüchliche Dinge zustande zu bringen, als der «mit der zweifachen Zunge»2, und so werden dich auch, weil du zwei Idiome beherrschst, deine Gesprächspart ner ameden. Füge aber deinem Eifer noch hinzu, daß du das gleiche Anse hen wie bei den Hellenen auch bei den Lateinern gewinnst, damit du von beiden gelobt wirst, weil du beide verstehen kannst, (zugleich) aber auch mir (Gelegenheit) gibst, getrost mit dir zu reden, wenn ich in Anwesenheit
15 vieler vermeiden möchte, daß jemand (außer uns)
/ das Gesagte versteht.
Schon jetzt mag der Nutzen, den die Weisheit Italiens bringt, vielen beachtlich erscheinen, vor allem im öffentlichen Leben3• Ich aber meine, daß sie wenig nützt, wenn man nur daran denkt, sie im Geschäftsleben und in öffentlichen Angelegenheiten zu verwenden. In Wahrheit aber läßt sich ihre Bedeutung vor allem beim Studium der antiken Autoren und 20 beim Gespräch und der Disputation mit Zeitgenossen
/ erweisen. Mit ih
nen pflegst auch du Gemeinschaft, und weil du ihre (Sprache) verstehen kannst, wirst du dir große Erfahrung in göttlichen und menschlichen Din gen sammeln und die Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden wissen. Dies aber ist meiner Meinung nach das Wichtigste, was Gott den Men schen verliehen hat, zumal wenn - wie jetzt in deinem Leben - das Gebet auf die Lektüre und diese wiederum auf die göttlichen Hymnen und das 25 Gebet folgt;
/ denn dann wird aus beiden Richtungen der Geist gereinigt;
er wird sich selbst für vergeudete und auf Nichtiges verwendete Zeit ta-
256
BRIEFE T440-441
deIn und das dem Menschen gesetzte Ziel in philosophischer Gesinnung suchen, und wenn er es gefunden hat, wird er wissen, was Gott, was der Mensch4, was Wahrheit und was Trug ist. Dies aber wirst du besser von dem bewundernswerten Greis erfahren, der dich dies nicht durch Worte allein lehrt, sondern dir auch durch seine Taten ein Vorbild sein kann. / Den Blick auf ihn gerichtet, so möchte ich wünschen, solltest du dich formen, mit seinem (Rat) an alles herangehen und so auch von ihm das Zeichen für (dein) Verbleiben oder (deine) Rückkehr (sc. nach Konstanti nopel) empfangen. Denn willkommener ist uns (zwar) deine Rückkehr; es muß aber sein Urteil hinzukommen, weil er die Fähigkeit besitzt, vor dem Angenehmen noch weit mehr das, was uns förderlich ist, zu erkennen. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort. E, OE: Der Adressat, der früher andere im attischen Griechisch unterrichtete, hat inzwischen in relativ kurzer Zeit und offenbar, wie sein in lateinischer Sprache geschriebener Brief an Kyd. beweist, recht gut Lateinisch gelernt (Z. 4-8). Er befindet sich jetzt in einer Umgebung, wo er seine Sprachkennmisse zu geistli chem Gespräch und gelehrter Diskussion nutzen kann (Z. 18-22). Vor allem kann er sich aus dem Umgang mit einem «bewundernswerten Greis» wertvolle Unterweisung erhoffen (Z. 28-34). Es wird klar gesagt, daß er sich in einiger Entfernung von Konstantinopel auf hält, weil seine «Rückkehr» dorthin eine besondere Entscheidung und den Rat des gteisen Mentors erfordert (Z. 30-34). Durch einen Vergleich mit den überlegungen unter T428, E wird die Annahme von Loenertz, daß der Brief an Maximos Chrysoberges gerichtet ist, bestä tigt. Er hält sich aber nun nicht mehr im Dominikanerkloster zu Pera, sondern offenbar in einem weiter entfernten Kloster auf. Wir wissen, daß er sich ab 1392 nacheinander in Kon venten des Ordo Praedicatorum auf Chios, Lesbos und Kreta und schließlich 1393/94 in dem der SS. Giovanni e Paolo in Venedig aufhielt, wo er Philosophie studierte (LBF II 62). Die vermutliche Anspielung auf Elias Petit (Xl) spricht dafür, daß Chrysoberges sich noch auf Chios aufhält.
D: Seit dem letzten an ihn gerichteten Brief T428, zu datieren auf März
Mai 1391, hat E große Fortschritte in der lateinischen Sprache zu verzeichnen. Ein Abstand von bis zu eineinhalb Jahren zwischen diesem und dem vorausgehenden Brief gemäß dem angenommenen Aufenthaltsort (siehe OE) ist also durchaus wahrscheinlich.
II.
Xl: Der «bewundernswerte Greis», der Maximos Lehrer und Vorbild sein kann
(Z. 28f.) ist nach der Annahme von Loenertz Elias Petit O. P. (s.o., T428, X4 und A. 7), Adressat des Briefes KalekEp 323, Nr. 4 an einen Superior der Dominikaner auf Chios. Das würde allerdings dafür sprechen, daß auch vorliegender Brief an den noch auf Chios anwe senden Chrysoberges gerichtet ist.
Ep: Ein Brief des Chrysoberges an Kyd. in lateinischer
Sprache (Z. 4-7).
ill. Hss: A 177', Nr. fehlt (s.o., T394, Hss). In Hs A geht diesem Brief das Fragment voraus, das in Bd. 111, 67, Nr. 1. 7. 3 beschrieben ist.
rv. 1 W: YQUIl'WOLV 'haAwv, eigentlich also «mit den Buchstaben der Italer», aber aus dem Folgenden ergibt sich, daß Chrysoberges natürlich in lateinischer Sprache, nicht nur in lateinischer Schrift, geschrieben hatte.
257
30
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
2 W.:
af.lcpo1:fQ6yAwaao�. Dies WOrt steht bei Plutarch, Perikles, 4 in einem Zitat aus
Versen des skeptischen Philosophen Timon von Phleius (Aflou�)/Argolis (ca. 320-ca. 230 v. Chr.) auf den Philosophen Zenon von Kition, den Begründer der Stoa (335 -263 v. Chr.). Kyd. nahm bereits in einem früheren Brief (an Simon Arumanos) auf dieses Wort Bezug; siehe Bd. II, T203, A. 5. Dort auch weitere Erläuterungen zum Zitat. 3 w.: 1:0L�
EV f.lEOl[l.
Die vorgeschlagene Übersetzung wird durch den folgenden Kontext
als die einzig mögliche bestätigt. Vgl. auch T443, A. 2. 4 Ähnliche Formulierung wie oben, T0426, Z. 44.
442
-
An Kaiserin Helene
L: 222; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiserin Helene Palaiologina, Witwe Ioannes' V., Nonne Hypomone; OE: Konstantinopel; D: Ca. SommerlHerbst 1392; wI: Eine bewegende Dankeshymne auf die liebevolle Zuwendung, die Kydones zeitlebens von der Kaiserin erfah ren hat, zugleich ein Rückblick auf die beiderseitigen Beziehungen, aber auch auf das leidvolle Schicksal, dem die Kaiserin, vor allem wegen der Eigenmächtigkeiten ihres ältesten Sohnes Andronikos (dessen ausdrückliche Nennung vermieden wird) über Jahre hinweg ausgesetzt war. Eine Tendenz, des Kydones, sie wie eine Heilige zu verehren, ist unverkennbar.
Anderen hat Gott andere Güter verliehen, wie es ihm gefiel und wie 5
es / ihren Empfängern nützlich sein sollte; mir aber, ehrwürdigste Kaise rin, hat er deine sorgende Zuwendung geschenkt und mir damit nicht einfach nur dies eine gegeben, sondern, wenn man es so sagen kann, darin alles Gute und Willkommene zusammengefaßt, was Menschen sich vorstellen können. Die Erfahrung dieser Huld begleitete mich mein Leben lang, und du gabst mir alles, sogar mehr, als ich mir hätte wünschen
10
können. So standest du mir auch, als ich Geld / brauchte, zur Seite und hast mich in meiner Not großzügig unterstützt, so daß mir deine Gunst nicht (nur) Trost in meiner Bedürftigkeit, sondern darüber hinaus eine Quelle des Reichtums bedeutete. Deinen Geschenken aber fügtest du noch Ehren hinzu, die du mir teils selbst zudachtest, teils beim Kaiser erwirk test. Auch hörte ich von deinem weisen Munde viel Lob, (noch) mehr (Lobendes) aber (bekamen) andere (von dir) über mich (zu hören); es war
15
aber alles in einem Übermaß gesagt, / welches man kaum den Angesehen sten bei uns zugestanden hätte. So erschien ich in deinen Worten nicht als der, welcher ich war, sondern als einer, der wegen seiner Tugend und seines Ansehens berühmt ist. Denn wer hätte es gewagt, wenn du sprachst, Zweifel anzumelden? Wußten doch alle, daß du die Krone der
258
BRIEF
T442
Wahrheit für glänzender hältst als alle Pracht des Herrschertums! So wurde ich von allen geehrt, weil dein (edler) Charakter mein Lob bestä tigte. Wollte ich aber deine Hilfe / in den vielen (Situationen) aufzählen, aus
20
denen du mich durch dein (mutiges) Auftreten gegen meine Verfolger1 als bereits dem Untergang Geweihten gerettet hast, würde ich dich mit dem Versuch, etwas allgemein Bekanntes zu erzählen, (nur) langweilen. Du hast dich aber darin noch überboten, daß du nicht nur mir, sondern auch allen meinen Angehörigen2 deine Wohltaten erwiesen hast, was auch jene in gleicher Weise wie ich (von dir) berichten können. So hast du, kurz gesagt, nicht nur die menschenfreundlichsten Herrscher, / sondern auch
25
die liebevollsten Eltern mit dem, was du unserem ganzen Hause (Gutes) erwiesen hast, übertroffen. Gott hat dich uns also als vielfältiges Heilmittel geschenkt, das in (mancher) Notlage, in Krankheiten, gegen Intrigen und in (Zeiten der) Verzagtheit, (kurz,) in jeder Situation, wo man des Beistandes bedarf, wunderbare Kraft und Hilfe brachte. Solches habe ich also bis jetzt selbst, (ebenso) wie die, denen ich es am meisten wünschen möchte, / so im Übermaß genossen, daß es nichts mehr gäbe, was ich mir
30
noch von Menschen erbitten könnte, und ich könnte darüber auch (dann) nichts, was auch nur ein wenig (deinem) Verdienst nahekäme, sagen, wenn ich mit aller Rhetorik, die Menschen zu Gebote steht, darüber zu berichten versuchte. Du hast aber, weil du anscheinend nicht auf das bedacht bist, was ich verdient habe, sondern auf das, was zu geben dir angemessen (erscheint), und weil die (einzige) Grenze deiner Wohltaten deine eigene Großmut ist, noch (etwas) hinzugefügt, was ich, wäre mir selbst / der Gedanke gekom-
35
men, nicht einmal für vernünftig gehalten hätte. Dadurch hast du klar gezeigt, welch weiten Raum ich in deiner Erinnerung einnehme, die weder durch die Bedrängnis der gegenwärtigen Zeiten gemindert, noch durch die ständige Abfolge schrecklicher Ereignisse zerstört, noch durch lange Zeitdauer, die Vergessen bringt, getilgt wurde, sondern unbehelligt von derlei negativen Einflüssen bestehen blieb. Es mußte nämlich (noch) der Prüfstein für das Gold und die Erprobung deiner Tugenden hinzukom men, nicht damit Gott (dich) erkenne - denn wie könnte / dem Auge, das (sogar) unsere noch nicht vollbrachten (Taten) sieht, eine von unseren Taten entgehen, oder was wäre dem verborgen, der die Herzen erforscht3 und diese je einzeln formt? -, sondern damit er allen das offenbare, was
259
40
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
bis dahin der Menge verborgen war, und bekannt werde, daß du nicht, wenn es dir gut geht, dankbar bist, wenn aber das Gegenteil eintritt, in Verwirrung gerätst und sagst, was nur den Schwächeren zu sagen ansteht, 45
läßt er auch jetzt zu, / was er einst bei Hiob zuließ, und gestattet dem Versucher, mit seinem Vorhaben und seiner Prüfung bis zum Äußersten zu gehen, im festen Vertrauen darauf, daß er mit seinem Angriff scheitern werde. Deshalb stürzte sich (also) jener (sc. der Versucher), mit Erlaubnis dessen, der ihn eine Zeitlang zurückgehalten hatte, heftiger als ein Unwet ter auf dich und das kaiserliche Haus und vernichtete es zwar weder
50
durch Feuer4, noch ließ er Dach und Mauern einstürzen, / um die zu begraben, welche sich darin aufhieltenS, womit er das Leid auf kurze Zeit beschränkt hätte6, sondern er säte unter deinen engsten Angehörigen Mißtrauen, Neid und Streitsucht, flüsterte es jedem einzelnen von ihnen ein, die Vernichtung seiner Verwandten für sein eigenes Heil zu halten, brachte die Natur gegen sich selbst auf und spaltete die (bis dahin) Ein trächtigen. Diese begannen nun so sehr miteinander zu streiten, daß sie
55
« Vater, Mutter und Geschwister», denen (doch) unsere größte Liebe / gilt, nicht als Bezeichnungen für Verwandtschaft, sondern für Streit und Zank präsentierten. Sie sorgten sich also nicht um ihre natürlichen Feinde, son dern gingen gegenseitig aufeinander los, und mit der Wut, die sie gerech terweise an jenen hätten auslassen sollen, vernichteten sie einander selbst und ihre Untertanen. Du aber klagtest darüber, ihr Schicksal ansehen zu müssen, weil du zugleich mit den Siegern und den Unterlegenen Mitleid
60
empfandest. Allerdings / verstanden sie nicht, daß du so dachtest, sondern die jeweils Stärkeren verdächtigten dich, die Unterlegenen zu bedauern. Diesen Ruf brachte dir dein Mitgefühl für beide (Seiten) ein. Denn stets bevorzugtest du das Schwächere und schienst die Stärkeren gering zu ach ten. So ergab es sich, daß in den Wirren des (Bürger)krieges deine Seele sich in ständiger Bedrängnis befand, denn du konntest weder Versöhnung
65
bewirken, noch klar / herausfinden, welcher Seite du dich anschließen solltest. Sahst du dich doch (immer) gezwungen, die andere (Seite) zu verraten, der du gerechterweise die gleiche Liebe schuldetest! Dies aber war, solange der Kaiser? sich an der Macht halten konnte, nur wie ein Vorspiel des Schicksals zu (weiteren) Aufführungen. Als näm lich jener mit (euren) Söhnen im Gefängnis saß und die Macht in der
70
Hand derer war, die du in gleicher Weise wie die Inhaftierten lieben mußtest8, hattest du Mitleid mit den Gefangenen und / den Verursachern der
260
BRIEF T442
Gefangenschaft9, und wieder wurdest du von beiden (Seiten) getadelt, von den einen, weil sie zu wenig Zuwendung erfuhren10, von den ande ren, weil sie glaubten, die Fürbitte der Mutter für ihre Kinder werde ihnen selbst keinen Nutzen bringen. Sie wurden vielmehr durch das, was sie eher hätte besänftigen sollen, nur um so mehr verärgert, mißachteten die Fürsprache (der Mutter), die ja ihren eigenen Feinden galt, und erhoben deshalb gegen die Fürsprecherin und ihre Schützlinge die gleichen / Vor-
75
würfe, so daß man damals nichts ausrichten konnte, weil sich beiderseits in gleicher Weise ein Abgrund auftat. Hättest du nämlich geschwiegen, hättest du der Natur unrecht getan, Reden aber war nicht nur sinnlos, sondern auch für dich und jene (sc. die Gefangenen) gefährlich, anderer seits aber war dir Schweigen unmöglich, weil du deinen Gefühlen Gewalt angetan hättest. Wenn wir die Trennung der Seele vom Leibe Tod nennen und diese alle (anderen) menschlichen Übel übertrifft, wie schlimm mag es dann erst sein, wenn / die Seele in sich selbst gespalten ist, wenn sich
80
ihr wie an einem Kreuzweg die Wahl stellt und sie ratlos ist, welchen Weg sie wählen soll? So erging es auch dir damals, da die Wahl des Besseren, um nicht zu sagen, die Vermeidung des Schlechteren, vollkommen un möglich war. So bleibt es beispiellos, was du damals gelitten hast. Aber darauf beschränkte sich das Übel nicht, sondern als ob das Schicksal den Ehrgeiz gehabt hätte, alles Schlimme als einen Scherz zu erweisen, / was es den Menschen jemals zufügte, stellte es das Vorherige
85
(noch) durch folgendes in den Schatten: Der Kaiser entrann diesem Laby rinth bzw. diesem Kaiadas, (wie es) bei den Lakedaimoniern (heißt)l1 denn wie sonst könnte man den Abgrund12, in den er eingeschlossen war, nennen? -, mitsamt seinen Söhnen, zweifellos dank der VORSEHUNG, denn dies war das Unwahrscheinlichste, was je unter Menschen geschah. Hätte man es doch für leichter / gehalten, daß eine Seele dem Hades und 90 dem Tartaros entkäme und wieder zum Leben zurückkehrte, als es ihnen gelingen könnte, aus jenem Abgrund wieder aufzutauchen. Daher waren alle überzeugt, daß durch das damalige Geschehen die (Geschichte) von Jonas und dem Walfisch13 bestätigt wurde. Sofort aber schob man die Schuld auf die Kaiserin; man entschied, daß sie für die Flucht (der Gefan genen) zu bestrafen sei, und man beschloß dich außerhalb der Grenzen zu den Barbaren zu verbannen. Dort solltest du hausen, von Licht, (fri scher) Luft und überhaupt allem, was der Mensch zum Leben braucht, / ausgeschlossen, zu völliger Unkennmis aller Vorgänge (in der Welt) drau-
261
95
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ßen verurteilt, (an einem Ort), den niemand, nicht einmal einer deiner unentbehrlichsten Diener, zu betreten wagte. Und als ob das eigene Un glück nicht genug sei und deine Schrecken (noch) ausgedehnt werden müßten, beschloß man auch, deinen Vater, den Kaiser, mit dir ins Gefäng nis zu werfen, einen Mann, der seinen Zunamen glänzend durch seine Taten bestätigt hat14 - so könnte man mit kurzen Worten das Wesentli100 che über ihn
/ sagen15 -, mit ihm aber auch deine Schwestern und deine
Tochter, Frauen, die ihrer Abstammung würdig sind und hinter keinem Mann, der je gelebt hat, zurückstehen16 und - um deine Schwestern noch deutlicher zu kennzeichnen - ihre Verwandtschaft (mit dir) nicht zuletzt durch ihren klugen Sinn und ihre Wesensart erwiesen haben. So war das, was sich (da) abspielte, nicht nur ein Frevel an Kaisern und Kaiserinnen, die rücksichtslos und unter Drohungen ins Gefängnis geworfen wurden, / 105 sondern auch über die Maßen betrüblich. Denn über ihrem Anblick und
bei dem Gedanken, daß du selbst die Ursache ihrer grausamen Behand lung warst, die dir lieber waren als die eigene Seele, vergaßest du deinen eigenen (Schmerz) und grämtest dich über ihr Unglück fast zu Tode. Alle also waren im Gefängnis, und vor den T üren standen grimmige Wächter, denen aufgetragen war, mit dem Ton ihrer Stimme, ihrem Blick und allen 110 Mitteln die zu kränken,
/ die sie17 zuvor nicht einmal als Haussklaven
hätten beschäftigen wollen. (Schon bald) blieb ihr Leiden nicht auf das Gefühl der Verzagtheit beschränkt, sondern ging wegen der schlimmen äußeren Umstände auch auf ihr leibliches Befinden über. Denn sie waren in eine belagerte Festung eingeschlossen, und weil wegen des langen Krie ges die Nahrungsmittel erschöpft waren, waren sie auf Reste angewiesen, die (allerdings auch nur) in geringer (Menge zur Verfügung standen) und zudem verdorben waren. Zum Hunger kam aber auch noch eine Seuche18 115 hinzu, so daß die / Überlebenden mit der Bestattung der Toten überfordert
waren. (So erging es den) Menschen, die zeit ihres Lebens so sehr an Reinlichkeit und Luxus gewöhnt waren! Hinzu kamen die mehr als alles verletzenden Worte, mit denen (euch) die Wärter aus jedem beliebigen Anlaß anfuhren, als sollte, scheint es, zugleich euer Ohr und euer Auge beleidigt werden und euch keine Kränkung erspart bleiben. Wer könnte wohl alle Schmach19, (die man euch) damals (zufügte), beschreiben? 120 Nein, man kann keine
/ ausreichenden Worte (dafür) finden, und zu
gleich, glaube ich, wird, wie das, was damals geschah, so auch das, was ich jetzt (darüber) sage, dich traurig stimmen. Doch werde ich vielleicht
262
BRIEF T442
soviel sagen können, ohne dich zu verletzen, daß damals zum ersten Mal (Personen der) Kaiser(familie) (rüpelhaftem) Schiffspersonal ausgeliefert waren und deren gesamtes Schicksal ihrer Roheit preisgegeben war20. Man sträubt sich aber sogar, es (auch nur) auszusprechen, daß sie (damit) einen Befehl ausführten, nach Möglichkeit noch unflätiger aufzutreten, als sie es von Natur aus gewohnt waren, und für / eine frechere Sprache
125
mit einer Belohnung rechnen konnten. Aber vielleicht reichen Worte weder aus, um dies genau zu bescheiben, noch ist dies im Augenblick meine Absicht. So sei es denen überlassen, davon zu reden und es sich anzuhören, die an Sensationen ihre Freude haben, oder den Dichtern, die von tragischen Ereignissen berichten, denn es gibt keine schlimmere Qual, die einem Menschen (je) zustoßen könnte, als diese, und nur Gott allein kann hier Trost spenden. So geschah es auch damals. Denn er, / der nicht zuläßt, daß man in höherem Maße
130
versucht wird, als man es (durchstehen) kann, sondern mit der Versu chung auch den guten Ausgang gibr21, hat durch die Rückkehr des Kai sers22 diese Wolke aufgelöst und dich uns wieder gezeigt als reinen Glanz23, wie jemand gesagt hat, nach jener Dunkelheit, die (unser) aller Gemüter gefangen hielt. Damals konnte man mehr als je erleben, mit welcher Liebe dir alle Herzen zugetan waren. Denn es gab niemanden, der zu Hause bleiben wollte, als man deine Rückkehr ankündigte, / son-
135
dem wie zu einem höchst willkommenen Schaustück strömte die ganze Stadt zusammen, und die engen Gassen erwiesen sich damals zum ersten Mal als das, was ihr Name besagr24. Alle aber riefen nach der Weisen, der Tugendhaften, der Wohltäterin, die, solange sie unter uns weilte, gleichsam die Seele unseres Gemeinwesens gewesen war, deren Abwesenheit aber allenthalben als Verlust empfunden wurde und die nun wieder, wenn Gott es (so) wolle, dem Reich das Heil bringen werde. Davon sang voll Freude jeder / Mund. Denn je mehr ihnen bewußt wurde, daß es
140
ihnen privat und als Staatsbürgern gut erging, suchten sie offensichtlich nach (stets) stärkeren Worten zu (deinem) Lobpreis. An dieser Stelle möchte ich auch auf mich selbst und auf das, was mich zu diesem (Brief) veranlaßte, zu sprechen kommen. Als (damals) nämlich auch ich mit allen hinzutrat und dir die geziemende - wenn auch keines wegs die (eigentlich) geschuldete - Ehre darbrachte, ließest du nichts von deiner gewohnten Huld fehlen, warst nicht auf die Erhabenheit / deiner Majestät bedacht - welches kokette Geziere sind wir hingegen durchweg
263
145
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
von den anderen Damen gewohnt! - und ließest dir auch nicht, wie es so manchem anderen mit einem geliebten Menschen erging, durch das Übermaß der (erlebten) Mißgeschicke die Erinnerung an den Freund trü ben, (sondern) schautest mich gütig an und sprachst mit mir, ganz wie es deiner würdig ist. Du erinnertest mich an das Ver gangene und (gabst mir zu verstehen), daß nichts, was mich betreffe, in deinem Gedächtnis vergessen oder durch lange Zeitdauer verblaßt, sondern mir der altgeISO wohnte Platz
I in deinem Gedächtnis verblieben sei; aber auch ich solle
(dir) meine frühere treue Gesinnung bewahren und durch mein jetziges Verhalten beweisen, daß sie sich während deiner Abwesenheit nicht geän dert habe. Viel solches wurde gesagt, voll von Liebenswürdigkeit und wie es kaiserlicher Großmut ansteht. Mit den Worten, die du damals sprachst, scheint mir nichts vergleichbar, sondern ich zähle mich zu den glücklich sten Menschen, weil ich solches zu hören bekam. Du aber hast nicht mit 155
Worten, I sondern vielmehr durch Taten das, was du sagtest, bestätigt, und als ob (das Gute) nicht (schon) genügt hätte, das du mir oft erwiesen hast, hast du deine Worte mit einem großen Geschenk besiegelt, und noch größer als die Gabe war die Ehrung und das, was bei dieser (Gelegenheit) gesagt wurde. So hast du also mit vielen guten Taten dein Leben auf dieser Welt gezierr25, deine Eltern geehrt und deine Angehörigen geliebt, deinen Freunden Wohltaten erwiesen, aber (auch) deine Feinde nicht betrübt,
160
hast dich durch I dein Wirken im privaten Bereich bewährt, aber auch dem Gemeinwesen in äußerst angemessener und höchst nützlicher Weise gedient und dich in jeder Hinsicht deiner kaiserlichen W ürde entspre chend verhalten, ja sie allem Anschein nach noch mehr geadelt, als sie dich adelte. Nun aber war es dir beschieden, dich auch noch für das Höchste und deiner Seele am meisten Würdige zu begeistern; denn du wolltest nicht das Leben der Menge teilen und in der sichtbaren (Welt)
165
verbleiben, sondern I diese und jede andere sinnliche Empfindung als Sorge kleiner Seelen hinter dir lassen und zum (wahren) Leben des Paulus und zum HimmeF6 wie zu einem (tatsächlich) erreichbaren (Ziel) eilen, das denen, die dorthin gelangen, Freiheit von Schmerz, Betrübnis und allem Jammer verheißt! Zuvor aber war dir aufgegeben, was Dir an Eige nem verblieben war, nach dem Gebot (Christi) zu verteilen27, damit du auch in dieser Hinsicht dem deinen Gehorsam zeigtest, der dich zur Voll-
170
kommenheit aufruft. Als du nun I dies beschlossen hattest und zuvor das,
264
BRIEF T442
was den Liebhabern dieser Welt wert und teuer ist, gemäß dem Gebot aufgeben mußtest, erhielten das meiste die Hände der Armen, an die du stets deinen Besitz verteilt hattest und von denen du wohl wußtest, daß sie dir auf diesem Wege vorausgehen und deine Fürsprecher beim (ewi gen) Richter sein würden; ein wenig aber behieltest du auch deinen Freunden vor, die deiner ehrenden Zuwendung würdig waren und sich an das Gute erinnern sollten, das sie von dir erhielten. Zu diesen wurde auch ich gezählt, / als einer der Vertrauten, der dir gütiger Sorge würdig erschien,
175
und so hast du deine vielen Wohltaten zur Vollendung geführt, damit in deiner Beziehung zu mir der Anfang mit dem Ende übereinstimme. Ich nehme also das Geschenk an, aber nicht das Geld ist mir wichtig - ob wohl es mir zusteht, weil ich es teuer erkauft habe -, sondern deine gütige Gesinnung, die dich auf solche Weise meiner gedenken ließ, und / dies
180
(Gedenken) ist mir kostbarer als alles Gold unter und auf der Erde. Denn wenn es den Menschen etwas bedeutet, von wem auch immer geehrt zu werden, wie wertvoll ist es dann erst, eine solche (Zuwendung) von Personen der Kaiser(familie) zu erfahren, und dazu noch von einer Frau, die sich nach meiner Überzeugung und der übereinstimmenden Meinung aller so durch Tugend und Weisheit auszeichnet? Zudem habe ich diesen (Schatz) nicht in einer Truhe oder einem anderen Behälter, auf den es Diebe und Motten abgesehen haben28, aufbewahrt, / sondern in der Tiefe
185
meiner Seele, wo wir das Schönste und Kostbarste, was wir besitzen, auf heben, als Denkmal deiner Tugend und als Auszeichnung für meine treue Gesinnung, für die anderen aber als Beweis der Ehre, die du mir erwiesen hast. Von allem, was ich habe, gibt es nichts, worauf ich so stolz bin wie auf dies. Du aber, Zierde deines Hauses und Krone des Kaisertums, du bist der Weisheit innig zugetan und übst die Tugend / mit aller Leidenschaft. Du
190
hast dir bereits mit Werken aus deiner Feder29 selbst Ehre verdient und mit solchem Erfolg literarische Studien betrieben, daß du vielen, die über dem Studium der Rhetorik gealtert sind, voraus bist; du bist für alle, die sehen können, ein Vorbild in Wort und Tat. Eile weiter auf diesem glücklichen Weg30, den du gewählt hast und den (nur) wenige mit Mühe kaum vollenden, und laß nicht ab von deinem liebenden Verlangen, / bis du zu dem kommst, der31 allein der Sehnsucht wert ist. Von ihm wirst du gewiß auch die Krone der Gerechtigkeit erhalten32 und dich seiner seligen Anschauung erfreuen, zusammen mit Maria und Martha33 und jeder an-
265
195
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
deren Frau, die Christus treulich diente. Du durftest ihn zwar nicht, wie jene, zuvor berühren34, aber du wirst ihn, nachdem die Zeichen und Bil der (der Wirklichkeit) gewichen sind, genießen, ohne je Sättigung zu emp finden; denn das ist für die Gutgesinnten das Ziel all ihres Redens und / 200
Tuns. Mich aber verweise (auch) in Zukunft nicht als einen, der noch dem Irdischen, das du selbst verachtest, anhängt, an andere und ver schließe mir nicht den gewohnten Zugang (zu dir), sondern in der Über zeugung, daß Zunahme der Tugend auch Zunahme der Menschenliebe und Fürsorge für die Geringeren bedeutet, entziehe mir nicht, wenn ich dich zu gegebener Zeit besuche, die gewohnte (Gunst). So wirst du mir wirklich das kostbarste Geschenk zukommen lassen, das ich mir je wün schen könnte. K I. OKyd: Vor allem die Ankündigung, daß er die Kaiserin auch in der Zukunft, in ihrem Kloster in Konstantinopel (s. u., OE), besuchen wolle (Z. 200-204), beweist, daß Kyd. sich ebenfalls in dieser Stadt aufhält.
E, OE:
Die im überlieferten Titel des Briefes genannte
« Kaiserin Helene» (NicKant 1 3 5 - 138; PLP 2 1 3 65) ist die 1 3 3 3/34 geborene Tochter des 10annes Kantakuzenos (PLP 10973), die im Mai 1 347 mit 10annes V. verheiratet wurde und sich einige Zeit nach dessen Tod im Februar 1391 in das Marthakloster zu Konstantinopel
(5. u.,
A. 33) zurückzog, wo der vorliegende Brief sie bereits als anwesend voraussetzt
(Z. 163 - 1 66). Als Nonne trug sie gemäß einer Kaiserliste in einer Hs des Athosklosters Kutlumusiu den Namen Hypomone (Geduld); vgl. L. Politis, Eine Schreiberschule im Kloster 'tÖJv 'ObT]YÖJv, BZ 51 ( 1 958) 274.
D: Loenertz hatte eine venezianische Urkunde vom
20. Juli 1392 für seine Datierung des Briefes «nicht vor Juni 1392» in Anspruch genommen, weil hier für die um wenige Wochen zurückliegende Zeit, auf die sich die Passage bezieht, die Anwesenheit der Kaiserin im Palast vorausgesetzt wird (Text der Urkunde: LC II 449f., D20, hier Z. 8f.). Zwar weist SchreinChron II 348f. diesen Ansatz als nicht zwingend zurück, da Helene auch noch als Nonne politischen Einfluß habe ausüben können. Da jedoch die Urkunde vom Kaiser (sc. Manuel) und seiner Mutter (sc. Helene) als selbstverständlich im Palast anwesend spricht, ist es unwahrscheinlich, daß Helene zum Empfang des veneziani schen Gesandten das Kloster noch einmal verlassen hätte (so auch KiankLett 163). So bean sprucht gemäß der Annahme von Loenertz und Kianka dieser terminus post quem doch einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. Ein sicherer terminus ante quem des Briefes ist der Tod der Helene-Hypomone im Marthakloster ca. November 1396 (NicKant 1 37 mit A. 7). Wir wissen also nicht sicher, ob Helene bereits bald nach dem genannten terminus post quem oder erst etwas später ins Kloster ging. Doch ist es wahrscheinlich, daß sie als Witwe (seit Februar 1 391) nicht mehr allzulange im Palast verweilte. So ist als Zeit ihres Eintrittes in das Kloster die zweite Jahreshälfte 1392 als wahrscheinlich anzunehmen. Da aber Kyd. den vorliegenden Brief als direktes Dankschreiben für das letzte Geschenk der Kaiserin, also kurz nach ihrem Eintritt in das Kloster, verfaßte (Z. 174- 1 88), ist dieser entsprechend zu datieren. 11. BKyd: Kyd. blickt dankbar auf die vielen Wohltaten zurück, welche die Kaiserin ihm während langer Jahre erwiesen hat (Z. 4-32), vor allem durch größere Geldzuwendungen
266
BRIEF T442
(Z. 9 - 1 1), erstmals 1381 oder einige Zeit früher (Z. 142-157, dazu unten, A. 22), dann wiederum kurz vor Abfassung dieses Briefes, aus Anlaß ihres Rückzuges in das Kloster/eben (Z. 174-180, dazu oben, D), ferner Ehrungen, die sie ihm selbst oder durch Fürbitte bei ihrem Mann zukommen ließ (Z. 1 1-13), direktes oder gegenüber anderen geäußertes Lob (Z. 13-19) sowie Hilfe und Schutz in kritischen Situationen (Z. 19-21. 26 -28). Er dankt ihr aber auch für ihre Wohltaten gegenüber seinen Angehörigen (Z. 22-24; dazu unten, A. 2). Auf die zuletzt erwiesene Gunst spielt Kyd. bereits Z. 32-38 an, nimmt aber dann die Bemerkung, die Kaiserin habe sich durch schwere Lebensschicksale nicht von ihrer liebevol len Sorge für ihn abbringen lassen, zum Anlaß, zuerst in einern langen Exkurs über diese Schicksale bis zu ihrer Rückkehr aus dem Gefängnis zu berichten (Z. 38-141; Details unter BE). Erst Z. 14lf. kehrt Kyd. zum eigentlichen Anlaß seines Briefes, dem Dank für die zuletzt erwiesene Gunst, zurück. Aber auch nun erinnert er sich zuerst an das frühere «Geschenk» der Kaiserin nach der Rückkehr aus ihrer Haft in Pera (Galata) 1381
(?)
(Z. 141-157) und
kommt dann erst auf ihre letzte Gabe vor ihrem Eintritt in das Kloster zu sprechen (Z. 174177). Er nehme auch diese an (EYW
f,lEV oiiv öExof,laL
'tO OWQov), obwohl es ihm nicht um
das Geld zu tun sein; gleichzeitig aber betont er, der Betrag stehe ihm zu, weil er ihn teuer erkauft habe
(J'tOAAOil
'toil-r'
EOEL J'tQLUf,lEVOV EXELV,
Z. 178), womit er wohl darauf anspielt,
wie schlecht Ioannes V. seine treuen Dienste zu entlohnen pflegte (s. u., Register, 1. 1, s. n. Kydones, Demetrios, Geldzahlungen; Bd. III, Register, 326, K., D., Besoldung; in früheren Jahren: Bd. lll, 20 1, A. 30, 31). Wichtiger aber sei ihm die weiter andauernde Huld der Kaiserin (Z. 177-188). So bitte er sie auch, ihn in Zukunft gnädig zu empfangen, wenn er ihr einen Besuch abstatte; dies werde das kostbarste Geschenk für ihn sein (Z. 200-204). Der Brief ist ein bewegendes Zeugnis für die Zuneigung des unverheirateten Literaten Kyd. zu einer Frau. Bezeichnend für seine sonst nicht immer freundliche Einstellung zum weiblichen Geschlecht (siehe dazu auch Bd. 111, 58) ist in diesem Brief seine abschätzige Bemerkung über die «Koketterie»
(eQu'lj!L<;)
der Damen, die seiner geliebten Kaiserin fremd sei (Z. 145f.).
BE: Kyd. berichtet ausführlich über die schweren Prüfungen im Leben der Kaiserin und vergleicht ihr Schicksal mit dem eines Hiob (Z. 38-50). Doch während Hiob jeweils nur kurz dauernde Schicksalsschläge getroffen hätten, habe Helene über Jahre hinweg unter dem Zwist in ihrer eigenen Familie leiden müssen (Z. 50-66). Hier ist zunächst an den Bürger krieg 1352-54 zwischen ihrem Vater Ioannes Kantakuzenos und ihrem Ehegatten Ioannes V. zu denken, vor allem aber an die mehrfachen Versuche ihres ältesten Sohnes Andronikos (PLP 21438), die Kaiserrnacht an sich zu reißen (siehe den Exkurs Bd. 1I2, 441-443), so bereits 1373, vor allem aber, als er 1376 mit Hilfe des Sultans Murad in Konstantinopel die Herrschaft übernahm und seinen Vater und seine Brüder Manuel und Theodor inhaftierte (Z. 66-69). In diesem Zwist saß die Kaiserin gleichsam zwischen zwei Stühlen, weil es ihre engsten Angehörigen waren, die miteinander im Kampf lagen und ihr jeweils Parteinahme für die andere Seite vorwarfen (Z. 70 -78). Dieser Zwiespalt habe ihr «beispiellose» Schmer zen bereitet (Z. 78-83). Ein neues Problem ergab sich für sie aus der Flucht ihres Mannes und seiner beiden Söhne aus der Haft im Juni 1379 (s. u., X I -3). Kyd. berichtet, daß « man» (sc. Andronikos
IV.) ihr die Schuld an deren Entkommen zugeschoben und, um sie dafür
zu
bestrafen, sie «außerhalb der Grenzen zu den Barbaren» verbannt habe (Z. 93f.). Daß es sich um ein Gefängnis in PeraJGalata handelte, läßt sich aus der Mitteilung der Kleinchronik SchreinChron I 182f., Chron. 22, Nr. 20, der Usurpator Andronikos sei nach der Rückkehr
267
UBERSETZUNG UND KOMMENTAR Ioannes' V. nach Galata geflohen, und der Angabe in der Rede Manuels 11. auf seinen verstor benen Bruder Theodor I. (ManuelOr 1 1 1 ) kombinieren, Helene sei aus einem Gefängnis «bei den Barbaren» heimgekehrt (zur Bezeichnung der Lateiner als «Barbaren» bei Kyd. siehe Bd. II2, T76, A. 7). Aber nur Kyd. beschreibt die katasrrophalen Haftbedingungen: Es gab in dem Verließ weder Licht noch frische Luft noch die gewohnte Bequemlichkeit und Bedienung (Z. 94-96; vgl. die Erwähnung des hohen Lebensstandarts, an den die Häftlinge eigentlich gewöhnt waren, Z. 1 1 5), dazu noch unleidliche Wächter (rüpelhaftes Schiffspersonal, Z. 121 - 126), die offenbar den Aufrrag harren, die Gefangenen nach Möglichkeit zu kränken und zu demütigen (Z. 108- 1 1 0. 1 1 6- 1 19. 123 - 125). Zudem wurden, weil Pera, wo sich auch Andronikos aufhielt, von Ioannes V. nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt belagert wurde (Anmerkung der Edition zu Z. 1 12; gemäß BarkMan 35f. dauerte die Belagerung bis zum Abschluß eines Vertrages zwischen Vater und Sohn im Mai 1381), die Nahrungsmittel knapp, so daß die Gefangenen oft nicht mehr als Abfälle zu essen bekamen, und auch zum Ausbruch einer Seuche mit vielen Todesfällen (Z. 1 1 1 - 1 15). Zur Frage, wann die Haft be gann und wann Helene und ihre Verwandten aus der Haft befreit wurden, s.u., A. 20. Jeden falls brach, wenn man Kyd. glauben darf, in Konstantinopel ein wahrer Freudentaumel aus, als die Kaiserin zurückkehrte (Z. 133 - 1 4 1 ). Die nunmehrige Entscheidung der Kaiserin aber, nach dem Tode ihres Gatten ins Kloster zu gehen, stellt Kyd. als Vollendung ihres vorbildli chen Lebens dar (Z. 157-167). Besonders erwähnt wird zu diesem Anlaß die Verteilung ihres Eigentums an die Armen und an vertraute Freunde, zu denen auch Kyd. zählte (Z. 1671 77). Schließlich kommt Kyd. noch, allerdings ohne genauere Angaben, auf ihre literarische Tätigkeit zu sprechen (Z. 190-193; vgl. unten, A. 25). Mit einem Ausblick auf das selige Leben im Jenseits, das sie sich erhoffen könne, rundet Kyd. das idealisierende Bild der Kaise rin eindrucksvoll ab (Z. 195 -200).
Xl - 3 : Ein Kaiser, der zusammen mit seinen Söhnen
(sc. von seinem ältesten Sohn Andronikos
IV.)
ins Gefängnis geworfen wurde (Z. 66-69):
Ioannes V. mit den Söhnen Manuel und Theodor. Zur Datierung auf Oktober 1376 vgl. SchreinChron II 3 1 6f. Etwas später ist vom Entkommen des Kaisers und seiner Söhne aus dem Gefängnis die Rede (Z. 83 -92). Es handelt sich um ihre Flucht aus der Fesrung beim Goldenen Tor von Konstantinopel zu Sultan Murad
1.,
die auf Juni 1379 zu datieren ist
(BarkMan 32f. mit A.87; SchreinChron I 182f., Chron. 22, Nr. 20). Schließlich ist von der «Rückkehr» des Kaisers, also Ioannes' v., sc. in die Hauptstadt, die Rede (Z. 131; näheres unten, A.22).
X4: Die Person, die Ioannes V. und seine Söhne inhaftieren läßt, wird nur
im Plural genannt (Z. 68-70; dazu unten, A. 8). Es handelt sich aber zweifellos um Androni kos IV., den ältesten Sohn der Kaiserin, auf den sich die folgenden Worte beziehen: « (AIs) die Macht in der Hand derer (sc. dessen) war, die (sc. den) du in gleicher Weise wie die Inhaftierten lieben mußtest, hattest du (zugleich) Mitleid mit den Gefangenen und [70] den Verursachern (sc. dem Verursacher) der Gefangenschaft.» Und in einem späteren Passus des Briefes ist er es auch, der seine Mutter samt ihren Angehörigen in Galata einkerkert (s.o., BE).
X5: Helenes Vater, der Exkaiser Ioannes VI. Kantakuzenos, der erste Dienstherr des
Kyd. (siehe Bd. II1, 10-14), dem Kyd. hier rrotz einiger Irritationen in der Vergangenheit (siehe Bd. I1I, 97) seine größte Hochachrung ausspricht. Er wurde von Andronikos zusammen mit seiner Tochter inhaftiert (Z. 98-100).
X6, X7: Die ohne Zahl und Namen erwähnten
Schwestern der Kaiserin Helene, die mit ihr in Galata eingekerkert und erst zusammen mit ihr freigelassen wurden (Z. 100- 1 03; NicKant 137). Von den drei Töchtern des Ioannes
268
BRIEF T442
Kantakuzenos war Helene wahrscheinlich die jüngste (NicKant 135, Nr. 30), Maria (PLP 1 6885), Gattin (ab 1359 Witwe) des Despoten Nikephoros TI. Dukas von Epeiros, wahrschein lich die älteste (NicKant 130, Nr. 27), Theodora (PLP 10940), Gattin (ab 1362 Witwe) des osmanischen Emirs Orchan, wohl die zweite (NicKant 134, Nr. 29). Es ist also hier von den beiden Schwestern Maria und Theodora die Rede. Die Kleinchronik 22, SchreinChron I 182f., Nr. 20 nennt nur Helene und ihren Vater als Geiseln des Andronikos; doch erwähnt die Schwe stern der Kaiserin (im Dual, wodurch also bestätigt wird, daß es sich um zwei handelte) auch ManuelOr 1 1 1 , Z. 14-16 im Zusammenhang mit ihrer Rückkehr aus der Gefangenschaft. BarkMan 39, A. 106 gibt irrtümlich an, Manuels Rede sei die einzige Quelle, die von dieser Haft der beiden Schwestern der Kaiserin berichte, ohne deren Erwähnung im vorliegenden Brief, den er sonst ausführlich auswertet, zu berücksichtigen.
X8: Eine namentlich nicht ge
nannte Tochter der Helene und loannes' v., die wie X5 -7 mit Helene inhaftiert wurde (Z. 100). Das Kaiserpaar scheint zwei Töchter gehabt zu haben: Eirene (PLP 21352), die 1358 mit dem osmanischen Prinzen Halil verlobt wurde, und Maria (PLP 1 6883), die laut SchreinChron TI 3 18 von Maria, einer Schwester loannes' V. (PLP 1 6888, wo dennoch die Identität beider Marien als «erwägenswert» bezeichnet wird), zu unterscheiden ist, aber bereits 13 76/77 starb. Im Jahr 1379 kommt also nur Eirene in Frage. Zu dieser auch: F. TinnefeId, Kaiser Ioannes V. Palaiologos und der Gouverneur von Phokaia, Rivista di Studi Bizantini e Slavi 1 (1981) 259271 , hier 268f.
ZG: Vgl. die Angaben unter BE, Xl-4 und A. 22.
Ep: Manuel TI. bezeugt
die tiefe Bewegung, mit der er diesen Brief (<
ill. Hss: A 56'-60', Nr. 5 (die aus dem Film der Hs ersichtliche Numerierung mit griechi schen Zahlzeichen fehlt in der Edition versehentlich für die Briefe L220-222; vgl. Bd. lI, T213 und 214, Hss).
Ed: KydEpCam, Nr. 28.
Üb: Ebd.
(frz.).
Lit: KiankLett 1 6 1 - 1 63
(Resümee des Briefes und kurzer Kommentar).
Iv. 1 W: 1:OL� �flLV EJtLßOlJAeVOlJ<JLv. Kyd. verwendet hier (wie oft) die erste Person Plural zur Bezeichnung der eigenen Person. So fährt er auch fort « . . . würden wir dich . . . langwei len». In der übersetzung wurde entgegen der sonstigen Praxis (s. o ., Bd. ll1 , 84f.) auf die Beibehaltung des Plurals verzichtet, da eine Übersetzung mit «uns» die Kaiserin mit einschlie ßen würde und somit mißverständlich wäre. 2 W: 1:0� �flELfQOL� nä.<JL. Im folgenden ist sogar vom ganzen Hause des Kyd. (ÖAT]V 1:T]v �flE1:€QUV OLXLUV) die Rede. Zur Zeit der Abfassung dieses Briefes waren sein Bruder und seine drei Schwestern bereits gestorben (siehe Bd. 111, 5f.). Wenn hier im folgenden davon die Rede ist, daß die Verwandten wie Kyd. auch gegenwärtig noch von der Güte der Kaiserin berichten können, kann es sich nur um entferntere Angehörige, vielleicht u. a. um Ehegatten und (bzw.) Nachkommen seiner Schwestern handeln. Siehe auch die Überlegungen oben, T43 1 , BKyd. 3 NTRm 8, 27; vgl. ATJe 1 1 , 20. 4 Vgl. ATJb 1, 16: Feuer fiel vom Himmel und verzehrte die Schafherde Hiobs. 5 Vgl. ATJb 1, 18f.: Das Haus, in dem die Kinder Hiobs als Gäste ihres ältesten Bruders miteinander speisten, stürzte durch einen heftigen Windstoß ein, und alle Kinder kamen ums Leben.
269
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
6 Andeutung, daß die Leiden der Kaiserin die des Dulders Hiob noch übertreffen. 7 Sc. Helenes Gatte Ioannes V. (s.o.,
Xl).
8 Der Plural, der auch im folgenden angewendet wird, bezieht sich zweifellos auf Helenes Sohn Andronikos und wohl kaum auf mehrere Personen, vielleicht aus Taktgefühl, um die schmerzliche Erinnerung an ihn ein wenig abzumildern. 9 Versuch, das Wortspiel (Polyptoton) der Vorlage
(ElQX6EvtWV/e:lQ�Uvtwv) nachzuahmen.
10 Dies müssen die Gefangenen des Andronikos sein, denn im folgenden ist von dem Rebellen Andronikos die Rede, der für die Intervention seiner Mutter für die Gefangenen wenig Verständnis zeigt. 11 Der Kaiadas (KmuÖu<;, Thuk I 134) war eine Schlucht in den Bergen unweit Spartas (wahrscheinlich im Bereich des heutigen Mistra), in die man in frühen Zeiten Kriegsgefan gene, später die Leichen von Verbrechern warf. 12 W.:
ßUQu6Qov ist hier wohl, abweichend von der Edition, klein zu schreiben, weil es
nicht die bekannte Schlucht bei Athen (siehe Bd. II1, T11, A.11), sondern allgemein einen Abgrund bezeichnet, der den Namen Kaiadas verdient. 13 ATJn 2. 14 Kyd. spielt hier offenbar auf eine Deutung des Namens «Kantakuzenos» an, die durch rühmliche Taten des Exkaisers bestätigt wurde. Loenertz äußert sich nicht zu der Frage, was hier gemeint sein könnte. Der Name ist laut NicKant V IIIf. wahrscheinlich aus KU"tU und einem Toponym in Kleinasien zusammengesetzt. Vielleicht dachte Kyd. an Ableitungen des Namens von
KU'!:UKOlt"tELV (niederhauen) oder KU"tUKOvt�ELV (niederschießen) und deren Be
zug auf militärischer Siege, aber beides erscheint gezwungen. 15
W: "[oooü"tov yaQ av "[L� ltEQL f,LEY(OWU ßQUXu"[U"[ov E'L.ltOL. Diese übersetzung setzt f,LEY(OWU von f,LEYLOWV (das Wichtigste, Wesentliche) abgeleitet würde. We
also voraus, daß
niger wahrscheinlich ist eine Ableitung von f,LEYLO"tO� (der «Größte» , mit Bezug auf Kantaku zenos), weil der Artikel fehlt. Aber auch die erste Lösung ist nicht recht befriedigend. 16 W.:
"twv ltWltO"tE YEVOf,LEVWV aVÖQwv OUÖOf,Lfj AElJtOf,LEVO�. KiankLett 162 übersetzt:
«who are not inferior in any way to any men who ever lived». 17 Hier ist natürlich «die» als Subjekt, «sie» als Objekt zu verstehen. 18 Das Wortspiel (Paronomasie) ALf,Lq,IAOLf,LoÜ ( = Hunger/Seuche) läßt sich im Deutschen nicht nachahmen. 19 W.: KWf,LWÖ(uv. Zur Verwendung dieses Wortes bei Kyd. im Sinne von «Beschimpfung» s.o. T366, A. 1. 20 Diese Stelle zitiert G. T. Dennis, Perils of the Deep, in: C. Sode/So Tabcs (Hgg.), Novum Millennium, Studies in Byzantine history and culture presented to Paul Speck, Alder shot 2001, 65 -74, hier 71, A. 36, als Beispiel
für das negative Bild von Seewesen und Seefahrt
in der öffentlichen Meinung der Byzantiner. Siehe auch Bd. II2, 655, Register, s. v. Seereise. 21 NT1 K lO, 13. S.o., T429, A. 5. 22 Gemäß Loenertz (zu Z. 131) bezieht sich Kyd. hier auf die Rückkehr Ioannes' V. mit seinem Sohn Manuel in die Hauptstadt, die am 1 . 7. 1379 mit osmanischer Hilfe erfolgte (BarkMan 35; SchreinChron II 320f.). Doch es ergibt sich ein Problem aus der Verbindung, die Kyd. hier zwischen der Rückkehr des Kaisers und zugleich seiner Gattin nach Konstanti nopel herstellt; denn an dem Tage, als Ioannes V. auf den Thron zurückkehrte (SchreinChron I 182f., Chron. 22, Nr. 20), floh Andronikos' IV. zu seinen genuesischen Verbündeten nach
270
BRIEF T442
PeraiGalata, nahm seine Mutter und die übrigen Verwandten (BE, X5-8) mit und inhaftierte sie dort (s.o., BE). Irrt sich also Kyd. hier oder versteht er die «Rückkehr» loannes' V. bereits als erste Vorbedingung für die spätere Freilassung seiner Gattin? Diese Frage wurde von den bisherigen Interpreten des Briefes nicht diskutiert. Von Loenertz selbst (LBF I 231f.), aber auch von BarkMan 39f. und KiankLett 162 wird jedenfalls die Ansicht vemeten, daß die Freilassung der Kaiserin und ihrer Verwandten wahrscheinlich erst im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand zwischen loannes V. und Andronikos IV. im Mai/Juni 1381 erfolgte. Auf keinen Fall fiel sie jedenfalls mit der «Rückkehr» des Kaisers zusammen. 23 W.:
auyi]v xa8aQuv. Anspielung auf PlPhdr 250c. Hier berichtet Sokrates, wie seine
Seele vor ihrer lerzten Wiederverkörperung, noch unbelastet von einem Leib, die Welt des Seienden bzw. der Ideen «in reinem Glanz
(auYii xa8aQ(i)>> schaute. O"tEVWJtO�, was wörtlich «enge Öffnung, Eng
24 Das griechische Wort für « Gasse» ist paß" bedeutet.
25 Was hier und im folgenden mit finiten Verbformen überserzt wird, ist im Griechischen eine Folge von acht Partizipien im Akkusativ, die mit der Endung
-aoav als Homoioteleuta U)EL OE (Z. 163) verbunden sind. 26 Anspielung auf NTPhil 3, 20 ( <
aneinandergereiht und grammatisch mit
g
27 Die hier verwendete Formulierung der Anspielung steht we en der Verwendung von
C)LOöo'ÜVaL (Z. 168) dem ÖLUÖO� in NTLk 18, 22 - statt ö6� bei den Synoptikern Mt und Mk - am nächsten. 28 NTMt 6, 19f. 29
W: A6yOL� . . . XELI-1EVOL�, Anspielung auf nicht erhaltene schriftliche Äußerungen der
Kaiserin. So erwähnt Kyd. bereits in frühen Jahren (Bd. 111, T24, E) eine von ihr verfaßte Lobrede auf ihren Vater loannes Kantakuzenos. Deren Abfassung kann grundsärzlich auf die Zeitspanne 1347-52 datiert werden, aber da Helene erst 1333/34 geboren ist (PLP 21365), sind Entstehung (und Vortrag?) möglichst spät im genannten Zeitrahmen, also etwa 1351/ 52, am wahrscheinlichsten. 30 Anspielung auf NT2 Tim 4, 7, analog zur folgenden (s. u., A. 32)? Jedenfalls verwendet Kyd. hier wie 2 Tim das Wort 31
öQ0I-10� (Weg, Lauf). W: EJtl "to l-10vov E
ein Versehen des Kyd., denn wegen der Beziehung des nachfolgenden Textes auf Jesus Chri stus würde man statt
"to eher "tov erwarten. Entsprechend wurde übersetzt.
32 Anspielung auf NT2 Tim 4, 8. Die Passage 2 Tim 4, 7-8 wird auch oben, T0416 (siehe dort, A. 4), zitiert. 33 Anspielung auf NTLk 10, 38-42 und wohl auch auf das Martha-Kloster in Konstanti nopel, in das Helene sich als Nonne zurückzog (SchreinChron I 183, Chronik 22, Nr. 22;
11
348). Dieses Kloster, das in der Nähe des berühmten Lips-Klosters lag, wurde von Maria Martha Palaiologina, einer Schwester Michaels V III., gegründet. Theodora, die Mutter des loannes Kantakuzenos, wurde 1342 hier begraben. Als 1354/55 Eirene, die Gattin des loan nes Kantakuzenos, also Helenes Mutter, dort Nonne wurde, befand sich das Kloster bereits im Familienbesirz der Kantakuzenen. Auch Helenes Schwester Maria (X6) trat nach dem Tod ihres Gatten Nikephoros von Epeiros (1359) in das Martha-Kloster ein. Vgl. JaninEgl 324326; MajTrav 306-309; A.-M. Talbot, The Byzantine Family and the Monastery, DOP 44 (1990) 122 mit A. 28; KiankLetr 163.
271
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
34 V gl. NT]0 1 1 , 2; 12, 3, wonach Maria, die Schwester der Martha von Bethanien, ]esu Füße mit Öl salbte und mit ihren Haaren trocknete. Es ist wohl kein Zufall, daß Kyd. in diesem Brief an die kaiserliche Nonne ungewöhnlich viele Bibelstellen zitiert oder andeutet.
443
-
An den Mönch Athanasios
L: 434; OKyd: Konstantinopel; OE: Kreta; D: Ca. 1392; wI: Athanasios hat einen schö nen und gedankenreichen Brief an Kydones geschrieben und ihn seinem Wunsch entspre chend weniger gelobt. Doch sollte er sein Lob noch weiter einschränken und statt dessen noch mehr für ihn beten. Seinen Entschluß, den Schulunterricht aufzugeben und sich ganz in die Klosterstille zurückzuziehen, hält Kydones für übereilt und pflichrvergessen; er hofft, daß die Väter seiner Zöglinge sein Vorhaben verhindern werden.
In vielfältiger Hinsicht freute ich mich, als ich von deiner Ehrwürdig5
keit den Brief erhielt. Denn seine / Gedanken waren erhaben und von Philosophie geprägt, und ihre kraftvolle Dichte bezeugte, daß du der Rhetorik viel zu verdanken hast. Auch die Schönheit und Fülle der Wort wahl ließ ihn schöner erscheinen, und überhaupt fesselte er den Leser in jeder Hinsicht und erschwerte es ihm, mit dem Lesen aufzuhören. Am meisten aber freute mich, daß du auf mich gehört und dein ungebührli-
10
ches / Lob auf mich in Schranken gehalten hast. Dadurch hast du den Brief anmutiger gestaltet, weil du sowohl im Hinblick auf ihn wie auch auf das Lob das rechte Maß bewahrtest. Freilich enthielt er auch jetzt ein wenig zuviel (davon). Aber es verdient bereits Anerkennung, daß es jetzt nicht mehr in so hohem Grade wie vordem deine Worte prägte. Wenn du also (fortan) nach diesem Vorbild deine Briefe an mich abfaßt, wirst du sowohl mich erfreuen als auch für dich selbst das Maß bewah ren, was ich dir ja für dein Verhalten in jedem Fall geraten habe. Noch
15
mehr / aber wünsche ich mir für die Zukunft, daß du dein Lob für mich durch Gebete ersetzt. Denn die Lobesworte bringen keinen Nutzen, Ge bete aber brauchen wir sehr, da wir mit vielen Sünden belastet sind. Daß du dies tun wirst, bin ich überzeugt, weil das Gebot1 und deine Zunei gung zu uns dich dazu bewegen, zumal jetzt, da du dich von den Unru hen des öffentlichen Lebens2 gelöst und ganz den göttlichen (Dingen) hingegeben hast.
20
So hast du gehandelt, weil du nur das Deinige / im Auge hattest. Den Kindern der Kreter aber wird, glaube ich, dein (Rückzug in den) Ruhe-
272
BRIEFE T44
3 -444
stand schädlich sein. So wundere ich mich denn auch, daß die Väter (deiner Schüler) als sie von deiner Absicht erfuhren, dir nicht Fesseln anlegten und dich festhielten, was ihnen und ihren Söhnen in Zukunft großen Nutzen bringen würde. Ich glaube aber, daß sie gar bald den Schaden bemerken und dich bitten werden, wieder zurückzukehren und der eigenen Muße den Nutzen der vielen (Kinder) vorzuziehen. / So folge denn dem göttlichen Paulus und richte deinen Blick nicht nur auf das persönliche (Wohl), sondern auch auf das der vielen (anderen)3, und nimm statt der häuslichen Muße die Mühen zum Nutzen der Allgemein heit auf dich. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, wo er auch die beiden vorausgehenden Briefe an Athanasios T0414 und 432 verfaßte. Siehe auch T432, OE.
OE: Gemäß Z. 20 lebt Athanasios auf Kreta.
D: Die drei Briefe an Athanasios verbindet der gemeinsame Gedanke
der Zurückweisung übertriebenen Lobes. Von ihnen muß der vorliegende Brief zuletzt verfaßt sein, weil Kyd. dem Athanasios hier zum ersten Mal eine deutliche Einschränkung des Lobes attestiert und weil hier erstmals der Plan des Mönches, seine Lehrtätigkeit einzustellen, er wähnt wird. Der vorliegende Brief sollte daher nicht zu früh, aber auch nicht länger als ein Jahr nach T432 datiert werden.
II. BE: Athanasios hat inzwischen seine Tätigkeit als Lehrer einer Elementarschule auf Kreta aufgegeben und sich in ein Leben der Beschaulichkeit zurückgezogen, was Kyd.
um
der betroffenen Kinder willen sehr bedauert. Er hoffr, daß die Eltern der Schulkinder Athana sios bald zwingen werden, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen (Z. 18-26).
Ep: Ein kurz
zuvor eingetroffener Brief des Athanasios, den Kyd., vor allem wegen seines maßvollen Stils, als gut gelungen lobt (Z. 4f.).
ill . Hss: A 181', Nr. fehlt (s.o., T394, Hss); U 306v-307', Nr. 303; B 284", Nr. 156; Ui 159', 161', Nr. 5. rv. 1 Es ist hier nicht an ein Gebot
(EVLOAij) im strengen Sinne zu denken, sondern entwe
der an den besonderen Aufrrag der Mönche zum Gebet oder vielleicht auch an allgemeine Ermahnungen zur Fürbitte für andere Menschen wie NT 1 Tim 2, l . 2 W.:
'wv EV [ltO(f) 80Qußwv. Z u EV [lto(f) s.o., T441, A. 3 .
3 Paulus deutet öfters an, daß e r ohne Rücksicht auf die eigenen Wünsche u m das Wohl oder Heil der anderen besorgt sei, z.B. NT1 K 9, 22 (So wurde ich allen alles, um überhaupt nur einige zu retten). Loenertz verweist (zur Stelle) auf NTPhil 1 , 23f.: Paulus wünscht sich zwar den Tod, um schon «mit Christus» zu sein, aber um seiner Gläubigen willen ist er bereit, im Leben auszuharren.
273
25
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
444 L: 446; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel; D: 1392 ( ? ) ; wI: Bitte an einen einflußreichen Hofbeamten, beim Kaiser die Entlassung eines gewissen Georgios aus dem Hofdienst zu erwirken, weil sein Vorgesetzter ihn unmenschlich behandle.
Ich weiß, daß du für mich alles Gute (tun) willst und es mir (auch) 5
wünschst. Denn / so sagt man allgemein. Du hast mir oft beteuert, daß ich dir sogar lieber bin als deine Geschwister, und niemand würde be haupten, daß du gelogen hast, zumal du keinen Anlaß hast, etwas zu sagen, was du nicht wirklich meinst. Nun allerdings kommt die Zeit, welche den Erweis (deiner Gesinnung) durch Taten erfordert. Dieser wird gegeben sein, wenn du bereit bist, dazu beizutragen, daß mir alles, was ich mir wünsche, (auch) erfüllt wird. Denn du besitzt dazu den (nötigen)
10
persönlichen Einfluß, / und auch wenn du um etwas Größeres bittest, findest du den Kaiser bereit, es dir zu gewähren. Weil du also, wenn du (meine Bitte) nicht ernstnimmst, keine Entschuldigung haben wirst, laß Georgios als Lobredner deiner Macht zu uns zurückkehren. Denn mein Wunsch ist es, daß er durch dich von der Unmenschlichkeit und Grau samkeit eines gewissen (Mannes) befreit wird. K
1. OKyd: Kyd. hält sich in der Stadt des Kaisers (Z. 10f.) auf, also in Konstantinopel. E, OE: Der Adressat hat am Kaiserhof Einfluß (Z. 9 - 1 1), und Kyd. nennt ihn seinen Freund (Z. 4-6).
D: Der Brief ist im Autographen im Kontext zweier Briefe an Kaiser Manuel
überliefert (L445
=
T436 und L447
=
T43 8), die wohl beide in die Zeit seines zweiten Feldzu
ges mit Bayazid in Kleinasien zu datieren sind, von dem Manuel im Januar 1392 zurück kehrte (s.o., T429, D). Er gehört deshalb wahrscheinlich in die Zeit bald nach Manuels Rückkehr.
TI. BKyd: Obwohl Kyd.
sich seit langem ins Privatleben zurückgezogen hat, ist er immer
noch bereit, für andere Fürsprache einzulegen, hier für einen drangsalierten Kollegen (Z. 1214)..
Xl: Ein Kaiser, bei dem E Einfluß hat (Z. 9 - 1 1 ) , wahrscheinlich Manuel TI., wenn die
Datierung des Briefes (s. o., D) zutrifft.
X2: Georgios, ein Mann, den E durch Intervention
beim Kaiser von den Schikanen eines grausamen Vorgesetzten befreien möge (Z. l 1 - 13 ) . Eine Identität mit dem Georgios der Briefe Bd. TI, T0186 T0190
(
=
Jahre zu datieren sind, unwahrscheinlich. Im Index LC alle vier Stellen unter einem Stichwort eingereiht.
ill. Hss: A 171', Nr. 7; U 268v-269r, Nr. 263.
274
(
=
L160), T01 8 7
(
=
L162) und
L175), einem ehemaligen Schüler des Kyd., ist, weil jene Briefe wohl in die 70er
TI 464, s. n.
Georgius sind allerdings
BRIEFE T443-444
445 L: 448; OKyd: Konstantinopel; E: Ein ehemaliger Freund; OE: Unbekannt; D:
(?); wI:
1392/93
Kydones macht sich Vorwürfe, dem Adressaten allzulange vertraut und seinen bos
haften Charakter, der sich hinter einer fteundlichen Maske verbarg, nicht früh genug erkannt zu haben. Glücklicherweise habe er aber nicht die Machtstellung erlangt, die Kydones ihm als Fürsprecher zugedacht habe, so daß er anderen nicht in dem Maße schaden könne, wie er beabsichtige.
Es scheint mir, du hast dich geändert, mein Freund, wenn ich verglei che, wie du früher warst und jetzt bist. Damals / nämlich trugst du vor- 5 nehmlich die Maske der Tugend; jetzt aber zeigt das Chamäleon eine andere Farbe. Diese aber ist schreckenerregend und bringt allein (schon), wenn man sie anschaut, Schaden. Daher wundern sich viele meiner Freunde über mich; sie nennen mich allzu naiv1 und meinen, daß ich mich leicht täuschen lasse. Von sich selbst aber behaupten sie, daß sie dich schon längst kennen und sich deshalb über mich wundern, für welchen Charakter ich bei ihnen die vielen guten Worte verschwendete, als ich den / Kaiser und seine Vertrauten zu überzeugen versuchte, sie würden, 10 wenn sie dir eine leitende Stellung im Staat zukommen ließen, sich selbst niemals wegen ihres (positiven) Urteils über dich Vorwürfe machen. (Nun) schäme ich mich wegen meiner Einfalt, die mir alle vorwerfen, versuche mich aber doch noch bei ihnen zu verteidigen. Allerdings spüre ich, daß dem, was ich sagen will, meine Zunge sich nicht gerade bereitwillig anschließt, weil mir das, was du mir jetzt angetan hast, den Gegenbe weis in die Hand gibt. Denn wenn / du mir auch nur einen geringen 15 Schaden zufügtest, so hast du dies doch nicht halbherzig tun wollen, son dern deine Entschiedenheit (dabei) war bewundernswert. Doch hatte Gott dir anscheinend keine entsprechende Macht (dazu) geben wollen. Sonst wäre ich nun gewiß völlig verloren. Für meine jetzige Rettung aber bin ich dem dankbar, der deine böse Absicht mit Schwäche verbunden hat, und lache darüber, daß ich den Stachel eines Skorpions bei einem Affen2 sehe. Dieser (Stachel) war früher unter Unscheinbarkeit und / Armut ver- 20 borgen, jetzt aber lassen ihn die Hoffnung auf ein bißchen Geld und noch geringere Versprechungen des Kaisers hoch aufragen, und so ist er ringsum auf der Suche, wen er treffen könnte3• Ich aber prophezeie dir, daß Gott, der sowohl um dich wie auch um die, welche vielleicht (in Zukunft noch) von dir geschädigt werden sollen, besorgt ist, alsbald den 275
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25
Stachel zertrümmern und dich zwar von der Strafe, die den Sündern be stimmt ist, freisprechen wird, weil er dich daran hindert, von deiner bösen Gesinnung Gebrauch zu machen, den anderen aber gewähren wird, daß der / von dir ausgehende Schaden sie nicht berührt. K I.
OKyd, OE: Kyd. hat beim Kaiser Fürbitte für E eingelegt (Z. 9f.), und dieser hofft auf E: E, der
Versprechungen des Kaisers (Z. 20); es befinden sich also beide in der Hauptstadt.
aus bescheidenen Verhälmissen kommt (Z. 19f.), verdankt Kyd. seine Stellung am Kaiserhof (Z. 9f.), versucht aber, im Vertrauen auf die Gunst des Kaisers (Z. 20), dem älteren Kollegen, freilich erfolglos, zu schaden (Z. 14-25).
D: Da der Brief wegen seiner Stellung in Hs A zu
den späten Briefen zählt und es sich daher bei dem erwähnten Kaiser um Manuel II. handeln muß
(Xl), wird der Brief in die Zeit nach dessen Rückkehr aus Kleinasien zu datieren sein,
also wohl nicht allzulange nach Januar 1392 (vgl. T444, D).
II. BKyd: Kyd. ist entäuscht vom feindlichen Verhalten eines Kollegen, dessen Fürsprecher beim Kaiser er einst war, prophezeit ihm aber, daß er ihm nichts werde anhaben können (pasGim).
Xl: Ein Kaiser, bei dem Kyd. sich
für E
verwandte (Z. 9f.) und dessen Gunst E
sich erhofft (Z. 20), Manuel II., entsprechend der chronologischen Einordnung des Briefes (D).
ill. Hss: A 172r, Nr. 9; U 270rv, Nr. 265. N. 1 W.: ClQXOLoV. Die hier intendiene Bedeutung des Wottes entspricht unserer um gangssprachlichen Bezeichnung «von gestern» . 2 Im Gegensatz zum starken Löwen gilt der Affe bei PIPlta 590b als Symbol feiger, schmeichlerischer Unterwerfung. 3 Subjekt des Satzes ist bis hier immer noch XEvtQov (der Stachel des Skorpions) .
446 L: 449; OKyd: Konstantinopel; E: Ein am Kaiserhof einflußreicher Freund; OE: Konstan tinopel; D: 1392/93
(?). wI: Kydones erhofft sich vom Kaiser eine Gunst, die er ihm zugesagt
hat, wahrscheinlich eine Geldzahlung, sieht sich aber damit von Tag zu Tag vertröstet. Der einflußreiche Freund soll nun versuchen, den Grund
für
das Versäumnis herauszufinden,
das Kydones weniger einem eigenen Fehler als den Intrigen einer nicht näher bestimmten Schattengestalt am Kaiserhof zuschreibt. Dem edlen Charakter des Kaisers jedenfalls sei ein solches Verhalten fremd.
Mein Hochverehrter1 ! Anscheinend haben wir gegen das göttliche einen tadelnswerten Fehler begangen, / der es ihm erlaubt, mir gegenüber nicht das Gesetz zu befolgen, das (sonst) für alle gilt. Was nämlich die anderen betrifft, so gehen für gewöhnlich seine Gunsterweise den Versprechungen voraus. In meinem Fall aber kündigt er vieles an, die
5 HAUPT
276
BRIEFE T445-446
Verwirklichung aber läßt stets auf sich warten, und ich muß mich täglich mit der Hoffnung auf morgen zufrieden geben. So lasse ich nun dem Pferd die Zügel zu freiem LauF und suche nach der Ursache des Aufschubes, / und zwar bei dir, der du, wie allgemein bekannt, über alle internen (Vor- 10 gänge) am Hof Bescheid weißt, da du dir durch langjährige treue Gesin nung und (unermüdlichen) Fleiß diese Vertrauensstellung erworben hast. Doch sichere ich dir zu, das, was geheim bleiben soll, niemandem gegen deinen Willen mitzuteilen! Ich genoß ja (schließlich) selbst einmal eine Vertrauensstellung bei unseren Kaisern und weiß (daher), welche Strafe die erwartet, die das ihnen Anvertraute ausplaudern. Falls du uns also enthüllst, was einstweilen verborgen ist, werden wir dir dankbar sein und uns mit dem Kaiser nach / Möglichkeit versöhnen; 15 denn umstimmen lassen sich selbst die Götter3• Wenn wir aber bei uns selbst, vielleicht aber auch bei anderen den verborgenen (Grund) su chen - denn es gibt (Leute), die auch dazu Anlaß geberi4 - , werden wir ihn vielleicht finden. Denn schon sehe ich etwas wie ein Phantom, das aus der Finsternis auftaucht, und ich fürchte, daß dieses es ist, was uns so in die Irre führt. Solcherlei (Gestalten) treiben sich nämlich schon seit langem an den Pforten der Mächtigen herum. Denn daß der tägliche Auf schub einem Zufall / zuzuschreiben sei, ist, wenn man die edle Gesinnung 20 des Kaisers in Betracht zieht, ganz unwahrscheinlich. K
1. OKyd: An einem Ort, wo er etwas vom Kaiser zu bekommen hofft (Z. 6- 8), also in der Kaiserstadt. E, OE: Ein einflußreicher Mann am Kaiserhof (Z. 10f.). D: Gemäß LC II, XIV findet sich der Brief in Heft 24, also unter Briefen der spätesten Jahre (ab 1391). Das bestätigt die Bemerkung des Kyd., die Zeit seiner eigenen Vertrauensstellung am Kaiserhof (bis SommerlHerbst 1386; vgl. Bd. m, T31 8, BKyd) liege bereits länger zurück (Z. 12f.). Siehe auch die überlegungen zu der Frage, von welchem Kaiser hier die Rede ist (Xl ). II. BKyd: Kyd., seit längerem nicht mehr im Hofdienst (Z. 12f.), erhofft sich gleichwohl die Einlösung kaiserlicher Versprechungen, die aber allzulange auf sich warten läßt (Z. 48). So versucht er, mit Hilfe von E den Grund der Verzögerung herauszufinden (Z. 8 1 7 ) . Xl: Ein Kaiser (Z. 14), der Kyd. aus unbekanntem Grund zu zürnen scheint, weil er ihm im Gegensatz zu anderen seine Versprechungen nicht einlöst (Z. 4 - 8 ) . Loenertz (zu Z. 14) denkr (mit Fragezeichen) an Manuel II. Dies ist einerseits wahrscheinlich, weil Kyd. dem Kaiser ein solches Verhalten eigentlich nicht zutraut (Z. 20), während er ja von seinem Vater Ioannes V. Vertröstungen gewohnt war. Andererseits fragt man sich, wie diese Vernach lässigung möglich sein kann, wenn man bedenkt, daß die Freundschaft zwischen Kyd. und Manuel doch allem Anschein nach ungebrochen andauerte. Dies bezeugen jedenfalls die aus den Jahren 1392 bis 1396 erhaltenen Briefe des Kaisers an Kyd. nach seiner Rückkehr aus 277
ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Kleinasien im Januar 1392 (LetMan, Nr. 22, 23, 25, 26, 29), und es scheint, daß Kyd. seinen kaiserlichen Herrn auch regelmäßig besuchte (LetMan, Nr. 29). Ist es also denkbar, daß Kyd. eine Mittelsperson brauchte, um seine Geldforderung beim Kaiser anzumahnen? In diesem Zusammenhang verwundert auch die Behauptung, der Kaiser mache ihm « viele» Verspre chungen und verhalte sich «immer» so (Z. 7f.). Das würde man natürlich eher auf Ioannes V. beziehen. So bleibt über den gemeinten Kaiser und die Datierung des Briefes doch einige Unsicherheit. Xl: Ein Intrigant am Kaiserhof, der eine ausstehende Zahlung an Kyd. ver hindert (Z. 17- 19). ill. Hss: A 171v, Nr. 10; U 270v-271', Nr. 266. IV. 1 W: agLO"tE avög
447 L: 433; OKyd: E: Ein Freund; OE: In der Fremde; D: 1391-94 (?). wI: Ausdruck der Betroffenheit, daß es dem Freund in der Fremde schlecht ergeht.
Wenn man von denen getrennt ist, mit denen man gern zusammen ist, und etwas Erfreuliches von ihnen hört, empfindet man dies vielleicht als ein Mittel zur Heilung der Betrübnis (über die Trennung). Erfährt man 5 aber, daß es ihnen dort schlecht / geht, dann fühlt man das Unglück der Freunde wie ein zweites1 Unglück. So erging es mir jetzt mit dir. Denn als du (noch) bei uns warst, freute ich mich, dich zu sehen und mit dir zu sprechen, und die Möglichkeit, dich bei mir zu haben, wenn ich dich rief, ließ mir das Gespräch mit dir erscheinen, als nehme es kein Ende. Als es dir aber die Zeitumstände geraten erscheinen ließen, außer Landes zu gehen, mir aber, zu bleiben, betete ich, daß dir der Aufenthalt in der Fremde Glück bringen möge . . (Der Brief bricht etwa auf der Mitte von .
f.
1 80V
ab; der Rest der Seite bleibt frei.)
K
OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, an dem früher auch E in seiner Nähe wohnte (Z. 6f.). E, OE: Ein unbekannter Freund, der früher mit Kyd. häufig Gespräche I.
278
BRIEFE T446-447
führte, also wie er zu den literarisch Gebildeten gehört (Z. 6-8), jetzt aber wegen der Zeitum stände (Z. 9) außer Landes gegangen ist. Aus einer Andeutung ist zu entnehmen, daß es ihm dort nicht gut geht (Z. 4-6). D: Der Brief steht in Heft 28, das laut LC TI, XIV Briefe aus der Zeit 1391-94 enthält. Die Anspielung auf die Zeitumstände (xaLQo() ist wahrscheinlich auf die Bedrohung Konstantinopels durch die Osmanen während dieser Jahre zu beziehen. TI. BKyd: Siehe E, OE ZG: Siehe D. ill. Hs: A 1 80v, Nr. fehlt (s.o., T394, Hss). Das Brieffragment fehlt in U, da es von Kyd. offenbar nicht zur Abschrift freigegeben wurde (vgl. LC TI, X). IV. 1 Das «erste Unglück» ist die Trennung von dem Freund.
448
-
An Paulus, zur Zeit in Kaffa
L: 439; OKyd: Konstantinopel; OE: Kaffa, taurischer Chersonnes (heutige Krim); D: Ca. 1394 (?); wI: Paulus, der einst als Adept der Wissenschaften aus Mailand nach Byzanz kam, ist nun offenbar als Handelsunternehmer tätig. Er schreibt Kydones zwar keine Briefe, schickt ihm aber Geschenke. Kydones zeigt zunächst - ironisch - Verständnis für dieses Verhalten, ändert jedoch plötzlich den Ton und verbittet sich jegliches Geschenk, wenn Paulus keine Zeit zum Schreiben finde.
Mein lieber Paulus1 ! Ich weiß nicht, was ich über dich sagen soll, um das Richtige zu treffen. Denn ich würde niemals behaupten, daß du mich vergessen hast; dagegen sprechen die Geschenke, die du mir sandtest; / denn sie wären nicht denkbar, wenn du nicht zuvor an mich gedacht 5 hättest. Daß du aber an mich dachtest und dich trotzdem nicht zum Schreiben durchringen konntest, obwohl so viele der Unsrigen täglich aus eurer Gegend hier ankommen, das werden alle für (einfach) unmöglich erklären. Denn / getrennte Freunde haben (nun einmal) bis jetzt nichts 10 anderes als Briefe, um sich in ihrer Betrübnis gegenseitig zu trösten. Zu dem hast du dich auch noch (deutlich) dazu bekannt, daß du mein Freund bist, und ich stimme dem zu, und alle sind sich mit uns darüber einig, und sollte jemand behaupten, daß du mir nicht zugetan bist, werden, glaube ich, alle ihn als gefühllos verachten. Sage mir also, was man von diesem Widerspruch denken soll, und werde nun ein Oidipus (Ödipus), der zwar nicht das Rätsel der / Sphinx, wohl aber dein eigenes, das du 15 mir aufgegeben hast, lösen kann. Denn deinem Vergessen widersprechen die Geschenke, dein Schweigen aber beweist es, und es ist unmöglich, daß beides gleichzeitig geschieht. So befreie uns entweder aus der Ratlosigkeit, indem du etwas Besseres sagst, oder laß dir von uns sagen, was sich für die, welche lange Zeit 279
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
(danach) suchten, als Lösung anbot, und ich glaube wahrhaftig, daß meine Deutung nicht weit an deinen jetzigen Lebensumständen vorbei20 trifft: Es scheint mir, daß du / reich geworden bist und viele große Unter nehmungen leitest. Deinen Reichtum jedenfalls bezeugen mir deine Ge schenke, und es ist ja sehr leicht, wenn man reich ist, etwas zu kaufen und damit seinen Freunden eine Freude zu machen. Wenn du aber deinen Geschenken keine Briefe beigefügt hast, ist daran die geringe Zeit schuld, die für Briefe und für das, was deiner Redegabe und deiner Hand bedarf, nicht ausreicht. Daher ist es für dich am einfachsten, Geschenke zu schik25 ken, und (so) schickst du sie. / Die Zeit aber, die zum Schreiben notwen dig ist, nehmen die Bedürftigen in Anspruch. Auf diese Weise kann ich besser von dir denken, brauche dein Schweigen nicht als Vergessen zu tadeln und freue mich (um so) mehr an dieser Vorstellung, weil ich dir ja wünsche, daß du reich und vielen nützlich bist. Also, bis zum gegenwärti gen Zeitpunkt soll mir das recht sein. Denn (nun) wünsche ich mir, daß du mit dem Schenken aufhörst und uns fortan mit Briefen erfreust, nachdem du den Bedürftigen, die dir die / 30 Zeit zum Schreiben wegnehmen, ein wenig deine Türen verschlossen hast. Wenn du aber wieder zu träge bist und dein Schweigen von uns mit Ge schenken erkaufen willst, als ob uns diese statt der Briefe genügten, dann laß dir sagen, daß wir sie ganz gewiß wegwerfen und über den Absender privat und öffentlich alles Schlechte erzählen werden. K I. OKyd: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, wohin man ihm sowohl Geschenke wie Briefe senden kann. E, OE: Es handelt sich sehr wahrscheinlich um denselben Paulus aus Mailand, den Kyd. ca. 1386 der Gastfreundschaft eines Abtes in Konstantinopel empfohlen (s. o., Bd. m, T319, Xl) und von dessen schlechten Erfahrungen in Konstantinopel er ca. 1390 berichtet hatte (T394, Xl). Er war 1386 noch ein junger Mann (veav(axo�) gewesen, der aus Italien zum Studium nach Konstantinopel kam. Nun aber ist er zu Reichtum gelangt und zwar als Handelsunternehmer (Z. 19f.), wie auch sein Aufenthalt in der genuesischen Niederlassung Kaffa (wie der Brieftitel in U mitteilt) vermuten läßt. Die Enttäuschung des Kyd. darüber, daß der Adept der Wissenschaft sich in einen erfolgreichen Kaufmann verwan delt hat, der lieber Geschenke als Briefe schickt, ist unverkennbar (Z. 19-33). So darf man mit dem Artikel PLP 22087 annehmen, daß Paulus in allen drei Briefen dieselbe Person ist. In ähnlicher Weise mißfiel Kyd. auch die kaufmännische Tätigkeit eines anderen ehemals Bildungsbeflissenen, seines Schülers Rhadenos (MaTiGes 202-204, 260 mit A.261 ) . D: Längere Zeit nach 1386, da für die Verwandlung des studienbeflissenen jungen Mannes in einen Kaufmann mehrere Jahre anzusetzen sind. Loenertz räumt dem Brief die Zeitspanne 1392-96 bis zur endgültigen Abreise des Kyd. von Konstantinopel ein, die wohl im Septem-
280
BRIEFE T447-448
ber 1396 erfolgte (siehe Bd. I/1, 47 mit A. 268). Doch ist wahrscheinlich auch dieser Brief wie die übrigen des Heftes 28 (LC
TI. BKyd:
TI, XN) nicht später als 1394 geschrieben.
Kyd. hat von E Geschenke, aber keinerlei briefliche Nachricht erhalten. Er
versucht zwar seinen Verzicht auf Briefe (ironisch?) mit seiner Sorge
für
Notleidende zu
erklären (Z. 25. 29), gibt ihm aber dann deutlich zu verstehen, daß er in Geschenken, die nicht von Briefen begleitet sind, keinen Sinn sehen kann.
ill. Hss: A 184rv, Nr. fehlt (s. o., T394, Hss). (Gemäß LR 48 steht dieser Brief als letzter im ursprünglich letzten Heft des Autographen A. Doch ist die Abfolge der Briefe in den einzelnen Heften von geringer Bedeutung, da sie gemäß LC TI, XN «parfaitement arbitraire»
ist.) U 3 1F-3 12v, Nr. 307; B 283rv, Nr. 154; U1 159', Nr. 3.
IV. 1 W.: TQ J(QT)O"t€ IIaiiM:. Auch hier wieder ist die Anrede (s.o., T446, A. 1 ) erhalten.
449
-
An Manuel Kalekas
L: 437; OKyd: Konstantinopel; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1394 (?); wI: Kydones be
tont, daß er vom Adressaten, solange sein Fuß erkrankt sei, nicht die Erledigung einer ver sprochenen Kopie erwarte. Er freue sich aber, daß er so weit auf dem Weg der Besserung sei,
daß er ihm einen vollendet schönen Brief habe schreiben können. Doch solle er mit seinem
Fuß weiter Geduld haben und ihn schonen.
Warum hast du das gesagt!, bester Mann2? Hast du mich für so un dankbar gehalten, / daß ich aufhören (könnte), dir für deine zuvor gelei- 5 stete Arbeit dankbar zu sein und dich für das, was du notgedrungen später versäumt hast, zu tadeln, zumal dich in dieser Hinsicht eine so schwere Krankheit entschuldigt? Im Gegenteil, ich habe danach gesucht, wie ich dir deinen guten Willen, der (so) groß ist und mir so zu Diensten war, wie ich es mir nur wünschen mochte, vergelten könnte. Als ich aber hörte, daß dein Fuß erkrankt sei und dieses Leiden auch deine Hand daran hindere, / dein Vorhaben zu vollenden, verspürte ich Schmerz, als ob es 10 mich selbst getroffen hätte. Ich betete aber zum ERLÖSER, er möge deinen Fuß heilen und deinen ganzen Körper gesunden lassen, nicht damit du das Buch3 für uns abschreiben könntest, sondern damit ein (so) hervorra gender Mann, der aus vielen Gründen Gesundheit verdient hat, seine Freunde durch seinen Anblick erfreuen und seine Zuhörer durch seine literarischen Beiträge geistig bereichern könne. Das4 hast du nun alsbald gezeigt, / als deine Erkrankung sich nur ein wenig besserte. Denn die 15 Schönheit deines Briefes zeigte deutlich, daß nicht wie dein Fuß auch deine Zunge5 erkrankt ist, ja, daß sie vielmehr noch (an Kraft) gewonnen hat, weil du (nun), zu sitzender Lebensweise gezwungen, (Zeit hast), dein 281
üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
überschüssiges Redetalent anzuwenden. So ließ die Freude an deinem Brief uns noch sehnlicher wünschen, daß du nach wiedererlangter Ge20 sundheit deinen klaren / Geist und dein schönes Sprachtalent (wieder) zu sinnvollen (Aufgaben) verwenden könnest. Überfordere aber nicht vorzei tig deinen Fuß, sondern bleibe zu Hause und warte ab, (bis) die Natur (soweit ist). Sie wird dir sanft deine Fessel lösen, wenn du Hippokrates vertraust, der als Heilmittel für den (kranken) Fuß die Ruhigstellung ver ordnete6• K
I. OKyd, OE: An seinem gewohnten Aufenthaltsort, wo auch Kalekas, der Kopist seiner Briefe, weilte. D: Wie schon unter T448, D bemerkt, gehe ich davon aus, daß die letzten Briefe des Kyd. auf 1394 zu datieren sind. Ich stelle diesen Brief an das Ende meiner Anord nung der Briefsammlung, weil er sich mit größter Wahrscheinlichkeit auf die in Hs U Vat. Urbin. gr. 133 vorliegende Kopie bezieht, welche Manuel Kalekas im Auftrag des Kyd. vom autographen Kopialbuch des Kyd. in Hs A ( Vat. gr. 1 0 1 ) anfertigte. Diese war also damals bereits in Arbeit, was wohl kaum denkbar wäre, wenn der Abschluß des originalen Kopial =
=
buches (Hs A), in welches auch vorliegender Brief noch eingetragen wurde, damals noch nicht abzusehen war. Es ist wohl auch kein Zufall, daß Kalekas selbst den vorliegenden Brief als letzten (mit der Nummer 308) in sein Kopialbuch eintrug. Gemäß LR 9 war es die Absicht des Kopisten, mit U308 seine Sammlung zu schließen. «
ill. Hss: A 1 83", Nr. fehlt (s.o., T394, Hss); U 3 1r-313r, Nr. 308; B 283"-284r, Nr. 155; Ul 159rv, Nr. 4. Ed: BoissAnNov 262f.; KalekEp 333f. (Appendix, Nr. 7). Ob: KalekEp 162f. (Resümee). , IV. 1 Kyd. bezieht sich auf den Anfang von KalekEp, Nr. 5 (173 - 1 75). Dieser lautet wie folgt (eigene Übersetzung): «Die Krankheit, die mich befallen hat, hat mir in mancher Hin sicht geschadet. So hinderte sie mich auch, anstehende (Aufgaben) zum gebührenden (Zeit
punkt) abzuschließen. Wäre mir dies ohne eine äußere Behinderung unterlaufen, würde ich großen Tadel verdienen, weil ich nicht bereit gewesen wäre, einem so bedeutenden Mann mein Versprechen zu halten. Denn entweder, könnte man sagen, hätte ich, da ich es, von niemandem gezwungen, (nun einmal) versprochen habe, sofort durchführen müssen oder nichts versprechen sollen und wäre dann von der Verpflichtung befreit gewesen. Nun aber glaube ich, daß die Krankheit eine ausreichende Entschuldigung für meine Untätigkeit ist.» Kalekas exkulpiert sich hier zwar selbst mit seiner Krankheit, führt aber im folgenden den
282
. BRIEFE T448 -449
Gedanken, daß er keinen Tadel verdient habe, noch so umständlich aus, daß Kyd. sich genö tigt fühlte, die entsprechende Besorgnis des Kalekas für absurd zu erklären. Zur Spezifizie rung der Erkrankung s. u., A. 6. 2 Zur Anrede vgl. oben, T446, A. 1 . 3 Gemeint ist zweifellos die autographe Briefsammlung des Kyd., von der Kalekas in seinem Auftrag eine Kopie anfertigte, identisch mit Cod. Vat. Urbin. gr. 133. Dazu oben, D; LR 1 -3; KalekEp 2lf. und TinnBrief 367f., 376f., 380f. 4 Sc. eine positive Wirkung auf Freunde und Zuhörer bzw. Leser. 5 W. yt..o,rn:av. «Zunge» steht metonymisch für rednerisches Talent und wird hier, weil das Wort im Gegensatz zu «Fuß» steht, in der Übersetzung beibehalten. 6 Ruhigstellung (aluVI]O'Ca) empfiehlt Hippokrates in seiner Schrift «De fracturis» (IIEQL aYl!wv), zitiert nach: Hippocrates, with an English translation by E. T. Withington, Bd. III, London 1927, 94- 198, hier 120, §9 (Über die Schädlichkeit des zu frühen Umhergehens mit einem gebrochenen FußlBein, griech. J'tou�). Ob es sich allerdings bei Kalekas um einen Bruch (des Fußes oder Beines) handelte, muß offen bleiben. Sowohl Kyd. (Z. 7) wie auch Kalekas (Brief Nr. 5, Z. 16) sprechen von einer Krankheit (v60'0�), doch bezeichnet auch Hippokrates an der angegebenen Stelle die Fraktur eines FußeslBeines als v60'T]1!9-.
Schlußbemerkung: Im Herbst 1396 begab sich Kydones wieder auf eine Reise nach Italien, von der er nicht mehr nach Konstantinopel zurückkehren sollte. Aus der Zeit nach dieser Abreise sind Briefe des Kydones nicht mehr erhalten, wohl aber drei Briefe Manuels an Kydones in Italien, wahrscheinlich in Venedig (LetMan, NT. 62 und 31 [1396J sowie NT. 36 [1397J). ZU den letzten Lebensjahren des Kydones bis zu seinem Tod auf Kreta im Winter 1397/98 siehe Bd. II1 , 47-50.
283
I I
ANHANG
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1.
Antike und byzantinische Quellen
(Die bekannten klassischen Autoren werden in der Rege! ohne Angabe einer bestimmten Edition zitiert) . Aristoph AT
=
=
Aristophanes (Av Vögel, Equ Ritter, Nu Wolken; PI Plutos) Altes Testament: Ba Baruch; Da Dame!; Ge Genesis; Jb Job [Hiobl; Je Jeremias; Jn Jona(s); 1, 2 Kg (LXX) 1, 2 =
=
=
=
Könige
=
=
=
=
=
=
=
( 1, 2 Samuel der hebr. Bibel); Num
Proverbien; Ps + Zahl (LXX) LXX; Si Sirach
=
=
=
Numeri; Pr.
=
Psalmen nach der Zählung der
=
CamSent
=
G. Cammelli, Demetrii Cydonii sententiae variae, Byzantinisch neugriechische Jahrbücher 5 ( 1926/27) 48-57
Chalk I,
11
DemOr
Hdt HesOp Homll, HomOd KalekEp
=
=
=
=
=
=
LC I, 11
=
LetMan
=
LibEp, LibOp
=
ManuelOr
=
Laonici Chalcocondylae Historiarum demonstrationes, ed. E. Dark6, Budapest 1922/27 Demostbenes, Reden. Zitierbeispiel: DemOr 19, 288 (Fals. Leg.
434), d.h., Nummer der Rede und Paragraph, in Klammem Titel der Rede in lat. Abkürzung und Seite der Edition Reiske, Lipsiae 1770ff. Herodot (Bücher mit röm., Kapitel mit arab. Ziffer) Hesiod, Werke und Tage (Opera et dies) Homer, Ilias bzw. Odyssee R. Loenertz, La Correspondance de Manuel Calecas (StT 152), 1950 Demetrius Cydones, Correspondance, ed. R.-J. Loenertz, I, 11 (StT 1 86; 208), 1956/60 (Edition der Kydonesbriefe, die der vor liegenden Übersetzung als Grundlage dient) The Letters of Manuel 11 Palaeologus. Text, Translation, and Notes by G. T. Dennis, Washington, D.C. 1977 Libanios, Briefe, Reden, zitiert nach Band der Edition R. Foer ster, Libanii opera, I-XII, Lipsiae 1903-27 Manuel 11 Palaeologus, Funeral Oration on His Brotber Theo dore. Introduction, text, translation and notes by J. Chrysosto mides (CFHB 26), Thessalonike 1985
285
ABl<ÜRZUNGSVERZEICHNIS
NT
=
Neues Testament: Apk Apokalypse des Johannes; Mt Mat thäus; Mk Markus; Lk Lukas; Jo Johannes; Rm Brief an die Römer; 1, 2 K 1., 2. Brief an die Korinther; Phi! Brief an =
=
=
=
=
=
=
=
die Philipper; 1, 2 Tim 1., 2. Brief an Timotheus Corpus Paroemiographorum Graecorum, ed. E. L. von Leutschl =
Paroem
1, 11
=
F. G. Schneidewin, Göttingen, I, 1839,
Pind PI
=
=
11, 1851, zitiert nach
Band, Seite und Nr. des Sprichwortes Pindar (01 Olympische Oden) =
Platon (Alk I
=
Alkibiades I; Ap
=
Apologia, Euthd
=
Euthyde
mos, Grg Gorgias, HpMi Hippias Minor, Kra Kratylos, Nom Nomoi, Phd Phaidon; Phdr Phaidros, Plta Politeia, Pltk Politikos; Prt Protagoras, Smp Symposion, Soph Sophistes, Tht Theaitetos) J. Vetpeaux, Pseudo-Kodinos, Traite des offices, Paris 1969 P. Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken (Chronica by zantina breviora) I-rn (CFHB 12, 1 - 3), Wien 1975-79 Suidae Lexicon, ed. A. Adler, 5 Bde., Leipzig 1928 -38, zitiert nach Buchstaben Thukydides (Bücher mit röm., Kapitel mit lat.Zahl) =
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
PseudoKod SchreinChron
=
1, 11, rn
=
Suda
=
Thuk
=
2.
BGL BoissAnNov CFHB DOP EEBS EI MM I-VI JÖB OCP
Nachschlagewerke, Reihen, Sammlungen, Zeitschriften
=
=
=
Corpus Fontium Historiae Byzantinae Dumbarton Oaks Papers
=
'E1te"tT]Q� 'EtaLQeLa� Bu�avtLv6)v �1tOuÖ6)v
=
=
Encyclopaedia of Islam, New Edition, 1960ff.
=
F. MiklosichJI. Müller, Acta et diplomata graeca medii aevi
=
=
ODB
=
PLP
=
RE
=
StT
=
286
Bibliothek der griechischen Literatur J. Boissonade, Anecdota Nova, Paris 1 844 (Quellensammlung)
I-VI, Wien 1860 - 1 8 90 Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik Orientalia Christiana Periodica Oxford Dictionary of Byzantium, ed. A. P. KazhdanlA.-M. Tal bot et al., New YorkiOxford 1991 Prosopographisches Lexikon der Palaiologenzeit, Wien 197696, zitiert nach Nummer des Artikels Pauly-Wissowa, Realencyklopädie der classischen Altertumswis senschaft, Stungart 18 93ff. Studi e Testi, Cittä dei Vaticano
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
TGL
=
Thesaurus Graecae Linguae, ed. Henricus Stephanus, erweiterte Auflage von C. B. Hase, G. und L. Dindorfius, 8 Bde., Paris 1 8 3 1 -71
UG
=
Thesaurus Linguae Graecae, laufend ergänzte Datenbank der griechischen Literatur auf CD-Rom, University of Califomia
3. Sekundärliteratur BarkMan
=
J. W. Barker, Manuel II Palaeologus (1391 - 1425), New Bruns wickINew Jersey 1969
DenReign
=
G. T. Dennis, The Reign of Manuel II Palaeologus in Thessalo nica, 1382-13 87, Romae 1960
DöReg
=
F. Dölger, Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Rei ches, 5. Teil: Regesten von 1341 - 1453. Unter verantwortlicher Mitarbeit von P. Wirth. MünchenlBerlin 1965
EszKal
=
A. K. Eszer, Das abenteuerliche Leben des Jobannes Laskaris
JaninEgl
=
R. Janin, La geographie ecclesiastique de l'empire byzantin, I, Le
Kalopheros, Wiesbaden 1969 siege de Constantinople et le patriarcat oecumenique, m, Les eglises et les monasteres, Paris 21969 KiankIt
=
F. Kianka, Demetrios Kydones and Italy, DOP 49 ( 1995)
(
=
Sym
posium on Byzantium and the Italians, 13th-15th Centuries), 99-110 KiankLett
=
F. Kianka, The Letters o f Demetrios Kydones t o Empress Helena Kantakuzene Palaiologina, DOP 46 ( 1 992)
(
=
Homo Byzantinus.
Papers in Honor of Alexander Kazhdan, ed. A. CutlerlS. Frank lin), 155 - 1 64 Lausberg
=
H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, 2München
LBF I, II
=
R.-J. Loenertz, Byzantina et Franco-Graeca, Roma I, 1970, II,
1960 (3Stuttgart 1990, unverändert) 1978 (Die hier abgedruckten Aufsätze von Loenertz werden nur nach den Seiten dieser Sammlung zitiert.) Lem]uge
=
P. Lemerle, Le j uge general des Grecs et la reforme j udiciaire d'An
LoenLemn
=
R.-J. Loenertz, L'exil d e Manuel II Paleologue ä Lemnos, OCP
LR
=
R.-J. Loenertz, Les recueils de lettres de Demetrius Cydones (StT
MajTrav
=
dronic m, in: Memorial Louis Petit, Bukarest 1948, 292 - 3 1 6 38 ( 1 972) 1 1 6 - 140 131), 1947 G. P. Majeska, Russian Travelers to Constantinople in the Four teenth and Fifteenth Centuries, Washington, D. C. 1984 MaTiGes
=
K.-P. MatschkeIF. Tinnefeid, Die Gesellschaft im späten Byzanz, KölnlWeimar 2000
287
ABl<ÜRZUNGSVERZEICHNIS
MesJov
=
S. Mesanovic, Jovan vn Paleolog (John vn Palaiologos), Beo grad 1996
NicKant
=
D. M. Nicol, The Byzantine Family of Kantakouzenos (Cantacu zenus) ca. 1 100- 1460, Washington, D. C. 1968
ReinPal
=
St. W. Reinert, The Palaiologoi, YIldrnm Bayezid and Constantino pie: June 1389-March 1391, in: TO EAAHNIKON. Studies in Honor of Speros Vryonis, Jr., ed.J. S. Langdon et al.,Vol. I, Hellenic Antiquity and Byzantiurn, New Rochelle/N. Y. 1993, 289-365
ReinSource
=
St. W. Reinert, A Byzantine Source on the Battles of Bileea ( ? ) and Kosovo Polje: Kydones' Letters 3 9 6 and 3 9 8 Reconsidered, in: Studies in Ottoman History in Honour of Professor V. L. Menage, ed. C. HeywoodlC. Imber, Istanbul 1994, 249 -272
1-0, München 1953
Schwyzer I, n
=
E. Schwyzer, Griechische Grammatik,
TinnBlach
=
F. Tinnefeid, Der Blachemenpalast in Schriftquellen der Palaiolo genzeit, in: B. BorkoppfTh. Steppan, AL96O"tQw"tov. Studien zur byzantinischen Kunst und Geschichte. Festschrift
für
Marcell
Restle, Stuttgatt 2000 TinnBrief
=
F. Tinnefeid, Zur Entstehung von Briefsarnmlungen in der Palaio logenzeit, in: IIoA.UJtAE1JQo� voii�, Miscellanea für Peter Schreiner zu seinem 60. Geburtstag, ed. C. Scholz/G. Makris, München! Leipzig 2000, 365 -381
TinnFreund
=
F. Tinnefeid, Freundschaft und II.AUEIA: Die Korrespondenz des Demetrios Kydones mit Rhadenos (1375 - 13 87/8 8), Byzan tion 55 ( 1 985) 210-244
TinnNiv
=
F. Tmnefeld, Das Niveau der abendländischen Wissenschaft aus der Sicht gebildeter Byzantiner im 13. und 14. Jh., Byzantinische Forschungen 6 (1979) 241-280
TrappAs
=
E. Trapp, Beiträge zur Genealogie der Asanen in Byzanz, JOB
25 (1976) 1 63 - 1 77 TrappLex I -IV
=
E. Trapp, Lexikon zur byzantinischen Gräzität, Wien: I, 1994;
n, 1996; m, 1999; IV, 2001 (bis xw)
4.
Sonstige Abkürzungen
Anmerkung
A.
=
d.h.
=
das heißt
dtsch.
=
deutsch (nur in der Kommentar-Kategorie «üb.» [so u.] bei Angabe der Sprache)
=
Empfänger, Adressat eines Briefes
ebd.
=
im zuvor zitierten Werk
engl.
=
E
englisch (nur in der Kommentar-Kategorie «üb.» Angabe der Sprache)
288
[so u.] bei
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
frz.
=
hg. v.
=
Hg., Hgg. Hs, Hss
=
französisch (nur in der Kommentar-Kategorie « Üb.» [so u.] bei Angabe der Sprache) herausgegeben von Herausgeber ( der, die) Handschrift, Handschriften
=
Jahrhundert, Jahrhunderts
=
}b., }b.s Kyd.
=
L LXX
=
=
NI. s.n. s. o. s. u. s.v.
=
=
=
=
=
5.
Demetrios Kydones (nur im Kommentar) vor Briefnummern, zur Bezeichnung der Zählung nach Loenertz «Sepruaginta», griechische Übersetzung des Alten Testamentes in hellenistischer Zeit (wird in Klammern angegeben, wenn eine Zählung der LXX von der hebräischen Bibel abweicht) Nummer sub nornine, unter dem Namen (in Nachschlagewerken) siehe oben siehe unten sub voce, unter dem Stichwort (in Nachschlagewerken)
Kategorien des Kommentars und der Resümees in den Kopf/eisten der Briefe
Reihenfolge: 1. OKyd, E, OE, D, (wI: nur in der Kopfleiste); II. BKyd, BE, Xl, X2 etc., ZG, Ep, Lit; III. Hss, Ed, Üb, evtl. Resümee; IV. Anmerkungen BE BKyd D E Ed Ep Hss K L + folgende Zahl Lit OE
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
Angaben zur Biographie des Empfängers (Adressaten) Angaben zur Biographie des Demetrios Kydones Darum des Briefes Empfänger (Adressat) des Briefes Sonstige Editionen des Briefes im Brief erwähnte andere Briefe Handschriften, in denen der Brief überliefert ist Kommentar Briefnummer nach Loenertz Sekundärliteratur zum Brief (wenn nicht schon unter den anderen Kategorien erwähnt)
=
Aufenthaltsort des Empfängers Aufenthaltsort des Demetrios Kydones Übersetzung
=
wesentlicher Inhalt (zur Bezeichnung der Resümees in den Kopf
Xl, X2, X3 . . .
=
leisten der Briefe) Erwähnte Personen im Brief in der Reihenfolge ihres ersten Vor
ZG
=
Angaben zur Zeitgeschichte
OKyd Üb wI
=
=
kommens
289
KORREKTUREN UND NACHTRÄGE
KORREKTUREN UND NACHTRÄGE ZU DEN BÄNDEN I, 11 und m (Abkürzungen: e.
= ergänze, I.
=
lies, st.
=
statt, t.
= tilge)
I11, 41, A. 233, am Anfang: st. L377 und L411 1. L377. [So u., zu I11, 66.] I11, 63, Nr. 1. 1.3, am Schluß, e.: Konstantinos Asanas selbst ist nicht nur, wie PLP 1503 angibt, als Melograph, sondern auch als theologischer Schriftsteller ausgewiesen: Nach Auskunft von Erich Lamberz enthält die Hs Athos, Vatopedi, Nr. 32 ( 15. Jh.) eine Samm lung theologischer Schriften unter diesem Verfassernamen. I11, 66, Nr. 1.5, st. niedergeschriebene Träume (L377; L41 1 ) 1. niedergeschriebener Traum (L 4 1 1 ) . [Siehe in diesem Band: T365, A. 9; 390, BKyd.] I11, 66, Nr. 1.5, am Schluß, e.: Zu den Sammlungen der Kydonesbriefe siehe nun TinnBrief 367f., 376f., 380f. I11, 68, n. Nr. 2.1.3, e. 2.1.3a: Ein Augustinus zugeschriebenes Gebet zur Vorbereitung auf die hl. Messe (Oratio ante missam) liegt in einer griechischen übersetzung vor, die wahr scheinlich von Demetrios Kydones verlaßt wurde. Diese wurde aus der Hs Paris. gr. 3041, f. 133v _ 1 34V ediert von: Maria Grafiadelli, An unpublished Byzantine prayer attributed to Saint Augustine. M. A. dissertation in Classics, University of London 1997 (unge druckt). I11, 68, Nr. 2.1.4, am Schluß, e.: Laut brieflicher Mitteilung von Maria Grafiadelli vom 16.4. 1998 reichte Anna Koltziou im April 1998 an der Universität Thessalonike eine Dissertation mit dem Titel « Demetrius Kydones: A Byzantine translation of the Pseudo Augustlne Sololoquia» ein. I11, 78: st. L53
=
T 0123
1. L53
=
T 0 124; st. T56
=
T 0124 1. T56
= T 0123
I11 , 81: st. T57 L31 1. T57 = L32 II 18f., T 0142, D: Ich schließe dort eine Datierung des Briefes auf die 70er Jahre nicht aus, =
aber aufgrund der überlegungen oben, T387, D ist die Abfassung des Briefes L83 im HerbstlWinter 1389/90 wahrscheinlicher. II 26, T147, A. 3: Die kontrastive Gegenüberstellung des Gesanges von Schwan und Krähe ist, wie G. Makris (BZ 93, 2000, 655) anmerkt, bereits bei Libanios, Brief Nr. 42 (Foer ster), § § 3 -4 belegt. II 33, T151, Z. 10: st. Dieser . . . hat . . . dies sogar als das einzige bezeichnet, was dir Freude
bereiten könne 1. Dieser . . . hat . . . auch dies als einen Grund bezeichnet, der dir Freude bereiten könne. [Hinweis von G. Makris, BZ 93, 2000, 655.] II 118f., T 0193: Michael Griinbart, Wien, teilte mir am 30. 1 . 01 mit, daß dieser Brief
(= LI80) in: Libanii opera, ed. R. Foerster, Bd. XI, Lipsiae 1 922, 566f. als pseudepigra pher Libaniosbrief Nr. 5 (Nr. 1549 der Gesamtzählung) geführt wird, und zwar gemäß seiner Überlieferung in Paris. Coisl. gr. 349, f. 120v• Doch spricht dies nicht als solches gegen die Abfassung des Briefes durch Kydones, denn in demselben Cod. Coisl. findet sich noch ein anderer, zweifellos echter, Kydonesbrief unter den Libanios zugeschriebenen Briefen. Siehe R. Devreesse, Bibliotheque Nationale, Catalogue des Manuscrits Grecs, I1, Le Fonds Coislin, Paris 1 945, 349f. Dieser andere Brief mit dem Incipit �u Kai O:QXELV otcrSa (= Bd. I, T761L21 ) steht ebd. auf f. 129'-13 1'. Es kann nicht bestritten werden, daß dieser Brief an den damaligen Despoten und späteren Kaiser Manue1 Palaiologos
290
KORREKTUREN UND NACHTRÄGE
gerichtet und von Kydones verfaßt ist. Da der Cod. Coisl. nach Angabe des Katalogs im 15. Jh., also nach dem Tod des Kydones, geschrieben ist, kann auch L180 von Kyd. stammen. Wie sonst sollte der Brief in die von Kyd. selbst autorisierte Kopie des Kalekas ( Hs U) gelangt sein, in der er überliefert ist? Daß er im Autographen fehlt, ist kein Argument gegen die Echtheit, weil das Fehlen auf Blattverlust zurückzuführen ist. Vgl. die Angabe in LR 4, daß nach f. 142 in Hs A zwei Folien der ursprünglichen Hs entfernt worden sind. Dadurch ging (soweit sich aus U erschließen läßt) aus A folgendes verloren: Der Schluß von L177 (siehe T168, Hss), ferner L178- 179 ( T 0 1 9 1 - 1 92), der hier in Frage stehende Brief L180 sowie L181 ( T97) und eine Sentenz. Es scheint also, daß auch L180 ursprünglich in A stand und von Kyd. verlaßt ist. Vom Inhalt des Briefes her, der sehr allgemein gehalten ist, läßt sich dies allerdings nicht beweisen. II 203, T220, Z. 64: st. «schlechter als jede Komödie» I. «schlechter als jede Beschimpfung». [Siehe dazu oben, T347, A. 8.] II 235, Register, s. n. K. D., Sarkasmus: st. 157, 37 1. 156, 37. m 26, T235, A. 1: G. Makris schlägt in seiner Rezension des Bandes (BZ 93, 2000, 653655, hier 655) vor, die Anrufung 'EA.E'u9tQLe wie Synesios von Kyrene, Brief 132 (ed. Garzya, wie oben, T348, A. 1 ), 229, Z. 10 als Epitheton zu O"ortEQ ( Erlöser, Christus) zu verstehen ( Stifter der Freiheit) und entsprechend klein zu schreiben. Wie Garzya im Apparat zur Stelle angibt, hat Theodoros Hyrtakenos (14. Jh., wie Kydones), Brief Nr. 39, eine entsprechende Entlehnung vorgenommen. m 154, T282, Kopfleiste, E, t.: « Großrichter der Rhomäer» [Dieses Amt bekleidete Alusianos erst seit etwa 1391; s. o., T440, E.] m 181, Vorbemerkung zu den Briefen der Gruppe 4 (ca. 1382-84): Wie sich erst bei der Bearbeitung von Bd. N ergab, wäre der Brief L399 an Kaiser Ioannes V. Palaiologos (nun in Bd. N als T 0411 eingeordnet) den Briefen dieser Gruppe mit der wahrscheinlichen Datierung auf Winter, 1382/83 - 84/85 hinzuzufügen. Er kann jedenfalls kaum nach 1385 verlaßt sein. [S.o., T 041 1, D.] m 199, Vorbemerkung zu den Briefen der Gruppe 5 (1385 - 87): Wie sich erst bei der Bearbei tung von Bd. N ergab, wäre der Brief L349 an Kaiser Ioannes V. Palaiologos (nun in Bd. N als T 0406 eingeordnet) den Briefen dieser Gruppe mit der wahrscheinlichen Datie rung auf 1385 hinzuzufügen. [S.o., T 0406, D.] m 247, T31 6, Z. 34: st. die Komödien, welche die . . . Hesychasten aufführen I. die Beschimp fungen der Hesychasten. [S.o., T 347, A. 8.] m 265, T322 ( L358; Brief an einen anonymen Freund), Z. 17f. Die Passage Lva (1) 1!1) 't'fi YVWI!!1 1!6vov, &.A.A.a xal 'tOL� YQal!l!aOLv, a'Ö'toL� OtxEL(j)� EXELV ooxfj wurde von mir so übersetzt: « weil er (sc. Manuel Chrysoloras) . . . nicht nur gemäß seiner inneren Einstel lung, sondern auch (als Leser) ihres Schrifttums seine Verbundenheit mit ihnen zeige». Zur Wiedergabe von YQal!!.LaOLV mit «Schrifttum » äußerte sich kürzlich A. Rollo, Problemi e prospettive della ricerca su Manuele Crisolora, in: R. Maisano/A. Rollo, Manuele Criso lora e il ritorno dei Greco in Occidente. Atti dei Convegno Internazionale (Napoli, 26-29 giugno 1997), Napoli 2002, 3 1 - 85, hier 38, A. 21. Er plädiert dafür, daß YQal! I!a'ta hier nicht mit <
=
=
=
=
=
=
29 1
KORREKTUREN UND NACHTRÄGE
bedenken, daß mit dieser Passage begründet werden soll, warum Chrysoloras das Buch, das er dem Adressaten ausgeliehen hat, zurückzuerhalten wünscht (Z. 1 6f.), und da ist es naheliegend zu übersetzen, er sei nicht nur der Gesinnung nach, sondern auch im Hinblick auf ihre schrifdichen Äußerungen (yg6.\1\1a1:u) den Lateinern verbunden. Da es also hier nicht um die Sprache als solche geht, scheint mir die übersetzung korrekt zu sein. m 325, Register, s. n. Asanes Ioannes: st. 0292, OKyd 1. 0292, E. m 330, Register, s.n. Thessalonike, 3. Kloster Nea Mone: st. 273, A. 5 1. 275, A. 5.
292
REGISTER vierten Teil
z um
Die Zitate in diesem Register sind wie folgt aufgebaut: Die erste Zahl gibt jeweils eine Briefnummer dieses Bandes in der T-Zählung an. Danach können, abgetrennt durch Komma, Verweise in dieser Reihenfolge stehen: 1. Zeilen des Briefes: einfache Zahlen ohne vorgesetz tes Z. Sie werden voneinander durch Punkt abgetrennt. 2. Kategorien der Teile Kommentars, in der im Kommentar eingehaltenen Reihenfolge. Wenn
für
I-rn
des
mehrere Briefe
dieselbe Kategorie zitiert wird, wird diese nach den in diesem Fall durch Komma (nicht Semikolon) getrennten Briefnummern nur einmal genannt. Schreibung in Fettdruck bedeutet bei E und BE, daß die im Stichwort genannte Person Empfänger des zitierten Briefes ist, bei Xl usw., daß die im Stichwort genannte Person
im Kommentar des Briefes mit dem genann
ten Kürzel bezeichnet wird, bei OE, daß der im Stichwort genannte Ort Aufenthaltsort eines Briefempfängers ist. Nortnalschreibung der Kürzel bezieht sich auf weitere Personen oder Orte, die unter diesen Kategorien erwähnt werden. 3. Anmerkungen des Kommentars, ge kennzeichnet durch vorgesetztes A. - Vor einer folgenden weiteren Briefnummer steht in der Regel Semikolon, aber Komma in dem Fall, wenn die folgende, in Klammem gesetzte Erläute rung sich auf mehrere zuvor zitierte Stellen bezieht. - Seit Bd.
rn enthält das Register unter
Nr. 6 auch die Kategorie « Modeme Autoren». - Die Umlaute ä, Ö, Ü werden im Register wie ae, oe, ue behandelt.
1 . HISTORISCHES REGISTER 1.1
Namen (Personen, Geographisches)
Achaia, lateinisches Fürstentum auf der Peloponnes
360, BE Adrianopel 349, OE
Amedeo von Savoyen, Herrscher von Pie
Adriatisches Meer, s. u., Ionisches Meer
mont (geb. 1363, reg. 1 368/77-1402) 360, BE Ancona 0406, 4, A. 1, 3
Ainos
Angelos, Familienname eines Briefboten
Vorbemerkung vor T395; 395, 8,
X2, A. 4-5 Alpen 343, A. 24 (
367, Xl; 368, Xl; 371, Xl; 374, OE, =
Italien); 431,
80,
BKyd (jenseits der -)
Anjou
Alusianos, Thomas Dukas, Großrichter
440, E, BKyd, A. 8 Amedeo VI., der «Grüne Graf», Herrscher von Savoyen (geb.
1383)
360, BE
Xl; 376, Xl
1334, reg. 1343 -
428, ZG 430, A. 6 Anonymae 379, E (zwei Schwestern) Ankyra
Anonymi (in der Abfolge der Briefnummern)
364, E; 365, E; 365, Xl (ein Die
ner des Kyd.); 365, X3 (ein kaiserlicher
293
REGISTER
Kammerdiener); 366, E (ein Mönch); 367, E (ein Verehrer des Kyd. auf Lem nos); 370, Xl ( Asanes, Ioannes?); 378, E (ein Beamter Manuels Ir.); 385, Xl (ein Schiffskapitän); 388, Xl (ein bildungsbe flissener junger Mann); 395, Xl und 401, Xl (ein pikardischer Soldat); 400, Xl (ein hoher Hofbeamter); 0402, E (ein Arzt); 0403, E (ein hoher Patriarchatsbe amter); 0403, Xl (ein Diener des Mön ches Galaktion); 0404, E (der Entleiher einer Predigt des Kyd.); 0405, E (ein Adept der Mathematik); 0408, E (ein lite rarisch Gebildeter); 0409, E (einer, der Kyd. gegen Verleumdungen verteidigte); 0409, Xl (ein Verleumder des Kyd.); 0410, E; 0410, Xl (ein Freund, der eine Predigt des Kyd. vorlesen lies); 0412, Xl (ein Freund, der Kyd. eine Ioannes-Chry sostomos-Handschrift ausgeliehen hatte); 0413, E (ein kaiserlicher Beamter); 0414, Xl (ein Schüler des Mönches Athanasios auf Kreta); 0415, E (ein Gegner des Kyd.); 0415, Xl (ein Verteidiger des Kyd.); 0416, E (ein Mönch); 0418, E (ein kaiserlicher Beamter); 0424, Xl (ein On kel des Ioannes Asanes); 440, D, BKyd, Xl (ein junger Mann, für den Kyd. inter veniert); 444, E (ein befreundeter Hofbe amter); 445, E (ein ehemaliger Freund, Intrigant); 446, E (ein am Kaiserhof ein flußreicher Freund); 446, Xl (ein Intri gant am Kaiserhof); 447, E (ein litera risch gebildeter Freund) Aplesphares, Briefbote 0421, Xl Asanes, Ioannes 370, Xl (?); 0424, E, BE; 0426, BKyd, Xl, A. 4 Asanes, Konstantinos 343, Xl (?); 344, Xl ( ?); 0408, Xl (?); 0424, Xl; 0426, E Astras, Michael Synadenos 0423, E Athanasios, Mönch auf Kreta 0414, E; 432, E; 443, E, BE Bayazid 1., Sultan der Osmanen (13891402) 388, D; 427, D; 428, X3; 429, D, =
294
ZG; 430, D, BKyd, Xl, X3, X4; 431, Xl; 433, E, A. 4; 434, OE; 435, BE; 437, Xl; 438, D; 444, D Bileea Bosnien 384, D (bei -: bosnischer Sieg über osmanische Truppen 1388) Bonifaz IX., Papst 428, Xl Brankovic, Vuk, Hertscher des Kosovo 384, A.1 Brussa (gr. Prusa, heute Bursa) 349, OE; 351, OE; 352, OE Bryennios, Ioseph 0410, BKyd Chios 428, A. 7; 441, OE Chrysoberges, Maximos 362, E; 367, Xl; 369, E; 373, E; 375, OE, Xl, A. 6; 376, E, BE (geb. um 1360?); 377, E; 428, E; 441, E eh., M., Vater des - 376, Xl Cypem 431, 53-56. 85, OE, BE David, Mönch, Briefbote 0420, OE, Xl; 0421, Xl Dominikanerkloster in Pera (Dorninikus bzw. Pauls-Kloster) 428, OE Dorninikanerklöster in Pera, auf Chi os, Les bos, Kreta und in Venedig 441, OE Dorninikanermönche (gr. IIeQÖLx6:ToQe� [0411, 7] Praedicatores) 411, ganzer Brief (Fürsprache für - bei Kaiser Ioan nes V.), 1 6-20 (Beschreibung ihres Ideals). 45-49 (ihre Leistungen), A. 1 Edime, s.o., Adrianopel Elias Petit, fr., O. P. 428, X4, A. 7; 441, Xl Florenz 384, D Foscari, Paolo, päpstlicher Legat 041 1, E Franzosen (antikisierend als «Kelten» be=
zeichnet) 360, 31; 395, A. 1; 401, 46 Gabrielopulos, Georgios 431, BKyd Gadeira, s. u., Register 4.4, Antike Namen Galaktion 403, Xl Galata, s. u., Pera Garcia, fr., o. P. 041 1, E Gattilusio, Francesco I., Herrscher von Les bos Vorbemerkung vor T395; 395, Xl, X3
1. HISTORISCHES REGISTER
Gattilusio, Francesco 11., Herrscher von Les bos 343, X3, Ep6, A. 10, 11; 395, X2; 428, A. 6 Gattilusio, Niccolö T395; 395, Genuesen
Vorbemerkung vor
X2
zenos, Ioannes
428, OE, A. 6
444, X2
Georgios
Gregor XI., Papst
428, A. 7
griechische Sprache
390, 19-21; 401, 1 9f.;
44 1, 5f. Halil, osmanischer Prinz
442, X8
Halys, Fluß in Kleinasien Hayreddin Pascha,
439, Ep
osmanischer Eroberer
Thessalonikes 1387 Hellenen
342, BKyd, ZG
433, 55f. (literarische Tradition
der -); 441, 12 Ignatij von Smolensk, Pilger
383, Xl; 3 8 6,
D Inder, indische
( unverständliche) Sprache =
390, 1 8 -21 (in einem Traum) Ioasaph, Mönch Ionisches
(
=
0412, E, A. 1
Adriatisches) Meer
0406, 7,
A. l Isfendiyäroglu, Emir von Sinope Italien
430, A. 6
343, A. 24; 360, 51, D, BKyd; 3 94,
12f. (philosophische Studien in -); 394, Xl (Humanismus in -); 428, ZG, 430, 1 8 -23 und 43 1, 66-68 (innere Verhält nisse um 1390); 432, 29; 441, 15-20 (Weisheit -s); 448, E italische Sprache
( das Lateinische) 390, =
A. 2; 441, A. 1 Kaballaropulos, Großrichter
440, E
Kabasilas Chamaetos, Nikolaos
343, D,
X5; 363, OKyd, BKyd (ironische Kritik an -), Xl, A. 1; 440, Ep Kaffa, Stadt auf der Krim
444, OE; 448,
OE Kalekas,
Kantakuzene, Eirene, Gattin des Kantakuze nos, Ioannes 442, A. 33 Kantakuzene, Helene, Tochter des Kantaku zenos, Ioannes, s. u., Palaiologina, Helene Kantakuzene, Maria, Tochter des Kantaku 442, X6, A. 33
Kantakuzene, Theodora, Mutter des Kanta kuzenos, Ioannes 442, A. 33 Kantakuzene, Theodora, Tochter des Kanta kuzenos, Ioannes 442, X7 Kantakuzenos, zur Bedeutung des Namens 442, A. 14 Kantakuzenos, Ioannes VI., Kaiser 386, A. 3; 041 l, E; 442, E, BE, X5 Katrares, Briefbote 352, Xl Kleinasien 349, OE; 429, OE; 433-439, OE; 444, D · Konrad von Ancona 0406, E, D, Xl, A.l Konstantin I. (der Große)
351, A. 3
Konstantinopel (die «STADT»)
passim, im
folgenden einige Unterbegriffe: 1. Geo graphisches: 351, A. 2 (Anemasturm); 430, X2 (Festung am Goldenen Tor); 0408, 5 - 8, A. 1 (Größe der Stadt); 358, A.l (Häfen); 0424, A. 2 (Hagia Sophia); 358, A. 1, 365, passim, 390, 4, 392, A. 2, 398, A. l, 442, D (Kaiserpaläste); 442, A. 33 (Lipskloster); 442, OE, D, A. 33 (Marthakloster); 359, 7 (Säulen). 2. Be drohung durch die Osmanen: 366, D, ZG; 428, 60-66; 43 1, ZG; 433, 72-75; 434, 4 - 1 1 . 41 -46; 435, 41 -43, A. 2, 3; 447, D; 3. innere Unruhen: 360, ZG; 384, D; 430, ZG. 4. Stadt, die den Chri sten Freiheit brachte 351, A. 3. Kosovo Polje, Schlacht auf dem - 3 83, D, ZG, A. 5; 384, D, A. 1 Kreta
0414, 22f., E, OE; 432, OE, Xl;
441, OE; 443, OE Manuel
385"
Vorbemerkung;
428, A. 7 (lateinischer Brief an fr. Elias); 449, D (Kopist der Kydones-Briefe), A. 1 Kalopheros, Ioannes Laskaris Epl, 2; 43 1, E, BE
360, E, BE,
Kydones, Demetrios K., D.: Alter 43 1, A. 7; 436, 33 K., D.: Bescheidenheit (in der Beurteilung der eigenen Person) 373, 12 - 1 8; 0414, passim; 0422, 3 - 8; 430, 7- 14; 432, pas-
295
REGISTER
sim; 433, 97-99; 442, 1 3 - 19; siehe auch unten, Register 4.2.1 K., D.: Besitz, bescheidener 379, 6f.; siehe auch unten, K., D., Garten K., D.: Besoldung, s. u., K., D., Geldzahlun gen K., D.: Besonnenheit gegenüber Verleum dern 0409, 12-21 K., D.: Briefbuch, Briefsammlung, s. u., 4. 1 K., D.: Diener des - 372, A. 6 (zwei Die ner); 0426, 7f. (Diener im Plural), Xl (ein Diener) K., D.: aus dem kaiserlichen Dienst entlas sen, s. u., K., D., Privatmann K., D.: Frauen, Beziehung zu 379 (ein be freundetetes Schwesternpaar); 442, BKyd (Palaiologina, Helene, Kaiserin); 442, 145f. (allgemeine Kritik an weiblicher Kokenerie) K., D.: Garten 379; 397, 4-9 (Rosen); 389 (Früchte) K., D.: Gebet 1. - in eigenen Anliegen: 354, 17-21; 393, 1 1 - 13 (- um das An kommen der Briefe!); 2. eigenes - für andere: 350, 12f.; 358, 30f.; 374, 14f. (und Dankgebet); 375, 27f.; 387, 64-66; 391, 46-49; 0416 (Fürbine als Dank für geleistete Hilfe); 0426, 35 (in ironischem Kontext); 429, 20-25; 431, 94-96; 438, 26-28. 30-34; 447, 9f.;449, 1 1f.; 3. und Gonverrrauen anderen empfohlen: 351, 22-25; 352, 3 1 -52; 369, 23-25; 4. - von anderen erbeten: 363, 1 8 -21; 0419, 8 - 13, BKyd; 443, 14- 17 (besser . - als Lob); 431, 96-98; 5. - skeptisch beurteilt: 0402, 19-29 (bei Zahnschmer zen ist außer der Anrufung eines Heiligen auch ärztliche Hilfe notwendig); 43 1, 98f. (ironischer Zweifel, ob das Gebet des Freundes Erhörung findet); 6. - und Srudium als Lebensideal: 449, 11f. K., D.: Geldzahlungen: 1. - von Ioannes V. erwartet oder gefordert: 382, 8 - 16, BKyd, A. 4; Vorbemerkung vor T395;
296
398, D, Xl; 400, BKyd, D; 0413, D; vgL auch 442, 178; 2. von Kaiserin Helene erhalten: 442, 9 - 1 3 . 142-157 (ca. 1381). 174 - 1 8 0 (1392), BKyd K., D.: Gelübde (Besuch der Apostelgräber in Rom) 428, 1 1 - 14; 430, 18f., A. 9 K., D.: lslam, Ablehnung des - 346, 1 0 - 13; 347, 46-51; 348, 18f.; 352, A. 1; 431, 36 K., D.: lralien, Reise nach - (Venedig) 351, 40f. (Plan angedeutet?); 358, BKyd; 360, BKyd; 394, D, A. 7, Vorbemerkung vor T395, 400, BKyd, BE (vor der Reise nach - 1 390); 427, BKyd (aus - zurück gekehrt); 428, 7-60, BKyd (genaue Be schreibung der Reise 1390/91); 430, 1417, BKyd, A. 1 (nochmals zur Reise); 43 1, 49 -51 (Grund der Reise war vor al lem, Kalopheros zu treffen); 435, 43-46 (Bedauern, nicht in - geblieben zu sein); 435, 46f. (neue Reisepläne); siehe auch unten, Venedig K., D.: Klage über verschiedene Ereignisse und Personen 342, 4-12, BKyd, ZG, 349, 28. 38f. (Eroberung der Heimat stadt Thessalonike durch die Türken); 349, 28f. (Tod des Rhadenos); 351, BKyd (Siruation Konsrantinopels; persönliche Schwierigkeiten); 352, 14- 17 (Siruation Kaiser Manuels in Brussa); 354, 355, 357, BKyd, 358, BKyd, 359, BKyd, 364, D, 0415, E, 0425, 26-28 (Intriganten und Neider am Kaiserhof); 358, BKyd, Xl (von Ioannes V. «kaltgestellt»); 367, ZG, 369, ZG, 2. (Verrohung der Sinen); 0420, 3 - 13. 24-27, BKyd, A. 4 (intri gante, aufdringliche Mönche); 431 (Ent täuschung über die Unzuverlässigkeit des Kalopheros); siehe auch unten, Palaiolo gos, Ioannes V. K., D.: Krankheiten 386, 6- 13, BKyd (Au genkrankheit, Schwäche und Ermanung); 0402, 8 - 1 9 (Zahnschmerz); 436, A. 4
1. HISTORISCHES REGISTER
K., D. und Palaiologina, Helene, Kaiserin 442, passim K., D. und Palaiologos, Ioannes V., s. u., Pa laiologos, Ioannes V. K., D. und Palaiologos, Manuel L tiefe Zuneigung für -: 353 passim; 354, 8 - 1 2; 355, 4-20; 356, 357, 358, 359, BKyd; 361, BKyd, A. 2; 374, E, BKyd, BE; 375, 10- 14; 392, 4-7; 437; 2. Vertrauen auf die Zuneigung -s: 368, 10- 16; 3. «Dreiecksbeziehung» K., D., - und Rha denos: 346, BKyd; 347, BKyd; 348, BE; 349, 36-38 (gemeinsame Trauer um den verstorbenen Rhadenos); 4. lflb für -s Stil und seine literarischen Leistungen: 363, 9-30; 372, 47-49; 373, 1 8 - 34; 381, 13 -20; 383, 6-24 (gegenseitiges Lob); 385, 17-20; 433, 4-31; 436, 2 8 3 7 ; 5 . -, der erhoffte Retter des Staates bzw. Konstantinopels: 386, 17-26, A.3 (Hoffnung, einst ein Siegesenkomion auf Manuel zu halten, die sich nicht erfüllte); 433, 106-108; 434; 435, 1 0 -21; 6. Respekt vor -s Kaisermacht: 352, 4-13; 7. Traum von -: 390, 26-32; D; 8. Vermittlung von Kontakten -s zu ande ren Freunden: 362, 4 - 8 (Maximos Chry soberges); 388 (Empfehlung eines bil dungsbeflissenen jungen Mannes); 9. Kritik an -: 346, BKyd; 347, A. 9; 348, Xl; 349, Ep1 (Ep2: Antwort Manuels), A. 1; 351, passim (Türkenpolitik); 352, A. 1 (Sorge um sein Seelenheil in islami scher Umgebung); 363, 49-54 (zu große Ehrfurcht vor seinem Vater); 370, 12-36 (Jagdleidenschaft, welche die geistige Be tätigung behindert); 371, passim, Epl-2, A. 7 (ungerechter Tadel zurückgewiesen); 372, BKyd (Warnung, Platons Rhetorik seiner Philosophie vorzuziehen); 372, A. 4 (Anfälligkeit für Schmeichelei); 375, 44-47 (bei der Verteilung von «Geschen ken» Anspruch angemeldet); 3 8 1, 6 - 1 1 (Anmahnung eines versprochenenen Zie-
genfells); 446, Xl, X2 (ausbleibende Zahlung moniert [?]) K., D.: Peloponnes 430, 8 6f. (Plan, auf der - zu wohnen); vgl. auch 431, BKyd K., D.: Privatmann 352, A. 9; 365, 4f., 371, 21 (als - im Palast); 372, 41 (nennt sich ,;a:rtELv6�, unbedeutend, ironisch); 385" 10; Vorbemerkung vor T395; 400, D; 0418, BKyd; 446, D, BKyd K., D.: Sarkasmus (sarkastisches Lachen) 343, A. 12; 365, 40; 367, 17f.; 398, 9f.; 0410, 43f. K., D.: Träume 360, A. 9; 365, A. 9; 390, 26-32 K., D.: Verwandte in Konstantinopel 431 , BKyd; 442, A . 2 K., D.: Werke 0404, A. 1 (Rede auf die Himmelfahrt Christi); 0410, passim (Rede auf die Verkündigung an Maria); 441, Hss (ein Fragment) Laskaris, Erard, Sohn des Kalopheros 431, BE Laskaris Kalopheros, Ioannes, s. o., Kalo pheros Lateiner 390, 13f.; 394, 43f., A. 8; 441, 12f.; 442, BE lateinische Sprache 390, A. 2 (Kyd. und die -); 441, 4-15; siehe auch oben, italische Sprache Lazar, serbischer Fürst 384, D, A. 1 Lemnos (Afj!Lvo�), Insel 349, D; 355, 30; 358, 36; 359, OE; 361, OE, D; 362, OE; 363, OE(?); 367-373, OE; 374, 35 (Schafherden), OE, Xl; 375, OE, A. 6; 376-378, OE; 381, 25t., OE; 383, 384, OE; 385, OE, D; Vorbemerkung vor T395; 396, OE; 0413, D; 0423, OE (?); 440, 47 Leontares, Briefbote 0425, Xl Lesbos (Ae()"ßo�), Insel 342, OE ( ?); 343, 344, OE; 345, 349, OE; 363, D; Vorbe merkung vor T395 (Kaiser Manuel von zurückgekehrt); 395, 8, Xl, A. 4; 0412, A. 3; 441, OE
297
REGISTER
Mailand 394, 12 (MEÖLOA.avE'\J�, Mailän der); 448, E Makarios, Metropolit von Nikomedien, Großrichter 440, E Methone (Modon)/Peloponnes 360, OE (?) Migliorati, Cosma Gentile de' -, Kardinal (1404-06: Papst Innozenz VII . ) 427, D; 428, Xl, A. 1 Mistra (Mul;T]eQä�)/Peloponnes 350, 380, OE; 391, OE, Xl; 393, 0425, OE; 430, OE, BKyd; 431, BKyd; 442, A. 1 1 MitylenelLesbos 343, 55; siehe auch oben, Lesbos Murad 1., Sultan der Osmanen (1362-89) 342, BKyd, ZG; 343, X6, A. 22; 345, ZG; 349, 351, OE; 360, ZG; 380, D; 383, D, Xl (<<der Verfluchte»); 384, D; 435, Xl; 442, BE, Xl -3 Nathanael, Mönch 0419, E Neilos Kerameus, Patriarch von Konstanti nopel 403, X3 (?) Nikephoros II. Dukas von Epeiros 442, X6, A. 33 Obilic, Milos, serbischer General, Mörder Murads 1. 383, Xl Oinaiotes, Andronikos, Großrichter 440, ZG Osmanen, osmanische Türken 342, BKyd, ZG; 342, A. 21 (Beschwichtigungspolitik gegenüber den -); 343, X6, ZG; 345, 17 -2 7 (trügerische Friedensbereitschaft der -); 345, 41 ( <
298
Palaiologina, Helene (Kantakuzene), Gattin des Palaiologos, Ioannes V. 384, D, BKyd, Xl; 442, passim, insbesondere: E (Nonne Hypomone), BE, A. 29 (Bildung, literarische Werke) Palaiologina, Maria, Tochter des Palaiolo gos, Ioannes V. 442, X8 Palaiologina, Maria, Schwester des Palaiolo gos, Ioannes V. 442, X8 Palaiologina, Maria-Martha, Schwester des Palaiologos, Michael VIII. 442, A. 33 Palaiologos, Andronikos IV., Kaiser, ältester Sohn des Palaiologos, Ioannes V. 351, A. 2; 358, D; 360, ZG; 380, Xl; 0411, E; 440, ZG; 442, BE, X4, A. 8 Palaiologos, Ioannes v., Kaiser 343, X4; 347, Xl; 351, Xl; 352, Xl, A. 1, 3, 4; 353-355, Xl; 357, BKyd, Xl; 358, BE (verbannt seinen Sohn Manuel nach Lem nos), Xl (schließt Kyd. von jeder politi schen Tätigkeit aus); 359, BKyd; 360, BKyd, Xl, ZG; 361, E; 362, Xl; 363, Xl, A. 9, 10; 365, D, Xl (der Erkrankte empfängt Kyd. leutselig); 372, 375, Xl; 380, D; 382, E; 383, OE, A. 5; 384, D, Xl, A. 6, 7; 386, D, Xl; 387, D (Gene sung von schwerer Erkrankung), Xl, A. 7; 390 (Kyd. träumt von einem Besuch bei -); 388, ZG, 399, Xl (Vedall der Bil dung unter -); 397, E, D, BE (schönster Brief des Kyd. an -); 398, D, Xl; 399, 400, Xl; 0406, E, D; 0411, E; 0413, 0420, D; 0421, X3 ; 427, D; 430, Xl, Xl; 435, Xl, A. 7 (indirekte Kritik an -); 440, D, X3; 442, BE, Xl, A. 22; 446, Xl Palaiologos, Ioannes VII . , Kaiser, Sohn des Palaiologos, Andronikos IV. 360, ZG; 386, 401, 427, D; 428, A. 6; 429, D; 430, X3
Palaiologos, Manuel II., Kaiser, Sohn des Pa laiologos, Ioannes V. 1. - ist Empfänger (E) folgender Briefe: 342 (?), 349, 351 359, 363, 364 ( ? ) , 368, 370-372, 374, 375, 381, 383 -385, 385" 386-389,
1. HISTORISCHES REGISTER
392, 395, 399-401, 427, 429, 433 -439, 446 ( ? ) . 2. Folgende andere Kategorien des Kommentars beziehen sich, in Briefen an ihn oder andere, auf ihn: 343, XS, ZG, A. 1 8; 344, X2; 345, OE, D, X2, ZG; 347, Xl; 349, OE, D; 351, A. 2 (Verteidi gung Konstantinopels gegen die Genue sen, 1379-81); 352, BE, A. 4; 357, BE; 358, D (Datierung der Abreise nach Lem nos), BE; 361, 362, BE, Xl; 363, BE, A. 1, 5 (Bezugnahme auf -s Abhandlung in Briefform LetMan, Nr. 67); 367, D, Xl; 369, BKyd, Xl; 375, BE, Ep; 376, X3; 383, A. 5; 384, D, X2 (Beziehung zu seiner Mutter, Palaiologina, Helene), A. 5; 3 85, 385», Ep; 386, D, BE (Rück kehr aus Lemnos), ZG; 3 87, A. 6 (Dank rede zur Genesung seines Vaters, Palaio logos, Ioannes V.); 388, D; 391, X2; Vor bemerkung vor 395; 0412, BKyd (Vereh rung für Ioannes Chrysostomos); 0413, D, Xl; 0420, D; 427, D (erster Kriegs dienst bei Bayazid 1390/91); 429, D (zweiter Kriegsdienst bei Bayazid 1391/ 92); 433, BE (Situation bei Bayazid in Anatolien), ZG; 435, BE; 436, Ep; 437, D (Feldzug 1391/92 oder Treffen mit Bayazid in Serres, 1393 ?); 442, D, BE, X2, Ep, A. 22; 444, D, Xl (?); 445, D, Xl; 446, Xl ( ? ) . Palaiologos, Michael VIII. , Kaiser 428, OE; 442, A. 33 Palaiologos, Michael, Sohn des Palaiologos, Ioannes V. 380, Xl Palaiologos, Theodoros, Sohn des Palaiolo gos, Ioannes V. 350, E; 380, E, D (pak tiert mit dem Osmanensultan Murad 1.); 391, E, D, ZG, A. 2, 3; 393, 0425 E; 430, E, BE; 442, BE, X3 Palaiologos, Theodoros, Protobestiarites 361, E, BE; 396, E Palamas, Gregorios; Palamiten 0403, X3; 0410, 17-29, E, BKyd, A. 4, 6
Pantaleone Barbo il Giovane, Gesandter der Republik Venedig 432, D, Xl, Ep Paphlagonien 430, A. 6 Parori bei Mistra, Peloponnes, Panagia-Kir ehe, Inschrift 380, D; 391, A. 2 Paulus aus Mailand 394, OE, D, Xl (kommt zum Studium nach Byzanz); 0401, A. 3; 448, E (in Kaffa) Peloponnes 350, D (von Tücken bedroht); 360, BE (Fürstentum Achaia); 380, OE; 391, OE, A. 2 (Unbotmäßigkeit des ein heimischen Adels); 0425, OE; 430, OE, BKyd (Kyd. plant, auf der - zu wohnen) Pera (Galata) 428, OE, A. 6; 441, OE; 442, BE; siehe auch oben, Dominikaner kloster in Petit, s. o., Elias Petit Phialites, Briefbote 393, Xl Philadelpheia 427, D Pompeiupolis 430, A. 3 Pontos 430, A. 6 Pothos 398, E Rhadenos aus Thessalonike, Schüler des Kyd. 343-345, 347, 348 E, BE, pas sim; 346, E, BKyd; 349, Xl (Tod des -), A. 3; 352, A. 1 Rhadenos: Diener (oLl�e"t'T]<;) des - (ein ge schäftlicher Verbindungsmann (?); siehe 344, BE) 343, Xl, Ep2, A. 3; 345, BE, Xl, Ep Rhadenos: Familie, Geschäfte der - 344, BE; 347, A. 10; 348, 2 8 - 34 Rhadenos: Vater des - 344, BE; 348, E Rhales, Anwärter auf ein Hofamt 0418. Xl
Rhein (am 39
=
im femen Abendland)
394,
Rhomäer, 'PWI!OLoL ( Byzantiner) passim Rom 0406, A. 1 (Palaiologos, Ioannes V., in -, 1369170); 427, D; 428, BKyd, 430, BKyd (Gräber der Apostel) Salutati, Coluccio, Staatsmann in Florenz 384, D =
299
REGISTER
Selymbria, Thrakien 360, ZG ( << Apanage» Ioannes' Vll. ) Serres (Serrai) 429, 437, 438, 0 Sinope 430, A. 6 Tarchaneiotes, Manuel (?) 3 94, E, OE, BE; 0417, E, BE, Ep (Tod der Gattin); 0420, E; 0421, E, BE Tarchaneiotes, Manuel (?): Gattin des 0417, Xl Tenedos, Insel 345- 347, OE; 349, OE Theodoritos, Mönch 0422, E Thessalonike 1. Eroberung durch die Osmanen 1387: 342, 0, BKyd, ZG; 349, 0; 2. Wohnon des Tarchaneiotes, Manuel (?): 394, OE, BE; 0417, OE; 0420, OE (?); 0421, OE, 0 Thomas von Aquin 0411, 1 0 - 14, E, A. 2 Triboles, Briefbote 391, Xl TrogirlDalmatien 384, 0 Türken 429, D (Emire von Sinope, Amisos, Kastarnon und Sebasteia); 430, A. 6
1 .2
Osmanen Turin: Frieden von - zwischen Venedig und Genua, August 1381
345, OE; 0406,
A. 3 Tvrtko, König von Bosnien Venedig
3 84, 0, A. 1
360, OE (?), BKyd; 380, 0; 394,
o (Kyd. vor der Abreise nach -), A. 7;
Vorbemerkung vor T395; 0406, A. 1, 3 (Chioggia-Krieg); 0414, 0; 427, OKyd, D; 428, 5 1 - 54 (<<Stadt der Kaufleute» ); 430, D, A. 7 (Kyd. von - zurückgekehn); 431, BE; 432, BKyd, Xl, A. 9; 435, BKyd; 441, OE (?) (Dominikanerkloster SS. Giovanni e Paolo); 442, 0 ( Gesandte aus -) Visconti, herrschende Familie in Mailand 428, ZG Vukovic, Vlatko
384, 0 (Sieger bei Bileea
1388 über die Türken), A. 1
Sachen
Aristokraten 395, ZG «
300
(Emir von Sinope); siehe auch oben,
fänger der griechischen Weisheit). 47f. (ironisch); 442, BE (in einer Rede Kaiser Manuels) Bettler 394, 27-29 (die Technik der -, Mitleid zu erregen); 401, A. 3 (- müssen die Landessprache beherrschen) Bildung 1. durch Studium antiker Autoren: 359, A. 1; 2. - nützt dem Kaisenum: 399, 14-29; 3. Empfehlung eines Adepten der -: 388; 4. der gebildete Kaiser im Barbarenland: 433, 55f.; 5. -sauftrag der Mönche: 0414, 22-28; 443, 19 -26; 6. Klage über -sfeindlich keit und Niedergang der - in Byzanz: 381, 12; 383, 25 - 3 1; 388, 6-9. 3 5f., ZG; 394, 0; Vorbemerkung vor T395; 399, Xl, ZG; 7. Armut als Hindernis der -: 388, 29f.; 394, 4f.; 8. kaufmänni sche Tätigkeit ist der - abträglich: 448, E.
1. HISTORISCHES REGISTER
Bücher 382, 4 (Geschenk) Chaos der Elemente am Anfang der Welt (Anaxagoras) 372, A. 7 Christenheit ("to KOLVOV "tÖlV XQLO'"tLUVÖlV) 383, A. 1 Dank, geschuldeter, ein Schatz 383, A. 1 Diebstahl 367, 22-26 (ironisch angera ten); 0403, 3 - 10 (ungerechtfertigte An klage) Diener (ÖulKOVO�, OLxt"tT]�) 349, E; 352, 51; 365, Xl, X3; 393, Xl; 0403, X2; 428, 4f. Diplomatie: Regeln der - ("to "tfi� n:QeO"ßeCa� OXfiILa) 347, 38f. Ehre als Wertbegriff 348, 17 ("t4J.f)); 363, A. 12 (ö6;a, guter Ruf) Eid (der Großrichter) 440, A. 9 Epidemie, s. u., Pest, Seuche Ernährung, schlechte 369, 1 0f. (auf Lemnos); 442, 1 13f. (im Gefängnis) Feldherren, Ansprachen von - 380, A. 4 Finanzbeamte, betrügerische 398, A. 3, 4 Freiheit (vor äußerem Zwang) als Wertbegriff 345, 44; 348, 17. 23. 34; 349, 13 Fremde, Aufenthalt in der - 351, A. 7; 354, 4; 362, 9, OE; 400, BKyd; 428, 56; 431, 11. 83; 433, 20f.; 435, 44f; 438, 20-22, OE; 447, 9f., OE; siehe auch oben, Ausländer in Byzanz Freund 348, A. 1 (der - , ein anderes Selbst, <j>o.ov aMOv ea1J"t6v eIVaL); 440, A. 2 (Freunden ist alles gemeinsam) Freundschaft 348, A. 1 (Bekenntnis zur -); 440, 4-13 (Erhaltung der - durch offe nes Diskutieren von Konflikten); 353, 5-7 (Rücksichtnahme als Beweis der -); 0410, E (Warnung vor Gegnern als Zei chen der -); 0417, 6f. (Freunde teilen Freud und Leid); 0423, Xl (Erinnerung an einen verstorbenen Freund); 431, pas sim, 440, E (enttäuschte -); siehe auch unten, 4.1, s. v. Gericht, kaiserliches 372, 3 6f., A. 12
Geschenke 1.- des Kaisers, der Kaiserin, des Despoten: 365, 35; 375, 35f. 45f. (- angemahnt), Xl; 378, 10f.; 380, BKyd, BE; 382, BKyd (- angemahnt); Vorbemerkung vor T395; 0406, 28; 0421, A. l; 442, BKyd; 2. trügerische Geschenke der Türken: 345, 17f. 22-24; siehe auch unten, 4.1, Geschenke (mit Be gleitbrief übersandt) Getreideversorgung 344, 1 8 (durch Rhade nos); 345, 17f. (durch die Türken) Gott 342, 21 (nach dem Fall Thessaloni kes: - will Versklavung der Rhomäer); 366, 4-21 (seine Strafe ist zu befürchten, seine Langmut zu erhoffen); 0410, 23f., A. 5 (sein Wesen, seine Energien, aus der Sicht der Palamiten); 041 1, 36f. (Vergel ter des Guten); 0417, 41 - 60 (man soll sich seinem Willen fügen), 64-76 (er wendet alles zum Besten) Gott: Bezeichnungen für - wie VORSEHUNG und, für Jesus Christus, ERLÖSER und WORT werden zur Kennzeichnung ihrer Bedeutung im Text grundsätzlich mit Ka pitälchen geschrieben Großrichter (bzw. Allgemeiner Richter) der Rhomäer 440, E, BKyd, Xl, X2, ZG, A. 6, 8, 9 Handelsunternehmer 448, E (Paulus aus Mailand) Hesychasten 343, A. 20 (Kontakte des Rha denos zu den -); siehe auch oben, 1.1, Palamas, Palamiten Hungersnot 0426, 1 0 - 14 (im Winter); 433, 82-88 (im belagerten Konstanti nopel) Intrigant 358, 6-13 (Typenbeschreibung) ]agd(leidenschaft) 1. Kaiser Manuel auf LetDDos: 370, 23-34. 45; 372, 35; 385·, 13f. 18 -20, 2. Asanes, Ioannes: 0424, BE; 0426, 24-44 Kaiser, allgemein 372, 4-13 (behält immer Recht, vor allem, wenn er die Redekunst
301
REGISTER
beherrscht); 385, 1 6f. (Leutseligkeit als Postulat) Kaiserkritik 435, 16- 18. 33f., A. 7 (- an den Kaisern vor Manuel 11., vor allem an Ioannes V.); siehe auch oben, 1.1, Kydo nes, Demetrios und Palaiologos, Manuel, 9.; Palaiologos, Ioannes V. Kaiserlob (und Herrscherlob )
1.
für Pa
zugleich); 363, 23- 30, 387, 4-31, A. 4, 436, BKyd (von Natur literarisch begabt, braucht keinen Lehrer der Rhetorik [en komiastischer Topos] ), A. 15 (seine Men schenliebe, (jlv..uv8QomCa); 433, 20-22. 22- 3 1 (weder sein Kriegsdienst bei Baya zid noch seine Trinkgelage mit ihm beein trächtigen ManueIs Briefstil); 434, 25 29 (Notwendigkeit eines vernünftigen Oberhauptes); 3. für Palaiologos, Theo doros, Despot: 0425, 9 - 16 (Krieger und Literat zugleich); 4. Palaiologina, He lene, Kaiserin: 442, passim. Kopialbuch, s. u., 4.1, Briefsammlungen Krankheit und Behandlung 365, D, Xl; 374, 4-11; 387, D; 0402, 5f. (Arzneien). 19-25 (Gebet). 20 (Besprechung, btwör,); 0406, 12- 15. 17f. (Erkrankung der Beine); 433, 40-44 (Erkrankung durch unsauberes Wasser); 449, 6f. 9f. 14f., A. 1, A. 6 (Erkrankung [Bruch?] eines Fu ßes oder Beines); siehe auch Kydones, De metrios, Krankheiten 384, A. 9 (als Feinde der
302
größte Unglück), A. 9 (- mit schlechtem Gewissen ist das größte Unglück) Leuchten, s. o., Lampen Mathematik
0405, passim
( der Atlantische Ozean) =
383, 28 Mesazon (leitende Stellung am Kaiserhof) 400, Xl, A.3 (Angaben zur «Wahl» des -) Mönch(e), Mönchrum
366, E; 403, 12f.
( Galaktion, ein gebildeter -); 0416, E; 442, 163 - 1 69 (monastisches Ideal der Palaiologina, Helene); 0420, BKyd, Xl (Kritik an Mönchen); 0414, 22-28, 443, 19 -26 (Bildungsaufttag der -); siehe auch oben, 1.1, Athanasios; David; Do minikanermönche; Ioasaph; Nathanael; Theodoritos; siehe auch unten, Nonnen kloster Mondphasen (Neumond)
434, 1 3 - 16, D,
A. 4 Natur, natürlich 19-22;
1. Familienbande: 351,
356,
19f.;
357,
18f.;
361, 4. 9f., A. 1
442,
52f. 76; 2. Begabung: 387, 4-31; Heilungsprozeß: 373, 9; 0402, 6f.;
3. 4.
natürlicher Anspruch auf Wahrung der persönlichen Ehre: 363, 51f.;
5. Natur
des Menschen und der Tiere: 0426, A. 15 (Gregor von Nazianz) Neid
(in
schaft)
der
zeitgenössischen
Gesell
355, 22-26, A. 5; 360, A. 1 ;
siehe auch oben, 1 . 1 , Kydones, Deme trios, Klage Nonnenkloster
0420, 21-24; 442, OE, D,
BE, A. 3 3 Pannychis (liturgisches Nachtgebet)
Kürschner 396, A. 1 (für lernnische Schaf felle) Lampen (oder Leuchten) 365, A. 5; 382, A. l Landbesitz (auf Lernnos)
363, A. 5 (durch Standhaftigkeit
bewältigen), A. 8 (unverdientes - ist das
Meer, das äußere
laiologos, Ioannes V.: 382, 19 -22 (ent spricht der Idee des guten Herrschers; captatio benevolentiae); 2. für Palaiolo gos, Manuel 11.: 359, 4 - 1 1 (als Philosoph und Ästhet); 370 (für literarische Werke); 384, BE, 436, 5 -24 (Literat und Krieger
Kriegsveteranen Bildung)
Leiden
0424,
A. l Pelz (yoiivu)
393, 20-24, A. 4, 5; siehe
auch unten, Tierfell Pest Pferd
360, BKyd, A. 3; 435, A. 2 349, OE; 386, 9; 401, 5; 0425, 1 1
1 . HISTORISCHES REGISTER
« Pforte» (mJAaL), orientalische Bezeichnung für den Herrscherpalast 343, A. 26; 347, 45; 349, OE «Philosoph» Mönch 0416, A. 2; 428, E Piraten 345, 12f., OE Plejaden, Gestirn 378, A. 2, 3 (Auf- und Untergang dient der Zeitberechnung) Proskynese 390, 1 0 Protobestiarites, Titel 361, E Purpurgewand des Kaisers 3 8 1, 10; 399, 28 Ramadan, islamischer Fastenmonat, Ende des - 429, D; 433, D; 434, D, A. 1 Rhetorik, politische Bedeutung der - 399, 12-29, BKyd Rosen (im Garten) 397, 7- 1 1 Schafe 367, 7 (wichtig für den Lebensun terhalt der Arenen); 390, 6-17, BKyd (Schaffell als Kleidungsstück oder Decke); siehe auch unten, Tietfell Scherz und Ernst (platonischer Topos) 363, 4-10. 39f., A. 1; 0424, A. 7; 433, 22-31 Schicksal (als Ursache des Unglücks) 361, 30; 431, 6 1 - 65; 442, 84f. Schisma, abendländisches (13 78 - 1417) 0406, A. 3; 428, X2, ZG Schneefall in Konstantinopel 0426, 5-10. 1 7f. 20-23, D Seeleute, rauher Charakter der - 442, A. 2 Seuche 442, A. 18; siehe auch oben, Pest « Sklave» als Schimpfwort 440, X2 Sklaverei (drohende Versklavung durch die Türken) 342, 20; 344, 25, BKyd; 345, 26f. 47; 348, 22f.; 351, BKyd; 431, 71f., Xl Söldner 391, A. 3; 395, 5 - 10, Xl; 401, 4-15 Sport betreiben 361, 11 =
Stateren (antikisierende Geldbezeichnung) 3 82, 9 mit A. 4 Stauraton (spätbyzantinische Silbermünze) 382, A. 4 Steuerdruck 369, ZG Strafe für Sünden: Unglück als - 430, 2630; 435, 21 -29. 40f., Ep, A. 8 Sultan (Titel) 349, OE Synodalakt von 1351 (Dogrnatisierung der Energienlehre des Palamas) 0410, A. 6 Tierfell 378, A. l; 381, D; Vorbemerkung zu T395; 396, BKyd; siehe auch oben, Pelz, Schafe; siehe auch unten, Ziegen Trauer um die Toten 0417, 3 3 - 60 (Warnung vor maßloser -) Traum 390 (Beschreibung eines -es) Urkunde 1. kaiserliche: 0406, A. 2; 0420, Xl; 2. patriarchale: 361, E Vorsehung, göttliche 3 69, 42; 387, 45; 393, 11; 0411, 24; 0417, 64. 71; 431, 36. 92f.; 435, 25; 438, 35; 442, 88; siehe auch oben, Gott Wein und Lebensfreude 380, A. 3; 433, 22-31, A. 5 Weizenemte 397, 8f. Wohnhaus, Einrichtung 392, 21 (Feuer stätte, Kamin); 0426, A. 2 (Sitz- und Lie gebänke) Würfelspiel 363, 40 Zelte 343, Ep5, A. 18 (Behausung des Pa laiologos, Manuel auf Lemnos) Ziegen 3 8 1, 6 - 1 1 (-fell, tQclYWV ÖOQcl, ge nauer: Fell des Ziegenbocks); 381, 25f., D (-herden auf Lemnos) Zirkel, literarischer (geatQov) 370, 43 45; 388, Xl; 0410, E, BKyd, Xl; 0423, 5 - 7, BE, Ep, A. 2
303
REGISTER
2. BRIEFREGISTER 2.1
Adressaten der in den Kydonesbriefen erwähnten eigenen Briefe
Chrysoberges, Maximos
373, Ep2
=
=
(mehrere Briefe,
=
Gattilusio, Francesco
=
=
dere?)
T369, 373?)
II. 343, Ep5
Palaiologos, Manuel II. 349, Epl (vgl. T347, Xl); 370, Ep (zwei Briefe); 371,
2.2
Ep2 ( T368); 372, Epl ( T368); 434, Ep (mehrere Briefe, T429, 433 und an =
( T369?); 376, Ep3 ( T362?); 376, Ep4
Rhadenos 343, Epl (drei Briefe), Ep4, A. 6, 7 (ein Brief T328); 344, Epl =
( T343); =
Die in den Kydonesbriefen erwähnten oder zitierten Briefe anderer Personen 2.2.1
Absender von Briefen an Kydones
Athanasios, Mönch auf Kreta 432, Ep Chrysoberges, Maximos
0414, Ep;
3 62, Ep
(
=
376,
Ep2?); 373, Epl; 376, Epl; 441, Ep (la teinischer Brief) Konrad von Ancona 0406, Ep2 Palaiologos, Manuel II. 349, Ep2; 371, Epl ( 372, Ep2); 3 8 1 , Ep (mehrere Briefe, nicht erhalten); 383, Ep; 385, Ep; 429, D (T429 antwortet auf LetMan, Nr. 14 [429, A. 1]; Antwort aufT429 ist LetMan, =
2.2.2
Nr. 1 6 [429, A. 2]); 433, D, BE, Ep, A. 1, 2, 4, 6 (T433 antwortet auf LetMan, Nr. 16); 435, D, Ep (LetMan, Nr. 21 ant wortet auf T435); 436, Ep ( LetMan, Nr. 14?); 439, Ep ( LetMan, Nr. 20?) =
=
Rhadenos 343, Ep3; 344, Ep2; 345, Ep (mehrere Briefe, darunter auch T344, Ep2) Tarchaneiotes, Manuel ( ? )
0417, Ep (An
zeige des Todes der Gattin); 0420, Ep
Absender von Briefen an andere Personen
Konrad von Ancona 0406, Ep (an Palaio logos, Ioannes V.) Palaiologos, Manuel II. 363, Epl, A. 1 (an
Ep (an Palaiologina, Helene, seine Mut
Nikolaos Kabasilas, Abhandlung in Brief
ter); 440, Ep (literarisch anspruchsvolle Korrespondenz mit einem jungen Mann 440, Anonymus Xl)
form LetMan, Nr. 67); 374, Ep (an Pa laiologos, Ioannes v., seinen Vater); 384,
Rhadenos 343, Ep2 (Briefe an diverse Per sonen, u.a. auch an einen Diener des
=
=
Kyd.)
304
2. BRIEFE, 3. GRIECHISCHE STICHWÖRTER
3 . GRIECHISCHE STICHWÖRTER (Übersetzungen stehen mit, Erläuterungen ohne Gleichheitszeichen in der Kl ammer)
äYVOLO (= mangelndes Empfinden, Blind heit) 376, A. 1 OLÖW� (= Kleinmut?) 345, A.5 CUtLVI]OLa (= Ruhigstellung, von Hippokrates zur Heilung einer Fraktur empfohlen) 449, A. 6 cl!-toTeQoYAwoOO� 441, A. 2 (Zenon von Kition) clvoYKa�w (= überreden, veranlassen) 360, A. 5, 6 äv6Qwrto�, 1) (respektvolle Bezeichnung ei ner weiblichen Person, sc. Palaiologina, Helene) 384, A. 1 1 ävw KaTw 440, A. 12 clQen1 (= moralische Autorität) 387, 50 änw (attisch für: cltaOW) 3 65, A. 8 oVToKQaTwQ ÖLOLKT]nl� (= legatus Apostolicae sedis) 428, A. 1 ßoü� !-t0L trtl YAWOCJ'[l 0402, A. 2 ÖL6eQo (= Tierfell, Leder) 378, A. 1; 381, D etKoAoYLO (fehlerhaft statt KOKOAOYLa?) 375, A . 1 EKKAT]TOV rtOLELV (= an das Appellationsge richt delegieren) 372, A. 1 tAAT]VLKÖl� A€.yeLv 390, 1 9f. tA:rtLöe� ßOaxOUOL TOiJ� äQovo� 375, A. 1 1 t�w!-tU; ( = Schulterjacke, Gewand der Hirten und Bauern) 381, 10f. t06Aa &.rr t06AÖlV 345, A. 7 (TOV) 1]nw Myov KQeLnw rtOLELV 371, A. 1 6e� !-tOLQ<;1 366, A. 2 6eoto 'Lxvea 0424, A. 9 6ewQT]!-to 0422, A. 3 LKET1]QLa (Antike: Zweig als Zeichen eines Bittstellers) 343, A. 25; 347, 44f. Ko6oALKOi. KQLTOi. TÖlV 'PW!-tOLWV 440, ZG Koi:aoQ (der römische Kaiser zur Zeit Chri sti) 347, A. 1 1
KeaAOLOV 3 82, A. 6 ( = Abgabe, geschuldeter Betrag); 440, A. 11 (Etat) KALVTj (= Ruhebank) 426, A. 2 KOLAT] voü� 360, A. 3 KOWa Ta TÖlV LAWV 348, A. 1; 440, A. 2 (TO) KOLVOV TÖlV XQLOTLaVÖlV 384, A. 1 KOLVO� rtOnlQ (= Papst) 428, A. 3 KOQU" (sc. Ti'j� LAOOOLO�) 372, A. 1 5 KW!-tWÖLa (= Beschimpfung, Tadel) 366, A. 1 (Erläuterung der Bedeurung); 347, A. 8; 442, A. 19 Myo�, s. u., 4.2.1, Wortspiel Myo� statt ö!-tLALa zur Bezeichnung einer theologischen Rede im Unterschied zur Predigt 0404, E; 0410, A. 1 - 3 AUrtQO� = AUrtT]QO� 359, A . 2 !-t€.oq,>, OL tv - (= Leute des öffentlichen Le bens) 441, A. 3; vgl. OL tv - 6ÖQUßOL (= Unruhen des öffentlichen Lebens), 443, A. 2 !-tT]öev äyov 0414, A. 3; 432, A. 7 Ö!-tOTEXVO� (= Kollege) 381, A. 4 ö!-tOü rtaVTO XQtl!-tOTO (Bezug auf das Chaos der Elemente am Weltanfang) 372, A. 7 oUöev 'ÜYLE� 350, A. 1 ÖXAO� äAAW� 0402, A. 1 rtaVTO QEL 0417, A. 3 rtoQQT]OLa äKOLQO� 352, A. 10 rtouw: rtOÜOOL TOLVUV (zur Formel siehe Bd. 1I2, Register, S. 662, s. v. ) 391, 15; 421, 15 rtAaVTj 351, A. 1 (verfehlter Gang); 351, A. 7, 354, 4 (Weg in der Fremde); 427, 6 (Odyssee) rtAtlnw Ta yovo-ra (Ausdruck innerer Bewe gung) 347, A. 4 rtOALTEUO!-tOL (= freier Bürger sein) 428, A.8 rtQo.aKUVTjO� (= tiefe Verehrung) T0414, A. 2; siehe auch oben, 1.2, Proskynese rtU!-tOTOV KOKOV 433, A. 9
305
REGISTER
oxavöa)..ov ( Falle) 354, A. 5 O1!J.LJ.LoQLa ( Steuerklasse) 395, A. 6 L'lJQaXO'IJOCOJv ÖEXa"tT] 0425, A. 3 O)(fjJ.La 365, A. 3 (würdevolles Auftreten); =
=
373, A. 1 (Rang, Stellung, sc. des Kai sers); siehe auch oben, 1.2, Diplomatie 'tE)..OJVELa ( Krämergeist) =
388, A. 3
'tQaJtEl;oJtoL6� ( Verpflegungsintendant) 343, 344, BE iJßQLOTiJ� öQv� 426, A. 9 <j>v..av6QOJJtLa ( Menschenfreundlichkeit, Menschenliebe, als Kaisertugend) 387, A. 15; 0406, 20; 442, 24. 202 =
=
<j>v..6xooJ.Lo� ( Liebhaber dieser Welt) 170 =
'tC9T]J.LL (statt 'tC6EJ.LaL) 'tu öJt)..a 386, A. 2 'tC6T]J.LL: 'tC6EJ.LaL 'tLVL ( einer Sache zustim-
442,
=
men)
372, A. 13
4. LITERARISCHES REGISTER 4. 1 Abschiedsbrief
Epistolographisches
348 (an Rhadenos); 431
Anklage wegen versäumten Schreibens 1. allgemein: 343, passim; 373, 5-8; 376, 16- 18; 380, 18f.; 385" 6 (<j>v..aC'tLO� ein allzu beflissener Ankläger); 0407, passim (Musterbrief?) 2. Verteidigung =
gegen -: 344, 4-7; 3 . - als Zeichen der Freundschaft: 344, 1 1 - 16; 370, 4 - 1 0; 373, 9f.; 0423, 11; siehe auch unten, Schweigen Anklage wegen Verständnis des Briefparr ners für versäumtes Schreiben (!) 371, 6-9, Epl (als widersinnig zurückgewie sen); 372, 17-20, BKyd (ironisch ge meinte Annahme der Anklage) Anrede des Briefparrners 1. HAUPT (XE $\Ja).."'): 1. Kaiser: 353, 10; 358, 5; 395, 23; 0406, 19; 0411, 14; 438, 4; 2. Des pot: 350, 11, E; 0425, 33; 2. �NSCHEN FREUNDLICHKEIT (<j>v..av6QOJJtCa): 406, 20 (Kaiser); 3. - in der 2. Person Plural: 343, A. 2; 4. - am Briefanfang: 391, 15, 446, A. 1, 449, 4, A. 2 (ÜQLOLE aVÖQöiv); 0412, A. l , 0422, A. l ('tLJ.LLE Jta'tEQ); 432, 4 ('tLJ.LLw'ta'tE J.LovaXöiv, ironisch); 448, 5, A. 1 (00 XQT]OLE IIa'ii l-.e)
306
Briefe
1. als Wertobjekt: 367, passim (lite
rarische Kostbarkeit); 380, 20 (bereiten
(an Kalopheros, Ioannes Laskaris)
Freude und sind Zeichen der Ehrung); 383, 24 (Wohltat); 3 83, BKyd, A. 1 ( wer den aufbewahrt ; siehe auch unten, Brief sammlungen); 2. ersetzen und ergänzen das Gespräch: 370, 8; 373, 11f.; 0407, 3f.; 438, 5; 3. vom Empfänger ignoriert: 343, 3 3 - 62 Briefe mit Geschenken, siehe Geschenke Briefe, LängelKürze 349, 4 (Entschuldi gung für Kürze); 350 (Kürze ist in schwe rer Zeit angemessen); 429, 5 - 9, 439 (kurzer Brief vermeidet Belästigung); 433, 4 - 1 1 . 1 8 - 20 (langer Brief, wegen seiner Schönheit gelobt) Briefe, Überlieferung der - im Autographen A (Vat. gr. 101): 1. Erstfassung liegr vor: 354, A. I -4; 385*; 2. versehentlich nicht numerierte Briefe: Gruppe 1: 349, 350, 351, 352; Gruppe 2: 388, 0402; Gruppe 3: 394, 427, 429, 430, 431, 434, 437, 441, 443, 447, 448, 449; 3. andere vermutliche Versehen: 345, A. 4; 3 62, A. 1; 0409, A. 1; 442, A. 3 1 Briefanfänge, einige häufiger vorkommende 1. Frage oder Ausruf zum Ausdruck des
4. LITERARISCHES REGISTER
Tadels oder der Enttäuschung: 344, 355, 371, 377, 381, 3 84, 386, 391, 434, 435, 449; 432, A. 1 (zu 1:L 1:0;); 2. allgemeine Feststellung: 359, 368, 3 83, 388, 0407, 430,
346, 432,
1:0'Ü348, 431,
440; 3. Bericht über vorausgegangene Ereignisse: 357, 374, 398, 0403, 0406, 0418, 0420, 0421, 0426; 4. Anknüpfung an eine vorherige Aussage oder Handlung des Briefpartners: 366, 367, 376, 378, 382, 0412, 0413, 0415, 0417, 0422, 433, 443; 5. capratio benevolentiae: 394, 395, 396, 0402, 0411, 0423, 444 Briefboten 1. unzuverlässig oder unwillig: 344, 10f.; 373, 8f.; 391, 8f.; 393, 410; 2. als Beweis für gesendete Briefe aufgezählt: 376, 22-24 Briefpartner hat nur an andere geschrieben (Vorwurf) Briefsammlung
343, 1 5 -22 383, BKyd, A. 1 (Samm
lung der Kyd.-Briefe durch Palaiologos, Manuel II.); 449, D (autographe - des Kyd. und deren Abschrift durch Kalekas, Manuel) Briefstil, von Stimmung abhängig 376, 3 1 33 Drohung (im Brief) 400, 1 9 - 36 ( - mit Zu dringlichkeit oder Ausreise bei ausblei bender Geldzahlung); 0413, 9 -25 (- an einen Beamten, sich bei ausbleibender Zahlung beim Kaiser zu beschweren); 432 (Abweisung zu großen Lobes durch - mit Abbruch der Korrespondenz); 440, 1 3 17. 126f. (- mit der mächtigen Fama, wenn der Adressat weiter eine verfehlte Personalpolitik betreibe) Empfehlungsbrief 343, Ep5; 388; 394; 395; 0402, XI; 041 1 ; 0418; 432, Ep Entschuldigung für versäumtes Schreiben ( <<Schweigen») 344, BE; 350, 4f.; 368, 4; 371, 3 5f.; 373, 4-6 (- nicht nötig, weil Brief schon unterwegs ist); 380, 7 (erfun dene - zurückgewiesen); 391, 7. 15 - 1 8 (- wird als versteckter Vorwurf gedeutet);
0423, passim; 0425, 20- 3 3 (die Scheu, zudringlich zu sein, als -); 3 52, 4-13, 371, 38 -42. 75f., 383, 19-24 (- ist ei nem Kaiser nicht zuzumuten) Eros-Topik im Brief 436, Ep; 437, BKyd Fordern von Briefen 344, 13- 17; 391, 6. 14; 370, 7f., 373, 9 - 1 1 (Zeichen der Zu neigung); 372, 32f., 385, 14f. (ironisches Versprechen, Briefe zu fordern) Freundschaft 1. Briefe als Zeichen der -: 342, 5; 343, 105f.; 373, 9f.; 440, 52f.; 2. Briefe als Zeichen der - sind nicht notwendig: 368, A. 3; 371, Ep1, 2; 376, 1 0 - 1 6 Fürsprache 0406 (Geldzuwendung i n einer Notlage); 440, 444 (für ungerecht Behan delte); siehe auch oben, Empfehlungsbrief Geschenke, mit Brief zugestellt 379, D (Früchte?); 389, OKyd, OE, D (Früchte aus dem Garten); 397, A. 1 (Blumen); 393, 20-24, A. 4, 5 (Pea) Invektive 0413; 0415; 0424; 445 Kondolenzbrief Gattin)
0417, passim (Tod der
Kontaktaufnahme Anfrage); 0423
0408 (als Reaktion auf
Kopialbuch, siehe oben, Briefsamrnlung Pflicht (zum Briefeschreiben) 1. - wird festgestellt: 342, 4f.; 350, 10; 376, 37f.; 383, Ep; 385, 7f.; 385", 4-6; 429, 4f.; 2. - besteht nicht für Kaiser und Despoten: 371, 24f.; 391, 4-6. 9 - 17 Schweigen (Terminus für unterlassenes Schreiben) 343, 1 7f. 26. 32. 59. 73; 344, 4f.; 359, 19-21. 30f.; 368, 8f.; 370, 1 0f.; 371, 34-36; 372, 1 8f. 3 1, Ep1; 373, 4; 380, 4-13. 1 8 -20; 383, Ep; 391, 6f. 45f., BKyd; 0423, 11. 14. 1 6f.; 0425, 5 - 7. 20f.; 438, 13f.; 448, 1 5f. 25f. 30f. Sentenzen, eingefügt in die autographe Brief sammlung (s. o.) des Kyd. 357, Hss (Grundsätzliches); 359, 386, 395, 399 (weitere -, siehe jeweils unter Hss) Trost durch Briefe 343, 30; 369, BKyd; 0417, passim; 448, 1 0f.
307
REGISTER
Vorlesen von Briefen
362, 10- 14; 383, 12;
393, A. 1; 0423, 5-7; 433, 1 8 -20; 438, 16f. 29f. Wörtliche Rede im Brief 1. Zitat eigener zu anderen gesagter Worte: 347, 24-27; 435, 40f.; 2. Zitat des eigenen Monolo-
4.2 4.2. 1
Beobachtungen zum Stil des Kydones
Argumentation, umständliche 343, BKyd, A. 4; 352, A. 1; 363, A. 10; 368, BKyd; 371, BKyd (449, A. 1: in einem Brief des Manuel Kalekas) Bescheidenheit, Plural der
381, A. 4
auf unterschiedlichen Bedeutungsebenen) 351, A. 8 (j.1LaV oQw
nQo� -rou� A6yo'U� av-rou� xtvtQOv !-l0L yevoj.ltv(f)v); 385, A. 3 (liQXeLv: herr schen; anfangen); 0403, A. 1 (der Diener Gottes . . . hatte einen Diener) Enkomion, s. o., 1.2, Kaiserlob (und Herr scherlob)
Zahlung ausbleibt); 0417, 4 (als «Feind» ansehen, wer eine Trauernachricht wei tergibt); 0426, Xl (in Konstantinopel im Schneegestöber ums Leben ko=en) 344, 28f.; 355, 22; 360, A. 4; 365,
37-40, A. 7; 365, A. 9; 367, 1 9 - 32; 370, Xl; 371, 49f.; 372, passim; 375, BKyd; 378, 4- 10; 381, 17-24; 393, A. 2, 7; 394, A. 3; 400, A. 4, 6; 0420, A. 6; 434, A. 1; 440, 76f.; 431, A. 2, ZG; 445, 16; 446, A. 4 Oxymoron 355, A. 4 (1. Verzicht auf Bil dung als Weg zum Erfolg; 2. sich «ehrgei zig» eine würgende Schlinge wünschen); 3 80, A. 2 (für Nichtschreiben ist Schrei ben die überzeugendste Entschuldigung); 3 82, A. 2 (einem Versprechen mit der Er füllung zuvorkommen); 0425, 4f. (sich über einen Tadel mehr als über jedes Lob
Fragenreihe, affektbetonte
440, 42-44
442, A. 25 (8 Glieder mit
derselben Partizipialendung) 1. « alle » : 351, 35; 3 83, Bf.;
3 84, 12. 15. 20; 387, 4-8; 0408, 4; 440, 106f.; 2. - der Feme 3 64, 1 6f.; 431, 80f.; 3. Verschiedenes: 343, A. 8; 344, 26f.; 361, 16f. 17f. 26; 3 64, 10 (die Gegner des Kyd. haben geschworen, ihr Leben lang gegen die Guten zu kämpfen); 372,
308
34-51; 381, 7f.; 382, 12- 14; 400, 3 6 (Androhung des Hungertodes, wenn
Ironie
distinctio (Verwendung desselben Wortes
Hyperbel
385'" l 1f.; 400, 32f.; 0425, 3 lf.
Rhetorisches
Anaphora 348, 19f. Antithese 379, 7f. (kleine Geschenke, mit großer Zuneigung gegeben)
Homoioteleuton
ges: 43 1, 61 -65. 87-90; 436, 4-9; 3. Zitat einer Aussage anderer: 365, 7-9; 370, 44f.; 371, 3 3f.; 374, 8 - 1 1; 390, 30-32; 0421, 8f.; 428, 36-42; 4. Zitat einer hypothetischen Aussage anderer:
freuen) Paronomasie
375, A. 9 (ne'ljlLv e'ljloj.1evT]�);
442, A. 18 (ALj.1ii> - AOLj.10U) Polyptoton
344, A. 1 (w(meQ naLffi nQoo nact;eLv); 354, 6 (froh mit dem frohen Kaiser vereint); 3 60, A. 8 (j.1TJ ßO'UAe1le OaUL, QUa ßeßo'UAeUOaaL); 363, A. 1 1 ({mEQ ö6STJ� naQa.öo;a MyeLv); 365, A. 6 (xaxoöa(!-l(f)v - e'ÖöaLj.1ov(a); 372, 32f. (alTl]o(f) - anaLTI]O(f)); 375, 19f. (der
4. LITERARISCHES REGISTER
für
kleine Ertrag einer kleinen Seele); 442, A. 9 (ELQX9EVt"(llv/ELQ�avtWv) praeteritio (scheinbares Übergehen einer dennoch zumindest angedeuteten Aus sage) 347, 46; 359, 28-30; 371, 70-
nen: gut für die Besserung der Seele; 375, 2 8 - 3 0 Gesundheit Kaiser Manuels:
73; 0424, 16f.; 442, 126-129 (hier: Ver zicht auf eine genauere Beschreibung
3 8 0, 22f. Briefe des Despoten Theodoros:
nach erfolgter Beschreibung) Prosopopoüe 351, 8 (Tatsachen, die bei
men; 385, 9 - 1 1 Lob von Kaiser Manuel:
nahe (schon selbst) schreien); 3 60, 49 (die Zeitumstände raten . . . ) Synekdoche 0412, Xl (andere ein ande rer); 0426, A. 11 (Rauch und Asche =
=
Ofen) Überbietung (iJ3tEQOXf)) Vgl. die grundle gende Erläuterung des Begriffs in Bd. I11, T3, A. 5. In der folgenden Aufzählung überbietender Vergleiche ist der erstge nannte Name oder Begriff jeweils dem zweiten überlegen; der dritte nennt das tertium comparationis. Zwischen den Be griffen steht je ein Doppelpunkt. Nach Semikolon folgt die nächste Stelle. Die Stellen sind nach der Abfolge der Briefe aufgeführt. 345, 42f. Türken: Vulkan krater: vernichtend; 349, 3 1 Rhadenos: Sohn: dem Kyd. lieb; 353, 10 Kyd.: Pfeil: schnell; 3 54, 14f. Berichte der Späher über Worte und Taten des Kyd.: Feuer ofen der babylonischen Jünglinge: hohe Fl amme; 355, 9 -20 Schweigen Kaiser Manuels: Schweigen einer Statue: betrüb lich; 356, A. 4 Kaiser Manuel: Nestor (Homll 1, 248f.): süße Stimme; 359, 2lf. Konstantinopel: Troja: unglücklich; 359, 23-25 Geschehen in Konstantinopel: Handlung einer Tragödie: leidvoll; 360, 16 Seereise mit Pestkranken: Sturm auf hoher See: gefährlich; 360, 44f. Kalophe ros: Vögel: Reisegeschwindigkeit; 363, 42-48 Kaiser Manuel : platonische Aka demie: Ethos; 3 64, 1 8 f. eigene Mitbürger: Kyklopen: ungastlich; 370, 44f. Kaiser Manuel: Demosthenes: Meister des Stils;
371, 62f. Wahrheit: eigenes Leben:
Kaiser Manuel wichtig; 373, 23-27 Re dekunst Kaiser Manuels: Gesang der Sire
Reichtum des Kroisos: wünschenswert; seine Geschenke (Wein u. a.): willkom Lob eines einfachen Bürgers: wünschens wert; 387, 3 3f. (mit Bezug auf Kaiser Ma nuel:) Anmut seiner Gedanken: Schönheit seines Stils: dominierend; 3 8 8, 12f. litera rische Bildung: kaiserliche Schätze:
für
Kaiser Manuels wichtig; 391, 28 Unter werfung unter die Osmanen: Tod an der Schlinge: unerträglich; 394, 27 Betteln: Tod an der Schlinge: schlimm; 0420, 1 1 Mönche: Kaiser: Experten i n weltlichen Angelegenheiten; 0423, 9f. Freund: Ge schwister: geliebt; 0424, l1f., A. 4 Freund: alle anderen: geliebt; 0426, 10-14 Be wohner von Konstantinopel: Noe (in der Arche): schlecht mit Lebensmitteln ver sorgt;
0426,
15f.
Anwesenheit
der
Freunde: Besitz: wichtig; 430, 55f. Zwie tracht
in
Konstantinopel:
literarische
Darstellung bei Homer und in der Tragö die: dramatisch; 437, 1 8 wildes Tier: Sul tan Bayazid: leicht zu zähmen; 442, 2426 Kaiserin Helene: liebevollste Eltern: gütig; 442, 78 - 8 1 Zwiespalt der Ge fühle: Tod: schlimm; 442, 89-91 aus Ha des und Tartaros: aus dem Gefängnis des Kaisers Andronikos: leichtes Entrinnen; 444 , 5f.: Kydones: eigene Geschwister:
dem Freunde lieb Unsagbarkeitstopos
442, 3 lf. (Lob der Kai
serin Helene); 442, 1 19f. 125f. (Schmach, welche Kaiserin Helene zu erleiden hatte) Wortspiel
371, A. 2 (mit der Bedeutung des
Namens AngelosIBote); siehe auch oben, distinctio, Paronomasie, Polyptoton
309
REGISTER
4.2.2
Äußerungen des Kydones zu Stil und Rhetorik
Bescheidenheit (in der Beurteilung der eige nen literarischen Leisrung) 359, 1 1 - 1 9; 362, 1 1f.; 367, 16f.; 373, 12-18; 375, 4-10. 19 -22, BKyd; 376, 4 - 1 1 ; 377, passim; 385, 15; 399, A. 2; 0404, BKyd; 0405, 1 3 - 17; 0408, 9f. 15-19; 0410, 3 - 7. 15- 17. 17-20, BKyd; 0425, 15; 438, 9 -22; 429, BKyd; 443, 9 - 14 Ironie 1. -, von Kyd. in Briefen Kaiser Ma nuels festgestellt: 370, 37-41 (seine Be hauprung, er ziehe derzeit die Jagd der geistigen Betätigung vor, ist « Ironie», die seine Arbeit an einer Schrift verschleiern soll); 383, 14f. (Kyd. nimmt die Vermu rung, Manuels Unsicherheit über seinen eigenen Briefstil sei «ironisch» gemeint, ebenso ironisch zurück, so auch 3 85 · , 12f.); 2. eigene Ironie: 372, 5 - 14 (Kyd. beugt sich «ironisch» der Redegewalt Kaiser Manuels, die durch seine kaiserli che Macht verstärkt wird); 0422, 8, A. 4 (der bescheidene Verweis auf die eigene Inkompetenz ist nicht «ironisch» zu ver stehen)
4.3
Sti1kategorien, positive
1. attische Rede
weise (� 'A6ijvTj6ev OIlLALU): 356, 20-25; 371, 64; 5f.;
2. Anmut (wQu): 3 85, 6f.; 399,
3. Schönheit (x
4.
Kürze und Schlichtheit: 387, 37f.; 436, A. 3 (bewußte Verwendung eines einfa chen Stils);
5. Anführung mehrerer po
sitiver Kategorien im Kontext: 363, 1 8 23; 371, 63- 68; 3 8 5 · , 6f.; 387, 13. 3 1 34, A. 5; 0412, 10f.; 429, 1 0 ; 433, 1216, A. 3 (hier: Kategorien der rhetori schen Technik, die Kyd. aber - vergli chen mit dem gedanklichen Gehalt - als nebensächlichen Zierat bezeichnet); 443, 4-8 Stilkritik
1 . ausufernde, prunkende Rheto
rik: 371, 68 -70 (unter Freunden nicht angebracht; hier ist der schlichte, einfache Stil zu bevorzugen); 2. zu große Schlicht heit des Stils: 376, 3 1 - 39 (Kyd. will sie in Briefen vermeiden, die Kaiser Manuel zu Gesicht bekommen wird)
Bilder in Vergleichen und Metaphern
(Antike Namen in Vergleichen und Metaphern sind - ohne besondere Kennzeichnung unter 4.4 Antike Namen eingereiht. Siehe auch oben, 4.2.1, überbierung) Abgrund 1. ßaQu6Qov 345, 32. 50; 442, A. 12; zur gleichnamigen Schlucht bei Athen siehe Bd. J/1, Tl1, A. 1 1; 2. xQTjllv6v 348, 6 Adler und Krähe (gemäß Pindar) 363, A. 4; 371, A. 6 Affe 445, A. 2 Anker 437, 15f. Arznei, siehe Heilmittel Arzt 348, 4. 10; 352, 45; 355, 26f.; 386, 15; 387, A. 7; 391, 41f.; 0417, 19. 4650; 433, 103; 440, 6 <
310
Bauer 359, 1 1 (geplagt wie ein -) Berge 389, 9f. (fest wie die -) Bettler 359, 13f. Bild 383, 20-22 (schöner Brief wie gemal tes -) Chamäleon 445, 5f. (sich ändern wie ein -) Chorführer ( Reigenführer im antiken Sinne) 365, 32 Dämon, neidischer 351, 12 (- der Zwie ttacht) Durst 363, ISf.; 3 64, 12- 14; 3 94, 14; 437, 4f. =
4. LITERARISCHES REGISTER
erkranken 440, 4 (Freundschaften -) Ernährung, ungesunde 344, A. 2; 348, A. 3 Faß ( Gefäß) der Hoffnungen (sc. der Pandora; siehe Bd. III, T233, A.9) 344, A. 3 Felsen 428, 82 Fesseln
443, 22
ten, daß die Menschen sich an ihn wen den) Greifen, zum - nahe
Gut, «unser aller» - (XOLVOV ayu96v) 19f.
Fest 361, 30 Festmahl, Festschmaus . 3 63,
387,
385,
( Kaiser Manuel) =
Hafen A. 3;
355, A. l «
in der Hand halten » )
352, 27; 369, 25; 373, 10; 430,
79f.; 437, 1 6
A. 13 Feuer 430, 71f.; 43 1, 4-6. 97f. Finsternis 430, 57; 435, 27; 437, 14; siehe auch unten, Nacht fliegen 360, 32f.; 375, 1 6 - 1 8 Flötenspiel 436, 34f., A . 5 (Kyd. fühlt sich
Hefe, den Wein bis zur - austrinken (ATPs
durch einen Brief Kaiser Manuels ange regt wie ein Tänzer durch das -) Flügel 372, A. 14; 0406, 13; 43 1, 8 8
41 -43; 0417, 37; 428, 69; 435, 21f.;
( Reiselust) =
Früchte 394, 13 (der philosophischen Leh ren); 397, 4 - 6 (wie die letzten Früchte [in diesem Fall: Rosen] seines Gartens ist Kyd. in den Augen Kaiser Ioannes' V. der letzte von allen) Geist, unreiner, der Zwietracht 383, A. 6 Geliebter (EQWf.LevO�) 437, 9f. (Kaiser Ma nuel) Gesang zur Leier ( Bild für die Harmonie von Gedanke und Form in einem literari schen Werk) 433, 15f. Geschoß, siehe Pfeil =
gesundJkrank 350, A. 1 Gift 43 1, 55f. Glanz, reiner (uvYTJ xu9uQc.i, PlPhdr 250c) 442, A. 23 ( Kaiserin Helenej Gold 0419, 13f., 0425, 8, A. 1 (Erz für - ; =
Briefe des Kyd. an andere); 0426, 42, A. 14 ( Gold gegen Erz); 442, 38 (Prüf stein für -) golden 0412, 23f.
Handwerk
3 5 8 , 7 (ein einziges - gelernt
haben: anderen zu schaden) 74, 8 )
366, A. 3
Heilmittel
343, 5; 350, 12; 352, 35. 41;
356, 27-29; 366, 10; 367, 12f.; 378, 10f.; 387, 17 (vorbeugende Mittel); 391, 437, 12f.; 440, 6;.441, 26; 447, 4 Hohltöpfe
365, A. 7 Honig 355, 8f.; 356, A. 4; 364, 5, A. l ; 385, 18, A. 4; 385", 25; 0412, 21 Hunger stillen Jäger Jagd
3 72, 46
356, A. 2 394, 24; 0420, 31; siehe auch unten,
Wolf Juwel
367, 19
Käfer (maßen sich Wettflug mit Adlern an) 0410, 43f. Kinder: wie - zum Narren halten Klippen
Körnchen im tiefen Schlamm Hoffnung auf Zahlung) Körner
Worte); 0424, A. 3 (-er Vater Ioannes Chrysostomos) Goldregen 375, 34 Gotr 3 91, 1 8 -21 (wie - braucht auch der Herrscher nur schweigend darauf zu war=
(
=
geringe
398, 15
( Worte) einsäen 0412, 19f. =
Körper
346, 4 (- und Kopf
=
Versprechen
und Einhalrung); siehe auch unten, Leib Kohlen statt Schatz
0408, 18f., A. 2; 431,
A. 4 Kopf, vom Rumpf getrennt
(-e Zunge). 25 (-e
344, 20
369, 23
pel)
( Konstantino =
431, 22f.
krank, s. o., Arzt, erkranken, gesundJkrank Krankheit
435, 7 (Auszehrung). 21 -23;
440, 5 Kresse und Feuchtigkeit Kreuzweg
3 72, A. 8
442, 80
311
REGISTER
Krieg 388, 7 (- gegen Studien und Bil dung); 0426, 33 (- gegen die Elemente der Natur) Läufer, s. u., Wettläufer Leib 363, 20 ( literarisches Werk) =
mergriine -
=
dauernde Zuneigung); 43 1,
6f. (welken wie eine unbegossene -) Phantom (e'LoOlA.Ov) 430, 43 (- der Herr schaft); 446, 1 7f. (eine dunkle Gestalt am Kaiserhof); siehe auch unten, Schattenbild
Licht, sc. zum Auffinden der Wahrheit 0422, 12
Purpurmantel
Liebhaber (tQocm't�), sc. des Jagdwildes (eines «Spottvogels» ) 0426, 29
Quelle 3 94, 14 (-n der Antike); 399, 9 (die Antike als - des literarischen Stils); 0411, 4-6 (-n brauchen so wenig Antrieb wie der gute Wille des Kaisers)
Loch (Behausung eines Tieres) 0426, 1 3 ( menschliche Behausung) Löwe 356, A. 3 ( Kaiser Manuel) Luft: in den Lüften wandeln (aeQoßo-.;ei:v, AristophNu 225) 432, A. 2 =
=
Maske der Tugend 445, 5 Mauer 345, 21 (Meer wie schützende -); 387, 26 (Kaiser Manuels Bildung, eine Hilfe
für die schwächer Begabten - wie
die Stütze einer morschen -) Maultiere: wie - anbinden Meer, unruhiges 433, 37, A. 6
430, 75f.
352, 26f. 30f.; 369, 39; 0417, 82
Messer: sich ins - stürzen
372, 2
Mörder 399, 14f. (Literaten aus dem Pa last wie - aus Tempeln verbannen) Musik, Musenkunst ( Briefstil) 436, 34f. =
Mutter 349, 32 (besorgt wie eine -); 400, 35f. (- und Kind Vaterland und Kyd.) Nacht 399, 25f. (ohne rhetorische Bildung irren die Menschen gleichsam des Nachts in abschüssigem Gelände umher) Nahrung 359, 12 (sich selbst geistig ernäh =
ren); 398, 1 6 (- für Kranke und Schwa che Hoffnung auf Zahlung) =
Netz(e) ( Hinterlist) 345, 20 Pfeil 1. schmerzender -: 351, 3 8f.; 0417, A. l ; 2. Intrigen: 352, 27f., Xl; 440, 100; 3. rhetorische Technik: 371, =
69; 4. - des Eros: 437, 6f. Pferd 446, A.2 (dem - die Zügel schießen lassen sich keinen Zwang antun) Pflanze 383, 6 (Hilfe für junge Menschen wie Bewässerung einer -); 389, M. (im-
312
Rätselrede (YQüj>o� bzw. YQ(o�) 041 8, 1 1 (unklare Äußerungen); 0422, 14f. (rätsel haftes Zitat, Z. 17 auch O'LVLYf.l0 ge nannt); siehe auch oben, Orakel Rauch (als Zeichen eines Geschehens) 430, 60f. regnen lassen (sc. Briefe) 372, 47 reich
353, 1 1 f. (sich freuen wie Menschen,
die plötzlich - werden); 359, 14 geistigen Sinne) Reichtum 388, 12f. ( Bildung)
(- im
=
Meeresstille (yoA:iivrü
=
399, 27. (Rhetorik
schmückt den Kaiser wie ein -)
Rosenblüte, späte
397, BKyd (symbolisiert
die Hoffnung des Kyd. auf späte Versöh nung mit Kaiser Ioannes V.) Rute ( Züchtigung durch Gott gemäß ATPs 124, 3 ) 366, A. 4 Schatten (oKLa) 347, 3 1 ; 349, 25; 368, 12f. Schattenbild (e'LoOlA.Ov) 342, 9; 351, 13; =
43 1 , 59f.: 438, 7; siehe auch oben, Phan tom Schatz 355, 18; 359, 9f. 14; 383, 4; 0408, 8f. 1 8t., A. 2; 0417, 79f.; 43 1 , 52f., A. 4 Schiff 369, 40 (den Kahn an das Schiff des Kaisers binden); 430, 79 (allgemeiner Schiff bruch, sc. des byzantinischen Reiches); 433, A. 6 (- der literarischen Begabung); 430, 59, 433, 103 (Konstantinopel, ein im Sturm); 435, 21 (Steuerruder) Schildkröte, siehe Vogel und Schlangen 354, 15f. (man muß sich vor kai serlichen Spähern mehr als vor - hüten) Schlinge (ßQ6xo�), würgende 347, A. 7; 355, 22, A. 4; 391, 28; 394, 27; 401, 9f.
4. LITERARISCHES REGISTER
Schneeschauer ( Redeschwall, gemäß HomTI 3, 222) 372, A. 1 1 schreiende Fakten (Geschrei der Fakten, nQaYllo'nov ßoij) 0418, 6 Schüssel (Fassungsvermögen einer Schüssel im Vergleich zum Donaustrom) 382, 1 0 =
(in diesem Verhältnis stehen Besitztum des Kyd. und Reichtum des Kaisers) Seuche 355, 26f. Siegespreis 430, 49 -51; 43 1, 3 5 Skorpion 445, 19-23, E (ein AHe mit dem Stachel eines Skorpions ein hinterlisti ger Emporkömmling am Kaiserhof, der aber zu schwach ist, um Kyd. schaden zu können) Speise 377, 6 - 8 Spinnweben 345, 48f. (Rat a n Rhadenos, er möge die sanften Fesseln Kaiser Ma nuels wie - zerreißen) =
Statue (Symbol des Schweigens) 355, 10; 400, A. 5 Staub 431, 1 9f. (wie - niedergetreten, sc. das Reich der Rhomäer) Steuermann eines Schiffes 3 86, 1 6f.; 433, A. 1 1 ; 437, 15; 438, A. 4 Strick, s. o., Schlinge Strom 377, 9f., 0412, 9, 434, 24 (Rede strom); 394, 15 (Ströme der Weisheit); 399, A. 2 (- der Tradition) Sturm 360, 16; 369, 24; 0417, 12. 82; 433, 103. 107; 430, 57f. 80, A. 8; 437, 15; 438, 40 Theater 347, 41 (Heuchelei); 0411, A. 4 (das Jüngste Gericht als öffentliches Schauspiel [nov6T]Jlov eea"tQovJ) Tier 437, 18 (sogar ein - ist durch Bitten zu erweichen) Tierbändiger 366, 12- 14 Tiere, wilde 354, 13 (Späher am Kaiser hof); 3 8 1 , 13 (Gläubiger); 433, 53 (Bar baren Türken) =
Tragödie 342, 16; 359, 23; 433, 96 Traum 351, 14; 0418, 8 trinken 399, 1 0
Tröpfchen (1j1E)(O�) 399, A. 2 (das literari sche Werk des Kyd. ist ein - im Meer der antiken Tradition) Tropfen (
313
REGISTER
Zweige zur Bedeckung der Blöße (wie Odys seus sie gemäß HomOd 7, 121 - 123 ge brauchte) 345, 14 (Kaiser Manuel und
4.4
sein Gefolge sind auf Tenedos ohne - [= schutzlos] jeder Gefahr ausgeliefen)
Antike, biblische und frühchristliche Namen und Begriffe
(Erläuternde Hinweise zu selteneren Namen oder spezifischer Verwendung des Namens in Klammem. Es wird nicht angegeben, 1. ob der Name oder Begriff im Text des Kyd. oder nur im Kommentar erwähnt wird, 2. in welchem Zusammenhang - ob in einem Vergleich, einer Metapher oder in einem anderen Kontext - der Name vorkommt.) Achilleus, Zorn des 384, A. 3 Adrnetos (Molosserkönig in Epeiros) 343, A. 21 Agamemnon (und Chrysei's) 375, A. 10 Alexander der Große 3 8 1 , A. 5; 387, A. 14 Amphiktyonen 347, A. 1 Amphion (Sohn des Zeus und der Antiope,
Bellerophontes 0426, 16f., A. 5 Boethius, Anicius Manlius Severinus 394, 17, A. 2 Chremylos (tugendhafter Armer im «Plutos» des Aristophanes) 375, A. 6 Cicero, Marcus Tullius (TOVAALO�) 394, 17, A. 1
Musiker) 372, A. 3 Anaxagoras 3 72, A. 7 Antigonos Kyklops Monophthalmos (Offi zier unter Alexander dem Großen) 3 8 1 , A. 5 Antiope (thebanische Königstochter) 372, A. 3 Antipas, hl. (Mänyrer unter Domitian) 0402, A. 3 Apollon 0418, A. 2 Argos (Hund des Odysseus) 401, A. 7 Aristophanes 375, A. 6; 432, A. 3 Arkader 347, A. 1 Artaxerxes I. (Perserkönig, 5. Jh. v. Chr. ) 343, A. 23 Athen 343, A. 21; 0412, 1 1f. Atl1ene (Göttin) 0424, A. 9 Athener 343, 90 Atlas 433, 57f. «Babylonische Jünglinge» (Ananias, Misael und Zacharias, aus dem Königreich Juda) 349, OE, A. 2; 354, A. 4 Basileios (Metropolit von Kaisareia) 0410, 3 1 -39 (Zitat aus einem Werk des -, das die Palamiten widerlegt)
Christus (= Jesus -) 363, A. 1 0; 0411, 16. 19. 30-33; 0424, A. 5; 442, 194-200, A. 3 1 David (biblischer König) 351, A. 4-6; 352, A. 6; 435, A. 1 1 (Kaiser Manuel ist wie - das «Licht Israels») Demosthenes (Vorbild guten Stils) 359,
-
3 14
A. 1; 370, 44; 371, 50. 65; 3 87, 30; 394, 1 6f.; 436, Ep; 440, A. 1 6 Diomedes 360, A. 7 ; 384, A. 8; 0425, A . 1 Diogenes von Sinope (Kyniker) 3 8 1 , A. 5 Dionysos 375, 41 Diophant(os) (Mathematiker) 0405, 9, E, A. 1 Euklid (Eukleides, Mathematiker) 0405, E, A. 2 Euripides 372, A. 3 Euripos (Meerenge mit schnell wechselnden Strömungen zwischen Euboia und dem griechischen Festland) 369, A. 4; 428, A. 9 Euthydemos von Chios (Sophist) 372, A. 1 6 Fama (clItlIlTJ, Göttin des Gerüchts) 375, A. 4; 394, 22. 35, A. 3; 440, 76. 1 14f., BKyd, A. 1 7
4. LITERARISCHES REGISTER
Flavius Iosephus (IIlMßLO� 'IroOT)ltO�) 433, A. I0 Gadeira (Gades, Cadix, heute Cadiz, Stadt am Westrand der antiken Welt) 364, A. 2; 431, 80f., BKyd Ganymedes (trojanischer Königssohn) 0426, A. 10 Glaukos der Anthedonier (Meeresgott) 345, A. 2 Götter, olympische, s. u., Zwölf Götter Gregor(ios) von Nazianz (<<der Theologe» ) 0426, 42-44, A . 1 3 , 15 Hades 347, 22f.; 347, A. 3; 434, A. 5; 442, 90 HerakIes 347, A. 3 (- und Theseus); 364, A. 2, 395, A. 2 ( <v 'I1..L(1�) 352, A. 5; 359, A. 4 Ioannes Chrysostomos 0412, passim (Handschrift mit Predigten des -); 0424, A. 3 Iosephus, s. o., Flavius Iosephus Israel, s. o., David, das Licht -s Ister ( Donau) 382, A. 5 Jesus Christus, s. o., Christus Jonas (Prophet) 442, 9lf., A. 13 (- und der Walfisch) =
Juden 433, A. I0 (Vergleich der Belage rung Konstantinopels durch die Osmanen mit der Belagerung Jerusalems durch die Römer im «Jüdische Krieg») Julian (Iulianos, Kaiser) 372, A. 14 Kaiadas (Schlucht bei Sparta) 442, 86f., A. 1 1 Kallikles (Sophist, Dialogpartner in Platons « Gorgias») 372, A. 3 Kalypso (Nymphe) 0424, A. 9 Kelten (antikisierende Bezeichnung der Fran zosen) 360, 31; 395, A. 1; 401, 46 Klepsydrion-Kreis 433, A. 5 Korinth, Kraneion (Tempelanlage) 381, A. 5 Kroisos ( <
=
315
REGISTER
det)
0403, 19f., A. 2; 442, 196f., A. 33,
Pegasos
0426, A. 5
34; siehe auch oben, 1.1, Konstantinopel,
Peirithoos
Marthakloster
Peripatos
Milesier
394, 22, A. 4 (sprichwönlich)
Mithaikos (in Platons «Gorgias» erwähnter Verfasser eines Kochbuches) Moses, Tafeln des -
344, A. 2
0410, 28 (Bischöfe,
denen Palamas soviel bedeutet wie die -) Muse(n)
3 8 1 , 19f.; 384, 30; 399, 4; 433,
« Myserbeute»
343, A. 23; 365,
ses)
(Philosoph
356, A. 4, 361, 1 1 , 375, 6 (Meister
der schönen Rede); 360, A. 7 (Begleiter des Diomedes bei der Ausspähung des
des
Sokrates-Krei
0424, A. 9
Phalaris
(Tyrann
von
Agrigent,
Pharisäer
0424, 15f.
1. als Stilvorbild: 359, A. 1; 371, 2. als Philosoph wich
tiger denn als Stilist: 372, 51 -60; 373, 363, A. 7;
3. sein Dialog Phaidros:
4. Definition der Gerechtig
keit: 380, A. 1 Platons Philosophenkönig
388, 1 3 - 15, D;
0426, 4. 10. 20, A. 1, 3, 6 (Kyd., im
Polos von Akragas (Sophist)
Winter eingeschneit, vergleicht seine Si
Polyphem(os) (Kyklop)
ruation mit der in der Arche -s)
Prodikos von Keos (Sophist)
400, 7 (antikisierend: kleiner Geld
385, 8f., A. 1; 385·, 13
Odysseus
1 . Irrfahrt (ltA.O:vTj) des -: 358,
38; 427, 6; A. l l ;
2. wortreicher Redner: 372,
3. Symbolfigur des Ausländers:
401, A. 6, 7;
4. - verstopft seine Ohren,
um den Gesang der Sirenen nicht zu hö ren: 400, A. 7 (so Kyd. gegen die «Sire nen»
Protagoras (Sophist) Pythagoras
betrag) Obolen und Talente ( = schlechter und guter Stil)
des Vaterlandes);
372, A. 1 6
433, A . 9 372, A. 1 6
360, A . 7
348, A. 1
Pythagoreer
343, A. 28
Rhodier, Wolke der -
375, 33f. 38f., A. 5
Salomon (biblischer König)
0426, 38, A. 12
Schapur (Sapor) ll. (Perserkönig, 4. ]h.) 372, A. 14 Sirenen
373, 23-27; 392, 24; 400, A. 6
Sizilien, Henscher auf -
352, A. 10; 437,
A. 3, 8
5. - bei der
Skythen
436, Ep ( = Türken)
6. siehe auch
Sokrates
360, A. 7; 363, 37. 42, A. 6; 371,
Nymphe Kalypso, 0424, 9; oben, 4.3, Zweige Oidipus ( Ödipus)
448, 14f. (löst das Rätsel
A. 1 ; 372, A. 3, 8; 0424, A.9; 432, A. 2, 3; 442, A. 22 Solon von Athen
d�r Sphinx)
373, A. 4
Olyrnp(os), siehe Zwölf Götter
Sophist, anonymer, aus Spana
Orakel ( = unklare Äußerung, die der Deu
Sophistik (der Zeit Platons)
tung bedarf)
0418, 9, A. 2; 0422, 16;
372, A . 1 6 Sparta
Rätselrede
Spattaner, s. o., Lakedaimonier
440, A. 1 8
433, A . 5; 442, A . 1 1
Sphinx, s. o., Oidipus
Pandora, s. o., 4.3, F aß der Hoffnungen
Stoa
Paulus (Apostel)
Syrakus(ai)
443, 25f., A. 3 (Vorbild
selbstlosen HandeIns)
316
394, 12; 441, A. 2
Syrakusaner
352, A. 10 0425, A. 3
433, A. 5
371, 12, A. 1 ;
437, 11f.; 438, 22; siehe auch oben, 4.3, Palinodie
]h.
427, 10, A. 1
Lagers der Troer)
Ob oIen
6.
437, Xl, A. 3
v. Chr.)
A. 2; 394, 1 6f.;
A. 2
Not!
Phaidros
I 1 f. 65; 372, 49;
430, A. 2
Myus, Stadt in Kleinasien Nestor
Perser ( << der -»), s. u., Schapur
Platon
38, A. 6
347, A. 3 394, 12
4. LITERARISCHES REGISTER
Tartaros 442, 90 Telemachos (Sohn des Odysseus) 0424, A. 9 Terpandros von Lesbos (Sänger, 7. Jh. v. Chr.) 0412, A. 3 Thearion (Bäcker in Platons Gorgias) A. 2
344,
Themistokles 343, A. 21, 23; 360, A. 2 Thersites (unangenehmer Schwätzer in Homers llias) 3 75, A. 1, 429, D, A. 2 (Briefschreiber vergleichen sich beschei den mit -) Theseus 347, A. 3 (- und Herakles) Thetis (Mutter des Achilleus) 3 85" 15f. Thrasyllos (Kyniker) 381, A. 5
4.5
Timon von Phleius (hellenistischer Philo soph) 441, A. 2 Troja 349, OE; 0425, A. 1 Xenios ( Zeus -, der Schützer der Gast freundschaft) 401, Z. 26, A. 4 Xerxes 1. (Perserkönig, 485-465 v. Chr.) 343, A. 15, 16 =
Weissagevogel (otwv6�) 437, 1 1f. Zenon von Kition (Begründer der Stoa, 335-263 v. Chr.) 441 , 9, A. 2 Zethos (Sohn des Zeus und der Antiope, Hirt) 3 72, A. 3 Zeus 343, A. 19; 3 72, A. 3; 398, A. 2; 0421, A. 3; 0425, A. 1; 0426, A. 1 0 Zwölf Götter des Olymp(os) 343, A . 19
Testimonien antiker und byzantinischer Autoren
(Es wird nicht angegeben, ob das Zitat im Text des Kyd. oder nur im Kommentar vorkommt. Die zitierten Stellen werden nur bei der Bibel und häufiger zitierten Autoren mitgeteilt.) Aisopos (Äsop)
0410, A. 8
Aristophanes (nach Komödien)
4, 3: 363, A. 12; Da 1 - 3: 349, A. 2; Jn Av 95, Equ
2: 442, A. 13
2. Neues Testament Mt 5,
235: 343, A. 19; Nu 225: 432, A. 2; Nu
44: 0419, A. 4; 6, 19f.: 442, A. 28; 9, 13:
234: 3 72, A. 8; Nu 1203: 365, A. 7; Nu
401, A. 8; 1 1 , 8: 381, A. 1; 12, 43-45:
252: 432, A. 3; PI passim: 375, A. 6 Arrian, Anabasis 3 8 1 , A. 5 Basileios sancto Belisarlied
von
Kaisareia,
De
spiriru
041 0, A. 7 355, A. 5
383, A. 6; 23, 13: 0424, A. 5; 25, 34: 041 1, A. 5; Mk 10, 29f.: 0411, A. 3; 12, 17: 347, A. 11; Lk 6, 28: 0419, A. 4; 10, 3 8 -42: 403, A. 2, 442, A. 33; 1 1 , 52: 0424, A. 5; 18, 22: 442, A. 27; Jo 11, 2
1. Altes Testament Ge 7, 3: 0426,
und 12, 3: 442, A. 34; Rm 8, 27: 442,
A. 3; 7, 1 6: 0426, A. 1; Num 1 1 , 5: 3 77,
A. 3; 1 K 9, 22: 443, A. 3; 10, 13: 429,
A. 1; 1 Kg (LXX) 13, 14: 351, A. 6; 1 6,
A. 5, 442, A. 21; Phil i , 23f.: 443, A. 3;
1 1 - 13: 351, A. 4; 1 9 -24: 351, A. 5; 2
3 , 20: 442, A. 26; 1 Tim 2, 1 : 443, A. 1;
Bibel
Kg (LXX), 21, 17: 435, A. l; Jb 1, 1 6:
6, 7: 0417, A. 7; 2 Tim 4, 7: 442, A. 30;
442, A. 4; 1, 1 8f.: 442, A. 5; 1 , 21: 0417,
4, 7f.: 0416, A.4; 4, 8: 442, A. 32; Apk
A. 7; Ps 41 (LXX), 2: 437, A. 1; 74
2, 13: 0402, A. 3 .
(LXX), 8: 366, A. 3; 77 (LXX), 70: 351,
Bryennios, Ioseph
A. 4; 8 8 (LXX), 21: 351, A. 6; 124
Chalkokondyles, Laonikos
(LXX), 3: 366, A. 4; 144 (LXX), 1 6: 0417, A. I0; Pr 1, 17: 0426, A. 12; 9, 12a: 0426, A. 12; Je 1 1, 20: 442, A. 3; Ba
0410, BKyd 342, BKyd, ZG;
343, Ep5 Demosthenes
347, A. 1; 352, A. 5; 398,
A. 5; 0402, A. 1; 440, A. 16
317
REGISTER
Diogenes Laertios 381, A. 5 Dukas 427, D Euripides 367, A. 1; 375, A. 1 1 Gnomologion Vaticanum Herodot(os)
3 8 1 , A. 5
343, A. 16, 17, 19; 355, A. 8;
373, A. 4; 375, A. 3 Hesiod(os) 345, A. 5; 378, A. 2; 394, A. 3; 432, A. 6 Hippokrates 449, A. 6 Homer(os) Ilias: 1, 1 1 8f.: 375, A. I0; 1 , 1 1 9: 0420, A. 5; 1 , 248f.: 356, A. 4; 1, 249: 3 64, A. 1, 3 85, A. 4, 385" A. 8; 1, 526f.: 0421, A. 3; 2, 6: 398, A. 2; 2, 246f.: 429, A. 2; 3, 222: 372, A. 11; 6, 97. 278: 3 8 1 , A. 8; 6, 236: 0425, A. 1; 6, 506f.: 446, A. 2; 7, 127- 129: 345, A. 3; 9, 18: 385" A. 6; 9, 313: 372, A. 10; 9, 441: 3 84, A. 4; 9, 497: 446, A. 3; 10, 222-225: 360, A. 7, 0408, A. 3; 15, 1 13. 397: 347, A. 4; 16, 125: 347, A. 4; 18, 1 04: 3 84, A. 3; 21, 439: 343, A. 1 ; 24, 44f.: 345, A. 5.
Odyssee: 1, 58f.: 401,
A. 6; 2, 406; 3, 30; 5, 193: 0424, A. 9; 7, 127-129: 345, A. 3; 9, 288 -291. 3 1 1 . 344: 369, A. 2; 14, 465f.: 375, A . 8; 12, 1 73 - 1 77: 400, A. 7; 17, 291- 327: 401, A. 7 Isokrates
383, A. 1
Komnene, Anna Libanios
0417, A. 5
347, A. 1; 372, A. 14; 433, A. 5
Menander (Menandros), Sententiae
375,
A. 1 1 Paroemiographi Graeci (zitiert nach Band, Seite und Nummer bei LeutschJSchneide win)
I 1 1 0, Nr. 91: 355, A. 8; I 316,
Nr. 53;
318
TI 87, Nr. 15; 689, Nr. 17: 373,
A. 4; I 51, Nr. 70; 223, Nr. 48; TI 1 8, Nr. 2; 332, Nr. 7: 0402, A. 2; I 418, Nr. 14; 455, Nr. 88: 0425, A. 3; I 61, Nr. 61: 440, A. 12 Pindar(os) 343, A. 19; 363, A. 4; 371, A. 6 Platon Alk I 1 1 8b: 365, A. 8; Ap 18b: 371, A. 1 ; Euthd 271c, 288b: 372, A. 1 6; 294c: 372, A. 2; Grg 461b-481b: 372, A. 1 6; 485e-48 6d, 506b: 372, A. 3; SOle, 502e, 503b, 517b: 373, A. 2; 51 8b: 344, A. 2; 51 8d: 348, A. 3; HpMi 370a: 3 72, A. 10; Kra 3 8 6d: 372, A. 16; Nom 828: 343, A. 19; Phd 72c: 3 72, A. 7; 85a: 376, A. 3; Phdr 229ab, 230bc: 363, A. 6; 230e-241d, 242b-243d: 363, A. 7; 246e: 343, A. 19; 250c: 442, A. 23; 266b: 0424, A. 9; 267c: 372, A. 16; Plta 433a: 0420, A. 2; 433ab: 380, A. 1; 590b: 445, A. 2; Pltk 297b: 373, A. 2; Prt 340b- 342a: 372, A. 1 6; 343a: 0414, A. 3; 348c: 360, A. 7; Smp 174d: 360, A. 7; 219a: 0425, A. 1; Soph 235bc: 356, A. 1; Tht 153d: 440, A. 12 Plutarch 1. Vitae parallelae: 343, A. 21, 23; 3 8 1 , A. 5; 441, A. 2; 2. Moralia: 352, A. 10; 3 8 1 , A. 5 Porphyrios, Vita des Pythagoras 348, A. 1 Suda (Suidas): 355, A. 8 Synesios von Kyrene 348, A. 1; 363, A.l; Korrekturen und Nachträge (zu Bd. m, 26) Theognis von Megara, Elegeia 345, A. 7; 0402, A. 2; 0414, A. 3; 432, A. 7 Thukydides 343, A. 19, 21, 23 Timaeus (Timaios) von Tauromenium 348, A. l Tzetzes, Ioannes, Historiae 347, A. 4
5. GRAMMATISCHES, 6. MODERNE AUTOREN
5. GRAMMATISCHES Accusativus absolutus Öe6l-tEVOV Öeov? 440, A. 14 Imperativ btLc::rtW : 369, A. 3 Imperfekt, inchoatives
statt
440, A. 8
übergang von direkter Rede 0421 , A. 2
zu
indirekter
Verbaladjektiv auf -"t6� statt -"tEO�: 392, A. 1
Konjunktiv statt Indikativ (offensichtliches Versehen): 355, A. 3
6. MODERNE AUTOREN (Die im Abkürzungsverzeichnis zitierten Werke und Aufsätze werden hier nicht nochmals berücksichtigt. ) Apfelbacher, K.-E. 0417, BKyd Bowersock, G. W 372, A. 14 Belgrano, L. T. 427, D
Holwerda, D. 372. A. 8 . Hunger, H. 0405, BKyd Jacoby, D.
431, BE
Carriere, J. 0402, A. 2 Congourdeau, M.-H. 435, A. 2 Constantinides Hero, A. 365, A. 5 Cirkovic, S. 384, D
Jaekel, S.
375, A. 1 1
Dennis, G. T.
Koster, W. J. W
442, A. 20
Devreesse, R. Korrekturen und Nachttäge (zu Bd. TI 1 1 8f.) Dodds, E. R.
3 72, A. 3
Dunbar, N. 343, A. 19 Estienne, Henri ( Henricus Stephanus) 352, A. 1 0 =
Kazhdan, A. 365, A. 5; 372, A. 8 Koltziou, A. Korrekturen und Nachttäge (zu Bd. I11, 68) 372, A. 8
Krsmanovic, B. 392, Xl Larnberz, E. 348, A. 1; 381, A. 5; 0426, A. 12; 433, A. 5; Korrekturen und Nach ttäge (zu Bd. I11, 63) Lemerle, P. 440, E
Foerster, R . 3 72, A . 14; 433, A . 5 ; Kortekturen und Nachttäge (zu Bd. TI 1 1 8f.)
Leonhard, J.-F. 0406, A. 3 Loenertz 380, D; 0411, E; 428, E, OE Loma, A. 392, Xl
Follieri, E.
Maisano, R.
355, A. 5
Foruac, B. L. 0412, Ed Fuhrtnann, F. 352, A. 10 Garzya, A. Korrekturen und Nachttäge (zu Bd. In 26) Gnilka, Ch.
363, A. 1
Grafiadelli M.
Korrekturen und Nachttäge
(zu Bd. IIl, 68) Grünbart, M.
Korrekturen und Nachttäge
(zu Bd. TI 1 1 8f.) Guthrie, W. K. C. 343, A. 19 Halkin, F. 0402, A. 3
Korrekturen und Nachttäge
(zu Bd. In 265) Makris, G. Einleitung; 449, A. 3; Korrek turen und Nachttäge (zu Bd. 33, In 26)
TI 26 und
Martin, J. 433, A. 5 Matschke, K.-P.
344, BE
Matthaei, C. F. de 0412, Ed Meichsner, I. 429, A. 1 1 Millet, G. 3 8 0 , D Müller-Wiener, W. 358, A. 1 Nauck, A. 372, A. 3
319
5. GRAMMATISCHES, 6. MODERNE AUTOREN
Oikonomides, N. 0426, A. 2 Politis, L. 442, E Poljakov, F. B. 0412, Ed Rollo, A. Korrekturen und Nachträge (zu
Sider, D. 372, A. 7 Snell, B. 3 72, A. 3 Sode, C. 442, A. 20 Speck, P. 442, A. 20
Bd. ill 265) Schadewaldt, W.
Taft, R. 365, A. 5 Takäcs, S. 442, A. 20
343, A. 1; 360, A. 7; 384,
A. 3, 4 Schetter, W. 363, A. 1 Schieder, Th. 428, ZG Scholz, C. 449, A. 3 Schreiner, P. 041 1, E; 427, D Schwyzer, E. 369, A. 3; 392, A. l; 0418, BKyd Seibt, F. 428, ZG
320
Talbot, A.-M.
442, A. 33
Thomas, J. 365, A. 5 Tinnefeid, F. 363, A. 1; 0411, E; 442, X8; 449, A. 3 Vladimir, Archimandrit 0412, Ed Voordeckers, E. 0411, E Xylander, G. 352, A. 1 0
GESAMTKONKONKORDANZ ZU BAND I - IV
1.
Reihenfolge nach der Zählung von R.-J. Loenertz (Bd. 1/1 : Tl -48; I/2: 49 - 0 1 3 8; 11: 0 1 3 9 - 0229; 111: 23 0 - 0341; IV: 342 -449) (Zahl mit ': Briefentwurf; vacat: siehe Einleitung, 1.)
L
T
L
1 2 3 4 5
82 0139 43 0140 15 7
35 36 37
6 7 8 9
8 10 13 14
10 11 12 13
32
14 15
29 27
16 17 18 19 20 21 22 23
4 6 17 12 22 76 77 83 90 92
24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
3 5
11 9 74 75 56 49 57 66 78
38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68
T 87 72 86 41 71
L 69 70 71 72 73 74 75
T 101 98 73 20 54
L 103 1 04 105
T 69 70 0136
76
0126 0127 . 0133
106 107 108 109 110
16
77
95
111
80
0118 0119 44
78 79
53 85
1 12
80 81 82
277
1 14 115
0121 0137 100 96
23 31 30
45 0120 37 42 34 0122 0124 46 99 0123 35 36 28 25 38 39 94a 26 62 0125 91 88
83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102
0141 387 0142 392 0128 19 18 21 51 0129 0130 2 59 61 0131
113
116 1 17 1 18 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129
84 79 55 47 50
102 109 110 89 0143 vacat vacat 1 52 58 0138 0 144 0145
60 63
130 131
68 173 103
64 0132 65 0134 0135
132 133
111 1 12
134 135 136
113 1 14 115
32 1
GESAMTKONKONKORDANZ W BAND I-IV L
137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 1 60 161 162 1 63 164 165 166 167 168 1 69 170 171 1 72 173 1 74 175 176 177 178 179
322
T
116 117 149 150
L
T
L
180 181 182 183
0193 97 147
223 224 225 226 227 228 229 230
0227
23 1
395 396 397 398 244
151
184
0194 148
152 153
1 85
0195
186
0179
187 188 189 190 191 192 193 194 195 196
159 160 161 1 62 178 163 0196 106
0180 0181 105 0182 154 155 94 0183 0184 1 74 198 104 157 0185 158 0186 175 0187 0188 0189 170 156 172 146 169 164 165 166 1 67 171 0190 177 168 0191 0192
1 07 108
232 233 234 235 235·
T
215 220 202 203 216 0228 0229
210
199 200
217
240 241
232 208 219
242 243 244
0402 231 218 234
0221 197 212 204 0222 205
250 251 252
199 200
253 254
0223
255
214
201
215 216 217
0224 0225
256 257
218 219 220 221 222
209 211 213 214 442
0226
258 259 260 261 262 263 264
271 272 273 274 275 276
282 283 284
198
245
246
281
239
246 247 248 249
269 270
388
207
233 243
0292 230
401
197
204 205 206 207 208 209 210 211 212 213
265 266 267 268
400
206
203
T
277 278 279 280
244 " 399
236 237 238
201 202
L
235 0260 245 236 259 237 249
285 286 287 288 289 290 291 292 293
257 0293 269 283 270 284 247 48 241 285 278 248 0294 0295 268 271 266 267 0296 0297 0298 272 0299 279
0261 253
294 295 296
0300 273 288 0334 0335
254 239
297 298
0336 0337
0262
299
289
0263 240
300 301 302
238
242 250 251 265 252 258
303 304 305 306 307
281 0338 302 303 304 305 306 290
G�AMTKONKONKORDANZ ZU BAND I-N
L
T
L
T
L
T
L
T
308
307
309 310
308
0420 176
346 347
361 368
418
287
380 381 382 383 384
416 417
311
0404 264 330 331 0405
363 357
286
343 344 345
419
0421
420
0422
348 349
342 0406 343 344
385 386 387
3 12
255
313
309
3 14
301
315
310
350
316
311
317
0339
351 352 353 354 355
318
3 12
319
282
320
274
321
291
322
313
323
280
324
275
325
67
326
256
327
316
328
317
328*
3 17*
329
326
330
0340
331
327
332
328
333
0341
334
3 14
335
315
336
318
337
324
338
332
339
276
340
333
341
0403
342
329
356 357 358 359 360
345 346 347 348 0407 321 322 323 319
361
320
362 363 3 64
325 349
365
351 0408 352 354 366 353 360 355 356 358
366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379
350
364 0409 365 40 359
388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399
0410 362 382 369 370 24 367 371 372 375 373 374 383 381
400
384 0411 93
401 401 * 402 403
385* 376 377
404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415
385
378 379 0412 0413 0414 0415 386 390 0416 0417 380 0418
0419
421
391
422
0423
423
0424
424
389
425
0425
426 427
0426 393
428
441
429
434
430
427
431
435
432
433
433
447
434
443
435
394
436
431
437
449
438
437
439
448
440
440
441
432
442
430
443
428
444
429
445 446
436 444
447
438
448
445
449
446
450
439
323
GESAMTKONKONKORDANZ zu BAND I-IV
2.
Reihenfolge nach der eigenen Zählung (LC I: Ll - 1 3 1 ; LC II: L 13 1 -450) (Zahl mit *: Briefentwurf)
L
T
Bd. l/l
L
T
L
T
L
T
37
49
73
71
109
117
1
123
38
61
74
110
2
92 11
39 40 41 42 43 44 45
62 378 38 50 3 46
75
28 29
76
21
77 78 79
22 34
118 1 32 133 1 34 135 136 137 138 44 45
3 4 5 6 7
16 12 17 6 7
8 9 10
27 8
11
26
12 13
19
14
9
15
10 5
16
43
17
18
18 19
87
20
72
21 22
88 20
23
40
24
389
25
60
26 27.
15
28
59
29
14
86
64
30
42
31
41
32
13
33 34
vacat 51
35
57
36
58
324
46 47 48
47 54 109 275
82 83 84 85
Bd. 1/2 49 50 51
31 1 10
52 53 54
124 78
55 56 57 58
80 81
89
73 108 30 32 125 93
107 111 MercNot 1 23
0118 0119 0120 0122 0123 0124 0125
52 56 53
0126 0127
74 75 85 90 91 95 99 76 101
86
37 35
88
68
89
1 19
90
24
91
67 25
94 94a
1 16 1 17
106 79
87
92 93
111 1 12 1 13 1 14 115
400 151 63
0121
0128 0129 0130 0131 0132 0133 0134
95
77
96 94
96 97
181
62 63
65 97
98
70
99
55
64 65
98 100
100 101
1 14
66 67
33 325 129 103 1 04 39 36
102
116
Bd. IT
103
131
104
156
105
147
0139 0140 0141 0142 0143 0144
59 60 61
68 69 70 71 72
115
69
106
193
107
194
108
195
0135 0136 0137 0138
48 1 12
66
102 105 1 13 126
2 4 81 83 120 127
GESAMTKONKONKORDANZ W BAND I-IV
L
0145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 1 60 161 162 1 63 1 64 165 166 167 168 169 1 70 171 1 72 173 1 74 175 176 177 178 0179 0180 0181 0 1 82 0183 0 1 84 0 1 85 0186
T
128 168 1 82 1 84 139 140 141 142 143 149 150 1 66
L
154 161 418 176 190 144 145 146 148 152 153 158 160
230
268 269
164
Bd. ffi
175
0193 0194 0195
180 183 185 192 206
230 231 232 233 234
0196 197 198 199
203
1 69 165 1 74 1 67 130
L
0229
187 188
1 72 173 177
T
1 62 163
200 201
171
L
0187 0188 0189 0190 0191 0192
157 159 186
189 191 170
T
202 204 205 206 207 208 209 210 21 1 212 213 214 215 216 217 218 219 220 0221 0222 0223 0224 0225 0226 0227 0228
178 179
155 211 212 214 225 226 208 210 196 197
235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 244· 245
201
246 247
218 198
248 249
219 207 220
250 251 252
221 223 227 199 242
253 254
202 224 205 209 213 215 216 217 228 229
255 256 257 258 259 0260 0261 0262 0263 264 265 266 267
270 266 241 200 203 243 244 247
271 272 273 274 275 276 277
249 251 255 258
278 279
276 259
282
204 235
280 281 283 284 285
235·
286
246 269 274 279
287 288 289
250 260
291 0292
261
0293 0294
263 253 254 312
290
0295 0296 0291
326 267
0298
264 248 245
0300
252 256 257 344 262
303 3 04
284 285
0299 301 302
305 306 307 308 309
T
282 270 272 283 289 293 320 324 339 80 278 291 323 300 319 271 273 277 310 311 294 299 307 321 265 268 280 281 286 287 288 290 292 314 302 303 304 305 306 3 08 309 313
325
GESAMTKONKONKORDANZ zu BAND I-N
L
T
310 311 3 12
3 15 316 318
313 3 14
322 334
315 316 317 317· 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327
350 351
345 346
352 353
335 327
347 348 349
328 328 " 336
350 351 352
354 355 363 3 64 365 367
360 361 357 358 359 337 362
353 354 355 356 357 358 359
370 368 3 72 373 381 374 379
329 331 332
360 361 362 363 364 365
345 346
332 333 0334 0335 0336 0337 0338 0339 0340
338 340 295 296 297 298 301 317 330
0341
333
342
Bd. IV
326
T
343 344
328 329 330 331
342
L
348
366 367 368 369 370 371 372 373 3 74 375 376 377 378
371 382 385 380 375 377 369 390 383 387 388 391 392 394 395 393 402 403 404
L
T
L
T
379 380 381
405 414 397
382 383
386 396
0414 0415 0416 0417 0418
408 409 412 413 415
384 385
398 401
0419 0420
385386 387 388 389 390 391 392 393 394
40P 410
0421 0422 0423 0424 0425 0426 427 428 429 430
416 417 419 420 422 423 425 426 430 443 444 442
395 396 397 398 399
23 1 232 233
400 401 0402 0403 0404 0405 0406 0407 0408 0409 0410 0411 0412 0413
82 239 424 411 421 84 427 435
234 236 237 238 240 341 343 347 349 356 366 376 384 399 406 407
43 1 432 433 434 435 436 437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449
436 441 432 429 43 1 445 438 447 450 440 428 222 434 446 448 449 433 439 437