Springer-Lehrbuch
Reinhard Lerch
Elektrische Messtechnik Analoge, digitale und computergestützte Verfahren 4., neu bearbeitete Auflage Mit 510 Abbildungen und 62 Tabellen
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Professor Dr.-Ing. Reinhard Lerch Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Lehrstuhl für Sensorik Paul-Gordan-Str. 3/5 91052 Erlangen
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ISBN 978-3-540-73610-3 4. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 978-3-540-34055-3 3. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist nicht Urheber der Daten und Programme. Weder Springer noch der Autor übernehmen die Haftung für die CD-ROM und das Buch, einschließlich ihrer Qualität, Handels- und Anwendungseignung. In keinem Fall übernehmen Springer oder der Autor Haftung für direkte, indirekte, zufällige oder Folgeschäden, die sich aus der Nutzung der CD-ROM oder des Buches ergeben. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 2005, 2006 und 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuziehen. Satz: Reproduktionsfertige Vorlage des Autors Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier
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Vorwort zur vierten Auflage
Zun¨ achst einmal gilt mein besonders herzlicher Dank all denjenigen Lesern, die im letzten Jahr dieses Buch k¨ auflich erworben haben. Denn dank ihnen ist es m¨ oglich geworden, schon ein Jahr nach Erscheinen der letzten Auflage die nunmehr 4. Edition dieses Werkes herauszugeben. Dadurch ist es in relativ kurzer Frist gelungen, neben anstehenden kleineren Korrekturen wesentliche Erweiterungen bzw. Verbesserungen am Text und der beiliegenden DVD vorzunehmen. Viele der Vorschl¨ age dazu stammen von Fachkollegen an Universit¨ aten und Fachhochschulen. In diesem Zusammenhang geb¨ uhrt meinen Kollegen aus dem Kreise des AHMT (Arbeitskreis der Hochschullehrer Meßtechnik; www.ahmt.de) mein besonderer Dank. Denn vor allem von ihnen kamen konstruktive Vorschl¨ age, das vorliegende Werk in Richtung Meßsignalverarbeitung, Korrelationsmeßtechnik, Regressions- und Test-Verfahren auszubauen. F¨ ur diese sehr wertvollen Hinweise und Anmerkungen bei der Evaluierung der letzten Auflage m¨ ochte ich an dieser Stelle nochmals meinen besonderen Dank aussprechen. ¨ Desweiteren sind die Ubungsund Demonstrationsbeispiele auf beiliegender DVD in großem Umfang, insbesondere f¨ ur die eben genannten Kapitel, ausgebaut worden. Diese basieren im wesentlichen auf dem Programm LabVIEW (National Instruments), das auch bei dieser Auflage auf der DVD in seiner neuesten Version (Studentenversion) vorliegt. Mit Hilfe der auf der ¨ DVD enthaltenen Ubungen, Programmier- und Demonstrationsbeispielen ist es m¨ oglich, daß der Leser sein mit dem Studium des Werkes erworbenes Wissen unmittelbar auf praktische ingenieurm¨ aßige Problemstellungen anwendet. Das ¨ ¨ dieses Lehrbuch begleitende Ubungsbuch “Elektrische Messtechnik - Ubungs¨ buch” rundet die Ubungsm¨ oglichkeiten in den Bereichen ab, f¨ ur die Computer¨ ubungen weniger geeignet sind als Rechnungen mit Papier und Bleistift. F¨ ur die entsprechende Unterst¨ utzung beim Erstellen der DVD und die gewinnbringende Kooperation mit der Firma National Instruments m¨ochte ich mich vor allem bei den Herren Marc Backmeyer und Dipl.-Ing. Rahman Jamal bedanken.
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Mein vorrangiger Dank gilt aber vor allem meinem Team des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik, das durch seinen unerm¨ udlichen Einsatz in der letzen Zeit die schnelle Erstellung dieser 4. Auflage erm¨ oglicht hat. Hier sind vor allem zu nennen: Herr Dipl.-Ing. Thorsten Albach, Frau Bettina Melberg, Frau Cornelia SalleySippel, Herr Dr.-Ing. Alexander Sutor. Nicht zuletzt darf ich auch die wiederum exzellente Zusammenarbeit mit dem herausgebenden Verlag und seinen Mitarbeitern, vor allem Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe, hervorheben.
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Erlangen, im Sommer 2007
Reinhard Lerch
Vorwort zur dritten Auflage
Dank der recht großen Beliebtheit dieses Buches ist es m¨oglich, bereits zwei Jahre nach Erscheinen der letzten Auflage nunmehr die 3. Auflage dieses Werkes vorstellen zu k¨ onnen. Gegen¨ uber der 2. Auflage wurden vor allem die Kapitel zur Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung dem allerneuesten Stand der Technik angepaßt. So wird der j¨ ungst eingef¨ uhrte LXI-Standard zur Vernetzung von Meßger¨aten ebenso behandelt wie die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), der Digitaloszilloskope, der USBMeßmodule sowie moderne Source Measuring Units. Damit ist dieser Block auf nunmehr 200 Seiten bzw. ein Drittel des Gesamtwerkes angewachsen. Das Kapitel Elektromechanische Meßger¨ate“(Kapitel 6.1) wurde beibe” halten trotz der Tatsache, daß es sich dabei um eine in ihrer Bedeutung zur¨ uckgehende Meßger¨ ateklasse handelt. Dennoch halte ich diesen Abschnitt f¨ ur a ur Studierende des Faches Sensorik bzw. f¨ ur das ge¨ußerst wertvoll f¨ samte Gebiet der Mechatronik, da man anhand der Funktionsprinzipien f¨ ur elektromechanische Meßger¨ ate sehr sch¨ on die Interaktionen zwischen mechanischen und elektromagnetischen Feldern lernen kann. Demzufolge sind die hier behandelten elektromechanischen Grundprinzipien und Gesetzm¨aßigkeiten (z. B. die Lorentzkraft oder die Wirbelstromd¨ampfung) insbesondere f¨ ur das Verst¨ andnis von modernen elektromechanischen Sensoren und Aktoren wichtig. An dieser Stelle gilt es auch, zun¨ achst einmal all denjenigen herzlich zu danken, die mich in den beiden letzten Jahren auf Fehler bzw. unklare Darstellungen in der 2. Auflage aufmerksam gemacht haben. Meistens handelte es sich dabei um Studierende der Technischen Fakult¨at der Friedrich-AlexanderUniversit¨ at Erlangen-N¨ urnberg oder auch um Studierende anderer Universit¨ aten und Fachhochschulen, die sich auf Pr¨ ufungen in ingenieurwissenschaftlichen F¨ achern vorbereitet haben. Alle berechtigten Einw¨ande und Hinweise wurden in der vorliegenden Auflage ber¨ ucksichtigt. Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik der Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg wiederum mit großem
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Einsatz unterst¨ utzt. In allererster Linie bin ich unserem akadem. Rat, Herrn Dr.-Ing. Alexander Sutor, ebenso wie Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler, Herrn Dipl.-Ing. Erich Leder sowie dem Leiter unserer Elektronikwerkstatt, Herrn Michael G¨ unther, f¨ ur ihre Beitr¨ age zu diesem Werk zu großem Dank verpflichtet. F¨ ur ihren unerm¨ udlichen Einsatz bei der elektronischen Fertigstellung des kamerafertigen Manuskriptes samt aller darin enthaltenen, teilweise diffizilen Grafiken gilt mein besonders herzlicher Dank wiederum Frau Cornelia SalleySippel und Frau Bettina Melberg. Bedanken m¨ochte ich mich auch bei den beiden verantwortlichen Mitarbeiterinnen des Springer-Verlages, Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe, f¨ ur die hervorragende Unterst¨ utzung und exzellente Zusammenarbeit. ¨ Diesem Buch liegt eine CD-ROM mit Ubungsaufgaben zur R Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung in NI LabVIEW sowie zur Programmierung von Speicherprogrammierbaren SteuerunR gen (SPS) mit CoDeSys bei. Dabei gibt es Programmieraufgaben, deren L¨ osung via Internet auf eine am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik (FriedrichAlexander-Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg) aufgebaute Speicherprogrammierbare Steuerung heruntergeladen werden k¨ onnen. Anhand helligkeitsgesteuerter Lampen und LEDs l¨ aßt sich mittels einer WebCam die erfolgreiche Programmierung dieser SPS beobachten. Das oben gezeigte Icon weist an entsprechenden Stellen des Buches auf ¨ ¨ thematisch passende Ubungsaufgaben auf der CD-ROM hin. Weitere Ubungsbeispiele und Hinweise findet man unter www.lse.e-technik.uni-erlangen.de/elektrische_messtechnik
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Erlangen, im Sommer 2006
Reinhard Lerch
Vorwort zur zweiten Auflage
Die zweite Auflage tr¨ agt insbesondere den aktuellen Entwicklungen im Bereich Computerunterst¨ utzte Meßdatenerfassung Rechnung. Daher sind die entsprechenden Kapitel in der zweiten Auflage stark angewachsen und nehmen nunmehr u ¨ber ein Drittel des Gesamtumfanges ein. Infolgedessen k¨onnen alle wesentlichen Hard- und Software-Komponenten der modernen rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung behandelt werden. So werden beispielsweise die weltweite Vernetzung von Meßdaten- und Prozeßrechnern wie auch die Meßdatenerfassung unter Zuhilfenahme von Virtual Private Networks besprochen. Die zweite Auflage wurde ebenfalls erweitert auf dem Gebiet der Ausgleichsvorg¨ ange in elektrischen Netzwerken, was der detaillierten Erl¨auterung der dynamischen Meßfehler und ihrer Korrekturm¨oglichkeiten zugute kommt. Auch die Analyse und Messung von nichtlinearen Bauelementen wurde in den Stoff aufgenommen. Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik der Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg mit großem Engagement unterst¨ utzt. In allererster Linie bin ich Herrn Dr.-Ing. Alexander Sutor und Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler f¨ ur ihre fachlichen Beitr¨age zu diesem Werk zu großem Dank verpflichtet. F¨ ur ihren unerm¨ udlichen Einsatz bei der Erstellung des Manuskriptes und der Grafiken gilt Frau Cornelia Salley-Sippel und Frau Bettina Melberg mein besonderer Dank. An der Korrekturlesung des Werkes waren alle Mitarbeiter des Lehrstuhls sowie Herr Dr.-Ing. G¨ unter Pretzl vom Lehrstuhl f¨ ur Technische Elektronik und meine Ehefrau Elke beteiligt. Auch ihnen sei an dieser Stelle daf¨ ur herzlich gedankt. Dank gilt auch den Mitarbeitern des Springer-Verlages f¨ ur die hervorragende Kooperation, insbesondere Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe. email:
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Erlangen, im Sommer 2004
Reinhard Lerch
Vorwort zur ersten Auflage
Die in der zweiten H¨ alfte unseres Jahrhunderts erfolgten innovativen Entwicklungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik haben f¨ ur die Elektrische Meßtechnik eine Vielzahl neuer Verfahren und Meßschaltungen mit sich gebracht. So basiert die Messung elektrischer und nicht-elektrischer Gr¨oßen heute vorwiegend auf Schaltungen, die erst durch in j¨ ungster Vergangenheit entwickelte elektronische Halbleiterbauelemente und integrierte Schaltkreise, wie beispielsweise Operationsverst¨ arker, digitale Grundschaltungen und AnalogDigital- bzw. Digital-Analog-Umsetzer, erm¨ oglicht wurden. Die Nutzung dieser modernen Elektronik und die enormen Fortschritte auf dem Gebiet der Digitalrechner haben zu einer sehr engen Verflechtung von Elektrischer Meßtechnik und Computertechnik bzw. Informatik gef¨ uhrt. Dies zeigt sich unter anderem in der Tatsache, daß die heutige Meßdatenerfassung und Meßsignalverarbeitung zunehmend auf Digitalrechner oder digitale Signalprozessoren verlagert werden und zum Teil in Software implementiert sind. Nachdem in den letzten Jahren eine Vielzahl von leistungsf¨ahigen Sensoren zur Detektion nicht-elektrischer Meßgr¨ oßen entwickelt wurde, verst¨arkt sich der Trend, daß viele nicht-elektrotechnische Wissenschaftszweige, wie z. B. der Maschinenbau und die Verfahrenstechnik, ihre meßtechnischen Probleme mit rein elektrotechnischen bzw. informationstechnischen Mitteln l¨osen. Es wurde versucht, dieser Entwicklung mit der Struktur des vorliegenden Werkes Rechnung zu tragen, ohne die klassischen Grundlagen zu vernachl¨ assigen. So werden nach einem einf¨ uhrenden Kapitel u ¨ber Meßfehler, die konventionellen elektromechanischen Meßwerke besprochen, welche zwar zunehmend von digitalen Meßger¨ aten abgel¨ ost werden, deren grundlegende Wandlungsmechanismen aber f¨ ur das Gebiet der elektromechanischen Meßwertaufnehmer (Sensoren) von großer Bedeutung sind. Nach den Abschnitten zur Messung von elektrischer Spannung, elektrischem Strom und elektrischer Impedanz folgen als thematische Schwerpunkte die Methoden und Verfahren sowie die daraus resultierenden elektronischen Schaltungen der modernen Elektrischen Meßtechnik. Diese werden in den Kapiteln Operationsverst¨arker, Darstellung elektrischer Signale, Digitale Meßtechnik, Messung von Frequenz
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und Zeit sowie Meßsignalverarbeitung und Rechnergest¨ utzte Meßdatenerfassung behandelt. Die in diesem Buch angesprochenen Themen und Fragestellungen decken den Stoff einer einf¨ uhrenden Vorlesung Elektrische Meßtechnik ab. Dar¨ uberhinaus ist die Thematik einer weiterf¨ uhrenden Vorlesung Rechnergest¨ utzte Meßdatenverarbeitung und Meßsignalverarbeitung enthalten, die als Wahlvorlesung f¨ ur Studenten h¨ oherer Semester Bestandteil des an der Johannes Kepler Universit¨ at Linz im Jahre 1990 eingerichteten Diplomingenieurstudienganges Mechatronik ist. Das Buch wendet sich jedoch nicht nur an Studenten der Fachrichtungen Elektrotechnik, Mechatronik, Maschinenbau, Informationstechnik, Physik und Chemie sondern auch an die bereits auf dem Gebiet der Meßtechnik praktisch t¨ atigen Ingenieure und Naturwissenschaftler, die ihr Wissen u ¨ber Meßtechnik auffrischen bzw. vertiefen wollen. Mit dem vorliegenden Werk sollen sowohl Kenntnisse u ¨ber die bei der Messung elektrischer Gr¨ oßen eingesetzten Standardverfahren vermittelt als auch der neueste Stand der zur modernen Elektrischen Meßtechnik z¨ahlenden computergest¨ utzten Meßdatenerfassung und Meßsignalverarbeitung beschrieben werden. ¨ Das Buch ist in Verbindung mit dem Begleitwerk Ubungen zur Elek” ¨ trischen Meßtechnik“ (R. Lerch; M. Kaltenbacher; F. Lindinger: Ubungen zur Elektrischen Meßtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1996) zum ¨ Selbststudium geeignet. In diesem Ubungsbuch werden neben kurzen Repetitorien zahlreiche praktische Aufgaben und weiterf¨ uhrende Beispiele zu dem gesamten im Lehrbuch behandelten Stoff angeboten. F¨ ur das Verst¨andnis des in den beiden genannten Werken dargebotenen Stoffes werden lediglich Grundkenntnisse auf den Gebieten Elektrotechnik, Mathematik sowie Schaltungstechnik erwartet. Bei der Ausarbeitung des Manuskriptes habe ich viele Anregungen und wesentliche Unterst¨ utzung von allen am Institut f¨ ur Elektrische Meßtechnik der Universit¨ at Linz t¨ atigen Mitarbeitern erfahren. In allererster Linie bin ich Herrn Dipl.-Ing. Manfred Kaltenbacher und Herrn Dipl.-Ing. Franz Lindinger f¨ ur ihre wesentlichen fachlichen Beitr¨ age zu diesem Werk sowie ihren unerm¨ udlichen Einsatz im Zusammenhang mit der Erstellung des Manuskriptes oßtem Dank verpflichtet. Die wahrlich nicht immer einfachen Aufgaben zu gr¨ des computergerechten Textschreibens sowie der Anfertigung von Abbildungen lagen in den H¨ anden von Frau Waltraud Kratzer, die die immer wieder an¨ stehenden Texterweiterungen und Anderungen der Abbildungen mit großem Engagement und Sachverstand vorgenommen hat. Ihr geb¨ uhrt mein herzlicher Dank, ebenso wie Frau Sylvia Preßl, die ebenfalls viele der Grafiken angefertigt hat, wie auch Frau Ingrid Hagelm¨ uller, die f¨ ur die Texteingabe sowie die Erstellung der Abbildungen der ersten Manuskriptversion verantwortlich war. All denjenigen, die an der Korrekturlesung dieses Werkes beteiligt waren und Verbesserungsvorschl¨ age eingebracht haben, d. h. meinen Kollegen, meinen Assistenten, insbesondere den Herren Dipl.-Ing. Todor Sheljaskov und Dipl.Ing. Roland Exler, den Linzer Mechatronik-Studenten sowie meiner Ehefrau
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Elke, m¨ ochte ich ebenfalls meinen herzlichen Dank f¨ ur ihren großen Einsatz aussprechen. Mein Dank gilt auch dem Springer-Verlag, insbesondere Herrn Dr. Hubertus Riedesel, der die Anregung zur Abfassung des vorliegenden Werkes gab, sowie seinen Mitarbeiterinnen Frau Marianne Ozimkowski und Frau Gaby Maas f¨ ur ihre Unterst¨ utzung bei der Erstellung des kamerafertigen Manuskriptes. Allen eben genannten Personen m¨ ochte ich auch danken f¨ ur ihr Verst¨andnis und ihre Geduld bei der mehrmals verz¨ ogerten Abgabe des Manuskriptes. Da es erwartungsgem¨ aß auch bei noch so sorgf¨altiger Bearbeitung des Textes nicht m¨ oglich sein d¨ urfte, die Erstauflage eines solchen Buches fehlerfrei zu halten, m¨ ochte ich mich schon vorab bei allen Lesern f¨ ur diese Fehler entschuldigen und sie ermutigen, von ihnen eventuell entdeckte Fehler an die folgende Adresse mitzuteilen: O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Reinhard Lerch Institut f¨ ur Elektrische Meßtechnik Johannes Kepler Universit¨ at Linz Altenberger Straße 69 A-4040 Linz email:
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Linz, im Januar 1996
Reinhard Lerch
Inhaltsverzeichnis
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Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik . . . . . . 1.1 Zur Historie und Bedeutung der Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Der Begriff des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Begriffsdefinitionen in der Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Allgemeine Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Meßger¨ at und Meßeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Meßkette (Struktur einer elektrischen Meßeinrichtung) 1.4 Vorschriften und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Klassifizierung von Meßmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode . . . . . . . . . 1.5.2 Analog - Digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.4 Direkt - Indirekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Die Informationstr¨ ager im Meßsignal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 4 4 5 5 6 6 6 7 9 9 9
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Die Grundlagen des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Maßsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Abgeleitete Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 11 12 13 13
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Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und ¨ Vierpol-Ubertragungsverhalten ............................ 3.1 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen . . . . . . 3.5 Die Eigenschaften der Laplace-Transformation – Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 21 24 27
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XVI
Inhaltsverzeichnis
3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13
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¨ 3.5.1 Uberlagerung .................................... 3.5.2 Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen - Faltung . . . . . . . . 3.5.5 Multiplikationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich) . . . . . . . . . . 3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich) . . . . . . 3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.9 Anfangswert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.10 Endwert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation . Die R¨ ucktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung von Einschwingvorg¨ angen in elektrischen Netzwerken mit konzentrierten linearen passiven Bauelementen R¨ ucktransformation mittels Residuenmethode Heavisidescher Entwicklungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich . . Beschreibung von linearen zeitinvarianten Netzwerken durch ihre Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bode-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13.1 Regeln f¨ ur Bode-Diagramme (relle Pole und Nullstellen) 3.13.2 Bode-Diagramme f¨ ur komplexe Polpaare . . . . . . . . . . . .
Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Nichtlinearer Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Nichtlineare Induktivit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Nichtlineare Kapazit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . .
30 30 31 31 33 33 34 34 34 35 35 36 37 39 41 52 56 60 60 65 67 73 73 73 74 79 86 89 91
Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5.1 Systematische Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5.2 Zuf¨ allige Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung . . . 100 5.2.2 Vertrauensbereich f¨ ur den Sch¨atzwert . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.2.3 Fortpflanzung zuf¨ alliger Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5.3 Genauigkeitsklassen bei Meßger¨ aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.4 Dynamische Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Inhaltsverzeichnis
5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4
XVII
¨ Das Ubertragungsverhalten von Meßsystemen . . . . . . . . 109 Definition des dynamischen Meßfehlers . . . . . . . . . . . . . . 113 Bestimmung des dynamischen Meßfehlers . . . . . . . . . . . . 114 Meßsystem mit Tiefpaßverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
6
Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.1.1 Drehspulmeßwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.1.2 Galvanometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6.1.3 Elektrodynamisches Meßwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 6.1.4 Dreheisenmeßwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6.1.5 Drehspulquotientenmeßwerk (Kreuzspulmeßwerk) . . . . 132 6.1.6 Drehmagnetmeßwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6.1.7 Elektrostatisches Meßwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 6.1.8 Schaltzeichen f¨ ur Meßger¨ ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung . . . . . . . . . . . . . . 138 6.2.1 Messung von Gleichstr¨ omen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 6.2.2 Messung von Gleichspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung . . . . . . 144 6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung . . . . . . . . . . . 145 6.3.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 6.3.2 Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value) . 148 6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 6.3.5 Messung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 6.3.6 Meßwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
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Meßverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7.1 Operationsverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.1.1 Idealer Operationsverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.1.2 Realer Operationsverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 7.1.3 Definitionen von Operationsverst¨arker-Kenngr¨oßen . . . 166 7.1.4 Operationsverst¨ arker-Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . 173 7.2 Spezielle Meßverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 7.2.1 Differenzverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 7.2.2 Instrumentenverst¨ arker (Instrumentierungsverst¨arker) . 186 7.2.3 Zerhacker-Verst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 7.2.4 Ladungsverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
8
Messung der elektrischen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 8.2.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz . . . . . . . . . . . . . . . . 205
XVIII Inhaltsverzeichnis
8.3 9
8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen . . . . . . . . . . . . 207 Messung der elektrischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
Messung von elektrischen Impedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 9.1.1 Strom- und Spannungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand . . . . . . . . . . . . . 220 9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle . . . . . . . . . . . . . 222 9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes . . . . . . . . . . . . 223 9.2 Kompensationsschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 9.2.1 Gleichspannungskompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 9.2.2 Gleichstromkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 9.3 Gleichstrom-Meßbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨anden . . . . . . . . . . . . . . . 229 9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 9.5.2 Einfl¨ usse von Erd- und Streukapazit¨aten . . . . . . . . . . . . 237 9.5.3 Halbautomatischer Br¨ uckenabgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale . . . . . . . . . . 245 10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-R¨ohre . . . . 245 10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops . . . . . . . . . 252 10.1.4 Sampling-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . 258 10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie . . . . . . . 259 10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeffizienten) . . . . . 259 10.3.2 Linearit¨ atsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 10.4 Digital-Speicheroszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes . . . . . . . . . . . . . . 271 10.4.3 Betriebsarten des Digital-Speicheroszilloskops . . . . . . . . 273 10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit Computern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 10.5 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 10.7 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . . . . . . 276
Inhaltsverzeichnis
XIX
11 Digitale Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 11.1 Duales Zahlensystem und Bin¨ arcodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 11.1.1 Dualzahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code . . . . . . . . . . . . . . . . 280 11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . 280 11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verkn¨ upfung . . . . . . . . . . 281 11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen) . . . . . . 282 11.2.3 Digitale Addierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 11.3 Bistabile Kippschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 11.3.1 RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . 289 11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 289 11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch) . . . . 290 11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 293 11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 11.4 Monostabile Kippstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 11.5 Z¨ ahler-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 11.5.1 Dualz¨ ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 11.5.2 BCD-Z¨ ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 11.6 Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 11.6.1 Grundlagen und Kenngr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 303 11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 308 11.7 Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 11.7.1 Abtastung (Sampling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer . . . . . . . . 316 11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator 322 11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (ImpulsbreitenMultiplizierer, S¨ agezahn-Multiplizierer) . . . . . . . . . . . . . 331 11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz . . . . 333 11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 341 11.8 Digital-Multimeter (DMM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters . . . . . . 347 11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen mit Gleichanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 11.8.4 Totaler Fehler infolge Scheitelfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion (Source Measure Units) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen . 350 11.9.2 Messung kleiner Str¨ ome bzw. Spannungen mit SMUs . 352
XX
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12 Die 12.1 12.2 12.3
Messung von Frequenz und Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Mechanische Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Digitale Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Digitale Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung) . . . . . . . . . . 358 12.3.2 Periodendauermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 12.4 Digitale Phasenwinkelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 12.5 Rechnender Z¨ ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . 365 12.8 Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 12.8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 12.8.2 Harmonische Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 12.8.3 LC-Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 12.8.4 Relaxationsoszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 12.8.5 Quarzoszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 12.8.6 Operationsverst¨ arker-Schaltung eines Quarzoszillators . 378 12.8.7 Fehler von Schwingquarzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung . . 380 12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation . . . . . . . . . . 384 12.10.1 Atomuhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . 386 12.10.4 Galileo-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 12.10.5 St¨ orfaktoren bei der Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . 392
13 Meßsignalverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 13.1 Aufgaben und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 13.2 Signalarten und Analyseformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren . . . . . . . . . . . 398 13.4 Ermittlung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 13.5 Bestimmung von Mittelungswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale . . . . . . . . . 405 13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 408 ¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 ¨ 13.9.1 Ubertragungsfunktion eines Optimalfilters . . . . . . . . . . . 423 13.9.2 Beispiel f¨ ur ein Optimalfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 14 Regression, lineare Korrelation und HypothesenTestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 14.1 Regressionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression) . . . . . . . . . . . . . . . 434
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14.1.2 G¨ ute der Anpassung bei der linearen Regression (Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 14.1.3 Ausgleichspolynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 14.1.4 Mehrfache lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 14.2 Lineare Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 447 14.3.2 Beispiele f¨ ur Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 15 Grundlagen der Rechnergestu ¨ tzten Meßdatenerfassung . . . . 457 15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Meßsystemen . . . . . . . 457 15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 15.2.2 Multiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 15.2.3 St¨ orungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen . . . . 469 15.2.4 Serielle Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 15.2.5 Parallelbussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 15.2.6 Datenlogger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 15.3 Grundtypen des Datentransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 16 Meßdatenerfassung im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) . . . . . . . . 477 ¨ 16.1.1 Ubertragungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der RS232C-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung . . . . . . . . 481 16.1.4 Logikdefinition f¨ ur Datenleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 16.1.5 Logikdefinition f¨ ur Steuer- und Meldeleitungen . . . . . . . 481 16.1.6 Synchronisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren) . . . . . . . . 483 16.1.8 Software-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 16.1.9 Hardware-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen . . . . 485 16.2 Kenngr¨ oßen der seriellen Daten¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 488 16.3 Die RS485-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 16.4 Die 20 mA-Stromschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 16.5 Die USB-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 16.6 Der IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 16.6.1 Historie des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 16.6.2 Bezeichnungen des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 16.6.3 IEC-Bus-Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 16.6.4 Ger¨ ategrundfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
XXII
Inhaltsverzeichnis
16.6.5 IEC-Bus-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 16.6.6 Bus-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 16.6.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake) . . . . . . . . 498 16.6.8 Nachrichtenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 16.6.9 Schlußzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 16.6.10 Statusabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 16.6.11 IEC-Bus-Hardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 16.7.1 VXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 16.7.2 Resource Manager (System Manager) . . . . . . . . . . . . . . . 511 16.7.3 Commander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 16.7.4 Servant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 16.7.5 Busgliederung/Teilbusse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 16.7.6 VXI- und IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 16.7.7 PXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 16.7.8 PCI-Express . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 16.7.9 MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 16.7.10 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards . . . . . . . 516 17 Meßdatenerfassung im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) . . . . . . . . . . . . . . 517 17.1.1 Aufbau einer SPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 17.1.2 Programmstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb . . . . . . . 519 17.1.5 Besonderheiten der Programmierung . . . . . . . . . . . . . . . . 519 17.1.6 Programmiersprachen f¨ ur SPS nach IEC 61131-3 . . . . . 520 17.1.7 Beispiele f¨ ur die IEC-genormten SPSProgrammiersprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen . . . . . . . . 532 17.3 Hierarchie industrieller Bussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 17.4 Vorschrift f¨ ur eine einheitliche Kommunikation: Das ISO-Schichtenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 17.5 Netzwerktopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 17.6 Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 17.6.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . 541 17.7 Modulationsverfahren und Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 17.7.1 Alternierende Puls Modulation (APM) . . . . . . . . . . . . . . 542 17.7.2 Fehlererkennung und Datensicherung . . . . . . . . . . . . . . . 542 17.7.3 Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 17.8 Schnittstellenkonverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
Inhaltsverzeichnis XXIII
17.9 Der Feldbus (FAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 17.9.1 ASI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 17.9.2 CAN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 17.9.3 PROFIBUS-DP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 17.9.4 FIP-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 17.9.5 INTERBUS-S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 17.9.6 BITBUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 17.9.7 EIB (European Installation Bus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 17.9.8 LON (Local Operating Network) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 17.9.9 DIN-Meßbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 17.10 Prim¨ are Sensorelement-Schnittstelle (PrimSens) . . . . . . . . . . . . 564 18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN) 569 18.1 IP-Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 18.2 Subnetzmasken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 18.3 Internet-Protokoll (IP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 18.4 Transmission Control Protocol (TCP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 18.5 Echtzeitf¨ ahigkeit des Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 ¨ 18.6 Ubergeordnete Kommunikationsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 ¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 18.8 Ethernet-Telegrammstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 18.10.1 Breitband-ISDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 18.10.2 Datex-P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 18.10.3 GSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line Communication, PLC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 18.10.5 Satellitenkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 18.10.7 Wide Area Network (WAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI . . . . . . . . . . . 580 18.11 Rechnernetze zur Meßdaten¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Meßdatenerfassung . . . . . . . . . 581 18.11.2 Vernetzung von Meßdatenerfassungssystemen mittels Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Meßmodulen586 18.12.1 Funktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 18.12.2 Beispiele f¨ ur USB-Meßger¨ ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 18.13 Ethernet-Nutzung zur Meßdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 18.13.1 LXI - Ein neuer Standard f¨ ur die Meßtechnik . . . . . . . . 591 18.13.2 Die technische Basis von LXI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 18.13.3 Die 3 Ger¨ ateklassen A, B und C des LXI-Standards . . . 592 18.13.4 Triggerm¨ oglichkeiten von LXI-Ger¨aten . . . . . . . . . . . . . . 593 18.13.5 Triggerung gem¨ aß IEEE-1588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
XXIV Inhaltsverzeichnis
18.13.6 Die Situation des LXI-Ger¨ atemarktes . . . . . . . . . . . . . . . 596 18.14 VPN - Virtual Private Network . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen . . . . . . . . 601 19.1 Allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard . . . . . . . . . 602 19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 19.2.2 SCPI-Datenformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 19.3 Einsatz kommerzieller Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 19.4 Kategorien von Softwarel¨ osungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 19.4.1 Dialoggef¨ uhrte Komplettpakete (Fertigl¨osungen) . . . . . 608 19.4.2 Modul-Bibliotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen . . . . . . . . . . 610 19.5 LabVIEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 19.6 LabWindows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 19.7 MATLAB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 20.1 Struktur des Gesamtsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle . . . . . . . . . . . 623 20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle 626 20.5 Lokale und weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 20.5.1 LAN - lokales Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 20.5.2 Standort¨ ubergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 20.5.3 Weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 20.6 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik
1.1 Zur Historie und Bedeutung der Meßtechnik Die meßtechnische Erfassung von physikalisch-technischen Gegenst¨anden und Prozessen stellt zusammen mit der logischen Denkf¨ahigkeit des Menschen, also insbesondere auch der F¨ ahigkeit, diese Objekte und Vorg¨ange mathematisch zu beschreiben, eine wesentliche Grundlage aller Natur- und Ingenieurwissenschaften dar. Schon der griechische Philosoph Platon (427-347 v. Chr.) hat auf die große Bedeutung der Meßtechnik hingewiesen, als er im X. Buch seines Werkes Der Staat“ schrieb [109]: ” ’Dieselben Gegenst¨ande erscheinen uns krumm oder gerade, je nachdem ” wir sie in oder außer Wasser erblicken, ebenso hohl oder erhaben infolge der T¨auschung unseres Gesichtssinnes durch die Farben; und all dies deutet auf eine Verwirrung in der Seele hin.’ (...) ’Messen, Z¨ahlen und W¨agen zeigen sich dagegen als die willkommensten Helfer, so daß in uns nicht das scheinbar Gr¨oßere oder Kleinere oder Zahlreichere oder Schwerere von Ausschlag ist, sondern das Rechnende, Messende, W¨agende.’ ’Wie auch nicht!’ ’Das ist die Aufgabe des vern¨ unftigen Teiles in unserer Seele.’(...) ’Der Teil, der auf Maß und Berechnung vertraut, ist wohl der beste Teil der Seele?’ ’Nat¨ urlich!’ ’Sein Gegenteil geh¨ort zu dem Schwachen in uns?’ ’Notwendigerweise!’“ Zwischen der Meßtechnik, deren grundlegende Aufgabe die experimentelle Bestimmung physikalischer Gr¨ oßen ist, und der Entwicklung der Industrielandschaft aber auch der kulturellen Entwicklung bestehen seit jeher große Abh¨ angigkeiten. Die Meßtechnik spielte schon in der Antike eine zentrale Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit Meßgr¨oßen, die Bestandteil des t¨ aglichen Leben sind, wie z. B. Entfernungen oder das Gewicht von Waren. Die entsprechenden Maßeinheiten lieferte oft der menschliche K¨orper, wie u.a.
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1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik
die in fr¨ uheren Zeiten gebr¨ auchlichen Einheiten Fuß“, Spanne“ oder Klaf” ” ” ter“ zeigen. Wie die Funde von W¨ agesteinen belegen, war das f¨ ur die Entwicklung der Ware-Geld-Beziehung notwendige, auf Gewichtseinheiten basierende Wiegen bereits Jahrtausende vor Christus eingef¨ uhrt. Eines der ¨altesten, aus Babylon stammenden Maßsysteme enthielt auch schon Einheiten f¨ ur die Gr¨ oßen L¨ ange“ (babylonische Elle), Fl¨ ache“, Volumen“ und Gewicht“. ” ” ” ” Um dem im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Wildwuchs an Maßeinheiten Einhalt zu gebieten, war es eine Forderung der Franz¨osischen Revolution, daß einheitliche Maße vereinbart werden sollten. Schließlich wurde im Jahre 1799 die L¨ angeneinheit Meter“ als der vierzigmillionste Teil des Erdmeri” dians zun¨ achst in Frankreich, sp¨ ater auch in Preußen und Sachsen, festgeschrieben, w¨ ahrend von der industriellen Entwicklung Englands die bekannten angels¨ achsischen L¨ angenmaßeinheiten ausgingen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein beschr¨ ankte man sich auf die Messung geometrischer, mechanischer und thermischer Gr¨ oßen. F¨ ur die quantitative Erfassung weiterer wichtiger Meßgr¨ oßen, wie z. B. die Ionendosis oder die Energiedosis von radioaktiver Strahlung, standen bis dahin keine entsprechenden Meßger¨ate zur Verf¨ ugung; es bestand jedoch schon die M¨ oglichkeit ihres qualitativen Nachweises. Die Meßtechnik hat auch ganz wesentlich zur Weiterentwicklung aller Natur- und Ingenieurwissenschaften beigetragen. So verhalf beispielsweise die Zeitmeßtechnik zu Aussagen u aßigkeiten bei der Erdrotation. ¨ber Unregelm¨ Heute ist die Meßtechnik als ein zentrales Element der modernen Technologieund Industrielandschaft etabliert. Sie dient dort neben dem Warenaustausch vor allem der Forschung und Entwicklung, der Fertigung sowie der Qualit¨atssicherung von Produkten. Eine Vielzahl technischer Funktionsabl¨aufe muß unschte st¨ andig meßtechnisch kontrolliert werden, um beispielsweise die gew¨ Qualit¨ at in der Fertigung zu erreichen oder auch um die notwendige Sicherheit und Umweltvertr¨ aglichkeit von Prozessen zu gew¨ahrleisten. Ein Beispiel aus dem Bereich des Umweltschutzes zeigt auch, daß sich manche der dort anstehenden Aufgaben erst mit der Entwicklung und Bereitstellung eines hochwertigen Meßverfahrens l¨ osen lassen. So wurde am Institut f¨ ur Hochfrequenztechnik der Universit¨ at Erlangen ein Empf¨anger f¨ ur elektromagnetische Submillimeterwellen (Frequenzen im Terahertzbereich) entwickelt, welcher in Flugzeugen, die in großer H¨ ohe fliegen, eingesetzt werden kann, um dort Schadstoffkonzentrationen zuverl¨ assig zu messen. Diese Messungen basieren im wesentlichen auf der Detektion elektromagnetischer Strahlung, die bei einer Frequenz von 2,5 Terahertz von sog. Hydroxyl-Ionen emittiert wird. Diese Hydroxyl-Ionen werden neben den Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) als eine Substanz angesehen, die zum Abbau der Ozonschicht f¨ uhrt. Viele technische Fortschritte spiegeln sich in der Entwicklung von Meßverfahren und dazugeh¨ origen Meßger¨ aten wider, die ihrerseits wiederum zu einer Verbesserung des Kenntnisstandes auf dem Gebiet der Elektrotechnik beitragen. Eines der j¨ ungsten Beispiele daf¨ ur ist der Quanten-Halleffekt, f¨ ur dessen Entdeckung im Jahre 1985 der Nobelpreis an Prof. von Klitzing vergeben wurde. Der Effekt konnte nur durch Bereitstellung und Nutzung einer sehr
1.2 Der Begriff des Messens
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hochwertigen Meßtechnik entdeckt werden. Andererseits kann der QuantenHalleffekt wiederum zur hochgenauen Definition der Einheit des ohmschen Widerstandes genutzt werden, womit er zu einer gr¨oßeren Pr¨azision in der Elektrischen Meßtechnik beitr¨ agt. In nahezu allen Disziplinen der Technik geht die entsprechende Meßtechnik zunehmend in eine rein elektrische Meßwertverarbeitung u ¨ber. Der allgemeine Trend besteht darin, f¨ ur die verschiedenen Meßaufgaben Meßwertaufnehmer zu entwickeln, welche die unterschiedlichsten nicht-elektrischen Meßgr¨oßen detektieren und in entsprechende elektrische Signale umsetzen. Die weitere Verarbeitung dieser nunmehr elektrischen Signale (Meßwerte) ist dann weitgehend standardisiert und mittlerweile ein fester Bestandteil der Elektrischen Meßtechnik geworden. Der große Vorzug der Elektrischen Meßtechnik liegt dabei vor allem in der großen Pr¨ azision, mit der sich elektrische Signale, etwa im Gegensatz zu mechanischen Gr¨ oßen, bei relativ geringem Aufwand verarbeiten und speichern lassen. Auch die Tatsache, daß sich die beiden Gr¨oßen Frequenz“ und Zeit“ ” ” mit Hilfe der Methoden der Elektrischen Meßtechnik mit großer Genauigkeit bestimmen lassen, bildet eine weitere Basis ihres Erfolges. So beruht beispielsweise das Prinzip des heute weltweit angewendeten Navigationssystems GPS (Global Positioning System) auf einer pr¨ azisen Messung von Zeiten, in diesem Fall von Laufzeiten, die ein elektromagnetisches Signal von einem in bekannter Position befindlichen Satelliten bis zu einem Empfangsort ben¨otigt. An diesem Empfangsort befindet sich ein portabler Empf¨anger, dessen geometrische Breiten-, L¨angen- und H¨ ohenkoordinaten aus diesen Zeitmessungen mit hoher Genauigkeit bestimmt werden k¨ onnen.
1.2 Der Begriff des Messens Unter Messen versteht man das quantitative Erfassen einer Gr¨oße, der sog. Meßgr¨oße. Pr¨ aziser formuliert heißt Messen, eine zu messende Gr¨oße als Vielfaches einer allgemein anerkannten Einheitsgr¨ oße derselben physikalischen Dimension zu bestimmen, und zwar durch experimentellen Vergleich mit einer Maßverk¨ orperung dieser Einheit. Dabei bedienen wir uns sog. Meßger¨ate. Meßger¨ ate k¨ onnen insbesondere auch den Teil der Natur erschließen helfen, f¨ ur den unsere Sinne keine Empfindungen haben, wie z.B. der Schall im Ultraschallbereich oder alle Arten von ionisierender Strahlung. Zur Durchf¨ uhrung von Messungen m¨ ussen die folgenden drei Voraussetzungen erf¨ ullt sein: • Existenz eines Zahlensystems • Definition einer Meßgr¨ oße • Festlegung der Einheit. Die Elektrische Meßtechnik behandelt zun¨ achst die Messung rein elektrischer Gr¨ oßen, wie Spannung, Strom, elektrische Leistung und Impedanz (Widerstand, Induktivit¨ at, Kapazit¨ at). Nach der eigentlichen Gewinnung (Detektion) des Meßsignals wird dieses verarbeitet, d. h. es wird u. a. kompensiert,
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1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik
verst¨arkt, u ¨bertragen, linearisiert oder digitalisiert, bevor das Meßergebnis (Meßwert) entweder • auf einer Anzeige (analog oder digital) ausgegeben, • mittels Schreiber oder Drucker dokumentiert oder • zur Regelung eines Prozesses benutzt wird. Ein weiteres wichtiges Teilgebiet der Elektrischen Meßtechnik besch¨aftigt sich mit der Messung nicht-elektrischer Gr¨oßen. Dazu bedient man sich sog. Sensoren (Aufnehmer, Meßf¨ uhler, Detektoren), welche die jeweilige physikalische Gr¨ oße in ein elektrisches Signal umwandeln, das dann leicht mit bew¨ahrten Methoden der Elektrischen Meßtechnik weiterverarbeitet werden kann. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß sich die Elektrische Meßtechnik mit den folgenden Teilaufgaben besch¨aftigt: •
Gewinnung des Meßsignals, d. h. Detektion der (elektrischen oder nichtelektrischen) Meßgr¨ oße und Umwandlung in ein f¨ ur die weitere Verarbeitung geeignetes elektrisches Signal ¨ • Verarbeitung und Ubertragung des elektrischen Meßsignals • Darstellung, Dokumentation und Speicherung der Meßwerte. Die Verarbeitung elektrischer Meßsignale zeichnet sich gegen¨ uber den Meßverfahren anderer Wissenschaftszweige durch folgende Vorz¨ uge aus: • leistungsarmes und damit r¨ uckwirkungsarmes Erfassen von Meßgr¨oßen • großer Meßbereichsumfang (hohe Dynamik) • einfache Verarbeitbarkeit der Meßsignale mit Hilfe elektronischer Schaltungen ¨ • leichte Ubertragbarkeit und Speicherung der Meßsignale mit Standardverfahren der Nachrichtentechnik.
1.3 Begriffsdefinitionen in der Meßtechnik 1.3.1 Allgemeine Begriffe Im folgenden werden die wichtigsten Begriffsdefinitionen der Meßtechnik nach DIN 1319 (Grundbegriffe der Meßtechnik), VDI/VDE 2600 (Metrologie, Meßtechnik) sowie DIN VDE 0410 (Bestimmungen f¨ ur elektrische Meßger¨ate) zusammengefaßt: Messen ist der experimentelle Vorgang, durch den ein spezieller Wert einer physikalischen Gr¨ oße als Vielfaches einer Einheit oder eines Bezugswertes ermittelt wird (DIN 1319). Die Meßgr¨oße ist die physikalische Gr¨ oße, deren Wert durch eine Messung ermittelt werden soll (VDI/VDE 2600). Der Meßwert ist der gemessene spezielle Wert einer Meßgr¨oße, er wird als Produkt aus Zahlenwert und Einheit angegeben (DIN 1319).
1.3 Begriffsdefinitionen in der Meßtechnik
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Das Meßergebnis ist ein aus mehreren Meßwerten einer physikalischen Gr¨oße oder aus Meßwerten f¨ ur verschiedene Gr¨ oßen nach einer festgelegten Beziehung ermittelter Wert oder Werteverlauf. Ein einzelner Meßwert kann aber auch bereits das Meßergebnis darstellen (VDI/VDE 2600). Meßprinzip heißt die charakteristische physikalische Erscheinung, die bei der Messung benutzt wird (DIN 1319). Meßverfahren nennt man die spezielle Art der Anwendung eines Meßprinzips (VDI/VDE 2600). Man unterscheidet dabei im wesentlichen zwischen dem Ausschlagverfahren, bei dem der Ausschlag oder die Anzeige eines Meßwertes ein Maß f¨ ur die Meßgr¨ oße ist (idealerweise proportional), und dem Nullabgleichverfahren, bei dem die in Kap. 1.5.1 beschriebene Kompensationsmethode eingesetzt wird. 1.3.2 Meßger¨ at und Meßeinrichtung Ein Meßger¨at liefert oder verk¨ orpert Meßwerte, auch die Verkn¨ upfung mehrerer voneinander unabh¨ angiger Meßwerte, z. B. das Verh¨altnis von Meßwerten (DIN 1319). Eine Meßeinrichtung besteht aus einem Meßger¨at oder mehreren zusammenh¨ angenden Meßger¨ aten mit zus¨ atzlichen Einrichtungen, die ein Ganzes bilden (DIN 1319). Als Hilfsger¨ate werden die Komponenten bezeichnet, die nicht unmittelbar der Aufnahme, der Umformung oder der Ausgabe von Meßwerten dienen. Meßsignale stellen Meßgr¨ oßen im Signalflußweg einer Meßeinrichtung durch zugeordnete physikalische Gr¨ oßen gleicher oder anderer Art dar (VDI/VDE 2600). 1.3.3 Meßkette (Struktur einer elektrischen Meßeinrichtung) Eine komplette Meßkette besteht aus den in Abb. 1.1 gezeigten Komponenten. Grunds¨ atzlich besteht eine Meßeinrichtung zur elektrischen Messung elektrischer bzw. nicht-elektrischer Gr¨ oßen aus den Meßger¨aten (Meßgliedern), die im einzelnen folgende Aufgaben erf¨ ullen: • Aufnehmen der Meßgr¨ oße • Weitergeben, Anpassen und Verarbeiten des Meßsignals • Ausgeben des Meßwertes. Nach dem Ger¨ ateplan (Abb. 1.1) sind die hierf¨ ur notwendigen Meßglieder in einer Meßkette zusammengeschaltet (VDI/VDE 2600, Bl. 3). Der Aufnehmer wandelt die Meßgr¨ oße entweder direkt oder u ¨ber andere physikalische Gr¨oßen in ein elektrisches Meßsignal y1 um. Die Anpasser enthalten Meßger¨ate, die zwischen Aufnehmer und Ausgeber in der Meßkette liegen. Dazu geh¨oren vor allem Meßverst¨arker und elektronische Rechenger¨ate. Der Ausgeber gibt die Meßwerte z analog oder digital entweder direkt (d. h. sofort sichtbar und verst¨ andlich) u ¨ber eine Anzeige, Schreiber bzw. Z¨ahler oder aber indirekt,
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1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik
d. h. nicht ohne Spezialvorrichtung lesbar, zur weiteren Informationsverarbeitung aus. Die Hauptaufgabe des Hilfsger¨ ates ist es, die von den Meßger¨aten eventuell ben¨ otigte Hilfsenergie zu liefern.
Abb. 1.1: Struktur einer elektrischen Meßeinrichtung nach VDI/VDE 2600
1.4 Vorschriften und Normen In Tabelle 1.1 werden die wichtigsten nationalen und internationalen Institutionen angef¨ uhrt, die zur Normbildung und zur Definition von Vorschriften im Bereich der Elektrischen Meßtechnik beitragen. In Tabelle 1.2 sind die wichtigsten in der Elektrischen Meßtechnik zu beachtenden Vorschriften und Normen in tabellarischer Form zusammengefaßt.
1.5 Klassifizierung von Meßmethoden Eine Klassifizierung von Meßmethoden kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Die wichtigsten Klassifizierungsmethoden werden in den folgenden vier Abschnitten kurz beschrieben. 1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode Bei der Ausschlagmethode wird die Meßgr¨ oße direkt oder u ¨ber Zwischengr¨oßen in einen m¨ oglichst proportionalen Ausschlag umgewandelt, z. B. die Winkelstellung eines Meßger¨ atezeigers. Als Sonderfall kann dieser Ausschlag auch
1.5 Klassifizierung von Meßmethoden
7
Tabelle 1.1: Normbildende Institutionen und Standardisierungsgremien ANSI CCITT
American National Standards Institute, New York; USA/national Comit´e Consultatif International T´el´egraphique et T´el´ephonique, Genf; international CEE Commission Internationale de R´eglementation en vue de l’approbation de l’Equipment Electrique; Europa CENELEC Comit´e Europ´een de Coordination des Normes Electriques; Europa DIN Deutsches Institut f¨ ur Normung e. V., Berlin; national EIA Electronic Industry Association; USA/national IEC International Electrotechnical Commission; international IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers, New York; national/international ISO International Standards Organisation, Genf; international ¨ ¨ OVE Osterreichischer Verband f¨ ur Elektrotechnik, Wien; national VDE Verband Deutscher Elektrotechniker e. V., Frankfurt; national VDI Verband Deutscher Ingenieure e. V., D¨ usseldorf; national DKE Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE; national
in reiner Zahlendarstellung mit theoretisch unendlich vielen Nachkommastellen erfolgen. Ein charakteristisches Kennzeichen dieser Meßmethode ist der Entzug von Energie aus dem Meßobjekt, was eine R¨ uckwirkung auf die zu messende Gr¨ oße zur Folge hat. Bei der Kompensationsmethode hingegen (Abb. 1.2) wird von der Meßgr¨ oße xE bzw. der daraus abgeleiteten Abbildungsgr¨oße xB eine mittels einer Hilfsquelle erzeugte gleichartige und gleichgroße Kompensationsgr¨oße xK (Vergleichsgr¨ oße) subtrahiert, so daß die Differenz von Meßgr¨oße bzw. Abbildungsgr¨ oße und Kompensationsgr¨ oße gerade Null ergibt. Die Meßgr¨oße wird dabei zun¨ achst mit Hilfe eines Aufnehmers in eine proportionale Abbildungsgr¨ oße xB umgewandelt. Die Kompensationsgr¨oße muß sowohl einstellbar als auch meßbar sein. Da hierbei die zur Messung notwendige Energie aus der Hilfsquelle und nicht aus dem Meßobjekt stammt, ist diese Meßmethode r¨ uckwirkungsfrei, d. h. die Meßgr¨ oße wird nicht durch Energieentzug w¨ahrend des Meßvorganges ver¨ andert. Dem Nachteil des gr¨oßeren ger¨atetechnischen Aufwandes stehen bei dieser Methode aber weitere Vorteile gegen¨ uber, wie z. B. die Reduzierung des St¨ orgr¨ oßeneinflusses beim Erzeugen der Kompensationsgr¨ oße in einer zweiten gleichartigen Meßstrecke oder die leichte Realisierung großer Meßbereiche [57]. 1.5.2 Analog - Digital Bei den analogen Meßmethoden wird die Meßgr¨oße durch eine eindeutige und stetige Anzeigegr¨ oße (Meßwert) dargestellt. H¨aufig hat der Ausgeber einer analog arbeitenden Meßeinrichtung eine Skalenanzeige.
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1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik Tabelle 1.2: VDE-Vorschriften und DIN-Normen (Auswahl) Norm
Inhalt
VDE 0410 VDE 0411 VDE 0414 VDE 0418 VDE 2600 DIN 1301 DIN 1304 DIN 1313 DIN 1319 DIN 1333 DIN 40108 DIN 40110 DIN 43710 DIN 43780 DIN 43802 DIN 43808 DIN 43821 DIN 43830 DIN 43850 DIN 5478 DIN 5483
Bestimmungen f¨ ur elektrische Meßger¨ ate Bestimmungen f¨ ur elektronische Meßger¨ ate und Regler Bestimmungen f¨ ur Meßwandler Bestimmungen f¨ ur Elektrizit¨ atsz¨ ahler Metrologie (Meßtechnik) Einheiten Formelzeichen Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen Grundbegriffe der Meßtechnik Zahlenangaben Gleich- und Wechselstromsysteme Wechselstromgr¨ oßen Thermospannungen und Werkstoffe der Thermopaare Genauigkeitsklassen von Meßger¨ aten Skalen und Zeiger f¨ ur elektrische Meßinstrumente Zungenfrequenzmesser Widerstandsferngeber Schreibende Meßger¨ ate Elektrizit¨ atsz¨ ahler Maßst¨ abe in graphischen Darstellungen Zeitabh¨ angige Gr¨ oßen
Abb. 1.2: Signalfluß bei der Kompensationsmethode
Im Gegensatz dazu wird bei den digitalen Meßmethoden die Meßgr¨oße in Form einer in festgelegten Schritten quantisierten Anzeigegr¨oße dargestellt. Der Ausgeber wird hier im allgemeinen in Form einer Ziffernanzeige oder einer Bildschirmausgabe realisiert.
1.6 Die Informationstr¨ ager im Meßsignal
9
1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich Von kontinuierlichen Meßvorg¨angen spricht man, wenn die Meßgr¨oße ohne zeitliche Unterbrechung erfaßt und auch dargestellt wird. Von einer diskontinuierlichen Messung ist die Rede, wenn die Meßgr¨oße nur zu bestimmten (diskreten) Zeitpunkten erfaßt (abgetastet) wird. 1.5.4 Direkt - Indirekt Bei den direkten Meßmethoden wird die Meßgr¨oße unmittelbar mit einer Maßverk¨ orperung derselben physikalischen Dimension verglichen. Bei den indirekten Methoden wird die Meßgr¨ oße zun¨ achst in eine proportionale Zwischengr¨oße umgewandelt und erst diese wird schließlich mit der Maßverk¨orperung verglichen. Die Bestimmung des Volumens eines Zylinders u ¨ber die Messung seines Durchmessers und seiner L¨ ange ist ein typisches Beispiel f¨ ur eine indirekte Messung.
1.6 Die Informationstr¨ ager im Meßsignal Der Tr¨ ager der Information in der Meßtechnik ist das Meßsignal, d. h. eine physikalische Gr¨oße mit einem informationstragenden Parameter, der eine Information u oße aufnehmen kann. In der Elektrischen Meßtech¨ber eine Meßgr¨ nik werden typischerweise elektrische Spannungen bzw. elektrische Str¨ome als Informationstr¨ ager benutzt. Dabei werden von einem Signal folgende Eigenschaften verlangt: •
Das Signal ist eine physikalische Gr¨ oße (Signaltr¨ager, Informationstr¨ager), die sich zeitlich ver¨ andern l¨ aßt. • Der Signaltr¨ ager besitzt einen wahrnehmbaren Parameter (Informationsparameter), der die Werte der Meßgr¨ oße eindeutig und reproduzierbar wiedergeben kann, d. h. die Meßgr¨ oße wird auf den Informationsparameter in mathematisch eineindeutiger Weise abgebildet. Da in der Elektrischen Meßtechnik die Meßsignale im allgemeinen in Form elektrischer Spannungen bzw. elektrischer Str¨ome verarbeitet werden, bieten sich alle Standardformen des Informationsparameters an, die aus der elektrischen Nachrichtentechnik bekannt sind. Die den Meßwert beschreibenden Informationen werden dabei auf eine der folgenden Arten codiert: •
Amplitudenanaloges Signal (Amplitudenmodulation - AM) Meßwert ∼ Amplitude (Abb. 1.3a) • Frequenzanaloges Signal (Frequenzmodulation - FM) Meßwert ∼ Frequenz eines zeitkontinuierlichen Signals oder einer Impulsfolge (Abb. 1.3b) • Zeitanaloges Signal (Pulsdauermodulation - PDM) Meßwert ∼ Pulsdauer (Abb. 1.4a)
10
•
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Meßtechnik
Digitales Signal (Pulscodemodulation - PCM) Der Meßwert wird digital codiert (Abb. 1.4b).
Abb. 1.3: a) Amplitudenmoduliertes Signal (Der Meßwert ist proportional zur Momentanamplitude.), b)Frequenzmoduliertes Signal (Der Meßwert ist proportional zur Momentanfrequenz.)
Abb. 1.4: a) Pulsdauermoduliertes Signal (Der Meßwert ist proportional zur Pulsdauer tX .), b) Pulscodemodulation (Der Meßwert ist in Form einer Dualzahl codiert.)
2 Die Grundlagen des Messens
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten 2.1.1 Maßsysteme Die Messung einer physikalischen Gr¨ oße besteht im Vergleich mit einer Maßeinheit, d. h. die physikalische Gr¨ oße ergibt sich stets als Produkt aus einem Zahlenwert und einer Maßeinheit: Physikalische Gr¨ oße = Zahlenwert · Einheit Man ist bestrebt, die Einheiten durch unverg¨angliche atomare Gr¨oßen zu definieren, die an jedem Ort und zu jeder Zeit mit hoher Genauigkeit bestimmt werden k¨onnen. Die Generalkonferenz f¨ ur Maße und Gewichte hat daher im Jahre 1960 das inzwischen weltweit eingef¨ uhrte Syst`eme International ” d’Unit´es“ (SI-System) vorgeschlagen, dessen Anwendung auch im deutschen Sprachraum gesetzlich vorgeschrieben ist. Das System definiert zun¨achst die Basisgr¨oßen und die dazugeh¨ origen Basiseinheiten, welche beide in Tabelle 2.1 zusammengefaßt werden.
Tabelle 2.1: SI-Basisgr¨ oßen und SI-Basiseinheiten Basisgr¨ oße
Formelzeichen Basiseinheit Einheitenzeichen
L¨ ange Masse Zeit Stromst¨ arke Temperatur Lichtst¨ arke Stoffmenge
l m t I T Iv n
Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Candela Mol
m kg s A K cd mol
12
2 Die Grundlagen des Messens
Die Basiseinheiten der sieben Basisgr¨ oßen sind im SI-System exakt festgelegt worden. Die entsprechenden Definitionen werden in der folgenden Aufstellung beschrieben: •
•
•
•
•
Mechanik – 1 Meter (L¨ ange) L¨ ange der Strecke, die Licht im Vakuum w¨ahrend des Zeitintervalls von (1/299 792 458) Sekunden durchl¨ auft (1983). – 1 Kilogramm (Masse) Masse des internationalen Kilogrammprototyps (1889). – 1 Sekunde (Zeit) ¨ Die 9 192 631 770fache Periodendauer der dem Ubergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids133 Cs entsprechenden Strahlung (1967). Elektrotechnik – 1 Ampere (Stromst¨ arke) St¨ arke eines zeitlich unver¨ anderlichen elektrischen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand von 1 m voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachl¨assigbar kleinem, kreisf¨ ormigem Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern pro 1 m Leiterl¨ ange elektrodynamisch die Kraft 0, 2 · 10−6 N hervorrufen w¨ urde (1948). Thermodynamik – 1 Kelvin (Temperatur) ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers (1967). Optik – 1 Candela (Lichtst¨ arke) ist die Lichtst¨ arke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hertz aussendet und deren Strahlst¨ arke in dieser Richtung (1/683) Watt je Steradiant betr¨ agt (1979). Chemie – 1 Mol (Stoffmenge) ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids 12 C enthalten sind (1971).
2.1.2 Naturkonstanten Zahlenwerte und Einheiten von Naturkonstanten werden durch das Maßsystem, i. allg. das SI-System, festgelegt (Tabelle 2.2). So ergibt sich beispielsweise aus der Definition der Einheit der elektrischen Stromst¨arke die magnetische Feldkonstante zu μ0 = 4π · 10−7 Vs/Am = 1, 2566 · 10−6 Vs/Am [122].
2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen
13
2.1.3 Abgeleitete Einheiten Durch Multiplikation oder Divison der Basiseinheiten werden die f¨ ur die anderen physikalischen Gr¨ oßen ben¨ otigten Einheiten abgeleitet. Tritt bei dieser Ableitung nur der Zahlenfaktor 1 auf, so bezeichnet man die Einheiten als koh¨arent. Einige abgeleitete Einheiten haben eigenst¨andige Namen (Tabelle 2.3), wie z.B. der Druck p gemessen in der Einheit Pascal (Pa), andere wiederum werden nur in Form ihrer Basiseinheiten ausgedr¨ uckt, wie beispielsweise die magnetische Feldst¨ arke H mit der Einheit Ampere/Meter (A/m).
Tabelle 2.2: Wichtige Naturkonstanten Naturkonstante
Zeichen
Zahlenwert
Einheit
Elektrische Elementarladung Elektrische Feldkonstante Lichtgeschwindigkeit im Vakuum Magnetische Feldkonstante Masse des Elektrons Plancksches Wirkungsquantum
e0 ε0 c0 μ0 m0 h
1, 6022 · 10−19 8, 8542 · 10−12 299 792 458 1, 2566 · 10−6 9, 1095 · 10−31 6, 6262 · 10−34
As AsV−1 m−1 ms−1 VsA−1 m−1 kg Js
Daneben gibt es noch abgeleitete Einheiten, die mit Hilfe von Einheiten ausgedr¨ uckt werden, die einen besonderen Namen haben, wie z.B. die Einheit der elektrischen Feldst¨ arke Volt/Meter (V/m = kg m s−3 A−1 ) oder die der Permittivit¨ at Farad/Meter (F/m = A2 s4 kg−1 m−3 ). Durch dezimale Vors¨atze entstehen neue vergr¨ oßerte bzw. verkleinerte Einheiten (Tabelle 2.4), z. B. die Einheit Megapascal (MPa), die 106 Pascal entspricht.
2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen Die mathematische Beziehung zwischen physikalischen Gr¨oßen wird durch Gleichungen beschrieben. Man spricht von Gr¨oßengleichungen, wenn sie ausschließlich den Zahlenfaktor 1 enthalten. Die elektrische Energie beispielsweise ist gegeben durch die Gr¨ oßengleichung (2.1). Darin bezeichnen U die Gleichspannung, gemessen in Volt (V), I den Gleichstrom, gemessen in Ampere (A), und t die Zeit, gemessen in Sekunden (s) E = U It .
(2.1)
Bei Verwendung koh¨ arenter Einheiten gelten f¨ ur die Einheiten die gleichen Formeln. Gleichung (2.1) resultiert also in folgender Einheitengleichung 1 Ws = 1 VAs = 1 Nm .
(2.2)
14
2 Die Grundlagen des Messens Tabelle 2.3: Abgeleitete SI-Einheiten mit eigenst¨ andigen Namen Gr¨ oße
Formel- Abgeleitete zeichen SI-Einheit
Beziehung zu SI-Einheiten
ebener Winkel r¨ aumlicher Winkel Frequenz Kraft Druck
α Ω f, ν F p
Radiant Steradiant Hertz Newton Pascal
rad sr Hz N Pa
1 rad 1 sr 1 Hz 1N 1 Pa
Energie, Arbeit, W¨ armeenergie Leistung, Energiestrom Ladung Spannung Widerstand Leitwert Kapazit¨ at
E
Joule
J
1J
P
Watt
W 1W
Q U R G C
Coulomb Volt Ohm Siemens Farad
C V Ω S F
magn. Fluß
Φ
Weber
Wb 1 Wb
magn. Flußdichte
B
Tesla
T
1T
Induktivit¨ at
L
Henry
H
1H
Lichtstrom Beleuchtungsst¨ arke
Φ Ev
Lumen Lux
lm 1 lm lx 1 lx
Aktivit¨ at einer radio- A aktiven Substanz Energiedosis D
1C 1V 1Ω 1S 1F
Becquerel Bq 1 Bq Gray
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
1 m m−1 1 m2 m−2 1 s−1 1 kg m s−2 1 N m−2 1 kg m−1 s−2 1 Nm 1 kg m2 s−2 1 Nm s−1 1 kg m2 s−3 1 As 1 kg m2 s−3 A−1 1 kg m2 s−3 A−2 1 s3 A2 kg−1 m−2 1 As V−1 1 A2 s4 kg−1 m−2 1 Vs 1 kg m2 s−2 A−1 1 V s m−2 1 kg s−2 A−1 1 Wb A−1 1 Vs A−1 1 kg m2 s−2 A−2 1 cd sr 1 lm m−2 1 cd sr m−2 1 s −1
Gy 1 Gy = 1 J kg −1 = 1 m2 s−2
In Zahlenwertgleichungen hingegen werden nicht-koh¨arente Einheiten verkn¨ upft, wie z. B. bei der Berechnung der elektrischen Energie in der Einheit Kilowattstunde (kWh) E (kWh) = 0, 278 · 10−6 U (V) I (A) t (s) = 0, 278 · 10−6 E (Ws) .
(2.3)
Bei Zahlenwertgleichungen m¨ ussen die Einheiten mit angegeben werden. Verschiedene Einheiten werden in einer Einheitengleichung verkn¨ upft 1 kWh = 1000 VA 3600 s =
1 VAs . 0, 278 · 10−6
(2.4)
2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen
15
Tabelle 2.4: Vors¨ atze zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von Einheiten Vorsatz Zeichen Zahlenwert Vorsatz Zeichen Zahlenwert Atto Femto Piko Nano Mikro Milli Zenti Dezi
a f p n μ m c d
10−18 10−15 10−12 10−9 10−6 10−3 10−2 10−1
Deka Hekto Kilo Mega Giga Tera Peta Exa
da h k M G T P E
10+1 10+2 10+3 10+6 10+9 10+12 10+15 10+18
3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation ¨ und Vierpol-Ubertragungsverhalten
3.1 Fourier-Transformation Fourierreihen periodischer Funktionen Wir beginnen mit der Beschreibung periodischer Funktionen mit Hilfe von Fourier-Reihenentwicklungen und leiten daraus die Beschreibung auch nichtperiodischer Funktionen mittels der Fourier-Transformation ab. Die periodische Funktion f (t) = f (t + T ) l¨ aßt sich bekanntlich in Form einer trigonometrischen Reihe angeben [34] ∞
a0 + (aν cos(νω0 t) + bν sin(νω0 t)) , 2 ν=1
f (t) =
(3.1)
wobei sich die Fourierkoeffizienten aν und bν mit 2 aν = T 2 bν = T
+T /2 −T /2 +T /2 −T /2
f (t) cos (νω0 t) dt ν = 0, 1, 2, · · ·
(3.2)
f (t) sin (νω0 t) dt ν = 1, 2, · · ·
(3.3)
berechnen lassen und T die Periodendauer darstellt. Eine alternative Darstellung kann in Form einer Cosinus-Reihe mit den Koeffizienten cν und Phasenwinkeln ϕν erfolgen f (t) =
∞
cν cos(νω0 t + ϕν ) mit
ϕ0 = 0 .
(3.4)
ν=0
Mit der bekannten Beziehung cos x =
1 jx (e + e−jx ) 2
(3.5)
18
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
l¨ aßt sich daraus eine ¨ aquivalente Exponentialreihe ableiten ∞
f (t) =
dν ejνω0 t
(3.6)
ν=−∞
1 cν ejϕν ; 2 und do = co .
d−ν = d∗ν =
mit dν =
1 cν e−jϕν 2
(3.7) (3.8)
Um die komplexwertigen Koeffizienten dν aus der Funktion f (t) zu erhalten, l¨ osen wir Gl. (3.6) nach dν auf. Dazu multiplizieren wir beide Seiten mit e−jμω0 t (μ ∈ Z) und integrieren u ¨ber eine Periode (Periodendauer T = 2π/ω0 )
T
f (t)e−jμω0 t dt =
0
0
T
∞
dν e−j(μ−ν)ω0 t dt .
(3.9)
ν=−∞
Auf der rechten Seite lassen sich Integral und Summe vertauschen und dν kann vor das Integral gezogen werden. F¨ ur das Integral gilt dann T 2π 0 f¨ ur ν = μ . (3.10) , wenn ω0 = e−j(μ−ν)ω0 t dt = T f¨ u r ν = μ T 0 Daraus folgt unmittelbar
T
0
f (t)e−jμω0 t dt = T dμ .
(3.11)
Jetzt ersetzen wir noch μ durch ν, so daß sich die Koeffizienten folgendermaßen berechnen lassen 1 T dν = f (t)e−jνω0 t dt. (3.12) T 0 ¨ Ubergang zur Fourier-Transformation Wir betrachten noch einmal die Exponentialentwicklung (Gl. (3.6)) und f¨ ugen einige g¨ unstige Erweiterungen ein (s. auch [144], [145]) f (t) =
∞ 1 2πdν jνω0 t e ω0 . 2π ν=−∞ ω0
(3.13)
In Gl. (3.12) verschieben wir die Integrationsgrenzen um eine halbe Periode dν =
1 T
T /2 −T /2
f (t)e−jνω0 t dt
mit T =
2π . ω0
(3.14)
Die Verallgemeinerung auf nicht-periodische Funktionen erreicht man, indem man die Periodendauer T → ∞ gehen l¨ aßt. Die diskreten Frequenzen νω0
3.1 Fourier-Transformation
19
werden ersetzt durch die kontinuierliche Frequenz ω und die endlichen Frequenzschritte ω0 durch das Differential dω. Wenn man in Gl. (3.14) den Ausdruck T = 2π/ω0 auf die linke Seite bringt, erh¨ alt man die Fourier-Transformierte F (jω) der Zeitfunktion f (t) ∞ 2πdν = f (t)e−jωt dt = F (jω). (3.15) ω0 −∞ Zur R¨ ucktransformation wird in Gl. (3.13) die Summe u ¨ber die diskreten ν ersetzt durch ein Integral u ¨ber ω. Wir setzen dementsprechend die FourierTransformierte F (jω) nach Gl. (3.15) ein und erhalten die Fourier-Ru ¨ cktransformation (inverse Fourier-Transformation) ∞ 1 f (t) = F (jω)ejωt dω . (3.16) 2π −∞ Es sei noch angemerkt, daß die Fourier-Transformation bzw. die Fourier-R¨ ucktransformation symbolisch folgendermaßen geschrieben wird F (jω) = F {f (t)} f (t) = F −1 {F (jω)} .
(3.17) (3.18)
Die Fourier-Transformierbarkeit einer Funktion f (t) setzt ihre absolute Integrierbarkeit voraus ∞
|f (t)|dt < ∞ .
(3.19)
0
Beispiele zur Fourier-Transformation Gegeben sei folgende Funktion f1 (t) = pT (t) =
1 f¨ ur −T ≤ t ≤ T , 0 sonst
(3.20)
welche einen Rechteckimpuls beschreibt. Die Fouriertransformierte dieser Funktion l¨ aßt sich mit Gl. (3.15) leicht berechnen F 1 (jω) =
T
−T
e−jωt dt =
2 sin(T ω) . ω
(3.21)
Die Anwendung des Satzes von L’Hospital liefert an der Stelle ω = 0 den Grenzwert 2T . Abbildung 3.1 zeigt die Darstellung dieser Funktion im Zeitund Frequenzbereich. Weiterhin sei ein zeitlich unendlich andauerndes Sinus-Signal gegeben f2 (t) = sin ω0 t.
(3.22)
20
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
p (t) T
1
T
-T
Re {F1(jω)} 2T
−π/T
t
Im {F1(jω)} = 0
π/T
2π/T
ω
Abb. 3.1: Der Rechteckimpuls im Zeit- und Frequenzbereich
Die Fourier-Transformierte dieses Signals lautet F 2 (jω) =
π [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )], j
(3.23)
wobei δ dem Dirac-Stoß (s. Kap. 3.4) entspricht. Das Spektrum dieses Signals ist in Abb. 3.2 dargestellt. Es enth¨ alt logischerweise nur einen Anteil bei der Frequenz ω0 bzw. −ω0 . Nun wollen wir durch Multiplikation der beiden Signale einen Teil des Sinussignals ausschneiden f3 (t) = f1 (t) · f2 (t) = pT (t) sin ω0 t.
(3.24)
Die Multiplikation im Zeitbereich entspricht einer Faltung im Frequenzbereich (s. Kap. 3.5.4), wodurch man leicht die Fourier-Transformierte F 3 (jω) erh¨alt (∗: Faltungssymbol) π 2 sin T ω ∗ [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )] ω j 2π ∞ sin T Ω [δ(ω − Ω − ω0 ) − δ(ω − Ω + ω0 )]dΩ = j −∞ Ω 2π sin T (ω − ω0 ) sin T (ω + ω0 ) . (3.25) − = j ω − ω0 ω + ω0
F 3 (jω) =
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken
21
j . F2(jω) Re {F2 (jω)} = 0 −ω0
ω0
ω
Abb. 3.2: Das Sinussignal im Frequenzbereich
In Abb. 3.3 ist der erste Term der Gl. (3.25) dargestellt. Bildlich gesprochen wird durch das Ausschneiden der unendlich scharfe Dirac-Stoß u ¨ber einen Frequenzbereich um ω0 verschmiert“, wobei der Impuls umso unsch¨arfer ist, ” je k¨ urzer der Ausschnitt ist. F¨ ur ein unendlich langes Zeitfenster ergibt sich wiederum der Dirac-Stoß aus Abb. 3.2.
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken Es sollen die zeitlichen Verl¨ aufe von Spannung und Strom in einem elektrischen Netzwerk ermittelt werden, wenn die Anregung einen beliebigen zeitlichen Verlauf zeigt. Schwerpunktm¨ aßig betrachtete Spezialf¨alle sind dabei eine zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeschaltete periodische Anregung oder eine nach dem Einschaltzeitpunkt konstante Anregung. Nach diesem (Ein-) Schaltzeitpunkt l¨ auft in dem Netzwerk ein sog. Einschwingvorgang ab, der sich nach mehr oder weniger langer Zeit dem station¨aren oder eingeschwun¨ genen Zustand ann¨ ahert. Eine neuerliche Anderung der Anregung, z. B. das Abschalten der Anregung, ruft einen weiteren Ausgleichsvorgang hervor. j . F3(jω) Re {F3 (jω)} = 0 2πT ω0 −π/Τ
ω0
ω0 +π/Τ ω
Abb. 3.3: Das ausgeschnittene Sinussignal im Frequenzbereich
22
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Wenn wir uns auf ein elektrisches Netzwerk mit konzentrierten linearen und zeitinvarianten Elementen beschr¨ anken, so erfolgt die mathematische Beschreibung dieser Ausgleichsvorg¨ ange anhand einer linearen Differentialgleichung (DGL) mit konstanten Koeffizienten. Als Beispiel wollen wir den Einschwingvorgang einer RC-Tiefpaßschaltung betrachten, auf deren Eingangsklemmen zum Zeitpunkt t = 0 die Gleichspannung U0 aufgeschaltet wird (Abb. 3.4). t=0
R
i=C C
Uo
du c dt uc
Abb. 3.4: RC-Tiefpaßschaltung, die zum Zeitpunkt t = 0 mit einer Gleichspannung beaufschlagt wird.
F¨ ur Zeiten t > 0 kann die Maschengleichung −U0 + R · i + uc = 0
(3.26)
unter Verwendung der Strom-Spannungs-Beziehung f¨ ur den Kondensator i=C
duc dt
(3.27)
zu einer Differentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten umgeformt werden duc RC + uc = U0 . (3.28) dt ¨ Die allgemeine L¨ osung dieser Gleichung ergibt sich aus der Uberlagerung der L¨ osung der homogenen Differentialgleichung RC
duch + uch = 0 dt
(3.29)
und einer partikul¨ aren L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung. Eine solche spezielle L¨ osung ucp l¨ aßt sich leicht angeben, wenn man bedenkt, daß f¨ ur t → ∞ der Ausgleichsvorgang abgeschlossen sein muß. Dann ist der Kondensator auf die Spannung U0 aufgeladen und es fließt kein Strom mehr. Somit ist diese partikul¨ are L¨ osung ucp = U0 . (3.30) Die allgemeine L¨ osung der homogenen DGL (Gl. (3.29)) lautet mit der Zeitkonstanten τ = RC uch = ke−t/τ , (3.31)
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken
23
wobei k eine noch festzulegende Konstante ist. Die Gesamtl¨osung lautet also uc = uch + ucp = ke−t/τ + U0 .
(3.32)
Aus dem Anfangswert der Kondensatorspannung zum Zeitpunkt t = 0 (uc (0) = 0) l¨ aßt sich die Konstante k bestimmen k = −U0 .
(3.33)
uc = U0 (1 − e−t/τ ) .
(3.34)
Die Gesamtl¨ osung lautet somit
Abbildung 3.5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Kondensatorspannung uc . uC(t) U0 U0 (1-e -t/τ )
τ = RC
t
Abb. 3.5: Zeitlicher Verlauf der Ausgangsspannung des RC-Tiefpasses
Auch bei komplizierteren Netzwerken ist die Vorgehensweise analog, d.h. unter Verwendung der Kirchhoffschen Gesetze und den Strom-Spannungs-Beziehungen von Widerstand, Spule und Kondensator wird ein System von linearen Dif¨ ferentialgleichungen aufgestellt, dessen L¨ osung sich aus der Uberlagerung der allgemeinen L¨ osung des homogenen Systems und einer partikul¨aren L¨osung des inhomogenen Systems ergibt. Wenn sich in einem Netzwerk nun n Energiespeicher (Kondensatoren und/oder Spulen) befinden, so enth¨alt die L¨osung n Konstanten, die so bestimmt werden m¨ ussen, daß die n Anfangswerte (Spannung bei Kondensatoren und Strom bei Spulen) der Energiespeicher erf¨ ullt werden, d. h. es muß ein lineares Differentialgleichungssystem mit n Unbekannten gel¨ ost werden. In aller Regel wendet man aber zur Berechnung von Einschwingvorg¨angen eine elegantere Methode an, die uns das Aufl¨ osen dieses linearen Differentialgleichungssystems erspart. Diese basiert auf der sog. Laplace-Transformation, die eine spezielle Spektralzerlegung der Zeitfunktionen durchf¨ uhrt. Dies f¨ uhrt schließlich zu einem Rechengang, der die bekannten Methoden der komplexen Wechselstromrechnung [3], [120] benutzt.
24
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.3 Die Laplace-Transformation Die Laplace-Transformation ist eine Verallgemeinerung der Fourier-Transformation. F¨ ur die Berechnung von Einschwingvorg¨angen gen¨ ugt die Beschr¨ ankung auf Zeitfunktionen, die f¨ ur Zeiten t < 0 verschwinden. Man spricht dann von einseitiger Laplace-Transformation. Bei dieser wird nur u ¨ber positive t integriert. Ausgangspunkt ist die einseitige FourierTransformation ∞ F (jω) = f (t)e−jωt dt (3.35) 0
bzw. die inverse Fourier-Transformation ∞ 1 f (t) = F (jω)ejωt dω . 2π −∞
(3.36)
¨ Beim Ubergang zur Laplace-Transformation wird nun die in Gl. (3.35) noch rein imagin¨ are Frequenz jω durch die komplexe Frequenz s = σ + jω
(3.37)
ersetzt. Aus Gl. (3.35) wird dadurch die Basisgleichung der einseitigen Laplace-Transformation (Laplace-Transformationsgleichung) ∞ F (σ + jω) = f (t)e−σt e−jωt dt (3.38) 0
bzw. F (s) =
∞
f (t)e−st dt .
(3.39)
0
Die Bedingung f¨ ur die Fourier-Transformierbarkeit einer Funktion f (t) (Gl. (3.19)) +∞ |f (t)| dt < ∞ , (3.40) −∞
d. h. die Forderung, daß f (t) absolut integrierbar sein muß, wird nunmehr entsch¨ arft, da Gl. (3.40) in ∞ |f (t)| e−σt dt < ∞ (3.41) 0
u ugen beispielsweise auch die Funktionen ¨bergeht. So gen¨ 1 f¨ ur t ≥ 0 f (t) = 0 f¨ ur t < 0 f¨ ur σ > 0 und
(3.42)
3.3 Die Laplace-Transformation
f (t) =
eα t t ≥ 0 0 t<0
25
(3.43)
f¨ ur σ > α der Bedingung nach Gl. (3.41). Wenn also der Wert σ in Abh¨ angigkeit von f (t) nur gen¨ ugend groß“ ” gew¨ ahlt wird, so existiert die Laplace-Transformierte F (s). Das entsprechende Integral (Gl. (3.39)) konvergiert absolut und gleichm¨aßig f¨ ur alle s mit σ > σmin , wobei der Wert σmin die von der jeweiligen Funktion f (t) abh¨angende Konvergenzabszisse beschreibt. Die der Fourier-R¨ ucktransformation entsprechende Laplace-Ru ¨ cktransformation ergibt sich unter Verwendung der Gln. (3.35) bis (3.38) f¨ ur t > 0 zu +∞ 1 f (t)e−σt = F (σ + jω) · ejωt dω (3.44) 2π −∞ bzw. 1 f (t) = 2π
ω=+∞
F (σ + jω) · e(σ+jω)t dω .
(3.45)
ω=−∞
Unter Verwendung der komplexen Frequenz s = σ + jw und der Beziehung ds = jdω l¨ aßt sich die Laplace-R¨ ucktransformation in der Form s=σ+j∞ 1 f (t) = F (s)est ds (3.46) 2πj s=σ−j∞ darstellen. Das R¨ ucktransformations-Integral nach Gl. (3.46) existiert nur, wenn F (s) an den Enden des Integrationspfades verschwindet. Der Integrationspfad verl¨ auft in der komplexen s-Ebene (Abb. 3.6) parallel zur imagin¨aren Achse in einem Bereich, wo σ > σmin gilt. F¨ ur σ > σmin ist F (s) eine holomorphe Funktion. Es sei erg¨ anzt, daß das Integral einer holomorphen Funktion nur von den Endpunkten des Integrationspfades, nicht aber von dessen Wegf¨ uhrung selbst, abh¨ angt. Symbolische Darstellungen Laplace-Transformation: R¨ ucktransformation:
F (s) = L{f (t)} .
(3.47)
f (t) = L−1 {F (s)} .
(3.48)
Die Zuordnung wird auch durch folgendes Symbolzeichen dargestellt f (t) ◦−−• F (s) ,
(3.49)
wobei wegen der Eindeutigkeit der Zuordnung (Eineindeutigkeit) aller im Bereich t > 0 stetiger Funktionen diese Zuordnung in beiden Richtungen der Transformation gilt.
26
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
W¨ ahrend die Fourier-Transformation auf die rein imagin¨are Achse jω und damit auf Sinusgr¨ oßen mit konstanter Amplitude beschr¨ankt bleibt, kann mit einer komplexen Frequenz auch eine exponentiell anwachsende oder exponentiell abklingende Sinusgr¨ oße dargestellt werden (s. Abb. 3.6) Laplace-Ebene (s-Ebene) j. ω harmonische Schwingungen mit konstanter Amplitude exponentiell anwachsende Schwingungen
exponentiell abklingende Schwingungen
σ = Re {s}
Abb. 3.6: Laplace-Ebene (s-Ebene)
ˆ · eσt cos(ωt + ϕ) = u(t) = U
1 (U e(σ+jω)t + U ∗ e(σ−jω)t ) 2
(3.50)
mit ˆ · ejϕ U= U ˆ · e−jϕ . U∗ = U
(3.51) (3.52)
Die ¨ aquivalente Darstellung in s bzw. s∗ lautet u(t) =
∗ 1 (U est + U ∗ es t ) 2
(3.53)
s∗ = σ − jω.
(3.54)
mit
Der Wert von σ stellt dabei das D¨ ampfungsmaß dar (σ < 0) und ω die Kreisfrequenz (ω > 0). Es sei noch erg¨ anzt, daß die rein reelle Achse (ω = 0) reine Exponentialfunktionen mit reellen Exponenten verk¨orpert.
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen
27
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen Ziel dieses Abschnittes ist die Aufstellung einer Zuordnungstabelle, die elementare Zeitfunktionen und ihre entsprechenden einseitigen Laplace-Transformierten enth¨ alt. Bei der einseitigen Laplace-Transformation wird vorausgesetzt, daß die zu transformierende Zeitfunktion f¨ ur Zeiten t < 0 stets identisch Null ist. Dies wird f¨ ur jede Zeitfunktion durch Multiplikation mit der im folgenden definierten Sprungfunktion ε(t) erreicht. Aufgrund der eindeutigen Umkehr¨ barkeit der Transformation kann diese sowohl beim Ubergang vom Zeit- in den Laplace-Bereich als auch in umgekehrter Richtung verwendet werden. Sprungfunktion Die Sprungfunktion1 ε(t) beschreibt ein zum Zeitnullpunkt eingeschaltetes zeitlich konstantes Signal 1 f¨ ur t ≥ 0 f (t) = ε(t) = . (3.55) 0 f¨ ur t < 0 Die Laplace-Transformierte lautet ∞ ∞ 1 −st −st F (s) = e dt = − e . s 0 0
(3.56)
F¨ ur Realteile σ > 0 konvergiert das Integral in Gl. (3.56) und man erh¨alt F (s) =
1 . s
(3.57)
Rampenfunktion F¨ ur die ab dem Zeitnullpunkt linear ansteigende Rampenfunktion t f¨ ur t ≥ 0 oder f (t) = ε(t) · t f (t) = 0 f¨ ur t < 0
(3.58)
erh¨ alt man die Laplace-Transformierte nach einmaliger partieller Integration ∞ ∞ t 1 ∞ −st F (s) = te−st dt = − e−st + e dt . (3.59) s s 0 0 0 Auch hier konvergiert das Integral nur f¨ ur komplexe Frequenzen s, deren Realteil positiv ist (σ > 0). Man erh¨ alt schließlich F (s) = 1
1 . s2
Die Sprungfunktion wird im folgenden stets mit ε(t) bezeichnet.
(3.60)
28
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Parabelfunktionen Die Laplace-Transformierte einer Parabel n-ten Grades (n = 1, 2, 3, ...) ergibt sich durch n-malige partielle Integration n t f¨ ur t ≥ 0 f (t) = oder f (t) = ε(t) · tn (3.61) 0 f¨ ur t < 0 entsprechend zu F (s) =
n! sn+1
.
(3.62)
Exponentialfunktion Die Laplace-Transformierte der Exponentialfunktion st ur t ≥ 0 e 0 f¨ oder f (t) = ε(t) · es0 t f (t) = 0 f¨ ur t < 0
(3.63)
ergibt sich zu
∞
F (s) =
e(s0 −s)t dt =
0
∞ 1 e(s0 −s)t . s0 − s 0
(3.64)
F¨ ur σ > Re{so } erh¨ alt man Konvergenz und es folgt F (s) =
1 . s − s0
(3.65)
Hyperbelfunktionen Da sich die Hyperbelfunktionen aus der Superposition von Exponentialfunktionen ergeben 1 s0 t e + e−s0 t 2 1 s0 t e − e−s0 t , sinh(s0 t) = 2
cosh(s0 t) =
(3.66) (3.67)
lassen sich ihre Laplace-Transformierten aufgrund ihrer linearen Transformationseigenschaften leicht angeben
1 s 1 1 L{ε(t) · cosh(s0 t)} = = 2 + (3.68) 2 s − s0 s + s0 s − s20 bzw. 1 L{ε(t) · sinh(s0 t)} = 2
1 1 − s − s0 s + s0
=
s2
s0 . − s20
(3.69)
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen
29
sin- und cos-Funktionen Der Spezialfall s0 = jω0 liefert mit den Gln. (3.66), (3.67) und cosh jω0 t = cos ω0 t sinh jω0 t = j sin ω0 t
(3.70) (3.71)
die Laplace-Transformierte harmonischer Signale s + ω02 ω0 L{ε(t) · sin ω0 t} = 2 . s + ω02
L{ε(t) · cos ω0 t} =
(3.72)
s2
(3.73)
Delta-Impuls δ(t) Der Delta-Impuls (auch Dirac-Impuls bzw. Dirac-Stoß genannt), der bei der Analyse elektrischer Netzwerke große Bedeutung hat, ist keine Funktion im herk¨ ommlichen Sinne, sondern mathematisch gesehen eine sog. Distribution. Die Distribution l¨ aßt sich durch einen Grenz¨ ubergang definieren. Dazu betrachten wir Abb. 3.7. Der dort gezeigte Signalverlauf l¨aßt sich folgendermaßen beschreiben 1 f¨ ur 0 < t < T δT = T . (3.74) 0 sonst F¨ ur T → 0 erh¨ alt man daraus den Delta-Impuls. δT
δ
1 T
1
δ (t)
T a)
t
t b)
Abb. 3.7: Delta-Impuls: a) Zeitfunktion, welche durch den Grenz¨ ubergang T → 0 den Delta-Puls definiert, b) Symbolische Darstellung: der Zahlenwert an der Spitze +∞ des Pfeiles repr¨ asentiert den Fl¨ acheninhalt des Integrals −∞ δ(t)dt.
+∞ F¨ ur den Dirac-Impuls gilt die Nebenbedingung −∞ δ(t)dt = 1. Die LaplaceTransformierte des Zeitsignals nach Gl. (3.74) ergibt T 1 −st 1 T −st 1 − e−sT FT (s) = e dt = . (3.75) e dt = T 0 sT 0 T
30
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Die Laplace-Transformierte des Delta-Impulses erh¨alt man schließlich durch den Grenz¨ ubergang T → 0 1 − e−sT =1. T →0 sT
lim FT (s) = Fδ (s) = lim
T →0
(3.76)
3.5 Die Eigenschaften der Laplace-Transformation – Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen Bei der Anwendung der Laplace-Transformation ist es allgemein von Interesse, wie sich die Transformation auf einfache mathematische Operationen auswirkt. Bei der L¨ osung von Differentialgleichungen mit Hilfe der LaplaceTransformation ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wie sich die Operationen Differentiation oder Integration transformieren.
¨ 3.5.1 Uberlagerung Wenn die Laplace-Transformierten zweier Zeitfunktionen f1 (t) und f2 (t) existieren f1 (t) ◦−−• F1 (s) f2 (t) ◦−−• F2 (s) ,
(3.77) (3.78)
¨ so gilt f¨ ur beliebige Konstanten c1 und c2 der Uberlagerungssatz c1 f1 (t) + c2 f2 (t) ◦−−• c1 F1 (s) + c2 F2 (s) .
(3.79)
Seine G¨ ultigkeit folgt unmittelbar aus der Linearit¨at der Transformationsintegrale.
3.5.2 Integration Die Laplace-Transformierte des Integrals t f (τ )dτ
(3.80)
0
ergibt sich durch Einsetzen in die Transformationsformel (Gl. (3.39)) und partielle Integration zu t 1 (3.81) f (τ ) dτ ◦−−• F (s) , s 0 wobei F (s) die Laplace-Transformierte der Funktion f (t) ist.
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
31
3.5.3 Differentiation Unter der Voraussetzung, daß die Funktion f (t) differenzierbar ist und ihre Laplace-Transformierte F (s) existiert, erh¨ alt man nach einmaliger partieller Integration f¨ ur die Laplace-Transformierte der Ableitung ∞ df (t) −st F˜ (s) = e dt (3.82) dt 0 die Zuordnung df (t) ◦−−• s F (s) − f (0+ ) . (3.83) dt Der rechtsseitige Grenzwert f (0+ ) ist der Funktionswert zum Zeitpunkt t = 0, wenn man den Funktionsverlauf von f (t) von Zeiten t > 0 kommend bis hin zum Grenzwert f¨ ur t → 0 verfolgt. Wenn alle Ableitungen von f (t) bis zur nten sowie die entsprechenden Laplace-Transformierten existieren, kann analog abgeleitet werden dn f (t) ◦−−• sn F (s) − sn−1 f (0+ ) − sn−2 f (0+ ) − · · · − f (n−1) (0+ ) . (3.84) dtn Nachdem sich die Operationen Integration und Differentiation im LaplaceBereich in eine Multiplikation mit 1s bzw. s u uhren lassen, gehen linea¨berf¨ re Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten, wie sie auch bei der Analyse elektrischer Netzwerke auftreten, in lineare algebraische Gleichungen u ¨ber. Damit lassen sich insbesondere Einschwingvorg¨ange in linearen mechanischen und elektrischen Netzwerken einfach berechnen (s. auch Kap. 5.4). 3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen - Faltung Die f¨ ur die Netzwerkanalyse wichtigste Eigenschaft ist die Transformation des zeitlichen Faltungsintegrals, das die Berechnung einer Systemantwort bei bekannter Erregung und gegebener Impulsantwort des Systems erlaubt (s. auch Kap. 3.11). Das Produkt zweier Laplace-Funktionen F1 (s) · F2 (s) ∞ F1 (s) = f1 (τ )e−sτ dτ (3.85) 0 ∞ F2 (s) = f2 (ϑ)e−sϑ dϑ (3.86) 0
l¨ aßt sich (gleichm¨ aßige Konvergenz vorausgesetzt) als Doppelintegral formulieren ∞ ∞ F1 (s) · F2 (s) = f1 (τ )f2 (ϑ)e−s(τ +ϑ) dτ dϑ . (3.87) 0
0
Die Variablensubstitution t = τ + ϑ f¨ uhrt mit ϑ = t − τ und dϑ = dt zu
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
32
t=∞
F1 (s) · F2 (s) =
t=0
τ =t
f1 (τ )f2 (t − τ )dτ e−st dt .
(3.88)
τ =0
Die obere Grenze des inneren Integrals darf auf τ = t gesetzt werden, weil f2 (t − τ ) bei kausalen Netzwerken f¨ ur negative Zeiten verschwindet. Das innere Integral ist gem¨ aß der Laplace-Transformationsgleichung die zu F1 (s) · F2 (s) geh¨ orende Zeitfunktion. Daher ist die Integraloperation t f1 (τ )f2 (t − τ )dτ (3.89) 0
das Zeitbereichsergebnis der Multiplikation F1 (s)·F2 (s). Man bezeichnet diese Operation als Faltung und k¨ urzt sie mit dem Symbol ∗ ab, um sie von der gew¨ ohnlichen Multiplikation zu unterscheiden t f1 (t) ∗ f2 (t) = f1 (τ )f2 (t − τ )dτ . (3.90) 0
Es gilt also die Zuordnung f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−•F1 (s) · F2 (s) .
(3.91)
Das Faltungsprodukt ist kommutativ, d. h. es gilt f1 ∗ f 2 = f 2 ∗ f 1 .
(3.92)
Es sei erg¨ anzt, daß sich die Faltung nach Gl. (3.90) auch ausf¨ uhren l¨aßt, wenn f1 (t) und f2 (t) nur in rein graphischer oder numerischer Form gegeben sind. Abbildung 3.8 soll die Faltungsoperation verdeutlichen. f1 (t)
f2 (t) f2 (-t)
t1
f 1, 2 t=0
-t 2
f1 (τ) t > t2
f 2 (t)
t2
t
: f 2 (t - τ)
f 1 (t) * f2 (t)
t
Faltungsergebnis
t > t1 + t 2
t1
τ
t2
t1
t1+ t2
Abb. 3.8: Zur Veranschaulichung des Faltungsintegrals
t
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
33
3.5.5 Multiplikationssatz Ausgehend von der Transformationsgleichung (Gl. 3.39) ∞ F (s) = f (t)e−st dt
(3.93)
0
erh¨ alt man durch Differenzieren nach s ∞ dF = f (t)(−t) · e−st dt = L{−t · f (t)} . ds 0
(3.94)
Die n-malige Ableitung ergibt unmittelbar den Multiplikationssatz dn F = (−1)n L{tn · f (t)} dsn
(3.95)
dn F . dsn
(3.96)
bzw. tn · f (t) ◦−−• (−1)n
3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich) Es soll eine Funktion f (t) im Zeitbereich um eine Zeit t0 > 0 verschoben werden. F¨ ur die daraus resultierende Funktion (Abb. 3.9) f1 (t)
f (t)
0
0
t
t0
t
Abb. 3.9: Verschiebung im Zeitbereich um die Zeit to
f1 (t) =
ur t ≥ t0 f (t − t0 ) f¨ 0 f¨ ur t < t0
bzw. f1 (t) = ε(t − t0 ) · f (t − t0 )
folgt deren Laplace-Transformierte ∞ F1 (s) = f (t − t0 )e−st dt .
(3.97)
(3.98)
t0
Durch die Variablensubstitution τ = t − t0 wird e−st = e−st0 · e−sτ
(3.99)
34
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
und es folgt F1 (s) = e
−st0
∞
f (τ )e−sτ dτ = e−st0 F (s) .
(3.100)
0
Die Verschiebung im Zeitbereich um eine Zeit t0 entspricht also der Multiplikation im Frequenzbereich mit e−st0 ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) ◦−−• e−st0 F (s) .
(3.101)
3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich) Wenn wir hingegen eine Verschiebung im Laplace-Bereich gem¨aß F1 (s) = F (s + s0 ) vornehmen, folgt
∞
F1 (s) =
(3.102)
f (t)e−s0 t e−st dt .
(3.103)
0
Dies bedeutet, daß F (s + s0 ) der mit e−s0 t multiplizierten Zeitfunktion f (t) entspricht e−s0 t f (t) ◦−−•F (s + s0 ) . (3.104) Die Anwendung dieses Satzes auf Gl. (3.62) ergibt schließlich tn −s0 t 1 e ◦−−• . n! (s + s0 )n+1
(3.105)
Demnach l¨ aßt sich zu einer beliebigen rationalen Funktion in s die zugeh¨orige Zeitfunktion direkt ermitteln. Dazu wird die Funktion in Partialbr¨ uche zerlegt und anschließend r¨ ucktransformiert. F¨ ur den Fall, daß die gebrochen rationale Funktion denselben Z¨ ahler- und Nennergrad aufweist, muß vor der Partialbruchzerlegung eine Polynomdivision durchgef¨ uhrt werden. 3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung Eine multiplikative reelle Konstante c, die auch als zeitlicher Dehnungsbzw. Stauchungsfaktor interpretiert werden kann, wirkt sich wie folgt auf die Laplace-Transformation aus 1 s f (ct) ◦−−• F (c > 0) . (3.106) c c 3.5.9 Anfangswert-Theorem Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt der Anfangswert f (0+ ) der zugeh¨ origen Zeitfunktion f (t) bestimmt werden, ohne die Zeitfunktion selbst zu ermitteln [34] lim f (t) = f (0+ ) = t↓0
lim
Re(s)→∞
sF (s) .
(3.107)
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
35
3.5.10 Endwert-Theorem Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt der Grenzwert f (t → ∞) der zugeh¨ origen Zeitfunktion f (t) ermittelt werden, ohne diese direkt zu kennen [34] lim f (t) = lim sF (s).
t→∞
(3.108)
s→0
3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen In Tabelle 3.1 sind nochmals die in den vorhergehenden Abschnitten diskutierten mathematischen Operationen bei der Laplace-Transformation zusammengestellt.
Tabelle 3.1: Zusammenfassung der Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
f (t)
F (s)
Bezeichnung
c1 f1 (t) + c2 f2 (t)
c1 F1 (s) + c2 F2 (s)
¨ (Uberlagerung)
1 s
(Integration)
t 0
f (τ ) dτ
F (s)
df (t) dt
s F (s) − f (0+ )
dn f (t) dtn
sn F (s) − sn−1 f (0+ ) − ... ... − sn−2 f (0+ ) − · · · − f (n−1) (0+ )
f1 (t) ∗ f2 (t)
F1 (s) · F2 (s)
tn · f (t)
(−1)n
ε(t − t0 ) · f (t − t0 )
e−st0 F (s)
Zeitverschiebung
e−s0 t f (t)
F (s + s0 )
Frequenzverschiebung
f (ct) lim f (t) = f (0+ ) t↓0
lim f (t)
t→∞
1 F c
Re(s)→∞
sF (s)
lim sF (s)
s→0
Multiplikationssatz
(c > 0)
c
lim
Produkt im Laplace-Ber.
dn F dsn
s
(Differentiation)
Dehnung/Stauchung (Anfangswert-Theorem) (Endwert-Theorem)
36
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.6 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation Mit Hilfe der Laplace-Transformation l¨ aßt sich beispielsweise der bereits in Kapitel 3.2 behandelte Einschwingvorgang einer RC-Tiefpaßschaltung (Abb. 3.4) wesentlich eleganter berechnen als im Zeitbereich. Wir gehen dazu von der DGL (Gl. (3.28)) aus, welche die Spannung uc am Kondensator beschreibt RC
duc (t) + uc (t) = u(t) . dt
(3.109)
Die Anwendung der Laplace-Transformation f¨ uhrt mit Einf¨ uhrung der Zeitkonstanten τ = RC zu folgender linearer Gleichung τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) ,
(3.110)
wobei gilt Uc (s) = L{uc (t)}
U (s) = L{u(t)} .
und
(3.111)
Diese Gleichung kann leicht nach Uc (s) aufgel¨ost werden Uc (s) = bzw. Uc (s) =
1 [U (s) + τ uc (0+ )] 1 + sτ 1 s+
1 τ
1 U (s) + uc (0+ ) . τ
(3.112)
(3.113)
Wenn wir voraussetzen, daß der Kondensator zu Beginn des Einschaltvorganges ungeladen ist uc (0+ ) = 0 (3.114) und zum Zeitnullpunkt eine Gleichspannung U0 eingeschaltet wird, erhalten wir mit der Laplace-Transformierten der Sprungfunktion 1 s
(3.115)
U0 s
(3.116)
U0 . s(1 + sτ )
(3.117)
ε(t) ◦−−• U (s) = und Gleichung (3.112) Uc (s) =
Abschließend erfolgt nun die R¨ ucktransformation von Gl. (3.117) in den Zeitbereich, was im folgenden Kapitel behandelt wird.
3.7 Die R¨ ucktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich
37
3.7 Die Ru ¨ cktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich Zur R¨ ucktransformation einer Laplace-Funktion in den Zeitbereich ist prinzipiell das Umkehrintegral oder R¨ ucktransformationsintegral (Gl. (3.46)) zu l¨ osen s=σ+j∞ 1 f (t) = F (s)est ds . (3.118) 2πj s=σ−j∞ Dieses Integral existiert, wenn F (s) f¨ ur ω → ±∞ gegen Null strebt. F¨ ur die R¨ ucktransformation aus dem Laplace-Bereich in den Zeitbereich existieren die bereits in Kapitel 3.3 eingef¨ uhrten Nomenklaturen f (t) = L−1 {F (s)}
(3.119)
f (t) ◦−−•F (s) .
(3.120)
bzw. Genauso wie bei der Fourier-Transformation ist die Zuordnung zwischen f (t) und F (s) f¨ ur alle im Bereich t > 0 stetigen Funktionen umkehrbar eindeutig. Dies bedeutet, daß das Symbol ◦−−• in beiden Richtungen gelesen werden kann. Diese Tatsache gibt Anlaß zu folgender Strategie f¨ ur die R¨ ucktransformation: Man zerlegt die r¨ uckzutransformierende Laplace-Funktion F (s) in eine Summe von Teilfunktionen F (s) = F1 (s) + F2 (s) + · · · Fn (s) ,
(3.121)
deren jeweilige R¨ ucktransformation aus Tabelle 3.2 bekannt ist. Insbesondere l¨ aßt sich in Verbindung mit der Beziehung ε(t) ·
tn −s0 t 1 e ◦−−• n! (s + s0 )n+1
(3.122)
zu jeder rationalen Funktion in s die dazugeh¨orige Zeitfunktion unmittelbar angeben, nachdem man die Funktion in Partialbr¨ uche zerlegt hat. Da andererseits die L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten im Laplace-Bereich auf rationale Funktionen f¨ uhrt, lassen sich diese DGLn, die ja lineare elektrische Netzwerke mit konzentrierten Elementen beschreiben, mit Hilfe der Laplace-Transformation besonders leicht l¨ osen.
38
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten Tabelle 3.2: Laplace-Transformierte einiger wichtiger Zeitfunktionen f (t)
F (s)
δ(t)
1
ε(t)
1/s
ε(t) · t /n! n
(n = 0, 1, · · ·)
ε(t) · tn e−αt /n!
1/(sn+1 )
(n = 0, 1, · · ·) 1/(s + α)n+1
ε(t) · cos βt
s/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin βt
β/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin(βt + ϕ)
(s · sin ϕ + β · cos ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · cos(βt + ϕ)
(s · cos ϕ − β sin ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · e−αt sin(βt + ϕ)
[(s + α) sin ϕ + β · cos ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ]
ε(t) · e−αt cos(βt + ϕ)
ε(t) · e−αt sin βt
[(s + α) cos ϕ − β · sin ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ] (s + α)/ (s + α)2 + β 2 β/ (s + α)2 + β 2
ε(t) · t cos βt
(s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t sin βt
2βs/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t2 sin βt
2β(3s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )3
ε(t) · t2 cos βt
ε(t) · sin2 βt
2(s3 − 3β 2 s)/(s2 + β 2 )3 (s2 + 2β 2 )/ s(s2 + 4β 2 ) 2β 2 / s(s2 + 4β 2 )
ε(t) · cosh βt
s/(s2 − β 2 )
ε(t) · sinh βt
β/(s2 − β 2 )
ε(t) ·
t 2β
s/(s2 − β 2 )2
ε(t) ·
sin βt t
ε(t) · e−αt cos βt
ε(t) · cos2 βt
sinh(βt)
√ ε(t) · 1/ πt ε(t) · 2 t/π
arctan βs √ 1/ s √ 1/(s s)
3.8 L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
39
3.8 L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten ¨ Zwecks leichterer Uberpr¨ ufbarkeit der L¨ osung wenden wir uns nochmals dem Beispiel aus Kapitel 3.2 zu. Die Differentialgleichung, die den Einschwingvorgang der RC-Schaltung aus Abb. 3.4 beschreibt, lautet (Gl. (3.28) bzw. Gl. (3.109)) duc (t) RC + uc (t) = u(t) . (3.123) dt Die Anwendung der Laplace-Transformation f¨ uhrt mit τ = RC zu τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) .
(3.124)
Diese algebraische Gleichung l¨ aßt sich leicht nach der gesuchten Gr¨oße Uc (s) aufl¨ osen (vgl. Gl. (3.113)) 1 1 + U (s) + uc (0 ) . Uc (s) = (3.125) s + τ1 τ F¨ ur den Fall, daß u(t) eine im Zeitnullpunkt t = 0 eingeschaltete Gleichspannung U0 ist, d.h. U0 , (3.126) U (s) = s und der Kondensator zu diesem Zeitpunkt ungeladen ist (uc (0+ ) = 0), folgt Uc (s) =
U0 . τ s(s + τ1 )
Diese rationale Funktion wird nun in Partialbr¨ uche nale Grundfunktionen, die in Tabelle 3.2 enthalten C1 U0 Uc (s) = + = U0 s+α τ s(s + τ1 )
(3.127) zerlegt, d. h. also in ratiosind C2 . (3.128) s+β
Durch Koeffizientenvergleich erh¨ alt man die Werte der Konstanten α= Daraus folgt
1 ; τ
β = 0 und
C2 = −C1 = 1 .
(3.129)
−1 1 . (3.130) Uc (s) = U0 + s s + τ1 Gem¨ aß Superpositionsregel und Tabelle 3.2 ergibt sich folgende Zeitfunktion uc (t) = U0 − U0 e−t/τ = U0 (1 − e−t/τ ) . (3.131)
Der zeitliche Spannungsverlauf der Kondensatorspannung uc (t) wurde bereits in Abb. 3.5 gezeigt. Das Ergebnis (Gl. (3.131)) entspricht selbstverst¨andlich der auf anderem Wege ermittelten L¨ osung der linearen Differentialgleichung im Zeitbereich (Gl. (3.34)).
40
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
L¨ osung fu ¨ r eingeschaltete Sinusspannung Wenn die RC-Tiefpaßschaltung gem¨ aß Abb. 3.4 nun mit einer bei t = 0 eingeschalteten harmonischen Wechselspannung beaufschlagt wird, so l¨aßt sich das Ergebnis analog ermitteln. Dazu wird zun¨ achst die Eingangsspannung u(t) u(t) = ε(t) · U0 sin ω0 t
(3.132)
gem¨ aß der Tabelle 3.2 in den Laplace-Bereich transformiert U (s) = U0
s2
ω0 . + ω02
(3.133)
Durch Einsetzen in Gleichung (3.125) erh¨ alt man die Kondensatorspannung Uc im Laplace-Bereich 1 U0 ω 0 1 + · + uc (0 ) . (3.134) Uc (s) = s + τ1 τ s2 + ω02 Eine Partialbruchzerlegung f¨ uhrt zu
1 uc (0+ ) 1 1 U0 ω 0 τ −s + Uc (s) = + . 1 1 2 2 2 τ ω0 + τ 2 s + τ s + ω0 s + τ1
(3.135)
Die Zuordnungstabelle (Tab. 3.2) liefert 1 τ
ω02
− •−◦ ε(t) ·
1 sin ω0 t τ ω0
s2
+
s2
s − •−◦ ε(t) · cos ω0 t . + ω02
(3.136) (3.137)
Das Ergebnis im Zeitbereich lautet also
1 1 U0 ω 0 −t/τ + −t/τ + uc (0 ) · e . sin ω0 t − cos ω0 t + e uc (t) = ε(t) · τ ω02 + τ12 τ ω0 (3.138) Abbildung 3.10 zeigt den Spannungsverlauf f¨ ur einen anf¨anglich ungeladenen Kondensator uc (0+ ) = 0. Nach dem Ausgleichsvorgang (e−t/τ -Term), der mit der Zeitkonstanten τ abklingt, bleiben nur noch die beiden sin −/ cos −Wechselanteile u ¨brig, die zu einer einzigen Sinusfunktion zusammengefaßt werden k¨ onnen 1 1 sin ω0 t − ω0 cos ω0 t = ω02 + 2 sin(ω0 t − ϕ) (3.139) τ τ mit ϕ = arctan(ω0 τ ) . (3.140) Dieser Teil der L¨ osung beschreibt den eingeschwungenen Zustand, wie ihn auch die einfache Wechselstromrechnung liefert. F¨ ur einen anf¨anglich ungeladenen Kondensator (uc (0+ ) = 0) folgt also
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
uC(t)
U0 1/τ
(1/τ)2+ω02
41
sin(ω0 t-ϕ)
ϕ
t= ω 0
t
Abb. 3.10: Einschwingverhalten des RC-Netzwerkes nach dem Einschalten der Sinus-Spannung. Der station¨ are Anteil ist gestrichelt gezeichnet.
⎤
⎡ uc (t) = ε(t) ·
1 U0 ⎣ τ 2 ω + 0
1 τ2
sin(ω0 t − ϕ) +
ω0 e−t/τ ⎦ . ω02 + τ12
(3.141)
3.9 Berechnung von Einschwingvorg¨ angen in elektrischen Netzwerken mit konzentrierten linearen passiven Bauelementen In diesem Abschnitt soll das der linearen Netzwerkanalyse zugrundeliegende Schema erarbeitet werden, das die Berechnung von Ausgleichsvorg¨angen mittels Laplace-Transformation behandelt. Neben der bereits im vorhergehenden Abschnitt besprochenen Methode, bei welcher die lineare Differentialgleichung des gegebenen Netzwerkes auf¨ gestellt und mit Hilfe der Laplace-Transformation (Uberf¨ uhrung der DGL in eine algebraische Gleichung) gel¨ ost wird, gibt es n¨amlich auch die M¨oglichkeit, das zu analysierende Netzwerk direkt im Laplace-Bereich (Frequenzbereich) zu beschreiben. Dazu m¨ ussen die einzelnen Elemente (Widerstand, Kondensator oder Spule) mit Anfangswertgeneratoren versehen werden. Im folgenden wird gezeigt, wie man daraus unmittelbar eine lineare algebraische Gleichung in der Laplace-Variablen s gewinnen kann, welche nach Aufl¨osen nach der gesuchten Gr¨ oße U (s) bzw. I(s) durch eine Laplace-R¨ ucktransformation den gesuchten Spannungs- und Stromverlauf u(t) bzw. i(t) liefert (Abb. 3.11) [18]. Zwecks Gewinnung eines Ersatzschaltbildes im Laplace-Bereich m¨ ussen sowohl die Kirchhoffschen Gleichungen uν (t) = 0 (Maschengleichung) und (3.142) iν (t) = 0 (Knotengleichung)
42
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten lineare Differential-
gleichungen + Anfangsbedingungen
LaplaceTransformation
lineare algebraische Gleichungen in s
gesuchte Größen I n (s), U n (s) im Laplace-Bereich
im Zeitbereich in(t), un(t)
KirchhoffGleichungen Auflösen nach den
Netzwerk mit Anfangsgesuchten Spannungen und wertgeneratoren Strömen im Frequenzbereich
LaplaceRücktransformation
Abb. 3.11: Prinzipielles Vorgehen bei der Berechnung von linearen Netzwerken mit Hilfe der Laplace-Transformation
als auch die die Netzwerkelemente beschreibenden Spannungs-Strom-Beziehungen uR = RiR (ohmscher Widerstand) uL = L didtL (Spule)
(3.143)
C iC = C du dt (Kondensator)
in den Laplace-Bereich transformiert werden. Transformation der Kirchhoffschen Gleichungen Wenden wir uns zun¨ achst den Kirchhoffschen Gleichungen zu. Da die LaplaceTransformation eine lineare Operation ist, gelten die Kirchhoffschen Gleichungen f¨ ur die Spannungen und Str¨ ome in derselben Form wie im Zeitbereich Uν (s) = 0 (Maschengleichung) und (3.144) Iν (s) = 0 (Knotengleichung) . Transformation der Netzwerkelementgleichungen 1. Widerstandsgleichung Da ein idealer ohmscher Widerstand keinerlei Zeitverhalten zeigt, bleibt
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
43
die Widerstandsgleichung bei der Laplace-Transformation unver¨andert (Abb. 3.12) UR (s) = RIR (s) . (3.145)
iR(t) R
I R(s)
u R(t)
R
UR(s)
Abb. 3.12: Transformation eines ohmschen Widerstandes in den Laplace-Bereich
2. Kondensatorgleichung Bei der Transformation der Kondensatorgleichung m¨ ussen die Anfangswerte der Kondensatorspannung ber¨ ucksichtigt werden. Dazu betrachten wir den allgemeinen Fall, daß ein urspr¨ unglich auf eine Spannung uC (0− ) aufgeladener Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen (Innenwiderstand Ri = 0) Spannungsquelle verbunden wird (Abb. 3.13).
i (t) t=0 U0
uc (0-)
Abb. 3.13: Kondensator, der zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen Spannungsquelle verbunden wird.
Dabei springt die Kondensatorspannung2 von uC (0− ) auf uC (0+ ) = U0 . 2
Anmerkung: Es sei an dieser Stelle ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, daß die Kondensatorspannung und der Spulenstrom im Schaltzeitpunkt (hier t = 0) nur im theoretischen Grenzfall bei idealen Netzwerkelementen, d. h. nicht verlustbhafteten Kapazit¨ aten bzw. Induktivit¨ aten, und idealen Quellen (ohne Innenwiderstand) springen k¨ onnen. In der Praxis kommen diese F¨ alle jedoch nicht vor, so daß hierbei nicht zwischen einem rechtsseitigen und linksseitigen Grenzwert unterschieden werden muß. Es gilt hier stets uC (0− ) = uC (0+ ) bzw. iL (0− ) = iL (0+ ). Das Einschließen des o. g. theoretischen Grenzfalles und die daraus resultierende Unterscheidung zwischen links- und rechtsseitigem Grenzwert wird jedoch hier in Anlehnung an die Lehre von Bosse [18] beibehalten, weil sie aus Sicht des Au¨ tors das Ubertragen des Netzwerkes vom Zeit- in den Laplace-Bereich von der Vorstellung her erleichtert. Schließlich verbindet man mit den Anfangswerten
44
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Dies geht einher mit einer ebenso sprunghaft stattfindenden Ladungs¨anderung, die von einem diracf¨ ormigen Strom begleitet wird [18] i(t = 0) = C[uC (0+ ) − uC (0− )]δ(t) .
(3.146)
Damit kann die allgemeine Spannungs-Strom-Beziehung des Kondensators abgeleitet werden duC + − iC (t) = C + [uC (0 ) − uC (0 )]δ(t) . (3.147) dt Mit der Laplace-Transformation geht Gl. (3.147) u ¨ber in IC (s) = C sUC (s) − uC (0+ ) + uC (0+ ) − uC (0− ) uC (0− ) . IC (s) = sC UC (s) − s
(3.148) (3.149)
Ein Kondensator im Zeitbereich l¨ aßt sich also gem¨aß Abb. 3.14 in den Laplace-Bereich transformieren. Die Spannungsquelle im Ersatzschaltbild repr¨ asentiert die Kondensatorspannung zum Zeitnullpunkt. Es handelt sich dabei um die Kondensatorspannung unmittelbar vor einem eventuell zum Zeitnullpunkt stattfindenden Spannungssprung.
iC (t) C
u C (t)
I C (s)
uc (0-) s sC
UC (s)
Abb. 3.14: Transformation eines Kondensators in den Laplace-Bereich [18]
3. Spulengleichung Die Strom-Spannungs-Beziehung einer Induktivit¨at uL = L
diL dt
(3.150)
besagt, daß die Spannung uL einen δ-Impuls erf¨ahrt, wenn der Spulenstrom iL und damit der magnetische Fluß in der Spule springt. Wenn man nun zul¨ aßt, daß der Strom zum Zeitnullpunkt t = 0 von iL (0− ) zum Zeitpunkt t = 0− gedanklich stets den Zustand der Elemente (Kapazit¨ at bzw. Induktivit¨ at) unmittelbar vor dem Schalten. Man muß bei der Ana¨ lyse des Netzwerkes keine Uberlegungen mehr anstellen, was im Zeitschaltpunkt geschieht.
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
45
auf iL (0+ ) springt, so ergibt sich die Spannungs-Strom-Beziehung in folgender ausf¨ uhrlicher Form [18] diL uL = L + [iL (0+ ) − iL (0− )]δ(t) . (3.151) dt Die Laplace-Transformation dieser Gleichung liefert mit Gl. (3.83) UL (s) = L s · IL (s) − iL (0+ ) + iL (0+ ) − iL (0− ) (3.152)
− iL (0 ) . (3.153) UL (s) = sL IL (s) − s Die entsprechende Ersatzschaltung wird in Abb. 3.15 gezeigt. Der Spule mit der Impedanz sL ist eine Gleichstromquelle parallelgeschaltet, die den im Zeitnullpunkt durch die Spule fließenden Strom repr¨asentiert und zwar ¨ den Strom unmittelbar vor der eventuellen sprunghaften Anderung. iL (t) L
iL(0-) s
u L(t)
I L(s) sL
UL(s)
Abb. 3.15: Transformation einer Induktivit¨ at in den Laplace-Bereich [18]
Die eben hergeleiteten Ersatzschaltungen f¨ ur Induktivit¨aten, Kapazit¨aten und ohmsche Widerst¨ ande reduzieren sich auf die vereinfachte Form aus der Wechselstromrechnung, wenn die Elemente vor dem Schaltzeitpunkt (hier stets als Zeitnullpunkt angenommen) energiefrei sind, d. h. die Kapazit¨aten sind spannungs- und damit ladungsfrei und die Induktivit¨aten sind strom- bzw. flußfrei. Zusammenfassung der Regeln fu ¨ r die Netzwerkanalyse im Laplace-Bereich • Alle Zeitgr¨ oßen werden f¨ ur t > 0 durch ihre Laplace-Transformierten ersetzt • F¨ ur die Impedanz im Laplace-Bereich Z(s) = gilt
U (s) I(s)
(3.154)
46
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
– ohmscher Widerstand ZR (s) = R
(3.155)
ZL (s) = sL
(3.156)
– Induktivit¨at – Kapazit¨ at 1 . (3.157) sC • Die Anfangswerte der Kondensatorspannungen und Spulenstr¨ome (Werte zum Zeitpunkt t = 0− , also unmittelbar vor dem Schalt-Zeitpunkt t = 0) werden durch zus¨ atzliche Quellen (in Serienschaltung beim Kondensator bzw. in Parallelschaltung bei der Spule) mit der Quellspannung uC (0− )/s bzw. dem Quellstrom iL (0− )/s erfaßt. • Die Spannungen und Str¨ ome lassen sich mit den Methoden der Wechselstromrechnung und der linearen Netzwerkanalyse berechnen: ¨ – beim Ubergang zur Laplace-Transformation wird der Frequenzterm jω durch die komplexe Frequenz s ersetzt – die transformierten Spannungen U (s) bzw. Str¨ome I(s) entsprechen den komplexen Amplituden der Wechselstromrechnung; allerdings tragen die Laplace-Transformierten die Dimension einer Amplitudendichte (Einheit [V/Hz] bzw. [A/Hz]). • Nach dem L¨ osen der Netzwerkgleichungen im Frequenzbereich werden die gesuchten Spannungen bzw. Str¨ ome in den Zeitbereich zur¨ ucktransformiert. ZC (s) =
Beispiel — Analyse eines Serienschwingkreises F¨ ur den in Abb. 3.16 gezeigten Serienschwingkreis (Reihenschwingkreis) ist der Strom i(t) f¨ ur t ≥ 0 zu berechnen. Dabei sind sowohl die Spannung u(t) als auch die Anfangswerte des Spulenstromes iL (0− ) und der Kondensatorspannung uC (0− ) bekannt. R
L
C
i(t) u(t) Abb. 3.16: Serienschwingkreis im Zeitbereich
Zur Berechnung wird zun¨ achst das Zeitbereichsersatzschaltbild (Abb. 3.16) in den Frequenzbereich transformiert (Abb. 3.17). Aus dem Ersatzschaltbild des Serienschwingkreises im Laplace-Bereich kann die Spannung U (s) abgeleitet werden
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
47
sL sC
R
I(s)
uC(0-) s
i L (0-) s U(s)
Abb. 3.17: Serienschwingkreis im Laplace-Bereich
I(s) uc (0− ) iL (0− ) + . + U (s) = RI(s) + sL I(s) − s sC s
(3.158)
Diese Gleichung wird schließlich nach der gesuchten Gr¨oße I(s) aufgel¨ost I(s) =
U (s) + LiL (0− ) − uc (0− )/s . 1 R + sL + sC
(3.159)
Wir gehen davon aus, daß die beiden Energiespeicher zum Zeitnullpunkt leer sind und zu diesem Zeitpunkt eine Gleichspannung mit dem Wert U0 aufgeschaltet wird u(t) = ε(t) · U0 (3.160) iL (0− ) = 0
und
uc (0− ) = 0 .
(3.161)
Daraus folgt I(s) = bzw. I(s) =
U0 s(R + sL +
(3.162)
1 sC )
1 U0 · L s2 + s R L +
1 LC
.
(3.163)
Laplace-Ru ¨ cktransformation einer rationalen Funktion zweiten Grades Die Aufgabe, den Strom I(s) nach Gl. (3.163) in den Zeitbereich zur¨ uckzutransformieren, soll m¨ oglichst allgemein formuliert werden. Deshalb wird die R¨ ucktransformierte folgender rationaler Funktion 2. Grades gesucht F (s) =
A s+B . s2 + 2 d s + ω02
Diese Funktion hat die beiden Pole s1 und s2 s1 = −d + d2 − ω02 s2 = −d − d2 − ω02 .
(3.164)
(3.165) (3.166)
48
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
F¨ ur ω02 ≤ d2 liegen die Pole bei reellen und f¨ ur ω02 > d2 bei komplexwertigen Frequenzen. Das mit einer Partialbruchzerlegung eventuell einhergehende Rechnen mit komplexwertigen Gr¨ oßen l¨ aßt sich umgehen, indem man den Nenner von Gl. (3.163) in eine Summe von Quadraten zerlegt s2 + 2 d s + ω02 = (s + d)2 + (ω02 − d2 ) .
(3.167)
Mit der Hilfsgr¨ oße ωd (sie entspricht der Kreisfrequenz, die sich im ged¨ampften Schwingkreis einstellt) ωd2 = ω02 − d2 (3.168) l¨ aßt sich F (s) wie folgt angeben F (s) =
A(s + d) + B − Ad . (s + d)2 + ωd2
(3.169)
Die Anwendung des Verschiebungssatzes (Gl. (3.102)) auf die Beziehungen ε(t) · cos ω0 t ◦−−•
s s2 + ω02
(3.170)
ε(t) · sin ω0 t ◦−−•
ω0 s2 + ω02
(3.171)
und
liefert f¨ ur ωd2 > 0, also f¨ ur komplexwertige Pole, die Laplace-Zuordnungen s+d − •−◦ ε(t) · e−dt cos ωd t (s + d)2 + ωd2
(3.172)
ωd − •−◦ ε(t) · e−dt sin ωd t . (s + d)2 + ωd2
(3.173)
Unter Zuhilfenahme dieser Zuordnungen kann die zu F (s) geh¨orige Zeitfunktion f (t) angegeben werden
B − Ad f (t) = ε(t) · e−dt A cos ωd t + sin ωd t . (3.174) ωd Sollten jedoch die Pole im Reellen liegen, so wird anstatt ωd die Hilfsgr¨oße ωr2 = d2 − ω02
(3.175)
verwendet. Dies f¨ uhrt schließlich mit den Korrespondenzen s+d − •−◦ ε(t) · e−dt cosh ωr t (s + d)2 − ωr2 und
(3.176)
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
ωr − •−◦ ε(t) · e−dt sinh ωr t (s + d)2 − ωr2 zu der entsprechenden Zeitfunktion
B − Ad f (t) = ε(t) · e−dt A cosh ωr t + sinh ωr t . ωr
49
(3.177)
(3.178)
Die L¨ osungen f¨ ur komplexwertige Pole (Gl. (3.174)) und f¨ ur reellwertige Pole (Gl. (3.178)) lassen sich mit der Beziehung ωd2 = −ωr2
(3.179)
ωd = ±jωr
(3.180)
bzw. ineinander u uhren. ¨berf¨ Es ist noch der sog. aperiodische Grenzfall zu behandeln, bei dem die beiden Polstellen zusammenfallen, d. h. es gilt s1 = s2 ω02 = d2
(3.181) (3.182)
und ωd = ω r = 0 .
(3.183)
Die physikalische Deutung von Gl. (3.183) besagt, daß sich gerade keine Schwingung mehr einstellt. Zur Berechnung der entsprechenden Zeitfunktion f (t) ist ein Grenz¨ ubergang von Gl. (3.174) bzw. Gl. (3.178) notwendig. Gleichung (3.174) beispielsweise f¨ uhrt mit lim
ωd →0
zu
sin ωd t =t ωd
f (t) = ε(t) · e−dt [A + (B − Ad)t] .
(3.184)
(3.185)
Anwendung auf den Serienschwingkreis Wenn man nun die eben abgeleiteten Transformationen auf die LaplaceGleichung anwendet, die den Strom im Serienschwingkreis beschreibt (Gl. (3.163)), so folgt mit R 2L 1 ω02 = LC d=
A=0
(3.186) (3.187) (3.188)
50
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
B=
U0 2dU0 = R L
und ωd2
=
−ωr2
1 = LC
(3.189)
R2 C 1− 4L
(3.190)
der Strom im Serienschwingkreis beim Anlegen eines Gleichspannungssprunges U0 −dt 2d i(t) = ε(t) · e sin ωd t , (3.191) R ωd wenn die Pole komplexwertig sind, bzw. U0 −dt 2d e sinh ωr t R ωr Uo d −dt ωr t e (e − e−ωr t ) = ε(t) · R ωr Uo −t/τ1 e − e−t/τ2 = ε(t) · 2ωr L Uo −(d−ωr )t e − e−(d+ωr )t = ε(t) · 2ωr L
i(t) = ε(t) ·
(3.192)
f¨ ur reellwertige Pole, d. h. wenn d2 − ω02 = ωr2 > 0 .
(3.193)
i(t) U0 ωd L
Hüllkurve U0 - d t e ωd L
d= d=
ω0
4 ω0 2
aperiodischer Grenzfall (d = ω0 )
t
-
U0
ωd L
Abb. 3.18: Der Stromverlauf des Serienschwingkreises f¨ ur verschiedene D¨ ampfungswerte sowie f¨ ur den aperiodischen Grenzfall. Die Polstellen sind konjugiert-komplex.
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
51
Gleichung (3.191) beschreibt eine ged¨ ampfte Sinusschwingung mit der Abklingkonstanten d und der Kreisfrequenz
2 d ωd = ω0 1 − . (3.194) ω0 F¨ ur verschwindende D¨ ampfung (d = 0) handelt es sich dabei um eine harmo1 nische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω0 = √LC . Abbildung 3.18 zeigt den Stromverlauf f¨ ur solche D¨ampfungswerte, bei denen die Pole konjugiert komplex sind, so daß eine abklingende Schwingung entsteht. Liegen jedoch die Pole im Reellen, so daß i(t) durch Gl. (3.192)
i(t) U0 2ωr L
U0 . - t / τ 1 e 2ωr L
3 ω 2 0 aperiodischer Grenzfall (d = ω0 ) d=
1
τ2 = d+ ωr
1
τ1 = dωr
-
U0 2ωr L
t
U0 . - t / τ e 2 2ωr L
Abb. 3.19: Vergleich des Stromverlaufs im aperiodischen Grenzfall mit dem Stromverlauf bei st¨ arkerer D¨ ampfung. Die Pole liegen im Reellen. Es bilden sich keine harmonischen Schwingungen mehr aus.
beschrieben wird, ergibt sich ein Zeitverlauf gem¨aß Abb. 3.19. Der zeitliche Funktionsverlauf errechnet sich aus der Differenz zweier Exponentialfunktionen mit negativen Exponenten. Der aperiodische Grenzfall ω02 = d2 f¨ uhrt zu i(t) = ε(t) · 2
U0 Uo −dt d t e−dt = ε(t) · te . R L
(3.195)
In den Abbildungen 3.18 und 3.19 ist dieser Stromverlauf zum Vergleich ebenfalls eingezeichnet.
52
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.10 Ru ¨ cktransformation mittels Residuenmethode Heavisidescher Entwicklungssatz Ist die Laplace-Transformierte F (s) als Quotient zweier Polynome gegeben F (s) =
Z(s) , N (s)
(3.196)
und hat F (s) nur einfache Pole bei s1 · · · sn F (s) =
Z(s) , (s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sn )
(3.197)
so l¨ aßt sich die zu F (s) geh¨ orende Zeitfunktion f (t) nach der sog. Residuenmethode (auch als Heavisidescher Entwicklungssatz bezeichnet) berechnen [18] n n Z(sν ) sν t f (t) = e = rν esν t . (3.198) (s ) N ν ν=1 ν=1 Dabei stellt N (sν ) die Ableitung von N (s) nach s an der Stelle sν dar. F¨ ur den Fall, daß N (s) Mehrfachpolstellen enth¨ alt, ist die Auswertung nach der Residuenmethode etwas aufwendiger. Daher soll an dieser Stelle nur auf die entsprechende Literatur verwiesen werden [34], [18]. Beispiel fu ¨ r die Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes ¨ Wir betrachten einen Vierpol (Abb. 3.20) mit folgendem Ubertragungsverhalten GAP (s) =
u 1(s)
s2 − 2ds + ω02 U2 (s) = 2 . U1 (s) s + 2ds + ω02
GAP Allpaß
(3.199)
U2 (s)
Abb. 3.20: Vierpol mit Allpaßcharakter
Ein solcher Vierpol wird auch als Allpaß bezeichnet, weil er alle Frequenzen bez¨ uglich ihren Amplituden gleichermaßen behandelt. Das heißt, f¨ ur jede beliebige harmonische Anregung mit jω ergibt sich ein konstanter Betrag der ¨ Ubertragungsfunktion von
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz
53
j. ω j . √ω02 - d 2 q1
s1
-d
+d σ = Re {s}
s2
q2 - j . √ω 2 - d 2 0
Abb. 3.21: Pol-/Nullstellen-Verteilung eines Allpasses. x: Polstellen, o: Nullstellen, 2 : d2 > ωo2 (s. Gl. (3.199))
|GAP (jω)| =
|U 2 (jω)| =1. |U 1 (jω)|
(3.200)
Nur die Phase bzw. die Laufzeit der Signale wird durch den Allpaß beeinflußt. Dies kann auch anhand der vollkommen symmetrischen Anordnung der Pole und Nullstellen eines Allpasses in der s-Ebene veranschaulicht werden (Abb. 3.21). Die eingerahmten Pole bzw. Nullstellen entsprechen dem Fall d2 > ω02 ; die konjugiert-komplexen Paare dem Fall d2 < ω02 . GAP (s) besitzt Pole bei s1,2 = −d± d2 − ω02 . (3.201) Es sind wiederum die drei Standardf¨ alle d2 > ω02 2
d <
ω02
(3.202) (3.203)
und d2 = ω02
(3.204)
zu unterscheiden. Die zu GAP (s) geh¨ orende Zeitfunktion gAP (t) wird als Impulsantwort des Vierpols bezeichnet (s. auch Kap. 3.11). Sie l¨ aßt sich nach der Residuenmethode erst berechnen, wenn wir eine Polynomdivision vornehmen. Damit wird sichergestellt, daß der Grad des Z¨ ahlerpolynoms kleiner ist als der des Nennerpolynoms GAP (s) =
s2 − 2ds + ω02 4ds =1− 2 s2 + 2ds + ω02 s + 2ds + ω02
(3.205)
54
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
GAP (s) = 1 + G∗AP (s) .
(3.206)
Wir wollen nun GAP (s) mit Hilfe der Residuenmethode zur¨ uck in den Zeitbereich transformieren ∗ gAP (t) = δ(t) + gAP (t) = δ(t) + r1 · es1 t + r2 · es2 t .
(3.207)
F¨ ur die beiden Residuen von G∗AP (s) ergibt sich r1 =
−2ds1 Z(s1 ) = N (s1 ) s1 + d
(3.208)
r2 =
−2ds2 Z(s2 ) = . N (s2 ) s2 + d
(3.209)
2d(d − d2 − ω02 ) r1 = d2 − ω02
(3.210)
−2d(d + d2 − ω02 ) r2 = . d2 − ω02
(3.211)
und
Mit Gl. (3.201) folgt
bzw.
Mit der Hilfsgr¨ oße ωr =
d2 − ω02
(3.212)
und Gl. (3.198) erh¨ alt man ∗ gAP (t) = r1 e−dt eωr t + r2 e−dt e−ωr t .
(3.213)
Schließlich ergibt sich mit Gl. (3.206) die Impulsantwort gAP (t) = δ(t) + e−dt (r1 eωr t + r2 e−ωr t ) .
(3.214)
Nun sind wiederum die drei bekannten Fallunterscheidungen zu treffen: 1. d2 > ω02 : Es ergeben sich reelle Werte f¨ ur r1 , r2 und ωr . 2. d2 < ω02 : Es ergeben sich konjugiert-komplexe Werte r1 und r2 sowie ein rein imagin¨ arer Wert ωr . Mit der Beziehung ωd2 = −ωr2 (Gl. (3.179)) folgt
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz
r1,2
−2d(−d ± jωd ) d = = −2d 1 ± j ±jωd ωd
55
(3.215)
∗ gAP (t) = r1 es1 t + r2 es2 t
d d −dt jωd t −jωd t 1+j e e = −2d e + 1−j ωd ωd jω t d jωd t −dt −jωd t −jωd t d = −2d e e +j e +e −e ωd
d −dt cos ωd t − gAP (t) = δ(t) − 4de sin ωd t . (3.216) ωd
3. d2 = ω02 (aperiodischer Grenzfall): Mit Anwendung der Regel von L’Hospital folgt gAP (t) = δ(t) − 4de−dt (1 − d t) .
(3.217)
Abbildung 3.22 zeigt die Impulsantworten des betrachteten Allpasses f¨ ur verschiedene Werte von d bez¨ uglich ω0 .
g (t) AP
2
2
d = ω2
2
0
d <ω 0
1
t 2
d > ω2 0
-4d
Abb. 3.22: Impulsantwort des Allpasses f¨ ur verschiedene Werte von d
56
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich Wir gehen von einem Vierpol aus, der aus passiven linearen konzentrierten Netzwerkelementen aufgebaut ist (Abb. 3.23). Der Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals y(t) und der zeitabh¨angigen Eingangsgr¨ oße x(t) wird u ¨ber das Faltungsintegral hergestellt +∞ +∞ y(t) = x(t) ∗ g(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.218) −∞
−∞
Da wir kausale Systeme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) f¨ ur t < 0
x (t)
y (t)
g (t)
Abb. 3.23: Ein Vierpol kann durch seine Impulsantwort g(t) charakterisiert werden
verschwindet, und auch die Anregungsfunktion f¨ ur t < 0 zu Null angenommen werden darf, kann die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch 0“ ” und die obere Grenze (+∞) durch t“ ersetzt werden ” t t y(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.219) 0
0
Dabei bezeichnet g(t) die sog. Impulsantwort oder Gewichtsfunktion. Man erh¨ alt sie als Ausgangssignal f¨ ur den Fall, daß die Erregung am Eingang ein Dirac-Impuls δ(t) ist, d. h. (Abb. 3.24) y(t) = g(t) Dirac-Stoß x(t)
t=0
t
x(t) = δ(t) .
lineares Netzwerk x(t)
δ (t)
f¨ ur
Impulsantwort g(t)
(3.220)
Impulsantwort y(t)
y(t) g(t) t
Abb. 3.24: Anregung eines linearen Systems durch einen Dirac-Stoß
Im Laplace-Bereich vereinfacht sich das Faltungsintegral gem¨aß Kap. 3.5.4 zu einer Multiplikation der entsprechenden Laplace-Transformierten der an der Faltung beteiligten Funktionen, d.h.
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich
y(t) = L−1 {Y (s)} = L−1 {G(s) · X(s)} .
57
(3.221)
¨ Dabei wird G(s) als Laplace-Ubertragungsfunktion (auch Netzwerku ¨ bertragungsfunktion) des Systems bzw. Vierpols bezeichnet. Im folgenden ¨ sollen die Eigenschaften und die Darstellungsm¨oglichkeiten dieser Ubertragungsfunktion G(s) und der dazugeh¨ origen Zeitfunktion g(t) (Impulsantwort) n¨ aher betrachtet werden. Es kann gezeigt werden, daß G(s) f¨ ur ein lineares passives Netzwerk aus konzentrierten Elementen als Quotient zweier Polynome darstellbar ist G(s) =
Z(s) . N (s)
(3.222)
Da G(s) gleichermaßen auch als Quotient von Laplace-Ausgangsfunktion Y (s) zu Laplace-Eingangsfunktion X(s) dargestellt werden kann G(s) =
Y (s) , X(s)
(3.223)
sind die Koeffizienten der Polynome Z(s) und N (s) reell und identisch mit den Koeffizienten der Differentialgleichung (Gl. (5.69)), die den Zusammenhang zwischen y(t) und x(t) f¨ ur t > 0 beschreibt. Aus diesem Grund liegen die Nullstellen der Polynome Z(s) und N (s) bei reellen, bei paarweise entgegengesetzt gleichen imagin¨ aren oder bei paarweise konjugiert komplexen Werten. Die Pole sν von G(s), d. h. also die Nullstellen des Nennerpolynoms N (s), werden auch als Eigenwerte des Netzwerkes bezeichnet. Liegen diese Pole in der linken Laplace-Halbebene (σν < 0), dann gilt das Netzwerk als stabil, weil keine aufklingenden Schwingungen auftreten k¨onnen. Dies liegt daran, daß die Pole bzw. Eigenwerte sν die Exponenten der in der Impulsantwort auftretenden Schwingungen in der Form esν t festlegen. Bei Netzwerken, die nur aus passiven Elementen bestehen, liegen die Pole immer in der abgeschlossenen linken Halbebene. Die Nullstellen qμ des Z¨ahlerpolynoms hingegen sind bzgl. ihrer Lage nicht auf die linke s-Halbebene beschr¨ankt. ¨ Zur anschaulichen Darstellung von Ubertragungsfunktionen verwendet man des ¨ ofteren sog. Pol-Nullstellen-Diagramme. Abbildung 3.25 zeigt ¨ die Pol-Nullstellenverteilung einer Ubertragungsfunktion vom Grad n = 3, d. h. sie weist 3 Pole auf, G(s) = const. ·
(s − q1 )(s − q2 ) . (s − s1 )(s − s2 )(s − s3 )
(3.224)
Die Pole sind im Diagramm mit Kreuzen (x) und die Nullstellen mit Rin¨ gen (o) gekennzeichnet. Das Pol-Nullstellen-Diagramm l¨aßt das Ubertragungsverhalten des Vierpols, das ja durch G(s) mathematisch beschrieben wird, f¨ ur beliebige s, insbesondere auch f¨ ur s = jω, d. h. also f¨ ur unged¨ampfte harmonische Schwingungen, unmittelbar erkennen. Wenn n¨amlich das lineare Netzwerk eine rein harmonische Anregung der Form
58
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
j. ω s1
s3
q1
q2
σ = Re {s}
s2 ¨ Abb. 3.25: Pol-Nullstellen-Diagramm einer Ubertragungsfunktion mit 2 Nullstellen (o) und 3 Polen (x) jωt jϕx (ω) jωt ˆ ˆ x(t) = Re{X(ω)e } = Re{X(ω)e e }
(3.225)
erf¨ ahrt, f¨ uhrt dies im eingeschwungenen Zustand bei einem linearen Vierpol stets zu einem Antwortsignal y(t) mit derselben Frequenz aber ver¨anderter Amplitude und Phasenlage y(t) = Re{Yˆ (ω)ejωt } = Re{Yˆ (ω)ejϕy (ω) ejωt } ,
(3.226)
ˆ =X ˆ und |Yˆ | = Yˆ gilt. Die Ubertragungsfunktion ¨ wobei |X| G(ω) des linearen Systems ist dann folgendermaßen definiert G(ω) =
Yˆ (ω) Yˆ (ω) j(ϕy −ϕx ) = |G(ω)|ejϕ(ω) . = e ˆ ˆ X(ω) X(ω)
(3.227)
¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(ω) l¨ aßt sich aufspalten in den Betragsgang |G(ω)| und den dazugeh¨ origen Phasengang arg{G(ω)} = ϕ(ω). ¨ F¨ ur den Sonderfall s = jω beschreibt also diese Ubertragungsfunktion das Netzwerkverhalten f¨ ur den station¨ aren harmonischen Betrieb bei der Kreisfrequenz ω. Der Funktionsverlauf G(jω) wird als Frequenzgang bezeichnet. Er ist komplexwertig und wird daher oft in den Amplitudengang und den Phasengang aufgespalten. Amplitudengang: |G(jω)| Phasengang: arg{G(jω)}
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich
59
Wir wollen zun¨ achst den Amplitudengang betrachten |G(jω)| = |const.| ·
|jω − q1 ||jω − q2 | . |jω − s1 ||jω − s2 ||jω − s3 |
(3.228)
Die einzelnen Betragskomponenten in dieser Gleichung entsprechen den Distanzen des beliebig variierbaren Aufpunktes jω zu den einzelnen Pol- und Nullstellen sν bzw. qμ . Das Verh¨ altnis dieser Betr¨age charakterisiert den Amplitudengang. Es l¨ aßt sich direkt aus dem Pol-Nullstellen-Diagramm ermitteln (Abb. 3.26). Es verdeutlicht auch, wie sich |G(jω)| bei Ann¨aherung an eine Polstelle vergr¨ oßert und bei Ann¨ aherung an eine Nullstelle verkleinert. Der Phasenwinkel von G(jω) l¨ aßt sich ebenfalls aus dem Diagramm bestimmen < ) G(jω) = ϕN 1 + ϕN 2 − ϕP 1 − ϕP 2 − ϕP 3 .
(3.229)
Allgemein kann man feststellen, daß in der linken Halbebene liegende Pole sowie die in der rechten Halbebene liegende Nullstellen mit wachsendem ω den Phasenwinkel verringern, w¨ ahrend ihn die Nullstellen in der linken Halbebene erh¨ ohen. Nullstellen auf der imagin¨ aren Achse liefern einen Winkel von ±π/2, ¨ der beim Uberschreiten einer Nullstelle um π springt. Der kleinstm¨ogliche Winkelbeitrag ergibt sich, wenn alle Nullstellen von ¨ G(s) in der linken Halbebene liegen. Ubertragungsnetzwerke mit dieser Eigenschaft bezeichnet man als Minimalphasensysteme. Sobald Nullstellen ¨ in der rechten Halbebene auftreten, enth¨ alt das Ubertragungsnetzwerk einen Allpaßanteil (s. auch Kap. 3.10). j. ω s1 ϕP1
jω − s 3 jω − q1
2+ 2R
= √s
s3
q1
2I
frei variierbares ω 2
ϕN1
(s + ω ) 2
s = jω
jω − q = √ω 2 + q 2
ϕP3
jω − s2
jω − s 1
2
ϕN2
q2
σ = Re {s}
ϕ
P2
s2 ¨ Abb. 3.26: Bestimmung von Betrag und Phase einer Ubertragungsfunktion anhand der Einzelbeitr¨ age aller Nullstellen und Pole
60
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.12 Beschreibung von linearen zeitinvarianten Netzwerken durch ihre Sprungantwort Die Antwort y(t) eines vom Ruhezustand aus mit der Sprungfunktion ε(t) 0 f¨ ur t < 0 ε(t) = (3.230) 1 f¨ ur t ≥ 0 ¨ angeregten Netzwerkes wird Sprungantwort h(t) oder auch Ubergangsfunktion genannt (Abb. 3.27). Sie charakterisiert das Netzwerk ebenso vollst¨andig wie Sprunganregung x(t)
x(t)
Lineares Netzwerk
y(t)
Sprungantwort y(t) h(t)
t=0 t
t
Abb. 3.27: Anregung eines linearen Netzwerkes durch einen Sprung
die Impulsantwort g(t). Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und Impulsantwort g(t) l¨ aßt sich leicht herleiten t h(t) = g(τ )dτ . (3.231) 0
3.13 Bode-Diagramme ¨ Wir betrachten die Ubertragungsfunktion G(s) eines zeitinvarianten linearen Netzwerkes. Diese l¨ aßt sich gem¨ aß Gl. (3.224) durch eine gebrochen rationale Funktion der Form G(s) =
(s − q1 )(s − q2 ) · · · (s − qn ) (s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sm )
(3.232)
¨ darstellen. F¨ ur den Spezialfall s = jω folgt die Ubertragungsfunktion G(jw) G(jw) =
(jw − q1 )(jw − q2 ) · · · (jw − qn ) . (jw − s1 )(jw − s2 ) · · · (jw − sm )
(3.233)
¨ Als erstes Beispiel wollen wir die einfache Ubertragungsfunktion G(jω) =
10 jω + 10
(3.234)
betrachten. Abbildung 3.28 zeigt den im linearen Maßstab gezeichneten Amplitudengang.
3.13 Bode-Diagramme
61
G(jω) 1
G (s) =
100
10 s + 10
200
ω
300
¨ Abb. 3.28: Amplitudengang der Ubertragungsfunktion G(s) = Darstellung
10 s+10
in linearer
In der Praxis ist es jedoch u ¨blich, solche Amplitudeng¨ange in doppelt logarithmischer Form aufzutragen. Dazu wird |G(jω)| logarithmiert3 , mit 20 multipliziert und in der Einheit Dezibel [dB] dargestellt (Abb. 3.29). |G(jω)|[dB] = 20 · lg |(G(jω))| .
(3.235)
G(jω) [dB] 0 G (s) =
-10
10 s + 10
-20 -30
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.29: Amplitudengang in doppelt logarithmischer Darstellung (sowohl die Abszisse als auch die Ordinate ist logarithmisch unterteilt)
3
Der hier verwendete Logarithmus mit der Basis 10 (Zehnerlogarithmus) wird in diesem Buch stets mit lg“ bezeichnet. ”
62
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
arg{G(jω)} 0 G (s) =
10 s + 10
-45
-90 1
0,1
10
100
Abb. 3.30: Phasengang von G(s) =
1000
ω
10 s+10
Die graphische Darstellung des Phasenganges ϕ(jω) = arg{G(jω)}
(3.236)
erfolgt in aller Regel halblogarithmisch, d. h. man tr¨agt ϕ linear und ω logarithmisch auf. Abbildung 3.30 zeigt den Phasengang der oben betrachteten ¨ Ubertragungsfunktion (Gl. (3.234)). Man bezeichnet diese Darstellungen dann als Bode-Diagramm. ¨ Tabelle 3.3: Analyse der Ubertragungsfunktion G(s) =
10 s+10
20 · lg |G(jω)|[dB] Phase
ω
G(jω)
ω=0
1
0 dB
0o
ω < 0, 1|s1 |
1
0 dB
≈ 0o
ω < |s1 |
≈1
0 dB
ω = |s1 |
10 js1 +10
−3 dB
ω > |s1 |
≈
10 jω
−20 dB/Dekade
ω > 10|s1 | ≈
10 jω
−20 dB/Dekade
−45o
≈ −90o
¨ Solange die Pole und Nullstellen der Ubertragungsfunktion auf der negativen reellen Achse liegen, k¨ onnen die Asymptoten der Diagrammverl¨aufe nach einem einfachen Schema festgelegt werden. Dazu betrachten wir wiederum beispielhaft die Funktion
3.13 Bode-Diagramme
G(s) =
10 , s + 10
63
(3.237)
die einen Pol bei s1 = −10 hat. Eine einfache Analyse der Situation f¨ uhrt zu Tabelle 3.3 und dem in den ¨ Abbn. 3.31 und 3.32 dargestellten asymptotischen Verhalten. Hat die UberG(jω) [dB]
approximierter exakter Verlauf
0 -3 -10
G (s) =
-20
10 s + 10
-30
0,1
Abb. 3.31: 10 G(s) = s+10
1
10
100
1000
ω
Mit Hilfe von Asymptoten bestimmter Amplitudengang von
arg{G(jω)} 0° -6° exakter Verlauf -45°
G (s) =
10 s + 10
-84° -90°
0,1
1
10
100
1000
Abb. 3.32: Mit Hilfslinien angen¨ aherter Phasengang von G(s) =
ω
10 s+10
64
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
tragungsfunktion statt des Pols eine entsprechende Nullstelle bei s = q1 , kehrt sich das Diagramm um (Abbn. 3.33 und 3.34). G(jω) [dB] 50 40
G (s) = s + 10
30
exakter Verlauf
23 20
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.33: Mit Hilfslinien angen¨ aherter Amplitudengang von G(s) = s + 10
arg{G(jω)} +90° +84° G (s) = s + 10 +45°
exakter Verlauf
+6° 0°
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.34: Vergleich des exakt berechneten sowie des mit Hilfslinien angen¨ aherten ¨ Phasenganges der Ubertragungsfunktion G(s) = s + 10
3.13 Bode-Diagramme
65
3.13.1 Regeln fu ¨ r Bode-Diagramme (relle Pole und Nullstellen) ¨ F¨ ur den Fall, daß die Ubertragungsfunktion mehrere reelle Pole und Null¨ stellen enth¨ alt, geht man folgendermaßen vor: Man zerlegt die Ubertragungsfunktion multiplikativ in Systeme 1. Ordnung und addiert dann den logarithmisch dargestellten Amplitudengang sowie die linear dargestellte Phase. Unter der Bedingung, daß sich alle Pole und Nullstellen auf der negativen reellen Achse befinden und der gegenseitige Abstand gen¨ ugend groß ist, lassen sich Regeln definieren, die das Absch¨ atzen der Amplituden- und Phasenverl¨aufe erleichtern [49], [116]: Amplitudengang 1. Lage und Vielfachheit von Polen und Nullstellen bestimmen 2. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen 3. Bei ω = 0 beginnen: a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0 Steigung 0 b) pro Pol bei s = 0 Steigung -20 dB/Dekade c) pro Nullstelle bei s = 0 Steigung +20 dB/Dekade 4. Gerade Linie bis zur n¨ achsten Eckfrequenz 5. F¨ ur jeden Pol Steigung um 20 dB/Dekade verringern, f¨ ur jede Nullstelle Steigung um 20 dB/Dekade erh¨ ohen. Punkte 4 und 5 so lange wiederholen, bis alle Eckfrequenzen abgearbeitet sind 6. Beschriftung der vertikalen Achse durch Auswertung markanter Bereiche, da f¨ ur Steigungen ungleich Null im logarithmischen Maßstab kein Start” wert“ angegeben werden kann 7. Ecken um 3 dB pro Pol bzw. Nullstelle abrunden Phasengang 1. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen 2. Bei ω = 0 beginnen: a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0 Phase 0 b) pro Pol bei s = 0 Phase −90◦ c) pro Nullstelle bei s = 0 Phase +90◦ 3. Gerade Linie bis 0, 1× n¨ achste Eckfrequenz 4. Jeder Pol subtrahiert 90◦ , jede Nullstelle addiert 90◦ u ¨ber einen Bereich von 0, 1× Eckfrequenz bis 10× Eckfrequenz verteilt. Auf diese Art alle Eckfrequenzen abarbeiten 5. Phasenskizze gl¨ atten, so daß arctan-Verl¨ aufe entstehen. Abrundungen ca. 6◦ pro Pol bzw. Nullstelle bei 0, 1× Eckfrequenz und 10× Eckfrequenz
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
66
G(jω) [dB] 20 17 14 10
0,1
G (s) =
1
10
100
1000
s + 1000 (s + 10)
2
ω
10000
-20
-40 exakter Verlauf -60
arg{G(jω)} 0° 0,1
-45°
1
10
100
1000
ω
10000
exakter Verlauf G (s) =
s + 1000 (s + 10)
2
-90°
-135°
-180° Abb. 3.35: Approximierter und exakt berechneter Amplituden- und Phasengang
3.13 Bode-Diagramme
67
Beispiel: Bode-Diagramm mit reeller Pol-/Nullstellenverteilung ¨ Betrachten wir folgende Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) =
s + 1000 . (s + 10)2
(3.238)
Es befinden sich weder Pole noch Nullstellen bei s = 0, daher ergibt sich bei ω → 0 f¨ ur den Amplitudengang |G(jω)| = 20 dB und eine Steigung von 0 dB sowie f¨ ur den Phasengang arg{G(jω)} = 0. Bei s = −10 befindet sich ein doppelter Pol, daher f¨ allt der Amplitudengang ab ω = 10 mit −40 dB/Dekade ab und die Phase verringert sich auf −180◦ u ¨ber einen Bereich von ω = 1 bis ω = 100 verteilt. Die Nullstelle bei s = −1000 f¨ uhrt dazu, daß die Steigung des Amplitudenganges sich ab ω = 1000 auf −20 dB/Dekade erh¨oht und die Phase auf −90◦ ansteigt. Die Abbildung 3.35 zeigt die approximierten sowie die exakten Verl¨aufe. 3.13.2 Bode-Diagramme fu ¨ r komplexe Polpaare ¨ Wenn die Ubertragungsfunktion ein komplexes Polpaar aufweist, bedeutet dies, daß ein schwingungsf¨ ahiges System beschrieben wird, z. B. ein Resonanzkreis. Man hat zwei F¨ alle zu unterscheiden (Abb. 3.36): j. ω schwach gedämpft
σ = Re {s}
stark gedämpft
Abb. 3.36: Konjugiert-komplexe Polstellen f¨ ur schwach ged¨ ampftes sowie stark ged¨ ampftes System
68
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
schwach ged¨ ampftes System Ob eine schwache oder eine starke D¨ ampfung vorliegt, l¨aßt sich an der Lage der Doppelpolstelle ablesen. Gilt f¨ ur den Betrag des Imagin¨arteils |Im(si )| |Re(si )|, so herrscht schwache D¨ ampfung vor, was dazu f¨ uhrt, daß es im Amplitudengang zu einer deutlichen Resonanz¨ uberh¨ohung kommt. F¨ ur Frequenzen weit oberhalb der Eckfrequenz f¨allt der Amplitudengang mit 40 dB/Dekade aufgrund des doppelten Pols. Ferner findet die Resonanz¨ uberh¨ ohung bei ω ≈ Im (si ) statt, d. h. in der N¨ahe des Imagin¨arteils des Pols. Diese ist umso ausgepr¨ agter, je n¨ aher der Pol an der imagin¨aren Achse liegt. N¨ aher“ heißt, daß der Winkel zwischen der Verbindungsgera” den (Pol - Nullpunkt) und der imagin¨ aren Achse kleiner ist. Die Phase f¨allt an dieser Stelle wegen des doppelten Pols nahezu sprunghaft um 180◦ ab. Die N¨ ahe der Pole zur imagin¨ aren Achse ist ein Maß f¨ ur die Steilheit dieses Phasensprungs. stark ged¨ ampftes System Bei stark ged¨ ampften Systemen ist der Realteil der konjugiert-komplexen Polstelle wesentlich gr¨ oßer als der Imagin¨ arteil. Es gilt |Im(si )| |Re(si )|. Auch hier f¨ allt der Amplitudengang mit 40 dB/Dekade f¨ ur Frequenzen oberhalb der ¨ Eckfrequenz ab. Die Uberh¨ ohung im Amplitudengang infolge Resonanz geht allerdings immer mehr zur¨ uck und verschwindet f¨ ur den Grenzfall, daß die konjugiert-komplexe Polstelle in einen Doppelpol u ¨bergeht. In diesem Grenzfall zeigt der Amplitudengang den bereits oben diskutierten 6 dB-Abfall bei der Eckfrequenz ω ≈ |Re(si )|. F¨ ur F¨ alle, die zwischen den o. g. Extrema (|Im(si )| |Re(si )| und |Im(si )| |Re(si )|) liegen, gelten folgende Regeln: ¨ 1. Ein Uberschwingen tritt auf, sobald der Imagin¨arteil der Polstelle gr¨oßer wird als der Realteil, d. h. f¨ ur |Re(si )| > |Im(si )|. 2. Die Eckfrequenz ω ergibt sich aus dem Betrag der Polstelle ω = Re(si )2 + Im(si )2 . (3.239) ¨ 3. Das Maximum der Uberschwingungsamplitude liegt zwischen der Frequenz ω = 0 und der Eckfrequenz aus Pkt. 2. Beispiele: Bode-Diagramme fu ¨ r komplexe Polpaare Im folgenden wollen wir zwei Beispiele diskutieren. Zun¨achst betrachten wir ¨ die Ubertragungsfunktion G(s) =
s2
1 . + 0, 4s + 1, 04
(3.240)
3.13 Bode-Diagramme
69
G(jω) [dB] 20 17 10
0,01
0,1
1
10
100
-20 G (s) =
1000
ω
1 s2 + 0,4s + 1,04
-40
-60
arg{G(jω)} 0° 0,01
0,1
1
10
100
1000
ω
-45° G (s) =
1 s2 + 0,4s + 1,04
-90°
-135°
-180° Abb. 3.37: Amplituden- und Phasengang mit einer Resonanz¨ uberh¨ ohung bei ω ≈ 1
70
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Sie besitzt lediglich ein komplexes Polpaar bei s1,2 = −0, 2 ± j. Daraus folgt, daß f¨ ur kleine ω die Phase gleich Null ist. Außerdem erh¨alt man f¨ ur ω → 0 einen waagrechten Amplitudenverlauf mit |G(jω)| ≈ 0 dB. Das Polpaar f¨ uhrt zu einer deutlichen Resonanz¨ uberh¨ohung an der Stelle ω ≈ 1; f¨ ur h¨ ohere Frequenzen l¨ aßt sich der Amplitudenverlauf durch eine Gerade mit −40 dB/Dekade Steigung ann¨ ahern. Die Phase f¨allt bei ω ≈ 1 um −180◦ ab ¨ (Abb. 3.37). Um den Einfluß der Pol-Nullstellenkonfiguration auf das Ubertraj. ω s5
s2 s1 s7
s4
σ = Re {s}
s3
s6 Abb. 3.38: Gl. (3.241)
¨ Pol(x)-Nullstellen(o)-Diagramm der Ubertragungsfunktion nach
¨ gungsverhalten eines Netzwerkes zu verdeutlichen, betrachten wir die Ubertragungsfunktion G(s) =
s(s + 100)2 (s + 104 ) . (3.241) (s + 0, 2 + j)(s + 0, 2 − j)(s + 20 + 1000j)(s + 20 − 1000j)
Diese Darstellung l¨ aßt die Lage der Pole und Nullstellen sofort erkennen (Abb. 3.38). Die Nullstelle bei s1 = 0 f¨ uhrt dazu, daß die Amplitude f¨ ur kleine ω mit 20 dB/Dekade ansteigt (Abb. 3.39). Die erste Resonanz¨ uberh¨ohung wird durch das komplexe Polpaar s2,3 = −0, 2 ± j verursacht und befindet sich bei ω ≈ 1. Hier ¨ andert sich die Steigung um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade. Als n¨ achstes folgt eine doppelte Nullstelle auf der reellen Achse bei s4 = −100. Daher ¨ andert sich die Steigung bei ω = 100 um +40 dB/Dekade auf +20 dB/Dekade. Wegen des komplexen Polpaares s5,6 = −20 ± 1000j kommt es bei ω ≈ 1000 abermals zu einer Resonanz¨ uberh¨ohung. Die Steigung des Amplitudenganges ¨ andert sich um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade. Schließlich gilt es noch die Nullstelle s7 = −104 zu beachten, welche dazu f¨ uhrt, daß
3.13 Bode-Diagramme
G(jω) [dB]
60
71
s (s + 100)2 (s + 104 ) (s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
G (s) =
40
exakter
20
Verlauf approximierter
0 0,1
1
arg{G(jω)} +90°
10
G (s) =
100
1000
10000
ω
4
s (s + 100)2 (s + 10 ) (s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
exakter
Verlauf approximierter
+45°
0° 0,1
1
10
100
1000
10000
ω
-45°
-90° Abb. 3.39: Amplituden- und Phasengang mit zwei Resonanz¨ uberh¨ ohungen bei ω ≈ 1 und ω ≈ 1000
sich die Steigung bei ω = 104 um +20 dB/Dekade auf 0 dB/Dekade erh¨oht. Beim Vergleich des approximierten Amplitudenganges (Abb. 3.39) mit der exakten L¨ osung f¨ allt auf, daß die zweite Resonanz wesentlich st¨arker ausgepr¨agt ist als die erste. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, daß das Polpaar s5,6 n¨aher an
72
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
der imagin¨ aren Achse liegt als das Polpaar s2,3 . N¨aher“ heißt, daß der Win” kel der Pole mit der imagin¨ aren Achse kleiner ist. Abschließend muß noch die vertikale Achse beschriftet werden. Hierzu benutzt man die Tatsache, daß der Amplitudenverlauf f¨ ur ω → ∞ waagrecht ist und daß die Amplitude dort 0 dB betr¨ agt (limω→∞ |G(jω)| = 1). F¨ ur die Phase bei kleinen Frequenzen erh¨alt man wegen der Nullstelle bei s1 = 0 den Wert +90◦ . Beim ersten komplexen Polpaar ¨ andert sich die Phase um -180◦ auf -90◦ . Die doppelte Nullstelle bei s4 = −100 f¨ uhrt zu einem Anstieg um 180◦ auf (ungef¨ahr) zwei Dekaden verteilt. Das zweite komplexe Polpaar verursacht wiederum eine Phasen¨anderung um −180◦ . Schließlich bleibt noch die Nullstelle s7 = −104 wodurch die Phase auf 0◦ zur¨ uckgeht. Betrachtet man den exakten Phasenverlauf in Abb. 3.39, so erkennt man, daß sich hier die st¨ arkere zweite Resonanz in einem deutlich steileren Phasen¨ ubergang auswirkt.
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Im Gegensatz zu den vereinfachenden Annahmen, daß die in den betrachteten elektrischen Netzwerken enthaltenen Bauelemente zeitinvariant, d.h. keine Funktion der Zeit darstellen, und linear sind, d. h. keine Abh¨angigkeiten der Widerstands-, Kapazit¨ ats- und Induktivit¨ atswerte von den angelegten Spannungen bzw. den durch sie fließenden Str¨ omen vorhanden sind, wollen wir in diesem Kapitel gerade diese Abh¨ angigkeiten zulassen. Wir sprechen in diesem Fall allgemein von zeitvarianten R, L, C = f (t)
(4.1)
R, L, C = f (u, i)
(4.2)
bzw. nichtlinearen Bauelementen und Netzwerken. Sie stellen eine Verallgemeinerung der linearen Bauelemente und Netzwerke dar.
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 4.1.1 Vorbemerkungen Nichtlineare Bauelemente werden im allgemeinen durch ihre Kennlinien beschrieben. Kennlinien k¨ onnen als geschlossene analytische Ausdr¨ ucke, in Form von Tabellen oder als gemessene Kurven vorliegen. Bei einem Widerstand spricht man von einer Strom-Spannungs-Kennlinie, bei einer Induktivit¨at von einer Fluß-Strom-Kennlinie und bei einer Kapazit¨at von einer LadungsSpannungs-Kennlinie. Ist der Kennliniengraph punktsymmetrisch zum Ursprung, so bezeichnet man diesen als bilaterale Kennlinie. Kennlinien, die bei sehr langsam ver¨ anderlichen oder zeitlich konstanten anregenden Gr¨oßen aufgenommen werden, heißen statische Kennlinien. Bei linearen Elementen und sinusf¨ ormiger Anregung kann eine Kennlinie, die die Momentanwerte von√Strom und Spannung beschreibt, durch einfache Skalierung mit dem Faktor 2 auf beiden Achsen gem¨aß
74
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
ˆ U Ueff = √ 2
und
Iˆ Ieff = √ 2
(4.3)
in eine Kennlinie zur Beschreibung der Effektivwerte umgewandelt werden. Bei Bauelementen mit nichtlinearer Kennlinie besteht nat¨ urlich keine lineare Beziehung mehr zwischen Strom und Spannung. Bei Anlegen einer sinusf¨ ormigen Wechselspannung an ein nichtlineares Element ist der Strom nicht mehr sinusf¨ ormig. Er enth¨ alt neben der Grundfrequenz noch h¨ohere Harmonische. Der Effektivwert bestimmt sich dann zu 1 T 2 Ieff = i (t) dt . (4.4) T 0 Aus diesem Grunde gehen Momentanwert- und Effektivwertkennlinie nicht mehr einfach durch Maßstabs¨ anderung auseinander hervor. Der Unterschied zwischen beiden Kurven ist aber im allgemeinen gering, da sich bei der Bildung des Effektivwertes die Oberwellen quadratisch zur Grundwelle addieren und deren Amplituden (im Vergleich zur Grundwelle) mit der Ordnungszahl der Harmonischen abnehmen. 4.1.2 Nichtlinearer Widerstand Das Schaltsymbol f¨ ur einen nichtlinearen Widerstand ist in Abb. 4.1 gezeigt. i u Abb. 4.1: Schaltsymbol f¨ ur nichtlinearen Widerstand
Man unterscheidet zwischen stromgesteuerten Widerst¨ anden, die in der Form u = R(i) i (4.5) und spannungsgesteuerten Widerst¨ anden, die in der Form i = G(u) u
(4.6)
dargestellt werden. Im zeitvarianten Fall tritt zu der jeweiligen Abh¨angigkeit noch die der Zeit t hinzu. In Abb. 4.2 ist exemplarisch eine Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen (stromgesteuerten) Widerstandes gezeigt. An dieser Kennlinie sind nun allgemein zwei verschiedene Gr¨ oßen zur Beschreibung des Bauteils definiert. Betrachtet man einen speziellen Arbeitspunkt (u0 , i0 ), so wird die Steigung der Ursprungsgeraden durch diesen Punkt als statischer Widerstand
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
Rs (i0 ) =
u0 i0
75
(4.7)
bezeichnet (Abb. 4.2). Er ist eine Funktion des Arbeitspunktes. Die Steigung der Tangente an die Kurve im Arbeitspunkt (i0 ) hingegen entspricht dem differentiellen Widerstand du R(i0 ) = . (4.8) di i=i0 R s (i 0)
R(i 0)
u u0
a)
i0
i
R
R s (i) b)
R(i) i
Abb. 4.2: a) Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen ohmschen Widerstandes mit Ursprungsgerade und Tangente im Arbeitspunkt (u0 , i0 ), b) statischer RS und differentieller Widerstand R
Neben der Betrachtung der (statischen) Kennlinie des nichtlinearen Bauelements ist auch sein Zeitverhalten von grundlegender Wichtigkeit. So reagiert ein reales nichtlineares Bauelement, je nach zugrundeliegendem physikalischem Mechanismus, der f¨ ur die Nichtlinearit¨at verantwortlich ist, nicht so¨ fort auf eine Anderung der ¨ außeren elektrischen Gr¨oßen. Innere physikalische Vorg¨ ange, die zur Nichtlinearit¨ at f¨ uhren, k¨ onnen z.B. einem Exponentialgesetz mit einer bestimmten Zeitkonstante τ gehorchen. Ist die Nichtlinearit¨at des Bauteils temperaturbedingt, so kann die entsprechende Erw¨armungszeitkonstante im Bereich von Sekunden oder Minuten liegen. Bauelemente mit einer im Vergleich zur Periodendauer der anregenden Gr¨oße T großen Zeitkonstanten τ bezeichnet man als tr¨ age Bauelemente. Man hat drei F¨alle zu unterscheiden [106]:
76
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
1. Die Periodendauer der anregenden Gr¨ oße ist sehr groß im Vergleich zur Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ): Hier verh¨ alt sich das Bauelement tr¨ agheitslos. Ein nichtlinearer Widerstand verh¨ alt sich hier wie sein differentieller Widerstand im jeweiligen Arbeitspunkt. 2. Die Periodendauer der anregenden Gr¨ oße ist sehr klein im Vergleich zur Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ): Das Bauelement ist tr¨ age, d. h. es ¨ andert seinen Widerstandswert fast nicht. Somit verh¨ alt es sich bei dieser Anregung wie ein lineares Bauelement mit konstantem Widerstandswert, der seinem statischen Widerstand entspricht. Die Kennlinie geht u ¨ber in eine Ursprungsgerade mit dem Anstieg des statischen Widerstandes. 3. Die Periodendauer der anregenden Gr¨ oße liegt in der Gr¨oßenordnung der Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T ≈ τ ): Der Widerstandswert a ogert, d. h. die Kennlinie erh¨alt die ¨ndert sich verz¨ Form einer geschlossenen Kurve, die den Arbeitspunkt umfaßt. Es tritt also eine Hysterese auf und Strom und Spannung am Widerstand werden gegeneinander in der Phase verschoben, so daß zus¨atzlich zum ohmschen Widerstand kapazitive und induktive Anteile hinzutreten. Passive Widerst¨ ande sind Widerst¨ ande, die weder Quellen enthalten noch Halbleitereigenschaften aufweisen. Sie zeigen eine bzgl. des Koordinatenursprunges im u − i−Kennlinienfeld punktsymmetrische Kennlinie (Abb. 4.3). Man bezeichnet diese Widerst¨ ande bzw. ihre entsprechende Kennlinie auch i
u
Abb. 4.3: Kennlinie eines bilateralen Widerstandes
als bilateral. Die Klemmen dieses Widerstandes sind beliebig vertauschbar. Diese Punktsymmetrie geht verloren, wenn die Bauelemente Halbleiter mit ¨ pn−Uberg¨ angen enthalten, wie z. B. Dioden. Abbildung 4.4 zeigt die typische
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
77
i − u−Kennlinie einer Diode i = Is (eu/uT − 1),
(4.9)
wobei UT die Temperaturspannung bezeichnet UT =
k·T e
(4.10)
mit k: Boltzmannkonstante k = 1, 38 · 10−23 WKs e: Elektronenladung e = 1, 6 · 10−19 As T : absolute Temperatur.
i i
u
IS
u
Abb. 4.4: Typische Diodenkennlinie mit Schaltzeichen
Eine besondere Eigenschaft weisen die sog. Tunneldioden auf; sie zeigen n¨ amlich in ihrer i − u−Kennlinie Bereiche mit negativer Steigung (Abb. 4.5). Dies bedeutet, daß sich die Tunneldiode dort wie ein differentieller negativer Widerstand verh¨ alt. Bez¨ uglich eines vorgegebenen Stromwertes i kann es zu Mehrdeutigkeiten kommen. So weist die Kennlinie f¨ ur gewisse Stromwerte beispielsweise 3 Schnittpunkte mit dazugeh¨origen Spannungswerten auf. Die Tunneldiode ist daher als spannungsgesteuerter, zeitinvarianter nichtlinearer Widerstand zu betrachten. Ein weiterer Typ von Widerst¨ anden wird in der Sensorik zur Temperaturmessung eingesetzt. Es handelt sich dabei um sog. Heißleiter (NTCWiderst¨ ande) oder um Kaltleiter (PTC-Widerst¨ ande) (NTC: Negative Temperature Coefficient; PTC: Positive Temperature Coefficient). Ihr Widerstandswert ist temperaturabh¨ angig (Abb. 4.6).
78
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
i i
di <0 du u
u
Abb. 4.5: Kennlinie und Schaltzeichen einer Tunneldiode
Heißleiter bestehen aus oxidischen Mischkristallen, deren Kristallgitteraufbau an den Korngrenzen durch Mischung verschiedener Oxide gest¨ort wird. Dadurch wird der urspr¨ unglich hohe spezifische Widerstand der reinen Oxide stark vermindert. Dieser Effekt ist, wie die Kennlinie aus Abb. 4.6 belegt, stark temperaturabh¨ angig. Im Bereich der Raumtemperatur betragen die Temperaturkoeffizienten ca. −3 bis −6%/K. Heißleiter werden bis zu Temperaturen von mehreren Hundert Grad Celsius eingesetzt. R R0 3 Heißleiter
Kaltleiter
2
1
- 100
- 50
0
+50
°C
+100
ϑ
Abb. 4.6: Widerstandscharakteristiken von Heiß- und Kaltleitern
Kaltleiter hingegen weisen positive Temperaturkoeffizienten auf (Abb. 4.6). Sie bestehen aus halbleitenden polykristallinen ferroelektrischen Keramiken, z.B. Bariumtitanat (BaTiO3 ). Ihr ohmscher Widerstand steigt oberhalb der sog. Curie-Temperatur sprunghaft an (Abb. 4.6), da sich an den Korngrenzen Sperrschichten ausbilden. Sie werden aufgrund ihrer relativ hohen Kennlinienstreuung in aller Regel weniger f¨ ur Meßaufgaben als f¨ ur Regelungs- und
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
79
¨ Uberwachungsaufgaben herangezogen. Die Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters wird in Abb. 4.7 gezeigt. Sie hat zun¨achst den Charaki
iE
uE
u max
uD
u
Abb. 4.7: Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters [141, 117]
ter eines nahezu linearen ohmschen Widerstandes. Wird die Spannung weiter gesteigert, so steigt mit der zunehmend verbrauchten Leistung infolge Eigenerw¨ armung die Temperatur des Bauelementes an, bis zur sog. Einsetztemperatur, bei der sich der Widerstand nahezu sprunghaft ¨andert, so daß der Strom abnimmt (Werte uE , iE ). Der Kaltleiter k¨onnte zwar prinzipiell bis zur Durchbruchspannung uD (Abb. 4.7) betrieben werden; aus Sicherheitsgr¨ unden beschr¨ ankt man sich aber auf Betriebsspannungen u ≤ umax .
4.1.3 Nichtlineare Induktivit¨ at Induktivit¨ aten weisen h¨ aufig nichtlineare Eigenschaften auf, die auf die Magnetisierungseigenschaften der verwendeten permeablen Kernmaterialien zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Auch k¨ onnen sie, insbesondere in elektrischen Maschinen, ein zeitabh¨ angiges Verhalten zeigen. Das Schaltsymbol f¨ ur eine nichtlineare Induktivit¨ at ist in Abb. 4.8 dargestellt. Eine allgemeine, zeitvariante, i u Abb. 4.8: Schaltsymbol f¨ ur nichtlineare Induktivit¨ at
80
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
nichtlineare Induktivit¨ at kann durch eine Funktion Φ = fL (i(t), t)
(4.11)
beschrieben werden. Dabei bedeutet Φ den magnetischen Fluß durch die Induktivit¨ at, welcher bei Betrachtung einer realen Spule dem mit der Windungszahl verketteten Gesamtfluß entspricht. Die Induktivit¨at heißt dann stromgesteuert. Es ist zu beachten, daß in Gl. (4.11) neben der direkten Zeitabh¨angigkeit außerdem der Strom i(t) eine Funktion der Zeit darstellt. Im weiteren wird aus Gr¨ unden der Lesbarkeit nur noch i anstelle von i(t) geschrieben. Die Zeitabh¨ angigkeit des Stromes ist aber insbesondere bei der Bildung der Differentialquotienten zu beachten. Eine nichtlineare Induktivit¨ at wird durch eine Fluß-Strom-Kennlinie beschrieben, wie sie bespielhaft in Abb. 4.9 dargestellt ist. Die Kennlinie ist wiederum punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung und wird daher auch als bilateral bezeichnet. Bei einer zus¨ atzlichen Zeitabh¨angigkeit ergibt sich eine Fluß-Strom-Kurvenschar mit dem Scharparameter t. M¨ogliche Hystereseerscheinungen werden hier nicht ber¨ ucksichtigt. Φ
Sättigungsfluß
i
Abb. 4.9: Fluß-Strom-Kennlinie einer nichtlinearen, s¨ attigungsbehafteten Induktivit¨ at. Der Begriff S¨ attigungsfluß ist so zu verstehen, daß ab Erreichen dieses Wertes der Fluß nur noch mit der Steigung der Vakkuumpermeabilit¨ at μ0 ansteigt.
Die allgemeine Strom-Spannungs-Beziehung lautet nach dem Induktionsgesetz dΦ(i, t) . (4.12) u(i, t) = dt Unter Ber¨ ucksichtigung der Zeitabh¨ angigkeit des Stromes ergibt sich u(i, t) =
∂Φ(i, t) di ∂Φ(i, t) + . ∂i dt ∂t
(4.13)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
Dabei wird der Term L(i0 , t) :=
∂Φ(i, t) ∂i i=i0
81
(4.14)
als differentielle Induktivit¨ at (im Arbeitspunkt (i0 )) definiert. Sie entspricht der Steigung der in Abb. 4.9 gezeigten Kennlinie in einem jeweils betrachteten Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) zu einem fixen Zeitpunkt t0 und wird auch als Kleinsignalinduktivit¨ at in der Umgebung dieses Arbeitspunktes bezeichnet. Ihr typischer Verlauf ist in Abb. 4.10 zu sehen. L
i Abb. 4.10: Typischer Verlauf einer Kleinsignalinduktivit¨ at (differentielle Induktivit¨ at)
Aus Gl. (4.14) ergibt sich Φ(i, t) =
L(i, t) di .
(4.15)
Unter Verwendung von Gl. (4.13) bis Gl. (4.15) findet sich schließlich als Linearisierung um den Arbeits (i0 )- bzw. Zeitpunkt t0 di dL(i, t) u(i, t) = L(i, t) +i . (4.16) dt t=t0 dt i=i0 Es sind nun verschiedene F¨ alle zu unterscheiden, bei denen sich die allgemeinen Gleichungen vereinfachen: 1. zeitvariante, nichtlineare Induktivit¨ at: Dies ist der allgemeine Fall und wird durch Gl. (4.14) und Gl. (4.16) beschrieben. 2. zeitinvariante, nichtlineare Induktivit¨ at: u(i) = L(i)
di dt
und L(i) =
dΦ(i) di
(4.17)
82
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
3. zeitvariante, lineare Induktivit¨ at: u(t) = L(t)
dL(t) di +i dt dt
und
L(t) =
Φ(t) i
(4.18)
4. zeitinvariante, lineare Induktivit¨ at: Dies ist der einfachste Fall, die Induktivit¨ at ist konstant und es gilt Φ di und L = . (4.19) dt i Im Fall der linearen Induktivit¨ at ergibt sich als Fluß-Strom-Kennlinie eine Ursprungsgerade, deren Steigung der Induktivit¨at L entspricht. Zeitvarianz f¨ uhrt hier zu einer Schar von Ursprungsgeraden mit dem Scharparameter t. Neben der differentiellen Induktivit¨ at l¨ aßt sich f¨ ur ein nichtlineares Bauelement auch eine statische Induktivit¨ at definieren, und zwar als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) der Fluß-StromKennlinie Φ0 Ls (i0 , t) = . (4.20) i0 Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Induktivit¨at (vgl. Abb. 4.2). Die in der nichtlinearen Kennlinie (Abb. 4.9) erkennbaren S¨attigungseigenschaften sind auf magnetische Eigenschaften der meist verwendeten ferromagnetischen Spulenkernmaterialien zur¨ uckzuf¨ uhren. Da die Magnetisierungsvorg¨ ange in Ferromagnetika, wie z. B. Eisen, recht kompliziert sind, werden sie in aller Regel nicht auf die physikalischen Vorg¨ange in der Mikrostruktur zur¨ uckgef¨ uhrt, sondern mit der experimentell bestimmten Abh¨angigkeit des (= magnetimagnetischen Flusses bzw. der magnetischen Flußdichte B sche Induktion) von der magnetischen Feldst¨ arke H beschrieben. Die = f (H) (Abb. 4.12) wird auch als Magnetisierungskennlinie Funktion B oder Magnetisierungskurve bezeichnet. Die Permeabilit¨ at des Materials ist im nichtlinearen Fall nicht mehr konstant, sondern eine Funktion der anregenden magnetischen Feldst¨arke u=L
. μr = f (H)
(4.21)
Man bezeichnet die Permeabilit¨ at (Kleinsignalpermeabilit¨at) in einem bestimmten Arbeitspunkt H0 als sog. differentielle Permeabilit¨ at μd . Sie entspricht der Steigung der Magnetisierungskurve im jeweiligen Arbeitspunkt. Abbildung 4.11 zeigt die Permeabilit¨ atskurve von sog. Elektroblech.
Hysteresekurven Wenn ein typisch ferromagnetisches Material, wie z. B. Eisen, aus einem v¨ollig unmagnetisierten Zustand heraus erregt wird, startet die Magnetisierungskurve im Ursprung, d. h. f¨ ur i = 0 und damit H = 0 ist auch der Wert der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
83
μr 5000 4000 3000 2000 1000 0
1
2
3
4
A 5 cm
H
Abb. 4.11: Relative Permeabilit¨ at von Elektroblech als Funktion der magnetischen Feldst¨ arke
Induktion B = 0. Mit zunehmendem Strom und damit zunehmender magnetischer Feldst¨ arke H 1 steigt die magnetische Flußdichte entsprechend der in Abb. 4.12 mit Neukurve bezeichneten Kurve an. B
2,0 T 1,5
Br
: weichmagnetisch
1,0
: hartmagnetisch
0,5
: Neukurve
0 -0,5
-Hc
-1,0
c
Br : Remanenzinduktion
-Br
-1,5 -2,0
H : Koerzitivfeldstärke
Hc
-100
-60
-20 0 20
60 A 100 cm
H
Abb. 4.12: Hystereseschleifen einer magnetisch harten und einer magnetisch weichen Eisensorte
Wenn dann ab einem bestimmten erreichten Wert f¨ ur H bzw. B die magnetische Erregung wieder verringert wird, nimmt die magnetische Flußdichte weniger ab, d. h. sie bleibt auf h¨ oheren Werten, als dies der Neukurve entspricht. 1
Bei den in diesem Kapitel folgenden Betrachtungen k¨ onnen wir uns auf die Be und der magnetischen Feldst¨
betr¨ age der magnetischen Flußdichte B arke H schr¨ anken, die vereinfacht mit B bzw. H bezeichnet werden.
84
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Insbesondere nimmt sie noch einen positiven Wert Brem (Remanenzinduktion) an, wenn die magnetische Feldst¨ arke bereits auf H = 0 reduziert wurde. Der weitere Verlauf f¨ uhrt bis zu einem negativen S¨attigungswert. F¨ ur danach wieder ansteigende H-Werte wird bei H = 0 die negative Remanenzinduktion −Brem erreicht und schließlich m¨ undet die Kurve wieder in den o.g. positiven Umkehrpunkt. Dazwischen erreicht bei der sog. Koerzitivfeldst¨ arke Hc die magnetische Induktion den Wert B = 0. Die negative Koerzitivfeldst¨arke −Hc ergibt sich entsprechend im linken Kurvenast. Man bezeichnet die so gewonnene Magnetisierungskennlinie auch als Hysteresekurve. Abbildung 4.13 zeigt solche Hysteresekurven f¨ ur verschiedene Umkehrpunkte. Die von einer Hysteresekurve umschlossene Fl¨ache entspricht B
H
Abb. 4.13: Hysteresekurven eines magnetischen Materials f¨ ur verschiedene Umkehrpunkte
der dem ferromagnetischen Material bei einem Ummagnetisierungszyklus zugef¨ uhrten W¨ armeenergie. Diese auch als Hystereseverlustenergie bezeichnete Energie wird bei der Drehung (Umorientierung) der Elementardipole dem Magnetfeld entzogen und in W¨ arme umgewandelt. Zur n¨ aherungsweisen Ber¨ ucksichtigung des Hysterese-Verhaltens bei der Beschreibung der nichtlinearen Induktivit¨ at kann das Bauelement um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erweitert werden. Dieser beschreibt nun die auftretenden Hysterese-Verluste. Beide Elemente k¨onnen dann wieder durch eine jeweils eindeutige Kennlinie beschrieben werden. Somit wird die Mehrdeutigkeit der Hysterese-Kennlinie eliminiert. Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise findet sich in [106].
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
85
Messung von Hysteresekurven Die Hysteresekurven von magnetischen Materialien B(H) = μH
(4.22)
k¨ onnen mittels der in Abb. 4.14b gezeigten Anordnung gemessen werden. Dazu wird ein Oszilloskop (Kap. 8) ben¨ otigt, dessen Horizontalkanal (xAblenkung) von außen angesteuert werden kann, d. h. es wird nicht die standardm¨ aßige Zeitablenkung (S¨ agezahnspannung) auf das x-Plattenpaar gegeben. Stattdessen nimmt man eine Spannung uR , die proportional zum ErreB
Br H
Hc a) Magnetische Probe R u
u0 I
Oszilloskop uc
C
R shunt uR
b) Abb. 4.14: a) Hystereskurve von ferromagnetischem Material, b) Anordnung zur Messung der Hysteresekurve
gerstrom I der Prim¨ arwicklung ist. Nach dem Durchflutungsgesetz ist dieser Strom n¨ amlich proportional der magnetischen Feldst¨arke I∼H.
(4.23)
Nach dem Induktionsgesetz ist andererseits die an der Sekund¨arwicklung abgreifbare Spannung dB u∼ , (4.24) dt so daß nach zeitlicher Integration dieser Spannung ein der magnetischen Induktion B proportionales Signal vorliegt
86
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
B∼
udt .
(4.25)
Diese Integration wird von dem an die Sekund¨arwicklung angeschlossenen RC-Tiefpaß vorgenommen. Die integrierte Spannung kann am Kondensator in Form von uc abgegriffen werden, d. h. uc ∼ B .
(4.26)
Sie wird zur Darstellung der Hysteresekurve auf den Vertikalkanal gelegt. 4.1.4 Nichtlineare Kapazit¨ at Das Schaltungssymbol f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨ at wird in Abb. 4.15 gezeigt. Eine allgemeine, zeitvariante, nichtlineare Kapazit¨ at kann durch i u Abb. 4.15: Schaltsymbol f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨ at
eine Funktion q = fC (u(t), t)
(4.27)
beschrieben werden. Dann heißt die Kapazit¨ at spannungsgesteuer t. Durch q wird die im Kondensator gespeicherte elektrische Ladung beschrieben. Im wei¨ teren wird f¨ ur die Spannung u(t) aus Gr¨ unden der Ubersicht nur u geschrieben. Die Kennlinie beschreibt die von der Kapazit¨at gespeicherte Ladung q als Funktion der angelegten Spannung (Abb. 4.16). Man spricht von einer Ladungs-Spannungs-Kennlinie. Auch hier kann eine zus¨atzliche Zeitabh¨angigkeit durch eine Kennlinienschar mit dem Scharparameter t ausgedr¨ uckt werden. F¨ ur den allgemeinen Fall einer nichtlinearen und zeitvarianten Kapazit¨at gilt folgende Strom-Spannungs-Beziehung i(u, t) =
dq(u, t) ∂q(u, t) du ∂q(u, t) = + . dt ∂u dt ∂t
Dabei wird der Term C(u0 , t) :=
∂q(u, t) ∂u u=u0
(4.28)
(4.29)
als differentielle Kapazit¨ at oder Kleinsignalkapazit¨ at definiert. Sie entspricht der Steigung der Kennlinie aus Abb. 4.16 im jeweiligen Arbeitspunkt (u0 , q0 ) sowie zu einem Zeitpunkt t0 und hat typischerweise den in Abb. 4.17 gezeigten Verlauf.
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
87
q
u
Abb. 4.16: bilaterale Ladungs-Spannungs-Kennlinie einer nichtlinearen Kapazit¨ at
F¨ ur die Ladung ergibt sich aus Gl. (4.29) q(u, t) = C(u, t) du
(4.30)
und unter Verwendung von Gl. (4.28) bis Gl. (4.30) folgt als Linearisierung um den Arbeits- (i0 ) bzw. Zeitpunkt (t0 ) dC(u, t) du + u . (4.31) i(u, t) = C(u, t) dt t=t0 dt u=u0 Auch hier vereinfacht sich Gl. (4.31) in vielen praktischen F¨allen: C
u Abb. 4.17: Typischer Verlauf einer Kleinsignalkapazit¨ at
•
zeitvariante, nichtlineare Kapazit¨ at: Dies ist der allgemeine Fall, beschrieben durch Gl. (4.29) und Gl. (4.31). • zeitinvariante, nichtlineare Kapazit¨ at: i(u) = C(u)
du dt
und
C(u) =
dq(u) du
(4.32)
88
•
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
zeitvariante, lineare Kapazit¨ at: i(t) = C(t)
•
du dC(t) +u dt dt
und
C(t) =
q(t) u
(4.33)
zeitinvariante, lineare Kapazit¨ at: In diesem Fall ist die Kapazit¨ at konstant und es gilt i=C
du dt
und
C=
q . u
(4.34)
Als Ladungs-Spannungs-Kennlinie der linearen Kapazit¨at ergibt sich wieder eine Ursprungsgerade deren Steigung der Kapazit¨at C entspricht. F¨ ur die statische Kapazit¨ at, definiert als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt der Ladungs-Spannungs-Kennlinie, ergibt sich Cs (u0 , t) =
q0 . u0
(4.35)
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Kapazit¨at. Kapazit¨ aten k¨ onnen nichtlineare Eigenschaften aufweisen, wenn als Dielektrikum ein ferroelektrischer Stoff verwendet wird. Die im Dielektrikum stattfindenden Polarisationsvorg¨ ange f¨ uhren zur gezeigten Kr¨ ummung der Kennlinie und zu den ersichtlichen S¨ attigungserscheinungen. Wie bereits betrachtet zeigen die ferromagnetischen Materialien Hysterese-Verhalten in Bezug auf ¨ die magnetischen Feldgr¨ oßen. Ahnlich zeigen auch die ferroelektrischen Materialien eine Hystereseerscheinung in Bezug auf die elektrischen Feldgr¨oßen D (dielektrische Verschiebung) und E (elektrisches Feld). Auch hier kann das Hysterese-Verhalten, analog zur hysteresebehafteten Induktivit¨at, n¨aherungsweise durch eine Erweiterung um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erfasst werden. Eine m¨ogliches zeitabh¨ angiges Verhalten einer Kapazit¨at zeigt sich ¨ beispielsweise durch Verstellen eines Drehkondensators oder durch das Andern des Plattenabstandes eines Plattenkondensators. Varaktordiode Das klassische Beispiel f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨at ist die sog. Varaktordiode. Diese stellt eine im Sperrbereich betriebene Halbleiterdiode dar, die die Spannungsabh¨ angigkeit der Kapazit¨ at von Halbleiterdioden nutzt. Die klassischen Sperrschicht-Varaktoren mit ihrer ver¨ anderlichen Sperrschichtkapazit¨at werden oft zur Abstimmung von Schwingkreisen eingesetzt. Mit der folgenden Gleichung kann in vielen F¨ allen die Abh¨ angigkeit der Kapazit¨at C von der ¨ Spannung u u beschrieben werden ¨ber dem pn-Ubergang 1
C = γ(UD + u)− k ,
(4.36)
4.2 Gesteuerte Quellen
89
C 60 pF 40 20 -6
V
-4
-2
a)
0
u b)
Abb. 4.18: Varaktordiode: a) Kennlinie, b) Schaltzeichen
¨ wobei UD die sog. Diffusionsspannung darstellt. F¨ ur den abrupten pn-Ubergang mit beidseitig konstanter Dotierung wird εe NA ND (4.37) γ=A 2 (NA + ND ) und k = 2. Dabei bedeuten A die Kapazit¨ atsfl¨ache, ε die Permittivit¨at des Halbleitermaterials, e die Elementarladung, NA die Akzeptor-Konzentration und ND die Donator-Konzentration. F¨ ur diesen Fall zeigt Abb. 4.18 einen Funktionsverlauf. ¨ Beim pn-Ubergang mit linear ortsver¨ anderlicher Dotierung wird k = 3, wobei sich der Wert von γ gegen¨ uber dem vorgenannten Fall entsprechend andert. Durch spezielle Dotierungsverl¨ aufe k¨onnen auch andere k- und γ¨ Werte eingestellt werden.
4.2 Gesteuerte Quellen Insbesondere zur vereinfachten Beschreibung aktiver Bauelemente, wie z. B. Transistoren, oder ganzer Schaltungen, wie z. B. Operationsverst¨arker, verwendet man sog. gesteuerte Quellen. Gesteuerte Quellen sind Spannungs- oder Stromquellen, deren Quellspannung bzw. deren Quellstrom von einer Steuergr¨oße abh¨ angt. Diese Steuergr¨ oße ist in aller Regel eine Spannung oder ein Strom. So wird beispielsweise ein, abgesehen vom nicht unendlich hohen Verst¨ arkungsgrad, idealer Operationsverst¨ arker durch die in Abb. 4.19 gezeigte gesteuerte Quelle beschrieben. Wird zus¨ atzlich die Begrenzung der Ausgangsspannung infolge S¨ attigung ber¨ ucksichtigt, so a¨ndert sich die approximierte Kennlinie gem¨ aß Abbildung 4.20.
90
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
uA uE
uE . V
Stg. V
uA
uE
Abb. 4.19: Spannungsgesteuerte Spannungsquelle als Ersatzschaltung f¨ ur einen idealen Verst¨ arker
Die Spannung der Quelle l¨ aßt sich nun wie folgt angeben: ⎧ ur − UVB ≤ uE ≤ UVB ⎨ uE V f¨ . uA = +UB f¨ ur uE > UVB ⎩ −UB f¨ ur uE < − UVB
(4.38)
UB entspricht in der Praxis der um ca. 1 Volt reduzierten Versorgungsspannung des Operationsverst¨ arkers. uA +UB -UB/V +UB/V
uE
-UB Abb. 4.20: Kennlinie eines Verst¨ arkers (Verst¨ arkungsgrad V), bei dem die S¨ attigungserscheinungen ber¨ ucksichtigt sind (approximierter Verlauf)
Auch Transistoren lassen sich in Form von gesteuerten Quellen darstellen. Bei Bipolartransistoren (Abb. 4.21) ist der Basisstrom iB die steuernde Gr¨oße und der Kollektorstrom die gesteuerte Gr¨ oße (Abb. 4.22). Kollektor
uBE
Basis iB
iC
u CE
Emitter
Abb. 4.21: Schaltzeichen eines Bipolartransistors
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
91
iB iC u CE
iB
u BE
u CE
a)
b)
Abb. 4.22: Transistorkennlinien: a) Eingangskennlinienfeld eines Bipolartransistors und b) Ausgangskennlinienfeld
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke Die Analyse von elektrischen Netzwerken, die nichtlineare Bauelemente enthalten, ist in aller Regel bedeutend aufwendiger als die Analyse vergleichbarer linearer Netzwerke. Dies beginnt damit, daß das Superpositionsprinzip nicht mehr anwendbar ist. Selbst einfache Netzwerke mit nur einem oder zwei nichtlinearen Elementen erfordern oft numerische L¨osungen. Bei einfacheren Netzwerken ist die graphische Bestimmung des (der) Arbeitspunkte(s) oft eine Alternative mit Anschauungscharakter. Wir beginnen daher mit der graphischen Bestimmung des Arbeitspunktes des in Abb. 4.23 gezeigten linearen Widerstandsnetzwerkes, das von einer Quelle gespeist wird. i Ri
Uo
u
RL
Abb. 4.23: Zu analysierendes Netzwerk
Bei der graphischen L¨ osung werden die beiden Geraden, welche einerseits den ohmschen Lastwiderstand RL und andererseits die Quelle mit dem Innenwiderstand Ri beschreiben, in das i − u-Kennlinienfeld eingetragen (Abb. 4.24). Der Schnittpunkt, der auch als Arbeitspunkt bezeichnet wird, liefert die L¨osung f¨ ur den Strom iAP , der durch den Zweig des Netzwerkes fließt, sowie die Spannung uAP am eingezeichneten Klemmenpaar iAP =
U0 , Ri + RL
(4.39)
92
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
u
Arbeitspunkt
u = RL i
Uo uAP
u = Uo - Ri i iAP
i
Abb. 4.24: Graphische Arbeitspunktbestimmung der Schaltung aus Abb. 4.23
uAP = U0
RL . Ri + RL
(4.40)
Im Falle eines nichtlinearen Lastwiderstandes kann es keine, eine, mehrere oder sogar unendlich viele L¨ osungen, sprich Arbeitspunkte, geben (Abb. 4.25 und 4.26). Formelm¨ aßig l¨ aßt sich die Situation der mit einem nichtlinearen Widerstand belasteten Quelle folgendermaßen beschreiben. Die unabh¨angige Quelle mit Innenwiderstand Ri wird durch u = U0 − Ri i
(4.41)
charakterisiert. u U0 Kennlinie der Quelle Kennlinie des nichtlinearen Lastwiderstandes
i
Abb. 4.25: Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes – Beispiel f¨ ur nichtexistente L¨ osung
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
93
Wenn sich der Lastwiderstand RL durch eine analytische Funktion der Form FRL (i, u) = 0
(4.42)
darstellen l¨ aßt, so f¨ uhrt die Tatsache, daß der Strom durch die Quelle mit dem durch den Lastwiderstand in Betrag und Richtung identisch ist, zu der Gleichung FRL (i, U0 − Ri i) = 0 . (4.43) Dies ist im allgemeinen Fall eine nichtlineare transzendente Gleichung, die mit Hilfe eines geeigneten numerischen Verfahrens, z.B. mit der Newton-RaphsonMethode, gel¨ ost werden kann. Prinzipiell ist also eine Gleichung der Form f (x) = 0
(4.44)
iterativ zu l¨ osen, bis ein gew¨ unschtes Abbruchkriterium unterschritten wird. Dabei muß die L¨osung, wie Abb. 4.26 zeigt, nicht eindeutig sein, sondern sie u
Kennlinie der Quelle
U0 uAP Kennlinien zweier beispielhafter nichtlinearer Lastwiderstände iAP
i
Abb. 4.26: Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes der Schaltung aus Abb. 4.23. Die durchgezogene Kennlinie liefert einen Arbeitspunkt, auf der gestrichelten sind zwei Arbeitspunkte m¨ oglich.
kann vom Startpunkt x(0) abh¨ angen. Die L¨ osung erh¨alt man durch fortlaufende Iterationen u ber n ¨ x(n+1) = x(n) −
f (x(n) ) . f (x(n) )
(4.45)
Voraussetzung f¨ ur die Anwendbarkeit des Verfahrens ist die stetige Differenzierbarkeit der Funktion f (x).
94
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Beispiel — Lineare Spannungsquelle mit Diode Es soll die in Abb. 4.27 gezeigte Schaltung analysiert werden. Die Diode l¨aßt sich durch u i = Is (e UT − 1) (4.46) beschreiben. Im konkreten Fall betragen die Werte f¨ ur den S¨attigungssperrstrom der verwendeten Siliziumdiode IS = 10pA
(4.47)
und f¨ ur die Temperaturspannung bei Raumtemperatur UT = 26mV .
(4.48)
ur ihren InnenwiderF¨ ur die Leerlaufspannung der Quelle gilt U0 = 3V und f¨ Ri
i u
Uo
Abb. 4.27: Zu analysierende Schaltung
stand Ri = 1kΩ. Da in diesem Fall zu erwarten ist, daß i IS ist, vereinfacht sich die Diodengleichung zu u i = IS e U T . (4.49) Wenn man jetzt die Quelle mit der Gleichung u = U0 − Ri i
(4.50)
ber¨ ucksichtigt, erh¨ alt man folgende transzendente Gleichung zur Beschreibung der Schaltung u f (u) = u − U0 + Ri IS e UT = 0 . (4.51) Die Ableitung nach u ergibt f =
Ri IS Uu df =1+ e T. du UT
(4.52)
Da wir wissen, daß die Durchlaßspannung von Siliziumdioden bei etwa 0, 6 V liegt, nehmen wir diesen Wert als Startwert u(0) f¨ ur das Iterationsverfahren. Es ergeben sich die Iterationen von Spalte 1 der Tabelle 4.1. Auch f¨ ur kleinere Startwerte konvergiert der Algorithmus (Spalte 2). Je schlechter der Startwert gew¨ ahlt wird, umso mehr Iterationen werden ben¨otigt (Spalte 3). Weitere Verfahren zur Analyse von nichtlinearen Netzwerken finden sich in [145].
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke Tabelle 4.1: Iterative L¨ osung von Gl. (4.51) f¨ ur verschiedene Startwerte u(0) Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 u(0) = 0.6000 V u(0) = 0.4500 V u(0) = 2.0000 V u(1) = 0.5746 V u(1) = 0.6127 V u(1) = 1.9740 V u(2) = 0.5503 V u(2) = 0.5871 V u(2) = 1.9481 V u(3) = 0.5284 V u(3) = 0.5621 V u(3) = 1.9221 V u(4) = 0.5121 V u(4) = 0.5388 V u(4) = 1.8961 V . .. u(5) = 0.5042 V u(5) = 0.5193 V u(6) = 0.5028 V u(6) = 0.5070 V u(58) = 0.5110 V u(7) = 0.5027 V u(7) = 0.5031 V u(59) = 0.5039 V u(8) = 0.5027 V u(8) = 0.5027 V u(60) = 0.5028 V u(61) = 0.5027 V
95
5 Meßfehler
Messungen sind in der Regel fehlerbehaftet, auch wenn sie noch so pr¨azise durchgef¨ uhrt werden. Die Ermittlung und Angabe der entsprechenden Meßfehler sollte zu jeder zuverl¨ assigen Messung geh¨oren, damit die aus dem Meßergebnis abgeleiteten Schl¨ usse bzw. Entscheidungen auf einer sicheren Grundlage basieren. So besteht bei vielen Arten von Messungen die Gefahr, daß sich die zu messenden Gr¨ oßen durch das Einbringen der Meßger¨ate ver¨andern. Beispielsweise kann ein Spannungsmesser die zu messende Spannung ver¨andern, weil er infolge seiner nicht idealen (d.h. nicht unendlich hohen) Innenimpedanz die Spannungsquelle belastet. Generell ist darauf zu achten, daß solche R¨ uckwirkungen der Meßeinrichtung auf die Quelle, der die Meßgr¨oße entstammt, so gering wie m¨ oglich gehalten werden. Eine weitere typische Fehlerquelle besteht in der unsachgem¨ aßen Anwendung der Ger¨ate, wie z. B. dem Betrieb in einem nicht spezifizierten Frequenz- oder Temperaturbereich. Aber selbst bei bestimmungsgerechter und r¨ uckwirkungsfreier Anwendung von Meßger¨aten gibt es Meßfehler, die zuf¨ alliger Natur sind, wie z. B. die Ablesefehler. Die Charakterisierung eines Meßfehlers erfolgt durch Angabe des absoluten oder des relativen Meßfehlers. Der absolute Meßfehler F ist definiert als Differenz aus dem Meßwert A (Anzeigewert) und dem wahren Wert W F =A−W .
(5.1)
Der relative Fehler f entspricht dem absoluten Fehler, bezogen auf den wahren Wert F f= 100% . (5.2) W Bei nicht bekanntem wahren Wert W und kleinem Meßfehler (|F/A| 1) darf folgende N¨ aherung angewendet werden f≈
F 100% . A
(5.3)
Zur Charakterisierung von Meßger¨ aten bezieht man den absoluten Meßfehler des Ger¨ ates h¨ aufig auf den Meßbereichsumfang, die sog. Meßspanne Msp, wel-
98
5 Meßfehler
che der Differenz zwischen Meßbereichsendwert und Meßbereichsanfangswert entspricht F f˜ = 100% . (5.4) Msp Die Gr¨ oße f˜ wird als normierter bzw. zum Teil auch als reduzierter Fehler bezeichnet. In der Meßtechnik unterscheidet man prinzipiell zwischen systematischen Meßfehlern und zuf¨alligen Meßfehlern. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen Fehlerarten liegt in der Vorhersagbarkeit und damit der Korrigierbarkeit der systematischen Fehler, welche bei den zuf¨alligen nicht gegeben ist. Die zuf¨ alligen Fehler lassen sich nur noch mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten beziffern. Der Fehler beim Ablesen einer Meßger¨ateskala ist ein typischer zuf¨ alliger Fehler. Eine weitere Klassifizierung unterscheidet zwischen statischen und dynamischen Fehlern. W¨ ahrend sich die statischen Fehler nur auf die statischen Eigenschaften der Meßeinrichtung beziehen und damit nur f¨ ur rein statische Meßgr¨ oßen bzw. f¨ ur den statischen Anteil von dynamischen Meßgr¨ oßen relevant sind, beschreiben die dynamischen Meßfehler das Verhalten bei zeitlich variablen Meßgr¨ oßen. Dynamische Meßfehler sind die aus ¨ den nicht idealen Ubertragungseigenschaften des Meßsystems resultierenden Abweichungen vom wahren zeitlichen Verlauf der Meßgr¨oße.
5.1 Systematische Meßfehler Bei den systematischen Fehlern sind die Ursachen bekannt. Es gibt systematische Abweichungen, die w¨ ahrend einer Messung einen konstanten Betrag und ein bestimmtes Vorzeichen haben (statische Meßfehler) und solche, die eine zeitliche Ver¨ anderung des Meßwertes w¨ ahrend einer Meßreihe bewirken (dynamische Meßfehler). Wenn die systematischen Fehler bekannt sind, kann nach Gl. (5.1) der wahre Wert berechnet werden. Da systematische Fehler also prinzipiell korrigierbar sind, sollten sie nach M¨oglichkeit im ersten Schritt der Meßwertverarbeitung berichtigt werden. Fortpflanzung systematischer Fehler Ist das Meßergebnis y eine Funktion mehrerer Meßgr¨oßen xi (i = 1 ... n), so muß die gesuchte Gr¨ oße y durch Auswertung des sog. Aufgabengesetzes y = f (x1 , ..., xn )
(5.5)
ermittelt werden. Mit dem wahren Wert yw ergibt sich schließlich der absolute Meßfehler Δy zu Δy = y − yw = f (x1 + Δx1 , ..., xn + Δxn ) − f (x1 , ..., xn ) .
(5.6)
5.1 Systematische Meßfehler
99
Wenn der absolute Einzelmeßfehler Δxi klein ist gegen¨ uber der entsprechenden Einzelmeßgr¨oße xi (|Δxi | |xi |), l¨ aßt sich Δy aus den partiellen Ablei¨ tungen und den kleinen Anderungen Δxi auf der Basis der nach den linearen Gliedern abgebrochenen Taylorreihe der Funktion y entwickeln Δy =
n ∂f Δxi . ∂x i i=1
(5.7)
Aus Gl. (5.7) lassen sich die folgenden Regeln f¨ ur die Fortpflanzung systematischer Fehler herleiten: • Bei der Addition von Meßgr¨ oßen werden die absoluten Fehler addiert. • Bei der Subtraktion von Meßgr¨ oßen werden die absoluten Fehler subtrahiert. • Bei der Multiplikation von Meßgr¨ oßen werden die relativen Fehler addiert. • Bei der Division von Meßgr¨ oßen werden die relativen Fehler subtrahiert. Besteht das Aufgabengesetz beispielsweise aus einer Multiplikation von Meßgr¨ oßen mit gleichzeitiger Potenzierung y = kxr11 xr22 · · · xrnn ,
(5.8)
so ergibt sich der absolute Fehler Δy durch Auswertung von Gl. (5.7) Δy = y
n i=1
ri
Δxi . xi
(5.9)
Daraus kann der gesamte relative Fehler Δy/y als Summe der mit den Exponenten ri gewichteten relativen Einzelfehler fi errechnet werden Δy Δxi = ri = ri fi . y xi i=1 i=1 n
n
(5.10)
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die oben beschriebene vorzeichenbehaftete Behandlung von Fehlern nur Sinn macht, wenn man die Vorzeichen der Fehler explizit kennt. In vielen F¨ allen allerdings sind die Richtungsabweichungen der Fehler und damit ihre Vorzeichen unbekannt. Deshalb macht man von Gl. (5.7) in abgewandelter Form Gebrauch n ∂f Δy = ∂xi Δxi ,
(5.11)
i=1
d. h. man geht vom “worst case” aus, daß alle Fehler in die selbe Richtung weisen. Die Abweichung Δy entspricht also dann dem maximalen (Absolut-) Fehler, der auftreten kann.
100
5 Meßfehler
5.2 Zuf¨ allige Meßfehler 5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung und Stichprobe Zuf¨ allige Fehler sind nicht unmittelbar erfaßbare Abweichungen vom wahren Wert. Sie k¨ onnen nur in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen beschrieben werden. Typischerweise liefern die Wiederholungen eines Meßvorganges unterschiedliche, streuende Meßwerte xi . Zur Beurteilung zuf¨alliger Fehler ist es daher notwendig, mehrere bzw. soviele Messungen wie m¨oglich durchzuf¨ uhren. Aus der Annahme, daß unendlich viele voneinander unabh¨angige, gleichver-
Abb. 5.1: Gaußsche Verteilungsfunktion p(x)
teilte (rein zuf¨ allige) Einflußgr¨ oßen wirksam sind und gen¨ ugend (theoretisch unendlich) viele Einzelmessungen durchgef¨ uhrt wurden, liegt eine Normalverteilung (Gaußverteilung) der Meßwerte vor. Dies geht aus dem Normalverteilungsgesetz f¨ ur zuf¨allige Fehler hervor. Die Abweichungen sind dann durch folgende Eigenschaften charakterisiert: positive und negative Abweichungen treten gleich h¨ aufig auf und mit zunehmender Gr¨oße der Abweichung nimmt die Wahrscheinlichkeit f¨ ur ihr Auftreten ab. Die H¨aufigkeit ihres Auftretens wird durch die Wahrscheinlichkeitsdichte p(x) beschrieben. Sie entspricht einer Gauß- bzw. Normalverteilung (Abb. 5.1) p(x) =
1 x−μ 2 1 √ e− 2 ( σ ) . σ 2π
(5.12)
Der arithmetische Mittelwert μ aller Meßwerte xi , der auch als Erwartungswert bezeichnet wird, ergibt schließlich den gesuchten wahren Wert xw N 1 xi . N →∞ N i=1
xw = μ = lim
(5.13)
5.2 Zuf¨ allige Meßfehler
101
Ein Maß f¨ ur die Abweichung der Einzelwerte vom Mittelwert μ ist die mittlere quadratische Abweichung, die man als Standardabweichung σ und deren Quadrat als Varianz σ 2 bezeichnet N 1 σ = ! lim (xi − μ)2 . (5.14) N →∞ N i=1 Die statistische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P f¨ ur das Auftreten eines einzelnen Meßwertes in einem Intervall x1 ≤ x ≤ x2 errechnet sich wie folgt x2 x2 2 2 1 P = p(x) dx = √ e−(x−μ) /2σ dx σ 2π x1 x1 x2 x1 2 2 2 2 1 1 e−(x−μ) /2σ dx − √ e−(x−μ) /2σ dx . (5.15) = √ σ 2π 0 σ 2π 0 kx2 Da das Integral e dx keine analytische L¨osung besitzt, wurde die sog. Errorfunction erf(x) eingef¨ uhrt w 2 2 erf(w) = √ e−c dc , (5.16) π 0 welche in Tafelwerken, z. B. in [1], tabelliert ist. Dabei besteht folgender Zusammenhang zwischen der Variablen c der Errorfunction und der Variablen x der Wahrscheinlichkeitsdichte c=
x−μ √ . σ 2
(5.17)
Aus Gl. (5.15) folgt unter Zuhilfenahme der Errorfunction die statistische Sicherheit P
1 x2 − μ x1 − μ √ √ P = erf − erf . (5.18) 2 σ 2 σ 2 Aufgrund des schiefsymmetrischen Verhaltens der Errorfunction erf(w) = −erf(−w)
(5.19)
errechnet sich die statistische Sicherheit P f¨ ur das Auftreten eines Meßwertes xi im Bereich −δ ≤ x − μ ≤ δ zu
δ √ P (δ) = erf . (5.20) σ 2 In Tabelle 5.1 sind charakteristische Werte von P (δ) notiert (s. auch Abb. 5.1). Wenn im Rahmen einer Meßreihe die Standardabweichung σ ermittelt wurde, l¨ aßt sich mit Hilfe von Tabelle 5.1 der zu einer bestimmten statistischen Sicherheit P geh¨orende Vertrauensfaktor t bestimmen
102
5 Meßfehler
Tabelle 5.1: Fehlerwahrscheinlichkeit P (statistische Sicherheit) bei symmetrischem Intervall −δ ≤ x − μ ≤ +δ δ 0,5 σ 0,67 σ 1 σ 1,65 σ 1,96 σ 2,58 σ 3,0 σ 3,3 σ P [%] 38,3 50 68,3 90 95 99 99,73 99,9
δ = tσ .
(5.21)
Der zuf¨allige Fehler Fxi eines Einzelmeßwertes xi liegt dann mit einer statistischen Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) von P innerhalb des Intervalls ±tσ Fxi = ±tσ .
(5.22)
Bei der hier zun¨achst angenommenen unendlich hohen Anzahl von Messungen h¨ angt der Vertrauensfaktor t in der nach Tabelle 5.1 bezifferten Weise nur von der frei gew¨ ahlten statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) ab. Wenn beispielsweise eine statistische Sicherheit von 95 % gefordert wird, betr¨ agt der Vertrauensfaktor t nach Tabelle 5.1 t = 1,96. Dies bedeutet, daß die Abweichung des Einzelmeßwertes vom wahren Wert μ = xw bei einer Wahrscheinlichkeit von 95 % nicht gr¨ oßer ist als ± 1,96 σ. Wird die Messung einer Meßgr¨ oße mit denselben Mitteln und unter gleichen Bedingungen N-mal wiederholt, bezeichnet man dies als Stichprobe aus der Grundgesamtheit der theoretisch unendlich vielen Messungen. F¨ ur den praktischen Fall einer nur endlichen Anzahl von Messungen (N < ∞) kann aus den einzelnen Meßwerten xi (i = 1...N ) der Mittelwert μ (wahrer Wert xw ) nicht mehr nach Gl. (5.13) gebildet werden, sondern nur noch ein Sch¨atzwert x ˜ angegeben werden N 1 x ˜= xi . (5.23) N i=1 F¨ ur eine endliche Anzahl N von Meßwerten definiert man anstelle der Standardabweichung σ die Schwankung s (empirische Standardabweichung) bzw. die Streuung s2 s=!
1 (xi − x ˜)2 . N − 1 i=1 N
(5.24)
Der Wert von s wird auch als mittlerer quadratischer Fehler (vom Sch¨atzwert) der Meßwerte xi bezeichnet. Tip: ¨ Diese Thematik kann man anhand der LabVIEW Ubungsaufgabe 2.2a auf der CD-ROM vertiefen.
5.2 Zuf¨ allige Meßfehler
103
5.2.2 Vertrauensbereich fu atzwert ¨ r den Sch¨ Im Zusammenhang mit Meßfehlerabsch¨ atzungen stellt sich im allgemeinen auch die Frage nach der G¨ ute des im Rahmen einer Meßserie ermittelten Sch¨ atzwertes x ˜. Die Antwort auf diese Frage kann ebenfalls nur in Form einer statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) gegeben werden. Um die G¨ ute des Sch¨ atzwertes x ˜ anzugeben, muß festgestellt werden, wie nahe dieser Sch¨ atzwert x ˜ (Mittelwert aus N Messungen) dem wahren Wert xw (Mittelwert f¨ ur N → ∞) liegt. Dazu nehmen wir zun¨ achst an, daß eine unendlich hohe
Grundgesamtheit
N, ~ x, s Stichprobe
s: Standardabweichung der Grundgesamtheit x w : wahrer Wert = Schätzwert der Grundgesamtheit
Abb. 5.2: Grundgesamtheit von Meßwerten mit einer Stichprobe zu N Einzelmeßwerten. Die Stichprobe hat den Sch¨ atzwert x ˜ und die Schwankung s.
Anzahl von Einzelmessungen xi vorliegt. Die Standardabweichung dieser sog. Grundgesamtheit wird mit σ bezeichnet. Wenn wir dieser Grundgesamtheit eine Stichprobe mit N Einzelmeßwerten entnehmen, k¨onnen wir deren Sch¨atzwert x ˜ errechnen (Abb. 5.2). Werden mehrere solcher Stichproben genommen, so gelangt man zu einer Verteilung von Sch¨ atzwerten. Die Schwankung sx˜ dieser Sch¨ atzwerteverteilung liefert schließlich den gesuchten Vertrauensbereich des Sch¨ atzwertes x ˜. In der Praxis jedoch wird man nicht mehrere Stichproben entnehmen, sondern sich auf eine beschr¨anken. Dies f¨ uhrt letztendlich zum selben Ergebnis, da wir davon ausgehen, daß alle in der Grundgesamtheit vorkommenden Meßwerte xi voneinander unabh¨angig sind. Aus diesem Grund l¨ aßt sich die Schwankung sx˜ berechnen, indem man das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz (Kap. 5.2.3) auf die in Abb. 5.2 gezeigte Stichprobe selbst anwendet. Die Schwankung sx˜ l¨ aßt sich demnach wie folgt ermitteln
104
5 Meßfehler
sx˜ = !
2 N
∂˜ x σ2 . ∂xi i=1
Mit ∂ ∂˜ x = ∂xi ∂xi
"
N 1 xi N i=1
# =
(5.25)
1 N
folgt aus dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.25)) N 1 2 1 1 ! sx˜ = σ = N σ2 = √ σ . 2 2 N N N i=1
(5.26)
(5.27)
Die Schwankung der atzwerte x ˜ ist also gem¨aß Gl. (5.27) √ Verteilung der Sch¨ um den Faktor 1/ N kleiner als die der Einzelwerte xi (s. auch Gl. (5.24)). In der Praxis kann man den exakten Wert von σ nicht ermitteln, da unendlich viele Messungen vorausgesetzt werden. Daher wird man anstatt σ die Schwankung s aus der aktuellen Stichprobenverteilung (Abb. 5.2) hernehmen. Die vollst¨ andige Angabe eines Meßergebnisses x erfolgt durch Bezifferung des Sch¨ atzwertes x ˜ und seiner Vertrauensgrenzen V in der Form ts x=x ˜±V =x ˜± √ . N
(5.28)
atzwertes betr¨agt demnach Der zuf¨ allige Fehler Fx˜ des Sch¨ ts Fx˜ = ± √ . N
(5.29)
Der Vertrauensfaktor t ist bei einer endlichen Anzahl von Meßwerten neben der gew¨ ahlten statistischen Sicherheit P auch von der Anzahl N der Einzelmessungen abh¨ angig. Die Funktion der entsprechenden Fehlerverteilung ist die sog. Student-Verteilung (Abb. 5.3), die auch als t-Verteilung bezeichnet wird. Die Student-Verteilung ist also die Verteilung der Stichprobe (N < ∞), welche verst¨ andlicherweise breiter ist als die Normalverteilung, weil die Vertrauensgrenzen bei gleicher statistischer Sicherheit P aufgrund der Tatsache, daß man u oßer sind als bei der f¨ ur N → ∞ ¨ber weniger Meßwerte mittelt, gr¨ geltenden Normalverteilung (Tabelle 5.2). Mit einer f¨ ur die Praxis ausreichenden Genauigkeit gehen Student- und Normalverteilung ab N > 200 ineinander u ¨ber. Tip: Auf der CDROM befindet sich das LabVIEW-Programm student_density.vi, mit dem die Studentverteilung graphisch dargestellt werden kann. Der Wertebereich kann frei gew¨ ahlt und Werte f¨ ur N k¨ onnen definiert werden.
5.2 Zuf¨ allige Meßfehler
105
p(x) pN pt
μ−σ
μ
μ+σ
x
Abb. 5.3: Vergleich von Normalverteilung pN und Student-Verteilung (t-Verteilung) pt f¨ ur N = 5
F¨ ur N = 50 Meßwerte beispielsweise bedeutet dies, daß der gefundene Mittelwert (= Sch¨ ˜) mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,73 % um h¨ochstens √ atzwert x ±3, 1sx˜ / 50 vom unbekannten wahren Wert xw abweicht. Der Wert von t = 3, 1 kann Tab. 5.2 entnommen werden. Aus Tab. 5.2 ist auch abzule-
Tabelle 5.2: Abh¨ angigkeit des Vertrauensfaktors t von der Anzahl der Messungen N bei verschiedener statistischer Sicherheit P N
P = 68, 3% = ˆ 1, 0σ P = 95% = ˆ 1, 96σ P = 99% = ˆ 2, 58σ P = 99, 73% = ˆ 3, 0σ √ √ √ √ t t/ N t t/ N t t/ N t t/ N
2 3 4 6 10 20 50 100 200 > 200
1,84 1,32 1,20 1,11 1,06 1,03 1,01 1,01 1,00 1,00
1,30 0,76 0,60 0,45 0,34 0,23 0,14 0,10 0,07 1,00 √ N
≈0
12,7 4,30 3,18 2,57 2,26 2,09 2,01 1,98 1,97 1,96
8,98 2,48 1,59 1,05 0,72 0,47 0,28 0,20 0,14 1,96 √ N
≈0
63,7 9,92 5,84 4,03 3,25 2,86 2,68 2,63 2,60 2,58
45,0 5,73 2,92 1,65 1,03 0,64 0,38 0,26 0,18 2,58 √ N
≈0
236 19,2 9,22 5,51 4,09 3,45 3,16 3,08 3,04 3,0
167 11,1 4,61 2,25 1,29 0,77 0,45 0,31 0,22 3,00 √ N
≈0
sen, daß der Vertrauensfaktor f¨ ur die Normalverteilung (N → ∞) mit dem f¨ ur die Student-Verteilung (N < ∞) ab einer Losgr¨oße von N > 200 identisch ist. Die bei einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % bestehende Unsicherheit wird als der mittlere Fehler Δx des Sch¨ atzwertes bezeichnet s Δx = |xw − x ˜| = √ . N
(5.30)
106
5 Meßfehler
Die zuf¨ alligen Fehler k¨ onnen im Gegensatz zu den systematischen Fehlern grunds¨ atzlich nicht korrigiert werden. Zuf¨ allige Fehler k¨onnen allerdings durch eine hinreichend große Anzahl von Einzelmessungen beliebig klein gehalten werden. Tip: Mit dem LabVIEW-Programm student_table.vi kann diese Tabelle berechnet werden. Die Wahrscheinlichkeiten sowie die Werte f¨ ur N k¨ onnen eingestellt werden.
Beispiel — Meßreihe mit zuf¨ alligen Fehlern Im Rahmen einer Meßreihe wurden folgende 10 Werte gemessen: i xi
1 85,0
2 3 4 5 6 7 8 9 10 85,6 84,7 84,9 85,8 85,2 84,6 85,3 85,1 85,4
Der Sch¨ atzwert x ˜ betr¨ agt nach Gl. (5.23) 1 xi = 85, 16 . 10 i=1 10
x ˜=
(5.31)
Die Schwankung s (empirische Standardabweichung) berechnet sich nach (Gl. (5.24)) zu s=!
1 (xi − x ˜)2 = 0, 381 . 10 − 1 i=1 10
(5.32)
Der zuf¨allige Fehler Fxi der Einzelmessung beziffert sich bei einer (frei gew¨ahlten) statistischen Sicherheit von 95 % nach Tabelle 5.2 auf Fxi (95 %) = ±ts = ±2, 3 · 0, 381 = ±0, 875 .
(5.33)
Der zuf¨allige Fehler des Sch¨atzwertes Fx˜ ergibt sich bei derselben statistischen Sicherheit von 95 % zu ts Fx˜ (95 %) = ± √ = ±0, 277 . N
(5.34)
Damit kann die vollst¨ andige Angabe des Meßergebnisses in folgender Form geschehen x = 85, 16 ± 0, 277 , (5.35) wobei sich die Angabe der absoluten Toleranzgrenzen von ±0, 277 auf eine gew¨ ahlte statistische Sicherheit von 95 % bezieht.
5.2 Zuf¨ allige Meßfehler
107
Tip: Eine LabVIEW-Aufgabe zum Thema “Schwankung des Sch¨ atzwertes in Abh¨ angigkeit von der Probenl¨ange” findet sich auf der CD-ROM (Aufgabe 2.2b).
5.2.3 Fortpflanzung zuf¨ alliger Fehler Wenn die gesuchte Meßgr¨ oße y eine Funktion mehrerer mit voneinander unabh¨ angigen zuf¨ alligen Fehlern behafteter Einzelmeßgr¨oßen xi (i = 1, . . . , n) ist y = f (x1 , . . . , xn ) , (5.36) l¨ aßt sich der Mittelwert μy , der dem wahren Wert yw entspricht, wie folgt berechnen yw = μy = f (μ1 , . . . , μn ) , (5.37) oßen xi bezeichnen (Anzahl der jewobei μi die Mittelwerte der Einzelmeßgr¨ weils aufgenommenen Meßwerte N → ∞). Unter der Voraussetzung kleiner Einzelstandardabweichungen σi l¨ aßt sich die Standardabweichung σy des Mittelwertes μy nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.38)) ermitteln 2 n
∂f ! σy = σi2 . (5.38) ∂xi i=1
(μ1 ,μ2 ,...,μn )
Ist beispielsweise das Aufgabengesetz vom Typ y = kxr11 xr22 ,
(5.39)
so ergibt sich der mittlere relative Fehler fy (Wahrscheinlichkeit von 68,3 %) zu σy Fy = y y
2 2 r1 r2 σ12 + σ22 . = x1 x2
fy =
(5.40)
Dabei wurde ber¨ ucksichtigt, daß der absolute zuf¨allige mittlere Fehler Fy , d. h. der Fehler f¨ ur eine Wahrscheinlichkeit von 68,3 %, gerade der Standardabweichung σy entspricht. Da im praktischen Fall die Anzahl der aufgenommenen Meßwerte endlich bleibt (N < ∞), handelt es sich bei dem errechneten Mittelwert nur um einen Sch¨ atzwert y˜ des wahren Wertes yw . Wenn x ˜i den Sch¨atzwert der Einzelmeßgr¨ oße xi bezeichnet, gilt y˜ = f (˜ x1 , . . . , x ˜n ) . (5.41)
108
5 Meßfehler
Unter der Voraussetzung einer Normalverteilung und f¨ ur kleine Schwankungen (si |xi |) berechnet sich die Schwankung sy˜ des Sch¨atzwertes y˜ wiederum nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz aus den Schwankungen si der Einzelmeßgr¨ oßen 2 n
∂f ! sy˜ = s2i . (5.42) ∂x i (˜ x ,˜ x ,...,˜ x ) 1 2 n i=1
5.3 Genauigkeitsklassen bei Meßger¨ aten F¨ ur standardm¨ aßige elektrische Meßger¨ ate wird vom Hersteller eine Genauigkeitsklasse, d. h. eine garantierte obere Fehlergrenze angegeben, die i. allg. mit G oder Gk bezeichnet wird. Sie gibt den Betrag der auf den Meßbereichsendwert bezogenen maximal m¨ oglichen Abweichung Δx vom wahren Wert in Prozent an Δx |Fehlangabe| 100% = G = 100% . (5.43) xend |Meßbereichsendwert| Es gibt folgende genormte Genauigkeitsklassen nach VDE 0410: • Betriebsmeßger¨ate: 1, 1,5, 2,5, 5,0 • Feinmeßger¨ate: 0,05, 0,1, 0,2, 0,5. Der entsprechende maximale relative Fehler betr¨agt demnach Δx xend G =± . x x 100%
(5.44)
Er nimmt also stark zu, wenn der Meßbereich nur im unteren Teil genutzt wird. Der durch die Genauigkeitsklasse beschriebene Maximalfehler gilt selbstverst¨ andlich nur bei Einhaltung der ansonsten vom Hersteller spezifizierten Randbedingungen, wie der Einhaltung von Temperaturgrenzen, Frequenzbereich, Fremdfeldeinfluß, Lage etc.. Bei Instrumenten, deren Meßbereichsanfangswert nicht mit dem Nullpunkt identisch ist, wird die Fehlangabe statt auf den Meßbereichsendwert auf den Meßbereichsumfang bezogen, die auch als Meßspanne Msp bezeichnet wird (Gl. (5.4)).
5.4 Dynamische Meßfehler Bei der Messung zeitlich variabler Gr¨ oßen treten infolge der nicht-idealen ¨ Ubertragungseigenschaften der Meßsysteme stets dynamische Meßfehler auf. Diese sind im wesentlichen auf Tr¨ agheiten der Meßeinrichtungen (Tiefpaßverhalten) zur¨ uckzuf¨ uhren, welche sich infolge ihrer Speichereigenschaften bez¨ uglich mechanischer, thermischer oder elektromagnetischer Energie nicht
5.4 Dynamische Meßfehler
109
vermeiden lassen. Da das Verst¨ andnis von dynamischen Meßfehlern grundlegende Kenntnisse auf dem Gebiet der systemtheoretischen Beschreibung von Meßsystemen verlangt, folgt zun¨ achst ein Abschnitt, der die entsprechende Systemtheorie kurz wiederholen soll (s. Kap. 3). ¨ 5.4.1 Das Ubertragungsverhalten von Meßsystemen ¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch Impulsantwort bzw. Sprungantwort Ein lineares Meßsystem liefert an seinem Ausgang die Impulsantwort g(t) (Gewichtsfunktion), wenn die Eingangsgr¨ oße ein Dirac-Impuls δ(t) ist (Abb. 5.4) (Kap. 3.11). x(t)
x(t)
δ(t)
t0
y(t)
Lineares Meßsystem
y(t) g(t) t0
t
t
Abb. 5.4: Impulsantwort g(t) eines linearen Meßsystems
F¨ ur eine beliebige Anregungsfunktion x(t) ergibt sich das Ausgangssignal y(t) durch Faltung mit der Impulsantwort (Kap. 3.11) +∞ +∞ y(t) = x(τ )g(t − τ ) dτ = x(t − τ )g(τ )dτ = x(t) g(t) . (5.45) −∞
−∞
Da wir kausale Meßsysteme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) f¨ ur t < 0 verschwindet und auch die Anregungsfunktion x(t) f¨ ur t < 0 zu Null annehmen, kann man die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch 0 und die obere Grenze (+∞) durch t ersetzen (Gl. (3.219)) t t x(τ )g(t − τ ) dτ = x(t − τ )g(τ ) dτ . (5.46) y(t) = 0
0
Anstatt ein Meßsystem durch seine Impulsantwort zu beschreiben, ist es in der Meßtechnik auch gebr¨ auchlich, seine Sprungantwort h(t) anzugeben. Diese erh¨ alt man als Ausgangssignal, wenn man als Anregungssignal x(t) eine Sprungfunktion verwendet (Abb. 5.5), wobei die Sprungfunktion folgendermaßen definiert ist ⎧ ¨r t ≥ 0 ⎨ 1 fu (5.47) ε(t) = ⎩ 0 fu ¨r t < 0 . Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und Impulsantwort g(t) wurde bereits in Kapitel 3.12 hergeleitet (Gl. (3.231))
110
5 Meßfehler
t
h(t) =
g(τ ) dτ .
(5.48)
0
Der Wert, der sich nach einer Sprunganregung als stabiler Wert einstellt, wird als Beharrungswert bezeichnet. x(t)
x(t) t0
Lineares Meßsystem
y(t)
y(t)
t
h(t) t0
t
Abb. 5.5: Sprungantwort h(t) eines linearen Meßsystems
¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch ¨ Ubertragungsfunktionen Aus der linearen Systemtheorie weiß man (Kap. 3.11), daß harmonische Anregungen der Form jωt jϕx (ω) jωt ˆ ˆ x(t) = Re{X(ω)e } = Re{X(ω)e e }
(5.49)
bei linearen Systemen im eingeschwungenen Zustand stets zu einem Antwortsignal y(t) mit derselben Frequenz aber ver¨ anderter Amplitude und Phasenlage f¨ uhren y(t) = Re{Yˆ (ω)ejωt } = Re{Yˆ (ω)ejϕy (ω) ejωt } ,
(5.50)
ˆ =X ˆ und |Yˆ | = Yˆ gilt. Die Ubertragungsfunktion ¨ wobei |X| G(ω) des linearen Systems ist dann folgendermaßen definiert G(ω) =
Yˆ (ω) Yˆ (ω) j(ϕy −ϕx ) = |G(ω)|ejϕ(ω) . = e ˆ ˆ X(ω) X(ω)
(5.51)
¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(ω) l¨ aßt sich aufspalten in den Betragsgang |G(ω)| und den dazugeh¨ origen Phasengang arg{G(ω)} = ϕ(ω). Daraus lassen sich die D¨ ampfung a(ω) und deren Phase b(ω) wie folgt errechnen a(ω) = −20 lg |G(ω)| [dB] b(ω) = −arg(G(ω)) .
(5.52) (5.53)
¨ Die Ubertragungsfunktion gibt also Auskunft dar¨ uber, wie das Meßsystem die Amplitude und die Phasenlage einer harmonischen Anregung ver¨andert. ¨ F¨ ur beliebige (nicht-periodische) Zeitsignale berechnet sich die Ubertragungsfunktion eines linearen Systems aus den Quotienten der FourierTransformierten (Tabelle 5.3) F {y(t)} und F {x(t)} vom Ausgangs- und Eingangssignal y(t) bzw. x(t)
5.4 Dynamische Meßfehler
G(ω) =
F {y(t)} . F {x(t)}
111
(5.54)
Mit diesen Zusammenh¨ angen und der Eigenschaft, daß eine Faltung zweier Signale im Zeitbereich einer Multiplikation der Fourier-Transformierten im Frequenzbereich entspricht, erh¨ alt man aus Gl. (5.45) Y (ω) = X(ω) G(ω) .
(5.55)
Daraus folgt auch, daß die Fourier-Transformierte der Gewichtsfunktion der ¨ Ubertragungsfunktion entspricht. G(ω) = F {g(t)} .
(5.56)
Beschr¨ ankt man sich auf kausale Zeitsignale (x(t) = 0 f¨ ur t < 0), so ist es zweckm¨ aßig, anstatt der Fourier-Transformation die Laplace-Transformation ¨ (Tabelle 5.3) zu verwenden. Die Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) eines linearen Systems ist folgendermaßen definiert G(s) =
L{y(t)} Y (s) = . L{x(t)} X(s)
(5.57)
Tabelle 5.3: Definitionsgleichungen der Laplace- und Fourier-Transformationen (Kap. 3) Fourier-Transformation F {x(t)} = X(ω) =
+∞ −∞
x(t)e−jωt dt
Laplace-Transformation L{x(t)} = X(s) =
∞ 0
x(t)e−st dt
Fourier-R¨ ucktransformation x(t) = F −1 {X (ω)} =
1 2π
+∞ −∞
X(ω)ejωt dω
Laplace-R¨ ucktransformation x(t) = L−1 {X (s)} =
1 2πj
σ+j∞ σ−j∞
X(s)est ds
Dabei sind L{x(t)} und L{y(t)} die Laplace-Transformierten (Tabelle 5.3) der Zeitfunktionen x(t) und y(t), wobei s = σ + jω die Laplace-Variable darstellt. Die Faltungsoperation (Gl. (5.46)) vereinfacht sich f¨ ur kausale Zeitsignale im Laplacebereich ebenfalls zu einer Multiplikation der entsprechenden LaplaceTransformierten (Kap. 3.5.4) Y (s) = G(s)X(s) .
(5.58)
¨ Die Ubertragungsfunktion G(s) ist demnach auch die Laplace-Transformierte der Impulsantwort g(t) G(s) = L{g(t)} . (5.59) Entsprechend dem Integrationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.2)
112
5 Meßfehler
$
t
L
f (τ ) dτ 0
=
1 F (s) , s
(5.60)
wobei L{f (t)} = F (s) ,
(5.61)
¨ folgt aus Gl. (5.48) der Zusammenhang zwischen der Ubertragungsfunktion G(s) und der Sprungantwort h(t) $ G(s) −1 h(t) = L . (5.62) s Zusammengesetzte Systeme Die Gesamt¨ ubertragungsfunktionen der in Abb. 5.6 gezeigten zusammengesetzten Systeme ergeben sich wie folgt:
¨ Abb. 5.6: Zusammengesetzte Ubertragungssysteme: a) Serienschaltung (Hintereinanderschaltung), b) Parallelschaltung, c) R¨ uckkoppelschaltung (Kreisschaltung)
Serienschaltung (Abb. 5.6a) Y (s) = G1 (s)G2 (s) X(s)
(5.63)
Y (s) = G1 (s) + G2 (s) X(s)
(5.64)
G(s) = Parallelschaltung (Abb. 5.6b) G(s) =
Ru ¨ ckkoppelschaltung (Kreisschaltung) (Abb. 5.6c) G(s) =
G1 (s) Y (s) = . X(s) 1 + G1 (s)G2 (s)
(5.65)
5.4 Dynamische Meßfehler
113
¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch Differentialgleichungen F¨ ur lineare Systeme kann der mathematische Zusammenhang zwischen dem Anregungssignal x(t) und dem Ausgangssignal y(t) in Form einer Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden ( =d/dt) ˆ a0 x + a1 x + . . . + an x(n) = b0 y + b1 y + . . . + bm y (m) .
(5.66)
Gem¨ aß dem Differentiationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.3) L{f (n) (t)} = sn F (s) − sn−1 f (t)|t=0 − . . . sf (t)(n−2) |t=0 − f (t)(n−1) |t=0 ,
(5.67)
wobei f (n) die n-te Ableitung der Funktion f nach der Zeit t ist, kann Gl. (5.66) f¨ ur den vereinfachten Fall, daß alle Anfangswerte f (t = 0) bis f (t)(n−1) |t=0 Null sind, folgendermaßen im Laplacebereich dargestellt werden a0 X(s) + a1 sX(s) + . . . + an sn X(s) = b0 Y (s) + b1 sY (s) + . . . + bm sm Y (s) . (5.68) ¨ Damit ergibt sich folgender fester Zusammenhang zwischen der Ubertragungsfunktion G(s) im Laplacebereich und den Koeffizienten der Differentialgleichung a0 + a1 s + a2 s2 + . . . + an sn G(s) = , (5.69) b 0 + b 1 s + b2 s2 + . . . + b m sm wobei stets n ≤ m gilt. Der Quotient E E=
a0 b0
(5.70)
wird auch als Empfindlichkeit des Meßsystems bezeichnet. ¨ Bei Kenntnis der Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) bzw. der Fourier¨ Ubertragungsfunktion G(ω), der Impulsantwort g(t) bzw. der Sprungantwort h(t) oder auch der Koeffizienten ai und bj der Differentialgleichung lassen sich die dynamischen Meßfehler eines Meßsystems beschreiben. Die Definition des dynamischen Meßfehlers und seine Bestimmung anhand dieser Kennwerte wird in den beiden folgenden Abschnitten beschrieben. 5.4.2 Definition des dynamischen Meßfehlers Beim Erfassen zeitlich ver¨ anderlicher Meßgr¨ oßen entstehen aufgrund der oben ¨ beschriebenen (nicht-idealen) Ubertragungseigenschaften unweigerlich dynamische Meßfehler. Da sich im Falle linearer Meßsysteme die dynamischen Fehler von den statischen separieren lassen, k¨onnen wir uns im folgenden ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit auf dynamische Meßfehler konzentrieren und die statischen ausschließen. Der momentane dynamische Meßfehler Fdyn ist definiert als
114
5 Meßfehler
Fdyn = x(t) − xw (t) ,
(5.71)
aufe des Meßwertes bzw. des wahren wobei x(t) und xw (t) die zeitlichen Verl¨ Wertes darstellen. Praktischer als die Angabe der Momentanverl¨aufe von Fehlern ist die Angabe ihrer Mittelwerte. Wenn wir einen station¨aren Verlauf der Meßgr¨oße voraussetzen (station¨ ar heißt, daß die sich durch zeitliche Mittelung ergebenden Kenngr¨ oßen, wie z. B. der quadratische Mittelwert des Signals (Kap. 6.3.1), konstant bleiben), l¨ aßt sich als wichtige Kenngr¨oße der mittlere quadratische dynamische Fehler angeben 1 T→∞ T
2 Fdyn = lim
T
2 Fdyn (t) dt .
(5.72)
0
Wenn der Meßgr¨oßenverlauf periodisch ist, darf die Integrationszeit T auf die 2 Periodendauer begrenzt werden. Da Fdyn einen absoluten Fehler beziffert, ist es zweckm¨ aßig, diesen auf den quadratischen Mittelwert x2 des Meßsignals zu normieren (Kap. 6.3.1) 1 T 2 x2 = x (t) dt . (5.73) T 0 Es ergibt sich somit der bezogene quadratische Mittelwert des dynamischen 2 Fehlers fdyn 2 fdyn =
2 Fdyn
x2
.
(5.74)
5.4.3 Bestimmung des dynamischen Meßfehlers Im folgenden wird angenommen, daß der dynamische Fehler durch das (nicht¨ ¨ ideale) Ubertragungsverhalten des Meßsystems, das sich durch die Ubertragungsfunktion G(s) beschreiben l¨ aßt (Abb. 5.7), verursacht wird. Bei deter-
wahre Meßgröße x w (t)
Xw (s)
Meßsystem G(s)
gemessener Wert (Meßwert) X (s)
x(t)
¨ Abb. 5.7: Dynamischer Meßfehler aufgrund des (nicht-idealen) Ubertra¨ gungsverhaltens des Meßsystems. G(s) ist die Ubertragungsfunktion im LaplaceBereich.
ministischen Anregungssignalen l¨ aßt sich der dynamische Meßfehler mit der ¨ bekannten Ubertragungsfunktion des Meßsystems G(s) ermitteln
5.4 Dynamische Meßfehler
Fdyn (s) = X(s) − Xw (s) = Xw (s)[G(s) − 1] 1 . = X(s) 1 − G(s)
115
(5.75)
F¨ ur den Fall, daß das Eingangssignal (wahrer Wert) des Meßsystems bekannt ist (Vorw¨ artsanalyse), erh¨ alt man den Momentanverlauf des absoluten Meßfehlers Fdyn (t) durch folgende Laplace-R¨ ucktransformation Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[G(s) − 1]} .
(5.76)
Im umgekehrten Fall (Ru artsanalyse) ist der Meßwert x(t) bekannt, ¨ ckw¨ und man erh¨ alt Fdyn (t) als $ 1 . (5.77) Fdyn (t) = L−1 X(s) 1 − G(s) 5.4.4 Meßsystem mit Tiefpaßverhalten In aller Regel zeigen Meßsysteme ein mehr oder weniger ausgepr¨agtes Tiefpaßverhalten. Im folgenden soll daher zun¨ achst der aus einem Tiefpaß 1. Ordnung resultierende dynamische Fehler berechnet werden (Abb. 5.8), wenn der wahre Wert zum Zeitpunkt t = 0 auf den Wert X0 springt.
xw (t)
Xw (s)
GM(s) =
1 1+sτ
X (s)
x (t)
M
Abb. 5.8: Meßsystem (Tiefpaß 1. Ordnung)
Vorw¨ artsanalyse Wenn der wahre Wert bekannt ist, l¨ aßt sich gem¨aß Gl. (5.76) der absolute dynamische Meßfehler wie folgt berechnen Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[GM (s) − 1]} = L−1 {F(s)} . Mit
X0 s
(5.79)
X0 1 X0 τM −1 =− . s 1 + sτM 1 + sτM
(5.80)
Xw (s) = folgt F (s) =
(5.78)
116
5 Meßfehler
Der zeitliche Verlauf des dynamischen Meßfehlers lautet Fdyn (t) = −X0 · e−t/τM . Der mittlere quadratische dynamische Fehler betr¨agt (Gl. (5.72)) 1 T 2 −2t/τM 2 Fdyn = lim X0 e dt T→∞ T 0 T 1 −2t/τM −X02 τM lim e = T→∞ T 2 0 1 −2T /τM −X02 τM e lim = −1 =0. T→∞ T 2
(5.81)
(5.82)
Ru artsanalyse ¨ ckw¨ Hier ist nur der gemessene Wert bekannt. Aus Gl. (5.77) folgt der dynamische Fehler $ 1 −1 . (5.83) X(s) 1 − Fdyn (t) = L GM (s) Die Auswertung f¨ uhrt selbstverst¨ andlich zum selben Ergebnis wie die Vorw¨artsanalyse $ −X0 τM −1 Fdyn (t) = L = −X0 · e−t/τM . (5.84) 1 + sτM Verringerung des dynamischen Fehlers durch Korrekturnetzwerk Der vom Meßsystem herr¨ uhrende dynamische Fehler kann durch ein nachgeschaltetes Korrekturnetzwerk zum Teil kompensiert werden. Dies soll anhand eines Beispiels demonstriert werden. Das Ausgangssignal des Meßsystems (Tiefpaß 1. Ordnung) wird aus diesem Grund mittels eines OszilloskopTastkopfes abgegriffen (s. auch Kap. 10.2). Die gesamte Meßkette wird in Abb. 5.9 gezeigt. Mit RT VR = . (5.85) RE ¨ lautet die Ubertragungsfunktion der gesamten Meßkette (Meßsystem und Tastkopf) Gges (s) =
1 XT (s) 1 + sτT = . · XW (s) 1 + sτM 1 + sτT + VR (1 + sτE )
(5.86)
Dabei wird vorausgesetzt, daß die Ein- bzw. Ausgangsimpedanzen vom Meßsystem und dem Tastkopf so gew¨ ahlt wurden, daß die beiden Netzwerke auch ¨ nach der Zusammenschaltung ihr urspr¨ ungliches Ubertragungsverhalten beibehalten.
5.4 Dynamische Meßfehler
Meßsystem
117
Tastkopf RT x (t)
xW(t)
GM =
1 1+sτ
GT =
M
RE
CT
CE
xT (t)
1+ sτT 1 + VR+ s (VR τ E + τ T )
Abb. 5.9: Meßsystem mit Korrekturnetzwerk (Tastkopf). Die Zeitkonstanten sind folgendermaßen definiert: τT = RT CT ; τE = RE CE .
Um die Auswirkung des Korrekturnetzwerkes auf das Ausgangssignal zu demonstrieren, werten wir wiederum das Ausgangssignal xT (t) (bzw. zun¨achst XT (s)) f¨ ur eine Sprunganregung aus XT (s) =
1 X0 1 1 + sτT · · · . +VR τE s 1 + sτM 1 + VR 1 + s τT1+V R
Mit τ∗ =
τT + VR τE 1 + VR
(5.87)
(5.88)
erh¨ alt man
1 1 + VR 1 1 + sτT = · · . X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗ Eine Partialbruchzerlegung XT ·
XT ·
B 1 + VR A C = + + X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗
(5.89)
(5.90)
liefert A=1 τM (τT − τM ) τM − τ ∗ τ ∗ (τT − τ ∗ ) . C = −τC = − τM − τ ∗
B = τB =
Mit XT (s) =
τB 1 X0 1 τC 1 + · − ∗ · 1 + VR s τM s + 1/τM τ s + 1/τ ∗
ergibt sich die entsprechende Zeitfunktion zu τB −t/τM τC −t/τ ∗ X0 ε(t) + . ·e − ∗ ·e x(t) = 1 + VR τM τ
(5.91) (5.92) (5.93)
(5.94)
(5.95)
118
5 Meßfehler
Abbildung 5.10 verdeutlicht die Verbesserung des dynamischen Verhaltens der Meßeinrichtung durch das nachgeschaltete Korrekturnetzwerk. Es wurden folgende Werte verwendet: X0 = 10V ; τM = 100μs; VR = 9; τE = 0 (Weglassen von RE ). Die Zeitkonstante τT wird variiert. x (t) T
τ T=1,17 τ
M
1V τ =1,00 τ
M
τ T=0,81 τ
M
T
0,5V
τ =0 T
100
500
t (μs)
¨ Abb. 5.10: Den schnellsten Einschwingvorgang ohne Uberschwingen erh¨ alt man, wenn die Nullstelle des Tastkopfes genau auf dem Pol des Tiefpasses liegt. Der Wert τT = 0 liefert den prinzipiellen Zeitverlauf der Sprungantwort des Meßsystems ohne Korrekturnetzwerk.
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Die Grundfunktionen eines Meßger¨ ates gliedern sich in die Detektion der Meßgr¨oße, die Verarbeitung des Meßsignals und in die Ausgabe des Meßwertes (Abb. 6.1). Bei den Meßger¨ aten zur Messung von elektrischem Strom bzw.
Abb. 6.1: Grundfunktionen eines Meßger¨ ates
elektrischer Spannung unterscheidet man zwischen den klassischen elektromechanischen Instrumenten mit analogen Zeigerskalen und den moderneren elektronischen, auf digitaler Basis arbeitenden Ger¨aten mit interner AnalogDigital-Umsetzung und Ziffern- oder Bildschirmausgabe. Obwohl die klassischen Zeigerger¨ ate in den letzten Jahren an Bedeutung verloren haben, sollen diese im Kap. 6.1 ausf¨ uhrlich beschrieben werden, da die in diesen Ger¨aten genutzten Wandlungsprinzipien von grundlegender Bedeutung f¨ ur die Elektrische Meßtechnik sind, insbesondere f¨ ur die Sensortechnik bei der Messung mechanischer Gr¨oßen. Auf die auf digitaler Basis arbeitenden Meßger¨ate wird in Kap. 11 n¨ aher eingegangen.
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate Elektromechanische Meßger¨ ate beruhen auf dem Prinzip, einer zu messenden elektrischen Gr¨ oße (i. allg. Strom oder Spannung) mit Hilfe eines geeigneten
120
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
physikalischen Effektes eine Kraftwirkung zuzuordnen. Diese Kraft wird auf einen Zeiger u ¨bertragen, der durch eine im allgemeinen von einer Feder erzeugten Gegenkraft in einer Stellung verharrt, so daß der Zeigerausschlag ein Maß f¨ ur die Meßgr¨ oße darstellt, wenn m¨ oglich ihr proportional ist. 6.1.1 Drehspulmeßwerk Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld Einer der im Bereich der Elektromechanik vielfach genutzten Effekte ist die Kraftwirkung auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld. Wenn sich ein gerader linienf¨ ormiger Leiter der L¨ ange l, der einen Strom I f¨ uhrt, in befindet einem homogenen Magnetfeld mit der magnetischen Induktion B (Abb. 6.2), wirkt auf ihn die mechanische Kraft F [18] . F = I(l × B)
(6.1)
Dabei zeigt l in die positive Stromrichtung des Leiters.
Abb. 6.2: Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld
Aufbau und Prinzip Das Drehspulmeßwerk ist ein Standardmeßwerk, bei dem der eben beschriebene physikalische Effekt genutzt wird, gem¨ aß dem auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld eine mechanische Kraft ausge¨ ubt wird. Das Drehspulmeßwerk besteht aus einem mit Polschuhen versehenen, feststehenden Dauermagneten, der in Verbindung mit einem zylindrischen Weicheisen kern in einem begrenzten Winkelabschnitt des Luftspaltes ein radiales B-Feld erzeugt (Abb. 6.3). Der Weicheisenkern wird von einer drehbar gelagerten Spule mit rechteckigem Spulenrahmen und Windungszahl N umschlossen. Die H¨ ohe des Spulenrahmens betr¨ agt l, seine Breite 2r. Wird die Spule von einem Strom I durchflossen, ergibt sich die Kraftwirkung auf einen einzelnen
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
121
Abb. 6.3: Drehspulmeßwerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Schnitt durch den Spulenrahmen, c) Symbol
Leiter nach Gl. (6.1). Das auf die aus N Leiterwindungen bestehende Spule el berechnet sich somit zu wirkende Drehmoment M el = 2Nr × F M = 2Nr × [I(l × B)] = 2N rIlBea ,
(6.2)
wobei der Einheitsvektor ea in Richtung der Drehachse zeigt. Durch eine an der Spule angebrachte Spiralfeder (Federkonstante D) wird das R¨ uckstellmo mech erzeugt ment M mech = −Dαea . (6.3) M el + M mech = 0 folgt der Winkel α, bei Aus der Gleichgewichtsbedingung M dem sich Gleichgewicht einstellt bzw. bei dem der Zeiger verharrt α=
2N lBr I = Si I . D
(6.4)
Dabei bezeichnet Si die Stromempfindlichkeit des Drehspulmeßwerkes. In technischen Ausf¨ uhrungen wird anstatt der Spiralfeder oft ein Spannband benutzt, das neben der Erzeugung des R¨ uckstellmomentes sowohl der Stromzuf¨ uhrung als auch der reibungsarmen Lagerung der Drehspule dient. Dynamisches Verhalten eines Drehspulmeßwerkes F¨ ur eine winkelgeschwindigkeitsproportionale D¨ampfung mit D¨ampfungsmoment η α˙ und dem Beschleunigungsmoment Θα ¨ (das Tr¨agheitsmoment der Drehspule wird mit Θ bezeichnet) ergibt sich die den Winkelausschlag α beschreibende Differentialgleichung zu Θα ¨ + η α˙ + Dα = Mel (t) ,
(6.5)
122
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
wobei ein Punkt u ¨ber dem Formelzeichen die zeitliche Ableitung der entsprechenden Formelgr¨ oße nach der Zeit und zwei Punkte die zweifache zeitliche Ableitung bedeuten. Mit den Substitutionen f¨ ur die Eigenkreisfrequenz ω0 des unged¨ ampften Systems D ω0 = (6.6) Θ und mit dem normierten D¨ampfungskoeffizient η˜ η η˜ = √ (6.7) 2 ΘD ergibt sich die folgende Differentialgleichung 2˜ η 1 1 α ¨+ α˙ + α = Mel (t) . 2 ω0 ω0 D
(6.8)
Von den L¨ osungen dieser Differentialgleichung interessiert im allgemeinen die Antwort auf eine zeitlich sprunghaft ansteigende Eingangsgr¨oße (Sprungantwort). In Abh¨ angigkeit des (normierten) D¨ ampfungskoeffizienten η˜ erh¨alt man die normierte Sprungantwort α/α0 , wobei α0 den Ausschlag f¨ ur t → ∞ bezeichnet (Abb. 6.4): •
keine D¨ ampfung (˜ η = 0) α = 1 − cos ω0 t α0
•
periodische (schwingende) Einstellung η˜ < 1 α ω0 −˜ηω0 t e =1− cos(ωt − ϕ) α0 ω mit ω = ω0 1 − η˜2 "
und ϕ = arctan •
(6.9)
η˜
1 − η˜2
• aperiodische (kriechende) Einstellung (˜ η > 1) α 1 1 1 √ − e−t/τ1 + e−t/τ2 =1+ α0 τ2 τ1 2ω0 η˜ − 1 τ1 = und τ2 =
ω0 (˜ η−
(6.11)
#
aperiodischer Grenzfall (˜ η = 1) α = 1 − e−ω0 t (1 + ω0 t) α0
mit
(6.10)
1 η˜2 − 1)
1 . ω0 (˜ η + η˜2 − 1)
(6.12)
(6.13)
(6.14)
(6.15)
(6.16)
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
123
Abb. 6.4: Auf den Endausschlag α0 bezogene Sprungantwort eines Drehspulinstrumentes bei verschiedenen (normierten) D¨ ampfungskoeffizienten η˜
D¨ ampfung beim Drehspulmeßwerk Ein D¨ ampfungsmoment entsteht, wenn die durch die Drehspulenbewegung im Magnetfeld induzierte Spannung u uhrt. ¨ber einen Widerstand zu einem Strom f¨ Nach der Lenzschen Regel wirkt dieser Ausgleichstrom dem Meßstrom entgegen und d¨ ampft damit die Ausschlagbewegung des Zeigers. Bei einer Spule mit Rahmenh¨ ohe l und Windungszahl N betr¨ agt die induzierte Spannung uind d dφ dA = −N B uind = −N dt dt % ' & ∂B − (v × B) ds =N dA A ∂t & = −N ωrB ds = −2N lrB
dα . dt
(6.17)
d ist dem resultierenden Strom iind proportional Das D¨ ampfungsmoment M d = 2Nr × F = 2Nr × [iind (l × B)] M Md = 2N rlBiind .
(6.18) (6.19)
Wenn die induzierte Spannung uind den Strom iind in einem Kreis mit Widerstand RK hervorruft, ergibt sich das D¨ ampfungsmoment Md = (2N rlB)2
1 dα . RK dt
(6.20)
124
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Mit Md = η α˙
(6.21)
folgt f¨ ur den (nicht-normierten) D¨ ampfungskoeffizienten η aus Gl. (6.5) η=
(2N rlB)2 . RK
(6.22)
Dabei setzt sich der Gesamtwiderstand des Meßkreises RK , der sog. Schließungswiderstand, aus dem Widerstand der Meßspule RSP , einem eventuell vorhandenen Abgleichwiderstand RT und dem Widerstand des ¨außeren Kreises RA zusammen RK = RSP + RT + RA . (6.23) Wenn ein Abgleichwiderstand RT vorhanden ist, kann dieser bei konstantem RA genutzt werden, um beispielsweise eine aperiodische D¨ampfung zu erzielen. Die k¨ urzeste Einstellzeit wird allerdings f¨ ur einen D¨ampfungsgrad ¨ η˜ < 1, also nach leichtem Uberschwingen erreicht. Abbildung 6.5 zeigt die auf die Periodendauer T0 der Grundschwingung bezogene Einstellzeit TE , die das
Abb. 6.5: Bezogene Einstellzeit TE /T0 als Funktion des normierten D¨ ampfungskoeffizienten η˜ bei einem zul¨ assigen Toleranzbereich von ± 1,5 % um den Endausschlag
Meßwerk nach einer Sprunganregung ben¨ otigt, um innerhalb einer Schwankungsbreite von ± 1,5 % des Endausschlages zu bleiben. Die f¨ ur den Wert ± 1,5 % ermittelte Zeit wird auch als Beruhigungszeit bezeichnet. Nachteilig an dem eben beschriebenen D¨ ampfungsmechanismus ist allerdings, daß die Gr¨ oße der D¨ ampfung u ¨ber den Schließungswiderstand RK vom jeweiligen Widerstand RA des ¨ außeren Kreises abh¨ angt. Um diese Abh¨ angigkeit zu vermeiden, setzt man vorzugsweise die sog. Rahmend¨ampfung ein, bei der die Spule auf einen elektrisch leitenden Aluminiumrahmen aufgebracht wird. In dem Aluminiumrahmen werden infolge der
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
125
Drehbewegung elektrische Spannungen induziert, die im geschlossenen Rahmen Wirbelstr¨ ome zur Folge haben. In Verbindung mit dem Magnetfeld des Permanentmagneten bilden sich infolge dieser Str¨ome Kr¨afte (Gegenkr¨afte) aus, die gem¨ aß der Lenzschen Regel so gerichtet sind, daß sie die Bewegung bremsen und damit d¨ ampfen. Im allgemeinen werden Drehspulinstrumente so ausgelegt, daß die Rahmend¨ ampfung u ¨berwiegt, um die D¨ampfungswerte von den oben beschriebenen Einfl¨ ussen des jeweiligen Meßkreises (Gln. (6.22) und (6.23)) unbeeinflußt zu lassen. 6.1.2 Galvanometer Spezielle Bauformen des Drehspulinstrumentes, die darauf abzielen, eine besonders hohe Stromempfindlichkeit zu erreichen, werden als Galvanometer bezeichnet. Da sie im allgemeinen zum Feststellen der Stromlosigkeit in Meßbr¨ ucken oder Kompensatoren eingesetzt werden, ben¨otigen Galvanometer keine in Strom- bzw. Spannungswerten kalibrierte Skala. Wenn der mechanische Zeiger durch einen Lichtzeiger ersetzt wird, f¨ uhrt dies zu besonders hoher Empfindlichkeit. Dieser Lichtzeiger besteht aus einem am Spannband befestigten Spiegel, dessen Winkelstellung mit Hilfe eines auf ihn auftreffenden und aus seiner Ruhelage ausgelenkten Lichtstrahles detektiert wird (Abb. 6.6). Typische Werte f¨ ur die Stromempfindlichkeit von solchen DrehspulSpiegelgalvanometern liegen zwischen Si = 10 mm/pA und Si = 105 mm/pA f¨ ur 1 m Lichtzeigerl¨ ange. Die hohe Stromempfindlichkeit Si wird durch Verwenden einer Feder mit kleiner Drehfederkonstante D erreicht (Gl. (6.4)). Damit andererseits die Eigenfrequenz ω0 nicht zu klein und damit die Ein-
Abb. 6.6: Spiegelgalvanometer
schwingdauer nicht zu groß werden, muß auch das Tr¨agheitsmoment Θ gem¨aß Gl. (6.6) gering gehalten werden, was durch eine Spule mit geringem Rahmendurchmesser erreicht wird. Das dynamische Verhalten von Galvanometern wird durch die d¨ampfende Wirkung des im Meßkreis induzierten Stromes gesteuert. F¨ ur aperiodische D¨ ampfung (˜ η = 1) fordern Gln. (6.7) und (6.22) einen Schließungswiderstand RKaper , der sich wie folgt ergibt RKaper = √
2 (N rlB)2 . ΘD
(6.24)
126
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Durch eine geeignete Wahl des Abgleichwiderstandes RT kann nach Gl. (6.23) das Galvanometer so eingestellt werden, daß sein Zeiger entweder schwingend (RK > RKaper ) oder kriechend (RK < RKaper ) seine Endstellung erreicht. Die Einstellung der D¨ ampfung von Galvanometern l¨aßt sich gem¨aß Gl. (6.22) bei entsprechenden Bauformen auch durch Ver¨ andern der magnetischen Induktion in Form eines ver¨ B anderlichen magnetischen Nebenschlusses erreichen. Es ist allerdings zu beachten, daß durch diese Maßnahmen auch die Empfindlichkeit des Galvanometers ver¨ andert wird. Kriechgalvanometer Mit Hilfe eines kriechend ged¨ ampften Galvanometers (RK RKaper ), einem sog. Kriechgalvanometer, bei dem außerdem das Richtmoment vernachl¨assigbar klein ist (D → 0), kann ein Spannungsstoß = u dt (6.25) unmittelbar gemessen werden. Da wegen der kriechenden Einstellung (RK ist sehr klein) außerdem das Beschleunigungsmoment Θα ¨ vernachl¨assigt werden darf, ist in diesem Fall nur das D¨ ampfungsmoment relevant. Aus den Gln. (6.2) und (6.5) folgt f¨ ur D = 0 Θα ¨ + η α˙ = Mel (t) = 2N rlBi(t) .
(6.26)
Wegen der dominierenden Spulend¨ ampfung ergibt sich mit Gl. (6.20) aus Θα ¨+
2N rlBu(t) (2N rlB)2 α˙ = RK RK
(6.27)
unter Vernachl¨ assigung des Beschleunigungsmoments die Eingangsspannung zu dα dα u(t) = 2N lrB = cf (6.28) dt dt bzw. t2 u(t) dt = cf [α(t2 ) − α(t1 )] t1
= cf [α2 − α1 ] .
(6.29)
Bei bekannter Flußmeterkonstante cf kann die Gr¨oße des Spannungsstoßes unmittelbar aus der Differenz der Winkelstellungen (α2 − α1 ) des Zeigers zu den Zeiten t2 und t1 ermittelt werden. Eine solche Anordnung kann aufgrund des Zusammenhanges φ = u dt zur Messung des magnetischen Flusses φ bzw. der magnetischen Induktion unter Verwendung von Pr¨ ufspulen eingesetzt werden.
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
127
Ballistisches Galvanometer Das ballistische Galvanometer dient dem Zweck, die von einem Stromstoß gelieferte Ladungsmenge zu messen. Dies wird dadurch erreicht, daß beim ballistischen Galvanometer ein im Vergleich zur Periodendauer der Meßwerkgrundschwingung zeitlich sehr kurzer Stromstoß einen Drehimpuls erzeugt. Mit Hilfe von Gl. (6.2) l¨ aßt sich der Impuls M (t) dt, welcher der Drehspule durch den Stromstroß verliehen wird, wie folgt angeben
T
T
M (t) dt = 2N rlB 0
i(t) dt = 2N rlBQ0 .
(6.30)
0
Q0 ist die mit dem Stromstoß zugef¨ uhrte Ladungsmenge. Die Integrationszeit T in Gl. (6.30) wird so gew¨ ahlt, daß der Strompuls bei t = T bereits wieder abgeklungen ist. Aus diesem Drehimpuls resultiert eine Schwingbewegung der Drehspule, die nach Gl. (6.5) beschrieben werden kann. Bei der L¨ osung dieser Differentialgleichung gehen wir davon aus, daß der Drehimpuls der Drehspule eine Anfangswinkelgeschwindigkeit α(t ˙ = 0) verleiht, aber bereits zu Beginn der eigentlichen Schwingung die Anregung durch das Moment wieder abgeklungen ist. Damit kann man sich auf die L¨osung der homogeM nen Differentialgleichung beschr¨ anken Θα ¨ + η α˙ + Dα = 0 .
(6.31)
Mit den geltenden Anfangsbedingungen α(0) = 0
(6.32)
und 1 T M (t)dt Θ 0 Si DQ0 1 = Si ω02 Q0 = 2N rlBQ0 = Θ Θ
α(0) ˙ = ω(0) ≈ ω(T ) =
(6.33)
folgt als L¨ osung der Differentialgleichung f¨ ur den aperiodischen Grenzfall α(t) = ω(0)te−ω0 t ,
(6.34)
wobei ω0 die Kreisfrequenz der Grundschwingung der an der Drehfeder (Federkonstante D) aufgeh¨ angten Drehspule mit Tr¨agheitsmoment Θ ist D ω0 = . (6.35) Θ Es sei erw¨ ahnt, daß der Standardbetriebsfall f¨ ur das ballistische Galvanometer der aperiodische Grenzfall (˜ η = 1) (Gl. (6.7)) ist.
128
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Beim ballistischen Galvanometer interessiert von der Drehbewegung im wesentlichen nur der sog. ballistische Ausschlag αball , welcher der ersten Schwingungsamplitude entspricht. Dieses Schwingungsmaximum erh¨alt man durch Nullsetzen der Funktion α(t) ˙ α(t) ˙ = ω(0)e−ω0 t (1 − ω0 t) = 0 .
(6.36)
Daraus folgt, daß sich der als ballistische Ausschlag bezeichnete Maximalausschlag αmax zu einem Zeitpunkt t = 1/ω0 einstellt. Der dazugeh¨orige Winkel αball ergibt sich zu αball = αmax =
ω(0) Si ω0 Q0 . = eω0 e
(6.37)
Der ballistische Ausschlag ist somit proportional zur zugef¨ uhrten Ladungsmenge Q0 . Die Proportionalit¨ atskonstante zwischen dem ballistischen Ausschlag αball und der Ladungsmenge Q0 wird als sog. ballistische Konstante cball bezeichnet e eT0 cball = = , (6.38) Si ω0 2πSi wobei cball folgendermaßen definiert ist T Q0 =
i(t)dt = cball αball .
(6.39)
0
In Gl. (6.38) bezeichnen e die Eulersche Zahl (e = 2, 71828) und T0 die Periodendauer der unged¨ ampften Meßwerkgrundschwingung. 6.1.3 Elektrodynamisches Meßwerk Das elektrodynamische Meßwerk besitzt, a ¨hnlich dem Drehspulmeßwerk, eine bewegliche, von einem Meßstrom durchflossene Drehspule, die an einer Drehfeder aufgeh¨ angt ist. Der Unterschied zum Drehspulmeßwerk besteht darin, daß das zur Erzeugung der mechanischen Auslenkkraft notwendige Magnetfeld von einer zweiten, feststehenden Spule, der sog. Feldspule geliefert wird. Wenn diese Feldspule einen Eisenkern besitzt, spricht man von der sog. eisengeschlossenen Form des elektrodynamischen Meßwerkes (Abb. 6.7). Die feststehende Spule mit der Windungszahl N1 wird vom Strom I1 , die bewegliche mit Windungszahl N2 vom Strom I2 durchflossen. Mit dem auf die Feldspule angewendeten Durchflutungsgesetz [18] & · ds = N I H (6.40) folgt L + lFe · H Fe = N1 I1 , 2bL · H
(6.41)
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
129
Abb. 6.7: Elektrodynamisches Meßwerk (eisengeschlossen): a) Prinzipieller Aufbau, b) Schaltzeichen, c) Symbol f¨ ur die eisengeschlossene Form
wobei bL den radialen Abstand zwischen Weicheisenzylinder und Polschuh, Fe die magnetische lFe die Wegl¨ ange des magnetischen Feldes im Eisen, H L die magnetische Feldst¨arke im Luftspalt bezeichFeldst¨ arke im Eisen und H = μH ergibt sich unter der Voraussetzung einer sehr großen Pernen. Mit B meabilit¨ at des Eisenkerns (μFe μ0 ) die im Luftspalt erzeugte magnetische L Induktion B μ0 N1 BL = I1 . (6.42) 2bL el auf die vom Strom I2 durchflossene Drehspule mit der Das Drehmoment M Spulenquerschnittsfl¨ ache 2rl und der Windungszahl N2 betr¨agt mit Gl. (6.2) (ea : Einheitsvektor in Richtung der Drehachse) el = 2N2r × F = 2N2r × I2 (l × B L) M = 2N2 rI2 lBLea =
μ0 rlN1 N2 I1 I2ea . bL
(6.43)
Analog zum Drehspulmeßwerk resultiert daraus f¨ ur das mit einer R¨ uckstellfeder der Federkonstanten D ausgestattete elektrodynamische Meßwerk ein Zeigerausschlag um den Winkel α α=
μ0 rlN1 N2 I1 I2 = kI1 I2 . bL D
(6.44)
Das elektrodynamische Meßwerk ist also ein multiplizierendes Instrument, welches das Produkt zweier Str¨ ome anzeigt. Wenn man das elektrodynamische Meßwerk mit sinusf¨ ormigen Str¨ omen i1 (t) und i2 (t) (Kap. 6.3) derselben Frequenz speist
130
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
i1 (t) = Iˆ1 sin ωt i2 (t) = Iˆ2 sin(ωt + ϕ) ,
(6.45) (6.46)
dann ist die Anzeige zu dem Produkt der Effektivwerte und dem Cosinus des Phasenwinkels ϕ zwischen den Str¨ omen proportional 1 T α = ki1 (t)i2 (t) = k i1 (t)i2 (t) dt T 0 1 T ˆˆ I1 I2 sin ωt sin(ωt + ϕ) dt =k T 0 T k Iˆ1 Iˆ2 cos ϕ = Iˆ1 Iˆ2 [cos ϕ − cos(2ωt + ϕ)] dt = k 2T 0 2 = kI1eff I2eff cos ϕ .
(6.47)
Bei der Auswertung von Gl. (6.47) wurde angenommen, daß die Tr¨agheit des Instrumentes so groß ist, daß es in bezug auf die Wechselgr¨oßen eine zeitliche T Mittelung vornimmt, d. h. der Term 0 cos(2ωt + ϕ) leistet keinen Beitrag zum Zeigerausschlag α. Das Haupteinsatzgebiet von elektrodynamischen Meßwerken liegt demzufolge auf dem Gebiet der Leistungsmessung. Man unterscheidet beim elektrodynamischen Meßwerk zwei Bauformen: Das eisengeschlossene elektrodynamische Meßwerk besitzt einen hochpermeablen Eisenkern, der oft aus geschichteten und isolierten Blechen aufgebaut ist, um die Wirbelstromverluste gering zu halten. Dabei wird auch auf geringe Hystereseverluste geachtet. Die eisengeschlossene Form erm¨ oglicht geometrisch kleine Bauausf¨ uhrungen, bei L innerhalb des Luftspaltes stets in radialer der die magnetische Induktion B ¨ Richtung verl¨ auft, so daß der Ubergang vom Vektorprodukt zum Skalarprodukt in Gl. (6.43) analog zum Drehspulmeßwerk erlaubt ist. Außerdem bleibt der Fremdfeldeinfluß bei dieser Bauform gering. Beim eisenlosen elektrodynamischen Meßwerk nach Abb. 6.8 l¨aßt sich durch geeignete Bauformen der Spulen erreichen, daß die am Spulenrahmen in tangentialer Richtung angreifende und f¨ ur die Drehbewegung maßgebende Kraftkomponente (in Abb. 6.8 eingezeichnet) in einem Drehwinkelbereich von α = ±45◦ bei konstanten Str¨ omen I1 und I2 praktisch einen konstanten Betrag hat. Denn durch spezielle Spulenformen wird gerade ein solches Magnetfeld aufgebaut, daß die sich gem¨ aß Gl. (6.43) ergebende Kraft eine auf den Spulenrahmen bezogene konstante und nicht von der Winkelstellung abh¨ angige Tangentialkomponente aufweist. Damit ist das mechanische Antriebsmoment und in Folge auch der Ausschlag α wiederum proportional zum Produkt I1 I2 aus Feld- und Drehspulenstrom. Nachdem die magnetische Induktion der Feldspulen typischerweise in der Gr¨ oßenordnung B = 0, 01 T liegt, ist auf Meßfehler durch Fremdfelder zu achten, z. B. auch auf die Ausrichtung im Erdmagnetfeld (B = 10−4 T). Bei eisenlosen Meßwerken entfallen die Fehlereinfl¨ usse infolge von Wirbelstrom-
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
131
und Hystereseverlusten, so daß sie als Pr¨ azisionsleistungsmesser eingesetzt werden k¨ onnen.
Abb. 6.8: Elektrodynamisches Meßwerk (eisenlos): a) Prinzip, b) Symbol
6.1.4 Dreheisenmeßwerk Als physikalischen Effekt nutzt das Dreheisenmeßwerk die Kraft zwischen zwei Magnetpolen, wobei das ben¨ otigte Magnetfeld von dem zu messenden Strom erzeugt wird. Man verwendet eine feststehende Spule, in deren Feld zwei Eisenpl¨ attchen gleichsinnig magnetisiert werden und sich infolgedessen abstoßen (Abb. 6.9). Die mechanische Kraft (Kraft zwischen zwei Magnetpolen) ist proportional dem Quadrat der von der Spule erzeugten magnetischen Induktion, welche wiederum proportional dem durch die Spule fließenden Strom I ist. Die in der Spule mit der Selbstinduktivit¨ at L des Dreheisenmeßwerks aufgrund des Meßstromes I gespeicherte magnetische Energie Emagn betr¨agt Emagn =
1 2 LI . 2
(6.48)
Wenn das Meßger¨ at als verlustfrei angenommen wird, entspricht die Reduzierung der magnetischen Feldenergie bei einer Zeigerdrehung exakt der Zunahme der in der Drehfeder gespeicherten potentiellen Energie (dEmech = el aus der Anderung ¨ aßt sich das erzeugte Drehmoment M −dEmagn ). Damit l¨ der magnetischen Feldenergie errechnen el = dEmagn ea = 1 dL I 2ea . M dα 2 dα
(6.49)
Dabei bezeichnet ea den Einheitsvektor in Richtung der Drehachse. Da der Term dL/dα von der Winkelstellung abh¨ angt, ergibt sich ein bauformabh¨angiger, im allgemeinen nichtlinearer Verlauf des Drehmoments als Funktion des Winkels α. Mit dem durch eine Drehfeder (Drehfederkonstante D) erzeugten
132
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.9: Dreheisenmeßwerk: a) Prinzip, b) Aufbau, c) Symbol
mech Gegendrehmoment M mech = −Dαea M
(6.50)
l¨ aßt sich der Winkel α des Zeigerausschlages f¨ ur den Gleichgewichtszustand el + M mech = 0) angeben (M α=
1 dL 2 I = k(α)I 2 . 2D dα
(6.51)
Durch entsprechende geometrische Formgebung der Pl¨attchen, d. h. eine Beeinflussung des Terms dL/dα bzw. k(α), kann eine ann¨ahernd lineare Abh¨ angigkeit des Ausschlags α vom Strom I erreicht werden. Bei Wechselstrom schwankt das Drehmoment infolge der quadratischen Abh¨angigkeit vom Strom mit der doppelten Frequenz. Infolge der mechanischen Tr¨agheit des Meßwerkes wird damit der quadratische Mittelwert, also der Effektivwert, angezeigt. Dies kann analog zum elektrodynamischen Meßwerk abgeleitet werden (Gl. (6.47)). Der Energieverbrauch des Dreheiseninstrumentes und damit auch seine R¨ uckwirkung auf den Meßvorgang sind gr¨ oßer als beim Drehspulinstrument. Es wird als robustes und preiswertes Betriebsinstrument vorwiegend in der elektrischen Energietechnik eingesetzt. Bei h¨ oheren Frequenzen wird der Fehler vor allem von Wirbelstromverlusten in den Blechteilen des Meßwerkes bestimmt. 6.1.5 Drehspulquotientenmeßwerk (Kreuzspulmeßwerk) Beim Drehspulquotientenmeßwerk, das auch als Kreuzspulmeßwerk bezeichnet wird, sind zwei Spulen mit rechteckigem Spulenquerschnitt und demselben
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
133
Rahmendurchmesser (Windungszahlen: N1 bzw. N2 ; Spulenstr¨ome: I1 bzw. I2 ) starr miteinander verbunden, so daß ihre Querschnittsebenen einen Winkel von β = 90◦ bilden (Abb. 6.10) . Das Magnetfeld sei homogen zwischen den
Abb. 6.10: Drehspulquotientenmeßwerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Symbol
Polen N und S, was bedeutet, daß es im Gegensatz zum Drehspulmeßwerk radial inhomogen ist. Die von den Meßstr¨ omen I1 und I2 hervorgerufenen mechanischen Kr¨afte F1 und F2 ergeben sich zu F1 = N1 I1 (l × B) F1 = N1 I1 lB F2 = N2 I2 (l × B) F2 = N2 I2 lB .
(6.52) (6.53) (6.54) (6.55)
Wenn ea den in Richtung der Drehachse der Spule zeigenden Einheitsvektor = 2r × F die und r den Radius der Spulenrahmen bezeichnen, folgen mit M Einzeldrehmomente M1 und M2 1 = 2rF1 sin α ea M 2 = −2rF2 cos α ea . M
(6.56) (6.57)
Nachdem Kreuzspulinstrumente keine Drehfedern zur Erzeugung der mechanischen R¨ uckstellkraft enthalten, lautet die Gleichgewichtsbedingung 2 = 0 . 1 + M M
(6.58)
Daraus folgt der Zusammenhang zwischen den Str¨omen I1 und I2 sowie dem Winkel α des Zeigerausschlages tan α = bzw.
F2 N2 I2 = F1 N1 I1
(6.59)
134
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
α = arctan(k
I2 ). I1
(6.60)
Es ist anzumerken, daß Drehspulquotientenmeßwerke nach Gl. (6.60) unmittelbar zur Widerstandsmessung eingesetzt werden k¨onnen, da ihr Ausschlag vom Quotient zweier Str¨ ome bestimmt wird (Kap. 9.1.4). F¨ ur Ausf¨ uhrungsformen, bei denen die Winkelstellung zwischen den beiden Spulen nicht 90◦ sondern β betr¨ agt, gilt # "I N 2 2 I1 N1 + cos β . (6.61) α = arctan sin β 6.1.6 Drehmagnetmeßwerk Das Drehmagnetmeßwerk besteht aus einer feststehenden, vom Meßstrom I durchflossenen Feldspule der L¨ ange l und Windungszahl N (Abb. 6.11). Bei Vernachl¨ assigung der Streuverluste erzeugt der Strom in ihrem Inneren ein I , die sich aus dem DurchflutungsMagnetfeld der magnetischen Feldst¨ arke H gesetz berechnet & s = NI Hd (6.62) HI =
N I. l
(6.63)
In diesem Magnetfeld dreht sich ein Permanentmagnet. Die notwendige R¨ uck R eines zus¨ stellkraft wird durch das Feld H atzlichen permanenten Richtma I ∼ I) und des Richtgneten gebildet. Die magnetischen Felder der Spule (H magneten (HR = const.) u ¨berlagern sich vektoriell (Abb. 6.12) und der bewegliche Magnet zeigt in Richtung des resultierenden Feldes, dessen Richtung
Abb. 6.11: Drehmagnetmeßwerk: a) Prinzip, b) Symbol
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
135
¨ Abb. 6.12: Vektorielle Uberlagerung der magnetischen Felder im Drehmagnetmeßwerk
(und St¨ arke) vom Strom I abh¨ angt. Der Proportionalit¨atsfaktor k ist wiederum eine Funktion des Ausschlagwinkels α, so daß die Skala nicht-linear geteilt ist. F¨ ur obige Anordnung gilt nach Abb. 6.12 tan α =
HI N = I. HR lHR
(6.64)
Mit der Stromrichtung ¨ andert sich also auch das Vorzeichen des Drehwinkels, der infolge der mechanischen Tr¨ agheit des Meßwerkes letztlich ein Maß f¨ ur den zeitlichen Mittelwert (Gleichstromwert) des Spulenstromes ist. Die Vorz¨ uge des Drehmagnetmeßwerkes liegen in seiner einfachen Konstruktion; so ist beispielsweise keine Stromzuf¨ uhrung zu den beweglichen Teilen notwendig, wie dies beim Drehspulmeßwerk der Fall ist. Nachteilig wirkt sich jedoch der hohe Eigenverbrauch und seine im Vergleich zum Drehspulmeßwerk geringere Empfindlichkeit aus. 6.1.7 Elektrostatisches Meßwerk Die nach dem elektrostatischen Prinzip arbeitenden Meßwerke beruhen auf der Coulombschen Anziehungskraft zwischen elektrischen Ladungen. Die elektrostatischen Meßwerke dienen der Messung elektrischer Spannungen bzw. Ladungen. Im allgemeinen wird eine feststehende Elektrode mit dem spannungsm¨ aßig hohen Meßpotential verbunden und eine mechanisch bewegliche, meist drehbar gelagerte Elektrode auf Massepotential gelegt (Abb. 6.13).
Abb. 6.13: Elektrostatisches Meßwerk: a) Prinzip, b) Symbol
136
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
el Das aus der Coulombschen Anziehungskraft resultierende Drehmoment M l¨ aßt sich auf der Basis des Energieerhaltungssatzes berechnen, demzufolge sich die Zunahme der mechanischen Energie Emech aus der Abnahme der elektrischen Energie Eel ergibt dEmech = −dEel .
(6.65)
Die elektrische Energie Eel entspricht der Energie, die im Kondensator gespeichert ist, w¨ ahrend sich die mechanische aus dem Produkt von Drehmoment el und Drehwinkel α errechnet. Mit Gl. (6.65) folgt M Mel dα =
1 2 u dC , 2
(6.66)
wobei u die am Meßwerk anliegende Spannung und C die Kapazit¨at zwischen den Elektroden bezeichnen. Infolge des mit Federkraft erzeugten R¨ uckstellmomentes Mmech = Dα (6.67) ergibt sich der Ausschlagwinkel α aus der Gleichgewichtsbedingung (Mmech + Mel = 0) 1 dC 2 α= u = k(α)u2 . (6.68) 2D dα Bei angelegter Wechselspannung zeigt das Ger¨at den quadrierten Effektivwert der Spannung an, falls das Meßwerk als mechanisch tr¨age gegen¨ uber der Wechselspannungsfrequenz bezeichnet werden kann. Diese Tatsache kann wiederum analog zu Gl. (6.47) abgeleitet werden. Durch spezielle Plattengeometrien kann der Zusammenhang zwischen dem Ausschlagwinkel α und der angelegten Spannung u linearisiert werden. Absolute elektrostatische Hochspannungsmesser beruhen auf der Messung der Anziehungskraft zwischen par-
Abb. 6.14: Aufbau eines elektrostatischen Meßwerkes, das auf der Influenz von Ladungen basiert.
6.1 Elektromechanische Meßger¨ ate
137
allelen Kondensatorplatten. Dabei werden Meßgenauigkeiten im Bereich von 0,01 % erreicht [121]. Der ohmsche Innenwiderstand elektrostatischer Meßwerke liegt in der Gr¨ oßenordnung 1012 bis 1014 Ω. Die Hochfrequenztauglichkeit wird allerdings durch den mit der Frequenz zunehmenden Blindstrom sowie den ebenfalls parasit¨ aren Einfluß der Zuleitungsinduktivit¨ aten begrenzt. Eine besondere Bauform eines elektrostatischen Hochspannungsmeßwerkes wird in Abb. 6.14 gezeigt. Es beruht auf der Influenz von Ladung auf der beweglichen Rotorelektrode, die u ¨ber die Drehfeder geerdet ist. Die D¨ampfung des Meßwerkes wird bei dieser Bauform durch Luftkammerd¨ampfung erzielt, also eine durch die Bewegung der Rotorplatte hervorgerufene Str¨omungsd¨ampfung.
Tabelle 6.1: Symbole f¨ ur Meßger¨ ate nach VDE 0410 und DIN 43802
138
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
6.1.8 Schaltzeichen fu ate ¨ r Meßger¨ In Tabelle 6.1 sind die f¨ ur den Bereich der elektromechanischen Meßger¨ate wichtigsten Schaltzeichen und Symbole zusammengefaßt.
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung In diesem Abschnitt wird die direkte Messung von Gleichstrom und Gleichspannung mit Hilfe von Strom- und Spannungs-Meßwerken beschrieben. 6.2.1 Messung von Gleichstr¨ omen Die Messung des Gleichstromes in einem Zweig eines beliebigen, aus ohmschen Widerst¨ anden, Gleichspannungs- und Gleichstromquellen zusammengesetzten linearen Netzwerkes kann nach dem in Abb. 6.15 gezeigten Prinzip der Ersatzspannungsquelle ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit auf das in Abb. 6.16 dargestellte Problem reduziert werden. Wenn der Meßzweig aus dem Wi-
¨ Abb. 6.15: Aquivalenz von einem Tor eines linearen Netzwerkes und einer Ersatzspannungsquelle bzw. einer Ersatzstromquelle
derstand RL besteht und das restliche Netzwerk durch die Spannungsquelle (mit Leerlaufspannung UQ und Innenwiderstand RQ ) ersetzt wird, l¨aßt sich
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
139
der zu messende Strom IL mit einem idealen, d. h. widerstandslosen (RM = 0) Strommesser exakt bestimmen IL =
UQ . RQ + RL
(6.69)
Bei einem realen Meßger¨ at fließt infolge des endlichen Innenwiderstandes RM des Meßger¨ ates nicht mehr der urspr¨ unglich zu messende Strom IL (wahrer Wert), sondern der geringere Strom IL IL =
UQ . RQ + RL + RM
(6.70)
Nur f¨ ur RM (RQ + RL ) wird n¨ aherungsweise der wahre Wert gemessen (IL ≈ IL ), ansonsten f¨ uhrt der endliche Innenwiderstand des Meßger¨ates bei
Abb. 6.16: Strommessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes
der Strommessung zu einem Belastungsfehler. Dies ist ein systematischer Meßfehler, der sich wie folgt ermitteln l¨ aßt. F¨ ur den vereinfachten Fall RL = 0 (Kurzschluß) berechnen sich der wahre Wert IL und der tats¨achlich gemessene Wert IL zu IL =
UQ RQ
(6.71)
IL =
UQ . RQ + RM
(6.72)
Der relative Meßfehler fI betr¨ agt in diesem Fall also fI =
IL − IL −1 = . RQ IL 1 + RM
(6.73)
Bei unbekanntem Innenwiderstand der Quelle RQ , muß dieser vor einer Fehlerermittlung bzw. -korrektur nach Gl. (6.73) ebenfalls gemessen werden. Dies kann im (theoretisch vereinfachten) Fall durch Messung von Leerlaufspannung UQ und Kurzschlußstrom IK der Ersatzspannungsquelle geschehen. Der
140
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Innenwiderstand RQ ergibt sich bei Messungen von UQ und IK mit idealen Meßwerken zu UQ RQ = . (6.74) IK F¨ ur den allgemeinen Fall RL = 0 ist RQ durch (RQ + RL ) zu ersetzen. Das negative Vorzeichen bedeutet, daß infolge des systematischen Fehlers bei der Strommessung stets ein zu niedriger Wert gemessen wird. Man kann aus Gl. (6.73) bzw. der entsprechenden graphischen Darstellung (Abb. 6.17) als Regel ableiten, daß bei der Strommessung der Innenwiderstand des Meßger¨ates m¨ oglichst klein sein sollte. Bei bekannten Innenwiderst¨anden RMU bzw. RMI von Spannungs- bzw. Strommeßwerk kann RQ aus der mit systematischen Fehlern behafteten Spannung UQ (UQ ist der Meßwert, den ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlossenes Spannungsmeßwerk mit In nenwiderstand RMU anzeigt) und dem Strom IK (IK ist der Meßwert, den ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlossenes Strommeßwerk mit Innenwiderstand RMI anzeigt) ermittelt werden. Die entsprechende Fehlerkorrektur liefert den exakten Wert von RQ
U RMU RMI − I Q K RQ = . (6.75) UQ − R MU I K
Meßbereichserweiterung fu ¨ r die Strommessung Zur Messung von Str¨ omen, welche den Meßbereich des unbeschalteten Meßwerkes u ¨bersteigen, sind entsprechende Maßnahmen zur Meßbereichserweite-
Abb. 6.17: Betrag des relativen Fehlers fI bei der Strommessung als Funktion von RQ /RM . RM : Meßger¨ ateinnenwiderstand, RQ : Innenwiderstand der Ersatzspannungsquelle
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
141
rung zu treffen. Drehspulmeßwerke beispielsweise haben, je nach Auslegung, Endbereichswerte von nur IMend = 10 μA...100 mA bei einem Spannungsabfall von UMend = 2 mV...200 mV. Praktische Meßger¨ate hingegen weisen mehrere umschaltbare Meßbereiche auf, so daß auch wesentlich h¨ohere Str¨ome mit ein-
Abb. 6.18: Meßbereichserweiterung f¨ ur die Strommessung
und demselben Instrument gemessen werden k¨onnen. Um einen Strommesser f¨ ur einen h¨ oheren Meßbereich vorzubereiten, wird dem Meßwerk ein Widerstand RP , ein sogenannter Shunt, parallel geschaltet (Abb. 6.18). Wegen der Parallelschaltung der Widerst¨ ande RM und RP gilt RM IM = RP IP = RP (I − IM ) .
(6.76)
Damit kann die Dimensionierung von RP f¨ ur einen geforderten Meßbereichsendwert Iend = vi IMend nach folgender Formel erfolgen RP = RM
IMend RM . = Iend − IMend vi − 1
(6.77)
In Gl. (6.77) bezeichnet IMend den Strom durch das Meßwerk bei Vollausschlag und vi den Faktor, um den der Strommeßbereich erweitert wird. Abbildung 6.19 zeigt die Schaltung eines Vielfachmeßger¨ates f¨ ur Strom mit den Meßbereichsendwerten 1 mA, 10 mA und 0,1 A. Durch die gezeigte Schaltung (Abb. 6.19) wird vermieden, daß der Kontaktwiderstand des Schalters das Verh¨altnis RM /RP beeinflußt.
6.2.2 Messung von Gleichspannungen Meßwerke, die der Strommessung dienen, k¨ onnen prinzipiell auch zur Spannungsmessung eingesetzt werden, indem der bei Anlegen einer Spannung U an das Meßwerk fließende Strom mit dem Innenwiderstand RM multipliziert und als Spannung ausgegeben wird. Abbildung 6.20 zeigt die entsprechende Meßschaltung. F¨ ur eine nicht vorhandene Last (RL → ∞) kann folgende Maschengleichung angegeben werden IM RQ + IM RM − UQ = 0 .
(6.78)
142
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.19: Vielfachmeßger¨ at zur Strommessung (IMend =0,1 mA; Iend = 1 mA bis 0,1 A)
Daraus folgt IM RM = UM = UQ − IM RQ .
(6.79)
Der relative Meßfehler fU (Belastungsfehler) betr¨agt somit fU =
U M − UQ −1 = . M UQ 1+ R RQ
(6.80)
F¨ ur den Fall eines endlichen Lastwiderstandes RL verringert sich der relative Meßfehler fU , da anstatt RQ in Gl. (6.80) jetzt der geringere Wert der Parallelschaltung von RQ und RL einzusetzen ist fU =
1+
−1 +
RM RQ
RM RL
=
−1 1 + RM
RQ +RL RQ RL
.
(6.81)
Abbildung 6.21 zeigt den Betrag des relativen Meßfehlers bei der Spannungsmessung. Aus den Gln. (6.80) und (6.81) und der entsprechenden graphischen Darstellung kann die Regel abgeleitet werden, daß bei der Spannungsmessung der Innenwiderstand des Meßger¨ ates m¨ oglichst groß sein sollte.
Abb. 6.20: Spannungsmessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes
Meßbereichserweiterung fu ¨ r die Spannungsmessung Durch Vorschalten eines Pr¨ azisionswiderstandes RS kann eine Erweiterung des Spannungsmeßbereiches erfolgen (Abb. 6.22). F¨ ur einen geforderten Meßbereichsendwert von Uend = vu UMend folgt f¨ ur die Dimensionierung von RS
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
143
Abb. 6.21: Betrag des relativen Fehlers fU bei der Spannungsmessung als Funktion ateinnenwiderstand; RQ Innenwiderstand der Quelle, deren von RM /RQ . RM Meßger¨ Leerlaufspannung gemessen wird.
RS =
vu − 1 RM . vi
(6.82)
F¨ ur den Fall, daß keine Strommeßbereichserweiterung (vi = 1 bzw. RP → ∞) vorgenommen wird, gilt RS = (vu − 1)RM =
Uend − RM . IMend
(6.83)
Durch Vorschalten von Widerst¨ anden kann das in (Abb. 6.19) gezeigte Strommeßger¨ at zu einem Universal-Vielfachmeßger¨at aufger¨ ustet werden (Abb. 6.23). Es ist anzumerken, daß der Innenwiderstand von Spannungsmeßger¨aten
Abb. 6.22: Meßbereichserweiterung f¨ ur die Spannungsmessung
meistens auf den Meßbereichsendwert bezogen wird. Die Angabe 100 kΩ/V beispielsweise bedeutet, daß im Meßbereich mit dem Endwert 10 V der Innenwiderstand des Ger¨ ates 1 MΩ betr¨ agt.
144
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.23: Universal-Vielfachmeßger¨ at f¨ ur Spannung und Strom
6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung Bei der gleichzeitigen Messung von Strom und Spannung ergeben sich zus¨atzliche Fehler. Es gibt zwei M¨ oglichkeiten der Schaltungsanordnung. Bei der Variante nach Abb. 6.24a wird die Generatorspannung UM sowie der Laststrom IL pseudokorrekt angezeigt, bei der Variante nach Abb. 6.24b hingegen wird die Lastspannung UL sowie der Generatorstrom IQ pseudorichtig gemessen. Der Begriff pseudokorrekt“ bzw. pseudorichtig“ soll aussagen, ” ” daß die entsprechenden Meßwerke zwar die aktuelle Meßgr¨oße richtig messen, daß jedoch durch das Vorhandensein eines realen (nicht-idealen) Meßwerkes die urspr¨ ungliche Meßgr¨ oße infolge des oben besprochenen Belastungsfehlers verf¨ alscht wird.
Abb. 6.24: Gleichzeitige Messung von Strom und Spannung: a) Messung pseudokorrekt f¨ ur Generatorspannung UM und Laststrom IL , b) Messung pseudokorrekt f¨ ur Lastspannung UL und Generatorstrom IQ
Bei den nicht pseudokorrekt“ gemessenen Gr¨oßen hingegen wird noch nicht ” einmal die aktuelle Gr¨ oße richtig angezeigt. So wird beispielsweise bei der Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a die aktuelle Lastspannung UL vom Spannungsmesser nicht erfaßt. F¨ ur die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a ergibt sich folgender relativer Meßfehler fIL bei der Bestimmung des Laststromes IL fIL = −
RQ RL + RMI (RMU + RQ ) . RMU RQ + (RMI + RL )(RMU + RQ )
(6.84)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
145
F¨ ur die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24b hingegen errechnet sich der relative Fehler bei der Strommessung zu fIL = −
RQ RL + RMI (RMU + RL ) . RMU RL + (RMI + RQ )(RMU + RL )
(6.85)
Bei den relativen Meßfehlern nach Gln. (6.84) und (6.85) ist als wahrer Wert stets derjenige Laststrom angenommen, welcher bei nicht vorhandenen bzw. idealen Meßger¨ aten fließen w¨ urde.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 6.3.1 Begriffsdefinitionen Es sei vorausgeschickt, daß die folgenden Definitionen gleichermaßen f¨ ur eine elektrische Spannung u(t) und f¨ ur einen elektrischen Strom i(t) gelten. Eine Wechselspannung u(t) mit sinusf¨ ormigem Zeitverlauf wird durch Gl. (6.86) ( den Scheitelwert der Wechselspannung, ω = 2πf ihre beschrieben, wobei U Kreisfrequenz (Einheit (s−1 )), f die Frequenz der Wechselspannung (Einheit (Hz)) und ϕ den Phasenwinkel (Einheit (rad)) bezeichnen ( sin(ωt + ϕ) . u(t) = U
(6.86)
In der Meßtechnik sind folgende Gr¨ oßen von Bedeutung: •
Arithmetischer Mittelwert 1 u= T
•
•
Gleichrichtwert 1 |u| = T
T
u(t) dt
(6.87)
|u(t)| dt
(6.88)
0
T
0
Effektivwert (quadratischer Mittelwert) 1 T 2 Ueff = u (t) dt . T 0
(6.89)
Eine Gleichspannung mit U = Ueff setzt in einem Verbraucher (ohmscher Widerstand) die gleiche Leistung um wie die Wechselspannung mit dem Effektivwert Ueff . In den Gln. (6.87-6.89) versteht man unter T = 1/f die Periodendauer der Wechselspannung (Einheit (s)). Es sei ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, daß obige Definitionsgleichungen auch auf nicht-sinusf¨ormige Zeitverl¨ aufe angewendet werden d¨ urfen. Sie gelten beispielsweise auch f¨ ur Wechselspannungen mit u ¨berlagertem Gleichanteil. Weiterhin sind definiert:
146
•
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Scheitelfaktor Scheitelfaktor (crest factor) = C =
( U Scheitelwert = Effektivwert Ueff
(6.90)
• Formfaktor Formfaktor = F =
Ueff Effektivwert = . Gleichrichtwert |u|
(6.91)
√ F¨ ur rein sinusf¨ ormige √ Gr¨ oßen betr¨ agt der Scheitelfaktor C = 2 und der Formfaktor F = π/(2 2) = 1, 11. Setzt sich eine Spannung uges (t) aus ei¨ ner Uberlagerung von n Teilspannungen ui (t) (Gleichspannungen oder Wechselspannungen mit sinusf¨ ormigem Zeitverlauf und Frequenzen, die in einem ganzzahligen Verh¨ altnis stehen) zusammen uges (t) =
n
ui (t) ,
(6.92)
i=1
¨ so ergibt sich deren Effektivwert Ueffges aus der quadratischen Uberlagerung der Effektivwerte der Teilspannungen n 2 . Ueffges = ! Uieff (6.93) i=1
Dies gilt insbesondere f¨ ur eine aus einem Gleich- (u ) und einem (reinen) Wechselanteil (u∼ ) zusammengesetzte Mischgr¨oße der Form u(t) = u + u∼ (t) .
(6.94)
Der Effektivwert des Wechselanteils U∼eff ergibt sich gem¨aß Definitionsgleichung (6.89) zu 1 T 2 U∼eff = u (t) dt . (6.95) T 0 ∼ Der Effektivwert der Mischspannung Ugeseff l¨ aßt sich schließlich anhand von Gl. (6.93) berechnen 2 Ueffges = u 2 + U∼eff . (6.96) In diesem Zusammenhang sollen auch die folgenden Gr¨oßen definiert werden: •
Schwingungsgehalt s s=
• Welligkeit w
U∼eff Ueffges
(6.97)
U∼eff . (6.98) u Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß alle obigen Definitionen in analoger Weise f¨ ur einen Wechselstrom i(t) gelten. w=
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
147
6.3.2 Gleichrichtung Zur Messung von Wechselgr¨ oßen mit Hilfe der in der elektrischen Meßtechnik vorzugsweise eingesetzten Meßwerke ben¨ otigt man Schaltungen zur Gleichrichtung des Meßstromes bzw. der Meßspannung. In diesen Schaltungen verwendet man heute im allgemeinen Halbleiterdioden, die der Einweg- bzw. der Zweiweg-Gleichrichtung der elektrischen Wechselgr¨oßen dienen. Einweg-Gleichrichtung Wenn bei der Messung einer Wechselspannung eine Halbwelle unterdr¨ uckt werden soll, so ist die Gleichrichtung mit einer einfachen Diode zu bewerkstelligen. Die Anordnung nach Abb. 6.25 mißt den halben Gleichrichtwert der angelegten Spannung bzw. des Stromes. Genaugenommen ist noch das nicht-ideale Diodenverhalten in Form des Diodeninnenwiderstandes sowie der Schwellspannung von 0,7 V (bei Siliziumdioden) zu ber¨ ucksichtigen, die im Durchlaßbetrieb stets an der Diode abf¨ allt. Aus dem nicht-idealen Diodenverhalten resultiert das in Abb. 6.26 gezeigte Ersatzschaltbild einer Halbleiterdi-
Abb. 6.25: Messung des halben Gleichrichtwertes einer Wechselspannung mit Hilfe eines Drehspulmeßger¨ ates
ode, das aus einer Serienschaltung von idealer Diode, Diodeninnenwiderstand und einer Spannungsquelle, welche die Schwellspannung repr¨asentiert, besteht. Die parasit¨ are Parallelkapazit¨ at (= Sperrschichtkapazit¨at) Cg wirkt sich bei h¨ oheren Frequenzen (typischerweise oberhalb 10 kHz) aus, indem sie die Diode f¨ ur hochfrequente Str¨ ome u uckt und damit zum Teil ihre Gleichrichter¨berbr¨ wirkung aufhebt.
Abb. 6.26: Ersatzschaltbild einer Siliziumdiode mit idealisierter und realer Kennlinie
148
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Zweiweg-Gleichrichtung (Vollweg-Gleichrichtung) Die Graetz-Schaltung (Abb. 6.27) erm¨ oglicht die vollst¨andige Gleichrichtung beider Halbwellen, womit der vollst¨ andige Gleichrichtwert mit Hilfe eines Drehspulmeßger¨ ates gemessen wird. Bei dieser Schaltung sind stets zwei der vier Dioden in Durchlaßrichtung geschaltet, so daß die am Meßger¨at anliegende Spannung uM im Vergleich zur Eingangsspannung u∼ um den doppelten Wert der Diodenschwellspannung reduziert wird (Abb. 6.27b). Bei Anliegen der positiven Halbwelle sind die Dioden D1 und D4 leitend, w¨ahrend hingegen bei der negativen Halbwelle die Dioden D2 und D3 leiten.
Abb. 6.27: a) Graetz-Schaltung zur Erfassung beider Halbwellen bei der Gleichrichtung, b) Spannungsverlauf
6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value) Der Scheitelwert US (Spitzenwert, Peak Value) ist der innerhalb eines definierten Zeitraumes betragsm¨ aßig gr¨ oßte Wert des Signals. Bei unsymmetrischem Kurvenverlauf gilt ˆ = max{U ˆ+ , U ˆ− } , US = U (6.99) ˆ− die im positiven bzw. negativen Amplitudenbereich liegenˆ+ und U wobei U ˆ+ ≥ 0 und U ˆ− ≥ 0). Zur Messung des positiven den Spitzenwerte sind (U ˆ+ ) dient die Schaltung nach Abb. 6.28. Es wird Spannungs-Scheitelwertes (U hierbei der Ladekondensator auf den Spitzenwert der angelegten Spannung
Abb. 6.28: Schaltung zur Messung des Spannungs-Spitzenwertes (bei symmetrischem Spannungsverlauf)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
149
aufgeladen und vom Meßger¨ at gemessen. Zur Messung des negativen Spitzenˆ− muß lediglich die Diode in der Meßschaltung (Abb. 6.28) umgewertes U polt werden. Die durch das Meßger¨ at verursachten Ladungsverluste werden durch kurzzeitige Ladestr¨ ome, die je Periode einmal auftreten, ausgeglichen (Abb. 6.29). Zur exakten Messung des Spitzenwertes werden daher vorwiegend Ger¨ ate mit elektronischem Eingangsverst¨arker eingesetzt, welche sehr hohe Eingangsimpedanzen aufweisen.
Abb. 6.29: Spannungsverlauf bei der Spitzenwertgleichrichtung nach Abb. 6.28
Zur Messung des Spitzenwertes von Spannungen mit unsymmetrischem Kurvenverlauf eignet sich die sog. Villard-Schaltung (Abb. 6.30), die auch als ein- stufige Kaskadenschaltung bezeichnet wird. Die beiden Dioden laden den Kondensator C2 auf die Summe der Betr¨ age von positivem und negativem Spitzenwert auf. Es handelt sich also um die Messung des Spitze-Spitze-Wertes (Peak to Peak Value) USS ˆ+ + U ˆ− . USS = U
(6.100)
Abb. 6.30: Villard-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS (Peak to Peak Value) bei Spannungen mit unsymmetrischem Kurvenverlauf
150
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Die Schaltung funktioniert so, daß w¨ ahrend der negativen Halbwelle nur die Diode D1 leitet und den Kondensator C1 auf den negativen Spitzenwert aufl¨ adt ˆ− . uC1 = U (6.101) W¨ ahrend der positiven Halbwelle leitet D2 und l¨adt die Kapazit¨at C2 am Ausgang auf die Spannung ˆ+ = U ˆ− + U ˆ+ uA = uC1 + U
(6.102)
auf. In praktischen Schaltungen sind allerdings noch die Diodenschwellspannungen und die Entladung durch den Innenwiderstand des angeschlossenen Spannungsmeßwerkes zu ber¨ ucksichtigen. Die Villard-Schaltung kann also bei
Abb. 6.31: Delon-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS
gew¨ ohnlicher symmetrischer Eingangsspannung zur Spannungsverdopplung eingesetzt werden. Sie l¨ aßt sich aber auch in Form einer mehrstufigen Kaskadenschaltung aufbauen, so daß in jeder Stufe die Spannung verdoppelt wird. Allerdings treten dabei relativ hohe Innenwiderst¨ande auf. Die in Abb. 6.31 gezeigte Delon-Schaltung eignet sich ebenfalls zur Messung des Spitze-SpitzeWertes USS . ˆ+ aufgeladen, W¨ ahrend der positiven Halbwelle wird C1 u ¨ber D1 auf U ˆ− w¨ ahrend in der negativen Halbwelle die Spannung am Kondensator C2 auf U ansteigt, so daß sich als Ausgangsspannung uA wiederum der nach Gl. (6.100) definierte Spitze-Spitze-Wert USS ergibt. Die Delon-Schaltung wird auch als Greinacher-Schaltung oder als doppelte Einweg-Gleichrichterschaltung bezeichnet. 6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes Prinzipiell l¨ aßt sich die Bestimmung des Gleichrichtwertes von Wechselgr¨oßen mit Hilfe eines Doppelweggleichrichters durchf¨ uhren. Nachteilig wirkt sich allerdings die Nichtlinearit¨ at der Dioden aus. Es besteht außerdem das Problem, daß die Diodenschwellspannung zweifach vorhanden ist. Aus diesen Gr¨ unden ist die Schaltungsvariante nach Abb. 6.33a g¨ unstiger, bei der in Reihe mit
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
151
dem Meßger¨ at jeweils eine Diode und ein Vorwiderstand RV liegen. Der Vorwiderstand dient der in Abb. 6.32 erl¨ auterten Linearisierung der Kennlinie. Da jedoch ein Teil des Stromes am Meßwerk vorbeifließt, werden f¨ ur Wechselgr¨ oßen sowohl die Empfindlichkeit des Meßger¨ates als auch sein Innenwiderstand geringer. Dies belegt das Beispiel eines Standard-Meßger¨ates, dessen Innenwiderstand mit RM = 33kΩ/V f¨ ur Gleichstrom und RM = 10kΩ/V f¨ ur Wechselstrom angegeben wird. Bei Verwendung eines Meßwandlers (Trans-
Abb. 6.32: Linearisierung einer Diodenkennlinie durch eine Serienschaltung mit einem hochohmigen Widerstand
formator mit Mittelanzapfung) (Abb. 6.33b) kann der Nachteil der Schaltungsvariante mit Vorwiderst¨ anden (Abb. 6.33a) vermieden werden. Die bessere Linearit¨ at erreicht man bei dieser Schaltung durch Hochtransformieren der Spannung, wodurch die Kennlinienkr¨ ummung der Diode einen geringeren Einfluß hat. Dies geht allerdings wiederum auf Kosten des Innenwiderstandes, ¨ denn der Transformator setzt diesen im Verh¨ altnis 1 : u ¨2 herab (¨ u: Ubersetzungsverh¨ altnis des Transformators). Außerdem lassen sich Meßwandler nur zur Messung reiner Wechselspannungen (ohne Gleichanteil) einsetzen. 6.3.5 Messung des Effektivwertes Bei Verwendung eines Drehspulmeßwerkes in Verbindung mit den oben gezeigten Vollweg-Gleichrichterschaltungen mißt man den Gleichrichtwert |u| einer Spannung (bzw. eines Stromes |i|). F¨ ur einen bekannten Zeitverlauf kann die-
152
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
ser Gleichrichtwert in einen Effektivwert umgerechnet werden. Bei entsprechender Kalibrierung zeigt das Ger¨ at dann den im allgemeinen interessierenden Effektivwert an. Meistens erfolgt diese Kalibrierung f¨ ur rein sinusf¨ormige Zeitverl¨ aufe (Formfaktor F = 1,11). F¨ ur nicht sinusf¨ormige Meßgr¨oßen wird somit ein falscher Meßwert angezeigt. Das Dreheiseninstrument hingegen l¨ aßt sich unmittelbar zur Effektivwertmessung einsetzen. Es handelt sich hierbei um einen echten Effektivwertmesser, da das Meßwerk die Operationen Quadrieren und Mitteln bis zu Frequenzen in der Gr¨ oßenordnung von 1 kHz ohne weitere Beschaltung durchf¨ uhrt. Bei Dreheiseninstrumenten ist allerdings zu beachten, daß ihr Innenwiderstand nicht rein ohmsch ist, sondern auch merkliche induktive Anteile enth¨alt. Dies kann aber durch Zuschalten von Kapazit¨aten f¨ ur einen bestimmten Frequenzbereich wieder kompensiert werden. Auch das elektrodynamische Meßwerk kann zur Effektivwertmessung eingesetzt werden. Zur Messung des Stromeffektivwertes werden beide Spulen des Meßwerkes in der Regel parallel- oder auch in Reihe geschaltet. Aufgrund der mechanischen Tr¨ agheit bildet das Meßwerk den Mittelwert des Stromquadrates, d. h. der Ausschlagwinkel α seines Zeigers ergibt sich wie folgt α = ki2 .
(6.103)
Somit entsteht eine Anzeige, die dem quadratischen Mittelwert des Stromes und damit dem Quadrat des Effektivwertes proportional ist. Dabei ist allerdings darauf zu achten, daß die Innenwiderst¨ ande beider Pfade (feststehende Spule und Drehspule) klein gegen¨ uber dem Widerstand des Meßkreises sein sollten, um die systematischen Belastungsfehler so gering wie m¨oglich zu halten. Verhalten von Standard-Zeigermeßwerken bei Wechselstrom In Tabelle 6.2 wird das Verhalten der Standard-Zeigermeßger¨ate im Wechselstromfall zusammengefaßt.
Abb. 6.33: Schaltungen zur Messung des Gleichrichtwertes von Spannungen: a) Br¨ uckenschaltung mit Dioden und Widerst¨ anden, b) Transformatorbr¨ ucke
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
153
Tabelle 6.2: Das Verhalten von Standard-Zeigermeßger¨ aten bei der Messung von Wechselgr¨ oßen Typ
Anzeige
Verwendung
Drehspulmeßwerk
α ∼ i(t) = ¯i
Universelles Meßwerk (hohe Empfindlichkeit)
Drehspulmeßwerk mit Gleichrichter
ate α ∼ |i(t)| ∼ |i|· Formfaktor i. allg. werden die Ger¨ mit einem Formfaktor F = 1, 11 f¨ ur rein sinusf¨ ormige Wechselgr¨ oßen kalibriert
elektrodynamisches Meßwerk
α ∼ i1 (t)i2 (t)
Leistungsmessung (Effektivwertmesser)
Dreheisenmeßwerk
2 α ∼ i(t)2 = Ieff
robustes Betriebsmeßger¨ at (Effektivwertmesser)
Drehspulquotienten- α = arctan const. meßwerk = Kreuzspulinstrument
i2 (t) i1 (t)
Drehmagnetmeßwerk α = arctan(const.i(t))
Widerstandsmessung
robustes Betriebsmeßger¨ at
6.3.6 Meßwandler Meßwandler haben die prim¨ are Aufgabe, hohe Str¨ome bzw. Spannungen auf einfach meßbare Werte zu transformieren. Weiterhin werden sie aus Sicherheitsgr¨ unden eingesetzt, wenn das Meßger¨at galvanisch von den spannungsf¨ uhrenden Leitern getrennt werden soll, wie z. B. bei Messungen an ¨ Hochspannungsanlagen. Sie sind aber auch in der Lage, infolge ihrer Ubertragungseigenschaften bez¨ uglich hoher (Kurzschluß-) Str¨ome Schutzfunktionen auszu¨ uben. ¨ Meßwandler sind von ihrem Aufbau her Ubertrager bzw. Transformatoren, die aus einer auf einen gemeinsamen Eisenkern gewickelten Prim¨arspule mit Windungszahl N1 und einer Sekund¨ arspule mit Windungszahl N2 bestehen (Abb. 6.34). Das entsprechende, aus diskreten Schaltelementen bestehende allgemeine Ersatzschaltbild eines Transformators wird in Abb. 6.35 gezeigt. In diesem Ersatzschaltbild stellen die Widerst¨ ande R1 bzw. R2 die ohmschen Widerst¨ ande von Prim¨ ar- bzw. Sekund¨ arwicklung dar, w¨ahrend R1E die Verluste im Eisenkern beschreibt. Die Induktivit¨ aten X1σ bzw. X2σ repr¨asentieren die Streuverluste auf der Prim¨ ar- bzw. Sekund¨ arseite. X1h ist die Prim¨arinduktivit¨ at, die den Magnetisierungsstrom tr¨ agt. F¨ ur einen idealen Transformator gilt R1 = R2 = 0 X1σ = X2σ = 0
(6.104) (6.105)
154
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.34: Transformator
X1h → ∞ R1E → ∞ .
(6.106) (6.107)
¨ Das Ersatzschaltbild beschr¨ ankt sich damit auf den idealen Ubertrager mit ¨ dem Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨. Die sekund¨ arseitig angeschlossene Lastimpedanz (RL , XL ) wird B¨ urde genannt. In Abb. 6.36 wird ein zu dem Ersatzschaltbild von Abb. 6.35 ¨ aquivalentes Netzwerk gezeigt. Es wurden hier jedoch alle sekund¨ arseitig auftretenden Gr¨ oßen (Str¨ ome und Spannungen) und Elemente ¨ auf die Prim¨ arseite umgerechnet; außerdem wurde die infolge des Ubertragers stets vorhandene Potentialtrennung zwischen Prim¨ar- und Sekund¨arseite nicht ber¨ ucksichtigt. Prinzipiell w¨ are auch ein weiteres Ersatzschaltbild denkbar, bei dem alle prim¨ arseitigen Gr¨ oßen und Netzwerkelemente auf die Sekund¨arseite transformiert werden. Stromwandler Beim Stromwandler wird der zu messende (Wechsel-) Strom durch die Prim¨arwicklung des Transformators geschickt, w¨ ahrend die Sekund¨arwicklung im Idealfall von einem Strommeßwerk kurzgeschlossen wird (Abb. 6.37). F¨ ur ¨ einen idealen Stromwandler (Ubertrager) ergibt sich das Verh¨altnis von Prim¨ar¨ zu Sekund¨ arstrom aus dem Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨, dessen Kehrwert im Zusammenhang mit Meßwandlern meistens mit ki bezeichnet wird
Abb. 6.35: Ersatzschaltbild eines Transformators. Der im Ersatzschaltbild enthal¨ ¨ tene Ubertrager (Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨: 1) weist ideale Eigenschaften auf.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
155
Abb. 6.36: Transformator-Ersatzschaltbild, bei dem alle sekund¨ arseitig auftretenden Gr¨ oßen und Elemente auf die Prim¨ arseite umgerechnet wurden.
I1eff N2 1 = = = ki . I2eff N1 u ¨
(6.108)
Der Stromwandler ist also ein sekund¨ arseitig kurzgeschlossener bzw. niederohmig abgeschlossener Transformator, der nur aus wenigen Prim¨arwindungen besteht. Der Transformator ist i. allg. so ausgelegt, daß bei prim¨arem Nennstrom I1 = INenn der Sekund¨ arstrom I2 = 5 A bzw. I2 = 1 A betr¨agt. Bei hohen Prim¨ arstr¨omen I1 > 500 A gen¨ ugt prim¨arseitig meist eine Windung.
Abb. 6.37: Stromwandlerschaltung mit standardm¨ aßiger Bezeichnung der Anschlußklemmen. K, L: Prim¨ aranschlußklemmen; k, l: Sekund¨ aranschlußklemmen.
Der Kern eines Stromwandlers ist lediglich f¨ ur den relativ geringen Differenzfluß bemessen, da der vom Prim¨ arstrom erzeugte Fluß im Falle des niederohmigen sekund¨ arseitigen Abschlusses bzw. Kurzschlusses von dem vom Sekund¨ arstrom herr¨ uhrenden Gegenfluß kompensiert wird. Eine Auftrennung des Sekund¨ arkreises h¨ atte zur Folge, daß der gesamte Prim¨arfluß pl¨otzlich ¨ vom Kern aufgenommen werden m¨ ußte, was leicht zu thermischer Uberlastung ¨ f¨ uhren kann. Gleichzeitig w¨ urde eine sich aus dem Ubersetzungsverh¨ altnis ergebende hohe Spannung an den Sekund¨ arklemmen anliegen. Um Spannungs¨ uberschl¨ age bzw. unter Umst¨anden lebensgef¨ahrlich hohe Spannungen zu vermeiden, d¨ urfen Stromwandler daher sekund¨arseitig nicht ¨ im Leerlauf betrieben werden. Oft werden aus diesem Grund Uberspannungsableiter an Stromwandlern angebracht.
156
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Tabelle 6.3: Fehlerklassen und Winkelfehler f¨ ur Meßwandler bei 25 bis 100 % Nennb¨ urde Stromwandler Winkelfehler (in ’) Spannungswandler Winkelfehler (in ’) Fehlerklasse bei 1 . . . 1, 2Inenn Fehlerklasse 0, 1Inenn bei 0, 8 . . . 1, 2Unenn 0,1 0,2 0,5 1
5 10 30 60
0,1 0,2 0,5 1
5 10 20 40
Fehler des Stromwandlers Der Fehler des Stromwandlers ist bei gegebenem Prim¨arstrom I1 die Abweichung des mit der Nenn¨ ubersetzung kNi multiplizierten Sekund¨arstromes I2 vom Prim¨ arstrom. Der relative Fehler betr¨ agt fi =
I2ist − I2soll I2eff kNi − I1eff 100% = 100% . I2soll I1eff
(6.109)
Neben diesem in Gl. (6.109) angegebenen Betragsfehler gibt es noch einen Winkelfehler. Der entsprechende Fehlwinkel δi ist die Voreilung des Sekund¨arstromes gegen¨ uber dem Prim¨ arstrom. Beide Fehler (Betragsfehler und Winkelfehler) lassen sich dem Zeigerdiagramm entnehmen, welches in Abb. 6.38 gezeigt ist. Man kann diesem Diagramm auch entnehmen, daß der Fehler des Stromwandlers mit dem magnetischen Fluß bzw. dem Magnetisierungsstrom ¨ I μ zunimmt. Der Magnetisierungsstrom I μ ergibt sich als vektorielle Uberlagerung aus dem eigentlichen Magnetisierungsstrom I 1h und dem entsprechenden
Abb. 6.38: Zeigerdiagramm eines Stromwandlers. I μ entspricht dem Magnetisierungsstrom (= Prim¨ arstrom bei sekund¨ arseitigem Leerlauf).
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
157
Verluststrom I 1E (Abb. 6.35 und 6.36). Durch geeignete Dimensionierung und Materialauswahl wird daher versucht, den Magnetisierungsstrom klein zu halten. Die f¨ ur Stromwandler standardisierten Fehlerklassen sind in Tabelle 6.3 notiert. Die jeweilige Fehlerklasse beziffert den maximalen relativen Betragsfehler nach Gl. (6.109) in Prozent, w¨ ahrend der zul¨assige Winkelfehler von der aktuellen Belastung durch die B¨ urde abh¨ angt. Mit Hilfe der Operationsverst¨ arkerschaltung nach Abb. 6.39 kann der mit dem Magnetisierungsstrom gekoppelte Fluß ann¨ ahernd zu Null abgeglichen werden, so daß die Stromwandlerfehler sehr klein werden, wenn es gelingt, die Streuverluste sowie die Windungsverluste ebenfalls klein zu halten [133].
Abb. 6.39: Fehlerkompensierende Stromwandlerschaltung; P r: Prim¨ arwicklung; Se: Sekund¨ arwicklung; F u ¨: F¨ uhlerwicklung; R: winkelfehlerfreier Widerstand.
Spannungswandler Beim Spannungswandler wird die zu messende Wechselspannung an die Prim¨ arwicklung des Transformators gelegt, w¨ ahrend an die Sekund¨arwicklung ein Spannungsmesser mit sehr hohem Innenwiderstand angeschlossen wird (Abb. ¨ 6.40). F¨ ur einen idealen Spannungswandler (idealer Ubertrager) ergibt sich
Abb. 6.40: Spannungswandlerschaltung mit standardm¨ aßiger Bezeichnung der Anschlußklemmen. U , V : Prim¨ aranschlußklemmen; u, v: Sekund¨ aranschlußklemmen.
¨ das Verh¨ altnis von Prim¨ ar- zu Sekund¨ arspannung wiederum aus dem Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨, das bei Spannungswandlern meistens mit ku bezeichnet
158
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
wird
U1eff N1 = =u ¨ = ku . (6.110) U2eff N2 Spannungswandler sind also sekund¨ arseitig im Leerlauf betriebene bzw. sehr hochohmig abgeschlossene Transformatoren. Die Sekund¨arspannung betr¨agt bei prim¨ arseitig angelegter Nennspannung im Falle standardm¨aßiger Auslegung U2 = 100 V. Fehler des Spannungswandlers
Der Spannungsfehler eines Spannungswandlers ist bei gegebener Prim¨arspannung U1 die Abweichung der mit der Nenn¨ ubersetzung kNu multiplizierten Sekund¨ arspannung U2 von der Prim¨ arspannung. Der entsprechende relative Fehler fu betr¨ agt fu =
U2ist − U2soll U2eff kNu − U1eff 100% = 100% . U2soll U1eff
(6.111)
Sowohl dieser Betragsfehler als auch der ihm zugeordnete Winkelfehler (Winkel zwischen dem Spannungszeiger U 1 (Prim¨arspannung) und dem Span-
Abb. 6.41: Zeigerdiagramm eines Spannungswandlers
nungszeiger U 2 (Sekund¨ arspannung)) sind dem Zeigerdiagramm des Spannungswandlers (Abb. 6.41) zu entnehmen. Dieses Zeigerdiagramm lehrt, daß der Fehler des Spannungswandlers sowohl vom Wandler selbst als auch von der B¨ urde abh¨ angt. Denn mit Ver¨ andern der B¨ urde ¨andert sich der Stromzeiger I 2 und somit das Teilzeigerdiagramm, bestehend aus den Zeigern u ¨U 2 , u ¨I 2 R2 , j u ¨I 2 X2σ und U 1h , und damit letztlich auch der Fehler. Die Genauigkeitsklassen beziffern wiederum den zul¨assigen relativen Spannungsfehler fu nach Gl. (6.111) in Prozent. Der entsprechende Spannunsfehlwinkel δu ist in Tabelle 6.3 notiert. F¨ ur Meßspannungen oberhalb 200 kV verwendet man kapazitive Spannungsteiler, welche die Hochspannung auf etwa 10 % ihres urspr¨ unglichen Wertes herabsetzen (Abb. 6.42). Die nachgeschaltete Drossel wird so bemessen, daß bei Nennfrequenz im Meßkreis Resonanz herrscht [124]. Die zu messende Spannung U 1 und die am Spannungsmeßger¨ at anliegende Spannung U 2 haben in diesem Fall dieselbe Phasenlage.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
159
Spannungswandler C1 Drossel
U1 C2
U2
Abb. 6.42: Grundschaltung des Spannungswandlers mit kapazitiver Teilung zur Messung sehr hoher Spannungen. C1 , C2 : Hochspannungs-Kondensatoren.
7 Meßverst¨ arker
Um mit Meßger¨aten auch Spannungen und Str¨ome messen zu k¨onnen, die unterhalb der Ansprechempfindlichkeit des Meßwerkes liegen, werden Meßverst¨arker eingesetzt. Sie wandeln die zu messende Spannung bzw. den zu messenden Strom in ein proportionales Signal h¨oherer Amplitude um. Dabei werden folgende Eigenschaften der Meßverst¨ arker gefordert: • geringe R¨ uckwirkung auf die Meßgr¨ oße • Signaltreue (Linearit¨ at) • hohe Amplitudendynamik (niedriges Eigenrauschen, geringe Verzerrungen bei großen Amplituden) • ausreichende Bandbreite (Ausgangssignal muß dem Eingangssignal zeitlich folgen k¨onnen) • eingepr¨ agtes Ausgangssignal (Spannung oder Strom). W¨ ahrend man in der klassischen Meßtechnik versucht hat, die R¨ uckwirkungsfreiheit einer Messung durch Kompensationsverfahren zu erreichen, bedient sich die elektronische Meßtechnik dazu eines Meßverst¨arkers mit geeigneter Eingangs- bzw. Ausgangsimpedanz. So kann beispielsweise die bei der Spannungsmessung stets vorhandene Belastung eines Meßkreises infolge der endlichen Innenimpedanz des Meßger¨ ates und der daraus resultierende Meßfehler durch die Verwendung eines Meßverst¨ arkers mit sehr hohem Eingangswiderstand i. allg. soweit reduziert werden, daß sie nicht mehr st¨ort. Elektronische Verst¨ arkerschaltungen werden weiterhin eingesetzt, um die in Form elektrischer Signale vorliegenden Meßwerte in analoger Form weiterzuverarbeiten. So werden beispielsweise Verst¨arker verwendet, um Meßwerte zu addieren, subtrahieren, multiplizieren, logarithmieren, integrieren oder zu differenzieren. Bei der Realisierung elektronischer Meßverst¨arker werden, abgesehen von Anwendungen im Bereich sehr hoher Frequenzen (> 150 MHz) oder hoher Spannungen (> 150 V), heute vorwiegend integrierte Operationsverst¨ arkerschaltungen eingesetzt. Diese Operationsverst¨arker (Operational Amplifier, OpAmp) dienen dabei nicht nur als reine Meßverst¨arker sondern
162
7 Meßverst¨ arker
Eingang
Ausgang Eingang
Ausgang
a)
uE
uA
uA uE
uE
uA
b) Abb. 7.1: Schaltsymbole f¨ ur elektronische Meßverst¨ arker: a) allgemeine Symbole, b) massebezogene Darstellungen (allgemein, nicht-invertierend, invertierend)
auch als universelle Grundbausteine der gesamten analogen Signalverarbeitung. Abbildung 7.1 zeigt die standardm¨ aßig verwendeten Schaltsymbole f¨ ur elektronische Meßverst¨ arker.
7.1 Operationsverst¨ arker 7.1.1 Idealer Operationsverst¨ arker Abbildung 7.2 zeigt das Schaltbild eines (idealen) Operationsverst¨arkers. Er besitzt stets einen invertierenden mit N bzw. − gekennzeichneten und einen mit P bzw. + gekennzeichneten nicht-invertierenden Eingang sowie einen Ausgang. Sowohl die beiden Eingangsklemmen als auch die Ausgangsklemme bilden mit der Masseleitung jeweils ein elektrisches Tor. Das wichtigste Kennzeichen eines (idealen) Operationsverst¨arkers ist, daß die Eigenschaften des mit ihm realisierten Verst¨ arkers nur durch die a¨ußere Beschaltung des Operationsverst¨ arkerbausteins festgelegt werden, welche i. allg. auf rein passiven Bauelementen basiert. Ein idealer Operationsverst¨arker ist a¨quivalent einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle mit der Leerlaufspannungsverst¨ arkung V0 → ∞. F¨ ur die Ausgangsspannung uA gilt allgemein (Abb. 7.2) uA = V0 uD = V0 (uP − uN ) ,
(7.1)
aus der f¨ ur V0 → ∞ notwendigerweise uD = 0 folgt. Die Eingangsstr¨ome iN bzw iP des idealen Operationsverst¨ arkers sind Null iN = iP = 0 .
(7.2)
Infolgedessen muß f¨ ur den Eingangswiderstand rE , der bei einem realen Operationsverst¨ arker zwischen P - und N -Eingang liegt (Abb. 7.3), rE → ∞
(7.3)
7.1 Operationsverst¨ arker
N
iN uD
uN
163
P
iP
iA u DV0 uA
uP
Abb. 7.2: Ersatzschaltbild eines (idealen) Operationsverst¨ arkers
gelten. Der Ausgangswiderstand rA (Widerstand in Serie zur spannungsgesteuerten Spannungsquelle, s. Abb. 7.3) betr¨agt wie bei einer idealen Spannungsquelle rA = 0 . (7.4) Weiterhin sind beim idealen Operationsverst¨ arker alle Eigenschaften frequenzund temperaturunabh¨ angig. 7.1.2 Realer Operationsverst¨ arker In Abb. 7.3 wird das Schaltbild und in Abb. 7.4 die Kennlinie der Leerlaufverst¨ arkung eines realen Operationsverst¨ arkers gezeigt. Genauer gesagt handelt es sich dabei um einen dahingehend idealisierten Operationsverst¨arker, daß er innerhalb seiner Aussteuerungsgrenzen (uAmin ≤ uA ≤ uAmax ) linea¨ re Ubertragungseigenschaften aufweist (s. Kennlinie der Leerlaufspannungsverst¨ arkung in Abb. 7.4). Die maximale und die minimale Ausgangsspannung uAmax bzw. uAmin liegen bei Standard-Operationsverst¨arkern betragsm¨aßig etwa um 1 bis 3 V unter der Betriebsspannung ±UB des Operationsverst¨arkers. +UB iN
u gl Vgl
u'D
rE
UD0
uD
u DV0
rA
iA
iP
uN
r gl
r gl
uP I N0
-UB
I P0
Abb. 7.3: Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines realen Operationsverst¨ arkers
uA
164
7 Meßverst¨ arker
uA +UB u Amax UD0
uD
u Amin -UB Abb. 7.4: Kennlinie der Leerlaufverst¨ arkung eines Operationsverst¨ arkers (gestrichelt: mit Offsetspannung)
Die wesentlichen Unterschiede zum idealen Operationsverst¨arker sind: a) Der Eingangs- und der Ausgangswiderstand nehmen endliche Werte an: rE ≈ 1MΩ bis 1TΩ; rA ≈ 2Ω bis 100Ω, b) der reale Verst¨arkungsgrad liegt zwischen 104 ≤ V0 ≤ 107 . F¨ ur den realen Operationsverst¨arker sind die im Kap. 7.1.3 enthaltenen wichtigen Kenngr¨ oßen definiert. Zum Verst¨andnis dieser Kenngr¨ oßen ist die Erl¨ auterung der Funktionsweise einer R¨ uckkopplungsschaltung, und im speziellen Fall die Funktion einer Gegenkopplungsschaltung, gem¨aß Abb. 7.5 notwendig. Eine solche Gegenkopplungsschaltung enth¨alt einen Verst¨ arker mit der Leerlaufverst¨ arkung V0 , ein R¨ uckkoppelnetzwerk mit der ¨ Ubertragungsfunktion Vg , welche im allgemeinen Fall frequenzabh¨angig sein kann, und einen Subtrahierer. Die Ausgangsspannung uA l¨aßt sich anhand von Abb. 7.5 wie folgt angeben uA = V0 uD = V0 (uE − uA Vg ) .
(7.5)
Daraus folgt f¨ ur die Gesamtverst¨ arkung V V =
uA = uE
1 V0
1 . + Vg
(7.6)
Im Falle eines idealen Verst¨ arkers (V0 → ∞) ergibt sich die Gesamtverst¨arkung der Gegenkopplungsschaltung zu 1 V0 →∞ Vg +
lim V = lim
V0 →∞
1 V0
=
1 . Vg
(7.7)
V0 uE
uD
Rückkoppel-Netzwerk
uA Vg
Abb. 7.5: Gegenkopplungsschaltung
7.1 Operationsverst¨ arker
165
Die Gegenkopplungsschaltung aus Abb. 7.5 l¨ aßt sich f¨ ur den Fall einer sehr hohen Verst¨ arkung (V0 → ∞) (Gl. (7.7)) durch einen invertierenden Verst¨arker nach Abb. 7.6 realisieren, wenn die Leerlaufverst¨arkung des dort verwendeten Operationsverst¨arkers ebenfalls gegen einen unendlich hohen Wert strebt. Da bei einem Operationsverst¨ arker die Eingangsstr¨ome idealerweise verschwinden (iP = iN = 0), ergibt sich aus der Schaltung nach Abb. 7.6 i1 + i2 = 0 .
(7.8)
Zwei im Schaltbild (Abb. 7.6) vorgenommene Maschenuml¨aufe ergeben weiterhin uE = R1 i1 − uD uA = R2 i2 − uD = V0 uD .
(7.9) (7.10)
Aus den Gln. (7.8 - 7.10) folgt die Gesamtverst¨arkung V 2 −R uA R1 = V = uE 1 + V10 (1 +
R2 R1 )
.
(7.11)
ur die Gesamtverst¨arF¨ ur einen idealen Operationsverst¨ arker (V0 → ∞) folgt f¨ kung V schließlich uA R2 lim V = =− . (7.12) V0 →∞ uE R1 Ein Koeffizientenvergleich zwischen den Gln. (7.7) und (7.12) liefert die Be¨ ziehung zwischen der Ubertragungsfunktion Vg des R¨ uckkoppelnetzwerkes (Abb. 7.5) und den Werten R1 und R2 der ohmschen Widerst¨ande der Operationsverst¨ arkerschaltung nach Abb. 7.6 Vg = −
R1 . R2
(7.13)
Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß die in Gl. (7.13) angef¨ uhrte Verst¨arkung Vg des R¨ uckkoppelnetzwerkes nur dann mit der aus Gl. (7.6) bzw. Gl. (7.7) identisch ist, wenn V0 einen sehr hohen Wert annimmt. R2 i1 uE
R1
i2
iN uD
V0 uA
Abb. 7.6: Invertierende Verst¨ arkerschaltung
166
7 Meßverst¨ arker
7.1.3 Definitionen von Operationsverst¨ arker-Kenngr¨ oßen Im folgenden werden die wichtigsten Kenngr¨ oßen von Operationsverst¨arkern bzw. Operationsverst¨ arkerschaltungen beschrieben. Die verwendeten Gr¨oßenbezeichnungen beziehen sich auf die in Abb. 7.2 und Abb. 7.3 gezeigten Ersatzschaltbilder von idealem und realem Operationsverst¨arker sowie die in Abb. 7.5 gezeigte Gegenkopplungsschaltung. • Leerlaufspannungsverst¨ arkung (open loop voltage gain) V0 Es handelt sich hierbei um die Differenzverst¨arkung der offenen Schleife, d. h. des nicht-r¨ uckgekoppelten, unbeschalteten Operationsverst¨arkers. V0 =
•
∂uA ∂uD
- ideal: V0 → ∞ - real: 104 ≤ V0 ≤ 107 Leerlaufspannungsverst¨ arkungsmaß V0 [dB]
∂uA V0 [dB] = 20 lg V0 = 20 lg ∂uD
(7.14)
(7.15)
- ideal: V0 → ∞ - real: 80 dB ≤ V0 ≤ 140 dB • Gleichtaktspannung (common mode voltage) ugl Die Gleichtaktspannung entspricht dem arithmetischen Mittel der beiden Eingangsspannungen uN und uP ugl =
uP + uN . 2
(7.16)
• Gleichtaktspannungsverst¨ arkung (common mode voltage gain) Vgl Bei einem realen Operationsverst¨ arker erscheint die um den Faktor Vgl verst¨ arkte Gleichtaktspannung Ugl am Ausgang Vgl =
•
∂uA . ∂ugl
(7.17)
- ideal: Vgl = 0 - real: Vgl ≈ 1 Gleichtaktunterdru ¨ ckung (common mode rejection ratio) CMRR
V0 (7.18) CMRR [dB] = 20 lg Vgl - ideal: CMRR → ∞ - real: CMRR ≈ 100 dB
7.1 Operationsverst¨ arker
167
¨ • Ubertragungsfunktion (frequency response) G(ω) ¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(ω) von Operationsverst¨arkerschal¨ tungen, die auch als Ubertragungsfaktor bezeichnet wird, entspricht der komplexen Verst¨ arkung, d. h. dem Verh¨ altnis der in Zeigerform dargestellten Ausgangsspannung U A zur Differenzeingangsspannung U D . Die¨ se Ubertragungsfunktion l¨ aßt sich f¨ ur reale Operationsverst¨arker nach Gl. (7.19) approximieren G(ω) =
V U A (ω) 0 . = U D (ω) 1 + j ωω1 1 + j ωω2
(7.19)
¨ G(ω) entspricht also der Ubertragungsfunktion eines Tiefpasses mit den beiden Eckfrequenzen ω1 und ω2 [125]. Dies bedeutet, daß der Betrag ¨ der Ubertragungsfunktion ab der Frequenz ω1 = 2πf1 mit 20 dB/Dekade (= ˆ 6 dB/Oktave) und ab der Frequenz ω2 = 2πf2 mit 40 dB/Dekade (= ˆ 12 dB/Oktave) f¨ allt. Der Wert V0 stellt die Gleichspannungsverst¨arkung dar. Bei unbeschalteten Operationsverst¨ arkern liegt f1 typischerweise im Bereich einiger Hertz, w¨ ahrend f2 der oberen Grenzfrequenz des unbeschalteten Operationsverst¨ arkers entspricht. Abbildung 7.7 zeigt den Frequenzgang der Leerlaufverst¨ arkung des Universal-Operationsverst¨arkers vom Typ μA 741 nach Betrag und Phase (Tiefpaß-Eckfrequenzen: f1 ≈ 10 Hz und f2 ≈ 5 MHz). |G(w)| [dB]
j (°)
120
0
80
-45 -90
40 0 -20
-135 100 102
104
106 f (Hz)
a)
-180
100 102
104
106 f (Hz)
b)
Abb. 7.7: Frequenzgang der Leerlaufspannungsverst¨ arkung des Operationsverst¨ arkers μA 741 (UB = ±15 V) bei einer Temperatur von 25◦ C: a) Betrag, b) Phase
•
Verst¨ arkung der geschlossenen Schleife (closed loop voltage gain), Gesamtverst¨ arkung V Es handelt sich hierbei um die Gesamtverst¨arkung V des r¨ uckgekoppelten ¨ Verst¨ arkers nach Abb. 7.5 (die Ubertragungsfunktion des R¨ uckkoppelnetzwerkes wird mit Vg bezeichnet) V =
∂uA ∂uE
(7.20)
168
7 Meßverst¨ arker
- ideal (V0 → ∞):
1 Vg
(7.21)
V0 1 + V g V0
(7.22)
V = - real (Gl. (7.6)): V =
• Gleichtakteingangswiderstand (common mode input resistance) Der Gleichtakteingangswiderstand rgl wird wie folgt berechnet rgl =
∂ugl + iN )
1 2 ∂(iP
(7.23)
- ideal: rgl = ∞ - real: rgl = 1 GΩ . . . 100 TΩ • Differenzeingangswiderstand (differential input resistance) rE Da im allgemeinen der Gleichtaktwiderstand rgl groß ist gegen¨ uber dem Differenzeingangswiderstand rE (rgl rE ), gilt folgende Definitionsgleichung f¨ ur den Differenzeingangswiderstand rE =
∂uD − iN )
1 2 ∂(iP
- ideal: rE = ∞ - real: rE = 1 MΩ . . . 1 TΩ • Ausgangswiderstand (output resistance) rA ∂uA rA = − ∂iA uD =const.
(7.24)
(7.25)
- ideal: rA = 0 - real: rA = 2 Ω . . . 100 Ω • Eingangsfehlspannung (input offset voltage), Offsetspannung UD0 Durch nicht-identische Eingangstransistoren des bei Operationsverst¨arkern stets vorhandenen Differenzeingangsverst¨ arkers [139] wird auch f¨ ur uN = uP = 0 beim realen Operationsverst¨ arker eine Ausgangsspannung uA = 0 erzeugt. Jene Spannungsdifferenz UD0 , welche am Eingang angelegt werden muß, um die Ausgangspannung auf Null abzugleichen, wird als Eingangsfehlspannung oder als Eingangs-Offsetspannung UD0 bezeichnet. Sie erscheint im Schaltbild des realen Operationsverst¨arkers als Spannungsquelle am Eingang (Abb. 7.3). - ideal: UD0 = 0 - real: UD0 = 0, 5 μV . . . 5 mV • Gesamtausgangsspannung (output voltage) uA ¨ Die Gesamtausgangsspannung uA ergibt sich als Uberlagerung aus der verst¨ arkten Leerlauf-Differenzeingangsspannung uD , die um die Offsetspannung UD0 vermindert wird, und der mit der Gleichtaktverst¨arkung multiplizierten Gleichtaktspannung
7.1 Operationsverst¨ arker
uD = uP − uN uA = V0 uD + Vgl ugl = V0 (uD − UD0 ) + Vgl ugl = V0 (uP − uN − UD0 ) + Vgl ugl
169
(7.26) (7.27) (7.28)
• Versorgungsspannungsunterdru ¨ ckung (power supply rejection ratio) PSRR Die Versorgungsspannungsunterdr¨ uckung ist ein Maß daf¨ ur, welchen Einfluß eine Spannungsschwankung der Versorgung auf die Ausgangsspannung hat
∂uA PSRR [dB] = −20 lg (7.29) ∂uB - ideal: PSRR → ∞ - real: PSRR ≈ 100 dB • Grenzfrequenz (cutoff frequency) fg , Bandbreite (bandwidth) Die 3-dB-Grenzfrequenz fg ist jene Frequenz, bei der die Verst¨arkung gegen¨ uber √ ihrem Gleichspannungswert um 3 dB (entspricht einem Faktor von 1/ 2) gesunken ist. Diese obere Grenzfrequenz, die im allgemeinen der Bandbreite des Verst¨ arkers entspricht, ist von der ¨außeren Beschaltung des Operationsverst¨ arkers abh¨ angig. F¨ ur unbeschaltete Operationsverst¨arker liegt sie bei einigen Hertz (Abb. 7.7). • Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) SR Die Anstiegsgeschwindigkeit (Einheit V/μs) entspricht der zeitlichen Ableitung der Ausgangsspannung im Großsignalbetrieb bei Anlegen eines Spannungssprunges am Eingang
∂uA SR = (7.30) ∂t max - ideal: SR → ∞ V V - real: SR = 0, 5 μs . . . 10.000 μs • Eingangsruhestrom (input bias current) IB Die Eingangstransistoren eines Operationsverst¨arkers weisen grunds¨atzlich Basis- bzw. Gatestr¨ ome auf. Selbst bei Operationsverst¨arkerschaltungen mit einer sog. inneren Bias-Stromversorgung sind die Str¨ome IN und IP noch ungleich Null und m¨ ussen durch die ¨ außere Beschaltung aufgebracht werden. Trotz des m¨ oglichst symmetrischen Aufbaus der meisten Differenzeingangsstufen ist dar¨ uber hinaus IN = IP . In Datenbl¨attern sind stets die Mittelwerte von IN und IP sowie der Betrag ihrer Abweichungen voneinander angegeben. F¨ ur den mittleren Eingangsruhestrom (Biasstrom, Input Bias Current) IB gilt dabei folgende Definition IB =
IN0 + IP0 2
(7.31)
- ideal: IB = 0 - real: IB = 3 fA(FET) . . . 1 μA (bipolar, in Sonderf¨allen bis 25 μA)
170
•
7 Meßverst¨ arker
Eingangsfehlstrom (input offset current), Offsetstrom ID0 Der Offsetstrom ID0 eines Operationsverst¨arkers entspricht der Differenz der Eingangsruhestr¨ ome IN0 und IP0 ID0 = IN0 − IP0
•
(7.32)
- ideal: ID0 = 0 - real: ID0 = 1 fA ... 20 nA Offsetspannungsdrift (offset voltage drift) Die Offsetspannungsdrift beschreibt die Abh¨angigkeit der Offsetspannung UD0 von der Temperatur ϑ ∂UD0 (7.33) ∂ϑ
- ideal: 0 - real: 0, 01 μV/◦ C . . . 15 μV/◦ C • Eingangsstromdrift Die Eingangsstromdrift beschreibt die Temperaturabh¨angigkeit des Eingangsstromes ∂(iP , iN ) (7.34) ∂ϑ uN =const.,uP =const. - ideal: 0 - real: 10 fA/◦ C . . . 1 μA/◦ C • Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt (gain bandwidth product) V fg Wichtiger noch als der reine Verst¨arkungsfaktor ist das sogenannte Verst¨arkungs-Bandbreite-Produkt fg0 V0 , welches bei Universaltypen bei etwa V0 fg0 = 106 Hz liegt und bei auf hohe Bandbreite ausgerichteten Operationsverst¨ arkern bis zu 3 · 109 Hz reicht. Durch eine Gegenkopplungsschaltung gem¨ aß Abb. 7.5 wird der effektive Verst¨arkungsfaktor V und die effektive Grenzfrequenz fg der Meßschaltung eingestellt. Das Produkt aus Verst¨ arkungsfaktor V und Bandbreite bzw. Grenzfrequenz fg ist f¨ ur GrenzV V0 1 0,1 f g0
0,01 0,01
0,1
1
fg 10
100
f f g0
Abb. 7.8: Zusammenhang zwischen Grenzfrequenz und Verst¨ arkungsfaktor eines Operationsverst¨ arkers (Konstanz des Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produktes V fg )
7.1 Operationsverst¨ arker
171
frequenzen oberhalb von fg0 (fg > fg0 ) bei einem bestimmten Operationsverst¨ arkertyp stets ein konstanter Wert (Abb. 7.8) V fg = V0 fg0 . •
(7.35)
Transitfrequenz (unity gain bandwidth) fT Die Transitfrequenz fT ist jene Frequenz, bei der die Leerlaufspannungsverst¨ arkung auf 0 dB abgesunken ist.
In Tabelle 7.1 sind die Leistungsdaten einiger kommerziell erh¨altlicher Operationsverst¨ arker zusammengefaßt. Diese Zusammenstellung enth¨alt neben den beiden Universaltypen (μA 741, TL 081) Operationsverst¨arker, die im Hinblick auf bestimmte Leistungsdaten optimiert wurden, wie z.B hohe Transitfrequenz (CLC425), hohe Slew-Rate (THS3201), geringes Rauschen (AD797) oder hohe Ausgangsspannung (PA89). Tabelle 7.1: Leistungsdaten kommerziell erh¨ altlicher Operationsverst¨ arker Bezeichnung μA 741 Hersteller Philips OPV-Typ Urvater UD0 IB ID0 rgl rE rA V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca. 1
TL 081 LM324 THS3201 TI Philips TI Universal FET Low Cost Universal High Slew-Rate
± 2 mV 80 nA 20 nA 2 MΩ
3 mV 30 pA 5 pA 1012 Ω
75 Ω 106 dB 90 dB 0,5 V/μs 1 MHz
128 Ω 103 dB 86 dB 13 V/μs 3 MHz
± 4 mV ± 80 μA 780 kΩ
∼ 10 mA ± 18 V
± 18 V
± 8 mA ± 15 V
140 dB 58 dB 10500 V/μs 1,8 GHz 20 ns √ 1,7 nV/ Hz > 10 MHz √ 20 pA/ Hz > 10 MHz ± 100 mA ± 8V
0,36 EUR
0,36 EUR
0,17 EUR
3,60 USD
√ 18 nV Hz 1 kHz √ 0,01 pA/ Hz 1 kHz
1
± 2 mV 45 nA ± 5 nA
100 dB 85 dB 0,3 V/μs 1 MHz √ 40 nV/ Hz 1 kHz
Rail to Rail heißt, daß der jeweilige Operationsverst¨ arker bez¨ uglich Eingangsspannung (IN) bzw. Ausgangsspannung (OUT) bis an die Grenzen der Betriebsspannung betrieben werden kann [139].
172
7 Meßverst¨ arker
Bezeichnung CLC425 Hersteller National OPV-Typ Wideband UD0 IB ID0 rgl rE rA V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca.
± 0,1 mV ± 12 μA ± 0,2 μA 2 MΩ 6 kΩ 5 mΩ 96 dB 100 dB 350 V/μs 1,9 GHz 22 ns √ 1 nV/ Hz 1 - 100 MHz √ 1,6 pA/ Hz 1 - 100 MHz 80 mA ± 7V 32,50 USD
AD8551 AD797 Analog Devices Analog Devices Precision Ultralow Noise
INA116 Burr Brown Ultralow Bias
1 μV 10 pA 20 pA
25 μV 250 nA 100 nA 100 MΩ 7,5 kΩ 3 mΩ 146 dB 130 dB 20 V/μs 110 MHz 800 ns √ 0,9 nV/ Hz 1 kHz √ 2 pA/ Hz 1 kHz 50 mA ± 15 V
0,5 mV 3 fA 1 fA ≥ 1015 Ω ≥ 1015 Ω 650 Ω programmierbar 89 dB 0,8 V/μs 800 kHz 22 μs √ 28 nV/ Hz 1 kHz √ 0,1 fA/ Hz 1 kHz ± 5 mA ± 18 V
145 dB 130 dB 0,4 V/μs 1,5 MHz √ 42 nV/ Hz 1 kHz√ 2 fA/ Hz 10 Hz 10 mA 6V IN + OUT 1,08 USD
4,31 USD
4,00 USD
Bezeichnung PA50 Hersteller Apex OPV-Typ High Output Current
PA89A Apex High Output Voltage
MAX4464 Maxim Low Power 1,8 V 750 nA
LTC 2053 Linear Technology 1 Chip Instrum. Amp.
UD0 IB ID0 rgl rE rA V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca.
5 mV 10 pA 10 pA 100 GΩ
250 nV 3 pA 3 pA 100 GΩ
0,5 mV 200 pA 13 pA
10 μV 10 nA 4 nA
2,5 Ω 102 dB 100 dB 50 V/μs 3 MHz 1 μs 10 μ RMS 100 kHz BW
120 dB 110 dB 16 V/μs 10 MHz 2 μs 4 μV RMS 10 kHz BW
100 dB 95 dB 20 V/ms 40 kHz
116 dB 0,2 V/μs 0,2 MHz
√ 150 nV/ Hz 1 kHz
2,5 μVpp 10 Hz
40 A 100 V
75 mA ± 600 V
370 USD
640 USD
11 mA 5,5 V OUT 0,65 EUR
1 nA 11 V IN + OUT 3,20 USD
7.1 Operationsverst¨ arker
173
7.1.4 Operationsverst¨ arker-Grundschaltungen Ein Operationsverst¨ arker kann durch entsprechende ¨außere Beschaltung in sehr vielf¨ altiger Weise f¨ ur Meßaufgaben eingesetzt werden. Im folgenden werden verschiedene Standard-Operationsverst¨ arkerschaltungen vorgestellt, wobei jeweils das Verh¨ altnis von Ausgangsgr¨ oße (i. allg. die Ausgangsspannung uA ) zu Eingangsgr¨ oße (i. allg. die Eingangsspannung uE ) angegeben wird. Die Beziehung zwischen Ausgangs- und Eingangsgr¨oße l¨aßt sich leicht ableiten, wenn man den Operationsverst¨ arker in der folgenden Weise idealisiert: Differenzeingangsspannung uD = 0, Eingangswiderstand rE → ∞, Eingangsstr¨ ome iN = 0 bzw. iP = 0, Leerlaufverst¨ arkung V0 → ∞. Die Auswertung der aus dem jeweiligen Schaltbild resultierenden Knoten- und Maschengleichungen liefert dann unmittelbar den gesuchten mathematischen Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Eingangsgr¨ oße. Invertierender Verst¨ arker Der invertierende Verst¨ arker wurde bereits in Kap. 7.1.2 besprochen (s. Abb. 7.6). F¨ ur einen idealen Operationsverst¨arker ergibt sich das Verh¨altnis von Ausgangsspannung uA zur Eingangsspannung uE zu (s. Gl. (7.12)) uA R2 =− . uE R1
(7.36)
Invertierer Der reine Invertierer (Abb. 7.9) hat die Aufgabe, die Polarit¨at der Eingangsspannung am Ausgang umzukehren uA = −uE ,
(7.37)
was dadurch erreicht wird, daß beim invertierenden Verst¨arker (Abb. 7.6) die Widerst¨ ande R1 und R2 identisch gew¨ ahlt werden.
Abb. 7.9: Grundschaltung des Invertierers
174
7 Meßverst¨ arker
Nicht-invertierender Spannungsverst¨ arker Der nicht-invertierende Spannungsverst¨ arker (Abb. 7.10) beh¨alt die Polarit¨at der Eingangsspannung bei und erlaubt die Einstellung des Verst¨arkungsfaktors u ¨ber die Widerstandskombination R1 und R2 uA R2 =1+ . uE R1
(7.38)
Abb. 7.10: Nicht-invertierender Spannungsverst¨ arker
Addierender Verst¨ arker Der addierende Verst¨ arker (Abb. 7.11) addiert die Eingangsspannungen und dreht die Polarit¨at nach der Summenbildung um. Mit Hilfe der Widerstandswerte R1 und R2 lassen sich die Eingangsspannungen u1 und u2 mit Gewichtsfaktoren versehen
u1 u2 R3 . uA = iG R3 = −(i1 + i2 )R3 = − + (7.39) R1 R2 Im allgemeinen w¨ ahlt man R1 = R2 = R3 , so daß eine ungewichtete Summenbildung erzielt wird uA = −(u1 + u2 ) . (7.40)
Subtrahierender Verst¨ arker Der subtrahierende Verst¨ arker (Abb. 7.12) erlaubt die Differenzbildung der beiden Eingangsspannungen u1 und u2 . F¨ ur beliebige Widerstandswerte lassen sich wiederum Gewichtsfaktoren einstellen u A = u2
R4 (R1 + R3 ) R3 − u1 . R1 (R2 + R4 ) R1
(7.41)
7.1 Operationsverst¨ arker
175
Abb. 7.11: Addierender Verst¨ arker
F¨ ur den Fall R1 /R3 = R2 /R4 ergibt sich die gew¨ unschte Subtraktion der Eingangsspannungen mit zus¨ atzlicher Verst¨ arkung um den Faktor R3 /R1 uA =
R3 (u2 − u1 ) . R1
(7.42)
F¨ ur den reinen Subtrahierer w¨ ahlt man R1 = R2 = R3 = R4 , so daß ungewichtet subtrahiert wird uA = u2 − u1 . (7.43)
Abb. 7.12: Subtrahierender Verst¨ arker
Impedanzwandler Mit Hilfe des Impedanzwandlers (Abb. 7.13), der auch als Spannungsfolger bezeichnet wird, werden Quellen mit hohem Innenwiderstand an Schaltungen mit niedrigem Widerstand angepaßt. So kann beispielsweise an hochohmigen Schaltungen mit weniger hochohmigen Meßwerken r¨ uckwirkungsfrei gemessen werden. Die Eingangsspannung erscheint dabei unver¨andert am Ausgang uA = uE .
(7.44)
176
7 Meßverst¨ arker
Abb. 7.13: Impedanzwandler
Integrierender Verst¨ arker In der analogen Signalverarbeitung ist der auf einem Operationsverst¨arker basierende Integrierer (Integrator) eines der zentralen Elemente. Der integrierende Verst¨ arker (Abb. 7.14) bildet das zeitliche Integral einer Eingangsspannung. F¨ ur den Fall, daß der Anfangswert der Ausgangsspannung uA zu Beginn der Integration den Wert Null annimmt, folgt t 1 t 1 t 1 uA = iG dt = − iE dt = − uE dt . (7.45) C 0 C 0 RC 0
Abb. 7.14: Integrierende Operationsverst¨ arkerschaltung
Differenzierender Verst¨ arker (Prinzip) Der differenzierende Verst¨ arker (Abb. 7.15) hat die Aufgabe, die Eingangsspannung uE zeitlich zu differenzieren uA = iG R = −iE R = −RC
duE . dt
(7.46)
Differenzierender Verst¨ arker (praktische Realisierung) Die Schwingneigung der Prinzipschaltung nach Abb. 7.15 kann vermieden werden, wenn die modifizierte Differenzierer-Schaltung nach Abb. 7.16 verwendet
7.1 Operationsverst¨ arker
177
Abb. 7.15: Prinzip einer differenzierenden Operationsverst¨ arkerschaltung
wird. Die reine Differenzierung der Eingangsspannung erreicht man durch die Wahl entsprechender Zeitkonstanten R1 C1 und R2 C2 . Denn w¨ahlt man diese so klein, daß die h¨ ochste in der Eingangsspannung enthaltene Signalfrequenz ω klein ist gegen¨ uber den Kehrwerten der beiden Zeitkonstanten 1 R1 C1 1 , ω R2 C2 ω
(7.47) (7.48)
folgt wiederum duE . (7.49) dt Eine modifizierte Operationsverst¨ arkerschaltung eines Differenzierers wird in [75] behandelt. uA = −R2 C1
Abb. 7.16: Differenzierende Operationsverst¨ arkerschaltung (technisch verwendbar)
Logarithmierender Verst¨ arker mit Diode Eine die Eingangsspannung logarithmierende Operationsverst¨arkerschaltung enth¨ alt eine Diode im R¨ uckkoppelzweig (Abb. 7.17). Mit der f¨ ur den Durchlaßbereich vereinfachten (Diodensperrstrom IS Diodenstrom iD ) Diodenkennlinie iD = f (uD ) uD iD = IS e mUT (7.50)
178
7 Meßverst¨ arker
folgt unter Ber¨ ucksichtigung der Knotengleichung iD = iE die Ausgangsspannung uA als logarithmierte Eingangsspannung uE
iE uE f¨ ur uE > 0 . uA = −mUT ln = −mUT ln (7.51) IS IS R angigen Sperrstrom der Diode, m = Dabei bezeichnen IS den temperaturabh¨ 1...2 den stromabh¨ angigen Korrekturfaktor und UT die Temperaturspannung der Diode kT UT = , (7.52) e0 die bei einer Temperatur T = 25◦ C einen Wert von UT = 25, 7 mV aufweist. In Gl. (7.52) wurden folgende Bezeichnungen verwendet: die Boltzmann-Konstante k = 1, 38 · 10−23 Ws/K, die absolute Temperatur T (K) und die Elementarladung e0 = 1, 6 · 10−19 As.
Abb. 7.17: Logarithmierende Operationsverst¨ arkerschaltung mit Diode
Logarithmierender Verst¨ arker mit Transistor Der Einfluß des stromabh¨ angigen Korrekturfaktors m (Gl. (7.51)) l¨aßt sich umgehen, wenn man statt der Diode einen Transistor gem¨aß Abb. 7.18 einsetzt. F¨ ur den Kollektorstrom iC gilt bei kleinem Kollektorsperrstrom ICS (ICS iC )
Abb. 7.18: Prinzipschaltung eines Logarithmierers mit Operationsverst¨ arker und einem Transistor im R¨ uckkoppelzweig
7.1 Operationsverst¨ arker
iC = ICS e
uBE UT
,
179
(7.53)
wobei uBE die Basis-Emitter-Spannung und UT die Temperaturspannung bezeichnen. F¨ ur die Ausgangsspannung uA des Logarithmierers folgt daraus f¨ ur uE > 0
uE uA = −UT ln . (7.54) RICS e-Funktionsgenerator Wenn man in der logarithmierenden Operationsverst¨arkerschaltung (Abb. 7.19) Widerstand und Transistor vertauscht, invertiert man die mathematische Operation des Logarithmierens, d. h. der nat¨ urliche Logarithmus aus Gl. (7.54) geht u ur uE < 0 kann die Aus¨ber in eine Exponentialfunktion. F¨ gangsspannung wie folgt angegeben werden uA = RiC = RICS e−uE /UT .
(7.55)
Abb. 7.19: Einfacher e-Funktionsgenerator
Komparator ohne Hysterese Ein unbeschalteter Operationsverst¨ arker, wie er in Abb. 7.20 gezeigt wird, stellt einen Komparator ohne Hysterese dar. Seine Ausgangsspannung l¨auft f¨ ur positive Eingangsspannungen uD > 0, d. h. u1 < u2 , auf ihren positiven Grenzwert uAmax uA = +uAmax f¨ ur u1 < u2 . (7.56) Umgekehrt wird f¨ ur eine negative Differenzeingangsspannung uD < 0, d. h. u1 > u2 , der negative Grenzwert erreicht, der dem positiven mit umgekehrtem Vorzeichen entspricht uA = −uAmax
f¨ ur
u1 > u2 .
(7.57)
180
7 Meßverst¨ arker
Abb. 7.20: Komparator ohne Hysterese
Invertierender Komparator mit Hysterese (Invertierender Schmitt-Trigger) Bei einem Komparator mit Hysterese, der auch als invertierender SchmittTrigger bezeichnet wird, gibt es im Gegensatz zu einem Komparator ohne Hysterese zwei Schaltschwellen, die im folgenden mit uEauf und uEab bezeichnet werden. Dieses Schaltverhalten wird u ¨ber eine Mitkopplung des Komparators erreicht (Abb. 7.21a), d. h. ein Teil der Ausgangsspannung uA wird mit Hilfe des aus R1 und R2 bestehenden Spannungsteilers auf den nichtinvertierenden Eingang des Operationsverst¨ arkers zur¨ uckgekoppelt. Bei ver-
Abb. 7.21: Invertierender Schmitt-Trigger: a) Operationsverst¨ arkerschaltung, b) Kennlinien des invertierenden Schmitt-Triggers
nachl¨ assigbarer Differenzeingangsspannung liegt die Eingangsspannung uE am Widerstand R1 des Spannungsteilers an, so daß unter Ber¨ ucksichtigung der Tatsache, daß die Ausgangsspannung infolge der Mitkopplung nur die Werte +uAmax bzw. −uAmax annehmen kann, die Schaltschwellen uEauf bzw. uEab (Abb. 7.21b) wie folgt hergeleitet werden k¨ onnen R1 , R1 + R2 R1 = +uAmax . R1 + R2
uEauf = −uAmax uEab
(7.58) (7.59)
Es sei darauf hingewiesen, daß der einzige Unterschied zwischen der Schaltung eines Schmitt-Triggers (Abb. 7.21) und einem nicht-invertierenden Spannungsverst¨ arker (Abb. 7.10) die Form der R¨ uckkopplung ist. W¨ahrend der
7.1 Operationsverst¨ arker
181
nicht-invertierende Spannungsverst¨ arker gegengekoppelt ist (R¨ uckkopplung des Spannungsteilers auf den invertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers) und damit absolut stabil arbeitet, ist die R¨ uckkopplung beim Schmitt-Trigger eine Mitkopplung (R¨ uckkopplung auf den nicht-invertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers), so daß sich das gezeigte bistabile Verhalten einstellt, d. h. die Ausgangsspannung l¨ auft entweder auf ihren positiven oder ihren negativen Endwert. Multivibrator Wenn die Ausgangsspannung eines invertierenden Schmitt-Triggers zeitlich verz¨ ogert auf den Eingang zur¨ uckgef¨ uhrt wird, entsteht ein sog. Multivibrator. Dies ist ein Oszillator, der eine Rechteckschwingung liefert. Anhand des Schaltbildes nach Abb. 7.22 l¨ aßt sich die Differentialgleichung f¨ ur uC (t) ableiten, indem man die Knotenregel f¨ ur den Verbindungsknoten zwischen R und C anwendet duC ±uAmax − uC = . (7.60) dt RC
Abb. 7.22: a) Multivibrator mit Komparator, b) Spannungsverl¨ aufe in der Multivibrator-Schaltung
Mit der Anfangsbedingung uC (t = 0) = uEauf ergibt sich die L¨osung dieser Differentialgleichung zu
2R1 + R2 −t/RC uC (t) = uAmax 1 − . (7.61) e R1 + R2 Die Periodendauer T der Rechteckschwingung betr¨agt somit
2R1 T = 2RC ln 1 + . R2 F¨ ur R1 = R2 folgt
T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(7.62)
(7.63)
182
7 Meßverst¨ arker
Voltmeterschaltung Die Voltmeterschaltung (Abb. 7.23) erm¨ oglicht eine hochohmige Spannungsmessung mit einem Strommeßger¨ at. Es handelt sich dabei um einen Spannungsverst¨ arker mit Stromausgang. Bei Vernachl¨assigung der Differenzeingangsspannung f¨allt die Eingangsspannung uE direkt am Widerstand R ab, so daß uE iM = (7.64) R gilt, woraus unmittelbar die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen uE und iM folgt iM ∼ uE . (7.65)
Abb. 7.23: Voltmeterschaltung
Stromgesteuerte Spannungsquelle Abbildung 7.24 zeigt die Schaltung einer mit Hilfe eines Operationsverst¨arkers realisierten stromgesteuerten Spannungsquelle. Bei einer stromgesteuerten Spannungsquelle ist die Ausgangsspannung uA proportional dem Eingangsstrom iE . Wenn man den Operationsverst¨ arkereingangsstrom iN vernachl¨assigt, folgt unmittelbar der Zusammenhang zwischen Eingangsstrom iE und der Ausgangsspannung uA uA = −iE R . (7.66) Prinzipiell k¨ onnte diese Schaltung auch der Strommessung mit niedrigem Innenwiderstand dienen. Der Nachteil, daß eine Eingangsklemme auf Massepotential liegt, wird allerdings erst durch die folgende Amperemeterschaltung vermieden. Amperemeterschaltung Die Amperemeterschaltung (Abb. 7.25) erlaubt die niederohmige Strommessung mit einem Spannungsmeßger¨ at, wobei an den Meßkontakten keine Spannung abf¨ allt, d. h. es wird leistungslos und damit ohne einen durch den Innenwiderstand eines Meßger¨ ates bedingten systematischen Fehler gemessen. Bei
7.1 Operationsverst¨ arker
183
Abb. 7.24: Stromgesteuerte Spannungsquelle
Vernachl¨ assigung der Eingangsdifferenzspannungen der Operationsverst¨arker verschwindet die Eingangsspannung uE uE = 0 .
(7.67)
Weiterhin liegen die mit u gekennzeichneten Punkte auf gleichem Potential. Die Potentialdifferenz gegen Masse soll u betragen. Damit kann man bez¨ uglich der Operationsverst¨ arker 1 und 2 die beiden folgenden Spannungsuml¨ aufe angeben −u + iE R1 + u2 = 0 (7.68) und
−u − iE R1 + u1 = 0 .
(7.69)
Die Subtraktion der Gl. (7.69) von Gl. (7.68) liefert 2iE R1 = −(u2 − u1 ) .
(7.70)
Die Differenzbildung (u2 −u1 ) der beiden Teilspannungen wird von dem nachfolgenden subtrahierenden Verst¨ arker vorgenommen (siehe auch Abb. 7.12
Abb. 7.25: Erdfreie Amperemeterschaltung
184
7 Meßverst¨ arker
bzw. Gl. (7.43)), so daß, wie bei der Strommessung gefordert, die Ausgangsspannung uA proportional dem Eingangsstrom iE ist uA = u1 − u2 = −(u2 − u1 ) = 2R1 iE .
(7.71)
Stromverst¨ arker Beim Stromverst¨ arker (Abb. 7.26) ist der Strom iM , welcher durch das am Ausgang des Operationsverst¨ arkers liegende Meßwerk fließt, proportional zum Eingangsstrom iE . Wenn man wiederum die Differenzeingangsspannung des u R1
iE
iM iE + iM R2
u
Abb. 7.26: Stromverst¨ arker
Operationsverst¨ arkers vernachl¨ assigt, f¨ allt an den Widerst¨anden R1 und R2 dieselbe Spannung u ab iE R1 = −u (iE + iM )R2 = u .
(7.72) (7.73)
Aus den Gln. (7.72) und (7.73) folgt iM = −
R1 + R2 iE R2
(7.74)
bzw. die gew¨ unschte Proportionalit¨ at zwischen dem Eingangsstrom iE und dem Strom iM durch das Meßger¨ at iM ∼ iE .
(7.75)
Aktiver Vollweg-Gleichrichter Mit Hilfe von Operationsverst¨ arkern lassen sich auch mit realen Dioden nahezu ideale Gleichrichter in Form sog. aktiver Gleichrichterschaltungen realisieren. Der Hauptnachteil von nicht-aktiven Gleichrichterschaltungen, also
7.1 Operationsverst¨ arker
185
Abb. 7.27: Aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung
Schaltungen, die nur auf Dioden basieren, beruht auf der endlichen Diodenschwellspannung (0,7 V bei Siliziumdioden (Kap. 6.3.2)). Abbildung 7.27 zeigt eine aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung, deren Ausgangsspannung uA dem Betrag der Eingangsspannung uE entspricht uA = |uE | .
(7.76)
Der linke Abschnitt der Schaltung stellt einen aktiven Einweg-Gleichrichter dar. Es gilt uA1 = −uE f¨ ur uE ≥ 0 (7.77) bzw. uA1 = 0 f¨ ur uE < 0 .
(7.78)
Die rechte Teilschaltung ist ein addierender Verst¨arker (Abb. 7.11 bzw. Gl. (7.39)), der in Verbindung mit dem Einweg-Gleichrichter insgesamt zu einem Vollweg-Gleichrichter f¨ uhrt. Damit ergibt sich die Ausgangsspannung uA f¨ ur negative Eingangsspannungswerte zu uA = −uE f¨ ur uE < 0 .
(7.79)
F¨ ur positive Eingangsspannungen uE folgt aus der f¨ ur den Addierer geltenden Beziehung zwischen Ausgangsspannung und Eingangsspannung (Gl. (7.39)) # " −uE uE + R R = uE f¨ uA = − ur uE > 0 . (7.80) R 2 Die Auswirkungen von nicht vernachl¨ assigbaren Diodenschwellspannungen bei endlicher Verst¨ arkung der Operationsverst¨ arker wird in [75] behandelt. Es sei darauf hingewiesen, daß aus Offsetspannungen und Eingangsstr¨omen des Operationsverst¨ arkers weitere Fehler resultieren k¨onnen.
186
7 Meßverst¨ arker
7.2 Spezielle Meßverst¨ arker 7.2.1 Differenzverst¨ arker Ein Differenzverst¨ arker ist notwendig, um die Signale von Quellen mit floatendem Eingang (nicht massebezogenem Eingang) zu verst¨arken. Dabei handelt es sich um Quellen, deren Potentiale gegen¨ uber Masse schwanken. Dies ist z. B. bei Strommessungen mittels Shunt oft der Fall. Auch bei massebezogenen Signalquellen bietet der Differenzverst¨ arker den Vorteil hoher GleichtaktR1 R2
u E1
u E2
uA
R2 R1
Abb. 7.28: Differenzverst¨ arker
unterdr¨ uckung (> 100 dB). Abbildung 7.28 zeigt den Schaltungsaufbau. Der Verst¨ arkungsgrad dieser Schaltung kann leicht nach dem Superpositionsprinzip berechnet werden V =
uA R1 = . uE2 − uE1 R2
(7.81)
Um die Eigenschaften des Differenzverst¨ arkers zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf eine Erh¨ ohung der Eingangsimpedanz werden sog. Instrumentenverst¨arker eingesetzt, die auch als Instrumentierungsverst¨arker bezeichnetwerden (s. Kap. 7.2.2). Diese besitzen eine sehr hohe Eingangsimpedanz. Dabei ist zu bedenken, daß der Innenwiderstand Ri einer an den Differenzeingang des Verst¨ arkers nach Abbildung 7.28 angeschlossenen Spannungsquelle den Verst¨ arkungsgrad ver¨ andert V →V =
R1 . R2 + Ri
(7.82)
7.2.2 Instrumentenverst¨ arker (Instrumentierungsverst¨ arker) In der Elektrischen Meßtechnik werden h¨ aufig pr¨azise arbeitende Meßverst¨arker ben¨ otigt, die in der Lage sind, einen hohen Gleichtaktst¨oranteil m¨oglichst vollst¨ andig zu unterdr¨ ucken und nur den Differenzanteil, der in diesem Fall dem Nutzsignal entspricht, zu verst¨ arken. Zur Erf¨ ullung dieser Anforderungen
7.2 Spezielle Meßverst¨ arker
187
scheiden somit alle Verst¨ arkertypen aus, bei denen einer der Eing¨ange auf Bezugspotential liegt. Mit dem in Abb. 7.29 gezeigten Instrumentenverst¨arker, der von einem Subtrahierverst¨ arker mit zwei vorgeschalteten Elektrometerverst¨ arkern gebildet wird, werden die gestellten Anforderungen erf¨ ullt. Neben der hohen Gleichtaktunterdr¨ uckung zeichnet sich der Instrumentenverst¨arker vor allem durch gute Linearit¨ atseigenschaften, hohen Eingangswiderstand sowie eine geringe Beeinflussung durch Eingangsst¨orgr¨oßen aus. Die beiden Operationsverst¨ arker 1 und 2 liefern die Spannung u1
uE1 − uE2 R1 R1 = 1+ uE2 uE1 − u1 = uE1 + R1 (7.83) R R R bzw. die Spannung u2 uE1 − uE2 = u2 = uE2 − R2 R
R2 1+ R
uE2 −
R2 uE1 . R
(7.84)
F¨ ur eine reine Gleichtakteingangsspannung uE1 = uE2 = ugl ergibt sich demnach f¨ ur beide Stufen (1 und 2) eine Gleichtaktverst¨arkung vom Wert 1 u1 u2 = =1. ugl ugl
(7.85)
Der nachgeschaltete Subtrahiererverst¨ arker (OpAmp 3) liefert f¨ ur die folgendermaßen dimensionierten Widerst¨ ande R4 R6 = R3 R5 die Ausgangsspannung uA (Gl. (7.41))
Abb. 7.29: Schaltung eines Instrumentenverst¨ arkers
(7.86)
188
7 Meßverst¨ arker
uA =
R4 (u2 − u1 ) . R3
(7.87)
Mit den Gln. (7.83) und (7.84) ergibt sich die Differenzverst¨arkung zu
uA R1 + R2 R4 . (7.88) 1+ = uE2 − uE1 R3 R Wenn man die Schaltung vollkommen symmetrisch aufbaut (R1 = R2 = R und R3 = R4 = R5 = R6 ), folgt uA 2R . =1+ uE2 − uE1 R
(7.89)
Die Gleichtaktverst¨ arkung der Gesamtschaltung ist dann aus Symmetriegr¨ unden (Gl. (7.85)) gleich Null. Die Differenzverst¨arkung l¨aßt sich u ¨ber R einstellen, ohne daß in die (abgeglichene) Stufe 3 eingegriffen werden muß. Instrumentenverst¨ arker sind komplett integriert als 1-Chip-Bausteine kommerziell erh¨ altlich (z.B. LTC 2053 von Linear Technology (s. Tab. 7.1)). 7.2.3 Zerhacker-Verst¨ arker Mit Hilfe von Zerhacker-Verst¨arkern, die auch unter dem Begriff ChopperVerst¨arker bekannt sind, werden Gleichspannungen verst¨arkt, ohne daß gr¨oßere Fehler durch Offsetspannungen auftreten. Sie stellen hochwertige Gleichspannungsverst¨ arker mit geringen Spannungsdriften (5. . . 25 nV/K) dar, allerdings weisen sie h¨ ohere Rauschpegel als Verst¨arker ohne Chopper auf. Das Prinzip des Zerhacker-Verst¨ arkers beruht auf der Umwandlung (Zerhacken) einer Gleichspannung in eine Wechselspannung, der Verst¨arkung dieser Wechselspannung mit einem Wechselspannungsverst¨arker und einer anschließenden Synchron-Gleichrichtung. Abbildung 7.30 zeigt das Prinzip eines Eintakt-Zerhacker-Verst¨ arkers. Der RC-Tiefpaß am Eingang stellt sicher, daß eventuell im Eingangssignal uE enthaltene h¨oher frequente Spektralanteile weggefiltert werden; denn zum einwandfreien Funktionieren des ZerhackerVerst¨ arkers ist es notwendig, daß die Zerhackerfrequenz wesentlich gr¨oßer ist als die h¨ ochste zu verst¨ arkende Signalfrequenz. Die Hochpaßfilternetzwerke C2 R2 und C3 R3 befreien Verst¨ arkereingangs- und -ausgangssignal jeweils vom Gleichspannungsanteil. F¨ ur den Fall eines idealen Wechselspannungsverst¨ arkers (frequenzunabh¨ angige Verst¨ arkung und keine Frequenzabh¨angigkeit der Phasenverschiebung) sorgt das synchrone Umschalten der beiden Schalter S1 und S2 f¨ ur eine am Ausgangstiefpaß R4 C4 anliegende Signalspannung, die im wesentlichen wieder eine Gleichspannung ist. Die Schalter S1 und S2 arbeiten dabei als Synchrongleichrichter. Wenn f¨ ur die Zerhackerkreisfrequenz die Relation 1 ωtakt (7.90) R4 C4
7.2 Spezielle Meßverst¨ arker
189
eingehalten wird, ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu [68] uA = V uE .
(7.91)
Als nachteilig kann sich bei Zerhacker-Verst¨arkern die geringe Signalbandbreite auswirken, welche auf die am Eingang notwendige Tiefpaßfilterung zur¨ uckzuf¨ uhren ist. In der Praxis lassen sich nur Signalbandbreiten von etwa 0, 1 · ftakt bis 0, 3 · ftakt realisieren. 7.2.4 Ladungsverst¨ arker Die elektrische Ladung kann mit Hilfe eines ballistischen Galvanometers gemessen werden. Das ballistische Galvanometer ist eine spezielle Ausf¨ uhrungsform des Drehspulmeßger¨ ates, dessen Wirkung darauf beruht, daß der ballistische Zeigerausschlag des Instrumentes unter bestimmten Bedingungen der ihm zugef¨ uhrten elektrischen Ladung proportional ist (siehe Kap. 6.1.2). Mit R1
S1
S2
R4
2V
C3
C2 uE
u1 R 2
C1
u2
u3 R 3
u4
C4
uA
u E(t) 0 u 1 (t)
t
0 u 2 (t)
t
0
t
u 3 (t) 0
u 4 (t), u A(t) 0
t u4
uA
t
Abb. 7.30: Prinzipschaltung eines Zerhacker-Verst¨ arkers. Der Verst¨ arker V muß keine Gleichspannungs¨ ubertragungseigenschaften aufweisen, da er als reiner Wechselspannungsverst¨ arker arbeitet. Die Signalverl¨ aufe gelten f¨ ur einen Verst¨ arker, der einen Gesamt-Verst¨ arkungsfaktor (uA /uE ) von V = 2 aufweist.
190
7 Meßverst¨ arker
Abb. 7.31: Ladungsverst¨ arker
ballistischen Galvanometern sind Ladungsmessungen ab Q = 1 nC m¨oglich, wenn die Integrationszeit (jene Zeit, in der dem Drehspulmeßwerk die Ladung durch einen Strom zugef¨ uhrt wird) nicht gr¨ oßer ist als 10 % der Periodendauer der mechanischen Eigenschwingung des Galvanometers. In der modernen (elektronischen) Meßtechnik bedient man sich bei der Ladungsmessung elektronischer Verst¨arkerschaltungen, die als Ladungsverst¨arker bezeichnet werden. Mit Hilfe von Ladungsverst¨ arkern lassen sich auch Ladungsmengen messen, die wesentlich kleiner sind als die oben angegebene Grenze von Q = 1 nC. Beim Ladungsverst¨ arker (Abb. 7.31) wird eine verlustarme Kapazit¨at C verwendet, um die von einem Strom i(t) in einem definierten Zeitintervall [0,t] gelieferte Ladung zu integrieren. Es gilt t q(t) = i(t) dt = Cu(t) . (7.92) 0
Bei Vernachl¨ assigung der Eingangsdifferenzspannung (uA = −u(t)) folgt uA (t) = −
1 q(t) . C
(7.93)
Die Ausgangsspannung uA (t) ist also proportional der vom Strom i(t) gelieferten Ladung q(t). Der effektive Eingangswiderstand eines idealen Ladungsverst¨ arkers betr¨agt RE = 0. Problematisch sind bei Ladungs- und Integrationsverst¨ arkern die Nullpunktfehlergr¨ oßen, die auch bei nicht vorhandenem Eingangssignal eine Hochintegration der Ausgangsspannung bis zur Begrenzung durch eine der beiden Speisespannungen bewirken. Im Dauerbetrieb ist entweder eine zyklische R¨ ucksetzung der Spannung an der Integrationskapazit¨ at notwendig, oder es muß mit einem hochohmigen Parallelwiderstand zur Kapazit¨ at daf¨ ur gesorgt werden, daß die durch Nullpunktfehler bedingte langsame Aufladung der Kapazit¨ at durch einen ebenso großen Entladestrom kompensiert wird.
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern Unter Rauschen versteht man die statistische Abweichung eines Signals von seinem Sollwert. Bei elektronischen Bauteilen und damit auch bei elektroni-
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern
spektrale Rauschleistungsdichte
191
PopcornRauschen 1/f - Rauschen (Funkelrauschen) Thermisches Rauschen, Schrotrauschen
f Abb. 7.32: Spektrale Zuordnung verschiedener Rauscharten
schen Meßverst¨ arkern unterscheidet man die folgenden, auf unterschiedlichen physikalischen Ursachen beruhenden Arten von Rauschen, welche verschiedenen Spektralbereichen zugeordnet werden k¨ onnen (Abb. 7.32). •
Thermisches Rauschen (Johnson-noise) Das thermische Rauschen, das auch Widerstandsrauschen genannt wird, findet man in allen elektrischen Bauteilen mit Verlustwiderst¨anden. Es ist auf willk¨ urliche Ladungstr¨ agerbewegungen (W¨armebewegung der freien Elektronen (Valenzelektronen)) zur¨ uckzuf¨ uhren, die mit der Temperatur an Intensit¨ at zunehmen. Ein ohmscher Widerstand kann bez¨ uglich seines Rauschverhaltens durch eines der in Abb. 7.33 gezeigten Ersatzschaltbilder dargestellt werden [13]. Die Effektivwerte der dort gezeigten RauschErsatzspannungs- bzw. Rausch-Ersatzstromquelle lassen sich anhand der sog. NYQUIST-Formel ermitteln: – NYQUIST-Formel in bezug auf eine Ersatzspannungsquelle 2 Ureff = u2r (t) = 4kT RB
(7.94)
– NYQUIST-Formel in bezug auf eine Ersatzstromquelle (Abb. 7.33c)
R R ur a)
G = 1R
bzw.
b)
ir c)
Abb. 7.33: Ersatzrauschquellen eines ohmschen Widerstandes: a) rauschender ohmscher Widerstand, b) Ersatzspannungsquelle: rauschfreier Widerstand mit Rausch-Ersatzspannungsquelle, c) Ersatzstromquelle: rauschfreier Widerstand (Leitwert G = 1/R) mit Rausch-Ersatzstromquelle
192
7 Meßverst¨ arker
I
I
rauschfrei
rauschend i rschrot
¨ Abb. 7.34: Ersatzschaltung eines rauschenden pn-Uberganges in bezug auf sein Schrotrauschen 2 Ireff = i2r (t) = 4kT
1 B. R
(7.95)
Dabei bezeichnen k = 1, 38 · 10−23 (Ws/K) die Boltzmann-Konstante, T (K) die absolute Temperatur, B (Hz) die Beobachtungsbandbreite, R (Ω) den Wert des ohmschen Widerstandes, Ureff die effektive Leerlaufspannung der Rausch-Ersatzspannungsquelle und Ireff den effektiven Kurzschlußstrom der Rausch-Ersatzstromquelle. Das thermische Rauschen ist ein sog. Weißes Rauschen, d. h. es zeigt im interessierenden Frequenzbereich keinerlei spektrale Abh¨ angigkeit. • Schrotrauschen (Schottky-Rauschen) Das Schrotrauschen, das auch als Stromrauschen bzw. Schottky-Rauschen bezeichnet wird, entsteht in Halbleitern, wenn Ladungstr¨ager eine Sperrschicht passieren. Abbildung 7.34 zeigt die Rausch-Ersatzschaltung eines ¨ rauschenden pn-Uberganges. Es handelt sich hierbei ebenfalls um weißes Rauschen. Bei Operationsverst¨ arkern wird das Schrotrauschen vom Eingangsruhestrom verursacht. Der entsprechende Effektivwert des Rauschstroms Irschrot ergibt sich aus dem Eingangsruhestrom IB , der Elektronenladung e sowie der Beobachtungsbandbreite B 2 Irschrot = 2|e|IB B .
(7.96)
•
1/f-Rauschen (Funkelrauschen) Das 1/f-Rauschen, das auch als Funkelrauschen (Flicker Noise) bezeichnet wird, erzeugt ein Rauschsignal mit einer Spektralverteilung, die mit 1/f zu h¨ oheren Frequenzen hin abf¨ allt. Bei Halbleiterbauelementen werden Oberfl¨ acheneigenschaften daf¨ ur verantwortlich gemacht, genau genommen handelt es sich dabei um fluktuierende Umladungen von Oberfl¨achenzust¨anden [13]. Das Funkelrauschen ist von seiner spektralen Verteilung her gesehen ein Rosa Rauschen, d. h. ein Rauschen, dessen charakteristisches Merkmal eine konstante Rauschleistung pro Frequenzdekade ist.
•
Rekombinationsrauschen (r-g-noise) (Quantenrauschen) Das Rekombinationsrauschen ist auf das willk¨ urliche Einfangen (Trapping) und Freigeben von Ladungstr¨ agern in Halbleitern zur¨ uckzuf¨ uhren, d. h. es
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern
193
wird durch die zuf¨ allige Generation bzw. Rekombination von Ladungstr¨ agern hervorgerufen. •
Popcorn-Rauschen Das Popcorn-Rauschen, das auch als Burst-Rauschen bezeichnet wird, ist auf metallische Verunreinigungen im Halbleiter zur¨ uckzuf¨ uhren und ¨außert ¨ sich in Form zuf¨ allig auftretender Anderungen der Gleichstrom-Parameter. Es erscheint in der spektralen Rauschleistungsverteilung in Form eines diracf¨ ormigen Gleichanteils bei der Frequenz f = 0 (Abb. 7.32) [48].
Die Beschreibung des Verst¨ arkerrauschens Das Verst¨ arkerrauschen wird im allgemeinen in Form der von den (internen) Rauschquellen des Verst¨ arkers erzeugten Rauschleistung bzw. der daraus resultierenden Reduzierung des Signal/Rausch-Verh¨altnisses zwischen Eingangs- und Ausgangstor angegeben. Der Berechnung dieses Signal/RauschVerh¨ altnisses legt man bei Vierpolen und somit auch bei Verst¨arkern die in Abb. 7.35 gezeigte Rauschersatzschaltung zugrunde. Dabei wird das eigentliche Verst¨ arkerrauschen durch die Angabe einer eingangsbezogenen Rauschspannungsquelle und einer Rauschstromquelle beschrieben. Diese RauscherRauschspannungsquelle
uE
uA
ur
Rauschstromquelle ir
uE
RE rauschender Verstärker
uA RE
Vierpol mit Rauschquellen
rauschfreier Verstärker
Abb. 7.35: Ersatzschaltung eines rauschenden Verst¨ arkers
satzquellen sind dabei im allgemeinen durch die spektralen Werte der Rausch√ spannungsdichte U (f ) [nV/ Hz] bzw. der Rauschstromdichte Ifr (f ) [pA/fr √ Hz] gekennzeichnet. Die ¨ aquivalente Rauscheingangsspannung UrEges am ¨ Verst¨ arkereingang erh¨ alt man durch quadratische Uberlagerung der von den Rauschquellen am Verst¨ arkereingang hervorgerufenen Spannungsanteile. Diese wiederum ergeben sich aus der Integration der spektralen Rauschdichtegr¨ oßen u ¨ber das Frequenzintervall [fmin , fmax ], in dem gemessen wird. Die Effektivwerte der Rauschspannung Ureff sowie des Rauschstromes Ireff berechnen sich demnach wie folgt fmax 2 Ureff = Ufr2 (f ) df (7.97) fmin
194
7 Meßverst¨ arker
Rausch-ErsatzSpannungsquelle RQ
ir uE
ur
uA RE
U0Signal Rausch-ErsatzStromquelle
Abb. 7.36: Rauschersatzschaltung eines mit einer Signalquelle beschalteten elektrischen Vierpoles
2 Ireff
fmax
=
Ifr2 (f ) df .
(7.98)
fmin
Infolge der ohmschen Spannungsteilung (Abb. 7.36) ergibt sich die quadrati¨ sche Uberlagerung der Effektivwerte zu
2
2 RE RE RQ 2 2 UrEges = Ureff + Ireff . (7.99) RE + RQ RE + RQ Die Spannung UrEges ist der Effektivwert der auf den Verst¨arkereingang bezogenen Rauschspannung, welche das gesamte Verst¨arkerrauschen im Frequenzintervall [fmin , fmax ] repr¨ asentiert, d. h. der in Abb. 7.36 gezeigte eigentliche Verst¨ arker ist frei von Rauschquellen. In obiger Ableitung wurde die Korrelation zwischen den beiden Rauschquellen vernachl¨assigt, was in vielen praktischen F¨ allen in erster N¨ aherung erlaubt ist. F¨ ur den Fall nicht vernachl¨assigbarer Korrelation findet sich die entsprechende Herleitung in der Literatur, z. B. in [84]. Das Rauschen von Operationsverst¨ arkern Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verst¨arkern ist beim Operationsverst¨ arker zu beachten, daß es sich hier nicht um ein Zweitor handelt. Der Eingang des Operationsverst¨ arkers besteht strenggenommen aus drei Klemmen (invertierender Eingang, nichtinvertierender Eingang und Masse). Daher sind f¨ ur die Beschreibung des Rauschens von Operationsverst¨arkern drei voneinander unabh¨ angige Rauschquellen erforderlich. Abbildung 7.37 zeigt einen Operationsverst¨ arker und dessen Rauschersatzschaltung. Die Beschreibung mit einer Spannungsquelle und zwei Stromquellen ist die g¨angigste Darstellung, wenn auch prinzipiell andere Darstellungsformen m¨oglich sind. F¨ ur die Stromquellen gilt aus Symmetriegr¨ unden, daß die Rauschleistungsdichten gleich sind i2r,1 = i2r,2 . (7.100)
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern
195
ur ud
uA
ud
uA
i r,1
i r,2
Abb. 7.37: Rauschersatzschaltung eines Operationsverst¨ arkers
Die Stromquellen sind dennoch als unkorreliert zu betrachten. Beispiele zum Rauschen von Operationsverst¨ arkern finden sich in [75]. Signal/Rausch-Verh¨ altnis Das Signal/Rausch-Verh¨ altnis (Signal-to-Noise-Ratio) S/N an einem elektrischen Tor ist definiert als das Verh¨ altnis von Signalspannung zu Rauschspannung an diesem Tor. So ergibt sich das Signal/Rausch-Verh¨altnis am Ausgangstor des Verst¨ arkers zu
S UArauschfrei [dB] = 20 lg , (7.101) N UrA arkerausgang (Effektivwert) und wobei UArauschfrei das Nutzsignal am Verst¨ UrA die Rauschspannung am Verst¨ arkerausgang (Effektivwert) bezeichnen. Das Signal/Rausch-Verh¨ altnis l¨ aßt sich aber auch auf den Verst¨arkereingang beziehen. F¨ ur die in Abb. 7.36 gezeigte Beschaltung des Verst¨arkers gilt # " RE
S UErauschfrei RQ +RE U0Signal [dB] = 20 lg , (7.102) = 20 lg N UrEges UrEges arkereingang (Effektivwert) und wobei UErauschfrei das Nutzsignal am Verst¨ UrEges die Rauschspannung am Verst¨ arkereingang (Effektivwert) bezeichnen. Bei obiger Berechnung wurde die Signalquelle (Abb. 7.36) zun¨achst als rauschfrei angenommen. Soll das Rauschen des Innenwiderstandes RQ der Signal quelle ber¨ ucksichtigt werden, muß UrEges in Gl. (7.102) durch UrEges ersetzt werden 2
RE 2 + 4kT RQ (fmax − fmin ) , (7.103) UrEges = UrEges RQ + RE wobei UrEges die bereits in Gl. (7.99) berechnete, von den internen Rauschquellen des Verst¨ arkers hervorgerufene Rauschspannung bezeichnet.
196
7 Meßverst¨ arker
Rauschzahl Die Rauschzahl F eines rauschenden (Verst¨ arker-)Vierpols ist definiert als das Verh¨ altnis von Signal/Rausch-Verh¨ altnis am Eingangstor zum Signal/RauschVerh¨ altnis am Ausgangstor F =
PsE PrE PsA PrA
=
PsE PrA . PsA PrE
(7.104)
Dabei bezeichnen PsE die Signalleistung am Eingang, PsA die Signalleistung am Ausgang, PrE die Rauschleistung am Eingang (die von der Signalquelle oder von externen St¨ orquellen eingespeiste Rauschleistung) und PrA die Rauschleistung am Ausgang. Die Rauschzahl wird oft auch in logarithmischer Form angegeben F˜ (dB) = 10 lg F . (7.105) Unter Einbeziehung der Leistungsverst¨arkung Vp des Vierpols PsA PsE
(7.106)
PrA . Vp PrE
(7.107)
Vp = erh¨ alt man F =
Wenn man voraussetzt, daß der Verst¨ arker f¨ ur das Signal und das Rauschen dieselbe Leistungsverst¨ arkung aufweist, folgt f¨ ur die Rauschleistung PrA am Ausgang PrA = PrE Vp + PrAamp = PrE Vp + PrEamp Vp = PrEtot Vp ,
(7.108)
wenn PrEamp die auf den Verst¨ arkereingang bezogene und PrAamp die auf den Ausgang bezogene Rauschleistung des Verst¨arkers darstellen. Aus den Gln. (7.107) und (7.108) folgt f¨ ur die Rauschzahl F F =
PrEtot PrAamp PrEamp =1+ =1+ = 1 + Fz . PrE PrE Vp PrE
(7.109)
Der Term Fz bezeichnet die sog. Zusatzrauschzahl, welche im Falle eines nichtrauschenden Verst¨ arkers identisch Null ist, d. h. F = 1. Da die Leistungen PrEtot und PrE am selben Widerstand, n¨ amlich dem Eingangswiderstand RE des Verst¨ arkers, wirken, folgt mit den oben gew¨ahlten Bezeichnungen und der Rauschspannung UrEges aus Gl. (7.99) F =1+
2 UrEges = 1 + Fz . 2 UrQuelle
(7.110)
In Gl. (7.110) bezeichnet UrQuelle die effektive Rauschspannung der Quelle, die mit dem Teilerverh¨ altnis des Eingangsspannungsteilers gewichtet am Verst¨ arkereingang wirksam wird
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern UrQuelle = UrQuelle
RE . RE + RQ
197
(7.111)
Wenn das Rauschen der Quelle durch das thermische Rauschen des Innenwiderstandes RQ der Quelle beschrieben werden kann, folgt f¨ ur die entsprechende Rauschspannung UrQuelle 2 UrQuelle = 4kT RQ (fmax − fmin ) .
(7.112)
Im weiteren wollen wir annehmen, daß der Eingangswiderstand RE des Verst¨ arkers wesentlich gr¨ oßer ist als der Innenwiderstand der Signalquelle (RE RQ ). Unter dieser Annahme folgt mit Gl. (7.99) und den Gln. (7.110)(7.112) 2 2 2 Ureff + Ireff RQ F =1+ = 1 + Fz . (7.113) 4kT RQ (fmax − fmin ) Im allgemeinen definiert man noch den sog. ¨ aquivalenten Rauschwiderstand Rr und den ¨ aquivalenten Rauschleitwert Gr des Vierpols, indem man den in Gl. (7.113) vorkommenden Rauschleistungen diese Werte wie folgt zuordnet 2 Ureff = 4kT (fmax − fmin )Rr 2 Ireff = 4kT (fmax − fmin )Gr .
(7.114) (7.115)
Damit l¨ aßt sich Gl. (7.113) in folgender Form schreiben F =1+
2 Rr + Gr RQ . RQ
(7.116)
Die durch Gl. (7.116) beschriebene Funktion F durchl¨auft in Abh¨angigkeit von RQ ein charakteristisches Minimum (Abb. 7.38). Man spricht von Rauschanlog F
F min R Q opt
log R Q
Abb. 7.38: Abh¨ angigkeit der Rauschzahl vom Quellenwiderstand RQ
passung, wenn der Minimalwert Fmin der Rauschzahl erreicht wird. Der dazu notwendige optimale Innenwiderstand RQopt der Signalquelle ergibt sich durch Ableitung von Gl. (7.116) nach RQ und anschließendem Nullsetzen zu
198
7 Meßverst¨ arker
UrQuelle UrEges1
UrEgesn
UrEges2 .....
RQ U0Signal
Vierpol 1
Vierpol 2
Vierpol n
VU1
VU2
VUn .....
Abb. 7.39: Rauschen von Vierpol-Kettenschaltungen
RQopt =
Rr . Gr
(7.117)
Damit l¨ aßt sich auch die bestenfalls erreichbare minimale Rauschzahl Fmin angeben Ureff Ireff . (7.118) Fmin = 1 + 2 Rr Gr = 1 + 2kT (fmax − fmin ) Rauschen von Kettenschaltungen Um die resultierende Rauschzahl einer Verst¨ arker-Kettenschaltung (Abb. 7.39) zu ermitteln, wird zun¨ achst jedem Vierpol eine Ersatzrauschspannungsquelle (mit der effektiven Rauschspannung UrEgesi ) zugeordnet, welche die internen Rauschquellen des Vierpoles ¨ aquivalent ersetzt. Wenn man alle Spannungen auf den Eingang der ersten Vierpolstufe bezieht, folgt f¨ ur den Signal/RauschVerh¨ altnis " # S U0Signal = 20 lg (7.119) N UrEges ⎛ ⎞ ⎜ U0Signal = 20 lg ⎜ ⎝ U2 2 2 UrQuelle + UrEges1 + rEges2 + V2 u1
2 UrEges3 2 V2 Vu1 u2
⎟ ⎟ , ⎠ + ...
wobei UrEgesi die Ersatzrauschspannung des i-ten Vierpols und Vui die Spannungsverst¨ arkung des i-ten Vierpols bezeichnen. Friis hat in einer grundlegenden Arbeit [44] die Gesamtrauschzahl Fges einer Vierpol-Kettenschaltung abgeleitet (siehe auch [13]) Fges = F1 +
F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1 + + ... + . Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)
(7.120)
In Gl. (7.120) bezeichnen Fi die Rauschzahl des i-ten Vierpoles und Vpi seine Leistungsverst¨ arkung. F¨ ur mehrstufige Verst¨ arkerschaltungen kann bei gen¨ u-
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern
199
gend hoher Leistungsverst¨ arkung der einzelnen Stufen folgende N¨aherung angenommen werden F1
F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1 ... . Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)
(7.121)
Dies bedeutet, daß das Rauschverhalten der Kettenschaltung im wesentlichen vom Rauschen der Eingangsstufe bestimmt wird. Rauschmessung Ein ohmscher Widerstand gibt bei der absoluten Temperatur T gem¨aß den Gln. (7.94) und (7.95) im Frequenzintervall B = fmax − fmin bei Leistungsanpassung die Rauschleistung PrR ab PrR = kT B .
(7.122)
Leistungsanpassung heißt, daß der rauschende Widerstand seine Leistung an einen Zweipol abgibt, dessen Innenwiderstandswert mit dem des Rauschwiderstandes u ung¨bereinstimmt, so daß am Zweipol nur die H¨alfte der urspr¨ lichen Rauschspannung (Gl. (7.94)) anliegt. Die auf diese Weise von einem ohmschen Widerstand abgegebene Rauschleistung h¨angt nicht vom Widerstandswert ab, sondern wird nur von der Temperatur des Widerstandes und der Beobachtungsbandbreite B bestimmt. Gem¨ aß einer zweiten Rauschzahl-Definition gibt die Rauschzahl F auch an, um welchen Faktor ein Vierpol mit der Leistungsverst¨arkung Vp bei der Referenztemperatur T0 = 290 K die thermische Rauschleistung PrR des Innenwiderstandes der Signalquelle durch sein Eigenrauschen vergr¨oßert [84]. Die Umrechnung in die urspr¨ ungliche Definition (Gl. (7.104)) l¨aßt sich wie folgt durchf¨ uhren PsE PrA PrA PrA F = . (7.123) = = PsA PrE Vp PrR Vp kT0 B PrA0 bzw. PrA1 PrE0 = k T 0 B
R (T0 )
PrE1 = k T 1 B
Verstärker VP , Pramp
Leistungsmeßgerät
R (T1 )
Abb. 7.40: Prinzipschaltung zur Messung der Rauschzahl. Der Widerstand R gibt im Frequenzintervall B die temperaturabh¨ angige Rauschleistung PrE = PrR = kT B ab. Es wird Leistungsanpassung zwischen R und dem Verst¨ arkereingang vorausgesetzt.
200
7 Meßverst¨ arker
Gleichung (7.122) findet Anwendung, um die Rauscheigenschaften von Vierpolen durch Angabe einer fiktiven Rauschtemperatur TR zu beschreiben. Dazu wird der Rauschleistung PrE mit Hilfe von Gl. (7.122) die Temperatur T0 und der Rauschleistung PrEamp die Temperatur TR zugeordnet. Mit Gl. (7.109) ergibt sich dann die fiktive Rauschtemperatur TR zu TR = (F − 1)T0 .
(7.124)
Die Rauschmessung kann nun mit Hilfe der Prinzipschaltung nach Abb. 7.40 erfolgen. Dabei wird die Rauschleistung am Ausgang eines Verst¨arkers f¨ ur zwei unterschiedliche (aber bekannte) Eingangsrauschleistungen mit Hilfe eines Leistungsmeßger¨ ates gemessen. Bei linearem Verhalten des Verst¨arkervierpoles gilt f¨ ur die Gesamtrauschleistung PrA an seinem Ausgang in Abh¨angigkeit der am Eingang eingespeisten Rauschleistung PrE = kT B (Abb. 7.41) PrA0 = kT0 BVp + Pramp = kT0 BVp F
(7.125)
PrA1 = kT1 BVp + Pramp ,
(7.126)
bzw. wobei Pramp die Gesamtrauschleistung der internen Rauschquellen des Verst¨ arkers bezeichnet. Infolge des linearen Verhaltens (Abb. 7.41) gilt weiterhin
bzw. F˜ (dB) = 10 lg
F =
T1 T0 − 1 PrA1 PrA0 − 1
ΔT T0
(7.127)
− 10 lg
PrA1 −1 PrA0
,
(7.128)
wobei ΔT = T1 − T0 die Rauschtemperaturdifferenz beschreibt. In der Praxis werden keine rauschenden Widerst¨ ande sondern Rauschgeneratoren verwendet, die in der Lage sind, definierte einstellbare Rauschleistungen abzugeben. Im allgemeinen wird dann auch die in dB gemessene Rauschleistungserh¨ohung ENR (Excess Noise Ratio) anstatt der Rauschtemperaturdifferenz ΔT angegeben. Der Quotient PrA1 /PrA0 wird oft auch als Y-Faktor bezeichnet. Daraus folgt F˜ (dB) = ENR − 10 lg(Y − 1) . (7.129) Bei vorgegebenem Y-Faktor kann mit Hilfe eines geeigneten Leistungsmessers der Wert von ENR gemessen und damit die Rauschzahl anhand von Gl. (7.129) bestimmt werden.
7.3 Rauschen von Meßverst¨ arkern
201
PrA PrA1 kTBVP
PrA0 = kT 0 BVP F Pramp
-T R = -
Pramp kBVP
0
T0
T1
T
P rE0
PrE1
PrE =kTB
Abb. 7.41: Rauschleistung am Vierpolausgang als Funktion der Temperatur des Quellwiderstandes bzw. als Funktion der Eingangsrauschleistung
8 Messung der elektrischen Leistung
8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis Die elektrische Leistung P an einem elektrischen Tor ergibt sich aus dem Produkt von Spannung U und Strom I P = UI .
(8.1)
Diese Leistung kann mit Hilfe eines elektrodynamischen Meßwerkes gemessen werden. Dazu schickt man den Strom I durch die Feldspule (Widerstand RWA ) und legt die Spannung U an die Drehspule (Widerstand RWV ) an. Abbildung 8.1 zeigt die entsprechende Schaltung mit dem elektrodynamischen Meßwerk. Falls der Strom I2 durch die Drehspule gegen¨ uber dem Verbraucherstrom IV vernachl¨ assigt werden darf, ist der Zeigerausschlag α proportional zur Leistung PV des Verbrauchers ˜ 2 + IV )I2 ≈ kI ˜ V I2 ˜ 1 I2 = k(I α = kI ˜ V UV = kUV IV = kPV . = kI RWV
(8.2)
Die Feldspule sollte wegen der Strommessung niederohmig und die Drehspule wegen der Spannungsmessung hochohmig sein.
Abb. 8.1: Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Meßwerk. Der Punkt kennzeichnet die Polarit¨ at des Spannungspfades.
204
8 Messung der elektrischen Leistung
Die von der Quelle gelieferte Leistung PQ teilt sich in die vom Verbraucher umgesetzte Leistung PV und die vom Meßger¨at ben¨otigte Leistung PM PQ = PV + PM .
(8.3)
Wie anhand von Abb. 8.2 deutlich wird, kann ein elektrodynamisches Meßwerk stromrichtig oder spannungsrichtig angeschlossen werden. Die Begriffe strom- und spannungsrichtig beziehen sich dabei entweder auf die Quellenseite (Quellentor) oder die Verbraucherseite (Verbrauchertor) des Meßger¨ates. Spannungsrichtig in bezug auf die Verbraucherseite heißt, daß die am Verbraucherwiderstand RV anliegende Spannung UV gemessen wird, w¨ahrend der Strom, der durch die Stromspule des Meßger¨ ates fließt, dem Quellstrom, d. h. also der Summe aus Verbraucherstrom IV und Drehspulenstrom I2 , entspricht (Abb. 8.2a). Bei der in bezug auf die Verbraucherseite stromrichtigen Messung ist es umgekehrt, hier wird der richtige Wert des Verbraucherstroms gemessen, w¨ ahrend am Spannungseingang die Summe aus Verbraucherspannung und Feldspulenspannung anliegt. Eine korrekte Messung der Verbraucherleistung
Abb. 8.2: Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Meßwerk: a) Es werden der Quellstrom und die Verbraucherspannung richtig gemessen. b) Es werden die Quellspannung und der Verbraucherstrom richtig gemessen.
PV bzw. der Quelleistung PQ ist erst m¨ oglich, wenn das elektrodynamische Meßwerk um eine Korrekturspule erweitert wird, welche dieselbe Windungszahl aufweist wie die Stromspule (Abb. 8.3). Durch diese Korrekturspule fließt der Strom, den auch die Drehspule f¨ uhrt (I2 ). Bei der Stromrichtung nach Abb. 8.3a addiert sich die Wirkung dieses Korrekturspulenstroms zu der des Feldspulenstroms I1 , so daß die Leistung quellrichtig gemessen wird. Bei Stromumkehr nach Abb. 8.3b kann die Leistung verbraucherrichtig gemessen wer-
Abb. 8.3: Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Meßwerk, das mit einer Korrekturspule ausgestattet ist: a) Es wird die Quelleistung richtig gemessen. b) Es wird die Verbraucherleistung richtig gemessen.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
205
den. Es sollte jedoch erw¨ ahnt werden, daß generell bei allen Messungen durch das Einbringen des elektrodynamischen Meßwerkes systematische Meßfehler auftreten. So wird bei einer verbraucherrichtigen Messung beispielsweise zwar die aktuelle Verbraucherleistung korrekt erfaßt, die Verbraucherleistung jedoch, die bei nicht vorhandenem Meßwerk im Verbraucher umgesetzt w¨ urde, erh¨ alt man erst nach einer Fehlerkorrektur der systematischen Meßfehler.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 8.2.1 Begriffsdefinitionen Nachdem sich mit Hilfe der Fourieranalyse jeder beliebige periodische Zeitverlauf einer Spannung bzw. eines Stromes in seine rein sinusf¨ormigen Spektralkomponenten zerlegen und in Form einer Fourierreihe darstellen l¨aßt, k¨onnen wir uns im folgenden ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit auf rein sinusf¨ ormige Zeitverl¨ aufe beschr¨ anken ˆ sin(ωt + ϕu ) u(t) = U i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕi ) .
(8.4) (8.5)
Die entsprechenden Effektivwertbetr¨ age erh¨ alt man mit der Definition aus Kap. 6.3.1 ˆ U Ueff = √ 2 ˆ I Ieff = √ . 2
(8.6) (8.7)
Die Wechselgr¨ oßen aus Gln. (8.4) und (8.5) lassen sich alternativ in komplexer Schreibweise als Zeigergr¨ oßen U = I=
ˆ ejϕu U ∗ = U ˆ e−jϕu U ∗ ˆ jϕi I = Ie ˆ −jϕi , Ie
(8.8) (8.9)
oder als Effektivwertzeiger angeben U eff = Ueff ejϕu I eff = Ieff ejϕi .
(8.10) (8.11)
8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz In (einphasigen) Wechselstromkreisen sind die folgenden Leistungsgr¨oßen definiert:
206
8 Messung der elektrischen Leistung
Komplexe Leistung P Die komplexe Leistung P ist folgendermaßen definiert P = U eff I ∗eff = Ueff Ieff ejϕu −ϕi = Ueff Ieff ejϕui
(8.12)
P = Re(P ) + jIm(P ) = PW + jPB .
(8.13)
Wirkleistung PW Die Wirkleistung PW ist der Teil der komplexen elektrischen Leistung, der in der Impedanz Z in eine andere (nicht-elektrische) Energieform, wie z. B. in mechanische Energie oder in W¨ armeenergie umgesetzt wird. Sie entspricht dem Produkt von Spannungs- und Stromeffektivwert, multipliziert mit dem Cosinus der Phasenwinkeldifferenz zwischen Strom und Spannung (Einheit Watt (W)) PW = Re(P ) = Ueff Ieff cos ϕui . (8.14) Die Messung der Wirkleistung kann direkt mit Hilfe eines elektrodynamischen Meßwerkes erfolgen, da bei diesem der Zeigerausschlag dem Produkt I1eff I2eff cos ϕ proportional ist (Gl. (6.47)). Es gelten ansonsten die bereits f¨ ur den Gleichstromkreis aufgestellten Regeln (Kap. 8.1). Blindleistung PB Die Blindleistung PB wird durch das Speicherverhalten einer komplexen Impedanz verursacht. Dieser Teil der Leistung pendelt periodisch zwischen der Quelle und dem Verbraucher mit der Impedanz Z hin und her (Einheit VoltAmpere-reaktiv (VAR)) PB = Im(P ) = Ueff Ieff sin ϕui .
(8.15)
Die Blindleistung wird ebenfalls mit Hilfe eines elektrodynamischen Meßwerkes bestimmt. Allerdings muß ein 90◦ -Phasenschieber verwendet werden, der den Strom des Spannungspfades gegen¨ uber der Spannung U V um −90◦ dreht
Abb. 8.4: Messung der Blindleistung in einem Wechselstromkreis mit Hilfe eines elektrodynamischen Meßwerkes und einem 90◦ -Phasenschieber.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
207
(Abb. 8.4). F¨ ur den Zeigerausschlag α gilt dann ˜ 1eff I2eff cos ϕ ≈ kIVeff UVeff cos(ϕ − 90◦ ) = kIVeff UVeff sin ϕ . α = kI
(8.16)
Da die 90◦ -Phasenverschiebung frequenzabh¨angig ist, sind die Ger¨ate zur Blindleistungsmessung u ur eine Frequenz von 50 Hz bzw. 60 Hz ¨blicherweise f¨ konzipiert. F¨ ur stark oberwellenhaltige Signale ergeben sich daher fehlerhafte Meßwerte. Die Blindleistung wird bei induktiven Lasten positiv und bei kapazitiven Lasten negativ angezeigt. Scheinleistung PS Die Scheinleistung ist die in einer komplexen Impedanz Z umgesetzte Leistung. Sie entspricht dem Produkt der Effektivwerte von Strom und Spannung an der Impedanz Z (Einheit Volt-Ampere (VA)) 2 + P2 . (8.17) PS = |P | = Ueff Ieff = PW B Meßtechnisch l¨ aßt sich die Scheinleistung am einfachsten durch separate Strom- und Spannungsmessungen der Effektivwerte Ieff und Ueff und die anschließende Produktbildung gem¨ aß Gl. (8.17) ermitteln. 8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen Prinzipielle Schaltungsvarianten in Drehstromsystemen Bei Drehstromsystemen unterscheidet man zwischen dem 3-Leiter-System und dem 4-Leiter-System, je nachdem, ob ein Neutralleiter vorhanden ist oder nicht. Abbildung 8.5 zeigt beide Varianten. Die komplexen Verbraucher Z 1 ,
Abb. 8.5: a) 4-Leiter-Drehstromsystem mit Sternschaltung der Verbraucher (N: Neutralleiter), b) 3-Leiter-Drehstromsystem mit Dreieckschaltung der Verbraucher
208
8 Messung der elektrischen Leistung
Z 2 und Z 3 k¨ onnen in Form einer Sternschaltung (Abb. 8.5a) oder einer Dreieckschaltung (Abb. 8.5b) zusammengeschaltet werden. Beim 4-Leiter-System hat man zwischen den Leiterspannungen (verkettete Spannung) U 12 , U 23 und U 31 (Spannungen zwischen zwei Außenleitern) und den Sternspannungen U 1N , U 2N und U 3N (Spannungen zwischen Außenleiter und Neutralleiter) zu unterscheiden (Abb. 8.5). Der Neutralleiter wird auch als Sternpunkt bezeichnet. Im Falle eines 3-Leiter-Systems kann man sich zu meßtechnischen Zwecken (Abb. 8.9) einen k¨ unstlichen Sternpunkt N schaffen, indem man die drei Leiter L1 , L2 und L3 jeweils mit einem hochohmigen Widerstand R zu dem k¨ unstlichen Sternpunkt N verbindet. Im folgenden wollen wir zun¨ achst eine symmetrische Belastung voraussetzen, d. h. die drei Lastimpedanzen sind identisch Z 1 = Z 2 = Z 3 . Im Zeigerdiagramm (Abb. 8.6) erkennt man, daß sowohl die Leiterspannungen als auch die Sternspannungen um jeweils 120◦ gegeneinander phasenverschoben sind. In Drehstromnetzen gilt generell U 12 = U 1N − U 2N U 23 = U 2N − U 3N U 31 = U 3N − U 1N .
(8.18) (8.19) (8.20)
Dabei sollte erw¨ahnt werden, daß sich in 3-Leiter-Systemen die Bezeichnung
Abb. 8.6: Zeigerdiagramm eines symmetrisch belasteten Drehstromsystems. Leiterspannungen: U 12 , U 23 , U 31 ; Sternspannungen: U 1N , U 2N , U 3N
N auf den k¨ unstlichen Sternpunkt N bezieht. Im speziellen gilt bei symmetrischer Belastung U 1N = U U 2N = U e U 3N = U e
(8.21) −j120◦ +j120◦
(8.22) (8.23)
und |U 31 | =
√ |U 1N |2 + |U 3N |2 − 2|U 1N ||U 3N | cos 120◦ = |U 1N | 3 . (8.24)
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
Die Leiterspannungen sind betragsm¨ aßig stets gleich √ √ |U 12 | = |U 23 | = |U 31 | = |U | 3 = U 3
209
(8.25)
und ihre (Zeiger)-Summe ergibt Null U 12 + U 23 + U 31 = 0 .
(8.26)
Die Str¨ ome des 4-Leiter-Systems gen¨ ugen folgender Bedingung I1 + I2 + I3 = IN .
(8.27)
F¨ ur den Fall symmetrischer Belastung (gleiche Lastimpedanzen Z 1 = Z 2 = Z 3 ) verschwindet der Strom im Neutralleiter des 4-Leiter-Systems. Weiterhin gilt f¨ ur die Leiterstr¨ ome I1 = I I2 = I e I3 = I e
(8.28) −j120◦ +j120◦
(8.29) .
(8.30)
Aus Abb. 8.7 folgt der Zusammenhang zwischen Leiterstr¨omen und Strang-
Abb. 8.7: Zeigerdiagramm von Leiterstr¨ omen I i und Strangstr¨ omen I ij bei der Dreieckschaltung. Die Form des gleichseitigen Dreiecks erh¨ alt man nur f¨ ur symmetrische (gleiche) Lasten Z i .
str¨ omen bei einer Dreieckschaltung 1 |I 12 | = |I 23 | = |I 31 | = √ |I| . 3
(8.31)
Im 3-Leiter-System ist die Summe der drei Leiterstr¨ome infolge des nicht vorhandenen Neutralleiters stets Null I1 + I2 + I3 = 0 .
(8.32)
210
8 Messung der elektrischen Leistung
Messung der Wirkleistung in Drehstromsystemen F¨ ur den Fall symmetrischer Belastung gen¨ ugt ein Leistungsmesser, i.allg. wiederum ein elektrodynamisches Meßwerk. Die umgesetzte Gesamtleistung ergibt sich dabei als die dreifache Einzelleistung, welche gerade von dem einen Leistungsmesser angezeigt wird. F¨ ur den allgemeinen Fall unsymmetrischer Belastung jedoch werden beim 4-Leiter-System drei und beim 3-Leiter-System zwei Leistungsmesser ben¨ otigt. Es gilt die generelle Regel, daß n−1 Leistungsmesser eingesetzt werden m¨ ussen, wenn n Leitungen zu einem Verbraucher f¨ uhren, da eine der Leitungen stets als R¨ uckleitung angesehen werden kann. 4-Leiter-System Zur Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-System werden drei elektrodynamische Meßwerke gem¨ aß Abb. 8.8 zusammengeschaltet. Die Gesamtwirk-
Abb. 8.8: Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem
leistung PWges ergibt sich als Summe der einzelnen Leistungen PWi PWges = PW1 + PW2 + PW3 = U1Neff I1eff cos ϕ1 + U2Neff I2eff cos ϕ2 + U3Neff I3eff cos ϕ3 .(8.33) Dabei bezeichnet ϕi den Phasenwinkel zwischen dem Strom Ii und der Spannung UiN . 3-Leiter-System Oft werden auch bei 3-Leiter-Systemen drei Leistungsmesser eingesetzt, um die einzelnen Leistungen getrennt beobachten zu k¨onnen. Das Meßergebnis ist damit außerdem genauer, insbesondere bei kleinen Leistungen und großen
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
211
Abb. 8.9: Wirkleistungsmessung im 3-Leiter-System
Phasenwinkeln. Da das 3-Leiter-System keinen Mittelpunktleiter aufweist, m¨ ussen die drei Spannungspfade zu einem k¨ unstlichen Sternpunkt N verbunden werden. Dies entspricht der Schaltung nach Abb. 8.9. Dabei m¨ ussen die Widerst¨ ande bzw. Impedanzen der Spannungspfade aus Symmetriegr¨ unden gleich sein. Die Gesamtwirkleistung l¨ aßt sich dann wiederum nach Gl. (8.33) ermitteln. Im 3-Leiter-System gen¨ ugen allerdings auch zwei Leistungsmesser, wenn man sie in Form der sog. Aaronschaltung (Abb. 8.10) zusammenschaltet. Die
Abb. 8.10: Zwei-Wattmeter-Verfahren (Aaronschaltung)
beiden Meßwerke zeigen die von ihnen gemessenen Wirkleistungen PW1 und PW2 an, die sich in der Summe wie folgt darstellen )U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(< )U 23 , I 2 ) . PW1 + PW2 = U13eff I1eff cos(<
(8.34)
Die gesamte in einem Drehstromsystem umgesetzte komplexe Leistung P andererseits betr¨ agt definitionsgem¨ aß P = U 1N I ∗1 + U 2N I ∗2 + U 3N I ∗3 .
(8.35)
212
8 Messung der elektrischen Leistung
Im Falle eines 3-Leiter-Systems stellen die Werte von UiN die Spannungen dar, die zwischen dem jeweiligen Leiter Li und dem k¨ unstlichen Sternpunkt liegen. Aus dem Spannungszeigerdiagramm (Abb. 8.6) lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange ablesen U 1N = U 13 + U 3N U 2N = U 23 + U 3N .
(8.36) (8.37)
Da außerdem die Summe der drei Leiterstr¨ ome Null ergibt 0 = I1 + I2 + I3 ,
(8.38)
folgt aus Gl. (8.35) die gesamte komplexe Leistung P P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 + U 3N (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 )
(8.39)
P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 .
(8.40)
Der Realteil von P entspricht also der im Drehstromsystem umgesetzten Wirkleistung PW PW = Re(P ) = U13eff I1eff cos(< )U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(< )U 23 , I 2 ) . (8.41) Die Identit¨ at mit Gl. (8.34) beweist, daß sich diese Gesamtwirkleistung auch als Summe von PW1 und PW2 ergibt, jenen Leistungen also, die mit den beiden Leistungsmessern der Aaronschaltung (Abb. 8.10) gemessen werden. Messung der Blindleistung Zur Messung der Blindleistung in Drehstromnetzen wird die Tatsache genutzt, daß bei (ann¨ ahernd) symmetrischer Lastverteilung die Sternspannungen und Leiterspannungen paarweise um 90◦ phasenverschoben sind (Abb. 8.11). Nach diesem Prinzip arbeiten die Schaltungen nach Abb. 8.12 und 8.14.
Abb. 8.11: Spannungszeiger in Drehstromsystemen
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
213
Abb. 8.12: Messung der Blindleistung im 4-Leiter-System. Die Leistungsmesser haben identische Innenwiderst¨ ande.
4-Leiter-System Die Blindleistung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem kann mit Hilfe von drei elektrodynamischen Meßwerken ermittelt werden. Dazu werden diese gem¨aß Abb. 8.12 √ angeschlossen. Die Gesamtblindleistung ergibt sich n¨amlich aus der durch 3 dividierten Summe (PB1 + PB2 + PB3 ) der Leistungen, welche die Einzelmeßwerke anzeigen 1 PBges = √ (PB1 + PB2 + PB3 ) . 3
(8.42)
Die Einzelleistungen PB1 , PB2 und PB3 lassen sich unter Zuhilfenahme des Spannungszeigerdiagrammes (Abb. 8.11) und der Annahme RV = 0 wie folgt ableiten PB1 = U23eff I1eff cos(< ) U 23 , I 1 ) = U23eff I1eff cos(< ) (U 1N , I 1 ) − 90◦ ) = U23eff I1eff cos(ϕ1 − 90◦ ) = U23eff I1eff sin ϕ1 √ = 3U1Neff I1eff sin ϕ1 . (8.43) Analog zu Gl. (8.43) gilt f¨ ur die Anzeigen PB2 und PB3 PB2 = U31eff I2eff cos(< ) U 31 , I 2 ) = U31eff I2eff cos(< ) (U 2N , I 2 ) − 90◦ ) = U31eff I2eff cos(ϕ2 − 90◦ ) = U31eff I2eff sin ϕ2 √ = 3U2Neff I2eff sin ϕ2 (8.44) ) U 12 , I 3 ) = U12eff I3eff cos(< ) (U 3N , I 3 ) − 90◦ ) PB3 = U12eff I3eff cos(< = U12eff I3eff cos(ϕ3 − 90◦ ) = U12eff I3eff sin ϕ3 √ = 3U3Neff I3eff sin ϕ3 . (8.45)
214
8 Messung der elektrischen Leistung
Beim Anschließen der Leistungsmesser ist auf die richtige Polarit¨at zu achten, welche durch die Punkte in Abb. 8.12 angezeigt wird. Wenn die Vorwiderst¨ ande RV so gew¨ ahlt werden, daß an den Spannungspfaden der Meßger¨ate √ eine um den Faktor 3 kleinere Spannung wirksam wird, ergibt sich die Gesamtblindleistung als Summe der drei Anzeigewerte, was durch einen Vergleich der Gln. (8.42 - 8.45) leicht verifiziert werden kann.
Abb. 8.13: Zusammenh¨ ange zwischen Stern- und verketteten Spannungen
3-Leiter-System Im 3-Leiter-System gen¨ ugen wiederum zwei Leistungsmesser, deren Spannungspfade zu einem k¨ unstlichen Sternpunkt N gem¨aß Abb. 8.14 zusammengeschaltet werden. Dabei ist wiederum auf die richtige Polarit¨at der Leistungsmesser zu achten, die√in Abb. 8.14 durch einen Punkt am Meßwerk gekennzeichnet ist. Die mit 3 multiplizierte Summe PBges der von den beiden in Abb. 8.14 dargestellten Leistungsmessern angezeigten Leistung betr¨agt √ √ PBges = 3(PB3 + PB1 ) = 3(Re(U 1N I ∗3 − U 3N I ∗1 )) . (8.46) Unter Zuhilfenahme der Abb. 8.13 kann Gl. (8.46) folgendermaßen dargestellt werden 1 PBges = √ Re((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 ) . (8.47) 3 Indem man Gl. (8.47) wie folgt erweitert 1 PBges = √ Re ((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 + U 31 I ∗2 − U 31 I ∗2 ) 3 1 (8.48) = √ Re (U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 + U 13 (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 )) 3
8.3 Messung der elektrischen Arbeit
215
und die Tatsache ber¨ ucksichtigt, daß die Summe der Leiterstr¨ome im 3-LeiterSystem verschwindet I 1 + I 2 + I 3 = I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 = 0 ,
(8.49)
gelangt man zur allgemeinen Blindleistungs-Beziehung 1 PBges = √ Re(U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 ) . 3
(8.50)
Abb. 8.14: Messung der Blindleistung im 3-Leiter-System. Der Punkt gibt die Polarit¨ at des Spannungspfades an. Der Widerstand RWV entspricht dem Innenwiderstand des Spannungspfades der (identischen) Leistungsmesser.
8.3 Messung der elektrischen Arbeit Die elektrische Arbeit (Energie) ergibt sich aus der zeitlichen Integration der elektrischen Wirkleistung PW (t) t PW dt . (8.51) E= 0
Zur Messung der elektrischen Energie werden im Wechselstromfall sog. Induktionsmeßwerke eingesetzt, die u ¨blicherweise als Elektrizit¨atsz¨ahler bezeichnet werden. In diesen Induktionsmeßwerken wird vom Strom des Leistungskreises ein magnetisches Wechselfeld aufgebaut, das in einer elektrisch leitf¨ahigen Scheibe Induktionsspannungen und damit Wirbelstr¨ome hervorruft. Auf diese wirkt ein zweites, von der Spannung des Leistungskreises generiertes Magnetfeld, das in Verbindung mit den Wirbelstr¨ omen Kr¨afte erzeugt, welche die Scheibe in Rotation versetzen. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe ist letztlich ein Maß f¨ ur die elektrische Momentanleistung. Induktionsmeßwerke k¨ onnen allerdings nur f¨ ur Wechselstromanwendungen eingesetzt werden, da sie auf dem Induktionsprinzip beruhen.
216
8 Messung der elektrischen Leistung
Funktionsprinzip des Induktionsmeßwerkes (Elektrizit¨ atsz¨ ahler) Der prinzipielle Aufbau eines Elektrizit¨ atsz¨ ahlers wird in Abb. 8.16 gezeigt. Die auf dem hufeisenf¨ ormigen Joch (Stromeisen) befindliche Spule 1 f¨ uhrt den Strom i(t) des Leistungskreises i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕ) .
(8.52)
Der dadurch entstehende magnetische Fluß φ1 durchsetzt die Aluminiumscheibe und induziert in dieser die Wirbelstr¨ ome iw . Entsprechend dem Durchflutungsgesetz sowie dem Induktionsgesetz lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange f¨ ur den magnetischen Fluß φ1 φ1 ∼ B1 ≈ μ0
N1 i(t) N1 ˆ = μ0 I sin(ωt + ϕ) 2δ 2δ
(8.53)
bzw. den Wirbelstrom iw ableiten iw ∼ uind ∼
dφ1 ∼ ω Iˆ cos(ωt + ϕ) . dt
(8.54)
Dabei bezeichnen B1 den Betrag der magnetischen Induktion im Stromeisen, φ1 den magnetischen Fluß im Stromeisen, N1 die Windungszahl des Stromeisens, δ den Luftspalt in Strom- und Spannungseisen (die Aluminiumscheibe z¨ ahlt in diesem Fall wegen μr = 1 zum Luftspalt) und ϕ den Phasenwinkel zwischen Spannung u und Strom i. Legt man die Spannung u(t) des Leistungskreises an die Spule 2 des Spannungseisens, welches die Aluminiumscheibe U-f¨ ormig umschließt, entsteht im Luftspalt die magnetische Induktion B2 , welche sich wie folgt aus der angelegten Spannung u(t) u ¨ber den durch die Spule fließenden Strom i2 (t) berechnen l¨ aßt ˆ sin ωt u(t) = U 1 t 1 ˆ i2 = u dt = − U cos ωt L 0 ωL i2 N2 ˆ cos ωt . ∼ −U B2 ≈ μ0 δ
(8.55) (8.56) (8.57)
Dieses magnetische Feld wirkt nun auf die in der Aluminiumscheibe induzierten Wirbelstr¨ ome (Abb. 8.15) und verursacht eine mechanische Kraftwirkung. Die entsprechende Volumenskraft fr (r¨ aumliche Kraftdichte) ergibt sich nach [131] 2 − 1 H 2 gradμ , fr = Jw × B 2
(8.58)
wobei Jw den Stromdichtevektor bezeichnet, der dem Wirbelstrom iw proportional ist. Da die Aluminiumscheibe eine konstante Permeabilit¨at μ aufweist, verschwindet der Term gradμ, und der Betrag F der Gesamtkraft l¨aßt sich wie folgt ermitteln
8.3 Messung der elektrischen Arbeit
217
Abb. 8.15: Wirbelstr¨ ome in der Aluminiuml¨ auferscheibe eines Elektrizit¨ atsz¨ ahlers
ˆ cos(ωt + ϕ) cos ωt . F ∼ iw B2 ∼ IˆU
(8.59)
Das auf die Aluminiumscheibe wirkende mittlere Moment Mel erh¨alt man, wenn man u ¨ber die Periodendauer T integriert 1 T Mel ∼ F (t) dt (8.60) T 0 ˆ Iˆ ˆ Iˆ T 1 U U (cos ϕ + cos(2ωt + ϕ)) dt = cos ϕ . ∼ T 0 2 2 Gleichung (8.60) sagt aus, daß das Antriebsmoment Mel proportional der Wirkleistung PW des Leistungskreises ist Mel = k1 Ueff Ieff cos ϕ = k1 PW .
(8.61)
In der Praxis entsteht aufgrund des relativ großen Luftspaltes sowie der Eisenund Kupferverluste keine exakte 90◦ -Verschiebung zwischen dem Strom i2 in der Spule 2 und der Spannung u des Leistungskreises. Die exakte 90◦ Phasenverschiebung erreicht man erst durch den in Abb. 8.16 gezeigten magnetischen Nebenschluß des Spannungseisens (Grobabgleich der 90◦ -Phasenverschiebung durch Ver¨ anderung von δN ) und eine Hilfswicklung am Stromeisen, die u ¨ber den regelbaren Widerstand R kurzgeschlossen ist (Feinabgleich der 90◦ -Phasenverschiebung durch Ver¨ anderung des Widerstandes R).
218
8 Messung der elektrischen Leistung
Abb. 8.16: Prinzipieller Aufbau eines Elektrizit¨ atsz¨ ahlers
Der als Wirbelstrombremse wirkende Permanentmagnet (Abb. 8.16), der auch als Bremsmagnet bezeichnet wird, erzeugt ein Bremsmoment mit dem Betrag Mbrems Mbrems = k2 n , (8.62) wobei n die Drehzahl der Aluminiumscheibe bezeichnet. Die Drehzahl n der Scheibe l¨ aßt sich nun aus der Gleichgewichtsbedingung Mbrems = Mel ermitteln k1 n = Ueff Ieff cos ϕ = kPW . (8.63) k2 Nachdem die Drehzahl n der Scheibe proportional zur Wirkleistung PW ist, erh¨ alt man die elektrische Energie durch Aufsummieren (zeitliche Integration) der Umdrehungen der Aluminiumscheibe. Dies geschieht in einfacher Weise mit Hilfe eines mechanischen Z¨ ahlwerkes.
9 Messung von elektrischen Impedanzen
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden Ein ohmscher Widerstand R unterscheidet sich von einer komplexen Impedanz Z dadurch, daß er keine kapazitiven oder induktiven Anteile enth¨alt, was eigentlich einen Idealfall darstellt, der in der Praxis nie ganz erreicht werden kann. F¨ ur den ohmschen Widerstand gilt das Ohmsche Gesetz in der Form R=
u(t) , i(t)
(9.1)
d. h. Strom und Spannung sind zu jedem beliebigen Zeitpunkt einander proportional. Die Messung ohmscher Widerst¨ ande ist im Rahmen der meßtechnischen Praxis eine wichtige Aufgabe, weil einige Sensoren als Widerstandsaufnehmer arbeiten; d. h. ihr Widerstandswert ist ein Maß f¨ ur die Meßgr¨oße. 9.1.1 Strom- und Spannungsmessung Die Bestimmung des ohmschen Widerstandes kann durch eine Strom- und eine Spannungsmessung erfolgen. Der Widerstandswert R wird dann nach dem Ohmschen Gesetz (Gl. (9.1)) berechnet. Da hierbei stets zwei getrennte Messungen erforderlich sind, tragen sowohl der Fehler der Strommessung als auch der Fehler der Spannungsmessung zum Fehler des Meßwertes R bei. Es kommen die beiden in den Abb. 9.1a und 9.1b gezeigten Schaltungsvarianten in Frage. Die jeweiligen systematischen Fehler k¨onnen korrigiert werden, wenn die Innenwiderst¨ande des Spannungs- und des Strommeßger¨ates bekannt sind. In der stromrichtigen Schaltung (Abb. 9.1a) ist die Spannungsmessung fehlerhaft und der Spannungsabfall RMI I am Strommesser ist zwecks Korrektur des systematischen Meßfehlers von der gemessenen Spannung abzuziehen RX =
U U − RMI I = − RMI . I I
(9.2)
220
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.1: Bestimmung des ohmschen Widerstandes RX durch separate Strom- und Spannungsmessung: a) Stromrichtige Schaltung, b) Spannungsrichtige Schaltung
In der spannungsrichtigen Schaltung (Abb. 9.1b) ist der gemessene Strom zu groß, so daß vom gemessenen Wert I der Teilstrom U/RMU abzuziehen ist, der durch den Spannungsmesser fließt RX =
U . I − RU MU
(9.3)
Da im allgemeinen der Innenwiderstand des Strommessers RMI viel kleiner ist als der des Spannungsmessers RMU , wird die stromrichtige Schaltungsvariante f¨ ur große Widerst¨ ande (RX RMI ) und die spannungsrichtige f¨ ur kleine Widerst¨ ande (RX RMU ) eingesetzt. 9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand Spannungsvergleich Der bei getrennter Spannungs- und Strommessung auftretende Fehler l¨aßt sich vermeiden, wenn ein Referenzwiderstand Rref zur Verf¨ ugung steht. Durch Messung der beiden Spannungen URX und URref (Abb. 9.2) kann bei bekanntem Referenzwiderstand Rref der Widerstand RX bestimmt werden. Die Spannung U0 , die an die aus den Widerst¨ anden RX und Rref bestehende Serienschaltung angelegt wird, muß w¨ ahrend der beiden Messungen konstant gehalten werden. Der Innenwiderstand des Meßger¨ates geht f¨ ur den Fall, daß er bei beiden Messungen derselbe ist (Vorsicht bei Meßbereichsumschaltung), nicht in den Fehler ein, da die beiden Spannungsmeßwerte ins Verh¨altnis gesetzt werden. Wenn man die Spannungen URref und URX in der Schaltung nach Abb. 9.2 mit Hilfe eines Spannungsmeßger¨ates mit Innenwiderstand RMU mißt, ergeben sich infolge des endlichen Innenwiderstandes RMU die fehlerbe hafteten Meßwerte URref und URX (Rref RMU ) (Rref RMU ) + RX (RX RMU ) = U0 . (RX RMU ) + Rref
URref = U0 URX
(9.4) (9.5)
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden
221
Abb. 9.2: Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwiderstandes Rref und einer Konstantspannungsquelle Wenn man jedoch die beiden Meßwerte URref und URX ins Verh¨altnis setzt, k¨ urzt sich der Wert des Innenwiderstandes RMU heraus, sodaß das Spannungsverh¨ altnis URX RX URX = = URref Rref URref
(9.6)
frei von systematischen Fehlern bleibt RX =
URX Rref . URref
(9.7)
Stromvergleich Alternativ kann ein Stromvergleich nach Abb. 9.3 genutzt werden, um den ohmschen Widerstand RX zu bestimmen. Auch hier heben sich die systematischen Meßfehler bei der Messung der Einzelstr¨ome IRX und IRref auf und gehen somit nicht in die Bestimmung von RX ein. Die infolge des Innenwiderstandes RMI des Strommeßger¨ ates mit systematischen Fehlern behafteten Teilstr¨ ome IRref und IRX ergeben sich entsprechend der Stromteilerregel bei
Abb. 9.3: Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwiderstandes Rref und einer Konstantstromquelle
222
9 Messung von elektrischen Impedanzen
parallelgeschalteten Widerst¨ anden zu = I0 IRref = I0 IRX
RRref RRref
RX + RMI + RX RRref . + RMI + RX
(9.8) (9.9)
Das Verh¨ altnis dieser Teilstr¨ ome ist wiederum frei von Belastungsfehlern RX IRref IRref = = IRX Rref IRX
bzw. RX =
IRref Rref . IRX
(9.10)
(9.11)
W¨ ahrend der beiden Strommessungen muß der in die Parallelschaltung eingespeiste Strom I0 sowie der Innenwiderstand RMI des Meßger¨ates konstant gehalten werden. 9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle Eine direkte und kontinuierliche Anzeige des Widerstandswertes ist mit Hilfe einer Konstantstromquelle m¨ oglich (Abb. 9.4).
Abb. 9.4: Messung eines ohmschen Widerstandes unter Verwendung einer Konstantstromquelle
Der eingepr¨ agte Konstantstrom I0 fließt dabei u ¨ber den zu messenden Widerstand RX , der gem¨ aß Gl. (9.12) proportional zur gemessenen Spannung UX ist UX RX = . (9.12) I0 Mit der Korrektur des systematischen Fehlers, der durch den Innenwiderstand RMU des angeschlossenen Spannungsmessers verursacht wird, erh¨alt man RX =
UX . X I0 − RUMU
(9.13)
Eine auf einer Konstantstromquelle basierende Meßschaltung wird in Abb. 9.5 gezeigt. Wenn man einen idealen Operationsverst¨arker voraussetzt (uD = 0),
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden
223
Abb. 9.5: Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe einer Konstantstromquelle. Bei der Verwendung in Digital-Multimetern werden die Spannungen an den Abgriffpunkten (1) und (2) dem Analog-Digital-Umsetzer zugef¨ uhrt.
kann die Spannung UX auch mit einem nicht-idealen Spannungsmesser ohne systematischen Meßfehler gemessen werden, so daß die Auswertung f¨ ur RX nach Gl. (9.12) vorgenommen werden kann RX =
UX UX = R0 . I0 Uref
(9.14)
F¨ ur Pr¨ azisionsmessungen sind allerdings die nicht-idealen Eigenschaften des Operationsverst¨arkers zu ber¨ ucksichtigen, wie z.B. endliche Verst¨arkung, Eingangsstrom oder Offsetspannung. Als nachteilig kann sich auch die nichtmassebezogene Messung erweisen, da so leicht St¨orspannungen auftreten k¨ onnen. In Digital-Multimetern werden die beiden Spannungen Uref und UX (s. Abgriffpunkte (1) und (2) in Abb. 9.5) vom Analog-Digital-Wandler digitalisiert und anschließend nach Gl. (9.14) ausgewertet. Die relative Genauigkeit f¨ ur diese Messung liegt bei Standard-Digital-Multimetern typischerweise bei 0,02 bis 0,2 % (s. auch Tabelle 11.14). 9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes Da der Zeigerausschlag α eines Kreuzspulinstrumentes eine Funktion des Verh¨ altnisses zweier Str¨ ome I2 /I1 ist (Gl. (6.60)), kann es unmittelbar zur Widerstandsmessung eingesetzt werden. Abbildung 9.6 zeigt die dazu notwendige Beschaltung. Wenn der zu bestimmende Widerstand RX gegen¨ uber dem Spulenwiderstand R1 groß ist (RX R1 ) und außerdem der Widerstand R3 groß im Vergleich zum Spulenwiderstand R2 (R3 R2 ) gew¨ahlt wird, kann RX mit Hilfe der Schaltung nach Abb. 9.6a unmittelbar gemessen werden. Der zu bestimmende Widerstand RX ergibt sich dann aus der Stromteilerregel, da die beiden Widerst¨ ande RX und R3 n¨ aherungsweise an der Speisespannung U0 liegen. Der Zeigerausschlag α h¨ angt aber i. allg. in nicht-linearer Weise vom Stromverh¨ altnis I2 /I1 ab (Gl. (6.60)) RX = R3
I2 1 = R3 f (α) = R3 tan α . I1 k
(9.15)
224
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.6: Widerstandsmessung mit Hilfe eines Kreuzspulinstrumentes: a) Schaltungsvariante f¨ ur große Widerst¨ ande, b) Schaltungsvariante f¨ ur kleine Widerst¨ ande
Zur Messung kleiner Widerst¨ ande wird die Schaltungsvariante nach Abb. 9.6b eingesetzt. Unter der Voraussetzung (R1 + R1 ) RX und (R2 + R2 ) R3 gilt n¨ aherungsweise RX =
UX I1 (R1 + R1 ) (R1 + R1 ) R3 f˜(α) . ≈ = IX I2 (R2 + R2 )/R3 (R2 + R2 )
(9.16)
9.2 Kompensationsschaltungen Mit Hilfe sog. Kompensationsschaltungen kann die Beeinflussung des Meßvorganges durch das Meßger¨ at infolge seiner nicht-idealen Innenimpedanz eliminiert werden. Str¨ ome und Spannungen werden dabei leistungslos gemessen, d. h. Str¨ ome ohne Spannungsabfall u ¨ber den Meßkontakten und Spannungen ohne (Parallel)-Str¨ ome durch ein angeschlossenes Spannungsmeßger¨at. Die von klassischen Meßger¨ aten jedoch stets ben¨otigte Energie wird dabei einer Hilfsquelle und nicht, wie bei Standardmessungen u ¨blich, der zu messenden Schaltung entnommen. Der Hauptvorzug der Kompensatoren besteht also darin, daß bei der Messung keine Belastung des Meßkreises erfolgt. Infolge der r¨ uckwirkungsfreien Messung wird eine sehr hohe Meßgenauigkeit erreicht. Als eigentliches Meßinstrument ist dazu lediglich ein Galvanometer zum Nullabgleich erforderlich. Da die Kompensationsschaltungen eine Vorstufe der Br¨ uckenschaltungen darstellen, die zur Messung von ohmschen Widerst¨anden bzw. komplexen Impedanzen eingesetzt werden, sollen sie an dieser Stelle besprochen werden. 9.2.1 Gleichspannungskompensation Abbildung 9.7 zeigt das Kompensationsprinzip f¨ ur eine Gleichspannungsmessung. Der Abgriff des Widerstandes wird dabei solange ver¨andert, bis das Galvanometer G stromlos ist. Es folgt damit
9.2 Kompensationsschaltungen
UX = UR =
R U0 . R0
225
(9.17)
Bei bekannten Gr¨ oßen U0 , R0 , R kann UX ohne einen durch den Leistungsverbrauch eines Meßger¨ ates hervorgerufenen Fehler bestimmt werden.
Abb. 9.7: Prinzip der Gleichspannungskompensation (UX ≤ U0 )
9.2.2 Gleichstromkompensation Mit der Kompensationsschaltung nach Abb. 9.8 kann ein unbekannter Strom IX kompensiert werden, indem Spannungsgleichheit an dem von dem Differenzstrom (I0 − IX ) durchflossenen Widerstand R und an dem vom Strom IX durchflossenen Widerstand R1 erreicht wird (I0 − IX )R = IX R1 .
(9.18)
Weiterhin kann die folgende Maschengleichung aufgestellt werden (I0 − IX )R + I0 (R0 − R) = U0 .
(9.19)
Aus den Gln. (9.18) und (9.19) kann unmittelbar der zu messende Strom IX bestimmt werden R IX = U 0 . (9.20) R0 (R1 + R) − R2
Abb. 9.8: Gleichstromkompensationsschaltung. R0 ist der Gesamtwiderstand des Spannungsteilers und R der Wert zwischen dem Teilerabgriff und dem positiven Pol der Spannungsquelle
226
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Da u ¨ber den Meßkontakten keine Spannung abf¨allt, wird leistungslos, d. h. ohne Belastung des Meßkreises, gemessen. Als Nulldetektoren verwendet man empfindliche Galvanometer mit Spannungsanzeigen im Bereich von 0,1 μV bis 1 μV bzw. empfindliche Spannungsverst¨ arker mit kleiner Offsetspannung. In der Praxis wird oft anstelle des Galvanometers ein Nullverst¨arker verwendet, der ein motorbet¨atigtes Potentiometer ansteuert. Dabei wird der Schleifer eines Potentiometers mit Hilfe eines Stellmotors so lange verstellt, bis die Eingangsspannungsdifferenz des Verst¨ arkers zu Null abgeglichen ist. Damit ist die Verstellung des Schleifers der zu messenden Spannung uE proportional. Ein angekoppeltes Schreibger¨ at schreibt auf einem kontinuierlich bewegten Registrierpapier einen Linienzug, der f¨ ur den Fall entsprechend schneller Regelung dem Signalverlauf uE (t) entspricht. Solche Anordnungen werden in Form sog. Kompensationsschreiber realisiert (Abb. 9.9).
Abb. 9.9: Prinzip eines Kompensationsschreibers
9.3 Gleichstrom-Meßbru ¨ cken Die genaue Bestimmung von ohmschen Widerst¨anden erfolgt in der Praxis oft mit Hilfe von sog. Br¨ uckenschaltungen. Die dazu von Wheatstone vorgeschlagene Meßbr¨ ucke (Wheatstonesche Meßbr¨ ucke) besteht aus zwei parallelgeschalteten Spannungsteilern (Abb. 9.10), die mit der Spannung UE gespeist werden. Beim Betrieb unterscheidet man zwischen dem Ausschlagverfahren (Gleichstrom-Ausschlagbr¨ ucke), bei dem die Diagonalspannung UD mit einem hochohmigen Instrument gemessen wird, und dem Abgleich- oder Nullverfahren (Gleichstrom-Abgleichbr¨ ucke), bei dem die Diagonalspannung zu Null abgeglichen wird. 9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbru ¨ cken Im nicht-abgeglichenen Zustand resultiert aus der Speisespannung UE eine Diagonalspannung UD UD = UE (
R2 R3 − R1 R4 R2 R4 . − ) = UE R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
(9.21)
9.3 Gleichstrom-Meßbr¨ ucken
227
Abb. 9.10: Wheatstonesche Meßbr¨ ucke
Durch Messung der Spannungen UD und UE kann bei drei bekannten Widerst¨ anden auf den vierten unbekannten Widerstand geschlossen werden. Die Genauigkeit des Verfahrens h¨ angt neben der Toleranz der Br¨ uckenwiderst¨ande von der Genauigkeit der Meßger¨ ate zur Bestimmung von UD und UE ab. Bei der Messung der Spannung UD ist zu ber¨ ucksichtigen, daß der Innenwiderstand RM des Meßger¨ ates zu einem Fehler f¨ uhrt. Die unter Ber¨ ucksichtigung der Innenwiderst¨ande der Quelle RI und des Meßger¨ ates RM geltende Ersatzschaltung wird in Abb. 9.11a gezeigt. Die im Falle offener Klemmen (RM → ∞) effektiv wirksame Br¨ uckenspeisespannung UE kann aus der Leerlaufspannung UE0 der Speisequelle mit RB = (R1 + R2 ) (R3 + R4 )
(9.22)
wie folgt errechnet werden UE = UE0
RB . RI + RB
(9.23)
Damit l¨ aßt sich auch die Leerlaufspannung UQ der Ersatzspannungsquelle aus Abb. 9.11b angeben
Abb. 9.11: a) Gleichstrom-Ausschlag-Br¨ uckenschaltung bei Ber¨ ucksichtigung der Innenwiderst¨ ande von Speisespannungsquelle und Meßger¨ at, b) bez¨ uglich der Klemmen 1 und 1 wirksame Ersatzspannungsquelle
228
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.12: Dreieck-Stern-Umwandlung
UQ = UD |RM→∞ = UE
R2 R3 − R1 R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 ) 1
UQ = UD |RM→∞ = UE0 = UE0
1+
RI (R1 +R2 +R3 +R4 ) (R1 +R2 )(R3 +R4 )
(9.24) R2 R3 − R1 R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
R2 R3 − R1 R4 . (R1 + R2 )(R3 + R4 ) + RI (R1 + R2 + R3 + R4 )
(9.25)
Der Innenwiderstand RQ der Ersatzspannungsquelle ist der Widerstand, den man von den Klemmen 1 und 1 des Netzwerkes aus sieht. Dieser l¨aßt sich durch eine sog. Dreieck-Stern-Umwandlung (Abb. 9.12) der Widerst¨ande R1 , R2 und RI zu der in der Abb. 9.13 gezeigten Schaltung vereinfachen. Die beiden Schaltungen in Abb. 9.12 sind bez¨ uglich der ¨außeren Klemmen 1, 2 und 3 ¨ aquivalent. Diese Umwandlung sowie die entsprechende Stern-DreieckUmwandlung sind z. B. in [105] beschrieben. Der Innenwiderstand RQ der Ersatzspannungsquelle nach Abb. 9.13 ergibt sich dann zu RQ = R1S + (R3 + R3S ) (R4 + R2S ) (R3 + R3S )(R4 + R2S ) . = R1S + R3 + R3S + R4 + R2S
(9.26)
Unter Ber¨ ucksichtigung des von den Widerst¨anden RM und RQ gebildeten Spannungsteilers in Abb. 9.11b l¨ aßt sich die Diagonalspannung UD f¨ ur den Fall nicht-idealer Innenwiderst¨ ande von Quelle und Meßger¨at wie folgt ableiten UD = UQ
RM . RM + RQ
(9.27)
Aus dem Vergleich mit der Diagonalspannung UD des idealen Falles (Gl. (9.21)) l¨ aßt sich schließlich der entsprechende Fehler ermitteln.
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden
229
Abb. 9.13: Durch Dreieck-Stern-Umwandlung vereinfachte Schaltung aus Abb. 9.11
9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbru ¨ cken Zur Messung von ohmschen Widerst¨ anden wird i. allg. das Abgleichverfahren eingesetzt. Dabei wird einer der bekannten Br¨ uckenwiderst¨ande, z. B. der Widerstand R4 (Abb. 9.10), solange ver¨ andert, bis die Diagonalspannung UD Null wird. Mit Gl. (9.21) folgt daraus UD = 0 = U E (
R2 R3 − R1 R4 R2 R4 . − ) = UE R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
(9.28)
So kann ein unbekannter Widerstand, beispielsweise R2 , aus den u ¨brigen bekannten Widerstandswerten ermittelt werden. Die Abgleichbedingung aus Gl. (9.28) lautet R2 R3 = R1 R4 , (9.29) bzw. nach dem gesuchten Widerstandswert R2 aufgel¨ost R2 = R1
R4 . R3
(9.30)
Bei Pr¨ azisionsmeßbr¨ ucken werden als einstellbare Widerst¨ande sehr genaue Widerstandsdekaden verwendet. Die Meßunsicherheiten liegen hierbei im Bereich 10−5 . Ein wesentlicher Vorzug des Abgleichverfahrens besteht darin, daß keine Absolutwerte von Spannungen oder Str¨ omen gemessen werden m¨ ussen. Auch die Br¨ uckenspeisespannung UE geht nicht in die Messung ein, so daß an deren Konstanz keine hohen Anforderungen gestellt werden m¨ ussen. Ein weiterer Vorzug besteht in der Tatsache, daß die Diagonalspannung UD nur mittels Nullgalvanometer zu Null abgeglichen und nicht absolut erfaßt werden muß.
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden Eine komplexe Impedanz (Scheinwiderstand) setzt sich aus einer Wirkkomponente R und einer Blindkomponente X zusammen
230
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Z = Re(Z) + jIm(Z) = R + jX = |Z|ejϕz .
(9.31)
Bei vernachl¨ assigbarem ohmschen Anteil ergeben sich f¨ ur •
eine Kapazit¨ at C (idealer Kondensator) Z = jX =
•
−j ωC
(9.32)
eine Induktivit¨ at L (ideale Spule) Z = jX = jωL .
(9.33)
Im realen verlustbehafteten Fall wendet man die im folgenden beschriebenen Ersatzschaltbilder an. Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivit¨ at Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Induktivit¨ at werden in Abb. 9.14 neben den entsprechenden Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y der
Abb. 9.14: Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivit¨ at mit entsprechendem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Serienersatzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild
verlustbehafteten Spule ergeben sich wie folgt Z = RS + jωLS =
1 = Y
1 RP
1 . 1 + jωL P
(9.34)
Mit den Ersatzschaltbildelementen k¨ onnen der Verlustfaktor tan δL sowie die G¨ ute Q angegeben werden tan δL =
RS 1 ωLP = = . Q ωLS RP
(9.35)
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden
231
Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazit¨ at Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Kapazit¨ at werden in Abb. 9.15 neben den entsprechenden Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y des
Abb. 9.15: Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazit¨ at mit entsprechendem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Serienersatzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild
verlustbehafteten Kondensators ergeben sich zu Z = RS −
j 1 = = ωCS Y
1 RP
1 . + jωCP
(9.36)
Mit den Ersatzschaltbildelementen lassen sich der Verlustfaktor tan δC sowie die G¨ ute Q bestimmen tan δC =
1 1 = ωRS CS = . Q ωCP RP
(9.37)
Ermittlung des Scheinwiderstandes Zur Messung von Scheinwiderst¨ anden wird eine Wechselspannungsquelle bekannter Frequenz ben¨ otigt, welche die Impedanz Z speist Z = Re(Z) + jIm(Z) .
(9.38)
Der Scheinwiderstand |Z| kann nach separaten Messungen von Spannung und Strom berechnet werden Ueff |Z| = . (9.39) Ieff Nachdem die komplexe Impedanz zwei skalare Unbekannte aufweist (Betrag und Phase bzw. Real- und Imagin¨arteil), m¨ ussen zu ihrer vollst¨andigen Bestimmung immer zwei getrennte Gr¨ oßen gemessen werden, wie z.B. der Scheinwiderstand und der Phasenwinkel oder der Scheinwiderstand und der Wirkwiderstand.
232
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Bei einer Spule beispielsweise k¨ onnen Schein- und Wirkwiderstand auf die im folgenden beschriebene Art gemessen werden. Bei Anlegen einer Gleichspannung u− ergibt sich wegen X = 0 (Gl. (9.31)) der Wirkwiderstand R aus einer Gleichstrommessung u− R= . (9.40) i− Bei Anlegen einer Wechselspannung u∼ l¨ aßt sich gem¨aß Gl. (9.39) der Scheinwiderstand |Z| aus der Messung der Effektivwerte von Spannung Ueff und Strom Ieff ermitteln Ueff u∼ |Z| = = . (9.41) Ieff i∼ Anhand der Gln. (9.38), (9.40) und (9.41) kann schließlich auch der Blindwiderstand X berechnet werden X = ωL = |Z|2 − R2 . (9.42) Ermittlung einer komplexen Impedanz mittels der 3-Spannungsmesser-Methode Verlustbehaftete Kondensatoren oder verlustbehaftete Spulen lassen sich mittels der sog. 3-Spannungsmesser-Methode anhand von drei unabh¨angigen Spannungsmessungen ermitteln (Abb. 9.16). Dazu schaltet man der unbekannten Impedanz Z X einen ohmschen Widerstand in Serie und legt an diese Serienschaltung eine Wechselspannung U an. Anschließend mißt man die Betr¨ age bzw. Effektivwerte der Spannungen U N und U X , die an dem Widerstand RN und der komplexen Impedanz Z X abfallen. Bei bekannter Zeigerl¨ ange von U hat man nunmehr drei Spannungszeiger in der komplexen Ebene, von denen man lediglich die Betr¨ age kennt. Damit l¨aßt sich aber bereits das in Abb. 9.16 gezeigte Zeigerdiagramm konstruieren. Allerdings gibt es ein zweites spiegelbildliches Zeigerdiagramm, das ebenfalls m¨oglich w¨are, d. h. es l¨ aßt sich letztlich nur der Betrag des Phasenwinkels ϕ, nicht aber sein Vorzeichen bestimmen. Durch Anwendung des Cosinussatzes auf das Dreieck der Spannungszeiger erh¨ alt man den Phasenwinkel ϕ
|U |2 − |U N |2 − |U X |2 ◦ ϕ = ± 180 − arccos . (9.43) 2|U N ||U X | Mit bekanntem Widerstandswert RN , dem ermittelten Phasenwinkel ϕ sowie den Meßwerten f¨ ur |U X | und |U N | kann nunmehr Z X in Form der Elemente der Reihenersatzschaltung (Z X = RX + jXX ) angegeben werden RX =
|U | |U X | cos ϕ = RN X cos ϕ , |I| |U N |
(9.44)
XX =
|U | |U X | sin ϕ = RN X sin ϕ . |I| |U N |
(9.45)
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
233
Abb. 9.16: Bestimmung des Wirk- und Blindanteils verlustbehafteter passiver Bauelemente mit Hilfe der 3-Spannungsmesser-Methode. ϕ: Phasenwinkel von Z X
9.5 Wechselstrom-Meßbru ¨ cken 9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbru ¨ cken Prinzipiell ist die Funktionsweise einer Wechselstrom-Meßbr¨ ucke mit der in Kap. 9.3 vorgestellten Gleichstrom-Meßbr¨ ucke identisch. Die Bedingung f¨ ur den Nullabgleich der Br¨ uckendiagonalspannung bezieht sich hier allerdings auf die komplexen Impedanzen Z 1 , Z 2 , Z 3 , Z 4 (Abb. 9.17) Z 2Z 3 = Z 1Z 4 .
(9.46)
Abb. 9.17: Wechselstrom-Meßbr¨ ucke
Gleichung (9.46) l¨ aßt sich in eine Betrags- und eine Winkelgleichung zerlegen |Z 2 ||Z 3 | = |Z 1 ||Z 4 |
(9.47)
ϕ2 + ϕ3 = ϕ1 + ϕ4 .
(9.48)
Aus der Tatsache, daß Gl. (9.46) jeweils f¨ ur Real- und Imagin¨arteil erf¨ ullt sein muß, ergeben sich mit
234
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Z i = Ri + jXi
(9.49)
folgende, zu den Gln. (9.47) und (9.48) ¨ aquivalente, Abgleichbedingungen R2 R3 − X2 X3 = R1 R4 − X1 X4
(9.50)
X2 R3 + R2 X3 = X1 R4 + R1 X4 .
(9.51)
Da beim Br¨ uckenabgleich zwei Bedingungen zu erf¨ ullen sind, m¨ ussen auch zwei unabh¨ angig voneinander abgleichbare Elemente vorhanden sein. Standard-Wechselstrom-Meßbr¨ ucken sind beispielsweise die Kapazit¨atsmeßbr¨ ucke nach Wien (Wien-Br¨ ucke) zur Messung verlustbehafteter Kondensatoren oder die Induktivit¨ atsmeßbr¨ ucke (Maxwell-Wien-Br¨ ucke) zur Bestimmung verlustbehafteter Induktivit¨ aten. Solche Standard-Br¨ ucken werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. Wien-Bru ¨ cke Die Kapazit¨ atsmeßbr¨ ucke nach Wien wird in Abb. 9.18 in zwei unterschiedlichen Darstellungen gezeigt, und zwar einmal nach Abb. 9.18a zur Ausmessung der Elemente des Reihenersatzschaltbildes und in Abb. 9.18b zur Ausmessung der Elemente des Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨at.
Abb. 9.18: Zwei Schaltungsvarianten der Wien-Br¨ ucke: a) zum Bestimmen des Reihenersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨ at, b) zum Bestimmen des Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨ at
Die Abgleichbedingungen der Wien-Br¨ ucke lauten f¨ ur beide Varianten R4 R3 R3 . RX = R2 R4 CX = C2
(9.52) (9.53)
Der Verlustfaktor der zu bestimmenden Kapazit¨at tan δ betr¨agt damit bei der Schaltungsvariante nach Abb. 9.18a (Reihenersatzschaltbild)
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
tan δR = ωC2 R2
235
(9.54)
und bei der Schaltung nach Abb. 9.18b (Parallelersatzschaltbild) tan δP =
1 . ωC2 R2
(9.55)
Schering-Meßbru ¨ cke Die Schering-Meßbr¨ ucke wird vorwiegend zur Bestimmung der Elemente des Ersatzschaltbildes von Hochspannungskondensatoren bzw. Hochspannungskabeln eingesetzt (Abb. 9.19). Nachdem die Br¨ ucke mit Hochspannung gespeist wird, ist Vorsicht in der Hinsicht geboten, daß die Br¨ uckendiagonalspannung nicht zu groß wird. Es werden dementsprechend folgende Gr¨oßenverh¨altnisse gew¨ ahlt: |Z X | R2 und |Z 4 | 1/ωC3 . Die Kapazit¨at C3 muß also ein hochspannungsfester und verlustarmer Kondensator sein. Die Abgleichelemente ¨ sollten jedoch vorsichtshalber mit Uberspannungsableitern gesch¨ utzt werden.
Abb. 9.19: Schering-Meßbr¨ ucke zur Messung von Hochspannungskondensatoren
F¨ ur den Kapazit¨atswert CX folgt CX = C3
R4 . R2 [1 + (ωR4 C4 )2 ]
(9.56)
Der im allgemeinen interessierende Verlustfaktor tan δX ergibt sich mit Gleichung (9.48) zu tan δX = tan(90◦ − δ4 ) =
1 = ωC4 R4 . tan δ4
(9.57)
Wien-Robinson-Bru ¨ cke Br¨ ucken mit frequenzabh¨ angigem Abgleich, wie die Wien-Robinson-Br¨ ucke (Abb. 9.20), k¨ onnen als einfache Frequenzmeßger¨ate genutzt werden. Die Abgleichbedingungen der Wien-Robinson-Br¨ ucke lauten
236
9 Messung von elektrischen Impedanzen
C4 R1 R3 = − C3 R2 R4 C3 C4 =
1 . ω 2 R3 R4
(9.58) (9.59)
H¨ aufig w¨ ahlt man R2 = R3 = R4 = R, R1 = 2R und C3 = C4 = C. Damit ist Gl. (9.58) automatisch erf¨ ullt, w¨ ahrend Gl. (9.59) eine neue Abgleichbedingung ergibt, aus der die Frequenz ω der Br¨ uckeneingangsspannung ermittelt werden kann 1 ω= . (9.60) RC
Abb. 9.20: Wien-Robinson-Br¨ ucke
Maxwell-Wien-Bru ¨ cke Die Maxwell-Wien-Br¨ ucke (Abb. 9.21) wird zur Messung verlustbehafteter Induktivit¨ aten eingesetzt. Aus den Abgleichbedingungen dieser Br¨ ucke k¨onnen
Abb. 9.21: Maxwell-Wien-Br¨ ucke
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
237
unmittelbar die Elemente LX und RX des Reihenersatzschaltbildes f¨ ur verlustbehaftete Spulen abgeleitet werden LX = C4 R2 R3 R3 . RX = R2 R4
(9.61) (9.62)
9.5.2 Einflu aten ¨ sse von Erd- und Streukapazit¨ Die Einfl¨ usse von Erd- und Streukapazit¨ aten kommen beim technischen Aufbau einer Wechselstrom-Meßbr¨ ucke schnell zum Tragen. Abbildung 9.22 zeigt s¨ amtliche Erd- und Streukapazit¨ aten, welche beim Aufbau einer Meßbr¨ ucke auftreten k¨ onnen. Durch die Einf¨ uhrung definierter Erdungs- und Schirmverh¨ altnisse gilt es, die Einfl¨ usse der parasit¨ aren Kapazit¨aten zu eliminieren oder diese zumindest vernachl¨ assigbar klein zu machen. M¨ oglichkeiten, dies praktisch zu realisieren, sind die einseitige Erdung der Speisespannungsquelle oder die einseitige Erdung der Nullanzeigeeinrichtung. Eine weitere M¨ oglichkeit zur Beseitigung der Erdkapazit¨aten stellt die Verwendung des Wagnerschen Hilfszweigs dar. Hierbei wird ein Hilfszweig analog zu Z 3 und Z 4 eingef¨ uhrt (siehe Abb. 9.22), welcher zwischen den eingef¨ uhrten Hilfszweig-Impedanzen Z 5 und Z 6 auf Erdpotential liegt. Dieser Punkt soll mit F bezeichnet werden. Nun wird abwechselnd der Zweig Z 3 ,Z 4 Wagnerscher Hilfszweig A
CAE
CAC
Z3
Z1
CAD
Z5 F
C
D CCD
CAB CCE CBE
Z2
CBC
E
CDE Z4
CBD
Z6
B Abb. 9.22: Potentielle parasit¨ are Erd- und Streukapazit¨ aten bei Wechselstrombr¨ ucken
238
9 Messung von elektrischen Impedanzen
bzw. der Zweig Z 5 ,Z 6 hinzugeschaltet und beispielsweise anhand der Impedanzen Z 3 und Z 5 der jeweilige Zweig abgeglichen. Zeigt in beiden F¨allen das Anzeigeinstrument Null an, so liegen Punkt C und D ebenfalls auf Erdpotential und die hier angreifenden Erdkapazit¨ aten werden wirkungslos [14]. Es sei angemerkt, daß der Abgleich einer Meßbr¨ ucke mit Wagnerschem Hilfszweig aufwendig werden kann. 9.5.3 Halbautomatischer Bru ¨ ckenabgleich Abgleich von Wechselstrom-Meßbru ¨ cken Da gem¨ aß den Gln. (9.47) und (9.48) bzw. den Gln. (9.50) und (9.51) bei Wechselstrom-Meßbr¨ ucken stets zwei Abgleichbedingungen gleichzeitig zu erf¨ ullen sind, m¨ ussen in der Br¨ ucke mindestens zwei voneinander unabh¨angig verstimmbare Bauelemente enthalten sein, welche den Betrags- und den Phasenabgleich (bzw. den Real- und den Imagin¨arteilabgleich) erm¨oglichen. Da sich diese beiden Abgleichvorg¨ ange in der Regel gegenseitig beeinflussen, ist ein stetiger Wechsel zwischen den beiden erforderlich. Dies bedeutet konkret, daß man zun¨ achst mit Hilfe eines Abgleichelementes die Diagonalspannung in ein lokales Minimum bringt. Dann setzt man den Abgleich mit dem zweiten Abgleichelement fort, bis wiederum ein neues lokales Minimum erreicht wird. Dieses schrittweise und wechselseitige Abgleichen wird solange fortgesetzt, bis die Diagonalspannung ein globales Minimum bzw. im Idealfall den Wert Null erreicht hat. Die Geschwindigkeit, mit der dieses globale Minimum eingestellt werden kann, also die Schnelligkeit des Abgleichvorganges, ist ein wesentliches G¨ utekriterium einer Wechselstrom-Meßbr¨ ucke. Die dabei erzielbare Konvergenz h¨ angt von der Br¨ uckenstruktur, der Wahl der Abgleichelemente und der Empfindlichkeit des Nullindikators ab. Es sei abschließend darauf hingewiesen, daß auch bei prinzipiell abgleichbaren Br¨ ucken die Konvergenz des Abgleichvorganges nicht allgemein sichergestellt ist und von Fall zu Fall u uft ¨berpr¨ werden muß. Dazu bedient man sich meist graphischer Methoden, bei denen die Diagonalspannung U D in Form von Ortskurven in der komplexen Ebene aufgetragen wird [55]. Eine solche Ortskurve beschreibt den Real- und Imagin¨ arteil von U D in Form einer graphischen Kurve, wobei das Abgleichelement, z. B. ein einstellbarer Widerstand, innerhalb eines bestimmten Wertebereiches variiert wird. Jedem Punkt dieser Ortskurve kann dann ein bestimmter Wert des Abgleichelements zugeordnet werden. Phasenempfindlicher Gleichrichter Da beim halb- und vollautomatischen Abgleich von Wechselstrom-Meßbr¨ ucken sehr oft phasenempfindliche Gleichrichter (Synchrongleichrichter) ben¨otigt werden, soll deren Funktionsweise zun¨ achst erl¨autert werden. Bei einem phasenempfindlichen Gleichrichter wird die Gleichrichterwirkung nicht, wie beim normalen Gleichrichter u ¨blich, von der Polarit¨at der Eingangsspannung uE
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
239
gesteuert, sondern von der Phasenlage bzw. Polarit¨at einer separaten Steuerspannung bestimmt (Abb. 9.23). Die Ausgangsspannung u ¯A ergibt sich aufgrund der Tiefpaßfilterung als zeitlicher Mittelwert des Produktes aus uE (t) und einem Schaltersignal s(t) u ¯A = uE (t)s(t) ,
(9.63)
wobei das Schaltersignal s(t) von der Polarit¨ at der Steuerspannung bestimmt wird, d. h.
Abb. 9.23: Phasenempfindlicher Gleichrichter: a) Prinzipschaltung bestehend aus Schmitt-Trigger, Multiplizierer und RC-Tiefpaß, b) Spannungsverl¨ aufe f¨ ur sinusf¨ ormige Eingangs- und Steuerspannung, c) Schaltsymbol
⎧ ¨r ust > 0 ⎨ +1 f u s(t) = sign(ust ) =
⎩
.
(9.64)
−1 f u ¨r ust < 0
F¨ ur den Fall, daß die Steuerspannung einen sinusf¨ormigen Zeitverlauf mit derselben Frequenz wie die Eingangsspannung uE aufweist, jedoch zu dieser phasenverschoben ist, ergibt sich ˆE sin(ωt) sign(U ˆst sin(ωt − ϕ)) uA (t) = U
(9.65)
ˆE sin(ωt + ϕ) sign(U ˆst sin ωt) . uA (t) = U
(9.66)
bzw. Daraus kann der zeitliche Mittelwert u ¯A durch Integration u ¨ber die Periodendauer errechnet werden 1 T ˆ ˆst sin ωt) dt . u ¯A = (9.67) UE sin(ωt + ϕ) sign(U T 0
240
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Die Signum-Funktion kann ausgewertet werden, indem man das Integral in zwei Teile aufspaltet " # T ˆE T2 U u ¯A = sin(ωt + ϕ) dt − sin(ωt + ϕ) dt . (9.68) T T 0 2 Die Auswertung der beiden Teilintegrale liefert schließlich das Ergebnis, daß die Ausgangsspannung u ¯A dem Gleichrichtwert der Eingangsspannung, die mit dem Cosinus der Phasenwinkeldifferenz ϕ zwischen der Eingangs- und Steuerspannung multipliziert wurde, entspricht u ¯A =
ˆE ˆE 4T ˆE 4 2U U U cos ϕ = cos ϕ = cos ϕ . T ω T 2π π
(9.69)
Sollten in der Steuerspannung ust (t) Spektralanteile enthalten sein, die nicht mit der Frequenz der Eingangsspannung uE identisch sind, liefern diese infolge der zeitlichen Mittelwertbildung keinen Beitrag zur Ausgangsspannung u ¯A . Unter Verwendung von zwei phasenempfindlichen Gleichrichtern, die aufgrund ihrer Steuerspannungen um 90◦ gegeneinander phasenverschoben arbeiten, l¨ aßt sich eine Wechselspannung, die an beiden Eingangstoren als Eingangsspannung anliegt, in ihren Real- und Imagin¨arteil zerlegen. Wenn man in diesem Fall die beiden Ausgangsspannungen quadratisch addiert, erh¨alt man das Quadrat des (mit dem Faktor 2/π multiplizierten) Betrages des komplexen Zeigers der Eingangsspannung. Halbautomatisch abgleichbare Wien-Bru ¨ cke Um den iterativen und wechselseitigen Abgleich von Wechselspannungs-Meßbr¨ ucken nach Betrag und Phase zu umgehen, setzt man sog. halbautomatische Meßbr¨ ucken ein, die nur noch einen einfachen manuellen Abgleich erfordern. Der zweite Abgleich erfolgt dabei automatisch im Ger¨at. Abbildung 9.24 zeigt das Prinzipschaltbild einer halbautomatisch abgleichbaren Wien-Br¨ ucke. Wenn U R2 und U R4 die Spannungen an den Widerst¨anden R2 bzw. R4 bezeichnen, ergibt sich die Br¨ uckendiagonalspannung U D wie folgt U D = U R4 − U R2 = U R4 − Re(U R2 ) − jIm(U R2 ) .
(9.70)
Da U R4 rein reell ist (U R4 = UR4 ), kann die Aufspaltung von Gl. (9.70) in Real- und Imagin¨ arteil in einfacher Weise erfolgen Re(U D ) = UR4 − Re(U R2 ) Im(U D ) = −Im(U R2 ) = f (R3 , R4 ) .
(9.71) (9.72)
Der in der Schaltung nach Abb. 9.24 enthaltene phasenempfindliche Gleichrichter filtert den Imagin¨ arteil der Diagonalspannung U D heraus und gibt diese auf einen Regler, der den spannungssteuerbaren Widerstand R2 ansteuert.
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
241
Abb. 9.24: Halbautomatisch abgleichbare Wien-Br¨ ucke
Der Realteilabgleich wird per Hand an R4 vorgenommen, w¨ahrend der Imagin¨ arteilabgleich automatisch durch den spannungssteuerbaren Widerstand R2 erfolgt. Der Realteilabgleich kann anhand des Betrages der Diagonalspannung U D durchgef¨ uhrt werden, da mit Hilfe der eben beschriebenen Regelschleife der Imagin¨ arteilabgleich st¨ andig nachgef¨ uhrt wird. Aus den Abgleichbedingungen ergeben sich schließlich die zu ermittelnden Bauelementgr¨oßen der verlustbehafteten Kapazit¨ at R4 R3 R3 . RX = R2 R4 CX = C2
(9.73) (9.74)
9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbru ¨ cken Mit Hilfe von Wechselstrom-Ausschlagbr¨ ucken werden oft die Impedanz¨anderungen von kapazitiven bzw. induktiven Sensoren gemessen. Dabei geht man i. a. davon aus, daß die Kapazit¨ aten bzw. Induktivit¨aten der Aufnehmer verlustlos sind und verwendet die Schaltung nach Abb. 9.25. Bei einer solchen Meßbr¨ ucke stellt zumindest eine der Reaktanzen X1 oder X2 den Aufnehmer dar, es k¨ onnen jedoch auch sowohl X1 als auch X2 dem Aufnehmer zugeordnet sein. Die Diagonalspannung U D dieser Br¨ ucke ergibt sich analog zu Gl. (9.21) UD = UE
j(X2 − X1 ) R0 U (X2 − X1 ) . = E j(X2 + X1 ) 2R0 2 (X2 + X1 )
(9.75)
Im weiteren unterscheidet man zwischen Viertel-, Halb- und Vollbr¨ ucken.
242
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.25: Wechselstrom-Ausschlag-Meßbr¨ ucke
Viertelbru ¨ cke Man spricht von einer Viertelbr¨ ucke, wenn X1 = X0 und X2 = X0 + ΔX. Die Diagonalspannung U D ist dann ann¨ ahernd proportional zu ΔX UD =
ΔX U UE ≈ E ΔX . 2 2X0 + ΔX 4X0
(9.76)
Der Reaktanzanteil ΔX stellt dabei ein Maß f¨ ur die aktuelle Meßgr¨oße des Aufnehmers dar. Halbbru ¨ cke Bei der Halbbr¨ ucke w¨ ahlt man X1 = X0 − ΔX
(9.77)
X2 = X0 + ΔX .
(9.78)
und Die Diagonalspannung U D ist damit exakt proportional ΔX UD =
U E ΔX . 2 X0
(9.79)
Auch hier ist ΔX ein Maß f¨ ur die Meßgr¨ oße; nach M¨oglichkeit sollte ΔX proportional der vom Sensor zu detektierenden Meßgr¨oße sein. Die in Gln. (9.77) ¨ und (9.78) vorkommenden entgegengesetzten Anderungen ±ΔX der Sensorreaktanz ergeben sich bei sog. Differentialsensoren [140]. Vollbru ¨ cke Bei den Vollbr¨ ucken (Abb. 9.26) ¨ andern sich alle vier Br¨ uckenreaktanzen um ¨ den Betrag ΔX. Die Anderungen erfolgen in den Br¨ uckenzweigen 1 und 4 und den Br¨ uckenzweigen 2 und 3 jeweils gleichsinnig gem¨aß
9.5 Wechselstrom-Meßbr¨ ucken
243
Abb. 9.26: Wechselstrom-Vollbr¨ ucke
X1 = X4 = X0 − ΔX
(9.80)
X2 = X3 = X0 + ΔX .
(9.81)
und Analog zu Gl. (9.21) kann die Diagonalspannung U D abgeleitet werden UD = UE
X2 X3 − X1 X4 . (X1 + X2 )(X3 + X4 )
(9.82)
Die Auswertung von Gl. (9.82) ergibt, daß die Diagonalspannung U D der doppelten der Halbbr¨ ucke entspricht U D = UE
ΔX . X0
(9.83)
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale (Oszilloskope)
Es z¨ ahlt zu den Standardaufgaben der elektrischen Meßtechnik, den Zeitverlauf von elektrischen Signalen unter Angabe von Zeit- und Amplitudenwerten darzustellen bzw. zu registrieren. Sehr h¨aufig wird dabei auf eine Realzeitdarstellung Wert gelegt, bei der das Signal zeitgleich mit seinem Erscheinen bildlich dargestellt wird. In der Elektrischen Meßtechnik setzt man zu diesem Zweck Elektronenstrahl-Oszilloskope ein, welche der Visualisierung des Zeitverlaufes einer elektrischen Spannung u(t) dienen. Die im folgenden beschriebenen Oszilloskope sind Ger¨ate, die eine solche bildliche ¨ Darstellung des Signals entweder in Realzeit oder in Aquivalenzzeit (zeitlich gestaffelte Abtastung periodischer Signale) erlauben. Die Ger¨ate k¨onnen dabei auf analoger oder digitaler Basis arbeiten. Sie werden dementsprechend als Analog-Oszilloskope (analoge Elektronenstrahl-Oszilloskope) (Kap. 10.1) bzw. als Digital-Oszilloskope (Digital-Speicheroszilloskope, Digital Sampling Oscilloscope (DSO)) (Kap. 10.4) bezeichnet. Im Gegensatz zu den fr¨ uher verwendeten Oszillographen, welche die Registrierung von elektrischen Signalen auf fotografischem Papier erm¨ oglichten, handelt es sich bei den heute eingesetzten Oszilloskopen um Sichtger¨ ate, bei denen ein Elektronenstrahl mit konstanter Geschwindigkeit in horizontaler Richtung u ¨ber eine phosphoreszierende Schicht gef¨ uhrt wird und beim Auftreffen auf diese Leuchtschicht f¨ ur eine kurze Zeitdauer einen sichtbaren Punkt erzeugt. Die vertikale Strahlablenkung ist proportional der dargestellten Spannung, so daß bei entsprechend schneller und permanenter Wiederholung des Schreibvorganges ein dauernd sichtbares Leuchtbild der darzustellenden Signalspannung entsteht.
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-R¨ ohre Das analoge Elektronenstrahl-Oszilloskop besitzt als Herzst¨ uck eine Braunsche R¨ohre, in der ein Elektronenstrahl den Zeitverlauf des angelegten elek-
246
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.1: Elektronenstrahl-R¨ ohre (Braunsche R¨ ohre) mit elektrostatischer Strahlfokussierung und elektrostatischer Strahlablenkung
trischen Signals auf eine Leuchtschicht schreibt. Abbildung 10.1 zeigt den Aufbau einer solchen Elektronenstrahl-R¨ ohre. Die R¨ohre besteht aus einem evakuierten Glaskolben, der die zur Erzeugung, Fokussierung und Ablenkung des Elektronenstrahls erforderlichen Einheiten enth¨alt. Dabei werden die von einer Gl¨ uh-Kathode emittierten Elektronen infolge der zwischen Kathode und Anode anliegenden elektrischen Spannung zun¨ achst in Richtung des Leuchtschirmes beschleunigt. Auf diesem Wege wird der Elektronenstrahl durch weitere elektrische Felder fokussiert, welche durch Anlegen von geeigneten elektrischen Spannungen an den Wehnelt-Zylinder, die Anoden 1 und 2 sowie die beiden Hilfsgitter erzeugt werden. Danach durchlaufen die Elektronen das Vertikal(y-Platten) sowie das Horizontal-Ablenksystem (x-Platten) und treffen schließlich auf der Leuchtschicht der R¨ ohrenvorderseite auf. Abbildung 10.2 verdeutlicht die Geometrie der vertikalen Strahlablenkung, die im folgenden in Abh¨angigkeit der Ablenkspannung sowie der Geometrie des Ablenksystems berechnet wird. Durch das Anlegen einer Spannung uz zwischen Kathode und Anode
Abb. 10.2: Geometrie der Strahlablenkung in einer Oszilloskop-R¨ ohre
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
247
entsteht ein elektrisches Feld Ez , welches die emittierten Elektronen (Masse m0 = 9, 1 · 10−31 kg, Ladung e0 = 1, 6 · 10−19 As) auf eine Horizontalgeschwindigkeit vz beschleunigt. Aus Energieerhaltungsgr¨ unden ist die kinetische Energie Wkin des Elektrons gleich der beim Durchlaufen des elektrostatischen Feldes aufgenommenen elektrischen Energie Wel , sodaß die Horizontalgeschwindigkeit vz des Elektrons aus der Anodenspannung uz wie folgt ermittelt werden kann Wkin = Wel
(10.1)
1 m0 vz2 = e0 uz 2 e0 uz vz = 2 m0
vz (kms−1 ) = 1, 88 · 104 uz (kV) .
(10.2) (10.3) (10.4)
Die mechanische Kraft Fy , die das Elektron in vertikaler Richtung ablenkt, ergibt sich aus dem Produkt von Elektronenladung und der Feldst¨arke Ey , die zwischen den Vertikalablenkplatten herrscht Fy = m0 ay = e0 Ey .
(10.5)
Nach Durchlaufen der y-Plattenstrecke sz (Abb. 10.2) erreicht das Elektron seine vorerst maximale y-Geschwindigkeit vymax , die sich aus dem Produkt von y-Beschleunigung ay und der Verweilzeit Tz des Elektrons im y-Plattenpaar errechnet sz vymax = ay Tz = ay . (10.6) vz Dabei wurde die Ablenkspannung uy und damit die Vertikalbeschleunigung ay f¨ ur die Verweildauer Tz des Elektrons im Vertikalablenksystem als konstant angenommen. Die Ablenkung yL des Elektrons auf dem Schirm und damit die Vertikalposition des Leuchtflecks ergibt sich mit den in Abb. 10.2 bezeichneten Gr¨ oßen und unter Zuhilfenahme von Gln. (10.5) und (10.6) yL = yp + vymax
lz s z lz s z lz e0 = yp + ay = yp + Ey 2 . vz vz vz m0 vz
(10.7)
Mit der Vertikalkomponente Ey der elektrischen Feldst¨arke zwischen den parallelen y-Ablenkplatten uy Ey = (10.8) dy und Gl. (10.3) erh¨ alt man schließlich den gesuchten Zusammenhang zwischen der vertikalen Strahlablenkung yL , der Ablenkspannung uy , der Anodenspannung uz und den geometrischen Abmessungen des Vertikalablenksystems sowie dessen Distanz lz zur Leuchtschicht yL = y p +
u y s z lz . uz 2dy
(10.9)
248
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Die absolute Auslenkung yL auf dem Leuchtschirm ist exakt proportional der Ablenkspannung uy , wenn der Beitrag von yp (Abb. 10.2) vernachl¨assigt werden darf (yp yL ), was in praktischen F¨ allen in der Regel erlaubt ist u y s z lz uz 2dy
(10.10)
e 0 uy s z lz . m0 dy vz2
(10.11)
yL ≈ bzw. yL ≈
Die Proportionalit¨ atskonstante zwischen uy und yL wird als Ablenkkoeffizient Ky bezeichnet uy 2dy = uz . (10.12) Ky = yL s z lz Der Ablenkkoeffizient wird i.allg. in (V/cm) angegeben. Der Kehrwert des Ablenkkoeffizienten Ky wird Ablenkempfindlichkeit genannt. Ein kleiner VertikalAblenkkoeffizient Ky und damit eine hohe Ablenkempfindlichkeit l¨aßt sich durch folgende Maßnahmen erreichen: -
-
-
-
große Plattenl¨ ange sz : Wenn die L¨ ange sz der y-Ablenkplatten groß ist, sind die Elektronen der Beschleunigungskraft Fy l¨ anger ausgesetzt und infolgedessen nimmt die Geschwindigkeitskomponente vymax zu, was wiederum zu h¨oheren Auslenkungen auf dem Schirm f¨ uhrt (Gln. (10.7 - 10.12)). Lange Platten f¨ uhren allerdings zu Laufzeitfehlern, da sich w¨ ahrend der Verweilzeit der Elektronen zwischen den Platten die Ablenkspannung uy bereits zeitlich ¨andern kann (Kap. 10.3). So ist es zum Erreichen einer hohen Grenzfrequenz des Ablenksystems gerade notwendig, auf eine kurze Einwirkdauer der Coulombschen Anziehungskraft Wert zu legen, d. h. man fordert dementsprechend eine hohe Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem und kurze Ablenkplatten. großer Abstand lz Ablenkplatten - Leuchtschirm“: ” Die Schirmauslenkung yL ist dem Abstand lz zwischen Ablenkplatten und Schirm direkt proportional. Der Verl¨ angerung dieses Abstandes steht allerdings der Wunsch nach kompakten R¨ ohren mit kurzen Baul¨angen entgegen. geringer Plattenabstand dy : Je kleiner der Plattenabstand dy , desto h¨oher wird die Feldst¨arke Ey (Gl. (10.8)) und damit auch die beschleunigende Kraft Fy (Gln. (10.5)). Allerdings steht diese Forderung indirekt dem Wunsch nach langen yAblenkplatten entgegen. Denn bei langen Platten mit geringen Abst¨anden l¨ auft man Gefahr, daß die Elektronen auf die Platten auftreffen. geringe Anodenspannung uz : √ Da die Horizontalgeschwindigkeit vz proportional uz ist, sinkt mit der Anodenspannung die Horizontalgeschwindigkeit und damit steigt die Verweildauer der Elektronen zwischen den Ablenkplatten. In ihrer Wirkung
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
249
ist diese Maßnahme vergleichbar mit der Verl¨angerung der Platten. Da eine niedrige Elektronengeschwindigkeit aber aufgrund der niedrigen kinetischen Energie der auftreffenden Elektronen auch zu einer Verringerung der Strahlhelligkeit f¨ uhrt, verwendet man sog. Nachbeschleunigungselektroden (siehe Abb. 10.1). Diese auf hohem positivem Potential (10 bis . . . 20 kV) liegenden Elektroden haben die Aufgabe, die Elektronen zu beschleunigen, nachdem sie das Ablenksystem bereits durchlaufen haben. Es wird damit erreicht, daß einerseits die Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem gering ist, w¨ ahrend sie andererseits beim Auftreffen auf die Leuchtschicht hoch ist. Es lassen sich also hohe Ablenkempfindlichkeiten bei gleichzeitig hoher Strahlhelligkeit verwirklichen. Die Nachbeschleunigungselektrode ist i. allg. in Form einer Graphitwendel ausgef¨ uhrt, die so aufgebaut ist, daß bei der Nachbeschleunigung eine m¨ oglichst geringe parasit¨are Richtungsbeeinflussung stattfindet. Aufgrund der Nachbeschleunigung kommt es i. allg. zu Linearit¨atsfehlern (Kap. 10.3.2), d. h. die Ablenkempfindlichkeit am Rand ist nicht mehr mit der in der Bildmitte identisch. Abschließend sei bemerkt, daß die oben abgeleiteten Beziehungen in analoger Weise auch f¨ ur das Horizontal-Ablenksystem gelten. Die Horizontalablenkplatten sind meistens nach dem Vertikal-Ablenksystem angeordnet, was aufgrund der geringeren Entfernung lz zum Leuchtschirm zu einer kleineren Ablenkempfindlichkeit f¨ uhrt (Gl. (10.12)). 10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung ¨ Ublicherweise werden Oszilloskope als Spannungs-Zeit-Schreiber (y-t-Schreiber) genutzt. Dazu erzeugt der Horizontalverst¨arker (x-Verst¨arker) eine Spannung, die proportional zur Zeit ansteigt (S¨agezahnspannung) (Abb. 10.3). Die Anstiegszeit dieser S¨ agezahnspannung legt den Zeitmaßstab f¨ ur die x-Achse fest. Der Zeitablenk-Koeff izient dieser S¨ agezahnspannung Kx gibt somit jene Zeit an, die der Strahl zum Durchlaufen einer Rastereinheit ben¨otigt, z. B. Kx = 100 μs/cm. Ein scheinbar stehendes Bild entsteht nur dann, wenn immer wieder derselbe zeitliche Abschnitt eines Signals erfaßt und dargestellt wird (Abb. 10.5). Daf¨ ur sorgt die sog. Triggerschaltung, die erkennt, wann der entsprechende Signalausschnitt beginnt. Nach Eintreten dieses Triggerereignisses wird die horizontale Strahlablenkung gestartet, d. h. es wird die S¨agezahnspannung an die x-Ablenkplatten gelegt. Eine Triggereinrichtung (Abb. 10.4) gestattet zun¨achst die Erzeugung einer beliebigen Vergleichsspannung mit Hilfe des Level-Potentiometers. Ein Komparator vergleicht schließlich den so gew¨ ahlten Triggerpegel mit dem Eingangssignal, und wenn die Eingangsspannung den voreingestellten Pegelwert u ¨bersteigt, liefert der Komparator eine positive Taktflanke, die wiederum die monostabile Kippstufe ausl¨ ost. Bei in − -Stellung befindlichem Slope-Schalter ist der Invertierer aktiv und das Monoflop wird bei Unterschreiten des voreingestellten Pegels ausgel¨ ost, d. h. es wird auf die abfallende Flanke (negative
250
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.3: Erzeugung eines Oszillogramms (Schirmbildes) mit Hilfe der Spannung uy (t) und der S¨ agezahnspannung ux (t)
Triggerflanke (Abb. 10.5)) getriggert. Bei Anliegen eines periodischen Eingangssignals (Triggersignal) wird am Komparatorausgang ein Rechtecksignal erzeugt, dessen Frequenz der des Triggersignals entspricht. Die monostabile Kippstufe erzeugt bei jeder positiven bzw. negativen Flanke des Rechtecksignals einen Impuls konstanter zeitlicher L¨ange, welcher wiederum den S¨ agezahngenerator startet. Die Impulsdauer muß so kurz sein, daß auch bei
Abb. 10.4: Prinzipschaltbild einer Triggereinrichtung
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
251
Abb. 10.5: Prinzip der Triggerung: a) Generieren der S¨ agezahnspannung ux (t) bei positiver und negativer Triggerflanke, b) Schirmbilder bei positiver und negativer Triggerflanke
der h¨ ochsten Triggersignalfrequenz die entstehenden Triggerimpulse getrennt werden k¨ onnen. Mit Hilfe einer sog. verz¨ogerten Zeitbasis gelingt es, einen beliebigen zeitlichen Ausschnitt eines dargestellten Oszilloskopbildes auf die gesamte Breite des Schirmes zu expandieren. Diese Lupenwirkung l¨aßt sich unter Verwendung von zwei unabh¨ angigen Zeitbasen, der sog. Hauptzeitbasis (Main Time Base MTB) und der verz¨ ogerten Zeitbasis (Delayed Time Base DTB), erreichen. Abbildung 10.6 erl¨ autert die prinzipielle Arbeitsweise einer verz¨ogerten Zeitbasis. Sie enth¨ alt am Eingang eine der Abb. 10.4 entsprechende Triggereinheit, die die Hauptzeitbasis und damit die gew¨ohnliche Schirmbilddarstellung startet. Die dazu notwendige S¨ agezahnspannung der Hauptzeitbasis wird gleichzeitig mit Hilfe des gezeigten Komparators mit einem voreingestellten Spannungswert verglichen, der einem Wert tV auf der Zeitachse des Schirmbildes entspricht. Bei Erreichen dieses Schwellwertes bzw. der Zeitmarke tV wird die verz¨ ogerte Zeitbasis gestartet, deren S¨agezahnanstiegsgeschwindigkeit i. allg. um ein Mehrfaches h¨ oher liegt als die der Hauptzeitbasis. Wenn f¨ ur das dargestellte Schirmbild die S¨ agezahnspannung uXV der verz¨ogerten Zeitbasis verwendet wird, erscheint auf dem Schirmbild der mit tV bezeichne-
252
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.6: Prinzip einer verz¨ ogerten Zeitbasis: a) Prinzipschaltbild, b) Ablenkung mit Hauptzeitbasis, c) Ablenkung mit verz¨ ogerter Zeitbasis
te Ausschnitt des urspr¨ unglichen Bildes (Ablenkspannung uXH ) auf der ganzen Breite des Schirmes. Im urspr¨ unglichen Schirmbild wird dieser Ausschnitt zwecks Positionierung der Zeitmarke tV und Einstellen der L¨ange tV des zu spreizenden Bildausschnittes aufgehellt dargestellt. Von dieser Art der Darstellung wird man vor allem dann Gebrauch machen, wenn ein zeitlich zu spreizendes Signaldetail erst lange Zeit nach einer m¨oglichen Triggerstelle im Signal folgt. 10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops Abbildung 10.7 zeigt das Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops mit Standardausstattung, allerdings ohne verz¨ ogerte Zeitbasis. Als Eing¨ange stehen hier die beiden y-Eing¨ ange y1 und y2 zur Messung zeitabh¨angiger Spannungen, der z-Eingang zur Helligkeitsmodulation des Elektronenstrahles, der Triggereingang zum externen Start der Zeitbasis sowie ein x-Eingang zur Einspeisung einer beliebigen Horizontal-Ablenkspannung zur Verf¨ ugung. Sowohl der Eingang der Triggerschaltung als auch die Eing¨ange der y-Verst¨arker sind mit einem Gleichspannungseingang (DC) und einem Wechselspannungseingang (AC) versehen. Am Triggereingang ist ein Triggerfilter vorhanden, welches das Ausblenden von hohen oder tiefen Spektralanteilen mit Hilfe eines RC-Tief- bzw. Hochpaßfilters erm¨ oglicht. Die Vertikalverst¨arker (Gleichund Wechselspannungsverst¨ arker) sowie die Elektronenstrahl-R¨ohre samt ihrer Ablenksysteme bestimmen die obere Grenzfrequenz des Oszilloskops, welche wiederum wesentlich den technischen Aufwand und damit die Herstel-
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
Abb. 10.7: Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops
253
254
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
lungskosten beeinflußt. Zur unverf¨ alschten Darstellung bzw. Aufzeichnung eines Signals ist es generell notwendig, daß das Meßsystem (Oszilloskop) eine Grenzfrequenz fg−Meßsystem aufweist, die mindestens so hoch liegt wie die des zu messenden Signals fg−Meßsystem ≥ fg−Signal .
(10.13)
Im Falle von Oszilloskopen wird vom Hersteller anstatt der oberen Grenzfrequenz oft die Anstiegszeit tr (Risetime) angegeben. Sie ist die Zeit, die der Strahl bei einem Spannungssprung am Eingang zum Schreiben des zwischen 10 und 90 % des Endwertes liegenden Signalverlaufes ben¨otigt (Abb. 10.8). Die obere Grenzfrequenz fg l¨ aßt sich aus der Anstiegszeit tr anhand der N¨aherungsformel fg tr ≈ 0, 35 (10.14) bestimmen, welche in Kap. 3.8 hergeleitet wird. Die Verz¨ogerungsleitung im y-Kanal hat die Aufgabe, die y-Spannung zeitlich verz¨ogert auf die Ablenkplatten zu geben. Damit wird sichergestellt, daß bei Sprungsignalen auch die ansteigende bzw. abfallende Flanke noch deutlich auf dem Schirm sichtbar ist. Ohne eine solche Verz¨ ogerungsleitung best¨ unde bei sehr schnellen Signalen die Gefahr, daß die Flanke schon anliegt, bevor die Zeitbasis die Strahlablenkung starten konnte. Zur gleichzeitigen Darstellung mehrerer, im allgemeinen zweier, Signale verwendet man in der Regel ebenfalls einstrahlige Elektronenstrahl-R¨ ohren, deren Vertikalablenksystem im Wechsel von verschiedenen y-Kan¨ alen u ¨ber einen elektronischen Umschalter angesteuert werden. Dieser in Abb. 10.7 mit ALT/CHOP“ bezeichnete Schalter wird u ¨bli” cherweise in Form eines schnellen Analog-Multiplexers [139] realisiert. Die Ansteuerung der y-Platten geschieht dabei entweder im Alternierenden-Mode oder im Chopper-Mode (Abb. 10.9): •
Alternierender-Mode W¨ ahrend einer vollst¨ andigen x-Ablenkperiode wird immer nur das Signal eines Kanals, z.B. das Signal y1 (t), an die y-Platten gelegt, w¨ahrend in der darauffolgenden Periode der x-Ablenkung das Signal y2 (t) des 2. Kanals
Abb. 10.8: Definition der Anstiegszeit (Risetime) tr
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
255
Abb. 10.9: Funktionsprinzip des Chopperbetriebs: a) Zeitverl¨ aufe der Eingangssignale, b) Schirmbilddarstellung
geschrieben wird. F¨ ur Phasenvergleiche zwischen den Signalen y1 (t) und y2 (t) ist darauf zu achten, daß die Triggerung immer vom selben Kanal, entweder Kanal 1 oder Kanal 2, ausgel¨ ost wird. • Chopper-Mode Im Gegensatz zum alternierenden Mode wird in dieser Betriebsart w¨ahrend einer einzigen x-Ablenkperiode in zeitlich sehr kurzen Abst¨anden zwischen den Kan¨ alen 1 und 2 umgeschaltet, so daß die Darstellung der Signale y1 (t) und y2 (t) quasi zeitgleich, d. h. in einem, verglichen zur x-Ablenkperiode und damit auch zum alternierenden Betrieb, kurzzeitigen Wechsel erfolgt. 10.1.4 Sampling-Oszilloskop Das Sampling-Oszilloskop ist eine Ausf¨ uhrungsform des Oszilloskops, das auf die Darstellung periodisch wiederkehrender Signale mit sehr hohen Frequenzanteilen spezialisiert ist, wie z. B. die Visualisierung von in konstanten zeitlichen Abst¨ anden wiederkehrenden kurzen Pulsen. Dabei darf die Grenzfrequenz des (periodisch wiederkehrenden) Meßsignals sogar weit u ¨ber der oberen Grenzfrequenz des Oszilloskops liegen. Die Funktionsweise des Sampling¨ Oszilloskops beruht auf einer Signaldarstellung in Aquivalenzzeit, deren Prinzip anhand von Abb. 10.10 verdeutlicht werden soll. Das Meßsignal wird von einem Sampling-Oszilloskop stroboskopartig abgetastet, wobei die Abtastzeitpunkte gegen¨ uber einem zeitlich festen Bezugspunkt im Signalverlauf, z. B. dem Triggerpunkt, um ein ganzzahliges Vielfaches von ΔT versetzt werden. Dadurch gelingt die vollst¨ andige Abtastung des Signals mit einer Abtastfrequenz fa , die kleiner ist als der Kehrwert der Signalperiodendauer Ts fa <
1 . Ts
(10.15)
Die Dauer der Abtastperiode Ta betr¨ agt im einfachen Fall (Abb. 10.10) Ta = Ts + ΔT ,
(10.16)
256
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
¨ Abb. 10.10: Sequentielle Abtastung einer periodischen Signalfunktion in Aquiva¨ lenzzeit: a) Darstellung im Realzeitmaßstab, b) Darstellung im Aquivalenzzeitmaßstab
und im allgemeinen Fall Ta = kTs + ΔT k = 1, 2, 3, ... .
(10.17)
¨ Dadurch erreicht man pro Abtastperiode eine auf die Aquivalenzzeit, d. h. auf den einmaligen Puls, bezogene zeitliche Verschiebung des aktuellen Abtastzeitpunktes gegen¨ uber dem vorhergehenden um ΔT . Mit fa = 1/Ta , fs = 1/Ts und f¨ ur k = 1 l¨ aßt sich diese zeitliche Verschiebung ΔT der Abtastzeitpunkte aus den Gln. (10.16) bzw. (10.17) wie folgt ableiten ΔT =
1 1 − . fa fs
(10.18)
Nach N Abtastungen ist eine Periode des Meßsignals vollst¨andig abgetastet (Rundungsfehler außer acht gelassen) N=
Ts fa = . ΔT f s − fa
(10.19)
Bei dieser Form der Signalerfassung muß der eigentliche Abtastvorgang der einzelnen Signalwerte allerdings auch in Realzeit erfolgen, d. h. die Abtastung muß so schnell erfolgen, daß das Signal w¨ ahrend dieser Zeit als konstant angesehen werden kann, wohingegen die restliche Verarbeitung des Abtastwertes in einem gegen¨ uber der Realzeit gedehnten Maßstab erfolgen darf. Die
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
257
Grenzfrequenz des Oszilloskops wird damit letztlich von der Geschwindigkeit bestimmt, mit der ein einzelner Wert erfaßt (abgetastet) werden kann. Das zeitliche Dehnungsverh¨ altnis dvt , also das Verh¨altnis von Realzeit zu ¨ Aquivalenzzeit (auf den abgetasteten Signalausschnitt bezogene Zeit) ergibt sich zu (Abb. 10.10) dvt =
Ta fs Tend N Ta = = = . Tend N ΔT ΔT f s − fa
(10.20)
Wie die beim Sampling-Oszilloskop vorkommende Unterabtastung mit dem Shannonschen Abtasttheorem (Kap. 11.6.1) vereinbar ist, soll anhand von Abb. 10.10 und 10.11 demonstriert werden. Infolge der Abtastung entstehen jeweils Duplikate des Spektrums des abgetasteten Signals bei den ganzzahligen Vielfachen der Abtastfrequenz fa [101]. Die Abst¨ande der Spektrallinien erge-
¨ Abb. 10.11: Spektrum (schematisiert) bei Abtastung in Aquivalenzzeit
ben sich stets als Kehrwert der Zeit, bei der der gesamte Abtastvorgang beendet wird. Im Falle der Abtastung nach Abb. 10.10a lassen sich zwei Endzeiten definieren. Zum einen l¨ aßt sich die reale Endzeit Tend (Realzeit), nach der die Abtastung aller N Signalperioden abgeschlossen ist (Abb. 10.10), gem¨aß Gln. (10.16) und (10.19) wie folgt angeben Tend = N Ta = N (Ts + ΔT ) .
(10.21)
Damit ergibt sich der Spektrallinienabstand f0 f¨ ur das abgetastete Spektrum f0 =
1 Tend
=
1 fs = . N Ta dvt
(10.22)
¨ Die zweite Endzeit Tend ist die, die auf den komprimierten Zeitmaßstab (Aquivalenzzeit) bezogen wird (Abb. 10.10b) Tend =
Tend = N ΔT = Ts . dvt
(10.23)
258
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Diese Endzeit Tend ist hier vereinbarungsgem¨aß (Gl. (10.19)) mit der Periodendauer Ts des Signals identisch. Der Frequenzabstand f0 zwischen den einzelnen Linien im Spektrum des Originalsignals (in Abb. 10.11 mit Origi” nalspektrum“ bezeichnet) entspricht damit der Wiederholfrequenz fs in der Signalfunktion 1 f0 = = f0 dvt = fs . (10.24) Tend
Unter Ber¨ ucksichtigung der oben abgeleiteten Zusammenh¨ange l¨aßt sich das Originalspektrum gem¨ aß dem in Abb. 10.11 gezeigten Schema aus dem real erhaltenen abgetasteten Spektrum rekonstruieren. Denn aus den Gln. (10.20), (10.22) und (10.24) folgt die Beziehung nf0 = nfa + nf0 n = 1, 2, . . . N bzw. nfs = nfa + n
fs n = 1, 2, . . . N , dvt
(10.25)
(10.26)
welche besagt, daß die n-te Spektrallinie des Originalspektrums identisch ist mit der n-ten Spektrallinie des abgetasteten Spektrums, das bei der n-fachen Abtastfrequenz entsteht.
10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen Spannungsteiler kommen in Elektronenstrahl-Oszilloskopen als Eingangsteiler oder als Tastkopf (s. auch Abb. 10.13) vor. Zur Erzielung eines guten dynamischen Verhaltens ist es notwendig, diese Spannungsteiler frequenzkompensiert auszuf¨ uhren. Die daraus resultierende Schaltung besteht aus einem Spannungsteiler, dessen Impedanzen jeweils aus einer Parallelschaltung eines ohmschen Widerstandes und einer Kapazit¨ at bestehen (Abb. 10.12). Das Tei-
Abb. 10.12: Eingangsspannungsteiler eines Oszilloskops
lerverh¨ altnis V T , also das Verh¨ altnis von Eingangs- zu Ausgangsspannung, ergibt sich zu
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
VT =
U E1 RT (1 + jωRE CE ) . =1+ U E2 RE (1 + jωRT CT )
259
(10.27)
Wenn man die Zeitkonstanten τ1 und τ2 der beiden Impedanzen identisch w¨ ahlt τT = RT CT = RE CE = τE , (10.28) ergibt sich das frequenzunabh¨ angige Teilerverh¨altnis VTR RT V T = VTR = 1 + . RE τ1 =τ2
(10.29)
Die Eingangsimpedanz Z Eges des Teilers ist aber auch in diesem Fall sehr wohl frequenzabh¨ angig. Sie betr¨ agt bei Frequenzkompensation, d. h. f¨ ur den Fall τT = τE = τ , RT + RE RT + RE . (10.30) Z Eges = = 1 + jωRE CE 1 + jωτ Die entsprechende Eingangsadmittanz Y Eges ergibt sich dementsprechend zu Y Eges =
1 + jωCEges , REges
(10.31)
wobei sich REges und CEges mit dem reellen Teilerverh¨altnis VTR aus Gl. (10.29) wie folgt berechnen REges = VTR RE CE . CEges = VTR
(10.32) (10.33)
aß Abb. 10.13 auf sehr einfache Weise durch Der Abgleich von CT kann gem¨ Anlegen einer Rechteckspannung u uft bzw. eingestellt werden. ¨berpr¨
10.3 Fehler der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeff izienten) Die einzelnen in Serie geschalteten Meßglieder des x- und des y-Kanals sind mit Empfindlichkeitsfehlern behaftet, die sich infolge der Multiplikation der Empfindlichkeiten der einzelnen Stufen im jeweiligen Kanal zum Gesamtempfindlichkeitsfehler summieren. Typische Werte der Fehlergrenzen von Ablenkkoeffizienten liegen sowohl f¨ ur die Vertikal- als auch f¨ ur die HorizontalAblenkung bei etwa 1 - 3 %. Die Fehlerangaben k¨onnen mit der absoluten Gr¨ oße des Ablenkkoeffizienten variieren, wobei i. allg. die kleineren Ablenkkoeffizienten gr¨ oßere Fehler aufweisen. Bei diesen Fehlern handelt es sich vorwiegend um systematische Fehler, die u ¨ber den gesamten Anzeigebereich konstant bleiben. Sie lassen sich also quantitativ ermitteln und korrigieren.
260
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.13: Frequenzkompensation des Eingangsteilers: a) Ersatzschaltung eines Tastteilers am Verst¨ arkereingang, b) Unterkompensation (VTC > VTR ), Kompensa¨ tion (VTC = VTR ) und Uberkompensation (VTC < VTR )
Beispiel — Fehler bei der Anstiegszeit Es sollen die maximalen Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegsgeschwindigkeit einer Rampenspannung ermittelt werden, wenn die relativen Fehler fy und fx der Vertikal- bzw. der Horizontal-Ablenkeinheiten bekannt sind. Der relative Gesamtfehler fan bei der Ermittlung der Anstiegsgeschwindigkeit ergibt sich zu ΔUMess ΔUw ΔtMess − Δtw fan = , (10.34) ΔUw Δtw
wobei ΔUMess /ΔtMess die mit dem Oszilloskop gemessene und ΔUw /Δtw die wahre Anstiegsgeschwindigkeit ist. Aus Gl. (10.34) folgt mit den Definitionsgleichungen f¨ ur die relativen Fehler fy und fx von Vertikal- und HorizontalAblenkeinheit ΔUMess = 1 ± fy (10.35) ΔUw und ΔtMess = 1 ± fx (10.36) Δtw
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
261
der relative Gesamtfehler fan fan =
ΔUMess Δtw 1 ± fy −1= −1. ΔUw ΔtMess 1 ± fx
(10.37)
F¨ ur kleine Fehler (|fy | 1) und (|fx | 1) gelten die N¨aherungen 1 ≈ 1 ∓ fx 1 ± fx
(10.38)
(1 ± fy )(1 ∓ fx ) ≈ 1 ± fy ∓ fx .
(10.39)
und Damit lassen sich die Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegszeit als Summe der relativen (Einzel)-Fehler von Vertikal- und Horizontal-Ablenksystem angeben fan = ±(|fy | + |fx |) . (10.40) 10.3.2 Linearit¨ atsfehler Nichtlinearit¨ aten im Horizontal- sowie dem Vertikal-Ablenksystem f¨ uhren zu Linearit¨ atsfehlern, die sich darin ¨ außern, daß die Ablenkkoeffizienten Ky und Kx innerhalb des Schirmbildes nicht mehr konstant sind. Typischerweise ¨ außern sich Linearit¨ atsfehler in den Randbereichen des Schirmbildes (Abb. 10.14). Zur Angabe des Linearit¨ atsfehlers werden die Ablenkkoeffizienten Ky und Kx jeweils im Bereich 1 des Schirmbildes (Abb. 10.14) gemittelt (K x1 bzw. K y1 ) und als wahre Werte herangezogen. Als Istwerte nimmt man jeweils die im Bereich 2 gemittelten Ablenkkoeffizienten (K x2 bzw. K y2 ), also die der Randbereiche. Damit ergibt sich der relative Linearit¨ atsfehler fNLy des Vertikalablenksystems zu
Abb. 10.14: Beispiel eines Linearit¨ atsfehlers bei der Vertikalablenkung. Die SollKennlinie ist eine Gerade.
262
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
fNLy =
K y2 − K y1 . K y1
(10.41)
Der entsprechende relative Linearit¨ atsfehler fNLx des Horizontal-Ablenksystems ergibt sich dementsprechend fNLx =
K x2 − K x1 . K x1
(10.42)
Typische Werte f¨ ur die Linearit¨ atsfehler liegen bei 2 - 5 %. 10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops Da die Eingangsimpedanz eines Oszilloskops aus der Parallelschaltung eines ohmschen Widerstandes und einer Kapazit¨ at besteht und damit frequenzabh¨ angig ist, kann es bei der Messung von zeitlich ver¨anderlichen Spannungen zu dynamischen Meßfehlern kommen. Der entsprechende systematische Fehler soll im folgenden f¨ ur den Fall eines rein ohmschen Innenwiderstandes der Signalquelle bestimmt werden (Abb. 10.15). Der Fehler f|U| in bezug auf den Betrag der gemessenen Spannung ergibt sich bei einer reinen Sinuswechselspannung U Q (ω) der anregenden Signalquelle zu f|U| =
|U E | − |U Q | = |U Q |
1 −1. 2 R 2 1 + RQE + (ωRQ CE )
(10.43)
Dieser Betragsfehler ist in Abb. 10.16 als Funktion der Frequenz f¨ ur verschiedene Widerstandswerte der Signalquelle aufgetragen. F¨ ur RE und CE werden dabei die Standardwerte RE = 1 MΩ und CE = 20 pF verwendet. Bei Anregung durch einen Spannungssprung kommt es aufgrund des (verlangsamten) Anstiegs gem¨ aß einer Exponentialfunktion zu Verzerrungen. Die Aufladung des Eingangskondensators erfolgt dabei mit der Zeitkonstante τ = CE
RE RQ . RE + RQ
Abb. 10.15: Beschaltung eines Oszilloskops mit einer Signalquelle
(10.44)
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
263
Abb. 10.16: Systematischer Betragsfehler bei Oszilloskopen infolge der komplexen Eingangsimpedanz Z E = (1 MΩ 20 pF)
Wenn man von einem urspr¨ unglich ungeladenen Kondensator ausgeht, betr¨ agt die Spannung uE (t) am Eingang des Oszilloskops bei einem Sprung der Signalquellenspannung von 0 auf U0
RE 1 − e−t/τ . (10.45) uE (t) = U0 RE + RQ Abbildung 10.17 zeigt die Verzerrung eines anregenden Spannungssprunges infolge einer Standardeingangsimpedanz f¨ ur verschiedene Widerstandswerte RQ der Signalquelle. Verst¨ arker-Grenzfrequenzen Die Oszilloskop-Verst¨ arker enthalten RC-Glieder, die zu einem Tiefpaßverhalten f¨ uhren, das modellhaft durch ein Verst¨arkerersatzschaltbild gem¨aß Abb. 10.18 beschrieben werden kann. F¨ ur ausgangsseitigen Leerlauf ergibt ¨ sich das Ubertragungsverhalten des Verst¨ arkers im Frequenzbereich aus der ¨ komplexen Ubertragungsfunktion G(ω) G(ω) =
UA V , = UE 1 + jωRC
(10.46)
wobei R und C die Werte des Tiefpasses aus Abb. 10.18 bezeichnen und V eine in erster N¨ aherung frequenzunabh¨ angige Verst¨arkung ist. Die obere Grenzfrequenz fg des Verst¨ arkers ist erreicht, wenn die Ausgangsspannung auf -3 dB ihres Gleichspannungswertes (ω = 0) abgesunken ist. Dies entspricht einem Verh¨ altnis von UA 1 (10.47) = √ ≈ 0, 707 . V U 2 E f =fg
264
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.17: Verzerrung der (normierten) Sprungantwort bei Oszilloskopen infolge der komplexen Eingangsimpedanz (1 MΩ 20 pF) f¨ ur verschiedene Werte des Signalquellenwiderstandes RQ . Die Normierung erfolgte auf U0 = U0 RE /(RE + RQ ). Die Sprunganregung findet zum Zeitpunkt t = t0 statt.
Mit Gl. (10.46) ergibt sich daraus die obere Kreisgrenzfrequenz ωg bzw. die obere Grenzfrequenz fg des Verst¨ arkers zu ωg RC = 1
(10.48)
bzw.
1 . 2πRC Der Betragsfehler f|U| infolge dieser Bandbegrenzung betr¨agt UA −1 f|U| = V UE 1 1 f|U| = −1=
2 − 1 . 1 + (ωRC)2 1 + ffg fg =
(10.49)
(10.50) (10.51)
Abb. 10.18: Einfaches Modell eines Verst¨ arkers mit der Verst¨ arkung V
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
265
Beispiel — Fehler infolge oberer Grenzfrequenz Mit einem Oszilloskop, das eine obere Grenzfrequenz von 40 MHz aufweist, wird eine Spannungsamplitude bei 20 MHz bestimmt. Der relative Betragsfehler f|U| ergibt sich somit wie folgt 1 f|U| = 2 − 1 = −11% . 1 + 12
(10.52)
Dieser systematische Meßfehler ließe sich aber gem¨aß Gl. (10.53) zur Korrektur des Meßwertes Umess nutzen
2 f Uw = Umess 1 + . (10.53) fg Die anhand von Gl. (10.53) ermittelte Spannung Uw entspricht dem wahren Wert im Sinne der Fehlerrechnung. Aufgrund des Verst¨ arker-Tiefpaßverhaltens ergibt sich wiederum eine exponentiell ansteigende Sprungantwort
uA (t) = V U0 1 − e−t/τ , (10.54) wobei die Zeitkonstante τ die des Eingangstiefpasses aus Abb. 10.18 ist. Die Zeitkonstante τ ist demnach der Kehrwert der Kreisgrenzfrequenz ωg 1 1 = . (10.55) τ RC Somit lassen sich auch die Anstiegszeit tr und die Grenzfrequenz fg des Verst¨ arkers ineinander umrechnen. Die Anstiegszeit tr der Sprungantwort betr¨agt mit Gl. (10.54) und unter Ber¨ ucksichtigung der Anstiegszeitdefinition (tr ist die Zeit, die die Sprungantwort zwischen 10 und 90 % ihres Endwertes verweilt) tr = t2 − t1 = τ (− ln(0, 1) + ln(0, 9)) = 2, 197τ . (10.56) ωg =
Mit der Beziehung (Gl. (10.49)) fg = erh¨ alt man schließlich
1 1 = 2πRC 2πτ
(10.57)
2, 197 0, 35 = . (10.58) 2πfg fg Die Angabe der Anstiegszeit von Oszilloskopen ist von unmittelbarer praktischer Bedeutung (Kap. 10.1.3), weil ihr Zahlenwert deutlich macht, welche zeitliche Spannungs¨ anderung noch korrekt darstellbar ist. Bei der Darstellung einer Rechteckspannung werden beispielsweise die Flanken als zeitlich exponentiell ansteigend bzw. abfallend mit einer Zeitkonstanten auf dem Schirmbild erscheinen, die nach den Gln. (10.55), (10.57) bzw. (10.58) aus der Anstiegszeit oder auch der oberen Grenzfrequenz des Oszilloskops ermittelt werden k¨ onnen. tr =
266
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Anstiegszeit und Grenzfrequenz des eigentlichen Ablenksystems Selbst wenn die Anstiegszeit des y-Verst¨ arkers beliebig klein bzw. seine Grenzfrequenz beliebig groß w¨ are, g¨ abe es ein weiteres Ph¨anomen, das die Gesamtanstiegszeit des Horizontal-Ablenksystems nach unten begrenzt. Dies ist auf die endliche Laufzeit der Elektronen zwischen den Platten des Ablenksystems zur¨ uckzuf¨ uhren. Wenn man sich den das Schirmbild schreibenden Elektronenstrahl als eine Aneinanderreihung von gleich schnell fliegenden Elektronen vorstellt, so d¨ urfte klar werden, daß bei Anlegen eines Spannungssprunges an den y-Ablenkplatten die Elektronen, die sich gerade am Eingang der yAblenkeinheit befinden, zeitlich viel l¨ anger der in y-Richtung beschleunigenden Kraft ausgesetzt sind als die Elektronen, die bereits gerade die y-Platten wieder verlassen. Diese endliche Verweilzeit zwischen den y-Platten f¨ uhrt im Schirmbild bei Anlegen eines idealen Spannungssprunges zu einer mit der Zeit linear ansteigenden Rampe (Abb. 10.19). Die Anstiegszeit dieser Rampe kann
Abb. 10.19: Sprungantwort des Ablenksystems. tr : Anstiegszeit, yL : vertikale Strahlablenkung
anhand von Gl. (10.10) ermittelt werden, welche die Strahlablenkung yL auf dem Schirm beschreibt, wenn dort anstatt der Plattenl¨ange sz die aktuelle Laufl¨ ange vz tz des Elektrons nach erfolgtem Sprung, also das Produkt aus Horizontalgeschwindigkeit vz und der aktuellen Verweildauer des Elektrons im y-Plattenpaar eingesetzt wird yL =
uy vz tz lz . uz 2dy
(10.59)
In Gl. (10.59) wurden die bereits in den Kap. 10.1.1 (Abb. 10.2) eingef¨ uhrten Bezeichnungen verwendet. Mit Gl. (10.3) ergibt sich lz 2e0 1 tz . (10.60) y L = uy 2dy m0 uz Gleichung (10.60) verdeutlicht den linearen Anstieg der Strahlablenkung yL mit der Verweildauer tz des Elektrons im y-Plattenpaar nach erfolgter Sprunganregung, wobei uy in diesem Fall der Amplitude des Spannungssprunges
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
267
entspricht. Erst wenn ein Elektron nach erfolgtem Sprung der Spannung uy die gesamte L¨ ange sz durchlaufen hat, erh¨ alt man den Endwert yLend der entsprechenden Strahlablenkung yLend =
u y s z lz . uz 2dy
(10.61)
Nach Normierung der zeitabh¨ angigen Ablenkung yL aus Gl. (10.60) auf den station¨ aren Endwert yLend ergibt sich schließlich yL 2uz e0 tz = . (10.62) yLend m 0 sz Aus Gl. (10.62) l¨aßt sich die Anstiegszeit tr (Zeit zwischen yL = 0, 1yLend und yL = 0, 9yLend ) leicht herleiten 1 m0 . (10.63) tr = 0, 8sz 2uz e0 F¨ ur eine Plattenl¨ ange sz = 5 cm und eine Anodenspannung uz = 1 kV ergibt sich bereits eine Anstiegszeit von tr = 2,1 ns. Das diesem Laufzeitfehler entsprechende Frequenzverhalten l¨aßt sich aus dem Zeitverhalten der Ablenkkraft ermitteln. Die vertikale Ablenkkraft Fy betr¨ agt e0 uy (t) Fy (t) = m0 ay (t) = e0 Ey (t) = . (10.64) dy Mit bekannter Kraft Fy kann unmittelbar die y-Komponente der Elektronengeschwindigkeit vy durch zeitliche Integration errechnet werden Fy (t) e0 1 uy (t) dt . dt = (10.65) vy = ay (t) dt = m0 m 0 dy Im Hinblick auf eine spektrale Bewertung des Laufzeitverhaltens wollen wir ˆ0 cos ωt voraussetzen. Es soll also eine harmonische Ablenkspannung uy (t) = U zum Zeitpunkt t = 0 die Amplitude der Sinusschwingung dargestellt werden. Die Geschwindigkeit vyp in y-Richtung, welche die Elektronen beim Verlassen des y-Plattenpaares haben, l¨ aßt sich demnach wie folgt berechnen vyp
e0 1 ˆ = U0 m 0 dy
+
ty 2
e0 1 ˆ cos ωt dt = U0 ty m 0 dy − 2 sz + 2v z e0 1 ˆ 1 U0 sin ωt = sz m 0 dy ω − 2v
z ωsz e0 2 ˆ 1 . = U0 sin m 0 dy ω 2vz
sz + 2v z
cos ωt dt
sz − 2v z
(10.66)
268
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Unter Zuhilfenahme von Gl. (10.7) und Vernachl¨assigung von yp kann die Strahlablenkung yL wie folgt angegeben werden
lz lz ˆ0 lz e0 1 1 sin ωsz . (10.67) yL = vymax = vyp = 2U vz vz vz m0 dy ω 2vz Bezieht man diese Ablenkung auf ihren wahren Wert (Gl. (10.10)) yLw =
lz s z ˆ U0 , uz 2dy
(10.68)
so ergibt sich unter Beachtung der Energiebeziehung (Gl. (10.2)) 1 m0 vz2 2 der Amplitudengang der y-Ablenkeinheit wie folgt
ωsz
sin 2vz yL ω ωsz = sinc , = = sinc ωsz yLw 2v ω z 0 2vz e 0 uz =
(10.69)
(10.70)
wobei
2vz . (10.71) sz Dabei bezeichnet sinc(x) = sin(x)/x die Spaltfunktion. Die 3-dB-Grenzfrequenz dieses Amplitudenganges berechnet sich wiederum aus der Bedingung yL 1 (10.72) = √ ≈ 0, 707 yLw f =fg 2 ω0 =
1, 39 1, 39 2vz 0, 44 2e0 uz ω0 = fg = 1, 39f0 = = . (10.73) 2π 2π sz sz m0 So ergibt beispielsweise eine Plattenl¨ ange von sz = 5 cm und eine Anodenspannung von uz = 1 kV eine obere Grenzfrequenz der y-Ablenkeinheit von fg = 165 MHz. Mit dem Ergebnis f¨ ur die Anstiegszeit tr (Gl. (10.63)) l¨aßt sich wiederum der Zusammenhang zwischen der Anstiegszeit tr und der oberen Grenzfrequenz ableiten (Gl. (10.58)) 0, 44 2e0 uz 1 1 fg = = 0, 44 · 0, 8 = 0, 35 . (10.74) sz m0 tr tr zu
Abbildung 10.20 zeigt den Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit. Zwei naheliegende Maßnahmen zur Erh¨ ohung dieser Grenzfrequenz bzw. zur Verringerung der Anstiegszeit sind die Erh¨ ohung der Beschleunigungsspannung sowie die Verk¨ urzung der Ablenkplattenl¨ ange. Diese Maßnahmen stehen jedoch insbesondere der Forderung nach hoher Ablenkempfindlichkeit entgegen (Kap. 10.1.1). In Oszilloskopen mit Grenzfrequenzen oberhalb 200 MHz finden daher besondere Formen von Ablenkplatten, die sog. WanderfeldAblenkplatten, Einsatz [85].
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
269
Abb. 10.20: Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit, bedingt durch den Laufzeitfehler der Elektronen w¨ ahrend ihrer Flugzeit zwischen den Ablenkplatten
10.4 Digital-Speicheroszilloskop Im Gegensatz zum analogen Elektronenstrahl-Oszilloskop werden die Meßsignale in Digital-Speicheroszilloskopen (DSO) intern in Form zeitlich diskreter Bin¨ arzahlen verarbeitet. Dadurch erm¨ oglichen diese Ger¨ate vor allem den kompatiblen Anschluß an die digitale Welt der rechnergesteuerten Meßdatenerfassung sowie die der gesamten digitalen Signalverarbeitung. Andererseits kann man sie auch wie konventionelle Analog-Oszilloskope betreiben. Die Mitte der siebziger Jahre begonnene Entwicklung der Transientenrekorder zur digitalen Aufzeichnung von elektrischen Einzelvorg¨angen f¨ uhrte im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte im Zuge ihrer konsequenten Weiterentwicklung zum Digital-Speicheroszilloskop. Diese Entwicklung st¨ utzt sich im wesentlichen auf die schnell voranschreitende Technologie der Analog-DigitalUmsetzer, welche das Herzst¨ uck eines jeden Digital-Speicheroszilloskops sind. Die Vorz¨ uge des Digital-Speicheroszilloskops beruhen auf der leichten Speicherbarkeit von digitalen Meßwerten, ihrer einfachen rechnergest¨ utzten Weiterverarbeitung sowie der gleichzeitig vorhandenen M¨oglichkeit einer komfortablen Bildschirmdarstellung. Die Grenzen der digitalen Speicherung und Verarbeitung liegen in den Nachteilen der notwendigen zeitlichen und amplitudenm¨aßigen Diskretisierung der urspr¨ unglich analogen Meßwerte. 10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise Digital-Speicheroszilloskope bestehen aus den in Abb. 10.21 gezeigten Standardbaugruppen Meßkanal, Triggermodul, dem Takt- und Steuerungsmodul sowie der Anzeige. Die wesentliche Komponente eines jeden digitalen Speicher-
y(t)
Takt- und Steuerungsmodul
Abb. 10.21: Blockschaltbild eines Digital-Speicheroszilloskops
externes Triggersignal
AC
DC
s
TriggerEinheit
Frequenzteiler r
AntiAliasingFilter
1
f takt r
R Q Q
D
R
Steuerung
A
&
Schieberegister
0 1 23
n
D A
p (Anzahl der Posttriggerwerte)
Stop-Signal (Einspeichern beenden)
A
y-Platten
D
x-Platten
k
x-Endverstärker
Einspeichern/Wiedergeben
S
W
Rückwärts-Zähler
R
Vorwärts-Zähler
S&H
Triggermodul
T
Vorgabe K t (Teilungsverh.)
f takt s
y-Vorverstärker
f takt Taktgenerator
Frequenzteiler
Vorgabe K y
Abschwächer
Meßkanal y-Endverstärker
270 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale Anzeigeeinheit
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
271
Oszilloskops bildet der Analog-Digital-Umsetzer mit einem nachgeschalteten Speicher, den man sich zwecks einfacherer Erkl¨arung in Form eines Schieberegisters (FIFO = First In First Out Speicher) vorstellen m¨oge. Dieses Schieberegister enth¨ alt k Digitalworte zu je n Bit. Mit jedem Taktwechsel wird der Inhalt des Schieberegisters um eine Wortstelle nach rechts verschoben, wobei das k-te Wort nach dem n¨ achsten Wechsel in der Schalterstellung S (Einspeichern) verlorengeht. Nur beim Auslesevorgang (Wiedergabe, Schalterstellung W ) wird das k-te Wort beim n¨ achstfolgenden Taktwechsel an der 1. Stelle wieder eingespeichert. Das Digitalwort an der k-ten Stelle wird mit Hilfe des Digital-Analog-Umsetzers jeweils in seinen entsprechenden Analogwert umgewandelt und u arker auf die Vertikal-Ablenkplatten ¨ber den y-Endverst¨ gegeben. Die Schalterstellung (S/W ) wird letztlich von der Triggereinheit gesteuert, welche aus einem Schwellwertkomparator mit nachgeschaltetem FlipFlop, einem UND-Gatter sowie einem R¨ uckw¨ artsz¨ahler besteht, der eine Voreinstellung von p erh¨ alt. Nach Eintreffen des Triggerereignisses z¨ahlt dieser Z¨ ahler von p auf 0 zur¨ uck und l¨ ost u ¨ber die Steuerung das Umschalten des Schalters von Einspeichern“ (S) auf Wiedergabe“ (W ) aus. Das be” ” deutet, daß p Abtastwerte nach Eintreffen des Triggerereignisses und (k − p) Abtastwerte vor Eintreffen des Triggerereignisses im Schieberegister gespeichert werden, die letztlich in der Wiedergabephase im Schirmbild erscheinen. Bei den (k − p) Werten vor dem Triggerereignis spricht man vom sog. Pretrigger. W¨ ahlt man p = k, so wird nur das Signal nach dem Triggerzeitpunkt dargestellt, so wie man es vom normalen Analog-Oszilloskop her gewohnt ist. Bei der Einstellung p = 0 hingegen liegen alle k dargestellten Abtastwerte vor dem Triggerzeitpunkt. Diese Art der Messung ist interessant bei der Kl¨ arung unvorhergesehener Ereignisse, weil man auf diese Weise das Signal vor Eintreten des Triggerereignisses speichern bzw. analysieren kann. Die Horizontal-Ablenkung erfolgt ebenfalls auf digitaler Basis, und zwar mit Hilfe eines gew¨ ohnlichen Vorw¨ artsz¨ ahlers, der mit einem nachgeschalteten DigitalAnalog-Umsetzer eine mit der Zeit ansteigende Rampenspannung erzeugt. Die Anstiegsgeschwindigkeit wird u ¨ber das Teilungsverh¨altnis r des Frequenzteilers vorgegeben. Nach Erreichen des Endwertes (der Strahl befindet sich dann am rechten Bildschirmrand) wird der Z¨ ahler wieder zur¨ uckgesetzt, und der Strahl springt an den linken Bildrand zur¨ uck. 10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes Die Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes kann entweder, wie in Abb. 10.7 angedeutet, mit Hilfe einer konventionellen analogen Elektronenstrahl-R¨ohre oder mit Hilfe eines mit magnetischer Ablenkung arbeitenden Rasterbildschirmes erfolgen. Bei neueren Ger¨ aten setzt sich allerdings die Verwendung von TFT-LCD-Bildschirmen, die auch mehrfarbig ausgef¨ uhrt sein k¨onnen, immer mehr durch (Abb. 10.22). Bei der letztgenannten Methode werden die digitalen Amplitudenwerte (y-Werte) mit korrespondierenden x-Werten, welche den zeitlichen Abtastpunkten entsprechen, verkn¨ upft und als (x, y)-Bildpunkte
272
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale Vorverstärker ADC
Datenspeicher
μP
Bildspeicher
LCDDisplay
Abb. 10.22: Prinzip-Blockschaltbild eines digitalen Speicher-Oszilloskops
auf dem Rasterschirm in Form heller Bildpunkte dargestellt. Dies entspricht der sog. Punktdarstellung. Als weitere wichtige Darstellungsarten werden die lineare Interpolation und die Sinusinterpolation verwendet (Abb. 10.23). Bei der linearen Interpolation werden zeitlich aufeinanderfolgende Bildpunkte durch Geraden verbunden, was bei der Darstellung glatter Signalverl¨aufe eine hohe Anzahl von Abtastwerten erforderlich macht, z. B. mindestens 10 Abtastwerte pro Periode bei Sinusschwingungen. F¨ ur die Darstellung glatter Signalverl¨ aufe ist die Sinusinterpolation empfehlenswert, bei der jedem einzelnen Abtastwert x(i) ein sin t/t-Ausgangssignal (mit Maximalwert an der Abtaststelle x(t)) zugeordnet wird. ¨ Das Ausgangssignal y(t) ergibt sich aus der additiven Uberlagerung aller sin t/t-Kurven gem¨ aß
Abb. 10.23: Die wichtigsten Darstellungsarten von Digital-Speicheroszilloskopen: a) Eingangssignal, b) Punktdarstellung, c) lineare Interpolation, d) Sinusinterpolation
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
y(t) =
x(i)
sin π t−tTaa(i)
i
π t−tTaa(i)
,
273
(10.75)
wobei ta (i) der Abtastzeitpunkt des i-ten Abtastwertes x(i) und Ta die Dauer der Abtastperiode bezeichnen. Ein entsprechend dem Nyquist-Kriterium abgetastetes, aus diskreten Abtastwerten bestehendes Signal kann n¨amlich wieder zu dem urspr¨ unglichen (zeitlich kontinuierlichen) Signal verzerrungsfrei rekonstruiert werden, wenn man die Abtastwerte in zeitlicher Folge auf einen idealen Tiefpaß mit der Grenzfrequenz fg =
1 2Ta
(10.76)
gibt [101]. Dieser Tiefpaß hat aber bez¨ uglich der einzelnen Abtastwerte genau die Impulsantwort, die durch Gl. (10.75) beschrieben wird. Um auch im Zuge der in der Praxis unvermeidbaren zeitlichen Begrenzung bei der Realisierung der sin t/t-Funktion noch eine gute Rekonstruktion des Originalsignals aus den Abtastwerten zu erhalten, ist es in der Praxis notwendig, mit mindestens 2,5 Abtastwerten pro Periode der h¨ ochsten im abzutastenden Signal vorkommenden Frequenzkomponente zu arbeiten. Die Zahl 2, die das Abtasttheorem theoretisch zul¨ aßt, ist also unter praktischen Bedingungen nicht ganz ausreichend. 10.4.3 Aufzeichnungs-/Anzeigebetriebsarten des Digital-Speicheroszilloskops Recurrent-Mode (Refresh-Mode) Diese Arbeitsweise ist a ohnlichen analogen Oszilloskops. ¨hnlich dem eines gew¨ Kennzeichnend dabei ist die st¨ andige Erneuerung des Speicherinhaltes, die nach jedem Triggersignal erfolgt. Das Auslesen und die Anzeige der Speicherwerte erfolgt in den Pausen zwischen den Abtastphasen. Es k¨onnen aber auch alternativ die Daten nach der Einspeicherphase in einen zweiten Speicher transferiert werden, aus dem sie dann zur Bilddarstellung beliebig oft und unabh¨ angig von der eigentlichen Signalerfassung ausgelesen werden k¨onnen. Single Shot Nach Eintreten des Triggerereignisses wird nur eine Aufnahme gemacht, auch wenn danach die Triggerbedingungen erf¨ ullt sein sollten. Diese Einzelaufnahme kann im Gegensatz zum analogen Oszilloskop beliebig lange auf dem Schirm dargestellt werden.
274
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Roll-Mode Diese Aufzeichnungsart erlaubt das kontinuierliche Beobachten von langsamen Vorg¨ angen, deren zeitlicher Verlauf mit dem menschlichen Auge gerade noch wahrgenommen werden kann. Das aufgezeichnete Signal wird dabei, ¨ahnlich wie auf einem Schreiber, von links nach rechts u ¨ber den Bildschirm gezogen, wobei der aktuelle Wert am gerade noch ¨ außersten rechten Bildrand erscheint, w¨ ahrend der ¨ alteste Wert links aus dem Bild geschoben wird. 10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit Computern Derzeit eingesetzte Digital-Oszilloskope sind in der Regel mit einer Schnittstelle zu Computern versehen, so daß die aufgezeichneten Signale zu einem Computer u ¨bertragen und dort weiterverarbeitet oder archiviert werden k¨onnen. Es ist ohne weiteres m¨ oglich am Computer eine Echtzeitdatenverarbeitung durchzuf¨ uhren. Die detailierten Informationen u ¨ber das betrachtete Signal k¨ onnen dadurch dargestellt und vom Bediener ausgewertet werden.
10.5 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope In der Praxis werden f¨ ur verschiedene Aufgaben unterschiedliche Oszilloskope eingesetzt (Tab. 10.1). Analoge Oszilloskope werden vor allem bei schnellen Signalen verwendet, die in Echtzeit betrachtet werden und deren Intensit¨ ats¨ anderung bzw. Signalstreuung durch die helligkeitsmodulierte Darstellung sichtbar werden sollen. Analoge Oszilloskope eigenen sich daher in besonderem Maße f¨ ur periodische Signale. Digitale Oszilloskope dagegen bieten den Vorteil, einmal aufgezeichnete Signale langfristig und ohne Informationsverlust speichern zu k¨onnen. Weiterhin erlauben sie einfache Analysefunktionalit¨aten, wie beispielsweise eine Darstellung des betrachteten Signals im Frequenzbereich. Im weiteren k¨onnen mit dem Digital-Oszilloskop aufgezeichnete Signale mittels eines Computers weiterverarbeitet werden. Gemessene und aufgezeichnete Signale k¨onnen bei Bedarf wieder orginalgetreu abgerufen werden, so daß Vergleiche mit ¨alteren Meßsignalen m¨ oglich sind.
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop Die Vorteile des Analog- sowie des Digital-Oszilloskops werden in einer neuartigen Oszilloskopart, dem sogenannten Digital-Phosphor-Oszilloskop (DPO), vereint. Dieses erm¨ oglicht die Darstellung von schnellen Signalen in Echtzeit und kann ebenfalls die Signalintensit¨ at bzw. Signalstreuung darstellen. Dadurch ist es m¨ oglich, selten auftretende Signalst¨orungen zu erkennen, was insbesondere bei der Fehlersuche von Vorteil ist [135].
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop
275
Tabelle 10.1: Vergleich der Vorteile von Analog- und Digital-Oszilloskopen Digital-Oszilloskop Analog-Oszilloskop + schnelle Signalerfassung + Simultanbetrieb auf mehreren Kan¨ alen + Darstellung der Signalintensit¨ at + Single-Shot Aufnahme m¨ oglich + Echtzeitdarstellung der Signale + Signalspeicherung m¨ oglich + Weiterverarbeitung der Daten im Computer + Signalanalyse m¨ oglich (z. B. FFT) + Pre-Trigger-M¨ oglichkeiten
Das Digital-Phosphor-Oszilloskop kann die Vorteile von analogem und digitalem Oszilloskop nur deshalb vereinbaren, weil leistungsf¨ahige Signalprozessoren die Signalabbildung u ¨bernehmen. Dabei werden die Signaldaten in Echtzeit von einem Erfassungs-Prozessor verarbeitet und in geeigneter Weise gespeichert, w¨ ahrend ein spezieller Signalabbildungsprozessor parallel dazu die Signaldarstellung erledigt. Der Aufbau eines solchen Oszilloskops ist schematisch in Abb. 10.24 dargestellt. Im Gegensatz zu einem digitalen SpeicherOszilloskop, welches keinen Mikroprozessor zur Aufbereitung der darzustellenden Daten besitzt (siehe Abb. 10.22), k¨ onnen Digital-Phosphor-Oszilloskope die aufgezeichneten Daten schneller darstellen. Hierf¨ ur ist der spezielle Signalabbildungsprozessor verantwortlich, der die darzustellenden Werte entsprechend aufbereitet.
Vorverstärker ADC
Digital Phosphor Acquisition Rasterizer
Erfassungs-Prozessor LCDFarbdisplay
Bildspeicher
μP
Abb. 10.24: Prinzip-Blockschaltbild eines Digital-Phosphor-Oszilloskops
Durch die Nachbildung des Nachleuchteffekts“ analoger Oszilloskope wurde ” der Begriff Digital-Phosphor gew¨ ahlt. Bei dieser Oszilloskopart werden die vergangenen Bildsequenzen bzw. Signalverl¨ aufe in einer dritten Dimension gespeichert und dann auf dem Bildschirm ausgegeben. Die Intensit¨ at eines Signals ist ein Maß f¨ ur die Signal-Varianz. So wird beispielsweise ein rauschfreies Sinussignal immer mit gleicher Intensit¨at dargestellt. Wird nun dasselbe Sinussignal mit Rauschen u ¨berlagert, so ist die Sinuswelle mit gleicher Intensit¨ at dargestellt. Die durch das Rauschen verursachte Varianz des Sinussignals erscheint mit einer geringeren Intensit¨at auf dem Display.
276
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.25: Digital-Phosphor-Oszilloskop der Fa. Tektronix [135]
Digital-Phosphor-Oszilloskope k¨ onnen die Signale im Gegensatz zu AnalogOszilloskopen farbig darstellen, wodurch sich die Signalverl¨aufe vom Beobachter leichter erkennen lassen. Abbildung 10.25 zeigt ein Digital-PhosphorOszilloskop moderner Bauart.
10.7 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen Aufgrund der Tatsache, daß die Digital-Oszilloskope ihre analogen Counterparts mittlerweile vollst¨ andig vom Markt verdr¨angt haben, ist die Produktvielfalt der angebotenen Digital-Oszilloskope heutzutage enorm groß. Zudem werden die Produktzyklen aufgrund des rasanten Fortschritts der Digitaltechnik immer k¨ urzer. Lesern, die sich u ¨ber den jeweils aktuellen Stand auf dem Markt der Digital-Oszilloskope informieren wollen, sei empfohlen, die Webseiten der f¨ uhrenden Hersteller zu besuchen. Die Webadressen der namhaften Hersteller lauten: Tektronix: www.tektronix.com bzw. www.tek.com Agilent: www.agilent.com Fluke: www.fluke.com LeCroy: www.lecroy.com Hameg: www.hameg.com Yokogawa: www.yokogawa-mt.de ¨ Einen Uberblick u ¨ber den derzeitigen Stand der Technik bietet Tab. 10.2, in der die Oszilloskop-Familien eines f¨ uhrenden Herstellers als Beispiel herausgegriffen wurden.
10.7 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen
277
Der in Tab. 10.2 angegebene theoretische Gewinn an Aufl¨osung infolge Oversampling bzw. Mittelung kann anhand der Zusammenh¨ange (Gl. 11.85) S [dB] = (6N + 1, 76) N
(10.77)
ΔS/N [dB] = 10 lg m
(10.78)
bzw. (Gl. 11.43) ermittelt werden. Dabei bezeichnen N die Aufl¨osung in Bit und m den Faktor ¨ der Uberabtastung. Der Zugewinn ΔN [Bit] bez¨ uglich der Aufl¨osung l¨aßt sich durch Gleichsetzen obiger Gleichungen erreichen. Dies f¨ uhrt zu ΔN [Bit] =
10 lg m − 1, 76 . 6
(10.79)
Die in Tab. 10.2 in der Spalte Theoretische Aufl¨osungszunahme angegebenen Werte lassen sich direkt aus Gl. 10.79 ermitteln. Die leichten Abweichungen ergeben sich aufgrund der Tatsache, daß vom Hersteller anstatt Gl. 11.85 bzw. ¨ Gl. 10.77 die Uberschlagsformel S/N = 6N verwendet wurde. Die vier verschiedenen Aufzeichnungsmodi (= Aquisitionsmodi) Single Shot, Average, High Resolution und Sequential Samling sind wie folgt charakterisiert: Single Shot: Nicht repetierender Pulsbetrieb. Average: Das Signal muß periodisch sein und es wird ein und derselbe (zeitliche) Signalabschnitt mehrmals aufgenommen und gemittelt. High Resolution: Das Signal muß nicht periodisch sein. Es erfolgt eine um den Faktor m h¨ ohere zeitliche Abtastung als in der Darstellung. Dabei werden m Samplewerte zu einem Darstellungswert gemittelt. Sequential Sampling: Das Signal muß periodisch sein. Es wird im sequentiellen Samplingmode (s. Kap. 10.1.4) abgetastet.
278
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Tabelle 10.2: Leistungsdaten von Digital-Oszilloskopen, beispielhaft dargestellt anhand der Digital-Oszilloskop-Familien der Fa. Tektronix (Stand: Sommer 2006) Produkt- Bandbreite Abtastrate Aufzeich- Vertikale Aufl¨ osung Preis Familie [GHz] nungsl¨ ange [Bit] ab EUR + TPS2000 0, 1 − 0, 2 1 − 2 GS/s 2, 5 kB 8 / <10* 2.690 1 GS/s 2, 5 kB 8+ / <10* 765 TDS1000 0, 04 − 0, 1 TDS2000 0, 06 − 0, 2 1 − 2 GS/s 2, 5 kB 8+ / <10* 1.170 10 kB 9+ / <11* 3.600 TDS3000B 0, 1 − 0, 5 1, 25 − 5 GS/s + 0, 35 − 1 2, 5 − 5 GS/s 10 MB 8 / <12* / <12** 6.300 DPO4000 TDS5000B 0, 35 − 1 1, 25 − 5 GS/s 8 − 16 MB 8+ / <13* / < 12** 6.750 6−8 20 GS/s 2 − 32 MB 8+ / <13* / < 12** 58.500 TDS6000B TDS6000C 12 − 15 20 − 40 GS/s 2 − 64 MB 8+ / <13* / < 12** 90.000 DPO7000 0, 50 − 2, 5 2, 5 − 40 GS/s 10 − 400 MB 8+ / <13* / < 12** 12.600 TDS7000B 0, 50 − 7, 25 5 − 20 GS/s 2 − 64 MB 8+ / <13* / < 12** 22.400 CSA7404B 4 5 − 20 GS/s 2 − 64 MB 8+ / <13* / < 12** 51.800 20 − 70 200 kS/s*** 4 kB 12*** 19.500 CSA8200 ProduktAnzahl Theor. Aufl.- Prakt. Aufl.- Max. Aufl. Mittelungen Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] Average [Bit] Familie TPS2000 128 3,5 3,0 11,0 128 3,5 3,0 11,0 TDS1000 128 3,5 3,0 11,0 TDS2000 TDS3000B 512 4,5 4,0 13,0 128 3,5 3,0 11,0 DPO4000 10.000 6,6 6,1 14,1 TDS5000B TDS6000B 10.000 6,6 6,1 14,1 10.000 6,6 6,1 14,1 TDS6000C 10.000 6,6 6,1 14,1 DPO7000 TDS7000B 10.000 6,6 6,1 14,1 10.000 6,6 6,1 14,1 CSA7404B ProduktMax. Theor. Aufl.- Prakt. Aufl.Max. Aufl. ¨ Uberabtastzahl Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] High Res. [Bit] Familie DPO4000 5.000 6,1 5,1 13,1 5.000 6,1 5,1 13,1 TDS5000B TDS6000B 5.000 6,1 5,1 13,1 5.000 6,1 5,1 13,1 TDS6000C 5.000 6,1 5,1 13,1 DPO7000 TDS7000B 5.000 6,1 5,1 13,1 5.000 6,1 5,1 13,1 CSA7404B +
= Single Shot; * = Average; ** = High Resolution; ***= Sequential Sampling
11 Digitale Meßtechnik
Da die moderne Meßtechnik zunehmend die Verfahren der rechnergest¨ utzten Meßwerterfassung und digitalen Signalverarbeitung nutzt, z¨ahlt es zu den wichtigsten Aufgaben der Elektrischen Meßtechnik, in analoger Form vorliegende Meßsignale zu digitalisieren. W¨ ahrend in der analogen Meßtechnik alle Meßgr¨ oßen in wertkontinuierlicher Form verarbeitet werden, kennt die digitale Meßtechnik nur die bin¨are Darstellungsform. Bin¨are Signale k¨onnen den Wert 1 (alternativ H f¨ ur High) oder 0 (alternativ L f¨ ur Low) annehmen. F¨ ur den Fall, daß der Wert 1 einem hohen Spannungspegel und der Wert 0 einem niedrigen Spannungspegel entspricht, bezeichnet man dies als positive Logik, im umgekehrten Fall spricht man von negativer Logik. Bin¨are Signale bieten den großen Vorteil, daß sie sich durch nur zwei, eindeutig zu unterscheidende Betriebszust¨ ande der verarbeitenden elektronischen Komponenten darstellen lassen, wie z. B. Schalter EIN“ bzw. Schalter AUS“. Alle auf ” ” Halbleiterelementen basierenden Schalter sind bez¨ uglich ihrer High- und LowSpannungspegel mit so großz¨ ugigen Toleranzb¨andern versehen, daß Digital¨ schaltungen im allgemeinen sehr zuverl¨ assig funktionieren. Beim Ubergang in die Digitalwelt m¨ ussen die wert- und zeitkontinuierlichen Signale in wert- und zeitdiskrete Signale gewandelt werden. Dazu bedient man sich entweder der Analog-Digital-Umsetzer (Kap. 11.7) oder der Z¨ahlerschaltungen (Kap. 11.5). Zum Verst¨ andnis dieser Schaltungen sind Kenntnisse u ¨ber Bin¨arcodes und digitale Grundschaltungen, wie Gatter und bistabile Kippschaltungen, notwendig. Diese Grundlagen sind Inhalt der Kap. 11.1 bis 11.3.
11.1 Duales Zahlensystem und Bin¨ arcodes 11.1.1 Dualzahlendarstellung Da Digitalschaltungen Signale nur in bin¨ arer Form verarbeiten k¨onnen, muß man bez¨ uglich der Zahlendarstellung vom u ¨blichen Dezimalsystem zum bin¨aren System u ¨bergehen. Jede Dezimalzahl kann auch als Dualzahl dargestellt
280
11 Digitale Meßtechnik
werden. Wenn wir uns zun¨ achst auf ganze Zahlen beschr¨anken, l¨aßt sich die Dezimalzahl Zdez mit Hilfe einer Zweierpotenzzerlegung in eine entsprechende Dualzahlendarstellung konvertieren Zdez = zN 2N + zN−1 2N−1 + . . . + z1 21 + z0 20 .
(11.1)
Die entsprechende Dualzahl Zdual besteht dann aus den 0 - oder 1 -wertigen Bin¨ arstellen zi , die mit den Koeffizienten der Zweierpotenzen identisch sind Zdual = zN zN−1 . . . z1 z0 .
(11.2)
So entspricht beispielsweise die Dezimalzahl 68 der Dualzahl 1000100 . Die 0 - oder 1 -wertige digitale Informationseinheit wird dabei als 1 Bit und die zu 8 Bit zusammengefaßte Datenmenge als 1 Byte bezeichnet. 11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code In der Elektrischen Meßtechnik wird oft der sog. BCD-Code (Binary Coded Decimals) verwendet, bei dem die Dezimalziffern 0 bis 9 mit einer vierstelligen Dualzahl der Wertigkeit 8-4-2-1“ dargestellt werden. So entspricht beispiels” weise die Dezimalzahl 68 der BCD-Zahl 0110 1000. Da die Dezimalziffer bei der BCD-Darstellung von einer vierstelligen Dualzahl mit den Stellenwerten 23 , 22 , 21 und 20 repr¨ asentiert wird, wird dieser Code auch als 8-4-2-1-Code bezeichnet. Ein weiterer, insbesondere in der Computertechnik sehr verbreiteter Code ist der Hexadezimalcode, der die Zahlen 0 bis 9 mit den entsprechenden Ziffern und die Zahlen 10 bis 15 mit den Buchstaben A bis F darstellt. Der in der vierten Spalte von Tabelle 11.1 enthaltene Gray-Code zeichnet sich dadurch ¨ aus, daß beim Ubergang von einer Zahl zur n¨achsth¨oheren nur ein einziges Bit seine Wertigkeit ¨ andert, was oft zum Umgehen von Timing-Problemen in Digitalschaltungen genutzt wird. Tabelle 11.1 zeigt die Darstellung der Dezimalzahlen 0 bis 15 mittels der oben besprochenen Codes. 11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur Die Verf¨ alschung eines einzelnen oder auch einer ungeradzahligen Anzahl von Bits im BCD-Code beispielsweise ist erkennbar, wenn pro 4-Bit-Wort ein 5. Bit, ein sog. Pr¨ ufbit, angeh¨ angt wird. Dabei wird auf gerade oder ungerade Parit¨at gepr¨ uft. Man spricht dann von einem fehlererkennenden Code [122]. Wenn neben dieser Erkennung eines Fehlers eine lokale Ortung des fehlerhaften Bits durchgef¨ uhrt werden soll, werden pro Dezimalstelle 8 Bit statt der vier des BCD-Codes ben¨ otigt. Man bezeichnet diesen Code dann als einen fehlerkorrigierenden Code.
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
281
Tabelle 11.1: Gebr¨ auchliche Formen bin¨ arer Zahlendarstellungen Dezimalzahl Dualzahl BCD-Code Gray-Code Hexadezimalzahl 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
00000 00001 00010 00011 00100 00101 00110 00111 01000 01001 01010 01011 01100 01101 01110 01111
0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0001 0001 0001 0001 0001 0001
0000 0001 0010 0011 0100 0101 0110 0111 1000 1001 0000 0001 0010 0011 0100 0101
0000 0001 0011 0010 0110 0111 0101 0100 1100 1101 1111 1110 1010 1011 1001 1000
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 A B C D E F
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verknu ¨ pfung mittels digitaler Schaltungen Die Funktionen digitaler Ger¨ ate basieren im wesentlichen auf dem Zusammenwirken digitaler Grundschaltungen, die auch als Gatterschaltungen bezeichnet werden. Diese Gatterschaltungen f¨ uhren die logische Verkn¨ upfung von Bin¨arsignalen durch. In Kap. 11.2.1 sollen zun¨ achst einige wichtige mathematische Grundregeln beschrieben werden, welche die Verkn¨ upfung von logischen Variablen beinhalten, bevor anschließend die digitalen Grundschaltungen selbst erkl¨art werden (Kap. 11.2.2). In Abschnitt 11.2.3 wird schließlich eine komplexere, aus mehreren logischen Grundschaltungen zusammengesetzte Schaltung beschrieben. 11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verknu arer Signale ¨ pfung bin¨ Die Grundlage der Mathematik von logischen Variablen bildet die Boolesche Algebra [149]. Die drei grundlegenden Verkn¨ upfungen zwischen zwei logischen Variablen (x1 und x2 ) zu einem Ergebnis y sind die Negation, die Konjunktion und die Disjunktion: Negation (NICHT-Verknu ¨ pfung) y=x ¯
(11.3)
282
11 Digitale Meßtechnik
Konjunktion (UND-Verknu ¨ pfung) y = x1 ∧ x2 = x1 · x2 = x1 x2
(11.4)
Disjunktion (ODER-Verknu ¨ pfung) y = x1 ∨ x2 = x1 + x2 .
(11.5)
Die hardwarem¨ aßigen Implementierungen obiger Verkn¨ upfungen erfolgen mit den in Kap. 11.2.2 beschriebenen Gatterschaltungen NICHT-Gatter, UNDGatter und ODER-Gatter. F¨ ur diese Grundrechenoperationen gelten eine Reihe von Gesetzen, wie die aus der Algebra reeller Zahlen bekannten Gesetze Kommutatives Gesetz, Assoziatives Gesetz und Distributives Gesetz. Besondere Formen nehmen im Falle von bin¨ aren Variablen die folgenden Gesetze an: Negationsgesetz
x¯ x=0
x+x ¯=1
Tautologie
x+x=x
xx = x
Absorptionsgesetz
x1 (x1 + x2 ) = x1
x1 + x1 x2 = x1
Morgansches Gesetz
x1 x 2 = x ¯1 + x ¯2
x1 + x2 = x ¯1 x ¯2 .
11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen) Im folgenden werden die wichtigsten digitalen Grundschaltungen beschrieben, und zwar f¨ ur den Fall von zwei logischen Eingangsvariablen x1 und x2 . Das jeweilige Ergebnis bzw. das Ausgangssignal wird mit y bezeichnet. Die Gatterschaltungen werden jeweils sowohl mit dem fr¨ uher u ¨blichen Schaltzeichen als auch in Form des eckigen Schaltzeichens dargestellt, das der heutigen Norm [32] entspricht. NICHT-Gatter (NOT-Gatter) Das NICHT-Gatter liefert am Ausgang das negierte Eingangssignal (Abb. 11.1). Der kleine Kreis, der am Ausgang des Schaltsymbols eingezeichnet ist, deutet in der Digitaltechnik stets darauf hin, daß das Bin¨arsignal bzw. die logische Variable an dieser Stelle negiert (invertiert) wird. y=x ¯ xy 0 1 1 0
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
283
Abb. 11.1: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NICHT-Gatter (fr¨ uher gebr¨ auchliche Form und normgerechte Darstellung)
UND-Gatter (AND-Gatter) Mit dem UND-Gatter wird die Konjunktion realisiert, d. h. sein Ausgangssignal ist nur dann 1 , wenn alle Eing¨ ange auf 1 gesetzt sind (Abb. 11.2). y = x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 0 0 1
Abb. 11.2: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das UND-Gatter
NAND-Gatter Das NAND-Gatter entspricht dem UND-Gatter mit negiertem Ausgangssignal (Abb. 11.3). y = x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
1 1 1 0
ODER-Gatter (OR-Gatter) Mit dem ODER-Gatter wird die Disjunktion realisiert, d. h. sein Ausgang ist dann 1 , wenn mindestens eine der Eingangsvariablen den Wert 1 aufweist (Abb. 11.4).
284
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.3: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NAND-Gatter
y = x1 + x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 1
Abb. 11.4: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das ODER-Gatter
NOR-Gatter Das NOR-Gatter entspricht der ODER-Schaltung mit negiertem Ausgangssignal (Abb. 11.5). y = x1 + x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 0 0 1 0
Abb. 11.5: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NOR-Gatter
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
285
EXOR-Gatter (Antivalenz-Gatter, Exklusiv-Oder-Gatter) Das Ausgangssignal des EXOR-Gatters ist 1 , wenn genau eine Eingangsvariable den Wert 1 hat (Abb. 11.6). Diese auch als Antivalenz-Gatter bezeichnete Schaltung liefert also nur dann eine 1 am Ausgang, wenn die beiden Eingangsvariablen ungleiche bin¨ are Wertigkeit aufweisen. ¯2 y=x ¯1 x2 + x1 x x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 0
Abb. 11.6: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das EXOR-Gatter
¨ Aquivalenz-Gatter ¨ Der Ausgang des Aquivalenz-Gatters wird auf 1 gesetzt, wenn die Eingangs¨ signale dieselbe bin¨ are Wertigkeit haben. Die Aquivalenz entspricht also der negierten Antivalenz (Abb. 11.7). y=x ¯1 x ¯2 + x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
1 0 0 1
¨ Abb. 11.7: Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das Aquivalenz-Gatter
286
11 Digitale Meßtechnik
11.2.3 Digitale Addierer Halbaddierer Die Addition von zwei einstelligen Dualzahlen kann in zwei verschiedenen ¨ Ergebnis- sowie zwei unterschiedlichen Ubertragswerten resultieren (Tabelle 11.2). Der entsprechende Addierer muß also einen Summenausgang s sowie ¨ einen Ubertragsausgang c besitzen. Die hardwarem¨aßige Implementierung der
Tabelle 11.2: Addition zweier einstelliger Dualzahlen ¨ x + y = Summe s Ubertrag c 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 0
0 0 0 1
dazugeh¨ origen Wahrheitstabelle (Tabelle 11.2) enth¨alt ein Antivalenz- und ein UND-Gatter. Die entsprechende Schaltung (Abb. 11.8) wird als Halbaddierer
Abb. 11.8: Halbaddierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol
bezeichnet, da sie nur f¨ ur die Addition der niedrigsten Dualzahlenstelle ein¨ gesetzt werden kann. Bei allen anderen Stellen muß der Ubertrag von der n¨ achstniedrigeren Stelle ebenfalls Ber¨ ucksichtigung finden. Volladdierer ¨ Zur Ber¨ ucksichtigung des Ubertragswertes ci muß die Wahrheitstabelle (Tabelle 11.2) entsprechend modifiziert werden (Tabelle 11.3). Abbildung 11.9 zeigt das aus dieser modifizierten Wahrheitstabelle nach den Regeln der Booleschen Algebra abgeleitete Schaltbild des Volladdierers. Ein aus einem Halbaddierer und drei Volladdierern zusammengesetzter 4-Bit-Volladdierer ist in Abb. 11.10 dargestellt.
11.3 Bistabile Kippschaltungen
287
Abb. 11.9: Volladdierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol
Tabelle 11.3: Wahrheitstabelle des dualen Volladdierers xi yi ci si ci+1 0 0 0 0 1 1 1 1
0 0 1 1 0 0 1 1
0 1 0 1 0 1 0 1
0 1 1 0 1 0 0 1
0 0 0 1 0 1 1 1
11.3 Bistabile Kippschaltungen Bei den bistabilen Kippschaltungen, die auch Flip-Flop-Schaltungen genannt werden, h¨ angt das Ausgangssignal sowohl von den Eingangssignalen als auch dem jeweiligen, von der Vorgeschichte bestimmten Zustand der Schaltung ab. Im Gegensatz zu den in Kap. 11.2 behandelten kombinatorischen Schaltwerken zeigen demnach die bistabilen Kippschaltungen Speicherwirkung. Der Begriff der Bistabilit¨ at sagt aus, daß die Schaltung zwei stabile Zust¨ande kennt, die durch ein Setz-Signal bzw. ein R¨ ucksetz-Signal erreicht werden.
¨ Abb. 11.10: 4-Bit-Volladdierer mit seriellem Ubertrag
288
11 Digitale Meßtechnik
¯ Abb. 11.11: RS-Flip-Flop (R: Reset-Eingang; S: Set-Eingang; Q: Ausgang; Q: invertierter Ausgang): a) Realisierung mit NOR-Gattern, b) Schaltsymbol, c) Zeitdiagramm
11.3.1 RS-Flip-Flop Die bekannteste bistabile Kippschaltung ist das asynchrone RS-Flip-Flop (nicht-taktgesteuertes RS-Flip-Flop), dessen Realisierung mit Hilfe von zwei r¨ uckgekoppelten NOR-Gattern erfolgen kann (Abb. 11.11). Durch die Signalkombination S = 1 und R = 0 wird das Flip-Flop gesetzt, d. h. der Ausgang Q nimmt den Wert 1 an. Die Schaltung f¨ uhrt dabei folgende logische Operationen durch Q = S+Q=1+Q=0
(11.6)
Q = R+Q=0+0=1.
(11.7)
Mit der Eingangskombination S = 0 und R = 1 wird der Ausgang Q zur¨ uckgesetzt (Q = 0). Die Ergebnisse der u ¨brigen Eingangssignalkombinationen finden sich in Tabelle 11.4. Eine alternative Implementierung des RS-FlipFlops ergibt sich, indem man die NOR- durch NAND-Gatter ersetzt. Dabei ist zu beachten, daß die Eing¨ ange des Flip-Flops nunmehr invertiert und die ¯ vertauscht sind (Abb. 11.12). Die Aquiva¨ Zuordnung der Ausg¨ ange Q und Q
Tabelle 11.4: Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NOR-Gattern realisierten RS-Flip-Flops; (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops) SRQ
Q
0 1 0 1
Qn−1 0 1 *
0 0 1 1
Qn−1 1 0 *
speichern setzen r¨ ucksetzen nicht erlaubt
11.3 Bistabile Kippschaltungen
289
Abb. 11.12: Realisierung eines RS-Flip-Flops mit NAND-Gattern
lenz der Schaltungen folgt auch aus dem Morganschen Gesetz, das zwei logische Variablen x1 und x2 nach den Regeln eines NOR- bzw. NAND-Gatters verkn¨ upft x1 + x2 = x ¯1 x ¯2 . (11.8) Die oben beschriebenen Kippschaltungen geh¨oren zu der Klasse der transparenten Flip-Flops, zu denen auch die im folgenden beschriebenen taktzustandgesteuerten und taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops z¨ahlen. 11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop Das taktzustandgesteuerte RS-Flip-Flop, das auch statisch getaktetes RSFlip-Flop genannt wird, reagiert auf Eingangssignale nur dann, wenn die statische Taktvariable (Clock) C = 1 gesetzt wird (Abb. 11.13). Es entspricht dann einem normalen RS-Flip-Flop. F¨ ur C = 0 hingegen speichert das Flip-Flop gem¨ aß der Wahrheitstabelle (Tabelle 11.5) den alten Zustand, da in diesem ¯ = S¯ = 1 gilt. Fall R
Tabelle 11.5: Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NAND-Gattern realisierten RS-Flip-Flops (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops) SRQ
Q
1 0 1 0
¯ n−1 Q 0 setzen 1 r¨ ucksetzen * nicht erlaubt
1 1 0 0
Qn−1 1 0 *
11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop ¨ Das taktflankengesteuerte RS-Flip-Flop zeigt Anderungen am Ausgang erst bei einer Flanke des Taktsignals. Das R- und S-Signal bereiten gem¨aß der
290
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.13: Taktzustandgesteuertes (statisch getaktetes) RS-Flip-Flop: a) Schaltungstechnische Realisierung auf der Basis von NAND-Gattern (Die Schaltung innerhalb des gestrichelten Rahmens entspricht einem RS-Flip-Flop mit negiertem Eingangssignal in NAND-Realisierung gem¨ aß Abb. 11.12.), b) Schaltsymbol
Wahrheitstabelle 11.4 das Flip-Flop zum Setzen, R¨ ucksetzen bzw. Speichern vor, jedoch erst bei einem Wechsel des Taktsignals von 0 auf 1 (ansteigende Taktflanke) bzw. von 1 auf 0 (abfallende Taktflanke) f¨ uhrt das Flip-Flop die logische Operation durch. Abbildung 11.14 zeigt die Schaltsymbole des taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops f¨ ur beide Varianten, also f¨ ur ansteigende Taktflanken (Abb. 11.14a) und abfallende Taktflanken (Abb. 11.14b). Das Zeitdiagramm (Abb. 11.14c) gilt f¨ ur die Version, die auf die ansteigende Taktflanke reagiert.
Abb. 11.14: Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop: a) Schaltsymbol f¨ ur ansteigende Taktflanke, b) Schaltsymbol f¨ ur abfallende Taktflanke, c) Zeitdiagramm f¨ ur die Version mit ansteigender Taktflanke: tS1 Setzvorgang vorbereitet, tS2 Setzvorgang ucksetzvorgang vorbereitet, tR2 R¨ ucksetzvorgang durchgef¨ uhrt. durchgef¨ uhrt, tR1 R¨
11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch) Das taktzustandgesteuerte D-Flip-Flop ist in der Lage, den Wert einer logischen Eingangsvariablen D zu speichern. Die entsprechende Schaltung wird
11.3 Bistabile Kippschaltungen
291
mit Hilfe eines taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flops realisiert, bei dem eine ¯ vorgenommen wird. Zus¨atzlich zu Verdrahtung gem¨ aß S = D und R = D dem RS-Flip-Flop wird noch ein Inverter ben¨otigt (Abb. 11.15 ). Wenn die
Abb. 11.15: Taktzustandgesteuertes (transparentes) D-Flip-Flop (Data-Latch): a) Schaltungstechnische Realisierung. Die innerhalb des gestrichelten Rahmens befindliche Schaltung entspricht einem taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flop. b) Schaltsymbol
statische Taktvariable C = 1 gesetzt wird, erscheint der Wert von D am Ausgang Q. Man spricht daher auch von einem transparenten D-Flip-Flop. F¨ ur C = 0 hingegen wird der Wert des Ausgangs Q gespeichert (Qn = Qn−1 ) (Tabelle 11.6). Die so aufgebaute Schaltung wird auch als Data-Latch bezeichnet. Abbildung 11.16 zeigt eine aus nur vier Gattern bestehende schaltungstechnische Realisierung des taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops.
Tabelle 11.6: Wahrheitstabelle eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops C D Qn 0 0 1 1
0 1 0 1
Qn−1 Qn−1 0 1
11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop Beim taktflankengesteuerten D-Flip-Flop wird der Zustand des Eingangs D mit der n¨ achsten Taktflanke auf den Ausgang Q u ¨bertragen. Damit ergibt sich die Ergebnisvariable Qn im n-ten Taktzyklus aus der Eingangsvariablen Dn−1 des vorhergehenden Taktzyklusses Qn = Dn−1 .
(11.9)
292
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.16: 4-Gatter-Realisierung eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops
Die entsprechende Schaltung l¨ aßt sich analog zum taktzustandgesteuerten D-Flip-Flop mit Hilfe eines taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines Inverters realisieren (Abb. 11.17). Es handelt sich hierbei um ein taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop, bei dem, wie auch bereits bei der Schaltung des taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops, der undefinierte Zustand R = S = 1 durch die Verkopplung von R- und S-Eingang u ¨ber ein NICHT-Gatter verhindert wird. Das Signal D = 1 f¨ uhrt zum Setzen des Q-Ausgangs, w¨ahrend das Signal D = 0 das eindeutige R¨ ucksetzen bewirkt. Mit Hilfe der nach außen gef¨ uhrten S- und R-Eing¨ ange (Abb. 11.17b) l¨aßt sich wiederum ein eindeutig definierter Anfangszustand herstellen. Ein solches flankengetriggertes D-
Abb. 11.17: Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop: a) Realisierung mit Hilfe eines taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines Inverters, b) Schaltsymbol
Flip-Flop l¨ aßt sich auch in Form einer Hintereinanderschaltung von zwei mit komplement¨ aren Taktsignalen belegten taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops implementieren (Abb. 11.18). Das in der Reihenfolge erste Flip-Flop wird als Master-, das zweite als Slave-Flip-Flop bezeichnet. W¨ahrend einer negativen ¨ Taktflanke (Ubergang des Taktsignals C von 1 auf 0 ) wird der Zustand von D auf den Ausgang Q1 geschaltet, d. h. das Master-Flip-Flop u ¨bernimmt den ¨ Zustand von D. Mit der darauffolgenden positiven Taktflanke (Ubergang des Taktsignals C von 0 auf 1 ) wird der Ausgang Q1 (nun gleicher Zustand wie Eingang D) des Master-Flip-Flops u ¨ber das Slave-Flip-Flop auf den Ausgang Q geschaltet, der damit denselben Zustand wie der Eingang D2 des SlaveFlip-Flops erh¨ alt (Q = D2 ). Damit ist der Zustand des Ausgangs Q nach dem
11.3 Bistabile Kippschaltungen
293
Abb. 11.18: Realisierung eines taktflankengesteuerten D-Flip-Flops durch eine Master-Slave-Anordnung, die aus einer Hintereinanderschaltung von zwei taktzustandgesteuerten Flip-Flops mit komplement¨ aren Takteing¨ angen besteht.
Taktflankenanstieg mit dem Zustand des Eingangs D davor identisch, was schließlich Gl. (11.9) entspricht. 11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop Das taktflankengesteuerte JK-Flip-Flop entspricht einem RS-Flip-Flop, bei dem beide Eing¨ ange gesetzt sein d¨ urfen. Erreicht wird dieses durch eine R¨ uck¯ kopplung der Q- und Q-Ausg¨ ange u ¨ber zwei UND-Gatter auf den Eingang des RS-Flip-Flops, das bei einer fallenden Taktflanke schaltet (Abb. 11.19a). Die freien Eing¨ ange der UND-Gatter bilden dabei den J- bzw. den K-Eingang. Die Signalkombination J = 1 und K = 0 setzt den Q-Ausgang auf Q = 1, w¨ ahrend ihn die Kombination J = 0 und K = 1 zur¨ ucksetzt. Die Eingangssi-
Abb. 11.19: Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop: a) Prinzipieller Aufbau, b) Schaltsymbol, c) Zeitdiagramm
294
11 Digitale Meßtechnik
gnalkombination J = K = 1 bewirkt die Invertierung (Negierung) des aktuellen Zustandes (Tabelle 11.7).
Tabelle 11.7: Wahrheitstabelle eines JK-Flip-Flops J K Qn 0 1 0 1
0 0 1 1
Qn−1 1 0 Qn−1
speichern setzen r¨ ucksetzen invertieren
11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop) Wenn man bei einem taktflankengesteuerten JK-Flip-Flop den J- mit dem KEingang verbindet, erh¨ alt man das taktflankengesteuerte T-Flip-Flop (T-Speicherglied), das auch als Toggle-Flip-Flop bezeichnet wird. Die entsprechende Wahrheitstabelle (Tab. 11.8) l¨ aßt sich anhand derjenigen f¨ ur das JK-Flip-Flop ableiten, indem man beachtet, daß J = K geschaltet ist. Der Zustand der Ausgangsvariablen Q kann sich nur ¨andern, wenn ein 1 -Signal am T-Eingang anliegt. F¨ ur T = 1 invertiert dieses Flip-Flop nach jeder Taktflanke den Ausgang, d. h. es liefert am Ausgang Impulse mit der doppelten Periode des Taktsignals, was einer Halbierung der Eingangsfrequenz des Taktsignals entspricht (Abb. 11.20). Mit dieser Eigenschaft wird das T-Flip-Flop zu einem wichtigen Baustein in Digitalz¨ ahlerschaltungen. Sowohl beim JK-
Abb. 11.20: Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop): a) Schaltsymbol f¨ ur invertierenden Taktflanken-Eingang, b) Zeitdiagramm
als auch beim T-Flip-Flop sind getrennte Setz- (S) und R¨ ucksetz-Eing¨ange (R) vorgesehen, mit deren Hilfe ein definierter Anfangszustand vorgegeben werden kann.
11.4 Monostabile Kippstufe
295
Tabelle 11.8: Wahrheitstabelle eines taktflankengesteuerten T-Flip-Flops T Qn 0 Qn−1 speichern 1 Qn−1 invertieren
11.4 Monostabile Kippstufe Eine monostabile Kippstufe, die auch als Monoflop oder Univibrator bezeichnet wird, kennt im Unterschied zu den im Kap. 11.3 behandelten bistabilen Kippstufen nur einen einzigen stabilen Ausgangszustand. Monostabile Kippstufen haben die Aufgabe, bei einer ansteigenden oder abfallenden Taktflanke in ihrem Eingangssignal einen Rechteckpuls mit einer definierten Amplitude U0 sowie einer definierten zeitlichen L¨ ange T0 als Ausgangssignal zu liefern. Eine Realisierungsm¨ oglichkeit von Monoflop-Schaltungen basiert auf der in Abb. 11.21 gezeigten r¨ uckgekoppelten Gatterschaltung. Wenn die Eingangsspannung zun¨ achst als Null angenommen wird (uE = 0), kann der sich daraus ergebende stabile Zustand nur in einer Ausgangsspannung uA = 0 resultieren, da nach einer bestimmten Zeit kein Kondensatorladestrom mehr durch den Widerstand fließt. Die Spannung u2 ist dann identisch +U0 , was definitionsgem¨ aß dem 1 -Pegel entspricht. Somit liegt der Ausgang des Invertierers und damit auch der zweite Eingang des NOR-Gatters auf 0 -Pegel. Im Falle
Abb. 11.21: Monostabile Kippstufe: a) Schaltungsvariante mit Standardgattern, b) Signalverlauf, c) Schaltsymbol f¨ ur ansteigende und abfallende Flanke
296
11 Digitale Meßtechnik
eines am Eingang eintreffenden positiven Pulses schaltet das Eingangsgatter entsprechend seiner NOR-Funktion auf 0 -Pegel am Ausgang. Da die am Kondensator anliegende Spannung (u2 − u1 ) nur mit der Zeitkonstanten τ = RC ansteigt (die Umladung des Kondensators erfolgt u ¨ber den Widerstand R), wird erst nach einer Zeit T0 der stabile Grundzustand wieder erreicht. Solange aber die Umladung des Kondensators erfolgt, liegt u2 unterhalb der Schaltschwelle des Invertierers und die Ausgangsspannung uA auf hohem Potential ( 1 -Pegel). Die Zeit T0 wird von der Zeitkonstanten τ in Verbindung mit der Schaltschwelle des Invertierers festgelegt.
Abb. 11.22: Realisierung einer monostabilen Kippstufe auf der Basis von taktflankengesteuerten D-Flip-Flops
Mit Hilfe der in Abb. 11.22 gezeigten Monoflop-Realisierung auf der Basis von D-Flip-Flops ist es m¨ oglich, einen taktsynchronen Ausgangspuls zu generieren. Die Dauer des Ausgangspulses entspricht dabei genau der Dauer einer Periode des Referenztaktes. Das erste D-Flip-Flop schaltet n¨amlich seinen Ausgang auf Q1 = 1, wenn bei einer positiven Flanke im Taktsignal uE auf 1 -Pegel liegt. Gleichzeitig wird u ¨ber Q1 das zweite D-Flip-Flop aktiviert, sodaß mit der n¨ achsten positiven Taktflanke sein invertierter Ausgang auf Q2 = 0 schaltet. Daraufhin sperrt“ das UND-Gatter und die Ausgangsspannung uA f¨allt ” wieder auf uA = 0 ab. Die Schaltung reagiert erst wieder auf einen positiven Impuls am Eingang, wenn die Eingangsspannung uE vorher mindestens f¨ ur die Zeit einer Taktperiode gleich Null war. Bei dieser Realisierungsvariante ist allerdings zu beachten, daß kurze Triggerpulse in uE , die nicht von einer positiven Taktflanke erfaßt werden, keine Ausl¨osung des Monoflops bewirken.
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen
297
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen Jede Z¨ ahlung bedeutet eine Summation, wobei bei Eintreten eines zu z¨ahlenden Ereignisses der Z¨ ahlerstand jeweils um den Betrag 1 in positiver (Vorw¨artsz¨ ahlung) bzw. in negativer Richtung (R¨ uckw¨ artsz¨ahlung) ver¨andert wird. Ein Z¨ ahler ist demnach ein Speicher, dessen Speicherpl¨atze entsprechend dem vorgesehenen Zahlencode, z. B. dem Dualzahlencode oder dem BCD-Code, besetzt werden. Diese Speicherelemente m¨ ussen definierte stabile Zust¨ande haben. Die wesentliche Eigenschaft einer Z¨ ahlerschaltung besteht darin, daß ihre in einem vereinbarten Zahlencode vorliegende Ausgangsgr¨oße der Anzahl der am Eingang eingetroffenen Z¨ ahlerereignisse entspricht. Diese Einzelereignisse m¨ ussen in eindeutig trennbarer Form vorliegen. Es sind dies i.allg. ansteigende ¨ bzw. abfallende Flanken von elektrischen Pulsen oder auch das Uberoder Unterschreiten von Signalschwellwerten, insbesondere die Nulldurchg¨ange von Signalspannungen. Die Schaltsymbole f¨ ur Vorw¨ arts-, R¨ uckw¨arts- und den kombinierten Vorw¨ arts-R¨ uckw¨ artsz¨ ahler werden in Abb. 11.23 gezeigt.
Abb. 11.23: Schaltsymbole f¨ ur Z¨ ahler: a) Vorw¨ artsz¨ ahler, b) R¨ uckw¨ artsz¨ ahler, c) Vorw¨ arts-R¨ uckw¨ arts-Z¨ ahler mit umschaltbarer Z¨ ahlrichtung: ZR = 1: Z¨ ahlrichtung vorw¨ arts, ZR = 0: Z¨ ahlrichtung r¨ uckw¨ arts
11.5.1 Dualz¨ ahler Asynchroner Dualz¨ ahler Die einfachsten elektronischen Z¨ ahler sind Dualz¨ahler, also Z¨ahler, deren Z¨ ahlerstand in Form einer Dualzahl codiert ist. Der asynchrone Dualz¨ahler kann in Form hintereinandergeschalteter T-Flip-Flops aufgebaut werden (Abb. 11.24), deren T-Eing¨ ange alle auf 1 gesetzt sind und deren Takteing¨ange mit dem Q-Ausgang des jeweils vorhergehenden T-Flip-Flops verbunden wurden. Wie bereits in Kap. 11.3.7 erl¨ autert, untersetzt jedes dieser T-FlipFlops die Frequenz des vorhergehenden im Verh¨altnis 2:1. Um die Summe der Taktimpulse zu erhalten, m¨ ussen nur die Ausg¨ange der Flip-Flops als Dualzahl interpretiert werden. Die Wertigkeit der n-ten Stufe betr¨agt Qn = 2n . ¨ Uber die Reset-Leitung, die mit R bezeichnet ist, kann der Z¨ahler auf Null gesetzt werden.
298
11 Digitale Meßtechnik
Der gr¨ oßte Nachteil der asynchron arbeitenden Z¨ahler besteht darin, daß der Ausgangszustand Qn der n-ten Stufe erst nach dem Umschalten (Kippen) aller (n−1) vorhergehenden Stufen erreicht wird, was zur Folge haben kann, daß die Z¨ ahlpulse so schnell eintreffen, daß die Flip-Flops der h¨oherwertigen Stufen nicht mehr rechtzeitig schalten. Dann entspricht der aktuelle Z¨ahlerstand nicht mehr der Anzahl der bereits eingetretenen Z¨ ahlereignisse.
Abb. 11.24: Asynchroner Vorw¨ arts-Dualz¨ ahler: a) Schaltung auf der Basis von Toggle-Flip-Flops, b) Zeitdiagramm
Synchroner Dualz¨ ahler W¨ ahrend beim asynchronen Dualz¨ ahler nur das erste Flip-Flop vom Takt gesteuert wird und dadurch die eben beschriebenen Verz¨ogerungen auftreten, ist
Abb. 11.25: Schaltung eines synchronen Dualz¨ ahlers
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen
299
beim synchronen Dualz¨ ahler ein gleichzeitiges und damit schnelleres Schalten der Flip-Flops durch einen gemeinsamen Takt gew¨ahrleistet (Abb. 11.25). Die Bedingung, daß ein in einem Dualz¨ ahler enthaltenes Flip-Flop nur kippen darf, wenn alle niederwertigen Flip-Flops auf 1 gesetzt sind, wird mit Hilfe der UND-Gatter erreicht. Diese werten die niederwertigen Ausg¨ange Q0 . . . QN−1 aus und geben des Ergebnis auf den T-Eingang der n-ten Stufe, welche dann wiederum bei der n¨ achsten Taktflanke umkippt. Es ist zu erw¨ ahnen, daß die bei realen Flip-Flops auftretenden Verz¨ogerungszeiten zwischen Eintreffen der Taktflanke und dem Einstellen des entsprechenden Ergebniswertes am Ausgang daf¨ ur sorgen, daß keine undefinierten Schaltzust¨ande auftreten. 11.5.2 BCD-Z¨ ahler Asynchroner BCD-Z¨ ahler Aus einem vierstelligen Dualz¨ ahler kann man einen BCD-Z¨ahler aufbauen, ¨ wenn die vierstelligen Dualz¨ ahler nach jeder 10. Taktflanke einen Ubertrag generieren und den Z¨ ahler wieder auf 0000 setzen. Der in bin¨arer Form vorliegende Z¨ ahlerstand kann dann nach einer Dekodierung als Dezimalzahl ausgegeben werden. Mit BCD-Z¨ ahlern ist die Anzeige in Form von Dezimalzahlen einfacher zu bewerkstelligen als mit reinen Dualz¨ahlern, da sich jede Dekade f¨ ur sich dekodieren l¨ aßt. Abbildung 11.26 zeigt eine prinzipielle Realisierungsm¨ oglichkeit f¨ ur einen asynchronen Vorw¨ arts-BCD-Z¨ahler. Dieser Aufbau unterscheidet sich vom asynchronen Dualz¨ ahler (Abb. 11.24) durch die Hinzunahme von zwei UND- und einem ODER-Gatter. Das UND-Gatter zwischen dem 1. und dem 2. T-Flip-Flop bewirkt, daß Q1 mit der 10. Taktflanke nicht gesetzt wird, solange Q3 = 1 ist. Dies ist eine Forderung, die sich unmittelbar aus dem entsprechenden Zeitdiagramm (Abb. 11.27) ablesen l¨aßt. Das zweite UND-Gatter erreicht in Verbindung mit dem ODER-Gatter, daß Q3 nach der 10. Taktflanke wieder auf 0 geht, was ebenfalls nach dem Zeitdiagramm gefordert wird.
Abb. 11.26: Prinzipschaltbild eines asynchronen BCD-Z¨ ahlers
300
11 Digitale Meßtechnik
1 2 3 4 5 6 7 8 9 1011
Takt Q0
t
Q1
t
Q2
t
Q3
t 0 123 456 7 89 0 1
t
Abb. 11.27: Zeitdiagramm eines BCD-Z¨ ahlers
Synchroner BCD-Z¨ ahler Der synchrone BCD-Z¨ ahler weist im Vergleich zu der asynchronen Ausf¨ uhrung den Vorteil auf, daß er h¨ ohere Z¨ ahlfrequenzen gestattet. Abbildung 11.28 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines synchronen BCD-Z¨ahlers. Das UND-Gatter zwischen dem 1. und 2. Flip-Flop bewirkt wiederum, daß Q1 mit der 10. Taktflanke nicht gesetzt wird. Die beiden weiteren UND-Gatter wirken in ahnlicher Weise wie die entsprechenden im synchronen Dualz¨ahler. Um zu ¨ erreichen, daß die 4. Kippstufe nach der 10. Taktflanke zur¨ uckgesetzt wird, ist diese als JK-Flip-Flop ausgef¨ uhrt. Der J-Eingang entspricht J = Q0 ·Q1 ·Q3 und der K-Eingang ist mit Q0 verbunden. Damit wird erreicht, daß vor der 10. Flanke J = 0 und K = 1 werden, woraufhin mit der 10. Taktflanke Q3 wieder ¨ zur¨ uckgesetzt wird. Der damit am Ausgang Q3 entstehende Ubergang von 1 ¨ auf 0 kann der Erzeugung eines Ubertragssignals f¨ ur die n¨achste Z¨ahldekade dienen.
Abb. 11.28: Prinzipschaltbild eines synchronen BCD-Z¨ ahlers
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
301
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 11.6.1 Grundlagen und Kenngr¨ oßen Eine h¨ aufig gestellte Aufgabe der Elektrischen Meßtechnik besteht darin, in digitaler Form codierte Meßsignale wieder in analoge Spannungswerte zur¨ uckzuwandeln. Dazu bedient man sich der Digital-Analog-Umsetzer (DAU), die auch als Digital-Analog-Converter (DAC) bezeichnet werden. Abbildung 11.29 soll das Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung veranschaulichen. Im folgen-
Abb. 11.29: Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung. Der Digitalwert Z wird in das Eingangsregister geschrieben und vom eigentlichen Digital-Analog-Converter (DAC) in die entsprechende Analogspannung uA (t) umgesetzt, welche wiederum von einem Ausgangsverst¨ arker ausgegeben wird.
den wird angenommen, daß der Digitalwert Z mit einer Aufl¨osung von N Bit als Dualzahl im Dualcode vorliegt und in paralleler Form (1 Bit pro Datenleitung) zur Verf¨ ugung steht. Weiterhin werden nur unipolare Digital-Analog-Umsetzer betrachtet, d. h. solche, die nur positive Zahlen im Bereich 0 ≤ Z ≤ Zmax = 2N − 1
(11.10)
verarbeiten k¨ onnen, wobei die Dualzahl Zdual = zN−1 . . . z1 z0 durch ihre N Bin¨ arstellen zi festgelegt wird Z = zN−1 2N −1 + . . . + z2 22 + z1 21 + z0 20 .
(11.11)
Diese am Eingang des DAC anstehende N-Bit-Dualzahl wird zun¨achst in ein Eingangsregister u achstfolgenden Flanke des Takt¨bernommen und bei der n¨ signals in ihren entsprechenden Analogwert umgesetzt (Abb. 11.29). Die aus
302
11 Digitale Meßtechnik
der Quantisierung resultierende Stufenbreite ULSB entspricht der Differenz im analogen Ausgangssignal zwischen zwei aufeinanderfolgenden Digitalwerten ULSB =
UAmax , 2N
(11.12)
wobei UAmax die maximal m¨ ogliche Ausgangsspannung des Digital-AnalogUmsetzers bezeichnet. Diese Stufenbreite entspricht auch dem zum niedrigstwertigen Bit geh¨orenden Analogwert. Das niedrigstwertige Bit wird auch als Least Significant Bit (LSB) bezeichnet. Die aus K Punktwerten bestehende ¨ Ubertragungskennlinie eines idealen unipolaren Digital-Analog-Umsetzers ist in Abb. 11.30 dargestellt. Dabei ist K die Anzahl der diskreten Kennlinienpunkte, die sich aus der Bitanzahl N des Digital-Analog-Umsetzers ergibt K = 2N .
(11.13)
Die analoge Ausgangsspannung uA des Digital-Analog-Converters liegt im Intervall 0 ≤ uA ≤ ULSB (2N − 1) = UAmax
2N − 1 = UAmax (1 − 2−N ) . 2N
(11.14)
Weitere wichtige Kenngr¨ oßen eines Digital-Analog-Umsetzers sind die Konversionsrate (wird teilweise auch als Umsetz- bzw. Wandlungsrate bezeichnet) und Konversionszeit (Umsetzzeit bzw. Wandlungszeit). Die Konversionsrate gibt an, wieviele Digitalwerte pro Zeiteinheit in analoge Werte umgesetzt werden k¨ onnen. Die Konversionszeit entspricht im Normalfall dem Reziprokwert der Konversionsrate. Analogspannung u A 7 U Amax 8
U Amax 2 U Amax 4 U Amax 8 000 001 010 011 100 101 110 111 Digitalwert Z
¨ Abb. 11.30: Ubertragungskennlinie eines idealen unipolaren 3-Bit-Digital-AnalogUmsetzers (ULSB = UAmax /8).
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
303
11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen von Digital-Analog-Umsetzern Summation gewichteter Spannungen bzw. Str¨ ome In Abb. 11.31 sind zwei prinzipielle Schaltungsvarianten f¨ ur Digital-AnalogUmsetzer dargestellt. Der in Abb. 11.31a gezeigte Umsetzer enth¨alt einen u/i-Verst¨ arker, der f¨ ur eine konstante Eingangsspannung Uref den konstanten Ausgangsstrom Iref = Uref /Rref liefert. Wenn die parallel zu den ohmschen Widerst¨ anden Ri liegenden Schalter Si von einem Digitalwort Z so gesteuert werden, daß sie bei Anliegen einer digitalen 1 ¨offnen (Si (zi = 1) = 1) und bei einer digitalen 0 geschlossen bleiben (Si (zi = 0) = 0), gilt f¨ ur die Ausgangsspannung uA = Iref
N −1 i=0
Si Ri =
N −1 Uref Si Ri , Rref i=0
(11.15)
ar gewichtet sind wobei die Widerst¨ ande Ri bin¨ Ri = 2i R
i = 0, 1, ..., N − 1 .
(11.16)
In der in Abb. 11.31b gezeigten Schaltungsvariante wird ein i/u-Verst¨arker eingesetzt, der als invertierender Summierer betrieben wird. Im Gegensatz
Abb. 11.31: Prinzipielle Schaltungen von Digital-Analog-Umsetzern mit N-BitAufl¨ osung: a) Variante mit u/i - Verst¨ arker, b) Variante mit i/u - Verst¨ arker
304
11 Digitale Meßtechnik
zur vorher beschriebenen Schaltungsvariante sind die Schalter Si bei einer digitalen 1 geschlossen (S¯i (zi = 1) = 1). F¨ ur die Ausgangsspannung uA gilt demnach N −1 1 uA = −Rref Uref , (11.17) S¯i Ri i=0 wobei die Widerst¨ ande Ri eine im Vergleich zu Gl. (11.16) reziproke bin¨are Gewichtung haben Ri =
R 2i
i = 0, 1, 2...N − 1 ,
(11.18)
arstelle gleich 1 ist, ansonsten S¯i = 0. und S¯i = 1, wenn die i-te Bin¨ Eine entsprechende auf Halbleiterschaltern basierende Realisierung wird in Abb. 11.32 gezeigt. Die Schaltung ist so dimensioniert, daß bei einer auf 1 gesetzten Bin¨ arstelle zi (entspricht einer positiven Spannung im Bereich von UB , d. h. U (zi = 1) ≈ UB ) der entsprechende Transistor ¨offnet und sein Kollektorstrom, der vom Widerstand R/2i bestimmt wird, u ¨ber den Summati” onswiderstand“ Rref fließt. Damit ist eine Summation gem¨aß Gl. (11.17) gegeben. Die an den Widerst¨ anden R/2i anliegende Spannung betr¨agt Uref , da die Diodenschwellspannung UD ungef¨ ahr der negativen Basis-Emitter-Spannung UBE entspricht (UD ≈ −UBE ). Uref wird z. B. mit Hilfe einer Zenerdiode konstant gehalten.
Abb. 11.32: Realisierung eines 4-Bit-Digital-Analog-Umsetzers auf der Basis eines i/u-Verst¨ arkers
Bei solchen auf Widerstandsnetzwerken basierenden Digital-Analog-Umsetzern m¨ ussen allerdings sehr hohe Anforderungen an die Genauigkeit der in diesen Schaltungen eingesetzten Widerst¨ ande gestellt werden. Denn bei einem Digital-Analog-Umsetzer mit einer Aufl¨ osung von N Bit ergibt sich der
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
305
Zusammenhang zwischen der maximalen Ausgangsspannung uAmax und der Quantisierungsschrittweite ULSB zu uAmax = (2N − 1)ULSB .
(11.19)
Wenn der maximale absolute Fehler |ΔuA | der Ausgangsspannung uA kleiner als ULSB /2 bleiben soll (|ΔuA | ≤ ULSB /2), folgt aus der Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes f¨ ur systematische Fehler (Gl. (5.7)) auf Gl. (11.15) |ΔuA | =
N −1 −1 Uref N Uref ∂Ri 1 Si ΔRi = Si |ΔRi | < ULSB . Rref i=0 ∂Ri Rref i=0 2
(11.20)
Der Analogwert der ersten Quantisierungsstufe kann unter Beachtung von Gl. (11.15) und (11.16) als Funktion der Referenzspannung sowie der Widerstandswerte R und Rref ausgedr¨ uckt werden Uref R. Rref
(11.21)
N −1 Uref 1 Uref Si |ΔRi | < R. Rref i=0 2 Rref
(11.22)
ULSB = Damit folgt aus Gl. (11.20) |ΔuA | =
Im Worst-Case sind alle Si offen (Si = 1), so daß folgende Bedingung eingehalten werden muß N −1 1 (11.23) |ΔRi | < R . 2 i=0 Wenn wir gleiche relative Fehler f¨ ur die einzelnen bin¨ar gewichteten Widerst¨ ande Ri annehmen, folgt aus Gl. (11.16) |ΔRi | = |ΔR| 2i .
(11.24)
Setzt man nun diesen Zusammenhang in Gl. (11.23) ein, erh¨alt man schließlich den aus der Forderung |ΔuA | ≤ ULSB /2 resultierenden maximal zul¨assigen relativen Fehler, den die Einzelwiderst¨ ande Ri aus der Schaltung nach Abb. 11.31 haben d¨ urfen |ΔR|
N −1 i=0
bzw.
2i <
1 R 2
|ΔR| 1 < . R 2(2N − 1)
(11.25)
(11.26)
ur das Diese Bedingung muß insbesondere bei dem Widerstand RN−1 , der f¨ h¨ ochstwertige Bit, das sog. Most Significant Bit (MSB), zust¨andig ist, beachtet
306
11 Digitale Meßtechnik
werden. Dieser Widerstand ist bez¨ uglich der Fehlertoleranzen der kritischste, weil er gem¨ aß Gl. (11.23) den gr¨ oßten absoluten Fehler verursachen kann. F¨ ur einen 12-Bit-Umsetzer bedeutet dies, daß der Widerstand R11 mindestens folgende Genauigkeitsforderung erf¨ ullen muß |ΔR11 | 1 = 0, 00024 = ˆ 0, 024% . = 11 R11 2(2 − 1)
(11.27)
Leiternetzwerk Der oben geschilderte Nachteil, daß Widerst¨ ande, die in ihren Werten zum Teil um Gr¨ oßenordnungen auseinanderliegen, mit sehr geringen Toleranzen gefertigt werden m¨ ussen, l¨ aßt sich mit einem DAC auf der Basis eines R-2R-Widerstandsnetzwerkes umgehen. Bei diesem meist verwendeten DAC-Typ wird die Gewichtung der Stufen durch Anwendung einer fortgesetzten Spannungs- bzw. Stromteilung mit Hilfe eines Leiternetzwerkes realisiert. Die entsprechende Schaltung, welche nur Widerst¨ ande mit den Werten R und 2R ben¨otigt, wird in Abb. 11.33 gezeigt. Der Ersatzschaltung (Abb. 11.33b), die die Verh¨altnisse zwischen zwei beliebigen Knoten i und i + 1 beschreibt, kann man entnehmen (Stromteilerregel) [75], daß das Gewichtungsverh¨altnis der Str¨ome Ii+1 und Ii stets den Wert 1/2 annimmt Ii+1 1 = . Ii 2
(11.28)
Dabei wurde angenommen, daß der zur i-ten Bin¨arstelle geh¨orende Schalter geschlossen ist, w¨ ahrend alle anderen offen sind. Der Wert von 1/2 entspricht andererseits genau der geforderten bin¨ aren Wertigkeit des Schalters Si . F¨ ur die Spannung ui erh¨ alt man mit Iref = Ii + Ii+1 2 Iref R . (11.29) 3 Infolge der Spannungsteilung zwischen den Knoten i und i + 1 folgt ui = Ii R =
1 ui+1 = . ui 2
(11.30)
Die Ausgangsspannung uA ergibt sich mit Anwendung des Superpositionsprinzips zu N −1 2 uA = Iref R Si 2i−N +1 (11.31) 3 i=0 unter Beachtung der bin¨ aren Gewichtung der Teilspannung ui . Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 11.33c wird anstatt der N Stromquellen eine Referenzspannungsquelle ben¨ otigt. Infolge der fortgesetzten Spannungsteilung ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu uA =
N −1 2 Uref Si 2i−N +1 . 3 i=0
(11.32)
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
307
Abb. 11.33: Digital-Analog-Umsetzer mit R-2R-Widerstandsnetzwerk: a) Prinzipschaltung mit Stromquellen, b) Ersatzschaltung zwischen den Knoten i und i+1 , wenn zi = 1 und alle anderen Schalter offen, c) Prinzipschaltung mit Spannungsquelle.
308
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.34: Statische Fehler eines Digital-Analog-Umsetzers. Kennlinien von idealem und realem Digital-Analog-Umsetzer. Ubest ergibt sich als Best-Straight-Line durch die realen Kennlinienpunkte.
11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung Statische Fehler Die statischen Fehler sollen anhand der Kennlinie uA (Z) eines 3-Bit-DigitalAnalog-Umsetzers (Abb. 11.34) dargestellt werden. In Abb. 11.34 sind neben den Kennlinienpunkten des idealen 3-Bit-Digital-Analog-Converters die des realen eingezeichnet. Durch die Punkte des realen DACs wird eine als Best” Straight-Line“ bezeichnete Bezugsgerade Ubest (Z) gelegt, welche garantiert, daß die maximale Abweichung zwischen der Punktfolge und der Geraden minimal wird. Diese Bezugsgerade weist gegen¨ uber der Sollkennlinie Uideal (Z) normalerweise einen Nullpunktfehler (Offset) sowie einen Steigungsfehler auf. Da sich diese beiden Fehler im allgemeinen durch entsprechende Abgleichmaßnahmen auf relativ einfache Weise eliminieren lassen, sollen sie hier keine weitere Ber¨ ucksichtigung finden. Die verbleibenden Fehler sind die Abweichungen der Kennlinienpunkte von der Bezugsgeraden. Der entsprechende absolute Fehler FNLint (Z) = uA (Z) − Ubest (Z) (11.33) bzw. relative Fehler fNLint (Z) =
uA (Z) − Ubest (Z) Ubest (Zmax )
(11.34)
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
309
wird als integrale Nichtlinearit¨at bezeichnet (Abb. 11.34). Weiterhin weicht beim realen Umsetzer auch die Schrittweite der analogen Ausgangsgr¨oße von ihrem Sollwert ULSB ab. Der entsprechende absolute Fehler FNLdiff (Z) = [uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB
(11.35)
bzw. relative Fehler fNLdiff (Z) =
[uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB ULSB
(11.36)
wird als differentielle Nichtlinearit¨at bezeichnet (Abb. 11.34). In den Datenbl¨ attern von Digital-Analog-Umsetzern werden im allgemeinen nur die Maximalwerte |fNLint |max sowie |fNLdiff |max angegeben. Die differentielle Nichtlinearit¨ at von Digital-Analog-Umsetzern sollte ±50% entsprechend ±1/2 ULSB (absolut) nicht u ¨bersteigen, da sonst das niedrigstwertige Bit wertlos w¨are. Von einem Monotonie-Fehler spricht man, wenn der absolute differentielle Nichtlinearit¨ atsfehler kleiner als −ULSB ist, so daß bei steigendem Digitalwert die analoge Ausgangsspannung abnimmt bzw. bei sinkendem Digitalwert zunimmt. Dynamische Fehler Neben den statischen Kennlinienfehlern treten bei Digital-Analog-Umsetzern auch dynamische Fehler auf. Dazu sei beispielhaft eine Eingangs-Datenwortfolge nach Tabelle 11.9 sowie der zugeh¨ orige ideale Ausgangsspannungsverlauf nach Abb. 11.35a betrachtet. Als wichtigste Ursachen f¨ ur dynamische Fehler sind zu nennen: ¨ • Ubersprechen ¨ Das im wesentlichen auf kapazitiver Kopplung beruhende Ubersprechen der Schalter-Ansteuersignale in einem Digital-Analog-Umsetzer f¨ uhrt zu aussteuerungsabh¨ angigen St¨ orspitzen im Ausgangssignal. • Zwischen-Codes ¨ Wenn die Schalter die Operationen Offnen bzw. Schließen unterschiedlich schnell durchf¨ uhren, so ist dies vergleichbar mit der Ansteuerung eines Digital-Analog-Umsetzers mit einer gest¨ orten Digitalwortfolge (s. Tabelle 11.9 bzw. Abb. 11.35b). • Tiefpaßverhalten ¨ Ein realer Umsetzer weist in seinem Ubertragungsverhalten Tiefpaßverhalten auf (Abb. 11.35c), das auf (parasit¨ are) RC-Glieder sowie die Bandbegrenzung der verwendeten Verst¨ arker zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Dieses Tiefpaßverhalten f¨ uhrt nach jedem Codewechsel zu dem in Abb. 11.35c gezeigten typischen Einschwingverhalten in der Ausgangsspannung in Form von exponentiell ansteigenden oder abfallenden Flanken. Die Zeitdifferenz zwischen dem Anlegen des maximal darstellbaren Digitalwertes Zmax (Full Scale Sprung) und dem Zeitpunkt, ab dem die
310
11 Digitale Meßtechnik
Ausgangsspannung des Digital-Analog Umsetzers ein Toleranzband von ±ULSB /2 nicht mehr verl¨ aßt, wird als Einschwingzeit (Settling time) bezeichnet. Die Summenwirkung aller oben beschriebenen dynamischen Fehler wird in Abb. 11.35d gezeigt.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung Eine der Standardaufgaben der Elektrischen Meßtechnik besteht darin, analoge Meßsignale in entsprechende Digitalsignale, d. h. Bin¨arzahlen, umzuwandeln. Selbst im Rahmen von einfacheren meßtechnischen Aufgabenstellungen werden analog arbeitende Meßger¨ ate immer h¨aufiger durch Digitalmeßger¨ate abgel¨ ost, und andererseits wird auch die Signalverarbeitung der aufgenom¨ menen Meßsignale zunehmend auf Digitalrechner verlagert. Ein Ubergang in die Digitalwelt ist heute nicht zuletzt wegen der preiswerten auf Personalcomputern basierenden Meßdatenerfassungs- und Meßsignalverarbeitungssy-
Abb. 11.35: Dynamische Fehler bei Digital-Analog-Umsetzern: a) Ideale Ausgangsspannung, b) Fehler durch Zwischencodes, c) Fehler infolge Tiefpaßverhaltens, d) ¨ Uberlagerung der dynamischen Fehler
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
311
Tabelle 11.9: Digitalwortfolge in einem DAC. zEingang bezeichnet die am Eingang anliegende und zwirksam die infolge der fehlerhaften Zwischencodes tats¨ achlich wirksame Codewortfolge. t
zEingang zwirksam
t0 t1 t1 + t d t2 t2 + t d t3 t4 t4 + t d t5 t5 + t d t6
1000 0100 0100 0010 0010 0010 0101 0101 0111 0111 0111
1000 0000 0100 0110 0010 0010 0111 0101 0000 0111 0111
steme attraktiv geworden. Als wesentliche Vorteile der digitalen Meßtechnik gegen¨ uber der konventionellen Analogtechnik k¨onnen angef¨ uhrt werden: • keine Ablesefehler • unempfindlicher gegen ¨ außere St¨ oreinfl¨ usse, wie z.B. mechanische Ersch¨ utterungen oder Temperatureinfl¨ usse • M¨ oglichkeit der direkten computergest¨ utzten Weiterverarbeitung der Meßdaten ¨ • direkte Ubernahme der Meßwerte in digitale Signalverarbeitungssysteme • einfache und langzeitsichere Speicherung. 11.7.1 Abtastung (Sampling) Der erste Schritt bei einer Analog-Digital-Umsetzung besteht aus der zeitlichen Abtastung (Sampling) des urspr¨ unglich zeit- und wertkontinuierlichen Eingangssignals. Diese Abtastung wird mittels einer sog. Abtast-HalteSchaltung (Sample & Hold-Schaltung) vorgenommen. Durch diesen Abtastvorgang entsteht ein zeitdiskretes aber noch amplituden-kontinuierliches Signal (Abb. 11.36). In einem weiteren Schritt wandelt der eigentliche AnalogDigital-Umsetzer die zeitdiskreten wertkontinuierlichen Abtastwerte in zeitund wertdiskrete Signale, die schließlich in Form von Bin¨arzahlen dargestellt werden. Es stellt sich zun¨ achst die Frage, wie die Abtastfrequenz gew¨ahlt werden muß, wenn die zeitdiskreten Abtastwerte das urspr¨ ungliche Signal ohne Informationsverlust repr¨ asentieren sollen, insbesondere im Hinblick auf eine sp¨ atere R¨ uckumsetzung in ein zeitkontinuierliches Analogsignal. Die Verh¨altnisse im Spektralbereich geben dar¨ uber Aufschluß. Abbildung 11.37 zeigt in der linken Spalte die Zeitverl¨ aufe des Originalsignals y(t), der Sampling-Pulse
312
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.36: Zeitliche und amplitudenm¨ aßige Abtastung
(Abtastsignal) g(t) sowie des abgetasteten Signals y ∗ (t), das bereits durch eine Folge von zeitdiskreten Werten repr¨ asentiert wird. In der rechten Spalte sind die entsprechenden Betrags-Spektren |Y (f )|, |G(f )| und |Y ∗ (f )| dargestellt. Nachdem das abgetastete Signal y ∗ (t) durch Multiplikation des Originalsignals y(t) mit dem Abtastsignal g(t) entsteht, ergibt sich das Spektrum des abgetasteten Signals Y ∗ (f ) aus dem Spektrum des Originalsignals Y (f ) durch Faltung mit dem Spektrum G(f ) der diracf¨ ormigen Abtastwerte [15], [125] +∞ Y ∗ (f ) = Y (η)G(f − η) dη . (11.37) −∞
Anhand des Spektrums Y ∗ (f ) erkennt man (Abb. 11.37c), daß das Originalsignal aus dem abgetasteten Signal zur¨ uckgewonnen werden kann, wenn das Originalspektrum oberhalb der Frequenz fa /2 keine Anteile mehr enth¨alt. Denn dann kann ein Tiefpaßfilter (Rekonstruktionsfilter) mit hoher Flankensteilheit und der Eckfrequenz fa /2 (Abb. 11.37c) aus dem Spektrum Y ∗ (f ) das Originalspektrum Y (f ) herausfiltern. Aus diesem l¨aßt sich im Zeitbereich wieder das unverf¨ alschte Originalsignal y(t) gewinnen. Wenn jedoch die Abtastfrequenz zu niedrig gew¨ ahlt wird, u ¨berlappen sich in Y ∗ (f ) das Basisspektrum und das n¨ achsth¨ ohere Faltungsprodukt des Basisspektrums mit der Spektrallinie bei f = fa . Aufgrund dieses sog. Aliasing-Effekts l¨aßt sich das Originalspektrum dann nicht mehr zur¨ uckgewinnen (Abb. 11.38). Um aus dem abgetasteten Signal das urspr¨ ungliche Signal mit Hilfe eines (im Grenzfall
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
313
Abb. 11.37: Abtastung von Analogsignalen und die daraus resultierende Spektralverteilung: a) Urspr¨ ungliches Analogsignal mit dem h¨ ochsten Spektralanteil bei f = fsmax , b) Abtastfunktion. (Die Abtastfrequenz fa entspricht dem Kehrwert der zeitlichen Distanz Ta der Abtastwerte fa = 1/Ta .), c) abgetastetes Signal
idealen) Tiefpasses (Abb. 11.37) wieder rekonstruieren zu k¨onnen, d¨ urfen sich also das Originalspektrum und das durch den Abtastvorgang entstehende, an der Spektrallinie f = fa gespiegelte Original-Spektrum nicht u ¨berlappen. Aus dieser Forderung resultiert das in Form von Gl. (11.38) formulierte Shannonsche Abtasttheorem, das auch als Nyquist-Kriterium bezeichnet wird fa > 2fsmax .
(11.38)
Um sicherzustellen, daß die h¨ ochste im Originalsignal vorkommende Frequenz fsmax kleiner ist als die halbe Abtastfrequenz, wird dem Sample & Hold-Glied
Abb. 11.38: Verletzung des Abtasttheorems (fsmax > fa /2): a) Spektrum des Originalsignals y(t), b) Spektrum des abgetasteten Signals y (t)
314
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.39: Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Anti-Aliasing-Filter und Sample & Hold-Schaltung
oft ein Tiefpaß mit entsprechender Grenzfrequenz vorgeschaltet (Abb. 11.39). Dieses Tiefpaß-Filter wird auch als Anti-Aliasing-Filter bezeichnet. 11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen (Sample & Hold-Schaltungen) Bei vielen Aufgaben der Elektrischen Meßtechnik, so z. B. bei der AnalogDigital-Umsetzung von Meßsignalen ist es notwendig, eine analoge, zeitlich ver¨ anderliche Spannung u(t) zu einem bestimmten Zeitpunkt abzutasten und den so erhaltenen Analogwert f¨ ur die Dauer eines festgelegten Zeitintervalles zu speichern. Bei vielen Analog-Digital-Umsetzern beispielsweise muß das Meßsignal f¨ ur die Dauer des Konversionsvorganges zeitlich konstant gehalten werden. Dazu setzt man Abtast-Halte-Schaltungen ein, die i. allg. als FolgeHalte-Schaltungen (Track-and-Hold-Schaltungen) realisiert sind. Das Prinzipschaltbild einer solchen Folge-Halte-Schaltung wird in Abb. 11.40 gezeigt. Je nach Schalterstellung l¨ adt sich der Kondensator auf den Betrag der Eingangsspannung uE (t) auf bzw. speichert den vor der Schalter¨offnung anliegenden Momentanwert der Eingangsspannung. Die beiden Operationsverst¨ arker dienen der Pufferung von Eingang bzw. Ausgang. Abbildung 11.41 zeigt eine Realisierungsm¨ oglichkeit der Folge-Halte-Schaltung. Zwischen einen ersten Operationsverst¨ arker, der als nicht-invertierender Verst¨arker arbeitet, und einen zweiten als Integrierer eingesetzten Operationsverst¨arker ist ein IGFET (Isolated-Gate-FET) geschaltet. F¨ ur usamp = 0 ist der FET
Abb. 11.40: Grundstruktur einer Folge-Halte-Schaltung
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
315
Abb. 11.41: Prinzipielle Realisierung einer Folge-Halte-Schaltung mit einem nichtinvertierenden und einem integrierenden Verst¨ arker
leitend und die Ausgangsspannung uA entspricht der negativen Eingangsspannung uE , vorausgesetzt die Integrationszeitkonstante des integrierenden Verst¨ arkers, die im wesentlichen durch die maximalen Ausgangsstr¨ome der Operationsverst¨arker bestimmt wird, ist hinreichend klein. Wird der FET zum Zeitpunkt t = t0 gesperrt, so bleibt auch die Kondensatorladung (Kondensatorspannung) konstant und die Ausgangsspannung uA beh¨alt den beim Sperren des Feldeffekttransistors anstehenden Wert uA (t) = uA (t0 ), bis der FET wieder leitend geschaltet wird. Bei gesperrtem FET werden die Dioden ¨ leitend und vermeiden so eine Ubersteuerung des Operationsverst¨arkers. Die Kenngr¨ oßen von Sample & Hold-Schaltungen werden anhand von Abb. 11.42 und Tabelle 11.10 erl¨ autert.
Abb. 11.42: Kenngr¨ oßen von Sample & Hold-Schaltungen (s. auch Tabelle 11.10)
316
11 Digitale Meßtechnik
Tabelle 11.10: Kenngr¨ oßen von Folge-Halte-Schaltungen (s. auch Abb. 11.42) (Sample) Track : Hold: Offset:
Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung. Ausgangsspannung ist eingefroren. Differenz zwischen Ausgangsspannung und Eingangsspannung im Sample-Betrieb. ¨ Droop: Anderung der Ausgangsspannung im Hold-Betrieb aufgrund von Kondensatorleckstr¨ omen und Eingangsstr¨ omen der Operationsverst¨ arker (Haltedrift). Slew Rate: Max. Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsspannung. Zeit zwischen dem Hold-Befehl und dem vollst¨ andigen Aperture Time tAP : ¨ Offnen des Halbleiterschalters. ¨ Settling Time: Zeit zwischen Offnen bzw. Schließen des Halbleiterschalters und dem Einschwingen der Ausgangsspannung innerhalb einer bestimmten Fehlergrenze. Aperture Time Jitter: Diese statistische und signalabh¨ angige Unsicherheit der uhrt zu Amplitudenfehlern Aperturzeit ΔtAp f¨ Δu = (duE /dt)ΔtAp . Acquisition Time: Zeit (Einstellzeit) zwischen dem Sample-Befehl bzw. dem Hold-Befehl und dem Einschwingen innerhalb einer bestimmten Fehlergrenze (beinhaltet Schaltzeit, Anstiegszeit durch Slew Rate und Settling Time).
11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer Bei den Analog-Digital-Umsetzern unterscheidet man prinzipiell zwischen den in diesem Kapitel behandelten direktvergleichenden Umsetzern und denen, die eine Frequenz oder eine Zeit als Zwischengr¨oße verwenden, wie beispielsweise die wichtige Klasse der integrierenden Umsetzer. Parallel-Umsetzer (Flash-Converter, Vielfach-Diskriminator) Um eine sehr schnelle Umsetzung zu erreichen, werden Parallel-Umsetzer eingesetzt, die auch als Flash-Converter oder als Vielfach-Diskriminatoren bezeichnet werden. Bei diesem Umsetzertyp wird die umzusetzende Spannung gleichzeitig mit (2N − 1) Referenzspannungen verglichen (Abb. 11.43). Das Kernst¨ uck eines Parallel-Umsetzers bilden die (2N − 1) Komparatoren, deren Funktion nochmals anhand von Abb. 11.44 verdeutlicht werden soll. Die Wandlung in einem Schritt bewirkt die h¨ ochstm¨ogliche Umsetzungsgeschwindigkeit, das Bereitstellen der (2N − 1) Komparatoren erweist sich jedoch als aufwendig und f¨ uhrt damit zu h¨ oheren Kosten. Die Signale eines aus sieben Komparatoren aufgebauten 3-Bit-Parallel-Umsetzers sind in Tabelle 11.11 enthalten.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
317
Abb. 11.43: 3-Bit-A/D-Umsetzer mit parallelen Komparatoren ULSB = Uref /2N = Uref /8
Sukzessive Approximation (W¨ ageverfahren, Stufenumsetzer) Dieser Methode liegt das Balkenwaageprinzip zugrunde. Ein nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation arbeitender Umsetzer, der auch als Stufenumsetzer bezeichnet wird, enth¨ alt neben einem Modul zur Ablaufsteuerung und einem Speicherregister als zentrales Element einen Komparator und einen Digital-Analog-Umsetzer (Abb. 11.45). In sukzessiven Schritten wird mit Hilfe des Komparators gepr¨ uft, ob die zu wandelnde Spannung gr¨oßer oder kleiner ist als die vom DAC erzeugte Spannung u(Z). Zun¨achst wird das h¨ ochstwertige Bit (MSB) gesetzt, das vom DAC in eine entsprechende Analogspannung u(Z) umgesetzt und mit der Eingangsspannung uE verglichen wird. Je nachdem, ob das Ergebnis u(Z) kleiner oder gr¨oßer ist als uE wird die Referenzspannung zum Ergebnis addiert oder subtrahiert und die entsprechende Stelle der resultierenden Ausgangsbin¨ arzahl auf 0 oder 1 gesetzt. In
Abb. 11.44: Komparator-Schaltung. Die Ausgangsspannung uA = +UB entspricht dem logischen Signal K = 1, w¨ ahrend uA = −UB dem Wert K = 0 entspricht.
318
11 Digitale Meßtechnik Tabelle 11.11: Signale eines 3-Bit-Parallel-Umsetzers (s. auch Abb. 11.43) Eingangsspannung
Komparatorsignale Bin¨ arcode Bin¨ arcode, in K7 K6 K5 K4 K3 K2 K1 Z2 Z1 Z0 Analogspannung uE umgerechnet
0 ≤ uE < 12 ULSB 1 U 2 LSB 3 U 2 LSB 5 U 2 LSB
0000000
000
0
≤ uE < 32 ULSB
0000001
001
Uref /8
≤ uE < 52 ULSB
0000011
010
2 Uref /8
≤ uE <
0000111
011
3 Uref /8
0001111
100
4 Uref /8
0011111
101
5 Uref /8
0111111
110
6 Uref /8
1111111
111
7 Uref /8
7 U 2 LSB 9 U 2 LSB
7 U ≤ uE < 2 LSB 9 U ≤ uE < 11 ULSB 2 LSB 2 11 13 ULSB ≤ uE < 2 ULSB 2 13 ULSB ≤ uE 2
jedem der darauffolgenden Zeitzyklen wird der eben beschriebene Vergleichsvorgang f¨ ur die jeweils n¨ achst niedrigere Bin¨ arstelle entsprechend wiederholt. F¨ ur einen N-Bit-Umsetzer sind somit N Vergleichsschritte notwendig, die sequentiell abgearbeitet werden m¨ ussen.
Abb. 11.45: 4-Bit-A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
319
Kaskadierter Vielfach-Diskriminator (Kombiniertes Parallel- und W¨ ageverfahren) Der kaskadierte Vielfach-Diskriminator schließt einen Kompromiß zwischenUmsetzungsgeschwindigkeit und Aufwand. Da f¨ ur h¨ohere Aufl¨osungen beim reinen Parallel-Umsetzer (Vielfach-Diskriminator) sehr viele Komparatoren ben¨ otigt werden, z. B. 255 bei einem 8-Bit-ADC, kaskadiert man die VielfachDiskriminatoren. Dies f¨ uhrt zu einer erheblichen Reduzierung der Anzahl an Komparatoren bei leichten Einbußen in bezug auf die Umsetzungsgeschwindigkeit. Abbildung 11.46 zeigt die Realisierung eines 8-Bit-Umsetzers durch
Abb. 11.46: Kaskadierter 8-Bit-Vielfach-Diskriminator
zwei kaskadierte 4-Bit-Umsetzer (Parallel-Umsetzer). Der erste ADC u ¨bernimmt die Grobquantisierung, also die Quantisierung der vier h¨oherwertigen Bits. Das Ergebnis dieser Wandlung wird u ¨ber einen Digital-Analog-Umsetzer wieder in eine Analogspannung umgesetzt und von der Eingangsspannung subtrahiert. Das Differenzsignal wird vom zweiten (um den Faktor 16 feineren) Analog-Digital-Converter quantisiert. Das Ergebnis dieser Umsetzung liefert die vier niederwertigen Bits. Die Einsparung an Komparatoren (beim obigen Beispiel reduziert sich ihre Zahl von 255 auf 30) geht auf Kosten der Umsetzungsgeschwindigkeit. Das in Abb. 11.46 gezeigte Umsetzungsprinzip wird auch als Half-Flash-Umsetzer bezeichnet. Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren) Beim Subranging-Verfahren verwendet man einen N-Bit-Parallel-Umsetzer (Flash-Converter) um einen 2N -Bit-Umsetzer nachzubilden [108]. Zur Umsetzung sind hier jedoch drei Zeitzyklen erforderlich. Gegen¨ uber dem eben beschriebenen Half-Flash-Umsetzer spart man allerdings daf¨ ur auch einen der beiden dort verwendeten Flash-Umsetzer ein. Das analoge Eingangssignal uE wird in einem ersten Taktzyklus (S1 geschlossen, S2 offen) mit Hilfe eines N-Bit-Umsetzers umgesetzt (Abb. 11.47). Das Ergebnis, das die N h¨ochstwertigen Bits liefert, wird wiederum mit einem DAC in den entsprechenden Analogwert zur¨ uckgewandelt und von der urspr¨ unglichen Eingangsspannung uE subtrahiert. Die Differenzspannung wird um den Faktor 2N verst¨arkt und
320
11 Digitale Meßtechnik
erneut auf den N-Bit-Parallel-Umsetzer gegeben (S1 offen, S2 geschlossen). Durch Addition der Ergebnisse der 1. und 2. Umsetzung erh¨alt man schließlich das Endergebnis der ’Pseudo’-2N-Bit-Umsetzung. In der Praxis verwen-
Abb. 11.47: Analog-Digital-Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren. MSB und LSB bezeichnen hier die h¨ oherwertigen bzw. die niederwertigen Bits.
det man Direktumsetzer mit einer h¨ oheren Aufl¨osung als notwendig [56]. Die dadurch gewonnene Redundanz zieht man zur Korrektur von Linearit¨atsfehlern des Flash-Umsetzers heran. So wird beispielsweise zur Realisierung des in Abb. 11.47 gezeigten 2(N − 1)-Bit-ADC ein N -Bit-Flash-Converter eingesetzt. Bei der Realisierung der Schaltung muß darauf geachtet werden, daß der Verst¨ arkungsgrad des Verst¨ arkers sehr pr¨ azise abgeglichen ist, weil er das Restsignal auf den vollen Skalenbereich verst¨ arkt. Aus demselben Grund sollte der DAC nur sehr geringe Linearit¨ atsfehler aufweisen. Da der Markt heute schnelle Direktumsetzer mit Umsetzzeiten von 10 ns und darunter bietet, stellt der eigentliche Analog-Digital-Umsetzer bei den Subranging-Architekturen heute kaum die zeitkritische Komponente dar. Diese liegt eher im R¨ uckkopplungszweig, da vor der zweiten Umsetzung das Eingangssignal des Flash-ADC, d. h. die Differenz aus r¨ uckgewandelter Gr¨oße und Eingangssignal, um einen recht hohen Faktor verst¨arkt werden und auf die Genauigkeit des kompletten Wandlerbausteins eingeschwungen sein muß. In der Praxis h¨ angt deshalb die erreichbare Konversionszeit stark von der Geschwindigkeit des R¨ uckkopplungszweiges ab. Heute sind Subranging-Umsetzer mit Konversionszeiten unter 100 ns kommerziell erh¨altlich. Umsetzer nach dem Recursive-Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren) Beim Recursive-Subranging-Analog-Digital-Converter (RSR-ADC) wird mit Hilfe eines N-Bit-Parallel-Umsetzers eine Analog-Digital-Umsetzung, die zu einem n · N -Bit-Digitalwort f¨ uhrt, in theoretisch n Schritten durchgef¨ uhrt. Die
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
321
prinzipielle Funktionsweise basiert auf dem Prinzip der schrittweisen N¨aherung mit dem Unterschied, daß anstatt des einfachen Analog-Komparators, der als 1-Bit-Umsetzer angesehen werden kann, ein N-Bit-Parallel-Umsetzer verwendet wird. Allerdings muß auch hier die Genauigkeit der Verst¨arker f¨ ur den vollen Skalenumfang von n · N -Bit gew¨ ahrleistet sein. Wie beim reinen Subranging-Verfahren wird mit Hilfe eines DAC der digitale Ergebniswert in ein entsprechendes Analogsignal zur¨ uckgewandelt, das von der Eingangsspannung uE subtrahiert wird. Es wird dabei ein n · N -Bit DAC verwendet. Die wesentliche Verbesserung gegen¨ uber dem Verfahren der schrittweisen N¨aherung besteht darin, daß bei einer n · N -Bit-Umsetzung nur noch n anstatt ¨ der n · N Zeitzyklen ben¨ otigt werden. Ahnlich wie beim vorher beschriebenen Subranging-Verfahren nutzt man das N-te Bit jeweils zur Fehlerkorrektur, was allerdings einen weiteren Taktzyklus erforderlich macht. Abbildung 11.48 zeigt das Beispiel eines nach dem rekursiven Subranging-Verfahren arbeitenden ADC mit einer Aufl¨ osung von 12 Bit. Er basiert auf einem 4-Bit-ParallelUmsetzer, von dem jeweils das LSB zur Fehlerkorrektur verwendet wird. Es sind dadurch vier anstatt der drei theoretisch m¨oglichen Zeitzyklen zur Wandlung eines Wertes notwendig [152]. Inkrementaler Stufenumsetzer (Z¨ ahlverfahren) Bei den auf dem Z¨ ahlverfahren basierenden Analog-Digital-Umsetzern wird eine Vergleichsspannung u(Z) von einem DAC erzeugt, der eingangsseitig von einem gew¨ ohnlichen Z¨ ahler angesteuert wird (Abb. 11.49). Sobald u(Z) die zu wandelnde Spannung uE u ¨bersteigt, wird die Umsetzung gestoppt. Aus dem Z¨ ahlerstand kann unmittelbar der Digitalwert der zu wandelnden Spannung errechnet werden. Der wesentliche Vorzug des Verfahrens liegt im geringen technischen Aufwand (es wird nur ein Komparator ben¨otigt), w¨ahrend als Nachteil die niedrige Geschwindigkeit angef¨ uhrt werden muß. Die Anzahl der zur Wandlung notwendigen Zeitzyklen h¨ angt von der Gr¨oße der Eingangsspannung uE ab. Es k¨ onnen zum Erreichen des N-Bit-Ergebniswertes maximal 2N Zeitschritte notwendig werden. Nachlaufumsetzer (Z¨ ahlverfahren) Der Nachlaufumsetzer z¨ ahlt im Gegensatz zu dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen inkrementalen Stufenumsetzer r¨ uckw¨arts und vorw¨arts. Der prinzipielle Aufbau des Nachlaufumsetzers (Abb. 11.50) unterscheidet sich vom Inkrementalumsetzer im Grunde genommen nur in der Verwendung eines kombinierten Vorw¨ arts-R¨ uckw¨ artsz¨ ahlers anstatt des reinen Vorw¨artsz¨ahlers beim inkrementalen Stufenumsetzer. Das Ausgangssignal des DAC wird da¨ durch der Eingangsspannung st¨ andig nachgef¨ uhrt. Dabei darf die Anderung der Eingangsspannung w¨ ahrend einer Taktperiode des Z¨ahlers nicht gr¨oßer als ULSB sein. Bei schnelleren Spannungs¨ anderungen kann es recht lange dauern, bis wieder ein Abgleich erreicht ist, im ung¨ unstigsten Fall bis zu 2N Taktperioden.
322
11 Digitale Meßtechnik
Steuerung und Umsetzlogik
S&H
4-BitFlash-ADC
V
-
V = 1, 8, 64, 512 u(Z) a) u Uref ULSB0 =
Uref { 16
(k+1)·ULSB0 k·ULSB0
uE
u Uref u1+ 8 ULSB1=
Uref { 128
8ULSB1
uE
12-BitDAC
u Uref u 2+ 64 Uref { ULSB2= 1024
u Uref u 3+ 512 Uref { ULSB3 = 8192
8ULSB2
8ULSB3
uE
uE u1
0
Verstärkung: V = 1 Konversionszyklus Nr. 1 b)
u3
u2
V=8
V = 64
V = 512
2
3
4
2ULSB0 u 1 = k·ULSB0 - i · 16
Abb. 11.48: 12-Bit-Analog-Digital-Umsetzer nach dem rekursiven SubrangingVerfahren. Zum Zwecke der Fehlerkorrektur werden anstatt der vier m¨ oglichen jeweils nur drei Bit genutzt, so daß die Gesamtwandlung vier Konversionszyklen anstatt der sonst drei erfordert: a) Prinzipieller Schaltungsaufbau, b) Ermittlung des Digitalwertes durch sukzessive Eingrenzung (k und i sind nat¨ urliche Zahlen).
11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator Die Delta-Sigma-Umsetzung ist ein Konvertierungsverfahren, bei dem eine Quantisierung mit niedriger Aufl¨ osung, typischerweise 1 Bit, verwendet wird. ¨ Durch eine hohe Uberabtastung des Analogsignals wird die effektive Aufl¨osung erh¨ oht und damit das Quantisierungsrauschen reduziert. Ein nachfolgendes Digitalfilter unterdr¨ uckt zus¨ atzlich noch verbleibende Rauschanteile und sorgt f¨ ur eine Bandbegrenzung.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
323
Abb. 11.49: A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der inkrementalen Stufenumsetzung
Bevor das Prinzip des auf einem Delta-Sigma-Modulator basierenden ADC beschrieben wird, soll zun¨ achst die Funktionsweise eines Delta-Modulators er¨ ortert werden. Die Delta-Modulation ist eine Sonderform der in der Nachrichtentechnik gebr¨ auchlichen Differenzpulscodemodulation (DPCM), bei der die Differenz zwischen einem Abtastwert und einem Vorhersagewert, z. B. dem vorhergehenden Abtastwert, digital codiert wird [78]. Das urspr¨ ungliche Signal kann schließlich auf einfache Weise wiedergewonnen werden, indem die Differenzwerte zu dem jeweils vorhergehenden Abtastwert addiert werden (Abb. 11.51). Das Blockschaltbild eines Delta-Modulators wird in Abb. 11.52 gezeigt. Das zu wandelnde Signal uE (t) wird zusammen mit einer R¨ uckf¨ uhrgr¨oße uR (t) einem Komparator mit nachgeschaltetem Schmitt-Trigger zugef¨ uhrt. Der Schmitt-Trigger wiederum steuert ein D-Flip-Flop, das entweder 0 oder 1 am Ausgang Q liefert, je nachdem, ob die R¨ uckf¨ uhrgr¨oße uR gr¨oßer oder kleiner ist als die Eingangsspannung uE . Das R¨ uckf¨ uhrsignal uR (t) entsteht
Abb. 11.50: A/D-Umsetzer nach dem Nachlauf-Prinzip. Das Ausgangssignal des Komparators bestimmt die Z¨ ahlrichtung (vorw¨ arts, r¨ uckw¨ arts) des Z¨ ahlers.
324
11 Digitale Meßtechnik
durch zeitliche Integration, d. h. also Mittelwertbildung, des digitalen Ausgangssignals Q. Damit kann aus der Impulsfolge am Ausgang des Delta¨ Modulators eindeutig auf die Anderung des Eingangssignals geschlossen werden. F¨ ur eine originalgetreue Erfassung des Eingangssignals ist es allerdings notwendig, daß dieses sehr hoch abgetastet wird, weil die Differenz zum vorhergehenden Wert eben nur mit einem Bit quantisiert wird. Konkret bedeutet dies, daß man in den Phasen, die in Abb. 11.52b mit Anstieg bzw. Abfall bezeichnet sind, keine Information dar¨ uber hat, wie lange es noch dauern wird, bis der aktuelle Wert der Eingangsspannung wieder eingeholt wird, bzw. wie ¨ weit sich die Eingangsspannung infolge schneller Anderung bereits vom angezeigten Wert entfernt hat. Damit d¨ urfte auch verst¨andlich werden, daß dieses Verfahren mit hohem Oversampling (1/Ta 2fsmax (fsmax : h¨ochste im Eingangssignal enthaltene Frequenzkomponente)) arbeiten muß [132]. Der Delta-Sigma-Modulator ist ein modifizierter Delta-Modulator, bei dem sich ein weiterer Integrierer im Vorw¨ artszweig befindet. Dies setzt voraus, daß die Eingangsspannung uE (t) keinen Gleichanteil enth¨alt. Dadurch kann aus der digitalen Ausgangsimpulsfolge durch Mittelwertbildung direkt auf das analoge Eingangssignal geschlossen werden, d. h. das Eingangssignal kann durch einfache Tiefpaßfilterung des seriellen Bitstromes Q am Ausgang des Delta-Modulators wieder rekonstruiert werden. Die dabei ablaufenden Signalverarbeitungsoperationen bestehen aus Integrieren, Differenzieren und Tiefpaßfiltern mit Abtastratenreduzierung, der sog. Dezimation (Abb. 11.53) [100]. Um zu einer realisierbaren Struktur des Umsetzers aus Abb. 11.53 zu gelangen, ersetzen wir zun¨ achst den Komparator des Delta-Modulators in Abb. 11.52 durch einen Differenzverst¨ arker, was an der Funktion nichts ¨andert. In Abb. 11.54 sind die Funktionsgruppen des Delta-Sigma-Umsetzers aus Abb. 11.53 in einem Blockschaltbild dargestellt. Man erkennt, daß sich die Eingangsspannung des Schmitt-Triggers g(t) folgendermaßen berechnet
Eingangssignalfolge u E(n Ta )
übertragenes Signal u E (n Ta ) − u E ((n-1) Ta ) +
+
−
+
Ausgangssignalfolge (rekonstruiertes Eingangssignal) u*(n E Ta )
AbtastwertSpeicher u*E ((n-1)Ta )
AbtastwertSpeicher u E((n-1) Ta)
Modulator, Codierer
Demodulator, Decodierer
Abb. 11.51: Codierung und Decodierung eines Signals in Form von Differenzwerten zum vorhergehenden Abtastwert. Die Abtastwertspeicher beinhalten stets den vor dem aktuellen Abtastwert uE (nTa ) angestandenen Abtastwert uE ((n − 1)Ta ).
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
325
Abb. 11.52: Prinzip des Delta-Modulators: a) Prinzipschaltbild, b) Ausgangssignal f¨ ur verschiedene Zust¨ ande der Eingangsspannung
g(t) =
uE (t)dt −
Q(t)dt .
(11.39)
Da sich die linearen Operationen Integrieren und Subtrahieren vertauschen lassen, kann man das Blockschaltbild vereinfachen und gelangt zu Abb. 11.55. Durch diese Maßnahme f¨ allt auch die Einschr¨ankung weg, daß keine Gleichanteile in uE (t) zul¨ assig sind. Bez¨ uglich seiner Grundstruktur weist der ADC mit Delta-Sigma-Modulator ¨ große Ahnlichkeit mit der Struktur eines ADC mit sukzessiver Approximation auf. Eine einfache schaltungstechnische Realisierung zeigt Abb. 11.56. Die Schaltung um den Operationsverst¨ arker stellt einen invertierenden Integrierer mit Summationspunkt dar. Da die Summe aus der Eingangsspannung uE (t) und der r¨ uckgekoppelten Spannung r(t) gebildet wird, muß der 1-Bit-DAC die Spannung invertieren. Der nachgeschaltete Komparator wirkt ebenfalls invertierend, um die Vorzeichenumkehr des Integrierers auszugleichen. Das Komparatorausgangssignal erscheint mit dem Takt am Ausgang des taktflankengesteuerten Flip-Flops. Die R¨ uckkopplung h¨alt die Abweichung zwischen uE (t) und Q(t) minimal. Der Mittelwert der 1-Bit-Datensequenz Q am Ausgang (Folge von 0 und 1 ) ist dabei der Eingangsspannung uE proportional. Zur Mittelwertbildung wird ein digitales Tiefpaßfilter nachgeschaltet, welches
Abb. 11.53: Funktionsgruppen eines Delta-Sigma-Modulators mit nachgeschaltetem Digitalfilter zur Mittelwertbildung und Abtastratenreduzierung (Dezimation)
326
11 Digitale Meßtechnik
u E(t)
∫
g (t)
dt
D
Q
Q (t)
Takt
∫
dt Δ
Σ
Abb. 11.54: Blockschaltbild eines Delta-Sigma-Modulators
aus dem (hochfrequenten) Ausgangssignal das interessierende (niederfrequente) Signalband herausschneidet. Schließlich wird die Abtastrate durch den Dezimator auf den gew¨ unschten Wert reduziert. Abbildung 11.57 zeigt die Struktur eines allgemeinen Analog-DigitalUmsetzers in Delta-Sigma-Technik anhand eines Blockschaltbildes. Im Teilbild 11.57a wird die oben diskutierte konventionelle 1-Bit-Technik vorgestellt, w¨ ahrend in Abb. 11.57b ein sog. Multi-Bit-Delta-Sigma-ADC gezeigt wird. Diese Multi-Bit-Technik wird zur Erzielung von Signal/Rausch-Verh¨altnissen eingesetzt, welche sich mit der 1-Bit-Technik nicht mehr erzielen lassen, weil dazu zu hohe Abtastraten erforderlich w¨ aren [79]. ¨ Signal/Rausch-Verh¨ altnis und Uberabtastung ¨ Allgemein l¨ aßt sich sagen, daß man durch Uberabtastung eines Signals das Signal/Rausch-Verh¨ altnis (Signal to Noise Ratio, S/N) einer AD-Umsetzung verbessern kann. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Meßsignal mit der Bandbegrenzung fb soll mit einem AD-Umsetzer digitalisiert werden. Nach dem Nyquist-Kriterium muß dieses Meßsignal mit mehr als der doppelten Bandbreite abgetastet werden. Betrachten wir zun¨ achst den Grenzfall, daß die Abtastfrequenz fs gerade 2fb betr¨ agt. Der ADC verursacht eine Quantisierungsrauschleistung PQ , deren Rauschleistungsdichte dann
u E(t)
∫
dt
D
Q
Q (t)
r (t) Takt Abb. 11.55: Funktionsgleiche Umwandlung des Blockschaltbildes aus Abb. 11.54
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
327
C u E(t)
R
invertierender Komparator
R
K
D
r (t)
Q
Q (t)
Takt
inv. summierender Integrierer
Uref 1-Bit-DAC mit Invertierer Uref
Abb. 11.56: Schaltungstechnische Realisierung eines Delta-Sigma-Umsetzers
pQ,N =
PQ fb
(11.40)
betr¨ agt, unter der Voraussetzung, daß von weißem Rauschen ausgegangen werden kann. Tastet man das Signal mit einer h¨ oheren Abtastfrequenz fs > 2fb ab, so wird das Quantisierungsrauschen auf einen gr¨oßeren Frequenzbereich verteilt (Abb. 11.58) und man erh¨ alt f¨ ur die Rauschleistungsdichte bei dieser ¨ Uberabtastung 2PQ pQ,O = . (11.41) fs
uE
+ _
∫
b)
Dezimator
1-Bit-DAC
a)
uE
u E (t)dt
+ _
∫
u E (t)dt
ADC
DAC
UQ
digitales Mittelungsfilter
Dezimator
UQ
digitales Mittelungsfilter
Abb. 11.57: Analog-Digital-Umsetzer auf der Basis eines Delta-Sigma-Modulators: a) Grundstruktur in 1-Bit-Technik, b) Grundstruktur in Multi-Bit-Technik
328
11 Digitale Meßtechnik p
Rauschleistungsdichte
p Q,N PQ P Q,O p Q,O
fb
fs 2
f
Abb. 11.58: Spektrale Verteilung des Quantisierungsrauschens PQ
Wendet man eine ideale Tiefpaßfilterung mit der Grenzfrequenz fb an, so reduziert sich das Rauschen im Signalband PQ,O zu PQ,O = pQ,O · fb =
2PQ fb , fs
(11.42)
¨ und man erh¨ alt f¨ ur den Gewinn ΔS/N durch die Uberabtastung (siehe Gl. 7.101) PQ PQ fs ΔS/N [dB] = 20 lg = 10 lg = 10 lg = 10 lg m , (11.43) PQ,O PQ,O 2fb ¨ ¨ wobei m der Faktor der Uberabtastung ist. Durch eine Vergr¨oßerung der Uberabtastung um den Faktor 4 erh¨ alt man also eine eine Verbesserung des S/N um 6.02dB. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 11.59 dargestellt. ¨ Der S/N-Gewinn durch die Uberabtastung wird bei einem Delta-SigmaModulator durch die Methode des Noise-Shapings noch wesentlich verbessert [24]. Betrachten wir dazu das linearisierte Modell des Delta-SigmaUmsetzers im Laplace-Bereich (Abb. 11.60). Der Integrierer im Zeitbereich wird durch eine Multiplikation mit k/s modelliert (s. Gl. (3.81)), wobei die Verst¨ arkung k noch nicht n¨ aher bestimmt ist. Der Komparator wird im Laplace-Bereich durch Addition des Quantisierungsrauschens N (s) beschrie¨ ben. Um die Ubertragungsfunktion GU E f¨ ur die Eingangsspannung zu erhalten, setzen wir zun¨ achst das Quantisierungsrauschen N (s) ≡ 0 und erhalten Q(s) = [UE (s) − Q(s)] ¨ Damit l¨ aßt sich die Ubertragungsfunktion
k . s
(11.44)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
GU E (s) =
k Q(s) = UE (s) s+k
329
(11.45)
¨ berechnen. Um die Ubertragungsfunktion GN (s) f¨ ur das Rauschen zu bestimmen, setzen wir dann die Eingangsspannung UE (s) ≡ 0 und erhalten (hier: N (s) = 0) Q(s) = N (s) − Q(s) GN (s) =
k s
(11.46)
s Q(s) = . N (s) s+k
(11.47)
Der Umsetzer wirkt also wie ein Tiefpaß auf die Eingangsspannung, aber wie ¨ ein Hochpaß auf das Quantisierungsrauschen. Die Ubertragungsfunktionen und der Einfluß des dadurch entstehenden Noise-Shapings sind in Abb. 11.61 dargestellt. Der Ausdruck fp = k/2π steht f¨ ur die Frequenz, an der der ¨ ¨ Pol in den Ubertragungsfunktionen auftritt. Ublicherweise wird man fp fb w¨ ahlen, so daß f¨ ur GN (s) im interessierenden Frequenzbereich (f ≤ fb ) n¨aherungsweise gilt s GN (s) ≈ . (11.48) k F¨ ur die Rauschleistungsdichte nach der Modulation pQ,mod gilt dann (s. auch Kap. 13.8) 2PQ ω 2 pQ,mod (ω) = pQ,0 |GN (jω)|2 = . (11.49) fs k 2 Durch Integration erh¨ alt man das Gesamtrauschen im Signalband 2πfb 2PQ 1 8(πfb )3 . pQ,mod dω = PQ,mod = 2 f sk 3 0 Mit k = 2πfp erh¨ alt man nun f¨ ur den Gewinn ΔS/N Δ S/N 18
dB
12 6 0
1 2 3 4 5
10
15
20
Faktor der Überabtastung Abb. 11.59: Gewinn an Signal/Rausch-Verh¨ altnis nach [137, 152]
(11.50)
330
11 Digitale Meßtechnik N(s) k s
UE (s)
Q(s)
Abb. 11.60: Darstellung des Delta-Sigma-Umsetzers im Laplace-Bereich
ΔS/N [dB] = 10 lg
PQ PQ,mod
= 10 lg
3 fs fp2 . 4 πfb3
(11.51)
¨ Mit dem Faktor der Uberabtastung m = fs /2fb ergibt sich ΔS/N [dB] = 10 lg
πf 2 6 3 fp2 m 2 = 30 lg m − 10 lg s2 . π fs 6fp
(11.52)
¨ Der erste Term sagt aus, daß mit jeder Verdopplung der Uberabtastrate das Signal/Rausch-Verh¨ altnis um 9,03 dB zunimmt, was eine erhebliche Steige¨ rung gegen¨ uber der gew¨ ohnlichen Uberabtastung bedeutet. Der zweite Term in Gl. 11.52 sollte m¨ oglichst klein sein, d. h. der Pol sollte betragsm¨aßig m¨ oglichst groß sein. Dies erfordert allerdings eine gr¨oßere Verst¨arkung k. Da ¨ die Ubertragungsfunktion der offenen Schleife einem reinen Integrierer entspricht, sind dem in der Praxis stabilit¨ atsbedingte Grenzen gesetzt. Um das Signal/Rausch-Verh¨ altnis weiter zu steigern, k¨onnen auch DeltaSigma-Umsetzer h¨ oherer Ordnung aufgebaut werden [97]. Abbildung 11.62 G GN
G UE
0 dB
P Q,mod
f fb
fp
Abb. 11.61: Betragsfrequenzgang der Signal- und Rausch¨ ubertragungsfunktion
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
331
zeigt einen Umsetzer zweiter Ordnung, mit dem ein ΔS/N von 15.1 dB/Oktave erreicht wird. Die Herleitung dieses Zusammenhangs soll dem ambitionierten ¨ Leser als Ubung dienen [75]. N(s) UE(s)
k1 s
k2 s
Q(s)
Abb. 11.62: Delta-Sigma-Umsetzer 2.Ordnung
11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (Impulsbreiten-Multiplizierer, S¨ agezahn-Multiplizierer) Ein weiteres AD-Umsetzverfahren, das insbesondere bei der Leistungsmessung eingesetzt wird, baut auf dem sog. Time-Division-Multiplizierer auf. Der Time-Division-Multiplizierer ist eine spezielle Form eines Analog-Multiplizierers, der bevorzugt zur Leistungsmessung mit digitaler Ergebniswertausgabe eingesetzt wird. Dazuwird eine Rechteckspannung mit fester Periodendauer T gem¨ aß Abb. 11.63 erzeugt. Die positiven und negativen Amplitudenwerte entsprechen dabei einer Eingangsspannung u1 , w¨ahrend die Differenz (t1 − t2 ) bez¨ uglich der zeitlichen Dauer von positiver und negativer Halbwelle proportional einer zweiten Eingangsspannung u2 ist. Das Tastverh¨altnis t1 /t2 wird durch einen Vergleich von u2 mit einer zeitlich s¨agezahnf¨ormigen Spannung festgelegt (Abb. 11.63). F¨ ur u2 = 0 ist demnach das Tastverh¨altnis t1 /t2 = 1. Die Periodendauer T , die dem Kehrwert der Pulsfolgefrequenz f entspricht, ergibt sich aus der Summe der Zeiten t1 und t2 von positiver und negativer Rechteckhalbwelle 1 T = t1 + t2 = . (11.53) f Aus dem in Abb. 11.63 gezeigten Zeitdiagramm l¨aßt sich ablesen, daß die mit Gl. (11.54) definierte Proportionalit¨ atskonstante k ku2 = t1 − t2
(11.54)
dem Kehrwert der Steigung der S¨ agezahnspannung entspricht. Diese Konstante l¨ aßt sich auch als Funktion der Periodendauer T bzw. der Pulsfolgefrequenz f sowie den S¨ agezahnamplituden UΔmax ausdr¨ ucken k=
1 T = . 2UΔ max 2f UΔ max
(11.55)
332
11 Digitale Meßtechnik
Am Ausgang des Tiefpasses (Abb. 11.63b) erh¨alt man den zeitlichen Mittelwert uA der Spannung uA (t) ⎤ ⎡t T 1 T 1 1⎣ uA = uA (t) dt = u1 dt + −u1 dt⎦ T T 0
0
t1
1 u 1 u2 = (u1 t1 − u1 t2 ) = f u1 (t1 − t2 ) = f ku1 u2 = . (11.56) T 2UΔ max Dies bedeutet, daß die Ausgangsspannung uA proportional zum Produkt der beiden Eingangsspannungen u1 und u2 ist. Die Frequenz f sollte dabei wesentlich u ¨ber den Grenzfrequenzen der zu messenden Spannungen u1 und u2 liegen, da vorausgesetzt wird, daß u1 und u2 w¨ahrend der Periode T konstant sind. Falls die Spannung u1 proportional der Spannung eines Leistungskreises und die zweite Eingangsspannung u2 proportional dem Strom dieses Lei-
Abb. 11.63: Prinzip des Time-Division-Multiplizierers. Der Mittelwert der Ausgangsspannung uA ist dem Produkt u1 u2 der Eingangsspannungen proportional: a) Zeitverl¨ aufe von Eingangs- und Ausgangsspannungen, b) Prinzipschaltbild
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
333
stungskreises ist, stellt der Time-Division-Multiplizierer ein elektronisches Wattmeter dar (Abb. 11.64). Wenn an den Time-Division-Multiplizierer ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer angeschlossen wird, ist die Frequenz ein Maß f¨ ur die im Leistungskreis verbrauchte Leistung Pel , w¨ahrend der Z¨ahlerstand, welcher in einem nachgeschalteten Z¨ ahler aufl¨auft, der innerhalb der Z¨ahlerTorzeit verbrauchten elektrischen Energie Wel entspricht. 11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz als Zwischengr¨ oßen Single-Slope-Umsetzer (u/t-Umsetzer) Bei einem Single-Slope-Umsetzer, den man auch als S¨agezahnumsetzer bezeichnet, wird mit Hilfe eines Z¨ ahlers die Zeit bestimmt, die vergeht, bis eine zeitlich linear vom Wert Null ansteigende Spannung in bezug auf ihre Amplitude die zu wandelnde Eingangsspannung uE erreicht hat (Abb. 11.65). Bei einem Spannungswert der S¨ agezahnspannung von Null wird der Z¨ahler gestartet. Erreicht die S¨ agezahnspannung die zu wandelnde Eingangsspannung uE (nach einer Zeit tX ), wird der Z¨ ahler wieder gestoppt. Der Z¨ahlerstand NX ist damit proportional der zu wandelnden Spannung uE . Mit dem Kehrwert K der Anstiegsgeschwindigkeit der S¨ agezahnspannung ergibt sich der Zusammenhang zwischen der Meßzeit tX (Torzeit des Z¨ahlers) und der Eingangsspannung uE tX = KuE . (11.57) Mit Hilfe der Taktfrequenz fref kann der Z¨ ahlerstand NX berechnet werden NX = tX fref = Kfref uE .
(11.58)
Gleichung (11.58) zeigt die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen dem Z¨ahlerstand NX und der Eingangsspannung uE . Als Nachteile dieses Verfahrens sind
Abb. 11.64: Elektronischer Leistungsmesser bzw. Energiez¨ ahler auf der Basis eines Time-Division-Multiplizierers. Es wird vorausgesetzt, daß infolge zeitlicher Mittelung am Ausgang des Time-Division-Multiplizierers bereits der der Wirkleistung entsprechende Anteil der Momentanleistung vorliegt.
334
11 Digitale Meßtechnik
u
K1
uE
y & K2
uE uS
ZE
NX 0
Takt f ref
tX
t
y
uS Start a)
Steuerung
Rücksetzen
t
ZE
t
b)
Abb. 11.65: Single-Slope-Umsetzer (S¨ agezahnumsetzer): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
unter anderem anzuf¨ uhren, daß Steigungsfehler der S¨agezahnspannung (Konstante K in Gl. (11.58)) und Taktfrequenzfehler (fref in Gl. (11.58)) unmittelbar das Ergebnis verf¨ alschen. Dual-Slope-Umsetzer (Integrierender Zweirampen-Umsetzer) Bei dieser Art der Analog-Digital-Umsetzung werden nicht einzelne Werte der Eingangsspannung abgetastet, sondern der Mittelwert der Eingangsspannung u ¨ber ein bestimmtes Zeitintervall gebildet und dieser in eine Bin¨arzahl umgesetzt. Die Umsetzungszeit ist zwar h¨ oher als bei den Momentanwertumsetzern, die Dual-Slope-Umsetzer liefern daf¨ ur allerdings im allgemeinen eine wesentlich h¨ ohere Genauigkeit. Beim Dual-Slope-Umsetzer wird die Eingangsspannung innerhalb einer ¨ Zeitspanne integriert, die durch das Uberlaufen eines mit konstanter Taktfrequenz fref angesteuerten Z¨ ahlers festgelegt ist (Abb. 11.66). Der Schalter S1 befindet sich w¨ ahrend dieser Zeit in Stellung 1. Diese Integration findet zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 statt (Abb. 11.66b). Wenn der Z¨ahler bei einem Z¨ ahlerstand Nmax u auft, ergibt sich die entsprechende Zeitdifferenz ¨berl¨ (t2 − t1 ) wie folgt Nmax t 2 − t1 = . (11.59) fref Ab dem Zeitpunkt t2 wird durch Umschalten von S1 die Referenzspannung −Uref integriert, so daß die Integratorausgangsspannung uA zu einem Zeitpunkt tX wieder den Wert Null erreicht. Daraufhin wird u ¨ber das Komparatorausgangssignal K mit Hilfe des nachgeschalteten UND-Gatters der Z¨ahlvorgang gestoppt. Der dann erreichte Z¨ ahlerstand sei mit NX bezeichnet. Die Zeitdifferenz (tX − t2 ) ist proportional zu diesem Z¨ahlerstand NX gem¨aß tX − t2 =
NX . fref
(11.60)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
335
Nachdem die Spannung uA zum Zeitpunkt tX wieder den Wert Null hat, kann man die in den Zeitintervallen (t2 − t1 ) und (tX − t2 ) integrierten Ausgangsspannungs¨ anderungen gleichsetzen. Es gilt demnach t2 tX 1 1 uE (t) dt = Uref dt . (11.61) RC t1 RC t2 Mit uE =
1 t 2 − t1
t2
uE (t) dt
(11.62)
t1
folgt aus Gl. (11.61) 1 1 Uref (tX − t2 ) . uE (t2 − t1 ) = RC RC
(11.63)
Die Zusammenh¨ange in Gln. (11.59) und (11.60) best¨atigen in Verbindung mit Gl. (11.63) die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen dem Z¨ahlerstand NX und dem Mittelwert der Eingangsspannung uE NX =
uE Nmax = const. · uE . Uref
(11.64)
Man erkennt, daß weder die Zeitkonstante RC des Integrierers noch die Taktfrequenz fref das Ergebnis verf¨ alschen k¨onnen. Mit Hilfe des Schalters S2 wird sichergestellt, daß zu Beginn der n¨ achsten Wandlungsphase die Kondensatorspannung Null ist. Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer) Die Spannungs-Frequenz-Umsetzung kann als besondere Art der AnalogDigital-Umsetzung aufgefaßt werden. Die zu wandelnde Spannung wird dabei zun¨ achst in die proportionale Zwischengr¨oße Frequenz“ umgesetzt, die ” wiederum mit Hilfe eines Z¨ ahlers leicht in eine digitale Information gewandelt werden kann (Abb. 11.67). Die Meßunsicherheit kann dabei aufgrund der u ¨blicherweise hohen Genauigkeit des Zeitnormals sehr klein gehalten werden. Bei dieser Methode der Analog-Digital-Umsetzung ist allerdings zu beachten, daß der Spannungswert 0 V aus verfahrenstechnischen Gr¨ unden nicht umgesetzt werden kann, was in praktischen Schaltungen durch Aufschalten eines Spannungsoffsets am Eingang des u/f-Umsetzers und Subtraktion des entsprechenden Z¨ ahlerwertes vom aktuellen Z¨ ahlerstand umgangen werden kann. Infolge der bei der Messung sehr niedriger Frequenzen auftretenden Fehler geht man in diesen F¨ allen zu einer Messung der Periodendauer (reziproke Frequenzmessung) u osung bietet sich in Form des rechnenden ¨ber. Eine elegante L¨ Z¨ahlers an, der das einfache Umschalten zwischen den beiden Meßmethoden direkte Frequenzmessung“ und reziproke Frequenzmessung“ erm¨oglicht (s. ” ” Kap. 12.5) [152]. Ein weiterer Vorzug solcher Z¨ahlverfahren besteht darin,
336
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.66: Dual-Slope-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
daß periodische St¨ orspannungen ohne Einfluß bleiben, wenn man eine Torzeit w¨ ahlt, welche einem Vielfachen der Periodendauer des St¨orsignals entspricht. Ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer ist ein Oszillator, dessen Schwingfrequenz von einer von außen angelegten elektrischen Spannung gesteuert wird. Abbildung 11.68 zeigt eine m¨ ogliche Schaltungsrealisierung. Diese besteht aus
Abb. 11.67: Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Hilfe von SpannungsFrequenz-Umsetzer und Z¨ ahler
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
337
einem integrierenden Verst¨ arker, der im zeitlichen Wechsel die Eingangsspannung uE bzw. ihren invertierten Wert −uE integriert. Das jeweilige Ergebnis dieser Integration wird mit Hilfe zweier Komparatoren mit den Referenzspannungen +Uref und −Uref verglichen. Wenn die Ausgangsspannung uA des integrierenden Verst¨ arkers den Wert uA = +Uref erreicht, schaltet der Komparator K1 und setzt das RS-Flip-Flop. Gleichzeitig wird von der Steuerung der Schalter S am Eingang umgelegt, so daß nunmehr die Spannung +uE integriert wird. Die Eingangsspannung uE wird also solange integriert (fallende Rampe), bis die Integratorspannung die untere Schwelle (−Uref ) unterschreitet, woraufhin die Steuerung den Eingangsschalter S umschaltet, so daß danach wieder die invertierte Eingangsspannung integriert wird (steigende Rampe), bis die obere Schwelle (+Uref ) erreicht ist. Im stetigen Wechsel zwischen diesen zwei Zust¨ anden entsteht am Ausgang des Integrierers eine Schwingung mit einem Zeitverlauf, der einem gleichschenkeligen Dreieck entspricht. Der Q-Ausgang des RS-Flip-Flops liefert daraufhin eine unipolare Rechteckspannung mit derselben Frequenz. Anhand von Abb. 11.68b lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange ableiten 1 uA (t) = − u1 (t) dt (11.65) RC 1 uE (tmax − tmin ) (11.66) uAmax = +Uref = −Uref + RC 1 uE (TX + tmin − tmax ) . (11.67) uAmin = −Uref = Uref − RC Die Subtraktion der Gln. (11.67) und (11.66) liefert 4Uref =
1 u E TX . RC
(11.68)
Daraus l¨ aßt sich schließlich der gesuchte Zusammenhang zwischen der Frequenz fX des Rechtecksignals am Ausgang des RS-Flip-Flops und der Eingangsspannung uE ableiten fX =
1 1 uE = const. · uE . = TX 4Uref RC
(11.69)
Die Frequenz des Rechtecksignals am Ausgang ist also gem¨aß Gl. (11.69) proportional zur Eingangsspannung uE . Sie l¨ aßt sich aus dem Z¨ahlerstand bei vorgegebener Torzeit leicht ermitteln. ADC nach dem Ladungskompensationsverfahren (Charge-Balancing-Converter) Eine Spannungs-Frequenz-Umsetzung l¨ aßt sich auch mit Hilfe eines sog. Charge-Balancing-Converters durchf¨ uhren, dessen prinzipielle Funktionsweise anhand von Abb. 11.69 erl¨ autert werden soll. Beim Charge-BalancingConverter wird die Eingangsspannung uE ebenfalls bis zu einem vorgegebenen
338
11 Digitale Meßtechnik
Abb. 11.68: Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe am Ausgang des Integrierers (uA ) sowie am Ausgang des RS-FlipFlops (Q) f¨ ur eine kleine (linkes Teilbild) und eine gr¨ oßere Eingangsspannung uE (rechtes Teilbild)
Schwellwert USW integriert. Bei Unterschreiten des Schwellwertes USW wird f¨ ur eine Zeit T0 , die von der monostabilen Kippstufe definiert wird, zus¨atzlich eine Stromquelle an den Ladekondensator angeschlossen. Mit diesem zus¨atzlichen (Ent-) Ladevorgang erreicht die Ausgangsspannung uA nach Ablauf der Zeit T0 ihren Spitzenwert uAmax = USW + ΔuA .
(11.70)
Anschließend ist wiederum ausschließlich die Eingangsspannung uE am Ladevorgang beteiligt, sodaß sich der zeitliche Verlauf der Ausgangsspannung uA f¨ ur diese Zeitphase wie folgt ergibt 1 uA (t) = uAmax − RC
T0 +t T0
uE (t ) dt .
(11.71)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
339
Nach einer Zeit Tload wird (vom Abtrennen der Stromquelle an gerechnet) wiederum der Schwellwert USW erreicht. Es gelten folgende Zusammenh¨ange 1 uE Tload (Ladevorgang) RC
1 uE Iref − T0 (Entladevorgang) . ΔuA = C R ΔuA = +
(11.72) (11.73)
Aus den Gln. (11.72) und (11.73) kann bereits die Frequenz fX der Rechteckfolge angegeben werden, welche schließlich mit Hilfe des Z¨ahlers und einer Torzeitvorgabe bestimmt werden kann fX =
1 1 = uE . Tload + T0 RIref T0
(11.74)
Gleichung (11.74) l¨ aßt erkennen, daß die Frequenz fX nicht mehr vom Kapazit¨ atswert des Ladekondensators C abh¨ angt, was bedeutet, daß dieser nur noch kurzzeitstabil sein muß. Wenn man das in bezug auf Genauigkeit kritischste Bauelement, die Monoflopstufe, durch ein D-Flip-Flop ersetzt, das von einem hochgenauen Taktgenerator angesteuert wird, gelangt man zum getakteten Ladungskompensations-Konverter (Abb. 11.70) [102]. Dieses Schaltungsprinzip weist den großen Vorzug auf, daß die Dauer und damit auch die Gr¨oße der Ladungspulse
Abb. 11.69: Analog-Digital-Umsetzung nach dem Ladungskompensationsverfahren (Charge-Balancing-Converter): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
340
11 Digitale Meßtechnik
durch die Periodendauer derselben Frequenz (Taktfrequenz) bestimmt wird, die auch die Torzeit des Z¨ ahlers festlegt. Damit wird vermieden, daß dieser Frequenzwert die Meßgenauigkeit beeintr¨ achtigt. Die Aufladung durch die Eingangsspannung uE erfolgt kontinuierlich durch den dabei fließenden Eingangsstrom iE uE . (11.75) iE = R Zur Entladung wird wiederum eine Stromquelle verwendet, die von einem D-Flip-Flop geschaltet wird, dessen Steuertakt mit dem Referenztakt fref identisch ist. Der mittlere Entladestrom ¯ientl ergibt sich demnach zu ¯ ¯ientl = Iref fS , (11.76) fref ur den Stromschalter ist. wobei f¯S die mittlere Frequenz der Steuerimpulse f¨ Infolge der durch die Schaltersteuerung entstehenden R¨ uckkopplung wird sich die mittlere Schaltersteuerfrequenz so einstellen, daß der zeitlich gemittelte Entladestrom ¯ientl gleich dem Ladestrom iE ist. Mit iE = ¯ientl
(11.77)
liefern die Gln. (11.75) und (11.76) den Zusammenhang zwischen der mittleren Schaltfrequenz f¯S und der Eingangsspannung uE fref uE . (11.78) f¯S = R Iref Dieser Frequenzwert ist also wiederum der Eingangsspannung proportional. 11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien direktvergleichender Analog-Digital-Umsetzer In Tabelle 11.12 werden die vier wesentlichen bei der Analog-Digital-Umsetzung verwendeten Grundprinzipien verglichen. Tabelle 11.13 zeigt Analog-
Abb. 11.70: Getakteter Ladungskompensationskonverter [102]
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
341
Digital-Umsetzer der oberen Leistungsklasse. Das Parallel-Verfahren findet u ochste Umsetzgeschwindigkeit (Kon¨berall dort Anwendung, wo es auf h¨ versionsrate) ankommt. F¨ ur Aufl¨ osungen oberhalb von 10 Bit greift man i. allg. zu den Kaskadenverfahren, wo ein oder mehrere N-Bit-Parallel-Umsetzer in theoretisch n Zeitzyklen einen Umsetzer mit einer Aufl¨osung von n · N Bit realisieren. Das Kaskadenverfahren ist ein kombiniertes Parallel-W¨ageVerfahren. Das reine W¨ ageverfahren bietet eine Kompromißl¨osung, einerseits zum Parallel-Verfahren und andererseits zum Z¨ahlverfahren. Im Bereich von 8 bis 10 Bit ist es langsamer, aber wegen der wesentlich geringeren Anzahl von Komparatoren deutlich kosteng¨ unstiger als das Parallel-Verfahren, w¨ahrend es bei Aufl¨ osungen im Bereich 12 bis 16 Bit h¨ ohere Konversionsraten erlaubt als das Z¨ ahlverfahren, allerdings bei h¨ oheren Kosten. Die Z¨ahlverfahren erm¨oglichen h¨ ochste Genauigkeit bei deutlich niedrigeren Konversionsraten. 11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung Statische Fehler Bei einem realen Analog-Digital-Umsetzer entsteht durch die endliche Stellenzahl und die daraus resultierende (stufenf¨ormige) Quantisierung ein sy-
Tabelle 11.12: Grundprinzipien zur Analog-Digital-Umsetzung Prinzip
Zahl der Zyklen
Zahl der Typ. Aufl¨ osung Komparatoren Typ. Konversionsraten 14 ≤ N ≤ 24 < 100 kSamples/s
Delta-SigmaVerfahren 2N − 1
N < 10 > 10 MSamples/s
ParallelVerfahren (Flash)
1 (word at a time)
W¨ ageVerfahren (SAR)
N (Bit at time)
N
8 ≤ N ≤ 16 10 kSamples/s − 1 MSamples/s
Z¨ ahlVerfahren
2N (max.) (level at a time)
1
8 ≤ N ≤ 20 < 1 kSamples/s
KaskadenVerfahren (Kombiniertes ParallelW¨ age-Verfahren)
n (bei einer Aufl¨ osung von n · N Bit)
2N − 1
8 ≤ N ≤ 16 1 MSamples/s − 100 MSamples/s
342
11 Digitale Meßtechnik
Tabelle 11.13: Analog-Digital-Umsetzer der oberen Leistungsklasse Prinzip Hersteller Typ Au߬ osung Konversionsrate Leistung Delta-SigmaTexas Instr. ADS 1252 24 Bit 40 kSamples/s 40 mW Verfahren Anal.Devices AD 7760 24 Bit 2,5 MSamples/s 958 mW Texas Instr. ADS 1605 16 Bit 5 MSamples/s 560 mW ADS 1610 16 Bit 10 MSamples/s 960 mW ParallelVerfahren (Flash)
National Semicond.
W¨ ageVerfahren (SAR)
Analog Devices
ADC 081500 8 Bit
AD7641 AD7667 AD7928 Texas Instr. ADS 5500
KaskadenMaxim Verfahren (Kombiniertes Linear ParallelTechnology W¨ age-Verfahren (Half-Flash)
MAX 1193
18 16 12 14
Bit Bit Bit Bit
8 Bit
LTC2242-12 12 Bit
1,5 GSamples/s 1,2 W
2 MSamples/s 1 MSample/s 1 MSample/s 125 MSamples/s
92 mW 133 mW 14 mW 780 mW
45 MSamples/s 57 mW 250 MSamples/s 740 mW
¨ stematischer Fehler, der sog. Quantisierungsfehler, welcher in der Ubertragungskennlinie des ADC abgelesen werden kann (Abb. 11.71). Er betr¨agt beim idealen Umsetzer maximal die H¨ alfte der niedrigstwertigen Stelle ULSB . Wird das digitalisierte Signal u ¨ber einen Digital-Analog-Umsetzer wieder in ein Analogsignal umgesetzt, so ¨ außert sich dieser Fehler als eine Rauschspannung, die als Quantisierungsrauschen bezeichnet wird. Im folgenden soll das Signal/Rausch-Verh¨altnis als Funktion der ADC-Aufl¨osung bestimmt werden. Das Signal/Rausch-Verh¨ altnis S/N ist definiert als
S Useff [dB] = 20 lg , (11.79) N Ureff wobei Useff und Ureff die jeweiligen Effektivwerte der Signalspannung (Nutzspannung) bzw. der St¨ orspannung (Rauschspannung) bezeichnen. Zur Ermittlung des Signal/Rausch-Verh¨ altnisses eines N-Bit-Umsetzers nimmt man eine Vollaussteuerung des ADC mit einem Sinussignal us (t) an ˆ sin ωt . us (t) = U Wenn die maximale Aussteuerung des Umsetzers UAmax UAmax = 2N − 1 ULSB ≈ 2N ULSB betr¨ agt, gilt somit
(11.80)
(11.81)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
ˆ = UAmax . 2U
343
(11.82)
Damit ergibt sich der Effektivwert Useff einer sinusf¨ormigen Signalspannung an einem N-Bit-Umsetzer bei Vollaussteuerung zu 1 1 N 1 1 2 − 1 ULSB ≈ √ 2N ULSB . Useff = √ 22 22
(11.83)
Die effektive Rauschspannung des Umsetzers l¨aßt sich aus dem Zeitverlauf des Quantisierungsrauschens bestimmen, wenn keine sonstigen Fehlspannungen ber¨ ucksichtigt werden m¨ ussen. Wenn man annimmt, daß die Eingangsspannung uE zeitlich linear ansteigt, berechnet sich der Effektivwert Ureff der Rauschspannung aus dem zeitlichen Verlauf des Quantisierungsrauschens zu (der Zeitverlauf l¨ aßt sich aus Abb. 11.71b ablesen, wenn man ber¨ ucksichtigt, daß uE zeitlich linear ansteigt) +T 2 2
1 t ULSB Ureff = ! ULSB . (11.84) dt = √ T T 12 −T 2
Das Signal/Rausch-Verh¨ altnis ergibt sich damit wie folgt
Abb. 11.71: Quantisierungsfehler bei der Analog-Digital-Umsetzung. Die Spannung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang des AD-Umsetzers auftritt: a) ideale und reale Kennlinie eines ADC, b) Quantisierungsfehler als Funktion der Eingangsspannung
344
11 Digitale Meßtechnik
¨ Abb. 11.72: Ubertragungsverhalten eines AD-Umsetzers mit Linearit¨ atsfehler. Die Spannung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang des AD-Umsetzers auftritt. Die Spannung ui liegt in der Mitte des Spannungsintervalls, das durch die beiden benachbarten Schaltschwellen definiert wird.
S [dB] = 20 lg N
Useff Ureff
= 20 lg
√1 1 2N ULSB 22 U√LSB 12
" = 20 lg
# 3 N 2 (11.85) 2
= (6N + 1, 76) . In realen Analog-Digital-Convertern ergibt sich aufgrund zus¨atzlicher Fehler eine h¨ ohere Rauschspannung und damit unter praktischen Gegebenheiten ein geringeres Signal/Rausch-Verh¨ altnis als das in Gl. (11.85) angegebene. Solche ¨ Fehler sind z. B. Offsetfehler (Ubertragungskennlinie geht nicht durch den ¨ Ursprung) oder Verst¨arkungsfehler (Steigung der Ubertragungskennlinie hat nicht den Wert Eins). Weitere Fehler treten insbesondere in Form von Nichtlinearit¨aten auf, die sich darin ¨ außern, daß die Stufen der Kennlinie verschieden hoch bzw. verschieden breit sind. Bei einer nicht-linearen Kennlinie liegen die Eckpunkte der Stufenfunktion also nicht mehr auf einer Geraden (Abb. 11.72). Die Abweichungen der Eckpunkte ui der bez¨ uglich Offset- und Steigungsfehler korrigierten realen Kennlinie (Abb. 11.72) zu denen der realen Kennlinie ohne Linearit¨ atsfehler bilden den sog. integralen (totalen) Nichtlinearit¨atsfehler FNLint bzw. fNLint FNLint = ui − iULSB (11.86) bzw.
ui − iULSB . (11.87) ULSB Die Abweichungen von der idealen Stufenbreite ULSB werden als differentielle Nichtlinearit¨at FNLdiff bzw. fNLdiff bezeichnet fNLint (i) =
FNLdiff (i) = (ui+1 − ui ) − ULSB
(11.88)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
bzw. fNLdiff (i) =
(ui+1 − ui ) − ULSB . ULSB
345
(11.89)
Dynamische Fehler Die Dauer eines Umsetzungsvorgangs ergibt sich aus der als Acquisition Time bezeichneten Summe von Aperture Time und Settling Time des Sample & Hold-Gliedes (Tabelle 11.10) sowie der Konversionszeit (Conversion Time) des eigentlichen Analog-Digital-Umsetzers. Diese Zeiten begrenzen daher die maximale Abtastfrequenz, d.h. ihre Summe muß kleiner sein als der Reziprokwert der doppelten Signalgrenzfrequenz fsmax , um das Shannonsche Abtasttheorem zu erf¨ ullen (Nyquist-Kriterium) fa > 2fsmax .
(11.90)
Die maximal m¨ogliche Abtastfrequenz famax errechnet sich dabei als Reziprokwert der Summe aller am Umsetzungsprozeß beteiligten Zeiten 1 1 . = Tamin ApertureTime + SettlingTime + ConversionTime (11.91) Schwankungen der Aperture Time, die auch als Apertur Jitter bzw. AperturUnsicherheit bezeichnet werden, bedeuten Schwankungen der Abtastzeitpunkte, was zu einem dynamischen Fehler f¨ uhrt. Dieser Fehler ist um so gr¨oßer, ¨ je gr¨ oßer die zeitliche Anderung der Eingangsspannung (duE /dt) ist. Diese zeitlichen Schwankungen der Abtastzeitpunkte machen sich in Form von Amplitudenunsicherheiten bemerkbar, welche um so gr¨oßer werden, je steiler der zeitliche Anstieg der Eingangsspannung ist. Im allgemeinen fordert man, daß der daraus resultierende Betrag des absoluten Fehlers |ΔU | kleiner als 1 /2 ULSB bleiben soll, da ansonsten das niedrigstwertige Bit (Least Significant Bit (LSB)) wertlos w¨ are 1 |ΔU | ≤ ULSB . (11.92) 2 Um die aus dieser Vorgabe (Gl. (11.92)) resultierende Forderung bez¨ uglich der zeitlichen Schwankungen ΔTjitter der Abtastzeitpunkte herzuleiten, wollen wir annehmen, daß die Eingangsspannung uE einen sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweist ˆ sin ωt . uE (t) = U (11.93) famax =
Mit der Beziehung
ΔU =
duE (t) dt
Δt
(11.94)
max
folgt aus den Gln. (11.92) und (11.93) die entsprechende Forderung bez¨ uglich des zeitlichen Jitters ΔTjitter
346
11 Digitale Meßtechnik
ΔTjitter ≤
1 ULSB . ˆω 2 U
(11.95)
ˆ = UAmax ) l¨aßt sich daraus die Grenze f¨ ur Bei Vollaussteuerung des ADC (2U den absoluten Jitterfehler angeben ΔTjitter ≤
1 1 ULSB = N ≈ N . UAmax ω (2 − 1)ω 2 ω
(11.96)
Soll beispielsweise mit Hilfe eines 8-Bit ADC ein 50-MHz-Signal gewandelt werden, leitet sich daraus die Forderung ab, daß die zeitliche AperturUnsicherheit ΔTjitter ≤ 12, 5 ps sein muß.
11.8 Digital-Multimeter (DMM) 11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit Digital-Multimeter (DMM) sind universelle Meßger¨ate zur standardm¨aßigen Messung von Spannung, Strom und ohmschen Widerst¨anden. Sie verwenden meist Dual-Slope-Umsetzer, da diese bei ausreichender Meßgeschwindigkeit hohe Meßgenauigkeiten bei geringem Hardware-Aufwand garantieren. DigitalMultimeter arbeiten mit drei bis zehn (in Sonderf¨allen bis zu einigen hundert) Wandlungen in der Sekunde. Je nach Genauigkeitsanforderungen liegt die Anzahl der angezeigten Stellen zwischen 3 1/2 und 8 1/2 (Tabelle 11.14). Dabei bezeichnet die erste Ziffer die Zahl der angezeigten Nachkommastellen. Die
Tabelle 11.14: Daten von Digital-Multimetern Anzahl der Stellen
AnzeigeUmfang
Au߬ osung
typische Genauigkeit (Gleichspannung)
3 1/2 4 1/2 5 1/2 7 1/2
± ± ± ±
5·10−4 5·10−5 5 ·10−6 5·10−8
0,25 % 0,05 % 0,01 % 0,001 %
1,999 1,9999 1,99999 1,9999999
f¨ uhrende eins wird als halbes Digit angegeben. Es ist eine gewisse Diskrepanz zwischen der Aufl¨osung und der Genauigkeit festzustellen. Der grunds¨ atzliche Fehler von Digital-Multimetern betr¨agt ±1 Digit, wobei 1 Digit der letzten angezeigten Nachkommastelle entspricht. Ein typisches Ger¨ atebeispiel soll dies verdeutlichen. So betr¨ agt die (relative) Aufl¨ osung eines 3 1/2-stelligen DMM 1/(2000) = 0, 0005. Die Genauigkeit wird jedoch mit 0, 25% angegeben, was 5 Digits entspricht (5/2000 = 0, 25%). Da sich die Verh¨ altnisse bei Digital-Multimetern
11.8 Digital-Multimeter (DMM)
347
Abb. 11.73: Blockschaltbild eines Digital-Multimeters
mit noch mehr Stellen eher verschlechtern, muß in der Praxis meist die letzte angezeigte Stelle wegen ihrer großen Unsicherheit bei den Genauigkeitsbetrachtungen gestrichen werden.
11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters In diesem Abschnitt soll der Zusammenhang zwischen den angezeigten Stellen des Digital-Multimeters und der Aufl¨ osung seines Analog-Digital-Converters (ADC) ermittelt werden. Nimmt man beispielsweise ein 4 1/2-stelliges DMM, so betr¨ agt seine relative Aufl¨ osung 5·10−5 . Die entsprechende absolute Aufl¨osung ergibt sich zu 2 V · 5 · 10−5 = 10−4 V . Dieser Wert entspricht gleichzeitig dem absoluten Spannungspegel des Least Significant Bit (ULSB ) des AnalogDigital-Converters. Mit dem Zusammenhang Umax = (2N − 1) · ULSB
(11.97)
folgt 2 V = (2N − 1) · 10−4 V 2N − 1 = 2 · 104 2N ≈ 2 · 104 lg(2 · 104 ) N= lg(2) lg(2 · 104 ) = 14, 3 → N = 15 . lg(2)
(11.98)
Die entsprechenden Aufl¨ osungen f¨ ur Digital-Multimeter mit anderer Stellenanzahl k¨ onnen Tabelle 11.14 entnommen werden. Im allgemeinen bestimmt der Widerstand eines Eingangsspannungsteilers den Eingangswiderstand des Digital-Multimeters (meistens in der Gr¨oßenordnung 10 MΩ), w¨ahrend die eigentliche Meßschaltung Innenwiderst¨ande von > 108 Ω aufweist. Moderne leistungsf¨ ahige Digital-Multimeter (Abb. 11.75) verf¨ ugen im allgemeinen u ¨ber Standard-Rechnerschnittstellen, wie RS 232, IEC-Bus, USB bzw. Ethernet (Kap. 16.6).
348
11 Digitale Meßtechnik
F¨ ur den Aufbau von Digital-Multimetern sind integrierte Schaltungen erh¨altlich, die bereits wesentliche Funktionen, wie Verst¨arkung, Vorzeichendetektion mit Invertierung, Tiefpaß-Filterung, A/D-Umsetzung und Ausgangsregister aufweisen. Digital-Multimeter enthalten zur Wechselspannungs- bzw. Wechselstrom-Messung entweder Gleichrichter-Schaltungen zur Bildung des Gleichrichtmittelwertes oder eine Schaltung zur Bildung des echten Effektivwertes nach Gl. (6.89). Die letztgenannten beruhen auf einem integrierenden Operationsverst¨ arker mit Ausgleich sowie einem als Quadrierer und einem als Radizierer geschalteten Multiplizierermodul (Abb. 11.74). Die Operationsverst¨ arker-Schaltung realisiert einen Tiefpaß 1. Ordnung mit der Eckfrequenz fg = 1/(2πRC). Solche Schaltungen weisen Fehler im Bereich von 0,5 % auf. Schaltungen zur Gleichricht-Mittelwert-Bildung arbeiten mit kleineren Fehlern (0,1 %). Allerdings f¨ uhrt die Messung nicht-sinusf¨ormiger Gr¨oßen zu entsprechenden Fehlern.
Abb. 11.74: Prinzipschaltung eines Effektivwertbausteines
11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen mit Gleichanteil In den Schalterstellungen “AC-Voltage” (Wechselspannung) bzw. “AC-Current” (Wechselstrom) wird der Gleichanteil (DC-Anteil) bei der Messung unterdr¨ uckt. Das f¨ uhrt dazu, daß auch mit echter Effektivwertmessung ausgestattete Digital-Multimeter (DMM mit true RMS-Messung) nicht mehr den echten Effektivwert messen, wenn das Meßsignal einen Gleichanteil enth¨alt. Hier hilft nur folgende Vorgehensweise: Man muß zwei seperate Messungen durchf¨ uhren, und zwar wird einmal in Schalterstellung “AC” der Effektivwert des reinen Wechselanteils (mit abgetrenntem Gleichanteil) gemessen und in einer zweiten Messung in Schalterstellung “DC” der reine Gleichanteil. Der Wechselanteil wird dabei automatisch “herausintegriert”. Der echte Effektivwert des Gesamtsignals wird schließlich ¨ durch effektivwertm¨ aßige, d. h. quadratische, Uberlagerung gem¨aß xrms(AC+DC) = x2rmsAC + x2rmsDC (11.99)
11.8 Digital-Multimeter (DMM)
349
bestimmt. Bei der Messung des DC-Anteils sollte u ¨ber mindestens 10 Perioden der Energieversorgungsnetzfrequenz (50 Hz in Europa bzw. 60 Hz in USA) gemittelt werden. Intelligente Multimeter, wie z.B. das Agilent 34411A (Abb. 11.75) messen unmittelbar nach ihrer Inbetriebnahme die Netzfrequenz und stellen die Integrationszeit des verwendeten Dual-Slope-ADC (Kap. 11.7.6) auf optimale Mittelung ein. So garantiert dieses Ger¨ at im langsamen Meßmodus f¨ ur 6 1/2 Stellen (Digits) eine Unterdr¨ uckung des Netzsignals um 70 dB. ¨ Bei Uberlegungen zur Meßgenauigkeit von Digital-Multimetern bei ACMessungen muß desweiteren der Scheitelfaktor (Crest Factor) (s. Gl. (6.90)) ins Kalk¨ ul gezogen werden. Denn je gr¨ oßer der Scheitelfaktor, um so gr¨oßer sind die Signalanteile bei (im Vergleich zur Grundwelle) h¨oheren Frequenzen (h¨ oheren Harmonischen), so daß mit zunehmendem Scheitelfaktor auch die Meßfehler bei der echten Effektivwertmessung steigen (s. Kap. 11.8.4).
11.8.4 Totaler Fehler infolge Scheitelfaktor Als Beispiel wird hier eine Absch¨ atzung der Fa. Agilent u ur ¨bernommen, die f¨ das 6 1/2 stellige DMM Modell 34411A (Abb. 11.75) gilt. Der Gesamtfehler
Abb. 11.75: 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter, Typ 34411A, der Fa. Agilent [2]
infolge Crest Factor (Scheitelfaktor) setzt sich wie folgt zusammen Gesamtfehler = Fehler (Sinus) + Fehler (Crest Factor) + Fehler (Bandbreite) (11.100) Der Fehler (Bandbreite) ist der infolge der h¨oheren Harmonischen. Er wird wie folgt abgesch¨ atzt
350
11 Digitale Meßtechnik
Fehler (Bandbreite) =
(C.F.)2 · F , 4π · BW
(11.101)
wobei C.F. der Crest Factor, F die Grundfrequenz des Meßsignals und BW die - 3 dB -Bandbreite (Bandwidth) des Meßger¨ates ist (hier 1000 kHz). F¨ ur einen beispielhaften C.F. = 3 und eine Fundamentalfrequenz F = 20 kHz ergibt sich ein Fehler (Bandbreite) von 1, 4%. Mit den Fehlerspezifikationen f¨ ur das o.g. Ger¨ at summiert sich der Gesamtfehler zu Gesamtfehler = 0, 08% + 0, 15% + 1, 4% = 1, 6% .
(11.102)
Dies bedeutet, daß der Bandbreitefehler infolge Scheitelfaktor den Gesamtfehler dominiert.
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Ru ¨ ckmeßfunktion (Source Measure Units) 11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion, auch als Source Measure Units bezeichnet, bieten folgende vier Grundfunktionen bei der Messung elektrischer Gr¨ oßen: • • • •
Spannungsquelle Spannungsmesser Stromquelle Strommesser
So kann beispielsweise im Zuge der Pr¨ ufung elektrischer bzw. elektronischer Bauelemente dem Pr¨ ufling (Device under Test = D. u. T. bzw. DUT) ein Konstantstrom eingepr¨ agt und gleichzeitig die Spannung an seinen Klemmen gemessen werden. Umgekehrt kann das Ger¨at die Stromaufnahme des Pr¨ uflings messen, w¨ ahrend er mit einer Konstantspannung beaufschlagt wird. Da diese Source Measure Units (SMUs) in aller Regel einen vollst¨andigen 4Quadrantenbetrieb erlauben, kann das gesamte Kennlinienfeld des Pr¨ uflings aufgenommen werden, indem Spannung bzw. Strom in systematischen Schritten ver¨ andert werden. Zwecks komfortabler Bedienung bzw. f¨ ur automatisierte Testabl¨ aufe in der Produktion beispielsweise sind alle Funktionen der SMUs programmierbar. Hauptanwendungsgebiete sind die vollautomatisierte Charakterisierung von Halbleiterbauelementen, Leckstrommessungen an MOSFETs oder Untersuchungen zur Elektromigration. SMUs sind standardm¨ aßig mit IEC-Bus-Interfaces ausgestattet. Die neueren Generationen enthalten auch USB- und Ethernet-Schnittstellen. Um die Testabl¨ aufe zu beschleunigen und die zentralen Steuerrechner zu entlasten,
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion (Source Measure Units)
351
besitzen die SMUs leistungsf¨ ahige Controller, so daß komplette Testreihen eigenst¨ andig ablaufen k¨ onnen. So werden bei den meisten Fertigungsendpr¨ ufungen von elektronischen Bauteilen und Komponenten sich st¨andig wiederholende Testfolgen gefordert, bei denen eine Spannung oder ein Strom eingespeist bzw. gemessen wird. Dabei wird festgestellt, ob das Bauteil innerhalb der spezifizierten Grenzwerte liegt. F¨ ur die Fertigungskontrolle werden immer h¨aufiger Testzeiten von unter 10 ms pro Bauteilpr¨ ufung verlangt, was zu erh¨ohten Anforderungen bez¨ uglich der Einschwingzeiten f¨ uhrt. Des¨ofteren sind Chips mit h¨ oheren Pinzahlen zu pr¨ ufen. Um die entsprechenden Pr¨ ufungen zahlreicher Zweitore zeitsynchron durchf¨ uhren zu k¨onnen, werden mehrere SMUs zu einem Testsystem zusammengeschaltet (Abb. 11.76). Die SMUs der 2600-
GPIB
Beladeroboter Digital I/O 2602 SourceMeter
Test-Leitungen
TSP-Link 2602 SourceMeter
mechanische Verbindung DUT
Test-Leitungen
TSP-Link 2602 SourceMeter
Test-Leitungen
TSP-Link Series 2600 SourceMeter
Test-Leitungen
Digital I/O (Trigger Signale) weitere Instrumente Abb. 11.76: TSP(TSP = Test Script Processor)-basierendes Testsystem mit mehreren Source Measure Units, die u ¨ ber TSP-Link vernetzt sind [66]
Familie der Fa. Keithley beispielsweise enthalten dazu einen sog. Test Script Processor (TSP) und einen Hochgeschwindigkeitsbus (in Abb. 11.76 mit TSPLink bezeichnet) zur Vernetzung mehrerer SMUs im Master-Slave-Modus mit entsprechenden Triggerfunktionen. Auf diese Weise ist ein echter Parallelbetrieb der angeschlossenen SMUs m¨ oglich [7].
352
11 Digitale Meßtechnik
11.9.2 Messung kleiner Str¨ ome bzw. Spannungen mit SMUs Bei den im vorigen Abschnitt besprochenen automatisierten Testabl¨aufen besteht eine weitere Problematik in der genauen Messung geringer Spannungen und Str¨ ome, welche pr¨ azise Quellen- und Meßfunktionen mit geringem St¨ orpegel obligatorisch machen. So sind Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion kommerziell erh¨ altlich, die Str¨ ome im Sub-Femtoampere-Bereich messen k¨ onnen. Abbildung 11.77 zeigt ein solches Sub-Femtoampere-Meter der Fa. Keithley, einem der f¨ uhrenden Hersteller auf diesem Gebiet.
Abb. 11.77: Source Measuring Unit (Typ 6430) der Fa. Keithley f¨ ur Messungen im Sub-Femtoampere-Bereich. Spezifikationen: Rauschgrenze: 0, 4 fA (peak-to-peak) (= 4 · 10−16 A); 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter; 2000 Messungen pro Sekunde [66].
Das Ger¨ at arbeitet mit einem Remote-Vorverst¨arker, der u ¨ber ein 2 m langes Kabel an die eigentliche SMU angeschlossen ist. Dieser hochwertige Meßverst¨ arker ist mit einem extrem hohen Eingangswiderstand ausgestattet und mit einer sog. schwimmenden Masse (Guard) versehen. Er wird u ¨ber ein Triax-Kabel angeschlossen. Bei den Triax-Kabeln befindet sich zwischen
Abb. 11.78: Aufbau eines Triax-Kabels
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion (Source Measure Units)
353
dem zentralen Innenleiter und dem Außenleiter (Schirmgeflecht wie beim Koaxkabel) ein weiterer geflochtener metallischer Leiter (= Schutzschirm = Guard) zwecks Schirmung (Abb. 11.78). Abbildung 11.79 zeigt das Anschlußprinzip unter Verwendung von Triax-Kabeln. Die gezeigte Schaltung dient Quelle
Leitung mit Guard-Ring (Triax-Kabel) Guard
Ri
hochohmiger Spannungsmesser
innerer Leiter
uD ≈ 0
RL
Spannungsmesser äußerer Leiter Abb. 11.79: Prinzip der Triax-Kabel-Verbindung einer Spannungsquelle mit einem hochohmigen Voltmeter
der Unterdr¨ uckung von Leckstr¨ omen infolge des endlichen Kabelisolationswiderstandes. Die entsprechende Technik wird auch als Guard- oder Schutzschirmtechnik bezeichnet. Dabei wird der innere Leiter von dem Schutzschirm (Guard) umh¨ ullt. Mit Hilfe des Operationsverst¨arkers wird nun die Potentialdifferenz zwischen Innenleiter und Schutzschirm auf ann¨ahernd Null gebracht, so daß keine Ausgleichsstr¨ ome durch den Isolationswiderstand RL fließen k¨ onnen. Ein weiterer Vorteil dieser Schaltung ist, daß auch eine parallel zu RL liegende Streu- bzw. Kabelkapazit¨ at wirkungslos gemacht wird. Damit ¨ wird das Ubertragungsverhalten f¨ ur h¨ oherfrequente Signale verbessert.
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
In der modernen Meßtechnik werden in zunehmendem Maße die Zeit und Frequenz als informationstragende Parameter genutzt. Einer der Hauptvorz¨ uge dieser Codierungsart liegt in der sehr hohen Genauigkeit, mit der Zeitintervalle und Frequenzen gemessen werden k¨ onnen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß sich die im allgemeinen in analoger Form vorliegenden Meßsignale auf einfache Weise mit Hilfe von Z¨ ahlerschaltungen digitalisieren lassen. Zeit- und Frequenzmessungen sind eng miteinander verkn¨ upft, da beide mit Hilfe von Z¨ ahlern durchgef¨ uhrt werden. Man kann erreichen, daß der Meßfehler bei der Zeit- bzw. Frequenzmessung im wesentlichen auf die Ungenauigkeit der eingesetzten Zeitbasis beschr¨ ankt bleibt, deren Genauigkeit wiederum von dem dort verwendeten frequenzbestimmenden Element definiert wird. Dieses Frequenznormal basiert standardm¨ aßig auf einem Schwingquarz, der zur Erh¨ ohung der Genauigkeit temperaturstabilisiert betrieben werden kann. Selbst mit einfachen nicht temperaturstabilisierten Uhrenquarzen sind relative Frequenzfehler von weniger als 10−5 m¨ oglich. Durch geeignete Temperaturregelungen lassen sich die relativen Fehler bez¨ uglich der Temperaturdrift sogar noch um drei bis vier Gr¨ oßenordnungen reduzieren. Pr¨azisionsfrequenzz¨ahler hingegen enthalten Rubidium-Elemente, die Genauigkeiten im Bereich 10−10 bis 10−11 erm¨ oglichen. In speziell eingerichteten Laboratorien, wie z. B. der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, werden bei der Zeitmessung sogar Genauigkeiten von 5 · 10−15 erzielt [10]. Wenn zeitlich a ¨quidistante Impulse (Pulsfolgefrequenz f ) eines Signals in einem Z¨ ahler w¨ ahrend eines Zeitintervalls T summiert werden (Abb. 12.1), ergibt sich der Z¨ahlerstand NX aus dem Produkt dieser beiden Gr¨oßen NX = f T .
(12.1)
Bei der Zeitmessung wird die Anzahl NX der Impulse eines frequenzstabilen Referenzsignals mit der Taktfrequenz fref mit Hilfe eines Z¨ahlers w¨ahrend der zu messenden Zeit TX gez¨ ahlt. Damit berechnet sich die Zeit TX zu TX =
NX . fref
(12.2)
356
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.1: a) Prinzipschaltbild der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung, b) Zeitdiagramm
Bei der Frequenzmessung hingegen werden die w¨ahrend der Referenzzeit Tref (Torzeit) einlaufenden Impulse des Meßsignals gez¨ahlt. Aus dem Z¨ahlerstand NX und der mit hoher Genauigkeit vorgegebenen Torzeit Tref kann die Frequenz fX bestimmt werden NX fX = . (12.3) Tref
12.1 Mechanische Frequenzmessung Zur Messung der Netzfrequenz mit Hilfe mechanischer Meßwerke befinden sich teilweise noch die zur Kategorie der Vibrationsmeßwerke z¨ahlenden Zungenfrequenzmesser im Einsatz. Diese Meßwerke besitzen bewegliche Komponenten, die infolge elektromagnetischer Anregung in resonante Schwingungen versetzt werden. Nennenswerte Auslenkungen treten nur bei der jeweiligen (mechanischen) Resonanzfrequenz der Zungen auf. Beim Zungenfrequenzmesser ist vor den Polschuhen eines Elektromagneten ein Kamm aus weichmagnetischen Stahlzungen angeordnet, welche sich in bezug auf ihre Resonanzfre¨ quenz unterscheiden (Abb. 12.2). Diese Meßwerke dienen der Uberwachung eines schmalen Frequenzbandes, typischerweise 47 - 53 Hz bzw. 46 - 54 Hz, in dem die Netzversorgungsspannung liegt. Die Frequenzunterschiede der einzelnen Zungen liegen bei 0,5 Hz. Daneben gibt es auch Ausf¨ uhrungsformen f¨ ur andere Frequenzbereiche, z. B. 10 Hz - 2 kHz.
12.2 Digitale Frequenzmessung
357
Abb. 12.2: Aufbau eines Zungenfrequenzmessers [133]
12.2 Digitale Frequenzmessung Bei der digitalen Frequenzmessung wird das Meßsignal zun¨achst in einem als Impulsformer dienenden Schmitt-Trigger in eine Folge von Rechteckpulsen gewandelt. Diese Pulse werden w¨ ahrend einer definierten Meßzeit Tref , die durch einen Referenztakt, einen Frequenzteiler mit Teilerverh¨altnis Nref sowie ein Toggle-Flip-Flop vorgegeben wird, von einem Vorw¨artsz¨ahler zu einem Z¨ ahlerstand NX summiert. Die prinzipielle Schaltung zur digitalen Frequenzmessung wird in Abb. 12.3 gezeigt. Die zu messende Frequenz fX ergibt sich zu NX fref fX = = NX . (12.4) Tref Nref Der Z¨ ahler muß zu Beginn jeder neuen Meßperiode zur¨ uckgesetzt werden. Es sei darauf hingewiesen, daß dieser R¨ ucksetzvorgang von der in Abb. 12.3 gezeigten Prinzipschaltung noch nicht automatisch vorgenommen wird. Soll das
Abb. 12.3: Digitale Frequenzmessung
Verh¨ altnis zweier Frequenzen gebildet werden, so ist dies mit Hilfe einer leicht modifizierten Schaltung (Abb. 12.4) ebenfalls m¨oglich. Analog zur einfachen
358
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
digitalen Frequenzmessung kann das Frequenzverh¨altnis abgeleitet werden. Dazu ist in Gl. (12.4) fX durch f1 /N1 und Tref durch N2 /f2 zu ersetzen f1 N1 = NX . f2 N2
(12.5)
Abb. 12.4: Messung eines Frequenzverh¨ altnisses
12.3 Digitale Zeitmessung 12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung) Bei der digitalen Zeitintervallmessung werden die von einem Taktsignal mit bekannter Referenzfrequenz w¨ ahrend der zu messenden Zeit TX in einen Z¨ahler einlaufenden Impulse gez¨ ahlt (Abb. 12.5). Der konstante Referenztakt wird von einem Rechteckoszillator geliefert, der sich durch hohe Frequenzstabilit¨ at auszeichnet. Seine Pulse werden gez¨ ahlt, solange der zweite Eingang des UND-Gatters auf 1 liegt. Dieses zweite Eingangssignal entspricht dem Ausgangssignal eines RS-Flip-Flops, dessen Setzen und R¨ ucksetzen mit der jeweils ansteigenden Flanke des Start- bzw. Stopsignals erfolgt. Wird das RS-FlipFlop zur¨ uckgesetzt, sperrt das Gatter und der Z¨ahler wird gestoppt. Aus dem Z¨ ahlerstand NX und der bekannten Referenzfrequenz fref kann das Zeitintervall TX gem¨ aß 1 TX = NX (12.6) fref ermittelt werden. F¨ ur den Fall, daß Start- und Stop-Signal auf ein und derselben Leitung einander folgen, wird anstatt des RS-Flip-Flops ein T-Flip-Flop eingesetzt (Abb. 12.6). Infolge eines anf¨ anglichen Resetsignals erscheint am Eingang des ersten T-Flip-Flops ein 1 -Signal. Daraufhin wird mit der n¨achsten ansteigenden Flanke des Meßsignals (Start-Marke) der Ausgang des ersten T-Flip-Flops
12.3 Digitale Zeitmessung
Abb. 12.5: Digitale Zeitintervallmessung mit getrennten Signalleitungen: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
359
Start-/Stop-
auf 1 gesetzt und bewirkt damit u ¨ber das UND-Gatter das Durchschalten des Referenztaktsignals auf den Z¨ ahler. Die n¨achste ansteigende Flanke des Meßsignals (Stop-Marke) stoppt den Z¨ ahlvorgang durch R¨ ucksetzen des ersten T-Flip-Flops und das damit einhergehende Sperren des UND-Gatters. Das gleichzeitige R¨ ucksetzen von T1 = Q2 = 1 auf T1 = Q2 = 0 bewirkt, daß das erste T-Flip-Flop bis zum n¨ achsten Resetimpuls verriegelt wird und nur noch Speicherwirkung hat, woraufhin die Schaltung auf keine weiteren Startbzw. Stopimpulse mehr reagiert.
Abb. 12.6: Signalleitung
Digitale
Zeitintervallmessung
mit
gemeinsamer
Start-/Stop-
360
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Aus Genauigkeitsgr¨ unden sollte die Taktfrequenz m¨oglichst hoch liegen, weil die unweigerlich vorhandene Unsicherheit des Z¨ahlerstandes bei ±1 liegt. Dieser sog. Quantisierungsfehler ist stets vorhanden, weil die Phasenlage zwischen Takt und den Intervallgrenzen des Zeitintervalls TX i. allg. nicht koh¨arent ist, was zu einer absoluten Meßzeitunsicherheit ΔTX f¨ uhrt. Der daraus resultierende relative Meßfehler betr¨ agt ΔTX ±1 1 1 = (12.7) TX NX = NX = fref TX . Gleichung (12.7) sagt aus, daß der Fehler umso kleiner wird, je h¨oher die Taktfrequenz fref und je l¨ anger das Zeitintervall TX ist. Bei der Messung kleinerer Zeitintervalle werden daher oft sog. Zeitexpander eingesetzt. Ein Zeitexpander f¨ uhrt analog einem Frequenzteiler eine Zeittransformation durch, d. h. ein kurzes Zeitintervall wird in ein l¨angeres u uhrt. ¨berf¨ Beim Schwebungsfrequenz-Zeitexpander werden zwei phasenstarr verbundene Rechteckoszillatoren G1 und G2 mit den Pulsfolgefrequenzen f1 = 1/T1 und f2 = 1/T2 vom Start- bzw. vom Stop-Signal des zu messenden Zeitintervalls TX gestartet (Abb. 12.7). Dabei wird vorausgesetzt, daß das Zeitintervall TX k¨ urzer ist als die Periodendauer T1 . Da die Pulsfolgefrequenz f2 geringf¨ ugig gr¨ oßer ist als f1 , wird nach einer Zeit TKoinzidenz erstmalig die Phasenkoinzidenz der beiden Oszillatoren erreicht sein. Wenn man von Rundungsfehlern absieht, kann die Koinzidenzzeit TKoinzidenz wie folgt berechnet werden TKoinzidenz = TX + NX T2 = NX T1 .
(12.8)
Das zu messende Zeitintervall TX und das Zeitexpansions-Verh¨altnis dt ergeben sich zu TX = NX (T1 − T2 )
(12.9)
Abb. 12.7: Zeitdiagramm eines Schwebungsfrequenz-Zeitexpanders (Rundungsfehler außer acht gelassen)
12.3 Digitale Zeitmessung
dt =
TKoinzidenz T1 = . TX T1 − T2
361
(12.10)
Abbildung 12.8 zeigt eine entsprechende Schaltung mit den dazugeh¨origen Signalverl¨ aufen. Nach einem anf¨ anglichen Resetsignal ist die Schaltung vorbereitet, die Start- und Stop-Marke des zu messenden Zeitsignals TX in Form einer ansteigenden bzw. abfallenden Flanke eines Rechteckpulses u ¨ber die Leitung uE zu empfangen. Das T1 -Flip-Flop startet daraufhin den Generator G1 , w¨ ahrend das T2 -Flip-Flop nach Ablauf des Zeitintervalls TX den Generator G2
Abb. 12.8: Schwebungsfrequenz-Zeitexpander: a) Prinzipschaltung, b) Signalverl¨ aufe
362
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
in Gang setzt. Der Schaltung kommt nun noch die wesentliche Aufgabe zu, zu erkennen, wann die erste ansteigende Taktflanke des G2 -Signals (geringf¨ ugig) fr¨ uher eintrifft als die korrespondierende Flanke des G1 -Signals. Dann n¨amlich ist der Z¨ ahler, der die G1 -Pulse z¨ ahlt, zu stoppen und der Z¨ahlerstand zur Auswertung nach Gl. (12.9) heranzuziehen. Schaltungstechnisch wird dies durch die R¨ uckkopplung der Q3 - und Q4 -Ausg¨ange erreicht. Dadurch kann das T4 -Flip-Flop erstmals kippen (dazu muß T4 = 1 sein und gleichzeitig eine positive Taktflanke am Takteingang anliegen), wenn die ansteigende G2 Taktflanke fr¨ uher eintrifft als die korrespondierende des G1 -Signals. Dies wird m¨ oglich, da diese (korrespondierende) G1 -Taktflanke jedesmal das T3 -FlipFlop auf Q3 = 1 bzw. Q3 = 0 schaltet, sodaß das T4 -Flip-Flop wegen T4 = 0 gegen ein Umschalten verriegelt wird. Erst bei einem fr¨ uheren Eintreffen findet die ansteigende G2 -Flanke ein mit T4 = 1 umschaltbares T4 -Flip-Flop vor. Durch diesen Schaltvorgang wird der Z¨ ahler u ¨ber das UND-Gatter an seinem Eingang gestoppt. Gleichzeitig kann anhand des Q4 -Signals erkannt werden, wann die Messung zu Ende ist. 12.3.2 Periodendauermessung Bei der Periodendauermessung wird das Meßsignal uE (t) von einem SchmittTrigger zun¨ achst in ein Rechtecksignal mit derselben Periodendauer umgeformt. Die beiden T-Flip-Flops der in Abb. 12.9 gezeigten Schaltung bewir-
Abb. 12.9: Periodendauermessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
12.5 Rechnender Z¨ ahler
363
ken, daß bei einer ansteigenden Flanke der Signalspannung uSt das Q1 -Signal ¨ auf 1 geht, wenn vorher beide Flip-Flops zur¨ uckgesetzt waren. Uber das am UND-Gatter anliegende Q1 -Signal (Q1 = 1) wird der Z¨ahler dadurch f¨ ur genau eine Periode der Dauer TX ge¨ offnet (Abb. 12.9b). Aus dem w¨ahrend dieser Periode erhaltenen Z¨ ahlerstand NX kann die zu messende Periodendauer TX ermittelt werden NX TX = . (12.11) fref Nach Ablauf dieser Periode wird das T1 -Flip-Flop u ¨ber das Q2 -Signal (Q2 = 0) f¨ ur weitere Messungen gesperrt, bis die beiden T-Flip-Flops u ¨ber ein gemeinsames Resetsignal wieder zur¨ uckgesetzt werden.
12.4 Digitale Phasenwinkelmessung Bei der digitalen Phasenwinkelmessung soll die Phasenwinkeldifferenz ϕX zwischen zwei Sinusspannungen u1 (t) und u2 (t) derselben Frequenz u1 (t) = u ˆ1 sin ωt ˆ2 sin(ωt + ϕX ) u2 (t) = u
(12.12) (12.13)
bestimmt werden. Eine solche Phasendifferenzmessung kann auf die Messung der Zeitdifferenz ϕX TX = , (12.14) ω die zwischen zwei gleichsinnigen Nulldurchg¨ angen der beiden Sinusspannungen vergeht, zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Die Zeitdifferenz TX kann mit Hilfe der in Abb. 12.10a gezeigten Schaltung gemessen werden. Abbildung 12.10b soll die prinzipielle Funktionsweise anhand der Signalverl¨aufe erl¨autern. Der Phasenwinkel ϕX ergibt sich dann aus dem Z¨ ahlerstand NX und der Kreisfrequenz ω des Eingangssignals 1 ϕX = ωTX = ω NX . (12.15) fref
12.5 Rechnender Z¨ ahler Rechnende Z¨ ahler enthalten zwei Z¨ ahlwerke, welche die Pulse vom Referenztaktsignal und Meßsignal getrennt z¨ ahlen (Abb. 12.11). Die Steuerfunktion sowie die numerische Auswertung u ¨bernimmt ein Mikrocomputer. Der rechnende Z¨ ahler mißt Frequenz und Periodendauer auf die gleiche Weise, wobei bei beiden Messungen die Eingangsimpulse und die Pulse des Referenztaktsignals gez¨ ahlt werden. Anschließend wird die Frequenz fX des Meßsignals aus dem Quotienten der beiden Z¨ ahlerst¨ ande NX und NY berechnet
364
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.10: Digitale Phasenwinkelmessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
fX =
NX fref . NY
(12.16)
Der Kehrwert 1/fX entspricht der Periodendauer des Eingangssignals. Wenn die Messung mit dem Meßsignal uE synchronisiert wird, bezeichnet man die Messung als eingangssynchronisierte oder reziproke Messung; erfolgt die Synchronisierung hingegen mit dem Referenztakt der Zeitbasis, spricht man von taktpulssynchronisierter oder konventioneller Messung.
12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer) Wenn die Impulsdauer der Informationstr¨ ager eines Meßsignals ist (Pulsdauermodulation, Kap. 1.6), kann der Meßwert mit Hilfe eines Zeit-Spannungs-
12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer)
365
Abb. 12.11: Rechnender Z¨ ahler
Umsetzers (t/U-Umsetzer), der im einfachsten Fall aus einem RC-Tiefpaß besteht, in eine analoge Spannung zur¨ uckgewandelt werden. Wenn n¨amlich das pulsdauermodulierte Signal uE (Rechteckpulsfolge mit konstanter Taktfrequenz 1/T0 und konstanter Amplitude U0 ) einem RC-Tiefpaß zugef¨ uhrt wird, kann an dessen Ausgang eine Spannung abgegriffen werden, deren zeitlicher Mittelwert u ¯A proportional der Pulsl¨ ange TX ist (Abb. 12.12) T0 TX TX 1 1 ¯E = uE (t) dt = U0 dt = U0 . (12.17) u ¯A = u T0 0 T0 0 T0 Bez¨ uglich der Zeitkonstanten des RC-Gliedes ist ein Kompromiß zu schließen zwischen dem Aufl¨ osungsverm¨ ogen, das von der Restwelligkeit begrenzt wird, und der Anzeigegeschwindigkeit, d. h. der Tr¨ agheit beim Einstellen auf neue Meßwerte.
12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) Wenn die Frequenz der Informationstr¨ ager des Meßsignals ist (Frequenzmodulation, Kap. 1.6), wird zur analogen Weiterverarbeitung der Meßwerte eine
Abb. 12.12: RC-Tiefpaß als einfacher Zeit-Spannungs-Umsetzer
366
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.13: Frequenz-Spannungs-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe f¨ ur zwei verschiedene Eingangsspannungen
Frequenz-Spannungs-Umsetzung notwendig. Zur Analoganzeige drehzahlproportionaler Frequenzsignale wird beispielsweise oft ein mittelwertbildender Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) eingesetzt (Abb. 12.13). Nach eventueller Pulsformung durch einen Schmitt-Trigger wird auf die Eingangsflanke eines jeden Pulses hin ein Rechteckpuls definierter zeitlicher L¨ange T0 und Amplitude U0 erzeugt. Dies geschieht mit Hilfe einer monostabilen Kippstufe (Kap. 11.4). Der zeitliche Mittelwert der Ausgangsspannung uA ist proportional der momentanen Puls-Frequenz fX der Eingangsspannung uE u ¯A =
1 TX
TX
uAM (t) dt = 0
1 TX
T0
U0 dt = U0 T0 fX .
(12.18)
0
Die zeitliche Mittelwertbildung erfolgt wiederum mit Hilfe eines RC-Tiefpasses. Abbildung 12.13 zeigt das entsprechende Blockschaltbild der Gesamtschaltung, bestehend aus Impulsformer (Schmitt-Trigger), monostabiler Kippstufe (Monoflop) und RC-Tiefpaß, sowie den Spannungsverlauf uAM (t) f¨ ur verschiedene Zeitverl¨ aufe der Eingangsspannung uE . Ein solcher Frequenz-SpannungsUmsetzer wird in der Meßtechnik auch oft als Z¨ahlratenmesser verwendet. Die Welligkeit der Ausgangsspannung kann bei geringen Z¨ahlraten bzw. kleiner Zeitkonstante sehr ausgepr¨ agt sein. Die Zeitkonstante l¨aßt sich allerdings nicht beliebig erh¨ ohen, da sich die Schaltung sonst unter Umst¨anden nicht mehr schnell genug auf die aktuelle Z¨ ahlrate einstellen kann.
12.8 Oszillatoren
367
12.8 Oszillatoren 12.8.1 Grundlagen Unter dem Begriff Oszillator versteht man in der Elektrotechnik eine Schaltung, die der Erzeugung unged¨ ampfter Schwingungen mit definierter Frequenz und konstanter Amplitude dient. Der Schwingungserzeuger (Oszillator) erscheint dabei in einem elektrischen Netzwerk als ein aus aktiven und passiven Bauelementen bestehender Zwei- oder Vierpol. Der Begriff Oszillator ist aber nicht auf das Gebiet der Elektrotechnik beschr¨ankt. So bezeichnet ein Oszillator allgemein ein schwingendes Gebilde, wie z. B. das einfache MasseFeder-System, welches einen typischen mechanischen Oszillator repr¨asentiert. Man unterscheidet zwischen harmonischen Oszillatoren und Relaxationsoszillatoren. Harmonische Oszillatoren erzeugen Schwingungen mit harmonischem (sinusf¨ ormigem) Zeitverlauf, w¨ ahrend die Relaxationsoszillatoren zur Generierung von Schwingungen mit nicht-sinusf¨ ormigem Zeitverlauf, z. B. Rechteckspannungen, herangezogen werden. Zur Erzeugung harmonischer Schwingungen ist eine R¨ uckstellkraft erforderlich, die proportional mit der Auslenkung (Schwingungsgr¨oße) zunimmt. Beim mechanischen Masse-Feder-Oszillator ergibt sich diese R¨ uckstellkraft aus dem Hookeschen Gesetz F = cx . (12.19) Dabei bezeichnen F die mechanische Kraft, die stets zur Gleichgewichtslage hin gerichtet ist, c die Federkonstante und x die Auslenkung. In Verbindung mit dem Newtonschen Gesetz ergibt sich die Schwingungsdifferentialgleichung f¨ ur das Masse-Feder-System wie folgt m
d2 x + cx = 0 . dt2
(12.20)
Dabei bezeichnen m die Masse des Schwingers und t die Zeitvariable. Die L¨ osung von Gl. (12.20) liefert die harmonische Schwingung in Form einer zeitlich sinusf¨ ormigen Auslenkung ˆ sin(ω0 t + ϕ) x(t) = X
(12.21)
ˆ und ϕ sowie der Schwingkreisfrequenz ω0 (Resonanzmit den Konstanten X kreisfrequenz) c ω0 = . (12.22) m Analog dazu ergibt sich folgende Differentialgleichung f¨ ur den elektrischen LC-Schwingkreis (Parallelkreis) C
d2 u 1 + u=0. dt2 L
(12.23)
368
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
In Gl. (12.23) bezeichnen C die Kapazit¨ at, L die Induktivit¨at und u die Spannung an den beiden (parallelgeschalteten) Elementen. Die L¨osung ergibt sich analog zu Gl. (12.21) ˆ sin(ω0 t + ϕu ) u(t) = U (12.24) mit
1 . (12.25) LC Harmonische Oszillatoren werden oft auch direkt als Sinusgeneratoren bezeichnet. Im Gegensatz zu den harmonischen Oszillatoren dienen die Relaxationsoszillatoren der Erzeugung periodischer Signale mit nicht-sinusf¨ormigem Verlauf, insbesondere werden sie zum Generieren von periodischen Rechteck- und Dreiecksignalen herangezogen. Die Schaltungen von Relaxationsoszillatoren besitzen als zentrale Komponente einen Komparator mit Hysterese, der im gleichm¨ aßigen zeitlichen Wechsel seine beiden Ausgangsspannungszust¨ande +UAmax bzw. −UAmax annimmt und damit eine periodische Rechteckspannung erzeugt (Kap. 12.8.4). ω0 = √
12.8.2 Harmonische Oszillatoren Harmonische Oszillatoren bestehen aus einem Verst¨arker mit der komple¨ xen Ubertragungsfunktion V (ω) und einer R¨ uckkopplungsschleife (Mitkopp¨ lung) mit der komplexen Ubertragungsfunktion K(ω) (Abb. 12.14). Die Gesamt¨ ubertragungsfunktion des r¨ uckgekoppelten Systems lautet UA V = . UE 1−V ·K
(12.26)
Die Schwingbedingung ist erf¨ ullt, wenn sich f¨ ur ein verschwindendes Eingangssignal (U E → 0) eine harmonische Ausgangsspannung U A mit konstanter Amplitude einstellt. Die Schwingbedingung ergibt sich aus der Polstelle der Gesamt¨ ubertragungsfunktion nach Gl. (12.26) V ·K =1.
(12.27)
Wenn man Gl. (12.27) nach Betrag und Phase aufspaltet, ergeben sich zwei Bedingungen, n¨ amlich die Amplitudenbedingung
Abb. 12.14: Prinzip einer harmonischen Oszillatoranordnung
12.8 Oszillatoren −1
| V |= | K |
369
(12.28)
und die Phasenbedingung ϕV + ϕK = 2πk ,
(12.29)
wobei k eine ganze Zahl ist. Als Beispiel f¨ ur einen typischen Vertreter eines harmonischen Oszillators wird im folgenden Abschnitt der LC-Oszillator besprochen. 12.8.3 LC-Oszillator
Abb. 12.15: Operationsverst¨ arker-Schaltung eines LC-Oszillators
Abbildung 12.15 zeigt einen mit einem Operationsverst¨arker aufgebauten LC-Oszillator, der im eingeschwungenen Zustand eine sinusf¨ormige Ausgangsspannung mit konstanter Frequenz und Amplitude liefert. Im weiteren wird ein idealer Operationsverst¨ arker mit verschwindender Eingangsdifferenzspannung (uD = 0) angenommen. Der Oszillator besteht also aus einem Elektrometerverst¨ arker mit der reellen Verst¨ arkung V = V V =
UA , UC
(12.30)
die sich aus dem Verh¨ altnis der beiden Widerst¨ande R2 und R3 des Ausgangsspannungsteilers ergibt R2 + R3 V = . (12.31) R3 Andererseits bilden der LC-Parallelschwingkreis, dessen Zweipol-Impedanz mit Z LC bezeichnet werden soll, und der ohmsche Widerstand R1 einen Span¨ nungsteiler, welcher die Ubertragungsfunktion K des R¨ uckkoppelnetzwerkes definiert U Z LC 1 K= C = = UA Z LC + R1 1 + ZR1 LC
=
1 1+
R1 (1−ω 2 LC) jωL
.
(12.32)
370
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Entsprechend der Schwingbedingung V K = 1 nach Gl. (12.27) folgt aus Gl. (12.32) R2 + R3 1 =1. (12.33) R1 (1−ω02 LC) R3 1+ jω0 L
Gleichung (12.33) ist erf¨ ullt, wenn der Realteil des Ausdruckes auf der linken Seite gleich Eins wird und der Imagin¨ arteil verschwindet. Daraus folgt R2 + R3 =V =1 (12.34) R3 und die Resonanzkreisfrequenz ω0 des Oszillators ω0 = √
1 . LC
(12.35)
Wenn also die Widerst¨ ande R2 und R3 gem¨aß Gl. (12.34) gew¨ahlt werden, wird sich eine stabile harmonische Schwingung mit konstanter Amplitude einstellen. Die Frequenz f0 (Resonanzfrequenz) dieser Spannung betr¨agt gem¨aß Gl. (12.35) 1 1 1 √ f0 = ω0 = . (12.36) 2π 2π LC Die diese Schwingung beschreibende Differentialgleichung erh¨alt man, wenn man die Knotengleichung am nicht-invertierenden Eingang des Operationsverst¨ arkers aufstellt, d. h. es m¨ ussen die drei in den Knoten einfließenden Teilstr¨ ome von Kondensator C, Spule L und Widerstand R1 in Summe Null ergeben. Damit erh¨ alt man die folgende Differentialgleichung t uA (t) − uC (t) 1 duC (t) − −C uC (t ) dt − iL (t0 ) = 0 . (12.37) R1 dt L t0 Mit dem (reellen) Verst¨ arkungsgrad V =
uA (t) uC (t)
(12.38)
folgt aus Gl. (12.37) nach Differentiation d2 uC 1 1 − V duC · + · uC = 0 . + dt2 R1 C dt LC
(12.39)
uhrt zu folgender L¨osung Der f¨ ur den Oszillatorbetrieb relevante Fall α2 < ω02 f¨ der Differentialgleichung
ˆ e−αt sin uC (t) = U (12.40) ω02 − α2 · t + ϕuC , wobei gilt
1−V . 2R1 C Demnach hat man die folgenden drei F¨ alle zu unterscheiden: α=
(12.41)
12.8 Oszillatoren
371
1. V < 1, d. h. α > 0 Die Amplitude der Ausgangsspannung nimmt exponentiell mit der Zeit ab, d. h. die Schwingung ist ged¨ ampft. 2. V = 1, d. h. α = 0 Dies ist der bereits oben behandelte Fall einer Sinusschwingung mit konstanter Amplitude und der Frequenz f0 . Mit diesem Wert f¨ ur α bzw. V ist die Schwingbedingung exakt erf¨ ullt. 3. V > 1, d. h. α < 0 Bei Verst¨ arkungsgraden V > 1 steigt die Amplitude der Ausgangsspannung exponentiell an. Dieser Zustand ist lediglich in der Einschaltphase (Anschwingphase) erw¨ unscht. Der exponentielle Anstieg wird automatisch ¨ durch die daraus resultierende Ubersteuerung des Verst¨arkers beendet, woraufhin sich stets automatisch der gew¨ unschte Verst¨arkungsgrad V = 1 einstellt. 12.8.4 Relaxationsoszillatoren Relaxationsoszillatoren sind auch unter den Namen Multivibratoren bzw. astabile Kippstufen bekannt. Sie sind in der Lage, eine Folge von Dreieck- oder Rechteckpulsen zu liefern. Die frequenzbestimmenden Komponenten sind Widerst¨ ande, Kapazit¨ aten oder auch Spannungen. Daher werden Relaxationsoszillatoren oft auch zur Messung dieser Gr¨ oßen eingesetzt, insbesondere in der Sensortechnik bei der Messung nicht-elektrischer Gr¨oßen. Abbildung 12.16 zeigt zwei prinzipielle Schaltungsvarianten von Funktionsgeneratoren zur gleichzeitigen Erzeugung von Dreieck- und Rechtecksignalen. Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a wird je nach Schalterstellung ein Kondensator mit dem Konstantstrom +Iref bzw. −Iref aufgeladen. Die am Kondensator anliegende Spannung uC (t) kann am Ausgang des nachgeschalteten Impedanzwandlers abgegriffen werden. F¨ ur das Zeitintervall 0 ≤ t ≤ T /4 folgt 1 t 1 uC (t) = Iref dt = Iref t . (12.42) C 0 C ˆA1 des Komparators zur Zeit t = T /4 Nach Erreichen der Schaltschwelle +U (Abb. 12.16c) wird die Polarit¨ at des Ladestromes gewechselt und der KonˆA1 entladen. Der Komdensator wird bis auf den negativen Schwellwert −U paratorausgang liefert infolge dieser st¨ andigen Polarit¨atswechsel eine Rechteckspannung UA2 mit der Frequenz f , welche mit der der Dreieckspannung identisch ist Iref f= . (12.43) ˆA1 4C U Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16b sind die zwei Stromquellen durch Spannungsquellen ersetzt worden, die alternierend an den Eingang eines integrierenden Verst¨arkers angeschlossen werden. Dadurch ergibt sich das gleiche Verhalten wie das der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a. Ein einfacher
372
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.16: Prinzipieller Aufbau von Multivibratoren (Generatoren zur Erzeugung von Dreieck- und Rechteckspannungen): a) Schaltung mit Konstantstromladung eines Kondensators, b) Schaltung mit Integrator, c) Ausgangssignalverl¨ aufe
Multivibrator l¨ aßt sich bereits mit Hilfe eines mit einem RC-Glied r¨ uckgekoppelten Operationsverst¨ arkers realisieren (Abb. 12.17). Wenn wir annehmen, daß zum Zeitpunkt t = 0 die Spannung am Kondensator uC = UK2 und die Ausgangsspannung uA = +UB sind, l¨ adt sich der Kondensator C u ¨ber den Widerstand R auf. Zum Zeitpunkt t = T /2 wird die Umschaltschwelle UK1 erreicht
Abb. 12.17: Multivibrator mit Operationsverst¨ arker: a) Schaltbild, b) Spannungsverl¨ aufe
12.8 Oszillatoren
373
R2 . (12.44) R1 + R2 Dabei kippt der Operationsverst¨ arkerausgang infolge der Mitkopplung auf uA = −UB , woraufhin der Kondensator entladen wird. Zum Zeitpunkt t = T wird die negative Schwellspannung UK2 = −UK1 erreicht und die Komparatorausgangsspannung springt wieder auf uA = +UB . Auf diese Weise entsteht ein Rechtecksignal mit den Amplituden ±UB . Die Periodendauer T dieser Rechteckspannung l¨ aßt sich anhand des Zeitverlaufes der Kondensatorspannung uC (t) errechnen, welche sich f¨ ur den Aufladevorgang wie folgt ergibt (Abb. 12.17)
R1 + 2R2 − t (12.45) uC (t) = UB 1 − e RC . R1 + R2 UK1 = UB
Weiterhin gilt
T = UK1 uC 2
R2 T R1 + 2R2 −T /2RC = UB 1 − = UB e . uC 2 R1 + R2 R1 + R2
(12.46) (12.47)
Da die beiden Schwellspannungen UK1 und UK2 betragsm¨aßig gleich sind, kann aus Gl. (12.47) bereits die Periodendauer T abgeleitet werden
2R2 T = 2RC ln 1 + . (12.48) R1 F¨ ur R2 = R1 vereinfacht sich Gl. (12.48) zu T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(12.49)
Eine alternative Realisierung eines Multivibrators basiert auf zwei Digitalinvertern und einem RC-Glied. Die entsprechende Schaltung mit Signalverl¨aufen ist in Abb. 12.18 dargestellt. In dieser Schaltung repr¨asentieren die Spannungen u2 und uA Digitalsignale, wobei die Ausgangsspannung uA stets dem logisch negierten Wert von u2 entspricht (Abb. 12.18b). Demzufolge wird der Kondensator u ¨ber den Widerstand abwechselnd geladen und entladen. Wenn die Schaltschwelle USW des Komparators genau in der Mitte zwischen den beiden Ausgangspegeln liegt, ergibt sich die Schwingungsdauer wiederum zu T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(12.50)
12.8.5 Quarzoszillator Die Genauigkeit bei der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung h¨angt neben dem Quantisierungsfehler im wesentlichen von der Genauigkeit der verwendeten Referenzfrequenz bzw. Referenzzeit ab. Der bei einer Messung erhaltene Z¨ ahlerstand N = f T ist sowohl proportional der Meßzeit T als auch
374
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
u2
1 R
uA
1
u1 3 2 U0 U0 USW = 2 - U0 2
C
t
u2
u1
t
uA
a)
b)
Τ/2
Τ/2
t
Abb. 12.18: Multivibrator mit Invertern: a) Schaltbild, b) Signalverl¨ aufe (USW bezeichnet die Schaltschwelle des Komparators (ohne Hysterese) am Eingang.)
proportional der Meßfrequenz f . Bei der digitalen Zeitmessung muß also die Referenzfrequenz fref und bei der digitalen Frequenzmessung die Referenzzeit Tref konstant gehalten werden. Im Rahmen praktischer Schaltungen wird dies in beiden F¨ allen im allgemeinen durch einen Quarzoszillator gew¨ahrleistet, an dessen Frequenzkonstanz demzufolge hohe Anforderungen gestellt werden. Daf¨ ur geeignete piezoelektrische Resonatoren bestehen u ¨blicherweise aus nat¨ urlichen Quarzkristallen (SiO2 ) mit bestimmter Kristallorientierungsrichtung und definierten geometrischen Abmessungen. Schwingquarze sind d¨ unne Pl¨ attchen, die mit bestimmter Orientierungsrichtung aus einem einkristallinen piezoelektrischen Quarzmaterial herausgeschnitten und mit Elektroden versehen werden (Abb. 12.19). Die Winkel, unter denen die Quarzpl¨ attchen in bezug auf die optische, mechanische und elektrische Achse aus dem nat¨ urlichen Quarzkristall herausgeschnitten werden, legt die f¨ ur eine Anwendung als frequenzbestimmendes Element relevanten Eigenschaften des Quarzschwingers fest. Solche Quarzschwinger sind spezielle piezoelektrische Wandler, die im interessierenden Frequenzbereich eine scharfe Resonanzstelle aufweisen, bei welcher der Schwinger in mechanische Resonanz ger¨ at. Genauer gesagt, handelt es sich dabei infolge des piezoelektrischen Effektes (und der daraus resultierenden Verkopplung von mechanischer und elektrischer Energie) um ein Resonanzstellenpaar, welches aus einer sog. Parallelresonanz (mit fp bezeichnet) und einer sog. Serienresonanz (mit fs bezeichnet) besteht. In der Serienresonanz schwingt das Quarzpl¨attchen, wenn seine Elektroden elektrisch kurzgeschlossen werden, w¨ahrend es in Parallelresonanz angeregt wird, wenn die beiden elektrischen Kontakte unbeschaltet bleiben, d. h. wenn der Schwinger im elektrischen Leerlauf betrieben wird. Man kennt verschiedene Standard-Quarzschwingertypen, die sich in Kristallrichtung sowie geometrischer Gestalt und damit auch in bezug auf ihre charakteristische Schwingungsform und Schwingfrequenz unterscheiden. So
12.8 Oszillatoren
z (optische Achse)
z
Q
AT
Q BT
j y
x
=
375
y (mechanische Achse)
x (elektrische Achse)
>
Abb. 12.19: Quarzkristallschnitte: a) Quarzkristall (SiO2 ) mit seinen Achsen und Darstellung der Orientierung des AT- sowie des BT-Schnittes, b) Schnittwinkel θ und ϕ zwischen Schwingquarz und optischer (z) Achse bzw. elektrischer (x) Achse
setzt man beispielsweise Biegeschwinger (NT-Schnitt) im Frequenzbereich zwischen 1 und 80 kHz ein, w¨ ahrend die Fl¨achenscherschwinger (CT- oder DT-Schnitt) den daran anschließenden Frequenzbereich von 100 kHz bis knapp unterhalb 1 MHz abdecken (Abb. 12.20b). Die L¨angsschwinger (GT-Schnitt) arbeiten, in dem diese Frequenzbereiche u ¨berlappenden Intervall von etwa 50 - 200 kHz. Der am h¨ aufigsten verwendete Quarzschwinger ist der Dickenscherschwinger (AT-Schnitt), dessen Grundmode-Schwingungsform in Abb. 12.20a gezeigt
Abb. 12.20: Schwingungsformen von Standard-Quarzschnitten: a) AT-Schnitt (Dickenscherschwinger, b) CT-Schnitt und DT-Schnitt (Fl¨ achenscherschwinger)
376
12 Die Messung von Frequenz und Zeit (n)
wird. Er f¨ uhrt Dickenscherschwingungen aus, deren Resonanzfrequenzen fp (Parallelresonanz) n¨ aherungsweise durch cD c n n 66 = n = 1, 2, 3, . . . (12.51) fp(n) = 2d 2d gegeben ist. Dabei bezeichnen d die Dicke des Quarzpl¨attchens, seine Dichte, cD 66 den maßgebenden elastischen Schermodul und c die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Scherwelle. Das Produkt aus Grundwellenresonanzfrequenz (1) fp und Schwingerdicke d ist eine Konstante, die sog. Frequenzkonstante N , deren Wert sich aus den Materialdaten des verwendeten Schwingquarzes ergibt
fp(1) d = N =
⎧ ur AT-Schnitt ⎨ 1, 67 MHz mm f¨ ⎩
.
(12.52)
2, 50 MHz mm f¨ ur BT-Schnitt
Der typischerweise genutzte Frequenzbereich von Dickenscherschwingern reicht von einigen hundert Kilohertz bis zu etwa 25 MHz in der Grund- und etwa 200 MHz in der 9. Oberwelle. Detaillierte Beschreibungen des mechanischen und elektrischen Verhaltens von Schwingquarzen findet man in der einschl¨agigen Literatur [22], [146], [80], [81], [82], [136]. Das vereinfachte elektrische Ersatzschaltbild eines Quarzschwingers sowie der Verlauf der elektrischen Impedanz Z Q (ω) = R(ω) + jX(ω) werden in Abb. 12.21 gezeigt. In diesem Ersatzschaltbild, welches das Verhalten des Schwingquarzes in der Umgebung der Grundschwingung (Grundwellenreso(1) nanz) fp = fp approximativ beschreibt, bedeuten C0 die statische Parallelkapazit¨ at (Kapazit¨ at, wenn der Quarz nicht schwingt), C1 die dynamische Kapazit¨ at, L1 die dynamische Induktivit¨ at und R1 den dynamischen Verlustwiderstand. Die komplexe Eingangsadmittanz Y Q (ω) zwischen den Eingangsklemmen ergibt sich aus dem Schaltbild Y Q (ω) = G(ω) + jB(ω) Y Q (ω) =
⎛
R1
R12 + ωL1 −
1 ωC1
⎜ 2 + j ⎝ωC0 −
(12.53) ⎞ 1 ωL1 − ωC ⎟ 1 2 ⎠ .
1 R12 + ωL1 − ωC 1
(12.54) Der Verlustwiderstand R1 kann bei Schwingquarzen aufgrund ihrer hohen G¨ ute i. allg. vernachl¨ assigt werden, so daß sich die Eingangsimpedanz des Quarzes Z Q wie folgt vereinfacht
12.8 Oszillatoren
377
Abb. 12.21: Schwingquarz: a) Schaltzeichen, b) Elektrisches Ersatzschaltbild (Typische Werte f¨ ur einen 1-MHz-Schwingquarz sind: C0 = 60 pF, C1 = 0, 016 pF, L1 = 1, 5 H, R1 = 60 Ω), c) Wirk- und Blindanteil der Eingangsimpedanz eines Schwingquarzes mit den unter b) angegebenen Werten der Ersatzschaltbildelemente C0 , C1 und L1 . Der Widerstandswert R1 wurde, um die Details des Impedanzdiagrammes besser aufl¨ osen zu k¨ onnen, mit R1 = 600 Ω angenommen, was zu einer um den Faktor 10 reduzierten G¨ ute f¨ uhrt.
Z Q ≈ jX =
ω 2 L1 C1 − 1 j . ω C0 + C1 − ω 2 L1 C1 C0
(12.55)
Bei der Parallelresonanzfrequenz fp des Quarzes strebt der Reaktanzanteil der Eingangsimpedanz gegen unendlich (X → ∞). Damit l¨aßt sich fp aus der Polstelle der Funktion Z Q (Gl. (12.55)) ermitteln fp =
1 √ 2π L1 C1
1+
C1 . C0
(12.56)
Bei der Serienresonanzfrequenz fs des Quarzes verschwindet hingegen der Reaktanzanteil (X = 0) (Abb. 12.21c). Dementsprechend ergibt sich fs aus der Nullstelle des Z¨ ahlers von Gl. (12.55) fs =
1 1 √ . 2π L1 C1
(12.57)
Der relative Frequenzabstand zwischen Parallel- und Serienresonanz ergibt sich unter Ber¨ ucksichtigung der in der Praxis gegebenen Kapazit¨atsverh¨altnisse (C1 C0 ) zu fp − fs 1 C1 ≈ . (12.58) fs 2 C0 Die G¨ ute Q, die dem Reziprokwert des tan δs = R/X entspricht, l¨aßt sich ebenfalls aus den Elementen des elektrischen Ersatzschaltbildes bestimmen. 1 L1 1 Q= = . (12.59) tan δs R1 C1 Sie liegt bei Schwingquarzen typischerweise zwischen 5 · 103 und 5 · 105 .
378
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
12.8.6 Operationsverst¨ arker-Schaltung eines Quarzoszillators Abbildung 12.22 zeigt die Schaltung eines Quarzoszillators, bei welcher der Quarz im Mitkopplungszweig eines Operationsverst¨arkers liegt. Nur bei der Serienresonanzfrequenz des Schwingquarzes ist die Schwingbedingung erf¨ ullt und die Impedanz Z Q des Quarzzweipols betragsm¨aßig so gering, daß bei dieser Frequenz eine unged¨ ampfte harmonische Schwingung zustandekommt. F¨ ur alle anderen Frequenzen stellt der Quarz aufgrund seiner hohen Impedanzwerte ein Sperrfilter dar. Der LC-Schwingkreis am Eingang dient dabei lediglich dem sicheren Anschwingen der Oszillatorschaltung auf der Grundwelle bzw. auf der gew¨ unschten Oberwelle.
Abb. 12.22: Operationsverst¨ arker-Schaltung eines Quarzoszillators
12.8.7 Fehler von Schwingquarzen Als wesentlicher Fehler von Schwingquarzen macht sich deren Temperaturabh¨ angigkeit bemerkbar, insbesondere bei Oszillatoranwendungen mit hohen Forderungen an die Frequenzstabilit¨ at. Die Temperaturabh¨angigkeit der Resonanzfrequenz l¨ aßt sich bei Quarzen wie folgt approximieren f (T ) = f (0◦ C)(1 + αT + βT 2 + γT 3 ) .
(12.60)
F¨ ur bestimmte Schnittwinkel, so z.B. auch den meist verwendeten AT-Schnitt, verschwindet der lineare Temperaturkoeffizient α. Da außerdem der kubische Temperaturkoeffizient γ i. allg. bereits um einige Zehnerpotenzen unter dem linearen und quadratischen liegt, f¨ allt dann nur der quadratische Temperaturkoeffizient ins Gewicht. Abbildung 12.23 zeigt die Abh¨angigkeit des linearen Temperaturkoeffizienten vom Schnittwinkel sowie die relative Frequenz¨anderung eines AT-Schnitt-Dickenscherschwingers als Funktion der Temperatur. Der Temperatureinfluß ist insbesondere bei den AT-Schnitten sehr gering. Er l¨ aßt sich um weitere ca. drei Zehnerpotenzen reduzieren, wenn die Quarze in einem temperaturstabilisierten Geh¨ ause betrieben werden. Neben dem parasit¨ aren Temperatureinfluß sind Schwingquarze einem Alterungsprozeß unterworfen, welcher sich in Form eines relativen Frequenzfehlers bemerkbar
12.8 Oszillatoren
379
macht, der mit der Zeit einem asymptotischen Endwert zustrebt. Dieser End-
Tabelle 12.1: Typische Werte f¨ ur Kurzzeitkonstanz, Temperaturdrift und Alterungsrate von Schwingquarzen ohne Temperaturregelung −9
Kurzzeitkonstanz < 3 · 10 (1 Sekunde) Temperaturdrift < 10−5 (0◦ C - 50◦ ) Alterungsrate < 10−8 /Tag
mit Temperaturregelung < 10−11 < 10−8 < 10−9 /Tag
wert liegt bei etwa Δf /f = 10−9 /Tag und wird bereits nach einigen Wochen erreicht (Tabelle 12.1). Schwingquarze lassen sich auch als sehr pr¨azise arbeitende frequenzanaloge Temperatursensoren einsetzen. F¨ ur diese Anwendung wird der sogenannte HT-Kristallschnitt verwendet, der recht große Temperaturkoeffizienten aufweist α = 90 · 10−6 (K −1 ), β = 60 · 10−9 (K −1 ) und γ = 30·10−12 (K −1 ) (Gl. (12.60)). Die relativen Frequenz¨anderungen sind zwar
Abb. 12.23: Temperaturabh¨ angigkeit von Schwingquarzen [6, 42]: a) Linearer Temperaturkoeffizient α als Funktion des Schnittwinkels; 1: Dickenscherschwinger; 2: Fl¨ achenscherschwinger, b) Relative Frequenzabweichung eines AT-SchnittDickenscherschwingers als Funktion der Schwingquarztemperatur
380
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
sehr gering, aber aufgrund der pr¨ azisen Fertigungstechnik und der Stabilit¨at des Quarzmaterials der Meßgr¨ oße sehr exakt zuzuordnen bzw. andererseits auch wiederum mittels elektronischer Z¨ ahlerschaltungen sehr genau meßbar. Wesentlich bessere Genauigkeiten erh¨ alt man mit atomaren Frequenz-Standardelementen, bei denen die Atomresonanz zur Frequenzstabilisierung genutzt wird. So weisen beispielsweise Rubidium-Normalelemente relative Abweichungen von nur 10−11 im Kurzzeitbereich (Sekundenbereich) auf. Die Alterungsraten liegen bei 10−11 /Monat. Bei C¨asium-Elementen sind keine Alterungseinfl¨ usse meßbar. Aufgrund ihres hohen Anschaffungspreises und ihres hohen Gewichtes werden sie jedoch nur in Labors f¨ ur Pr¨ azisionsmeßtechnik sowie als Frequenznormal f¨ ur Zeitzeichensender eingesetzt. Die Gesamtunsicherheit der beiden C¨asiumNormaluhren CS1 und CS2 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig wird mit 3 · 10−14 bzw. 1, 5 · 10−14 angegeben [11]. So wurde ein mittlerer Gangunterschied der beiden Uhren von 0,76 μs pro Jahr, entsprechend einem relativen Fehler von 2, 5 · 10−14 , ermittelt. Wenn auch die Kurzzeitkonstanz der Normalfrequenzaussendung des bekannten Zeitzeichensenders DCF-77 (s. Kap. 12.10.2) die eines sorgf¨altig aufgebauten temperaturgeregelten Quarzoszillators (OCXO) nicht wesentlich u ¨bersteigt, so ist doch die Langzeitstabilit¨ at des DCF-77 um Gr¨oßenordnungen besser. Es bietet sich also an, temperaturgeregelte Quarzoszillatoren einzusetzen und deren Langzeitstabilit¨ at mit Hilfe einer DCF-77-Synchronisation zu erh¨ohen. Ein entsprechendes hard- und softwarem¨ aßiges Realisierungskonzept wird in [74] vorgestellt. Detaillierte Angaben u ¨ber die Genauigkeit von Zeit- und Frequenznormalen finden sich in [11].
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung Fehler bei der Messung eines Zeitintervalls Der absolute Fehler ΔTX bei der Messung eines Zeitintervalls TX ergibt sich aus der Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.2) zu ΔTX =
∂TX ∂TX Δfref + ΔNX . ∂fref ∂NX
(12.61)
Daraus l¨ aßt sich leicht der entsprechende maximale relative Fehler ableiten ΔTX Δfref ΔNX = + (12.62) TX fref NX . In Gl. (12.62) beziffert der Term ΔNX /NX den bereits in Kap. 12.3.1 angesprochenen Quantisierungsfehler (Z¨ahlfehler), der sich wie folgt angeben l¨aßt
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung
ΔNX ±1 1 1 = NX NX = NX = fref TX .
381
(12.63)
Der Term Δfref /fref in Gl. (12.62) hingegen beschreibt den Fehler der Zeitbasis, d. h. die relative Frequenzabweichung des Quarzoszillators. Dieser Fehler liegt bei praktischen Z¨ ahlern in der Gr¨ oßenordnung 10−7 ≤ Δfref /fref ≤ 10−5 . Abbildung 12.24 (TX -Achse) zeigt den gesamten relativen Fehler bei der Zeitmessung f¨ ur den beispielhaften Fall, daß die Frequenz des Referenzsignals fref = 1 MHz und der relative Fehler der Zeitbasis 10−6 betragen.
Abb. 12.24: Relativer Fehler bei der Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung. TX Achse: Fehlerdiagramm f¨ ur die Messung eines Zeitintervalles TX . Es wurde fref = 1 MHz und ein Zeitbasisfehler Δfref /fref von 10−6 angenommen. fX -Achse: Fehlerdiagramm f¨ ur die Frequenzmessung. Es wurde eine Torzeit von Tref = 1 s und ein Zeitbasisfehler ΔTref /Tref von 10−6 angenommen.
Fehler bei der Frequenzmessung Der maximale relative Fehler bei der Frequenzmessung ergibt sich analog zu Gl. (12.61) ΔfX ΔTref ΔNX ΔTref = + = + 1 = ΔTref + 1 fX Tref NX Tref NX Tref Tref fX . (12.64) Der Ausdruck ΔTref /Tref entspricht dabei wiederum dem relativen Fehler der Zeitbasis. Damit ergibt sich im Prinzip wieder derselbe relative Meßfehler wie bei der Zeitintervallmessung Gl. (12.62). Er kann aus Abb. 12.24 abgelesen werden, wenn die fX -Achse verwendet wird. F¨ ur die Berechnung des relativen Fehlers bei der Frequenzmessung wurden eine Torzeit von Tref = 1 s sowie ein Zeitbasisfehler von ΔTref /Tref = 10−6 angenommen.
382
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Fehler bei der Periodendauermessung Die großen Meßfehler bei der Messung tiefer Frequenzen (Abb. 12.24) lassen sich umgehen, wenn man eine Reziprokmessung durchf¨ uhrt, d. h. anstatt der Frequenz die Periodendauer mißt und den Kehrwert bildet. Wenn man den Fehler der Zeitbasis zun¨ achst vernachl¨assigt, ergibt sich durch Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.11) der relative Meßfehler bei der Periodendauermessung zu ΔTX 1 1 fX = = = . TX NX fref TX fref
(12.65)
Der relative Fehler h¨ angt also lediglich vom Verh¨altnis Meßfrequenz fX zu Referenzfrequenz fref ab. Wenn man beispielsweise fref = 1 MHz annimmt, so wird der Fehler einer Standardquarzzeitbasis von 10−6 erst bei einer Frequenz von 1 Hz erreicht. F¨ ur h¨ ohere Frequenzen dominiert der Quantisierungsfehler. Von praktischer Bedeutung ist noch die Meßfrequenz fXeq , bei der die Periodendauermessung (Reziprokmessung) und die direkte Frequenzmessung auf den gleichen relativen Fehler f¨ uhren. Das Gleichsetzen der relativen Fehler f¨ uhrt unter Vernachl¨ assigung der Zeitbasisfehler zu 2 fXeq =
fref , Tref
(12.66)
wobei fref die Taktfrequenz bei der Periodendauermessung und Tref die Torzeit bei der Frequenzmessung bedeuten. Wenn beispielsweise diese Taktfrequenz zu fref = 1 MHz und die Torzeit zu Tref = 1 s gew¨ahlt werden, ergibt sich f¨ ur beide Meßprinzipien der gleiche Fehler bei fXeq = 1 kHz. Unterhalb dieser Frequenz f¨ uhrt die Periodendauermessung (reziproke Frequenzmessung) zu geringeren Meßfehlern, w¨ ahrend sich im Frequenzbereich oberhalb fXeq die direkte Frequenzmessung als g¨ unstiger erweist (Abb. 12.25). Meßfehler durch u ¨ berlagertes Rauschen Dem Meßsignal u orspannungen f¨ uhren zu Fehlern bei der Zeit¨berlagerte St¨ und Frequenzmessung, die zum Teil erheblich sein k¨onnen. Diese Fehler werden durch zu fr¨ uhe bzw. zu sp¨ ate Triggerausl¨osung verursacht. Der so entstandene Triggerfehler addiert sich zu den oben bereits diskutierten Fehlern (Quantisierungsfehler und Zeitbasisfehler). Zur Absch¨atzung des Triggerfehlers wollen wir annehmen, daß das Meßsignal um (t) sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweist ˆm sin(ωt) . um = U (12.67)
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung
383
Abb. 12.25: Relativer Meßfehler bei der digitalen Frequenzmessung (direkte Mesur die Perisung und Reziprokmessung). Es wurde eine Taktfrequenz fref = 1 MHz f¨ odendauermessung sowie eine Torzeit Tref = 1 s f¨ ur die Frequenzmessung angenommen. Der relative Fehler der Zeitbasis liegt bei 10−6 .
Die maximale zeitliche Steigung dum /dt der Spannung wird im Nulldurchgang erreicht und betr¨agt
dum ˆm ω . =U (12.68) dt max ˆr kann den Zeitpunkt des NulldurchEine St¨ orspannung mit der Amplitude U ganges, der gleichzeitig Triggerzeitpunkt ist, um die Zeit ΔTtrigg verschieben ˆr U ΔTtrigg = ΔT = dum dt
= max
ˆr ˆr U U . = ˆm ω ˆm 2πfX U U
(12.69)
Diese zeitliche Verschiebung des Triggerzeitpunktes wird als der absolute Triggerfehler bezeichnet. Der entsprechende relative Triggerfehler ergibt sich bei der einfachen Periodendauermessung (Messung einer einzelnen Periode TX ) zu ˆr ˆr ΔTtrigg U 1 1 U = = . (12.70) ˆm ˆm TX 2πfX TX U 2π U Um diesen Fehler zu reduzieren, geht man zur sog. Mehrfachperiodendauermessung u ¨ber, bei der anstatt der Dauer einer einzigen Periode nunmehr die Dauer von m Perioden bestimmt wird. Bei diesem integrierenden Meßverfahren reduziert sich sowohl der Triggerfehler als auch der Quantisierungsfehler um den Faktor m. Wie bei der Frequenzmessung ist auch hier eine gr¨oßere Genauigkeit nur auf Kosten der Meßzeit zu erzielen.
384
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 12.10.1 Atomuhren Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) [103] in Braunschweig hat die Aufgabe u ur die Bundesrepublik Deutschland die absolute ¨bernommen, f¨ (amtliche) Zeit festzulegen. Dies geschieht mit Hilfe einer sog. Atomuhr, welche im konkreten Fall eine C¨ asium-Normaluhr ist. Das Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) in Paris wiederum legt aus den Werten von solchen u ¨ber 260 weltweit verteilten Atomuhren die sog. Internationale Atomzeit (TAI) als Referenzzeit fest. Eine Atomuhr ist eine Uhr, deren Zeittakt aus atomaren Schwingungszust¨ anden abgeleitet wird. F¨ ur die genauesten Uhren verwendet man das nicht-radioaktive Isotop 133 des Elements C¨asium. Die Resonanzfrequenz ¨ ¨ beim Ubergang (sog. Hyperfeinstruktur-Ubergang) zwischen zwei ausgew¨ahlten Energiezust¨ anden dieses C¨ asium-Atoms ist temperaturunabh¨angig, sehr langzeitstabil und betr¨ agt 9 192 631 770 Hz. Im Jahre 1967 wurde die SIEinheit ’Sekunde’ u ¨ber diesen Wert festgelegt (sog. SI-Sekunde). ¨ Um die Resonanzfrequenz des Hyperfeinstruktur-Ubergangs messen zu k¨ onnen, muß zun¨ achst einer der beiden besagten Energiezust¨ande selektiert werden, was entweder durch optisches Pumpen mit Laserlicht bewerkstelligt werden kann oder indem man den Atomstrahl durch ein starkes inhomogenes ¨ Magnetfeld schickt. Die Hyperfeinstruktur-Uberg¨ ange und die Messung der o.g. Resonanzfrequenz finden schließlich in einem speziellen Mikrowellenresonator statt. N¨ aheres zu dieser Technik findet der interessierte Leser beispielsweise in folgenden Referenzen: [103], [95]. Auf dieser Basis arbeiten derzeit die vier C¨ asium-Atomuhren CS1 bis CS4 bei der PTB. Es handelt sich hierbei um Zeitnormale, die weltweit zu den genauesten Uhren z¨ahlen. So weicht die von der in Braunschweig installierten Atomuhr CS2 bestimmte Sekunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 67% um nicht mehr als ±1, 2 · 10−14 von der idealen SI-Sekunde ab. Dies entspricht einer Abweichung von einer Sekunde in 2,5 Millionen Jahren. Als 5. Zeitnormal betreibt die PTB eine noch genauere Uhr, eine sog. C¨asium-Font¨ane. Bei ihr werden die C¨ asium-Atome auf eine Temperatur sehr nahe dem absoluten Nullpunkt abgek¨ uhlt. Dadurch werden die Atome in ihrer Fortbewegungsgeschwindigkeit sehr stark verlangsamt, was im weiteren zu einer l¨ angeren Beobachtungszeit (ca. 1 Sekunde) bei der Frequenzmessung genutzt werden kann. Somit sind exaktere Messungen der o.g. Resonanzfrequenz m¨ oglich. Die Gangunsicherheit der C¨ asium-Font¨ane ist um den Faktor 10 geringer als der einer (Standard-)C¨ asium-Uhr. Auch das amerikanische Pendant zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, das National Institute of Standards (NIST) in Boulder, Colorado, entwickelt und betreibt Atomuhren mit hoher Ganggenauigkeit. So wurde auch dort eine C¨ asium-Font¨ ane mit dem Namen NIST-F1 entwickelt. Sie arbeitet mit 6 Infrarot-Lasern, welche die C¨ asium-Atome in Form eines kleinen lokalen Clusters (Ball) zusammendr¨ angen, was zu der bereits oben erw¨ahnten
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
385
Abk¨ uhlung in den Bereich des absoluten Nullpunktes und infolgedessen zu einer Verlangsamung der Atombewegungen f¨ uhrt. Infolge kontinuierlicher technischer Verbesserungen konnte die Ungenauigkeit der NIST-F1 im Sommer 2005 auf ±5 · 10−16 abgesenkt werden, was einer Abweichung von 1 Sekunde in 60 Millionen Jahren gleichkommt. Weitere Einzelheiten und neuere Entwicklungen findet der interessierte Leser auf der Homepage der PTB [103] unter der Rubrik Zeitnormale - Arbeitsgruppe 4.41 sowie auf der Homepage des National Institute of Standards [95]. Von der letztgenannten Homepage aus l¨aßt sich auch eine Videoanimation zur Arbeitsweise einer C¨ asium-Font¨ ane starten. Der Nachteil der oben beschrieben C¨ asium-Atomuhren ist, daß sie technisch sehr aufwendig sind und daher nur in einem speziellen Labor installiert werden k¨ onnen. So sind sie nicht geeignet, in einem Satelliten betrieben zu werden. Hierf¨ ur verwendet man aber ebenfalls Atomuhren. Anstatt des Elementes C¨ asium nutzt man Resonanzen von Rubidium. Diese RubidiumUhren sind wesentlich kleiner, leichter und preiswerter als C¨asium-Uhren. Moderne Rubidium-Uhren erreichen bei einem Volumen von 40 cm3 und einem Leistungsbedarf von 1 Watt eine Gangunsicherheit von nur ±3 · 10−12 , was einer Abweichung von 1 Sekunde in 10.000 Jahren entspricht. Damit sind sie immer noch um den Faktor 105 genauer als herk¨ommliche Quarzuhren. Aufgrund dieser Eigenschaften eignen sie sich in hervorragender Weise f¨ ur den Einsatz in mobilen Systemen, wie beispielsweise Satelliten. 12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender Um die amtliche Normalzeit landesweit verf¨ ugbar zu machen, benutzt man einen L¨ angstwellensender mit einer Tr¨ agerfrequenz unterhalb des vom ¨offentlichen Rundfunk genutzten Langwellenbereiches. Dieser Frequenzbereich erlaubt in aller Regel das problemlose Eindringen der elektromagnetischen Wellen in Geb¨ aude. Die von der PTB mit Hilfe der Uhrennormale bestimmte Normalzeit (MEZ (=UTC + 1h) bzw. MESZ (=UTC + 2 h)) wird nach dem BCD-Code codiert und u ¨ber den Zeitzeichensender DCF-77 in Mainflingen bei Frankfurt/Main ausgestrahlt. Seine Reichweite betr¨agt, je nach Empfangssituation, bis zu 2000 km. Der Tr¨ ager von DCF-77 wird dazu auf zwei Arten moduliert, n¨amlich zum einen mit einer Amplitudenmodulation und zum anderen in Form einer pseudozuf¨ alligen Umtastung der Tr¨ agerphase. Bei der im Jahre 1970 eingef¨ uhrten Amplitudenmodulation wird die Amplitude der 77,5-kHz-Tr¨agerschwingung zu Beginn einer jeden Sekunde bei einer zu u ur ¨bertragenden digitalen 0 f¨ 0,1 s und bei einer digitalen 1 f¨ ur 0,2 s auf 25 % des normalen Wertes abgesenkt (Abb. 12.26). Die pseudozuf¨ allige Umtastung der Tr¨agerphase (Binary Phase Shift Keying BPSK) wurde erst im Jahre 1988 eingef¨ uhrt [59]. Mit Hilfe beider Modulationsformen werden einmal pro Minute die Zahlen u ur Minute, Stunde, Tag, Wochen¨bertragen, welche die aktuellen Werte f¨ tag, Monat und Jahr repr¨ asentieren, und zwar bei der Amplitudenmodulation
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12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.26: Modulation einer log. 0 bzw. einer log. 1 beim Zeitzeichensender DCF-77
durch Impulsdauermodulation der Sekundenmarken und bei der BPSK durch Invertieren einer Pseudozufallsfolge. Abbildung 12.27 zeigt das Kodierschema und die Zuordnung zwischen u ¨bertragener Information und den einzelnen Sekundenmarken. Die Sekunden innerhalb einer Minute sind u ¨ber diese Amplituden¨ anderungen inkremental zu z¨ ahlen. Das Fehlen der 59. Sekunde weist auf den Beginn der folgenden Minute hin. Dabei werden Pr¨ ufbits zur St¨orerkennung verwendet [59].
Abb. 12.27: Minutenprotokoll beim Zeitzeichensender DCF-77. Bits 17 und 18: Zeitzonenbits (MEZ: 0, MESZ:1); Bit 20: Startbit f¨ ur Zeitinformation (stets 1); Bit 28: erg¨ anzt Bits 21-27 auf gerade Parit¨ at; Bit 35: dto. f¨ ur Bits 29-34; Bit 58: dto. f¨ ur Bits 36-57.
12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation Bereits in den sechziger Jahren war erkennbar, daß die herk¨ommliche Funknavigation den k¨ unftigen Anforderungen nicht mehr gen¨ ugen w¨ urde. Zu diesen Anforderungen geh¨ ort die weltweite dreidimensionale und hochpr¨azise Positionsbestimmung in Echtzeit, wobei das System wetterunabh¨angig 24 Stunden
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
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am Tag zur Verf¨ ugung stehen muß. Dar¨ uber hinaus sollen die Empf¨anger leicht zu handhaben sein. Unter Federf¨ uhrung der US Air Force entwickelten die amerikanischen Streitkr¨ afte ab 1973 das NAVigation Satellite Timing ” And Ranging/Global Positioning System (NAVSTAR/GPS)“, welches auch f¨ ur die zivile Nutzung freigegeben ist. Systemaufbau Das Gesamtsystem besteht aus drei Segmenten: 24 von der Firma Rockwell entwickelte Satelliten, welche verteilt auf sechs Kreisbahnen in circa 20 000 Kilometern H¨ ohe die Erde in ungef¨ ahr 12 Stunden je einmal umlaufen, bilden das Raumsegment. Auf der Erdoberfl¨ ache befindet sich das Kontrollsegment, bestehend aus f¨ unf weltweit verteilten Monitorstationen zur Satellitenbeobachtung und einer Master Control Station, um die Bahndaten der Satelliten vorauszuberechnen und das Verhalten der Satellitenuhren zu extrapolieren, sowie Bodenantennen, um die ermittelten Werte an die Satelliten zu senden. Das Benutzersegment wird von allen milit¨arisch und zivil genutzten GPS-Empf¨ angern gebildet (Abb. 12.28). Jeder Satellit strahlt permanent
Abb. 12.28: Funktionsprinzip des Global-Positioning-Systems (GPS)
ein kodiertes Signal ab (Frequenzen 1575,42 bzw. 1227,60 MHz), welches unter anderem die genaue interne Satellitenzeit und die aktuellen Bahndaten des Satelliten, insbesondere seine aktuelle Position, enth¨alt. Zu diesem Zweck sind die Satelliten mit jeweils vier hochgenauen Atomuhren ausgestattet. Ein Benutzer empf¨ angt die Signale und mißt die Laufzeit zwischen dem Zeitpunkt
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12 Die Messung von Frequenz und Zeit
des Sendens am Satelliten und dem Empfangszeitpunkt. Wird nun die gemessene Laufzeit mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen multipliziert, so erh¨ alt man die Entfernung zwischen dem Empf¨anger und dem Satelliten, dessen Signal empfangen wurde. Im Idealfall l¨aßt sich mit einer Messung eine Kugelstandfl¨ache ermitteln, das heißt, der Empf¨anger befindet sich auf einer Kugeloberfl¨ ache mit dem angepeilten Satelliten im Mittelpunkt. Aus diesem Grund werden die genauen Positionsdaten des Satelliten mitgesendet. Mißt man gleichzeitig die Signale zweier Satelliten, so befindet man sich auf der Schnittlinie der beiden zugeh¨origen Kugelstandfl¨ achen, also einer Kreisstandlinie. Bei einer dritten Messung erh¨alt man den genau definierten Standort des Empf¨ angers. Da jedoch die Empf¨anger aus Kostengr¨ unden anstatt mit Atomuhren nur mit Quarzuhren ausger¨ ustet sind, entsteht ein Meßfehler, so daß das Signal eines vierten bzw. auch die Signale von weiteren NAVSTAR-Satelliten herangezogen werden m¨ ussen, um eine entsprechende Fehlerkorrektur durchf¨ uhren zu k¨onnen. Minimale Zeitfehler entstehen zwangsl¨ aufig auch aufgrund der sich zeitlich ¨andernden Wellenausbreitung in Iono- und Stratosph¨ are. Es gibt zwar Modelle, die diesen Einfluß zu beschreiben versuchen, ihre Anwendung kann aber die existierenden Fehler nicht vollst¨ andig eliminieren. Jeder Satellit sendet seine Signale auf zwei Frequenzen im L-Band, wobei f¨ ur den zivilen Nutzer nur das L1-Signal (1575,42 MHz) wichtig ist. Dazu wird diesem Signal zun¨ achst der C/A-Code (Clear/Access-Code)“ in Form ” einer Pseudo-Random-Noise-Sequenz aufmoduliert. Dabei handelt es sich um eine scheinbar zuf¨ allige Sequenz, die sich jedoch im Intervall von einer Millisekunde st¨ andig wiederholt. Benutzt wird die Methode der Phasenmodulation mit einem Modulationstakt von 1,023 MHz. Zus¨atzlich wird dem Signal - ebenfalls durch Phasenmodulation - mit einem Takt von 50 Bit/s die Navigationsnachricht aufmoduliert, welche die Satellitenzeit und die Bahndaten des sendenden Satelliten enth¨ alt. Die f¨ ur die zivile Navigation wichtigen Daten sind in Bl¨ ocken von 150 Bit enthalten, die sich st¨andig wiederholen. Die Navigationsnachricht wird innerhalb von 30 Sekunden empfangen. Am Empf¨ anger wird mit einem Signalprozessor die Laufzeit des Signals gemessen, indem zun¨ achst intern pseudo-gleichzeitig“ ein ebenfalls mit dem ” C/A-Code versehenes Vergleichssignal erzeugt wird. Dann wird durch Kreuz¨ korrelation eine Ubereinstimmung der Bitmuster des empfangenen und des intern erzeugten Signals herbeigef¨ uhrt. Die eigentliche Meßgr¨oße ist also die ¨ Phasenverschiebung, die notwendig ist, um eine Ubereinstimmung der Signale zu erzeugen und die proportional zur Laufzeit der Signale zwischen Satellit und Empf¨ anger ist. Diese Information wird an einen Navigationscomputer weitergegeben, der aus mindestens vier Laufzeiten unter Zuhilfenahme der demodulierten Navigationsnachrichten ein System aus (mindestens) vier Gleichungen l¨ ost. Ber¨ ucksichtigt man die Tatsache, daß sich der C/A-Code jede Millisekunde wiederholt, so erh¨ alt man alle 300 Kilometer eine Mehrdeutigkeit, welche jedoch in der Praxis durch weitere Informationen eindeutig zu kl¨aren ist. Der milit¨ arische P-Code (Protected-Code) benutzt eine PRN-Sequenz von
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
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266 Tagen Dauer, wobei mit einem Modulationstakt von 10,23 MHz gearbeitet wird. Daraus resultiert nicht nur eine zehnmal so große Genauigkeit sondern auch eine erheblich kompliziertere Entschl¨ usselbarkeit. Die Betreiber des GPS sind auch in der Lage, die den zivilen Nutzern zug¨anglichen Signale und Daten bestimmter Satelliten k¨ unstlich zu verschlechtern. Dazu wird der Lauf der Satellitenuhren moduliert bzw. kleinere Fehler in die Bahndaten eingearbeitet. Eine Eliminierung dieser Fehler ist nur mittels geheimer Verfahren m¨ oglich. Diese mit Selective Availability bezeichnete Einschr¨ankung der Genauigkeit wurde im Jahr 2000 von den Vereinigten Staaten aufgehoben, so daß fortan f¨ ur die zivile Nutzung Genauigkeiten in der Positionsbestimmung von weniger als ± 10 Metern zur Verf¨ ugung stehen. Vor der Aufhebung der Beschr¨ ankung betrug die Genauigkeit lediglich ± 100 Meter. Es ist dem Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten jedoch weiterhin m¨oglich, die f¨ ur zivile Nutzer zug¨ anglichen Daten und Signale beispielsweise in Kriegsgebieten gezielt zu verf¨ alschen bzw. abzuschalten, was dann mit dem Begriff Selective Deniability bezeichnet wird. Die absolute Genauigkeit der in den GPS-Satelliten im Einsatz befindlichen Rubidium-Uhren wird mit 3 · 10−9 Sekunden dangegeben. Differential GPS - DGPS Um die Genauigkeit des GPS-Satellitennavigationssystem weiter zu verbessern, wurde das Differential Global Positioning System (DGPS) entwickelt. Dabei wird an einem Ort, dessen exakte geographische Lage bekannt ist, die Position mittels GPS bestimmt. Aus der Differenz zwischen der dabei errechneten Position und der bekannten tats¨achlichen geographischen Lage ergibt sich der lokale Fehler des GPS-Systems. Es ist m¨oglich den Fehler jedes in Reichweite befindlichen Satelliten zu errechnen und diesen Fehler an ¨ DGPS-Empf¨ anger zu u der Fehler an geeignete ¨bermitteln. Zur Ubertragung Empf¨ anger werden FM-Frequenzen sowie Satelliten benutzt. Da der Fehler der einzelnen Satelliten in der jeweiligen Region nun bekannt ist, ist eine exaktere Berechnung der aktuellen Position m¨ oglich. DGPS-Empf¨angern k¨onnen die Position metergenau bestimmen, typischerweise werden Genauigkeiten von unter ± 5 Metern erreicht. Ganz ¨ ahnlich wie das DGPS arbeitet das sog. Wide Augmentation System (WAAS), das in USA und Kanada verf¨ ugbar ist und speziell in der Luftfahrt verwendet wird. Dabei kontrollieren 25 Bodenstationen das GPS-Signal und schicken entsprechende Korrekturdaten an zwei geostation¨are WAAS-Satelliten, die ihrerseits wiederum die entsprechenden Empf¨anger versorgen. In Europa wird derzeit ebenfalls ein solches System unter dem Namen EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) aufgebaut. Es sind 34 Bodenstationen und drei geostation¨are Satelliten geplant. Die Genauigkeit bei der Ortsbestimmung soll zwischen 1 und 3 Metern liegen. Auch in Japan arbeitet man an einer solchen Erweiterung des GPS-Systems.
390
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
12.10.4 Galileo-Satellitennavigation Aufgrund fehlender Alternativen zu dem US-amerikanischen GPS oder dem russischen GLONASS Satellitennavigationssystem beschloß die Europ¨aische Union (EU) in den 90er Jahren ein unabh¨ angiges Satellitennavigationssystem zu entwickeln. Dies wurde notwendig, da keines der bestehenden Systeme aus milit¨ arischen Gr¨ unden eine uneingeschr¨ ankte Funktions- bzw. Verf¨ ugbarkeitsgarantie gew¨ ahrt. Außerdem ist so bei einem technischen Ausfall eines Systems noch ein weiteres vorhanden, was einen wesentlichen Sicherheitsaspekt darstellt.
Abb. 12.29: Satellitennavigationssystem Galileo [36]
Systemaufbau Das derzeit im Aufbau befindliche Navigationssystem soll im endg¨ ultigen Ausbaustadium 30 Satelliten umfassen, von denen 27 dem Betrieb des Systems dienen und drei weitere sich als Ersatzsatelliten im Orbit befinden. Die Satelliten werden in ca. 24.000 km H¨ ohe auf drei verschiedenen Kreisbahnen fliegen und ben¨ otigen f¨ ur eine Erdumrundung etwa 14 Stunden. Sie bilden das Space Segment“ , das in Abb. 12.29 dargestellt ist. Dabei werden jeweils ” 10 Satelliten auf einer Bahn gleichm¨ aßig verteilt. Davon fungiert jeweils ein Satellit, also insgesamt drei, als Reserve f¨ ur eventuell ausfallende Satelliten.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
391
¨ Auf der Erde werden weltweit vernetzte Bodenstationen die Uberwachung ¨ der Satelliten u von Diagnose- und ¨bernehmen und Echtzeit-Ubertragungen Fehlermeldungen steuern. Es wird zwei gleichberechtigte Haupkontrollzentren (GCC = Galileo Control Center) geben, eines in Deutschland (Oberpfaffenhofen) und eines in Italien (Fucino). Ein weiteres Kontrollzentrum, welches das Safety-of-Life-Signal (s.u.) u ¨berwacht und Redundanzzwecken dient, wird in Spanien errichtet. Daneben werden die von den Galileo-Satelliten ausgesendeten Signale von 30 Signalkontroll-Empfangsstationen (GSS Galileo Sensor Station) u unf Satelliten-Kontrollstationen (TTC Telemetry, ¨berwacht. F¨ Tracking and Command) u ¨bernehmen die Bahnverfolgung und -steuerung der Satelliten. Es soll 9 Uplink-Stationen (ULS = Up-Link Stations) geben, von welchen aus die im Betrieb notwendigen Korrektur-, Kontroll- und Steuerdaten im C-Band (5 GHz) zu den einzelnen Satelliten gesendet werden k¨onnen. Das Bodensegment wird komplettiert durch ein sog. Performance-Center, das permanent die Qualit¨ at der zur Erde gesendeten Satellitensignale auswertet. Die u ¨bergeordneten, administrativen Aufgaben des Galileo-Systems werden einer zivilen Galileo-Betreibergesellschaft (Galileo Operating Company) u ¨bertragen, deren Sitz auf Frankreich (Toulouse) und England (London) aufgeteilt wurde. Insgesamt stellt das System 11 Navigationssignale zur Verf¨ ugung, wobei eines davon ausschließlich dem Search and Rescue Service“ zugeteilt ist. Es ” werden insgesamt drei Frequenzb¨ ander f¨ ur die Signal¨ ubertragung verwendet: 1164 − 1215 MHz, 1260 − 1300 MHz und 1559 − 1593 MHz. Das Galileo-Navigationssystem befindet sich derzeit noch in der Entwicklungsphase, obgleich die Planungen f¨ ur Galileo schon im Jahre 1994 gestartet wurden. Am 28. Dezember 2005 wurde ein erster Test-Satellit (Masse: 600 kg; Abmessungen: 1,3 m x 1,8 m x 1,65 m; Leistung: 700 W) in den Orbit transportiert, ein zweiter sollte urspr¨ unglich im Herbst 2006 folgen. Da sein Starttermin jedoch auf Ende 2007 verschoben wurde, wird sich auch der zun¨achst f¨ ur das Jahr 2008 vorgesehene Probebetrieb mit 4 Satelliten verz¨ogern. Im Falle der erfolgreichen Testphase werden weitere 28 Satelliten folgen. Das europ¨ aische Navigationssystem Galileo wird nach dem heutigen Kenntnisstand den zivilen und milit¨ arischen Nutzern wahrscheinlich nicht vor dem Jahr 2012 in vollem Umfang zur Verf¨ ugung stehen. Die gesch¨atzten Entwicklungskosten liegen bei 4 Mrd. Euro, die j¨ ahrlichen Betriebskosten sollen sich auf ca. 250 Millionen Euro belaufen.
392
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Dienstleistungen Das von der EU geplante Navigationssystem soll vor allem der zivilen Nutzung zu Gute kommen. Es sind f¨ unf Ortungs-Dienstleistungen geplant: • Open Service: frei verf¨ ugbar Zielapplikation: Konsumerger¨ ate • Safety of Life“ Service: sehr genaue Ortsaufl¨osung, hohe Datenper” formance, hohe Sicherheit Zielapplikation: Navigation f¨ ur Flugzeuge, Schiffe und Z¨ uge • Commercial Service: geb¨ uhrenpflichtig, Ortsaufl¨osung lokal angeblich bis zu 10 cm [36], verschl¨ usselter Datentransfer Zielapplikation: Daten-, Zeit- und Hochpr¨ azisionsdienstleistungen • Public Regulated Service: garantierte Verf¨ ugbarkeit unter schwersten Bedingungen; verschl¨ usselter Datentransfer Zielapplikation: Dienste f¨ ur ¨ offentliche Organe, beispielsweise Polizei • Search and Rescue Service: Echtzeit¨ ubertragung von Notsignalen, genaue Ortsaufl¨ osung von wenigen Metern Zielapplikation: humanit¨ are Hilfs- und Rettungsdienstleistungen internationaler Vereinigungen. Kompatibilit¨ at zu GPS In einem Vertrag zwischen der EU und USA wurde im Jahre 2004 vereinbart, daß Galileo zu GPS kompatibel sein wird. Die Frequenzb¨ander L1 bei 1575, 42 MHz und L5 bei 1176, 45 MHz werden von beiden Systemen gemeinsam benutzt. Das L2-Band (1227, 6 MHz) ist f¨ ur GPS reserviert, w¨ahrend Galileo das Band E6 (1278, 75 MHz) allein nutzt. Wenn das Galileo-System vollst¨ andig ausgebaut ist, werden sich also 60 zur Navigation nutzbare Satelliten im All befinden. Die im Durchschnitt erreichbare Genauigkeit der Ortsbestimmung l¨ aßt sich mit einer solche hohen Anzahl an Satelliten prinzipiell erh¨ ohen, da im Mittel mehr Satellitensignale an einem Ort gleichzeitig empfangen werden k¨ onnen. 12.10.5 St¨ orfaktoren bei der Satellitennavigation Um eine Postionsbestimmung zu erm¨ oglichen, ist der gleichzeitige Empfang von mindestens 4 Satelliten erforderlich. F¨ ur eine Fehlerkorrektur jedoch ist ¨ man auf die Uberbestimmung des mit vier Unbekannten (L¨ange, Breite, H¨ohe, Zeit) versehenen Gleichungssystems angewiesen, die mindestens den Empfang eines 5. Satelliten notwendig macht. Dies bringt Probleme bei der Navigation in St¨ adten mit hohen Geb¨ auden mit sich, wo sich diese Forderung nicht immer erf¨ ullen l¨ aßt. In den meisten F¨ allen ist auch eine Satellitennavigation im Inneren massiver, z.B. in Stahlbetonbauweise errichteter Bauwerke so gut wie ausgeschlossen.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
393
Folgende, aus physikalischen Gr¨ unden unabwendbare Einfl¨ usse f¨ uhren in der Regel zu Fehlern bei der Positionsbestimmung: ¨ • Witterungsbedingte Anderungen bei der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, z.B. Ionosph¨ areneinfl¨ usse: Fehler bis ca. 0,5 Meter • Gangungenauigkeit der verwendeten Uhren: Fehler bis ca. 2 Meter • Fehler durch Mehrwegeausbreitung der elektromagnetischen Wellen: Fehler bis ca. 0,5 Meter • Abweichung von der geplanten Satellitenbahn infolge Graviation: Fehler bis ca. 2,5 Meter Gezielte Beeinflussung durch St¨ orsender Leider gibt es die M¨ oglichkeit, gezielt St¨ orsender gegen Satellitennavigationssysteme, wie GPS oder Galileo, einzusetzen. Die Frequenzen dieser St¨orsender sind mit denen der Satelliten identisch. Sie arbeiten außerdem mit den gleichen Codefolgen, die allerdings in aller Regel unsinnige Nutzdaten u ¨bermitteln. Solche St¨ orsender werden als GPS-Jammer bezeichnet, solange sie nicht gezielt falsche Postionsdaten vort¨ auschen. In dieser Funktionalit¨at jedoch werden sie als GPS-Faker bezeichnet. GPS-Faker erfordern allerdings eine entsprechend genaue Zeitbasis (Atomuhr), was deren Realisierung aufwendig macht. Es geplant, f¨ ur das Galileo-System eine Authentifizierung zur Erkennung gef¨ alschter Postionsdaten anzubieten.
13 Meßsignalverarbeitung
13.1 Aufgaben und Bedeutung Die wesentlichen Aufgaben der Meßsignalverarbeitung bestehen in der Meßwert-Vorverarbeitung sowie der Analyse der aufgenommenen Meßsignale mit Hilfe von Filtern, Funktionaltransformationen, Korrelationsverfahren, Mittelwertbildern, Effektivwertbausteinen, Klirrfaktor-Meßbr¨ ucken, etc. (Abb. 13.1). Dabei sollen die in den gewonnenen Meßwerten enthaltenen und f¨ ur ihre weitere Verwendung (z. B. Regelung, Steuerung, etc.) relevanten Informationen extrahiert werden. Oft wird die im Rahmen einer Messung interes-
Abb. 13.1: Meßwerterfassung sowie analoge und digitale Meßwertverarbeitung in einem Meßsystem
sierende Zielgr¨ oße erst durch entsprechende Signalverarbeitungsmaßnahmen gewonnen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein stark verrauschtes Meß-
396
13 Meßsignalverarbeitung
signal erst durch geeignete Filtermaßnahmen vom St¨orsignal getrennt werden muß. Zu den wichtigsten Signalverarbeitungsmaßnahmen z¨ahlen: • • • • • • •
Kennlinien-Korrektur Filterung Mittelwertbildung Korrelationsbildung Bildung von Verteilungsfunktionen Ermittlung von speziellen Kenngr¨ oßen, wie z. B. dem Klirrfaktor Ausf¨ uhren mathematischer Operationen, wie z. B. Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren, etc. • Effektivwertermittlung. Grunds¨ atzlich ist zwischen analoger und digitaler Meßsignalverarbeitung zu unterscheiden. Als Vorteile der Analogtechnik sind unter anderem das hohe Aufl¨ osungsverm¨ ogen und die hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit zu nennen. Außerdem entfallen die bei digitalen Systemen stets ben¨otigten Module zur Abtastung und Analog-Digital-Umsetzung. Im Zuge der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden Qualit¨atsverbesserungen elektronischer Digital-Bausteine (insbesondere in bezug auf Geschwindigkeit und Aufl¨ osung) bei gleichzeitig stark reduziertem finanziellen Aufwand werden die Systeme zur analogen Signalverarbeitung zunehmend von digitalen abgel¨ ost. So lassen sich mit Hilfe universeller digitaler Systeme, wie z. B. digitaler Signalprozessoren (DSP), komplexe Aufgaben wie Funktionaltransformationen relativ leicht in Software implementieren, die bei Analogl¨ osungen einen entsprechenden Aufwand an Hardware notwendig machen. Der Beitrag der analogen Meßsignalverarbeitung hingegen wird sich k¨ unftig vor allem auf Spezialprobleme bzw. Aufgaben mit h¨ochsten Geschwindigkeitsanforderungen konzentrieren. Mit den M¨ oglichkeiten der modernen digitalen Signalverarbeitung lassen sich nun auch anspruchsvolle meßtechnische Aufgabenstellungen bew¨ altigen, die in der Vergangenheit oft aus Mangel an geeigneter Hardware oder auch aus Kostengr¨ unden nicht angegangen wurden. Die M¨ oglichkeit, komplexe Signalverarbeitungsaufgaben auf dem PC bzw. auf einem daran angeschlossenen digitalen Signalprozessor zu bearbeiten, erlaubt auch dem Meßtechniker, auf preiswertem Wege die Methoden der modernen digitalen Signalverarbeitung zu nutzen. W¨ ahrend die analoge Technik meist teure (Spezial-) Hardware in Form von Einzweckger¨ aten voraussetzt, l¨ aßt sich die digitale Signalverarbeitung - von Problemen mit sehr hohen Geschwindigkeitsanforderungen einmal abgesehen - auf einem General-Purpose-Rechner, wie z. B. einem PC oder einer Workstation, bzw. auf einem universellen digitalen Signalprozessor relativ einfach in Software implementieren. Einzige Voraussetzung ist die korrekte zeitliche Abtastung des Signals sowie die anschließende Analog-Digital-Umsetzung (Kap. 11.6) der in der Regel in analoger Form vorliegenden Meßsignale. Der große Vorteil des digitalen Konzeptes besteht in der hohen Flexibilit¨at der entsprechenden softwaretechnischen Implementierungen.
13.2 Signalarten und Analyseformen
397
13.2 Signalarten und Analyseformen Die in der Meßsignalverarbeitung angewendeten Analyseformen h¨angen sehr stark von der Art des zu analysierenden Signales ab. Daher sollte man sich zun¨ achst einmal mit der prinzipiellen Art der vorliegenden Meßsignale auseinandersetzen, d. h. man sollte sie klassifizieren. Abbildung 13.2 gibt einen ¨ Uberblick u oglichen Signalklassen. ¨ber die prinzipiell m¨
nichtdeterministische Signale Rauschen
analoge Signale
nicht-stationäre Signale kein konstanter Mittelwert stationäre Signale konstanter Mittelwert
transiente Signale Pulse
nicht-periodische Signale quasi-periodische Signale deterministische Signale vorhersagbar allg. periodische Signale periodische Signale harmonische Signale Sinus Abb. 13.2: Klassifizierung von Signalen
Am einfachsten lassen sich die periodischen Signale analysieren. Sie z¨ahlen zu den deterministischen Signalen, die bei Kenntnis nur einer einzigen Periode f¨ ur jede Zeit vorhersagbar sind. Bei den nicht-periodischen deterministischen Signalen muß auf eventuelle Abbruchfehler geachtet werden, die entstehen, wenn man anstatt der bei periodischen Signalen u ¨blichen festen Periodendauer eine beliebige Zeitspanne w¨ ahlt. Insbesondere bei der Anwendung der Schnellen Fourier-Transformation (Fast Fourier Transformation FFT) werden oft nicht periodische Signale in das der FFT zugrundeliegende Korsett der Periodizit¨ at gezw¨ angt, woraus entsprechende Fehler entstehen.
398
13 Meßsignalverarbeitung
Bei den nicht-deterministischen Signalen, den stochastischen Rauschsignalen also, kann man die Signalanalyse in aller Regel auf die Ermittlung von Mittelwerten beschr¨ anken. Man muß dabei beachten, daß diese Mittelwerte nur bei den station¨ aren Signalen zeitlich konstant sind. Wenn die zeitliche Schwankung der Mittelwerte infolge von Instationarit¨aten groß wird, wird die Signalanalyse dementsprechend schwierig bzw. liefert wenig aussagekr¨aftige Resultate.
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren Die im Zuge der analogen Meßsignalverarbeitung standardm¨aßig ben¨otigten mathematischen Operationen Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren und Radizieren lassen sich mit Hilfe von Schaltungen implementieren, die einen Analog-Multiplizierer enthalten. Das Schaltsymbol eines Analog-Multiplizierers wird in Abb. 13.3 gezeigt. Wenn man sich die Eingangsvariablen uE1 und
Abb. 13.3: Analog-Multiplizierer: a) altes Schaltsymbol. E ist ein Bezugsspannungswert von typ. 10 V, b) neues Schaltsymbol mit Angabe eines Bewertungsfaktors (hier: − 2 ).
uE2 in einem kartesischen Koordinatensystem aufgetragen denkt, kann man entsprechend ihrer Position, welche die verarbeitbare Polarit¨at der Eingangsspannungen beschreiben soll, nach Ein-, Zwei- oder Vier-Quadranten-Multiplizierern unterscheiden (Tab. 13.1).
Tabelle 13.1: Grundtypen von Analog-Multiplizierern Bezeichnung
Polarit¨ at der Eingangsspannungen
Ein-Quadranten-Multiplizierer Zwei-Quadranten-Multiplizierer Vier-Quadranten-Multiplizierer
uE1 ≥ 0, uE2 ≥ 0 uE1 ≥ 0, uE2 beliebig uE1 und uE2 beliebig
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren
399
Abb. 13.4: Dividierer-Schaltung
Schaltungen zur hardwarem¨ aßigen Realisierung dieser Multiplizierer finden sich unter anderem in [139]. Solche Schaltungen sind kommerziell in Form von integrierten Bausteinen erh¨ altlich. Dividierer Ein Analog-Dividierer l¨ aßt sich mit der in Abb. 13.4 gezeigten Operationsverst¨ arkerschaltung realisieren. Wenn man die Eingangsdifferenzspannung uD idealerweise zu Null annimmt, kann man aus Gleichung uD = uE2 −
uE1 uA =0 E
(13.1)
ableiten, daß sich die Ausgangsspannung uA durch Division der beiden Eingangsspannungen ergibt uE2 uA = E . (13.2) uE1
Radizierer Wenn man hingegen beide Eing¨ ange des Multiplizierers mit dem Operationsverst¨ arkerausgang verbindet (Abb. 13.5), entsteht aufgrund der Beziehung uD = uE1 −
u2A =0 E
(13.3)
ein Radizierer, solange die Eingangsspannung positiv bleibt (uE1 ≥ 0). Daraus folgt uA = EuE1 . (13.4)
400
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.5: Radizierer-Schaltung
Frequenzverdoppler Mit Hilfe des in Abb. 13.6 gezeigten Quadriererbausteins und dem nachgeschalteten Hochpaßfilter l¨ aßt sich ein Frequenzverdoppler realisieren. Wenn man n¨ amlich die Sinusspannung ˆ sin ωt uE = U
(13.5)
an den Eingang dieser Schaltung legt, entsteht am Eingang des Hochpasses die Spannung ˆ2 ˆ2 U 1U sin2 ωt = (1 − cos 2ωt) . (13.6) E 2 E Wenn man weiterhin annimmt, daß die Kreisfrequenz ω weit oberhalb der Eckfrequenz des Hochpasses liegt, folgt f¨ ur die Ausgangsspannung uA =
ˆ2 1U cos 2ωt . 2 E
(13.7)
Das heißt, man erh¨ alt am Ausgang ein Signal mit sinusf¨ormigem Zeitverlauf, das in bezug auf das Eingangssignal die doppelte Frequenz und eine mit dem ˆ /(2E) multiplizierte Amplitude aufweist. Faktor U
Abb. 13.6: Frequenzverdoppler-Schaltung
13.4 Ermittlung des Effektivwertes
401
13.4 Ermittlung des Effektivwertes Der Effektivwert xeff eines Signals, welcher auch als Root Mean Square Value xRMS bezeichnet wird, entspricht der Wurzel des quadratischen Mittelwertes (13.8) xeff = xRMS = μ2x + Δx2 = μ2x + σx2 . Dabei wurde angenommen, daß sich das station¨are Zeitsignal x(t) aus einem Gleich- μx und einem Wechselanteil Δx(t) zusammensetzt x(t) = μx + Δx(t) .
(13.9)
Die Varianz σx2 (Standardabweichung σx ) entspricht also dem Effektivwertquadrat des Wechselanteils. Der Effektivwert l¨ aßt sich neben der in Kapitel 6.3.5 erw¨ahnten indirekten, aber kurvenformabh¨ angigen Methode (Messung des Gleichrichtwertes und Umrechnung in den Effektivwert) auch direkt mit Hilfe von echten Effektivwertmessern, z. B. mittels eines Dreheiseninstruments oder durch thermische Verfahren (Hitzdrahtinstrument), erfassen. Neben diesen klassischen Effektivwertmessern bietet die moderne Meßtechnik integrierte Bausteine an, die auf elegante Weise die Bestimmung des kurvenformunabh¨angigen Effektivwertes erlauben. Schaltung eines analogen Effektivwertbausteins Eine Schaltung zur Bestimmung des echten (nicht kurvenformabh¨angigen) Effektivwertes eines Meßsignals besteht aus der Hintereinanderschaltung eines Quadrierers, eines Tiefpasses und eines Radizierers (Abb. 13.7). Die Eingangsspannung uE wird zun¨ achst quadriert und tiefpaßgefiltert, sodaß sich die Spannung u ¯1 am Eingang des Radizierers als der quadrierte Effektivwert der Eingangsspannung ergibt 1 T u2E (t) dt . (13.10) u ¯1 = T 0 E
Abb. 13.7: Prinzipschaltung zur Bestimmung des kurvenformunabh¨ angigen Effektivwertes
402
13 Meßsignalverarbeitung
Die Ausgangsspannung uA entspricht schließlich dem (kurvenformunabh¨angigen) Effektivwert 1 T u2E (t) uA = E dt = uEeff . (13.11) T 0 E Ein nicht unwesentlicher Nachteil der in Abb. 13.7 gezeigten Schaltung besteht in der Einschr¨ ankung ihres Dynamikbereiches, was letztlich auf die Quadrierung des Eingangssignals zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Wenn die Schaltung aufgrund ihrer hohen Bandbreite dennoch eingesetzt wird, muß im allgemeinen die Eingangsdynamik auf etwa 20 dB, d. h. also ein Verh¨altnis von 1:10 zwischen kleinster und gr¨oßter Eingangsspannung, begrenzt werden, um den Gesamtfehler gering (typischerweise ca. 0,1 %) zu halten. Die Schaltungsvariante nach Abb. 13.8 hingegen deckt einen wesentlich gr¨ oßeren Dynamikbereich ab, da die Quadrierung am Eingang mit einer gleichzeitigen Division verbunden ist. Diese Division ersetzt die ansonsten notwendige Radizierung am Ausgang. Infolge dieser Schaltungstechnik variiert die Signalamplitude innerhalb der gesamten Schaltung nur linear mit der Eingangsamplitude, womit eine entsprechende Dynamikerweiterung verbunden ist. Die Ausgangsspannung des kombinierten Quadrierer-Dividierer-Bausteins betr¨ agt u2 u1 = E . (13.12) uA Der nachgeschaltete Tiefpaß f¨ uhrt die zeitliche Mittelwertbildung durch
u1 =
u2E uA
=
1 T
0
T
u2E (t) dt . uA (t)
(13.13)
Mit verschwindender Eingangsdifferenzspannung des Operationsverst¨arkers folgt 1 T u2E (t) uA = dt = u ¯1 . (13.14) T 0 uA (t) Im station¨ aren Zustand ist die Ausgangsspannung uA konstant und damit gleich dem Effektivwert der Eingangsspannung 1 T 2 uA = u (t) dt = uEeff . (13.15) T 0 E
Weitere Variante eines analogen Effektivwertbausteins Eine weitere M¨ oglichkeit, den kurvenformunabh¨angigen Effektivwert zu ermitteln, bietet sich unter Zuhilfenahme der mathematischen Operation des Logarithmierens an. Abbildung 13.9 zeigt das Prinzip der entsprechenden
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten
403
Abb. 13.8: Schaltung zur Messung des kurvenformunabh¨ angigen Effektivwertes
Schaltung. Die Ausgangsspannung uA entspricht dem echten“ kurvenformu” nabh¨ angigen Effektivwert
2 u2 (t) uE (t) = E (13.16) uA = (e[ln(|uE (t)|2 )−ln(uA )] ) = uA uA uA = u2E (t) = uEeff . (13.17)
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten In der Meßtechnik muß sehr oft auf Mittelungswerte (Mittelwerte) zur¨ uckgegriffen werden, weil diese aussagekr¨ aftiger sind als die direkte Zeitgr¨oße. Dies gilt insbesondere f¨ ur stochastische Gr¨ oßen, wie Rauschsignale, bei denen der Momentanwert nahezu ohne Aussage bleibt. Arithmetischer Mittelwert Der einfachste Mittelungswert ist der arithmetische Mittelwert μx einer Folge aus Abtastwerten x(tn ) bzw. eines kontinuierlichen Signals x(t) (s. auch Gl. (6.87)), der wie folgt definiert werden kann +N 1 x(tn ) N →∞ 2N + 1
μx = lim
(13.18)
n=−N
Abb. 13.9: Schaltung zur echten“ (kurvenformunabh¨ angigen) Effektivwertmes” sung auf der Basis eines Logarithmierers
404
13 Meßsignalverarbeitung
bzw.
+T 1 μx = lim x(t) dt . (13.19) T →∞ 2T −T Da die Mittelungen aus ger¨ atetechnischen Gr¨ unden nur u ¨ber endliche Zeitintervalle durchgef¨ uhrt werden k¨ onnen, beschr¨ ankt man sich auf sog. Kurzzeitmittelwerte, welche lediglich Sch¨ atzwerte der obigen theoretischen Mittelwerte sind. Dabei wird vorausgesetzt, daß der Signalverlauf x(t) station¨ar ist, damit der Mittelwert in der endlichen Beobachtungsdauer T repr¨asentativ f¨ ur den ganzen Signalverlauf ist. Diese Voraussetzung ist bei periodischen Signalen exakt erf¨ ullt, wenn die Beobachtungsdauer T gerade gleich einem ganzzahligen Vielfachen der Periodendauer gew¨ ahlt wird. F¨ ur periodische Signale mit der Periodendauer N bzw. T vereinfachen sich die Gln. (13.18) und (13.19) daher zu N 1 μx = x(tn ) (13.20) N n=1 bzw.
1 T x(t) dt . (13.21) T 0 Der arithmetische Mittelwert entspricht bei station¨aren Signalen dem Gleichanteil eines Signals. Er wird auch als Moment 1. Ordnung bezeichnet. Bei der zeitlichen Mittelung wird also der Gleichanteil xDC eines Signals von seinem Wechselanteil xAC getrennt μx =
x(t) = μx + Δx(t) = xDC + xAC (t) .
(13.22)
Laufende Mittelung Wenn man die Entstehung des Mittelwertes ab dem Vorliegen der ersten (beiden) Meßwerte beobachten m¨ ochte, bietet sich die sog. laufende Mittelung an, die wie folgt anhand des aktuellen Abtastwertes xn und des nach (n − 1) Schritten berechneten Mittelwertes μn−1 durchgef¨ uhrt werden kann xn − μn−1 . (13.23) n Die Richtigkeit dieser Formel l¨ aßt sich durch folgende Umformung beweisen μn = μn−1 +
nμn−1 − μn−1 + xn n (n − 1)μn−1 + xn = n n−1 1 (n − 1) (n−1) xi + xn i=1 = n n 1 xi . = n i=1
μn =
(13.24)
13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale
405
Ein Sonderfall der laufenden Mittelung ist die exponentielle Mittelung, bei der altere Meßwerte stets geringer gewichtet werden als neuere. Diese Art der Mit¨ telung l¨ aßt sich durch ein Tiefpaßfilter 1. Ordnung realisieren, wobei bez¨ uglich der Grenzfrequenz dieses Tiefpasses ein Kompromiß zwischen schnellem Einschwingen des Mittelwertes (hohe Grenzfrequenz w¨ unschenswert) und dem Eliminieren des von sehr tiefen Frequenzanteilen hervorgerufenen station¨aren Fehlers (tiefe Grenzfrequenz g¨ unstig) geschlossen werden muß. Gleitende Mittelung Bei der gleitenden Mittelung (moving averaging) wird ein arithmetischer Mittelwert u ¨ber die letzten N Meßwerte wie folgt gebildet μn = μn−1 +
xn − xn−N−1 . N
(13.25)
F¨ ur den Fall, daß die letzten N + 1 Samplewerte nicht mehr verf¨ ugbar sind, l¨ aßt sich Gl. (13.25) durch folgendes Bildungsgesetz approximieren μn ≈ μn−1 +
xn − μn−N . N
(13.26)
Dabei wurde der Samplewert xn−N−1 durch den Mittelwert μn−N ersetzt.
13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale Man hat generell zwischen Signalen mit periodischem Zeitverlauf und solchen mit nicht-periodischem Zeitverlauf zu unterscheiden (Abb. 13.10). Die folgenden Betrachtungen beschr¨ anken sich ausschließlich auf periodische Signale, die im allgemeinen Fall einen nicht-sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweisen. Ein nicht-sinusf¨ ormiges Signal wird dann als periodisch bezeichnet, wenn die in ihm enthaltenen Sinusfrequenzen im Verh¨altnis rationaler Zahlen zueinander stehen. Man kann sich ein beliebiges, nicht-sinusf¨ormiges Signal x(t) als Summe von (im allgemeinen Fall unendlich) vielen Sinusschwingungen
Abb. 13.10: Signalarten: a) Nicht-periodischer Signalverlauf, b) periodischer Signalverlauf
406
13 Meßsignalverarbeitung
unterschiedlicher Frequenz und Phasenlage in Form einer Fourierreihe zusammengesetzt denken. Bei einer periodischen Schwingung stehen die Frequenzen dieser Sinusschwingungen in einem ganzzahligen Verh¨altnis. Die Folgefrequenz eines periodischen Signals entspricht der Zahl der Perioden pro Sekunde. Mit Hilfe einer Fourieranalyse (Kap. 3) kann das Signal in seine Sinus-Komponenten (Fourier-Komponenten) zerlegt werden [125]. Die Amplituden der einzelnen Sinusschwingungen werden im sog. Amplitudenspektrum dargestellt. Abbildung 13.11 zeigt als Beispiel das Amplitudenspektrum eines periodischen Rechtecksignals. Auch ein urspr¨ unglich rein ¨ monofrequentes Sinussignal kann auf seinem Ubertragungsweg nicht-linearen (Schaltungs-)Einfl¨ ussen ausgesetzt sein, woraufhin Oberwellen des Originalsignals (d. h. der Grundwelle) entstehen. Diese Nichtlinearit¨aten kommen beispielsweise in Verst¨ arkern vor, wenn die Signalamplituden in den Bereich der Aussteuerungsgrenzen vorstoßen. In Audioanlagen sind die dabei entstehenden nicht-linearen Verzerrungen manchmal sogar akustisch wahrnehmbar. Diese Verzerrungen, die anhand des sog. Klirrfaktors bemessen werden, sind ungewollt und man ist bestrebt, sie zu unterdr¨ ucken.
Abb. 13.11: Amplituden-Spektrum einer unendlichen Folge von Rechteckpulsen mit der Periodendauer T1 = 1/f1
Klirrfaktor Durch Nichtlinearit¨ aten in elektrischen (oder mechanischen) Schaltkreisen entstehen Oberschwingungen mit den Amplituden u ˆ2 , u ˆ3 , ... eines urspr¨ unglich sinusf¨ ormigen Signals mit der (Grundwellen-)Amplitude u ˆ1 . Als Maß f¨ ur diese Oberschwingungen wird der Klirrfaktor k angegeben, welcher das Verh¨altnis des Effektivwertes aller Oberwellen zum Effektivwert des Gesamtsignals angibt 2 2 2 + ... U2eff + U3eff + U4eff k= 2 2 2 2 + ... 100% U1eff + U2eff + U3eff + U4eff
13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale
k=
u ˆ21
u ˆ22 + u ˆ23 + u ˆ24 + ... 100% . 2 2 +u ˆ2 + u ˆ3 + u ˆ24 + ...
407
(13.27)
Dabei bezeichnen u ˆ1 : Amplitude der Grundwelle U1eff : Effektivwert der Grundwelle u ˆ2 , u ˆ3 , ...: Amplituden der Oberwellen U2eff , U3eff , ... : Effektivwerte der Oberwellen. Zur Messung des Klirrfaktors werden Klirrfaktor-Meßbr¨ ucken eingesetzt, welche obige Formel mit Hilfe von Filterschaltungen auswerten (Abb. 13.12).
Abb. 13.12: Schaltung zur Ermittlung des Klirrfaktors
Dazu wird das zu analysierende Signal, je nachdem, ob es sich um ein hochoder niederfrequentes Signal handelt, auf den entsprechenden Eingang gegeben und zun¨ achst direkt einem Effektivwertmesser zugef¨ uhrt, der den kurvenformunabh¨ angigen ( echten“) Effektivwert des Gesamtsignals mißt und ” anzeigt bzw. speichert. Danach wird das Eingangssignal in einer zweiten Messung u uhrt. Dies ist eine steilflankige Bandsperre, ¨ber ein sog. Notchfilter gef¨ die eine bestimmte (einstellbare) Spektralkomponente unterdr¨ uckt und das restliche Signal durchl¨ aßt. Wenn man mit Hilfe des Notchfilters die Grundwelle ausfiltert, den dabei gemessenen Effektivwert ins Verh¨altnis zum gemessenen Effektivwert des Gesamtsignals setzt und den Quotienten in Prozent ausdr¨ uckt, erh¨ alt man schließlich als Ergebnis den aktuellen Wert des Klirrfaktors des Eingangssignals. Abschließend soll noch erw¨ahnt werden, daß aus der Angabe des Klirrfaktors keine R¨ uckschl¨ usse auf den Zeitverlauf des Signals gezogen werden k¨ onnen, da aus dem Wert des Klirrfaktors weder die
408
13 Meßsignalverarbeitung
Phasenbeziehungen der Harmonischen zueinander noch die Werte ihrer Einzelamplituden hervorgehen. Spektralanalyse Die spektrale Zusammensetzung eines periodischen Signals l¨aßt sich mit Hilfe eines abstimmbaren steilflankigen Bandpaßfilters und eines Effektivwert- oder Amplitudenmeßger¨ ates auf analoger Basis messen. Dazu wird das Filter, das durch seine Mittenfrequenz fm und seine Bandbreite Δf gekennzeichnet ist, nacheinander auf die einzelnen Spektrallinien des periodischen Signals x(t) abgestimmt. Die jeweiligen Ausgangsspannungen des Filters werden mit Hilfe eines Effektivwertspannungsmessers ermittelt. Bei einer automatischen Messung wird die Mittenfrequenz des Bandpaßfilters zwischen einer unteren fu und einer oberen Grenzfrequenz fo variiert und die jeweils gemessene Ausgangsspannung u ¨ber der Frequenz aufgetragen. Wenn ein reines Linienspektrum (d. h. man hat ein periodisches Eingangssignal) gemessen wird, entsteht aufgrund der Faltung der einzelnen Spektralli¨ nien mit der Ubertragungsfunktion des Bandpasses ein resultierendes Spektrum, das an den Stellen der Spektrallinien das Spektrum des Bandpasses zeigt. Aus diesen Gr¨ unden ist es einleuchtend, daß die Bandpaߨ ubertragungsfunktion so schmalbandig wie m¨ oglich sein sollte. Dies geht allerdings zu Lasten der Einschwingzeit, die proportional mit 1/Δf ansteigt.
13.7 Messung von Signaleigenschaften durch Bestimmung der Korrelationsfunktionen Neben der bereits in den vorangegangenen Kapiteln behandelten, standardm¨aßig eingesetzten direkten Meßmethode (Abb. 13.13) sowie der in den Kapiteln 9.2 - 9.5 behandelten indirekten Meßmethode auf der Basis von Kompensationsschaltungen (Abb. 13.14) gibt es noch eine dritte grundlegende Meßmethode, n¨ amlich die Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal. Bei diesem in Abb. 13.15 gezeigten Verfahren wird die Meßgr¨oße nach einer Signalumformung mit einem Modellsignal, das wiederum auch das Meßsignal selbst sein kann, mit Hilfe eines Korrelators verglichen. Aus dieser Vergleichsmessung lassen sich wesentliche Signaleigenschaften der Meßgr¨oße ableiten. Um die dabei ablaufenden Vorg¨ ange besser zu verstehen, sollen zun¨achst die Korrelationsfunktionen definiert und anschließend gezeigt werden, welche Signaleigenschaften sich aus ihren Funktionsverl¨aufen ablesen lassen.
Abb. 13.13: Direkte Meßmethode
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
409
Abb. 13.14: Indirekte Messung durch Kompensation
Korrelationsfunktionen:Kreuzkorrelationsfunktion, Autokorrelationsfunktion Es sind zwei Arten von Korrelationsfunktionen definiert, n¨amlich die Kreuzkorrelationsfunktion Rxy 1 Rxy (τ ) = lim T →∞ 2T
+T
y(t)x(t + τ ) dt
(13.28)
x(t)x(t + τ ) dt ,
(13.29)
−T
sowie die Autokorrelationsfunktion Rxx 1 Rxx (τ ) = lim T →∞ 2T
+T
−T
wobei x(t) und y(t) beliebige zeitkontinuierliche Funktionen sind. Die Korrelationsfunktionen bilden die Grundlage der Korrelationsmeßtechnik, in der ¨ die Ahnlichkeit von Signalverl¨ aufen ermittelt wird. Praktische Auswertung von Korrelationsfunktionen In der praktischen Meßtechnik allerdings muß man bei der Anwendung der obigen Definitionsgleichungen (Gln. (13.28) und (13.29)) vorsichtig sein, da
Abb. 13.15: Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal
410
13 Meßsignalverarbeitung
sich der Grenz¨ ubergang f¨ ur T → ∞ in der Regel nicht mehr sinnvoll gestalten l¨ aßt. F¨ ur periodische Signale kann man den Grenzwert T → ∞ ohne Probleme durch T = T0 ersetzen, wenn T0 die Periodendauer ist. F¨ ur nicht-periodische Signale hingegen greift diese Vereinfachung nicht. Man muß dabei sehr wohl nach der Art des zu korrelierenden Signals unterscheiden. Aus diesem Grund sollen die im folgenden bei der Korrelation behandelten Signale zun¨ achst einmal definiert werden. Man unterscheidet dabei 4 Arten von Signalen: 1. Energiesignale Ein Signal x(t) wird als Energiesignal bezeichnet, wenn folgende Relation erf¨ ullt ist +∞ +∞ x(t) · x(t + τ )dt = |x(t)|2 dt < ∞ . (13.30) −∞
−∞
2. Leistungssignale Wenn das Integral nach Gl. (13.30) divergiert, aber der Grenzwert 1 lim T →∞ T
+T
−T
1 x(t) · x(t + τ )dt = lim T →∞ T
+T −T
|x(t)|2 dt < ∞
(13.31)
existiert, spricht man von Leistungssignal 3. Station¨ are Signale Ein stochastisches Signal (in diesem Zusammenhang oft auch als Prozeß bezeichnet) wird als station¨ar bezeichnet, wenn seine statistischen Eigenschaften zeitinvariant sind. So ist beispielsweise f¨ ur station¨are Signale neben der Existenz von Mittelwerten auch deren zeitliche Konstanz gew¨ahrleistet. 4. Ergodische Signale Zur Ermittlung eines bestimmten Mittelwertes eines station¨aren Signales muß man aber immer noch u ¨ber eine theoretisch unendliche Zeitdauer mitteln, bzw. man muß einen “Supermittelwert” aus vielen Mittelwerten bilden, die u ¨ber ein endliches Zeitintervall zu verschiedenen Zeitpunkten t1 , t2 , ..., tn aufgenommen wurden. Da aber zur korrekten Mittelwertbildung diese Messungen immer noch an der gesamten Schar der Zufallssignale vorgenommen werden m¨ ussen, stellt sich die Frage, ob es f¨ ur bestimmte station¨are Prozesse nicht gen¨ ugt, diese Messungen repr¨ asentativ an einer einzigen Musterfunktion vorzunehmen. Solche Signale (Prozesse), f¨ ur die alle Zeitmittelwerte gleich den entsprechenden Scharmittelwerten sind, nennt man ergodische Signale. F¨ ur
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
411
ein sog. schwachergodisches Signal (Prozeß) wird diese Identit¨at nur f¨ ur den linearen Mittelwert und die Autokorrelationsfunktion gefordert [78]. Die Bedeutung dieser als Ergodentheorem bezeichneten Aussage ist sehr weitreichend, da sie besagt, daß die statistischen Aussagen eines solchen Zufallsprozesses aus einer einzigen Musterfunktion bestimmt werden k¨onnen. F¨ ur die ¨ Praxis ist sie allerdings in der Regel nur von geringem Wert, da sich die Aquivalenz von Scharmittelwert und Zeitmittelwert h¨ochstens in Ausnahmef¨allen beweisen l¨ aßt. Die Ergodizit¨ at spielt daher vielfach die Rolle einer n¨ utzlichen Annahme, welche die experimentelle Analyse und mathematische Beschreibung eines realen stochastischen Signals u ¨berhaupt erst erm¨oglicht [150]. Autokorrelation nicht-periodischer Signale Ergodische (stochastische) Signale Aufgrund der Definition ergodischer Signale (siehe oben) ist die Ermittlung von deren Autokorrelierten m¨ oglich, in dem u ¨ber ein beliebiges (endliches) Zeitintervall gemittelt wird. Energiesignale F¨ ur Energiesignale, d. h. Signale mit endlicher Energie (s. obige Definition), ist die Autokorrelationsfunktion nach der Definitionsgleichung (Gl. (13.29)) infolge der Grenzwertbildung mit T → ∞ stets Rxx (τ ) ≡ 0. Um der Korrelationsbildung in solchen F¨ allen wieder eine Sinnhaftigkeit E zu geben, geht man vielfach zur sog. Impulskorrelationsfunktion Rxx u ¨ber. Diese entspricht der Korrelationsfunktion bis auf die zeitliche Normierung auf 1/2T , die einfach weggelassen wird E Rxx (τ ) = lim
T →∞
+T
x(t)x(t + τ ) dt .
(13.32)
−T
Man darf allerdings nicht u ¨bersehen, daß die Korrelationsfunktionen mit ihren entsprechenden Impulskorrelationsfunktionen bez¨ uglich der Einheit nicht mehr u ¨bereinstimmen. Bei Spannungssignalen beispielsweise ergeben sich die Einheiten wie folgt Rxx (τ ) [V 2 ] E (τ ) [V 2 s] . Rxx
(13.33) (13.34)
Dies bedeutet insbesondere auch, daß sich der Effektivwert (bzw. dessen QuaE drat) nicht mehr aus Rxx (τ = 0) ergibt. Wer diese Nachteile umgehen m¨ ochte, dem bleibt der Weg, stattdessen Kurzzeitkorrelationsfunktionen zu ermitteln. Diese entsprechen den Definitionsgleichungen (Gln. (13.28) und (13.29)) mit dem Unterschied, daß nicht
412
13 Meßsignalverarbeitung
der Grenzwert T → ∞ gebildet wird, sondern sich die zeitliche Mittelung auf ein endliches Zeitintervall T bezieht. Das heißt, daß anstatt der exakten Auto- bzw. Kreuzkorrelationsfunktion (approximative) Sch¨atzwerte ermittelt werden T ˆ T (τ ) = 1 R x(t + τ ) · x(t)dt (13.35) xx T 0 bzw. 1 T ˆ xy (τ ) = R T
T
x(t + τ ) · y(t)dt .
(13.36)
0
Die Unterschiede zwischen Impulskorrelationsfunktion und Kurzzeitkorrelationsfunktion soll anhand eines Beispiels erl¨ autert werden. Beispiel fu ¨ r Impuls- und Kurzzeitskorrelationsfunktion Wenn man eine Sprungfunktion ε(t) auf einen RC-Hochpaß mit der Zeitkonstanten 1/α = RC gibt, so erh¨ alt man die (Sprung-)Antwort A · e−αt f¨ ur t ≥ 0 h(t) = . (13.37) 0 f¨ ur t < 0 Die entsprechende Impulskorrelationsfunktion ergibt sich aus E Rhh (τ )
+T
h(t) · h(t + τ )dt
= lim
T →∞
−T T
= lim
T →∞
E (τ ) = Rhh
h(t) · h(t + τ )dt
(13.38)
0
A2 −ατ ·e . 2α
(13.39)
Alternativ kann man die Kurzzeitkorrelationsfunktion gem¨aß 1 T ˆ hh (τ ) = R T
T
h(t) · h(t + τ )dt
(13.40)
A2 T ˆ hh · e−ατ (1 − e−2αT ) (τ ) = R 2αT
(13.41)
0
ermitteln. Dies resultiert in
und bedeutet, daß die Kurzzeitkorrelationsfunktion (in entscheidendem Maße) von der gew¨ ahlten Mittelungsdauer T abh¨ angt. W¨ahlt man nun T so, daß die zu analysierende Funktion h(t) fast nahezu abgeklungen ist, beispielsweise T = 3/α (e−3 ≈ 0, 05), so ergibt sich A2 −ατ A2 −ατ T ˆ hh ·e ·e (τ ) = (1 − e−6 ) ≈ . R 6 6
(13.42)
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
413
Das Quadrat des entsprechenden Effektivwertes l¨aßt sich gem¨aß A2 T ˆ hh (τ = 0) = h2 (t) = h2eff = R 6
(13.43)
bestimmen. Die f¨ ur die Mittelungsdauer T ermittelte Kurzzeitkorrelationsfunktion entspricht im u ur eine sich ¨brigen der exakten Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) f¨ periodisch wiederholende Pulsfunktion h(t) mit der Periodendauer T . Tip: Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß das auf beiliegender CD verwendete Programm LabVIEW in vielen F¨ allen ebenfalls diese Kurzzeitkorrelationsfunktionen berechnet bzw. (gleichbedeutend) die exakte Korrelationsfunktion der entsprechenden mit T periodischen Funktion. Durch Festlegen der Abtastrate bzw. der Abtastdauer (Dauer zwischen zwei Abtastzeitpunkten t) und der Anzahl N an Abtastungen wird automatisch die Zeit T = N · t festgelegt. Man kann sie als Mittelungsdauer T bei der Berechnung des Kurzzeitkorrelationswertes interpretieren oder alternativ als Periodendauer T , nach der sich das abgetastete bzw. eingegebene Signal wiederholt. Betrachten Sie dazu das Programm demo_kurzzeitkorrelationsfunktion.vi auf der CDROM.
Bestimmung von Signaleigenschaften durch Messung der Korrelationsfunktionen ¨ Die Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) stellt ein Maß fu ¨ r die Ahnlichkeit zwischen den beiden Signalen x(t) und y(t) dar. Wenn die aus den Signalen x(t) und y(t) gebildete Kreuzkorrelationsfunktion f¨ ur alle Zeitverschiebungswerte τ den Wert Null annimmt, heißt das, daß sich die beiden Signale in keiner Weise ¨ ahnlich sind. Man bezeichnet sie dann als statistisch unabh¨angig bzw. als unkorreliert. Die Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) beschreibt die Best¨ andigkeit eines Signals in Abh¨ angigkeit einer Zeitverschiebung τ . Ist Rxx (τ ) groß, so muß x(t + τ ) sehr ¨ ahnlich x(t) f¨ ur diesen speziellen Wert von τ sein. F¨ ur den Fall, daß die Autokorrelationsfunktion verschwindet (Rxx (τ ) = 0), sind x(t) und x(t + τ ) orthogonal zueinander. Die Autokorrelationsfunktion hat folgende grunds¨ atzliche Eigenschaften: •
Ihr Wert f¨ ur τ = 0 entspricht dem zeitlichen Mittelwert des quadrierten Zeitsignals. Dieser ist wiederum mit dem Quadrat des Effektivwertes identisch Rxx (0) = x2 . (13.44)
414
•
13 Meßsignalverarbeitung
Die Autokorrelationsfunktion erreicht f¨ ur τ = 0 stets ihren Maximalwert Rxx (τ ) ≤ Rxx (0) .
•
(13.45)
Die Autokorrelationsfunktion ist immer eine gerade Funktion bez¨ uglich der Zeitverschiebungsvariablen τ Rxx (τ ) = Rxx (−τ ) .
•
(13.46)
Ihr Wert f¨ ur τ → ∞ entspricht dem Quadrat des zeitlichen Mittelwertes x ¯ Rxx (∞) = x2 .
•
(13.47)
Bei periodischen Signalen (Periodendauer T) ist auch deren Autokorrelierte mit der selben Periodendauer periodisch Rxx (τ ) = Rxx (τ + T ) .
(13.48)
Die sog. bezogenen Korrelationsfunktionen rxx bzw. rxy liefern aufgrund der in den Gln. (13.49) und (13.50) beschriebenen Normierungen nur Werte im Zahlen-Intervall [−1, +1] Rxx (τ ) Rxx (0) Rxy (τ ) = . Rxx (0)Ryy (0)
rxx =
(13.49)
rxy
(13.50)
Die Art und Weise, wie die Autokorrelationsfunktion vom Wert Rxx als Funktion der Verschiebungszeitspanne τ abf¨ allt, ist f¨ ur die Erhaltungstendenz (innere Koh¨arenz) des Signals x(t) charakteristisch. Diese innere Koh¨arenz eines Signals l¨ aßt sich aus der sog. Koh¨arenzzeit τ0 ablesen, welche aus der Subtangente der Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) an der Stelle τ = 0 wie folgt ermittelt werden kann τ0 =
−Rxx (0) d R dτ xx (τ )|τ =0+
=
Rxx (0) d R dτ xx (τ )|τ =0−
.
(13.51)
Große Koh¨ arenzzeitwerte deuten auf eine hohe Erhaltungstendenz des Signals hin. Mit Hilfe des Korrelationsverfahrens l¨ aßt sich u ufen, ob das zu unter¨berpr¨ suchende Signal bestimmte vorgegebene Eigenschaften besitzt. H¨aufig gen¨ ugt es bereits, den zeitlichen Produktmittelwert von Meßsignal x(t) und einem zu definierenden Modellsignal y(t) zu bilden. Dieser entspricht n¨amlich dem Anfangswert der Korrelationsfunktion [112] Rxy (0) = x(t)y(t) .
(13.52)
Aus der Gr¨ oße des Produktmittelwertes bzw. dem Verlauf der Korrelationsfunktion kann man beispielsweise feststellen, ob ein unregelm¨aßiges Signal eine
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
415
Abb. 13.16: Ermittlung von Periodizit¨ aten mit Hilfe der Autokorrelationsfunktion: a) mit Rauschen u ¨ berdecktes harmonisches Signal, b) harmonisches Signal
verdeckte Periodizit¨ at besitzt. Außerdem l¨ aßt sich aus ihrem Verlauf gegebenenfalls die Periodendauer dieser Periodizit¨ at ablesen (Abb. 13.16). Die Kreuzkorrelation zweier gleichfrequenter harmonischer Signale u(t) = u ˆ sin(ωt + ϕ)
(13.53)
uM (t) = u ˆM sin(ωt + ϕM )
(13.54)
und beispielsweise ergibt sich nach Auswertung von Gl. (13.28) zu RuuM (τ ) =
u ˆu ˆM cos(ωτ + ϕM − ϕ) . 2
(13.55)
Sie verl¨ auft also ebenfalls sinusf¨ ormig mit der Variablen τ und der Kreisfrequenz ω. In Abbildung 13.17 werden die Autokorrelationsfunktionen von normalverteiltem und bandbegrenztem Rauschen verglichen. Anwendungen der Korrelationstechnik bei der Distanzmessung Die Korrelationstechnik kann genutzt werden, um auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von in Wellenform ausbreitungsf¨ahigen, stochastischen Signalen Distanzmessungen durchzuf¨ uhren.
416
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.17: Beispiele von Autokorrelationsfunktionen: a) Normalverteiltes Rauschen, b) Bandbegrenztes Rauschen
Tip: Diese Methode der Distanzmessung kann man anhand der ¨ LabVIEW-Ubungsaufgabe 2.4 auf der CD-ROM in einem simulierten Experiment testen. In der Akustik regt man dazu einen Lautsprecher mit einem (bandbegrenzten) Rauschsignal an (Abb. 13.18), das im folgenden als Sendesignal x(t) (Abb. 13.19a) bezeichnet wird. Um die Strecke Lx zwischen dem Lautsprecher und einem Mikrophon zu messen, gen¨ ugt es, das vom Mikrophon gelieferte Emp-
Abb. 13.18: Prinzip der Distanzmessung mit Hilfe akustischer Rauschsignale und der Korrelationstechnik
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
417
Abb. 13.19: Akustische Distanzmessung: a) Sendesignal, b) Empfangssignal
fangssignal y(t) (Abb. 13.19b) mit dem Sendesignal einer Kreuzkorrelation zu unterwerfen. Die entsprechende Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) zeigt eine Spitze bei der Zeit τ1 , die der Laufzeit des akustischen Signals zwischen Lautsprecher und Mikrophon entspricht (Abb. 13.20). Bei bekannter Schallausbreitungsgeschwindigkeit c kann daraus die Distanz Lx in einfacher Weise anhand folgender Gleichung bestimmt werden Lx = cτ1 .
(13.56)
Spektrale Leistungsdichte Neben der bekannten Fourier-Transformierten X(ω) eines Zeitsignals x(t) (Abb. 13.21) ist auch die Fourier-Transformierte der entsprechenden Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) definiert. Der daraus resultierende Funktionsverlauf
Abb. 13.20: Kreuzkorrelationsfunktion, die aus Sendesignal x(t) und Empfangssignal y(t) gebildet wird
418
13 Meßsignalverarbeitung
Sxx (ω) wird spektrale Leistungsdichtefunktion genannt Sxx (ω) =
+∞
Rxx (τ )e−jωτ dτ
−∞ +∞
Rxx (τ ) cos(ωτ ) dτ .
=2
(13.57)
0
Die inverse Fourier-Transformation f¨ uhrt wiederum zu der Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) +∞ 1 Sxx (ω)ejωτ dω Rxx (τ ) = 2π −∞ 1 +∞ = Sxx (ω) cos(ωτ ) dω . π 0
(13.58)
Die Gln. (13.57 - 13.58) werden Wiener-Khintchine-Beziehungen genannt (s. auch Abb. 13.21).
Abb. 13.21: Fourier-Transformation eines Zeitsignals x(t), seiner Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) und seiner spektralen Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) nach [115]
¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen
419
¨ Abb. 13.22: Meßsystem mit deterministischen (inneren) Ubertragungsfehlern (cha¨ rakterisiert durch die Ubertragungsfunktionen G1 (s) und G2 (s)) und additiv u ¨berlagerten, ¨ außeren St¨ oreinwirkungen d(t) mit stochastischem Charakter
Parcevalsches Theorem Das Parcevalsche Theorem besagt, daß die mittlere totale Signalleistung im Zeitbereich gleich derjenigen im Frequenzbereich ist. Das Integral u ¨ber die spektrale Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) von ω = −∞ bis ω = +∞ entspricht der mittleren totalen Leistung des Signals +∞ 1 1 ∞ 2 x = Rxx (0) = Sxx (ω) dω = Sxx (ω) dω . (13.59) 2π −∞ π 0 Der Autokorrelationskoeffizient Rxx (0) gibt also die in dem Signal enthaltene mittlere Gesamtleistung an und Sxx (ω) beschreibt die spektrale Leistungsverteilung des Signals. Dies bedeutet aber auch, daß sich das Leistungsdichtespektrum eines Signals und insbesondere auch das eines stochastischen (station¨ aren) Signals durch Bandpaßfilterung meßtechnisch ermitteln l¨aßt. Ein steilflankiges Bandpaßfilter mit der Mittenfrequenz f0 und der Bandbreite Δf liefert das Zeitsignal x (t) und damit die Leistungsdichte bei der Frequenz f0 1 2 Sxx (f0 ) = x , (13.60) Δf wobei die Bandbreite Δf klein werden muß, um die Mittelungsfehler gering zu halten.
¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen Stochastische Fehler Zu den system-inh¨ arenten Fehlern (Verf¨ alschungen) der Meßsignale infolge der ¨ deterministischen Ubertragungseigenschaften des Meßsystems treten zuf¨allige dynamische St¨ oreinwirkungen d(t) hinzu (Abb. 13.22), wie beispielsweise addi˜ tiv u des am Ausgang ¨berlagertes Rauschen. Die Laplace-Transformierte D(s) des Meßsystems wirksamen St¨ orsignals ergibt sich nach den bekannten Gesetzm¨ aßigkeiten der Systemtheorie auch im Falle eines stochastischen St¨orsignals d(t) prinzipiell aus dem Produkt der Laplace-Transformierten D(s) und ¨ der wirksamen Ubertragungsfunktion G2 (s) des Meßsystems ˜ D(s) = G2 (s)D(s) .
(13.61)
420
13 Meßsignalverarbeitung
Da jedoch f¨ ur stochastische Signale bez¨ uglich ihrer Signalverl¨aufe nur statistische Aussagen sinnvoll sind, muß eine geeignete mathematische Beschreibungsform gefunden werden. ¨ Ubertragung stochastischer Signale ¨ Die Ubertragungsfunktion von rein stochastischen bzw. gemischt stochastisch¨ deterministischen Signalen u mit der Im¨ber ein kausales Ubertragungssystem pulsantwort g(t) (z.B. Filter-Vierpol) wird entsprechend Abbildung 13.23 dargestellt.
¨ Abb. 13.23: Ubertragung von stochastischen Signalen u ¨ber ein lineares Netzwerk, ¨ das durch die Ubertragungsfunktion G(ω) beschrieben wird
Anstatt der Laplace-Transformierten X(s) und Y (s) werden bei der Ermitt¨ lung des Ubertragungsverhaltens bzw. des resultierenden Ausgangssignals die spektralen Leistungsdichtefunktionen Sxx (ω) und Syy (ω) verwendet (Abbildung 13.24).
¨ Abb. 13.24: Beschreibung des Ubertragungsverhaltens mit Hilfe von Leistungsdichtefunktionen
Dabei geht allerdings die Phaseninformation des Signals verloren. Es gilt nach [101] Syy (ω) = Sxy (ω)G(ω) , (13.62) wobei Sxy (ω) die spektrale Kreuzleistungsdichtefunktion zwischen den Signalen x(t) (Eingangssignal) und y(t) (Ausgangssignal) ist ∞ Sxy (ω) =
Rxy (τ )e−jωτ dτ .
(13.63)
−∞
Diese auch als spektrale Kreuzleistungsdichte bezeichnete Funktion Sxy (ω) ist also die Fourier-Transformierte der Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ). Mit der
¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen
421
¨ konjugiert-komplexen Ubertragungsfunktion G∗ (ω) folgt der Zusammenhang [101] Sxy (ω) = Sxx (ω)G∗ (ω) (13.64) und unter Ber¨ ucksichtigung von Gl. (13.62) Syy (ω) = |G(ω)|2 Sxx (ω) .
(13.65)
Bezogen auf Abb. 13.22 bedeutet dies, daß anstelle von Gl. (13.61) der folgende Zusammenhang verwendet wird, der die spektralen Leistungsdichtefunktionen Sdd (ω) und Sd˜d˜ (ω) der Signale d und d˜ nutzt Sd˜d˜ (ω) = Sdd (ω)|G2 (ω)|2 .
(13.66)
Dabei berechnet sich Sdd nach Gl. (13.57) aus der entsprechenden Autokorrelationsfunktion Rdd +∞ Sdd (ω) = Rdd (τ )e−jωτ dτ (13.67) −∞
mit Gl. (13.29) 1 T →∞ 2T
Rdd (τ ) = lim
+T
d(t)d(t + τ )dt .
(13.68)
−T
Die folgende R¨ ucktransformation (Gl. (13.58)) der spektralen Leistungsdichtefunktion Sdd (ω) in den Zeitbereich ergibt wiederum die Autokorrelationsfunktion Rdd +∞ 1 Rdd (τ ) = Sdd (ω)ejωτ dω . (13.69) 2π −∞ Nach dem Parcevalschen Theorem (Gl. (13.59)) kann der h¨aufig interessierenorsignals aus der spektralen Leistungsde quadratische Mittelwert d˜2 des St¨ ¨ dichtefunktion des St¨ orsignals und der Ubertragungsfunktion des Meßsystems wie folgt berechnet werden 1 ∞ 1 ∞ Sd˜d˜ (ω) dω = Sdd (ω)|G2 (ω)|2 dω . (13.70) d˜2 = π 0 π 0 ¨ Die Filterwirkung des Meßsystems infolge der Ubertragungsfunktion G2 (ω) ¨ kann sich sehr positiv auswirken, wenn sich der f¨ ur die Ubertragung relevante Spektralbereich des Meßsystems und der Spektralbereich, in dem sich das St¨ orsignal befindet, nicht u ¨berlappen (Abb. 13.25).
422
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.25: Filterwirkung eines Meßsystems gegen¨ uber St¨ orsignalen. G(ω) ist die ¨ Ubertragungsfunktion des Meßsystems und Sdd (ω) die spektrale Leistungsdichtefunktion des stochastischen St¨ orsignals.
Maßnahmen gegen dynamische St¨ orwirkungen Es bieten sich mehrere M¨ oglichkeiten der St¨ orunterdr¨ uckung an: • Abschirmung der St¨ orquellen • Dynamische Kompensation der St¨ orwirkung • St¨ orungsunterdr¨ uckung durch F¨ uhrungsregelung • St¨ orungsunterdr¨ uckung durch Filterung (Abb. 13.26) Der Nutzen der direkten Filterwirkung durch das Meßsystem selbst (Abb. 13.25) tritt nur dann ein, wenn die Grenzfrequenz des Meßsystems unterhalb des f¨ ur das St¨ orsignal relevanten Spektrums liegt. Nachdem aber hochwertige Meßsysteme recht hohe Grenzfrequenzen aufweisen, wird i. allg. auch das St¨ orsignal mit erfaßt. In diesen F¨ allen sind zus¨atzliche Filtermaßnahmen erforderlich.
Abb. 13.26: Dynamische St¨ oreinwirkungen in Meßsystemen und ihre Unterdr¨ uckung durch Filterung
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
423
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) ¨ 13.9.1 Ubertragungsfunktion eines Optimalfilters Eine besondere Form der St¨ orungsunterdr¨ uckung l¨aßt sich durch ein sog. Optimalfilter erreichen, das nach seinem Erfinder, Prof. Norbert Wiener, auch als Wiener-Filter [148] bezeichnet wird. Bei diesem Filtertyp handelt es sich um ein sog. Sch¨atzfilter gem¨ aß Abb. 13.27. W¨ ahrend man beim klassischen Filter-
Meßsignal x(t)
Störsignal n(t) Meßgerät G(ω)
y(t)
z(t)
^ x(t)
Schätzfilter H(ω) -
! e 2(t) = Minimum
Ausgang des (Optimal-)Filters
e(t) = ^ x(t) - x(t)
Optimalfilter ( H(ω) = H opt (ω) )
Abb. 13.27: Prinzip eines Optimalfilters (Wiener-Filter)
entwurf davon ausgeht, daß sich Nutz- und St¨orsignal frequenzm¨aßig trennen lassen (siehe Abb. 13.25), da sie unterschiedliche Frequenzbereiche dominieren, wird dies bei der Optimalfiltertechnik nicht vorausgesetzt, d. h. Nutzund St¨ orsignal d¨ urfen im selben Frequenzbereich liegen. Damit l¨aßt sich keine frequenzm¨ aßige Trennung durch Unterteilung in Durchlaß- und Sperrbereich durchf¨ uhren. Das Unterscheidungskriterium, welches hier genutzt wird, basiert vielmehr auf den unterschiedlichen statistischen Eigenschaften von Nutzund St¨ orsignal. Das von Wiener vorgeschlagene Optimalfilter gestattet es also, das Nutzsignal anhand statistischer Eigenschaften von additiven St¨orungen zu trennen. Ziel der Optimalfiltertechnik ist die bestm¨ ogliche Ann¨aherung des Ausgangssignals x ˆ(t) an das urspr¨ ungliche Meßsignal x(t), d.h. das in Abb. 13.27 gezeigte Sch¨ atzfilter hat die Aufgabe, die bestm¨ ogliche Approximation des Meßsignals am Ausgang in Form von x ˆ(t) zu bewirken. Als Optimierungskriterium wird wiederum (s. Kap. 14.1) die mittlere quadratische Abweichung zwischen Meßsignal x(t) und Sch¨ atzsignal x ˆ(t) verwendet ! e2 = [ˆ x(t) − x(t)]2 = min. .
(13.71)
Infolge des stochastischen Charakters des St¨ orsignals n(t) handelt es sich auch bei dem Differenzsignal e(t) zwangsl¨ aufig um ein Zufallssignal (Zufallsgr¨oße, Zufallsprozeß) im mathematischen Sinne.
424
13 Meßsignalverarbeitung
Wenn wir auf Gl. (13.71) das Parcevalsche Theorem (Gl. (13.59)) anwenden, erhalten wir +∞ 1 e2 = Ree (0) = See (ω) dω . (13.72) 2π −∞ Dies bedeutet, daß die mittlere Leistung des Fehlersignals e2 = E{e2 (t)} 1 mit Hilfe des Leistungsdichtespektrums See (ω) ermittelt werden kann. Dieses ¨ Leistungsdichtespektrum entsteht durch die additive Uberlagerung der beiden Signale (Zufallsgr¨ oßen) x ˆ(t) und x(t) (Abb. 13.28). Das entsprechende ^ x(t)
e(t)
- x(t) ¨ Abb. 13.28: Das Fehlersignal e(t) entsteht aus der additiven Uberlagerung des Zufallssignales x ˆ(t) mit dem Meßsignal x(t)
Leistungsdichtespektrum ergibt sich wie folgt [67] See (ω) = Sxˆxˆ (ω) − Sxˆx (ω) − Sxˆx (ω) + Sxx (ω) .
(13.73)
Gem¨ aß den Gleichungen (13.62), (13.64) und (13.65) l¨aßt sich See (ω) auch als ¨ Funktion der Ubertragungsfunktion H(ω) des Sch¨atzfilters ausdr¨ ucken See (ω) = Szz (ω)|H(ω)|2 − Szx (ω) H(ω) − Sxz (ω) H ∗ (ω) + Sxx (ω) . (13.74) Das Optimalfilter (entspricht dem Sch¨ atzfilter mit der Bedingung e2 = min.) erh¨ alt man durch Ableiten nach H(ω), was getrennt nach Betrag und Phase zu erfolgen hat. Dies f¨ uhrt schließlich zu dem gesuchten Optimalfilter [67] H(ω) = Hopt (ω) =
∗ (ω) Sxz (ω) Szx = . Szz (ω) Szz (ω)
(13.75)
Im folgenden wollen wir voraussetzen, daß das Meßger¨at aus Abb. 13.27 durch ein lineares zeitinvariantes System beschrieben werden kann und das Rauschsignal n(t) nicht mit der Meßgr¨ oße x(t) korreliert ist (d. h. Sxn = 0 und Snx = 0 bzw. Syn = 0 und Sny = 0). Demzufolge lassen sich die spektralen 1
Aufgrund des stochastischen Signalcharakters spricht man hier von einem sog. Erwartungswert E des Signals (siehe auch Kap. 14.1.2, Definition: Erwartungswert).
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
425
¨ Leistungsdichten Szz und Sxz (ω) in Abh¨ angigkeit der Ubertragungsfunktion G(ω) bzw. G∗ (ω), die das Meßger¨ at beschreibt, ausdr¨ ucken Szz (ω) = Syy (ω) + Snn (ω) = Sxx (ω)|G(ω)|2 + Snn (ω) bzw.
Sxz (ω) = Sxx (ω) · G∗ (ω) + Sxn (ω) ,
(13.76) (13.77)
wobei die Kreuzleistungsdichte Sxn (ω) verschwindet, da Meß- und St¨orsignal nicht korreliert sind. Mit den Gln. (13.75) bis (13.77) und Sxn = 0 erh¨alt man schließlich die ¨ Ubertragungsfunktion des Optimalfilters Hopt (ω) =
Sxx (ω) · G∗ (ω) . Sxx |G(ω)|2 + Snn (ω)
(13.78)
Gleichung (13.78) ist insofern angenehmer als Gl. (13.75), als sie nur noch Gr¨ oßen enth¨ alt, die sich leicht ermitteln lassen. In den meisten F¨allen wird ¨ das Ubertragungsverhalten des Meßger¨ ates bekannt sein, so daß nur noch die Leistungsdichtespektren Sxx (ω) und Snn (ω) des Meßsignals bzw. des St¨orsignals ermittelt werden m¨ ussen. F¨ ur den Fall, daß das Meßger¨ at keine nennenswerten Deformationen am Meßsignal vornimmt (G(ω) = 1), besteht die Aufgabe des Optimalfilters darin, das Meßsignal m¨ oglichst gut von seinen u ¨berlagerten Rauschanteilen zu ¨ befreien (Abb. 13.29). Die Ubertragungsfunktion des Wienerschen Optimal-
Meßsignal x(t)
Störsignal n(t) Optimalfilter Hopt (ω)
! ^ x(t) ≈ x(t)
Abb. 13.29: Optimalfilter zur Rauschunterdr¨ uckung
filters vereinfacht sich dann mit G(ω) = G∗ (ω) = 1 zu Hopt (ω) =
Sxx (ω) . Sxx (ω) + Snn (ω)
(13.79)
Das Optimalfilter zur Rauschbefreiung stellt also einen frequenzabh¨angigen Teiler im Verh¨ altnis der mittleren Signalleistung zur Summe aus mittlerer Signalleistung und St¨ orleistung dar. Eine wesentliche Eigenschaft von solchen Optimalfiltern ist ihre NichtKausalit¨ at, d. h. es hat eine Impulsantwort, die in den Zeitbereich t < 0 hineinreicht. Prinzipiell sind auch solche nicht-kausalen Filter einsetzbar, wenn man die Signale nicht in Echtzeit, d. h. zeitgleich mit ihrem Vorliegen, filtern
426
13 Meßsignalverarbeitung
muß. Man kann n¨ amlich ein nicht-kausales Filter zu einem quasi-kausalen machen, indem man die Signale in ihrer vollst¨ andigen zeitlichen L¨ange aufzeichnet, d.h. originalgetreu speichert, und erst danach dem Filter zur Verarbeitung anbietet. Dies kommt einer zeitlichen Verschiebung der Impulsantwort gleich, die dazu f¨ uhrt, daß die Impulsantwort nunmehr vollst¨andig im Bereich von Zeiten t ≥ 0 zu liegen kommt. Dies k¨ onnen wir durch eine reine Phasenverschiebung in der Optimalfilter¨ ubertragungsfunktion Hopt (ω) ber¨ ucksichtigen Hopt (ω) =
Sxx (ω) · e−jωT0 . Sxx (ω) + Snn (ω)
(13.80)
Gleichung (13.80) sagt aus, daß wir vor das urspr¨ ungliche Optimalfilter (Gl. (13.79)) einen Allpaß in Serie schalten. Solche Allp¨asse (Kap. 3.10) stellen Zweitore dar, die zu keinerlei Amplitudendeformationen f¨ uhren, sondern ein beliebiges Eingangssignal am Ausgang nur zeitverz¨ogert ausgeben. Gem¨aß Gl. (13.80) betr¨ agt diese Zeitverz¨ ogerung hier T0 . Um Kausalit¨at zu erreichen, muß T0 positiv sein und so groß gew¨ahlt werden, daß die Impulsantwort oder zumindest der wesentliche, d. h. der energiem¨ aßig relevante, Teil im positiven Zeitbereich zu liegen kommt. Ist T0 dagegen negativ, so wird vom Filter eine Pr¨ adiktion gefordert, d. h. es bleibt damit nicht-kausal (Abb. 13.30).
Abb. 13.30: Impulsantworten eines kausalen und eines nicht-kausalen Optimalfilters. Diese Graphik sowie alle folgenden wurden mit Hilfe des Programmes LabVIEW berechnet und gezeichnet.
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
427
13.9.2 Beispiel fu ¨ r ein Optimalfilter Das Meßsignal x(t) sei die Impulsantwort eines Tiefpaßfilters, die sich mit der Periodendauer T periodisch wiederholt √ 2T S1 − t e τ ∗ δ(t − i · T ) mit i ∈ Z . x(t) = ε(t) (13.81) τ Dieses sei von weißem Rauschen n(t) (Kap. 7.3) additiv u ¨berlagert (Abb.
Abb. 13.31: Meßsignal mit u ¨berlagertem weißen Rauschen
13.31). Die beiden Signale sind unkorreliert und ihre spektralen Leistungsdichten sind S1 Sxx (ω) = (13.82) 1 + τ 2 ω2 bzw. Snn (ω) = S0 . (13.83) ¨ Daraus l¨ aßt sich unter Zuhilfenahme von Gl. (13.80) die Ubertragungsfunktion des Optimalfilters wie folgt errechnen Hopt (ω) =
S1 · e−jωT0 . S1 + S0 + τ 2 S0 ω 2
(13.84)
Abbildung 13.32 zeigt die Leistungsdichtespektren von Meßsignal und St¨orung ¨ sowie den Betrag der Ubertragungsfunktion des Optimalfilters. Abbildung 13.33 vergleicht die entsprechenden Spektren am Ausgang des Filters mit dem ungest¨ orten Signal. Um die Impulsantwort hopt (ω) des Filters zu berechnen,
428
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.32: Leistungsdichtespektren von Meßsignal und St¨ orung (oben) sowie Be¨ trag der Ubertragungsfunktion des Optimalfilters (unten).
¨ zerlegt man die Ubertragungsfunktion des Optimalfilters Hopt (ω) wie folgt [54] α α 2αβ −jωT0 Hopt (ω) = 2 + e−jωT0 · e = (13.85) β + ω2 β − jω β + jω mit 1 α= 2τ und
S1 S1 · S0 S0 + S1
(13.86)
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
429
Abb. 13.33: Vergleich des gefilterten und des ungefilterten Spektrums mit dem ungest¨ orten Spektrum
1 S1 1+ . (13.87) τ S0 Mittels einer Fourierr¨ ucktransformation erh¨ alt man schließlich die gesuchte Impulsantwort hopt (t) des Optimalfilters α · eβt t < 0 hopt (t + T0 ) = . (13.88) α · e−βt t ≥ 0 β=
Diese l¨ aßt sich auch als
hopt = αe−β|t−T0 |
(13.89)
ausdr¨ ucken. Die Impulsantwort ist also symmetrisch zu t = T0 (Abb. 13.34). Mit wachsender St¨ orung geht α gegen null und die Zeitkonstante 1/β strebt gegen τ . Im umgekehrten Fall, d. h. bei abnehmender St¨orung, w¨achst α an und die Zeitkonstante 1/β geht gegen Null. F¨ ur den Fall, daß die St¨orung verschwindet (S0 = 0), erh¨ alt man als Impulsantwort des Optimalfilters trivialerweise den Dirac-Puls an der Stelle t = T0 hopt (t) = δ(t − T0 ) ,
(13.90)
was gleichbedeutend ist mit einem idealen Allpaß der Verz¨ogerungszeit T0 . Es l¨ aßt sich nun auch der mittlere quadratische Sch¨atzfehler e2min des Optimalfilters errechnen e2min (t) = E{(x(t) − x ˆ(t))2 } . (13.91) Nach H¨ ansler [54] kann dieser f¨ ur das obige Beispiel folgendermaßen ermittelt werden
430
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.34: Impulsantwort des Optimalfilters f¨ ur eine zeitliche Verz¨ ogerung von ur verschiedene starke St¨ orer S0i T0 = 1s bei der Filterung f¨
S0 S1 . (13.92) 2τ S0 + S1 Damit kann man auch den auf die Signalleistung normierten minimalen quadratischen Fehler angeben e2min S0 = . (13.93) Sxx (0) S0 + S1 e2min =
Kausales Optimalfilter Ein kausales Optimalfilter bringt den Vorteil, daß es in Echtzeit das Meßsignal filtern kann, d. h. es wird keine Zeitverz¨ ogerung T0 im Sinne einer vorherigen Speicherung mehr ben¨ otigt, um das Filter praktisch einsetzen zu k¨onnen. Die ¨ Ubertragungsfunktion des kausalen Optimalfilters l¨aßt sich aus den Ergebnissen des obigen Beispiels ableiten. Dazu setzt man in der Impulsantwort hopt (t) des nicht-kausalen Optimalfilters die Zeit T0 = 0 und blendet den im negativen Zeitbereich liegenden Teil der Impulsantwort aus (Abb. 13.35). Man erh¨ alt somit α · e−βt t ≥ 0 hopt kaus (t) = . (13.94) 0 t<0 ¨ Die Fouriertransformation liefert die entsprechende Ubertragungungsfunktion Hopt kaus (ω) = F {hopt kaus (t)} =
1 S1 α = . β + jω 2 (S0 + S1 ) + jωτ S0 (S0 + S1 ) (13.95)
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
431
Abb. 13.35: Impulsantwort des kausalen Optimalfilters
Abbildung 13.36 vergleicht die Amplitudeng¨ange von kausalem und nichtkausalem Optimalfilter. In Abb. 13.37 werden die mit den beiden Filtern gefilterten Meßsignale verglichen.
Abb. 13.36: Amplitudeng¨ ange von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter
432
13 Meßsignalverarbeitung
Abb. 13.37: Vergleich von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter anhand der gefilterten Meßsignale
Tip: Der hier analytisch hergeleitete Entwurf eines Optimalfilters kann mit dem LabVIEW-Programm optimalfilter.vi auf der CDROM numerisch u uft werden. Dabei lassen sich ¨berpr¨ viele Parameter variieren. Im einzelnen bietet das Programm folgende M¨ oglichkeiten: • • • •
Simulation des Meßsignals Simulation eines Rauschsignals mit einstellbarem Frequenzgang Entwurf des Optimalfilters Darstellung der Impulsantworten des kausalen und des nicht-kausalen Filters ¨ • Uberlagerung und Filterung der Signale gem¨aß Abb. 13.29
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
14.1 Regressionsverfahren In der Meßtechnik kommt es h¨ aufig vor, daß eine Schar von aufgenommenen Meßpunkten durch eine geeignete analytische Funktion in Form einer Anpaßkurve beschrieben werden soll. Im folgenden gehen wir davon aus, daß n Messungen durchgef¨ uhrt werden, welche die Wertepaare {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n) liefern. Anschließend wird an diese Meßwerte eine Kurve y˜(x) angepaßt. Daraus ergeben sich die Abweichungen Δi zwischen den einzelnen Meßpunkten und der Anpaßkurve im jeweiligen Meßpunkt xi zu Δi = y˜(xi ) − yi .
(14.1)
Dabei wird x als unabh¨ angige (vorgebbare) Variable und y als abh¨angige Variable bezeichnet. Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate gem¨aß dem sog. Gaußschen Minimalprinzip [69] (Gaußsches Prinzip der kleinsten Quadrate) ergibt Δ=
n i=1
Δ2i =
n ! [˜ y (xi ) − yi ]2 = min. .
(14.2)
i=1
In Gleichung (14.2) ist als unbekannte Funktion die Anpaßkurve y˜(x) enthalten. Die beschriebene Fehlerquadratsumme Δ h¨angt nun von der Wahl dieser Anpaßkurve ab. Die Festlegung der diese Anpaßkurve beschreibenden analytischen Funktion und die anschließende Berechnung ihrer Koeffizienten (s.u.) wird als Regressionsverfahren bezeichnet. Falls Proportionalit¨at zwischen der abh¨ angigen und unabh¨ angigen Variablen herrscht, l¨aßt sich in diesem Fall die Schar vom Meßwerten durch eine Gerade beschreiben. Man spricht dann von einer Ausgleichsgeraden, die durch sog. lineare Regression bestimmt wird.
434
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression) Die lineare Regression ist die f¨ ur die ingenieurm¨aßige Praxis wichtigste Form der Regressionsanalyse. Sie hat das Ziel, durch eine Schar von (in aller Regel) experimentell bestimmten Wertepaaren {xi , yi } eine Ausgleichsgerade zu legen. Dabei wird x als unabh¨ agige und y als abh¨angige Variable betrachtet. Die Ausgleichsgerade bestimmt letztlich die nach dem Gaußschen Minimalprinzip beste lineare Approximation der Funktion y(x), die hier von diskreten Wertetupeln repr¨ asentiert wird. Im folgenden gehen wir davon aus, daß n Meßwerte {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n) vorliegen. An diese Meßwerte soll eine Gerade der Form y˜(x) = mx + b angepaßt werden (Abb. 14.1). Die Abweichung der i-ten Einzelmessung lautet Δi = y˜(xi ) = [mxi + b] − yi .
(14.3)
Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate liefert gem¨aß Gl. (14.2) Δ=
n
Δ2i
=
n
i=1
! [mxi + b − yi ]2 = min. .
(14.4)
i=1
Bei dem in Gl. (14.4) geforderten Minimum m¨ ussen die partiellen Ableitungen nach den unbekannten Koeffizienten m und b gleich Null sein. Das f¨ uhrt zu der im folgenden beschriebenen Ermittlung von Steigung und Achsenabschnitt der Ausgleichsgeraden. y(x) y4
Δ4
y3
Δ3
Δ2
y2 y1
Δ1
x1
x2
x3
x4
x
Abb. 14.1: Ausgleichsgerade zur linearen Approximation aufgenommener Meßwerte
14.1 Regressionsverfahren
435
Ermittlung von Steigung m und Achsenabschnitt b der Ausgleichsgeraden Die partielle Differentiation von Gl. (14.4) nach m ergibt 2
n [mxi + b − yi ]xi = 0 .
(14.5)
i=1
Aus der Differentiation nach b folgt 2
n [mxi + b − yi ] = 0 .
(14.6)
i=1
Die Gleichungen (14.5) und (14.6) k¨ onnen wie folgt umgeformt werden m
n
x2i + b
i=1
bzw. m
n
xi =
i=1
n
n
y i xi
(14.7)
i=1 n
xi + nb =
i=1
yi .
(14.8)
i=1
L¨ ost man dieses Gleichungssystem (Gl. (14.7) und (14.8)) nach den gesuchten Werten m bzw. b auf, so erh¨ alt man die Geradensteigung m n
m=
n
xi
i=1
yi − n
i=1
n
−n
i=1 n
=
xi y i −
i=1 n i=1
und den Achsenabschnitt b 1 b= n
"
x2i −
n i=1
n i=1
1 n
xi y i
i=1
2
xi
n
n
xi
i=1
1 n
yi − m
n
(14.9) x2i
n
yi
i=1 2
xi
i=1
n
# xi
.
(14.10)
i=1
Die Koeffizienten m und b lassen sich nach dem in Abb. 14.2 gezeigten Schema berechnen. Nachdem die Koeffizienten der Ausgleichsgeraden bestimmt wurden, stellt sich im allgemeinen die Frage nach der Qualit¨at dieser linearen Approximation, d.h. nach der G¨ ute bei der linearen Regression. Um letztlich die Vertrauensbereiche f¨ ur die Parameter der Ausgleichsgeraden angeben zu k¨ onnen, sind noch einige mathematische Definitionen notwendig, die im folgenden Abschnitt (Kap. 14.1.2) behandelt werden.
436
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Schema zur linearen Regression: Berechnung einer Ausgleichsgeraden aus n Meßwertepaaren {xi , yi } 1. Berechnung der Mittelwerte μx = x =
n 1 xi n i=1
μy = y =
n 1 yi n i=1
2. Berechnung von 3 Hilfsgr¨ oßen1 Qx =
s2x (n
− 1) =
n
n
(xi − x) = 2
i=1
Qy =
s2y (n
− 1) =
n
i=1
(yi − y) = 2
i=1
Qxy = sxy (n − 1) =
1 − n
x2i
n
n
n
i=1
1 − n
xi
i=1
yi2
2
n
2
yi
i=1
(xi − x) (yi − y)
i=1
=
n
xi yi −
i=1
n n 1 xi yi n i=1 i=1
3. Berechnung der Koeffizienten m und b: Steigung2
m = Qxy /Qx
Achsenabschnitt
1 b = y − mx = n
n i=1
yi − m
n
xi
i=1
Abb. 14.2: Schema zur linearen Regression: Berechnung einer Ausgleichsgeraden aus n Meßwertepaaren {xi , yi }
1
2
Qx , Qy werden auch als Summe der quadratischen Abweichungen bezeichnet (abgek¨ urzt: S.d.q.A.). sx und sy bezeichnen die Varianz von x bzw. y und sxy die Kovarianz zwischen x und y (siehe folgenden Abschnitt). Die Steigung m wird auch als Regressionskoeffizient bezeichnet.
14.1 Regressionsverfahren
437
14.1.2 Gu ¨ te der Anpassung bei der linearen Regression (Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient) Nach der eigentlichen Ermittlung der Ausgleichsgeraden gilt es, die G¨ ute dieses Ergebnisses zu beurteilen. Konkret heißt dies, Vertrauensbereiche f¨ ur die Koeffizienten m (Geradensteigung) und b (Achsenabschnitt) anzugeben. Um diese berechnen zu k¨ onnen, ben¨ otigen wir quantitative Angaben f¨ ur Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient [50]. Diese und weitere, im Zusammenhang dazu stehende Begriffe sollen zun¨achst einmal in mathematischer Form definiert werden. Definition: Wahrscheinlichkeitsdichte (Wahrscheinlichkeitsverteilung) Im folgenden bezeichnet p(x) die Wahrscheinlichkeitsdichte (Wahrscheinlichkeitsverteilung) f¨ ur eine Zufallsgr¨ oße x mit den Eigenschaften +∞ p(x)dx = 1 (14.11) −∞
p(x) ≥ 0 .
(14.12)
Die Wahrscheinlichkeit P(a), daß ein Funktionswert x kleiner oder h¨ochstens gleich a ist, ergibt sich aus dem Integral p(x) a P (a) = p(x)dx. (14.13) −∞
P {a < x < b} entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der der Funktionswert x zwischen den Gr¨ oßen a und b liegt b P {a < x < b} = p(x)dx. (14.14) a
Definition: Gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte pxy (x, y) zweier Zufallsvariablen pxy (x, y) ist gegeben als ∂ 2 Pxy (x, y) ∂x∂y
pxy (x, y) = bzw.
Pxy (a, b) =
b
−∞
(14.15)
a
−∞
pxy (x, y)dxdy ,
(14.16)
wobei die Wahrscheinlichkeitsverteilung Pxy (a, b) = P {a ≤ x ∧ b ≤ y}
(14.17)
zweier Zufallsvariablen x, y die Wahrscheinlichkeit P angibt, mit der der Funktionswert von x kleiner oder h¨ ochstens gleich a ist und der Funktionswert von y kleiner oder h¨ ochstens gleich b ist.
438
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Definition: Erwartungswert Der Erwartungswert eines Zufallssignales x (auch als Zufallsvariable, Zufallsgr¨ oße bzw. Zufallsprozeß bezeichnet) entspricht dem Integral u ¨ber dem Produkt aus der Zufallsgr¨ oße x und seiner Wahrscheinlichkeitsdichte p(x)
+∞
E{x} =
x p(x)dx .
(14.18)
−∞
Der Erwartungswert ist ein linearer Operator. Definition: Erwartungswert 2. Ordnung Der Erwartungswert-Operator l¨ aßt sich auch auf das Produkt mehrerer Zufallssignale bzw. deren Potenzen anwenden [67]. Das sog. Gemeinsame Moment zweier Zufallssignale ist definiert als +∞ +∞ μxy,kn = E{xk y n } = xk y n pxy (x, y)dxdy . (14.19) −∞
−∞
F¨ ur den Spezialfall k = n = 1 folgt +∞ μxy = E{xy} = −∞
+∞
−∞
xypxy (x, y)dxdy .
(14.20)
Definition: Varianz Die Varianz entspricht dem Quadrat der (empirischen) Standardabweichung (s. auch Kap. 5.2) Var(x) = s2x = E{(x − μx )2 } . (14.21) Dabei ist μx der Mittelwert der Zufallsvariablen x (siehe Abb. 14.2) und E bezeichnet den Erwartungswert. Die Varianz l¨ aßt sich auch mit Hilfe der Wahrscheinlichtsdichte px ausdr¨ ucken +∞
Var(x) = −∞
(x − μx ) px (x) dx .
(14.22)
Die Varianz s2x einer diskreten Zufallsvariablen-Stichprobe3 x1 , x2 , . . . , xn ist demnach folgendermaßen definiert 1 1 = (xi − x)2 = (xi − μx )2 . n − 1 i=1 n − 1 i=1 n
s2x 3
n
(14.23)
Um kompatibel zu der u ¨brigen Meßtechnik-Literatur zu bleiben, wird im folgenden nicht mehr zwischen Varianz (Gesamtheit des Loses (N → ∞)) und Schwankung (=empirische Standardabweichung (N < ∞)) unterschieden.
14.1 Regressionsverfahren
Dies l¨ aßt sich auch ausdr¨ ucken als 1 2 1 = xi − n − 1 i=1 n(n − 1) n
s2x bzw.
1 2 n 1 μx = x − s2x = n − 1 i=1 i n−1 n−1 n
" n
439
#2 xi
(14.24)
i=1
" n
# x2i − n μx
.
(14.25)
i=1
Aus der Varianz l¨ aßt sich leicht die ebenfalls oft verwendete Summe der quadratischen Abweichung Qx (S.d.q.A.) (s. auch Abb. 14.2) errechnen Qx = (n − 1) s2x .
(14.26)
Definition: Kovarianz Im Zuge der Regressionsanalyse ist die Frage zu kl¨aren, inwieweit zwei Zufallsvariable x und y voneinander abh¨ angig sind. Dies wird durch die sog. Kovarianz festgelegt Cov(x, y) = sxy = E{(x − μx )(y − μy )} = E{x, y} − μx μy .
(14.27)
Dabei sind μx und μy die Mittelwerte der Zufallsvariablen x und y (siehe Abb. 14.2) und E entspricht dem Erwartungswert. Die Kovarianz, die auch als erstes gemeinsames Moment bezeichnet wird, l¨ aßt sich auch mit Hilfe der gemeinsamen Wahrscheinlichtsdichte pxy ausdr¨ ucken +∞ +∞ (x − μx )(μ − μy )pxy (x, y)dxdy . (14.28) Cov(x, y) = −∞
−∞
Sie beschreibt die statistische Abh¨ angigkeit zweier Zufallssignale. Die beiden Zufallsvariablen sind statistisch unabh¨ angig, wenn ihre Kovarianz Null ist Cov(x, y) = 0. In diesem Fall berechnet sich die Wahrscheinlichkeitsdichte p(x, y) f¨ ur das gleichzeitige Eintreten der Ereignisse x und y aus dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten p(x, y) = p(x) p(y). Außerdem gilt E{x, y} = E{x} E{y}. Die Kovarianz zweier diskreter Zufallsvariablenfolgen x und y ergibt sich aus 1 (xi − μx ) (yi − μy ) n − 1 i=1 n
sxy =
1 = n−1 sxy =
" n
Qxy . n−1
# xi yi − n μx μy
(14.29)
i=1
(14.30)
440
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Definition: Restvarianz Die Restvarianz sr der Ausgleichsgeraden (Kap. 14.1.1) berechnet sich wie folgt " # Q2xy Qy Qy − m Qxy 2 = 1− , (14.31) sr = n−2 n−2 Qx Qy wobei m der Steigung der Ausgleichsgeraden und n der Anzahl der behandelten Meßpunkte enspricht. Sie wird ben¨ otigt, um die Vertrauensbereiche von Geradensteigung m und Achsenabschnitt b quantifizieren zu k¨onnen. Definition: Korrelationskoeffizient Der Korrelationskoeffizient r ist ein die Gu ¨ te der Anpassung charakterisierender Parameter (0 < r < 1). Je n¨ aher der Korrelationskoeffizient r bei 1 liegt, desto besser ist die Anpassung. Der Korrelationskoeffizient r l¨ aßt sich aus den beiden Einzelvarianzen sx und sy sowie der Kovarianz sxy (siehe Abb. 14.2 bzw. Gln.(14.25) und (14.29)) bestimmen sxy r= . (14.32) sx sy Mit den Wurzeln der Einzelvarianzen sx und sy und der Kovarianz sxy ergibt sich schließlich der Korrelationskoeffizient, der die G¨ ute der Anpassung der Ausgleichsgeraden beschreibt
n 2 n 1 2 xi − n xi sxy Qxy i=1 rxy = = = m i=1 (14.33)
2 . n n sx sy Qx Qy ! 1 2 yi − n yi i=1
i=1
Angabe der Vertrauensbereiche fu ¨ r die Parameter der Ausgleichsgeraden Mit obigen Definitionsgleichungen kann schließlich die Angabe der Vertrauensbereiche (Konfidenzintervalle) f¨ ur die Parameter m und b der Ausgleichsgeraden bzw. deren Ordinatenwerte erfolgen
n s2 2 m ± t(n − 2, P )! r x n Qx i=1 i
(14.34)
b ± t(n − 2, P )
s2r Qx
(14.35)
14.1 Regressionsverfahren
y ± t(n − 2, P )
(x − x)2 n(s2x − m2 s2x ) + s2x . n (n − 2) s2x
441
(14.36)
Der Vertrauensfaktor t ergibt sich nach Vorgabe der gew¨ unschten statistischen Sicherheit P [%] aus der Student-Verteilung (s. Tab. 5.2) f¨ ur die Ereignisanzahl (n − 2). Die Anzahl der betrachteten Meßpunkte betr¨agt n. Tip: Diese Berechnungen k¨ onnen mit dem Programm berechne_regressionsgerade.vi auf der CDROM nachvollzogen werden. Es k¨ onnen simulierte Messwerte eingelesen, die statistischen Daten berechnet und Regressionsgeraden ermittelt werden.
14.1.3 Ausgleichspolynome Die Erweiterung der linearen Regression (Kap. 14.1.1) f¨ uhrt zur polynomialen Regression, bei der die Anpaßkure y˜ durch ein Polynom p-ten Grades beschrieben wird y˜ = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . ap xp . (14.37) Die Vorgehensweise soll zun¨ achst anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden. Die Anpaßkurve wird hier in Form eines Polynoms dritten Grades beschrieben y˜(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 . (14.38) Das bereits oben angewandte Gaußsche Prinzip der kleinsten Quadrate (Gaußsches Minimalprinzip) soll auch hier Anwendung finden Δ=
n
Δ2i =
i=1
n ! [˜ y (xi ) − yi ]2 = min. .
(14.39)
i=1
Dabei werden wiederum n Meßwertepaare {xi , yi } vorausgesetzt. Das Nullsetzen der partiellen Ableitungen nach den Koeffizienten ai (i = 1, 2, 3) ∂Δ ∂Δ ∂Δ ∂Δ = = = =0 ∂a0 ∂a1 ∂a2 ∂a3 f¨ uhrt zu folgendem Gleichungssystem ⎛ ⎞ n n n n xi x2i x3i ⎜ ⎟ i=1 i=1 i=1 ⎜ n ⎟ n n n ⎜ ⎟ 2 3 4 ⎜ ⎟ x x x x ⎜ i=1 i i=1 i i=1 i i=1 i ⎟ ⎜ ⎟ n n n n ⎜ ⎟ 2 3 4 5⎟ ⎜ xi xi xi xi ⎟ ⎜ ⎜ i=1 i=1 i=1 i=1 ⎟ ⎝ ⎠ n n n n x3i x4i x5i x6i i=1
i=1
i=1
i=1
(14.40)
⎛ ⎞ n yi ⎜ i=1 ⎟ a0 ⎜ n ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜a ⎟ ⎜ ⎟ x y ⎜ 1 ⎟ ⎜ i=1 i i ⎟ ⎜ ⎟=⎜ ⎟. n ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ 2 ⎟ ⎜ a2 ⎟ ⎜ xi y i ⎟ ⎝ ⎠ ⎜ ⎜ i=1 ⎟ ⎝ ⎠ n a3 3 xi y i ⎛
⎞
i=1
(14.41)
442
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Die L¨ osung dieses Gleichungssystems ergibt schließlich die gesuchten Koeffizienten ai (i = 0, 1, 2, 3) des Polynoms. 14.1.4 Mehrfache lineare Regression Die mehrfache lineare Regression (auch als multiple lineare Regression bezeichnet) ist eine Erweiterung der einfachen linearen Regression. Dabei h¨angt ein Meßergebnis y linear von nunmehr mehreren Variablen x1 , x2 , . . . xp (man spricht in diesem Zusammenhang auch von Covariablen) ab y = a 0 + a 1 x1 + a 2 x2 + . . . + a p xp + E ,
(14.42)
wobei E eine St¨ orgr¨ oße repr¨ asentiert, also eine stochastische Variable (Zufallsvariable). Damit ist das Ergebnis ebenfalls eine Zufallsvariable. Die Aufgabe der mehrfachen linearen Regression ist es nun, die abh¨angige Variable y als Funktion mehrerer (in Bezug auf die Laufvariable i) unabh¨angiger Variablen, die in Form eines Variablenvektors [xip ] = (xi1 , xi2 , . . . , xip ) zusammengefaßt werden, mit Hilfe eines Sch¨ atzwertes yˆ vorherzusagen yˆ = b0 + b1 x1 + b2 x2 + . . . + bp xp .
(14.43)
Dabei bilden die bj (j = 1, 2, . . . , p) die Elemente des Vektors der gesch¨atzten Regressionskoeffizienten. Wir wollen davon ausgehen, daß f¨ ur jeden Vektor [xip ](i = 1, 2, . . . , n) jeweils n Meßwerte yi (i = 1, 2, . . . , n) vorliegen. Somit ergibt sich f¨ ur jede Beobachtung (Messung) i(i = 1, 2, . . . , n) eine Gleichung der Form yi = a0 + a1 xi1 + a2 xi2 + . . . + ap xip + Ei .
(14.44)
Das daraus resultierende Gleichungssystem l¨ aßt sich mit Hilfe der folgenden [n × (p + 1)]-Matrix [X] ⎛
1 x11 x12 . . . x1j . . . x1p
⎜ ⎜1 x x ... 21 22 ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ .. ⎜. ⎜ [X] = ⎜ ⎜1 x x ... i1 i2 ⎜ ⎜ ⎜. ⎜. ⎜. ⎝
⎞
⎟ x2j . . . x2p ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ .. ⎟ .. . ⎟ . ⎟ ⎟ xij . . . xip ⎟ ⎟ ⎟ .. ⎟ .. ⎟ . ⎟ . ⎠
1 xn1 xn2 . . . xnj . . . xnp
(14.45)
14.1 Regressionsverfahren
sowie der n-dimensionalen Vektoren ⎛ ⎞ y1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ y2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ [y] = ⎜ ... ⎟ , ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ yi ⎟ ⎝ ⎠ yn und dem [p + 1]-dimensionalen Vektor ⎛
⎛
E1
⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ E2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ E=⎜ . ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ Ei ⎟ ⎝ ⎠ En
a0
443
(14.46)
⎞
⎜ ⎟ ⎜a ⎟ ⎜ 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ a2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ [a] = ⎜ ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ aj ⎟ ⎝ ⎠ ap
(14.47)
wie folgt darstellen [y] = [X] [a] + [E] .
(14.48)
Die einfache lineare Regression ergibt sich aus obigen Gleichungen f¨ ur p = 1. Der Fall p ≥ 2 repr¨ asentiert die mehrfache lineare Regression. Wie bei der linearen Regression wird wiederum die Summe der quadratischen Abweichungen minimiert. Nach dem sog. Gauß-Markov-Theorem erh¨alt man schließlich den Vektor der gesch¨ atzten Regressionskoeffizienten [b] als [96]4 ⎛ ⎞ b0 ⎜ ⎟ ⎜b ⎟ ⎜ 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ −1 ⎜ ⎟ [b] = ⎜ ⎟ = [X]T [X] [X]T [y] . (14.49) ⎜b ⎟ ⎜ j⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ ⎠ bp 4
Um die hier verwendete Schreibweise mit der Darstellung in [96] vergleichbar zu machen, ist f¨ ur die Matrix [X] deren Transponierte [X]T zu verwenden (siehe S. 62 in [96]).
444
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Dabei bezeichnet [X]T die Transponierte der Matrix [X]. Dieser Sch¨atzer ist der sog. beste lineare unverzerrte Sch¨ atzer (Best Linear Unbiased Estimator = BLUE). Mit Hilfe dieses Sch¨ atzers (Minimum-Quadrat-Sch¨atzer) ergibt sich folgendes Gleichungssystem [y] = [X] [b] + [e] = [ˆ y ] + [e] ,
(14.50)
wobei [ˆ y ] die Sch¨ atzwerte von [y] enth¨ alt und [e] den Vektor der Residuen repr¨ asentiert. Der Vektor der Sch¨ atzwerte berechnet sich also aus [ˆ y ] = [X] [b] = [X]([X]T [X])−1 [X]T [y] = [H][y] ,
(14.51)
wobei die [n×n]-Matrix [H] als sog. Hat-Matrix (Hut-Matrix) bezeichnet wird. Die Residuen ergeben sich demnach wie folgt [e] = [y] − [ˆ y ] = [y] − [H] [y] .
(14.52)
Im allgemeinen interessiert man sich f¨ ur die sog. Prognose yˆ0 von [y] f¨ ur ein gegebenes Wertetupel [x0 ] (= Meßstelle [x01 , x02 , . . . , x0p ]). Sie berechnet sich zu yˆ0 = b0 + b1 x01 + b2 x02 + . . . + bp x0p = [x0 ]T [b] . (14.53)
14.2 Lineare Korrelation Die lineare Korrelation besch¨ aftigt sich mit der Frage, inwieweit Wertepaare {xi , yi } linear abh¨ angig sind. Im Gegensatz zur linearen Regression wird hier y nicht als abh¨angige und x nicht als unabh¨angige Variable bezeichnet. Da nunmehr keine Unterscheidung nach abh¨angiger und unabh¨angiger Variable erfolgt, ist die Definition von zwei Ausgleichsgeraden sinnvoll, nachdem die Wertepaare {xi , yi } in ein x-y-Diagramm eingetragen wurden. Zur Festlegung der Geraden wird wiederum das bereits bei der linearen Regression eingesetzte Verfahren der Fehlerquadratminimierung (Gaußsches Minimalprinzip) eingesetzt (s. Kap. 14.1.1). Die beiden Ausgleichsgeraden (Abb. 14.3) lassen sich wie folgt definieren y˜ = m1 x + b1
(14.54)
x ˜ = m2 y + b2 .
(14.55)
bzw. Daraus resultieren zwei M¨ oglichkeiten, die Fehlerquadratminimierung durchzuf¨ uhren ! (˜ y − yi )2 = min. (14.56) bzw. ! (˜ x − xi )2 = min. .
(14.57)
14.2 Lineare Korrelation
445
y
x Abb. 14.3: Meßwertepaare {xi , yi }, die durch zwei Ausgleichsgeraden gem¨ aß Gl. (14.54) bzw. Gl. (14.55) approximiert werden.
Im allgemeinen f¨ uhrt dieser Prozeß zu unterschiedlichen Geraden. F¨ ur den Fall, daß vollkommene lineare Unabh¨angigkeit zwischen den Werten der Variablen x und y besteht, streben die beiden Steigungen m1 und m2 gegen Null (Abb. 14.4). F¨ ur den Fall, daß die beiden Geraden zusammenfallen (Abb. 14.5), besteht ein direkter funktionaler Zusammenhang. Je nach Grad der linearen Abh¨ angigkeit variieren die Geradensteigungen also zwischen den Werten m1 = m2 = 0 (lineare Unabh¨angigkeit) und einem oberen Wert m1 = 1/m2 (vollst¨andige lineare Abh¨angigkeit). Da dieser obere y m 2= 0
m 1= 0
x Abb. 14.4: Fall der vollst¨ andigen linearen Unabh¨ angigkeit (m1 = m2 = 0)
446
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
y
1 m 1= m
2
x Abb. 14.5: Fall des funktionalen Zusammenhangs: Die beiden Ausgleichsgeraden fallen zusammen.
Wert aber nicht von vorneherein feststeht, l¨aßt sich der Grad der linearen Abh¨ angigkeit erst nach einer Normierung beurteilen. Dies f¨ uhrt zu einer normierten Steigung r, die dem Korrelationskoeffzient entspricht (siehe auch Gl. (14.32) und Gl. (14.33)). Im Gegensatz zur Kovarianz ist der Korrelationskoeffizient eine reine Maßzahl ohne Einheit. Der Korrelationskoeffizient nimmt Werte zwischen −1 und +1 an (−1 ≤ r ≤ +1). Ein Korrelationskoeffizient r = 0 bedeutet, daß keine lineare Abh¨angigkeit besteht. Bei vollkommener linearer Abh¨ angigkeit nimmt r den Wert +1 bzw. −1 an. Das Vorzeichen beschreibt dabei die Steigungsrichtung der gemeinsamen Geraden (Abb. 14.5). Der Korrelationskoeffizient l¨ aßt sich wie folgt angeben n
Qxy r= = % Qx Qy n ! y2 − i=1
i
xi y i −
i=1
1 n
n
i=1
1 n
n i=1
2 ' % yi
xi
n
i=1
n
yi
i=1
x2i −
1 n
n
2 '
. (14.58)
xi
i=1
Bei der Beurteilung der linearen Abh¨ angigkeit anhand des Korrelationskoeffizienten muß die Stichprobenanzahl mit ins Kalk¨ ul gezogen werden. So liefern beispielsweise zwei Wertepaare immer den Wert r = 1. Aus diesem Grund ist zu dieser Beurteilung noch der im folgenden behandelte Vertrauensbereich von r hinzuziehen.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
447
Vetrauensbereich des Korrelationskoeffizienten Da der nach Gl. (14.58) ermittelte Korrelationskoeffizient nur ein Sch¨atzwert des Korrelationskoeffizienten ρ der Grundgesamtheit (setzt unendlich viele Messungen voraus) darstellt, sollte man den Vertrauensbereich f¨ ur r ermitteln, um eine Aussage der m¨ oglichen Abweichungen von ρ als Funktion einer gew¨ ahlten statistischen Sicherheit zu erhalten. Um den Vertrauensbereich eines anhand einer Stichprobe mit n Einzelmessungen ermittelten Korrelationskoeffizienten anzugeben, bedient man sich des nachfolgenden Schemas in Abb. 14.6. Die Grundlagen hierzu findet der interessierte Leser beispielsweise in [69].
Korrelation und Kausalit¨ at Ein hoher Korrelationskoeffizient ist auf eine starke lineare Abh¨angigkeit zur¨ uckzuf¨ uhren. Daraus darf aber nicht unmittelbar auf eine Kausalit¨at im Sinne eines Ursache-Wirkungs-Prinzips geschlossen werden. Es gibt unz¨ ahlige Beispiele f¨ ur Scheinkorrelationen oder sogar Unsinnrelationen, die durchaus nicht auf eine gemeinsame Ursache zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Ein kausaler Zusammenhang muß zun¨ achst einmal von der Sache her begr¨ undet sein. Anhand einer dazu durchgef¨ uhrten Korrelation l¨aßt sich lediglich pr¨ ufen, ob eine Hypothese zu einem bestimmten Ursache-Wirkungs-Prinzip h¨alt oder nicht. Es darf aber keinesfalls aus einem hohen Korrelationsgrad unmittelbar auf einen entsprechenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang geschlossen werden. Als Beispiel k¨ onnte angef¨ uhrt werden, daß die steigende Lebenserwartung und die steigende Preisentwicklung sicherlich keinen unmittelbaren kausalen Zusammenhang aufweisen, aber dennoch zwischen beiden ein von Null verschiedener Korrelationskoeffizient besteht.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen Die Wahrscheinlichkeitsverteilung, welche die Grundgesamtheit beschreibt, wird als wahre Wahrscheinlichkeitsverteilung bezeichnet. Diese wahren Verteilungen sind aber in der praktischen Meßtechnik nicht bekannt. Mit Hilfe von sog. Tests muß daher des ¨ ofteren entschieden werden, ob bestimmte Vermutungen u ¨ber die Wahrscheinlichkeitsverteilungen bzw. deren Parameter zutreffen oder nicht. Zur Durchf¨ uhrung eines Tests stellt man eine Arbeitshypothese auf. Diese wird als Nullhypothese H0 bezeichnet. Die dieser Nullhypothese widersprechende Vermutung wird Alternativhypothese H1 genannt.
448
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Schema zur Berechnung tionskoeffizienten
des
Vertrauensbereiches
des
Korrela-
1. Vorgabe der gew¨ unschten statistischen Sicherheit, z. B. P = 99% 2. Anhand Abbildung 14.7 ist der Wert des Vertrauensfaktors t bzw. der folgende Wert c zu ermitteln c=
t = f (P [%]) σ
mit σ= √
1 . n−3
3. Berechnung des Korrelationskoeffizienten r (Sch¨ atzwert) gem¨ aß Gl. (14.58) n
Qxy = r= Qx Qy n y2 − i=1
i
xi yi −
i=1
1 n
n
1 n
n i=1
2
yi
i=1
xi
n
i=1
n
yi
i=1
x2i −
1 n
n
2
.
xi
i=1
4. Ermittlung der Hilfsvariablen z0 1 1+r z0 = ln = artanh (r) . 2 1−r 5. Bestimmung der Randwerte r1 und r2 des Konfidenzintervalls gem¨ aß t r1 = tanh z0 − √ = tanh (z0 − c) n−3 bzw.
t r2 = tanh z0 + √ = tanh (z0 + c) . n−3
6. Angabe des Vertrauensbereiches des Korrelationskoeffizienten ρ f¨ ur die unter 1. gew¨ ahlte statistische Sicherheit r 1 ≤ ρ ≤ r2 .
Abb. 14.6: Schema zur Berechnung des Vertrauensbereiches des Korrelationskoeffizienten
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
449
P(c) 100 %
50
p(x)
-c μ c
x
10 0 0
1. σ
2. σ
3. σ
c
Abb. 14.7: Statische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P (c) als Funktion der Vielfachen der Standardabweichung σ. P (c) gibt an, mit welcher statistischer Sicherheit ein Wert einer Normalverteilung x im Intervall ±c um den Mittelwert μ liegt, d. h. |x − μ| ≤ c [114].
Zweck dieser Tests ist es nun, auf der Basis eines Stichprobenergebnisses eine Entscheidung dar¨ uber zu treffen, ob die Nullhypothese oder die Alternativhypothese gilt. Die konkrete Stichprobe wird dabei als Pru ¨ fgro ¨ße bezeichnet. Der Wertebereich der Pr¨ ufgr¨ oße wird in einen kritischen und einen nichtkritischen Bereich (Akzeptieren der Nullhypothese) unterteilt. Dabei muß bedacht werden, daß es bei der Durchf¨ uhrung von Tests zu Fehlern im Sinne einer falschen Entscheidung kommen kann. Man spricht von Fehler 1. Art, wenn f¨ ur H1 entschieden wird, obgleich H0 richtig ist, und im umgekehrten Fall von Fehler 2. Art (s. Tabelle 14.1). Als Signifikanzniveau α wird die dem Test eigene Wahrscheinlichkeit bezeichnet, die zum Verwerfen der Nullhypothese f¨ uhrt, obwohl sie gilt ( =Fehler 1. Art). In den meisten praktischen F¨ allen wird das Signifikanzniveau vorge¨ geben. Ubliche Werte sind α = 0, 01 bzw. α = 0, 05. Beim Test besteht nun die Aufgabe darin, nach Vorgabe des Stichprobenumfanges den kritischen Bereich so festzulegen, daß das vorgew¨ ahlte Signifikanzniveau eingehalten wird und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Fehler 2. Art so gering wie m¨ oglich bleibt. In den meisten F¨ allen lassen sich die zugelassenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen durch einen Parameter ϑ in eindeutiger Weise beschreiben. Als
450
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Operations-Charakteristik OC des Tests wird die Funktion L(ϑ) bezeichnet, die mit einer vorgebbaren Wahrscheinlichkeit zum Nichtverwerfen der Nullhypothese f¨ uhrt. Die hierzu komplement¨are Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Verwerfen der Nullhypothese H0 hingegen heißt Gu ¨ tefunktion G(ϑ). Demnach erg¨ anzen sich die beiden Funktionen zu G(ϑ) + L(ϑ) = 1 .
(14.59)
Dies bedeutet, daß G(ϑ) die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Eintreten des Fehlers 1. Art beziffert, w¨ ahrend L(ϑ) den entsprechenden Wert f¨ ur den Fehler 2. Art darstellt. F¨ ur viele Standardtests sind in der Literatur [50] zu vorgegebenen Signifikanzniveaus α und festgelegten Stichprobenumf¨angen die OperationsCharakteristiken L(ϑ) graphisch dargestellt. In dem in Abb. 14.8 gezeigten Schema wird das prinzipielle Vorgehen bei Tests nochmals zusammengefaßt. Vorgehen bei Hypothesen-Tests 1. Problemdefinition: • Voraussetzungen kl¨ aren • Nullhypothese H0 und Alternativhypothese H1 aufstellen 2. Testverfahren ausw¨ ahlen 3. Signifikanzniveau α festlegen (unter Beachtung der Folgen eines Fehlers 1. Art) 4. Stichprobenumfang festlegen: Falls die Operationscharakteristik OC des Tests bekannt ist, l¨ aßt sich dieser so bestimmen, daß f¨ ur eine bestimmte Wahrscheinlichkeitsverteilung unter der Alternativhypothese eine konkrete Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Fehler 2. Art eingehalten wird. 5. Wirksamkeit des Tests anhand OC bestimmen (falls diese bekannt ist) 6. Pr¨ ufwert ermitteln 7. Entscheiden: Vergleich des Pr¨ ufwertes mit dem kritischen Wert 8. Ergebnis der Entscheidung interpretieren Abb. 14.8: Schema zum prinzipiellen Vorgehen bei Hypothesen-Tests Tabelle 14.1: Fehler bei Hypothesen-Testentscheidungen, H0 : Arbeitshypothese, H1 : Alternativhypothese Realit¨ at Test H0 trifft zu H1 trifft zu √ H0 angenommen Fehler 2. Art √ H1 angenommen Fehler 1. Art
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
451
14.3.2 Beispiele fu ¨ r Tests Pru ¨ fung auf Normalverteilung Da viele Fehleranalysen darauf beruhen, daß die Meßwerte normalverteilt sind, ist es wichtig zu wissen, wie eine Stichprobe getestet werden kann, ob sie einer Normalverteilung (Gauß-Verteilung) entstammt. Die prinzipiell einfachste M¨ oglichkeit eines solchen Tests besteht darin, die Meßwerte in ein sog. Summenh¨aufigkeitspapier5 einzutragen. Die eingetragenen Punkte liegen im Falle einer Normalverteilung auf einer Geraden. Der Erwartungswert μ wird bei der Summenh¨ aufigkeit von 50 % abgelesen. Zur Beurteilung, ob eine Normalverteilung vorliegt oder nicht, wird anhand von zwei Kriterien beurteilt: 1. Wie groß ist die Abweichung der Punkte von der Geraden? 2. Wie groß ist die Abweichung des aus der Stichprobe errechneten Mittelwertes x vom abgelesenen Erwartungswert μ ? Die zweite Testm¨ oglichkeit besteht im sog. χ2 -Test (Abb. 14.9). Der Grundgedanke dieses Tests besteht in der Unterteilung der x-Achse (unabh¨angige Variable) in Teilintervalle und der Berechnung der zu diesen Intervallen geh¨ orenden Wahrscheinlichkeiten der betreffenden Zufallsvariablen x. Diese Wahrscheinlichkeiten werden aus der in der Hypothese angenommenen Verteilungsfunktion F (x) ermittelt. Die so ermittelten Wahrscheinlichkeiten werden dann mit den relativen Klassenh¨ aufigkeiten der gegebenen Stichprobe verglichen. Bei zu großen Abweichungen wird die Hypothese (F (x) ist die Verteilungsfunktion von x) verworfen. Tip: Zu dieser Thematik befinden sich mehrere LabVIEWProgramme auf der CDROM. Die Dichtefunktion der χ2 Verteilung kann mit chi_square_density.vi als Kurvenschar mit dem Parameter nf als Freiheitsgrad gezeichnet werden. Ein Beispiel f¨ ur einen χ2 -Test, wie er auf der folgenden Seite beschrieben wird, ist in chi_square_test_example.vi zu finden. Dort werden die Fehler, mit denen eine Messung behaftet ist, daraufhin u uft, ob sie normalverteilt sind. Die Grafik in Abbildung 14.10 ¨berpr¨ kann mit dem Programm chi_square_chart.vi erzeugt werden, wobei die Wahrscheinlichkeitsgrenzen eingestellt werden k¨onnen.
5
Beim Summenh¨ aufigkeitspapier ist die Abszisse gem¨ aß einer Gaußschen Normalverteilung verzerrt, so daß diese wie eine Gerade auf dem Summenh¨ aufigkeitspapier erscheint.
452
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Die Durchf¨ uhrung des χ2 -Tests besteht aus folgenden Schritten [114]: atzwert) und Schwankung s: 1. Ermittlung von Mittelwert x (Sch¨ x=
n 1 xi n i=1
s=
n
n 2 n 1 1 1 2 2 (xi − x) = x − xi . n − 1 i=1 n − 1 i=1 i n i=1
2. Einteilung der Meßwerte in K Klassen (K ≥ 4), so daß in einem Intervall mindestens 5 Meßwerte liegen. 3. Bestimmung der mit nei bezeichneten Anzahl der in den einzelnen Klassen befindlichen Meßwerte. 4. Anhand einer Normalverteilung (mit μ = x und σ = s) werden die Wahrscheinlichkeiten Pi (i = 1, 2, . . . , K) ermittelt, mit der die Meßwerte in der Klasse i liegen. Daraus wir die Anzahl noi von Meßwerten ermittelt, die im jeweiligen Intervall i im Falle der Normalverteilung liegen w¨ urden noi = n Pi , wobei n den Umfang der Stichprobe bezeichnet. 5. Anhand des folgendermaßen errechneten χ2 -Wertes χ2 =
K (nei − noi ) 2 noi i=1
entscheidet man u ¨ber die Annahme bzw. das Verwerfen der Hypothese, ob die Stichprobe zu einer Normalverteilung geh¨ ort oder nicht. 6. Vorgabe des Signifikanzniveaus α, typischerweise 1 % bzw. 5 %. 7. L¨ osen der Gleichung P (χ2 ≥ c) = 1 − α anhand einer Graphik bzw. einer Tabelle, welche die χ2 -Verteilung beschreiben. Dabei wird die Anzahl nf der Freiheitsgrade durch nf = K − 1 festgelegt. Abbildung 14.10 zeigt die α = 5 % (95 %) und α = 1 % (99 %).
χ2 -Verteilung
f¨ ur
die
Werte
Abb. 14.9: Schema zur Durchf¨ uhrung des χ2 -Tests (Pr¨ ufung, ob eine Normalverteilung vorliegt)
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
453
χ2 50 p(χ 2 )
40
c1
30
Hypothese verwerfen
χ2
c2
c2 = 5 %
men neh n a ese oth Hyp c1 = 5 %
c2 = 1 %
20
10 c1 = 1 %
5
Hypothese verwerfen
0 2
4
10
20
26
nf = K - 1
Abb. 14.10: χ2 -Verteilung f¨ ur die Signifikanzniveaus 1 % und 5 % als Funktion des Freiheitsgrades nf = K − 1 (s. auch Schema in Abb. 14.9) [114].
χ2 -Verteilung Sind n unabh¨ angige Zufallsvariable xi mit Normal-Verteilung im Intervall [0,1] gegeben, so hat ihre Quadratsumme yn = x21 + x22 + . . . x2n
(14.60)
die folgende Wahrscheinlichkeitsdichte, die auch χ2 -Verteilung mit n Freiheitsgraden genannt wird (Γ : Gamma-Funktion (s.u.)) [67, 69] / n 1 −1 − y2 e f¨ ur χ2 ≥ 0 , n y 2 n 2 Γ ( 2 )2 2 fyn (y = χ ) = (14.61) 0 f¨ ur χ2 < 0 . Gamma-Funktion Γ (α) bezeichnet die sog. Gamma-Funktion, die durch folgendes Integral gegeben ist ∞ Γ (α) = e−t tα−1 dt (α > 0) . (14.62) Es gilt Γ (1) = 1, Γ (1/2) =
√
0
π und Γ (n + 1) = n! .
454
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Pru angigkeit von Meßwerten ¨ fung auf lineare Abh¨ Im Zuge der linearen Regression wurde eine Ausgleichsgerade f¨ ur eine Schar von Meßwerten ermittelt (Kap. 14.1.1). Dabei zeigte sich, daß eine lineare Abh¨ angigkeit vorliegt, wenn die Steigung m der Geraden (Gl. (14.3)) signifikant von Null abweicht. Um dieses zu testen, geht man nach dem in Abb. 14.11 gezeigten Schema vor [114]. Test auf lineare Abh¨ angigkeit 1. Berechnung des Ausdrucks (s. Kap. 14.1.1) (n − 2)s2x c = m s2y − m2 s2x
.
2. Ermittlung der Wahrscheinlichkeit (statistischen Sicherheit) P [%], mit der die Gerade von einer mit der Steigung m = 0 abweicht anhand der StudentVerteilung (t-Verteilung) (Abb. 14.12 bzw. Tab. 5.2) P = P (c, n − 2) . 3. Entscheidung: F¨ ur kleine Werte von P , z. B. P ≤ 1 %, wird die Hypothese, daß m = 0 sei, verworfen. Damit ist statistisch gesichert, daß lineare Abh¨ angigkeit vorliegt. Abb. 14.11: Test auf lineare Abh¨ angigkeit von Meßwerten
Student t-Verteilung Die Studentsche t-Verteilung6 bildet die Grundlage wichtiger statistischer Tests. Es sind zwei unabh¨ angige Zufallsvariable x und y gegeben. Dabei besitzt x im Intervall [0,1] eine Normalverteilung und y eine χ2 -Verteilung mit n Freiheitsgraden (s. vorhergehenden Abschnitt). Die Zufallsvariable x t= (14.63) y/n hat dann die Wahrscheinlichkeitsdichte Γ n+1 ft (t) = √ 2 n · nπ 2 1+
1
t2 (n+1)/2 n
.
(14.64)
Die Verteilung ft (t) wird als Student t-Verteilung mit n Freiheitsgraden bezeichnet [67, 69]. Mit wachsendem n strebt die Verteilungsfunktion der tVerteilung gegen die Verteilungsfunktion der Normalverteilung mit dem Mittelwert 0 und der Varianz 1. 6
Sie wurde von W.S. Gosset eingef¨ uhrt und unter dem Namen “Student” ver¨ offentlicht.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
455
P
%
10 8
p(x)
6 5 4
P/2
P/2 -c 0 c
3
t
2
1.0 0.8 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2
0.1 1
2
3
4 5 6 7 8 9 10
30 40 50 60
100 c
nf = 5 n f = 10 nf =
8
nf = 1 nf = 2 nf = 3
20
Abb. 14.12: Student-Verteilung (t-Verteilung bzw. Studentsche t-Verteilung): P gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der gilt |t| ≥ c. Der Parameter ist der Freiheitsgrad nf [114].
Tip: Mit dem Programm teste_lin_abh.vi kann zus¨atzlich zur Berechnung von Regressionsgeraden auch noch der hier beschriebene Test auf lineare Abh¨ angigkeit durchgef¨ uhrt werden. Die Darstellung der Student-Verteilung nach Abb. 14.12 kann mit dem Programm students-t-verteilung.vi nachvollzogen werden.
456
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Test des Korrelationskoeffizienten In Kap. 14.2 wurde der Korrelationskoeffizient r f¨ ur die Verteilung zweier unabh¨ angiger Variablen xi und yi ermittelt. Dieser Korrelationskoeffizient r der Stichprobe ist nur ein Sch¨ atzwert des Korrelationskoeffizienten ρ der Grundgesamtheit und damit fehlerbehaftet. Es soll die Hypothese ρ = 0 gegen eine Alternativhypothese ρ > 0 getestet werden. Dazu geht man nach dem in Abb. 14.13 gezeigten Schema vor [69].
Test des Korrelationskoeffizienten 1. Vorgabe eines Signifikanzniveaus, z. B. α = 1 % bzw. α = 5 % . 2. Ermittlung des Wertes c anhand der Student-Verteilung (Abb. 14.12 bzw. Tab. 5.2) mit (n − 2) Freiheitsgraden (n: Stichprobenumfang) P (c, (n − 2)) = 1 − α . 3. Berechnung von t0 als Funktion des ermittelten Korrelationskoeffizienten r und dem Stichprobenumfang n n−2 . t0 = r 1 − r2 4. Entscheidung: Annahme der Hypothese ρ = 0 f¨ ur den Fall t0 ≤ c d. h. P (|t0 | ≤ t) = 1 − α und Verwerfen der Hypothese andernfalls. Abb. 14.13: Test des Korrelationskoeffizienten
15 Grundlagen der Rechnergestu ¨ tzten Meßdatenerfassung
15.1 Aufgaben, Bedeutung und Grundstrukturen von rechnergestu ¨ tzten Meßsystemen Im Digitalrechnerbereich wurden in den letzten Jahren in bezug auf Rechenleistung, Datentransfergeschwindigkeit sowie Speichergr¨oße enorme Fortschritte erzielt. Daher werden die Digitalrechner, insbesondere die immer leistungsf¨ ahigeren und preiswerteren Personalcomputer, auch gerne zur Bew¨altigung komplexer und umfangreicher Aufgaben im Rahmen der Messung elektrischer und nicht-elektrischer Gr¨ oßen herangezogen. Die Hauptaufgabengebiete sind dabei die Meßdatenerfassung und die Meßsignalverarbeitung. Daneben werden Digitalrechner auch zur Steuerung und Regelung von Anlagen und als Prozeßleitsysteme eingesetzt. Generell kann man Digitalrechner, die mit einem technischen Prozeß gekoppelt sind, als Prozeßrechner bezeichnen. Die Hauptaufgaben bei der rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung sind die korrekte Erfassung der Meßdaten, ihre anschließende Auswertung inklusive Fehlerkorrektur sowie ihre Visualisierung und effiziente Speicherung (Archivierung) (Abb. 15.1). ¨ Die Ubernahme von Meßdaten in einen Digitalrechner kann dabei auf verschiedenen Wegen geschehen. Eine der Standardmethoden basiert auf an den Rechnerbus angeschlossenen Meßmodulen, die auf einer Computereinsteck-
Erfassen Auswerten (inkl. Fehlerkorrektur) Visualisieren
Archivieren
Abb. 15.1: Hauptaufgaben der rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
458
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
karte realisiert sind (Instrument-on-a-Card) und in der Regel einen AnalogDigital-Umsetzer mit vorgeschaltetem Multiplexer enthalten (Abb. 15.2a). Eine weitere gebr¨ auchliche Methode besteht in der indirekten Steuerung von intelligenten“ Meßger¨ aten u ¨ber digitale Computer-Schnittstellen (Computer ” Controlled Instruments (CCI )) (Abb. 15.2b). Die wichtigsten Anforderungen an ein Meßdatenerfassungssystem sind neben der korrekten Erfassung der Meßsignale die schnelle Reaktion auf externe bzw. interne Ereignisse, die Priorit¨ atensteuerung der verschiedenen Aufgaben, gute Visualisierungs- und Archivierungsm¨ oglichkeiten, einfache Bedienung, hohe Zuverl¨assigkeit sowie die Erweiterbarkeit, Portierbarkeit und Wartbarkeit bez¨ uglich der Software. Als Hauptvorz¨ uge der computergest¨ utzten Meßdatenerfassung sind zu nennen: • • • •
Automatisierung kompletter Meßabl¨ aufe Einsparung redundanter Hardware (durch zeitlichen Multiplexbetrieb) sichere und effiziente Speicherung von Meßdaten Ersatz von dedizierten und an spezielle Aufgaben gebundene HardwareKomponenten durch anwendungsflexible Software-Module, z. B. bei der Filterung • gute Visualisierungs- und Archivierungsm¨ oglichkeiten durch Nutzung vielfach vorhandener Standard-PC-Software • leichte Einbindung der Meßdatenerfassung in Regelsysteme oder Anlagen der Automatisierungstechnik. Digitalrechner Rechner-Bus Prozeß (analoge) Meßgrößen
a)
Meßdatenerfassungs-Karte mit ADC
Intelligente Meßgeräte
b)
Rechner-Bus
Schnittstellen-Karte (z. B. RS232C oder IEC)
Prozeß (analoge) Meßgrößen
Digitalrechner
digitale Daten
Abb. 15.2: Digitalrechner in der Meßdatenerfassung: a) Instrument-on-a-Card, b) Computer Controlled Instruments (CCI)
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Meßsystemen
459
Bei der Auswahl der einzelnen Systemkomponenten stehen i. allg. folgende Gesichtspunkte im Vordergrund: •
Amplituden- und Zeitverhalten der Eingangssignale (Aufl¨ osung und Abtastrate der zu verwendenden Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzer) • Anzahl der zu verarbeitenden Meßpunkte (Abtastumfang bestimmt durch die Speichergr¨oße) • Verf¨ ugbarkeit unterschiedlicher Triggerm¨ oglichkeiten (Abb. 15.3) • Genauigkeit • Kosten, Zuverl¨ assigkeit und Wartbarkeit.
u
u + Flanke
- Flanke
T+
T-
T
Pegel- (Flanken-) Triggerung
t
u
t
sequentielle Triggerung
u
T
T Fenster-Triggerung
t
Alarm-Triggerung
T' t
Abb. 15.3: In der Meßdatenerfassung verwendete Triggerarten (T bezeichnet den Triggerzeitpunkt) [123]
Bei der Meßdatenerfassung unterscheidet man prinzipiell zwischen Onlineund Offline-Erfassung. Bei der Online-Erfassung werden die Meßdaten direkt in den Prozeßrechner eingelesen, w¨ ahrend sie bei der Offline-Erfassung nach der Digitalisierung in einem Massenspeichermedium, z.B. einem digitalen Magnetband, zwischengespeichert und erst zu einem sp¨ateren Zeitpunkt, oft nach
460
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
einem Transport des Speichermediums von einer externen Meßstelle, in den Auswerterechner u ¨bernommen werden. Abbildung 15.4 zeigt die prinzipielle Hardware-Struktur eines rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassungssystems, w¨ ahrend Abb. 15.5 den prinzipiellen Funktionsablauf der Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Meßdatenerfassung mit anschließender Meßsignalverarbeitung anhand eines Flußdiagrammes verdeutlichen soll. Die Grundfunktionen eines solchen Meßdatenerfassungssystems lassen sich unterteilen in Empfang, Verst¨arkung, Selektion des Meßkanals, Abtastung, Analog-Digital-Umsetzung und Daten¨ ubernahme. Bei der Implementierung dieser Grundfunktionen ist folgendes zu beachten: • Empfang Die wichtigste Maßnahme beim Empfang ist die Vorsorge gegen St¨orungen des Meßsignals auf der Verbindungsleitung Prozeß-Meßdatenerfas” sungssystem“. Um einen m¨ oglichst st¨ orungsfreien Empfang der Signale zu erm¨ oglichen, werden vorzugsweise Trennverst¨arker [139] eingesetzt und entsprechende Schirmungsmaßnahmen durchgef¨ uhrt (s. auch Kap. 15.2.3). • Verst¨ arkung Im allgemeinen ist ein Verst¨ arker (Anpassungsverst¨arker) notwendig, um den Meßkanalpegel (Sensorpegel) an den Eingangsspannungsbereich des A/D-Umsetzers anzugleichen. Die Verst¨ arker werden weiterhin zur Erzielung einer hohen Gleichtaktunterdr¨ uckung eingesetzt. Anpassungsverstärker analoge Meßgröße
Sensor
Filter
AnalogMultiplexer (MUX)
Adressen- und Steuerbus
S&H
ADC Datenbus
DigitalDatenbus DAC rechner
Aktor
Abb. 15.4: Prinzipielle Struktur eines rechnergesteuerten Meßdatenerfassungssystems. Die gestrichelt gezeichneten Funktionsbl¨ ocke z¨ ahlen bereits zu einem Datenausgabesystem.
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Meßsystemen
•
461
Selektion des Meßkanals Die Auswahl des gerade zu messenden Signals aus einer Reihe von vorhandenen Meßkan¨ alen geschieht mittels sog. Analog-Multiplexer. Als Schalter werden dabei vorzugsweise Halbleiterschalter eingesetzt, wenn die Priorit¨ at auf hoher Umschaltgeschwindigkeit liegt, w¨ahrend man bei kompletter galvanischer Trennung die langsameren Relaisschalter bevorzugt (s. auch Kap. 15.2.2). Bei der Struktur von Analog-Multiplexern unterscheidet man zwischen der massefreien“ Messung einer Differenzspannung und ” der Messung der Signale gegen ein festes Massepotential. Man unterscheidet weiterhin zwischen Analog-Multiplexer-Schaltungen, die ohne Zeitver-
Grundzustand
Eintreten des Triggerereignisses
nein
ja Meßwerterfassung
Fehlerkorrektur
Zwischenspeicherung
nein
Ende der Messung
Meßdatenverarbeitung (digitale Signalverarbeitung der zeitdiskreten und amplitudenquantisierten Meßwerte) Visualisierung bzw. Archivierung der Meßergebnisse
Zurückführung der Meßergebnisse in einen Prozeß Weiterleitung der digitalen Meßwerte an ein digitales Ausgabesystem
Umsetzung der digitalen Meßwerte in entsprechende Analogwerte mit Hilfe eines DigitalAnalog-Umsetzers
Abb. 15.5: Ablaufplan zur Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Meßdatenerfassung
462
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
S&H
Analogeingänge
AnalogMultiplexer (MUX)
S&H
ADC
Digitalausgang
S&H
Triggerpuls Abb. 15.6: Analog-Multiplexing ohne Zeitversatz zwischen den Abtastpunkten der einzelnen Meßkan¨ ale
satz zwischen den Abtastzeitpunkten der einzelnen Kan¨ale funktionieren (Abb. 15.6) und solchen, die mit Zeitversatz arbeiten, daf¨ ur aber mit einem Sample & Hold-Glied auskommen (Abb. 15.7). Der Zeitversatz l¨aßt sich nur vermeiden, wenn f¨ ur jeden Meßkanal ein separates Sample & HoldGlied verwendet wird, so daß alle Meßkan¨ ale zeitsynchron abgetastet werden k¨ onnen. • Abtastung (Sampling) Wenn das Meßsignal w¨ ahrend der Konversionszeit des Analog-Digital-Umsetzers konstant gehalten werden muß, wird eine Sample & Hold-Schaltung eingesetzt. Dabei wird das zeitkontinuierliche Meßsignal in ein zeitdiskretes umgesetzt (Abb. 11.36). Eine besondere Form der Abtastung wird in Abb. 15.8 gezeigt. Mit Hilfe dieses Schaltungsprinzips kann ein schnelles“ Signal in Form eines ” zeitlich kurzen Pulses von einem vergleichsweise langsamen“ ADC um” gesetzt werden. Durch die Verwendung von n Sample & Hold-Gliedern, die von den Ausg¨ angen einer n-stufigen Verz¨ogerungsleitung (Tapped Delay Line) angesteuert werden, wird das Signal an n ¨aquidistanten zeitliAnalogMultiplexer (MUX) Analogeingänge
S&H
ADC
Digitalausgang
Triggerimpuls Abb. 15.7: Analog-Multiplexing mit Zeitversatz zwischen den Abtastzeitpunkten der einzelnen Meßkan¨ ale
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Meßsystemen
463
chen St¨ utzstellen abgetastet und der i-te Abtastwert vom i-ten Sample & Hold-Glied erfaßt. Der Analog-Multiplexer ruft dann die Abtastwerte nacheinander ab und f¨ uhrt sie dem ADC zu. • Analog-Digital-Umsetzung Das Herzst¨ uck eines jeden rechnergest¨ utzten Datenerfassungssystems ist der A/D-Umsetzer, der das analoge Signal in eine entsprechende Dualzahl konvertiert. Dabei finden die in Kap. 11.7 beschriebenen Umsetzungsprinzipien Anwendung. • Datenu ¨ bernahme Die vom A/D-Umsetzer ausgegebenen Digitalwerte werden in einem Busregister gespeichert. Da meist mehrere Datenerfassungskomponenten auf den Rechnerbus geschaltet sind, werden die Ausg¨ange des Registers als Tristate-Ausg¨ange [139] implementiert. Neben den eigentlichen Datenerfassungssystemen sind auf den einschl¨agigen PC-Einsteckkarten zur Meßdatenerfassung in der Regel auch Datenausgabesysteme enthalten, deren Aufgabe es ist, in bin¨ arer Form vorliegende Signale in Triggerleitungen
Tapped Delay Line ΔT
S&H
..........
S&H
AnalogMultiplexer (MUX) zum ADC
... S&H
Startpuls
u E (t)
uE
uE Spannungswerte einzelner Sample & Hold-Glieder
ΔT
t
Abb. 15.8: Schaltung zur zeitlichen Abtastung schneller“ , transienter Signale mit ” langsamen “ A/D-Umsetzern ”
464
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
analoger Form auszugeben. Diese Analogsignale werden nach entsprechender Verst¨ arkung im allgemeinen zur Ansteuerung von Aktoren verwendet. Die Hauptfunktionen eines Datenausgabesystems bestehen darin, das zu wandelnde Digitalwort in ein Busregister zu schreiben (Daten¨ ubergabe), dieses Digitalwort anschließend mit Hilfe eines Digital-Analog-Umsetzers in eine Analogspannung umzusetzen (D/A-Umsetzung) und auf einen Ausgangsverst¨ arker zu geben (Ausgabe). Abbildung 15.9 zeigt die typische Struktur eines Datenausgabesystems, das mehrere Ausgabekan¨ale aufweist. Rechnergesteuerte Datenausgabesysteme haben in letzter Zeit als flexible Funktionsgeneratoren große Bedeutung erlangt. Solche sog. Arbitrary Waveform Synthesizer erlauben die rechnergesteuerte Synthese von (im Rahmen der zeitlichen Abtastung sowie Amplitudendynamik) beliebigen Signalformen. Die in Datenerfassungs- und Datenausgabesystemen typischerweise auftretenden Fehler sollen im folgenden kurz zusammengefaßt werden: ¨ • Ubersprechen (Crosstalk) zwischen den einzelnen, insbesondere benachbarten, Kan¨ alen • Gleichtaktst¨ orungen • Fehler der Sample & Hold-Schaltung in Form von Apertur-Unsicherheiten, ¨ Ubersprechen, etc. (s. Kap. 11.7.1 und 11.7.2) • Fehler des A/D-Umsetzers, z. B. Quantisierungsfehler (s. Kap. 11.7.8) • Fehler des D/A-Umsetzers, z. B. transiente Spannungsspitzen und Zeitfehler (s. Kap. 11.6.3) • Systemfehler der digitalen Signalverarbeitung, z. B. Rundungs-, Abbruch¨ und Uberlauffehler.
15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung Das zentrale Element einer jeden rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung bildet der oft auch als Prozeßrechner bezeichnete Steuerrechner, welcher u ¨ber Datenbus DAC
Steuerbus
AblaufSteuerung
. . .
S&H
u1
S&H
u2
. . . S&H
. . . uk
Abb. 15.9: Prinzip eines Datenausgabesystems mit k Ausgabekan¨ alen
15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung
465
Einrichtungen f¨ ur die direkte informationstechnische Kopplung (Kommunikation) mit dem Prozeß verf¨ ugt. Als Steuerrechner kommen prinzipiell Mikround Minicomputer, Workstations und insbesondere leistungsf¨ahige Personalcomputer in Frage. Es sind in Abh¨ angigkeit von der Geschwindigkeit“ des ” Prozesses vor allem schnelle Computer gefragt, welche die F¨ahigkeit haben, rechtzeitig“ auf externe Prozeß-Ereignisse zu reagieren. Man spricht in die” ¨ sem Zusammenhang auch von Echtzeitf¨ahigkeit (Realtimef¨ahigkeit). Uber die Realtimef¨ ahigkeit eines Computers entscheidet neben seinen hardwarem¨aßigen Leistungsmerkmalen (vor allem die Geschwindigkeit) das verwendete Betriebssystem [40]. Die zur Meßdatenerfassung ben¨ otigte Hardware gliedert sich in den eigentlichen Steuerrechner sowie die daran angeschlossenen bzw. die darin enthaltenen Schnittstellen zur Prozeßperipherie (Abb. 15.10). Die ProzeßrechnerHardware unterscheidet sich bez¨ uglich ihrer Grundkomponenten zun¨achst nicht von der Architektur eines jeden anderen gew¨ohnlichen Digitalrechners. Der Unterschied in bezug auf die Hardware besteht lediglich in der Verf¨ ugbarkeit von einer oder von mehreren der folgenden Komponenten (Abb. 15.10): • Prozeßperipheriekarte mit Analog- und Digital-Ein/Ausg¨angen zum direkten Anschluß an externe Prozesse • Bus-Controller zum externen Busanschluß, z. B. IEC-Bus oder VXI-Bus (s. Kap. 16.6 und 16.7). F¨ ur die Verbindung zur Prozeßperipherie sind im konkreten folgende Standardl¨ osungen (Abb. 15.11) u ¨blich: •
(Multifunktions-) Einsteckkarten mit eigenem Multiplexer und A/D-Umsetzer interner Bus CPU Rechen- Steuerwerk werk
PlattenController BusController
ROM/ EPROM RAM
Festplattenspeicher
externer Bus, z. B. IEC-Bus
DigitalSchnittstellenDigitalschnittstelle, Karte z. B. RS232 Prozeßperipheriekarten(n)
Peripheriegeräte Peripheriegeräte analoge und digitale Prozeßsignale
Abb. 15.10: Struktur eines Digitalrechners mit Peripherie-Schnittstellen zu einem Prozeß
466
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
Rechner
Rechner Bus
Multifunktions-Einsteckkarte mit Analog-Multiplexer und ADC
ADC a)
Einsteckkarte Rechner
b)
c)
analoge Meßsignale
RS232C-Schnittstelle
seriell Meßgerät mit ADC (digital) Rechner IEC-Bus intelligentes Meßgerät parallel (digital) intelligentes Meßgerät
analoge Meßsignale
analoge Meßsignale IEC-Bus
Datenlogger Rechner
intelligentes Meßgerät mit Datenspeicher
analoge Meßsignale
Transport von Datenträgern oder d) Datenfernübertragung über Modem Abb. 15.11: Standardm¨ aßig verwendete Anschlußvarianten der Prozeßperipherie an einen Digitalrechner: a) Multifunktions-Einsteckkarte, b) RS232C-Schnittstelle, c) IEC-Bus, d)Datenlogger
•
Meßger¨ ate (mit internem A/D-Umsetzer), die u ¨ber eine serielle Schnittstelle, z. B. eine RS232-Schnittstelle, zwecks Meßger¨atesteuerung und Daten¨ ubernahme mit dem Rechner verbunden sind • Intelligente Meßger¨ ate (mit internem A/D-Umsetzer), die an einen externen Rechnerbus, z. B. einen IEC-Bus, zwecks Meßger¨atesteuerung und Daten¨ ubernahme angeschlossen sind • Autonom arbeitende Meßger¨ ate mit Speicherm¨oglichkeit (Datenlogger), die eine sp¨ atere Offline-Daten¨ ubergabe in den Auswerterechner u ¨ber eine serielle oder parallele Schnittstelle, z. B. den IEC-Bus, erlauben. 15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten Multifunktions-Einsteckkarten enthalten einen eigenen Analog-Multiplexer, einen Analog-Digital-(ADC) und im allgemeinen auch mindestens einen Digital-Analog-Converter (DAC). In Abh¨ angigkeit vom Rechnertyp und der jeweiligen Anwendung stellt der heutige Markt eine Vielzahl von Einsteckkarten zur
15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung
467
Adress- / Steuerbus 1 2
1 2
...
AnalogEingänge
16
16
Multiplexer (MUX)
S&H
ADC
Trigger MUX
Trigger Modul
Steuerung Timer
TimingEingang 1 AnalogAusgänge
2
DAC 2 DAC 1
Busregister
Datenbus Abb. 15.12: Blockschaltbild einer typischen Multifunktions-Einsteckkarte
Verf¨ ugung. In Abb. 15.12 wird die Struktur einer typischen MultifunktionsEinsteckkarte gezeigt. Sie erm¨ oglicht die Erfassung von 16 bzw. 32 Meßkan¨alen im Multiplexbetrieb. Sollten die 16 bzw. 32 analogen Eingangskan¨ale nicht ausreichen, k¨ onnen diese durch spezielle Multiplexerkarten auf bis 8192 Eingangskan¨ ale erweitert werden. Dabei werden die Analog-Kan¨ale gruppenweise auf die I/O-Kan¨ ale der Karte gelegt (Abb. 15.13). In ¨ ahnlicher Weise lassen sich die Analogausg¨ange mit 1 zu 32 demultiplexen. Die Kanalwahl und die Konfiguration erfolgt u ¨ber die Digital-Ausg¨ange der Meßkarte. Diese Zusatzkarten bieten auch die M¨oglichkeit der flexiblen Signalkonditionierung. Die Parametrierung dieser Signalkonditionierung erfolgt ebenfalls u ange der Meßdatenerfassungskarte [83]. Diese ¨ber die Digitalausg¨ Zusatzkarten erweitern den Spannungsbereich auf bis zu 50 V, sie erm¨oglichen die Messung von Temperaturen mit Pt100-Temperaturf¨ uhlern und sie verf¨ ugen u ange der Standard-Strom-Schnittstelle 0...20 mA. Bei ¨ber Stromeing¨ Abtastraten von 100 ksamples/s bis 300 ksamples/s sind typischerweise A/Dbzw. D/A-Umsetzungen mit 16-Bit-Aufl¨ osung m¨oglich. Schnellere Meßdatenerfassungskarten erlauben mittlerweile Abtastraten von 500 ksamples/s bei 16 Bit-Aufl¨ osung. Die Auswahl an solchen Peripheriekarten f¨ ur PCs ist mittlerweile sehr umfangreich und vielf¨ altig geworden. Hochgeschwindigkeitskarten erlauben Abtastraten von bis zu 100 Msamples/s oder mehr bei einer typischen Aufl¨ osung von 8 Bit. Bei 10 Msamples/s werden noch 12 Bit erreicht. F¨ ur hochgenaue Anwendungen besteht die M¨oglichkeit, Meßwerte mit 21 Bit aufzul¨ osen. Dies l¨ aßt eine maximale Abtastrate von 10 ksamples/s zu und erfordert einen sorgf¨ altigen Aufbau der gesamten Meßschaltungen, um am
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15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
Abb. 15.13: Beispiel f¨ ur erweitertes Multiplexing mit 256 Analogeing¨ angen auf eine Meßdatenerfassungskarte. Es ist eine Erweiterung auf ein 8192-zu-32-Multiplexing m¨ oglich [83].
unteren Ende des Dynamikbereiches Probleme infolge Rauschen oder elektromagnetischer Einstreuungen zu vermeiden. F¨ ur die sehr hohen Abtastraten ist es wichtig, daß gen¨ ugend Memory zum Zwischenspeichern der Meßwerte auf der Karte selbst zur Verf¨ ugung steht. Daf¨ ur stehen auf hochwertigen Karten mittlerweile 64 MByte Memory pro Meßkanal bereit. Solche Karten sind f¨ ur alle g¨angigen PC-Busse, wie PCIBus, PXI-Bus oder USB-Schnittstelle, lieferbar. Treiberroutinen sind f¨ ur die Standard-Betriebssysteme erh¨ altlich. Zur Triggerung durch externe Signale ist ein Timing-Eingang vorgesehen. Weiterhin enthalten die Karten meist zwei Digital-Analog-Umsetzer, welche Digitalwerte, die auf den Datenbus gelegt werden, in entsprechende Analogspannungswerte umsetzen und mit Hilfe von Ausgangsverst¨arkern ausgeben. Die Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten sind in Tab. 15.1 enthalten.
15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung
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Tabelle 15.1: Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten Typ/Hersteller NI 6071E NI 6052E National Instruments National Instruments Anzahl Analogeing¨ ange single ended 64 16 differentiell 32 8 Aufl¨ osung des ADC 12 Bit 16 Bit Summen-Abtastrate 1,25 Msamples/s 333 ksamples/s ±0, 05 bis ±10V ±0, 05 bis ±18V Uin digitale I/O Kan¨ ale 8 8 Analogausg¨ ange 2 (12 Bit) 2 (16 Bit) Typ/Hersteller Anzahl Analogeing¨ ange single ended differentiell Aufl¨ osung des ADC Summen-Abtastrate Uin digitale I/O Kan¨ ale Analogausg¨ ange
NI 6115 PCI 9820 National Instruments Adlinktech 4 2 12 Bit 40 Msamples/s ±0, 2 bis ±42V 8 2 (12 Bit)
2 1 14 Bit 130 Msamples/s 0 bis ±5V 0 0
15.2.2 Multiplexer Der Multiplexer ist ein wesentliches Schaltungselement in Meßdatenerfassungssystemen. Als Multiplexer eignen sich neben den klassischen Relais die Halbleiter-Analogschalter (HL-Analog-Schalter) . W¨ahrend die verschleißfreien Halbleiterschalter hohe Schaltgeschwindigkeiten bis in den MHz-Bereich zulassen, aber den Nachteil keiner vollst¨ andigen galvanischen Trennung haben, bieten die Relais gerade diesen Vorzug, der bei vielen industriellen Anwendungen gefordert wird. Daf¨ ur zeigen sie wesentlich niedrigere Schaltgeschwindigkeiten (Tab. 15.2). 3- und 5-polige Relais werden verwendet, um EMV-St¨orungen (EMV = Elektromagnetische Vertr¨ aglichkeit) infolge Erdschleifen und elektromagnetischer Einkopplungen zu vermeiden (Abb. 15.14). Der 3. Pol dient der Schirmtrennung, die beiden weiteren der 5-poligen Relais der zus¨atzlichen Trennung der Stromversorgung. 15.2.3 Sto ¨rungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen Als Erdschleifen werden St¨ orkreise bezeichnet, die durch Mehrfacherdung zustandekommen (s. Beispiel der 2-poligen Relaisschaltung aus Abb. 15.14). So ist beispielsweise das 50 Hz-Netzbrummen bei Verst¨arkeranlagen auf solche Erdschleifen zur¨ uckzuf¨ uhren. Es handelt sich dabei um eine galvanische
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15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung Tabelle 15.2: Multiplexer in der Meßdatenerfassung Vorteile Nachteile
Typ HL-AnalogSchalter
schnell (Dauer eines Schaltzyklus > 50ns)
evtl. Offsetspannungen und Gleichtaktst¨ orungen, evtl. zu geringe Schaltspannung
Relais (2-polig)
galvan. Trennung
langsam, evtl. Erdschleifen (Dauer eines Schaltzyklus > 5ms)
Relais (3-polig)
galvan. Trennung auch vom Schirmanschluß
langsam, h¨ ohere Kosten
Relais (5-polig)
zus¨ atzliche galvan. Trennung der Sensor-Stromversorgung
hohe Kosten
2-polige Relaisschaltung
A
Kanal n Sensor . . . . . .
D
digitale Masse = System-Masse
geschirmte Signalleitung
Kanal n+1
Gefahr von Erdschleifenbildung Die Schirmanschlüsse von allen n Kanälen haben dauernde elektrische Verbindung.
3-polige Relaisschaltung
Kanal n Sensor . . . . Kanal n+1
A
D
Infolge der 3-poligen Relaisschaltung wird nur der Schirm des aktuellen Meßkanals durchgeschaltet.
Abb. 15.14: Relais dienen der vollst¨ andigen galvanischen Trennung von Sensor und Meßschaltung. Im Falle der 3-poligen Relais kann der Schirm f¨ ur jeden Meßkanal getrennt werden, so daß nur der Schirm des aktuellen Meßkanals durchgeschaltet wird.
15.2 Basis-Hardware zur Meßdatenerfassung
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und/oder induktive Kopplung, die anhand eines Beispiels erl¨autert werden soll. Eine Quelle Q und ein Empf¨ anger E sind u ¨ber eine Zweidrahtleitung verbunden (Abb. 15.15). Beide Ger¨ ate sind separat mit der Schutzerde PE verbunden. Eine St¨ orspannung UESt kann nun entweder durch galvanische Kopplung u ¨ber die gemeinsame Koppelimpedanz (RSL und LSL ) oder durch induktive Einkopplung in die Schleife, die sich zwischen einem Leiter und der Erdverbindung bildet, entstehen. • galvanische Kopplung Der Strom IP E1−2 im Schutzleiter f¨ uhrt zu einer Spannung zwischen den Punkten 1 und 2 und wegen der Impedanzen Z Q und Z E zu unterschiedlichen St¨ orstr¨ omen in den beiden Leitern. Dies hat eine St¨orspannung UESt im Signalkreis zur Folge. • induktive Kopplung Infolge magnetisch-induktiver Kopplung kann es zur Induktion von weiteren St¨ orspannungen (Abb. 15.15) kommen. Leitungswiderstände und Leitungsinduktivitäten der Zweidrahtleitung
Quelle 1' ZQ
1
ISt 1
Empfänger 2'
ISt 2 UESt
dΦ2 dt
ZE
2
Erdschleife dΦ1 dt I PE1-2 . Z kopp
Schutzerdung der Quelle
PE1
PE2
I PE1-2 UStind
RSL
L SL
= Z kopp Koppel-Impedanz der Schutzerdung
Schutzerdung des Empfängers
Abb. 15.15: Erdschleife infolge Mehrfacherdung
So wird in der Erdschleife, die sich zwischen den Punkten P E1, 1, 2 und P E2 aufspannt, eine St¨ orspannnung UStind induziert, wenn die zeitliche 1 ¨ offAnderung des magnetischen Flusses ∂Φ ∂t ungleich Null ist. Selbst bei ge¨ ∂Φ2 neter Erdschleife kann infolge ∂t = 0 eine weitere St¨orspannung zwischen den Signalleitungen (1 − 2) und (1 − 2 ) induziert werden. Die ist eine Gegentaktst¨ orung.
472
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
Zur Unterscheidung von Gleich- und Gegentaktst¨orungen ist anzumerken: • •
Gleichtaktst¨ orungen (common mode noise voltage) Es handelt sich dabei um St¨ orspannungen zwischen den Signalleitungen und Masse (zur mathematischen Definition siehe Gl. (7.16)). Gegentaktst¨ orungen (differential mode noise voltage) Diese St¨ orspannungen treten zwischen den Signalleitungen auf.
Gegenmaßnahmen gegen Erdschleifen • Auftrennen der Erdschleife, d. h. nur einseitige Erdung. Vorsicht: Dies widerspricht oft den g¨ ultigen Sicherheitsbestimmungen, die in jedem Fall einzuhalten sind! • Trenntransformator in die Signalleitung einbauen. Beide eben genannten Maßnahmen verlieren bei hohen Frequenzen wegen der stets vorhandenen Streukapazit¨ aten, die dann zunehmend als Kurzschluß wirken, an Wirkung. • Potentialtrennung durch Optokoppler. Diese wirkungsvolle Maßnahme wird sehr oft bei speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) eingesetzt. Gegenmaßnahmen gegen magnetisch-induktive Gegentaktsto ¨rungen Gegen induktiv-magnetische Einkopplungen zwischen den Signalleitungen (Φ2 in Abb. 15.15) helfen verdrillte Signalleitungen (Twisted-Pair-Leitungen). Gegenmaßnahmen gegen Gleichtaktst¨ orungen Die Verwendung von Differenzverst¨ arkern, insbesondere von Instrumentenverst¨ arkern (Kap. 7.2.2), unterdr¨ uckt Gleichtaktst¨orungen weitgehend. Voraussetzung ist allerdings, daß Signaleing¨ ange beim Empf¨anger erd- bzw. massefrei angelegt werden k¨ onnen. Weiterhin muß die Eingangsimpedanz des Differenzverst¨ arkers groß gegen¨ uber der Innenimpedanz der Quelle sein. 15.2.4 Serielle Schnittstellen Serielle Schnittstellen, wie z. B. die Standardschnittstellen RS232 bzw. RS422 geh¨ oren zur Standardhardware-Ausstattung eines jeden Rechners. Sie erlau¨ ben den einfachen Anschluß von Peripherieger¨aten an diesen Rechner. Uber die serielle Schnittstelle k¨ onnen sowohl Befehle zur Ger¨atesteuerung abgesetzt werden als auch Daten vom Meßger¨ at in den Rechner transferiert werden. Infolge der seriellen Daten¨ ubertragung ist die Daten¨ ubertragungsrate jedoch relativ niedrig. Die Verwendung serieller Schnittstellen in der Meßdatenerfassung wird in Kap. 16.1 bis 16.5 beschrieben.
15.3 Grundtypen des Datentransfers
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15.2.5 Parallelbussysteme Ein Bussystem ist ein aus parallelen Leitungen bestehender elektrischer Verbindungsweg f¨ ur digitale bzw. auch analoge Daten mit fest vereinbarten ¨ Hardware-Komponenten, Signalpegeln und Ubertragungsprotokollen. Im Vergleich zu seriellen Schnittstellen sind Parallelbussysteme aufgrund der parallelen Daten¨ ubertragung wesentlich leistungsf¨ ahiger, speziell in bezug auf die Datentransferrate. Sie erfordern jedoch den Einbau einer dedizierten Schnittstellenkarte, auf der ein entsprechender Schnittstellen-Controller arbeitet. Der IEC-Bus ist ein solches Bussystem, das mittlerweile auf dem Gebiet der rechnergesteuerten Meßdatenerfassung zum Industriestandard avanciert ist. Nachdem inzwischen auch viele autonom arbeitende Meßger¨ate, wie z. B. DigitalMultimeter und Spektrumanalysatoren, mit diesem Standard-Interface ausgestattet werden, lassen sich solche Ger¨ ate mittels eines Rechners auf elegante Weise steuern bzw. zu kompletten Meßsystemen zusammenschalten. Dabei kann die gesamte Bedienung der Meßger¨ ate vom Rechner aus erfolgen (s. Kap. 16.6). 15.2.6 Datenlogger Eine weitere M¨ oglichkeit der Anbindung von Prozessen an Rechner sind sog. Datenlogger. Diese nehmen vor Ort Prozeßdaten auf und speichern diese, um sie nach anschließendem Transport des Ger¨ ates via serieller oder paralleler Schnittstelle (z. B. IEC-Bus) offline dem Rechner zu u ¨bergeben. Dieser Datentransport kann auch mit Hilfe eines Modems u ¨ber das ¨offentliche Telefonnetz oder via Internet geschehen.
15.3 Grundtypen des Datentransfers Der Datentransfer zwischen den peripheren Meßger¨aten und dem Rechner kann auf folgende Arten erfolgen: 1. Abfrage (Polling) Bei dieser Kommunikationsmethode startet der Rechner die Datenerfassung in einem Peripherieger¨ at und wartet anschließend auf dessen Fertigmeldung. Danach k¨ onnen die Daten vom Rechner u ¨bernommen werden. Vorteil: - einfach zu implementieren Nachteil: - Rechner ist bis zur Fertigmeldung blockiert 2. Interrupt-Methode Der Rechner arbeitet nach dem Starten des Peripherieger¨ates im gerade aktuellen Programm weiter, bis das Ger¨ at als Fertigmeldung ein InterruptSignal liefert. Das Interrupt-Signal bewirkt die von der Interrupt-ServiceRoutine gesteuerte Daten¨ ubernahme. Danach erfolgt ein R¨ ucksprung an
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15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung
¨ das unterbrochene Programm. Ublicherweise werden f¨ ur verschiedene Interrupts gestufte Priorit¨ atsebenen festgelegt. Vorteile: - unverz¨ ugliche Reaktion auf Triggerereignisse - im Gegensatz zum Polling keine Blockierung des Steuerrechners zwischen den Einlesephasen Nachteil: - Betriebssystem muß echtzeitf¨ ahig sein bzw. zumindest die einwandfreie Interruptverarbeitung gestatten 3. Direct Memory Access (DMA) Bei dieser Methode wird der Datentransfer von einem sog. DMA-Controller ohne Beteiligung der CPU (abgesehen von der Initialisierung des Transfers) gesteuert. Die Daten gelangen dabei direkt in den Arbeitsspeicher des Rechners. Vorteil:
- schneller Datentransfer
¨ Nachteile: - keine zwischenzeitliche Uberpr¨ ufung der Daten - gr¨ oßerer Hardwareaufwand (z. B. Speicher im Peripherieger¨ at). - direkte Verbindung zum Rechnerbus erforderlich
16 Meßdatenerfassung im Labor
Bei der computergesteuerten Meßdatenerfassung nutzt man im wesentlichen zwei M¨ oglichkeiten, digitale Signale zu u ¨bertragen, n¨amlich u ¨ber Punkt-zuPunkt-Verbindungen oder u ¨ber Bussysteme. Bei den Punkt-zu-PunktVerbindungen sind zwei Teilnehmer, beispielsweise ein Meßger¨at und ein Steuerrechner, u ¨ber eine bidirektionale Datenleitung verbunden. An Bussysteme hingegen lassen sich stets mehrere Teilnehmer gleichzeitig anschließen. Bei den ¨ Bussystemen wird je nach Form der Ubertragung, die bitseriell oder bitparallel erfolgen kann, zwischen dem seriellen Bus und dem Parallelbus unterschieden. ¨ Tabelle 16.1 soll einen Uberblick u ¨ber die wichtigsten im Rahmen der computerunterst¨ utzten Meßdatenerfassung und Meßwertverarbeitung genutzten Standardschnittstellen geben. Auf die in der Meßtechnik am h¨aufigsten verwendeten Schnittstellen, z.B. die serielle RS232-Schnittstelle oder die parallele IEC-Bus-Schnittstelle, wird in den folgenden Abschnitten n¨aher eingegangen. Weiterhin wird der derzeitige Stand der Feldbussysteme besprochen. Tabelle 16.1: Computer-Schnittstellen in der Meßdatenerfassung RS232
Punkt-zu-Punkt-Verbindung, serielle Daten¨ ubertragung mit 19200 Bit/s bei max. 20 m, d. h. max. ca. 2000 Zeichen/s (in der Praxis jedoch wird die RS232C-Schnittstelle abweichend von ¨ der Norm auch mit h¨ oherer Ubertragungsrate (38400 Bit/s) bzw. ¨ f¨ ur l¨ angere Ubertragungswege genutzt), Parit¨ atspr¨ ufung m¨ oglich, Synchronisation von Sender und Empf¨ anger mittels Soft- oder Hardware-Handshake.
RS422 (RS485)
Serielle Schnittstelle, differentielle Signal¨ ubertragung und damit ¨ h¨ ohere St¨ orsicherheit, max. Ubertragungsdistanz: 1200 m, bis 10 (32 bei RS485) Teilnehmer m¨ oglich, Daten¨ ubertragungsrate bis zu 12 MBit/s (siehe auch Tab. 16.6).
USB
(Universal Serial Bus) serielle Busverbindung, Daten¨ ubertragung mit bis zu 480 MBit/s bei einer maximalen Distanz von 5 m, die durch Einf¨ ugen von Repeatern auf bis zu 30 m erweitert werden kann; max. 127 Teilnehmer.
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16 Meßdatenerfassung im Labor
IEC-Bus
(auch IEEE488, HP-IB bzw. GPIB) Bussystem mit einem Controller (im Normalfall der Steuerrechner), Talkern und Listenern, max. 15 Ger¨ ate anschließbar (29 bei Verwendung eines Bus¨ Expanders), Ubertragungsdistanzen: von Ger¨ at zu Ger¨ at max. 2 m, total max. 20 m, Daten¨ ubertragungsrate: typ. 500 kByte/s, max. 1 MByte/s.
VME-Bus
(VERSA Module Europe) Mikrorechner-Bus f¨ ur Datenwortbreiten bis zu 32 Bit, der auf u ¨blichen Europakarten-Steckverbindern basiert, Daten¨ ubertragungsrate: max. 24 MByte/s.
VXI-Bus
(VME Bus Extensions for Instrumentation) Um den Steckverbinder P3 erweiterter VME-Bus mit Versorgungsleitungen, Taktleitungen (bis 100 MHz), Trigger-Leitungen und Leitungen f¨ ur lokale Teilbusse. Die Steuerungs- und Kommandostruktur orientiert sich am IEC-Bus-Standard, d. h. eine Mischung von VME-, VXI- und IEC-Bus-Modulen in einem Meßsystem ist m¨ oglich, Daten¨ ubertragungsrate: max. 40 MByte/s.
PXI-Bus
(PCI Extension for Instrumentation) auf dem PCI-Bus (PCI=Peripheral Component Interconnect) basierendes Bussystem mit bis zu 64 Bit Datenbreite, Datentransferrate bis zu 528 MByte/s, max. 31 Ger¨ ate anschließbar, Triggerleitungen und Leitungen f¨ ur lokalen Bus analog zum VXI-Bus vorhanden.
CAMAC
Computer Application for Measurement and Control (Euratom 1969). Ein Bussystem, welches zun¨ achst f¨ ur die Belange der europ¨ aischen Kernforschungseinrichtungen entwickelt wurde, jedoch auch f¨ ur andere Prozeßautomatisierungsaufgaben eingesetzt wird. ¨ bis zu 400 MBit/s; Fire Wire Standard-PC-Schnittstelle; Ubertragungsraten max. 63 Teilnehmer; bidirektionaler Datenfluß; max. Entfernung (i.Link, ange: 72 m; paketIEEE 1394) zwischen 2 Teilnehmern: 4, 5 m; max. Gesamtl¨ orientierte Daten¨ ubertragung; flexibles 6-adriges Kabel, davon 4 Datenleitungen und 2 f¨ ur Stromversorgung. Der neue Standard ¨ IEEE 1394b wird Ubertragungsraten von bis zu 3, 2 GBit/s erlauben.
Alle diese Digital-Schnittstellen bestehen aus normgem¨aß abgestimmten Verdrahtungs- und Logiksystemen, die den Ablauf der Datenverbindungen steuern. Diese m¨ ussen in jedem einzelnen Ger¨ at, welches an die jeweilige Schnittstelle angeschlossen ist, implementiert sein. Ein wesentliches Ziel ist es dabei, die Ger¨ ate verschiedener Hersteller mittels solcher Schnittstellen st¨orungsfrei zu verbinden. Mit Hilfe von sog. Schnittstellenwandlern lassen sich Standardschnittstellen ineinander konvertieren. So gibt es beispielsweise standardisierte Schnittstellenwandler, die serielle RS232-Schnittstellensignale in IEC-BusSchnittstellensignale umsetzen.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
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16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) F¨ ur die serielle Daten¨ ubermittlung stehen mehrere Standardschnittstellen zur Verf¨ ugung, deren Normung von zwei Beh¨ orden, n¨amlich dem CCITT = Comit´e Consultatif International T´el´egraphique et T´el´ephonique (Internationales Standardisierungsgremium im Fernmeldebereich) sowie der EIA = Electronic Industry Association (Nationales Normungsinstitut der USA), vorgenommen wurde. Die im Rahmen der Meßdatenerfassung interessanten seriellen Schnittstellen sind: • • • •
CCITT-Empfehlung V.24 entspricht der US-Norm EIA RS232C CCITT-Empfehlung V.11 entspricht der US-Norm EIA RS422A CCITT-Empfehlung V.10 entspricht der US-Norm EIA RS423A Strom-Schnittstelle; auch als Linienstrom-, 20 mA-, Current-Loopoder TTY-Schnittstelle bezeichnet.
¨ Die maximale Leitungsl¨ ange betr¨ agt 1000 m und die h¨ochste Ubertragungsrate 9,6 kBit/s. Die ebenfalls genormte RS485-Schnittstelle entspricht der RS422ASchnittstelle mit dem Unterschied, daß 32 anstatt 10 Teilnehmer angeschlossen werden k¨ onnen. Die Unterschiede bez¨ uglich der beiden wichtigsten Schnittstellen, der RS232C und der RS422A, sind in Tab. 16.6 dargestellt. Urspr¨ unglich wurde die RS232C-Schnittstelle f¨ ur Daten¨ ubertragungseinrichtungen, den Modems (Modulator/Demodulator), zur Daten¨ ubermittlung auf Telefonleitungen vorgesehen. Heute dient sie vorwiegend der Kopplung von Digitalrechnern mit Peripherieger¨ aten. Die US-Norm RS232C (Recommended Standard Number 232, Revision C) beschreibt sowohl die elektrischen als auch die funktionellen Eigenschaften der Schnittstelle. Die Nutzung der RS232CSchnittstelle im Rahmen von Meßdatenerfassungsaufgaben bietet vor allem einen Kostenvorteil, da diese Schnittstelle in den verwendeten Digitalrechnern in der Regel vorhanden ist. Als Nachteil muß die geringe Daten¨ ubertragungsrate angef¨ uhrt werden, die sich insbesondere beim Transfer gr¨oßerer Datenmengen, z. B. den oft umfangreichen Datens¨atzen von DigitalspeicherOszilloskopen, negativ bemerkbar macht. ¨ 16.1.1 Ubertragungsmedien Zum Aufbau von seriellen Daten¨ ubertragungsstrecken verwendet man vorwiegend verdrillte Leitungspaare (Twisted-Pair-Leitungen), Koaxialkabel oder auch Lichtwellenleiter. W¨ ahrend die kostenintensiven Lichtwellenleiter in be¨ zug auf Bandbreite und u uckbare Distanz ausgezeichnete Ubertragungs¨berbr¨ m¨ oglichkeiten bieten, beschr¨ anken sich die verdrillten Leitungen auf m¨aßige Bandbreite und Entfernung. Sie sind daf¨ ur aber wesentlich preisg¨ unstiger. ¨ Die Koaxialkabel stellen bei der Nutzung der Ubertragung im Basisband eine Kompromißl¨ osung dar (Tab. 16.2).
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16 Meßdatenerfassung im Labor
¨ Tabelle 16.2: Ubertragungsmedien in der Meßdatenerfassung ¨ Ubertragungsu berbr¨ uckbare St¨ oranf¨ alligkeit Kosten ¨ bandbreite Distanz Koaxialkabel (Basisband) 10 MBit/s < 200 m + + ++ + verdrillte Leitungspaare 1 GBit/s < 20 m (Twisted-Pair-Leitungen) + − −/+ + + + Lichtwellenleiter 40 GBit/s km-Bereich (LWL) + + + ++ + + + − − −
16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der RS232C-Schnittstelle Abbildung 16.1b zeigt die Belegung des im allgemeinen verwendeten 25poligen Subminiatur-Steckers vom Typ Cannon 7529 mit den wichtigsten Signalen. In der Praxis werden RS232C-Schnittstellen f¨ ur Rechnerverbindungen in der in Abb. 16.1a gezeigten Konfiguration verwendet, die auch von den meisten seriellen Interface-Bausteinen unterst¨ utzt wird. Zu dieser Konfiguration geh¨ oren die in Tab. 16.3 angef¨ uhrten Signalleitungen. Die RS232C-Schnittstellenleitungen lassen sich nach ihrer Funktion in die folgenden Gruppen untergliedern, deren wichtigste Vertreter im folgenden kurz erl¨ autert werden: • Betriebserde und Ru ¨ ckleiter – PG (Protective Ground) Schutzerde (Stift 1): Die Schutzerde wird mit dem Geh¨ ause und dem Schutzleiter der beiden ¨ gekoppelten Ubertragungseinrichtungen verbunden. Betriebserde und Schutzerde m¨ ussen voneinander isoliert sein. – SG (Signal Ground) Betriebserde (Stift 7): Die Betriebs- oder Signalerde liegt auf einem Spannungspegel von 0 V.
Tabelle 16.3: Leitungen der RS232C-Schnittstelle Leitungstyp
Bedeutung und Leitungsnummer
Masse und R¨ uckleiter Schutzerde (PG): 1; Signalerde (SG): 7 Datenleitungen Sendedaten (TxD): 2; Empfangsdaten (RxD): 3 Steuerleitungen Sendeteil einschalten (RTS): 4; DEE betriebsbereit (DTR): 20 Meldeleitungen Sendebereitschaft (CTS): 5; Betriebsbereitschaft (DSR): 6; Rufanzeige (RI): 22; Empfangssignalpegel (DCD): 8 ¨ (DCE): 15; Taktleitungen Sendeschrittakt von DUE ¨ (DTE): 24; Sendeschrittakt zur DUE ¨ (DCE): 17 Empfangsschrittakt von DUE
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
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(1) Schutzerde, Protective Ground (PG) (2) Sendedaten, Transmitted Data (TxD) (3) Empfangsdaten, Received Data (RxD) (4) Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS) (5) Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS) (6) Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR) Rechner (DEE =DTE)
(7) Betriebserde, Signal-GND (SG) (8) Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD) (20) DEE betriebsbereit, Data Terminal Ready (DTR)
Peripheriegerät (DÜE =DCE) z. B. Modem
(15) Sendeschrittakt von DÜE (17) Empfangsschrittakt von DÜE (22) Rufanzeige, Ring Indicator (RI ) (24) Sendeschrittakt zur DÜE
a)
Sendeschrittakt zur DÜE Rufanzeige, Ring Indicator (RI) DEE betriebsbereit, Data Terminal Ready (DTR) Empfangsschrittakt von DÜE Sendeschrittakt von DÜE
13 24 22 20 8 7 6 17 5 4 15 3 2 1
Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD) Betriebserde, Signal-GND (SG) Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR) Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS) Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS) Empfangsdaten, Received Data (RxD) Sendedaten, Transmitted Data (TxD) Schutzerde, Protective Ground (PG)
b) Abb. 16.1: a) Leitungsbelegung bei der RS232C-Schnittstelle (die Zahlen beziehen sich auf den entsprechenden Stift des 25-poligen Steckers (DEE = Datenendeinrich¨ = Daten¨ tung (= DTE: Data Terminal Equipment), DUE ubertragungseinrichtung (= DCE: Data Communication Equipment)), b) 25-poliger Standard-RS232-Stecker vom Typ Cannon 7529
480
•
16 Meßdatenerfassung im Labor
Datenleitungen – TxD (Transmit Data) Sendedaten (Stift 2): ¨ Uber diese Leitung werden der Empfangsstation die zu u ¨bertragenden digitalen Daten als serieller Bitstrom zugef¨ uhrt. Die Daten¨ ubertragung ist aber nur dann m¨ oglich, wenn sich die Steuerleitungen RTS und DTR (Stifte 4 und 20) sowie die beiden Meldeleitungen CTS und DSR (Stifte 5 und 6) im EIN-Zustand befinden. In den Sendepausen (idle state = Ruhezustand) befindet sich die TxD-Leitung im Zustand log. 1 . – RxD (Receive Data) Empfangsdaten (Stift 3): ¨ Uber diese Leitung empf¨ angt die DEE den ihr zugef¨ uhrten seriellen Bitstrom. • Steuerleitungen – RTS (Request to Send) Sendeteil einschalten (Stift 4): Durch Setzen des RTS-Signals zeigt die Datenendeinrichtung (DEE), daß sie Daten u ubertragungseinrichtung ¨bertragen will und die Daten¨ ¨ (DUE) diese u ¨bernehmen soll. Bei Verwendung eines Modems dient die RTS-Leitung der Steuerung des Modem-Sendeteils. Befindet sich die Leitung im EIN-Zustand, schaltet das Modem in den Sendezustand und verbleibt dort solange, bis die Leitung wieder in den AUS-Zustand wechselt. Die RTS-Leitung kann auch, z. B. bei einer direkten RechnerRechner-Kopplung, zusammen mit der CTS-Leitung als HandshakeLeitung (Abb. 16.7) benutzt werden (RTS/CTS-HardwareProtokoll). – DTR (Data Terminal Ready) DEE betriebsbereit (Stift 20): Der EIN-Zustand auf dieser Leitung signalisiert dem Modem, daß die DEE eingeschaltet und betriebsbereit ist. Geht die DTR-Leitung in ¨ den AUS-Zustand u ab¨ber, wird das Modem vom Ubertragungskanal geschaltet. • Meldeleitungen – CTS (Clear to Send) Sendebereitschaft (Stift 5): ¨ Uber diese Leitung zeigt das Modem der DEE seine Bereitschaft (EIN¨ Zustand) an, Daten von der DEE zu u ¨bernehmen und u ¨ber den Ubertragungskanal zu senden. – DSR (Data Set Ready) Betriebsbereitschaft (Stift 6): Auf dieser Leitung signalisiert das Modem der DEE durch den EIN¨ Zustand, daß es mit dem Ubertragungskanal verbunden und betriebsbereit ist. – DCD (Data Carrier Detect) Empfangssignalpegel (Stift 8): Der EIN-Zustand auf dieser Leitung zeigt der DEE an, daß der Emp¨ fangssignalpegel des Ubertragungskanals innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen liegt. Wird die Kopplung zweier Ger¨ate durch eine direkte Kabelverbindung (ohne Zwischenschalten eines Modems und eines ¨ Ubertragungskanals) vorgenommen, zeigt die DCD-Leitung nach Aktivierung der beiden Schnittstellen an, ob die Kabelverbindung hergestellt ist oder nicht.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
•
481
Taktleitungen F¨ ur die synchrone Daten¨ ubertragung stehen folgende Taktleitungen zur Verf¨ ugung: ¨ – Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt von der DUE (Stift 15): Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit dem die von der DEE kommenden Sendedaten (TxD) getaktet werden. ¨ – Receiver Signal Element Timing, Empfangsschrittakt von der DUE (Stift 17): Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit dem die vom Modem empfangenen Daten in Richtung DEE u ¨ber die Leitung RxD getaktet werden. ¨ (Stift – Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt zur DUE 24): Es handelt sich hierbei um das Taktsignal, mit dem die Sendedaten (TxD) aus der DEE in Richtung Modem getaktet werden.
16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung Alle Signale der RS232C-Schnittstelle sind bipolare Spannungen, die u ¨blicherweise im Bereich von -15 V ... +15 V liegen. Der Bereich von -3 V ... +3 V ist ¨ der Ubergangsbereich, in dem der Signalzustand nicht definiert ist. 16.1.4 Logikdefinition fu ¨ r Datenleitungen Ist die Spannung eines Signals auf einer Datenleitung (RxD, TxD) gegen¨ uber der Signalerde (SG) betragsm¨ aßig gr¨ oßer als 3 V und negativ, so herrscht der Signalzustand log. 1 , auch als MARK (marking condition) oder Ruhezustand (idle state) bezeichnet. • positiv, so herrscht der Signalzustand log. 0 , auch als SPACE (spacing condition) bezeichnet (Abb. 16.2).
•
16.1.5 Logikdefinition fu ¨ r Steuer- und Meldeleitungen Ist die Spannung eines Signals auf einer Steuer- bzw. Meldeleitung gegen¨ uber der Signalerde (SG) im Betrag gr¨ oßer als 3 V und • •
negativ, so herrscht der AUS-Zustand. positiv, so herrscht der EIN-Zustand.
482
16 Meßdatenerfassung im Labor
+u + 15V log. '0' (SPACE) EIN-Zustand + 3V 0 - 3V
Übergangsbereich (undefiniert)
Potential von SG
t
log. '1' (MARK) AUS-Zustand Ruhezustand = idle state
- 15V -u
Abb. 16.2: Pegeldefinition bei der RS232C-Schnittstelle
16.1.6 Synchronisierung Die Synchronisierung zwischen Sender und Empf¨anger sorgt bei der seriellen Daten¨ ubertragung daf¨ ur, daß die Taktgeschwindigkeiten auf der Sende- und Empfangsseite u ¨bereinstimmen und auch der Anfang und das Ende des in Form eines seriellen Bitstromes u ¨bertragenen Datenwortes vom Empf¨anger richtig erkannt werden. Dabei unterscheidet man zwischen synchroner und ¨ asynchroner Ubertragung: ¨ Asynchrone Ubertragung (Start-/Stop-Verfahren) Da bei der asynchronen Daten¨ ubertragung die Synchroninformation jedem u ugt wird, ben¨ otigt man keine zus¨atzlichen Steuer¨bertragenen Zeichen beigef¨ oder Taktleitungen. Der entsprechende asynchrone Zeichenrahmen setzt sich aus der in Abb. 16.3 gezeigten Bitfolge zusammen. Zwecks Fehlererkennung kann zus¨ atzlich zu den eigentlichen Datenbits sowie dem Start- und dem Stopbit ein Parit¨atsbit u ¨bertragen werden. Dazu wird die im Zeichenrahmen beZeichenrahmen 1
Pause
z0 z1 z2 z3 z4 z5 z6
Pause
TS 0 ASCII-Zeichen Q Startbit
Paritätsbit
1, 1,5 oder 2 Stopbits
Abb. 16.3: Asynchroner Zeichenrahmen, bestehend aus: 1 Startbit, 5 ... 8 Datenbits (das LSB wird zuerst gesendet), evtl. 1 Parit¨ atsbit, 1, 1.5 oder 2 Stopbits
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
483
findliche Anzahl der logischen 1 auf eine gerade (even parity) bzw. eine un¨ gerade Anzahl (odd parity) aufgef¨ ullt. Dem Zeichenrahmen wird in der DUE und DEE durch Festlegen der gemeinsamen Baudrate das gleiche Zeitraster zugeordnet. Bei der Abtastung der Bits wird als Abtastrate ein Vielfaches ¨ der Ubertragungsgeschwindigkeit gew¨ ahlt (Faktor 16, 32 oder 64). F¨ ur den asynchronen Betrieb ben¨ otigt man h¨ ochstens 9 Leitungen (Pins 1-8 und 20), da die Taktleitungen (15, 17 und 24) entfallen. ¨ Synchrone Ubertragung Bei der synchronen Daten¨ ubertragung werden mehrere Datenw¨orter zu einem Datenblock zusammengefaßt und flankiert von Synchronzeichen u ¨bertragen (Abb. 16.4). Dabei wird in der Regel das Zeichen SYN = 16 H (synchronous idle) zweimal zu Beginn eines jeden Blockes gesendet, w¨ahrend das Zeichen ETB = 17 H (end of transmission block) das Ende eines Blockes markiert. Am Ende einer Sendung steht das Zeichen EOT = 4 H (end of transmission). Zur Taktsynchronisierung wird das Taktsignal des Senders (Pin 24) genutzt.
. SYN SYN
Daten
ETB Pause SYN SYN ......
Abb. 16.4: Synchroner Zeichenrahmen
16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren) Zur Kontrolle der Daten¨ ubertragung, z. B. um die Empfangsbereitschaft des Empf¨ angers zu signalisieren, verwendet man die im folgenden erl¨auterten Handshake-Verfahren, die sowohl in Software als auch in Hardware implementiert sein k¨ onnen. Dies wird anhand einer DTE-DTE-Strecke, d. h. einer Rechner-Rechner-Verbindung, erl¨ autert. Die beiden DTEs werden mit einem sog. Nullmodemkabel verbunden. Nullmodemkabel sind dadurch gekennzeichnet, daß die Leitungspaare (2,3), (4,5) und (6,20) gekreuzt sind. F¨ ur den Fall einer DTE-DCE-Strecke, d. h. einer Rechner-Modem-Verbindung, wird ein sog. Modemkabel verwendet, das nur direkt durchverbundene (keine gekreuzten) Leitungen aufweist [19]. 16.1.8 Software-Handshaking Beim Software-Handshaking werden bestimmte Steuerzeichen in den seriellen Bitstrom integriert. Die beiden gebr¨ auchlichsten Formen des SoftwareHandshakings sind:
484
16 Meßdatenerfassung im Labor
DTE DTE 2 TxD TxD 2 3 RxD RxD 3 4 4 RTS RTS 5 5 CTS CTS DSR DSR 6 6 20 20 DTR DTR 8 8 DCD DCD 7 SG SG 7 Abb. 16.5: Leitungskonfiguration f¨ ur das XON/XOFF-Protokoll
XON/XOFF-Protokoll Zu Beginn der Empfangsbereitschaft sendet der Empf¨anger ein XON-Zeichen (i. allg. DC1 = 11 H). Daraufhin u ¨bermittelt der Sender Daten, bis er vom Empf¨ anger durch ein XOFF-Zeichen (i. allg. DC3 = 13 H) aufgefordert wird, den Datenstrom anzuhalten. Danach wartet der Sender auf das n¨achste XONZeichen des Empf¨ angers, bevor er wieder Daten sendet. Die entsprechende Verdrahtung der Leitungen, die in Abb. 16.5 gezeigt wird, ist bez¨ uglich der ben¨ otigten Leitungen minimal (es werden nur drei Leitungen ben¨otigt). ETX/ACK-Protokoll Bei diesem Protokoll werden Datenpakete definierter L¨ange u ¨bertragen, wobei ¨ ein Uberlauf des Empf¨ angerspeichers prinzipiell vermieden werden muß. Bei Empfangsbereitschaft wird die DTR-Leitung vom Empf¨anger auf log. 1 -Pegel gesetzt. Gleichzeitig wird vom Empf¨ anger das Steuerzeichen ACK = 06 H gesendet, woraufhin der Sender das Datenpaket an den Empf¨anger schickt und mit ETX = 03 H abschließt. Nachdem der Empf¨anger die Daten verarbeitet hat, zeigt er seine erneute Empfangsbereitschaft mit ACK = 06 H an. Die Leitungskonfiguration, die diesem Protokoll zugrunde liegt, wird in Abb. 16.6 gezeigt. DTE TxD RxD RTS CTS DSR DTR DCD SG
2 3
6 20 7
4 5 8
DTE 2 TxD 3 RxD 4 RTS 5 CTS 6 DSR 20 DTR 8 DCD 7 SG
Abb. 16.6: Leitungskonfiguration f¨ ur das ETX/ACK-Protokoll
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
DTE TxD RxD RTS CTS DSR DTR DCD SG
485
DTE 2 TxD 3 RxD 4 RTS 5 CTS 6 6 DSR 20 20 DTR 8 8 DCD 7 7 SG 2 3 4 5
Abb. 16.7: Leitungskonfiguration f¨ ur Hardware-Handshake
16.1.9 Hardware-Handshaking Beim Hardware-Handshaking wird die Kontrolle der Daten¨ ubertragung von der Schnittstellenhardware u ur das Leitungspaar RTS/CTS ¨bernommen, die daf¨ zur Verf¨ ugung stellt. Beim Mehrdraht-Handshake mit RTS/CTS-Protokoll (Abb. 16.7) zeigt der empfangsbereite Partner seine Empfangsbereitschaft an, indem er seine RTS-Leitung in den EIN-Zustand versetzt. Die Leitung wird wieder in den AUS-Zustand zur¨ uckversetzt, wenn er keine Daten mehr aufnehmen kann, etwa weil der Empfangspuffer u ¨berzulaufen droht. Der jeweilige Sender erkennt dies anhand des Zustandes (EIN/AUS) seiner CTSLeitung. Man beachte die gekreuzten Leitungspaare des in Abb. 16.7 verwendeten Nullmodemkabels. 16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen Die hardwarem¨ aßige Realisierung von seriellen Schnittstellen erfolgt i. a. mit Hilfe von Standardschnittstellenbausteinen. Ein solcher Schnittstellenbaustein hat zun¨ achst die wichtige Aufgabe, ankommende serielle Datenstr¨ome in parallele Datenw¨ orter zu wandeln und an den Parallelbus des Rechners zu u ¨bergeben bzw. umgekehrt von dort kommende parallele Datenw¨orter in serielle Datenstr¨ ome zu wandeln und an den seriellen Ausgang der Schnittstelle zu senden. Das Prinzipschaltbild eines solchen Schnittstellenbausteins, der auch als UART (Universal Asynchronous Receiver Transmitter) bezeichnet wird, ist in Abb. 16.8 zu sehen. Daneben gibt es auch Bausteinvarianten, die zus¨atzlich die synchrone Daten¨ ubertragung erlauben. Es handelt sich dabei um sog. USARTs (Universal Synchronous and Asynchronous Receiver Transmitter). Als Beispiel f¨ ur einen in der Praxis oft eingesetzten USART soll hier der Chip 8251 der Firma Intel besprochen werden. Dieser in NMOS-Technologie gefertigte Peripheriebaustein wird als Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler u. a. auf Boards der 8086-Mikroprozessor-Familie verwendet. Seine Ein- und Ausg¨ ange sind TTL-kompatibel. Das Blockschaltbild des 8251 sowie die Pin-
486
16 Meßdatenerfassung im Labor
belegung seines 28-Pin-Standardgeh¨ auses werden in Abb. 16.9 gezeigt. Dieser Baustein erm¨ oglicht die folgenden Betriebsarten: •
Asynchronbetrieb: 5 bis 8 Bit Wortl¨ ange, Baudratenfaktor (1, 16, 64), programmierbar 1, 1.5 oder 2 Stop-Bits. Die Synchronisierung erfolgt durch die fallende Flanke des Startbits. • Synchronbetrieb: 5 bis 8 Bit Wortl¨ ange, interne oder externe Zeichensynchronisierung, automatisches Einf¨ ugen von SYN-Zeichen zur Markierung des Datenstrombeginns • Baudrate bis 9,6 kBit/s ¨ • Fehlererkennung durch Parit¨ ats- und Uberlaufpr¨ ufung. In Tab. 16.4 ist die Bedeutung der im Blockschaltbild (Abb. 16.9a) bzw. bei der Pinbelegung (Abb. 16.9b) gezeigten Leitungen stichwortartig erl¨autert. Weitere Details zur Hardware sowie zur Programmierung dieses Bausteins finden sich in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z. B. in [111]. Parallel-Bus (interner Rechner-Bus)
Daten
Transmitter
Receiver
Serieller Ausgang (TxD)
Serieller Eingang (RxD) Empfangstakt
Steuersignale
Taktsignal
.....
gemeinsame Taktleitung Sende/EmpfangsSteuerung
Zustandskontrolle
Taktgenerierung Synchronisierung
Abb. 16.8: Prinzipschaltbild eines Universal Asynchronous Receiver Transmitters (UART)
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) Tabelle 16.4: Signale des Bausteins USART 8251 Bezeichnung Bedeutung/Aufgaben der Signalleitung ProzessorSchnittstelle: D0 ... D7 RD WR C/D Reset CLK CS
bidirektionaler Datenbus; es werden auch Statusinformationen, Steuer- und Kommandow¨ orter u ¨bertragen Lesesignal Schreibsignal Auswahl des Steuerregisters (Control/Data): C/D = 0 : Daten; C/D = 1 : Kommando, Status R¨ ucksetzeingang TTL-Takteingang Bausteinauswahl-Eingang (Chip Select)
Serielle DatenSchnittstelle: RxD T xD
Empfangsdaten Sendedaten
Modemsteuerung: RT S CT S DT R DSR
Sendeaufforderung (Request to Send) Sendebereitschaft (Clear to Send) Datenstation bereit (Data Terminal Ready) ¨ bereit (Data Set Ready) DUE
Sendesteuerung: T xRDY T xE T xC
Sender bereit (Transmitter Ready) Sendepuffer leer (Transmitter Empty) Sendetakt (Transmitter Clock)
Empfangssteuerung: RxRDY RxC Syndet
Empf¨ anger bereit (Receiver Ready) Empfangstakt (Receiver Clock) Synchronisationserkennung (SYNC Detect) f¨ ur Synchronbetrieb
487
488
16 Meßdatenerfassung im Labor
D7 ... D0
Datenbuspuffer
Sendepuffer
Reset CLK C/D RD WR
LeseSchreibSteuerlogik
Sendesteuerung
TxRDY TxE TxC
Modemsteuerung
Empfangspuffer
RxD
Empfangssteuerung
RxRDY RxC Syndet
DTR RTS
a)
b)
CS DSR CTS
interner Datenbus
D2 D3 RxD Gnd D4 D5 D6 D7 TxC WR CS C/D RD RxRDY
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
8251
28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
TxD
D1 D0 Vcc RxC DTR RTS DSR Reset CLK TxD TxEmpty CTS Syndet TxRDY
Abb. 16.9: Universal Synchronous Asynchronous Receiver Transmitter USART 8251: a) Blockschaltbild, b) Pinbelegung
16.2 Kenngr¨ oßen der seriellen Datenu ¨ bertragung Im folgenden sollen die wichtigsten Kenngr¨ oßen der seriellen Daten¨ ubertragung erl¨ autert werden. Diese sind: • • • •
Schrittgeschwindigkeit (Baudrate) ¨ ¨ Ubertragungsgeschwindigkeit (Ubertragungsrate) Zeichengeschwindigkeit Wirkungsgrad (Datendurchsatz).
16.3 Die RS485-Schnittstelle
489
Die Schrittgeschwindigkeit vS (Baud = Bit/s) gibt die Anzahl der Kennzustandswechsel pro Sekunde an und entspricht dem Reziprokwert der Bitzeit TS , die oft mit der Schrittdauer identisch ist vS =
1 . TS
(16.1)
Die Zeichengeschwindigkeit vZ (Zeichen/s) gibt die effektive Leistung einer Daten¨ ubertragungseinrichtung an, d. h. die Anzahl der pro Sekunde u ¨bertragenen Zeichen 1 1 vS vZ = . (16.2) = = TZ ZTS Z Dabei bezeichnet Z die Anzahl der Einheitsschritte in einem Zeichenrahmen und TZ die Dauer eines Zeichenrahmens. ¨ Die Ubertragungsgeschwindigkeit vU ¨ (Bit/s) gibt die Anzahl der pro Sekunde u ¨bertragenen Bits an. Im Falle bin¨arer Codierung (n = 2 Kennzust¨ ande) entspricht sie der Schrittgeschwindigkeit, w¨ahrend f¨ ur n > 2 folgende Definitionsgleichung zu beachten ist vU¨ = vS ld n = ZvZ ld n mit ld n =
lg n . lg 2
(16.3)
(16.4)
Dabei bezeichnet n den Kennzustand. Der Wirkungsgrad nU ur die asynchrone Da¨ (Datendurchsatz) ist f¨ ten¨ ubertragung wie folgt definiert nU¨ =
Datenbits . Startbit + Datenbits + Parit¨ atsbit + Stopbits
(16.5)
Tabelle 16.5: Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS232C log. 0 log. 1
+3 V < U < +15 V −15 V < U < −3 V
16.3 Die RS485-Schnittstelle Die RS485-Schnittstelle hat in den letzten Jahren f¨ ur das Gebiet der Meߨ datenerfassung gr¨ oßte Bedeutung erlangt, da sie sich zunehmend als Ubertragungsmedium f¨ ur die industriellen Feldbussysteme (s. auch Kap. 17.9)
490
16 Meßdatenerfassung im Labor
durchsetzt. Die RS485-Schnittstelle entspricht weitgehend der bereits erw¨ahnten RS422A-Schnittstelle. Das elektrische Grundprinzip ist bei beiden identisch. Sie arbeiten nach dem differentiellen Prinzip mit einem Spannungspegel von ±5 V . W¨ ahrend jedoch die RS422A-Schnittstelle f¨ ur Punkt-f¨ ur-PunktVerbindungen ausgelegt ist, ¨ ahnlich dem RS232C-Interface, wird die RS485Schnittstelle hingegen zum Aufbau von Mehrpunktverbindungen genutzt, d.h. es k¨ onnen mehrere Teilnehmer an eine RS485-Verbindungsleitung angeschlossen werden. Es handelt sich also um ein serielles Bussystem. Die wichtigsten Unterschiede zwischen RS232C- und RS485-Schnittstelle sind in den Tabellen 16.5 bis 16.7 festgehalten.
Tabelle 16.6: Vergleich der seriellen Schnittstellen RS232C und RS422A (RS485) RS232C max. Leitungsl¨ ange
20 m (19,2 kBit/s) 900 m (1,2 kBit/s) ¨ max. Ubertragungsgeschwindigkeit 19,2 kBit/s) min. Eingangsspannung des 3V Empf¨ angers (single-ended) Versorgungsspannung ±15 V
RS422A (RS485) 1,2 km (100 kBit/s) 12 MBit/s (20 m) 200 mV (differentiell) ±5 V
An eine RS485-Leitung k¨ onnen bis zu 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Es existieren zwei Versionen von Verdrahtungen, die aus einer bzw. zwei TwistedPair-Leitungen bestehen: 16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung Die Kommunikation geht in beiden Richtungen u ¨ber eine einzige Doppelleitung (Abb. 16.10), d. h. es wird im Halbduplex-Betrieb gearbeitet. Alle Teilnehmer haben Tristate-Ausgangsstufen [139]; ihr Eingangswiderstand betr¨agt 12 kΩ. Die Doppelleitung ist an ihren Enden mit einem Abschlußwiderstand (Rt = 120 Ω) reflexionsfrei abgeschlossen. 16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen In diesem Fall braucht der Master keine Tristate-Ausgangstreiberstufe, da die Slaves unabh¨ angig vom Master u ¨ber das zweite Twisted-Pair-Kabel senden. ¨ Generelle Vorteile der differentiellen (erdfreien) Ubertragung ist ihre wesentlich geringere St¨oranf¨ alligkeit gegen¨ uber unterschiedlichen Erdpotentialen der verschiedenen Teilnehmer und sonstigen Gleichtaktst¨orungen. Dies in Verbindung mit dem beidseitigen reflexionsfreien Leitungsabschluß erlaubt Datenraten von 12 MBit/s bei Distanzen von ca. 20 m. Die maximale Distanz innerhalb eines Segments betr¨ agt 1,2 km bei Datenraten von etwa 100 kBit/s. Neueste Chiptechnologien erlauben mittlerweile 25 MBit/s.
16.5 Die USB-Schnittstelle
491
Tabelle 16.7: Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS422A (RS485) Sender log. 0 log. 1
+1, 5 V ≤ U < +5 V −5 V ≤ U < −1, 5 V
Empf¨ anger U > +0, 2 V U < −0, 2 V
16.4 Die 20 mA-Stromschleife Neben der in der Elektrotechnik wegen ihrer hohen St¨orsicherheit oft eingesetzten analogen 20 mA-Stromschleife gibt es in der Kommunikationstechnik ¨ auch eine digitale 20 mA-Stromschleife zur Ubertragung von bin¨aren Signalfolgen. Die entsprechenden Signalpegel sind in Tab. 16.8 enthalten. Die maximale Leitungsl¨ ange betr¨ agt 1000 m bei 9,6 kBit/s.
Tabelle 16.8: Pegeldefinitionen bei der 20 mA-Stromschleife log. 0 log. 1
0 mA ≤ I ≤ 3 mA 14 mA ≤ I ≤ 20 mA
16.5 Die USB-Schnittstelle Ein serielles Standard-Bussystem stellt die USB-Schnittstelle (Universal Serial Bus) dar. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde die Schnittstelle nicht von
R t = 120 Ω
R t = 120 Ω
.....
Abb. 16.10: RS485-Schnittstelle im Halbduplex-Betrieb
492
16 Meßdatenerfassung im Labor
einer Beh¨ orde genormt, sondern durch ein großes Firmenkonsortium standardisiert. Die Zertifizierung von Produkten f¨ ur diesen Standard wird ebenfalls von diesem Konsortium durchgef¨ uhrt. Es wurden bisher drei unterschiedliche USB-Standards definiert, wobei die Definition des USB-1.1-Standards lediglich bekannte Probleme von USB-1.0 beseitigt. Ziel der Einf¨ uhrung des USB-2.0-Standards ist die Erreichung h¨oherer Datenraten, um somit konkurrenzf¨ ahig gegen¨ uber der Firewireschnittstelle (auch als I-Link bzw. IEEE-1394-Standard bezeichnet) zu bleiben. Die maximal erreichbare Datenrate betr¨ agt bei USB-2.0 480 Mbit/s, die Datenrate des USB-1.1-Standards hingegen erreicht h¨ ochstens 12 MBit/s. Insgesamt werden die drei folgenden Datenraten unterschieden: • • •
High Speed: 480 MBit/s Full Speed: 12 MBit/s Low Speed: 1.5 MBits/s.
In Tab. 16.9 sind die wichtigsten Merkmale des USB-2.0-Standards zusammengefaßt.
¨ Tabelle 16.9: Ubersicht u ¨ ber den USB-2.0-Standard max. Datentransferrate 480 MBit/s max. Kabell¨ ange 5m max. Anzahl anschließbarer Ger¨ aten 127 Versorgungsspannung 5V Hot-Plug-F¨ ahigkeit
USB-Ger¨ ate k¨ onnen leicht in ein System integriert werden, da sie von einem USB-Host-Controller erkannt werden, sobald sie mit dem System verbunden werden und durch die im Ger¨ at gespeicherten Informationen ein Treiber installiert werden kann. Ein weiterer Vorteil des USB ist die Hot-Plug-F¨ahigkeit, das heißt, ein Ger¨ at kann im laufenden Betrieb an einen Computer angeschlossen werden. Dadurch entf¨ allt ein Neustart des Systems und das entsprechende Ger¨ at steht unmittelbar zur Verf¨ ugung. Die Bustopologie des USB-Standards ist sternf¨ormig, wodurch der zentrale Host-Controller jedes angeschlossene Ger¨ at direkt ansprechen kann. Der Standard erlaubt es, u ber die USB-Schnittstelle angebundene Ger¨ate begrenzt mit ¨ Spannung bzw. Strom zu versorgen. Durch Hubs kann die Anzahl der Anschlußm¨ oglichkeiten erh¨ oht sowie die maximale Leitungsl¨ange auf bis zu 30 m erweitert werden. Hierf¨ ur sind allerdings aktive Hubs n¨otig, die eine zus¨atzliche Spannungsversorgung des Busses bereitstellen und auch Signalaufbereitungsfunktionalit¨ at (Repeaterfunktion) u ¨bernehmen. Die Abst¨ande zwischen den einzelnen Hubs d¨ urfen die maximale Kabell¨ange von 5 m nicht u ¨berschreiten. Zum Anschluß von USB-Ger¨ aten werden standardisierte Kabel und Steckverbinder verwendet. Diese bestehen aus einem verdrillten Leitungspaar f¨ ur
16.6 Der IEC-Bus
493
die Signal¨ ubertragung und einem Leitungspaar f¨ ur die Spannungsversorgung. F¨ ur Low-Speed-Ger¨ ate ist ein verdrilltes Signalleitungspaar nicht zwingend vorgeschrieben, wird aber dennoch aufgrund der St¨orsicherheit empfohlen.
16.6 Der IEC-Bus Die in der rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung am h¨aufigsten genutzte und mittlerweile zum Industriestandard avancierte Schnittstelle zum Anschluß von Meßger¨ aten an Digitalrechner ist die (parallele) IEC-Bus-Schnittstelle. Sie entstand in der Absicht, den Aufbau von Meßdatenerfassungssystemen zu standardisieren und dabei die Schnittstelle so einfach und kosteng¨ unstig wie m¨ oglich zu gestalten. Die IEC-Bus-Schnittstelle ist definiert als ein Schnitt” stellensystem zur Verbindung von programmierbaren und nicht-programmierbaren elektronischen Meßger¨ aten mit anderen Ger¨aten, aus denen Meßsysteme zusammengestellt werden“ [5] . 16.6.1 Historie des IEC-Bus 1965 Die Firma Hewlett Packard (HP) stellt ein Interface-System vor, das programmierbare Meßger¨ ate verschiedener Hersteller u ¨ ber eine gemeinsame Busstruktur verbinden soll, den sog. Hewlett-Packard-Interface-Bus (HP-IB). 1974 Vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) wird der IEEEStandard No. 488 herausgegeben, der auf dem HP-IB basiert. 1976 Das American National Standard Institute (ANSI) ver¨ offentlicht diese Industrienorm als Standard ANSI MC1.1. 1977 Die International Electrotechnical Commission (IEC) erstellt einen entsprechenden Normentwurf (IEC66.22), der heute international als Norm IEC625 G¨ ultigkeit hat und in Deutschland unter DIN IEC625 bekannt ist [33].
16.6.2 Bezeichnungen des IEC-Bus Im Laufe der Zeit haben sich in der Praxis mehrere Bezeichnungen f¨ ur den IEC-Bus eingeb¨ urgert, die aber alle den urspr¨ unglich von Hewlett Packard entwickelten Bus bezeichnen. Unterschiede gibt es allenfalls in der Form der verwendeten Anschlußstecker: • • • • •
HP-IB (Hewlett-Packard-Interface-Bus) GPIB (General-Purpose-Interface-Bus) IEC625 (DIN IEC625) [33] IEEE488 [5] ANSI MC1.1 [5].
494
16 Meßdatenerfassung im Labor
Controller (Steuerrechner) kann sprechen, hören und steuern (Talker, Listener und Controller)
Datenbus
Meßgerät 1 kann sprechen und hören (Talker und Listener)
Steuerbus
Meßgerät 2 kann nur hören (Listener)
Handshake-Bus
Meßgerät 3 kann nur sprechen (Talker)
DIO 1-8 IFC, ATN, SRQ, REN, EOI DAV, NRFD, NDAC
Abb. 16.11: IEC-Bus mit Peripherieger¨ aten
16.6.3 IEC-Bus-Komponenten Der aus 16 Leitungen bestehende IEC-Bus l¨aßt sich in folgende Funktionsgruppen untergliedern (Abb. 16.11): • Datenbus (Data Bus): 8 Datenleitungen • Steuerbus (Management Bus): 5 Steuerleitungen ¨ • Ubergabesteuerbus (Handshake Bus): 3 Signalleitungen. Es k¨ onnen nach der Normempfehlung bis zu 15 Ger¨ate gleichzeitig auf den parallelen Bus geschaltet werden (Abb. 16.11), die mindestens eine der folgenden Grundfunktionen ausf¨ uhren: • Steuerfunktion (Controller) • Sender-/Sprecherfunktion (Talker) • Empf¨ anger-/H¨ orerfunktion (Listener). ¨ Die Ubertragung der Nachrichten erfolgt bitparallel und byteseriell im 7-BitASCII-Code (American Standard Code for Information Interchange). 16.6.4 Ger¨ ategrundfunktionen •
Controller: Der Controller (Steuerger¨ at) steuert und u ¨berwacht alle Vorg¨ange auf dem
16.6 Der IEC-Bus
495
Bus. In einem Meßsystem darf stets nur ein Ger¨at als Controller arbeiten, das jederzeit eingeschaltet sein muß. Der Controller muß auch in der Lage ¨ sein, Talker- und Listener-Funktion zu u wird ¨bernehmen. Ublicherweise die Controller-Funktion von dem (zentralen) Steuerrechner ausge¨ ubt. Die Kommandos (Busbefehle), die ein Controller sendet, heißen Schnittstellennachrichten. • Talker: Der Talker (Sender) kann nach Aktivierung durch den Controller, welche mit der Adressierung durch eine Interface-Message erfolgt, Daten auf den Bus geben, welche von anderen Ger¨ aten aufgenommen werden k¨onnen. Es darf stets nur ein Talker aktiv sein, um Konflikte auf dem Bus zu vermeiden. • Listener: Der Listener (Empf¨ anger) kann nach Aktivierung durch den Controller (erfolgt ebenfalls mit der Adressierung durch eine Interface-Message) auf dem Bus befindliche Daten aufnehmen (h¨ oren). Es d¨ urfen mehrere Listener gleichzeitig aktiv sein. Die vom Talker stammenden Nachrichten heißen Ger¨atenachrichten. Abbildung 16.12 zeigt beispielhaft einen u ¨ber den IECBus zusammengeschalteten Meßplatz, bestehend aus einem Steuerrechner, der Controller-, Talker- und Listener-Funktionen u ¨bernehmen kann, einem Digitalvoltmeter, das als Talker und Listener arbeiten kann, und einem Signalgenerator, welcher nur als Listener fungiert.
Controller + Talker + Listener Rechner
IEC-Bus
Talker + Listener Digitalvoltmeter
Listener Signalgenerator
Analogeingang
Analogausgang
Abb. 16.12: Beispiel eines IEC-Bus-Meßplatzes
16.6.5 IEC-Bus-Leitungen •
Datenbus: Die acht Datenleitungen des Datenbusses (Data Bus) werden mit DIO1 ... DIO8 (DIO = Data Input/Output) bezeichnet (Abb. 16.11). Sie die¨ nen der bidirektionalen Ubertragung von Daten, Adressen und Befehlen. Der Datentransfer erfolgt so, daß das LSB eines Bytes der DIO1-Leitung
496
16 Meßdatenerfassung im Labor
zugeordnet wird. Diese sog. Mehrdrahtnachrichten, die u ¨ber den Datenbus u ¨bertragen werden, sind entweder Kommandos zur Ger¨atesteuerung (Schnittstellennachrichten) (ATN = aktiv (true)), Einstelldaten (Statusinformationen), oder es handelt sich um Meßdaten (Ger¨atenachrichten) (ATN = nicht-aktiv (false)). Entsprechend unterscheidet man auch zwi¨ schen Befehlsmode zur Ubertragung von Schnittstellennachrichten und Datenmode bei Ger¨ atenachrichten. • Schnittstellen-Steuerbus: Die f¨ unf Leitungen des Steuerbusses (Management Bus) kontrollieren den Informationsfluß auf dem gesamten Bus in Form von folgenden Eindrahtnachrichten: – IFC Interface Clear (Schnittstellensystem r¨ ucksetzen) Durch diese Nachricht kann das System-Steuerger¨at (Controller) alle angeschlossenen Ger¨ ate in eine normgem¨aße Grundeinstellung bringen. – ATN Attention (Achtung) Durch diese Nachricht wird vom System-Steuerger¨at festgelegt, ob die Information auf dem Datenbus als Schnittstellennachricht (ATN = aktiv) oder als Ger¨ atenachricht (ATN = nicht-aktiv) zu interpretieren ist. – SRQ Service Request (Bedienungsruf) Durch Setzen dieser Nachricht kann ein Ger¨at Bedienung anfordern (Interrupt). – REN Remote Enable (Fernsteuerungsfreigabe) Durch diese Nachricht kann das System-Steuerger¨at alle beteiligten Ger¨ ate in einen Fernsteuerungszustand versetzen und die lokalen Bedienungsfunktionen sperren. – EOI End Or Identify (Ende oder Kennung) Ein Talker (Sprecher) zeigt hiermit das Ende einer Block¨ ubertragung an, falls ATN = nicht-aktiv ist; das Steuerger¨at kann daraufhin die Talkerfunktion wieder beenden. Falls ATN = aktiv ist, wird durch EOI vom Steuerger¨ at die Identifizierung eines SRQ-Rufes (Service Request) eingeleitet (s. Kap. Statusabfrage“ ). ” ¨ • Ubergabesteuerbus (Handshake-Bus): ¨ Die drei Leitungen des Ubergabesteuerbusses kontrollieren die Daten¨ ubertragung zwischen Talker und Listener (s. auch Abschnitt Handshake-Ver” fahren“ ): – DAV Data Valid (Daten g¨ ultig) ¨ Uber dieses Signal erkl¨ art ein Talker eine von ihm auf den Datenbus gesetzte Mehrdrahtnachricht f¨ ur g¨ ultig (eingeschwungen). – NRFD Not Ready For Data (nicht bereit zur Daten¨ ubernahme) Dieses Signal wird von einer Ger¨ ateschnittstelle gesetzt, solange sie nicht in der Lage ist, ein neues Datenwort aufzunehmen. – NDAC Not Data Accepted (Daten noch nicht u ¨bernommen) Dieses Signal wird von einer Ger¨ ateschnittstelle gesetzt, solange sie
16.6 Der IEC-Bus
497
+5V (TTL-Pegel) +5V RP ....
Q Abb. 16.13: Parallelgeschaltete Open-Kollektor-Ausgangsstufen (npn-Transistor mit Emitter an Masse)
¨ mit der Ubernahme eines auf dem Datenbus anstehenden Wortes besch¨ aftigt ist. 16.6.6 Bus-Logik Der IEC-Bus arbeitet mit den Spannungspegeln 0 V und 5 V der StandardTTL-Familie. Bei Signalleitungen, an die mehrere Ger¨ate gleichzeitig angeschlossen sind, verwendet man u ¨blicherweise die in Abb. 16.13 gezeigten OpenKollektor-Ausgangsstufen, welche einen npn-Transistor besitzen, dessen Emitter direkt auf Massepotential liegt [139]. Die Ausg¨ange von verschiedenen Ger¨ aten lassen sich damit parallelschalten, wobei der gemeinsame Ausgang Q (Busleitung) u ¨ber einen Kollektorwiderstand an die 5 V Speisespannung angeschlossen ist (Abb. 16.13). Die einfache galvanische Kopplung der Ausg¨ange f¨ uhrt zu einer UND-Verkn¨ upfung, wenn dem hohen Spannungspegel (5 V) der logische Zustand 1 zugeordnet wird. Man spricht in diesem Fall von positiver Logik, die auch mit active high (active = high) bezeichnet wird. Bei Verwendung der positiven Logik erh¨ alt man auf der Busleitung also nur dann ein High-Signal, wenn alle Ger¨ ate ein High-Signal senden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem wired-and (fest verdrahtetes UND). F¨ ur den Fall, daß hingegen eine negative Logik vereinbart wurde, unterliegen die
Tabelle 16.10: Logische Verkn¨ upfung von Open-Kollektor-Ausgangsstufen positive/negative Logik
Verkn¨ upfungs- Verdrahtungsgesetz mechanismus
active = high (positive Logik) Q = Q1 ∧ Q2 active = low (negative Logik) Q = Q1 ∨ Q2
WIRED–AND WIRED–OR
498
16 Meßdatenerfassung im Labor
logischen Zust¨ ande der einzelnen parallelgeschalteten Ausgangsstufen einer ODER-Verkn¨ upfung (Tab. 16.10). Da die meisten Busleitungen des IEC-Busses eine ODER-Verkn¨ upfung ben¨ otigen (z. B. wahlweises Senden mit einem der Ger¨ate), hat man in der Norm alle Pegel als active-low“ , definiert, d. h. true = 0 V (low) und false ” = 5 V (high). Es handelt sich beim IEC-Bus also vereinbarungsgem¨aß um eine negative Logik. Daraus ergeben sich f¨ ur den IEC-Bus die in Tab. 16.11 angegebenen Beziehungen zwischen elektrischen Signalpegeln und logischen Zust¨ anden.
Tabelle 16.11: Zusammenhang zwischen logischen Zust¨ anden und elektrischen Signalpegeln der IEC-Bus-Leitungen Zustand
logischer Zustand TTL-Pegel
aktiv 1 nicht-aktiv 0
low (0 V) high (5 V)
16.6.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake) Um Meßger¨ ate mit unterschiedlichen Verarbeitungsgeschwindigkeiten zusam¨ menschalten zu k¨ onnen, erfolgt die Ubertragung asynchron mit einer Kontrolle durch Quittungssignale (Handshake-Signale). Zum Verst¨andnis der Daten¨ ubertragung in IEC-Bus-Systemen ist im wesentlichen nur die Erkl¨arung des sog. Dreidraht-Handshakes notwendig. Den Ablauf dieses Dreidraht-Handshakes zeigt das in Abb. 16.14 dargestellte Zeitdiagramm. F¨ ur einen Zyklus muß der Talker Daten bereitstellen (1) und alle Listener bereit sein (NRFD = false) (2). Es ist zu erw¨ahnen,
Talker
Listener
H DIO 1-8 data input output L DAV H data valid L H NRFD not ready for data L H NDAC not data accepted L
1
Datenbyte 3
2 alle
bereit 1. bereit 2. bereit Zeichenübernahmephase
8
gültig
false
7
true false
4 keiner
true
bereit
5
false true alle haben übernommen 6
9
¨ Abb. 16.14: Zeitdiagramm zur Ubertragung eines Datenbytes auf dem IEC-Bus (Dreidraht-Handshake)
16.6 Der IEC-Bus
499
daß der Zeitpunkt (2) auch vor (1) liegen kann. Daraufhin erkl¨art der Talker die Daten f¨ ur g¨ ultig (DAV = true) (3), was die Listener veranlaßt NRFD = true zu setzen (4) und die Daten zu u ¨bernehmen. Sobald ein Listener mit der Daten¨ ubernahme fertig ist, setzt er NDAC = false (5). Ist auch der langsamste Listener fertig (6), so kann der Talker die G¨ ultigkeit der Daten aufheben (DAV = false) (7) und die Daten entfernen (8). Auf DAV = false reagieren die Listener mit dem R¨ ucksetzen von NDAC = true (9). Generell gilt, daß eine Daten¨ ubertragung erst dann begonnen werden kann, wenn alle Ger¨ ate ihre Bereitschaft (NRFD = false) angezeigt haben, und eine Daten¨ ubertragung erst dann abgeschlossen wird, wenn alle Ger¨ate ihre Fertigmeldung (NDAC = false) gesendet haben. Da der Anbieter der Information, die sog. Source (i. allg. der Talker), nur die Bus-Signale NDAC und NRFD auswertet, kann die Source nicht feststellen, wieviele Listener an dem Datentransfer beteiligt sind. Vielmehr wartet die Source solange, bis auch das langsamste Ger¨at seine Information ordnungsgem¨ aß u ¨bernommen und verarbeitet hat. Problematisch kann die Verz¨ogerung durch ein langsames Ger¨ at dann werden, wenn mit dem Bussystem besonders zeitkritische Operationen durchgef¨ uhrt werden m¨ ussen. ¨ Uber den IEC-Bus werden nicht nur Daten, sondern alle Arten von Mehrdrahtnachrichten, wie z. B. Steuerkommandos, Adressen oder Statusinformationen mit Hilfe des Dreidraht-Handshakes u ¨bertragen. In diesem Zusammenhang spricht man nicht mehr von Talker und Listener, sondern man unterscheidet ganz allgemein zwischen Source (Sender, Quelle) und Acceptor (Empf¨ anger, Senke). Die Verbindung zwischen Meßger¨ at und IEC-Bus Zur Realisierung der Schnittstelle Meßger¨ at-IEC-Bus“ , ist neben der eigent” lichen IEC-Bus-Schnittstelle eine Ger¨ateschnittstelle erforderlich (Abb. 16.15).
IEC-Bus IEC-Bus Schnittstelle GeräteSchnittstelle Meßgerät
Abb. 16.15: Schnittstellen zwischen Meßger¨ at und dem IEC-Bus
500
16 Meßdatenerfassung im Labor Tabelle 16.12: Schnittstellenfunktionen
Schnittstellenfunktion
Abk¨ urzung Erl¨ auterung
Handshake-Quelle (Source Handshake)
SH
wird von Talker bzw. Controller ben¨ otigt, um Nachrichten im DreidrahtHandshake-Mode zu u ¨bertragen
Handshake-Senke (Acceptor Handshake)
AH
M¨ oglichkeit, Nachrichten im Dreidraht Handshake-Mode zu empfangen
Sprecher oder erweiterter Sprecher (Talker oder Extended Talker)
T bzw. TE
Ger¨ at hat Sprecherfunktion
H¨ orer oder erweiterter H¨ orer L bzw. (Listener oder Extended Listener) LE
Ger¨ at hat H¨ orerfunktion
Bedienungsruf (Service Request)
SR
Ger¨ at kann Interrupt an Controller schicken
Umschaltung in den Fernsteuermode (Remote/Local)
RL
Fernsteuerbarkeit
Ger¨ at r¨ ucksetzen (Device Clear)
DC
Ger¨ at r¨ ucksetzbar
Ger¨ at ausl¨ osen (Device Trigger)
DT
Triggerm¨ oglichkeit
Parallelabfrage (Parallel Poll)
PP
Controller kann Statusinformation in 1-Byte-Form erhalten
Steuereinheit (Controller)
C
Ger¨ at kann Steuerfunktion u ¨bernehmen, d. h. SchnittstellenNachrichten u ¨bertragen
Das Meßger¨ at hat n¨ amlich neben der Ger¨ atefunktion, z. B. dem Messen von Spannungen bei einem Digitalvoltmeter, die folgenden Funktionen zu erf¨ ullen: Ger¨ atefunktionen Die Ger¨ atefunktionen beschreiben die von dem jeweiligen Ger¨at ausgef¨ uhrten spezifischen Aufgaben, wie z. B. das Messen einer elektrischen Spannung bei einem Voltmeter. Schnittstellenfunktionen Die IEC-Norm definiert 10 Schnittstellenfunktionen (Tab. 16.12), die den reibungslosen Arbeitsablauf von IEC-Bus-Meßger¨aten gew¨ahrleisten. Die IECBus-Schnittstelle eines Ger¨ ates kann in Abh¨angigkeit von den jeweiligen M¨ oglichkeiten des Ger¨ ates auch auf eine Teilausr¨ ustung dieser Schnittstellenfunktionen beschr¨ ankt sein.
16.6 Der IEC-Bus
501
Tabelle 16.13: Interne Nachrichten beim IEC-Bus Nachricht
gts ist ltn lon lpe
Bedeutung, Funktion (go to standby) (individual status) (listen) (listen only) (local poll enable)
lpd lun nba pon rdy rsv rtl tca tcs ton sre sic rpp rsc
Bereitschaftszustand einnehmen Ger¨ atezustand H¨ oren nur H¨ oren intern zur Parallelabfrage freigeben (local poll disable) nicht zur Parallelabfrage freigeben (local unlisten) H¨ oren beenden (new byte available) neues Byte verf¨ ugbar (power on) Ger¨ at Ein“ , ” (ready) bereit f¨ ur n¨ achstes Byte (request service) Bedienung anfordern (return to local) Eigensteuerung Ein“ , ” (take control Kontrolle asynchron asynchronously) u ¨ bernehmen (take control Kontrolle synchron synchronously) u ¨ bernehmen (talk only) nur sprechen (send remote enable) Fernsteuerungsfreigabe senden (send interface clear) R¨ ucksetzbefehl senden (request parallel poll) Parallelabfrage anfordern (request system control) Systemsteuerung anfordern
Beteiligte Schnittstellenfunktion C PP L, LE L, LE PP PP L, LE SH alle AH SR RL C C T, TE C C C C
16.6.8 Nachrichtenarten Man unterscheidet zwischen externen Nachrichten, die wirklich auf den IECBus gelangen, und internen Nachrichten, welche nur zwischen dem Ger¨at (Ger¨ atefunktion) und der eigentlichen Schnittstelle u ¨bermittelt werden (Abb. 16.16). Die IEC-Norm definiert 19 interne Nachrichten (Tab. 16.13). Die externen Nachrichten wiederum gliedern sich in die Eindrahtnachrichten der einzelnen Signalleitungen des Steuer- und Handshake-Busses sowie die Mehrdrahtnachrichten des Datenbusses. Man unterscheidet (Tab. 16.14): • • • •
adressierte Befehle Universal-Befehle Adressen (H¨ orer- und Sprecher-Adressen) Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen.
Adressierte Befehle Die Gruppe der adressierten Befehle (ACG = Addressed Command Group)
502
16 Meßdatenerfassung im Labor
wirkt auf alle am Bus angeschlossenen Ger¨ ate, die sich im Fernsteuerungszustand befinden. Diese Ger¨ ate m¨ ussen jedoch entweder als Sprecher oder als H¨ orer adressiert sein (Tab. 16.15). • GET (Group Execute Trigger, Ger¨ ategruppe ausl¨osen) Dieser Befehl l¨ ost in allen als H¨ orer eingestellten Ger¨aten einen Triggerimpuls aus, was vor allem der M¨ oglichkeit dient, daß verschiedene Meßger¨ate gleichzeitig mit einer Messung beginnen k¨onnen. • PPC (Parallel Poll Configure, zur Parallelabfrage einstellen) Alle als H¨ orer eingestellten Ger¨ ate werden f¨ ur die Parallelabfrage vorbereitet. • TCT (Take Control, Steuerung u ¨bernehmen) Der zur Zeit aktive Controller veranlaßt ein als Sprecher eingestelltes Ger¨ at, die Steuerung zu u ¨bernehmen, falls es als Controller zu arbeiten in der Lage ist. • GTL (Go To Local, auf Eigensteuerung schalten) Alle als H¨ orer eingestellten Ger¨ ate werden auf manuelle Bedienung umgeschaltet. • SDC (Selected Device Clear, adressiertes Ger¨at zur¨ ucksetzen) Ein oder mehrere als H¨ orer adressierte Ger¨ate werden zur¨ uckgesetzt. Universal-Befehle Die Universal-Befehle (UCG = Universal Command Group) wirken ebenfalls auf alle am Bus angeschlossenen Ger¨ ate, die sich im Fernsteuerungszustand befinden. Es ist dabei nicht entscheidend, ob sie sich im adressierten Zustand befinden oder nicht (Tab. 16.15).
Nachrichtenarten Interne Nachrichten
Externe Nachrichten
zwischen Geräteschnittstelle und IEC-Bus-Schnittstelle; gelangen nicht auf den IEC-Bus
zwischen den verschiedenen IEC-Bus-Teilnehmern; gelangen auf den IEC-Bus
SchnittstellenNachrichten Befehlsmode (ATN = aktiv) Ein- oder MehrdrahtNachrichten
GeräteNachrichten Datenmode (ATN = nicht-aktiv) stets MehrdrahtNachrichten
Abb. 16.16: Nachrichtenarten beim IEC-Bus
16.6 Der IEC-Bus
503
Tabelle 16.14: Codierung der Busbefehle und Adressen auf dem IEC-Bus (Codierungs¨ ubersicht gem¨ aß ISO-7-Bit-Code) (ATN = aktiv) Datenleitungen DIO Dezimal¨ aquivalent 7654321 000 .. . 011 00 100 .. . 111 000 .. 01 . 111 111
00
10 11
0 .. . 15 16 .. . 31 32 .. . 62 63
00000 .. 10 . 11110 11111
64 .. . 94 95
00000 .. 11 . 11111
96 .. . 127
11 00 11 00
Adressierte Befehle (Adressed Command Group (ACG)) Universal-Befehle (Universal Command Group (UCG)) H¨ orer-Adressen (Listener Address Group (LAG)) H¨ orer entadressieren (Unlisten (UNL)) Sprecher-Adressen (Talker Address Group (TAG)) Sprecher entadressieren (Untalk (UNT)) Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen (Secondary Command Group (SCG))
Neben den beiden Befehlen SPD und SPE, die das Schnittstellensystem f¨ ur eine Serienabfrage einstellen bzw. sperren, geh¨oren zu dieser Gruppe folgende wichtige Befehle: • DCL (Device Clear, Ger¨ at r¨ ucksetzen) S¨ amtliche Ger¨ atefunktionen (außer den Schnittstellenfunktionen) aller am Bus betriebenen Ger¨ ate werden in ihren Grundzustand zur¨ uckgesetzt. • LLO (Local Lock Out, Steuerung verriegeln) Die manuelle Bedienung der Ger¨ ate wird gesperrt. • PPU (Parallel Poll Unconfigure, Parallelabfrage zur¨ ucknehmen) Die Bereitschaft f¨ ur eine Parallelabfrage wird bei allen Ger¨aten aufgehoben. Ho ¨rer- und Sprecher-Adressen Mit Hilfe dieser Nachrichten (Tab. 16.16) werden die am Bus angeschlossenen Ger¨ ate als H¨ orer oder als Sprecher eingestellt. Die H¨orer-Adressen werden mit LAG (Listener Address Group) und die Sprecher-Adressen mit TAG (Talker Address Group) bezeichnet. Nachdem nun ein Ger¨at u ¨ber die Da-
504
16 Meßdatenerfassung im Labor Tabelle 16.15: IEC-Bus-Befehle (Auswahl)
Befehlsklasse
Befehl
ASCII- Bedeutung Zeichen
Entadressier- UNL (unlisten) Befehle UNT (untalk)
UniversalBefehle
LLO
? −
(local lockout) DC1
DCL (device clear) DC4 PPU (parallel poll unconfigure) SPE (serial poll enable) SPD (serial poll disable) Adressierte Befehle
SDC
(selective device clear) GTL (go to local)
NAK CAN EM EOT SOH
GET (group execute BS trigger) PPC (parallel poll ENQ configure) TCT (take control) HT
L¨ oscht alle Listener L¨ oscht alle Talker (Talker k¨ onnen auch durch eine nicht verwendete Talkadresse gel¨ oscht werden) Setzt die manuelle Bedienung des Ger¨ ates außer Betrieb Bringt alle Ger¨ ate in den Einschaltzustand Bereitschaft f¨ ur Parallelabfrage wird zur¨ uckgenommen Setzt alle Bedingungen f¨ ur serielle Statusabfragen L¨ oscht die Bedingung f¨ ur serielle Statusabfragen Bringt das adressierte Ger¨ at in einen definierten Anfangszustand Setzt das adressierte Ger¨ at in den manuellen Bedienmode zur¨ uck L¨ ost eine Messung bei allen vorprogrammierten Ger¨ aten aus Bestimmt, welches Bit ein Ger¨ at bei der Parallel-Poll-Abfrage aktivieren soll ¨ Ubergibt die Kontrolle vom aktiven Controller an das adressierte Ger¨ at
tenleitungen DIO1 bis DIO5 eine H¨ orer-Adresse (LAG) empfangen hat, wird anschließend diese Adresse mit der am Ger¨ at voreingestellten verglichen. Bei ¨ Ubereinstimmung wird LAG als richtige Adresse MLA (My Listener Address) interpretiert, woraufhin das Ger¨ at die H¨ orer-Funktion u ¨bernimmt. Stimmt
Tabelle 16.16: H¨ orer- und Sprecher-Adressen LAG MLA OLA TAG MTA OTA
(Listener Address Group) (My Listener Address) (Other Listener Address) (Talker Address Group) (My Talker Address) (Other Talker Address)
H¨ orer-Adressen eigene H¨ orer-Adresse fremde H¨ orer-Adressen Sprecher-Adressen eigene Sprecher-Adresse fremde Sprecher-Adressen
16.6 Der IEC-Bus
505
die empfangene Adresse nicht mit der voreingestellten u ¨berein, wird LAG als falsche Adresse OLA (Other Listener Address) gedeutet und das Ger¨at verbleibt in seinem Zustand. In engem Zusammenhang mit den H¨orer- und Sprecher-Adressen stehen die beiden folgenden Entadressierbefehle: •
UNL (Unlisten) Alle als H¨ orer eingestellten Ger¨ ate werden entadressiert. • UNT (Untalk) Dieser Befehl f¨ uhrt zur Entadressierung des als Sprecher eingestellten Ger¨ ates. F¨ ur den Fall, daß ein als Sprecher eingestelltes Ger¨at die eigene H¨ orer-Adresse MLA oder eine fremde Sprecher-Adresse OTA erkennt, muß es sich selbst¨andig entadressieren. Damit vermeidet man Konfliktsituationen, bei denen mehr als ein Sprecher gleichzeitig am Bus aktiv ist. Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen Die mit der erweiterten H¨ orer-Funktion LE oder mit der erweiterten SprecherFunktion TE ausgestatteten Ger¨ ate werden mit einer 2-Byte-Adresse angesprochen. Soll ein solches Ger¨ at als H¨ orer adressiert werden, empf¨angt es zun¨ achst die Nachricht MLA und wartet anschließend auf den Befehl SCG (Secondary Command Group). Erst wenn diese Nachricht mit der am Ger¨at eingestellten Sekund¨ ar-Adresse u ¨bereinstimmt, u ¨bernimmt das Ger¨at die H¨orerFunktion. Die Sprecheradressierung erfolgt in analoger Weise. •
SCG (Secondary Command Group) Den Ger¨ aten mit 2-Byte-Adressierung wird mit diesem Befehl nach Empfang einer MLA- oder MTA-Nachricht eine Sekund¨ar-Adresse mitgeteilt.
16.6.9 Schlußzeichen Bei Ger¨ atenachrichten sind Schlußzeichen zur Identifizierung des letzten Bytes eines Datenblocks notwendig, um den beteiligten H¨orern das Ende der Daten¨ ubertragung zu signalisieren. Die Norm l¨aßt die folgenden zwei Endeoder Schlußzeichen zu: • Eindrahtnachricht EOI des Steuerbusses • Mehrdrahtnachricht EOS (End of String). Wenn die Mehrdrahtnachricht EOS verwendet werden soll, muß das Endezeichen im Sprecher und im H¨ orer u ¨bereinstimmend festgelegt werden. Es werden hierf¨ ur in der Regel die beiden folgenden Steuerzeichen benutzt • •
CR (Carriage Return) und LF (Line Feed).
Nach diesen Zeichen folgt schließlich die Ger¨ atenachricht EOS .
506
16 Meßdatenerfassung im Labor
+ GND GND GND GND GND GND GND REN DIO 8 DIO 7 DIO 6 DIO 5
24 12
18 6
13 1
+ SHIELD (GND) ATN SRQ IFC NDAC NRFD DAV EOI DIO 4 DIO 3 DIO 2 DIO 1
+ a) IEEE488
GND GND GND GND GND GND GND GND DIO 8 DIO 7 DIO 6 DIO 5
25 13
18 5 14 1
SHIELD (GND) ATN SRQ IFC NDAC NRFD DAV EOI REN DIO 4 DIO 3 DIO 2 DIO 1
+
b) IEC625
Abb. 16.17: Standardm¨ aßig verwendete IEC-Bus-Steckverbindungen: a) IEEE488Stecker, b) IEC625-Stecker
16.6.10 Statusabfrage Der Controller kann jederzeit eine Statusabfrage an die an den IEC-Bus angeschlossenen Ger¨ ate senden, die daraufhin ein Statusbyte zur¨ ucksenden. Neben dieser programmierten Abfrage ist auch die M¨oglichkeit vorgesehen, daß die Aufforderung zur Statusabfrage direkt von den einzelnen Ger¨aten per Interrupt an den Controller ergeht. Die Statusabfrage kann auf zwei Arten erfolgen: • serielle Abfrage (Serial Poll) • parallele Abfrage (Parallel Poll). F¨ ur den Serial Poll wird von allen angeschlossenen Ger¨aten dieselbe BusLeitung verwendet. Der Controller muß also, nachdem er den Service-Request empfangen hat, das entsprechende Ger¨ at heraussuchen, indem er die in Frage kommenden Ger¨ ate der Reihe nach adressiert, bis er vom rufenden Ger¨at eine Best¨ atigung erh¨ alt. Mit der Best¨ atigung sendet das rufende Ger¨at auch noch weitere Informationen, welche die Art der Bedienung pr¨azisieren. Bei dieser R¨ uckantwort handelt es sich um das sog. Status-Byte. Beim Parallel Poll wird jedem daf¨ ur vorgesehenen Ger¨at vom Controller eine der Datenleitungen f¨ ur die R¨ uckantwort zugewiesen. W¨ahrend des Betriebes kann nun der Controller periodisch abfragen und Ger¨ate, die eine Bedienung w¨ unschen, melden dies u ¨ber die ihnen zugewiesene Datenleitung. Dabei wird aber kein Statuswort gesendet. Man sollte also den Parallel Poll nur dann verwenden, wenn man weiß, welche Art der Bedienung vom betreffenden Ger¨ at gew¨ unscht wird.
16.6 Der IEC-Bus
507
16.6.11 IEC-Bus-Hardware Historisch bedingt gibt es zwei verschiedene Steckverbindungen f¨ ur den IECBus, die beide in Abb. 16.17 gezeigt werden. Die entsprechenden Pinbelegungen sind in Tab. 16.17 zusammengefaßt, w¨ahrend Tab. 16.18 Aufschluß ¨ u bzw. maximalen Entfer¨ber die maximalen Ubertragungsgeschwindigkeiten nungen in Abh¨ angigkeit der verwendeten Treiberschaltungen gibt. Mit Hilfe von IEC-Bus-Expandern ist es m¨ oglich, bis zu 29 Ger¨ate gleichzeitig an den IEC-Bus anzuschließen. Das Prinzip der Verkabelung von IEC-Bus-Ger¨aten wird in Abb. 16.18 gezeigt.
Abb. 16.18: Verkabelung von IEC-Bus-Ger¨ aten
Realisierung der IEC-Bus-Schnittstelle Bei hardwarem¨ aßiger Implementierung der IEC-Bus-Schnittstelle kennt man drei Arten des Schaltungsaufbaus [111]: • • •
diskrete Halbleiter-Schaltungen IEC-Bus-Chips in VLSI-Technik intelligente Universal-Interface-Bausteine.
Das Herzst¨ uck einer solchen Implementierung bildet in der Regel ein IECBus-Interface-Controller, der durch weitere Komponenten, wie z. B. DMAController, Adress-Dekodierer und Datentransceiver erg¨anzt wird. Auf solchen Schaltungen basierende Module m¨ ussen sowohl in den IEC-Bus-Meßger¨aten als auch in dem als Controller arbeitenden Steuerrechner vorhanden sein. Dabei hat sich der Ingenieur, der einen IEC-Bus-Meßplatz zusammenzustellen hat, insbesondere um die Ausstattung seines Steuerrechners zu k¨ ummern. F¨ ur den Einsatz in PCs werden heute IEC-Bus-Einsteckkarten zum Anschluß an Standard-PC-Bussysteme in großem Umfang und in vielen Varianten kommerziell angeboten. Abbildung 16.19 zeigt das Blockdiagramm einer solchen Karte. Mit diesen IEC-Bus-Karten stellt der Hersteller i. allg. auch geeignete Treiber-Software zur Verf¨ ugung, mit deren Hilfe sich die Funktionen des Moduls in einer Standard-Hochsprache, wie z. B. C, oder einer anwenderorientierten Sprache, wie NI LabVIEW, programmieren lassen.
508
16 Meßdatenerfassung im Labor
Tabelle 16.17: Pinbelegung der IEC-Bus-Steckverbindungen IEC625 und IEEE488 Kontaktstift Signalleitung Bedeutung IEC 625 IEEE 488 1 2 3 4 5 6 7 8
1 2 3 4 17 5 6 7
DI01 DI02 DI03 DI04 REN EOI DAV NRFD
9
8
NDAC
10
9
IFC
11
10
SQR
12
11
ATN
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 -
12 13 14 15 16 24 18 19 20 24 22 23 21
DI05 DI06 DI07 DI08 -
Datenleitungen zum Transfer von Befehlen (ATN = aktiv) und Daten (ATN = nicht-aktiv) Fernsteuerbetrieb Ende oder Kennung Daten g¨ ultig Meldung eines Ger¨ ates, daß es nicht empfangsbereit ist Meldung eines Ger¨ ates, daß es die Daten noch nicht u ¨bernommen hat Schnittstellensystem r¨ ucksetzen (Einstellen des Grundzustandes aller Ger¨ ate) Service Request (Bedienungsanforderung durch ein Ger¨ at) Anzeige, ob Befehle (ATN = aktiv) oder Daten (ATN = nicht-aktiv) u ¨ bertragen werden Abschirmung Datenleitungen zum Transfer von Befehlen (ATN = aktiv) oder Daten (ATN = nicht-aktiv) Masse/GND Masse/(EOI) Masse/(DAV) Masse/(NRFD) Masse/(NDAC) Masse/GND Masse/(SRQ) Masse/(ATN) Masse/(IFC)
16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus VME-Bus In der Prozeßrechnertechnik wird in vielen Anwendungsf¨allen auch auf konfigurierbare Systeme zur¨ uckgegriffen, die auf Standard-Parallelbus-Systemen basieren. In diesem Zusammenhang spielt der VME-Bus (Versa Module Europe) eine zentrale Rolle. Der VME-Bus ist ein auf Europakarten basierendes, aus der Mikrocomputertechnik stammendes 32-Bit-Bussystem mit den funktionellen Eigenschaften des 1981 von der Firma Motorola ins Leben gerufenen
16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
509
VERSA-Busses [39]. Die wesentlichen Leistungsmerkmale und Eigenschaften des VME-Busses sind: • • • • • • • • •
Daten- und Adreßbusbreite bis 32 Bit Multiprozessorf¨ ahigkeit (Multimasterbetrieb) Datentransferrate bis 24 MByte/s asynchrones Busprotokoll zus¨ atzlicher serieller Bus (sog. Inter Intelligence Bus) 7 Interrupt-Ebenen Blocktransfer jeweils 96 Pins u ¨ber P1- und P2-Europakartensteckverbindungen im wesentlichen auf Prozessoren der Serie MC68000 ausgerichtet.
Address Decoder
Turbo 488
Data Transceivers
GPIB Monitor
IEEE 488.2 Interface Controller
IEEE 488.1 Transceivers
IEEE 488.1 Transceivers
IEC-Bus
PC AT-Bus
DMA und Interrupt Controller
PC AT-Bus Interface Logic
Abb. 16.19: Blockschaltbild einer Einsteckkarte mit IEC-Bus-Interface f¨ ur PCs mit AT-Bus nach Unterlagen der Firma National Instruments [89] ¨ Tabelle 16.18: Ubertragungsgeschwindigkeiten und max. Entfernungen am IEC-Bus ¨ Ubertragungsmaximale maximale erforderliche Ausgangsgeschwindigkeit Entfernung Entfernung von stufen (Treiber (insgesamt) Ger¨ at zu Ger¨ at -schaltungen) 250 kByte/s 500 kByte/s 1 MByte/s
20 m 20 m 10 m
2m 2m 1m
48 mA, Open Collector 48 mA, Tristate 48 mA, Tristate
510
16 Meßdatenerfassung im Labor
P1 VME-Bus
P1 P2 P1 P2
VXI-Bus
P1 P2 P3
100 x 160 mm 233,35 x 160 mm
233,35 x 340 mm
366,70 x 340 mm
Abb. 16.20: Einsteckkarten bei VME- und VXI-Bus-Systemen
Die Bed¨ urfnisse der Prozeßmeßtechnik f¨ uhrten schließlich zu einer Weiterentwicklung des VME-Busses, dem sog. VXI-Bus (VME-Bus Extensions for Instrumentation), der im folgenden n¨ aher beschrieben wird. 16.7.1 VXI-Bus Beim VXI-Bus handelt es sich um eine speziell auf die Belange der Meßtechnik zugeschnittene Erweiterung des VME-Busses. Im IEEE-Normvorschlag P1155 werden dazu weitere Pin-Belegungen von P2 sowie ein zus¨atzlicher dritter Steckverbinder (P3) definiert. Damit erh¨ alt der VXI-Bus im Vergleich zum Standard-VME-Bus neben weiteren Versorgungs-, Takt- und Triggerleitungen einen Analog-Summenbus sowie Leitungen f¨ ur lokale Teilbusse zur Verbindung benachbarter Module. Jedes VXI-Bus-System ben¨ otigt einen sog. Mainframe. Es handelt sich dabei um ein Geh¨ ause (VXI-Buscrate) mit Spannungsversorgung und einer R¨ uckwand (Backplane), in welche Europakarten verschiedener Gr¨oßen eingeschoben werden k¨ onnen (Abb. 16.20). Das in Steckplatz 0 (Slot 0) befindliche Modul muß unter anderem die Takt- und Triggerinformationen f¨ ur die restlichen Einsteckkarten in den Steckpl¨ atzen 1 bis 12 zur Verf¨ ugung stellen. Die wesentlichen Merkmalerweiterungen zum VME-Bus sind: • h¨ ohere Datentransferrate: max. 40 MByte/s • durch einen Triggerbus k¨ onnen verschiedene Messungen zeitgleich gestartet und miteinander synchronisiert werden • es ist eine dem IEC-Bus ¨ ahnliche Kommunikation m¨oglich • es ist eine Schnittstelle zum IEC-Bus definiert. Die Zielsetzung der VXI-Bus-Entwicklung war es, die Vorz¨ uge des IEC-Busses (Standard der Meßtechnik) mit denen des VME-Busses (Leistungsf¨ahigkeit)
16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
511
zu vereinigen. Dies bedeutet aber auch, daß der VXI-Bus eine Konkurrenz zu einem IEC-Bus nur dort sein kann, wo es auf h¨ohere Leistungsf¨ahigkeit, insbesondere h¨ ohere Geschwindigkeiten, ankommt. Die VXI-Bus-Ger¨ ate sind in Form von Einsteckkarten-Modulen ausgef¨ uhrt und beinhalten im allgemeinen keine Anzeigen oder Bedienelemente. Von diesen Einsteckmodulen lassen sich in der Regel 13 St¨ uck in einem Mainframe unterbringen. Sie arbeiten entweder als Resource Manager, Commander oder Servants. 16.7.2 Resource Manager (System Manager) In Steckplatz 0 wird der sog. Resource Manager eingesteckt. Es handelt sich dabei um eine f¨ ur jeden VXI-Mainframe notwendige Kontrolleinheit, die alle angeschlossenen VXI-Bus-Ger¨ ate identifiziert und die Adressentabelle des VXI-Systems (address map) verwaltet. Weiterhin startet bzw. u ¨berwacht der Resource Manager alle Systemoperationen. Bei den restlichen Modulen unterscheidet man zwischen sog. Commanders und Servants, die in eine hierarchische Struktur eingebettet sind. Der Resource Manager konfiguriert und verwaltet alle Commander/Servant-Hierarchien des entsprechenden VXISystems. 16.7.3 Commander Ein Commander kontrolliert eine Gruppe von Servants. Im Rahmen einer u ¨bergeordneten Hierarchie wiederum kann ein Commander aber auch als Servant eines weiteren Commanders dienen. Bei einem Commander handelt es sich stets um ein sog. nachrichtenorientiertes Modul (message based module). Solche Module sind in der Lage, ASCII-Zeichen als Kommandos zu interpretieren. 16.7.4 Servant Der Servant ist ein Modul, welches unter der Kontrolle eines Commanders arbeitet. Ein Servant kann gegen¨ uber Servants einer untergeordneten Hierarchieebene wiederum Commanderfunktion (Masterfunktion) besitzen, so daß er in der Gesamthierarchie andere Servants kontrollieren kann. Servants k¨onnen sowohl nachrichtenorientiert als auch registerorientiert arbeiten (registerorientiertes Modul, register based module). Registerorientierte Module verf¨ ugen u ¨ber keine lokale Intelligenz, d. h. daß sie nicht in der Lage sind, Befehle in Form von ASCII-Zeichen zu empfangen. Diese Einschr¨ankung f¨ uhrt allerdings auch zu der angenehmen Eigenschaft, daß sie direkt und damit sehr schnell ansprechbar sind. Daneben gibt es noch Speichermodule (memory devices) vom Typ RAM oder ROM.
512
16 Meßdatenerfassung im Labor
16.7.5 Busgliederung/Teilbusse Der VXI-Bus besteht aus den folgenden acht Teilbussen: • Standard-VME-Bus • Takt-Bus (liefert Taktsignale f¨ ur alle angeschlossenen Module) • Star-Bus (dient der schnellen asynchronen Kommunikation zwischen Modulen ohne Belastung des VME-Busses) • Trigger-Bus (8 TTL und 8 ECL-Leitungen zur internen und externen Triggerung) • lokaler Bus (zur Inter-Modulkommunikation) • Analog-Summenbus (Summation von Stromsignalen verschiedener Module) • Modul-Identifikationsbus (dient der automatischen Konfiguration) • Spannungsversorgungsbus (zus¨ atzlich zum VME-Bus werden ±24 V, −2 V und −5, 2 V zur Verf¨ ugung gestellt) Einzelheiten zu VXI-Bussystemen finden sich in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z. B. in [28], [123]. 16.7.6 VXI- und IEC-Bus Ein großer Vorteil des VXI-Systems beruht auf der Tatsache, daß seine Steuerungs- und Kommandostruktur in Anlehnung an die IEC-Bus-Norm festgelegt wurde. Auf diese Weise k¨ onnen in einem einzigen System VMEBus-, VXI-Bus- und IEC-Bus-Module gleichzeitig verwendet werden. So ist beispielsweise die Steuerung von VXI-Modulen von einem IEC-Bus-Controller aus m¨ oglich. Der Slot 0 kann f¨ ur diesen Fall eine VXI-Bus/IEC-Bus-Schnittstelle enthalten, die mit einem Rechner kommuniziert, der ebenfalls eine IECBus-Schnittstelle enth¨ alt (Abb. 16.21). Das VXI-Bus-System erscheint dem Anwender in diesem Fall als eines von eventuell mehreren angeschlossenen IEC-Bus-Ger¨ aten. 16.7.7 PXI-Bus Durch die weite Verbreitung von PC-Karten in der Automatisierungsbranche und den geringen Kosten f¨ ur Betriebssysteme und Software f¨ ur DesktopPCs wurde ein Standard basierend auf dem PCI-Bus (Peripheral Component Interconnect) entwickelt. Dieser wurde den rauhen Bedingungen im industriellen Meßumfeld angepaßt und robuster gegen¨ uber St¨orungen ausgelegt. Im Jahre 1996 wurde durch die PICMG (PCI Industrial Computer Manufacturers Group) der CompactPCI-Standard definiert, der Datenraten bis zu 264 MByte/s zul¨aßt. Hard- und softwarebedingt konnten allerdings keine definierten Interruptverz¨ ogerungen eingehalten werden und Anwendungen, die ein exaktes Timing erfordern, k¨ onnen daher nicht auf diesen Standard zur¨ uckgreifen.
16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
513
VXI-Bus-System HostRechner
Resource Manager Commanders und Servants
IEC-BusInterface
Meßgerät
Abb. 16.21: VXI-Bus-System mit IEC-Bus-Verbindung zu einem Host-Rechner und einem Meßger¨ at
Der CompactPCI-Standard wurde 1997 von National Instruments konsequent weiterentwickelt und 1998 als PXI-BUS eingef¨ uhrt. Der PXI-Bus (PCI eXtension for Instrumentation) stellt einen offenen Standard dar und verbindet wirkungsvoll bereits existierende Technologien, um Meßdatenerfassungssysteme mit hoher Performance zu schaffen. Der PXI-Bus adaptiert den PCI-Bus, der derzeit vor allem im Desktopcomputerbereich verwendet wird, f¨ ur meßtechnische Aufgaben und erweitert ihn um Robustheit in Bezug auf elektromagnetische Vertr¨ aglichkeit, Temperatur- und Feuchtebedingungen im industriellen Meßumfeld. Anders als beim Compact-PCI Standard wurden Softwaretreiber sowie Anforderungen an die K¨ uhleigenschaften und die elektromagnetische Vertr¨ aglichkeit mit in den Standard einbezogen. Analog zu VXI-Bus-Systemen werden auch PXI-Systeme in Form eines Mainframe aufgebaut. In dieses Mainframe-Geh¨ause (enth¨alt auch die Spannungsversorgung) werden zwischen vier und 18 Europakarten (ANSI 310-C, IEC 297 und IEEE 1101.1) verschiedener Gr¨oßen (3 oder 6 Gr¨oßeneinheiten) eingeschoben. Im Steckplatz 1 (slot 1) befindet sich der Systemcontroller, der entweder eine Fernsteuerung des Systems mittels eines Desktop-PCs erm¨ oglicht, oder aber einen Embedded Controller mit einem eigenst¨andigen Betriebssystem darstellt. Module zur Erweiterung des Meßdatenerfassungssystems, wie Signalgeneratoren, Signalanalyseger¨ate oder Meßger¨ate, k¨ onnen in die verbleibenden Steckpl¨ atze eingebracht werden. Außerdem existiert die M¨ oglichkeit, das System mit einem Stern-Trigger-Controller zu erweitern, um ¨ ahnlich den VXI-Systemen weitergehende Synchronisations- und Timingm¨ oglichkeiten zu verwirklichen. Die Hauptmerkmale des PXI-Bus sind: • Taktrate: 33/66 MHz • Datenbreite: 32 bzw. 64 Bit
514
16 Meßdatenerfassung im Labor
•
Datentransferrate: 132 MByte/s (32 Bit, 33 MHz) bis 528 MByte/s (64 Bit, 66 MHz) • Systemerweiterung mittels PCI-PCI Br¨ ucken m¨oglich • Einbettung in 3,3 V-Systeme • Plug-and-play F¨ ahigkeit Der PXI-Standard stellt folgende Synchronisierungs-, Timing- und Kommunikationsm¨ oglichkeiten zur Verf¨ ugung: • • • • •
Referenztakt (zur Synchronisierung mehrerer Komponenten; 10 MHzTTL-Signal) Trigger-Bus (8 Leitungen zur internen und externen Triggerung) lokaler Bus (13 Leitungen zur internen Kommunikation, die die PXIBandbreite nicht schm¨ alern. Es k¨ onnen TTL-Signale oder Signale bis zu 42 V verwendet werden.) Stern-Trigger-Bus (je eine Trigger-Leitung f¨ ur ein Modul in sternf¨ormiger Anordnung, um so einen m¨ oglichst kleinen Bitversatz und schnellstm¨ogliche Synchronisierung zwischen den PXI-Modulen zu gew¨ahrleisten.) PCI-PCI Br¨ ucken erm¨ oglichen die Erweiterung eines PXI-Systems um weitere Steckpl¨ atze, wobei nur ein PXI-Controller ben¨otigt wird.
Einen großen Vorteil von PXI-Systemen stellt die M¨oglichkeit dar, CompactPCI-Module zu integrieren. Diese k¨ onnen zu einem g¨ unstigen Preis die gew¨ unschte Funktionalit¨ at, wie beispielsweise eine Netzwerkkarte, in ein bestehendes System einbinden, wobei dann auf die erweiterten PXI-Signale verzichtet werden muss. Die Verwendung eines PCs als Controller und die Anbindung an ein PXI-Geh¨ ause mittels einer PCI-PCI-Br¨ ucke stellt einen h¨aufigen Anwendungsfall von PXI-Systemen dar. Hierbei wird sowohl auf alle preisg¨ unstigen Ressourcen eines PCs zur¨ uckgegriffen als auch die schnellen Timing- und Synchronisierungsf¨ ahigkeiten des PXI-Busses genutzt. Durch die Verwendung von PCI-PCI-Br¨ ucken kann ein PXI-System auf bis zu 31 Einsteckkarten erweitert werden. Es ist m¨oglich, auch gr¨oßere Systeme zu erstellen; durch den aktuellen PXI-Standard (Revision 2.1) wird diese Grenze jedoch vorgegeben. 16.7.8 PCI-Express PCI-Express (Peripheral Component Interface Express, abgek¨ urzt PCIe bzw. PCI-E) ist prinzipiell als Nachfolger des PCI-Bus zu sehen. Aber im Gegensatz zum PCI-Bus ist PCIe kein paralleler Bus, sondern eine schnelle Punkt-zuPunkt-Verbindung, bei der die Daten¨ ubertragung u ¨ber vollduplexf¨ahige Leitungspaare, sog. Lanes, erfolgt. F¨ ur die derzeit maximal m¨oglichen 16 (k¨ unftig 32) Lanes (als PCIe x 16 bezeichnet) sind in Zukunft Daten¨ ubertragungsraten von bis zu 1 GByte/s pro Lane geplant. Zur Zeit liegen diese bei 250 MByte/s pro Richtung. Im PC-Bereich wird PCIe x 1 als Ersatz f¨ ur den bekannten PCIBus hergenommen, w¨ ahrend leistungsf¨ ahige Graphikkarten mittels PCIe x 16
16.7 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
515
angebunden werden. PCIe ist hotplugf¨ ahig, d. h. ein Einbau der Karten ist w¨ ahrend des laufenden Rechnerbetriebes m¨ oglich. Weitere Informationen zu PCIe findet man in [104]. 16.7.9 MXI-Bus Die erste Generation des MXI-Bus (Multisystem-Extension-Interface-Bus) ist ein 32-Bit breiter Bus zur Verbindung mehrerer VXI-Mainframes bzw. zur Anbindung von VXI-Modulen an einen PC [90]. Mit Hilfe des bis zu 20 m langen Buskabels k¨ onnen bis zu 32 Mainframes verbunden werden. Die physikalische Verbindung basiert auf 48 single-ended verdrillten Leitungspaaren (twisted pairs), die einen hohen Grad an St¨ orsicherheit gew¨ahrleisten. Neben dem gemultiplexten, bis zu 32-Bit breiten Daten- und Adress-Bus gibt es u. a. eine Interrupt-Leitung, eine Fehlerleitung zur Behandlung von Deadlocks (Endlosschleifen) sowie Handshake-Steuerleitungen. Die theoretisch maximale Datentransferrate des MXI-Busses der ersten Generation liegt bei 20 MByte/s, wobei in der Praxis nur ca. 5 MByte/s erreicht werden. Abbildung 16.22 zeigt die prinzipielle Struktur einer MXI-Bus-Verbindung zwischen einem HostRechner und VXI-Bus-Systemen. HostRechner
VXI-Bus-System I Resource Manager Commanders und Servants
MXI-BusInterface
VXI-Bus-System II Resource Manager Commanders und Servants
Abb. 16.22: VXI-Bus-Systeme mit MXI-Bus-Verbindungen zu einem Host-Rechner
Die Weiterentwicklung des MXI-Busses wird als MXI-2 bezeichnet. Sie nutzte die damals neueste Technologien f¨ ur Desktop-Computer, wobei vor allem durch den Einsatz des PCI-Busses eine erhebliche Verbesserung des Datendurchsatzes auf theoretisch 33 MByte/s und praktisch ca. 23 MByte/s erreicht wurde. Weitere Verbesserungen des MXI-2 Busses stellen die Verwendung von DMA (Direct Memory Access) und die M¨oglichkeit zur asynchronen Steuerung dar. Die Einf¨ uhrung des synchronen MXI-Protokolls brachte eine deutliche Reduzierung des Protokoll-Overheads und damit eine Erh¨ohung des Datendurchsatzes. Die dritte Generation des MXI Standards (MXI-3) basiert, unter Ber¨ ucksichtigung des Compact-PCI- und PXI-Standards, auf der PCI-Technologie.
516
16 Meßdatenerfassung im Labor
Im Prinzip verh¨alt sich eine MXI-3 Verbindung wie eine PCI-PCI Br¨ ucke, welche aus einem prim¨ aren (PCI-MXI-3-Board) und einem sekund¨aren (CompactPCI/PXI-MXI-3-Modul) Interface besteht, die mit einem Kupfer- oder Lichtwellenleiterkabel miteinander verbunden sind und somit eine transparente Ankopplung von Compact-PCI/PXI-Systemen an Standard-PCs erlaubt. Die Leitungsl¨ ange darf bei Verwendung von Kupferkabeln 10 m und bei Lichtwellenleitern 200 m nicht u ussen gr¨oßere Distanzen ¨berschreiten. M¨ u ¨berwunden werden, so kann dies durch Repeater, die nach der jeweils maximalen Kabell¨ ange eingesetzt werden, realisiert werden. Der theoretisch maximale Datendurchsatz von MXI-3 betr¨ agt 100 MByte/s, wobei praktisch ca. 90 MByte/s erreicht werden. 16.7.10 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards Abschließend sind die Zeitpunkte der Einf¨ uhrung aller bisher diskutierten BusStandards angef¨ uhrt: 1981 VME
Etablierung des VME-Standards (VERSAmodule Eurocard) 1987 VXI National Instruments f¨ uhrt VXI (VME eXtension for Instrumentation) als offenen Standard ein 1989 MXI Einf¨ uhrung von MXI (Multisystem eXtension Interface) zur Anbindung von Computern an VXISysteme 1995 VME64 Weiterentwicklung des VME- zum VME64-Standard durch Erweiterung auf 64-Bit-Datenbreite 1996 MXI-2 MXI-2 erm¨ oglicht deutlich h¨ohere Datenraten und Datendurchsatz 1997 VME64x VME64x (eXtension) erweitert VME64 u. a. um 3, 3 V Spannungsversorgung, zus¨atzlich wird die max. Datenrate auf bis zu 160 MByte/s erh¨oht. 1998 PXI Einf¨ uhrung von PXI (PCI eXtension for Instrumentation), um die preisg¨ unstigen PCI (Peripheral Component Interconnect) Produkte des Desktop-PC Bereichs nutzen zu k¨ onnen. 1999 MXI-3 Unter Verwendung von MXI-3 ist es m¨oglich, PXISysteme mit hohen Datenraten an PCs anzubinden 2004 PCIe PCIe (PCI-Express bzw. PCI-E) ist eine schnelle Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit 16 vollduplexf¨ahigen Leitungspaaren mit je 250 MByte/s.
17 Meßdatenerfassung im Feld
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 17.1.1 Aufbau einer SPS Speicherprogrammierbare Steuerungen sind modulare und frei programmierbare Steuerger¨ ate, die nicht als fertige Komplettsysteme angeboten, sondern nach den Anforderungen der jeweiligen Applikation anhand von Einzelmodulen konfiguriert werden. Die Grundausstattung einer SPS beinhaltet: • • • •
eine Stromversorgung, einen Prozessor (CPU), Speichermodule (RAM, NOV-RAM, EPROM, EEPROM), mindestens je eine Eingangs- und Ausgangsbaugruppe.
Es existieren noch zahlreiche weitere Baugruppen f¨ ur speicherprogrammierbare Steuerungen, wie beispielsweise Schnittstellenerweiterungen, Kommunikationsbaugruppen oder CPUs f¨ ur spezielle Aufgaben, die je nach Anforderungen zu der SPS-Hardware hinzugef¨ ugt werden k¨ onnen. So entsteht ein optimal an die Anwendung angepaßtes Hardwaresystem, das keine ungenutzten Komponenten enth¨ alt. Die Modularit¨ at von speicherprogrammierbaren Steuerungen hat auch den Vorteil, daß bestehende Systeme leicht durch weitere Baugruppen ausgebaut werden k¨ onnen bzw. bei gegebener Kompatibilit¨at ein leistungsf¨ahigerer Prozessor einen f¨ ur die gew¨ unschte Aufgabe zu langsamen Prozessor ersetzt, ohne etwas an den anderen Baugruppen oder gar am Programmcode ver¨andern zu m¨ ussen. Detaillierte Informationen zu speicherprogrammierbaren Steuerungen findet man in der Spezialliteratur [51], [52], [94]. 17.1.2 Programmstruktur Steuerprogramme bestehen aus Aufrufen von Bausteinen (Programm-Module), die unabh¨ angig voneinander programmiert werden. Dadurch k¨onnen im Laufe
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17 Meßdatenerfassung im Feld
der Zeit große Bausteinbibliotheken entstehen, die auch in anderen Programmen verwendet werden. Traditionell unterscheidet man zwischen Programmbausteinen, Funktionsbausteinen, Organisationsbausteinen und Schrittbausteinen, wobei die beiden letztgenannten Bausteine im Standard IEC 61131-3 durch die Einf¨ uhrung von Tasks bzw. durch die Ablaufsprache ersetzt wurden. Die traditionellen Bausteine unterscheiden sich nach Art der Anwendung folgendermaßen: Funktionen: es werden Parameter u ¨bergeben und ein Parameter eines bestimmten Typs wird zur¨ uckgegeben. Der R¨ uckgabeparameter wird nicht gespeichert (= ohne Ged¨ achtnis). Funktionsbl¨ ocke: erhalten Eingangsparameter und f¨ uhren bestimmte, von den Parametern abh¨ angige Funktionen aus. Nach Ablauf der Funktion stehen die Ergebnisse in Form von Parametern dauerhaft zur Verf¨ ugung (= mit Ged¨ achtnis). ¨ Programme: erf¨ ullen Aufgaben ohne Ubergabe von Parametern. Organisationsbausteine: steuern den zeitlichen Ablauf von Programmen und Funktionsbausteinen. Schrittbausteine: steuern den Ablauf von Programmen. 17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb Da speicherprogrammierbare Steuerungen nicht die u ¨bliche Architektur von Computern besitzen, ist auch der Programmablauf anders gestaltet. SPSProgramme laufen im permanent-zyklischen Betrieb ab, wobei vor und nach jedem Programmzyklus sog. Prozeßabbilder ver¨andert werden. Das Prozeßabbild (Abb. 17.1) beschreibt den Zustand der Ein- und Ausg¨ange zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nur in Ausnahmef¨ allen wird ein bestimmter Wert eines Eingangs bzw. Ausgangs direkt gelesen bzw. gesetzt (d. h. nicht erst zum Ende des Programmdurchlaufs). Der typische Ablauf eines Zyklus beginnt mit dem Erstellen des Prozeßabbildes der Ein- und Ausg¨ ange. Da w¨ ahrend des Programmdurchlaufs nur auf das Prozeßabbild zugegriffen wird, ist nur eine Momentaufnahme des Zustands der Ein- und Ausg¨ ange w¨ ahrend der Programmbearbeitung ¨ verf¨ ugbar. Alle Anderungen am Zustand der Ausg¨ange werden erst nach dem ¨ Ende des Programmdurchlaufs durch das Ubertragen des Prozeßabbildes der ¨ Ausg¨ ange auf die physikalischen Ausg¨ ange wirksam. Anderungen des Zustands von Eing¨ angen nach dem Erstellen des Prozeßabbildes k¨onnen erst bei dem n¨ achsten Programmdurchlauf ber¨ ucksichtigt werden (Abb. 17.2). Die Zykluszeit bezeichnet die Zeitdauer zwischen zwei Schreibvorg¨angen auf die physikalischen Ausg¨ ange. Diese ist nicht konstant, da die Bearbeitung des Programmes in aller Regel situationsabh¨ angig ist. Infolge bestimmter Ereignisse oder Meldungen werden jeweils andere Programmteile durchlaufen. Manche Hersteller bieten die M¨ oglichkeit an, den Zyklus in zeitlich ¨aquidistanten Schritten zu
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
519
starten, wobei w¨ahrend der verbleibenden Zeit entweder nichts geschieht oder Kommunikation mit anderen Ger¨ aten betrieben wird. 17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb Durch Verwendung spezieller Befehle besteht die M¨oglichkeit, den Wert eines Eingangs direkt einzulesen bzw. einen Ausgangswert direkt zu setzen. Dies ¨ ist f¨ ur F¨ alle notwendig, bei denen z. B. unmittelbar auf eine Anderung ein Ausgang gesetzt werden muß. Bei der Verwendung solcher Befehle kann zwar, bezogen auf diesen Ausgang, Zeit eingespart werden, auf mehrere Ein- bzw. Ausg¨ ange angewandt, wird die Zyklusdauer jedoch erheblich verl¨angert. Daher ist es in den meisten F¨ allen sinnvoll, wie oben geschildert, nur auf die Prozeßabbilder zuzugreifen. 17.1.5 Besonderheiten der Programmierung Aufgrund des permanent-zyklischen Betriebs ist es nicht m¨oglich, innerhalb eines Programmdurchlaufs auf bestimmte Ereignisse zu warten. Es ist bei¨ spielsweise unm¨oglich, innerhalb eines Programmzyklus die Anderung eines Eingangswertes zu detektieren, da das Eingangsprozeßabbild nur eine Momentaufnahme der Eing¨ ange zum Zeitpunkt des Zyklusstarts darstellt und das Programm lediglich auf diese zur¨ uckgreifen kann. Desweiteren ist es nicht ¨ m¨ oglich, an einer bestimmten Stelle im Programm auf die Anderung einer Bedingung, z. B. das Verstreichen einer Zeitspanne, zu warten. Der permanentzyklische Betrieb muß vom Programmierer sichergestellt werden, andersfalls
Prozessabbild Eingänge
SteuerungsProgramm
Prozess
Prozessabbild Ausgänge
Abb. 17.1: Permanent-zyklischer Betrieb einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS)
520
17 Meßdatenerfassung im Feld
¨ kommt es zu einer Uberschreitung der Zykluszeit, die je nach SPS entweder zu einem Abbruch der Programmausf¨ uhrung, einer Fehlermeldung oder Problemen mit der Kommunikation zur Außenwelt f¨ uhrt. Bei der Programmierung solcher Aufgaben wird daher die Ablaufsteuerung ¨ genutzt, die aufgrund von Ubergangsbedingungen daf¨ ur sorgt, daß der n¨achste Schritt im Programm ausgef¨ uhrt wird. Dagegen wird die Verkn¨ upfungssteuerung verwendet, um innerhalb eines Programmdurchlaufs alle Ausgangswerte in Abh¨ angigkeit von bestimmten Eingangswerten und deren Verkn¨ upfungen zu setzen. 17.1.6 Programmiersprachen fu ¨ r SPS nach IEC 61131-3 Es gibt viele Programmiersprachen f¨ ur speicherprogrammierbare Steuerungen, wobei leider nur wenige standardisiert sind und erst seit geraumer Zeit die Einsicht w¨ achst, daß nur ein Programmierstandard die Portabilit¨at und damit die Zukunft von SPS-Programmen gew¨ahrleistet. Viele SPS-Hersteller entwickelten anfangs speziell auf ihren SPS-Typ zugeschnittene Programmiersprachen, wodurch der Austausch einer SPS mit Modellen anderer Hersteller nicht ohne weiteres m¨ oglich war. Erst in der Norm IEC 61131-3 wurden einige Programmiersprachen standardisiert und so die gew¨ unschte Portabilit¨at erreicht. Es ist zu erw¨ ahnen, daß die dort beschriebenen Programmierspra-
Prozessabbild der Eingänge einlesen
Prozessabbild der Ausgänge ausgeben
Programmbearbeitung
Prog.bearb.
Zyklus
Zyklus
Prog.bearb.
Prog.bearb.
Zyklus
Zyklus
Ereignis
...
Reaktion Reaktionszeit
Abb. 17.2: Reaktionszeit einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS)
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
521
chen beliebig miteinander kombinierbar sind, um die St¨arken der einen oder anderen Sprache in einem Programm nutzen zu k¨onnen. Folgende Programmiersprachen werden durch die IEC Norm 61131 definiert [94]: • • • • •
Anweisungsliste AWL, instruction list IL Strukturierter Text ST, structured text ST Kontaktplan KOP, ladder diagram LD Funktionsbausteinsprache FBS, function block diagramm FBD Ablaufsprache AS, sequential function chart SFC
Generell wird zwischen graphischen und textorientierten Sprachen unterschieden, wobei die Sprachen AWL und ST textorientiert, dagegen KOP und FBS graphisch sind. AS ist sowohl textorientierte als auch graphische Programmiersprache. Textorientierte Programmiersprachen AWL: wie der Name schon sagt, besteht diese Programmiersprache aus einer Liste von Anweisungen, wobei jede Anweisung in einer neuen Zeile beginnt und einen Operator sowie, je nach Operatortyp, einen oder mehrere durch Komma getrennte Operanden beinhaltet. Es finden auch IdentifikatorMarken Verwendung, die als Sprungpunkte dienen. ST: ist an Hochsprachen wie Basic, C oder Pascal angelehnt, eignet sich vor ¨ allem f¨ ur h¨ aufig benutzte Konstrukte und dient der Ubersichtlichkeit des Programmes. So k¨ onnen Schleifen einfach implementiert werden. Strukturierter Text ist außerdem eine leicht lesbare Programmiersprache, die bei stark verschachtelten Anweisungen Vorz¨ uge bietet. Graphische Programmiersprachen KOP: ist an das Prinzip von elektrischen Schaltungen angelehnt. Die Sprache eignet sich zur Konstruktion logischer Schaltwerke, zur Steuerung von Funktionsbausteinaufrufen oder aber zum Erstellen von Netzwerken. Auf der linken und rechten Seite des Netzwerks wird selbiges von einer Stromleitung begrenzt, wobei mittels dazwischen angeordneter Kontakte, Spulen und Verbindungslinien ein Kontakt zwischen den Stromleitungen hergestellt werden kann. Kontakte sind dabei Datenquellen, wie z. B. boolesche Variablen oder Eingangssignale, und Spulen stellen Datensinken dar, z. B. boolesche Variablen oder Ausgangssignale. FBS: FBS-Programme k¨ onnen sehr abstrakt und kompakt sein und zudem elegant und auch z¨ ugig erstellt werden. Wesentliche Sprachelemente sind Funktionen, Funktionsbl¨ ocke, Funktionsbausteine, Variablen sowie horizontale und vertikale Linien. Daten fließen von links nach rechts und werden an beiden Seiten durch Variablen begrenzt. Die Verwendung
522
17 Meßdatenerfassung im Feld
von Sprungmarken und Spr¨ ungen ist vorgesehen, allerdings sollten diese nur begrenzt verwendet werden, um die Lesbarkeit des Programmes zu gew¨ ahrleisten. Ablaufsprache AS: ist sowohl eine textbasierte als auch eine graphische Programmiersprache. Wesentliche Bestandteile der Programmiersprache stellen Schritte, ¨ Transitionen (Ubergangsbedingungen) und Verbindungen dar. Bei jedem Schritt wird eine bestimmte Menge von Aktionen f¨ ur diesen Schritt durch¨ gef¨ uhrt, diese Aktionen werden solange ausgef¨ uhrt, bis die Ubergangsbedingung zum n¨ achsten Schritt erf¨ ullt ist. Jedes Programm bzw. jeder Funktionsbaustein kann als AS-Programm betrachtet werden, selbst wenn daf¨ ur andere Sprachen zur Verwendung gekommen sind, da dann ein ASProgramm aus nur einem Schritt besteht. 17.1.7 Beispiele fu ¨ r die IEC-genormten SPS-Programmiersprachen Im weiteren werden die standardisierten Programmiersprachen anhand von kleinen Beispielen vorgestellt: AWL-Beispiel:
¨ Abb. 17.3: Beispiel eines AWL-Programmes (R¨ uhrkessel-Uberwachung)
¨ Die Uberwachung eines R¨ uhrkessels soll als Beispiel f¨ ur ein AWL-Programm dienen. Abbildung 17.3 zeigt ein solches Programm, im oberen Teil die Variablendeklarationen und im unteren Teil die Implementierung des Programmes.
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
523
Steigt die Kesseltemperatur u ¨ber eine bestimmte Maximaltemperatur oder sinkt die Kesseltemperatur unter einen Minimalwert, so wird die Variable NotAUS“ gesetzt und weitere Aktionen w¨ urden folgen. In diesem Beispiel” programm wurden folgende Befehle verwendet: LD LT
lade Variable in Stack (lower than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen kleiner als ein bestimmter Wert ist EQ (equals) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen gleich einem bestimmten Wert ist GT (greater than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen gr¨ oßer als ein bestimmter Wert ist AND Und-Verkn¨ upfung von Bedingungen OR Oder-Verkn¨ upfung von Bedingungen ST Speichere Wert im Stack in Variable. Eine AWL-Anweisung besteht immer aus einem Operator und, je nach Befehl, einem oder mehreren Operanden. Es k¨ onnen auch Sprungmarken definiert werden (Sprungmarke:) oder Kommentare am Ende der Zeile eingef¨ ugt werden ((* Kommentar*)). ST-Beispiel:
Abb. 17.4: Beispiel eines ST-Programmes (Raumtemperatur-Regelung)
Abbildung 17.4 zeigt ein kurzes ST-Programm, welches mehrere Male denselben Funktionsblock zur Raumtemperaturregelung aufruft. Im oberen Teil der Abbildung sind die Deklarationen zu erkennen, im unteren Teil die Implementierung des Programmes. Die Benutzung von Schleifen erlaubt es, den Programmcode im Gegensatz zu den anderen Sprachen sehr kompakt zu formulieren.
524
17 Meßdatenerfassung im Feld
Abb. 17.5: Beispiel eines ST-Funktionsblocks
Die Sprache ST a¨hnelt der Hochsprache Pascal. Der im Deklarationsteil des Programmes erw¨ahnte Funktionsblock T2PmitHysterese ist als ST-Funktionsblock in Abb. 17.5 zu sehen. Der Funktionsblock u uft, ob die Raumtem¨berpr¨ peratur geringer ist als der vorgegebene Sollwert, abz¨ uglich eines Hysteresewertes. Der jeweils g¨ ultige Sollwert kann dabei entweder durch ein Tagbzw. Nachtprogramm oder ansonsten durch einen Sollwertsteller vorgegeben werden. Die gleiche Funktionalit¨ at besitzt auch der in Abb. 17.7 gezeigte FBS¨ Funktionsblock, wobei die Ubersichtlichkeit und Anschaulichkeit der Funktion durch die Sprache FBS eher gegeben ist als bei Verwendung von ST. KOP-Beispiel:
Abb. 17.6: Beispiel eines KOP-Funktionsblocks
Das KOP-Beispiel (Abb. 17.6) zeigt die einfache Verkn¨ upfung mehrerer Bedingungsvariablen. Die Variablen F1 , F2 und F3 stellen den Zustand von Fenstern
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
525
dar. Wenn nur eines dieser Fenster ge¨ offnet ist, dann soll die Variable Q gesetzt (= WAHR) werden. Sind weniger oder mehr als ein Fenster offen, so wird die Variable nicht gesetzt (= FALSCH). Es wurden die Elemente Kontakt und Spule verwendet, wobei die M¨ oglichkeit der Negierung jeweils auf zwei der L¨ uftervariablen in einem Parallelzweig angewendet wurde. Die dabei realisierte Funktion lautet Q = (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ). F¨ ur diesen Funktionsblock m¨ ussen die Variablen deklariert sein, dieser Deklarationsblock k¨ onnte folgendermaßen aussehen: FUNCTION BLOCK EIN FENSTER OFFEN VAR INPUT F1, F2, F3: BOOL; END VAR VAR OUTPUT Q: BOOL; END VAR VAR END VAR
FBS-Beispiel:
Abb. 17.7: Beispiel eines FBS-Funktionsblocks (Raumtemperatur-Regelung)
Am Beispiel einer Raumtemperaturregelung (Abb. 17.7) wird die Sprache FBS vorgestellt. Es wird zwischen folgenden Szenarien unterschieden: • • •
Steuerung durch Raumsollwertsteller Steuerung durch Tagprogramm Steuerung durch Nachtprogramm.
526
17 Meßdatenerfassung im Feld
Ist eines der Programme aktiv, so wird der jeweils definierte Sollwert herangezogen, andernfalls wird der Wert des Raumsollwertstellers verwendet. F¨allt die Temperatur unter einen bestimmten Schwellwert (= Sollwert - Temperaturhysterese), so soll die Variable Heizung gesetzt werden, andernfalls nicht. Dieselbe Funktionalit¨at wird auch von dem in Abb. 17.5 beschriebenen ST-Funktions¨ block u ¨bernommen, wobei die Ubersichtlichkeit des Funktionsblocks durch die Sprache FBS wesentlich verbessert wird. Es wurden bei diesem Beispiel Funktionsbausteine, Negierungen sowie Ein- und Ausg¨ ange verwendet. Negierungen sind an einem Kreis am jeweiligen Ein- oder Ausgang eines Funktionsbausteins zu erkennen. Analog zum FBS-Beispiel ist auch hier ein Deklarationsblock f¨ ur Variablen n¨otig. Dieser wird nicht explizit aufgef¨ uhrt, da er dem Deklarationsblock aus Abb. 17.5 entspricht.
AS-Beispiel: Die Steuerung einer Fußg¨angerampel soll in Anlehnung an [52] als Beispiel f¨ ur die Ablaufsprache dienen. Das zugeh¨orige Bild ist in Abb. 17.8 zu sehen. Die Steuerung unterscheidet dabei folgende Zust¨ande der Fußg¨ angerampel:
Abb. 17.8: Beispiel eines ASProgrammes
• Fahrbahn frei (Fahrzeuge d¨ urfen passieren) • Fahrbahn anhalten (Fahrzeuge sollen anhalten) • Straße r¨aumen (Fahrzeuge sollen den Ampelbereich verlassen) • Fußweg frei (Fußg¨anger d¨ urfen die Straße u ¨berqueren) • Fußweg r¨aumen (Fußg¨anger sollen die Straße verlassen) • Fahrbahn vorbereiten (Fahrzeuge sollen sich auf das Anfahren vorbereiten)
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
527
In diesem Beispiel wurden Transitionen, Aktionen und ein Sprung verwendet. ¨ Transitionen sind Ubergangsbedingungen, die das Fortschreiten von einem Schritt zum n¨ achsten steuern. In den meisten F¨allen des Beispiels heißt die ¨ Ubergangsbedingung Timer.Q, was den Ablauf einer bestimmten Zeit darstellt. Zu Beginn eines jeden Schrittes wird ein Timer gestartet, der nach dem Ablauf einer vorgegebenen Zeit eine logische ‘1‘ liefert. Der Ampelzyklus wird gestartet, indem entweder ein Knopf gedr¨ uckt wurde oder aber im Automatik-Modus eine bestimmte Zeit verstrichen ist. Ist das Programm am unteren Ende angekommen, so wird durch den Sprung zu Fußweg raeumen der Zyklus fortgesetzt. Ein ‘E‘ in der linken unteren Ecke eines Schrittes zeigt eine vorhandene Eingangsaktion, ein schwarzes Dreieck in der rechten oberen Ecke eine Schrittaktion an, die fortlaufend ausgef¨ uhrt wird solange der Schritt aktiv ist. Aktionen sind Programm- oder Funktionsaufrufe in einer der genormten Programmiersprachen. In diesem Beispiel werden in den Eingangsaktionen die Ampelwerte (Rot, Gelb, Gr¨ un) gesetzt und in der Schrittaktion der Timer aufgerufen, um den Wert der abgelaufenen Zeit aufzufrischen. Die Zust¨ande der Ampelfarben w¨ ahrend der jeweiligen Schritte sind in Tab. 17.1 aufgef¨ uhrt.
Tabelle 17.1: Farbtabelle der Ampeln des AS-Beispiels Fahrzeugampel Fußg¨ angerampel Schritt Rot Gelb Gr¨ un Rot Gr¨ un Fussweg raeumen 1 0 0 1 0 Fahrbahn vorbereiten 1 1 0 1 0 Fahrbahn frei 0 0 1 1 0 0 1 0 1 0 Fahrbahn anhalten Strasse raeumen 1 0 0 1 0 Fussweg frei 1 0 0 0 1
528
17 Meßdatenerfassung im Feld
Tip: Auf der CD-ROM befindet sich eine Demoversion des Programms CoDeSys zur Programmierung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen. Das book.pdf-File enth¨alt eine Einf¨ uhrung in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der SPSProgrammierung sowie einige Aufgabenstellungen, die einen Einblick in die unterschiedlichen Programmiersprachen geben. Dabei k¨onnen SPSProgramme erstellt und auf dem PC simuliert werden. Via Internet k¨ onnen auch Programme auf eine am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik (FriedrichAlexander-Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg) aufgebaute SPS geladen und ausgef¨ uhrt werden. Die erfolgreiche Programmierung dieser SPS kann anhand von helligkeitsgesteuerten Lampen und LEDs mittels einer WebCam beobachtet werden. Die Beispielprogramme befinden sich im Verzeichnis \SPS_Codesys\Aufgaben.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen Die durchg¨ angige Vernetzung von meist dezentralen Steuerungseinheiten ist ein wichtiger Trend in der Automatisierungstechnik. Die in der j¨ ungeren Vergangenheit entwickelten SPS-Controller bieten neben einer hohen Prozessorleistung vielf¨ altige M¨ oglichkeiten der Kommunikation u ¨ber folgende wichtige Standard-Schnittstellen bzw. Protokolle: • http (Hypertext Transfer Protocol) • GSM (Global System f¨ ur Mobile Comunication) s. Kap. 18.10 • SMS (Short Message Services) • TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) s. Kap. 18 • ISDN (Intergrated Services Digital Network) s. Kap. 18.10 Im folgenden sollen beispielhaft einige Kommunikationsformen anhand eines modernen SPS-Controllers der Fa. WAGO aufgezeigt werden. Es handelt sich dabei um das Modell 750-841 (Abb. 17.9) [147]. 1. Fernwartung u ¨ ber eine Telefon-Modemverbindung Die serielle Service-Schnittstelle des Controllers erlaubt in Verbindung mit einer entsprechenden Kommunikationstreibersoftware den Aufbau einer transparenten Modemverbindung. Dazu k¨onnen sowohl analoge als auch digitale (ISDN und GSM) Telefon-Modems zum Einsatz kommen. Auf diese Weise l¨ aßt sich eine kosteng¨ unstige Fern¨ uberwachung der SPS realisieren. Es ist jedoch zu u ufen, inwieweit geeignete Kommunika¨berpr¨ tionstreiber zum aktuell verwendeten Controller verf¨ ugbar sind.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
529
Abb. 17.9: Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) der Fa. WAGO [147]. Der SPS-Controller enth¨ alt einen integrierten Webserver.
2. Datenaustausch u ¨ ber ein LAN-Modem Bei Verwendung eines LAN-Modems, das im besonderen auch ein ISDNRouter mit LAN-Anbindung sein kann (entspr. dem Gateway in Abb. 20.1), erfolgt der Zugriff auf den SPS-Controller via seiner Ethernet-Schnittstelle wie in einem lokalen Netzwerk auf transparente Weise. Diese Vernetzungsvariante erm¨oglicht die komfortable Fernwartung, die Programmierung sowie die Steuerung bzw. Beobachtung der SPS von einem PC aus, der sich an einem beliebigen Standort befinden kann. Dabei lassen anwendungsspezifische Programme, die auf dem MODBUS-TCP-Protokoll oder Ethernet/IP (Ethernet Industrial Protocol) aufsetzen, den direkten Zugriff auf Datentransfer-Routinen zu. Auf diese Weise ist auch eine direkte Anbindung an SCADA (= System (Survey/Supervisory) Control and Data Acquisition) m¨ oglich. SCADA bezeichnet eine Software-Kategorie, die der Datenaufnahme, der Prozeßsteuerung und der Prozeßvisualisierung dient. Der Begriff SCADA-System wird h¨ aufig als Synonym f¨ ur Leitsystem verwendet, obgleich das letztgenannte sicherlich wesentlich weitreichendere Funktio-
530
17 Meßdatenerfassung im Feld
nalit¨ at aufweist. Die Anbindung an SCADA erfolgt in der Regel wiederum u ¨ber MODBUS-TCP-Treiberroutinen, mittels derer direkter Zugriff auf die Prozeßdaten besteht. 3. Kommunikation via Short-Message-Service (SMS) Das Versenden einer SMS (Short-Message-Service) seitens einer SPS auf ein bestimmtes Mobiltelefon eignet sich besonders zum Alarmieren eines Servicetechnikers in Bereitschaft. Eine St¨ormeldung wie “Notabschal¨ tung/Uberhitzungsgefahr” l¨ aßt sich problemlos auf ein gew¨ohnliches Mobiltelefon u ¨bertragen. Der Text kann variiert und sogar mit aktuellen Prozeßdaten versehen werden. Das Versenden von SMS-Nachrichten erfolgt immer u ¨ber das Short-Message-Service-Center (SMSC) des jeweiligen Netzbetreibers. Controller und SMSC k¨onnen sowohl u ¨ber GSM als auch u ¨ber das Festnetz (ISDN oder analog) kommunizieren. Der SMS-Versand u ¨ber ein GSM-Modem, gegebenenfalls ein Handy mit Datenkabel, bietet besonders f¨ ur an abgelegenen Standorten arbeitende Controller vielf¨ altige Einsatzm¨ oglichkeiten. F¨ ur den Anschluß des GSM-Modems wird eine entsprechende Busklemme mit einer seriellen Schnittstelle in den Klemmenverband integriert. Ein mit einem GSM-Modem verbundener Controller kann auch SMSNachrichten empfangen und auswerten. Entsprechend programmiert, kann der Controller in dieser Konfiguration den Empfang und die korrekte Ausf¨ uhrung eines Befehls sogar best¨ atigen. Die Kommandos werden in Form von benutzerdefinierten Funktionen zusammengefaßt. Damit steht eine weitere Variante der Fernbedienung zur Verf¨ ugung, die z. B. f¨ ur die geb¨ audetechnische (Fern-)Steuerung eines Einfamilienhauses interessant ist. 4. SPS mit integrierten Webservern Der neueste Trend der vernetzten Kommunikation mit einer SPS zielt in Richtung der vollst¨ andigen und komfortablen Einbindung der SPS in ein Intranet. Dazu werden die SPS-Controller, wie z.B. der Controller 750-841 (842) der Fa. WAGO, mit einem integrierten Webserver ausgestattet; d. h. der Webserver ist direkt in der Firmware des Controllers implementiert. In Verbindung mit einer schnellen Ethernet-Schnittstelle (100 MBit/s) on Board ist die schnelle Daten¨ ubertragung mittels TCP/IP-Protokoll m¨ oglich. Dar¨ uberhinaus erlaubt der Webserver neben der Konfiguration und Diagnose der Anlage auch die freie Gestaltung eigener HTML(Hypertext Markuplanguage) Seiten mit vollem Zugriff auf die Prozeßdaten. So ist es dem Anwender m¨ oglich, per (Standard-) Webbrowser auf die SPS zuzugreifen, um beispielsweise Statusinformationen abzurufen. Die Abb. 17.10 zeigt die Statusinformationen einer modernen SPS bez¨ uglich der Seriennummer des verwendeten Controllers, der Versionsnummer seiner aktuell geladenen Firmware und seiner Gateway Adresse.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
531
Abb. 17.10: Webseite, mit der sich der SPS-Controller bei Aufruf seiner IP-Adresse meldet. Die Seite zeigt wichtige Informationen, wie z. B. die Seriennummer des Controllers, die Versionsnummer seiner Firmware und seine Gateway-Adresse. Unter der IP-Adresse 131.188.140.217 kann der Leser die interne Webseite einer am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik [76] befindlichen SPS aufrufen.
So lassen sich nun auf einem beliebigen PC ohne spezielle Visualisierungssoftware oder Spezialprogramme Prozeßdaten u ¨bersichtlich darstellen. Es ist lediglich einer der Standard-Webbrowser erforderlich. Die vom Anwender definierten HTML-Seiten lassen sich mit handels¨ ublichen Softwaretools entwerfen und per FTP (File Transfer Protocol) auf den Controller u ¨bertragen. Der Zugriff auf die Prozeßdaten erfolgt dabei u ¨ber spezielle Tags, die vom Webserver des Controllers ausgewertet werden. Auch das Versenden von E-Mails von einem bzw. an einen SPSController ist damit m¨ oglich. Das Versenden von E-Mails, ob im Intranet oder im Internet, erfolgt immer u ¨ber einen Mail-Server. Als Protokoll wird das Simple-Mail-Transfer-Protocol (SMTP) verwendet. Die Empf¨anger holen ihre Nachrichten u ¨ber das Post-Office-Protocol-3 (POP3) aus ihrem Postfach ab. Gesteuert wird der Mail-Client u ¨ber den Aufruf von Funktionsbausteinen in einem IEC 61131-Programm (s. Kap. 17.1.6). Mit den oben besprochenen Vernetzungsarten einer SPS bieten sich auch neue M¨ oglichkeiten der Visualisierung, die im folgenden Abschnitt behandelt werden.
532
17 Meßdatenerfassung im Feld
17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen Die M¨ oglichkeiten, die eine moderne SPS in Verbindung mit geeigneter Software heute bietet, sollen wiederum an einem konkreten Produkt aufgezeigt werden. Es werden hier im speziellen die Visualisierungsm¨oglichkeiten der CoDeSys-Programmierumgebung [25] in Verbindung mit dem WAGO-IOSystem aufgezeigt. Es sei an dieser Stelle aber betont, daß sehr wohl auch alle anderen namhaften Hersteller von Speicherprogrammierbaren Steuerungen bzw. entsprechender Software vergleichbare Produkte in ihrem Portfolio haben. Von einer u ¨ber Herstellergrenzen hinweg durchg¨angigen Kompatibilit¨ at bez¨ uglich der hier diskutierten Visualisierungsm¨oglichkeiten ist allerdings beim derzeitiger Stand noch nicht auszugehen. Die Visualisierung von Prozessen dient einerseits dem Beobachten des Prozesses und andererseits seiner Steuerung. So kann beispielsweise der F¨ ullstand eines Tanks auf folgende Arten visualisiert werden: • in Textform, z. B. F¨ ullstand: 100 Liter, • als Balkendiagramm, • als Vollgraphikanzeige, z. B. Darstellung des Tanks mit animierter F¨ ullstandsanzeige. Zur Steuerung stehen ebenfalls unterschiedliche Elemente zur Verf¨ ugung, beispielsweise: • Schalter “EIN/AUS” mittels Button • Sollwert in numerischer Eingabe • graphischer Schieberegler zum Einstellen eines Sollwertes. Visualisierung mittels Panel Zur Visualisierung kann ein Panel (= Bildschirm, der optional mit Bedienelementen ausgestattet ist) u ¨ber RS 232- bzw. RS 485-IO-Module oder auch u ¨ber die Feldbusschnittstelle angeschlossen werden (Abb. 17.11). Protokolle, mit denen Panels beispielsweise an das WAGO-IO-System angeschlossen werden k¨ onnen, sind MODBUS, CAN-open und SIEMENS 3964 R/RK512. Die Erstellung der auf dem Panel erscheinenden Bilder hat mit einer geeigneten Software des Panelherstellers zu erfolgen. Visualisierung mittels PC Zur Visualisierung des SPS-Prozesses auf einem separaten PC muß ein spezielles Programm implementiert werden, welches die Prozeßdaten von der SPS holt und die graphische Aufbereitung vornimmt. Solche Programme kennen u. a. einen Entwicklungsmodus zur Erstellung der Bilder und einen Runtimemodus zur Darstellung derselben w¨ ahrend des Betriebes. Dabei h¨angt der
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
Bildaufbereitung
Visualisierung auf Panel
533
SPS mit Datenquelle
a) Feldbus b) Serviceschnittstelle c) RS232- oder RS485-IO-Modul Abb. 17.11: SPS-Prozeß-Visualisierung mittels Panel. Die unter a), b) und c) angef¨ uhrten Schnittstellen sind alternativ verwendbar.
Aufwand f¨ ur die Erstellung der Bilder sehr wohl vom verwendeten Produkt ab. Vorteilhafterweise wird hier eine Software eingesetzt, bei welcher der o. g. Entwicklungsmodus bereits Bestandteil des SPS-Programmiersystems ist, wie z. B. beim CoDeSys SPS-Programmiersystem [25]. F¨ ur den Runtimemodus ist allerdings ein separates, unter dem Produktnamen CoDeSys-HMI vertriebenes, Programmpaket notwendig. Die Anbindung der SPS erfolgt u ¨ber die Standardschnittstellen, wie z. B. Ethernet oder einen Feldbus. Target-Visualisierung Von Target-Visualisierung spricht man, wenn die Visualisierungssoftware direkt auf dem Zielsystem (= Target), d. h. direkt auf dem SPS-Controller, abl¨ auft (Abb. 17.12). Vorteilhaft ist dabei, daß die Zusatzkosten f¨ ur einen separaten PC entfallen. Bei Verwendung von CoDeSys-Software k¨ onnen die in der SPS-Programmierumgebung erstellten Bilder direkt auf den SPS-Controller geladen werden. Dies setzt einen entsprechenden Controller voraus, der dann die TargetVisualisierung unterst¨ utzt. Die Verwendung eines Touch-Panels anstatt Maus und Bildschirm ist vorgesehen, derzeit aber noch nicht realisiert. Web-Visualisierung Unter der Web-Visualisierung eines SPS-Prozesses versteht man die graphische Darstellung der SPS-Statusinformationen sowie der Prozeßdaten mit Hilfe eines Standard-Webbrowsers, wie z. B. Opera, Internet-Explorer oder Mozilla (FireFox). Diese Form der Visualisierung ist prinzipiell unabh¨angig vom verwendeten Betriebssystem und basiert auf den g¨angigen Standards graphischer Darstellungen im World Wide Web. Mit der Verbreitung des Internets sowie des Ethernets mit TCP/IP-Protokoll in der Automatisierungstechnik
534
17 Meßdatenerfassung im Feld Visualisierung auf dem Bildschirm
SPS mit Datenquelle + Bildaufbereitung Digital Visual Interface (DVI)
Abb. 17.12: Target-Visualisierung auf einem direkt an die SPS angeschlossenen Bildschirm
gewinnt auch die webbasierte Visualisierung im SPS-Bereich rasch an Bedeutung. Damit wird auch die kosteng¨ unstige Implementierung von ¨ortlich verteilten Bedien- und Beobachtungssystemen f¨ ur den Bereich der Automation m¨ oglich. Neben dem Webbrowser, der im wesentlichen der graphischen Darstellung dient, ben¨ otigt man einen Webserver, der die Daten aufbereitet und die Kommunikation mit den Webbrowsern vornimmt. Der verwendete Sprachumfang ist dabei HTML und Java-Script. In Abh¨angigkeit des verwendeten Sprachumfangs lassen sich Anzeigeelemente wie Buttons, Tabellen, statische oder animierte Graphiken in der Darstellung verwenden. Dabei muß der Webserver Zugriff auf den SPS-Controller samt seiner Daten und die I/OModule der SPS haben. F¨ ur die Plazierung des Webservers gibt es im wesentlichen drei M¨oglichkeiten: 1. Webserver in SPS-Controller integriert Ein Beispiel f¨ ur diese Form der Web-Visualisierung ist der bereits oben erw¨ ahnte WAGO-Controller 750-841 (842), bei dem ein entsprechender
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
535
Webserver bereits in der Firmware implementiert ist. Dieser Controller bietet auch die M¨ oglichkeit, Werte des Prozeßabbildes der I/O-Klemmen direkt zu lesen. Abbildung 17.13 zeigt m¨ogliche Varianten der WebVisualisierung mit Hilfe von separaten PCs bzw. PDAs (PDA = Personal Digital Assistant). SPS mit Datenquelle + Bildaufbereitung (Webserver)
Ethernet mit TCP / IP
1. Visualsierung mit Webbrowser auf PDA
2. Visualisierung mit Webbrowser auf PC
WWW
Abb. 17.13: Visualisierung mit Webbrowser auf PDA oder PC; Webserver in SPSController integriert
Der Aufwand zur graphischen Darstellung h¨angt auch hier in hohem Maße von der verwendeten Entwicklungsumgebung ab. So erlaubt beispielsweise die SPS-Programmierumgebung CoDeSys mit ihrem neuesten Release die Verwendung eines integrierten Visualisierungseditors in Verbindung mit dem o. g. WAGO-Controller. 2. Webserver in separatem SPS-Modul Verschiedene SPS-Hersteller implementieren den Webserver in einem vom Controller getrennten Modul, das separat u ¨ber TCP/IP an das Ethernet angebunden ist. 3. Webserver auf PC Die Webserver-Software kann auch auf einem separaten PC ablaufen. Dazu ist die Kommunikation zwischen der SPS und diesem PC u ¨ber eine Standardschnittstelle, wie z. B. einem Feldbus, sicherzustellen. Dabei sammmelt der PC die Daten der SPS, erzeugt die Graphiken und stellt diese als HTML-Seiten im Netz zur Verf¨ ugung.
536
17 Meßdatenerfassung im Feld
Hinweis Lesern, die sich u ¨ber aktuelle Entwicklungen auf dem SPS-Sektor informieren m¨ ochten, sei die Zeitschrift SPS Magazin, Zeitschrift fu ¨ r Automatisierungstechnik (www.sps-magazin.de) empfohlen.
17.3 Hierarchie industrieller Bussysteme Die Anforderungen an die industrielle Meßdatenerfassung haben sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Die Anwendungsfelder der Meßdatenerfassung und der damit verbundenen Kommunikationsnetze reichen von der Energietechnik, Fertigungstechnik und Geb¨ audeleittechnik bis hin zum mobilen Einsatz in Fahrzeugen und Maschinen. Die zunehmende Automatisierung verlangt die Einbindung unterschiedlichster Sensoren und Aktoren in eine Prozeßsteuerung. Die einzelnen Prozesse wiederum m¨ ussen von u ¨bergeordneten Systemen u ¨berwacht werden. In j¨ ungerer Vergangenheit ist daher eine Vielzahl an Kommunikationsnetzen und Bussystemen entwickelt worden, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Im folgenden sollen Definitionen zur hierarchischen Einteilung der Bussysteme vorgenommen werden. Desweiteren werden die wichtigsten Bussysteme vorgestellt.
WAN
Betriebsebene
Leitebene
Bürobus / Fabrikbus
LAN
Steuerungsebene
Feldebene
Sensor-Aktor-Ebene
Feldbus
FAN
Abb. 17.14: Einteilung eines Automatisierungssystems in hierarchische Ebenen (FAN = Field Area Network; LAN = Local Area Network; WAN = Wide Area Network)
17.4 Das ISO-Schichtenmodell
537
Bedingt durch die weitgehende Automatisierung fast aller Einzelprozesse und deren Einbindung in ein Betriebsnetz wird in Zukunft der Aufbau hierarchischer Netzstrukturen immer mehr Bedeutung erlangen. Das Modell in Abb. 17.14 verdeutlicht die durchg¨ angige Verbindung von der Betriebsebene bis zur Sensor-Aktor-Ebene. Als Hauptkennzeichen der unterschiedlichen ¨ Hierarchieebenen sind die H¨ aufigkeit einer Ubertragung und die Datenmenge ¨ ¨ einer einzelnen Ubertragung wesentlich. Die H¨aufigkeit von Ubertragungen geht mit der H¨ohe der Hierarchieebene zur¨ uck, d. h. auch die Echtzeitan¨ forderung nimmt ab. Die Datenmenge pro Ubertragung bzw. die Gr¨oße der Datenpakete nimmt jedoch zu. Die Netze der h¨ ochsten Ebene sind meist als Weitbereichsnetze (Wide Area ¨ Network, WAN) ausgebaut. Sie dienen der Uberbr¨ uckung großer Entfernungen, wie z. B. bei der Vernetzung mehrerer regional getrennter Unternehmensbereiche oder Fabriken. Hierzu z¨ ahlen insbesondere HochgeschwindigkeitsGlasfasernetze, deren typischer Teilnehmerabstand in der Gr¨oßenordnung von 100 km und mehr liegt. Die Netze der Leit- und Steuerungsebenen werden als lokale Netze betrieben (Local Area Network, LAN). In weiten Bereichen wird hier das Ethernet mit dem TCP/IP-Protokoll eingesetzt. Dabei wird zwischen B¨ uro- und Fabrik-Netz unterschieden, da das Ethernet f¨ ur die industrielle Kommunikation in elektromagnetisch gest¨ orten Umgebungen speziell ausgelegt sein muß. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Industrie-Ethernet. In den unteren Automatisierungsebenen, der Feldebene und der SensorAktor-Ebene, werden g¨ anzlich andere Anforderungen an die Bussysteme bez¨ uglich Kosten, Verkabelungsaufwand, Leistungsf¨ahigkeit der Teilnehmer, Datenrate, Datenmenge und nicht zuletzt Zuverl¨assigkeit gestellt. In diesem Bereich kommen sog. Feldbusse (Field Area Network, FAN) zum Einsatz. Da die einzelnen Sensoren und Aktoren immer g¨ unstiger werden, muß auch der Verkabelungsaufwand minimiert werden. Daher arbeiten diese Bussysteme seriell. Die Daten m¨ ussen in Echtzeit abrufbar sein, allerdings meist nur in geringen Datenmengen. Die Protokolle sind einfach aufgebaut, um die einzelnen Teilnehmer nicht mit viel Intelligenz ausstatten zu m¨ ussen. Unter den Feldbussen sind sowohl sternf¨ ormige, linienf¨ ormige als auch ringf¨ormige Topologien anzutreffen, wobei die letzten beiden aus Gr¨ unden der Zuverl¨assigkeit oft doppelt oder dreifach ausgef¨ uhrt sind. Im folgenden soll es haupts¨achlich um dieses große Gebiet der Nahbereichskommunikation mittels Feldbussen gehen.
17.4 Vorschrift fu ¨ r eine einheitliche Kommunikation: Das ISO-Schichtenmodell Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern innerhalb eines Datennetzes ¨ kann nur funktionieren, wenn pr¨ azise Ubereink¨ unfte u ¨ber die Kommunikation bestehen. Im Jahre 1983 wurde daher von der ISO (International Standards
538
17 Meßdatenerfassung im Feld
Organization) die ISO-Norm 7498 geschaffen. Sie definiert ein abstraktes Modell f¨ ur die typischen Funktionen innerhalb eines Kommunikationsablaufes zwischen zwei Teilnehmern. Dieser Funktionsumfang wurde in sieben Schichten (Layer) unterteilt [70], [39]. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von dem ISO-7-Schichtenmodell. Jeder Schicht fallen dabei spezielle Aufgaben bei der Abwicklung der Kommunikation zu. Diese strenge Trennung hat den Vorteil, daß die Kommunikation auch noch gew¨ahrleistet ist, wenn einzelne Schichten von unterschiedlichen Herstellern realisiert werden. In diesem Sinne wird die Kommunikation von offenen Systemen definiert: Open Systems Interconnection (OSI). In Abb. 17.15 ist der Aufbau dieses Referenzmodells f¨ ur ein konkretes Beispiel dargestellt. Es soll eine Kommunikation zwischen einem Leitrechner (PC) und einem Meßger¨ at aufgebaut werden, wobei der Befehl, einen Meßwert aufzunehmen, u ¨bermittelt werden soll. Der Befehl wird an die Schicht 7 u ¨bergeben, wo er um bestimmte Steuerinformationen (z. B. Adresse) erweitert wird. Das entstehende Telegramm wird dann von Schicht zu Schicht weitergereicht und jeweils um die entsprechenden Informationen erweitert, bis in ¨ Schicht 1, dem Physical Layer, die eigentliche Ubertragung stattfindet. Beim Empf¨ anger durchl¨ auft das Telegramm die Schichten in umgekehrter ReihenPC: Senden des Befehls "Meßwert aufnehmen"
7 Application 6 Presentation 5 Session 4 Transport 3 Network 2 Data Link 1 Physical
logischer Informationsfluss (Meßwert aufnehmen)
Anwenderfunktionen Umsetzung und Interpretation von Daten Aufbau, Synchronisation und Abbau der Verbindungen transparente und gesicherte Übertragung zwischen Teilnehmern; Fehlerkontrolle Schaltung der Übertragungswege; optimales Routing Sicherung der Übertragung physikalische Verbindung (elektr., mechan. Eigenschaften)
Meßgerät: Empfangen des Befehls "Meßwert aufnehmen"
7 Application 6 Presentation 5 Session 4 Transport 3 Network 2 Data Link 1 Physical
Abb. 17.15: Das ISO/OSI-Referenzmodell mit sieben Schichten
17.5 Netzwerktopologien
539
folge, bis dem Meßger¨ at die Information Meßwert aufnehmen“ zur Verf¨ ugung ” steht. Im einzelnen fallen den Schichten folgende Aufgaben zu: ¨ ¨ Schicht 1: Physikalische Schicht, Ubertragung der einzelnen Bits (Bit-Uber¨ tragungsschicht). Hier werden physikalische Parameter wie Ubertragungs¨ medium, Steckerbelegung, Pegel, Modulationsart und Ubertragungsrate festgelegt. Beispiele f¨ ur Ger¨ ate, die auf der Schicht 1 arbeiten, sind Repeater. Sie haben die Aufgabe, Bussignale zu generieren und zu verst¨arken, ¨ um die Ubertragungswege zu verl¨ angern. ¨ Schicht 2: Koordiniert das Bus-Zugriffsverfahren und die fehlersichere Ubertragung von Datenbl¨ ocken (Sicherungsschicht) von einem Sender zu einem Empf¨ anger bzw. mehreren Empf¨ angern (Multicast). Wenn die Nachricht an alle Empf¨anger geht, spricht man von Broadcast. ¨ Schicht 3: Sucht geeignete Ubertragungswege durch das Netzwerk zwischen Sender und Empf¨ anger (Vermittlungsschicht). Auf dieser Schicht arbeiten beispielsweise Router, die in weit verzweigten Netzen einen Weg vom Sender zum Empf¨ anger suchen. Schicht 4: Steuerung und fehlerfreie Ablieferung der Telegramme (Transportschicht). Schicht 5: Aufbau, Unterhalt (auch Synchronisation) und Abbau von Verbindungen zwischen den Teilnehmern (Kommunikationssteuerschicht). Schicht 6: Zeichencodierung, Daten- und File-Formate in geeignete Darstellung f¨ ur das entsprechende System konvertieren (Darstellungsschicht). Schicht 7: Anbieten von Diensten (Lesen, Schreiben) f¨ ur die Teilnehmer im Netz. Schnittstelle zu den Anwenderprogrammen der Steuerungen und Rechner (Anwendungsschicht). Ein typisches Ger¨at, das auf Schicht 7 arbeitet, ist ein Gateway. Seine Aufgabe ist es, die Verbindung zwischen u. U. v¨ ollig unterschiedlichen Netzwerken herzustellen. Man kann sich leicht vorstellen, daß diese starke Modularisierung f¨ ur Feldbussysteme eher zeitraubend und damit hinderlich ist. Die u ¨berschaubare Struktur der Feldbusnetze erlaubt meist eine Reduzierung auf die Schichten 1, 2 und 7.
17.5 Netzwerktopologien Die geometrische Struktur der Datenleitungen, welche die einzelnen Netzwerkteilnehmer verbinden, wird als Netzwerktopologie bezeichnet. Im Feldbusbereich sind alle g¨angigen Netzwerktopologien anzutreffen (Abb. 17.16). Dabei sind die Linienstruktur und die Sternstruktur von besonderer Bedeutung f¨ ur die Anbindung von Sensoren und Aktoren. Beim Linienbus ist der Verdrahtungsaufwand am geringsten. Beim Ring (Abb. 17.16) f¨ uhrt der Ausfall eines
540
17 Meßdatenerfassung im Feld
Stern
Ring
Linie
Maschen
Abb. 17.16: Verschiedene Formen von Netzwerktopologien
Knotens zum Systemausfall, wenn nicht eine aufwendige Mehrfachverkabelung (gestrichelte Linien) vorgesehen wurde. Bei der ringf¨ormigen Struktur ist die Nachrichten¨ ubermittlung oft so gestaltet, daß ein Knoten eine Nachricht vom n¨ achsten mit ihm verbundenen Nachbarn empf¨angt. Je nach Ergebnis der Pr¨ ufung, ob der gerade empfangende Knoten der Adressat ist, wird die Nachricht an den folgenden Nachbarn weitergeleitet oder nicht. Die Maschentopologie kennt keine starren Regeln der Vernetzung. Nachteil ist die hohe Komplexit¨ at bez¨ uglich der Verdrahtung und Verwaltung. Es sei noch erw¨ ahnt, daß Baumstrukturen entstehen, wenn sternf¨ormige Netze hierarchisch verkn¨ upft werden.
17.6 Bus-Zugriffsverfahren Es gibt verschiedene Methoden der Bus-Zugriffskontrolle, die bei Feldbussen anzutreffen sind: Beim Master/Slave-Verfahren gibt es im Netz zu einem bestimmten Zeitpunkt genau einen Masterknoten, der die Vorg¨ange auf dem Bus bez¨ uglich ¨ Steuerung, Uberwachung, Fehlern und Ausf¨ allen koordiniert. Dieser Leitknoten kann einem der restlichen Knoten, die als Slaves bezeichnet werden, die Sendeberechtigung erteilen. Beim Token Passing wird die Berechtigung, Nachrichten auf den Bus zu geben, von Knoten zu Knoten weitergeleitet. Der Teilnehmer, der den sogenannten Token gerade inne hat, darf senden. Die Reihenfolge der Weitergabe
17.6 Bus-Zugriffsverfahren
541
wird bei der Netzinitialisierung in Form eines logischen Ringes festgelegt. Dabei entspricht die Wartezeit bis zur n¨ achsten Zuteilung der maximalen Nachrichtendauer, woraus sich die Eignung f¨ ur den Echtzeitbetrieb ableitet. Bei den CSMA-Verfahren (Carrier Sense Multiple Access) sind alle Busteilnehmer bez¨ uglich des Senderechtes gleichberechtigt. Ein sendewilliger Netzwerkknoten pr¨ uft, ob auf dem Bus gerade gesendet wird oder nicht. Bei freiem Bus darf er schließlich senden, ansonsten nicht. Dabei kann es zu Kollisionen kommen, wenn mehrere Teilnehmer gleichzeitig senden wollen. Daher wird der reine CSMA-Betrieb im allgemeinen durch einen der beiden folgenden Betriebsmodi erg¨ anzt: CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access/Collision Detection) Bei diesem Verfahren, das auch beim Ethernet Anwendung findet, kontrolliert der Sender seine Nachricht auf dem Bus hinsichtlich St¨orungen durch weitere Sender. Gegebenenfalls wird die Sendung abgebrochen und auf einen sp¨ ateren, zuf¨ allig gew¨ ahlten Zeitpunkt verschoben. Da die Wartezeiten bis zur ¨ vollst¨ andigen korrekten Ubertragung lastabh¨ angig sind, besitzt diese Methode keine Echtzeitf¨ ahigkeit. Beim CSMA/CA (Carrier Sense Multiple Access / Collision Avoidance) beginnt jede Daten¨ ubertragung mit einem Identifizierungscode. Durch die senderseitige Busanschaltung nach dem WIRED-AND-Prinzip (s. Kap. 16.6) ist sichergestellt, daß sich der Buspegel 0 gegen¨ uber dem Pegelwert 1 eines weiteren sendenden Teilnehmers dominant verh¨alt. Dadurch kann jeder sendende Busteilnehmer feststellen, ob seine Bits durch einen weiteren gerade aktiven Sender verf¨ alscht werden. Die Entscheidung, ob ein Bit verf¨alscht wurde, geschieht in der sog. Arbitrierungsphase. Bei ausgedehnten Netzwerken ist die Bitzeit gen¨ ugend groß gegen¨ uber der Signallaufzeit im Netzwerk zu w¨ ahlen, da das Abbruchkriterium w¨ ahrend der Bitzeit u uft werden ¨berpr¨ muß. Beim Summen(rahmen)telegramm, wie es beispielsweise beim Interbus-S verwendet wird, sind alle Teilnehmer an ein Schieberegister angeschlossen. In Verbindung mit der verwendeten Ringtopologie werden die Daten durch das Schieberegister geschoben. Die f¨ ur den Master bestimmten Daten der jeweiligen Teilnehmer werden an der entsprechenden Stelle durch den Slave in das Telegramm eingef¨ ugt. Die Adressierung der einzelnen Slaves entf¨allt, weil deren Adresse sich aus der Position im Ringsystem bzw. im Schieberegister ergibt. 17.6.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren Bei den Bus-Zugriffsverfahren unterscheidet man zwischen stochastischem Bus-Zugriff und deterministischem Bus-Zugriff. Der Bus-Zugriff bei den CSMAVerfahren ist zuf¨ allig, d. h. es handelt sich hierbei um einen stochastischen Bus-Zugriff, w¨ ahrend die anderen Bus-Zugriffsverfahren kontrolliert erfolgen (deterministischer Bus-Zugriff). Weiterhin unterscheidet man zwischen zen-
542
17 Meßdatenerfassung im Feld
tral und dezentral. Das Token-Ring-Verfahren bezeichnet man als dezentral und Master/Slave sowie Summenrahmentelegramm als zentrale Verfahren.
17.7 Modulationsverfahren und Bitcodierung 17.7.1 Alternierende Puls Modulation (APM) Wenn bei einem Bussystem nur eine einzige Zweidrahtleitung verwendet wird, d. h., wenn gleichzeitig Energieversorgung und Nachrichten u ¨ber diese Leitung u ¨bertragen werden sollen, muß das Nachrichtensignal gleichstromfrei sein. Die sog. alternierende Puls Modulation (APM) erf¨ ullt diese Anforderung neben anderen, wie z. B. Schmalbandigkeit. Es handelt sich dabei um eine serielle ¨ Ubertragung im Basisband. Das Modulationsprinzip soll anhand von Abb. 17.17 erkl¨art werden. Es wird zun¨ achst die zu sendende Bitfolge manchestercodiert, d. h. man geht von einer Pulsfolge aus, die bei jedem Bit alterniert. Wenn jedoch in der urspr¨ unglichen Sendefolge ein Bitwechsel stattfindet, wird der Zustand konstant gehalten, d. h. der ansonsten anstehende Wechsel des Signals wird dann aufgehoben. Daraus wird gem¨ aß Abb. 17.17 der Sendestrom abgeleitet, aus dem durch Differenzieren das Spannungssignal der Busleitung entsteht. Letztlich wird dabei jede positive Flanke des Sendestromes in einen negativen Spannungspuls umgewandelt und umgekehrt. Mit diesen Spannungspulsen kann durch Demodulation“ nach dem Manchesterverfahren wieder leicht die ur” spr¨ ungliche Sendebitfolge rekonstruiert werden. Als Spannungspulse verwendet man vorzugsweise sin2 -Pulse, um die Bandbreite sowie die St¨orstrahlung niedrig zu halten. 17.7.2 Fehlererkennung und Datensicherung ¨ Durch St¨ orungen verschiedenster Art kann es zu Bitfehlern bei der Ubertragung kommen, d.h. zu Wechseln in einen falschen logischen Zustand. In diesem Zusammenhang wurde die Bitfehlerrate r definiert r=
Anzahl der fehlerhaften Bits . Gesamtzahl der u ¨bertragenen Bits
(17.1)
Strategien zur Fehlererkennung beruhen bei Bussystemen vorwiegend auf Parit¨ atspru ¨ fung und Cyclic Redundancy Check (CRC). Die durch diese Verfahren erkannten Fehler werden korrigiert. Es bleibt ein Rest an unerkannten Fehlern, welche durch die sog. Restfehlerrate beschrieben werden. Sie ist also ein Maß f¨ ur die Datenintegrit¨ at. Die St¨ orfestigkeit einer Codierung l¨ aßt sich durch die minimale HammingDistanz1 charakterisieren. Sie wird mit dmin bezeichnet. Die Anzahl e der noch sicher erkennbaren Fehler ist gegeben durch 1
Die Hamming-Distanz ist die Anzahl der unterschiedlichen Bits von zwei gleich langen Codew¨ ortern. Dies wird auch als Abstand der Codew¨ orter bezeichnet.
17.7 Modulationsverfahren und Bitcodierung
Sendefolge
0
0
0
1
1
543
Pause
0
manchestercodierte Sendefolge
Sendestrom
Spannungspulse (negativer differenzierter Sendestrom) im Empfänger rekonstruierte Folge
0
0
0
1
1
0
Pause
Abb. 17.17: Alternierende Puls Modulation (APM)
e = dmin − 1 .
(17.2)
Bei der Codesicherung durch ein Parit¨ atsbit kann ein Fehler sicher erkannt werden, d. h. die minimale Hamming-Distanz betr¨agt in diesem Fall dmin = 2. Die minimale Hamming-Distanz gibt also die Anzahl von Bits an, die in einem u alscht sein m¨ ussen, bis der Fehler nicht mehr ¨bertragenen Datenblock verf¨ erkannt werden kann. Die Anzahl t der korrigierbaren Fehler betr¨agt t = (dmin − 1)/2 .
(17.3)
Der Wert dmin = 4 bedeutet, daß 3 fehlerhafte Bits gerade noch erkannt werden k¨ onnen und maximal 1 fehlerhaftes Bit korrigiert werden kann. Im allgemeinen Sprachgebauch verwendet man allerdings den Begriff Hamming Distanz (d) f¨ ur den eigentlich korrekten Ausdruck Minimale HammingDistanz (dmin ). Bei professionell eingesetzten Bussystemen erwartet man Hamming-Distanzen (eigentlich ist damit wiederum die minimale Hamming-Distanz dmin
544
17 Meßdatenerfassung im Feld
gemeint) von d = 4 bzw. d = 6. Solche Werte werden in aller Regel durch einen CRC-Test (Cyclic Redundancy Check) erreicht. Hierbei wird der zu u arzahl B betrachtet, die senderseitig durch ¨bertragende Datenblock als Bin¨ ein Pr¨ ufpolynom P dividiert wird B R =Q+ P P
bzw.
B =Q·P +R.
(17.4)
Der Rest R wird an die Nachricht angeh¨ angt, d. h. man u ¨bertr¨agt letztlich nicht B sondern B + R. Empf¨ angerseitig subtrahiert man 2 R (B + R) − 2 R = B − R = Q · P .
(17.5)
Nach der Division durch das Polynom P muß sich also wieder Q ergeben, ohne jeglichen Rest. Die an die Nachricht anzuh¨angenden Pr¨ ufzeichen sind ¨ meist 1 Byte (8 Bit) lang, so daß sich CRC-Tests nur f¨ ur Ubertragungen mit l¨ angeren Datenbl¨ ocken lohnen, z. B. beim PROFIBUS; d. h. sie sind weniger f¨ ur reine Sensor-Aktor-Busse geeignet. 17.7.3 Bitcodierung Aus Aufwandsgr¨ unden werden die zu u ¨bertragenden Bits h¨aufig so auf die Leitung gegeben, wie sie im UART-Baustein (s. Kap. 16.1) generiert werden. Dies wird als NRZ-Code (Non Return to Zero) (Abb. 17.18) bezeichnet. Dabei wird der Spannungspegel, je nach Wertigkeit des Bits, w¨ahrend der Bitzeit auf einem von Null verschiedenen konstanten Spannungspegel gehalten.
Takt zu codierende Bitfolge
NRZ
Non Return to Zero
0
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
0V
NRZI
Non Return to Zero Inverted
0V
RTZ
Return to Zero
Abb. 17.18: Non Return to Zero (NRZ-) Codierung
17.8 Schnittstellenkonverter
545
Daneben gibt es noch den invertierten NRZ-Code, der als Non Return to Zero Inverted (NRZI) bezeichnet wird. Beim Return to Zero Code (RTZ) hingegen erkennt man die 1-wertigen Bits an einer fallenden Flanke in Bitmitte, ¨ so daß die Bitbreite bei der Ubertragung halbiert wird. Dies entspricht der Durchschaltung des Taktsignals f¨ ur die Zeit der 1-wertigen Bits. Das NRZ-Verfahren hat zwar den Vorteil geringer Bandbreite, es kann aber daf¨ ur auch keine Taktsynchronisation aus einem Bit abgeleitet werden. Dies wird erst durch das sog. Bitstuffing erreicht. Dabei wird sp¨atestens nach 5 Bitzeiten ein Flankenwechsel erzwungen, notfalls durch Hinzuf¨ ugen (stopfen = to stuff) eines weiteren Bits, was invers ist zu den vorhergehenden.
17.8 Schnittstellenkonverter F¨ ur Meßdatenerfassungsaufgaben werden oft auch Schnittstellenkonverter eingesetzt, welche von einer an den Rechnern vorhandenen Standard-Schnittstel-
Abb. 17.19: Aufbau eines Rechnernetzes zur Meßdatenerfassung unter Verwendung von RS232C- zu RS485-Konvertern
546
17 Meßdatenerfassung im Feld
Abb. 17.20: Struktur eines Prozeßleitsystems mit Feldbussen
le auf eine spezielle f¨ ur Meßdatenerfassungszwecke geeignetere Schnittstelle umsetzen. So gibt es Schnittstellenkonverter, die eine RS232C-Schnittstelle oder auch eine RS485-Schnittstelle auf den IEC-Bus umsetzen. Die Schnittstellenkonvertierung f¨ ur RS232 auf RS485 (Abb. 17.19) zeigt ein Anwendungsbeispiel, bei dem Computer und sonstige Hardware mit RS232-Schnittstelle u ¨ber einen seriellen RS485-Bus vernetzt werden. Verf¨ ugbar sind auch Schnittstellenkonverter, die Ethernet-Anschl¨ usse gleichzeitig auf RS232 und RS485 umsetzen [130]. Ein weiterer interessanter Schnittstellenkonverter ist der RS232Ethernet-Konverter. Er erm¨ oglicht das Ansteuern von Meßger¨aten mit RS232Schnittstellen am Ethernet mit TCP/IP-Protokoll [135]. So k¨onnen Meßger¨ate ferngesteuert und Daten u ¨ber große Entfernung u ¨bertragen werden. Dabei erh¨ alt der Konverter eine eindeutige IP-Adresse. Weitere Konverter f¨ ur die Meßdatenerfassung sind: • USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ IEC-Bus • Fire Wire (IEEE1394) ⇐⇒ IEC-Bus • USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ RS485.
17.9 Der Feldbus (FAN) Ein Feldbus ist ein Bussystem, welches der kommunikationstechnischen Verbindung von sog. Feldger¨aten dient. Zu diesen Feldger¨aten z¨ahlen insbesondere speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) sowie intelligente Sensoren und Aktoren, die digitale bzw. analoge Signale an einen Steuerrechner senden bzw. von diesem empfangen. Im allgemeinen handelt es sich bei den Feldbussen um lokale Busse, die u ¨ber Buskoppler, sog. Gateways, an einen Hauptbus angeschlossen sind, der sie wiederum mit dem zentralen Leitrechner verbindet
17.9 Der Feldbus (FAN)
547
(Abb. 17.20). Der Feldbus stellt dabei in der Regel nicht nur Leitungen f¨ ur den Austausch von Daten bereit, sondern auch solche, die der Energieversorgung der Feldger¨ ate dienen. Dabei werden meist geringe Datenmengen u ¨ber gr¨oßere Distanzen u uglich ¨bertragen. In Abb. 17.21 sind verschiedene Feldbusse bez¨ ihrer Leistungsf¨ahigkeit und Komplexit¨ at gegen¨ ubergestellt. Sie werden im folgenden ausf¨ uhrlich behandelt. Die Struktur eines Feldger¨ ates, das u ¨ber einen Zweidrahtanschluß an einen Feldbus angeschlossen ist, wird in Abb. 17.22 gezeigt. Die beiden Busleitungen dienen bei dieser Ausf¨ uhrungsform einerseits als Transportmittel der elektrischen Energieversorgung und andererseits als Tr¨ager der prozeßtechnischen Information. Dazu werden der Versorgungsspannung mit Hilfe des Modulators die Daten aufmoduliert, die von einem Universal-Asynchronous-ReceiverTransmitter-Baustein (UART) geliefert werden (TxD), bzw. es werden die empfangenen Daten mittels des Demodulators demoduliert und an den UART weitergereicht (RxD) (s. auch Kap. 16). Bei den Prozeßsignal-Adaptern (Abb. 17.22) handelt es sich vorzugsweise um intelligente Sensoren und Aktoren, also Transducer f¨ ur elektrische und nicht-elektrische Gr¨ oßen, die bereits genormte Schnittstellensignale liefern. Die zentrale Steuerung des Feldger¨ ates obliegt einem Microcontroller, der auch die hardwarem¨ aßige sowie logische Verbindung zwischen dem SendeEmpfangsbaustein (UART) und dem Prozeßsignal-Adapter herstellt. Feldbusse sind i. allg. f¨ ur den Einsatz in hierarchisch arbeitenden Systemen vorbereitet, was unter anderem auch in einer von einem Master kontrollierten Kommunikation zum Ausdruck kommt (Master-Slave-Systeme). In den letzten Jahren wurden zwar betr¨ achtliche Anstrengungen unternommen, sich bez¨ uglich der derzeit diskutierten Feldbussysteme auf einen gemeinsamen
Sensor/Aktorbus
Factory-Bus
Feldbus
MAP
Komplexität Kosten/Knoten
EIB Profibus Bitbus CAN Interbus-S ASI "binäre" Teilnehmer, Echtzeitmeldungen verteilte E/A Multiplexer
Funktionalität FileDDL, Task-Task virtuelle Kommunikation Geräte Konfiguration Transfer
¨ Abb. 17.21: Ubersicht u ahigkeit kommerzieller Feldbusse [65] ¨ ber die Leistungsf¨
548
17 Meßdatenerfassung im Feld
Standard festzulegen, doch bisher leider ohne Erfolg. In Tab. 17.2 werden einige der derzeit in Anwendung befindlichen Feldbussysteme vorgestellt, wobei hinzugef¨ ugt werden sollte, daß die beiden Feldbussysteme Profibus-DP und Interbus-S in Europa mit Abstand den derzeit gr¨oßten Marktanteil auf sich vereinigen k¨ onnen. Einzelheiten zu der Feldbus-Thematik findet man in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z.B. in [16], [58], [70]. In den folgenden Abschnitten werden die derzeit aktuellen Feldbusse vorgestellt. 17.9.1 ASI-Bus Beim ASI-Bus handelt es sich um eine in jeder Hinsicht origin¨are FeldbusL¨ osung. Das AS-Interface (Aktor-Sensor-Interface) stellt ein serielles BusInterface f¨ ur die unterste Hierarchiestufe der Automatisierungstechnik dar. ¨ Das AS-Interface wurde zun¨ achst als Low-Cost-L¨osung f¨ ur die Ubertragung ¨ bin¨ arer Sensorsignale konzipiert, aber es kann auch f¨ ur die Ubertragung analoger Signale eingesetzt werden. Es handelt sich um ein offenes System, d. h. das Protokoll ist offengelegt und Hardwarekomponenten werden von vielen Herstellern angeboten. Der AS-Interface-Chip ist am Markt frei verf¨ ugbar.
Abb. 17.22: Struktur eines Feldger¨ ates mit Feldbusanschluß in Zweidrahtausf¨ uhrung
17.9 Der Feldbus (FAN)
549
Tabelle 17.2: Auswahl an wichtigen Feldbus-Systemen Bus-Bezeichnung
BusTyp
¨ max. TeilNachrichten- max. UberTopologie nehmeranzahl l¨ ange in Bit tragungsrate
Profibus DP Master- 124 Slave
1984
Interbus-S
512
16
12 MBit/s 500 kBit/s bei 100 m 500 kBit/s
256
1024
5 MBit/s
32
4
FIP ASI CAN
BIT
Bus-Bezeichnung
MasterSlave MultiMaster MasterSlave Multimaster
nur abh¨ angig 64 von Treiberelektronik Master- 250 1984 Slave Datenleitung
Profibus DP 2-Draht, geschirmt Interbus-S 4-Draht, geschirmt FIP 2-Draht, geschirmt ASI 2-Draht, ungeschirmt CAN 2-Draht, verdrillt oder LWL BIT 3 paarig verdrillte Zweidrahtleitung
Linie mit Abzweigen Ring
Linie mit Abzweigen 150 kBit/s Linie mit Abzweigen 1 MBit/s Linie mit (375 kBits/s Abzweigen bei 100 m) 500 kBit/s Linie mit Abzweigen
Versorgungs- max. Leitungsleitung l¨ ange 3-Draht oder LWL 5-Draht
9,6 km (90 km bei LWL) (1200 m zwischen 2 Teilnehmern) (400 m zwischen 2 Teilnehmern)
3-Draht
3500 m
Datenleitung 2-Draht
100 m
2-Draht
1000 m
pro Segment 1200 m Gesamtl¨ ange 13,2 km
Detaillierte Informationen zum ASI-Bus findet man in [71]. Allgemeine technische Daten: Der Bus ist aus einer Zweidraht-Profilleitung aufgebaut (2x1,5 mm2 ). Die Installation ist einfach, kosteng¨ unstig und verpolsicher. Die Maximall¨ ange betr¨agt 100 m, mit Repeatern sind ¨ 300 m m¨ oglich. Uber die Zweidrahtleitung werden Daten und Energie bis zu Str¨ omen von 10 A transportiert. Das System arbeitet mit zyklischer Abfrage und ist echtzeitf¨ ahig. Die Bitdauer betr¨agt 6 μs, durch ein kom-
550
17 Meßdatenerfassung im Feld ST SB A4 A3 A2 A1 A0 I4 I3 I2 I1 I0 PB EB
ST I3 I2 I1 I0 PB EB
Masteraufruf
Slaveantwort Masterpause
ST
Startbit
SB
Steuerbit
A0 ... A4
Adressbits
I0 ... I4
Informationsbits
PB
Paritätsbit
EB
Endbit
Slavepause
Abb. 17.23: Telegrammstruktur beim ASI-Bus
paktes Protokoll ist eine Reaktionszeit von 5 ms m¨oglich. Es k¨onnen max. 31 Slaves pro System angeschlossen werden, mit 4 Bit-Nutzdaten pro Slave. Topologie und Datenu ¨ bertragung: Der Bus wird in einer Linien- oder Ring-Topologie aufgebaut. F¨ ur die Daten¨ ubertragung wird ein kompaktes Polling-Protokoll verwendet. Der Master sendet einen Befehl an einen Slave, der daraufhin antwortet. Abbildung 17.23 zeigt die genaue Bitfolge. Danach ruft der Master die anderen Slaves der Reihe nach auf. Eine ASI-Nachricht besteht somit aus einem Masteraufruf mit 14 Bit, der Masterpause, der Slaveantwort mit 7 Bit und der Slavepause. Als Modulationsverfahren wird die Alternierende Puls-Modulation (APM) verwendet. Das Nachrichtensignal ist damit gleichstromfrei und wird der Energieversorgung u uglich des ISO-Referenzmodells werden lediglich ¨berlagert. Bez¨ die Schichten 1 und 7 verwendet. 17.9.2 CAN Der CAN-Bus (Controller Area Network Bus) wurde urspr¨ unglich f¨ ur die Automobiltechnik von der Robert Bosch GmbH entwickelt. Mittlerweile sind seine Spezifikationen in einer ISO-Norm festgehalten und sein Einsatzgebiet geht weit u ¨ber die Automobiltechnik hinaus (ISO 11 898). CAN wird heute sehr vielf¨ altig eingesetzt, u. a. in mobilen Systemen, in der Fertigungsautomatisierung sowie in der Geb¨ audeautomatisierung. Eine detaillierte Beschreibung zum CAN-Bus findet sich in [73], [70]. Allgemeine technische Daten: Der CAN-Bus basiert entweder auf verdrillten Zweitdrahtleitungen (Twisted Pair) oder einem Lichtwellenleiter ¨ ¨ (LWL). Der maximal zul¨ assige Ubertragungsweg h¨angt von der Ubertragungsrate ab, bei 1 MBit/s betr¨ agt er 40 m und bei 50 kBit/s bereits
17.9 Der Feldbus (FAN)
551
Vcc Rpullup
Busleitung
T2
T1
T3
T Bit T1 T2
Sender
T3
Empfänger rezessiver Pegel
Bus
dominanter Pegel
T1 wird Empfänger
T3 wird Empfänger und T2 bleibt als Sender übrig
Abb. 17.24: Bitweise Arbitrierung nach dem CSMA/CA-Verfahren
1000 m. Die maximale Teilnehmeranzahl bestimmt sich allein aus der Leistungsf¨ ahigkeit der verwendeten Treiberstufenelektronik. Es sind verschiedene Mikrocontroller f¨ ur das CAN-Bus-Protokoll kommerziell erh¨altlich. Topologie und Datenu ¨ bertragung: Die CAN-Bus-Topologie weist Linienstruktur auf. Es sind beidseitig Abschlußwiderst¨ande vorgesehen. Das Bus-Zugriffsverfahren basiert auf CSMA/CA mit bitweiser Arbitrierung. In der Arbitrierungsphase u ¨berschreiben Teilnehmer mit dem logischen Zustand 0 den logischen Zustand 1 der anderen gleichzeitig sendenden Teilnehmer. Man spricht in diesem Zusammenhang von dominantem (logisch 0) und rezessivem (logisch 1) Zustand. Die Teilnehmer mit rezessivem Zustand stellen ihren Sendevorgang ein und starten einen neuen Sendeversuch erst, nachdem wieder Busruhe“ detektiert wurde. Das Prinzip ” der bitweisen Arbitrierung wird in Abb. 17.24 gezeigt. Es bleibt als einziger Sender schließlich nur der Teilnehmer mit der h¨ ochsten Priorit¨ at u ¨brig. Somit kann trotz des stochastischen Bus-
552
17 Meßdatenerfassung im Feld
Zugriffsverfahrens Echtzeitverhalten garantiert werden. Beim CAN-Bus werden eventuell auftretende Fehler anhand folgender Mechanismen ermittelt (siehe auch Abb. 17.25): • Bit-Monitoring: Jeder Sender empf¨angt wieder die von ihm selbst gesendeten Bits und f¨ uhrt einen Identifikationsvergleich durch. • Bit-Stuffing: Es wird eine Bitcodierungsregel u ¨berwacht, nach der sp¨ atestens nach 5 gleichen Bits ein verschiedenartiges zu folgen hat. • Acknowledge: Jede Nachricht (Telegramm) muß von mindestens einem Empf¨ anger als fehlerfrei best¨ atigt werden. Dazu dient der ACKSlot im CAN-Bus-Telegramm (Abb. 17.25). • Cyclic Redundancy Check (CRC): Dabei wird eine 15 Bit lange Pr¨ ufsumme eingesetzt, um Fehler in Nachrichten zu erkennen, was zu einer Hamming-Distanz von HD = 6 f¨ uhrt.
17.9.3 PROFIBUS-DP Der PROFIBUS ist ein universell einsetzbarer Bus und wurde origin¨ar f¨ ur die Bereiche Fertigungsautomatisierung und Verfahrenstechnik entwickelt. Mittlerweile gibt es die Varianten PROFIBUS-FMS, PROFIBUS-DP und PROFIBUS-PA. Dabei stehen die Begriffe PROFIBUS f¨ ur PROcess FIeld BUS, DP f¨ ur Decentral Periphery bzw. Dezentrale Peripherie, FMS f¨ ur Fieldbus Message Specification und PA f¨ ur Process Automation bzw. Prozeßautomatisierung. Hier soll nur auf den PROFIBUS-DP eingegangen werden. Es handelt sich dabei um ein offenes System, das nach DIN 19 245 bzw. IEC 61 158 genormt ist. Es sei darauf hingewiesen, daß firmenspezifische Bezeichnungen f¨ ur PROFIBUS-kompatible kommerzielle Ausf¨ uhrungsvarianten existieren. Detaillierte Informationen zum PROFIBUS-DP findet man in [110], [70]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung erfolgt beim PROFIBUS entweder mit geschirmter und verdrillter Zweidrahtleitung oder Lichtwellenleiter. Die Maximall¨ ange des Busses betr¨agt bei elektrischer ¨ Verdrahtung ca. 10 km und f¨ ur die LWL-Variante 90 km, wobei die Uber¨ tragungsentfernung von der Ubertragungsrate abh¨angt. Der PROFIBUS ¨ aus; sie bezeichnet sich durch eine hohe Ubertragungsgeschwindigkeit tr¨ agt maximal 12 MBit/s. Die Busteilnehmer sind bei elektrischer Verdrahtung w¨ ahrend des Betriebes an- und abkoppelbar. Insgesamt lassen sich 124 Teilnehmer anschließen. Dabei l¨ aßt sich der PROFIBUS in Bussegmente untergliedern (max. Anzahl 5; je Segment max. 32 Teilnehmer). Die Bitcodierung erfolgt im sog. NRZ-Code (Non Return to Zero). Der PROFIBUS verf¨ ugt u ¨ber weitreichende Fehler- und Diagnosem¨oglichkeiten.
17.9 Der Feldbus (FAN)
553
DatenArbitrierungsfeld Steuerfeld Datenfeld sicherungsfeld
EOF IFS BUS Idle
0-8 Byte Data 15 Bit CRC
Identifier 11 Bit
RTR IDE r0 DLC
SOF
ACK
Standardformat (CAN 2.0 A)
Arbitrierungsfeld
BUS Idle
RTR r1 r0 DLC
SRR IDE
SOF
EOF IFS
0-8 Byte Data 15 Bit CRC
18 Bit
11 Bit
SOF RTR IDE r0 DLC
DatenSteuerfeld Datenfeld sicherungsfeld
ACK
Erweitertes Format (CAN 2.0 B)
Start of Frame Remote Transmission Request Identifier Extension Bit reserviert Data Length Control
ACK EOF IFS SRR r1 Bus Idle
Acknowlegde-Field End of Frame Inter Frame Space Substitute Remote Request reserviert Busruhe
Abb. 17.25: CAN-Bus-Protokolle (CAN 2.0 A und CAN 2.0 B)
Topologie und Datenu ¨ bertragung: Der PROFIBUS basiert auf einer Linienstruktur mit Abzweigen. Dabei existieren sowohl Single- als auch Multimastersysteme. Bei der Maximall¨ ange von 9,6 km kann eine Daten¨ ubertragung von 94 kBit/s erreicht werden. Dabei d¨ urfen 7 Repeater eingesetzt werden. Der maximale Abstand zweier Teilnehmer betr¨agt 1200 m. Wird die Datenrate auf 1,5 MBit/s gesteigert, sind nur noch 4 Repeater zul¨assig. Das Zugriffsverfahren des PROFIBUSses wird als hybrides Token-PassingVerfahren bezeichnet (Abb. 17.26 und Abb. 17.27). Bei Verwendung mehrerer Master kl¨ aren diese ihr Zugriffsrecht zun¨achst untereinander durch Weitergabe des Token nach dem standardm¨aßigen Token-Passing-Verfahren. Die jeweiligen, den Mastern in der Initialisierungsphase zugeordneten Slaves werden dann von den betreffenden Mastern nach dem Master/Slave-Verfahren in zyklischer Reihenfolge abgefragt (Polling). Wenn nur ein Master verwendet wird (Single-Master-Betrieb), entf¨allt
554
17 Meßdatenerfassung im Feld
logischer Tokenring
SPS/PC DP-Master Klasse 1
DP-Master Klasse 2 R termin.
R termin.
Slave 1
Slave 2
...
Slave n
Abb. 17.26: Linientopologie des PROFIBUS-DP [70]
das Token-Passing, wodurch sich die Abfragesequenz der Slaves sp¨ urbar erh¨ oht und somit die Echtzeitanforderungen in aller Regel erf¨ ullt werden k¨ onnen. Das Datenprotokoll (Abb. 17.28) enth¨alt zwischen 2 Daten¨ ubertragungen mindestens 33 SYN-Zeichen, woraus die empfangenden Busteil¨ nehmer das Ende einer Ubertragung erkennen. Darauf folgt ein Start Delimiter SD zur Unterscheidung des Telegrammtyps [110], ein L¨angenbyte DP-Master Klasse 1
DP-Master Klasse 1 Segment 2
Segment 1
DP-Master Klasse 1 Segment 3
R termin.
R termin.
Segment x Repeater 1
Repeater 2
Repeater 3
Bus Slave 1 ... Slave n
Slave 1 ... Slave q Slave 1 ... Slave k
Slave 1 ... Slave m
Abb. 17.27: Segmentierung des PROFIBUS-DP mittels Repeater (k, m, n, q < 32; x < 5) [70]
17.9 Der Feldbus (FAN)
555
LE sowie die Wiederholung (zwecks Datensicherung) des L¨angenbytes LEr und des Start Delimiters SD. SD
LE
LEr
SD
DA
SA
FC
DAT FCS
ED
START D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 PAR STOP SD
Start Delimiter
FC
Function Code
LE
Length (1 Byte)
DAT
Data
LEr
Length (1 Byte) Repetition
FCS
Frame Check Sequence
DA
Destination Address
ED
End Delimiter
SA
Source Address Abb. 17.28: Datenprotokoll f¨ ur PROFIBUS-DP (s. auch [110])
Desweiteren enth¨ alt der Protokollrahmen Quell- und Zieladresse, einen Ende Delimiter sowie eine Verz¨ ogerung von 8 Bit. Der eigentliche Datenteil enth¨ alt neben den 8 Datenbits ein Start-, ein Stopbit sowie ein Parit¨atsbit. ¨ Dieser aufwendige Protokollrahmen erlaubt zwar eine relativ sichere Uber¨ tragung von Daten. Aus der Tatsache, daß zur Ubertragung von 8 relevanten Datenbit 154 Bit zu u ¨bertragen sind, kann geschlossen werden, daß der PROFIBUS nicht im Low-Cost-Segment zu finden ist. Er wird sehr oft zur Vernetzung von SPS-Komponenten eingesetzt. 17.9.4 FIP-Bus Der FIP-Bus (Flux Information Process; ehemals: Factory Instrumentation Protocol) ist eine Entwicklung der franz¨ osischen Industrie und kann als kommerzieller Gegenspieler des PROFIBUS angesehen werden. Die Datenu ¨bertragung erfolgt u ¨ber geschirmte und verdrillte Zweidrahtleitungen oder u ubertragungsraten liegen zwischen 32 kBit/s ¨ber Lichtwellenleiter. Die Daten¨ und 5 MBit/s (mit LWL). Ein st¨ orungsfreies Anschließen von Teilnehmern w¨ ahrend des Betriebes ¨ ahnlich dem PROFIBUS ist hier nicht vorgesehen. Detaillierte Informationen zum FIP-Bus findet man in [70]. Allgemeine technische Daten: Es handelt sich ebenfalls um ein offenes System, das in der Norm IEC 61 158 spezifiziert ist. Die maximalen ¨ u uckbaren Distanzen sind entfernungsabh¨angig: Bei einer Ubertra¨berbr¨ gungsrate von 2,5 MBit/s betr¨ agt die Distanz 500 m, die auf 3500 m ge¨ steigert werden kann, wenn die Ubertragungsrate auf 32 kBit/s reduziert wird. Die Bitcodierung erfolgt im Manchester-Code.
556
17 Meßdatenerfassung im Feld
Topologie und Datenu ¨ bertragung: Die Topologie des FIP-Busses ist eine ¨ Linienstruktur mit Abzweigen. Bei LWL-Ubertragung ist neben der Linienstruktur eine sternf¨ ormige Topologie unter Verwendung aktiver Buskoppler m¨ oglich. Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 256. Der Bus-Zugriff ist deterministisch und erfolgt nach dem sog. DelegatedToken-Prinzip. Dabei erhalten die Slaves vom Master ein Token in Form ¨ eines Identifiers (16-Bit-Wort). Uber diese Identifier k¨onnen mehrere Variable eines Slaves adressiert werden. Die eigentliche physikalische Adresse wird nur in Sonderf¨ allen verwendet, ansonsten erfolgt die MehrfachAdressierung der Slaves durch den Identifier. Die Kommunikation besteht gem¨ aß FIP-Protokoll aus der Initialisierungsphase und der Betriebsphase. In der Initialisierungsphase wird festgelegt, welcher Slave zu welchem Zeitpunkt welche Daten sendet. Die Datensicherung f¨ uhrt zu einer Hamming-Distanz HD = 4 und wird u ¨ber verschiedene Mechanismen erreicht [70], wie z.B. Telegrammrahmencheck mittels CRC-Quersumme, Dauerbelegungserkennung, Zeit¨ uberwachung der Teilnehmer oder auch die Abfrage eventuell ausgefallener Teilnehmer. Die l¨ angste Reaktionszeit kann in der Initialisierungsphase als Vielfaches der Minimalzykluszeit (5 ms) konfiguriert werden. 17.9.5 INTERBUS-S Der Interbus-S ist ein speziell f¨ ur den echtzeitkritischen Bereich von der Fa. Phoenix Contact entwickeltes Bussystem. Es wird vorwiegend in der Fertigungsautomatisierung als objektnaher Feldbus zum Anschluß von Sensoren und Aktoren bzw. SPS-Komponenten eingesetzt. Auch beim Interbus-S handelt es sich um einen offengelegten Standard. Beim Interbus-S ist prinzipiell zwischen dem Lokalbus (= Sensorloop) und dem Fernbus zu unterscheiden. Detaillierte Informationen zum Interbus findet man in [20], [9]. Allgemeine technische Daten: Der Fernbus kann bei einer maximalen Teilnehmerzahl von 512 und einem maximalen Teilnehmerabstand von 400 m eine Gesamtausdehnung von 12,8 km aufweisen. Er kann Daten bis zu max. 500 kBit/s u ¨bertragen. Ein Subbus zum Interbus-S ist die Sensorloop (Lokalbus), die den Anschluß von einfachen bin¨aren Sensoren und Aktoren erm¨ oglicht. Dabei wird ein Twisted-Pair-Kabel zu den Teilnehmern und zur¨ uck zum Hauptbus gef¨ uhrt (Abb. 17.29). Dieser Lokalbus kann max. 8 Teilnehmer aufnehmen (max. Abstand: 1,5 m, max. Ausdehnung 10 m) [70]. Die Zweidrahtleitung dient gleichzeitig als Versorgungsleitung. Dazu steht in der Sensor-Loop-Busklemme ein Netzteil (24 V; 1,5 A) zur Verf¨ ugung. Der Fernbus nutzt eine auf RS485 basierende Schnittstelle, wobei jeder Fernbusknoten u ¨ber eine separate Hilfsenergieversorgung sowie aktive Busankopplung mit Repeaterfunktion verf¨ ugt.
17.9 Der Feldbus (FAN)
557
Fernbus Sensorloop (Lokalbus) Slave 1
< 1,5 m
i < 40 mA
Slave 2
< 10 m
Slave n n < 32 Sensor-Loop-Busklemme (enthält Stromversorgung für Slaves) Abb. 17.29: Anschluß einer Sensor-Loop an den Fernbus (Interbus-S)
Topologie und Datenu ¨ bertragung: Abbildung 17.30 zeigt die InterbusTopologie. Der Bus besteht aus (seriellen) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die einen Ring formen, was dazu f¨ uhrt, daß der Ausfall bereits eines Busknotens den gesamten Bus lahmlegt. Die Koordination der Buskommunikation obliegt dem Masterknoten (Busmaster). Das Bus-Zugriffsverfahren l¨ auft nach dem Prinzip des Summenrahmentelegramms ab. Dabei sind alle f¨ ur die einzelnen Teilnehmer bestimmten Daten im Telegrammrahmen enthalten. Die Daten, welche die Slaves an den Master senden, werden von den Slaves an der entsprechenden Stelle in den Telegrammrahmen eingebaut. Aufgrund der Ringtopologie k¨ onnen die Daten in einem Schieberegister gehalten bzw. durchgeschoben werden, wobei darauf zu achten ist, daß das dazugeh¨orige Summenrahmentelegramm am Masterknoten beginnt und auch endet. Die explizite Adressierung der einzelnen Teilnehmer entf¨allt, da deren Adresse implizit aus der jeweiligen Position im Schieberegister folgt. Die Kommunikation beim Interbus-S beginnt stets mit einem sog. Identifikationszyklus, der vom Master nach dem Start des Systems initiiert wird, um festzustellen, welche Teilnehmer in welcher Reihenfolge aktuell am Bus angeschlossen sind. Dazu erh¨alt jeder Teilnehmer einen 16 Bit langen Identifikationscode (ID-Code). Nach dem Identifikationszyklus folgt der sog. Datenzyklus, in dem die Ausgabedaten vom Master
558
17 Meßdatenerfassung im Feld
Busmaster
Slave
Fernbus Distanz < 400m Slave
Slave
Buskoppler
Lokalbus (Sensorloop) max. 8 Teilnehmer; Distanz < 10m Slave
Slave
Buskoppler Fernbus (max. 12,8km) Slave
Slave
Abb. 17.30: Struktur des INTERBUS-S (Ringtopologie)
an die Slaves und auch die Daten der Slaves an den Master u ¨bertragen werden. Die Datensicherung erfolgt per Cyclic Redundancy Check (CRC) mit Hilfe eines 16 Bit langen Pr¨ ufpolynoms. Beim Interbus-S k¨onnen seitens des Masters defekte Teilnehmer erkannt werden. In Folge ist es m¨oglich, nach dem Stoppen der Daten¨ ubertragung Bussegmente abzukoppeln bzw. defekte Teilnehmer zu tauschen. 17.9.6 BITBUS Der BITBUS, der im Jahre 1984 von der Fa. Intel definiert wurde, ist f¨ ur Anwendungen in der Steuerungsebene (Abb. 17.14) sehr geeignet; er findet aufgrund seines langsamen Zeitverhaltens wenig Anwendung in den untersten Ebenen von Automatisierungssystemen. Detaillierte Informationen zum Bitbus findet man in [46], [70]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung, die sich am RS485-Standard orientiert, erfolgt beim Bitbus u ¨ber drei Paare von verdrillten Leitungen (1. Paar: Data+/Data-; 2. Paar: Masseleitungen; 3. Paar:
17.9 Der Feldbus (FAN)
559
Master 1. Bus-Ebene
R termin.
R termin.
Stichleitungen
Slave 1
Slave 2 Master
...
Slave 28
2. Bus-Ebene
R termin. Slave 3
Slave 4
R termin.
Repeater ...
Slave 8
Abb. 17.31: BITBUS mit zwei Ebenen [70]
request-to-send / Schirm). Die Daten¨ ubertragung ist auch u ¨ber Lichtwellenleiter m¨ oglich, was allerdings nicht in der IEEE-Spezifikation f¨ ur den Bitbus festgehalten ist. ¨ Die maximale Busl¨ ange pro Segment betr¨agt 1200 m bei einer Ubertragungsrate von 62,5 kBit/s. Aufgrund der H¨ochstzahl von 10 Repeatern kommt man auf 11 m¨ ogliche Segmente und eine Gesamtl¨ange des Busses von 13,2 km. Es sind pro Segment 28 Teilnehmer und ein Masterknoten zugelassen; insgesamt d¨ urfen nicht mehr als 250 Teilnehmer angeschlossen werden. Die Codierung der Bitbussignale erfolgt gem¨aß der NRZI (NonReturn-to-Zero-Inverted)-Methode. Topologie und Datenu ¨ bertragung: Die Topologie des Bitbusses ist eine Linie mit Abzweigen, wobei gem¨ aß Abb. 17.31 die Struktur auch aus mehreren Linien bestehen kann, die hierarchisch zusammengeschaltet werden. Der Bitbus l¨ aßt nur einen Masterknoten zu, der u ¨ber alle Ebenen hinweg die Daten¨ ubertragung auf dem Bus kontrolliert. Ein diesem Master untergeordneter Slave kann jedoch als (Sub-)Master einer darunterliegenden Ebene arbeiten. Abbildung 17.32 zeigt das Bitbus-Telegramm, gem¨aß welchem die Daten in Paketen, bestehend aus Startblock, Informationsblock, Datenblock ¨ (Nutzdaten) und einem CRC-Pr¨ ufwort, gesendet werden. Bei der Ubertragung wird jeder Datenblock mit einer Anfangs- und einer Endemarke versehen, die aus 6 aufeinanderfolgenden Bits mit dem logischen Wert 1 bestehen. Das Echtzeitverhalten des Bitbus ist gew¨ahrleistet, da auf der ¨ Basis der Teilnehmeranzahl und der Ubertragungsrate die Antwortzeiten bestimmt werden k¨ onnen.
560
17 Meßdatenerfassung im Feld
Flag
Adr
Control
Flag Adr Control Header Nutzdaten CRC
Header
CRC
Nutzdaten
Flag
Marke Adresse Steuerfeld Bitbus-Meldungs-Header Bitbusdaten Prüfsumme Abb. 17.32: BITBUS-Telegramm [70]
17.9.7 EIB (European Installation Bus) Der EIBus wurde von der EIB Association, einem Zusammenschluß f¨ uhrender Unternehmen der Elektroinstallationstechnik, ins Leben gerufen. Dabei ist es das vorrangige Ziel, in Europa zu einem einheitlichen Installationsbus zu kommen, der in der Geb¨ audeautomation praxisgerecht eingesetzt werden kann. Er soll dabei in erster Linie der Vernetzung von Sensoren und Aktoren dienen, die typischerweise in der Haustechnik eingesetzt werden, wie z. B. Temperaturund Feuchtesensoren oder Beleuchtungs- und Jalousiesteuerungen. Detaillierte Informationen zum EIB findet man in [30]. Gateway
NT BK15
Bereichslinie LK1 BK3
LK3
1
1
1
. . . Linie
1
LK12
...
LK2
LK12
64
NT
NT
...
1
...
64
...
1
...
LK12
...
LK1
64
64
64
64
NT
NT
NT
NT Bereich 1
Bereich 2
LK12 1
NT NT
BK1 Hauptlinie NT
. . .
...
BK2
LK2
NT
64 NT Bereich 15
Bereich 3
NT Netzteil BK Bereichskoppler LK Linienkoppler
Abb. 17.33: Struktur des EIB-Systems [30], [70]
17.9 Der Feldbus (FAN)
561
EIB-Bus EIB-Teilnehmer Buskoppler
Applikations Modul
Abb. 17.34: Hauptkomponenten eines EIB-Teilnehmers
Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung sowie die Stromversorgung (bis zu 320 mA pro Segment) erfolgt u ¨ber verdrillte und geschirmte Zweidrahtleitungen. Beim EIBus handelt es sich ebenfalls um ein offenes System. Topologie und Datenu ¨ bertragung: Der EIBus l¨aßt Linien-, Stern- und Baumstruktur, auch gemischt, zu. Die Gesamtstruktur kann in mehrere Bereiche unterteilt werden, die wiederum u ¨ber eine Bereichslinie, an der sog. Bereichskoppler h¨ angen, miteinander verbunden sind (Abb. 17.33). Die Bereiche sind in Linien unterteilt (max. 12 pro Bereich). An einer der Linien d¨ urfen bis zu 64 Teilnehmer angeschlossen werden. Es sind insgesamt 15 Bereiche zugelassen. Die Leitungsl¨ange pro Linie betr¨agt 1000 m. Die Daten¨ ubertragungsrate f¨ allt mit 9,6 kBit/s relativ gering aus. Die verdrillte Zweidrahtleitung dient als Datenleitung und gleichzeitig der Energieversorgung der Teilnehmer. Jeder EIBus-Teilnehmer ist untergliedert in einen Buskoppler und ein Applikationsmodul (Abb. 17.34). Die Anwenderschnittstelle zwischen Buskoppler und Anwendungsmodul ist ebenfalls Bestandteil der EIB-Norm. Es wird ein dezentrales CSMA/CA-Zugriffsverfahren eingesetzt. Die entsprechende Telegrammstruktur ist in Abb. 17.35 zu sehen. Die Nachrichten werden an bestimmte Zieladressen gesendet, wo sie von den entsprechenden Teilnehmern auf Fehlerfreiheit hin u uft werden. Danach ¨berpr¨ quittieren sie den Empfang.
Kontrollfeld Quelladresse Zieladresse Routing Inform. 8 Bit
16 Bit
17 Bit
7 Bit
Daten
Paritätsfeld
1 - 16 Byte
8 Bit
Abb. 17.35: Telegrammstruktur des EIB (f¨ ur Details siehe [65])
562
17 Meßdatenerfassung im Feld
17.9.8 LON (Local Operating Network) Das Local Operating Network ist von der Fa. Echelon als Feldbussystem f¨ ur nicht-zeitkritische Anwendungen, wie z. B. die Geb¨audeautomatisierung, entwickelt worden. Eine internationale Norm existiert nicht, wohl aber LONNutzerorganisationen, welche die Entwicklung von LON-Komponenten unterst¨ utzen. Die Ankopplung der Teilnehmer an den LON-Bus erfolgt u ¨ber sog. Neuron-Chips, die von den Firmen Motorola und Toshiba geliefert werden. In diesen Chips ist das Protokoll aller 7 Schichten des OSI-Schichtenmodells in Form von Firmware enthalten. Detaillierte Informationen zu LON findet man in [31]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung erfolgt u ¨ber eine RS485-Leitung (Twisted Pair), u ¨ber Koaxialkabel, Lichtwellenleiter oder Netzleitungen (Powerline Communication). Die max. Daten¨ ubertragungsrate betr¨ agt 1,25 MBit/s. Die Bitcodierung erfolgt nach dem ManchesterVerfahren. Eine Fernspeisung der Teilnehmer u ¨ber den Bus ist m¨oglich. Es lassen sich bis zu 32.385 Teilnehmer an den LON-Bus anschließen. Dazu m¨ ussen 255 Subnetze mit je 127 Teilnehmern eingerichtet werden. Die maximale Ausdehnung betr¨ agt 6,1 km bei einer Datenrate von 5 kBit/s.
R termin.
Klimalüftung
Fenstersteuerung
Neuron
Neuron
R termin.
verdrillte Zweidrahtleitung
Neuron Router
Beleuchtung
Schalter
Neuron
Neuron
Neuron
Wechselstromleitung
Neuron Router Neuron
Neuron Funk
LWL
Neuron
LWL
Router Neuron
Abb. 17.36: Topologievarianten des LON [70]
Neuron
17.9 Der Feldbus (FAN)
Prä
Data
Prä Data CRC CV Beta1 Beta2 RS
CRC
CV
Beta1
Beta2
563
RS
Präambel Datenpaket Prüfsumme (Cyclic Redundancy Check) Code Violation (Manchester-Code-Verletzung) Beta1-Zeit (Kanalfreihaltezeit) Beta2-Zeit (Prioritätsvergabe) Randomizing Slots (zufällige Zeitscheiben) Abb. 17.37: Telegramm des LON-Bus [70]
Topologie und Datenu ¨ bertragung: Der LON-Bus kann Linien-, Sternund Baumstruktur aufweisen. Die unterschiedlichen Topologien resultie¨ ren aus den verschiedenartigen Ubertragungsmedien, die beim LON zu¨ gelassen sind. Bei RS485-Ubertragung ergibt sich eine Linienstruktur, bei Powerline- oder Funk¨ ubertragung nat¨ urlich andere Topologien. In jedem Fall dienen die Neuron-Chips als Kommunikationscontroller. Um zwei ¨ Bussegmente mit unterschiedlichen Ubertragungsmedien zu verbinden, braucht man einen Router (Abb. 17.36). Als Bus-Zugriffsverfahren wird ein CSMA/CA-Verfahren eingesetzt. Die Daten¨ ubertragung erfolgt gem¨ aß dem LONTALK-Protokoll (Abb. 17.37). Sie ist durch Datenpakete mit einer durchschnittlichen Gr¨oße von 20 Byte optimiert. Die Hamming-Distanz bei der Daten¨ ubertragung betr¨ agt HD = 4 und wird durch eine 16 Bit lange CRC-Pr¨ ufsumme erreicht. Die Neuron-Chips sind recht komplex. Sie enthalten u. a. drei getrennte CPUs f¨ ur Bus-Zugriff (CPU1), Abdeckung der OSI-Schichten 3 bis 7 (CPU2) und Anwendungsaufgaben (CPU3). Zu ihrer Programmierung ben¨ otigt man das nicht ganz preiswerte Entwicklungstool LONBUILDER. 17.9.9 DIN-Meßbus Das Haupteinsatzgebiet des DIN-Meßbusses ist das professionelle Meß-, Pr¨ ufund Eichwesen, so z. B. bei der Tankstellenautomation. In Deutschland ist der DIN-Meßbus genormt (DIN 66348). Es gibt auch eine Anwendervereinigung (DIN-Meßbus e.V.). Detaillierte Informationen zum DIN-Meßbus findet man in [119], [70]. Allgemeine technische Daten: Der DIN-Meßbus basiert auf der RS485¨ Ubertragung mit zwei Twisted-Pair-Leitungen f¨ ur Vollduplex-Betrieb. Die Bitcodierung erfolgt nach NRZ (Non Return to Zero). Standardm¨aßig k¨ onnen 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Bei Verwendung von erweiterten Adressen und Repeatern sind 992 bzw. bei Kaskadierung bis zu 4.096 Teilnehmer zugelassen.
564
17 Meßdatenerfassung im Feld
Topologie und Datenu ¨ bertragung: Die Topologie ist eine Linienstruktur mit Abzweigen. Wegen des Vollduplexbetriebes sind zwei Adernpaare, also eine Sende- und eine Empfangsleitung, notwendig (Abb. 17.38). Das Bus-Zugriffsverfahren arbeitet nach dem Master/Slave-Prinzip mit Abfragepolling. Der Telegrammrahmen des DIN-Bus-Protokolls wird in Abb. 17.39 gezeigt. Die Fehlersicherung besteht u. a. aus einem Parit¨atsbit und einem Blockpr¨ ufzeichen (BCC) je Datenblock. Schließlich wird eine HammingDistanz von HD = 4 erreicht. Aufgrund des deterministischen Pollings, der bekannten Teilnehmeranzahl und Blockl¨ange sowie der vereinbarten Datenrate ist die Echtzeitf¨ ahigkeit des DIN-Meßbus gegeben.
17.10 Prim¨ are Sensorelement-Schnittstelle (PrimSens) Der deutsche AMA-Fachverband f¨ ur Sensorik [4] hat ein Schnittstellenkonzept f¨ ur die modulare Mikrosensorik vorgeschlagen. Dieser Vorschlag sieht Module f¨ ur die Funktionsbereiche Meßwerterfassung, Meßwertverarbeitung und die Systemanbindung vor (Abb. 17.40). Die Schnittstelle wurde vom AMAFachverband in Kooperation mit Sensorherstellern und den Fraunhoferinstituten IZM und IIS entwickelt. Kernpunkte der Definition sind: • Ein von Meßgr¨ oße und Elementtyp unabh¨angiges Ausgangssignal (Uout ) • Neutralit¨ at gegen¨ uber unterschiedlichen Betriebsspannungen (Vcc ) • Einheitliche Abmessungen und elektrische Kontaktierung. Grunds¨ atzlich l¨ aßt sich die PrimSens-Empfehlung mit nahezu allen Sensorelementen realisieren. PrimSens definiert absolute Ausgangs-Signalpegel, die unabh¨angig von der im Sensorsystem vorhandenen Betriebsspannung sind. Erreicht wird dies PC Master
Busleitungen
R termin. Slaves
R termin. Empfangsleitung Sendeleitung
Repeater
Slave 0 reserviert für Rundruf
Slave 1
Slave 2
Meßgerät 1
Meßgerät 2
...
Slave n Drucker
Abb. 17.38: Topologie des DIN-Meßbusses [70]
17.10 Prim¨ are Sensorelement-Schnittstelle (PrimSens)
565
Übertragungsblock STX
INFO
ETB/ETX
STX INFO ETB/ETX
BCC
Beginn des Datenblocks Informationsfeld max. 128 Zeichen Ende Datenblock / Ende Datenblock und gleichzeitig Ende Text Blockprüfzeichen
BCC
Abb. 17.39: Telegramm des DIN-Meßbusses
durch eine modulinterne Stabilisierung der Versorgungsspannung am Sensorelement. Damit vermeidet PrimSens eine ratiometrische Auswertung des Meßsignals in Bezug auf die Betriebsspannung, denn dies w¨ urde alle aktiven Sensorelemente ausgrenzen. Um k¨ unftige Entwicklungen in der Betriebsspannung zu ber¨ ucksichtigen, definiert PrimSens zwei m¨ogliche Ausgangspegel. Je nach Spannungsbereich der nachfolgenden Signalverarbeitung betr¨agt der Signalhub ± 1,23 V bzw. ± 2,46 V. Dieser Pegel entspricht einem Vielfachen der Bandgap-Referenz, die in den meisten A/D-Umsetzern ohnehin als Spannungsnormal zur Verf¨ ugung steht. Das Bezugspotential ist in den Grenzen der jeweiligen Betriebsspannung frei w¨ ahlbar, so daß hohe Flexibilit¨at in der Anwendung erreicht wird. Aus wirtschaftlichen Gr¨ unden (Hardware-Kosten) wird in PrimSens die maximale Betriebsspannung f¨ ur das Modul auf 12 V begrenzt (Abb. 17.41).
Vcc
SensorelementModul
TC
Uout Bezugspotential
Meßwerterfassung
AnalogAusgang
ADC, Mikrorechner
KommunikationsModul
Analogstufe
Bus, Ethernet, Bluetooth etc.
oder
Meßwertverarbeitung
PrimSensEmpfehlung
Systemanbindung
BuskopplerEmpfehlung
Abb. 17.40: Schnittstellen-Konzept der modularen Mikrosensorik [4]
566
17 Meßdatenerfassung im Feld
Ausgangsspannung Uout
Vcc obere Aussteuerungsgrenze
Masse +1,23 oder 2,46 V (wählbar im Bereich - 1,23 oder 2,46 V 0 bis Vcc - 2,46 V (1,23V) bzw. Vcc -1,23V) untere Aussteuerungsgrenze
Meßgröße X X max
Abb. 17.41: Ausgangssignal f¨ ur Sensorelement-Module nach der PrimSensEmpfehlung [4]
Abbildung 17.42 zeigt die wesentlichen Funktionselemente zur Realisierung eines Sensorelement-Moduls am Beispiel von resistiven Elementen bzw. Spannungsquellen. Dies sind: • • • • •
Sensorelement, im Beispiel eine Widerstands-Meßbr¨ ucke Instrumentenverst¨ arker zur Auskopplung des Meßsignals Widerstandsnetzwerk f¨ ur Verst¨ arkungsfaktor und Offsetabgleich Spannungsregler Optionaler Temperatursensor.
Der Spannungsregler macht das Modul unabh¨angig von der im Sensorsystem verf¨ ugbaren Betriebsspannung. Die Spannung am Element wird u ¨ber den Abgriff herausgef¨ uhrt, so daß etwaige Langzeit-Driften durch den Rechner des Sy¨ stems korrigiert werden k¨ onnen. Uber den Abgriff kann aber auch eine externe Spannung zugef¨ uhrt werden, so daß dann der Regler entfallen kann. Wird das Modul um einen Sensor zur Temperaturkompensation erweitert, so stellt dieser ebenfalls den Signalpegel nach PrimSens-Empfehlung zur Verf¨ ugung.
17.10 Prim¨ are Sensorelement-Schnittstelle (PrimSens)
SpannungsRegler
Sensorelement, z.B. R-Meßbrücke
Vcc SVcc TCoptional Uout Vir.Masse Anal.Gnd
Abb. 17.42: Hardware-Konzept eines Sensorelement-Moduls [4]
567
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Die n¨ achsth¨ ohere Vernetzungsebene nach dem Feldbereich, in dem ja die Feldbusse dominieren, ist der Zellbereich bei der Fertigung und der Prozeßleitbereich bei der Prozeßautomatisierung. Feldbusse k¨onnen hier nicht eingesetzt werden, weil im Vergleich zum Feldbereich sehr große Datenmengen transportiert werden m¨ ussen. Daf¨ ur d¨ urfen die Antwortzeiten f¨ ur eine Anfrage zum Teil bereits im Sekundenbereich liegen. Als Bussystem eignet sich hier das Ethernet, das als physikalische und logische Basis f¨ ur ein Local Area Network (LAN) dient. Ein LAN ist ein Kommunikations-Verbund von eigenst¨ andigen Rechnern und Controllern, die gegenseitig Daten austauschen m¨ ussen. Ein Rechner kann dabei als Serverstation dienen, die den Datentransfer zwischen allen an das Netz angeschlossenen Rechnern koordiniert. Den Zusammenschluß der LANs eines Unternehmens bezeichnet man als Intranet. Die LANs wurden ehemals vorwiegend in der B¨ urokommunikation eingesetzt. Um sie auch f¨ ur die Fabrikautomation und Prozeßtechnik verf¨ ugbar zu machen, mußten sie insbesondere bzgl. elektromagnetischer St¨orungen resistent werden, z. B. durch doppelt geschirmte Koaxialkabel. Man spricht in diesem Zusammenhang von Industrie-LAN bzw. im Falle des Ethernet von Industrie-Ethernet. Das heutige Ethernet ist in der IEEE-Spezifikation 802.3 definiert. Danach kann ein Ethernet aus 5 Segmenten mit je 500 m Koaxialkabel bestehen. Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 1024 und die h¨ochste Datenrate bei 10 MBit/s. Die Topologie ist in aller Regel eine Linienleitungsstruktur mit ¨ Abzweigen. F¨ ur h¨ ohere Datenraten steht das sog. Fast-Ethernet f¨ ur Ubertragungen mit bis zu 100 MBit/s bereit. Mittlerweile gibt es noch schnellere Ethernet-Standards mit Datenraten von 1000 bzw. 2000 MBit/s. Um eine sichere Daten¨ ubertragung zu erm¨oglichen, wird das Ethernet mit einer Kommunikationssoftware betrieben, welche die Daten¨ ubertragung durch Fehlererkennung und Fehlerkorrektur stark verbessert. Diese StandardKommunikationssoftware ist das Transmission Control Protocol / Internet Protocol (TCP/IP). Sie bildet auch die Schnittstelle zur Anwendungs-
570
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Application
7
Presentation
6
Session
5
Transport
4
Transport Control Protocol (TCP)
Network
3
Internet Protocol (IP)
Data Link
2
Packet-Driver
Physical Link
1
Ethernet-Controller/physik. Leitungen
Application
Abb. 18.1: Abbildung des ISO-Schichtenmodells auf das mit TCP/IP betriebene Ethernet
software. TCP/IP ist den Schichten 3 und 4 des ISO-Schichtenmodells zuzuordnen. Das Ethernet insgesamt entspricht den Schichten 1 bis 4 (Abb. 18.1).
18.1 IP-Adressen Jeder Teilnehmer eines LAN erh¨ alt eine ihm zugeordnete Adresse, die sog. IP-Adresse. Jede IP-Adresse ist 32 Bit lang und untergliedert sich in 4 Felder `a 8 Bit, die als Oktette bezeichnet werden. Ein Oktett repr¨asentiert eine Dezimalzahl zwischen 0 und 255. Die einzelnen Oktette sind durch Punkte voneinander getrennt (Abb. 18.2). IPv6-Adressen Die bisher behandelten IP-Adressen basieren auf dem Protokoll IPv4 (IP Version 4), welches bis zu 232 verschiedene Adressen vorgibt. Die Internet Engineering Task Force (IETF) warnte schon in den 90er Jahren, daß die Anzahl freier IP-Adressen rapide abnimmt. Daher wurde das Protokoll IPv6 (IP Version 6) entwickelt, welches 128 Bit lange Adressen definiert und 2128 verschiedene Adressen erlaubt. Die Einf¨ uhrung des neuen Standards ist derzeit noch ungewiß. Eine IPv6-Adresse setzt sich aus acht 16 Bit-Werten zusammen, wobei jeder der 16 Bit-Wert aus 4 hexadezimalen Werten besteht. Ein Beispiel f¨ ur eine IPv6-Adresse: ADCF:BA43:0000:0000:0000:0000:0800:CAFE oder vereinfacht ADCF:BA43::800:CAFE
18.2 Subnetzmasken
571
Aufeinanderfolgende Nullwerte k¨ onnen mittels ::“ einmalig abgek¨ urzt wer” den, f¨ uhrende Nullen werden weggelassen. Netzwerkklasse Netz-ID
Host-ID
A
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
B
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
C
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
Netz-ID
Host-ID
Netz-ID r 1 Byte
s 1 Byte
Host-ID t 1 Byte
u 1 Byte
NetzwerkIP-Adresse Netz-ID Host-ID klasse s. t. u A r. s. t. u r t. u B r. s r. s. t. u C u r. s. t. u r. s. t Abb. 18.2: Prinzipielle Struktur von IP-Adressen gem¨ aß IPv4
Die im folgenden Abschnitt beschriebenen A-, B- oder C-Klasse Netzwerke spielen bei IPv6 keine Rolle mehr. Hier wird eine andere Unterscheidung von Netzwerktypen vorgenommen. Die gr¨ oßte Neuerung von IPv6 stellt die Unterscheidung von Transportpriorit¨ aten dar, somit werden in Zukunft EmailNachrichten langsamer transportiert als Echtzeitdaten. Details dazu werden unter anderem in [8] vorgestellt.
18.2 Subnetzmasken Subnetzmasken werden verwendet, um die Netz-ID von der Host-ID (Abb. 18.2) in einer IP-Marke zu trennen. Dies hat zur Folge, daß die Subnetzmasken von der Klasse des Netzes abh¨ angen. Netz-Klasse A B C
Standard-Subnetzmaske in Dezimalnotation 255.0.0.0 255.255.0.0 255.255.255.0
572
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Mit bitweiser Verundung von IP-Adresse und Subnetzmaske kann so leicht die Netz-ID herausgefiltert werden. F¨ ur den Fall, daß das (physikalische) Netz auf mehrere Subnetze aufgeteilt wird, muß eine spezielle Subnetzmaske definiert werden.
18.3 Internet-Protokoll (IP) Dem Internet-Protokoll (entspricht Schicht 3 des ISO-Schichtenmodells) obliegt die prinzipielle Aufgabe, Datenbl¨ ocke (Datagramme oder auch Telegramme genannt) vom Sender zu einem oder mehreren Empf¨angern zu transportieren. Als Unteraufgaben resultieren daraus Adreßverwaltung (Adress Management), die Aufteilung des Telegramms in geeignete Datenbl¨ocke (Segmentie¨ rung), die Suche eines geeigneten Ubertragungsweges im Netz (Routing) bei komplexeren Netzstrukturen sowie die Fehlererkennung im Falle von bei der ¨ Ubertragung auftretenden Fehlern. Erst durch eine weitere Softwareschicht, dem Transmission Control Protocol (TCP), wird der einwandfreie Empfang der Daten sichergestellt.
18.4 Transmission Control Protocol (TCP) Das Transmission Control Protocol (TCP) ist der 4. Schicht im ISO-Schichtenmodell zugeordnet. Den entsprechenden Software-Modulen obliegen folgende wichtige Teilaufgaben: •
Aufbau sowie Abbau von Daten¨ ubertragungsverbindungen im VollduplexBetrieb. Vollduplex-Betrieb bedeutet gleichzeitiges Senden und Empfangen von Daten. • Kontrolle dieser Verbindungen und im Falle eventueller Probleme, wie z.B. Stau im Netz, R¨ uckmeldung an die dar¨ uberliegende Anwendersoftware. • Aufbereitung und eventuelle Zwischenspeicherung von zu u ¨bertragenden Datenbl¨ ocken • Datensicherung durch – Pr¨ ufsummenbildung (32 Bit) – Quittierung von korrekt empfangenen Segmenten (Acknowledgement) ¨ – Wiederholung (Repeat) im Falle von Ubertragungsfehlern – Zeit¨ uberwachung (Time Out).
18.5 Echtzeitf¨ ahigkeit des Ethernet Die Echtzeitf¨ ahigkeit des Ethernet ist im strengeren Sinne, bedingt durch das verwendete CSMA/CD-Zugriffsverfahren, nicht gegeben. Durch Lasteinschr¨ankung (Busauslastung < 25%) jedoch, die durch entsprechende Parametrierung der TCP/IP Software eingestellt werden kann, wird erreicht, daß
¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung
573
die Responsezeiten auch bei den relativ großen Datenmengen der Leit- und F¨ uhrungsebenen klein genug sind (0,1 bis 10 Sekunden, je nach Anwendung), um f¨ ur die meisten Anwendungen von einer Echtzeitf¨ahigkeit ausgehen zu d¨ urfen. Die entscheidenden Parameter zur Einstellung der Lastbegrenzung sind die Anzahl der pro Sekunde gesendeten Nachrichten (Nachrichtenrate), ihre maximale durchschnittliche Dauer sowie der minimale Zeitabstand zwischen den Nachrichten. Eine weitere M¨ oglichkeit zur Verk¨ urzung der Antwortzeiten besteht in einer Unterteilung des Netzes in ein u ¨bergeordnetes Hauptnetz und darunterliegende Subnetze. Man spricht in diesem Zusammenhang von Switching-Technologie. Meistens sind die beiden Netzebenen u ¨ber optische Switch Module verbunden, deren wesentliche Aufgabe in der Kanalisierung des Datentransports besteht.
¨ 18.6 Ubergeordnete Kommunikationsebenen Es gibt Bestrebungen, die Funktionalit¨ at und den Komfort von TCP/IPDaten¨ ubertragungen weiter zu verbessern, indem man auch die Schichten 5 und 6 des OSI-Schichtenmodells durch Standards abdeckt. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Manufacturing Automation Protocol (MAP) zu nennen, das f¨ ur die Entwickler von Automatisierungstechnikkomponenten eine Standard-Schnittstelle zu der darunterliegenden TCP/IP-Software bereitstellt. Diese Schnittstelle stellt Software-Komponenten der Schichten 5 und 6 zur Verf¨ ugung, welche die Kommunikation von Automatisierungstechnikkomponenten unterst¨ utzen, so daß sich der Entwickler nur noch um die eigentliche Anwendungssoftware (Schicht 7) k¨ ummern muß.
¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung Historisch herrscht bei Ethernet-Verbindungen das Koaxialkabel vor, im Nahbereich werden heute vorrangig geschirmte Twisted-Pair-Leitungen mit 4 Adernpaaren verwendet, w¨ ahrend auf Fernstrecken in aller Regel Lichtwellenleiter zum Einsatz kommen. Bei Verwendung von Twisted-Pair-Leitungen im Nahbereich werden die Teilnehmer (Knoten) eines Netzsegmentes sternf¨ormig an einen sog. Hub angeschlossen. Es handelt sich dabei um einen MultiportRepeater, d. h. alle Nachrichten, die der Hub empf¨angt, werden an alle an ihn angeschlossenen Teilnehmer gesendet. Dabei ist ein Hub im Gegensatz zu einem sog. Switch nicht in der Lage festzustellen, welche Teilnehmer die Nachricht empfangen sollen und welche nicht. Dies f¨ uhrt nat¨ urlich zu unn¨otigem Datenverkehr im Netz und damit zu Problemen bei stark frequentierten Netzen. Ein Switch hingegen kennt die Adressen der an ihn angeschlossenen Teilnehmer und leitet Nachrichten gem¨ aß ihrer Zieladresse nur gezielt an die
574
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
.... Hub / Switch Ethernet
Hub / Switch
Hub / Switch Subnetze mit Sternstruktur
Ethernet
....
....
....
.... ....
....
Abb. 18.3: Ethernet-Topologie mit Hubs und Switches
Teilnehmer weiter, f¨ ur die sie gedacht ist. Dies erm¨oglicht die (nahezu) gleich¨ zeitige Ubertragung von Nachrichten mit verschiedenen Zieladressen u ¨ber den Switch (Abb. 18.3). Ein Switch ist auch in der Lage, Nachrichten zwischenzuspeichern. Wenn die Verbindungen zum Switch 4-adrig ausgef¨ uhrt sind, k¨ onnen u ¨ber den Switch verbundene Teilnehmer in beiden Richtungen simultan, d. h. im Vollduplex-Betrieb, miteinander kommunizieren. Wenn zwei an einem Busstrang angeschlossene Switches diesen gleichzeitig benutzen wollen, kommt es jedoch zu Kollisionen.
18.8 Ethernet-Telegrammstruktur Es gibt zwei g¨ angige Telegrammstrukturen, n¨amlich die nach dem Standard V.2 und die nach IEEE 802.3, welche aufgrund ihrer Unterschiede nicht kompatibel sind (Abb. 18.4).
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze Gr¨ oßere Organisationseinheiten, wie Entwicklungszentren, Fabrikationsst¨atten oder auch Universit¨ aten betreiben meist mehrere lokale Netze (Local Area Networks (LANs)), die es dann wiederum untereinander zu verbinden gilt (Abb. 18.5). Dazu verwendet man sog. Router. Wenn nun ein Teilnehmer aus einem bestimmten LAN eine Nachricht in ein anderes LAN u ¨bertragen m¨ochte, wird
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze
575
Ethernet-Telegrammstruktur nach V.2
PRE
Cyclic Redundancy Check 4 Byte
Data Source Address 0 bis 1500 Byte 6 Byte
Preamble 8 Byte DA
SA
Destination Address 6 Byte
Type Da ta Pad
CRC
PadField Type-Field 0 bis 46 Byte 2 Byte (wird gefüllt wenn Datenfeld < 46 Byte)
Ethernet-Telegrammstruktur nach IEEE 802.3 Destination Address 6 Byte
Preamble 7 Byte PRE
SD
DA
SA
Destination Service Address Point 1 Byte
Source Service Address Point 1 Byte
Len DSAP SSAP
Source Address Length of 6 Byte DataField Start Delimiter 2 Byte 1 Byte
Cyclic Redundancy Check Protocol-ID Data 4 Byte 3 Byte 0 bis 1500 Byte
CF Control-Field 1 Byte
P-ID Type Da ta Pad CRC Type-Field PadField 2 Byte 0 bis 46 Byte (wird gefüllt wenn Datenfeld < 46 Byte)
Abb. 18.4: Ethernet-Telegrammstrukturen
diese Nachricht zun¨ achst an den dem Sendenetz zugeordneten Router geschickt. Dieser Router verf¨ ugt u ¨ber Routing-Tabellen, denen er entnehmen kann, auf welchem Wege er die betreffende Nachricht in das in Frage kommende LAN schicken kann. F¨ ur den Fall, daß dieses LAN nicht unmittelbar erreichbar ist, werden Wege u ur das effiziente ¨ber andere Router gesucht. F¨ Routing in komplexen Netzen stehen heute intelligente Routing-Algorithmen zur Verf¨ ugung. Router sind also kleine Rechner, die Netze auf der Ebene der 3. Schicht des ISO-Schichtenmodells verbinden, d. h. sie beinhalten bereits Realisierungen der Schichten 1 bis 3.
576
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
LAN 2 LAN 1 Router 1 Router 2 LAN 3
Router 3 Router 4 LAN 5 LAN 4
Abb. 18.5: Verbindung mehrerer lokaler Netzwerke
18.10 Standortu ¨ bergreifende Vernetzung 18.10.1 Breitband-ISDN F¨ ur die Verbindung lokaler Netze, die sich an unterschiedlichen Standorten auf der Welt befinden, ben¨ otigt man zun¨ achst geeignete physikalische Fern¨ ubertragungsmedien. Dazu z¨ ahlen Standard-Telefonkabel, Koaxialkabel, Lichtwellenleiter, Richtfunkstrecken, Satellitenverbindungen und Mobilfunknetze. ¨ Das weltweit am weitesten verbreitete ¨ offentliche Standard-Daten-Ubertragungssystem ist das ISDN (Integrated Services Digital Network). Bei der Nutzung eines Kanals k¨ onnen Daten mit 64 kBit/s u ¨bertragen werden. Die Daten¨ ubertragungsrate verdoppelt sich, wenn beide Standard-Kan¨ale verwendet ¨ werden. Durch neue Ubertragungstechniken, wie High Bit Rate Digital Subscriber Line (HDSL) oder Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) sind Daten¨ ubertragungsraten von ca. 3 MBit/s bis zum Endteilnehmer m¨ oglich. Zur Bereitstellung h¨ oherer Bandbreite kann auch ein sog. Prim¨armultiplexanschluss genutzt werden, der durch B¨ undelung von 30 ISDN ¨ B-Kan¨ alen eine Ubertragungsrate von 1,92 MBit/s erreicht. Im Aufbau befindet sich ein sog. Breitband-ISDN-Netz (B-ISDN), ¨ welches Ubertragungsraten von derzeit 155 MBit/s zul¨aßt. Es sind Datenraten von bis zu 2,5 GBit/s realisierbar. Der Zugang zum B-ISDN ist an die Verf¨ ugbarkeit eines Koaxialkabels bzw. eines Lichtwellenleiters (LWL) zwischen Vermittlungsstelle und Endteilnehmer gebunden. Dies f¨ uhrt oft zum sog. Problem der letzten Meile, bei dem zwar prinzipiell Hochleistungs-
18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung
577
Telekommunikationsnetze regional zur Verf¨ ugung stehen, aber der Anschluß ¨ von Endteilnehmern scheitert, weil nicht die geeigneten Ubertragungsmedien bis dorthin f¨ uhren. ¨ Das Breitband-ISDN verwendet als Ubertragungsverfahren das ATMProtokoll (Asynchronous Transfer Mode). Bei ATM werden die zu u ¨bertragenden Daten zu Paketen fester L¨ ange (53 Bytes) zusammengefaßt und zum ¨ Ziel geroutet. Zur Ubertragung wird ein synchrones Zeitmultiplexverfahren eingesetzt, bei dem eine Zeitscheibe exakt dieser Datenzellenl¨ange entspricht. Der Namensteil asynchronous“ bezieht sich auf die Tatsache, daß aufein” anderfolgende Nutzzellen eines logischen Datenstromes (Verbindung) zeitlich unabh¨ angig voneinander u ¨bertragen werden. Weitere Informationen zu ATMNetzen finden sich beispielsweise in [53]. 18.10.2 Datex-P Ein ¨ alteres Weitverkehrs¨ ubertragungsmedium ist das Datex-P-Netz. Datex-P steht f¨ ur Data Exchange Packet Switching. Auch hier werden die Daten in Form von Paketen u ubertragung selbst erfolgt ¨bertragen. Die Paket¨ im Netz mit 64 kBit/s (k¨ unftig 1,92 MBit/s). Dem Datex-P-Netz liegt das X.25-Protokoll zugrunde. Die dort vorgesehenen Korrekturm¨oglichkeiten erlauben Bitfehlerwahrscheinlichkeiten in der Gr¨oßenordnung von 10−9 . Ein weiterer Vorteil von Datex-P besteht in der M¨ oglichkeit, unterschiedlich schnelle Datenendeinrichtungen miteinander zu verbinden. Typischerweise wird das Datex-P-Netz heute u ¨ber den ISDN-Anschluß erreicht, wobei ein paketvermittelbares X.25-Endger¨ at u ¨ber einen geeigneten Terminaladapter an den ISDNHauptanschluß angeschlossen wird, welcher damit aus Sicht dieses Endger¨ates zum Datex-P10H-Hauptanschluß wird [53]. 18.10.3 GSM Eine weitere M¨ oglichkeit des Datentransfers im Weitverkehrsbereich besteht in der Nutzung des Mobilfunknetzes GSM (Global System for Mobile Communication) unter Zuhilfenahme des General Packet Radio Services (GPRS). GPRS unterst¨ utzt alle g¨ angigen Daten¨ ubertragungsprotokolle, inklusive X.25 und IP (Abb. 18.6). GPRS basiert ebenfalls auf einer paketvermittelnden Technologie, die zur effizienten Nutzung der GSM-Netzwerkkapazit¨ at dient, d. h. ein Teilnehmer belegt die Funkstrecke nur dann, wenn wirklich Daten u ubertragungsrate betr¨agt bei ¨bertragen werden. Die Standard¨ GPRS 14,4 kBit/s. Es k¨ onnen schließlich 8 Kan¨ale zu 115,2 kBit/s geb¨ undelt werden. Bei GPRS werden Datenpakete von den Basisstationen u ¨ber die sog. Serving GPRS Support Nodes (SGSN) auf den GPRS-Backbone u ¨bertragen. Dies ist ein Netz mit Internet-Protokoll (IP). Andere Netze k¨onnen schließlich u ¨ber Gateways erreicht werden (Abb. 18.6).
578
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Notebook mit Meßdatenerfassung
. .. ... . ..
...
ISDN
Gateway zum leitungsgebundenen Telefonnetz
Mobile Switching Center GSM-Netz Serving GPRS Support Node
GPRS-Netz
IP-basierter GPRS-Backbone Gateway
...
Gateway
Ethernet mit TCP/IP
X.25
PC
Modem
PC
Abb. 18.6: GPRS-Netzwerkverbindungen
UMTS Als leistungsf¨ ahigerer Nachfolger der GSM-Mobilfunknetze ist seit Fr¨ uhjahr 2004 das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) in Betrieb. Auf geringe Distanzen sind dort 2 MBit/s ansonsten 384 kBit/s m¨oglich. 18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line Communication, PLC) Bei der Powerline-Kommunikation nutzt man die Leitungen des elektrischen ¨ Energieversorgungsnetzes zur Ubertragung von Daten. Dabei werden Da-
18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung
579
ten¨ ubertragungsraten von typischerweise 1 MBit/s erreicht. So wird die bisher nur zur Energieversorgung genutzte Kabelinfrastruktur zur Basis f¨ ur ein neues Marktsegment des Telekommunikationsmarktes. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Internet aus der Steckdose. Das Verfahren erlaubt hohe Datenraten auch bei den u ¨blicherweise vorhandenen Netzst¨orungen. Insbesondere die Siemens AG hat sich der PLC-Thematik sehr stark angenommen und treibt sie voran. Es gibt allerdings noch keinen einheitlichen Standard u ¨ber die Herstellergrenzen hinweg. 18.10.5 Satellitenkommunikation In Regionen mit schwach ausgebauten ¨ offentlichen Datennetzen (in Europa sind dies etwa 75% der Gesamtfl¨ ache) stellt sich f¨ ur viele Unternehmen die Frage, wie sie an Highspeed-Datennetze angeschlossen werden k¨onnen. Ein Breitbandanschluss l¨ aßt sich in diesen Gebieten oft nur u ¨ber Satellitenverbindungen realisieren. So gibt es bereits einige Unternehmen, die bei dieser Problemstellung L¨ osungen anbieten, wie z. B. das Thyssen-Krupp-Tochterunternehmen Triaton [142], das die datentechnische Anbindung von außerhalb einer guten terrestrischen Tele-Kommunikationsinfrastruktur liegenden Niederlassungen u ¨ber Satellitenstrecken anbietet (Abb. 18.7).
Satelliten-Zentrale Standort A
Zentrale
öffentliches Telefonnetz (ISDN bzw. B-ISDN)
Standort B Standort C
Abb. 18.7: Datentechnische Vernetzung via Satellit
Der Anschluß erfolgt dabei u ¨ber ein serielles Interface. Die Datenraten der derzeit zur Verf¨ ugung stehenden Kan¨ ale liegen zwischen 32 kBit/s und 34 MBit/s.
580
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Diese Dienste werden von der Industrie heute vorwiegend f¨ ur LAN-LANKopplungen genutzt. Die Satellitenkommunikation ist prinzipiell in Gebieten mit schwacher Telekommunikationsinfrastruktur bei der Realisierung von WANs die erste Wahl, wenn man hohe Datenraten ben¨ otigt. Pro Transponder erlaubt ein Satellit Datenraten von bis zu 50 MBit/s und dies quasi entfernungsunabh¨angig. Eutelsat beispielsweise bietet den Highspeed-Zugang zum Internet u ¨ber kleine mobile Satellitenstationen an. Dabei sind Downlink-Datenraten von bis zu 40 MBit/s und Uplink-Datenraten von derzeit 2 MBit/s m¨oglich. Der Durchmesser der verwendeten Parabolantennen liegt zwischen 1 und 4 m [38]. 18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN) Metropolitan Area Networks (MANs) sind im IEEE-Standard 802.6 definierte Netzwerke, die kein LAN mehr und noch kein Wide Area Network (WAN) sind. Ein wichtiges Kriterium zu ihrer Klassifizierung ist r¨aumliche Ausdehnung. Sie geht bei MANs u ¨ber das Betriebsgel¨ande hinaus, bleibt aber im inner¨ ortlichen Bereich. Es handelt sich um Citynetze, deren Topologie meist aus einem Ring besteht, an den lokale Netze und Endger¨ate u ¨ber Stichleitungen angeschlossen werden. 18.10.7 Wide Area Network (WAN) Man spricht von einem Weitbereichsnetz, wenn es sich um ein Datennetzwerk mit sehr großer r¨aumlicher Ausdehnung handelt, d.h., wenn sich die Netzwerkeinheiten in verschiedenen lokalen Regionen, L¨andern bzw. Erdteilen befinden. Zur Verbindung u ussen o¨ffentliche Kommunikati¨ber solch große Strecken m¨ onsnetze in Anspruch genommen werden, d. h. der private Geltungsbereich eines Unternehmens wird verlassen, und man ist bei der Etablierung und dem ¨ Betrieb des Netzes auf einen Anbieter von Ubertragungsdiensten, einen sog. Provider, angewiesen. Die r¨ aumliche Ausdehnung eines WANs unterliegt keinen Beschr¨ ankungen. 18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI Glasfasernetze k¨onnen die Grundlage eines MAN bzw. eines WAN bilden. Ein Standard ist dabei das sog. Fibre Distributed Data Interface (FDDI) [63]. Diese FDDIs sind oft in Ringstruktur aufgebaut. Dabei wird aus Gr¨ unden h¨oherer Zuverl¨ assigkeit ein Glasfaser-Doppelring verwendet, an den die Teilnehmer u ¨ber sog. Dual Attachment Stations (DAS) angeschlossen sind (Abb. 18.8). Der maximale Ringumfang betr¨ agt 10 km und es k¨onnen bis zu 500 Netzknoten teilnehmen. Der Teilnehmerabstand darf jedoch nicht gr¨oßer als 2 km sein, da die DAS u. a. Repeaterfunktionen wahrnehmen. Die max. Datenu ¨bertragungsrate liegt bei 100 MBit/s. Es besteht auch die M¨oglichkeit, unter
18.11 Rechnernetze zur Meßdaten¨ ubertragung
DAS
581
Primärring
SAS SAC
SAC
SAS
Sekundärring SAS DAC
DAC
SAS
SAS
DAS Abb. 18.8: Implementierung eines FDDI-Glasfasernetzes (Siemens AG); A: Attachment, C: Concentrator, D: Dual, Sxx: Single, xxS: Station
Verwendung von Dual Attachment Concentrators (DAC), Single Attachment Concentrators (SAC) sowie Single Attachment Stations Abzweignetze zu realisieren (Abb. 18.8).
18.11 Rechnernetze zur Meßdatenu ¨ bertragung Prinzipiell gibt es mehrere M¨ oglichkeiten, Meßdatenerfassungssysteme kommunikationstechnisch zu vernetzen: 18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Meßdatenerfassung Wenn mehrere Ger¨ ate bzw. Systeme, die Meßdatenerfassungszwecken oder sonstigen Aufgaben der Laborautomatisierung dienen, vernetzt werden sollen, hat man in der Vergangenheit meistens Bussysteme genutzt, die speziell f¨ ur diese Aufgaben entwickelt wurden. Dazu z¨ahlen vor allem der IEC-Bus, der VXI-Bus, der MXI-Bus, der PXI-Bus sowie alle Feldbussysteme. Solche L¨ osungen bergen die wenigsten Risiken in bezug auf Echtzeitf¨ahigkeit und Zuverl¨ assigkeit. Aber abgesehen vom IEC-Bus, der seit langem einen Standard in der Laborautomatisierung darstellt, handelt es sich um Systeme, welche global gesehen, nicht unbedingt als der Standard“ angesehen werden k¨onnen, wenn ” man bedenkt, daß allein bei den Feldbussen u ¨ber 20 konkurrierende Systeme existieren.
582
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
18.11.2 Vernetzung von Meßdatenerfassungssystemen mittels Ethernet ¨ Das Ethernet ist in der Netzwerkwelt derzeit der Standard f¨ ur das Ubertragungsmedium und als Kommunikationsprotokoll dominiert das TCP/IPProtokoll als einheitliche Sprache. Es ist verst¨ andlich, auch f¨ ur die Vernetzung von Meßdatenerfassungssystemen das Ethernet zu nutzen. In logischer Folge wird auch das Internet zunehmend f¨ ur solche Aufgaben herangezogen. Das Internet mit seiner mittlerweile sehr hohen Verf¨ ugbarkeit stellt, vor allem was die Kosten betrifft, eine sehr gute Alternative zu mehr oder weniger propriet¨aren L¨ osungen dar. Sobald ein Gateway zum Internet vorhanden ist, lassen sich bequem Meßdaten von einem lokalen Rechner u ¨ber das Internet u ¨bertragen. Dabei k¨ onnen nat¨ urlich auch die gesicherten Daten¨ ubertragungsmechanismen von VPNs (Virtual Private Networks) genutzt werden, die im n¨achsten Abschnitt behandelt werden. Gerade bei der Ferndiagnose von Maschinen lassen sich durch die Nutzung des Internets Kosten einsparen. Da aber das Ethernet nicht deterministisch arbeitet, k¨onnen die Antwortzeiten und damit die Echtzeitf¨ ahigkeit nicht garantiert werden. In der Pra¨ xis jedoch reichen in vielen F¨ allen die Ubertragungsraten und Antwortzeiten des Ethernets bzw. des Internets vollkommen aus. Es ist auch ins Feld
Abb. 18.9: Ethernet-Anbindung von Meßger¨ aten mittels des RS232C-EthernetSchnittstellenkonverters ipEther232 [72]
18.11 Rechnernetze zur Meßdaten¨ ubertragung
583
¨ zu f¨ uhren, daß die Ubertragungsraten des Ethernet oft weit u ¨ber denen von Feldbussystemen liegen. So hat man festgestellt, daß Ethernet¨ ubertragungen in vielen praktischen Anwendungsf¨ allen einer Feldbusl¨osung durchaus u ¨berlegen sind. Die einfachste Anbindung des Meßger¨ates an das Ethernet besteht in der Verwendung seiner Standard-RS232C-Schnittstelle und eines RS232Ethernet-Konverters (Abb. 18.9). Eine elegantere L¨ osung bieten Meßdatenerfassungssysteme, die unmittelbar, d. h. ohne Zuhilfenahme eines Schnittstellenkonverters, an das Ethernet angeschlossen werden k¨ onnen und die TCP/IP-Protokolle verwenden. Abbildung 18.10 zeigt ein solches von der Fa. GBM vertriebenes System. Es handelt sich dabei um einen Datenlogger, der nach Zuteilung einer IP-Adresse vom Internet aus mit jedem Standard-Webbrowser angesprochen werden kann. Er verf¨ ugt u ¨ber 8 differentielle bzw. 16 single-ended Analogeing¨ange, die mit 16 Bit quantisiert werden.
Abb. 18.10: Datenlogger mit Ethernet-Interface der Fa. GBM [47]
Mittlerweile gibt es auf dem kommerziellen Meßtechnikmarkt eine Vielzahl von Ethernet Data Acquisition Systemen (EDAS), siehe z. B. [98], [37], [93], [23]. Der Trend, Standard-Meßger¨ ate mit Ethernet-Schnittstellen auszustatten, d¨ urfte sich in den n¨ achsten Jahren fortsetzen. So sind beispielsweise bereits auch die h¨ oherwertigen Multimeter renommierter Meßger¨atehersteller, wie z. B. Fluke, Agilent oder Keithley, mittlerweile Ethernet- bzw. Internetf¨ ahig [66], [2], [43]. Die Meßger¨ ate sind dazu mit einem eigenen Webserver ausgestattet und k¨ onnen u ¨ber ihre IP-Adresse von einem Webbrowser aus angesprochen werden. Die vom Webserver des Ger¨ ates aufbereitete Webseite erlaubt meist ¨ die komplette Uberwachung und Bedienung des Ger¨ates von lokal entferten PCs aus. Auch der Transfer von Meßdaten vom und zum betreffenden Meßger¨ at geschieht u ¨ber diese Schnittstellen. Abbildung 18.12(a) zeigt zum
584
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Beispiel die Webseite eines entsprechend ausgestatteten Digital-Oszilloskops (Abb. 18.12(b)). Das an einem entfernten Ort befindliche Oszilloskop l¨aßt sich so prinzipiell von jedem an das Internet angeschlossenen Rechner aus ansprechen. Die Standard-Schnittstellen der h¨ oherwertigen Meßger¨ate sind RS232C, USB, IEC-Bus und Ethernet mit TCP/IP. Die Nutzung der EthernetSchnittstellen bietet vor allem den Vorteil, daß die Meßger¨ate nur eine Netzwerksteckdose zu ihrem kommunikationstechnischen Anschluß ben¨otigen und nicht etwa wie die IEC-Bus-Anbindung strengeren Reglementierungen bez¨ uglich der Kabelanschlußl¨ angen unterworfen sind. Auf dieser Basis lassen sich also lokal verteilte Meßsysteme konfigurieren (Abb. 18.11). z.B. zur Steuerung der Meßdatenerfassung
z.B. zur Visualisierung
PC1 .........
PC2 Ethernet
......... Arbitrary Waveform Generator
Multimeter z.B. Keithley 2000er Serie
z.B. HP3320A
Meßobjekt
Abb. 18.11: Beispiel zur webbasierten Laborautomation
18.11 Rechnernetze zur Meßdaten¨ ubertragung
Abb. 18.12: Digital-Speicheroszilloskop mit Ethernet-Schnittstelle
585
586
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Meßmodulen 18.12.1 Funktionsprinzip In j¨ ungerer Vergangenheit zeichnet sich ein neuer Trend in der rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung ab. Es kommen n¨ amlich in zunehmendem Maße leistungsf¨ ahige und recht preisg¨ unstige Meßmodule mit USB-Schnittstelle (USB = Universal Serial Bus)(s. auch Tab. 16.1 bzw. Kap. 16.5) auf den Markt (Abb. 18.13). Diese weisen eine prinzipiell ¨ ahnliche Funktionalit¨at auf, wie die
Abb. 18.13: Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von Meßmodulen mit USBSchnittstelle
in Abschnitt 15.2.1 behandelten Multifunktionseinsteckkarten. Die Meßmodule sind mit Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzern sowie mit Multiplexern ausgestattet, die eine Anbindung an die analog-elektrische Seite eines Prozesses erm¨ oglichen. Eine meist rudiment¨ are Vorverarbeitung der digitalisierten Meßwerte geschieht in einem Controller, der u ¨ber eine standardm¨aßige USB-Schnittstelle (s. auch Kap. 16.5) mit einem PC bzw. einem Notebook verbunden ist. Die Signalanalyse und die graphische Aufbereitung der Meßdaten erfolgt schließlich rein in Software. Diese Software ist meist direkt auf das Meßmodul abgestimmt und damit propriet¨ar an dieses gebunden. F¨ ur die Zukunft zeichnet sich allerdings auch hier der Trend ab, daß die Meßmodule mit Treiberroutinen ausgestattet werden, die eine Software-Schnittstelle zu einem Standard-Datenerfassungsprogramm, wie z. B. LabVIEW, bilden. Damit lassen sich auf komfortable Art virtuelle Instrumente konfigurieren und
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Meßmodulen
587
testen. Die Stromversorgung des USB-Meßmoduls erfolgt entweder u ¨ber die USB-Schnittstelle, eine aufladbare Batterie oder u ¨ber ein separates Netzteil. 18.12.2 Beispiele fu ate ¨ r USB-Meßger¨ Die derzeitige Hauptanwendung von USB-Meßmodulen liegt auf dem Gebiet der virtuellen Oszilloskope f¨ ur den mobilen Einsatz. Dazu wird ein kompaktes USB-Modul zur Datenerfassung herangezogen, und anschließend werden die Daten auf einem Notebook dargestellt. Die graphischen Bedienoberfl¨achen sind in Form eines Oszilloskops dargestellt, so daß man letztlich die volle Funktionalit¨ at eines Mehrkanal-Oszilloskops zur Verf¨ ugung hat. Man bezeichnet diese Ger¨ ate als USB-Scopes. USB-Meßmodul und Notebook zusammen ergeben ein virtuelles, aber in seiner Funktionalit¨ at einem realen Ger¨ at kaum nachstehendes Oszilloskop, das sich beispielsweise bestens f¨ ur den Service vor Ort, Experimente im H¨orsaal oder auch f¨ ur die Datenerfassung in mobilen Systemen eignet. Tabelle 18.1 zeigt derzeit kommerziell erh¨ altliche USB-Scopes der Fa. Meilhaus [83].
Tabelle 18.1: Beispiele kommerzieller USB-Scopes der Fa. Meilhaus [83] Modell PS2202 PS3204 PS3205 PS3206 PS3223 PS3423 Kan¨ ale
2
2
2
max. 20 MS/s 2, 5 GS/s, 5 GS/s, Abtastrate 50 MS/s 1 100 MS/s
2
1
10 GS/s, 200 MS/s
2
4
20 MS/s 20 MS/s 1
Bandbreite 2 MHz
50 MHz
100 MHz
200 MHz
10 MHz 10 MHz
Au߬ osung 8 Bit
8 Bit
8 Bit
8 Bit
12 Bit
12 Bit
Teilweise sind die Modelle mit Rechteck- oder auch Waveform-Generatoren ausgestattet. Zudem bietet die Software die M¨oglichkeit weiterer Anwendungen, wie z. B. als Spektrumanalysator oder Digital-Multimeter. Hierf¨ ur gibt es eigene graphische Bedienoberfl¨ achen. Abbildung 18.14 zeigt das bereits in Tab. 18.1 erw¨ahnte USB-Scope PS3423. Abbildung 18.17 zeigt die Hardware sowie die graphische Bedienoberfl¨ ache eines weiteren handels¨ ublichen USB-Scopes. In Abb. 18.15 ist die Bedienoberfl¨ ache eines im Digitalmultimetermode betriebenen USB-Scopes zu sehen. Die Fa. DataTranslation [27] bietet ein USB-Meßmodul an, das mit 16 bzw. 24 analogen Eing¨ angen ausgestattet ist, die je 12 Bit Aufl¨osung aufwei1
Erster Wert: periodischer Sampling-Modus (s. auch Kap. 10.4.1) Zweiter Wert: Single Shot, d. h. nicht-repetierender Pulsbetrieb
588
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN) USB-Scope PS3423
Geräte-Rückseite
Geräte-Vorderseite
Buchse der USB-Schnittstelle
4x Tastkopf
Abb. 18.14: Anschl¨ usse des 4-Kanal-Scopes PS3423 der Fa. Meilhaus [83]. Die Ger¨ ater¨ uckseite enth¨ alt die Buchse der USB-Schnittstelle.
sen. Die Summenabtastrate (s. auch Kap. 15.2.1) liegt bei 50 ksample/s. Der Spannungsbereich betr¨ agt ±10 V. Die Fa. Pico Technolgy [107] bietet einen 16-kanaligen USB-Datenlogger mit 24 Bit Aufl¨ osung an. Mit Hilfe einer speziellen Software lassen sich bis zu 1 Million Meßwerte mit vorw¨ ahlbaren Abtastraten einlesen und in Echtzeit anzeigen bzw. zwecks sp¨ aterer Meßsignalanalyse auf einer Festplatte speichern.
Abb. 18.15: Bedienober߬ ache eines USB-Scopes der Fa. TiePie [138] in Verwendung als Digital-Multimeter
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Meßmodulen
589
F¨ ur den mobilen Einsatz, insbesondere in der Automobilelektronik, wurde von der Fa. Labortechnik Tasler [134] ein 16-kanaliger Transientenrekorder konzipiert. Er ist sogar mit einer Crashtest-tauglichen 40-GByte-Festplatte ausgestattet. Die 16 Kan¨ ale mit differentiellem Eingang lassen sich individuell mit Aufl¨ osungen bis zu 16 Bit und Abtastraten zwischen 41 ksample/s und 20 Msample/s konfigurieren. Die Kan¨ ale k¨ onnen unabh¨angig voneinander von extern getriggert werden. Die Anbindung an einen PC ist u ¨ber die USB- oder die FireWire-Schnittstelle (s. Tab. 16.1) m¨ oglich. Erw¨ ahnenswert sind auch kompakte Datenlogger f¨ ur die Temperatur- und Klima¨ uberwachung in Form eines USB-Memorysticks. Diese lassen sich sowohl in der Geb¨ audetechnik als auch bedingt im Außenbereich verwenden. Sie sind f¨ ur den Batteriebetrieb ausgelegt und f¨ ur eine elektronische Aufzeichnung von Temperatur und Luftfeuchte einsetzbar, d.h. sie enthalten die komplette Meßelektronik mit Sensoren, Vorverst¨ arker, ADCs und Speicher. Die Abtastraten variieren von 1 sample/s bis 1 sample/24h. Das Auslesen der Daten erfolgt bequem wie von einem USB-Memorystick. Abbildung 18.16 zeigt als Beispiel einen Datenlogger der Fa. Meilhaus [83]. Es lassen sich bis zu 32.000 Meßwerte speichern. Die Batterielebensdauer betr¨ agt mehrere Jahre.
Abb. 18.16: Datenlogger in Form eines USB-Memorysticks der Fa. Meilhaus [83] zur Klima¨ uberwachung
590
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
(a) 2-kanalige USB-Scope-Hardware mit integriertem Signalgenerator
(b) Bedienober߬ ache des USB-Scopes in Verwendung als Oszilloskop
Abb. 18.17: Handels¨ ubliches USB-Scope der Fa. Meilhaus [83]
18.13 Ethernet-Nutzung zur Meßdatenerfassung
591
18.13 Ethernet-Nutzung zur Meßdatenerfassung 18.13.1 LXI - Ein neuer Standard fu ¨ r die Meßtechnik Der Begriff LXI steht f¨ ur LANeXtensions for Instrumentation. Es handelt sich dabei um einen Standard, der im Jahre 2005 von einem Firmenkonsortium verabschiedet wurde, welches die LAN-Technologie bzw. die EthernetTechnologie f¨ ur einen breiten Einsatz in der Meßdatenerfassung und letztlich der gesamten Automatisierungstechnik vorsehen m¨ochte [77]. Mittlerweile umfaßt das LXI-Konsortium ca. 40 Mitglieder, unter denen die meisten namhaften Meßger¨ atehersteller zu finden sind. Nachdem der IEC-Bus (= GPIB-Schnittstelle)(s. Kap. 16.6), der seit u ¨ber 30 Jahren als die Standardschnittstelle der Meßdatenerfassung angesehen werden kann, einerseits zunehmend an seine technischen Grenzen st¨oßt, beispielsweise infolge der max. Datentransferrate von 1 MByte/s, und er sich andererseits auch nicht als Standard-PC-Schnittstelle samt dem daraus resultierenden Weiterentwicklungspotential etablieren konnte, sucht man verst¨andlicherweise nach Alternativen. Diese sieht man insbesondere in der auf Ethernet und dem TCP/IP-Protokoll basierenden LAN-Technologie, welche im Gegensatz zum IEC-Bus eine Schnittstelle ist, die man in jedem handels¨ ublichen Rechner findet und die sich außerdem bez¨ uglich ihrer Datentransferrate kontinuierlich weiterentwickelt, z. B. in Form des Gigabit-Ethernet. Die neueren EthernetEntwicklungen sind zudem abw¨ artskompatibel, um get¨atigte Investitionen zu sch¨ utzen. Gegen¨ uber den in Kap. 16.7 besprochenen leistungsf¨ahigen (relativ zum IEC-Bus) VXI-, PXI und MXI-Bus-Systemen sieht man bei der EthernetTechnologie den Vorteil, daß man kein separates Rack zur Aufnahme von speziellen Steckkarten ben¨ otigt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Rack & Stack-Ger¨aten bzw. man faßt VXI-, PXI- und MXI-Bus-Systeme unter dem Begriff Rack & Stack-Technologie (= Modulchassis-Technologie) zusammen. 18.13.2 Die technische Basis von LXI Bei der Definition des LXI-Standards geht es weniger um die Erweiterung bestehender Standards als um die Spezifikation ihrer Interaktionen. Dies geschieht auf der Basis folgender 5 Teilspezifikationen: •
Physikalische Anbindung LXI empfiehlt aus Konsistenzg¨ unden Standard-Geh¨ausedimensionen und Standard-Steckverbindungen gem¨ aß IEC-Empfehlungen und -Normen.
•
Ethernet LXI basiert auf dem IEEE-Standard 802.3 (s. Kap. 18.1- Kap. 18.9), der
592
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
alle notwendigen Spezifikationen des Ethernet enth¨alt. •
Software-Interface Alle zu LXI kompatiblen Instrumente m¨ ussen mit einem sog. Interchangeable Virtual Interface (IVI) ausgestattet sein. Es handelt sich dabei um eine Treiberroutine, die von allen g¨ angigen Programmiersprachen aus angesprochen werden kann.
•
Webseite fu ¨ r jedes LXI-Instrument Jedes LXI kompatible Ger¨ at muß in der Lage sein, eine Webseite bereitzustellen, die alle wesentlichen Schl¨ usselinformationen zum betreffenden Ger¨ at enth¨ alt, wie Seriennummer, Hostname etc. Dazu geh¨ort eine Konfigurationsseite, mittels derer ein Benutzer das Ger¨at konfigurieren kann. So muß es beispielsweise auch m¨ oglich sein, die IP-Adresse des betreffenden Ger¨ ates u ¨ber diese Seite einzustellen.
•
Synchronisierung Die Trigger- und Synchronisierungsfunktionen basieren auf dem Precision Timing Protocol (PTP) des IEEE-Standards IEEE-1588, der dem Synchronisieren von Uhren in LAN-Knoten dient [62], [61]. Daneben ist noch ein separater 8-kanaliger Hardware-Trigger-Bus vorgesehen, die sog. LVDS-Schnittstelle.
Die potentiellen Anwendungsgebiete des LXI-Standards sieht man von intelligenten Sensoren und Aktoren bis hin zu den klassischen Rack & StackGer¨ aten. Auch die Implementierung hybrider Testsysteme (Abb. 18.18) soll auf LXI-Basis m¨ oglich sein. Dazu ben¨ otigt man allerdings spezielle LXIAdaptoren. 18.13.3 Die 3 Ger¨ ateklassen A, B und C des LXI-Standards Klasse-C-Ger¨ ate In der LXI-Spezifikation der Klasse-C-Ger¨ ate wird lediglich festgelegt, daß die Ger¨ ate einheitlich an einem LAN (Local Area Network) betrieben werden k¨ onnen. Klasse-B-Ger¨ ate In Ger¨ aten der Klasse-B m¨ ussen dar¨ uberhinaus die Synchronisationsmechanismen gem¨ aß IEEE-1588-Standard implementiert sein. Damit ist es m¨oglich, die mit Standard-LAN-Techniken verbundenen Latenzzeiten zu umgehen und ein Timing im Bereich von ca. 10 ns Genauigkeit (Voraussetzung: 100Base-T Ethernet2 ) zu erm¨ oglichen. 2
100 steht f¨ ur 100 MHz und T f¨ ur Twisted Pair
18.13 Ethernet-Nutzung zur Meßdatenerfassung
593
Abb. 18.18: Hybrides Automatisierungssystem auf der Basis von LXI-Vernetzung [77]
Klasse-A-Ger¨ ate Die Klasse-A-Ger¨ ate sind zus¨ atzlich zu den unter B und C beschriebenen Funktionen mit einem 8-kanaligen Trigger-Bus-Interface (LVDS-Schnittstelle) ausgestattet, das im LXI-Standard [77] detailliert beschrieben ist. Die LXIGer¨ ate k¨ onnen u ¨ber ein spezielles Trigger-Kabel, bestehend aus 8 TwistedPair-Leitungen, gem¨ aß den drei in Abb. 18.19 gezeigten Konfigurationen zusammengeschaltet werden. Es sind L¨ angen des Trigger-Kabels von bis zu 20 m erlaubt. Die 8 Triggerkan¨ ale sind separat als Eingangs- oder Ausgangskan¨ale bzw. mit WIRED-OR-Funktion (s. auch Kap. 16.6.6) konfigurierbar. Zudem besteht die M¨ oglichkeit, u ¨ber das LAN via TCP/IP SoftwareTrigger zu generieren. Dabei k¨ onnen beliebige LXI-Ger¨ate, auch ohne Mitwirkung eines als Controller definierten Ger¨ ates, u ¨ber eine sog. Peer-to-PeerVerbindung Triggersignale austauschen. Dies ist die einfachste Art der Triggerung; sie hat allerdings den entscheidenden Nachteil nicht exakt kalkulierbarer Latenzzeiten im jeweiligen LAN. 18.13.4 Triggerm¨ oglichkeiten von LXI-Ger¨ aten Die 3 verschiedenen Triggerm¨ oglichkeiten von LXI-Ger¨aten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
594
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Abb. 18.19: Konfigurationsm¨ oglichkeiten des LXI-Trigger-Bus [77], a) DaisyChain-Konfiguration (Kettenschaltung), b) sternf¨ ormige Konfiguration, c) HybridKonfiguration aus a) und b).
• •
Hardware-Triggerung mittels separatem Trigger-Bus (setzt Klasse-AGer¨ at voraus) Triggerung mittels Precision Clock Synchronisation Protocol (PTP) gem¨ aß dem IEEE-Standard IEEE-1588 (setzt mindestens KlasseB-Ger¨ ate voraus) (siehe Kap. 18.13.5)
18.13 Ethernet-Nutzung zur Meßdatenerfassung
•
595
LAN-Software-Trigger unter Nutzung der TCP/IP- oder UDP3 -Protokolle (es gen¨ ugen Ger¨ ate der Klasse C)
Eine absolut zuverl¨ assige Triggerung in Echtzeit ist nur mit Hilfe der erstgenannten Hardware-Triggerung m¨ oglich. Dies hat zur Folge, daß zus¨atzlich zu den standardm¨ aßig vorhandenen Ethernet-Interfaces eine spezielle Schnittstelle f¨ ur den Trigger-Bus vorzusehen ist. Außerdem sei nochmals auf die Beschr¨ ankung der lokalen Entfernung von maximal 20 m hingewiesen. Ein Kompromiß zwischen aufwendigem Trigger-Bus und gew¨ohnlichem Software-Trigger, der stets vom Nachteil der nicht-deterministischen Latenzzeiten des Ethernet begleitet wird, stellt die Triggerung gem¨aß dem Standard IEEE-1588 dar, die im folgenden Abschnitt genauer beschrieben wird.
18.13.5 Triggerung gem¨ aß IEEE-1588 Bevor wir zu den eigentlichen Triggerm¨ oglichkeiten kommen, sei zun¨achst der Hintergrund des Standards IEEE-1588 kurz beleuchtet [61], [62]. Der Standard IEEE No. 1588 dient der Synchronisierung lokal verteilter Echtzeituhren u ahiges Netzwerk, u ¨ber ein Datenpaket-f¨ ¨blicherweise dem Ethernet. Die dem im Standard beschriebenen Verfahren zugrundeliegende Technik wurde urspr¨ unglich von der Fa. Agilent entwickelt und diente der Synchronisierung und Triggerung von elektronischen Meßger¨aten. Dabei ging es zun¨ achst darum, Meßdaten aufzunehmen und diese mit einem exakten Zeitstempel des Systems zu versehen, so daß diese Meßdaten zeitlich korreliert werden k¨ onnen. Ein solches Uhren-Synchronisierungsverfahren ist bei lokalen Netzwerken notwendig, die auf nicht deterministischen Bus-Zugriffsverfahren ¨ (Ethernet) (s. Kap. 17) basieren, da bei der Ubertragung nicht vorhersagbare Latenzzeiten auftreten k¨ onnen. Die zeitliche Synchronisierung beginnt mit dem Senden eines Sync-Signales einer Master Clock. Dieses SyncSignal enth¨ alt die Sendezeit, die zun¨ achst noch auf einer Sch¨atzung beruht. Die genaue Sendezeit wird von dieser Master Clock genau gemessen und in einem zweiten, nachfolgenden Signal, dem sog. Follow-up-Signal, auf den Bus gegeben (Abb. 18.20). Der Datenempf¨ anger ist mit einer sog. Slave Clock verbunden. Auf der Basis der beiden gesendeten Zeitstempel-Telegramme (erstes Signal (= Sync-Signal) und zweites Signal (= Follow-up-Signal) sowie der eigenen Uhr l¨ aßt sich die Zeitdifferenz zwischen Slave und Master Clock bestimmen. Eine gut funktionierende Synchronisierung setzt eine Generierung der Zeitstempel in Hardware voraus. 3
UDP (User Datagram Protocol) ist ein zur Transportschicht z¨ ahlendes Netzwerkprotokoll, das zur Internetprotokollfamilie geh¨ ort. Es spezifiziert die verbindungs¨ lose Ubertragung von Daten u ¨ ber das Internet. Verbindungslos bedeutet, daß es keine Sicherungsmaßnahmen bei der Daten¨ ubertragung gibt, die sicherstellen, daß ein gesendetes Datenpaket ankommt bzw. die richtige Reihenfolge von Datenpaketen eingehalten wird. Eine Beschreibung zu UDP findet man in [143].
596
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Mittels weiterer zyklisch versandter Telegramme zwischen Slave und Master Clock (Abb. 18.20) l¨ aßt sich die Telegrammlaufzeit bestimmen und die Slave Clock kann permanent nachgef¨ uhrt, d. h. korrigiert, werden. Master Clock Zeit
Slave Clock Zeit Sync-Signal
t1
t 2m
Zeiten der Slave Clock Follow_Up-Signal enthält Wert von t 1
t2
t2
t1 , t 2 t 3m
t4
t3
Delay_Req-Signal
t1 , t 2, t 3
Delay_Resp-Signal enthält Wert von t 4
Zeit
t1 , t 2, t 3 , t 4
Abb. 18.20: Uhrensynchronisierung gem¨ aß dem Standard IEEE-1588 [61], [62]
Bei LXI-Ger¨ aten wird dieser Standard f¨ ur einen rein zeitgesteuerten Trigger genutzt. Dies bedeutet, daß bestimmte Ereignisse, wie z. B. der Beginn einer Meßdatenaufnahme an einem Ort A und der Hochlauf einer Maschine an einem Ort B, infolge des pr¨ azisen Uhrenabgleichs zu einem bestimmten vorw¨ ahlbaren Zeitpunkt quasi zeitgleich gestartet werden k¨onnen. Eine Event-Triggerung (= Triggerung ohne Verz¨ ogerung) von Ort A nach B ist allerdings wiederum nur im Rahmen der gew¨ ohnlichen Latenzzeiten des Netzwerks m¨ oglich. 18.13.6 Die Situation des LXI-Ger¨ atemarktes Mittlerweile sind bereits eine Reihe von LXI-kompatiblen Meßger¨aten auf dem Markt erh¨ altlich, wie z. B. Spektrumanalysatoren von der Fa. Rohde
18.14 VPN - Virtual Private Network
597
& Schwarz [118], Digital-Multimeter der Fa. Agilent [2] oder HF-Signalgeneratoren der Fa. Keithley [66]. Derzeit ist allerdings nicht davon auszugehen, daß die auf LXI basierende Vernetzung von Meßdatenerfassungsger¨aten die bereits etablierte Rack & Stack-Technologie (Modulchassis-Technologie) des VXI- bzw. PXI-Standards abl¨ osen wird. Beide Technologien erg¨anzen sich in hervorragender Weise und haben damit ihre Daseinsberechtigung, nicht nur in der Meßdatenerfassung sondern der ganzen Automatisierungstechnik. Da hinter beiden Technologien namhafte Meßger¨atehersteller stehen, darf man wohl auch von der gesicherten Zukunft beider Systeme ausgehen.
18.14 VPN - Virtual Private Network Als Virtual Private Network (VPN) bezeichnet man die Vernetzung privater lokaler Netzwerke (LAN) unter Verwendung von Netzwerken, die von mehreren Parteien genutzt werden (shared networks), oder von ¨offentlichen Netzen, wie dem Internet. Durch die Nutzung des Internets beispielsweise k¨onnen die Kosten f¨ ur die Vernetzung von Unternehmensstandorten erheblich gesenkt werden. Wurde hierzu fr¨ uher eine Standleitung oder ¨ahnliches ben¨otigt, so fallen unter Verwendung von VPN nur die Einwahlgeb¨ uhren zu einem lokalen Internet Service Provider (ISP) an. Eine klare, wenn auch abstrakte Definition von VPNs lautet [17]: Ein VPN ist ein Overlay-Netz, d. h. eine logische Kommunikations-Struktur, ” unabh¨ angig von der unterliegenden physikalischen Struktur, bei der der Zugang solcherart kontrolliert ist, daß Kommunikations-Verbindungen nur innerhalb einer definierten Interessengruppe und somit exklusiv m¨oglich sind; dies wird durch eine Art Partitionierung der gemeinsamen darunterliegenden Kommunikationsinfrastruktur erreicht, wobei die Kommunikationsinfrastruktur grunds¨ atzlich nicht-exklusive Netzdienste zur Verf¨ ugung stellt.“ Da durch die Nutzung o ffentlicher Netze prinzipiell die Gefahr besteht, ¨ daß sensible Daten von Dritten mitgelesen werden k¨onnen, wird bei heutigen VPNs viel Wert auf Sicherheit gelegt. Die Sicherheit basiert dabei auf folgenden Maßnahmen: • Authentisierung/Kapselung • Entkapselung • Verschl¨ usselung/Entschl¨ usselung. Die Methode, Daten von einem Netzwerk in ein anderes u ¨ber ¨offentliche Net¨ ze zu transferieren, wird als Tunneling bezeichnet. Um diese Ubertragung ¨ durchf¨ uhren zu k¨ onnen, m¨ ussen zwei definierte Endpunkte der Ubertragung durch das ¨ offentliche Netz bekannt sein. Die Daten werden nun von dem Sender-Endpunkt optional verschl¨ usselt und dann eingekapselt, so daß die Informationen u ur Dritte sichtbar ¨ber das Quell- wie auch das Zielnetz nicht f¨ sind. Die Einkapselung umgibt die urspr¨ unglichen Datenpakete mit einem neuen Header, der f¨ ur den Transport der Daten u ¨ber das ¨offentliche Netz
598
18 Vernetzung von Meßdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
ben¨ otigt wird. Sind die Daten am Empf¨ anger-Endpunkt angekommen, wird die Kapselung entfernt und das urspr¨ ungliche Datenpaket wird entschl¨ usselt. Anschließend werden die Daten ihrem Ziel in dem jeweiligen Netzwerk zugef¨ uhrt. Der Begriff Tunneling beinhaltet: • die Kapselung der Daten am Sender-Endpunkt • den Transport u offentliche Netzwerk ¨ber das ¨ • die Entkapselung der Daten am Empf¨ anger-Endpunkt. Der logische Pfad der Verbindung zwischen zwei Endpunkten einer VPNVerbindung wird als Tunnel bezeichnet, weil die Daten unsichtbar bzw. nicht verwendbar f¨ ur Dritte durch diesen Tunnel transportiert werden. Heute werden haupts¨ achlich die vier folgenden Tunneling-Protokolle verwendet [17], [86]. Layer Two Tunneling Protocol (L2TP) Dynamischer Auf- und Abbau des Tunnels; Authentisierung mittels PPPVerfahren (Point-to-Point Protocol); keine eigene Verschl¨ usselung definiert; Verweis auf IPsec. Point-to-Point Tunneling Protocol (PPTP) Microsoft Standard“; Authentisierung mittels PPP-Verfahren; Verschl¨ usse” lung mittels RSA-(Rivest-Shamir-Adleman) oder MPPE-Verfahren (Microsoft Point-to-Point Encryption). Layer Two Forwarding Protocol (L2F) Mehrere Verbindungen u oglich; PPP-Authentisierung bei ¨ber einen Tunnel m¨ der Einwahl und anschließend eine weitere Authentisierung am VPN-Gateway. Internet Protocol Security (IPsec) Vereint unterschiedliche Protokolle und Verfahren zur Authentisierung, Verschl¨ usselung und Tunneling; zur Benutzerauthentisierung wird ein Schl¨ usselpaar benutzt; Transport-Mode wird in LAN-Umgebungen verwendet und verschl¨ usselt und authentisiert nur den Protokollkopf; Tunnel-Mode wird f¨ ur WAN-Umgebungen benutzt und verschl¨ usselt das komplette Originaldatenpaket, um es vor dem Zugriff Dritter zu sch¨ utzen. Secure Socket Layer VPN (SSL VPN) Aufgrund des relativ komplexen und fehleranf¨ alligen Aufbaus von IPsec VPNs setzen sich zunehmend einfachere L¨ osungen durch, die auf dem SSL- (Secure Socket Layer) bzw. TLS-Standard (Transport Layer Security) aufsetzen. Bei Verwendung von TLS ist eine Datenauthentisierung mittels HMAC (Hashed Message Authentification Code) m¨ oglich. Die Sicherheit des VPN-Tunnels
18.14 VPN - Virtual Private Network
599
h¨ angt bei Verwendung von HMAC von den Eigenschaften der benutzten HashFunktion, wie MD5 oder SHA-1, ab. Die Open-Source Software openVPN stellt eine weitere Variante dieser Gattung von Virtual Private Networks dar [99]. Diese realisiert einen transparenten Tunnel f¨ ur die IP-Pakete. Sie ist leicht konfigurierbar und unterst¨ utzt TLS und HMAC, um einen sicheren Tunnel zur Verf¨ ugung zu stellen. Die Software wird auf Client- und Serverseite installiert und erm¨oglicht eine Verbindung von einzelnen Clients oder ganzen Subnetzen. VPN-L¨ osungen werden vor allem aus Kostenersparnisgr¨ unden verwendet. Es fallen nur die Kosten f¨ ur eine Verbindung zu einem lokalen Internet-ServiceProvider (ISP) an und nicht, wie fr¨ uher u ur eine Verbindung ¨blich, Kosten f¨ von einem Unternehmensstandort zum anderen. Außerdem ist es durch VPN leicht m¨ oglich, einen Unternehmenszweig, einzelne Außendienstmitarbeiter oder aber auch Meßstellen außerhalb des Unternehmensnetzes mit in das Firmennetz einzubinden.
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
19.1 Allgemeine Bemerkungen W¨ ahrend in den vorangegangenen Abschnitten ausschließlich von der reinen Erfassung der Meßdaten die Rede war, sollte die in diesem Abschnitt behandelte Software zur rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung auch im Zusammenhang mit den weiteren Aufgaben gesehen werden, welche nach der eigentlichen Meßdatenerfassung anstehen, n¨ amlich die Analyse sowie die graphische Darstellung von erhaltenen Meßwerten (Abb. 19.1). Zur eigentlichen Meßdatenerfassung ben¨ otigt man neben den entsprechenden, in den vorausgegangenen Abschnitten diskutierten Hardware-Modulen in jedem Fall Treibersoftware, die dem Benutzer eine nach M¨oglichkeit komfortable Software-Schnittstelle zu der von ihm verwendeten Computer-Hochsprache zur Verf¨ ugung stellt. Erst durch die Verf¨ ugbarkeit von geeigneten Treiberroutinen wird die Bedienung der zur Prozeß-Peripherie geh¨orenden HardwareBausteine per Softwaresteuerung m¨ oglich. Diese Treiberroutinen sind ger¨atesowie betriebssystemspezifische Softwaremodule, welche die softwareseitige kommunikationstechnische Verbindung zwischen dem Peripherieger¨at bzw. seiner Rechnerschnittstelle und dem Betriebssystem bzw. in Folge auch den dar¨ uberliegenden Softwareschichten erlauben. Die Entwicklung solcher Treibersoftware kann, je nach Komplexit¨atsgrad der externen Schnittstelle sowie des jeweiligen Betriebssystems, recht aufwendig sein. Vielfach werden jedoch von den Herstellern unter verschiedenen Betriebssystemen einsetzbare Treiberroutinen mit der Schnittstellen-Hardware angeboten. Diese Software erlaubt dann i. allg. die Programmierung der Schnittstelle unter Verwendung g¨ angiger Standard-Hochsprachen (C, Pascal, Fortran, etc.). Es erweist sich als ebenfalls vorteilhaft, wenn entsprechende Softwareunterst¨ utzung f¨ ur die Hochsprachenprogrammierung der im Einsatz befindlichen Meßger¨ ate verf¨ ugbar ist. Dabei steht das Absetzen von ger¨atespezifischen Befehlen zur Steuerung des eigentlichen Meßger¨ates im Vordergrund. Beim Kauf von Meßdatenerfassungs-Hardware sollte man darauf achten, daß entsprechende Treiberroutinen f¨ ur die g¨angigen Betriebssysteme WIN-
602
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
Abb. 19.1: Aufgaben der rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung und Unterscheidung nach Schwerpunkten bez¨ uglich Hard- und Softwareanteilen
DOWS bzw. LINUX zur Verf¨ ugung stehen und auch dessen Wartung seitens des Herstellers f¨ ur die n¨ achsten Jahre gew¨ ahrleistet ist.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard ¨ In der IEC-Bus- bzw. VXI-Bus-Norm wurde zwar das Ubertragungsprotokoll f¨ ur Befehle festgelegt, die Ger¨ atehersteller sind jedoch frei, was die Verwendung von Befehlen zur Steuerung des jeweiligen Meßger¨ates betrifft. Daher versucht man, die Schnittstellen-Normung durch einheitliche Sprachelemente in der Programmierung von Meßger¨ aten zu erg¨anzen. Der betreffende Standard heißt SCPI (Standard Commands for Programmable Instruments). Er deckt die Anwendungsebene (Application Layer) nach dem ISO-7-Schichtenmodell ab. In die SCPI-Normung gingen wesentliche Elemente der in Tab. 19.1 angef¨ uhrten Sprachen ein. Der Einsatz der SCPIKommandosprache erlaubt die Verwendung von standardisierten Befehlen und Meldungen f¨ ur alle Ger¨ ate gleicher Funktionalit¨at, z. B. allen digitalen
Tabelle 19.1: Herstellerspezifische Programmiersprachen zur Meßger¨ atesteuerung Sprache
Bezeichnung Hersteller
HP Systems Language HPSL Test Measurement Systems Language TMSL Analog Data Interchange Format ADIF
Hewlett Packard Hewlett Packard Tektronix
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
603
Spannungsmeßger¨ aten, unabh¨ angig vom jeweiligen Ger¨atetyp bzw. Hersteller. So gilt die einen Steuerbefehl zur Frequenzmessung enthaltende Abfrage MEASURE:FREQ?“ (das Ger¨ at f¨ uhrt daraufhin eine Frequenzmessung durch ” und gibt den aktuellen Frequenzwert aus) beispielsweise f¨ ur alle Ger¨ate einer Ger¨ ateklasse, unabh¨ angig vom Hersteller (vertikale Konsistenz) sowie auch f¨ ur Meßger¨ ate aus verschiedenen Ger¨ ateklassen, z. B. Oszilloskope und Z¨ahler (horizontale Konsistenz). Die Basis f¨ ur den SCPI-Standard wurde in der IEEE-488.2-Norm festgelegt [60]. Eine Aufstellung der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos enth¨alt Tab. 19.2. Eine ausf¨ uhrliche Erl¨ auterung der Kommandos findet sich beispielsweise in [127]. Exemplarisch sei hier nur der Befehl *IDN? herausgegriffen, der der Ger¨ateidentifizierung dient. Folgendes MATLAB-Programmbeispiel erfragt eine Identifizierung des Ger¨ ates an Adresse 12: 1: 2: 3: 4: 5: 6:
g=gpib(’ni’,0,12); fopen(g) fprintf(g,’*IDN?;’); idn=fscanf(g); fclose(g)
% card manufacturer, card number, % instr. number % Erfragt Identifikation % liest Ausgabepuffer
Das angeschlossene Instrument (Keithley 2400 SourceMeter) schickt dann folgenden String als Antwort: KEITHLEY INSTRUMENTS INC.,MODEL 2400,0637460,C04 Oct 16 2003 11:47:13/A02 Die IEEE-488.2-Norm stellt allgemeine Befehle zur Verf¨ ugung, w¨ahrend SCPIBefehle f¨ ur die Bedienung spezieller Instrumentenklassen ausgelegt sind. Der
Tabelle 19.2: Liste der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos Mnemonic Bezeichnung *CLS *ESE *ESE? *ESR? *IDN? *OPC *OPC? *RST *SRE *SRE? *STB? *TST? *WAI
Clear Status Command Standard Event Status Enable Command Standard Event Status Enable Query Standard Event Status Register Query Identification Query Operation Complete Command Operation Complete Query Reset Command Service Request Enable Command Service Request Enable Query Read Status Byte Query Self-Test Query Wait-to-Continue Command
604
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
SCPI-Standard findet neben dem IEC-Bus auch bei anderen in der Meßdatenerfassung gebr¨ auchlichen Schnittstellen Verwendung, so z. B. bei VXISystemen oder auch bei der Meßger¨ atesteuerung u ¨ber eine RS232C-Schnittstelle. Der SCPI-Standard wird von einem SCPI-Konsortium gepflegt und erweitert. Der jeweils aktuelle SCPI-Standard wird in mehreren B¨anden eines j¨ ahrlich erscheinenden Werkes Standard Commands for Programmable ” Instruments“ festgehalten [126]. Auch im Internet sind die aktuellen Informationen rund um die SCPI-Sprache ver¨ offentlicht [127]. 19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache In einem IEC-Bus-System existieren ein Controller sowie mehrere Instrumente, die Talker und/oder Listener sein k¨ onnen. Als SCPI-Programmiernachrichten (program messages) werden die Daten bezeichnet, die der Controller an ein Instrument schickt. SCPI-Antworten (response messages) sind die formatierten Daten, die das Instrument an den Controller zur¨ uckschickt. Die SCPI-Sprache definiert sowohl Kommandos als auch Anfragen. Eine angenehme Eigenschaft von SCPI ist, daß es zu fast jedem Kommando, das einen Wert einstellt, auch eine passende Anfrage gibt, die diesen Wert wieder einliest. Ein weiteres Prinzip der Sprache ist die hierarchische Unterteilung der Kommandos in Systeme und Subsysteme. Diese hierarchische Struktur ist ¨ahnlich der Filesysteme g¨ angiger Betriebssysteme aufgebaut. In SCPI wird diese Struktur Kommandobaum (command tree) genannt. Ein einfaches Beispiel des SENSeKommandos, wie es in Digitalmultimetern implementiert ist, wird in Abb. 19.2 gezeigt. SENSe
CURRent
RANGe
UPPer
VOLTage
RESolution
AUTO
AUTO
RANGe
UPPer
RESolution
AUTO
AUTO
Abb. 19.2: Hierarchische Struktur von SCPI am Beispiel des SENSe-Befehls
Auch die Bezeichnung der Kommandos erfolgt ¨ahnlich der Nomenklatur von Filesystemen. In diesem Beispiel ist SENSe das Wurzelkommando (root command). Die Kommandos des Subsystems sind zu Pfaden (paths) verbunden.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
605
So entsteht der Kommandobaum. Beispielsweise ist ein Pfad des Baums durch die Kommandosequenz :SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO
(19.1)
definiert. Diese Sequenz stellt das Multimeter auf Spannungsmessung und der Meßbereich wird automatisch gew¨ ahlt. Die Doppelpunkte dienen als Trennzeichen.1 Ein weiterer Pfad w¨ are :SENSe:CURRent:RANGe:UPPer .
(19.2)
Das Multimeter wird auf Strommessung im oberen Meßbereich geschaltet. Die an ein Instrument geschickten Befehle werden von einem sogenannten Parser interpretiert. Wenn der Parser SCPI-Subsystem-Befehle dekodiert, muß er verfolgen, in welchem Pfad und in welcher Ebene er sich gerade befindet, vergleichbar mit dem aktuellen Verzeichnis in Filesystemen. Entsprechend der folgenden Regeln navigiert der Parser durch die Subsysteme: •
Nach dem Einschalten oder nach dem *RST-Kommando befindet sich der Parser in der Root-Ebene. • Ein Zeilenumbruch beendet einen Befehl und setzt den Parser ebenfalls in die Root-Ebene zur¨ uck. • Der Doppelpunkt dient als Pfad-Trennzeichen. Findet der Parser einen Doppelpunkt, wechselt er in die n¨ achsttiefere Ebene. Ein Doppelpunkt am Anfang eines Strings kennzeichnet die Root-Ebene. • Ein Strichpunkt trennt zwei Kommandos desselben Pfads voneinander. Beispielsweise bewirkt der Befehlsstring :SENSe:VOLTage ; RANGe:AUTO ; RESolution:AUTO dasselbe wie die beiden Zeilen :SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO :SENSe:VOLTage:RESolution:AUTO . • Leerzeichen werden generell ignoriert, allerdings sind sie innerhalb von Schl¨ usselw¨ ortern verboten. Leerzeichen werden ben¨otigt, um Parameter abzutrennen. • Werden mehrere Parameter nach einem Kommando ben¨otigt, so werden diese durch Kommas voneinander getrennt. • Basiskommandos wie *RST sind nicht in das SCPI-System eingebunden und werden nicht als Teil eines Pfades interpretiert. In den Handb¨ uchern der Instrumente wird der Kommandobaum mit seinen Kommandos und deren Parameter in Form einer Subsystem-KommandoTabelle definiert. Als Beispiel ist in Tab. 19.3 der Kommandobaum des SENSeBefehl aus Abb. 19.2 in dieser Tabellenform dargestellt. Die Hierarchieebene 1
Grunds¨ atzlich sind die SCPI-Befehle zwischen Ger¨ aten gleicher Funktionalit¨ at portierbar. Allerdings sollte auch in jedem Manual der komplette Kommandobaum beschrieben sein.
606
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen Tabelle 19.3: Der SENSe-Befehl in Tabellenform Command
Parameters
[:SENSe] :CURRent :RANGe :AUTO [:UPPer] :RESolution :AUTO
Boolean numeric numeric Boolean
:VOLTage :RANGe :AUTO [:UPPer] :RESolution :AUTO
Boolean numeric numeric Boolean
wird durch die Einr¨ uckung in der Kommandospalte gekennzeichnet. Zur Verwendung der Groß- und Kleinbuchstaben in der Tabelle sei noch folgendes angemerkt: die Teile des Kommandostrings, die in Großbuchstaben geschrieben sind, m¨ ussen an das Instrument geschickt werden, damit das Kommando verstanden wird. Die in Kleinbuchstaben geschriebenen Teile der Kommandos k¨onnen noch angef¨ ugt werden, um den String leserlicher zu machen. In der Kommunikation mit den Instrumenten spielt die Groß- und Kleinschreibung aber grunds¨ atzlich keine Rolle. Beispielsweise haben die folgenden beiden Zeilen dieselbe Bedeutung: :SENSe:CURRent:RANGe:AUTO ON :SENS:CURR:RANG:AUTO ON Die Kommandos in eckigen Klammern k¨ onnen auch weggelassen werden. Fehlen sie, springt der Parser automatisch in die richtige Ebene des Pfades. So f¨ uhren auch die folgenden beiden Zeilen zum selben Ergebnis: :SENSe:VOLTage:RANGe:UPPer 6.5 :VOLTage:RANGe 6.5 F¨ ur beinahe alle Kommandos, die einen Wert senden k¨onnen, existiert ein entsprechender Befehl, der den Wert ausliest. Beispielsweise wird mit den eben angef¨ uhrten Befehlen der Spannungsmeßbereich definiert, mit :SENSe:VOLTage:RANGe? wird der eingestellte Bereich ausgelesen.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
607
19.2.2 SCPI-Datenformate Numerische Daten k¨ onnen in g¨ angigen Formaten f¨ ur Integer- und Fließkommazahlen verwendet werden. Die Formate sind flexibel, d. h. es werden verschiedene Formate verstanden ( forgiving listening“ ): ” 100 100. -1.23 4.5e3 -7.89E-01 .5 Zus¨ atzlich zu den Zahlenwerten werden auch die Ausdr¨ ucke MAXimum und MINimum von allen Instrumenten verstanden, die repr¨asentierten Werte sind allerdings vom Instrument abh¨ angig. Einige Instrumente verwenden zudem die Ausdr¨ ucke UP, INFinity und DEFault. Werte f¨ ur Boolesche Parameter k¨ onnen in den drei folgenden Varianten angegeben werden: ON OFF TRUE FALSE 1 0 String-Parameter werden als ASCII-Zeichenketten geschickt, die durch einfache oder doppelte Hochkommata abgetrennt sein m¨ ussen. Sollen Hochkommata selbst im String vorkommen, so m¨ ussen diese durch eckige Klammern abgetrennt sein: ’this is a STRING’ "this is also a string" "one double quote inside brackets: [""]" ’one single quote inside brackets: [’’]’ F¨ ur die Antworten der Instrumente (response data) sind strengere Regeln gesetzt (precise talking). Real-Daten werden in wissenschaftlicher Notation ausgegeben, wobei ein großgeschriebenes E“ den Exponenten kennzeichnet. Inte” gerzahlen werden mit f¨ uhrendem Vorzeichen gesendet. Werden Schl¨ usselw¨orter abgefragt, so wird nur der obligatorische Teil in Großbuchstaben ausgegeben (z. B. auf :RESistance:MODE? wird mit MAN statt MANual geantwortet). F¨ ur die Booleschen Variablen ist nur 0 und 1 als Antwort zul¨assig. Bei den Strings ist zu beachten, daß sie immer in doppelten Hochkommata stehen.
608
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
19.3 Einsatz kommerzieller Software Die Grundaufgaben der Meßdatenerfassungssoftware lassen sich einteilen in Erfassen von Daten u ¨ber Schnittstellen und Einsteckkarten, Speicherung und graphische Darstellung. Hinzu kommt heute die Analyse der Daten mit m¨ oglichst m¨ achtigen mathematischen Werkzeugen sowie die Berechnung von Ausgangsgr¨ oßen. Diesen Leistungsanforderungen stehen die Forderung nach zeit- und kosteng¨ unstiger Programmierung, kurzer Einarbeitungszeit, einfa¨ cher Bedienung, Flexibilit¨ at bei Anderungen und Erweiterungen sowie die zuverl¨ assige Verf¨ ugbarkeit von Treibern f¨ ur die verwendeten Ger¨ate und Instrumente gegen¨ uber. Im folgenden werden die Softwarel¨ osungen gem¨aß diesen Anforderungen in verschiedene Kategorien unterteilt und anschließend einige konkrete Beispiele kommerzieller Software vorgestellt.
19.4 Kategorien von Softwarel¨ osungen Die zur Meßdatenerfassung eingesetzte Software kann man in folgende Kategorien unterteilen: • Dialoggef¨ uhrte Komplettpakete (Fertigl¨ osungen) • Modul-Bibliotheken • graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren mit Graphikdialogeingabe) • Systeme mit speziellen Kommandosprachen (i. allg. auf Interpreterbasis) • Vollst¨ andige Eigenentwicklung, teilweise unter Nutzung von – bereits vorhandenen ger¨ atespezifischen Treiberroutinen – Toolboxen – Standard-Entwicklungssystemen. 19.4.1 Dialoggefu osungen) ¨ hrte Komplettpakete (Fertigl¨ Unter Komplettl¨osungen versteht man fertig konfigurierte und auf eine bestimmte Prozeßperipherie (Schnittstellen und Meßger¨ate) sowie Betriebssysteme abgestimmte Programme. Dieser Typ von Software erlaubt i. allg. die Einstellung der notwendigen Parameter, das Starten der Messung sowie die Auswertung der Meßdaten mit Hilfe einer Eingabe u ¨ber maskenorientierte Fenster bzw. mittels Maus u us. Teilweise ¨ber Pull-Down- oder Pop-Up-Men¨ verf¨ ugen diese Programme u ¨ber Makrogeneratoren, mit deren Hilfe sich immer wiederkehrende Befehlsfolgen zum erneuten Ablauf speichern lassen. Ein
19.4 Kategorien von Softwarel¨ osungen
609
auf diese Art aufgezeichneter Meßvorgang kann dann durch einfachen Tastendruck beliebig oft wiederholt werden. Vorteile: - keine Programmier- oder Systemkenntnisse erforderlich - unmittelbar einsetzbar ¨ Nachteile: - geringe bzw. keine Flexibilit¨ at bez¨ uglich Anderungsw¨ unschen - auf bestimmte Hardware-Situationen beschr¨ankt. 19.4.2 Modul-Bibliotheken Die zur rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung verf¨ ugbaren Software-Modulbibliotheken enthalten neben den Grundelementen eines Meßdatenerfassungsprogrammes eine Reihe von verschiedenen Programm-Modulen, die den entsprechenden bei der Meßdatenerfassung und Meßdatenverarbeitung anstehenden Aufgaben zugeordnet sind. Im allgemeinen sind standardm¨aßig folgende Modulgruppen vorhanden: • Treiberroutinen f¨ ur RS232-Schnittstellenkarten, IEC-Bus-Controller, Multifunktions-Einsteckkarten und diverse Meßger¨ate • Signalverarbeitungsroutinen (z. B. Filter) • Mathematik-Routinen (z. B. f¨ ur Statistik) • Routinen zur Ergebnisvisualisierung • Schnittstellen f¨ ur Datentransfer (z. B. ASCII-Dateien mit fest vereinbarter Datenstruktur) • Hilfsroutinen. Der Benutzer wird zun¨ achst vom Programm aufgefordert, mit Hilfe von Men¨ ueingaben den Meßablauf zu definieren. Dabei werden u. a. die Treiberroutinen sowie die f¨ ur die Steuerung von Interface-Karten und Meßger¨aten notwendigen Parameter festgelegt und Triggerbedingungen vereinbart. Es k¨onnen dabei auch leicht eigene Treiberroutinen oder weitere frei programmierte ProgrammModule eingebunden werden. Dieser Programmtyp unterscheidet sich von den vorhergehenden vor allem durch eine wesentlich gr¨oßere Flexibilit¨at auf Kosten des noch vom Benutzer zu erbringenden Eingabeaufwandes. Vorteil: - gr¨ oßere Flexibilit¨ at als bei den Komplettl¨osungen Nachteil: - gr¨ oßerer Aufwand bei der Eingabe Beispiel: Meßdatenerfassungs- und Signalanalysepaket DIA-DAGO (Fa. GfS) [29], [26]. 19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren) Bei den graphikorientierten Entwicklungssystemen handelt es sich um Softwareprodukte, mit deren Hilfe man das eigentliche Meßdatenerfassungsprogramm
610
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
erzeugen kann. Diese Programmgenerierung geschieht i. allg. im Rahmen eines graphisch-interaktiven Bildschirmdialoges. Dabei kann der Benutzer aus in Form von Blockschaltbildelementen vorgegebenen Operationen die einzelnen Schritte des Meßablaufes definieren und in Form eines Gesamtablaufplanes (Datenflußplan) zusammenstellen. Der eigentliche Programmgenerator erstellt dann anhand des so definierten Datenflußplanes den Programmcode zur Meßdatenerfassung. Das Funktionieren ist jedoch auch hier an die Verf¨ ugbarkeit entsprechender Treiberroutinen f¨ ur die gerade eingesetzten Interface-Karten und Meßger¨ate gebunden. Vorteil:
- keine detaillierten Kenntnisse bez¨ uglich der eingesetzten Hard- und Software erforderlich
Nachteile: - geringe Flexibilit¨ at und eingeschr¨ankte Erweiterbarkeit - bei zeitkritischen Anwendungen u. U. zu langsam Daneben gibt es noch Varianten von Programmgeneratoren, die Programmcodes in einer Standardhochsprache, wie z. B. C, generieren und ausgeben. Der so erzeugte Quellcode steht dem Benutzer f¨ ur eventuell gew¨ unschte Modifikationen zur Verf¨ ugung. Die Modifikationen f¨ uhren allerdings im allgemeinen dazu, daß aus dem modifizierten Code der graphische Datenfluß nicht wieder zur¨ uckgewonnen werden kann. Der Vorteil gegen¨ uber den Programmgeneratoren, die keinen modifizierbaren Hochsprachenquelltext ausgeben, liegt in der wesentlich gr¨ oßeren Flexibilit¨ at bez¨ uglich notwendiger Programm¨anderungen. Die graphikorientierten Entwicklungssysteme sind insbesondere f¨ ur die Entwicklung von virtuellen Meßger¨aten besonders hilfreich. Beispiele: LabVIEW (Fa. National Instruments) (s. Kap. 19.5) [89].
19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen Es handelt sich hierbei um Entwicklungssysteme mit speziellen Programmierbzw. Makrosprachen. Diese Systeme arbeiten meist nach dem Interpreter¨ prinzip, d. h. es muß keine explizite Ubersetzung des Anwenderprogrammes in einen Maschinencode erfolgen, da jeder Funktionsaufruf unmittelbar in eine Zeigerzuweisung umgesetzt wird, die auf eine entsprechende Routine zeigt. Der klassische Vertreter dieses Typs von Meßdatenerfassungssoftware ist das Programm ASYST. Details zu diesem Softwarepaket finden sich u. a. in [123]. Der allgemeine Trend geht jedoch aufgrund des Inselcharakters einer solchen L¨ osung zu Systemen, die auf Standardhochsprachen basieren. Eigenentwicklungen Die vollst¨ andige Selbstprogrammierung muß immer dann in Betracht gezogen werden, wenn die oben angef¨ uhrten Standardl¨osungen versagen. So tritt
19.5 LabVIEW
611
beispielsweise oft das Problem auf, daß Standardsoftwarepakete aufgrund ihres Systemoverheads in manchen F¨ allen die gestellten Geschwindigkeitsanforderungen nicht erf¨ ullen. Eine Eigenentwicklung kann aber auch aus Kostengr¨ unden erwogen werden, wenn es sich um kleinere Meßdatenerfassungsprojekte handelt. Bei der Eigenentwicklung von Meßdatenerfassungssoftware k¨ onnen, je nach Sachlage, Toolboxen genutzt werden, die geeignete Hilfsroutinen bereitstellen [123].
19.5 LabVIEW Bereits in den 70er Jahren wurden Anstrengungen unternommen, eine Programmierung basierend auf der Verwendung von Datenflußmodellen zu konzipieren, um das Man Machine Interface (MMI) nat¨ urlicher“ zu gestalten. ” National Instruments [91] (NI) ist als Pionier auf diesem Gebiet zu nennen. Bereits im Jahre 1986 wurde dort mit NI LabVIEW (Laboratory Virtual Instrumentation Engineering Workbench) die erste Generation einer vollwertigen graphischen Benutzeroberfl¨ ache entwickelt. Wurde LabVIEW urspr¨ unglich f¨ ur die Labor-Meßtechnik entwickelt, so avancierte es mittlerweile zu einem universellen graphischen Compiler, der alle Elemente einer modernen graphischen Benutzeroberfl¨ache mit den Elementen der klassischen strukturierten, textuellen Programmiersprachen vereint. Einerseits sind Treiber f¨ ur verschiedene Schnittstellen und Ger¨ate vorhanden bzw. k¨ onnen leicht eingebunden werden, andererseits sind vielf¨altige und komfortable Mathematikfunktionen implementiert, die die Signalanalyse sowohl im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich erleichtern. Bei LabVIEW handelt es sich um eine graphische Programmiersprache, d. h. die Programme werden nicht in Form von sequentiellem Text, sondern in Form von Blockschaltbildern oder Signalflußdiagrammen gezeichnet. Bestandteile der einzelnen Bl¨ ocke sind entweder Unterprogramme (Virtuelle Instrumente, VI) zur Ansteuerung von Ger¨ aten, einfache mathematische Operationen, wie z. B. Grundrechenarten oder trigonometrische Funktionen, komplexe mathematische Operationen, wie z. B. Faltungsintegrale oder Filterung, oder aber selbstdefinierte VIs. Zwei weitere Eigenschaften machen LabVIEW zu einer echten graphischen Programmiersprache im Gegensatz zu graphisch erscheinenden Sprachen. Zum einen sind dies die Ablaufstrukturen und zum anderen bietet es einen Abstraktionsmechanismus. LabVIEW verf¨ ugt u ¨ber die wichtigen Ablaufstrukturen FOR- und WHILESchleife sowie CASE-Verzweigung und Sequenz-Struktur. Die graphischen Symbole dieser Anweisungen sind in Abb. 19.3 dargestellt. Die ersten beiden entsprechen ihren Pendants aus der textuellen Programmierung. Die CASEVerzweigung kann verschiedene Variablentypen als Argument verarbeiten und beinhaltet somit auch eine IF-Abfrage. Die Sequenz-Struktur legt mehrere
612
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
Abb. 19.3: Ablaufstrukturen in LabVIEW
Fenster fest, die nacheinander abgearbeitet werden und tr¨agt so zu einer u ¨bersichtlichen und leicht nachvollziehbaren Programmierweise bei. Der in LabVIEW zur Verf¨ ugung stehende Abstraktionsmechanismus erm¨ oglicht eine modular-hierarchische Programmierung. Den VIs k¨onnen Symbole, sogenannte Icons, zugeordnet werden. Damit kann das VI in ein u ¨bergeordnetes VI als Unterprogramm (SubVI) eingebunden werden. Jedes Problem l¨ aßt sich so stufenweise abstrahieren und bis ins Detail aufl¨osen. F¨ ur das Programmieren selbst stellt LabVIEW eine Vielzahl von Debugging-M¨ oglichkeiten zur Verf¨ ugung. Dazu geh¨oren das Setzen von Break” Zeitsignal 1,25 1 0,75 0,5 0,25 0 -0,25 -0,5 -0,75 -1 -1,25
Eingabe Sample Rate (s) 1,000000E-3 Number of Samples 1000 Output 0
chanel range
1 1
Für mem-ADfo immer range=1 (+/-5V)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
400 600 Frequenz (Hz)
800
1000
Zeit (s) FFT des Zeitsignals 1E+0
Ausgabe
1E-1
Reported SampleRate
1E-2
1,00E-3
1E-3
Nyquist-Frequenz 500
1E-4
Array mit Messergebnissen 0 0
0,70
Abb. 19.4: Analysator“
0,74
0,78
1E-5 1E-6
0
200
Benutzerfenster (Front Panel) des LabVIEW-Beispiels
FFT”
19.5 LabVIEW
613
points“, das Plazieren von Probes“, um w¨ ahrend des Programmablaufes Wer” te der Variablen anzuzeigen, sowie Highlight Execution“, ein verlangsamter ” Programmdurchlauf, der die Reihenfolge der Abarbeitung der Befehle verdeutlicht. Auch Funktionen wie Step In/Over/Out“ f¨ ur Unterprogramme ” erleichtern die Fehlersuche in gr¨ oßeren Applikationen. Das folgende Beispiel soll einen kleinen Einblick in die Programmierung unter LabVIEW geben. Die Programmieroberfl¨ache besteht aus zwei Teilen: der sogenannten Bedienoberfl¨ ache ( Front Panel“), die die Bedien” und Anzeigeelemente enth¨ alt, so wie sie der sp¨atere Benutzer des Programmes sieht, und dem Programmierfenster ( Block Diagram“), wo das ” eigentliche Programm eingegeben wird. Abbildung 19.4 zeigt die Bedienoberfl¨ ache eines FFT-Analysators. LabVIEW stellt f¨ ur diese Bedienoberfl¨achen per Maus bedienbare Elemente, wie z. B. Drehkn¨opfe, Schalter und Taster, zur Verf¨ ugung sowie Anzeigeelemente, wie L¨ ampchen und dynamische Graphiken. In diesem Beispiel wird u ¨ber eine eingebaute AD-Umsetzerkarte ein Signal eingelesen. Der Anwender kann die Abtastrate, die Anzahl der aufzunehmenden Werte sowie Informationen u ¨ber die abzutastenden Kan¨ale in dem Kasten links oben eingeben. Nach erfolgter Messung werden darunter Daten, wie z. B. die tats¨ achlich erreichte Abtastrate und die Nyquist-Frequenz, ausgegeben. Auf der rechten Seite wird der Zeitverlauf des Signals sowie das berechnete Frequenzspektrum dargestellt.
Abb. 19.5: Programmierfenster (Block Diagram) des LabVIEW-Beispiels FFT” Analysator“
614
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
Abbildung 19.5 zeigt das zugeh¨ orige Blockdiagramm. An dieser Stelle k¨onnen nur die wichtigsten Elemente erw¨ ahnt werden. Es wurden drei Sub-VIs zum ¨ Bedienen der eingebauten AD-Umsetzerkarte verwendet, OPEN (Offnen der Karte), SCAN (Einlesen der Daten) und CLOSE (Schließen der Karte). Die anderen Elemente sind Standard-LabVIEW-Befehle, wie beispielsweise F {x} f¨ ur das Ausf¨ uhren einer diskreten Fourier-Transformation (DFT) in Form einer Fast Fourier Transformation (FFT). Mit der Einf¨ uhrung der Version 8 von LabVIEW im Jahre 2005 wurde nun auch die M¨ oglichkeit geschaffen, lokal verteilte Meßdatenerfassungssysteme zu konfigurieren. Zu den mittlerweile fast 4000 in LabVIEW verf¨ ugbaren Ger¨ atetreiberroutinen z¨ ahlen knapp 100 Ger¨ate mit USB-Schnittstelle und nahezu 300 Ethernet-Ger¨ ate. Mit LabVIEW 8 ist nunmehr auch eine heterogene Vernetzung in dem Sinne m¨ oglich, daß die eingebundenen Meßger¨ate u ¨ber unterschiedliche Schnittstellen angesprochen werden k¨onnen (Abb. 19.6).
Abb. 19.6: Mit LabVIEW 8 lassen sich lokal verteilte Knoten eines Meßsystems vernetzen, wenn diese u ¨ber eine der Standardschnittstellen angesprochen werden k¨ onnen [64]. Die Netzarchitektur darf dabei heterogen sein, d. h. es werden gleichzeitig unterschiedliche Bus-Systeme verwendet.
Es werden alle g¨ angigen Schnittstellen, wie IEC-Bus, RS232, RS485, USB, LAN/Ethernet, PCI, PCI-Express, PXI oder VXI unterst¨ utzt. Zudem bietet LabVIEW auch eine komfortable Schnittstelle f¨ ur die Daten¨ ubertragung zwischen verteilten intelligenten Ger¨ aten und Systemen, wie beispielsweise Echtzeitprozessoren, DSPs, FPGAs oder auch zwischen PCs. So erhalten Entwickler von Automatisierungssystemen eine einheitliche graphische Plattform, die eine einfache serielle Daten¨ ubertragung zwischen zwei Teilnehmern genauso unterst¨ utzt wie die Synchronisierung von Datenloggern an verschiedenen Orten eines komplexen Netzwerkes.
19.6 LabWindows
615
Die Synchronisierung lokal verteilter Systeme wird durch die neue PCIEinsteckkarte NI PCI-1588 erleichtert, welche u ¨ber das Ethernet vernetzte Ger¨ ate gem¨ aß dem IEEE-Standard IEEE-1588 zu synchronisieren gestattet (siehe dazu auch Kap. 18.13.5). Das Modul kann dabei sowohl als Master Clock als auch als Slave Clock arbeiten. Die zeitliche Unsicherheit (Jitter) h¨ angt vom aktuell verwendeten Netzwerk ab. Sie liegt aber stets unterhalb einer Mikrosekunde. Zur Auswertung von umfangreichen Meßdaten und insbesondere zur Erstellung von Berichten, in welchen Meßreihen graphisch dargestellt werden sollen, steht eine Datenschnittstelle zu NI DIAdem zur Verf¨ ugung. DIAdem ist eine Standardsoftware zur Datenanalyse, Datenverwaltung und Berichterstattung. Dazu bietet DIAdem eine entsprechende graphische Oberfl¨ache (Abb. 19.7). Die in DIAdem enthaltene Entwicklungsumgebung erlaubt in Verbindung mit einem Dialogeditor dar¨ uberhinaus die Erstellung von anwendungsspezifischen Bedienoberfl¨ achen auf der Grundlage von Visual Basic Script (VBS). LabVIEW kann DIAdem-TDM-Dateien importieren und exportieren (TDM=Technical Data Management). Das TDM-Format erlaubt die effiziente Speicherung von Daten in Bin¨ arform. Daneben gibt es die M¨oglichkeit, in einem sog. XML-Header2 die Struktur der Datei zu dokumentieren sowie weitere Informationen zu den gespeicherten Daten abzulegen. Tip: Ein Großteil der Aufgaben auf der CD-ROM besch¨aftigt sich mit der Programmierung meßtechnischer Aufgaben in LabVIEW. Die Datei book.pdf enth¨ alt eine Einf¨ uhrung in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der LabVIEW-Programmierung sowie einige Aufgabenstellungen. Musterl¨osungen, d. h. die entsprechenden Beispielprogramme (*.vi-Files), befinden sich im Verzeichnis \LabVIEW\Aufgaben.
19.6 LabWindows Als Beispiel f¨ ur ein textbasiertes Programmierwerkzeug zur Meßdatenerfassung sei an dieser Stelle NI LabWindows/CVI vorgestellt. Es handelt sich dabei um einen 32-bit-ANSI-C-Compiler. Dieser wurde um Meßtechnikfunktionen in Form von Bibliotheken erweitert und enth¨alt komfortable Werkzeuge zur Gestaltung graphischer Benutzeroberfl¨ achen (Graphical User Interfaces, 2
XML steht f¨ ur Extensible Markup Language (=erweiterbare Auszeichnungssprache). XML definiert einen Standard zur Erstellung von Rechnerdokumenten, d. h. es legt die Regeln f¨ ur die Struktur dieser Dokumente fest. Ein wesentlicher Grundgedanke von XML besteht darin, Daten und ihre Repr¨ asentation zu trennen. So k¨ onnen beispielsweise Meßdaten effizient in einer Datenbasis gespeichert werden, um einmal als Tabelle und einmal als Graphik dargestellt werden zu k¨ onnen.
616
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
Abb. 19.7: Screenshot der Software DIAdem
GUI), die ¨ ahnlich den LabVIEW-Oberfl¨ achen gestaltet sind. Hinter dem Front Panel verbirgt sich dann aber kein Blockdiagramm wie bei LabVIEW, sondern ein Steuerprogramm in ANSI C, das die Funktionalit¨at des Virtuellen Instrumentes repr¨ asentiert. Somit unterscheiden sich LabVIEW und LabWindows/CVI haupts¨achlich in der Programmierphilosophie, also einerseits graphisch, andererseits textbasiert. Welche Programmierphilosophie zum Einsatz kommt, muß aufgrund der gestellten Aufgabe entschieden werden. •
•
Die ereignisgesteuerte, C-basierte Programmierung von LabWindows ist vielen Programmierern und Systementwicklern gel¨aufig. Sie wird bevorzugt eingesetzt, wenn es um hardwarenahes Programmieren, das Ansprechen physikalischer Speicher und das Interrupt-Handling geht. Die Entwicklungszeit von Programmen kann andererseits mit der graphischen Programmierung deutlich verk¨ urzt werden. Mit LabVIEW lassen ¨ sich schnell Prototypen realisieren und Anderungen vornehmen. Diese Vorteile kommen vor allem Anwendern zugute, die erst wenig Erfahrung mit der konventionellen Programmierung gesammelt haben.
19.7 MATLAB
617
19.7 MATLAB Im Gegensatz zu LabVIEW, das urspr¨ unglich f¨ ur die Meßdatenerfassung entwickelt und sp¨ ater mit vielseitigen Mathematik-Werkzeugen ausger¨ ustet wurde, verlief die Entwicklung von MATLAB in umgekehrter Richtung. Urspr¨ unglich f¨ ur mathematische Anwendungen konzipiert, wird das Programm heute auch in der Meßdatenerfassung eingesetzt. Das Programmpaket MATLAB wird st¨ andig um neue Module ( Toolbox“) f¨ ur die verschiedensten Anwen” dungen erweitert. Die neuesten Entwicklungen in Richtung Meßdatenerfassung sind die Data Acquisition Toolbox und die Instrument Control Toolbox.
Tabelle 19.4: MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“ ” 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17: 18: 19: 20: 21: 22: 23: 24: 25: 26: 27: 28: 29: 30: 31:
start=0.001; % Variablendefinition stop=0.500; z=500; step=(stop-start)/(z-1); voltage=zeros(z,1); %Vektorinitialisierung current=zeros(z,1); g=gpib(’ni’,0,12);
% card manufacturer, card number, % instr. number fopen(g) % Verbindung herstellen fprintf(g,’*RST; *CLS;’); % garantiert default-Einstellungen fprintf(g,’:sour:func volt;’); % Spannungsquelle fprintf(g,’:sens:curr:prot 0.1;’); %Strommessung for i=1:z fprintf(g,’:sour:volt:mode fix;’); fprintf(g,’:sour:volt:lev %g;’,(start+step*(i-1))); fprintf(g,’:sour:del 0.1;’); fprintf(g,’:form:elem volt,curr;’); fprintf(g,’:output on;’); fprintf(g,’:init; *OPC;’); fprintf(g,’:fetch?;’); mess=str2num(fscanf(g)); voltage(i)=mess(1); current(i)=mess(2); end fclose(g) semilogy(voltage,current*1e3), grid on xlabel(’U_d (V)’); ylabel(’I_d (mA)’);
618
19 Programmierung von Meßdatenerfassungssystemen
I (mA)
Die Data Acquisition Toolbox unterst¨ utzt den Zugriff auf eingebaute Datenerfassungskarten. Man kreiert Objekte, die dann von MATLAB mit analogen Eing¨ angen, Ausg¨ angen und digitalen I/Os auf der Karte assoziiert werden. Wie bei MATLAB-Objekten u onnen dann mit den Befehlen GET und ¨blich, k¨ SET Eigenschaften der Karte abgefragt und eingestellt werden. Die Instrument Control Toolbox dient der Kommunikation mit externen Ger¨ aten u ¨ber IEC-Bus (GPIB) und den seriellen Schnittstellen RS232, RS422 und RS485. Leider ist die Toolbox bis dato noch nicht v¨ollig plattformunabh¨ angig, und die volle Funktionalit¨ at steht nur unter den WindowsBetriebssystemen zur Verf¨ ugung. Auch diese Toolbox arbeitet mit der MATLAB Objekt-Technologie und ordnet einzelnen Instrumenten Objekte zu. Das Programmierbeispiel in Tab. 19.4 soll die Kommunikation mit einem Instrument u aher verdeutlichen. Es beschreibt ¨ber den IEC-Bus (GPIB-Bus) n¨ die Kennlinienaufnahme eines Zweipols mit einem sogenannten Source-Meter. In diesem Fall wurde ein Keithley 2400 verwendet. Zun¨achst wird in den Zeilen 1 bis 7 das Spannungsintervall, die Anzahl der Schritte und die Schrittweite 2
10
forward backward
1
10
0
10
−1
10
−2
10
−3
10
−4
10
−5
10
−6
10
−7
10
−8
10
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7 U (V) d
Abb. 19.8: Kennlinien einer Diode in Durchlaß- (—) und Sperrichtung (- -), aufgenommen mit dem MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“ ” (Tab. 19.4)
19.7 MATLAB
619
bestimmt sowie die Vektoren f¨ ur das Ergebnis initialisiert. In Zeile 9 wird das Objekt g erzeugt, welches das Instrument Nr. 12 am GPIB-Bus 0 repr¨asentiert. Es sei angemerkt, daß ein Rechner u ugen kann, ¨ber mehrere GPIB-Karten verf¨ weshalb eine genaue Identifizierung der Karte notwendig ist. In Zeile 10 wird das Objekt ge¨ offnet, ¨ ahnlich wie auch Dateien ge¨offnet werden m¨ ussen, um Lese- oder Schreiboperationen auszuf¨ uhren. Mit dem fprintf-Befehl werden danach einige Kommandostrings an das Ger¨ at geschickt. Das ist zun¨achst das Reset Command *RST und das Clear Status Command *CLS, um das Ger¨at in einen definierten Zustand zu versetzen. In den Zeilen 12 und 13 wird das Ger¨at als Spannungsquelle konfiguriert und f¨ ur die Strommessung eine Strombegrenzung von 0,1 A eingestellt. Danach startet die Schleife f¨ ur den punktweisen Durchlauf der Kennlinie. In Zeile 16 wird der aktuelle Spannungswert berechnet und u ¨bertragen. Der Befehl in Zeile 18 definiert die Ausgabeinformation; so k¨ onnte beispielsweise außer Strom und Spannung auch der Widerstand ausgelesen werden. Schließlich wird die Spannung an den Ausgangskontakten des Ger¨ ats eingeschaltet und mit dem Befehl fetch? werden die Ergebnisse abgeholt. Mit dem MATLAB-Befehl fscanf werden die Daten aus dem Objekt g in die Variable mess gespeichert und schließlich an die richtige Stelle in den Ergebnisvektoren plaziert. Nach dem Ende der Messungen wird die Verbindung geschlossen und die Kennlinie halblogarithmisch ausgegeben. Das Resultat ist in Abb. 19.8 zu sehen. Es wurde als Beispiel die Kennlinie einer Diode sowohl in Durchlaßrichtung als auch in Sperrichtung aufgezeichnet.
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
Die Hausautomatisierungstechnik bietet die M¨oglichkeit, einige der bisher vorgestellten Technologien anschaulich zu demonstrieren. Eine moderne Hausautomatisierung verlangt den Einsatz verschiedenster Sensoren und Aktoren, deren Werte und Zust¨ ande permanent u ussen und deren ¨berwacht werden m¨ ¨ Anderung unterschiedliche Aktionen nach sich zieht. Beispiele f¨ ur Sensoren in der Hausautomatisierung sind Temperatur-, Luftfeuchte-, Einstrahlungs¨ oder Bewegungssensoren. Aktoren stellen Heizungsventile, Motoren zum Offnen der Fenster oder Magnetventile zur Steuerung von Wasserleitungen dar. Da die Hausautomatisierung zum Konsumerbereich z¨ahlt, muß ein Entwicklungsziel die kosteng¨ unstige Implementierung von Sensoren, Aktoren sowie die des Steuerrechners sein. In unserem Beispiel dient eine Industrie-SPS als Controller, wobei die folgenden Vorteile f¨ ur den Einsatz ausschlaggebend sind: • • • • •
bew¨ ahrt im industriellen Umfeld robust preiswert / kosteng¨ unstig - bei entsprechenden St¨ uckzahlen hohe Ausfallsicherheit sehr sicherer Neustart nach Stromausfall.
Der Controller des Hausautomatisierungssystems dient der Bearbeitung diverser Aufgaben. So m¨ ussen zun¨ achst die Meßwerte der Sensoren und Parameter der Aktoren eingelesen und eventuell umgerechnet werden. Diese Werte werden dann in einzelnen Modulen verarbeitet und entsprechende Aktionen ausgef¨ uhrt. Im weiteren muß der Controller Kommunikationsaufgaben mit der Außenwelt durchf¨ uhren. Die Kommunikationspartner k¨onnen dabei weitere speicherprogrammierbare Steuerungen oder aber ein Benutzer sein, der unter Verwendung eines geeigneten Bedienprogrammes Parameter des Automatisierungssystems ver¨ andern will.
622
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
20.1 Struktur des Gesamtsystems
Computer mit Internetanschluß Überwachung Diagnose Steuerung World Wide Web
Überwachung Diagnose Steuerung
Sensor 1
Computer
LAN
Web Server
Controller Gateway
Aktor 1
Sensor 2
Aktor2
Sensor 3
Point-to-Point Verbindung
Gateway
Überwachung Diagnose Steuerung Computer
Abb. 20.1: Komponenten des Hausautomatisierungssystems
Die im folgenden beschriebenen Elemente und Anforderungen sind wesentliche Bestandteile des hier vorgestellten Hausautomatisierungssystems (Abb. 20.1). Dieses Hausautomatisierungssystem wurde am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik der Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg entwickelt. Es hat sich in verschiedenen Feldversuchen bew¨ ahrt und wird derzeit in der Praxis getestet [129]. Es enth¨alt folgende zentrale Elemente: • SPS als zentraler Controller, der die Kommunikation u ¨ber das Ethernet unterst¨ utzt • verschiedene Sensoren, welche frequenzcodierte Signale mittels einer Zweidrahtleitung an die SPS senden • verschiedene Aktoren, die direkt oder mittels pulsweitenmodulierter Signale an die SPS angeschlossen sind • Interaktionsm¨ oglichkeit des Benutzers u ¨ber Bedienoberfl¨ache oder physikalische Schaltelemente • M¨ oglichkeiten der Fernwartung unter Verwendung eines Routers oder eines Web-Servers. Abbildung 20.2 zeigt eine im Smart-Home-Bereich eingesetzte Speicherprogrammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [12]. Am linken Rand ist der Controller mit dem Ethernet-Adapter zu erkennen. Zur Rechten folgen digitale Eingangsklemmen mit jeweils 4 Eingangskan¨alen. Es schließen sich 230 VEingangskan¨ ale an. Den Abschluß bilden die 230 V-Ausgangsklemmen, welche direkt oder u ¨ber ein Schutzrelais die Leistungskreise schalten.
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle
623
Abb. 20.2: Speicherprogrammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [12] im Einsatz bei der Geb¨ audeautomatisierung
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle Die SPS fungiert als zentraler Controller des Hausautomatisierungssystems. Sie u ¨bernimmt alle wesentlichen Steuerungs- und Regelaufgaben, welche in der jeweiligen Systemkonfiguration ben¨ otigt werden. Anschaulich soll dies am Beispiel einer Temperaturregelung erl¨ autert werden. Die Temperatur wird von einem Temperaturf¨ uhler gemessen und die gew¨ unschte Raumtemperatur wird vom Benutzer durch einen Sollwertsteller eingestellt. Beide sind auf einer Platine aufgebaut, welche in eine Standard-
(a) Platine mit Temperaturmodul und Sollwertsteller
(b) Einbau in ein Geh¨ ause der Fa. Busch-J¨ ager [21]
Abb. 20.3: Analoges Sensormodul zur Messung der Raumtemperatur und Einstellung des Temperatur-Sollwertes
624
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
Unterputzschalterdose montiert werden kann (Abb. 20.3). Abbildung 20.4 zeigt, daß die Werte der Temperatur sowie die des Sollwertstellers frequenzcodiert (Rechtecksignal mit Frequenz 10 Hz < fR < 100 Hz) u ¨ber eine Zweidrahtleitung zur SPS u ¨bertragen werden, wobei jeder Sensor an eine digitale Eingangs- und jeder Aktor an eine digitale Ausgangsklemme angeschlossen ist. Durch die Verwendung digitaler Klemmen wird eine erhebliche Kostenersparnis im Vergleich zu analogen Ein- und Ausgangsklemmen erreicht.
Sensorsignal
Sensor
SPS
Aktorsignal
Controller
Aktor
Abb. 20.4: Raumtemperatur-Regelung per SPS
Die Topologie der Sensor- und Aktoranschl¨ usse ist sternf¨ormig, was zwar mehr Verkabelungsaufwand erfordert, aber zu Gunsten der hohen Ausfallsicherheit gegen¨ uber einem ringf¨ ormigen Bus in Kauf genommen wird. Die Frequenzen der Rechtecksignale (Sensorsignale) werden durch eine Mehrperiodenfrequenzmessung bestimmt, die ca. 3 Sekunden dauert und so eine Genauigkeit von 0, 1 Hz im spezifizierten Frequenzbereich erreicht. Um die Frequenzmessung nicht zu verf¨ alschen, d¨ urfen maximal sechs Frequenzen zum gleichen Zeitpunkt gemessen werden, daher sind in der Regel mehrere Frequenzbestimmungsbl¨ ocke im jeweiligen SPS-Applikationsprogramm n¨otig. Die hieraus resultierende Struktur des SPS-Programmes entspricht einer Ablaufsteuerung (s. Kap. 17). Dies bedeutet, daß bevor das SPS-Programm einen weiteren Schritt ausf¨ uhren kann, erst eine Transitionsbedingung erf¨ ullt werden muß. Im Fall der Frequenzmessung muß gewartet werden, bis alle Frequenzen bestimmt sind, bevor der n¨ achste Programmschritt ausgef¨ uhrt werden kann. Da die Frequenz-Temperatur-Kurve der Temperaturmodule bekannt ist, k¨ onnen die Temperaturen der einzelnen Sensoren aus den jeweiligen Frequenzwerten bestimmt werden. Sind alle Frequenzen bzw. Sensorwerte gemessen worden, so wird das n¨ achste Programm der Ablaufsteuerung ausgef¨ uhrt, welches in diesem Beispiel den Algorithmus f¨ ur die Raumtemperaturregelung enth¨ alt. Dieser Regelalgorithmus implementiert einen Zweipunktregler, der einen Radiator ein- bzw. ausschaltet, wenn die Raumtemperatur bestimmte vorgegebene Schwellwerte unter- bzw. u ¨berschreitet. Der Temperatur-Sollwert soll dabei nicht nur durch den Sollwertsteller sondern auch durch ein programmierbares Tag-/Nachtprogramm oder einen vom Benutzer via Applikationsprogramm vorgegebenen Wert einstellbar sein. Abgesehen vom Temperatursollwert des Sollwertstellers k¨onnen diese unter Verwendung des sp¨ ater vorgestellten Benutzerinterfaces parametriert werden.
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit)
Sensorschaltung 5V
Diode
BrückenGleichrichter
DI 0V
verpolsichere Zweidrahtleitung
Strombegrenzer max. 10 mA
Schalter
Temperatursensor
ReferenzStromQuelle
Mikrocontroller
+24V
Controller EingangsKlemme
625
Display 24
Sollwerttaster
Abb. 20.5: Struktur des digitalen SPS-Sensorinterfaces
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle Der Nachteil des frequenzanalogen Auslesens der Sensoren besteht im wesentlichen in dem limitierten Informationsgehalt des Sensorsignales. Aus diesem Grund wurde eine neue, universell verwendbare Sensorschnittstelle mit digitaler Auslesung konzipiert. Dabei wurden alle Vorz¨ uge der analogen Schnittstelle aus dem vorigen Abschnitt beibehalten. Das Sensormodul, das wiederum u ¨ber eine einfache und verpolsichere Zweidrahtleitung an die digitale Eingangsklemme jeder handels¨ ublichen SPS angeschlossen werden kann, gliedert sich in zwei Teilschaltungen (Abb. 20.5). Die Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit) gleicht der der analogen Sensorschnittstelle. Sie ist unabh¨ angig von dem Interface, das die Sensorsignale digitalisiert und diese digital codierten Abtastwerte in Form eines seriellen
Abb. 20.6: Vergleich von frequenzanalogem und digitalem Sensorsignal
626
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
(a) Platine mit Display
(b) Einbau in ein Geh¨ ause der Fa. Busch-J¨ ager [21]
Abb. 20.7: Digitales Sensormodul zur Messung von Luftfeuchte, Helligkeit sowie der Raumtemperatur. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt per Taur den Einbau in die handels¨ ublichen stendruck in 0, 5 ◦ C-Schritten. Das Modul ist f¨ Unterputz-Installationsdosen vorgesehen.
digitalen Wortes auf die Zweidrahtleitung gibt. In Abb. 20.6 werden die Signale von analogen und digitalen Sensorinterfaces miteinander verglichen. Abschließend sei erw¨ ahnt, daß die mittlerweile in umfangreicher Weise durchgef¨ uhrten Praxistests die hohe Genauigkeit des Sensorinterfaces sowie die große Zuverl¨ assigkeit der Gesamtschaltung unter Beweis gestellt haben. Abbildung 20.7 zeigt den entsprechenden digitalen Temperatur-FeuchteSensor. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt durch Tastendruck in 0, 5 ◦ C-Schritten. Er l¨ aßt sich in die handels¨ ublichen UnterputzInstallationsdosen einbauen.
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle Speziell in der Geb¨ audeautomatisierung, insbesondere bei Altbauten, besteht das Problem der nachtr¨ aglichen Verkabelung. Der Aufwand f¨ ur eine ordnungsgem¨ aße Unterputzinstallation ist zum Teil betr¨achtlich und f¨ uhrt in vielen F¨ allen dazu, daß von solchen Vorhaben wieder Abstand genommen wird. Die an sich notwendige aufwendige Verkabelung kann nur mit Hilfe von entsprechenden Funkinterfaces umgangen werden. Die heute kommerziell erh¨altlichen Funkinterfaces arbeiten meist batteriebetrieben, was h¨aufig zu Problemen f¨ uhrt (hohe Kosten f¨ ur Batterien, kein wirklich zuverl¨assiger Dauerbetrieb aufgrund von Batterieversagen). Um einen kontinuierlichen und zuverl¨assigen Betrieb ohne Batteriewechsel zu erm¨ oglichen, wurde am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik der Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg [76] ein energieautarkes digitales SPS-Sensorinterface entwickelt. Dieses Sensorinterface wird von einer handels¨ ublichen Solarzelle gespeist, deren Energie gespeichert wird, so daß der Betrieb auch w¨ ahrend l¨ angerer Dunkelphasen gew¨ahrleistet ist.
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle
627
bidirektionales Funkmodul Energiespeicher
RS422/RS485
Basis
interface Sensor-module User BenutzerSensormodul oberfläche
Energiequelle Sensoren
Autarke Meßeinheit
Abb. 20.8: Struktur des energieautarken digitalen Funkinterfaces
Das Sensorinterface weist folgende Merkmale auf: • Microcontroller-gesteuert • intelligentes und programmierbares Energiemanagement • verwendbar in Verbindung mit handels¨ ublichen Solarzellen • Anschl¨ usse f¨ ur DLC (Double Layer Capacitor), welche der Energiespeicherung dienen • universelle Schnittstelle f¨ ur analoge Sensoren (analoge und digitale Eing¨ange sowie digitale Ausg¨ange) • Graphisches LCD-Display f¨ ur Online-Datenanzeige sowie f¨ ur einfache Bedienoberfl¨ache (s. Abb. 20.11) • HF-Transponder f¨ ur 433 MHz bzw. 868 MHz • von Remotestation aus bedien- und parametrierbar. Abbildung 20.8 zeigt die prinzipielle Struktur des Sensorinterfaces. Die Anbindung der Basisstation an einen PC bzw. eine SPS erfolgt u ¨ber eine handels¨ ubliche RS422/RS485-Schnittstelle (Abb. 20.9). Die Meßdaten k¨onnen mit Hilfe des Programms LabVIEW (s. Kap. 19.5) aufgezeichnet und dargestellt werden. Bei den Solarzellen handelt es sich um Solarzellen f¨ ur Innenr¨aume. F¨ ur eine typische Beleuchtungsst¨arke zwischen 200 und 1000 lx wurden 8 Zellen in Serie geschaltet, so daß die abgegebene Spannung im optimalen Betriebspunkt (Maximum Power Point) zwischen 3,4 und 3, 8 V liegt. Mit Hilfe einer Regelschaltung, die aus einem sog. Synchron-Buck-Konverter und einer R¨ uckkoppelschaltung besteht, wird schließlich eine stabile Ausgangsspannung von 3, 6 V erzeugt.
628
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home) SPS 1
RS422/RS485 / 24VDC
Basis
Schnittstellenwandler RS422/RS485 nach digital
SPS 2
Schnittstellenwandler RS422/RS485 nach USB
Meßrechner
weitere RS422/RS485-Busteilnehmer
24V-Netzteil
Abb. 20.9: Anbindungsvarianten der Funkbasisstation u ¨ber eine serielle RS422/RS485-Schnittstelle
In Verbindung mit einem microcontroller-gesteuerten Boost-Konverter ist ¨ schließlich die Uberbr¨ uckung l¨angerer Dunkelphasen m¨oglich. Abbildung 20.10 zeigt den Spannungsabfall am DLC als Funktion der Dunkelzeit in Abh¨angigkeit der Sendeh¨aufigkeit.
Abb. 20.10: Spannung am energiespeichernden DLC-Kondensator u ¨ ber der Dunkelzeit
In Abb. 20.11 ist das komplette energieautarke Sensor-Funkinterface mit Solarzellenpanel zu sehen.
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung
629
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung Der Aspekt der Vernetzung betrifft an dieser Stelle nicht das Meßsystem an sich, da die Sensoren und Aktoren direkt an den Controller angeschlossen sind. Es w¨ are allerdings eine L¨ osung denkbar, bei der mehrere Controller die Sensorwerte aufnehmen und diese sich dann untereinander abstimmen bzw. synchronisieren. Im folgenden wird vielmehr auf die Vernetzung des Controllers mit Computern an unterschiedlichen Standorten eingegangen. 20.5.1 LAN - lokales Netzwerk Befindet sich der Benutzer in seinem Heim, so kann er unter Verwendung eines Computers die Parameter des Hausautomatisierungssystems einstellen. Hierzu wird das in dem jeweiligen Haus vorzufindende bzw. zu installierende LAN (alternativ: WLAN) benutzt, an welches der Controller sowie der verwendete Computer angeschlossen sein m¨ ussen. Der SPS wird zu diesem Zwecke eine feste IP-Adresse zugewiesen, u ¨ber welche fortan mit der Steuerung kommuniziert werden kann. Mittels des MODBUS/TCP-Protokolls [88] k¨ onnen die Parameter zwischen dem Controller und dem Computer unter Verwendung einer geeigneten Applikation abgerufen, kontrolliert und gesetzt werden. Abbildung 20.12 zeigt eine Visual-Basic-Applikation, welche die Parametrierung des vorgestellten Hausautomatisierungssystems erlaubt. Gem¨aß Abb. 20.1 wird diese Parametrierung durch den zentralen Steuerrechner (PC) innerhalb des Hauses vorgenommen. F¨ ur alle weiteren Vernetzungsarten nach extern wird das ebenfalls in Abb. 20.1 gezeigte Gateway ben¨otigt.
Abb. 20.11: Solar-Funk-Sensor [76]
630
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
20.5.2 Standortu ¨ bergreifende Vernetzung Ein Gateway (i.d.R. ein Router) dient als Schnittstelle des Hausautomatisierungssystems bzw. des lokalen Netzes (LAN) zur Außenwelt. Es erlaubt, eingehende Verbindungen oder abgehende Verbindungen aufzubauen. Im Fall der standort¨ ubergreifenden Vernetzung wird angenommen, daß ein Benutzer von einem beliebigen Punkt der Erde aus eine Point-to-Point-Verbindung zu dem Gateway des Hauses aufbaut. Dies geschieht mit einem Modem, wobei auf Seiten des Benutzers in diesem Fall eine Routerfunktionalit¨at nicht zwingend ben¨ otigt wird. Der Bezug dieser Vernetzungsart zum ISO-Schichtmodell ist in Abb. 20.13 dargestellt. Es werden auf Seiten des Computers und des Controllers die Schichten 1 bis 4 und 7 verwendet, die Router verwenden dagegen nur die Schichten 1 bis 3.
¨ Abb. 20.12: Hauptmenue des Benutzerinterfaces zur Parametrierung und Uberwachung des SPS-gesteuerten Hausautomatisierungssystems
20.6 Software 7 4 3 2 1
Anwendung TCP IP Ethernet physikal.
OSI Schicht
IP Eth. ISDN phys. phys.
Point-to-Point
LAN Computer
IP ISDN Eth. phys. phys.
Gateway
Gateway
631
Anwendung TCP IP Ethernet physikal.
LAN
Controller
Abb. 20.13: Bezug der Daten¨ ubertragung zum ISO-Schichtenmodell
Diese M¨ oglichkeit der Parametrierung des Hausautomatisierungssystems setzt analog zum vorherigen Fall eine Software voraus, welche eine Kommunikation mit dem Controller erm¨ oglicht. 20.5.3 Weltweite Vernetzung In Abb. 20.1 ist die Verwendung eines Web-Servers skizziert, der bei Bedarf eine Point-to-Point-Verbindung zu dem betrachteten Haus aufbaut. Hiermit kann eine weltweit verf¨ ugbare Parametrierm¨ oglichkeit des Hausautomatisierungssystems geschaffen werden. Der Benutzer muß sich, um Zugriff auf die Daten seines Hauses zu erlangen, an einem Server anmelden. Auf diesem wird eine Applikation ausgef¨ uhrt, welche die Authentifizierung des Benutzers sowie den Datentransfer vom Controller zum Server bzw. vom Server zu demjenigen Computer durchf¨ uhrt, an welchem der Anwender sich gerade befindet.
20.6 Software Einige Parameter des Hausautomatisierungsmoduls k¨onnen von einem Systemadministrator ver¨ andert werden. Dazu wird mit dem Controller unter Verwendung einer geeigneten Anwendung kommuniziert, und die Werte der Parameter werden aus der SPS ausgelesen bzw. die neu gesetzten Werte in die SPS geschrieben. Eine Programmoberfl¨ ache, die der geschilderten Parametrierung dient, ist in Abb. 20.12 zu sehen, wobei hier die Einstellung diverser Temperatursollwerte einer Raumtemperaturregelung dargestellt ist. Die Kommunikation erfolgt mittels MODBUS/TCP-Protokoll [88], da dieses von der hier verwendeten SPS unterst¨ utzt wird. Eine weitere elegante M¨ oglichkeit der Parametrierung stellt die WebApplikation in Abb. 20.14 dar. Der Web-Server dient dabei als Informationszentrale, die die Parameter aus der SPS ausliest, speichert und dem Benutzer ¨ zur Bearbeitung u die der Benutzer durchf¨ uhrt, werden ¨bergibt. Anderungen,
632
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
in einem Abbild der Parameter, welches der Web-Server verwaltet, gespei¨ chert. Sind alle Anderungen durchgef¨ uhrt, werden die Parameter wieder in die SPS transferiert, und dem Benutzer werden die ver¨anderten Parameter angezeigt.
Abb. 20.14: Web-Applikation des Hausautomatisierungssystems; hier: Parametrierung des Moduls zur Einstellung eines Kaltwasser-Magnetventils
Es ist auch denkbar, diese Anwendung auf einem Web-Server zu implementieren, der in dem betreffenden Haus installiert ist. Diese L¨osung ist jedoch erst dann sinnvoll, wenn das Hausautomatisierungssystem permanent mit dem Internet verbunden ist, da sonst die Kosten f¨ ur eine solche Datenverbindung
20.6 Software
633
Abb. 20.15: Web-Seite des Hausautomatisierungssystems auf der Basis eines in den SPS-Controller integrierten Webservers. Die graphische Darstellung und die Bedienung kann mit einem beliebigen Webbrowser erfolgen.
zu hoch w¨ aren. Wenn in Zukunft Haushalte fest mit dem Internet verbunden sind, w¨ are dies die ideale L¨ osung zur Parametrierung und Beobachtung des Hausautomatisierungssystems. Allerdings m¨ ußte dann der Sicherheitsaspekt mehr in den Vordergrund r¨ ucken, denn ein System, welches permanent Dritten zug¨ anglich ist, muß in besonderer Weise vor unbefugtem Zugriff gesch¨ utzt werden. Mit dem in Abschnitt 17.2.1 beschriebenen SPS-Controller vereinfacht sich die Anbindung an das World Wide Web sehr, da in seiner Firmware bereits ein Webserver implementiert ist. Er ist also mit Hilfe von Standard-Webbrowsern direkt u ¨ber das Internet ansprechbar. Die Bedienoberfl¨ache des Smart-HomeSystems wird nun nicht mehr in Visual Basic programmiert (Abb. 20.12) sondern dynamisch mittels Java-Sript-Applets erzeugt. Abbildung 20.15 zeigt
634
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
eine solche Bedienoberfl¨ ache, die sich wiederum unmittelbar mit einem Webbrowser darstellen und bedienen l¨ aßt.
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Index
20 mA-Stromschleife
491
Aaronschaltung 211 Abbildungsgr¨ oße 7 Abfrage (Polling) 473 Abgleichverfahren 226, 229 Abgleichvorgang 238 Ablenkkoeffizient 248 Fehler 259 Ablenkspannung 247 Ablenksystem Anstiegszeit 266 Grenzfrequenz 248, 266 horizontales 246, 249, 261 Sprungantwort 266 vertikales 261 Absorptionsgesetz 282 Abtast-Halte-Schaltung 314 ff Abtastfrequenz 313 Abtastratenreduzierung 324 Abtastsignal 312 Abtastung 255, 257, 311 ff Abtastvorgang 257 Abtastzeitpunkt 345 amplitudenm¨ aßige 312 zeitliche 312 Abtastwertspeicher 324 Acquisition Time 316 Addierer digitaler 286 ¨ Aquivalenz-Gatter 285 ¨ Aquivalenzzeit 255 Aktiver Vollweg-Gleichrichter 184
Aliasing-Effekt 312 Allpaß 52 Alternativhypothese 447 Amperemeterschaltung erdfreie 183 massebezogene 182 Amplitude 110 Amplitudenbedingung 368 Amplitudendynamik 161 Amplitudengang 58 Amplitudenmodulation 9, 385 Amplitudenspektrum 406 Analog-Digital-Umsetzer 310 ff Delta-Sigma-Modulator 322 direktvergleichender 316 ff Dual-Slope-Umsetzer 334 dynamische Fehler 345 ff Fehler 341 ff Flash-Converter 316 Grundprinzipien 341 Kaskadenverfahren 319 Kennlinie 343 Leistungsdaten 342 Multi-Bit-Delta-Sigma 326 Nachlaufumsetzer 321 Parallel-Umsetzer 316 Single-Slope-Umsetzer 333 Spannungs-Frequenz-Umsetzer statische Fehler 341 ff Stufenumsetzer 317 Vergleich 340 Analog-Dividierer 399 Analog-Multiplexing
335
642
Index
mit Zeitversatz 462 ohne Zeitversatz 462 Analog-Multiplizierer 398 Analog-Oszilloskop 245 ff Funktionsgruppen 252 Analogtechnik 396 Anode 246 Anodenspannung 247 Anpasser 5 Anregung harmonische 110 Anregungsfunktion 109 ANSI 493 Ansprechempfindlichkeit 161 Anstiegsgeschwindigkeit 169 Anstiegszeit 254, 265, 266 Definition 265 Anti-Aliasing-Filter 314 Anzeige 4, 5 Anzeigegeschwindigkeit 365 Anzeigewert 97 AperturUnsicherheit 316, 346 Zeit 316 Arbitrary Waveform Synthesizer 464 ASI-Bus 548 AT-Schnitt-Dickenscherschwinger 378 Atomuhr 384 Außenleiter 208 Aufgabengesetz 98 Aufl¨ osung 341, 342 Aufl¨ osungsverm¨ ogen 365 Aufnehmer 4 induktiver 241 kapazitiver 241 Ausgabe 5 Ausgangspuls taktsynchroner 296 Ausgleichsgerade 433 ff Ausgleichsvorg¨ ange 21 ff Ausschlag, ballistischer 128 Ausschlagbr¨ ucke 241 Ausschlagmethode 6 Aussteuerung Grenze 163, 406 maximale 342 Autokorrelation Energiesignale 411
ergodische (stochastische) Signale 411 Autokorrelationsfunktion 409 ff, 419 Balkenwaageprinzip 317 Ballistische Konstante 128 Bandbegrenzung 264 Bandbreite 161, 169 Bandpaßfilter 408 Bandpaߨ ubertragungsfunktion 408 Bandsperre 407 Basiseinheiten 11 ff Basisgr¨ oßen 11 ff Basisspektrum 312 Baudrate 483, 488 Bauelement passives 233 tr¨ ages 75 BCD-Code 280 ff BCD-Z¨ ahler 299 ff asynchroner 299 synchroner 300 Beharrungswert 110 Belastungsfehler 139, 142, 144, 222 Beleuchtungsst¨ arke 14 Beobachtungsbandbreite 192 Beruhigungszeit 124 Beschleunigungskraft 248 Beschleunigungsmoment 121, 126 Best-Straight-Line 308 Betrags-Spektrum 312 Betragsabgleich 238 Betragsgang 58 Betriebsmeßger¨ at 108, 132 Bezugsgerade 308 Bezugswert 4 Bias-Stromversorgung 169 Biegeschwinger 375 Bin¨ arcode 279, 279 ff Bistabilit¨ at 287 Bit h¨ ochstwertiges (MSB) 317 niedrigstwertiges (LSB) 345 BITBUS 558 Bitcodierung 542 Bit-Monitoring 552 Bit-Stuffing 552 Datensicherung 542 Fehlererkennung 542
Index Manchesterverfahren 542 NRZ-Code 544 NRZI-Code 544 Blindkomponente 229 Blindleistung 206, 212 Blindleistungsmessung im 3-Leiter-System 214 im 4-Leiter-System 213 im Einphasennetz 206 Bode-Diagramm komplexes Polpaar 67 schwach ged¨ ampftes System 68 stark ged¨ ampftes System 68 Bode-Diagramme 60 ff Boltzmann-Konstante 192 Boolesche Algebra 281 Braunsche R¨ ohre 245 ff Bremsmagnet 218 Br¨ uckenabgleich 238 Erdkapazit¨ aten 237 halbautomatischer 238 Br¨ uckendiagonalspannung 233 Br¨ uckenschaltung 224, 226 ff Br¨ uckenspeisespannung 227 B¨ urde 157, 158 Bus Zugriffsverfahren 540 ff Buskoppler 546 C¨ asium-Element 380 C¨ asium-Normaluhr 380, 384 CAMAC 476 CAN 550 Charge-Balancing-Converter 337 ff Chopper-Verst¨ arker 188 Chopperbetrieb 255 Code fehlererkennender 280 fehlerkorrigierender 280 Codewechsel 309 Codewortfolge 311 Computer Controlled Instruments 458 Computer-Schnittstelle 458, 476 Datenleitung 480 Hardware-Realisierung 485 Meldeleitung 480 Pegelfestlegung 481 RS232C-Schnittstelle 478 Steuerleitung 480
Synchronisierung 482 Taktleitung 481 ¨ Ubertragungsmedien 477 Cosinussatz 232 Coulombsche Anziehungskraft 248
643
135,
D-Flip-Flop taktflankengesteuertes 291 taktzustandgesteuertes 290 D¨ ampfung 110, 137 D¨ ampfungsgrad 124 Koeffizient 122 ff Mechanismus 124 Moment 121 ff, 126 winkelgeschwindigkeitsproportionale 121 ff Data-Latch 290 Datenausgabesystem 464 Ausgabe 464 D/A-Umsetzung 464 Daten¨ ubergabe 464 Prinzip 464 Datendurchsatz 488, 489 Datenlogger 473, 588, 589 Datensicherung Cyclic Redundancy Check 542 Hamming-Distanz 542 Parit¨ atspr¨ ufung 542 Daten¨ ubertragung asynchrone 482 Grundtypen 473 Kenngr¨ oßen 488 synchrone 483 Datex-P 577 Delon-Schaltung 150 Delta-Impuls (Dirac-Stoß, DiracImpuls) 21 ff, 109 ff Delta-Modulator 323 ff Delta-Sigma-Modulator 322 ff Detektion 3 Detektor 4 Dezimalzahl 280 ff Dezimation 324 DGPS (Differential Global Positioning System) 389 Diagonalspannung 226 Dickenscherschwinger 375 Differentialsensor 242
644
Index
Differenzeingangsspannung 167 Differenzeingangswiderstand 168 Differenzierer-Schaltung 176 Differenzpulscodemodulation 323 Differenzverst¨ arker 186 Differenzverst¨ arkung 166 Digital-Analog-Converter siehe Digital-Analog-Umsetzer Digital-Analog-Umsetzer 301 ff dynamischer Fehler 309 ff Kennlinien 308 Realisierung 303 statischer Fehler 308 ff unipolarer 301 Digital-Multimeter 346 ff Blockschaltbild 347 Digital-Phosphor-Oszilloskop 274 Digital-Speicheroszilloskop 269 ff Anzeigebetriebsart 273 Aquisitionsmodi 277 Aufzeichnungsbetriebsart 273 Bildwiedergabe 271 Digital-Phosphor-Oszilloskop 274 Ethernet-Schnittstelle 585 Meßkanal 269, 270 Recurrent-Mode 273 Refresh-Mode 273 Roll-Mode 274 Signalmittelung 277 Single Shot 273 Triggermodul 269, 270 USB-Scope 587 ff Digitalwortfolge gest¨ orte 309 DIN-Meßbus 563 DIN-Normen 8 Diode Innenwiderstand 147 Kennlinie 177 Schwellspannung 150, 185 Sperrstrom 177 Temperaturspannung 179 Diodenkennlinie 77 Dirac-Impuls (Dirac-Stoß, DeltaImpuls) 21 ff, 109 ff Direct Memory Access (DMA) 474 Disjunktion 282 Distanzmessung akustische 417
Dividierer 399 Dreheisenmeßwerk 131 ff, 152, 153 Drehfederkonstante 125, 131 Drehmagnetmeßwerk 134 ff Drehmoment 121 Drehspul-Spiegelgalvanometer 125 Drehspulmeßwerk 120 ff, 153 D¨ ampfung 123 ff dynamisches Verhalten 121 ff mit Gleichrichter 153 Drehspulquotientenmeßwerk 132 ff, 153 Drehstromsystem 207 ff 3-Leiter-System 208 4-Leiter-System 208 Aaronschaltung 211 Begriffsdefinitionen 207 Blindleistungsmessung 212 Dreieckschaltung 207, 208 komplexe Leistung 211 Lastimpedanz 209 Leistungsmessung 207 Leiterspannung 208 Leiterstrom 209 Schaltungsvariante 207 Spannungszeiger 212 Sternschaltung 208 Wirkleistung 210 Zeigerdiagramm 208, 209 Zwei-Wattmeter-Verfahren 211 Dreieck-Stern-Umwandlung 228 Droop 316 Druck 14 Dual-Slope-Umsetzer 334 ff Dualz¨ ahler asynchroner 297 synchroner 298 Dualzahl 10 Darstellung 280 ff Dunkeltastung 250 Durchflutungsgesetz 128, 134, 216 e-Funktionsgenerator 179 Eckfrequenz 167 Effektivwert 145, 146, 205, 401, 402 echter 348 kurvenformunabh¨ angiger 402 Effektivwertbaustein 395 analoger 401, 402
Index Schaltung 401 Effektivwertmesser 136 echter 152 EIB (European Installation Bus) Eigenfrequenz 122 Eigenrauschen 161 Eigenverbrauch 135 Einflußgr¨ oße 100 Eingangsfehlspannung 168 Eingangsfehlstrom 170 Eingangsrauschleistung 200 Eingangsruhestrom 169, 192 Eingangsstrom 162, 165 Eingangsstromdrift 170 Einheiten 3, 11 ff Ampere 11, 12 Becquerel 14 Candela 11, 12 Coulomb 14 Farad 13, 14 Gleichung 13 Gray 14 Henry 14 Hertz 14 Joule 14 Kelvin 11, 12 Kilogramm 11, 12 koh¨ arente 13 Lumen 14 Lux 14 Meter 11 Mol 11, 12 Newton 14 nicht-koh¨ arente 14 Ohm 14 Pascal 13, 14 Sekunde 11, 12, 384 SI-System 12 ff Siemens 14 Steradiant 14 Tesla 14 Volt 14 Volt-Ampere 207 Volt-Ampere-reaktiv 206 Watt 14 Weber 14 Einheitengleichung 14 Einschwingvorg¨ ange 41 ff Einschwingzeit 310
560
645
Einstellzeit 124 ff Einweg-Gleichrichter 150, 185 Schaltung 150 Einweg-Gleichrichtung 147 ff elektrische Arbeit 215 elektrische Energie 218 elektrische Leistung 203 Elektrizit¨ atsz¨ ahler 215 ff, 216 Aluminiuml¨ auferscheibe 217 prinzipieller Aufbau 218 Spannungseisen 217 Stromeisen 217 Wirbelstrom 217 Wirbelstrombremse 218 Elektrodynamisches Meßwerk 128 ff Elektromechanik 120 Elektrometerverst¨ arker 187, 369 Elektron Ladung 192, 247 Laufzeit 266 Masse 13 Verweildauer 266 Elektronenstrahl 245, 246 Elektronenstrahl-Oszilloskop analoges 245 ff dynamischer Fehler 262 ff Fehler 259 Grenzfrequenz 263, 268 Spannungsteiler 258 ff Verst¨ arker-Grenzfrequenz 263 Elektronenstrahl-R¨ ohre 245 ff Elementarladung, elektrische 13 Empfindlichkeitsfehler 259 Energie elektrische 136 Energiedosis 14 Energieerhaltungssatz 136 Energiesignal 410 Energiestrom 14 Energiez¨ ahler 333 Entladevorgang 339 Erdmagnetfeld 130 Erdschleife 471, 472 Ergodisches Signal 410 Erhaltungstendenz 414 Errorfunction 101 ff Ersatzschaltbilder einer Kapazit¨ at 231
646
Index
Ersatzspannungsquelle 138, 140, 227, 228 Prinzip 138 Ersatzstromquelle 138 erstes gemeinsames Moment 439 Erwartungswert 100, 438 Erwartungswert 2. Ordnung 438 Ethernet 537, 569 ff Date Acquisition System 583 Fast-Ethernet 569 Hub 573 Industrie-Ethernet 537 Meßdatenerfassung 582, 591 ff Switch 573 Telegrammstruktur 574 Exklusiv-Oder-Gatter 285 f/U-Umsetzer 365 Faltung 31, 109 Faltungsintegral 109 Faltungsprodukt h¨ oherer Ordnung 313 FAN (Field Area Network) 536 ff Feder 120 Fehler absoluter 97 ff Erkennung 280 Fehlerarten 98 Fehlerfortpflanzungsgesetz 305, 380, 382 Fehlerklassen 156 Fehlerwahrscheinlichkeit 102 ff Frequenzmessung 380, 381 Korrektur 280 Monotonie 309 Periodendauermessung 382 relativer 97 ff Schwingquarz 378 stochastischer 419 systematischer 305 Toleranzgrenze 106 wahrer Wert 97 Zeitintervallmessung 380 Fehler 1. Art 449 Fehler 2. Art 449 Fehleranalyse R¨ uckw¨ artsanalyse 115 Vorw¨ artsanalyse 115 Fehlerklasse 157
Feinmeßger¨ at 108 Feldbus 546 ff aktuelle Systeme 549 Feldger¨ ate 546 Vergleich 547, 549 Feldenergie magnetische 131 Feldkonstante, elektrische 13 Feldkonstante, magnetische 12, 13 Feldspule 203 Feldst¨ arke elektrische 13 magnetische 13 Filterung 396 FIP-Bus 555 Fire Wire 476 Fl¨ achenscherschwinger 375 Flash-Converter 316 ff Flip-Flop-Schaltung 287 ff Flußmeterkonstante 126 Folge-Halte-Schaltung 314 Realisierung 315 Formfaktor 146, 152 Fourier-Transformation 18 ff Fourier-Transformierte 18 ff, 110, 111 Fourieranalyse 17 ff, 205, 406 Fourierreihe 17 ff, 205 Frequenz 14 Frequenz-Spannungs-Umsetzer 365 Frequenz-Spannungs-Umsetzung 366 Frequenzgang 58 Frequenzkompensation 259 Frequenzkonstante 376 Frequenzmessung 356, 374, 381 digitale 357 direkte 335, 383 Fehler durch Rauschen 382 mechanische 356 relativer Fehler 383 reziproke 335, 382 Frequenzmodulation 9, 365 Frequenznormal 380, 384 Frequenzstabilit¨ at 378 Frequenzverdoppler 400 Schaltung 400 Full Scale Sprung 309 Funkelrauschen 192 Funkschnittstelle 626 Funksensor 626
Index Funktionaltransformation
395
Galileo 390 ”Safety of Life” Service 392 Commercial Service 392 Open Service 392 Public Regulated Service 392 Search and Rescue Service 392 Galvanometer 125 ff, 224, 226 ballistisches 127 Gamma-Funktion 453 Gateway 546 Gatter ¨ Aquivalenz 285 Antivalenz 285 EXOR 285 NAND 283 NICHT 282 NOR 284 ODER 283 UND 283 Gatterschaltung 281 ff Gauß-Markov-Theorem 443 Gaußsche Verteilungsfunktion 100 Gaußsches Fehlerfortpflanzungsgesetz 103 ff Gaußsches Minimalprinzip 444 Gegenkopplungsschaltung 164, 164 ff Gegentaktst¨ orungen 472 Gemeinsames Moment 438 Genauigkeitsklasse 108, 158 genormte 108 Gesamtrauschleistung 200 Gesamtverst¨ arkung 167 Gesetz Absorptions- 282 assoziatives 282 distributives 282 kommutatives 282 Morgansches 282 Negations- 282 Gesteuerte Quellen 89 Gewichtsfunktion 56, 109 ff Gewichtung bin¨ are 306 Glasfasernetz (FDDI) 580 Gleichgewichtsbedingung 121 Gleichrichter aktiver 184
647
phasenempflindlicher 238 Gleichrichterschaltung 184 Gleichrichtung 147 ff Gleichrichtwert 145, 147, 401 Gleichspannungskompensation 224 Schaltung 225 Gleichspannungsmessung 138 ff, 141 ff Gleichspannungsverst¨ arkung 167 Gleichstrom-Meßbr¨ ucke 226 ff Abgleichbr¨ ucke 229 ff Ausschlagbr¨ ucke 226 ff Gleichstromkompensation 225 Schaltung 225 Gleichstromkreis 203 Gleichstrommessung 138 ff Gleichstromnetzwerk 139 Gleichtakteingangswiderstand 168 Gleichtaktspannung 166, 168 Gleichtaktst¨ oranteil 186 Gleichtaktst¨ orungen 472, 490 Gleichtaktunterdr¨ uckung 166, 187 Gleichtaktverst¨ arkung 166, 168, 187 Gleichtaktwiderstand 168 GLONASS 390 Gl¨ uh-Kathode 246 GPIB-Bus 493 GPRS (General Packet Radio Services) 577 GPS Differential GPS 389 GPS-Satellitennavigation 386 Benutzersegment 387 GPS-Empf¨ anger 387 kodiertes Signal 387 Kontrollsegment 387 Kugelstandfl¨ ache 388 Modulationsverfahren 388 Positionsdaten 388 Raumsegment 387 Satellitenuhr 387 Systemaufbau 387 Graetz-Schaltung 148 Graphitwendel 249 Gray-Code 280, 280 ff Greinacher-Schaltung 150 Grenzfrequenz 167, 169, 254, 263, 265 3-dB- 169 obere 169 Grobquantisierung 319
648
Index
Gr¨ oßengleichungen 13 Grundgesamtheit 102 ff, 103 Grundwelle 406 Grundwellenresonanz 376 GSM (Global System for Mobile Communication) 577 G¨ utefunktion 450 Halbaddierer 286 Halbbr¨ ucke 242 Halbleiter-Analogschalter 469 Half-Flash-Umsetzer 319 Hamming-Distanz 542 Handshaking 485 Hauptzeitbasis 251 Hausautomatisierung 621 Datenerfassung 623 SPS 624 webbasiert 632 HDSL (High Bit Rate Digital Subscriber Line) 576 Heißleiter 77 Hexadezimalcode 280 ff Hilfsger¨ ate 5 Hilfsquelle 7 Hochspannungsmesser 136 Horizontalverst¨ arker 249 HP-IB-Bus 493 Hub 573 Hypothesen-Testverfahren 433 ff, 447 ff Hysterese 82 Hysteresekurven 82 ff Hystereseverlust 130, 131 i.Link 476 IEC-Bus 466, 476, 510 adressierte Befehle 501 Bus-Logik 497 Controller 494 Datenbus 494 Dreidraht-Handshake 498 Eindrahtnachrichten 501 Einsteckkarte 509 Empf¨ anger-/H¨ orerfunktion 494 externe Nachrichten 501 Ger¨ atefunktion 500 Ger¨ ategrundfunktion 494 Ger¨ atenachricht 496
Ger¨ ateschnittstelle 499 Handshake-Verfahren 498 Hardware 507 H¨ orer-/Sprecher-Adressen 503 interne Nachrichten 501 Komponenten 494 Leitungen 495, 498 Listener 495 Mehrdrahtnachrichten 496, 501 Nachrichtenarten 501 Parallel Poll 506 Quittierungssignal 498 Schlußzeichen 505 Schnittstelle 499 Schnittstellen-Steuerbus 496 Schnittstellenfunktion 500 Schnittstellennachrichten 496 Sekund¨ ar-Befehle 505 Sender-/Sprecherfunktion 494 Serial Poll 506 Software 602 Statusabfrage 506 Statusinformation 496 Steckverbindungen 506 Steuerbus 494 Steuerfunktion 494 Talker 495 ¨ Ubergabesteuerbus 494, 496 ¨ Ubertragungsgeschwindigkeit 509 Universal-Befehle 502 IEC-Bus-Schnittstelle 493 ff Realisierung 507 IEC-Busbefehle Codierung 503 IEEE-Standard 1394 476 IEEE-Standard 1588 592 ff, 595 IEEE-Standard 488 493 ff Impedanz komplexe 229 Messung 232 Impedanzanpassung 175 Impedanzwandler 175 Impulsantwort 56, 109 ff, 113 Impulsbreiten-Multiplizierer 331 ff Impulsdauer 364 Impulsformer 366 Impulskorrelationsfunktion 411 ff Induktionsgesetz 216 Induktionsmeßwerk 215 ff
Index Funktionsprinzip 216 Induktionsprinzip 215 Induktivit¨ at 14, 230 dynamische 376 Ersatzschaltbild 230 nichtlineare 79 verlustbehaftete 230 zeitinvariante, lineare 82 zeitinvariante, nichtlineare 81 zeitvariante, lineare 82 zeitvariante, nichtlineare 81 Influenz 137 Informationstr¨ ager 9 Instrument-on-a-Card 458 Instrumentenverst¨ arker 186 ff Schaltung 187 Integrierer-Schaltung 176 Interbus-S 548 INTERBUS-S 556 Internet-Protokoll (IP) 572 Interpolation lineare 272 Sinus 272 Interrupt-Methode 473 Invertierender Verst¨ arker 173 IP-Adressen 570 ISDN Breitband-ISDN (B-ISDN) 576 ISDN Integrated Services Digital Network 576 ISO-Schichtenmodell 537 ff Isolated-Gate-FET (IGFET) 314 Jitter 345 JK-Flip-Flop taktflankengesteuertes
293
Kaltleiter 77 Kapazit¨ at 14, 230 dynamische 376 Ersatzschaltbild 231 nichtlineare 86 statische 88 verlustbehaftete 231 zeitinvariante, lineare 88 zeitinvariante, nichtlineare 87 zeitvariante, lineare 88 zeitvariante, nichtlineare 87 Kaskadenschaltung 149
Kaskadenverfahren 319 ff, 341 Kathode 246 Kenngr¨ oße 396 Kennlinien-Korrektur 396 Kettenschaltungen 198 Rauschen 198 Kippschaltungen bistabile 287 ff Kippstufe astabile 371 monostabile 295 ff, 366 Kleinsignalinduktivit¨ at 81 Kleinsignalkapazit¨ at 86 Klirrfaktor 396, 406 Meßbr¨ ucke 395, 407 Koh¨ arenz innere 414 Koh¨ arenzzeit 414 Koinzidenzzeit 360 Komparator 179 invertierender 180 mit Hysterese 180 ohne Hysterese 179 Komparatoren 341 Kompensationsgr¨ oße 7 Kompensationsmethode 5, 6 Signalfluß 8 Kompensationsprinzip 224 Kompensationsschaltung 224 ff Kompensationsschreiber 226 Kompensationsverfahren 161 Kompensator 125, 224 komplexe Leistung 206 Kondensator 136, 149 idealer 230 Konjunktion 282 Konstantspannungsquelle 221 Konstantstromquelle 222 Kopplung kapazitive 309 Korrekturspule 204 ff Korrelation 433 ff lineare 444 ff Korrelation und Kausalit¨ at 447 Korrelationsbildung 396 Korrelationsfunktion 408 bezogene 414 praktische Auswertung 409 Korrelationskoeffizient 437 ff, 440
649
650
Index
Vertrauensbereich 447 ff Korrelationsmessung 409 Korrelationsverfahren 395, 414 Kovarianz 437 ff, 439 Kraftwirkung 120 Kreuzkorrelation 417 Kreuzkorrelationsdichtefunktion spektrale 420 Kreuzkorrelationsfunktion 409 ff Kreuzleistungsdichte spektrale 420 Kreuzspule 133 Kreuzspulinstrument 223 Kreuzspulmeßwerk 132 ff, 153 Kriechgalvanometer 126 Kurzschlußstrom 139 Kurzzeitkorrelationsfunktion 411 ff Kurzzeitmittelwert 404 Laborautomation webbasiert 584 LabVIEW 611 ff DIAdem 615 ff Version 8 614 ff LabWindows 615 Ladekondensator 339 Ladevorgang 339 Ladung 14 Ladungskompensations-Konverter getakteter 339 Ladungskompensationsverfahren 337, 337 ff Ladungsmessung 190 Ladungsverst¨ arker 189 Schaltung 190 L¨ ange 11 L¨ angsschwinger 375 LAN (Local Area Network) 536 ff, 629 Laplace-Transformation 24 ff Differentiationssatz 31, 113 elementarer Funktionen 27 ff Faltung 31 Integrationssatz 30, 111 Multiplikationssatz 33 Netzwerkelemente 42 R¨ ucktransformation 37, 47 ff Tabelle wichtiger Funktionen 38 Variable 111
¨ Laplace-Ubertragungsfunktion 57, 111, 113 Lastimpedanz 154 Lastwiderstand 142 Laufzeitfehler 248, 267 LC-Oszillator 369 LC-Schwingkreis 367, 378 Least Significant Bit (LSB) 302 Leerlauf-Differenzeingangsspannung 168 Leerlaufspannungsverst¨ arkung 162, 163, 166 Leerlaufspannungsverst¨ arkungsmaß 166 Leerlaufverst¨ arkung 167 Leistung 14 Leistungsdichte spektrale 417 Leistungsdichtefunktion 420 spektrale 418 ff Leistungsmesser elektronischer 333 Leistungsmessung 130, 203 ff elektrodynamisches Meßwerk 203 im Drehstromsystem 207 im Einphasennetz 205 komplexe 206 spannungsrichtige 204 stromrichtige 204 Wechselstromkreis 205 Leistungssignal 410 Leistungsverst¨ arkung 196 Leiter, stromdurchflossener 120 Leiternetzwerk 306 ff Leiterspannung 208, 209 Leitwert 14 Lenzsche Regel 123 ff Leuchtschicht 246 Lichtgeschwindigkeit 13 Lichtst¨ arke 11, 12 Lichtstrom 14 Lichtzeiger 125 Linearisierung 151 Linearit¨ atsfehler 249, 261, 320, 344 Linienspektrum 408 logarithmierender Verst¨ arker mit Diode 177 mit Transistor 178 Logik
Index negative 279, 497 positive 279, 497 LON (Local Operating Network) Luftkammerd¨ ampfung 137 LXI 591 ff Ger¨ ateklassen 592 Triggerm¨ oglichkeiten 593
562
Maßeinheit 11 ff Maßsysteme 11 ff Magnetfeld, radial inhomogen 133 magnetische Flußdichte 14 magnetischer Fluß 14 magnetisches Feld 129 Magnetisierungsstrom 153, 156 Masse 11 Masse-Feder-System 367 Master-Flip-Flop 292 MATLAB 617 ff Maxwell-Wien-Br¨ ucke 236 Meßbereichsanfangswert 98 Meßbereichsendwert 98, 141 Meßbereichserweiterung 140 ff, 142 ff Meßbereichserweiterung, Spannungsmessung 142 ff Meßbereichsumfang 4, 97 Meßbr¨ ucken f¨ ur Gleichspannung 226 Meßdaten Archivierung 457 Visualisierung 457 Meßdatenerfassung 457 -skarte 467 Abtastung (Sampling) 462 Analog-Digital-Umsetzung 463 Aufgabe 602 Bussysteme 581 Daten¨ ubernahme 463 Empfang 460 Entwicklungssystem graphikorientiertes 609 Ethernet 569 Ethernet Data Acquisition System (EDAS) 583 ETX/ACK-Protokoll 484 Handshake-Verfahren 483 ff Hardware 464 ff Haustechnik 623 Industrie-Ethernet 569
651
Kommandosprache 610 Komplettpaket 608 Meßkanal 461 Modul-Bibliothek 609 Offline 459 Online 459 Powerline-Kommunikation 578 Programmgenerator 609 Quittierungsverfahren 483 ff rechnergest¨ utzte 457 ff Satellitenkommunikation 579 SCPI-Standard 602 SPS 624 System 493 UMTS 578 Vernetzung 569 ff Verst¨ arkung 460 via GPRS 578 Virtual Private Network (VPN) 582 webbasiert 584 XON/XOFF-Protokoll 484 Meßeinrichtung 5 Struktur 5, 6 Meßergebnis 4, 5, 98 Meßfehler 97 ff Absch¨ atzung 103 absoluter 97 ff dynamischer 108 ff, 113 ff, 262 Korrektur 116 ff Fortpflanzung zuf¨ alliger 107 ff maximaler relativer 108 mittlerer 105 mittlerer dynamischer 114 mittlerer quadratischer 102 momentaner dynamischer 113 reduzierter 98 relativer 97 ff, 142, 381 statischer 259 systematischer 98 ff, 139, 219 Toleranzgrenze 106 u ¨ berlagertes Rauschen 382 wahrer Wert 97 zuf¨ alliger 100 ff, 106 Meßf¨ uhler 4 Meßger¨ at 5 Grundfunktion 119 Meßger¨ ate Bestimmungen 4 elektromechanische 119
652
Index
Schaltzeichen 138 Meßgr¨ oße 3, 4 Aufnahme 5 Detektion 119 r¨ uckwirkungsarmes Erfassen 4 Meßkette 5 Meßmethode analoge 7 digitale 7 direkte 9, 408 diskontinuierliche 9 indirekte 408 kontinuierliche 9 r¨ uckwirkungsfreie 7 Meßmethoden Klassifizierung 6 ff Meßprinzip 5 Meßsignal 5 Anpassung 5 Informationstr¨ ager 9 Verarbeitung 5, 119 Weitergabe 5 Meßsignale Arten 397 Klassifizierung 397 Meßsignalverarbeitung 395, 457 Meßspanne 97 Meßsystem 109 ff, 114 Grenzfrequenz 422 Grundstruktur 457 nicht-ideales 114 rechnergest¨ utztes 395, 457 ¨ Ubertragungsverhalten 109 ff, 114 Meßtechnik Bedeutung 1 Grundbegriffe 4 Historie 1 Meßverfahren 5 Meßverst¨ arker 5, 161 ff spezielle 186 ff Meßwandler 151, 153 ff, 154 Meßwerk Dreheisenmeßwerk 131 Drehmagnetmeßwerk 134 Drehspulmeßwerk 120 Drehspulquotientenmeßwerk 132 elektrodynamisches 128 ff, 153, 203 elektrostatisches 135 multiplizierendes 129
Tr¨ agheit 130 Meßwert 4, 97 ff Ausgabe 5, 119 Gewinnung 3 Meßwertverarbeitung analoge 395 digitale 395 Mehrdraht-Handshake 485 Mehrfachperiodendauermessung 383 Messen Begriffsdefinitionen 3 ff Messung Effektivwert 151 ff elektrische Arbeit 215 elektrische Impedanz 219 ff Gleichrichtwert 150 Gleichspannung 138, 141 ff Gleichstrom 138 ff komplexe Impedanz 232 konventionelle 364 nicht-elektrische Gr¨ oßen 371 r¨ uckwirkungsfreie 224 Scheinwiderstand 231 Scheitelwert 148 Spitzenwert 148 taktpulssynchronisierte 364 Wechselspannung 145 Wechselstrom 145 Messung an nichtlinearen Bauelementen 85 ff Messung von Blindwiderst¨ anden 229 ff Messung von ohmschen Widerst¨ anden Kreuzspulmeßwerk 223 Messung von ohmschen Widerst¨ anden 219 ff Konstantstromquelle 222 Strom- und Spannungsmessung 219 Vergleich mit Referenzwiderstand 220 Metropolitan Area Network (MAN) 580 Mischspannung 146 Mitkopplung 180, 368 Mittelpunktleiter 211 Mittelung gleitende 405 laufende 404 Mittelwert 100, 101, 102 ff, 403 ff
Index arithmetischer 100, 145, 403 Bestimmung 403 bezogener quadratischer 114 quadratischer 145, 401, 421 zeitlicher 413 Mittelwertbildung 396, 402 Mittelwerte 403 ff MODBUS 631 MODBUS-TCP-Protokoll 529 Modellsignal 408 Modem 477 Modulationsverfahren 542 APM 542 Monoflop 295 ff, 366 Most Significant Bit (MSB) 305 Multifunktions-Einsteckkarte 466 Blockschaltbild 467 Multiplexer 467, 469 -typen 470 Multiplikationssatz 33 Multiplizierer Ein-Quadranten 398 Vier-Quadranten 398 Zwei-Quadranten 398 Multivibrator 181 ff, 371, 372 mit Inverter 374 mit Operationsverst¨ arker 372 Schaltung 181 MXI-Bus 508 ff, 515 ff Nachbeschleunigungselektrode 249 Nachlaufumsetzer 321 Naturkonstante 11, 12 ff Navigation 388 Navigationsnachricht 388 NAVSTAR siehe Satellitennavigation Nebenschluß 126 Negation 281 Negationsgesetz 282 Nennb¨ urde 156 Nenn¨ ubersetzung 156 Netzwerk 138 Netzwerke linear 21 Netzwerktopologien 539 Netzwerk¨ ubertragungsfunktion 57 Neutralleiter 207, 208 nichtlineare Bauelemente 73 ff bilaterale Kennlinie 73
653
differentielle Induktivit¨ at 81 differentielle Kapazit¨ at 86 differentieller negativer Widerstand 77 differentieller Widerstand 75 Hysterese 82 Induktivit¨ at 79 Kapazit¨ at 86 statische Kennlinie 73 statischer Widerstand 74 Widerstand 74 nichtlineare Schaltungen 73 Analyse 91 nichtlinearer Widerstand 74 Nichtlinearit¨ at 150, 261, 344, 406 differentielle 309, 344 integrale 309 Nichtlinearit¨ atsfehler differentieller 344 integraler 344 Normalverteilung 100, 104 Test 451 Normbildende Institutionen 7 Normen 6 ff Notchfilter 407 NTC-Widerst¨ ande 77 Nullabgleich 5, 224, 233 Nulldetektor 226 Nullhypothese 447 Nullpunktfehler 190, 308 Nullverfahren 226 Nullverst¨ arker 226 Nyquist-Formel 191 Nyquist-Kriterium 313 Oberwelle 406 Oberwellen-Schwingquarz 376 Offset 316 Offsetspannung 164, 168, 185 Offsetspannungsdrift 170 Offsetstrom 170 ohmscher Widerstand 219 ff Einheit 3 Ohmsches Gesetz 219 Open-Kollektor-Ausgangsstufe 497 Operations-Charakteristik 450 Operationsverst¨ arker 161 ff Grundschaltungen 173 ff idealer 162 ff
654
Index
Kenngr¨ oßen 166 ff Rauschen 194 ff realer 163 ff Transitfrequenz 171 Optimalfilter 423 kausales 430 nicht-kausales 425 ¨ Ubertragungsfunktion 423 Ortskurve 238 Oszillator 181, 367 harmonischer 367 Operationsverst¨ arkerschaltung 378 Relaxationsoszillator 368 Oszillogramm 250 Oszillograph 245 Oszilloskop 245 ff alternierender Betrieb 255 Digitalspeicher 269 ff dynamischer Fehler 262 ff Grenzfrequenz 263 ff komplexe Eingangsimpedanz 262 Sampling 255 Spannungsteiler 258 ff statischer Fehler 259 Verst¨ arker 263 Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler 485 Parallel-Umsetzer 316 ff Parallel-Verfahren 341 Parallel-W¨ age-Verfahren kombiniertes 319 ff, 341 Parallelbus 473, 475 Parallelresonanz eines Schwingquarzes 374 ff Parameter informationstragender 9 Parcevalsches Theorem 419, 421 Parit¨ atsbit 482 PCI-E siehe PCI-Express PCI-Express 468, 476, 512, 514, 516, 614 PCIe siehe PCI-Express Periodendauermessung 362, 382 relativer Fehler 383 Peripherie-Schnittstelle 465 Permanentmagnet 133, 134 Permittivit¨ at 13 Phase 110
Phasenabgleich 238 Phasenbedingung 369 Phasendifferenzmessung 363 Phasengang 58 Phasenkoinzidenz 360 Phasenwinkel 145, 363 Phasenwinkelmessung 363 physikalische Gr¨ oße 11 Plancksches Wirkungsquantum 13 ¨ pn-Ubergang 192 Pol-Nullstellen-Diagramme 57 Polschuh 120, 129 Potentialtrennung 154 Powerline-Kommunikation 578 Pr¨ azisionsfrequenzz¨ ahler 355 Pr¨ azisionsleistungsmesser 131 Pr¨ azisionsmeßbr¨ ucke 229 Pr¨ azisionsmeßtechnik 380 Pr¨ azisionswiderstand 142 Prim¨ arinduktivit¨ at 153 Prim¨ arseite 154 Prim¨ arspule 153 Prim¨ arwicklung 153, 154 PrimSens 564 PROFIBUS-DP 548, 552 ff Prognose 444 Prozeßleitsystem 546 Prozeßperipherie Anschlußvariante 466 Pr¨ ufbit 280 Pr¨ ufgr¨ oße 449 PTC-Widerst¨ ande 77 PTP (Precision Timing Protocol) 592 Puls-Frequenz 366 Pulscodemodulation 10 Pulsdauermodulation 9, 364 Punkt-zu-Punkt-Verbindung 475 PXI-Bus 476, 512 ff Quadrierer-Dividierer-Baustein 402 Quanten-Halleffekt 2 Quantenrauschen 192 Quantisierung 319 Fehler 342, 360, 380, 382 Rauschen 342 Schrittweite 305 Quarzkristall 374 Quarzoszillator 373 ff Operationsverst¨ arker-Schaltung 378
Index temperaturgeregelter
380
R-2R-Widerstandsnetzwerk 306 ff r¨ uckgekoppeltes System 368 Radiant 14 radioaktive Substanz, Aktivit¨ at 14 Radizierer Schaltung 400 Rahmend¨ ampfung 124 ff Rausch-Ersatzschaltung 192 Rausch-Ersatzspannungsquelle 191 Rausch-Ersatzstromquelle 191 Rauschanpassung 197 Rauscheingangsspannung aquivalente 193 ¨ Rauschen 190 ff 1/f 192 bandbegrenztes 416 Burst 193 Johnson-noise 191 normalverteiltes 416 Popcorn 193 Rosa 192 Schottky 192 thermisches 191, 192 Trapping 192 W¨ armebewegung 191 Weißes 192 Rauschgenerator 200 Rauschleistung 193, 196, 197 Rauschleistungsverteilung 193 Rauschleitwert aquivalenter 197 ¨ Rauschmessung 199 Rauschquelle 193 Rauschsignal 416 Rauschspannung 199 Rauschspannungsdichte 193 Rauschstromquelle 193 Rauschtemperaturdifferenz 200 Rauschwiderstand 199 aquivalenter 197 ¨ Rauschzahl 196 ff Definition 199 Realzeitmaßstab 256 Recursive-Subranging-Verfahren 320 ff Referenztakt 358 Referenzzeit 374
655
Regression 433 ff lineare 433 ff mehrfache lineare 442 multiple lineare 442 polynomiale 441 Regressionsverfahren 433 ff Rekombinationsrauschen 192 Rekonstruktionsfilter 312 Relais 469 Relaxationsoszillator 367, 371 Resonator piezoelektrischer 374 Restvarianz 437 ff, 440 Reziprokmessung 382 RS-Flip-Flop 288 ff mit NAND-Gattern 289 mit NOR-Gattern 288 statisch getaktetes 289 taktflankengesteuertes 289 taktzustandgesteuertes 289 RS232C-Schnittstelle 476, 477 ff Leitung 478 Leitungsbelegung 478 Logikdefinitionen 481 RS422-Schnittstelle 475 RS485-Schnittstelle 475, 489 ff Rubidium-Element 355, 380 Rubidium-Uhr 389 R¨ uckf¨ uhrgr¨ oße 323 R¨ uckkoppelnetzwerk 164 ff, 167, 369 R¨ uckkopplungsschleife 368 R¨ uckstellmoment 121 ff R¨ uckwirkungsfreiheit 161 S¨ agezahnumsetzer (u/t-Umsetzer) S¨ agezahn-Multiplizierer 331 ff S¨ agezahngenerator 250 S¨ agezahnspannung 249, 333 Steigungsfehler 334 Sample & Hold-Schaltung 314 ff Sampling 311 ff Sampling-Oszilloskop 255 Sampling-Pulse 311 Satellitenkommunikation 579 Satellitennavigation 386 ff Galileo 390 GPS 386 St¨ orfaktoren 392 Sch¨ atzfilter 423
333
656
Index
Sch¨ atzwert 102 ff, 404 Sch¨ atzwerteverteilung 103 Schaltschwelle 180, 296 Scheinleistung 207 Scheinwiderstand 229, 231 Messung 231 Scheitelfaktor 146 Scheitelwert 145 Schering-Meßbr¨ ucke 235 Schermodul 376 Scherwelle 376 Schirmbild 250, 251 Schließungswiderstand 124 Schmitt-Trigger invertierender 180 Schnittstelle -nkonverter 545, 582 CAMAC 476 IEC-Bus 476 parallele 493 ff PrimSens 564 PXI-Bus 476 RS232C 476 RS422 476 RS485 476 serielle 472, 477 ff USB 476, 491 ff VME-Bus 476 VXI-Bus 476 Schrittgeschwindigkeit 488 Schrotrauschen 192 Schutzschirm (Guard) 353 schwachergodisches Signal 411 Schwankung 102 ff Schwebungsfrequenz-Zeitexpander 360 Schwingbedingung 368, 370 Schwingkreisfrequenz 367 Schwingquarz 374 Admittanz 376 Alterungsrate 379 AT-Schnitt 375 CT-Schnitt 375 DT-Schnitt 375 Ersatzschaltbild 376 Fehler 378 Frequenzfehler 378 GT-Schnitt 375 G¨ ute 377
HT-Schnitt 379 Impedanz 376, 377 Kurzzeitkonstanz 379 Langzeitstabilit¨ at 380 NT-Schnitt 375 Parallelresonanz 374 Schaltzeichen 377 Schnittwinkel 378 Schwingungsform 376 Serienresonanz 374 Temperaturabh¨ angigkeit 378 ff Temperaturkoeffizient 378 Verlustwiderstand 376 Schwingung Differentialgleichung 367, 370 ged¨ ampfte 371 harmonische 367, 378 instabile 371 Schwingungserzeuger 367 Schwingungsgehalt 146 Schwingungsgr¨ oße 367 SCPI-Programmiersprache 604 ff Befehle 604 ff Datenformate 607 Syntax 604 ff Sekund¨ arklemmen 155 Sekund¨ arkreis 155 Sekund¨ arspule 153 Sekund¨ arwicklung 153, 154 Selbstinduktivit¨ at 131 Sensor induktiver 241 kapazitiver 241 serieller Bus 475 Serienresonanz eines Schwingquarzes 374 ff Settling Time 310, 316 Shannonsches Abtasttheorem 257, 313 Shunt 141 Signal abgetastetes 312 amplitudenanaloges 9 amplitudenmoduliertes 10 bin¨ ares 279 Codierung 324 Decodierung 324 digitales 10 elektrisches 4 Energiesignal 410
Index ergodisches Signal 410 frequenzanaloges 9 frequenzmoduliertes 10 Kenngr¨ oßen 405 Leistungssignal 410 nicht-sinusf¨ ormiges 405 pulsdauermoduliertes 10 station¨ ares 404 station¨ ares Signal 410 stochastisches 415 Visualisierung 245 zeitanaloges 9 Zeitverlauf 245 Signal/Rausch-Verh¨ altnis 193 ff, 342 Delta-Sigma-Umsetzer 330 Gewinn 329 Signaldarstellung 245 ff Signaleigenschaft Messung 408 Signalflußweg 5 Signalleistung 196, 419 Signalprozessor digitaler 396 Signaltreue 161 Signifikanzniveau 449 Signum-Funktion 240 Siliziumdioden 147 Single-Slope-Umsetzer 333 ff Slave-Flip-Flop 292 Slew-Rate 171, 316 Slope-Schalter 249 Smart Home 621 SMU Messung kleiner Str¨ ome 352 Spaltfunktion 268 Spannband 121, 125 Spannung 14 induzierte 123 verkettete 214 Spannungs-Frequenz-Umsetzer 335 ff Spannungseisen 216 Spannungsfehler 158 Spannungsfolger 175 Spannungsmessung 142 ff, 182, 203, 219 Fehler 219 Spannungsquelle stromgesteuerte 182 Spannungsstoß 126
657
Spannungsverdopplung 150 Spannungsvergleich 220 Spannungsverst¨ arker 182 nicht-invertierender 174 Spannungswandler 156 ff Fehler 158 Zeigerdiagramm 158 Spannungszeigerdiagramm 212 Speicheroszilloskop digitales 269 ff speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 517 Daten- und Prozeß-Visualisierung 532 Geb¨ audeautomatisierung 622 integrierter Webserver 529, 530, 534 Interface analog 623 digital 625 drahtlos 626 energieautark 626 Programmiersprachen 517 ff AS 521 ff AWL 521 ff Bausteine 518 FBS 521 ff KOP 521 ff ST 521 ff Programmiertechnik 518 ff Vernetzung 528 Spektralanalyse 408 Spektralbereich 311 Spektralkomponenten 205 Sperrschicht 192 Sperrschichtkapazit¨ at 147 Spitze-Spitze-Wert 149 Spitzenwertgleichrichtung 149 Sprungantwort 60, 109 ff, 113, 265 normierte 122 Spule ideale 230 Spulend¨ ampfung 126 Spulenrahmen 120, 130 Standardabweichung 100 ff, 401 empirische 106, 438 Start/Stop-Verfahren 482 Startbit 482 Station¨ ares Signal 410 Steigungsfehler 308, 344
658
Index
Stern-Dreieck-Umwandlung 228 Sternpunkt 208 ff k¨ unstlicher 208 ff Sternspannung 208 stochastischer Fehler 419 stochastisches Signal ¨ Ubertragung 420 St¨ oreinwirkung dynamische 419 St¨ orquelle 196 St¨ orsignal 396 St¨ orspannung 382 periodische 336 St¨ orspitze 309 St¨ orungen Erdschleife 469 galvanische Kopplung 471 Gegenmaßnahmen 472 ff induktive Kopplung 471 Mehrfacherdung 471 St¨ orungseinfluß 7 St¨ orunterdr¨ uckung 422 Stoffmenge 11, 12 Stopbit 482 Strahlablenkung elektrostatische 246 Strahlfokussierung 246 Streuung 102 ff Streuverlust 134 Str¨ omungsd¨ ampfung 137 Strom gewichteter 303 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmeßfunktion Source Measure Units (SMU) 350 Stromeisen 216 Stromempfindlichkeit 121, 125 Strommeßbereichserweiterung 143 Strommessung 140 ff, 182, 203, 219 Fehler 145, 219 Meßbereichserweiterung 140 ff Stromschleife (20 mA) 491 Stromst¨ arke 11, 12 Stromteilerregel 221, 223 Stromvergleich 221 Stromverst¨ arker 184 Stromwandler 154 ff, 156, 157 Fehler 156
Student t-Verteilung (t-Verteilung) 104, 454, 455 Stufenbreite 302 Stufenumsetzer 317, 317 ff inkrementaler 321 Subranging-Verfahren 319 ff Subtrahierer 164, 187 sukzessive Approximation 317 ff Superpositionsprinzip 306 Switch 573 Synchrongleichrichter 188, 238 Synchronzeichen 483 Systemtheorie 110, 419 T-Flip-Flop 294 taktflankengesteuertes 294 t-Verteilung (Student t-Verteilung) 104, 454, 455 t/U-Umsetzer 364 Taktvariable 289 Taktzyklus 321 Tastkopf 258 Korrekturnetzwerk 116 ff Teilerverh¨ altnis 258 ¨ Uberkompensation 260 Unterkompensation 260 Tautologie 282 Temperatur 11, 12, 200 Temperatursensor 379 Test χ2 -Test 452 Korrelationskoeffizient 456 lineare Abh¨ angigkeit 454 Normalverteilung 451 Testverfahren 447 ff Tiefpaßfilter 167, 312, 324, 402, 405 ideales 313 Time-Division-Multiplizierer 331 ff Torzeit 356, 381 Tr¨ agerphase pseudozuf¨ allige Umtastung (BPSK) 385 Track-and-Hold-Schaltung 314 Tr¨ agheitsmoment 121, 125 Transformator 151 ff Ersatzschaltbild 155 idealer 153 Transformatorbr¨ ucke 152 Transientenrekorder 269, 589
Index Transmission Control Protocol (TCP) 572 Trennverst¨ arker 460 Triax-Kabel 352, 353 Trigger -arten 459 -eingang 252 -einrichtung 249, 250 -ereignis 249 -filter 252 -modul 269 -m¨ oglichkeiten 459 -schaltung 249 Fehler 382 Triggerung 249 IEEE-1588 595 PTP 594 Software-Trigger 595 Tunneldiode 78 u/f-Umsetzer 335 ff ¨ Ubertragungsfunktion 111, 368 ¨ ¨ Ubertragungsgeschwindigkeit (Ubertragungsrate) 488 ¨ Ubertragungsmedien Koaxialkabel 477 Lichtwellenleiter 477 verdrillte Leitungspaare 477 ¨ Ubertragungsrate 488 ¨ Ubertragungsverhalten 109 ff ¨ Uberabtastung (Oversampling) 324 ff ¨ Uberspannungsableiter 155 ¨ Ubersprechen 309 ¨ Ubertrager 151 ff idealer 153 ¨ Ubertragungsfunktion 167 Umsetzungsgeschwindigkeit 319 UMTS 578 Universal Asynchronous Receiver Transmitter (UART) 485 Universal Synchronous and Asynchronous Receiver Transmitter (USART) 485 Universal-Vielfachmeßger¨ at 143 Univibrator 295 ff Unterabtastung 257 USB (Universal Serial Bus) 476, 491 USB-Datenlogger siehe Datenlogger USB-Meßger¨ ate 587
USB-Meßmodule
659
586
V.24-Schnittstelle 477 ff Varaktordiode 88 Varianz 101, 401, 437 ff, 438 Verbraucherleistung 204 Verbraucherspannung 204 Verbraucherstrom 204 Verbrauchertor 204 Vergleichsgr¨ oße 7 Vergleichsmessung 408 verkettete Spannungen 214 Verkn¨ upfung logische 281 NICHT 281 ODER 282 UND 282 Verlustfaktor 230, 234 Verluststrom 157 Verlustwiderstand dynamischer 376 Vernetzung standort¨ ubergreifend 576, 630 weltweit 631 Versorgungsspannungsunterdr¨ uckung 169 Verst¨ arker addierender 174, 185 differenzierender 176 integrierender 176 invertierender 165, 173 Modell 264 Rauschen 193 ff Rauschersatzschaltung 193 Schaltung 161 ff subtrahierender 174 Tiefpaßverhalten 265 Verzerrung 161 Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt 170 Verst¨ arkungsfehler siehe Steigungsfehler Verteilungsfunktion 396 Vertikalablenkplatten 247 Vertrauensbereich 103 ff Vertrauensfaktor 101 ff Vertrauensgrenzen 104 Verz¨ ogerungsleitung 254, 462 Vibrationsmeßwerk 356 Vielfach-Diskriminator 316 ff
660
Index
kaskadierter 319 ff Vielfachmeßger¨ at 141 Vierpol 196, 198 Kettenschaltung 198 Rauscheigenschaften 200 ¨ Vierpol-Ubertragungsfunktion 56 Viertelbr¨ ucke 242 Villard-Schaltung 149 Virtual Private Network (VPN) 582 ff, 597 ff Tunneling 598 Virtuelle Instrumente 586 VME-Bus 476, 508 ff Volladdierer 286 Vollbr¨ ucke 242 Vollweg-Gleichrichterschaltung 151 aktive 185 Vollweg-Gleichrichtung 148 Voltmeterschaltung 182 Vorw¨ arts-Dualz¨ ahler asynchroner 298 synchroner 298 VXI-Bus 476, 508 ff Busgliederung 512 Commander 511 IEC-Bus 512 MXI-Bus 515 ff Resource Manager 511 Servant 511 Software 602 System Manager 511 Teilbusse 512
Abgleichbr¨ ucke 233 ff Abgleichvorgang 238 Ausschlagbr¨ ucke 241 Halbbr¨ ucke 242 Viertelbr¨ ucke 242 Vollbr¨ ucke 242 Weicheisenkern 120, 129 Wheatstonesche Meßbr¨ ucke 226 Widerstandsaufnehmer 219 Widerstandsmessung 134, 224 Widerstandsrauschen 191 Wien-Br¨ ucke halbautomatisch abgleichbare 240 Wien-Br¨ ucke 234, 240 halbautomatisch abgleichbare 241 Wien-Robinson-Br¨ ucke 235 Wiener-Filter 423 Wiener-Khintchine-Beziehungen 418 Windungszahl 120, 153 Winkel ebener 14 r¨ aumlicher 14 Winkelfehler 156–158 Wirbelstrom 125, 130, 132, 218 Wirkkomponente 229 Wirkleistung 206, 333 Wirkleistungsmessung 3-Leiter-System 211 4-Leiter-System 210 Einphasennetz 205 Wirkungsgrad 488, 489 Wirkwiderstand 232
W¨ ageverfahren 317 ff Wahrscheinlichkeitsaussagen 100 Wahrscheinlichkeitsdichte 100, 101, 437 gemeinsame 437 Wahrscheinlichkeitsverteilung 437 WAN (Wide Area Network) 536 ff, 580 Wanderfeld-Ablenkplatte 268 Wattmeter elektronisches 333 Wechselgr¨ oße 205 Wechselspannungsverst¨ arker 188 idealer 188 Wechselstrom-Meßbr¨ ucke 233 ff Abgleich 238
Z¨ ahler Ereignisse 298 Fehler 380 rechnender 335, 363 Schaltungen 297 ff Vorw¨ arts 321 Vorw¨ arts-R¨ uckw¨ arts 321 Z¨ ahlratenmesser 366 Z¨ ahlverfahren 321 Zahlendarstellung 279 Zahlensystem 3, 279 ff Zahlenwert 11 Zahlenwertgleichungen 13, 14 Zeichengeschwindigkeit 488 Zeichenrahmen asynchroner 482
Index Zeiger 120, 121, 125 Zeigerdiagramm 156, 158, 232 Zeit 11 Zeit-Spannungs-Umsetzer 364 Zeitablenkung 249 Zeitbasis Fehler 381 verz¨ ogerte 251 Zeitbasisfehler 381–383 Zeitdifferenzmessung 358 Zeitexpander 360 Zeitintervallmessung 358, 381 Zeitmessung 355, 358, 374 Fehler durch Rauschen 382 zeitvariante Bauelemente 73 Zeitzeichensender 384 DCF-77 380, 385 Kodierschema 386 Minutenprotokoll 386
661
Modulation 386 pseudozuf¨ allige Umtastung (BPSK) 385 Sekundenmarkierung 386 St¨ orerkennung 386 Tr¨ agerphase 385 Zerhacker-Verst¨ arker 188 Zielgr¨ oße 395 Zungenfrequenzmesser 356 Zusammengesetzte Systeme 112 Parallelschaltung 112 R¨ uckkoppelschaltung 112 Serienschaltung 112 Zusatzrauschzahl 196 Zwei-Wattmeter-Verfahren 211 Zweirampen-Umsetzer integrierender 334 ff Zweiweg-Gleichrichtung 147 ff, 148 Zwischen-Codes 309, 311