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Wir freuen uns über Ihr Interesse an diesem Buch. Gerne stellen wir Ihnen zusätzliche Informationen zu diesem Programmsegment zur Verfügung. Bitte sprechen Sie uns an: E-Mail:
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Ralph Scheuss
Business Update! So machen Sie sich und Ihr Unternehmen stark für den Hyper-Wettbewerb Mehr Dynamik. Mehr Wachstum. Mehr Geschäft.
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Zitiervorschlag: Ralph Scheuss, Business Update! So machen Sie sich und Ihr Unternehmen stark für den Hyper-Wettbewerb Mehr Dynamik. Mehr Wachstum. Mehr Geschäft. Metropolitan Verlag, Berlin, Regensburg 2004
© Metropolitan Verlag, Berlin, Regensburg Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Datenübertragung oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Umschlaggestaltung: Gruber & König, Augsburg Druck und Bindung: Westermann Druck Zwickau GmbH Printed in Germany ISBN 3-89623-329-7 (Metropolitan Verlag) ISBN 3-8029-0329-3 (Walhalla Fachverlag)
Inhaltsverzeichnis
Hinterfragen, Erneuern, Gewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 Die Neue Normalität: Megatrend zum Außergewöhnlichen . . . . . . . . . . . . . Business as usual? Alles wie gewohnt? . . . . . . . . . . . . . . . Tempo: Business in Realtime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Virtualisierung: Business im Unsichtbaren . . . . . . . . . . . . . Overkill des Normalen: Viel zu viel desselben . . . . . . . . . . Surplus Economy: Überschüsse vermiesen das Geschäft . . Hyper-Wettbewerb: Jeder gegen jeden . . . . . . . . . . . . . . . Kompetenz-Vernetzung: Spitzenleistung durch Verbund . . Client Power: Dem Kunden ausgeliefert . . . . . . . . . . . . . . Brainware: Mit Köpfchen gewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . Überraschungen: Heute so, morgen anders . . . . . . . . . . .
11 12 18 25 30 37 40 48 57 63 70
2 Normalo: Good-bye! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normal verliert, „hyper“ gewinnt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Hyper Value: Die zentrale Steuerungsgröße . . . . . . . . Smarter als die Konkurrenz erlaubt . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76 80 85
3 Mindset: Das Business-Weltbild zurechtrücken . . . . . 93 Zerstöre dein Geschäft! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Erfinde dein Business neu! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Mind Update: Die Sicht der Dinge aktualisieren . . . . . . . . . 102 Erfolg trübt den Blick! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Futuring – Zukunft mehrfach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4 Innovation: Die Rundum-Erneuerung . . . . . . . . . . . . . Differenziere strategisch! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klasse durch Masse! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knock-down: Kopiere und kapiere! . . . . . . . . . . . . . . . . . Geh’ auf Innovationsjagd! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111 112 118 120 125
5 Positionierung: Nähe und Präsenz zeigen . . . . . . . . . Inszeniere dein Business! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sei einzigartig! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sei das Original! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsicht vor Benchmarking und Best Practice! . . . . . . . . . . Zergliedere Märkte! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höchst gefährdet: Bulkwaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127 128 133 136 139 141 146
6 Wissen: Auf Talente und Know-how setzen . . . . . . . . Stärke Stärken! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manage nicht den Erfolg! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halte Ausschau nach den neuen Wilden! . . . . . . . . . . . . . Get Brain! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151 152 155 158 162
7 Vernetzung: Kompetenzen bündeln . . . . . . . . . . . . . . Verkaufe deine Schwächen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geh’ auf Partnersuche! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drum prüfe, wer sich bindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165 166 168 171
8 Agilität: Die Wendigkeit erhöhen . . . . . . . . . . . . . . . . Reduce to the Max! Schlank und wendig, auch im Business! . . . . . . . . . . . . . . Billiger! Billiger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . … und nun? Starte durch! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173 174 176 182
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Hinterfragen, Erneuern, Gewinnen Pathbreaking is more rewarding than Benchmarking. Gary Hamel & C.K. Prahalad
Willkommen in der Neuen Normalität! Im Rahmen meiner Tätigkeit als Berater und bei der Entwicklung dieses Buches veränderte sich meine Sichtweise des Business. Konzentrierten sich Projekte früher auf die Entwicklung neuer Produkte, auf die Verbesserung von Marketingstrategien, die Hebung von Qualitätsstandards etc., drehen sich Projekte heute in erster Linie darum, die Grundlagen des Business zu hinterfragen. Wer glaubt, dass wir immer noch in einem Wettbewerb um Produktmerkmale, Werbebotschaften, Qualitätsgrade oder Preisrabatte stehen, der irrt. Der Kampf um den Marktvorsprung ist zu einem Wettbewerb der Ideen geworden. Dreht sich der Wettbewerb bei Produkten heute nicht vermehrt um das Know-how, anstatt um Stahl, Holz oder andere Materialien und spezielle Fertigungstechniken? Sind Unternehmen nicht viel eher wertschaffende, intelligente Netzwerke als bloße Fabriken und Büros? Gibt es nicht schon viel zu viele gute Produkte und Dienstleistungen, die sich kaum mehr voneinander unterscheiden? Tauchen nicht oft neue Konkurrenten aus unerwarteten Ecken auf, die unser bisheriges Business-Modell herausfordern? Herrschen nicht vielerorts beachtliche Überkapazitäten, weil sich Technologien und Märkte schon wieder verändert haben? Wird der Kunde nicht immer mehr zu einem „unbekannten Wesen“, auch wenn wir immer mehr Daten über ihn gesammelt haben? Ist der Wettbewerb nicht deshalb so radikal, weil Information und Wissen mit Lichtgeschwindigkeit um den Globus sausen und praktisch überall und für jedermann verfügbar sind? www.metropolitan.de
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Hinterfragen, Erneuern, Gewinnen
Der Vorsprung auf den Märkten entscheidet sich bereits in den Köpfen der Führungskräfte, Experten und Projektteams. Unternehmen spielen ein globales Braingame, ein Spiel um die cleversten Geschäftsideen. Dieser Wettbewerb hat eine für viele Unternehmen gravierende Intensität angenommen. Er ist radikal, schnell, erbarmungs- und grenzenlos. Die Nase vorne zu haben, gilt heute schon fast als Übertreibung. Die Konkurrenz ist uns in atemberaubender Schnelligkeit auf den Fersen. Innovationen, kaum auf dem Markt, werden schon wieder verbessert und günstiger angeboten. Die Spirale dreht sich immer schneller. Das Kernthema des Buches lautet daher: Was tun, wenn die Konkurrenz Besseres billiger bietet? Eigentlich ist das Erfolgsrezept in der Ära des Braingame einfach: „Nur das Außergewöhnliche gewinnt!“, oder anders: Das Gewohnte, das Normale und das Gängige verliert. Das gilt für Haushaltsgeräte ebenso wie für Angebote der Stahlindustrie, für Warenhäuser, Fernsehshows, Consulting-Dienstleistungen, Autos, Werbespots, IT-Hardware, Management-Schulen, Digitalkameras, Shopping-Malls und vieles mehr. Außergewöhnliche Angebote werden bevorzugt, gewinnen höhere Aufmerksamkeitswerte und erringen bessere Marktpositionen. Doch was heißt schon „außergewöhnlich“? War dies nicht schon immer so? Es heißt doch, dass das Bessere der Feind des Guten ist! Bestimmt – doch heute gilt dieses Prinzip radikaler denn je und ist zu einem überragenden Businessgrundsatz avanciert. Gute Produkte zu bieten genügt für nachhaltigen Erfolg nicht mehr. Kunden geben sich mit guten Produkten nicht mehr zufrieden, sie wissen, dass es Besseres gibt. Nicht nur einzelne Komponenten des Angebots müssen „besser“, „billiger“ oder „anders“ sein, sondern das gesamte Geschäftsmodell muss in seiner Cleverness dasjenige der anderen Konkurrenten übertreffen! Mit Benchmarking und Best Practice-Berichten kommen wir da kaum weiter. Sie führen nur zu einem Gleichstand mit den Konkurrenten. 8
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Hinterfragen, Erneuern, Gewinnen
„Ausgetretene Pfade zu verlassen ist lohnender als andere Unternehmen zu kopieren“, meinen die führenden amerikanischen Management-Professoren Gary Hamel und C.K. Prahalad. Recht haben sie, doch wie lässt sich das in der heutigen, wilden Businesswelt realisieren? Hierzu liefert das Buch eine Sammlung innovativer Ideen, wegweisender Aussagen, aktueller Trends und praktisch nutzbarer Erfolgsstories von Unternehmen verschiedener Branchen. Diese bieten Impulse, um das eigene Business, das eigene Handeln radikal zu hinterfragen und zu erneuern.
Hands-on! – Anpacken Die vielen Impulse sind nicht als bloße Kopiervorlage gedacht, sondern als Anregungen. Jedes Unternehmen ist einzigartig und in einer einzigartigen Situation. Nur Sie wissen, was funktioniert und was nicht: Spielen Sie mit den Impulsen! Kombinieren Sie Impulse! Verwerfen Sie Impulse! Probieren Sie vielleicht sogar mal das Umgekehrte! Bekommen Sie Lust an der Veränderung! Nur Sie selbst können zum Fortschritt in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich beitragen und das Unternehmen (und sich selbst) auf diese Weise nach vorne katapultieren. Innovation hat viele Quellen. Erfolg hat viele Quellen. Lesen verschafft in unserer hektischen Businesswelt die dringend notwendige kreative Muße zum Hinterfragen des eigenen Handelns. Hier und da finden sich „Leerzeiten“: am Bahnhof, im Taxi, in Wartehallen, im Flugzeug, in der Badewanne oder am Abend im Hotel. Dies sind ideale Zeiten zur kreativen Reflexion und zum Nutzen der Impulse für kommende Taten. Leerzeiten gestalten sich so vielleicht zu Lehrzeiten.
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Hinterfragen, Erneuern, Gewinnen
Merci! Ein Buch schreibt man nicht alleine. Ideen sprudeln aus vielen Köpfen. Auch die Ideen dieses Buches haben von der Zusammenarbeit mit engagierten Personen profitiert. Beim Hinterfragen meines eigenen Denkens haben mich insbesondere angeregt: die vielen Beratungs-, Trainings- und Coaching-Projekte mit Führungskräften aus Unternehmen verschiedener Branchen (wie Handel, Banken, Versicherungen, Industrie, Mode, Automobil, Handwerk, Unternehmen des Mittelstandes); die zahlreichen persönlichen Gespräche mit Vorständen, Führungskräften, engagierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Personalverantwortlichen, Start-up-Unternehmern, Professoren, Marketingprofis, aber auch interessante Bekanntschaften in fremden Kulturen; die kritischen Gespräche und Workshops mit Studenten wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Universitäten und Hochschulen; Referate und Diskussionsrunden an Symposien und Kongressen im In- und Ausland; und insbesondere auch die Geschäftspartner meiner eigenen Venture-Aktivitäten mit (manchmal sehr guten, aber auch sehr „lehrreichen“) Erfahrungen in Europa und in den USA. Allen danke ich hiermit ganz herzlich. Ein weiteres Dankeschön geht auch an den Metropolitan Verlag für seine sorgfältige und engagierte Bearbeitung des Manuskripts. Aktuelle Informationen zu Autor und Buch finden Sie auf: www.scheuss.com Ralph Scheuss
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Die Neue Normalität: Megatrend zum Außergewöhnlichen 1. Business as usual? Alles wie gewohnt? . . . . . . . . . . . . 2. Tempo: Business in Realtime . . . . . 3. Virtualisierung: Business im Unsichtbaren . . . . . . . 4. Overkill des Normalen: Viel zu viel desselben . . . . . . . . . . . 5. Surplus Economy: Überschüsse vermiesen das Geschäft . . . . . . . . . 6. Hyper-Wettbewerb: Jeder gegen jeden . . . . . . . . . . . . . 7. Kompetenz-Vernetzung: Spitzenleistung durch Verbund . . . . 8. Client Power: Dem Kunden ausgeliefert . . . . . . . . 9. Brainware: Mit Köpfchen gewinnen . . . . . . . . . 10. Überraschungen: Heute so, morgen anders . . . . . . . .
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1. Business as usual? Alles wie gewohnt? Zuerst stehlen dir die Revolutionäre deinen Markt und deine Kunden. Dann werben sie dir die besten Mitarbeiter ab und zum Schluss rauben sie dir noch die Aktiven. Guy Kawasaki amerikanischer Venture Capitalist
Wie präsentiert sich die Geschäftswelt heute? Betrachten wir das Business anhand eines gemeinsamen Einkaufsbummels und gewinnen wir hieraus einige Eindrücke: Erkunden wir dabei die heutige Businesswelt!
Gehen wir gemeinsam eine Digitalkamera kaufen Was gibt es denn überhaupt an Digitalkameras? Verschaffen wir uns zuerst mal einen Überblick über das Angebot. Wir suchen ein Fachgeschäft im Stadtzentrum auf und durchstöbern die Angebote in der Auslage. Der Verkäufer ist mit der Reklamation eines anderen Kunden befasst, füllt irgendein Formular aus und scheint keine Zeit für unser Interesse zu haben. Wir schauen uns um. Die Regale sind mit neuen Modellen in verschiedenen Farben und Größen überfüllt. Die Geräte sehen cool aus, doch was leisten sie wirklich? Worauf muss man achten? Etwas frustriert vom Warten und unserer eigenen Unsicherheit geben wir auf. Wir gehen lieber nach Hause, schalten das Notebook ein und surfen zum Smart Shopper von Zdnet (www.smartshopper.ZDnet.de), um uns zu informieren. Dort klicken wir die Rubrik „Digitalkameras“ an. Oh je! Angebote über Angebote, noch viel mehr als im Laden! So einfach scheint es nicht zu sein, sich eine digitale Kamera zu kaufen. Da muss man schon genauer wissen, was man will … Willkommen in der Neuen Normalität, die durch ein Überangebot an Waren gekennzeichnet ist! 12
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Business as usual?
Welche Hersteller bieten Digitalkameras an? Kennen wir die Unternehmen? Welche Marken sind die führenden? Wir surfen weiter zu www.web.de. Dort entdecken wir, dass von Agfa über Canon, Casio, Contax, Kodak, Leica, Minox, Nikon, Polaroid, Samsung bis Yashica und Yakumo praktisch das gesamte Alphabet an Elektronikfirmen durchbuchstabiert wird: 66 Unternehmen tummeln sich im gleichen Marktsegment und bieten uns alle eine digitale Fotokamera an. Willkommen in der Neuen Normalität, in der es viel zu viele Anbieter desselben gibt! So bleibt uns nichts weiter übrig, als selber tiefer in die Materie einzudringen. Know-how muss her. Wir müssen selbst artikulieren, was wir genau suchen. Welches sind die zentralen Kaufentscheidungskriterien? Wir suchen eine kompetente Fachberatung! Gibt’s die online? www.computeruniverse.de präsentiert unter „Kaufberatung Digitalfotografie“, worauf es ankommt. So entscheiden wir uns, einen Fotoapparat zu suchen, der mindestens 3,2 Megapixel Bildauflösung und einen dreifachen optischen Zoom aufweist. Wer bietet hierzu das Richtige? Wir blättern den Online-Katalog von www.digitalkamera.de durch, wo wir nach ein paar Mausklicks 154 Kameramodelle identifizieren, die alle unseren Spezifikationen genügen. Willkommen in der Neuen Normalität, in der sich Angebote immer mehr spezialisieren und differenzieren! Nun gehen wir bei Sony vorbei. Warum denn eigentlich bei Sony? Eine emotionale Entscheidung. Sony ist uns sympathisch. Der Sony Walkman war früher mal „unser liebstes Stück“, wieso also keine Sony zum Fotografieren? Die Sony Cybershot DSC-P-9 entdecken wir auf www.sony.de. Die passt, sie ist klein und sieht klasse aus! Willkommen in der Neuen Normalität, in der Marken Wegweiser in der Flut der Angebote sind! www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Doch ist das Modell wirklich auch technisch up to date? Nur so rein gefühlsmäßig wollen wir keinen Kauf tätigen! Was meinen wohl Fotoprofis dazu? Tests müssen her. Auf www.photographie.de durchwühlen wir die Testreports und Kameravergleiche der Experten. Willkommen in der Neuen Normalität, in der professionelles Markt- und Produkt-Know-how meist nur einen Mausklick entfernt sind! Diese Fachberichte sind höchst interessant. Doch sind diese Berichte wirklich neutral? Werden diese nicht von den Herstellern gesponsert? Gibt es nicht „User“ der Sony, die bereits Erfahrungen mit dem Gerät gesammelt haben? Wir wollen Meinungen von anderen Kamerabenutzern hören. So greifen wir zur ultimativen Instanz in der Marktforschung, der Meinung der User. Was für Erfahrungen haben andere „wie du und ich“ mit der P-9 gemacht? Auf www.ciao.de werden Erfahrungsberichte von Ver- und Gebrauchern gesammelt und publiziert. Alleine 23 Nutzer haben die Freuden und Leiden ihrer Sony P-9 hier zusammengetragen. Zuverlässigkeit, Bildqualität, Ausstattung, Bedienkomfort und Verarbeitung wurden von ihnen im Alltagsgebrauch getestet. Die P-9 hat dabei 4.43 von 5 möglichen Punkten errungen. Nicht schlecht! Werfen wir einen Blick auf die Vergleichsmodelle von Canon: Oh, die Digital IXUS V3 hat 4.65 Punkte ergattert und wird von 95 Prozent der Tester zum Kauf empfohlen. Dieses Modell scheint wohl besser zu sein! Willkommen in der Neuen Normalität, in der Kunden Kunden beraten! Die Canon gefällt uns auch: Design in Alufarbe, eine kompetente Marke und dazu noch ein höherer Kundenzufriedenheitswert … Wieso nicht mal was anderes ausprobieren? Willkommen in der Neuen Normalität, in der Kunden nur sich selbst gegenüber loyal sind! 14
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Business as usual?
… und nun zum Preis. Fragen Sie heute etwa noch: „Wie teuer ist die IXUS?“ Ich nicht mehr. Adäquater ist wohl die Frage „Wo steht der Preis jetzt gerade?“ Auf www.preistrend.de sehen wir die Preisentwicklung der letzten drei Monate in einer Grafik mit fallender Kurve dargestellt. Genau wie an den Finanzbörsen Aktienpreise grafisch dargestellt werden, lässt sich auch die Preisentwicklung von Konsumgütern skizzieren. Preise bekommen immer mehr einen tages- und situationsaktuellen Charakter. Willkommen in der Neuen Normalität, in der Preise zu Kursen werden! Die Preise sind im Sinkflug. Gut für uns! Da gibt es doch sicher auch Auktionsbörsen, wo wir noch günstiger als beim stationären Handel einkaufen können. So surfen wir zu www.ebay.de. Dort entdecken wir ein interessantes Angebot. Die Auktion läuft noch vier Tage. Also haben wir keine Eile, unser Kaufangebot zu platzieren. Willkommen in der Neuen Normalität, in der Preise verhandelbar werden! Vier Tage sind doch etwas lang. Gibt es denn schon neue Gebrauchte auf dem Markt? Wir durchstreifen online Kleininserate auf www.inserateclicker.ch und finden zwei Anbieter. Ein Griff zum Handy, um an die beiden je ein SMS abzusetzen. Beiden Anbietern machen wir ein Kaufangebot, das 50 EUR unter ihrem Anzeigenpreis liegt. Einer antwortet nicht, doch der zweite beißt an und „simst“ zurück. Er akzeptiert den Deal, wenn wir die Portogebühren übernehmen. Okay, Hauptsache wir bekommen das Gerät schnell. Bestätigungen hin und her via Handy-Display. Kontonummer. Per E-Banking ist auch der Geldtransfer in ein paar Minuten erfolgt, und der Anbieter sendet uns das Gerät in Originalverpackung mit laufender Garantie heute noch zu … … und ab morgen fotografieren wir digital! Willkommen in der Neuen Normalität, in der Business rasend schnell abläuft! www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Dieses Beispiel skizziert unsere Geschäftswelt im Business-to-Consumer-Markt. Im Business-to-Business-Bereich ist diese Art des Kaufens und Verkaufens ebenso normal geworden. Kunden interessieren sich heute besonders für … … die innovativsten Angebote … der bekanntesten Hersteller … mit dem besten Service … zum günstigsten Preis … in der kürzesten Zeit. Die Triebkräfte der Neuen Normalität Überraschungen
Overkill des Normalen
Tempo
Surplus Economy
Neue Normalität
Client Power (Macht der Kunden)
Brainware
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KompetenzVernetzung
Virtualisierung
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Business as usual?
Die Triebkräfte der Neuen Normalität Welche treibenden Kräfte, Trendentwicklungen und Herausforderungen gestalten das wilde Business von heute? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für erfolgreiches Handeln? Die Businesswelt der Neuen Normalität, wie ich sie bezeichne, tickt schnell und ist radikal. Sie erfordert von allen Marktteilnehmern besondere Maßnahmen. Das eigene Business ist im Lichte der veränderten Herausforderungen zu hinterfragen und innovative Strategien sind zu lancieren. Mit dem gewohnten „Business as usual“ wird man kaum mehr zu den Gewinnern in der Neuen Normalität gehören!
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Die Neue Normalität
2. Tempo: Business in Realtime Es wird nur noch zwei Typen von Managern geben: die „Schnellen“ und die „Toten“. Tom Peters, amerikanischer Management-Guru
Mit dem Fuß auf dem Gaspedal Marco Polo erreichte im Jahr 1275 nach einer fünfjährigen abenteuerlichen Reise den Hof des chinesischen Ming-Kaisers Kubilai in Tschengtu. Wir steigen am Abend ins Flugzeug und genießen bereits am darauf folgenden Mittag mit unserem Geschäftspartner in Downtown Beijing eine knusprige Pekingente. Räumliche Distanzen fallen zunehmend in sich zusammen. Die „Distanz“ wird in der Geschäftswelt der Neuen Normalität immer mehr zu einer vernachlässigbaren Größe. Das Wachstum der Informations- und Kommunikationsgeschwindigkeit der letzten Jahre ist enorm. Telefon, Fax und E-Mail lassen in wenigen Minuten Botschaften rund um den Globus sausen. Noch vor ein paar Jahren war das Faxgerät eine Innovation im Business und wurde weltweit intensiv zum schnellen Austausch von Dokumenten unter Geschäftspartnern genutzt. Und heute? Wann haben Sie denn das letzte Mal noch ein Faxgerät eingesetzt? Internet und E-Mail sind die Nachfolger. Sie sind schneller, persönlicher und gestatten vor allem den Austausch reichhaltiger Informationen, wie Originale in Text, Bild, Ton oder Video. Ereignisse, die in anderen Kontinenten geschehen, lassen sich über Fernsehen oder Internet „in Echtzeit“ mitverfolgen. Denken Sie beispielsweise an die Berichterstattungen der Nachrichtensender CNN oder n-tv. Diese Beschleunigung – oder besser: die „Gleichzeitigkeit von Ereignis und Information“ – macht auch vor der Finanz- und Businesswelt nicht Halt. Politische oder wirtschaftliche 18
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Business in Realtime
Ereignisse wie die Publikation von Geschäftsergebnissen lösen im Nu weltweite Reaktionen aus. Viele Börsianer können hiervon ein Lied singen …
Beschleunigung durch Techno-Intelligenz Die IT-Technologiedynamik ist einer der Hauptantreiber der Beschleunigung des Geschäfts. Im Jahr 1965 hielt Gordon Moore, damals CEO der Intel Corporation, einem der größten Chiphersteller der Welt, einen Vortrag zur Entwicklung der Chip-Technologie – ein Vortrag, der Geschichte machte. Er formulierte das mittlerweile als „Gesetz von Gordon Moore“ bekannte Prinzip der Technologiedynamik. Das Moore-Gesetz besagt, dass sich etwa alle 18 Monate die Leistungsfähigkeit der Transistorchips bei gleichem Preis verdoppelt. Was heißt das? Die Leistungsfähigkeit von Computern (und auch anderem Hardware-Material) verdoppelt sich etwa alle eineinhalb Jahre bei stabilem Preis. Oder umgekehrt interpretiert: Für dasselbe Geld bekommt man etwa alle 18 Monate die doppelte Rechnerleistung. Rechnerintelligenz wird immer billiger, was vor ein Dutzend Jahren noch Tausende Dollar kostete, ist mittlerweile für ein paar Cents zu haben. So wundert es nicht, dass heute ein Oberklasse-Automobil etwa die vierfache Rechnerperformance der 1969 zum Mond fliegenden Apollo-11-Raumfähre aufweist. Ein weiteres Beispiel aus dem Flugzeugbau belegt diesen Trend ebenfalls: Die Rechnerleistung des Inflight-Entertainment-Systems (Multimedia-Angebote) in der neuen Boeing 777 ist weitaus leistungsfähiger als diejenige des Cockpits, die zum Navigieren und Steuern benötigt wird. Die immer billigere Techno-Intelligenz findet immer weitere Anwendungen.
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Die Neue Normalität
Beispiel: Danny Hillis, ein amerikanischer Erfinder aus der Computerbranche, hielt anfangs der 1970er Jahre einen Vortrag im Hilton Hotel in New York, wo er den exponentiellen Verlauf des Moore-Gesetzes dem Publikum erläuterte: „Bald gibt es mehr Mikroprozessoren als Menschen in den USA!“ Jemand stand auf und fragte Hillis, was man denn mit so vielen Computern überhaupt machen könne; es sei ja so, „… als ob man in diesem Hotel in jedem Türknopf einen Mikroprozessor einpflanzen würde“. Das Publikum schmunzelte. Das New York City Hilton, wo der Kongress stattfand, hat heute in jedem Türgriff einen Mikroprozessor installiert, der die Zimmerbelegung über einen Rechner steuert. Sowohl Preiszerfall als auch gestiegene informationstechnologische Performance sind die Gründe, warum Techno-Intelligenz immer häufiger an den erstaunlichsten Ecken auftaucht: in Kaffeemaschinen, Kleidern, Fotokameras, Toastern, Spielzeugen, Telefonen, Navigationsgeräten, Rasenmähern, Kinderspielzeugen, Stereoanlagen, Kühlschränken, Automobilen, Thermometern … Weniger offensichtlich hingegen ist die Beschleunigungsdynamik bei wirtschaftlichen Transaktionen, Prozessen oder in der Produktentwicklung innerhalb der Unternehmen. Das IT-Business tickt, symbolisch gesprochen, heute schon in Hundejahren, d.h., dass Entwicklungen, die früher sieben Jahre dauerten, heute innerhalb eines Jahres implementiert sein müssen. Wer mithalten will, muss sich dieser Beschleunigung anpassen und die innere Dynamik des eigenen Unternehmens dementsprechend erhöhen.
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Business in Realtime
Beispiel: Etwa 80 Prozent des gesamten Konzernumsatzes von Hewlett-Packard (HP) wird mit Produkten erwirtschaftet, die noch keine zwei Jahre alt sind. So haben sich nicht nur die Produktentwicklungszeiten drastisch verkürzt; auch die Vermarktungszeiten müssen mitziehen. Das Unternehmen lanciert jeden Tag drei neue Produkte auf den Märkten!1 Die Innovationszyklen betragen heute bei neuen Werkstoffen etwa acht Jahre, bei der Elektromechanik um die fünf Jahre, bei Software etwa eineinhalb Jahre und bei Grafikkarten von PCs nur noch etwa vier Monate. Vieles kann gar nicht mehr genügend intensiv getestet werden, bevor es auf den Markt kommt. Neue Ideen müssen rasch umgesetzt und vermarktet werden, sonst kommt einem die Konkurrenz zuvor. Der Kunde wird zum ultimativen Tester erkoren. Die vielen Autopannen bei den relativ neuen Modellen belegen dies. Hauptgrund der Störungen: das Zusammenwirken der Technologiekomponenten. Die Autoelektronik „spinnt“ unerwartet: So wurde zum Beispiel beim neuen 7er-Modell von BMW beim Bedienen der Öffnungstaste für das Schiebedach das Notrufsystem über das integrierte Mobiltelefon aktiviert. Bereits heute sind über die Hälfte aller Pannen auf die elektronischen Helfer und ihre Steuergeräte zurückzuführen. Etwa alle 90 Sekunden bleibt in Deutschland ein Auto stehen!
Faktoren der Business-Beschleunigung Die Business-Beschleunigung ist das Resultat vieler verschiedener Komponenten. Ursache und Wirkung zu unterscheiden fällt nicht immer leicht, da die einzelnen Faktoren sich wiederum gegenseitig verstärken: www.metropolitan.de
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Beschleunigungsfaktoren der Businesswelt Vergrößerung der Markträume
Info- & Kommunikationsvernetzung
Technologiedynamik
Multitasking
Tempo oder Business-Beschleunigung Standardisierung, Normierung
Hyper-Wettbewerb
…
Non-stopBusiness (24x7)
Die Ära der Simultanten Nicht nur die Technologie wird schneller. Wir beschleunigen auch unseren Alltag. So schlafen wir weniger, essen Fastfood im Gehen und arbeiten hektisch an mehreren Projekten gleichzeitig. Immer mehr ertappen wir uns dabei, verschiedene Aktivitäten simultan zu erledigen. So wie unsere Computer oder Handys multitaskingfähig geworden sind, so entwickeln wir uns selber immer mehr zum Multitasking-Menschen. Schon morgens früh geht’s los: Wir schwitzen auf dem Fahrradtrimmer, lesen dazu ein Fachmagazin, mit dem anderen Auge sehen wir die Nachrichten im Morgenjournal des ZDF und winken unseren Kindern beim Verlassen des Hauses zu. Während der Autofahrt zum Kunden mühen wir uns durch den Stadtverkehr, tippen gekonnt eine SMS-Botschaft ins Handy an unseren Assistenten, folgen den Anweisungen des Navigationssystems und geben einer drängelnden Cabriofahrerin durch Kopfnicken Vorfahrt. Im Büro klicken wir die neuesten E-Mails durch, schlürfen dazu einen heißen Kaffee, notieren wichtige Tagesaktivitäten auf einen Zettel, bekommen den Anruf eines Kollegen … 22
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Business in Realtime
Zeitmanagement-Experten und Psychologen sprechen schon davon, dass wir uns zu „Simultanten“ entwickeln, d.h. zu Menschen, die parallel mehrere Tätigkeiten erledigen. Wir sind dabei im Kopf „hier“, aber gleichzeitig auch immer „woanders“.2 Auch der traditionelle Achtstundentakt des Business löst sich auf: acht Stunden Arbeiten, acht Stunden Schlafen und acht Stunden Freizeit. Das sind Tempi passati. Die Dreiteilung der Tagesorganisation zerfließt durch die globale Vernetzung und durch die gestiegene Nutzung der Informations- und Kommunikationsmedien. Schneller und schneller muss das Business rund um die Uhr laufen. Doch nicht nur die Hektik hat zugenommen, sondern auch unser gesamtes Arbeitspensum. Im Durchschnitt arbeitet gemäß dem Wired Magazine vom 20. Mai 1998 ein Amerikaner heute etwa 25 Prozent mehr als noch zu Beginn der 1970er Jahre … und wir? Der Faktor Zeit ist aber auch zu einem Kultwert avanciert. Ist es nicht „sehr professionell“, keine Zeit zu haben? Wer Zeit „im Überschuss“ zur Disposition hat, scheint keinen herausfordernden Job zu haben oder schlicht zu wenig gefragt zu sein. Die Wertigkeit der Zeit hat auch ihre Statussymbole: übervolle Agenden, nervig piepsende PDAs, periodische Blicke auf die Uhr, StressSchweißperlen auf der Stirn … Sind wir zu Informations- und Kommunikationsjunkies geworden? Überall wollen wir erreichbar sein und überall wollen wir die wichtigen Neuigkeiten sofort zur Hand haben. Der moderne, vernetzte Mensch wirkt informationssüchtig: World Wide Web, SMS, E-Mail, Handy, WAP etc. fordern ihre Aufmerksamkeit. Aber auch die zunehmende Dichte an Meetings und Besprechungen auf der analogen Seite mit der erhöhten Dichte an Reports, ProjektInformationen und Entscheidungsdaten warten darauf, verarbeitet zu werden. Eine hohe physische und psychische Belastung sind die Konsequenzen.
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Stress-Symptome machen sich bemerkbar. So leidet etwa jeder dritte Arbeitnehmer unter Stress oder physisch-psychischer Erschöpfung3. Mehr als vier von fünf (!) Berufstätigen empfinden, dass ihr Job in den letzten fünf Jahren stressiger geworden ist und ihnen mehr Substanz abfordert. Multitasking, Informationsflut und Hektik haben ihre Grenzen: Gehirne sind nur limitiert aufnahmefähig und im Multitasking nicht sehr versiert. Sie verabscheuen chaotische Zustände. Konfusion verwirrt. Unsicherheit und Ungewissheit lähmen. Unsere begrenzte Aufmerksamkeitskapazität entwickelt sich zu einem Flaschenhals unserer Informations- und Wissensökonomie. So „switcht“ unsere Aufmerksamkeit in Sekundenintervallen von einem Thema zum anderen, wir verlieren dabei leicht die Tiefe der Thematik und fühlen uns nonstop unter Hochdruck und Spannung. Manchmal plagt uns zudem noch das beklemmende Gefühl, die Übersicht zu verlieren. Wir erleben den Information Overload, das Zuviel an Daten und Zuwenig an Nutzen stiftender Information. Das nervt! Doch wie bei jedem Trend bauen sich auch hier Gegentrends auf: Wellness-Hotels und Fitnesstempel schießen aus dem Boden. Ratgeber für das Zeitmanagement, Yoga, Meditation oder die Simplify-your-Life-Bewegung versuchen, die eigene Work-Life-Balance wieder herzustellen. Der effektive und effiziente Umgang mit der Beschleunigung wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor für das gesamte Unternehmen und seine Mitarbeiter.
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Virtualisierung
3. Virtualisierung: Business im Unsichtbaren Das Unternehmen, so wie es heute existiert, ist nun etwa 120 Jahre alt. Es ist unwahrscheinlich, dass es weitere 25 Jahre überlebt; rechtlich und finanziell vielleicht, aber kaum strukturell oder wirtschaftlich. Peter F. Drucker, Management-Denker
Die nicht greifbare Realität Stellen Sie sich vor, wie sich unser Lebens- und Geschäftsalltag gestalten würde, wenn das Elektroniknetz des Internet nicht den Globus umspannte. Projizieren wir den Entwicklungssprung der letzten fünf Jahre in die Zukunft hinein, so können wir seine zukünftigen Dimensionen kaum erahnen. Etabliert wurde das Internet 1969 als ein Link zwischen der University of California und der Stanford University zum Austausch wissenschaftlicher Informationen. Seitdem hat es sich zum schnellst wachsenden Kommunikationsnetzwerk der Geschichte entfaltet. Gute 30 Jahre später verbindet das World Wide Web hunderte Millionen Menschen miteinander. Auch heute noch verdoppelt sich etwa alle drei bis fünf Monate die Anzahl der Nutzer. Die „E“-Kommunikation ist in der Geschäftswelt eine Selbstverständlichkeit, die nicht mehr wegzudenken ist. Im Privaten wird der Unterhaltungswert des Webs, seine Informationsfülle und seine Funktion als digitaler Marktplatz intensiv genutzt. Nicholas Negroponte vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat in seinem grundlegenden Werk „Being Digital“ beschrieben, wie sich durch die Digitalisierung ein virtueller Raum neben unserer physischen, analogen Welt aufspannt.4 Diese digitale Welt aus 0 und 1 ist real und das macht sie für viele tückisch. Sie lebt www.metropolitan.de
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von Bits und Bytes in Form von Texten, Bildern, Filmen und Klängen. Diese virtuelle Dimension selbst ist aber nur schwer erfahrbar. Antreiber der zunehmenden Virtualisierung ist der technologische Fortschritt im Bereich der Speichermedien, Mikroprozessoren, Übertragungs- und Netzwerktechnik. So haben die digitalen Werkzeuge mittlerweile praktisch alle Lebens- und Arbeitsbereiche erfasst und in ihrem Funktionieren zum Teil erheblich restrukturiert: Bücher werden heute anders geschrieben, mit ausländischen Geschäftspartnern wird heute anders kommuniziert, medizinische Diagnosen und Therapien werden von Ärzten anders durchgeführt, Häuser werden von Architekten anders entworfen, Flugzeuge werden von Ingenieuren anders konzipiert und entwickelt als in der analogen Ära.
Effekte der Virtualisierung im Business Die Digitalisierung führt zu virtuellen Universitäten, virtuellen Büros, virtuellen Fabriken, virtuellen Märkten, virtuellen Zeitungen, virtuellen Reisebüros oder virtuellen Mitarbeitern. Sie ermöglicht es, dass sich Ideen praktisch kostenlos und per Mausklick beliebig vervielfältigen und elektronisch verteilen lassen. Menschen können über große geographische Distanzen hinweg Probleme gemeinsam bearbeiten und interaktiv Lösungen entwickeln. Vergleichen Sie die Korrespondenz per Brief und per E-Mail: Das Medium bestimmt auch das Verhaltensmuster der Interaktion. Schreibstil, Format, Darstellung, Sprachwahl oder Zeitbedarf sind verschieden. Es gibt Situationen, in denen man das eine oder andere Format wählt. Würden Sie jemandem per E-Mail kündigen? Wir passen unser soziales Verhalten den Möglichkeiten der Medien und Technologien an.
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Virtualisierung
Beispiel: 1956 wurde die erste transatlantische Telefonleitung in Betrieb genommen. Damit ließen sich 89 Simultangespräche zwischen Amerika und Europa führen. Dass diese begrenzte Kapazität zu teuren Telefonaten führte, liegt auf der Hand. Für ein DreiMinuten-Gespräch zwischen New York und London mussten über 50 US-$ (angepasst an das Preisniveau von 1990) hingeblättert werden. Die Einführung der Fiberoptik-Technologie 1988 änderte dies radikal: Sie ließ 40 000 Simultangespräche zu. Kabel der heutigen Generation ermöglichen Kapazitäten von über drei Millionen gleichzeitig geführten Gesprächen! Ein transatlantisches Telefonat kostet heute nur noch einige Cents. Distanz wird immer weniger zu einem Kostenfaktor. Die Businesswelt schrumpft. Oft herrscht ein Missverständnis, wenn man mit Führungskräften über die digitale Dimension des Geschäfts diskutiert. Digitales Business hat nur sehr wenig mit der Informatik oder der IT-Abteilung eines Unternehmens zu tun. Digitales Business spricht die Nutzung der Informationstechnologien und Kommunikationsmedien an, um die strategischen Optionen des Unternehmens zu erweitern oder um seine Wertschöpfungsprozesse zu verbessern. Doch nicht einmal alle Unternehmen der InformationstechnologieBranche könnte man heute als „digitales Business“ bezeichnen. So ist zum Beispiel Dell ein echtes digitales Business, da es sich entlang der Informationskette zwischen Kunden und Hersteller positioniert und beide miteinander datentechnisch zur Wertschöpfung vernetzt. Dell handelt eigentlich mit Bits und Bytes und weniger mit Hardware.
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Die Virtualisierung der Geschäfts- und Lebenswelt hat erhebliche Konsequenzen: Zeit und Raum schrumpfen. Wir entwickeln uns zu einer 24/7 (24 Stunden/7 Tage) -Wirtschaft. Die Transparenz des Geschehens auf den Märkten steigt enorm. Unternehmen wissen mehr über ihre Kunden und Kunden wissen mehr über die Angebotssituation. Die Geschäftsabwicklung und die Kommunikation werden beschleunigt. Die Interaktionskosten der Kommunikation werden dramatisch gesenkt. Durch die Vernetzung von Informationen lassen sich neue Erkenntnisse und Einsichten gewinnen. Die Virtualisierung unterstützt Lernprozesse. Das Marktgeschehen wird perfektioniert und der Wettbewerb intensiviert. Unternehmen vernetzen sich über Grenzen hinweg in ihren Leistungen und Prozessen. Neue Märkte können erschlossen werden (zum Beispiel Internet-Auktionshäuser). Die Virtualisierung ist eine wichtige Voraussetzung für eine global vernetzte Wissensgesellschaft. Wissen, Kreativität und Kommunikation sind die Rohstoffe, die das Wesen der wissensbasierten Wirtschaft ausmachen. Jedes Business ist zu einem erheblichen Teil immer auch ein „Informationsbusiness“ und ändert sich daher fundamental mit der fortschreitenden Digitalisierung.
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Virtualisierung
Effekte der Virtualisierung der Geschäftswelt Wettbewerbsintensität
Kommunikationsintensivierung
BusinessVernetzung
Interaktionskonstensenkung
Transparenz
BusinessRedesign
Tempo
Neue Märkte
Virtualisierung
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4. Overkill des Normalen: Viel zu viel desselben Während alles immer besser wird, wird alles auch immer gleicher. Paul Goldberger The Sameness of Things, New York Times Magazine
Der „Graue-Mäuse-Effekt“ Viel zu viele gleichartige Angebote verschwimmen im Nebel ihrer Ähnlichkeiten. Man könnte fast von einer „Invasion der grauen Mäuse im Business“ sprechen: Es gibt viel zu viel desselben, viel zu viel Ähnliches oder viel zu viel des Gleichen. Normale Angebote überhäufen sich. „Buntes“ ist die Ausnahme. Der Graue-Mäuse-Effekt, d.h. die Tendenz der Anbieter einer Kategorie, sich einander anzupassen, führt zum Overkill des Normalen, Gängigen und Üblichen. Gibt es nicht viel zu viele Angebote, die sich kaum mehr voneinander unterscheiden? Viel zu ähnlich: Unterschiede sind kaum erkennbar! (Beispiele) Kleidergeschäfte in Einkaufsstraßen Shopping-Center Pizzerien Fastfood-Ketten Parfümerien/Drogerien Tankstellen-Shops Banken Versicherungen Flachbildschirme Sitcoms, Late-Night-Shows, Talkshows Zigaretten-Marken Biere, Weine, Limonaden Business Schools Beratungsangebote Notebooks Digitalkameras Waschmittel Zahnpasten, Mundwasser Hautcremes, Deodorants Slip-Einlagen 30
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Overkill des Normalen
Wenn der „Graue-Mäuse-Effekt“ zuschlägt, verlieren auch gute Angebote ihre Eigenständigkeit und ihr Profil im Markt. Sie werden sich in Funktion, Design, Markenpräsentation, Verpackung, Konditionen etc. immer ähnlicher. Diese Aussage trifft auch für komplexe Angebote zu: PCs, Autos, Fernsehgeräte oder auch Haushaltsmaschinen unterliegen dieser Tendenz zur grauen Mitte. Die Mitte ist grau, weil sich der Charakter, die Besonderheit oder das Einzigartige des Angebots für den Kunden vernebelt. Beispiel: Im Jahr 1998 wurden alleine in den USA über 30 000 neue Musikalben auf den Markt geworfen.5 Ein größerer Supermarkt bietet in seinen Verkaufsregalen etwa 40 000 einzelne Artikel an. Eine „normale“ Familie deckt etwa 80 Prozent ihres Konsumbedarfs mit 150 Produkten ab. Die Kollektion des japanischen Uhrenhersteller Seiko umfasst über 5 000 Modelle und Varianten. Über 15 000 Werbebotschaften empfängt ein Durchschnittsamerikaner pro Jahr. Bis er am Abend müde ins Bett fällt, hat er etwa 250 Commercials über sich ergehen lassen.6 Amerikanische Jugendliche im Alter von 18 Jahren haben über 350 000 TV-Werbespots hinter sich. Das gesamte Angebot des Onlinehändlers Amazon umfasst ausgedruckt etwa 14 Telefonbücher im Umfang desjenigen von New York City. Bei einer durchschnittlichen Markteinführungsdauer von ein bis zwei Jahren erzielen Unternehmen 40 – 60 Prozent ihres Umsatzes mit Produkten, die erst seit etwa fünf Jahren auf dem Markt sind. In den USA werden jedes Jahr etwa 50 000 Produkte7 neu angeboten, in den 1960er Jahren waren es nur einige Tausend.
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Warum kommt es zum Graue-Mäuse-Effekt? Erste Ursache des Graue-Mäuse-Effektes ist die Orientierung der Anbieter am Verhalten der anderen Wettbewerbsteilnehmer. Mittels systematischer Konkurrenzbeobachtung, Benchmarking oder Best-Practice-Programmen werden die Konkurrenten minutiös in ihrem Verhalten analysiert, sodass deren Angebot dann oft der Maßstab für die eigenen Produkte ist. Kaum hat ein Mitbewerber ein Zusatzmerkmal hinzugefügt, so wird sofort nachgezogen. Damit werden die eigenen Angebote zwar up to date, verlieren aber ihre Differenzierung. Für den Kunden werden die Angebote so bestenfalls „normal“, „gängig“ oder „üblich“. Von derartig normalen Produkten und Dienstleistungen werden wir zunehmend überschwemmt. Zweiter Grund ist die Akkulturation innerhalb einer Branche. Neue Mitarbeiter, die mit eigenständigen Ideen und Vorstellungen an den Arbeitsplatz kommen, werden sukzessive vom „System“ vereinnahmt. Akkulturation ist das Sich-Anpassen an die Usancen des Geschäfts. Mit zunehmender Akkulturation lahmt die Innovationskraft und versiegt das Sprudeln unkonventioneller Ideen. Branchenverbände hüten und pflegen das traditionelle Know-how eines Wirtschaftszweiges und geben es an den Nachwuchs durch Trainings, Richtlinien oder Verhaltensstandards weiter. Neulinge lernen diese Regeln des Denkens und Handelns, sie passen sich entweder an, werden von ihrem Umfeld angepasst oder verlassen das Unternehmen. Dritter Grund ist der Background des Business Knowledge. Etwa 2 000 professionelle Business Schools sind die Hüter des gültigen Management-Know-hows rund um den Globus. All diese Institutionen beziehen ihr Wissen und den Lernstoff aus denselben Quellen, von denselben Schlüsselautoren und vermitteln diese in einer vergleichbaren Methodik. Dies bietet viele Vorteile, führt aber auch zu Konformität im Denken und Handeln. So erstaunt es kaum, dass professionelle Führungs- und Fachkräfte oft nach denselben 32
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Overkill des Normalen
Idealen, Wertvorstellungen und Prinzipien arbeiten. Banker aus der Schweiz, aus Deutschland, aus den USA, aus Chile oder Singapur ähneln sich sehr hinsichtlich ihres Geschäftsverständnisses und ihrer Professionalität. Zudem können Sie mit großer Wahrscheinlichkeit einen Banker auf den Straßen dieser Finanzplätze sofort identifizieren. Dies gilt nicht nur für sein Erscheinungsbild, sondern auch für seine Art des Doing Business. Die Tendenz zur Ähnlichkeit wirkt auf globaler Ebene und wird durch die neuen Informations- und Kommunikationsmedien noch verstärkt, da alle dieselben Informationsquellen anzapfen, von den gleichen Medien berieselt werden, mit denselben Methoden arbeiten und untereinander intensiv kommunizieren. Ursachen des Overkill des Normalen Vergleiche mit der eigenen Branche
Akkulturation von Mitarbeitern
tradiertes BusinessKnow-how
Overkill des Normalen
Konformistisches Denken: „Minimiere Risiken, mach’s wie alle!“ Welche Konsequenz hat dieses konformistische und konventionelle Denken für das Business in der Neuen Normalität? Es führt zu konformen Lösungen, konformen Produkten, konformen Qualitäten, konformen Standards, konformen Preismodellen, konformen www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Konditionen, konformen Werbebotschaften … zu konformen Verhalten. Oft wird das gewünscht, aber eben nicht immer! Für die Positionierung eines Unternehmens, einer Marke oder eines Produktes kann es nichts Schlimmeres geben, als „normal“ zu sein. Man degradiert zum Lookalike oder wird zum Me Too, wie Marketer sagen. So verschwindet man in der großen Masse der Alternativen und verliert seine eigene Identität. Die Folge ist ein Verlust an Erkennbarkeit, Attraktivität und Sichtbarkeit im Markt. Shopping ist in vielen Bereichen trotz gestiegener Variantenvielfalt sowohl langweiliger als auch verwirrender geworden. Man findet nur mit größerem Aufwand Produkte, die wirklich originell oder außergewöhnlich sind. Unikate gibt es nur wenig, wenn man mal von Kunstwerken absieht. Doch auch auf diesem Feld sind viele Kopisten unterwegs. Als Käufer ist man bei seiner Wahl nie so ganz sicher, wirklich eine Produktperle entdeckt zu haben. Dies gilt im Firmengeschäft auch für die Beschaffungsmärkte. Analoge Angebote existieren im Business-to-Business, wohin man schaut. Einen alternativen Anbieter findet man meistens leicht. In einer international-globalen Perspektive akzentuiert sich diese Feststellung natürlich. So gab es beispielsweise Anfang 2002 über 120 spezialisierte virtuelle Online-Beschaffungsmarktplätze (!), auf denen sich die Automobilindustrie ihre Einzelteile und Komponenten über das Web einkaufen konnte. Davon haben gemäß einer Studie der Cell Consulting AG8 höchstens etwa 40 Unternehmen überhaupt den von den Autobauern geforderten Serviceumfang. Die restlichen 80 können sich also kaum Chancen für ihre Zukunft ausrechnen. Aber auch die ersten 40 werden es sehr schwer haben, da alle viel zu ähnlich aufgebaut sind und praktisch die gleichen Angebote offerieren – dies alles in einem Marktsegment, das sich immer weiter und weiter konzentriert. Cell Consulting hat ihrer Studie daher treffend den Titel „Automobiler E-Wahn“ gegeben. 34
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Overkill des Normalen
Der Overkill des Normalen ist der Nährboden für den Verdrängungs- und Vernichtungswettbewerb. Viel zu viele ähnliche Angebote machen sich gegenseitig den Businessalltag schwer. Wie sich der Overkill des Normalen auf das Business auswirkt „Gute“ Angebote entwickeln sich zu normalen, indem Neuerungen von Konkurrenten rasch aufgegriffen und in die eigenen Angebote implantiert werden. So wird wiederum eine neue Durchschnittlichkeit auf der nächsthöheren Ebene erzeugt. Produkte, Dienstleistungen, Marken oder gar Unternehmen verlieren ihr Profil. Wofür stehen sie? Wieso soll man denn ausgerechnet diese oder jene Marke kaufen? Die Aufmerksamkeit beim Kunden muss mit großem Aufwand errungen werden. Die Marktbearbeitung und der Aufbau von Marken(namen) verschlingen immer größere Summen. Unter Lookalikes oder Me Toos verlieren Kaufentscheidungsfaktoren wie Image, Funktionalität, Design, Performance etc. an Bedeutung. Dafür tritt aber der Preis (mit all seinen Komponenten) als wettbewerbsentscheidendes Kriterium hervor. Ein Preiskampf wird entfacht. Unternehmen werden auf Grund der hohen Markttransparenz rasch zu einem „alternativen Anbieter“, zu einem unter vielen anderen. Die Verunsicherung und Qual der Wahl beim Kunden steigt. Verkaufs- und Marketing-Argumente verlieren an Griffigkeit. Anforderungen an Marketing, Verkauf und Beratung werden höher, um Produktvorteile dem Kunden erklären zu können.
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Die Neue Normalität
Sind sich die Anbieter untereinander zu ähnlich, wird in der Wettbewerbsarena zur Endrunde geblasen: Preissenkungen sind die letztmögliche Strategie. Ein halsbrecherischer Wettbewerb, der direkt am Existenziellen des Business nagt, ist die Folge. Wer den „Graue-Mäuse-Effekt“ erkannt hat, setzt auf Differenzierung oder Innovation, um einen Sprung aus dem Wettbewerb des Normalen zu machen. Nur wer das „nicht Normale“ bietet, kann sich dem Shake-out9 des Verdrängungswettbewerbs entziehen.
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Surplus Economy
5. Surplus Economy: Überschüsse vermiesen das Geschäft Safe is risky! If you play safe, you are doomed. Seth Godin US-Management-Berater
Überangebote, Überschüsse und Überkapazitäten Überangebote, Überschüsse oder Überkapazitäten in einzelnen Branchen vermiesen sich gegenseitig das Geschäft. Durch die Öffnung der Märkte, die Deregulierung, den gestiegenen Preisdruck und die Optimierung der Produktionsabläufe steigt die Zahl der Anbieter und ihrer Angebotsmengen. Von vielen Produkten und Dienstleistungen müssen Mindestkapazitäten bereitgestellt werden, um effizient ein Angebot zur Verfügung stellen zu können. Zudem bringen größere Produktionsvolumen Vorteile im Preis- und Konditionen-Wettbewerb. Dies reizt viele Unternehmen, ihre Absatzmengen zu vergrößern. Lassen sich dann aber die geplanten Absatzmengen nicht an den Kunden bringen, treten die unliebsamen Effekte des Angebotsüberhangs auf. Ein paar Beispiele verdeutlichen dies: Global kämpfen über 1 500 Fluglinien (!) um die Vermarktung ihrer verfügbaren Sitz-Kapazitäten. Martin Halusa, ein amerikanischer Airline-Experte, bemerkt in DIE WELT zum Überangebot: „Es gibt zu viele Gesellschaften, die zu viele unrentable Flüge anbieten, zu viele teure Flugzeuge unterhalten – und sich um zu wenige gut zahlende Passagiere streiten. Viele Flugunternehmen haben die Zahl ihrer Flüge schon drastisch gesenkt und Jets ausgemustert.“10 www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Etwa zehn Prozent der gesamten amerikanischen Passagierflugzeugflotte ist in den Wüsten Arizonas, Kaliforniens und Nevadas geparkt und wartet auf bessere Zeiten. Das Airline-Business hat sich auch in Europa geändert: Erinnern Sie sich noch an Zeiten, als zum Beispiel ein Flugticket Zürich – Hamburg – Zürich über 1 000,– EUR kostete? Heute gibt es Angebote, diese Route für weniger als 50,– EUR zu fliegen! Die Vermarktung der Überkapazität an Sitzen hat uns diese Preise beschert. Die Automobilindustrie könnte heute auf einer globalen Basis betrachtet etwa 20 Millionen Fahrzeuge mehr produzieren, als die Märkte aufzunehmen gewillt sind. Die Branche rechnet11 mit einem weltweiten Kapazitätsüberhang von bis zu 30 Prozent. Alleine Opel12 muss eine Überkapazität von etwa 350 000 Autos verkraften. Im Handel herrschen ebenfalls Überkapazitäten, die mit Preiskämpfen einhergehen. Beispiel hierfür sind die Baumärkte.13 Über 4 200 Baumärkte bedeuten Wettbewerb pur unter den großen der Branche, wie OBI, Bauhaus oder Hornbach. Eine Konzentration im Baumarktsektor ist unausweichlich, da die roten Zahlen, die auf Grund zu großer Verkaufsflächen, hoher Kostenbelastungen und zerstörerischem Preisgemetzel entstehen, auf Dauer am Fundament der Existenz nagen. Auch die Hersteller von Computerchips leiden an hohen Überkapazitäten. Dies gilt vor allem im Chip-Segment der DRAM (Dynamic Random Access Memory), die vorwiegend in PCs eingesetzt werden. Die Industrie rechnet mit einem Angebotsüberhang von rund 15 Prozent.
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Surplus Economy
Die schmerzhafte Anpassung an die Realität Überkapazitäten verschärfen den Wettbewerb zusätzlich. Die nächste Runde wird eingeläutet: Die Unternehmen müssen ihre Überschussmengen loswerden. So spielen sie die Marketing- und Verkaufsstrategien auf der ganzen Klaviatur durch. Die Nachfrage wird „stimuliert“ und, neudeutsch gesprochen, das Angebot in den Markt „gepusht“. Bringt dies zu wenig Absatz, sind drakonischere Maßnahmen ins Auge zu fassen: Einstellungsstopp, Kostenreduzierung, Deinvestitionen durch Kapazitätsabbau, Stilllegung von Betriebsstätten, Entlassungen … Surplus Economy: Branchen mit Überkapazitäten Automobil
Elektrizität/Energie
Eisen, Stahl
Rohstoffe aller Art
Bergbau Computer-Herstellung Flugzeug-Hersteller Landwirtschaft Fischerei Reifenhersteller Pharmazeutik Web-Design Textilien Haushaltsgeräte Sportschuhe (Sneakers) Versicherungen Immobilien
Eisenbahnen Cargo – Transport – Logistik Airline-Business Holz- und Forstwirtschaft Hotellerie/Gastgewerbe Chemie – Grundstoffe Möbelindustrie Wintersport-Destinationen Konsumelektronik Banken Unternehmensberater Sommerfestspiele …
Überkapazitäten heizen den Wettbewerb an und reduzieren die Manövrierfähigkeit des Unternehmens. www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
6. Hyper-Wettbewerb: Jeder gegen jeden Fasten your seatbelts, the turbulence has barely begun. Dee Hock Begründer der Visa International
Bitte anschnallen: Wettbewerb der heftigen Art In der Neuen Normalität wird Wettbewerb zum Hyper-Wettbewerb. Dieser ist direkt, schnell, vernetzt, überraschend und grenzenlos. Zonen der Ruhe und des sicheren nachhaltigen Erfolges gibt es kaum noch. Die Schutz bringende Deckung durch den Gesetzgeber ist in vielen Branchen durch Deregulierung oder die internationale Öffnung der Märkte verschwunden. Dies belegen die Branchen Telekommunikation, Luftfahrt, Landwirtschaft, Energie, Bankwesen oder Versicherungswirtschaft. Anlässlich des 25. Deutschen Vertriebs- und Verkaufsleiter-Kongresses befragte die DVS (Deutsche Verkaufsleiter Schule) Marketing- und Vertriebsführungskräfte quer durch alle Wirtschaftszweige zu ihrem ganz persönlichen Empfinden der aktuellen Wettbewerbssituation.14 In dieser Studie gaben 30 Prozent der Befragten an, in einem intensiven Wettbewerbsumfeld zu agieren; 50 Prozent stehen einem ausgeprägten Verdrängungswettbewerb mit harten Preiskämpfen gegenüber, 13 Prozent spüren einen radikalen, existenziellen Wettbewerb und sieben Prozent kämpfen sogar in einem eskalierenden Vernichtungswettbewerb um ihre geschäftliche Existenz. Business wird härter. Das spüren wir alle. Richard A. d’Aveni15, Professor für Strategisches Management am bekannten Dartmouth College in der Nähe von Boston, verwendet dafür den Begriff Hyper-Wettbewerb. Er charakterisiert damit die 40
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Hyper-Wettbewerb
gestiegene Sensitivität der Märkte. Hyper-Wettbewerb definiert eine Marktkonstellation, die sich im turbulenten Umbruch befindet und in der sich die von einem Unternehmen aufgebauten Wettbewerbsvorteile kaum über eine längere Zeitspanne gegen Angreifer verteidigen lassen. Die Konkurrenz folgt den Erfolgreichen auf den Fersen. Wettbewerbsvorteile müssen in der Neuen Normalität rasch erzeugt und genutzt werden, da die Konkurrenz derartige Vorteile im Nu wieder zunichte macht. Diese Rallye, um die Nase vorn zu haben, läuft nonstop und macht auch vor den Landesgrenzen keinen Halt. Der Hyper-Wettbewerb ist eine globale Erscheinung. Will man zu den erfolgreichen Unternehmen gehören, bleibt nichts anderes übrig, als unermüdlich Konkurrenz- und Kundenvorteile aufzubauen, diese zu nutzen, zu pflegen, zu verteidigen und wiederum zu erneuern. Wer dem Status quo huldigt, Zeit zum Durchatmen braucht oder Erfolge genießen will, wird kurzerhand von den Mitwettbewerbern überrundet und zurückgeworfen. Ein Rasten gibt es nicht. Wer rastet, der rostet – heute schneller denn je! Fotodienstleistung: Photo Porst Flugzeughersteller: Fairchild Dornier, Boeing Anlagenbauer: Babcock Borsig Baukonzern: Holzmann Unterhaltung: UFA Palast, Kinowelt Media AG Medien: Kabel New Media, EM.TV, Kirch-Gruppe, Brokat, letsbuyit.com Gastronomie: Wienerwald Luftfahrtindustrie: Sabena (Belgien), Swissair (Schweiz), Air Canada (Kanada), Avianca (Kolumbien), Hawaiian (USA), United (USA), US Airways (USA), LTU (Deutschland) www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität Fortsetzung: Wer rastet, der rostet – heute schneller denn je!
Beteiligungen: Gold-Zack Nähmaschinen: Pfaff Unterhaltungselektronik: Grundig, Schneider Technologies, AEG Büroartikel: Herlitz Fußball: mancher große und kleinere Club Automobilindustrie: Sachsenring (Hersteller des Kultautos Trabbi), Peguform Einmal errungene Vorteile im Wettbewerb haben heute meist nur noch eine verkürzte Lebensdauer. Dies beweisen die immer schneller aufeinander folgenden Produktinnovationen und die sich reduzierenden Produktentwicklungszeiten. Mit ihrer Verkürzung schrumpft auch die Erntezeit von smarten Lösungen und Produktneuheiten … So hat sich zum Beispiel die durchschnittliche Entwicklungszeit von Automobilen in den letzten zehn Jahren von sechs auf etwa zwei Jahre reduziert. Dies erhöht den Wettbewerbsdruck weiter. Im Lifestyle-Mode-Sektor werden Kollektionen nicht halbjährlich oder saisonal entworfen, sondern von der Design-Idee bis zum Regal vergehen nur noch drei Wochen. Dieser Hyper-Wettbewerb manifestiert sich nicht nur zwischen Unternehmen. Er ist ein Grundcharakteristikum der Geschäftswelt der Neuen Normalität. Im Wettbewerb stehen heute … Produkte gegen Produkte Dienstleistungen gegen Dienstleistungen Marken gegen Marken Regionen gegen Regionen 42
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Hyper-Wettbewerb
Nationen gegen Nationen Mega-Wirtschaftsräume (USA – Europa – Asien) vor allem aber auch: Mitarbeiter gegen Mitarbeiter! … oder vereinfacht gesprochen: Alles steht mit allem in Konkurrenz! Selbst die Mitarbeiter bleiben vom Hyper-Wettbewerb nicht verschont. Jeder kämpft mit seinen persönlichen Kompetenzen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen um einen Job bei den attraktivsten Unternehmen, dort wiederum um die interessantesten Projekte und um die für ihn besten Karriere- und Einkommenspfade.
Wie erkennt man den Hyper-Wettbewerb? Die folgenden vier Komponenten charakterisieren den verschärften Kampf um Vorsprung, Vorteil oder Kundengunst: Komponenten des Hyper-Wettbewerbs Hyper-Wettbewerb Direktangriffe
HighSpeedWettbewerb
MultiArenaWettbewerb
MultiFaktorenWettbewerb
Abwehr direkter Attacken?
Nachziehen der Wettbewerber?
Konkurrenz in mehreren Arenen?
Wettbewerb in verschiedenen Faktoren?
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Die Neue Normalität
Checkliste: Steckt Ihr Business im Hyper-Wettbewerb? Wenn Sie die unten stehenden Fragen mit Ja beantworten, steckt Ihr Business im Hyper-Wettbewerb. Hyper-Wettbewerb herrscht, wenn Sie … Direktangriffe abzuwehren haben (Direkt-Wettbewerb) Müssen Sie Angriffe von Wettbewerbern direkt abwehren? Erhalten Ihre Kunden beispielsweise Angebote oder Offerten direkt von Ihren Konkurrenten, werden Preise und Konditionen in mehreren Runden unterboten, bekommt Ihr Verkaufspersonal attraktive Angebote für einen Absprung etc.? schnell und immer schneller agieren müssen (High-SpeedWettbewerb) Können Sie Wettbewerbsvorteile nur über eine relativ kurze Periode halten? Steht Ihr Business unter hohem Druck zur raschen Innovation, Produktverbesserung und Aufgabenerledigung, da Ihre Wettbewerber auch immer schneller die Attraktivität der eigenen Angebote anheben und so Ihre eigenen Wettbewerbsvorteile relativ rasch verpuffen? an vielen Fronten gleichzeitig den Wettbewerb spüren (Multi-Arena-Wettbewerb) Spielt sich bei Ihnen der Wettbewerb nicht nur auf dem Absatzmarkt ab? Stehen Sie zum Beispiel auch im Wettbewerb um die besten, kostengünstigsten Lieferanten, die besten Geschäftspartner oder sind Sie in Bezug auf die Gewinnung von Schlüssel-Mitarbeitern in einem „War for Talents“?
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Hyper-Wettbewerb Fortsetzung: Checkliste: Steckt Ihr Business im Hyper-Wettbewerb?
mehrere Wettbewerbsfaktoren gleichzeitig unter Kontrolle zu bringen haben (Multi-Faktoren-Wettbewerb) Müssen Sie gleichzeitig mehrere wettbewerbskritische Faktoren (Preis, Mitarbeiter, Know-how, Qualität, Innovation, Service, Bekanntheit, Vertriebsnetz) verbessern, um noch ganz vorne dabei zu sein? Müssen Sie zum Beispiel gleichzeitig Kosten senken, neue Produkte entwickeln, Marken aufbauen oder Produktions- und Logistikzeiten verkürzen? Grundsätzlich droht jedem Unternehmen die latente Gefahr, überrundet zu werden. Dabei kommt dieses Risiko nicht nur aus der Ecke der bekannten Marktteilnehmer, sondern Gefahr droht auch von branchenfremden, bislang unbekannten Akteuren, die oft überraschend in die Arena steigen. Nehmen wir als Beispiel den Bankensektor: Der Wettbewerb spielt sich nicht mehr nur zwischen Banken ab. Gefahren tauchen auch von anderer Seite auf: Versicherungsgesellschaften bieten Bankdienstleistungen, Automobilhersteller Finanzierungen, Supermarktketten Kredite, oder frisch etablierte Internetfirmen drängen von der virtuellen Seite ins Bankengeschäft. Banking bleibt, Banken in der heutigen Form weniger. Diese branchenfremden Wettbewerbsteilnehmer verändern oft die bekannten Spielregeln durch den Transfer eines Businessmodells von einer Branche in eine andere. Dies führt zudem dazu, dass sich auch traditionelle Branchengrenzen aufzulösen beginnen. Der Wettbewerb ist grenzenlos. Er bedroht unsere Unternehmen, Produkte oder Marken auch aus anderen geografischen Ecken. Die Globalisierung und Vernetzung der Informations- und Kommunikationswelten machen den Erdball immer mehr zu einem großen Dorf für Ideen, Märkte und Produkte. Um dem begegnen zu können, ist eine globale Sicht unabdingbar. www.metropolitan.de
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Globalität heißt, diese global vernetzte Businesswelt anzuerkennen und die „anderen Ecken unseres Erdballs“ in die eigene Strategiefindung mit einzubeziehen. Dies bietet eventuell Chancen für neue Absatzmärkte und neue Geschäftspartner oder liefert innovative Ideen für die eigenen Angebote. Gleichzeitig verdeutlicht die globale Sicht auch die potenziellen Gefahren (noch) ferner Wettbewerber, die günstiger, besser oder anders auch auf dem Heimmarkt auftreten könnten. Wettbewerber mit besseren, sprich günstigeren, Produktionsfaktoren oder geringeren administrativen Hemmnissen machen sich dies weltweit zunutze. Dies gilt nicht nur für arbeitsintensive Produkte, die viel Handarbeit erfordern, sondern zunehmend auch für „brain-intensive“ Leistungen. So sind zum Beispiel Indien, Singapur, Indonesien, Taiwan, SüdKorea oder Malaysia bereits zu Konkurrenten des kalifornischen Silicon Valley geworden. Sie bieten hochprofessionelle Dienstleistungen in der Informationstechnologie zu günstigeren Konditionen (bis zu 80 Prozent!). Die geforderten Standards können diese Unternehmen durch ihr aktuelles Experten-Know-how garantieren. Hat die „Globalität“ Sie erfasst? – Wie global leben und arbeiten Sie? Woher kommen denn all die Möbel und Einrichtungsgegenstände in Ihrer Wohnung? Der Kühlschrank kommt aus Schweden, das Sofa wurde in Italien entworfen, aber in Ungarn produziert, der Haartrockner in China gefertigt, die Zahnseide ist „Made in USA“, die Stereoanlage hat ihren Ursprung in Korea, die Digitalkamera kommt aus Japan, die neue Audio-CD wurde in Großbritannien gepresst, die neueste Movie-DVD in Kalifornien aufgenommen, der PC in Taiwan zusammengebaut, das Auto in Deutschland gefertigt etc. 46
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Hyper-Wettbewerb Fortsetzung: Hat die „Globalität“ Sie erfasst? – Wie global leben und arbeiten Sie?
Fahren Sie denn wirklich ein deutsches Automobil? Eigentlich sind die meisten Automobile heute ein internationaler Mix aus zugekauften Komponenten, die in USA, Korea, Japan oder irgendwo in Europa hergestellt wurden (hier spricht man von Global Sourcing der Teile). Deutsche Automobile, bei denen wirklich alle Teile ihren Ursprung in Deutschland haben, gibt es nicht mehr. Woher sind denn die Nahrungsmittel in Schrank, Kühltruhe und Keller? Der Reis kommt aus Thailand, die Krevetten aus Vietnam, das Hühnchen aus China, die Äpfel aus Neuseeland und Südtirol, die Tomaten aus Spanien, die Kiwi aus Israel, der Wein von der Mosel, aus Südafrika, Australien und Argentinien, die Cola aus Tschechien … Millionen Menschen auf der ganzen Welt vergleichen mittlerweile ihr eigenes Leben mit dem Lebensstandard der westlichen Welt. Unsere Art zu leben und zu arbeiten, wird zum Maßstab für „Glück und Zufriedenheit“. Über die Medien (Fernsehen, Zeitschriften, Internet) sehen sie, wie wir leben, arbeiten, was wir kaufen, welche Marken beliebt sind oder welche Musik gerade gefragt ist. Dieser Wunsch und Drang, mitzumachen, motiviert und beschleunigt die Globalisierung. Die Businesswelt wird ein globales Dorf und führt damit zu einer globalen Wettbewerbsarena.
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Die Neue Normalität
7. Kompetenz-Vernetzung: Spitzenleistung durch Verbund If you have two People who think the same, fire one of them. What do you need duplication for? Jerry Krause Coach, Chicago Bulls
Die Spirale fortschreitender Spezialisierung Das vom Ingenieur und Arbeitswissenschaftler Frederick W. Taylor zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte Konzept einer effizienten Arbeitsteilung, des intensiven Einsatzes von Maschinen und der Optimierung der Arbeitsabläufe führte zu einem gigantischen Fortschritt der industriellen Produktivität. Dieses Konzept begründete den Boom der Industrialisierungswelle in der westlichen Welt. Henry Ford übernahm 1914 dieses Prinzip in seine Fertigungsprozesse des bekannten Modell T, einem kostengünstigen Automobil, indem er auf Fließbandmontage umstellte und ganz auf Arbeitsteilung und Spezialisierung setzte. Davor wurden ca. 7 000 Automobile in Manufakturen pro Jahr gefertigt, danach über 220 000! Heute ist dieses Prinzip der fortschreitenden Spezialisierung aktueller denn je. Nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich in ihren Jobs spezialisieren, sondern auch Unternehmen als Ganzes. Nur hoch professionelle, hoch effiziente und hoch spezialisierte Unternehmen haben echte Chancen, sich in der harten Wettbewerbslandschaft erfolgreich weiterzuentwickeln. Die amerikanischen Management-Professoren Gary Hamel und C. K. Prahalad verweisen auf das Management der Kernkompetenzen16: Alles, was nicht die Kernkompetenz eines Unternehmens stärkt, sollte an Unternehmen, die gerade in diesen anderen Feldern ihre Stärken aufgebaut haben, ausgelagert werden. So muss 48
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Kompetenz-Vernetzung
sich heute jede Abteilung und jeder Businessprozess die Frage nach dem Beitrag zur Steigerung der Kernkompetenz des Ganzen gefallen lassen. Fehlt der Beitrag zum Ganzen, fehlt grundsätzlich die eigentliche Existenzberechtigung innerhalb des Unternehmens.
Megastrukturen versus Outsourcing Früher versuchten Firmen, möglichst alles im eigenen Haus zu erstellen, um die totale Kontrolle über das gesamte Unternehmensgeschehen zu haben. General Motors baute so seine selbst entwickelten Radios in die Automobile ein, und die Ford Motor Company pflanzte sogar Gummibäume in den Tropen für die eigene Reifenherstellung. Volvo war noch in den 1980er Jahren ein Konglomerat verschiedener Geschäfte, wie Autos, Lastwagen, Fluggerät, Schiffsmotoren, Bier, Sportgeräte, Pharmazeutika und anderes mehr. Das strategische Denken dahinter lautete: „Synergien bündeln“. Doch vielfach wurden diese Synergien kaum je identifiziert, geschweige denn genutzt. Die Folge der Synergietheorie waren unübersichtliche und kaum mehr steuerbare Megastrukturen von Konzernen. Dieses „Gemischtwaren-Businessmodell“ hat heute eher schlechte Karten. Wie könnte man auch als Firma erstklassig in allen verschiedenen Feldern sein? Die Logistik ist beispielsweise ein Bereich, der mit den Kernfunktionen der meisten Unternehmen nur wenig zu tun hat. Die Effizienz lässt sich im Unternehmen selbst (in house) kaum steigern. Früher hatte fast jedes Unternehmen seine eigene LKW-Flotte und betrieb eigene Lagerhäuser. Logistik-Partner bezog man nur für komplexe, internationale Abwicklungen mit Flug- oder Schiffspassagen ein. Doch mittlerweile haben viele Hersteller erkannt, dass Dritte diesen Service mit größerer Effizienz und Professionalität realisieren können. Durch schnellere Lieferungen werden die Kundenwünsche flexibler befriedigt. Es gibt weniger Leerfahrten, geringere Lagerwww.metropolitan.de
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bestände, höhere Mitarbeiterproduktivitäten und ein erhebliches Einsparpotenzial. Stinnes in Schweinfurt ist ein derartiger Logistikpartner, der täglich über 40 000 Sendungen von Kupplungen oder Anlassern für VW, Windschutzscheiben für BMW oder Medikamente für Pharmaunternehmen bewegt. Die Kunden können via Internet den Lager- und Lieferprozess mitverfolgen. Outsourcing: Pro und Contra Pro Verminderung der Kostenstrukturen Stärkung der eigenen Kernkompetenzen Erhöhung der Professionalität Erhöhung der eigenen Flexibilität durch strategische Fokussierung Freisetzung eigener gebundener Betriebsmittel Risikoverteilung Erhöhung der Managementkapazität für zentralere Aufgaben
Contra Verlust der Kontrolle über die Betriebsmittel Verlust der eigenen Kompetenzen der ausgelagerten Geschäftsprozesse Risiko des „falschen“ Outsourcing-Partners und „Lock in“ („des Ausgeliefertseins“)
Auf der Outsourcing-Liste standen bis jetzt eher nur einfache Nebenfunktionen des Geschäfts wie Personalrestaurants, Reinigungsdienste, Hausmeisterfunktionen oder das Fuhrpark-Management. Mittlerweile kommen nun auch businessnahe Funktionen auf die Liste: Vor allem die kosten- und know-how-intensiven Rechenzentren sind zu einem Auslagerungsthema avanciert. Meist werden nicht nur Daten und Rechner externalisiert, sondern auch das gesamte Personal geht mit an den Outsourcing-Dienstleister über. 50
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Ein Beispiel belegt diesen Trend: ePerformax bietet Call-Center-Lösungen für amerikanische Unternehmen an. Das Unternehmen betreibt selbst ein Call-Center in Memphis (Tennessee) und eins in Manila auf den Philippinen. Die Call Agents betreuen rund um die Uhr von beiden Stationen aus die Kundenwünsche der amerikanischen Anrufer. Erstaunlich ist, dass die philippinischen Telefonrepräsentanten eine höhere Schulbildung bieten, eine niedrigere Fluktuationsrate aufweisen und ein breiteres und tieferes Knowhow zu den Produkten haben als ihre amerikanischen Arbeitskollegen. Ihre Kosten sind 50 – 70 Prozent niedriger.17 Wo wird wohl in Zukunft eher ausgebaut? Der Trend bewegt sich hin zum ganzheitlichen Outsourcing: Unternehmen lagern nicht nur aus, was nicht direkt zu ihrem Kerngeschäft gehört, sondern suchen nach neuen Methoden, Technologien oder Kompetenzen bei Partnern, Lieferanten und Kunden. So restrukturieren sich ganze Prozessabläufe. Bei diesem BPO, dem Business Process Outsourcing, werden komplette Geschäftsprozesse (meistens mit hohem Informatikanteil) an Partnerfirmen ausgelagert, zum Beispiel Personalabrechnung, Gebäudemanagement, Buchhaltung, Logistik oder der Einkauf. Achim Pöhler von der European Transaction Bank (etb) sprach am Frankfurter Finanz Forum zum Thema Kernkompetenzen im Banking und bemerkte dabei: „Eigentlich ist bis auf die Geschäftsführung, das Controlling und die Kundenbetreuung alles outsourcebar.“18 Beispiel: Nokia hat Erfahrung mit Outsourcing. Bereits im Jahr 2000 hat der Konzern mit HP eine Vereinbarung für die Auslagerung von IT-Infrastruktur-Projekten unterzeichnet. Im Jahr 2002 lagert Nokia weiter einen Teil seiner Infrastruktur aus. Regus Business Centers soll innerhalb der kommenden fünf Jahre ein Fünftel der Nokia Bürofläche für 100 Millionen Britische Pfund übernehmen und ein entsprechendes Raumwww.metropolitan.de
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Management realisieren. Regus bietet nicht nur Räumlichkeiten, sondern auch Einrichtungen, Sekretariatsdienste, Catering-Services sowie eine IT-Anbindung. Das Mobilfunk-Geschäft ist hochgradig dynamisch und kurzfristig veränderlich, sodass Bürokapazitäten entsprechend hoch- bzw. heruntergefahren werden müssen. Eine eigene langfristige Immobilienplanung wäre zum Scheitern verurteilt. Sie würde zu viele Mittel binden und Kosten verursachen.
Auf dem Weg zur Denkfabrik: Alles auslagern? Sicher nicht. Zentrale Unternehmensfunktionen, die „mission critical“ sind, das Herzstück, müssen im Unternehmen verbleiben. Sie machen ja gerade das Wesen des Unternehmens aus. Daher ist strategisch genau und sehr differenziert zu überlegen, was zum eigentlichen Kerngeschäft gehört und was nicht. Viele zeitgemäße Angebote lassen sich kaum mehr sinnvoll von einem einzigen Unternehmen im Alleingang realisieren. Nehmen wir das Beispiel Videokonferenzen: HP/Compaq, Telefongesellschaften und der Chiphersteller Intel haben sich zusammen in diesem Markt positioniert und entwickeln gemeinsame Lösungen. Intel baut mit ProShare eine CPU (Central Processing Unit) -intensive Anwendung, die Telefongesellschaften subventionieren ProShare mit ihren reduzierten Tarifen für ISDN-Anschlüsse zur Verbesserung des Markteintritts und HP/Compaq integrierte ProShare in seine Business-Computersysteme, um sich ein Differenzierungsmerkmal zu sichern. Alle haben von dieser Kooperation profitiert! Beispiel: Das Opel Astra Cabrio, das Mercedes G-Modell oder das Peugeot Coupé 406 haben nie die Produktionshallen ihres eigenen Konzerns von innen gesehen. Führende Autokonzerne vergeben die Fabrikation einiger ihrer Kleinserie-Modelle kom52
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plett an Drittfirmen. Diese sind eigentlich keine Zulieferer im herkömmlichen Sinn, sondern Automobilunternehmen ohne eigene Marken. Magna Steyr International in Graz zum Beispiel produziert über 100 000 Fahrzeuge für die Marken Saab, Chrysler, Mercedes, BMW und Jeep. Mit dem Volumenmodell BMW X3 kommen weitere 100 000 dazu. Das Unternehmen ist damit fast doppelt so groß wie Porsche. Aber auch Porsche ließ zeitweilig über 90 Prozent seiner Boxster-Serie von den Finnen Valmet Automotive bauen. Das deutsche Unternehmen Karman wirkte aktiv an der Entwicklung des amerikanischen Chrysler Crossfire mit und baut ihn sogar. Daneben wird der Mercedes CLK und das Audi A4 Cabriolet gefertigt. Ursache für diesen Auslagerungstrend sind die zunehmend kleineren Serien und Spezialmodelle, welche dem Individualisierungstrend der Märkte Rechnung tragen. Die Autohersteller sind so gezwungen, viel flexibler auf die Marktwünsche zu reagieren. Über die Auslagerung von Modellen mit kleineren Serien kann dies erreicht werden.19
Communities of Business (Geschäftsgemeinschaften) In Business-Netzwerken, die stark durch die neuen Informationsund Kommunikationstechnologien vorangetrieben werden, verschwimmen somit die Grenzen von Unternehmen. Wo fängt DaimlerChrysler an? Wo hört DaimlerChrysler auf? Im französischen Hambach werden im Schichtbetrieb Smart Roadster von etwa 300 Mitarbeitern gefertigt, ein Drittel davon steht aber nicht auf der Lohnliste der DaimlerChrysler-Tochter. Sie werden von den Zulieferern engagiert. Diese „fremden“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter montieren Bremssysteme (Bosch), bauen Getriebeteile (ZF) ein oder installieren die kompletten Armatureinheiten www.metropolitan.de
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(Siemens-VDO). 90 Prozent aller Baugruppen des Smart Roadster kommen nicht aus dem DaimlerChrysler-Haus. Wären die Autohersteller alleine überhaupt noch in der Lage, Autos zu bauen? Da Unternehmen nicht mehr alles selber machen, können sie flexibler und rascher auf Marktveränderungen reagieren. Es lassen sich durch einen Mix an Komponenten, die von Partnern beigesteuert werden, in relativ kurzer Zeit auch komplexe Produkte und Dienstleistungen entwickeln und den Kunden anbieten. Outsourcing und Insourcing sind die Mittel dazu. Die Business-Netzwerke werden so zu den eigentlichen Trägern der Wertschöpfung eines Angebots. Vernetzung der Businesswelt Etwa jedes fünfte Produkt wird heute weltweit über Grenzen verschoben. Gemäß einer Studie20 von McKinsey wird sich der Güteraustausch zwischen Staaten bis ins Jahr 2020 auf etwa 80 Prozent aller Produkte erhöhen. Dies ist ein Indikator für die wachsende globale Spezialisierung und Arbeitsteilung. VW betreibt Produktionsstätten in Mexiko, Suzuki in Kanada, Toyota und BMW in den USA oder Audi in Ungarn. Die Zwischenprodukte, aus denen ein Ford Escort besteht, kommen aus 15 verschiedenen Nationen. Produktion und Markenimage sind verselbstständigt und haben nur noch wenig miteinander zu tun. Auch in der hart umkämpften Telekommunikationsbranche wird global vernetzt gearbeitet. So unterhält Nokia Forschungszentren in Finnland, Schweden, Japan, Hongkong, Australien, Großbritannien und in den USA. Probleme sind global. Ideen sind global. Lösungen sind global. 54
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Kompetenz-Vernetzung
Ganze Branchen entwickeln sich so zu einer Collaborative Business Community, einer zusammen arbeitenden Geschäftsgemeinschaft, die Autoindustrie zum Beispiel zur „Automotive Community“, die in enger Vernetzung gemeinsam Forschung, Entwicklung, Produktion, Wartung und Vermarktung der Fahrzeuge übernimmt. Das Rückgrat dieser Community ist die informatorische Vernetzung, über die Projekte, Standards, Normen, Aufträge, Prozesse oder das Controlling gesteuert werden. Dies erfordert Transparenz, Toleranz und Vertrauen unter den Partnern. Diese Communities machen auch vor der Konkurrenz nicht Halt. In Coopetitions (Kunstwort aus Cooperation und Competition) arbeiten Konkurrenten bei bestimmten Aufgabenstellungen zusammen. Die Zusammenarbeit der Luftfahrtgesellschaften in den strategischen Allianzen sind ein Beispiel dafür. Glossar der Vernetzungsformen Allianz
vertraglich gebundene Zweckgemeinschaft zur Realisierung gemeinsamer Zielsetzungen
Netzwerk
relativ unabhängige Akteure, die sich verbinden, um ein gemeinsames Anliegen zu realisieren
Outsourcing
Auslagerung von geschäftlichen Funktionen an Dritte
Insourcing
Einlagerung von geschäftlichen Funktionen von Dritten
BPO
Business Process Outsourcing: Auslagerung ganzer administrativer Prozesse wie Personalverwaltung, Zahlungsverkehr, Logistik, Vertrieb, Marketing an Drittfirmen
Offshoring
Globales Outsourcing, globale Vernetzung von Unternehmen
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Die Neue Normalität Fortsetzung: Glossar der Vernetzungsformen
Partnership
gemeinsames Unternehmen; intensives gemeinsames Projekt
Coopetition
künstlich geschaffener Begriff aus Competition (Wettbewerb) und Cooperation (Zusammenarbeit) – teils stehen Unternehmen in Konkurrenz, teils arbeiten sie zusammen
Business Webs digital vernetzte Unternehmen (Geschäftsnetze), die durch Zusammenarbeit ihren eigenen Nutzen stärken (meist schließen sie auch den Kunden mit ein) Value Webs
Netzwerke, die eine gemeinsame Wertschöpfung erbringen
In der Neuen Normalität führt die Vernetzung von Spitzenleistungen über Unternehmen hinweg zu außerordentlichen Angeboten.
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Dem Kunden ausgeliefert
8. Client Power: Dem Kunden ausgeliefert Forget world-class. Now it’s my-class. Tim Sanders, Chief Solution Officer, Yahoo
Diktator Kunde Nur ein gutes Produkt zu haben, das die Bedürfnisse befriedigt, ist zu wenig. Kunden suchen nicht nur nach irgendwelchen Angeboten, die ihre Ansprüche decken. Angebote, die passen, gibt es genügend. Kunden suchen das Beste, das Billigste, das Originellste, das Speziellste, das Außergewöhnlichste … … aber kaum das Normale. Digitalisierung, Deregulierung und Globalisierung verändern nachhaltig das Funktionieren der Märkte. Die wachsenden und sprunghaft wechselnden Ansprüche, das verbesserte Markt-Know-how, das aktive Suchen nach dem besten Deal, das kritisch-skeptische Verhalten gegenüber dem Anbieter oder das selbstbewusste, aber oft auch launische Auftreten der Kunden sind nur einige der Erscheinungen der neuen Konsumkultur. Die Zeiten des durch Werbung oder Lockangebote manipulierbaren Konsumviehs sind vorbei. In Werbefachkreisen flüstert man unter vorgehaltener Hand, dass heute bereits über 95 Prozent der klassischen Werbung nicht mehr direkt relevant für eine Kaufentscheidung seien. Orientiert sich der Kunde über Unternehmen, Produkte oder Marken, so nutzt er heute verschiedene Informationsquellen alternativ: Fachzeitschriften, Produkttests, Produktvergleiche, mit dem Angebot bereits vertraute andere User, Websites, Freunde und Bekannte. Nie war die Markttransparenz höher.
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Die Neue Normalität
Der Kunde wählt, mit wem er ins Geschäft kommen will. Ihm stehen verschiedene Optionen offen. Meistens kann er seinen Bedarf auch bei einem alternativen Anbieter decken. In vielen Wirtschaftszweigen wandeln sich so die Anbietermärkte zu Käufermärkten. Der Käufer bestimmt zunehmend die zentralen Konditionen des Geschäfts und wird damit zum „Dealmaker“. Kunden emanzipieren sich zunehmend und bringen die Verkäufer oft durch ihr tiefes und breites Produkte-Know-how ins Schwitzen. Kunden möchten als Person ernst genommen werden und sich nicht manipuliert vorkommen. Ihre Kaufkraft ist ihr Machtfaktor. Sie interpretieren sich als gleichberechtigte Partner im Business. Als echte Geschäftspartner eben.
Smart Shopping: Dem besten Deal auf der Spur Der Smart Shopper wird immer mehr zu einer Massenerscheinung im Hyper-Wettbewerb. Wer ist er? Der Smart Shopper kauft clever, d.h. er sucht nach dem „besten Deal“. Nein, er ist kein Schnäppchenjäger, der dem Allerbilligsten und jedem Superdiscount nacheilt. Ein Smart Shopper weiß, was er will: die beste Leistung zum besten Preis. Er ist über das Geschehen informiert. Er kennt den Markt und die Alternativangebote. Er weiß, was wer zu welchen Konditionen bietet. Der Smart Shopper lässt sich auch nicht eindeutig einer bestimmten Zielgruppe zuweisen, da er meist auch zwischen den Kategorien hin und her springt: So kauft er beim Discounter Aldi oder Lidl ebenso ein wie bei den Luxusmarken Prada, Boss, Gucci oder Timberland. Der Smart Shopper wechselt auch die Vertriebskanäle, wie es ihm passt: Mal kauft er im Geschäft, dann über Home Shopping, bietet an einer eBay-Auktion mit oder schlendert genüsslich zum Einkaufsbummel durch den städtischen Wochenmarkt. 58
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Dem Kunden ausgeliefert
Kunden kaufen nicht mehr einsam. Sie tauschen ihre Konsumerfahrungen immer häufiger untereinander aus. Sie wissen, dass Gemeinschaft stärkt. Die Informations- und Kommunikationstechnologien wie Handy und Internet ermöglichen dies rasch, problemlos und zu geringen Kosten. So organisieren sie sich beispielsweise im Internet in einer mittlerweile kaum überschaubaren Anzahl von Communities, um gegenseitig von ihren Konsumerfahrungen zu profitieren. Gibt es eine höhere Instanz des Vertrauens in der werbeüberfluteten Geschäftswelt als ein anderer Käufer? Wohl kaum. In Internetforen wie Epinions.com, Ciao.de oder Dooyoo.de tun sich Kunden zusammen, um sich gegenseitig Kauftipps zu geben. Sie empfehlen oder kritisieren dabei Unternehmen, Mitarbeiter, Geschäftsstellen, Produkte und Marken. Kunden beraten Kunden über Produkte, Qualitäten, Funktionen, Preise, Rabatte und andere kaufrelevante Faktoren. Es entsteht eine Art virtuelle Gewerkschaft der Kunden, eine Lobby, die sich über Werte informiert, mit Herstellern kommuniziert, Wünsche, Beschwerden und Anregungen direkt adressiert. Das clevere Einkaufen ist für den Smart Shopper ein Element des Lebensstils und eine Art des „Savoir acheter“ (gewusst, wie einkaufen) geworden. Für Smart Shopper steht nicht der Preis in Relation zur Leistung im Zentrum, sondern auch der Kaufprozess selbst. Dabei ist die emotionale Dimension nicht zu unterschätzen. Der „emotionale Mehrwert“ eines Angebots ist ein wesentliches Kaufelement. Es manifestiert sich im Einkaufserlebnis, der empfundenen Beratungsleistung, der geglaubten Nähe zum Anbieter, dem erlebten Servicegrad, dem mitgelieferten Qualitätsniveau sowie im Status der Marke des Angebots.
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Die Neue Normalität
Zap – und weg ist der Kunde So wird der Kunde der Neuen Normalität vielfach zum Power-Zapper. Wir alle zappen und haben große Erfahrung damit: Beim Fernsehen haben wir die Fernbedienung immer griffbereit. Spüren wir bei einer Sendung einen leichten Gähnreiz, sind wir mit dem Angebot unzufrieden oder verlieren wir das Interesse am Dargebotenen, zappen wir den Sender weg. Was uns nicht fesselt, interessiert oder fasziniert, wird weggeklickt. Wir strafen die Anbieter durch Entzug unserer Aufmerksamkeit. Bei Attraktivem bleiben wir hängen, sonst wird munter weiter gezappt. Über das Durchklicken der Sender erkunden wir das (Über-)Angebot an Sendern und Programmen. Geschieht nicht dasselbe beim Einkaufen? Das einst manipulierte Konsumvieh hat sich zum Power-Zapper gemausert. Die Ursachen für das Wegklicken einer Businessbeziehung sind vielfältig: Das Unternehmen kümmert sich nicht oder zu wenig um den Kunden und verliert so die Beziehung. Der Kunde fühlt sich vernachlässigt und spürt keine emotionale Bindung mehr. Er driftet ab. Die Beziehung bringt für den Kunden keinen weiteren Nutzen. Der Kunde findet das Angebot langweilig und uninteressant. Das Angebot ist normal, durchschnittlich und alltäglich. Der Kunde ist auf der Suche nach Alternativen. Andere Produkte provozieren. Sie schaffen eine höhere Aufmerksamkeit.
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Dem Kunden ausgeliefert
Eigenschaften des Power-Zappers
ungeduldig
preissensitiv
gleichberechtigter Partner emotional selbstbewusst
up to date informiert
der Power-Zapper ist …
neuerungsorientiert
Was bieten Sie mir Besonderes?
am Hintergrund interessiert „just for me“ kundenspezifisch
nur sich selbst gegenüber loyal
Unternehmen müssen aktive Beziehungen zu ihren Märkten unterhalten, d.h. mit den Märkten und Kunden in eine Beziehung, in einen Dialog treten.
Der Kunde, das einzigartige Wesen Kunden verstehen sich selbst auch als Unikate. Sie wollen keine Massenware mehr und fühlen sich selbst auch nicht als Teil eines Marktsegments. So zergliedern sich zum Beispiel Märkte fast atomar bis auf das Bedürfnislevel von Individuen. Jeder Einzelne möchte ganz persönlich nach seiner individuellen Façon „bedient und betreut“ werden. Kunden im Marketing zu kategorisieren, fällt immer schwerer. Die wachsende Individualisierung und die technologischen Möglichkeiten führen zu Mikromärkten. Mikromärkte lösen die Massenmärkte des industriellen Geschäftszeitalters ab.
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Der Trend geht in Richtung One-to-One-Märkte, was zu einem One-to-One-Marketing, One-to-One-Manufacturing und letztlich zu einer One-to-One-Society führt. Die Folge ist eine individuelle Anpassung des Angebots an den Kunden, ein so genanntes Mass Customizing: maßgeschneiderte Produkte, maßgeschneiderter Service, maßgeschneiderte Preisdifferenzierungen, maßgeschneiderte Öffnungszeiten, maßgeschneiderte Promotionen, maßgeschneiderte Produktbündelungen, maßgeschneiderte Beratung. Der Kunde wird König Käufermarkt
Eine Marktsituation mit tendenziell sinkenden Preisen, die ihre Ursache in einem Angebotsüberschuss bzw. einem Nachfragedefizit, hoher Wettbewerbsintensität und kritischerem Marktverhalten der Käufer hat.
Powershopping Kunden sammeln ihre Einkäufe, um dann gemeinsam mit der Abnahme einer größeren Menge auch höhere Rabatte durchzusetzen. Preisfloating
Preise sind in vielen Märkten keine Fixpreise mehr, sondern gleichen viel eher Kursen wie an den Finanzbörsen.
Smart Shopper Smart Shopper suchen nach der besten Leistung zum besten Preis. Smart Shopper suchen nicht das Billigste, sondern streben danach, die Preis-Leistungs-Relation zu optimieren. Der Kunde ist der Dealmaker in der Neuen Normalität.
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Mit Köpfchen gewinnen
9. Brainware: Mit Köpfchen gewinnen Wir predigen, unterrichten und nutzen Managementregeln, die zunehmend im Widerspruch zu unserer Realität stehen und daher unproduktiv sind. … Sind unsere Vorstellungen falsch, so wird alles, was ihnen nachfolgt, auch falsch. Peter F. Drucker Management-Denker
Die Zukunft liegt im Kopf Die Aggressivität der Märkte, die Virtualisierung, die globale Vernetzung der Geschäftswelt, die allgemeine Beschleunigung, die Konzentration auf das Kerngeschäft, die fortschreitende Deregulierung, die gewonnene Transparenz über das Geschehen an den Märkten sowie der rasante technologische Fortschritt sind die gestaltenden Kräfte im Business. Wie lässt sich mit dieser ungeheuren Dynamik des Business umgehen? Der Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens basiert immer mehr auf den Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten seiner Talente. Sie sind in einer radikalen Betrachtung der wichtigste Faktor der Zukunftssicherung und nicht nur ein Kostenfaktor in der Gewinn- und Verlustrechnung. Unternehmen brauchen kluge und kreative Denker, die durch ihre Cleverness und ihr persönliches Engagement wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Clevere Lösungen kommen von smarten Mitarbeitern. Sie sind die wichtigste Ressource der Zukunft. Viele Talente sind sich auch dieser Power-Rolle bewusst. Passt ihnen nicht, wie man mit ihnen umgeht, können sie ihre Gestaltungsideen nicht einbringen, oder kümmert man sich zu wenig um sie, dann sind sie – schwupp – weg. www.metropolitan.de
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Das Management der Brainware Somit wird das Management der Corporate Brainware zentral. Sein Aufbau, seine Pflege und dessen Förderung werden zu aktuellen Themen. Die Brainware eines Unternehmens setzt sich aus den folgenden Komponenten zusammen: Business-Know-how: Was weiß das Unternehmen? Das Business-Know-how ist das vorhandene Wissen, um das Geschäft überhaupt betreiben zu können. Es umfasst das gesamte Wissen in den Köpfen, auf Dokumenten oder Festplatten sowie das gesicherte Know-how in Form von Patenten, Marken oder Rechten. Lernstrategien: Wie gewinnt das Unternehmen neues Wissen hinzu? Die Lernstrategien sind die Formen der Wissensübertragung an Dritte und die Methoden zur Gewinnung neuer Erkenntnisse für das Business. Corporate Smartness: Wie nutzt das Unternehmen das Wissen produktiv? Die Smartness eines Unternehmens manifestiert sich in der Intensität der Nutzung des vorhandenen Wissens und der Lernstrategien. Die Smartness eines Unternehmens lässt sich aktiv gestalten und fördern. Sie ist nicht einfach gegeben. Aufmerksamkeit, Sensitivität, Wertvorstellungen, Vision, Intuition, Wendigkeit und das „Savoir faire“ bestimmen sie. Smartness ist aber auch eine Funktion der offenen Kommunikation, Unternehmenskultur und Organisationsgestaltung.
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Mit Köpfchen gewinnen
Komponenten der Brainware im Business BusinessKnow-how
Brainware Lernstrategien
Corporate Smartness
Die Brainware ist eine zentrale Ressource im Business geworden. Doch was ist Wissen überhaupt? Nach den amerikanischen Managementexperten Davenport und Prusak ist Wissen eine fließende Mischung aus fachlichem Know-how, Erfahrungen, Wertvorstellungen und individuellem Kontext.21 Einfacher formuliert: Der Wissenserwerb hängt davon ab, wie die Individuen ihr persönliches Wissen einbringen, untereinander austauschen, um daraus weiteres, neues Wissen zu schöpfen. Wissensfortschritt bedeutet immer zweierlei: Erlernen und Verlernen. Herkömmliches, konventionelles Wissen und bekannte Praktiken müssen einerseits radikal überdacht und bei Bedarf über Bord geworfen werden. Andererseits ist nach neuen, effizienteren und innovativeren Wegen zu suchen. Hierzu ist eine entsprechend tolerante Fehlerkultur Grundvoraussetzung. Misserfolge sind als Erkenntnisse auf dem Weg zum Fortschritt anzuerkennen. Damit haben wir in Europa mentalitätsmäßig oft unsere Probleme.
Outsmarting: Gewitzter sein als die Konkurrenz Viele führende Topmanager sind der Überzeugung, dass es in Zukunft (wenn nicht schon heute!) nur noch einen einzigen dauerwww.metropolitan.de
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haften Wettbewerbsvorteil geben kann: das „Outsmarting“ oder der Wettbewerb um die beste Corporate Brainware. Outsmarting bedeutet, „cleverer“ als die Konkurrenten im Business zu agieren, hierzu gehört Know-how ebenso wie Geschwindigkeit der Entscheidung und Umsetzung. Beispiel: Im Vietnam-Krieg Ende der 1960er Jahre besaßen von den amerikanischen Soldaten nur knapp 15 Prozent einen College-Abschluss. Im Jahr 1991 bei den Operationen „Desert Shield“ und „Desert Storm“ gegen das Saddam-Regime im Irak waren es bereits 99,3 Prozent.22 Die Komplexität des Krieges erforderte erhöhte Anforderungen. 1967 war man in Großbritannien stolz auf die zwei „Master of Business Administration“-Programme zur Ausbildung von Managern. 1995 wurden auf dem britischen Markt bereits über 130 MBA-Programme angeboten, die professionelle Manager trainierten. Im Vergleich dazu bieten die USA heute über 1 100 derartige Studiengänge für Führungskräfte an. In den 1960er Jahren schlossen etwa 5 000 Studenten pro Jahr ihren „Master of Business Administration“ ab. Die Zahl ist heute auf ca. 75 000 angewachsen.23 Etwa 90 Prozent aller Wissenschafter, die jemals auf der Erde aktiv geforscht haben, leben und arbeiten heute unter uns. Auch bei den Produkten steigt der Anteil des Wissensfaktors. Greifen wir als Beispiel einen Automobilhersteller heraus. Der Brain-Anteil24 oder immaterielle Wert (Software, Know-how, Patente etc.) eines Fahrzeugs macht etwa 70 Prozent des gesamten Wagenwertes aus. Blech, Motor, Innenraummaterialien werden zu Marginalien des Wagenwertes.
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Mit Köpfchen gewinnen
Doch in der globalen Informations- und Wissensgesellschaft steht Brainware grundsätzlich allen Ländern und Unternehmen gleichermaßen zur Verfügung. Manche investieren mehr in seinen Aufbau und seine Weiterentwicklung als andere. Der Stadtstaat Singapur gibt über 25 Prozent seines gesamten Bruttosozialproduktes (!) für die Bereiche Bildung, Forschung und Entwicklung aus! Welche anderen Ressourcen außer „Brain“ hätte das Land denn sonst zu bieten? Singapur ist so auf dem Weg zu einem Global Player in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung. Bereits heute finden sich alle führenden amerikanischen Top-Universitäten mit Bildungsablegern im Stadtstaat und viele Forschungsunternehmen. Der Brainware-Vorteil, den die westlichen Industrienationen einmal durch ihre Bildungs- und Forschungsinstitutionen hatten, schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne. Viele Universitäten stecken in der Krise, Studenten bummeln, die PISA-Studie der OECD zeigt gravierende Lücken in unseren Bildungssystemen auf. Einst waren wir stolz auf unsere Bildung, und zwar nicht nur auf diejenige der geistigen Eliten, sondern auf das Bildungsniveau der breiten Masse! Einige asiatische Staaten legen bereits heute eine erstaunliche Bildungsperformance hin. Ohne die professionelle Beherrschung der Basisfunktionen wird sich das globale Rennen um Wissen nicht gewinnen lassen: eine hohe Kompetenz in den Fächern Lesen, Rechnen, Schreiben und Probleme lösen schafft hierzu nur die notwendigen Grundlagen. Wer hat mehr Studienabgänger in den Ingenieurwissenschaften – Deutschland oder China? In China absolvieren jährlich gegen 400 000 Ingenieure ihr Studium mit einem Diplomabschluss, in Deutschland sind es gut 100 000. Die frisch gebackenen Ingenieure erwartet in China ein Gehalt um die 400 US-$. Wer entwickelt in Zukunft wohl bald neue Motoren für Fahrzeuge und anderes technisches Gerät? www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Unsere Brainware und Arbeitsproduktivität muss mit globalen Konditionen mithalten können, sonst lauern Risiken. Nicht die Herstellung billiger Produkte kann unsere Zukunft sein, sondern die Entwicklung „brainintensiver“ Lösungen! Der Bildungsstand in China ist durchaus mit dem unseren vergleichbar. Viele chinesische Bildungseinrichtungen beschäftigen zudem Gastprofessoren aus den westlichen Nationen, schicken ihre Studenten und Forscher an ausländische Universitäten, arbeiten mit denselben Trainingsmethoden und lesen die gleichen Fachbücher. Bereits heute hat China jährlich mehr Absolventen auf High-School-Level als die USA. Hinzu kommt, dass China bereits ein enorm wichtiger Markt für viele Unternehmen wird. Wer sein Potenzial dort nutzen will, muss sich jetzt positionieren. Für Volkswagen ist schon heute China der Markt Nummer eins, der wichtigste und größte Markt im ganzen Konzern. Er übertrifft den starken Heimmarkt Deutschland und denjenigen der USA.25 Japan ist Vorbild für die Entwicklungsstrategie vieler asiatischer oder anderer Schwellenländer wie Vietnam, Malaysia, Indien, Mexiko oder Indonesien. Diese starten mit der Produktion relativ einfacher Wirtschaftsgüter, die bei uns oft landläufig als „billiger Schrott“ abgetan werden. Doch hierbei wird wissbegierig gelernt, wie Business funktioniert. Sukzessive werden komplexere Güter in Angriff genommen, bis schließlich die Ursprungsunternehmen selbst herausgefordert werden. Damit beginnt sich die Spirale des Vernichtungswettbewerbs zu drehen: Erinnern Sie sich noch an unsere Elektronikindustrie? Erinnern Sie sich noch an die nationale Textilindustrie? Wo ist die Fotoindustrie geblieben? Was geschah mit der Schweizer Uhrenindustrie? Was wird mit der Automobilindustrie?
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Mit Köpfchen gewinnen
Der Arbeitsmarkt in einigen europäischen Ländern scheint zu kollabieren, und das Rentensystem bricht auseinander. In Deutschland alleine wandert die Arbeitslosenzahl über die Vier-MillionenMarke. Die staatliche Organisation der Arbeit und Freizeit gerät aus den Fugen. Das starre, kaum mehr finanzierbare System steht am Rande des Abgrunds. Viele haben immer weniger zu tun und rutschen in die Arbeitslosigkeit oder Schwarzarbeit ab. Andere wiederum haben die Arbeit für zwei zu erledigen. Politik, Gewerkschaften und Wirtschaft scheinen sich gegenseitig zu blockieren, anstatt an einem Strang zu ziehen. Smartness gewinnt in der Neuen Normalität. Mitarbeiter können keine Nobodys mehr sein, aus ihnen müssen „KnowBodys“ gemacht werden. Nur sie sind die Träger des Erfolgs. Unternehmen der Neuen Normalität müssen zu Talentschuppen werden.
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Die Neue Normalität
10. Überraschungen: Heute so, morgen anders Unsicherheit ist das einzig Sichere in Zukunft. Anthony Muh Leiter Asia Investment, Citigroup Asset Management
Change Fatigue – vom Neuen erschöpft Watts Wacker, profilierter amerikanischer Zukunftsforscher, bemerkt zum Status des heutigen Business: „Wir leben in einer Zeit der absurden Diskontinuität!“26 Treffender kann man die Situation der heutigen Geschäftswelt kaum beschreiben. Diskontinuität heißt, dass der Entwicklungsfaden zwischen der Zukunft und der Vergangenheit gerissen zu sein scheint. Es fehlen uns oft die logischen Zwischenschritte. Entwicklungen werden eher durch Brüche, Sprünge, Störungen, Lücken oder Einschnitte charakterisiert als durch eine klare Abfolge der Geschehnisse. Eine nachvollziehbare Entwicklung können wir oft nicht erkennen. Das Morgen ergibt sich immer weniger aus dem Gestern, sondern ist immer wieder für eine Überraschung gut. Denken Sie zum Beispiel an den Internethype, an die Börsenprognosen oder an die Entwicklung der Ölpreise. Experten sind sich beim Erklären von Situationen oder Prognostizieren zukünftiger Entwicklungen uneins. „Daneben gelegen“, kann man oft in der Rückschau sagen! Businessprognosen haben heute den Zuverlässigkeitscharakter von Wetterprognosen bekommen. Absurd hat verschiedene Inhalte: idiotisch, verrückt, irrational, sinnlos, stupid oder überraschend.27 Spüren Sie nicht manchmal auch einen leichten Geschmack von Absurdität, wenn Sie die Ereignisse der letzten zwölf oder 24 Monate in Ihrem Unternehmen Revue passieren lassen? 70
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Heute so, morgen anders
Ist Ihr Unternehmen noch gleich strukturiert? Haben Sie noch denselben Chef? Erledigen Sie noch dieselben Aufgaben? Arbeiten Sie noch mit demselben Team zusammen? Bietet Ihr Unternehmen noch dieselben Produkte oder Dienstleistungen an? Absurd bedeutet nichts anderes, als dass wir eigentlich nicht mit Bestimmtheit wissen, wie das Business um uns herum funktioniert. Theorien greifen nur bedingt. Rezepte von einst gehen nicht mehr auf. Was einmal klar und eindeutig war, passt plötzlich nicht mehr zusammen. Überraschung, Mehrdeutigkeit und Unsicherheit sind die Qualitäten der sich verändernden Businesslandschaft der Neuen Normalität.
Rationales Management in einer irrationalen Zeit Für eine Businesswelt mit einer derart großen Umbruchdynamik wurden wir weder ausgebildet noch können wir auf unsere Erfahrungen zählen. Was gestern galt, kann morgen falsch sein. Wir wissen oft nicht, wieso wir mit unseren Projekten, Entscheidungen, Vorschlägen oder Vorgehensweisen scheitern, aber ebenso wenig können wir (wenn wir ehrlich zu uns sind) nachvollziehen, wieso wir auf der Gewinnerseite landen. Unsere Theorien und Vorstellungsmodelle von Business sind ins Wanken geraten. Der Simplify-Your-Life- und Simplify-Your-Business-Ansatz wird zum Glücksmantra. Doch durch langes Einreden lässt sich zwar der Kopf beruhigen, nicht aber die wilde Realität des Business. In unserem Alltagshandeln fallen wir gerne in den Denk- und Arbeitsmodus der „guten alten Zeiten“ zurück. Wir hoffen immer wieder auf eine fundamentale rationale Logik im Business. So glauben wir, dass sich die Businesswelt durch vernünftiges, logisches www.metropolitan.de
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Die Neue Normalität
Denken erschließen lässt. Strategische Planungen sind oft das Ritual dazu. Aber – was ist denn heute noch logisch oder rational? Der logisch-rationale Ansatz vergangener stabiler Zeiten greift zu kurz und passt nur mangelhaft zur turbulenten Neuen Normalität. Wir müssen den Wandel von der vernunftbasierten hin zu einer improvisierenden Geschäftslogik vollziehen, um adäquater den Entwicklungen begegnen zu können. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: Unsere Managementprinzipien haben ihre Wurzeln im Industriezeitalter. Uns wurde in der Ausbildung mit Nachdruck eingetrichtert, dass die Welt planbar ist. Ist sie es wirklich? Mit den Techniken, Methoden und Verfahren des strategischen Managements suchten wir nach einem nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung („Sustainable Competitive Advantage“). Doch wie viele Unternehmen haben einen derartigen Wettbewerbsvorsprung und können diesen über längere Zeit noch ausschöpfen? Unser Training konzentriert sich vornehmlich auf die Vermittlung von Wissen. So suchen und sammeln wir unaufhörlich und mit großer Akribie Informationen, um dann desillusioniert in der Informationsflut zu ertrinken. Dabei müssten wir lernen, wie wir mit zu vielen anstatt mit zu wenigen Informationen umgehen sollen. Das Lernen lernen erlangt zentrale Bedeutung. Die Innovation fokussiert sich auf die Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten, Dienstleistungen und Technologien. Mindestens ebenso wichtig ist heute aber die Innovation von Geschäftsprozessen oder das radikale Hinterfragen kompletter Geschäftsmodelle, damit man sie über Bord werfen kann. Dafür benötigen wir weniger eine Checkliste zur Erstellung eines Businessplans, als vielmehr 72
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Heute so, morgen anders
anerkannte Methoden und Vorgehensweisen für mehr Imagination. So ist Business geprägt von Ungewissheit, Unsicherheit und Überraschung. Vorhersagbarkeit und Planbarkeit der Geschäftsentwicklung werden zu einem Sprung in den Nebel. Man weiß heute bei der Entwicklung von Zielsetzungen, Businessplänen oder -Strategien oft nicht mal mehr mit Bestimmtheit, wie man die Gegenwart zu interpretieren hat, geschweige denn wie sich die Zukunft präsentieren könnte. In der Neuen Normalität wird die Ausgangslage ebenso intensiv debattiert wie die Zielsetzung, wohin die Reise gehen sollte. Beim Entscheiden und Problemlösen spricht immer vieles für eine bestimmte Variante, aber leider meistens gleichzeitig auch vieles wieder dagegen. „Was weiß man?“, „Was soll man glauben?“, „Was kann man glauben?“, sind zu zermürbenden Fragestellungen für Entscheidungsträger geworden. Viele Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfinden die Veränderungen als umfassender, gravierender, schneller aufeinander folgend und unvorhersagbarer als je zuvor. Was morgen auf uns zukommt, hoffen wir erahnen zu können. Doch am darauf folgenden Tag müssen wir desillusioniert feststellen, dass wir mit unseren Hoffnungen wieder einmal daneben lagen. Die Entscheidungsfindung wird in chaotischen Zeiten problematisch. Sie ist gekennzeichnet durch eine unvollkommene Informationsbasis, d.h., dass die eigentlich benötigten Entscheidungsgrundlagen gar nicht oder nur in ihren Ansätzen vorliegen. Und doch muss entschieden werden. Nichthandeln verschlimmert meist nur die Lage. Entscheidungsträger stehen unter Zeitdruck. Derartige Situationen sind für die Beteiligten oft verunsichernd und stressig. Chancen und Gefahren, Erfolg und Misserfolg liegen in der Neuen Normalität nahe beisammen. Ein spezielles Change Management benötigen wir nicht mehr. Management ist zum Change Management geworden! www.metropolitan.de
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Normalo: Good-bye!
1. Normal verliert, „hyper“ gewinnt . . 76 2. Der Hyper Value: Die zentrale Steuerungsgröße . . . . . 80 3. Smarter als die Konkurrenz erlaubt . 85
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1. Normal verliert, „hyper“ gewinnt Wir kündigen pro Tag drei Produktneuheiten an. Können Sie sich an eine erinnern? Carly Fiona CEO, HP Corporation
„Gut“ gibt es schon In der Businesslandschaft von heute ist nachhaltiger Erfolg nicht mehr einfach realisierbar. Ein gutes Produkt, eine gute Dienstleistung oder eine gute Lösung anzubieten genügt kaum mehr. Gutes findet man zur Genüge. Gutes gibt es praktisch überall! Ein Unternehmen, das derartig gute, sprich konventionelle Produkte und Dienstleistungen anbietet, bezeichne ich als NormaloBusiness. Sie haben es in der Businesswelt der Neuen Normalität schwer. Warum? Normalos bieten das Konventionelle, Gängige, Bekannte, Erwartete, Durchschnittliche. Normalos fallen durch ihre Performance im Markt nicht auf. Normalos polarisieren nicht. Sie werden nicht zum Gesprächsstoff und nicht zum Hype. Normalos sind profillos, farblos, gesichtslos. Normalos eifert man nicht nach. Sie werden weder zum Benchmark noch zum Vorbild für andere. Normalos gehen im Meer der Durchschnittlichkeit unter. Normalos sind weder gut noch schlecht. Sie sind eben nur. Normalos interessieren nicht. … und das Schlimmste: 76
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Normal verliert, „hyper“ gewinnt
Wieso soll man mit Normalos ins Geschäft kommen wollen? Welches Unternehmen möchte mit seinen Angeboten und Leistungen nur als etwas „Durchschnittliches“, „Allgemeines“, „Gängiges“, „Gewöhnliches“ oder „Konventionelles“ gelten? Sicher keines. Doch viele sind es. Checkliste: Wie sehr schätzen Sie das Normale? Fahren Sie ein gewöhnliches Auto? Möchten Sie in einer normalen Wohnung leben? Tragen Sie ein alltägliches Kleid beim Vorstellungsgespräch? Schätzen Sie den Rat eines mäßigen Verkäufers? Oder möchten Sie außergewöhnlich beraten werden? Suchen Sie den ultimativen Kick in einem gewöhnlichen Urlaub? Möchten Sie ein konventionelles Leben führen? Bieten Sie Ihren Gästen normale Kost? Investieren Sie Ihre Arbeitskraft in einen gewöhnlichen Job? Engagieren Sie sich außergewöhnlich für normale Projekte? Erbringen Sie normale Leistungen bei Ihrer Arbeit? Träumen Sie davon, Ihre Zukunft mit einem gewöhnlichen Lebenspartner zu teilen? Kunden sind kritisch, informiert und anspruchsvoll. Sie kennen den Markt, haben einen Überblick über das Angebotsspektrum und wissen, was sie wollen oder nicht. Sie suchen nach Spitzenprodukten, Innovationen, Besonderheiten, Schnäppchen oder „Deals“. Kunden der Neuen Normalität wollen das „Über-dem-Durchschnitt-Liegende“, Bessere oder „Außer-Gewöhnliche“, aber kaum das Normale. www.metropolitan.de
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Normalo: Good-bye!
Kunden sind auf der Suche nach diesen persönlichen Mehrwerten. So vergleichen sie ganzheitlich die Angebote und bilden daraus ihre eigenen Value Rankings. Diese Rangfolgen der individuellen Wertschätzung entscheiden über Erfolg oder Misserfolg von Angeboten.
Was alle bieten, verliert an Wert Für das „Über-der-Norm-Liegende“ oder Besondere verwenden wir den Wortzusatz „hyper“. „Hyper“ hat seinen Ursprung im Griechischen: hypér. Es heißt „über“, „darüber hinaus“, „darüber liegend“, „besonders“, „weiter reichend“, „über einen Standard hinausgehend“, „über dem Allgemeinen liegend“, „eine Norm übertreffend“, „besser als der Durchschnitt“, „das Normale übersteigend“ – im Business-Deutsch: einen Benchmark schlagen. Ein Hyper Business überbietet die Norm. Es übertrifft das Übliche, Gewohnte, Konventionelle, Gängige oder Erwartete. Ein Hyper Business bietet dem Kunden mehr, eben einen Mehrwert im Vergleich zu den anderen Angeboten. So hebt sich ein Hyper Business von der Masse konventioneller Anbieter ab. Hamburger braten kann eigentlich jeder, doch McDonald’s hat hierzu ein Hyper-Konzept.1 Die Preise von Flugtickets senken können grundsätzlich alle Airlines, doch Ryanair (UK) und BlueJet (USA) verfügen über eine ganzheitliche Hyper-Lösung, sodass sie trotz Niedrigstpreisen Geld verdienen. Immer wieder stelle ich fest, dass Führungskräfte in die Falle der Produktdominanz treten. Die Versuchung, sich im Wettbewerbskampf stark auf Produkte und Vermarktung zu konzentrieren, ist groß. So kümmert man sich um Produktverbesserungen, vergleicht einzelne Produktmerkmale mit Konkurrenzangeboten, betreibt ein minutiöses Benchmarking, schraubt an den Konditionen oder forciert mit aller Kraft die Marketing- und Verkaufsanstrengungen. 78
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Normal verliert, „hyper“ gewinnt
Dies alles ist bestimmt wichtig, greift aber im harten Wettbewerb zu kurz. Der Blick für den gesamten Wertschöpfungsprozess, die eigenen Kernkompetenzen und die Kundenwünsche verschwimmen im Eifer der Konkurrenzausrichtung. Ein Hyper Business sieht nicht nur das Produkt als Angelpunkt für den Erfolg, sondern das gesamte Geschäftssystem. Nicht der Wettbewerb selbst darf im Mittelpunkt stehen, sondern die Kundenwünsche und ihre Erfüllung. Lösungen mit einem klaren Mehrwert für den Kunden sind gefragt. Dieser Mehrwert wird im Folgenden als Hyper Value bezeichnet.
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Normalo: Good-bye!
2. Der Hyper Value: Die zentrale Steuerungsgröße We don’t sell insurance anymore. We sell speed. Peter Lewis CEO, Progressive Insurance
Was ist der Hyper Value? Erfolgsunternehmen kümmern sich engagiert um das Management des kompetitiven Mehrwerts zur Steigerung des von Kunden wahrgenommen subjektiven Mehrwertes. Wer den „höheren“ Mehrwert bietet, gewinnt. Schrumpft der Hyper Value, so wenden sich die Kunden anderen Angeboten anderer Anbieter zu. Welche Merkmale charakterisieren diesen Hyper Value? Nur der Kunde selbst bestimmt den Hyper Value. Er allein ist der Gradmesser der Wertanmutung für ein Produkt oder einen Service. Fachtechnisch gesprochen umfasst der Hyper Value die Summe aller „Nutzen“ abzüglich der Summe aller persönlicheren Aufwendungen durch den Kunden. Der Hyper Value ist ein kompetitives Konstrukt, d.h. der Kunde hat (fast immer) Alternativen, die er zu Vergleichen heranzieht. Daher gilt: Der Hyper Value ist für den Kunden der Mehrwert, der Angebote von Dritten übersteigt. Der Hyper Value basiert auf einer oder mehreren Kernideen, die das Businessmodell ganzheitlich durchdringen und auf den Kernfähigkeiten des Unternehmens fußen. 80
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Der Hyper Value
Der Hyper Value ist nicht in EUR und Cent kalkulierbar. Die Wertzuschreibung ist eine vom Kunden wahrgenommene, persönlich empfundene, aber entscheidungs- und verhaltensbestimmende Größe. Der Hyper Value macht aus einer normalen Taucheruhr eine Rolex, aus einer normalen Kurier-Tasche einen kultigen Freitag-Bag (FREITAG ist eine Kultmarke für Taschen, in Fachgeschäften erhältlich und weltweit im Vertrieb der Museumsshops für Modern Art), aus einem normalen Beratungsteam eine professionelle McKinseyCrew, aus einer normalen Hochschule die Spitzen-Universität Harvard, aus einem normalen Rotwein einen edlen Opus One, aus einer normalen Stereoanlage eine exklusive B&O, aus einem normalen CD-Player einen Sony Discman, aus normalen Nudeln Original-Barilla, aus einem normalen Motorrad eine Harley-Davidson, aus einer normalen Suchmaschine Google, aus einer normalen Jeans eine echte 501, aus einem normalen Stuhl ein Vitra-Designstück …
Value Management: Die drei strategischen Chancen Der Hyper Value kann, je nach der strategischen Kernidee, auf der er basiert, in drei Bereichen aufgebaut und erschlossen werden: 1. Billiger sein, d.h. einen Hyper Value durch Preisvorteile bieten. Billiger sein bedeutet nicht Preissenkungen ohne Ende, sondern dem Kunden auf Grund von effizienteren Kostenstrukturen Preisvorteile zu garantieren. Kurzfristige Preisnachlässe gehören nicht in diese Kategorie. Ein Unternehmen lebt nur von seiner erwirtschafteten Marge. Gewinner im Wettbewerb kann daher nur sein, wer die Kostenstrukturen optimal managt. Dies ist ein Grundgesetz im Business. Wer die Preisspirale im Wettbewerbskampf herunterschraubt, ohne die entsprechende Kosteneffizienz zu haben, dreht www.metropolitan.de
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sich selber über kurz oder lang den „Sauerstoff zum Überleben“ zu. Eine Kostenführer-Strategie ist eine heikle strategische Option. Erfolgsbeispiele: Aldi, Lidl, Wal-mart 2. Besser sein, d.h. einen Hyper Value durch Leistungsvorteile bieten. Mehrwerte werden auf der Leistungsseite durch Innovationen aufgebaut. „Besser sein“ kann heißen: mehr bieten, schneller bieten, das Spezielle bieten, kreativer bieten, umfassender bieten etc. Auch die Besser-Strategie hat ihre Tücken, da jeder Leistungsvorsprung seinen Zeitwert hat, der (häufig sehr rasch) verfällt, da die Konkurrenz im Sauseschritt kopiert und nachlegt. Erfolgsbeispiele: Lexus Automobile (Qualitätsimage), BMW Automobile (Innovationsimage, Fahrdynamik) 3. Anders sein, d.h. einen Hyper Value durch Unkonventionalität bieten. Mit der Anders-Strategie begibt man sich auf ein „anderes“ Wettbewerbsfeld, um sich möglichst nicht mehr mit den „Normalos“ messen zu müssen und um die eigenen Besonderheiten weiter zu profilieren. Erfolgsbeispiele: Walt-Disney-Hotels, iPod-Player von Apple im Vergleich zu konventionellen Hi-Fi-Anlagen, iTunes, Smart Automobile Vorsicht! Der Hyper Value hat mit bloßen Produkt- oder Marketing-Gags nichts gemein. Eine innovative Produktidee begründet noch kein erfolgreiches Businesskonzept. Den Beleg dafür lieferten viele Unternehmen der New Economy. Die Kernidee, mit der man den Hyper Value für den Kunden steigern will, muss das gesamte Business mit all seinen Funktionen 82
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Der Hyper Value
durchdringen. Ebenso wichtig sind darüber hinaus eine professionelle Ertragsrechnung und die Organisation aller notwendigen Wertschöpfungsprozesse. Die Beispiele erfolgreicher Unternehmen der folgenden Übersicht zeigen die praktische Umsetzung dieser drei strategischen Optionen: Hyper Value-Strategien (Beispiele) Hyper Business Hyper Value
Hyper-Faktoren
3 Apple
„Computer for the Rest of us“ Innovation, Positionierung, PC als Lifestyle, Design
1 Dell
Preisvorteile Chain Management
Customer & Supply
2 Porsche
Ikone „Sportwagen“
Ingenieurskunst
3 Starbuck’s
Third Place2 Feeling
Einrichtung, Internet
3 Body Shop Kosmetik für „Nicht-Barbies“ keine Tierversuche, „Social Activism“
Marke, Verpackung,
3 McDonald’s
Familienspaß
Einrichtung, HappyMeals, Branding
3 Alessi
Küchenobjekte als Kunst
Engagement von Star-Designern
2 Suunto
Uhren als Instrumente für ganz spezifische Zielgruppen (Segler)
Multifunktionalitätsuhren Instrumente für Profis
2 Ritz-Carlton
„Feeling as Friends“-Hotel
wirklich persönlicher Service, Informationsvernetzung, Training
3 Siegfried&Roy Innovation der Magie
Überraschung, Einzigartigkeit
3 Ritter Sport
Schokolade im Quadrat
Unikat, Verpackung
2 Coca-Cola
Erfrischung im Original
Marke, Verfügbarkeit
3 Ikea
„ein besserer Alltag“ „ein wenig anders“
Preis, Design, Einkaufserlebnis für die ganze Familie, Branding
Die Ziffern in der ersten Spalte beziehen sich auf die drei strategischen Kernoptionen zur Gestaltung des Hyper Value: 1 = billiger, 2 = besser, 3 = anders.
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Auch Reiseziele können „hyper“ sein: Die spanische Stadt Bilbao liegt an der Peripherie Europas, bietet nur wenige historische Kulturstätten, ist in eine wirtschaftlich geplagte Region eingebettet und verschreckt durch die immer wieder aufflackernden Attacken der baskischen Autonomiebewegung die Touristen. Trotzdem entwickelte sich Bilbao in den letzten Jahren zu einem Topziel für Städtereisen. Jährlich wird Bilbao von über einer halben Million Touristen (bei einer jährlichen Wachstumsrate um die zehn Prozent) besucht. Mit dem Guggenheim Museum of Modern Art offeriert die Stadt einen architektonischen Leckerbissen. Das von Star-Architekt Frank Gehry konzipierte Museum ist ein „Must See“ für Liebhaber zeitgenössischer Architektur. Das in gleißendes Metall gehüllte Gebäude kommt ohne eine einzige Wand im rechten Winkel aus. Form und Material lassen das Gebäude je nach Lichteinfall dramatisch schillernd erscheinen. Das Museum selbst wird zum Ausstellungsobjekt. So bietet eine „normale“ Stadt etwas Außergewöhnliches, um zum Magnet zu werden. Sie differenziert sich von anderen Angeboten und zieht eine zahlungskräftige Klientel an. Bilbao ist zu einem Hyper Business geworden. Normal verliert, „hyper“ gewinnt.
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Smarter als die Konkurrenz erlaubt
3. Smarter als die Konkurrenz erlaubt Invent. Reinvent. Repeat. Bannerwerbung HP (Hewlett-Packard) in den USA
Der Grillhähnchen-Express: Eine Fallstudie Betrachten wir ein Erfolgsbeispiel eingehender. Die Natura Güggeli AG hat ein Erfolgsrezept kreiert. Mit Güggeli werden in der Schweiz Brathühner („Grillhendl“) bezeichnet. Das nordostschweizerische Unternehmen belegt, wie ein konventionelles Business mit Erfolg „neu“ erfunden werden kann. Die Natura Güggeli AG betreibt mobile Verkaufsstationen für Grillhühner. Das junge Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2001 mit seinem Businesskonzept zusammen mit seinen Franchisenehmern über sieben Millionen EUR. Ein vergleichbares Konzept wird in Deutschland mit über 70 Verkaufswagen und auch in Tschechien realisiert. Wie präsentiert sich das Geschäftsmodell mit seinen Hyper-Faktoren? Qualität des Produktes Die Hühner kommen alle aus tiergerechter Haltung und tragen einen „Schweizer Pass“ (Herkunftszeugnis). Sie haben Auslauf, können im Sand scharren, bekommen rein pflanzliche Nahrung und haben auch genügend Platz auch zum Flattern und Picken. Logistik-Standards Für Transport, Verarbeitung und Zubereitung sind überprüfbare Standards fixiert worden, die periodisch kontrolliert werden. Angefangen vom Ei über das Küken bis hin zum gebratenen Hähnchen wird nichts dem Zufall überlassen. www.metropolitan.de
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Abgerundetes Angebot (Angebotsmix) Verkauft werden nicht nur Brathühner, sondern auch alles, was der Kunde dazu sonst noch braucht: frische Brötchen (in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Bäcker) sowie ein ganzes Spektrum an leckeren Saucen. Unkonventionalität in der Präsenz Natura Güggeli verkauft seit Herbst 1998 mit seinen auffälligen Grillwagen die knusprigen Hühner an monatlich über 70 000 Kunden. Die Natura Verkaufs- und Bratwagen verabschieden sich vom gängigen Schmuddelimage fahrender Verpflegungsbuden. Die Wagen sind strahlend weiß lackiert, sauber geputzt und in ihrer Erscheinung frischfreundlich. Die Alu-Grillaufbauten glänzen poliert. Auf jedem Wagendach thronen auffällig zwei riesige Hühnerschenkel, die den Kunden zuzuwinken scheinen. Überall wo das Güggeli-Mobil unterwegs ist, wird auf unkonventionelle Weise Werbung für die Brathühner gemacht. Große Kundennähe der Point of Sales Verkauft wird nicht wie üblich auf Märkten oder vor einem Supermarkt, sondern an gut frequentierten, zentralen Lagen in kleineren Ortschaften mit Parkmöglichkeiten. Täglich werden die Standorte gewechselt. Marktabdeckung Durch eine optimale Planung des Wageneinsatzes deckt das Unternehmen eine Region von etwa 140 Ortschaften ab. Talentförderung: zwischen Profi und Allrounder Der Natura Güggeli-Mitarbeiter wird zum Grillprofi und Business-Allrounder ausgebildet. Seine Funktionen sind vielseitig: Chauffeur des Wagens, Organisator, Grillmeister, Putzmann, Verkäufer, eigener Chef. Er ist selbstständiger 86
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Smarter als die Konkurrenz erlaubt
Franchise-Unternehmer. Ausgebildete Köche gibt es nicht im Team. Alle sind Quereinsteiger! Hinter Natura Güggeli stehen heute über 100 Schweizer Bauern, 200 Mitarbeiter in drei Verarbeitungsbetrieben und rund 20 Grill-Agenten. Unternehmertum Kerstin Hertel, die Geschäftsführerin, weiß, dass ein Produktangebot nur so gut ist wie die Personen, die dahinter stehen. Daher werden die fahrenden Grillstationen im Franchise-System mit hoher Eigenverantwortung vertrieben. Dies fördert das persönliche Engagement und die Identifikation der Natura-Agenten mit ihrem Produkt. Zudem werden Veranstaltungen organisiert, um den Teamgeist und die Professionalität der Mitarbeiter zu vertiefen. Profilierung und Marktauftritt Auch das Marketing ist nicht konventionell organisiert. Eigentlich gibt es gar kein Marketing, denn das „Natura Güggeli Konzept“ ist die Botschaft. Der Verkaufs- und Grillwagen ist ein Blickfang, wo immer er aufkreuzt. Der Grillmeister selbst steht kompetent wirkend mit roter Kochmütze und weiß gekleidet vor seinem Produkt. Aufmerksamkeit durch „außer-gewöhnliche“ Aktionen Das „Grillen auf höchstem Niveau“ wurde von Natura Güggeli regelrecht inszeniert. Auf dem 3 454 Meter hohen Jungfraujoch wurde als Weltrekordversuch ein Grill-Event realisiert. In dieser „verrückten“ Aktion verfrachtete ein Helikopter den 3,5 Tonnen schweren Grillwagen auf den Schneeriesen. Grillen bei starkem Wind, tiefen Temperaturen und in dünner Luft ist keine Leichtigkeit. Doch die Profis von Natura Güggeli haben diese Herausforderung gemeistert und den verblüfften Touristen mitten im Gletscherpanorama knusprig gegrillte Güggeli serviert. www.metropolitan.de
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Das Beispiel zeigt, dass man selbst das einfache „Backhuhn“-Business inszenieren kann. Ein Hyper Business erfindet das Geschäft sozusagen „neu“, hebt sich dadurch von allen normalen Anbietern ab, gewinnt einen Vorsprung und steigert den Hyper Value für den Kunden. Ein Hyper Business ist etwas Besonderes: Kerstin Hertel hat das Produkt „Brathendl“ bestimmt nicht erfunden. Aber sie perfektioniert es zu einem Unikat und hebt sich damit vom Rest der Anbieter ab. Sie weiß, wie wichtig Innovation und Originalität für den Businesserfolg sind. So bemerkt sie: „Wir dürfen nie aufhören, über uns selber nachzudenken. Innovation ist fortwährende Entwicklung. Stillstand bedeutet Rückschritt.“3
Die Hyper-Faktoren: Nasenspitzen-Vorteile gewinnen Das obige Beispiel zeigt, was ein Hyper Business ausmacht. Ein Hyper Business … … setzt auf unkonventionelles Denken, d.h. auf eine sich selbst radikal hinterfragende, experimentierende und aktiv gestaltende Firmenkultur; … weiß, dass Innovationen das Geschäft beleben und die Zukunft sichern; … profiliert sich markant, um sich von anderen abzuheben; … ist um eine enge Beziehung zum Kunden bemüht; … fördert und nutzt die Smartness der eigenen Talente und pflegt diese wichtige Know-how-Basis aktiv; … macht nicht alles alleine, wenn sich kompetentere oder kostengünstigere Geschäftspartner für einzelne Komponenten der Wertschöpfungskette finden lassen; … weiß, wie wichtig eine agile Organisation in allen Bereichen für die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens ist. Ein Hyper Business setzt auf Hyper-Faktoren, um sich zu differenzieren und dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Hyper-Fakto88
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Smarter als die Konkurrenz erlaubt
ren sind Katalysatoren, die es unter ein Gesamtmotto zu stellen gilt, um den Hyper Value für den Kunden zu erhöhen und damit den Vorsprung im Wettbewerb auszubauen.
Welche Hyper-Faktoren können eingesetzt werden? Der Mindset-Faktor: Wissen, wie man gewinnt! Der Mindset-Faktor spielt mit der Kernidee des Business. Er ist das sensitive Gespür für die Lebens- und Arbeitssituation bei Kunden, Konkurrenten, Lieferanten und Mitarbeitern. Wie kann man den Mehrwert der eigenen Leistung erhöhen? Wie kann man sich profilieren? Was hebt die eigenen Leistungen und Angebote von denen der anderen ab? Dieses Ausschau haltende Denken identifiziert relevante Trendentwicklungen und interpretiert die Konsequenzen für das Businessmodell. Hierzu gehört ebenso das radikal-kritische Hinterfragen der eigenen Aktivitäten wie auch eine hohe Kritiktoleranz unter den zentralen Entscheidungsträgern. Gesucht wird nach Optionen, um sich in Preis, Leistung oder Positionierung zu differenzieren. Der Innovationsfaktor: Das Besondere und „Neue“ bieten! Der Innovationsfaktor treibt das Business vorwärts. Innovation bringt Fortschritt auf der Produkt-, Service-, aber auch auf der Organisationsseite des Unternehmens und belebt das Geschäft. Erfolgreiche Unternehmen sind Non-Stop-Innovatoren. Wer auf Vorsprung setzt, kommt um eine dynamische Innovation nicht herum. Der Positionierungsfaktor: Präsent und nahe beim Kunden sein! Der Positionierungsfaktor fokussiert sich auf Aufmerksamkeit, Bekanntheit und Profilierung in den Märkten. Um die Strahlkraft des eigenen Business zu verstärken, gilt es, die folgenden Instrumente professionell zu nutzen: Marketing, Verkauf, Public Relations, www.metropolitan.de
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Sponsoring, Customer Relationship Management, Markenaufbau und -pflege und Visibility Management („Management der Selbstdarstellung“). Nur wer genügend Aufmerksamkeit im Markt durch Präsenz und Profil erringt, wird überhaupt als Geschäftspartner wahrgenommen. Der Smartness-Faktor: Attraktiv sein für Talente und das Knowhow managen! Das Know-how erfordert in der Neuen Normalität ein systematisches Management. Dabei sind die strategisch relevanten Knowhow-Felder zu bezeichnen, aufzubauen, zu pflegen und weiterzuentwickeln. Doch ausschlaggebend sind letztlich die Talente, welche Kreativität und Innovation begründen. Dies ist das Thema von Führung und Organisation. Wer den Wettbewerb um Smartness gewinnen will, hat seinem Human Resource Management/ Personalwesen eine sehr hohe Priorität einzuräumen. Der Vernetzungsfaktor: Sich mit Professionals zusammentun! Überall der Beste sein zu wollen, ist eine Fiktion. Alles alleine zu bewerkstelligen, macht ebenso wenig Sinn. Fokussieren und Vernetzen heißt die Devise. Beschränkung fördert die eigene Professionalität durch die Konzentration auf die eigenen herausragenden Fähigkeiten. Der Agilitätsfaktor: Die Wendigkeit des Unternehmens erhöhen! Effektive und effiziente Strukturen erlauben Professionalität und Geschwindigkeit zugleich. Die Erhaltung und Förderung der Wendigkeit ist eine zentrale Herausforderung in Zeiten hohen Wandels. Kostenoptimierungen, Effizienzsteigerungen, Wertschöpfungsoptimierung und Professionalisierung sind Dauerthemen für jedes erfolgreiche Business. 90
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Smarter als die Konkurrenz erlaubt
Die Hyper-Faktoren für Smart Business
Mindset Agilität
Innovation
Hyper-Value Vernetzung
Positionierung Smartness
Im Hyper-Wettbewerb lassen sich echte Wettbewerbsvorteile kaum noch über längere Zeit verteidigen. Wir bezeichnen sie daher treffender als „Nasenspitzen-Vorteile“. Kaum ein Unternehmen schafft es, die Stellung des Marktführers in seiner jeweiligen Disziplin über längere Zeit zu besetzen. Die Mitbewerber holen immer wieder auf, sie kopieren oder bieten billiger, besser oder anders. Die Businesslogik der Neuen Normalität setzt mehr denn je auf Kreativität, Unkonventionalität, Innovation und radikalen Wandel. Ist das nicht riskant? Eigentlich nicht. Weiterhin dasselbe wie in der Vergangenheit mit aller (oder gar verstärkter) Kraft zu unternehmen, um mithalten zu können, ist bestimmt ebenso so riskant. Wir leben in der Ära des „Risky Business“ – egal, welche Strategie man verfolgt. Sicherheiten, Garantien oder Gewissheiten für zukünftigen Erfolg gibt es keine. Nur eine permanente Adaption an die Veränderungen der Businesslandschaft und die aktive Gestaltung der eigenen Originalität bringen den notwendigen Fortschritt.
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Normalo: Good-bye!
Was haben erfolgreiche Unternehmen wie Red Bull, Wal-mart, Victorinox, EasyJet, Smart, Swatch, Vitra, Starbuck’s, Puma, Dyson, Bulthaupt und viele andere Erfolgsunternehmen gemeinsam? Diese Unternehmen sind alle Marktgestalter und keine Branchennachahmer. Sie haben die traditionellen Businesskonzepte fundamental neu gestaltet und teilweise sogar revolutioniert. Sich selbst neu zu erfinden, ist in der Malerei, Literatur, Musik oder Architektur seit Jahrhunderten ein Erfolgsrezept. Regeln werden bewusst gebrochen, um neu kombiniert zu werden, damit Innovation und Fortschritt entstehen kann.
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Mindset: Das Business-Weltbild zurechtrücken
1. Zerstöre dein Geschäft! . . . . . . . . . 94 2. Erfinde dein Business neu! . . . . . . . 99 3. Mind Update: Die Sicht der Dinge aktualisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Erfolg trübt den Blick! . . . . . . . . . . 105 5. Futuring – Zukunft mehrfach . . . . . 109
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1. Zerstöre dein Geschäft! Fail faster. Success sooner. Tom Peters amerikanischer Management Guru
… bevor es die Konkurrenz tut! Jack Welch, ehemaliger CEO von General Electric (GE), spürte den sich verschärfenden Wettbewerb, der quer durch den gesamten Konzern fegte. General Electric ist ein komplex strukturierter, gigantischer Konzern. Die Gruppenaktivitäten sind breit gefächert, sie reichen von Finanzierung über Versicherungen, Beleuchtung, Leuchtstoffe, Transport, Kraftwerke, Plastik und Flugzeugturbinen bis hin zur medizinischen Systemtechnik. Der Konzern verfolgt das Ziel, in allen tätigen Marktsegmenten zu den jeweils führenden Anbietern zu gehören. Besonders zu schaffen machten Jack Welch die Herausforderungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie ermöglichten, dass sich unerwartet Newcomer mit unkonventionellen (Guerilla-) Geschäftsmodellen ins Business drängten. So lancierte Jack Welch 1999 konzernweit die „Destroy-your-business“-Initiative und bezog etwa drei Dutzend Geschäftseinheiten in über hundert Ländern in das revolutionäre Projekt ein. Worum ging es? Der Auftrag „Zerstöre dein Geschäft!“ forderte alle Managementteams der ganzen Unternehmensgruppe auf, ihre Geschäftsgrundlagen radikal in Bezug auf eine potenzielle oder aktuelle Geschäftszerstörung hin abzuklopfen. Wo könnten sich Gefahren oder Risiken am Geschäftshorizont auftun? Bei dieser strategischen Initiative übernimmt das Management die Perspektive des Angreifers: 94
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Zerstöre dein Geschäft!
Wie würde ich, wenn ich Konkurrent XY wäre, mein Geschäftsfeld Z angreifen? Wo bieten wir Angriffspunkte im Wettbewerb? Wo hemmen uns Schwächen, die man attackieren könnte? Welche Kompetenzen oder Kernfähigkeiten benötigen wir, um mithalten oder gar einen Vorsprung erringen zu können? Welches bestehende Geschäftsmodell könnten wir als Angreifer in die Zange nehmen? Zerstören Sie Ihr Business … bevor es die Konkurrenz tut! neue Geschäftsideen?
Marketing?
Know-how? Standorte? Branding?
Produktionsprozesse?
Partnerschaften?
Preise und Konditionen?
Wie würden Sie Ihr eigenes Business attackieren?
Garantien? Vertrieb?
Innovationen? Profilierung? Mitarbeiter?
neue Kundensegmente?
Organisation?
neue Technologien?
Die Geschäftseinheiten lernten so, unter dem Denkmodell des Zerstörens der eigenen Geschäftsgrundlagen das eigene Business auf Herz und Nieren zu prüfen, nach Schwachstellen zu durchforsten und mögliche alternative Strategien abzuleiten. Revolutionäre Zeiten fordern revolutionäre Denkansätze und entsprechende Maßnahmen! Jack Welch, der in den USA ein hoch geschätzter Spitzenmanager ist, verfolgte zudem die Absicht, den Konzern fit für die Herausforwww.metropolitan.de
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derungen der Informations- und Wissensgesellschaft zu machen. Zudem lancierte er eine zweite Strategiewelle zur Förderung der Innovation mit dem Motto „Lass dein Geschäft wachsen!“ („Grow Your Business!“). General Electric gilt heute als eines der fortschrittlichsten Unternehmen bei der Nutzung zeitgemäßer Internet-, Informations- und Kommunikationstechnologien. Dabei stehen nicht nur das E-Business oder die Virtualisierung bestehender Geschäftsmodelle im Vordergrund, sondern vor allem auch die konsequente Ausschöpfung des enormen Effizienzpotenzials, das die neuen Technologien bieten. So werden Prozessabläufe digitalisiert, relevante Informationen dem Kunden bereitgestellt oder die interne und partnergerichtete Kommunikation intensiviert. Beispiel: GE Plastics wickelte im Jahr 2000 15 Prozent des Geschäfts über das Internet ab, und heute sind es bereits über 55 Prozent! Der Kunde bestellt Plastikteile via Web, sofort werden die Teile im Lager ausgeliefert, falls nicht vorhanden, wird die Produktion aktiviert und von dort aus direkt dem Kunden weitergeleitet. Die Digitalisierung erlaubt es, interne Prozesse zu beschleunigen, zu vereinfachen und gleichzeitig einen hohen Kundenservice zu bieten. So wird das Web heute genutzt, um Informationen zu suchen, Einkäufe rund um den Globus zu bündeln, Online-Kataloge zusammenzustellen, Einkaufsauktionen abzuhalten, den passendsten Lieferanten zu finden, Zahlungen auszuführen oder um Qualitätskontrollen durchzuführen. Die Kosten eines Einkaufsvorgangs sind von 50 auf fünf US-$ geschrumpft … und dies bei einem Konzern, der sich gegenüber dem Internet noch vor ein paar Jahren skeptisch äußerte.
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Zerstöre dein Geschäft!
Mit einer derartigen strategischen Initiative werden die Herausforderungen der Neuen Normalität bei den Hörnern gepackt. Trends werden evaluiert, aktuelle und potenzielle Risiken abgewogen, Chancen erkannt, neue Absatzmärkte konzipiert, die Kundenorientierung auf breiter Basis verankert, die Kundenbasis erweitert und last but not least die Marktstellung gesichert! Vergessen Sie nie: Jedes Businessmodell unterliegt einem Lebenszyklus und verliert an Attraktivität. Businessmodelle schreiben sich im Zeitablauf ab. Sie haben einen Zeitwert. Darum gilt periodisch immer wieder: Zerstöre dein Geschäft (im Kopf) selbst, bevor es die Konkurrenz tut! Zentrale Fragen zur Stärkung der Innovationsdynamik und der Wettbewerbsfähigkeit sind: Auf welchen Grundlagen basiert der Erfolg Ihres Business heute? Warum machen wir überhaupt Geschäfte? Warum kommen die Kunden zu uns und kaufen nicht bei der Konkurrenz? Skizzieren Sie die Zusammenhänge und diskutieren Sie diese mit Schlüsselpersonen! Impuls: Denke wie deine Konkurrenten und greife dein eigenes Business an! Wie lautet Ihr aktuelles Businessmodell? Skizzieren Sie es! Welche Trends und Entwicklungen könnten das Businessmodell ins Wanken bringen? Attackieren Sie Ihr eigenes Business! Wie würden Sie als Angreifer das eigene Business in Bedrängnis oder gar zu Fall bringen? Zeichnen Sie diese „neuralgischen Punkte“ ein! www.metropolitan.de
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Mindset Fortsetzung: Impuls: Denke wie deine Konkurrenten und greife dein eigenes Business an!
Wodurch könnten Sie Geschäft hinzugewinnen? Warum? Wodurch könnten Sie Geschäft verlieren? Warum? Warum kaufen Kunden bei den Konkurrenten? Was bieten diese billiger, besser oder anders? Welchen Anteil haben Partnerunternehmen am Erfolg Ihres Business? Was wäre der denkbar schlimmste Fall (worst case) für Ihr Business? Wie begegnen Sie ihm? Welches sind die wichtigsten zentralen Lenkungsgrößen Ihres Geschäfts? Managen Sie diese aktiv? Wo machen Sie Fortschritte, wo Rückschritte? Wer tummelt sich auch noch in demselben Bedürfnisfeld aus Kundensicht? Wo könnten Außenseiter auftauchen? Welche Geschäftsmodelle nutzen Newcomer? Vergleichen Sie diese mit dem Ihrigen? Welche Geschäftsprozesse bergen Risiken oder Gefahren? Welche Aktionen haben Ihre Konkurrenten in den letzten zwei Jahren ergriffen, um deren eigenes Business zu restrukturieren? Wie haben Sie darauf reagiert? Wie erfolgreich war die Konkurrenz mit ihren Aktionen? Warum? Wie stabil sind die Bedürfnisse der Kunden? Gibt es alternative Angebote zu Ihren Leistungen? Welche komplementären (ergänzenden) Angebote gibt es, um die Attraktivität des Angebots zu steigern? Wie verändert sich das Umfeld Ihrer Kunden? 98
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Erfinde dein Business neu!
2. Erfinde dein Business neu! Es gibt keinen einzigen Wirtschaftszweig, den man nicht neu erfinden könnte. Arkandi Kuhlmann Chairman, President, CEO ING Direct USA
Es gibt kein Business, das man nicht neu erfinden könnte! Ein Beispiel hierfür ist die deutsche Backwarenfirma Backwerk GmbH. Backwerk revolutioniert die jahrhundertealte deutsche Bäckertradition durch ein unkonventionelles, neuartiges Businessmodell. Das Backen von Brötchen wird neu „erfunden“: Backwerk zerlegte das gesamte Backgeschäft in seine zentralen Komponenten, um aus der Rekombination der Einzelteile das Backen neu zu „erfinden“. Das Geschäftsmodell fußt auf der Kernidee, Brotwaren radikal günstig anzubieten. „Billiger sein!“, lautet das strategische Kernmotto für den Hyper Value. Backwerk will nicht nur etwas billiger sein, sondern der Preisführer am jeweiligen Standort sein. Wie unterscheidet sich Backwerk von den herkömmlichen Bäckereien? Welche Hyper-Faktoren spielen für die Businessgestaltung eine entscheidende Rolle? Hier einige Beispiele: Mindset: anders denken Backwerk ist die erste Selbstbedienungsbäckerei Deutschlands. Frühstückshungrige sammeln sich selber ihre Semmeln, Laugenbrötchen, Croissants oder Plunderstücke aus den Plexiglas-Containern zusammen, legen diese auf ihr Tablett, bringen dieses zur Kasse und verpacken ihren Einkauf auch selber. www.metropolitan.de
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Kundenmehrwert: Besonderes bieten Backwerk setzt konsequent auf eine Billigpreisstrategie. So kosten Backwaren rund die Hälfte im Vergleich zum traditionellen Bäcker. Die Kostenstrukturen erlauben ein derart schlagendes Angebot, da diese dafür ausgelegt werden. Komposition der Wertschöpfung Backwerk kann die Billigstrategie nur durch eine umfassende Konzentration aller Geschäftskomponenten durchhalten. Eine Preisführerstrategie erfordert eine rundum günstige Auslegung der Wertschöpfungsprozesse: Senkung der Personalkosten (Kostenanteil ca. 25 Prozent statt ca. 40 Prozent), Verzicht auf geschultes Fachpersonal, Verzicht auf teure Ausstellungsmöbel, Verzicht auf breites Sortiment (ca. 100 Teile statt ca. 250) sowie Cleverness in der Beschaffungslogistik. Vernetzung: Internationales Sourcing Backwerk ist der „Billigflieger“ unter den Bäckern. Das Unternehmen beschafft sich die Produktionszutaten international. Dort wo die Rohstoffe den gesetzten Qualitätsstandards entsprechen und wo sie am günstigsten sind, werden sie zugekauft. So kommen beispielsweise die Blätterteiglinge aus Spanien, der Baguette-Teig aus Frankreich und der Schwarzbrotteig aus Schleswig-Holstein. Agilität: einfache Strukturen Backwerk multipliziert sukzessive sein Konzept. Backwerk eröffnet Filialen über ein interessantes Franchising-System und fördert damit auch das unternehmerische Denken und Handeln seiner Crew.
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Erfinde dein Business neu!
Impuls: Erfinde dein Business immer wieder neu! Zentrale Fragen zur Neuerfindung Wie ließe sich Ihr Business „neu“ erfinden? – Warum kaufen Kunden Ihre Produkte und Dienstleistungen überhaupt? – Was bieten Sie „mehr“ im Vergleich zu anderen Angeboten? Wie können Sie die Innovationskraft in Ihrem gesamten Business nachhaltig verbessern? Wodurch können Sie die Wendigkeit des gesamten Unternehmens (oder zumindest Ihres Verantwortungsbereichs) erhöhen? To Do’s: Was es zu tun gibt … Setzen Sie auf eine zentrale Geschäftsidee, um den Hyper Value für den Kunden zu bestimmen! Bieten Sie besser, billiger oder anders im Vergleich zur Konkurrenz? Zerlegen Sie Ihr Business in seine wesentlichen Einzelkomponenten und „erfinden“ Sie einzelne dieser Bausteine „neu“! Suchen Sie nach Alternativen zu heute bestehenden Lösungen! Fügen Sie die Teile wieder zu einer Ganzheit in einer unkonventionellen Art und Weise zusammen. Hat sich die Gesamtattraktivität des Unternehmens, seiner Produkte und Dienstleistungen verbessert? Checken Sie jede Ihrer Ideen, ob diese den Hyper Value für den Kunden erhöht, die zentrale Kernidee stärkt, die Wendigkeit des Gesamtsystems verbessert und Kosten-/Nutzen-Vorteile bringt! Don’t: Worauf man nicht zählen sollte … Vertrauen Sie nicht darauf, dass der jetzige Erfolg anhält!
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Mindset
3. Mind Update: Die Sicht der Dinge aktualisieren Es gibt nur einen Weg, um Fehler zu vermeiden: Keine Ideen mehr zu haben! Albert Einstein
Konserven-Management In Situationen hoher Ungewissheit und Unsicherheit sind Heilslehren, Rezepte, Wundertechnologien und Gurus hoch im Kurs. Dies gilt insbesondere auch in Management und Business. Erstaunlich ist, dass die von ihnen offerierten Rezepte für jedes Unternehmen in praktisch jeder auch nur erdenklichen Problemlage wirken soll. Gibt es diese universellen Gesetze erfolgreicher Geschäftsführung? Kaum mehr. Mit einfachen Standardkonzepten in komplexen Zeiten Erfolg haben zu wollen, erscheint naiv. Die „Terribles Simplificateurs“, die Komplexität auf Rezeptformeln reduzieren, tun dem Management keinen Dienst, sondern transponieren nur die Ungewissheit und den Druck auf die nächsthöhere Ebene der Konfusion. Vergegenwärtigen wir uns einige dieser Rezeptlösungen: Total-Quality Management (TQM) Gemeinkosten-Management Synergie-Management Time-based Management Benchmarking Best Practices Outsourcing „Management by Irgendwas“ Business Process Re-Engineering (BPR) 102
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Die Sicht der Dinge aktualisieren
Lean Management Shareholder Value Management Change Management Vision Management Strategische Planungsrituale Die Flopraten der oft durch externe Berater implementierten Konservenlösungen sind enorm.1 „Rezept-Management“ funktioniert eher schlecht als recht, was in einer Zeit großer Businessdynamik kaum erstaunt. Was gestern noch Gültigkeit hat, muss morgen nicht unbedingt auch noch gelten. Da bleibt nur eines übrig: selber denken! Thomas J. Watson, der Begründer des IBM-Konzerns (damals noch Computer-Tabulating Recording Company genannt), meinte 1914: „Seit Beginn der Zeitrechnung sind Gedanken der Vater jeglichen Fortschritts … Wir müssen das Lernen besser lernen, durch Lesen, Zuhören, Diskutieren, Beobachten und vor allem durch Denken. Keinen dieser Wege dürfen wir vernachlässigen! Die meisten von uns haben aber vor allem ein Problem mit dem Denken, da Denken für uns harte Arbeit bedeutet.“2 So lancierte Watson eine unternehmensweite Kampagne unter dem Motto „Think!“. Diesem Grundsatz im stressigen Geschäftsalltag Genüge zu tun, ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. „Selber denken“ heißt, sich aktiv ein Time out (eine „Auszeit“) zu verordnen, um vorgefallene Ereignisse, alternative Strategievarianten, neue Projektresultate oder bestimmte andere Sachverhalte in aller Ruhe und in einer das Ganze überschauenden Art zu durchdenken. Mir scheint, dass in Vergessenheit gerät, wofür Führungskräfte engagiert und hoch bezahlt werden: für ihr Denken in Zusammenhängen. www.metropolitan.de
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Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, sich im Tagesstress von Zeit zu Zeit auf das wirklich Wesentliche zu „besinnen“. Viele Führungskräfte lassen sich vom Strudel des Geschehens zu einer oft lähmenden „Aktionitis“ mitreißen. Gerne wird übersehen, dass Denken auch Arbeit ist und daher genügend Zeit benötigt. Psychologische Studien3 belegen, dass unser Denk- und Entscheidungsverhalten Stress-Situationen kaum gewachsen ist. Bei Stress, hoher Ungewissheit oder Komplexität greifen wir gerne auf bekannte, alte, bereits mal genutzte Lösungen zurück. Eine andere Routine unter Hochdruck ist das Kopieren anderer. Doch lassen sich so wilde Businesszeiten mit Bravour meistern? Kaum. Impuls: Nimm Auszeiten zum radikalen Hinterfragen! Kleinere Auszeiten für Wochenrück- oder Wochenausblicke Größere Auszeiten für das Überdenken der Verhaltensweisen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wie man sie weiter fördern könnte Überschauende Auszeiten für Betrachtungsweisen zum Verhalten der Wettbewerber und Kunden Strategische Auszeiten zur Überprüfung der eigenen Positionierung im Zeitablauf Fehler lassen sich durch das Leitprinzip „Think!“ nicht grundsätzlich vermeiden, aber zumindest lässt sich aus ihnen lernen!
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Erfolg trübt den Blick!
4. Erfolg trübt den Blick! Nicht die stärkste Spezies überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die sich am raschesten anpassen kann. Charles Darwin
Der Keim der Zerstörung Jede gute Lösung trägt den Keim ihres eigenen Untergangs in sich. Erfolgreiche Unternehmen tun sich mit ihren Erfolgsrezepten oft schwer. Das Loslassen von Erfolgsrezepten, die keine mehr sind, bereitet Schwierigkeiten. Oft realisiert man im Nachhinein, dass die Formeln nicht mehr greifen, und dann ist es für einen anderen Kurs schon zu spät. Um ihre Führungsrolle aufrechtzuerhalten, versuchen die Erfolgsverwöhnten immer wieder, ihre alten Rezepte einzubringen. „Noch mehr desselben!“ soll den Erfolg perpetuieren. Meistens gibt es auch noch keinen triftigen Grund, Neues zu erfinden, denn das Geschäft brummt ja immer noch. Wieso also etwas Neues? Wieso neue Risiken eingehen? Wieso Investitionen für Innovationen abzweigen? Wieso sich neu organisieren? Es läuft doch noch. Aber die zentrale Frage lautet: Wie lange noch? Beispiel: Die einst weltweit führende Schweizer Uhrenindustrie rutschte an den Rand des totalen Kollaps, weil sie es in den 1970er Jahren verpasste, die neue digitale Technologie zu nutzen. Der Erfolg der Vergangenheit hatte die Branche träge, überheblich und blind für Innovationen gemacht. Billigstuhren konnte man sich in einem Land der Qualität, Präzision und höchster Uhrmachertradition wirklich überhaupt nicht vorstellen. Uhren ohne komplizierte mechaniwww.metropolitan.de
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sche Werke zu bauen kann doch kein Erfolgsrezept sein? Keine Schweizer Firma interessierte sich für das Elektronikpatent, welches ironischerweise auch in der Schweiz entwickelt wurde. So wurde es den Japanern verkauft. Der Schweizer Weltmarktuhrenanteil sackte in der Folge von über 80 Prozent auf ca. 30 Prozent ab. Die Schweiz konnte diesen dramatischen Verlust an Marktanteilen nie mehr einholen. In den 1980ern wurde IBM vom PC-Zulieferer Microsoft, der das Betriebssystem MS-DOS vertrieb, vom ersten Platz im digitalen Reich gestoßen. Microsoft wurde zu einer der kapitalkräftigsten Firmen der Welt, und IBM ebnete Microsoft sogar noch den Weg dazu. Anstatt selbst ein Betriebssystem zu entwickeln, integrierte IBM eines der damals noch kleinen (und ungefährlich scheinenden) Firma Microsoft. Microsoft verdiente sein Geld in der Folge vor allem mit Drittherstellern, welche IBM-kompatible Rechner anboten und die Basissoftware für den Betrieb ihrer PCs benötigten. Das Riesengeschäft lief an IBM vorbei. Xerox, Weltmarktführer im Kopiergeschäft, verschlief den Computertrend und sonnte sich im Erfolg vergangener Tage. In den 1970er Jahren entwickelte Xerox den Alto, einen wirklich innovativen Computer (zusammen mit dem hauseigenen Forschungscenter RAND). Das Gerät nutzte bereits damals Maus, Bitmap-Graphiken und Pixel-Icons. Doch die Geschäftsleitung interessierte sich nicht dafür, denn der PC-Markt war im Vergleich zum Kopiermarkt verschwindend klein. So ließ das Management wertvolle Zeit verstreichen, bis man dann schließlich doch beschloss, den Alto zu vermarkten. Doch die Chancen waren zu diesem Zeitpunkt schon vorbei. Game over!
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Erfolg trübt den Blick!
Der einst führende Hersteller von Filmen, Entwicklungsmaterialien und Kameras, Kodak Eastman, ist nun im Begriff, ebenfalls den Trend zur digitalen Photographie zu verpassen. Heute schon kämpft das Unternehmen um seine Zukunft: Massenentlassungen, Repositionierung, Restrukturierung, purzelnde Aktienkurse und die verzweifelte Suche nach neuen Produkten sind Indizien dafür. Kodaks Digitalkamera-Sparte ist bis heute nicht profitabel, während die Konkurrenten schon fette Gewinne einstreichen. Fuji, der japanische Hauptkonkurrent, hat sich deutlich früher und besser engagiert. Kodak lebte noch „gemütlich“ von den Einkünften aus dem Verkauf von Filmrollen, der Entwicklung von Filmen und dem Vertrieb von spezialisiertem Fotopapier. In der Welt der Digitalkameras gibt es diese Wertschöpfungskette aber nur noch stark verkürzt. Ein Vorteil für das Unternehmen ist noch, dass viele Digitalbilder heute über Fotolabors ausgedruckt werden. Doch wie lange, noch in Anbetracht der leistungsfähigen und billigen Drucker mit hoher Fotoqualität von Canon oder HP? Sind Sie erfolgreich unterwegs? Super! Aber dann kann es sein, dass Sie mit Ihrem Business auch riskant unterwegs sind … Wie lange mag das noch „gut“ gehen? Suchen Sie nach dem „Keim des möglichen Untergangs“! Impuls: Vorsicht, wenn Sie auf „bewährte“ Erfolgsmodelle setzen Kümmern Sie sich besonders um die Fundamente des Erfolgs! Woran liegt es, dass Sie im Vergleich zu anderen Anbietern mehr Erfolg haben? Wie können Sie Ihre Stärken weiter ausbauen? www.metropolitan.de
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Mindset Fortsetzung: Impuls: Vorsicht, wenn Sie auf „bewährte“ Erfolgsmodelle setzen
Aktualisieren Sie periodisch Ihre Angebote! Haben Sie eine längerfristige Aktualisierungsstrategie für Ihre Angebote? (Vergleichen Sie hierzu die Autobauer, die zum Beispiel die Variationsfähigkeit von Designs von Anfang an miteinbeziehen.) In welchen Bereichen hat die Konkurrenz nachgezogen? Welche Maßnahmen werden notwendig? Hinterfragen Sie von Zeit zu Zeit Ihr Business radikal in Bezug auf seine Zukunftstauglichkeit und Tragfähigkeit! Welche Trends oder Entwicklungen könnten das Geschäft fundamental gefährden?
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Futuring – Zukunft mehrfach
5. Futuring – Zukunft mehrfach Heutzutage ist im Business nicht mehr der Return on Investment das Wichtigste, sondern der Return on Imagination! Gary Hamel4
Zukunft im Multipack Diskutieren Sie im Unternehmen über die Zukunft Ihres Business? Bestimmt. Die Zukunft gestalten macht das Wesen der Führung aus.
Impuls: Gestalte „Zukünfte“! Welche alternativen Geschäfte oder Projekte könnten angegangen werden? Welch businessnahen Geschäftsbereiche weisen ein attraktives Wachstum auf? Wo liegen mögliche Geschäftsfelder der Zukunft? Welche Geschäftsfelder flauen ab? Wie könnten sie ersetzt werden? Welches Business boomt, wie ließe sich ein weiteres verwandtes Geschäftsfeld eröffnen? An welchem Punkt ihres Lebenszyklus befinden sich die Produkte, Marken und das Unternehmen selbst? Welche Risiken behindern unsere Zukunft? Welche alternativen Chancen könnten wir nutzen? Haben Sie einen Plan B?
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Fragen Sie immer wieder aufs Neue: Hat Ihr Unternehmen eine Zukunft? Hat Ihr Businessmodell eine Zukunft? Bestimmt, doch Vorsicht! In der Neuen Normalität hat jedes Business immer mehrere Zukünfte! In einer Businesswelt, die von einer hohen Innovationsdynamik, raschem Wandel und überraschenden Umbrüchen gekennzeichnet ist, wird Flexibilität in der Wahl von Optionen notwendig. Suchen Sie daher stets nach einem Plan „B“ für wichtige Fragestellungen und Projekte in Ihrem Business!
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Innovation: Die Rundum-Erneuerung
1. Differenziere strategisch! . . . . . . . . 112 2. Klasse durch Masse! . . . . . . . . . . . 118 3. Knock-down: Kopiere und kapiere! . . . . . . . . . . . 120 4. Geh’ auf Innovationsjagd! . . . . . . . 125
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1. Differenziere strategisch! Let’s make a dent in the universe!1 Steve Jobs CEO, Apple Inc.
Differenzieren ohne Grenzen! Differenzieren ist ein zentrales Kernelement jeder erfolgreichen Geschäftsstrategie und ein Dauerbrenner-Thema in der Ära des wilden Hyper-Wettbewerbs. „Differenzieren ist eine der wichtigsten strategischen und taktischen Aktivitäten, mit der sich Unternehmen permanent zu befassen haben … Alles lässt sich differenzieren (…). Eigentliche Stapelprodukte gibt es keine. Sie existieren nur in den Köpfen der Personen, die selbst funktionieren wie Stapelware“, bemerkt Theodore Levitt, emeritierter Professor der Harvard Business School in „Thinking About Management“2. Wer nicht immer wieder seine Angebote, Marke und Positionierung strategisch von den anderen Anbietern differenziert und auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichtet, hat keine rosige Zukunft. Ohne für den Kunden erkennbare Mehrwerte dreht sich der Wettbewerb rasch immer nur um Preise und Konditionen. Wer bei einem Geschäft überhaupt noch dabei sein will, muss seine Preise senken, um seinen Hyper Value zu steigern. Wer will das schon? Preissenkungen sind bestimmt nicht die cleverste aller möglichen Strategien (außer man ist selbst der Kostenführer). Differenzierung wird oft falsch verstanden! Differenzierung verfolgt nicht die Absicht, sich vom restlichen Wettbewerb abzusetzen. Diese Vorstellung ist überholt, da man den Kunden in dieser Perspektive allzu leicht übersieht und sich nur auf die anderen Konkurrenten konzentriert. 112
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Differenziere strategisch!
Was „Differenzieren“ im Business bedeutet Unterschiede bilden
Einzelheiten herausgreifen
Einzelheiten hinzufügen
unterscheidbar werden
Unterschieden gerecht werden
kontrastieren
individualisieren
sich absetzen
diversifizieren transformieren verändern
modifizieren variieren erkennbare Unterschiede bilden
Differenzierung bedeutet, sich im Kopf des Kunden von den anderen Anbietern durch das Bieten eines Mehrwertes abzugrenzen. Was nützen Angebote, die besser als diejenigen der Konkurrenz sind, für die aber kaum ein Markt besteht? Denken Sie an das Schicksal von Sonys Betamax-Videosystem. Besser, aber vom Markt verschwunden. Wird es wohl den Sony-Memorysticks ähnlich ergehen? Verlieren Sie nie den Kunden aus den Augen! Er ist nur bereit, etwas für die Differenzierung zu bezahlen, wenn er den Mehrwert des Angebots für ihn erkennt. Der Preiszuschlag muss dem Wertzuwachs auf der Leistungsseite entsprechen. Das Ziel jeder Differenzierung muss es sein, echte Kundenmehrwerte zu schaffen und nicht bloß Wettbewerbsvorteile zu erringen. Eine Differenzierungsstrategie erfordert daher eine Menge Know-how, Kreativität, Innovation … und vor allem Nähe zum Kunden. Beispiel: Renault differenziert sich mit seiner aktuellen Modellpalette durch das unkonventionelle Heckdesign. Das Unternehmen versteht sich als „Créateur d’Automobile“ und schließt dawww.metropolitan.de
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Innovation
mit an das Image der französischen Modewelt an. Renault gewinnt dadurch Profil, wird markant, entledigt sich so der Beliebigkeit anderer Angebote und steigert den Wiedererkennungswert. In den Automobilzeitschriften wird zum Beispiel der VelSatis, Renaults Spitzenmodell, als „Charakterdarsteller“ und „Extremist der Oberklasse“ tituliert. Der Chefdesigner bemerkt zu seinem Wurf: „Heute ist das größte Risiko, kein Risiko einzugehen. Daher gehen wir das Wagnis ein, mit Konventionen zu brechen.“3 Apple hat es geschafft, sich mit seinen Hard- und Softwarelösungen im Bereich der Werber, Designer, Graphiker und Kreativen zu etablieren. Entsprechend liefert das Unternehmen hoch gestylte und innovative Informationstechnologie, für die es sich fürstlich bezahlen lässt. Durch die Spezialisierung auf das hauseigene Betriebssystem MAC OS X hat sich Apple zudem ein einigermaßen geschütztes Wettbewerbsfeld geschaffen. Im Markt der Computer, die mit dem Microsoft-Betriebssystem ausgerüstet sind, bläst der Wind des Hyper-Wettbewerbs um einiges rauer!4 Fast mit der Genauigkeit eines Uhrwerks oder wie in der Modeszene üblich bringt BMW alle drei Monate ein neues Fahrzeugmodell auf den Markt: Rolls-Royce Phantom, Z4 Roadster, Mini, 1er-Serie, 4er-Serie, 5er-Serie, X3, 6er-Coupé und Cabrio … Damit werden nicht nur differenzierte Angebote für einzelne, attraktive Kundensegmente geschaffen, sondern auch der Charakter der Innovationsdynamik der Marke unterstrichen.5 Auch der Disney-Konzern baut auf Neuerungen in seinem Angebot. Das Unternehmen lanciert im Konzern etwa alle fünf Minuten ein neues Produkt, sei es einen Film, einen Comic, ein Buch oder eine CD!6
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Differenziere strategisch!
Differenzierungsansätze, um dem Kunden einen echten Hyper Value zu bieten, finden sich einige. Diese Ansatzpunkte sind aber keine generellen Regeln, sondern ganz spezifisch für das eigene Unternehmen, die eigenen Produkte und Dienstleistungen oder Marken zu interpretieren. Impuls: Es lebe der Unterschied! Differenziere durch Angebotsgestaltung Beispiele: bessere Produktkomponenten, umfassendere oder gänzlich andere Dienstleistungen, Variation im Sortiments-Mix, clevere, innovative Kombination der Produktkomponenten, umfassendere Funktionalitäten, Konvergenz verschiedener Teillösungen zu einer umfassenden Neulösung etc. Differenziere durch Preisgestaltung Beispiele: Bieten von Preis- und Konditionenvorteilen, Premium-Angebote mit Premium-Preisen, Imagegestaltung als Preisführer, Preisbrecher, Premium-Anbieter etc. Differenziere auf der Kostenseite Beispiele: günstigere Produktion, niedrigere Personalkosten, niedrigere Vertriebskosten, günstigere Standorte, günstigere Materialien, weniger Produktmerkmale, etc. Differenziere im Timing (Faktor Zeit) Beispiele: verkürzte Produktion, rasche Lieferung (Time-toMarket), erhöhter Lagerumschlag, kurze Lagerzeiten, prompterer Service, schnelle Reaktionen, Imageaufbau als Speed-Leader etc. Differenziere durch Dienstleistungen (und Conveniences) Beispiele: Bieten von Zusatzdienstleistungen, höhere Bequemlichkeit für den Kunden, einfachere Abrechnungen, www.metropolitan.de
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Innovation Fortsetzung: Impuls: Es lebe der Unterschied!
Abnehmen von Administrationstätigkeiten, raschere Abwicklung, persönlicher Service, individualisierte Angebote, Beratung, After-Sales-Services etc. Differenziere durch Innovation und Kreativität Beispiele: Innovationen, erhöhter Neuerungsrhythmus, Aufbau einer Innovations-Führerschaft/eines InnovationsManagements, aktuellere Produkte, unkonventionelle Lösungen, technische Raffinessen etc. Differenziere durch Qualitätsvariation Beispiele: höhere Qualitäten, Angebote in verschiedenen Qualitätskategorien, Garantien etc. Differenziere durch Flexibilität Beispiele: höherer Grad der Anpassung an Kundenwünsche, hohe Wendigkeit in Produktion, Logistik, Beratung etc. Differenziere in Image- und Markenprofilierung Beispiele: höhere Bekanntheit, Differenzierung durch Einzigartigkeit, Imagebildung durch Etablierung von Marken, Aufbau von Imagevorteilen etc. Differenziere durch Angebotsvernetzung Beispiele: Anbieten von Leistungen im Verbund mit anderen professionellen Partnern, Zusatzleistungen, Nebenleistungen, Paketbildung von Angeboten, Optionen, Variationen, Kombinationen etc. Differenziere durch Netzdichte (Standorte) und Erreichbarkeit Beispiele: hohe Marktnähe durch Verkaufs- bzw. Beratungspunkte, Allgegenwart des Angebots (Vertrieb) etc. 116
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Differenziere strategisch! Fortsetzung: Impuls: Es lebe der Unterschied!
Differenziere durch Kommunikation Beispiele: unkonventionelle Kundenansprache, hohe aktuelle oder kommunikative Nähe und Präsenz, unkonventionelle Profilierung, direkte Kundenansprache, offene Information des Kunden, hohe Transparenz etc. Differenziere durch Design Beispiele: unkonventionelle Gestaltung, Nutzung bisher kaum genutzter Materialien, Farben, Formen etc. Differenziere durch Emotionalisierung Beispiele: Etablierung einer emotionalen Komponente durch Engagement für soziale Randgruppen, Einbeziehung weicher Themen wie Glück, Liebe, Frieden, Emanzipation etc. Differenziere durch Know-how und Professionalität Beispiele: geschulte, professionellere Mitarbeiter, besserer Zugang zu notwendigen Markt- und Produktinformationen, Patente, Lizenzen etc. Die richtige Wahl der Differenzierungsansätze und deren Kombination ergibt sich aus der Strategie und den Kernkompetenzen.
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Innovation
2. Klasse durch Masse! Innovation ist die ökonomische Religion des 21. Jahrhunderts. Wolfgang Grulke Management Consultant, Südafrika
Das „Innovationsgesetz“ Innovationen bauen auf Kreativität auf. Das wichtigste Gesetz der Kreativitätslehre heißt: „Quantität kommt vor Qualität.“ Dies heißt nichts anderes, als dass Masse zur Klasse führt. Ideen gewinnen durch Quantität an Qualität. Gary Hamel, einer der führenden amerikanischen Strategie-Experten, hat sich mit der Kreativität im Business im Rahmen seiner Innovationsstudien auseinander gesetzt. Hierbei hat er sein „Hamel’s Law of Innovation“ entworfen:7 Von 1 000 gewonnen Ideen machen nur etwa 100 wirtschaftlich Sinn, daraus wiederum rechtfertigen nur etwa 10 Ideen ein finanzielles Investment und davon lassen sich nur noch eine oder zwei Ideen in konkrete Angebote umsetzen. Vielleicht hat eines davon dann die Chance, zur echten „KillerIdee“ zu avancieren. Die Natur sichert ihr Überleben und ihren evolutionären Fortschritt auch mittels Quantität: Von 60 Millionen Spermien hat nur eine einzige die Chance, ein neues Lebewesen zu begründen. Von 1 000 Schildkröteneiern schafft es nur ein einziges Tier ins weite Meer hinaus und wieder zurück an den Ausgangsstrand, um dort Eier zu legen und den Zyklus der Spezies neu zu begründen. 118
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Klasse durch Masse!
Mehr Ideen bedeuten mehr Innovationen und mehr Erfolgschancen. Projektteams in Unternehmen geben gern viel zu schnell auf oder klemmen die Ideengewinnungsphase zu früh ab, um möglichst rasch zu einer Lösung zu gelangen. Meist geht es aber nicht nur um eine Lösung, sondern um eine Superlösung. Diese Kreativphase ist nicht zu unterschätzen, denn alles, was nachher folgt, basiert auf Durchschnittlichem oder Exzeptionellem. Der Druck des Tagesgeschäfts, Zeitmangel, Koordinationsprobleme, begrenzte finanzielle Mittel etc. sind einige der Gründe für dieses Verhalten. Auch eine zu frühe Beurteilungen der Ideen führt oft zur Verhinderung des Besseren: „Das geht eh’ nicht“, „Dazu fehlen uns die Mittel“, „Das funktioniert bei uns nie!“, erstickt potenzielle Lösungen im Keim. Zuerst wird Quantität benötigt, dann erst folgt die Phase der Bewertung mit Maßstäben wie Innovationsgehalt, Wirtschaftlichkeit, Realisierbarkeit oder Ertragspotenzial. Impuls: Qualität durch Quantität! Es gibt für jeden Entscheidungssachverhalt immer auch Alternativen oder andere Optionen! Die Suche nach Alternativen verbessert meist auch die Lösung selbst. Unterscheiden Sie die beiden zentralen Phasen der Ideenfindung und der Ideenwahl: Kreativitätsphase: Quantität, Quantität, Quantität, Quantität, Quantität, Quantität … Evaluierungsphase: Qualität, Qualität, Qualität, Qualität, Qualität, Qualität, Qualität …
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Innovation
3. Knock-down: Kopiere und kapiere! Ich lerne noch. Michelangelo italienischer Kopist und Künstler der Renaissance
Kopieren – Oh nein, wir nicht! „Kopieren?“ „Nein. Das kommt für uns nicht in Frage! Das machen wir doch nicht!“ Kopieren ist in der westlichen Businesswelt eher ein Schimpfwort. Hat man denn keine eigenen guten Ideen? Pinselt man nur Erfolgreiche ab? Man kopiert doch seine Wettbewerber nicht! Wer gibt schon offen zu, dass er andere als Vorlage von Ideen und Lösungen benutzt. Trotzdem – viele tun es. In der asiatischen Kultur ist die Einstellung zum Kopieren anders. Dort gehört das Kopieren zu einer anerkannten und ganz und gar nicht verwerflichen Businesspraxis. So wird in Asien praktisch alles und jedes kopiert. Es ist nicht überraschend, dass die Japaner das Karaoke erfunden haben und es heiß lieben! Ziehen wir die Automobilindustrie als Beispiel heran: Kopieren gehört in dieser hoch wettbewerbsintensiven Branche zum allgemein praktizierten Handwerk. Man beschafft sich das Konkurrenzmodell, testet es in Fahrverhalten, -komfort und zerlegt es minutiös bis ins letzte Detail. „Knock-down“ heißt dieses Verfahren. Die Einzelkomponenten an sich interessieren meist weniger, sondern zentral ist die Frage, warum gerade die aktuell vorliegende Lösung gewählt wurde und keine andere. Unkonventionelle Lösungsansätze werden besonders intensiv studiert. Durch die systematische Anwendung des Knock-down-Prinzips haben die Japaner mittlerweile zur automobilen Weltspitze aufgeschlossen.8 Die Koreaner tun es ihnen gleich. Nicht, dass die Asiaten keinen eigenständigen Stil hätten, über mangelndes Know-how verfügen oder keine technologischen 120
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Kopiere und kapiere!
Innovationen hervorbringen könnten! Früher haftete japanischen Produkten das Image an, billige Kopien zu sein. In Bezug auf eigene Innovationen stehen sie aber heute dem Rest der Welt in nichts nach. Selbst europäische und amerikanische Top-Firmen kaufen Komponenten bei asiatischen Unternehmen zu. Japan und Korea bauen zurzeit die zuverlässigsten Automobile der Welt und dies zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen. Kopieren bringt Fortschritt! Beispiel: Wie Japaner kopieren, zeigt sich am Beispiel der Toto-Toilette. Das japanische Hightech-WC von Toto9 ist eigentlich kaum mehr als normale Toilette zu bezeichnen, sondern viel eher als ein intelligenter Klo-Computer. Per Druck auf den Schalter „Shower“ fährt ein Teleskop aus, welches einen wohligwarmen Wasserstrahl für die Reinigungsarbeit positioniert. Kratziges Toilettenpapier gehört der Vergangenheit an. Selbstverständlich lässt sich die Temperatur des Wasserstrahls und der Klo-Brille stufenlos regulieren. Das Toto-WC kann auch mit einem computergestützten Analysemodul ergänzt werden. Dieses Smart-WC analysiert die Ausscheidungen und je nach den vom Hausarzt vorprogrammierten Grenzwerten werden die Daten verglichen und, falls die Indikatoren über- bzw. unterschritten werden, direkt über eine Internetverbindung an den Hausarzt als Aufforderung zum Ergreifen zusätzlicher Maßnahmen weitergeleitet. Die Kopie übertrumpft die Original-Toilette, ja sie revolutioniert sie sogar!10 Erfunden wurden Computer, Fax, Tonband und sogar der Walkman in der Bundesrepublik Deutschland. Doch das Geschäft dazu wird heute woanders gemacht! Diese Produkte beziehen wir vornehmlich aus dem fernen Osten und den USA. Die vorteilhaften Standortbedingungen sind das eine, die enorme Lernfähigkeit das zweite Element dieses Erfolgs. www.metropolitan.de
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Innovation
Das Knock-down-System verdeutlicht, dass Kopieren nicht bloß „Abkupfern“ bedeutet. Der Wert der Methode liegt im Prozesszyklus „Zerlegen – Kopieren – Kapieren – Verbessern“. Betrachtet man diesen Zyklus genau, so stellt man fest, dass er nichts anderes als eine leistungsfähige Innovationsmethodik darstellt. Kopieren und Kapieren führen zu einem produktiven Lernprozess. Das Knock-down-System als Lernprozess
zerlegen
verbessern
Knock-down
kopieren
kapieren
Im Technologie- und Mediensektor gaben jahrelang IBM, Microsoft, Hewlett-Packard und Time Warner den Ton an. Doch mittlerweile sind auch in diesem Feld asiatische Weltkonzerne in die internationale Spitzengruppe vorgestoßen. Unternehmen wie Samsung, ACER, NEC, LG, Sony oder Matushita (mit den Marken Hitachi und Panasonic) gehören zur Weltspitze. Auch im Telekommunikationsbereich (zum Beispiel mit dem japanischen „i-Mode“ von NTT Docomo) oder bei den Multifunktionsgeräten (PC, TV, CD, Kamera etc. in einem Gerät) steht immer häufiger ein asiatischer Hersteller auf der Verpackung. Auf dem Gebiet der Fototechnologie haben zum Beispiel Canon, Nikon, Olympus und Sony ihre westlichen Konkurrenten fast vollkommen aus der Wettbewerbsarena verdrängt. Früher waren auch bei uns Kopisten hoch angesehene Persönlichkeiten. Viele berühmte Maler, Komponisten oder Bildhauer star122
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Kopiere und kapiere!
teten ihre Karriere als Kopisten. Erinnern wir uns an Hieronymus Bosch, Sandro Botticelli, Albrecht Dürer oder Michelangelo Buonarroti. Die Kopisten arbeiteten eng mit ihren Meistern zusammen an den großen Werken. Bei einem anerkannten Meister lernte man das Handwerk, schenkte dem Detail große Aufmerksamkeit und gewann Einsichten für die später folgenden eigenen Innovationen. Kopieren war eine anerkannte Lernstrategie für Fortschritt. Kopieren lässt sich alles, vom Produkt über die Organisation bis hin zur Vermarktung und Kundenpflege. Doch nicht nur die Asiaten sind Meister im Kopieren und Kapieren. Auch Microsoft11 greift Ideen und Lösungen anderer auf und raffiniert diese. Keine der erfolgreichen Basistechnologien, die zum enormen Konzernwachstum führten, hat Microsoft selbst erfunden! Viele führende Produkte wurden von externen Quellen erworben, weiterentwickelt, in die eigene Produktpalette integriert und dann professionell vermarktet. Selbst das QDOS12 wurde 1981 einem Programmierer der Seattle Computer Company von Microsoft für 50 000 US-$ abgekauft. Der Rest der Erfolgsstory ist bekannt. Doch so ging es weiter: Beispiel: Microsoft: Innovationen einkaufen Das Computerspiel Close Combat wurde bei Atomic Games eingekauft. Die Bruce Artwick Organization entwickelte den Flight Simulator. Der HTML-Editor Front Page stammt von Vermeer Technology. Die Datenbank-Applikation FoxPro hat ihren Ursprung bei der Fox Software Company. Microsoft hat sich das Unternehmen einverleibt, um das kritische Know-how zu sichern. www.metropolitan.de
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Innovation
Forethought programmierte das populäre Powerpoint und verkaufte die Applikation 1987 an Microsoft. Beim Betriebssystem Windows wurden 1986 einzelne Interface-Bausteine von Apple Computer lizenziert. Microsoft warf in Design- und Layoutfragen immer schon ein Auge auf Apple. 1995 wurde der Internet Explorer von Spyglass, Inc. lizenziert (die Rechte besitzt die University of California, Los Angeles). Das Produkt wurde dann kostenlos in den Markt gepusht, um Marktanteile an sich zu reißen. Microsoft beweist, dass Innovationen nicht aus dem eigenen Hause stammen müssen, um einen gewaltigen Markterfolg zu entfalten. Die Produkte und Dienstleistungen müssen aber zur strategischen Kernkompetenz passen … und eine der Kernkompetenzen von Microsoft heißt „Power-Selling“. Impuls: Kopiere, aber mit Köpfchen! Was kopieren Sie als Nächstes? – Produkte? – Dienstleistungen? – Verfahren, Methoden? – Vermarktungsstrategien? – Servicepakete? – Partnerschafts-Konstellationen? – Organisationsstrukturen? – Mitarbeiter-Trainingsprogramme? – … In welchen Bereichen möchten Sie in Ihrem Business dazulernen? Dann kopieren Sie …! 124
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Geh’ auf Innovationsjagd!
4. Geh’ auf Innovationsjagd! Die größte Gefahr für unser Business ist, dass ein Tüftler irgendetwas erfindet, das die Regeln in unserer Branche vollkommen verändert, genau so, wie Michael (Dell) und ich es getan haben. Bill Gates Chairman, Microsoft Corp.
Quellen für Neues Innovationen sind eine Quelle für Wachstum, wirtschaftlichen Fortschritt, Dynamik und die Revitalisierung des Unternehmens im Wettbewerb. In der Geschäftswelt der Neuen Normalität gehören sie zum Tagesgeschäft! Wo erschließen sich Quellen für Neues? Impuls: Werde zum Ideensammler! Sammle konventionelle Ideen durch Impulse von Mitarbeitern – in Beschaffung, Logistik und Produktion – in Marketing, Vertrieb und Außendienst durch neue Mitarbeiter von anderen Unternehmen durch die Etablierung eines Ideen-Managements (zum Beispiel Vorschlagswesen) durch Impulse von Kunden – Einbeziehen von Lead-Usern/Early Adapters – persönliche Kundenkontakte, Kundengespräche – Beobachtungen der Produktverwendungen und Produktnutzung – Fokusgruppen zu bestimmten Themen durch Impulse von Lieferanten www.metropolitan.de
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Innovation Fortsetzung: Impuls: Werde zum Ideensammler!
durch Beobachtung von Wettbewerbern (und Benchmarking) durch Beobachtung von Partnerunternehmen (und BestPractices) durch Besuche von Unternehmen in anderen Branchen oder Ländern durch Recherche im Internet, das Studium von Publikationen in Fachzeitschriften, Besuch von Messen, Fachkongressen, Symposien durch Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten durch Etablierung von Innovationsteams Sammle unkonventionelle Ideen durch den Besuch branchenfremder Kongresse, Ausstellungen und Messen durch das Studium von Fachzeitschriften aus betriebsfernen Themenbereichen oder für andere Zielgruppen durch die Bildung von Innovationsteams mit ganz unterschiedlichem Hintergrund oder durch Auftragserteilung an zwei Teams, die intern im Wettbewerb stehen durch persönliche Assistenten, die ihren Abschluss und ihre bisherige Karriere nicht im Business-Bereich gemacht haben durch das Studium von Büchern aus businessfernen Bereichen (zum Beispiel Kunst und Architektur) durch die Beobachtung eigener (lieb gewonnener) Gewohnheiten und Routinen im eigenen Verhalten und im Verhalten der Mitarbeiter durch die aktive Suche nach branchenüblichen Gepflogenheiten und durch die bewusste Nichtbeachtung 126
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Positionierung: Nähe und Präsenz zeigen
1. Inszeniere dein Business! . . . . . . . . 128 2. Sei einzigartig! . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Sei das Original! . . . . . . . . . . . . . . 136 4. Vorsicht vor Benchmarking und Best Practice! . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Zergliedere Märkte! . . . . . . . . . . . . 141 6. Höchst gefährdet: Bulkwaren . . . . . 146
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1. Inszeniere dein Business! Heute ist der Sinn des Lebens, Geschwätzwettbewerbe zu veranstalten, gigantische Krachmaschinen, Heulmaschinen und Geschwätzverstärkungsmaschinen Tag und Nacht in Betrieb zu erhalten. Hans Arp Maler, Grafiker, Bildhauer, Dichter
Customer Confusion – das Durcheinander beim Kunden Kunden werden mit Produkten, Services, Marken, Angeboten und Botschaften bombardiert. Vor lauter Informationsrauschen werden „normale“ Angebote kaum mehr wahrgenommen. Zudem erhöht die Informationsflut die Konfusion auf der Kundenseite. Die Qual der Wahl hat zugenommen. Unternehmen, Produkte oder Marken ringen im Hyper-Wettbewerb auch um die Aufmerksamkeit der Kunden. Das Gewinnen von Aufmerksamkeit ist ein Muss für Erfolg in der Neuen Normalität. Die Grundvoraussetzung für Markterfolg ist und bleibt ein gutes Angebot, das dem Kunden einen echten Nutzen (Hyper Value) stiftet. Aber es gilt ergänzend: Was man nicht kennt, existiert nicht und kann daher auch nicht gekauft werden. Der Hyper-Wettbewerb dreht sich nicht mehr nur direkt um den Marketshare, d.h. um das Gewinnen von Marktanteilen. Mindestens ebenso wichtig ist heute der Mindshare geworden. Indem Unternehmen auf den Mindshare setzen, kümmern sie sich um Aufmerksamkeit und Profilierung in den Köpfen der Kunden. Emotionen spielen dabei eine große Rolle, weshalb sie in unserer „eher kalten und abstrakten“ Technologiewelt einen hohen Stellenwert haben. Imagination, Mythen, Rituale, Inszenierungen spielen daher für Kaufentscheidungen eine erhebliche Rolle. 128
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Inszeniere dein Business!
Den Mindshare von Angeboten steigern Attraktoren – sie erhöhen die Erkennbarkeit einer Marke (eines Produktes, einer Dienstleistung, eines Unternehmens) und profilieren sie. Attraktoren geben dem Angebot neben einer Identifikation auch noch eine Beziehung. Sie differenzieren Angebote und machen sie einzigartig. Die rationale Argumentation tritt dabei eher in den Hintergrund; Erlebnisse, Stories oder Faszination treten an die Stelle der Verkaufslogik. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das Attraktoren meisterhaft nutzt, ist Harley-Davidson. Muss Harley-Davidson sich vor japanischen oder deutschen Wettbewerbern fürchten? Ist eine Honda, Kawasaki, Yamaha oder BMW eine echte Konkurrenz? So wie Jeffrey Bleustein, CEO von Harley-Davidson, bemerkt, eigentlich nicht: „Unsere Wettbewerber produzieren zwar interessante und hervorragende Motorräder, aber eben keine Harleys!“1 Der Nimbus, Hype und die Community von Fans um Harley-DavidsonMotorräder unterscheidet das Unternehmen und seine Produkte von den anderen Anbietern. Es wird sozusagen zum Unikat und genießt dadurch einen gewissen Wettbewerbsschutz. Die Kunden schützen ihr Produkt vor der Konkurrenz der anderen. Welche Attraktoren lassen sich einsetzen, um die Aufmerksamkeit und Profilierung von Marken und Produkten zu erhöhen? Impuls: Verkaufe nicht, sondern inszeniere! Labeling Würden Sie eine „Chinesische Stachelbeere“ kaufen? Wahrscheinlich nicht. Ein neuer Produktname verändert die Situation aber: Wie wär’s denn mit einer vitaminreichen „Kiwi“? Ohne eine merkfähige, einfache und treffende Bezeichnung existiert das Produkt oder Angebot nicht in den Köpfen der Kunden. Dies gilt für alle Produkte, aber für konzeptionelle komplexe Produkte wie Beratungsangebote ganz besonders. www.metropolitan.de
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Positionierung Fortsetzung: Impuls: Verkaufe nicht, sondern inszeniere!
Branding – Markenbildung Branding umfasst nicht nur die Bezeichnung eines Produktes oder Unternehmens, sondern transportiert immer auch ein Image. Coca-Cola oder Marlboro wecken ganz bestimmte Vorstellungen in uns. Design & Styling Design und Styling werden zu wichtigen Attributen von Produkten. Koziol hat aus einfachen Haushaltsgegenständen aus Plastik innovative Designprodukte entwickelt, die durch ihre bunten Farben und unkonventionellen Formen Spaß im Haushalt machen. Miele erhebt mit der Aktion „Art by Miele“ den Staubsauger zum Kunstobjekt für Designverliebte. Die Designer von Automobilien werden mittlerweile unter den Autokonzernen wie Fußballstars gehandelt. Event- und Erlebnisinszenierung Volkswagen inszeniert in der Autostadt in Wolfsburg die Marke VW. Architektur, Landschaftsdesign, Events, Exklusivmarken (zum Beispiel Bugatti) und Multimedia-Präsentationen gestalten das Bild des Konzerns für die Zukunft, das sich vom biederen, gestrigen Otto-NormalverbraucherImage verabschiedet. Nike und Sony gehen mit Nike Town und den Sony Megacentern denselben Weg der erlebnisorientierten Markengestaltung. Gruppendynamisierung Manche Unternehmen differenzieren sich, indem sie direkten Kontakt zu ihren Kunden pflegen und Communities ins Leben rufen. Sie bieten sozusagen eine Plattform für „Gleichgesinnte“. 130
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Inszeniere dein Business! Fortsetzung: Impuls: Verkaufe nicht, sondern inszeniere!
Landrover veranstaltet beispielsweise Offroad-Touren durch Wüsten oder unwegsames Gelände in exotischen Ländern. Diese Clubs festigen die Beziehung der Kunden untereinander und zum Unternehmen. Aktivismus Body Shop profiliert sich durch sein Engagement für fairen Warenaustausch mit Ländern der Dritten Welt und lanciert Aktionen gegen die Folter. Dabei werden Kunden und Interessierte aufgefordert, sich aktiv mit dem Unternehmen zu engagieren. Dies profiliert nicht nur die Marke, sondern schafft zudem eine aktive Beziehung.
Beispiel: Apple: Computerware „für die anderen“ Vor noch nicht allzu langer Zeit war der PC das unattraktivste Möbelstück in der Wohnung: ein ratternder grauer Kasten. Doch Apple denkt anders und setzt auf Design als wichtige Wettbewerbswaffe. Steve Jobs holte sich den jungen britischen Designer Jonathan Ive, der aus den grauen Kästen den iMac in verschiedenen „Geschmacksrichtungen“ wie Erdbeere, Zitrone, Orange oder Blaubeere zauberte. Apple ist zwar ein kleinerer Anbieter in der Computerszene, doch das Unternehmen hat alle Turbulenzen der letzten Jahrzehnte dank permanenter Innovationen mit erstaunlichem Erfolg überstanden.
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Positionierung
Beispiel: Saab 9-3 Aero Sport Limousine: Emotional Design Differenzierung in der Autowelt ist nicht einfach. Dutzende Fahrzeuge, die mehr oder weniger alle denselben Zweck erfüllen, kämpfen um die Gunst der Kunden. In kaum einem Geschäftsfeld spielt die Emotion eine derart große Rolle wie im Auto-Business, darüber können auch PS, ABS, ESP, Kubik, Drehmoment oder andere statistisch erfassbare Größen nicht hinwegtäuschen. In der Zeitschrift „saabworld – Inspiration und Ideen aus der Welt der Saab Automobile“ erklärt der für die Baureihe zuständige Designer Aamer Mahmud: „Es geht uns um Emotionen, und Emotionen werden immer durch Ästhetik und Form beeinflusst.“ „Das stärkste Gefühl wird durch die im Innenraum verwendeten Farben hervorgerufen“, erklärt Maria Thunberg, die Intérieur-Chef-Designerin. „Sie wurden so ausgewählt, dass ein typisches skandinavisches Gefühl entsteht … Obwohl das Saab-Design deutliche Anleihen von der Natur nimmt, ist der Aero mehr als andere Fahrzeuge der Baureihe vor allem durch Architektur und Technologie beeinflusst … Wir haben eine ganze Reihe von Produkten gesammelt, die wir zur Inspiration verwendeten … Darunter waren zum Beispiel ein SamsoniteKoffer, ein paar Schuhe aus einem neuen, kälteschutzähnlichen Material, eine Brieftasche aus synthetischem Material von Donna Karan, eine sehr moderne, transparente grüne Plastikuhr aus Dänemark und ein Rucksack von Milky Way. Inspiration kann eben von überall kommen.“2
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Sei einzigartig!
2. Sei einzigartig! Am interessantesten ist die Innenseite der Außenseiter. Jean Genet, französischer Schriftsteller
Eine Sonderposition suchen Es ist oft schon schwierig genug, mit den Innovationen der Branche mitzuhalten, geschweige denn zusätzlich auch noch herausragende Marktleistungen zu erbringen. Vor allem aber die Einzigartigkeit bekommt die gewollte Aufmerksamkeit, um dem Overkill des Normalen zu entrinnen: Die Ersten, Größten, Schnellsten, Kleinsten, Besten und Ausgefallensten … kennt man. Sie gehören vielfach zu den Ikonen des Business. Denken Sie an folgende Marken: Brabus (Mercedes-Tuner), Logitec, Zara (Inditex), Swatch, Rolex oder North Face (Expeditionsausrüster). Spitzenpositionen erringen! Wie heißt der erfolgreichste Rennfahrer der Formel-1 der letzten Jahre? Selbst wenn Sie ein Fan schneller Autorennen sind, werden Sie kaum in der Lage sein, die Top Ten der Rangliste aufzuzählen. Wo befindet sich der weltweit höchste Berg? Der Mount Everest liegt in China bzw. Nepal. Wo befinden sich die zweit- und dritthöchsten der Gipfel? Welche Limonade wird weltweit am meisten getrunken? Coca-Cola. Welches sind die zweit- bzw. dritthäufigsten Limo-Getränke? Wie heißt der gefährlichste Terrorist? Osama Bin Laden kennen alle. Aber dann? Wie heißt die Nummer zwei und drei? Die hinteren Ränge verblassen. Wir orientieren und an „Leadern“.
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Positionierung
Oft hört man: „Wir sind viel zu klein“ oder „Wir haben keine Marktmacht“ oder „Das ist nur etwas für die ganz Großen!“ Doch dem ist nicht so. Ist Rolex etwa die größte Schweizer Uhrenmarke? Ist Apple etwa der größte Computerproduzent? Schauen Sie sich mal in Ihrer Umgebung, wo Sie wohnen oder arbeiten, um: Wie heißt das beste Restaurant in Ihrer Region? Wodurch ist es einzigartig? Wer ist der beste Bäcker? Warum gerade er? Welches ist der attraktivste Fitness-Club? Was zeichnet ihn aus? Welches ist das meist besuchte Möbelgeschäft? Wieso wohl? Welches ist der „In“-Friseur? Wieso? Welches ist die beste Universität oder Fachhochschule? Woran liegt es? Genauso können auch Sie das beste Unternehmen in dem von Ihnen definierten Segment werden! Eine Führungsposition kann grundsätzlich jedes Unternehmen in jeder Branche erringen! Niemand schafft es, überall und in jedem Gebiet eine Top-Position zu erringen. Kreativität, Innovation und Realisierungskraft sind die Ingredienzen dafür. Wer es nicht versteht, sich vom Durchschnittlichen abzuheben, wird im Einheitsbrei der Angebote ein Mauerblümchendasein fristen. Unternehmen oder Produkte, die nicht im wahrsten Sinne des Wortes „herausragend“ sind, kennt man kaum. Sie gehören „zu den Restlichen“.
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Sei einzigartig!
Impuls: Werde besonders! Werde die Nummer Eins! Die Top-Position zu erringen ist nicht einfach und kurzfristig vielfach sogar auch nicht realisierbar. Die Nummer eins kann man aber auch werden, indem man zum Beispiel den Markt teilt bzw. die Wettbewerbsarena so definiert, dass man in der Nische höhere Chancen hat, zum führenden Unternehmen zu avancieren. Werde „außer-gewöhnlich“! Der Begriff „außer-gewöhnlich“ sagt es treffend: Nicht wie die anderen sein. Diese Positionierung ist einfacher machbar. Sie fußt auf Imagination, Kreativität, Unkonventionalität und Innovationskraft.
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Positionierung
3. Sei das Original! Mein Erfolgsrezept? Ich heiße nicht nur Schmidt, ich sehe auch so aus. Harald Schmidt deutscher Kabarettist und Talkmaster
Chiquita oder Bananen? Bananen gibt es viele, aber nur eine einzige ist das Original. Chiquita hat es erreicht, ein von der Natur geschaffenes Produkt als firmeneigenes Original im Markt zu positionieren. Eine Meisterleistung! Nur eine Chiquita ist eine wirklich „echte“ Banane, alle anderen Bananen sind daneben eigentlich nur bloße „Kopien“. Wie steht es mit dem besten deutschen Talkmastern im Vergleich: Harald Schmidt und Anke Engelke. Wer ist Original? Wer ist Kopie? Im TV-Format „Ladykracher“ ist Anke Engelke das Original und wirklich originell. Im Late-Night-Format des Harald Schmidt verkommt sie zu „seiner Kopie“. Sie wird das Original nie erreichen können. Was heißt eigentlich „original“? Echt, eigen, geistreich, geistvoll, ursprünglich, gestalterisch, kreativ, originell, primär, einzigartig, schöpferisch, erfinderisch, eigen, eine besondere Leistung etc.; im Unterschied zu: Kopie, Reproduktion, Blaupause, Nachahmung, Mitläufer, Fälschung, Täuschung, Abbild. Unternehmen oder Produkte, die als Originale auftreten, sind der Maßstab für die Kunden und Konkurrenz. Sie haben einen Fanclub und werden von der Konkurrenz kopiert.
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Sei das Original!
Originale oder Ikonen Kennen Sie … … das Original-Motorrad? – Harley-Davidson3, was sonst! … den Original-Sportwagen? – Ferrari4 in roter Lackierung natürlich! … den Maßstab in der Analogfotografie? – Leica!5 … den Original-Geländewagen? – Landrover6 ist die Ikone. … den Original-Walkman? – Sony!7 … die Original-Limonade? – Coca-Cola!8 … die Original-Jeans? – 501 von Levi’s!9 … den Original-Hamburger? – BigMac von McDonald’s!10 Ein Original wirkt einzigartig, authentisch, echt, ursprünglich, wahr, vorbildlich, archetypisch, avantgardistisch, neu oder innovativ. Originale heben sich von der Angebotsmasse der „grauen Mäuse“ ab. Sie haben Profil. Original-Produkte wirken nicht beliebig, nicht wie all die anderen, nicht kopiert – sie sind daher unverwechselbar. In den heute so anspruchsvollen Märkten, in denen viele ähnlich gute Produkte um die Gunst der Kunden buhlen, führt das Anbieten eines weiteren „guten“ Produktes kaum mehr zum Erfolg. Originale kennt man. Originale sucht man. Originale kauft man. Originalen vertraut man.
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Positionierung
Impuls: „Kopien haben es schwerer!“ Positionieren Sie Ihre Angebote möglichst als Originale und treten Sie aus dem Einheitsbrei der Me Too-Anbieter heraus. Würde man Ihr Unternehmen, Ihre Produkte oder Marken vermissen, wenn sie nicht existierten? Warum kaufen Kunden überhaupt bei Ihnen? Worin liegt Ihre Besonderheit (Produkt, Service, After Sales, Verpackung, Kundenansprache etc.)? Warum soll der Kunde Ihr Angebot wählen und nicht das des anderen Wettbewerbers? Wofür steht Ihr Unternehmen? Wofür Ihre Angebote? Wofür stehen die Mitarbeiter? Wie werden Sie zum Original? Was gibt es nur bei Ihnen?
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Vorsicht vor Benchmarking und Best Practice!
4. Vorsicht vor Benchmarking und Best Practice! Déjà-vu Haben Sie schon mal nach diesem Begriff gesucht?
Nachmachen heißt nachziehen Die Managementmethoden „Benchmarking“ und „Best Practice“ liegen im Trend und gehören heute zur aktuellen Managementpraxis. Benchmarking misst die eigene Performance an den Leistungskriterien der Konkurrenten. Der Beurteilungsmaßstab für das eigene Tun liegt beim Benchmarking außerhalb des eigenen Unternehmens, dies ist auch gut so. Damit lassen sich die eigenen Leistungen objektiver und in einem kompetitiven Licht bewerten. Im Hyper-Wettbewerb kann man sich ja nicht nur mit dem eigenen Fortschritt zufrieden geben, sondern man muss auch die eigene Positionierung in der Wettbewerbsarena kennen. Der Best-Practice-Ansatz ist umfassender. Hier werden Verfahren, Methoden, Organisationsformen oder Arbeitsweisen jeweils nur von Spitzenunternehmen (den besten der Branche) studiert und dann auf die eigene Geschäftssituation transferiert. Unternehmen suchen so nach Musterlösungen bei Dritten, die mit ähnlichen Problemstellungen konfrontiert waren. Auch hier werden die Mitbewerber zur Richtschnur für den eigenen Fortschritt.
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Positionierung
Nutze Benchmarking und Best Practice mit Vorsicht Benchmarking Prozess der Selbstverbesserung durch Vergleichen der eigenen Performance mit den Leistungskennziffern der Branchenführer Best Practice Übertragen exzellenter Leistungen und Verfahren anderer Unternehmen auf das eigene Business Vergiss nie: Beides ist nur eine Lernstrategie!
Mittelmaß als Programm? Diese beiden Managementpraktiken sind leistungsfähig, haben aber ihre klaren Grenzen. Beide zeigen immer nur, wo sich der „historische Status quo“ befindet. Unternehmen, die man als Vorlage wählt, haben diesen Status quo aber bereits erreicht; sie haben die Problemstellung gelöst und setzen schon zum nächsten Sprung an, während man sich selber erst anschickt, nachzuziehen. Benchmarking und Best-Practice-Strategien verstärken die Tendenz zur Ähnlichkeit innerhalb der Branche. Beide Praktiken sind eine wesentliche Ursache für den „Overkill des Normalen“. Durch sie neigt man zu ähnlichen Lösungen, ähnlichen Produkten, ähnlichen Dienstleistungen, ähnlichen Verpackungen, ähnlichen Qualitäten, ähnlichen Prozessen und ähnlichen Preisstrukturen. Zu wissen, was woanders läuft, gehört zum Grundhandwerk jedes Geschäfts, genauso wie Fachkompetenz. Es steht außer Frage, dass Unternehmen gegenseitig viel voneinander lernen können. Man lernt, wie man etwas machen kann, aber auch, wie man etwas nicht machen sollte. Dies darf aber nicht zum Programm erhoben werden. 140
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Zergliedere Märkte!
5. Zergliedere Märkte! Die Zukunft gehört denen, die Chancen erkennen, bevor sie offenkundig werden. John Scully ehemaliger CEO von Pepsi und Apple Inc.
Märkte zerfallen Märkte bilden im Laufe ihrer Entwicklung zunehmend spezifischere Subsegmente. Reifere Märkte sind daher in den meisten Fällen komplexer und differenzierter als junge Märkte. Markt Splitting: 1979 im Vergleich zu 199011 1979
1990
160
340
PC-Modelle
0
340
Software-Programme
0
> 250 000
Websites
0
> 5 Millionen
11 261
18 202
140
260
Schmerzmittel (Hausbedarf)
17
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Levi’s Jeans-Varianten
41
70
McDonald’s Angebotspalette
13
43
Frühstücksflocken
Flughäfen Automodelle
Beispiele für dieses Markt Splitting findet man in jeder Branche. Greifen wir den Automobilmarkt heraus: In seinen Anfängen um die Jahrhundertwende gab es nur die Limousine als einzigen Fahrzeugtyp. Der heutige Automarkt präsentiert sich dagegen weitaus differenzierter mit vielen Variationen desselben Themas:
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Positionierung
Ausdifferenzierung von Fahrzeugtypen Limousinen
Compacts
Sub-Compacts
Kleinstwagen
Minis
Coupés
Cabrios
SUVs
Geländewagen (Cross Country) Vans Sportwagen
LKW
Transporter
Pick-ups
Busse
Kleinbusse
Wohnmobile
Crossover
Freizeit-Mobile
Fun-Mobile
Elektromobile
Hybridfahrzeuge
Spezialfahrzeuge zum Beispiel für Jagd, Rettung, Militär Dieses Markt Splitting findet sich auch im Computermarkt wieder, aber (noch) weit weniger differenziert: Mainframes Mini-Computers Laptops/Notebooks PCs/Desktops Pen-Computers Tablet-Computer (Flachbildschirm-Rechner) Palmtops oder Handhelds Wieso zerfallen Märkte in Segmente? Neue Marktsegmente bieten neue Chancen. Die Identifizierung neuer Marktsegmente gibt dem 142
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Zergliedere Märkte!
Unternehmen von neuem die Gelegenheit, Kunden durch ein spezifischeres Angebot, das einen höheren Nutzen stiftet, zu gewinnen. Märkte zerfallen also nicht von selber, sondern durch den innovativen Drive der Unternehmen! In neuen Marktsegmenten kann das federführende Unternehmen (zumindest teilweise) die Regeln aktiv mitgestalten. Durch das Ausweichen bzw. durch das Schaffen einer veränderten Wettbewerbsarena können die Bedingungen für den Geschäftserfolg beeinflusst werden. So kann man in einem kleineren, dafür aber spezialisierten Marktsegment bedeutend rascher zu einem wichtigen „Market Player“ werden. In größeren, umfassend definierten Märkten verliert man hingegen rasch an Präsenz und Profil. Alle Angebote auf dem Markt tendieren eher zur grauen Mitte. Jedes Segment eines Marktes funktioniert nach seinen eigenen Spielregeln. Daher ist es wichtig, sich strategisch intensiv mit der Frage zu befassen, in welcher Wettbewerbsarena Sie Ihr Business positionieren wollen. Die Antwort bestimmt die grundsätzliche Aufstellung im Wettbewerb. Unternehmen haben es somit in der Hand, das Aufsplitten des Marktes selbst zu provozieren. Dies war und ist die Kernstrategie vieler erfolgreicher Unternehmen. Denken Sie an Body Shop, Fielmann, Cirque du Soleil, Dyson, Gatorade, Suunto, Red Bull oder viele andere. Markt Splitting findet nicht statt, um den Wettbewerbern ein Schnippchen zu schlagen, sondern um dem Kunden näher zu kommen und um die Angebotsvorteile für den Kunden auf innovative Art zu erhöhen. Das Ziel muss die Schaffung von Angebotsvorteilen sein!
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Positionierung
Beispiel: Der dritte Porsche: der Cayenne Porsche ist einer der führenden Hersteller exklusiver Sportwagen mit langer Tradition. Mit dem neuen Geländewagen Cayenne, dem dritten Porsche neben Boxster und 911, tritt das Unternehmen in eine neue Wettbewerbsarena. Musste sich ein Porsche bisher mit einem Landrover oder Jeep in Bezug auf Watttiefe, Böschungs- oder Neigungswinkel messen lassen? Sicher nicht! Porsche haben diese Themen gar nicht interessiert. Sportwagen folgen ganz anderen Spezifikationen. Sport- und Geländewagen passen eigentlich gar nicht zusammen: schlank und elegant die einen, wuchtig und klobig die anderen. Doch mit dem dritten Porsche ändert sich dies. Porsche kopiert aber nicht, sondern definiert eine Wettbewerbsarena, die ihr Vorteile bringt: Sportwagen-Tradition gekoppelt mit dem boomenden Marktsegment der Geländewagen. Hier kann sich das Unternehmen prominenter positionieren. Der Cayenne bietet Porsche-Eigenschaften mit Zusatznutzen, welche der 911 und der Boxster nicht hatten. Vor allem aus Kundensicht macht der Cayenne Sinn: viel Platz für die ganze Familie großes Kofferraumvolumen für Transporte viele Funktionen eines Geländewagens (Traktion etc.) hohe Sicherheitsstandards hohes Markenimage sportwagenähnliches Fahrverhalten 144
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Zergliedere Märkte!
Der Cayenne verändert auch die Spielregeln des gesamten Marktsegments: Auch die traditionellen Geländewagen müssen sich nun in Bezug auf ihre Straßentauglichkeit, ihr dynamisches Fahrverhalten und ihre Sportlichkeit messen lassen. Es geht interessant weiter: Auf der 2004 Detroit Motor Show hat Landrover seine Version eines 400-PS-Sport-Geländewagens präsentiert: den Landrover Stormer.
Impuls: Zergliedere Marktsegmente aktiv! Wie lassen sich in Ihrem Business die Märkte splitten? Welcher Nutzengewinn steht dabei für die Kunden im Zentrum? Gibt es Technologien, die in absehbarer Zeit ein neues Marktsegment entstehen lassen könnten? Verändern sich die Kundenbedürfnisse, sodass ein neues Marktsegment eröffnet werden könnte?
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Positionierung
6. Höchst gefährdet: Bulkwaren Die meisten Menschen sterben als Kopien, während sie als Originale geboren wurden. Ernst Niebergall deutscher Mundartdichter
Perfektere Märkte Die modernen Shoppingwelten im Konsum- und Businessmarkt funktionieren immer mehr wie ein orientalischer Basar. Die meisten Basare sind nach Branchen strukturiert, sodass man alle gleichartigen Angebote sehr rasch überblicken und vergleichen kann. Auf dem Basar herrscht fast vollkommene Transparenz in den Fragen: „Wer sind die Anbieter?“ und „Was wird zu welchen Konditionen angeboten?“ In der Neuen Normalität ist die Markttransparenz durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien deutlich gestiegen. Je höher die Transparenz und je ähnlicher die Angebote sind, umso zentraler werden Preise und Konditionen für die Kaufentscheidung. Das Feilschen bietet sich mit den neuen Technologien für den Käufer direkt wieder an. So sind die Preise eigentlich immer nur für eine bestimmte Situation und eine konkrete Konstellation gültig. Preise bekommen immer mehr den Charakter von Kursen. Preisvergleiche im Internet (eine Auswahl): Preis oder Kurs? www.preisvergleich.de www.toppreise.ch www.geizhals.de www.geizkragen.de www.schnaeppchenjagd.de www.letsdeal.de
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www.preistrend.de www.evendi.de www.preissuchmaschine.de www.spartipps.de www.guenstiger.de …
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Höchst gefährdet: Bulkwaren
Vor allem das Online-Shopping oder die Online-Beschaffung von Teilen oder Komponenten für Unternehmen im World Wide Web konzentriert sich auf den Preiswettbewerb. Die Transparenz und die Einfachheit des direkten Kontakts fördern die Tendenz zum Preis-Floating, da sich Preise verschiedener Anbieter mit der Hilfe von Computern oder Mobilgeräten im Nu abklären lassen. Beispiel: eBay – Auktionen zur Preisfindung Bei einer Auktion verhandelt ein Anbieter mit mehreren interessierten Käufern oder ein Käufer mit vielen Anbietern. Die amerikanische Internet-Auktionsfirma eBay mit Sitz im kalifornischen San José ist eines der weltweit erfolgreichsten Dotcom-Unternehmen. Ende 2002 zählte das Unternehmen 75,3 Millionen registrierte Nutzer, wovon 34,1 Millionen aktive Auktionsteilnehmer waren. Sie alle hoffen, Produkte durch Feilschen günstiger einkaufen zu können. eBay schlägt Waren im Wert von über fünf Milliarden US-$ um. Das Sortiment umfasst Sammlerartikel, Automobile, Büromobiliar, Elektronikgeräte, Computer, Bücher, Uhren, Filme, Musik, Sportartikel und Kleider. Auktionen sind wesentliche Antreiber des Internetgeschäfts im Business-to-Business-Segment. Anbieter von Bulkwaren sind einem besonders harten Wettbewerb ausgesetzt. Bulkwaren sind Stapel- oder Massenware. Dieser etwas veraltete Begriff wird wieder aktuell! Jedes Produkt, das in derselben Ausführung bei unterschiedlichen Anbietern verfügbar ist, kann man als Bulk bezeichnen. Der Begriff wurde (früher) vor allem im Handel mit landwirtschaftlichen Gütern verwendet, wo ganze Ladungen von Stapelgütern wie Weizen, Hafer, Oliven, Schweinen und dergleichen gehandelt www.metropolitan.de
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Positionierung
wurden. Bulkangebote sind nicht-individualisierte „Kistenwaren“ und unterliegen einem gnadenlosen Preiswettbewerb, da Qualitätsunterschiede kaum auftreten bzw. eine Differenzierung kaum machbar ist. Aber auch komplexe Industrie- oder Konsumgüter können zu „Bulkwaren“ werden. Bulk entsteht, sobald mehrere Anbieter dasselbe Produkt offerieren. Dies trifft vor allem im Handel zu. Eine Sony-Handycam ist als Produkt hoch komplex und innovativ. Doch es ist für den Kunden trotzdem „bulkartig“. Jeder Shop, der die Kamera im Sortiment führt, bietet für den Nachfrager ein „identisches Modell“ an. Hat sich der Kunde einmal entschieden, was er genau will, kommt es nur noch darauf an, woher das Produkt am günstigsten und schnellsten beschafft werden kann. Somit gilt: Jedes Angebot, das sich mit analogen Merkmalen auch bei einem anderen Anbieter beschaffen lässt, unterliegt den Gesetzmäßigkeiten von Bulkwaren. Im letzten Schritt des Einkaufs, der eigentlichen Beschaffung, spielen die Produktmerkmale keine entscheidende Rolle mehr. Der Kunde hat sich entschieden. Er weiß, was er will. Nur noch Preise (inklusive Konditionen) und Verfügbarkeiten, bei welchem Anbieter der Abschluss getätigt wird, sind in dieser Phase relevante Entscheidungskriterien. So werden Fahrzeuge, Fernseher, Staubsauger, Bankdienstleistungen, Versicherungspolicen (Deckungen), Designermöbel, Handys, Waschautomaten, Computer oder Software zu Gütern mit Bulkeigenschaften. Und bei Bulkwaren ist der Preisdruck hoch.
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Höchst gefährdet: Bulkwaren
Impuls: Kombiniere Bulk mit Mehrwerten! Wie kann man dem Preiswettbewerb entrinnen? Schwerlich, man kann aber die Effekte etwas abfedern. Folgende Maßnahmen bieten sich an: Kundenservice und Convenience-Angebote schaffen (zum Beispiel Parkplätze in der Innenstadt, Lieferservice) Kundenbindungsmaßnahmen (zum Beispiel Kundenkarten) Kundenbeziehungspflege (zum Beispiel Vernissagen, Sonderangebote für besonders gute Kunden) hoch professionelle Beratung, After-Sales-Betreuung Exklusiv-Angebote (zum Beispiel alleiniger Anbieter in einer bestimmten geographischen Region) Schnüren von Paketen (zum Beispiel Verkauf von Kamera mit Memory-Karten und Objektiven) Verfügbarkeiten (zum Beispiel durch frühzeitigen Einkauf und Verkauf, bevor die Preise purzeln) Sonderaktionen (zum Beispiel durch den Einkauf größerer Mengen zu günstigeren Bedingungen) Zusatzdienstleistungen (zum Beispiel Garantieangebote, Kindergarten-Services)
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Wissen: Auf Talente und Know-how setzen
1. Stärke Stärken! . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Manage nicht den Erfolg! . . . . . . . 155 3. Halte Ausschau nach den neuen Wilden! . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4. Get Brain! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
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1. Stärke Stärken! Die meisten Unternehmen basieren auf zwei falschen Annahmen: 1. Jede Person kann praktisch in jedem Job kompetent werden. 2. Den größten Fortschritt erzielt die Person, wenn sie ihre größten Schwachstellen überwindet. Marcus Buckingham/Donald Clifton Now, Discover Your Strengths
Korrigiere mit großer Vorsicht Buckingham und Clifton, Marktforscher des Gallup-Instituts, haben in verschiedenen global durchgeführten Studien aufgezeigt, was erfolgreiche Unternehmen von weniger erfolgreichen unterscheidet. Ihre Erkenntnisse sind ernüchternd: Die Unternehmenskultur der Erfolgreichen konzentriert sich nicht auf das Ausmerzen von Schwächen und persönlichen Defiziten der Mitarbeiter. Erfolgreiche nutzen die Stärken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und setzen sie am für sie richtigen Job ein. Stärken nutzen und Stärken stärken, heißt deren Devise.1 Das gleiche Prinzip wendet Konzernchef Gerard Kleisterlee bei der Sanierung des niederländischen Technologiekonzerns Philips an. Er setzt auf die Stärken und baut diese aus. Sein Ziel ist es, das Unternehmen aus dem Gigantismus der vergangenen Jahre herauszuführen. „Wir können alles! Wir machen alles!“ glaubte man damals egozentrisch. Nun will Kleisterlee das Philips-Konglomerat zu einem global agilen Unternehmen restrukturieren. Alles was dem Kriterium der Spitzenleistung nicht standhält, wird radikal hinterfragt: Soll diese Leistung in Zukunft überhaupt noch von Philips erbracht werden? Wer könnte sie besser erbringen? Wie könnten wir zusammenarbeiten? Brauchen wir diese Leistung überhaupt? 152
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Stärke Stärken!
Impuls: Verstärke deine Vorteile! Wo liegen die echten Stärken in Ihrem Unternehmen oder Verantwortungsbereich? Wofür hat Ihr Unternehmen wirklich einen hervorragenden Namen? Wie können Sie dies verstärken oder weiter ausbauen? Welche Funktionen sind mittelmäßig? Wie ließen sich diese auslagern? Welche Vorteile bzw. Nachteile ergeben sich daraus? Wie können Sie einen Know-how-Vorsprung vor der Konkurrenz erreichen? Müssen Sie wirklich alles selber erfinden, herstellen, transportieren, lagern, vertreiben oder verkaufen? Gibt es nicht interessante Win-Win-Partnerships? Wie lässt sich die Flexibilität erhöhen und eine vertiefte Kompetenz erreichen? Wie kann ein Verbund von Spitzenleistungen in Ihrem Business konzipiert werden? Als Konsequenz dieser Überlegungen verkauft Kleisterlee ganze Unternehmensteile und konzentriert sich auf die zukunftsträchtigen Kerngeschäfte Unterhaltungselektronik und Medizintechnik, in denen die wirklichen Schlüsselkompetenzen des Unternehmens liegen. Unternehmerische Funktionen, die nicht zu den eigenen Spezialitäten gehören, lassen sich nicht einfach wie Müll entsorgen, da sie ja immer noch gebraucht werden.
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Auf Talente und Know-how setzen
Konzernchef Kleisterlee weiß, dass er diese Strategie der Stärken daher nicht alleine realisieren kann. Strategisches Outsourcing und Partnerschaften mit professionellen und komplementären Partnern sollen mithelfen, das eigene Unternehmen zu dynamisieren. „Wer das stärkste Partnernetz aufbaut, ist längerfristig im Vorteil“, sagt Kleisterlee zum Thema Wettbewerbsvorteile in Kompetenznetzwerken. Philips konzentriert sich auf Design, Forschung, Entwicklung und Branding. Die Partnerschaften unterstützen das Unternehmen in Produktion, Innovation der Komponenten oder im Zugang zu bisher unerreichten Marktsegmenten.2
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Manage nicht den Erfolg!
2. Manage nicht den Erfolg! Es macht keinen Sinn, smarte Mitarbeiter zu suchen und zu fördern, um ihnen dann zu sagen, was sie zu tun und lassen haben. Steve Jobs CEO, Apple Inc.
Erfolg auf Befehl? Innovationsmanagement gehört zu den schwierigsten Disziplinen im Management, da man „innovativ sein“, „kreativ sein“ oder „Erfolg bringen“ nicht anordnen kann. Innovationen sind kaum planbar, sowohl der Prozess der Entdeckung als auch ihr Ausgang sind ungewiss. Nur ein kreatives, zielorientiertes und doch lockeres Arbeitsumfeld kann dies erreichen. So lassen sich die Erfolgsvoraussetzungen planen, steuern, unterstützen und fördern, nicht aber das Resultat des Innovations- und Kreativitätsprozesses selbst. Impuls: Manage die Grundlagen des Erfolges! Welches sind die Erfolgsvoraussetzungen für ein produktives und kreatives Klima für Innovationen? Fördere eine intensive Kommunikationskultur! Herausforderungen und zentrale Projekte müssen auf breiter Basis im Unternehmen diskutiert werden. Arbeite mit Projektteams! Projektarbeit ist die Arbeitsform der Zukunft. In jedem Projekt werden Aufgaben mit starkem Neuerungscharakter bearbeitet. Die Anzahl der Projekte, die in einem Unternehmen in Arbeit stehen, ist ein Indikator für seine Fortschrittsfähigkeit. www.metropolitan.de
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Auf Talente und Know-how setzen Fortsetzung: Impuls: Manage die Grundlagen des Erfolges!
Projekt-Know-how muss breites Basiswissen werden! Wie Projekte zu organisieren, managen und abzuwickeln sind, ist heute Basiswissen für jede Führungs- und Fachkraft. Die Projektarbeitsform wird die leistungsfähigste Organisationsform der Zukunft sein. Sie gestattet es, besonders bedeutungsvolle und noch nicht bekannte Probleme interdisziplinär anzupacken und gemeinsam in Teams und Netzwerken zu lösen. Intensiviere die Kommunikation nach außen! Das Unternehmen und seine Mitarbeiter sollen sich mit der Business-Szene vernetzen. Dies spült eine Fülle von Ideen ins Unternehmen. Diese Vernetzung kann fachbereichsspezifisch erfolgen, aber auch regional, national oder international ihre Fortsetzung finden. Mitarbeiter erfahren so, was im Business läuft, welche Trendlinien sich am Horizont abzeichnen, wie sich die Konkurrenten verhalten oder was Kunden wünschen. Lebe Intrapreneurship! Als Intrapreneur bezeichnet man eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, die sich als Unternehmer im Unternehmen verhalten. Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative werden im Unternehmen gefördert. Fordere Resultate! Eine professionelle Leistungsorientierung verlangt klare Ergebnisse und steuert den Arbeitsprozess mit relativ kurzfristigem Feedback. Dies verkürzt die Lernzyklen aller Beteiligten und erhört die Reaktionsfähigkeit. Lerne und kommuniziere die Erkenntnisse weiter! Das Unternehmen versteht sich als lernendes Unternehmen. Training und Weiterbildung werden nicht als Kosten156
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Manage nicht den Erfolg! Fortsetzung: Impuls: Manage die Grundlagen des Erfolges!
faktor interpretiert, sondern viel eher als Investition in die Zukunftssicherung. Aber auch diese Investition muss einen Return on Investment bringen! Etabliere ein Trend-Monitoring! Trend-Monitoring und Know-how-Transfer finden auf breiter Basis statt. Das Wissen über die Veränderungen im Business, Aktionen von Wettbewerbern oder Wünsche der Kunden werden periodisch und systematisch nach innen kommuniziert. Alle Mitarbeiter wissen stets, vor welchen Herausforderungen das Unternehmen steht. Lass Experimente zu! Guten, erfolgversprechenden, neuen und attraktiv erscheinenden Ideen sind Budgets und Kapazitäten zuzuordnen. Zeit und Geld müssen bereitgestellt werden, damit überhaupt Aktionen zustande kommen.
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Auf Talente und Know-how setzen
3. Halte Ausschau nach den neuen Wilden! Sie können sicher sein: Ihre gefährlichsten Konkurrenten werden nicht aus Ihrer Branche kommen. Wolfgang Grulke Management-Berater, Südafrika
Revoluzzer, Außenseiter, Radikale und andere Wilde Revolutionäre Businesskonzepte werden oft von Neulingen oder Außenseitern entworfen. Sie denken frisch, unkonventionell und halten sich an keine Usancen, da sie diese meist nicht einmal kennen. Außenseiter brechen den Overkill des Normalen. Denken Sie an eBay, IKEA, Kamps, Alessi, Land’s End, Smart, Zara, Logitec, Benneton und viele andere, die ihre jeweilige Branche aufwühlten: Beispiel: Amazon.com Steve Bezos revolutionierte das Büchergeschäft im Internetzeitalter mit Amazon. Warum war es nicht Hugendubel in Deutschland, Waterstone in Großbritannien, Orell Füssli in der Schweiz, Barnes & Nobel in den USA oder wie die großen traditionellen Bücherhäuser alle heißen? McDonald’s McDonald’s revolutionierte die Art und Weise, in Restaurants zu essen. Ray Kroc, der Begründer der weltweiten McDonald’s-Erfolgsstory, war Verkäufer und vertrieb Shaker und Mixer. Er führte weder je ein Restaurant noch arbeitete er als Kellner oder Koch. 158
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Halte Ausschau nach den neuen Wilden!
Virgin Virgin Airline mischte das Fluggeschäft auf. Der Engländer Richard Branson veröffentlichte in seiner Jugend mit durchschlagendem Erfolg eine Studentenzeitschrift, dann vertrieb er unter dem Label Virgin Records Platten. Mit Flugzeugen hatte er wenig am Hut. Da Richard Branson nie im Airline-Business arbeitete, dachte er auch nie wie ein klassischer Airline-Manager und brach damit die gängigen Regeln des „Business, wie man es eben so macht“. Club Med Der Weltklasse-Schwimmer und Wasser-Polo-Champion Gerard Blitz eröffnete 1950 den ersten Club Mediterranée als Non-Profit-Verein für seine Freunde und Bekannten. Das erste Dorf, ein Zeltlager, errichtete er auf einer Balearen-Insel. Er bot zu günstigen Konditionen alle Wassersportarten zum ausgiebigen Probieren in Form eines ungezwungenen Feriencamps an.
Body Shop: Anders denken – anders handeln Anita Roddick startete als Newcomer in einer heiß umkämpften Branche. Als „Fremdling“ denkt sie „quer“ und erfand mit ihrem Body Shop-Konzept das Beauty-Business mit großem Erfolg „neu“. Einige Beispiele ihrer Neuerungen: Werbung und Identifikation In keiner Kampagne werden aufgetakelte Supermodels eingesetzt, sondern immer nur Menschen wie „du und ich“. Das Unternehmen identifiziert sich mit seinen Kunden und will ihnen nichts vormachen.
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Auf Talente und Know-how setzen Fortsetzung: Body Shop: Anders denken – anders handeln
Soziales Engagement statt Beauty-Themen Body Shop engagiert sich für die Produzenten der Rohstoffe in den Drittweltländern und unterstützt Aktionen gegen die Folter. Auch der Schutz der Rechte der Frauen in entlegenen Gegenden ist ein Anliegen des Unternehmens. Mit diesen Themen profiliert sich Body Shop, anstatt das abgegriffene Thema „schön, schöner, am schönsten“ einzusetzen. Unternehmertum Body Shops sind Franchising-Shops. Die Eigenverantwortlichkeit und Dynamik der Unternehmer ist ein Vorteil gegenüber dem traditionellen Vertrieb über Apotheken, Drogerien oder Kaufhäuser. Unternehmer denken und handeln wie Body Shop. Produktgestaltung Es werden möglichst Naturstoffe eingesetzt. Auf chemische oder pharmazeutische Formeln wird verzichtet. Die Kosmetika werden nicht in teuren Hochglanzverpackungen angeboten, sondern in einfachen Behältnissen ohne Schnickschnack. Dies differenziert, senkt Kosten und stärkt die Margen.
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Halte Ausschau nach den neuen Wilden!
Impuls: Studiere die Businessregeln der Außenseiter! Beachten Sie in Ihrem Business die kleinen, innovativen Unternehmen, die mit großem Erfolg in die Zukunft unterwegs sind. Greifen Sie auch unkonventionelle Lösungen auf und überlegen Sie sich den Transfer in Ihre Geschäftswelt. Beobachten Sie aufmerksam, wie sich die Businesslandschaft in anderen, Ihnen fremden Wirtschaftszweigen verändert! Nehmen Sie nicht immer nur die Großen und Bekannten zum Vorbild! Beobachten Sie, wie sich das Business in fremden Ländern und Märkten wandelt! Identifizieren Sie Erfolgsunternehmen in anderen Wirtschaftszweigen und verfolgen Sie deren „strategischen Konzepte“! Erforschen Sie Newcomer und fragen Sie sich, warum sie so erfolgreich sind oder wieso sie scheitern! Fokussieren Sie nicht so sehr auf neue Produkte, sondern mehr auf innovative Veränderungen in den Businessmodellen, da dieses für sie deutlich gefährlicher werden können! Außenseiter beleben den Wettbewerb. Wann waren Sie das letzte Mal ein Außenseiter für Dritte?
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Auf Talente und Know-how setzen
4. Get Brain! Das 20. Jahrhundert wird in die Geschichte als die Ära der Maschine eingehen. Ich glaube, das 21. Jahrhundert könnte in die Geschichte als das Jahrhundert des Menschen eingehen. Es ist das Zeitalter, in dem die Brainpower unser wichtigstes Kapital darstellt. Brainpower ist im globalen Informationszeitalter das, was das Öl im Maschinenzeitalter war. Rosabeth Moss Kanter Professorin für Strategie und Management Harvard Business School
Das globale Braingame – der Wettbewerb der Smarten Der Erfolg eines Unternehmens basiert immer weniger nur auf seinen Produkten als vielmehr dem genutzten Know-how. Unternehmen verkaufen immer weniger bloße Produkte, sondern umfassende Angebotskonzepte. Hierzu gehören Vorleistungen, Beratung, Betreuung, After Sales, Updates, Upgrades, Anschlussprodukte, Produktsysteme und vieles mehr. Die Geschäftsmodelle sind daher das Kampfobjekt im Hyper-Wettbewerb. Dieser entwickelt sich zu einem Braingame, zu einem „Spiel“ um das cleverste Businessmodell. So gewinnt der Faktor „Brain“ im Unternehmensgeschehen an Bedeutung. Manche sprechen hier sogar von einem War of Talents, einem Kampf um die besseren Talente. Die unternehmerische Brainware ist aktiv zu managen. In Zeiten des schnellen Wandels wird aus Darwins Gesetz „Survival of the Fittest“ ein „Survival of the Smartest“. Erfolgreiche Unternehmen nutzen die Innovationskraft ihrer Mitarbeiter als strategischen Vorteil zur Steigerung des Kundennutzens, zur Steigerung von Effizienz und Wachstum. Peter Drucker, der Doyen unter den Management-Denkern, bemerkt in seinem Werk „Management im 21. Jahrhundert“: „Der wichtigste Beitrag des 162
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Get Brain!
Managements im 20. Jahrhundert war die 50-fache Steigerung der Produktivität des Industriearbeiters. Nun steht die Produktivität der Wissensarbeit als Nächstes an. Aus Mitarbeitern müssen Wissensarbeiter werden.“ Das Wissensmanagement soll dabei helfen, systematisch Wissenslücken zu erkennen bzw. vorhandenes Wissen mit offenen Fragestellungen zu verknüpfen. Impuls: Bauen Sie auf Lernen und Talente! Nutzen Sie verschiedene Informationsquellen zum Verständnis des aktuellen Businessgeschehens: – – – – – – –
Mitarbeiter Kunden Lieferanten Kongresse, Symposien Internet Datenbanken Fachzeitschriften
Etablieren Sie Trainings zur Steigerung der persönlichen Kompetenzen auf breiter Basis: – – – – – – – – – –
Kommunikationstraining Präsentationstraining Visualisierungstechniken Teambildungstraining Kreativitätstraining Lerntechniken Innovationstraining Moderationstraining Verhandlungstraining Selbst- und Zeitmanagement-Trainings
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Auf Talente und Know-how setzen Fortsetzung: Impuls: Bauen Sie auf Lernen und Talente!
Verändern Sie die Idee des Jobs (Jobs sind eher als Aufgabenpakete und weniger als feste organisatorische Stellen zu begreifen!): – Job Rotation (Stellenwechsel) – Job Enlargement (Zusatzaufgaben) – Job Enrichment (Abwechslungen im Job) – Projektmanagement – Austauschprogramme mit Partnerfirmen – Mitarbeiter-Pools3 Nutzen Sie Techniken aus dem Wissensmanagement: – Gelbe Seiten: Betriebliche Verzeichnisse, die aufzeigen, wer welchen Background hat, wer welche Projekte realisiert hat, wer welche Erfahrungen hat und wer welche Unterstützung bieten kann. – Blaue Seiten: Betriebliche Verzeichnisse von externen Leistungsträgern (Personen, Organisationen) und ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten, die genutzt werden können. – Sammlungen von Kernerfahrungen (Lessons Learned): Abschluss von Projekten und Aufgaben, bei denen im Sinne einer Manöverkritik die Erkenntnisse für zukünftige Arbeiten festgehalten werden. – Mind-Maps: Visualisierungen von komplexeren Zusammenhängen zur Transparenz von Wissensstrukturen. – Etablierung eines Wissensbrokers, der Research-Aufgaben für Linienstellen erfüllt. – Etablierung von Think Tanks, d.h. von Teams, die Informationen zu bestimmten Fragestellungen vertieft aufarbeiten. – Nutzung von Groupware, d.h. von Software zur Intensivierung der Zusammenarbeit im Unternehmen und zwischen Partnerfirmen. Wandeln Sie das Personalwesen in ein aktiv handelndes Human Resource Management. 164
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Vernetzung: Kompetenzen bündeln
1. Verkaufe deine Schwächen! . . . . . . 166 2. Geh’ auf Partnersuche! . . . . . . . . . 168 3. Drum prüfe, wer sich bindet . . . . . . 171
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1. Verkaufe deine Schwächen! Der Mensch erkennt seine Schwächen oft so wenig wie der Ochse seine Stärke. Chinesisches Sprichwort
Überall Spitze? In der Neuen Normalität gewinnt derjenige, der Spitzenleistungen erbringt. Doch diese Spitzenleistungen müssen nicht alle selber entwickelt, hergestellt oder vertrieben werden. Grundsätzlich gilt, dass alles, was nicht zu den Kernkompetenzen gehört, auch ausgelagert werden kann.1 Braucht ein Spitzenhotel eine eigene Wäscherei? Braucht ein Spital eine eigene Küche? Macht es Sinn, dass das Mitarbeiterrestaurant vom Unternehmen selbst betrieben wird? Gehören die Haustechnologie-Dienste (Heizung, Klima, Reinigung etc.) zu den Kernkompetenzen einer Versicherung? Hier gibt es jeweils Drittunternehmen, welche diese Leistungen professioneller erbringen. Welche Vorteile kann eine Auslagerung der eigenen „Schwächen“ bringen? Management und Mitarbeiter gewinnen Zeit und Kapazitäten, sich auf die eigenen Kernkompetenzen und Werttreiber zu konzentrieren.
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Verkaufe deine Schwächen!
Die eigenen Kostenstrukturen müssen sich reduzieren, da der Dritte mit höherer Effizienz das ausgelagerte Geschäft betreiben sollte. Finanzielle Mittel werden freigesetzt, welche man in andere Bereiche umlagern kann. Impuls: Alles notwendig? Auf welche „Schwächen“ könnten Sie verzichten? Sind wirklich alle Tätigkeiten oder Funktionen für den Erfolg des Unternehmens notwendig? Warum müssen wir …? Stellen Sie immer wieder mal die Sinnfrage! Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die gesamte Wertschöpfungskette? Wer könnte sie übernehmen?
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Kompetenzen bündeln
2. Geh’ auf Partnersuche! Ich möchte bei den Ersten sein. Nein, eigentlich möchte ich schon dort sein, bevor es losgeht. Kerry Packer Gründer und Chairman, Medien Magnat PBL Publishing and Broadcasting Ltd., Australien
Kooperation oder Kompetition Partnerschaften können die eigene Marktstellung stärken. Konkurrenten stehen oft in Teilbereichen vor denselben Herausforderungen. Daher kann es durchaus Sinn machen, bestimmte Aufgaben gemeinsam anzupacken. Mit Konkurrenten in eine Kooperation treten lässt eine „Koopetition“ (Kompetition + Kooperation) entstehen. So bilden Unternehmen in der Neuen Normalität symbiotische Netze, bei denen die Teilnehmer voneinander profitieren. Diese durch die Vernetzung der Wertschöpfungsketten entstehenden Business-Ökosysteme müssen für alle Beteiligten eine Win-WinSituation schaffen. Die einzelnen Unternehmen ergänzen sich dabei in ihren Leistungen und Funktionen, sie sind sich gegenseitig Komplement des eigenen Angebots. Akteure im Wettbewerb haben somit nicht immer feste Rollen. Sie können mal Konkurrent, mal „Komplementator“ sein – mal Wettbewerber, mal Partner.2 Doch derartige Allianzen stehen oft auch unter einem Zeitdruck. Sind einmal Allianzen gebildet, wird es für diejenigen, die noch keine Partner gefunden haben, immer schwieriger, sich zu positionieren. Schnappen Sie sich rechtzeitig den Best-in-Class-Partner! Wer zu spät kommt, bleibt übrig.
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Geh’ auf Partnersuche!
Beispiel: Airline Allianzen: im Verdrängungswettbewerb nicht alleine Der globale Wettbewerb in der kommerziellen Luftfahrt wird in den strategischen Allianzen entschieden. Wer keinen Partner findet und außen vor bleibt, verliert. Air France, KLM und Alitalia bündeln ihre Kräfte in der Skyteam-Gruppe, zu der bereits Northwest und Continental gehören. Skyteam wird damit Oneworld (British Airways, Air Lingus, American Airlines, Quantas, Iberia, Cathay Pacific, Finnair, LanChile etc.) als weltweit größter Verbund ablösen. Die Star Alliance (Lufthansa, US Air, Air Canada, Air New Zealand, Nippon, Mexicana, Thai, Varig etc.) rutscht dann auf Platz drei. Durch die Allianzen öffnen die Partnerunternehmen sich gegenseitig ihre Streckennetze, koordinieren Timeslots (Landerechte) und stimmen Luftbewegungen aufeinander ab. Durch die gemeinsame Nutzung von Flugnummern (Code Sharing) kanalisieren sie ihre eigenen Kundenbewegungen zu Kundenströmen in der Allianz. Sie verhindern so weitgehend ein Umsteigen auf die Konkurrenz. Die eigene Wettbewerbsstellung wird gegenseitig verstärkt. So bedient beispielsweise die Oneworld-Allianz 570 Flugziele mit knapp 2000 Flugzeugen in 136 Ländern. Täglich starten Flugzeuge der Gruppe etwa 8 500-mal in den Himmel und befördern 227 Millionen Passagiere jährlich. Derartige Allianzen gelten oft als Vorstufe für Zusammenschlüsse. Experten gehen davon aus, dass längerfristig in Europa nur drei große Luftfahrtlinien bestehen können: British Airways, Air France und Lufthansa.3
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Kompetenzen bündeln
Impuls: Gemeinsam erfolgreich! Welche Konkurrenten könnten zur Stärkung Ihrer eigenen Wettbewerbsposition Win-Win-Partner sein? Welche Partnerschaften könnten Ihnen von den Konkurrenten „weggeschnappt“ werden? Welche Partnerschaften müssen Sie für die eigenen Aktivitäten sichern, bevor sie die Konkurrenz für sich sichert?
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Drum prüfe, wer sich bindet
3. Drum prüfe, wer sich bindet Interessante Selbstgespräche setzen einen klugen Gesprächspartner voraus. Herbert George Wells britischer Schriftsteller
Partnerprofile Kompetenznetzwerke und Outsourcing haben aber auch ihre Risiken. Sie machen abhängig. Die einmal ausgelagerten Teile lassen sich kaum mehr zurückholen oder an andere Dritte übertragen. Drum prüfe, wer sich bindet! Fehlentscheidungen können strategische Konsequenzen zur Folge haben. Unternehmensfunktionen, die man in die Hände Dritter legt, sind auch in Bezug auf das dafür benötigte Know-how weg. Damit fehlen die Lernprozesse für Weiterentwicklungen und Innovationen. Partnerschaften sind daher für alle Beteiligten von Anfang an möglichst als Lernnetzwerke zu gestalten. In der Wissensökonomie kann der Verlust an Know-how im Wettbewerb existenziell werden. Oder anders ausgedrückt: In der Neuen Normalität spielt man um die Führerschaft in den Kernkompetenzen. Beispiel: Outsourcing im IT-Banking Die Deutsche Bank lagert in einem Großprojekt ihre gesamte Informationstechnologie (IT) an ein externes Unternehmen aus. IBM hat den 2,5 Milliarden EUR schweren Deal an Land gezogen und übernimmt dafür in den kommenden zehn Jahren Rechenzentrum, Netzwerke, Software und Wartung. Die Deutsche Bank will damit einen dreistelligen Millionenbetrag in einem Bereich einsparen, der nicht zum Herzstück des Bankgeschäfts gehört. Nicht zu übersehen sind bei einem derartigen Deal die Risiken. Hiermit sind nicht die vertrags-, termin- und verfügbarkeitswww.metropolitan.de
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Kompetenzen bündeln
relevanten oder sicherheitstechnischen Problemfelder angesprochen – dies lässt sich in Vereinbarungen bezüglich der Dienstleistungspakete regeln. Zentral für die längerfristige Unternehmensentwicklung sind die strategischen Implikationen eines derartigen Geschäfts. IT treibt auch das Banking-Business selbst vorwärts. Die IT bestimmt heute auch ganz entscheidend die Machbarkeit von Strategien mit. Das Know-how darf keinesfalls komplett abfließen. Die Strategie der Deutschen Bank ist es daher, sich an den wichtigen Auslagerungspartnern zu beteiligen und in der Partnerschaft eine aktive Rolle zu übernehmen. Damit wird deutlich, dass Outsourcing längst mehr geworden ist als bloße Kostenreduzierung. Outsourcing treibt die Vernetzung in der Neuen Normalität voran. Erfolgreiche Unternehmen erkennen den strategischen Wert derartiger Drittbeziehungen und suchen diese aktiv. Impuls: Vernetze! Outsourcing oder besser Vernetzung mit anderen komplementären Professionals macht Sinn, wenn Folgendes gegeben ist: Die neue Kostenstruktur über Fremdbeschaffung muss günstiger sein. Eine Mitsprache und Einflussnahme beim OutsourcingPartner muss gegeben sein. Alle Rechte der Entwicklung und Weiterentwicklung müssen dem vergebenden Unternehmen garantiert sein. Lerneffekte sind die Innovationen von morgen. Dieses Knowhow darf man nicht liegen lassen! Der Know-how-Fluss ist zwischen den Unternehmen zu organisieren. Eine Exit-Strategie zur schnellen Auflösung der Partnerschaft sollte von Anfang an vereinbart sein, falls die Zusammenarbeit ineffizient wird. 172
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Agilität: Die Wendigkeit erhöhen
1. Reduce to the Max! Schlank und wendig, auch im Business! . . . . . . 174 2. Billiger! Billiger? . . . . . . . . . . . . . . 176 3. … und nun? Starte durch! . . . . . . . 182
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1. Reduce to the Max! Schlank und wendig, auch im Business! Man muss die Dinge so tief sehen, dass sie einfach werden. Konrad Adenauer deutscher Bundeskanzler
Auf den Trimmer In Zeiten großer Veränderungen ist die Erhaltung der unternehmerischen Agilität ein entscheidendes Thema. Agilität heißt Wendigkeit und ist eine Grundvoraussetzung für eine hohe Anpassungsfähigkeit an eine sich immer weiter verändernde Businesslandschaft. Unternehmen neigen im Laufe ihrer Entwicklung immer wieder zu Fettsucht und Trägheit. Bürokratische Abläufe bekommen eine Eigendynamik, Arbeiten werden zur Routine, Strukturen verkrusten, Ineffizienzen etablieren sich. Das Fett muss weg. Derartige Ineffizienzen müssen von Zeit zu Zeit offen gelegt und abgebaut werden. Nicht die Kostenreduktion steht dabei im Zentrum der Anstrengungen, sondern die Vereinfachung und Professionalisierung der Organisation. „Reduce to the Max“ heißt, dass nur die notwendigen Kapazitäten aufzubauen sind. Haben sie ihre Funktion erfüllt, so sind sie wieder abzubauen. Das Abbauen bringt erfahrungsgemäß die größeren Schwierigkeiten mit sich. Strukturen und Prozesse sollten immer so schlank wie nur möglich gestaltet werden. Unproduktive Strukturen und Prozesse verschwenden nicht nur finanzielle Ressourcen unnötig, sie behindern meist auch noch die interne Abwicklung und stehen Neuerungen im Wege.
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Reduce to the Max!
Damit wird auch klar, dass sich Jobs ändern müssen. Sie sind nicht für die Ewigkeit gegeben. Mitarbeiter müssen in der Neuen Normalität besser verstehen, dass es keine Garantien für bestimmte Arbeiten geben kann. Aufgaben ändern sich, die Zusammensetzung von Teams ändert sich, die Organisationsformen ändern sich, die Zielsetzungen ändern sich, die Nutzung von Technologien ändert sich etc. Doch jede Veränderung bringt neue Chancen und Risiken mit sich. Lern- und Anpassungsbereitschaft an neue Herausforderungen gehören zum Arbeitsverständnis der Neuen Normalität dazu. Impuls: Fitness für das Unternehmen! Offene und direkte Kommunikation durch das Management gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, – dass Strukturen auf- und abgebaut werden, – dass neue Projekte lanciert und aufgelöst werden, – dass sich Aufgaben und Job-Design immer wieder ändern, – dass Arbeitsteams gebildet und umorganisiert werden, – dass es keine Aufgaben-Garantie geben kann, – dass der Wandel mit zum Wesen des Business gehört. Der Faktor Zeit muss ein zentrales Element jeglicher Entscheidungsfindung sein. Keine Aufträge ohne Zeitangaben!
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Die Wendigkeit erhöhen
2. Billiger! Billiger? Alle guten Dinge sind billig; alle schlechten sind teuer. Henry David Thoreau amerikanischer Schriftsteller
Zwischen „billiger werden“ und „billiger sein“ muss unterschieden werden: „Billiger werden“ „Billiger werden“ ist eine unattraktive Strategie. Für die meisten Unternehmen gilt hier wohl: „Nein, lieber kein Preiskampf!“ Die Situation kann im Hyper-Wettbewerb rasch eskalieren und zum Horrorszenario werden: weiter sinkende Preise (oder höherwertige Leistungen), schmelzende Margen, schmerzhafte Restrukturierungen zur Effizienzsteigerung bis hin zu Entlassungen. „Billiger werden“ heißt, einen Preis- und Konditionenwettbewerb zu führen. Fehlen kreative Ideen oder Innovationen oder lassen sie sich nicht rasch genug umsetzen, so ist dies die einzige Alternative, um Zeit zu gewinnen. Eine Zeit lang kann man so mithalten, aber das Zeitfenster muss möglichst rasch wieder geschlossen werden, da diese Strategie die Existenz gefährden kann. Preisnachlässe kosten dem Unternehmen letztlich immer Schubkraft. Man erkauft sich seine Position durch den Verlust an Margen, statt sie durch Innovation oder Differenzierung zu erringen. Jedes Unternehmen verfügt über einen Rotstift, um die Preise rasch anpassen zu können. Mehr braucht man dazu nicht. Innovation und Differenzierung sind da schon komplexer. Preiskämpfe können kurzfristig durchaus in dem einen oder anderen Fall Sinn machen, sie können aber kaum je die Lösung sein. Preisvorteile sind keine Wettbewerbsvorteile, außer, man ist Kostenführer der Branche. 176
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Billiger! Billiger?
„Billiger sein“ „Billiger sein“ hingegen kann ein sehr nachhaltiges Erfolgsrezept sein. Doch dann muss das gesamte Business auf Kosteneffizienz hin radikal getrimmt werden. In erster Linie heißt dies Umdenken. Lean Management klingt einfach, ist aber ein Konzept, das ein radikales Denken und rasches, konsequentes Durchsetzen fordert. Dies heißt: spartanisch führen, vorhandene Ressourcen minimalistisch nutzen, Produktionsanlagen kapazitätstechnisch und organisatorisch optimieren, strenge Kostenkontrolle sowie ein klarer Fokus auf die Zielkunden. Beispiel: BIC: Wie viele BIC-Produkte haben Sie heute schon genutzt? Mehr als 21 Millionen Kunden kaufen weltweit tagtäglich BICKugelschreiber, über vier Millionen BIC-Feuerzeuge und über neun Millionen BIC-Handrasierer! BIC setzt auf Billigstwettbewerb und verhält sich strategisch dementsprechend: einfache Produkte mit Innovationscharakter, radikales Kostenmanagement, hohe Produktionsvolumen gekoppelt mit einer enormen Marketingpower garantieren den Erfolg. Die Produkte sind alle kostengünstig in der Herstellung, haben eine kurze Lebensdauer und werden nach ihrem Gebrauch weggeworfen. Unternehmen, die sich wie BIC auf Discount-Produkte konzentriert haben, verfolgen ihre Billigstrategie mit großem Erfolg. Nur ein bisschen billiger als die Konkurrenz zu sein, reicht nicht aus. BIC ist global tätig und bedient somit einen gigantischen Markt mit hohen Absatzvolumen. Das Unternehmen konzentriert sich auf eine kleine Anzahl sehr attraktiver Marktsegmente: Rasierer, Schreibgeräte, Strümpfe und Feuerzeuge.1 Wer eine nachhaltige Billigposition erringen will, muss sich klar positionieren, d.h. sich mit allen Kräften auf seine Strategie ausrichten und diese auf der ganzen Linie durchziehen. www.metropolitan.de
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Die Wendigkeit erhöhen
Beispiel: Dell: Günstig. Kundennah. Maßgeschneidert. Schnell. Der texanische Computerhersteller Dell setzt konsequent auf Kostenführerschaft. Mit einem globalen Marktanteil von etwa 16 Prozent ist das Unternehmen die Nummer eins im Computer-Business und weiterhin auf Wachstumskurs. Dell verkauft jährlich über vier Millionen kundenspezifisch konfigurierte PC-Systeme. Der Erfolg basiert auf einem für die Branche unkonventionellen Geschäftsmodell: Es orientiert sich an den strategischen Kernideen „günstig“, „kundennah“, „maßgeschneidert“ und „schnell“. Kundenorientierung: Der Kunde bestimmt, wie sein Computer bestückt wird. Gefertigt wird nach Kundenwunsch, sozusagen „nach Maß“. Schnelligkeit: Es ist das Ziel, dass bereits zwei Tage nach Bestellung ausgeliefert wird. Preis/Leistung: Die Computer werden direkt an den Kunden versandt. Der das Endprodukt verteuernde Zwischenhandel wird vollständig ausgeschaltet. Das Geschäftsmodell von Michael Dell wird immer weiter perfektioniert. Keines der anderen global tätigen ComputerUnternehmen arbeitet heute effizienter. Dies macht den Konkurrenten schwer zu schaffen: IBM erzielt seit Jahren unbefriedigende Margen und erwägt immer wieder den Ausstieg aus dem Computer-Business.2 Hewlett-Packard versucht, nach der Fusion mit Compaq die Organisationen zu integrieren, neu auszurichten und eine schlagkräftige Computer-Sparte aufzubauen.3 Währenddessen verfeinert Dell sein Geschäftsmodell und optimiert die Fertigungsprozesse immer weiter. Lagerkosten und 178
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Billiger! Billiger?
Inventarbestände werden gering gehalten und sinkende Kosten der Einbauteile möglichst rasch an die Kunden weitergegeben, um weitere Preisvorteile zu erringen. Der Lagerumschlag von Dell liegt bei etwa vier Tagen, bei Compaq dauerte es 54 Tage, bis ein PC nach der Qualitätskontrolle dem Kunden ausgeliefert wird. In dieser Zeitspanne liegt das System an Lager oder steht auf den Regalen der verschiedenen Vertriebspartner herum. Bei Hewlett-Packard betrug diese Zeitspanne des Lagerumschlags sogar 91 Tage! Doch Dell hat das gesamte Unternehmen von Anfang an um die Kernidee „billiger sein“ aufgebaut: Die Unternehmensstruktur, alle Produktions- und Arbeitsprozesse sind darauf ausgerichtet. Als Zielgruppe wird in erster Linie der lukrative Businessmarkt bedient, in dem leistungsstarke Modelle in größeren Volumen nachgefragt werden.4 Billigstrategie oder Preiswettbewerb sind unglückliche Bezeichnungen. Kunden sind in vielen Bereichen ein relativ hohes Niveau an Service und Qualität gewohnt. Daher ist differenziert zu überlegen, wo denn die Einsparungen herkommen könnten. Entscheidend für den Erfolg ist der Fokus auf den Hyper Value, der vom Kunden wahrgenommenen Wertzuschreibung der Gesamtleistung. Für den Erfolg ist das clevere Businessmodell wichtiger als Preissenkungen. Das Business wird dann clever, wenn es die Kosten/Nutzen-Idee radikal auf alle Unternehmensfunktionen anwendet. Die Billigflieger machen beispielhaft vor, wie sich das gesamte Geschäft auf eine hohe Effizienz trimmen lässt, ohne dabei den Kunden aus den Augen zu verlieren. Billigflieger machen den konventionellen Fluggesellschaften das Geschäft im Hyper-Wettbewerb schwer. Warum sind sie denn billiger? Verzichten sie auf Sicherheit? Wird Service abgeschafft? Nutzen sie veraltetes Fluggerät? www.metropolitan.de
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Die Wendigkeit erhöhen
Nein, in Europa gelten für alle Anbieter einheitliche Standards. Viele technische Einzelheiten wie Wartungsintervalle sind gesetzlich vorgeschrieben. Überraschend ist, dass die Billigflieger meistens über eine relativ junge Flotte verfügen. Gespart wird nicht zu Lasten der Sicherheit! Eingespart wird beim Personal. Weniger Flugbegleiter kümmern sich um das Wohl der Reisenden. Alkoholische Getränke, Essen oder auch Zeitschriften und Magazine werden spartanisch abgegeben. Kissen und Decken, die aufwändig zu reinigen sind, sucht man vergebens. Auch im Vertrieb kann gespart werden, indem die Buchungen via Internet oder Call Center erfolgen. Personalkosten und Reisebürokommissionen lassen sich so senken. Anstelle von Tickets werden Buchungsnummern vergeben, um Material-, Druck- und Versandkosten zu umgehen. Ebenso kann auch die Wahl der Ziele optimiert werden: Regionalflughäfen bieten ihre Services für Start, Landung und Unterhaltsleistungen günstiger an. Auch die Nutzung der Flugzeuge wird intensiviert: Engere Bestuhlung und kürzere Standzeiten sind die Folge. Moderne Preisberechnungssoftware optimiert die Sitzbelegung und Preisfixierung je nach Flugziel und Nachfrage. Durch die Konzentration auf möglichst einen einzigen Flugzeugtyp benötigt man weniger Ausbildung für die Besatzung und spart an Wartungs- und Sicherheitscrews. Das Lean Management schließt selbstverständlich die Administration mit ein. So werden nicht nur die Kosten gesenkt, sondern der Wettbewerb wird über die günstigeren Kostenvoraussetzungen gewonnen. Bessere Kostenstrukturen im Vergleich zur Konkurrenz zu haben bringt auch höhere Freiheiten der Zukunftsgestaltung mit sich.
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Billiger! Billiger?
Impuls: Billiger sein! Welche konkreten strategischen Zielsetzungen verfolgen Sie mit Preissenkungen? Welche Alternativen zur Preissenkung bieten sich? Nutzen Sie diese zuerst! Wie wettbewerbsfähig sind die Kostenstrukturen Ihres Unternehmens im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern? Wie weit können Sie auf der Preissenkungsspirale nach unten mitdrehen? Kennen Sie Ihre Preisuntergrenzen? Wo liegen diese im Vergleich zur Konkurrenz? Wie lange können Sie einen Preiskampf mithalten? Wo liegt die Schmerzgrenze? Auf wie viel Marge müssen Sie dabei verzichten?
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Die Wendigkeit erhöhen
3. … und nun? Starte durch! It’s better to burn out, than to fade out. Neil Young kanadische Rocklegende
Mithalten Schnelligkeit bedeutet rasches Erkennen und Beurteilen einer Situation, rasches Abstimmen und Entscheiden sowie schnelles Umsetzen durch engagiertes Handeln. Die Grundvoraussetzung der Schnelligkeit ist die Agilität des Unternehmens. Effizienzvorteile sind wesentliche Wettbewerbsvorteile. Schnelligkeit darf aber nicht zum Selbstzweck verkommen. Hast und Hatz haben hier wenig verloren. Die Basis ist das optimale Timing, d.h. die Wahl des richtigen Zeitpunkts und der richtigen Zeitbemessung. Dies kann durchaus auch mal ein „Wait & See“ (Warte und Beobachte!) bedeuten. Impuls: Gib Gas! Wodurch kann die Geschwindigkeit im Unternehmen erhöht werden?5 durch ein strategisches Fundament: wissen, was man will. – prägnante, einfache Mission – klare Vision – eindeutige strategische Zielsetzungen – Konsens in der Führungsetage bezüglich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und seines Business durch eine aufmerksame Frühaufklärung: Up-to-Date sein – intensiver Dialog mit Kunden auf allen (hierarchischen) Ebenen 182
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… und nun? Starte durch! Fortsetzung: Impuls: Gib Gas!
– Abklärung der Chancen und Risiken neuer Technologien – Beobachtung des Verhaltens von Konkurrenten – Beobachtung von Trendentwicklungen in der Wirtschaft und auf den Märkten durch ein vereinfachtes Entscheidungsprozedere – Dezentralisierung der Entscheidungsfindung am richtigen Ort – Vereinfachung der Entscheidungsregeln (Beschleunigung der Entscheidungsprozesse) – klare Regelungen im Projektmanagement (und fundierte Kenntnisse der Projektarbeit) – klare Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten – Förderung und Unterstützung der Eigeninitiative von Mitarbeitern durch rasche Information und Kommunikation – hierarchische Information und Kommunikation – Etablierung und Pflege eines Bottom-up-Informationssystems – intensive Breitenkommunikation von Entwicklungen, Zielsetzungen und Entscheidungen – Training von Kompetenzen in der Informationsverarbeitung durch eine Fokussierung auf die Kernkompetenzen: Konzentration auf das Wesentliche – Konzentration der Kräfte auf die eigenen Know-howSpezialitäten – Vereinfachung von Abläufen – Veröffentlichung von persönlichem Know-how, Erfahrungen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten (zum Beispiel in Form von Gelben Seiten) www.metropolitan.de
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Die Wendigkeit erhöhen Fortsetzung: Impuls: Gib Gas!
durch Vernetzung mit Partnern und Allianzen – Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen in etablierten Routinen – Outsourcing von Unterstützungsfunktionen an Dritte durch Nutzung technologischer Möglichkeiten – Ausloten von möglichen Effizienzpotenzialen durch neue Technologien und Verfahren – Anpassung der Organisationsstrukturen und -prozesse an neue Technologien durch Erhöhung des Innovationsrhythmus – Nutzung von Bausteinen oder Komponenten für verschiedene Produktlinien (zum Beispiel wie die Autoplattformen verschiedener Baureihen in der Automobilindustrie)6 – Bescheunigung des Innovationsprozesses, um rascher auf Kundenwünsche eingehen zu können7
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Anmerkungen Hinweis: Die Fußnotenzählung bezieht sich immer auf das jeweilige der acht Hauptkapitel und nicht etwa auf die jeweiligen Unterkapitel.
1. Die Neue Normalität: Megatrend zum Außergewöhnlichen 1 Fiorina Carly, CEO HP Corporation, „Use us more“, Electronic Industries Alliance, Washington D.C., 25. Mai 2004. 2 Geissler, Karlheinz, Der Simultant, in: Psychologie Heute 11/2002, Seite 30 ff. 3 Vgl. www.3sat.de/fitforlife (Mentalberater). 4 Vgl. Nicholas Negroponte, Being Digital, New York 1996. 5 Vgl. Wired 6/2001. 6 Vgl. Fortune Magazine vom 11. März 1996. 7 S. Godin, „Purple Cow“, Miami, 2. Juni 2003. 8 Vgl. www.ecommerce-trends.de/0205_01.htm. 9 Shake-out = Markt-„Bereinigung“. 10 Vgl. Martin Halusa, Die US-Fluglinien stecken in einer tiefen Krise. Neun Milliarden Dollar Verlust durch hohe Überkapazitäten, in: Die Welt vom 10. Dezember 2002. 11 Vgl. W. Neikirk, „Overcapacity, gut of imports help keep the economy in a slump“, in: The Buffalo News vom 18. Januar 2003. 12 Vgl. Hermann Simon, „Mehr Marketing als positivere Alternative“, in: Unternehmermagazin 2/2002. 13 Vgl. „Baumärkte im Billig-Stress“, in: Handelsblatt vom 29. September 2003, Seite 29 ff. 14 Vgl. www.all-electronics.de/news/2/22feb0dbee9.html. 15 Vgl. Richard A. d’Aveni, Hypercompetition, Free Press 1994. 16 Vgl. Gary Hamel/C.K. Prahalad, Competing for the Future, Harvard Business School Press 1994. 17 Vgl. „The outsourcing solution“, in: Business 2.0, September 2003, Seite 159. 18 content.bfinance.de/BFinance/de/BFContent.nsf/TopicDocuments2/ N9604?OpenDocument. 19 Vgl. Wirtschaftswoche vom 10. September 2003 (IAA Special 2003). 20 Vgl. L. Lowell/B. Fraser/J.N., Getting to Global, in: McKinsey Quarterly, 4/1999, Seite 28 ff. 21 Thomas Davenport/Laurence Prusak, Working Knowledge, Harvard Press 1998. 22 Vgl. Stewart Thomas, Intellectual Capital, Bantam Books, New York 1998, Seite 134. www.metropolitan.de
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Anmerkungen 23 24 25 26 27
Vgl. Fortune Magazine vom 15. März 1999. Vgl. The Economist vom 28. September 1996. Vgl. Financial Times Deutschland vom 5. Dezember 2002. Watts Wacker auf www.firstmatter.com. Vgl. www.thesaurus.com.
2. Normalo: Good-bye! 1 „Ich liebe es!“-Kampagne: Was liebt man? Man liebt das Beste, das Besondere. 2 „Third Place“: Dritter persönlicher Lebensbereich neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz, wo man sich wohl fühlt. 3 Firmenbroschüre 2003.
3. Mindset: Das Business-Weltbild zurechtrücken 1 Vgl. hierzu die vielen Artikel zum Berater-Business im ManagerMagazin der Jahrgänge 2001–2003. 2 Vgl. www-1.ibm.com/ibm/history/multimedia/. 3 Vgl. hierzu die interessanten Studien von Dietrich Dörner, Die Logik des Misslingens (1989), Vernunft, Gehirn, Computer: Was bleibt vom Menschen? (2001). 4 Gary Hamel, Fast Company Keynote, Miami-Conference, Mai 2002.
4. Innovation: Die Rundum-Erneuerung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
„Lasst uns ein Zeichen im Universum setzen!“ Vgl. Th. Levitt, Thinking About Management, New York 1991, Seite 54. Vgl. www.renault.de. Vgl. www.apple.com. Vgl. www.bmw.de. Vgl. Fortune vom 27. Oktober 1999, Seite 62; http://disney.go.com. Vgl. Gary Hamel, Leading the Revolution. How to thrive in turbulent times by making innovation a way of life, Plume Books 2002. Der Unternehmenswert von Toyota ist heute bereits größer als der von General Motors, Ford und DaimlerChrysler zusammengenommen! Vgl. www.toto.co.jp. Die Toilette wurde von den „Westerners“ in Japan eingeführt. Vgl. www.microsoft.com. QDOS – Quick and Dirty Operating System; Vorläufer von MS-DOS.
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Anmerkungen
5. Positionierung: Nähe und Präsenz zeigen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Vgl. www.harley-davidson.com. Saabworld Magazine 1/2003, Seite 11. Vgl. www.harley-davidson.com. Vgl. www.ferarriworld.com. Vgl. www.leica.de. Vgl. www.landrover.com. Vgl. www.sony.com. Vgl. www.coca-cola.com. Vgl. www.levi.com. Vgl. www.mcdonalds.com. Vgl. J. Trout, Differentiate or Die, John Wiley & Sons, New York 2000.
6. Wissen: Auf Talente und Know-how setzen 1 Vgl. M. Buckingham/D. Clifton, Now, Discover Your Strenghts, New York 2001 und dort aufgeführte Literatur. 2 Vgl. www.ftd.de/ub/di/1062167825006.html. 3 Hier werden Mitarbeiter von einem Pool von Unternehmen gemeinsam finanziert, die Leistung der Mitarbeiter aber nur für bestimmte zeitlich befristete Einsätze genutzt.
7. Vernetzung: Kompetenzen bündeln 1 Vgl. C.K. Prahalad/Venkat Ramaswamy, The Future of Competition: CoCreating Unique Values with Customers, Harvard Business School Press 2004. 2 Vgl. Adam Brandenburger/Barry Nalebuff, Co-operation, New York 1996. 3 Vgl. www.ftd.de/ub/di/1063445803576.html.
8. Agilität: Die Wendigkeit ausbauen 1 2 3 4 5
Vgl. www.bicworld.com. Vgl. www.ibm.com. Vgl. www.hp.com. Vgl. www.dell.com. In Anlehnung an die Untersuchungen von J. Ziegler/H. Mendelson, Survival of the Smartest: Managing Information for Rapid Action and WorldClass Performance, New York 1999. 6 Etwa 40 Prozent aller Fahrzeuge des Volkswagenkonzerns basieren auf derselben Plattform. 7 Noch vor etwa fünf Jahren dauerte die Entwicklung eines neuen Automobils 39 Monate, heute „spuckt“ Toyota alle zwölf Monate ein neues Modell aus. General Motors hat sich zum Ziel gesetzt, monatlich ein neues Produkt zu lancieren. www.metropolitan.de
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Stichwortverzeichnis ACER 122 Agilität 90, 174 Akkulturation 32 Aktionitis 104 Aldi 58 Alessi 158 Amazon 31 Apple 114, 131, 134 Arbeitsproduktivität 68 Attraktoren 129 Aufmerksamkeit 59 B&O 81 Backwerk 99 Barilla 81 Bauhaus 38 Benchmarking 32, 139 Bennetton 158 Beschleunigungsdynamik 20 Best Practice 32, 139 Best-in-Class-Partner 168 BIC 177 Billigflieger 179 Billigstrategie 179 BlueJet 78 BMW 21, 114, 129 Body Shop 131, 143 Bosch 53 Boss 58 Brabus 133 Braingame 162 Brainware 65, 68 Bulkwaren 147 Bulthaupt 91 Business Knowledge 32 Business Process Outsourcing (BPO) 51 Business-Know-how 64 Business-Ökosysteme 168 Canon 107, 122 Cell Consulting 34
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Change Fatigue 70 Chiquita 136 Cirque du Soleil 143 Coca-Cola 130 Collaborative Business Community 55 Communities 59 Communities of Business (Geschäftsgemeinschaften) 53 Compaq 178 Corporate Brainware 64 Corporate Smartness 64 Customer Confusion 128 DaimlerChrysler 53 Dartmouth College 40 Dealmaker 58 Dell 27, 178 Denkfabrik 52 Deregulierung 57 Destroy-your-business-Initiative 94 Deutsche Bank 171 differenzieren 112 digitales Business 27 Digitalisierung 26, 57 Direkt-Wettbewerb 44 Diskontinuität 70 Disney 114 Dyson 91, 143 EasyJet 91 eBay 58, 147, 158 Einzigartigkeit 133 emotionaler Mehrwert 59 ePerformax 51 European Transaction Bank 51 Fielmann 143 Ford Motor Company 49 Freitag 81 Fuji 107
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Stichwortverzeichnis Gatorade 143 GE Plastics 96 Gemischtwaren-Businessmodell 49 General Electric (GE) 94 General Motors 49 Global Sourcing 47 Globalisierung 57 Globalität 45 Google 81 Graue-Mäuse-Effekt 30 Grow Your Business 96 Gucci 58 Guggenheim Museum of Modern Art 84
Kamps 158 Kawasaki 129 Kernkompetenzen 166 Kernstrategie 143 Knock-down 120 Kodak Eastman 106 Kompetenz-Vernetzung 48 Kompetenznetzwerke 171 Konkurrenzbeobachtung 32 Konserven-Management 102 Kooperation 168 Koopetition 55, 168 Kopieren 120, 123 Koziol 130
Hamel’s Law of Innovation 118 Harley-Davidson 81, 129 Harvard 81 Hewlett-Packard (HP) 20, 107, 122, 178 High-Speed-Wettbewerb 44 Hilton 20 Hornbach 38 HP/Compaq 52 hyper 78, 84 Hyper Business 78, 88 Hyper Value 79, 80, 81, 179 Hyper-Faktoren 88 Hyper-Wettbewerb 40, 43, 91, 112, 128, 162, 176
Land’s End 158 Landrover 130 Leistungsvorteile 82 Lernprozess 122, 171 Lernstrategien 64 Levi’s 501 81 LG 122 Lidl 58 Logitec 133, 158 Lookalike 34
IBM 103, 106, 122, 171, 178 IKEA 158 improvisierende Geschäftslogik 72 Inditex 133 Individualisierung 62 Innovationsdynamik 97 Innovationsfaktor 89 Innovationsgesetz 118 Innovationsmanagement 155 Innovationsmethodik 122 Innovationszyklen 21 Insourcing 54 Intel 52
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Management der Kernkompetenzen 48 Marketshare 128 Markt Splitting 141 Marktsegmente 142 Markttransparenz 57, 146 Marlboro 130 Mass Customizing 62 Massachusetts Institute of Technology (MIT) 25 Massenware 147 Matushita 122 McDonald’s 78 McKinsey 81 Me Too 34 Megastrukturen 49 Microsoft 106, 122 Miele 130 Mikromärkte 62
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Stichwortverzeichnis Mindset-Faktor 89 Mindshare 128 Moore-Gesetz 19 Multi-Arena-Wettbewerb 44 Multi-Faktoren-Wettbewerb 44 Multitasking-Menschen 22 Nasenspitzen-Vorteile 88, 91 Natura Güggeli 85 NEC 122 Nike 130 Nikon 122 Normalo-Business 76 North Face 133 NTT Docomo 122 OBI 38 Olympus 122 One-to-One 62 Online-Beschaffung 147 Online-Shopping 147 Opel 38 Opus One 81 Outsmarting 65 Outsourcing 49, 50, 54, 171 f. Overkill des Normalen 30, 133 Partnerprofile 171 Philips 152 PISA-Studie 67 Porsche 143 Positionierungsfaktor 89 Power-Zapper 59 Prada 58 Preisvorteile 81 Preiswettbewerb 179 Prinzip der fortschreitenden Spezialisierung 48 ProShare 52 Puma 91 Red Bull 91, 143 Reduce to the Max 174 Renault 113 revolutionäre Businesskonzepte 158
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Rezept-Management 103 Rolex 81, 133, 134 Ryanair 78 Saab 132 Samsung 122 Savoir acheter 59 Schnelligkeit 182 schweizer Uhrenindustrie 105 Seiko 31 Shake-out 36 Siemens 54 Simplify Your Life 71 Simultanten 23 Singapur 67 Smart-Auto 53, 91, 158 Smart Shopping 58 f. Smartness-Faktor 90 Sonderposition 133 Sony 81, 113, 122, 130 Spezialisierung 48 Spitzenleistungen 166 Stanford University 25 Starbuck’s 91 Stinnes 50 Stress 24, 104 Survival of the Smartest 162 Suunto 143 Swatch 91, 133 symbiotische Netze 168 Techno-Intelligenz 19 Tendenz zur Ähnlichkeit 33 Think 103 Timberland 58 Time Warner 122 Toto 121 Transparenz 146 Überangebote 37 Überkapazitäten 37 Überschüsse 37 Umbruchdynamik 71 University of California 25 Unkonventionalität 82 www.metropolitan.de
Stichwortverzeichnis Value Management 81 Value Ranking 78 Vernetzungsfaktor 90 Vernetzungsformen 55 Vernichtungswettbewerb 68 Victorinox 91 Virtualisierung 25, 28 virtuelle Gewerkschaft der Kunden 59 Vitra 81, 91 Volkswagen 68 Volvo 49 VW 130
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Wal-mart 91 War of Talents 162 Wettbewerbsarena 143 Wettbewerbsvorsprung 72 Wettbewerbsvorteile 41, 153 Wissensfortschritt 65 World Wide Web 25 Xerox 106 Yamaha 129 Zara 158
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Managementexperten am rechten Ort, zur rechten Zeit Dieses Handbuch beantwortet so wichtige Fragen wie: ■ Was charakterisiert einen guten Interim Manager? ■ Wie werde ich Interim Manager? ■ Was verdient ein Interim Manager? ■ Wie finden Interim Manager und Unternehmen zusammen? Vera Bloemer 192 Seiten, gebunden ISBN 3-89623-309-2 24,95 EUR
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