Das ist es, was ich will Anne Marie Winston
Tiffany 1021 23 – 2/02
Gescannt von Almut K.
1. KAPITEL
Garrett Holden ...
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Das ist es, was ich will Anne Marie Winston
Tiffany 1021 23 – 2/02
Gescannt von Almut K.
1. KAPITEL
Garrett Holden trat auf die niedrige, marode Veranda des winzigen Hauses und schüttelte abfällig den Kopf. Das hatte er nun davon, dass er darauf bestanden hatte, die Frau, die im Testament seines Stiefvaters Robin Underwood erwähnt wurde, persönlich zu benachrichtigen. Gewöhnlich kam er nicht in diese Gegend Baltimores, in der schmale Straßen und dicht gedrängte, kleine Häuser mit winzigen Vorgärten das Bild bestimmten. Als er in die schmale Straße eingebogen war, hatte er entdeckt, dass sich hinter den Häusern keine Gärten befanden - alles war mit Betonplatten zugepflastert. Garrett war froh gewesen, einen Parkplatz in der Nähe zu finden, so dass er seinen ausländischen Sportwagen im Auge behalten konnte. Obwohl er niemand bemerkt hatte, der ihm verdächtig vorkam, wirkte die Gegend wie für Verbrechen prädestiniert. Er konnte sich nicht vorstellen, weshalb sich sein Stiefvater mit einer Frau aus diesem Umfeld eingelassen haben konnte. Die Frau hat anscheinend einen grünen Daumen, dachte er, als er ihren kleinen Vorgarten betrachtete, wo die schönsten bunten Blumen blühten. Eine pinkfarbene Kletterrose, die sich bis zum Verandadach hochgerankt hatte, verbreitete zusätzlichen Schatten. Einige Dielenbretter waren so morsch, dass sie zerborsten waren, und als Garrett sich der Haustür näherte, hoffte er, dass der Hausbesitzer wenigstens so vernünftig gewesen war, den Eingangsbereich besser in Stand zu halten als die Veranda. Er drückte energisch auf den Klingelknopf. Nichts regte sich. Niemand schien ihn zu bemerken. Er stieß die Fliegengittertür auf und klopfte heftig an die Haustür, die in Augenhöhe ein Fenster hatte. Aber schneeweiße Spitzenvorhänge versperrten ihm die Sicht ins Innere des Hauses. Da er immer noch keine Schritte hörte, klopfte er erneut. "Hallo? Ist irgendjemand zu Hause?" "Einen Moment", erklärte eine weibliche Stimme aus einiger Entfernung, und es klang frustriert. Er wartete ungeduldig und schaute auf die Uhr, bevor die Tür geöffnet wurde. Garrett starrte sein Gegenüber sprachlos an. Die Frau entsprach überhaupt nicht seinen Erwartungen. Zum einen war sie nicht annähernd so alt, wie er es von einer Bekannten seines Stiefvaters erwartet hätte. Zum anderen war sie die schönste Frau, die er jemals gesehen hatte, mit ihren rotblonden Locken, die locker hochgesteckt waren und von denen einige ihr schmales, herzförmiges Gesicht umrahmten. Ihre großen Augen mit den dichten dunklen Wimpern waren von einem fesselnden, leuchtenden Blaugrün, und darüber wölbten sich perfekt geschwungene Augenbrauen. Schräg stehende Wangenknochen, ein kleines Kinn und ein sinnlicher Mund, der im Kontrast zu ihrem hellen Teint pinkfarben leuchtete, rundeten das Bild ab. Alles in allem sah sie aus wie eine Waldnymphe, die sich in die Stadt verirrt hatte. Unter einem jadegrünen T-Shirt, das ihre Augen zum Leuchten brachte,
und der Jeans war eine geschmeidige, kurvenreiche Figur verborgen, die selbst das ausgebeulteste Shirt nicht hätte kaschieren können. Und ihres war nicht ausgebeult. Wenn überhaupt, war es einmal zu oft gewaschen worden und dabei eingegangen. Das Shirt hatte quer über der einen Schulter einen Riss, der ihre seidig schimmernde Haut entblößte, die er am liebsten berührt hätte. Die Waldnymphe hielt bunte Bänder in den Händen, die um ihren Körper flatterten, wenn sie sich bewegte. Eine seidige Haarsträhne lockte sich bis auf ihre linke Brust und setzte deren Rundung in Szene. Garretts Blick folgte den bunten Bändern weiter nach unten, während er die Beziehung der Frau zu seinem Stiefvater zu ergründen versuchte. Abrupt sah er der Wahrheit ins Auge: Diese Frau musste Robins Geliebte gewesen sein. Warum sonst hätte er sich mit jemanden treffen sollen, der so jung und so unpassend für ihn war? „Was kann ich für Sie tun?" fragte die Waldnymphe mit deutlich hörbarem britischem Akzent. Ihr Blick war offen, und sie lächelte nicht. "Ich suche Ana Birch.“ "Sie haben sie gefunden", sagte sie. "Ich bin ein bisschen spät dran und wirklich nicht interessiert - was auch immer Sie verkaufen wollen." Sie wollte sich umdrehen und wieder ins Haus gehen. "Oh, es geht mir nicht darum, Ihnen etwas zu verkaufen", entgegnete Garrett "Mein Name ist Garrett Holden. Kennen Sie Robin Underwood?" "Guten Tag, Garrett!" Sie streckte eine Hand aus und ihr ernster, angestrengter Gesichtsausdruck wich sofort einem strahlendem Lächeln, das ihrem Gesicht Wärme verlieh. In ihren lebhaft wirkenden Augen stand Hoffnung, als sie die Tür aufmachte. “Robin hat oft über Sie gesprochen. Begleitet er Sie?" Garrett starrte sie einen Moment lang an, wobei er ihre ausgestreckte Hand ignorierte. Ihr Lächeln gefror. Sie weiß es nicht, dachte er und fühlte heftigen Ärger und Kummer in sich aufsteigen. "Robin ist tot", erklärte er knapp. "Was?" Sie fasste sich an die Kehle, und einige der bunten Bänder fielen zu Boden. "Entschuldigung. Ich muss Sie falsch verstanden haben." Ohne seine Verachtung zu verbergen, musterte er sie kühl. "Sie haben richtig verstanden." Aus ihrem Gesicht mich jegliche Farbe. Unsicher tastete sie nach dem Geländer der Veranda und stützte sich dann vorsichtig ab. Dabei sah sie ihn die ganze Zeit über an. "Bitte sagen Sie, dass das ein sehr schlechter Witz ist", flüsterte sie. Er schüttelte den Kopf und unterdrückte ein aufkeimendes Schuldgefühl, als er sich daran erinnerte, dass diese Frau sein Mitgefühl nicht brauchte. Es sei denn, um sie über den guten Fang, den sie im Auge gehabt hatte, hinwegzutrösten. "Was ist passiert?" stieß sie mit zitternder Stimme hervor. "Er hatte einen Herzanfall. Er ist einfach nicht mehr aufgewacht. Der Arzt glaubt nicht, dass er etwas gespürt hat." Garrett wusste nicht, warum er den letzten Satz hinzugefügt hatte. Vermutlich weil Ana Birch so betroffen wirkte. Vielleicht verabschiedete sie sich aber auch einfach nur innerlich von dem
Vermögen, das zu erwarten gewesen wäre, wenn sie den alten Mann vorher zur Heirat überredet hätte. Sie schien in sich zusammenzusacken. "Wann ist das Begräbnis?" Garrett war so verblüfft, dass er einen Moment brauchte, um zu antworten. Sicherlich hatte sie nicht erwartet, zur Trauerfeier gebeten zu werden. "Es fand gestern statt." Sie wurde noch bleicher, wandte sich von ihm ab, und ihre Schultern begannen zu zucken. Dann gaben ihre Knie langsam nach, und sie sank auf den Boden. Garrett reagierte instinktiv und fing sie auf, als sie zusammenbrach. Ein zarter, blumiger Duft umgab sie, und für einen Moment übernahmen seine männlichen Hormone die Regie. Ana riss sich von ihm los. Sie war nicht ohnmächtig geworden, wie er zuerst angenommen hatte. Und jetzt war ihr Gesicht nicht mehr bleich, sondern rot vor Verlegenheit. Da er in Gedanken immer noch mit ihrer Wirkung auf ihn beschäftigt war, registrierte er ihr Erröten jedoch nur am Rande. Dann meldete sich sein Verstand zurück. Er war widerlich. Diese Frau war die Geliebte seines Stiefvaters gewesen. Sein dreiundsiebzig Jahre alter Stiefvater und diese ... Wie alt war sie? Anfang zwanzig? Und jetzt war er, Garrett, ebenfalls von ihr fasziniert. Er fand sich selbst widerlich. Ebenso wie sie. Sie konnte sich doch auf keinen Fall zu Robin sexuell hingezogen gefühlt haben. Er mochte gar nicht daran denken. Ana wich langsam zurück. "Verzeihen Sie bitte. Ich muss ... muss hinein." "Warten Sie." Aber er kam zu spät. Sie flüchtete, schlug in unglaublichem Tempo erst die Fliegengittertür und dann die Haustür hinter sich zu und ließ ihn allein zurück. Garrett fluchte. "Miss Birch? Ich muss mit Ihnen reden." Er wurde lauter. "Miss Birch?" Keine Antwort. Dann hörte er ein leises Weinen, unterbrochen von tiefen, kummervollen Schluchzern. Eine Reaktion, die er sich nicht gestattete, weil er so etwas unmännlich fand, obwohl ihm auch ein oder zwei Mal danach zu Mute gewesen war, seit er vor vier Tagen von Robins Tod erfahren hatte. Nun, das machte jede Hoffnung zunichte, dass Ana Birch zurückkam. Keine Frau mit geschwollenen Augen und roter Nase würde sich freiwillig einem fremden Mann zeigen. Verdammt! Er nahm eine Visitenkarte und einen goldenen Füller aus seiner Tasche und notierte auf die Rückseite: Sie sind im Testament erwähnt. Rufen Sie mich an. Das sollte Wirkung zeigen, dachte Garrett, als er froh darüber, diese schmuddelige Gegend wieder verlassen zu können, zu seinem Wagen zurückkehrte. Er würde jede Wette eingehen, dass Miss Birch sich heute noch bei ihm melden würde. Wenn sie dachte, dass Geld im Spiel war, würde ihr Kummer schnell verfliegen. Er schloss seinen bronzefarbenen Sportwagen auf und fuhr Richtung Umgehungsstraße.
Eine halbe Stunde später erreichte er den Friedhof nahe Silver Spring, wo Robin gestern beerdigt worden war. Er parkte seinen Wagen und ging zu Robins Grab. "Du hast es geschafft, mich zu überraschen", sagte er laut. „Wie hast du es fertig gebracht, mit einer so jungen Frau Schritt zu halten? Kein Wunder, dass du einen Herzanfall hattest." Im schwülen Juliwetter ließen die gestern noch frischen Blumen bereits die Köpfe hängen, und Garrett nahm sich vor, den Friedhofswärter anzurufen, um sie bald entfernen zu lassen. "Ich war nicht darauf vorbereitet", fuhr er schroff fort. "Nicht, dass du jetzt schon von mir gegangen bist." Es war das erste Mal, dass er sich erlaubte, daran zu denken, was er verloren hatte. Bislang hatten ihm die Formalitäten der Beerdigung und die vielen Beileidsbekundungen dabei geholfen, den Gedanken an den Verlust zu vermeiden. Den Verlust des Mannes, der ihn als rebellischen Stiefsohn im Teenageralter an die Hand genommen und ihm Respekt und Liebe gegeben hatte. Jetzt schnürte ihm der Kummer die Kehle zu. Schwer atmend lehnte er sich an den Grabstein. "Warum?" fragte Garrett. "Was hat dir diese Frau bedeutet, dass du sie im Testament erwähnt hast? Warst du so einsam?" Das war möglich. Unzählige ältere Männer gerieten in den Bann junger Schönheiten. Gerade Garrett sollte das nicht wundern. War es nicht auch seinem eigenen Vater passiert? Natürlich gab es da einen deutlichen Unterschied. Robin hatte um einer jüngeren Frau willen nicht seine Frau und ein kleines Kind verlassen. Und da war der Altersunterschied. Robin war fast fünfzig Jahre älter als seine Geliebte gewesen. Eine Tatsache, die Garrett einfach nicht in den Kopf gehen wollte. Er seufzte. "Ich missgönne dir nicht das Glück, jemand gefunden zu haben, dem du etwas bedeutet hast. Aber der Gedanke, dass eine Frau absichtlich deine Einsamkeit ausnutzte, macht mich verrückt." Er hielt inne und fragte sich, warum er sich so schuldig fühlte. "Wenn ich dich vernachlässigt habe, tut es mir Leid." Sicherlich hatte er in den letzten Jahren viel zu tun gehabt, aber für Robin war immer Zeit gewesen, oder nicht? Doch, bestätigte er sich selbst. Deshalb sollte er sich keine Vorwürfe machen. Robin war derjenige gewesen, der in letzter Zeit oft zu beschäftigt gewesen war, um wie sonst mehrmals in der Woche abends gemeinsam zu essen. Im letzten Jahr war er zum ersten Mal nach dem Tod von Garretts Mutter wieder glücklich gewesen. Er hatte jugendlicher gewirkt und sein immer noch gut aussehendes Gesicht hatte oft gestrahlt. Garrett hatte ihn mehr als einmal damit aufgezogen, dass es da eine Frau geben müsse, aber Robin hatte nur geheimnisvoll gelächelt ... bis vergangene Woche. Letzten Dienstag, nur einige Tage vor seinem Tod, hatte Robin anders auf Garretts Anspielungen reagiert. "Ich werde sie dir bald vorstellen" hatte er versprochen. "Ich glaube, du wirst sie mögen." Das hatte Garretts Ahnungen bestätigt. Aber er hatte sich immer
eine ältere, mütterliche und würdevolle Frau vorgestellt und nicht so ein junges Ding mit Modelmaßen und makellosem Teint, das Robins Tochter sein könnte. Oder noch eher seine Enkelin. Es stimmte, dass Robin für sein Alter immer noch gut ausgesehen hatte und auch körperlich ausgezeichnet in Form gewesen war. Was zumindest jeder geglaubt hatte. Und es stimmte auch, dass eine große Zahl einsamer Witwen ihn hatte wissen lassen, dass seine Besuche willkommen wären. Aber es ging doch etwas zu weit, sich einzubilden, diese junge Schönheit Anfang zwanzig könnte sich körperlich zu ihm hingezogen gefühlt haben. Wenn sie nicht ein Auge auf Robins Geld geworfen hatte, was sehr viel wahrscheinlicher war. Robins Vermögen mochte sich im Vergleich zu dem immensen Kapital, das Garrett mittlerweile angehäuft hatte, bescheiden ausnehmen, aber Robin war reich. Es war sehr gut möglich, dass eine junge Frau als Ausgleich für das Geld ein paar Jahre mit einem älteren Mann in Kauf nahm. Garrett nahm an, dass er froh sein sollte, dass Robin sie nicht geheiratet hatte. Nach dem Tod seiner zweiten Frau, Garretts Mutter Barbara, hatte Robin gesagt, dass er nie wieder heiraten würde. Aber dennoch mochte ein Mann in seinen Jahren, mit Anfang siebzig, immer noch gewisse Bedürfnisse haben. Denk nicht weiter daran, sagte Garrett sich. Denn trotz seines Widerwillens musste er wieder mit Miss Birch reden. Der Anwalt, der Robins letzten Willen vollstrecken sollte, hatte sehr deutliche Anweisungen gegeben. Die Testamentseröffnung würde nur stattfinden, wenn Miss Birch daran teilnahm. Als Garrett zu dem Haus zurückkam, das er gemeinsam mit seinem Stiefvater bewohnt hatte, ging er direkt in sein Arbeitszimmer und griff zum Telefon. "Miss Birch, hier ist Garrett Holden, Robins Stiefsohn", sagte er, als sie sich meldete. "Es ist notwendig, dass Sie bei der Testamentseröffnung dabei sind." "Nein." Es klang endgültig. "Sie können alles haben, was er mir hinterlassen hat. Schicken Sie mir einfach alle notwendigen Papiere, und ich werde unterschreiben." Noch bevor Garrett etwas erwidern konnte, hatte sie aufgelegt. Gab sie eine Erbschaft auf? Er starrte auf das Telefon, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sie nicht mehr sehen zu müssen, und dem Ärger über ihr Benehmen. Er verstand es nicht. Ungeduldig drückte er die Wahlwiederholung. Als Ana Birch sich meldete, sagte er: "Sie haben nicht verstanden. Sie werden hingehen müssen." "Das werde ich nicht." Sie klang jetzt aufgebracht. "Bitte rufen Sie nicht wieder an." Und zu seinem großen Erstaunen legte sie ein zweites Mal auf. Also gut, er würde noch einmal zu ihr gehen müssen. Er konnte sich jetzt vorstellen, was los war. Sie zierte sich, um ihre Geldgier zu kaschieren. Trotz ihrer Weigerung, so vermutete er, kannte sie den Inhalt des Testaments bereits. Zumindest, soweit es ihre Person betraf. Was bedeutete, dass sie mehr wusste als er. Er würde ihr einfach eine höhere als die in Robins Testament vorgesehene Summe versprechen müssen, und sie würde viel zugänglicher werden. Er fuhr sich durch die dunklen Haare und massierte seine Kopfhaut. In den letzten Tagen litt er unter stechenden Kopfschmerzen, und sie schienen nicht besser zu werden. Es lag wahrscheinlich an all dem Stress.
Wenn das Testament erst einmal eröffnet wäre, würde er eine Woche im Landhaus in Maine verbringen. Das Häuschen am Ufer des Snowflake Lake im südlichen Maine war für Robin und seinen Stiefsohn ein besonderer Ort gewesen. Garrett wusste, dass Robin es vor gut einem Vierteljahrhundert gebaut hatte. Es war der einzige Platz gewesen, wo Robin sich hatte erholen können, denn die Geisteskrankheit seiner ersten Frau hatte sich bis zu ihrem Tod fortlaufend verschlimmert. Seine zweite Frau - Garretts Mutter - hatte wenig Interesse gehabt, ihre Ferien in einem rustikalen Ferienhaus auf dem Land zu verbringen und dort die Sonnenuntergänge zu bewundern. Sie hatte sich immer geweigert, nach Maine zu fahren. So war Eden Cottage zu einem Ort geworden, wohin Garrett und Robin sich mindestens einmal im Jahr zurückgezogen hatten. Sie hatten im kühlen See geschwommen und gefischt, Bootstouren unternommen und mit einem Drink auf der hölzernen Terrasse des Landhauses die Natur genossen. Ja, eine Woche in dem Ferienhaus war genau das, was er brauchte. Ohne Robin würde das nicht einfach sein, aber in gewisser Weise würde er sich dort seinem Stiefvater näher fühlen als in Baltimore. Dankbar, dass es noch so lange hell war, fuhr Garrett am frühen Abend zurück in das Viertel, in dem Ana Birch wohnte. Als er dieses Mal bei ihr anklopfte, wurde ihm die Tür fast sofort geöffnet. "Miss Birch", sagte er, bevor sie den Mund aufmachen konnte, und schlug einen wärmeren Ton an. "Ich möchte mich für die unsensible Art, mit der ich Sie über Robins Tod informiert habe, entschuldigen. Es ist eine schwierige Zeit. Darf ich eintreten und einige Minuten mit Ihnen reden?" Sie zögerte. Sie hatte sich in der Zwischenzeit umgezogen und trug jetzt ein ärmelloses Jeanskleid mit einem kurzärmeligen Top darunter. Ihre Haare waren ordentlich zu einem dicken Pferdeschwanz gebunden, der jedes Mal wippte, wenn sie den Kopf bewegte. Zu Garretts großer Erleichterung drehte sie sich wortlos um und ging ins Haus. Er folgte ihr in das Wohnzimmer, das mit bequemen Polstermöbeln mit verblichenem Blumenmuster ausgestattet war - abgewetzt, aber sauber. Obwohl es klein war, wirkte das Zimmer ordentlich. An einer Wand war eine ungewöhnliche Kollektion Hüte zu sehen - altmodische und moderne, freche und brave. Ana schloss die Tür hinter ihm, und er hörte das Summen der Klimaanlage. Er drehte sich zu ihr um und zwang sich, seinen erhöhten Puls beim Anblick ihrer schönen Gesichtszüge zu ignorieren. Er zeigte auf die Ausstellungsstücke an der Wand. "Sie mögen Hüte, nicht wahr?" "Ja. Eine Zeit lang habe ich sie gesammelt. Ich habe nur meine Lieblingshüte behalten. Die anderen habe ich verkauft." Sie zeigte auf die Couch. "Bitte nehmen Sie Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?" Bei einer anderen Gelegenheit hätte er sich über ihre ausnehmend guten Manieren amüsiert. "Nein danke." Er nahm am Ende der Couch Platz und ging
davon aus, dass Ana sich neben setzen würde. Aber sie durchquerte das Zimmer und setzte Schaukelstuhl. "Danke, dass Sie mich hereingebeten haben", begann er, obwohl es ihn störte, dass er so höflich sein musste. "Haben Sie noch einmal über das nachgedacht, was ich Ihnen über Ihre Anwesenheit bei der Testamentseröffnung gesagt habe?" "Das Testament interessiert mich nicht", erwiderte sie tonlos. "Aber ich möchte gern wissen, wo Robin begraben ist, damit ich zu seinem Grab gehen kann." Richtig. Und er war ein kleines, grünes Männchen. "Da das Testament auch mich betrifft, interessiert es aber mich." "Sie können alles haben." Ihr offener Blick deutete nicht auf Irgendeine List hin. Miss Birch machte ihre Sache gut, das musste er ihr lassen. "Ich werde alles unterzeichnen, was Sie wollen." "Glauben Sie mir, nichts wäre mir lieber", erwiderte Garrett knapp und gab es auf, sie besänftigen zu wollen. "Leider geht das nicht so einfach. Wir beide müssen bei der Testamentseröffnung dabei sein." "Warum?" Er machte den Mund auf, um zu antworten, aber ein Fauchen hielt ihn davon ab. Er bemerkte, wie ein gestreiftes Etwas die Treppe hochschoss. "Was ist das?" fragte er überrascht, obwohl er ziemlich sicher war, dass es eine Katze sein musste. "Meine Katze. Sie ist noch nicht sehr zutraulich." "Wieso sagen Sie noch nicht'?" "Ich habe sie auf der Straße gefunden. Jemand hatte sie überfahren und war dann geflüchtet. Ich brachte sie zum Tierarzt. Als sie sich einigermaßen erholt hatte, nahm ich sie mit nach Hause. Sie leistet mir Gesellschaft." "Sie wirkt nicht übermäßig zahm." "Sie war wild, denke ich." Ana Birchs Gesicht hatte seinen teilnahmslosen Ausdruck verloren. Jetzt leuchteten ihre Augen. Unfreiwillig fühlte Garrett sich von ihr angezogen. Sie war wirklich eine schöne Frau. "Aber sie gewöhnt sich allmählich an mich." "Warum haben Sie sie nicht wieder laufen lassen, wenn sie wild ist?" "Sie braucht regelmäßig Medikamente. Sie hatte eine Wunde am Kopf, und der Tierarzt denkt, dass die Schädigung von Dauer sein könnte. Außerdem hat sie auf der einen Seite nur noch die Hälfte ihrer Zähne und kann nur sehr weiches Futter kauen. Draußen würde sie wahrscheinlich nicht überleben." Der schöne, gefühlvolle Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand wieder, und ihre Miene wirkte erneut undurchdringlich. "Also, warum ist es erforderlich, dass ich bei der Testamentseröffnung dabei bin?" "Robin wollte es so. Er hat es ausdrücklich verfügt, und sein Anwalt weigert sich, irgendetwas preiszugeben, wenn wir nicht beide anwesend sind." Ana sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Also, wenn ich mich weigere, dabei zu sein, bekommen Sie nichts? Ist es so?"
"Wahrscheinlich", antwortete er, obwohl er sich dessen ganz und gar nicht sicher war. "Der alte Gauner", murmelte sie. "Verzeihung?" fragte er verblüfft. "Er wusste, dass ich nichts haben will, und auf diese Weise muss ich mir zumindest anhören, was er mir vermachen wollte, weil Sie sonst Ihr Erbe verlieren. Und er wusste, dass ich das nicht zulassen würde." Unerwartet wurde Garrett eifersüchtig. Jetzt hatte er keinen Zweifel mehr daran, dass sie Robin - in welcher Beziehung sie auch immer mit ihm gestanden hatte - sehr gut gekannt und verstanden hatte. Er verbarg seine Gefühle hinter einer kühlen Maske. "Also, werden Sie kommen?" Ana seufzte. "Das nehme ich an. Wann und wo?" Als Ana am nächsten Morgen beim Anwalt eintraf, war Garrett bereits dort. Er stand mit dem Rücken zu ihr im Wartezimmer des Anwalts und sah aus dem Fenster, und Ana beobachtete ihn, bevor sie eintrat. Er wirkte starr und unnachgiebig. Als sie daran dachte, wie sicher Robin gewesen war, dass Garrett sie in der Familie willkommen heißen würde, wurde ihr die Kehle eng. Es war das erste Mal in den wenigen Jahren, in denen sie Robin gekannt hatte, dass er sich gründlich geirrt hatte. Robin. Sie hob den Kopf und bemühte sich, die aufsteigenden Tränen fortzublinzeln. Sie konnte nicht glauben, dass ihr Vater gestorben war. Sie hatten so wenig Zeit miteinander gehabt. Sie war geschockt gewesen, als er ihr an seinem letzten Geburtstag sein Alter verraten hatte. Er war siebzehn Jahre älter als ihre Mutter gewesen. Sie wusste, dass ihre Mutter die Dreißig überschritten hatte, als sie sich begegnet waren. Damals musste Robin Ende vierzig gewesen sein. Vielleicht hatten sich ihre Mutter und ihr Vater nun schließlich wieder gefunden. Und dieser Gedanke beruhigte sie seltsamerweise mehr als alles andere. Sie warf erneut einen Blick auf Robins Stiefsohn. In diesem Moment drehte er sich um, und ihre Blicke trafen sie. Wieder hatte sie dieses seltsame Kribbeln im Bauch, wie bei den beiden Malen, als er sie zu Hause besucht hatte. Aber ebenso wie jetzt hatte sie diese Empfindungen abgeschüttelt. Der Mann war attraktiv, na und? Mit seinem unhöflichen Benehmen hatte er bewiesen, was hinter seiner hübschen Sonnenbräune steckte. Dennoch konnte wünschte Ana, sie hätte ihn unter anderen Umständen getroffen. Ihr Gefühl des Verlusts wurde noch stärker, als sie an ihre erste Begegnung mit Garrett dachte. Monatelang hatte sie sich ausgemalt, wie Robin ihr Garrett vorstellen würde. Sie hatte in ihrer Fantasie einen beschützenden, umgänglichen Mann vom Typ des großen Bruders vor Augen gehabt. Sie hatte nie erwartet, dass ihr erstes Treffen unter so ungünstige Umständen stattfinden würde. Und sie konnte immer noch nicht akzeptieren, dass sie nicht an Robins Beerdigung teilgenommen hatte.
Garrett hatte ganz und gar nichts Brüderliches an sich. Er war gestern so schroff und widerlich gewesen, dass sie ihn zum Teufel gewünscht hatte. Und zu allem Überfluss war sie fast ohnmächtig geworden. Als er versucht hatte, ihr zu helfen, hatte sie wie eine zickige Jungfrau reagiert. Hätte es schlimmer kommen können? Es war wahrscheinlich eine Gemeinheit des Schicksals. Doch um Robins Andenken willen wollte sie ihr Bestes tun, um mit Garrett auszukommen. Obwohl Garrett und sein Stiefvater ja nicht blutsverwandt waren, sah er ihrem Vater ähnlicher als sie. Ihr Vater war ein gut aussehender Mann gewesen. Garretts Haare waren dunkel, kurz und streng zurückgekämmt. Sein Gesicht war lang und schmal. Er trug einen teuren schwarzen Anzug, und plötzlich fiel ihr auf, wie stark er äußerlich dem James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan ähnelte. Leider erstreckte sich diese Ähnlichkeit nicht auf seine Persönlichkeit. Garrett sah sie mit seinen blauen Augen entschieden feindselig an, und sie fragte sich wieder, was sie verbrochen hatte, dass er sie nicht mochte. Soweit sie wusste, war Robin gestorben, bevor er seinem Stiefsohn von ihr erzählen konnte. Trotzdem würde sie sich dadurch nicht einschüchtern lassen. Er bestand doch darauf, dass sie bei dieser lächerlichen Testamentseröffnung anwesend war. Er schien nicht einmal in Erwägung zu ziehen, dass sie arbeiten musste oder eigene Pläne haben könnte. Tatsächlich traf beides zu. Sie hatte sich bei der Bank, bei der sie als Kassiererin arbeitete, freigenommen. Das war bei ihrem zweiten Job - sie kellnerte in einem Restaurant - leider nicht möglich, so dass sie am Abend wieder bedienen musste. Das bedauerte sie sehr, denn vor zwei Tagen hatte sie ein Literaturagent angerufen, der bei ihrem Vortrag auf der Fachschule für Modedesign auf sie aufmerksam geworden war. Er kannte den Cheflektor eines New Yorker Verlages und meinte, dass dieser sehr an ihren Ideen für ein Buch über die Geschichte des Hutes sehr interessiert sei. Der Anruf hatte sie ebenso gefreut wie frustriert, denn bislang hatte sie über das Projekt nur nachgedacht - weiter war sie damit nicht gekommen. Es machte sie verrückt, dass ihr so wenig Zeit blieb, weil sie finanziell über die Runden kommen musste. Seit dem Tod ihrer Mutter vor drei Jahren, kurz nach Anas zwanzigstem Geburtstag, war sie kaum noch zum Entwerfen neuer Stücke für ihre Hut- und Handtaschenlinie gekommen. Ihre Sachen wurden in zwei exklusive Boutiquen in Baltimore vertrieben, und beide Besitzer hatten ihr versichert, sie würden Ihre Hüte und Taschen mit dem größten Vergnügen weiterhin verkaufen. An einigen Tagen hätte Ana liebend gern eine neue ihre originellen Kreationen auf dem Skizzenblock festgehalten, aber immer wenn das passierte, war sie entweder auf dem Weg zur Arbeit gewesen oder hatte gearbeitet. Deshalb war sie fest entschlossen, künftig mehr Zeit zum Entwerfen und Nähen zu finden. Wenn sie auch nur die kleinste Hoffnung hegte, eine Hut-Designerin zu werden, die von ihrer Arbeit leben konnte, musste sie unbedingt mehr produzieren.
Die Veröffentlichung eines Buches über die Geschichte des Hutes würde sicherlich hilfreich dabei sein. Was wiederum einige Zeit erforderte ... Sie hätte heute Morgen daran arbeiten können. Aber jetzt stand sie hier zusammen mit einem Mann, der sie nicht ausstehen konnte. Ein Gefühl, das zunehmend auf Gegenseitigkeit beruhte. Noch bevor Ana die Glastür zum Wartezimmer öffnen konnte, eilte Garrett herbei. "Kommen Sie herein. Wir haben auf Sie gewartet.“ Ana sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. "Sie sind auch zu früh.“ Falls sie es geschafft hatte, Garrett zu irritieren, zeigte er es nicht. "Folgen Sie mir. Für uns ist ein Konferenzraum reserviert." Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging er durch eine Reihe von Büros voraus und kümmerte sich nicht darum, ob sie sich im Gewirr der Gänge verlief. Rebellisch streckte sie seinem Rücken die Zunge heraus und hatte plötzlich das Bedürfnis zu kichern. Sie machte sich über Garrett Holden lustig! Auch wenn er nicht der Stiefsohn ihres Vaters gewesen wäre, hätte sie seinen Namen gekannt. Er war außergewöhnlich reich und stand im Ruf, durch geschickte Transaktionen an der Börse zu seinen heutigen Vermögen gekommen zu sein. Wegen der amerikanischen Faszination für Geld berichteten sowohl die Klatschblätter als auch die Wirtschaftsmagazine oft über ihn. Sein Name war mit bekannten weiblichen Stars aus der Unterhaltungsbranche und mit jungen Frauen aus seinen Kreisen in Verbindung gebracht worden, aber laut Robin war keine länger als ein paar Monate mit ihm zusammengeblieben. "Er hat sich mir nie anvertraut", hatte Robin einmal zu ihr gesagt. "Doch er war nicht immer so zynisch in Bezug auf Beziehungen. Ich denke, dass diese Veränderung von einer schlechten Erfahrung mit einer Frau herrührt, die auf sein Geld scharf war. Es ist erstaunlich, wie sehr Geld den Charakter verdirbt." Jetzt da Ana ihn kennen gelernt hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass eine Frau tatsächlich mit dem mürrischen Garrett zusammen sein wollte. Lieber würde sie in siedend heißem Öl baden.
2. KAPITEL Ana und Garrett nahmen in zwei wuchtigen Ledersesseln vor Mr. Marrows Schreibtisch Platz. Nachdem der Anwalt Anas Identität anhand ihres Führerscheins überprüft hatte, schaute er Ana und Garrett an. "Robins Wünsche waren etwas ungewöhnlich", begann er. "Inwiefern?" wollte Garrett wissen. "Vielleicht wird Mr. Marrow es uns sagen, wenn Sie ihn nicht unterbrechen", bemerkte Ana zuckersüß. Als Garrett sie kochend vor Wut ansah, lächelte sie
ihn an, um ihm zu demonstrieren, dass seine Feindseligkeit sie nicht im Mindesten aus der Fassung brachte. Der Anwalt räusperte sich und las vor: "Mr. Robin Underwood hat Folgendes verfügt: Garrett Wilbur Holden erhält all seine Besitztümer und sein Vermögen mit Ausnahme des im Testament namentlich aufgeführten Anwesens." Wilbur? Der zweite Vorname dieses Finsterlings war Wilbur? Ana musste an sich halten, um nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen. Garrett hatte aufgehört, nervös mit dem Fuß zu wippen. Sie nahm an, er war jetzt darüber beruhigt, dass ihm niemand die Erbschaft streitig machen würde. Obwohl sie kaum nachvollziehen konnte, warum Garrett Holden sich darum sorgen sollte, ob er mehr oder weniger Geld erbte. Insbesondere wenn man bedachte, was schon ein kleiner Betrag für sie bedeuten könnte. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Anwalt. "Ana Birch erhält die Hälfte des Eden Cottage am Snowflake Lake im Bundesstaat Maine", fuhr Marrow fort. "Was?" Garrett sprang empört auf. "Was für ein verrücktes Vermächtnis ist das? Es macht keinen Sinn. Warum hat Robin ihr die Hälfte des Ferienhauses vererbt?" Genauso erstaunt wie Garrett, richtete Ana sich ganz gerade auf. Ein Ferienhaus? Mr. Marrow bat um Ruhe. "Zusätzlich erhält Ana Birch eine angemessene Summe für Miete und Nebenkosten für ihr Haus in Baltimore sowie eine Unterhaltszahlung für einunddreißig Tage, beginnend mit dem Tag ihres Einzugs in Eden Cottage." "Was?" Jetzt war es an ihr, den Mann zu unterbrechen. Sie lebte in Baltimore! "Garrett vermache ich die andere Hälfte des Eden Cottage, und zwar unter folgender Bedingung: Falls beide hier erwähnten Person unverheiratet sind, werden Ana Birch und Garrett Holden für die Dauer von einunddreißig Tagen in dem Haus, zusammenleben. Diese Frist beginnt spätestens eine Woche nach der Testamentseröffnung. " Ana und Garrett schwiegen betreten. "Ich hoffe, dass ist Robins Art, einen Witz zu machen", sagte Garrett schließlich. "Warum würde er wollen, dass Ana und ich zusammenleben?" Er drehte sich zu ihr. "Das kann man niemandem aufzwingen. Das kann nicht rechtmäßig sein." "Ich fürchte, es war ihm ernst damit. Und es ist völlig legal, wenn keiner von Ihnen verheiratet ist, bevor das Testament eröffnet wurde", betonte Marrow. "Und das ist nicht der Fall. Meine Aufgabe war, das sicherzustellen. Falls einer von Ihnen die erhobene Bedingung nicht zu erfüllen bereit ist, werden Sie beide das Cottage verlieren. Es wird dann zu Gunsten einer im Testament genannten wohltätigen Organisation verkauft werden." Der Anwalt wurde zunehmend nervöser. "Wenn Sie die Bedingungen nicht akzeptieren wollen, werde ich beginnen, den Verkauf des Cottage einzuleiten zu Gunsten ..."
"Sie beginnen mit gar nichts", unterbrach Garrett ihn. "Wir brauchen Zeit, um darüber nachzudenken." Er hielt inne. "Robin wollte ausdrücklich, dass Miss Birch und ich einen ganzen Monat lang zusammen in dem Haus leben, bevor es in unseren gemeinsamen Besitz übergeht?" Marrow nickte. "Könnte ich eine Kopie des Testaments haben?" hakte Garrett nach. Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. "Natürlich, Mr. Holden." Der Anwalt stand auf. "Ich werde sofort für jeden von Ihnen eine Kopie anfertigen lassen. Entschuldigen Sie mich." Er ging aus dem Raum. Ana wünschte, sie könnte den Raum auch verlassen. Als sie aufsah, starrte Garrett sie an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte es ihm wirklich nicht verdenken, dass er aufgebracht war, und fühlte zu ihrer Überraschung, wie sich in den Schmerz über den Tod ihres Vaters eine Spur Verärgerung mischte. Robin hatte sie beide in eine unhaltbare Situation gebracht. Garrett räusperte sich. "Ich werde das einem anderen Juristen zur Prüfung geben. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie kein halbes Ferienhäuschen in Maine am Hals haben wollen?" "Natürlich nicht. Aber ..." "Gut. Ich werde Ihnen Ihre Hälfte zu einem fairen Preis abkaufen. " "Sie kennen sich in der Gegend, wo das Haus liegt, aus?" Es war erstaunlich. Bei dieser Frage wurde sein Gesicht weicher, und seine blauen Augen blickten voller Wärme. Ana war verblüfft. Diese eigentlich kleine Veränderung seines Ausdrucks machte ihn gefährlich verführerisch und noch attraktiver, als er ohnehin schon war - und er hatte noch nicht einmal gelächelt. Wenn sie klug wäre, würde sie dafür sorgen, dass er verärgert blieb. Denn wenn er jemals sie auf diese Weise ansehen würde, würde sie ihm wahrscheinlich lebenslänglich verfallen. "Robin und ich sind jeden Sommer dort gewesen", sagte Garrett gedankenverloren mit einem sanften Gesichtsausdruck, den sie einem sonst so hart wirkenden Mann gar nicht zugetraut hätte. "Wir haben geangelt, haben auf dem See gerudert und Ausschau nach Adlerhorsten gehalten." Als er zur Gegenwart zurückkehrte, wurde sein Blick wieder kühler. "Das Cottage bedeutet mir viel mehr, als es Ihnen je bedeuten könnte." Dessen war sie sich nicht so sicher. Robin hatte ihr die Hälfte des Häuschens vermacht. Es musste etwas ganz Besonderes für ihn gewesen sein. Was war dort, dass er gewollt hatte, dass sie mit ihrem Stiefbruder einen ganzen Monat in diesem Cottage verbrachte? Und dann traf es sie wie ein Blitz. Die sonderbare Formulierung "wenn beide Personen unverheiratet sind" war der springende Punkt. "Ich denke", meinte Ana zögernd, "dass er damit versucht haben könnte, uns zusammenzubringen."
„Uns zusammenbringen?" wiederholte Garrett ungläubig. "Sie und mich? Das halte ich für pures Wunschdenken. Robin hätte niemals etwas so Absurdes getan." Ana war tief verletzt durch seine Grausamkeit, die sie nicht verstand. "Was habe ich eigentlich getan ... ?" "Oder vielleicht", sagte Garrett, "ist die Hoffnung der Vater des Gedankens. Glauben Sie wirklich, nachdem Robin gestorben ist, könnten Sie sich an mich heranmachen?" Sowohl von der rüden Frage als auch von seinem hasserfüllten Ton wie vom Donner gerührt, schnappte sie nach Luft. "Ich habe nicht genug über Sie nachgedacht, um diese Idee in Erwägung zu ziehen." Ihre Stimme bebte, und sie hasste sich dafür, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. "Und selbst wenn ich es getan hätte, kann ich Ihnen versichern, dass ein Treffen mit Ihnen meine Meinung auf der Stelle geändert haben würde." "Gut", entgegnete Garrett völlig ungerührt. "Ich werde Ihnen die Hälfte des Häuschens abkaufen, und sobald die Papiere unterzeichnet sind, wird keiner von uns den anderen noch einmal sehen müssen." "Bestens." Ana stand auf und marschierte zur Tür, ohne auf die Rückkehr des Anwalts zu warten. "Es gibt nichts, was ich lieber tun würde, als Sie mit einer Unterschrift aus meinem Leben zu verbannen." Erst als sie zu Hause angekommen war und sich etwas beruhigt hatte, war sie in der Lage, über die, hässliche Szene nachzudenken. Doch dann verschlug ihr die Erkenntnis, warum Garrett sich ihr gegenüber so benahm, die Sprache. Er wusste nicht, wer sie war. Oder, um genauer zu sein, was sie war. Offensichtlich hielt er sie für Robins Geliebte! Wort für Wort ging sie im Geist nochmals jeden Moment ihrer drei Begegnungen durch. Und ihr Arger wuchs und wuchs. Wie konnte er es wagen, einfach eine solche Schlussfolgerung zu ziehen? Sie musste zugeben, dass diese Überlegung nicht ganz unlogisch sein mochte, aber sie wusste, dass Garrett Robin viele Jahre gekannt hatte. Wieso konnte er nicht auf Robins Integrität vertrauen? Wie konnte er sich auch nur vorstellen, dass Robin etwas mit einer Frau ihres Alters anfangen würde? Sie war ebenso sehr um Robins willen als auch um ihrer selbst willen wütend auf Garrett. Was für ein ekelhafter Perverser! Es gab kein Wort, das ausreichte, um seine schmutzigen, dummen Unterstellungen zu beschreiben. Wenn sie nur irgendeine Möglichkeit hätte, dafür zu sorgen, dass es ihm Leid tat. Sie wünschte, sie wäre ein Mann und könnte ihm ... Halt! Sie konnte! Sie hatte es in der Hand, ihm sein grobes, gefühlloses Verhalten mit gleicher Münze heimzuzahlen. Voller Schadenfreude rieb sie sich die Hände, als sie entschied, wie sie Garrett Holden aus dem Konzept bringen würde. Offensichtlich bedeutete ihm dieses Landhaus sehr viel. Er hatte dort schöne Stunden mit seinem Stiefvater verbracht. Einen Moment lang hatte sie ein schlechtes Gewissen. Ihr Vater hatte Garrett geliebt. Der Himmel mochte wissen, warum, aber so war es. Dennoch
hatte Garrett seinen Vater anscheinend nicht so geliebt oder verstanden, wie er es hätte tun sollen, sonst hätte er keine Minute geglaubt, sein Stiefvater hätte eine Affäre mit ihr gehabt. Und diese Mahnung festigte ihren Wunsch, Garrett eine Lektion zu erteilen, die er so schnell nicht vergessen würde. Sie wäre fast zum Telefon gestürzt, um ihn anzurufen, überlegte es sich dann jedoch anders. Sie würde warten, bis er gezwungen war, zu ihr zu kommen. Garrett rief Ana am nächsten Tag an und überhäufte sie mit salbungsvollen Floskeln. Es war amüsant. Aber als er fragte, ob er abends vorbeikommen könnte, willigte sie ein. "Obwohl es nach zehn Uhr sein müsste", sagte sie. "Ich arbeite heute Abend und werde vorher nicht zu Hause sein." "Mir war nicht klar, dass Sie einen Job haben." Das klang leicht irritiert. Oh, diese Chance, ihn ein wenig in seinem eigenen Saft schmoren zu lassen, würde sie sich nicht entgehen lassen. "Natürlich. Meine Arbeitszeiten ändern sich von Woche zu Woche, so dass ich nie weiß, ob ich tagsüber oder nachts oder Tag und Nacht arbeiten werde." Am anderen Ende der Leitung blieb es still, und Ana biss sich auf die Lippen, um ihn nicht laut auszulachen. Oh, sie konnte damit warten, ihm zu sagen, wer sie war. Er würde sich ungeheuer bescheuert fühlen, und sie würde dafür sorgen, dass sie diesen Moment miterlebte. Laut sagte sie nur: "Also, werde ich Sie so gegen zehn Uhr sehen?" "Um zehn." Ohne sich zu verabschieden, legte er auf. An diesem Abend hatte Ana Glück, weil keine späten Gäste mehr zu bedienen waren, und kam kurz vor zehn nach Hause. Um sich vom Essensgeruch zu befreien, duschte sie schnell. Sie trocknete ihre Haare gerade so weit, dass sie sich wild kringelten, und legte großzügig ihren teuren Lieblingsduft auf. Sie benutzte ihn nur selten, aber für diesen Abend hielt sie ihn für passend. Dann zog sie eine weiße Seidenbluse mit einem großen V-Ausschnitt, einen schmalen, kurzen schwarzen Rock und hochhackige Pumps an, die ihre Beine superlang wirken ließen. Das richtige Outfit, um jemanden aufzureißen. Oder um für eine kleine Goldgräberin gehalten zu werden, vor allem, wenn jemand von vornherein davon ausging, dass sie eine war. Die Türglocke läutete, als Ana gerade die Treppe hinunterstieg. Sie ging zur Haustür und öffnete sie. "Guten Abend. Bitte kommen Sie herein.“ „An Ihrem Haus müssten einige Arbeiten vorgenommen werden", sagte Garrett, ohne sie auch nur zu begrüßen. "Ja. Es ist ziemlich heruntergekommen“, stimmte sie zu. "Die Veranda müsste repariert werden. Außerdem braucht das Haus dringend einen neuen Anstrich." „Da bin ich sicher." Sie lächelte ihn strahlend an. "Möchten Sie sich setzen?"
Er ließ sich wieder auf exakt demselben Platz auf der Couch nieder wie das letzte Mal. "Mit dem Geld, das ich Ihnen für das Häuschen bezahlen werde, können Sie hier eine Menge herrichten lassen." "Ich bin sicher, das könnte ich", stimmte Ana zu. "Wenn es mir gehören würde." Sie hatte es geschafft, ihn zu überraschen. „Tut es das nicht? Ich habe einfach angenommen ...“ "In solchen Vermutungen sind Sie ja sehr gut", bemerkte sie übertrieben freundlich und registrierte voller Freude, dass er Mühe hatte sich zusammenzureißen. Schließlich meinte er: "Wenn es Ihnen nicht gehört, wem dann?" "Dem Vermieter." Sie wartete einen Moment, bis Garrett kurz davor war, zu explodieren. Dann lächelte sie unschuldig. "Ich war zehn, als wir von England hierher gezogen sind und meine Mutter das Haus kaufte. Damals war es eine ganz gute Gegend." Ihr Lächeln verschwand. "Meine Mutter ist vor drei Jahren gestorben, und ich brauchte Geld. Ich habe nicht vor, auf Dauer hier zu bleiben. Das Viertel wird immer schäbiger. Also habe ich das Haus unter der Bedingung verkauft, dass ich die Möglichkeit habe, es bis zu fünf Jahren zu mieten." Aber sie erzählte ihm nichts über ihre Mutter und Robin. Das könnte sie nie. Garrett verdiente nicht, das zu erfahren. "In Ordnung", meinte er ungeduldig. "Also müssen Sie sich nicht ein Haus kümmern. Das sollte das Geld für Sie noch reizvoller machen. Sie können es auf der Bank anlegen und reisen." "Oder studieren." Er hob die Augenbrauen. "Wenn Sie das interessiert. Tut es das?" "Nein", entgegnete sie heiter. "Für meine weitere Lebensplanung brauche ich keine zusätzliche Ausbildung." "Darauf wette ich", murmelte er. Nun, da sie wusste, was Garrett dachte, ergaben seine seltsamen Kommentare einen Sinn. Er hatte sie ständig beleidigt, und sie hatte es nicht einmal gewusst. Sie merkte, wie sie innerlich wieder zu kochen anfing, und verdrängte ihren Ärger, um sich stattdessen darauf zu konzentrieren, Garrett weiter zu verunsichern. "Also, wann werden wir uns auf den Weg machen?" Was?" "Wann fahren wir los?" wiederholte sie, als wäre er schwer von Begriff. "In Richtung Eden Cottage, meine ich. Was für ein schöner Name. Ich kann es nicht erwarten, es zu sehen. Es muss ein ganz besonderer Ort für Robin gewesen sein, wenn man an den Namen denkt.“ "Wir werde nirgendwo hinfahren", wehrte Garrett ab. "Ich habe das Testament bereits einem anderen Anwalt vorgelegt. Ich erwarte, dass es ihm möglich sein wird, diese schwachsinnige Klausel außer Kraft zu setzen. Dann zahle ich Sie aus, und die Sache ist erledigt." "Mich auszahlen?" Ana riss die Augen auf "Oh, habe ich vergessen zu erwähnen, dass ich meine Pläne geändert habe?" Er betrachtete sie misstrauisch. "Anscheinend. Inwiefern geändert?"
Sie räusperte sich und freute sich diebisch. "Ich habe mich entschieden, meine Hälfte nicht zu verkaufen. Das Cottage bedeutete etwas Besonderes für Robin, also werde ich es behalten." "Ich dachte, Sie brauchen dringend Geld für Renovierungsarbeiten." Garretts Stimme klang gepresst. "Das stimmt. Aber nicht derart verzweifelt", erwiderte Ana. "Wenn wir für einen Monat nach Maine fahren, ist das sozusagen ein bezahlter Urlaub für mich. Am Ende dieser Zeit können wir uns darüber unterhalten, ob ich meine Meinung geändert habe." Sie stand auf. "Ich hasse es, Sie hinauszuwerfen, aber ich hatte einen anstrengenden Tag." Garrett stand ebenfalls auf, aber anstatt zur Tür zu gehen, kam er auf Ana zu. "Wenn ich erreiche, dass diese Klausel geändert wird, werden Sie sowohl die Fahrt als auch die Hälfte der Steuern und Kosten, die für das Haus anfallen, zahlen." "Selbst wenn Sie erreichen, dass die Klausel geändert wird", erklärte sie munter, "werde ich wahrscheinlich trotzdem hinfahren. Vielleicht werde ich dann sogar dort hinziehen. Das müsste billiger kommen, als in Baltimore ein Haus zu mieten." Garrett schäumte vor Wut. Sie sah, dass er seine Hände zu Fäusten ballte und wieder entspannte, und war fasziniert von seinem Kampf um Selbstbeherrschung. "Diese Diskussion ist noch nicht zu Ende", warnte er sie, bevor er aus dem Zimmer marschierte. Als Garrett am folgenden Nachmittag von dem anderen Anwalt die gewünschte Auskunft erhielt, hätte er am liebsten das Telefon an die Wand gefeuert. Er geriet derzeit schnell in Rage, und er ahnte auch, warum. Seit Robin gestorben war, hatte er nicht mehr gut geschlafen. Obwohl er versuchte, tagsüber nicht in Kummer zu versinken, hatte er jede Nacht lebhafte Träume von seinem Stiefvater, die jedes Mal damit endeten, dass Robin ihm die Tür vor der Nase zuschlug oder einfach hinter einer Ecke verschwand. Er wusste, dass er damit unbewusst versuchte, über das Gefühl des Verlustes hinwegzukommen. Noch einmal las er die Klausel des Testaments durch. Der Anwalt, der sich das Testament angesehen hatte, war der Meinung gewesen, sofern Robins Geisteszustand außer Zweifel stand, sei das Testament unanfechtbar. Garrett seufzte. Wie sollte er einunddreißig Tage mit Ana Birch in Maine überstehen? Er konnte sich nicht vorstellen, so lange mit ihr unter einem Dach zu leben. Dennoch hatte es wahrscheinlich wenig Sinn, das Unvermeidliche auf die lange Bank zu schieben. Irgendwie würde er es schon überleben. Er rief Ana an. "Ich habe Antwort von dem anderen Anwalt wegen des Testaments", legte er los, ohne sich auch nur zu erkennen zu geben. Er hasste es, zu Kreuze zu kriechen. "Die Klausel ist gültig. Also werden wir notgedrungen einen Monat zusammenhausen müssen." "Wann fahren wir los?" Sie klang nicht selbstgefällig, nur interessiert.
"Ich fahre morgen früh los. Ich kann nicht für Sie sprechen." Sicherlich dachte sie nicht, dass er sechzehn Stunden zusammen mit ihr im Auto verbringen würde. "Aber je eher Sie dort auftauchen werden, desto eher wird die Farce vorbei sein." Er legte auf und wies sofort seine Haushälterin an, zu packen. Jetzt da er sich entschieden hatte, wollte er so schnell wie möglich nach Maine. Auf jeden Fall wollte er vor Ana dort ankommen. Er hatte den leisen Verdacht, dass sie sich aus purer Boshaftigkeit sein Lieblingszimmer für sich beanspruchen würde, wenn sie als Erste eintraf. Am nächsten Abend bog Garrett von der Landstraße in einen kleineren Weg ein, der sich am Seeufer entlangschlängelte und nach Eden Cottage führte. Auf der Veranda brannte ein Licht, das ihm in der Dämmerung half, sich zu orientieren, und er nahm sich vor, dem Hausmeisterehepaar einen Extra-Bonus zu zahlen. Der, alte Mann und seine Frau hatten bereits das Häuschen geputzt und ein paar Lebensmittel eingekauft, worum er sie telefonisch gebeten hatte. Garrett war bei Sonnenaufgang losgefahren und den ganzen Tag mit nur wenigen Pausen unterwegs gewesen. Er war froh, dass es draußen immer noch hell war. Er stieg aus, streckte sich und schaute den steilen Abhang zum glitzernden Wasser des von Birken und Kiefern gesäumten Sees hinab. Auch deshalb hatte er sich so beeilt. Sonst hätte er bis morgen früh warten müssen, um diese Aussicht zu genießen. Das Ferienhäuschen lag oberhalb des Sees und war in den Hang hineingebaut worden. An drei Seiten war es von einer hölzernen Terrasse umgeben. Hohe, mächtige Bäume spendeten Schatten. Garrett ging auf einem kleinen Weg den Hügel hinunter und trat auf einen Felsvorsprung über dem Kiesstrand am Seeufer. Er atmete tief die frische, nach Kiefern duftende Luft ein. "Es ist gut, hier zu sein", sagte er laut. Als er bewegungslos dastand und die Stille genoss, hallte der schaurige Ruf eines Seetauchers über das Wasser. Garrett lachte leise. Obwohl er veranlasst hatte, dass ihm morgen eine ganze Büro-Ausstattung, inklusive Fax und Computer hierher gebracht wurde, fühlte er sich dennoch, als mache er in ausgedehntem Urlaub. Aber seine Freude verschwand, als er sich vorstellte, die kleinen Räume mit Robins ehemaliger Gespielin zu teilen. In der Ferne war das stotternde Geräusch eines Motors zu hören, und abgelenkt von seinem Ärger schaute Garrett sich um und suchte mit düsterem Blick den See ab. Normalerweise deutete hier wenig auf andere Menschen hin. Auf dem See waren nur Ruderboote erlaubt, und rund um den See gab es kaum eine Hand voll anderer Ferienhäuser, die nach dem Ende der Sommersaison wieder alle leer stehen würden. Das Motorengeräusch wurde lauter, statt zu verschwinden, und er drehte sich um. Es klang fast, als würde sich jemand dem Haus nähern. Aber wenn nicht das Hausmeisterehepaar etwas vergessen hatte, konnte er sich niemand vorstellen,
der hier herauskam, denn an der schmalen Straße, die zum Haus führte, stand ein Schild mit dem Hinweis, dass es sich um einen Privatweg handelte. Er ging zum Haus zurück und hatte gerade seinen robusten Geländewagen erreicht, als wenige Meter entfernt rote Bremslichter aufleuchteten. Die Fahrertür eines kleinen, ramponierten Autos ging auf, Ana stieg aus und streckte sich. "Es ist unheimlich schön hier." Garrett starrte sie an. Wie, zum Teufel, hatte sie alles so schnell arrangiert, dass sie praktisch zur selben Zeit ankam wie er? Er kannte keine Frau, die in weniger als einem Tag für einen ganzen Monat packen konnte. Seine Mutter hätte für einen solchen Urlaub mindestens eine Woche Vorbereitungszeit gebraucht. "Sind Sie schon lange da?" Sie beugte sich geschmeidig nach unten und berührte ihre Zehen. Seine Augen wanderten ihre Rückenlinie entlang, die sich unter ihrem T-Shirt abzeichnete. Als sie mit den Handflächen den Boden berührte und sich von einer Seite zur anderen wiegte, sah ihr Po unglaublich provozierend aus. Er erwischte sich dabei, sich zu fragen, wie biegsam sie wirklich war, und verscheuchte sofort den Gedanken. Sie mochte Robin verhext haben, aber er, Garrett, hatte sie sofort durchschaut. "Ich ... äh ... Ich bin kurz vor Ihnen eingetroffen." Seine Stimme klang leicht rau. "Wie sind Sie so schnell hergekommen?" Ana zuckte die Achseln, streckte sich und warf ihre Haare zurück über die Schultern, und sein Blick fiel auf die glänzende Lockenpracht. "Ich musste mich nicht um viel kümmern. Ich habe alles gepackt, was wir brauchen könnten, habe die Katze in ihren Korb gesteckt und bin ..." "Die Katze! Ich habe nie etwas davon gesagt, dass ich Ihnen erlaube, eine Katze hier im Haus zu halten." "Dann werde ich sie in meiner Hälfte halten müssen. Und wie ich sagen wollte, bin ich gestern am späten Abend in das Auto gestiegen und losgefahren. Als ich anhielt, um zu frühstücken, habe ich die Bank und das Restaurant angerufen und beide Jobs hingeschmissen. Wenn ich zurückkomme und es nötig ist, kann ich leicht wieder einen oder zwei Jobs dieser Art bekommen." "Jobs? Sie arbeiten für eine Bank und ein Restaurant?" "Einige Leute haben kein Vermögen zur Verfügung", entgegnete Ana in scharfem Ton. "Was, um Himmels willen, haben Sie gedacht, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene?" Die Frage hatte Sprengkraft. Garrett biss sich auf die Zunge und wusste, dass wenn er sagen würde, was er dachte, den nächsten Monat lang offener Krieg zwischen ihnen wüten würde. Und es würde auch ohne große Schlacht schlimm genug mit ihr werden. "Schon gut." Sie drehte sich weg und ging zum Kofferraum ihres Autos. "Ich weiß die Antwort bereits." Ihre Stimme klang seltsam wehmütig, und einen Moment lang hatte er ein schlechtes Gewissen wegen seines rüden Benehmens ihr gegenüber. Dann ermahnte er sich, dass sie nur eine kleine Goldgräberin war, die einen alten
Mann dazu gebracht hatte, sie in seinem Testament zu bedenken. Zwei Jobs ... Kein Wunder, dass sie nach einem einfacheren Weg suchte, ihren Unterhalt zu finanzieren. Sie hatte Robin nicht wirklich geliebt, da war Garrett ganz sicher. Er hatte genug Erfahrung mit Frauen, die nur aufs Bankkonto eines Mannes schauten. "Warum haben Sie zwei Jobs?" Er machte seinen Wagen auf und nahm die Koffer heraus. "Viele Arbeitgeber wollen keine Sozialleistungen zahlen und suchen sich deshalb Teilzeitkräfte." Sie nahm einen großen Karton aus ihrem Auto. "Und die zeitliche Flexibilität ist für mich gerade richtig." Garrett ging zum Haus. "Am besten, Sie folgen mir." Das Hausmeisterehepaar hat das Haus bereits sauber gemacht und alles für uns vorbereitet." Insgeheim fragte er sich immer noch, warum sie zwei schlecht bezahlte Jobs hatte. Sie konnte doch sicherlich etwas Passenderes auftun. Hat sie doch, sagte der kleine Zyniker in ihm. Sie hat einem alten Mann den Kopf verdreht. "Gute Idee", erwiderte sie "ich werde zu ihnen gehen, um sie kennen zu lernen. Haben Sie ihnen eigentlich gesagt, dass ich auch hier sein werde?" "Nein", meinte er kurz angebunden. Als sie bei der Veranda ankamen, herrschte Stille. Garrett machte die Tür auf, schulterte sein Gepäck und überließ es ihr, ihm mit ihrem unhandlichen Karton zu folgen. Sie ist nicht hier, weil ich es wollte, sagte er sich grimmig. Er würde keine einunddreißig Tage damit zubringen, höflich zu sein, ihr die Türen aufzuhalten oder ihr irgendwelche Dinge abzunehmen. Wahrscheinlich war es tatsächlich besser, zuerst ein paar grundlegende Regeln aufzustellen. Er ignorierte sie, ging die Treppe hinauf und brachte sein Gepäck in sein Schlafzimmer. Als er wieder herunterkam, stand sie immer noch im Wohnzimmer und schaute durch das große Panoramafenster auf den See. Es war jetzt fast dunkel, und Garrett wusste, dass sie nicht mehr viel sehen konnte. "Das Schlafzimmer oben gleich links ist meines. Sie können das andere mit Blick auf den See haben", sagte er. "Das ganz hinten war Robins Zimmer." Ana nickte. „Das ist das Wohnzimmer und hier hinten ist die Essecke. Diese Türen führen auf die Terrasse. Zur Küche geht es hier entlang und …“ Garrett ging weiter, „das ist mein Arbeitszimmer. Oben gibt es ein Vollbad, im Erdgeschoss finden Sie ein kleines Bad mit mit Dusche. Außerdem gibt es im Erdgeschoss einen Wirtschaftsraum." Garrett hielt inne, als ihm bewusst wurde, wie intim dieses erzwungene Zusammenleben werden würde. "Morgen werden wir einen Plan aufstellen, wer zu welchen Zeiten das Bad und die Küche benutzen kann. Sie werden auch helfen müssen, Holz zu hacken. Wenn Sie hier mit mir wohnen wollen, müssen Sie sich auch an den anstehenden Arbeiten beteiligen." Garrett bezweifelte, dass sie mehr als leichte Hausarbeit gewohnt war. Schließlich hatte sie ihr eigenes Heim lieber verkauft, als es in Schuss zu halten. "Einmal in der Woche kommt die Frau des Hausmeisters zum Putzen", fuhr er fort, "aber Sie müssen die Wäsche selbst machen und Ihre Sachen aufräumen."
Ana nickte nur. "Nun", sagte Garrett schließlich, "ich denke, ich werde jetzt mein restliches Gepäck holen." Am nächsten Morgen wachte Ana von lautem Zwitschern eines Vogels vor dem Fenster auf. Dem Licht nach zu urteilen, musste es noch sehr früh sein. Sie war nach der langen Fahrt gestern erschöpft gewesen und hatte nicht erwartet, bei Sonnenaufgang wach zu werden. Aber sie wusste, dass sie jetzt keinen Schlaf mehr finden würde. Sie schlug die leichte Decke zurück und erschreckte die Katze, die fauchend von ihrem Schlafplatz am Fußende des Bettes sprang und unter dem Bett verschwand. Ana lachte leise. "Entspann dich, Roadkill. Ich wette, du kommst ganz schnell wieder hervor, wenn ich mit Futter zurückkomme." Sie setzte sich hoch und berührte mit den Füßen den Boden. "Brrr!" murmelte sie. Selbst mitten im Sommer war es hier nachts kalt. Ana ging zum Fenster, von wo aus sie dem Sonnenaufgang über dem See zuschauen konnte. Das Häuschen stand an der Westseite des kleinen Sees, und sie konnte die Wärme der ersten Sonnenstrahlen bereits spüren. Gestern Abend hatte sie bei einem kleinen Laden gehalten, um nach dem Weg zu fragen, und der Verkäufer hatte ihr gesagt, der See sei klein. Aber wenn sie nach Norden und Süden schaute, wirkte er endlos. Am gegenüberliegenden Ufer sah sie ein anderes Haus, von dem ein Anlegesteg in den See führte. Auch Eden Cottage hatte einen Anlegesteg. Kindheitserinnerungen kamen ihr in den Sinn. Damals hatte ihre Mutter, die das Wasser geliebt hatte, jeden Sommer ein Häuschen am Choptank River gemietet, wo sie gemeinsam eine eigentlich viel zu teure Woche Ferien gemacht hatten. Ihre Mutter hatte Ana schon als kleines Kind das Schwimmen beigebracht, und so waren sie dort geschwommen, getaucht und hatten auf dem schmalen steinigen Ufer in der Sonne gelegen. Sie unterdrückte die aufsteigenden Tränen. Das waren gute Zeiten gewesen, und es gab keinen Grund, deshalb zu weinen. Es war nur so, dass sie Mutter manchmal sehr vermisste. Dieser Gedanke rief eine andere Erinnerung wach, und sie hätte in der morgendlichen Stille ihres neuen Hauses fast laut gelacht. Meines neuen halben Häuschen, korrigierte sie sich. Welche Hälfte des Anlegestegs gehörte ihr? Welche des Boots, des Sees? Als sie mit einem Badelaken auf Zehenspitzen die Treppe hinunterging, um ihren mürrischen Stiefbruder nicht zu wecken, hatte sie die wunderliche Idee, dass sie leuchtend orangefarbenes Klebeband besorgen sollten, um ihre jeweiligen Bereiche zu markieren. Denn sie war ziemlich sicher, dass sie Probleme damit bekommen würde, sich zu erinnern, wo sie hintreten durfte und wo nicht. Außer auf Garretts Zehen. Das würde sich nicht vermeiden lassen. Vorsichtig die quietschende Tür schließend, stahl sie sich aus dem Haus. Sie nahm sich fest vor, die Tür später zu ölen.
Der Weg zum Seeufer war mit Kieselsteinen und einer Schicht Kiefernnadeln bedeckt. Am Ufer angekommen, blieb Ana einen Moment stehen, atmete tief ein und genoss die wärmende Sonne auf ihrem Gesicht. Es würde ein schöner Tag werden. Trotz Garretts Unfreundlichkeit wusste sie, dass sie hier glücklich sein könnte. Nachdem sie über einen Felsbrocken gestiegen war, betrat sie die Holzplanken des Anlegesteges. Sie suchte mit den Augen den See ab und konnte niemanden entdecken. Perfekt! Sie zog die Sandalen aus und streifte dann das weite T-Shirt aus, in dem sie geschlafen hatte. Sie spürte die Wärme und Seebrise auf der nackten Haut. Da sie nicht wusste, wie tief das Wasser war, benutzte sie die am Ende des Bootsstegs angebrachte Leiter, um langsam ins Wasser zu steigen. Es war so kühl, dass sie erschauerte, aber gleichzeitig belebend. Ana schwamm mit kräftigen Zügen, bis ihr warm wurde. Garrett hatte ihr nichts über den See und etwaige Strömungen oder Gefahren erzählt. Deshalb blieb sie in der Nähe des Anlegeplatzes, obwohl sie eine exzellente Schwimmerin war und wahrscheinlich mühelos einmal quer über den See und wieder zurück schwimmen könnte. Zumindest nach etwas Training. Es war schon lange her, seitdem sie regelmäßig geschwommen war. Schließlich klarte der Himmel auf, und sie befürchtete, dass jemand vorbeikommen könnte, wenn sie noch länger im Wasser blieb. Als sie die Leiter erreicht hatte, warf sie nervös einen Blick auf das Haus, aber nichts rührte sich. Sie war sicher, dass Garrett noch schlief. Schnell stieg sie aus dem Wasser, griff nach dem Badelaken, trocknete sich schnell notdürftig ab, zog ihr T-Shirt wieder über und wickelte sich in das Badelaken. Sie war immer noch nass, und der Stoff klebte an ihr. Morgen musste sie einen Bademantel anziehen. Oh, es war wundervoll hier! In dem Moment, als sie das Cottage betreten hatte, hatte sie gewusst, dass sie ihre Hälfte nicht einfach verkaufen konnte. Eigentlich hatte sie das vorgestern nur zu Garrett gesagt, um ihn wütend zu machen, weil er so anmaßend und ablehnend gewesen war. Aber jetzt dachte sie nicht, dass sie sich jemals von dem Haus trennen würde. Nicht einmal an Robins geliebten Stiefsohn würde sie ihren Anteil verkaufen. Außerdem hatte Robin ihr, seiner Tochter, die Hälfte seines schönen Rückzugsortes sicher nicht ohne Grund vermacht. Ihre gute Laune bekam bei dem Gedanken an ihren Vater einen Dämpfer. Sie war vor ihrem Aufbruch dreimal auf dem Friedhof gewesen und hatte sein Grab besucht, konnte aber immer noch nicht glauben, dass ihr Vater gestorben war. Wenn er länger gelebt hätte, hätte er sie sicherlich hierher mitgenommen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie versuchte sie fortzublinzeln. Sie hatte ihren Vater gerade erst vor kurzem gefunden, und jetzt hatte sie ihn bereits wieder verloren. Für jemand, dem sein ganzes Leben die Liebe eines Vaters gefehlt hatte, war das ein fruchtbarer Schlag. Als sie wieder zum Haus ging, hatte sie einen so dicken Kloß im Hals, dass sie kaum schlucken konnte.
3. KAPITEL Garrett stand am großen Fenster im Wohnzimmer. Er war sich nicht sicher, wodurch er aufgewacht war, aber verdammt froh darüber. Er setzte die Kaffeetasse auf dem Fensterbrett ab, schüttelte ungläubig den Kopf und überließ sich seinen sinnlichen Empfindungen. Es gab einige Erfahrungen, die ein Mann in seinem Leben gemacht haben sollte, und ein Moment wie dieser war einer davon. Kein Wunder, dass Robin dieser Verführerin erlegen gewesen ist, dachte er, als er Ana dabei beobachtete, wie sie aus dem Wasser stieg. Wenn er nicht wüsste, hinter was Frauen wie sie wirklich her waren, würde auch er der Versuchung erliegen. Ana hatte einen schönen Körper mit hoch angesetzten Brüsten, einer ganz schmalen Taille, weich gerundeten Hüften und langen, schlanken Beinen. Sie war klein - kaum größer als einsfünfzig - und perfekt proportioniert. Sie war wahrscheinlich kaum einfünfundfünfzig. Er wusste, er sollte wegsehen, aber keine Macht der Welt hätte ihn jetzt dazu bringen können, den Blick von ihr loszureißen. Außerdem ist sie für jeden gut sichtbar nackt schwimmen gegangen, sagte er sich. Gerade jetzt könnten ihr ein Dutzend Leute zusehen. Wenn sie vorhin nicht so viel herumgeplanscht hätte, hätte er sie wohl nie sofort bemerkt. Und wenn sie einen Badeanzug tragen würde, wie jede anständige Frau es tun würde, würde er niemals so am Fenster kleben wie jetzt. Dass er selbst an der gleichen Stelle im See schon sehr oft nackt geschwommen war, ließ er außer Acht. Schließlich war er ein Mann. Als Ana in ihrem feuchten T-Shirt den Weg hinaufkam, trat Garrett schnell vom Fenster weg. Sie hielt ihn eh schon für ein Ekel. Was würde sie denken, wenn sie bemerkte, dass er sie beobachtet hatte wie ein Voyeur? Doch warum sollte ihn das kümmern? Das tat es nicht. Natürlich nicht. Er machte sich auf den Weg in die Küche und begann sich ein Müsli zuzubereiten. Ana Birch war nichts weiter als eine vorübergehende Unannehmlichkeit in seinem Leben. Er wusste, dass sie gesagt hatte, sie würde ihren Anteil am Haus nicht verkaufen, aber er wusste auch, dass sie der Ruhe hier draußen in den Wäldern müde werden würde, sobald der Reiz des Neuen verflogen wäre. Und dann würde er ihr ein gutes Angebot machen. Nach der von seinem Stiefvater gesetzten Frist würde sie mit dem Geld wieder aus seinem Leben verschwinden. So wie Kammy aus seinem Leben verschwunden war. Nur dass er nicht so dumm sein würde, sich in diese Frau zu verlieben, und deshalb auch nicht am Boden zerstört sein würde, wenn Ana ging. Er schnaubte vor Entrüstung. Er hatte schon ewig nicht mehr an Kammy gedacht. Sie war ebenfalls nur eine vorübergehende Störung in meinem Leben gewesen, versicherte er sich. Der einzige Unterschied war, dass er seine Lektion gelernt hatte und immer daran denken würde, dass manche Frauen für Geld alles tun würden.
Das Quietschen der Tür wies ihn darauf hin, dass Ana ins Haus kam, und er goss etwas Milch über sein Müsli, gerade als sie die Küche betrat. "Guten Morgen." Sie klang entschieden misstrauisch. "Sind Sie schon lange wach?" "Lange genug." Er sah absichtlich nicht zu ihr hin. Er wusste bereits, dass sie ein nasses T-Shirt trug, über das sie ein Badelaken geschlungen hatte. Und er würde keine weiteren Fragen stellen, die eine Unterhaltung nötig machen würden. Je weniger Kontakt er mit ihr hatte, desto besser. Ana schwieg einen Augenblick, so als ob sie versuchte, die Bedeutung seiner Worte zu entschlüsseln. Dann sagte sie: "Das Müsli sieht gut aus." Sie drehte sich zum Schrank um. "Wo sind die Schüsseln?" "Die dritte Tür links von der Spüle", erwiderte Garrett. "Haben Sie gestern Abend Lebensmittel mitgebracht? Die rechte Seite im Kühlschrank ist für Sie freigeräumt, ebenso wie die Regale in der Speisekammer. Es wird nicht so einfach sein, das Geschirr zwischen uns aufzuteilen, aber wenn wir beide alles sofort wieder abspülen und wegräumen, sollte es uns möglich sein, uns gegenseitig nicht in die Quere zu kommen." Ana stellte die Schüssel ab und drehte sich langsam zu ihm um. Ihr Gesicht drückte Unglauben aus. "Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht Ihre Sachen essen soll?" "Nein, natürlich nicht", antwortete er ruhig. "Wenn Sie noch keine Vorräte hier haben, bedienen Sie sich nur. Die Geschäfte öffnen um zehn Uhr, glaube ich." "Ich habe angenommen, dass wir die Mahlzeiten und die Kosten dafür miteinander teilen würden. Wäre das nicht einfacher, als wenn jeder separat für sich für sich kocht?" "Nicht für mich", entgegnete Garrett prompt. "Ich möchte nicht in meiner Arbeit gestört und zu bestimmten Zeiten zum Essen gerufen werden oder kochen müssen. Mein Tagesablauf ist sehr geregelt." Ana starrte ihn immer noch an, und neben dem Schock waren ihr die Zweifel anzusehen. Sie wusste, dass er log, weil er schlichtweg nichts mit ihr zu tun haben wollte. Als er sie ansah, senkte sie den Blick und biss sich auf die Unterlippe. Sie drehte sich wieder zum Schrank, stellte langsam die Schüssel zurück und ging dann zur Tür. "He, ich habe Ihnen doch gesagt, Sie können sich heute Morgen von meinen Sachen bedienen." "Seien Sie nicht albern." Ana blieb nicht einmal stehen. "Ich würde mich Ihnen nicht im Traum derart aufdrängen wollen." Nein, sagte Garrett sich, ihre hängenden Schultern und das Beben in ihrer Stimme werden nicht mein Mitgefühl wecken. Sie war eine teuflisch gute Schauspielerin. Um Robin so zum Narren zu halten, musste sie das sein. Dennoch konnte Garrett nicht ganz verhindern, dass er sich schuldig fühlte und es bedauerte, sie aus der Küche vertrieben zu haben. Sie hatte noch nicht einmal gefrühstückt - aber das war ja nicht seine Sorge.
"Ich werde heute einen vorläufigen Plan aufstellen", rief er ihr nach, "wie wir die gemeinsam zu benutzenden Räume und die kleineren Reinigungsarbeiten aufteilen werden. Sie können ihn sich anschauen, und wenn Sie Änderungen wünschen, werden wir diese berücksichtigen." Ana war bereits auf dem Weg ins Obergeschoss, und er hörte sie irgendetwas murmeln, konnte sie jedoch nicht verstehen. Und irgendwie bezweifelte er, dass es ein Kompliment für sein Organisationstalent war. Den restlichen Tag über sah Garrett Ana kaum. Er holte das Ruderboot aus dem Lagerraum und brachte es zum Ufer. Nur gut, dass er so groß war. Jemand, der so klein und zerbrechlich war wie seine neue Hausgenossin, hätte das nie allein geschafft. Er kam sich ziemlich großmütig vor. Auch wenn sie ihm nicht geholfen hatte, würde er es ihr nicht verübeln, wenn sie das Boot benutzte. Er bekam Ana flüchtig zu Gesicht, während er die Lieferung seiner Computerausstattung kontrollierte. Mit zwei großen Koffern beladen kam sie von ihrem Auto aus den Hügel hinauf. Zu seiner Überraschung ging sie nicht durch die offene Haustür, sondern verschwand durch den Hintereingang, der direkt in die Küche führte. Er sah, wie sie diese Aktion mehrmals wiederholte, und hörte ihre Schritte auf der Treppe. Kurz danach kam sie wieder aus dem Haus, stieg in ihr kleines Auto und fuhr los. Zum Einkaufen, nahm er an. Nachdem Garrett seinen Computer in Betrieb genommen hatte, kümmerte er sich um die E-Mail-Verbindung. Da er an den örtlichen Server angeschlossen war, konnte er sofort online kommunizieren. Mittlerweile war schon Mittagszeit, und er ging nach unten, um sich ein paar Sandwiches zuzubereiten, die er mit in sein Arbeitszimmer nahm. Im Kühlschrank waren immer noch nur seine mitgebrachten Sachen. Er musste später unbedingt einkaufen fahren und sich einen Vorrat anlegen. Während er aß, arbeitete er einen vorläufigen Plan für die Küchen-, Waschmaschinen- und Badbenutzung aus. Er ging davon aus, dass Ana sich mit seiner Planung arrangieren konnte. Wenn sie ein Problem mit seiner Zeiteinteilung haben würde, konnten sie darüber reden. Er war ja ein vernünftiger Mann. Als er schließlich in das Städtchen fuhr, war Ana immer noch nicht zurück. Er war sich dessen nur bewusst, da sie sein Heim mit ihm teilte. Vielleicht hatte sie sich verirrt. Sie war noch nie hier gewesen. Viele der kleinen, gewundenen Straßen waren kaum zu unterscheiden. Falls sie sich verfahren oder einen Unfall gehabt hatte würde logischerweise er derjenige sein, den sie anrufen müsste. Dann erinnerte er sich daran, wie sie sich morgens in der Küche grimmig auf ihre Unterlippe gebissen hatte. Nein, sie würde ihn nicht anrufen. Diesmal konnte er die leise Stimme seines Gewissens nicht überhören: Was würde Robin empfinden, wenn er sähe, wie du Ana behandelst? Er hat dich zum Gentleman erzogen. In Ordnung. Er hatte sich wie ein richtiger Flegel benommen. Er hätte sich mehr bemühen müssen, freundlicher zu ihr zu sein. Schließlich hatte sie Robin etwas bedeutet. Und wenn er daran dachte, wie jugendlich und glücklich der alte
Mann im letzten Jahr seines Lebens gewirkt hatte, musste Garrett zugeben, dass sie Robin so glücklich gemacht hatte, wie er sich seit dem Tod seiner zweiten Frau vor über zwei Jahren nicht mehr gefühlt hatte. Egal, wie sie sonst auch war, Robin hatte es gut getan, mit ihr zusammen zu sein. Und dafür sollte er, Garrett, ihr dankbar sein. Ana war über alle Maßen erfreut, dass sie im Ort ein außergewöhnlich gut sortiertes Geschäft für Künstlerbedarf entdeckt hatte. Es wundervoll, dass es so etwas hier gab und sie nicht erst weit fahren musste, wenn sie Material brauchte. Und sie fand ihre ersten neuen Freunde in Maine. Der Eigentümer des Ladens freute sich, sie kennen zu lernen. Teddy Wilkens schien nicht viel älter als sie zu sein. Als er erfuhr, dass sie für eine Weile in dieser Gegend bleiben würde, drückte er auf einen kleinen Summer, deren Ton schwach im ersten Stock des zweistöckigen Ladens zu hören war. "Wir wohnen oben. Wir haben das Geschäft gerade erst gekauft. Es ist ein florierender Laden, und wir sind ganz aufgeregt über all die Möglichkeiten, die sich uns bieten", sagte Teddy beim Verpacken ihrer Einkäufe. "Leider hat meine Frau eine schwierige Schwangerschaft durchzustehen und bekommt nur selten Besuch. Sie würde sich wahnsinnig freuen, wenn Sie für ein paar Minuten zu ihr reinschauen könnten." "Das wäre reizend." Gerade in diesem Augenblick kam eine schwangere Frau durch die Hintertür in den Laden. "Nola, das ist Ana Birch, die draußen am Snowflake Lake wohnt." "Es freut mich, Sie kennen zu lernen." Lola Wilkens lächelte Ana warmherzig an. "Ganz meinerseits", sagte Ana, "aber, bitte, stehen Sie nicht meinetwegen." Sie deutete auf zwei Schaukelstühle in einer Ecke des Ladens. "Warum gehen wir nicht hinüber und setzen uns?" Nola ging schwerfällig voraus und setzte sich vorsichtig. Ana erfuhr, dass Teddy und Nola aus Virginia stammten und Zwillinge erwarteten. Es war Nolas erste Schwangerschaft; die Zwillinge sollten Anfang September zur Welt kommen. "Wenn alles planmäßig läuft", fügte Nola hinzu. "Die Ärzte denken, dass die Babys auch früher kommen könnten. So bleiben mir noch drei bis sieben Wochen bis zur Geburt." "Bitte lassen Sie es mich wissen, wenn die Kleinen da sind", erwiderte Ana. "Falls ich dann immer noch hier bin, werde ich Ihnen als Ausgleich dafür, dass ich die Babys bewundern kann, ein paar Mahlzeiten vorbeibringen." Nola lachte. "Oh, ich denke, wir werden so glücklich sein, wenn uns jemand mit den Babys zur Hand geht, dass wir dann Sie verpflegen wollen." Die junge Frau war fröhlich, aber sichtlich müde. Als Ana sich verabschiedete, entschied sie, Teddy und Nola bereits das nächste Mal, wenn sie in die Stadt kommen würde, selbst gekochtes Essen mitzubringen.
Im Haus brannte kein Licht, und Garretts Wagen war nicht da, als sie ihr Auto abstellte. Gut. Sie hatte seine Feindseligkeit bereits gründlich satt. Bevor sie heute Morgen in die Küche gekommen war, war sie so dumm gewesen, zu glauben, dass sie beide hier die nächsten vier Wochen friedlich verbringen könnten. Es hatte keine Zeit verschwendet, diese Seifenblase platzen zu lassen. Sie wettete, dass er das Wort" friedlich" nicht einmal kannte. Als sie die Konserven auspackte, kochte sie wie schon am Morgen innerlich vor Wut. Dann sah sie den Plan, den er auf dem Küchentisch liegen gelassen hatte. Es war eine säuberliche Tabelle, in der er minutiös eingetragen hatte, wann er die Küche und das Bad benutzen wollte. Unten stand eine Notiz in maskuliner Handschrift: Falls eine der Zeiten ein Problem darstellt, werden wir verhandeln. Verhandeln? Er konnte sie mal ... Er wollte Krieg, und er würde Krieg bekommen. Ana nahm einen Bleistift aus ihrer Tasche und trug ihre Zeiten ein. Sie war eine vernünftige Person und im Allgemeinen freundlich und rücksichtsvoll. Teddy und Nola hatten sicherlich nichts an ihr auszusetzen gehabt. Aber Garrett konnte sie auf den Tod nicht leiden.. Warum war er so sicher, dass sie Robins Geliebte gewesen war? Das machte sie wütender als alles andere. Es war beleidigend für sie, aber noch schlimmer, es war beleidigend für Robin. Garrett hatte den Mann seit vielen Jahren gut gekannt. Wie konnte er Robin unterstellen, dass er eine Affäre mit einer um Jahrzehnte jüngeren Frau gehabt und sie dann auch noch in seinem Testament bedacht hatte? Sie räumte ihre mitgebrachten Lebensmittel akkurat in die dafür vorgesehenen Regale und Schränke. Dem Mann wird es noch Leid tun, dass er damit angefangen hat, dachte sie, als sie in ihr Zimmer ging und sich ihr Buch mit Rezepten vornahm. Der Krabben-Dip würde ihr erster Angriff sein. Morgen würde sie ihre Hähnchen-Brokkoli-Auflauf zubereiten, ein fantastisches Gericht, dessen Duft durchs ganze Haus ziehen würde. Sie konnte gleich so viel machen, dass genug für Teddy und Nola blieb. Und die Kirschen, die sie am Marktstand gekauft hatte, würde sie für Kirschtörtchen verwenden. Ja, sie hoffte wirklich sehr, dass Garretts Fähigkeiten als Koch sich darauf beschränkten, Fertiggerichte aufzuwärmen. Dann überkamen sie Schuldgefühle, und ihr Groll verflog. Sie trauerte um Robin. Was musste Garrett empfinden? Er hatte mit ihm gelebt und ihn geliebt, seit er ein Teenager gewesen war. Er trauerte ebenfalls, und es war nicht abwegig, dass sein ungehobeltes Verhalten in seinem Kummer begründet lag. Jeder ging anders damit um, wenn er jemanden verlor, den er liebte. Garrett war derjenige gewesen, der die Formalitäten wegen der Beerdigung erledigen und die Verantwortung für alles übernehmen musste. Er hatte sich schon durch die Phase des Verleugnens durchgekämpft, an die sie sich immer noch klammerte. Und jetzt war er wütend. Und wer würde sich besser dazu eignen als sie, um sich abzureagieren? Sie mochte die damit verbundene Einschätzung ihres Charakters nicht mögen, aber sie konnte verzeihen. Und sie würde es. Morgen würde sie ihm sagen, dass sie Robins Tochter war, und Ordnung in das Durcheinander bringen.
Nach diesem Entschluss fühlte sie sich gleich viel besser und ging zurück zu ihrem Auto, um die Sachen zu holen, die sie bei Teddy erstanden hatte. Sie brachte sie nach oben in den Raum, der Robins Zimmer gewesen war. Es war ein idealer Platz zum Arbeiten, mit riesigen Fenstern an drei Seiten, so dass die Lichtverhältnisse optimal waren. Zusätzlich gab es ein außergewöhnlich gutes Beleuchtungssystem. Wenn sie nicht wüsste, dass Robin keine künstlerische Ader gehabt hatte, würde sie annehmen, dass dieser Raum als Atelier oder Werkstatt gedacht gewesen war. Das Zimmer war mit komfortablen Möbeln, einem großen Fernsehgerät und einer Hi-Fi-Anlage ausgestattet, ließ aber noch viel Platz ungenutzt. Vor dem größten Fenster stand ein großer Tisch, der sich bestens dafür eignete, Stoff zuzuschneiden und ihre Hüte zu drapieren. Daneben war noch genug Platz für die tragbare Nähmaschine, die sie mitgebracht hatte. Eine lange Kleiderstange in einer Ecke und eine Reihe von Schränken, die sich unterhalb des einen Fensters über die ganze Wand erstreckten, waren wie geschaffen, um ihre Sachen ordentlich zu verstauen. Und der riesiger Schrank mit Jalousietüren, der fast die ganze Wand einnahm, stand leer. Ana packte Nähmaschine und Stoffe aus und arrangierte alle Arbeitsutensilien. Freudig strich sie über einen burgunderfarbenen Satinstoff, und plötzlich sah sie in ihrer Fantasie eine sehr eleganten Handtasche in Kombination mit dem passenden Federhütchen vor sich. Erleichtert merkte sie, dass ihre Kreativität zurückkehrte, die sie verlassen hatte, seitdem sie vor vier Tagen von Robins Tod erfahren hatte. Vier Tage! Es kam ihr viel länger vor. Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. Die meiste Zeit ihres Lebens hatte sie geglaubt, ihr Vater sei tot. Ihre Mutter hatte kaum von ihm gesprochen, und Ana hatte nur selten den Mut gehabt, nach ihm zu fragen. Die paar Male, die sie es getan hatte, hatte Janette so traurig ausgesehen, dass Ana gewusst hatte, dass ihre Mutter diesen Mann noch immer liebte. Ana war nur bekannt, dass er Amerikaner gewesen war und sich das Paar gut ein Jahr vor ihrer Geburt kennen gelernt, niemals geheiratet, aber sehr geliebt hatte. Die schönen und zugleich tragischen Landschaftsbilder, die ihre Mutter bekannt gemacht hatten, zeigten ihre Gefühle. Janette hatte ihre Karriere als Porträtmalerin begonnen. Ana besaß vier Porträtbilder ihrer Mutter: Eines, das sie selbst als Kind in sanften Pastellfarben zeigte, zwei Skizzen, die später von ihr zu Porträts ausgearbeitet worden waren, und eines, das sie besonders in Ehren hielt: ein Selbstporträt ihrer Mutter. Ana war noch nicht einmal zwei Jahre alt gewesen, als Janette es mit Holzkohle gezeichnet hatte. Kurz danach waren sie wieder nach England gezogen, wo Anas Großeltern gelebt hatten. Ana hatte andere Bilder und Fotografien von ihrer Mutter, aber dieses eine, das Janette selbst gezeichnet hatte, war ihr liebster Besitz. Sie hatte keine ähnlich persönliche Erinnerung an Robin. Tränen rannen ihr übers Gesicht.
Plötzlich ging die Tür auf. Garrett lehnte im Türrahmen ihres neuen Ateliers und blinzelte kurz im hellen Licht. "Wo waren Sie den ganzen Tag?“ fragte er, hielt aber dann irritiert inne, als er sah, wie sie darum kämpfte, ihre Fassung wieder zu gewinnen. "Gehen Sie" sagte sie knapp, verärgert, dass er beim Weinen erwischt hatte, und drehte ihm den Rücken zu. Sie hörte, dass er ins Zimmer kam. "Was ist das hier?" Er klang nicht erfreut. „Meine Arbeit." Sie wandte ihm immer noch den Rücken zu, als sie sich die Tränen wegwischte. "Ich dachte, Sie hätten Ihre Arbeit hingeschmissen." Ana drehte sich um und wurde wegen seines anklagenden Tons wieder äußerst ärgerlich. "Ich habe meine Jobs hingeschmissen", verbesserte sie ihn. "Das hier betrachte ich als meine wahre Berufung." "Sie sind Hutmacherin?" Es klang skeptisch. Er nahm ein Stück schwarzen Tüll und hob die Augenbrauen. "Sie verwenden Verzierungen und Federn?“ "Meine Hüte sind alle Unikate, ebenso wie die dazu passenden Handtaschen." Ana griff nach einer gerahmten Urkunde, eine Anerkennung für ihre Arbeit vom Fachverband für "Restauration der Kopfbedeckungen" und zeigte sie ihm. "Ich arbeite auch an besonderen Projekten und bin gebeten worden, in einem Buch einen Oberblick über die Geschichte des Hutes in den verschiedenen geschichtlichen Epochen zu geben." "Ich bin beeindruckt." Es klang aufrichtig, aber da er sich schon einige Male vorher erst zivilisiert gegeben hatte, nur um sie dann wieder anzugiften, sah Ana ihn zweifelnd an. "Woher wissen Sie so viel über Hüte?" "Ich habe Ihnen doch schon erzählt, dass ich als junges Mädchen von Hüten fasziniert war." Er nickte. "Meine Mutter förderte mein Interesse und half mir, eine Sammlung zusammenzustellen. Und ich habe Modedesign studiert und mich aufs Hütemachen spezialisiert." "Sehr beeindruckend." Wieder klang es so, als ob er es ernst meinte. "Wusste Robin davon?" Ana sah ihn an, als ob er verrückt wäre, obwohl das Kompliment ihren Puls beschleunigte. "Natürlich. Er hat mich immer sehr dazu ermutigt." "Und Sie waren nie zuvor hier? Sie kannten dieses Häuschen nicht?" Er sah sie gespannt an. Verwirrt vom Themenwechsel, schüttelte sie den Kopf. "Nein. Warum?" "Ich denke, dass Robin dieses Zimmer eigens für Sie neu eingerichtet hat." Garrett beobachtet Anas Gesicht. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, mit diesem Gedanken herauszuplatzen. "Wie bitte?" wiederholte sie ungläubig.
„Dieses Zimmer und der Lagerraum nebenan waren noch vor einem Jahr nicht ausgebaut. Als wir letzten Sommer hier waren, entschied sich Robin, eine Wand einzuziehen, wodurch ein weiteres Zimmer entstand. Aber er hat es nie benutzt. Als dieser Raum hier fertig eingerichtet war, war es Zeit, nach Baltimore zurückzukehren." Er sah Ana prüfend an. Ihre Augen glänzten, ihre Nase war rot. Sie hatte geweint, als er hereingekommen war. Wegen Robin? Der Gedanke verärgerte ihn enorm. Er war sich nicht sicher, warum ihn der Gedanke störte, dass Ana wegen Robins Tod litt. Es war nicht so, dass er glaubte, das Monopol auf seinen Stiefvater zu haben. Aber dass Robin und Ana etwas miteinander gehabt hatten, erschien ihm so anstößig, dass er immer noch aus der Haut hätte fahren können. Wie hatte sie es zulassen können, dass die Hände eines so alten Mannes ihren Alabasterkörper gestreichelt hatten? Und wie hat Robin sich so von ihrer Jugend und ihrer Schönheit blenden lassen können? Diese Frage hatte Garrett sich in den letzten paar Tagen immer wieder gestellt. Hätte nicht allein die Tatsache, dass sie an einem so viel älteren Mann interessiert gewesen war, Robin von einer Liebschaft abhalten sollen? "Wie auch immer", sagte Garrett. "Ich hatte vor, mein Arbeitszimmer hierher zu verlegen." Ana stützte die Hände auf ihre Hüften, was zur Folge hatte, dass ihre Bluse sich über den Brüsten spannte und sich ihre Brustspitzen deutlich darunter abzeichneten. Es fiel Garrett schwer, seinen Blick wieder ihrem Gesicht zuzuwenden. "Das ist ein fantastischer Platz für meine Arbeit. Ich werde das Zimmer nicht wechseln. Insbesondere wenn Robin es extra für mich neu gestaltet hat." "Wir teilen uns das Häuschen", erinnerte Garrett sie. In Wirklichkeit wollte er weniger das Zimmer, viel mehr wollte er sie wissen lassen, dass sie hier nur geduldet war. Es war offensichtlich, dass sie begabt für den ungewöhnlichen Beruf, den sie sich ausgesucht hatte. Obwohl es sich nicht so anhörte, als wenn sie viel damit verdienen würde. "Das stimmt genau", entgegnete Ana schrill. "Sie haben ein Schlafzimmer, ich habe eines. Sie haben ein Arbeitszimmer, ich habe eines. Ich habe nur die Zimmer belegt, die noch frei waren. Ich habe vor, hier zu arbeiten, und wenn Sie dieses Zimmer unbedingt wollen, müssen wir eben darum kämpfen." Sie holte Luft und sah sich um. "Robin würde sich freuen, dass ich diesen Raum benutze." "Oh, und Sie sind die Expertin, wenn es darum geht, was Robin gewollt haben würde?" "Nein. " Sie schien vor seinen Augen in sich zusammenzusinken. "Sie kannten ihn fast zwei Jahrzehnte lang. Ich bin sicher, dass Sie viele Dinge über ihn wissen, die mir nicht bekannt sind." Sie drehte sich um und begann, ziellos mit Nähzeug zu hantieren. „Also, Sie sind ganz gut hierin?" Er sah sich die Urkunde noch einmal an. Um eine solche Auszeichnung zu erhalten, musste man exzellent sein. Ana antwortete nicht.
"Sind Sie es?" Sie hielt inne. "Robin glaubte es", sagte sie gepresst. "Ich bin sicher, dass er mich deshalb in seinem Testament bedacht hat. Er wollte, dass ich Zeit für meine Arbeit habe, ohne mich sorgen zu müssen, wie ich über die Runden komme." "Nun, das haben Sie mit Sicherheit gut hingekriegt", meinte Garrett, und wieder stieg Ärger in ihm hoch. "Und wenn ich Ihnen Ihre Hälfte abkaufe, werde ich zweifellos den dreifachen handelsüblichen Preis bezahlen." "Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich nicht verkaufen werde", erwiderte sie entschieden. "Wir werden sehen. Ich kenne Frauen wie Sie." Als Garrett aus dem Zimmer marschierte, konnte er nur eine Frau sehen, die einen Mann wegen seines Geldes gewollt hatte. Und im Gegensatz zu Kammy, seiner Exverlobten, hatte Ana es geschafft, zu bekommen, was sie wollte. Um Garrett einen gehörigen Dämpfer zu versetzen, startete Ana ihren Feldzug am nächsten Tag um die Mittagszeit. Er war betrübt, na und? Gestern Abend hatte er sich wie ein absolutes Ekel aufgeführt. Er verdient es nicht anders, dachte sie. Seine zuletzt gemachten Bemerkungen taten ihr immer noch weh. Sie hatte um halb acht gefrühstückt, obwohl sie schon um sechs Uhr aufgestanden war und das Schwimmen sie immer wahnsinnig hungrig machte. Denn der Erbsenzähler Garrett hatte sich selbst die Küche von halb sieben bis halb acht Uhr zugeteilt. Ihre Zeit für das Mittagessen dauerte von halb zwölf bis halb eins. Dann gehörte die Küche wieder ihm. So arbeitete sie seit dem Morgen mit Volldampf. Zuerst briet sie das Hähnchen an und ließ es schmoren, während sie die übrigen Zutaten für den Auflauf verarbeitete. Dann bereitete sie mit den frischen Krabben, die sie erst vor ein paar Stunden aus der Stadt geholt hatte, einen leckeren Dip. An der Küste zu wohnen hat seine Vorteile, dachte sie, als sie kostete. Normalerweise würde sie das Hähnchen abkühlen lassen, bevor sie das Fleisch von den Knochen löste, aber die Zeit drängte, und so musste sie es gleich nach dem Kochen tun. Die Tatsache, dass sie sich dabei die Finger verbrannte, war ein weiterer Punkt, der gegen Garrett sprach. Es war 12 Uhr 25, als sie schließlich das Hähnchenfleisch mit dem Brokkoli, der Sahnesauce, den Champignons und den Kräutern in die Kasserolle schichtete. Sie bedeckte den Auflauf großzügig mit Käse und Semmelbröseln und schob ihn gerade in dem Moment, als Garrett zur Tür hereinkam, in den vorgeheizten Backofen. Garrett sah demonstrativ auf seine Uhr. "Bin ich zu früh? Ich möchte Sie nicht hetzen." Ana lächelte so freundlich, wie sie konnte, und hielt sich optimistisch an dem Gedanken fest, was in der nächsten Stunde geschehen würde. "Nein, ich war
gerade fertig. Ich hoffe es stört Sie nicht, dass ich einen Auflauf im Backofen habe.“ "Ich hatte nicht vor, den Backofen zu benutzen. Kein Problem. " "Danke. Ich werde später wieder kommen, um ihn herauszunehmen, aber dann werden Sie hier schon fertig sein. " Ana drehte sich zur Theke und griff nach dem Teller mit Kräckern und Krabben-Dip, den sie dort platziert hatte. "Was ist das?" "Selbst gemachter Krabben-Dip", antwortete sie leichthin. "Ich habe ein fabelhaftes Rezept." Sie ging zur Tür. "Da es Ihre Küchenzeit ist, werde ich damit auf den Anlegesteg gehen. Danach werde ich mit dem Boot hinausfahren." Sie lächelte, als sie sich vorstellte, wie Garrett das Wasser im Mund zusammenlief. Zu ihrer Überraschung folgte er ihr. "Tragen Sie eine Schwimmweste, wenn Sie allein auf dem See unterwegs sind?" "Nein. Ich bin eine sehr gute Schwimmerin." Dann lächelte sie. "Keine Sorge. Ich werde nicht ertrinken, bevor der Monat um ist und uns das Haus gehört." Er warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. "Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie sollten eine Weste tragen." Er hielt inne. "Eigentlich sollten Sie überhaupt nicht allein mit dem Boot auf den See fahren." Das versetzte ihr einen Schock. Ärger stieg in ihr auf. "Sie tun das doch auch." "Das ist etwas anderes." "Oh?" fragte sie spöttisch. "Weil Sie ein großer, starker Mann sind, und ich nur eine dumme, kleine Frau, auf die man aufpassen muss?" "Nein." Seine Miene verfinsterte sich. "Weil ich seit Jahren hier Ferien mache und im Gegensatz zu Ihnen mit dem See vertraut bin. Es gibt da draußen ein paar gefährliche Stellen, und der See ist wie die meisten Gewässer nicht gerade überbevölkert, so dass Sie wahrscheinlich nicht schnell gerettet werden könnten. Selbst wenn Sie sich nicht verletzen, müssten Sie wahrscheinlich warten, bis ich Sie vermisse." "Meine Güte, das könnte dauern", bemerkte Ana. "Da wir beide wissen, dass ich Ihnen höchstens als bequeme Zielscheibe für Ihre miese Laune fehlen würde." Er war rot angelaufen und wirkte zornig. "Werden Sie vernünftig sein?" Sie lächelte, als sie auf die Terrasse hinausging. "Nein.“
4. KAPITEL Am nächsten Morgen hatte Garrett schlechte Laune. Als er aus dem Bett stieg, hörte er ein Quietschen und dann das Zuschlagen der Küchentür. Er schaute auf seinen Wecker. Halb sieben. Das bedeutete, dass Ana wohl von ihrem morgendlichen Schwimmausflug zurück war. Ich, bin nicht enttäuscht, dass ich nicht früh genug aufgewacht bin, um sie vom See
zurückkommen zu sehen, redete er sich ein. Aber er sah im Geist ihre langen, schlanken Beine, die vollen Brüste und gerundeten Hüften vor sich, und sein Körper wies ihn als Lügner aus. Was war nur los mit ihm, dass es ihn nach einer Frau gelüstete, die wahrscheinlich mit seinem Stiefvater geschlafen hatte? Er befürchtete, dass er das nur zu genau wusste. Die bildschöne Miss Birch hatte eine enorme Wirkung auf ihn. Derselbe Effekt, den sie wohl bei Robin erzielt hatte, stellte sich auch bei ihm ein. Er knurrte bei dem Gedanken, als er sich ein T-Shirt und Schuhe überzog, bevor er nach unten ging. Warum waren Männer nur so primitiv gestrickt? Es war nicht so, dass er sie mochte, versicherte er sich. Sie war nur unglaublich gut gebaut. Als er in die Küche kam, sah er, wie sie an der Küchentheke zwei Toastscheiben mit Butter und Marmelade bestrich. "Guten Morgen." Er zwang sich dazu, höflich zu sein. "Guten Morgen." Ana lächelte ihn strahlend an. Sie war in ein Strandtuch gehüllt, das an ihrem nassen Körper klebte, und um ihre Haare hatte sie ein Handtuch geschlungen. Sie trug keinen Hauch von Make-up, aber auch ungeschminkt ließ sie sein Herz schneller schlagen. Das Leben war einfach nicht fair! "Es ist schon nach 6 Uhr 30“, erklärte Garrett abrupt. "Meine Küchenzeit." Ana seufzte laut, und ihr Lächeln verschwand. "Oh, Himmel, bitte vergib mir. Gott hat verboten, dass ich während Ihrer Zeit in der Küche bin", erwiderte sie sarkastisch. Das verstärkte noch Garretts bereits schwelenden Unmut. "Wir haben eine Abmachung, die besagt, dass Sie aus der Küche verschwunden sind, wenn ich an der Reihe bin. Sie können vorher oder nachher essen." "Vorher oder nachher ist ungünstig für mich." Sie nahm ihren Toast, legte ihn auf einen Teller und schenkte sich ein Glas Orangensaft ein. "Ich habe Hunger. Ich kann nicht bis um halb acht Uhr mit dem Essen warten, sonst geht es mir ganz flau im Magen." "Von halb sieben bis halb acht gehört die Küche mir", entgegnete Garrett störrisch. "Sie stehen um sechs Uhr auf. Essen Sie etwas, bevor Sie schwimmen gehen." "Kann ich nicht. Es ist nicht gut, mit vollem Magen zu trainieren.“ "Dann schwimmen Sie eben später." „Ausgeschlossen. Ich will gleich nach dem Aufstehen meine Runde schwimmen." Ana nahm das Handtuch von ihrem Kopf und begann ihre Lockenmähne zu entwirren. "Wer, um alles in der Welt, braucht denn überhaupt eine Stunde, um zu frühstücken? Sie bereiten sich doch kein FeinschmeckerMenü zu. Sie essen Müsli." "Ich lese die Zeitung, trinke meinen Kaffee." "Und das können Sie nicht im Wohnzimmer?" Sie nahm ihren Teller und wandte sich zur Tür. "Geben Sie es zu. Sie sind immer noch sauer, dass ich die
Hälfte des Hauses geerbt habe, und Sie lassen Ihren Frust an mir aus. Das haben Sie aber Robin zu verdanken." "Robin ist nicht derjenige, der einen alten Mann dazu gedrängt hat, seinen letzten Willen zu ändern." Sobald er es laut ausgesprochen hatte, bedauerte Garrett es. Nicht, weil es nicht wahr gewesen wäre, sondern weil er nicht mit Ana im Kriegszustand leben wollte. Sich mit ihr zusammen in diesem Haus aufhalten zu müssen war auch ohne Kleinkrieg schwierig genug. Ana wirbelte herum. Ihr von der körperlichen Anstrengung rosiges Gesicht wurde bis auf zwei hektische rote Flecken bleich, und sie platzte fast vor Wut. "Zu Ihrer Information, Robin war derjenige, der sich mich ausgesucht hat. Nachdem wir uns getroffen hatten, habe ich ihn nie um irgendetwas gebeten, außer um das Vergnügen seiner Gesellschaft." Sie stapfte aus der Küche. Ihre Katze, Roadkill, flitzte hinter ihr her, wirbelte am Eingang aber noch einmal zu ihm herum und fauchte ihn mit gebleckten Zähnen an. Er hatte gehört, dass Katzenbisse extrem schmerzhaft seien und oft zu Infektionen führten. Das Tier war gefährlich. Er sollte verlangen, dass sie die Katze in einem Käfig hielt. In jeder verbleibenden Minute seiner Stunde las Garrett Zeile für Zeile die Zeitung, die der Hausmeister frühmorgens gebracht hatte. Als er Milch und Orangensaft aus dem Kühlschrank nahm, konnte er nicht umhin, den Auflauf zu bemerken, den sie gestern Nachmittag zubereitet hatte und dessen leckerer Duft ihn fast zur Kapitulation gebracht hätte. Er fragte sich, ob er Ana dazu bringen könnte, ihm das Rezept für seinen Koch zu Hause zu geben. Als er sich jedoch an den bösen Wortwechsel von vorhin erinnerte, entschied er sich dagegen. Sie würde ihm wahrscheinlich ein Rezept für etwas geben, das ihn umbringen würde. Er ging zum See und schwamm ebenfalls einige Runden. Zurück im Haus, verzog er sich in sein Arbeitszimmer, fühlte sich aber immer noch unruhig und unzufrieden. Er sah auf die Uhr. Halb neun. Sein Büro in New York öffnete nicht vor neun Uhr, und in Los Angeles war es noch drei Stunden früher. Er erhob sich und wanderte durch die Küche ins Wohnzimmer. Ana stand auf Zehenspitzen an der Tür, hielt eine kleine Flasche Öl in der Hand und versuchte, die Scharniere zu erreichen. Sofort fühlte er sich schuldig. Er war unverzeihlich grob gewesen. Und noch schlimmer, schlicht gemein. Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen, als ihm eine weitere Erkenntnis dämmerte: Robin würde sich für ihn schämen. Wieder erfasste ihn Trauer, als er sich der Tatsache stellte, dass er nie wieder Robins Stimme oder sein Lachen hören würde. Und er erinnerte sich daran, was Ana vorhin in der Küche gesagt hatte: Dass sie nie etwas anderes als Robins Gesellschaft gewollt habe. Auch wenn seine zynische Seite dies stark bezweifelte, bemerkte Garrett doch, dass es für sie ein gewaltiger Verlust sein musste. Er versuchte, einen weniger feindseligen Ton anzuschlagen. "Was tun Sie da?“
"Die Scharniere ölen." Sie klang deutlich abwehrend. "Alle Türen hier quietschen. Es macht mich verrückt, und obwohl ich wirklich versucht habe zu arbeiten, weiß ich, dass ich mich nicht konzentrieren kann, bevor das erledigt ist." "Wie viele Türen haben Sie bereits geölt?" "Alle hier im Erdgeschoss, bis auf die Hintertür und diese hier." Ana drehte sich zu ihm um und sah ihn misstrauisch an. "Warum?" Garrett nahm ihr die kleine Flasche ab. "Ich habe noch ein paar Minuten Zeit, bis mein Büro in New York aufmacht. Gehen Sie nur an Ihre Arbeit. Ich erledige den Rest." Sie sah ihn so argwöhnisch an, dass er beleidigt gewesen wäre, wenn er nicht ganz genau wüsste, dass er ihre Skepsis verdiente. "Wirklich?" Merkwürdigerweise schien sich der schwelende Ärger, mit dem er bereits morgens aufgewacht war, zu legen, und er lächelte. "Wirklich. " Ihr Gesicht hellte sich auf. "Danke!" Und ohne ein weiteres Wort stürmte sie die Treppe hinauf. Garrett ölte zuerst die restlichen Türen unten und machte dann im Obergeschoss weiter. Die letzte Tür, die er sich vornahm, war die zu Anas Atelier. Gerade als er sie öffnete, machte Ana sie schwungvoll von der anderen Seite auf. Sie prallten zusammen und gerieten ins Taumeln. Als Garrett Ana automatisch an den Schultern festhielt, spürte er ihre weiche Haut unter seinen Handflächen. Sofort ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. "Sind Sie in Ordnung?" Ana starrte ihn an und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. "Äh, ja, danke." "Kein Problem." Er lächelte sie an und versuchte, nicht auf ihren Mund zu sehen, als sie erneut nervös ihre Lippen befeuchtete. "Ich muss mich bei Ihnen für das, was ich vorhin gesagt habe, entschuldigen." Sie hob viel sagend die Augenbrauen, schwieg aber. "Ich ... hatte Robin sehr gern." Er senkte den Blick. "Es ist schwer, mit dem Gedanken zurechtzukommen, ihn mit irgendjemand zu teilen, selbst in der Erinnerung." "Sicher." Ana verlagerte das Gewicht des Rucksacks, den sie trug. "Er hat die ganze Zeit von Ihnen geredet. Er war so stolz auf Sie. Er hat Sie geliebt, als wären Sie sein eigener Sohn." Garrett starrte sie an. Männer weinen nicht, ermahnte er sich grimmig. Aber er konnte die aufsteigenden Tränen nicht ganz unterdrücken, und versuchte das mit einem Lächeln zu überspielen. "Ich liebte ihn auch. Er heiratete meine Mutter, als ich ein vierzehnjähriger Halbstarker war, nahm mich unter seine Fittiche und brachte mir Manieren bei. Und irgendwann habe ich vergessen, dass ich diesen Mann, der in unser Leben eingedrungen war, eigentlich nicht mochte." Ana lächelte. "Er war unwiderstehlich."
Als ihre Blicke sich trafen, und sie einander lange in die Augen sahen, herrschte eine verlegene Stille. Ihre blaugrünen Augen drückten Trauer aus, spiegelten aber auch liebevolle Erinnerungen und etwas anderes wider. Etwas, das Garrett zeigte, dass sie sich seiner Männlichkeit nur zu bewusst war. Sein Herz schlug schneller. Zum ersten Mal gab es einen Hinweis darauf, dass sie dieselbe Anziehung fühlte, gegen die er kämpfte. Und er fragte sich, wie sie reagieren würde, wenn er sie in seine Arme nehmen würde. Dann zerstörte sie den sinnlichen Zauber, indem sie zurückwich. "Ich werde eine Wanderung machen. Ich habe dabei immer besonders gute Einfälle. Wir sehen uns später." Sie hielt inne. "Nochmals danke, dass Sie die Türen geölt haben!" rief sie ihm über die Schulter zu und rannte die Treppe hinunter. Gerade als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, nahm Garrett aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Er drehte den Kopf und stellte überrascht fest, dass die Katze auf den Tisch gesprungen war und aus dem Fenster schaute. "Ich dachte, du wärst in Anas Zimmer eingesperrt", sagte er leise. Die Katze drehte ihm ruckartig den Kopf zu und bedachte ihn mit einem wenig freundlichen Blick. "Ich hoffe, du weißt, wie glücklich du sein kannst, ein Frauchen wie sie gefunden zu haben", fügte er hinzu und kam einen Schritt näher. Plötzlich sprang Roadkill auf. Obwohl sie nicht weglief, war es offensichtlich, dass sie ihm nicht traute. „In Ordnung. Ich werde dich schon noch zähmen", murmelte er. Ganz langsam ging er hinaus und die Treppe hinunter. In einem Schrank in der Vorratskammer fand er eine Büchse Katzenfutter. Er öffnete sie und schüttete die Hälfte des Inhalts in eine leere Schüssel. Nachdem er die andere Hälfte umgefüllt und in den Kühlschrank gestellt hatte, brachte er die Schüssel nach oben. Die Katze saß immer noch auf dem Tisch. "He, Katze, ich bin wieder da. Und sieh mal, was ich hier für dich habe." Er kam so nahe an sie heran, wie er es wagte, und redete weiterhin in beruhigendem Ton auf sie ein, als er die Schüssel auf dem Boden abstellte. "Hau rein", lud Garrett sie ein. "Siehst du, was für ein guter Mensch ich bin?" Die Katze beäugte ihn weiterhin misstrauisch, als er zurücktrat. Dann, als ihn das Tier zunächst einmal nicht mehr als bedrohlich einschätzte, sprang es vom Tisch, widmete sich mit Genuss dem Futter und sah nur gelegentlich hoch, um sicherzustellen, dass Garrett nicht in sein Revier eindrang. "Gut, das Zeug, nicht wahr?" Er sah zu, wie die Katze die Schüssel bis auf den letzten Bissen leerte. Als sie fertig war, fing sie an sich zu putzen. "Du bist wirklich eine Schönheit", murmelte Garrett und meinte es ernst. Er ging einen Schritt näher heran und dann, als die Katze ihn ignorierte, noch einen. Er bückte sich, um die Schüssel aufzuheben. Die Katze schaute hoch, und er streckte die Hand aus. "Hallo." Roadkill beschnupperte Finger für Finger. Schließlich streckte sie sich seiner Hand entgegen, und er begann vorsichtig, sie hinter den Ohren zu kraulen. Die Katze fing laut zu schnurren an.
Garrett murmelte etwas Freundliches und erhob sich langsam. Die Katze warf ihm einen warnenden Blick zu, legte die Ohren an, fauchte und verschwand dann in Anas Zimmer. Garrett lachte leise, als er die Schüssel aufhob und nach unten brachte. "Kleine Fortschritte sind besser als gar keine." Da seine Büros jetzt bereits einige Zeit geöffnet hatten, ging er in sein Arbeitszimmer und arbeitete den restlichen Morgen. So gegen elf Uhr duftete es köstlich nach etwas wie ... Kirschtörtchen? Nur zu gut, dass Ana nicht wusste, was ihre Kochkünste bei ihm anrichteten, sonst hätte sie auf seine Kosten etwas zu lachen. Er musste sich ganz schön zusammennehmen, um den Kuchenduft zu ignorieren. Um 12 Uhr 30 erinnerte ihn das Piepen seiner Armbanduhr, dass es Zeit zum Mittagessen war. Er beendete das Telefonat und ging in die Küche. Ana verstaute gerade die Kasserolle, die sie aus dem Kühlschrank genommen hatte, in einem großen Picknickkorb. Ihre Haare waren zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengefasst, und um ihr Gesicht kräuselten sich wild einige nicht zu bändigende Strähnen. Sie trug ein hauchdünnes elfenbeinfarbenes Kleid mit engem Oberteil und gerafftem, bauschigem Rock. "Hallo", sagte sie und legte ein hölzernes Teil, das aussah wie ein Minitisch, in den Korb. "Hallo. Gehen Sie zu einem Picknick?" "Nein. Ich bringe einige Sachen zu einem Freund in die Stadt." Sie drehte sich von ihm weg und hob die Törtchen von der Theke und stellte sie vorsichtig in den Korb. Er konnte nicht anders. "Ist das gedeckter Kirschkuchen?" Er schnüffelte anerkennend. Hoffnungsvoll. "Ja." Sie nahm den Korb von der Theke. "Ich esse in der Stadt zu Abend. Also müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass ich mich heute Abend nicht an Ihre Küchenzeit halte. Bis später." "Bis später", wiederholte er einfältig, als sie zur Hintertür hinausging. Er musste an sich halten, um nicht hinter ihr her zu stürmen und zu fragen: "Ein Abendessen zu zweit?" Das geht dich nichts an, ermahnte er sich. Als er abends bereits nach seinem einsamen Abendessen das Geschirr gespült hatte, war Ana immer noch nicht zurück. Der Frieden und die Ruhe sind wirklich wohltuend, sagte Garrett sich hartnäckig. Er war nie ohne Robin in diesem Cottage gewesen und hatte niemals seine Mahlzeiten allein einnehmen müssen. Aber daran war über nichts auszusetzen. Überhaupt nichts. Er beschloss, ein wenig zu angeln. Also machte er ein paar Köder fertig und ruderte zum südlichen Teil des Sees, wo gute Angelgründe waren. Nach anderthalb Stunden hatte er drei Fische geangelt - mehr als genug für das morgige Abendessen und es wurde langsam dunkel. Es war herrlich beruhigend, vom See aus dem prächtigen Wechselspiel der Farben beim Sonnenuntergang zuzusehen.
Als er gemächlich zum Haus zurückruderte, bemerkte er im Wohnzimmer Licht. Das einzige Licht, das er angelassen hatte, war das an der Haustür gewesen. Ana musste zu Hause sein. Freude erfasste ihn. Er zog das Ruderboot aus dem Wasser, nahm seine Angelutensilien und stieg den von Kiefern und Birken gesäumten Weg zum Haus hoch. Sowie er die Tür aufmachte, schlug ihm der Duft von frisch geröstetem Popcorn entgegen. Garrett atmete genüsslich tief ein und brachte seinen Fang in die Küche. "Hallo!" rief Ana. Sie machte das Licht über der Spüle an. "Hallo." Dann erinnerte er sich daran, dass sie mit irgendjemand zu Abend gegessen hatte. "Hatten Sie einen netten Abend?" "Wunderbar", erwiderte Ana ausgesprochen heiter. Mit wem sie wohl ausgegangen ist, schoss es Garrett durch den Kopf. Aber er wusste nicht, wie er sie das fragen könnte, ohne erneut einen ärgerlichen Wortwechsel zu riskieren. Paradoxerweise wurde ihm, der ja mit den Feindseligkeiten angefangen hatte, nun klar, dass er nicht weiterhin mit ihr im Clinch liegen wollte. Es kostete einfach zu viel Energie. Nachdem Garrett die Fische gesäubert hatte, wusch er sich die Hände und stellte fest, dass Ana fernsah. "He", sagte er und ging ins Wohnzimmer, "an den Fernseher habe ich nicht gedacht. Wir werden dafür ebenfalls einen Benutzungsplan aufstellen müssen. " Ana warf ihm einen Blick zu und schüttelte lächelnd den Kopf. "In Ordnung. Ich bekomme ihn heute Abend. Und Montag. Der Rest ist verhandelbar. " Aber heute ist Donnerstag. Ich mag die heutige Show auf NBC. Und es gibt am Montag immer ein paar Sendungen, die ich mir gern ansehe." "Wie ich." Ana sah ihn herausfordernd an. "Und ich war zuerst hier." Er überlegte einen Moment. "Wir könnten losen." "Keine Chance." Sie wandte sich wieder dem Fernseher zu. „Aber ich bin bereit, das Gerät mit Ihnen zu teilen. Denken Sie, dass wir uns im selben Zimmer aufhalten können, ohne dass es zum Streit kommt?" Garrett schnaubte, weil er nur zu gut wusste, dass er sich von Anfang an unvernünftig verhalten hatte. "Ich denke, wir könnten es versuchen." Er ließ sich aufs Sofa fallen. Sie hatte es sich in seinem Sessel bequem gemacht. "Ich werde Sie sogar in meinem Sessel sitzen lassen. " "Wirklich zu freundlich", sagte sie sarkastisch. Dann stand sie auf. "Ich werde noch etwas Popcorn machen. Möchten Sie auch was?" Er sah zu ihr auf. Da sie direkt zwischen ihm und dem Bildschirm stand, konnte er die sanften Kurven ihres Körpers unter ihrem dünnen Kleid genau erkennen. "Oh ja, gern." Ana blinzelte und schien über eine Antwort nachzudenken, als ob sie nicht so recht wüsste, worauf sein Wollen eigentlich genau abzielte. Dann zuckte sie mit den Schultern. "Okay. Ich bin gleich zurück. " Sie drehte sich um und eilte mit flatterndem Kleid aus dem Zimmer. Plötzlich fühlte er sich an eine Fee erinnert.
Sie hielt Wort und war in einer Minute nicht nur mit einer großen Schüssel Popcorn, sondern auch mit einem Bier für ihn zurück. "Das stand im Kühlschrank. Da ich es nicht eingekauft habe, muss es von Ihnen sein", sagte sie lächelnd, als sie es ihm reichte. "Das stimmt. Danke." Er nahm einen großen Schluck aus der Flasche und streckte dann die Hand aus. "Könnte ich bitte die Fernbedienung haben?" Ana machte keine Anstalten, sie ihm zu geben. "Die Fernbedienung?" Sie hielt sie hoch. "Sie meinen dieses kleine Ding hier, mit dem man die Sender einstellen kann?" "Genau. " "Wie soll ich wissen, dass Sie nicht vorhaben, hinterhältig das Programm zu wechseln, wenn ich sie Ihnen gebe?" Garrett lachte leise. "Hinterhältig das Programm wechseln? Daran würde ich nicht mal im Traum denken. Es ist einfach nur so ein Männerding - ich fühle mich besser, wenn ich die Fernbedienung in der Hand habe." Ana sah ihm in die Augen und lachte dann laut. "Wie rührend. Ich kann wirklich nicht glauben, dass jemand mit so viel Geld wie Sie - oder auch Robin nicht mehr als eine Fernbedienung hier hat." "Es heißt nicht ohne Grund Landhaus." "Ich nehme an, Sie haben Recht." Ihre blaugrünen Augen leuchteten, und sie lächelte ihn warm an. Erregung erfasste ihn, und er erwiderte ihr Lächeln. "Könnte ich sie also bitte haben?" Er zeigte auf die Fernbedienung, die Ana immer noch in der Hand hielt. „Haben Sie schon Entzugserscheinungen?" „Ja, wirke ich nicht mitgenommen?" „Guter Versuch." Aber sie überließ ihm die Fernbedienung. „Hier. Ich hoffe nur, Sie gehören nicht zu den nervigen Typen, die sich während jeder Werbepause durch zehn andere Programme zappen. Er schwieg. Ana stöhnte. "Oh nein! Sie sind so einer.“ Er musste wieder lachen. "Beruhigen Sie sich. Ich werde perfekt damit umgehen, das verspreche ich. Also, weiche Sendungen sehen Sie sich abends sonst noch an?" Als sie ihre Vorlieben miteinander verglichen, stellten sie fest, dass sie beide montags, mittwochs und donnerstags einige ausgewählte Sendungen anschauten. Die restliche Woche spielte der Fernseher eigentlich für beide keine Rolle. "Außer wenn es um die Börsennachrichten geht", ergänzte Garrett. "Ich möchte gern die Aktienkurse im Auge behalten." Sie rümpfte die Nase. "Nur zu. Ich sehe mir die Nachrichten und die Wettervorhersage an, das war's. " Gemeinsam lachten sie über zwei Comedy-Sendungen. Die Serie anschließend war so dramatisch wie immer, und Garrett erwischte Ana dabei, dass sie Tränen in den Augen hatte, als ein junger Mann starb. Sie hat ein weiches Herz, dachte
er, als er sah, wie sich die Katze auf ihrem Schoß zusammengerollt hatte und so laut schnurrte, dass er es hören konnte. Ich würde wahrscheinlich auch schnurren, wenn sie mich so streicheln würde, dachte er und beobachtete, wie Ana beständig über Kopf und Rücken der Katze strich. Er war davon wie gebannt, bis Ana sagte: "Möchten Sie sie mal nehmen?" Da erst merkte er, dass sie ihn anschaute. „Nein." Er stand abrupt auf, griff nach dem Bier und der Popcornschale und brachte beides in die Küche. Was, zum Teufel, war mit ihm los? Er war nicht an Ana Birch interessiert. Nun, okay, er wollte sich nicht selbst belügen. Die Frau hatte einen Wahnsinnskörper, Haare, die er streicheln und auf seiner nackten Haut spüren wollte, und das süßeste Lächeln, das er seit langem gesehen hatte. Und sie war nett, wirklich nett, falls sie nicht eine weitaus bessere Schauspielerin war, als er ihr zutraute. Es war nur zu leicht zu begreifen, warum Robin sich in sie verknallt hatte. Und das hatte er, sonst hätte er sie nicht in seinem Testament bedacht. Der Gedanke an Robin ernüchterte Garrett schnell. Er konnte die Frau, die sich so warmherzig, lustig und nett verhielt, wenn er sie nicht provozierte, nicht mit der eiskalten Verführerin in Einklang bringen, die wegen des Geldes hinter Robin her gewesen war. Das passte einfach nicht zusammen, und als sie in die Küche kam, um ihr Glas in die Spülmaschine zu stellen, murmelte er einen Gutenachtgruß und flüchtete in sein Zimmer. Welche von beiden war die wirkliche Ana? Sie würde sich nicht in Garrett Hold en verlieben. Auf gar keinen Fall, dachte Ana, als sie eine Woche später das riesige Wohnzimmerfenster mit Blick auf den See mit viel mehr Schwung als nötig putzte. Er war der tyrannischste, gemeinste Mann, den sie kannte. ... Aber seit dem Waffenstillstand vorm Fernseher, wie sie es nannte, stimmte diese Einschätzung nicht mehr. Und wenn er sie noch einmal so anlächeln und mit dieser tiefen, heiseren Stimme zu ihr sprechen würde, könnte es passieren, dass sie ihn sich einfach schnappen und küssen würde, bis sich diese lächerliche Faszination erledigt hätte. Es war nicht fair von ihm, sich plötzlich in einen zugänglichen, charmanten Menschen zu verwandeln. Sie würde sich nicht in ihn verlieben. Mit ihren dreiundzwanzig Jahren hatte sie schon einige Beziehungen gehabt, obwohl ihre Gefühle noch nie über eine gewisse Verknalltheit hinausgegangen waren. Die letzte und längste Beziehung hatte neun Monate gedauert. Ana hatte sie vor mehr als einem Jahr beendet, als klar geworden war, dass Bradley ihre Ambitionen als Hutmacherin als nettes kleines Hobby abtat, für das ihr, wenn sie erst einmal verheiratet wären und Kinder hätten, wahrscheinlich ohnehin keine Zeit bleiben würde. Sie erinnerte sich an Bradleys verblüfftes Gesicht, als sie ihm den Laufpass gegeben hatte. Er hatte wirklich nichts begriffen.
Aber sie hatte es. Ihre Mutter hatte in ihrem ganzen Leben nur einen Mann geliebt-. Robin Underwood. Und obwohl Janette ihn hatte gehen lassen müssen, war Ana in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass es so etwas wie die große Liebe gab, eine Liebe, neben der alle anderen Beziehungen bedeutungslos erschienen. Wahrscheinlich suchte sie unbewusst nach diesem überwältigenden Gefühl. Aber sie hatte nie gedacht, dass man jemand so lieben konnte, ohne dass der andere diese Liebe erwiderte. Sie liebte Garrett nicht auf diese Weise. Noch nicht. Instinktiv spürte sie, dass er ihr sogar das Herz brechen könnte, ohne es auch nur zu versuchen. Er ... "Guten Morgen." Sie zuckte zusammen, und das nasse Putztuch hinterließ einen Streifen auf dem frisch polierten Glas. Sie drehte sich um und sah den Gegenstand ihrer Überlegungen in der Küchentür stehen. Er trug nichts außer Joggingshorts und Laufschuhen, und sein muskulöser nackter Oberkörper glänzte vor Schweiß. Es kostete Ana all ihre Willenskraft, nicht zu Garrett zu gehen und über seine gebräunte Haut zu streichen. "Guten Morgen", sagte sie und hoffte, dass ihrer Stimme nichts von ihrer nervlichen Anspannung anzumerken war. "Sie haben mich erschreckt." „Tut mir Leid. Ich komme gerade vom Laufen." Er machte eine Pause. "Was tun Sie da?" "Die Fenster putzen." War das nicht offensichtlich? "Ich habe die Vorhänge in die Waschmaschine gesteckt. Wenn sie trocken sind, hänge ich sie wieder auf. Heute Abend haben wir ein blitzsauberes Zimmer." Garrett runzelte die Stirn. Daran war sie mittlerweile gewöhnt. "Wir können jemand engagieren, der die gröbere Putzarbeit übernimmt, wenn Sie möchten. Sie sollten das nicht tun." Ana streckte sich und bog den Rücken durch. "Warum nicht?" Dann wurde ihr bewusst, dass die Position, die sie eingenommen hatte - mit den Händen massierte sie ihre Wirbelsäule - ihre Brüste in einer Weise hervorhob, die ihm wahrscheinlich wie eine Einladung erscheinen musste. Garrett hatte es bemerkt. Sein Blick war von ihrem Gesicht zu ihrem Körper gewandert, und sie sah, dass er schluckte. Diese verräterische Geste jagte sinnliche Schauer durch ihren Körper, und sie schnappte nach Luft. Ich werde mich nicht in ihn verlieben, ermahnte sie sich, und verschränkte schnell die Arme vor der Brust. Sie erkannte, wie viel Mühe es ihn kostete, das Gespräch fortzusetzen. Fahrig suchte er nach einer Antwort. "Ich weiß nicht. Wenn Sie denken, dass es hier nicht sauber genug ist, kann ich mit den Davenports reden ..." "Wagen Sie das bloß nicht!" wehrte sie ab. "Sie haben hier einen wunderbaren Hausmeisterjob gemacht. Aber manchmal ist eben ein richtiger Hausputz fällig. Diese Fenster hier im Wohnzimmer zum Beispiel hatten es zum Beispiel wieder mal nötig. Und der Kühlschrank und die Gefriertruhe sollten abgetaut und
ausgewaschen werden, die Sofabezüge gereinigt und die Abflüsse in den Waschbecken sollten ..." "Okay, ich habe verstanden", sagte er. "Wir können dafür eine jüngere Kraft engagieren." Ana lächelte ihn an, um ihre Weigerung abzumildern. „Ausgeschlossen. Auch wenn wir uns die Kosten teilen, könnte ich es mir nicht leisten. Keine Sorge, ich erwarte nicht, dass Sie die Hälfte der Arbeit übernehmen. Das ist völlig freiwillig." "Ich dachte, Sie wären hergekommen, um an den Hüten und an Ihrem Buch zu arbeiten." Er klang nicht verärgert. Er stellte nur eine Tatsache fest. "Ich kann nicht jede Minute daran arbeiten. So funktioniert Kreativität nicht. Diese Art Arbeit, bei der man nicht denken muss, lädt meine Batterien wieder auf." "Hat Kochen die gleiche Wirkung?" "Ich denke schon." Darüber hatte Ana noch nie nachgedacht. "Ja. Beim Kochen geht das meiste auch automatisch." "Vielleicht können wir einen Handel abschließen", sagte er, und seine Augen leuchteten. "Ich werde jemand fürs Putzen bezahlen, wenn Sie Ihre Schaffenspausen in der Küche verbringen und mich an einigen Ergebnissen Ihrer Arbeit teilhaben lassen." Sie starrte ihn an und wäre am liebsten in Gelächter ausgebrochen. Aber sie wusste, dass sie das besser sein ließ. Falls Garrett dachte, dass sie ihn hereingelegt hätte, würde zwischen ihnen wieder Krieg herrschen. Dennoch ... Männer waren so leicht zu beeinflussen, wenn es um ihren Magen ging. Sie hoffte, dass ihm ihre Gerichte schmecken würden. "Ich denke, das wäre okay", sagte sie und versuchte, etwas widerwillig zu klingen. Dann hielt sie ihre Hände hoch, die rot und rau von der morgendlichen Arbeit waren. "Meine Hände werden es Ihnen danken." Garrett lächelte sie an. Nicht nur höflich, sondern so warm und herzlich, dass es ihr völlig den Kopf verdrehte. Bevor sie wieder klar denken konnten, kam er auf sie zu und nahm ihre Hände in seine. "Und mein Magen wird es Ihnen danken." Er ging nicht wieder weg, sondern hielt einfach weiter locker ihre Hände in seinen. Seine Hände waren fest und warm, und Ana fühlte sich atemlos in seiner Nähe. Sie stand so dicht vor ihm, dass sie jedes einzelne Härchen auf seiner Brust sehen, und die Hitze, die von ihm ausging, spüren konnte. Sie brachte kein Wort heraus und wurde plötzlich sehr nervös. Sie entzog ihm ihre Hände, drehte sich um und griff nach den Putzutensilien. "Ich denke, ich werde jetzt weitermachen." Ohne ihn anzusehen, ging sie vorsichtig um ihn herum und auf die Küchentür zu. Garrett stand reglos da. Sie hängte draußen die Putzlappen zum Trocknen auf. Als sie wieder in die Küche kam, stand Garrett neben dem Tisch, auf dem sie alte Zeitschriften gestapelt hatte, um sie in den Müll zu bringen.
"Wo haben Sie die gefunden?" Seine Stimme klang schneidend. Ana drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, dass er mit dem Finger über das Titelblatt der oben liegenden Zeitschrift fuhr, auf der eine Frau abgebildet war. Es war eine Zeitschrift, die den Frauen teure Kleidung und entsprechende Accessoires anpries, darunter Handtaschen zu tausend Dollar das Stück. "Sie lag in dem Korb im Badezimmer. Wem gehört die Zeitschrift? Es scheint nicht ganz Ihr Stil zu sein." Ana wollte ihn mit diesem Kommentar wieder zum Lächeln bringen, da es in allen anderen Zeitschriften um Sport, Finanzen oder Politik ging. Doch in dem Moment, als er das Modejournal gesehen hatte, hatte sich sein Gesicht in eine ausdruckslose, kühle Maske verwandelt. "Werfen Sie sie weg." Ana schwieg. Nach einem Moment nahm sie den Stapel Zeitschriften vom Tisch und ging damit zur Tür. „In Ordnung." "Sie gehörte meiner ehemaligen Freundin", meinte Garrett widerwillig, und sie bemerkte intuitiv, dass dies ein unangenehmes Thema für ihn war. Sie blieb stehen und drehte sich langsam um. Ihre Blicke trafen sich, und sie war geschockt, nackten Schmerz in seinen Augen zu sehen. "Sie war nur einmal hier draußen. Das hier war nicht ihre Welt“, sagte Garrett leise. Er war verletzt worden. Seltsam. Ana hatte sich nie vorgestellt, dass er verletzbar wäre. Sie empfand Mitgefühl. "Es tut mir Leid." Garrett zuckte mit den Achseln. "Das Leben geht weiter." Sie sahen sich an, und sie fühlte sich schuldig. Sie musste ihm sagen, wer sie war und warum Robin sie in seinem Testament bedacht hatte. Jetzt bedauerte sie, das ungeachtet seines Verhaltens nicht schon früher getan zu haben. Aber bevor sie etwas sagen konnte, fragte er: "Würden Sie heute Abend mit mir zu Abend essen? Ich hasse es, allein zu essen." Seine Stimme klang kläglich. Ana lächelte. "Ich dachte, Sie haben das so gewollt." Er lächelte reumütig. "Habe ich. Aber es ist eine ziemlich einsame Angelegenheit. Robin wollte, dass wir hier gemeinsam wohnen, und ich habe seinen letzten Willen bislang nicht gerade in Ehren gehalten." Sag es ihm! drängte eine innere Stimme Ana. Doch sie bekam kein Wort über die Lippen, so sehr verwirrten sie die Gefühle, die in ihr aufstiegen, als sie in Garretts saphirblaue Augen sah. Sie brachte es nicht übers Herz, diesen magischen Moment zu zerstören. Bald, versprach sie sich. Ich sage es ihm bald.
5. KAPITEL Vier weitere Tage vergingen. In etwas mehr als einer Woche würde die von Robin gesetzte Frist vorbei sein. Noch neun Tage, und Garrett würde Ana nie wieder sehen müssen. Das versetzte ihn nicht in Hochstimmung, wie es noch ein paar Wochen früher der Fall gewesen wäre. Heute Abend hatten sie Steaks gegessen, die Ana mariniert und die er gegrillt hatte. Dazu hatten sie gemeinsam einen Salat zubereitet, und das alles war so entspannter Atmosphäre abgelaufen, dass es schon fast zu gut erschien, um wahr zu sein. Er ging auf die Terrasse und nahm sich sein Angelzeug. Ana saß, wie oft zu dieser Tageszeit, entspannt auf der Terrasse, einen Skizzenblock auf dem Schoß. "Hallo", sagte Garrett und blieb im Vorübergehen kurz stehen. "Irgendwelche Wünsche für das Essen morgen Abend?“ Sie neigte den Kopf, als würde sie überlegen, und Garrett wurde durch die Lockenpracht, die ihr dabei über die Schultern fiel, abgelenkt. Unwillkürlich streckte er die Hand aus und strich ihre Haare zurück. Da sie ein Trägertop trug, berührte er dabei die glatte, warme Haut ihrer Schultern. Und er konnte sich nicht davon abhalten, sie flüchtig zu streicheln. Himmel, fühlte sie sich gut an! "Wie wäre es mit einem kleinen Barsch?" erwiderte Ana leise und mit einem kaum wahrnehmbaren Zittern in der Stimme. Widerwillig zog er seine Hand zurück. Es hatte sich schon viel zu sehr daran gewöhnt, Ana scheinbar zufällig zu berühren. Wenn sie beide nach der Fernbedienung griffen, etwa. Oder wenn er ihr am Computer geholfen hatte, worum sie ihn ein oder zwei Mal gebeten hatte. Er hatte hinter ihr gestanden, sich über den Stuhl gelehnt und verzweifelt versucht, dem Drang zu widerstehen, sein Gesicht in der wilden, süß duftenden Lockenpracht zu bergen. Immer wieder hatte er sich selbst ermahnt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sich mit Ana einzulassen wäre ein großer Fehler. "Willst du mit mir angeln gehen?" Er hatte die Frage gerade ausgesprochen, da gab er sich selbst einen Tritt. Er sollte nicht noch mehr Zeit mit Ana verbringen. Sie legte ihren Bleistift hin und drehte sich um. Ihre blaugrünen Augen glänzten wie Juwelen im goldenen Abendlicht. "Ich komme nur mit, wenn ich die Würmer nicht anfassen muss." Ihr unüberhörbarer Ekel brachte ihn zum Lachen. "Ich denke, ich kann dich davor bewahren. Ich benutze Elritzen als Köder.“ „Tote Fische? Grrr!" Sie schüttelte sich und lachte wieder. "Ich verspreche, dass du nichts mit ihnen zu tun haben wirst." Er machte eine Pause. "Sofern du es nicht willst." "Will ich auf keinen Fall." Sie erhob sich, und er wartete, bis sie ihre Sachen zur Seite gelegt hatte. Dann liefen sie zusammen zum Steg hinunter. Garrett streckte ihr beim Einsteigen ins Boot die Hand entgegen und versuchte, sich
nicht davon ablenken zu lassen, wie klein und zerbrechlich sich ihre Hand in seiner anfühlte. Dann machte er die Leine los und begann zu rudern. Es war ein schöner Abend. Die letzten Sonnenstrahlen spiegelten sich auf dem See, und ein Adler flog über sie hinweg zu seinem Horst auf einem riesigen Baum. "Robin hat mir das Angeln beigebracht", sagte er, bevor er über das Risiko nachgedacht hatte, durch die Erwähnung seines Stiefvaters die entspannte Stimmung zu stören. Aber Ana lächelte ihn nur ungläubig an. "Wirklich? Ich kann mir einen Mann, der so distinguiert wirkte wie Robin, kaum in einem ärmellosen T-Shirt und mit Würmern am Haken vorstellen. " Er grinste wegen ihres Hinweises auf seine Kleidung. „In der Geschäftswelt gibt es Leute, die sich das auch bei mir kaum vorstellen können. Ich nehme an, wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse." Er schaute sie an. "Was ist deines, Ana?" Ihr Lächeln verschwand. "Ich bin unehelich geboren." Sie war was? Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber auf keinen Fall ein knappes Bekenntnis wie dieses. Was sollte er darauf erwidern? Ein „Tut mir Leid" schien nicht angemessen zu sein. "Du bist bei deiner Mutter in England groß geworden, oder?" fragte er vorsichtig. Er entdeckte plötzlich, dass er mehr über sie wissen wollte. „Ja. Aber ich bin hier geboren. Mein Vater war Amerikaner. Meine Mutter sagte immer, dass er gestorben sei, bevor sie hätten heiraten können. Doch vor nicht allzu langer Zeit fand ich heraus, dass er noch lebte." "Das muss ein Schock gewesen sein. Wie hat deine Mutter das erklärt?" "Das konnte sie nicht mehr. Sie starb, als ich zwanzig war." Garrett war überrascht. "Meine Mutter ist im Alter von sechsundsechzig Jahren an einem Blutgerinnsel gestorben, aber deine Mutter muss weit jünger gewesen sein. Was ist passiert?" "Sie hatte Brustkrebs. Sie war erst einundfünfzig. Viel zu jung, um zu sterben", fügte Ana ruhig hinzu. Er nickte und schwieg eine Weile. Dann fragte er: "Hat sie wirklich geglaubt, dass dein Vater gestorben war?" „Nein", erwiderte Ana. "Wie sich herausstellte, war er bereits verheiratet. Anscheinend hatte sie das von Anfang an gewusst, aber als sie merkte, dass sie schwanger war, hat sie ihn verlassen.“ "Sie hat ihn verlassen?" wiederholte Garrett. "So läuft das normalerweise nicht." Ana lächelte leicht. "Meine Mutter war keine gewöhnliche Frau. Ich denke, sie wollte nicht, dass sich mein Vater unter Druck gesetzt fühlte und nur heiraten würde, weil ich unterwegs war.“ „Manche Frauen wären nur zu froh, eine Schwangerschaft als Druckmittel für eine Heirat nutzen zu können, dachte Garrett. Es sprach für den Charakter von
Anas Mutter, dass sie diese schwierige Entscheidung getroffen hatte. "Sie muss dich sehr gewollt haben. Sie musste dich ja allein aufziehen." Ana lächelte. "Sie war meine beste Freundin." "Du konntest dich glücklich schätzen." Er räusperte sich. "Mein Vater verliebte sich in eine andere Frau und verließ uns, als ich neun war. Es war eine sehr hässliche Scheidung." "Und dann ist deine Mutter Robin begegnet?" "Erst als ich vierzehn war." Garrett grinste. "Zu dieser Zeit hatte ich mich zum widerwärtigen Rowdy entwickelt. Ich wette, Robin sank der Mut, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Obwohl er zu nett war, es mir jemals zu sagen." „Aber du bist offensichtlich gut mit ihm ausgekommen." "Nicht am Anfang." Das gab er nicht gern zu, aber er wollte ehrlich zu ihr sein. "Ich war kurz davor, straffällig zu werden. Ich war mit der falschen Clique zusammen, widersetzte mich meiner Mutter und so weiter. Aber Robin bestimmte die Regeln, sobald wir bei ihm einzogen. Er bestand darauf, die, Eltern meiner Kumpel zu treffen. Er verhängte Ausgangsverbote. Er kürzte so lange mein Taschengeld, bis ich bei der Hausarbeit half und höflich zu meiner Mutter war. Oh, wie habe ich ihn gehasst!" Er lachte. "Aber er schaffte es, mich zur Vernunft zu bringen. Ich begann auf meine Zensuren zu achten, weil er mich für jede gute Note mit Geld belohnte. Robin war ziemlich wohlhabend. Und ich mochte diesen Lebensstil. Also beschloss ich, von dem alten Mann zu lernen, was ich konnte." Ana wirkte bestürzt. "Hast du ihn so genannt?" "Nein, aber so habe ich gedacht. Er war fünfzehn Jahre älter als meine Mutter." "Mein Vater war siebzehn Jahre älter als meine Mutter", sagte sie. "Nun, ich habe nicht sehr lange an Robin als alten Mann gedacht. Er hat mich zum Skilaufen mitgenommen und mich jedes Mal um Längen geschlagen. Er hat mir das Angeln beigebracht, das Golfspielen ..." "Und anscheinend auch, viel Geld zu verdienen", unterbrach sie ihn mit einem verschmitzten Lächeln. "Nun, ja. Er war ganz begeistert von meinem Erfolg." Sie glitten jetzt in seichteres Wasser. Garrett setzte den Anker und warf die Angel aus. Ana sagte nichts mehr, und auch Garrett genoss die Stille. Er war zufrieden damit, hier mit ihr in dem leicht schaukelnden Boot zu sitzen. In weniger als einer halben Stunde fing er drei Fische, mehr als genug für ihre Mahlzeit morgen Abend, und er lichtete den Anker, um zurück zur Bucht zu rudern. "Brr." Ana rieb sich die bloßen Arme. "Es wird frisch hier draußen, ich sollte inzwischen eigentlich wissen, dass ich abends einen Pullover brauche." „Du kannst meinen haben. Garrett gefiel die Vorstellung, dass sie seinen Pullover trug, dass die viel zu langen Ärmel ihre Hände bedeckten und die weiche Wolle ihre Brüste berührte. "Es geht schon. Wir werden in einer Minute da sein.
Aber er kniete sich hin und zog sich den Pullover über den Kopf. Das Boot schlingerte einen Moment, und gerade als er seine Arme aus den Ärmeln gezogen hatte, hörte er Ana sagen: "Oh nein!" Und ganz schnell versanken sie im Wasser. Es war kalt. Garrett tauchte auf, und sobald er wieder Luft bekam, rief er: „Ana!" "Ich bin hier", sagte sie sofort. "Es geht mir gut." Er entspannte sich, als er sie lachen hörte. „Aber das Wasser ist eiskalt." "Was, zum Teufel, ist geschehen?" Er sah sich um und griff nach dem Boot, bevor es davontreiben konnte. Ana schwamm um das Boot herum und sammelte die Schwimmwesten ein und den Kühlbehälter, in den sie die Fische gelegt hatten. "Ich glaube, es war mein Fehler." Wieder lachte sie. "Du hast den Pulli ausgezogen, und ich habe mich umgedreht, um den Kühlbehälter von vorn zu holen, da wir uns dem Steg näherten. Ich muss mich etwas zu weit auf die Seite gelehnt haben, wo dein Gewicht war. Und dann kippte das Boot." Garrett lachte auch. "Es macht keinen Sinn, wenn wir versuchen, wieder ins Boot zu kommen. Es würde länger dauern, als wenn wir einfach zum Anlegesteg schwimmen." Ana stimmte zu, und sie setzten sich Seite an Seite in Bewegung und zogen das Boot mit ihren Sachen neben sich her, bis sie den Anlegesteg erreichten. Ana war schon die Leiter hochgeklettert, als Garrett sich mit einem Klimmzug auf den Steg zog. Und dann standen sie sich gegenüber und grinsten sich wie zwei Idioten an. "Wenn Robin uns jetzt so sehen könnte …“ "Ich denke, das kann er." Garrett wollte es glauben. "Wahrscheinlich schüttet er sich da oben im Himmel aus vor Lachen." Ana schüttelte den Kopf und wrang das Wasser aus ihren Haaren. Wie konnte sie tropfnass nur so schön sein? Die Sonne war jetzt untergegangen, aber Garrett konnte sie deutlich sehen. Ihre Bewegungen hatten etwas unaussprechlich Weibliches: Die anmutige Linie ihres Halses, als sie sich nach unten neigte, der zarte Nacken, als sie ihre Haare nach vorn nahm, um das restliche Wasser auszuwringen. Er wollte sie genau hier auf diese ungeschützte Stelle küssen. Er wollte die Hände durch ihre weichen Locken gleiten lassen und ihren Hals küssen, ihr Gesicht in seine Hände nehmen und sie küssen. Sein Puls raste. Garrett holte tief Luft. Das war nicht richtig. Und dann richtete sich Ana wieder auf. Das nasse Trägershirt klebte auf ihrer Haut, und obwohl sie einen BH trug, konnte er sehen, dass ihre Brustspitzen sich deutlich darunter abzeichneten. Das ist nicht fair, dachte er. Wie, um alles in der Welt, sollte er ihr widerstehen? Er zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen. Ihr Teint war rosig, ihr Mund war leicht geöffnet. Ihre Blicke trafen sich, und Garrett war verloren. "Ana." Er zog sie in seine Arme. Sie gab einen überraschten Laut von sich und stemmte ihre Hände gegen seine Brust, stieß ihn aber nicht weg.
Sie sahen sich regungslos an. Sie wich seinem Blick nicht aus, und er konnte in ihren Augen genau den Moment erkennen, als sie das Unvermeidliche akzeptierte. Ihre Pupillen weiteten sich, und sie atmete schneller, als er erneut ihren Namen sagte. Dann neigte er langsam den Kopf. Ana sog scharf die Luft ein, als würde es ihr den Atem verschlagen, als er mit seinen Lippen ihren Mund bedeckte. Er hörte sie leise stöhnen. Ihre Finger krallten sich in seine Brust, aber er nahm den kurzen Schmerz kaum wahr. Alles, was er spürte, waren ihre weichen Lippen, die sich bereitwillig teilten, als er sie küsste. Seine Hände lagen auf ihrem Rücken und langsam fuhr er mit der rechten Hand hoch zu ihrem Nacken, glitt unter ihre nasse Lockenmähne und berührte die empfindliche, zarte Haut, so wie er es sich vorhin ausgemalt hatte. Ana legte die Arme um seinen Hals. Sanft streichelte sie seinen Nacken und zog seinen Kopf näher zu sich heran. Mit der linken Hand fuhr Garrett ihren Rücken entlang und presste sich dabei verlangend an sie. Er spürte ihre vollen Brüste an sich und ihre weichen Oberschenkel. Seine Erregung verstärkte sich. Er spürte, wie Ana erschauerte, als sie sich ihm entgegenbog, auf diese Weise den Druck auf seine Lenden erhöhte, und ihn mit einer süßen Bewegung ihrer Hüften zu mehr verlockte. Es war eine derart köstliche Empfindung, dass er aus tiefstem Herzen aufstöhnte. Unvermittelt befreite sie sich aus seiner Umarmung. Sie schlug die Hände vors Gesicht. "Du lieber Himmel", sagte sie. "Das war ein Fehler!" Und bevor er auch nur anfangen konnte, wieder zusammenhängend zu denken, wirbelte sie herum und rannte zum Haus. Garrett stand immer noch am selben Fleck und sah ihr nach, bis sie im Haus verschwunden war. Was hatte er sich nur gedacht? Als er mit dem Kühlbehälter und den Fischen ebenfalls den Weg hochstapfte, ging ihm auf, dass die entscheidende Frage nicht war, was er gedacht hatte, sondern warum er nicht gedacht hatte. Als er ins Haus kam, konnte er hören, dass die Dusche lief. Nachdem er die Fische ausgenommen, gesäubert und sie in den Kühlschrank gelegt hatte, zog er sich trockene Sachen an. Er schichtete Holz für ein Feuer im Kamin auf, während er darauf wartete, dass sie zu ihm kam, und überlegte die ganze Zeit, was er Ana sagen würde. Ana kam die Treppe hinunter. Garrett sprang vom Sofa auf und fing eilig an zu sprechen, noch bevor sie die letzte Treppenstufe erreicht hatte. "Du hattest Recht, als du sagtest, dass es ein Fehler war. Bitte akzeptiere meine Entschuldigung." Er zuckte mit den Achseln. "Es war in diesem Augenblick anscheinend nicht zu verhindern." Der Ausdruck in ihren Augen veränderte sich. Ana verschloss sich. "Entschuldigung angenommen." Sie blieb noch nicht einmal stehen, sondern ging weiter durch den Raum bis in die Küche und tat das Ganze damit wirkungsvoll ab.
Er machte den Mund auf, um ihr zu sagen ... um ihr was zu sagen? Dass er sie so sehr begehrte, wie er noch nie eine Frau begehrt hatte? Dass er den Blick nicht von ihrem schönen Körper lassen konnte und nicht aufhören konnte, über sie und die Rätsel, die sie ihm aufgab, nachzudenken? Was er brauchte, war nicht irgendeine beliebige Frau. Er war nie jemand gewesen, der kurzen, unverbindlichen Sex gesucht hatte. Deshalb tendierte er dazu, ganz darauf zu verzichten, wenn er gerade keine Beziehung hatte. Was jetzt der Fall war und, wenn er darüber nachdachte, das schon viel zu lange. Er ging im Geist die paar Frauen durch, deren Bekanntschaft er während der hier gemeinsam mit Robin verbrachten Ferien in den letzten Jahren gemacht hatte. Vergangenen Sommer war er einige Male mit einer Frau ausgegangen, die er als nett empfunden hatte. Sie war ziemlich hübsch gewesen und obwohl sich ihre Bekanntschaft nicht vertieft hatte, vermutete er, dass sie nicht Nein sagen würde, wenn er den Anstoß dazu geben würde. Gut. Er würde sie morgen anrufen. Wie war übrigens ihr Name? Ellen? Elaine? Nein, Eileen. Ja, so hieß sie. Er war fast sicher. Am nächsten Abend bereitete Ana Huhn mit Füllung und Äpfel im Schlafrock für das Abendessen mit Nola und Teddy zu. Als sie das Essen aus dem Backofen nahm, fragte sie sich, ob Garrett jetzt daheim Fisch aß. Er war den ganzen Tag über ruhig und höflich, aber deutlich distanziert gewesen. Als sie ihm gesagt hatte, dass sie in der Stadt zu Abend essen würde, war er für einen langen Moment sehr still geworden. Dann hatte er gesagt: "Ich schätze, du verpasst den Fisch. Tut mir Leid." Während das Hühnchen im Ofen gegart hatte, hatte sie mit Nola Scrabble gespielt. Sie hatte Nola auch dazu überredet, zwei Maschinen Wäsche zu waschen, die sie nach dem Trocknen für die Hochschwangere zusammengelegt und weggeräumt hatte. Die junge Frau war sehr dick geworden, und es wurde immer schwieriger für sie, die Hausarbeit zu erledigen. Ana wusste, dass Teddy sich Sorgen machte. Nolas Blutdruck war zu hoch, und beide hofften, dass die Zwillinge ein bisschen zu früh auf die Welt kommen würden. Den Ultraschallfotos nach zu urteilen, waren beide Babys wohlauf und kräftig. Ana blieb länger, um nach dem Essen sauber zu machen, und kam erst gegen acht Uhr zurück nach Hause. Als sie ihr Auto abstellte, bemerkte sie, dass Garretts Wagen weg war. Das spielt keine Rolle, sagte sie sich. Sie hatte nicht erwartet, ihn zu sehen. Auch wenn heute Donnerstag war und sie sich an diesem Tag immer ihre Fernsehsendungen anschauten. Bei diesem Gedanken stieg wie aus dem Nichts ein Bild vor ihr auf. Sie saß mit Garrett auf der Couch und hatte sich an seine Brust geschmiegt. Als im Fernsehen der Werbeblock lief, drehte er sich zu ihr und küsste sie, während sie ihre Arme um ihn schlang ... Hör auf! befahl sie sich.
Oh, sie wünschte, sie könnte es. Den ganzen Tag lang hatte sie versucht, nicht an diesen Kuss zu denken. Den ganzen Tag lang war ihr Kopf von der atemlosen, prickelnden Empfindung vernebelt gewesen, die der Gedanke an die Art ausgelöst hatte, wie er sie sanft an sich gezogen und mit ihrem Haar gespielt hatte. Seine Lippen waren warm, fest und viel zu verlockend gewesen. Und als sie die Vernunft ausgeschaltet, den Kuss erwidert und Garrett umarmt hatte, hatte er sie an sich gepresst. Sie hatte den überwältigenden Drang gespürt, ihn zu Boden zu ziehen und sich ihm noch auf dem Anlegesteg hinzugeben. Diese Erkenntnis hatte sie geschockt, und sie hatte sich abrupt von ihm losgerissen. Zu aufgewühlt, um sich hinzusetzen und das Fernsehprogramm anzusehen, entschied sie, eine Runde zu laufen. Vom morgendlichen Schwimmen abgesehen hatte sie sich heute kaum bewegt, also würde es ihr gut tun. Aber als sie ein gleichmäßiges Lauftempo gefunden hatte, kehrten ihre Gedanken sofort zum Abend zuvor zurück. Die Zeit, die sie zusammen auf dem See verbracht hatten, war wunderschön gewesen. Garrett war freundlicher und offener denn je gewesen. Tatsächlich war er im Lauf der Woche langsam, aber sicher immer zugänglicher geworden. Als er von Robin erzählt hatte, hatte sie gedacht, dies könnte eine Gelegenheit sein, ihm von ihrer Beziehung zu erzählen. Aber es hatte so ausgesehen, als wenn es ihm gut getan hätte zu reden, und sie hatte ihn nicht ablenken wollen ... und es nicht über sich gebracht, den Abend zu ruinieren. Sie war ein Feigling. So einfach war das. Wenn sie sich ihm offenbart hätte, hätte sie ihn beiden den schönen Abend verdorben und die Chance vertan, mehr über Garrett zu erfahren. Und er hätte sie niemals geküsst. Oh, dieser Kuss. Wenn sie daran dachte, bekam sie jedes Mal Herzklopfen. Als er stehen geblieben war, um ein paar Worte mit ihr zu wechseln und sie eingeladen hatte, mit ihm im Boot auf den See zu fahren, hatte er ihr Haar zurückgestrichen und dabei ihre Schulter gestreift. Einen Moment lang hatte er mit seinem Finger ganz leicht ihre Haut gestreichelt. Und sie hatte sich zusammennehmen müssen, um nicht ihre Hand auf seine zu legen. Dann hatte er seine Hand weggezogen, und sie war sicher gewesen, dass er es bedauert hatte, sie berührt zu haben. Draußen auf dem See war sie sich seiner Nähe mehr denn je bewusst gewesen. Sie hatte versucht, nicht auf das Muskelspiel seiner Arme zu starren, als er ruderte. Ebenso wie sie sich bemüht hatte, die rötlichen Lichtreflexe, die die untergehende Sonne in sein dunkelbraunes Haar gezaubert hatte, zu ignorieren. Und jedes Mal, wenn er zum erneuten Ruderschlag angesetzt hatte, hatte sie sich ermahnt, das faszinierende Spiel seiner kraftvollen Oberschenkelmuskeln nicht zu beachten. Was war das für ein Moment gewesen, als sie ihn dann dabei ertappt hatte, dass er sie wollte. Nur so ließ sich der Ausdruck auf seinem Gesicht deuten. Sein Blick war langsam über ihren Körper gewandert und hatte dann auf ihren Brüsten geruht. Ihr war in den Sinn gekommen, dass sie wahrscheinlich aussah,
als würde sie bei einem Wettbewerb teilnehmen, wo es darum ging, wer am aufregendsten in einem nassen T-Shirt aussah. Und seinem Gesicht nach zu urteilen, hatte sie richtig gelegen. Ihm war das nackte Verlangen anzusehen gewesen. Und sie war davon gefangen genommen gewesen. Sie hatte sich nichts anderes tun können, als sich atemlos in seine Arme ziehen zu lassen. Und dann hatte er sie geküsst, und es hätte ewig dauern können, wenn es nach ihr gegangen wäre. Im Gegensatz dazu, was sie gesagt hatte, war es ihr nicht als Fehler erschienen. Es war himmlisch gewesen. Sie hatte es als richtig empfunden. Warum also hatte sie ihn dann gestoppt? Weil sie nicht ehrlich zu ihm gewesen war, wie sie sich eingestehen musste. Und sie kannte Garrett gut genug, um zu wissen, dass ein Sturm losbrechen würde, wenn sie ihm erklären würde, wer sie wirklich war. "Hallo, meine Liebe!" Ana winkte Mrs. Davenport zu, die auf der Veranda saß, und offenbar entweder Erbsen auspulte oder Bohnen zu schnippeln. Ohne es zu merken, war Ana bis zu dem Haus des Hausmeisters gejoggt. "Hallo, Mrs. Davenport! " rief sie und verlangsamte ihren Schritt. "Wie geht es Ihnen heute?" "Gut", sagte die Frau des Hausmeisters kurz und knapp, wie es in der Gegend üblich war. "Und Ihnen?" „Ich bin wohlauf. Wie könnte es an so einem wunderschönen Ort wie hier anders sein?" „Und zusammen mit einem gut aussehenden Mann wie Mr. Garrett", bemerkte die ältere Frau und zwinkerte ihr zu. Ana hoffte, dass Mrs. Davenport keine Gedanken lesen konnte. Das Letzte, was sie brauchte, war jemand, der durchschaute, was sie für Garrett empfand. "Einen gut aussehenden Mann um sich zu haben ist nie verkehrt", erwiderte sie leichthin. Zu ihrer Überraschung verflüchtigte sich Mrs. Davenports Lächeln. „Tun Sie diesem Jungen nicht weh", sagte sie. "Kammy war schlimm genug." "Kammy? Meinen Sie die andere Frau, die Garrett mal hierher mitgenommen hat? Er und ich sind nicht ..." Aber ihre Worte drangen nicht zu Mrs. Davenport durch. "Ein gerissenes Weib, das war sie. Hat sich die ganze Zeit, während sie vorhatte, ihn zu heiraten, hinter seinem Rücken herumgetrieben. Ich habe sie hier draußen mit ihrem Typen gesehen. Sie küssten sich." Sie schüttelte den Kopf und wiederholte: "Ein gerissenes Weib." Amy erschrak. Das musste Garrett furchtbar wehgetan haben. "Aber warum ... welche Frau würde Garrett nicht wollen?" Sie hielt inne, weil ihr bewusst wurde, wie unangebracht es war, über solche Dinge mit seiner Angestellten zu diskutieren. Den Schock hatte sie jedoch nicht verbergen können. Mrs. Davenport, die normalerweise immer freundlich war, machte ein grimmiges Gesicht. "Sie war hinter seinem Geld her. Das hat mir Mr. Robin Underwood erzählt. Es hat ihn böse mitgenommen. Sie sind die Einzige, die Mr.
Holden seitdem mitgebracht hat." Sie hob mahnend den Finger. "Also, tun Sie ihm nicht weh." "Nein, Ma'am." Ana, die verzweifelt nach einem anderen Gesprächsthema suchte, zeigte auf die Schüssel mit Erbsen. "Sie haben eine gute Ausbeute dieses Jahr." "Es war ein guter Sommer", antwortete Mrs. Davenport lächelnd, die anscheinend alles gesagt hatte, was sie zu dem Thema hatte sagen wollen. Nachdem sie sich noch eine Weile unterhalten hatten, meinte Ana: "Ich werde mich jetzt besser auf den Weg machen." Mrs. Davenport nickte. "Ich gehe auch bald hinein. Die Schnaken werden abends zur Plage." Sie warf Ana einen seltsam herausfordernden Blick zu. "Ihre Mutter sagte immer, die Schnaken fressen sie auf." "Meine ... Mutter?" Ana erstarrte vor Schreck. "Sie kannten meine Mutter?" "Ja." Mrs. Davenport musterte Anas Gesicht. „In dem Moment, in dem ich Sie gesehen habe, war ich sicher, dass Sie ihre Tochter sind." "Robin hat meine Mutter nach Maine mitgebracht?" fragte sie ruhig. Mrs. Davenport nickte. Als sie das erste Mal hier auftauchten, gab es dort hinten nur Wald. Sie wanderten hin, sahen sich um, und als sie zurückkamen, kaufte Mr. Underwood auf der Stelle das Land von uns. Ende des Sommers hatten sie das Häuschen gebaut und im nächsten Jahr den ganzen Sommer hier verbracht." Sie lächelte. "Ich habe niemals ein so glückliches Paar gesehen." Ihr Lächeln verschwand. "Aber im folgenden Jahr kam er allein her. Ich dachte, sie hätten geheiratet, aber sie hatte ihn verlassen. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen." Anscheinend wussten die Davenports nicht, dass Robin schon verheiratet gewesen war, als er Janette Birch hierher mitgebracht hatte. Sie hatten ihn verehrt. Ihnen jetzt die Wahrheit zu sagen, würde zu nichts führen, also erwiderte Ana nur: "Meine Mutter ist gestorben." "Das tut mir Leid." Mrs. Davenport zögerte, dann stellte sie die Schüssel zur Seite und erhob sich langsam. "Ich hole eine Tasche, dann können Sie eine Portion von den Erbsen mitnehmen. Wir werden sie nicht alle aufessen können." Einen Augenblick später lief Ana mit einem Beutel Erbsen in der Hand den Weg wieder zurück. Es war eine Art Friedensangebot, glaubte sie, und der Schock, dass die Hausmeisterfrau ihre Mutter gekannt hatte, durchzuckte sie erneut. Robin und ihre Mutter waren zusammen hier gewesen. Sie hatte zusammen das Grundstück ausgesucht, das Haus gebaut und laut Mrs. Davenport den ganzen folgenden Sommer hier verbracht. Es fröstelte sie, als ihr die Bedeutung dieser Enthüllung bewusst wurde. Sie war Anfang April auf die Welt gekommen ... und sehr wahrscheinlich im Sommer zuvor hier in Eden Cottage gezeugt worden. Zurück im Haus, entschied sie, noch etwas zu warten, um sich abzukühlen, bevor sie duschen würde. Als sie die Erbsen im Kühlschrank verstaute, stieß sie gegen einen Behälter mit Linsensuppe. Er krachte auf den Boden, so dass die
Suppe auslief. Leise fluchend begann sie, den Küchenboden zu putzen. Ich werde diese Dusche wirklich nötig haben, dachte sie reuevoll. Nur gut, dass Garrett nicht da war. Sie hörte kurz mit dem Putzen auf. Kaum zu glauben, dass eine Frau sich für einen anderen entschied, wenn sie doch Garrett haben konnte! Garrett war alles, was sich eine Frau nur wünschen konnte. Ohne Frage gut aussehend. Falls sie je einen attraktiveren Mann getroffen hatte, konnte sie sich nicht daran erinnern. Wohlhabend ja, aber ihrer Auffassung nach war Reichtum bestimmt keine Bedingung. Viel wichtiger war, dass er Sinn für Humor hatte. Garrett war intelligent und konnte gut argumentieren. Und er war definitiv kein Mann, der Frauen als schwächeres Geschlecht abwertete. Und er war liebenswürdig. Wenn sie in Betracht zog, wie er sie zu Beginn ihrer Beziehung behandelt hatte, war der Gedanke sonderbar. Aber sie hatte ihn heimlich dabei beobachtet, wie er mit Roadkill umgegangen war. Er hatte geduldig mit der nervösen Katze geredet und versucht, ihre Zuneigung zu gewinnen. Dann kam ihr das lästige Wort mit dem Anfangsbuchstaben B wieder in den Sinn. Beziehung. Sie und Garrett hatten keine Beziehung. Außer einer, die durch die Erbschaft und die familiären Bande zu Stande gekommen war - Bande, von denen er noch nichts wusste. Plötzlich war Ana deprimiert. Sie stieß den Schrubber ins Wischwasser und fing an, den Boden mit doppelter Anstrengung zu bearbeiten. Sie musste ihm von ihrem Vater erzählen. Morgen würde sie das definitiv tun, obwohl sie sich davor fürchtete. Kein Mann mochte es, wenn er wie ein Idiot dastand, und sie hatte sehr viel Angst, dass Garrett sich so fühlen würde, wenn er die Wahrheit erfuhr. Womöglich würde er vermuten, dass sie es ihm absichtlich verheimlicht und sich die letzten drei Wochen köstlich über ihn amüsiert hatte. Das hoffte sie nicht. Sie hoffte, dass sie wenigstens ihre freundschaftliche Beziehung, die nun entstanden war, erhalten konnten, wenn er seinen Ärger erst einmal überwunden haben würde. Es gab niemanden, der Robin so gut gekannt hatte wie er, und sie sehnte sich fast ebenso sehr danach, diese Erinnerungen mit ihm zu teilen wie nach all den anderen Gefühlen, die Garrett in ihr auslöste. "Hallo." Ihr Herz schlug schneller. Garrett war zurück. Und sie wusste, was sie tun musste. Sie musste es ihm sagen. Noch heute Abend. Sie hielt inne und drehte sich lächelnd um. Sie erstarrte. Garrett war nicht allein. "Hallo", sagte sie unsicher und sah erst Garrett und dann die Frau neben ihm an. Die Frau hatte hellblondes Haar. Ana vermutete, dass die Farbe echt war, denn sie passte gut zu dem Porzellanteint der Frau und zu ihren großen blauen Augen. „Ana, das ist Eileen", stellte Garrett sie vor. Anas Herz krampfte sich zusammen, als sie seinen distanzierten Gesichtsausdruck sah. Als ob es ihn keinen Deut kümmern würde, was sie dachte.
Und dann erkannte sie, dass das der Realität entsprach. Warum sollte es ihn auch kümmern? Sie war diejenige, die es zugelassen hatte, dass bei diesem Durcheinander, in das Robin sie beide hineinmanövriert hatte, ihr Herz ins Spiel geraten war. Da sie Garretts Distanziertheit kaum ertragen konnte, richtete sie ihren Blick auf Eileen. "Willkommen im Eden Cottage." Ana zwang sich, die andere Frau anzulächeln, obwohl ihre Wangen vor Verlegenheit brannten. "Danke." Die Stimme der Blondine war klar und angenehm. Unverwandt blickte Ana die Frau an, um Garrett nicht wieder ansehen zu müssen. Der Schmerz, der in ihr aufstieg, ließ ihre Stimme angespannt klingen. "Ich mache das hier nur schnell fertig. Ich bin in einer Minute verschwunden." "Nur keine Eile", meinte Garrett. "Wir werden auf die Terrasse gehen.“ Er nahm eine Flasche Wein vom Küchentresen, steckte sich einen Korkenzieher in die Tasche und griff nach zwei Weingläsern. Er geleitete die blonde Schönheit aus dem Zimmer, und Ana hörte, wie er die Glastür öffnete und mit ihr auf die hölzerne Terrasse trat. Ana erhob sich und leerte das Wischwasser ins Spülbecken. Garrett war so leicht zu durchschauen. Ein Mann eben. Hätte er es nicht einfach gut sein lassen können? Sie war es doch gewesen, die ihm gestern Abend Einhalt geboten und den Kuss zum Fehler erklärt hatte. Also warum fühlte er sich dazu gezwungen, ihr am nächsten Abend eine andere Frau vorzuführen? Dachte er, sie sei bescheuert? Wenn er auf Nummer sicher gehen wollte, dass sie nie wieder in so eine verfängliche Situation geraten würden, hätte er das nur zu sagen brauchen. Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Sie würde nicht wegen ihm weinen. Sie stützte sich mit beiden Händen an der Spüle ab und versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wie hatte sie nur in dieser kurzen Zeit solche Gefühle für ihn entwickelt? Die Wahrheit war, dass sie Garrett nicht länger verachtete oder nicht mochte. Sie liebte ihn.
6. KAPITEL "Ich werde in einer Minute wieder da sein", sagte Garrett. "Ich werde auf dich warten", gab Eileen neckisch zurück. Sie warf ihm einen seelenvollen Blick zu, und Garrett bemerkte verspätet, dass sie eine Erwiderung von ihm erwartete. Aber er brachte nur ein flüchtiges Lächeln zu Stande, als er wieder ins Haus ging. Sie war keine schlechte Gesellschaft gewesen. Tatsächlich hatten sie einen sehr vergnüglichen Abend verbracht. Er hatte sie in ein Restaurant auf den Klippen mit Blick auf Penobscot Bay ausgeführt, und sie hatten sich bei einer Flasche
Wein unterhalten. Er hatte sie genauso sympathisch und hübsch gefunden, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Sie war darüber hinaus ein rechnerisches Genie und wusste weit mehr über den Aktienmarkt, als man vermutet hätte. Trotzdem zog sie ihn nicht mehr an als Frauen im Allgemeinen. Er hatte sie nur deshalb noch zu sich nach Hause eingeladen, um Ana vor Augen zu führen, dass er noch andere Frauen an der Angel hatte und sie nicht brauchte. Aber in dem Moment, als er vorhin in die Küche gegangen war, hatte er gewusst, dass er einen Fehler machte. Einen der monumentalen Fehler, wie sie nur idiotische Männer zu machen pflegen. Ana hatte knappe gelbe Jogging-Shorts getragen, die ihre herrlichen Beine vollendet zur Geltung brachte. Sie musste vom Joggen gekommen sein, denn sie hatte immer noch ihre Sportschuhe an. Ihr T-Shirt wies Schmutzflecken von ihrer Putzaktion auf. Der Himmel stehe mir bei, hatte er gedacht. Das Letzte, was er brauchte, war, Ana ausgesetzt zu sein, die in einem nassen T-Shirt steckte. Sie hatte Ihre Haare nachlässig hochgesteckt, und einige Locken hatten sich gelöst und fielen ihr ins Gesicht. Sie erledigte eine schmutzige Arbeit, und ihr Gesicht war leicht gerötet. Sie sollte zum Fürchten aussehen. Stattdessen wirkte sie begehrenswerter als die tollste Frau im engen Cocktailkleid. Sie hatte ihn und Eileen nicht hereinkommen hören, und den Bruchteil einer Sekunde, als sie Eileen noch nicht wahrgenommen hatte, hatte sie ihn warm angelächelt und willkommen geheißen. Ja, es hatte sogar etwas Intimes in dem Lächeln gelegen. Das hatte er sich nicht nur eingebildet, dessen war er sich ganz sicher. Aber dann hatte sie Eileen gesehen. Ihr Lächeln war gefroren und verschwunden. Die Gefühle, die sich auf ihrem Gesicht abgezeichnet hatten der Schock, die Demütigung, und das Schlimmste von allem, der Schmerz waren leicht für ihn zu erkennen gewesen. Den Schock hatte er erwartet. Die Demütigung hatte er nicht beabsichtigt, aber jede Frau, die dabei ertappt wurde, wie sie gerade den Boden schrubbte, wenn Gäste kamen, würde vermutlich ähnlich empfinden. Dass sie verletzt war ... wie hätte er das wissen können? Sie hatte ihn gestern Abend ausdrücklich abgewiesen und ihm jede Möglichkeit verwehrt, darüber zu reden. Sie hatte den Kuss einfach schnell als Fehler abgetan, was sein männliches Ego verletzt hatte. Und so hatte er beschlossen, sich mit einer anderen zu verabreden. Eine kleinliche, pubertäre Reaktion, die ihr zeigen sollte, dass ihre Worte ihm nichts bedeuteten. Aber in dem Moment, als er heute Abend ihr Gesicht gesehen hatte, wusste er, dass sie gelogen hatte, aus welchem Grund auch immer. Ana hatte nicht gewollt, dass er in Erfahrung brachte, wie sehr der Kuss sie berührt hatte. Wenn der Kuss sie genauso aufgewühlt hat wie mich, stecken wir in großen Schwierigkeiten, dachte er. Und wenn er bei Verstand war, würde er auf keinen Fall zurück ins Haus gehen, um Ana gegenüberzutreten. Dann würde er vorgeben, dass er die Gefühle, die vor einigen Minuten auf ihrem Gesicht zu lesen gewesen waren, nicht wahrgenommen hatte. Wenn er nur einen Funken
Verstand hätte, würde er sich die nächsten paar Tage in seinem Zimmer einsperren und zusehen, dass er hier nach den einunddreißig Tagen möglichst unbeschadet wieder herauskam. Aber als er durch das Wohnzimmer zur Küche ging, wusste er, dass er, wenn es um Ana ging, einfach nicht seinem Verstand folgen konnte. Sie stand mit gesenktem Kopf vor der Spüle und hielt sich an beiden Seiten fest, als ob sie sich abstützen müsste, um sich aufrecht zu halten. Ihre zusammengesunkene Haltung wirkte so, als hätte sie eine Niederlage erlitten. „Ana", sagte er weich. Sie fuhr hoch und drehte ihm schnell den Rücken zu. Aber der ganz kurze Blick, den sie ihm zuwarf, hatte ihm deutlich gemacht, dass ihre schönen blaugrünen Augen voller Tränen waren. "Geh weg", entgegnete sie mit gedämpfter Stimme und legte sich schützend die Arme um die Schultern. „Wir müssen miteinander reden", erklärte er ruhig. Der Drang, zu ihr zu gehen und sie in die Arme zu nehmen, war fast unwiderstehlich, aber er zwang sich zu warten, weil er spürte, dass sie gerade jetzt Trost - oder etwas anderes zurückweisen würde. "Nein", gab sie in scharfem Ton zurück. "Ich will nicht mit dir reden." Die Schultern gestrafft, steuerte sie auf die Tür zu. Und bevor er wusste, wie er sich in dieser schwierigen Situation verhalten sollte, schlüpfte sie durch die Tür hinaus in die Nacht. Das Zuschnappen der Fliegengittertür versetzte Garrett umgehend in Bewegung. Er trat auf die Veranda, weil er davon ausging, dass sie sich dort in der Dunkelheit verbarg. Es dauerte einen Moment, bis er etwas erkennen konnte, denn die schmale Sichel des zunehmenden Mondes spendete kaum Licht, doch dann sah er, dass die Veranda Verlassen war. Er hörte Schritte auf dem kleinen Pfad, der zum See führte. „Ana, warte!" Sie ging schneller. Garrett lief hinter ihr her, denn er ahnte, was sie vorhatte. Ana! " rief er. "Fahr nicht auf den See hinaus. Es ist gefährlich!" Sie antwortete nicht. Das dumpfe Geräusch ihrer Schritte verriet, dass sie über den Anlegesteg lief. Garrett fluchte laut, als er auf den feuchten Kiefernnadeln ausrutschte und hinfiel. Als er den Anlegesteg erreichte, konnte er nur noch undeutlich sehen, dass Ana sich mit dem Boot schnell vom Ufer entfernte. Verdammt! Sie wusste, dass er es nicht ausstehen konnte, wenn sie allein hinausfuhr. Und jetzt war sie allein auf dem See und das in der Dunkelheit. Sein schlimmster Albtraum. "Zieh zumindest eine Schwimmweste an!" schrie er ihr hinterher. "Garrett?" Von der Terrasse, wo er sie verlassen hatte, rief Eileen nach ihm. "Ich hasse es, den Abend zu beenden, aber ich muss bald nach Hause." Verdammt, er hatte sie ganz vergessen. Jetzt saß er hier mit ihr fest, bis Ana sich dazu entschließen würde zurückzukommen. Er würde seinen Platz hier draußen erst verlassen, wenn sie wieder an Land war.
"Ich kann hier nicht weg", erwiderte er grimmig. "Es wäre fahrlässig, solange Ana allein draußen auf dem See ist." Einen Augenblick lang herrschte Stille. Garrett fragte sich, ob er ihre Überraschung und ihr aufkeimendes Misstrauen wirklich spüren konnte, oder ob ihm nur sein schlechtes Gewissen einen Streich spielte. Schließlich sagte Eileen. "Sie ist ein großes Mädchen." In ihrer Stimme lag ein Anflug von Ärger, "Ich nehme an, sie ist schon vorher mit dem Boot hinausgefahren, ohne dass du den Babysitter gespielt hast." Er hielt sich nicht damit auf, ihr darauf zu antworten, sondern wandte sich einfach um und kehrte wieder auf die Terrasse zurück. Während er am Rand der hölzernen Plattform stand, wünschte er sich verzweifelt helleres Mondlicht, um sehen zu können, wo Ana war. "Ich muss gehen", drängte Eileen. "Ich muss morgen früh arbeiten." "Ich bin sicher, sie wird bald zurück sein", sagte er. Aber Ana kam nicht bald zurück. Eine halbe Stunde verstrich. Was, wenn ihr da draußen auf dem dunklen See irgendetwas passiert war? Seine Besorgnis wuchs mit jeder Minute, und als Eileen sagte "Beruhige dich, Garrett. Ich bin sicher, es ist alles okay", da merkte er, dass er unruhig auf der Terrasse auf und ab wanderte. "Wahrscheinlich", räumte er ein. "Aber ich will dennoch nicht hier weggehen, bis sie nicht wieder auftaucht." Eileen räusperte sich und dieses Mal klang ihre Stimme definitiv ein wenig unglücklich, als sie sagte: "Garrett, ich muss wirklich nach Hause. Deine Hausgenossin oder was sie auch immer ist, ist furchtbar unbesonnen wenn du mich fragst." Es war ein offensichtlicher Versuch, eine Erklärung aus ihm zu bekommen. "Ich frage dich nicht", versetzte er unwillig. Eileen zog sich mit beleidigter Miene zurück. "Wie bitte?" fragte sie frostig. Er suchte in der Tasche seiner Shorts nach den Autoschlüsseln und zog sie dann heraus. "Hier." Er warf ihr die Schlüssel zu. "Warum nimmst du nicht einfach meinen Wagen? Ich werde ihn mir morgen abholen." Eileen verfehlte den Schlüssel und bückte sich, um ihn aufzuheben. Während er sie dabei beobachtete, realisierte er plötzlich, dass sein Körper ganz anders reagierte, wenn Ana die gleiche Bewegung machte. Bei ihr erregte ihn alles: das Wippen ihrer rotblonden Locken, ihr entblößter, zarter Nacken und die süße Rundung ihres Pos. Eileen hingegen, obwohl unbestritten hübsch, ließ ihn total kalt. "Danke", sagte Eileen in einem Ton, der deutlich machte, dass er keinen Dank verdiente. "Es tut mir Leid, dass sich der Abend am Ende nicht als so toll herausgestellt hat." Er wusste, dass er sich zumindest pro forma anständig aus der Affäre ziehen sollte, wenn er vermeiden wollte, dass Eileen ihm eine Szene machte. "Mir tut es auch Leid." Ihrem Ton nach zu urteilen, schien sie ihm schon verziehen zu haben. Sie kam auf ihn zu, um ihn kurz zu umarmen. "Wenn deine
... Hausgenossin in den nächsten Tagen wieder zurückkommt, ruf mich an." Und dann ging sie. Eine hübsche Frau, die sich ihrer Reize bewusst war, als sie auf ihren hochhackigen Sandaletten über die Terrasse schritt. "Ich leg deine Wagenschlüssel unter die Fußmatte." „Danke", antwortete er. Eine halbe Stunde später war Ana immer noch nicht aufgetaucht. Garrett saß mit einem Bier auf der Terrasse und dachte schlecht gelaunt über die letzten drei Wochen nach, als er hinter sich die Katze miauen hörte. "Was ist los, Katze?" Roadkill miaute erneut. Er hatte die Fliegengittertür vor der Küchentür geschlossen, die Katze hob die Pfote, um deutlich zu machen, dass sie hinaus wollte. "Das kann ich nicht tun", sagte Garrett zu ihr. "Ana würde mich umbringen, wenn dir irgendetwas passieren würde. Sie will mich wahrscheinlich sowieso umbringen." Die Katze miaute wieder und drückte mit der Pfote gegen die Tür. Er stand auf. "Ich werde dir etwas Futter geben", bot er an. "Vielleicht wird dich das ablenken." Die Katze wich ein paar Schritte zurück, als er zur Tür kam, blieb aber dann zu seiner Überraschung in seiner Nähe und strich um seine Beine, als er in die Küche ging und das Futter holte. In dem Moment, als er den Napf auf den Boden stellte, stürzte sie sich regelrecht darauf und putzte alles in ein paar Minuten restlos weg. "Gut, das Zeug, nicht?" bemerkte er, als sie schließlich etwas vom Napf entfernt auf den Boden setzte und sich zu putzen begann, wobei sie ihn argwöhnisch beäugte. Ich kann genauso gut mein Buch holen, überlegte er, und lesen, bis Ana sich dazu durchringt, nach Hause zu kommen. Er verdrängte die Bilder von dem gekenterten Boot, das verlassen auf dem See trieb, und ging die Treppe hoch. Zu seiner Überraschung folgte ihm die Katze. Er ging in sein Zimmer und nahm das Buch, das er gerade las, vom Nachttisch, und die Katze sprang auf sein Bett und stolzierte anmutig auf der Steppdecke herum, bis sie nah genug herangekommen war, um gestreichelt zu werden. "Du kleiner Kobold", sagte er zu Ihr. Er streckte langsam die Hand aus, und Roadkill legte die Ohren an. Er zog die Hand nicht zurück, bewegte sich aber nicht mehr. Sie sahen sich an. Nach einem Moment streckte sie den Kopf aus, um sich streicheln zu lassen, und sie schnurrte zufrieden. In seine Anspannung mischte sich eine lächerliche Genugtuung. Wenn es nur einer Katze bedurfte, um ihn glücklicher zu stimmen, stand es ziemlich schlimm um ihn. Nach ein paar Minuten sprang die Katze wieder auf und lief in den Flur, wobei sie sich flüchtig nach ihm umsah, als wolle sie andeuten, dass er ihr folgen solle. Er würde ohnehin wieder nach unten gehen, also machte er das Licht aus und folgte ihr. Aber Roadkill lief nicht die Treppe hinunter. In dem Moment, als sie ihn kommen sah, lief sie mit hoch erhobenem Schwanz und noch immer
schnurrend weiter den Flur entlang, geradewegs auf die Tür von Anas Atelier zu und verschwand darin. Die Tür stand weit offen. Er wusste, dass Ana sie normalerweise geschlossen hielt, weil sie vermeiden wollte, dass die Katze hereinkam und ihr Material ruinierte. Er wusste es, weil er sehr oft scheinbar zufällig an der Tür vorbeigekommen war und gehofft hatte, vielleicht einen Blick auf ihre Arbeit werfen zu können. Er hatte bisher sehr wenig davon sehen können. Die Tür stand offen. Die Katze war hineingegangen. Er würde in ihr Atelier gehen müssen, um Roadkill wieder hinauszuverfrachten. Er schnüffelte nicht herum. Er verhielt sich nur wie ein guter ... Hausgenosse? Eileen hatte Ana so bezeichnet, und ihr Tonfall hatte dem Wort eine eindeutig sexuelle Note verliehen. Sein ganzer Körper geriet unter Anspannung, aber auf eine ganz andere Art als vorher, als er sich vorstellte, mit Ana wirklich zusammenzuleben. Sie anzusehen, wenn sie ihre Kleider auszog, ihren wundervollen Körper entblößte und dann neben ihm im Bett lag, ihre Lockenmähne auf seinem Kopfkissen ausgebreitet. Er stand wie angewurzelt im Flur und stellte sich den Gefühlen, die er die ganze Zeit zu vermeiden versucht hatte, seit dem ersten Tag, als er Ana zu Gesicht bekommen hatte. Er wollte sie. Nicht einfach so, wie man eben irgendeine Frau wollte, die einem gefallen könnte. Er wollte nur diese ganz spezielle Frau. Er musste sie haben. Und er war entschlossen, sie auch zu bekommen. Ihr Kuss hatte bereits seine Leidenschaft auflodern lassen, und er wusste instinktiv, mit ihr zu schlafen, würde alles, was er bisher erlebt hatte, in den Schatten stellen. War es für Robin so gewesen? Der Gedanke verletzte ihn immer noch, aber ganz langsam kam er darüber hinweg, dass sein Stiefvater bei ihr sein Vorgänger gewesen war. Falls er es tatsächlich gewesen war. Er konnte die beiden Bilder, der er sich von Ana gemacht hatte, nicht zusammenbringen. Die Frau, die er kennen gelernt hatte, war ehrlich und integer. Sie würde nicht wegen des Geldes mit einem alten Mann geschlafen haben. Und obwohl sie Robin unbestritten gekannt und geliebt hatte, hatte er nicht den Eindruck, dass sie um einen Geliebten trauerte. Aber wie sonst hatte sie mit Robin verbunden sein können? Er wusste ganz sicher, dass das einzige Kind, das Robin und seine erste Frau bekommen hatten, tot geboren worden war. Robin hatte es tief bedauert, dass er keine eigenen Kinder hatte. Es sprach wirklich für ihn, dass er sich geweigert hatte, sich von seiner ersten Frau scheiden zu lassen, obwohl sie offensichtlich geisteskrank gewesen war. Niemand hätte ihm das verübelt, da war sich Garrett sicher. Und nach ihrem Tod hatte er Garretts Mutter Barbara geheiratet, die mit neunundvierzig Jahren keine Kinder mehr bekommen konnte. Robin war damals Mitte sechzig gewesen und hatte den Traum, eigene Kinder zu haben, schon lange vorher begraben. Nein, Robin hatte keine Kinder. Sonst hätte Garrett vermuten können, dass Ana seine Enkelin war. Er verglich Anas wilde rotblonde Locken und ihre
blaugrünen Augen mit den blauen Augen und dem früher dunklen Haar seines Stiefvaters. Aber die beiden hatten keine Ähnlichkeit miteinander. Außerdem war er sicher, dass Robin keine noch lebenden Verwandten hatte. Sie hatten sich vor einigen Jahren darüber unterhalten, als Robin Garrett als seinen einzigen Erben bezeichnet hatte. Netter Versuch, sagte er sich. In Wirklichkeit wollte er doch nur nach Gründen und Entschuldigungen suchen, die es ihm erlauben würden, ohne Vorbehalte seiner sexuellen Begierde nachzugeben. Er ging auf Anas Atelier zu und blieb an der Tür stehen, um das Licht anzudrehen. Er blinzelte irritiert, denn die Beleuchtung war sehr hell. Er nahm an, für jemanden, der mit Farben arbeitete, machte das Sinn. Auf einem langen Abstelltisch an der Wand lagen sieben Hüte mit den jeweils dazu passenden Handtaschen. Er sah sich jede einzelne eingehend an. Er hatte keinen Schimmer von Damenmode, aber er wusste, dass Frauen schick und teuer angezogen aussehen wollten. Und diese Accessoires sorgten ohne Zweifel für beide Effekte. Sie waren gut gemacht. Ana verstand ihr Handwerk. Garrett wusste, dass Robin sie für begabt gehalten hatte, aber es selbst zu entdecken, war etwas anderes. Kein Wunder, dass Robin gewollt hatte, dass Ana genügend Zeit hatte, sich ihren kunstvollen Kreationen zu widmen! Die Katze miaute, und Garrett machte sich auf den Weg zur Tür. Aber als er an Anas großem Arbeitstisch vorbeiging, auf dem Filz, Stoffe, Bänder, Federn und andere Dekorationsartikel herumlagen, hielt er inne. Der Skizzenblock, den sie benutzte, um ihre Ideen festzuhalten, lag aufgeschlagen auf dem Tisch. Auf dem Blatt war jedoch keine Kopfbedeckung zu sehen, sondern die Gestalt eines Mannes. Er stutzte, denn die dargestellte Person war ihm nur allzu bekannt. Das war er! Die Zeichnung zeigte ihn im Profil. Er stand auf der Terrasse und schaute, die Hände in den Hosentaschen vergraben, blinzelnd auf den See hinaus. Er hatte oft so da gestanden. Und sie hatte es bemerkt. Neugierig blätterte er einige der anderen Seiten durch - und war wie vom Blitz getroffen. Sie hatte mindestens zwölf Zeichnungen von ihm gemacht. Wie er lachte, schlief, saß, stand. Von nahem und von weitem. Es war ungeheuer seltsam, sich selbst gezeichnet zu sehen, obwohl die Zeichnungen sehr lebendig waren und wie aus dem Leben gegriffen wirkten. Hatte es irgendeine tiefere Bedeutung, dass sie ihn gezeichnet hatte? Oder war er einfach die einzige Person, die sie täglich sah und ein gutes Motiv abgab? Warum verschwendete sie überhaupt ihre Zeit damit, etwas anderes zu zeichnen als Hüte und Taschen? Das Geräusch der auf- und zugehenden Tür zur Terrasse riss ihn aus seinen Gedanken. Ana war endlich wieder da. Eine große Erleichterung, wie er sie noch nie empfunden hatte, erfass e ihn. Dann realisiert er, wo er war. Dass Ana ihn dabei erwischte, wie er in ihrem Atelier herumschnüffelte, war das Letzte,
was er wollte. Also sah er sich nach Roadkill um. Sie saß auf der Ecke des Tischs und putzte sich. Er durchquerte den Raum und nahm sie hoch. "Nun, komm schon. Du gehörst nicht hierher." Gerade als er die Tür hinter sich schließen wollte, erschien Ana auf dem Treppenabsatz. Im grellen Flurlicht sah sie erschöpft aus - sie hatte dunkle Schatten unter ihren geschwollenen Augen. Er hatte den Eindruck, dass sie wieder die Flucht ergreifen wollte, aber dann entdeckte sie die Katze auf seinem Arm. "Roadkill lässt sich von dir auf den Arm nehmen?" Abrupt merkte er, dass er in der Aufregung nicht einmal an die Unberechenbarkeit der Katze gedacht hatte. Hastig setzte er das Tier auf den Boden. "Die Tür zu deinem Atelier stand weit offen, und sie ist hineingelaufen. Ich dachte, dass du das wahrscheinlich nicht willst." "Danke." Ana sah mehr die Katze an als ihn. Und sie schien nicht einmal einen Gedanken daran zu verschwenden, dass er in ihrer Werkstatt gewesen war. "Ich habe gemerkt, dass sie sich an dich gewöhnt hat, aber ich kann nicht glauben, dass du sie berühren darfst." Garrett zuckte mit den Schultern. Es schien albern, ihr zu sagen, dass er versuchte, sich mit ihrer Katze anzufreunden. Stattdessen sagte er: "Warum bist du allein auf den See hinausgefahren? Du weißt, wie gefährlich das nachts sein kann." "Ich dachte, dass du und deine Verabredung ein bisschen traute Zweisamkeit schätzen würdet." Sie klang nicht spöttisch, nur resigniert, und Garrett trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. "Da hast du falsch gedacht. Morgen wirst du mich in die Stadt bringen müssen, damit ich mein Auto holen kann." "Dein Auto?" Überrascht sah sie ihn an. „Eileen musste nach Hause, und ich wollte nicht wegfahren, während du noch draußen auf dem See warst." Ungläubig leuchteten ihre Augen auf, und sie öffnete den Mund. Garrett wusste, dass sie im Begriff war, Einwände zu erheben, und kam ihr zuvor: "Ana, ich muss mit dir reden." Er versuchte nicht, sich ihr zu nähern. Der tiefe Kummer war ihr anzumerken, und er wusste, dass er ihn verursacht hatte. Sie wirkte so angespannt, als ob sie jeden Moment flüchten könnte, und wandte den Blick von ihm ab. „Ich ... nicht jetzt." Sie sah in die Ferne, und Garrett fühlte sich dadurch zunehmend frustriert. „Wann dann?" Ana ging auf ihr Schlafzimmer zu und öffnete die Tür für ihre Katze, die ihr vorausgeeilt war. "Wir werden nur noch vier weitere Tage hier sein, dann haben wir die die Bedingungen des Testaments erfüllt. Sicherlich werden wir in Baltimore noch einmal beim Anwalt erscheinen müssen. Dann kannst du mir alles Weitere sagen." Fast bevor sie die letzte Silbe ausgesprochen hatte, schloss sie vor seiner Nase die Tür ihres Schlafzimmers und ließ ihm keine Gelegenheit, etwas zu erwidern.
Er stand still da und zählte im Geist langsam bis zwanzig. Und selbst dann kostete es ihn immer noch sehr viel Selbstbeherrschung, sich umzudrehen und zu seinem Zimmer zu gehen. Sie würde niemals erfahren, dass er kurz davor gewesen war, ihre Tür einzuschlagen und von ihr zu verlangen, ihm zuzuhören. Am nächsten Morgen stand Ana absichtlich später als sonst auf und ließ sich Zeit damit, in die Küche zu gehen. Garrett war bereits in seinem Büro, wie sie gehofft hatte. Mit ihm zu reden war wirklich das Letzte, was sie wollte, also nahm sie sich etwas Gebäck und eine Orange und verzog sich für den Rest des Vormittags in ihre Werkstatt. Bilder vom vergangenen Abend gingen ihr immer wieder durch den Kopf, bis sie das Gefühl hatte, schreien zu müssen. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Garrett hatte eine Frau mit nach Hause gebracht, mit der er verabredet gewesen war, daran war nicht zu rütteln. Und noch schlimmer, er hatte gesehen, mit welcher Wärme sie ihn willkommen geheißen hatte - bis sie bemerkt hatte, dass er nicht allein war. "Gedemütigt" kam dem, wie sie sich gefühlt hatte, nicht einmal nahe. Sie war blitzschnell auf den See geflüchtet, ohne auch nur daran zu denken, dass es wenig ratsam war, in der Dunkelheit auf den See hinauszurudern. Aber warum war er ihr nachgegangen? War das wirklich nur wegen seiner Sorge gewesen, dass ihr am späten Abend dort draußen etwas passieren könnte? Seiner Begleitung den Schlüssel seines Wagens zu geben und sie allein nach Hause fahren zu lassen, kam Ana in Anbetracht dessen, dass sie sowohl sehr gut rudern konnte als auch eine exzellente Schwimmerin war, etwas übertrieben vor. Sie nahm ein grünes Stück Filz zur Hand, um es zuzuschneiden, aber als sie merkte, dass sie in Gedanken immer noch mehr mit Garrett als mit ihrem Entwurf des frechen Hutes beschäftigt war, legte sie die Schere wieder hin und seufzte. "Wir müssen miteinander reden." Ana hätte schwören können, dass er sie mit den Augen um Entschuldigung gebeten hatte, als er das gesagt hatte. Aber sie war sich nicht sicher, wofür er sich eigentlich entschuldigen wollte. Wenn nicht dafür, dass er eine andere Frau gebeten hatte, mit ihm auszugehen, obwohl er doch nur sie, Ana, wollte. Da hatte sie ja eine Mordschance, dass das jemals passieren würde. Seine anfängliche Feindseligkeit mochte sich gelegt haben, aber sie war nicht dumm genug, um sich den Traum zu erlauben, dass sie zu guter Letzt noch mit ihm glücklich werden würde. "Ana", rief Garrett und es klang, als stände er direkt vor der Tür ihres Ateliers. "Darf ich hereinkommen?" " Ich … ja", sagte sie, obwohl sie deprimiert war. "Komm herein." Über den gestrigen Abend reden war das Letzte, was sie wollte. Aber Garrett schien wild entschlossen. Sie konnte es genauso gut hinter sich bringen.
Er machte die Tür, die leicht angelehnt gewesen war, weit auf und kam langsam ins Zimmer. "Ich fragte mich nur, wie du mit deiner Arbeit vorankommst. Hast du so viel fertig stellen können, wie du gehofft hattest?" Sie versuchte unbekümmert zu wirken, als sie seinem Blick begegnete. "Ich habe keine genau festgelegte Anzahl, die ich produzieren will. Aber ich bin jeden Tag ein Stück weitergekommen und habe mehr Entwürfe im Kopf, als ich im nächsten Jahr anfertigen kann. "Also kann ich sagen, es läuft glänzend." "Gut." Garrett ging unruhig auf und ab. "Was machst du mit deinen fertig gestellten Stücken?" "Ich packe sie ein und schicke sie an eine der beiden Boutiquen, die schon Sachen vom mir verkauft haben." "Nein", sagte er überraschend geduldig. "Was geschieht hier mit ihnen?" "Oh." Sie zeigte auf den großen Wandschrank. "Sie sind da drin." Garrett ging zum Schrank. Er hatte bereits die Hand am Türgriff, als er sich umdrehte. "Darf ich?" Als er den Blick auf sie richtete, konnte Ana kaum denken. "Sicher", brachte sie heraus. Er machte die Schranktüren weit auf, so dass das lange Regal gut sichtbar war. Dann ging er ein paar Schritte zurück, um sich einen Oberblick zu verschaffen, bevor er jeden einzelnen Hut mit der jeweils passenden Tasche genau studierte und verschiedene Modelle vom Regal nahm. Ana merkte, wie sie den Atem anhielt. Ich räume seiner Meinung eine viel zu große Bedeutung ein, sagte sie sich streng. Dann dreht er sich zu ihr um, schüttelte den Kopf und lächelte. "Die sind erstaunlich. Ich wette, dass sich die Frauen darum schlagen." Ana starrte ihn an. "Du magst meine Arbeit?" Er lächelte strahlend, und ihr Herz setzte vor Freude einen Schlag lang aus. "Sei doch nicht so überrascht." Ana lachte leise. "Künstler sind notorisch unsicher, wenn es um ihre Werke geht. Ich bin da keine Ausnahme. " "Wenn jemand dir sagt, dass ihm deine Sachen gefallen, hältst du nach versteckter Kritik Ausschau?" "So ähnlich." Sie erwiderte sein Lächeln. Dann sah er ihr wieder in die Augen. "Kein Wunder, dass Robin dachte, dass du deine Zeit nicht länger in der Bank als Kassiererin verbringen solltest. Oder als Kellnerin im Restaurant. Deine Kreationen …“ Garrett machte eine Geste, die alle Hüte und Taschen auf dem Regal einschloss, „…sind außergewöhnlich." "Danke." Ana kehrte zu den Mustern zurück, die sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte. "Du solltest nach einem Investor Ausschau halten. Mit genug Kapital könntest du eine Firma aufbauen und die Sachen selbst in größerer Stückzahl produzieren, um Profit zu erzielen."
„Im Moment ist es einfach eine Arbeit, die ich liebe. Ich möchte sie nicht mit irgendjemand teilen. Ich vermute, es ist albern, aber ich möchte meine Arbeit beschützen." Garrett erwiderte nichts, sondern betrachtete schweigend ein paar ihrer Kreationen auf dem Regal. Dann drehte er sich wieder zu ihr um. "Ana, wenn es nur eine Frage des Geldes ist, könnte ich ..." "Nein danke", sagte sie ruhig. "Ich würde mich nicht wohl dabei fühlen, Geld von dir anzunehmen, selbst wenn es nur leihweise wäre." Er nickte. Aber in diesem Moment sah sie etwas in seinen Augen aufflackern und ihr Herz krampfte sich vor Schmerzen zusammen. Sie wusste genau, was er dachte. Wenn er ihr die Hälfte des Ferienhauses abkaufte, würde sie ein kleines Startkapital für ihr eigenes kleines Unternehmen haben. Trotz allem, was sie ihm gesagt hatte, erwartete er immer noch, dass sie letztlich der Versuchung des Geldes erliegen würde. Und trotz der körperlichen Anziehung zwischen ihnen vertraute er ihr offensichtlich nicht und mochte sie nicht besonders. In diesem Moment wurde ihr ein von draußen kommendes Geräusch bewusst, und sie runzelte die Stirn. "Ist das ein Auto, das näher kommt?" "Vielleicht bringt Eileen meinen Wagen zurück", antwortete Garrett. Er ging zum Fenster, um nachzusehen. "Nein. Es ist ein schwarzer Jeep. Ein älteres Modell, denke ich." „Ein schwarzer Jeep?" Ana lief zum Fenster, als das Fahrzeug gerade hinter ihrem Auto anhielt. Die Tür öffnete sich, und sie erkannte den Fahrer sofort. "Teddy!" Ängstlich raste sie in Rekordzeit die Treppen hinunter und durchs Haus. Ihr Freund ging immer noch den steinigen Weg zum Haus hinauf, als sie auf Ihn zukam. "Was ist passiert?" rief sie. "Ist Nola in Ordnung? Brauchst du Hilfe?" Teddy lachte, griff nach ihrem Ellbogen und schüttelte sie leicht. "Alles bestens. Tatsächlich ist. alles fantastisch. Wir haben zwei süße kleine Töchter bekommen." "Nola hat zwei gesunde Babys zur Welt gebracht? Herzlichen Glückwunsch!" Sie umarmte Teddy überschwänglich. "Wann? Wo sind sie? Kann ich etwas tun?" Teddy lachte, als sie sich wieder losließen. "Die Wehen fingen um halb zehn Uhr an, und wir sind sofort ins Krankenhaus gefahren. Sie sind heute Morgen um sechs Uhr zweiundvierzig und sechs Uhr neunundvierzig zur Welt gekommen. Sie sind einige Wochen zu früh dran, aber die Ärzte sagen, es geht ihnen gut, und sobald sie etwas Gewicht zulegen, können wir sie mit nach Hause nehmen." "Sechs Uhr zweiundvierzig!" rief Ana und schaute auf ihre Armbanduhr. "Dann sind sie gerade mal vier Stunden alt. Warum bist du hier draußen?" "Nola hat darauf bestanden", meinte er. "Wir wollten es dir nicht telefonisch sagen. Im Moment schlafen sie und die Babys, so dass ich ohnehin nichts tun konnte." Dann griff er in seine Jackentasche. "Ich habe Fotos mitgebracht."
Ana hielt den Atem an. Sie schaute sich die Polaroidfotos an und konnte sich gar nicht wieder beruhigen, als sie die winzigen, faltigen Gesichter unter den pinkfarbenen Strickkäppchen sah. "Sie sind schön! Haben sie Haare? Wie werden sie heißen?" "Beide haben blonde Locken, doch wer weiß schon, ob das so bleiben wird? Und ich denke, wir werden sie Jenna und Danielle nennen. "Jenna und Danielle." Sie schaute sich immer noch die Fotos an. "Oh, Teddy, vielen Dank, dass du den ganzen Weg hier heraus gemacht hast, um mir die Fotos zu zeigen." Aber als sie sie ihm zurückgeben wollte, schüttelte er den Kopf. "Die sind für dich. Versprich einfach, dass du bald vorbeikommst und dir unsere Kleinen ansiehst." "Noch heute Nachmittag." Sie strahlten sich wieder an, und dann legte sie die Hände um sein Gesicht und küsste ihn. "Noch einmal meine herzlichen Glückwünsche!" Teddy umarmte sie und hob sie kurz hoch. "Danke." "Du fährst jetzt besser zurück. Eines deiner kleinen Mädchen könnte aufwachen und seinen Daddy vermissen." Ana hakte sich bei ihm unter, und sie gingen einträchtig zurück zu seinem Jeep. Er lachte. "Das bezweifle ich. Es gibt im Moment nicht viel, was ich für sie tun könnte." "Außer sie zu lieben und ständig mit ihnen zu schmusen." Als Teddy in seinen Wagen stieg und den Motor anließ, winkte sie energisch. "Bis heute Nachmittag!"
7. KAPITEL Garrett stand immer noch an derselben Stelle am Fenster und schaute wie erstarrt hinaus. Als Ana sich in die Arme des schlanken blonden Mannes geworfen hatte, fluchte er leise, obwohl niemand im Raum war, der seine primitive Warnung hören konnte. War das der Mann, den sie getroffen hatte, als sie sich davongeschlichen hatte? Teddy nannte sie ihn. Er ignorierte die Tatsache, dass sie ihm ja bei mehreren Gelegenheiten davon erzählt hatte, dass sie in der Stadt zusammen mit Freunden essen würde. Er beobachtete, dass der Kerl ihr etwas reichte - vielleicht Fotos? Dann lachten die beiden und unterhielten sich. Als sie Teddys Gesicht mit den Händen umrahmte, ihn küsste und Teddy sie umarmte, hatte Garrett genug gesehen. Er wandte sich ab und ging die Treppe hinunter, um der kleinen Wiedersehensfeier ein Ende zu bereiten. Aber als er gerade die Eingangstür
aufmachen wollte, spazierte Ana herein. Sie strahlte. "Was glaubst du, was passiert ist?" "Ist das der Kerl, dem du in der letzten Wochen immer wieder Essen gebracht hast?" fuhr er sie an. "Du hattest mir gesagt, dass du hier niemand kennst, aber als ich dir das erste Mal den Rücken zugedreht habe, hast du alle paar Tage für einen Kerl gekocht. Der glückliche Ausdruck verschwand schlagartig von ihrem Gesicht. Sie blieb stehen und starrte ihn an, als ob er verrückt wäre. Vielleicht war er es. Wenn es so war, dann war es nur ihre Schuld. Aber eine innere Stimme mahnte ihn zur Vorsicht: Dass du sie willst, bedeutet noch längst nicht, dass sie dir gehört. In eisigem Ton sagte sie: "Ja. Das ist derjenige, dem ich Mahlzeiten gebracht habe. Ich bin ihm begegnet, als ich das erste Mal in der Stadt war." Doch dann veränderte sich der Ausdruck in ihren Augen, und Garrett konnte ihren wachsenden Zorn sehen, als sie ihm einen erbosten Blick zuwarf. "Wie kannst du es wagen!“ "Ich ..." "Wie kannst du es wagen?" wiederholte sie. "Du hast seit dem Tag, als wir uns das erste Mal getroffen haben, voreilig deine Schlussfolgerungen gezogen. Und jetzt denkst du, ich treffe einen Mann und gehe prompt mit ihm ins Bett, nicht wahr?" "Nicht ganz." Garrett wusste, dass er die Grenzen, die sie beide in letzter Zeit gezogen hatten, überschritten hatte. Zur Hölle, die Grenzen des höflichen Anstands hatte er schon seit langem überschritten. Was hatte Ana nur an sich, dass sie immer den Neandertaler in ihm hervorbrachte? "Ha." Sie ging einen Schritt auf ihn zu und hob die Hand hoch, und er hielt instinktiv ihr Handgelenk fest. „He, wart mal eine Minute." "Ich will nicht", fauchte sie und strich sich ein paar Locken zurück, die sich aus dem lockeren Zopf gelöst hatte, zu dem sie es immer flocht, wenn sie arbeitete. "Lass mich los. Ich will dir etwas zeigen." Er sah auf ihre Hand, die er immer noch festhielt, und registrierte dann die Fotos, die sie mit den Fingern umklammerte. Er kam sich etwas dumm vor und ließ sofort ihre Hand los. "Schau, ich entschuldige mich …“ "Zumindest damit liegst du richtig", versetzte sie wütend. Sie hob die Fotos hoch und hielt sie ihm vor die Nase. Ihre Hand zitterte so stark, dass er die Bilder nicht richtig sehen konnte, also griff er nach ihnen. "Babys?" murmelte er entgeistert. "Die beiden", erwiderte Ana spitz, "sind die heute Morgen geborenen Zwillinge meiner Freunde Nola und Teddy. Nola hatte eine schwierige Schwangerschaft und war dankbar für die Mahlzeiten, die ich ihnen gebracht habe, und meine sonstige Hilfe. Sie sind sehr liebenswürdige Menschen, und ich habe mich gefreut, hier in der Gegend Freunde zu finden." Sie hielt inne. "Warum erkläre ich dir das überhaupt?" Sie riss ihm die Fotos aus der Hand und drehte sich zur Treppe.
Garrett griff nach ihrem Arm und wirbelte sie herum. "Warte." "Nein!" Ana machte sich energisch von ihm los. "Ich habe es gründlich satt, von dir verurteilt zu werden. Ich mache drei Kreuze, wenn ich die letzten vier Tage hier hinter mir habe und dich nie wieder sehen muss." Garrett stand mitten im Wohnzimmer, als sie nach oben rannte. Sie warf lautstark die Tür hinter sich zu, und er zuckte zusammen. Er hatte sie nie vorher derart zornig erlebt, aber eigentlich hätte er sich nicht darüber wundern dürfen, denn es hieß ja immer, dass rote Haare auf ein hitziges Temperament hindeuteten. Er seufzte schwer und rieb sich den Nacken. Ana hatte Recht. Er hatte sie verurteilt und voreilige Schlüsse gezogen, und er kam sich wie ein Idiot vor. Langsam stieg er die Stufen hoch. Anas Tür war geschlossen, und Roadkill saß davor und kratzte mit der Pfote am Holz der Tür und verlangte Einlass. "Was ist los, Mädchen?" fragte er. "Hat sie dich ausgesperrt?" Er klopfte an der Tür. "Ana?" "Geh weg." Oh, zur Hölle! Ihre Stimme klang erstickt, und er wusste, dass sie weinte. Und es war seine Schuld. Wieder einmal. "Deine Katze will hinein", sagte er. Die Klinke wurde vorsichtig heruntergedrückt, und dann wurde die Tür gerade so weit geöffnet, dass die Katze hineinschlüpfen konnte. Aber als Ana die Tür wieder schließen wollte, schob Garrett seinen Fuß dazwischen. Einen Moment lang passierte nichts, bis Ana merkte, was er tat, dann ging die Tür weit auf. Ana stand mitten im Zimmer und hatte ihm den Rücken zugewandt. "Ich war eifersüchtig", bekannte er. Er sah, wie sie langsam den Kopf schüttelte, als ob die Worte keinen Sinn machten. "Was?" Er durchquerte den Raum, bis er direkt hinter ihr stand und sagte wiederholte: "Ich war eifersüchtig." Sie drehte sich mit weit aufgerissenen Augen zu ihm um. „Aber ... aber warum?" Er räusperte sich verlegen, legte eine Hand an ihre Wange und wischte Ana zärtlich die Tränen ab. "Kannst du mir ehrlich ins Gesicht sagen, dass du es nicht auch fühlst? Zwischen uns ist etwas, Ana, etwas, das mit jeder gemeinsam verbrachten Minute stärker wird. Ich weiß, es ist falsch, dich zu begehren", stieß er heiser hervor, "aber ich bin es müde, dagegen anzukämpfen." Ihre Haut war weich wie Seide. Er strich mit dem Daumen über ihre vollen Lippen. "Es ist nicht falsch", flüsterte Ana. "Ich wollte dir schon so lange erklären ..." "Nein. Keine Erklärungen." Plötzlich ergriff ihn eine irrationale Furcht. Dieser Moment war so intim. Worte würden nur alles zerstören. Bewusst langsam neigte er den Kopf und ersetzte den Daumen durch seinen Mund. "Nur das", sagte er, legte die Arme um sie und zog sie an sich. Als er ihren weichen Körper so ganz nah an sich spürte, seufzte er leise. Einen Moment lang überließ sie sich seiner Umarmung und erwiderte seine Liebkosungen ebenso wenig, wie sie sie zurückwies. Aber als seine Lippen zart
ihren Mund streiften und Garrett mit der Zunge die Kontur ihrer Oberlippe nachzog, vergaß Ana ihre Vorsicht und öffnete den Mund. Zögernd legte sie die Arme auf seine Schultern und schlang sie dann, als er den Kuss vertiefte und sie sich sicherer fühlte, um seinen Nacken. Aus den Funken, die immer zwischen ihnen gesprüht hatten, wurde ein loderndes Feuer. Seit sie sich in der intimen Umgebung ihres Schlafzimmers zu ihm umgedreht und ihn angesehen hatte, hatte Garrett eine wachsende Erregung gespürt. Als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und sich an ihn presste, fuhr er mit der Hand die anmutige Linie ihres Rückens hinab und umschloss eine der beiden süßen Rundungen ihres Pos. So zog er sie näher an sich heran, und rieb sich aufstöhnend mit seiner pulsierenden Härte an ihr. Ana vergaß jede Zurückhaltung. Sie legte ein Bein gegen seine Hüfte und schien in seinen Armen dahinzuschmelzen vor Sehnsucht. Und plötzlich wusste er, dass diese Umarmung nur auf eine bestimmte Weise enden konnte. Rasch hob er sie hoch. Er setzte sie auf dem Teppich vor dem Bett ab und erforschte dann mit der Zunge jeden Zentimeter ihres Mundes, während er ihr mit den Händen unter ihr T-Shirt und in die Shorts fuhr. Er wollte Ana schon so lange. Er hatte sich in der Fantasie ihre seidigen Körper, die Wölbungen ihrer Brüste und die rotblonden Locken zwischen ihren Beinen immer wieder vorgestellt ... und jetzt würde sie ihm gehören. Er streifte ihr das T-Shirt ab, und während er sein Hemd auszog, fuhr er fort, sie zu küssen. Dann zog er sie wieder nah an sich heran, öffnete ihren BH, riss ihn weg und schloss sie in seine Arme. Ihre entblößten Brüste an seinem nackten Oberkörper zu spüren war Schwindel erregend, aber er hielt Ana etwas von sich weg, so dass er die Schönheit, die er enthüllt hatte, ansehen konnte. Ihre Haut leuchtete wie Elfenbein, der Kontrast zu ihren hellrosa Brustspitzen war einfach atemberaubend, und er umfasste mit beiden Händen die verlockenden prallen Rundungen ihrer Brüste und strich immer wieder mit den Daumen über die harten Knospen, bis Ana hingerissen die Augen schloss und seine Schultern umklammerte. "Bitte ..." "Bitte was?" Mit den Händen fuhr Ana zum Verschluss seiner Shorts und zeigte ihm so, was sie wollte. Aber dann öffnete sie nicht den Knopf, sondern glitt liebkosend noch etwas tiefer und erkundete ihn durch den Stoff hindurch. Die zögernden, intimen Berührungen ließen ihn fast die Beherrschung verlieren. Es war, als zucke ein Stromstoß durch seine Lenden, und er wurde noch härter und größer. Widerwillig ließ er von ihren Brüsten ab, öffnete seine Shorts und streifte sie sich gleichzeitig mit dem Slip ab. Im nächsten Moment hatte er auch Ana die Shorts und den Slip ausgezogen. Dann legte er sie mit dem Rücken aufs Bett, schob sich neben sie und küsste sie feurig, bis sie beide nur noch stoßweise atmen konnten. Als er schließlich den Kopf hob, barg Ana das Gesicht an seinem Hals. Mit einer Hand erforschte
er ihren Körper, fuhr begierig alle Linien und Kurven nach, bis er schließlich die seidigen Locken zwischen ihren Beinen streifte. Ana rang nach Luft, als er mit einem Finger ihre intimste Stelle liebkoste. Er fuhr unermüdlich damit fort, während er ihre Brustspitzen mit Küssen und zarten Bissen reizte. Ana bog sich ihm entgegen und drückte mit zitternden Händen seinen Kopf an sich. Ihre Hüften hoben und senkten sich im Rhythmus seiner Liebkosungen, und durch diese Bewegungen wurde beständig ein köstlicher Druck auf seine harte Männlichkeit ausgeübt, die sich an ihren Oberschenkel presste. Schließlich drang Garrett mit dem Finger tief in Anas empfindlichste Stelle ein, und trieb sie an den Rand der Ekstase. Alles in Garrett schrie nach Erfüllung. Als Ana sich erbebend unter ihm wand, zog Garrett schnell seine Hand zurück, richtete sich auf und schob ihre Oberschenkel auseinander. Obwohl er wusste, dass er es beim ersten Mal langsam angehen lassen sollte, konnte er sich nicht zügeln. Mit einem einzigen kraftvollen Stoß glitt er in sie hinein und ergriff Besitz von ihr, während die letzten Wellen des Höhepunkts sie durchströmten. Sie schrie erneut auf und hob sich ihm entgegen. Dann legte sie die Hände um seinen Po, nahm Garrett tiefer und tiefer in sich auf. Er wurde von einer unwiderstehlichen Woge erfasst, als sie ihn ganz umschloss, und verlor immer mehr die Kontrolle über sich. Von Lust überwältigt, war er unfähig, ihr Liebesspiel länger auszudehnen, und fühlte, dass er sich gleich in ihr verströmen würde. Aber das durfte er nicht. Sein Verstand befahl Garrett, sich sofort von Ana zu lösen, aber sie hielt ihn fest umschlungen, und es war, als hätte sein Körper einen eigenen Willen. Und so überließ er sich seinen köstlichen Empfindungen und kam. Als der Sturm in ihnen abgeklungen war und sie beide ermattet dalagen, hob Garrett den Kopf. "Nimmst du die Pille?" Ana erstarrte. Ihr geschockter Gesichtsausdruck sprach Bände. "Nein." Sie schloss die Augen. "Es tut mir so Leid, ich habe nicht an Verhütung gedacht." Er stützte sich auf die Ellbogen und küsste ihre Augenlider "Ich bin derjenige, der sich Gedanken gemacht haben sollte." Er lächelte. Aber ich war zu beschäftigt." Dann wurde er wieder ernst. "Mach dir keine Sorgen. Wenn es Folgen hat, werden wir damit zurechtkommen." Ana öffnete die Augen. "Ich kann kaum glauben, dass du keine Kondome bei dir hast." Er zuckte mit einer Schulter. "Ich nehme an, ich hoffte mich eher beherrschen zu können, wenn ich keine Kondome zur Hand hätte." Sie versteifte sich, und er erkannte, wie wenig schmeichelhaft sich das angehört hatte. "Ana", sagte er. Sie wich seinem Blick aus. Ana. " Er neigte den Kopf und küsste sie so lange, bis sie den Kuss erwiderte. Dann schaute er ihr tief in die Augen. "Ich meinte nicht, dass ich dich nicht begehrenswert finde. Ich glaube, ich habe versucht, auf
Nummer sicher zu gehen. Im Moment kann ich mich nicht erinnern, warum mir das so wichtig schien." Ana entspannte sich wieder, und er beugte sich zu ihr, um sie noch einmal zu küssen, bis er bemerkte, dass sie unbehaglich hin und her rutschte. Er musste seine Position ändern. Sie war viel zu klein, um sein Gewicht länger aushalten zu können. Er legte sich neben sie und zog sie in seine Arme. Ihr Kopf war an seinen Hals geschmiegt, und er lag still da und beobachtete das Schattenspiel der Blätter auf der gegenüberliegenden Wand. Falls er sich schon jemals so zufrieden gefühlt hatte wie in diesem Moment, konnte er sich jedenfalls nicht daran erinnern. Anas warmer Körper war dicht an ihn gekuschelt, und ihre wilden Locken fielen auf seine Schultern. Sein männlicher Beschützerdrang meldete sich. Und noch ein anderes Gefühl das Gefühl, dass sie ihm gehörte. "Garrett?" Ana strich ihm über die seidigen Brusthaare und folgte der immer dünner werdenden Spur seiner Haare bis zu seinem Nabel und der dann wieder dichten Behaarung zwischen seinen Lenden. "Hm?" "Wie hast du das gemeint, dass wir damit zurechtkommen werden, falls ich schwanger werde?" Wachsam geworden durch den etwas sonderbaren Klang ihrer Stimme, erwiderte er vorsichtig: "Ich weiß nicht. Ich möchte nur, dass du weißt, ich würde dich nicht im Stich lassen." "Weil ich niemals - ich könnte nicht ..." "Ich würde das Kind haben wollen." Garrett küsste sie auf die Schläfe, um ihre Aufregung zu dämpfen" als er bemerkte, was in ihr vorging. "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?" Ana überlegte einen Moment. "Möglich wäre es schon." Sie seufzte. "Ich habe mir immer geschworen, dass mein Kind nicht ohne Vater aufwachsen soll, so wie ich." "Warum sollte es das auch?" fragte er vorsichtig. "Im Gegensatz zu dem Mann, der dich gezeugt hat, bin ich nicht mit jemand anderem verheiratet und habe nicht vor, mich aus der Verantwortung zu stehlen." Ein Kind ... mit Ana. Ihn durchzuckte ein leiser Schauer. Er konnte sich Schlimmeres vorstellen. Tatsächlich war er sich nicht sicher, dass er sich irgendetwas Besseres vorstellen konnte. Dann registrierte er, dass Ana ihm nicht geantwortet hatte. Er umarmte sie fester und zog sie auf sich. "Aber ich denke, wir sollten uns jetzt auch nicht verrückt machen. In Ordnung?" Ihre Locken hielten wie ein seidiger Vorhang die Sonnenstrahlen ab, als sie ihn mit geheimnisvoll glitzernden Augen ansah. „In Ordnung“, raunte sie. Garrett streichelte ihren zarten Rücken, fuhr ihr durchs Haar und zog sie dann zu sich hinunter, bis ihre Lippen sich trafen. Obwohl er beabsichtigt hatte, ihr einen zärtlichen, sanften Kuss zu geben, der sie beruhigen sollte, regte sich sofort wieder Verlangen in ihm, als sie seinen Kuss hingebungsvoll erwiderte. Schließlich musste er sie, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen, ein
Stückchen von sich abhalten. "Keine sexuellen Aktivitäten mehr, bevor ich nicht die Möglichkeit hatte, eine Drogerie aufzusuchen." Er fühlte, wie ihr Körper von lautlosem Lachen geschüttelt wurde. "Gar ... keine mehr?" "Du bist mir vielleicht eine!" Er rollte sich mit ihr zur Seite und hielt sie dann unter sich fest. "Ich möchte ausschließen, dass ich mich von Neuem vergesse. Komm, lass uns zu einer Drogerie fahren." Er stand auf, zog sie aus dem Bett und musste bestätigen, dass Kondome jetzt wirklich eine Notwendigkeit waren. Ana zu lieben machte süchtig. Er wollte sie schon wieder. Aber er wollte nicht nur mit ihr spielen, wie sie angedeutet hatte. Nein. Er sehnte sich danach, ganz mit ihr eins zu werden. Er warf Ana ihre Sachen zu, doch sie schüttelte den Kopf. "Ich muss duschen." Garrett grinste. "Warum? Sobald wir wieder zu Hause sein werden, werden wir wieder ins Bett gehen." „Aber ich habe versprochen, Nola und die Zwillinge zu besuchen, erinnerst du dich?" Geschmeidig und wunderschön in ihrer Nacktheit huschte Ana an ihm vorbei, aber er hielt sie am Handgelenk fest. Er drehte sie zu sich um und ließ den Blick über sie wandern. All die feinen Details, die er vorhin im Eifer des Gefechts verpasst hatte, fielen ihm jetzt auf. Ihre Hüften waren schmal und die Beine lang, das hatte er bereits gewusst, genauso wie er gewusst hatte, dass ihre Brüste üppig und ihre Arme schlank, aber muskulös waren. Was er jedoch nicht gekannt hatte, war der goldene Schimmer ihres gelockten Dreiecks zwischen den Beinen, die perfekt geschwungene Linie ihrer weiblichen Taille. Ana starrte ihn an. "Was ist?" Er lächelte sie an. "Du bist schön." Ihr Gesicht wurde weich. Dann füllten sich ihre Augen zu seiner Bestürzung mit Tränen. "Danke." Sie zog ihre Hand weg. „Ich werde mich im Bad beeilen." Während der Fahrt zur Stadt waren sie ruhig, aber nicht verlegen. Auf dem Weg zum Auto hatte Garrett nicht viel gesagt, aber als sie sich hinters Steuer gesetzt hatte, hatte er seine Finger mit ihren verschränkt und sich zu ihr gebeugt, um ihr einen langen Kuss zu geben. Ana, die Angst hatte, ihrer neuen, noch nicht gefestigten Beziehung zu schaden, schwieg ebenfalls. Sie musste ihm heute von ihrem Vater erzählen. Sie hatte es vorhin schon versucht, aber Garrett hatte sie unterbrochen, und als er erst einmal angefangen hatte, sie zu küssen, hatte sie alles andere vergessen. Aber sie wusste, dass sie ihm alles offenbaren musste. Heute Abend. Der Gedanke an ihren Vater brachte sie dazu, sich an ihre Mutter zu erinnern. Sie hatte plötzlich Sehnsucht nach ihr. Was würde ihre Mutter von Garrett halten? Sie warf ihm einen Blick zu. Er beobachtete sie. Ganz durcheinander schaute sie wieder weg, und er lachte leise. "Woran denkst du?"
"Nicht an dasselbe wie du", erwiderte sie scharfzüngig, und er lachte erneut. "Wenn du es wirklich wissen willst-. Ich habe mich gefragt, was meine Mutter von dir gehalten haben würde." "Sie hätte mich als gut aussehend und charmant eingeschätzt", entgegnete er prompt. Jetzt war es an ihr zu lachen. "Und als ungeheuer bescheiden.“ Einen Moment lang herrschte wieder Stille zwischen ihnen. Dann sagte er: "Erzähl mir von ihr." Das Interesse in seiner Stimme tat ihr gut. "Sie war Malerin. Eine sehr, sehr gute. Sie ist in der internationalen Kunstszene sehr bekannt." Ihr versagte die Stimme, und Garrett drückte ihr die Hand. Als Ana wieder sprechen konnte, bat sie: "Erzähl mir davon, wie deine Mutter Robin begegnet ist." Sie sah von der Seite, wie er den Mund zu einem Lächeln verzog. "Es war eine abgekartete Sache." "Eine abgekartete Sache?" Er grinste sie kurz an. "Meine Mutter war gerade etwas hilflos. Ihre Talente waren darauf beschränkt, eine gute Gastgeberin zu sein und den Haushalt perfekt zu führen. Nachdem mein Vater gestorben war, war sie vollkommen überfordert. Ihre Freunde, die hofften, dass bald wieder ein Mann für sie sorgen würde, haben angefangen, sie ihren Freunden vorzustellen." "Hat sie Robin geliebt?" "Sie bewunderte ihn." Er klang nachdenklich. "Ich glaube, dass sie weit mehr in ihn verliebt war als er jemals in sie.“ "Wie kommst du darauf?" Jede Information über ihren Vater war wertvoll für sie, selbst wenn sie sich wie diese auf die Familie bezog, zu der sie nie gehört hatte. Garrett zuckte die Schultern. "Lange Zeit war es nur so ein Gefühl von mir. Er hat sich Mutter gegenüber immer wundervoll verhalten, aber manchmal lag eine gewisse Traurigkeit in seinem Blick." Er nahm ihre Hand, führte sie zu seinem Mund und küsste ihre Finger. "Er war solch ein großartiger Mann. Ihn zum Stiefvater zu haben, war das Beste, was mir passieren konnte." Ana war sicher, dass das stimmte, und strich mit dem Daumen über seine Hand, als seine Stimme von Tränen erstickt wurde. "Ich kann immer noch nicht glauben, dass er von mir gegangen ist", bekannte er. "Mindestens einmal am Tag greife ich nach dem Telefon, um ihn anzurufen, bevor ich mich daran erinnere, dass ich das nicht mehr kann." Auch sie hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht sprechen. Alles, was sie tun konnte, war voller Mitgefühl seine Hand zu streicheln. Bis sie in der Stadt ankamen, redeten sie kein Wort mehr, und sie war zufrieden, neben Garrett zu sitzen und seine Hand auf ihrer zu spüren. Mit ihm so zusammen zu sein, fühlte sich richtig an, und sie vermutete, dass Robins Plan, sie zusammenzubringen, funktioniert hatte. Dadurch, dass sie auf relativ engem Raum zusammenleben mussten, hatten sie sich beide an die Eigenarten
und Vorlieben des anderen gewöhnt, und es war eine Vertrautheit entstanden, wie sie unter anderen Umständen nicht möglich gewesen wäre. Nachdem sie Garretts Wagen abgeholt und Nola und die Babys im Krankenhaus besticht hatten, hatte Garrett es eilig, wieder nach Hause zu kommen. Daheim stellte er die Einkäufe in der Küche ab und nahm Ana in die Arme. Sie schmiegte sich an ihn, genoss das Gefühl, von seinen starken Armen gehalten zu werden, und legte ihren Kopf in seine Halsbeuge. "Hast du Lust auf eine Bootsfahrt?" flüsterte er ihr ins Ohr. Sie erschauerte, als er sanft an ihrem Ohrläppchen knabberte. "Das wäre nett." "Ja." Aber er machte keine Anstalten, sie loszulassen. Ana konnte sein wachsendes Verlangen spüren, und atmete schneller, als ihr nachgebender Körper zu kribbeln begann. Langsam rieb sie sich ganz leicht an ihm und streifte dabei mit ihren empfindsamen Brustspitzen seinen Oberkörper. Garrett strich ihr über den Hals und hob ihr Kinn leicht an. Dann neigte er den Kopf und küsste sie lange und leidenschaftlich, während seine Hand zu ihrer Brust glitt, die er so lange streichelte und liebkoste, bis Ana sich sehnsüchtig in seinen Armen wand. „Ich denke …", murmelte er, "der See wird noch eine Weile warten müssen." Sie tastete hinter seinem Rücken mit einer Hand nach der Einkaufstüte, die sie auf dem Küchentresen abgestellt hatten. Und während Garrett sie auf die Arme hob, zog sie das Kondompäckchen heraus, das er besorgt hatte. Dann trug er sie die Treppe hinauf und in ihr Zimmer, wo er sie aufs Bett legte. Er brauchte nur einige Sekunden, um erst sie und dann sich auszuziehen. Ana hieß ihn mit ausgebreiteten Armen willkommen und seufzte vor Erleichterung, als er sich in ganzer Länge auf sie legte. "Oh, Garrett", flüsterte sie. "Ich lie..." Schockiert über das Bekenntnis, das ihr beinahe herausgerutscht wäre, verstummte sie. „Hm?" Er verteilte Küsse auf ihrem Hals bis hinunter zum Schlüsselbein, und sie erbebte, als seine Bartstoppeln ihre zarte Haut rieben. "Ich liebe es, wie du das machst", murmelte sie, aber in Gedanken war sie immer noch mit ihrem verbalen Ausrutscher beschäftigt. Obwohl sie nicht sicher war, vermutete sie, dass Garrett immer noch nicht zugeben würde, dass zwischen ihnen etwas war, was über körperliche Anziehung hinausging. Aber wenn er erst einmal wüsste, wer ihr Vater gewesen war ... dann, so hoffte sie, würde er einsehen, dass ihre Verbindung tief und von Dauer sein könnte. Die nächsten drei Tage verliefen idyllisch, wenn Garrett außer Acht ließ, dass ihre gemeinsame Zeit zu Ende ging. Den Tag vor der Abreise brachten sie das Haus in Ordnung und bereiteten alles für den langen Winter vor, in dem Eden Cottage ungenutzt bleiben würde. Nachdem sie nachmittags auch noch die Gartenmöbel von der Terrasse weggeräumt hatten, packte Garrett Ana, warf sie sich über die Schulter und ging wieder ins Haus.
"Garrett!" Ana trommelte mit den Fäusten auf seinen Rücken und lachte. "Was tust du da?" "Ich verfrachte mein Weib ins Bett." "Dein Weib? Du bist heute in etwas urzeitlicher Stimmung, oder?" Sie holte Luft, als er sie auf die Matratze warf und ihr dann umgehend folgte, bevor sie sich herauswinden konnte. "Ich bin jeden Tag etwas urzeitlich", korrigierte Garrett sie, biss ganz leicht in ihr Ohrläppchen und fuhr dann spielerisch mit der Zunge darüber. "Du gehörst zu mir, und ich beabsichtige dafür zu sorgen, dass du es nicht vergisst." Als ob er bemerkt hatte, wie besitzergreifend das gerade geklungen haben musste, gab er ihr einen Kuss. Einen ganz langsamen, zärtlichen und langen Kuss, der ihr Blut ebenso in Wallung brachte, wie seine Worte ihr Herz aufgewühlt hatte. Sie schlang die Arme um seine Schultern und presste sich an ihn. Auf diese Weise die einzige, die sie sich erlaubte -, zeigte sie ihre Liebe, und innerhalb weniger Momente waren sie nackt und nutzten gemeinsam das sehr große Bett. Etwa eine Stunde später wurde ihre entspannte Stimmung durch lautes Donnergrollen gestört. Garrett schaute zum Fenster. "Sieht so aus, als ob ein Sturm aufzieht." "Hm." Ana küsste seine nackte Brust. "Der Wetterdienst hat für heute Abend einen Gewittersturm entlang der Küste vorhergesagt." Garrett seufzte. "Ich gehe besser nach unten und ziehe das Ruderboot an Land, damit es nicht an den Steg geschleudert und beschädigt wird." Sie murrte leise, setzte sich aber auf und griff nach dem erstbesten Kleidungsstück, das sie in die Finger bekam, seinem T-Shirt. "Und ich werde alle Fenster zumachen und die letzten Sachen von der Terrasse reinholen." Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter. Ana ging auf die Terrasse, während er sich auf den Weg zum Anlegesteg machte und deshalb durch die Küche ging. Als er ebenfalls draußen auftauchte, rief er ihr zu: "Die Hintertür war stand offen. Als wir hereingekommen sind, scheine ich sie nicht fest zugemacht zu haben." Sie konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als sie ihn betrachtete. Er hatte nur Shorts an, und seine Brust- und Armmuskeln zeichneten sich ab, wenn er sich bewegte. "Ich schätze, du warst mit etwas anderem beschäftigt." Er grinste zurück. "Ich schätze, das war so." Dann verschwand sein Grinsen. "Du siehst besser nach der Katze. Ich bezweifle, dass sie nach draußen gelaufen ist, aber nur für den Fall ..." Ana erschrak. Die Katze brauchte zwei Mal am Tag ihre Medikamente. Ohne deren regelmäßige Einnahme würde sich ihr Zustand zusehends verschlechtern. Nur auf sich allein gestellt würde Roadkill wahrscheinlich sterben. Ana suchte jedes Zimmer und jeden Winkel ab, in dem sich die Katze vielleicht versteckt haben könnte, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Gerade, als sie nicht wusste, wo sie noch nachsehen sollte, kam Garrett herein. "Ich kann sie nirgends finden. Ich fürchte, sie ist nach draußen gelaufen", sagte sie voller Angst.
"Das tut mir Leid. Ich hätte dafür sorgen müssen, dass die Tür geschlossen ist." "Es ist, nicht deine Schuld." Sie versuchte zu lächeln. "Wir haben beide nicht an die Tür gedacht." Sein Gesicht wurde weich. "Nein, haben wir nicht." Garrett wurde unterbrochen, als der einsetzende Regen gegen die Fenster schlug. Es blitzte und donnerte fast gleichzeitig, und Ana zuckte erschrocken zusammen. Garrett zog sie beschützend an sich. "Schau", sagte er, "wenn sie draußen ist, fürchtet sie sich wahrscheinlich gewaltig und wird froh sein, dich zu sehen. Hol deine Autoschlüssel. Du kannst den Weg mit dem Auto abfahren und aus dem Fenster nach ihr rufen." "Und was wirst du tun?" Ana kramte bereits nach den Autoschlüsseln. "Ich suche rund ums Haus nach ihr. Versprich mir, nicht aus dem Auto zu steigen. Diese Stürme können sehr gefährlich werden. " "Du wirst doch auch hinausgehen", erwiderte sie. "Einer muss es tun. Es macht keinen Sinn, wenn wir uns beide unnötig in Gefahr begeben." Ana zögerte. "Ich habe Angst, dass ich sie sehen werde und sie nicht zu mir kommen wird." Garrett öffnete eine Dose Katzenfutter und drückte sie ihr in die Hand. Sie wird kommen. Und bleib um Himmels willen im Auto. " Widerwillig nickte Ana. „In Ordnung." Dann umarmte sie ihn und küsste ihn schnell. "Bitte, sei du auch vorsichtig."
8. KAPITEL Garrett wartete, bis er im strömenden Regen die Rücklichter von Anas Wagen nicht mehr sehen konnte. Dann machte er noch eine Dose Katzenfutter auf und ging mit dem Futter und einer Taschenlampe auf die Veranda. Der Regen hämmerte immer noch auf das Vordach. Es blitzte erneut, aber dieses Mal folgte der Donner erst einige Sekunden später, was ihm zeigte, dass der Sturm nicht mehr direkt über ihnen war. Wo würde die Katze hingerannt sein? Er sah sich um. Es hatte nicht geregnet, als sie hinausgelaufen war, so dass sie sich ziemlich weit vom Haus entfernt haben könnte. Aber er wettete, dass sie Unterschlupf gesucht hatte, als der Sturm eingesetzt hatte. Er trat in den strömenden Regen, ging einmal ganz ums Haus herum und rief nach der Katze, während er alle Stellen und Ritzen absuchte, in denen sich ein kleines Tier verstecken konnte. Dann ging er zum Seeufer. Als er neben dem Ruderboot angekommen war, das er nur Minuten, bevor der Sturm losgebrochen war, an Land gezogen und umgedreht hatte, hörte er ein jämmerliches Miauen.
Er blieb wie angewurzelt stehen, leuchtete mit der Taschenlampe unter das Boot und sah das Aufleuchten zweier unheimlich wirkender Augen. Garrett atmete erleichtert aus. "Roadkill? Komm her, du undankbares Tier." Er erhielt ein klägliches Miauen zur Antwort, aber die Katze bewegte sich nicht. Er seufzte, kniete sich hin und schob die Dose mit dem Katzenfutter unter das Ruderboot. "Komm her, du dummes Viech. Du hast dein hübsches Frauchen zu Tode geängstigt." Roadkill miaute erneut, und dann bewegte sie sich. Er zog genauso schnell die Katzenfutterdose wieder unter dem Boot hervor. Mit der anderen Hand hob er das Boot so weit an, dass die Katze herauskommen konnte. Dann wartete er. Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung. Zentimeter für Zentimeter schob sich die kleine getigerte Katze unter dem Boot hervor. Das arme Tier wirkte völlig verängstigt, und Garrett war klar, wenn er nicht vorsichtig war, würde sie flüchten. Ohne sich zu bewegen, hielt er die Dose mit dem Futter fest, und schließlich war ihr Verlangen nach dem Futter größer als die Angst vor ihm. Als sie sich dann vor dem Futter niederließ, packte er sie fest am Genick. Die Katze erstarrte. Schnell nahm er sie hoch, drückte sie an seine Brust und schob ihr das Futter unter die Nase, als sie sich zu wehren begann. "Hier - au! Verdammt, Katze - friss!" Anscheinend nahm sie zur Kenntnis, dass die Tage der Freiheit gezählt waren. Sie entspannte sich und machte sich über das Futter her. Er sah an sich hinunter und bemerkte zwei blutende Kratzer links unter seinem Schlüsselbein. "Ich hätte dich gehen lassen sollen", knurrte er das kleine Tier an, während er zum Haus zurückging. "Du bist eine ..." "Du hast sie gefunden!" Ana kam die Stufen oberhalb des Hauses hinunter. "Oh, Garrett, wo war sie? Ich kann nicht glauben, dass sie zu dir gekommen ist." "Sie ist nicht direkt zu mir gekommen", sagte er und übergab Ana die Katze. "Das Futter hat sie angelockt." Ana, die die undankbare Roadkill unentwegt streichelte, begleitete ihn ins Haus. In dem Moment, als Ana sie auf den Boden setzte, rannte die Katze wie der Blitz aus dem Zimmer und die Treppe hinauf. Beide lachten, und Ana drehte sich mit leuchtendem Gesicht zu ihm um und stürzte sich in seine Arme. "Danke, danke!" Er hielt immer noch die Taschenlampe und das Katzenfutter in den Händen, aber sie schlang die Arme um seinen Hals, presste sich an ihn und überzog seine Brust und seinen Hals mit heißen Küssen. Dieser Einladung konnte er nicht widerstehen. Hinter ihrem Rücken legte er die Taschenlampe und das Katzenfutter auf einem Tisch ab, umfasste dann mit beiden Händen ihren Po und zog sie an sich, während ihre Küsse seinen Mund erreicht hätten und noch stürmischer wurden. Die Glut ihre Lippen und ihrer Zunge weckte schnell auch seine Leidenschaft, und er überließ Ana die Führung. Langsam erkundete sie seinen Körper und
hielt einen Moment inne, als sie mit ihrem Mund über die blutigen Kratzer strich. "Wir sollten die Wunden reinigen", sagte sie. "Es könnte Schmutz hineingekommen sein." Aber sie setzte bereits ihre Erkundungstour fort und reizte mit Mund und Zunge seine Brustwarzen. Garrett fuhr ihr durch die Haare und presste sie noch fester an sich. "Später", sagte er heiser. "Wir werden sie später säubern." Ana glitt mit ihrem Mund weiter seinen Körper hinab, und während sie mit ihrer Zunge in seinen Bauchnabel tauchte, machte sie seine Shorts auf. Garrett schloss die Augen, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und stöhnte, als die Shorts auf den Boden fielen. Er spürte erst die kühle Luft auf seiner heißen Haut und dann Anas warme Hand, die ihn umschloss. "Ana", sagte er mit einer rauen Stimme, die er kaum als seine eigene erkannte. "Hör auf." Er hatte Angst, es könnte zu schnell vorbei sein, wenn sie weitermachte. Aber es war einfach zu schön. "Nein, hör nicht auf." Er lächelte verzückt, als sie vor ihm auf die Knie ging und voller Bewunderung das Ergebnis ihrer kühnen Liebkosungen betrachtete. Bewusst langsam strich sie über seinen sensibelsten Körperteil. Garrett war wie elektrisiert und wurde noch härter. Er las in ihren Augen, was sie vorhatte. Einen Augenblick lang spürte er ihren warmen Atem auf sich, dann nahm sie ihn in den Mund. Garrett stöhnte auf, ein Laut tiefster animalischer Lust. Seine Hände in ihren Haaren ballten sich zusammen, während sie mit den Händen zwischen seine Beine fuhr und seine Oberschenkel umklammerte. Sie liebte ihn so wild und zärtlich mit Zunge und Händen, dass ihn ein Sturm der Gefühle durchzuckte. Wie ein Feuerstrom durchzuckte es ihn, als hätte er glühende Lava in den Adern, und er erlebte einen Höhepunkt, der ihn jäh aus der Realität riss. Ana stand anmutig auf und nahm seine Hand, während Garrett immer noch versuchte, wieder zu Atem zu kommen, und sagte weich: "Lass uns nach oben gehen." Als sie sich umdrehte, zog Garrett sie wieder an sich. Geschockt bemerkte er, dass sie nur sein T-Shirt anhatte, das sie sich vor dem Sturm übergestreift hatte. Er riss ihr das Hemd vom Leib und presste ihren geschmeidigen zierlichen Körper an sich. Die Berührung mit ihren verlockenden weichen Rundungen löste sofort wieder ein Begehren in ihm aus, von dem er geschworen hätte, es unmöglich wieder so schnell fühlen zu können. "Ana", murmelte er und strich besitzergreifend über ihren Körper. "Weißt du, was du mit mir machst?" Er umrahmte ihr Gesicht mit den Händen und küsste sie tief und innig. Als er den Kopf hob, berührte sie sein schmales Kinn. "Garrett", sagte sie leise, "ich liebe dich." Die heiseren Worte bestätigten eine Ahnung, und er war über die tiefe Befriedigung erschüttert, die dieses Bekenntnis in ihm auslöste. Obwohl er den genauen Moment, in dem sich sein Leben geändert hatte, nicht bestimmen
konnte, wusste er doch, dass es so war. Und das für immer. Er konnte sich ein Leben ohne Ana nicht mehr vorstellen. Aber gleichzeitig mahnte ihn eine innere Stimme beharrlich zur Vorsicht. Er schenkte ihr jedoch kein Gehör. Er konnte sich später Gedanken machen. Im Moment genügte es ihm, sich einfach seinen Gefühlen zu überlassen. Ana wurde unruhig in seinen Armen, und er registrierte, dass ihre Worte immer noch zwischen ihnen standen. Er küsste sie zart auf die Stirn und sagte: "Lass uns nach oben gehen." Er hob sie auf seine Arme. Ana legte ihre Arme um seinen Hals, während er sie in sein Schlafzimmer und zum Bett trug, das sie erst am nächsten Morgen wieder verließen. "Ich liebe dich." Das Unheimliche daran ist, dachte Garrett, als er mehrere Stunden später schlaflos im Bett lag, dass ich das Gleiche hatte sagen wollen. Fast wäre er mit den schicksalhaften drei Worten herausgeplatzt, die ein Leben unwiderruflich verändern konnten. Und obwohl er den Drang gefühlt hatte, jegliche Vorsicht in den Wind zu schlagen, hatte er den Mund gehalten. Er hing an Ana. Er empfand mehr für sie als für jede andere Frau, die er bisher gekannt hatte, wie er sich eingestehen musste. Mehr sogar als für Kammy. Er hatte gedacht, dass Kammy etwas Besonderes sei, und dass er sie liebte. Aber jetzt ... jetzt wusste er es besser. Und das machte es ihm nicht gerade einfacher, nichts auf Anas Bekenntnis zu erwidern. Aber er konnte es nicht, weil er an der Beständigkeit solcher Gefühle zweifelte. Sein letzter Versuch in dieser Richtung war der beste Beweis dafür. Obwohl er Kammy damals gehasst hatte, schätzte er sich jetzt glücklich, dass er die Wahrheit noch vor der Hochzeit erkannt hatte. Also, was war die Wahrheit über Ana? Er hätte so gern geglaubt, dass sie den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen wollte. Aber sein Verstand sagte ihm, dass es nicht so einfach war. Und das ließ ihn innehalten. Er hatte Geld. Ana brauchte Geld. Selbst wenn er ihr die Hälfte des Hauses abkaufen würde, würde ihr diese Summe nicht ewig über die Runden helfen. Realistisch betrachtet, würde es kaum reichen, um sich selbstständig zu machen. Wenn er ihre Beziehung fortführten, wäre es nur logisch, dass sie bei ihm einziehen würde. War es das, worauf sie aus war? Ana bewegte sich in seinen Armen und murmelte etwas. Garrett er registrierte, dass er sie unwillkürlich fester umarmt hatte. Vorsichtig entspannte er seine Schultermuskeln. Ana schmiegte sich wieder enger an ihn, und als ihr warmer Atem seinen Hals streifte, lief ihm ein heißer Schauer über den Rücken. Sie schlief tief und friedlich. Er mochte es, wie sie sich in seinen Armen anfühlte, wie sie stöhnte und sich ihm entgegenbog, wenn er sie nahm. Er könnte wahrscheinlich den Rest seines Lebens mit ihr im Bett verbringen. Nein, sie liebt mich nicht wirklich, entschied er, obwohl sie das selbst glauben mochte. Vor einigen Wochen hätte er noch gedacht, dass sie diese Worte aus
demselben Grund benutzen würde wie Kammy: um ihn wegen seines Geldes für sich zu gewinnen. Jetzt wusste er, dass das nicht der Fall war. Wenn Ana sagte, dass sie ihn liebte, glaubte sie das auch. "Ich liebe dich." Die Worte gehörten zum Sex wie die Hitze zum Sommer. Und natürlich war das der Grund, warum er ihre Liebeerklärung beinahe erwidert hatte. Es war einfach, in einer Situation wie dieser in Verwirrung zu geraten. Großartiger Sex provozierte große Gefühle, und viele Leute glaubten, dass es sich hierbei um Liebe handele. Ich weiß es besser, ermahnte er immer wieder. Ana hingegen kannte den Unterschied wahrscheinlich gar nicht. Letztlich spielte es keine Rolle. Wenn sie sich selbst täuschen wollte, war das ihre Sache. Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, sich nie wieder von einer Frau manipulieren zu lassen, die hinter seinem Geld her sein könnte. Ana hatte wirklich keine Ähnlichkeit mit seiner früheren Verlobten, aber es blieb ein nagender Zweifel. Sie brauchte Geld. Er hatte Geld. Er war nur realistisch. Wenn er keinen Cent besäße, würde Ana ihm dann immer noch sagen, dass sie ihn liebe? Er wusste es nicht. Aber solange er seinem Grundsatz treu blieb, gab es keinen Grund, das Zusammensein mit ihr zu genießen. Und sie würden für eine Weile zusammenbleiben, dessen war er sich sicher. Egal, welche Beziehung sie auch immer zu Robin gehabt haben mochte. Sie hatte seinen Stiefvater in seinen letzten Jahren glücklich gemacht, ihm eine Freude bereitet, die er vorher nicht gekannt zu haben schien. Wie konnte er ihr das übel nehmen? Ana wachte auf, als Garrett seinen Arm unter ihrem Nacken wegzog und aus dem warmen Bett schlüpfte. Mit halb geschlossenen Lidern beobachtete sie, wie er nackt zum Badezimmer ging. Himmel, war er gut gebaut! Seine Beine waren lang, sein Po fest und so perfekt geformt, dass es sie in den Fingern juckte, die glatte Haut dort zu berühren. Seine breiten Schultern bildeten einen starken Kontrast zu seinen schmalen Hüften. Als er im Bad verschwand, rutschte sie auf seinen noch warmen Platz. Sie wollte nicht aufwachen, wollte nicht, dass der Tag begann. Denn sie befürchtete, dass von jetzt an zwischen ihnen alles anders sein würde. Garrett hatte ihre Liebeserklärung gestern Abend unbeantwortet gelassen. Sie hatte nicht wirklich eine Erwiderung erwartet. Sie hatte ja nicht beabsichtigt, diese drei Worte zu sagen. Sie waren ihr einfach herausgerutscht. Es tat ihr nicht direkt Leid, sie war nur ein bisschen nervös deswegen. Würde das alles verändern? Würde er jetzt vor der neuen Intimität flüchten? Gestern noch hatte sie angenommen, dass sie zusammen nach Baltimore zurückkehren und gemeinsam Pläne für die Zukunft machen würden. Sein Schweigen gestern Abend hatte all ihre Hoffnungen zerstört. Garrett kam unvermittelt aus dem Bad zurück, und bevor sie sich hätte schlafend stellen können, hatten seine schönen blauen Augen ihren Blick eingefangen. Er sah sie voller Wärme an.
"Guten Morgen." "Guten Morgen." Ana räusperte sich. Garrett setzte sich auf die Bettkante und strich sanft Mit dem Daumen über ihre nackte Schulter. "Willst du eine Runde mit mir schwimmen, Schatz?" "Das wäre großartig." Ihr Herz machte einen Satz wegen des Koseworts, auch wenn sie sich sagte, dass es nichts bedeutete. Dann kreischte sie, als er die Decke zurückschlug und sie auf seine Arme nahm. Sie hielt sich an seinem Hals fest, als er die Treppe hinunterstieg, die Tür mit dem Ellbogen öffnete und sie zum See trug. "Garrett! Lass mich herunter! Wir können doch nicht einfach nackt herumlaufen." Er blieb stehen und sah sie lachend an. "Warum nicht? Du hast es doch schon einmal getan. Er ging den Weg bis zum Ende, und bevor sie bemerkte, was er vorhatte, drehte er sich schwungvoll und ließ sie dann abrupt los, so dass sie mit einem entsetzten Schrei ins kalte Wasser fiel. Als sie wieder auftauchte und sich die nassen Locken aus dem Gesicht strich, war er schon neben ihr im Wasser und lachte leise. Sie konnte ihr Vergnügen nicht verbergen, als sie sich auf den Rücken drehte und sich neben ihm treiben ließ. "Sehr witzig. Du weißt, dass eine solche Untat nicht ungerächt bleibt." Garrett spielte den Erschrockenen. "Ich zittere schon." Dann zog er sie an sich und entführte sie zu einer Stelle, wo er im Gegensatz zu Ana noch im Wasser stehen konnte. Das Wasser machte ihre Körper schlüpfrig, und als er seinen Oberschenkel zwischen ihre schob und den Kopf neigte, um sie küssen, vergaß sie zu lachen. Dicht an ihrem Mund flüsterte er: "Es gibt etwas, das ich schon immer einmal im Wasser tun wollte. Willst du das erste Mal gemeinsam mit mir erleben?" Sie spürte ihn hart und pulsierend an ihrem Bauch und legte die Beine um seine Hüften. "Liebend gern." "Es gibt etwas über das ich mit dir reden will", sagte Ana eine Stunde später zu Garrett, während sie zwei Toastscheiben mit Butter bestrich. "Ich weiß." Er war damit beschäftigt, die Eier zu wenden. „Tust du?" "Ja. Heute ist der letzte Tag. Ab morgen gehört uns Eden Cottage offiziell. Und mein ursprüngliches Angebot steht. Ich wäre glücklich, dir für deine Hälfte einen guten Preis zu zahlen." Ana war sprachlos. "Das war es nicht ..." Sie hatte angenommen, dass sie das hinter sich gelassen hätten. Es war ein Schock für sie, dass ihre gemeinsam verbrachte Zeit Garretts Einstellung nicht geändert zu haben schien. "Ich will meine Hälfte immer noch nicht verkaufen." Einen Moment herrschte Stille. Ana spürte, wie die Spannung zwischen ihnen wuchs. "Du brauchst das Geld", sagte er dann. "Ich dachte, du wolltest dein eigenes kleines Geschäft aufbauen?"
"Das ist richtig." Sie hatte einen Kloß im Hals und konnte kaum sprechen. "Aber dieser Ort ist etwas Besonderes für mich geworden. Robin wollte, dass mir das Haus zur Hälfte gehört, um es mit dir zu teilen." Er sagte nichts. Und plötzlich erkannte Ana, dass dies jetzt der richtige Moment war, das zu tun, was sie seit Wochen vermieden hatte. Sie holte tief Luft. "Der Grund, warum mir so viel an diesem Haus liegt, ist, dass Robin etwas sehr Besonderes für mich war. Er war mein Vater." Garrett zeigte keine Regung. „Ana …“ "Robin war mein Vater", fuhr sie fort, als er sie nur schweigend mit einem düsteren und unergründlichen Ausdruck in den Augen anstarrte. "Meine Mutter und er liebten sich, aber er wollte seine erste Frau, die geisteskrank war, nicht verlassen. Als meine Mutter merkte, dass sie schwanger war, entschied sie sich, sich von ihm zu trennen." Garretts Augen verdunkelten sich. "Warum? Das musste ihr doch als gutes Druckmittel erschienen sein, um geheiratet zu werden. " Seine Worte trafen Ana zutiefst, und sie setzte zu einer abwehrenden Entgegnung an. "Du hast meine Mutter nicht gekannt", erwiderte sie in scharfem Ton und hob das Kinn. "Sie hätte nicht gewollt, dass Robin eine Entscheidung treffen musste, die ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen würde. Und zu dieser Zeit hatte niemand eine Ahnung, wie lange Maggie leben würde." "Und du weißt das, weil ..?" fragte er kühl. "Als meine Mutter erkannt hatte, dass sie unheilbar krank war, hat sie mir und Robin jeweils einen Brief geschrieben, der uns nach ihrem Tod von ihrem Anwalt zugestellt wurde." Sie musste kurz innehalten, um ihre Fassung zu bewahren. "Als Robin von meiner Existenz erfuhr, stand er am nächsten Tag bei mir vor der Tür. Wie du dir vorstellen kannst, war der Brief für mich ein Schock, weil ich geglaubt hatte, dass mein Vater bereits vor Jahren gestorben wäre." "Da bin ich sicher", murmelte Garrett. Ermutigt fuhr sie fort: "Mrs. Davenport hat mir erzählt, dass Robin und meine Mutter dieses Haus hier zusammen ausgesucht haben. Sie haben hier nur einen Sommer verbracht, bevor sie fortgegangen ist." Garrett schlug die Hände vors Gesicht. "Ana ..." Er zögerte. Sie sah ihn erwartungsvoll an. Sicherlich verstand er jetzt, warum sie ihre Hälfte nicht verkaufen wollte. Und er musste auch erkennen, dass seine Annahmen, was sie betraf, von Anfang an völlig aus der Luft gegriffen gewesen waren. "Es sind keine Entschuldigungen nötig. Ich hatte schon lange vor, es dir zu sagen, aber du hast mich so wütend gemacht. Ich entschied, dich erst mal denken zu lassen, was du wolltest. Einige Male versuchte ich es dir zu sagen, aber es war nie der richtige Moment dafür, und gestern Abend ..." "Ana", sagte er bestimmt, und sie brach mitten im Satz ab. "Du musst das nicht tun. Wenn du die Hälfte des Hauses unbedingt behalten willst, kannst du es." Er klopfte sich aufs Knie. "Komm her."
Verwirrt erlaubte sie ihm, ihre Hand zu nehmen und sie auf seinen Schoß zu ziehen. Was meinte er damit, dass sie das nicht tun musste? Was tun musste? "Ich will dich", sagte Garrett und sah ihr tief in die Augen. "Deine Vergangenheit ist nicht wichtig für mich. Ich möchte, dass du mit mir zusammenlebst." Zuerst machten seine Worte keinen Sinn. Aber dann erfasste sie die volle Bedeutung dessen, was er gesagt hatte. Sie schrie fast laut auf, als die hässliche Wahrheit sie ins Herz traf. Er glaubte ihr nicht! Unter allen denkbaren Reaktionen seinerseits, die sie sich ausgemalt hatte, hatte sie diese nicht für möglich gehalten. „Ana?" Er beobachtete sie und wartete auf eine Antwort. In ihr starben alle Gefühle ab, und der unglaubliche Schock ließ sie ganz ruhig werden. Du kannst nicht zusammenbrechen, sagte sie sich. Nicht vor Garrett. "Für wie lange?" Es war die einzige Erwiderung, die ihr einfiel. Nicht dass die Antwort jetzt noch eine besondere Rolle spielen würde. Garrett zuckte die Achseln. "Müssen wir ein Zeitlimit vorgeben? Warum warten wir nicht einfach ab, wie es mit uns läuft?" Er hatte den Arm fest um ihre Taille gelegt und streichelte die Kurve ihrer Hüfte. "Denk nur daran, welche Vorteile das für dich hätte. Du brauchst keine andere Wohnung zu mieten. Du musst keine anderen Jobs annehmen. Du kannst dich selbstständig machen, solange wir zusammen sind." Als sie sich erheben wollte, hielt er sie fest. "Wenn du dir wegen des Startkapitals Sorgen machst, ich werde es dir geben. Was schätzt du, wie viel wirst du brauchen?" Ihr blutete das Herz. "Ich will dein Geld nicht." „In Ordnung, wenn du ein Geschenk nicht annehmen willst, werde ich es dir leihen, und du kannst es mir monatlich zurückzahlen." "Nein." Ruhig, aber mit eiserner Entschlossenheit entwand Ana sich seinen Armen, stand auf und trat einen Schritt zurück, als brauche sie einen Sicherheitsabstand zu ihm. "Warum bist du so wild entschlossen, immer das Schlechteste von mir anzunehmen? Millionen Menschen haben eine schlechte Erfahrung in der Liebe gemacht und benutzen dies nicht als Schild, um sich vor neuen Beziehungen zu schützen." "Ich verstecke mich nicht hinter irgendetwas", entgegnete Garrett und registrierte schließlich ihren starren Gesichtsausdruck. „Aber ich bin realistisch. Wir genießen beide die Gesellschaft des anderen. Wir mögen teilweise die gleichen Dinge. Wir passen im Bett wahnsinnig gut zusammen." Er unterbrach sich und schaute weg. Seine Gesichtszüge verhärteten sich. "Liebe hat damit nichts zu tun." Diese platte Erklärung war für Ana wie ein Stich ins Herz. Einen langen Moment sah sie ihn still an. Es war ihm anzumerken, dass er sich sehr unwohl fühlte. "Wenn du das wirklich glaubst“, sagte sie, "tust du mir Leid, Garrett, weil du dir deine ganze Zukunft vom Verhalten deines Vaters und der Täuschung durch eine Frau diktieren lässt. Und weil du wegen dieser beiden schlimmen Erfahrungen bereit bist, das wegzuwerfen, was wir zusammen hätten
haben können." Sie ging zur Tür. "Du räumst der Vergangenheit bei weitem zu viel Macht über dich ein." "Ich bin nicht ..." Seine Stimme klang schrill. "Ich liebte dich", erklärte Ana ruhig. Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber als er unwillkürlich eine Bewegung in ihre Richtung machte, streckte sie abwehrend die Hand aus. Wenn er sie wieder berührte, würde sie völlig zusammenbrechen. "Meine Mutter und mein Vater verloren die Chance auf ihr Glück, aber ich war sicher, dass ich meine Chance bekommen hätte." Sie schloss die Augen. "Was für eine Närrin ich doch war." Dann drehte sie sich weg und ging den Flur entlang bis zur Haustür. Sie wusste nicht, wohin sie gehen würde. Nur dass sie Distanz zu ihm brauchte. Völlig erstarrt durch ihre Zurückweisung, stand Garrett immer noch auf derselben Stelle, als er hörte, dass Ana die Tür hinter sich zumachte und über die Veranda lief. Dann konnte er sie nicht mehr hören. Schließlich konnte er die Stille nicht mehr ertragen. Er knallte energisch die Küchentür hinter sich zu, aber das laute Geräusch konnte seine Wut nur wenig lindern. Sein Magen schmerzte, seine Hände zitterten, und um seine Brust schien ein eiserner Panzer zu liegen. Seine Gedanken überschlugen sich. Warum hatte sie ihn derart belogen? Sie war mit Sicherheit nicht verrückt genug, um zu denken, dass er ihr diese unerhörte Story abkaufte. Enttäuschung erfüllte ihn. Wie konnte er sich so in ihr getäuscht haben? Sie schien ganz anders zu sein als Kammy. Aber es hatte sich herausgestellt, dass sie ihn als Gewinn bringend betrachtete, genau wie Kammy es getan hatte. Die Frage war nur, wie lange sie ihm vorspielen würde, tief verletzt zu sein, bevor sie versuchte, ihn an die Angel zu kriegen. Und sie zog falsche Schlüsse, was ihn anging, versicherte er sich. Die Vergangenheit spielte dabei keine Rolle. Sie hatte ihn lediglich schlauer und weniger leichtgläubig gemacht. Sein Vater war ein Schuft gewesen, aber das hatte mit seinem Verhalten heute nichts zu tun. Er ging auf die Terrasse und bemerkte, dass Ana mit den Füßen im Wasser am Rand des Anlegestegs saß. Abrupt drehte er sich weg und folgte dem Wanderweg, der um den See führte. Ärgerlich kickte er Kieselsteine weg, als er den Weg entlangstürmte, dann wich er links vom Weg ab und begann über weniger zugängliches Terrain zu wandern. Die körperliche Herausforderung tat ihm gut, und nachdem der erste Zorn verraucht war, überfiel ihn eine tiefe Traurigkeit. Warum hat sie mir diese Geschichte über Robin und ihre Mutter erzählt? fragte er sich immer wieder. Robins Erbe würde Anspruch auf einen beträchtlichen Teil seines Besitzes haben, flüsterte eine helmtückische Stimme in seinem Kopf. Genau. Als sie angefangen hatte zu sprechen, war ihm das Herz schwer geworden. Hatte er ihr nicht gesagt, dass er dafür sorgen würde, dass sie alles
bekam, was sie brauchte? Anscheinend war das nicht genug. Sie wollte mehr. Viel mehr. Dann drängte sich ihm ebenso hartnäckig ein anderer Gedanke auf. Du könntest Unrecht haben. Vielleicht hat sie die Wahrheit gesagt. Nein. Er wies das sofort zurück. Natürlich war sie nicht Robins Tochter. Robin hätte ihm davon erzählt. Hätte er? Das erste Mal in all den Jahren, in denen sein Stiefvater für fortwährende Stabilität gesorgt hatte, war er verunsichert. "Ich werde dir sie bald vorstellen. Ich glaube, du wirst sie mögen" hatte er ohne jede Anzüglichkeit gesagt, aber Robin war sowieso viel zu sehr Gentleman, um frivole Anspielungen zu machen. Sein glückliches Strahlen, als er das Treffen ankündigte, war unmissverständlich gewesen. Ana bedeutete ihm viel. Und damals, als Garrett noch angenommen hatte, dass es sich um eine würdevolle Witwe handeln würde, hatte er kein Problem damit gehabt. Das Problem war entstanden, als er Ana getroffen und für sich selbst gewollt hatte. Garrett blieb plötzlich stehen. Langsam sank er auf einen morschen Holzklotz, stützte die Ellbogen auf seine Knie und ließ die Hände hängen, während er kaum atmete. Hatte er nur aus Eifersucht so reagiert? Er befürchtete fast, dass genau dass der Fall gewesen war. Was hätte er bei der Tatsache empfunden, wenn die ältere Frau, die er sich vorgestellt hatte, die Hälfte des Hauses geerbt hätte? Er versuchte, sich diese Frage ehrlich zu beantworten. Er wäre ärgerlich gewesen. Sogar mehr als ärgerlich. Aber hätte er sie so behandelt wie Ana? Definitiv nicht. Obwohl eine ältere Frau auch nicht behauptet hätte, Robins Tochter zu sein. Er saß lange Zeit einfach nur da und beobachtete die Schatten der Bäume auf dem Weg, Schließlich, als die Schatten länger wurden, stand er auf und machte sich auf den Heimweg. Es war gut, dass der Monat zu Ende ging. Er und Ana würden nur noch eine unangenehme Nacht zu überstehen haben, bevor sie Morgen früh zurück nach Baltimore fahren würden. Er presste zwei Finger auf seinen Magen, um den Druck dort zu lindern. Eine Magenverstimmung, das war alles, was er hatte. Sie würden diese letzte Nacht nicht gemeinsam verbringen. Garrett ging weiter. Als das Haus in Sichtweite war, wurde sein Bedauern zu heftig, um es weiterhin zu unterdrücken. Das Dumme war, er hätte mit Ana glücklich sein können. Er hatte sich wohl mit ihr gefühlt. Und er hatte genug Frauen kennen gelernt, um zu wissen, wie selten es war, mit jemand gemeinsam schweigen zu können. Im Bett hatte er noch nie eine Frau erlebt, die sich so großzügig verschenkte, die so begehrenswert war und derart seine Leidenschaft entfachte. Sie hatten beide das gemächliche Leben im Landhaus genossen, und er war sicher, dass Ana, genau wie er, einen ruhigen Lebensstil einem Kurztrip
zu einem angesagten Ort wie Las Vegas vorzog. Sie war eine gute Köchin, hatte Witz, einen scharfen Verstand und ein so weiches Herz, dass er sich danach gesehnt hatte, die Weit so gut zu machen, dass es ihr niemals gebrochen werden würde. Er blieb wieder stehen. Unerbittlich breitete sich Angst in ihm aus, als er schließlich aufhörte, sich anzulügen und die Wahrheit erkannte. Genau das hatte er getan - Ana das Herz gebrochen. Und seines auch. Die Wahrheit war wie ein Schlag ins Gesicht. Ja, er war eifersüchtig auf Robins Beziehung zu ihr gewesen ... weil er sie für sich gewollt hatte, seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Aber darüber hinaus hatte er sich immer mehr in sie verliebt, als er sie näher kennen gelernt hatte. Er liebte Ana. In diesem Moment erkannte er, wie leer sein Leben ohne sie sein würde. Er konnte sich vorstellen, jeden Morgen beim Aufwachen in ihr leuchtendes Gesicht zu sehen, gute und schlechte Zeiten mit ihr zu teilen. Zu seinem großen Erstaunen konnte er sich sogar vorstellen, Kinder mit ihr zu haben- kleine Mädchen mit den wilden Locken ihrer Mutter, die ihr gemeinsames Leben bereichern würden. Diese Bilder rückten aber in unerreichbare Ferne, als er sich an ihren verstörten Gesichtsausdruck von vorhin erinnerte. Er hatte sie tief verletzt. Die Gründe dafür erschienen ihm nun völlig belanglos. Wie konnte er ihr verständlich machen, dass egal, wie ihr erstes Treffen zu Stande gekommen war, er für immer mit ihr zusammen sein wollte? Panik erfasste ihn, und er begann zu rennen. Er ahnte die bevorstehende Katastrophe voraus. Er musste umgehend mit Ana reden. Im Haus stürmte Garrett die Treppe hinauf, aber sie war nicht in ihrem Zimmer. Die Tür zu ihrem Zimmer stand offen, und all ihre persönlichen Sachen waren verschwunden. Sein Magen zog sich vor Angst zusammen, als er sich zwang, ihr Atelier zu betreten. Es war ebenfalls verlassen. Der Raum sah aus wie am Tag der Ankunft. Die Regale waren abgeräumt, der Arbeitstisch war unberührt und ihre Nähmaschine war verschwunden. Ihm tat der Brustkorb weh und er bemerkte, dass er den Atem anhielt. Ana war fort.
9. KAPITEL Langsam ging Garrett die Treppe hinunter und sah bei jedem Schritt, dass sich seine Annahme bestätigte. Ihr kleines Auto war nicht mehr unter den Birken geparkt, ihr Strandtuch vom Geländer der Terrasse verschwunden, und der Futternapf der Katze befand sich ebenfalls nicht mehr an seinem Platz. Er stand niedergeschlagen in der Küche. Sie war gegangen, und er konnte ihr deshalb wirklich keinen Vorwurf machen. Er war brutal gewesen. Er ging zum Computer in seinem Arbeitszimmer, aber der konnte ihm jetzt auch nicht helfen. Garrett wusste, er musste Ana hinterherfahren und sich bei ihr entschuldigen. Er konnte nur beten, dass sie ihm verzieh. Er sah vom Computer hoch und blickte auf die Zeichnung, die seinen Stiefvater darstellte und schon seit Jahren dort an der Wand hing. Es war eines seiner Lieblingsbilder von Robin. Er saß in Freizeitkleidung auf einem Felsen am See und hielt eine Kaffeetasse in den Händen. Um seine Lippen spielte ein leichtes Lächeln, und er blickte in die Ferne. Garrett hatte ihn unzählige Male so gesehen. "Was mache ich jetzt, alter Mann?" fragte Garrett laut. Er fühlte eine große Hoffnungslosigkeit in sich aufsteigen. "Du hattest Recht damit, dass ich sie mögen würde." Er stand auf und ging ruhelos zum Fenster. Etwas ließ ihn nicht los. Was war es nur ... ? Plötzlich schnippte er mit den Fingern. Erneut betrachtete er die Zeichnung, und ihm ging auf, dass sie hier entstanden sein musste. Der Künstler musste sehr begabt gewesen sein, und er musste Robin sehr gut gekannt haben, um diesen für ihn typischen Gesichtsausdruck einfangen zu können. Als er die Wahrheit erkannte, stellten sich seine Nackenhaare auf. Die Zeichnung musste von Anas Mutter stammen. Garrett ging durch das Zimmer und suchte den unteren Bildrand ab. Hier, in der linken unteren Ecke war das Bild mit ihrem Kürzel signiert - J. B. sowie das Datum. Ohne den Blick von der Zeichnung zu wenden, ging er zurück zu seinem Schreibtisch. Er sank in seinen Stuhl und schloss die Augen. Die Brust war ihm eng geworden, das Atmen fiel ihm schwer. Er hatte Ana nicht glauben wollen, aber sie hatte die Wahrheit gesagt. Der Beweis hing dort an der Wand. Robin und Janette Birch waren tatsächlich zusammen hier gewesen und hatten das Haus gebaut. Und Anas Mutter hatte ihren Geliebten in der Umgebung gezeichnet, wo sie zusammen glücklich gewesen waren. Kein Wunder, dass Robin so gut getroffen war - Janette Birch hatte ihn so gut gekannt, dass sie ihn wahrscheinlich aus dem Gedächtnis hätte zeichnen können. Genau so, wie Ana ihn, Garrett, gezeichnet hatte. Ana hätte ihm sofort sagen sollen, dass Robin ihr Vater war. Aber als Garrett sich an sein Benehmen erinnerte, wusste er, er hatte es sich selbst zuzuschreiben, dass sie es ihm so lange verschwiegen hatte. Er hatte ihr kaum
eine Möglichkeit dazu gegeben. Und wahrscheinlich hatte sie anfangs befürchtet, von ihm als Lügnerin bezeichnet zu werden. Er schlug beschämt die Hände vors Gesicht. Er war total verabscheuungswürdig gewesen. Selbstgefällig, herablassend, überheblich. Wie konnte er Ana jemals dazu bewegen, ihm zu verzeihen? Abrupt stand er auf, um zu packen. Er musste zurück nach Baltimore. Aber auf halbem Weg blieb er plötzlich stehen. Ihre Freunde! Ana würde Maine nicht verlassen, ohne sich von ihnen zu verabschieden. Schließlich wusste er, was Freundschaften ihr bedeuteten. Er holte die Autoschlüssel und rannte zu seinem Wagen. Nur gut, dass Verkehrspolizisten im ländlichen Maine rar sind, dachte er, oder er würde wegen Geschwindigkeitsübertretung hinter Gitter kommen. Als er in die Main Street einbog und das ihm wohlbekannte kleine Auto vor einem Laden für Künstlerbedarf stehen sah, überrollte ihn eine Welle der Erleichterung. Er parkte ebenfalls seinen Wagen. Dann saß er einfach einen Moment da und legte den Kopf auf seine Hände, die immer noch das Lenkrad umklammerten. Dem Himmel sei Dank, er hatte sie abgefangen! Garrett stieg aus und ging zögernd auf das Geschäft zu. Was konnte er sagen, um das Desaster, das er angerichtet hatte, wieder in Ordnung zu bringen? Er war fast an der Ladentür angekommen, als er durch das Schaufenster Ana zur Tür gehen sah. Ihre Blicke trafen sich, und sie hielt einen Moment inne, dann verließ sie langsam das Geschäft. Sie kam ihm zuvor, indem sie fragte: "Habe ich etwas vergessen?" "Nein." Wie würde er ihre Meinung ändern können? Einen Moment, der sich endlos zu dehnen zu schien, standen sie sich schweigend gegenüber. Dann ging Ana weiter. "Ana, ich will nicht, dass du gehst." Er drehte sich zu ihr um und begleitete sie zum Auto. Ohne ihn anzusehen, schüttelte sie den Kopf. "Ich muss", flüsterte sie. "Bitte, tu das nicht, Garrett." Sie machte die Autotür auf und tastete nach dem Schlüssel. "Du kannst das Cottage haben", sagte sie. "Sobald ich in Baltimore ankomme, werde ich zu Mr. Marrow gehen und alles Notwendige unterschreiben, um dich zum einzigen Besitzer des Hause zu machen." "Ich will das Haus nicht. Ich will dich. Wenn du das Haus nicht behalten willst, werde ich es verkaufen." Erschrocken hob sie den Kopf. "Das würdest du nicht tun. Robin wollte, dass es dir gehört." "Dein Vater wollte, dass es uns beiden gehört." "Er ... " Dann verstummte sie. "Mein Vater ... " "Ich wollte dir nicht glauben", unterbrach Garrett sie. "Ich war eifersüchtig. Robin war in jeder erdenklichen Weise mein Vater gewesen, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihm jemand anders mehr bedeutet hat."
"Robin hat dich so geliebt", entgegnete sie ruhig. "Keiner sonst hätte deinen Platz in seinem Leben einnehmen können." "Das weiß ich jetzt. Mir tun all die hässlichen Dinge Leid, die ich zu dir gesagt habe." Er senkte die Stimme. "All die Dinge, die ich geglaubt habe." "Danke." Es schien sie große Überwindung zu kosten, ihm zu antworten, und sie sah demonstrativ auf ihre Uhr. "Ich muss jetzt gehen." Aber als sie im Begriff war, ins Auto einzusteigen, hielt Garrett sie am Handgelenk fest. "Ich liebe dich." Ana blieb stehen. "Was?" Er ging neben ihr auf die Knie und küsste ihre Hand. "Ana, ich liebe dich. Ich möchte dich heiraten." "Steh auf", sagte sie leise, "und hör auf damit. Wir sind in der Main Street! " "Das ist mir egal." Garrett rührte sich nicht. Aufgebracht sah sie sich um. Er bemerkte, dass sich am Ende der Straße einige Touristen umdrehten und sie anstarrten. Ana versuchte, ihre Hand wegzuziehen. "Garrett." "Heirate mich", sagte er wieder. Die Türglocke des Laden bimmelte, und er sah Teddy aus seinem Geschäft kommen. „Alles in Ordnung?" fragte er seine Freundin. "Ja." "Nein", sagte Garrett. "Ich liebe sie und will sie heiraten. Sie hat noch nicht Ja gesagt." "Vielleicht deswegen, weil sie nicht dasselbe empfindet", erwiderte Teddy kühl. Plötzlich war Garrett verunsichert. "Du hast gesagt, dass du mich liebst." Aber in seiner Stimme klang eine Spur Verletzbarkeit mit, und er lockerte seinen Griff. Ana rollte eine Träne über die Wange. Sie wischte sie mit der freien Hand weg. "Das tue ich", brachte sie mühsam hervor. Garrett stand auf und umarmte ihre schmale Gestalt mit der ganzen Zärtlichkeit, die er empfand. "Ich möchte keinen Tag erleben, an dem ich mich frage, wo du sein könntest oder ob du an mich denkst. Ich will nicht wie Robin, die einzige Frau vermissen, die ich jemals lieben werde. Er strich ihr mit seinen Händen über den Rücken. "Ich liebe dich." Sie schluckte. "Es ist nicht nur Sex?" Teddy lachte leise: "Ein Mann kniet nicht nur wegen Sex auf der Main Street vor einer Frau nieder und erklärt ihr vor der halben Stadt seine Liebe. Ich denke, er meint es ernst." "Wenn du es willst, werde ich es so laut brüllen, dass es jeder hört", versicherte Garrett. "Nein", entgegnete sie hastig. "Dann sag Ja." Überwältigt von dem Bedürfnis, deutlich zu machen, wie sehr er sie brauchte, küsste er sie auf die Stirn. "Ja", flüsterte sie.
Vor Erleichterung bekam er fast weiche Knie. "Du wirst mich heiraten?" "Ja", sagte sie wieder. Sie lehnte sich so weit zurück, dass sie sein Gesicht sah, und lächelte strahlend. "Ja!" "Bravo!" sagte Teddy. Garrett hörte ihn kaum. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Ana, die er auf seine Arme hob und herumwirbelte. Die Leute auf der Straße klatschten und lachten. Sie hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und als er stehen blieb, küsste er sie stürmisch. "Ich liebe dich. Und du wirst mich heiraten. Über alles andere können wir verhandeln." "Kinder?" fragte sie hoffnungsvoll. "Solange sie nicht als Pärchen kommen wie seine." Er deutete mit dem Kopf auf Teddy. Dann wurde ihm die Bedeutung ihrer Worte bewusst. "Enkel", murmelte er. "Unsere Kinder werden Robins Enkel sein." In Anas Augen standen Tränen, aber sie lächelte. "Nichts hätte ihn glücklicher gemacht, diesen alten Kuppler." "Er wusste, dass ich ebenso wenig in der Lage sein würde, dir zu widerstehen, wie er deiner Mutter widerstehen konnte", bemerkte Garrett lachend. Er zog sie für einen weiteren Kuss näher an sich. "Lass uns nach Hause gehen und Hochzeitspläne schmieden." "In Ordnung." Sie strich mit einem Finger über seine Lippen, und sein Blut geriet in Wallung, als er ihr in die Augen sah. "Lass uns nach Hause gehen."
- ENDE -