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Weltgeschichte in spannenden Einzelheften Jede* Heft «4 Seiten
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LUX
H I S T O R f c l * : $ :H"E
R E I H E
Weltgeschichte in spannenden Einzelheften Jede* Heft «4 Seiten
Jleftpreia 75 Pfgl
L U X HISTORISCHE R E I H E bringt In fesselnder » S t e l l u n g , plastisch und farbig, Zeitbilder und Szenen au* dem großen Abenteuer der Menschheitsgeschichte. Menschen, Völker, historische Schauplätze und Landschaften aus allen Zeitaltem der Vergangenheit erstehen in bunter Folge vor dem Auge des Lesers. Geschichte wird liier zur lebendigen Gegenwart. Jedes Heft gibt ein abgerundetes und in sich abgeschlossenes Bild des dargestellten Zeitraumes.
Titel der ersten Hefte: 1. 2. 3. 4. 5.
Sphinx am Strom Priester und Magier Götter und Helden Die Griechen Die Perserkriege
9. 7: P. 9. 10.
Die Tempel Athens Alexanderzug Pyrrhns —- der Abenteurer Hnnnibal Untergang Karthagos
Titel der folgenden \um> Kaiser ohne Krone Das Goldene Rom Die ersten Christen Caesarea und Soldaten Germanenzuge Die Hannenschlacht Die Mönche von Monte Cassino Der Prophet Allahs Karl der Große Heiliges Römisches Reich Kaiser und Päpste Die Kreuzfahrer Friedrich Barbarossa Die Hohenstaufen Bürger und Bauern Die Humanisten Der Schwarze Tod Die Renaissance Neues Land Im Westen
Fahrendes Volk Ritter und Landsknechte Kaiser der Welt Der Große Krieg Der Sonnenkönig Ruf Oben» Meer Der Preußenkönig Rokoko Im Schatten der Bustille Generat Bonaparte Kaiser Napoleon Kongreß In Wien Eiserne Straßen Der vierte Stand Verschwörer und Rebellen Sieg der Technik Blsmarck Die rote Revolution Demokratie und Diktatur
und viele weitere Hefte. LUX HISTORISCHE R E I H E bringt Jedes Heft mit farbigem Umschlag, Illustrationen, Geschiehtskundllchen Landkarten, Anmerkungen und Zeittafel.
VERLAG SEBASTIAN LUX - MURNAÜ VOR MÜNCHEN
LUX
HISTORISCHE
REIHE
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OTTO ZIERER
PYRRHUS DER ABENTEURER DIB GRÜNDUNG DES RÖMERRBICHES
VERLAG SEBASTIAN LUX MURNAU • MÜNCHEN - INNSBRUCK • ÖLTEN
EINLEITUNG Weltbewegend und weltverändernd sind die Ereignisse, die das vierte vorchristliche Jahrhundert erfüllen. Alexander der Große von Makedonien erobert die Länder Vorderasiens und schafft ein Weltreich, das vom Peloponnes in Südgriechenland bis in die Weiten des sagenhaften Indiens reicht, Hellas steht auf dem Gipfel seiner Macht, hellenischer Geist belebt die uralten Kulturen Ägyptens, Babylons und Persiens. Die Kunst der Griechen erreicht eine Vollendung, die noch nach Jahrtausenden wie ein leuchtender Stern über der abendländischen Menschheit erstrahlen wird. Nach dem Tode Alexanders, der 323 v.Chr. im Alter von 33 Jahren in der Weltstadt Babylon dem Fieber erliegt, bricht das Riesenreich zusammen, ein Chaos wilder Bruderkriege wirbelt die Völker durcheinander, die Feldherren Alexanders teilen sich das Erbe. Nur wenige Reichsteile bleiben selbständig. Inmitten dieser Zeit wächst die kleine Bauernstadt Rom — unberührt von dem stürmischen Geschehen — zu Macht und Bedeutung heran. In wechselvollen Kämpfen vergrößert sie ihr Einflußgebiet bis nach Unteritalien, wo zahlreiche griechische Kolonialstädte noch außerhalb des römischen Machtbereichs liegen. In der Zeit der Wirren nach Alexanders Tod beginnen die römischen Legionen den Vormarsch in den äußersten Süden der italienischen Halbinsel. Auf der neugebauten Appischen Straße, die von Rom weit bis in den Süden führt, ziehen die Adlerstandarten gegen die Griechenstädte. In dieser gefahrvollen Stunde rufen die Bürger des am meisten bedrohten Tarent König Philipp vom griechischen Festland zu Hilfe. Ihm folgen viele Griechen, Abenteurer, Glücksritter und Berufssoldaten. Alle sind sie überzeugt, daß der Sieg über die italischen Bauern leicht sein werde, da im Gefolge des Invasionsheeres die Panzerwaffe der Elefanten mitziehen wird. In dieser Zeit erscheint einer der Söldner des Pyrrhus in der alten griechischen Hauptstadt Athen.
2
Die Agora, der sonst so belebte athenische Marktplatz, liegt verlassen im Sonnengeflimmer der frühen Naohmittagsstunden. Nur ein paar Müßiggänger und faulenzende Sklaven schlendern an den geschlossenen Marktbuden vorüber. Die Agoranomen — Beamte der Marktpolizei — lehnen schläfrig an den Wänden der Häuser. Aus dem Tor des Gerichtshauses treten zwei Männer mit den Abzeichen der städtischen Richter. Einen Augenblick zögern sie, bevor sie sich aus dem Schatten in die grelle Sonnenflut wagen. Mit eiligen Schritten überqueren sie den Platz, auf dem die Hitze wie eine glühende Wolke lagert. Ihr Ziel ist die „bunte Halle", in deren Wandelgängen die Bildtafeln Polygnots, des berühmtesten zeitgenössischen Malers, um die Wände gruppiert sind. Hier finden seit Jahren die Vorlesungen der „Stoischen Schule" statt, einer Gründung des Philosophen Zenon1. Die Stoa hat den meisten Zulauf unter allen Schulen Athens, mehr als die ehrwürdige Akademie, das Gymnasium Kynosarges und das Lykeion. Besonders groß ist der Andrang, wenn der Meisterschüler Zenons, Kleanthes, die Nachmittagsvorträge hält. Die beiden Zuspätgekommenen betreten leise den vollbesetzten Raum, der von der klaren, kraftvollen Stimme des Kleanthes beherrscht wird. Der hochgewachsene Mann, ein Schüler Zenons, spricht von der Tugend der Selbstbeherrschung, von jener Unerschütterlichkeit der Seele, die der Stoiker als Preis heißen Mühens gewinnt. Hingerissen lauschen die jungen Studenten aus aller Welt und die Gasthörer — reiche Bürger aus Athen —, deren Vermögen ihnen Muße gibt, sich den schönen und edlen Dingen des Daseins zu widmen. Plötzlich entsteht Unruhe in den hinteren Reihen, die Köpfe wenden sich zum Eingang der Halle. Der bunte, 3
syrische Vorhang ist beiseite geschoben, und in der TürÖffnung steht breitbeinig, die Hand auf den Schwertgriff gestützt, ein Hoplit. Die Pracht seiner Rüstung verrät den Truppenführer. Unbefangen mustert er die Versammlung. Dann nimmt er auf einer der letzten Bänke Platz. Die Aufmerksamkeit wendet sich wieder dem Philosophen zu. Aller Zauber hellenischer Sprachkunst entfaltet sich, zwingt die Lauschenden in ihren Bann und führt sie in die kristallklaren Bereiche der reinen Idee. Unter den Worten des Kleanthes entsteht eine neue Welt, in der edle, in sich selbst ruhende und dem Weltgeist ergebene Menschen unter einem schicksalsschweren Himmel leben. Die große Einheit alles Seins, die Brüderschaft der Seelen, erhebt das Irdische über zahllose Stufen zur leidenschaftslosen Stille der Tugend, des Guten und Schönen. Als Kleanthes seine Vorlesung beendet hat, liegt tiefes Schweigen über dem Raum, kaum einer, der sich aus dem Ring der Gedanken zu lösen vermag. Doch jäh wird die Stille der Besinnung zerrissen. Unbekümmert erhebt sich der Offizier auf der letzten Bank, schüttelt seinen Panzer zarecht und geht klirrend nach vorn. Kleanthes blickt ihm fragend entgegen. Da läuft plötzlich ein Lächeln des Erkennens über die ernste Miene des Philosophen. „Sei mir gegrüßt, Parales, Gefährte einer versunkenen Zeit!"
Kleanthes ist, wie die meisten philosophischen Lehrer der Stadt, kein Athener. Er kommt aus der Felsenstadt Assos am jenseitigen Ufer des Ägäischen Meeres. Im Jahre der Schlacht von Gaugamela ist er geboren. Seine athletische Gestalt, seine riesige Körperkraft und eine im Sande der Gymnasien erworbene Gewandtheit ließen ihn schon frühzeitig bei Wettspielen gefeierte Siege erringen. Jahrelang vertrat er seine Vaterstadt in den großen Sportkämpfen der griechischen Stämme. Als die Kriege unter den Nachfolgern Alexanders d. Gr. auch seine kleinasiatische Heimat verwüsteten, wurde er wie viele andere junge Männer Soldat. Ein wechselvolles Abenteurerleben führte ihn durch die Länder und auf die Schlachtfelder der unrastigen Zeit, bis ihn zuletzt ein Schiffbruch mittellos an den attischen Strand verschlug. 4
Oft hat er den Schülern der Stoa die Geschichte seiner Berufung und Umkehr erzählt. Mit den Schicksalsmächten zerfallen, die ihm einst Ehrenkränze, Beute, Sieg und Ruhm geschenkt, ihn dann aber in Vergessenheit und Armut verkommen ließen, trug er, freudlos und am Sinn des Daseins verzweifelnd, sein Los. Umsonst wandte er sein ruheloses Herz zum schweigenden Himmel — Zeus hüllte sich in Wolken und blieb in majestätischer Ferne. Vergeblich stand er als Fremder vor den Marmorbildern der Tempel und betete zu den Göttern, aber er fand keine Hilfe, kein Ziel und nicht den Trost, der das Tor zum inneren Frieden geöffnet hätte. Da gab es der Zufall, daß Kleanthes einem neuankommenden Schüler Zenons das Gepäck vom Hafen zur Stoa trug. Mit ehrfürchtiger Neugier betrat er die Halle, die zum Sinnbild und Mittelpunkt seines neuen Lebens werden sollte. „Metanoeite!" war das erste Wort, das Kleanthes aus dem Munde Zenons vernahm,,,ändert euren Sinn! Kehret heim zur großen Brüderschaft des Geistes, ihr Freunde, werdet Menschen, die sich ihrem Schicksal nicht zu entziehen trachten, sondern sich ihm willig hingeben; die dem Unbegreiflichen nicht widerstehen, nicht titanisch den Himmel stürmen, sondern sich in lächelnder Weisheit beugen . . . " Von dieser Stunde an wurde die Stoa seine Heimat, Leidenschaftlich beteiligte er sich an den Gesprächen; dabei erwies sich, daß er die Lehren der Stoa so selbständig und reif erfaßt hatte, daß ihn Zenon mehr als einmal auszeichnete und schließlich als Gehilfen verpflichtete. Seit einigen Jahren steht er nun als zweiter Lehrer vor seinen griechischen Schülern und darf ihnen mitteilen, was ihm selber zum glücklichen Besitz geworden ist. Die unerwartete Wiederbegegnung mit dem Gefährten in der Halle der Stoa hat den Gelehrten aufs tiefste beeindruckt. Nachdenklich ist Kleanthes dem alten Freunde gefolgt, der ihn aus den heißen Straßen der Stadt in eine der Seitengassen führt, wo eine Schenke, wenig belebt, im Schatten von rankendem Weinlaub liegt. Arbeiter, Seeleute und Eseltreibet kehren hier ein. Die getünchten Wände sind mit Inschriften aller Sprachen bedeckt. „Was kann mir Aphrodite nützen, wenn sie aus kaltem Marmor ist?" 5
Eine wenig einladende Würdigung des Wirtes ist tief in einen Holzbalken gekerbt, man hat vergeblich versucht, sie zu entfernen. „Kneipwirt! möchten deine Lügen Auch einmal dich selbst betrügen! Du trinkst ungemischten Wein, Schenkst den Gästen Wasser ein." * Die beiden Freunde haben auf einer Steinbank vor dem Eingang Platz genommen. Parales bestellt bei dem Wirt „zwei Krüge skythisch" — das heißt nach altem Söldnerbrauch: zwei Krüge ungemischten Weines. Kleanthes hat sich immer noch nicht gefunden; er blickt einem Bauern nach, der seinen beladenen Esel durch den Staub der Straße treibt. Erinnerungen aus vergangenen Tagen stürmen auf ihn ein, die ihm wie wüste Träume erscheinen. Ist es wirklich Parales, der neben ihm sitzt, der alte Haudegen aus den Feldzügen in Kleinasien? „Hör zu, Kleanthes!", beginnt der Soldat, als er durstig den Becher bis auf den Grund geleert hat, „du gefällst mir nicht mehr, alter Freund! Da treibst du dich seit zehn Jahren in Athen herum, erzählst diesen Milchbärten von Moral und Tugend und merkst vor lauter Weisheit gar nicht, daß ringsum die Welt in Flammen steht. In Ägypten liegen sich die Ptolemäer und die Seleukiden in den Haaren und raufen sich um die besten Brocken aus dem Reich Alexanders. In Kleinasien schlagen sich die Truppen des Lysimachos und des Demetrios die Köpfe ein; selbst im gesegneten Makedonien, in Epirus und in Attika wird über kurz oder lang einiges passieren. So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Unsere Weltstellung, dieAIexander erkämpft hat, geht unaufhaltsam dahin, wenn sich nicht ein zweiter Alexander erhebt, der dem Unheil ein Ende setzt. Dieser zweite Alexander ist unterwegs, und er wird, die hellenische Idee gegen die römischen Bauern tragen, wie sie der Makedonenkönig nach Osten getragen hat! Es ist Pyrrhus von Epirus2, der Herr "und König, in dessen Sold ich stehe. Kleanthes horcht auf: „Jetzt verstehe ich dich! König Pyrrhus, von dem alle Welt sagt, daß er Truppen wirbt, hat dich nach Athen geschickt, um unter den Lehrern der 6
Akademie und unter dem jungen Volk unserer Stadt Soldaten zu ködern?" Der Philosoph hebt abweisend die Hände. „Du verführst mich nicht, Parales. Was in meiner Welt groß ist, trägt nicht den Namen von Königen, Heerführern und Helden; Ruhm, den ich erstrebe, ist nicht zu messen an der Zahl der gewonnenen Schlachten und an der Masse der eroberten Länder. Und kehrte Alexander selbst zurück, er vermöchte nicht, die Bahn meines Lebens zu Kriegslärm und Schwertruhm zu lenken. Ich weiß heute, wie wahr das Wort ist: Nur der Weise ist völlig Herr über sich selbst/' Zornig schleudert der Söldner den Tonkrug auf die Steinfliesen, daß Scherben und Wein an die Hauswand spritzen. „Dein Blut ist dünn geworden wie dieser gepanschte Wein", grollt Parales. Schon stehen die Römer in Apulien und Campanien, bald werden sie die Ernte schneiden, die einzubringen Hellas zu matt oder zu unentschlossen ist." „Sagtest du: die Römer?", fragt Kleanthes spöttisch verwundert. „Fürchtest du diese Bauern und Hirten?" „Bei allen Göttern! Wie sehr du dich täuschst!", entgegnet hitzig der Jugendfreund. „Ich habe im Stabe des Pyrrhus Dinge gehört, die anders Hingen. Vor fünfzig Jahren nahmen die Römer Capua in Campanien, dann wurde Kvme an der Küste erobert, und noch vor dem Tode Alexanders hatte Rom Neapel zum Bündnis gezwungen. Luceria in Apulien fiel während der Samniterkriege, und vor kurzem gründete Rom die Militärkolonie Venusia im Süden des Samniterlandes8. Die Festung ist ebenso geeignet, die eroberten Länder niederzuhalten, wie als Angriffebasis gegen die Hellenenstädte zu dienen." „Und warum sollten sie uns angreifen?", zweifelt Kleanthes. „Man hört, daß die Römer der hellenischen Bildung mit höchster Achtung begegnen..." „Und dabei stecken sie vorlauter Achtung unsere schönsten Kolonialstädte ein!" Kleanthes erhebt sich, um das fruchtlose Gespräch zu beenden. „Ich sehe die Dinge nicht mehr als Krieger, lieber Freund. Ich liebe Hellas nicht weniger als du und sorge mich um sein Schicksal, aber ich sehe den Ausweg aus dem Verhängnis nicht im Zwist der Völker. Nur als Teil der Menschheit und nur als Reich der Seele und der großen Gedanken wird Hellas unsterblich sein." 7
Parales zuckt die Achseln und wirft eine Handvoll kleiner Münzen auf den Tisch. In seinem Gesicht kämpfen Zorn, Trauer und Enttäuschung. Die erste Werbung in Athen ist mißlungen. Der alte Freund scheint in unerreichbare Fernen entrückt. „Ach, du ewiger Hellene!", sagt er im Fortgehen, „ich sehe das Vaterland in dir: Jeder Grieche baut sich aus Träumen sein eigenes Königreich und bleibt gefangen im Mauerring seiner Gedanken. Ringsum aber lauert die Welt der anderen, die nüchterner oder brutaler sind. Haben wir nicht die Massen Persiens erlebt, die mit hunderttausend Armen kämpften; aber es war nur ein Kopf, der sie lenkte. Im Westen steigen die neuen Mächte herauf: Karthago, furchtbar durch sein Gold und seine Galeeren, und Rom, erschreckend durch die Hartnäckigkeit, mit der es seine Ziele verfolgt. Die entzweiten Hellenen aber, die sich heute noch des Besitzes von Ländern und Kronen rühmen, werden zwischen Ost und West zerdrückt werden, wenn sie nicht endlich aus ihren Traumen erwachen." Bald findet sich die Gelegenheit, auf die Pyrrhus, der „neue Alexander", wartet. Der Fluchtweg aus der hellenischen Enge tut sich auf, und der Sprung in eine größere Laufbahn, in weltweite Abenteuer, wird möglich. Aus den lange schwelenden Grenzkriegen unteritalischer Griechenstädte gegen die vordringenden Römer lodert die helle Flamme des Tarentinischen Zwischenfalles4 auf. Ein römisches Heer erscheint vor der Stadt Tarent, als König Pyrrhus eilends sein Heer nach Italien übersetzt. Er komme — so verkündet er —•, um ein westhellenisches Reich mit Tarent als Hauptstadt zu gründen. Pyrrhus weiß sich der direkten oder indirekten Unterstützung, der Anteilnahme und freundlichen Gesinnung aller hellenischen Herrscher und Städtebünde sicher. Die einen sind wirklich seine Freunde, die ihm Erfolg wünschen, die anderen, die bisher seine Feinde waren, sind froh, ihn durch das italische Abenteuer entfernt und abgelenkt zu sehen. Sie wünschen ihm maßvolle, doch nicht entscheidende Erfolge, damit er nicht auf den Gedanken komme, zurückzukehren und seine Machtstellung in Griechenland zu erweitern. Nur wenige Staatsmänner der Zeit erkennen, wie sich aus dem anfänglich örtlichen Streitfall allmählich ein Ringen um die Vorherrschaft in Italien und damit im gesamten westlichen Mittelmeerraum entwickelt. 8
Die Welt gleitet in einen neuen Abschnitt ihrer Geschichte hinein. Als den Politikern der Hellenenstaaten klar wird, welche Gewalten Pyrrhus aufgerührt hat, nimmt das Schicksal längst seinen unabwendbaren Gang. Zwei Jahre später beginnt das Abenteuer recht verheißungsvoll. Im ersten Aufeinanderprall griechischer Landsknechtsscharen und römischer Bürgertruppen bei Heraklea, unweit von Tarent, müssen die römischen Legionäre der alterfahrenen hellenischen Kriegskunst weichen, und Pyrrhus kann als Sieger nach Campamen vorrücken. Trotz dieses militärischen Erfolges drängt der Eroberer auf ein schnelles Abkommen mit Rom. Denn inzwischen hat Pyrrhus sich neue Ziele gesteckt. Er braucht alle seine Kräfte für die Eroberung Siziliens. Es liegt ihm nichts an einer Erstürmung Roms, an einer Demütigung der Nation, auf deren gute Nachbarschaft er in Zukunft angewiesen sein wird. Aus diesen Gründen schickt der König seinen fähigsten Diplomaten, den Thessalier Kineas, als Gesandten in die Tiberstadt, um über einen friedlichen Ausgleich und die vernünftige Abgrenzung des hellenischen und römischen Einflußgebietes zu verhandeln. * Der Aufenthalt in Rom, dem der hochgebildete und weltgewandte Diplomat Kineas mit Geringschätzung und spöttischem Hochmut entgegengesehen hat, verläuft jedoch keineswegs nach seinen Erwartungen. Als er die aus Lehm, Fachwerk und groben Steinen erbauten Häuser der kleinen Stadt zum erstenmal erblickt, erscheint ihm seine Aufgabe fast allzu leicht. Es wird keiner großen Anstrengung bedürfen, um diese Barbaren zu übertölpeln. Kineas wohnt als Gast im Hause des Senators Lutatius, das etwas erhöht über den Volksvierteln am Capitolinischen Felsen liegt. An seine Aufgabe wendet er all jene an orientalischen Fürstenhöfen erlernten Künste: Schmeicheleien, geistreiche Höflichkeiten gegen Volk und Senat, persönliche Liebenswürdigkeit gegenüber den Gastgebern und geschickt verbrämte Bestechungsversuche. Aber bisher ist er um keinen Schritt weitergekommen. Diese Römer hören sich sein verbindliches Geplauder mit ausdruckslosen Gesichtern an. Kein Lächeln, Keine Gefühlsäußerung ermutigt 2(8)
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den Gesandten. Und die diskret verschleierten, goldklingenden Angebote scheinen sie einfach nicht zu verstehen. Der Hellene ist ratlos. Er kommt diesen Leuten nicht näher, obgleich er schon vor Jahren ihre lapidare, wie gepanzert dröhnende Sprache erlernt hat. Nicht einmal den jungen, ihm zur Begleitung oder Aufsicht beigegebenen Patriziersohn Gajus Lutatius Catulus vermag er zu sich he r ü berzuz iehen. Alle Glieder schmerzen ihn von den schlecht verbrachten Nächten auf hartem Strohlager. Die römischen Barbaren besitzen nicht einmal für die hohen Gesandten einer auswärtigen Macht griechische Luxusbetten mit Daunenpolstern und weichen ägyptischen Linnenbezügen, ganz zu schweigen von der Bequemlichkeit syrischer oder kleinasiatischer Ruhelager. Wie sie selbst von Mehlbrei und einfachen Suppen leben, wie sie auf harten Holzbänken sitzen und alle Annehmlichkeiten des Lebens als Weichlichkeit verdammen, so verlangen sie auch von ihren Gästen diese fast spartanische Lebensführung. Der Eintritt des fünfundzwanzigjährigen Lutatius Catulus entreißt Kineas seinen Gedanken. Der Patrizier fragt nach den Wünschen des Gesandten. Kineas sieht den Römer nachdenklich an, als erblicke er ihn zum erstenmal. Catulus ist groß und gut gewachsen und trägt die Toga, das Gewand der Vornehmen, mit gelassener Würde. Um dieses Kleid, das sich in breitem Faltenwurf über Schulter und Arme schlingt, in der vorgeschriebenen Weise zu tragen, bedarf es langjähriger Übung, vielleicht sogar der Tradition von Geschlechtern. Die kunstvolle und etwas unbequeme Anordnung des Gewandes macht Unbesonnenheiten und leidenschaftliche Gesten unmögüch und zwingt zu gemessener Bewegung. „Warum, mein lieber Freund", sagt Kineas unvermittelt, „müssen Hellenen und Römer eigentlich Feinde sein? Das ist etwas, was ich nicht verstehe und was in Hellas niemand für unabwendbar hält* Ich bin bestürzt über die eisige Luft der Ablehnung, des Hasses, die mich und alles Hellenische hier in Rom anweht." Die tiefschwarzen Augen des jungen Römers mustern kühl den Fremden. „Warum wundert dich das", sagt er, „ihr habt uns angegriffen und seid auf italischem Boden gelandet!" 10
Kineas atmet auf; hier ist endlich einmal ein Patrizier, der sich wenigstens zu einer Diskussion herabläßt. „Heißt das nicht die Dinge zu einfach betrachten?", fahrt er schnell fort. „Rom kann König Pyrrhus keinen berechtigten Torwurf daraus machen, daß er dem Wunsche, ja, den flehentlichen Bitten der Tarentiner gefolgt ist und den Schutz der Stadt gegen römische Truppen übernommen hat. Er landete nicht auf römischem Hoheitsgebiet, sondern auf alter hellenischer Erde. Ihr werdet wohl nicht bestreiten wollen, daß seit undenklichen Zeiten Hellenenstädte die Küsten Unteritaliens beherrschen?" Das Gesicht des Kömers bleibt unbewegt. , jPyrxhus nahm die Friedensbrecher in Schutz und verbündete sich mit der schuldbeladenen Stadt. Die Aktion Roms gegen das frevelhafte Tarent war vor Göttern und Menschen gerecht. Haben nicht die Tarentiner mitten im Frieden zehn unserer Schiffe, die den Verkehr mit der Stadt Thurii aufrechterhielten, Übersegelt? Eines ist gekapert worden, vier andere gingen auf Grund, und der Rest konnte sich nur durch eilige Flucht retten. Anstatt die von Rom geforderte Buße zu erlegen, überfielen die Piraten die dem römischen Schutz anvertraute Kolonie Thurii und nahmen sie ein. Der Senat stellte auch jetzt noch maßvolle Sühneforderungen, aber in gottlosem Übermut beleidigte man in Tarent unsere Gesandtschaft. Rom wäre nicht Rom, wenn es daraufhin nicht den amtierenden Konsul Lucius Aemilius Berbula mit einem Heer gegen Tarent entsandt hätte. Die Stadt stand unmittelbar vor dem Fall, als Pyrrhus eingriff." Kineas ist sehr aufmerksam geworden. Wenn er im Osten wäre, so wüßte er genau, zu welchem Zweck ein solches Gespräch geführt würde. Es gäbe keinen Zweifel darüber, daß der junge Gesprächspartner den fremden Gesandten auszuhorchen versuche. Hier in Rom aber ist alles ungewiß. Sorgfältiger als bisher wählt der Grieche seine Worte. „Es wäre so vieles leichter zwischen Rom und Hellas", sagt er, „wenn beide Partner sich gegenseitig zu verstehen suchten. Man sollte sich hier am Tiber die Mühe machen und sich einmal in die Lage Tarents versetzen. Tarent ist eine Großstadt, die seit langer Zeit eine gewisse Schutzherrschaft über die unteritalischen Hellenenstädte in Anspruch nimmt, so wie sie Syrakus mit gutem Recht in Si11
Zilien ausübt. Eine Industrie- und Handelsstadt von "Weltrang kann nur leben, wenn die überlieferten Beziehungen zu ihxen Handelspartnern ungestört bleiben. Die Römer aber nahmen das aufsässige Thurii, einen Platz, der immer Konkurrent und Feind Tarents war, unter ihren Schutz. Das mußte in Tarent als gefährliche Störung im Gleichgewicht des Südens empfunden werden. Als dann Rom vor einigen Jahren begann, über die Apenninenberge nach dem Adnatischen Meer vorzustoßen, als es die Kolonie SenaGallica5 gründete und die See Verbindung zwischen Adria und Tyrrhenischem Meer zustande kam, war eine weitere Lebensader Tarents durchschnitten. Auf den Märkten, die Tarent beherrschte, machten sich fremde Händler breit!" „Rom hat keine Flotte, und es ist kein Volk von Krämern l" Der Diplomat lächelt über das Mißverständnis des Römers. „Nein — nicht Rom! Aber eben, weil es keine Flotte hat und weil es nicht Handel treibt, ist es der Verbündete des gefährlichen Karthagos geworden, das sich im Westen Siziliens festgesetzt hat; Rom hat durch sein Vordringen in Italien den Herren der afrikanischen Küsten den Weg freigekämpft. Die karthagischen Kauf leute laden ihre Waren in römischen Hafenplätzen aus und machen sich auf den Märkten breit, die bislang hellenisch, vor allem aber tarentinisch waren." „Es geht also um den Handel?", erwidert der Römer mit sichtlicher Verwunderung, „ja, ich glaube, neulich so etwas von den Senatoren gehört zu haben." „Zwei Völker nebeneinander können nur Handel treiben", beharrt Kineas, „wenn sie die Märkte abgrenzen und ihre Einflußräume gegenseitig achten. Das zu erreichen bin ich hier." Lutatius Catulus schüttelt den Kopf, eine leichte Röte bedeckt seine Wangen. „Du hast davon gesprochen, daß wir versuchen sollten, den Standpunkt des Gegners zu begreifen. Nun, ich erwidere dir mit derselben Aufforderung. Auch wir fordern Verständnis für unsere zwingende Lage. In Rom gewinnt manches an Gewicht, was euch zu unbedeutend erscheint, als daß ihr überhaupt davon Notiz nähmet. Warum erwähnt ihr in euren Betrachtungen nie den Namen jenes Volkes, das beinahe den Angelpunkt unserer Sorge dar12
stellt: ich meine die Gallier? Außer dem großen Galliereinfall vor drei Menschenaltern6, der selbst in Athen Aufmerksamkeit erregt hat, scheint es euch entgangen zu sein, wie sehr uns die andauernden und immer wiederkehrenden Angriffe dieser Wilden zu schaffen machen. Jeder Krieg, den Rom in Italien zu führen hatte, war mit gallischen Feindseligkeiten im äußersten Norden unserer Halbinsel verbunden. Damals bei Sentinum7, als wir endlich die Samniter bezwangen, standen gallische Horden auf ihrer Seite, und Gallier verheerten Oberitalien; vor vier Jahren wiederholte sich das gleiche, nur daß diesmal die aufständischen Etrusker sich mit dem gallischen Stamm der Bojer verbündeten. Im letzten Menschenalter plünderten mehr als sechsmal Gallier in Mittelitalien und röteten unseren Himmel mit Brandschein. Immer wieder brechen sie aus dem Padustale 8 hervor. Italien ist ihnen altgewohntes Jagdund Raubrevier. Gäbe es Rom nicht, so wäre die Halbinsel gallisch, und die Völker zwischen Etrurien und den hellenischen Küsten müßten sich der grausamen Herrschaft der Eindringlinge beugen. Die Frage, die an unser Land gestellt wird, heißt: Will Italien römisch oder gallisch werden? Gegen die gallische Aggression führten wir die Kolonisten ins Land der Senonen nach Sena-Gallica, nicht um den tarentinischen Handel zu stören; und um die Kraft der Abwehr zu stärken und die Völker der ganzen Halbinsel unter unserer Führung gegen die Gallier zu einen, sind wir nach Süden marschiert, nicht aber, um Tarents keramische Industrie, seine Webereien und Werften auszuplündern. Das ist, o Gastfreund, unser Standpunkt." „Aber es ist doch ebenso unmöglich wie unnatürlich", sagt Kineas erregt, „daß die lebensvolle Vielfalt undEigenständigkeit der italischen Völker in die römische Form gepreßt und damit ausgelöscht werden soll, nur, damit Rom ein größeres Aufgebot gegen seine gallischen Feinde zur Verfügung habe! Westhellas wenigstens wird sich nie dazu bereit finden, seine Unabhängigkeit den römischen Interessen zu opfern." „Es gibt keinen anderen Weg, wenn Italien leben will." Schroff steht Meinung gegen Meinung, keine Brücke der Verständigung führt von Hellas nach Rom. Das Gespräch stockt. Schritte werden laut. Die Vorhänge des Gastgemachs schlagen auseinander. Farales — jetzt Stabsoffizier und Chiliarch9 im Dienste des Königs 13
Pyrrhus — steht unter der Tür. Höflich entfernt sich der Römer, um die beiden Hellenen sich selbst zu tiberlassen. Die Botschaft, die der Chiliarch im Auftrage des Königs dem Gesandten überbringt, ist bestürzend. Pyrrhus läßt seinem Vertreter dringend ans Herz legen, die Verhandlungen unter allen erträglichen Bedingungen zum Abschluß zu bringen. Seine Hilfsmittel neigen sich, dem Ende zu; die vom unmittelbaren Druck der römischen Gefahr befreiten Griechenstädte sind des Militärregimentes satt und weigern sich, weiter die hohen Lasten für den Unterhalt der königlichen Truppen zu tragen. „An mir liegt es nicht', sagt Kineas mutlos, „ich tue, was ich kann, um den Frieden auszuhandeln. Aber Rom will nicht, Rom schweigt, Rom — die besiegte Stadt — ist so starr, wie ich niemals vorher einen Besiegten sah." Parales gürtet sein breites Schwert ab und wirft es dröhnend auf den niedrigen Tisch. „Dieses Barbarennest!", grollt er, „ich glaube, es lohnte sich kaum, es zu plündern." * Kineas und Parales stehen in Begleitung des Lutatius Catulus in dem kleinen, an die Rückwand des Hauses anschließenden Garten. Blockige Stützmauern halten die Terrasse an der Flanke des Capitolinischen Berges. Das Haus ist eine Zwingburg, ein finsterer Horst, den die alte Adelsfamilie zu Häupten des beherrschten Volkes aufgerichtet hat. Ahnliche Patrizierwohnungen liegen in langer Reihe an den Hügeln. Lange verharren die beiden Fremden im Anblick Roms. Es ist die Atmosphäre der Kargheit und rauhen Kraft, die sie gefangen nimmt, diese Andeutung einer erst kommenden, größeren Form, die noch niemand zu sehen vermag und die doch schon zu spüren ist. Ein blauer, am Horizont gelblich kühler Himmel steht Über den Hügeln Roms. In weiträumigen Schleifen windet sich der Tiberfluß durch die grünen Täler. Jeder dieser Hügel ist ein Wesen für sich, eigenwillig und charakteristisch durch die Besonderheit der Häusergruppen, Gehöfte und Tempel, die ihn schmücken. Hier ist keine Enge und keine Beschränkung des Raumes. Weit — durch Gärten und Hecken, Wiesen und Haine voneinander getrennt 14
— sind die massigen, aus Quadern oder lehmbeworfenem Bannstein gefügten Adelshäuser mit ihren Schindel- und Strohdächern verstreut. Nur um die Capitolinische Felsenburg scharen sich die Patrizierkastelle enger zusammen. Auch in ihnen leben Eigenwille und Trotz, sie gleichen den Profilen der selbstbewußten, harten Männer, die sie gebaut haben und die sie bewohnen. Das eine Haus schließt sich fensterlos, finster, um seinen Innenhof, das nächste lugt mit niederen Türmchen über die Mauern, als halte es ein wachsames Auge auf die Herde der im Tale liegenden Plebejerwohnungen10. Und wieder ein anderes hat seiner Fassade durch Torbau, Bogengang oder hölzerne Galerien ein wenig von jener Strenge zu nehmen versucht, die hier alles Leben bestimmt. Hoch oben liegt, in grüne Haine gebettet, das Capitol, schroff stürzen die graugelben Felsen zur Tiefe; kühn gemauerte Treppen führen zum Marktplatz hinunter. Dort breitet sich an erhöhter Schmalseite die Kurie, der Versammlungsort des Senats, Herz dieser Stadt. LutatiuB Catulus nennt den Gästen die Tempel, die an den hervorragenden Punkten, meist in etruskischem Quaderbau, aufgeführt sind. Da ist das Heiligtum des Jupiter Gapitolinus, das hoch oben auf dem Gipfel der Felsen thront und von dem der Blick weit ins Land, bis zu den Bergen des Apennin, schweift. Von dort breitet der römische Gott die schützenden Hände über das Land Italien, das er der Tugend und Tapferkeit seiner Söhne anvertraut hat. Seltsam sind die Namen dieser Heiligtümer: Jupiter Stator, der Aufhaltende, — Juno Moneta, die Mahnerin; es gibt Tempel, die den Zunamen Honor, Ehre, — Virtus, Tugend oder Concordia, Einigkeit, tragen. Parales wendet sich gelangweilt ab. Mehr als merkwürdig erscheint ihm diese Stadt, die so viel von Tugend spricht. „Habt ihr keinen Tempel des Eros?", versucht er zu scherzen, „oder doch wenigstens einen der Freude?" „Nein", erwidert Lutatius ernsthaft, „doch wir verehren die Keuschheit im Tempel der Vesta und die Tapferkeit am Altar des Mars." Kineas deutet zu den großen Straßenzügen hinüber, auf denen vom Marsfeld am Tiber eine festlich bewegte Menschenmenge stadteinwärts zieht. „Begeht Rom einen Feiertag?" 15
„Das große Lustrum, das Reinigungsfest, beginnt in einer Stunde", erklart ihm der Römer, „in jedem fünften Jahr findet diese Feier statt, und nur den diensttuenden Soldaten ist es erlaubt, fernzubleiben. Ich selbst wurde durch einen Entscheid des Zensors beurlaubt." „Also eine Heerschau!", meint Parales sarkastisch, „Rom prüft, ob es stark genug sei, noch einmal einen Gang gegen Pyrrhus zu wagen!" „Du irrst, das Lustrum ist keine militärische Musterung", erwidert Lutatius, ohne den Spott zu beachten. „Das Volk tritt nach seiner Klassenordnung an, die höchstbesteuerten Classici oben, die Proletarii unten. Der Zensor überprüft mit seinen Gehilfen die Rechtmäßigkeit der Einreihung, er hört Anträge auf Änderung des Klassenstandes an und läßt die Namen der Antragsteller aufschreiben. Aber es geht nicht nur um die Trennung der Steuerklassen, sondern vor allem um die Überprüfung des gesamten Volkes, ob kein Frevler, Unwürdiger oder Unreiner seinem geheiligten Verband angehört. Denn nur durch Reine und Gereinigte kann die Majestät des Vaterlandes vor den Göttern würdig vertreten werden." „Welch ein Glück", meint Parales, „daß die hellenischen Götter milde und nachsichtig mit uns Griechen sind! Es sähe sonst trübe für Hellas aus; ich glaube nicht, daß der alte Zeus viel Freude an unseren Spöttern, Philosophen, Aufklärern und Gottesleugnern hätte." Der Patrizier blickt den Hellenen mit Verwunderung, Ablehnung und Verachtung an, dann wendet er sich wortlos um. Noch am selben Abend trifft eine Botschaft aus der Kurie ein; der Gesandte des Pyrrhus wird angewiesen, sich für den Vormittag des folgenden Tages bereitzuhalten. Er soll an der Senatssitzung teilnehmen und das Recht genießen, vor versammeltem Volke den Standpunkt seiner Regierung zu vertreten. Bis tief in die Nacht sitzt Kineas bei der rußenden Öllampe in seinem Gemach und entwirft die Ansprache, die Büdstit* rechts: Rekonstruktion des römischen Capitols; die römische Wölfin mit den später hinzugefügten Zwillingen Romnins und Remns(Bronze); König Pyrrhus; altrömische Häuser; Opferprozession mit Priestern und dem PontHex Maximus, dem Oberpriester Roms.
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er vor den versammelten Vätern des römischen Staates zu halten gedenkt. Vom Capitol herüber hallt regelmäßig der Anruf der Wachen, der Hüter Borns. * Vor dem Torbau des Lutatierhauses steht eine Doppelsanfte11. Sie ist von einem hölzernen, mit Tuch bespannten Baldachin überdacht und wird an langen Stangen getragen. Die fremden Gesandten haben das in Rom unbekannte Beförderungsmittel mitgebracht. Kineas und Parales nehmen auf den bunten Kissen Platz. Sie ziehen die Vorhänge nur halb zu, um das Treiben auf den Straßen beobachten zu können. Die steilen Gassen des Capitolinischen Viertels sind heute belebter als an anderen Tagen. Rechts und links der Straße kauern die Felsennester des römischen Hochadels. In der Höhe des breit und finster hingelagerten Gebäudes der Curia Hostilia fallt Parales ein in den gewachsenen Felsen eingebauter, blockiger Turm auf. Die schmalen Lichtöffnungen sind mit schweren Eisenstäben vergittert. Neugierig fragt er seinen Begleiter nach dem Zweck dieses Turmes. „Die Kehrseite des römischen Patriziertumsl", sagt Kineas. „Das ist der Carcer — das schreckliche Mamertinische Verließ, in dem die Gegner des Senats im Elend enden." Nur mühsam bahnen sich jetzt die Sänftenträger ihren Weg durch die Volksmassen, die dem großen Platz des Forums zudrängen. Aber kein Stock hebt sich, kein Stein fliegt gegen die Gesandten des Feindes. Nicht einmal Schimpfworte werden laut. Die Sänfte zieht durch eine Gasse stummer Feindschaft. Bei der Kurientreppe erreichen die Hellenen den freien Platz. Welch ein Versammlungsort! Unmittelbar zu Füßen des Capitolinischen Tempels liegt die Kurie — ein überdachter, tempelartiger Bau in etruskischer Bauweise, massig und ehrfurchtgebietend1. Zu dieser eindrucksvollen Kulisse führt vom Forum herauf ein 18
treppenförmig ansteigendes Podium mit vielen Sitzreihen, das »Comitium* — der geweihte, öffentliche Tagungsort der Patrizier. Söhne des Adels stehen in dichter Reihe wie eine Scheidewand zwischen dem großen, dem Volke vorbehaltenen Hauptteil des Forums und jener erhöhten Tribüne des Senats. Beim Erscheinen der Sänfte schwillt das Gemurmel der Massen an, dann aber breitet sich erwartungsvolle, spannungsgeladene Stille über das Forum Romanum. Die Aufmerksamkeit wendet sich den beiden Männern zu, die ihre Sänfte verlassen haben und zu der Treppe des Comitiums hinübergehen. Ein Patrizier, an den rotbebänderten Schuhen und dem handbreiten Purpursaum der Toga als Senator kenntlich, wartet am ersten Absatz der Tribüne. Er tut nicht einen einzigen Schritt den Gesandten entgegen; ruhig laßt er sie herankommen, gemessen ist sein Gruß, und mit hoheitsvoller Geste geleitet er die Hellenen über die Stufen der Tribüne hinauf. Dreihundert Männer sitzen dort in der Amtstracht der Senatoren, die Häupter der alten Familien Roms, harte, kantige Bauerngesichter. Die beiden Fremden fühlen die kühlen, abschätzenden Blicke; fast körperlich spuren sie den Widerstand dieser Männer. Ablenkend fragt Kineas im leichten Plauderton seinen Führer, was die Menge der schweigenden Knaben und Jünglinge bedeute, die sich rings um das „Senaculum", den Beratungsort, dränge. „Das sind unsere Söhne", erwidert der Senator, „sie lernen beizeiten, wie Rom regiert wird; denn sie werden die Senatoren von morgen sein." Die Neugierde der Menschenmenge ist befriedigt und wendet sich anderen Dingen zu; nun brandet der Lärm des weiten Platzes wieder zu der Höhe des Comitiums herauf. Die Hellenen nehmen die angewiesenen Sitze ein. „Sieh nur, wie sinnvoll das alles ist", sagt Kineas lächelnd zu Parales, der unruhig mit einem Amulett spielt, das an dünner Goldkette baumelt. „Dort oben auf dem Felsen hinter uns thront die Majestät des Capitolinischen Jupiter, ihr zu Füßen steht die Tribüne des Staates, des Senats. Mein Freund, das ist keine Versammlung von Sterblichen! Solange die alten Familien leben, werden ihre Oberhäupter sich auf dieser Bühne zusammenfinden und das Gewissen Roms sein. Wie sie schweigend dasitzen, bei19
nahe wie die Götter, die sie vertreten! So sehen keine Men* sehen aus, das ist der Staat selber, verkörpert in fühllosen Figuren. Und dort unten, wo es wogt und streitet, wo es Leidenschaften, Neid, Haß, Zwietracht und Kleinmut eben darf, da wartet das Volk, um mitzuwirken an seinem chicksal. Doch still, ich glaube, das Spiel hebt an!" Der Lärm der Menge ist verstummt. Aus dem Tor der Kurie sind, von Adelssöhnen geleitet, zwei Männer getreten. Auch sie tragen die purpurgesäumte Toga der Senatoren. Je sechs Liktoren mit Rutenbündeln und Beilen schreiten ihnen voran. Die beiden Senatoren sind die Konsuln der römischen Republik. In bedachtem Schritt begeben sie sich zu den mit Gold und Elfenbein verzierten Sesseln, die in der ersten Reihe des Comitiums stehen. „Die kurulischen Stühle", erklärt Kineas dem Gefährten, „die alten Königssitze der Etrusker.'" Die Liktoren haben sich in einer Reihe vor den Aufgang der Tribüne postiert. Der ältere der Konsuln tritt an das Rednerpult und hebt grüßend den Arm. „Avete, patres conscriptil" Wieder wendet sich Kineas zu seinem Begleiter und gibt Musternd die Erklärung. „Der Gruß »eingeschriebene Väter' bedeutet, daß hier im Senat nur die in altgeheiligte Listen eingetragenen Sippen Oberhäupter Platz haben dürfen..." Ein mißbilligender Blick des zunächst sitzenden Senators läßt den Hellenen verstummen. Der Konsul der Republik spricht. Lautlos verharren die Tausende auf dem
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Platz.
„Es ist im Rate der ewigen Götter beschlossen", hört man den Redner sagen, „daß Rom die Schützerin der italischen Völker sein soll. Viele benachbarte Gemeinden schlössen schon in Vortagen einen unlösbaren Bund mit unserer Stadt und wurden unsere getreuen Freunde. Latiner und Sabiner sind unsere Schutzbefohlenen und fanden unter der strengen Gerechtigkeit römischer Ordnung und der Tüchtigkeit unserer Waffen jene Sicherheit, die man braucht, um leben zu können. Hätten uns nicht schon die Erfolge gegen Etrusker und Samniter Anspruch auf die Führung der Halbinsel gegeben, so würden wir dieses Recht durch unsere wiederholte Abwehr der Gallier erworben haben. Die Adler unserer Legionen flogen bis 20
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Apulien im Süden und bis vor die Mauern Tarents. Bei der Besetzung Campaniens vor mehr als einem Menschenalter stießen wir zum erstenmal auf die Macht der unteritalischen Hellenen! Niemals haben wir gegen Griechenland Feindschaft empfunden. Die Griechen Neapels, Cumaes und Paestums leben seit langem mit uns 12in friedlicher Nachbarschaft, ja, unter unserem Schutz , und beide Teile hatten bisher die Gewißheit, dabei zu gewinnen. Dieses gute Verhältnis ist seit dem Aufkommen osthellenischer Eroberungspläne gestört. Ehe ich aber, ihr Väter, von den jüngsten Ereignissen in Italien spreche, laßt mich einen Blick in die Welt tun. Dem Tyrannen Agathokles von Syrakus gelang vor einiger Zeit der Versuch, die Hellenen Ostsiziliens zu einigen. Das konnte uns, da es außerhalb unseres Raumes geschah, gleichgültig sein. Aber schon Agathokles trug sich mit dem Gedanken, ein westgriechisches Reich zu schaffen und — was uns nicht gleichgültig sein durfte — die süditalischen Städte für dieses Reich zu gewinnen. Die Masse seiner Landsknechte stammte aus unserer Provinz Campanien, unzufriedenes und der römischen Ordnung entlaufenes Kriegsvolk, das sich jeder gefüllten Kriegskasse verkauft. Der große Alexander hat nicht nur den Osten des Erdkreises in die Hände der Hellenen gegeben,13sondern er hat auch jene geistige und politische Bewegung geschaffen, die allen anderen Völkern griechische Art und Oberhoheit aufzudrängen begehrte. Wir werden aber niemals dulden, daß sich Griechenland auch auf italischem Boden ausbreitet. Darum allein geht es! Seit dem Tode des Königs Alexander ist der gesamte Osten aufgewühlt von den Kämpfen seiner Generale, Syrien, Kleinasien und Ägypten liegen im Streit, in Makedonien und Griechenland wechseln die Herrscher wie die Jahreszeiten. Diese ungeklärten Zustände sind der Nährboden, auf dem die Abenteuer und Abenteurer gedeihen: Ich spreche von Pyrrhus, dem sogenannten König..." Als dieses Wort höchster Verachtung fällt, drängt Kineas, bebend vor Zorn, an die Brüstung der Tribüne. Aber im gleichen Augenblick hat er sich gefaßt und kehrt bleich zu seinem Platze zurück. Keiner der Senatoren wendet auch nur den Blick zu dem Griechen, selbst die Patrizierknaben geben sich den Anschein, als hätten sie den Zwischenfall nicht bemerkt. 21
Schon hört man wieder die Stimme des Konsuls. „Man vernimmt zwar von hellenischer Seite, daß Pyrrhus dem Geschlecht Alezanders entstamme, aber trotzdem bleibt er für uns ein Abenteurer. Seine bisherige Laufbahn beweißt unsere Ansicht. Überall hat er schon sein Glück versucht. Zuerst gelang es ihm mit Hilfe seines Schwiegervaters, des Generals Ptolemäus von Ägypten, im Bergland von Epirus eine Art Königreich aufzurichten, dann behauptete er eine Zeitlang den makedonischen Thron, bis ihn ein Stärkerer von dort vertrieb. Da er sich so von allen Seiten bedrängt sah, hielt er Ausschau nach anderen Plätzen, um seinen Ehrgeiz zu stillen. Das Angebot der Tarentiner schien ihm die Möglichkeit zu geben, seine Wahnsinnspläne von italischem Boden aus zu verfolgen; seine griechischen Gegner aber waren froh, ihn aus Epirus loszuwerden. Deshalb unterstützten sie ihn: der eine mit Geld, der andere mit Schiffen; Ptolemäus schickte aus Ägypten Söldner und Kriegselefanten. Und Pyxrhus hatte Glück. Kurz bevor Aemilius die Mauern Tarents erstürmen konnte, war die Pyrrhusarmee an der italischen Küste erschienen. 25000 Söldner aller Länder des Ostens zogen durch die Stadttore Tarents, vaterlandslose Gesellen, lüstern auf Raub, Beute und Abenteuer..." Der Konsul hat den herabgeglittenen Zipfel der Toga neu geschürzt und fahrt mit erhobener Stimme fort: „Der Übergang einer so mächtigen Heeresmacht nach Italien und die offen ausgesprochene Absicht, den Alexanderzug im Westen zu wiederholen, bewiesen uns, daß es um die Entscheidung über uns selber ging. Schon erhoben sich die hellenischen Küstenstädte und zerrissen das aus freien Stücken beschworene Bündnis. Agenten des Pyrrhus hetzten Etrusker und Samniter zur Schilderhebung gegen Rom. Botschaften gingen an die Erbfeinde des Landes, an die Gallier im Padustale. Aber zum Glück folgten nur die Etrusker dem Verführer, und Jupiter Capitolinus gab mir, dem Konsul, die Macht, sie zu schlagen. Ich führe noch andere Tatsachen an, die unsere Lage günstig erscheinen lassen. Die Griechen auf Sizilien leiden unter den meuternden Truppenteilen der MakedonenArmee. Sie stehen zudem im Kampf mit dem machtvollen Karthago. Da die Belange dieser gewaltigen Seestadt die gleichen sind wie die unsern, haben die Karthager uns ein 22
Kriegsbündnis angeboten. So wenig wie Rom auf itali" schem Boden, kann Karthago in Sizilien das Auftreten einer neuen Macht dulden. Über den Bündnisantrag der Karthager werden wir beraten. Lassen wir uns nicht übertölpeln. Dieser König ohne Königreich hat weder den militärischen und politischen Instinkt, noch die staatsmännische Klugheit eines Alexander. Sein Unternehmen ist nur auf Soldtruppen, nicht aber auf dem einhelligen Willen einer Nation aufgebaut; sein heimatliches Machtfeld in Epirus ist schmal und zur Zeit ernsthaft gefährdet. Denn aus dem Osten und Norden kommen Nachrichten, daß die Gallier auch auf der griechischen Halbinsel zur großen Eroberungswanderung aufgebrochen sind. In Thrakien und Makedonien finden heftige Kämpfe statt, in den nördlichen Bergländern scheint sogar ein keltischer Staat im Entstehen. Unbestätigte Gerüchte sprechen davon, eine Gruppe von Galliern sei bis zum Delphischen Orakel nach Mittelgriechenland vorgedrungen, habe den Apollotempel geplündert und die Schätze geraubt. All diese Ereignisse binden die Kraft der Hellenen im Osten. Pyrrhus darf mit keiner Unterstützung aus seiner Heimat rechnen. So sehr sich auch der Gegner um unsere Bundesgenossen bemüht, sie halten in achtenswerter Treue an den Verträgen fest; auch in unseren von Pyrrhus besetzten Kolonien waren ihm wenig Erfolge beschieden. Dem Senat ist kein Fall bekanntgeworden, daß Männer, die verpflichtet sind, im Kriegsfall zu den römischen Legionen zu eilen, Handgeld bei dem König genommen hätten. Die römische Ordnung Italiens ist durch den Erfolg des Pyrrhus bei Heraklea nicht erschüttert worden." Ohne den aufbrandenden Beifall des Volkes zu beachten, begibt sich der Konsul auf seinen Platz zurück. Gleichzeitig erhebt sich auf den oberen Reihen des Senats ein Mann aus uraltem Geschlecht, Spurius Venusianus, und besteigt die Rednertribüne. Seine Worte sind hart und schneidend: „Patres conscripti! Der Konsul hat uns Mut gemacht und von unseren vorteilen gesprochen; aber ich denke, es ist von jeher römische Art gewesen, den Tatsachen kühl ins Auge zu schauen. Darum müssen wir Klarheit über die Ursachen der Niederlage von Heraklea haben. 7000 Römer sind gefallen, 2000 wurden gefangen, 6000 trugen schwere Ver23
wundungen davon — eine furchtbare und niederschmetternde Rechnung. Ich frage die Konsuln: Wie konnte es zu solcher Katastrophe kommen?!'' Eine Bewegung der Unruhe läuft wie das Wellenkräuseln eines auffrischenden Windes über die Masse auf dem Forum. Kineas unterdrückt ein Lächeln der Befriedigung. Während der Bede des Ersten Konsuls hat er ernsthaft befürchtet, die römische Niederlage bei Heraklea werde mit Stillschweigen übergangen. Die Anfrage des Senators enthebt ihn dieser Sorge. Auf der Rednertrübine steht jetzt der Zweite Konsul, Publius Valerius Laevinns. Der Verband um die Stirn des hohen Beamten beweist, daß er bei Heraklea in vorderster Linie gefochten hat. „Ich scheue die Rechenschaft nicht", sagt er mit heiserer Stimme, in der die Erregung schwingt. „Ihr wißt, Senatoren, daß unser Heer nach Abzweigung der notwendigen Besatzungen für die unteritalischen Städte und eines Beobachtungskorps gegen die meuterische Stadt Rhegium 40000 Römer und 10000 Bundesgenossen umfaßte. Wir Überschritten den Sirisfluß und boten Pyrrhus bei Heraklea die Schlacht an. Der Tag begann mit einem vielversprechenden Erfolg. Unsere Reiterei schlug in unwiderstehlichem Angriff die feindliche Kavallerie aus dem Feld. Dem Fußvolk stand die berühmte makedonische, gepanzerte Hauptmacht, viele Glieder tief gestaffelt, mit neun Fuß langen Lanzen, gegenüber. Wir selbst hielten uns an die hergebrachte Kampfordnung: erst die ausgeschwärmten, leichtbewaffneten Velites14, die wie üblich mit Schleudern, Pfeilen und leichten Speeren angriffen, dann die Hastati 1 *, bei jeder der vier Legionen rund 1200 Mann in drei oder vier Reihen hintereinander. Ihre geschleuderten Wurfspeere hatten aber in den schwergepanzerten Linien unserer Gegner nicht dieselbe Wirkung, wie wir sie von den Kämpfen mit Samnitern oder Galliern gewohnt waren. loh ließ also nach der altbewährten Kriegsregel sofort die Stoßgruppen des zweiten Gliedes vorgehen. Sie griffen den Gegner tapfer mit den Kurzschwertern an. Trotz der langen Lanzen der Gegner gelang es, einen Keil in die feindBche Front zu treiben. Nun befahl ich den Angriff der Triarier1*, unserer dritten Schlachtreihe, die mit je 600 Mann bei jeder Legion stand. Die Triarier erweiterten den Einbruch mit gefällten Stoßlanzen. Es entspann sich ein 24
harter Nahkampf mit den fremden Söldnern. Als die ersten Anzeichen für ein Schwanken der feindlichen Linie zu erkennen waren, ließ ich die Adelsreiterei auf beiden Flügeln einschwenken und sich auf die Flanken der Hellenen werfen. In diesem Augenblick setzte Pyrrhus die Elefanten ein, Tiere, die vordem kein Mensch in Italien gesehen hat. Zwanzig solcher Ungetüme kamen schwankend und trompetend daher. Die Pferde scheuten, die Reiterei geriet in Verwirrung, das Fußvolk ward mitgerissen, und das Ende war unaufhaltsame, kopflose Flucht. Ja — Vater des Staates—, Flucht, nicht Rückzug! Der tapfere Legionär Gaius Minucius traf eines der Tiere mit seiner Lanze. Es wandte sich um, mehrere aus der Herde folgten ihm, und die Kolosse brachen brüllend in die eigenen Reihen. Das war unsere Rettung, sonst waren wohl nur wenige römische Männer entkommen17. So aber gelang es, den Rest über den Siris zu retten Das war der Tag von Heraklea." „Vergessen wir nicht", ruft der Erste Konsul von seinem Sitz aus, „daß auch Pyrrhus Tausende seiner besten Soldaten verloren hat. Wir sind ein Volk, das für das Vaterland kämpft, er aber holt sich Beine Leute auf den Werbeplätzen zusammen...** Die Menschenmenge auf dem weiten Platze beginnt leidenschaftlich zu lärmen. Immer stärker schwillt das Stimmengewirr an. Kineas atmet erleichtert auf. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, Rom zum Frieden bereit zu machen. Mit behenden Schritten geht er zum Rednerpodiura. „Patres conscriptü", ruft der Hellene, und Stille legt sich über die Menge, „erlaubt mir, euch die Vorschläge meines Königs für einen Frieden zu unterbreiten, der für beide Teile von Vorteil ist. Dieses aber ist der Kern unsere« Vorschlages: Roms Feld sei sein natürlicher Machtbereich in Mittelitalien, der Süden mit seiner tiberwiegend hellenischen Stadtbevölkerung möge die Freiheit behalten und sich selbst seine Staatsform geben..." „Ganz Italien gehört zu Rom!", schreit ein Mann in den vordersten Reihen des Volkes. Sogleich tritt ein Ädil w auf ihn zu und berührt ihn mit dem weißen Stabe, zum Zeichen, daß Schweigen geboten ist. Kineas entfaltet alle Künste seiner hellenischen Beredsamkeit. Er bezaubert durch kühn gebaute Gedanken, 25
raffiniert gesteigerte Begründungen, überraschende Wendungen, gelehrte Hinweise auf vergangene Zeiten oder berühmte Autoren. Ein Feuerwerk von Worten und Ideen leuchtet auf, bis selbst die Römer zu spüren beginnen, wie sie der Bann dieses Geistes ergreift. Langsam scheint sich die Waage auf die Seite des Griechen zu neigen. Da und dort regt sich der Zweifel, ob eine Preisgabe der alten Vorherrschaftsträume in Italien wirklich ein nationales Unglück wäre, ob sich nicht auch ohne Süditalien leben ließe. Der erfahrene Diplomat legt eine Pause ein, um seine Worte nachhallen und wirken zu lassen. Dabei überfliegt er die Gesichter der Senatoren, dieser Versammlung von Statuen, und es will ihm scheinen, als löse sich die eine oder andere Miene, nehme menschlichere und offenere Züge an. Das Ärgste scheint überwunden zu sein. Kineas schöpft wieder Hoffnung. Niemand ist sich der Schwäche der griechischen Stellung mehr bewußt als er. Pyrrhus wird kein zweites Mal mit einem Überraschungssieg seines Elefantenkorps rechnen dürfen; die Lage ist ganz anders als die Alexanders im asiatischen Raum. Dort handelte es sich um das morsche, schicksalergebene persische Großreich, das sich beim ersten Anstoß in seine Teile auflöste — hier aber steht ein junges, entschlossenes Soldatenvolk. Kineas will weitersprechen, seinen Erfolg vertiefen, ab zum ersten Male unter den Senatoren Bewegung entsteht. Beunruhigt läßt der Grieche seine Blicke über die Versammlung gehen; als er sich halb umwendet, sieht er einen hochgewachsenen Greis in der Senatorentoga langsam über die Stufen des Mittelganges heraufkommen. Ehrfürchtig führt ihn ein Knabe an der Hand. Der Alte ist blind. Die toten Augen starren glanzlos aus versteinertem Antlitz. Kineas vermag den Blick nicht mehr von dieser eindrucksvollen Erscheinung zu reißen, er stockt in seiner Rede und endet mit einer belanglosen Phrase. Ohnehin hat niemand mehr zugehört, alle Aufmerksamkeit ist auf den Alten gerichtet. Irgend jemand ruft laut den Namen des Blinden, und in diesem Augenblick weiß Kineas, daß sein Spiel verloren ist. „Appius Claudius!" Das ist der Sieger über die Samniter und der Erbauer der Via Appia, der großen Militärstraße, die von Rom nach Capua führt. Wer konnte ahnen, daß dieser Mann, der schon der Geschichte und den Unsterblichen seines Volkes 26
zugehört, noch lebt ? Wenn er sich noch einmal zur Kurie geleiten läßt, um an den Staatsgeschäften teilzunehmen, so ist der Anlaß entscheidend. Das Wort, das er zu sagen hat, wird endgültig und unantastbar sein, wie ein Ausspruch der Götter. Entmutigt weicht Kineas dem Herantretenden und überläßt ihm die Tribüne. Appius Claudius spricht von der ehrwürdigen Geschichte Roms, von den Siegen über die Ktrusker und Gallier. Er beschwört die Bilder der römischen Vorzeit herauf, die Not und den Kampf der Väter, und erinnert das Volk auf dem Forum daran, wie die kleine Gemeinde zur Herrscherin über die mittelitalischen Stämme emporgestiegen sei 19 . Seine Stimme erhebt sich zu metallenem Klang, die knochige Rechte streckt sich drohend empor. „Römer — alt und blind wie ich bin, wünschte ich nun auch taub zu sein I Ich kann nicht mit anhören, wie ihr in schändlicher Weise mit dem Feinde verhandelt, ehe ihr ihn besiegt habt I Senatoren, faßt den Beschluß, daß Rom nicht unterhandelt, solange fremde Truppen auf der Erde Italiens stehen! Das ist mein Antrag 1'**° Schweigend erheben sich die Dreihundert des Senats, um den Alten zu ehren. Lautlos verharrt die Menge, als er die Versammlung verläßt. Dann tritt der Konsul vor: „Der Senat wird über den Antrag abstammen!" Als der Konsul zur Stimmzählung aufruft, erheben sich abermals dreihundert Senatoren. Dieser Rat des Adels wird niemals dem Volke das Schauspiel von Auseinandersetzungen geben — er bejaht oder verneint geschlossen. Kineas ist bleich geworden. Er hat nur den einen Wunsch, möglichst weit von diesem Platze entfernt zu sein. Diese Abstimmung entscheidet den Krieg. Pyrrhus wird kämpfen müssen, aber der Sieg wird nicht noch einmal auf seiner Seite sein. Als sich vom Forum der brausende Jubelsturm des Volkes erhebt, geht Kineas still an der Seite des Parales die Treppe hinab, an deren Fuß die Sänftenträger die beiden Gesandten erwarten. Wie ein Fanal steht das mit klarer Stimme gesprochene Schlußwort des herrscherlichen Senats über der Szene: „Roma locuta, causa finita!... Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden..." * 27
Die Gesandten kehren in Eilritten zum Feldlager zurück. In zorniger Enttäuschung hört Pyrrhus, daß der Senat, „diese Versammlung von Königen", nicht zum Frieden bereit sei21. Vielleicht wirkt gegen diese Hartköpfe noch die Drohung der Waffen. Ohne Verzug setzt Pyrrhus seine Truppen in Marsch. Sein Ziel ist Rom. Doch nun widerfährt ihm selber, was Kineas hatte erfahren müssen: Der Senat, mit dessen Abgesandten er erneut zu verhandeln sucht, ist unbeugsam. Pyrrhus, der Verschlagene, sich seiner schwierigen und fragwürdigen Lage durchaus bewußt, erprobt ein letztes Mittel. In einer gesucht freundlichen Geste entläßt er alle kriegsgefangenen Römer auf Ehrenwort zum Saturnalienfest, der Feier der Sonnenwende und des Neujahres, die mit allerlei Mummenschanz und Volksbelustigungen verbunden ist; aber dieses Volk ist der Liebenswürdigkeit ebenso verschlossen wie der Drohung. Nach Ablauf der gesetzten Frist kehren die Gefangenen ausnahmslos in das Lager des Pyrrhus zurück. Kurze Zeit darauf unterbreitet ein griechischer Arzt aus dem Lager des Pyrrhus dem Senat den Vorschlag, gegen hohe Belohnung den Makedonen zu vergiften. Doch Rom wünscht den Sieg nicht durch Mord und List. Die Augen Italiens ruhen in dieser Stunde auf den Senatoren der Hauptstadt, die Vorherrschaft in Italien muß auf dem Schlachtfeld erkämpft werden,um Roms Ansehen in der Zukunft zu bewahren. Der Verräter wird dem König gefesselt ausgeliefert. Die Schlacht ist unvermeidlich. Bei Asculum, im Herzen der Landschaft Samnium, wogt der Kampf zwei Tage unentschieden hin und her. 6000 erschlagene Römer und 4000 griechische Söldner bleiben auf der Walstatt, die Pyrrhus mit letzter Anstrengung behauptet. Nationalrömische Geschichtsschreiber, wie Livius und Plutaroh, berichten übereinstimmend, der König habe angesichts des teuer erkauften Sieges ausgerufen: „Noch ein Sieg wie dieser, und ich bin verloren!" In dieser Stunde, die den Gewinner von Asculum erschöpft und am Ende seiner Kräfte sieht, naht ihm noch einmal das Glück. In Sizilien ist die mächtige Stadt Syrakus im Verlauf der Zweifrontenkämpfe gegen die „Mamertiner" von Messina und die Karthager in arge Bedrängnis geraten. Ausweg scheint allein die Vereinigung mit den Hellenen Unteritaliens zu sein. Die Stadt schickt dehalb einen Hilferuf an König Pyrrhus. 28
Gleichzeitig schließen sich aber auch die Gegner der Westhellenen enger zusammen. Ein alter Handelsvertrag zwischen Karthago und Rom wird zum militärischen Schutz- und Trutzbündnis erweitert; die Vorteile des Abkommens liegen ganz auf der Seite der weltmächtigen Karthager. Das westliche Mittelmeer wird ihnen als „Mare clausuni" — als geschlossenes Meer — garantiert; Rom muß sich ausdrücklich verpflichten, seinen Einfloß nicht über See auszudehnen. Es erhält dafür die Zusicherung, daß Karthago den italischen Boden als römisches Interessengebiet anerkennt und auf der Halbinsel keine Niederlassung erstrebt. Pyrrhus wagt trotz der vor der Küste kreuzenden karthagischen Geschwader in dunkler Nacht den Übergang über den schmalen Meeresarm der Straße von Messina nach Sizilien22und zieht nach wenigen Tagen in das jubelnde Syrakus ein . Kurze Zeit später ist fast die gesamte Insel in seiner Hand. Nur Messina und die mächtige Hafenfestung Lilybäum im Südwesten mit ihrer karthagischen Besatzung widerstehen den Soldaten des Königs. Aber kaum sind die unmittelbaren Gefahren gebannt, als die alte hellenische Uneinigkeit, der Drang nach Unabhängigkeit und Freiheit, das Erreichte wieder gefährden. Es kommt zu Aufständen und Verschwörungen. Syrakus empfindet Pyrrhus als gefährlich für die Sicherheit der Stadt, als lästig und überflüssig. Nun beweist der Abenteurer, daß ihm alle Größe zu einem Alexander fehlt. Statt den Schwierigkeiten zu trotzen und nach Niederringung der letzten noch verbliebenen karthagischen Stützpunkte auf Sizilien die Insel zur festen Grundlage seiner Macht auszubauen, wird er des Haders überdrüssig und wechselt abermals den Kriegsschauplatz. Als ihn Gesandte aus Tarent um Hilfe gegen die von neuem heranrückenden Römer bitten, verläßt er Sizilien, um sein Heer wieder nach Italien zu werfen. Noch einmal messen sich Römer und hellenische Soldtruppen in offener Feldschlacht bei dem Ort Benevent. Die Legionäre haben aus der Erfahrung eine geschickte Taktik entwickelt, um die Elefanten zum Weichen zu bringen. Eigene Abteilungen von Bognern überschütten die Tiere mit einem Schwann von Brandpfeilen. Rasend vor Schmerz, werfen sich die grauen Ungetüme herum, 29
und unter wildem Trompeten trampeln sie die eigenen Soldaten nieder. Der Verlust dieser Schlacht entscheidet über das Schicksal des Pyrrhus und über die endgültige Vorherrschaft Roms in Italien. Ägypten ist das erste Großreich, das die Folgerungen zieht. König Ptolemäus Philadelphus schickt eine Gesandtschaft mit Glückwünschen und Geschenken an den römischen Senat und anerkennt damit den jungen Staat als neue Großmacht der Welt23. *
Pyrrhus gibt sich nicht verloren. Die Welt ist weit und wechselnd das Glück, noch liegen Königreiche für jeden bereit, der sie erobert. Was in Italien nicht gelang, kann im Land der Heroen — in Makedonien und Griechenland — Wirklichkeit werden. Gelegenheit zum Eingreifen bietet ein neues Anschwellen der Gallierwoge im Osten von Hellas. Dort haben vor einigen Jahren die wandernden Barbaren alle staatliche Ordnung erschüttert und Makedonien und Teile Griechenlands überflutet; in Thrakien ist ein Gallierstaat entstanden, andere Stämme haben Kleinasien erreicht und sich in Galatien niedergelassen. Die Herrscher von Pergamon und König Antigonos Gonatas von Makedonien mühen sich, die wandernde Menschenflut einzudämmen. Pyrrhus setzt nach der Niederlage von Benevent auf das griechische Ufer Über. In Tarent läßt er General Milon mit bringer Besatzung zurück. Energisch wirft er sich in die ellenischen Kämpfe, stößt den König Makedoniens vom Thron und rückt nach Innergriechenland vor, um auch dort als Herr anerkannt zu werden. In der kleinen peloponnesischen Stadt Argos24 vollendet sich der Schicksalsweg des Mannes, in dem sich einst die Hoffnungen der hellenischen Patrioten vereinigt haben. Im Straßenkampf trifft ihn ein herabgeschleuderter Ziegelstein. ÜbeT seinen Leichnam sinken die Körper der erschlagenen Stabsoffiziere. Einer von denen, die als Kehricht der Ruhmesbahn am Wege liegen bleiben, ist Parales, der Freund des Philosophen Kleanthes.
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Die Nachricht vom Ende des Königs läßt das Traumgebäude eines westhellenischen Reiches auf italischem Boden zusammenstürzen. Vor Tarent erscheinen aus zwei 30
Himmelsrichtungen die Erben: karthagische Flottenabteilungen und römische Landtruppen. Entgegen den Bestimmungen des Vertrages, den Rom und Karthago geschlossen haben, gehen von den eingelaufenen Kartnagerschiffen Truppen an italisches Land. Der römische Feldherr läßt seine Soldaten drohend vor den verschlossenen Stadttoren aufmarschieren. Einen hochgespannten Augenblick lang schwankt die Waage zwischen Karthago und Rom, Afrika und Europa. Doch das Schicksal entscheidet für Rom. Milon übergibt die beherrschende Burg gegen das Versprechen freien Abzuges dem römischen Konsul Papirius Cursor. Nicht das Wappentier Karthagos, das Einhorn, sondern der römische Adler wird künftig über der mächtigsten Stadt Süditaliens stehen. Die afrikanischen Schiffe setzen Segel und nehmen—unter den höhnischen Zurufen der Legionäre — Kurs nach Westen. Bald darauf wird die Unterwerfung Italiens durch die Einnahme von Rhegium an der Straße von Messina vollendet. Hier hatte die aus unzuverlässigen Campaniern be* stehende Besatzung nach der Schlacht von Heraklea ihre römischen Offiziere ermordet und sich nach dem Vorbild der „Mamertiner" von Messina zu Tyrannen der unglücklichen Einwohner gemacht. Nach dem Einmarsch der Römer werden die gefangenen dreihundert Meuterer als warnendes Beispiel in Ketten nach Rom geführt und dort vor versammeltem Volke auf dem Forum Romanum enthauptet. Was noch zu tun bleibt, sind Kleinkämpfe, Polizeiaktionen und Aussendung von Kolonistenscharen. In den gewonnenen Gebieten entstehen als feste Punkte im Netz der neuen Herrschaft römische Munizipien25. Das Werk der Einigung Italiens unter Führung der Tiberstadt ist abgeschlossen. Eine gemeinsame Währung wird zum äußeren Sinnbild der Einheit. An Stelle der bislang gebräuchlichen unterschiedlichen Griechenmtinzen wird ein in ganz Italien gültiges Silbergeld eingeführt28. Außer den kleinen Scheidemünzen wird künftig alles Geld in Rom geprägt. Die Einheitsmünze, der silberne Denarius (4,55 g), ist im Gewicht ungefähr der attischen Drachme gleich (4,36 g) und läuft in Ganzstücken, Halben und Vierteln, als Denarius, Quinarius und Sestertius, auf allen Märkten um. 31
Das Wort, das von nun ab auf den Münzen wiederkehrt und sich dem Gedächtnis der Völker unauslöschlich einprägt, lautet in schlichter, bündiger Balkenschrift: ROMA.
In der Großstadt Tarent liegt nun eine römische Besatzung, in den gewaltigen Befestigungen am Hafen und an der Landseite donnern die Mauerbrecher und Rammen und klirren die Spitzhacken der Arbeiter. Alle Mauern der Festung werden nach einem Befehl des Senats geschleift. Die Zeughäuser sind geräumt und die Waffenfabriken geschlossen. Das Schicksal der Einwohnerschaft ist trauriger als das der Söldner des Milon. Während diese freien Abzug erhalten, werden zahllose junge Tarentiner, die den römirischen Herren brauchbar erscheinen, nach dem unmenschlichen Kriegsrecht der Zeit als Sklaven verschleppt. Unter diesen Kriegsgefangenen, die den bitteren Marsch nach Rom antreten müssen, befindet sich auch der damals vierzehnjährige Andronicus, Sohn eines wohlhabenden Hauses, der aufgeweckt und gebildet genug ist, um das Furchtbare seines Schicksals, das ihn an barbarische Herren ausliefert, mit ganzer Wucht zu begreifen. Dabei trifft es Andronicus nicht einmal am schlechtesten; denn durch seine klugen Antworten und wegen seiner rasch erworbenen Sprachkenntnisse ist er dem angesehenen Patrizier Livius zugeteilt worden. Im Hause des Senators zu Rom macht sich der gewandte und gelehrige Grieche schnell als Erzieher und Lehrer der Kinder unentbehrlich. Man gewährt ihm bald einige Freiheiten, er darf allein in die Stadt gehen, sich mit Leidensgenossen treffen, Besuche empfangen und einen Teil des Tages für seine eigenen Liebhabereien nutzen. Alle haben den lebhaften Jüngling gern, er wird nach seinem Herrn meist Livius Andronicus genannt und gilt, als er kaum das zwanzigste Jahr überschritten hat, als einer der besten griechischen Hauslehrer und Erzieher. Die hellenischen Freunde unterhält er mit anmutigen, leichten Versen, die er mühelos, manchmal aus dem Stegreif, dichtet; seine römischen Zöglinge aber bewundern ihn wie einen Halbgott, seit er begonnen hat, ihnen Homers Odyssee in die lateinische Sprache zu übertragen. Der Mühe der Übersetzung hat er sich unterzogen, weil es kein Schulbuch und überhaupt in diesem 32
barbarischen Rom kein Buch gibt, das für den Unterricht geeignet gewesen wäre. Der Pater familias — der gestrenge Hausvater Livius — ist ihm wohlgesinnt und spricht gelegentlich von baldiger Freilassung. Andronicus wäre auch schon längst ein freier Mann geworden, wenn man ihn nicht so gut hätte als Dolmetsch gebrauchen können. Gerade jetzt, nach der vollzogenen Einigung Italiens27, sind oft fremde Gesandte im Hause des Livius zu Gast, und meist verstehen sie nur die griechische Sprache. In den letzten Wochen ist bei Verhandlungen und in vertraulichen Gesprächen immer wieder der Name Karthago genannt worden. Andronicus, der ein wenig von den politischen Ereignissen der Welt versteht, spürt, daß Unruhe in der Luft liegt und daß Rom sich otTenbar bereit macht, entscheidende Schritte zu tun. Die Empörung gegen Karthago ist in stetem Wachsen. Man wirft ihm den mißglückten Handstreich gegen Tarent vor und betrachtet seine diplomatische Geschäftigkeit mit steigendem Mißtrauen. Vor allem wühlen die Agenten der afrikanischen Handelsmetropole in Messina, und viel Geld fließt in die Taschen der Mamertiner, um sie für ein Bündnis mit Karthago zu gewinnen. Messina ist in Gefahr, karthagisch zu werden! Die Festung liegt nur fünf Stadien28 vom süditalischen Ufer entfernt. Eine landfremde Großmacht in dieser Stadt, dicht vor der Türschwelle Italiens, ist für die Römer untragbar und unannehmbar. * An einem der Tage, als die Zuspitzung der politischen Verhältnisse die erhöhte Wachsamkeit jedes römischen Politikers fordert, sitzen im Hause des Livius zwölf Senatoren auf den niederen Holzschemeln, die rings um die geschwärzten Wände des Atriums29 stehen. Es ist Nachmittag. Auf dem steingemauerten, großen Herde flackert das Holzfeuer, durch das offene Dach fallt das breite Lichtband der Sonne. Livius, der Hausherr, hat soeben den Griechen Andronicus zu sich befohlen und reicht dem eintretenden Sklaven einen entrollten Brief. „Übersetze diesen Brief", sagt er und übergibt dem Dolmetscher den Papyrus. Dann wendet er sich an zwei Schnellschreiber, Sklaven, die mit Wachstäfeichen und dem Schreibgriffel am Boden kauern: „Und ihr schreibt mit!" 34
Andronicus überfliegt den Briefkopf. Absender des Schreibens ist Timaios von Tauromenium, der als Privatgelehrter in Athen lebt80. Der Grieche kennt den Namen des berühmten Historikers. Er weiß, daß Timaios als Kenner der politischen Verhältnisse Italiens, Griechenlands und Karthagos gilt. So aber lautet das Schreiben: „Timaios aus Athen grüßt Livius! Dem mir vorgetragenen Wunsche entsprechend, habe ich. mich bemüht, euch eine kurze Darstellung der Herkunft und des Charakters der Karthager zu geben. Die Karthager sind Angehörige des Volkes der Phöniker, ihr nennt sie wohl Punier. Man glaubt, daß noch vor dem Trojanischen Krieg81 — als die Achaier mit den Königen von Kreta im Streit lagen — die Phöniker zur Macht gekommen sind. Damals stand die Welt ihrem Zugriff offen. In kurzer Zeit spannten sie ein Netz von geschützten Niederlassungen über die Küsten des Meeres. Wo heute das Reich Syrien mit Antiochia blüht und die immer noch gewaltige Seestadt Tyrus liegt, herrschten vor Zeiten zwei Phönikerstädte: Tyrus und Sidon. Auf ihren Marktplätzen übernahmen die Karawanen aus Innerasien die Waren des Westens und tauschten dagegen die Reichtümer des Ostens ein. Die Kaufleute der Städte aber fanden als geschickte Vermittler und Händler jene Form des Lebens, die ihnen zusagte: »Die Freiheit lockte sie nicht, sie gelüstete sie nicht nach Herrschaft. Ruhig und sicher lebten sie nach Weise der Sidonier im Besitze von Reichtum.'82 Durch die Phönikerstädte Syriens wurde jenes Kolonialreich gegründet, das später zur Sorge der Hellenen und heute zum Gegner Roms geworden ist. Dabei muß um der Wahrheit willen gesagt werden, daß es keineswegs die Art der Phöniker ist, anzugreifen, Völker zu unterwerfen oder überhaupt Machtgebäude aufzurichten. Ihnen kommt es nur auf den Gewinn, auf die Ausbeutung der Reichtümer eines Landes und die Beherrschung der Märkte an. Ihre Niederlassungen und Stapelplätze entlang der afrikanischen und spanischen Küste, auf Zypern, Sizilien, Sardinien und den Balearen sind nur für heute und morgen erbaut; übermorgen können sie bereits an andere, günstigere Plätze verlegt werden. Trotz ihrer unbestreitbaren Machtmittel haben sich die phönikischen 35
Siedlungen oft der Oberhoheit eines Barbarenhäuptliags oder Wüstenscheichs gebeugt und um des Friedens willen Bodenzins gezahlt. Sie sind stets bemüht, Streitfälle möglichst ohne Kampf durch Geld und Verhandlungen zu schlichten. Denn in jedem Krieg ist auf die Dauer der Händler stets der Verlierende. Die Städte, Siedlungen und Kolonien halten fest zusammen. Seit vielen Jahrhunderten entrichten selbst großgewordene und zu Weltstädten erblühte Tochtersiedlungen ihren Zins an die Tempel der alten Mutterstädte. Karthago verehrt noch heute das Heiligtum des Gottes Melkart in Tyrus und sendet ihm reiche Opfex; Karthagos Erfolge werden in Tyrus wie eigene empfunden. Tyxus hat einem griechischen Feldherrn in karthagischen Diensten ein Denkmal errichtet, weil er die Sache der Phöniker siegreich geführt hat. Die Kolonialstädte, die der drückenden Oberherrschaft der asiatischen Könige, dem wirren und zerstörerischen Gang der orientalischen Geschichte entrückt sind, wachsen besonders kräftig empor. Auf Sizilien sind es die drei 33 Festungen Drepana, Lilybäum und Panormus , an der Südspitze Spaniens Gades34 und am afrikanischen Ufer das ältere Utica und die jüngere „Neustadt** Karchedon oder Karthago. Heute hat Karthago, auf das sich die Blicke der Hellenen und Römer richten, alle anderen Phönikerplätze überflügelt und ist zur Weltstadt geworden. Seit Alexander die östliche86 Mutterstadt Tyrus mit stürmender Hand genommen hat , hat die „Neustadt** im Westen die Führung der Phöniker übernommen. Zahlreiche der vornehmsten und reichsten Geschlechter von Tyrus flüchteten damals zu Schiff mit ihren Schätzen in das sichere Karthago und machten es noch wohlhabender, als es zuvor gewesen ist. Erlaubt mir, ein Wort des Philosophen Kleanthes einzufügen: ,Der Reichtum an Gütern verdirbt die Seele, wenn er nicht ausgeglichen wird durch das Bewußtsein, daß Besitz nur Leihgabe der Götter bedeutet.* Diese Warnung des Weisen gilt für Karthago; denn der steigende, maßlose Wohlstand der Stadt hat ihren Charakter sehr verändert. Das, was ich von der Friedensliebe, der Nachgiebigkeit und der Unterwürfigkeit der Phöniker gesagt habe, ist für die Karthager unserer Tage nicht mehr gültig. 36
Zuerst bezahlten sie den Nomaden Libyens, den Numidiern, Zins für den Boden, auf dem sie sich angebaut hatten. Als sie aber so mächtig und reich waren, daß sie die Überlegenheit der Waffen auf ihrer Seite wußten, sprachen sie: Das Alphabet, der Purpur, das Glas und das Färben der Stoffe sind Erfindungen Phönikiens, die wir euch Wilden ins Land getragen haben. Darum ist es recht, daß wir herrschen und ihr zahlt! Heute ist ganz Libyen karthagisches Hoheitsgebiet. Den Eingeborenen, vor allem den Bauern Libyphönikiens — einer fruchtbaren Landschaft zwischen Küste und Wüste — wurden die Äcker genommen und sie selbst zu Pächtern oder Landarbeitern auf schnell geschaffenen Großgütern heruntergedrückt; denn die Menschen der enteigneten Kleinbetriebe wurden für den Betrieb der zusammengefaßten Ländereien gebraucht. Viele der kleineren Städte begaben sich anfangs freiwillig unter den Schutz der mächtigen Seestadt, um gegen die räuberischen Wüstenstämme gesichert zu sein. Aber Karthago verlangte von seinen Schützlingen, daß sie die Mauern niederlegten und damit für immer auf ihre Freiheit verzichteten. Auch mußten sie Mannschaf ben für das gemeinsame Heer stellen und Tribut für die Staatskasse leisten, und zwar in immer steigendem Umfang. Die libysche Kleinstadt Leptis bezahlt allein jährlich 465 Talente. Hart liegt die Faust der Handelsherren auf dem Land. Wo die Bauern nicht zu Knechten wurden und ihren Besitz behielten, sind sie fast alle durch Verschuldung zu Sklaven geworden. Umfangreiche Sklavenjagden im Landesinnern, Aufkauf von Arbeitern auf fremden Märkten — wir sehen die gesalbten Herren aus Karthago regelmäßig hier in Delos, wenn die großen Märkte mit gefangenen Galliern und Skythen stattfinden •—• und Zwangssiedlung von Kriegsgefangenen haben die endlosen Plantagenstrekken mit weiteren billigsten Arbeitskräften gefüllt. Über Libyphönikien lastet Schweigen, hier gibt es kein anderes Recht, als das des Besitzes. Wie mir ein Gewährsmann erzählt, schwirren im Lande der blühenden Obstgärten und der wogenden, goldbraunen Weizenfelder erbarmungslos die Peitschen über gekrümmten Rücken, überall sieht man aneinandergekettete Reihen von Sklaven, hinter denen die Aufseher mit spitzen Stacheln herschreiten, um sie zu rascherer Arbeit unter der glühenden Sonne anzutreiben.
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Der Haß der unterdrückten und um ihre Freiheit betrogenen Bevölkerung ist grenzenlos. So ist in unmittelbarer Nähe der stolzen Stadt ein gefährlicher Brandstoff angehäuft, der nur des Funkens bedarf, um aufzuflammen. Das große Netz karthagischer Plätze wird neuerdings mit sorgfältiger Planung von den großen Häusern der afrikanischen Hauptstadt aus geknüpft. Beherrschung und Nutzbarmachung der Wirtschaft des gesamten westlichen Mittelmeergebietes ist das große Ziel der karthagischen Kolonisation geworden. Wo Bergwerke, Bodenschätze, Wälder und fruchtbare Landstriche ein reiches Geschäft versprechen, erheben sich befestigte karthagische Plätze. Sie dienen den phönikischen Aufkäufern und Schiffern als Stützpunkte und zwingen die Eingeborenen dieser Gebiete, ihre Erzeugnisse an kernen anderen Händler zu verkaufen. Schon vor langer Zeit griff von Karthago eines der größten Kolonialunternehmen, ein Eroberungszug, nach Westen aus36. Der karthagische General Hanno führte 30000 Auswanderer durch Afrika zur Küste des Ozeans und gründete dort, angesichts der Unendlichkeit des Meeres, Faktoreien und bewaffnete Schutzburgen. Dunkle und unbestätigte Berichte sprechen sogar davon, daß eine karthagische Flotte bis zu den „Inseln der Seligen" vorgestoßen sei37. Wie wir Hellenen, die Nachfahren des Miltiades, Themistokles und Kimon, über dieses Händlervolk denken, das sich in der Stunde unserer größten Not — zur Zeit der Perserkriege — auf die Seite unserer Feinde geschlagen hat und seit Menschengedenken der neid- und haßerfüllte Rivale des Hellenentums auf allen Weltmärkten ist, das brauche ich euch nicht zu berichten. Karthago war es, das die ionische Kolonie Massalia38 beinahe erstickt hat, das die Niederlassung der kleinasiatischen Phokäer auf der Insel Korsika mit Waffengewalt verhinderte. Karthago stand am Tage der Schlacht von Salamis bei Himera mit einem Riesenheer gegen die Griechen Siziliens im Feld, und karthagische Politik war es, die uns den Westen, Nordafrika, Spanien und die Balearen verschloß. Ich selbst stamme aus Sizilien und habe den Karthagerhaß an der Quelle getrunken; denn Sizilien war immer das erste Schlachtfeld zwischen Afrika und Europa, Hellas und Karthago. Als damals Persiens Übermacht Hellas zu vernichten drohte, kämpfte im Westen noch ein zweites Land gegen 38
die Griechen, um ihre Handelsschiffe vom Meer zu verdrängen: Etrnrien. Wir aber fanden Helfer in den tapferen Römern, die sich von der Herrschaft etrusMscher Könige befreiten39 und durch ihren Kampf die Zahl unserer Gegner verminderten. Das ist lange her, aber es ist unvergessen. Das in einer gemeinsamen Sache vergossene Blut verbindet. Euch, ihr Römer, aber muß ich auch an jenen schmählichen Vertrag erinnern, den später Karthago mit euren Vorvätern geschlossen hat 40 . Da hieß es: ,Die Römer und ihre Bundesgenossen sollen niemals über das »Schöne Vorgebirge«41 hinausfahren, es sei denn, sie werden durch Stürme oder feindliche Bedrohung hierzu gezwungen. Wenn aber jemand gegen seinen Willen zur Landung veranlaßt wird, so darf er nichts käuflich erwerben, außer er benötigt es zur Ausbesserung seines Fahrzeuges oder zu Opfern an den Altären der Götter, auch darf der Aufenthalt nicht länger als fünf Tage dauern.' So waren auch euch Römern die nordafrikanischen Küsten verschlossen, ihr durftet Mauretanien und Spanien nicht betreten, euer Handel in Sardinien und im Haupthafen Karthago war unter die Kontrolle staatlicher Behörden gestellt. Einzig die Häfen Siziliens konnten eure Schiffe anlaufen. ,Jeder Schiffer aber, der nach Sardinien oder nach der Straße von Gades fährt, wird — wenn er den Karthagern in die Hände fällt — erbarmungslos ins Meer gestürzt.* "** Der Senator Gajus Duilius erhebt sich. „Ist das wahr, was der Sklave liest?", fragt er, „ist alles wahr, was der Grieche schreibt?" „Es ist wahr", bestätigt der Hausherr, „Übersetzer wie Gewährsmann sind zuverlässig." „Dieser Vertrag mit Karthago bestand", wirft Atilius Regulus kühl ein, „er wurde meines Wissens bei der Zerstörung unserer Stadt durch die Gallier vernichtet, aber es sind Auszüge erhalten, die im Saturntempel aufbewahrt werden. Ich selbst habe sie gelesen." „Aede Pol! Aede Castor!"43, ruft Alt-Konsul Gnäus Cornelius, „wir haben immer von der sprichwörtlichen 39
Untreue der Punier geredet, aber nun ist es an der Zeit, auch von ihrer Unverschämtheit zu sprechen. Wie? Sie hätten es wirklich gewagt, Rom derartige Bedingungen aufzuerlegen?" „Und diese Bedingungen sind auch heute noch gültig", sagt der gesetzeskundige Atilius Regulus. „Sie sind im Schutz- und Trutzvertrag, der nach der Schlacht von Asculum geschlossen wurde, erneuert und bestätigt worden. Unsere wenigen Schiffe haben im gesamten karthagischen Bereich nur das Recht, die Mutterstadt selbst oder die sizilianischen Häfen anzulaufen. Dort und in gewissen Freihäfen Sardiniens dürfen sie unter Aufsicht staatlicher karthagischer Beamter Handel treiben." „Und sie dürfen unsere Seeleute töten, ertränken, wenn sie westlich des , Schönen Vorgebirges* aufgegriffen werden?" „So ist es!" Unwilliges Murren geht durch das Atrium. „Wie stark ist Karthago eigentlich?", fragt Gajus Duilius, „wieviele Legionen kann es auf die Beine stellen? Darüber schreibt dieser geschwätzige Hellene kein Wort!" Atilius Regulus gibt ihm Antwort. „Wie stark auch das Heer dieses Krämervolkes sein mag, so wird doch keine Ziffer etwas über seine wirkliche Macht aussagen. Wir haben von der ,punischen Untreue* gesprochen — nun, sie hat sich stets und in erster Linie gegen die Soldaten Karthagos selbst gerichtet, vor allem gegen die ausgedienten Veteranen. Dafür zeugen die immer wiederkehrenden Söldneraufstände. Ich beobachte diese Vorgänge seit Jahren und weiß, daß Karthago auch den Krieg — wie alles im Leben — als Geschäft betrachtet. Hat man sich in der Byrsa44 Karthagos entschlossen, fremde Reichtümer, Handelsplätze oder Absatzgebiete mit Gewalt zu gewinnen, so nimmt man Söldnerführer von der Art eines Pyrrhus in Dienst und schließt mit ihnen Verträge ab, die Karthago zur Lieferung von Waffen, Schiffen und Geld, den Feldherrn aber zu entsprechenden Siegen und Eroberungen verpflichten. Aus diesem Grunde gibt es in Karthago auch immer wieder Prozesse, in denen unterlegene Feldherren abgeurteilt und hingerichtet werden. Die Karthager selbst aber haben weder den Willen noch den Mut, für ihren Staat zu kämpfen. Luxus und Reichtum haben sie bequem gemacht. Nach meinen Er40
kundungen standen während der letztensizilischen Kampfe nur 2500 Karthager — die sogenannte .Heilige Schar* — im Felde; alle anderen waren geworbene Landsknechte." 46 „Beim Schilde des Mars!", ruft Gnäus Cornelius, „was wollen diese bemalten Fettklöße und Hasenherzen gegen unsere Legionen ausrichten ?! Hat nicht das letzte römische Lustrum* 6 eine Kopfzahl von 282234 Bürgern ergeben? Genügt nicht ein Aufruf des Senats, um die Milizen unter den Adlern zu sammeln und die Bundesgenossen marschieren zu lassen?" „Langsam, ihr Väter!", mahnt Livius, „vergeßt nicht, daß auch Geld eine Macht ist, daß ein Großstaat wie Karthago im Handumdrehen Soldaten genug hat, um einen Krieg mit der ganzen Welt zu führen. Zudem liegt es auf der anderen Seite des Meeres, unerreichbar und unangreifbar für ein Volk ohne Seemacht. Unsere Soldaten werden die Mauern von Karthago nicht einmal zu sehen bekommen !" „Es ist angreifbar", unterbricht Regulus den Hausherrn. „Vor einem Menschenalter zeigte Agathokles, der Tyrann von Syrakus, die Stelle, an der Karthago verwundbar ist. Er führte auf Schiffen sein Heer nach Afrika hinüber und entflammte den Aufstand in ganz Libyen." Alt-Konsul Valerius Laevinius, der schwer an der Last seiner Jahre trägt, hebt die Hand. Ehrfürchtig schweigen die anderen und hören aufmerksam auf die Worte des Greises. „Unterschätzen wir nicht den Gegner von morgen; jedes Volk hat Händler und Helden. Man hat mir gesagt, daß Karthagos Entschlossenheit sich in Notzeiten schon oft bewährt habe; es vertraut fast fanatisch auf seine Götter. Als das Heer des Agathokles vor den Mauern Karthagos stand, raffte sich die Bürgerschaft zu jener grausigen Tat auf, die das Entsetzen aller hervorrief. Zweihundert Kinder aus den vornehmsten Häusern wurden als Opfer auf den Altar barbarischer Götter gelegt. Das riesige Erzbild des Esmun, das im großen Porphyrsaale der Burg thront, wurde zur Weißglut erhitzt, und die Priester warfen die Kinder, um die Götter den eigenen Waffen geneigt zu machen, vor den Augen der Eltern in den feurigen Schlund 47 . Alle Welt kennt die Opfertat eines karthagischen Feldherrn, der sich selbst in die Flammen des Scheiterhaufens stürzte, weil die Götter das Brandopfer 41
von vierhundert heiligen Tieren zu verschmähen schienen. Bin Staat, dessen Männer solcher Hingabe fähig sind, ist nicht schwach und feige." Die Senatoren sind nachdenklich geworden. Livius ist es, der das Schweigen unterbricht. „Wir haben", sagt er, „von unseren hellenischen Schutzbefohlenen Auskünfte aller Art eingeholt und unter anderem auch die berühmteste wissenschaftliche Schule der Welt — das Museion von Alexandria — befragt. Hier ist die Antwort." Stockend, manchmal nach den richtigen Worten und Ausdrücken suchend, übersetzt Livius Andronicus den Brief des Griechen Kallimachos aus Alexandrien: „Öbschon durch meine wissenschaftlichen und poetischen Arbeiten Überlastet, komme ich doch eurem Wunsche nach und Übermittle euch das gewünschte Gutachten des Museion über die karthagische Verfassung. Der Aufbau dieses Staates wird von einer Volks- und Adelsherrschaft getragen; es ist ein wohlausgewogenes Gemisch aus beiden Staatsformen. Die freie Bürgerschaft wählt sowohl aus den vornehmen Geschlechtern wie aus den übrigen Familien eine oberste Behörde, ,Gerusia* oder ,Hoher Rat' genannt. Die 104 Mitglieder überwachen die Durchführung der Staatsgesetze und schlagen der Volksversammlung Verbesserungen vor. Die Gerusia ernennt jährlich zwei ,Sufeten', die ähnlich wie die römischen Konsuln Vollzugsorgane des Staates sind. Der Charakter des Staates ist bürgerlich und nicht militärisch wie etwa in Sparta. Dem Bürger sollen gute Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten geboten werden. Wer aus alter und angesehener Familie stammt, darf damit rechnen, in Kolonien entsandt oder mit Staatsaufträgen bedacht zu werden, wobei er immer Gelegenheit findet, Schätze zu sammeln. Da der karthagische Staat keinen größeren Beamtenapparat kennt, wird die Besteuerung der unterworfenen Völker und Städte an private Unternehmer verpachtet; auch den karthagischen Heeren folgt stets eine Schar von Aufkäufern, Verwaltern und Finanzleuten, die sogleich die Früchte des Sieges ernten und die besetzten Provinzen nutzbar machen. Gewinn und ungestörter Handel sind gleichsam die Staatsgrundgedanken und die Fundamente, auf denen diese Verfassung erbaut ist. 42
Der Altmeister der politischen Wissenschaft, der Philosoph Aristoteles, der die meisten Staatsverfassungen seiner Zeit miteinander verglichen hat, stellte die karthagische der kretischen und spartanischen gleich und bezeichnete sie als ,sehr gut'; und Isokrates, der zur selben Zeit wie Aristoteles gelebt hat, meinte: , Karthager und Spartaner sind die Völker, die sich vor allen anderen durch die besten Verfassungen auszeichnen.* " Ausführlich schildert Kallimachos dann die Abgrenzung und die Aufgaben der karthagischen Staatsämter und verliert sich in weitschweifigen theoretischen Erörterungen. Aber niemand hört mehr zu. In Gruppen stehen die Senatoren zusammen und besprechen die Folgerungen, die sich für Rom aus dem immer gefährlicher werdenden Anwachsen der karthagischen Machtfülle zwangsläufig ergeben. Livius gibt dem Dolmetscher ein Zeichen, die Verlesung ZXL beenden. Herrisch befiehlt er den Sklaven, sich zu entfernen. „Freunde!", ruft er dann in das Atrium, „setzen wir uns zusammen, damit wir gemeinsam erkennen, was Rom zu tun hat, um klüger, reicher und mächtiger zu sein als Karthago. Laßt uns beraten, Senatoren...!"
Der Todesschrei der Meuterer von Rhegium, die auf dem Forum Romanum ihre Verbrechen unter dem Schwerte gebüßt haben, hat bei den Mamertinern von Messina, einem anderen Raubstaat dieser wilden Zeit, angstvollen Widerhall gefunden. Von Verbrechen erfüllt war die Geschichte dieser verwegenen Schar, und ihre Taten bildeten seit mehr als zwanzig Jahren den Schrecken Siziliens. Als vor zwei Jahrzehnten Agathokles von Syrakus sein mit Mord und Verrat beflecktes Leben unter dem Dolche seines Enkels beendet hatte, entließ die Stadt die Söldnertruppe des Tyrannen. Doch die zügellosen Truppen waren nicht gewillt, sich kleinlaut in die Heimat einzuschiffen, in der sie vermutlich die römische Gerichtsbarkeit erwartete. Sie fielen auf ihrem Marsch über das reiche Messina her, erschlugen sämtliche männlichen Einwohner und errichteten unter dem Namen des campanischen Kriegsgottes ,Mamers'48 die Seeräuberrepublik der ,Mamertinei*. 43
Nun aber scheint auf sie dasselbe Schicksal zu warten, das ihre Landsleute und Genossen von Rhegium auf die römische Richtstätte geführt hat. Der neue Herr von Syrakus, König Hieron IL, hat eine Belagerungsarmee vor die Mauern Messinas geführt und läßt Tag und Nacht die Rammen gegen die bröckelnden Bastionen donnern. Verzweifelt wird die Lage der Räuber, als eines Morgens ein karthagisches Geschwader aufkreuzt, die Hafeneinfahrt gewinnt und Truppen landet, die mit Unterstützung einiger Karthagerfreunde das feste Kastell vor der Stadt einnehmen. Die Mamertiner sind in zwei Parteien zerrissen. Die eine wünscht Übergabe an Karthago, die Mehrheit aber fürchtet die weltbekannte Treulosigkeit Karthagos gegenüber seinen Söldnern und verlangt Verhandlungen mit Rom um Übernahme der Schutzherrschaft. In dunkler Nacht stiehlt sich ein Schnellsegler an den karthagischen Wachschiffen vorbei aus dem Hafen und jagt mit schäumendem Bug nach Norden. Wenige Tage später geht eine Gesandtschaft der Mamertiner am Tiberkai von Rom an Land 49 . Ihr Erscheinen stellt Volk und Senat der Stadt vor die vielleicht folgenschwerste Entscheidung ihrer Geschichte.
Noch ist die Befriedung Italiens recht unsicher. Immer wieder flackern in den eroberten Gauen Aufstände und Unruhen auf. In den Griechenstädten des Südens glüht der Freiheitswille unter den Trümmern vernichteter Hoffnungen weiter. Rom herrscht zwar über das geeinte Italien — aber es herrscht mit der Hand am Schwert. Die Annahme des mamertinischen Angebots würde einen Schritt ins Ungewisse bedeuten. Siziliens lockende Schönheit wächst auf heißem Boden, der Roms junge Größe verbrennen könnte. Niemals gibt Karthago — darüber ist sich keiner der dreihundert Senatoren im unklaren — kampflos zu, daß das Hinterland von Lilybäum, Panormus und Drepana von einer starken Festlandmacht behauptet wird. Und Karthago ist ein Weltreich, dessen Stärke und Hilfsmittel nicht zu vergleichen sind mit denen der Samniter, Gallier oder Etrusker, die den römischen Legionen erlegen sind. 44
Aber Rom weiß, daß es kein Ausweichen mehr gibt. Lehnt man das Angebot der Mamertiner ab, so ist die Einnahme Messmas durch Karthago unvermeidlich. Dann würde die afrikanische Macht unmittelbar vor dem italischen Ufer eine ständig drohende Ausfallsbasis, ja, den Riegel zur römischen Tür gewinnen. Die Auseinandersetzung mit Karthago käme dann einige Jahre später — aber sie käme unter ungünstigeren Bedingungen als jetzt.
Wegen der Tragweite der bevorstehenden Entscheidungen fordert der Senat das Volk öffentlich auf, an den Altären der Götter zu beten und in Prozessionen zu den Tempeln die Hilfe der ewigen Mächte anzurufen. Am Morgen des Feiertages formieren sich die religiösen Festzüge der Stände. Vor dem Tempel des Castor und Pollux am Forum sammeln sich die Eitter-Centurien50, die Männer der ersten Vermögen&klasse, denen der Staat ein Reitpferd für den Kriegsdienst stellt. In ihren purpurroten Mänteln, Olivenkränze im Haar, reiten sie vor den weißgekleideten Lurenbläsera.Dann reihen sich nach ihrem Rang die Gruppen der Stände ein. Rom gibt sich selbst ein Schauspiel der festgefügten, auf der Harmonie mit den Göttern beruhenden Ordnung, die den Staat erhält. Der Pontifex maximus61 schreitet hoheitsvoll hinter dem vorangetragenen Bild des Jupiter Capitolinus, ihm folgen Priester, Auguren5* und niedere Tempeldiener, Knaben und Vestalinnen63, dann wieder Götterbilder, nocherhoben auf Traggestellen über der Menge schwankend. Es kommen die würdigen Matronen, an ihrer Seite die Kinder, die Zukunft Roms. Den Aufzug der Bürger eröffnen die Sippenhäupter, die Patrizier Roms, hinter ihnen die angesehensten Familien mit ihrem Gefolge. Den Schluß bilden in strenger Gliederung die übrigen Klassen. Das ist die sichtbare Bändigung des Ungeordneten und Zügellosen, die freiwillige Gliederung eines Volkes, das gewillt ist, durch Gesetz und Ordnung zu herrschen. Vom Forum aus bewegt sich der Zug die Heilige Straße entlang, zieht um den Rundtempel der Vesta und nimmt dann Richtung zum Capitol zurück. Bevor sich die Prozession auf dem Platze des Capitolinischen Jupitertempels auflöst, verkünden Herolde den Beschluß der Kurie, daß 45
die ,Centuriats-Comitien — die Versammlung aller Wehrpflichtigen — einberufen seien. Das Schicksal des Staates wird unmittelbar in die Hand der Bürger gelegt. Das Volk wird über die Zukunft seiner Kinder und Kindeskinder entscheiden. Siebzehn Tage nach Ankündigung des Edikts läßt der beauftragte Konsul von Auguren die Versammlung des römischen Volkes ausrufen. Beim ersten Sonnenstrahl, der den Giebel des Jupitertempels trifft, schallt der langgezogene Ton der Kriegshörner vom Capitolinischen Felsen; aus der Tiefe der Stadt antworten erzene Gongs. Es sind dieselben Alarmsignale, die das Volk zu den Waffen rufen, wenn sich der Feind den Mauern nähert. Bald strömen die gerüsteten Männer aus den Adelsquartieren der Hügelstadt, die Lanzenträger und Schleuderer verlassen ihre Lehmhütten im Tal, und über die Breite Straße bewegt sich ein endloser Zug von Milizsoldaten zum zacken gekrönten Torbau, der Porta Carmentalis, die am westlichen Fuß des Capitolinischen Burgfelsens die Stadtmauer unterbricht. Die eichenen, mit Erz beschlagenen Torflügel stehen weit offen. Das Gewühl des Volkes wälzt sich die schnurgerade Straße hinaus ins Marsfeld, das sich bäum- und buschlos zum Tiber hinzieht. Jünglinge gehen neben den Veteranen, die schon in den italischen Einigungskriegen mitgefochten haben. Invaliden der Pyrrhusschlachten werden ehrfürchtig von der Jugend gegrüßt. Wo diese Kämpfer vergangener Kriege erscheinen, öffnet ihnen das Volk eine Gasse der Achtung. Herolde geleiten sie zu den Ehrenplätzen in den ersten Reihen der Centurien. In weitem Viereck gruppieren sich die Formationen um den erhöhten Marsaltar des Feldes. Zehntausende stehen dort, Mann neben Mann. Die höher gestiegene Sonne läßt die Helme und Speere funkeln und blitzen. Stimmengewirr erfüllt die Luft wie das Brausen des Frühlingsstunns. Da schmettern helle Signale aus den geschweiften Lurenhörnern, die Centurionen nehmen ihre Plätze vor den Abteilungen ein, Feldzeichen werden enthüllt und aufgepflanzt. Auf dem rechten Tiberufer, wo sich die flache Hügelkuppe des Janiculus aus der parkähnlichen Uferlandschaft hebt, geht an hohem Mast die rote Fahne hoch, ein Zeichen, daß die Besatzung ihre befohlene Wachstellung bezogen hat. Nach alter Verordnung muß am Tage der Centuriats-Comitien der Janiculus zur 46
Sicherung der Stadt besetzt gehalten werden, denn in diesen Stunden steht das gesamte Bürgerheer außerhalb der Mauern. Konsul Tiberius Conuncanius hat im Tempel des CapitoIinischen Jupiter den Willen der Götter befragt; die ,Haruspices', die Eingeweidebeschauer, forschten in den Lebern der geschlachteten Opfertiere. Auch Vogelflug und andere Zeichen der Götter sind sorgfältig beobachtet und aufgezeichnet worden. Nach langer Beratung verkünden die Oberauguren den Wahrspruch: Die Götter verheißen den römischen Waffen den Sieg und billigen den Schritt des Volkes. Befreit hebt sich die Brust des Konsuls, er steigt zu Pferde und trabt, gefolgt von seinen Freunden, waffenklirrend den Burgberg hinab, übers Forum zur Breiten Straße und zum Marsfeld hinaus. Als die Masse dort draußen die Staubwolke von der Stadt herannahen sieht, gerät sie in Bewegung. Hornbläser rufen zur Ordnung, Pauken dröhnen, dann senkt sich erwartungsvolle Stille über die Ebene. i Der Konsul hat sein Pferd pariert und reitet im Schritt durch die eisenblitzende Gasse der Legionen. Vor dem Marsaltar steigt er aus dem Sattel und schreitet die wenigen, flachen Stufen hinauf. Oben erwarten ihn die Priester m weißen, langherabwallenden Gewändern. Nun werden die Opfertiere geschlachtet, Blut dampft und verzischt in der flackernden Glut des Altars. Das eintönige Gebet der Priester ist weithin zu hören, denn regungslos steht das gewaffnete Volk. Nach beendetem Opfer tritt Konsul Conuncanius vor, sein Blick umfaßt das weite Feld und den Wald der aufgerichteten Adlerstandarten. Ohne Beschönigung oder Phrase schildert er die Lage, die Gefahren und die eigene Stärke. Dann hebt er seine Stimme zu leidenschaftlichem Appell. Er ruft die altrömische Ehre, den Mannesmut und den Stolz an, die Rom bisher niemals vom Wege haben abweichen lassen. Tod oder Leben, kühner Zugriff oder Sicherheit im faulen Verzicht — das sind die Fragen, über die Roms Bürger heute entscheiden sollen, für die sie morgen aber kämpfen und vielleicht sterben müssen. Brausender Jubelruf antwortet dem Konsul, die Standartenträger heben die Feldzeichen, die Milizsoldaten schlagen die Waffen gegeneinander, so daß die Pferde der
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berittenen Truppe unruhig werden und aufgeregt zu tänzeln beginnen. Nachdem die ,Rogatores* — ^ e Stimmenzähler — von Centurie zu Centurie gegangen sind, um auf ihren Wachstäfelchen die zustimmend erhobenen Arme zu verzeichnen, melden sie eine überwältigende Mehrheit für das sizilianische Abenteuer. Rom wird den Schritt über seine natürlichen Grenzen hinaus zur größeren Mittelmeerwelt tun. Es ist entschlossen, den Waffengang mit Karthago zu wagen.
Einige Monate später stehen die römischen Legionen unter dem neuen Konsul Appius Claudius Caudex an der Küste bei Rhegium und blicken nach Messina hinüber. Etwas mehr als drei römische Meilen Wassers liegen zwischen den Truppen und der sichelförmigen Halbinsel, die den Hafen umschließt. Deutlich sind dort drüben, jenseits der Landzunge, die Türme der Stadt zu sehen, die an den Hang des Berges geschmiegt ist. An der engsten Stelle der Halbinsel hebt trotzig die Burg ihr Felsenhaupt; über ihr flattert das Banner mit dem verhaßten Einhorn — das Feldzeichen Karthagos. So nahe ist das Ziel — und so unerreichbar! Tag und Nacht kreuzen die schweren, karthagischen Schiffe — mächtige Drei- und Fünfruderer mit Rammsporn und Wurfmaschinen — in der Meeresstraße. Manchmal laufen die Segler bis auf Rufweite an das Ufer bei Rhegium heran, und höhnisch schreien die karthagischen Matrosen ihre Verwünschungen und Spottlieder zu den römischen Posten hinüber. „Kauft euch Fischköpfe und Flossen auf dem Markt, ihr Landhüpfer, damit ihr das Schwimmen lernt!" Auf der Höhe liegen die festen Erd wälle des römischen Kriegslagers. Von Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Nacht sind die Erdbefestigungen von langen Reihen Legionären gesäumt, die stumm dem frechen Spiel der Karthager zusehen. Nie ist sich Rom seiner Schwäche zur See so bewußt gewesen, als im Kriegslager bei Rhegium angesichts der stolzen Schlachtflotte Karthagos. 48
Dem Kriegstribunen Gajus Claudius reißt die Geduld, er kann nicht länger dem Hochmut und Hohn der Afrikaner zusehen. In raschem Entschluß wagt er einen kühnen Handstreich. In der ersten Nacht, da der Mond unsichtbar bleibt, schiffen sich die für das Unternehmen ausgewählten Truppen in kleinen Schuten und Kähnen, Küstenseglern und Lastbooten ein. Jedes Geräusch ist streng untersagt, die Waffen sind mit Tüchern umwickelt. Leise gleitet die seltsame Flotte aus dem Hafen und verschwindet in der pechschwarzen Nacht, die über dem Meer lagert. Stunden vergehen; wie von der Finsternis verschlungen ist die Vorhut des Heeres, verschollen in der Wasserwüste. Die Hauptmacht des römischen Heeres steht gerüstet auf den Wällen des Küstenlagers und wartet. Auf dem höchsten Punkt des Vorgebirges verharrt Konsul Claudius mit den Stabsoffizieren. Da faßt ihn einer der Ritter hart am Arm und weist wortlos nach drüben. Ein kleiner, glühender Punkt steht über der Küste bei Messina, er wird größer und wächst. Eine glutrote Flamme schlägt auf dem Leuchtfeuerturm aus der Pechpfanne, die seit dem Erscheinen der karthagischen Schiffe von den Mamertinern gelöscht worden war: das vereinbarte Zeichen, daß der Sprung ins Dunkel, die Überfahrt, geglückt ist 1 Jubel wird laut, denn nun hat man auch drunten im Lager das Feuer bemerkt. Stimmen rufen aus der Nacht: „Sie sind gelandet! Mars schlug die Karthager mit Blindheit..." In Sizilien wird seit Jahrhunderten mit Haß, Tücke und Verrat gerungen; der Kampf zweier Rassen auf glühender Erde hat längst die Gebote der Ehre und Menschlichkeit ausgelöscht. Die schwüle und verderbte Atmosphäre der Insel umfängt nun auch die Römer. Konsul Claudius lockt den karthagischen Kommandanten der Zitadelle Messinas mit falschen Zusicherungen in sein Lager, erpreßt ihm den Befehl zur Räumung der Burg und gewinnt damit das Einfallstor nach Sizilien. Jetzt erat erklärt Karthago den Krieg. Der nun anhebende Kampf ist grausamer und erbarmungsloser als jeder, den Rom bisher geführt hat. Heere 49
marschieren kreuz und quer. Die blühenden Fluren Siziliens, seine dunklen Waldtäler und zerrissenen Felshäupter werden zu Schauplätzen blutiger Greuel. Über die Getreidefelder der Küstenebenen wälzt sich, der Strom der Kriegsvölker, aus den Olivenhainen der Hügel wehen braune Rauchfahnen und verdunkeln die sanfte Linie der meernahen Landstriche; die kleinen, weißen Dörfer inmitten von Obstgärten und Weinbergen lodern wie Fakkeln auf, und Mordgeschrei hallt aus den Gebirgen. Entlang der dicht besiedelten Küste jagen und rauben die Seewölfe Karthagos. Hieron II., der Tyrann von Syrakus, den ein Bündnis mit den Karthagern gegen die Mamertiner verband, erkennt, daß sein Vorteil nicht mehr auf der Seite der Afrikaner liegt. Er zieht sich klug zurück, schließt Frieden und wird später der Bundesgenosse Roms. Schließlich ballen sich die Truppen der kämpfenden Parteien um das starke Akragas54. Als es der unaufhaltsamen Wucht des römischen Angriffs erliegt, plündern die Legionäre tagelang in den Straßen der unseligen Hellenenstadt. Sie büßt für die Ausschreitungen ihrer karthagischen Besatzung. Sämtliche Einwohner — Männer, Frauen und Kinder — fallen nach Kriegsrecht als Beute dem Sieger zu. Auf den sizilischen Straßen treten endlose Kolonnen menschlichen Leides, ausgelöschte Schicksale, Wesen, die als „beweglicher Besitz" nur noch den Wert ihrer Arbeitskraft haben, den Marsch zu den Sklavenmärkten an. Aber unerschüttert steht das karthagische Festungsdreieck des Westens: Lilybäum, Drepana und Panonnus. An diesen Bastionen haben die römischen Adler zunächst die Grenze erreicht, die ihrem Siegesfluge gesetzt ist. Vor den Augen der römischen Legionen laufen die schwerbeladenen Nachschubflotten in die Hafen; wie zum Hohn für die Sieger des Hinterlandes ziehen die Segel zum Horizont. Karthago — die Herrin der See — gebietet dem Vormarsch der Römer Einhalt. Das siegreiche Rom kapituliert vor dem Meer, das nicht sein Element ist. « Zwingend steht die Forderung vor dem römischen Staat: Karthago ist nicht anders zu schlagen als auf dem Meere, es gibt keinen anderen Weg zum Sieg, als den, der 50
ober Schiffsplanken führt. Rom muß eine Flotte bauen und zur Seemacht werden» Der Gedanke erscheint tollkühn und frevelhaft. Wie soll der kaum aus den Kriegen gegen die Nachbarn geborene Staat italischer Bauern mit der in Jahrhunderten gewachsenen Tradition von Seefahrern und Schiffsbaumeistem in Wettstreit treten? Woher kann Rom die Zehntausende von Matrosen und geschulten Ruderern nehmen — wie wird es zu einer Flotte kommen, die den stolzen Geschwadern der afrikanischen Metropole gewachsen ist? Trotzdem geht der Senat, vom ganzen Volk unterstützt, mit römischer Energie ans Werk, In allen verfügbaren Häfen Italiens wird an neuen Schiffen gebaut. Vorerst sind dreißig Dreiruderer und fünfzig Fünfruderer geplant. Während der Zeit, in der nach altem Seemannsbrauch die Meerschiffahrt ruht und kaum mit karthagischen Handstreichen von See her zu rechnen ist — also von Mitte November bis in die ersten Tage des März —, geht Konsul Gajus Duilius auf die Reise von Hafen zu Hafen, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Er benützt einen der kleinen Küstenschoner, wie sie am Tiberkai und im Fischerdorf Ostia, dem bescheidenen Mittelmeerhafen Roms, zu Dutzenden liegen. Mit der ersten Tagfahrt erreicht das Fahrzeug Antium, mit der zweiten Kap Cajeta und Formiae. Hier halt sich Duilius einen Tag auf; am Abend höhtet der Pilot66 wieder die Anker und läuft aus; den Kurs nimmt er nach Landmarken und Gestirnen. Es ist eine helle Nacht, der volle Mond steht im Osten Über dem Lande. Als der Schoner um Mitternacht die Höhe von Volturno kreuzt, erkennt man deutlich die in der Mündung des Flusses liegenden Frachtkähne. Man hört den klirrenden Schritt der Posten, die die Kriegssklaven bewachen. Gajus Duilius erklärt den Senatoren, die mit ihm reisen, daß dort drüben das Eichenholz für die Werften verladen werde. Es kommt vom Apennin, wo Tausende von Kriegsgefangenen in Fällkolonnen eingesetzt sind, wo die Sägen Tag und Nacht arbeiten und die Zimmerleute ganze Berge von Balken behauen. Jeden Morgen laufen die vollbeladenen Schiffe und die breiten Flöße mit Südkurs aus dem Hafen. Einige Stunden später taucht der dunkle Schatten von Inseln vor dem Bug des Schoners auf, links davon schiebt 51
sich Kap Misenum in die silberglitzernde Fläche der See. Es beginnt schon zu dämmern, als der Pilot das Vorgebirge kreuzt und in die Bucht einbiegt. Rasch steigt der Tag empor, der rötliche Schein über dem Vesuv wird schwächer und weicht dem Licht des Morgens. Der Golf von Neapel tut sich auf. Das Schiff hat den Kurs gewechselt, es nützt den schwachen Wind und läuft nordwärts, an der Küste entlang, gegen Bajä, wendet dann abermals und schneidet mit schnellem Bug die Wellen. Man erkennt bereits die neugebaute Straße, die sich von Cumae herab zum Strande von Puteoli senkt. Die Berge treten hier nahe an das Meer, lassen aber so viel Raum, daß eine lange Reihe von Schiffswerften errichtet werden konnte. Trotz der frühen Morgenstunde ist der flache Strand von regem Leben erfüllt. Hämmern, Sägen und Rufen tibertönt das Branden des Meeres. Hunderte von Sklaven schleppen Balken von den Lastkähnen, Legionäre treiben sie an. Ein halbes Dutzend Schiffe liegt auf Stapel. Der Schiffabaumeister erklärt die technischen Einzelheiten: Das Legen der Kiele, das Zusammenfügen der Spanten, die gleich Rippen emporwachsen. Bis die Planken eingezogen sind, werden die Schiffsrümpfe von großen Baumstämmen gestützt. Der Konsul steigt über eine Leiter auf das Oberdeck einer beinahe fertigen Trireme. Durch das noch offene Mittelschiff sieht man die drei Halbstöcke der Ruderdecks; die Zimmerleute sind dabei, die Bänke einzupassen und die ovalen Ruderluken zu verschalen. Hier werden später die schweren Ruderstangen eingesetzt. Vom Verdeck schallt das Rufen der Arbeiter, die den Hauptmast aufrichten. Der hohle Schiffskörper dröhnt von Hammerschlägen. Draußen beschlagen Schmiede den großen, aus dem Kiel vorspringenden Rammsporn mit Eisen. Das ist die gefährlichste Waffe des Schiffes. Vom Kapitänsdeck überblickt der Konsul die Reihe der Schiffsrümpfe, die starrenden Rippen, die Gleitbahnen, die im seichten Wasser verlaufen. „Gute Schiffe!", sagt er, „ich sah bei den Karthagern keine schnittigeren Ruderer!" Der griechische Baumeister Megisthenes, der mit der Oberleitung aller Werften betraut ist, verbeugt sich. Er 52
zeigt auf ein großes, seetüchtiges Kriegsschiff, das einige Steinwürfe strandaufwärts auf dem Trockenen liegt. „Alle Schiffe, die hier gebaut werden", sagt er, „sind tatsächlich Karthager] Der Kreuzer, der da drüben aufgebockt ist, wurde vor einem halben Jahr durch Unwetter an die Küste geworfen, die Mannschaft hatte sich in die Boote gerettet und uns ein schönes Modell karthagischer Schiffsbaukunst hinterlassen." „Da wächst die Flotte Roms!" — Konsul Duilius umfaßt mit einer Handbewegung die Werften am Strand. „Was aber dann, wenn sie von Stapel gelassen ist, wenn all diese Drei- und Fiinfdecker im Wasser schwimmen? Damit allein ist der Seekrieg noch nicht gewonnen." Tarquino, ein alter Kriegsschiffskapitän der unterworfenen Etrusker, bittet um Gehör. Der Senat hat ihn in seinen Dienst verpflichtet, da er über reiche Erfahrung im Seekrieg verfügt. Noch heute erzählt man in allen Schenken der Hafenstädte von seinen tollkühnen Unternehmungen in den Seekämpfen zwischen Pyrrhus, Hieron und Karthago; manches Kaperschiff der Piraten, das die Küsten unsicher machte, hat er mit Mann und Maus auf den Meeresgrund geschickt. „Wir haben für die Ausbildung der unerfahrenen Mannschaften ein Übungsgerüst geschaffen, Konsul", sagt er. „Wenige Pfeilschüsse landeinwärts steht das Rudergerät." Der Konsul steigt mit seinem Gefolge die Hügelwelle hinan, hinter der ein riesiges Holzgerüst aufgebaut ist. Es ist eine Art Schiffsrumpf ohne Seitenwände, mit fünf Halbstöcken übereinander und langen Rudern an beiden Seiten. Auf den Bänken der einzelnen Stockwerke sitzen Legionäre, die Griffe der ungefügen Ruderstangen in den Händen. Jetzt beginnen die „Paukatores", auf hohlen Holzkästen mit dem Hammer den Takt zu schlagen. Fluchend und schwitzend handhaben die Männer die schweren eichenen Rundhölzer, aber sie kommen schon bald aus dem Takt, und in dem Durcheinander verlieren viele die Herrschaft über die Ruder. Der „Hortator" — ein Oberaufsehe* — brüllt Kommandos, die Übung beginnt von neuem. „Auf diese Weise", erklärt der Etrusker, „kann ich die Leute schon im Winter auf dem Lande unterweisen." „Ein lobenswerter Einfall!", meint der Konsul, „aber — er befreit mich leider nicht von meinen Sorgen." 53
Wie schon so oft, entwickelt Duilius seine Gedanken. Auf welche Weise wolle die Landmacht Rom auf dem Meer gegen die altbewährte Hochseeflotte der Karthager siegen? Erfahrung könne niemals allein durch Mut und Tapferkeit ersetzt werden. Tarquino schweigt vorsichtig. Auch er hat seine eigene Auffassung von der römischen Seemacht, aber es ist besser, man spricht nicht darüber. „Es dauert Jahre", sagt er schließlich auf eine direkte Frage des Konsuls, „bis eine Mannschaft aufeinander eingespielt ist. Die Matrosen müssen blitzschnell jedes Segelmanöver ausführen, die Ruderer auch bei hochgehender See genau im Takt bleiben, jedes Kommando sofort und geschlossen ausführen; von den Kapitänen erwartet man Erfahrung in der Schiffsführung, nautische Kenntnisse, Überlegenheit und Entschlußkraft, Das alles setzt gründliche Ausbildung, viel Übung und lange Erprobung voraus." Die Augen des Konsuls werden hart. „Im nächsten Sommer wird gekämpft, auch ohne Übung. Die Zeit arbeitet gegen uns, wir können nicht länger zusehen, wie die Karthager unsere Küsten verheeren und unsere Häfen blockieren.** „Ich war bei der Seeschlacht von Catana dabei", fährt der Etrusker fort, „damals verlor Pyrrhus die Hälfte seiner Flotte, obwohl die griechischen Seeleute gewiß nicht ungeschickt waren. Die karthagischen Schiffe umkreisten uns gewandt wie die Möwen, blitzschnell folgten Ruderund Segelmanöver. Als unsere Matrosen anfingen, verwirrt zu werden und den Bewegungen der flinken Kreuzer nicht mehr zu folgen vermochten, stießen die Karthager zu. Plötzlich sahen wir den messerscharfen Bug des Feindes in rauschender Fahrt neben der Schiffsrianke auftauchen. In das Splittern der abbrechenden Ruderreihen mischte sich das Schreien der von ihren Sitzen geworfenen Galeerensklaven. Bevor das Schiff wieder dem Steuer gehorchte, hatte der Karthager bereits gewendet und brauste mit voller Fahrt gegen unsere Längsseite an. Sein Rammsporn drang krachend in die Planken, die Masten brachen unter der Wucht des Zusammenpralls, Wasser drang in den Raum ein, und wir hatten gerade noch Zeit, über Bord zu springen, bevor der Kasten versank.'* Die Gesichter der Römer sind ernst geworden. Nur Gajus Duilius scheint unbeeindruckt. 54
„Nein", sagt er, „so geht es natürlich nicht! Wir werden Karthago niemals mit seiner eigenen Taktik schlagen. Man müßte dem Feind eine Kampfweise aufzwingen, in der er unterlegen ist —, man müßte den Landkampf auf das Meer verpflanzen können, die gesamte Seekriegfünrung umstürzen." Erregt debattieren die Senatoren. Schweigend und aufmerksam betrachtet Gajus Duilius das Übungsgestell des Etruskers. „Man müßte es auch im Kampf mit einer neuartigen Konstruktion versuchen", sagt der Konsul. „Ich denke an eine Art Brücke, die von einem Schiff auf das andere geworfen wird und die Decks gewissermaßen zum Kampfplatz macht. Man könnte eiserne Haken anbringen, die Bord mit Bord verklammern und den Feind an das eigene Schiff fesseln. Über eine künstliche Brücke könnte das unvergleichliche römische Fußvolk hinüberentern. Wären unsere Legionäre aber erst einmal Mann gegen Mann an die Karthager heran, dann sollten wir alles Weitere getrost ihrer bewährten Tapferkeit überlassen." Auch die Zuhörer halten die Idee für durchführbar und erfolgversprechend, und Megisthenes kritzelt mit dem Silberstift eine erste Skizze der Enterbrücke auf seine Wachstafel.
Im Hochsommer des darauffolgenden Jahres treffen die Flotten bei Mylae, in der Nähe MesBinas, zum erstenmal aufeinander. Der karthagische Admiral ist voller Spott, als er die römischen Schiffe schwerfällig und ungefüge heranschwanken sieht. Keines von ihnen wird —• so denkt er — den Hafen wiedersehen. Nach kurzem Geplänkel hat sich jedes punische Schiff sein Opfer gewählt. Die RömerschifTe können nicht einmal den ersten Wendungen folgen, sie sind vollbeladen mit Bewaffneten und Hegen tief im Wasser. Schon rauschen die Kreuzer der Karthager zum einleitenden Manöver des Ruderbrechens heran. Hohnlachend stehen die afrikanischen Matrosen an der Reling. Aber im selben Augenblick, da die Schiffe die Ruder der Römer absplittern und Bord an Bord liegen, hebt sich auf den römischen Trieren eine ungetüme dunkle Masse, schwebt hoch empor und saust krachend auf das 55
feindliche Verdeck. Ein wilder Triumphschrei steigt zum Himmel. Dann stürmen die Legionäre mit blanker Waffe über die Brücke auf das geenterte Schiff. * Bei dem Gefecht von Mylae gehen fünfzig karthagische Kreuzer verloren, der Rest rettet sich in die Häfen von Drepana und Lilybäum. Siegreich laufen die römischen Geschwader in Messina ein. Der flaue Krieg nimmt neuen Wind in die Segel, denn nun trägt Rom den Kampf ins Land des Feindes. Unter den Konsuln Atilius Regulus und Volso fährt nach Jahren angestrengter Rüstungen eine Flotte von dreihundert Schiffen gegen Afrika aus. Aber auch Karthago schickt jeden verfügbaren Mann ins Treffen und jedes Segel aufs Meer. Vor Kap Ecnomus, bei der Stadt Gela, kreuzt sich 256 v. Chr. der Kurs der beiden Schlachtflotten. Zwei Riesenheere schlagen sich auf den Wogen der See. Die römischen Schiffe sollen 140000 Mann, die Karthager 150000 an Bord gehabt haben. Das gewaltigste Seegefecht der bisherigen Geschichte rast über das Meer und wirft seine Trümmer an die Felsen Siziliens. Der Sieg ist mit den römischen Adlern, die Konsuln landen auf afrikanischer Erde und rufen die Unterdrückten des Plantagenlandes zum Aufstand. Die Flamme der Rache, der Haß der zehntausend Gewürgten, Gemarterten und Geplagten wütet über dem blutgetränkten Boden Libyphönikiens, Furchtbar stürmt die Flut der Bauern, Sklaven und Knechte gegen die Paläste der punischen Herren und brandet an die Mauern der Städte. Da erkennt Karthago, daß dieser Krieg mehr zerstört, als jemals durch ihn zu gewinnen ist, und es bittet um Frieden. Die große Stunde Roms ist gekommen. Atilius Regulus aber ist nicht der Mann, sie zu nutzen. Vergessen ist jenes aufschlußreiche Gespräch im Hause des Livius, vergessen die Warnung, daß die Karthager in Stunden der Not aus Händlern zu Kämpfern werden können, die sich mit der Kühnheit der in die Enge getriebenen Wildkatze wehren. Atilius stellt übertriebene und unerfüllbare Bedingungen. Die steinernen Herzen der Herren der Byrsa ergreift der Zorn der Verzweiflung. Die knochigen Finger der Geizigen^ 56
die weichen Frauenhände der Satten greifen in tiefe Schatztruhen und werfen die Reichtümer einer Weltstadt in die Schale des Schicksals. Karthago nimmt den spartanischen General Xanthippos mit seinen hellenischen Kerntruppen in Sold und zahlt ihm Riesensummen als Vorschuß. In Gewaltmärschen eilt der Spartaner heran und umzingelt in überlegener Taktik das römische Heer. Nur 2000 Legionäre überleben die Schlacht. Über das libyphönikische Hinterland geht ein blutiges Strafgericht nieder. Viele tausend numidische Gutssklaven aus dem Aufstandsgebiet werden entlang der Straße nach Karthago ans Kreuz geschlagen. Auf dem gleichen schauerlichen Weg schreitet der Konsul Atilius Regulus ein Jahr nach der siegreichen Seeschlacht in Ketten als Gefangener ins Elend. Der Krieg aber ist nicht zu Ende. Denn nun wirft auch Rom all seine Kraft und den unverbrauchten Mut seiner Jugend ins Feld, Atilius Regulus, der Gefangene der Karthager, wird zum Beispiel für den Opfermut aller. Karthago entsendet ihn gegen die Bürgschaft seines Ehrenwortes nach Rom, damit er vor dem Senat für den Friedensschluß spreche, von dem das Schicksal von 2000 römischen Gefangenen und auch sein eigenes abhängen wird. Aber das Vaterland, die Idee des römischen Staates, gilt dieser Zeit mehr als das Leben von zweitausend Römern und als das Schicksal eines besiegten Konsuls. In Rom angekommen, redet Atilius Regulus nicht dem Frieden das Wort, sondern berichtet vor der schweigenden Kurie von der Kriegsmüdigkeit, den wachsenden Schwierigkeiten und der schwankenden Sicherheit Karthagos. Er beschwört den Senat, der Gefangenen nicht zu achten und den Krieg durch eine große Anstrengung zum siegreichen Ende zu führen. Dann kehrt er, von der Ehrfurcht des Volkes geleitet, auf das karthagische Schiff zurück und übergibt sein Schicksal der Rache des Feindes. In Afrika gelandet, wird er grausam gemartert und in einem mit Nägeln ausgeschlagenen Faß von der Uferhöhe ins Meer gerollt und ertränkt. Rom übertrifft sich selbst. Neue Flotten werden gebaut, neue Heere aufgestellt. Schrecklich sind die Opfer, die der tödliche Kampf mit Karthago verlangt. Aber es kommt zu keiner Entscheidung. 57
Als sich nach fünf Jahren militärischer Fehlschläge die Bürger wieder zur Zählung auf dem Marsfelde versammeln, weisen die Listen des Jahres 40000 Namen weniger auf als bei dem letzten Lustrum. Der sechste Teil des Volkes hat seinen Entschluß, mit Karthago zn kämpfen, durch den Tod besiegelt. Siebenhundert Schiffe sind in Stürmen und Gefechten gesunken. Als selbst die Senatoren der Kurie am glücklichen Ausgang zu zweifeln beginnen, rafft sich das römische Volk zur letzten Anspannung auf und schafft in freiwilliger Arbeit, durch private Opfergaben und Stiftungen eine neue kampfkräftige Flotte. Der Konsul des Jahres, der inzwischen alt gewordene Betreuer des Gesandten Kineas, Lutatius Catulus, führt dieses Geschwader zum ersten Gefecht. An der sizilischen Westküste, bei den Ägatischen Inseln67, trifft er auf den Gegner. Fünfzig punische Schiffe sinken, siebzig fallen in die Hände der Römer, zehntausend Kriegsgefangene werden eingebracht. Zur Erinnerung an diesen entscheidenden Sieg läßt der Senat die Schiffsschnäbel der erbeuteten Karthagerkreuzer absägen und als Schmuck an der Rednertribüne des Forums anbringen, die seither den Namen Rostra, Schiffsschnabelbühne, trägt. * Unter den vielen Freudenkundgebungen, Tempelgängen, Schaukämpfen und Volksbelustigungen, mit denen Rom seinen Sieg feiert, fallt das Unternehmen eines Privatmannes durch seine Seltsamkeit und Ungewöhnlichkeit auf. Der von seinem Herrn freigelassene ehemalige Sklave Livius Andronicus eröffnet am Fuß des Aventinus — seit alten Tagen die Arena der Gaukler, Zirkusreiter, Seiltänzer und campanischen Possenspieler — eine hölzerne Bude mit bescheidenen Sitzreihen zur Aufführung von griechischen Dramen. Andronicus ist Dichter, Übersetzer, Unternehmer und Darsteller in einer Person. Da er hochgestellte Freunde hat, erreicht er, daß seinem Unternehmen die Zustimmung des römischen Magistrats gewährt wird. Die hellenische Literatur hält ihren Einzug in Rom.
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Karthago aber gibt das Spiel verloren. Die Stadt unterwirft sich der ungeheuren Geldbuße von 3200 Talenten, innerhalb von zehn Jahren zu zahlen, bleibt aber in ihren Besitzungen ungeschmälert. Nur der Kampfpreis all dieser furchtbaren Jahre, die Insel Sizilien, fällt an Rom und wird zum »Staatsgut4, zur »Provinz*, erklärt. Es ist die erste römische Provinz . . . ein unabsehbarer Weg in die Welt ist damit betreten.
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ANMERKUNGEN l ) Zenon, griech. Philosoph, 334—262 v. Oir.; — *) Pyrrhus von Epirns, 318—272 v. Chr.; — *) in den Jahren 341—291 v. Chr.; — *) im Jahre 282* v. Chr.; — B ) das heutige Senigallia; — •) im Jahre 390 v. Chr.; ') im Jahre 295 v. Chr.; — 8 ) Tal des Po; — •) Chiiiareh. Militärsrang, Offizier, der 1000 Soldaten befehligt; — 10 ) Plebejer, Plebs (lat. das Volk, die Menge), in Alt-Rom die Gesamtbürgerschaft mit Ausnahme der Patrizier; die Plebejer errangen erst in 200ja.hr. Kampf gegen die Patrizier die polit. Gleichberechtigung; — u ) heute noch erhalten und im Konservatorenpalast zu Rom aufbewahrt; — u ) seit 323 v. Chr.; — ») Hellenismus; — «) Velites, Leichtbewaffnete, Plänklertruppen, die vor der festen Schlachtordnung herlaufen um dem Feind durch Steinwürfe oder Pfeilschüsse zu schaden; — u ) Hastati. Lanzenträger. 1. Glied der rÖm. Schlachtordnung mit Lanze, Kurzachwert and dem langen gebogenen Schild; Die „principe»" stellen das 2. Glied; **) Triarier, 3. Glied der röm. Schlachtordnung; — ") wie der röm. Historiker Livius benähtet (59 v. Chr. — 17, n. Chr.); — u ) Ädil, hoher röm Beamter, Leiter der Markt- und Straßenpolizei, der Getreideversorgung und der öffentlichen Spiele (2 adlige, 2 plebej. Ä.); — u ) *•) und , 1 ) , nach dem grieoh. Schriftsteller Plutarch (um 50—nach 120 n. Chr.); — *•) im Jahre 278 v. Chr.; — M ) im Jahre 273 v. Chr.; — **) im J a h r e 274 v. Chr.; — •*) Municipium, Stadtgemeinde mit röm. Bürgerrecht und eigener Verwaltung, aber unter Oberhoheit Roma; — **) wie Plinius d. Ä. (23—79 n. Chr.) berichtet im Jahre 269 v. Chr.; — **) 266—264 v. Chr.; — "•) Stadie, röm.griech. Wegemaß, rd. 300 m; — **) Atrium, Eingangshalle des röm. Hauses, in der das offene Herdfeuer brannte; — M ) lebte von 346—250 v. Chr.; — ") der Trojanische Krieg; — *•) so bezeugt das Alte Testament im „Buch der Richter"; — M ) und M ) die heutigen Städte Trapani, Marsala, Palermo, Cadiz; —- ") im Jahre 330 v. Chr.; — •*) um 460 v. Chr. nach dem heutigen Kamerun; — *7) Insel der Seligen = Azoren; — M) das heutige Marseille; — •*) im Jahre 510 v. Chr.; — *•) Polybios, griech. Staatsmann und Historiker (210—120v. Chr.) erwähnt diesen Vertrag aus dem 6. J h . ; — **)CapBone;— ° ) s o berichtet der griech. Universalgelehrte Eratosthenes (276—195 v.Chr.); **) Aede Pol — aede Castorl, gemeint sind die Tempel des Castor und des Pollux, der alten röm. Stadtgötter, im 5. J h . auf dem Forum erbaut. Der Römer pflegte unter dieser Anrufung zu schwören; — M ) Byrsa = Burg von Karthago; — *•) nach Timaios; — **) Lustrum, das große religiöse Reinigungsfest; — *) Diodorus, der griech. Geschichtsschreiber, Zeitgenosse Cäsars, berichtet davon; — **) der röm. Kriegsgott Mars; — **) im Jahre 265 v. Chr.; — **) Centurie, Hundertschaft; — * l ) Oberpriester; — M) röm. Priester, die Vorzeichen, bes. den Vogelflug, deuten; — H ) Vestalinneu, jungfräuliche Priesterinnen der Vesta, Hüterinnen des hl. Feuere. Sie treten zwischen ihrem 6. und 10. Lebensjahr in den Tempeldienst. Nach 30 Jahren Dienstzeit ist es möglich, ins bürgerliche Leben zurückzukehren und auch zu heiraten. Weiße Tracht, Stirnband, Sohleier; — M ) später Agrigent, heute Girgenti auf Sizilien; — *•) Pilot, Hochseesteuermann; — •*) so berichtet Polybios; — *) im Jahre 241 v. Chr.
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BEGRIFFSERKLÄRUNGEN Ädil, römischer Beamter im Dienst der Stadtpolizei und des Marktwesens. Atrium (von lat. ater, schwarz), die Eingangshalle des römischen Hauses, in der in den Frühzeiten der Republik das offene Herdfeuer brannte und mit seinem Rauch die Wände schwärzte. Comitien (von lat. comitia, das Zusammentreten), die römische Volksversammlung. Diplomat, amtlicher Botschafter (von griech. „diploma", einer zusammengelegten Schreibtafel, die bei den Römern für Amtsschriften gebraucht wurde. Forum (zuerst Marktplatz), später als Stätte der Volksaufläufe und politischen Auseinandersetzungen auch im übertragenen Sinne: das versammelte Volk, die Zuhörerschaft. Das alte römische Forum lag zwischen den Hügeln Capitol, Esquilin und Palatin. Konsul (von lat. consulere, beraten), die beiden Konsuln waren die höchsten Staatsbeamten Roms, die Träger der vollziehenden Gewalt. Sie wurden jedes Jahr neu durch die Comitien (s. d.) gewählt. Im Kriegsfall führten sie täglich wechselnd das Heer. Kurie (von lat. curare, besorgen, sich kümmern), das römische Rathaus, später auch Regierungsgebäude; die Curia hostilia war der von Tullus Hostilius erbaute Versammlungsplatz der Senatoren. Latifundien, die Großgüter (von lat. latifundium, Landgut). Libyphönikien, Libyen war der antike Name für Afrika, bzw. Nordafrika; Libyphönikien bezeichnet das weite Hinterland des phönikischen Karthago in Afrika. Mamertinisches Verließ, altes römisches Staatsgefängnis am Capitol, ein finsteres, feuchtes Felsgewölbe. Museion, griech. Name für Schale; das berühmteste M. war in Alexandrien, es war die größte Forschungsstätte der alten Welt und besaß eine Bibliothek mit 700000 Buchrollen61
Numidier (von griech. nomades, die Wandernden, Nichtseßhaften), die Wüstenvölker Nordafrikas. P r o l e t a r i e r (von lat. proles, Nachkomme), die niederste Steuerklasse Roms waren die „proletarii", die Leute, die dem Staat nur durch ihre Nachkommenschaft von Nutzen waren. Senat (von lat. senex, Greis), die Versammlung der Stadtältesten Roms; Einberufung durch die Konsuln, die an die Beschlüsse des Senats nicht gebunden waren. Stoa (-poikile), (griech., [bunte] Halle), Säulenhalle Athens mit den berühmten Tafelbildern des Malers Polygnot; später Name einer philosophischen Schule, die dort um das Jahr 300 von Zenon aus Kition begründet wurde. Toga (von lat. tegere, bedecken), Obergewand der Römer und Amtstracht, Zeichen der Freien zum Unterschied von den Sklaven und Taglöhnern; die Toga wurde über der Tunica, dem wollenen Unterkleid, getragen und nur außer dem Hause angelegt; sie war aus schwerem, weißem Wollstoff gewebt, hatte 4—5 m Länge und wurde in sorgfältiger Faltenlage um den Körper geschlagen. Kinder trugen die Toga mit purpurroten Streifen (toga jyraetexta), ebenso die höchsten Beamten und einige Priester; buntfarbige Togen trugen die Auguren, die römischen Orakelpnester. Tunica, eine Art Hemd, das meist in der Hüfte gegürtet war; auch Arbeitskleid der einfachen Stände. Senatoren trugen die purpurgesäumte Tunica.
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ZEITTAFEL 753 v. Chr. Sagenhafte Gründung Roms durch Romulus, einem „Nachkommen" des Trojaners Äneas bis etwa 510 regiert das etruskische Königsgeschlecht der Tarquinier in Rom, dann wird Rom Republik, deren Anfänge im Dunkel liegen 509 v. Chr. Vertrag mit Karthago und Anerkennung der karthagischen Einflußsphäre im westl. Mittelmeer
um 451 um 445 um 400 387
Ständige innere Auseinandersetzung zwischen den bäuerlichen, bodenständigen Plebejern und der Adelsschicht der Patrizier Zwölftafelgesetz, die erste Aufzeichnung des Rechts; juristische Gleichstellung der Plebejer die Ehe zwischen Patriziern und Plebejern wird rechtsgültig Eroberung von Veji, einer bedeutenden etruskischen Stadt Niederlage Roms an der Allia gegen die Gallier. Zerstörung Roms (Sage von den hl. Gänsen, die die Verteidiger des Capitols weckten)
367
durch Gesetz wird auch das Amt des Konsuls den Plebejern zugänglich, allerdings nur jener Oberschicht, die zu Besitz und Ansehen gelangt ist. Es bildet sich ein Amtsadel als führende Schicht weniger Familien
340—338
Rom unterwirft sich Latium Krieg mit den Samnitern, die sich durch Rom bedroht fühlen, sich mit den Etruskern verbinden und den Galliern und Rom eine Niederlage bereiten wird Appius Claudius, der Erbauer der Via Appia (von Rom bis Capua, später bis Brindisi) Zensor
328—304
312
295
gerät Mittelitalien unter römische Herrschaft 63
287
sind die Ständekämpfe im wesentlichen beendet. Rom schafft sich eine Verfassung, in der Adel und Volk eine glückliche Verbindung eingehen. Starkes Rechtsbe wußtsein undfeste, echte religiöse Bindung, vorbildliches Familienleben mit hoher Achtung der Frau und göttlicher Verehrung der Ahnen prägen das Wesen des jungen Staates, der
282—272
im Krieg gegen Tarent und gegen König Pyrrlms v. Epirus zum ersten Mal bewußt mit der Welt des Griechentums zusammenstößt. Mit dem Sieg bei Benevent gewinnt Rom das griechisch besiedelte Unteritalien
268
ist Italien bis zum Apennin unter Roms Führung geeint. Die italischen Municipien sind nur mit Rom, nicht untereinander verbunden. Sie verwalten sich selbst, aber unter röm. Oberhoheit
Von dauert die erste bewaffnete Auseinanderset264 bis 241 zung Roms mit der Vormacht im westlichen Mittelmeer, mit Karthago. Rom baut eine Flotte und tut damit den Schritt von der italischen Landmacht zur Seemacht. Rom siegt bei den Ägatischen Inseln und gewinnt Sizilien (vorerst ohne Syrakus) als erste Provinz.
Alle Rechte vorbehalten. Einbandgestaltung: Karlheinz Dobsky Kartenzeichnungen: Anton Eckert; Illustrationen: H. G. Strick Druck: Dr. F. P. Datterer ÄCle.-Inhaber Sellier-Freising/Obb.
Der Leser, der die In diesem Heft geschilderten Ereignisse im großen Rahmen weiterverfolgen will, wird auf die spannend geschriebene Weltgeschichte
BILD DER JAHRHUNDERTE von O T T O Z I E R E R verwiesen. In neuartiger, eindrucksvoll erzählender Darstellung behandelt Otto Zierer im „Bild der Jahrhunderte", dem der Text zu dem vorliegenden rieft im wesentlichen entnommen ist, die Geschichte des Abendlandes und der \\ eh von Ihren Anfangen bis zur Gegenwart.
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