Das Kosovo-Gutachten des IGH vom 22. Juli 2010
Das Kosovo-Gutachten des IGH vom 22. Juli 2010 Peter Hilpold (Hrsg.) Universität Innsbruck
LEIDEN • BOSTON 2012
This book is printed on acid-free paper. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Hilpold, Peter, 1965– Das Kosovo-Gutachten des IGH vom 22. Juli 2010 / Peter Hilpold. p. cm. Includes bibliographical references and index. ISBN 978-90-04-20482-9 (hardcover : alk. paper) 1. International Court of Justice. 2. Advisory opinions. 3. Kosovo (Republic)–International status. 4. Kosovo (Republic)–Politics and government. 5. Self-determination, National–Kosovo (Republic) 6. Sovereignty–Kosovo (Republic) I. Title. KZ6294.H55 2012 341.26–dc23 2011033982
ISBN 978 90 04 20482 9 Copyright 2012 by Koninklijke Brill NV, Leiden, The Netherlands. Koninklijke Brill NV incorporates the imprints Brill, Global Oriental, Hotei Publishing, IDC Publishers, Martinus Nijhoff Publishers and VSP. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, translated, stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without prior written permission from the publisher. Authorization to photocopy items for internal or personal use is granted by Koninklijke Brill NV provided that the appropriate fees are paid directly to The Copyright Clearance Center, 222 Rosewood Drive, Suite 910, Danvers, MA 01923, USA. Fees are subject to change.
INHALT
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . vii Zu den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ix Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xi . Das Kosovo-Gutachten vom . Juli : historische, politische und rechtliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hilpold
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. Die Anerkennung von Neustaaten – Die vorzeitige Anerkennung 31 Christian Tomuschat . Die Sezession im Völkerrecht – Erfordert das Kosovo-Gutachten des IGH eine Neubewertung dieses Instituts? 49 Peter Hilpold . Sezession, territoriale Integrität und die Rolle des Sicherheitsrates 83 Stefan Oeter . Die OSZE und der Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Matthias Niedobitek . The European Union and Kosovo in the Light of the Territorial Issue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Isabel Lirola Delgado . Grenzziehung als Instrument der Friedenssicherung: Von Palästina zum Kosovo und zurück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Michael Bothe . Decisions of the UN Security Council of Indefinite Duration: How to Define the Limits of Their Validity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Andrea Gioia . The Kosovo Opinion and Issues of International Responsibility . . 183 Helmut Philipp Aust . “You Say You’ll Change the Constitution” – The ICJ and Non-state Entities in the Kosovo Advisory Opinion . . . . . . . . . . . . . . 207 Andrea Gattini
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inhalt
. Das Kosovo-Gutachten und globaler Konstitutionalismus . . . . . . . 229 Anne Peters . Struktur und Inhalt der Stellungnahmen Österreichs im IGH-Gutachtenverfahren zu Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Gerhard Hafner und Nadia Kalb Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Anhang. Das Gutachten des IGH zur Völkerrechtskonformität der einseitigen Erklärung der Unabhängigkeit des Kosovo v. . Juli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
VORWORT
Das Kosovo-Gutachten des IGH vom . Juli ist sowohl auf politischer Ebene als auch im akademischen Bereich mit Spannung erwartet worden. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Gutachtens sind in Innsbruck Vorbereitungen für die Organisation einer internationalen Tagung in die Wege geleitet worden, die dann am . Dezember stattgefunden hat. Der vorliegende Band enthält z. T. aktualisierte und erweiterte Referate, die auf dieser Tagung gehalten wurden, z. T. nachfolgend verfasste Abhandlungen. Der Verlag hat sich aufgrund der besonderen Aktualität der Thematik freundlicherweise bereit erklärt, entgegen der üblichen Publikationspolitik des Hauses im Bereich des internationalen Rechts vorab eine zweisprachige Version dieses Buches mit einigen deutschsprachigen Beiträgen zu veröffentlichen. Eine rein englischsprachige Fassung dieses Bandes ist in Vorbereitung und wird voraussichtlich im Frühjahr erscheinen. Für die Publikationsförderung möchte ich mich bei der Universität Innsbruck, beim Südtiroler Bildungszentrum – Forum für Rechtsvergleichung sowie bei der Südtiroler Landesregierung, Abteilung Kultur, bedanken. Innsbruck, Juni Peter Hilpold
ZU DEN AUTOREN
Aust, Helmut Philipp, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht der HumboldtUniversität zu Berlin, E-Mail:
[email protected] Bothe, Michael, Dr., Professor Emeritus für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht an der Universität Frankfurt a. M., E-Mail:
[email protected] Gattini, Andrea, Dr., Professor für Völkerrecht und Internationales Privatrecht an der Universität Padua, E-Mail:
[email protected] Gioia, Andrea, Dr., Professor für Völkerrecht an den Universitäten Modena und Reggio Emilia (derzeit karenziert), Senior Legal Officer bei der IAEO (seit September ), E-Mail:
[email protected] Hafner, Gerhard, Dr., Professor für Völkerrecht an der Universität Wien (retir.), E-Mail:
[email protected] Hilpold, Peter, Dr., Professor für Völkerrecht, Europarecht und Vergleichendes Öffentliches Recht an der Universität Innsbruck, E-Mail:
[email protected] Kalb, Nadia, Mag., LL.M., Referentin im Völkerrechtsbüro des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten in Wien, E-Mail:
[email protected] Lirola, Isabel, Dr., Professorin an der Universität Santiago de Compostela, E-Mail:
[email protected]
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zu den autoren
Niedobitek, Matthias, Dr., Professor für Europäische Integration an der Technischen Universität Chemnitz, E-Mail:
[email protected] Oeter, Stefan, Dr., Professor für Öffentliches Recht, Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der Universität Hamburg, E-Mail:
[email protected] Peters, Anne, Dr., Professorin für Völker- und Staatsrecht an der Universität Basel, E-Mail:
[email protected] Tomuschat, Christian, Dr., Professor Emeritus für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht an der Humboldt-Universität in Berlin, E-Mail:
[email protected]
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
a. A. Abs. AFDI Art. AJIL AVR AO Bd. bzw. CARDS CUP DARIO ders. dies. ed. EFAR EPIL EJIL Eu.Ct.H.R. EuGRZ EULEX EUMM EUPT EUSR-ICR f. ff. GV Hersg. ICLQ ICJ ICR
anderer Ansicht Absatz Annuaire Francaise de Droit International Artikel American Journal of International Law Archiv des Völkerrechts Advisory Opinion Band beziehungsweise Community Assistance for Reconstruction Development and Stabilisation Programme Cambridge University Press Draft Articles on the Responsibility of International Organizations derselbe dieselbe Editors European Foreign Affairs Review Encyclopedia of Public International Law European Journal of International Law European Court of Human Rights Europäische Grundrechte-Zeitschrift European Union Rule of Law Mission European Monitoring Mission European Union Planning Team European Special Representative – International Civil Representative folgende fortfolgende Generalversammlung Herausgeber International and Comparative Law Quarterly International Court of Justice International Civilian Representative
xii ICTY IGH ILC ILM IPA Kap. KFOR KLA MIPD MPEPIL mwN OMIK OUP PCIJ RdC RGDIP S. s. SCR SFRY StIGH v. UDI UNEF UN UNGA UNMIK UNSCR VCLT vgl. YJIL ZaöRV ZöR
abkürzungsverzeichnis International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia Internationaler Gerichtshof International Law Commission International Legal Materials Pre-Accession Assistance Kapitel Kosovo Force Kosovo Liberation Army Multi-annual Indicative Planning Document Max Planck Encyclopedia of Public International Law online edition mit weiteren Nachweisen OSZE-Mission im Kosovo Oxford University Press Permanent Court of International Justice Recueil de Cours Revue Générale de Droit International Public Seite subsequent Supreme Court Reports Socialist Federal Republic of Yugoslavia Ständiger Internationaler Gerichtshof vom Universal Declaration of Indipendence United Nations Emergency Force United Nations United Nations General Assembly United Nations Interim Administration Mission in Kosovo United Nations Security Council Resolution Vienna Convention on the Law of Treaties vergleiche Yale Journal of International Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für öffentliches Recht
DAS KOSOVO-GUTACHTEN VOM 22. JULI 2010: HISTORISCHE, POLITISCHE UND RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN
Peter Hilpold . Einführung Der Kosovo war in den vergangenen Jahrzehnten Schauplatz schwerer Auseinandersetzungen, gleichzeitig aber auch Experimentierfeld der Staatengemeinschaft für die Erprobung innovativer Lösungsansätze zur Beilegung von Konfliktfällen. Viele dieser Maßnahmen waren vom Gebot der Stunde diktiert. Diesen nachträglich Struktur zu geben, ihnen einen Platz im System der Völkerrechtsordnung zuzuweisen, stellte und stellt eine enorme Herausforderung für Völkerrechtswissenschaft und praxis dar. Die maßgeblichen Ereignisse stellen die schweren Unterdrückungsmaßnahmen durch das Milosevic-Regime über ein Jahrzehnt (– ) dar, die NATO-Intervention vom Frühjahr , einer humanitären Intervention, die zu einer nicht mehr enden wollenden politischen und theoretisch-akademischen Diskussion geführt hat1, die Einrichtung einer UN-Sonderverwaltung2 und schließlich die Handlungen vom . Februar , mit welchen der Kosovo sein Schicksal selbst in die Hand genommen und seine Unabhängigkeit erklärt hat.
1 Vgl. dazu bspw. L. Henkin, Kosovo and the „Law of Humanitarian Intervention“, in: AJIL , S. –; B. Simma, NATO, the UN and the use of force: legal aspects, in: EJIL, , S. –; D. Kritsiotis, The Kosovo crisis and NATO’s application of armed force against the Federal Republic of Yugoslavia, in: ICLQ , S. – und P. Hilpold, Humanitarian Intervention: Is There a Need for a Legal Reappraisal?“, in: EJIL /, S. –. 2 Vgl. dazu R. Wilde, Representing International Territorial Administration: A Critique of Some Approaches, in: EJIL , S. –; B. Knoll, From Benchmarking to Final Status? Kosovo and The Problem of an International Administration’s Open-Ended Mandate, in: EJIL /, S. –; D. Shraga, Military Occupation and UN Transitional Administrations – The Analogy and Its Limitations, in: M.G. Kohen (Hrsg.), Promoting Justice, Human Rights and Conflict Resolution through International Law, Liber Amicorum Lucius Caflisch, S. –; K. Daglish/H. Nasu, Towards a True Incarnation
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Damit trat aber keineswegs Ruhe in dieser Frage oder – geographisch betrachtet – in dieser Region ein. Vielmehr wurde damit die Tür zu neuen Initiativen, zu neuen Kontroversen und neuen wissenschaftlichen Diskussionen aufgestoßen. All dies mündete schließlich in das Gutachtenverfahren vor dem IGH, das am . Juli seinen Abschluss fand. Das an jenem Tag veröffentlichte Gutachten steht – gemeinsam mit den gleichzeitig publizierten Sondervoten dazu – im Mittelpunkt der Beiträge zu diesem Sammelband. So kontrovers dieses Gutachten beurteilt worden ist, so ist dennoch sofort deutlich geworden, dass es die völkerrechtliche Diskussion in ganz zentralen Fragen – und weit über die Themen hinausgehend, die gemeinhin spontan mit der Kosovo-Frage assoziiert werden – nachhaltig beeinflussen wird. Ziel dieses Bandes ist es, wesentliche in diesem Zusammenhang aufgetretene Aspekte zu analysieren. Vorangestellt werden soll aber eine Untersuchung der historischen Ausgangslage.3 . Die historische Entwicklung des Kosovo-Problems In keinem anderen geographischen Raum ist das Problem der „erfundenen Nationen“ (imagined communities)4 mit nachfolgenden ethnischen Konflikten so allgegenwärtig wie auf dem Balkan. Gleichzeitig sind wohl nirgendwo historische Mythen im gesellschaftlichen Leben so präsent wie dort.5 In wechselseitiger Verbindung ergibt sich daraus ein explosives Gemisch. Es wird eine Grundlage geschaffen für nicht mehr enden wollende Konflikte; die gegenseitige Aufrechnung von in graue Vorzeit zurückreichender Schuld, getragen von beliebig definierbaren ethnischen Gemeinschaften macht eine „historisch gerechte“ Lösung nahezu
of the Rule of Law in War-Torn Territories: Centring Peacebuilding in the Will of the People, in: LIV NILR , S. –; C. Stahn, The law and practice of international territorial administration, CUP: Cambridge . 3 Diese historische Analyse ist weitgehend entnommen aus P. Hilpold, Das KosovoProblem – ein Testfall für das Völkerrecht, in: ZaöRV , S. –. 4 Vgl. B.R. Anderson, Imagined Communities, Verso: London u. a. . 5 Vgl. dazu bspw. R.D. Kaplan, Balkan Ghosts: A Journey Through History, St. Martins Press: New York ; J.A. Mertus, Kosovo: How Myths and Truths Started a War, University of California Press: Berkely ; F. Bieber/Z. Daskalovski (Hrsg.), Understanding the War in Kosovo, Routledge et al.: New York et al ; T. Brems Knudsen, Kosovo Between War and Peace, Routledge: New York et al. ; A. Di Lellio, The Battle of Kosovo : An Albanian Epic, Tauris: London et al. .
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denkunmöglich. Eine aktuelle Deutung der im Kosovo widerstreitenden Ansprüche unter Bezugnahme auf die Schlacht auf dem Amselfeld ist damit wenig zielführend. Dieses mythenumrankte Ereignis, dessen unmittelbare politisch-militärische Bedeutung unter Historikern umstritten ist, ist aber dennoch als identitätsstiftendes Element zur Kenntnis zu nehmen. Unmittelbaren Einfluss auf die heutige Statusdiskussion hatten hingegen einerseits die verfassungsrechtliche Einstufung dieser Provinz im jugoslawischen Staatsverband und andererseits die Ereignisse während des jugoslawischen Zerfallsprozesses. Auf der Grundlage der jugoslawischen Verfassung hatte der Kosovo zuerst die Stellung eines „autonomen Gebiets“, ab jene einer „autonomen Provinz“. Damit wurde die Stellung dieses Territoriums – gleichzeitig mit jener der Vojvodina – an jene einer Republik angenähert, ohne dass formal dieser Status zuerkannt worden wäre. So hatte der Kosovo eine eigene Verfassung, eine eigene Regierung, einen Obersten Gerichtshof, eine separate Territorialverteidigung, das Recht, autonom die Staatsangehörigkeit zu verleihen und Pässe auszustellen.6 Diese Regelung stellte einen Kompromiss zwischen den nationalen Aspirationen der immer stärker werdenden albanischen Volksgruppe und dem Bestreben Serbiens auf Verteidigung seiner territorialen Integrität innerhalb des jugoslawischen Staatsverbandes dar.7 Der verfassungsrechtliche Status des Kosovo war somit ein unscharfer, die Gleichstellung mit den Republiken nur eine faktische. Insbesondere sollte der Kosovo damit auch nicht in den Genuss des von der jugoslawischen Verfassung vorgesehenen Sezessionsrechtes kommen. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, sollte diese verfassungsrechtliche Regelung zu einem späteren Zeitpunkt ungeahnte Auswirkungen auf völkerrechtlicher Ebene haben. Der formal eingeschränkte Status des Kosovo bot dennoch die Grundlage für eine weitgehend eigenstände politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Kosovo innerhalb Jugoslawiens und damit nicht zuletzt für eine Festigung der kosovarischen Identität. Dieser 6 Vgl. N. Malcolm, A Short History of Kosovo, New York University Press: New York ; International Crisis Group, Intermediate Sovereignty as a Basis for Resolving the Kosovo Crisis, ICG Balkans Report No , November , http://www.crisisgroup .org/library/documents/report_archive/A_.pdf (. Juni ), S. ff.; J. Schmierer, Globalisierte Welt und Außenpolitik – März , in: http://www.boell.de/ demokratie-.html (..); C. Stahn, Constitution Without a State? Kosovo Under the United Nations Constitutional Framework for Self-Government, in: Leiden Journal of International Law , S. – ( ff.). 7 Vgl. N. Malcolm, (Fn ), S. .
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Prozess wurde von Teilen der serbischen Politik mit Argwohn wahrgenommen und stieß schon wenige Jahre nach dem Tod Titos auf aktive Gegenwehr. Im Zeitraum / eskalierte diese Auseinandersetzung. Auf maßgebliche Veranlassung des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic wurde eine aktive Serbisierungspolitik im Kosovo betrieben und gleichzeitig im serbischen Parlament in verfassungswidriger Weise versucht, die Vorrechte der Provinz Kosovo zu beschneiden. Die Gegenwehr der Kosovaren in Form von Protestkundgebungen und der Ausrufung der Unabhängigkeit von Serbien (mit gleichzeitiger Beanspruchung eines Republikstatus innerhalb Jugoslawiens) wurde wiederum von Parlament und Regierung in Belgrad zum Anlass genommen, gewaltsam einzugreifen, Ausnahmebestimmungen zu erlassen und schließlich eine neue Verfassung in Kraft zu setzen, durch welche sowohl der Kosovo als auch die Vojvodina nur mehr dem Namen nach autonome Provinzen blieben, tatsächlich aber ihres Autonomiestatus praktisch vollständig verlustig gingen.8 Die nachfolgende Entwicklung muss im Kontext des jugoslawischen Auflösungsprozesses gesehen werden. Die serbische Regierung unter Slobodan Milosevic versuchte, einen serbisch dominierten und sozialistisch verfassten Bundesstaat Jugoslawien aufrecht zu erhalten, während insbesondere Slowenien und Kroatien zuerst nach einem marktwirtschaftlichen System und einer demokratischen Ordnung nach westlichem Muster strebten und in der Folge den Weg der Unabhängigkeit gingen. Am . Juni erklärte Slowenien seine Unabhängigkeit und konnte diese im sog. -Tage-Krieg auch militärisch verteidigen. Die am selben Tag ergangene Unabhängigkeitserklärung Kroatiens war militärisch schwieriger durchzusetzen, was in einer verlustreichen Auseinandersetzung von bis aber dennoch gelang. Am Ende dieser Auseinandersetzung stand das Abkommen von Dayton vom . Dezember . Mit demselben Vertrag wurde auch der Bosnienkrieg beendet, der von bis gedauert hatte, mit einer noch weit größeren Gewaltentladung verbunden war und einen Blutzoll von . Toten gefordert hatte. Für Serbien (und Montenegro) bedeuteten diese Entwicklungen schwere politische und militärische Niederlagen, so dass die Verteidigung der serbischen Oberhoheit über den Kosovo mit umso größerer Härte betrieben wurde.
8 Vgl. S. Hennes, Externe Hoheitsgewalt in Krisengebieten, Nomos: Baden-Baden , S. sowie N. Malcolm, (Fn ), S. .
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Die internationale Gemeinschaft war weit zögerlicher als im Falle Sloweniens, Kroatiens oder Bosniens, einen Konfliktlösungsbeitrag zu erbringen. Einmal war dafür die frühere verfassungsrechtliche Qualifizierung dieses Gebiets als Provinz (und nicht als Republik) maßgeblich, zum anderen aber wohl auch die historische Bedeutung dieses Gebiets für Serbien. Die Europäische Gemeinschaft hat den jugoslawischen Zerfallsprozess schon aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft mit diesem Territorium von Anfang an als eigenes Problem identifiziert, wenngleich die Lösungsvorschläge vielfach inkohärent waren, mit großer zeitlicher Verzögerung eintrafen bzw. unwirksam blieben.9 Diese Erfahrung sollte auch in Bezug auf den Beitrag, den die EG zur Lösung des KosovoProblems leisten würde, nicht allzu optimistisch stimmen. Am . August setzte die Europäische Gemeinschaft eine Schiedskommission, die sog. Badinter-Kommission, ein, um Klarheit über die rechtlich gebotene Vorgangsweise in Bezug auf das JugoslawienProblem zu gewinnen.10 Die von dieser Kommission vorgelegten Gutachten sind vielfach auf Kritik gestoßen11; in Bezug auf die Kosovo-Frage ist insbesondere die eigenwillige Anwendung des uti-possidetis-Prinzips durch die Kommission hervorzuheben. So findet sich im Gutachten Nr. folgende Feststellung: The boundaries between Croatia and Serbia, between Bosnia-Herzegowina and Serbia, and possibly other adjacent independent states may not be altered except by agreement freely arrived at. Except were otherwise agreed, the former boundaries become frontiers protected by international law. This conclusion follows from the principle of respect for the territorial status quo and, in particular, from the
9 Vgl. dazu den in der Gesamtbewertung allerdings positiver ausfallenden Beitrag von J. Nadoll, Die Europäische Union und die Konfliktbearbeitung in Ex-Jugoslawien – – Mühl- oder Meilenstein?, in: K. Schubert/G. Müller-Brandeck-Bocquet (Hrsg.), Die Europäische Union als Akteur der Weltpolitik, Leske + Budrich: Opladen , S. –. 10 Vgl. dazu J. Verhoeven, La reconnaissance internationale: Déclin ou renouveau?, in: AFDI , S. –; P. Hilpold, Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan. Konstitutive Theorie, deklaratorische Theorie und anerkennungsrelevante Implikationen von Minderheitenschutzerfordernissen, in: AVR /, S. – und M. Pomerance, The Badinter Commission: The Use and Misuse of the International Court of Justice’s Jurisprudence, in: Michigan Journal of International Law , S. –. 11 Vgl. bspw. P. Radan, Post-Secession International Borders: A Critical Analysis of the Opinions of the Badinter Arbitration Commission, in: Melbourne University Law Review , S. –.
peter hilpold principle of uti possidetis. Uti possidetis, though initially applied in settling decolonisation issues in America and Africa, is today recognized as a general principle, as stated by the International Court of Justice in its Judgment of December in the case between Burkina Faso and Mali (Frontier Dispute, () Law Report at ): ‚Nevertheless the principle is not a special rule which pertains solely to one specific system of international law. It is a general principle, which is logically connected with the phenomenon of the obtaining of independence, wherever it occurs. Its obvious purpose is to prevent the independence and stability of new states being endangered by fratricidal struggles . . .‘ The principle applies all the more readily to the Republic since the second and fourth paragraphs of Article of the Constitution of the SFRY stipulated that the Republics’ territories and boundaries could not be altered without their consent.
Die Übertragung des uti-possidetis-Prinzips, das im kolonialen Raum zu einem wichtigen, wenn nicht gar zentralen Grenzfestlegungskriterium geworden ist, auf außerkoloniale Kontexte ist äußerst problematisch. Die dafür ins Feld geführte Begründung, wonach dieses Prinzip in beiden Fällen dieselbe Funktion erfülle, nämlich die Verhinderung eines Bürgerkrieges, ist bei genauer Betrachtung unzutreffend. Das utipossidetis-Prinzip war nämlich ein zentrales Instrument der Dekolonialisierung, wobei Fragen der internen Selbstbestimmung, der demokratischen Partizipation des gesamten Volkes der jeweiligen Einheit in der betreffenden Periode – gemeint ist die Kernzeit der Entkolonialisierung, die er Jahre des vorigen Jahrhunderts – kaum eine wahrnehmbare Rolle spielte.12 Diese beiden Voraussetzungen waren aber im Falle Jugoslawiens gerade nicht gegeben: Weder ist der jugoslawische Zerfallsprozess in einen breiteren kolonialen Zusammenhang zu stellen noch dürfen interne Selbstbestimmung und demokratische Partizipation hier unberücksichtigt bleiben. Dies gilt gerade auch, wenn man – wie die BadinterKommission – eine politisch-pragmatische Haltung einnimmt. Die fehlende Berücksichtigung der Interessen und Ambitionen der albanischen
12 Vgl. St. Ratner, Drawing a Better Line: Uti Possidetis and the Borders of New States, in: AJIL , S. – ( ff.); G. Nesi, l’ Uti Possidetis Hors du Contexte de la Décolonisation: Le Cas de l’ Europe, in: XLIV AFDI , S. –; G. Abi-Saab, Le Principe de l’ Uti Possidetis – Son Role et ses Limites Dans le Contentieux Territorial International, in: M.G. Kohen (Hrsg.), Promoting Justice, Human Rights and Conflict Resolution through International Law, Liber Amicorum Lucius Caflisch, S. – und J. Vidmar, Confining New International Borders in the Practice of Post- State Creations, in: ZaöRV , S. –.
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Minderheit sollte gerade zu einem zentralen destabilisierenden Faktor für Restjugoslawien werden. Im Rahmen der ab tagenden Jugoslawienkonferenz war die Kosovo-Frage auf dieser Grundlage als Minderheitenproblem qualifiziert worden, mit all den damit verbundenen Konsequenzen: – Minderheitenfragen sind grundsätzlich von Fragen der (externen) Selbstbestimmung, d. h. von der Prüfung eines Anspruchs auf eigene Staatlichkeit zu trennen. – Die bestehenden Grenzen sind zu akzeptieren. Der die Minderheit beherbergende Staat kann die Beachtung seiner hoheitlichen Gewalt einfordern und nötigenfalls auch durchsetzen.13 – Die Einwirkungsmöglichkeiten anderer Staaten bzw. jene von internationalen Organisationen sind begrenzt. Minderheitenfragen sind zwar mit Sicherheit keine rein innerstaatliche Angelegenheit mehr, und zwar auch dann nicht, wenn eine spezifische völkerrechtliche Schutzverpflichtung fehlt.14 Auf der praktischen Ebene sind Staaten bei der Einflussnahme auf die Minderheitensituation in anderen Staaten aber doch wieder enge Grenzen gesetzt.15 Wie es scheint, sind Internationale Organisationen in diesem Zusammenhang effizienter. Gerade die Europäische Union hat das Instrument der Konditionalität zur Verfolgung von Menschenrechtsanliegen weltweit sehr wirksam eingesetzt. Klauseln, die die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten, von Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit oder aber die Wahrung guter Regierungsformen („good governance“) fordern, gehören mittlerweile zum notwendigen
13 In der Vergangenheit ist in diesem Zusammenhang sogar von einer Verpflichtung der Minderheit zur Solidarität mit dem Gesamtverband gesprochen worden. Diese Position ist jedoch kritisch zu hinterfragen. Die Solidaritätsverpflichtung der Minderheitenangehörigen darf auf keinen Fall weiter reichen als jene der Angehörigen des Mehrheitsvolkes. Vgl. dazu P. Hilpold, Kommentar zu Art. der Europäischen Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten, in: M. Weller (Hrsg.), The Rights of Minorities, OUP: Oxford , S. –. 14 Minderheitenrechte sind Teil der Menschenrechte und mittlerweile allein schon über Art. des Paktes über bürgerliche und politische Rechte weltweit in einem sehr breiten Rahmen geschützt. Vgl. A. Spiliopoulou Akermark, Justifications of minority protection in international law, Kluwer: London u. a. sowie P. Hilpold, UN StandardSetting in the Field of Minority Rights, in: International Journal on Minority and Group Rights –/, S. –. 15 Dies hat insbesondere auch die Diskussion rund um das ungarische Statusgesetz wieder vor Augen geführt. Vgl. P. Hilpold/Ch. Perathoner, Die Schutzfunktion des Mutterstaates im Minderheitenrecht, NWV et al.: Wien et al. .
peter hilpold Bestandteil außenpolitischer und außenwirtschaftlicher Kooperationsinstrumente der EU.16 Auch der EU-Erweiterungsprozess und die damit zusammenhängende Heranführungsstrategie waren geprägt von dieser Konditionalität, auch unter Bezugnahme auf Minderheitenrechte.17
Ein solcher spezieller Rahmen war im Beziehungsgeflecht zwischen der EG und Restjugoslawien Anfang der er Jahre jedoch nicht gegeben und Serbien zeigte sich generell äußerst sanktionsresistent. „Soft sanctions“ erweisen sich insbesondere dann als wirksam, wenn intensive zwischenstaatliche Beziehungen bestehen, deren Beeinträchtigung zu befürchten steht bzw. wenn die Vorteile zukünftiger Kooperation auf dem Spiel stehen. Im Falle einer EU-Mitgliedschaft greift mittlerweile Art. EU, der bei eindeutiger Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Art. genannten Werte die Möglichkeit der Ergreifung von Sanktionen vorsieht.18 All diese Umstände waren aber nicht gegeben. Es war ein Punkt erreicht, wo das gängige völkerrechtliche Durchsetzungs- und Sanktionsinstrumentarium nicht mehr greifen konnte. In wie weit die serbische Regierung den zynischen Missbrauch der Staatsgewalt unter Inkaufnahme schwerer Menschenrechtsverletzungen auf ein rationales Kalkül stützte, ist schwer zu eruieren. Faktum ist, dass das Risiko einer Ausgrenzung durch den Großteil der Staatengemeinschaft bewusst in Kauf genommen worden ist. Möglicherweise haben dazu ganz maßgeblich das beschämende Bild der Handlungsunfähigkeit Westeuropas während des Bosnien-Konflikts und auch die Überlegung beigetragen, dass sich im Sicherheitsrat der VN keine Mehrheit für Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII SVN finden würde. Damit hat die serbische Regierung aber verkannt, dass die Dimension der Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten in Ex-Jugoslawien generell und im Kosovo im Besonderen eine Dimension erlangt hatte, die die Regierungen der 16 Vgl. P. Hilpold, EU Development Cooperation at a Crossroads: The Cotonou Agreement of June and the Principle of Good Governance, in: European Foreign Affairs Review /, S. – sowie A. Jünemann/M. Knodt (Hrsg.), Externe Demokratieförderung durch die Europäische Union, Nomos: Baden-Baden . 17 Vgl. P. Hilpold, Minderheiten im Unionsrecht, in: AVR , S. – sowie G. Toggenburg, Minority Protection in a Supranational Context: Limits and Opportunities, in: G. Toggenburg (Hrsg.), Minority Protection and the enlarged European Union: The way forward, LGI Books: Budapest , S. –. 18 Vgl. P. Pernthaler/P. Hilpold, Sanktionen als Instrument der Politikkontrolle – der Fall Österreich, in: Integration /, S. – und F. Schorkopf, Die Maßnahmen der XIV EU-Mitgliedstaaten gegen Österreich, Springer: Heidelberg et al. .
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NATO-Staaten dazu bewegen musste, auch die Möglichkeit einer unilateralen, d. h. vom Sicherheitsrat nicht sanktionierten Intervention ins Kalkül zu ziehen. Zwischenzeitlich waren intensive Verhandlungsbemühungen festzustellen, wobei Staaten, Staatengruppen19, aber auch internationale Organisationen20 tätig wurden. Dabei wurde rasch ein Rahmen absehbar, in dem sich eine Verhandlungslösung bewegen musste: Für den Kosovo sollte eine substanzielle Autonomie vorgesehen werden, während die territoriale Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawien unangetastet bleiben sollte.21 Dies war zumindest Ergebnis des Holbrooke-MilosevicAbkommens vom . Oktober und auch Grundlage der Gespräche auf Schloss Rambouillet ab dem . Februar , einem letzten politischen Lösungsversuch. Der Abkommensentwurf, der unter starkem Druck der NATO-Staaten zustande gekommen ist, sah eine weitgehende Selbstverwaltung des Kosovo vor, wobei der Bundesrepublik Jugoslawien neben der territorialen Souveränität über dieses Gebiet im Wesentlichen die Außenvertretungsbefugnis sowie die Kompetenzen in den Bereichen Verteidigung, Geld-, Steuer- und Wirtschaftspolitik verbleiben sollten.22 Im Übrigen war die Verfassungsregelung für dieses Gebiet kaum mehr von jener eines souveränen Staates zu unterscheiden. Umfassende Schutzmechanismen sollten die Achtung von Menschen- und Minderheitenrechten sicherstellen, wobei ein ausgeklügeltes System von Mechanismen zur Garantie effektiver Partizipation greifen sollte. Als Garantie für die Achtung und wirksame Durchsetzung dieser Vorkehrungen sollte eine internationale Schutztruppe („Kosovo Force“ – „KFOR“) im Kosovo stationiert werden.23 Sowohl für die albanische als auch für die serbische Seite enthielt dieser Abkommensentwurf problematische Elemente. Während die erstgenannte Seite nach völliger Unabhängigkeit des Kosovo strebte, hatte Serbien größte Bedenken gegenüber der Zulassung einer internationalen militärischen Schutztruppe24 mit weitreichenden Vorrechten und 19 Diesbezüglich ist in erster Linie die sog. Kontaktgruppe bestehend aus Vertretern der USA, Russlands, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und Italiens zu erwähnen. 20 Dabei sind die VN, die OSZE und die EU zu erwähnen. 21 Vgl. zum Ganzen S. Hennes, (Fn ), S. ff. 22 Vgl. Kapitel des Abkommensentwurfs. 23 Vgl. Kapitel des Abkommensentwurfs. 24 Absolut inakzeptabel erschien für die serbische Seite die Intention, die Versorgung der im Kosovo stationierten NATO-Truppen über das Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien vorzunehmen.
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Immunitäten dieser von der NATO geleiteten multinationalen Einheit. Diese Vorbehalte waren schließlich entscheidend für die Ablehnung des Entwurfs durch die jugoslawische Delegation. Für die NATO-Staaten hatte dieser Vermittlungsversuch gerade angesichts des vorangegangenen Massakers serbischer Truppen an albanischen Zivilisten im Dorf Raçak am .. ultimativen Charakter. Die Ablehnung des Textes machte den Weg frei für eine militärische Intervention. Die NATOLuftangriffe begannen am . März . Am . Juni zogen sich die geschlagenen serbischen Truppen aus dem Kosovo zurück25 und mit diesen verließ ein beachtlicher Teil der serbischen Bevölkerung (ca. . Personen) durch Flucht oder Vertreibung den Kosovo. Die serbische Bevölkerung war nun Repressalien der albanischen Bevölkerungsgruppe ausgesetzt, nachdem diese während der militärischen Auseinandersetzung Opfer massiver Verfolgung von serbischer Seite geworden war. Aus völkerrechtlicher Sicht ist diese Intervention äußerst problematisch. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass diese Maßnahme, in der eine humanitäre Intervention zugunsten der albanischen Volksgruppe im Kosovo gesehen wird, völkerrechtswidrig ist. Mit der Resolution v. . September hatte der Sicherheitsrat zwar „eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ festgestellt und verlangt, „dass die Bundesrepublik Jugoslawien die Gewalt und Unterdrückung im Kosovo unverzüglich und nachprüfbar beendet“; Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wurden jedoch nicht angeordnet. Des Weiteren wurde das Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien bekräftigt. Es findet sich zwar bereits hier die Ermächtigung zur Schaffung einer internationalen zivilen und Sicherheitspräsenz im Kosovo, allerdings unter Verweis auf eine entsprechende Zustimmung durch Jugoslawien. Tatsache ist, dass diese Intervention die Gewaltanwendung durch serbische Kräfte und ihre lokalen Verbündeten beendete – allerdings um den Preis eines hohen Blutzolls und mit der Konsequenz nachfolgender Racheakte gegenüber der serbischen Bevölkerung (und anderen Minderheiten). Eine endgültige völkerrechtliche Beurteilung dieser Intervention durch die Vereinten Nationen ist nicht erfolgt. Die Bundesre25 Schon am Tag zuvor hatten die KFOR sowie die Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien ein entsprechendes militärisch-technisches Abkommen geschlossen. Vgl. „Military Technical Agreement between the International Security Force („KFOR“) and the Governments of the Federal Republic of Yugoslavia and the Republic of Serbia“, . Juni , http://www.nato.int/kosovo/docu/aa.thm (. Juni ).
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publik Jugoslawien brachte zwar am . April eine Klage beim Internationalen Gerichtshof gegen zehn NATO-Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, die Niederlande, Portugal, Spanien und die USA) ein, wobei u. a. die Verletzung des Gewaltverbots, des Interventionsverbots, der Völkermordkonvention und grundlegender Bestimmungen des humanitären Völkerrechts beanstandet worden ist. Der IGH konnte sich dieser heiklen Frage aber dadurch entledigen, dass der Anspruch der Bundesrepublik Jugoslawien, Rechtsnachfolgerin der Sozialistischen Volksrepublik Jugoslawien zu sein, von der Staatengemeinschaft nicht anerkannt worden ist. Die Bundesrepublik Jugoslawien war somit zum Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht Mitglied der Vereinten Nationen und damit auch nicht Partei des IGHStatuts.26 Bereits die Intervention des Jahres hat Raum für eine breite Diskussion in Politik und Wissenschaft geschaffen, ob diese Maßnahme, wenn sie nicht schon unmittelbar als völkerrechtskonform qualifiziert werden konnte, möglicherweise die Grundlage für eine entsprechende völkergewohnheitsrechtliche Entwicklung geschaffen haben könnte.27 Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies kategorisch auszuschließen. Ganz abgesehen davon, dass die Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit der Aufgabe des Gewaltverbots gerade aus der Perspektive des Menschenrechtsschutzes zu bezweifeln ist, kommt diesem Verbot jus-cogens-Natur zu und die Reaktion der Staatengemeinschaft auf die NATO-Intervention zeigt ganz klar, dass ein solcher Versuch einer Neuinterpretation des Gewaltverbots keine Unterstützung findet.28 . Resolution v. . Juni 29 Der Sicherheitsrat hat die NATO-Intervention niemals abgesegnet. Er hat aber mit der Resolution einen Neuanfang gesetzt, die problematische Rechtsgrundlage dieser Maßnahme ausgeblendet und gleichzeitig ihre Konsequenzen zur Kenntnis genommen. Die NATO-Intervention 26
Vgl. das IGH-Urteil v. . Dezember im Fall „Legality of Use of Force“. In diesem Sinne A. Cassese, Ex iniuria ius oritur: are we moving towards international legitimation of forcible humanitarian countermeasures in the world community?, in: EJIL , S. –. 28 Vgl. im Detail P. Hilpold, Humanitarian Intervention: Is There a Need for a Legal Reappraisal?, in: EJIL /, S. –. 29 Vgl. dazu den Beitrag von A. Gioia in diesem Band. Vgl. dazu auch M. Weller, Contested Statehood, OUP: Oxford , S. ff. 27
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hat die Umsetzung zahlreicher Aspekte vorheriger Friedenspläne (bzw. von Forderungen gegenüber Serbien) erst ermöglicht und damit die Grundlage für die Implementierung, Weiterentwicklung und Konsolidierung dieser Modelle geschaffen. Gänzlich ignorieren lassen sich diese Zusammenhänge aber dennoch nicht. Die Völkerrechtswidrigkeit der Basis dieser Friedensregelung kommt immer wieder zum Vorschein und insbesondere dann, wenn – wie gerade in diesem Augenblick – Eigenstaatlichkeit an die Stelle von Autonomie treten soll, wird ein neues, unvorteilhaftes Licht auf die Intervention des Jahres geworfen und die allein überdeckte, aber bei weitem nicht ausgestandene Diskussion über die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme erwacht zu neuem Leben. Die Resolution stellt in vielem einen Meilenstein in der jüngsten Völkerrechtsgeschichte dar. Sie rezipiert die vergangenen Bemühungen zur Schaffung einer substantiellen Autonomie und entwickelt sie fort. Sie enthält eine umfassende Statusregelung für den Kosovo, will aber gleichzeitig nicht mehr als ein Provisorium darstellen. Sie schafft mit enormem Aufwand für die Staatengemeinschaft eine Regelung ähnlich jener für ein Treuhandschaftsgebiet, bietet aber keine Anhaltspunkte für die Entwicklung, die dieses Territorium langfristig nehmen soll. In rechtlicher Hinsicht lässt Res. die territoriale Souveränität Serbiens über den Kosovo unberührt; die Gebietshoheit üben hingegen die Vereinten Nationen in treuhändischer Form aus. Diesbezüglich wurde auch von einem „Vormundschaftverhältnis“ der Vereinten Nationen gesprochen.30 Wie schon im Rambouillet-Abkommen angedacht, wird zwischen einer Zivil- und einer Sicherheitspräsenz unterschieden, wobei die erstgenannte unmittelbar von den Vereinten Nationen ausgeübt werden sollte, während die Sicherheitspräsenz im Delegationswege auf die KFOR übertragen wurde.31 Technisch stellt sich dieses Regime als UN-
30 Vgl. B. Knoll, Legitimacy through defiance: The UN and local institutions in Kosovo, in: Helsinki Monitor /, S. – (), unter Bezugnahme auf Strobe Talbott. 31 Zumindest politisch nicht unbedenklich ist die Tatsache, dass die Truppenkontingente der KFOR zu einem beachtlichen Teil von Staaten gestellt werden, die an der Intervention des Jahres beteiligt waren, wobei diese Friedensmission nun unter die Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gestellt wurde. Vgl. E.E. Triantafilou, Matter of Law, Question of Policy: Kosovo’s Current and Future Status under International Law, in: Chicago Journal of International Law /, S. – ().
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verwaltetes Krisengebiet dar; eine Materie, in welcher die Vereinten Nationen mittlerweile breite Erfahrung gesammelt haben (letzthin insbesondere in Namibia, Kambodscha, Bosnien-Herzegowina und Ostslawonien), wobei aber die Aufgabenstellung im Kosovo bislang unbekannte Dimensionen erreicht.32 Dennoch scheinen sich immer deutlicher auf der Grundlage von Erfahrungswerten einheitliche Prinzipien für die Ausgestaltung solcher Verwaltungsgebiete herauszubilden. Am unmittelbarsten vergleichbar mit der Situation im Kosovo ist jene in Bosnien-Herzegowina und die dort gemachten Erfahrungen wollte sich die UNO – im Guten und im Schlechten – zunutze machen. BosnienHerzegowina ist nach über einem Jahrzehnt „beaufsichtigter Verwaltung“33 ein Beleg dafür, dass ein gesellschaftliches Zusammenwachsen eines politisch, religiös und kulturell amorphen Gebildes auch durch noch so starken internationalen Druck nicht einfach angeordnet werden kann.34 Am Beispiel dieses Landes kann auch gezeigt werden, dass selbst gut gemeinter internationaler Aktivismus von internationalen Organisationen im Falle unzureichender Koordination zu Doppelgleisigkeiten, Ineffizienzen und z. T. sogar zu einer Lähmung des Staatsapparates führen kann.35 Dies sollte im Kosovo verhindert werden und deshalb wurde vom UN-Generalsekretär ein straff organisiertes Verwaltungssystem geschaffen. Laut Ziffer der Res. wird der UN-Generalsekretär zur Errichtung einer provisorischen Zivilverwaltung ermächtigt, die dem Volk von Kosovo eine „substantielle Autonomie“ innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien garantieren sowie die Herausbildung einer provisorischen demokratischen Selbstverwaltung überwachen sollte. Diese Zivilpräsenz wurde als „United Nation Mission in Kosovo“ (UNMIK) unter 32 Vgl. B. Schlütter, Rechtsstaatlichkeit der UN-Verwaltungsherrschaft in Kosovo, in: Südosteuropa –/, S. –. Vgl. auch J.A. Frowein, Die Notstandsverwaltung von Gebieten durch die Vereinten Nationen, in: H.-W. Arndt u. a. (Hrsg.), Völkerrecht und Deutsches Recht, FS Walter Rudolf, C.H. Beck: München , S. –. 33 Konkret wirkt dabei der sog. Hohe Repräsentant der Staatengemeinschaft angesprochen. Dieser hätte ursprünglich nur befristet an der Ausübung der Staatsgewalt beteiligt werden sollen. Anfang beschlossen die Vertreter der EU, der USA und Russlands aber, sein Mandat unbefristet zu verlängern. 34 Hinsichtlich der außergewöhnlichen Herausforderungen, die in diesem Zusammenhang zu bewältigen sind, vgl. eindrucksvoll W. Graf Vitzthum, Multiethnische Demokratie, in: C.D. Classen et al. (Hrsg.), FS Thomas Oppermann, Duncker & Humblot: Berlin , S. –. 35 Vgl. in diesem Sinne H.F. Kiderlen, Von Triest nach Osttimor – Der völkerrechtliche Rahmen für die Verwaltung von Krisengebieten durch die Vereinten Nationen, Springer: Heidelberg , S. .
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der Leitung eines „Special Representative of the Secretary-General“ (SRSG) errichtet. Die Zivilverwaltung beruht auf vier Säulen, für welche jeweils unterschiedliche Internationale Organisationen verantwortlich sind: – das UNHCR für den Bereich „Humanitarian Affairs“ (humanitäre Angelegenheiten und Flüchtlingsrückführung); – die Vereinten Nationen für die „Interim Civil Administration“ (allgemeine Verwaltungstätigkeiten) – die OSZE für „Institution Building“ (Aufbau von Selbstverwaltungseinrichtungen und Überwachung der Menschenrechtssituation) und – die EU für „Reconstruction“ (wirtschaftlicher Wiederaufbau). Die Aufgaben innerhalb der ersten Säule wurden schon nach einem Jahr als gelöst angesehen. An ihre Stelle trat im Mai eine separate Säule für Polizei und Justiz; ein Aufgabenbereich, der zuvor innerhalb der zweiten Säulen wahrgenommen worden war.36 Die Aufgaben und Befugnisse der Sicherheitspräsenz KFOR sind umfassend in Ziffer der Res. geregelt, wobei insbesondere auf die Friedenssicherung, die Demilitarisierung der kosovarischen Milizen und die Übernahme von Sicherheitsaufgaben, auch zur Erleichterung der Funktionen der Zivilverwaltung, mit welcher die Tätigkeiten eng abzustimmen sind, hinzuweisen ist. Gleichzeitig wurde im Kosovo eine Provisorische Selbstverwaltung (Provisional Institutions of Self-Government) eingerichtet, die sukzessive breitere Befugnisse wahrnehmen sollte. Die wichtigsten Säulen dieses Selbstverwaltungssystems sind die Versammlung des Kosovo, die Regierung des Kosovo und das Justizsystem. . Problematische Aspekte der Umsetzung der Res. Der Sondervertreter des UN-Generalsekretärs war dazu bestimmt, die Schlüsselfigur für das Funktionieren der Zivilverwaltung zu werden. Sein Tätigwerden in einem rechtlich nicht genau determinierten Rahmen setzte erhebliches Fingerspitzengefühl bei der Wahrnehmung seiner Machtfülle voraus. Tatsächlich ist dieser Zuständigkeitsbereich jedoch
36
Ibid., S. f.
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von Anfang an sehr breit definiert worden. Die UNMIK und mit ihr der Sondervertreter stand und steht an der Spitze aller drei Gewalten. Selbst nachdem schrittweise lokale Institutionen aufgebaut worden sind und diese teilweise die Funktionen der UNMIK übernahmen, behielt der Sondervertreter eine nachprüfende Letztinstanzfunktion.37 Die Schaffung einer Parallelgewalt, für welche einerseits eine absolute Exemption von der lokalen Gerichtsbarkeit und von einer Verwaltungskontrolle galt, die aber andererseits den Aufbau einer lokalen Selbstverwaltung fördern und die Achtung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten unterstützen sollte, stellte sich bald als widersprüchlich und rechtlich problematisch dar.38 De facto wurde damit ein Staat im Staate geschaffen, der die Einhaltung von Prinzipien verlangt, die er selbst nicht zu garantieren bereit war. Die Tatsache, dass die UNMIK Teil eines den Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit verpflichteten Systems ist, konnte nur unzureichend über dieses Defizit hinwegtrösten und vor allem in konkreten Problemfällen kaum Abhilfe garantieren. Das Gebaren der UNMIK sowie des Sondervertreters sollte nicht völlig ohne Kontrolle bleiben: Zu diesem Zweck wurde die Stelle eines Ombudsmannes eingerichtet. Dieser hat sein Amt auch sehr ernst genommen und wiederholt Kritik geübt. Dieser Kritik wurde aber nicht immer Rechnung getragen. Nach der Umwandlung dieser Position in eine rein interne, „innerstaatliche“ Einrichtung im Jahr sollte nun das „Human Rights Advisory Panel“ vergleichbare Funktionen wahrnehmen. An dieser Einrichtung wurde aber kritisiert, dass es sich dabei um eine verwaltungsinterne Einrichtung handelte, deren Unabhängigkeit nicht garantiert war.39 Generell ist die menschen- und minderheitenrechtliche Entwicklung im Kosovo sehr kritisch zu beurteilen. Die serbische Minderheit, die in der Vergangenheit eine dominante Rolle eingenommen hat, ist seit
37 Vgl. R. Everly, Reviewing Governmental Acts of the United Nations in Kosovo, in: German Law Journal /, S. – ( f.). 38 Ibid. 39 Ibid., S. f. Vgl. zum Ganzen auch den Beitrag von M.J. Aznar-Gómes, Some Paradoxes on Human Rights Protection in Kosovo, sowie jenen von G. Nolte, Human Rights Protection against International Institutions in Kosovo: The Proposals of the Venice Commission of the Council of Europe and their Implementation, in: P.-M. Dupuy et al. (Hrsg.), Völkerrecht als Wertordnung, FS Christian Tomuschat, Engel-Verlag: Kehl am Rhein , S. ff. bzw. S. ff. Diese Institution nahm bis zum . März Beschwerden entgegen.
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dem Ende des Kosovokrieges immer wieder der Verfolgung ausgesetzt gewesen und hat in großer Zahl das Land verlassen. Massive Gewaltanwendung gegenüber der serbischen Bevölkerung gab es im März ; die KFOR hat dagegen nur ungenügende Maßnahmen ergriffen. Noch schlimmerer Verfolgung ausgesetzt waren die sog. RAE-Minderheiten (Roma, Ashkalis, „Ägypter“ – „Egyptians“). Diesen Gruppen wird Komplizenschaft mit den früheren serbischen Machthabern – auch und gerade im Zusammenhang mit Übergriffen gegenüber der albanischen Volksgruppe – vorgeworfen. Nun sind die Angehörigen dieser Gruppe Opfer von Vertreibung und persönlicher Verfolgung, ohne dass Sicherheitskräfte in hinreichender Form dagegen intervenieren und auch ein ernsthaftes Bemühen zur strafrechtlichen Verfolgung solcher Vorfälle ist nicht erkennbar.40 Auch die wirtschaftliche Entwicklung ist unbefriedigend. Der Zufluss der Hilfsgelder führte zwar nach in verschiedenen Sektoren zu einem Aufschwung. Dieser erwies sich aber nicht als nachhaltig. Es fehlt insbesondere an geeigneten Infrastrukturen, an Fachkräften und an Rohstoffen. Die enge Verbindung mit der serbischen Wirtschaft erfordert nun, da ein rechtlich-politischer Sonderweg eingeschlagen wird, eine Entflechtung der Wirtschaftskreisläufe, auch um eine exzessive Abhängigkeit der kosovarischen Wirtschaft von Serbien zu verhindern. Weitere gravierende Probleme stellen Korruption und Arbeitslosigkeit dar.41 Von Anfang an war klar, dass eine dauerhafte internationale Präsenz im Kosovo weder finanzierbar noch innenpolitisch in den Hauptsponsorenstaaten vertretbar noch überhaupt für den Kosovo selbst sinnvoll war. Ein zweites Bosnien, wo die Volksgruppen nebeneinander und nicht miteinander leben, sollte verhindert werden. Dabei wäre eine Statusregelung wie in Bosnien auch rechtlich kaum vorstellbar gewesen: Immerhin beruht die Bosnien-Regelung auf einem internationalen vertraglichen Rahmenwerk unter Einbeziehung aller Beteiligten, dem Abkommen von Dayton, während die Kosovo-Regelung auf einer Resolution des Sicherheitsrates gründete, die sich selbst als Provisorium verstand und nur eine Vorstufe zu einer neuen, einvernehmlichen Statusregelung sein sollte.
40 Vgl. C. Cahn, Birth of a Nation: Kosovo and the Persecution of Pariah Minorities, in: German Law Journal /, S. –. 41 Vgl. auch R. Biermann, Zwischen Friedenskonsolidierung und Friedensschaffung, in: Vereinte Nationen /, S. –.
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Es lag also in der Natur dieses Provisoriums, dass damit auf eine endgültige Regelung hingewirkt werden sollte, wobei allen involvierten Interessen Rechnung zu tragen war. Wenn aber die serbische Seite am unbedingten Souveränitätsanspruch festhalten will, während die albanische Volksgruppe nach territorialer Unabhängigkeit strebt, wie soll dann eine Kompromissregelung aussehen? Die Zauberformel, mit welcher eine Brücke für ein Einvernehmen gebaut werden sollte, hieß „Standards vor Status“. Die Etablierung grundlegender Standards zivilen Zusammenlebens sollte einen Vertrauensbildungsprozess in die Wege leiten, der die Statusfrage sekundär, auf jeden Fall aber lösbar machen sollte. Diese Standards sollten die Grundlagen für eine multiethnische Gesellschaft schaffen, in welcher Demokratie, Toleranz, Personenfreizügigkeit und gleichberechtiger Zugang zu den Gerichten im Kosovo für alle Personen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft gelten sollte.42 In diesem Zusammenhang wurde auch von „earned sovereignty“43 gesprochen. Der Grundgedanke war dabei, Hilfestellung zu leisten, aber von den betroffenen Gemeinschaften ebenfalls einen Beitrag einzufordern. Die Konditionalitätspolitik insbesondere der EU bzw. der internationalen Finanzinstitutionen sowie der „good governance“-Ansatz44 standen dabei Pate. Im Mai veranlasste der UN-Generalsekretär eine Evaluierung dieses Prozesses.45 Beauftragt damit wurde der norwegische Diplomat Kai Eide. Sein am . Oktober vorgelegter Bericht wies einen positiven Grundtenor auf: Ein positiver Prozess sei im Gange, funktionierende lokale Institutionen seien im Aufbau begriffen. Er sparte aber auch nicht an Kritik: Die serbische Minderheit stehe außerhalb dieses Prozesses, die wirtschaftliche Entwickung sei unbefriedigend und der Rechtsstaat ungenügend entwickelt, wobei das Justizsystem den größten Schwachpunkt darstellte. In dieser zutiefst zerrissenen Gesellschaft sei eine internationale Präsenz weiter erforderlich, doch die
42 Vgl. die vom Sondervertreter am . Dezember vorgelegten Standards, „Standards for Kosovo“, http://www.unmikonline.org/standards/doc/leaflet_stand_eng.pdf ( Juni ). 43 Vgl. B. Knoll, From Benchmarking to Final Status? Kosovo and the Problem of an International Administration’s Open-Ended Mandate, in: EJIL /, S. – (), m. w. N. 44 Ibid. Zum „good governance“-Ansatz vgl. P. Hilpold, EU Development Cooperation at a Crossroads: The Cotonou Agreement of June and the Principle of Good Governance, in: EFAR /, S. –. 45 Vgl. UN Doc. S// ().
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Bevölkerung des Kosovo müsse die Entwicklung ihres Gesellschaftssystems auch selbst in die Hand nehmen. In der Konsequenz empfahl Eide die Einleitung des Statusprozesses. Ab nun galt der Grundsatz „Standards und Status“.46 Dieser Bericht mag widersprüchlich erscheinen. Er war aber auf jeden Fall ein gutes Spiegelbild der Situation im Kosovo selbst und er hat auch verdeutlicht, dass „einfache“ Lösungen, Patentrezepte, für das Kosovo-Problem nicht zur Hand sind. . Der Ahtisaari-Plan Die Empfehlungen Eides wurden vom Sicherheitsrat aufgegriffen47 und am . November wurde Martti Ahtisaari zum UN-Sonderbotschafter für den zukünftigen Statusprozess für den Kosovo ernannt. Ebenfalls im November verabschiedete die Kontaktgruppe Richtlinien für die Lösung des Kosovo-Problems. In diesem Zusammenhang wurde einmal festgelegt, dass es keine Rückkehr zur Situation vor geben könne, andererseits dürfe es zu keiner Änderung der kosovarischen Grenzen kommen. Unilaterale Schritte seien abzulehnen und die definitive Entscheidung stehe dem UN-Sicherheitsrat zu. Ergänzend wurde im Januar hinzugefügt, dass jede Letztentscheidung vom kosovarischen Volk zu treffen sei und dass besonderes Augenmerk auf den Schutz ethnischer Minderheiten zu legen sei. Martti Ahtisaari führte in der Folge eine Reihe von Gesprächen mit allen involvierten Parteien, wobei sich aber profunde Interessensgegensätze offenbarten. In seinem abschließenden Bericht, den er am . März dem UN-Generalsekretär präsentierte und der am . März dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt wurde48, kam Ahtisaari zu dem Schluss, dass eine einvernehmliche Lösung nicht zu erzielen sei und dass deshalb nur die Unabhängigkeit – ergänzt um weitreichende Minderheitenschutzgarantien und unter anfänglicher internationaler Aufsicht – als abschließende Statusregelung für den Kosovo in Frage komme.
46 Vgl. Ch. Pippan, Die Herausforderungen der ‚Kosovo-Frage‘ für die Europäische Union vor dem Hintergrund des Statusprozesses, in: G. Nolte/P. Hilpold (Hrsg.), Auslandsinvestitionen – Entwicklung großer Kodifikationen – Fragmentierung des Völkerrechts – Status des Kosovo, Peter Lang: Frankfurt a. M. u. a. , S. – (). 47 Vgl. UN Doc. S/PRST// v. ... 48 Vgl. UN Doc. S//.
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Indirekt wird der Grundsatz „Standards vor Status“ als zentrales Problem und Entwicklungshindernis identifiziert: Almost eight years have passed since the Security Council adopted resolution () and Kosovo’s current state of limbo cannot continue. Uncertainty over its future status has become a major obstacle to Kosovo’s democratic development, accountability, economic recovery and interethnic reconciliation. Such uncertainty only leads to further stagnation, polarizing its communities and resulting in social and political unrest. Pretending otherwise and denying or delaying resolution of Kosovo’s status risks challenging not only its own stability but the peace and stability of the region as a whole.49
Die achtjährige Ausübung der Gebietshoheit durch die UNMIK hätte irreversible Fakten geschaffen. Eine Autonomieregelung innerhalb Serbiens sei schlicht und einfach unrealistisch: For the past eight years, Kosovo and Serbia have been governed in complete separation. The establishment of the United Nations Mission in Kosovo (UNMIK) pursuant to resolution (), and its assumption of all legislative, executive and judicial authority throughout Kosovo, has created a situation in which Serbia has not exercised any governing authority over Kosovo. This is a reality one cannot deny; it is irreversible. A return of Serbian rule over Kosovo would not be acceptable to the overwhelming majority of the people of Kosovo. Belgrade could not regain its authority without provoking violent opposition. Autonomy of Kosovo within the borders of Serbia – however notional such autonomy may be – is simply not tenable.50
Auch die Fortführung der UNMIK-Verwaltung sei nicht möglich. Die UNMIK hat laut Ahtisaari notwendige Rahmenbedingungen für die Herausbildung lokaler Institutionen geschaffen. Ein tragfähiges Wirtschaftssystem sei dadurch aber nicht entstanden. Ein funktionierendes Gemeinwesen müsse letztlich selbstregiert werden.51 Völlig zutreffend identifiziert Ahtisaari die enorme rechtsstaatliche Bedeutung der Selbstregierung: Only in an independent Kosovo will its democratic institutions be fully responsible and accountable for their actions. This will be crucial to ensure respect for the rule of law and the effective protection of minorities. With continued political ambiguity, the peace and stability of Kosovo and the
49 50 51
Ibid., Abs. . Ibid., Abs. . Ibid., Abs. .
peter hilpold region remains at risk. Independence is the best safeguard against this risk. It is also the best chance for a sustainable long-term partnership between Kosovo and Serbia.52
. Eine Wertung des Ahtisaari-Plans Der Ahtisaari-Plan stellte ein ausgefeiltes Konstrukt von internationalrechtlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen dar, die die Lebensfähigkeit eines unter schwierigsten Bedingungen startenden multiethnischen Staates garantieren sollten. Wenngleich Ahtisaari den Begriff „Staat“ geflissentlich vermied, wollte er dieses Gebilde in den Grenzen der früheren Provinz Kosovo nicht nur mit faktischer autonomer Staatsgewalt (im internen, aber auch im internationalen Bereich53) ausstatten, sondern auch mit allen Insignien der Staatlichkeit54: Flagge, Siegel und Hymne.55 Der Gewährung der Unabhängigkeit standen verschiedene Einschränkungen der souveränen Handlungsbefugnisse dieses Gebildes gegenüber. Laut Art. . des Plans hätte der Kosovo keine Territorialansprüche gegenüber Nachbarstaaten geltend machen und auch keine Union mit Nachbarstaaten oder Teilen davon eingehen dürfen. Obwohl diese Regelung vielfach kritisiert worden ist, wäre es verfehlt, darin einen Verstoß gegen Prinzip VI der Res. (XV) v. . Dezember zu sehen. Gemäß diesem Prinzip wird bekanntlich auch der Anschluss an einen anderen Staat als legitimer Ausdruck von Selbstbestimmung qualifiziert, soweit diese Entscheidung auf der Grundlage eines demokratischen, informierten Prozesses erfolgt.56 Die betreffende Resolution ist nämlich für den kolonialen Bereich ergangen. Die Grundlagen des von Ahtisaari anvisierten Selbstbestimmungsprozesses waren andere.
52
Ibid., Abs. . Diesbezüglich sei insbesondere auf die Möglichkeit verwiesen, völkerrechtliche Verträge abzuschließen sowie internationalen Organisationen beizutreten. Auch die Verpflichtung des Kosovo, einen Teil der serbischen Staatsschulden zu übernehmen (Anhang VI zum Ahtisaari-Plan), deutet auf das Vorliegen einer Staatensukzession hin. Vgl. M. Kohen, Le Kosovo: Un Test Pour la Communauté Internationale, in: V. Chetail u. a. (Hrsg.), Conflits, sécurité et coopération, Liber amicorum Victor-Yves Ghebali, Bruylant: Brüssel , S. – (). 54 Vgl. J. D’Aspremont, Regulating Statehood: The Kosovo Status Settlement, in: Leiden Journal of International Law , S. – ( f.). 55 Vgl. Art. . des Umfassenden Entwurfs für eine Statusregelung. 56 Vgl. auch UNGA Res. (XXV) v. .., Priniple of equal rights and selfdetermination of peoples, Abs. . 53
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Darin stand die politische Stabilisierung eines multiethnischen Gebildes im Vordergrund. Der instrumentale Einsatz des Selbstbestimmungsrechts kann damit auch Bedingungen unterliegen. Vergleichbar ist diese Regelung mit dem für Österreich nach dem Ersten Weltkrieg geltenden Anschlussverbot an Deutschland.57 Der Ahtisaari-Plan spiegelte modernste Entwicklungen im Menschenund Minderheitenrecht wider und nahm neueste Erkenntnisse im Bereich Autonomierecht, Verfassungsgesetzgebung und Aufbau einer Zivilverwaltung auf.58 Gleichzeitig beschritt er in seinem Detailreichtum und in seiner feingliedrigen Abstimmung von Mehrheits- und Minderheiteninteressen und von widerstreitenden Staatsinteressen sicherlich auch Neuland und dürfte wohl auch in Zukunft, obwohl er keine unmittelbare Anerkennung gefunden hat, bei vergleichbaren Streitfällen einen wichtigen Referenzmaßstab darstellen. Angesichts des diametralen Konflikts der involvierten Interessen war es klar, dass Ahtisaari trotz intensiver Suche nach Kompromissen letztlich einer Seite den Vorzug geben musste und dies war schließlich die albanische Seite und damit jene Partei, deren menschenrechtliche und humanitäre Anliegen in der Vergangenheit entscheidend waren für die Intervention der Staatengemeinschaft. Damit war aber gleichzeitig die Ablehnung durch Serbien und in weiterer Folge von Russland schon vorprogrammiert. Andererseits ist auch festzuhalten, dass Ahtisaari diese Konzession in Bezug auf die Staatlichkeit des Kosovo durch besonders weite Zugeständnisse im Bereich des Minderheitenschutzes auszugleichen versuchte.59 Es war von vornherein klar, dass diese Regelungen einen sehr aufwändigen Mechanismus dargestellt hätten, der für einen unabhängigen Staat Kosovo eine große Herausforderung bedeutet hätten. Andererseits zeigt gerade die faktische Situation, die sich nach der Unabhängigkeitserklärung vom . Februar herausgebildet hat, dass an einem komplexen Ausgleichsmechanismus – in welches
57 Vgl. Art. des Staatsvertrages von Saint Germain, der die diesbezügliche Verpflichtung für Österreich enthält sowie Art. des Abkommens von Versailles, wonach Deutschland die Unabhängigkeit Österreichs respektieren muss. 58 Im Besonderen standen hier die Regelungen des Abkommens von Dayton in Bezug auf das Sonderstatut für die Republika Srpska Pate. Vgl. M. Kohen, (Fn ), S. f. 59 Im Mittelpunkt stehen dabei die mit weitreichenden autonomen Befugnissen ausgestatteten Gemeinden. Diesen wird großzügig die Möglichkeit eingeräumt, grenzüberschreitende Kontakte mit Serbien zu pflegen (Art. des Anhanges III zum AhtisaariPlan). Auch die Qualifizierung und Abgrenzung der Minderheitemgemeinden erfolgte in zuvorkommender Form (vgl. die Anlage zu Anhang III zum Ahtisaari-Plan).
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juristische Kleid dieser am Ende auch immer gekleidet sein mag – kein Weg vorbeiführen kann. Letztlich wird dies auch durch das Gutachten des IGH v. . Juli bestätigt. . Die Unabhänigkeitserklärung vom . Februar Ziff. der Res. war an und für sich unmissverständlich: Die Zivilund Sicherheitspräsenz im Kosovo war bestimmt, so lange anzudauern, bis der Sicherheitsrat eine anderweitige Entscheidung trifft. Die UNVerwaltung war damit als provisorisch, aber dennoch als zeitlich unbefristet anzusehen. Da eine einvernehmliche Lösung nicht gelungen war, blieb nur der Weg über den Sicherheitsrat und dort war die Zustimmung Russlands erforderlich. Weitere Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina wurde von der Kontaktgruppe unter der Leitung der Troika bestehend aus EU, Russland und den USA im Sommer in die Wege geleitet, doch blieben auch diese Bemühungen bis zum Spätherbst letztlich erfolglos. Am . Dezember musste die Troika das Scheitern der Verhandlungen eingestehen. Die diplomatischen Bemühungen hatten sich als erfolglos erwiesen und nun gewannen die Kräfte die Oberhand, die eine unilaterale Lösung anstrebten. Am . Februar erklärten Abgeordnete der kosovarischen Versammlung die Unabhängigkeit des Kosovo, während serbische Abgeordnete der Abstimmung fernblieben. Diese Handlung war der zentrale Schritt hin zur Verselbstständigung des Kosovo und seine Umstände beschäftigten in der Folge ganz maßgeblich den IGH im Gutachtenverfahren. War darin ein Akt der kosovarischen Versammlung zu sehen, so hätte – zumindest prima face und vor der Prüfung des Selbstbestimmungsrechts der Völker – ein Verstoß gegen Resolution / vorgelegen, da auch die provisorischen Vertretungskörper an diese Normen des Sicherheitsrates gebunden waren. Wie zu zeigen sein wird, fand der IGH aber einen Weg, um diese heikle Frage zu umgehen, ohne dabei näher auf das explosive Thema der Selbstbestimmung eingehen zu müssen: Er qualifizierte die Unabhängigkeitserklärung als Akt der einzelnen Abgeordneten, denen Res. / eine diesbezügliche Äußerung nicht verbieten konnte oder überhaupt wollte.60
60 Dass diese Position unhaltbar ist, wird ausführlich dargelegt in: P. Hilpold, The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Different Perspectives of a Delicate Question, http://papers .ssrn.com/sol/papers.cfm?abstract_id=. Vgl. für erste kritische Stellungnah-
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. Die Position der EU Am . Februar , also noch vor der Unabhängigkeitserklärung, hatte der EU-Rat im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eine Gemeinsame Aktion beschlossen, und zwar die Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX Kosovo. Diese Mission, bestehend aus Richtern, Polizisten und Zollbeamten sollte die UNMIK ersetzen und „die zuständigen Institutionen des Kosovo in allen Tätigkeitsfeldern mit Bezug zum weiter gefassten Bereich der Rechtsstaatlichkeit (einschließlich der Zolldienste) beobachten, anleiten und beraten, wobei sie auch weiterhin Exekutivbefugnisse in einigen Bereichen wahrnimmt.“61 Die Sicherheitspräsenz der NATO sollte fortgesetzt werden. Die neue kosovarische Verfassung – formuliert auf der Grundlage des Ahtisaari-Plans – ist am . Juni in Kraft gesetzt worden. Die EULEX-Mission warf von Anfang an Fragen in Bezug auf ihre Vereinbarkeit mit Resolution / auf, und auch das IGH-Gutachten vom . Juli hat diesbezüglich keine Klarheit schaffen können.62 Dennoch ist man auch hier bemüht, über einen von pragmatischen Gesichtspunkten gekennzeichneten Annäherungsprozess die aufgetretenen Rechtsfragen ex post neu zu deuten und zu lösen.63 . Die aufgetretenen Rechtsfragen Das IGH-Gutachten vom . Juli hat auf der faktischen Ebene sicherlich erheblich zur Klärung der Verhältnisse beigetragen und damit auch eine Vielzahl an Rechtsfragen in den Hintergrund treten lassen, die zuvor fundamental erschienen. Wirklich gelöst wurden aber die wenigsten Fragen – und es sind neue dazu gekommen.
men dazu auch S. Yee, Notes on the International Court of Justice (Part ): The Kosovo Advisory Opinion, in: Chinese Journal of International Law , S. –; A. Peters, Das Kosovogutachten und die Kunst des Nichtssagens, Juristenzeitung /, S. – und dies., Does Kosovo lie in the lotus-land of freedom?, in: Leiden Journal of International Law /, S. –. Vgl. für eine andere Sichtweise aber den Beitrag von Helmut Philipp Aust in diesem Band. Für eine die Sichtweise des IGH befürwortende Position siehe auch den Beitrag von Gerhard Hafner und Nadia Kalb in diesem Band. 61 Vgl. Art. der Gemeinsamen Aktion //GASP des Rates v. . Februar , ABl. Nr. L / v. ... 62 Vgl. dazu im Detail den Beitrag von Isabel Lirola Delgado in diesem Band. 63 Ibid.
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Im vorliegenden Band wird versucht, die wesentlichen Problemstellungen, die die Kosovo-Thematik seit der Unabhänigigkeitserklärung vom . Februar kennzeichnen, im Lichte der Aussagen des IGHGutachtens vom . Juli zu analysieren. Dabei wird in erster Linie dem Selbstbestimmungsrecht der Völker zentrale Aufmerksamkeit gewidmet.64 Der IGH konnte dieser äußerst heiklen Frage zwar – wie gezeigt – ausweichen. In verschiedenen Sondervoten wird aber dennoch sehr detailliert auf diesen Themenkomplex eingegangen. Umfassend sind auch die Ausführungen dazu in vielen staatlichen Stellungnahmen sowie in der einschlägigen Literatur, die vor der Veröffentlichung des Gutachtens publiziert worden ist.65 Eine weitere Frage, der prioritäre Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist jene der Anerkennung.66 Es ist offensichtlich, dass im Hintergrund des Gutachtensantrags die Hoffnung Serbiens stand, damit dem Prozess der Anerkennung des Kosovo Einhalt zu gebieten und auch eine – zumindest indirekte – Verurteilung der Staaten zu erreichen, die den Kosovo bereits anerkannt hatten. Nach Christian Tomuschat lässt sich der Anerkennungsprozess in Bezug auf den Kosovo nicht mit den üblichen bilateralen Maßstäben des Völkerrechts messen, da sich die anerkennenden Staaten als Agenten der internationalen Gemeinschaft sähen, „die innerhalb eines breiten, wenn auch nicht weltumspannenden Konsenses das Ziel verfolgten, zur Festigung des Friedens und der Menschenrechte in
64 Vgl. insbesondere die Beiträge von Helmut Philipp Aust, Peter Hilpold, Stefan Oeter und Anne Peters in diesem Band. Helmut Philipp Aust untersucht den Zusammenhang dieser Frage mit dem Themenkomplex der Staatenverantwortlichkeit. Peter Hilpold und Stefan Oeter gehen auf die Fragen ein, in wie weit die gesamte Debatte den vielbehaupteten Anspruch auf ein Recht auf Sezession bestätigt hat. Anne Peters untersucht das Gutachten dagegen aus der Perspektive der konstituionalistischen Denkschule des Völkerrechts und geht dabei insbesondere der Frage nach, ob dieses Gutachten mit den konstitutionalistischen Prinzipien im Einklang besteht bzw. diese sogar weiterentwickelt. 65 Vgl. bspw. die „Agora“-Beiträge im Chinese Journal of International Law /, Bd. , u. a. v. R. Müllerson, Precedents in the Mountains: On the Parallels and Uniquiness of the Cases of Kosovo, South Ossetia and Abkhazia, S. – und P. Hilpold, The Kosovo Case and International Law: Looking for Applicable Theories, S. –. 66 Zur Anerkennungsproblematik vgl. J. Verhoeven, La reconnaissance internationale: Déclin ou renouveau?, in: AFDI , S. –; P. Hilpold, Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan. Konstitutive Theorie, deklaratorische Theorie und anerkennungsrelevante Implikationen von Minderheitenschutzerfordernissen, in: AVR /, S. – und C. Ryngaert/S. Sobrie, Recognition of States: International Law or Realpolitik? The Practice of Recognition in the Wake of Kosovo, South Ossetia, and Abkhazia, in: Leiden Journal of International Law , S. –.
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einem Gebiet beizutragen, das ein ganzes Jahrzehnt unter einer systematischen und schweren Diskriminierungspolitik gelitten hatte.“67 Von großer Bedeutung ist die Frage, in wie weit die Ergebnisse der Diskussion rund um die Verselbstständigung des Kosovo verallgemeinerungsfähig sind. Gerade weil die möglichen Implikationen dieses Prozesses derart weitreichend sind, ist immer wieder versucht worden, diese Situation als „sui generis“ zu qualifizieren. Michael Bothe prüft in seinem Beitrag, wie sich die Maßnahmen des Sicherheitsrats im KosovoFall in eine breitere Praxis zur Friedenssicherung fügt, wobei er zum Ergebnis gelangt, dass dieser Fall kein schablonenhaftes Lösungsmuster bietet, sondern erneut die Rolle von Verhandlung und Vermittlung hervorhebt. Der Problemlösungsprozess zur Kosovo-Frage ist nach wie vor im Gange. Trotz der vielen Punkte im Gutachten, hinsichtlich welcher man geteilter Meinung sein kann, ist dennoch anzuerkennen, dass der IGH am . Juli grundlegende Weichenstellungen vorgenommen hat, die die weitere politische Diskussion entscheidend beeinflusst haben und die der Kosovo-Frage auch einiges von ihrer tagespolitischen Brisanz genommen haben. Im Frühjahr haben – unter der Vermittlung der EU – „technische“ Gespräche (über Fragen wie Energieversorgung, Telekommunikation und Verkehr) zwischen Belgrad und Pristina begonnen, die – so wird insbesondere von Serbien gehofft – zu neuen Statusverhandlungen führen können.68 Anfang Juli wurde ein Abkommen zwischen Serbien und Kosovo über den freien Personenverkehr, zum Austausch von Personenstandsregistern und über die Anerkennung von Führerscheinen und Universitätsdiplomen geschlossen.69 Der IGH hat – zumindest indirekt – anerkannt, dass die kosovarische Bevölkerung ihr Schicksal selbst in die Hand genommen hat und diese hat nun auch die entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Mit den zuerkannten Rechten sind auch Pflichten verbunden. Auch Serbien, dessen juristischer Argumentationsspielraum durch das Kosovo-Gutachten erheblich eingeengt worden ist, hat durch seine nunmehr signalisierte 67
Vgl. Christian Tomuschat in diesem Band. Vgl. S. Richter, Zur Zukunft des Kosovo – Politische Entwicklungen und Szenarien, in: Uwe Halbach et al. (Hrsg.), Kosovo – Sonderfall mit Präzedenzwirkung?, Stiftung Wissenschaft und Politik , S. – (S. und f.). 69 Vgl. „Die Presse“ v. .., S. . Offiziell bestritt Serbien, dass in diesem Abkommen eine Anerkennung eines unabhängigen Staates Kosovo zu sehen sei. Zweifelsohne wurden damit aber Fakten zur Kenntnis genommen, deren Herausbildung auch durch den IGH unterstützt worden ist. 68
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Gesprächsbereitschaft interessanterweise wieder an Handlungsspielraum gewonnen.70 Am Ende werden allen Beteiligten Konzessionen abverlangt und das definitive Modell wäre dann nicht unähnlich jenem des Ahtisaari-Pflans. Je stärker dieses Bewusstsein heranreift, desto eher kann sich die Staatengemeinschaft aus dem kostspieligen und aufwändigen nation-building-Prozess im Kosovo zurückziehen.71 Sollte dieses Ziel in absehbarer Zeit erreicht werden (was u. a. in einer entsprechenden Anzahl von Anerkennungserklärungen ihren Ausdruck finden würde72), so hätte sich der Aufwand – der schon lange jede vorhersehbare Dimension überschritten hat – letztlich dennoch gelohnt. Dies wäre nicht nur für die kosovarische Bevölkerung erfreulich, sondern eine wichtige Bestätigung der friedensstiftenden Kraft internationaler Streitbeilegungsmechanismen. Literatur Abi-Saab, G., Le Principe de l’ Uti Possidetis – Son Role et ses Limites Dans le Contentieux Territorial International, in: M.G. Kohen (Hrsg.), Promoting Justice, Human Rights and Conflict Resolution through International Law, Liber Amicorum Lucius Caflisch, S. –. Anderson, B.R., Imagined Communities, Verso: London u. a. . Aznar-Gómes, M.J., Some Paradoxes on Human Rights Protection in Kosovo, in: P.-M. Dupuy et al. (Hrsg.), Völkerrecht als Wertordnung, FS Christian Tomuschat, Engel-Verlag: Kehl am Rhein , S. ff. Bieber, F./Daskalovski, Z. (Hrsg.), Understanding the War in Kosovo, Routledge et al.: New York et al . Biermann, R., Zwischen Friedenskonsolidierung und Friedensschaffung, in: VN /, S. –. Brems Knudsen, T., Kosovo Between War and Peace, Routledge: New York et al. . Cahn, C., Birth of a Nation: Kosovo and the Persecution of Pariah Minorities, in: German Law Journal /, S. –. Cassese, A., Ex iniuria ius oritur: are we moving towards international legitimation of forcible humanitarian countermeasures in the world community?, in: EJIL , S. –. Daglish, K./Nasu, H., Towards a True Incarnation of the Rule of Law in WarTorn Territories: Centring Peacebuilding in the Will of the People, in: LIV NILR , S. –. 70
Ibid., S. f. Zur diesbezüglichen Rolle der OSZE vgl. den Beitrag von Matthias Niedobitek in diesem Band. 72 Bislang (August ) haben Staaten den Kosovo anerkannt. 71
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DIE ANERKENNUNG VON NEUSTAATEN – DIE VORZEITIGE ANERKENNUNG
Christian Tomuschat I. Die klassische Regel Das Thema „Anerkennung von Neustaaten“ schien über Jahre hinweg seine Bedeutung verloren zu haben. Die aus dem Dekolonisierungsprozess hervorgegangenen Staaten wurden in aller Regel ohne Umschweife in die Vereinten Nationen aufgenommen. Da nach Art. Abs. in der Tat nur Staaten als Mitglieder der Weltorganisation zugelassen werden können, stand damit jedenfalls für alle anderen Vertragsparteien der UNOCharta unanfechtbar fest, dass der Neuankömmling ein Staat war. Nicht einmal die arabischen Staaten konnten leugnen, dass Israel nach seinem Beitritt zu den Vereinten Nationen als Staat zu betrachten und dementsprechend zu behandeln war.1 Auch die Bundesrepublik Deutschland musste sich damit abfinden, dass die gleichzeitig wie sie (. September ) aufgenommene Deutsche Demokratische Republik damit das Siegel der Staatlichkeit erhalten hatte.2 Im Urteil des BVerfG zum Grundlagenvertrag vom . Juli wird dies auch schon zuvor zur Kenntnis genommen: Die Deutsche Demokratische Republik ist im Sinne des Völkerrechts ein Staat und als solcher Völkerrechtssubjekt.3
Aber das BVerfG streitet ab, dass in dem Vertragsschluss und in dem dort vorgesehenen beiderseitigen Eintritt in die Weltorganisation eine Anerkennung liege, man könne hier lediglich von einer „faktische(n) Anerkennung besonderer Art“ sprechen.4 Wie dem auch im Einzelnen
1 Lediglich die Friedensliebe Israels wurde in Zweifel gezogen, vgl. Yearbook of the United Nations –: Syrien, ; Irak, ; Jemen und Saudi-Arabien, . 2 Schilderung des Vorgangs durch Ulrich Beyerlin und Wolfgang Strasser, „Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre “, in ZaöRV (): , –. 3 BVerfGE , , . 4 Ibid., .
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sei, ein Beschluss der Generalversammlung nach Art. Abs. der UNOCharta ist zur Statusfrage das letzte Wort, das sich nicht in Frage stellen lässt.5 Die alten Streitfragen, die bis zum Jahre und teilweise sogar darüber hinaus das Feld beherrschten, tauchen indes unvermeidlich wieder auf, wenn ein neues Gebilde für sich die Staatlichkeit reklamiert, dem – aus welchen Gründen auch immer – die Aufnahme in die Vereinten Nationen versagt geblieben ist. Plötzlich zeigt sich, dass die souveränen Staaten, die Herren der klassischen Völkerrechtsordnung, nicht völlig hinter den Organisationsformen der globalisierten Welt verschwunden sind. Ihre Stimme als Peers erhält plötzlich wieder das Gewicht, das ihnen abhanden gekommen zu sein schien. Aber dennoch bewegen sich Fälle aus der heutigen Zeit in einem veränderten Umfeld. So lautet die Hauptfrage im Hinblick auf das Phänomen der vorzeitigen Anerkennung, ob die klassischen Regeln noch passen und ob man sie deswegen ohne weiteres auf einen Fall wie die Sezession des Kosovo anwenden kann. Dass ein Gebilde, welches den Versuch unternimmt, sich von einem bestehenden Staatswesen abzuspalten, nicht vorzeitig anerkannt werden darf, ehe es sich als selbständiger Staat konsolidiert hat, gehört zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, die sich seit der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts in jedem Lehrbuch finden. So heißt es bei Oppenheim/Lauterpacht: . . . an untimely and precipitate recognition as a new State is more than a violation of the dignity of the mother-State. It is an unlawful act, and it is frequently maintained that such untimely recognition amounts to intervention.6
Auch im deutschen Schrifttum hat sich diese Auffassung durchgesetzt,7 nachdem zuvor auch von führenden Autoren die Meinung vertreten worden war, es handele sich bei der vorzeitigen Anerkennung lediglich
5 Dazu schon Hermann Mosler, The International Society as a Legal Community (Alphen aan den Rijn: Sijthoff & Noordhoff, ), ; vgl. jetzt Urs Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung (Heidelberg et al.: Springer, ), ff. 6 L. Oppenheim and H. Lauterpacht, International Law, Vol. I (London: Longmans, . Aufl. ), . 7 Vgl. etwa Georg Dahm, Jost Delbrück und Rüdiger Wolfrum, Völkerrecht, Band I/ (Berlin und New York: de Gruyter, . Aufl. ), ; Karl Doehring, Völkerrecht (Heidelberg: C.F. Müller, . Aufl. ), Randnr. ; Peter Hilpold, „Die Anerkennung der
die vorzeitige anerkennung
um einen unfreundlichen Akt, kein Unrecht.8 Auf der grundsätzlichen Ebene scheint auch sonst ein allgemeiner Konsens zu herrschen.9 Als klassischer Fall gilt insoweit die Anerkennung der Republik Panama durch die USA. Am . November hatte das Land seine Unabhängigkeit erklärt, schon am darauf folgenden . November sprachen die USA ihre volle Anerkennung aus, d. h. zu einem Zeitpunkt, als der Erfolg der Unabhängigkeitsbewegung noch keineswegs gesichert war.10 Allgemein war bekannt, dass die USA wegen des Baus des PanamaKanals ein starkes Interesse an einem unabhängigen Staat Panama hatten, der leichter zu beeinflussen war als das Mutterland Kolumbien. In jüngerer Zeit wurde vielfach gegen Deutschland der Vorwurf erhoben, es habe die Unabhängigkeit Kroatiens zu einem Zeitpunkt anerkannt,11 als der Zerfall der Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien noch keineswegs abgeschlossen war. Deutschland habe sich in diesen Prozess eingemischt und habe ihn durch seine vorzeitige Erklärung vorangetrieben; es habe sich damit einer Verletzung der jugoslawischen Souveränität schuldig gemacht.12 Abgesehen sei an dieser Stelle von einer Behandlung der schwierigen Frage, ob das kroatische Volk Träger eines Sezessionsrechts nach dem internen Verfassungsrecht wie auch nach Völkerrecht war. Nur die angebliche „Vorzeitigkeit“ sei ins Visier genommen. Gerade der Fall Kroatien zeigt, wie schwer eine exakte Grenzziehung fallen muss. Schon vor der Anerkennung durch Deutschland hatte die Badinter-Kommission in ihrem Gutachten vom . November festgestellt, „that the Socialist Federal Republic of Yugoslavia is in the
Neustaaten auf dem Balkan“, AVR (): , ; Theodor Schweisfurth, Völkerrecht (Tübingen: Mohr Siebeck, ), Randnr. . 8 Franz von Liszt und Max Fleischmann, Völkerrecht (Berlin: Julius Springer, . Aufl. ), . 9 Vgl. etwa aus dem französischsprachigen Schrifttum Pierre Michel Eisemann, „L’indépendance du Kosovo. Le point de vue du juriste“, in Droit international et relations internationales. Divergences et convergences, herausgegeben von Société française pour le droit international (Paris: Pedone, ), , f.; anderer Auffassung aber Patrick Daillier, Mathias Forteau und Alain Pellet, Droit international public (Paris: L.G.D.J., ), Rdnr. : die vorzeitige Anerkennung sei zwar bedauerlich, aber nicht rechtswidrig. 10 Vgl. den Abdruck der relevanten Dokumente bei John Bassett Moore, A Digest of International Law, Vol. III (Washington: Government Printing Office, ), –. 11 Die Anerkennung wurde am . Dezember ausgesprochen. 12 Vgl. etwa Carl Cavanagh Hodge, „Botching the Balkans: Germany’s Recognition of Slovenia and Croatia“, Ethics and International Affairs (): : „an act of irresponsible diplomacy“.
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process of dissolution.“13 Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft hatten kurze Zeit später kundgetan, dass sie bereit seien, die aus dem Zerfallsprozess hervorgehenden neuen Staaten unter bestimmten Bedingungen als souveräne Staaten anzuerkennen.14 Was die Tatsachenlage angeht, so waren die Streitkräfte der jugoslawischen Bundesarmee bereits aus den meisten kroatischen Gebieten abgedrängt worden. Es fanden zwar noch in Randbereichen Kämpfe statt, aber es zeichnete sich bereits sehr deutlich ab, dass für die serbisch dominierten Belgrader Zentralbehörden keine Chance mehr bestand, ihre Herrschaft wieder über das gesamte Staatsgebiet auszudehnen. Kurze Zeit nach der (einseitigen) deutschen Erklärung folgten alle anderen EG-Staaten am . Januar .15 So erscheint der Vorwurf der Vorzeitigkeit einigermaßen weit hergeholt und eher als eine von nostalgischen Vorurteilen getragene Meinung.16 Der IGH hat sich nicht zu der Vereinbarkeit der Anerkennungserklärungen mit den geltenden Regeln des allgemeinen Völkerrechts ausgesprochen. In der Tat enthält der Antrag nach Art. UN-Charta eine solche Bitte nicht. Zu Recht hält das Gutachten vom . Juli fest, dass dieser Antrag klar formuliert sei und keine Fragen zu den rechtlichen Folgen der Unabhängigkeitserklärung stelle (Nr. ). Wäre das Gericht über die sachliche Tragweite des Wortlauts der Vorlage hinausgegangen, so hätte es den Willen der Generalversammlung verfälscht. Man kann ohne weiteres davon ausgehen, dass Serbien, die treibende Kraft hinter dem Antrag, nie und nimmer die notwendige Mehrheit hinter sich gebracht hätte, wenn es etwa auch die völkerrechtliche Zulässigkeit des Verhaltens der Drittstaaten mit zum Gegenstand des Antrags hätte machen wollen. Sich über den Gesamtkomplex zu äußern, hätte wohl auch die Kraft des Gerichts überstiegen.
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ILM (): , . Erklärung vom .. über Jugoslawien and Richtlinien über die Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa and der Sowjetunion, ILM (): . 15 Nähere Darstellung der Vorgänge durch Roland Rich, „Recognition of States: The Collapse of Yugoslavia and the Soviet Union“, EJIL (): –, und Danilo Türk, „Recognition of States: A Comment“, ibid.: –. 16 Detaillierte Darstellung der Vorgänge durch John Dugard/David Raiˇ c, „The role of recognition in the law and practice of secession“, in Secession. International Law Perspectives, hrsg. von Marcelo G. Kohen (Cambridge: Cambridge University Press, ), , –. Nüchterne Würdigung auch durch Hilpold, loc. cit. (Anm. ), . 14
die vorzeitige anerkennung
II. Vorzeitige Anerkennung als verbotene Intervention? Im Geflecht der Grundregeln des Völkerrechts, wie sie durch die Deklaration (XXV) der UN-Generalversammlung vom . Oktober formuliert worden sind, wird die vorzeitige Anerkennung meist als verbotene Intervention hingestellt. Diese Klassifizierung erscheint nicht auf den ersten Blick einleuchtend. Denn als das Wesensmerkmal der Intervention wird durchweg der Zwang bezeichnet. Nach einer klassischen Definition von Oppenheim/Lauterpacht ist Intervention „dictatorial interference“,17 und in der Deklaration (XXV) wird als prägendes Kriterium der Begriff der „coercion“ verwendet. Eine Anerkennungserklärung besitzt keinen Zwangscharakter. Sie ist eine schlichte völkerrechtliche Willenserklärung, die deswegen auch nicht in Ausübung des Selbstverteidigungsrechts mit Waffengewalt bekämpft werden kann. Und dennoch hat eine Anerkennung tief einschneidende Auswirkungen. Sie stellt die Existenz des Ursprungsstaates in Frage, spricht diesem Staat die legitime Herrschaft über das sezedierende Territorium ab und trägt die Rechtsbehauptung in sich, dass zur Sicherung der Sezession dritte Staaten, falls gerufen, eingreifen dürften. Damit handelt es sich um einen Frontalangriff auf die souveränen Hoheitsrechte des um seine territoriale Integrität ringenden Ursprungsstaates, der weit reichende Auswirkungen hat. Es erscheint wegen der Schwere dieses Eingriffs gerechtfertigt, die vorzeitige Anerkennung als Fall verbotener Intervention zu bewerten.18 III. Der Fall Kosovo . Die allgemeinen Voraussetzungen der Staatlichkeit Eine Anerkennung muss jedenfalls dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn nach keiner denkbaren Betrachtungsweise das in Rede stehende Territorialgebilde die Voraussetzungen der Staatlichkeit erfüllen kann. Staaten haben einen weiten Beurteilungsspielraum. Dieser ist aber
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Op. cit. (Anm. ), . Es erscheint daher nicht notwendig, das zusätzliche Erfordernis aufzustellen, dass die Anerkennung von weiteren Unterstützungshandlungen begleitet sein müsse, wie dies Olivier Corten, „Déclarations unilatérales d’ indépendance et reconnaisssances prématurées: du Kosovo à l’ Ossétie du sud et à l’ Abkhazie“, RGDIP (): , –, meint. 18
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nicht schrankenlos. Denn die völkerrechtlichen Kriterien der Staatlichkeit stehen grundsätzlich außer Frage. Nach der Konvention von Montevideo über „Rights and Duties of States“,19 die allgemein als geschriebener Ausdruck des weltweit anwendbaren Gewohnheitsrechts gilt,20 wird vorausgesetzt, dass ein Staat eine dauernde Bevölkerung, ein festes Gebiet, eine Herrschaftsgewalt und die Fähigkeit besitzen muss, Beziehungen mit anderen Staaten aufzunehmen.21 Jedes dieser Kriterien kann im konkreten Fall der Anwendung Schwierigkeiten bereiten. a) Was die Bevölkerung angeht, so stellt sich zunächst die Frage, wer über deren Zusammensetzung entscheidet. Natürlich gibt es fast immer irgendwelche Menschen, die sich in einem Sezessionsgebiet aufhalten. Aber wird die Bevölkerung nur gleichsam als Zubehör des Bodens betrachtet, oder ist es erforderlich, dass die in Betracht kommenden Menschen die neu postulierte staatliche Zuordnung bejahen? Bekanntlich wurde und wird die Abspaltung des Kosovo von Serbien von der weit überwiegenden Anzahl der Bewohner, nämlich den kosovarischen Albanern, getragen, während eine serbische Minderheit, deren Hauptkontingent im Norden an der Grenze zu Serbien lebt, keineswegs mit der Neugründung eines Staates „Kosovo“ einverstanden ist – ein Dissens, der bis zum heutigen Tage andauert. Hier wird man sagen müssen, dass sich ähnliche Brüche bei fast jeder Staatsgründung gezeigt haben. Die Tatsache, dass es protestierende Minderheiten gibt, hindert jedenfalls nicht die Annahme, dass sich ein neues Staatswesen gebildet hat. b) Das Gebiet des Kosovo war durch die jugoslawische Verfassungsgesetzgebung umrissen worden. Diese Grenzen stimmen nicht in idealer Weise mit den ethnischen Gegebenheiten überein, was sich geradezu selbstverständlich aus der Tatsache ergibt, dass ja der Kosovo ein integrierender Bestandteil des früheren Jugoslawien war. Überdies haben früher die jugoslawischen Bundesbehörden und heute die Regierung Ser19
Vom .., LNTS . Vgl. etwa James Crawford, The Creation of States in International Law (Cambridge: Cambridge University Press, . Aufl. ), ; Malcolm N. Shaw, International Law (Cambridge: Cambridge University Press, ), . Auch die Badinter-Kommission ging in ihrem Gutachten Nr. , loc. cit. (Anm. ), Abs. b), von den Festlegungen in der Konvention aus. 21 Art. : „The state as a person of international law should possess the following qualifications: (a) a permanent population; (b) a defined territory; (c) government; and (d) capacity to enter into relations with the other states.“ 20
die vorzeitige anerkennung
biens stets argumentiert, dass der Kosovo uraltes serbisches Siedlungsgebiet sei, was offenbar der historischen Wahrheit entspricht. All dies ändert nichts an der Tatsache, dass die Grenzen des Kosovo gleichsam mathematisch präzise feststehen. Was territorial den Kosovo ausmacht, ist auch nach dem Zerfall der Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien nicht bestritten worden. Streitig war lediglich, ob der Kosovo in seiner Gesamtheit erhalten bleiben solle, auch mit den hauptsächlich von widerstrebenden Serben bewohnten Gebietsteilen. Dass er auch nach den Kampfhandlungen des Jahres als eine Einheit erhalten geblieben ist, lässt sich wohl vor allem auf die Tatsache zurückführen, dass die Badinter-Kommission sich dafür ausgesprochen hat, den Uti-possidetisGrundsatz auch in Europa zur Anwendung zu bringen22 – was keineswegs selbstverständlich war. Trotz des Verlangens der serbischen Bevölkerung nach Grenzrevision muss man feststellen, dass jedenfalls im Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung kein Zweifel an der territorialen Identität des Kosovo bestand. c) Echte Zweifel stellen sich aber im Hinblick auf die Eigenständigkeit der im Kosovo vorhandenen Herrschaftsstrukturen ein. Die jugoslawische Bundesarmee war ja nicht durch die KLA, die Kosovo Liberation Army, aus dem Gebiet vertrieben worden, sondern durch die kontinuierlichen Angriffe der Luftstreitkräfte der NATO im Zeitraum vom . März bis . Juni . Durch die Resolution des Sicherheitsrates wurde der Kosovo – unter formeller Aufrechterhaltung der jugoslawischen Souveränität – unter ein UN-Mandat mit einer „international civil presence“ (UNMIK) und einer „international security presence“ (KFOR) gestellt. Am Anfang gab es keine eigenen kosovarischen Regierungsbehörden. In einem allmählichen Prozess, der sich über viele Jahre hinzog, wurde dann den Bewohnern des Kosovo eine gewisse Autonomie gewährt.23 Im Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung stand das Land immer noch unter der Aufsicht des Sicherheitsrates. Aber ganz offensichtlich haben sich die Vereinten Nationen nicht gegen die
22 Gutachten Nr. , .., ILM (): , § : „. . . it is well established that, whatever the circumstances, the right to self-determination must not involve changes to existing frontiers at the time of independence (uti possidetis juris) except where the States concerned agree otherwise.“: Gutachten Nr. , .., ibid.: , Prinzip Nr. . 23 Vgl. insbesondere das Constitutional Framework for Provisional Self-Government, UNMIK/REG///, . . , mit späteren Änderungen. Aus dem Schrifttum etwa Hans Fabian Kiderlen, Von Triest nach Osttimor. Der völkerrechtliche Rahmen für die
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Unabhängigkeitsbestrebungen gewandt.24 Auch UNMIK legte keine Hindernisse in den Weg.25 Es gibt auch keine Resolution des Sicherheitsrates, welche die Erklärung vom . Februar verurteilen würde.26 So muss man schließen, dass Unabhängigkeit und UN-Aufsicht nicht miteinander unvereinbar sind,27 zumal es in der Unabhängigkeitserklärung ausdrücklich heißt, der Kosovo werde die Sicherheitsrats-Resolution wie auch den Ahtisaari-Plan28 respektieren, deren Durchsetzung mittlerweile im Wesentlichen von der EULEX-Mission der Europäischen Union übernommen worden ist.29 Formal allerdings setzt UNMIK ihre
Verwaltung von Krisengebieten durch die Vereinten Nationen (Berlin et al.: Springer, ), –; Carsten Stahn, The Law and Practice of International Territorial Administration. Versailles to Iraq and Beyond (Cambridge: Cambridge University Press, ), –; Christian Tomuschat, „Yugoslavia’s Damaged Sovereignty over the Province of Kosovo“, in State, Sovereignty and International Governance, hrsg. von Gerard Kreijen (Oxford: Oxford University Press, ), –. 24 Zu Recht weist Christian Schaller, „Die Sezession des Kosovo und der völkerrechtliche Status der internationalen Präsenz“, AVR (): , –, darauf hin, dass es sich bei dem Erstarken der Staatsgewalt um einen gestreckten Vorgang handelt. Ähnlich spricht Andrea Gioia, „Kosovo’s Statehood and the Role of Recognition“, Italian Yearbook of International Law (): , , von einem Staatswesen „in statu nascendi“. 25 Dies wird im Gutachten des IGH vom .., Nr. , ausdrücklich festgehalten. Ein solches Vorgehen war sogleich von dem russischen Delegierten im Sicherheitsrat gefordert worden, vgl. S/PV., .., S. . Gerügt wird die Untätigkeit des Sonderrepräsentanten des Generalsekretärs von Richter Tomka, Sondervotum zum Gutachten, Nr. –. Aus dem Schrifttum vgl. Wolfgang Benedek, „Implications of the Independence of Kosovo for International Law“, in International Law between Universalism and Fragmentation. Festschrift in honour of Gerhard Hafner, hrsg. von Isabelle Buffard et al. (Leiden und Boston: Martinus Nijhoff, ), , . 26 Schon bei der ersten Sitzung des Sicherheitsrates nach der Unabhängigkeitserklärung am .., S/PV., zeigte sich die Uneinigkeit der ständigen Ratsmächte mit den Westmächten auf der einen, Russland und China auf der anderen Seite. Der russische Vertreter formulierte die stärksten Einwände (S. f.). Zu einer weiteren sachlichen Aussprache nach dem gleichen Muster kam es am .., S/PV.. 27 Als Parallele mag man an die Beibehaltung der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten bei der Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Vereinten Nationen denken, vgl. Beyerlin und Strasser, aaO (Fn. ), . 28 Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement, UN-Dok. S/// Add., ..; dazu Peter Hilpold, „Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht“, ZaöRV (): , –; Stefan Oeter, „The Dismemberment of Yugoslavia: An Update on Bosnia and Herzegovina, Kosovo and Montenegro“, German Yearbook of International Law (): , –. 29 Freilich erwähnt die kosovarische Verfassung vom .. die UN-Charta und die Resolution des Sicherheitsrates nicht. Zu der komplexen Rechtslage vgl. Robert Muharremi, „The European Union Rule of Law Mission in Kosovo (EULEX) from the Perspective of Kosovo Constitutional Law“, ZaöRV (): , –; Erika de
die vorzeitige anerkennung
Tätigkeit weiterhin fort.30 So gliedert sich die EULEX-Mission rechtstechnisch gesehen in den Rahmen der Resolution ein. Noch ein zweiter Punkt ist zu bedenken. Aus eigener Kraft hätte sich der neu proklamierte Staat aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gegen Streitkräfte Serbiens behaupten können, wären diese eingesetzt worden, um die Sezession niederzuschlagen. Serbien war an einem solchen Versuch gehindert, weil eben die von der NATO geführte KFOR-Truppe im Kosovo stationiert war. Kann man unter diesen Umständen von einer echten Konsolidierung kosovarischer Herrschaftsgewalt sprechen? Am . Februar war der Kosovo noch ein Zögling der Vereinten Nationen. Er konnte noch nicht vollständig auf eigenen Beinen stehen.31 So ließe sich in der Tat der Schluss ziehen, dass die kurz darauf erfolgten Anerkennungserklärungen32 voreilig waren und einer Verletzung der serbischen Souveränität gleichkamen,33 die ja in der Resolution ausdrücklich vorbehalten worden war.34 d) Dass der Kosovo an sich fähig ist, am internationalen Verkehr teilzunehmen, zeigt seine Mitgliedschaft sowohl im Internationalen Währungsfonds wie auch in der Weltbank.35 Dort gibt es kein Vetorecht Wet, „The Governance of Kosovo: Security Council Resolution and the Establishment and Functioning of EULEX“, AJIL (): –. 30 Vgl. etwa aus jüngster Zeit: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, S//, ... 31 So die sehr negative Einschätzung durch Alexander Orakhelashvili, „Statehood, Recognition and the UN System: A Unilateral Declaration of Independence in Kosovo“, Max Planck Yearbook of UN Law ():, ; Colin Warbrick, „Kosovo: The Declaration of Independence“, ICLQ (): , ; ähnlich Pavel Sturma, „The Case of Kosovo and International Law“, Polish Yearbook of International Law (): , ; andere Beurteilung durch Benedek, loc. cit. (Anm. ), . 32 Die erste Anerkennung wurde von Costa Rica noch am selben Tage ausgesprochen. Am . Februar folgten die Sicherheitsratsmächte Frankreich, USA und Vereinigtes Königreich. Die deutsche Anerkennung stammt vom . Februar . 33 So in der Tat Antonella Tancredi, „Neither Authorized nor Prohibited? Secession and International Law after Kosovo, South Ossetia and Abkhazia“, Italian Yearbook of International Law (): , . 34 Von vornherein abwegig war die von Corten, loc. cit. (Anm. ), –, und Orakhelashvili, loc. cit. (Anm. ), f., angestellte Erwägung, die Anerkennung könnte als Verstoß gegen jus cogens gemäß Art. () der ILC Articles on Responsibility of States for internationally wrongful acts, Anhang zu GV-Resolution /, .., gewertet werden. 35 Aufnahme in den IMF am .., http://www.imf.org/external/country/UVK/ index.htm; Aufnahme in die Weltbank am selben Tage, http://web.worldbank.org/ WBSITE/EXTERNAL/EXTABOUTUS/,,contentMDK:~menuPK:~ pagePK:~piPK:~theSitePK:,.html.
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der Mächte mit ständigem Sitz im Sicherheitsrat, vielmehr regelt sich das Stimmgewicht nach den gehaltenen Kapitalanteilen. Insofern besitzt dort der Westen nach wie vor ein Übergewicht. . Die Besonderheiten der Anerkennung des Kosovo Aber der Fall Kosovo zeichnet sich eben durch Besonderheiten aus, die ihn von allen anderen Fällen der Vergangenheit abheben. Die Unabhängigkeit des Kosovo wird von einer sehr umfangreichen Gruppe von Staaten unterstützt. Bis heute haben nicht weniger als Staaten die Entwicklung anerkannt,36 die mit der Erklärung vom . Februar rechtlich ihre letzte Etappe erreicht hat. Offensichtlich verhält sich die Mehrheit der Regierungen noch abwartend und zögernd. Viele fürchten, dass die Sezession des Kosovo sich zu einem Präzedenzfall auswachsen könnte, der auch ihre Unabhängigkeit bedroht. Es ist allgemein bekannt, dass die meisten afrikanischen Staaten eine bunt gemischte Bevölkerung haben, die sich aus sehr unterschiedlichen Ethnien zusammensetzt.37 In der Tat lassen sich solche Befürchtungen nicht einfach beiseite schieben. Auch die internationale Gemeinschaft kann kein Interesse daran haben, dass die aus der Dekolonisation entstandenen afrikanischen Staaten in ihre ethnischen Bestandteile zerfallen und dann Mini-Staatswesen entstehen, die keine tragfähigen wirtschaftlichen Grundlagen haben. Geht man aber mit Nüchternheit an eine Analyse heran, muss man feststellen, dass die Sorgen vor einem um sich greifenden Bazillus doch eher übertrieben erscheinen. Die Anerkennung der Staatlichkeit des Kosovo lässt sich nicht auf den Satz bringen, dass jede sich durch typische Eigenheiten auszeichnende ethnische Gruppe ein Sezessionsrecht besitze. Vielmehr wurde die Unabhängigkeit des Kosovo als Endpunkt einer Entwicklung gesehen, in deren Verlauf die jugoslawisch-serbische Staatsführung durch eine menschenrechtswidrige Unterdrückungspolitik38 ihr Herrschaftsrecht verwirkt 36 Als bisher letzter Staat hat die Zentralafrikanische Republik am .. die Anerkennung ausgesprochen. 37 In der Tat haben bisher nur elf afrikanische Staaten den Kosovo anerkannt: Senegal, Burkina Faso, Sierra Leone, Gambia, Komoren, Malawi, Mauretanien, Swasiland, Djibouti, Somalia und Zentralafrikanische Republik. 38 Vgl. dazu das Sondervotum von Richter Cançado Trindade zum Gutachten des IGH vom .., Nr. –, sowie aus dem Schrifttum Juliane Kokott, „Human Rights Situation in Kosovo –“, in Kosovo and the International Community. A Legal Assessment, hrsg. von Christian Tomuschat (The Hague et al.: Martinus Nijhoff, ), –. Ein verzerrtes Bild der Vorgeschichte gibt Orakhelashvili, loc. cit. (Anm. ), .
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hatte.39 Durch diese Politik, so die Meinung der anerkennenden Staaten, war eine Entfremdung eingetreten, die nicht wieder gutgemacht werden konnte. Auch die Tatsache, dass sich Serbien in der Folgezeit kompromissbereiter gezeigt hatte, vermochte diesen Bruch nicht wieder zu kitten.40 Würde der Kosovo mit Zwang wieder zurück in den serbischen Staatsverband getrieben, so wären endlose Streitigkeiten die Folge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Gefährdung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit führen würden. Die Anerkennung des Kosovo bildet also in der Tat einen Sonderfall, der sich nicht mit Schablonen allgemeiner Art messen lässt.41 Auf Grund dieser besonderen Sachverhaltskonstellation lässt sich die Weigerung der meisten afrikanischen Staaten, den Kosovo als selbständiges Staatswesen anzuerkennen, auch nicht der Distanzierung von der weißen Minderheitsregierung Ian Smith in Südrhodesien/Simbabwe oder der Ignorierung der Bantustans in Südafrika durch die internationale Gemeinschaft an die Seite stellen. Diese Herrschaftsgebilde waren dazu bestimmt, die Kontrolle einer weißen Minderheit über eine schwarze Mehrheit zu sichern, und widersprachen damit den Grundzielen der Vereinten Nationen, rassische Diskriminierung überall auf der Welt zu beseitigen. Keine Spur solcher Verwerflichkeit findet sich im kosovarischen Sezessionsvorgang. Letzten Endes hat ja die Etablierung eines eigenständigen Staates der albanischen Kosovaren kein anderes Ziel, als Gleichheit und Nichtdiskriminierung einer bisher unterdrückten Volksgruppe zu sichern. Lediglich die Furcht vor dem Präzedenzfall der Sezession bildet den Grund für die Nichtanerkennung.42
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Vgl. auch Saxer, op. cit. (Anm. ), . Zutreffend insoweit Bernhard Knoll, „Kosovo’s Endgame and its Wider Implications in Public International Law“, Finnish Yearbook of International Law (): , ; anderer Auffassung Schaller, loc. cit. (Anm. ), f.; Gary Wilson, „SelfDetermination, Recognition and the Problem of Kosovo“, NILR (): , f. 41 So schon bei der Debatte im Sicherheitsrat am .. die USA, S/PV., : „clearly a special case“; Frankreich, ibid., : „a unique situation“. Im Schrifttum ebenso Benedek, loc. cit. (Anm. ), : „a rather unique case“; Philippe Weckel, Plaidoyer pour le processus d’ indépendance du Kosovo – Réponse à Olivier Corten, RGDIP (), , : „singularité“. 42 Von Malis Präsident Amadou Toumani Touré wurde im März in der Presse folgende Äußerung berichtet: „International norms must be respected, because their abuse and the violation of territorial integrity could threaten a series of countries with a similar problem“, vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/International_recognition_of_Kosovo. 40
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Es ist die besondere Motivationslage der anerkennenden Staaten, welche das herausstechende Merkmal des Sezessionsprozesses im Falle Kosovo bildet. Mit der Anerkennung von Panama verfolgten die USA einhundert Jahre zuvor eigennützige Ziele. Sie wollten sich vorbei an der kolumbianischen Regierung territoriale Rechte in der Zone des im Bau befindlichen interozeanischen Kanals sichern. Im vorliegenden Falle sind keine solchen imperialistischen Zwecke zu erkennen. Ganz gewiss wird man dies nicht im Falle von Costa Rica als dem ersten der anerkennenden Staaten sagen können. Die Anerkennungen sind im Grunde eine konsequente Folge der vom UN-Sicherheitsrat begonnenen Politik, den Kosovo als eine separate Einheit zu behandeln, die von Serbien nicht beherrscht werden sollte. Erkennbar war die Resolution von dem Bestreben getragen worden, in der Balkanregion den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Damit war der entscheidende Akzent gesetzt worden. Auch die anerkennenden Staaten waren der Auffassung, dass das Verhältnis zwischen Serben und KosovoAlbanern unheilbar zerrüttet sei. Sie handelten in der Absicht, einem schwelenden ethnischen Konflikt, der mit zahlreichen Menschenrechtsverletzungen einhergegangen war, auch formell ein konstruktives Ende zu bereiten und damit einen Beitrag zur Erhaltung des Weltfriedens zu leisten.43 Es zeigt sich also, dass sich die Frage der vorzeitigen Anerkennung nicht völlig ablösen lässt von der anderen Frage, ob die „remedial secession“ als rechtliches Konzept existiert.44 Wo eine ethnische Gruppe wegen der massiven Diskriminierung, die sie erlitten hat, für sich ein Sezessionsrecht beanspruchen kann, darf dritten Staaten gewiss nicht verweigert werden, diesen rechtlichen Zustand anzuerkennen und entsprechende Folgerungen zu ziehen. Auch Kritiker der „remedial secession“ müssen jedenfalls im vorliegenden Falle eingestehen, dass der Weg des Kosovo in die Selbständigkeit durch die internationale Gemeinschaft auf Grund der Resolution vorgezeichnet war. Es sind also nicht die dritten Staaten, die den Spaltpilz erzeugt und ihn befördert haben, sondern sie haben lediglich konsequent fortgeführt, was der Sicherheitsrat 43 Vgl. die Stellungnahme von Costa Rica im Sicherheitsrat am .., S/PV., S. : „We know that this is not a sordid struggle for power, for strategic position, or for access to precious resources.“ 44 Generell befürwortend Christian Tomuschat, „Secession and self-determination“, in: Secession. International Law Perspectives, hrsg. von Marcelo G. Kohen (Cambridge: Cambridge University Press, ), –; ablehnend speziell im Hinblick auf den Kosovo Corten, loc. cit. (Anm. ), –, und Hilpold, loc. cit. (Anm. ), .
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schon vorgegeben hatte. Zwar sollte der Verhandlungsprozess ergebnisoffen geführt werden. Aber offensichtlich waren die Streitparteien nicht in der Lage, sich auf ein für beide Seiten zufrieden stellendes Ergebnis zu einigen.45 Letzten Endes sieht man sich im Falle Kosovo einer abermaligen Illustration des neuen Denkens im Völkerrecht gegenüber. Der Staat ist aus seiner zentralen Position verdrängt worden. Er stellt kein Heiligtum mehr dar, vielmehr wird er als ein funktionales Gebilde verstanden, dem bestimmte Aufgaben aufgetragen sind. What matters is people, not States.46 Diesen Satz darf man nicht zum Exzess treiben. Aber er zeigt doch eine Richtungsentscheidung an. Wenn Staaten ihrem Grundauftrag nicht nachkommen, ja ihn sogar missbrauchen, für das Wohlergehen der Bürger ihres Landes zu sorgen, müssen sie mit bestimmten Konsequenzen rechnen.47 Die Sezession ist offensichtlich eine der härtesten denkbaren Sanktionen. Ganz gewiss gehört es nicht zu den selbstverständlichen Kompetenzen des Sicherheitsrates, im Falle einer Friedensgefährdung auf Grund seiner Machtbefugnisse nach Kapitel VII der UN-Charta die Teilung und Aufstückelung eines Staates anzuordnen.48 Hier aber haben sich drei Kräfte zu einer Aktionseinheit verbunden, die gemeinhin getrennt voneinander betrachtet werden. Das auslösende Moment war der Widerstand der Kosovo-Albaner gegen die serbische Unterdrückungspolitik. Unterstützung erfuhr diese Bewegung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der den Kosovo in seiner Gesamtheit unter die Aufsicht der internationalen Gemeinschaft stellte.49 Schließlich wurde die Unabhängigkeitserklärung vom . Februar in schneller Folge von zahlreichen Staaten anerkannt, die 45 Über den Verhandlungsprozess vgl. das Rechtsgutachten des IGH vom .., Nr. –; aus dem Schrifttum ferner Benedek, loc. cit. (Anm. ), –; Emmanuel Decaux, „La Conférence de Rambouillet: Négociation de la dernière chance ou contrainte illicite?“, in Kosovo and the International Community. A Legal Assessment (The Hague et al.: Martinus Nijhoff, ), –. 46 In dieser Hinsicht stimmen wir mit dem Sondervotum von Richter Cançado Trindade zum Gutachten des IGH vom .. überein: vgl. insbes. Nr. , , . 47 Zutreffend Benedek, loc. cit. (Anm. ), –. 48 Vgl. Christian Tomuschat, „Peace Enforcement and Law Enforcement – Two Separate Chapters of International Law?“, in Studi di diritto internazionale in onore di Gaetano Arangio-Ruiz, Vol. III (Napoli: Editoriale Scientifica, ), , . 49 Ganz offensichtlich aber ist damit die Gefahr heraufbeschworen worden, dass künftig jede Interimsverwaltung des Teilgebiets eines Staates als eine Vorstufe zur späteren Loslösung aus dem nationalen Staatsverband betrachtet wird. So wird es dem Sicherheitsrat schwer fallen, unter ähnlichen Umständen die Zustimmung der zuständigen Regierung für eine solche Maßnahme zu erlangen.
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heute weit mehr als ein Drittel der Mitgliedstaaten der Weltorganisation ausmachen. Eine solche massive Unterstützung zeigt an, dass auch von einer unangefochtenen de-jure-Herrschaft der Belgrader Regierung im Kosovo trotz der formalen Zusicherungen im Text der Resolution nicht mehr die Rede sein konnte. IV. Ergebnis Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo sich nicht mit den üblichen bilateralen Maßstäben des Völkerrechts messen lässt. Die anerkennenden Staaten sahen und sehen sich als Agenten der internationalen Gemeinschaft, die innerhalb eines breiten, wenn auch nicht weltumspannenden Konsenses das Ziel verfolgten, zur Festigung des Friedens und der Menschenrechte in einem Gebiet beizutragen, das ein ganzes Jahrzehnt unter einer systematischen und schweren Diskriminierungspolitik gelitten hatte. Es wäre geradezu leichtfertig gewesen, den traditionellen Standpunkt zu beziehen, dass eben der bewaffnete Konflikt bis zum bitteren Ende ausgefochten werden müsse, ehe Drittstaaten ein abschließendes Urteil abgeben dürften.50 Es ist richtig, dass die meisten Staaten gegenüber einem mächtigen Staat ein sehr viel höheres Maß an Vorsicht an den Tag gelegt hätten. Keine Regierung hat bisher daran gedacht, Tschetschenien im Hinblick auf die dortigen Aufstandsbewegungen als unabhängigen Staat anzuerkennen. Auf der anderen Seite ist es Russland gelungen, Südossetien und Abchasien faktisch aus dem georgischen Staatsgebiet herauszulösen, ohne freilich dafür breite internationale Unterstützung zu erlangen.51 Unleugbar sind Fragen der Anerkennung auch Machtfragen. Im Falle Kosovo zeigt sich indes bei einer Durchsicht der Staaten, dass hier nicht Machtinteressen im Vordergrund standen, sondern dass in der Tat die Grundwerte der internationalen Gemeinschaft, die von Serbien mit Füßen getreten worden waren, den Ausschlag gegeben haben. Demgemäß wäre es verfehlt, die Anerkennungserklärungen der Staaten – oder auch nur der ersten dieser Staaten – an den Kriterien zu messen, die sich für die eigennützige Anerkennung herausgebildet haben. Jeden-
50 Die rechtliche Zulässigkeit der Anerkennung wird auch bejaht von Eisemann, loc. cit. (Anm. ), . 51 Bisher haben lediglich Nauru, Nicaragua und Venezuela eine Anerkennung ausgesprochen.
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falls ist der Kosovo mittlerweile ein Staat,52 auch wenn ihm bis auf weiteres die Aufnahme in die Vereinten Nationen versagt bleiben mag. Sein bedrohlichster Gegner ist die wirtschaftliche Lage des Landes. Es könnte sein, dass die hohe Arbeitslosigkeit53 die Mehrheit der Bevölkerung in nicht allzu ferner Zukunft dazu zwingt, sich wieder dem ungeliebten Mutterland Serbien zuzuwenden, wenn sich dafür eine rechtlich gefestigte Gestalt gewinnen ließe.54 Dies käme einer politischen Ohrfeige für die anerkennenden Staaten gleich, die deswegen wohl alles tun werden, um dem Land eine aussichtsreiche Zukunftsperspektive zu geben. Literatur Benedek, Wolfgang, ‚Implications of the Independence of Kosovo for International Law‘, in: International Law between Universalism and Fragmentation. Festschrift in honour of Gerhard Hafner, ed. Isabelle Buffard et al. (Leiden and Boston: Martinus Nijhoff, ), –. Calic, Marie-Janine, Geschichte Jugoslawiens im . Jahrhundert (München: Beck, ). Cavanagh Hodge, Carl, ‚Botching the Balkans: Germany’s Recognition of Slovenia and Croatia‘, Ethics and International Affairs (), –. Corten, Olivier, ‚Déclarations unilatérales d’ indépendance et reconnaisssances prématurées: du Kosovo à l’ Ossétie du sud et à l’ Abkhazie‘, RGDIP (), –. Crawford, James, The Creation of States in International Law (Cambridge: Cambridge University Press, nd ed. ). Dugard, John/Raiˇc, David, ‚The role of recognition in the law and practice of secession‘, in: Kohen, Secession, –. Eisemann, Pierre Michel, ‚L’indépendance du Kosovo. Le point de vue du juriste‘, in: Droit international et relations internationales. Divergences et convergences, Société française pour le droit international (ed.), (Paris: Pedone, ), – .
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Wenig überzeugend die These von Warbrick, loc. cit. (Anm. ), : „. . . the Republic of Kosovo is not yet a State“. 53 In einem Bericht über die ökonomische Lage aus jüngster Zeit spricht UNDP, http://www.ks.undp.org/?cid=,, von fast Arbeitslosigkeit. Offensichtlich sind die Angaben der amerikanischen CIA geschönt, wenn dort ein Prozentsatz von lediglich , genannt wird, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ kv.html. 54 Denkbar wäre z. B. eine Föderation Serbien-Kosovo auf der Basis der Gleichberechtigung, wie dies bereits im Jahre befürwortet worden war von Andreas Zimmermann und Carsten Stahn, „Yugoslav Territory, United Nations Trusteeship or Sovereign State? Reflections on the Current and Future Legal Status of Kosovo“, Nordic Journal of International Law (): , .
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Gioia, Andrea, ‚Kosovo’s Statehood and the Role of Recognition‘, Italian Yearbook of International Law (), –. Hehi, Aidan (ed.), Kosovo, intervention and statebuilding: the international community and the transition to independence (London: Routledge, ). Hilpold, Peter, ‚Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan‘, AVR (), –. Hilpold, Peter, ‚Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht‘, ZaöRV (), –. Knoll, Bernhard, ‚Kosovo’s Endgame and its Wider Implications in Public International Law‘, Finnish Yearbook of International Law (), –. Kohen, Marcelo G., Secession. International Law Perspectives (Cambridge: Cambridge University Press, ). Kokott, Juliane, ‚Human Rights Situation in Kosovo –‘, in: Tomuschat, Kosovo and the International Community, –. Muharremi, Robert, ‚The European Union Rule of Law Mission in Kosovo (EULEX) from the Perspective of Kosovo Constitutional Law‘, ZaöRV (), –. Oeter, Stefan, ‚The Dismemberment of Yugoslavia: An Update on Bosnia and Herzegovina, Kosovo and Montenegro‘, German Yearbook of International Law (), –. Orakhelashvili, Alexander, ‚Statehood, Recognition and the UN System: A Unilateral Declaration of Independence in Kosovo‘, Max Planck Yearbook of UN Law (), –. Rich, Roland, ‚Recognition of States: The Collapse of Yugoslavia and the Soviet Union‘, EJIL (), –. Schaller, Christian, ‚Die Sezession des Kosovo und der völkerrechtliche Status der internationalen Präsenz‘, AVR (), –. Sevastik, Per, ‚Secession, Self-determination of ‚Peoples‘ and recognition: the Case of Kosovo’s Independence and International Law‘, in: Law at War: the Law as it was and the Law as it should be: Liber amicorum Ove Bring, Engdahl, Ola, and Wrange, Pal, eds. (Leiden et al.: Nijhoff, ), – . Sturma, Pavel, ‚The Case of Kosovo and International Law‘, Polish Yearbook of International Law (), –. Tancredi, Antonella, ‚Neither Authorized nor Prohibited? Secession and International Law after Kosovo, South Ossetia and Abkhazia‘, Italian Yearbook of International Law (), –. Tomuschat, Christian (ed.), Kosovo and the International Community. A Legal Assessment (The Hague et al.: Kluwer Law International, ). Tomuschat, Christian, ‚Yugoslavia’s Damaged Sovereignty over the Province of Kosovo‘, in: Kreijen, Gerard (ed.), State, Sovereignty, and International Governance (Oxford: Oxford University Press, ), –. Türk, Danilo, ‚Recognition of States: A Comment‘, EJIL (), –. Warbrick, Colin, ‚Kosovo: The Declaration of Independence‘, ICLQ (), –. Weckel, Philippe, ‚Plaidoyer pour le processus d’ indépendance du Kosovo – Réponse à Olivier Corten‘, RGDIP (), –.
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DIE SEZESSION IM VÖLKERRECHT – ERFORDERT DAS KOSOVO-GUTACHTEN DES IGH EINE NEUBEWERTUNG DIESES INSTITUTS?
Peter Hilpold . Einführung Von allen Fragen, die das Gutachtensverfahren zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo aufgeworfen hat, ist jenes über Inhalt und Reichweite des Selbstbestimmungsrechts bzw. eines Rechts auf Sezession mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Scheinen auch weder der Begriff „Selbstbestimmungsrecht“ noch „Sezession“ in der Res. der UNGA Nr. / v. . Oktober auf, so ergibt sich doch unmittelbar aus Sinn und Zweck dieser Resolution, dass sie darauf ausgerichtet ist, die Vorgänge im kosovarischen Parlament vom . Februar am Maßstab des Selbstbestimmungsrechts der Völker zu messen und damit gleichzeitig den Entwicklungsstand dieses Instituts an sich zu definieren. Damit ist gleichzeitig die potentielle Sprengkraft dieses Verfahrens nach zwei Richtungen umrissen, die den IGH dazu veranlassen musste, ein Maximum an Vorsicht bei der Entscheidungsfindung walten zu lassen: Zum einen war es das Sachproblem vor Ort, das äußerst behutsam angegangen werden musste, ist doch der Kosovo seit jeher ein Pulverfass, weshalb sowohl die Verneinung als auch die Bejahung eines Selbstbestimmungsrechts für die eine oder die andere Gruppe weitreichendste Konsequenzen haben musste. Zum anderen musste jede inhaltliche Aussage zum Selbstbestimmungsrecht sofort die Gefahr der Verallgemeinerung und der Übertragung auf andere Sachverhalte heraufbeschwören und damit potentiell an den Grundfesten der Völkerrechtsordnung, wie sie mit dem Westfälischen Frieden von geschaffen worden sind, rütteln. Dieser zuletzt genannten Gefahr versuchte man mit der Qualifizierung der Situation als „sui generis“ von Anbeginn entgegen zu wirken, doch sind die Grenzen dieser Bemühungen klar gesteckt: Jeder völkerrechtliche Tatbestand, ja jede Rechtstatsache, ist zu einem gewissen Maße „sui generis“, was aber regelmäßig dennoch nicht
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ihre Einbeziehung in größere Zusammenhänge und eine völkergewohnheitsrechtliche Theoriebildung verhindern. Die Haltung zur Kosovo-Frage auf der einen Seite und jene zum Selbstbestimmungsrecht der Völker auf der anderen stellten zwei Eckpunkte dar, die dazu führten, dass sich viele Staaten mit einem Interessenskonflikt konfrontiert sahen, der sich dann auch in den betreffenden Stellungnahmen im Verfahren widerspiegelte. Nun ist bekannt, dass das Gutachten selbst keine revolutionär neuen Akzente in der Selbstbestimmungsdiskussion gesetzt hat. Das gesamte Verfahren aber hat eine Diskussion in Gang gebracht, die bei jeder weiteren Auseinandersetzung mit der Selbstbestimmungsfrage einen wichtigen Referenzpunkt darstellen wird. Für eine Beurteilung der Bedeutung des Kosovo-Gutachtens in diesem Zusammenhang ist aber zuerst eine Analyse der Entwicklung des Instituts der Selbstbestimmung im . Jahrhundert vorzunehmen.1 . Selbstbestimmung und Sezession – Versuch einer begrifflichen Annäherung Jede Diskussion zu Selbstbestimmung und Sezession – und dies gilt auch für jene bezogen auf den Kosovo – wird einmal durch eine weit reichende begriffliche und konzeptionelle Unbestimmtheit erschwert. In der Lehre versucht man, diese durch verschiedene Kategorisierungen zu überwinden.2 So wurde von externem („äußerem“) und internem
1 Vgl. dazu auch zahlreiche Analysen dieses Autors, z. B. P. Hilpold, Der OsttimorFall – Eine Standortbestimmung zum Selbstbestimmungsrecht der Völker, ; ders., Sezession und humanitäre Intervention – völkerrechtliche Instrumente zur Bewältigung innerstaatlicher Konflikte?, in: Zeitschrift für Öffentliches Recht, /, S. –; ders., Self-Determination in the th Century – Modern Perspectives for an Old Concept, in: Israel Yearbook of Human Rights, , S. –; ders., The Right of SelfDetermination: Approaching an Elusive Concept through a Historic Iconography, in: Austrian Review of International and European Law (), S. –; ders., Die Sezession – zum Versuch der Verrechtlichung eines faktischen Phänomens, in: Zeitschrift für Öffentliches Recht , S. –; ders. (Hrsg.), Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, . Die Darstellung des Entwicklungsprozesses des Selbstbestimmungsrechts der Völker bis hin zum Gutachtensverfahren in Bezug auf den Kosovo vor dem IGH entspricht weitgehend der Darstellung in Zeitschrift für Öffentliches Recht des Jahres (S. ff.). 2 Unter den maßgeblichen monographischen Untersuchungen und Sammelschriften zum Selbstbstimmungsrecht der Völker vgl. M. Pomerance, Self-Determination in Law and Practice – The New Doctrine in the United Nations, ; Ch. Tomuschat (Hrsg.),
die sezession im völkerrecht
(„innerem“)3, von offensivem und defensivem,4 demokratischem, nationalem, sozialistischem und kolonialem Selbstbestimmungsrecht5 gesprochen. Diese Klassifizierungen werden im akademischen Bereich freilich nicht immer einheitlich verwendet; auf der praktisch-politischen Ebene kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass diese Unterscheidungen weitgehend unbekannt sind. Der Begriff der Selbstbestimmung im Völkerrecht wird überwiegend im Sinne externer Selbstbestimmung verstanden, d. h. einmal als Schutz der äußeren Souveränität, zum anderen mit einem (in der Sache freilich zweifelhaften) Recht auf Abtrennung, auf Sezession, gleichgesetzt. Die resultierende Begriffsverwirrung ist aber nicht allein Ausdruck eines Kommunikationsproblems zwischen Theorie und Praxis, sondern z. T. auch bewusst herbeigeführt auf der Ebene der Normschöpfung durch die Staaten und im Rahmen internationaler Organisationen: In zahlreichen Dokumenten der Vereinten Nationen, aber auch auf regionaler Ebene, wird auf das Selbstbestimmungsrecht Bezug genommen, wobei man den Eindruck gewinnen muss, dass Graubereiche und Doppeldeutigkeiten bewusst geschaffen werden, dass damit gespielt wird, um unterschiedlichsten Interessen, die an und für sich gegensätzlicher Natur sind, gleichzeitig gerecht zu werden. Dass die in internationalen Dokumenten zu dieser Thematik verwendeten Begriffe zu Auslegungsschwierigkeiten bis hin zu schwerwiegendsten Kontroversen führen, ist mittlerweile allgemein bekannt – auf der politischen Ebene gleichermaßen wie auf der akademischen. Dennoch sind kaum ernsthafte Bemühungen zu erkennen, in überzeugender Form eine Begriffspräzisierung vorzunehmen. Es steht zu vermuten, dass dahinter weniger Unvermögen als Absicht steckt.6 In seiner
Modern Law of Self-Determination, ; C. Brölmann/R. Lefeber/M. Zieck (Hrsg.), Peoples and Minorities in International Law, ; A. Cassese, Self-determination of peoples: a legal reappraisal, . 3 Diese Unterscheidung geht auf W. Wengler, Le droit à la libre disposition des peuples comme principe de droit international, in: Revue hellenique de droit international , S. ff. zurück. Vgl. auch A.V. Lombardi, Bürgerkrieg und Völkerrecht, . 4 Siehe zu dieser Unterscheidung D. Murswiek, Offensives und defensives Selbstbestimmungsrecht – Zum Subjekt des Selbstbestimmungsrechts der Völker, in: Der Staat , S. –. 5 Vgl. auch D. Thürer, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker – Ein Überblick, in: Archiv des Völkerrechts , S. –. 6 Vgl. P. Hilpold, The right of Self-Determination: Approaching an Elusive Concept through a Historic Iconography, in: Austrian Review of International and European Law (), S. –.
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Deutungsoffenheit ist der Selbstbestimmungsbegriff ein überwiegend positiv besetzter. Konferenzen, die sich seiner in Abschlussdokumenten bedienen, vermitteln den Eindruck, zukunftsorientierte, im Kern außer Streit stehende Ansätze aufzugreifen, strikt am UN-Recht orientiert zu sein und sich in den Bahnen des zwingenden Völkerrechts zu bewegen. Alle weiteren Inhalte der betreffenden Dokumente werden damit überstrahlt von der Aura des Selbstbestimmungsrechts und von der geradezu als zwangsnotwendig erscheinenden Umsetzung dieses Konzepts – womit auch die Hoffnung verbunden sein kann, die Erfolgschancen des betreffenden Vorhabens insgesamt zu befördern. Das die Definition des Selbstbestimmungsrechts kennzeichnende Dilemma wird damit verfestigt und in die Zukunft fortgetragen: Auf der einen Seite kann – angesichts kontinuierlicher Bestätigung – der (zwingende) Rechtscharakter des Selbstbestimmungsrechts immer weniger in Zweifel gezogen werden, andererseits wird seine Deutung immer diffuser. Gleichzeitig kann aber auch nicht übersehen werden, dass die Staatenpraxis doch wesentliche Klärungsbeiträge erbracht hat, die trotz des Fortbestehens eines breiten Meinungsspektrums auch von der Lehre zur Kenntnis genommen werden. Auf dieser Grundlage kann festgehalten werden, dass in der Völkerrechtspraxis ein restriktives Verständnis des Selbstbestimmungsanspruchs vorherrscht. Dabei gilt die primäre Aufmerksamkeit dem externen Selbstbestimmungsanspruch, wobei darunter in erster Linie der Schutz der staatlichen Souveränität verstanden wird. Ein Recht auf Sezession wird allgemein abgelehnt. Die interne Selbstbestimmung wird – zumindest unter dieser Bezeichnung – in erster Linie auf wissenschaftlicher Ebene thematisiert, kaum hingegen von der Praxis. Auf akademischem Boden scheint überhaupt ein breiteres Verständnis des Selbstbestimmungskonzepts zu überwiegen, das aber auf der praktischen Ebene kaum bzw. nur selektiv wahrgenommen wird. . Einzelne Ausprägungen des Selbstbestimmungskonzepts .. Das „koloniale“ Selbstbestimmungsrecht Im Rahmen der „äußeren“ Selbstbestimmung findet neben dem Schutz der staatlichen Souveränität, die freilich der Anlehnung an das Selbstbestimmungsrecht nicht zwingend bedurft hätte, das „koloniale“ Selbstbestimmungsrecht breiteste Anerkennung. Dieser Anspruch kann zwar
die sezession im völkerrecht
im weiteren Sinne auf die Satzung der Vereinten Nationen rückgeführt werden. Eine unmittelbare Konkretisierung hat er aber durch die Resolution vom .. (Declaration on Granting Independence to Colonial Countries and Peoples) sowie durch die Resolution vom darauf folgenden Tag („Principles which should guide Members in determining whether or not an obligation exists to transmit the information called for in Article [e] of the Charter of United Nations“) gefunden. Mit der damit verbundenen Delegitimierung des Kolonialismus, die in den folgenden Jahren noch eine kontinuierliche Verstärkung erfahren hat, war die Qualifizierung des kolonialen Selbstbestimmungsanspruchs als zwingendes Recht geradezu spiegelbildlich verbunden. Allzu eilfertig wurde diese Eigenschaft aber auf den Selbstbestimmungsgedanken insgesamt übertragen, vielfach sogar für ethnische Gruppierungen die Existenz eines solchen Anspruchs behauptet.7 Angesichts der ungewissen Konturen des Selbstbestimmungsrechts außerhalb des kolonialen Kontextes musste ein solcher Ansatz aber zwangsnotwendig zum Scheitern verurteilt sein. Die Realitätsferne dieser Position hat umgekehrt dazu beigetragen, die bestehenden Zweifel und Unklarheiten in Bezug auf das Selbstbestimmungskonzept als ganzes weiter zu verstärken. .. In wie weit ist die koloniale Selbstbestimmung verallgemeinerungsfähig? Die vielfach in der Literatur vorzufindende Feststellung, nach dem (weitgehenden) Ende des Selbstbestimmungsprozesses im kolonialen Bereich müsse das Selbstbestimmungsrecht auch außerhalb davon als allgemeines Sezessionsrecht zur Anwendung kommen, überzeugt, wenn überhaupt, nur auf den ersten Blick. In erster Linie ist völkerrechtlichen Konzepten und Begriffen kein Eigenwert in dem Sinne zuzuschreiben, dass nach Erfüllung ihres ursprünglichen Zweckes nach neuen Aufgabenbereichen für diese gesucht werden müsste. Auch die Qualifizierung als „zwingendes Recht“ sollte, ganz abgesehen von der weitgehenden Unbestimmtheit dieses Begriffs
7 Eine derartige Auslegung des Selbstbestimmungskonzepts war insbesondere im deutsch-österreichischen Raum vorzufinden. Vgl. dazu P. Hilpold, Neue Perspektiven der Selbstbestimmung? Möglichkeiten und Grenzen der völkerrechtlichen Verselbständigung von Territorien in Europa, in: P. Hilpold et al. (Hrsg.), Rechtsvergleichung an der Sprachgrenze, (), S. –.
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und von der Frage, wem die Abgabe einer solchen Qualifizierung mit Verbindlichkeitsanspruch überhaupt zusteht, nicht zu einer Verabsolutierung der Selbstbestimmung führen. Das Selbstbestimmungskonzept hat – wie jeder andere völkerrechtliche Begriff auch – nur funktionalen Wert. Es handelt sich um keinen Anspruch, der dem Konsens der Staaten, der rechtsquellensystematisch natürlich in breitester Form seinen Ausdruck finden kann, vorgeordnet werden dürfte. Zudem ist festzuhalten, dass die Einstufung der kolonialen Selbstbestimmung als „Sezession“ ganz partikulärer Art war. Wenn Kolonien an die Kolonialmacht auch eng angebunden wurden – in wirtschaftlicher, politischer und militärischer Hinsicht – so war eine Gleichstellung dieser Territorien hingegen grundsätzlich nicht intendiert, sondern der Kolonialismus fand seine eigentliche Wurzel gerade in der gegenteiligen Intention, nämlich in Ausbeutung und Diskriminierung. Die von einzelnen Kolonialstaaten vorgenommene formelle Gleichstellung der Kolonialgebiete mit dem Territorium der Kolonialmacht war dann nicht mehr als ein Versuch zu werten, letzten, am Ende erfolglosen Widerstand gegen den Prozess der Entkolonialisierung zu leisten.8 Schließlich ist noch zu erwähnen, dass selbst die Staatenpraxis der ehemaligen in die Unabhängigkeit entlassenen Kolonien gegen die Existenz eines allgemeinen Sezessionsrechts spricht, haben diese sich doch entschieden gegen weitere Abspaltungen ausgesprochen und auch gewehrt.9 Richtschnur für die Grenzziehung war das uti-possidetis-Prinzip, das generell die Qualifikation der Verselbständigung der ehemaligen Kolonien als Sezession in Frage stellen muss.10 8 Dies galt insbesondere für Frankreich, das Algerien zu französischem Staatsgebiet erklärt hatte und für Portugal, das mit der Verfassungsänderung des Jahres die Kolonien, die ab dem Jahr als „überseeische Provinzen“ qualifiziert worden waren, zu „Provinzen“, d. h. zu einem unmittelbaren Teil des Mutterlandes hochgestuft hatte. Vgl. M.G. Teles/P.C. de Castro, East Timor, in: Encyclopedia of Public International Law, Bd. II, , S. – sowie P. Hilpold, Der Osttimor-Fall, , S. . 9 Beispielhaft sein nur auf den Abspaltungsversuch der Region Biafra von Nigeria Bezug genommen. Universell – und gerade auch in der Dritten Welt – fand dieses Vorhaben nur geringe Unterstützung bzw. ist dieses überwiegend auf klare Ablehnung gestoßen. 10 Vgl. zum uti-possidetis-Prinzip M.G. Kohen, Le Problème des Frontières en Cas de Dissolution et de Séparation d’ États: Quelles Alternatives?, in: Revue Belge de Droit International , S. –; A. Gioia, Recent Decisions by the International Court of Justice Relating to Territorial and Boundary Disputes (–), in: XII Italian Yearbook of International Law , S. –; G. Abi-Saab, Le Principe de l’ Uti Possidetis – Son Role e ses Limites dans le Contentieux Territorial International, in: M.G. Kohen (Hrsg.), Promoting Justice, Human Rights and Conflict Resolution through Internation-
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.. Was spricht gegen ein allgemeines Sezessionsrecht aus rechtspositivistischer und rechtssoziologischer Sicht? Ist ein allgemeines Sezessionsrecht möglicherweise ein Recht in statu nascendi, das in den ersten Jahren der Existenz der Vereinten Nationen vielleicht deshalb nicht zur Geltung kommen konnte, da verschiedene Anomalien im internationalen System (Kolonialismus, Ost-WestKonflikt, Nord-Süd-Problematik) von alles bestimmender Kraft waren? Vieles spricht dafür, dass ein allgemeines Sezessionsrecht grundsätzlich und auf die voraussehbare Zukunft hin einer Völkerrechtsordnung fremd sein muss, deren Regeln maßgeblich von den Staaten selbst – die gleichzeitig die Adressaten dieser Bestimmungen sind – geschaffen werden. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass – wie häufig gesagt wird – die Staatengemeinschaft kein Selbstmörderclub ist. Weshalb sollten die Staaten die Herausbildung einer Norm befürworten, die ihren Fortbestand als Einheit fortlaufend gefährdet? Auch die in Unabhängigkeit entlassenen Kolonien blieben von einer solchen Bedrohung nicht verschont. Es gibt Schätzungen, wonach auf diesem Wege .–. Staaten entstehen könnten. Ein wahres Pandämonium wäre die Folge11 und es ist völlig unklar, wie eine Normsetzung auf völkerrechtlicher Ebene, ja auch nur eine einigermaßen kohärente Anwendung des bestehenden Völkerrechts auf dieser Grundlage möglich sein sollte. Das gesamte System der internationalen Organisationen, das auf Konzentration und Delegation von Entscheidungsbefugnissen beruht, würde auf dieser Basis völlig delegitimiert. Erst recht gälte dies für ein System der kollektiven Sicherheit, wie jenes des Sicherheitsrates, wenn gleichzeitig am System der souveränen Gleichheit der Staaten festgehalten werden sollte. Weder ein daraus resultierendes anarchisches System noch eine Koordinierung dieser Vielzahl an Staaten über Hegemonialmächte kann im Interesse der bestehenden Staatengemeinschaft liegen.
al Law, Liber Amicorum Lucius Caflish, , S. –; J. Vidmar, Confining New International Borders in the Practice of Post- State Creations, in: ZaöRV , S. –. 11 Vgl. dazu auch die Ausführungen des UN-Generalsekretärs Boutros Boutros-Gahli in der „Agenda for Peace“ im Jahr : „Yet if every ethnic, religious or linguistic group claimed statehood, there would be no limit to fragmentation, and peace, security and economic wellbeing for all would become ever more difficult to achieve.“ Vgl. UNDoc A//, S/, Abs. . Vgl. auch P. Moynihan, Pandaemonium – Ethnicity in International Politics, .
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Normstrukturell müsste die Festschreibung eines Rechts auf Sezession spiegelbildlich wohl mit einem Recht auf Intervention verbunden werden. Wenn das Gewaltverbot angesichts einer solchen Entwicklung überhaupt noch Bestand haben könnte, dann wäre es wohl nicht mehr als eine leere Phrase. .. Erste Ergebnisse Ein allgemeines Recht auf Sezession ist also nicht nachweisbar. Ein Recht auf Abspaltung ist zweifelsfrei nur in Bezug auf Kolonien und besetzte Gebiete gegeben – völkerrechtlich eindeutig verpönte Sachverhalte, die Sondertatbestände bilden und hinsichtlich welcher technisch die Frage aufgeworfen werden könnte, ob man hier überhaupt von Abspaltung sprechen kann, da ja zuvor keine Verschmelzung gegeben war, eine solche auf jeden Fall eindeutig unzulässig und völkerrechtlich als nichtig zu erachten gewesen wäre. Dass es kein Recht auf Sezession gibt, ist aber nicht gleichzusetzen mit einem Sezessionsverbot. Auf den ersten Blick mag dies erstaunen. Es könnte doch im Interesse der Staatengemeinschaft liegen, ein solches zu etablieren und damit ein noch höheres Maß an Stabilität zu garantieren. Selbst wenn man das Problem der Durchsetzung eines solchen Verbots im Einzelfall lösen könnte – was die Staatengemeinschaft vor eine enorme Herausforderung stellen würde – so müsste man sich die Frage stellen, ob mit einem solchen Verbot tatsächlich das gewünschte Ergebnis erzielt werden könnte. Ein gewisses Maß an Änderung und Flexibilität zuzulassen, zumindest aber nicht zu verbieten, muss nämlich unmittelbar im Interesse der Staatengemeinschaft liegen, die veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen muss. Weshalb sollte die Staatengemeinschaft mit aller Kraft ein Staatswesen zusammenzuhalten versuchen, das nicht mehr vom Konsens seiner Bürger getragen ist, nach Renan keine Nation mehr darstellt, da das „tagtägliche Plebiszit“ nicht mehr gegeben ist?12 Eine solche Regel wäre mit einer modernen Völkerrechtsordnung unvereinbar. Repressive Gewaltanwendung gegen dissentierende Gruppe würde dadurch nicht nur toleriert, sondern sogar gefördert. Die daraus resultierende Stabilität wäre nur eine scheinbare: Repression führt allenfalls kurzfristig zu Stabilität. Auf mittlere Frist können davon hingegen ungemein zerstörerische Folgewirkungen ausgehen. 12 Siehe den Vortrag von E. Renan an der Sorbonne v. . März , „Quest-ce qu’une nation“, http://pratclif.free.fr/books/renan/nation.html (. Dezember ).
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Die geltende, hier dargestellte völkerrechtliche Regelung zur Sezession entspricht also durchwegs den Möglichkeiten und Interessen der Staatengemeinschaft und ihrer Mitglieder: Ist die Staatengemeinschaft grundsätzlich an Stabilität und Erhaltung des status quo interessiert, so lässt sie nach Maßgabe des Effektivitätsgrundsatzes auch Änderungen zu, die sie ohnehin nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand verhindern könnte und die offenkundig von starken Kräften gewünscht werden. Entscheidend ist die tatsächliche Behauptung der nach Sezession strebenden Kräfte, der „ultimate success“13. Je mehr die Kohäsion der Staatengemeinschaft zunimmt14, je stärker diese mit einer Stimme spricht und Gemeinschaftsinteressen vor bilaterale Anliegen stellt,15 desto mehr muss ihr auch daran gelegen sein zu bestimmen, wer in diesen erlesenen Kreis aufgenommen werden darf, damit sichergestellt werden kann, dass die Gemeinschaftswerte auch in Hinkunft erhalten und verteidigt werden können. Ein zentrales Instrument dazu ist jenes der Anerkennung. Zwar hat sich nach die Auffassung etabliert, dass der Anerkennung allein deklaratorische Wirkung zukommt, diese also allein in einem quasi-notariellen Verfahren zur Kenntnis nimmt, dass die Elemente für das Vorliegen eines Staates16 gegeben sind. Gänzlich überzeugen konnte dieser Ansatz jedoch nicht, zumindest nicht für die Zeit nach dem (weitgehenden) Ende des Entkolonialisierungsprozesses, der tatsächlich noch umfassend vom Gedanken der souveränen Gleichheit der Staaten geprägt war und die Anerkennung der neu entstandenen Staaten wie einen Automatismus erscheinen ließ. Spätestens mit dem Zerfall Jugoslawiens wurde hingegen klar,
13 Vgl. Th. Christakis, The State as a „primary fact“: some thoughts on the principle of effectiveness, in: M. Kohen (Hrsg.), Secession – International Law Perspectives, , S. – ( f.) m. w. N. 14 Vgl. dazu bspw. Ch. Tomuschat, International law: ensuring the survival of mankind on the eve of a new century, General Course on Public International Law, RdC , S. –; D. Kritsiotis, Imagining the International Community, in: EJIL /, S. –; St. Oeter, The International Legal Order und its Judicial Function, in: P.M. Dupuy et al. (Hrsg.), Völkerrecht als Wertordnung, FS für Christian Tomuschat, Kehl u. a.: Engel-Verlag , S. – und J. Klabbers/A. Peters/G. Ulfstein (Hrsg.), The Constitutionalization of International Law, OUP: Oxford u. a. . 15 Vgl. B. Simma, From Bilateralism to Community Interest in International Law, in: RdC (), S. –. 16 Gemäß der Drei-Elemente-Lehre von Georg Jellinek (Allgemeine Staatslehre, . Auflage, ) wären dies bekanntlich Staatsvolk, Gebiet und effektive Herrschaftsgewalt. Gemäß der Konvention von Montevideo vom .. wäre noch die Fähigkeit zur Aufnahme auswärtiger Beziehungen hinzuzufügen.
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dass die Anerkennung nicht allein deklaratorische Wirkungen entfaltet.17 Die traditionelle Theorie, wonach funktional auf ein konstitutives Ergebnis abzielende Anerkennungserklärungen (das wären die sog. vorzeitigen Anerkennungserklärungen) völkerrechtswidrig sind18, ist schwer mit der modernen Praxis in Einklang zu bringen, die eben von Grauzonen gekennzeichnet ist. In deren Rahmen ist häufig unklar, ob sich eine effektive Regierungsgewalt in einem sezedierenden Gebilde bereits etabliert hat. Anerkennungserklärungen zeitigen auf jeden Fall in diesem Rahmen konstitutive Wirkungen; sie tragen dazu bei, das Ergebnis herbeizuführen, dessen Vorliegen sie eigentlich bestätigen sollen. Sie werden zu einer sich selbst erfüllenden Vorhersage.19 Es ist somit deutlich geworden, dass Staaten, die mit Anerkennungsersuchen konfrontiert sind, über einen Ermessensspielraum verfügen, der sich nicht nur in der Zurkenntnisnahme eines Faktums erschöpft, sondern über welchen auch die Struktur der Staatengemeinschaft beeinflusst werden kann. In jüngerer Zeit wird die Anerkennung von Neustaaten immer häufiger von zusätzlichen Erfordernissen und Bedingungen abhängig gemacht. Es werden Legitimitätskriterien eingeführt, die sich bspw. auf die Gewährleistung eines hinreichenden Menschenrechtsschutzes, die Mitgliedschaft bei maßgeblichen internationalen Konventionen oder die Beachtung zentraler minderheitenrechtlicher Standards beziehen.20
17 Vgl. P. Hilpold, Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan. Konstitutive Theorie, deklaratorische Theorie und anerkennungsrelevante Implikationen von Minderheitenschutzerfordernissen, in: Archiv des Völkerrechts /, S. –. 18 Vgl. dazu nur V. Epping/Ch. Gloria in K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, , S. f.: „Die völkerrechtliche Anerkennung stellt ein völkerrechtliches Delikt in der Form einer Intervention in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates dar. Auf der anderen Seite bewirkt eine vorzeitige Anerkennung als solche noch nicht die Enstehung eines neuen Staates und auch nicht die Legitimität einer neuen Regierung. Insoweit ist sie völkerrechtlich wirkungslos.“ 19 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Feststellung des kanadischen Obersten Gerichtshofs des Jahres : „the validity of a would-be state in the international community depends, as a practical matter, upon recognition by other States“. Reference re Secession of Quebec, , SRC , Abs. . Vgl. zur Relevanz der Anerkennung im Verselbständigungsprozess des Kosovo auch P. Sevastik, Secession, Self-determination of ‚Peoples‘ and Recognition – The Case of Kosovo’s Declaration of Independence and International Law, in: O. Engdahl/P. Wrange (Hrsg.), Law at War – The Law as it was and the Law as it Should be, Brill , S. – sowie Ch. Tomuschat in diesem Band. 20 So haben die EG-Außenminister den um Anerkennung werbenden Neustaaten eine Reihe von Richtlinien für eine Anerkennung gesetzt. Vgl. die „Declaration on the
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Damit ist also die Entstehung von Neustaaten über Sezessionsprozesse nicht allein ein faktischer Prozess, abhängig nur vom Grundsatz der Effektivität. Die Staatengemeinschaft greift vielmehr mit einem abschließenden Werturteil in diesen Prozess ein, wobei die Konformität dieses Vorgangs und insbesondere des Loslösungsprozesses mit meritorischen Kriterien überprüft wird. Sezessionsprozesse oder – genauer gesagt – die Entstehung von Neustaaten werden damit zwar keineswegs vollumfänglich geregelt, aber es kann auch nicht gesagt werden, dass die Staatengemeinschaft gegenüber diesen Vorgängen vollkommen agnostisch sei, den „ultimate success“ im Sinne eines militärischen Sieges abwarte und dann das Ergebnis einfach nur zur Kenntnis nehme. Durch die Anerkennungserklärungen kann zumindest in Ansätzen versucht werden, auf diese Vorgänge steuernd einzugreifen und zur Herbeiführung eines Ergebnisses beizutragen, das der Beständigkeit der internationalen Friedensordnung insgesamt förderlich ist. Es sei aber nochmals betont, dass eine Verrechtlichung der Sezession damit nicht erreicht worden ist und wohl auch nicht intendiert war. . Sezession aus rechtsphilosophischer, naturrechtlicher und menschenrechtspolitischer Perspektive .. Allgemeines Ein Recht auf Sezession scheint also dem nach wie vor staatszentrierten Völkerrecht fremd zu sein. Dennoch wird seit geraumer Zeit immer wieder versucht zu belegen, dass – zumindest in Ausnahmefällen – ein solcher Rechtsanspruch sehr wohl vom Völkerrecht abgeleitet werden kann. Die diesbezüglichen Argumentationsansätze variieren sehr stark. Z. T. abstrahieren sie völlig vom positiven Völkerrecht, z. T. greifen sie aber bestehende völkerrechtliche Regeln auf und stellen diese in argumentative Zusammenhänge, die die Existenz eines Sezessionsrechts in Ausnahmefällen wenn nicht zwingend, so doch zumindest plausibel erscheinen lassen.
Guidelines on the Recognition of New States in Eastern Europe and in the Sovjet Union“ v. . Dezember , abgedruckt in: EJIL /, Annex , S. .
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Nach der hier vertretenen Auffassung können diese Ansätze zwar letztlich insgesamt nicht überzeugen. Es ist aber anzuerkennen, dass diese in der Literatur und z. T. auch in der Völkerrechtspraxis über eine nicht unbeachtliche Anhängerschar verfügen. Ebenso muss zur Kenntnis genommen werden, dass die diesbezügliche Argumentation einen sehr hochstehenden Entwicklungsgrad gewonnen hat. .. Der politisch-philosophische Ansatz Insbesondere im anglo-amerikanischen Raum gibt es politisch-philosophische Strömungen, die die Existenz eines generellen Rechts auf Sezession behaupten oder aber ein solches Recht einfordern, und zwar unter Berufung auf höherrangige Werte, die im philosophisch-naturrechtlichen Bereich angesiedelt sind. Das Hauptproblem liegt hier darin, dass die Seins- und Sollensebenen vermengt werden. Subjektive, z. T. utopisch anmutende Weltordnungsmodelle werden als völkerrechtlich sinnvoll bzw. gar geboten dargestellt, wobei teilweise der Eindruck vermittelt wird, die betreffenden Ansätze kommentierten nur das geltende Recht.21 Wie Christian Tomuschat treffend festgestellt hat, irritiert an diesen Ansätzen allein schon die enge intellektuelle Perspektive.22 Umfassend werden die demokratiepolitischen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Sezessionsrechts diskutiert; die oft problematischen Folgen einer Sezession auf der praktischen Ebene werden hingegen häufig in völlig unzureichender Form abgehandelt.23 Damit entsteht ein eigenartiges
21 Vgl. bspw. A. Buchanan, Uncoupling Secession from Nationalism and Intrastate Autonomy from Secession, in: H. Hannum/E. Babitt (Hrsg.), Negotiating Self-Determination, , S. –; ders., Self-Determination and the Right to Secede, in: Journal of International Affairs /, S. –; A. Orentlicher, Separation Anxiety: International Responses to Ethno-Separatist Claim, in: YJIL , S. –; A. Rubin, Secession and Self-Determination: A Legal, Moral, and Political Analysis, in: Stanford Journal of International Law , S. – und D. Philpott, In Defense of SelfDetermination, in: Ethics , S. –, der am Ende einer dreiunddreißigseitigen Abhandlung zu dieser Thematik zu folgender Schlussfolgerung gelangt: „Until now, I have discussed when the right might be granted or how it ought to be ‚constructed‘ but have said little about who is doing the granting and constructing.“ Er bleibt auch in den weiteren, restlichen Zeilen eine Antwort auf diese Frage schuldig. 22 Vgl. Ch. Tomuschat, Secession and self-determination, in: M. Kohen (Hrsg.), Secession, , S. – (). 23 Ibid. Soweit hingegen eine praktische Umsetzung versucht wird, treten weitere Ungereimtheiten zutage und die Ergebnisse überzeugen noch weniger. So hat bspw. Allan
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Spannungsverhältnis zwischen der scheinbaren Originalität des Ansatzes und ihrem demokratiepolitisch geradezu zwingend erscheinenden Charakter einerseits und seiner nahezu völligen Irrelevanz auf der praktischen Ebene. Soweit diese Ansätze ernst genommen werden, sind sie hingegen gefährlich. Sie schaffen Hoffnungen ohne rechtliche Basis und sie blenden Aspekte aus, die für die Gesamtbeurteilung eines Sezessionsvorhabens grundlegend sind – auch und gerade aus der von diesen Autoren derart hochgehaltenen demokratiepolitischen Perspektive. Sie tragen weiters dazu bei, dass die Verwirrung rund um den Gehalt des Selbstbestimmungsrechts weiter zunimmt und schließlich der Eindruck entstehen muss, dieses Konzept biete alles für jeden. Für den – sehr häufigen Fall – überlappender Selbstbestimmungsansprüche wird keine Entscheidungsregel angeboten, sondern diese Ansätze können von allen Seiten dazu verwendet werden zu argumentieren, ihr Anspruch sei der vorrangige. Alle Parteien können den Eindruck gewinnen, entscheidend für den Erfolg sei primär das nachhaltige Bemühen, die eigenen egoistischen Ziele wirksam durchzusetzen. Damit kann dieses Konzept aber zu einem Instrument werden, das dazu geeignet ist, zentrale Leitsätze der Völkerrechtsordnung aus den Angeln zu heben. .. Sezession als Notwehrrecht („remedial secession“) Der vorgenannte Ansatz hat freilich nur in Intellektuellenkreisen Bekanntheit oder gar Anklang gefunden. Anders sieht es dagegen bei der Sezession als Notwehrrecht aus. Diese scheint sich immer mehr zu einem Alternativmodell zur gängigen, traditionellen Interpretation der Sezession auszuformen. Auch im Rahmen des Kosovo-Gutachtensverfahrens vor dem IGH ist umfassend auf diesen Ansatz Bezug genommen worden.
Buchanan versucht, das Sezessionsrecht des Kosovo, das nach seinem Ansatz aufgrund des Widerrufs der Autonomie im Jahr zustehen sollte, wiederum in Frage zu stellen, indem er auf eine missbräuchliche Ausnutzung der Autonomie durch die KosovoAlbaner verwies. Zu Recht hat dem aber Zoran Oklopcic entgegen gehalten, dass der albanische Widerstand wiederum auf die serbische Repression zurückgeführt werden kann. Der gesamte Ansatz ist letztlich unbestimmt. Vgl. Z. Oklopcic, Populus Interruptus: Self-Determination, the Independence of Kosovo, and the Vocabulary of Peoplehood, in: Leiden Journal of International Law , S. – (), unter Bezugnahme auf A. Buchanan, Justice, Legitimacy, and Self-Determination: Moral Foundations for International Law, , S. .
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In Zusammenhang mit diesem Ansatz wird auch von einer „Fluchtklausel“ („salvation clause“) gesprochen. Diese wurde erstmalig in die Friendly-Relations-Deklaration des Jahres 24, in den Abschnitt betreffend das Selbstbestimmungsrecht der Völker, eingefügt und lautet folgendermaßen: Die vorstehenden Absätze sind nicht so auszulegen, als ermächtigten oder ermunterten sie zu Maßnahmen, welche die territoriale Unversehrtheit oder die politische Einheit souveräner und unabhängiger Staaten, die sich gemäß dem oben beschriebenen Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker verhalten und die daher eine Regierung besitzen, welche die gesamte Bevölkerung des Gebietes ohne Unterschied der Rasse, des Glaubens oder der Hautfarbe vertritt, ganz oder teilweise auflösen oder beeinträchtigen würde.
Interessanterweise sollte diese von der italienischen Delegation – wohl auch mit Blick auf Südtirol – in die Diskussion eingebrachte Formulierung dazu dienen, die potentiell vom Selbstbestimmungskonzept auf das staatliche Souveränitätsprinzip ausstrahlende Gefahr einzudämmen. Die effektive Wirkung war jedoch genau umgekehrt, da diese Klausel auch „e contrario“ gelesen worden ist. Konkret wurde daraus die Schlussfolgerung abgeleitet, dass eine Volksgruppe ein Recht auf Abspaltung (Sezession) hätte, wenn eine Regierung nicht mehr als repräsentativ hinsichtlich ihrer Bevölkerung (oder auch nur von Teilen davon) anzusehen ist. Die spezifischen Voraussetzungen, damit ein solches Sezessionsrecht greifen würde, wurden unterschiedlich interpretiert. Das demokratiepolitische Repräsentationsdefizit muss auf jeden Fall schwer schwiegender Natur sein, wobei in diesem Zusammenhang regelmäßig auch weit reichende Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Vertreibung und Völkermord vorausgesetzt werden. Eine solche Lesart dieser Klausel findet in der Literatur – und ganz besonders bei deutschsprachigen Autoren – immer breiteren Anklang.25
24
UNGA Res. (XXV) v. ... Das dogmatische Grundlagenwerk dazu ist freilich – wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird – US-amerikanischer Provenienz. Vgl. L.C. Buchheit, Secession: the legitimacy of self-determination, Yale University Press: New Haven et al. sowie – unter den deutschsprachigen Autoren – bspw. D. Murswiek, The Issue of a Right to Secession – Reconsidered, in: Ch. Tomuschat (Hrsg.), Modern Law of Secession, Martinus Nijhoff: Dordrecht et al. , S. – und K. Doehring, Self-Determination, in: B. Simma (Hrsg), The Charter of the United Nations – A Commentary, Bd. , OUP: Oxford , S. –. 25
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Es ist aber jenen Autoren Recht zu geben, die dem entgegenhalten, dass die Wendung „ohne Unterschied der Rasse, des Glaubens oder der Hautfarbe“ klar auf den kolonialen Kontext abstelle.26 Diese Schutzklausel hat nachfolgend auch Eingang in die Wiener Menschenerklärung des Jahres gefunden. Auf den ersten Blick könnte man diesbezüglich aber zu einem anderen Ergebnis gelangen als in Hinblick auf die Prinzipiendeklaration des Jahres . Die Wiener Menschenrechtserklärung verweist nämlich auf der einen Seite auf das Selbstbestimmungsrecht der kolonialen Völker sowie auf dasjenige der Völker unter Fremdherrschaft, was auf eine Identität des Selbstbestimmungsansatzes mit jenem des Jahres hindeuten würde. Die diesbezügliche Schutzklausel ist jedoch nicht völlig ident mit jener der Prinzipiendeklaration: Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und betreiben frei ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung. Unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Völker, die unter Kolonial- oder anderen Formen von Fremdherrschaft oder ausländischer Besetzung stehen, anerkennt die Weltkonferenz über die Menschenrechte das Recht der Völker, alle im Einklang mit der Satzung der Vereinten Nationen stehenden legitimen Maßnahmen zu ergreifen, um ihr unveräußerliches Recht auf Selbstbestimmung zu verwirklichen. Die Weltkonferenz über Menschenrechte betrachtet die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts als eine Menschenrechtsverletzung und unterstreicht die Bedeutung der wirksamen Durchsetzung dieses Rechts. Gemäß der Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit unter den Staaten im Einklang mit der Satzung der Vereinten Nationen ist dies nicht so auszulegen, dass damit irgendeine Handlungsweise erlaubt oder ermutigt wird, welche die territoriale Integrität oder politische Einheit souveräner und unabhängiger Staaten, die sich gemäß dem Grundsatz der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechts der Völker verhalten und daher eine Regierung besitzen, die ohne Unterschied irgendwelcher Art die gesamte zu dem betreffenden Gebiet gehörende Bevölkerung vertritt, zur Gänze oder zum Teil zerstören oder beeindrucken würde.27
Repräsentativität wird hier in einem umfassenderen Sinne verlangt, nämlich gegenüber der Gesamtbevölkerung, ohne Einschränkung dieses 26 Vgl. Ch. Gusy, Selbstbestimmung im Wandel, in: Archiv des Völkerrechts, , S. – (); A. Cassese, (Fn ), , S. . 27 Vgl. die Wiener Erklärung der Weltkonferenz der Vereinten Nationen über Menschenrechte, Wien, .., Abs. , abgedruckt in: EuGRZ , S. – ().
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Gebots auf den kolonialen Kontext bzw. auf das Problem der Fremdherrschaft. Bedeutet dies nun, dass schwere Menschenrechtsverletzungen – als radikalster Ausdruck fehlender Repräsentativität – über den kolonialen Bereich hinaus den staatlichen Souveränitätsanspruch in Frage stellen können? Ist damit ein allgemeiner Sezessionsanspruch als Notwehrrecht bei existentieller Bedrohung eines Volkes begründet worden? Dagegen sprechen einmal pragmatische Überlegungen, denn: Wie sollte ein solcher Anspruch durchgesetzt werden? Sollte eine derart anspruchsberechtigte Volksgruppe einen Unterstützungsanspruch gegenüber den Vereinten Nationen geltend machen können? Ein solcher Ansatz erscheint kaum realistisch zu sein. Dagegen spricht die gesamte bisherige Praxis der Vereinten Nationen.28 Dagegen spricht auch die Überlegung, dass eine Interventionsentscheidung letztlich eine politische Entscheidung des Sicherheitsrates ist, hinsichtlich welcher kein rechtlicher Anspruch gegeben ist. Ein Interventionsanspruch im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung wäre somit allenfalls eine lex imperfecta und ständig der Gefahr ausgesetzt, als utopische Verheißung oder – mehr noch – als willkürlich einsetzbares Interventionsinstrument qualifiziert zu werden. Auch in rechtssystematischer Hinsicht spricht vieles gegen eine solche Auslegung. In erster Linie ist anzumerken, dass diese Bestimmung erneut negativ formuliert ist. Ihr primäres Anliegen ist die Sicherung des Souveränitätsanspruchs der Staaten. Repräsentativität – ob im kolonialen Kontext oder außerhalb – schließt von vornherein jegliche Sezessionsdiskussion aus. Kommt es hingegen tatsächlich zu den schweren Verstößen der beschriebenen Art, so lässt diese Norm offen, welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind. Indirekt ist aus dieser Wendung eine dezidierte Verurteilung solcher Verstöße abzuleiten. Die betreffenden Staaten gehen in moralischer Hinsicht ihres unbedingten Integritätsanspruchs verlustig, ohne dass diese Konsequenz auch auf der rechtlichen Ebene gezogen würde. In positiver Hinsicht ist aus dieser Bestimmung ein Appell an die Staatenwelt abzuleiten, die Menschenrechte zu beachten, insbesondere aber entschieden Abstand zu nehmen von umfassenden, schweren Übergriffen. Die Wiener Menschenrechtserklärung droht nicht mit
28 Vgl. für eine grundlegende Analyse der Praxis der Vereinten Nationen bis Anfang der er Jahre des letzten Jahrhunderts M. Pomerance, Self-determination in law and practice: the new doctrine in the United Nations, Martinus Nijhoff: Den Haag u. a. .
die sezession im völkerrecht
Sanktionen, die ihr nicht zur Verfügung stehen und für deren Umsetzung auf universeller Ebene eine wirksame Handhabe fehlen würde. Sie lässt aber erkennen, dass die Staatengemeinschaft selbst in ihrer globalen Verfasstheit immer mehr eine Wertegemeinschaft wird. Staaten, die die fundamentalen Prinzipien dieser Ordnung nicht akzeptieren, stellen sich außerhalb dieses Systems. Hält man sich die besondere Gestalt der Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht vor Augen,29 so können aus einer solchen Ausgrenzung sehr einschneidende, gravierende Konsequenzen resultieren. Eine rechtliche Beurteilung dieser Schutzklausel muss somit differenziert ausfallen: Einerseits wäre es verfehlt, davon im Umkehrschluss ein Recht auf Sezession abzuleiten, andererseits handelt es sich dabei keineswegs um eine leere Drohung, die es diktatorischen Regimen in der Substanz erlauben würde, fortzufahren wie in der Vergangenheit. Diese Schlussfolgerung wird auch durch die nachfolgende Entwicklung bestätigt. Die betreffende Schutzklausel scheint nämlich fester Bestandteil normativ-politischer Stellungnahmen internationaler Gremien bzw. von politischen Expertenanalysen geworden zu sein. Die Aufnahme dieser Bestimmung in die Friendly-Relations-Deklaration im Jahr war somit nicht ein politisch-diplomatischer Unfall, eine für die Praxis unbrauchbare Fehlformulierung. Dies belegt bspw. die Aufnahme der Klausel in die Deklaration der UN-Generalversammlung zum jährigen Jubiläum der Vereinten Nationen vom . November , also nur zwei Jahre nach der Wiener Menschenrechtskonferenz. Bestätigt wird dieses Ergebnis im Grunde auch durch die Ergebnisse der UNWeltkonferenz des Jahres , in deren Rahmen das UN-System einer grundlegenden Reform hätte unterzogen werden sollen. Die Erwartungen in Hinblick auf diese Konferenz waren sehr groß. Insbesondere in Anbetracht schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen auf dem Balkan und in Zentralafrika war vielfach die Schaffung einer Kompetenzgrundlage für ein robusteres Einschreiten der Vereinten Nationen erhofft worden – Hoffnungen, die auch durch das dezidierte Auftreten des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan in diesem Sinne genährt worden sind. Das Ergebnis war dann aber nicht revolutionärer
29 Vgl. H. Neuhold, Die Einhaltung des Völkerrechts in einer außenpolitischen „Kosten-Nutzen-Analyse“, in: German Yearbook of International Law , S. –.
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Natur, sondern es wurde der Grundstein für eine konsequente Inpflichtnahme der Staaten im Einzelnen und der Staatengemeinschaft als ganze im Falle schwerer Menschenrechtsverletzungen geschaffen.30 Diesem Zweck sollte das Instrument der Schutzverantwortung („responsibility to protect“ – „RP“) dienen.31 Dieses Konzept weist in vielem noch unklare Konturen auf, doch scheint sich in seiner Auslegung ein konsensualer Kern in der Form herauszubilden, dass damit kein neues Recht auf humanitäre Intervention geschaffen worden ist, wohl aber wird die Verantwortung der Staaten – einzeln und kollektiv – für den Fall von schweren Menschenrechtsverletzungen nachhaltiger in den Vordergrund gerückt. Auch diese Positionsnahme verdeutlicht somit, dass gewaltsame Veränderungen von Staatsgrenzen nicht das Ziel der Vereinten Nationen sein können und im Besonderen auch keine Unterstützung durch diese Organisation erhalten sollen. Wohl aber müssen bedrohte Individuen und Volksgruppen einen besseren Schutz erfahren. Insbesondere soll durch eine effektivere Partizipation aller Volksgruppen schon präventiv dafür Sorge getragen werden, dass Minderheitenkonflikte erst gar nicht entstehen. Das Abschlussdokument der Weltkonferenz nimmt auf die Frage des Minderheitenschutzes auch explizit Bezug: Wir stellen fest, dass die Förderung und der Schutz der Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, zur politischen und sozialen Stabilität und zum Frieden beitragen und die kulturelle Vielfalt und das Erbe der Gesellschaft bereichern.32
Auch die übrigen Dokumente, die häufig als Beleg für die Existenz eines Sezessionsrechts als Notwehrrecht angeführt werden, sollten wohl im 30 Zu dieser Entwicklung siehe P. Hilpold, Der UN-Sicherheitsrat – neue Aufgaben, neue Funktionen, in: J. Varwick/A. Zimmermann (Hrsg.), Die Reform der Vereinten Nationen – Bilanz und Perspektiven, Duncker & Humblot: Berlin , S. –. 31 Vgl. P. Hilpold, The duty to protect and the Reform of the United Nations – a new step in the development of International Law?, in: Max Planck Yearbook of United Nations Law , S. –; C. Focarelli, The responsibility to protect doctrine and humanitarian intervention: too many ambiguities for a working doctrine, in: Journal of conflict and security law, , S. –; A.J. Bellamy et al. (Hrsg.), The Responsibility to Protect and International Law, Martinus Nijhoff: Den Haag , P. Hilpold, From Humanitarian Intervention to Responsibility to Protect: Making Utopia True?, in: FS Bruno Simma, , S. – sowie A. Peters, The Responsibility to Protect: Spelling Out the Hard Legal Consequences for the UN Security Council and its Members, in: FS Bruno Simma, , S. –. 32 Vgl. das Ergebnisdokument des Weltgipfels , A//L., Abs. .
die sezession im völkerrecht
Lichte der bisherigen Ausführungen interpretiert werden, selbst wenn ein erster Blick auf die betreffenden Passagen ein anderes Ergebnis nahe legen könnte. So ist im Bericht von Asbjorn Eide über „Possible Ways and Means of Facilitating the Peaceful and Constructive Solution of Problems Involving Minorities“ v. .. folgende Passage zu finden: Only if the representative of the group [living compactly in an administrative unit of the State or dispersed within the territory of a sovereign State] can prove, beyond reasonable doubt, that there is no prospect within the foreseeable future that the Government will become representative of the whole people, can it be entitled to demand and to receive support for a quest for independence. If it can be shown that the majority is pursuing a policy of genocide against the group, this must be seen as a very strong support for the claim of independence.33
In der Allgemeinen Empfehlung Nr. XXI über das Recht auf Selbstbestimmung v. .., abgegeben vom Ausschuss für die Beseitigung von Rassendiskriminierung, findet sich hingegen folgende Äußerung: The Committee emphasizes that, in accordance with the Declaration of the General Assembly on Friendly Relations, none of the Committee’s actions shall be construed as authorizing or encouraging any action which would dismember or impair, totally or in part, the territorial integrity or political unity of sovereign and independent states conducting themselves in compliance with the principle of equal rights and self-determination of peoples and possessing a government representing the whole people belonging to the territory without distinction as to race, creed or colour. In view of the Committee international law has not recognized a general right of peoples to unilaterally declare secession from a state. In this respect, the Committee follows the views expressed in the Agenda for Peace (paras. et seq.), namely that a fragmentation of States may be detrimental to the protection of human rights as well as to the preservation of peace and security. This does not, however, exclude the possibility of arrangements reached by free agreements of all parties concerned.34
Was die Passage aus dem Eide-Text anbelangt, so ist diese im Gesamtkontext des entsprechenden Berichts zu sehen, der – wie schon die Bezeichnung offen legt – darauf abzielt, zu Lösungen zu gelangen, die das friedliche Zusammenleben verschiedener Volksgruppen ermöglicht und eben 33
E/CN./Sub.//, Abs. . Vgl. Committee on the Elimination of Racial Discrimination, General Recommendation , The right to self-determination (Forty-eight session, ), U.N. Doc. A//, annex VIII at , Abs. . 34
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nicht zu einer Abspaltung führt. Nur dann, wenn die Regierung sich systematisch gegen einzelne Volksgruppen stellt und sogar die physische Vernichtung dieser Gruppen ins Auge fasst, sind Lösungen, wie sie dieses Dokument gesamthaft bezweckt, nicht mehr möglich. Die Lostrennung des betreffenden Territoriums wäre dann eine pragmatische Alternative, hinsichtlich welcher aber kein Rechtsanspruch gewährt werden kann. In Bezug auf die Empfehlung Nr. XXI ist dagegen hervorzuheben, dass darin zwar die bekannte Schutzklausel aus angeführt wird, diese aber gleichzeitig in einer ganz besonders umfassenden Form eingeschränkt wird. Der Verweis auf die Agenda for Peace macht deutlich, dass eben eine exzessive Fragmentarisierung der Staatengemeinschaft nach Möglichkeit verhindert werden soll. Insgesamt kann auch diese Wendung – und dies sogar in akzentuierter Form – als Appell für die Einführung geeigneter Minderheitenschutzvorkehrungen gesehen werden, damit ein Staatszerfall verhindert werden kann. In jüngerer Zeit stellen Befürworter eines Rechts auf Sezession als Notwehrrecht zur Untermauerung ihrer Argumentation insbesondere auf verschiedene Gerichtsentscheidungen ab. Ganz abgesehen von der Frage der rechtsquellensystematischen Relevanz solcher Belege enthalten aber auch diese Dokumente keine wirklich überzeugende Festlegung in dieser Frage. So hat der kanadische Oberste Gerichtshof im Fall „Sezession Quebecs von Kanada“35 ausdrücklich die Existenz eines Sezessionsrechts nur für die unstreitigen Fälle der kolonialen Abhängigkeit bzw. der Ausbeutung und Unterdrückung durch fremde Machthaber anerkannt. Ein Sezessionsrecht als Notwehrrecht wird als bloße Möglichkeit hingestellt und die betreffende Frage wird letztlich offen gelassen: A number of commentators have further asserted that the right to selfdetermination may ground a right to unilateral secession in a third circumstance. Although this third circumstance has been described in several ways, the underlying proposition is that, when a people is blocked from the meaningful exercise of its right to self-determination internally, it is entitled, as a last resort, to exercise it by secession. While it remains unclear whether this third proposition actually reflects an established international law standard, it is unnecessary for present pur35 Vgl. Reference by the Governor in Council, pursuant to Art. of the Supreme Court Act, concerning the secession of Quebec from Canada, , S.C.R. , ILM , , S. ff.
die sezession im völkerrecht
poses to make that determination. Even assuming that the third circumstance is sufficient to create a right to unilateral secession under international law, the current Quebec context cannot be said to approach such a threshold.36
Zu einem ähnlichen Ergebnis ist der russische Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom . Juli in Bezug auf ein mögliches Sezessionsrecht Tschetscheniens gekommen.37 . Das Gutachtensverfahren vor dem IGH zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Wie bereits erwähnt, wird im Gutachten des IGH zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo die Frage der Existenz eines Sezessionsrechts nur indirekt angesprochen und keiner Beantwortung zugeführt. Das Gutachtensverfahren insgesamt hat aber die Gelegenheit für eine umfassende Diskussion dieser Thematik eröffnet. Von einigen Staaten wurde das Konzept der Sezession als Notwehrrecht mit Nachdruck vertreten, so z. B. von der Bundesrepublik Deutschland38, wobei zwei Bedingungen angeführt werden: In erster Linie muss eine außerordentliche schwer wiegende und lang anhaltende Verletzung des Rechts auf innere Selbstbestimmung vorliegen. Diese sei nicht notwendigerweise deckungsgleich mit der Verletzung grundlegender Menschenrechte, wie das Recht auf Leben und 36
Ibid., Abs. f. Vgl. A. Tancredi, A normative „due process“ in the creation of States through secession, in: M. Kohen (Hrsg.), Secession – International Law Perspectives, , S. – (). Offener in Hinblick auf eine mögliche Existenz eines Sezessionsrechts als Notwehrrecht scheint hingegen Luzius Wildhaber zu sein. Vgl. dazu seine Stellungnahme zum Crawford-Bericht (auf welchen sich der kanadische Oberste Gerichtshof gestützt hat) sowie sein befürwortendes Votum im Loizidou-Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Loizidou v. Turkey, Eur.Ct.H.R: , , ): „In recent years a consensus has seemed to emerge that peoples may also exercise a right to self-determination if their human rights are consistently and flagrantly violated or if they are without representation at all or are massively under-represented in an undemocratic and discriminatory way. If this description is correct, then the right to self-determination is a tool which may be used to re-establish international standards of human rights and democracy.“ In der Substanz beruht diese Feststellung auf einer nicht näher belegten Annahme („a consensus has seemed to emerge“) und im Folgesatz stellt er diese Annahme selbst in Frage („if this description is correct“). 38 Vgl. die Verbalnote Nr. v. .. , S. ff. 37
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Freiheit und auch der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, äußere sich aber häufig in dieser Form.39 Damit diese Voraussetzung erfüllt sei, müssten die Behörden des betreffenden Staates einer bestimmten Gruppe systematisch und über einen längeren Zeitraum ein Mitspracherecht in Angelegenheiten verweigern, die sie unmittelbar betreffen, auf lokaler und auf zentraler Ebene. Die Verletzung weiterer Menschenrechte sei symptomatisch für das Vorliegen einer solchen Verweigerung des Selbstbestimmungsrecht, unmittelbar ausschlaggebend sei aber die Verweigerung von Partizipationsrechten. Die zweite Bedingung bestünde darin, dass die Verselbständigung des betreffenden Territoriums den letzten Ausweg („last resort“) darstellen müsse. Nur wenn der Zugang zu allen anderen Formen innerer Selbstbestimmung versperrt sei, öffne sich das Tor zu diesem Anspruch.40 Dieser Anspruch sei zudem zeitlich befristet. Werde bspw. ein Dezentralisierungsprozess eingeleitet, so erlösche möglicherweise das Sezessionsrecht, wobei aber eine Beurteilung der Situation von Fall zu Fall erfolgen müsse.41 All diese Überlegungen entbehren nicht einer gewissen Logik. Die Bindung des Einzelnen bzw. der Gruppe an einen Staatsverband wird strikt kontraktualistisch interpretiert; dem Partizipationsrecht gemäß Art. des Paktes über bürgerliche und politische Rechte fundamentale Bedeutung beigemessen. Dieser Ansatz entspricht einer Schule, die von Lee C. Buchheit in seinem fundamentalen Werk „Secession“ aus begründet worden ist, in Deutschland insbesondere von Karl Doehring42 und von Dietrich Murswiek43 vertreten worden ist und schließlich im angloamerikanischen Bereich eine Untermauerung durch die demokratiepolitischen Ansätze von Thomas Franck und Gregory G. Fox44 erfahren hat.45 Sosehr diese Ansätze in vielem eine enorme Bereicherung der völkerrechtlichen bzw. völkerrechtspolitischen Diskussion dar39
Ibid., S. . Ibid. 41 Ibid. 42 Vgl. K. Doehring, Self-Determination, in: B. Simma (Hrsg.), The Charter of the United Nations, OUP: Oxford u. a., . Auflage , S. –. 43 Vgl. D. Murswiek, The Issue of a Right of Secession – Reconsidered, in: Ch. Tomuschat (Hrsg.), Modern Law of Self-Determination, , S. –. 44 Vgl. G.H. Fox, Self-Determination in the Post-Cold War Era: A New Internal Focus?, in: Michigan Journal of International Law –, S. –. 45 Von wegbereitender Bedeutung war auch der Beitrag von H.J. Steiner, Political Participation as a Human Right, in: Harvard Human Rights Yearbook, , S. ff. Diese Ansätze sind vielfach aufgegriffen und erweitert worden. Vgl. bspw. S. Wheatley, 40
die sezession im völkerrecht
gestellt haben, so überzeugt ihre Indienstnahme für ein Recht auf Sezession dennoch nicht. Wie bereits gezeigt, fehlt es einmal an einem hinreichenden rechtspositivistischen Beleg für die Verortung dieses Ansatzes im völkerrechtlichen Konsens der Staatengemeinschaft. Dieser Ansatz besticht somit in erster Linie aufgrund seiner pragmatischen Natur und seiner Eignung, zumindest auf den ersten Blick, zur Demokratisierung des Staatswesens und zur Beförderung grundlegender Partizipationsrechte beizutragen. Bei näherem Hinsehen müssen aber auch diesbezüglich Zweifel aufkommen. Was sich in der Theorie als präzise, logische Regel darstellt, ist in der Praxis mit zahlreichen Umsetzungsproblemen konfrontiert. So fehlt es völlig an Kriterien, ab wann die Verweigerung interner Selbstbestimmung schwerwiegend genug ist, um ein externes Selbstbestimmungsrecht zu begründen. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Verweigerung der Selbstbestimmung tatsächlich nachhaltig ist, ob eine Verselbständigung wirklich den letzten Ausweg darstellt und wer überhaupt die Verantwortung für die betreffende Entwicklung trägt. In Einzelfällen mag diesbezüglich ein breiterer Konsens gegeben sein; vielfach wird aber jedes einzelne dieser Elemente umstritten sein. Insbesondere kann ein solcher, geradezu mathematischer Mechanismus zur Aktivierung eines Sezessionsanspruchs Anreize für einzelne Gruppen oder Regionalregierungen bieten, den Dialog mit der Zentralregierung zu verweigern oder gar an einer Eskalation des Konflikts zu arbeiten, um das Maximalziel der Unabhängigkeit zu erreichen. Hasardeure, die sog. „ethnical entrepreneurs“, können gezielt auf die ethnische Karte setzen, um ihre persönlichen egoistischen Ziele ohne Rücksicht auf die von der Gruppe bzw. der Gesamtbevölkerung zu tragenden Opfer durchzusetzen. Der grundlegende Denkfehler, dem die Autoren der deutschen Stellungnahme verfallen sind, kommt in folgender Wendung besonders plastisch zum Ausdruck: There are those who say that – outside a colonial context, which is not at issue here – a right to secession never exists. This, however, would also render the internal right of self-determination meaningless in practice. There would be no remedy for a group which is not granted self-determination
Democracy in International Law: A European Perspective, in: ICLQ , S. – . Die spezifisch minderheitenrechtliche Perspektive wurde in diesem Zusammenhang meisterhaft von P. Thornberry, The Democratic or Internal Aspect of Self-Determination with Some Remarks on Federalism, in: Ch. Tomuschat (Hrsg.), Modern Law of SelfDetermination – Towards a Democratic Legitimacy Principle?, , S. ff., analysiert.
peter hilpold that may be due to it under international law. The majority in the State could easily and with impunity oppress the minority, without any recourse being open to that minority.46
Mit dieser Feststellung scheint die deutsche Bundesregierung die Wirkungsmechanismen des Völkerrechts völlig zu verkennen und überhaupt die Verbindlichkeit zentraler menschenrechtlicher Normen zu leugnen. Die Staaten halten nämlich – zumindest im Normalfall – minderheitenrechtliche Schutzbestimmungen nicht deshalb ein, weil sie ansonsten mit der Abspaltung der Minderheitengebiete rechnen müssen (die in einer Vielzahl von Fällen gar nicht möglich wäre), sondern weil eine konkrete internationale Verpflichtung dazu besteht (von den diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Vorgaben ganz zu schweigen). Sollte es tatsächlich zu einer Verletzung von Minderheitenrechten und zu einer Verweigerung der internen Selbstbestimmung kommen, so gibt es zahlreiche völkerrechtliche Wirkmechanismen und Verfahren, die auf eine Wiedergutmachung der daraus resultierenden Staatenverantwortlichkeit hinzielen.47 Territoriale Abspaltung dürfte sogar als „ultima ratio“ mit größter Vorsicht in Betracht zu ziehen sein. Die Sezession zu einem normalen Instrument politisch-diplomatischer Überlegungen und Dispositionen zu erheben, wäre hingegen in höchstem Maße gefährlich. Auffallend war, dass selbst Russland, traditionell ein sehr souveränitätsbewusster Staat, das Konzept der Sezession als Notwehrrecht unterstützte, wenngleich nur unter ganz besonders restriktiven Bedingungen: [T]he Russian Federation is of the view that the primary purpose of the ‚safeguard clause‘ is to serve as a guarantee of territorial integrity of States. It is also true that the clause may be construed as authorizing secession under certain conditions. However, those conditions should be limited to truly extreme circumstances, such as an outright armed attack by the parent State, threatening the very existence of the people in question. Otherwise, all efforts should be taken in order to settle the tension between the parent State and the ethnic community concerned within the framework of the existing State.48
Wie aus den weiteren Ausführungen der russischen Stellungnahme hervorgeht, sind diese Voraussetzungen – nach russischer Auffassung – jedenfalls in Bezug auf den Kosovo nicht gegeben. 46
Vgl. die deutsche Verbalnote Nr. v. .. , S. f. Vgl. dazu umfassend H. Neuhold, The foreign-policy „cost-benefit-analysis“ revisited, in: German yearbook of international law , S. – sowie ders., in: Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Manz: Wien , S. f. 48 Vgl. die russische Stellungnahme v. ... 47
die sezession im völkerrecht
Insgesamt variieren die Sachverhaltsdarstellungen zu den Vorgängen im Kosovo in den letzten Jahren sehr stark, was erneut verdeutlicht, wie problematisch die Anwendung eines solchen Notwehrrechts – das einmal auf die interne Selbstbestimmung, dann wieder auf die Verletzung grundlegender Menschenrechte bezogen wird – wäre. In der sehr gediegenen britischen Stellungnahme im Gutachtensverfahren49 wird wiederum sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Rechtsgrundlage für ein Sezessionsrecht nicht nachweisbar ist, dass es sich dabei grundsätzlich um einen reinen faktischen Vorgang handelt.50 Die gesamte Selbstbestimmungsdiskussion, die – wie bereits erwähnt – im Verfahren einen zentralen Stellenwert eingenommen hat, ist nicht spurlos am IGH vorbei gegangen. Der IGH nimmt sogar auf das Konzept der Sezession als Notwehrrecht Bezug und verleiht diesem damit eine Beachtung, die doch ein Novum darstellt. Der IGH erachtete es als nicht notwendig, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, da er den Gutachtensauftrag sehr eng interpretierte. Die Art und Weise aber, wie er das Thema der „Sezession als Notwehrrecht“ streift, deutet darauf hin, dass er diesem eher skeptisch gegenübersteht: A number of participants in the present proceedings have claimed, although in almost every instance only as a secondary argument, that the population of Kosovo has the right to create an independent State either as a manifestation of a right to self-determination or pursuant to what they described as a right of ‚remedial secession‘ in the face of the situation in Kosovo. The Court has already noted [ . . .] that one of the major developments of international law during the second half of the twentieth century has been the evolution of the right of self-determination. Whether, outside the context of non-self-governing territories and peoples subject to alien subjugation, domination and exploitation, the international law of selfdetermination confers upon part of the population of an existing State a right to separate from that State is, however, a subject on which radically different views were expressed by those taking part in the proceedings and expressing a position on the question. Similar differences existed regarding whether international law provides for a right of ‚remedial secession‘ and, 49
Vgl. die britische Stellungnahme v. ... Ibid., S. f. Sehr detailliert ist in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahme Serbiens von . April . Dies mag aus politischen Gründen als einsichtig erachtet werden. Gleichzeitig kann der serbischen Stellungnahme in der völkerrechtlichen Analyse eine sehr hohe Qualität nicht abgesprochen werden. 50
peter hilpold if so, in what circumstances. There was also a sharp difference of views as to whether the circumstances which some participants maintained would give rise to a right of ‚remedial secession‘ were actually present in Kosovo.51
Angesichts des Vorliegens von „radical different views“ in diesem Bereich kann davon ausgegangen werden, dass keine völkergewohnheitsrechtliche Entwicklung im Sinne der Herausbildung eines Sezessionsanspruchs als Notwehrrecht Platz gegriffen hat.52 Erschöpft sich die Bedeutung des Kosovo-Gutachtens für die Fortentwicklung der völkerrechtlichen Sezessionsdiskussion somit in dieser, im Tonfall kritischen Bemerkung? Eine solche Sichtweise greift sicherlich zu kurz, wenn man sich den Gesamtzusammenhang der KosovoProblematik und die Argumentationsstruktur in diesem – sicherlich nicht unproblematischen Gutachten – ansieht. Der IGH entledigte sich bekanntlich aller heiklen Aspekte dieses Gutachtensauftrages über zwei „Präzisierungen“ bzw. Annahmen: . Es sei nicht die Frage der Übereinstimmung der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung mit dem Völkerrecht im weiteren Sinne zu prüfen, sondern die Frage, ob diese Erklärung völkerrechtswidrig sei. In diesem Zusammenhang war es dann für den IGH ein Leichtes festzuhalten, dass Unabhängigkeitserklärungen im Völkerrecht generell nicht verboten seien.53 . Was allgemein vom Völkerrecht nicht untersagt ist, kann aber sehr wohl einer speziellen völkerrechtlichen Regel widersprechen, im konkreten Fall der Sicherheitsrats-Resolution /. Tatsächlich sieht diese die Regelung der Statusfrage auf einvernehmlichem Wege vor. Unilaterale Maßnahmen müssen auf dieser Basis auf jeden Fall als unzulässig erscheinen. Dieses Problem umging der IGH dadurch, dass er als Urheber der Unabhängigkeitserklärung – entgegen der Auffassung des UN-Generalsekretärs, der Generalversammlung, der benachbarten Staaten und der überwiegenden Zahl
51
Vgl. das Kosovo-Gutachten v. . Juli , Abs. . Vgl. in diesem Sinne auch R. Howse/R. Teitel, Delphic Dictum: How Has the ICJ Contributed to the Global Rule of Law by its ruling on Kosovo?, in: German Law Journal , S. –. 53 Vgl. das Kosovo-Gutachten v. . Juli , Abs. . 52
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der sich dazu äußernden Staaten – nicht das kosovarische Parlament sah, sondern die einzelnen Abgeordneten, die als Vertreter des kosovarischen Volkes ultra vires und damit außerhalb des Regelungsregimes der Res. / handelten und somit auch nicht an diese gebunden waren.54 So sehr diese Auffassung – was ihre rechtlich-systematische Überzeugungskraft anbelangt – problematisch erscheint, so hat sie doch sehr weit reichende Implikationen. Die Verselbständigung des Kosovo wird in der Substanz als Selbstbestimmungsakt definiert, der außerhalb des Rahmens der Resolution / vonstatten gegangen ist und damit weder unter die zu prüfende Gutachtensfrage fällt noch überhaupt in seinen Voraussetzungen rechtlich zu würdigen ist, eben da es sich um einen faktischen Vorgang handelt. In wie weit dieser Vorgang rechtliche Wirkungen zeitigt, wird ebenfalls nicht überprüft, doch ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass der Effektivitätsgrundsatz zur Anwendung kommt. An diesem Punkt der Analyse angelangt, muss man sich aber die Frage stellen, weshalb hier überhaupt ein Selbstbestimmungsprozess unter derart partikulären Bedingungen ablaufen konnte – Bedingungen, die die übliche Reaktion des Zentralstaates bei Sezessionsvorgängen, die militärische Gegenwehr, verhinderten. Diese Frage führt uns zurück zur militärischen Intervention der NATO des Jahres , die – durch die Beteiligten überwiegend unausgesprochen und uneingestanden – nicht anders denn als humanitäre Intervention qualifiziert werden kann. Maßnahmen humanitärer Intervention, d. s. Durchbrechungen des Gewaltverbots gemäß Art. Abs. der Satzung der Vereinten Nationen, sind nach wie vor völkerrechtlich unzulässig, wenn sie unilateral erfolgen, d. h. ohne Mandat des Sicherheitsrats.55 Als Jugoslawien vor
54
Ibid., Abs. : „The Court thus arrives at the conclusion that, taking all factors together, the authors of the declaration of independence of February did not act as one of the Provisional Institutions of Self-Government within the Constitutional Framework, but rather as persons who acted together in their capacity as representatives of the people of Kosovo outside the framework of the interim administration.“ 55 Vgl. dazu ausführlich P. Hilpold, Humanitarian Intervention: Is There a Need for a Legal Reappraisal?, in: EJIL /, S. – sowie M. Bothe, Friedenssicherung und Kriegsrecht, in: W. Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, De Gruyter: Berlin et al.
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dem IGH acht NATO-Staaten wegen der Bombenangriffe klagte,56 hätte sich eine Gelegenheit geboten, eine Standortbestimmung zum Stellenwert der humanitären Intervention im Völkerrecht vorzunehmen. Der IGH konnte aber diese Frage mit prozeduralen Erwägungen umgehen. Interessanterweise hat sich im diesbezüglichen Verfahren allein Belgien zur Rechtfertigung auf das Institut der humanitären Intervention berufen.57 Das Recht auf humanitäre Intervention und das Sezessionsrecht als Notwehrrecht sind konzeptionell eng verwandt. Wenn die Intervention des Jahres die Voraussetzungen für ein UN-Regime geschaffen hat, das letztlich die Sezession des Territoriums ermöglicht, das Zielobjekt der betreffenden militärischen Maßnahmen war, so legt diese eine zumin-
. Nicht unerwähnt bleibt soll, dass gerade dieser Interventionsfall zahlreiche Autoren veranlasst hat, von einer Trendwende im Völkerrecht zu sprechen und Vermutungen über eine Rehabilitierung des Instituts der humanitären Intervention anzustellen. Vgl. R. Wedgwood, NATO’s Campaign in Yugoslavia, in: AJIL , S. –; J. Delbrück, Effektivität des UN-Gewaltverbots, in: Die Friedens-Warte , S. ff.; Ch. Greenwood, Humanitarian Intervention: The Case of Kosovo, in: Finnish Yearbook of International Law , S. ff.; K. Ipsen, Der Kosovo-Einsatz – Illegal? Gerechtfertigt? Entschuldbar?, in: R. Merkel (Hrsg.), Der Kosovo-Krieg und das Völkerrecht, S. –. Letztlich mussten diese Spekulationen aber zu einem negativen Ergebnis führen. 56 Case Concerning Legality of Use of Force (Yugoslavia v. United States of America) (Serbia and Montenegro v. Belgium) (Serbia and Montenegro v. Canada) (Serbia and Montenegro v France) (Serbia and Montenegro v. Germany) (Serbia and Montenegro v. Italy) (Serbia and Montenegro v. Netherlands) (Serbia and Montenegro v. Portugal) (Yugoslavia v. Spain) (Serbia and Montenegro v. United Kingdom). 57 „L’OTAN, le Royaume de Belgique en particulier, était tenu d’ une véritable obligation d’ intervenir pour prévenir une catastrophe humanitaire qui était en cours et qui avait était constatée par les résolutions du Conseil de sécurité pour sauvegarder quoi, mais pour sauvegarder des valeurs essentielles qui sont elles aussi érigées au rang de jus cogens. Est-ce que le droit à la vie, l’ intégrité physique de la personne, l’ interdiction des tortures, est-ce que ce ne sont pas des normes érigées au rang de jus cogens? [. . .] Donc pour sauvegarder des valeurs fondamentales érigées en jus cogens, une catastrophe en cours constatée par l’ organisation du Conseil de sécurité, l’ OTAN intervient. [. . .] jamais l’ OTAN n’a mis en question l’ indépendance politique, l’ intégrité de la République de Yougaslavie [. . .].“ See Case Concerning Legality of Use of Force (Serbia v. Belgium), Order of June , ICJ Reports , . Für eine detaillierte Untersuchung der Haltung der NATO-Staaten in diesem Verfahren vgl. A. Prandler, The Concept of ‘Responsibility to Protect’ as an Emerging Norm Versus ‘Humanitarian Intervention’, in Isabelle Buffard et al. (eds.), International Law between Universalism and Fragmentation, Festschrift in Honour of Gerhard Hafner (Brill, Leiden, ), S. – ().
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dest implizite völkerrechtliche Legitimierung der Verselbständigung des Kosovo nahe. Eine solche Schlussfolgerung erscheint – zumindest auf den ersten Blick – umso zwingender als – wie gezeigt – eine Verurteilung der NATO-Intervention nie erfolgt ist. Dennoch muss vor einem solchen Ansatz gewarnt werden. Er ist zu linienförmig, zu formaljuristisch für eine Rechtsordnung wie der völkerrechtlichen. Die Resolution / hat die NATO-Intervention keineswegs abgesegnet. Sie hat nur die faktischen Ergebnisse zur Kenntnis genommen und einen Neuanfang im unmittelbaren Interesse der betroffenen Bevölkerung versucht. Ebenso wenig verfolgte der IGH mit dem Gutachten vom . Juli die Intention, auf den Statusprozess des Kosovo aktiv Einfluss zu nehmen und eine Entscheidung für die albanische Mehrheit und gegen Serbien herbeizuführen. Sie nimmt nur eine Selbstbestimmungshandlung zur Kenntnis und blendet die weiteren Implikationen aus. Was wir am . Juli gesehen haben, ist nicht der Vorbote einer neuen Ära, sondern der Ausläufer einer beispiellosen Aktion, die im Jahr von der NATO gesetzt worden ist. Diese Maßnahme war sorgsam bedacht und Folge einer schwer wiegenden humanitären Provokation, als im Kosovo die Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Im Gefolge dieser Maßnahme ist tatsächlich eine breite Diskussion in der Völkerrechtswissenschaft initiiert worden, auf deren Grundlage eine Verstärkung des allgemeinen Trends zur „Humanisierung des Völkerrechts“ konstatiert werden konnte.58 Es hat sich letztlich aber auch ein (weitgehender) Konsens dahingehend eingestellt, dass von einem revolutionären Bruch in der Völkerrechtsentwicklung – und einen solchen hätte eine Legitimierung der humanitären Intervention bedeutet – eben nicht auszugehen sei. In diesem Sinne sind wohl auch die Vorgänge rund um die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu deuten. Auf faktischer Ebene ließen sich diese Ereignisse tatsächlich als Legitimierung einer Sezession als Notwehrrecht deuten. Der IGH – und eine Vielzahl von UN-Mitgliedstaaten – haben aber alles daran gesetzt sicherzustellen, dass sich eine solche Rechtsregel nicht herausbilden kann, dass der Kosovo ein „sui generis“-Fall bleibt und kein verallgemeinerungsfähiger Rechtstitel daraus abgeleitet werden kann. Dies scheint weitgehend gelungen zu sein. Nun liegt es an der kosovarischen Bevölkerung – und insbesondere an den kosovarischen Politikern – sich der „sui
58 So der Buchtitel des bekannten Werkes von Th. Meron, The Humanization of International Law, .
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generis“-Behandlung würdig zu erweisen. Ansonsten wäre die Hoffnung auf eine „Humanisierung der Völkerrechtsordnung“ eine teure Illusion geblieben und der Glaube, dass Fortschritt in der Völkerrechtsentwicklung möglich ist59, wieder einmal enttäuscht worden. Literatur Abi-Saab, G., Le Principe de l’ Uti Possidetis – Son Role e ses Limites dans le Contentieux Territorial International, in: M.G. Kohen (Hrsg.), Promoting Justice, Human Rights and Conflict Resolution through International Law, Liber Amicorum Lucius Caflish, Martinus Nijhoff: Boston et al. , S. –. Bellamy, A.J. et al. (Hrsg.), The Responsibility to Protect and International Law, Martinus Nijhoff: Den Haag . Bothe, M., Friedenssicherung und Kriegsrecht, in: W. Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, De Gruyter: Berlin et al. . Brölmann, C./Lefeber, R./Zieck, M. (Hrsg.), Peoples and Minorities in International Law, Martinus Nijhoff: Dordrecht u. a. . Buchanan, A., Uncoupling Secession from Nationalism and Intrastate Autonomy from Secession, in: H. Hannum/E. Babitt (Hrsg.), Negotiating SelfDetermination, Lexington Books: Lanham u. a. , S. –. Buchanan, A., Self-Determination and the Right to Secede, in: Journal of International Affairs /, S. –. Buchheit, L.C., Secession: the legitimacy of self-determination, Yale University Press: New Haven et al. . Cassese, A., Self-determination of peoples: a legal reappraisal, CUP: Cambridge . Christakis, Th., The State as a „primary fact“: some thoughts on the principle of effectiveness, in: M. Kohen (Hrsg.), Secession – International Law Perspectives, , S. –. Doehring, K., Self-Determination, in: B. Simma (Hrsg), The Charter of the United Nations – A Commentary, Bd. , OUP: Oxford , S. –. Epping, V./Gloria, Ch., in K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, C.H. Beck: München . Focarelli, C., The responsibility to protect doctrine and humanitarian intervention: too many ambiguities for a working doctrine, in: Journal of conflict and security law, .
59 Vgl. dazu R.A. Miller/R.M. Bratspies (Hrsg.), Progress in International Law, Martinus Nijhoff: Leiden et al. (Buchbesprechung dazu v. P. Hilpold in: EJIL , S. –) und Th. Skouteris, The Notion of Progress in International Law Discourse, T.M.C. Asser Press: Den Haag (Buchbesprechung dazu v. G.R. Bandeira Galindo, in: Melbourne Journal of International Law , S. –). Vgl. für den Kontext der Selbstbestimmung A. Peters, Das Gebietsreferendum im Völkerrecht, Nomos: BadenBaden .
die sezession im völkerrecht
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die sezession im völkerrecht
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SEZESSION, TERRITORIALE INTEGRITÄT UND DIE ROLLE DES SICHERHEITSRATES
Stefan Oeter . Einleitung Die Frage der Sezession und deren völkerrechtlicher Bewertung liegt wie ein dunkler Schatten über dem Kosovo-Gutachten des IGH vom . Juli .1 Zwar hütet sich der IGH im Gutachten tunlichst, auch nur ein einziges Wort über die komplexe Problematik zu verlieren2 – zu offensichtlich wäre dann geworden, dass der Gerichtshof in derart fundamentalen Fragen tief gespalten ist und kaum fähig, eine tragende Mehrheit für einen wirklichen Positionsbezug im Hinblick auf ein Recht auf Sezession zu bilden. Doch das bemühte Schweigen, das das Gutachten durchzieht, lässt die zentrale Frage der Kosovo-Problematik nur umso lastender erscheinen. Im Blick auf diesen Ausgangsbefund führt die Aufforderung, sich zur Thematik des Sezessionsrechts (bzw. der völkerrechtlichen Bewertung der Sezession) in der konkreten Konstellation des Kosovo Gedanken zu machen, in ein doppeltes Dilemma. In der ursprünglichen Spielanordung der Tagung (und des anschließenden Bandes) war bezweckt, eine Kontroverse für und wider die Annahme eines Rechts auf Sezession des Kosovo als eigenständiger territorialer Einheit zu führen – wobei dem Verfasser die Rolle des Befürworters eines Rechts auf Sezession zugedacht war. Dagegen musste ich Widerspruch erheben. Aus einer Reihe von Gründen, die der Beitrag näher ausführen wird, funktioniert eine kontroverse Diskussion über die Bewertung der Sezession im Falle des Kosovo nicht wirklich. Im Ergebnis sind die Ausführungen von Peter Hilpold und mir daher eher komplementär denn gegenläufig, wenn auch die völkerrechtliche Bewertung
1 Accordance with International Law of Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion, I.C.J. Reports , (July , ) – im Folgenden abgekürzt zitiert als ‚ICJ Advisory Opinion‘. 2 Vgl. insoweit auch Thomas Burri, The Kosovo Opinion and Secession: The Sounds of Silence and Missing Links, German L.J. (), , ff.
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der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom . Februar in Nuancen unterschiedlich ausfallen mag.3 Das zweite Dilemma erwächst direkt aus dem Gutachten des IGH. Als Völkerrechtler ist es schwierig, über die Sezession des Kosovo von Serbien zu sprechen und zu schreiben, ohne dabei das Gutachten des IGH zu erwähnen. Doch das Gutachten sagt – wie eingangs schon erwähnt – gezielt nichts zur Problematik des Sezessionsrechts.4 Das Dozieren über eine gezielte Lücke in den Aussagen eines Gerichts jedoch ist ein heikles Unterfangen – und degeneriert allzu leicht in ein Unternehmen des ‚court bashing‘. Dies soll aber hier nicht der Sinn der Ausführungen sein. Der Internationale Gerichtshof befand sich im Gefolge der Gutachtenan-
3 Zu dieser Thematik ist in den letzten Jahren sehr viel geschrieben worden – vgl. nur Jure Vidmar, International Legal Responses to Kosovo’s Declaration of Independence, Vanderbilt J. of Transnational L. (), ff.; K. William Watson, When in the Course of Human Events: Kosovo’s Independence and the Law of Secession, Tulane J. of Int’l. & Comp. L. (), ff.; Alexander Orakhelashvili, Statehood, Recognition and the United Nations System: A Unilateral Declaration of Independence in Kosovo, Max Planck Yearbook of United Nations Law (), ff., Daniel Fierstein, Kosovo’s Declaration of Independence: An Incident Analysis of Legality, Policy and Future Implications, Boston Univ. Int’l. L.J. (), ff.; Robert Muharremi, Kosovo’s Declaration of Independence: Self-Determination and Sovereignty Revisited, Rev. of Central and East European Law (), ff.; Peter Hilpold, Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht, ZaöRV (), , ff.; Olivier Corten, Déclarations unilatérales d’ indépendance et reconnaissances prématurées: Du Kosovo à l’ Ossétie et à l’ Abkhazie, Revue Général de Droit International Public (), ff.; Bing Bing Jia, The Independence of Kosovo: A Unique Case of Secession?, Chinese J. of Int’l. L. (), ff.; Enrico Milano, The Independence of Kosovo under International Law, in: Stephan Wittich/August Reinisch/Andrea Gattini (eds.), Kosovo – Staatsschulden – Notstand – EU-Reformvertrag – Humanitätsrecht: Beiträge zum . Österr. Völkerrechtstag ˇ in Conegliano, Frankfurt a. M. , ff.; Pavel Sturma, The Case of Kosovo and International Law, Polish Yb. of Int’l. L. (), ff. 4 Vgl. als – weitgehend kritische Anmerkungen zu dem Gutachten Michael Bothe, Kosovo – So What? The Holding of the International Court of Justice is not the Last Word on Kosovo’s Independence, German L.J. (), ff.; Robert Howse/Ruti Teitel, Delphic Dictum: How Has the ICJ Contributed to the Global Rule of Law by Its Ruling on Kosovo?, German L.J. (), ff.; Robert Muharremi, A Note on the ICJ Advisory Opinion on Kosovo, German L.J. (), ff.; Burri (Fn. ), ff.; Elena Cirkovic, An Analysis of the ICJ Advisory Opinion on Kosovo’s Unilateral Declaration of Independence, German L.J. (), ff.; Christian Pippan, The International Court of Justice’s Advisory Opinion on Kosovo’s Declaration of Independence: An Exercise in the Art of Silence, Europ. Journal für Minderheitenfragen (), ff.; Cedric Ryngaert, The ICJ’s Advisory Opinion on Kosovo’s Declaration of Independence: A Missed Opportunity?, Netherlands Int’l. L.Rev. (), ff.; Thomas Margueritte, L’ avis consultative de la Cour internationale de Justice sur le Kosovo: Un occasion manqué?, L’ observateur des Nations Unies (), ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates forderung der Generalversammlung in einer schwierigen Lage, der er ohne Blessuren kaum mehr entkommen konnte.5 Der von ihm gewählte Weg heraus aus dem Dilemma ist unter Aspekten der ‚judicial politics‘ durchaus plausibel, wenn er auch in puncto dogmatische Konsistenz seinen Preis hat – der Gerichtshof verwickelt sich mit dem gewählten Argumentationspfad in Widersprüche und musste letztlich an zentraler Stelle zu einer manipulativen Verzerrung der tatsächlichen Annahmen greifen, um diesen Weg überhaupt beschreiten zu können.6 Doch statt gleich in eine kritische Auseinandersetzung mit der Argumentation des IGH in seinem Kosovo-Gutachten einzutreten, wird dieser Beitrag zunächst einige grundlegende Überlegungen zur völkerrechtlichen Problematik der Sezession an den Anfang stellen, mit besonderem Augenmerk auf die Rechtsfigur der „remedial secession“, und wird versuchen, Voraussetzungen und Reichweite der „remedial secession“ etwas zu konturieren. In einem zweiten Abschnitt werden einige Anmerkungen zum speziellen Fall des Kosovo folgen, insbesondere im Hinblick auf SC-Res. und deren Rechtswirkungen für die betroffenen Akteure im Kosovo. In einem dritten Abschnitt wird schließlich doch eine kritische Auseinandersetzung mit den zentralen Schwachstellen des IGHGutachtens erfolgen. Zentraler Problempunkt dabei ist die argumentative Strategie, mit der der Gerichtshof sich Resolution vom Leibe gehalten bzw. der Auseinandersetzung mit den rechtlichen Wirkungen dieser Resolution entzogen hat. Abschließend erfolgen einige bilanzierende Überlegungen zum Rechtsstatus des Kosovo und zu den Perspektiven der weiteren Entwicklungen im Ringen um die Anerkennung des Kosovo als unabhängiger Staat. . Der Kampf um das Sezessionsrecht Die Grundaussage des IGH im Kosovo-Gutachten ist zunächst trivial: Unabhängigkeitserklärungen, die von politischen Akteuren innerhalb eines Staates für bestimmte Teilgebiete abgegeben werden, sind im
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Vgl. auch Burri (Fn. ), ff., sowie Pippan (Fn. ), ff. Vgl. als kritische Anmerkungen zu diesem Punkt Howse/Teitel (Fn. ), ff.; Muharremi (Fn. ), f., und Burri (Fn. ), ff.; vgl. außerdem Björn Arp, The ICJ Advisory Opinion on the Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo and the International Protection of Minorities, German L.J. (), , ff. 6
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Ansatz nicht Regelungsgegenstand des Völkerrechts.7 Sie werden in aller Regel gegen das innerstaatliche Recht des bislang die Hoheitsgewalt innehabenden Staates verstoßen, häufig gar strafbar sein als Hochverrat oder Landesverrat. Am Maßstab des Völkerrechts zu messen sind sie solange nicht, wie die Autoren etwaiger Unabhängigkeitserklärungen als politische Akteure rein innerhalb des internen politischen Prozesses agieren und nicht als Völkerrechtssubjekte unmittelbar an das Völkerrecht gebunden sind.8 Die zentrale Aussage des IGH paraphrasiert damit letztlich den alten Lehrbuchsatz: „Secession is a matter of fact, not a matter of law“.9 Gemeint ist damit, dass Sezessionsbestrebungen zunächst einmal Gegenstand des politischen Prozesses sind – und zwar meist innerstaatlicher politischer Prozesse – aber nicht automatisch ein Traktandum der internationalen Beziehungen darstellen.10 Auf den innerstaatlichen (demokratischen) Prozess bezogen mag es gute Gründe geben, Sezessionsbestrebungen nicht per se zu verdammen, wie vor einiger Zeit Will Kymlicka demonstriert hat.11 In demokratischen Staaten ist es schwierig, Sezessionsbestrebungen zu verbieten, wenn tatsächlich tragende Mehrheiten in abgegrenzten Teilgebieten die Eigenstaatlichkeit anstreben. Ihnen mit den Mitteln des Rechts entgegen zu treten, sie gar rundheraus zu verbieten, riskiert in der Folge erhebliche Deformationen der demokratischen Willensbildung, polarisiert Parteiensysteme und blockiert tendenziell die Entscheidungsfindung in den demokratischen Institutio-
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ICJ Advisory Opinion, paras. , ff.; vgl. hierzu auch Bothe (Fn. ), . Vgl. etwa Thomas Musgrave, Self-Determination and National Minorities, Oxford , ff., ff.; Rein Müllerson, Precedents in the Mountains: On the Parallels and Uniqueness of the Cases of Kosovo, South Ossetia and Abkhazia, Chinese J. of Int’l. L. (), , . 9 Vgl. Musgrave (Fn. ), ff.; Théodore Christakis, L’ état en tant que ‚fait primaire‘: réflexions sur la portée du principe d’ effectivité, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge ,, ff.; Thomas M. Franck, Fairness in International Law and Institutions, Oxford , ff.; Christopher J. Borgen, The Language of Law and the Practice of Politics: Great Powers and the Rhetoric of SelfDetermination in the Cases of Kosovo and South Ossetia, Chicago J. of Int’l. L. (), , . 10 Vgl. als kritische Auseinandersetzung mit der alten These der Neutralität des Völkerrechts gegenüber Phänomenen der Sezession Urs Saxer, Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung, Heidelberg , ff.; Orakhelashvili (Fn. ), f. 11 Will Kymlicka, Justice and Security in the Accomodation of Minority Nationalism, in: Stephen May, Tariq Modood and Judith Squires (eds.), Ethnicity, Nationalism and Minority Rights, Cambridge , , ff. 8
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates nen.12 Aus diesem Grunde sehen eine Reihe von Verfassungen auch ausdrücklich ein Sezessionsrecht bestimmter Gebietseinheiten bzw. deren Bevölkerungen vor.13 Doch letztlich bleibt es (aus Sicht des Völkerrechts) zunächst einmal Gegenstand innerstaatlicher Bewertung, wie mit Sezessionsbestrebungen umzugehen ist. Sezession ist also weder per se vom Völkerrecht verboten noch unterstützt das Völkerrecht im Ansatz Prozesse der Sezession.14 Diese alte Lehrbuchweisheit stellt allerdings bestenfalls eine Teilantwort auf die Fragen der völkerrechtlichen Bewertung von Sezessionsvorgängen dar, denn natürlich unterliegen die Folgen eines Sezessionsvorgangs der Bewertung am Maßstab des Völkerrechts. Zentrale Folgefrage jeder Sezession aber ist die Frage der Anerkennung des so ins Leben gerufenen Neustaates durch Drittstaaten.15 Für das traditionelle Völkerrecht war und ist die Wertung hier immer sehr klar und dezidiert gewesen: Die Anerkennung von Sezessionsgebilden, deren Abspaltung nach wie vor vom ursprünglichen territorialen Souverän bekämpft wird, hat immer als völkerrechtswidrige Intervention gegolten, solange nicht ein spezieller Rechtfertigungstatbestand für die vorzeitige Anerkennung vorlag.16 Dem Verdikt der (völkerrechtswidrigen) Anerkennung entkommt man also nur, wenn eine spezielle Rechtfertigung für die Abspaltung vom alten Mutterland angeführt werden kann – und diese Rechtfertigung sucht die Lehre der sogen. ‚remedial secession‘ zu liefern.17 Die Doktrin 12 Vgl. auch schon Stefan Oeter, Selbstbestimmungsrecht und Bundesstaat, in: HansJoachim Heintze (Hrsg.), Selbstbestimmungsrecht der Völker – Herausforderung der Staatenwelt?, Bonn , , ff. 13 Vgl. auch David Rai´ c, Statehood and the Law of Self-Determination, Den Haag , ff., sowie Miodrag A. Jovanovi´c, Can Constitutions Be of Use in the Resolution of Secessionist Conflicts?, J. of Int’l. Law & Int’l. Relations (), , ff. 14 Vgl. Daniel Thürer/Thomas Burri, Secession, in: Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Oxford Update June , Rdnr.; Georges Abi-Saab, Conclusion, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge , ; Peter Hilpold, Die Sezession – zum Versuch der Verrechtlichung eines faktischen Phänomens, Zeitschrift für öffentliches Recht , ff. 15 Vgl. hierzu John Dugard/David Rai´ c, The Role of Recognition in the Law and Practice of Secession, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge , ff. 16 Vgl. etwa Christine Haverland, Secession, in: Rudolph Bernhardt (ed.), Encyclopedia of Public International Law, Inst. , Amsterdam , , f., sowie Jochen Abr. Frowein, Recognition, ebda., , ; vgl. ferner Orakhelashvili (Fn. ), ff.; Fierstein (Fn. ), ff.; Corten (Fn. ), ff.; Saxer (Fn. ), ff. 17 Vgl. grundlegend zur Figur der ‚remedial secession‘ Umozurike Oji Umozurike, Self-Determination in International Law, Hamden , ff.; Lee C. Buchheit, Secession: The Legitimacy of Self-Determination, New Haven , ff.; Daniel Thürer, Das
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des Sezessionsrechts als eine Art Notwehrrechts setzt am Selbstbestimmungsrecht der Völker an. Nun ist allgemein anerkannt (und praktisch unbestritten), dass das Selbstbestimmungsrecht an sich kein generelles Recht einer (wie auch immer definierten) Volksgruppe beinhaltet, jederzeit ihren eigenen Staat auszurufen.18 Selbstbestimmung der Völker und territoriale Integrität der Staaten sind in einen sinnvollen praktischen Ausgleich zu bringen, im Sinne einer Art ‚praktischer Konkordanz‘.19 Ansätze dafür lassen sich in der kunstvoll ausbalancierten Formulierung der ‚Friendly Relations‘-Deklaration finden, die ersichtlich bemüht ist, beiden Grundprinzipien und Grundbelangen den ihnen zukommenden Stellenwert einzuräumen, ohne einen der beiden Belange auf Kosten des anderen zu optimieren.20 Schon die Definition (und Abgrenzung) des Trägers eines (unkonditionierten) Rechts auf Eigenstaatlichkeit würde praktisch unüberwindliche Schwierigkeiten aufwerfen, denn die Frage nach der Abgrenzung einer vom Mehrheitsvolk unterschiedenen Gruppe mit eigener ‚ethnischer‘ oder ‚nationaler‘ Identität hängt letztlich an einem stark subjektiven Moment.21 Zwar lässt sich eine solche ‚Volksgruppe‘ nicht unabhängig von äußeren Kriterien postulieren. Im Kern bedarf es immer objektiver Merkmale, die eine Gruppe von Menschen äußerlich abgrenzen vom Rest der Bevölkerung oder einer Mehrheitsnation – sei es die eigene Sprache, Religion, Kultur, sei es auch nur das gemeinsame historische Schicksal, das eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in ihrem ErfahSelbstbestimmungsrecht der Völker, Archiv des Völkerrechts (), , f.; Karl Doehring, Allgemeine Staatslehre, Heidelberg , f.; Christian Tomuschat, Secession and Self-Determination, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge , ; Cedric Ryngaert/Christine Griffioen, The Relevance of the Right to Self-Determination in the Kosovo Matter: In Partial Response to the Agora Papers, Chinese J. of Int’l. L. (), , ff.; Saxer (Fn.), ff.; kritisch dazu Orakhelashvili (Fn. ), ff., sowie Nino Kemoklidze, The Kosovo Precedent and the ‚Moral Hazard‘ of Secession, J. of Int’l. Law & Int’l. Relations (), ff., und Peter Hilpold, The Kosovo Case and International Law: Looking for Applicable Theories, Chinese J. of Int’l. L. (), , ff. 18 Vgl. hierzu Vidmar (Fn.), ff.; Müllerson (Fn. ), ff.; Bing Bing Jia (Fn. ), ff. 19 Vgl. insoweit schon Stefan Oeter, Selbstbestimmungsrecht im Wandel. Überlegungen zur Debatte um Selbstbestimmung, Sezessionsrecht und ‚vorzeitige‘ Anerkennung, ZaöRV (), , ff.; vgl. ferner Thomas Musgrave, Self-Determination and National Minorities, Oxford , ff.; Watson (Fn. ), ff.; Thilo Marauhn, Anspruch auf Sezession?, in: Hans-Joachim Heintze (Hrsg.), Selbstbestimmungsrecht der Völker – Herausforderung der Staatenwelt?, Bonn , , ff.; Milano (Fn. ), ff. 20 Vgl. hierzu James Crawford, The Creation of States in International Law, Oxford nd ed. , ff.; Müllerson (Fn. ), . 21 Vgl. Thomas Musgrave (Fn. ), ff.; vgl. ferner Saxer (Fn. ), ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates rungshorizont trennt von anderen Bevölkerungsteilen.22 Ob und inwieweit derartige äußere Merkmale ausreichen, eine bestimmte Gruppe, deren Angehörige diese Merkmale teilen, als eigenes ‚Volk‘ oder ‚Volksgruppe‘ anzusehen, bleibt jedoch meist im Unbestimmten.23 Im Ergebnis ist es dann meist doch die kollektive Identität, also der gemeinsame Wille, sich als eigene, geschiedene Gruppe zu sehen, und sein gemeinsames Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, was politisch den Ausschlag gibt für die Bildung einer eigenen ‚Nation‘.24 Damit nähert man sich logisch jedoch einem Zirkelschluss: die Voraussetzung, das Vorhandensein eines eigenen, abgetrennten ‚Volkes‘, wird letztlich meist erst als Ergebnis des Prozesses der Selbstbestimmung im eigenen Staat unstreitig feststehen.25 Wirklich handhabbar als Tatbestandsvoraussetzung eines global konsensfähigen Rechts auf Staatsbildung ist der (unterdeterminierte) Volksbegriff damit nicht,26 was auch in den Versuchen der Staaten zum Ausdruck kommt, ‚ethnische Minderheiten‘ als Kategorie konzeptionell strikt getrennt zu halten vom Begriff des ‚Volkes‘ (als Träger des Selbstbestimmungsrechts), um so die Berufung ‚ethnischer Minderheiten‘ auf das Selbstbestimmungsrecht (und ein daraus abgeleitetes Sezessionsrecht) abzuschneiden.27 Ganz im Gegenteil: Selbst soweit man von der Existenz einer eigenen, vom Mehrheitsvolk geschiedenen ‚Volksgruppe‘ ausgeht, gilt grundsätzlich der Vorrang der ‚inneren Selbstbestimmung‘, also der Selbstbestimmung in den (verschiedensten) Formen effektiver Teilhabe am innerstaatlichen politischen Prozess.28 Diese ‚innere Selbstbestimmung‘ 22 So der in der Literatur häufig als „ethnic definition“ bezeichnete Ansatz – vgl. Musgrave (Fn. ), ff., als Kritik am ‚ethnischen Selbstbestimmungsrecht‘ vgl. auch Saxer (Fn. ), . 23 Vgl. auch Patrick Thornberry, Self-Determination, Minorities, Human Rights: A Review of International Instruments, Int’l. & Comparative Law Quarterly (), , ; Vidmar (Fn.), f. 24 Vgl. Vidmar (Fn.), f. 25 Siehe hierzu Saxer (Fn. ), ff. 26 Vgl. auch Neil MacCormick, Self-Determination and the determinacy of the Selves, in: W.J. Allan Macartney (ed.), Self-Determination in the Commonwealth, Aberdeen , ff. 27 Vgl. Antonio Cassese, Self-Determination of Peoples: A Legal Reappraisal, Cambridge , ; Vidmar (Fn.), ; Bing Bing Jia (Fn. ), . 28 Vgl. zu Begriff und Konzept der „inneren Selbstbestimmung“ Daniel Thürer, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, mit einem Exkurs zur Jurafrage, Bern , f., f.; Buchheit (Fn. ), f.; Michla Pomerance, Self-Determination in Law and Practice, Den Haag et al. , ff.; Alfred Verdross/Bruno Simma, Universelles Völkerrecht, Berlin . Aufl. , f.; Doehring (Fn. ), f.; Alan Rosas, Internal Self-Determination, in: Christian Tomuschat (ed.), Modern Law of Self-Determination, Dordrecht ,
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kann in der Einbeziehung in das Regierungssystem über ‚nationale‘ Parteien und Formen des ‚ethnischen‘ Proporzes erfolgen, kann aber auch über ganz unterschiedliche Formen der (partiellen) Selbstverwaltung erfolgen, paradigmatisch etwa in der territorial radizierten Autonomie eines bestimmten Gebietes.29 Klassische Fälle der Territorialautonomie als Verwirklichungsform der ‚inneren Selbstbestimmung‘ sind die Autonomielösungen für die Alandinseln im finnischen Staatsverband, die Südtirolautonomie in Italien, oder die spanischen Konstruktionen der ‚historischen‘ Autonomen Gemeinschaften des Baskenlandes, Kataloniens und Galiziens.30 Die unter der Tito-Verfassung von gewährte Autonomie des Kosovo im jugoslawischen Staatsverband könnte man ebenfalls als eine geradezu prototypische Konstruktion der ‚inneren Selbstbestimmung‘ bezeichnen.31 Zugegeben, mit der Aufhebung der Autonomie des Kosovo Ende der Achtziger Jahre unter dem Miloˇsevi´c-Regime war diese Konstruktion der ‚inneren Selbstbestimmung‘ notleidend geworden.32 Doch wenn es unter den Grundsätzen der Selbstbestimmung so etwas wie ein (kollektives) Recht der Kosovaren gab, dann ging dies nicht auf Eigenstaatlichkeit, sondern nur auf Restitution der ‚inneren Selbstbestimmung‘, also auf Wiederherstellung des Autonomiestatus des Kosovo.33 Wann lässt sich nun – weit über dieses Prinzip der ‚inneren Selbstbestimmung‘ hinausgehend – ein Recht auf ‚äußere Selbstbestimmung‘, also auf Eigenstaatlichkeit (und damit implizit ein Recht auf Sezession) begründen? Die Frage ist bis heute streitig geblieben. Ein (durchaus beachtlicher) Teil des völkerrechtlichen Schrifttums im deutschsprachigen Raum wie in den USA argumentiert, unter bestimmten, besonderen Umständen erstarke das eigentlich nur auf ‚innere Selbstbestimmung‘
ff.; Cassese (Fn. ), ff., ff.; Hilpold (Fn. ), f.; vgl. auch zum prinzipiellen Vorrang der ‚inneren Selbstbestimmung‘ Gregory Fox, Self-Determination in the PostCold War Era: A New Internal Focus?, Michigan J. of Int’l. L. (), ff., sowie Oeter (Fn. ), f. 29 Vgl. hierzu etwa Robert McCorquodale, Self-Determination: A Human Rights Approach, Int’l. & Comp. Law Quarterly (), , ff., ferner Saxer (Fn. ), ff. 30 Vgl. zu den klassischen Ausprägungen der Territorialautonomie nur Dirk Stahlberg, Minderheitenschutz durch Personal- und Territorialautonomie, München , ff., sowie Hurst Hannum, Autonomy, Sovereignty, and Self-Determination – The Accomodation of Conflicting Rights, Philadelphia Rev. ed. , ff., ff. 31 Vgl. auch Vidmar (Fn.), ff., . 32 Vgl. hierzu eingehend Marc Weller, Contested Statehood: Kosovo’s Struggle for Independence, Oxford , ff.; vgl. ferner Vidmar (Fn.), ff. 33 Vgl. Vidmar (Fn.), ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates gerichtete Recht auf kollektive Selbstentfaltung zu einem (Not-)Recht auf Eigenstaatlichkeit.34 Bezeichnet wird diese Argumentationslinie allgemein als ‚remedial secession‘. Bewusst halten sollte man sich dabei allerdings, dass die Staatenpraxis sich mit dieser Argumentationslinie nie wirklich hat anfreunden können – zu viele Staaten dieser Welt (vor allem weite Teile der Dritten Welt) fühlen sich latent von Sezessionsbestrebungen bedroht und empfinden es als zutiefst gefährlich, über (wenn auch nur sehr konditionierte) Rechtfertigungen der Sezession die ‚Pandorabüchse‘ des Staatszerfalls zu öffnen.35 Konzipiert ist das Recht der ‚remedial secession‘ als extreme Variante eines kollektiven Notwehrrechts.36 Die Versagung der ‚inneren Selbstbestimmung‘ reicht für die ‚remedial secession‘ nicht aus. Das betroffene Volk muss durch Gewaltmaßnahmen des herrschenden Regimes vielmehr in seinem Existenzrecht betroffen sein.37 Welches Ausmaß an gewaltsamer Unterdrückung hier zu fordern ist, bleibt im Schrifttum umstritten.38 Muss die gewaltsame Bedrohung die Schwelle der Gefahr gewaltsamer Auslöschung erreichen, also die Schwelle des Genozids, oder reichen Maßnahmen ‚ethnischer Säuberung‘, die in der Regel einhergehen mit ‚gross and consistent patterns‘ massiver Menschenrechtsverletzungen, üblicherweise gleichzusetzen mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Reicht unter Umständen gar eine massive institutionelle 34 Die Literatur zu dieser Thematik ist kaum zu überschauen – vgl. nur die Nachweise oben Fn. , ferner Hannum (Fn.) ff., Sebastian Weber, Das Sezessionsrecht der Kosovo-Albaner und seine Durchsetzbarkeit, Archiv des Völkerrechts (), , f.; Antonello Tancredi, A Normative ‚Due Process‘ in the Creation of States Through Secession, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge , , ff.; Crawford (Fn. ), ff.; Kerstin A. Wirth, Kosovo am Vorabend der Statusentscheidung: Überlegungen zur rechtlichen Begründung und Durchsetzung der Unabhängigkeit, ZaöRV (), , ff.; Katharina Parameswaran, Der Rechtsstatus des Kosovo im Lichte der aktuellen Entwicklungen, Archiv des Völkerrechts (), , ; Christian Schaller, Die Sezession des Kosovo und der völkerrechtliche Status der internationalen Präsenz, Archiv des Völkerrechts (), , ff.; Vidmar (Fn.), ff.; Watson (Fn. ), ; Corten (Fn. ), ff.; Thomas D. Grant, Regulating the Creation of States. From Decolonization to Secession, J. of Int’l. Law & Int’l. Relations (), , ff. 35 Vgl. Vidmar (Fn.), f.; Milano (Fn. ), f.; Corten (Fn. ), ff.; Saxer (Fn. ), ff. 36 Vgl. etwa Doehring (Fn. ), f.; Oeter (Fn. ), ff.; Saxer (Fn. ), f. 37 Vgl. Müllerson (Fn. ), . 38 Vgl. insoweit nur Doehring (Fn. ), f.; Oeter (Fn. ), ff.; Vidmar (Fn.), f.; Ryngaert/Griffioen (Fn. ), ff.; Morag Goodwin, What Future for Kosovo? – From Province to Protectorate to State? Speculations on the Impact of Kosovo’s Genesis upon the Doctrines of International law, German L.J. (), , ff.
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Unterdrückung der entsprechenden Volksgruppe aus, die ihr jegliche politische Mitsprache vorenthält, gekoppelt mit Bemühungen forcierter Assimilation? Die prinzipielle Diskussion m die Existenz eines solchen (Notwehr-) Rechts auf Sezession soll hier nicht im Detail geführt werden – sie ist schon reichlich in der Literatur geführt worden und mittlerweile sind wohl alle dafür und dagegen sprechenden Argumente ausgetauscht. Ich habe diesen Punkt der Existenz eines solchen Sezessionsrechts als einer Notmaßnahme in exzeptionellen Situationen auch schon selbst vor zwanzig Jahren argumentiert39 und halte die damals dafür angeführten Argumente nach wie vor für richtig. Wichtig in diesem Kontext ist jedoch: Es handelt sich um ein Notrecht, das nur in Extremsituationen greift. Damit nähert man sich dem zentralen Punkt im Blick auf die Kosovo-Problematik: Kann man im Falle des Kosovo wirklich vom Vorliegen einer extremen Notlage ausgehen, die ein (exzeptionelles) Abgehen vom Vorrang der ‚inneren Selbstbestimmung‘ und die Annahme eines Notrechts auf ‚remedial secession‘ rechtfertigen könnte?40 Für die ganze Periode der Unterdrückung der albanischen Kosovaren unter dem Miloˇsevi´c-Regime über die gesamten Neunziger Jahre hinweg ließe sich ohne Zweifel ein Fall extremer Unterdrückung, bei gleichzeitiger Vorenthaltung jeglicher politischer Partizipation, argumentieren, mit ‚gross and consistent patterns of human rights violations‘ im Gefolge.41 Doch erst mit dem Übergang zum gewaltsamen Konflikt (und zur gezielten Politik ‚ethnischer Säuberungen‘) im Jahre , mit der für diese Phase charakteristischen, zunehmenden Häufigkeit und Massivität der lokalen Massaker und der immer stärkeren Brutalisierung der systematischen Vertreibungen der albanischen Bevölkerung, kam es zu einer Situation extremer Gewalt und Unterdrückung mit genozidalen Zügen.42 Als Konsequenz ließe sich für das Jahr unter Umständen ein Recht auf ‚remedial secession‘ begründen.43
39 Stefan Oeter, Selbstbestimmungsrecht im Wandel. Überlegungen zur Debatte um Selbstbestimmung, Sezessionsrecht und ‚vorzeitige‘ Anerkennung, ZaöRV (), ff. 40 Vgl. zur Anwendung der ‚remedial secession‘ auf den Fall des Kosovo Vidmar (Fn.), ff.; Goodwin (Fn. ), ff.; Wirth (Fn. ), ff.; Ryngaert/Griffioen (Fn. ), f. 41 Vgl. nur Weller (Fn. ), ff. 42 Vgl. eingehend Weller (Fn.), ff., ff. 43 Ebenso Vidmar (Fn.), ; Fierstein (Fn. ), ; Wirth (Fn. ), f.; Ryngaert/Griffioen (Fn. ), .
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates Nun kam es aber in dieser Hinsicht nicht wirklich zum Schwur. Letztlich griff die NATO mit ihren großangelegten Luftbombardements ein, die das Miloˇsevi´c-Regime zur Aufgabe zwangen und so der versuchten Vertreibung der kosovarisch-albanischen Bevölkerung die Spitze brachen.44 Über die Rechtmäßigkeit der NATO-Intervention ist lange und ausführlich gestritten worden.45 Auch heute, aus der Sicht zehn Jahre später, ließe sich dazu noch einiges sagen.46 Doch besieht man die Konsequenzen der Militärintervention unter der Perspektive der ‚remedial secession‘, so lässt sich unschwer formulieren: Mit dem Einlenken Belgrads und der Errichtung der internationalen Administration der UN
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Vgl. Weller (Fn. ), ff., ff. Vgl. nur die Beiträge von Louis Henkin, Jonathan I. Charney, Christine M. Chinkin, Richard A. Falk, Thomas M. Franck und W. Michael Reisman in: American Journal of International Law. (), ff., ff., ff., ff., ff., ff.; die Stellungnahmen von Knut Ipsen, Volker Rittberger and Christian Tomuschat in: Die Friedenswarte (), ff., ff., fff.; Robert Y. Jennings, Kosovo and International Lawyers, International Law Forum (), ff.; Georg Nolte, Kosovo und Konstitutionalisierung: Zur humanitären Intervention der NATO-Staaten, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (), ff.; Nico Krisch, Unilateral Enforcement of the Collective Will: Kosovo, Iraq, and the Security Council, Max-Planck Yearbook of United Nations Law (), ff.; Urs Saxer, Kosovo und das Völkerrecht: Ein Konfliktmanagement im Spannungsfeld von Menschenrechten, kollektiver Sicherheit und Unilateralismus, Basel ; Michael Bothe / Bernd Martenczuk, Die NATO und die Vereinten Nationen nach dem Kosovo-Konflikt: Eine völkerrechtliche Standortbestimmung, Vereinte Nationen. (), ff.; Jonathan I. Charney, Anticipatory Humanitarian Intervention in Kosovo, Vanderbilt J. of Transnational L. (), ff.; Dieter S. Lutz (ed.), Der Krieg im Kosovo und das Versagen der Politik, Baden-Baden ; Daniel Thürer, Der Kosovo-Konflikt im Lichte des Völkerrechts: Von drei – echten und scheinbaren – Dilemmata, Archiv des Völkerrechts (), ff.; Francesco Francioni, Of War, Humanity and Justice: International Law after Kosovo, Max Planck Yearbook of United Nations Law (), ff.; Christopher Greenwood, International Law and the NATO Intervention in Kosovo, International & Comparative Law Quarterly. (), ff.; Walter Kälin, Humanitäre Intervention: Legitimation durch Verfahren?, Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht (), ff.; Abraham D. Sofaer, International Law and Kosovo, Stanford J. of Int’l. L. (), ff.; Mary Ellen O’Connell, The UN, NATO, and International Law after Kosovo, Human Rights Quarterly. (), ff.; Philipp A. Zygojannis, Die Staatengemeinschaft und das Kosovo. Humanitäre Intervention und internationale Übergangsverwaltung unter Berücksichtigung einer Verpflichtung des Intervenienten zur Nachsorge, Berlin , ff. 46 Vgl. nur die kritischen Anmerkungen von Martti Koskenniemi, The Lady Doth Protest too Much. Kosovo, and the Turn to Ethics in International Law, The Modern Law Review (), ff., ferner Srdjan Cvijic, Self-Determination as a Challenge to the Legitimacy of Humanitarian Interventions: The Case of Kosovo, German L.J. (), , ff., and Hilpold (Fn. ), ff. 45
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für das Kosovo unter der Sicherheitsratsresolution kam es für die Kosovo-Albaner zu einer Beruhigung der Situation, die die Voraussetzungen der ‚remedial secession‘ wohl im Ergebnis wieder entfallen ließ.47 Schon die Interimsverwaltung der Vereinten Nationen ist inhaltlich an einer (wenn auch konditionierten) Selbstbestimmung der Kosovaren orientiert, indem sie im Gewand der Interimsverwaltung den Kosovaren über ihre gewählten Selbstverwaltungsorgane sukzessive eine zunehmende Mitsprache an der Regierung Verwaltung des Gebietes einräumte, wenn auch unter Anerkennung der (zumindest vorläufig) fortbestehenden territorialen Souveränität Serbiens.48 Auch perspektivisch ist das Ziel einer Selbstbestimmung der Kosovaren dem Prozess der unter Res. vorgesehenen Endstatusverhandlungen eingeschrieben – als Ergebnis konnte unter den Leitlinien dieses Prozesses letztlich nur entweder eine Eigenstaatlichkeit des Kosovo oder eine weitgehende Autonomie des Gebietes im serbischen Staatsverband herauskommen, angebunden an die Zustimmung des kosovarischen Volkes, das über die Organe der provisorischen Selbstverwaltung eine der beiden Parteien der Verhandlungen darstellt.49 Bilanziert man diese spezifische Situation, wie sie unter Resolution eingetreten war, unter der Perspektive eines etwaigen Rechts auf ‚remedial secession‘, so kann man wohl vernünftigerweise nur zu einem Ergebnis kommen: mit der treuhänderischen Verwaltung der Vereinten Nationen (und der damit verbundenen Befriedung der Lage) waren die Voraussetzungen der ‚remedial secession‘ (als eines einseitigen Notrechtes) im Ergebnis wieder entfallen.50 Die Konkretisierung der der Situation angemessenen Form der Selbstbestimmung war mit Res. einem komplexen System bilateraler Verhandlungen unter internationaler Auf-
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Ebenso Vidmar (Fn.), ; Ryngaert/Griffioen (Fn. ), . Vgl. James Gow, Kosovo – The Final Frontier? From Transitional Administration to Transitional Statehood, J. of Intervention and Statebuilding (), , ff. 49 Vgl. nur zur Bewertung der Endstatusverhandlungen (und des Ahtisaari-Berichts) unter der Perspektive der Selbstbestimmung Marcelo G. Kohen, Le Kosovo: Un test pour la communauté internationale, in: Vincent Chetail (ed.), Conflits, sécurité et coopération, Bruxelles , , ff.; Rüdiger Wolfrum, Kosovo: Some Thoughts on its Future Status, in: Sienho Yee/Jacques-Ivan Morin (eds.), Multiculturalism and International Law, Leiden et al. , ff. 50 So im Ergebnis auch Vidmar (Fn.), f.; Goodwin (Fn. ), f.; Schaller (Fn. ), f.; Wirth (Fn. ), ff.; Ryngaert/Griffioen (Fn. ), ; Milano (Fn. ), ; anderer Ansicht Fierstein (Fn. ), ff.; Watson (Fn. ), ff.; Parameswaran (Fn. ), ff.; Weber (Fn. ), f., f.; Muharremi (Fn. ), ff. 48
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates sicht und Vermittlung anvertraut. Ein etwaiges Sezessionsrecht, das man unter der konkreten Situation des Jahres , also des Datums der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, wird verneinen müssen, kann in der Folge schwerlich als Rechtfertigung für eine vorzeitige Anerkennung des Kosovo als unabhängiger Staat herhalten. . Besonderheit des Falles Kosovo – Resolution Schon unter den allgemeinen Kategorien des Selbstbestimmungsrechts und eines daraus abgeleiteten Rechts auf ‚remedial secession‘ lässt sich also eine generelle Legitimation der einseitigen Loslösung des Kosovo von Serbien nur schwer begründen. Eine Besonderheit der Rechtslage des Kosovo, die mit dem (treuhänderischen) Regime der Interimsverwaltung durch die UN zusammenhängt, verschiebt die Argumentationslast aber noch einmal zu Lasten der Möglichkeit einer einseitigen Erklärung der Unabhängigkeit als Staat – das besondere Rechtsregime der Sicherheitsratsresolution , das einen kunstvollen (und fragilen) Kompromiss gefunden hatte zwischen (UN-überwachter) Selbstverwaltung des Kosovo als einer eigenen Gebietseinheit und der prinzipiellen Wahrung der (fortbestehenden) territorialen Souveränität Serbiens über das Kosovo.51 Resolution hatte – in Reaktion auf die mit der NATO-Intervention geschaffenen Tatsachen – ein Interimsregime errichtet, mit dessen Hilfe man die Region zu befrieden suchte. Kern der Befriedungsstrategie waren zwei voneinander getrennte Entwicklungsstränge. Zum einen sollte über einen Prozess der Errichtung von tragfähigen Strukturen des ‚self-government‘ das Kosovo in die Lage versetzt werden, als eigenständiges Gemeinwesen Ansätze einer
51 Zum Regime der Res. vgl. Andreas Zimmermann, Yugoslav Territory, United Nations Trusteeship or Sovereign State: Reflections on the Current and Future Legal Status of Kosovo, Nordic J. of Intl. L (), ff.; Tobias H. Irmscher, The Legal Framework for the Activities of the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo: the Charter, Human Rights, and the Law of Occupation, German YB of Intl. L (), ff.; Carsten Stahn, International Territorial Administration in the Former Yugoslavia: Origins, Developments and Challenges Ahead, ZaöRV (), ff.; Jürgen Friedrich, UNMIK in Kosovo: Struggling with Uncertainty, Max Planck YB of UN Law (), ff.; Michael Bothe/Thilo Marauhn, UN Administration of Kosovo and East Timor: Concept, Legality and Limitations of Security Council Mandated Trusteeship Administration, in: Christian Tomuschat (ed.), Kosovo and the International Community – A Legal Assessment, Dordrecht , ff.; Vidmar (Fn.), ff.; Hilpold (Fn. ), ff.
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funktionsfähigen Staatlichkeit auszubilden.52 Das Ziel dieser Ansätze funktionierender Staatlichkeit aber sollte offen gehalten werden, denn die Bestimmung über den sogen. ‚Endstatus‘ des Kosovo sollte einem Prozess der Verhandlungen zwischen serbischer Regierung und den Selbstverwaltungsorganen des Kosovo überlassen bleiben.53 Die zu schaffenden Strukturen des ‚self-government‘ waren insoweit statusneutral – Sinn ergaben sie sowohl im Hinblick auf eine Eigenstaatlichkeit des Kosovo wie auf einen Status weitgehender Autonomie im Rahmen des serbischen Staatsverbandes. Für die Interimszeit der treuhänderischen Verwaltung durch die Vereinten Nationen, des Aufbaus eigener Strukturen des ‚self-government‘ sowie der laufenden Endstatusverhandlungen konnte es im Grunde zu keiner grundlegenden Veränderung des völkerrechtlichen Status quo des Gebietes kommen. Dementsprechend ist es nur konsequent, wenn Resolution für die Interimszeit die de jure fortdauernde territoriale Souveränität Serbiens betont54 – eine Akzentsetzung, die schwer vermeidbar war, zieht man die begrenzten Befugnisse des UN-Sicherheitsrates in Betracht, der eindeutig nicht zu einer Änderung bzw. Festlegung des endgültigen Status des Kosovo befugt gewesen wäre.55 Solange aber der Kosovo de jure Serbien zugeordnet bleibt und de facto unter internationaler Aufsicht steht, fehlt es an einer hinreichend eigenständigen Staatsgewalt, die Grundvoraussetzung einer Anerkennung als Staat ist.56 Für Drittstaaten, die nun – nach einseitiger Ausrufung der Unabhängigkeit – die ‚Republik Kosova‘ als souveränen Staat anerkennen wollen, ergibt sich aus dieser Rechtslage unter Resolution ein gravie52 Vgl. Weller (Fn. ), ff., ferner zu den schwierigen Fragen der Legitimationsbeschaffung eines solchen Unternehmens Bernhard Knoll, Legitimacy and UN-Administration of Territory, German L.J. (), ff. 53 Vgl. zu den Endstatusverhandlungen eingehend Weller (Fn. ), ff.; vgl. außerdem Fred L. Morrison, Between a Rock and a Hard Place: Sovereignty and International Protection, Chicago-Kent L.Rev. (), ff., und Bernhard Knoll, Kosovo’s Endgame and Its Wider Implications in Public International Law, Finnish Yb. Of Int’l. L. (), ff. 54 Vgl. Vidmar (Fn.), ff.; Orakhelashvili (Fn. ), ff.; Goodwin (Fn. ), ; Schaller (Fn. ), f.; Gow (Fn. ), ; Milano (Fn. ), ff. 55 Vgl. hierzu nur Alexander Orakelashvili, The Acts of the Security Council: Meaning and Standards of Review, Max Planck Yearbook of United Nations Law (), ff.; ders., The Impact of Peremptory Norms on Interpretation and Application of UN Security Council Resolutions, European J. of Int’l. L. (), ff., ferner Wirth (Fn. ), ff.; Goodwin (Fn. ), ff. 56 Vgl. in diesem Sinne auch Vidmar (Fn.), ff., insbes. ff.; Orakhelashvili (Fn. ), ff.; Milano (Fn. ), ff.; anderer Ansicht etwa Muharremi (Fn. ), ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates rendes Hindernis für die Rechtmäßigkeit der Anerkennung.57 Solange Resolution gilt, solange gilt auch der von der Resolution geschaffene Interimsstatus, zu dessen zentralen Bestandteilen auch die prinzipiell fortdauernde territoriale Souveränität Serbiens über das Kosovo zählt. Um dieser in Resolution festgeschriebenen Zwischenlösung zu entgehen, müsste man im Grunde Resolution für (ganz oder teilweise) obsolet erklären58 oder die Resolution interpretatorisch entschärfen59 – ein Versuch, der auch verschiedentlich unternommen worden ist, vor allem im Sinne entsprechender Umdeutungen des Sinngehaltes der Resolution. Diese Umdeutungsversuche scheitern allerdings im Ergebnis am klaren Wortlaut der Resolution und dem Verständnishorizont der Sicherheitsratsmitglieder bei Annahme der Resolution – gemeint war eben keine nur vorübergehende Aufrechterhaltung der territorialen Souveränität für die Dauer der Interimsverwaltung, sondern gedacht war eindeutig an eine klare Bestätigung der de jure fortbestehenden serbischen Souveränität, die nur durch ein konsentiertes Ergebnis der Endstatusverhandlungen hätte abgelöst werden können.60 Insgesamt schiebt der IGH im Kosovo-Gutachten den Spekulationen über Fortgeltung und Bedeutungsgehalt der Resolution einen Riegel vor, wenn er – ohne die Implikationen näher auszuführen – von einer fortdauernden Anwendbarkeit der Resolution ausgeht, die – wären die Autoren der Unabhängigkeitserklärung an sie gebunden gewesen – die Erklärung der Unabhängigkeit mit dem Verdikt der Völkerrechtswidrigkeit belegt hätte.61 Besieht man sich die pro und contra sprechenden Argumente, so war diese Schlussfolgerung wohl auch kaum zu vermeiden – das Regime der Resolution ist auf unbestimmte Zeit beschlossen, formell aufgehoben ist die Resolution nicht, die auf der Grundlage der Resolution errichtete UN-Mission im Kosovo (UNMIK) besteht fort 57 Vgl. auch Orakhelashvili (Fn. ), ff., ff.; Corten (Fn. ), ff.; Milano (Fn. ), f., vgl. ferner – wenn auch mit anderer Zielrichtung – Vidmar (Fn.), ff., insbes. ff. 58 Vgl. als Versuch einer Obsoleterklärung Parameswaran (Fn. ), ff. 59 Vgl. zu diesen Versuchen der Umdeutung Orakhelashvili (Fn. ), ff.; Schaller (Fn. ), ff.; vgl. ferner als Stimme eines Praktikers Helmut Tichy, Rechtsfragen der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo, in: Stephan Wittich/August Reinisch/Andrea Gattini (eds.), Kosovo – Staatsschulden – Notstand – EU-Reformvertrag – Humanitätsrecht: Beiträge zum . Österr. Völkerrechtstag in Conegliano, Frankfurt a. M. , ff. 60 Siehe auch Orakhelashvili (Fn. ), f.; Müllerson (Fn. ), ; Bing Bing Jia (Fn. ), ff. 61 ICJ Advisory Opinion, para. , vgl. hierzu auch Cirkovic (Fn. ), ff.
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und es sind keinerlei ernsthafte Gründe ersichtlich, die für ein Erlöschen der Resolution sprächen.62 Das Ergebnis ist für die Unterstützerstaaten des neuen Kosovo misslich, aber lege artis kaum zu vermeiden: eine zeitnahe Anerkennung der Republik Kosova wirft unter dem geltenden Völkerrecht erhebliche Rechtmäßigkeitsprobleme auf. . Bindung der ‚Provisional Institutions of Self-Government‘ an Res. Man ist damit unweigerlich bei der zentralen Schwachstelle des KosovoGutachtens des IGH angelangt – der rechtlichen Bewertung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung und dem sehr verqueren Umgang des Gerichtshofes mit den Autoren dieser einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.63 Deren Einstufung als privater Einzelpersonen, die in keiner Weise an Vorgaben des Völkerrechts gebunden seien, kann nur als merkwürdig bezeichnet werden. Als Repräsentanten des kosovarischen Volkes auftreten konnten die Urheber der Unabhängigkeitserklärung nur, weil es sich bei ihnen um gewählte Mitglieder der Versammlung, also der parlamentarischen Vertretungskörperschaft im Kontext der „Provisional Institutions of Self-Government“, sowie um Mitglieder der (ebenfalls im Rahmen der „Provisional Institutions of SelfGovernment“ gebildeten) Exekutive des Kosovo handelte.64 Die Legitimation dieser Repräsentanten, für das kosovarische Volk zu sprechen, stammte also aus dem Akt der Wahlen zu den „Provisional Institutions of Self-Government“ unter Res. , wie Richter Bennouna in seinem Sondervotum sehr sorgfältig und überzeugend herausarbeitet.65 Gab aber nur der Wahlakt zu den „Provisional Institutions of Self-Government“ den einzelnen Repräsentanten die Legitimation, im Namen des kosovarischen Volkes zu handeln, so ist es geradezu frivol, sie – wie im Gutachten selbst – zu von den Strukturen der „Provisional Institutions of Self-Government“ völlig losgelösten Einzelpersonen zu erklären. 62 Ebenso Orakhelashvili (Fn. ), ff., ; Gow (Fn. ), ff.; Hilpold (Fn. ), ; Milano (Fn. ), ff.; vgl. allerdings – mit gegenläufiger Tendenz – Schaller (Fn. ), ff.; Muharremi (Fn. ), ff. 63 Vgl. nur die Kritik an dieser zentralen Argumentationslinie des IGH bei Howse/ Teitel (Fn. ), ; und Burri (Fn. ), ff.; vgl. außerdem Bothe (Fn. ), , sowie Cirkovic (Fn. ), ff. 64 Vgl. hierzu auch die Dissenting Opinion von Judge Koroma, I.C.J., paras. f., ff. 65 Dissenting Opinion des Richters Bennouna, I.C.J., paras. ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates Ihre Handlungslegitimation als Repräsentanten des kosovarischen Volkes stammte aus den Wahlen zu den „Provisional Institutions of SelfGovernment“, also aus dem Kontext des von Resolution errichteten Interimsregimes.66 Als Mandatare unter Resolution aber hätte man die Urheber der Unabhängigkeitserklärung eigentlich für an Resolution gebunden erachten müssen – was allerdings im Sinne des von der Mehrheit des IGH präferierten Ergebnisses unschön gewesen wäre, weil sie als (an Resolution gebundene) Mandatare der „Provisional Institutions of Self-Government“ ganz offensichtlich rechtswidrig gehandelt haben, unter Verstoß gegen das von der Resolution vorgesehene Übergangsregime mit interimistischer Aufrechterhaltung der territorialen Souveränität Serbiens.67 Indem die Mehrheit, die das IGH-Gutachten trägt, diese Verbindung der handelnden Mandatare mit dem Rechtsregime der Resolution (als der interimistischen Verfassung des Kosovo) zu leugnen sucht und die Handelnden zu rein zivilgesellschaftlichen Akteuren zu erklären sucht, gerät das Gutachten argumentativ ersichtlich auf Abwege. Nach den Regeln der Kunst, also des juristischen Handwerks, ist dieses Ergebnis kaum vertretbar – aber es war politisch so gewollt. Das Ziel des Manövers ist durchschaubar – und im Interesse der Institution auch verstehbar. Hätte die Mehrheit in der Argumentation nicht manipulativ operiert, wäre die Unabhängigkeitserklärung wegen Verstoßes gegen Resolution prima facie rechtswidrig gewesen. In der Konsequenz hätte sich ein Bündel von Folgefragen gestellt – und hätte der Gerichtshof diese Folgefragen zu beantworten gesucht, so hätte man die Pandorabüchse der ‚remedial secession‘ öffnen müssen.68 Nur unter Rückgriff auf das Selbstbestimmungsrecht wäre die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo eventuell zu rechtfertigen gewesen – wobei mehr als zweifelhaft ist, ob sich auf der Richterbank eine tragfähige Mehrheit gefunden hätte, die in der Lage gewesen wäre, zur anstehenden Fragestellung so etwas wie eine konsistente Position zu beziehen. Und selbst wenn dies gelungen wäre, hätte sich in der Folge die noch weit schwierigere Frage nach dem Verhältnis von Selbstbestimmungsrecht, das ja im Ansatz ‚jus cogens‘ darstellt, zu Resolutionen des Sicherheitsrates gestellt – und spätestens hier wäre der Gerichtshof in der internen Meinungsbildung mit Sicherheit gescheitert. Hätte der IGH sich also auf die materiell 66 67 68
Vgl. auch Howse/Teitel (Fn. ), , sowie Cirkovic (Fn. ), ff. Vgl. auch in diesem Sinne Bothe (Fn. ), . Vgl. Howse/Teitel (Fn. ), f.
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aufgeworfenen Fragen eingelassen, so wäre offensichtlich geworden, dass der Gerichtshof in solchen Fundamentalfragen des Völkerrechts derart gespalten ist, dass es allenfalls zu einer rein technischen Mehrheit gekommen wäre, deren tragende Begründung aber im Bedeutungsgehalt kaum zu erschließen gewesen wäre. Ein faktisches ‚non liquet‘ wie im Nuklearwaffengutachten69 aber hätte der weiteren Völkerrechtsentwicklung keinen wirklichen Dienst erwiesen – und hätte die Stellung des IGH als des Hauptrechtsprechungsorgans der Vereinten Nationen beschädigt. Den im Kosovo-Gutachten eingeschlagenen Weg der Argumentation wird man deshalb völkerrechtspolitisch für durchaus legitim halten können, gelang es doch so, eine fatale Spaltung des Gerichtshofes zu verhindern. In Kategorien dogmatischer Konsistenz hatte die argumentative Enthaltsamkeit aber ihren Preis. Die gezielte Vermeidung der heiklen Fragen von Selbstbestimmung und ‚remedial secession‘ war nur um den Preis einer – in dogmatischer Perspektive – ersichtlichen Mogelei zu haben. . Schlussfolgerungen Als Ergebnis lässt sich festhalten: Die einseitig erklärte Unabhängigkeit des Kosovo bildet keinen guten Präzedenzfall für die Weiterentwicklung der völkerrechtlichen Doktrin zu Fragen des Selbstbestimmungsrechts und der Sezession. Dies gilt in einer doppelten Hinsicht. Zum einen prozessual: Mit dem Sonderregime der Resolution wies die Rechtslage des Kosovo ganz spezifische Eigenheiten auf, die den IGH zwangen, sich (unter manipulativer Verdrehung der zugrunde liegenden Tatsachen) auf einen Minimalkonsens zurückzuziehen. Doch selbst wenn
69 Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, Advisory Opinion, I.C.J. Reports , ; vgl. zu den Unklarheiten und Lücken dieses Gutachtens auch Bharat Desai, Non liquet and the ICJ Advisory Opinion on the Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons: Some Reflections, Indian J. of Int’l. L. (), ff.; Yogesh Tyagi, Judicial Statesmanship without Political Courage: The ICJ Advisory Opinion on Nuclear Weapons, Indian J. of Int’l. L. (), ff.; Mariano J. Aznar Gómez, The Nuclear Weapons Advisory Opinion and Non Liquet in International Law, ICLQ (), ff.; Christopher Greenwood, Jus ad bellum and jus in bello in the Nuclear Weapons Advisory Opinion, in: Laurence Boisson de Chazournes (ed.), International Law, the International Court of Justice and Nuclear Weapons, Cambridge , ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates der Gerichtshof die Fragen der Selbstbestimmung, der ‚remedial secession‘ und der vorzeitigen Anerkennung ernsthaft behandelt hätte, wäre das Ergebnis für die Anhänger eines (konditionierten) Sezessionsrechts wahrscheinlich enttäuschend ausgefallen. Im Falle des Kosovo lagen die Voraussetzungen einer ‚remedial secession‘ – selbst soweit man deren Zulässigkeit grundsätzlich bejaht – aus tatsächlichen Gründen einfach nicht vor.70 Die Anerkennung des proklamierten neuen Staates durch Dritte hätte sich also selbst unter Aspekten der ‚remedial secession‘ als völkerrechtswidrig herausgestellt – und zwar unabhängig davon, welche dogmatische Grundposition zu Fragen der Selbstbestimmung und Sezession man denn nun bezieht. Auf das weitere Schicksal der ‚Republik Kosova‘ wirft dieser völkerrechtliche Befund einen dunklen Schatten. Der Kosovo wird sich wohl de facto als eigenständiger Staat (wenn auch unter Kuratel der EU und in Abhängigkeit von den USA) etablieren; er wird jedoch noch längere Zeit in einer völkerrechtlichen Grauzone verharren müssen, anerkannt von einem Teil der Staatengemeinschaft, bewusst nicht anerkannt von einem anderen Teil, ohne Chance der baldigen Aufnahme in die Vereinten Nationen.71 EU und USA werden es wohl schaffen, mit massiver Wirtschaftshilfe der Bevölkerung dieses ‚Schattengebildes‘ ein basales Überleben zu sichern. Ob der moderierende Einfluss der EU-Mission EULEX72 ausreicht, die endemische Korruption und den Klientelismus der kosovarischen Gesellschaft zu zähmen, mit all ihren unschönen Seiten, bis hin zur Verstrickung der politischen Führungseliten in die Strukturen der organisierten Kriminalität, ist eher unsicher.73 Nicht nur in völkerrechtlicher Perspektive wird es sich um eine Art ‚Schattenreich‘ handeln; auch die inneren Strukturen werden einem Rechtsstaat westeuropäischer Prägung allenfalls an der Oberfläche ähneln, in den glitzernden Fassaden der von internationalen Akteuren eingerichteten Fassaden der staatlichen Institutionen. Eine Erfolgsgeschichte des ‚post-conflict peace-building‘ wird der Kosovo aber so schnell nicht werden. Darüber hinaus operiert EULEX 70
Siehe den Text und die Nachweise oben bei Fn. . Gow (Fn. ), ff.; Bing Bing Jia (Fn. ), ff. 72 Vgl. zu EULEX eingehend Martina Spernbauer, EULEX Kosovo: The Difficult Deployment and Challenging Implementation of the Most Comprehensive Civilian EU Operation to Date, German L.J. (), ff., und Robert Muharremi, The European Union Rule of Law Mission in Kosovo (EULEX) from the Perspective of Kosovo Constitutional Law, ZaöRV (), , ff. 73 Zu den inhaltlichen Herausforderungen, vor die sich EULEX gestellt sieht, vgl. Spernbauer (Fn. ), ff. 71
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auf sehr fragiler rechtlicher Grundlage.74 Nachdem es nicht gelungen war, im UN-Sicherheitsrat eine den Ahtisaari-Plan bestätigende Nachfolgeresolution zu Res. verabschieden zu lassen,75 musste EULEX – das nach den ursprünglichen Planungen eine eigene völkerrechtliche Legitimation vom Sicherheitsrat erhalten sollte – auf Grundlage und im Kontext der weitergeltenden Strukturen der UN – Treuhandverwaltung errichtet werden.76 Zwar ist es notdürftig gelungen, mit einem ‚Presidential Statement‘ des Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrates eine Grundlage für EULEX zu schaffen.77 Preis dafür war allerdings die Einbettung in die Strukturen von UNMIK, denn akzeptiert wurde EULEX unter der Bedingung, dass „EULEX (would) fully respect Security Council Resolution () and operate(d) under the overall authority and within the status-neutral framework of the United Nations“78, was der politischen Zielsetzung der Mission einen ganz anderen Dreh- und Angelpunkt gibt.79 Auch hier rächt sich das brachiale Vorgehen der Unterstützung einer einseitigen Loslösung des Kosovo von Serbien. Als völkerrechtspolitischer Präzedenzfall ist die einseitige Loslösung des Kosovo vom serbischen Staat und deren Anerkennung durch die USA und eine Teil der EU-Mitglieder also auf jeden Fall sehr unglücklich.80 Der mühsam erzielte Konsens über den Vorrang der Formen ‚innerer Selbstbestimmung‘ wurde hier ohne wirkliche Not aufgekündigt. Sieht man genau hin, so gab es kein völkerrechtlich tragendes Argument, warum es in diesem Falle notwendig der Eigenstaatlichkeit bedürfe – außer dem realpolitischen Drohpotenzial der gut organisierten Extremisten des kosovo-albanischen Nationalismus, den Akteuren der Staatengemeinschaft das Leben im Konfliktfalle sehr schwer machen
74 Vgl. zum – schwierigen und umstrittenen – Rechtsstatus von EULEX Orakhelashvili (Fn. ), ff., sowie Erika de Wet, The Governance of Kosovo: Security Council Resolution and the Establishment and Functioning of EULEX, American J. of Int’l. L. (), ff.; Gow (Fn. ), ff.; Wolfgang Koeth, State Building without a State: The EU’s Dilemma in Defining its Relations with Kosovo, European Foreign Affairs Rev. (), , ff. 75 Vgl. Spernbauer (Fn. ), ff.; Koeth (Fn.), ff. 76 Vgl. Spernbauer (Fn. ), ff.; Koeth (Fn.), ff. 77 Vgl. Spernbauer (Fn. ), . 78 Statement by the President of the Security Council, UN Doc. S/PRST// ( Nov. ). 79 Vgl. Spernbauer (Fn. ), ff.; Koeth (Fn.), ff. 80 Vgl. insoweit die plausiblen Argumente gegen die Loslösung des Kosovo bei Cvijic (Fn. ), ff., ff.; vgl. ferner Gow (Fn. ), ff.; Müllerson (Fn. ), ff.; Milano (Fn. ), ff.
sezession, integrität und die rolle des sicherheitsrates zu können.81 Die Ziele der Staatengemeinschaft wären auch im Kontext einer Lösung weitreichender Autonomie im serbischen Staatsverband zu erreichen gewesen, und auch das Leben der Bewohner hätte unter einer derartigen Lösung nicht notwendig leiden müssen. Völkerrechtspolitisch wäre ein derartiger Lösungsweg sicherlich vorzugswürdig gewesen – und er hätte auch die Sorgen der vielen Staaten mit Sezessionsängsten zerstreut, deren Vorbehalte so zu einer tiefen Spaltung der Staatengemeinschaft in der Frage des Kosovo geführt haben.82 Selbstbestimmung ist nicht notwendig gleichzusetzen mit dem Verlangen nach Eigenstaatlichkeit – selbst wenn die selbsternannten Repräsentanten aufbegehrender Völker dies gerne so hätten. Das Arsenal der sinnvollen Arrangements von Selbstbestimmung ist sehr viel breiter – diese Losung hätte eigentlich vom Kosovo ausgehen sollen. Dass es anders gekommen ist, wird der Staatengemeinschaft noch längere Zeit Probleme bereiten – und es wird großer Mühe, aber auch Phantasie bedürfen, um aus den Fallstricken der verunglückten Lösung der Kosovo-Frage wieder herauszukommen. Literatur Abi-Saab, Georges, Conclusion, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession: International Law Perspectives, Cambridge: CUP , S. ff. Aznar Gómez, Mariano J., The Nuclear Weapons Advisory Opinion and Non Liquet in International Law, ICLQ (), S. ff. Borgen, Christopher J., The Language of Law and the Practice of Politics: Great Powers and the Rhetoric of Self-Determination in the Cases of Kosovo and South Ossetia, Chicago J. of Int’l. L. (), S. ff. Bothe, Michael, Kosovo – So What? The Holding of the International Court of Justice is not the Last Word on Kosovo’s Independence, German L.J. (), S. ff. Bothe, Michael / Martenczuk, Bernd, Die NATO und die Vereinten Nationen nach dem Kosovo-Konflikt: Eine völkerrechtliche Standortbestimmung, Vereinte Nationen. (), S. ff. Bothe, Michael / Marauhn, Thilo, UN Administration of Kosovo and East Timor: Concept, Legality and Limitations of Security Council Mandated Trusteeship Administration, in: Christian Tomuschat (ed.), Kosovo and the International Community – A Legal Assessment, Dordrecht: Nijhoff , S. ff. Buchheit, Lee C., Secession: The Legitimacy of Self-Determination, New Haven: Yale Univ. Press . 81 82
Vgl. auch Orakhelashvili (Fn. ), . Vgl. Gow (Fn. ), ff.
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DIE OSZE UND DER KOSOVO
Matthias Niedobitek . Einleitung Das heutige Engagement der OSZE im Kosovo wird vor allem durch zwei Faktoren bestimmt: die „Statusneutralität“ des Engagements und die zunehmende Einschränkung der OSZE-Präsenz im Kosovo. Was die Statusneutralität angeht, so folgt diese, als gleichsam natürliche Konsequenz, aus der Spaltung der OSZE-Teilnehmerstaaten in der Frage der Anerkennung des Kosovo als unabhängigen Staat. Seit der Unabhängigkeitserklärung am . Februar wurde der Kosovo zwar weltweit von Staaten anerkannt,1 unter den OSZE-Teilnehmerstaaten haben sich dazu jedoch nur Staaten verstanden. Dass die Zahl der die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennenden OSZE-Teilnehmerstaaten die Zahl der nicht-anerkennenden OSZE-Teilnehmerstaaten überwiegt (:), spielt insoweit keine Rolle, weil für die Meinungsbildung in den OSZE-Organen das Konsensprinzip gilt.2 Angesichts dessen hatte sich die OSZE bereits im Herbst für „statusneutral“ erklärt.3 Auch das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom . Juli zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo,4 in welchem dieser erklärt hatte, die Unabhängigkeitserklärung stelle keinen Verstoße gegen das Völkerrecht dar, hat an der Statusneutralität der OSZE bisher nichts geändert.5 1 „States that have recognized the Republic of Kosova“, Website der Regierung der Republik Kosovo, letzter Zugriff . August , http://www.rks-gov.net/sq-AL/Pages/ ShtetKaneNjohurKosoven.aspx. 2 Kurt P. Tudyka, Die OSZE – Besorgt um Europas Sicherheit, Kooperation statt Konfrontation (Hamburg: merus, ), ; ders., Das OSZE-Handbuch (Opladen: Leske + Budrich, ), . 3 Vgl. Marcin Czaplinski, „The OSCE in the New International Environment in Kosovo“, OSCE Yearbook , ; Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/ documents/yearbook/english//Czaplinski-en.pdf. 4 Vgl. die Website des IGH, Zugriff am . August , http://www.icj-cij.org/ docket/files//.pdf. 5 Vgl. die analoge Feststellung des UN-Generalsekretärs in seinem Bericht an den UN-Sicherheitsrat über UNMIK vom . Oktober , Doc. S//, Ziff. , Zugriff
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Soweit sich das OSZE-Engagement im Kosovo als integraler Bestandteil der UN-Mission im Kosovo (UNMIK) darstellt,6 folgt die Statusneutralität der OSZE, als notwendige Konsequenz, aus der Statusneutralität des UN-Engagements.7 In Reaktion auf die Statusneutralität der OSZE haben sich der den Kosovo anerkennenden OSZE-Teilnehmerstaaten – EU-Mitgliedstaaten (jedoch ohne Malta und Portugal)8 sowie Kroatien, Norwegen, die Schweiz, die Türkei und die USA – zur „International Steering Group“ (ISG) zusammengeschlossen, deren Ziel darin besteht, die vollständige Umsetzung des Ahtisaari-Plans9 zu unterstützen. Was die Rücknahme des OSZE-Engagements im Kosovo angeht, so wird diese besonders im Bereich der Unterstützung von Wahlen deutlich. Zwischen den Jahren und organisierte und überwachte die OSZE im Kosovo die Wahlen sowohl auf lokaler als auch auf zentraler Ebene.10 zog sie sich bereits auf eine im Wesentlichen beratende Funktion zurück, leistete allerdings noch umfangreiche technische Hilfe. ging die volle Verantwortung für die Wahlen auf die Zentrale Wahlkommission über.11 Bei den von der Zentralen Wahlkommission organisierten Parlamentswahlen am . Dezember wurde die Wahlbeobachtung („Election watch“) nicht mehr von der OSZE, sondern vom Sonderbeauftragten der EU im Kosovo organisiert.12 Hierin wird gewiss auch am . August , http://www.un.org/Docs/sc/sgrep.htm, wonach „UNMIK status remained unaffected by the advisory opinion of the International Court of Justice (ICJ), delivered on July “. 6 Hierzu näher in Abschnitt . 7 Vgl. zuletzt den Bericht des UN-Generalsekretärs an den UN-Sicherheitsrat über UNMIK vom . Oktober , Doc. S//, Ziff. , Zugriff am . August , http://www.un.org/Docs/sc/sgrep.htm. 8 Nicht anerkannt wurde der Kosovo bisher von folgenden EU-Mitgliedstaaten: Griechenland, Rumänien, Slowakei, Spanien, Zypern. 9 Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs, Martti Ahtisaari, hatte am . März einen „Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement“ vorgelegt; vgl. die Website des International Civilian Office, Zugriff am . August , http://www.icokos.org/pdf/Ahtisaari Comprehensive Proposal in English.pdf. 10 Hierzu vgl. etwa Daan W. Everts, „The OSCE Mission in Kosovo“, OSCE Yearbook (Baden-Baden: Nomos, ), –, Zugriff am . August , http://corehamburg.de/documents/yearbook/english//Everts.pdf; Bernhard Knoll / Kara Johnston Molina, „A Rocky Path: Kosovo’s Transition to Provisional Self-Government“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/ documents/yearbook/english//Knoll.pdf. 11 Zum Ganzen vgl. „Elections“, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/kosovo/. 12 Vgl. die Website des EU-Sonderbeauftragten, Pieter Feith, Zugriff am . August , http://www.eusrinkosovo.eu/election/.
die osze und der kosovo
eine Kompetenzkonkurrenz zwischen der OSZE und der EU sichtbar,13 allerdings erscheint der Rückzug der OSZE primär als Folge des Erstarkens arbeitsfähiger kosovarischer Institutionen. Dieser Erfolg internationaler ziviler Präsenz im Kosovo hat seinen Ausgang in den frühen er Jahren genommen. Die Entwicklung des OSZE-Engagements im Kosovo wird im folgenden Abschnitt nachgezeichnet. . Entwicklung des OSZE-Engagements im Kosovo Das OSZE-Engagement im Kosovo bildet den Ausgangspunkt aller Feldoperationen der OSZE.14 Die erste „Mission of Long Duration“ im Kosovo geht noch zurück in die Zeit vor der Umbenennung der KSZE in OSZE.15 Am . August beschloss das „Committee of Senior Officials“ (CSO)16 drei (eng zusammenhängende17) „Missions of Long Duration in the Federal Republic of Yugoslavia (Serbia/Montenegro) to Kosovo, Sandjak and Vojvodina“,18 deren Kern die Kosovo-Mission bildete.19 In allen drei Fällen ging es um die Lösung von Spannungen im Zusammenhang mit Minderheitenproblemen. Am . September nahmen die Missionen ihre Tätigkeit auf, sie mussten diese jedoch bereits Ende Juli wieder einstellen, weil Jugoslawien, dessen OSZETeilnahme am . Juli suspendiert worden war,20 seine Zustimmung zu einer Fortsetzung der Missionen verweigert hatte. Gleichwohl wurden 13
Hierzu näher Abschnitt . Vgl. Heinz Loquai, Weichenstellung für einen Krieg – Internationales Krisenmanagement und die OSZE im Kosovo-Konflikt (Baden-Baden: Nomos, ), –. 15 Die Umbenennung erfolgte auf dem KSZE-Gipfeltreffen in Budapest am ./. Dezember ; vgl. Ziff. des Budapester Dokuments, auf der Website der OSZE, Zugriff am . August , http://www.osce.org/de/mc/. 16 Das CSO ist der Vorgänger des heute bestehenden „Ständigen Rates“; vgl. OSCE Magazine /, , Zugriff am . August , http://www.osce.org/home/. 17 In den OSZE-Dokumenten ist von einer Mehrzahl von Missionen die Rede, in der Literatur wird jedoch von einer „three-part Mission“ gesprochen; vgl. Hansjörg Eiff, „The OSCE Mission in Kosovo“, OSCE Yearbook , , Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//Eiff.pdf. 18 „Committee of Senior Officials (CSO) establishes OSCE Missions of Long Duration in Kosovo, Sandjak and Vojvodina“, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/kosovo/. 19 Eiff, „The OSCE Mission in Kosovo“, . 20 „Serbia and Montenegro suspended as a participating State“, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/item/; ferner Predrag Simic, „The OSCE and the Federal Republic of Yugoslavia“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//Simic.pdf. 14
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diese Missionen weiterhin im OSZE-Haushalt ausgewiesen – wenn auch „auf Null gestellt“ –, zuletzt für das Haushaltjahr .21 Förmlich beendet wurden diese Missionen erst durch Entscheidung des Ständigen Rates Nr. vom . Januar ,22 mit welcher zugleich die OSZE-Mission in der Bundesrepublik Jugoslawien eingerichtet wurde. Am . Oktober beschloss der Ständige Rat der OSZE, die „Kosovo Verification Mission“ (KVM) einzusetzen,23 um die Umsetzung der Resolution des UN-Sicherheitsrats / zu überwachen.24 Auch diese Mission war jedoch nur von kurzer Dauer. Am . Juni beschloss der Ständige Rat der OSZE, die Kosovo-Verifizierungsmission mit Wirkung vom . Juni einzustellen.25 Der tatsächliche Abzug fand bereits im März statt. Durch den Abzug sollte nicht zuletzt die Entschlossenheit der NATO unterstrichen werden, einen Luftkrieg gegen Jugoslawien zu führen („letzte Warnung“).26 In gleichem Atemzug mit der Beendigung der KVM wurde übergangsweise eine „OSCE Task Force for Kosovo“ eingesetzt.27 Auch diese wurde aber schon bald wieder, mit Wirkung vom . Juli , aufgelöst, diesmal zugunsten einer dauerhaften, bis heute aktiven OSZE-Mission im Kosovo.28 Die „OSZE-Mission im Kosovo“29 (OMIK) bildet den bisherigen Schlusspunkt einer Konsolidierung und Verstetigung des OSZE-Engagements im Kosovo. OMIK stellt sowohl die größte Feldoperation der OSZE30 als auch den (bislang) größten internationalen zivilen Akteur im 21 Vgl. Doc. PC.DEC/, Annex , Ziff. , OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 22 Doc. PC/DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 23 Doc. PC.DEC/, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce. org/pc/. 24 Vgl. Doc. PC.DEC//, OSZE-Website, Zugriff am . Februar , http: //www.osce.org/pc/. 25 Doc. PC.DEC//Corr., Zugriff am . Februar , http://www.osce.org/pc /. 26 Loquai, Weichenstellung für einen Krieg, –. 27 Doc. PC.DEC//Corr., Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/ . 28 Doc. PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 29 Überblick zu den Basisdaten der Mission in OSCE, Survey of OSCE Field Operations, –, Doc. SEC.GAL//, Zugriff am . August , http://www.osce.org/cpc/ . 30 OSCE Mission in Kosovo – Fact Sheet , OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/kosovo/; ferner Herbert Salber / Alice Ackermann, „The Future of the OSCE Presence in South-Eastern Europe“, OSCE Yearbook , , Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english// SalberAckermann-en.pdf.
die osze und der kosovo
Kosovo dar.31 OMIK wurde mit Wirkung vom . Juli durch dieselbe Entscheidung des Ständigen Rates eingerichtet, durch welche die eben erwähnte „OSCE Task Force“ aufgelöst wurde.32 Die OSZE-Mission im Kosovo bildet zwar, was Spezifizität, Dauer und finanziellen sowie personellen Aufwand betrifft, den Kern des OSZEEngagements im Kosovo, gleichwohl befassen sich auch die (anderen) OSZE-Institutionen mit der Region. In welchem Verhältnis OMIK als Feldoperation zu den (anderen) OSZE-Institutionen steht, ist aufgrund der fehlenden rechtlichen Verfestigung der OSZE nur schwer zu bestimmen. Genauer gesagt, stellt sich am Beispiel von OMIK die – gewiss eher theoretische – Frage, ob die Feldoperationen selbst OSZE-Institutionen darstellen oder den Maßnahmen zur Politikimplementation zuzurechnen sind. Auf der OSZE-Website werden die Feldoperationen sowohl unter den „OSCE executive structures“ – neben dem Generalsekretär, dem Sekretariat und weiteren OSZE-Institutionen (ODIHR, HCNM, Representative on Freedom of the Media) – als auch zusätzlich, als gleichsam dritte Kategorie, selbständig aufgeführt. Letztlich erscheinen die Feldoperationen, so auch OMIK, als ad-hoc-Institutionen zur Umsetzung konkreter Politikziele der Organisation. . Der rechtliche bzw. politische Rahmen der OSZE-Mission im Kosovo Der völkerrechtliche Rahmen, in den OMIK eingebettet ist, wird in erster Linie durch die Resolution des UN-Sicherheitsrates vom . Juni bestimmt.33 Diese Resolution begründet den sui generis Status des Kosovo,34 der auch durch die Unabhängigkeitserklärung vom . Februar nicht berührt wurde.35 Ziff. der Resolution
31 OSCE, Annual Report , , OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/secretariat/. 32 Doc. PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 33 Hierzu näher Peter Hilpold, „The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Different Perspectives of a Delicate Question“, –, Zugriff am . August , verfügbar unter SSRN: http://ssrn.com/abstract= (. Januar ). 34 Vgl. Hilpold, „The ICJ Advisory Opinion“, –. 35 Zur Fortgeltung der Resolution vgl. den Bericht des UN-Generalsekretärs an den UN-Sicherheitsrat über UNMIK vom . Oktober , Doc. S//, Ziff. , Zugriff am . August , http://www.un.org/Docs/sc/sgrep.htm; ferner Christian Schaller, „Die Sezession des Kosovo und der völkerrechtliche Status der internationalen Präsenz“, Archiv des Völkerrechts (): –.
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überträgt dem UN-Generalsekretär die Aufgabe, „to establish an international civil presence in Kosovo . . . “. Auf diese Bestimmung stützt sich der Bericht des UN-Generalsekretärs S// vom . Juni ,36 in dem internationalen Akteuren bestimmte Aufgaben zugewiesen werden. Demnach obliegt die Errichtung einer vorläufigen Zivilverwaltung den Vereinten Nationen (erste Säule), für humanitäre Fragen ist das Büro des UNHCR zuständig (zweite Säule), der OSZE wurde der Bereich „Institution-Building“ zugewiesen (dritte Säule) und die Europäische Union wurde mit dem Wiederaufbau („Reconstruction“) befasst (vierte Säule). Diese Einbindung der OSZE in einen weiteren völkerrechtlichen institutionellen Rahmen ist in ihrer Art einzigartig.37 Dass die Vereinten Nationen die OSZE in Anspruch nehmen, erscheint folgerichtig, nachdem die KSZE-Teilnehmerstaaten im Jahr erklärt hatten, die KSZE sei eine regionale Abmachung im Sinne von Kapitel VIII der UN-Charta, welche ein „wichtiges Bindeglied zwischen europäischer und globaler Sicherheit“ darstelle.38 Insoweit stellt sich die OSZE gleichsam als „natürlicher“ regionaler Partner der UN dar. Der durch die Resolution / des UN-Sicherheitsrats und den Bericht des UN-Generalsekretärs S// geschaffene völkerrechtliche Rahmen des OSZE-Engagements wird durch Beschlüsse seitens der OSZE ergänzt und ausgefüllt.39 Diese können jedoch in Ermangelung einer völkerrechtlichen Grundlage und fehlender Rechtspersönlichkeit der OSZE40 nicht als sekundäres Recht einer Internationalen Organisation eingestuft werden.41 Die Entscheidungen der OSZE-Institutionen 36 Vgl. UN-Website, Zugriff am . August , http://www.un.org/Docs/sc/reports/ /sgrep.htm. 37 Salber / Ackermann, „Zukunft der OSZE-Präsenz“, . 38 KSZE, Helsinki-Dokument , Ziff. , Zugriff am . August , http://www. osce.org/de/mc/. 39 Die einschlägigen Entscheidungen des Ständigen Rates der OSZE sind nachgewiesen in OSCE, Survey of OSCE Field Operations, –, Doc. SEC.GAL//, Zugriff am . August , http://www.osce.org/cpc/. 40 Matthias Ruffert / Christian Walter, Institutionalisiertes Völkerrecht (München: Beck, ), . 41 Vgl. auch Solveig Richter, Zur Effektivität externer Demokratisierung: Die OSZE in Südosteuropa als Partner, Mahner, Besserwisser? (Baden-Baden: Nomos, ), – ; Marcus Wenig, „The Status of the OSCE under International Law – Current Status and Outlook, OSCE Yearbook , , Zugriff am . August , http://corehamburg.de/documents/yearbook/english//Wenig.pdf. Thomas Giegerich, „Menschenrechtsschutz im Rahmen der OSZE“ (§ ), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band VI/, herausgegeben von Detlef Merten und Jürgen Papier (Heidelberg: C.F. Müller, ), –, meint zu Recht, die OSZE habe nicht den Status einer international Organisation.
die osze und der kosovo
haben ebenso wenig einen (völker-)rechtlichen42 Charakter wie die Gründungs- bzw. Grundlagendokumente der OSZE selbst. Was diese angeht, besteht Einigkeit darüber, dass sie nur politische Bindungswirkung erzeugen.43 Der Umstand, dass der Bericht des Generalsekretärs die OSZE als solche, als internationale Organisation, anspricht, ändert nichts an ihrem nicht-rechtlichen, politischen Charakter. Geschaffen wurde OMIK durch Entscheidung Nr. des Ständigen Rates der OSZE vom . Juli .44 Als Bezeichnung der Mission wurde „„OSCE Mission in Kosovo“ festgelegt. Gegen diese Bezeichnung erhob Serbien Einwände: Das Mandat von OMIK stehe nur dann in vollem Einklang mit der Resolution des UN-Sicherheitsrats /, wenn die Mission als „OSCE Mission in Kosovo/Republic of Serbia“ bezeichnet werde. Dies folge aus dem Umstand, dass Serbien Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien sei, dessen territoriale Integrität und Souveränität durch Resolution / bestätigt worden sei.45 Gleichwohl wurde an der ursprünglichen Bezeichnung festgehalten. Die Entscheidung Nr. des Ständigen Rates der OSZE macht deutlich, dass die Einrichtung von OMIK in erster Linie der Umsetzung der Resolution des UN-Sicherheitsrates / dient. Die im Bericht des Generalsekretärs S// der OSZE zugewiesenen Aufgaben werden weiter konkretisiert. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass OMIK keine Aktivitäten entfalten könnte, die über das UN-Mandat hinausgehen, sofern diese nicht mit dem UN-Mandat, insbesondere den Zuständigkeiten der anderen internationalen Akteure, kollidieren. Die Dauer von OMIK wurde zunächst bis . Juni begrenzt, jedoch ist in der Entscheidung Nr. des Ständigen Rates der OSZE die Möglichkeit einer Verlängerung des Mandats durch den Ständigen Rat der OSZE vorgesehen. Hiervon wurde durch nachfolgende Entscheidungen Gebrauch gemacht, welche die Mission jeweils um ein Jahr bis zum
42 Etwas anderes gilt für die innerstaatliche Rechtsfähigkeit einiger OSZE-Institutionen; vgl. Jens Bortloff, Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – Eine völkerrechtliche Bestandsaufnahme (Berlin: Duncker & Humblot, ), ; Wenig, „The Status of the OSCE“, –. 43 Ulrich Fastenrath, „The Legal Significance of CSCE/OSCE Documents, OSCE Yearbook /, , Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/ yearbook/english/_/Fastenrath.pdf; Wenig, „The Status of the OSCE“, . 44 Doc. PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 45 PC.DEC/, Attachment , OSZE-Website, Zugriff am . August , http: //www.osce.org/pc/.
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nächsten Jahresende verlängerten.46 Die insoweit bislang letzte Entscheidung des Ständigen Rates Nr. vom . Dezember 47 sah eine Verlängerung des Mandats zunächst bis . Dezember vor. Weitere Verlängerungen erfolgen seitdem automatisch um jeweils einen Monat, „unless a participating State objects in writing to the Chairperson of the Permanent Council“. Die Abkehr von einer jährlichen Verlängerung der Mission zu einer monatlichen (gleichwohl stillschweigenden) Verlängerung geht zurück auf nur zwei OSZE-Teilnehmerstaaten und wurde vor allem von den USA kritisiert, die die Mission insgesamt in Gefahr sahen und auch eine Einbuße an Arbeitsplatzsicherheit des lokalen und internationalen Personals monierten.48 Diese Befürchtungen scheinen sich jedoch nicht bestätigt zu haben. Die monatliche Verlängerung, so ist zu lesen, „does not constitute a burden for the Mission’s operations, and at this stage there are no indiciations that any participating State is planning to activate the mechanism for non-extension“.49 . Die OSZE-Aktivitäten im Rahmen von OMIK Die OSZE-Aktivitäten im Rahmen von OMIK können unter drei Gesichtspunkten analysiert werden: inhaltlich, instrumentell und regional. Was die inhaltliche Seite angeht, so ist die OSZE als einer der internationalen Akteure im Rahmen des UN-Mandats auf den Bereich des „Institution-building“ festgelegt. Rolle und Verantwortlichkeiten der internationalen Akteure werden in dem Bericht des UN-Generalsekretärs S//50 konkretisiert. Was die Aufgabe der OSZE angeht, werden dort vier „main functions“ genannt: „(a) Human resources capacitybuilding, in the areas of justice, police and public administration; (b) Democratization and governance; (c) Human rights monitoring and capacity-building; (d) Conduct and monitoring of elections.“ All diese Elemente des Auftrags zielen letztlich auf „[s]trenthening the institu46 OSCE, Survey of OSCE Field Operations, , Doc. SEC.GAL//, Zugriff am . August , http://www.osce.org/cpc/. 47 PC.DEC/, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/ . 48 PC.DEC/, Attachment , OSZE-Website, Zugriff am . August , http: //www.osce.org/pc/. 49 Czaplinski, „The OSCE in the New International Environment“, . 50 UN-Website, Zugriff am . August , http://www.un.org/Docs/sc/reports/ /sgrep.htm.
die osze und der kosovo
tions of civil society“. Die Spannweite der OSZE-Aktivitäten im Kosovo erstreckt sich beispielsweise auf den Schutz der Menschenrechte, die Unterstützung des Aufbaus und die Beobachtung des Funktionierens lokaler Strukturen (einschließlich Kommunalreform) und zentraler Strukturen (einschließlich Unterstützung des Parlaments und der Entwicklung politischer Parteien), die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen, die allgemeine Entwicklung des Rechtssystems, die öffentliche Sicherheit und den Menschenhandel bis hin zur Entwicklung von Standards für den Mediensektor und für das Bildungssystem.51 Was die Instrumente bzw. Handlungsformen betrifft, deren sich die die OSZE im Kosovo bedienen kann, so stehen ihr keine „harten“, insbesondere rechtlichen, sanktionsbewehrten, Handlungsformen zur Verfügung. Vielmehr tritt die OSZE als „Partner“ auf, der mittels „weicher“ Instrumente wie Beobachtung, Bestandsaufnahme, Information, Beratung, standard setting oder Ausbildung Arbeit an der Basis52 und in der täglichen Praxis leistet.53 Diese Aktionsformen der OSZE-Missionen wurden in allgemeiner Form in der Europäischen Sicherheitscharta – als Teil des „Dokuments von Istanbul“54 – beschrieben.55 Demnach umfassen die OSZE-Feldoperationen folgende Aufgaben: (a) Hilfestellung und Beratung beziehungsweise Ausarbeitung von Empfehlungen in Bereichen, die von der OSZE und dem Gastland vereinbart werden; (b) Beobachtung der Einhaltung von OSZE-Verpflichtungen und Beratung oder Empfehlungen im Hinblick auf eine bessere Umsetzung; (c) Hilfestellung bei der Organisation und Überwachung von Wahlen; (d) Unterstützung für die Vorherrschaft des Rechts und demokratische Institutionen sowie für die Wahrung und Wiederherstellung von Recht
51 Vgl. die Übersicht „OSCE Mission in Kosovo“, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/kosovo. 52 Czaplinski, „The OSCE in the New International Environment“, : „grass-roots level“. 53 Jens Narten, „Building local institutions and parliamentarianism in post-war Kosovo: A review of joint efforts by the UN and OSCE from –, Helsinki Monitor /, –. Ein Beispiel für den Erfolg „weicher“ Instrumente findet sich bei Franklin de Vrieze, „OSCE coordinates parliamentary support programmes in Kosovo“, Helsinki Monitor /, –. 54 OSZE, Dokument von Istanbul , Zugriff am . August , http://www.osce. org/de/mc/. 55 Hierzu vgl. auch Claus Neukirch, Konfliktmanagement und Konfliktprävention im Rahmen von OSZE-Langzeitmissionen – Eine Analyse der Missionen in Moldau und Estland (Baden-Baden: Nomos, ), –.
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und Ordnung; (e) Hilfe bei der Schaffung von Voraussetzungen für Verhandlungen oder andere Maßnahmen, die die friedliche Beilegung von Konflikten erleichtern könnten; (f) Verifikation und/oder Hilfe bei der Einhaltung von Vereinbarungen über die friedliche Beilegung von Konflikten; (g) Unterstützung bei der Wiederherstellung normaler Verhältnisse und beim Wiederaufbau verschiedener Aspekte der Gesellschaft.56 „Weiche“ Aktivitäten dieser Art, die einem „bottom-up orientated approach“ folgen,57 sind in der Regel wenig spektakulär. Darunter leidet ihre Sichtbarkeit. Zudem lassen sich die Erfolge dieser Arbeit nur schwer messen; dies gilt insbesondere für die beobachtende Tätigkeit von OMIK.58 Hieraus erklärt sich, weshalb die Arbeit der OSZE im Kosovo selbst von Insidern als unauffällig charakterisiert wird.59 Letztlich scheint es so, als müsse ein wesentliches Element des Erfolgs von OMIK in der Bildung von Vertrauen durch die Feldpräsenz an sich gesehen werden. Was schließlich die regionale Dimension von OMIK angeht, zeichnet sich die Mission dadurch aus, dass sie nicht nur über eine zentrale Repräsentanz in Prishtinë/Priˇstina verfügt, sondern darüber hinaus fünf regionale Zentren unterhält, die ihrerseits – mit mehr als Teams – für die Städte und Gemeinden im Kosovo zuständig sind. Die regionalen Zentren befinden sich in () Gjilan/Gnjilane, () Mitrovicë/Mitrovica, () Pejë/Pec, () Prishtinë/Pristina und () Prizren.60 Insgesamt umfasst das OSZE-Engagement im Kosovo, auf breiter regionaler Grundlage, eine Vielzahl unterschiedlicher Bereiche, die mit dem eher blassen Begriff „Institution-Building“ nur unzureichend beschrieben werden. Die Erfolge von OMIK lassen sich angesichts der zur Verfügung stehenden Instrumente nur schwer messen. Hierfür Maßstäbe zu entwickeln, ist in erster Linie Aufgabe der Sicherheits- und Friedensforschung.61
56 OSZE, Dokument von Istanbul , Ziff. , Zugriff am . August , http:// www.osce.org/de/mc/. 57 Narten, „Building local institutions“, . 58 Czaplinski, „The OSCE in the New International Environment“, . 59 Czaplinski, „The OSCE in the New International Environment“, : „low key“. 60 „Field presence“, OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce. org/kosovo/. 61 Exemplarisch ist insofern die Arbeit von Richter, Zur Effektivität externer Demokratisierung.
die osze und der kosovo
. Die Finanzierung der OSZE-Mission im Kosovo Im finanziellen Engagement der OSZE spiegeln sich – je nach Sichtweise – Stellenwert oder Notwendigkeit der Feldoperation im Kosovo wider. Eine realistische Einordnung des OMIK-Budgets erfordert zunächst einen Blick auf das OSZE-Budget („Unified Budget“62) insgesamt. Die Finanzierung der OSZE-Aktivitäten erfolgt durch Beiträge der Teilnehmerstaaten, wobei – offenbar zurückgehend auf eine Entscheidung des OSZE-Ministerrats in Kopenhagen 63 – zwischen einem „Standard scale“ und einem „Field operation scale“ unterschieden wird. Der Beitragsschlüssel wird als Prozentsatz der geplanten OSZE-Ausgaben (Standardausgaben oder Feldoperationen) ausgedrückt.64 Danach wich im Jahr der Schlüssel für Feldoperationen bei den meisten OSZE-Teilnehmerstaaten vom Standardschlüssel nach unten ab, während elf OSZE-Teilnehmerstaaten (Deutschland, USA, Belgien, Spanien, Finnland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Irland, Italien, Norwegen und Schweden) einen zum Teil deutlich höheren Beitrag zu den Feldoperationen leisten. So betrug der Standardschlüssel für Deutschland , , während sich der Schlüssel für Feldoperationen auf , belief. Ähnliche Werte, mit etwas niedrigen Abweichungen, wiesen Frankreich, das Vereinigte Königreich und Italien auf. Vergleichsweise geringe Abweichungen des Schlüssels für Feldoperationen (F) vom Standardschlüssel (S) waren demgegenüber etwa für Irland (S = , zu F = , ) und Norwegen (S = , zu F = , ) zu verzeichnen. Das Verhältnis der Standardausgaben zu den Ausgaben betreffend Feldoperationen steht etwa im Verhältnis :.65 Das OSZE-Budget ist seit Jahren rückläufig. Im Jahr belief sich der OSZE-Haushalt – gemäß Berichtigung im Dezember – noch auf 62 Zur Entstehung des Begriffs vgl. CSCE, Annual Report on CSCE Activities, Ziff. V. ., Zugriff am . August , http://www.osce.org/secretariat/. 63 Vgl. einen entsprechenden Hinweis in der Pressemeldung „Foreign Ministers of the OSCE Troika meet in Oslo“ vom . Oktober , . Absatz, Zugriff am . August , http://www.osce.org/item/. 64 Für das Jahr vgl. die Entscheidung Nr. des Ständigen Rates, PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 65 Im Haushaltsjahr belaufen sich die veranschlagten Gesamtausgaben der OSZE auf .. . Für das Sekretariat und die OSZE-Institutionen sind .. vorgesehen, für Feldoperation .. . Vgl. die Entscheidung des Ständigen Rates Nr. zur Genehmigung des OSZE-Gesamthaushalts für , PC.DEC/, noch nicht auf der OSZE-Website verfügbar; Abfrage am . August .
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.. ,66 im Jahr waren es, nach einem über die Jahre kontinuierlichen Rückgang, nur noch .. .67 Ebenfalls rückläufig ist der Anteil des Budgets für die OSZE-Mission im Kosovo am OSZEGesamthaushalt, die mit .. (ohne den Betrag für die Aufstockung des Sekretariats und des ODIHR) noch knapp des OSZEBudgets beanspruchte, im Jahr mit .. jedoch nur noch knapp des OSZE-Budgets ausmachte. Entsprechend reduzierte sich die Personalausstattung. So umfasste OMIK gemäß dem Gesamthaushalt für noch . Planstellen,68 im Jahr sind es nur noch . . Die OSZE als Bestandteil der internationalen zivilen Präsenz im Kosovo Die Aktivitäten der internationalen Akteure im Kosovo werden in erster Linie durch die Resolution des UN-Sicherheitsrates / und den Bericht des UN-Generalsekretärs S// geordnet. Unmittelbar angesprochen werden hierdurch jedoch nur die UN, die OSZE und die EU. Aber auch andere Organisationen entfalten im Kosovo bzw. in Bezug auf den Kosovo ihre Aktivitäten, etwa die Venedig-Kommission des Europarates,69 das „International Civilian Office“,70 der „Regional Cooperation Council“71 oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.72
66 Entscheidung des Ständigen Rates Nr. (Berichtigungshaushalt ), Doc. PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 67 Entscheidung des Ständigen Rates Nr. zur Genehmigung des OSZE-Gesamthaushalts für , PC.DEC/, noch nicht auf der OSZE-Website verfügbar; Abfrage am . August . 68 Seit werden nicht nur die einzelnen Posten, sondern es wird auch bei den Missionen die jeweilige Gesamtzahl der Stellen mitgeteilt; vgl. die Entscheidung des Ständigen Rates Nr. zur Genehmigung des OSZE-Gesamthaushaltsplans , Doc. PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/. 69 Vgl. z. B. die auf Ersuchen des kosovarischen Parlaments abgegebene Stellungnahme der Venedig-Kommission zum Gesetzentwurf betreffend die Einrichtung eines Ombudsmanns, Zugriff am . August , http://www.venice.coe.int/docs// CDL-AD()-e.pdf. 70 Vgl. die Website des ICO unter http://www.ico-kos.org, Zugriff am . August . 71 Vgl. die Website des RRC unter http://www.rcc.int, Zugriff am . August . 72 „The ICRC in the Western Balkans“, ICRC-Website, Zugriff am . August , http://www.icrc.org/eng/where-we-work/europe-central-asia/serbia/overview-westernbalkans.htm.
die osze und der kosovo
Die Präsenz und Tätigkeit zahlreicher internationaler Akteure im Kosovo ist nicht frei von Konflikten. Aktivitäten und Zuständigkeitsbereiche überlappen sich vielfach. Die Angebote von OSZE und EU decken sich nicht selten, etwa in Bereichen wie Institutionenaufbau, Demokratisierung, Polizeiunterstützung73 oder Wahlbeobachtung.74 Vordergründig geht es lediglich darum, eine Duplizierung von Tätigkeiten zu vermeiden.75 Dahinter stehen jedoch handfeste Kompetenzkonflikte. Insbesondere der Bereich der Wahlbeobachtung wurde bislang als „the property or even the main raison d’ être of the Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR)“ angesehen.76 Insofern wird der EU eine Nachahmertätigkeit vorgeworfen.77 Des Weiteren wird es als für das Verhältnis beider Organisationen problematisch angesehen, dass nur in begrenztem Umfang qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Daher gehe es oft um einen „ ‚beauty contest‘ between OSCE and EU deployments in attracting the best human material“.78 Zusätzlich erschwert wird die Abgrenzung zwischen OSZE und EU durch die fortgesetzte Erweiterung der Union, welche inzwischen nur wenig „less ‚inclusive‘ than the OSCE itself “ sei.79 Damit geht ein für das Selbstverständnis der OSZE wichtiges Alleinstellungsmerkmal – ihr umfassender Teilnehmerkreis80 – zunehmend verloren, es ist gar von einer Marginalisierung der OSZE die Rede.81 Nicht von ungefähr zählt die 73 Michael Merlingen / Rasa Ostrauskait˙ e, „A Dense Policy Space? The Police Aid of the OSCE and the EU“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//Merlingen_Ostrauskaite.pdf. 74 Vgl. Alyson J.K. Bailes / Jean-Yves Haine / Zdzislaw Lachowski, „Reflections on the OSCE-EU Relationship“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//BailesHaineLachowski-en.pdf; Emily Haber, „The OSCE in a New International Landscape – Eleven Theses“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//Haber.pdf. 75 Merlingen / Ostrauskait˙ e, „A Dense Policy Space?“, ; vgl. auch die Entscheidung des Ständigen Rates Nr. betreffend eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen OSZE und Europarat, PC.DEC/, Zugriff am . August , http://www.osce.org/pc/ , wonach die Zusammenarbeit auch dem Ziel dient, „to avoid unnecessary duplication“. 76 Bailes / Haine / Lachowski, „Reflections on the OSCE-EU Relationship“, . 77 Bailes / Haine / Lachowski, „Reflections on the OSCE-EU Relationship“, . 78 Bailes / Haine / Lachowski, „Reflections on the OSCE-EU Relationship“, . 79 Bailes / Haine / Lachowski, „Reflections on the OSCE-EU Relationship“, . 80 Haber, „The OSCE in a New International Landscape“, . 81 Ingo Peters, „The OSCE, NATO and the EU within the „Network of Interlocking European Security Institutions“: Hierarchization, Flexibilization, Marginalization“, OSCE Yearbook , , Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/ yearbook/english//Peters.pdf.
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EU-Mission „EULEX Kosovo“ die OSZE offenbar nicht zu ihren „key partners“ bzw. „principal interlocutors“.82 Verschärft wird die Konkurrenz zwischen OSZE und EU durch eine Aufwertung der EU im Zuge der Reduzierung des UN-Engagements im Kosovo. In dem Bericht des UN-Generalsekretärs an den UN-Sicherheitsrat S// vom . November 83 wird die „Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo, EULEX KOSOVO“, die durch Gemeinsame Aktion des Rates der EU vom . Februar eingerichtet wurde,84 ausdrücklich in den UN-Rahmen einbezogen und mit der Aufgabe betraut, „to undertake an enhanced operational role in Kosovo in the rule of law area“. Gleichzeitig bestätigt der UN-Generalsekretär, dass die OSZE „will remain a central element of a reconfigured UNMIK through the OSCE mission in Kosovo“. Die OSZE spiele „a crucial role in building and monitoring Kosovo institutions and supporting Kosovo minority communities“.85 Das personelle UN-Engagement wurde infolge der geänderten Umstände – Unabhängigkeitserklärung und Annahme einer Verfassung – stark reduziert, von rund . Mitarbeitern auf .86 Demgegenüber engagiert sich die EU im Kosovo mit einem Jahresbetrag, der der gesamten OSZE-Haushalt übertrifft.87 Durch den weitgehenden Rückzug von UNMIK aus dem Kosovo wurde die Europäische Union gestärkt. Dies geht zu Lasten der OSZE, die ohnehin mit einer schwachen Sichtbarkeit ihres Kosovo-Engagements zu kämpfen hat. Gerade in dem für die OSZE zentralen Bereich der Wahlbeobachtung scheint sich diese zugunsten der Europäischen Union zurückgezogen zu haben. Die Konkurrenz zwischen den beiden Organisationen entwickelt eine Eigendynamik, die dem sachlichen Anliegen der Feldoperationen nicht förderlich ist.
82 Vgl. die Meldung „New EULEX Head meets key partners“, EULEX Kosovo Website, Zugriff am . August , http://www.eulex-kosovo.eu/en/news/.php, in der die OSZE oder OMIK mit keinem Wort erwähnt wird. 83 Auf der UN-Website unter http://www.un.org/Docs/sc/sgrep.htm, Zugriff am . August . 84 ABl. EU L /. 85 Vgl. Ziff. des Berichts. 86 Vgl. Ziff. des Berichts des UN-Generalsekretärs S// vom . September , auf der UN-Website unter http://www.un.org/Docs/sc/sgrep.htm, Zugriff am . August . 87 Vgl. den Beschluss des Rates der EU vom . Oktober zur Änderung der Gemeinsamen Aktion über EULEX KOSOVO, ABl. EU L /, in dem für den Zeitraum vom . Oktober bis zum . Oktober „als finanzieller Bezugsrahmen“ ein Betrag von Mio. festgelegt wurde.
die osze und der kosovo
Ist somit das Verhältnis zwischen OSZE und EU zunehmend von Rivalität geprägt,88 sind auch im Verhältnis zur UN Spannungen zu verzeichnen. Hier machen sich Unterschiede im Handlungspotenzial negativ bemerkbar. Während UNMIK, gleichsam „top-down“, einen zentralisierten, einseitigen Entscheidungsstil anwendet, gilt für die OSZE „a much softer bottom-up orientated approach“ und „a much lower degree of formalization“.89 Gleichwohl muss sich die OSZE gegebenenfalls den UNMIK-Entscheidungen unterordnen, was in der Praxis zu einer Dominanz des UNMIK-Entscheidungsstils führt.90 . Ausblick Das Engagement der OSZE im Kosovo spiegelt den Bedeutungswandel der OSZE in den letzten Jahren, mit allen Höhen und Tiefen, wider. Erst durch die Institutionalisierung der OSZE – beginnend im Jahr mit der Charta von Paris91 – wurden Langzeitmissionen möglich. Im Kosovo war die OSZE Vorreiter. Nunmehr wird sie zunehmend von anderen internationalen Akteuren, insbesondere von der EU, verdrängt. Der Rückzug der OSZE aus dem Kosovo ist jedoch nicht in erster Linie Ausdruck einer Schwäche der OSZE, sondern primär Folge der Normalisierung der Verhältnisse im Kosovo. Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik hat das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom . Juli zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo92 mit den Worten kommentiert, die Zukunft des Kosovo liege, ebenso wie die Zukunft Serbiens, in der Europäischen Union.93 Auf dem Gebiet der OSZE-Teilnehmerstaaten gibt genügend Regionen, in denen die OSZE ihre Aufgaben weiterhin wahrnehmen bzw. intensivieren kann. 88 Das wird von Haber, „The OSCE in a New International Landscape“, , allerdings in Abrede gestellt. Auch von politischer Seite wird das Verhältnis als eine Art „natürliche Partnerschaft“ dargestellt; vgl. Benita Ferrero-Waldner, „The European Union and the OSCE – Natural Partners in a Networked World“, OSCE Yearbook , –, Zugriff am . August , http://core-hamburg.de/documents/yearbook/english//Ferrero Waldner-en.pdf. 89 Narten, „Building local institutions“, . 90 Narten, „Building local institutions“, . 91 OSZE-Website, Zugriff am . August , http://www.osce.org/de/mc/. 92 Vgl. die Website des IGH, http://www.icj-cij.org/docket/files//.pdf, Zugriff am . August . 93 „Declaration by High Representative Catherine Ashton on behalf of the European Union on the ICJ advisory opinion“, Website der EU, Zugriff am . Februar , http: //www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/.pdf.
matthias niedobitek . Literatur
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die osze und der kosovo
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THE EUROPEAN UNION AND KOSOVO IN THE LIGHT OF THE TERRITORIAL ISSUE
Isabel Lirola Delgado I. Introduction At this stage, it is already a cliché to present relations between Kosovo and the European Union as a test case on the external action of the EU. But nevertheless this is the case, as there have been few situations such as the one that exists in Kosovo where the external action of the European Union has had to deal with situations that have constantly put it to the test, revealing its strengths, but also its weaknesses. From the moment the conflict broke out in Kosovo to the period following the declaration of independence and the establishment of the Republic of Kosovo, the European Union has been permanently and continuously involved in Kosovo, although the instruments and mechanisms used for this involvement have varied depending on the way events have unfolded1. The reasons the EU has made Kosovo one of the privileged scenarios for its external action are equally well known, and form a part of the general context derived from the EU’s desire to contribute towards the peace and stability of the Western Balkans, thawarted by the disintegration of the former Socialist Republic of Yugoslavia, of which the Kosovo conflict may also be considered a consequence.2
1 For a general perspective on the actions of the European Union in Kosovo see Vedran Dzihic and Helmut Kramer, Kosovo After Independence. Is the EU’s EULEX Mission delivering on its Promises? (Friedrich Ebert Stiftung, ) accessed February , , http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/.pdf; Wolfgang Koeth, “State Building without a State: the EU’s Dilemma in defining its Relations with Kosovo”, European Foreign Affairs Review, (): – and Dimitris Papadimitriou, Petar Petrov and Labinot Greicevci, “To Build a State: Europeanization, EU Actorness and State-Building in Kosovo”, ibídem, (): –. 2 See Romain Yamentchouk, “Une décennie de participation de l’ UE au règlement de la question du Kosovo”, Revue du Marché commun et de l’ Union européenne, (): –.
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In the new regional scenario that appeared after these events, the inclusion of Kosovo in the process of stabilisation and association for the Western Balkans served to confirm the European Union’s commitment towards the future of this territory, despite the uncertainty regarding its international legal status. The affirmation of a European perspective for Kosovo has contributed to revalidating this commitment, which nevertheless is not free from doubts and problems, as we will see, in the current context of an independent Kosovo.3 The territorial question therefore appears as a factor which has been constantly present as the backdrop to the EU’s action in Kosovo. For this reason we have taken it as the conducting thread of this contribution, which is precisely intended to examine to what extent and with what consequences this question has been projected on this action, and how its negotiated solution conditions a European future for Kosovo. With this purpose, starting out with a study of the EU’s actions in this territory as a whole, we have sought to arrive at a balance, both objective and critical, in which, without overlooking the high points, we will focus on the low points and inconsistencies of this action, resulting from the lack of a consensual solution regarding the international legal situation of Kosovo. We then evaluate the effect of the Advisory Opinion of the International Court of Justice on this matter, specifically referring to the case of Spain as an example of a Member State which has not recognised the independence of Kosovo. Finally, looking to the future, we explore some of the factors which, in our opinion, are essential for the development of the so-called European perspective for Kosovo.
3 Kosovo was left out of at the start of the international administration of UNMIK in the process of stabilisation and association for the Western Balkans, and was included by the Thessalonica Declaration of June . As a result, a European association was adopted for Kosovo which, based on its international legal situation, did not include the negotiation of a stabilisation agreement, as indicated in the Communication from the Commission entitled “A European Future for Kosovo”, COM () final of ... Once the SAP Tracking Mechanism was in place in , the EU established a series of reform priorities in “Council Decision / of February on the principles, priorities and conditions contained in the European Partnership with Serbia including Kosovo as defined by United Nations Security Council Resolution of June ” which was completed by the Communication from the Commission entitled “Kosovo. Fulfilling its European Perspective”, COM () final of ... It should be noted that in all EU documentation, for the time being reference to Kosovo always includes the mention “under UNSCR /”.
the eu and kosovo in light of the territorial issue
II. The Commitment of the European Union to Kosovo: A Permanent and Sustained Involvement An initial analysis of the scope and type of the EU’s involvement in Kosovo reveals that although it was incapable of preventing the outbreak of armed conflict in that territory, it did prove to be very capable of dealing with its post-conflict economic reconstruction within the framework of the UNMIK, economic aid it has also maintained in relation to the Republic of Kosovo. Also, in comparison to its inability to promote and obtain a consensual solution to the question of Kosovo during the negotiations held before and after the presentation of the “Comprehensive Status Proposal”, the EU has shown itself to be capable of “supervising” Kosovo through EULEX and the EUSR-ICR. Also, since the Advisory Opinion of the International Court of Justice establishing the legality of the unilateral declaration of independence, the European Union has put itself forward as the facilitator of a new process of dialogue between Serbia and Kosovo. This trajectory, which simultaneously combines successes and failures, reveals that the European Union has been permanently and continuously involved in Kosovo. It also shows that it has a three-pronged involvement: economic aid after the conflict and within the framework of stabilisation and pre-accession strategies; participation in political negotiations aimed at seeking a consensual solution to the territorial question; and carrying out supervisory tasks connected with consolidating the structures of the government of Kosovo, connected with the functioning of the Rule of Law. Briefly examining each of these actions, we see that, firstly, the EU has provided economic support to Kosovo in all of the phases and situations the territory has experienced since the s. If we consider the instruments used for this purpose, we see that, apart from the emergency humanitarian aid that was set up immediately after the end of the conflict, the EU took on the funding of UNMIK Pillar IV, dedicated to the economic reconstruction of Kosovo.4 4 Based on paragraph of Resolution , paragraph in which the Security Council welcomed “the work in hand in the European Union and other international organizations to develop a comprehensive approach to the economic development and stabilization of the region affected by the Kosovo crisis, including the implementation of a Stability Pact for South Eastern Europe with broad international participation in order to further the promotion of democracy, economic prosperity, stability and regional cooperation”, participation in the UNMIK IV Pillar was organised through Regulation
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Within this framework of action, the EU took charge of organising the programme for the privatisation of companies in state hands, and contributed to the creation or reconstruction of Kosovo’s main economic institutions, at the same time as promoting regional cooperation by providing incentives for trade agreements in the Balkans zone and configuring regional infrastructure networks.5 There is also the economic aid that was channelled through the European Agency for Reconstruction, responsible for managing credits from the Community Assistance for Reconstruction Development and Stabilisation Programme (CARDS). Once the so-called European perspective for Kosovo had been formulated, the majority of the EU’s financial efforts were structured through the Instruments for Pre-Accession Assistance (IPA), managed by the EC Liaison Office, together with the funding – within the framework of the CFSP – of the EULEX mission and the EUSR, which we will discuss later on in this paper. The figures for all of the actions carried out through these instruments and mechanisms are a clear indication of the importance of the economic aid provided to Kosovo by the European Union,6 once again demonstrating the proven capacity of the EU to provide economic support for reconstruction in post-conflict situations. However, it could be asked if this economic aid has produced corresponding results in Kosovo, and if the Union has been able to capitalise on it from a political perspective: questions which, in principle, and without prejudice to subsequent opinions, would not obtain a satisfactory response.7 (CE) / of the Council which, in a context of post-conflict intervention, created the legal framework to channel aid from the Community for the policy of reconstruction, helping refugees and displaced persons to return, and economic and regional cooperation in Kosovo and in Bosnia-Herzegovina. 5 See Michael Karnitschnig, “The United Nations and the European Union in Kosovo – The Challenges of Joint Nation-building” in The United Nations and the European Union: An Ever Stronger Partnership, ed. Jan Wouters, Frank Hoffmeister and Tom Ruys (The Hague: T.M.C. Asser Press, ), –. 6 Based on the data contained in the Multi-annual Indicative Planning Document (MIPD) for the years – for Kosovo, p. , enclosed with the “Commission Decision of on a Multi-annual Indicative Planning Document (MIPD) – for Kosovo (under UNSCR /)”, economic aid for Kosovo during the period – from Community funds was ,. million euros. The provision of IPA funds for the period – is . million euros (an updated version of the data on economic aid for Kosovo can also be seen on the website of the EC Liaison Office, http://www.delprn.ec.europa.eu). 7 Cf. Dzihic / Kramer, op.cit., p. and Romain Yamemtchouk, “L’indépendence du Kosovo: Quelles conséquences pour les Balkans et l’ Europe”, Revue du Marché et de l’ Union européenne, (): .
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Secondly, as we have already mentioned, the EU has also participated either directly or indirectly in the political negotiations aimed at reaching a consensual solution to the question of the international legal status of Kosovo. The EU participated indirectly through two high ranking officials of the Council and Commission in the United Nations Brokered negotiations which took place after the “Standards before Status” strategy was overcome and it was considered that the time had arrived to deal with the matter of the statute of Kosovo. After the presentation of the “Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement” (the Ahtisaari Plan), the EU joined with the USA and Russia to form the Troika responsible for negotiating the acceptance of that plan by Kosovo and Serbia. As we know, none of these rounds of talks was capable of achieving its goal, and Kosovo unilaterally declared its independence from Serbia. Although it is true that the failure of the efforts to reach a negotiated settlement of the territorial question could not be attributed to the actions of the European Union, which in neither case assumed a position of leadership, there can be no doubt that this is a relevant factor to be taken into account when evaluating its political capability in the region.8 In any event, this ability is once again tested in the new context resulting from the readiness of the European Union to act as the facilitator of a process of dialogue between Serbia and Kosovo. Here it would seem that, finally, the European Union would be prepared to assume the leadership of the negotiations carried out within the framework of this process of dialogue, which, as we will see later, is a decisive factor for the European future of Kosovo. And, thirdly, the European Union has carried out “supervisory” tasks in Kosovo, since it unilaterally declared its independence. The use of the term “supervisory” requires some explanation, as it is not expressly mentioned as such in the mandate of either of the two mechanisms through which the European Union has carried out these duties in practice. The reason lies in the fact that both the establishment of an International Civilian Representative (ICR) and the deployment of an ESPD Police and Justice Mission were initially intended to help with the implementation of the “Comprehensive Status Proposal”. For this reason, the 8 Regarding the different evaluations that can be made of the EU’s role in negotiations on the status of Kosovo see Giovanna Bono, “The European Union and “supervised independence” of Kosovo: a strategic solution to the Kosovo/Serbia conflict?”, European Foreign Affairs Review (): – and Spyros Economides, James Ker-Lindsay, “Forging EU foreign policy unity from diversity: the ‘unique case’ of the Kosovo Status Talks”, ibídem: –.
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EU had already established a European Union Planning Team (EUPT) to prepare for the setting up of both these instruments. However, the EU had to adjust to the actual situation resulting from the impossibility of the Ahtisaari Plan being accepted by the reluctant members of the Security Council (Russia and China), and, therefore, of obtaining a new resolution from that body which replaced Resolution . Faced with this situation, the EU informed UNMIK that it would no longer be responsible for Pillar IV, as well as for meeting the assigned goals for economic reconstruction, in order to be able to deal with other types of functions in Kosovo. As a result, immediately before Kosovo’s declaration of independence, it appointed an EU Special Representative (EUSR) and established the EULEX mission. In turn, shortly after the declaration of independence, the same person who held the post of EUSR was appointed as the International Civilian Representative by an International Steering Group, comprised of the twenty-two Member States of the EU who were prepared to recognise the new State, together with Norway, Switzerland, Turkey and the USA.9 The fact is that, firstly, as previously mentioned, only the mandate of the ICR includes any explicit reference to the term “supervision”, in contrast to the situation regarding the mandates of the EUSR and EULEX.10 However, this is the nature of the functions that correspond to the EUSR as a result of having two different responsibilities. As regards EULEX, if we examine the content of its mandate, we find that apart from having to “monitor, mentor and advise the competent Kosovo institutions on all areas related to the wider Rule of Law”, its mandate includes having to “ensure the maintenance and promotion of the Rule of Law, public order and security” which includes “as necessary and in consultation with the relevant civilian authorities in Kosovo” to reverse or cancel operational decisions taken by competent Kosovo authorities.11 All of these functions effectively involve a capacity to supervise the 9 All of these developments are described in Kerstin Odendahl, “Die Beteiligung der EU an UN-Missionen im Kosovo”: UNMIK, EUPT Kosovo und EULEX KOSOVO, Schweizerische Zeitschrift für internacionales und europäische Recht (): – . 10 The mandate of the ICR established in the “First Meeting of the International Steering Group (ISG) for Kosovo” is included in the Press Statement of ... In turn, the EUSR’s mandate was established in Joint Action / CFSP, and that of EULEX in Joint Action // CFSP, both in the OJ L of .., at and . 11 For an analysis of the mandate of EULEX see Martina Spernbauer, EULEX KosovoMandate, structure and implementation: Essential clarifications for an unprecedented EU mission, (The Hague: CLEER Working papers /, T.M.C Asser Institut, ) –
the eu and kosovo in light of the territorial issue
Kosovar authorities which has been carried out through the inclusion of EULEX in the spheres of the administration of justice, police and customs service of Kosovo. III. The European Union Commitment to Kosovo: Trying to Reach a Balance in the Light of the Territorial Question Having examined the scope and type of the EU’s involvement in Kosovo, we will now attempt to make an objective and critical evaluation of its actions. From this perspective, we consider it evident that the EU’s action in Kosovo has undoubtedly had a lighter side as, first of all, it has been necessary. In effect, the European Union has adopted a role and responsibility that no other international or regional actor was in a position to perform under the terms and to the extent that the EU has done (despite the economic and political support provided to Kosovo by the USA, and without overlooking Russia’s role in the region). Secondly, this is an action that corresponds to the commitment taken on by the EU to contribute towards the process of stabilisation in the Western Balkans and to offer a European option to the region. And, thirdly, this action has generally had a positive effect, as on the one hand it has served to deal with economic reconstruction, and on the other to help consolidate governmental structures in Kosovo based on the criteria of the Rule of Law. However, from a critical point of view, the action of the European Union also has a darker side. If we examine it as a whole, we may see that it has been predominantly reactive in nature, and has depended on circumstances in which in the majority of occasions the European Union has not been capable of acting. In other words, the EU has reacted to what other actors (the parties involved in the controversy, United Nations, or the permanent members of the Security Council) have done, but it has not had a clear strategy of its own.12 Amongst the reasons that may lie behind this reactive behaviour and lack of strategy, we consider that there are two which are closely interrelated.
and “EULEX Kosovo: The Difficult Deployment and Challenging Implementation of the Most Comprehensive Civilian EU Operation to Date”, German Law Journal (): –. 12 In this same line see Bono, op.cit. at and Dzihic/Kramer, op.cit. at .
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Firstly, there is the intrinsic difficulty of the situation in Kosovo, due to the inflexibility of the points of view of the parties involved in the controversy. In a context of this kind, and due to a previously existing armed conflict, the action of the European Union has been constantly conditioned by the fear of adopting stances that may lead to a new outbreak of violence. The second reason refers to the lack of agreement between the Member States regarding the territorial question. This situation has worsened since the unilateral declaration of independence and the persistence of discrepancies regarding recognition of the new state of Kosovo. In effect, the presence of differences of opinion in relation to the Kosovar controversy – the determination of its international legal situation – has not only hindered the development of a common EU strategy (even though it may be considered that this exist formally), but has been irredeemably projected on to the action of the European Union in that territory. This situation as a whole has led to a series of negative consequences that have affected all of the European Union’s actions in Kosovo. In the case of the actions carried out within the framework of Pillar IV of the UNMIK, there have been difficulties for the EU in making itself visible as a whole due to its involvement in multiple lines of action: during this period, the European Union not only formed a part of UNMIK Pillar IV, but was also present in the person of the European Agency for Reconstruction, the liaison office of the Commission, the personal representative of the EU High Representative, and the EU Monitoring Mission (EUMM) of the Council.13 It is precisely this difficulty in presenting its action in a unified way, and the subsequent lack of visibility as one of the main international actors in Kosovo, which can explain why it was solely identified as the “bill payer” and, therefore, the weakness of its actions in the political sphere and its inability to promote or obtain a negotiated solution to the territorial question from the parties involved. The EU’s action in Kosovo has become even more affected by the territorial question since the unilateral declaration of independence due to the fact that the undertaking of supervisory functions in Kosovo has been conditioned by tensions from two different sources. On the one hand, the tension derived from the misalignment between the international legal framework of reference – as established by Security Council Resolution and the continuation of the UNMIK – and the action of
13
Cf. Koeth, op.cit., at .
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the European Union, collaborating in an “overlapping” manner with the implementation of the “Comprehensive Status Proposal”. On the other, the fact that only twenty-two of the Member States participate in the International Steering Group and the absence of a common position with regard to recognising the new state of Kosovo demonstrates the disparity in their views on the territorial issue, indirectly questioning the suitability and adaptation of the instruments through which these supervisory functions have been carried out. Analysing each of these aspects in detail, the question of the international legal framework for EULEX’s action is about how relations have been structured between the United Nations and the European Union within the context created by the unilateral declaration of independence. This structuring process was not carried out according to a common, predefined strategy, but instead came as a result of the conjunction of a series of unilateral actions, both on the part of the European Union (the decision to withdraw from Pillar IV and establish EULEX and an EUSR) and the authorities from Kosovo (the progressive adoption of governmental duties which had been carried out until then by the UNMIK). The resulting situation led to the Secretary-General, from a position that could be described as “acquiescent neutrality” towards the events that led to the independence of Kosovo, accepting that it was necessary to reconfigure the UNMIK and gradually replace UNMIK with EULEX in the majority of the issues connected with the Rule of Law (although the deployment of EULEX would initially be hindered in the north of Kosovo).14 In fact, both the deployment and the action of EULEX were initially trapped in a legal vacuum which had to be resolved by a declaration from the President of the Security Council, who endorsed the solution that had been previously established by the Secretary General, by which UNMIK would help the European Union to adopt a strengthened operational function in connection with the Rule of Law in Kosovo, and EULEX would fully respect Security Council resolution () and operate under the overall authority and within the status neutral framework of the United Nations, as well as establishing the need for EULEX regularly to present UNMIK with reports on its activities.15
14 See Enrico Milano, “Il transferimento di funzioni: da UNMIK a EULEX en Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (): –. 15 Cf. Statement by the President of the Security Council, Doc. S/PRST// de
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This therefore refers to an “ex post facto legalization” of the action of EULEX, something which has been strongly criticised as it leads to an ambiguous situation that leaves a series of aspects unresolved from the perspective of International Law and EU Law.16 Firstly, these doubts relate to the competences of the Secretary-General to remodel UNMIK without the authorisation of the Security Council. Secondly, it is important to consider the lack of determination regarding the legal grounds for EULEX in Resolution and its conversion into what could be considered as a hybrid mission. In this case, although Joint Action //CFSP refers to this Resolution, only bodies from the Union are included in the mission’s chain of command, even though this matter has been resolved, as we have seen, by obliging EULEX regularly to provide reports on its activity to UNMIK. Similarly, there is also ambiguity regarding the respective spheres of international responsibility of UNMIK and EULEX, as well as doubts whether the consent of the territorial State would be necessary (although its determination would obviously present a new problem).17 In fact, the ex post facto legalisation of EULEX based on its action within the framework of the neutral status of the United Nations and under its authority has not made it possible to resolve all of the problems resulting from its supervisory functions in Kosovo. This is clearly illustrated by the problems that have arisen with regard to applicable internal law and the international representation of Kosovo. In relation to the first, it is important to remember that both the EUSR-ICR and EULEX have provided assistance to the authorities of the Republic of Kosovo in adopting a whole range of legislative provisions, replacing regulations applicable in that territory, which, according to Resolution , would be those established or approved by UNMIK. In addition to
.. in relation to the Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, Doc. S// of .., paragraph . 16 See Erika de Wet, “The Governance of Kosovo: Security Council Resolution and the Establishment and Functioning of EULEX”, American Journal of International Law (): –; “And in the meantime . . . Kosovo”, Common Market Law Review (): and Enrico Milano, “L’evoluzione della situazione in Kosovo e la dichiarazione presideziale del Consiglio di sicurezza del novembre ”, Rivista di diritto internazionale ():–. 17 Regarding the questions of international responsibility derived from the action of UNMIK and EULEX see De Wet, Ibídem: . On the need for consent from the territorial State, see Odendahl, op.cit.: –.
the eu and kosovo in light of the territorial issue
this, the law applied by the judges of EULEX is that which is adopted by the authorities of the Republic of Kosovo and not that established by UNMIK, under the full authority of which they operate (except in North Kosovo where UNMIK law continues to be applied).18 As regards the international representation of Kosovo, while UNMIK has continued to function as a facilitator for Kosovo’s participation in international and regional forums – despite the opposition of and subsequent problems with the Kosovar authorities – the ICR has acted as a promoter of the Kosovar State at international level, supporting its candidature for entry into the International Organisations in which it has already been accepted.19 The second element of tension is derived from the inability of the European Union to adopt a common position on the recognition of Kosovo. Faced with differing opinions among its Member States, with five (Cyprus, Greece, Romania, Slovakia and Spain) which were unwilling to recognise Kosovo, the Council noted that Member States would “decide, in accordance with national practice and international law, on their relations with Kosovo”.20 In other words, using international practice with regard to the recognition of States as a reference, a margin was left so that each Member State could decide individually. Although this provides a formal solution to the problem, the absence of a common position has had consequences on the action of the European Union in Kosovo, such as Cyprus abstaining from voting on Joint Action //CFSP, or the very limited Spanish involvement in EULEX. In the medium and long term, this absence of a common position may hinder the effective implementation of the European options for Kosovo, which we will refer to later.
18 Cf. Koeth, op.cit.: –. Regarding the matter of the unconstitutionality of the action of EULEX from the viewpoint of the Constitutional Law of the Republic of Kosovo see Robert Muharremi, “The European Union Rule of Law Mission in Kosovo (EULEX) from the perspective of Kosovo constitutional law”, Zeitshrift für ausländiches öffentliches Recht und Völkerrrecht (): –. 19 Cf. Report of International Civilian Office, dated .., III and Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration in Kosovo, Doc. S//, of .., at , paragraphs –. 20 Kosovo-Council Conclusions, General Affairs and External Relations, Doc. / , dated .., at .
isabel lirola delgado IV. The Effect of the Advisory Opinion of the International Court of Justice on the Action of the European Union in Kosovo: A Reference to Spain’s Position
As is well known, the participation of the Member States in the proceedings before the International Court of Justice reflected the differences in opinion that had already become clear as a result of the declaration of independence, making it impossible for the European Union to adopt a common position. In a first level of analysis, it seems that the Advisory Opinion would not have helped to resolve this situation, marked by different positions, and that it could even have worsened the situation. In effect, by not ruling about the grounds of Kosovo’s right to external self-determination, the Advisory Opinion has done nothing more than increase the motives of the Member States which have not recognised Kosovo, due, amongst other reasons, to the existence of nationalist demands within them. This is the case with Spain, which we will refer to as an example of the position of a Member State which has not recognised the new state of Kosovo. As a starting point from which to analyse the Spanish position, it is important to note that in legal terms – as was exposed before the International Court of Justice and is supported by much of Spain’s international law doctrine – this position is based on what Spain considers to be arguments of international legality, compared to others based on a discourse of “legitimacy”.21 As a result, these arguments can be summarized as follows: respect to the principle of sovereignty and territorial integrity of States, respect 21 See José Martín y Pérez de Nanclares, “El Derecho Internacional Público ante los interrogantes de una sociedad internacional en cambio permanente: ¿Hacia una cierta relativización de su carácter jurídico, internacional y publico?”, in Estados y organizaciones internacionales ante las nuevas crisis globales ed. José Martín y Pérez de Nanclares (Madrid: Iustel, ) –. In the same vein see Paz Sáenz de Santa María, “Las dinámicas del Derecho Internacional en el siglo XXI: acordes y desacordes”, ibídem at –; Cesareo Gutierrez Espada, Romualdo Bermejo García, De la opinión consultiva de la Corte Internacional de Justicia, de de julio de , sobre Kosovo (Madrid: Real Instituto Elcano, ) accessed February , http://www.realinstitutoelcano.org. A favourable posture towards the unilateral declaration of independence may be seen in Jordi Sellares Serra, “Lost in transition”: Kosovo, ¿transición de la Administración interina de las Naciones Unidas en Kosovo (UNMIK) a gobierno independiente”, Agenda ONU (): –.
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for the competences of the Security Council in maintaining international peace and security, and commitment to the principle of peaceful settlement of disputes. This means that the unilateral declaration would contravene the principle of sovereignty and territorial integrity of Serbia, derived from the rules and principles of international law which have been expressly included in the specific instruments that form the basis of the provisional regime of international administration and the provisional regime of selfgovernment established as a consequence of Resolution . In addition, it would not comply with the interim regime of international administration or the provisional regime of self-government established by the mandate of the Security Council in accordance with Chapter VII of the United Nations Charter in this Resolution. It would also be inconsistent with the status and competences attributed to the Provisional Institutions of Self Government (PISG) which, in any event, should be considered as limited, provisional and applicable within Serbia and under international supervision. Finally, Spain’s position could be considered as being based on the principle of peaceful settlement of disputes, as it considers that the unilateral declaration contradicts the rules and regulatory principles established by the Security Council in order to determine the future statute of Kosovo, which cannot be legitimately altered without its consent and which is based on negotiations between the interested parties.22 However, and without affecting the core value of these arguments, a careful reading of the written declaration which Spain presented to the International Court of Justice would reveal, in our opinion, certain signs of its concerns for the repercussions of the unilateral declaration in a context such as that which exists in Spain, with nationalist tensions and demands of independence.23 However, this concern has been repeatedly denied by the Spanish government, stating that there are no similarities between the situations of Serbia/Kosovo and Spain.
22 “Accordance with international law of the Unilateral Declaration of Independence by the provisional institutions of self-government of Kosovo” (Request for Advisory Opinion)”, Written Statement of the Kingdom of Spain, April, . 23 Here it is possible to evaluate the parallels established between the PISG and the bodies capable of self-government in the States having a complex structure, the terminology used to refer to the case of Spain. In this case, on referring to the competences of the PISG, it states that “while extremely broad, they correspond, in general terms, to those granted to self-governing authorities, institutions or bodies at non-national level in States having a complex structure”, ibídem, at .
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While it is obvious that the situations and contexts are completely different, it is important to consider the internal political debate in Spain regarding whether Catalonia, the Basque Country and Galicia (recognized as “historic nationalities”) would be entitled to the right to external self-determination beyond the right to autonomy recognised by the Spanish Constitution of , and further developed in the Statutes of Autonomy.24 In addition to these is the pressure exerted by nationalist parties to recognise Kosovo as a State.25 For this reason, it comes as no surprise that in such a context the unilateral declaration of independence has had repercussions on Spain’s participation in the action of the European Union in Kosovo. As a result, in comparison to its active participation in UNMIK, Spain has practically no presence in EULEX.26 Furthermore, as a result of the unilateral declaration of independence, Spain’s position with regard to Kosovo has become a “diplomatic juggling act”, in which the lack of recognition of the state of Kosovo has been combined with express and active support for the European perspective of Kosovo during Spain’s presidency, and the repeated affirmation of Spain’s commitment towards reaching a solution to the situation in Kosovo through dialogue.27 In principle, this is a position that is obviously not the only reason for the absence of a common position from the European Union, inasmuch as, as we have already indicated, it is shared by Cyprus, Greece, Romania and Slovakia. Also, this non-recognition is coherent, at present, with the
24 In this case see, amongst others, Hanna Jamar, Mary Katherine Vignes, “Applying Kosovo: Looking to Russia, China, Spain and Beyond After the International Court of Justice Opinion on Unilateral Declaration of Independence”, German Law Journal (): –. 25 In this case, the parliamentary group of Esquerra Repúblicana-Izquierda UnidaIniciativa per Catalunya Verds presented two motions on the recognition of the Republic of Kosovo to the Foreign Affairs Committee of Spain’s Congreso de los Diputados, one in May and another in September (the latter of which was also supported by the Basque Parliamentary Group and the Catalonian Parliamentary Group), both of which were rejected. 26 Together with the withdrawal of KFOR: see María José Cervell Hortal, “Kosovo: a casa, misión cumplida”, Revista Española de Derecho Internacional (): – . 27 The expression is taken from Elisabeth Johansson-Nogués, “The Kosovo Juggling Act? Zapatero’s delicate balance act between Spanish constraints and European imperatives”, in Spain in Europe –, ed. Esther Barbe, (Barcelona: Institut Universitari d’ Estudis Europeus, ), accessed February , , http://www.iuee.eu. Also see the “Declaración sobre Kosovo con ocasión de la presidencia española de la UE” (available at www.maec.es).
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persistence of Resolution and the status of neutrality of UNMIK and EULEX. Furthermore, the Spanish position does not hinder the continuation of the pre-accession strategy and, as the Spanish government has defended, could supposedly serve to promote dialogue between Serbia and Kosovo. But ultimately this is an uncomfortable position, which obscures the potential set underway by the previous active involvement of Spain in the reconstruction and pacification of Kosovo.28 Also, it is a position that has been identified as unconditional support for Serbia. Finally, it means sharing a position of non-recognition, which is considered, either fairly or unfairly, as being the reason for the difficulties in fully developing the leadership of the EU in Kosovo, to the benefit of other actors such as the USA, at the same time as the lack of support shown by the population of Kosovo towards EULEX. Finally, it is a position that once again reveals the fractures in the CFSP. V. Kosovo’s European Options: Some Decisive Factors and Problems Up to this point, our study has focused on the aspects that have hitherto marked the action of the EU in Kosovo. Now we would like to refer to a number of factors which, in our opinion, are vital for the European future of Kosovo, as well as to the associated questions and problems. These include, firstly, determining the scope and significance of the readiness of the EU to facilitate a “new” process of dialogue between the parties, as expressed following the Advisory Opinion of the International Court of Justice. Secondly, it is necessary to take into account the development of Kosovo’s pre-accession strategy. A. The Readiness of the European Union to Facilitate a Process of Dialogue between the Parties: With What Meaning and Purpose? Within the context of a European perspective for Kosovo, one of the key factors to be considered is, in our opinion, the readiness of the European Union to facilitate a process of dialogue between the parties. This
28 Cf. Sofia Sebastián, “La política exterior española en los Balcanes. Un potencial desaprovechado”, FRIDE-Policy Brief, (), accessed February , , http:// www .fride.org.
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readiness is referred to in General Assembly Resolution /, sponsored by Serbia and all of the Member States of the European Union.29 However, it is interesting to note that, in turn, Resolution / reprises the text of the statement made by the High Representative on behalf of the European Union on the International Court of Justice’s Advisory Opinion.30 This declaration also states that a new stage has begun based on dialogue with Serbia, and that the process of dialogue would in itself be a factor of peace, security and stability in the region (a factor which has even been recognised by the Member States which have not recognised Kosovo, such as Spain31). In this way, and in a second level of analysis which completes the previous one by favouring a new scenario for dialogue between the parties, the Advisory Opinion would have contributed towards positively changing the context for the action of the European Union in Kosovo. This said, a key factor when interpreting this new scenario is precisely the scope and significance to be attributed to this readiness of the European Union to act as a facilitator of dialogue between the parties. In this sense, the aim is to see – which can only be confirmed with time – if the purpose of the declaration has only been to consolidate the functions carried out hitherto by the EU in Kosovo, or if it has focused on the EU adopting a new role that includes, as we anticipated, a function of leadership in the political sphere, connected with the negotiations aimed at achieving a definitive, consensual solution to the territorial question. Here it is important to bear in mind that alongside adopting functions with regard to the Rule of Law, complementing or replacing via EULEX those previously carried out by the United Nations via UNMIK, the European Union has already played this role as a facilitator of the dialogue between the parties in specific aspects, such as the protection of the religious and cultural heritage of the Orthodox Serbian Church in Kosovo, or the situation in the north of Kosovo.32
29
Doc A/RES//, October . Doc /, PRESSE , July . 31 Apart from the declarations made by members of the government, it is important to note the approval by the Foreign Affairs Committee of Spain’s Congreso de los Diputados in November of of a motion presented by the Catalonian Parliamentary Group regarding support for the dialogue between Serbia and Kosovo. 32 See the Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, Doc. S// of .., p. , paragraph . 30
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Second, although closely linked to this, is the issue of concreting the contents of this “new” process of dialogue between the parties, the goals of which are to promote cooperation, achieve progress on the path to the European Union, and improve the lives of its people. Currently, the areas in which cooperation between Kosovo and Serbia is necessary include locating missing persons, fighting crime and corruption, telephone and power networks, public records and education. However, it is not clear whether the dialogue will focus directly on resolving the territorial question, but instead on developing and extending cooperation between Serbia and Kosovo, which so far has been minimal.33 Finally, there is also the question of cooperation and coordination between the United Nations and the European Union, a factor which has been highlighted by the Secretary General. In this respect, in the light of the lack of progress in reconciliation between communities throughout all of Kosovo and the instability that exists in the North, it is foreseeable that UNMIK will continue to be present, supporting the process of dialogue.34 However, due to the more or less explicit opposition from the authorities of Kosovo and the disposition of UNMIK to pass its functions in the North of Kosovo to a structure that is legitimate and acceptable for all of the communities in line with the neutral status of the United Nations, this may not be the case. So, if UNMIK functions completely disappear, there is doubt whether Resolution would continue to provide coverage for EULEX or another type of presence on the part of the European Union, or if this Resolution would have to be considered to be terminated, independently of the actions of the Security Council.35 B. Kosovo’s Pre-accession Strategy. What Developments, and at What Pace? The other key factor in relation to the European perspective on Kosovo is obviously the development of Kosovo’s pre-accession strategy. In this case, in line with the information and data provided by the Commission, it is possible to identify a number of short-term objectives, which include
33
See Security Council, Doc. S/PV. of .., at . See Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, Doc. S// de .., at , paragraphs –. 35 Returning to the idea of termination due to a change in circumstances, as referred to by Milano () at . 34
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the opening of dialogue for the liberalisation of visas, proposals for negotiating directives for a trade agreement in due time, and participation in relevant EU programmes.36 As regards the opening of dialogue regarding the liberalisation of visas, to date Kosovo is the only participant in the European strategy for the Western Balkans that does not have a programme of this kind. This situation has received criticism from different sources, including the European Parliament and Kosovo itself (criticisms which attribute this fact, amongst other reasons, to the position of the member States which have not recognised the new State).37 However, other considerations apart, these criticisms are, as we will see below, proof of the imbalance between expectations with regard to the European perspective for Kosovo and the extent to which the criteria and requirements for pre-accession are complied with. The second short-term objective is the signing of a trade agreement between the European Union and Kosovo, like the one Serbia has already concluded, together with a Stabilisation and Association Agreement.38 It seems evident that for the moment the conclusion of such an agreement is not possible due to the persistance of the territorial issue and the absence of a common position with regard to the recognition of Kosovo. But even achieving a trade agreement poses several problems. On the one hand, there are doubts whether the EU could sign an international treaty with a State that is not recognised by all of its Member States. On the other, there is the question of who would be responsible for signing that agreement on behalf of Kosovo. In this case, apart from the arguments provided by international practice on the recognition of States, according to which the conclusion of a Treaty is not always considered an act of
36 Kosovo Progress Report accompanying the Communication from the Commission to the European Parliament and the Council “Enlargement Strategy and Main Challenges –”, Doc. SEC () , November , at –. 37 On the position of the European Parliament see “Resolution on the European integration process of Kosovo”, Doc. P_TA () , at , paragraph E. Regarding criticism from Kosovo, Isolation Confirmed. How the EU is undermining its interest in Kosovo, eds. European Stability Initiative (Berlin-Brussels-Istambul: supported by Robert Bosch Stiftung, ), accessed February , , http:// www.esiweb.org. 38 Interim Agreement on trade and trade-related matters between the European Community, of the one part, and the Republic of Serbia, of the other part, of .. (JOL of ..) and Stabilisation and Association Agreement between the European Communities and their Member States of the one part, and the Republic of Serbia, of the other part, also of ...
the eu and kosovo in light of the territorial issue
implicit recognition,39 it should be remembered that the European Union has already signed agreements with states that are not recognised by Member States, such as Taiwan (listed as the Separate Customs Territory of Taiwan, Penghu, Kinmen and Matsu) or with bodies representing entities whose condition as a state is also subject to debate, such as the Palestinian Authority (in which case an agreement was signed with the Palestine Liberation Organisation for the benefit of the Palestinian Authority of the West Bank and the Gaza Strip).40 Also, the European Union would be responsible for signing the Agreement due to the legal personality conferred upon it by the Lisbon Treaty. Moreover, if the agreement only referred to the common trade policy, it would be within the framework of the EU’s exclusive competences, unlike a Stabilisation and Association Agreement covering areas such as political dialogue.41 However, all of these arguments – regarding the technical possibilities that exist for overcoming the obstacles that could arise on the conclusion of a trade agreement between the EU and Kosovo – do not cover the political difficulties that may arise out of the stance of Member States that do not recognise Kosovo. These difficulties may lead to a lack of agreement to approve the negotiating mandate in the Council or to authorise the signing of the Agreement. Beyond the short-term expectations, the key question here refers to the progress Kosovo has made so far in relation to the criteria for preaccession, as they may provide us with an idea of how far away Kosovo is from joining the European Union, as the final goal of its European perspective. In this case, the data are once again highly revealing, indicating the discrepancy between Kosovo’s expectations of joining the EU and the path it still has to travel.42 It is true that if Serbia were to join 39 Cf. Ian Brownlie, Principles of Public International Law (Oxford: University Press, ), . 40 It can be noted that Council Regulation (EC) No / of .., amending Regulation (EC) No / introducing exceptional trade measures for countries and territories participating in or linked to the European Union’s Stabilisation and Association process applies to Kosovo, which is referred as customs territory of Kosovo (“customs territories of Serbia and Kosovo”). 41 Regarding recent questions posed by the conclusion of common commercial policy agreements see Peter-Chistian Müller-Graf, “The Common Commercial Policy Enhanced by the Reform Treaty of Lisbon”, in Law and Practice of EU External Relations: Salient features of a Changing Landscape, ed. Alan Dashwood and Marc Maresceau (Cambridge, N.Y.: Cambridge University Press, ), –. 42 According to the information provided by the Commission, Kosovo has made progress at political and economic level on its path towards the European Union. Progress has been seen in the process of decentralisation, in the ability to organise democratic
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the European Union, that could be an important aid to bringing about the definitive and consensual resolution of the territorial question, bearing in mind that the European Union has already approved the examination of its candidature.43 However, the accession of both Serbia and Kosovo is included within a wider context of debate regarding the ability of the European Union to continue expanding, and the type of International Organization it would become with a new, exponential increase in its members. VI. Conclusions The actions of the European Union in Kosovo have been set against the backdrop of the controversy surrounding the international legal statute of that territory within the framework resulting from placing Kosovo under a regime of international administration through Resolution and the subsequent unilateral declaration of independence. On considering this action it may be seen that, apart from the positive aspects derived from the contribution to the economic reconstruction of Kosovo, establishing the Rule of Law and diplomatic negotiations aimed at reaching a peaceful solution to the territorial issue, there have also been low points and inconsistencies. Setting to one side the intrinsic difficulties of the situation in Kosovo, this ‘dark side’ may be largely attributed to the problems inherent in the functioning of the EU’s external action. From this perspective it
elections, in cooperation with EULEX, in its European commitment (through the creation of a Ministry of European Integration), and in reforms made to the Public Administration. At economic level, its economy has grown to some extent, and its banking sector has expanded. However, on the flipside, it has been possible to verify the weakness of the Public Administration and the fragility of the Rule of Law, due to the interference of the executive powers. Equally important are problems connected with Human Rights, which at present are not being complied with in any way, either at the political and social or economic level. Other very serious problems are deficiencies in the fight against corruption, organised crime and people trafficking, the reason it would currently be impossible to establish a programme for liberalising visas. From the economic point of view, the extremely high level of unemployment ( ) is extremely revealing. Also, economic growth has so far been based on increased government expenditure and not on the creation of wealth. Finally, there is the transcendental factor of legal insecurity with regard to property rights with consequences that affect the respect of basic rights and foreign investment (see Doc. SEC () , cit). 43 Cf. Ivan Ingravallo, “Il Kosovo tra l’amministrazione delle Nazioni Unite e le prospettive di ammissione all’Unione europea”, Studi sull’integrazione europea (): .
the eu and kosovo in light of the territorial issue
is possible to evaluate the difficulties involved in presenting its action in a unified manner during its participation in UNMIK Pillar IV, and to reveal it as one of the main international actors in Kosovo. This would be one of the reasons that explain the weakness of the EU’s action in the political sphere and its inability to promote or obtain a negotiated solution between the parties with regard to the territorial question. The unilateral declaration of independence has even further affected the action of the European Union due to the inability to reach a common position and the problems created by the international legal grounds for the supervision of the new Kosovan state by the EUSR-ICR and EULEX. The solution of bringing EULEX under the umbrella of UNMIK has served to legalise the mission ex post facto and to resolve the political and operational problems associated with its implementation. However, it has also brought to light the questions which, from the perspective of International and European Law, are derived from the incoherence of intending to exercise functions that represent implicit support for the new State – and therefore acceptance of a unilateral solution to the territorial question – under the statute of neutrality maintained, at least formally, by the United Nations. On a first level of analysis, it does not seem that the Advisory Opinion of the International Court of Justice has contributed to resolving the different positions of the Member States regarding the unilateral declaration of independence. Furthermore, due to the lack of definition on the part of the Advisory Opinion regarding the international legal basis of Kosovo’s right to the external self-determination, this may have contributed to intensifying the motifs and distrust of the Member States which, as a result of having nationalist tensions and separatist demands, as is the case in Spain, are not willing for the moment to recognise the new Kosovan State. However, on a second level of analysis, as a result of the opening of a new stage of dialogue between Kosovo and Serbia – as recognised by the parties and all of the Member States of the EU – it could be considered that the Advisory Opinion has contributed to bringing about a positive change in the context of the EU’s action in Kosovo. The confirmation of this change depends on two situations. The first is the scope and significance of the EU’s willingness to act as the facilitator of this dialogue, a role that the EU has already begun to play in relation to certain specific aspects. The second concerns the content of the dialogue, which for the time being only seems to be aimed at increasing the practically
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non-existent cooperation between Kosovo and Serbia in matters of common interest, and not at reaching a short-term solution to the territorial question. Finally, another factor to take into account is the development of the European perspective of Kosovo and Serbia, inasmuch as it may lead to more favourable conditions for reaching an agreement on the territorial question. In this context, progress made by Serbia can be positively assessed. Meanwhile, the data that are available in relation to Kosovo clearly indicate the technical difficulties involved in meeting short-term expectations with regard to the liberalisation of visas and the conclusion of a trade agreement, as well as the long path that still need to be travelled before it can request its application for accession to be examined. In any event, the European Union will still have to continue finding formulas that allow it to act in the complicated scenario of Kosovo. Bibliography Bono, Giovanna, The European Union and “supervised independence” of Kosovo: a strategic solution to the Kosovo/Serbia conflict?, European Foreign Affairs Review (): –. Brownlie, Ian, Principles of Public International Law (Oxford: University Press, ): . Cervell Hortal, María José, Kosovo: A casa, misión cumplida, Revista Española de Derecho Internacional (): –. De Wet, Erika, The Governance of Kosovo: Security Council Resolution and the Establishment and Functioning of EULEX, American Journal of International Law (): –. Dzihic, Vedran / Kramer, Helmut, Kosovo After Independence. Is the EU’s EULEX Mission delivering on its Promises? (Friedrich Ebert Stiftung, ) accessed February , , http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/ .pdf. Economides, Spyros / Ker-Lindsay, James, Forging EU foreign policy unity from diversity: the ‘unique case’ of the Kosovo Status Talks, European Foreign Affairs Review: (): –. Editorial Comments, And in the meantime . . . Kosovo, Common Market Law Review (): –. Gutierrez Espada, Cesareo / Bermejo García, Romualdo, De la opinión consultiva de la Corte Internacional de Justicia, de de julio de , sobre Kosovo (Madrid: Real Instituto Elcano, ) accessed February , http://www.realinstitutoelcano.org Ingravallo, Ivan, Il Kosovo tra l’amministrazione delle Nazioni Unite e le prospettive di ammissione all’Unione europea, Studi sull’integrazione europea (): –.
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GRENZZIEHUNG ALS INSTRUMENT DER FRIEDENSSICHERUNG: VON PALÄSTINA ZUM KOSOVO UND ZURÜCK
Michael Bothe . Territorialgrenzen und die Rolle des Sicherheitsrats Das Gutachten des IGH zur Sezession des Kosovo von dem Staat des ehemaligen Jugoslawien ist in zwei unterschiedlichen Perspektiven einzuordnen. Es geht einmal um einen weiteren Schritt im Zerfall des jugoslawischen Staatsgebildes nach . Dies ist ein historischer Großkonflikt, der nun im Rahmen des Systems der kollektiven Sicherheit, das durch die Satzung der Vereinten Nationen geschaffen wurde, zu behandeln war. Dabei sind zum zweiten Fragen des allgemeinen Völkerrechts zu betrachten, die im Zusammenhang mit diesem Konflikt aufgeworfen wurden: Staatszerfall, insbesondere aber nicht nur durch Sezession,1 Selbstbestimmungsrecht, Festlegung neuer oder Bestätigung alter Grenzen. Zentrales Organ dieses Systems der kollektiven Sicherheit ist der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Seine rechtlichen Kompetenzen und seine praktische Rolle in den genannten Fragen sollen im vorliegenden Beitrag beleuchtet werden. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der Frage der Festlegung von Grenzen als Instrument der Friedenssicherung liegen. . Rechtliche Grundlagen: die Kompetenzen des Sicherheitsrats Viele bewaffnete Konflikte entstehen an und um Grenzen. Von daher sind die Sicherung von Grenzen, die umstritten sind, und eine Grenzziehung, die streitige Interessen befriedet, wesentliche Elemente der Erhaltung und Herstellung von Frieden.
1
Dazu insbesondere Stefan Oeter und Peter Hilpold in diesem Band.
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In der Praxis des Sicherheitsrats überwiegt das erstere Element, die Sicherung bestehender Grenzen und Demarkationslinien. Zahlreiche Resolutionen schaffen Einrichtungen und Verfahren der Verhinderung von Grenzverletzungen, insbesondere Beobachtungskommissionen oder friedenserhaltende Operationen mit entsprechendem Mandat.2 Dies sind klassische Maßnahmen der Sicherung oder Wiederherstellung des Friedens, die nach Kapitel VII (Art. , oder ) in die Zuständigkeit des Sicherheitsrats fallen. Eine Kompetenz des Sicherheitsrats ist im Rahmen der Friedenssicherung auch für Maßnahmen der zweiten Kategorie gegeben, nämlich für die Festlegung von Grenzen. Das ist wohl unbestritten für das Außerstreitstellen bestehender Grenzen. Hinsichtlich einer Festlegung neuer Grenzen wird das allerdings auch bezweifelt.3 Solche Regelung sind aber Maßnahmen der Friedenssicherung. Diese Festlegungen sind deshalb im Rahmen der Kompetenz des Sicherheitsrats nach Art. SVN verbindlich. Ein klassischer Fall der Festlegung einer zwischenstaatlichen Grenze ist die Waffenstillstandsresolution des Sicherheitsrats für den Irak im April .4 Die Resolution nimmt Bezug auf die Unsicherheit des Grenzverlaufs als Konfliktgrund und auf die durch die beiden Staaten an sich bereits einvernehmlich erfolgte Grenzfestsetzung. Sie beschließt als Mittel der Wiederherstellung des Friedens Maßnahmen zur Demarkation, d. h. zur Klärung des Grenzverlaufs. Die Frage der Festlegung von Grenzen stellt sich auch dort, wo angestrebte oder faktisch erfolgte Gebietsveränderungen dies erfordern, so insbesondere bei einem Staatszerfall. Durch eine Sezession wird, ist sie erfolgreich, innerhalb eines bisher bestehenden einheitlichen staatlichen Territoriums eine neue internationale Grenze gezogen. Wo diese Grenzziehung nicht einvernehmlich zwischen Altstaat und Neustaat erfolgt, ist sie ein wesentliches Element eines politischen und oft auch bewaffneten Konflikts. Hierfür ist der Zerfall Jugoslawiens5 ein hervorstechendes Beispiel. Von einer Kompetenz des Sicherheitsrates zur Festlegung von Gren-
2 Z. B. UNMOGIP (United Nations Military Observer Group in India and Pakistan) seit ; UNEF (United Nations Emergency Force) I (, noch mit Mandat der Generalversammlung) und II () zwischen Israel und Ägypten. 3 Erika De Wet, The Chapter VII Powers of the Security Council, , . 4 Siehe unten .. 5 Unten ...
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
zen in diesem Zusammenhang geht der IGH offenbar auch in seinem Kosovo-Gutachten aus. Denn er hält die grundlegende Resolution für verbindlich, ohne irgendeinen Bestandteil dieser Resolution auszuschließen.6 Das schließt die Bestätigung der territorialen Integrität Jugoslawien, die in dieser Resolution enthalten ist,7 mit ein, eine Art negative Grenzfestlegung. Dabei ist freilich zuzugeben, dass die Festlegung durch den Sicherheitsrat ohne die Mitwirkung der betroffenen Staaten auf Dauer kaum tragfähig ist. Die Zustimmung Serbiens war vor der Resolution gegeben, auch die der Staaten, die zum Schutze der Kosovaren interveniert hatten. Es ist ständige Praxis, eine solche Zustimmung zu suchen. Eine Variante dieses Problems ist die umstrittene Neugründung eines oder mehrerer Staaten auf einem Gebiet, dessen Status zuvor anders war. Hierher gehören Grenzfestlegungen im Zuge der Dekolonisierung und in deren Folge.8 Sie sind insbesondere dort problematisch, wo das Prinzip der Erhaltung von vorbestehenden Grenzen („uti possidetis“), das ein Grundprinzip der Grenzziehung bei Dekolonisierung ist,9 im konkreten Fall keine friedensstiftende Anwendung finden kann. Ein besonderes Beispiel für diese Variante ist Palästina. Hier besteht seit Beginn der Friedensbemühungen der Vereinten Nationen das Problem, wie durch Grenzziehung eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israel und den palästinensischen Arabern ermöglicht werden kann. Die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats werden in der überwiegenden Praxis als verbindlich angesehen. Eine politische Lösung für das Problem ist allerdings bis auf den heutigen Tag nicht in Sicht.10 Besteht also eine weitgehende rechtliche Kompetenz des Sicherheitsrats zu Grenzfestlegungen, so ist doch die praktische Bedeutung, die dieses Instrument des Sicherheitsrates in der Praxis hat, kritisch zu hinterfragen. Dazu bietet insbesondere der Kosovo-Konflikt Anschauungsmaterial. Er soll in der Folge im Gesamtzusammenhang der Praxis des Sicherheitsrats untersucht werden.
6
§§ ff. des Gutachtens. Siehe unten Fn. . 8 Z. B. etwa auf dem indischen Subkontinent: Indien/Pakistan, Kaschmir, Entstehung von Bangladesh. 9 Frank Wooldridge, „Uti Possidetis Doctrine“, EPIL IV, ; Peter Hilpold, „Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht“, ZaöRV (), –, . 10 Siehe unten .. 7
michael bothe . Praxis der Friedenssicherung durch Grenzziehung – Status quo oder Veränderung
Den Beispielen gemeinsam ist die Frage, wie denn eine neue Grenze rechtliche Anerkennung und Sicherheit erlangen und dadurch ein Konflikt gelöst werden kann. .. Die internationale Grenze: Irak-Kuwait Ein wesentliches Element der Waffenstillstandsresolution nach dem . Golfkrieg11 (Beendigung der Besetzung Kuwaits durch den Irak ) war es, die Grenze zwischen beiden Staaten außer Streit zu stellen, nachdem ein wesentlicher Vorwand für den irakischen Einmarsch darin bestanden hatte, dass die zuvor erzielte Einigung über diese Grenze in Frage gestellt wurde. In der Präambel der Resolution heißt es dazu: The Security Council; ... Noting that Iraq and Kuwait, as independent sovereign States, signed at Baghdad on October „Agreed Minutes between the State of Kuwait and the Republic of Iraq regarding the restoration of friendly relations, recognition and related matters“ thereby formally recognizing the boundary between Iraq and Kuwait and the allocation of islands, which Agreed Minutes were registered in accordance with Article of the Charter of the United Nations and in which Iraq recognized the independence and complete sovereignty of the State of Kuwait with its boundaries as specified in the letter of the Prime Minister of Iraq dated July and as accepted by the ruler of Kuwait in his letter dated august ; Conscious of the need for demarcation of the said boundary, ...
Demgemäß ordnet der Sicherheitsrat ein Verfahren zur Demarkation dieser Grenze an.12 Der General-Sekretär setzte demgemäß eine fünfköpfige Iraq-Kuwait Boundary Demarcation Commission ein, die ihre Arbeit mit einem Bericht vom .. abschloss.13 Der Sicherheitsrat billigte diesen Bericht und erklärte seine Festlegungen für endgültig.14 11 12 13 14
S/RES/ vom . April . § der Resolution. UN Doc. S/. S/RES/ vom ...
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
Mit eigentumsrechtlichen Konsequenzen dieser Festlegung befasste sich der Sicherheitsrat dann Anfang .15 Damit war die Grenzfrage aber offensichtlich nicht endgültig vom Tisch. Nach dem Fall des Regimes von Saddam Hussein und dem Wiedererstehen einer irakischen Staatsgewalt war die Frage der Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Irak und Kuwait nicht gelöst. Die Grenzziehung wurde als Teil der offenen Probleme zwischen beiden Staaten behandelt, um die sich auch die UNMission im Irak (UNAMI) bemühte.16 Von der neuen irakischen Regierung wird in diesem Zusammenhang eine formelle Erklärung des Irak zur Anerkennung der Grenze erwartet, die im Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags (Frühjahr ) noch immer nicht erfolgt war.17 Wesentlich für den vorliegenden Zusammenhang ist, dass es sich hier nicht um die Neufestlegung einer Grenze handelte, sondern lediglich um die Feststellung einer schon rechtlich festgelegten Grenze vor Ort.18 Dabei zeigt sich freilich, dass der Sicherheitsrat allein nicht in der Lage ist, mittels verbindlicher Entscheidung einen Konflikt zu regeln. Letzten Endes bedarf es der Kooperation der Konfliktparteien. .. Umstrittene Staatsentstehung: Israel/Palästina Ausgangslage des palästinensischen Konflikts ist das Bestehen eines einheitlichen Territoriums Palästina (einst türkisches Gebiet, nach dem . Weltkrieg britisches Mandat), auf dessen Gebiet zwei verfeindete Volksgruppen leben. Ein erster Versuch der Lösung war der Teilungsplan der UNGV ,19 der allerdings abgelehnt wurde. Der Versuch einer militärischen Lösung endete mit den Waffenstillständen von , die innerhalb Palästinas und um Palästina herum Waffenstillstandslinien schufen. Diese Waffenstillstandslinien haben sich alsbald tatsächlich und rechtlich verfestigt. Die Waffenstillstandlinie innerhalb Palästinas (Grüne Linie) ist heute die international anerkannte Außengrenze des israelischen Staatsgebiets. Israelische Annexionen, die über diese Grenzlinie hinausgehen, sind international nicht anerkannt. Das ist bislang die Grundlage aller Entscheidungen des Sicherheitsrates zu Territorialfragen 15
S/RES/ vom ... Report of the Secretary-General pursuant to paragraph of resolution (), S//, para. . 17 Second report of the Secretary-General pursuant to paragraph of resolution (), S//, para. . 18 De Wet, (Fn. ), mit weiteren Nachweisen. 19 A/RES/ vom ... 16
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in Palästina. Der Sicherheitsrat nahm zunächst die Waffenstillstände positiv zur Kenntnis und forderte ihre Einhaltung.20 Darauf beruht die Reaktion des Rates auf die Besetzung der Westbank und des GazaStreifens durch Israel : Umstritten ist, ob der Sicherheitsrat in seiner bekannten Resolution 21 den Rückzug Israels aus allen Gebieten fordert, die „im jüngsten Konflikt besetzt wurden“, oder nur aus einem Teil derselben. Die Resolution fordert „withdrawal from occupied territories“, nicht „from the occupied territories“. Die israelische These (von der arabischen Seite bestritten und durch die Texte in anderen Sprachen eher widerlegt) geht dahin, dass das Weglassen des bestimmten Artikels bewusst war und eben besagen sollte, dass Israel sich nicht aus allen Gebieten zurückziehen müsste. Sei dem wie auch immer, jedenfalls wird das Gebiet jenseits der grünen Linien nicht als Staatsgebiet Israels angesehen, sondern als besetztes Gebiet. Zunächst war von den besetzten arabischen Gebieten die Rede,22 später von den „palästinensischen“ Gebieten.23 Der Sicherheitsrat hat insbesondere die Annexion Ost-Jerusalems durch Israel ausdrücklich nicht anerkannt. Dieser Status quo wird von Israel jedenfalls faktisch unwirksam gemacht, und zwar sowohl durch die auch faktisch vollzogene Annexion Ost-Jerusalems als auch durch die israelische Siedlungspolitik. Die Folge sind unvereinbare Ausgangspunkte der beiden Seiten für Verhandlungen. Als wesentlicher Vermittler und Schlichter wirkt in diesem Konflikt das sog. Quartett, eine geschaffene Gruppe bestehend aus den Vereinten Nationen (vertreten durch den Generalsekretär), der EU, den Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation. Sprecher der Gruppe ist der ehemalige britische Premier Blair. Die arabische Seite fordert in den Verhandlungen die Erhaltung des beschriebenen status quo, Israel die Ausdehnung seines Territoriums nicht nur auf Gesamt-Jerusalem, sondern auf weite Gebiete der Westbank. Nach israelischen Vorstellungen würde es kein durchgehendes palästinensisches Staatsgebiet in NordSüd-Richtung geben (Problem der Kontiguität). Das wurde von Israel nach außen zunächst zwar nur indirekt, aber doch deutlich ausgedrückt. In der sog. Roadmap vom ..,24 einer Leitlinie des Quartetts, wurde als Ziel vorgegeben:
20 21 22 23 24
S/RES/ vom ... S/RES/ vom ... S/RES/ vom ... Vgl. bspw. S/RES/ vom ... Text: www.knesset.gov.il/process/docs/roadmap_eng.htm.
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. . . a settlement negotiated between the parties based on UNSCR , and . . .
Die letztgenannte Resolution hatte u. a. die Parteien aufgefordert, auf der Grundlage zweier amerikanischer Empfehlungen, nämlich des Tenet Work Plan und des Mitchell Report zu verhandeln. Beide Papiere stellen sich im Einzelnen gegen die israelische Haltung zur Grenzfrage. Darauf reagierte Israel in seiner Stellungnahme zur Roadmap,25 indem es verlangte the removal of references other than and (, the Saudi Initiative and the Arab Initiative adopted in Beirut) . . . The only possible reference should be to Resolutions and , and then only an outline for the conduct of future negotiations on a permanent settlement.
Dies ist eine fein gesponnene, aber doch eindeutige Ablehnung der Grenzvorstellung des Quartetts und damit des Sicherheitsrats. Im Mai hat Israel diese Haltung ausdrücklich und klar auch gegenüber anderen Vorstellungen des amerikanischen Präsidenten bekräftigt. Bislang hat es freilich keine Aufweichung der Position des Sicherheitsrats im Sinne der israelischen Position gegeben. Es bleibt aus dieser Sicht beim Status quo der Grenze von . .. Staatszerfall In den Fällen des Staatszerfalls war in aller Regel gleichfalls die Erhaltung des Status quo Ausgangspunkt der Stellungnahmen und Maßnahmen des Sicherheitsrates. In aller Regel hält der Sicherheitsrat ausdrücklich an der territorialen Integrität des Staates, in dem eine Sezession stattfindet, fest, solange sich die Parteien nicht auf etwas anderes einigen. Dies ist die Linie des Sicherheitsrats im Falle Zypern und Georgien. In anderen Fällen hat sich der Sicherheitsrat dagegen sehr rasch mit einer Änderung des status quo abgefunden. ... Zypern Die internationale Gemeinschaft hat die im Norden von Zypern durch die Türkei geschaffene Republik seit der türkischen Invasion nie anerkannt, obwohl die Republik Zypern dort schon lange keine effektive Staatsgewalt mehr ausübt. In diesem Fall wurde die Haltung der UN zunächst von der Generalversammlung definiert:26 25 26
www.knesset.gov.il/process/docs/roadmap_response_eng.htm. A/RES/ (XXIX) vom ...
michael bothe The General Assembly, . Calls upon all States to respect the sovereignty, independence, territorial integrity and non-alignment of the Republic of Cyprus and to refrain from all acts and interventions directed against it; . . .
Diese Resolution hat sich der Sicherheitsrat alsbald zu eigen gemacht.27 Er wiederholt regelmäßig das Bekenntnis zu dieser Resolution.28 Bis heute hält der Sicherheitsrat am territorialen Status quo der Einheit Zypern fest. Rechtlich lässt sich dies nicht zuletzt dadurch rechtfertigen, dass die türkische Invasion, die zur Bildung des „Staates“ Nordzypern führte, rechtswidrig war. Ein Selbstbestimmungsrecht für die türkischen Zyprioten stand für den Sicherheitsrat nie zur Debatte. Die Lösung des Konflikts überließ er dem Verhandlungsgeschick des Generalsekretärs – der bislang an dieser Aufgabe gescheitert ist.29 ... Sowjetunion Zur Implosion der Sowjetunion, die stark vom Gedanken des Selbstbestimmungsrechts inspiriert war, hat der Sicherheitsrat nie ausdrücklich Stellung bezogen; er hat das Ergebnis kommentarlos zur Kenntnis genommen. Die Russische Föderation hat er als mit der ehemaligen Sowjetunion identischen Fortsetzungsstaat der Sowjetunion stillschweigend akzeptiert, auch als ständiges Mitglied30. Die abgespaltenen Mitglieder akzeptierte er als neue Staaten, indem er ihre Aufnahme in die Vereinten Nationen als neue Staaten31 empfahl – soweit ersichtlich ohne Debatte.32 Die in diesem Prozess entstandenen Staaten werden nun
27
S/RES/ vom ... S/RES/ vom ... 29 Vgl. dazu Frank Hoffmeister, Legal Aspects of the Cyprus Problem. Annan Plan and EU Accession, Leiden u. a. . 30 Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion sandte der Präsident der Russischen Föderation, bis dahin ein Teilstaat der UdSSR, ein Schreiben an den General-Sekretär der Vereinten Nationen, in dem er mitteilte, dass die RF mit Unterstützung der Mitglieder der GUS die Mitgliedschaft der UdSSR im Sicherheitsrat und in allen anderen UNOrganen fortsetze. Dies wurde vom General-Sekretär an die Vorsitzenden der Organe weitergeleitet. Das Repertoire of the Practice of the Security Council, Membership in the United Nations, bemerkt dazu (S. ): „The position of the Russian Federation was not challenged.“ 31 Die Ukraine und Belarus waren schon Mitglieder der Vereinten Nationen, als sie noch Republiken der Sowjetunion waren. 32 Resolutionen (Estland), (Lettland), (Litauen, jeweils vom ..), (Kasachstan, ..), (Armenien), (Kirgistan), (Usbekistan), 28
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
akzeptiert als Träger des Rechts auf territoriale Integrität, woran sich auch durch eine Änderung der russischen Haltung bezüglich Georgien33 für den Sicherheitsrat nichts ändert. ... Georgien Dieser Respekt des territorialen Status quo und der territorialen Integrität Georgiens gilt auch für die von Russland begünstigte Unabhängigkeit von Abchasien und Süd-Ossetien nach der Lösung Georgiens aus dem Staatsverband der Sowjetunion, eine Folgeerscheinung des Zerfalls der Sowjetunion. In einer der ersten Resolutionen zum Konflikt um Abchasien heißt es:34 The Security Council ... . Calls upon all concerned to respect the sovereignty and territorial integrity of the Republic of Georgia, and stresses the importance it attaches to such respect; . Stresses that substantive progress must be made immediately on the political status of Abkhazia, respecting fully the sovereignty and territorial integrity of the Republic of Georgia . . .
Bei dieser Haltung ist der Sicherheitsrat geblieben. Kurz vor dem Aufflammen der Feindseligkeiten im Jahre heißt es in einer ausführlichen Resolution betreffend Abchasien: The Security Council Reaffirms the commitment of all Member States to the sovereignty, independence and territorial integrity of Georgia within its internationally recognized borders . . .
Auch in den Resolutionen, die der Sicherheitsrat nach dem Aufflammen des Konflikts angenommen hat,35 wird diese Position nicht revidiert. Der Anerkennung der beiden Gebiete als Staaten durch die Russische Föderation sind andere Staaten kaum, und ist der Sicherheitsrat nicht gefolgt. Eine Aufnahme dieser „Staaten“ in die VN wurde deshalb, soweit ersichtlich, nicht einmal beantragt. (Tadschikistan, jeweils vom ..), (Moldova, ..), (Turkmenistan, ..), (Aserbeidschan, ..), (Georgien, ..). 33 Dazu sogleich. 34 S/RES/ vom ... ebenso S/RES/ vom .. . 35 S/RES/ vom .. und vom ...
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... Jugoslawien In Bezug auf den staatlichen Zerfalls Jugoslawiens nach 36 war die Herangehensweise des Sicherheitsrats von vorn herein nicht bestimmt durch eine Anerkennung der territorialen Integrität Jugoslawiens, sondern durch die frühe Akzeptanz des Zerfalls. Der Zerfall Jugoslawiens war allerdings insofern komplizierter, als er anders als bei der Sowjetunion nicht einverständlich erfolgte, sondern in einem bewaffneten Konflikt, in dem sich der Altstaat zunächst gegen die Sezession wehrte und in dem dann wesentliche Teile der Grenzziehung in der Fortsetzung dieses Konflikts zwischen den Nachfolgestaaten ausgefochten wurden. Die Maßnahmen des Sicherheitsrates waren auf die Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzung gerichtet, insbesondere durch friedenserhaltende Maßnahmen (peacekeeping) und die Mandatierung von militärischen Zwangsmaßnahmen.37 Ihr Erfolg war mäßig.38 Die Frage, wann in dieser Situation neue Staaten entstanden waren, hat der Sicherheitsrat weder gestellt noch beantwortet. Seit der ersten Resolution des Sicherheitsrates zur Jugoslawien-Krise39 ist von der territorialen Integrität Jugoslawiens nicht die Rede, sondern vom Bestehen eines Konflikt, der nicht mit Gewalt gelöst werden sollte. Der Sicherheitsrat akzeptierte sehr rasch die Loslösung Bosnien-Herzegowinas, Kroatiens und Sloweniens aus dem jugoslawischen Staatsverband. Grundlage der neuen Grenzziehung waren grundsätzlich die Grenzen der alten jugoslawischen Teilrepubliken (uti possidetis-Prinzip).40 Der Sicherheitsrat konstatierte schon das Ende der Existenz der alten Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien.41 Das Forum, das den Gesamtkomplex des Staatszerfalls in Jugoslawien einer (einvernehmlichen!) Lösung zuführen sollte, lag außerhalb des Sicherheitsrats, nämlich in der Friedenskonferenz für das ehemalige Jugoslawien.42 Dies ist eine in dieser Form neuartige gemeinsame Institution verschiedener relevanter Institutionen und Akteure, nämlich den 36
Stefan Oeter, „Yugoslavia, Dissolution“, EPIL IV, –. Oeter, (Fn. ), ff.; Susan L. Woodward, „The Security Council and the Wars in the Former Yugoslavia“, in Vaughan Lowe/Adam Roberts/Jennifer Welsh/Dominik Zaum (Hrsg.), The United Nations Security Council and War, , –, ff. 38 Woodward, (Fn. ), . 39 S/RES/ vom ..; zur Entwicklung vgl. Woodward, (Fn. ), ff. 40 Jure Vidmar, „Confining New International Borders in the Practice of Post- State Creation,“ ZaöRV (): –. 41 S/RES/ vom ... 42 Report of the Secretary-General on the International Conference on the Former Yugoslavia, UN Doc. S/ = ILM (), , ... 37
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
Vereinten Nationen (vertreten durch einen persönlichen Vertreter des Generalsekretärs), der EG, der KSZE und der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC). In diesem Zusammenhang setzte die EWG eine „Schiedskommission“ ein,43 die der Konferenz Rechtsrat erteilen sollte, nach ihrem Vorsitzenden bekannt als Badinter-Kommission. Sie hat für die Fragen von Selbstbestimmungsrecht und Anerkennung der neuen Staaten innovative Kriterien erarbeitet.44 Dies diente schlecht und recht als formelle Rechtsfertigung der politisch inspirierten Anerkennungspolitik der europäischen Staaten.45 Der Sicherheitsrat segnete dies praktisch ab,46 indem er die Aufnahme der unabhängig gewordenen Teilrepubliken in die VN empfahl.47 Umstritten blieb lange Zeit der Status von Rest-Jugoslawien in den Vereinten Nationen und in anderen internationalen Organisationen.48 Die Rechtsbehauptung, dass Restjugoslawien die Mitgliedschaft Jugoslawiens fortsetzte, wurde nicht akzeptiert. Schließlich stellte Bundesrepublik Jugoslawien einen Antrag auf Neuaufnahme.49 Auch bei der Beendigung des bewaffneten Konflikts in Bosnien-Herzegowina mit der damit verbundenen internen Territorialaufteilung hatte der Sicherheitsrat keine Führungsrolle. verlagerte sich der Schwerpunkt der Vermittlungstätigkeit von der Jugoslawien-Konferenz zur sog. Kontaktgruppe (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland). Die Beendigung des Konflikts erfolgte schließlich unter dem Druck der amerikanischen Vermittlung in den Verhandlungen von Dayton im November .50 Der Sicherheitsrat fungierte in seiner Resolution () nur noch als Notar.
43
Entscheidung des Rates vom ... Vgl. dazu Alain Pellet, „The Opinions of the Badinter Arbitration Committee. A Second Breath for the Self-Determination of Peoples“, EJIL (), – und Peter Hilpold, „Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan. Konstitutive Theorie, deklaratorische Theorie und anerkennungsrelevante Implikationen von Minderheitenschutzerfordernissen“, AVR (), –. 45 Oeter, (Fn. ), . 46 Woodward, Fn. , . 47 Kroatien, .., S/RES/; Slowenien, .., S/RES/; Bosnien-Herzegowina, .., S/RES/; The former Yugoslav Republic of Macedonia, .., S/RES/. 48 Oeter, (Fn. ), f. 49 Aufnahme der Bundesrepublik Jugoslawien durch A/RES// vom .., Empfehlung des Sicherheitsrats vom .., S/RES/. Bei der Loslösung Montenegros aus diesem Staat wurde allerdings die Kontinuität des Rumpfstaates akzeptiert. 50 Oeter, (Fn. ), . 44
michael bothe
Das Problem des Kosovo bestand in diesem Zusammenhang darin, dass es bei den Verhandlungen von Dayton zwar bekannt war,51 aber bewusst ausgeklammert wurde, um die Verhandlungen nicht zusätzlich zu erschweren und dadurch scheitern zu lassen. In Bezug auf Restjugoslawien/Serbien kehrte der Sicherheitsrat bei der Frage des Kosovo zu dem Prinzip der Aufrechterhaltung des Status quo zurück, im Wesentlichen auf chinesischen und russischen Druck.52 Eine Anerkennung der Sezession des Kosovo durch den Sicherheitsrat war in dieser Lage ausgeschlossen. Eine militärische „Lösung“ wurde durch die NATO unternommen, was aber nur eine Teillösung erbrachte. Es wurde der Abzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo erreicht, allerdings nur mit russischer und finnischer Vermittlung. In der Resolution hält der Sicherheitsrat weiter am Prinzip der territorialen Integrität Rest-Jugoslawiens fest,53 wenn dies auch etwas verquast (nicht unüblich für den Sicherheitsrat) durch eine Verweisung formuliert ist.54 Bislang gibt es, so betont der IGH in seinem Kosovo-Gutachten,55 keine Entscheidung des Sicherheitsrats, die diese Festlegung aufheben würde. Die Resolution mit ihrer Festlegung auf die territoriale Integrität Jugoslawiens bleibt für ihre Adressaten verbindlich. Das sind, wer immer sonst noch, jedenfalls die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Daraus folgt die Frage, ob die Anerkennung der Sezession Kosovos ein völkerrechtliches Delikt darstellte – eine Frage, die der IGH nicht beantwortet hat, weil er die Fragestellung dahin interpretierte, dass sie nicht gestellt war. ... Sudan Im Sudan gibt es zwei voneinander zu unterscheidende interne Konflikte, den jüngeren um Darfur und den schon bis und dann ab bewaffnet ausgetragenen Kampf zwischen der sudanesischen Regierung und der sezessionistischen Rebellenbewegung im Südsudan. In ersterem wurde im Grund die territoriale Integrität des Sudan nicht in 51
Hilpold, (Fn. ), . Vgl. S/RES/ vom ..; Jennifer M. Welsh, „The Security Council and Humanitarian Intervention“, in Lowe u. a. (Hrsg.), (Fn. ), –, . 53 Dazu Oeter in diesem Band; Alexander Orakhelashvili, „Statehood, Recognition and the United Nations System: A Unilateral Declaration of Independence in Kosovo“, Max Planck Yb. of U.N. Law (), –, . 54 Paragraph der Resolution verweist auf Annex . Dieser Annex (Paragraph ) setzt als Ziel ein Rahmenabkommen „taking full account of . . . the principles of sovereignty and territorial integrity of the Federal Republic of Yugoslavia“. 55 § des Gutachtens. 52
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
Frage gestellt, während es beim letzteren um eine Abspaltung des Südsudan ging. In zähen Verhandlungen und nach Teilabkommen wurde ein Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement) erreicht, das eine bundesstaatliche Verfassungsordnung mit hoher Selbstregierung des Südens, allerdings mit einer Ausstiegsmöglichkeit für den Süden brachte: der südliche Teil konnte sich in einer Volksabstimmung für die Unabhängigkeit entscheiden. Der Sicherheitsrat favorisierte die Lösung der territorialen Integrität des Sudan. In der Resolution vom .., in der er das Friedensabkommen begrüßt, betont er sein commitment to the sovereignty, unity, independence and territorial integrity of Sudan . . .
Noch im April 56 formulierte der Sicherheitsrat: Stressing . . . the importance of pursuing further efforts to make unity attractive and respecting the self-determination of the people of South Sudan to be exercised through a referendum to determine their future status;
Diese Volksabstimmung fand im Februar statt und erbrachte eine Mehrheit von fast für eine Loslösung vom Sudan,57 was der Sicherheitsrat zur Kenntnis nahm. Er versprach der Regierung von Südsudan weitere Unterstützung.58 Durch das Referendum wurde allerdings die territoriale Abgrenzung zwischen Nord- und Südsudan in einem Punkt nicht endgültig geklärt, nämlich bezüglich der Zuordnung des Gebiets von Abyei, wo es erhebliche Ölvorkommen gibt.59 Der Sicherheitsrat setzte dann aufgrund eines durch afrikanische Vermittlung zustande gekommen Abkommens eine friedenserhaltende Operation für das Gebiet ein,60 alsdann für den Südsudan ingesamt eine neue, umfangreichere Aktion des post conflict peace building,61 die allerdings die Grenzfrage nur am Rande streift.
56 57 58 59 60 61
S/RES/ vom ... Report of the Secretary-General on Sudan, S//. S/RES/ vom ... Report of the Secretary-General, (Fn. ), §§ ff. UNISFA, S/RES/ vom ... UNMISS, S/RES/ vom ..
michael bothe . Grenzziehung durch Entscheidung des Sicherheitsrates – Überlegungen zur Effizienz eines Instruments der Friedenssicherung
Im Anschluss an diese kurze Darstellung der Praxis erheben sich zwei Fragen: Warum hat sich der Sicherheitsrat in Bezug auf die Frage von Grenzziehung in der beschriebenen Weise verhalten? Welche Rolle spielen die diesbezüglichen Entscheidungen des Sicherheitsrats bei der Lösung der betreffenden Konflikte? Der Sicherheitsrat erweist sich nach allem eher als Hüter des status quo. In seinem Umgang mit dem Problem eines Staatszerfalls zeigen sich insofern zwei Verhaltensmuster: entweder betont der Sicherheitsrat die territoriale Integrität des bestehenden Gesamtstaates oder er akzeptiert eine Sezession, zu der er nicht Stellung bezogen hat, als fait accompli, als einen neuen status quo. Den ersteren Ansatz verfolgt der Sicherheitsrat bis heute im Falle Zyperns, wie oben gezeigt wurde,62 ebenso in Bezug auf Georgien und Restjugoslawien . Andere Fälle des Staatszerfalls (Sowjetunion, Jugoslawien ) hat der Sicherheitsrat akzeptiert, ohne sie unter dem Gesichtspunkt der Friedenserhaltung zu problematisieren. Wo der Sicherheitsrat also vom status quo abgewichen ist, dann in Anerkennung von Entwicklungen, an denen er im Grunde nicht beteiligt war. Das ist unproblematisch, wenn sich ein Staatszerfall wie bei der Sowjetunion einverständlich vollzieht. Wo der Zerfall konflikthaft verlief wie in Jugoslawien, liefen Verhandlungen und Lösungen außerhalb des Sicherheitsrates in ad hoc gebildeten Gremien, eine Entwicklung, die auch bezüglich Palästinas zu konstatieren war. All dies wirft ein zweifelhaftes Licht auf die Fähigkeit des Sicherheitsrates, Frieden durch Entscheidungen herzustellen oder zu erhalten, die sichere und anerkannte Grenzen schaffen. Die Entscheidungsregeln des Sicherheitsrats (Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder – P) verhindern dynamische, kreative Lösungen. Bei einem der P gibt es immer ein Interesse am status quo, das sich dann durchsetzen muss, da das Vetorecht eben der Verhinderung den Vorrang einräumt. Diese Erkenntnis zeigt eine Grenze der Leistungsfähigkeit des Systems der kollektiven Sicherheit auf, die über die hier untersuchte Frage der Grenzziehungen hinaus geht. Trotz seiner mit dem Ende des Ost-West-
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Siehe oben ...
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
Konflikts gewonnenen Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit des Sicherheitsrats, schwierige Konflikte zu lösen oder zu ihrer Lösung beizutragen, begrenzt. Sanktionen des Sicherheitsrates können Konflikt eindämmen, gemeinschaftsschädlichem Verhalten einzelner Staaten Grenzen setzen. Nicht mehr, allerdings auch nicht weniger. Für die nachhaltige Lösung von Konflikten, die mehr ist als die Aufrechterhaltung eines zweifelhaften Status quo, mussten Wege außerhalb des Sicherheitsrats gefunden werden. . Rechtliche Vorgaben und Verfahren einer Änderung des status quo Die Entscheidungspraxis des Sicherheitsrates bietet denn auch keine Anhaltspunkte dafür, wann eine Abweichung vom Status quo geboten sein könnte. Ein Konzept des Sicherhitsrates, wie mit Situationen umzugehen ist, in denen die territoriale Integrität eines Staates von innen in Frage gestellt wird, gibt es nicht.63Dem Selbstbestimmungsrecht, das den status quo auszuhebeln in der Lage ist, steht er reserviert, eher hilflos gegenüber. Andrerseits gibt es Fälle, in denen ein dauerhafter Friede auf der Grundlage des status quo jedenfalls fraglich ist. Das wirft die Frage von negativen Konsequenzen der Entscheidungen des Sicherheitsrats auf. Entscheidet der Sicherheitsrat verbindlich für den status quo, verhindert er damit angemessene Lösungen? Das ist zunächst eine Frage der politischen Bewertung, die nicht Gegenstand dieses Beitrags ist. Hält man eine Änderung für wünschenswert, dann stellt sich in der Tat die Frage, wie eine solche negative Entscheidung des Sicherheitsrats beiseite geschoben werden kann. Eine Entscheidung des Sicherheitsrats ist verbindlich, jedoch kein ius cogens. Eine von einer Festlegung des Sicherheitsrates abweichende Einigung ist darum rechtlich nicht ausgeschlossen. Aber es muss eben eine Einigung unter Einbeziehung aller beteiligten Akteure sein. Einseitige Akte, die von Entscheidungen des Sicherheitsrates abweichen, sind rechtswidrig, wenn sich die Akteure nicht auf höherrangige Normen berufen können. Das wirft die Frage nach den rechtlichen Kriterien einseitiger Akte auf, seien es einseitige Erklärungen der Sezession, sei es die Anerkennung einer solchen durch Drittstaaten. Ein Ansatz für eine rechtliche Bewertung ist, wie gesagt, das Selbstbestimmungsrecht. Es gibt Stimmen, 63
Woodward, (Fn. ), .
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die es als ius cogens ansehen,64 was eine Abweichung von einer Entscheidung des Sicherheitsrates rechtfertigen könnte.65 Die Frage, wie weit es ein Recht auf Eigenstaatlichkeit begründet und damit eine rechtliche Grundlage für Staatsauflösung bietet, ist jedoch umstritten geblieben.66 Die staatliche Praxis, aus der sich Gewohnheitsrecht bildet, hat im Grunde den Ausgleich zwischen der rechtlichen Garantie der staatlichen Integrität und der staatssprengenden Wirkung des Selbstbestimmungsrechts noch nicht gefunden.67 Aus den Gutachten der BadinterKommission68 lässt sich für Kosovo kaum ein Recht auf Eigenstaatlichkeit herleiten. Die Kommission hat in ihrer Opinion no. 69 das Recht auf einen eigenen Staat als Korrektur des uti possidetis-Prinzips abgelehnt und aus dem Selbstbestimmungsrecht nur ein Recht auf Achtung der Identität eines Volkes abgeleitet. Was den IGH angeht, so finden sich Ansätze zu einer Operationalisierung des Selbstbestimmungsrechts etwa im sog. Mauer-Gutachten,70 aber der Fall Palästina liegt besonders. Für den Kosovo jedenfalls hat der IGH den Mitgliedstaaten den diesbezüglichen Rechtsrat versagt. Verhandlung und Vermittlung bleiben wohl die einzig funktionierenden Rezepte für die Lösung schwieriger internationaler Konflikte. Literatur De Wet, E., The Chapter VII Powers oft he Security Council, Hart: Oxford . Frowein, J.A., Jus Cogens, in: EPIL III, S. –. Hilpold, P., Die Anerkennung der Neustaaten auf dem Balkan. Konstitutive Theorie, deklaratorische Theorie und anerkennungsrelevante Implikationen von Minderheitenschutzerfordernissen, in: Archiv des Völkerrechts /, S. –. Hilpold, P., Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht, in: ZaöRV , S. –.
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Jochen Abr. Frowein, „Jus cogens“, EPIL III, –, . Dazu De Wet, (Fn. ), ff. 66 Dazu ausführlich Oeter in diesem Band; Hilpold, (Fn. ), ff. 67 So schon Stefan Oeter, „Selbstbestimmungsrecht im Wandel“, ZaöRV (), –, . Vgl. auch Peter Hilpold, Self-Determination in the th Century – Modern Perspectives for an Old Concept, in: Israel Yearbook of Human Rights (), – . 68 S. oben Text zu Fn. und . 69 Abgedruckt bei Pellet, (Fn. ), f. 70 Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Advisory Opinion, .., §§ , . 65
grenzziehung als instrument der friedenssicherung
Hilpold, P., Self-Determination in the th Century – Modern Perspectives for an Old Concept, in: Israel Yearbook of Human Rights , S. –. Hoffmeister, F., Legal Aspects of the Cyprus Problem, Annan Plan and EU Accession, Brill: Leiden u. a. . Oeter, St., Selbstbestimmungsrecht im Wandel, in: ZaöRV , –. Oeter, St., Yugoslavia, Dissolution, in: EPIL IV, S. –. Orakhelashvili, A., Statehood, Recognition and the United Nations System: A Unilateral Declaration of Independence in Kosovo, in: Max Planck Yearbook of United Nations Law , S. –. Pellet, A., The Opinion of the Badinter Arbitration Committee. A Second Breath for the Self-Determination of Peoples, in: EJIL , S. –. Vidmar, J., Confining New International Border in the Practice of Post- State Creation, in: ZaöRV , S. –. Welsh, J.M., The Security Council and Humanitarian Intervention, in: V. Lowe et al. (Hrsg.), The United Nations Security Council and War, OUP: Oxford , S. –. Woodward, S.L., The Security Council and the Wars in the Former Yugoslavia, in: V. Lowe et al. (Hrsg.), The United Nations Security Council and War, OUP: Oxford , S. –. Woolridge, F., Uti Possidetis Doctrine, in: EPIL VI, S. ff.
DECISIONS OF THE UN SECURITY COUNCIL OF INDEFINITE DURATION: HOW TO DEFINE THE LIMITS OF THEIR VALIDITY
Andrea Gioia The Legal Nature of UN Security Council Decisions I would like to start with a few words on the legal nature of UN Security Council decisions, a term which is usually employed in respect of those resolutions which are considered to be legally binding on UN Member States, especially those adopted under Chapter VII of the UN Charter. As the International Court of Justice put it in the advisory opinion on Kosovo, “within the legal framework of the UN Charter, notably on the basis of Articles , and Chapter VII thereof, the Security Council may adopt resolutions imposing obligations under international law.” The Court went on to recall that it had had the occasion itself to interpret and apply such resolutions on a number of occasions and that it had “consistently treated them as part of international law.”1 I think there is broad agreement among international lawyers that such decisions are to be considered sources of international law.2 There is not much point, in this context, in stressing the distinction which is often made in the more recent legal literature between so-called “lawmaking” decisions and all other decisions,3 just as there was not much point, in earlier days, in stressing the distinction between “law-making”
1 Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion, ICJ Reports , paragraph . 2 See e.g.: Markus Benzing, “International Organizations or Institutions, Secondary Law”, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, ed. Rüdiger Wolfrum, paragraph , accessed April , , www.mepil.com. 3 On this distinction see e.g.: Markus Benzing, op. cit., paragraphs –. The socalled “law-making” resolutions are the product of a comparatively recent and still very limited practice: reference is usually made, in this context, to Resolutions () and (), which are not situation-specific but generically refer, respectively, to acts of international terrorism and to the proliferation of weapons of mass destruction; in
andrea gioia
treaties and other treaties (traités-lois, as opposed to traités-contrats).4 In my opinion, a more relevant distinction, which can be made in respect of all binding acts of international organizations, is between acts creating rules to be exclusively applied within the internal legal order of the organization concerned, and acts taking effect also outside that legal order and within the broader context of international law.5 On this basis, for example, most UN General Assembly resolutions can easily be considered binding acts within the UN internal legal order, but are usually not considered to be sources of international law because they have no external binding effect on Member States: if we want to refer to another distinction which has often been made in the recent legal literature, they can at best be considered sources of so-called “soft law” as opposed to “hard law”.6 But inasmuch as UN Security Council decisions impose legal obligations on Member States, they can all be considered to be sources of international law, considered as “hard law”, whether or not they create obligations of a general and abstract nature and for an open-ended range of addressees over time.7 Secondly, and more controversially, I think that Security Council decisions are to be considered to be sources of particular, as opposed to general, international law. I do not share the tendency, which the Security
addition, reference is more rarely made to Resolutions () and () on the International Criminal Court, which did not even specify a generic threat to the peace. Finally, reference is sometimes made to a few other resolutions which, although situationspecific, have been perceived as imposing obligations of a general and abstract character and, in particular, to Resolution () and subsequent resolutions dealing with Al Quaeda and the Taliban and associated individuals and entities. See also: Gaetano Arangio-Ruiz, “On the Security Council’s Law-Making”, Rivista di diritto internazionale (): –; Stefan Talmon, “The Security Council as World Legislature”, American Journal of International Law (): –. 4 On this distinction see e.g.: Malgosia Fitzmaurice, “Treaties”, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, ed. Rüdiger Wolfrum, paragraph , accessed April , , www.mepil.com. 5 On this distinction see e.g.: Markus Benzing, op. cit., paragraphs , and . 6 On this distinction see e.g. Daniel Thürer, “Soft Law”, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, ed. Rüdiger Wolfrum, accessed April , , www.mepil.com. 7 The real issue relating to the distinction between the so-called “law-making” decisions and the other binding decisions adopted by the Security Council is not whether or not both kinds of decisions can be considered sources of international law, but rather whether or not both kinds of decisions are legitimate under the UN Charter. In fact, doubts have been expressed on the legitimacy of the so-called “law-making” resolutions by a number of legal writers. This, however, is not an issue that will be addressed in the context of this article.
decisions of the un security council
Council itself very often expressly manifests, to consider that such decisions create obligations which are binding on “all States” and that, more generally, they have erga omnes effects. Therefore, I think it is misleading to describe UN Security Council decisions as acts of “international legislation” even though it is has recently become fashionable to use this terminology, at least in so far as the so-called “law-making” decisions are concerned. UN Security Council resolutions can more readily be compared to international treaties than to domestic legislation, and can be described as acts of “international legislation” only in so far as treaties themselves can be so described, as was significantly the fashion in earlier days in respect of the so-called “law-making” treaties.8 But leaving aside all issues of terminology, UN Security Council decisions cannot properly be considered treaties either: on the one hand, they derive their binding authority from a treaty, the UN Charter, and can, therefore, be considered to be secondary sources of international law (provided, of course, that treaties themselves are considered to be primary sources, i.e. on the same level as custom in the hierarchy of the sources of international law9); on the other, precisely because they derive their authority from the UN Charter, they create binding obligations for all UN Member States and not just for those that are members of the Security Council and have consented to their adoption. In the Kosovo opinion, the International court of Justice itself elaborated upon the differences between UN Security Council resolutions and treaties, and pointed out that: Security Council resolutions are issued by a single, collective body and are drafted through a very different process than that used for the conclusion of a treaty. Security Council resolutions are the product of a voting process as provided for in Article of the Charter, and the final text of such resolutions represents the view of the Security Council as a body. Moreover, Security Council resolutions can be binding on all Member States . . ., irrespective of whether they played any part in their formulation.10
8 On the different meaning of the expression “international legislation”, see e.g.: Jutta Brunnée, “International Legislation” Max Planck Encyclopedia of Public International Law, ed. Rüdiger Wolfrum, accessed April , , www.mepil.com. 9 In the Italian legal literature, this view, which I personally still share, has been put forward by, among others, Giuseppe Sperduti, Diritto internazionale (Milano: Giuffrè, ), –, and Antonio Cassese, Diritto internazionale, ed. Paola Gaeta (Bologna: Il Mulino, ), . 10 Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion, ICJ Reports , paragraph .
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I am not sure that the first of such perceived differences is really so fundamental: indeed, as one writer put it, “on their face, and in terms of the process of their adoption, resolutions, just as treaties, express the agreement between States being members of the Security Council and embody their intention expressed to the attention of all.”11 In my opinion, it would be more correct to say that they represent the agreement of those members that vote in favour of their adoption, at least when they are not adopted by consensus (i.e. without a vote). But, in any event, it seems to me that the real difference between Security Council resolutions and treaties relates to their institutional background and, especially, to their binding force: on the one hand, by virtue of the UN Charter, Security Council resolutions can create binding obligations for all UN Member States; on the other, at least as a matter of principle, the UN Charter “puts constraints on their permissible content and hence their permissible meaning.”12 Security Council Decisions and the Law of Treaties The question arises, in this context, how far the similarity between Security Council resolutions and treaties can be stretched in order to apply to them the rules, or some of the rules, of the international law of treaties as they are now codified in the Vienna Convention on the Law of Treaties. For example, there is a tendency in the legal literature to apply to UN Security Council resolutions the rules relating to the interpretation of treaties, as codified in Part III, Section , of the Vienna Convention.13 The International Court of Justice, however, has been more cautious. Indeed, in the advisory opinion on Kosovo – which appears to be the first case where the Court expressly elaborated on this issue – the Court said that, while the rules relating to treaty interpretation “may provide guidance”, differences between Security Council resolutions and treaties mean that their interpretation “requires other factors [also] to be taken into account”, such as “statements by representatives of members
11 Alexander Orakhelashvili, “The Acts of the Security Council: Meaning and Standards of Review”, Max Planck Yearbook of United Nations Law ():–, at . 12 Alexander Orakhelashvili, op. cit., at . 13 See e.g. Alexander Orakhelashvili, op. cit., at ff. For a more cautious approach, see also: Michael C. Wood, “The Interpretation of Security Council Resolutions”, Max Planck Yearbook of United Nations Law (): –.
decisions of the un security council
of the Security Council made at the time of their adoption, other resolutions of the Security Council on the same issue, as well as the subsequent practice of relevant United Nations organs and of States affected by those given resolutions.”14 I leave it for others to decide whether or not the factors listed by the Court in this respect are really such as to mark a significant difference between the rules applicable to the interpretation of UN Security Council resolutions and those applicable to the interpretation of treaties.15 I find it significant enough that the Court admitted that the rules relating to treaty interpretation can at least provide “guidance” when interpreting UN Security Council Resolutions. However, since this contribution is about the continuation in force of Security Council resolutions, I would like to stress, first of all, that there is an obvious link between the interpretation of Security Council resolutions and their duration in force. For example, on the basis of a questionable interpretation of Res. () and (), the authorization on the use of force against Iraq given by the former was considered by some States as extending in time even beyond the acceptance by Iraq of the terms of the ceasefire as laid down by the latter, so as conveniently to justify an air campaign launched against Iraq in – and even the invasion and consequent military occupation of Iraq in .16 More generally, the question whether or not Security Council resolutions have indefinite duration is clearly a matter of interpretation. Having said this, the question arises whether or not the possibility of deriving guidance from the law of treaties when interpreting Security Council resolutions is available also when determining the continuation in force of those resolutions than can properly be deemed to have indefinite duration: in other words, to what extent can the rules relating to the termination of treaties, as codified in Part V, Section , of the Vienna Convention, be applied by analogy to the termination of Security Council resolutions?
14 Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion, ICJ Reports , paragraph . 15 The factors referred to by the court are not so very different, mutatis mutandis, from those referred to in Article of the Vienna Convention on the Law of Treaties. 16 For a discussion of this issue see, e.g.: Rainer Hofmann, “International Law and the Use of Military Force against Iraq”, German Yearbook of International Law (): – .
andrea gioia The Law of Treaties and the Termination of Security Council Decisions of Indefinite Duration
First of all, it seems to me that, unlike in the case of multilateral treaties where the grounds for their termination can also be considered, depending on the circumstances, as grounds for the unilateral withdrawal of individual parties, binding UN Security Council resolutions are either terminated or remain in force for all UN Member States, and individual States cannot, in principle, free themselves from the obligation to give effect to those resolutions; at most, they can invoke a circumstance precluding wrongfulness in order to justify individual cases of noncompliance. Having said this, on the basis of the Vienna Convention the termination of a treaty can take place in accordance with (a) specific provisions in the treaty itself, (b) the consent of the parties or (c) a number of general rules of customary international law. How far can these rules apply also to the termination of UN Security Council resolutions, or provide guidance thereon? Let me begin with termination in accordance with the consent of the parties. Under Article (b) of the Vienna Convention, the termination of a treaty can take place “at any time by consent of all the parties after consultation with the other contracting States”. In addition, under Article , paragraph , a treaty shall be considered as implicitly terminated “if all the parties to it conclude a later treaty relating to the same subject matter and: (a) it appears from the later treaty or is otherwise established that the parties intended that the matter should be governed by that treaty: or (b) the provisions of the later treaty are so far incompatible with those of the earlier one that the two treaties are not capable of being applied at the same time”. In the case of a UN Security Council resolution, it seems obvious that, inasmuch as there are no parties or contracting States, its termination may take place only on the basis of a later resolution that terminates the previous one, either expressly or by implication: the best solution would, of course, be the adoption of a later resolution which expressly terminates the previous one, because termination by implication would be a matter of interpretation of the later resolution and this may not always be easy and uncontroversial. As for termination on the basis of specific provisions, under Article (a) of the Vienna Convention, the termination of a treaty can take place “in conformity with the provisions of the treaty”. In the case of a UN Security Council resolution of indefinite duration, however, this provision would not be very helpful, unless the resolution has provisions,
decisions of the un security council
other than a final term, relating to its termination. But the resolution may simply state that it will remain in force until it is terminated by a later resolution of the Security Council, in which case we go back to the previous case. For example, operative paragraph of Resolution () on Kosovo, which is of special interest here, states that “the international civil and security presences” in Kosovo are established “for an initial period of months, to continue thereafter unless the Security Council decides otherwise”. The crucial issue in a case such as this one is whether or not such language precludes the termination of the resolution on other grounds, such as the applicable rules of general customary law, whatever these may be. This brings me to the central question that may be asked in respect of the duration of UN Security Council resolutions: how far can the general rules of customary international law relating to the termination of treaties offer guidance in this respect? These rules are codified in Articles , , and of the Vienna Convention. I think we can easily discard the rule codified in Article , relating to the termination of the operation of a treaty as a consequence of its breach: this rule is based on the principle of reciprocity which is not very relevant in respect of UN Security Council resolutions, since the obligations thereby imposed on UN Member States are not of a synallagmatic nature and cannot be considered to be dependent on their respect by others. Significantly, the possibility for a party to invoke a material breach of a treaty by another party as a ground for its termination is envisaged only in the case of a bilateral treaty: under Article , a material breach of a multilateral treaty can lead to its termination only if the other parties so decide by unanimous agreement. In the case of a UN Security Council decision, therefore, its termination could take place only on the basis of a later decision by the Council. For different reasons, I think we can equally easily discard the rule codified in Article , relating to the termination of a treaty as a result of the emergence of a new peremptory norm of general international law: rules of jus cogens are not likely to emerge after the adoption of a UN Security Council resolution and may rather be invoked as grounds for its invalidity ab initio, at least on the assumption that the UN Security Council is not legibus solutus and is bound to respect, at the very least, the rules of jus cogens. This leaves us with the rules codified in Articles and of the Vienna Convention. As for Article , this provides for the termination of a treaty on the basis of the supervening impossibility of its performance, whereas
andrea gioia
Article deals with the consequences of a fundamental change of circumstances (the so-called rebus sic stantibus principle). These two grounds for termination are often difficult to distinguish, since cases of supervening impossibility of performance may well be seen as cases where there has been a fundamental change of circumstances existing at the time when the treaty was concluded.17 However that may be, I think it would be reasonable to assume that a UN Security Council resolution may terminate as a result of the supervening impossibility of implementing it, i.e. of the permanent disappearance or destruction of an object indispensable for its execution. Similarly, it would not be unreasonable to assume that a UN Security Council resolution may terminate as a result of a fundamental change of circumstances occurring with regard to those existing at the time of its adoption, and which was not foreseen at the time.18 Although neither situation is very likely to occur in practice, there seems to be no good reason why these two rules relating to the termination of treaties should not apply by analogy. There is in fact at least one case where similar arguments were invoked, although no mention was made of Articles and of the Vienna Convention, nor indeed of the corresponding customary rules on the termination of treaties; moreover, this case did not relate to a UN Security Council resolution and the arguments were not accepted by the International Court of Justice. I am thinking of the advisory opinions on Namibia given by the International Court of Justice in and , where the Mandate for the former German South West Africa established by the Council of the League of Nations in was deemed to have 17 This was in fact recognized in the Commentary to Article of the Draft Articles adopted by the ILC in , which eventually became Article of the Vienna Convention on the Law of Treaties. However, the Commission decided to keep the distinction on the basis that: “Although there may be borderline cases in which the two articles tended to overlap, the criteria to be employed in applying the articles were not the same and to combine them might lead to misunderstanding” (Yearbook of the International Law Commission , II, at ). 18 It is a well-known fact that, in the past, the principle of rebus sic stantibus was almost always presented in the guise of a tacit condition implied in every “perpetual” treaty, i.e. as a clausola rebus sic stantibus. However, as the ILC put it in the Commentary to the then Article of the Draft Articles adopted by the ILC in , which eventually became Article of the Vienna Convention on the Law of Treaties: “the tendency today was to regard the implied term only a fiction by whuch it was attempted to reconcile the principle of the dissolution of treaties as a consequence of a fundamental change of circumstances with the rule pacta sunt servanda”. The decision was then taken to formulate the principle as “an objective rule of law” (Yearbook of the International Law Commission , II, at ).
decisions of the un security council
survived the demise of the League of Nations. In those advisory opinions, the Court said that, although the supervisory functions entrusted to the League of Nations were “an indispensable element of the Mandate,” the “disappearance of the original supervisory machinery” did not entail the collapse of the mandates institution, since specific provisions were made and decisions taken for the transfer of functions from the League of Nations to the United Nations. Moreover, the Court added that, because of those provisions, the demise of the League of Nations could not be considered an unexpected and unforeseen supervening event entailing a possible termination of the Mandate.19 This language may be taken to imply that a different conclusion could have been reached had no such provisions been made or decisions taken. I would like to emphasize, in this context, that, although this discussion is about binding Security Council decisions, similar arguments should apply, in my opinion, to non-binding recommendations both by the Security Council and by the General Assembly. A good example is GA Resolution / of June , adopted as a result of the coup d’ état in Honduras, which called upon States “to recognize no Government other than that of the Constitutional president Mr José Manuel Zelaya”. Although this resolution was not formally repealed, in the opinion of the United Nations Secretariat its application could not extend beyond Mr Zelaya’s constitutional term, i.e. January and, therefore, was no longer applicable after the general elections in Honduras brought about the election of Mr Porfirio Lobo Sosa.20 But even if we admit that a UN Security Council resolution may, in principle, terminate on the basis of the supervening impossibility of implementing it or of a fundamental change of circumstances, the question remains whether or not such grounds for termination could still apply where the text of the resolution, as in the case of Resolution () on Kosovo, expressly provides for its duration in force until the
19 International Status of South-West Africa, Advisory Opinion, ICJ Reports , p. , p. ; Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) Notwithstanding Security Council Resolution (), Advisory Opinion, ICJ Reports , p. , paragraphs –. 20 Thus, in respect of the UN Convention on the Use of Electronic Communications in International Contracts, the UN Treaty Section accepted an instrument of ratification signed by Porfirio Lobo Sosa as President of Honduras on June . The General Assembly appears to have accepted that argument since, by Resolution / adopted on December without a vote, it approved the report of the Credentials Committee (A///Rev. ) accepting, inter alia, the formal credentials submitted by Honduras.
andrea gioia
Security Council decides otherwise. In the July advisory opinion on Kosovo, the International Court of Justice appeared to have no doubt as to the continuation in force of Resolution , precisely because of such an express provision: the Court pointed out that “no decision amending resolution () was taken by the Security Council at its meeting held on February , when the declaration of independence was discussed for the first time, or at any subsequent meeting” and that “neither Security Council resolution () nor the Constitutional Framework contains a clause providing for its termination and neither has been repealed”21 However, it seems significant to me that the Court felt the need not to end the matter there, and added that: “in addition, the Special Representative of the Secretary-General continues to exercise his functions in Kosovo. Moreover, the SecretaryGeneral has continued to submit periodic reports to the Security Council, as required by paragraph of Security Council Resolution ()”.22 In other words, the door was left open for a different conclusion if the actual implementation of the resolution were definitively to cease in the future, even if no express decision were taken by the Security Council to terminate it because of the well-known political difficulties that might arise as a result of the decision-making process within the Council and of the so-called “veto power” by each Permanent Member. In my opinion, much of this issue revolves around a fundamental question: is Kosovo or is it not a fully-fledged sovereign State? The answer is probably still “not yet” and, in this case, there is still some room for Resolution , even if its implementation is becoming increasingly difficult. But at some point in the near future this situation will end and, once Kosovo is recognized as a sovereign State by a substantial number of other States sufficiently representative of the international community as a whole, then the fact that one or more States, even if they are Permanent Members of the Security Council, still refuse to do so may not be seen as sufficient to justify the continuation in force of Resolution .23
21 Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion, ICJ Reports , paragraph (emphasis added). 22 Ibidem, paragraph . 23 My views on this issue have been explained in detail already some time ago: see Andrea Gioia, “Kosovo’s Statehood and the Role of Recognition”, Italian Yearbook of International Law (): –.
decisions of the un security council
Conclusions In conclusion, it seems to me that the best way to terminate a resolution by the UN Security Council of indefinite duration is through its express abrogation by a later resolution. However, since we do not live in a perfect world, in exceptional circumstances there seems to be some room for applying by analogy the customary rules on the termination of treaties, on the basis of the supervening impossibility of the implementation of a UN Security Council resolution or of a fundamental change in the circumstances existing at the time of its adoption. If that is the case, then the question may be asked whether these two grounds for termination would operate automatically or would rather need to be explicitly invoked by at least one State, as is provided for in the Vienna Convention in respect of treaties. The rules of the Vienna Convention on the procedure to be followed when invoking a ground for terminating a treaty are not very helpful for at least two reasons: in the first place, they probably do not reflect existing customary law; secondly, and more importantly, as far as multilateral treaties are concerned, they are based on the idea that one State can invoke one of those grounds in order unilaterally to withdraw from the treaty, whereas, as I stated above, unilateral withdrawal is not something that can readily be allowed in the case of UN Security Council decisions. On the other hand, even if we allow for the automatic operation of the two grounds for termination of UN Security Council decisions, there could still be international disputes as to whether or not those grounds can actually apply to a particular decision. The best way out of such difficulties would of course be an advisory opinion by the International Court of Justice and, as we know, there is no need for the Security Council to agree on asking the Court to deliver it, since, under Article of the UN Charter, the General Assembly is equally empowered to request opinions on “any legal question”. But even in the absence of such an advisory opinion, I believe that nothing could prevent a national court from deciding on the issue, even if its decision would only have direct effects within the domestic legal order of the State concerned.24
24 In this respect, see the interesting discussion on the automatic operation of the grounds for invalidity or termination of treaties in Benedetto Conforti, Diritto internazionale, th ed. (Napoli: Ed. Scientifica, ), –.
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THE KOSOVO OPINION AND ISSUES OF INTERNATIONAL RESPONSIBILITY
Helmut Philipp Aust I. Introduction The Kosovo advisory opinion of the International Court of Justice (henceforth ICJ or the Court)1 has been widely criticised for being too restrictive in its scope.2 At first sight, there are not very many connections between the law of international responsibility and the opinion. This contribution is however not meant to be another lament about what the Court should have addressed in its opinion. The reason why issues of international responsibility do not figure prominently in the opinion becomes apparent when we recapitulate the main findings at which the ICJ arrived: declarations of independence are not prohibited in international law and the authors of the unilateral declaration of independence in respect of Kosovo (UDI), while acting outside the framework of the UN-instituted ‘Provisional Institutions of Self-Government’, violated neither United Nations Security Council Resolution (UNSCR) () nor the ‘constitutional framework’ established by UNMIK regulation /.3
1 ICJ, Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, Advisory Opinion of July (hereinafter ‘Kosovo opinion’). 2 For criticism see ibid., Declaration of Judge Simma; as well as Thomas Burri, ‘The Kosovo Opinion and Secession: The Sounds of Silence and Missing Links’, German Law Journal (), pp. –; Richard Falk, ‘The Kosovo Advisory Opinion: Conflict Resolution and Precedent’, American Journal of International Law (), pp. – ; Anne Peters, ‘Does Kosovo Lie in the Lotus-Land of Freedom?’, Leiden Journal of International Law (), pp. –; Mindia Vashakmadze and Matthias Lippold, ‘Nothing But a Road Towards Secession? The International Court of Justice’s Advisory Opinion on the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo’, Goettingen Journal of International Law (), pp. –; Ralph Wilde, ‘Case Note’, American Journal of International Law (), pp. –, at pp. –. 3 UN Doc. S/RES/ () and UNMIK Regulation / on a Constitutional Framework of May .
helmut philipp aust
From this perspective, it is perfectly clear why the law of international responsibility could not intervene: its rules are about the legal consequences of wrongful acts. Hence if there is no wrongfulness, there is no room for thinking about responsibility-related issues. This follows from a core feature of the work of the International Law Commission (ILC) in this field: responsibility is considered to be ‘breach-based’.4 The Court also stressed in its opinion that the question put before it did not refer to the ‘legal consequences’ of the declaration of independence,5 a formulation that is generally understood to refer to questions of international responsibility.6 In addition, the question addressed to the Court did not expressly envisage the responsibility of third States for the allegedly premature recognition of a new State.7 Nevertheless, there are some connections between the opinion and the law of international responsibility. In the proceedings, the argument was advanced that ‘remedial secession’ constitutes a ‘remedy’ in the sense of the law of international responsibility, an issue that this contribution will look into in the next section. Thereafter, a further question of international responsibility connected to the reasoning of the Court will be examined: it has been argued that the Court would have arrived at a different conclusion with respect to the identity of the authors of the UDI had it properly taken into account the rules of attribution. We will examine the responsibility-related arguments pertaining to both issues. In both instances, we see a tendency to have recourse to the secondary rules of international responsibility as an alternative to the determination of the applicable law on the level of the primary, i.e. substantive, obligations of international law. This contribution will critically analyse this tendency. A brief remark on terminology is in order: this contribution addresses issues of international responsibility. This expression is meant to encapsulate both State responsibility and the responsibility of other actors. ‘Responsibility’ is used here as a technical term, relating to the secondary rules of international law which come into play once a primary (substantive) norm of international law has been violated. This contribution thus
4 See on this notion Christian J. Tams, ‘All’s Well That Ends Well. Comments on the ILC’s Articles on State Responsibility’, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (), pp. –, at p. . 5 ICJ, Kosovo opinion, para. . 6 See, for example, ICJ, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, ICJ Rep. , , para. . 7 See on this issue the contribution of Christian Tomuschat to this volume.
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does not address issues which relate, for example, to the ‘primary responsibility’ of the UN Security Council for the maintenance of international peace and security (see Article of the UN Charter). II. ‘Remedial Secession’ as a Remedy in the Technical Sense? Responsibility issues came into play in the Kosovo proceedings with respect to the question of how a secession of Kosovo from Serbia could be justified under international law. The ‘traditional’ argument for remedial secession is based on an a contrario interpretation of a passage from the Friendly Relations Declaration.8 There, it is stipulated in the section on the principle of equal rights and self-determination of peoples that [n]othing in the foregoing paragraphs shall be construed as authorizing or encouraging any action which would dismember or impair, totally or in part, the territorial integrity or political unity of sovereign and independent States conducting themselves in compliance with the principle of equal rights and self-determination of peoples as described above and thus possessed of a government representing the whole people belonging to the territory without distinction as to race, creed or colour.9
From the formulation ‘conducting themselves in compliance’10 and the general development of international law towards a legal order emphasising the protection of the rights of the individual, it is inferred that ‘if a State strays’ from the path of respect for human rights, ‘it may forfeit
8 Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-operation among States in Accordance with the Charter of the United Nations, UN Doc. A/RES/ (XXV) of October ; see generally on ‘remedial secession’: Peter Hilpold, ‘Die Sezession – zum Versuch der Verrechtlichung eines faktischen Phänomens’, Zeitschrift für öffentliches Recht (), pp. –, particularly at pp. –; Daniel Thürer and Thomas Burri, ‘Secession’, in Rüdiger Wolfrum (ed.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Online edition (Oxford: Oxford University Press, ); Christian Tomuschat, ‘Secession and Self-Determination’, in Marcelo G. Kohen (ed.), Secession – International Law Perspectives (Cambridge: Cambridge University Press, ), pp. –. 9 Friendly Relations Declaration (note ), emphasis added. 10 Daniel Thürer and Thomas Burri (note ), para. ; Antonelli Tancredi, ‘A normative “due process” in the creation of States through secession’, in: Marcelo G. Kohen (ed.), Secession – International Law Perspectives (Cambridge: Cambridge University Press, ), pp. –, at p. .
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the protection it enjoys by virtue of international law.’11 A responsibilitybased argument for remedial secession is a variation of this argument: after all, this field of international law is concerned with what happens in situations of non-compliance with international law. Accordingly, it is conceivable to argue that secession might be justified as a form of sanction or countermeasure in response to serious violations of international law by the (former) ‘parent State’. . The Argument of the Netherlands and Serbia’s Response This argument was brought up in the written proceedings leading to the opinion by the Netherlands. In their written statement of April , the Netherlands first framed their argument in this way. Having affirmed that usually a people is required to exercise its right to self-determination within existing State structures, the statement goes on to explain that ‘in unique cases or cases sui generis’, however, the right to political selfdetermination could evolve into a right of external self-determination. The exercise of this right would be subject to substantive and procedural conditions. The right would arise only if there had been a ‘serious breach’ by the parent State either of the right to self-determination or of the obligation to refrain from ‘forcible action’ that would deprive a people of its right.12 In this connection, the Netherlands made reference to Article , para. of the ILC Articles on State Responsibility (ASR).13 We should be careful not to make too much of this statement, as only the concept of a ‘serious breach’ was picked up and transferred into another context. However, the Netherlands’ statement could also be read as implicitly saying that secession would actually be a sanction against a previous wrongful act. Serbia apparently anticipated such an argument. In its written statement of the same day ( April ) it argued that remedial secession would go much further than a remedy: It is tantamount to imposing a type of sanction that is wholly outside the field of State responsibility for wrongful acts. ‘Remedial secession’ means that, as a consequence of human rights violations, the wrongdoer 11
Christian Tomuschat (note ), p. . Written Statement of the Netherlands, April , section ., available at http://www.icj-cij.org/docket/index.php?p=&p=&k=&case=&code=kos &p= (last visited May ). 13 Articles on the Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, Annex to UN Doc. A/RES// of December . 12
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will be sanctioned with the loss of its territory. This kind of sanction, even in response to grave violations of peremptory norms, is unknown in international law.14
In order to substantiate its argument, Serbia referred to the work of the ILC and pointed to Article ASR and its accompanying commentary.15 The additional consequences for serious breaches of peremptory norms would not include the type of sanction on which the doctrinal figure of remedial secession would rely. The Netherlands replied to this argument in their written comments which they presented to the Court on July . It is here that the responsibility-based argument for a right of remedial secession was developed more fully. The relevant passage of the written comments deserves to be quoted at greater length: A serious breach of a peremptory norm of general international law has particular consequences (Article of the Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts). These Articles, at least Part Three of the Implementation of the International Responsibility of a State, address interstate relations and not, as such, relations between States and other subjects of international law, such as peoples. The violation of an obligation incumbent on a State towards other subjects of international law is also governed by secondary norms of international law that, in our opinion, are not dissimilar to the Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts. Such a violation must have legal consequences and particular consequences in the case of a serious breach of a peremptory norm under international law. The particular consequences listed in the Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts are not exhaustive as evidenced by the savings clause [sic]. This savings clause provides that the listing of particular consequences in the Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts is without prejudice to any further consequences that a serious breach of a peremptory norm may entail under international law. It is submitted that the right to external self-determination is such a particular consequence which is, furthermore, rooted in an established practice in relation to non-self-governing territories and peoples under foreign occupation.16
14 Written statement of Serbia, April , para. , available at http://www.icjcij.org/docket/index.php?p=&p=&k=&case=&code=kos&p= (last visited May ). 15 Ibid., footnote . 16 Written comment of the Netherlands, July , section ., available at http:// www.icj-cij.org/docket/index.php?p=&p=&k=&case=&code=kos&p= (last visited May ).
helmut philipp aust . The Opinion of the Court and of Individual Judges
Accordingly, we are faced here with an argument relating to remedial secession which tries to ground this right in the system of international responsibility. The following comments analyse only this particular form of reasoning and not the concept of remedial secession as such.17 The Court felt itself disinclined to take a position on the matter. It noted that the issue of remedial secession is one where radically different views are held among the States participating in the proceedings and considered it unnecessary to address these questions: ‘The General Assembly had requested the Court’s opinion only on whether or not the declaration of independence was in accordance with international law. Debates regarding the extent of the right of self-determination and the existence of any right of “remedial secession”, however, concern the right to separate from a State.’18 The Netherlands’ argument was echoed in two individual opinions attached to the advisory opinion of the Court. While Judge Yusuf discussed remedial secession mainly in the light of the relevant passage from the Friendly Relations Declaration,19 we can find a more explicit reference to the Netherlands’ argument in the dissenting opinion of Judge Cançado Trindade. He maintained that . . . it is clear that the prohibitions of torture, of ethnic cleansing, of summary or extra-legal executions, of forced disappearance of persons, are absolute prohibitions, in any circumstances whatsoever: they are prohibitions of jus cogens. Breaches (at intra-State level) of those prohibitions, such as those which occurred in Kosovo during its grave humanitarian crisis, 17 On the Kosovo opinion and ‘remedial secession’ see Thomas Burri (note ); Theodore Christakis, ‘The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Has International Law Something to Say About Secession?’, Leiden Journal of International Law (), pp. –. 18 ICJ, Kosovo opinion, para. . 19 Judge Yusuf wrote: ‘This provision (the saving clause in the Friendly Relations Declaration – HPA) makes it clear that so long as a sovereign and independent State complies with the principle of equal rights and self-determination of peoples, its territorial integrity and national unity should neither be impaired nor infringed upon. It therefore primarily protects, and gives priority to, the territorial preservation of States and seeks to avoid their fragmentation or disintegration due to separatist forces. However, the saving clause in its latter part implies that if a State fails to comport itself in accordance with the principle of equal rights and self-determination of peoples, an exceptional situation may arise whereby the ethnically or racially distinct group denied internal self-determination may claim a right of external self-determination or separation from the State which could effectively put into question the State’s territorial unity and sovereignty.’; ibid., sep. op. Judge Yusuf, para. .
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are violations of peremptory norms of general international law (i.e., of jus cogens), promptly engaging the responsibility of their perpetrators (States and individuals), with all the juridical consequences ensuing therefrom (which have not yet been sufficiently elaborated by international case-law and legal doctrine to date).20
Here, we have a fairly clear evocation of the responsibility-based argument. Judge Cançado Trindade expressly mentions the responsibility of the perpetrators which is engaged and refers to the legal consequences following. . Some Observations on Remedial Secession and International Responsibility The Netherlands’ argument is remarkable for a number of reasons. First, it should be noted that there is considerable uncertainty about the whole ‘serious breaches’ regime as set out in Articles and ASR. Whereas the ILC held at least parts of this regime to represent customary international law,21 the literature has so far been divided over the exact legal status of the rules set out in these two provisions.22 In this perspective, it is of considerable interest that a State has relied on these provisions in such a strongly worded manner. Secondly, it is noteworthy that the Netherlands relied on Article , para. ASR and its saving clause. This clause was included by the ILC in order to underline that the serious breaches regime is still in the course of development, and thus that more and different consequences could flow from serious breaches of peremptory norms than those set out in Article , paras. and ASR.23 The
20
Ibid., sep. op. Judge Cançado Trindade, para. . This can be inferred, by way of implication, from the statement of the ILC that Article , para. ASR ‘may reflect the progressive development of international law’, a statement which was not made with respect to para. of this provision; see the ILC Commentary to Article , para. , reprinted in James Crawford (ed.), The International Law Commission’s Articles on State Responsibility (Cambridge: Cambridge University Press, ). 22 Alexander Orakhelashvili, Peremptory Norms in International Law (Oxford: Oxford University Press, ), p. ; Andreas Zimmermann and Michael Teichmann, ‘State Responsibility for International Crimes’, in André Nollkaemper and Harmen van der Wilt (eds.), System Criminality in International Law (Cambridge: Cambridge University Press, ), pp. –; Helmut Philipp Aust, Complicity and the Law of State Responsibility (Cambridge: Cambridge University Press, , forthcoming), at pp. –. 23 See ILC Commentary (note ), Article , paras. –; cf. further Andrea Gattini, ‘A Return Ticket to “Communitarisme”, Please’, European Journal of International Law 21
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statement of the Netherlands now testifies that the view that additional and wide-ranging consequences may flow from serious breaches of peremptory norms is also shared among some States. Thirdly, it should also be noted that the statement of the Netherlands argues for the analogous application of the rules of the ASR in the relationship between a State and a non-State actor. This question was not directly addressed in the ASR. While Part two of the ASR, which deals with the ‘content’ of international responsibility, includes a clarification to this effect in Article , para. ,24 Part three is silent on this matter. One could argue that the logic of Article , para. ASR would seem to dictate the analogous application of this principle to other parts of the ASR. However, this is not self-evident. Part three deals with the delicate issue of the implementation of international responsibility. This is a matter where one can expect States to be cautious about widening the scope of actors entitled to have recourse to the politically-charged responses set out in Article ASR.25 At this point, we need to ask ourselves what kind of additional consequence it is that the Netherlands is referring to and for which it sought to derive support from an analogous application of Article ASR. The consequences which the ILC included in Article do not relate to the direct relationship between the wrongdoer and the victim of the wrongful act. Instead, by postulating a duty of co-operation and obligations of abstention (non-assistance, non-recognition), they impose additional obligations upon third States and not upon the wrongdoer. In contrast, the argument of the Netherlands would impact directly upon the wrongdoer. It has been asked previously in the literature whether serious breaches of peremptory norms would also entail particular consequences for the State which committed these wrongful acts apart from the ordinary consequences attached to every internationally wrongful act.26 From this perspective, it could be argued that the loss of a part of a State’s territory as a consequence of the serious breach of the right to
(), pp. –, at p. ; Andreas L. Paulus, ‘Jus Cogens in a Time of Hegemony and Fragmentation’, Nordic Journal of International Law (), pp. –, at p. . 24 Article , para. ASR provides: ‘This Part is without prejudice to any right, arising from the international responsibility of a State, which may accrue directly to any person or entity other than a State.’ 25 See further Santiago Villalpando, L’ émergence de la communauté internationale dans la responsabilité des Etats (Paris: Presses universitaires de France, ), pp. –. 26 Christian J. Tams, ‘Do Serious Breaches Give Rise to any Specific Obligations of the Responsible State?’, European Journal of International Law (), pp. –.
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self-determination could be a particular form of punishment inflicted upon the State responsible – punitive damages, so to speak. This would be problematic, however, as, according to most authorities, the concept is not firmly rooted in contemporary international law and was therefore not included in the ASR.27 A punitive character of damages would go against the general thrust of the ASR to concentrate on compensatory damages.28 A further possibility would be to understand the argument of the Netherlands as alluding to the exercise of the right of external selfdetermination as a countermeasure.29 Countermeasures are wrongful acts which are however justified in order to induce another actor to return to the path of legality.30 Countermeasures, according to Article , para. ASR ‘shall, as far as possible, be taken in such a way as to permit the resumption of performance of the obligations in question’.31 This requirement, which was inspired by Article , para. of the Vienna Convention on the Law of Treaties,32 is hard to reconcile with what can be understood only as an attempt to arrive at a permanent solution to the Kosovo problem. It is true that the obligation to choose reversible measures is not absolute, and that there are circumstances where it may be inevitable to choose an irreversible countermeasure. However, the question whether such irreversible options would have been at the disposal of the authors of the UDI re-opens the whole discussion about the general state of affairs pertaining to the Kosovo situation, i.e., whether the status talks had really reached a final impasse and whether individual parties were authorised to unilaterally impose a final settlement. Hence, the discussion would be back to square one and the issues usually
27 James Crawford, ‘Introduction’, in: id. (note ), at pp. –, ; Santiago Villalpando (note ), pp. –. 28 Stephan Wittich, ‘Damages’, in: Rüdiger Wolfrum (ed.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Online edition (Oxford: Oxford University Press, ), para. . 29 Countermeasures are a form of sanction in international law; see Patrick Daillier, Mathias Forteau and Alain Pellet, Droit international public, th edn. (Paris: L.G.D.J., ), p. . 30 Air Service Agreement of March Between the United States of America and France, Arbitral Award of December , RIAA XVIII, , paras. et seq.; ICJ, Gabcikovo-Nagymaros Case (Hungary v. Slovakia), Judgment of September , ICJ Rep. , , paras. et seq.; see also Article ASR. 31 See also ICJ, Gabcikovo-Nagymaros Case (Hungary v. Slovakia), Judgment of September , ICJ Rep. , , para. . 32 ILC Commentary (note ), Article , para. .
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discussed with respect to the conditions for remedial secession would reappear with respect to the justification of secession as a countermeasure. In addition, we would be in the presence of a countermeasure carried out by a non-State actor. Although it cannot be ruled out that this is a conceivable construction, it would be a rather novel idea. In any case, it is hard to disagree with Serbia that the contemporary law of international responsibility does indeed not contain a sanction providing for a State to lose part of its territory. From a de lege ferenda perspective, too, it is questionable whether such a consequence should be included in the law of international responsibility. Such a sanction would be difficult to reconcile with the general traits of this field of the law. In this respect, we should remember that the rules pertaining to the responsibility of actors in international law primarily aspire to provide for reparation.33 This function can be identified as the inner core of the law of international responsibility.34 All other functions that individual rules belonging to this field may have should necessarily have a supportive role conducive to this main objective. Reparation can take various forms, as set out in Article ASR: restitution, compensation and satisfaction. A particular consequence such as the one envisaged by the Netherlands can neither be said to fall directly into one of these three categories nor be conceived as being of a secondary nature helping to achieve reparation.35 Rather, the argument appears to be an attempt to ‘de-politicise’ the process of the creation of States. This process is of course no longer ungoverned by law.36 However, it is quite a step to understanding the exercise of the external right to self-determination as a
33 See PCIJ, Factory at Chorzów, Jurisdiction (Poland v. Germany), Judgment of July , Series A, No. , ; ICJ, Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited, New Application: (Belgium v. Spain), Judgment of February , ICJ Rep. , , para. . 34 See Dionisio Anzilotti, ‘La responsabilité internationale des Etats à raison des dommages soufferts par des étrangers’, Revue générale de droit international public (), pp. – and pp. –; on Anzilotti’s impact on the development of the law of State responsibility in this respect see Georg Nolte, ‘From Dionisio Anzilotti to Roberto Ago: The Classical International Law of State Responsibility and the Traditional Primacy of a Bilateral Conception of Inter-State Relations’, European Journal of International Law (), pp. –, at p. . 35 For a different view see the Written Comments presented to the Court by Kosovo on September , para. ., available at http://www.icj-cij.org/docket/index .php?p=&p=&k=&case=&code=kos&p= (last visited May ). 36 James Crawford, The Creation of States in International Law, nd ed. (Oxford: Oxford University Press, ), p. .
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consequence of a previous wrongful act. Such an interpretation reduces a very important and central rule of the international community to something that should be applied more or less mechanically whenever the conditions of a serious breach of a peremptory norm are met. It also neglects the necessarily political background to the decision whether or not to exercise this right and creates an image of automaticity and routine, as if every case of a serious breach of the right of self-determination will from now on inevitably lead to secession. The attempt to explain the process of the creation of States by recourse to the law of international responsibility appears to be a somewhat overambitious project to account for even the most momentous events of world politics in a juridified, legalistic manner. In the context of the ILC work on State responsibility, Christian Tomuschat has remarked that ‘historical disasters cannot be settled in the way accountants settle a claim’.37 I have argued elsewhere that the law of international responsibility should be applied in a rather formal manner and should not be overburdened with the task of responding directly to major world events and crises.38 Its rules should not be developed with a view to desirable political outcomes. The rules of international responsibility are applicable across the whole spectrum of international law. An interpretation which may be welcome in one particular setting may have unwanted consequences in another. The changing and developing of the basic rules of international responsibility should thus always be conducted with a view to the general implications of such development. The argument advanced by the Netherlands is, in my view, not likely to be conducive to the further development of the regime of ‘serious breaches’ of peremptory norms. The rules set out in this regime are an important part of an emerging general regime of aggravated responsibility, in which individual States, groups of States and international organisations have at their disposal a whole array of different reactions to violations of the ‘community interest’.39 For the future development of
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Yearbook of the International Law Commission , Volume I, p. , para. . Helmut Philipp Aust, ‘The Normative Environment for Peace – On the Contribution of the ILC Articles on State Responsibility’, in Georg Nolte (ed.), Peace Through International Law – The Role of the International Law Commission (Berlin: Springer, ), pp. –, at pp. –. 39 See, in greater detail, Helmut Philipp Aust (note ), at pp. –; also for an integrated view of different mechanisms for the enforcement of the community interest: Christian J. Tams, ‘Individual States as Guardians of Community Interests’, in Ulrich Fastenrath et al. (eds.), From Bilateralism to Community Interest – Essays in Honour 38
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this regime, it is important that its individual components retain clearly defined functions. Accordingly, ‘remedies’ in the sense of the law of international responsibility should remain connected to the traditional functions of this field of the law. III. The Authorship of the UDI: What Implications for International Responsibility? Another responsibility issue which is raised by the Kosovo opinion of the Court is the qualification of the authors of the UDI. The Court had to deal with this question when it considered whether the UDI was adopted in accordance with UNSCR and the so-called ‘Constitutional Framework’, set out in UNMIK Regulation /. . The Reasoning of the Court In this respect, the Court first proceeded to consider whether the UN Security Council Resolution and the regulations promulgated by UNMIK were part of the applicable legal framework. While it is fairly unproblematic to consider UNSCR to be part of the applicable law,40 views differed in the proceedings on whether UNMIK regulations should also be considered as such.41 The Court observed in this respect that UNMIK regulations were adopted by the Special Representative of the Secretary General on the basis of his authority deriving from UNSCR : ‘The Constitutional Framework derives its binding force from the binding character of resolution . . . and thus from international law. In that sense, it therefore possesses an international legal character.’42 At the same time, however, the Court observed that ‘the Constitutional Framework functions as part of a specific legal order, created pursuant to resolution . . . , which is applicable only in Kosovo and the purpose of which is to regulate, during the interim
of Judge Bruno Simma (Oxford: Oxford University Press, ), pp. –, at pp. – . 40 ICJ, Kosovo opinion, para. . 41 See on this issue Dov Jacobs and Yannick Radi, ‘Waiting for Godot: An Analysis of the Advisory Opinion on Kosovo’, Leiden Journal of International Law (), pp. – , at p. ; Marko Divac Öberg, ‘The Legal Effects of United Nations Resolutions in the Kosovo Advisory Opinion’, American Journal of International Law (), pp. –, at pp. –. 42 ICJ, Kosovo opinion, para. .
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phase established by resolution . . . , matters which would ordinarily be the subject of internal, rather than international law.’43 The determination of the applicable legal framework provided the ground for the Court to consider whether the adoption of the UDI was in accordance with the stipulations of both UNSCR and the ‘Constitutional Framework’. The UDI was adopted on February during an ‘extraordinary meeting’ of the ‘Assembly of Kosovo’, one of the Provisional Institutions of Self-Government. of the members took part in this meeting as well as the President of Kosovo, himself not a member of the Assembly. The members of the Assembly not present were the representatives of the Serbian population of Kosovo. The declaration was written down, read out and eventually signed by all representatives present. In its operative part, it started with ‘We, the democratically-elected leaders of our people . . . ’ (para. ). It declared Kosovo an independent State (para. ) and pledged to undertake and respect Kosovo’s international obligations (para. ). These facts led the Court to examine whether the adoption of the UDI was an act of the Assembly of Kosovo, one of the Provisional Institutions of Self-Government, or whether, as the Court put it, ‘those who adopted the declaration were acting in a different capacity.’44 This option was, as is well known, the conclusion that the Court reached. Although the Court noted that at the opening of the meeting of February the President of the Assembly as well as the Prime Minister of Kosovo made reference to the Assembly of Kosovo and the Constitutional Framework, the Court stressed that the UDI ‘must be seen in its larger context.’45 The relevant passage from the opinion reads: The declaration of independence reflects the awareness of its authors that the final status negotiations had failed and that a critical moment for the future of Kosovo had been reached. . . . the authors of the declaration of independence emphasize their determination to ‘resolve’ the status of Kosovo and to give the people of Kosovo ‘clarity about their future’ . . . This language indicates that the authors of the declaration did not seek to act within the standard framework of interim self-administration of Kosovo, but aimed at establishing Kosovo ‘as an independent and sovereign state’ (para. ). The declaration of independence, therefore, was not intended by those who adopted it to take effect within the legal order created for the interim phase, nor was it capable of doing so. On the contrary, 43 44 45
Ibid. Ibid., para. . Ibid., para. .
helmut philipp aust the Court considers that the authors of that declaration did not act, or intend to act, in the capacity of the institution created by and empowered to act within that legal order but, rather, set out to adopt a measure of significance and effects of which would lie outside that order.46
This reasoning paved the way for the Court to arrive at the conclusion that neither UNSCR nor the ‘Constitutional Framework’ prohibited the authors of the UDI from declaring independence on February . UNSCR would have provided only for an interim regime. In comparison, the UDI would have operated on a different level, attempting finally to determine Kosovo’s status.47 Furthermore, UNSCR would have created obligations for United Nations member States and organs of the UN as well as their representatives.48 The Court referred to the fact that, contrary to other Security Council resolutions, UNSCR would not have provided for obligations of non-State actors apart from a reference to the Kosovo Liberation Army and other armed groups in the context of the cessation of hostilities. Without giving very detailed reasons for its findings, the Court held that the authors of the UDI, having acted in a capacity different from that of the Assembly of Kosovo were not prevented from issuing the UDI.49 The same conclusion was reached with respect to the ‘Constitutional Framework’.50 . An Ultra Vires Act of the United Nations? A different reading of the events of February considers the ‘extraordinary meeting’ to have been a meeting of the Assembly of Kosovo.51 If this were the case, an argument could be made that the Assembly had acted wrongfully, as the ‘Constitutional Framework’ stipulates that the Provisional Institutions of Self-Government and their officials ‘shall . . . exercise their authorities consistent with the provisions of UNSCR () and the terms set forth in this Constitutional Framework.’52 This scenario would then raise the issue of an ultra vires act of the Assembly, as an exercise of its competences in accordance with UNSCR and 46
Ibid., para. . Ibid., para. . 48 Ibid., para. . 49 Ibid., para. . 50 Ibid., paras. –. 51 As suggested, for example, by Serbia in the proceedings: see Written Statement of April , paras. et seq. This argument was supported in the oral proceedings by, for example, Russia (CR /, p. , para. ) and Spain (CR /, p. , para. ). 52 UNMIK Regulation /, chapter (a). 47
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the Constitutional Framework would not cover a declaration of independence.53 Ultimately, this finding would lead to the attribution of responsibility to the UN.54 The pertinent rule in this regard is embodied in Article of the Draft Articles on the Responsibility of International Organizations (DARIO) which provides that [t]he conduct of an organ or agent of an international organization shall be considered an act of that organization under international law if the organ or agent acts in an official capacity and within the overall functions of that organization, even if the conduct exceeds the authority of that organ or agent or contravenes instructions.55
For Article DARIO to be applicable, it needs to be shown that the Assembly of Kosovo was an organ or agent of the United Nations in the first place. This is not open to doubt, as the Provisional Institutions of Self-Government were created by UNSCR and further ‘secondary law’ enacted by the representatives of UNMIK.56 The ICJ did not call this basic fact into question in general. It evaded this issue, however, by simply stipulating that the authors did not intend to act within the framework of the Provisional Institutions of Self-Government. It is not persuasive to deny the attribution of an act to a given organisation simply because the members of the organ choose, so to speak, to wear a different hat. Accordingly, the majority position was heavily criticised both within the Court (Vice President Tomka calling its reasoning a ‘post hoc intellectual construct’57) and by scholars.58 Judge Bennouna pointedly wrote that ‘in law, it is not merely because an institution has adopted an act exceeding its powers (ultra vires) that the legal bond between the institution and the act is broken. In such a case, the institution must be considered to be in breach of the legal framework that justifies and legitimizes it.’59 53 See Jure Vidmar, ‘The Kosovo Advisory Opinion Scrutinized’, Leiden Journal of International Law (), pp. –, at pp. et seq. 54 Dov Jacobs and Yannick Radi (note ), pp. –. 55 Draft Articles on the Responsibility of International Organisations as adopted on Second Reading, June , UN Doc. A/CN./L.. 56 See Marcelo G. Kohen and Katherine del Mar, ‘The Kosovo Advisory Opinion and UNSCR (): A Declaration of Independence from International Law?’, Leiden Journal of International Law (), pp. –, at p. . 57 ICJ, Kosovo Opinion, declaration of Vice President Tomka, para. ; see also diss. op. Judge Skotnikov, para. . 58 See, for example, Peter Hilpold, The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Different Perspectives of a Delicate Question, January , pp. et seq., available at http://papers .ssrn.com/sol/papers.cfm?abstract_id= (last visited May ). 59 ICJ, Kosovo Opinion, Judge Bennouna, diss. op., para. .
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A further relevant condition for the finding of an ultra vires act would be, however, that the Assembly of Kosovo also acted in an official capacity when it adopted the UDI.60 According to the ILC, this requires a distinction to be drawn between cases where officials acted in ‘their capacity as such, albeit unlawfully or contrary to instructions’, from those cases ‘where the conduct is so removed from the scope of their official function that it should be assimilated to that of private individuals’.61 Although Article DARIO is closely modelled on Article ASR, a fundamental difference needs to be taken into account between the attribution of ultra vires acts to States and to international organisations. This difference relates to the fact that States are presumed to have a universal competence to engage in all forms of the exercise of public power. With respect to State organs, the relevant question is never whether an organ acted in excess of the competences of the State to which it belongs as such, but only whether the internal division of competences between the various State organs have been respected. The rationale underlying Article ASR is thus a more special emanation of the general rule that a State cannot ‘rely on its internal law in order to argue that conduct, in fact carried out by its organs, was not attributable to it’.62 This internal dimension of ultra vires acts also exists with respect to international organisations.63 In addition, there is however also an external dimension of ultra vires acts in the case of international organisations. Their organ or agent may not only or not even have violated the internal division of competences, but carried out an act which falls outside the scope of the competences transferred to that organisation. International organisations are empowered to act only within the confines of the powers conferred upon them. This limiting factor, also known as the principle of specialty,64 impacts upon the determination of whether or not a certain act was adopted in an official capacity. There is potentially a third category – conduct which
60 See Jean d’ Aspremont, ‘The Creation of States before the International Court of Justice: Which (Il-)Legality?’, The Hague Justice Portal, October , available at http://www.haguejusticeportal.net/eCache/DEF//.html (last visited May ). 61 ILC Commentary (note ), Article ASR, para. ; Draft Commentary to Article DARIO, para. . 62 ILC Commentary (note ), Article ASR, para. . 63 Cf. Pierre Klein, La responsabilité des organisations internationales dans les ordres juridiques internes et en droit des gens (Brussels: Bruylant, ), p. . 64 ICJ, Legality of the Use of Nuclear Weapons in Armed Conflict, Advisory Opinion of July , ICJ Rep. , , para. ; Matthias Ruffert and Christian Walter, Institutionalisiertes Völkerrecht (Munich: C.H. Beck, ), p. .
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exceeds both the competences of the organ which has acted and the limits of the powers conferred upon the organisation. In these cases, it can be difficult to determine whether an act was carried out in an official capacity or not – of which the question interesting us here is a very good example.65 It is probably because of this difficulty that the ILC inserted the reference to the ‘overall functions of the organization’ (within which the act must have been taken) into the provision during the second reading of the Draft Articles in .66 This condition needs to be interpreted in such a way as to allude to this third category: although generally an international organisation can be responsible for acts which exceed the competences transferred to it under the principle of specialty,67 there is a limit insofar as conduct which completely falls outside the scope of the overall functions of the organisation will not be attributable to it. For the UN, it is admittedly difficult to identify the specific boundaries to its competences.68 But even for the UN, it is not self-evident that the adoption of a declaration of independence would fall within the ‘overall functions’ of the organisation. Declaring independence is an inherently political act which can be taken only by the relevant political community. This view finds support in the dissenting opinion of Judge Fitzmaurice in the Namibia advisory opinion where he argued that the Security Council would have no right to alter territorial situations.69 A counter-argument would be that the UN
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See also Jean d’ Aspremont (note ), p. . See Giorgio Gaja, Eighth Report on the Responsibility of International Organizations, UN Doc. A/CN./, March , para. . This was also urged for by a number of international organisations: see the Joint Submission of the Comprehensive NuclearTest-Ban Treaty Organization, the International Civil Aviation Organization, the International Fund for Agricultural Development, the International Labour Organization, the International Maritime Organization, the International Organization for Migration, the International Telecommunications Union, the United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, the United Nations World Tourism Organization, the World Health Organization, the World Intellectual Property Organization, the World Meteorological Organization and the World Trade Organization, reprinted in UN Doc. A/CN./, February , p. . 67 Giorgio Gaja, Second Report on the Responsibility of International Organisations, UN Doc. A/CN./ of April , para. . 68 Benedetto Conforti and Carlo Focarelli, The Law and Practice of the United Nations, th ed. (Leiden: Nijhoff, ), p. . 69 ICJ, Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) Notwithstanding Security Council Resolution (), Advisory Opinion of June , ICJ Rep. , , diss. op. Judge Fitzmaurice, para. . 66
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would have a general competence to influence a process of State creation when the maintenance of international peace and security is at stake. After all, the Security Council may have an important role to fulfil in order to prohibit certain entities from declaring independence, as it did, for example, with respect to the UDI of the racist regime in Southern Rhodesia.70 Another argument for the view that at least the particular UDI concerning us here falls within the overall functions of the organisation is the context of the UN-instituted regime of interim administration. This regime would imply that all matters touching upon the termination of the interim regime are within the overall functions of the organisation and accordingly also a UDI. So while the restriction that the act needs to have been taken within the overall functions does not speak against the attribution of the adoption of the UDI to the UN, we still have to answer the question whether the adoption of the UDI was effected by the ‘Assembly of Kosovo’ in an ‘official capacity’. Existing practice on this question is not very useful for our purposes. It mostly concerns the attribution of crimes committed by soldiers of UN peacekeeping units while ‘off duty’.71 Although the ICJ assimilated the conduct of the authors of the UDI to acts by private individuals,72 this is unconvincing. The adoption of a declaration of independence is usually not a ‘private affair’ but is meant to bring about consequences in the public domain. Instead of a public v. private distinction, it is suggested here that a distinction should be made between conduct which exceeds the mandate conferred upon a given organ of an international organisation but is still related to the general functions of that organ, and conduct which is so unrelated to those functions that it can no longer be considered to have been committed in an official capacity.73 The adoption of a unilateral declaration of independence is a step which aims at establishing a new legal order. So much is uncontroversial, as the creation of States is almost by definition a revolutionary moment and will never seek justification in the existing legal framework.74 This is 70
UN Doc. S/RES/ of November , op. para. . Pierre Klein, ‘The Attribution of Acts to International Organizations’, in James Crawford, Allain Pellet and Simon Olleson (eds.), The International Law of Responsibility (Oxford: Oxford University Press, ), pp. –, at p. . 72 ICJ, Kosovo Opinion, para. . 73 Cf. Pierre Klein (note ), p. . 74 See also Marc Weller, ‘Modesty Can Be a Virtue: Judicial Economy in the ICJ Kosovo Opinion?’, Leiden Journal of International Law (), pp. –, at pp. –. 71
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why some States pleaded before the Court that the adoption of the UDI was effected by the ‘pouvoir constituant’ of the Kosovar people.75 Regardless of what the authors of the UDI intended with respect to the question of acting inside or outside the institutional framework created by the UN, the kind of declaration they produced itself lacks a clear relationship with the official capacity of the Assembly of Kosovo. This is so as the effects of this declaration bring about a complete break with the existing interim framework if the declaration is implemented successfully. Jean d’ Aspremont has compared the adoption of the UDI in this respect with a coup d’ Etat where those committing the coup are not considered to act in their capacity as organs of the State whose government they are trying to overthrow.76 The difference between relying on the intent of the authors of the UDI and the effects of its declaration in order to clarify whether or not they acted as the Assembly of Kosovo and in an official capacity lies in the fact that the effects-based view is less prone to the uncertainties attached to the subjective theory of the ICJ. It is also consistent with the traditional view concerning the creation of States which places great emphasis on the effectiveness of the newly created State.77 According to the traditional view, secession takes place if a new State successfully establishes itself. Today, it can no longer be said that this is a question of fact alone, as violations of certain basic rules of international law lead to the illegality of such a process.78 However, questions of effectiveness still play a crucial role in this regard. They allow us to assess whether or not the claim to act in the exercise of the right of self-determination was credible. If the authors of the UDI fail to erect a new legal order, they will afterwards be treated as criminals who tried to overthrow the existing legal framework. If their claim to independence is successful, it does not make much sense to view their foundational declaration as belonging to the legal framework from which they sought to separate. The ICJ
75 See the pleadings on behalf of Albania (CR /, p. , para. ) and Germany (CR /, p. , para. ); see also from the literature Jochen Abr. Frowein, ‘Kosovo and Lotus’, in: Ulrich Fastenrath et al. (eds.), From Bilateralism to Community Interest – Essays in Honour of Judge Bruno Simma (Oxford: Oxford University Press, ), pp. –, at p. . 76 Jean d’ Aspremont (note ), pp. –. 77 See also Peter Hilpold, ‘The Kosovo Case and International Law: Looking for Applicable Theories’, Chinese Journal of International Law (), pp. –, at p. . 78 A matter which was also briefly touched upon by the Court: Kosovo Opinion, para. ; see further James Crawford (note ) pp. et seq.
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was obviously not in a position to consider these issues as it strictly distinguished between the adoption of the declaration of independence and the question of the legality of secession.79 However, an analysis of the declaration of independence in the light of the consequences it brought about would have enabled the Court to assess with greater clarity whether or not the authors of the UDI acted as part of the Provisional Institutions of Self-Government. It is also at this point – the assessment whether or not a secession has been successful – that the controlling factors of international law would normally intervene: States have to decide whether or not to recognise the new entity. If the entity in question was created in violation of peremptory norms of international law, the obligation of non-recognition arises.80 In the light of all these factors, it appears to me that it is at least defensible to say that the Assembly of Kosovo did not act in its official capacity when it adopted the UDI. According to some, the authors of the UDI also had a special democratic legitimacy flowing from the elections held for the Assembly of Kosovo which would be an additional argument for the view that the authors of the UDI may have acted outside the framework of the Provisional Institutions of Self-Government.81 While one can be critical of this argument and say that this additional legitimacy worked only within the framework of the Provisional Institutions of Self-Government82 or that the claim to being the ‘pouvoir constituant’ is ‘nothing more than the unilateral perception of those issuing a UDI’,83 we also need to acknowledge that the creation of democratically-elected institutions in the context of post-conflict peacebuilding complicates the picture considerably. Faute de mieux, these democratically elected institutions are the only forum through which the population of a territory under international administration may express its political aspirations. Whether or not the actors in question can really claim the additional legitimacy conferred upon them through democratic elections is eventually a matter to be determined by subsequent events.
79 For criticism in this regard see ICJ, Kosovo Opinion, declaration of Judge Simma, para. ; as well as Thomas Burri (note ), pp. –. 80 See Article , para. ASR. 81 See, for example, Alex Mills, ‘The Kosovo Advisory Opinion: If You Don’t Have Anything Constructive to Say . . .’, Cambridge Law Journal (), pp. –, at p. . 82 Jure Vidmar (note ), p. . 83 Marcelo G. Kohen and Katherine del Mar (note ), p. .
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. A Caveat: The Institutional Responsibility of the UN My argument above is concerned with the issue of the attribution of an ultra vires act of the Assembly of Kosovo to the UN. In this respect, I come to the conclusion that the adoption of the UDI cannot be attributed to the UN for the reason that the ‘Assembly’ did not act in an official capacity when it adopted the UDI. This argument is without prejudice, however, to the question whether the UN had an institutional responsibility at least to try to maintain the framework of the interim administration in place. In this respect, it is noteworthy that the Special Representative of the UN had intervened previously and several times when the Assembly of Kosovo had, in his view, overstepped its competences in addressing issues of self-determination as well as border demarcations between Serbia and Macedonia or the adoption of a Draft Constitutional Charter for Serbia and Montenegro. At one point in , the Special Representative even had to intervene to preclude the ‘Assembly of Kosovo’ from considering a declaration entitled ‘Declaration on Kosova – A Sovereign and Independent State’.84 In contrast, the Special Representative did not intervene after the adoption of the UDI on February . The Court found that the object and purpose of UNSCR was to create an interim regime that ‘was designed to suspend temporarily Serbia’s exercise of its authority flowing from its continuing sovereignty over the territory of Kosovo’.85 From this it follows that in a moment when Kosovo tried to break away from Serbia, the UN was more or less in the place of the ‘parent’ State from which secession is sought. What does this entail for the UN? It can be argued that the creation of a temporary regime of interim administration necessarily comes together with the position of a trusteeship of various dimensions. The State whose territory is partly placed under international administration has a legitimate expectation that the creation of this regime will not be conducive to a process of secession. Accordingly, it can be argued that just as a State would usually try to prevent a territorial unit from secession (unless there was an agreement between the parties), the UN should have done all that was within its powers to prevent Kosovo from unilaterally seceding.
84 See ICJ, Kosovo Opinion, declaration of Vice President Tomka, para. for an overview of these instances. 85 ICJ, Kosovo Opinion, para. .
helmut philipp aust IV. Conclusion
The two issues we have examined are different in nature and may at first sight appear to be related only by the fact that both concern the law of international responsibility, and as such a distinct subject area of international law. However, the discussion of the two issues may have shown that the process of the creation of States should be discussed on the level of the primary, substantive norms in international law. The questions to be determined – is there a right of secession in international law? In what capacity did the authors of the UDI act? – appear to me to be questions which need to be addressed on the level of primary norms of international law. It is at this level that the international community should argue about the process of the creation of States. This will necessarily involve the articulation of the underlying policy issues: should international law favour or disfavour secession? How should we construe the relationship between the UN and organs of interim administration which it has created? These are crucial issues for the maintenance of international peace and security. It is legitimate and understandable that States and other actors hold differing views in this regard. These views should be expressed openly and in relation to the substantive issues at stake. Framing these issues in terms of the law of international responsibility is, from this perspective, not a welcome step in the process of the legalisation of world affairs, but rather an ill-fated attempt to cloak arguments which are half political, half legal in the guise of the rules of international responsibility. Bibliography Anzilotti, Dionisio, ‘La responsabilité internationale des Etats à raison des dommages soufferts par des étrangers’, Revue générale de droit international public (), pp. – and pp. –. Aust, Helmut Philipp, ‘The Normative Environment for Peace – On the Contribution of the ILC Articles on State Responsibility’, in Georg Nolte (ed.), Peace Through International Law – The Role of the International Law Commission (Berlin: Springer, ), pp. –. Aust, Helmut Philipp, Complicity and the Law of State Responsibility (Cambridge: Cambridge University Press, , forthcoming). Burri, Thomas, ‘The Kosovo Opinion and Secession: The Sounds of Silence and Missing Links’, German Law Journal (), pp. –. Conforti, Benedetto and Carlo Focarelli, The Law and Practice of the United Nations, th edn (Leiden: Nijhoff, ).
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“YOU SAY YOU’LL CHANGE THE CONSTITUTION” – THE ICJ AND NON-STATE ENTITIES IN THE KOSOVO ADVISORY OPINION
Andrea Gattini I. Introduction One can easily imagine on July in the Great Hall of the International Court of Justice the ten judges of the majority congratulating themselves for the shrewdness they deployed in the Advisory Opinion on the Unilateral Declaration of Independence with respect to Kosovo. They had been able to solve apparently without the slightest effort a legally complex, politically overcharged, highly divisive and seemingly intractable question. But besides the understandable satisfaction at having overcome the hurdle, did the judges of the majority perform a service to international law (II), to UN law (III) and finally to the Court itself (IV)? The answer to each of these three questions is on balance rather negative. II. The Opinion and General International Law The decision of the Court to reformulate the question put by the General Assembly, and to investigate the real authorship of the Unilateral Declaration of Independence (UDI), has been widely commented on, having been indeed, as Vice President Tomka put it in his declaration, “outcomedeterminative”.1 Less noticed has been the choice of the Court to start with an investigation of general international law, before coming to the lex specialis of SC Res. ().2 The choice is not as innocent as it might at first sight appear. Serbia had presented its case for the illegality of the UDI by first and foremost stressing its violation of many aspects of
1
See Declaration Tomka, para.. See however Dissenting Opinion Bennouna, par. , who rightly pointed out that “Ordinarily, the Court should first look into the applicable lex specialis (that is to say the law of the United Nations) before considering whether the declaration is in accordance with general international law”. In the literature see Cedric Ryngaert, “The ICJ’s Advisory 2
andrea gattini
the legal regime established by Res. , and only in a second step and for completeness’ sake by touching on its incompatibility with general international law, in particular with the principle of the territorial integrity of states.3 On the contrary, the authors of the UDI had first tried to demonstrate that the UDI was in accordance with general international law, and only subsequently that it did not contravene Res. ().4 It is remarkable, and telling, that the two different paths were consistently followed by almost all states intervening respectively in support of Serbia5 or in support of the authors of the UDI.6 The reasons for the second option become clear when one carefully considers the Court’s construction. Disregarding the will of the General Assembly, which had intentionally chosen the ample formulation “accordance with international law”, the Court narrowed the purpose of the request to the issue whether the UDI had violated any rule of international law, which for the Court was equivalent to asking whether the UDI was prohibited by international law.7 Having affirmed that general international law does not prohibit a UDI as such,8 which is per se an obviously incontrovertible statement but meaningless if taken in abstract terms,9 the Court went on to investigate whether – exceptionally – Res. provided for any such “specific prohibition”.10 As we will later see, through a debatable interpretation of Res. the Court reached the conclusion that that was not the case
Opinion on Kosovo’s Declaration of Independence: A Missed Opportunity?”, in Netherlands International Law Review (), , at , who finds the sequence illogical and “somewhat confusingly”. 3 See CR /, ff. (per Djeric, Zimmermann), ff. (per Shaw). 4 See CR /, ff. (per Müller), ff. (per Murphy). 5 See the written and/or oral statements by Argentina, Arzebaijan, Bolivia, Brazil, China, Cyprus, Egypt, Romania, Russian Federation, Spain, Venezuela, the exceptions being Belarus (which however mainly pointed at UN law), Iran (which by the way limited itself only to general international law without any mention of Res. /), Slovakia and Vietnam. 6 See the written and/or oral statements by Albania, Czech Republic, Denmark, Estonia, Finland, France, Germany, Ireland, Japan, Jordan, Latvia, Luxemburg, Netherlands, Norway, Poland, Switzerland, USA, the only two exceptions being Austria and Bulgaria. 7 Kosovo AO, para. . 8 Kosovo AO, para. . 9 See diss. op. Bennouna, para. : “It would . . . make no sense to assess the accordance with international law of a declaration of independence without regard to who the author(s) are or to the background against which it was adopted. Likewise, the Court’s conclusion in this respect is itself meaningless”. 10 Kosovo AO, para. .
the icj and non-state entities
either. To dispel any misunderstanding, I am not maintaining that the Court would have reached an exactly opposite conclusion if it had started its investigations with Res. . Yet the strategic choice of reformulating the meaning of the question was better served by starting with the broader issue of general international law, because this enabled the Court to whitewash the whole picture, creating a uniform bleak impression, which threw its dampening and paralysing effect on the interpretation of the much more vivid and resilient Res. . Coming to the content of general international law, the Court stated from the outset that it would not deal with aspects relating to the effects of the declaration, the requisites of statehood, and recognition by third states, all these issues being outside the scope of the request.11 This is right. The Court, however, went on to say that it was not requested either to take a position “on whether international law conferred a positive entitlement to Kosovo unilaterally to declare its independence”,12 and this, as we have seen, was a very debatable assumption, made possible only by a misunderstanding by the Court of the intention of the General Assembly.13 By narrowing the scope of the request to the only question whether international law specifically prohibits a UDI, the Court did not realize that it had run into a logical contradiction and a possible misunderstanding. First, putting the question in terms of violation/non-violation of a norm implies adopting the conceptual framework of responsibility, which is ill-suited in the present context, in which the international subjectivity of the authors of the declaration was not an issue, and the Court carefully avoided making one.14 Secondly, the equivalence
11
Kosovo AO, para. . Kosovo AO, para. . 13 As rightly pointed out by Marcelo G. Kohen and Katherine Del Mar, “The Kosovo Advisory Opinion and UNSCR (): A Declaration of ‘Independence from International Law’?”, Leiden Journal of International Law (), , at : “Nonaccordance with international law encompasses the question of illegality . . . However, ‘accordance’ or ‘non-accordance’ also encompasses an examination of whether the issuance of a UDI had an international legal basis”. See also Peter Hilpold, “The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: different perspectives of a delicate question”, electronic copy available at http://papers.ssrn.com/sol/papers.cfm?abstract_id=, at : “the objective meaning of Res. / . . . would have required . . . to look beyond the unilateral act by which Kosovo had gained independence”. 14 See Jean d’ Aspremont, “The Creation of States before the International Court of Justice: Which (Il)legality?”, The Hague Justice Portal Sept. , (www.haguejusticeportal .net), for whom the conceptual difficulty of the AO resides in the fact that the Court 12
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between non-prohibition/non-violation could lead some to interpret the AO as saying that in international law all that is not prohibited is henceforth permissible. This was indeed the reading of Judge Simma, who in his Declaration strongly criticized the Court for having adopted a Lotus approach to the question.15 Now, in spite of the authoritativeness of Judge Simma’s opinion,16 it is far from certain that that was what the Court actually meant. One could as well interpret the AO as saying that international law is agnostic with regard to UDI, hence it cannot be technically violated by any such act. This reading, however, would expose the Court to the criticism of those who in the proceedings had suggested that it decline to give an AO, maintaining that the issue is simply outside the reach of international law.17 The distinction between saying that a certain fact is outside the scope of a norm or that the norm is indifferent with regard to that fact is indeed a thin one. This subtle dilemma did not escape the attention of Judge Simma, who in his Declaration criticized the Court for not having further explored the possibility and implications of a “deliberate silence” of international law.18 What is more paradoxical in the Court’s manipulation of the meaning of the request is that, for all its ingenuity, the move did not eventually help the Court to avoid altogether the central underlying questions of (the right of) secession and self-determination, as the Court might have wished. The reason is that in general international law the issue of UDI cannot be disposed with in abstracto, as the Court pretended.19
did not clarify whether it would examine “the conformity with international law of the adoption of the declaration by its author or . . . the conformity with international law of the declaration itself ”, the first being a case of responsibility, the second a case of validity (at ). See also Antonello Tancredi, “Il parere della Corte internazionale di giustizia sulla dichiarazione d’indipendenza del Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), , ff. 15 Declaration Simma, para. . 16 Which inevitably influenced some authors: see Thomas Burri, “The Kosovo Opinion and Secession: The Sounds of Silence and Missing Links”, German Law Journal (), , at ; Tancredi, “The Kosovo Opinion”, cit., ; See, however, for the opposite view Théodore Christakis, “The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Has International Law Something to Say about Secession?”, Leiden Journal of International Law (), , at ; and for a more nuanced position Anne Peters, “Does Kosovo Lie in the Lotus-Land of Freedom?”, Leiden Journal of International Law (), , at . 17 Kosovo AO, par. . 18 Declaration Simma, para. . 19 See Peters, cit., at : “[W]hat was really at stake was not the declaration as a speech act, but secession, which is the unilateral separation of a part of a state’s territory and the formation of an independent, sovereign state on that territory. So, actually, the
the icj and non-state entities
To start with, at least in two instances the Court implicitly recognized that the issue of UDI is indeed very much linked to the broader issue of self-determination. On the one hand the Court affirmed that a declaration of independence can be considered the expression of a right only with regard to the three categories of peoples subjected to a colonial or an alien domination or to a racist regime,20 which of course are the three categories of peoples which enjoy the right to self-determination under customary international law. On the other hand, the Court singled out instances in which some UDIs had been declared illegal by the SC.21 The Court’s attempt to justify this apparent oddity is once again ingenious, but finally unconvincing. The Court said that their illegality followed from their being linked to a prohibited use of force or other peremptory norms of international law (jus cogens).22 This is a bold step for the Court, all the more so coming at a point in the AO at which the Court had not yet explained the methodology it would apply in interpreting SC resolutions. No interpretative tools of Art. of the Vienna Convention on the Law of Treaties (VCLT) support the Court’s reading of the relevant resolutions. It suffices to recall that the first of them dates back to , a date on which it was highly improbable, to say the least, that the SC would have let itself be guided by a concept, that of jus cogens, which was still struggling in academic debates and in the UN Commission of
opinion is a legal assessment of secession”; Burri, cit., at . See also Bjorn Arp, “The ICJ Advisory Opinion on the Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo and the International Protection of Minorities”, German Law Journal (), , at , for the tackling question of the impact that the (potential or ascertained) international criminal liability of its authors could or should have on the qualification by international law of a declaration of independence. The question is of some relevance in the case of Kosovo, as demonstrated by the decision of the ICTY Appeals Chamber to reopen the case against Mr. Haradinaj, a former prime minister of Kosovo, accused of crimes against humanity and war crimes when he was one of the leaders of the Kosovo Liberation Army (KLA). The Appeals Chamber ordered his arrest just three days before the publication of the AO: see Prosecutor v. Ramush Haradinaj, Idriz Balaj and Lahi Brahimaj, Case No. IT-–-A, Judgment of July , . On December Dick Marty, a former Swiss Public Prosecutor, issued a report to the Council of Europe in which Mr. Hashim Taci, former KLA leader, prime minister at the time of the issue of the UDI and still in charge was accused of having being the leader of a criminal group in charge of trafficking in organs taken from Serbian prisoners. 20 Kosovo AO, para. . 21 These are Res. and () concerning Southern Rhodesia; Res. () concerning northern Cyprus; Res. (), concerning the Republika Srpska. 22 Kosovo AO, para. .
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International Law to be born alive. It is at least as, not to say decidedly more, plausible that the SC had condemned those instances of UDI exactly because they had been issued by entities which did not enjoy any right of self-determination. The Court’s strategy of separating the issue of declarations of independence from the issues of secession and self-determination could not and did not succeed. The Court first meekly noted that in the second half of the twentieth century there had been instances of declarations of independence outside the context of the right of self-determination.23 However, what the Court aptly omitted to say was that none of the successful instances of secession took place against the will of the territorial State.24 Then the Court made the supposedly pivotal legal argument that the scope of the principle of territorial integrity “is confined to the sphere of relations between States”, and therefore it would not bind non-state entities in the territory of the state.25 Apart from the incorrectness of this statement, based on a peculiar and unwarranted narrow reading of the UN Friendly Relations Declaration (General Assembly Res. of ),26 by advancing such a thesis the Court unwittingly put in jeopardy the very concept of the right of selfdetermination. As was perceptively observed by a commentator,27 if the principle of territorial integrity does not matter for non-state entities, then logically it would make no difference whether in proclaiming their independence they were exercising a right (of self-determination) or not. In its over-zealous attempt to belittle the significance of UDI, the Court inadvertently ended up by sharing the position of those scholars who deny any legal significance not only to the issue of secession, but also to the whole debate on external self-determination as such.28 It is a
23
Kosovo AO, para. . Cf. James Crawford, The Creation of States in International Law, (Oxford ): . 25 Kosovo AO, para. . 26 Cf. Christakis, cit., at ; Ryngaert, cit., at . 27 Ralph Wilde, “Self-Determination, Secession, and Dispute Settlement after the Kosovo Advisory Opinion”, Leiden Journal of International Law () , , at . 28 See Martti Koskenniemi, “National self-determination today: problems of legal theory and practice”, International and Comparative Law Quarterly (), , for the enlightening remark that “we international lawyers have only ourselves to blame for the legal force presently enjoyed by claims of national self-determination” (at ) and who closes his essay with the acknowledgment that “a distinct law of self-determination” could only be seen in terms of “a procedure for bringing about acceptable ad hoc adjustments” 24
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conceptually tenable position, but certainly it would stand in marked contradiction to the Court’s previous jurisprudence.29 That the Court was not able to suppress the question of self-determination is made altogether clear by one of the last paragraphs dedicated to general international law. To some extent unexpectedly the Court came back to the issue of self-determination, reporting the claim made by a number of participants in the proceedings of a right to self-determination for the population of Kosovo, or alternatively a right of “remedial secession”. Here the Court, while considering that it was not necessary to resolve those questions in the present case, said that those were issues “on which radically different views were expressed by those taking part in the proceedings”.30 Now, even if the Court did not repeat the language it had used in the previous Nuclear Weapons Advisory Opinion, in which the fact of a profoundly divided opinion among the members of the international community had led the Court to rule out the existence of a opinio juris on the matter of the illegality of recourse to nuclear weapons,31 there is no reason to doubt that the acknowledgment of “radical different views” among states cannot but lead to the same conclusion, i.e. the non-existence of any customary international norm on the issues evoked by the Court.32
(at ). It is interesting to compare the author’s critical approach with the oral statement he held on behalf of Finland in the proceedings of the AO, CR /, in which, adapting its language to the mainstreaming view of international law, he nevertheless made the argument that “there is no reason of practice or principle . . . to limit the right of secession to decolonization” (at ). 29 For an overview of the various contributions by the ICJ to the clarification and the development of the concept of self-determination see Gentian Zyberi, “Self-Determination through the Lens of the International Court of Justice”, Netherlands International Law Review (), . 30 Kosovo AO, para. . 31 Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, Advisory Opinion, ICJ Reports , at , para. . 32 Sienho Yee, “Notes on the International Court of Justice (Part ): The Kosovo Advisory Opinion”, Chinese Journal of International Law (), , at ; Tancredi, cit., at , agree. For another line of reasoning aimed at demonstrating that the Court implicitly denied the existence of any right to “remedial succession” see Olivier Corten, “Territorial Integrity Narrowly Interpreted: Reasserting the Classical Inter-State Paradigm of International Law”, Leiden Journal of International Law (), , at .
andrea gattini III. The Opinion and UN Law
The Court may well have future opportunities to repeal or correct some incongruent consequences of its arguments relating to UDI and general international law. It will, however, be more difficult to repair the damage it has done with regard to the lex specialis of UN law. The Court started its observations by tackling, in a rather pedagogic and rather pedantic mood,33 the question of the proper interpretative methodology to be applied to SC resolutions.34 The effort is very commendable, and it could not have been more timely.35 Unfortunately the Court did not live up to the standards which it had itself set.36 Unsurprisingly the Court identified in Articles – VCLT the key provisions, with the proviso that the differences between an SC resolution and a treaty are such that “the interpretation of SC resolutions also require that other factors be taken into account”.37 By way of summing up these introductory observations, the Court stated that an SC resolution may require it “to analyse statements by representatives of members of the Security Council made at the time of their adoption, other resolutions of the Security Council on the same issue, as well as the subsequent practice of relevant United Nations organs and of States affected by those given resolutions”. The Court is silent on the point, but with the necessary adjustments these factors could be seen as paraphrases of the language of Art. , par. and par. litt (a) and (b) VCLT. Interestingly the Court
33
Yee, cit., at speaks of “majestic generality”. Kosovo AO, paras. –. 35 Despite the many awkward interpretative problems which SC binding resolutions, especially when open-ended, give rise to, international legal literature is somehow reluctant to enter the debate, surely due to the awareness of the special prerogatives and the exceptionally wide margin of appreciation which the SC enjoys in matters appertaining to the maintenance of international peace and security. See Michael C. Wood, “The Interpretations of Security Council Resolutions”, Max Planck Yb of UN Law (), ; Jochen A. Frowein, “Unilateral interpretation of Security Council resolutions, a threat to collective security?”, in Götz et al., Liber Amicorum Günter Jaenicke (Berlin: Springer, ), . Until the present case the ICJ had only had the opportunity to spell out some consequences of the binding effects of an SC resolution: see Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution (), Advisory Op., ICJ Reports , , at , para. ; Questions of Interpretation and Application of the Montreal Convention Arising from the Aerial Incident at Lockerbie (Libya v. United Kingdom), Provisional Measures, ICJ Reports , , at , paras. –. 36 Yee, cit., at ; Kohen and Del Mar, cit., at ; Tancredi, cit., at , agree. 37 Kosovo AO, para. . 34
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does not mention the central interpretative factor of Art. , par. litt (c), “the relevant rules of international law applicable in the relations between the parties”. The reasons could be various. Either the Court did not want to decide between the two divergent interpretations it had given of this norm in the Namibia AO of 38 and in the Oil Platforms judgment of ,39 or it may have thought that its previous finding on the normative lack of general international law with regard to UDI had already mooted the question. In reality, in the end the Court did not have recourse to any such interpretative tools, because it reached its conclusions solely on the basis of a debatable interpretation of the Resolution’s object and purpose. In the Court’s words the object and purpose of Res. “was to establish a temporary, exceptional legal regime which, save to the extent that it expressly preserved it, superseded the Serbian legal order and which aimed at the stabilization of Kosovo, and that it was designed to do so on an interim basis”.40 This may be a fair description of the whole, but it does not shed enough light on many significant aspects of the Resolution. The first is the express recognition of the respect for the sovereignty and territorial integrity of the Federal Republic of Yugoslavia, which the Court just mentioned in a perfunctory manner, referring only to the tenth preambular paragraph of the Resolution, and to which it did not seem to attach any particular significance.41 A review of the statements made by the representatives of some member States on the occasion of the adoption of Res. would have made clear that respect for the sovereignty and territorial integrity of Serbia was a condition sine qua non for the adoption of the resolution.42 The second is the major responsibility of the UN through its international civil presence to facilitate “a political settlement” (para. litt c Res. ). The Court belittles the importance of this aspect, by saying that “the resolution mandated UNMIK merely to facilitate the desired negotiated solution for Kosovo’s future
38
See supra note . Oil Platforms (Islamic Republic of Iran v. United States of America), Judgment, ICJ Reports , , at , para. . 40 Kosovo AO, para. . 41 Kosovo AO, para. . 42 See explicitly the statement made by the representative of China during the debate of the UNSC concerning the adoption of Res. , S/PV (), at , and quoted in para. of China’s Oral Statement, CR /, at . See also the statements by the representatives of the Russian Federation and of Argentina (S/PV , at and at respectively). 39
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status, without prejudging the outcome of the negotiating process”.43 Once again, if not already a plain interpretation of the noun “settlement”, or of the object and purpose of the resolution, then an overview of the statements made by the representatives of a large number of SC member States on the occasion of the adoption of Res. and thereafter would have made it absolutely clear that the SC did not intend to tolerate a unilateral solution imposed by one of the parties.44 The Court must have realized that its treatment of this essential point was somewhat cavalier, if it felt the need to come back to the phrase “political settlement” in one of the very last paragraphs of the AO. The Court acknowledged that “the term ‘political settlement’ is subject to various interpretations”,45 but then it forgot to give its own. As a matter of fact, whereas the phrase “political settlement” does not necessarily mean a formal agreement between the parties, it can also not mean a unilateral decision terminating an interim regime set up by the SC. The Court tried to counter this criticism by noting that the UDI was “an attempt” to determine the final status of Kosovo and that it was intended to operate “on a different level” from Res. .46 In a previous paragraph the Court had already affirmed that at any rate at the moment of the adoption of the UDI the legal regime set up by Res. was (and one can add is) still in force.47 This is certainly formally true, but one could have expected the Court to elaborate a little more on the anomalous situation of the parallel and mutually exclusive existence on the same territory of an international regime legally still in force and another regime purportedly created by a new State. The truth is that the Court, contrary to its asserted intention, did not really engage in a comprehensive, systematic interpretation of Resolution , but rather aimed the whole thrust of its arguments in order to demonstrate first that the authors of the UDI were not the Provisional Institutions of Self-Government (PISG) provided for in the Constitutional Framework envisaged by Res. , and, secondly, that Res. had addressed only the UNMIK, and through the interim regime created thereunder the PISG, but not other individuals such as the authors of the UDI. 43
Kosovo AO, para. . Cf. Hilpold, cit., at . The Court itself betrayed this awareness when at para. it spoke of the “desired negotiated solution” (“la solution négociée recherché”): see Tancredi, cit., at . 45 Kosovo AO, para. . 46 Kosovo AO, para. . 47 Kosovo AO, paras. –. 44
the icj and non-state entities
This interpretation of Res. and of the legal regime created thereunder has been rightly criticized by the judges of the minority, and indeed it leaves an impression of contrivance.48 It is not necessary here to recall the many pieces of evidence which makes the Court’s first prong of its demonstration rest on very shaky grounds.49 More interesting, and in my view more worrying, is the Court’s second prong. The Court’s argument boils down to saying that the authors of the UDI were not bound by Res. because they had not been expressly and individually addressed. The Court recalls, by way of contrast, the previous SC resolutions , and , which all contained demands specifically addressed to the Kosovo Albanian leadership,50 and in particular the request to the Kosovo Albanian leadership “to enter immediately into a meaningful dialogue without preconditions and with international involvement, and to a clear timetable, leading to an end of the crisis and to a negotiated political solution to the issue of Kosovo”.51 With regard to this last observation, one could easily reply that Res. recalled all previous resolutions, and therefore implicitly the previous requests to the Kosovo Albanian leadership to enter “into a meaningful dialogue”. Now it is difficult to see how it is possible to speak of a “meaningful dialogue” when, from as early as on, one of the parties incessantly and categorically demanded “nothing short of independence”52 as a non-negotiable basis for any dialogue.53 Even if it may be readily conceded that Res. left open Kosovo’s final status and that the interim legal régime did not prejudge the outcome of the bilateral talks on that final status, yet one may wonder why the Court did not find it necessary to recall its findings in the North Sea Continental Self case on the scope of negotiation in good faith, according to which “[the parties] are under an obligation so to conduct themselves that the
48
Cf. Hilpold, cit., at ff. See extensively and in detail Kohen and Del Mar, cit., at –. 50 Par. . Res. (), para. ; Res. () para. ,,,; Res. () paras. ,,, ,. 51 Par. of Res. (). 52 Quotation from the Report of the Special Envoy of the Secretary-General on Kosovo’s future status, UN Doc. S//, p. , par. . 53 From at least on the Kosovo Albanian leadership, increasingly taken hold of by the radical, terror prone Kosovo Liberation Army, had requested independence as the only acceptable outcome: see Marc Weller, Contested Statehood, (Oxford University Press ), ff. 49
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negotiations are meaningful, which will not be the case when either of them insists upon its own position without contemplating any modification of it”.54 It is perhaps no coincidence that, at this delicate juncture,55 the Court betrayed a clear bias in favour of the authors of the UDI. Describing the circumstances in which the UDI was made, the Court said that it reflected “the awareness of its authors that the final status negotiations had failed and that a critical moment for the future of Kosovo had been reached”.56 The choice of the neutral noun “awareness” in relation to the failure of the negotiations, for which the authors of the UDI objectively bear an at least equal, if not heavier, responsibility than the Serbian government, and the rhetorically loaded phrase of a “critical moment for the future of Kosovo” betoken political side-taking unsuitable for a court of justice. 54
North Sea Continental Shelf (Federal Republic of Germany/Denmark; Federal Republic of Germany/Netherlands), Judgment, ICJ Reports , at , par. . The following page in which Weller, cit, at , depicts “Kosovo’s basic position” before the Vienna Final Status negotiations deserves to be reproduced in full: “From beginning to end Pristina insisted on outright independence. Kosovo was aware of the fact that the organized international community needed to achieve a final settlement, and needed to do so sooner rather than later. The international administration of Kosovo would not be viable for ever, especially if the aspirations of Kosovo for final status were being manifestly frustrated. Visits by leading international representatives coincided with mysterious explosions in and around Pristina, hinting at the threat that life in the territory could turn unpleasant if movement on status were to be delayed indefinitely. And whatever the divisions between the various factions of Kosovo politicians, they were all unified in their unwavering demand for independence. . . . Kosovo’s position, however clear, was not free from risk. Pristina could hardly refuse to participate enthusiastically in the very status process it had been demanding energetically for several years. On the other hand, it was not evident where the process might lead once initiated. True, Kosovo was represented in the talks in Vienna. But there were other, more powerful layers to these negotiations beyond its control: namely, the Contact Group and the Security Council. The Kosovo delegation received advice from experts who feared that Vienna negotiations might focus only on practical issues of governance within Kosovo. Absent an agreement by Belgrade on the wider issues of status, Kosovo might be stuck with a claim that it had agreed to important concessions relating to decentralization, the treatment of communities and relations with Serbia. That “settlement” without status might then be internationally imposed upon it by way of autonomy, at least for a further, undefined interim period”. 55 See Andrea Carcano, “Sul rapporto fra diritto all’autodeterminazione dei popoli e secessione: in margine al parere della Corte internazionale di giustizia riguardante il Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), , at , for the thesis that the “intransigence” of the people concerned and its lack of good faith in the negotiations searching for a political settlement could later be a bar to the legality of unilateral measures prejudging the territorial integrity of the state. See Hilpold, cit., at , for whom the Court’s reconstruction of the events having led to the declaration of independence “smacks . . . of political side-taking”. 56 Kosovo AO, para. .
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Even more fundamentally, one could remind the Court that the reason Res. did not expressly mention the Kosovo Albanian leadership was quite simply that its whole raison d’ etre was – to use the Court’s same words – “essentially . . . to create an interim régime for Kosovo, with a view to channeling the long-term political process to establish its final status”.57 In other words, the SC could not imagine that at a certain point, and without any endorsement by the SC itself, the Kosovo Albanian leadership, which in the meanwhile had been transformed into the Provisional Institutions of Self-Government within the Constitutional Framework provided for by the legal régime established under the authority of the SC, would escape of its responsibilities towards the international community and act unilaterally in open defiance of that régime. To be clear, in general terms the Court’s strict interpretation58 of the binding effect of SC resolutions is not devoid of merit. The Court wisely did not espouse the thesis advanced by the authors of the UDI, and ambiguously supported by other governments, doubting that an SC resolution can ever bind non-state entities,59 but it rightly said that the answer has to be given on a “case-by-case basis, considering all relevant circumstances”.60 The utmost prudence in this matter is required all the more if one considers the as yet unsettled debate on the possible direct effects of SC resolutions,61 as well as the present and to some extent worrying tendency of the SC to use its coercive powers under Chapter VII as a means to impose itself as a world legislator.62 However, the speciousness of the Court’s interpretation in the present case becomes all the more apparent if, following the Court’s own guidance, one does not limit the purview to the text of Res. , but also
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Kosovo AO, para. . Tancredi, cit., at speaks of an “exasperating” textual interpretative method. 59 Cf. Further Written Contribution by the authors of the UDI, paras. .–., and the ambiguous statements in the Written Comments of the USA, p. : “The proposition [i.e. that the obligation to respect SC decisions under Article UN Charter applies also to non state entities] accepted arguendo . . . is not obvious”. 60 Kosovo AO, para. . 61 For different approaches in different countries, according to their monist or dualist outlook, see Vera Gowlland-Debbas “National Implementation of United Nations Sanctions” (Leiden, ). 62 Cf. Luigi Condorelli, « Le pouvoir législative du Conseil du sécurité des Nations Unies vu à la ‘loupe Salmon’ », Droit du pouvoir, pouvoir du droit: Mélanges offerts à Jean Salmon, (Bruxelles ), ; Axel Marschik, “Legislative Powers of the Security Council”, in Macdonald, Johnston (eds.), Towards World Constitutionalism (Leiden ), . 58
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takes into account the Constitutional Framework adopted by the Special Representative of the Secretary-General under regulation /, and deriving its authority from Res. ().63 It is crystal clear that the Constitutional Framework, having “superseded the Serbian legal order” as the Court itself acknowledged,64 was and indeed is still applicable, as a matter of law, to all individuals residing in Kosovo, regardless of their role and function. The Court faced this logical evidence in the two very last paragraphs of the AO, but here again a subtle interpretative twist offered the Court an albeit uneasy way out. The Court recalled that Chapter V of the Constitutional Framework determined the powers of the PISG. However, having already held that the UDI had not been issued by the PISG, the Court hastily concluded that “the authors of the declaration of independence were not bound by the framework of powers and responsibilities established to govern the conduct of the PISG”.65 This is a classic example of circular reasoning: since the UDI was not issued by the PISG, the authors could evidently not have violated the provisions of the Constitutional Framework dealing with the PISG. As with all circular reasoning, this is irrefutable, but so what? The Constitutional Framework, regardless of its interim nature, being the only legal régime applicable to Kosovo in February , the authors of that declaration, whoever they were, say “persons acting together in their capacity as representatives of the people of Kosovo” as the Court labeled them,66 or happy-go-lucky companions, necessarily violated, if not the terms of Res. (), then surely the legal order of the Constitutional Framework.67 The authors of the UDI, and some governments supporting them, were well aware that this would have been the most delicate aspect of
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Kosovo AO, para. . Kosovo AO, para. . 65 Kosovo AO, para. . 66 Kosovo AO, para. . 67 This should at least have had as a consequence a declaration of nullity of such an illegal act, if not the dissolution of the Kosovo Assembly, by the Special representative of the Secretary-general in Kosovo. To infer a contrario from the silence of the Special representative a clue in favour of non-violation, as the Court did, is simply “ridiculous”, in the words of Benedetto Conforti, “La risoluzione del Consiglio di sicurezza e il parere della Corte internazionale di giustizia sul Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), , at . Rather the behaviour of the Special representative could possible raise the question of the international responsibility of the United Nations: see Enrico Milano, “The Security Council and Territorial Sovereignty: The Case of Kosovo”, International Community Law Review (), , at . 64
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their case, and had argued that the Constitutional Framework was to all intents the equivalent to a domestic legal order, and that the question of the compatibility of a unilateral declaration of independence with a domestic constitution escaped the purview of the Court.68 This objection, however, is devoid of substance, because in the case at hand the domestic constitutional legal order was at the same time an international one, as the Court itself acknowledged.69 The example of the Free City of Danzig is instructive in this respect. Although the precise role of the League of Nations with regard to Danzig had always been the object of doctrinal debate, it was undisputed that the Free City enjoyed complete autonomy over its internal affairs.70 Yet, the role of “guarantor” reserved to the League of Nations by Article of the Versailles Treaty was interpreted by the PCIJ as implying “the right, as well as the duty, to intervene in the event of an erroneous application of Danzig of its constitution”.71 The Court’s attempt to disentangle itself and the authors of the UDI from this inescapable ugly truth by saying that “the significance and effects [of the UDI] lie outside that order”72 and that it operated “on a different level”,73 does not explain the contradiction away. To put it in the scathing words of Judge Skotnikov, the Court “unfortunately, does not explain the difference between acting outside the legal order and violating it”.74 Some commentators remarked that what the Court wanted to convey by its mysterious language was the difference between the pouvoir constitué and the pouvoir constituant. This sounds very learned and refined, but the problem here is that the pouvoir constitué was an internationally
68 Kosovo AO, para. . Cf. Further Written Contribution of the authors of the UDI, paras. ., . and .; Written Comments of the USA, pp. –; Written Comments of the United Kingdom, para.; Written Comment of the Netherlands, para. .. UK Oral Statement, CR /, at –, paras. – (per Crawford). 69 Kosovo AO, para.. 70 Cf. Carsten Stahn, The Law and Practice of International Territorial Administration (Cambridge Univ. Press, ), ff. 71 See PCIJ, Treatment of Polish nationals and other persons of Polish origin or speech in the Danzig Territory, Ser. A/B (), at ; Consistency of Certain Danzig Legislative Decrees with the Constitution of the Free City, Ser. A/B, No. (), at . 72 Kosovo AO, para. . 73 Kosovo AO, para. . 74 Diss. Op. Skotnikov, par. . See also Diss. Op. Bennouna, par. : “If this reasoning is followed to its end, it would be enough to become an outlaw, as it were, in order to escape having to comply with the law”.
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guaranteed one. The Court may not have intended to exalt the revolutionary moment in international law, but, taken at face value, the Kosovo AO can nevertheless be seen as a blueprint for all insurgent groups, and for all states backing them, determined and rough enough to defy the SC’s authority. Needless to say, this interpretation would have a devastating effect on any future effort by the UN collective security system to design acceptable solutions for situations relating to secessionist claims and disputed territorial status. It is of no avail to repeat the mantra of the uniqueness of the Kosovo situation, as many western governments suggested the Court do.75 Far from being unique, at the bottom of the complex question of Kosovo there is the unfortunately not unusual situation of the inability of the permanent members of the SC to agree on a common policy on relevant issues. What the Court aptly omitted to recall is that Res. was the carefully balanced result of diplomatic efforts at the highest level to put an end to an extremely tense and dangerous situation in which, in order to stop a humanitarian emergency caused by Serbia’s severe repression of an armed attempt at secession through terroristic methods, ten NATO members, without any authorization from the SC, had been bombing Serbia for days, precipitating the very humanitarian crisis it wanted to avert in Kosovo and causing hundreds of deaths among civilians, with the gloomy prospect of a further escalation of violence, uncertain prospects of success and rapidly declining support from domestic electorates. What the Court again omitted to recall is that the solution of Kosovo’s independence without Serbia’s acceptance, advanced in his personal capacity by Mr. Martti Athisaari, the Special Envoy of the Secretary General on Kosovo’s future status, in March after the unsuccessful last round of negotiations between the parties facilitated by the so-called Troika (EU, US and Russian Federation),76 failed to be endorsed by the SC, with the six SC member States in favour of such a solution withdrawing a draft
75 See e.g. the written and/or oral statements by a number of states quoted by Arp, cit., at in note. For a recent doctrinal restatement of the uniqueness of the Kosovo question see Philippe Weckel, “Plaidoyer pour le processus d’ indépendance du Kosovo”, Revue générale de droit international public (), , replying to the opposite view of Olivier Corten, “Déclarations unilatérales d’ indépendance et reconnaissances prématurées: du Kosovo à l’ Ossétie du Sud et à l’ Abkhazie”, Revue générale de droit international public (), . 76 See Letter dated March from the Secretary-General addressed to the President of the Security Council attaching the Report of the Special Envoy of the Secretary-General on Kosovo’s future status, S//, March .
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resolution to that effect, and this not (only) because of a threat of a veto by two permanent member States, but because the six proponents were perfectly well aware of the opposition of the majority of the other SC member states. In the light of the SC stalemate, reflective of a deep political and legal divide on such fundamental issues as the legality of support for secessionist movements outside the recognized cases of self-determination, the permissibility of humanitarian armed interventions, respect vel non for the territorial integrity of a UN member state, one can doubt how innocent or neutral was the peculiarly foreshortening interpretation of Res. adopted by the majority of the Court. Given the context of the adoption of Res. and its very language, Serbia’s consent to it was based on the legitimate expectation that the SC would not only re-establish but also maintain its authority in a situation endangering international peace and security. As has been rightly pointed out by a commentator, now Serbia discovers that the deal, as interpreted by the Court, was biased against it: “on the one hand, its hand are tied by ceding authority to govern Kosovo to the international administration, while, on the other hand, nothing prevents a declaration of independence”.77 Another commentator goes so far as to speak of the Court’s interpretation as “tantamount to ridicule Serbia . . . for having believed in the solemn and peremptory language of Res. /”.78 IV. The Opinion and the Court’s Judicial Function. In the light of the foregoing, the ICJ’s conclusion that the adoption of the UDI “did not violate any applicable rule of international law”79 is only tenable on the strength of the extraordinarily narrow reading adopted by the Court in answering the question put by the General Assembly. On the one hand, one could suspect that the only motive of the Court’s majority judges was to let the Kosovo Albanian leadership get away with the UDI at any rate and at any cost. Yet, on the other hand, the Court’s choices to deny any relevance to general international law in the case at hand, entirely to shield the UDI from the purview of Res. , and to label the UDI just “an attempt” to determine Kosovo’s final status do not
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Cf. Yee, cit., at . Cf. Hilpold, cit., . Kosovo AO, para. .
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have the effect of endorsing the UDI,80 but leave it in a legal Nirvana. But if one looks under the surface, the Court’s strategy reveals a remarkable degree of political subtlety. The AO consciously leaves the key question of the status of Kosovo totally unsettled. Whereas some States supportive of Kosovan independence, which had too optimistically counted on the force of a fait accompli, may now hope for the healing force of the “new realities”, other States as strongly opposed to Kosovan secession now as they were before, may still defend the legal soundness of their position.81 The Court’s nonchalant answer could even have the (possibly hoped for) effect of forcing the two parties discreetly to resume negotiations in order to find practical solutions which may eventually lead to better guarantees of Serbian legitimate concerns about the Serbian populated areas in northern Kosovo in exchange for a smoother normalization process of Kosovo’s international status.82 This last observation leads us to a final question. How far may the Court go in the search for politically expedient solutions, without losing sight of its judicial function? One senses that with this AO the Court strained the sphere of the autonomy of its legal appreciation as far as was permissible. While it is true that in its advisory function the Court should make room for considerations of inter-organic cooperation and loyalty, this goal cannot justify the substitution of the SC’s prerogatives, and at any rate it can never be pursued at the cost of the clarity of legal concepts. Caught between thorny political issues and “radically different views” on legal standards which are increasingly coming under attack, the Court had the choice either to clear up the whole matter and to face head-on fundamental legal questions, admittedly an unlikely option and contrary to the principle of judicial economy, or to make
80 See Robert Howse and Ruti Teitel, “Delphic Dictum: How Has the ICJ Contributed to the Global Rule of Law by its Ruling on Kosovo?”, German Law Journal (), , at : “[T]here is nothing in the Court’s opinion that in any way contradicts the decision of the Republic of Serbia in that the declaration ‘did not produce legal effects either in Serbia or in the international legal order’ (this language is the Court’s – from paragraph of the opinion – paraphrase of the Serbian decision)”. 81 See the discussion held in the Security Council on August , S/PV . Serbia, supported by Brazil, China, Gabon, Mexico and the Russian Federation insisted on the necessity of further negotiations by the parties in the political process envisaged by Res. , while France, the United Kingdom and the United States insisted on the “new reality” brought about by the existence of the State of Kosovo. 82 So expressly the suggestion made by the representative of Austria in the Security Council’s meeting of August , see S/PV , at .
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use of its discretion to decline to give an advisory opinion, taking into account the dubious interest of the General Assembly in receiving an opinion on a matter, Kosovo’s international status, which was not on its agenda and in respect of which the SC had already exercised its powers under Chapter VII of the UN Charter.83 The Court chose a third, time-honoured way, that of muddling through, without noticing that its both logically maladroit and sophisticated arguments, far from being instrumental to the Court’s authority and significance, have potentially high risks for the international rule of law and for international security.84 There is possibly another, even more profound, reason which explains why the contribution made by the Court is at once marginal and potentially disruptive, and this is, as pointed out by some commentators,85 the Court’s inability to put in the right focus issues dealing with non-state actors. Judge Simma’s criticism that the Court in its supposed retour à Lotus adopted an “anachronistic, extremely consensualist view of international law”86 may be ungenerous and misleading, but from a different perspective it paradoxically hit the core of the matter. Some clues point in the same direction: the Court’s reflex of framing the question in terms of responsibility, but without taking a position on the subjectivity of the authors of the UDI;87 the uncertainty of the distinction made in paras. and between the prohibition of the use of force against the territorial integrity of a state under the UN Charter, which the Court held would not concern non-state actors, and the prohibition of the use of force in relation to a UDI, which the Court held to be a bar to the legality of such UDI;88 the abrupt turn to a strict textual interpretation of SC resolutions when addressing the question of their scope ratione personae.
83 This was the “decisive issue” among the many reasons advanced in the Separate Opinion of Judge Keith and discussing the appropriateness of giving the AO, at para.. 84 Cf. Kohen and Del Mar, cit., at . See Arp, cit., at for a concise but accurate description: “The Court’s short and sometimes clumsy reasoning seems a tortuous exercise of avoiding from commenting on complex and difficult legal issues, with its only objective of not stumbling into non liquet”. 85 See especially Howse and Teitel, cit., at ; Dov Jacobs, “The Kosovo Advisory Opinion: A Voyage by the ICJ into the Twilight Zone of International Law”, The Hague Justice Portal, Oct. (www.haguejusticeportal.net). 86 Declaration Simma, para. . 87 The wording of the General Conclusion of the AO (para. ) is accurately formulated to erase the question of the authorship of the UDI: “the adoption of the declaration of independence of February did not violate general international law”. 88 For the interpretative problems of congruence between the two paragraphs with regard to the use of force see Peters, cit., at .
andrea gattini V. Conclusion
A line of a popular Beatles song of the sixties, Revolution, reads: “you say you’ll change the constitution; well, you know, we all want you to change your head”. This line alone summarizes the whole dilemma the Court had to face in its AO. Confronted with a powerful coalition of states which, far from wanting the Kosovar leadership to change its head, was determined to support Kosovo independence at any political and legal cost, the Court did not muster the courage to say that real revolutions are not those in which people step out of the law, but those in which people are able to overcome their (reciprocal) hatred, prejudices and fears and start to search for legally acceptable solutions with the help of veritably unbiased mediators. The practical utility of such an AO would have remained as doubtful as that of the AO actually delivered, but the Court’s moral authority would have been much enhanced. If an old wisdom says that “hard cases make bad law”, we can now add that they make bad advisory opinions too.89 Bibliography Arp, B., “The ICJ Advisory Opinion on the Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo and the International Protection of Minorities”, German Law Journal (), ff. d’Aspremont, J., “The Creation of States before the International Court of Justice: Which (Il)legality?”, The Hague Justice Portal Sept. . Burri, T., “The Kosovo Opinion and Secession: The Sounds of Silence and Missing Links”, German Law Journal (), ff. Carcano, A., “Sul rapporto fra diritto all’autodeterminazione dei popoli e secessione: in margine al parere della Corte internazionale di giustizia riguardante il Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), ff. Christakis, T., “The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: Has International Law Something to Say about Secession?”, Leiden Journal of International Law (), ff.
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Cf. Hilpold, cit., at , for whom « the advisory role of the ICJ is no panacea for the solution of the great controversies that are unsettling the state community both on a political level, like the Kosovo conflict, as with regard to concepts, like self-determination, that are inimical to final and static definitions as they harbour conflicting goals of states, peoples and individuals and can be usefully implemented only in a dynamic, processoriented way ».
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Condorelli, L., « Le pouvoir législative du Conseil du sécurité des Nations Unies vu à la ‘loupe Salmon’ », Droit du pouvoir, pouvoir du droit: Mélanges offerts à Jean Salmon, (Bruxelles ), ff. Conforti, “La risoluzione del Consiglio di sicurezza e il parere della Corte internazionale di giustizia sul Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), ff. Corten, O., “Déclarations unilatérales d’ indépendance et reconnaissances prématurées: du Kosovo à l’ Ossétie du Sud et à l’ Abkhazie”, Revue générale de droit international public (), ff. Corten, “Territorial Integrity Narrowly Interpreted: Reasserting the Classical Inter-State Paradigm of International Law”, Leiden Journal of International Law (), ff. Crawford, J., The Creation of States in International Law, (Oxford Univ. Press ). Frowein, J.A., “Unilateral interpretation of Security Council resolutions, a threat to collective security?”, in Götz et al., Liber Amicorum Günter Jaenicke, (Berlin: Springer, ), ff. Hilpold, P., “The ICJ Advisory Opinion on Kosovo: different perspectives of a delicate question”, electronic copy available at http://papers.ssrn.com/sol/ papers.cfm?abstract_id= ( January ). Howse, R., / Teitel, R., “Delphic Dictum: How Has the ICJ Contributed to the Global Rule of Law by its Ruling on Kosovo?”, German Law Journal (), ff. Kohen, M.,/Del Mar, K., “The Kosovo Advisory Opinion and UNSCR (): A Declaration of ‘Independence from International Law’?”, Leiden Journal of International Law (), ff. Koskenniemi, M., “National self-determination today: problems of legal theory and practice”, International and Comparative Law Quarterly (), ff. Jacobs, D., “The Kosovo Advisory Opinion: A Voyage by the ICJ into the Twilight Zone of International Law”, The Hague Justice Portal, Oct. . Marschik, A., “Legislative Powers of the Security Council”, in Macdonald, Johnston (eds.), Towards World Constitutionalism (Leiden ), ff. Milano, E., “The Security Council and Territorial Sovereignty: The Case of Kosovo”, International Community Law Review (), ff. Peters, A., “Does Kosovo Lie in the Lotus-Land of Freedom?”, Leiden Journal of International Law (), ff. Ryngaert, C., “The ICJ’s Advisory Opinion on Kosovo’s Declaration of Independence: A Missed Opportunity?”, in Netherlands International Law Review (), ff. Stahn, C., The Law and Practice of International Territorial Administration, (Cambridge Univ. Press, ). Tancredi, A., “Il parere della Corte internazionale di giustizia sulla dichiarazione d’indipendenza del Kosovo”, Rivista di diritto internazionale (), ff. Weckel, P., “Plaidoyer pour le processus d’ indépendance du Kosovo”, Revue générale de droit international public (), ff.
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Wilde, R., “Self-Determination, Secession, and Dispute Settlement after the Kosovo Advisory Opinion”, Leiden Journal of International Law () , ff. Wood, M.C., “The Interpretations of Security Council Resolutions”, Max Planck Yb of UN Law (), ff. Yee, S., “Notes on the International Court of Justice (Part ): The Kosovo Advisory Opinion”, Chinese Journal of International Law (), ff. Zyberi, G., “Self-Determination through the Lens of the International Court of Justice”, Netherlands International Law Review (), ff.
DAS KOSOVO-GUTACHTEN UND GLOBALER KONSTITUTIONALISMUS
Anne Peters Einleitung Dieser Aufsatz untersucht den Beitrag des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom Juli zur Konstitutionalisierung des Völkerrechts. Dabei wird hier unter „Konstitutionalisierung“ die Herausbildung von konstitutionalistischem (nicht beliebigem) Verfassungsrecht im Völkerrecht verstanden.1 Die Fragestellung ist also, ob das KosovoGutachten mit konstitutionalistischen Prinzipien im Einklang steht und diese weiterentwickelt. Das erste Prinzip, zu dem das Gutachten Aussagen trifft, ist das Gewaltverbot (hierzu Teil III). Dieses ist so grundlegend und wichtig für die Völkerrechtsordnung, dass es das Etikett des internationalen Verfassungsrechts verdient. Es handelt sich hierbei um ein genuin völkerrechtliches, nicht aus dem nationalen Bereich übertragenes, Verfassungsprinzip. Zum internationalen Verfassungsrecht gehören ferner Grundsätze, die aus dem staatlichen Verfassungsrecht bekannt sind und die in angepasster Form im Völkerrecht oder in einigen seiner Teilgebiete bereits gelten. Hiervon betrifft das Kosovo-Gutachten die Herrschaft des Rechts (Teil II) und die Volkssouveränität, verstanden als Zwillingsprinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker (Teil IV). Bevor auf diese Grundsätze einzugehen ist, wird die Vorfrage zu beantworten sein, ob mit dem konstitutionellen beziehungsweise dem öffentlich-rechtlichen Paradigma das Problem der Sezession sinnvoll erfasst werden kann (Teil I).
1 „Konstitutionalisierung“ des Völkerrechts bezeichnet ausserdem die Ausbreitung des globalen Konstitutionalismus als intellektuelle Strömung. Letzteres ist aber nicht Thema dieses Beitrags. Siehe allgemein Jan Klabbers/Anne Peters/Geir Ulfstein, The Constitutionalization of International Law (Oxford: OUP, ); Anne Peters, „Rechtsordnungen und Konstitutionalisierung: Zur Neubestimmung der Verhältnisse“, Zeitschrift für öffentliches Recht (), –.
anne peters I. Das internationale öffentliche Recht zur Sezession des Kosovo
Die juristische Bewertung der Sezession hängt unter anderem davon ab, aus welchem Rechtsgebiet der Prüfende strukturelle Elemente übernimmt, ob er (bewusst oder unbewusst) das Völkerrecht als privatrechtsähnlich, strafrechtsähnlich oder öffentlichrechtlich auffasst.2 Die Konstitutionalisierungsthese setzt voraus, dass das Völkerrecht angemessen als öffentliches Recht beschrieben und erklärt werden kann. Demgegenüber wurde noch gegen Ende des . Jahrhunderts das Völkerrecht als „grossgeschriebenes Privatrecht“ tituliert.3 In dieser Perspektive waren die Staaten anlog zu Privatpersonen im Naturzustand. Sie standen in einer horizontalen Beziehung zueinander und genossen „Grundrechte“. Diese Sichtweise passt zum Lotus-Prinzip, auf das zurückzukommen ist.4 Dem Völkerrecht sind auch Strukturelemente des Strafrechts inhärent. Wenn die Sezession als Mittel des letzten Auswegs, als ultima ratio in einem Notstand angesehen wird, dann wird die Debatte innerhalb dieses strafrechtlichen Paradigmas geführt. Jörg Fisch hat dies als „Strafthese“ des Selbstbestimmungsrechts bezeichnet.5 So wie die Selbstverteidigung nach Artikel UN-Charta als Rechtfertigung der militärischen Gewaltanwendung gedacht wird, die andernfalls das Gewaltverbot nach Art. Abs. UN-Charta verletzen würde, könnte die Sezession als „Verteidigung“ („defence“) konstruiert werden.6 Im Völkerrecht ist, wie in der angelsächsischen Strafrechtsdogmatik, der Unterschied zwischen Rechtfertigung und Entschuldigung bisher nicht klar herausgearbeitet worden. Dies dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass das Konzept der „Schuld“ nicht ohne weiteres auf juristische Personen wie den Staat anwendbar ist. Drittens weist das moderne Völkerrecht Eigenschaften des öffentlichen Rechts auf, wie schon in der Benennung „public international law“, „droit international public“ deutlich wird. Der gesamte Prozess, der als 2 Anne Peters, „Transnational Law Comprises Constitutional, Administrative, Criminal, and Quasi-private Law“, in: Pieter Bekker (Hrsg.), Making Transnational Law Work: Liber Amicorum Detlev Vagts (Cambridge: CUP, ), –. 3 Thomas Holland, Studies in International Law (Oxford: Clarendon, ), . 4 Unten Teil II. . 5 Jörg Fisch, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker: die Domestizierung einer Illusion (München: Beck, ), . 6 Dies funktioniert natürlich nur, wenn die Sezession nicht von vornherein als im völkerrechtsfreien Raum befindlich angesehen wird.
globaler konstitutionalismus
Konstitutionalisierung des Völkerrechts bezeichnet wird, kann auch als eine Entwicklung vom privaten hin zum öffentlichen Recht angesehen werden: von horizontalen zu vertikalen (hierarchischen) Beziehungen, von der Vertragsschliessung zur Quasi-Gesetzgebung („traité-lois“), von bilateralen zu Gemeinschaftsinteressen. In der Analogie zum öffentlichen Recht können weite Bereiche des Völkerrechts als regulatorisch angesehen werden. Die Achtung der territorialen Souveränität erscheint dann als ein präventives Verbot. Eine gefährliche Aktivität wie eine Unabhängigkeitserklärung sollte dann eine Lizenz erfordern bzw. wäre genehmigungsbedürftig. Meiner Ansicht nach ist diese öffentlich-rechtliche Perspektive jedenfalls für die Analyse der Sezessionsproblematik eine fruchtbare, weil sie, anders als die privat- oder strafrechtliche Perspektive, besser die reale Spannungslage zwischen Sonderinteressen (der Sezessionisten) und dem Allgemeininteresse des Kollektivs (der Gesamtbevölkerung des Mutterstaats) juristisch abbildet und einen entsprechenden Lösungsansatz bereithält. II. Die Sezession des Kosovo und die Herrschaft des Rechts Die Herrschaft des Rechts, die rule of law, ist das Kernstück des Konstitutionalismus. Das Kosovo-Gutachten stärkt diese nur bedingt. . Kein (völker-)rechtsfreier Raum Die Idee der Herrschaft des Rechts drängt wesensmässig nach Beseitigung rechtsfreier Räume, die Reservate der Willkür sind. Dies reibt sich an der verbreiteten Annahme, dass die Sezession vom Völkerrecht weder verboten noch erlaubt sei.7 Die Annahme, dass die Sezession im völkerrechtsfreien Raum liege, wird hauptsächlich mit dem Hinweis verteidigt, dass das Gegenprinzip der territorialen Integrität nur nach aussen gerichtet sei, an dritte Staaten. Das Kosovo-Gutachten teilt ausdrücklich diese Auffassung: „Thus, the scope of the principle of territorial integrity is confined to the sphere of relations between States.“8
7 In diesem Sinne (Sezession ausserhalb des Völkerrechts) etwa Peter Hilpold, „SelfDetermination in the st Century – Modern Perspectives for an Old Concept“, Israel Yearbook on Human Rights (), – ( f.). 8 IGH, Accordance with International Law of the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo, . Juli (im folgenden: Kosovo-Gutachten), Rn. .
anne peters
Diese Auffassung überzeugt nicht. Prinzipielle Hinderungsgründe für eine personell und territorial weitergehende Anwendung des Prinzips der territorialen Integrität bestehen nicht. Der Regelungsbereich des heutigen Völkerrecht ist weder in räumlicher Hinsicht auf grenzüberschreitende Probleme, noch in personeller Hinsicht auf Staaten beschränkt. Im Gegenteil, es werden Angelegenheiten völkerrechtlich reguliert, die sich vollständig innerhalb eines Staates abspielen können (beispielsweise mit dem internationalen Menschenrechtsschutz). Adressaten völkerrechtliche Pflichten können zahlreiche, auch nichtstaatliche Akteure neben den Staaten sein, von bewaffneten Rebellengruppen bis zu Einzelpersonen. Speziell das Prinzip der territorialen Unversehrtheit wird im neuren völkerrechtlichen Diskurs gegen Sezessionäre und andere nichtstaatliche Gruppierungen angeführt. Hierauf beriefen sich zahlreiche Staaten im Kosovo-Verfahren, indem sie auf Resolutionen der Generalversammlung und auf modernes Vertragsrecht verwiesen.9 So erlaubt etwa Art. Abs. ICC-Statut den Staaten, „die Einheit und territoriale Unversehrtheit mit allen rechtmässigen Mitteln zu verteidigen“, woraus zu schliessen ist, dass das Völkerrecht einige Mittel als unrechtmässig ansieht, und dass jedenfalls das ICC-Statut die territoriale Integrität als rechtlich relevantes Gegenprinzip bei nicht-internationalen bewaffneten Konflikten ansieht. Diese prinzipielle Anwendbarkeit des Prinzips der territorialen Unversehrtheit innerhalb eines Staates entspricht auch seinem Schutzzweck. Teleologisch liegt seine Stossrichtung gegen sezessionswillige Gruppen besonders nahe. Viele Staaten sind heutzutage ebenso stark oder sogar mehr von solchen Abspaltungsbewegungen bedroht als von einer Intervention von aussen. Die Idee der rule of law verlangt, dass die Ausübung politischer Macht so weit wie möglich rechtlichen Regeln unterliegen soll. Dies spricht für eine rechtliche Einhegung auch von Unabhängigkeitsbewegungen. Der räumliche Bezug ist so gesehen keine vernünftige Anwendungsbedingung der Rechtsnorm. Aus konstitutionalistischer Perspektive ist deshalb ein nur nach aussen gerichteter, auf zwischenstaatliche Beziehungen verengter Anwendungsbereich des Prinzips der territorialen Integrität unerwünscht. Der globale Konstitutionalismus befürwortet also 9 So Argentinien, Aserbaidschan, Bolivien, China, Iran, Serbien, Libyen, Spanien, Slowakei und Venezuela. Siehe die Nachweise in Olivier Corten, „Territorial Integrity Narrowly Interpreted: Reasserting the Classical Inter-State Paradigm of International Law“, Leiden Journal of International Law (), – ( mit Fn. –).
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das sich in der Praxis herausbildende weiteres Verständnis des Prinzips der territorialen Unversehrtheit. Das Kosovo-Gutachten des IGH, das dieses weite Verständnis zurückweist, hat in diesem Punkt eine antikonstitutionalistische Stossrichtung. . Beredtes Schweigen? Die Tatsache, dass das Gutachten keine völkerrechtliche (verbietende oder gestattende) Regel des Völkerrechts zur Sezession identifizieren konnte, erlaubt nicht automatisch den Schluss, dass in dieser Hinsicht eine völkerrechtsfreie Zone existiert. Ein rechtsfreier Raum (eine sogenannte Rechtslücke) besteht dann, wenn ein Problem ungeregelt ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Frage tatsächlich nicht geregelt werden konnte oder sollte („planwidrige Lücke“). Das Gegenteil der Rechtslücke wäre das sogenannte beredte Schweigen des Rechts, in dem eine bestimmte Rechtsaussage liegt. Richter Simma gab in seiner Erklärung zu bedenken, dass das Völkerrecht zur Sezession auch bewusst schweigen könne, womit kein völkerrechtsfreier Raum bestünde.10 Allerdings gibt die Idee des beredten Schweigens keine eindeutige Antwort auf die Frage der Zulässigkeit der Sezession. Beredtes Schweigen könnte bedeuten, dass die Sezession verboten bleibt – oder erlaubt, je nachdem welches als die Rückfallposition gesetzt wird. Unter der Annahme, dass die Grundregel die der Stabilität ist, impliziert ein beredtes Schweigen des Völkerrechts ein Verbot der Sezession. Unter der gegenteiligen Annahme, dass die Grundregel die Freiheit der Neukonfiguration wäre, würde das beredte Schweigen eine Erlaubnis zur Sezession implizieren. Der Schluss, der aus einem bewusstem Schwiegen zu ziehen ist, hängt also von der vorherigen Ermittlung der Auffangregel (Freiheit zur Sezession oder Bewahrung der Integrität des Staates) ab. Abgesehen von ihrer Ergebnisoffenheit passt die Figur des beredten Schweigens ohnehin strukturell nicht gut in das Völkerrecht. In der nationalen (demokratischen) Sphäre ist der Rechtssetzer normalerweise das Parlament. Gesetzesentwürfe werden öffentlich debattiert und die Gründe für die Annahme oder Nichtannahme werden in diesen öffentlichen Debatten sichtbar. Die Motive und die Argumentation können rückblickend relativ einfach ermittelt werden, indem die Sitzungsprotokolle und sonstigen Gesetzgebungsmaterialien konsultiert werden. 10
Erklärung Richter Simma, Rn. .
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Im Gegensatz dazu gibt es in der internationalen Sphäre keinen zentralen Rechtssetzer, und die Verhandlungen, die zur Annahme von Verträgen führen, finden hinter verschlossenen Türen statt. Es ist viel schwieriger, die Absicht des Rechtssetzers hinter der Nicht-Regelung eines Problems zu ermitteln. Insgesamt dürfte die Struktur des völkerrechtlichen Rechtserzeugungsprozesses eher zu ungewollter oder unbewusster Nichtregelung (und damit zum völkerrechtfreien Raum) führen als zu bewusster und gewollter Nichtregelung. Im Ergebnis hilft also die Spekulation, dass der internationale Rechtssetzer bewusst die Frage der Sezession ungeregelt liess, nicht viel weiter, um die Rechtsantwort auf die Frage der Zulässigkeit der Sezession zu finden. Die konstitutionalistische Perspektive befördert diese Erkenntnis, weil sie den Vergleich zwischen den völkerrechtstypischen Rechtserzeugungsverfahren mit denen im Verfassungsstaat inspiriert. . Nuancen der Legalität und Rechtsklarheit Der IGH setzte im Kosovo-Gutachten die Übereinstimung („accordance with“) mit dem Völkerrecht mit der Abwesenheit eines völkerrechtlichen Verbots sowie mit der Nicht-Verletzung von Völkerrecht gleich. Jedoch folgen Rechtsregeln nicht immer der binären Logik von „verboten“ und „erlaubt“ (oder von Verletzung und Nicht-Verletzung). Schon die Tatsache, dass das Gericht das Gutachten in der Begrifflichkeit der „NichtVerletzung“ fasste,11 und nicht den Ausdruck „im Einklang mit“ verwendete (obwohl so die Frage von der Generalversammlung an den IGH gestellt worden war) zeigt, dass zwischen beiden Aussagen ein subtiler Unterschied besteht. Währen die Beurteilung eines Verhaltens als „im Einklang mit“ dem Recht zustimmend konnotiert ist, impliziert seine Qualifikation als eine blosse Nicht-Verletzung eher eine Missbilligung. Diese Nuancen des Rechts hätten vom IGH klarer gemacht werden können. Der IGH hätte anerkennen können, dass das Recht ausser Verbote und Erlaubnisse aufzustellen auch einen mittleren Kurs verfolgen, und eine Mittelposition gegenüber gewissem Verhalten einnehmen kann. Es könnte eine Spannbreite von „nicht verbotenen Optionen“ geben, wie es Richter Simma in seiner Erklärung formulierte.12 Das Völkerrecht könnte Empfehlungen, Leitlinien, oder Vermutungen aufstellen. Im Kontext der
11 12
IGH, Kosovo-Gutachten Rn. , , –. Erklärung Richter Simma, Rn. .
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Sezession dürfte das Völkerrecht eine Vermutung gegen die Zulässigkeit einer Sezession beinhalten, da es die Stabilität befürwortet. Der Fokus der Richtermehrheit auf die blosse „Nicht-Verletzung“ scheint dies zu implizieren, macht diese Vermutung aber nicht explizit. Unter dem Gesichtpunkt der Rechtsklarheit, einem zentralen Element der rule of law, ist die Schwammigkeit des Gutachtens zu bedauern. . Abwägung als konstitutionelle Technik In konstitutionalistischer Perspektive ist eine angemessene Konfliktlösungstechnik die der Abwägung. Der Abwägungsansatz ist eine Folge der Tatsache, dass das (internationale) öffentliche Recht über weite Stecken aus Prinzipien im Gegensatz zu Regeln besteht. Prinzipien sind nicht Alles-oder-Nichts-Normen, sondern verlangen nach Optimierung. Sie können in einem stärkeren oder minderen Masse realisiert werden. Das bedeutet auch, dass Konflikte (etwa zwischen dem Grundrecht auf Privatleben und der Pressefreiheit) nicht durch eine Alles-oder-nichtsLösung entschieden werden, sondern durch Optimierung und schonenden Ausgleich. Abwägung fordert vom Juristen, dass er die Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter abschätzt und eine faire Entscheidung entsprechend ihres jeweiligen Gewichts trifft. Eines der Ziele der Abwägung ist es, die Interessen so weit wie möglich miteinander zu versöhnen, indem eine Kompromisslösung gesucht wird (Prinzip der praktischen Konkordanz). Die Abwägungstechnik ist eng mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip verwandt, das aus dem Verwaltungs- und Verfassungsrecht stammt. Im nationalen öffentlichen Recht verlangt das Verhältnismässigkeitprinzip von den Behörden und Gerichten, dass sie die Freiheit der Bürger nur geringstmöglich einschränken. Durch die Brille des öffentlichen Rechts und damit des globalen Konstitutionalismus gesehen, sind die territoriale Integrität und die Selbstbestimmung konfligierende Prinzipien. Der Konflikt muss durch Abwägung gelöst werden. Im Bild der Waage ist die territoriale Integrität von vorneherein höher zu gewichten. Weil alle Grenzen mehr oder minder das Ergebnis von Ungerechtigkeit und historischem Zufalls sind, und weil eine faire und rationale Grenzziehung in normativer und praktischer Hinsicht unmöglich ist, besteht eine Vermutung dahingehend, dass die Bewahrung des territorialen Status quo am besten dem Frieden und der menschlichen Sicherheit dient. Wenn aber sehr gewichtige Faktoren die Realisierung eines Selbstbestimmungsanspruchs in seiner Extremform,
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nämlich der Sezession, unterstützen, kann die Waage gegen die Bewahrung der territorialen Integrität kippen (siehe zu dieser Auffassung auch unten Teil II..). Sind aber Anleihen aus dem öffentlichen Recht angemessen in Bezug auf die Fragen der Sezession und Staatlichkeit? Das nationale öffentliche Recht regelt Beziehungen zwischen den Behörden und den Bürgern, die trotz Elementen der kooperativen Verwaltung nach wie vor primär hierarchische sind. Demgegenüber sind unter der Geltung des internationalen Rechtsprinzips der souveränen Gleichheit die Beziehungen der Staaten nicht durch eine Hierarchie geprägt. Ausserdem gibt es keine zentrale Anerkennungsbehörde. Ganz im Gegenteil, der horizontale und dezentralisierte Charakter des Völkerrechts ist besonders augenfällig, wenn es um die Qualifikation einer Gebietseinheit als Staat geht. Diese wird ja von jedem anderen Staat in eigener Regie vorgenommen. Sicherlich verhindert die dezentralisierte institutionelle Form der Völkerrechtsordnung nicht den Rückgriff auf die Abwägung. Aber die nicht-hierarchische Beziehung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter ist etwas anders als das nicht-hierarchische institutionelle Design. Es kommt darauf an, wer die Abwägungsentscheidung trifft. In Bezug auf den Kosovo hätte der Internationale Gerichtshof die Gelegenheit ergreifen können, diese vorzunehmen. . Sezession als Ausübung des Widerstandsrechts? Aus konstitutionalistischer Sicht liegt es nahe, die Sezession als eine Form des legitimen Widerstandes zu begreifen. a. Sezession als Abhilfe: remedial secession Im Kosovo-Verfahren sprachen sich zahlreiche Staaten zugunsten einer remedial secession des Kosovo aus.13 Bekanntlich wird das Konzept der remedial secession auf eine Passage der Friendly Relations Declaration gestützt.14 Remedial secession besagt, dass die Sezession eine äusserste Abhilfe darstellt, wenn ein Volk massiv diskriminiert wird, wenn sonstige Menschenrechtsverletzungen an den Mitgliedern der Gruppe begangen
13 Siehe z. B. die schriftliche Stellungnahme der Schweiz im Kosovoverfahren, vom . Oktober , Rn. –. 14 UN GV Res. (XXV) vom . Oktober , Absatz e contrario. Grundlegend Lee C. Buchheit, The Legitimacy of Self-determination (New Haven: Yale University Press, ), –.
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werden und/oder, wenn dem Volk dauerhaft die Teilnahme an der politischen Herrschaft verweigert wird. In dieser Notlage soll das sogenannte nur „interne“ Selbstbestimmungsrecht (in Form von territorialer Autonomie, Minderheitenschutz und politischer Partizipation etwa mittels einer zweiten Parlamentskammer oder eines Regionalparlaments innerhalb des unversehrt bleibenden Gesamtstaates) umschlagen in ein Recht auf „externe“ Selbstbestimmung in Form der Gründung eines separaten Staates.15 b. Grundsatzeinwand Die Auffassung der Sezession als Abhilfe gegen Unterdrückung und Verweigerung der politischen Teilhabe wird von Jörg Fisch sehr kritisch beurteilt.16 Fischs Einwand lautet, dass nach dieser Konzeption eine Gruppe überhaupt erst zu einem Berechtigten wird, wenn der Gebietsherrscher sich nicht an bestimmte Bedingungen hält. Dies sei „kein Recht im Sinne des Selbstbestimmungsrechts mehr.“ Aus dem Recht werde eine Belohnung des Berechtigten und eine Bestrafung des Verpflichteten. Jener wird dafür belohnt oder kompensiert, dass er Unterdrückung hatte ertragen müssen, während dieser für die schlechte Behandlung seiner Untergebenen mit Gebietsverlust bestraft wird.17 Fisch vergleicht das Konzept der „remedial secession“ mit folgender Situation: In einem Staat wird die Sklaverei abgeschafft indem der Mensch als freies Wesen proklamiert wird. Dann aber werden Ausführungsbestimmungen erlassen, nach denen nur diejenigen Sklaven frei werden, die von ihrem Herrn dreimal ausgepeitscht worden sind. Nach Fischs Auffassung ist das Selbstbestimmungsrecht „kategorisch und absolut, nicht an das Verhalten eines Anspruchsgegners gebunden.“18 Nach der Heilungskonzeption „kann ein Selbstbestimmungsrecht nicht ein Volk, sondern nur ein ungerecht behandeltes Volk für sich geltend machen.“19 Hier solle man nicht von Selbstbestimmung sprechen, „weil Selbstbestimmung gerade nicht an Bedingungen geknüpft sein kann, wenn sie Selbst- und nicht Fremdbestimmung sein soll.“20
15 Siehe aus neuerer Zeit mwN aus der Literatur und Resolutionspraxis z. B. Marc Weller, Escaping the Self-Determination Trap (Leiden: Martinus Nijhoff, ), –. 16 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, –. 17 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, . 18 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, . 19 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, . 20 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, .
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Diese Kritik erfordert eine zweifache Erwiderung: Erstens ist in einer rechtlich verfassten Ordnung kein subjektives Recht absolut, sondern findet seine immanenten Grenzen in den Rechten anderer und vorrangigen (ihrerseits in der Verfassung fundierten) Gemeinwohlgütern. Es ist deshalb nicht falsch, das Selbstbestimmungsrecht als Gestalt des positiven Rechts in bestimmte Verwirklichungsformen zu giessen. Die Sezession ist nur eine von möglichen, und zwar die extremste Ausübungsform, die ihrerseits an Rechtsvoraussetzungen gebunden werden darf. Anders verhielte es sich, wenn die notfallmässige Sezession als Widerstand oder als Revolution aufgefasst würde. Nach Fisch markiert die remedial secession den Übergang vom Recht zur ultima ratio, sie entspricht „formal dem Widerstands- oder dem Revolutionsrecht“.21 In diesem Sinne hatte bereits der geistige Urheber der Theorie, Lee Buchheit, angemerkt: „[R]emedial secession has little to do with a positive doctrine of self-determination. It merely affirms a basic right of revolution by oppressed peoples“.22 Die Revolution ist per definitionem extra-legal. Der „Anspruch“ entspringt nicht dem positiven Recht, sondern ist ein naturrechtlicher. So gesehen würde die remedial secession der Sphäre der Legitimität, nicht der Legalität angehören. In das konstitutionalistische Paradigma passt auch diese Sichtweise. Das (naturgegebene) Widerstandsrecht gegen die Tyrannei ist ein alter Topos der liberalen Vertragstheorie und damit auch des Konstitutionalismus. Ein anderes Problem sind die unklaren Anspruchsvoraussetzungen der heilenden Sezession: Wer bestimmt das angemessene Mass an Autonomierechten? Wenn sich beide Seiten nicht einigen können, entscheidet dann der Staat oder die separatistische Gruppe oder Dritte? Hängt das Ausmass der zu gewährenden Rechte vom Ausmass der Unterdrückung ab? Von der Grösse der jeweiligen Gruppe? Oder vom Ausmass der Unterschiede zwischen Unterdrückern und Unterdrückten?23 Tatsächlich ist der Punkt des Umschlagens vom nur internen Selbstbestimmungsrecht zum Sezessionsanspruch in Ermangelung exakter Kriterien bisher nicht genau definiert. Das heisst aber nicht, dass solche Kriterien nicht aufgestellt werden könnten bzw. sich in der Praxis herausbilden könnten. Das angenommene abhelfende Sezessionsrecht ist
21
Fisch, Selbstbestimmungsrecht, u . Buchheit, Secession, . Siehe zur „Analogie“ von remedial secession und Revolution auch Allen Buchanan, Justice, Legitimacy, and Self-determination (Oxford: OUP, ), . 23 Fisch, Selbstbestimmungsrecht, f. 22
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nicht per se inoperationell, bietet aber momentan keine Vorhersehbarkeit oder Rechtssicherheit. c. Konkreter Einwand: Fehlende Voraussetzungen im Kosovo? Selbst wenn zugegeben wird, dass die „heilende“ Sezession bereits ein Institut des geltenden Völkerrechts ist und ausserdem – trotz der eben referierten Kritik – ein sinnvolles Konzept ist, kann dennoch ihrer Anwendung auf den Fall des Kosovo widersprochen werden. Die Diskriminierung, Verfolgung, Tötungen und Marginalisierung der Kosovaren, wie sie von Menschenrechtsorganisationen und dem Milutinovic-Urteil des Jugoslawientribunals dokumentiert wurden,24 liegen Jahre zurück. Deshalb war, so die Kritik, die Rechtfertigung einer Not-Sezession („remedial secession“) im Kosovo zum Zeitpunkt der Abspaltung nicht mehr vorhanden. Hinzu kommt, dass im Kosovo wiederum Serben und Roma diskriminiert werden. Jedoch wurden die Vorfälle, mit der die Not-Sezession des Kosovo gerechtfertigt wurde wahrscheinlich nur durch die Errichtung der internationalen Verwaltung abgestellt. Aber diese Verwaltung konnte nicht ewig andauern. Eine Rückgabe des Gebiets an Serbien ohne Politikänderung der Metropole würde den serbischen Behörden die Gelegenheit geben, Kosovaren wieder zu diskriminieren und ihnen wieder das Recht auf gehaltvolle politische Teilhabe zu verweigern. Es ist schwer, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios abzuschätzen, und unmöglich vorherzusagen, ob die Zukunft des Kosovo innerhalb Serbiens wieder auf die Verweigerung des internen Selbstbestimmungsrechts des kosovarischen Volkes hinaus laufen würde. Deshalb kann die These, dass die faktische Grundlage für eine Not-Sezession noch latent vorhanden ist, nicht wissenschaftlich bewiesen werden. Sie bleibt eine politische Einschätzung. Die Sezession war hier nicht reaktiv, sondern eher präventiv. In einem solchen Fall sollte wieder die Vermutung zugunsten der territorialen Integrität gelten. Wenn eine solche Vermutung Teil des geltenden Völkerrechts sein sollte (was unklar ist), würde dieser Gedankengang, im Gegensatz zur Argumentation des IGH, zum Schluss führen, dass die Sezession des Kosovo nicht in Einklang mit dem Völkerrecht stand.
24 Siehe ICTY, IT-–, Urteil der trial chamber vom . Februar , Prosecutor v. Milan Milutinovi´c, das Massentötungen, durch Rassenhass motivierte sexuelle Angriffe, die Zerstörung von Kultusstätten als Verbrechen, die von Serben gegen Kosovaren begangen wurden, feststellte.
anne peters . Kein Lotus-Prinzip
Der IGH befand, die Unabhängigkeitserklärung stehe im Einklang mit dem Völkerrecht, weil sie nicht verboten sei: „Die Generalversammlung fragte ob die Unabhängigkeitserklärung ‚im Einklang‘ mit dem Völkerrecht sei. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob das anwendbare Völkerrecht die Unabhängigkeitserklärung verbietet“, so der Gerichtshof.25 a. Freiheitsvermutung und Konstitutionalismus Die Formel „Was nicht verboten ist, ist erlaubt“ geht auf das Lotus-Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshof zurück. Dieser hatte betont, dass „die Regeln des Rechts, das Staaten bindet . . . aus ihrem eigenen freie Willen fliessen . . . Beschränkungen der Unabhängigkeit der Staaten sind deshalb nicht zu vermuten“. „Weit entfernt davon, ein allgemeines Verbot aufzustellen . . . lässt es [das Völkerrecht] ihnen in dieser Beziehung einen weiten Ermessenspielraum, der nur in bestimmten Fällen durch Verbotsregeln begrenzt wird.“26 Staaten, welche die Unabhängigkeit des Kosovo befürworteten, bezogen sich in ihren schriftlichen Stellungnahmen im IGH-Verfahren27 und in ihren Plädoyers28 vor dem IGH auf das Lotus-Prinzip. Im Gegensatz dazu gab sich Serbien alle Mühe nachzuweisen, dass das Lotus-Prinzip im Kosovo-Fall keinen Platz habe.29 Auch der IGH selbst zitierte das LotusUrteil nicht. Meiner Ansicht nach hat Serbien Recht, und der Gerichtshof war gut beraten Lotus nicht zu zitieren. Die Grundidee von Lotus ist, dass das 25 IGH, Kosovo-Gutachten Rn. : „[T]he General Assembly has asked whether the declaration of independence was ‚in accordance with‘ international law. The answer to that question turns on whether or not the applicable international law prohibited the declaration of independence“. Siehe für die Gleichsetzung von Rechtskonformität, Nichtverletzung und Abwesenheit eines Verbots in Bezug auf Resolution auch Rn. : „[T]he Court cannot accept the argument that Security Council resolution () contains a prohibition . . .“. 26 StIGH, The Lotus Case (Frankreich v. Turkei), Urteil vom . September , PCIJ Ser. A No. , , f. (Übersetzung der Verf.). 27 Österreich, schriftliche Stellungnahme vom . April , Rn. –; Dänemark, schriftliche Stellungnahme vom . April , Abschnitt .. (S. ). 28 Deutschland, Plädoyer (Wasum-Rainer), CR / vom . Dezember , Rn. (S. ); Kroatien, Plädoyer (Andreja Metelko-Zgombi´c), CR / vom . Dezember , S. ; Dänemark, Plädoyer (Thomas Winkler), CR / vom . Dezember , S. . 29 Serbien, schriftliche Stellungnahme vom . April , Rn. – (S. – ).
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was nicht verboten ist, erlaubt ist – für Staaten. Das Prinzip verkörpert somit eine Vermutung der (Staaten-)freiheit. Im Kosovo-Fall wurde diese Grundregel der Freiheit nicht auf den Staat, sondern auf die Autoren der Unabhängigkeitserklärung angewendet. Die Abwesenheit eines Verbots wirkte nicht zugunsten des Mutterstaates, sondern gegen diesen Staat. Die Anwendung der Residualregel der Freiheit auf eine nichtstaatliche Einheit drehte das Lotus-Prinzip gerade um. Es wäre merkwürdig, die Umdrehung des Prinzips als seine Anwendung zu bezeichnen. Die Lotus-Idee, dass (den Staaten) alles was nicht verboten ist, erlaubt ist, impliziert nicht, dass die Völkerrechtsordnung in einem rechtspositivistischen Sinne als vollständig und „geschlossen“ angesehen wird. Die Erlaubnis kann auf zwei ganz verschiedene Weisen erklärt werden. Sie kann entweder das Ergebnis der Residualregel (der Staatenfreiheit) sein (eine Sicht, die meist mit dem Rechtspositivismus assoziiert wird), oder aber sie kann im Gegenteil das Ergebnis einer Rechtslücke (mit Raum für „höheres“ Recht) sein. Dem Lotus-Prinzip des StIGH lag nicht eindeutig ein rechtspositivistischer Ansatz zugrunde. Die Residualregel der Freiheit, die in jenem Urteil aufgestellt wurde, ist vielmehr von einer naturrechtlichen Vorstellung inspiriert: Die Staaten sind frei, weil sie sich im Naturzustand befinden. Dementsprechend erlaubt auch das Beharren des Kosovo-Gutachtens auf das Fehlen eines völkerrechtlichen Verbots der Erklärung der Unabhängigkeit keinen eindeutigen Schluss auf das rechtstheoretische Paradigma der Richtermehrheit.30 In einer konstitutionalisierten Weltordnung hat jedoch das LotusPrinzip im herkömmlichen Sinne keinen Platz. Aus konstitutionalistischer Perspektive ist eine Freiheitsvermutung für Staaten unangemessen, weil Staaten nur einen instrumentellen Wert für die Realisierung von Gemeinwohlzielen und der Bereitstellung öffentlicher Güter haben. Sie haben unter der rule of law keine Freiheit, die mit derjenigen von Menschen vergleichbar wäre, sondern nur Kompetenzen, die von vornherein rechtlich definiert und somit auch begrenzt sind. b. Allzuständigkeit und Konstitutionalismus Der nur implizite und umgekehrte Rekurs des IGH auf Lotus steht im Einklang mit Feststellungen des Gerichtshofs zur Rolle der Autoren der Unabhängigkeitserklärung. Die herkömmliche Freiheitsvermutung von 30 Nur die Sondermeinung von Richter Cançado Trindade ist deutlich naturrechtlich geprägt.
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Lotus ist das Korrelat der Staatensouveränität und der traditionellen Vorstellung der Allzuständigkeit des Staates. Am Rande sei angemerkt, dass aus konstitutionalistischer Sicht die Vorstellung der staatlichen Allzuständigkeit unhaltbar ist. Denn unter der Herrschaft des Rechts müssen Zuständigkeiten rechtlich umschrieben werden, und es gilt eine Vermutung für die Freiheit der Bürger, also gegen eine staatliche Regulierungskompetenz. Unter der Annahme einer staatlichen Allzuständigkeit ist allerdings folgerichtig, die provisorischen Institutionen der Selbstregierung des Kosovo gerade durch dieses Merkmal abzugrenzen. Diese leiten ihre Autorität und Befugnisse von der Resolution her und deshalb vom Sicherheitsrat.31 Diese Institutionen besitzen nur diejenigen begrenzten Befugnisse, die ihnen von dieser Resolution eingeräumt wurden (Prinzip der beschränkten Einzelzuständigkeit; compétences d’ attribution), und stehen unter der Aufsicht des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs. Indem der IGH (implizit) die umgekehrte Lotus-Idee zugunsten der Autoren der Unabhängigkeitserklärung anwendete, bestätigte der Gerichtshof, dass diese nicht in ihrer Rolle als Interimsbehörden agierten, deren Kompetenzen von der Resolution abgeleitet waren, sondern als Revolutionäre, in normativer Diskontinuität zum vorher bestehenden Rechtsrahmen.32 Hierauf ist mit dem Stichwort pouvoir constituant noch zurückzukommen.33 . Rechtsquellen: Rückgriff auf Art. Abs. lit. d) IGH-Statut Die Beurteilung der Sezession hängt von der rechtstheoretischen Grundeinstellung des Betrachters ab. Ein konsistent rechtspositivistisch orientierter Beobachter müsste aus zwei Gründen die Ansicht vertreten, dass die Sezession nicht vom Völkerrecht reguliert wird. Erstens ist für den Rechtspositivismus, der das „Sein“ strikt vom „Sollen“ trennt, und der die faktische Macht prämiert („auctoritas, non veritas facit legem“34), der Staat eine Tatsache, ein „fait primaire“, wie George Abi-Saab formu-
31
IGH, Kosovo-Gutachten, Rn. . IGH, Kosovo-Gutachten, Rn. . 33 Siehe unten Teil IV.. 34 Thomas Hobbes, A Dialogue between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England (), J. Crosey (Hrsg.) (Chicago und London: The University of Chicago Press, ), : „It is not Wisdom, but Authority that makes a Law“. 32
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lierte.35 Es ist aus dieser Perspektive logisch, dass die Ereignisse, die zur Gründung eines Staates führen, ebenfalls Tatsachen sind und der Sphäre des Seins, nicht des Sollens angehören. Zweitens impliziert eine rechtspositivistische Vision der Völkerrechtsordnung, dass diese Ordnung nur aus geschriebenen oder klaren und eindeutig anerkannten Völkergewohnheitsrechtsnormen bestehe. Die Völkerrechtsordnung ist so gesehen vollständig (ohne Rechtslücken). Die Sezession kann aus dieser Sicht nicht auf höheres Recht gestützt werden, sondern liegt schlicht und einfach in der (umstrittenen) Sphäre der Moral, die als getrennt von der Sphäre des Völkerrechts gesehen wird.36 Meine These ist, dass ein strikt rechtspositivistischer Ansatz, der sich ausschliesslich auf staatliche Rechtsquellen abstützt, speziell im Kontext der Sezession besonders fragwürdig ist. Vergeblich sucht man im positiven Völkerrecht nach Rechtsnormen über die Herstellung von Staatlichkeit durch Sezession. Diese Suche ist von vornherein aussichtslos, weil nach der gegenwärtigen Quellensystematik alle Rechtsquellen unweigerlich staatenerzeugt sind. Dies gilt für Verträge, Völkergewohnheitsecht und allgemeine Rechtsgrundsätze. Im Bereich der Sezession müsste eine Völkergewohnheitsrechtsnorm gelten. Aber eine solche könnte nur aus der Übung und Rechtsüberzeugung der Staaten erwachsen. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass Staaten selbst eine Regel schaffen die ihre eigene Existenz bedroht. Das Beharren auf eine solche Regel macht den Bock zum Gärtner. Völkerrechtler haben deshalb nur zwei Möglichkeiten: Entweder gestehen sie sich ein, dass es niemals eine harte Völkerrechtsregel über die Erlaubnis oder Gestattung der Sezession geben wird. Oder sie rekurrieren auf eine Rechtsquelle ausserhalb der staatlichen Quellen. Das strukturelle Ungenügen von Verträgen und Gewohnheitsrecht in Bezug auf die Sezession rechtfertigt es, auf eine subsidiäre Rechtsquelle zurück zu greifen. Wie in Art. Abs. lit. d) IGH Statut aufgeführt, können „die Lehrmeinungen der fähigsten Völkerrechtler der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung von Rechtsnormen“ über die Sezession gelten. Es ist deshalb relevant, dass die Idee der Not-Sezession eine
35 Georges Abi-Saab, „Cours général de droit international public“, RdC (VII), –, . 36 Allerdings geht es nicht nur um die Frage von Recht versus Moral. Selbst wenn es keine Völkerrechtsnorm zur Sezession gibt, könnte die Frage dennoch vom nationalen Recht geregelt werden.
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sehr breite Unterstützung in der Völkerrechtslehre erfährt.37 Das Ergebnis des Gerichtshofs steht im Einklang mit dieser Literaturströmung. Der IGH hätte sich auf diese „Lehrmeinungen der fähigsten Völkerrechtler“ stützen können um es zu untermauern. Aus konstitutionalistischer Sicht wäre die Überwindung einer strikt rechtspositivistischen – und das heisst im Völkerrecht gleichzeitig staatszentrierten Quellenlehre – erlaubt gewesen, denn der (globale) Konstitutionalismus nimmt Grundwerte an, die nicht (nur) im positiven Recht verankert sind. Ein solches erweitertes Quellenverständnis konnte aber offenbar angesichts der Divergenzen innerhalb der Richterschaft im Gutachten keinen Ausdruck finden. III. Die Sezession des Kosovo und das Gewaltverbot Die mit dem Gewaltverbot bewirkte Einschränkung der Staatensouveränität wurde von Konstitutionalisten als zentrales Element der Konstitutionalisierung des Völkerrechts gefeiert.38 Das Gewaltverbot ist eines der Verfassungsprinzipien des Völkerrechts. Der Gerichtshof hielt fest, dass „die Rechtswidrigkeit, die [einigen] Unabhängigkeitserklärungen anhaftete . . . aus der Tatsache erwuchs, dass diese mit einer unrechtmässigen Gewaltanwendung verbunden waren oder wären.“ Eine Sezession kann illegal sein, wenn sie mittels Gewalt oder „mittels anderer krasser Verletzungen der Normen des allgemei37 Für die Existenz der remedial secession als Regel des positivem Völkerrechts, abgeleitet von der savings clause der Friendly Relations Declaration Christian Tomuschat, „Secession and Self-determination“, in: Marcel Kohen (Hrsg.), Secession – International Law Perspectives, (Cambridge: CUP, ), –, : „[R]emedial secession should be acknowledged as part and parcel of positive law, notwithstanding the fact that its empirical basis is fairly thin. But not totally lacking . . .“. Siehe auch Theodor Schweisfurth, Völkerrecht (Tübingen: Mohr Siebeck, ), ; Markku Suksi, „Keeping the Lid on the Secession Kettle – a Review of Legal Interpretations Concerning Claims of SelfDetermination by Minority Populations“, International Journal on Minority and Group Rights (), –, : „Unilateral secession from an existing State is not supported by public international law except in some very special circumstances that, against the background of the solutions in situations like Kosovo and Chechnya, are almost unlikely to materialise.“ (Hervorhebung der Verf.). Siehe ferner die zahlreichen Verweise auf Lehrmeinungen von Karl Doehring, Yoram Dinstein, Hurst Hannum, PH Kooijmans, Daniel Thürer und Luzius Wildhaber, in A. Tancredi, „A Normative ‚Due Process‘ in the Creation of States through Secession“, in Secession, –, Fussnote . 38 Jochen A. Frowein, „Konstitutionalisierung des Völkerrechts“, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht (), – (–).
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nen Völkerrechts, insbesondere solchen von zwingendem Charakter (jus cogens)“ realisiert wird.39 Damit stellte der IGH im Kosovo-Gutachten eindeutig fest, dass die Gewaltanwendung in Sezessionsvorgängen verboten ist. Aber er sagte nicht, ob das Gewaltverbot auch innerhalb des Staatsgebiets eines noch nicht vollständig aufgelösten Staates anwendbar, und an wen das Gewaltverbot gerichtet ist. Als Adressaten des Gewaltverbots kommen drei Akteure in Betracht: dritte Staaten, der Mutterstaat oder die sezessionistische Gruppierung. Art. Abs. UN-Charta selbst bindet nur Staaten (im Gegensatz zu nichtstaatlichen Akteuren) und findet nur „in ihren internationalen Beziehungen“ Anwendung. Der Gerichtshof führte Beispiele für Unabhängigkeitserklärungen an, die durch rechtswidrige Gewaltanwendung bemakelt und die durch den Sicherheitsrat verurteilt worden waren. Hier hatten Drittstaaten Gewalt angewendet: die Türkei in Bezug auf die türkische Republik Nordzypern, Serbien mit Bezug auf die Republik Srpska. Jedoch waren in diesen Fällen nicht nur diese Drittstaaten, sondern auch der Mutterstaat und die Sezessionisten militärisch aktiv. Randnummer des Kosovo-Gutachtens liess offen, ob ihre Aktivitäten vom Gewaltverbot erfasst werden oder nicht. Während der Gerichtshof in Randnummer des Gutachtens Artikel Abs. der Charta zitierte und feststellte, dass „die Geltung des Prinzips der territorialen Unversehrtheit auf die Sphäre der Beziehungen zwischen Staaten begrenzt“ sei, traf er diese Feststellung nicht mit Bezug auf das Gewaltverbot. Obwohl beide Prinzipien (Gewaltverbot und territoriale Integrität) in einer Chartavorschrift genannt werden, sind sie vom Inhalt her nicht identisch. Das Prinzip der territorialen Unversehrtheit schützt Staaten, wohingegen in einer humanisierten Völkerrechtsordnung das Gewaltverbot vor allem Menschen schützt. Das Gewaltverbot ist zwingendes Völkerrecht, wohingegen die territoriale Unversehrtheit dies nicht ist. Angesichts des unterschiedlichen Inhalts und normativen Rangs der beiden Prinzipien können ihre Adressaten sich durchaus unterschieden. Sind also sezessionistische Kräfte an das Gewaltverbot gebunden? Dies ist eine alte und umstrittene Frage im Kontext des Selbstbestimmungsrechts. Von Seiten ehemaligen Kolonien, die sich unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht unabhängig machten, und von der ihnen nahestehenden Lehre wurde seit den er Jahren immer wieder vorgebracht, Völker, die sich gegen koloniale Fremdbestimmung,
39
IGH, Kosovo-Gutachten, Rn. , Übersetzung der Verf.
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fremde Besetzung oder rassistische Herrschaft mit militärischen Mitteln wehrten, müssten nicht das Gewaltverbot beachten. Dieses Ergebnis wurde rechtsdogmatisch entweder damit begründet, dass das Gewaltverbot nichtstaatliche Akteure gar nicht binde, oder mit dem Hinweis, dass der „legitime Befreiungskampf “ eine Art Rechtfertigung oder ungeschriebene Ausnahme darstelle. Eine eindeutige Rechtslage hat sich aber zu dieser Frage nie herausgebildet.40 Die Vorschrift des Art. Abs. der Charta, die ausdrücklich an „Mitglieder“ der Vereinten Nationen gerichtet ist, bindet Sezessionisten nicht. Ihre Verpflichtung auf militärische Gewalt zu verzichten, könnte nur aus einer umfassenderen Völkergewohnheitsrechtsnorm oder aus speziellen Verträgen, etwa aus Waffenstillstandsabkommen, fliessen. Die Bemerkung des IGH in Randnummer des Kosovo-Gutachten scheint die Existenz einer Völkergewohnheitsrechtsregel zu unterstellen, die ausserdem, wie der Gerichtshof betont, die Qualität von jus cogens hat. Und wenn es auf die Qualität des Gewaltverbots als jus cogens ankommt, dann muss – so mein Argument – diese Regel auch von der Zentralregierung, die den Mutterstaat repräsentiert, respektiert werden. Die Folgefrage ist dann, ob das Gewaltverbot auch innerhalb des Staatsgebiets gilt. Das Kosovo-Gutachten impliziert eine bejahende Antwort, weil die Situation eines einseitigen Unabhängigkeitserklärung „in Zusammenhang mit einer unrechtmässigen Gewaltanwendung“41 unweigerlich im Inneren eines Staatsgebietes stattfindet, in einem Konflikt wischen einer Sezessionsbewegung und dem Mutterstaat. Dies steht im Einklang mit einer Lehrmeinung, nach der die sogenannten stabilisierten De facto-regime an das Gewaltverbot gebunden sind,42 und findet auch
40 Hierzu Antonio Cassese, Self-Determination of Peoples: A Legal Reappraisal (Cambridge: CUP, ), –, –. Cassese spricht von einer „akward legal situation“, in der Befreiungsbewegungen zwar kein Recht zur Gewaltanwendung hätten, aber für die Verletzung des Gewaltverbots nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Er spricht den Befreiungsbewegungen eine „licence“ zur Gewaltanwendung, ohne ein genuines Recht, zu. 41 IGH, Kosovo-Gutachten, Rn. . 42 Jochen A. Frowein, „De facto Regime“, Max Planck Encyclopaedia of Public International Law (www.mpepil.com), Rn. –; Albrecht Randelzhofer, in: Bruno Simma (Hrsg.), The Charter of the United Nations: A Commentary, Bd. I (Oxford: OUP, ), Rn. ; Robert Kolb, Ius contra bellum: Le droit international relatif au maintien de la paix (Basel: Helbing Lichtenhahn, . Aufl. ), –. Diese Ansicht verweist auf GV Res. (XXV) vom . Oktober , nach der „[e]very State likewise has the duty to refrain from the threat or use of force to violate international lines of demarcation, such as armistice lines, established by or pursuant to an international agreement to which it is a
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eine gewisse Stütze im Tagliavini-Report von über den russischgeorgischen Krieg von .43 Die blosse Tatsache, dass ein Ereignis innerhalb der territorialen Grenzen eines Staats stattfindet, schliesst in keiner Weise aus, dass diese Situation vom Völkerrecht geregelt werden könnte. „Internationale Beziehungen“ sind nicht an einen spezifischen physischen Ort gebunden. Die möglicherweise rechtswidrige Gewaltanwendung im Kosovo von Seiten der NATO in der Kosovo-Intervention von war in zeitlicher und personeller Hinsicht zu entfernt von der Unabhängigkeitserklärung von . Sie konnte dementsprechend nicht das Verfahren zur Erzielung der Unabhängigkeit bemakeln. Vor allem hat die Zustimmung Jugoslawiens (Serbiens) zur Resolution und zum darauf beruhenden Rechtsrahmen einen juristische Barriere zwischen der vorhergehenden möglichen Verletzung des Gewaltverbots und der aktuellen Sezession errichtet.44 Aus konstitutionalistischer Sicht ist die vom Kosovo-Gutachten erlaubte Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Gewaltverbots zu begrüssen. IV. Die Sezession des Kosovo und Volkssouveränität und Demokratie . Das Selbstbestimmungsrecht als internationalisierte Volkssouveränität und Korrelat der demokratischen Staatsform Das völkerrechtliche Prinzip der Selbstbestimmung eines Volkes ist historisch, etymologisch und systematisch eng mit dem Prinzip der Volksparty or which it is otherwise bound to respect“. Siehe auch Eritrea/Ethiopia Claims Commission partial award, „Jus ad bellum: Ethiopia’s claims –“, vom . Dezember , Rn. , nach der die Nichtanwendung des Gewaltverbots auf einen Grenzstreit „would create a large and dangerous hole in a fundamental rule of international law.“ Jedoch ist die Situation in Eritrea/Ethiopia nicht identisch mit dem Fall Kosovo, weil Eritrea zum Zeitpunkt des bewaffneten Konflikts, auf den sich der Schiedsspruch von bezieht, bereits ein unabhängiger (und anerkannter) Staat. Damals war nicht die Existenz Eritreas als solches, sondern nur die genaue Grenziehung umstritten. 43 Independent International Fact-Finding Mission on the Conflict in Georgia, Bericht („Tagliavini-Report“) vom September , Kap. , – (http://www.ceiig.ch/ Report.html). Der Bericht stützt sich vor allem, aber nicht ausschliesslich, auf spezialvertragliche Verbote des Einsatzes von Gewalt durch beide Parteien („sides“) im bewaffneten Konflikt zwischen Georgien und Abchasien und Südossetien. 44 Olivier Corten, „Declarations unilaterales de l’ indépendance et reconnaissances prématurées: Du Kosovo à l’ Ossétie du sud et Abkhazie“, RGDIP (), –, f.
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souveränität verknüpft. Diese Verbindung ist so eng, dass man das Selbstbestimmungsrecht als die Internationalisierung der Volkssouveränität bezeichnen kann.45 Es handelt sich letztlich um die zwei rechtlichen Facetten ein und derselben politischen Idee, nämlich der Forderung nach der Möglichkeit der eigenständigen Gestaltung der gesellschaftlichen (politischen und territorialen) Organisationsform eines Kollektivs (der Nation oder des Volkes). Nach der „Erfindung“ der Volkssouveränität in der französischen Revolution wurden in den der neuen Republik einzuverleibenden Gebieten (z. B. Avignon, Savoyen, Nizza, später Belgien) Referenden über die territoriale Zugehörigkeit veranstaltet, die allerdings zunehmenden blosse Deckmäntel der Expansionspolitik wurden.46 Im . Jahrhundert gingen in Europa die Demokratiebewegung und der Nationalismus Hand in Hand und entfalteten im Zusammenspiel eine emanzipatorische Sprengkraft. Auch für den US-Präsidenten Woodrow Wilson waren die Zwillingsprinzipien, nach denen die neue Weltordnung nach dem I. Weltkrieg gestaltet werden sollte, Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht der Völker.47 Nach wurden die Auflösung der Sowjetunion und Jugoslawiens und die mehr oder mindere gelungene Transformation der neuen Staaten in liberale Demokratien und Marktwirtschaften wiederum juristisch mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und parallel dazu politisch mit der Forderung nach Demokratie begründet. Es ist deshalb folgerichtig, das Menschenrecht auf Teilnahme an regelmässigen, allgemeinen, gleichen und freien Wahlen (Art. Allgemeine Menschenrechtserklärung; Art. IPBürg), den aus der UN-Praxis zur Demokratisierung48 erwachsenden völkerrechtlichen Anspruch auf eine 45 Wilhelm Grewe spricht vom „Selbstbestimmungsrecht der Völker als Konsqeunz der Volkssouveränität“. Es habe eine „Übertragung des Prinzips der Volkssouveränität auf das Gebiet der internationalen Beziehungen und des Völkerrechts“ stattgefunden (Wilhelm Grewe, Epochen der Völkerrechtsgeschichte (Baden-Baden: Nomos, . Aufl. ), ). 46 Hierzu Grewe, Völkerrechtsgeschichte, –. 47 Woodrow Wilson, Ansprache vor dem US amerikanischen Kongress am . Januar , Punkt : „A free, open-minded, and absolutely impartial adjustment of all colonial claims, based upon a strict observance of the principle that in determining all such questions of sovereignty the interests of the populations concerned must have equal weight with the equitable claims of the government whose title is to be determined.“ Zuvor hatte Wilson den Kriegseintritt der USA mit den berühmten Worten gerechtfertigt: „[T]he world must be made safe for democracy“. President Wilson’s Declaration of War Message to Congress, April , ; Records of the United States Senate; Record Group ; National Archives (http://www.ourdocuments.gov/doc.php?doc=). 48 Siehe z. B. Generalversammlung, Promoting and Consolidating Democracy (UN Doc
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demokratische Staatsform49 und das sogenannte innere Selbstbestimmungsrecht als gleichsinnige und überlappende Rechtsinstitute aufzufassen.50 Dementsprechend hat der Menschenrechtsausschuss in zahlreichen Berichten das Selbstbestimmungsrecht aus Art. IPBürg als Anspruch auf demokratische Staatsform ausgelegt.51 Der identische Gehalt beider Prinzipien kommt auch im Wortlaut des WeltgipfelSchlussdokuments von zum Ausdruck, in dem die Staats- und Regierungschefs folgendes bekräftigten: „We reaffirm that democracy is a universal value based on the freely expressed will of the people to determine their own political, economic, social and cultural systems . . . “52 Zwar wurden in der historischen Realität nicht alle sogenannten Selbstbestimmungsentscheide der Staatengründung, insbesondere in der Dekolonisierung, in demokratischen Verfahren getroffen. Seit sind aber direktdemokratische oder mittelbar demokratisch legitimierte Staatsgründungen (der ehemals jugoslawischen Republiken, der Sowjetrepubliken, Eritrea, Osttimor und Kosovo) zur praktisch ausnahmslosen Regel geworden. Nach einer Staatsgründung, also in Bezug auf die Staatsführung, gilt das Prinzip der Selbstbestimmung fort. Es wird nur dann widerspruchsfrei angewendet, wenn eingeräumt wird, dass es auch im normalen politischen Prozess demokratische Verfahren zwingend beinhaltet. Schliesslich deckt das Prinzip der Selbstbestimmung, als nachhaltiges Prinzip aufgefasst, nicht die Abschaffung einer demokratischen Regierungsform. Ein solcher Vorgang kann nicht als „Selbstbestimmung“ bezeichnet werden, weil er die Selbstbestimmung der zukünftigen Generationen zunichte macht. Im Ergebnis werden also Selbstbestimmung, Volkssouveränität und Demokratie, insbesondere
A// ()); Implementation of the United Nations Millennium Declaration, Teil V.: „Human rights, democracy and good governance“ (UN Doc A// () Rn. ff.). 49 Thomas Franck, „The Emerging Right to Democratic Governance“, AJIL (), –; Gregory Fox, „Democracy, Right to, International Protection“, Max Planck Encyclopedia of Public International Law (Oxford: OUP, ); Anne Peters, „Dual Democracy“, in Klabbers/Peters/Ulfstein, Constitutionalization, –. 50 Anne Peters, Das Gebietsreferendum im Völkerrecht (Baden-Baden: Nomos, ), –. Vgl. auch Fisch, Selbstbestimmungsrecht, : „Man sollte von Selbstbestimmung also nur da sprechen, wo die selbstbestimmten Akte tatsächlich auf demokratischer Grundlage stehen. Das ist nur bei Verwendung subjektiver, nicht objektiver Kriterien der Fall.“ 51 Steven Wheatley, „Democracy in International Law: A European Perspective“, ICLQ (), – (– mwN). 52 Resolution of the UN General Assembly on the World Summit Outcome, UN Doc. A/RES// vom . Oktober , Rn. (Hervorhebung der Verf.).
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seit , in Idee und Praxis als untrennbar verwoben und teilweise austauschbar angesehen.53 Beide Grundsätze gehören zum internationalen Verfassungsrecht. Selbstbestimmung in seiner Extremform der Sezession steht aber andererseits auch in einem Spannungsverhältnis zum demokratischen Prinzip. Das klassische verfassungstheoretische Argument gegen ein Sezessionsrecht, das in der US-amerikanischen Verfassungsgeschichte verwendet wurde, lautet, dass die Einräumung eines Sezessionsrechts eine Verletzung der demokratischen Spielregeln darstelle.54 Eine in einem Teilgebiet angesiedelte Minderheit des Staatsvolkes könne mit der Abspaltung drohen und auf diese Weise die demokratische Mehrheitsregel ausser Kraft setzen. Die Sezessionsdrohung gebe der Minderheit ein Vetorecht. Die „exit“-Drohung werde als „voice“ eingesetzt, um den erklärten Willen der Mehrheit zu konterkarieren. Hierauf ist zu erwidern, dass das Verhältnis von Sezessionsrecht und demokratischem Prozess entscheidend davon abhängt, wie das Sezessionsrecht qualifiziert und von welchen Voraussetzungen es abhängig gemacht wird. Die Idee der remedial secession, nach der eine Sezession als ultima ratio nur bei massiver Verletzung der politischen und kulturellen Rechte der Minderheit in Betracht kommt, steht nicht im Gegensatz zu demokratischen Prinzip, sondern ist im Gegenteil seine logische Konsequenz. Demokratische Verfahren müssen mit dem Respekt von Minderheitenrechten einhergehen, da sie ansonsten in eine Tyrannei der Mehrheit ausarten würden. Im Gegensatz dazu wäre ein Sezessionsrecht zur Ermöglichung der Aufrechterhaltung eines menschenrechtswidrigen Regimes (wie des Sklavenhalterregimes der US-amerikanischen Südstaaten) tatsächlich unvereinbar mit einem demokratischen System, weil es der Minderheit ein ungerechtfertigtes Vetorecht gäbe. . Konstitutionelle Bindung des Sicherheitsrates: Keine Verfügung über das Selbstbestimmungsrecht Die zentrale Frage des Gutachtens ist die der Verletzung von Sicherheitsratsresolution . Die Unabhängigkeitserklärung wollte explizit den Ahtisaari-Plan umsetzen, der eine überwachte Unabhängigkeit vorsah. 53 Hilpold, „Self-Determination in the st Century“, –, . Siehe aber differenziert Fisch, Selbstestimmungsrecht, –. 54 Vgl. z. B. Allen Buchanan, „Self-determination, Secession, and the Rule of Law“ in: Robert McKim/Jeff Mcmahan (Hrsg.), The Morality of Nationalism (New York: OUP, ), –, , der auf Abraham Lincoln verweist.
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Aber gerade diesen Plan hatte der Sicherheitsrat bewusst nicht angenommen, sondern an Resolution festgehalten. Die Resolution war ein politischer Kompromiss, insbesondere zwischen den beiden ständigen Sicherheitsratsmitgliedern Russland und USA. Aus den Protokollen der damaligen Verhandlungen geht hervor, dass Serbien eine Nennung der „territorialen Integrität“ des damaligen Jugoslawiens im Haupttext (also im operativen Teil) der Resolution forderte. Diese Forderung von Serbien (und Russland) drang aber nicht durch. Unter anderem die Schweiz hat im Kosovo-Verfahren auf diese Entstehungsgeschichte hingewiesen.55 Als Ergebnis dieser Verhandlungen von , also im Text der Resolution , wurde „territoriale Integrität“ nur in der Präambel und in den beiden Annexen genannt. Diese Textteile geniessen nicht dieselbe normative Kraft wie der operative Teil und sind nicht per se rechtsverbindlich. Andererseits wird in der Resolution auf den Vertrag von Rambouillet verwiesen, und der wiederum erwähnt den „Willen des Volkes“.56 Es stehen sich also territoriale Integrität und Volkssouveränität bzw. das Selbstbestimmungsrecht gegenüber. Dieses Spannungsverhältnis wird in der Resolution nicht aufgelöst. Von daher ist die Resolution offen für beide Lösungen. Aus konstitutionalistischer Perspektive ist ferner wichtig, dass der Sicherheitsrat überhaupt nicht befugt war, das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes durch eine Resolution einzuschränken. Das Selbstbestimmungsrecht gilt als zwingendes Völkerrecht (ius cogens) und kann nicht vertraglich abgedungen werden. Der globale Konstitutionalismus betont, dass der Sicherheitsrat zwar ein primär politisches Organ der Vereinten Nationen ist, jedoch nicht über dem Völkerrecht steht. Nach der ausdrücklichen Vorgabe der Charta muss der Sicherheitsrat „im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ handeln (so Art. Abs. UN-Charta).57 Aufgrund dieser konstitutionellen
55 Schriftliche Stellungnahme der Schweiz im Kosovoverfahren, vom . Oktober , Rn. –. 56 Hierzu unten Fn. -. 57 ICTY, case No IT-–-AR, Prosecutor v. Dusko Tadic, Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, Appeals Chamber vom . Oktober , Rn. –. Aus der Literatur z. B. Susan Lamb, „Legal Limits to United Nations Security Council Powers“ in: Guy S. Goodwill-Gill (Hrsg.) The Reality of International Law: Essays in Honour of Ian Brownlie, (Oxford: OUP, ). –; Kenneth Manusama, The United Nations Security Council in the Post-Cold War Era: Applying the Principle of Legality (Leiden: M Nijhoff Publishers, ), –.
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Bindung muss der Sicherheitsrat auch das Selbstbestimmungsrecht (das in der Zielbestimmung der Charta, Art. Ziff. , erwähnt wird) prinzipiell respektieren. Die verfassungsmässigen Grenzen der Befugnisse des Sicherheitsrates sind umso wichtiger, als seine Legitimation (in punkto Zusammensetzung und Verfahren) nicht über jeden Zweifel erhaben ist.58 In Bezug auf den Kosovo hat insbesondere das Vetorecht zu bizarren Ergebnissen geführt. Die Resolution wird wegen des von einigen ständiger Sicherheitsratsmitgliedern angedrohten Vetos nicht aufgehoben, obwohl ihr Fortbestand nach der Unabhängigkeit ordnungspolitisch seltsam ist und juristisch eine recht massive Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts und der Souveränität des Kosovo darstellt. Diese Lage illustriert die Berechtigung der konstitutionalistischen Forderung nach einer verfahrensmässigen Einhegung des Vetorechts mittels einer Begründungspflicht.59 Im Ergebnis legt die konstitutionalistische Betrachtung eine Relativierung der Bedeutung der Sicherheitsratsresolution nahe. Die Aussage des Gutachtens, nach dem die Unabhängigkeitserklärung nicht die Resolution verletzte, stimmt im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung, mit der konstitutionalistischen Analyse überein. . Die Verfasser der Unabhängigerklärung des Kosovo: pouvoir constituant? Ein wichtiger Streitpunkt war, ob die Verfasser der Unabhängigkeitserklärung identisch mit den vorläufigen Verwaltungsbehörden des Kosovo seien. Denn wenn sie identisch waren (bzw. in identischer Rolle handelten), hätte ihre Aktion sich an den Rechtsrahmen der Sicherheitsratsresolution halten müssen. Da die vorläufigen Behörden aber nach dieser Resolution und dem darauf basierenden Verwaltungssystem keine aussenpolitischen Befugnisse hatten, wäre die Unabhängigkeitserklärung ultra vires gewesen. Der IGH unterschied zwischen den regulären Interimsbehörden des Kosovo einerseits und den Autoren der Unabhängigkeitserklärung andererseits. Diese Unterscheidung stützte er auf fünf Abgrenzungskriterien: 58 Die Reform des Sicherheitsrates sollte sich ebenfalls an konstitutionalistischen Prinzipien orientieren (Bardo Fassbender, UN Security Council Reform and the Right of Veto: A Constitutional Perspective (The Hague: Kluwer Law International, )). 59 Vorschlag von Costa Rica, Jordan, Liechtenstein, Singapur und Schweiz (UN Doc A//L. vom . März ).
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Sprache der Erklärung, fehlende Autorenschaft der „Versammlung“, das Verfahren (keine einfache Mehrheitsabstimmung), fehlende Veröffentlichung und schliesslich auf den fehlenden Widerspruch oder Rüge des Repräsentanten des UN-Generalsekretärs. Weil sich die Sicherheitsratsresolution vor allem an die Vereinten Nationen und ihre Organe richtete, und die Autoren der Unabhängigkeitserklärung hiervon zu unterscheiden seien, hätten die Autoren der Unabhängigkeitserklärung ausserhalb des Rechtsrahmens der Resolution gehandelt. Weil die Unabhängigkeitserklärung ausserhalb des Rechtsrahmens der Resolution erlassen wurde, konnte sie nicht dagegen verstossen. Mit anderen Worten, die Unabhängigkeitserklärung verletzte die Resolution nicht, einfach weil jene Resolution die die Unabhängigkeitserklärung erlassenden Akteure gar nicht band. Dasselbe Ergebnis folgte auch daraus, dass der IGH, wenn auch nur implizit, die provisorischen Behörden der Selbstverwaltung (die durch den „Verfassungsrahmen“ des Kosovo errichtet worden waren und nur innerhalb dieselben agieren durften) von den Autoren der Unabhängigkeitserklärung als pouvoir constituant (in einem revolutionären Bruch mit dem existierenden Rechtsrahmen) unterschied.60 Der russische Richter Skotnikov kritisierte in seiner abweichenden Meinung, dass die Mehrheit nicht erklärt habe, was der Unterschied zwischen „Verletzung des frameworks“ und „Agieren ausserhalb des Rechtsrahmens“ sei. Dies trifft zu, aber dennoch hat die Mehrheit in diesem Punkt wohl recht.61 Die von ihr genannten Indizien zeigen, dass die Unabhängigkeitserklärung weder objektiv, noch nach der Auffassung der beteiligten Akteure (auch nicht der UN), ein Akt innerhalb des vorläufigen UN-Regimes war. Somit durften auch kein Aussenstehender bzw. die Bürger sich hierauf verlassen. Man kann das Ergebnis verfassungstheoretisch damit begründen, dass die Autoren der Unabhängigkeitserklärung als pouvoir constituant und nicht als pouvoir constitué gehandelt haben. Deutschland hat im Verfahren vor dem IGH diesen Unterschied angesprochen.62 Die Sezession könnte als ein revolutionärer Akt gedacht werden, der nicht an dem normativen Rahmen gemessen werden kann, aus dem er ausbricht (Prinzip der normativen Diskontinuität). Dieser Gedankengang entspricht der 60
IGH, Kosovo-Gutachten, Rn. –. Zustimmend auch Pierre D’Argent, „Vouloir être ne viole pas le droit international“, Journal des tribunaux . 62 Deutschland, . schriftliche Stellungnahme vom Juli , . 61
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oben erwähnten Deutung der remedial secession als extra-legales oder naturrechtlich fundiertes Widerstands„recht“ (siehe oben Teil II.). Der IGH war gut beraten, die verfassungstheoretische Figur des pouvoir constituant nicht aufzugreifen. Diese ist durch Carl Schmitt diskreditiert worden. Schmitt hatte den ursprünglichen Begriff des pouvoir constituant des Abbé Sieyès in sein Gegenteil verkehrt. Sieyès Intention war es, die herkömmlich anerkannte Mitwirkung des Königs an der Verfassungsgebung zu umgehen. Der absolute, nicht normengebundene König sollte ausgeschaltet, die Bindung an Naturrecht aber erhalten bleiben.63 Demgegenüber propagierte Schmitt eine rechtlich gänzlich ungebundene verfassungsgebende Gewalt, die überdies auch nach Inkraftsetzung einer Verfassung dauernd latent vorhanden sein sollte.64 Aus konstitutionalistischer Sicht ist aber die Annahme einer urwüchsigen Kraft, die sich in einem rechtsfreien Raum entfaltet, bedenklich. Zwar leugnet der moderne Konstitutionalismus nicht die normative Diskontinuität, die eine politische Neugründung und Verfassungsgebung kennzeichnet. Eine solche Neugründung findet aber wegen der Existenz zahlreicher übergeordneter Rechtsprinzipien nie im rechtsleeren Raum statt. Auch als „Widerständler“ blieben die Autoren der Unabhängigkeitserklärung an höheres Recht, insbesondere an allgemeines Völkerrecht, gebunden. . Die Unabhängigerklärung des Kosovo und der „Wille des Volkes“ Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom . Februar stützte sich auf den Willen des Volkes: „We, the democratically elected leaders of our people, declare Kosovo to be an independent and sovereign state. This declaration reflects the will of our people . . . “. Nach der Resolution bleiben die Abkommen von Rambouillet massgeblich, die wiederum vorschreiben, dass die endgültige Lösung für Kosovo „on the basis of the will of the people“ erfolgen müsse.65 Somit erklärt die Resolution kraft Verweis den Willen des Volkes für beachtlich.66 63 Emmanuel Joseph Sieyès, Was ist der dritte Stand? In ders., Politische Schriften –, übersetzt und hrsg. von Eberhard Schmitt/Rolf Reichhardt (München: Akademie-Verlag, . Aufl. ), ff. (–). Hierzu Anne Peters, Elemente einer Theorie der Verfassung Europas (Berlin: Duncker & Humblot, ), . 64 Carl Schmitt, Verfassungslehre (München: Duncker & Humblot, ), u. f. 65 Resolution , Absatz lit. e): „taking full account . . . of the Rambouillet accords . . .“ Die oben zitierte Passage zum „will of the people“ findet sich wiederum in Art. I Abs. von Kapitel der Rambouillet Abmachungen. 66 Das Kosovo-Gutachten gibt dieses Argument in Rn. wieder, ohne es sich ein-
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Aus konstitutionalistischer Sicht ist der Volkswille ein zentraler Faktor der Legitimation einer Staatsgründung. Der Wille des Kollektivs (bzw. der Mehrheit seiner Angehörigen) kann durch ein faires und freies Unabhängigkeitsreferendum oder aufgrund demokratischer Wahlen, idealerweise unter internationaler Aufsicht, ermittelt werden. Im neueren Völkerrecht hat sich die Veranstaltung eines Referendums als prozedurale Mindestbedingung der Rechtmässigkeit einer Sezession herausgebildet.67 Beispielsweise verlangte das Gutachten Nr. der Badinter Kommission zu Bosnien-Herzegowina ein Referendum als Vorbedingung der Anerkennung durch die damalige EG.68 Auch die Schweiz trug im Kosovoverfahren vor, dass die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts auf demokratischem Wege erfolgen müsse.69 Diese Bedingung war im Falle des Kosovo erfühlt. Der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo gingen ab mehrere Unabhängigkeitsreferenden voraus.70 Vor allem wurde die Unabhängigkeit von einer demokratisch gewählten Führung erklärt und manifestierte den Willen des Volkes zur Eigenstaatlichkeit. Die letzten Wahlen vom . November wurden vom UN-Generalsekretär als fair und „im Einklang mit internationalen und europäischen Massstäben“ qualifiziert.71 Aus konstitutionalistischer Sicht ist die in der neueren Praxis liegende Demokratisierung des Verfahrens der Staatenentstehung zu begrüssen. V. Schlussfolgerung: Verfahrensmässige Anforderungen an die Sezession des Kosovo Ein Verdienst des Kosovo-Gutachtens ist seine Unterscheidung zwischen dem Ziel der Sezession und den Mitteln um diese zu erreichen. Die Nichtauffindbarkeit eines völkerrechtlichen Verbots über den Erlass einer Unabhängigkeitserklärung führte den Gerichtshof zur Aussage, dass eine solche Erklärung (und die dadurch bewirkte Abspaltung) keine deutig zu eigen zu machen. Befürwortend z. B. Deutschland, schriftliche Stellungnahme im Kosovo-Verfahren vom April , f. 67 Aus der Literatur Peters, Gebietsreferendum; Tancredi, „A Normative ‚Due Process‘ “, – (–). 68 Abgedr. in ILM (), –. 69 Schriftliche Stellungnahme der Schweiz vom . Oktober , Rn. –. 70 Peters, Gebietsreferendum, –. 71 Bericht des Generalsekretärs an den Sicherheitsrat vom . Januar , UN Doc. S//, Rn. .
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Verletzung des Völkerrechts darstelle. Jedoch sind nicht alle Mittel zur Ereichung dieses Ziels erlaubt. Selbst wenn ein Sezessionsergebnis als solches im Einklang mit Völkerrecht steht (oder gar nicht völkerrechtlich erfasst sein sollte), so ist doch das Verfahren geregelt. Die Anwendung von Gewalt ist verboten, während friedliche und demokratische Verfahren vorgeschrieben werden. Jegliche ausnahmsweise Sezession muss in angemessen Verfahren bewerkstelligt werden. Das Verfahren der Sezession des Kosovo war weit entfernt von Vollkommenheit, aber es hat mehr oder minder sowohl das Gewaltverbot als auch die prozeduralen Vorgaben des Selbstbestimmungsrechts respektiert. Das Sezessionsverfahren erfüllte somit die minimalen Verfahrensanforderungen der Friedlichkeit und der demokratischen Selbstbestimmung, jedenfalls bei Anlegung eines grosszügigen Massstabes. Damit sind die im engeren Sinne normativen Bedingungen der Eigenstaatlichkeit des Kosovo erfüllt. Problematisch bleiben aber die Merkmale der Effektivität des neuen Staates, die ihrerseits eine rechtliche, nicht nur „faktische“ Voraussetzung der Staatlichkeit sind.72 Das Gutachten des IGH schweigt hierzu, zur Staatsqualität des Kosovo allgemein und auch zur Rechtmässigkeit der Anerkennung des Kosovo durch andere Staaten. Angesichts der Sparsamkeit des Gutachtens ist nicht verwunderlich, dass die von Kosovo erhoffte Anerkennungswelle nach dem Gutachten ausblieb. Für das praktische Überleben des Kosovo als Staat dürften aber diese Anerkennungen entscheidend sein. Literatur Abi-Saab, Georges, „Cours général de droit international public“, RdC (-VII), –. Buchanan, Allan, „Self-determination, Secession, and the Rule of Law“, in: Robert McKim/Jeff Mcmahan (Hrsg.), The Morality of Nationalism (New York: OUP, ), –. Buchanan, Allan, Justice, Legitimacy, and Self-determination (Oxford: OUP, ). Buchheit, Lee C., The Legitimacy of Self-determination (New Haven: Yale University Press, ). Cassese, Antonio, Self-Determination of Peoples: A Legal Reappraisal (Cambridge: CUP, ). 72 Hierzu Anne Peters, Statehood after : „ ‚Effectivités‘ between Legality and Virtuality“, in: James Crawford/Sarah Nouwen (Hrsg.), Proceedings of the European Society of International Law (Oxford: Hart, ), –.
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Corten, Olivier, „Declarations unilaterales de l’ indépendance et reconnaissances prématurées: Du Kosovo à l’ Ossétie du sud et Abkhazie“, RGDIP (), –. Corten, Olivier, „Territorial Integrity Narrowly Interpreted: Reasserting the Classical Inter-State Paradigm of International Law“, Leiden Journal of International Law (), –. D’Argent, Pierre, „Vouloir être ne viole pas le droit international“, Journal des tribunaux . Fassbender, Bardo, UN Security Council Reform and the Right of Veto: A Constitutional Perspective (The Hague: Kluwer Law International, ). Fisch, Jörg, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker: die Domestizierung einer Illusion (München: Beck, ). Fox, Gregory, „Democracy, Right to, International Protection“, Max Planck Encyclopedia of Public International Law (Oxford: OUP, ). Franck, Thomas, „The Emerging Right to Democratic Governance“, AJIL (), –. Frowein, Jochen A., „De facto Regime“, Max Planck Encyclopaedia of Public International Law (www.mpepil.com). Frowein, Jochen A., „Konstitutionalisierung des Völkerrechts“, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht (), –. Grewe, Wilhelm, Epochen der Völkerrechtsgeschichte (Baden-Baden: Nomos, . Aufl. ). Hilpold, Peter, „Self-Determination in the st Century – Modern Perspectives for an Old Concept“, Israel Yearbook on Human Rights (), –. Hobbes, Thomas, A Dialogue between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England (), J. Crosey (Hrsg.) (Chicago and London: The University of Chicago Press, ). Holland, Thomas, Studies in International Law (Oxford: Clarendon, ). Klabbers, Jan/Peters, Anne/Ulfstein, Geir, The Constitutionalization of International Law (Oxford: OUP, ). Kolb, Robert, Ius contra bellum: Le droit international relatif au maintien de la paix (Basel: Helbing Lichtenhahn, . Aufl. ). Lamb, Susan, „Legal Limits to United Nations Security Council Powers“, in: Guy S. Goodwill-Gill (Hrsg.), The Reality of International Law: Essays in Honour of Ian Brownlie (Oxford: OUP, ), –. Manusama, Kenneth, The United Nations Security Council in the Post-Cold War Era: Applying the Principle of Legality (Leiden: M Nijhoff Publishers, ). Peters, Anne, Das Gebietsreferendum im Völkerrecht (Baden-Baden: Nomos, ). Peters, Anne, Elemente einer Theorie der Verfassung Europas (Berlin: Duncker & Humblot, ). Peters, Anne, „Rechtsordnungen und Konstitutionalisierung: Zur Neubestimmung der Verhältnisse“, Zeitschrift für öffentliches Recht (), –. Peters, Anne, „Transnational Law Comprises Constitutional, Administrative, Criminal, and Quasi-private Law“, in: Pieter Bekker (Hrsg.), Making Transnational Law Work: Liber Amicorum Detlev Vagts (Cambridge: CUP, ), –.
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STRUKTUR UND INHALT DER STELLUNGNAHMEN ÖSTERREICHS IM IGH-GUTACHTENVERFAHREN ZU KOSOVO
Gerhard Hafner und Nadia Kalb I. Die Frage der Völkerrechtskonformität der Unabhängigkeitserklärung a. Zum Verständnis der Frage Grundtenor der österreichischen Erklärungen war es, weder substanzielle Aussagen zum völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrecht, der Staatlichkeit Kosovos oder der Rechtmäßigkeit der Anerkennung zu treffen, noch die Frage der Übereinstimmung der Erklärung mit nationalem Recht zu berühren.1 Die beiden Stellungnahmen, die schriftliche und die mündliche, konzentrierten sich deshalb lediglich auf das enge Verständnis der Frage, die dem Gerichtshof gestellt wurde, nämlich ob die Unabhängigkeitserklärung durch die vorläufigen Selbstverwaltungsinstitutionen des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht stünde.2 Dabei beurteilte Österreich erst das Faktum der Unabhängigkeitserklärung, dann deren Inhalt im Lichte des Völkerrechts, letzteres unter der Annahme, dass schon das Faktum irgendeine rechtliche Wirkung haben könnte, wobei Fragen der Sezession rechtlich gewürdigt wurden. Lediglich in der mündlichen Stellungnahme ging Österreich insofern auch auf die Staatlichkeit Kosovos ein, als es die spätere Entwicklung und die Anerkennung durch Staaten als Beweis der Richtigkeit der österreichischen Position anführte.3
1 Schriftliche Stellungnahme Österreichs im IGH-Gutachenverfahren, April (weiter: Schriftliche Stellungnahme), verfügbar auf http://www.icj-cij.org/docket/files/ /.pdf, Absatz . 2 Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen, . Oktober , A/RES//. 3 Mündliche Stellungnahme Österreichs im IGH-Gutachtenverfahren, . Dezember (weiter: Mündliche Stellungnahme), verfügbar auf http://www.icj-cij.org/docket/ files//.pdf, Absatz .
gerhard hafner und nadia kalb
Gleichzeitig gingen die österreichischen Stellungnahmen davon aus, dass die Erklärung nicht an einer völkerrechtlichen positiven Kompetenznorm (welche eine solche Erklärung ausdrücklich erlauben würde), sondern nur an einer völkerrechtlichen Verbotsnorm zu messen wäre. b. Entsteht durch die Erklärung ein Staat? Die Unabhängigkeitserklärung selbst galt als Erklärung von gewählten Vertretern des kosovarischen Volkes, jedoch nicht als solche der Versammlung als eine der vorläufigen Institutionen der Selbstverwaltung Kosovos. Als Beweis wurde angeführt, dass die gewählten Vertreter außerhalb dieser Institution agierten und die Erklärung dieser Institution nicht zuzurechnen war, wie schon aus der Präambel hervorginge („We, the democratically-elected leaders of our people . . . “).4 Eine derartige Erklärung allein könne weder Unabhängigkeit kreieren noch einen Staat zur Entstehung bringen. Die Unabhängigkeit sei ein soziales Faktum, das durch die Erklärung nicht geschaffen werden könne. Die Entstehung eines Staates bedürfe mehrerer Elemente, die durch eine bloße Erklärung nicht ersetzt werden könnten.5 c. Unterliegt die Erklärung dem Völkerrecht? Da aus diesen Gründen die Erklärung auch nicht dem Völkerrecht unterliege, sei sie außerstande, Völkerrecht zu verletzen. Eine den Autoren der Erklärung obliegende Verpflichtung, eine solche nicht zu erlassen, bestünde auch nicht. Denn es gäbe keine Regel des Völkerrechts, die es einem Bevölkerungsteil verbiete, eine derartige Erklärung zu verfassen.6 Eine derartige Erklärung sei auch keinem Völkerrechtssubjekt zuzuordnen, das fähig wäre, eine entsprechende völkerrechtliche Wirkung hervorzurufen. Weder die Unabhängigkeitserklärung Sloweniens noch jene Kroatiens, die beide ohne Zustimmung der damaligen Föderativen
4 Unabhängigkeitserklärung vom . Februar , Absatz der Präambel; Vgl. Schriftliche Stellungnahme, Absatz und Mündliche Stellungnahme, Absatz . 5 Kreijen, G., Transformation of Sovereignty and African Independence: No Shortcuts to Statehood, in: State, Sovereignty and International Law (Kreijen, G. Hg.) , (); Art. , Übereinkommen von Montevideo über Rechte und Pflichten von Staaten, Dezember , L.N.T.S. ; vgl. Schriftliche Stellungnahme, Absätze – und Mündliche Stellungnahme, Absätze –. 6 Vgl. Schriftliche Stellungnahme, Absätze f und f ; Mündliche Stellungnahme, Absatz f.
struktur und inhalt von österreich
Republik Jugoslawiens ergangen waren, wären auf irgendwelche Proteste wegen Völkerrechtswidrigkeit gestoßen.7 Sicherlich wende sich das Völkerrecht auch an nicht-staatliche Akteure oder an Einzelpersonen, doch betreffen diese Regeln lediglich meist Menschenrechte, humanitäres Völkerrecht oder individuelle Verantwortlichkeit, somit Angelegenheiten, die hier nicht zur Diskussion stünden. d. Verletzt die Erklärung das Prinzip der territorialen Integrität? Die Erklärung verletze auch nicht die territoriale Integrität der Föderativen Republik Jugoslawien, bzw. Serbiens. Die im Völkerrecht verankerte Verpflichtung, die territoriale Integrität eines Staates zu achten, wende sich an Staaten, nicht jedoch an substatale Einheiten und schließe eine Sezession nicht aus. Im Grunde brauche eine Sezession auch nicht eine Rechtfertigung durch das Selbstbestimmungsrecht. Schon aus drei Gründen sei das Prinzip der Achtung der territorialen Integrität hier nicht anwendbar: . Gemäß Artikel Abs der Satzung der Vereinten Nationen sei dieses Prinzip nur auf die Mitgliedstaaten und nur auf ihre internationalen, jedoch nicht inneren Beziehungen anwendbar. Selbst ein behaupteter erga omnes Charakter dieses Prinzips könne nur Völkerrechtssubjekte verpflichten. Selbst der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe im Fall Osttimor dieses Prinzip der Achtung der territorialen Integrität mit dem Selbständigwerden Osttimors vereinbar gehalten.8 . Wenn aber dieses Prinzip als auf Kosovo anwendbar erklärt würde, dann müssten auch andere Prinzipien, wie jenes des Interventionsverbots, zugunsten Kosovos zur Geltung kommen. . Schließlich stünde einem gegenteiligen Argument die Praxis der Selbständigkeitserklärungen der Staaten Slowenien, Kroatien,
7 Vgl. Assessments and Positions of the SFRY Presidency concerning the Proclamation of the Independence of the Republic of Croatia and Slovenia, Belgrade, October , veröffentlicht in Trifunovska, S. (Hg.), Yugoslavia Through Documents: From its creation to its dissolution, (). Dieses Dokument behauptet nicht die völkerrechtliche Unrechtmäßigkeit der Erklärungen sondern bezieht sich lediglich auf deren Verfassungswidrigkeit; vgl. auch Weller, M., The International Response to the Dissolution of the SFRY, AJIL (); Schriftliche Stellungnahme, Absatz und Mündliche Stellungnahme, Absatz . 8 Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (), . Oktober , Absatz der Präambel; vgl. Mündliche Stellungnahme, Absatz .
gerhard hafner und nadia kalb Bosnien und Herzegowina und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien entgegen. Der jeweilige Staat Jugoslawien habe zwar einzelne Proteste gegen diese Erklärungen erhoben, doch vermochten diese Proteste keine Regel des Völkerrechts zur Entstehung zu bringen, welche Unabhängigkeitserklärungen völkerrechtlich verbiete. Von Seiten Serbiens sei aber dann kein Protest mehr erfolgt, zumal es mit diesen Staaten später Verträge abgeschlossen habe.9 Die Staatengemeinschaft habe alle diese Staaten in die Vereinten Nationen aufgenommen, ohne dass sich eine Stimme des Protestes wegen Völkerrechtswidrigkeit erhoben hätte.
In diesem Konnex sei auch zu beachten, dass die Erklärung selbst ihre Übereinstimmung mit dem Völkerrecht stipuliert habe, weshalb sie entsprechend dem Grundsatz ut res magis valeat quam pereat völkerrechtskonform zu interpretieren sei.10 e. Verbietet das Völkerrecht Sezessionen? Schließlich sei auch generell davon auszugehen, dass das Völkerrecht Sezessionen nicht verbietet. Auch die Erfolglosigkeit einer Sezession bewirke nicht deren Völkerrechtswidrigkeit – im Gegensatz zur allfälligen Rechtswidrigkeit nach innerstaatlichem Recht. Wenn auch gemäß kanadischem Obersten Gericht das Völkerrecht kein eigenes Recht zur Sezession einräume, so verbiete es diese auch nicht.11 Mögen Staaten politisch gegen Sezessionen eingestellt sein, so sei die Sezession ein politischer Akt, der völkerrechtlich erst dann relevant werde, wenn sich ein effektiver Staat gebildet habe. Wäre eine derartige Sezession völkerrechtwidrig, dann würde die Sezessionsbewegung zum Völkerrechtssubjekt werden.12 Die Resolutionen des Sicherheitsrats, die eine Sezession im Falle Rhodesiens und der Republik Kongo für rechtswidrig erklärten, erfolgten im Zuge des Dekolonisierungsprozesses, so dass sie hier nicht anwendbar
9 Agreement on Succession Issues, Juni , Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Slowenien, FR Jugoslawien, ILM (); vgl. Mündliche Stellungnahme, Absatz . 10 Vgl. Unabhängigkeitserklärung vom . Februar , Absatz . 11 Reference re Secession of Quebec, Supreme Court of Canada, August , S.C.R. () Abs. ; Schriftliche Stellungnahme, Absatz . 12 Crawford, J., The Creation of States in International Law, Seite (); Schriftliche Stellungnahme, Absatz .
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seien. Außerdem habe der Sicherheitsrat im Fall Kosovo keine Resolution dieses Inhalts erlassen.13 Schließlich wurde auch argumentiert, dass das . Gutachten der Badinter-Kommission jede weitere Sezession auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens ausgeschlossen habe. Doch konnte dieses Gutachten die weitere Entwicklung nicht vorwegnehmen. Schon die einzelnen Gutachten waren gezwungen, ihre Schlussfolgerungen den jeweiligen Entwicklungen im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens anzupassen. Umso weniger konnten sie auf zukünftige Entwicklungen eingehen oder die zukünftige Bildung neuer Staaten ausschließen. Schließlich sei auch der Staat Montenegro erst nach jenem Gutachten der Badinter-Kommission entstanden, ohne dass irgendwer die Zulässigkeit dieser Staatswerdung bestritten hätte.14 f. Die Untätigkeit des Sicherheitsrates Weder der Generalsekretär der Vereinten Nationen noch der Sicherheitsrat hätten Einwände gegen die Erklärung erhoben, wozu sie zweifellos, wenn nicht schon verpflichtet, so doch in der Lage gewesen wären.15 Aus dem vom Internationalen Gerichtshof angewendeten Grundsatz des qui tacet consentire videtur dum loqui potuit ac debuit folge, dass für sie die Erklärung völkerrechtskonform sei.16 II. Die Frage der Konformität der Unabhängigkeitserklärung mit Resolution a. Wer erklärte die Unabhängigkeit? Wie bereits erwähnt, argumentierte Österreich in seinen Stellungnahmen im IGH-Gutachtenverfahren, dass die Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung in ihrer Eigenschaft als Vertreter des kosovarischen 13 Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (), . November ; Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (), . November ; Schriftliche Stellungnahme, Absätze und . 14 Vgl. Conference on Yugoslavia Arbitration Commission: Opinions on Questions arising from the Dissolution of Yugoslavia, in: ILM , Seiten ff ; Mündliche Stellungnahme, Absätze –. 15 Schriftliche Stellungnahme, Absätze –; Mündliche Stellungnahme, Absätze –. 16 Tempel von Preah Vihear (Kambodscha gg. Thailand) Urteil vom . Juni , ICJ Reports , Seite .
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Volkes gehandelt hätten, nicht als provisorische Institution der Selbstverwaltung. Diesem Argument ist auch der IGH gefolgt, der feststellte, dass die Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung außerhalb des Interimsregimes der Resolution agierten und daher auch nicht an sie gebunden seien.17 b. Wären die provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen befugt, die Unabhängigkeit Kosovos zu erklären? Österreich hat aber betont, dass die Autoren der Unabhängigkeitserklärung selbst dann, wenn sie nicht als Akteure außerhalb der provisorischen Selbstverwaltungseinrichtungen anerkannt würden, dennoch im Einklang mit ihren Kompetenzen gemäß Resolution und den daraus abgeleiteten Vorschriften (Constitutional Framework18) gehandelt hätten. Wäre die Unabhängigkeitserklärung ein ultra vires Akt einer provisorischen Selbstverwaltungseinrichtung gewesen, wäre der Sonderbeauftragte des UNO-Generalsekretärs nach dem Constitutional Framework verpflichtet gewesen, diesen Akt zu annullieren.19 Doch sei die Unabhängigkeitserklärung als Ausdruck der Verwirklichung des Kompetenztransfers von der zivilen Präsenz UNMIK auf die Selbstverwaltungseinrichtungen des Kosovo anzusehen, der in Resolution vorgesehen ist. Zwar hätten Kompetenzen im Bereich der auswärtigen Beziehungen vorerst gemeinsam mit dem Sonderbeauftragten des UNOGeneralsekretärs ausgeübt werden müssen, doch sei es gerade auch Aufgabe der UNMIK, ihre Verwaltungsaufgaben an vorläufige Institutionen zu übertragen20 und in einer Endphase die Übertragung der Machtbefugnisse an ständige Institutionen zu überwachen21. Im Zuge dieses Kompetenztransfers habe der UNO-Generalsekretär bereits zum Zeitpunkt
17 Einklang mit dem Völkerrecht der einseitigen Unabhängigkeitserklärung im Hinblick auf Kosovo, Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom . Juli (im Folgenden: Kosovo-Gutachten), Abs. , . 18 Constitutional Framework for Provisional Self-Government, UNMIK/REG// ( May ), as amended by UNMIK/REG// and UNMIK/REG// (im Folgenden: Constitutional Framework) verfügbar auf http://www.unmikonline.org/ constframework.htm. 19 Kapitel , Constitutional Framework. 20 SR-Resolution , UN Doc. S/RES/ (), . Juni , (im Folgenden: Resolution ), Abs. c. 21 Resolution , Abs. (f).
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der Unabhängigkeitserklärung dem Sicherheitsrat von der sich verringernden Autorität des Sonderbeauftragten berichtet.22 c. Stellt die Unabhängigkeitserklärung eine politische Lösung im Einklang mit Resolution dar? In erster Linie verbiete Resolution die Unabhängigkeit des Kosovo nicht, da sie keine Feststellungen über die Ausgestaltung einer endgültigen Statuslösung treffe. Vielmehr beziehe sich Resolution nur auf die Interims- oder Übergangsphase im Hinblick auf die zivile Präsenz und die Übergangsverwaltung des Kosovo „bis zu einer endgültigen Regelung“.23 Auch der IGH ging später davon aus, dass Resolution ein Übergangsregime darstellt, ohne den endgültigen Status festzulegen.24 Die Vorgänge um die Unabhängigkeitserklärung sowie die gescheiterten Verhandlungen hätten klar gezeigt, dass die Übergangsphase zum Ende gekommen sei. Nachdem die in der Resolution angesprochene „politische Lösung“25 und die „politische Regelung“26 nicht näher definiert sind, könne die Resolution daher die Unabhängigkeit als endgültige Lösung und folglich die Unabhängigkeitserklärung selbst nicht ausschließen. Insbesondere könne Unabhängigkeit deshalb nicht als durch Resolution ausgeschlossen betrachtet werden, da diese sonst auch als Verhandlungslösung ausgeschlossen gewesen wäre. Zusätzlich würden die gewählten Vertreter des kosovarischen Volkes im Rahmen des politischen Prozesses einer endgültigen Regelung agieren, die durch die Unabhängigkeitserklärung herbeigeführt werden sollte. Die Zustimmung Serbiens sei nicht Voraussetzung einer politischen Lösung. Sehr wohl verpflichte Resolution aber zur Berücksichtigung des Rambouillet-Abkommens bei der Bestimmung des künftigen Status des Kosovo. Dieses wiederum beziehe sich auf den „Willen des Volkes“27 – der ganz offenbar in der Unabhängigkeitserklärung reflektiert werde.28
22
Schriftliche Stellungnahme, Absätze –; Mündliche Stellungnahme, Absätze –
. 23
Resolution , Abs. (a). Kosovo-Gutachten, Abs. –. 25 Resolution , Abs. . 26 Resolution , Abs. (c). 27 Interim Agreement for Peace and Self-Government of Kosovo (Rambouillet Accords), UN Doc. S//, . Juni , Kapitel Art. Abs. . 28 Schriftliche Stellungnahme, Absätze f ; Mündliche Stellungnahme, Absätze f. 24
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Auch die anhaltende zivile Präsenz stehe der Unabhängigkeit nicht im Wege, da das Mandat von UNMIK aufgrund Resolution offen und nicht auf die Übergangsphase beschränkt sei.29 Vielmehr treffe die Resolution Vorkehrungen für die Übertragung der Kompetenzen der vorläufigen Institutionen an ständige Einrichtungen.30 Die Anwesenheit von UNMIK stehe überdies auch im Einklang mit dem RambouilletAbkommen und dem Ahtisaari-Plan, deren Umsetzung und Einhaltung auch von einer zivilen Präsenz überwacht werden hätte sollen.31 d. Verstößt die Unabhängigkeitserklärung gegen Ziel und Zweck der Resolution ? Wie der IGH hat auch Österreich bei der Interpretation der Resolution vor allem auf deren Ziel und Zweck abgestellt. Diese seien „eine Lösung der ernsten humanitären Lage im Kosovo“32 sowie laut Abs. , der die zivile Präsenz etabliert, die Sicherstellung von „Bedingungen für ein friedliches und normales Leben für alle Einwohner des Kosovo“. Diese Zwecke sind, aus österreichischer Sicht, durch die Unabhängigkeit des Kosovo erfüllt.33 Die Beachtung der territorialen Integrität der ehemaligen BR Jugoslawien hingegen sei kein Element von Ziel und Zweck der Resolution. Die Erwähnung der territorialen Integrität habe lediglich Eingang in die Präambel der Resolution gefunden. Deren weitere Erwähnung im Annex der Resolution beziehe sich, so wie die gesamte Resolution , lediglich auf die Interimsphase, nicht aber auf die Bedingungen einer endgültigen Lösung. Zusätzlich sei in der Präambel der Resolution von der Beachtung der territorialen Integrität im Sinn der KSZE-Schlussakte von Helsinki die Rede. Darin stehe aber das Prinzip der territorialen Integrität auf derselben Stufe wie andere völkerrechtliche Verpflichtungen, wie etwa die Beachtung der Menschenrechte und das Recht auf Selbstbestimmung.34
29
Schriftliche Stellungnahme, Absätze und . Resolution , Abs. (f). 31 Ahtisaari, M., Report of the Special Envoy of the Secretary-General on Kosovo’s future status, UN Doc. S//, März . 32 Resolution , Präambel, Abs. . 33 Schriftliche Stellungnahme, Abs. . 34 Schriftliche Stellungnahme, Absätze –; Mündliche Stellungnahme, Abs. . 30
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Somit stehe die Unabhängigkeitserklärung im Einklang sowohl mit allgemeinem Völkerrecht als auch mit Resolution , wobei hervorhebenswert scheint, dass das Gutachten in vielen Punkten mit der österreichischen Argumentation übereinstimmt.
STICHWORTVERZEICHNIS
Anerkennung (recognition) , ff., ff., f., , f., ff., f., , , , f., f., , ff., , , , , , , f., Deutschland , , , , , f., , , , , , , EULEX , f., Europäische Union , ff., , , , , , , , , f., , f., f., ff., , Frankreich , , , , , , , , Großbritannien , , , Holbrooke Konstitutionalismus ff. Lotus-Prinzip , , , ff. Mauer-Gutachten (Wall Opinion, IGH ) , Milosevic , OMIK ff. Österreich (Austria) , , , , , ff. OSZE (OSCE) , , ff. Palästina (Palestine) ff. Res. ff., , , , f., , , ff.
Russland , , f., , , , , ff., , , f., f., , , , , Selbstbestimmung (Self-determination) f., ff., f., ff., ff., , , , , , , , f., ff., ff., ff., , , Sezession , , ff., , ff., ff., ff., , f., , , , f., f., ff., f., ff., ff., ff. Sicherheitsrat (Entscheidungen, Wirkung) ff. Spanien , , , , , ff., , , Staatenverantwortlichkeit , ff. Staatszerfall (failed state) , , f., ff., USA , , , , , , f., , f., , , , ff., , , , , , , , Uti-Possidetis-Prinzip f., , Vojvodina f., Zypern (Cyprus) , , , f., , , ,
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DAS GUTACHTEN DES IGH ZUR VÖLKERRECHTSKONFORMITÄT DER EINSEITIGEN ERKLÄRUNG DER UNABHÄNGIGKEIT DES KOSOVO V. 22. JULI 2010
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