Rainer Parthier
Messtechnik
Aus dem Programm Automatisierungstechnik
Speicherprogrammierbare Steuerungen von W. Brau...
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Rainer Parthier
Messtechnik
Aus dem Programm Automatisierungstechnik
Speicherprogrammierbare Steuerungen von W. Braun Mechatronik herausgegeben von B. Heinrich Kaspers/Küfner Messen – Steuern – Regeln herausgegeben von B. Heinrich Regelungstechnik für Ingenieure von M. Reuter und S. Zacher Regelungstechnik I Klassische Verfahren zur Analyse und Synthese linearer kontinuierlicher Regelsysteme, Fuzzy-Regelsysteme von H. Unbehauen Regelungstechnik II Zustandsregelungen, digitale und nichtlineare Regelsysteme von H. Unbehauen Automatisieren mit SPS Theorie und Praxis von G.Wellenreuther und D. Zastrow Automatisieren mit SPS Übersicht und Übungsaufgaben von G.Wellenreuther und D. Zastrow Übungsbuch Regelungstechnik von S. Zacher
vieweg
Rainer Parthier
Messtechnik Grundlagen und Anwendungen der elektrischen Messtechnik für alle technischen Fachrichtungen und Wirtschaftsingenieure 4., verbesserte Auflage Mit 121 Abbildungen und 30 Tabellen
Studium Technik
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. 2., 3., 4.,
Auflage Juli 2001 verbesserte Auflage Januar 2004 überarbeitete und ergänzte Auflage März 2006 verbesserte Auflage 2008
Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2008 Lektorat: Thomas Zipsner Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0336-8
V
Vorwort Automatisierung in der Industrie, wissenschaftliche Experimente im Labor, Erfassung von physikalischen Größen aus der Umwelt; nur einige Komplexe, in denen die Messtechnik die Voraussetzungen zur Umsetzung der geforderten Ziele schafft. Dabei stellt sich moderne Messtechnik in der heutigen Zeit vorrangig als elektronische, vorzugsweise digitale Messtechnik dar. Diese wenigen Bemerkungen zeigen schon, dass niemand in der produzierenden Wirtschaft oder in den technischen Wissenschaften tätig sein kann, der nicht über grundlegendes Wissen zur elektronischen Messtechnik verfügt. Als Professor an der Hochschule Mittweida bin ich u. a. mit der Vermittlung von Wissen zur elektronischen Messtechnik an Studenten betraut, für die dieses Wissensgebiet ein Nebenfach darstellt, wie z. B. Studenten des Wirtschaftsingenieurwesens, Studenten der Umwelttechnik usw. Trotz der zahlreich zur Messtechnik vorhandenen Literatur ließ sich keine uneingeschränkte Literaturempfehlung für diesen Hörerkreis geben, die einerseits möglichst straff und klar den zum Verständnis der Messtechnik erforderlichen Inhalt abdeckt, andererseits auch das Selbststudium fördernde Übungsaufgaben und Kontrollfragen, inklusive der Lösungen, zur Verfügung stellt. Die für die HFH Hamburger Fern-Hochschule als Co-Autor bzw. Autor entwickelten Studienbriefe „Metrologische Grundlagen“ und „Prozessmesstechnik“, siehe Literaturverzeichnis [1] und [2], entsprachen den genannten Vorstellungen für eine studienbegleitende Literatur, so dass der Gedanke entstand, auf der Basis dieser Studienbriefe ein Lehrbuch zu erarbeiten. Mit der freundlichen Unterstützung der HFH Hamburger Fern-Hochschule, welche die genannten, von ihr herausgegebenen Studienbriefe für den Zweck der Veröffentlichung des Buches kostenlos zur Verfügung gestellt hat, war es möglich, diesen Gedanken kurzfristig umzusetzen. Im vorliegenden Buch werden ausgehend von den Grundbegriffen der Messtechnik und der Charakterisierung von Messsignalen grundsätzliche Verfahren zur Ermittlung von Messwerten behandelt und relevante Kenngrößen von Messeinrichtungen erläutert. Die möglichen Abweichungen bei Messungen, deren Ursachen und ihre Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der erzielten Messergebnisse werden aufgezeigt. Damit wird dem Leser das notwendige Wissen an die Hand gegeben, vorhandene Messtechnik auf der Basis betrieblicher Qualitätsanforderungen auszuwählen und einzusetzen. Entsprechend ihrer Bedeutung ist ein angemessener Teil des Buches der Sensorik gewidmet, die an Hand ausgewählter Sensorprinzipien und ihrer praktischen messtechnischen Anwendung beschrieben wird. Zu allen angeführten Sensorprinzipien werden Beispiele für ihre praktische Umsetzung und erreichbare messtechnische Parameter genannt. Abgerundet wird das Lehrbuch durch eine einführende Vorstellung von grundsätzlichen Varianten zur Realisierung rechnergesteuerter Messsysteme. Aufgrund des Umfanges des Gebiets der elektronischen Messtechnik war eine gezielte Auswahl des Inhalts, aber auch dessen straffe Darstellung erforderlich, um den selbst vorgegebenen Umfang des Buches nicht zu sprengen. Das Lehrbuch wendet sich vorrangig an Studierende, die sich mit grundlegenden Problemen der Messtechnik vertraut machen wollen. Aber auch der Praktiker, der sich Basiswissen der Messtechnik wieder in Erinnerung rufen will, findet mit diesem Buch die geeignete Literatur. Das Selbststudium mit Hilfe dieses Buches wird gezielt durch praxisnahe Beispiele und Übungsaufgaben unterstützt.
VI
Vorwort
Nach dem Durcharbeiten dieses Buches sollte der Leser in der Lage sein, die Bedeutung der Messtechnik in seinem Arbeitsgebiet einschätzen zu können. Er ist dem Messtechnikspezialisten ein kompetenter Gesprächspartner und kann an Entscheidungsfindungsprozessen in der betrieblichen Praxis, in denen die Messtechnik eine Rolle spielt, fundiert mitwirken. Die Erarbeitung von speziellen, hier nicht abgehandelten messtechnischen Wissensgebieten sollte wesentlich erleichtert sein nach der Durcharbeitung dieses Lehrbuches. Mittlerweile liegt die 4. Auflage des Lehrbuches vor. Das Grundkonzept des Buches wurde aufgrund der Akzeptanz der Idee für dieses Buch nicht verändert. Es galt Hinweise von Fachkollegen einzuarbeiten und neue Literatur zum Thema zu berücksichtigen. Auf Seiten des Verlages Vieweg möchte ich insbesondere Herrn Zipsner danken. Durch seine stetige Unterstützung und seine Hinweise als Lektor hat er wesentlich zur Realisierung und Veröffentlichung des vorliegenden Buches beigetragen. Mein Dank gilt den Fachkollegen, die mit Bemerkungen und Hinweisen die Verbesserung dieses Lehrbuchs beförderten. Ich verbinde diesen Dank mit der Bitte, auch weiterhin das Buch mit Hinweisen, Anregungen und Ergänzungen zu begleiten.
Mittweida, im August 2007
Rainer Parthier
VII
Inhaltsverzeichnis
1 Messen; Voraussetzungen und Durchführung................................................................. 1 1.1 Messgrößen, Maßeinheiten .......................................................................................... 1 1.2 SI-Einheitensystem ...................................................................................................... 2 1.3 Normale ....................................................................................................................... 4 1.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben........................................................................... 5 2 Messsignale.......................................................................................................................... 6 2.1 Klassifizierung von Messsignalen ............................................................................... 6 2.2 Wandlung von Messsignalen ....................................................................................... 8 2.3 Analog-Digital-Wandlung ......................................................................................... 11 2.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben......................................................................... 13 3 Charakterisierung von Messsignalen.............................................................................. 14 3.1 Signalformen von Messsignalen ................................................................................ 14 3.2 Kenngrößen von Einzelimpulsen und periodischen sinusförmigen Signalverläufen .......................................................................................................... 16 3.3 Mittelwerte periodischer Signale ............................................................................... 18 3.4 Kenngrößen von nichtsinusförmigen periodischen Signalen..................................... 23 3.5 Logarithmische Übertragungsverhältnisse................................................................. 25 3.6 Kontrollfragen und Übungsaufgaben......................................................................... 28 4 Messmethoden .................................................................................................................. 30 4.1 Ausschlagmethode ..................................................................................................... 30 4.2 Differenzmethode (Methode der unvollständigen Kompensation) ............................ 31 4.3 Kompensationsmethode............................................................................................. 32 4.4 Kontrollfragen............................................................................................................ 33 5 Messeinrichtung................................................................................................................ 34 5.1 Wechselwirkung zwischen Grundfunktion und Grundstruktur einer Messeinrichtung.............................................................................................. 34 5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen ............................... 35 5.2.1 Statische Kenngrößen von Messeinrichtungen .............................................. 35 5.2.2 Dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen......................................... 37 5.3 Kontrollfragen und Übungsaufgaben......................................................................... 46 6 Bewertung von Messergebnissen..................................................................................... 47 6.1 Grundbegriffe ............................................................................................................. 47 6.2 Fortpflanzung bekannter systematischer Abweichungen........................................... 52
VIII
Inhaltsverzeichnis
6.3 Behandlung unbekannter systematischer Abweichungen .......................................... 55 6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen....................................................................... 55 6.4.1 Aufnahme und Analyse einer Messreihe ....................................................... 56 6.4.2 Analyse normalverteilter Messreihen............................................................. 60 6.4.3 Auswertung von endlichen Messreihen ......................................................... 65 6.4.4 Fortpflanzung von Unsicherheiten................................................................. 70 6.4.5 Bericht des Messergebnisses.......................................................................... 73 6.5 Messgeräteabweichungen .......................................................................................... 74 6.5.1 Fehlergrenzen................................................................................................. 75 6.5.2 Fortpflanzung von Abweichungen von Messgeräten..................................... 76 6.6 Kontrollfragen............................................................................................................ 78 7 Fehlertypen für Messeinrichtungen ................................................................................ 79 7.1 Die Auswirkung des additiven und multiplikativen Fehlers ...................................... 79 7.2 Abweichung infolge der Quantisierung ..................................................................... 81 7.3 Angabe der Genauigkeit bei Messgeräten.................................................................. 84 7.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben......................................................................... 86 8 Messung elektrischer Größen.......................................................................................... 87 8.1 Erreichbare Messgenauigkeiten ................................................................................. 87 8.2 Messung von Stromstärke und Spannung .................................................................. 88 8.3 Leistungsmessung ...................................................................................................... 92 8.4 Messung von Wirkwiderständen (ohmsche Widerstände) ......................................... 97 8.4.1 Messung mittels Strom-/Spannungsmessung................................................. 97 8.4.2 Messung mittels Brückenschaltung................................................................ 99 8.5 Messung an Kondensator und Spule ........................................................................ 101 8.5.1 Bestimmung der Kapazität eines Kondensators mittels Strom-/Spannungsmessung.......................................................................... 102 8.5.2 Bestimmung der Induktivität einer Spule mittels Strom-Spannungsmessung........................................................................... 104 8.5.3 Bestimmung von Kapazität und Induktivität mittels einer Brückenschaltung................................................................................ 106 8.6 Frequenz- und Zeitmessung ..................................................................................... 108 8.6.1 Frequenzmessung......................................................................................... 108 8.6.2 Zeitmessung ................................................................................................. 109 8.7 Kontrollfragen und Übungsaufgaben....................................................................... 110 9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen...................................................... 111 9.1 Messkette ................................................................................................................. 111 9.1.1 Messsignalaufnahme.................................................................................... 112 9.1.2 Multiplexen .................................................................................................. 113
Inhaltsverzeichnis
IX
9.1.3 Verstärken.................................................................................................... 115 9.1.4 Analog-Digital-Wandlung ........................................................................... 116 9.2 Verarbeitung und Ausgeben .................................................................................... 122 9.3 Kontrollfragen.......................................................................................................... 124 10 Sensoren ........................................................................................................................ 125 10.1 Klassifizierung und Grundstruktur von Sensoren .................................................. 125 10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen....................................................... 128 10.2.1 Inkrementale Sensoren............................................................................... 128 10.2.2 Code-Lineale.............................................................................................. 132 10.2.3 Potentiometrische Sensoren ....................................................................... 135 10.2.4 Induktive Sensoren .................................................................................... 137 10.2.5 Transformatorische induktive Sensoren zur Winkelmessung .................... 139 10.2.6 Kapazitive Sensoren ................................................................................... 142 10.3 Sensoren zur Kraftmessung ................................................................................... 148 10.3.1 Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen.................................................. 148 10.3.2 Piezoelektrische Kraftsensoren (Piezosensoren)........................................ 154 10.4 Messung mechanischer Schwingungen ................................................................. 158 10.5 Sensoren zur Temperaturmessung ......................................................................... 161 10.5.1 Temperaturmessung mit Widerstandssensoren.......................................... 161 10.5.2 Thermoelementsensoren ............................................................................ 165 10.6 Feuchtemessung..................................................................................................... 169 10.6.1 Fadenhygrometer ....................................................................................... 170 10.6.2 Kapazitiver Feuchtemesser ........................................................................ 171 10.6.3 Resistiver Feuchtesensor............................................................................ 171 10.7 Kontrollfragen und Übungsaufgaben..................................................................... 172 11 Automatisierte Messsysteme........................................................................................ 173 11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen.............................. 173 11.1.1 Instrumentierte Computer .......................................................................... 173 11.1.2 Messsysteme mit Busschnittstelle.............................................................. 176 11.2 Software zur Steuerung und Visualisierung........................................................... 186 11.3 Kontrollfragen........................................................................................................ 188 Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben ..................... 189 Symbole und Abkürzungen ............................................................................................... 199 Literaturverzeichnis........................................................................................................... 202 Sachwortverzeichnis........................................................................................................... 204
1
1 Messen; Voraussetzungen und Durchführung Im ersten Kapitel dieses Buches werden die Grundbegriffe der Messtechnik erläutert, um damit eine Basis für das Verständnis der weiteren Kapitel zu legen. Schwerpunktmäßig sind das: x
die Begriffe Messgröße und Maßeinheit,
x
die allgemeine Gleichung für eine Messung,
x
das SI-Einheitensystem,
x
die Hierarchie der Normale als Basis des Eichens von Maßverkörperungen und Messgeräten.
Zum Begriff Messen findet man in der Fachliteratur eine Vielzahl von Definitionen, denen hier keine neue hinzugefügt werden soll. Das Zitat aus [3] stellt hier wohl die umfassendste Erklärung des Begriffes Messen dar: Messen ist das Ausführen von geplanten Tätigkeiten zum quantitativen Vergleich der Messgröße mit einer Maßeinheit. Damit fasst man den Begriff des Messens noch allgemeiner als in älteren Fassungen der DIN1319 T.1, in der Messen noch als experimenteller Vorgang, durch den ein spezieller Wert einer physikalischen Größe als Vielfaches einer Einheit oder eines Bezugswertes ermittelt wird, definiert wurde. Die aktuelle Definition aus [3] berücksichtigt, dass auch theoretische Überlegungen und Berechnungen für die Ausführung einer Messung erforderlich sein können. Aus dieser Definition folgt die Notwendigkeit, sich mit physikalischen Größen, für unsere Betrachtungen auch als Messgrößen zu interpretieren, und Maßeinheiten auseinander zu setzen.
1.1 Messgröße, Maßeinheit Mit Hilfe von physikalischen Größen werden Eigenschaften von Körpern, Zuständen oder Verfahren beschrieben. Eine physikalische Größe wird als Messgröße bezeichnet, wenn sie Gegenstand einer Messung ist. Um den in der Definition des Messen festgelegten Vergleich durchführen zu können, erfolgte die Festlegung von Maßeinheiten. So genannte Basis- oder Grundeinheiten sind unabhängig voneinander festgelegte Maßeinheiten. Aus Verknüpfungen der Basiseinheiten gewonnene Maßeinheiten werden als abgeleitete Maßeinheiten bezeichnet. Im Kapitel 1.2 wird darauf noch näher eingegangen. Der zu einem Messwert führende Vorgang der Messung lässt sich auch durch eine Gleichung beschreiben: Messwert
Maßzahl Maßeinheit
(1.1)
Der quantitative Wert einer Messgröße wird somit als Produkt aus Maßzahl und Maßeinheit ausgedrückt. Diese Gleichungsform wird auch als Größengleichung bezeichnet, wobei auf der linken Seite die Größenbezeichnung steht. Die rechte Seite der Gleichung beschreibt den quan-
2
1 Messen; Voraussetzungen und Durchführung
titativen Wert bzw. einen Ausdruck, der den formelmäßigen Zusammenhang mit anderen physikalischen Größen darstellt. Häufig ist es in der Messtechnik auch erforderlich, die Beziehungen zwischen verschiedenen Maßeinheiten zu verdeutlichen, hiermit kann man z. B. ermitteln, welche physikalische Größe durch eine Gleichung beschrieben wird. Die sich dabei ergebende Gleichungsform wird Einheitengleichung genannt und wird am Beispiel der Arbeit gezeigt: 1 Joule 1 Newton 1 Meter 1J 1 N 1 m 1J
1 Nm
1.2 SI-Einheitensystem Bis in das vergangene Jahrhundert hinein war es üblich, Maßeinheiten anhand von recht willkürlich ausgewählten Maßverkörperungen festzulegen (z. B. Elle, Fuß u.ä.). Da diese Festlegungen von Land zu Land trotz gleicher Bezeichnung zu verschiedenen Größen der Maßverkörperungen führen konnte, ergaben sich Probleme speziell beim Warenaustausch, wo man sich bei Verhandlungen über Lieferungen auch immer über die Größe der gewählten Maßverkörperungen einigen musste. Mit dem Fortschreiten der technischen Entwicklung und des damit verbundenen stärkeren, auch internationalen Warenaustausches entstand der unausweichliche Bedarf nach einem weltweit akzeptierten Einheitensystem. Tabelle 1.1 SI-Basiseinheiten
Basisgröße
Zeichen
Basiseinheit
Zeichen
Definition über
Länge
l
Meter
m
Lichtgeschwindigkeit und Zeit
Zeit
t
Sekunde
s
Periodendauer einer Strahlung
Masse
m
Kilogramm
kg
Prototyp im BIPM
Stromstärke
I
Ampere
A
Kraftwirkung zwischen parallelen elektrischen Leitern
Temperatur
T
Kelvin
K
Tripelpunkt des Wassers
Lichtstärke
Iv
Candela
cd
Strahlung des schwarzen Körpers
Stoffmenge
n
Mol
mol
Atomzahl (12C in 12 g)
Ein erster Ansatz in diese Richtung war die Unterzeichnung der Meterkonvention im Jahre 1875. Die in diesem Zusammenhang gegründete Generalkonferenz für Maß und Gewicht (Conference Générale des Poids et Measures, CGPM) ist auch heute noch die höchste Autori-
1.2 SI-Einheitensystem
3
tät im Bereich des Messwesens. Die CGPM richtete als ständige Einrichtung das Internationale Büro für Maß und Gewicht (Bureau International des Poids et Measure, BIPM) ein mit Sitz in Sérvres bei Paris. Dieses Büro hat als Hauptaufgabe die international gültigen Prototypen der Einheiten aufzubewahren. Die Unterzeichnerstaaten, inzwischen über 50 Staaten, vergleichen ihre nationalen Prototypen regelmäßig mit denen des BIPM und können so die Verwendung weltweit einheitlicher Maßverkörperungen garantieren. Als Einheiten sind im SI-Einheitensystem Basiseinheiten und die von ihnen abgeleiteten Einheiten festgelegt, siehe auch Tabelle 1.1. Anfangs definierte man 6 Basiseinheiten, 1971 wurde diese Zahl durch Aufnahme der Basiseinheit für die Stoffmenge mit der Einheit Mol auf 7 erweitert. Bis auf das Kilogramm, das durch eine definierte Maßverkörperung dargestellt wird (ein Zylinder aus einer Platin-Iridium-Legierung bestehend), sind alle anderen Basiseinheiten von Naturkonstanten abgeleitet, bzw. über Naturkonstanten definiert. Auf die detaillierte Erläuterung der einzelnen Basiseinheiten wird hier verzichtet. Der interessierte Leser kann hierzu in einschlägigen Tabellenbüchern, bzw. Fachbüchern zu den Grundlagen der Messtechnik (z. B. [7], [8], [10]) nachlesen. Von den definierten Basiseinheiten können Einheiten für jede physikalische Größen abgeleitet werden. Kennzeichnend für das SI-Einheitensystem ist, dass die abgeleiteten Einheiten mit dem Zahlenfaktor 1 gebildet werden können, d. h. sie sind kohärent zueinander, einige wenige Beispiele sind in Tabelle 1.2 angeführt. Diese Tabelle ließe sich für beliebige physikalische Größen fortführen. Bemerkenswert ist die auch aus den Maßeinheiten erkennbare Überführbarkeit von mechanischer Energie in elektrische und umgekehrt, was sich auch auf andere Energieformen übertragen lässt. Tabelle 1.2 Beispiele für abgeleitete SI-Einheiten Größe
Zeichen
Geschwindigkeit
v
Kraft
F
Druck Arbeit, Energie
Größengleichung
v F
p W
p
s t ma
F A
abgeleitete SI-Einheit
Zeichen
Meter Sekunde
m s
Newton
Newton Meter Meter
N 1kg
m s2
N m2
J 1N m
W
F l
W
U I t
J 1V A s
W
P t
J 1W s
Joule
Vielfaches und Teile von Einheiten werden durch international festgelegte Vorsätze, wie z. B. Kilo (k), Mega (M) und Milli (m), Mikro (µ), beschrieben, siehe Tabelle 1.3.
4
1 Messen; Voraussetzungen und Durchführung
Neben den SI-Einheiten, mit dem Umrechnungsfaktor 1, sind auch noch einige nichtkohärente Maßeinheiten zulässig, die mit einem Umrechnungsfaktor ungleich 1 verknüpft sind. Das trifft vor allem auf die amerikanisch dominierte Elektronikindustrie, wo sich als Längenmaß nach wie vor das Zoll (eng. Inch, 1“ = 25,4 mm) behauptet, bzw. auch auf die Seefahrt mit ihrer Einheit für die Geschwindigkeit Knoten (1 kn = 1,852 kmh-1) zu. In einigen Bereichen werden aus alter Gewohnheit nicht mehr zulässige Maßeinheiten verwendet, z. B. in der Automobilindustrie wird vor allem aus Image-Gründen noch die Pferdestärke (1 PS = 0,735 kW) benutzt. Hier fordert allerdings der Gesetzgeber, die rechtsverbindliche Leistungsangabe in der kohärenten Maßeinheit Watt anzugeben. Tabelle 1.3 Vorsätze für SI-Einheiten Name
Zeichen
Multiplikator
Name
Zeichen
Multiplikator
Exa
E
1018
Dezi
d
10-1
Peta
P
1015
Zenti
c
10-2
Tera
T
1012
Milli
m
10-3
Giga
G
109
Mikro
µ
10-6
Mega
M
106
Nano
n
10-9
Kilo
k
103
Piko
p
10-12
Hekto
h
102
Femto
f
10-15
Deka
da
101
Atto
a
10-18
1.3 Normale Normale, auch Normalien bzw. franz.: Etalons genannt, stellen Maßverkörperungen dar und sind deshalb von den Basisgrößen abgeleitet. Wie schon erwähnt, werden die Basiseinheiten und damit die von ihnen abgeleiteten Einheiten über atomare Konstanten definiert. Auf diese Weise sind aber keine in der betrieblichen Praxis effektiv verwendbare Maßverkörperungen realisierbar. Deshalb wurden im BIPM praktisch anwendbare Primärnormale unmittelbar von den Basisgrößen abgeleitet und deren ständige Überwachung abgesichert. Für fast jede Messgröße existieren solche Primärnormale, z. B. in der Elektrotechnik für die Einheiten Ohm, Volt, Henry, Farad usw. Die Unterzeichnerstaaten der Generalkonferenz für Maß und Gewicht erhalten zur nationalen Verwendung jeweils ein solches Primärnormal, von denen dann Sekundärnormale abzuleiten sind, die zur Eichung von betrieblichen Referenz- und Arbeitsnormalen in zugelassenen Eichlaboren benutzt werden. Firmen verwenden dann schließlich Arbeitsnormale zur Kalibrierung ihrer betrieblichen Messmittel. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) Braunschweig und Berlin für die Überwachung der Forderungen des SI zuständig. Die PTB ist
1.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben
5
ein natur- und ingenieurwissenschaftliches Staatsinstitut und die technische Oberbehörde für das Messwesen und für die physikalische Sicherheitstechnik in Deutschland. In Abstimmung mit dem BPIB ist durch die PTB die Einhaltung geforderter Fehlergrenzen bei den einzelnen Normalen durch eine permanente Überwachung zu gewährleisten. Es lässt sich eine Hierarchie der Normale definieren, die folgendermaßen skizziert werden kann:
Definition über atomare Konstante (außer bei der Masse)
Primärnormal Normal 1. Ordnung
Sekundärnormal Normal 2. Ordnung
Jedes Land besitzt eines (Strenge staatliche Überwachung)
Regionales Eichlabor (Eichung von Arbeitsnormalen)
Arbeits- bzw. Referenznormal Normal 3. Ordnung Betriebliches Kalibrierlabor (Kalibrieren von betrieblichen Messgeräten)
Bild 1-1 Hierarchie der Normale
Man beachte, dass man unter Eichung die nach Eichvorschriften, z. B. Eichgesetze oder Eichordnungen, durchzuführenden Qualitätsprüfungen und Kennzeichnungen eines Messgerätes versteht. Da Eichung eine hoheitliche Aufgabe ist, dürfen das nur staatlich dazu berechtigte Einrichtungen durchführen. Somit sollte auch das Wort Eichung nur in diesem Zusammenhang verwendet werden. Der Gesetzgeber hat in Gesetzen und Verordnungen geregelt, welche Messgeräte der Eichpflicht unterliegen. Für alle nicht staatlich reglementierten Aktivitäten zur Ermittlung des Zusammenhanges zwischen einem Messwert, der mit einer Messeinrichtung ermittelt wurde und dem zugehörigen richtigen Wert einer Messgröße, ist der Begriff Kalibrierung zu nutzen. Bei der Kalibrierung erfolgt kein verändernder Eingriff in die Messeinrichtung. Ist ein Einstellen oder Abgleichen einer Messeinrichtung bzw. eines Messgerätes erforderlich, wird das als Justierung bezeichnet siehe auch [3].
1.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 1.1) Drücken Sie die Einheit der elektrischen Spannung durch SI-Basiseinheiten aus. 1.2) Um welche physikalische Größe handelt es sich, wenn die folgende Maßeinheit angegeben wird:
1
A2 s 4 kg m 2
?
1.3) Warum werden in der betrieblichen Praxis i. Allg. keine Primärnormale verwendet?
6
2 Messsignale Messwerte beinhalten Informationen über physikalische Größen. Die Übertragung dieser Informationen erfolgt in Form eines Signals. Allerdings wird der Signalbegriff im täglichen Leben mehrdeutig benutzt. Im technischen Gebrauch, und hierbei speziell im Bereich der Messtechnik, soll ein Zeitverlauf einer physikalischen Größe als Signal bezeichnet werden. Wird das Signal im Bereich der Messtechnik verwendet, sprechen wir auch konkret vom Messsignal. Im Sinne dieser Definition ist dabei ein Signal nicht an eine bestimmte physikalische Größe gebunden. Ein oder mehrere Parameter des Signals (die Informationsparameter) sind Träger des interessierenden Informationsgehalts, so dass meist nicht alle Kennzeichen der physikalischen Größe, die als Signalträger fungiert, ausgewertet werden müssen. Liegt beispielsweise ein Messsignal in Form einer sinusförmigen Spannung entsprechend der Gleichung u (t ) uˆ sin(Z t M )
vor, ist deren zeitlicher Signalverlauf durch die Amplitude uˆ , die Kreisfrequenz Z und den Phasenwinkel M gekennzeichnet. Die Angabe „sin“, Symbol für die Sinusfunktion, definiert eindeutig den Verlauf des Funktionswertes über die Zeit. Je nach messtechnischer Aufgabe kann sich die Auswertung auf die Amplitude, die Frequenz oder den Phasenwinkel beschränken.
2.1 Klassifizierung von Messsignalen In der modernen Messtechnik werden am häufigsten elektrische Signale verwendet, in einigen Bereichen sind aber auch mechanische, pneumatische und hydraulische Signale üblich. Vor allem in Verbindung mit technischen Regeleinrichtungen sind die letztgenannten drei Signalarten gebräuchlich. Mit dieser Beschreibung ist allerdings noch keine ausreichende Charakterisierung von Messsignalen möglich. Wir müssen Messsignale mindestens noch nach dem Wertevorrat eines oder mehrerer Informationsparameter (analog oder diskret) und nach ihrem zeitlichen Auftreten (kontinuierlich oder diskontinuierlich) unterscheiden, s. Tabelle 2.1. Vereinzelt arbeitet man in der Messtechnik auch mit stochastischen Signalen. Ihre Werte oder ihr Auftreten sind zufallsbehaftet. Bei solchen Messsignalen sind erst bei Auftreten von einer größeren Anzahl von Ereignissen (z. B. wiederholte Messungen) gesicherte Aussagen über die Qualität der Messung mit den Methoden der Statistik möglich. Im Gegensatz zu den stochastischen Messsignalen bestehen bei determinierten Messsignalen zu jedem betrachteten Zeitpunkt feste Zusammenhänge zwischen den zu analysierenden Ereignissen und den erhaltenen Messwerten. Da in den meisten technischen Abläufen mit determinierten Messsignalen gearbeitet wird, gilt Determiniertheit als vorhanden, ohne dass darauf ausdrücklich hinzuweisen ist. Demgegenüber muss bei stochastischer Natur von Messsignalen dies ausdrücklich erwähnt werden.
2.1 Klassifizierung von Messsignalen
7
Tabelle 2.1 Klassifizierung von Messsignalen bezüglich der Signalformen
lfd. Nr.
Signalcharakteristik
Erläuterung
Vorteil
Nachteil
1.1
Analog
Informationsparameter kann theoretisch beliebig viele Werte innerhalb seines Wertebereichs annehmen
Proportionale Abbildung zwischen Messsignal und Informationsparameter
einfach zu stören, z. B. durch externe Störsignale, Rauschen, Temperaturdrift usw.
1.2
Diskret
Informationsparameter kann nur endlich viele Werte innerhalb seines Wertebereichs annehmen
Störeinflüsse machen sich erst nach Überschreiten von Grenzwerten bemerkbar
Bei der Abbildung analoger Messwerte auf einen diskreten Informationsparameter entsteht ein Informationsverlust
2.1
Kontinuierlich
Jederzeit ist der zeitliInformationsparameter kann zu je- che Verlauf von Messdem beliebigem werten verfolgbar Zeitpunkt seinen Wert ändern
Störungen können jederzeit wirken, Informationsmenge ist oft unnötig groß
2.2
Diskontinuierlich
Informationsparameter kann nur zu diskreten Zeitpunkten seinen Wert ändern
Störungen zwischen den Zeitpunkten der Parameteränderungen können sich nicht auswirken
Informationen stehen nur zu diskreten Zeitpunkten zur Verfügung
3.1
Determiniert
kann Determiniertheit des Information mit einma- Information liger Messung gewinn- durch Störung unInformationsparabrauchbar werden bar meters
3.2
Stochastisch
Störungen machen sich Informationsparameter repräsentiert nur stark reduziert stochastische Größe bemerkbar, sie werden über die Messzeit integriert
Information ist erst mit mehrmaligen Messungen zu gewinnen, das erfordert einen großen Zeitbedarf
Der in Tabelle 2.1 ausgeführte Ansatz zur Klassifizierung von Messsignalen kann an einigen Stellen noch weiter verfeinert werden. So lässt sich z. B. die Signalcharakteristik „Diskret“ spezifizieren in „Digital“, worunter man die Zuordnung der diskreten Werte zu einem vereinbarten Alphabet versteht. Eine noch weitere Spezifizierung könnte dann mit dem Begriff „Binär“ beschrieben werden, wobei hier der Informationsparameter vereinbarungsgemäß nur zwei Werte annehmen kann. Die möglichen Kombinationen von Messsignalen bezüglich des Wertevorrats ihres Informationsparameters und dessen zeitlicher Verfügbarkeit zeigt Bild 2-1.
8
2 Messsignale
A
A
ǻt a)
t
A
b)
t
A
ǻA c)
ǻt
ǻA t
Bild 2-1
d)
t
Beispiele für Signalformen a) kontinuierlich-analog; b) diskontinuierlich-analog; c) diskontinuierlich-diskret; d) kontinuierlich-diskret, ('A – Amplituden-Quantisierungsintervall; 't – Zeit-Quantisierungsintervall)
2.2 Wandlung von Messsignalen Schon bei der einfachsten Messeinrichtung erfolgt i. Allg. eine Wandlung des aus der Umwelt gewonnenen Messsignals in eine für den Menschen interpretierbare bzw. zur Weiterverarbeitung geeignete Signalform (siehe auch Abschnitt 5). Der die Messinformation repräsentierende Informationsparameter darf bei einer Umwandlung aber nicht undefiniert verändert werden. Eine Forderung der man sich in der Praxis nur endlich nähern kann. Die Umwandlung von Signalen kann in Wandlung der Signalform und Wandlung des Informationsparameters unterschieden werden: x
Wandlung der Signalform des Informationsparameters
Bei dieser Wandlung wird die physikalische Größe des Informationsparameters nicht verändert, lediglich dessen Form den Erfordernissen der Weiterverarbeitung angepasst. Als anschauliches Beispiel kann jeder Messverstärker dienen, der die Amplitude eines Messsignals den Anforderungen der Signalanzeige oder -verarbeitung anpasst, wobei der Informationsparameter immer die Amplitude des Signals bleibt!
2.2 Wandlung von Messsignalen x
9
Wandlung der physikalischen Größe des Informationsparameters
In den wenigsten Fällen ist ein aus der Umwelt gewonnenes Messsignal bezüglich seines Informationsparameters zur Anzeige oder Weiterverarbeitung geeignet. Folglich ist fast immer innerhalb eines Messvorganges die Wandlung der physikalischen Größe des Informationsparameters erforderlich, wie in wenigen Beispielen aufgezeigt werden soll. Um z. B. dem Menschen die Wahrnehmung einer elektrischen Spannung als Messgröße zu ermöglichen, muss bei einem Zeigerinstrument der Informationsparameter Amplitude des elektrischen Stromes in eine proportionale Winkeländerung des Zeigerausschlags transformiert werden. Zur elektrischen Messung einer nichtelektrischen physikalischen Größe (z. B. der Temperatur) wird mittels eines temperaturabhängigen Widerstandes ein Spannungsabfall erzeugt, der die Temperatur repräsentiert. Eine typische Wandlung der physikalischen Größe des Informationsparameters in der modernen Messtechnik stellt die Wandlung vom Informationsparameter Amplitude in den Informationsparameter Frequenz dar. Hauptgrund ist die große Unempfindlichkeit der Frequenz eines Messsignals gegenüber Störeinflüssen. Messsignale mit dem Informationsparameter Frequenz lassen sich außerdem auf sehr einfache Art digitalisieren, indem von dem Messsignal mittels einer Triggereinrichtung Pulse mit der äquivalenten Pulsfolgefrequenz abgeleitet werden und diese anschließend über eine definierte Zeit (z. B. 1 s) ausgezählt werden, s. auch Abschnitt 8.6. x
xT t
a)
b)
t
xAM
xFM t
c)
t d)
Bild 2-2 Beispiele für Modulation einer Trägerschwingung a) zeitlicher Verlauf des Messsignals x(t) (Zeitfunktion, die den Träger moduliert), b) unmodulierte Trägerschwingung xT(t), c) Amplitudenmodulation (AM), d) Frequenzmodulation (FM)
Eine verbreitete Form, Signale mit dem Informationsparameter Frequenz zu generieren, stellt die Modulation dar. In der klassischen Form der Modulation wird eine sinusförmige Schwin-
10
2 Messsignale
gung konstanter Frequenz und Amplitude, die Trägerschwingung, durch die Amplitude des Messsignals entweder x
in der Amplitude beeinflusst (Amplitudenmodulation AM) ,
x
in der Frequenz beeinflusst (Frequenzmodulation FM) oder
x
in der Verschiebung des Nullphasenwinkels beeinflusst (Phasenmodulation PM) .
Die Rückgewinnung der originalen Amplituden–Zeitfunktion erfolgt durch eine Demodulation. Auf die detaillierte Erläuterung der erwähnten Modulations-/Demodulationsverfahren wird hier verzichtet; in den einschlägigen technischen Messeinrichtungen wird dieser Sachverhalt entsprechend der technischen Spezifikation ausgeführt. In modernen Messsystemen wird als Trägerschwingung auch häufig eine Rechteckpulsfolge verwendet (siehe Bild 2-3). Dieser Pulsfolge kann auf verschiedener Art eine Information aufgeprägt werden, entsprechend leiten sich daraus auch die weitgehend selbsterklärenden Bezeichnungen, wie z. B. Pulsamplituden-Modulation oder Pulsdauer-Modulation ab. x
A
a)
t
xPD
b) xPA
c)
d)
t
1
0 e)
t
01010 = 10
10100 = 20
10101 = 21
t
Bild 2-3 Beispiele für verschiedene Pulsmodulationsarten a) zeitlicher Verlauf des Messsignals x(t), b) unmodulierte Pulsfolge, c) Pulsdauer-Modulation, d) Pulsamplituden-Modulation, e) Pulscode-Modulation mit Beispiel-Kodierungen
t
2.3 Analog-Digital-Wandlung
11
Eine Besonderheit stellt die Pulscode-Modulation dar. Darunter versteht man die Wandlung des Informationsparameters eines Messsignal (oder allgemein eines Nutzsignals) in Folgen von Impulsgruppen, wobei deren Kodierung entsprechend einem vereinbarten Alphabet erfolgt. Beispiele hierzu erkennt man in Bild 2-3 e. Pulsdauer- und Pulscode-Modulationssignale sind direkt im Computer, d. h. ohne vorherige Analog-Digital-Wandlung verarbeitbar, was ihre Bedeutung für die moderne, rechnergesteuerte Messtechnik ausmacht. Auch für die Pulsmodulationsarten existieren geeignete Demodulations-Methoden, um die Messinformation zur weiteren Verarbeitung oder Anzeige wieder vom Träger zu separieren.
2.3 Analog-Digital-Wandlung Mit der zunehmenden Dominanz digital arbeitender Messgeräte und -systeme und der Anwendung rechnergestützter Systeme in der Messtechnik wächst die Forderung nach der Bereitstellung von digitalisierten Eingangsinformationen, in unserem Fall also der Messinformationen. Da Messgrößen bis auf wenige Ausnahmen als analoge Signale vorliegen, ist eine AnalogDigital-Wandlung, oft kurz auch nur als Digitalisierung bezeichnet, unerlässlich. Als typisches Beispiel kann eine Microcontroller-gesteuerte Temperaturregelung von komplexen Heizungssystemen angeführt werden. Um die Wärmezufuhr mittels elektronisch einstellbarer Ventile regeln zu können, sind die Messwerte, mit denen die Temperatur repräsentiert wird (z. B. der Spannungsabfall über einen temperaturabhängigen ohmschen Widerstand) in diskrete Zahlenwerte zu überführen. Die Messwerte sind also zu digitalisieren, um die enthaltenen Information über die zu regelnde Temperatur dem Microcontroller zugänglich zu machen. Aufgrund ihrer Bedeutung für die moderne Messtechnik wird die Analog-Digital-Wandlung explizit behandelt. Als Begriffsbestimmung für die Analog-Digital-Wandlung gilt die Definition: Der unendliche Wertevorrat der analogen Größe wird auf einen endlichen Wertevorrat von Teilbereichen (Quanten) abgebildet. Auf den damit verbundenen Informationsverlust wird im Zusammenhang der Darstellung der Abweichung infolge der Quantisierung eingegangen. Mit anderen Worten, die analoge physikalische Messgröße, i. Allg. eine elektrische Spannung, die durch Wandlung von einer Messgröße abgeleitet wurde, wird in einen meist binären Zahlenwert gewandelt. Dafür sind zwei Schritte erforderlich: 1.
Quantisieren und
2.
Kodieren.
Der Grundgedanke der Analog-Digital-Wandlung wird in Bild 2-4 verdeutlicht. Die gestufte (Treppen-)Kurve stellt die reale Übertragungskurve eines 3-Bit-Analog-Digital-Wandlers, im weiteren kurz ADW genannt, dar. Deutlich kann die Konstanz des digitalen Ausgangssignals erkannt werden, solange sich das analoge Eingangssignal nur im Intervall 1 LSB (least significant bit = kleinstwertigstes Bit, sinngemäß: kleinstes unterscheidbares Inkrement) ändert. Erst
12
2 Messsignale
bei Überschreiten dieses Intervalls ist eine Informationsänderung am ADW-Ausgang nachweisbar. In der Praxis wird man die Stufung und damit die Auflösung eines ADW nur so fein wie für die zu lösende (Mess-) Aufgabe notwendig wählen. Grenzen sind der Auflösung vorrangig gesetzt durch: a) den erforderlichen technischen Aufwand, b) die Genauigkeit der Darstellung der Referenzinformation (i. Allg. der Referenzspannung zur Darstellung der Quanten, d. h. des LSB-Intervalls). Für einen technisch realisierte ADW bestimmt die Genauigkeit der Darstellung der Referenzspannung entscheidend seine erreichbare Auflösung. Die theoretisch mögliche Grenze der Auflösung ist durch die diskrete Natur der Welt gegeben (Stichworte: Elementarladung, Plancksches Wirkungsquantum usw.), was aber hier nicht weiter ausgeführt werden soll. Die gestrichelt gezeichnete Übertragungskurve in Bild 2-4 stellt den Übergang zu unendlich kleinen Quanten dar und entspricht wieder dem Übertragungsverhalten eines reinen Analogsystems, also einem System mit einem unendlichem Wertevorrat für die Ausgangsgröße. ideale (kontinuierliche) Übertragungskurve Digitaler Ausgang
reale (diskrete) Übertragungskurve
7 = 111 6 = 110 5 = 101 4 = 100 1 LSB 3 = 011 2 = 010 1 = 001 0 = 000
0
1
2
3
4
5
6
7
Analoger Eingang
Bild 2-4 Kennlinie eines 3-BitAD-Wandlers
Analysiert man die Analog-Digital-Wandlung bezüglich des zeitlichen Verhaltens, so erkennt man, dass neben der Amplitudendiskretisierung auch das zeitliche Verhalten des Ausgangssignals des ADW diskret ist. Das rührt von der endlichen Zeit her, die jeder ADW benötigt, um auf ein analoges Eingangssignal mit einem digitalem Ausgangssignal zu reagieren. Folglich wird also dem kontinuierlichen Eingangssignal nur eine endliche Zahl von Proben (Samples) entnommen. Allerdings muss diese Zeitdiskretisierung nicht mit einem Informationsverlust verbunden sein. Das Shannonsche Abtasttheorem gibt hier die Antwort, wie oft eine Sinusschwingung abgetastet werden muss, damit sie aus dem digitalisierten Signal wieder verlustfrei regeneriert werden
2.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben
13
kann [21]. Wenn f die Frequenz der zu digitalisierenden Sinusschwingung und fab die Abtastfrequenz für die Sample-Entnahme ist, gilt lt. Shannon: f ab ! 2 f
(2.1)
Eine Sinusschwingung muss in einer Periode mindestens zweimal abgetastet werden, um aus dem digitalisierten Kurvenverlauf, der zeit- und wertediskret ist, mittels eines idealen Tiefpasses wieder die Originalschwingung zu generieren. Abgeleitet von der Tatsache, dass beliebige periodische Signale durch eine Überlagerung mehrerer Sinusschwingungen generiert werden können, ist das Shannonsche Abtasttheorem auch auf beliebige periodische Signale übertragbar. Als zu analysierende Frequenz ist dann der jeweils höchste Frequenzanteil in die Berechnung der erforderlichen Abtastfrequenz einzubeziehen. Ergibt die Frequenzanalyse eines unbekannten periodischen Signals allerdings ein Frequenzspektrum mit Anteilen, die Frequenzen bis ins Unendliche besitzen, z. B. eine Rechteckschwingung oder auch ein Einzelpuls, muss ein Informationsverlust hingenommen werden. Da jeder reale ADW eine Wandlungszeit größer Null besitzt, ist das Abtasttheorem in diesen Fällen nicht einzuhalten. In der Praxis kann man über die Abtastfrequenz des verwendeten ADW’s die höchste noch berücksichtigte Frequenz des zu wandelnden Signals bestimmen. In der Messpraxis ist es unbedingt zu vermeiden, Signale mit höheren Frequenzanteilen als die lt. Shannonschen Abstasttheorem zulässigen Höchstfrequenzen auf den Eingang des ADW gelangen zu lassen. Das würde zu Mehrdeutigkeiten des gewonnenen digitalen Ausgangssignals führen. Wenn Signale mit höheren Frequenzen am Eingang des ADW nicht ausgeschlossen werden können, ist ein so genanntes Anti-Aliasing-Filter, technisch gesehen ein steilflankiges Tiefpassfilter, vorzusehen, das Signalanteile mit Frequenzen ! f ab 2 ausreichend unterdrückt [21].
2.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 2.1) Warum werden statt analoger Messsignale, obwohl sie zumindest theoretisch jeden Wert für den Informationsparameter innerhalb des Wertebereichs annehmen können, zunehmend diskrete Messsignale zur Informationsübertragung verwendet? 2.2) Nennen Sie praxisrelevante Beispiele für Messeinrichtungen, in denen analoge, kontinuierliche bzw. diskrete, diskontinuierliche Messsignale auftreten. 2.3) Wodurch werden die Grenzen der technisch erreichbaren Genauigkeit eines AD-Wandlers bestimmt? 2.4) Ein Messsignal besitzt als höchsten Frequenzanteil eine Frequenz von fmax = 16 kHz. Mit welcher Frequenz muss dieses Signal mindestens abgetastet werden, wenn durch die Zeitdiskretisierung kein Informationsverlust auftreten soll.
14
3 Charakterisierung von Messsignalen In diesem Kapitel werden die: x
technisch interessanten Signalformen behandelt ,
x
verschiedenen Arten von Mittelwerten periodischer Signale in ihrer technischen Bedeutung erläutert und deren Berechnung erklärt,
x
Kenngrößen von Messsignalen vorgestellt.
Zudem werden die Definitionen der logarithmischen Übertragungsverhältnisse für Strom- und Spannungsverhältnisse sowie für Leistungsverhältnisse eingeführt. Die Klassifizierung von Messsignalen wurde im vorgehenden Abschnitt dargelegt. An diese Erläuterung soll hier mit der Beschreibung von in der Messtechnik typischen Signalformen angeknüpft werden. Obwohl es sicher eine Einschränkung darstellt, können schon aus Aufwandsgründen, die in einigen Bereichen der Prozesssteuerung, und damit natürlich auch der Prozessmesstechnik, vorkommenden pneumatischen und hydraulischen Signale nicht abgehandelt werden. Es muss sich auf elektrische Messsignale und hierbei auf determinierte Signale beschränkt werden. Über physikalische Analogiebeziehungen lassen sich die anzuführenden Gesetzmäßigkeiten für elektrische Signale auf pneumatische und hydraulische Signale übertragen. Wesentlichster Unterschied ist verständlicherweise das zu wählende Übertragungsmedium. Während für elektrische Signale entsprechend dimensionierte elektrische Leiter zu verwenden sind, benötigen die pneumatischen und hydraulischen Signale geeignete Rohrleitungssysteme zur Signalübertragung. Es soll in den folgenden Ausführungen auch nicht unterschieden werden, ob es sich um eine elektrische Messgröße handelt, die als elektrisches Messsignal vorliegt, oder ob das elektrische Messsignal mittels eines Sensors von einer nichtelektrischen Größe abgeleitet wurde.
3.1 Signalformen von Messsignalen Im Wesentlichen haben sich in der Messtechnik drei Signalformen für die Übertragung der Messinformationen herauskristallisiert. Sie sind in Tabelle 3.1 mit ihren wesentlichen Merkmalen, ihren Vor- und Nachteilen aufgeführt. Aus den Angaben in der Tabelle kann das Favorisieren von frequenzanalogen und digitalen Signalen für die Übertragung von Messinformationen sofort nachempfunden werden. Nur bei diesen Signalformen ist eine weitgehend informationsverlustfreie Messsignalübertragung möglich, bzw. die Informationsverluste sind weitgehend definierbar, sie entsprechen (bei ansonsten fehlerfreier Übertragungseinrichtung) der im Kapitel 7 vorgestellten Abweichung infolge der Quantisierung.
3.1 Signalformen von Messsignalen
15
Tabelle 3.1 Einteilung der Messsignale Messsignale
amplitudenanaloge Messsignale
frequenzanaloge Messsignale
digitale Messsignale
x Information steckt in der x Information steckt in der x Information Amplitude (z. B. Spannung) Frequenz des Sensorsignals kodiert
direkt digital
x die Amplitude kann inner- x die Frequenz kann innerhalb x nur diskrete Werte innerhalb eines Wertebereichs sind eines Wertebereichs jeden halb eines Wertebereichs jedarstellbar Wert annehmen den Wert annehmen x die nutzbare Genauigkeit x die nutzbare Genauigkeit ist x die Genauigkeit ist eine Funktion der Stellenzahl theoretisch unendlich groß, hängt von der Reproduzier(zumindest theoretisch) sie ist eine Funktion der Stelbarkeit der Messwerte ab lenzahl die angezeigt wird bzw. der Torzeit (Austausch von Zeit und Genauigkeit), Torzeit selbst ist "atomzeitgenau" darstellbar Störsicherheit des x hohe Störsicherheit ist erx Störsignale beeinflussen x hohe reichbar Signals, d. h. der Signalüberdirekt den Messwert, d. h. tragung, ist erreichbar geringe Störsicherheit ist gegeben x mögliche Signalverarbeitung, x die Signalverarbeitung ist x die Signalverarbeitung ist komfortabel mit Signaleingeschränkt, gut geht z. B. d. h. Rechenoperationen, ist prozessor möglich Quotientenbildung aufwendig und auf eingeschränkte Messwertparameter begrenzt (z. B. Integration/Differentiation nur oberhalb bzw. unterhalb einer Grenzfrequenz) x galvanische Trennung ist x einfache und fehlersicher x einfache und fehlersichere galvanische Trennung mit aufwendig und Fehlerquelle galvanische Trennung mit Übertrager oder OptoÜbertrager oder Optokoppler koppler möglich möglich Digitalisierung x Digitalisierung ist aufwendig x einfache durch Auszählen der Periound mit Informationsverlust den pro Zeit verbunden
16
3 Charakterisierung von Messsignalen
3.2 Kenngrößen von Einzelimpulsen und periodischen sinusförmigen Signalverläufen Elektrische Messsignale liegen in Form einer elektrischen Spannung oder eines elektrischen Stromes vor. Infolge der durch das Ohmsche Gesetz beschriebenen Proportionalität zwischen beiden Größen, Proportionalitätsfaktor ist der elektrische Widerstand, reicht es aus, die folgenden Überlegungen für eine dieser beiden Größen anzustellen. Zur Erläuterung der Kenngrößen soll sich deshalb auf die Spannung beschränkt werden. Grundsätzlich muss eine elektrische Spannung mit einer Angabe zu ihrem Wert, zu ihrem Zeitverhalten und ihrer Kurvenform beschrieben werden. Die Form der Angabe kann sehr verschieden sein, vielfach haben sich verbale Bezeichnungen durchgesetzt, mit denen schon bestimmte Kurvenformen assoziiert werden (z. B. Sinusschwingung, Pulsspannung u. ä.). Interessant sind in der Messtechnik die Kenngrößen von Einzelimpulsen und periodischen Signalverläufen. Einzelimpulse werden in der Messtechnik häufig zum Triggern (Starten von Messvorgängen) genutzt. Signale mit periodischen Schwingungen haben in der Messtechnik eine besondere Stellung, da sie den zeitlichen Verlauf vieler technischer Vorgänge und damit die davon abgeleiteten Messsignale charakterisieren, man denke nur an die von Motoren herrührenden mechanischen Schwingungen an Maschinen und Anlagen. Zudem lassen sie sich bei bekannter Kurvenform durch wenige Parameter ausreichend beschreiben. Das kann die mathematische Behandlung von Signalübertragungsprozessen stark vereinfachen.
A Amax 0,9·Amax 0,5·Amax 0,1·Amax tr
ti
tf
t
Bild 3-1 Kenngrößen eines Einzelimpulses ti Impulsdauer, tr Anstiegszeit (rise time), tf Abfallzeit (fall time), Amax Amplitude, d. h. maximaler Funktionswert
Ein Einzelimpuls kann in der unterschiedlichsten Form, wie z. B. als Nadelimpuls, Rechteckimpuls oder auch Sägezahnimpuls, auftreten. Von einem Einzelimpuls spricht man, wenn die Impulsdauer wesentlich kleiner als die Pulspause ist und das Auftreten der Impulse nichtperiodisch erfolgt. Jeder Einzelimpuls ist unabhängig von seiner Form durch eine Anstiegszeit (rise time – tr), die Abfallzeit (fall time – tf) und der Impulsdauer ti gekennzeichnet (s. Bild 3-1 ). Treten die Einzelimpulse entsprechend Bild 3-2 mit regelmäßiger Wiederholung auf, also periodisch, wird von einer Pulsfolge oder kurz vom Puls gesprochen.
3.2 Kenngrößen von Einzelimpulsen und periodischen sinusförmigen Signalverläufen
17
A
Amax Bild 3-2 Kenngrößen von Pulsfolgen ti - Impulsdauer, T – Periodendauer, ti KV - Tastverhältnis: KV
ti
T
t
T
und f - Folgefrequenz:
f
1 T
Eine sehr einfache, aber in der Signaltheorie und damit auch in der Messtechnik sehr bedeutende Signalform stellt der sinusförmige Kurvenverlauf dar, wie er in Bild 3-3 zu sehen ist. Er wird oft auch kurz als Sinusschwingung bezeichnet. Diese Zeitfunktion kann sehr einfach mit der Modellvorstellung eines rotierenden Zeigers konstruiert werden, es existiert ein linearer Zusammenhang zwischen Zeit und Winkel, so dass die x-Achse der Kurvendarstellung sowohl in Zeiteinheit, als auch in Winkel beschriftet werden kann.
90° x
xˆ xˆ
I
180°
x
x
0° T
3T
4
(90°)
4
(270°) T
2
(180°)
t ( Z t)
T (360°)
270°
Bild 3-3 Sinusschwingung, abgeleitet vom rotierenden Zeiger ˆx - Spitzenwert, T - Periodendauer, Z - Kreisfrequenz, t - Zeit, I - Winkel des rotierenden Zeigers, interpretierbar als Phasenverschiebung
Der rotierende Zeiger benötigt Zeit zum Drehen, mit dieser Zeit verändert sich folglich auch der Winkel I, der Zusammenhang zwischen Winkel und Zeit bestimmt sich zu:
I
2 S t T
Z t .
(3.1)
Daraus folgt sofort die Beziehung zwischen der Kreisfrequenz Z und der Periodendauer T der Sinusschwingung:
18
3 Charakterisierung von Messsignalen
Z
2S , bzw. T T
2S
Z
.
Weiterhin gilt:
Z
2Sf
wobei f die Frequenz ist, deren Zahlenwert besagt, wie oft eine volle Periode einer Schwingung in der Sekunde durchlaufen wird. Der sinusförmige Signalverlauf lässt sich durch folgende Zeitgleichung beschreiben: xˆ sin(Z t ) ,
x(t )
(3.2)
für konkrete Schaltungsanalysen ist in der Gleichung häufig noch eine Phasenverschiebung gegenüber einem gewählten Bezugszeitpunkt zu berücksichtigen, was zum Ausdruck: xˆ sin(Z t I )
x(t )
(3.3)
mit dem Scheitel- oder Spitzenwert ˆx , der Angabe für die Höhe der Amplitude der Sinusschwingung und der Phasenverschiebung I führt. Für praktische Signalbetrachtungen in der elektrischen Messtechnik ist x(t) je nach betrachteter physikalischer Größe z. B. durch den Strom i(t) oder die Spannung u(t) zu ersetzen.
3.3 Mittelwerte periodischer Signale Wenn Wechselgrößen, im Allgemeinen Wechselspannung oder Wechselstrom, messtechnisch zu bewerten sind, ist oftmals nicht der Momentanwert des Kurvenverlaufs interessant, sondern ein repräsentativer Ausdruck, der den Kurvenverlauf über einen bestimmten zu untersuchenden Zeitraum charakterisiert. Prädestiniert zur Charakterisierung von periodischen Kurvenverläufen sind Mittelwerte der Zeitfunktionen und davon abgeleitete Größen.. Die für die Messtechnik bedeutsamen Mittelwerte periodischer Signale sollen im Folgenden erläutert werden. Linearer Mittelwert und Gleichrichtwert Der lineare Mittelwert x eines periodischen Kurvenverlaufs stellt mathematisch den arithmetischen Mittelwert des Kurvenverlaufs über die betrachtete Zeit dar. Damit beschreibt er technisch gesehen den Gleichanteil des zu analysierenden Signals. Ist der funktionelle Verlauf des periodischen Signals x(t) bekannt, kann der arithmetische Mittelwert über die Beziehung: x
1 T
t T
³ x(t )dt
(3.4)
t
bestimmt werden. Für eine reine Wechselgröße ist der arithmetische Mittelwert x gleich 0. Da der arithmetische Mittelwert technisch sehr einfach zu bilden ist, z. B. durch Ausnutzen der Trägheit mechanischer Messwerke, bzw. des Integrationsverhaltens des Tiefpasses 1. Ordnung bei elektronischen Messeinrichtungen, hat dieser vor allem für kostengünstige Messeinrichtungen große Bedeutung. Um aber auch reine Wechselgrößen mit einfachen Messeinrichtun-
3.3 Mittelwerte periodischer Signale
19
gen bewerten zu können, wird die Wechselgröße einer Gleichrichtung unterzogen, entweder Einweg- oder Zweiweggleichrichtung und von dieser gleichgerichteten Wechselgröße der sich jetzt verschieden von Null ergebende arithmetische Mittelwert gebildet. Er kann somit als Maß für die Wechselgröße benutzt werden und trägt folgerichtig die Bezeichnung Gleichrichtwert x: x
1 T
t T
³ x(t ) dt .
(3.5)
t
Quadratischer Mittelwert und Effektivwert Für die Ermittlung des quadratischen Mittelwertes x 2 sind die quadrierten Funktionswerte des periodischen Kurvenverlaufs zu ermitteln und über diese der arithmetische Mittelwert zu bilden: x2
1 T
t T
³ >x(t )@
2
dt .
(3.6)
t
Infolge der Quadrierung ist auch der quadratische Mittelwert einer reinen Wechselgröße ungleich 0. Die Bedeutung des quadratischen Mittelwertes liegt vor allem in der Leistungsmessung. Hier gilt für die Leistung im Wechselstromkreis: P
u2 bzw. P R
i2 R .
(3.7)
Analog kann man für den Gleichstromkreis die Berechnung der Leistung nach der Beziehung: P
U2 bzw. P R
I2 R
(3.8)
durchführen. Durch Vergleich von einer Leistung, die durch eine Wechselspannung oder durch eine Gleichspannung an einem konstanten Widerstand R hervorgerufen wird, kann die definitionsgemäße Gleichung für den Effektivwert eines periodischen Signalverlaufs gewonnen werden. Im Wechselstromkreis gilt: P~
u2 , R
wobei R der Widerstand ist, an dem die Leistung abfällt und u 2 dem quadratischer Mittelwert der Spannung u(t) entspricht. Im Gleichstromkreis gilt entsprechend: P
U2 , R
20
3 Charakterisierung von Messsignalen
auch hier ist R der Widerstand, an dem die Leistung abfällt, durch quadrieren der Gleichspannung U erhält man U 2 . Unter der Annahme, die Leistungen im Wechselstromkreis und im Gleichstromkreis an einem identischen ohmschen Widerstand sind gleich, gilt:
P
P~
U2 R
u2 R
U2
u2
u 2 ( U eff !).
U
(3.9)
Somit wird klar, dass der Effektivwert einer zeitlich veränderlichen Spannung von seinem Betrag der Gleichspannung entspricht, welche die gleiche Leistungsumsetzung an einem Widerstand R hervorruft, wie die betrachtete veränderliche Spannung. Dieser Fakt begründet auch die Zulässigkeit, gleiche Symbolik für die Gleichgrößen und den Effektivwert einer physikalischen Größe zu verwenden (z. B. U steht sowohl für die Gleichspannung als auch für den Effektivwert der Spannung). Zu dem gleichen Ergebnis kommt man für den elektrischen Strom, wenn man die Leistung aus dem Widerstand, an dem die Leistung abfällt und dem Strom durch diesen Widerstand berechnen würde. Allgemein mathematisch ausgedrückt entspricht der Effektivwert der Wurzel aus dem quadratischen Mittelwert einer veränderlichen periodischen Größe: x2
X
1 T
t T
2
³ >x(t )@ dt .
(3.10)
t
Beispiel 3.1 Welcher Einweg-Gleichrichtwert und welcher quadratischer Mittelwert würden gemessen werden, wenn eine sinusförmige Spannung u(t) mit einer Amplitude von 1 V anliegt und eine ideale Integration vorliegt. Lösung der Aufgabe: Für die Wechselspannung gilt die Zeitfunktion:
u (t ) 1 V sin Z t . Unter der Annahme, der Zeitverlauf beginnt zur Zeit t = 0, gilt für den Gleichrichtwert:
u
1 T
T
³ u(t ) dt . 0
Für eine Einweggleichrichtung, die entsprechend dem Bild 3-4 nur eine Halbwelle der Periode der Wechselspannung passieren lässt, ist der Gleichrichtwert nur über eine halbe Periode zu integrieren, das Integrationsergebnis aber auf die gesamte Periode zu beziehen:
3.3 Mittelwerte periodischer Signale
21
u
T/2
T
u
u mit Z
1 T
T
T
2
³
1 T
u (t ) dt
0
Bild 3-4 Kurvenverlauf einer sinusförmigen Spannung bei Einweg-Gleichrichtung
t
T
2
³
2 1V 1 cos Z t Z T 0
1V sin Zt dt
0
1V § 1 T 1 · ¨ cos Z cos 0 ¸ , 2 Z T © Z ¹
2S 1 und Ausklammern von ergibt sich: T Z 1V 2S T 1V T § · cos S cos 0 u cos 0 ¸ ¨ cos 2S T 2S © T 2 ¹ u
1V > (1) 1@ 2S
u
0,318V .
Für den gesuchten quadratischen Mittelwert der Wechselspannung gilt:
u2
u2
u2
1 T
T
2 ³ >u(t )@ dt 0
1V 2 T
1 T
T
³ >1V sin Zt @
2
dt
0
T
2 ³ >sin Zt @ dt 0
T
1V 2 1 1 t sin 2Zt T 2 4Z 0
2
1V ª§ 1 1 1 ·º · § sin 0 ¸» , sin 2ZT ¸ ¨ 0 «¨ T T ¬© 2 4Z 4Z ¹¼ ¹ ©
2S ergibt sich: T T 1V 2 § 1 2S · 1 · 2§ 1 sin 2T sin 4S ¸ u2 ¨ T ¸ 1V ¨ T ©2 T ¹ S 4 2S 2 8 © ¹
und mit Z
u2
§1· 1V 2 ¨ ¸ ©2¹
0,5V 2 .
22
3 Charakterisierung von Messsignalen
Scheitelfaktor und Formfaktor Der Scheitelfaktor oder auch Crestfaktor [ (sprich Xsi) beschreibt das Verhältnis von Spitzenwert zu Effektivwert einer periodischen Funktion:
[
xˆ . X
(3.11)
Je größer [ ist, um so mehr übersteigt der Spitzen- oder Maximalwert eines periodischen Signalverlaufs dessen Effektivwert. In der messtechnischen Praxis kann das bei der Ermittlung eines Effektivwertes zur Folge haben, dass die Messeinrichtung infolge der Größe des Spitzenwertes schon übersteuert wird, obwohl der Effektivwert noch ausreichende Aussteuerungsreserven suggeriert. Besonders kritisch stellt sich dieses Problem bei Pulsfolgen mit kleinen Tastverhältnis dar, hier kann [ durchaus Werte von 10 und mehr annehmen. Vor allem für Messeinrichtungen mit elektronischer Verstärkung des Messsignals sollte deshalb immer eine Angabe für den maximal zulässigen Crestfaktor vorliegen. Für eine sinusförmige Kurvenform entsprechend Bild 3-5 beträgt der Crestfaktor z. B.: 2 1,414 .
[ sin
x xˆ X
t
Bild 3-5 Effektivwert und Spitzenwert eines sinusförmigen Signals
Der Formfaktor F ist als Quotient aus Effektivwert und Gleichrichtwert einer periodischen Wechselgröße definiert: F
X x
.
(3.12)
Gl. (3.12) besagt, dass für eine gegebene Kurvenform, z. B. sinusförmiger Verlauf, ein fester Zusammenhang zwischen dem Effektivwert und dem Gleichrichtwert besteht. Damit eröffnet sich die Möglichkeit den technisch sehr einfach zu ermittelnden Gleichrichtwert zu erfassen und die Anzeige aber in den für die messtechnische Praxis bedeutsameren Effektivwert zu skalieren. Es sei noch einmal ausdrücklich betont, diese Skalierung gilt nur für die vorgesehene Kurvenform, bei anderen Kurvenformen, z. B. Rechteck statt Sinus, wird ein systematischer Fehler gemacht, der das Messergebnis verfälscht. Unmittelbar könnte der Effektivwert wiederum nur sehr aufwendig mit sogenannten echten Effektivwertmessgeräten gemessen werden.
3.4 Kenngrößen von nichtsinusförmigen periodischen Signalen
23
Beispiel 3.2 Mit den ermittelten Werten aus Beispiel 3.1 ist der Formfaktor für eine einweggleichgerichtete sinusförmige Spannung zu bestimmen. Lösung der Aufgabe: Für den Formfaktor gilt Gl.(3.12):
F
X x
der Gleichrichtwert wurde in Beispiel 3.1 zu
u
0,318 V
errechnet, der Effektivwert kann durch Bestimmen der positiven Quadratwurzel aus dem in Beispiel 3.1 errechneten quadratischen Mittelwert ermittelt werden .
U
u2
0,5V 2
1 2
V.
Damit ergibt sich der Formfaktor zu:
F
X
U
x
u 1
F
V 2 0,318 V
2,22 .
3.4 Kenngrößen von nichtsinusförmigen periodischen Signalen Obwohl nichtsinusförmige periodische Signale in die vorigen Überlegungen schon einbezogen worden waren, sind noch einige Besonderheiten herauszustellen. Nach Fourier kann jede nichtsinusförmige periodische Kurvenform durch Überlagerung von Sinusschwingungen generiert werden, deren Frequenzen f in einem ganzzahligen Verhältnis stehen. Diese diskreten Sinusschwingungen sind somit auch bei einer Analyse einer zu untersuchenden nichtsinusförmigen periodischen Schwingung nachzuweisen. Anschaulich lässt sich dieser Sachverhalt im Amplituden-Frequenz-Spektrum darstellen, aus dem die Amplituden der einzelnen Sinusschwingungen mit ihrer jeweiligen Frequenz erkennbar sind. Bild 3-6 zeigt vergleichend eine reine Sinusschwingung und eine Rechteckschwingung jeweils im Amplituden-Zeit-Diagram und als Amplituden-Frequenz-Spektrum dargestellt. Während die Sinusschwingung nur eine Spektrallinie in dem Amplituden-Frequenz-Spektrum enthält, lassen sich beim Rechteckpuls mehrere Spektrallinien nachweisen. Mathematisch kann ein Frequenzspektrum mit der Fourieranalyse ermittelt werden, im Ergebnis steht die Fourierreihe, welche die vorhandenen Spektralanteile mit ihrer Frequenz und der zugehörigen Amplitude beschreibt. Für einen Rechteckpuls mit der Periodendauer T = 1/f0, mit f0 – Folgefrequenz der Pulse, lässt sich die Fourierreihe wie folgt angeben:
24
3 Charakterisierung von Messsignalen x(t )
4
1 1 1 ª º xˆ «sin Z0 t sin 3Z0 t sin 5Z0 t sin 7Z0 t » . 7 3 5 S ¬ ¼
(3.13)
Die Frequenz Z 0 2S f 0 wird als Grundschwingung bezeichnet. Die, im Fall des Rechteckpulses ungeradzahligen Vielfache der Grundschwingung, bezeichnet man als Harmonische bzw. Oberschwingungen. Sobald eine der zum Frequenzspektrum einer nichtsinusförmigen periodischen Schwingung gehörenden Oberschwingungen vom Betrag, von der Frequenz oder auch von der Phasenlage her nicht dem geforderten Spektralwerten für eine bestimmte Kurvenform entspricht, werden deutliche Abweichungen von der erwarteten Kurvenform auftreten. Amplituden-Zeit-Diagramm
Amplituden-Frequenz-Diagramm
x
x
f0
t
f
a) x
x
t
f0 f1 f2 f3 f4 f5 f6... f
b)
Bild 3-6 Amplituden-Zeit-Diagramm und Amplituden-Frequenz-Diagramm von a) einer Sinusschwingung und b) einer Rechteckschwingung
Aus den bisherigen Ausführungen muss die Schlussfolgerung gezogen werden, dass es bei der Übertragung von nichtsinusförmigen periodischen Schwingungen nicht ausreicht, die Grenzfrequenz einer Übertragungseinrichtung oberhalb der Grundschwingung eines Messsignals zu legen, sondern es müssen zur Bewertung des nichtsinusförmigen Signals auch dessen Oberschwingungen berücksichtigt werden. Für einen Rechteckpuls geht man in der Praxis davon aus, eine Bandbreite zur Signalverarbeitung bereitzustellen, die mindestens der 11-fachen Frequenz der Grundschwingung entspricht, so dass auch noch die 5. Harmonische in die Sig-
3.5 Logarithmische Übertragungsverhältnisse
25
nalverarbeitung mit einbezogen wird. Kurz illustriert: bei einem Rechteckpuls mit 10 MHz Folgefrequenz, diese repräsentiert die Frequenz f0 der Grundschwingung, sollte die Übertragungseinrichtung Sinussignale mit Frequenzen bis mindestens 110 MHz weitgehend fehlerfrei verarbeiten können. Für die Güte einer Übertragungseinrichtung für elektrische Signale ist charakterisierend, wie unverfälscht sie diese den Signalweg passieren lässt, bezogen auf das Amplituden-FrequenzSpektrum des elektrischen Signals. Als Maßangabe haben sich hier die Parameter Klirrfaktor und Klirrkoeffizient etabliert. Als Klirrfaktor K wird definitionsgemäß das Verhältnis der Summe der Effektivwerte aller Oberschwingungen zum Effektivwert des gesamten Spektrums bezeichnet, die Angabe erfolgt i. Allg. in Prozent, als physikalische Größe werden fast ausschließlich die Spannungsamplituden der Spektralanteile herangezogen: K
U 2f 1 U 2f 2 U 2f 3 U 2f 4 U 2f 0 U 2f 1 U 2f 2 U 2f 3 U 2f 4
100%
(3.14)
mit U 2f X (X = 0,1,2,...) der quadrierte Effektivwert der Spannungsamplitude des jeweiligen Spektralanteils. Vereinfacht könnte man auch sagen, der Klirrfaktor stellt ein Maß für die Veränderung der spektralen Zusammensetzung eines elektrischen Signals durch Nichtlinearitäten im Übertragungsweg dar. Für die Ermittlung des Klirrfaktors sind zwei Messungen mit einem echten Effektivwertmesser erforderlich. In der ersten wird der Effektivwert des gesamten Signalspektrums bewertet und dieser auf 1, entspricht 100%, normiert. Wird anschließend die Grundschwingung ausgefiltert, entspricht der danach gemessene Effektivwert aller Oberschwingungen zahlenmäßig unmittelbar dem Klirrfaktor in Prozent. Wenn die Veränderungen der spektralen Zusammensetzung eines Signals nur auf eine Spektrallinie bezogen werden, kommt man zum Klirrkoeffizienten k. Er beschreibt als prozentuale Angabe das Verhältnis des Effektivwertes eines untersuchten Spektralanteiles zum Effektivwert des gesamten Spektrums: k
U fX U 2f 0 U 2f 1 U 2f 2 U 2f 3 U 2f 4
100% .
(3.15)
3.5 Logarithmische Übertragungsverhältnisse Für die Bewertung von Messsignalen, die sich über mehrere Zehnerpotenzen verändern können, ist eine Angabe im logarithmischen Übertragungsmaße oft übersichtlicher. Vor allem eine grafische Darstellung wird oft erst durch die Logarithmierung der Werte der Messsignale möglich. Typische Beispiele für die Angabe der Messergebnisse in logarithmierter Form sind bei der Messung von Parametern elektrischer Felder (z. B. bei der Ermittlung der elektromagnetischen Verträglichkeit elektronischer Geräte) oder bei der Bestimmung von Verstärkungsverhältnissen an elektronischen Verstärkern zu finden. Gekennzeichnet wird ein logarithmisches Übertragungsverhältnis mit der dimensionslosen Erweiterung Dezibel (dB).
26
3 Charakterisierung von Messsignalen
Die Definition des Dezibel, gültig für das Übertragungsverhältnis linear abhängiger Pegelgrößen, wie Strom und Spannung, entspricht der Gleichung:
mit
X2 X1
20 lg
X dB
(3.16)
X1 – Eingangsgröße einer Übertragungseinrichtung, X2 – Ausgangsgröße einer Übertragungseinrichtung.
Nach Umstellung dieser Gleichung lässt sich das zu einer gegebenen Dezibel-Angabe gehörende lineare Übertragungsmaß von X2 zu X1 gewinnen: X dB 10 20
X2 X1
.
(3.17)
Für die Ableitung des logarithmischen Übertragungsmaßes für Leistungsverhältnisse ist zu beachten, dass die Leistung P eine quadratische Abhängigkeit besitzt, bezogen auf die Spannung, die eine Leistung über einem Widerstand R hervorruft. Für das Verhältnis von zwei Leistungen P1 und P2, die über einen Widerstand R abfallen, gilt: U12
P1
R
U 22
; P2
R
,
das Verhältnis von P2 zu P1 wird gewonnen, indem der Quotient beider Gleichungen gebildet wird: U 22
U 22 R R U 12
P2 P1
(3.18)
U 12
Gl. (3.18) kann nun logarithmiert werden: P lg 2 P1
lg
weil gilt lg x n lg
P2 P1
U 22 U 12
§U lg¨¨ 2 © U1
2
· ¸¸ , ¹
n lg x folgt unmittelbar:
2 lg
1 P2 lg 2 P1
lg
U2 , U1
U2 . U1
(3.19)
Auf Gl. (3.19) ist nun die Definition für die dB-Angabe anzuwenden, d. h. beide Seiten der Gleichung sind mit dem Faktor 20 zu multiplizieren: 1 P 20 lg 2 2 P1 10 lg
P2 P1
20 lg 20 lg
U2 , U1
U2 . U1
(3.20)
Die Berechnung eines logarithmischen Leistungsverhältnisses hat damit nach der Beziehung:
3.5 Logarithmische Übertragungsverhältnisse § P2 ¨¨ © P1
· ¸¸ ¹ dB
P 10 lg 2 P1
27
(3.21)
zu erfolgen. Allgemein gültig muss demzufolge die Dezibel-Angabe für das logarithmische Verhältnis von quadratisch abhängigen Größen nach der Beziehung: 10 lg
X dB
X2 X1
(3.22)
berechnet werden. In der messtechnischen Praxis hat es sich als zweckmäßig erwiesen, auch absolute Größen, die einen sehr großen Wertebereich überstreichen, im logarithmischen Maß anzugeben. Um die Definition des Dezibel anwenden zu können, ist dann aber eine Bezugsgröße festzulegen. Die klassische Pegelbezugsgröße (auch als „Pegeleinheit“ bezeichnet) stellt der Leistungsnormpegel dar, welcher an einem Widerstand R = 600 ȍ abfällt: Normpegel für die Leistung: P0
1 mW ,
daraus lässt sich unmittelbar eine Angabe für den Spannungsnormpegel ableiten: Normpegel für Spannung: 0,775 V an 600 ȍ .
U0
Beide Normpegel werden als Bezugswert für den jeweiligen absoluten 0dB–Pegel genutzt, somit wird kein logarithmisches Verhältnis zwischen zwei beliebigen Signalgrößen gebildet, sondern die zu messende Größe in logarithmischer Relation zu einem Normpegel angegeben.
Beispiel 3.3 Für einen Verstärker ist die Ausgangsleistung als absoluter Leistungspegel mit 43 dBmW angegeben. Zu bestimmen ist die zugehörige Leistung Px in W. Lösung der Aufgabe: Mit Gl. (3.21) und der Tabelle 3.2 ergibt sich der Ansatz:
§ P2 ¨¨ © P1
· ¸¸ ¹ dB
10 lg
Px 1 mW
unter Verwendung des gegebenen Pegels
43 dBmW 10 lg 4,3
lg
Px 1 mW
Px 1 mW
und nach potenzieren zur Basis 10
10 4,3
Px 1 mW
28
3 Charakterisierung von Messsignalen
erhält man nach dem Umstellen:
Px
10 4,3 1 mW ,
Px
19952,62 mW | 19,95 W .
Eine Übersicht über die in der Messtechnik gebräuchlichen absoluten Pegelangaben unter Verwendung von Normpegeln liefert die Tabelle 3.2. Tabelle 3.2 Normpegel in der Messtechnik
Pegelart
Definition
"Einheit" Kurzform
Beispiele für die Anwendung
absoluter Leistungspegel
§ P · 10 lg¨ x ¸ © 1mW ¹
dBmW dBm (auch dB)
x
Studiotechnik
x
Charakterisierung von elektronischen Verstärkern
absoluter Spannungspegel
§ Ux · 20 lg¨¨ ¸¸ © 0,775V ¹
dB(0,775 V) dB
x
Dämpfungsmessung in der Kommunikationstechnik Charakterisierung von elektronischen Verstärkern
§U · 20 lg¨ x ¸ © 1V ¹
dB(1 V) dBV
Feldstärkepegel
§ Ex · ¸ 20 lg¨ ¨ 1µVm 1 ¸ ¹ ©
dB µVm 1
Leistungsdichtepegel
§ Px · ¨ 'F ¸ 10 lg¨ ¸ ¨ 1W1Hz ¸ © ¹
dB W Hz 1
x
x x
Funktechnik Störmesstechnik (EMV)
x x
Funktechnik Störmesstechnik (EMV)
3.6 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 3.1) Warum sind frequenzanaloge Messsignale auf technisch einfache Art und mit geringen Fehlereinflüssen zu digitalisieren? 3.2) Erläutern Sie die praktische Bedeutung des arithmetischen und des quadratischen Mittelwerts für die Messtechnik. 3.3) Gegeben ist ein Spannungsverhältnis Ua /Ue = 1234, geben Sie das zugehörige Pegelverhältnis in dB an.
3.6 Kontrollfragen und Übungsaufgaben
29
3.4) An einem Widerstand wird die umzusetzende Leistung mit einem Thyristorsteller, der eine Phasenanschnittsteuerung realisiert, eingestellt. Gegeben sind die sinusförmige Wechselspannung mit U = 230 V, der Widerstand des Verbrauchers mit R = 1,5 k: und der Phasenanschnittwinkel I = 45°. Zu ermitteln ist die im Widerstand R umgesetzte Leistung. u
U
Phasenanschnittsteuerung
R 45°
I
Bild 3-7 Thyristorsteller mit Phasenanschnittsteuerung und Darstellung des gegebenen Phasenanschnittwinkels
30
4 Messmethoden Dieses Kapitel beschreibt die grundlegenden Arten eine Messung durchzuführen. Kenntnisse über Messmethoden befähigen den Messtechniker zur Abschätzung der erreichbaren Parameter einer zu analysierenden Messeinrichtung und der damit einhergehenden Einsatzmöglichkeiten. Messmethoden stellen allgemeine Vorgehensweisen für die Durchführung von Messungen dar. Diese Methoden sind nicht unmittelbar an eine physikalische Realisierung gebunden, vielmehr lassen sich aus ihnen Rückschlüsse auf eventuell zu beachtende Fehlermechanismen der mit der jeweiligen Messmethode arbeitenden Messeinrichtung ziehen. Grundsätzlich sind die drei im Folgenden beschriebenen Messmethoden, die Ausschlagmethode, die Differenzmethode und die Kompensationsmethode zu unterscheiden.
4.1 Ausschlagmethode Durch die Verschiebung einer Marke (Zeiger) gegen eine Skala wird das Messergebnis repräsentiert. Die als Eingangsinformation der Messeinrichtung wirksame Messgröße xe wird direkt in eine Ausgangsgröße xa überführt, die durch die erzielte Verschiebung verkörpert wird. Zur Realisierung der Verschiebung wird in der Regel keine Hilfsenergie benötigt, denn die erforderliche Energie wird dem Messobjekt entzogen. Grundbedingung für akzeptierbare Messergebnisse ist folglich eine so geringe Energiebelastung des Messobjekts, dass das Ergebnis der Messung nicht unzulässig verfälscht wird, d. h. die Rückwirkung der Messmethode auf das Messergebnis ist zu minimieren.
Messwertanzeige 0 ...
10
Druck p
Druckkolben
Druckfeder
Bild 4-1 Druckmesser als Beispiel für die Ausschlagmethode. Der Druck p wirkt als Eingangsgröße xe über den Druckkolben gegen die Druckfeder, die resultierende Bewegung des Druckkolbens ist als Ausgangsgröße xa ein Maß für den Druck p.
Typische Beispiele für Messeinrichtungen, die i. Allg. nach der Ausschlagmethode arbeiten, sind elektrische Spannungsmesser. Bei den klassischen elektro-mechanischen Spannungsmes-
4.2 Differenzmethode (Methode der unvollständigen Kompensation)
31
sern, typischerweise den Drehspulmesswerken, ist eine recht hohe Energie zur Erzielung des Ausschlags erforderlich, moderne elektronische Spannungsmesser arbeiten nahezu leistungslos. Bei diesen Spannungsmessern ist der Energiebedarf zur Erzielung der Anzeige derart gering, so dass resultierende Messverfälschungen für fast alle praktischen Messaufgaben vernachlässigt werden können. Ein ähnlich geringer Energiebedarf bezogen auf die Messgröße lässt sich auch für andere moderne elektronische Messeinrichtungen, die nach dem Ausschlagverfahren arbeiten, nachweisen. Weitere Vertreter für Messeinrichtungen, die nach der Ausschlagmethode arbeiten, sind das Flüssigkeits-Ausdehnungsthermometer, die mechanische Messuhr und der im Bild 4-1 skizzierte Druckmesser.
4.2 Differenzmethode (Methode der unvollständigen Kompensation) Um schon von vornherein ein Verbesserung, d. h. eine Verminderung der Rückwirkung zu erzielen, wurden Messprinzipien entwickelt, die auf der Differenzmethode basieren. In diesem Fall wird der Messgröße eine konstante Vergleichsgröße gegenübergestellt. Gegenstand der Messauswertung durch die Messeinrichtung ist die sich ergebende Differenz zwischen Messund Vergleichsgröße. Über die Größe der sich ergebenden Differenz können sich Störungen auf das Messergebnis auswirken. Eine möglichst kleine Differenz ergibt auch eine kleine resultierende Wirkung der Störeinflüsse, die gleichzeitig auf die Messgröße und die Vergleichsgröße einwirken. Als Beispiele für diese Messmethode lassen sich die im Bild 4-2 gezeigte Neigungswaage, die Temperaturmessung mit Thermoelementen, sowie die Unterschiedsmessung von Längen anführen.
mv
m
Bild 4-2 Prinzip der Neigungswaage mv -Vergleichsmasse (konstant), m - zu messende Masse (Messgröße)
32
4 Messmethoden
4.3 Kompensationsmethode Eine folgerichtige Weiterentwicklung der Idee der Vergleichsmethode führt zur Kompensationsmethode. Hier wird der Messgröße eine variable Vergleichsgröße mit dem Ziel entgegengesetzt, die Differenz zwischen beiden Größen gegen Null streben zu lassen. Die Auswertung bei dieser Methode erfolgt mit einem Nullindikator und die Vergleichsgröße (oft auch Kompensationsgröße genannt) ist unmittelbar ein Maß für den zu ermittelnden Messwert. Drei wesentliche Vorteile lassen sich mit den nach dieser Methode arbeitenden Messeinrichtungen erreichen: x
Im Kompensationsfall wird dem Messobjekt keine Energie entzogen.
x
Der Indikator kann für den Kompensationsfall (also der Nullindikation) mit einer gegen Unendlich gehenden Empfindlichkeit arbeiten.
x
Störungen, die mit gleichem Betrag und Vorzeichen auf Messgröße und Kompensationsgröße wirken, können das Messergebnis nicht verfälschen.
Damit ist diese Methode für hochgenaue Messeinrichtungen prädestiniert, bei denen der Nachteil des erhöhten Aufwands keine entscheidende Bedeutung hat. Typische Vertreter der Kompensationsmethode sind die in den Bildern 4-3 und 4-4 dargestellte Hebelwaage, auch als Apothekerwaage bekannt und der abgebildete Spannungskompensator, der bei elektrischem Antrieb für die Verstellung des Schleifers des Potentiometers auch Motorkompensator genannt wird. Bei einem Spannungskompensator wird die Stellung des Schleifers am Widerstand R von Hand oder mittels eines Stellmotors solange verstellt, bis die an R abgegriffenen Spannung U'R gleich der Spannung UM ist, die gemessen werden soll. Im Abgleichfall ergibt sich folglich eine Spannungsdifferenz Null über dem Messwerk; es kann kein Messstrom IM fließen. Somit wird der Messquelle keine Energie entzogen und der Abgleichfall kann mit einem sehr empfindlichen Strommesser bestimmt werden.
IM R UM mv
m
Bild 4-3 Prinzip der Hebelwaage (Apothekerwaage) mv Vergleichsmasse (variabel); m zu messende Masse (Messgröße); im Abgleichfall gilt: mv = m
U'R
x
Bild 4-4 Prinzip des Motorkompensators UM zu messende Spannung: UH Hilfsspannung: IM Messstrom
UH
4.4 Kontrollfragen
33
4.4 Kontrollfragen 4.1) Warum treten bei der Ausschlagmethode immer, wenn auch kleine, Rückwirkungen auf die Messgröße auf? 4.2) Begründen Sie die vorrangige Verwendung der Kompensationsmethode für hochgenaue Messsysteme.
34
5 Messeinrichtung Ausgehend von der Aufgabenstellung einer Messeinrichtung kann diese als Übertragungseinrichtung aufgefasst werden, die beliebige physikalische Größen, die Messgröße, in einen auswertbaren Messwert transformiert. Dabei werden je nach Eigenschaften der Messgröße unterschiedlichste Anforderungen an die statischen und dynamischen Kenngrößen der benutzten Messeinrichtung gestellt. Die Untersuchung, Bewertung und letztlich die Schlussfolgerungen für die Einsatzmöglichkeiten und -grenzen einer Messeinrichtung sind deshalb nur über die Kenntnis relevanter Eigenschaften, i. Allg. als Kenngrößen bezeichnet, möglich. Hierzu sollen deshalb in diesem Kapitel einige Bemerkungen gemacht werden. Entsprechend der praxisrelevanten Bedeutung wird insbesondere das Zeitverhalten von realen Messeinrichtungen intensiver behandelt.
5.1 Wechselwirkung zwischen Grundfunktion und Grundstruktur einer Messeinrichtung Die Grundstruktur einer Messeinrichtung ergibt sich aus ihrer Funktion, eine zu bestimmende real vorhandene physikalische Größe, also die Messgröße, in eine von menschlichen Wahrnehmungsvermögen erfassbare Größe oder in eine vorzugsweise elektrisch weiterverarbeitbare Größe zu transformieren. Diese transformierte Größe stellt den Messwert dar.
Messgröße Physikalische Größe (z. B. U, I, t, s)
Messwert Zeigerausschlag oder Zahlenwert (zur Anzeige oder Weiterverarbeitung)
Beobachter Messwertverarbeitung
Bild 5-1 Schematisierung der Funktion einer Messeinrichtung
Die Messeinrichtung lässt sich damit auf allgemeinste Weise als Übertragungseinrichtung mit dem Eingangssignal Messgröße xe und dem Ausgangssignal Messwert xa, bei anzeigenden Messgeräten entspricht dieser dem Anzeigewert, skizzieren. Der Übertragungsfaktor sei mit der Konstanten k beschrieben:
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen
Messgröße
Messeinrichtung
xe
k
35
Mess- bzw. Anzeigewert xa xa
k xe
Bild 5-2 Messeinrichtung als Übertragungssystem
Es wird somit eine Transformation der Messgröße in einen Messwert realisiert. Die Transformation führt die technisch reale Messeinrichtung aufgrund ihres technischphysikalischen Aufbaus selbst durch, wie z. B. das Drehspulmesswerk in einem Zeigerinstrument, das eine Spannung in einen Zeigerausschlag überführt. Eventuell ist der Messeinrichtung ein geeigneter Messwandler vorzuschalten, um die gesuchte physikalische Größe der Messung zugänglich zu machen. Insbesondere nichtelektrische Größen erfordern einen Messwandler. Anstelle des Begriffes „Messwandler“ hat sich in der Messtechnik-Terminologie der Begriff „Sensor“ durchgesetzt. Er ist wesentlicher Bestandteil einer Messkette. Die notwendigen weiteren Ausführungen zu Messketten werden in nachfolgenden Kapiteln beschrieben.
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen Zur Beschreibung von Messeinrichtungen sind verschiedene Eigenschaften bedeutsam. Die Eigenschaften können mit statischen und dynamischen Kenngrößen beschrieben werden. Für praktische Belange sind aber auch weiterhin Merkmale wie die Zuverlässigkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Wartbarkeit einer Messeinrichtung wichtig. Auf die letztgenannten Merkmale wird im Folgenden jedoch nicht eingegangen.
5.2.1 Statische Kenngrößen von Messeinrichtungen Die wichtigste statische Kenngröße stellt der Übertragungsfaktor k der Einrichtung im eingeschwungenen Zustand des Systems dar. Dieser in elektronischen Messeinrichtungen oft auch Verstärkung v genannte statische Faktor charakterisiert die Überführung des Eingangssignals xe der Messeinrichtung, also der Messgröße, in ein Ausgangssignal xa. Das Ausgangssignal stellt entweder die Anzeigegröße oder den zur Weiterverarbeitung geeigneten Ausgabewert der Messeinrichtung dar. Über den gesamten Eingangsbereich der Messeinrichtung wird der Übertragungsfaktor durch die statische Kennlinie beschrieben. Diesen Zusammenhang zeigt Bild 5-3. Danach ergibt sich mit dem Eingangsbereich der Messeinrichtung von xe0 bis xe0 + 'xe ein Ausgangsbereich von xa0 bis xa0 + 'xa.
36
5 Messeinrichtung
xa xa0 + ǻxa
ǻxanl
Bild 5-3 Statische Kennlinie einer Messeinrichtung
xa0 xe0
xe0 + ǻxe
xe
Somit lässt sich für den Idealfall (keine nichtlinearen Funktionsanteile in der Kennlinienfunktion, was der gestrichelten Linie entspricht) die Kennlinienfunktion xa = f(xe) durch folgende Gleichung beschreiben: xa
f ( xe )
xa0
'xa ( xe xe0 ) . 'xe
(5.1)
Bei Messeinrichtungen, bei denen die Kennlinie durch den Nullpunkt des Koordinatensystems geht, vereinfacht sich die Gleichung zu: xa
f ( xe )
'x a xe . 'xe
(5.2)
Aus diesen Gleichungen kann unmittelbar der Übertragungsfaktor k (die Verstärkung v) abgeleitet werden: k
v
'x a . 'xe
(5.3)
Da in der messtechnischen Praxis aber häufig ein zumeist unerwünschter nichtlinearer Anteil in der Kennlinienfunktion zu berücksichtigen ist (er entspricht in Bild 5-3 der Differenz zwischen der durchgezogenen und gestrichelten Linie), geht Gl. (5.1) in die folgende Form über: xa
f ( xe )
xa0
'xa ( xe xe0 ) xanl 'xe
(5.4)
wobei xanl die Zusammenfassung der nichtlinearen Anteile in der Kennlinienfunktion darstellt. Eine weitere wichtige statische Kenngröße für Messeinrichtungen stellt die Empfindlichkeit E dar. Sie ist allgemein als der Quotient aus der Änderung der Ausgangsgröße zu der sie verursachenden Änderung der Eingangsgröße definiert:
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen E
dx a , dxe
37 (5.5)
für Bereiche in denen die Kennlinie linear verläuft, lässt sich die Empfindlichkeit durch endliche Differenzen ausdrücken: E
'x a . 'xe
(5.6)
Im engen Zusammenhang mit der Empfindlichkeit stehen die Auflösung und die Ansprechschwelle eines Messgerätes. Unter der Auflösung versteht man die kleinste Differenz zwischen zwei Messwerten, die ein Messgerät eindeutig unterscheiden kann. Die Ansprechschwelle beschreibt den kleinst möglichen Wert einer Messgröße, der zu einer erkennbaren Reaktion des Messgerätes führt. Entsprechend der angewendeten Wirkprinzipien und deren physikalisch-technischer Umsetzung und der zu lösenden Messaufgabe können auch solche Merkmale wie Hysterese eines Messgerätes, Rückwirkung eines Messgerätes, Messgerätedrift usw. bedeutsam für die Charakterisierung eines Messgerätes sein. Weitere statische Kenngrößen, die über Unzulänglichkeiten einer Messeinrichtung definiert sind, z. B. Unsicherheit, werden später im Zusammenhang mit den Betrachtungen zu Abweichungen benannt.
5.2.2 Dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen Bei der Messung veränderlicher Größen sind neben den statischen Kenngrößen auch die dynamischen Eigenschaften von Messeinrichtungen für die Qualität des erzielten Messergebnisses von Bedeutung. Wenn eine veränderliche Messgröße vorliegt, wird die Messeinrichtung diesen Veränderungen i. Allg. nur mit einer zeitlichen Verzögerung folgen können (Bild 5-4). Diese Verzögerungen sind mit einfachen, aber trotzdem möglichst weitgehend die Realität widerspiegelnden Modellen zu beschreiben. Besonders häufig lassen sich die dynamischen Eigenschaften eines Übertragungssystems und damit auch einer Messeinrichtung durch lineares Verzögerungsverhalten 1. Ordnung und 2. Ordnung erklären. Diese Bezeichnung ist von den Differentialgleichungen 1. und 2. Ordnung abgeleitet, mit denen das Übertragungsverhalten des jeweiligen Übertragungsgliedes beschrieben werden kann. Speziell in der elektronischen Messtechnik, die wir heute bei allen messtechnisch anspruchsvollen Aufgaben einsetzen, führt die Annahme einer Verzögerung 1. Ordnung zu hinreichend genauen Interpretationen des dynamischen Übertragungsverhaltens. Die Analyse des Zeitverhaltens höherer Ordnung kann somit oftmals entfallen. Auch das nichtlineare Verhalten von Messeinrichtungen soll hier nicht untersucht werden, welches auftritt, wenn Messsignale durch Überschreiten des zulässigen Eingangsbereichs Begrenzungserscheinungen aufweisen. Solche Untersuchungen würden den Rahmen dieses Buches sprengen.
5.2.2.1 Zeitverhalten linearer Übertragungsglieder Die folgenden Überlegungen sollen allgemein für Übertragungseinrichtungen angestellt werden. Nur dort, wo Messeinrichtungen spezielle Betrachtungen erfordern, wird darauf hingewiesen.
38
5 Messeinrichtung
Im einfachsten Fall besitzt eine Übertragungseinrichtung proportionales Übertragungsverhalten, d. h. es gilt: xa ( t )
k xe ( t ) .
Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Tatsache, dass ein Ausgangssignal xa(t) eines verzögerungsfreien Übertragungsgliedes dem veränderlichen Eingangssignal xe(t) direkt folgt. Mit verzögerungsbehafteten Gliedern kann das Ausgangssignal dem Eingangssignal nicht mehr unmittelbar folgen, es ergibt sich eine dynamisch bedingte Abweichung, die lt. Bild 5-4 mit: Ad (t )
(5.7)
xa (t ) k xe (t )
beschrieben werden kann. k·xe Ad (t) xa
t
Bild 5-4 Dynamische Abweichung eines Übertragungsgliedes mit Verzögerung
Das diese dynamische Abweichung hervorrufende technische Übertragungsglied ist der Tiefpass 1. Ordnung, wie er in Bild 5-5 zu sehen ist. Er ist im Sinne der Übertragungstechnik identisch mit dem Verzögerungsglied 1. Ordnung.
i(t)
ue(t)
R uR(t)
C
ua(t)
Bild 5-5 Tiefpass 1.Ordnung – Verzögerungsglied 1. Ordnung
Die Elemente Widerstand R und Kapazität C lassen sich in den meisten technischen elektronischen Übertragungseinrichtungen und natürlich auch in den hier speziell interessierenden
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen
39
Messeinrichtungen realen elektrischen Schaltungsteilen zuordnen. So wird die Kapazität C weitgehend durch die Eingangskapazität einer elektronischen Messeinrichtung und die Kapazität der Messkabel repräsentiert, während sich der wirksame Tiefpasswiderstand R aus der Parallelschaltung von Quellwiderstand des Messsignals und Eingangswiderstand der Messeinrichtung zusammensetzt.
5.2.2.2 Analyse des Zeitverhaltens mit Differentialgleichungen Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Betrachtungen soll nunmehr versucht werden, dass Zeitverhalten eines Übertragungssystem mit Verzögerungsverhalten 1. Ordnung näher zu untersuchen, was dann auf Messeinrichtungen mit solch einem Verhalten übertragen werden kann. Entsprechend Bild 5-5 liegt die Eingangsspannung ue(t) über der Reihenschaltung von Kapazität C und Widerstand R, über der Kapazität C kann die Ausgangsspannung ua(t) nachgewiesen werden. Mit dem Strom i(t), der nach der Beziehung: i(t )
C
du a (t ) dt
(5.8)
bestimmt werden kann und der Spannung uR, die sich mit dem Strom durch R ergibt: u R (t )
R i (t )
R C
du a (t ) dt
(5.9)
lässt sich die folgende Differentialgleichung, Dgl., 1.Ordnung für das Zeitverhalten des Übertragungssystems ermitteln: u R (t ) u a (t ) u e (t ) R C
du a (t ) u a (t ) dt
ue (t ) .
(5.10)
Diese Dgl. kann in allgemeingültiger Form geschrieben werden und charakterisiert damit das Zeitverhalten für die Signalübertragung mit Systemen 1. Ordnung:
W
dxa (t ) xa (t ) dt
k xe (t ) .
(5.11)
Hierbei stellen xa(t) die Ausgangsgröße, xe(t) die Eingangsgröße und W die Zeitkonstante des Systems dar. In k als Proportionalitätsfaktor sind alle Übertragungskonstanten des Systems zusammengefasst, z. B. die Verstärkung. Mit entsprechenden Analogiebeziehungen lässt sich Gl. (5.11) auch auf andere Übertragungssysteme übertragen, so z. B. auf thermische, hydraulische oder pneumatische Systeme. Für Übertragungssysteme mit Zeitverzögerung höherer Ordnung (n-ter Ordnung) kann das Zeitverhalten durch die folgende Dgl. allgemein beschrieben werden: an
d n xa (t ) dt
n
... a1
dxa (t ) a0 xa (t ) dt
k xe (t ) .
(5.12)
40
5 Messeinrichtung
Zur einfacheren Handhabung dieser Gleichung sollte die Konstante k so modifiziert werden, dass a0 = 1 wird.
5.2.2.3 Analyse des Zeitverhaltens mit Testfunktionen Für viele praktische Anwendungen ist die Analyse des Zeitverhaltens mittels der vorgenannten Dgl. des Systems zu aufwendig, oftmals auch nicht durchführbar. Das trifft natürlich auch auf Messeinrichtungen zu, die ein genauer spezifiziertes Übertragungssystem darstellen. Folgende ausgewählte Gründe lassen sich hier anführen: x
Die analytische Beschreibung des Übertragungsverhaltens einer Messeinrichtung ist infolge der verteilten Parameter, die das Übertragungsverhalten charakterisieren, oft nur ungenau möglich.
x
Die ingenieurmäßige Interpretation der Ergebnisse der Analyse mit Dgl. erfordert viel Erfahrung.
In der messtechnischen Praxis ist es oftmals ausreichend, das Übertragungsverhalten einer Messeinrichtung mittels Testfunktionen, auch Standardfunktionen genannt, zu überprüfen. Dazu wird an den Eingang der Messeinrichtung eine Testfunktion angelegt und an ihrem Ausgang die Antwort, die so genannte Kennfunktion, analysiert. Bild 5-6 nennt die gebräuchlichsten Testfunktionen [11],[20],[21].
x Rampenfunktion x Sprungfunktion
Überführung durch Integration
Überführung durch Differentiation
x Impulsfunktion
Bild 5-6 Zusammenhang zwischen den Testfunktionen
In Bild 5-7 sind die mathematisch ineinander überführbaren Testfunktionen in ihrem zeitlichen Verlauf gezeigt. Am häufigsten kommt die Sprungfunktion als Testfunktion zur Anwendung. Eine Analyse einer Messeinrichtung mit einer Sprungfunktion soll deshalb im Folgenden näher untersucht werden. Charakteristisch für eine Sprungfunktion ist ihr Sprung von einem Ausgangswert, häufig 0, auf einen Endwert. Die Zeitdauer für diesen Wertwechsel geht bei der idealen Sprungfunktion gegen Null, s. a. Bild 5-7. Wird eine Übertragungseinrichtung mit Verzögerungsverhalten 1. Ordnung, also die Messeinrichtung, mit einer Sprungfunktion beaufschlagt, so ergibt sich unter Nutzung von Gl. (5.11) eine Differentialgleichung unter Berücksichtigung xe(t) = xe0:
W
dxa (t ) xa (t ) dt
k xe (t )
xa 0
k xe 0 ,
(5.13)
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen
41
über die bekannten Lösungsansätze für homogene Dgl. dieser Art und den Bedingungen: xa (t )
0 für t
0 und xa (t )
xa 0 für t
f
erhält man als Lösung die folgende Beschreibungsgleichung für die Sprungantwort: xa ( t )
t § x a 0 ¨1 e W ¨ ©
· ¸ ¸ ¹
(5.14)
Bild 5-7 Gebräuchliche Testfunktionen a) Rampenfunktion, b) Sprungfunktion, c) Impuls- bzw. Stoßfunktion
In Bild 5-8 ist der typische Verlauf der Sprungantwort eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung angegeben, das der Gl. (5.14) gehorcht. In der Praxis lässt sich die Sprungantwort beispielsweise auf einem Digital-Speicher-Oszilloskop darstellen, aus diesem können dann typische Kennwerte der Sprungantwort entnommen werden, die unmittelbar Rückschlüsse auf das Übertragungssystem, bei uns identisch mit dem Messsystem, zulassen. Aus der grafischen Darstellung der Sprungantwort lassen sich die folgenden Informationen unmittelbar entnehmen:
W te
tr
- Zeitkonstante des Messsystems - Einstellzeit ( Zeitintervall vom Anlegen der Sprungfunktion bis zum Erreichen des Toleranzbandes 0,95 d xa (t ) xa 0 d 1,0 5 , für Verzögerungsglieder 1. Ordnung gilt te = 3W !) - Anstiegszeit (auch tan, Zeitintervall für den Anstieg von xa (t ) xa 0 0,1 auf xa (t ) xa 0 0,9 ).
42
5 Messeinrichtung
Zeitkonstante und Anstiegszeit stehen für Verzögerungsglieder 1. Ordnung im festen Zusammenhang und lassen sich mit den Näherungsgleichungen: tr
W
2,197 W bzw.
(5.15) (5.16)
0,455 t r
ineinander überführen. Bei einem passiven Tiefpass 1. Ordnung, wie in Bild 5-5 dargestellt, entspricht dann xa(t) der Spannung ua(t) und der Wert xa0 der Spannung ua(t) für tof bzw. k·ue(t) für t t 0.
xa ( t ) xa 0
xa ( t ) k xe 0
1 0,95 0,90
0,63
0,10 0
W
3W = te tr
t
Bild 5-8 Sprungantwort eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
Wie in Bild 5-8 zu sehen, beginnt die Sprungantwort ohne erkennbare Verzögerung, d. h. ohne eine Totzeit, sofort nach Anlegen der Sprungfunktion zu steigen. Das ist ein Indiz dafür, dass nur vernachlässigbar kleine Verzögerungsanteile höherer Ordnung in der Übertragungsfunktion enthalten sind. Diese beeinflussen somit das Systemverhalten des Messgliedes nur unmerklich. Für viele in der modernen Messtechnik verwendete elektronische Messeinrichtungen ist diese vereinfachende Annahme zulässig, dass nur Verzögerungsanteile 1. Ordnung in die Analyse einbezogen werden müssen, um das Zeitverhalten hinreichend genau zu beschreiben. Deshalb sei auch auf das Verhalten von Übertragungseinrichtungen mit Verzögerungsanteilen höherer Ordnung an dieser Stelle nicht weiter eingegangen.
5.2.2.4 Untersuchung des Frequenzverhaltens von Messeinrichtungen Zur Untersuchung des Frequenzverhaltens von Messeinrichtungen bieten sich frequenzvariable reine Sinusschwingungen ohne Gleichanteil an, die an den Eingang des Messgliedes angelegt und am Ausgangs beobachtet werden. Die Eingangsfunktion lässt sich durch den Ausdruck:
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen xe (t )
xˆ e sin Zt
43 (5.17)
beschreiben, wobei xˆ e den Spitzenwert , d. h. die Amplitude, der Funktion darstellt und Z = 2Sf die Frequenz. Am Ausgang ist eine frequenzgleiche Sinusschwingung nachweisbar, die i. Allg. in Amplitude und Phase verschieden von dem Eingangssignal ist: xa (t )
xˆ a sin(Zt I )
(5.18)
mit der Phasenverschiebung I und ˆxa der Ausgangsamplitude. In Abhängigkeit von der Frequenz können zwei Kennfunktionen – eine für den Amplitudenund eine für den Phasengang – definiert werden: Amplitudengang:
ˆxa ˆxe
Phasengang:
I
f (Z )
(5.19)
f (Z ) .
(5.20)
Gemeinsam stellen sie das Frequenzverhalten der Übertragungseinrichtung dar, das in seiner Gesamtheit durch die Übertragungsfunktion beschrieben wird. Bei Kenntnis des komplexen Frequenzganges der Übertragungsfunktion G ( jZ )
Ua Ue
einer Messeinrichtung lässt sich auch daraus das Frequenzverhalten herleiten, indem für den Amplitudengang der Betrag von G(jZ) gebildet wird und für den Phasengang entsprechend den mathematischen Regeln für komplexe Größen der Arcustangens des Quotienten aus Imaginär- und Realteil herangezogen wird: G ( jZ )
G (Z )
Ua ; I (Z ) Ue
arg G ( jZ )
arctan
Im . Re
(5.21); (5.22)
Für ein Verzögerungsglied 1. Ordnung lassen sich Amplitudengang und Phasengang entsprechend Bild 5-9 darstellen, wobei zur besseren Anschaulichkeit die übliche logarithmische Einteilung der Achsen gewählt wurde. In der Praxis ist oftmals die Kenntnis des Amplitudenganges einer Messeinrichtung ausreichend, so dass dann auf die Darstellung des Phasenganges verzichtet wird. Zur Charakterisierung des Amplitudengangs bietet sich die Grenzfrequenz an. Für einen realen Tiefpass, der das Übertragungsverhalten mit Verzögerung 1. Ordnung realisiert, ist die Grenz1 frequenz durch den Abfall der Ausgangsamplitude ˆxa auf den Wert ˆxe definiert. Rechne2 risch kann man die Grenzfrequenz mit Hilfe der Übertragungsfunktion des Tiefpasses mit Verzögerungsverhalten 1. Ordnung bestimmen: G ( jZ )
Ua Ue
1 1 jZRC
mit R C
T
1
Z0
Daraus ist die Gleichung für den Amplitudengang zu bestimmen:
44
5 Messeinrichtung G ( jZ )
1
G (Z )
Unter der Annahme T
1 ZT 2 1
Z
.
wird dieses Verhältnis
(5.23) 1 2
0 ,707 .
1 Z 0 2Sf 0 als Grenzfrequenz des TiefT passes 1. Ordnung und damit natürlich für alle Übertragungsglieder, einschließlich der Messglieder, die ein Übertragungsverhalten wie ein Tiefpass 1. Ordnung zeigen.
Somit erhält man definitionsgemäß die Frequenz
a)
Bild 5-9 Amplitudengang (a) und Phasengang (b) für ein Messglied mit Verzögerungsverhalten 1. Ordnung
b)
Sind die zeitbestimmenden Glieder R und C eines Tiefpasses 1. Ordnung bekannt, kann daraus die Grenzfrequenz f0 nach der bekannten Beziehung: f0
1 2SR C
1 2S W
(5.24)
bestimmt werden. Unter Hinzuziehung von Gleichung 5.16 ergibt sich ein fester Zusammenhang zwischen Grenzfrequenz f 0 und Anstiegszeit tr:
5.2 Statische und dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen f0
1 2S W
1 2S 0,455 t r
1 2,86 t r
45 (5.25)
Man darf aber nicht vergessen, dass bei der hier definierten Grenzfrequenz schon ein Amplitudenabfall auf 1 0,707 , ca. 70 %, vorliegt. In der Akustik kann man mit einem solch 2 großen Abfall z. B. der Amplitude der wahrgenommenen Lautstärke leben, er ist gerade noch vom durchschnittlichen Hörer erkennbar. In der Messtechnik – z. B. bei der Überwachung von schwingenden Machinenteilen oder der Ermittlung von Rundlaufabweichungen von drehenden Wellen – ist ein solcher Amplitudenabfall meist nicht zu akzeptieren, deshalb sind in der Messpraxis andere Definitionen für die Angabe einer Grenzfrequenz üblich, wie z. B.: xa xe
0,99 99 % oder
xa xe
0,9 90 % ,
wobei xa und xe die zeitlich veränderlichen Aus- und Eingangsgröße des betrachteten Messsystems sind. Bei der Angabe einer Grenzfrequenz ist in der Messtechnik deshalb immer der Zusatz erforderlich, für welchen Amplitudenabfall sie gilt!
Beispiel 5.1 Aus der Sprungantwort eines Messsystems mit Übertragungsverhalten 1. Ordnung ergibt sich eine Anstiegszeit tr von 48ns. Wie groß sind die Zeitkonstante W und die Grenzfrequenz des f0 Messsystems? Lösung der Aufgabe: Unter Verwendung von Gl. 5.16 und 5.25 ergibt sich:
W
0,455 t r
W
21,84 ns
0,455 48 ns
f0
1 2S W
1 2S 21,84 ns
f0
7,287 MHz
Beispiel 5.2 Es steht zur Durchführung von Messungen ein Oszilloskop zur Verfügung, das lt. Hersteller eine Grenzfrequenz von 60 MHz besitzt. Mit welcher Anstiegszeit muss bei diesem Oszilloskop gerechnet werden? Lösung der Aufgabe: Wiederum unter Verwendung von Gl. 5.16 und 5.25 ergibt sich:
f0
1 2S W
1 2S 0.455 t r
1 2,86 t r
46
5 Messeinrichtung
durch Umstellen nach tr erhält man:
tr
1 2,86 f 0
1 2,86 60 MHz
tr
5,83 10 -9 s 5,83 ns.
5.3 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 5.1) Nennen Sie statische Kenngrößen von Messeinrichtungen. 5.2) Wann sind dynamische Kenngrößen von Messeinrichtungen zu beachten? 5.3) Welche technischen Komponenten von Messeinrichtungen bestimmen wesentlich deren Zeitverhalten ? 5.4) Welche typischen Zeiten lassen sich aus der Sprungantwort eines Übertragungssystems entnehmen? 5.5) Ihnen steht eine Messeinrichtung zur Verfügung, die lt. Datenblatt eine 3dB-Grenzfrequenz von f0 = 10,0 MHz besitzt und ein Verzögerungsverhalten 1.Ordnung für die Messsignalübertragung zeigt. Wie hoch darf die Frequenz eines Messsignals höchstens sein, wenn der frequenzabhängige Amplitudenabfall kleiner als 1% sein soll. Hinweis: Amplitudenabfall < 1 % bedeutet, dass G( jZ ) ! 0,99 ist. Ideal wäre bekanntlich G( jZ ) 1 .
47
6 Bewertung von Messergebnissen Ausgehend von der Tatsache, dass es technisch nicht möglich ist, eine fehlerfreie Messung durchzuführen, stellt die Abschätzung der Brauchbarkeit einer Messung auf der Basis der auftretenden Messabweichungen die entscheidende Aufgabe bei der Durchführung und Auswertung von Messungen dar. Das ist um so wichtiger, weil in der Messpraxis kein Ergebnis akzeptiert werden kann, das nicht durch eine Angabe zu der Vertrauenswürdigkeit des Messergebnisses charakterisiert wurde. Das hierzu wichtige Wissen des Ingenieurs zur Bewertung von Messerergebnissen in der betrieblichen Praxis wird in diesem Kapitel vermittelt. Dabei wird, soweit erforderlich, das relevante mathematische Handwerkszeug erläutert und vorrangig unter messtechnischen Aspekten in die Diskussion eingeführt. Schwerpunktmäßig müssen somit: x
die Definition der Messabweichung und der Unterschied zwischen Messabweichung und Fehler,
x
die systematische Messabweichung und die zufallsverursachte Messabweichung,
x
die Unsicherheiten bei direkten Messungen und bei indirekten Messungen sowie
x
der durch das Messgerät hervorgerufene Teil der Abweichung
behandelt werden. Auf der Basis dieser Kenntnisse kann dann ein Messergebnis in der für die messtechnische Praxis brauchbaren Form berichtet werden.
6.1 Grundbegriffe Im Folgenden werden auf der Basis der am Anfang dieses Buches zitierten DIN 1319 Teil 1 bis Teil 4 und [9] messtechnische Begriffe im Zusammenhang mit der Bewertung von Messergebnissen behandelt. Ziel jeder Messung muss es sein, an einem Messobjekt die interessierende physikalische Größe, dann auch als Messgröße bezeichnet, wertmäßig zu ermitteln. Es wird angestrebt, ein Messergebnis mit erforderlich großer Genauigkeit zu bestimmen, um sich für die jeweilige messtechnische Aufgabe ausreichend stark dem wahren Wert der Messgröße anzunähern. Aufgrund bekannter und unbekannter Einflussgrößen auf den Messvorgang ist die ideale Messung, deren Ergebnis der wahre Wert der Messgröße wäre, aber nicht realisierbar. Bei der realen Messung muss immer mit Messabweichungen, oft kurz als Abweichung bezeichnet, gerechnet werden, die zur Bewertung der Qualität der Messung quantifiziert werden müssen. Somit ist letztendlich trotz aller messtechnischen Aufwendungen zur Kenntnis zu nehmen, das ein Messergebnis nur ein Schätzwert des wahren Wertes einer Messgröße sein kann! Als Ersatz für den nicht zugänglichen wahren Wert der Messgröße wurde der Begriff richtiger Wert einer Messgröße eingeführt. Hierunter versteht man den mit entsprechend aufwendigen Verfahren ermittelten Wert einer Messgröße, von dem man annehmen kann, dass er für die beabsichtigte Messaufgabe eine vernachlässigbare Abweichung von dem wahren Wert der Messgröße besitzt. Diese aufwendigen Verfahren können sowohl praktische Messaktivitäten, als auch theoretische Betrachtungen beinhalten und werden z. B. bei Kalibrierungen von Maß-
48
6 Bewertung von Messergebnissen
verkörperungen angewendet. Somit kann i. Allg. das Ergebnis einer Kalibrierung als richtiger Wert einer Messgröße aufgefasst werden. Umgangssprachlich wird anstelle der Abweichung oft der Begriff Fehler verwendet. Allerdings widerspricht das den Festlegungen in besagter DIN 1319 sowie der DIN EN ISO 8402. Danach gilt der Begriff des Fehlers für Abweichungen, die vorgegebene Grenzen überschreiten („Nichterfüllung einer festgelegten Forderung“), d. h. nur für unzulässige Realisierungen von z. B. Messungen, wie sie durch technische Unzulänglichkeiten einer Messeinrichtung oder einer Maßverkörperung entstehen können. Oder anders ausgedrückt: Nicht jede Abweichung ist ein Fehler, sondern sie kann zulässig sein, z. B. Toleranzen bei Maßangaben. Unter Abweichung soll also im Folgenden immer konkret eine Messabweichung verstanden werden. Ein ermittelter Messwert x muss als eine Summe aus dem wahren Wert der Messgröße xw und der Abweichung A aufgefasst werden: x
xw A .
(6.1)
Anstelle des Symbols A für die Abweichung (oder auch e, wie es die DIN 1319 vorgibt) wird von vielen Messtechnikern ǻx für deren Kennzeichnung verwendet. Da der wahre Wert einer Messgröße nie bekannt sein kann, wird in der messtechnischen Praxis der richtige Wert xR benutzt, der wie weiter oben schon erwähnt, bestimmt werden kann: x
xR A
daraus folgt unmittelbar: A
x xR
'x .
(6.2)
Diese Abweichung A wird zur genaueren Kennzeichnung auch absolute Messabweichung genannt und besitzt die gleiche Maßeinheit wie der Messwert selbst. Für vergleichende Betrachtungen ist es allerdings oft von Vorteil die Abweichung in Relation zum Messergebnis zu betrachten. Man kommt damit zur relativen Messabweichung: Arel
A . xR
(6.3)
Auch hier wird aus den angeführten Gründen der richtige Wert der Messgröße als Bezugswert benutzt. In der betrieblichen Messpraxis geht man oft noch einen Schritt weiter, denn hier liegt auch ein aufwendig ermittelter richtiger Wert der Messgröße häufig nicht vor. Unter der in der Messtechnik immer zugrundegelegten Annahme, dass eine Messtechnik verwendet wird, die hinreichend kleine Abweichungen verursacht und damit A << x gilt, kann man zur Ermittlung der relative Abweichung Arel die absolute Abweichung A auf den gemessenen Wert der Messgröße x beziehen: Arel
A x
'x . x
(6.4)
Diese Beziehung kann angewendet werden, wenn z. B. aus Datenblättern oder vorgelagerten Untersuchungen die Abweichung A bekannt ist und mit einem gewonnenen Messwert eine relative Abweichung zu bestimmen ist. Die Beziehung A << x ist eine allgemeingültige praxisrelevante Annahme für die Betrachtung von Abweichungen in der Messtechnik. Sie erlaubt oftmals eine vereinfachte mathematische Behandlung, z. B. bei der Aufstellung des totalen Differentials und wird bei den weiteren mathematischen Analysen vorausgesetzt.
6.1 Grundbegriffe
49
Beispiel 6.1 Der Widerstand eines Shunt für Strommesszwecke wurde im Kalibrierlabor mit aufwendigen Messverfahren zu R = 0,207 ȍ bestimmt. Damit kann dieser Wert als richtiger Wert xR des Shuntwiderstandes für Betriebsmittel angenommen werden. Die Messung des Shunts mit einem Betriebsmessgerät ergab einen Schätzwert für die Messgröße von x = 0,212 ȍ. Gesucht ist die absolute Abweichung A. Die relative Abweichung Arel ist jeweils bezogen auf den richtigen Wert von R und den Schätzwert zu beziehen. Es sollen die berechneten relativen Abweichungen diskutiert werden. Lösung der Aufgabe: Lt. Gl. (6.2) gilt:
A
x xR
A
0,212 : 0,207 :
0,005 : .
Damit können die relativen Abweichungen bezogen auf xR und x berechnet werden:
Arel1
A xR
Arel 2
A x
0,005 : 0,207 :
0,005 : 0,212 :
0,02415 2,415% , 0,02358 2,358% .
Die berechneten Werte für die relativen Abweichungen unterscheiden sich zwangsläufig. Allerdings sind diese Unterschiede (in unseren Fall ca. 2,4 %) für die meisten messtechnischen Überlegungen nicht bedeutsam, so dass die Berechnung der relativen Abweichung mit dem Schätzwert der Messgröße oft akzeptiert werden kann. Außerdem wird in der messtechnischen Praxis die relative Abweichung häufig nur auf wenige relevante Stellen, z. B. zwei Stellen angegeben. Das würde in diesem Beispiel für beide Berechnungen zu der relativen Abweichung Arel = 2,4 % führen.
Die Abweichung selbst kann in zufällige Abweichungen Ar und systematische Abweichungen As unterschieden werden: A
Ar As .
(6.5)
Zufällige Abweichungen Ar lassen sich nicht reproduzieren. Vorhandene, aber unbekannte zufällige Fehlerwirkungen führen bei Messungen unter so genannten Wiederholbedingungen zu einer Streuung der Messwerte um einen Mittelwert der Messreihe. Unter Wiederholbedingungen wird verstanden, dass alle bekannten und beherrschbaren Bedingungen, allen voran natürlich das Messverfahren und die Messeinrichtung, für die durchzuführende Messung konstant gehalten werden. Die eine Streuung ergebenden zufälligen Abweichungen sind weder von ihrem zeitlichen Auftreten, noch von ihrem Wert, der durch Betrag und Vorzeichen gekennzeichnet ist, vorhersehbar. Damit sind wiederholte Messungen, die zu einer Messreihe führen, zwingend erforderlich, um zufällige Abweichungen zu erkennen. Aus der erhaltenen Messreihe kann aber nicht der exakte Wert einer zufälligen Abweichung ermittelt werden, sondern mit den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist ein Bereich zu errechnen, in dem der Erwartungswert der Messgröße mit einer angenommenen statistischen Sicherheit liegen wird. Die Angabe eines solchen Bereiches muss deshalb zwingend mit der Wahrscheinlichkeit, dass der Erwartungswert in diesem Bereich liegt, verknüpft sein. In der Messtechnik übliche statistische Sicherheiten sind 95% und 99%. Zufällige Abweichungen machen ein Messergebnis unsicher.
50
6 Bewertung von Messergebnissen
Allgemein lassen sich als Ursachen für zufällige Abweichungen Ar zufällige Veränderungen der Einflussgrößen auf die Messung, zufällige Parameteränderungen der verwendeten Messgeräte oder aber auch zufällige Änderungen der Messgröße nennen. Als Beispiel für sich zufällig ändernde Einflussgrößen auf elektrische Messgrößen und elektronische Messgeräte seien elektromagnetische Störungen genannt, die von jedem elektrischen Schaltvorgang ausgehen, von jedem hochgetakteten digitalen Gerät, z. B. einem PC, erzeugt werden oder auch von Mobilfunktelefonen ausgesandt werden. Systematische Abweichungen As lassen sich folgendermaßen charakterisieren: x
Systematische Abweichungen bewirken unter gleichen Messbedingungen immer Messabweichungen mit dem gleichen Vorzeichen und dem gleichen Betrag, d. h. sie sind reproduzierbar.
x
Systematische Abweichungen werden durch Unvollkommenheiten sowohl in den Messgeräten als auch in angewandten Messverfahren verursacht.
x
Systematische Abweichungen machen ein Ergebnis unrichtig.
Konkrete Ursachen für systematische Abweichungen können u. a. sein: x Temperatureinflüsse auf Messobjekt und Messeinrichtung, x unerwünschte wirksame Spannungsteiler an Eingängen elektronischer Messgeräte (Rückwirkung des Messgeräts auf das Messobjekt), x fehlerhafte Beschreibungsgleichungen für das Messergebnis bei indirekten Messungen, x unterschiedliche Höhenlage (über NN) bei der Messung von Kräften, bei denen die Erdbeschleunigung wirkt usw. Die systematische Abweichung As setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: As
As,b As,u
(6.6)
mit As,b als die bekannte systematische Abweichung, die ermittelbar und somit korrigierbar ist und As,u als die unbekannte systematische Messabweichung, welche nicht ermittelt werden kann und somit auch nicht in die Korrektur des Messergebnisses mit einbezogen werden kann. Ein typisches Beispiel für unbekannte systematische Abweichungen stellen während der Messung nicht dokumentierte Temperatureinflüsse dar. Wird eine Messung bei einer anderen Temperatur durchgeführt, als der, für die das Messgerät kalibriert worden ist, so werden die Messergebnisse eine systematische Abweichung enthalten, die reproduzierbar ist. Eine Korrektur ist aber nicht möglich, wenn die Temperaturdifferenz zwischen der bei der Messung herrschenden Temperatur und der Kalibriertemperatur nicht bekannt ist. Ein Beispiel für eine bekannte systematische Abweichung ist in Abbildung 6-1 zu sehen. In dieser Messschaltung zur Bestimmung eines Widerstands Rx sollen die Widerstände RL der Messleitungen bekannt sein. Somit ist es möglich, die Abweichung der gemessenen Spannung: As ,b
zu ermitteln.
2U RL
6.1 Grundbegriffe
51 RL
Rx
URx
I = const.
U = URx + 2URL
RL
Bild 6-1 Beispiel für eine bekannte systematischen Abweichung in einer Widerstandsmessschaltung
Grundsätzlich sind zwei Methoden zur Ermittlung der bekannten systematischen Abweichung anwendbar: x
Unter Analyse der bekannten Bedingungen der Messung kann durch eine theoretische Betrachtung zu möglichen Ursachen für Abweichungen eine Berechnung der bekannten systematischen Abweichung erfolgen.
x
Ermittlung der bekannten systematischen Abweichungen durch Referenzmessungen. Für diese Referenzmessungen sind dann Maßverkörperungen bzw. Messeinrichtungen zu verwenden, die eine wesentlich kleinere Messabweichung als die zu analysierende Messeinrichtung besitzen. In der Messpraxis fordert man eine mindestens zehnmal höhere Genauigkeit für die Maßverkörperung bzw. Messeinrichtung zur Durchführung der Referenzmessung.
Mit der ermittelten bekannten systematischen Abweichung ist eine Berichtigung des unberichtigten Messergebisses durch die Korrektion K möglich. Wobei gilt: As ,b
K
(6.7)
Die Berichtigung ist über die Beziehung: M
xK
(6.8)
möglich. Hierbei stellen M das berichtigte Messergebnis und x das unberichtigte Messergebnis dar. Zur Beurteilung dieses berichtigten Ergebnisses sollte die Vorgehensweise zur Gewinnung des Wertes von x mit angegeben werden, z. B. Schätzung durch Bildung des arithmetischen Mittelwertes einer Anzahl von Einzelmesswerten. Damit stellt die Korrektion K den Ausgleich der bekannten systematischen Abweichung durch Addition zum unkorrigierten Messergebnis dar. Für das Beispiel aus Bild 6-1 würde damit die Ermittlung des berichtigten Messergebnisses lauten: U Rx
mit K
U K
2U R L ergibt sich: U Rx
U 2U R L
52
6 Bewertung von Messergebnissen
Allerdings beschreibt das korrigierte Messergebnis noch nicht die bestmögliche Angabe eines Messergebnisses. Dafür ist noch eine Ergänzung um die Messunsicherheit erforderlich, womit man dann zum vollständigen Messergebnis kommt, siehe auch die nächsten Abschnitte.
Beispiel 6.2 Es ist für die Messschaltung entsprechend Bild 6-1 die bekannte systematische Abweichung zu berechnen. Dabei sollen der Einfachheit halber nur die Widerstände der Messkabel berücksichtigt werden, d. h. z. B. Übergangswiderstände an Steckkontakten bleiben unberücksichtigt. Geg.: Messschaltung nach Bild 6-1 2 Laborkabel mit folgenden Eigenschaften: Länge l = 2 m, Kabelquerschnitt A = 0,5 mm2, Leitermaterial: Kupfer mit einem spezifischen Widerstand 9
0,0175
ȍ mm 2 m
Messstrom I = const. = 100 mA. Lösung der Aufgabe: Berechnung des Widerstands der Zuleitung: Die Gleichung zur Bestimmung eines Widerstands lautet:
R
9 l A ȍmm 2 2 m m 0,5 mm 2
0,0175 R
RL
0,07 :
70 mȍ
Daraus folgt für den gemessenen Spannungsabfall U die bekannte systematische Abweichung As ,b :
As,b
2U RL
As,b
100 mA 2 70 m:
As , b
I 2 RL
0,014 V
0,1 A 2 7 10 2 :
14 mV
6.2 Fortpflanzung bekannter systematischer Abweichungen In der Messtechnik kann eine interessierende Messgröße y oft nicht unmittelbar, d. h. direkt gemessen werden, sondern es existiert ein bekannter funktioneller Zusammenhang zwischen der interessierenden Messgröße y und den der Messung zugänglichen Messgrößen xi, der es gestattet, y aus den gemessenen Werten xi zu berechnen. Hierfür wurde auch der Begriff der indirekten Messung geprägt. Da die gemessenen Werte mit Abweichungen behaftet sind, stellt sich die Frage, wie groß ist die Abweichung ǻy von y ist. Die Messgröße y kann in der allgemeinsten Form: y
f ( x1 , x 2 ,...., x n ) , mit Laufindex i
(6.9)
6.2 Fortpflanzung bekannter systematischer Abweichungen
53
beschrieben werden. Unter der in der Messtechnik grundsätzlich verwendeten Annahme, dass die Abweichung der gemessenen Größen ǻxi sehr viel kleiner als der Wert der Messgröße xi ist, kann die resultierende Abweichung mit Hilfe des totalen Differentials der Bestimmungsgleichung für die Messgröße y berechnet werden. Es muss also gelten: 'xi xi
(6.10)
Das mathematische Handwerkszeug zur Angabe des totalen Differentials liefert die Reihenentwicklung nach Taylor, mit der Funktionen durch Potenzreihen beschrieben werden. In einer solchen Potenzreihe können unter der Annahme entsprechend Gl. (6.10) die Glieder höherer Ordnung i. Allg. vernachlässigt werden, auch wenn die Funktion y f ( x1 , x 2 ,...., x n ) Glieder mit Potenzen höherer Ordnung besitzt. Dass heißt, die Reihe für das jeweilige xi kann nach dem linearen Glied abgebrochen werden. Somit ergibt sich das totale Differential als Summation der partiellen Ableitungen der Bestimmungsgleichung für y nach allen Größen, von denen y abhängt. Auf Gl. (6.9) angewendet, ergibt sich das totale Differential zu: dy
wy wy wy dxn dx1 dx2 wx n wx1 wx 2
(6.11)
Nach dem Übergang zu endlichen Differenzen lässt sich die Beziehung für die Fortpflanzung systematischer Abweichungen finden, die auch als lineares Fortpflanzungsgesetz bezeichnet wird. Es beschreibt die Gesamtabweichung wie folgt: 'y
wy wy wy 'x n 'x1 'x 2 wxn wx1 wx2
(6.12)
Dieses Fortpflanzungsgesetz kann angewendet werden, wenn die Abweichungen ǻxi mit Betrag und Vorzeichen bekannt sind. Das ist nur bei bekannten systematischen Abweichungen der Fall. Somit geht Gl. (6.12) unter Zusammenfassung der Summenbildung in die Form: n
'y
wy
¦ wxi 'xi
(6.13)
i 1
über, wobei ǻxi die bekannte systematische Abweichung A( s ,b) i des jeweiligen Messwertes xi darstellt. Die relative Messabweichung lässt sich entsprechend mit der Gleichung: 'y y
1 n wy ¦ 'xi y i 1 wxi
(6.14)
berechnen. Die aus den bekannten systematischen Abweichungen gewonnene Gesamtabweichung kann zur Korrektion des aus den Messwerten xi berechneten Messerergebnisses verwendet werden. Entsprechend Gl. (6.7) gilt: K
'y .
(6.15)
54
6 Bewertung von Messergebnissen
Beispiel 6.3 Im Gleichstromkreis werden gleichzeitig Strom- und Spannungsmessung mit einer stromrichtigen Messschaltung (siehe Bild 6-2) an einem Widerstand RV durchgeführt. Geg.:
Strommesser: Innenwiderstand RiA = 0,5 :, Spannungsmesser: Innenwiderstand RiV = 150 :, Messwerte: U = 1,25 V, I = 0,2 A. A
UB
RV
V
Bild 6-2 Messschaltung zur Strom- und Spannungsmessung an einem Widerstand RV
Ges.:
Bekannte systematische Abweichung der Leistung ǻP über RV und korrigiertes Messergebnis der Leistung PE.
Lösung der Aufgabe: Über die Gleichung für die Leistung kann das unberichtigte Ergebnis für die Leistungsmessung bestimmt werden:
P
f (U , I ) U I
1,25 V 0,2 A
0,25 W
Allgemein gilt für die Fortpflanzung der bekannten systematischen Abweichung n
'y
wy
¦ wxi 'xi , i 1
bezogen auf die Bestimmungsgleichung der Leistung: 2
'P
wP
¦ wxi 'xi i 1
wP wP 'U 'I , wU wI
nach Ausführung der partiellen Differentiation ergibt sich:
'P
I 'U U 'I ,
weil eine stromrichtige Messung verwendet wird, tritt keine systematische Abweichung bezüglich des Stromes auf d. h. 'I = 0, somit vereinfacht sich die Gleichung zu:
'P
I 'U .
Das Voltmeter zeigt eine Spannung an, die der Summe der Spannung über RV und der Spannung über dem Ampere-Meter entspricht. Die Spannung über dem Ampere-Meter darf für die Berechnung der Leistung über RV nicht mit herangezogen werden, sie ist in unserem Fall identisch mit der systematischen Abweichung:
'P
I 'U
I U A
I I RiA
I 2 RiA .
Nach Einsetzen der konkreten Werte berechnet sich 'P zu:
'P
0,2 2 A 2 0,5ȍ
0,02 W
20 mW .
Jetzt kann die Korrektion durchgeführt werden:
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen M
yK
y As ,b PK
PK
0,25 W 0,02 W
55
P 'P
0,23 W .
Der um die bekannte systematische Abweichung korrigierte Wert der Leistung lautet somit PK = 0,23 W!
6.3 Behandlung unbekannter systematischer Abweichungen Unbekannte systematische Abweichungen As,u treten in analoger Art und Weise, wie für systematische Abweichungen in Abschnitt 6.1 beschrieben, auf. Das bedeutet, dass bei der Aufnahme von Messwerten unter Wiederholbedingungen stets eine identische unbekannte systematische Abweichung anzunehmen ist. Eine Berechnung und damit Korrektur ist nicht möglich. Vielmehr ist ein korrigiertes Messergebnis bezüglich seiner systematischen Abweichung deshalb mit einer Unsicherheit behaftet. Wie diese Unsicherheit zu behandeln ist oder ob sie vernachlässigt werden darf, muss der Messtechniker auf der Basis seiner Kenntnisse der vorliegenden Messaufgabe entscheiden. In der Messpraxis ist oft eine Unterscheidung zwischen unbekannten systematischen Abweichungen As,u und zufälligen Abweichungen Ar nicht möglich. Dann bietet es sich an, unbekannte systematische Abweichungen wie zufällige Abweichungen zu behandeln. Es ist allerdings zu beachten, dass unter Umständen durch diese Vorgehensweise eine unerwünschte einseitige Verschiebung eines zu berechnenden Mittelwertes um den Wert der unbekannten systematischen Abweichung gegenüber dem Erwartungswert bewirkt wird. Folglich treffen erzielte Aussagen zu einem Messergebnis dann nicht in dem gewünschten Maße zu.
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen Zufällige Messabweichungen wurden in Abschnitt 6.1 charakterisiert. Die durch zufällige Einflüsse verursachten Abweichungen können nur durch Messungen unter weitestgehend identischen Bedingungen, den schon erläuterten Wiederholbedingungen, erkannt werden. Die im Ergebnis der wiederholten Messungen entstandene Messreihe ist zur Bewertung zufälliger Abweichungen mit statistischen Methoden zu analysieren. Eine geeignete mathematische Auswertung der erhaltenen Messreihe erlaubt dann Aussagen zu dem Bereich, in dem der wahre Wert bzw. der Erwartungswert der Messgröße mit einer angenommenen Wahrscheinlichkeit, also der vorgegebenen statistischen Sicherheit, liegt. Zwei grundlegende Aussagen lassen sich mit den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung aus der Analyse der Messreihe finden. Bezogen auf die einzelnen Messwerte der Messreihe: Eine Angabe eines Bereiches um den arithmetischen Mittelwert der Messreihe, charakterisiert durch obere und untere Grenze, in dem die einzelnen Messwerte der Messreihe mit der vorgegebenen statistischen Sicherheit liegen. I. Allg. sind die obere Grenze und die untere Grenze symmetrisch bezogen auf den arithmetischen Mittelwert der Messreihe.
56
6 Bewertung von Messergebnissen
Bezogen auf den Mittelwert der Messreihe: Eine Angabe eines Bereiches um den Mittelwert der Messreihe, beschrieben durch obere und untere Grenze, in dem der Erwartungswert der Messung mit einer vorgegebenen statistischen Sicherheit zu finden ist. Auch hier sind die obere und untere Grenze i. Allg. symmetrisch bezogen auf den arithmetischen Mittelwert der Messreihe. Wenn eine Korrektion für die einzelnen Messwerte durchgeführt wurde, kann der Erwartungswert der Messreihe als wahrer Wert der Messgröße interpretiert werden. Augenscheinlich ist der Ausgangspunkt zur Diskussion der Fortpflanzung von zufälligen Abweichungen eine durch wiederholte Messungen unter identischen Bedingungen gewonnene endliche Messreihe. Über den Schritt der Herleitung von analytischen Beschreibungen einer solchen Messreihe, die streng genommen nur für unendliche Messreihen gelten, wird die darauf basierende mathematische Analyse von endlichen Messreihen vorgestellt. Zur Indizierung der aufgenommenen Messwerte soll folgende vereinfachende Vereinbarung gelten: x
Messwerte einer Messgröße innerhalb einer Messreihe seien folgendermaßen gekennzeichnet: x1, x2 ,..., x m ; Laufindex j
x
wird ein Messergebnis durch Berechnung aus mehreren gemessenen Messgrößen gewonnen, sei die Kennzeichnung der Messgrößen wie folgt festgelegt: x1 , x2 ,..., xn ; Laufindex i.
Auf eine korrekterweise erforderliche Doppelindizierung, z. B. xi, j zur Kennzeichnung des j-ten Messwertes der i-ten Messgröße wird der Übersichtlichkeit halber in den angegeben Formeln und Beispielen verzichtet.
6.4.1 Aufnahme und Analyse einer Messreihe Die wiederholte Ausführung von Messungen unter identischen Bedingungen führt zu einer Messreihe, ein mögliches Beispiel ist in der Tabelle 6.1 aufgeführt. Vorab sei bemerkt, dass die Anzahl der Messwerte dieser Messreihe eigentlich zu klein ist für eine gesicherte statistische Analyse. Der Übersichtlichkeit halber wurde aber auf eine größere Anzahl von Messwerten verzichtet, denn die Vorgehensweise ist bei einer statistisch ausreichend großen Messreihe die gleiche.
Tabelle 6.1 Ermittelte Messwerte einer wiederholt durchgeführten Längenmessung
Messwert j
l in m
Messwert
l in m
Messwert
l in m
1
1,018
6
0,993
11
0,995
2
1,032
7
0,986
12
1,011
3
0,981
8
1,005
13
0,991
4
0,994
9
1,003
14
0,998
5
0,966
10
0,982
15
1,012
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
57
Zur Auswertung der Messreihe wird der Bereich zwischen dem kleinsten und dem größten Messwert in Intervalle gleicher Breite, Klassen genannt, eingeteilt, und alle ermittelten Messwerte werden in diese Klassen einsortiert. Für die Beispielmessreihe wird der von den m = 15 Messwerten der Messreihe überstrichene Bereich ǻxmax berechnet: 'xmax
x Max x Min
1,032 m 0,966 m 0,066 m .
Als Richtwert für die Anzahl p der zu bildenden Klassen gilt die Beziehung: p | m | 15 | 4 , gewählt wird 5,
wobei m die Gesamtzahl der Messwerte beschreibt. Die sich aus der Berechnung ergebende Anzahl der Klassen stellt kein Dogma dar und kann, wie in unserem Beispiel, den gewünschten Bedingungen bzw. Erfahrungen des Messtechnikers angepasst werden. Aus der berechneten Klassenbreite: 'x
'x max : 5
0,066 m : 5 0,0132 m
wird folgende Klasseneinteilung und zugeordnete Anzahl von Messwerten ermittelt: Klasse 1: 0,966 m - 0,9792 m: 1 Messwert Klasse 2: 0,9792 m - 0,9924 m: 4 Messwerte Klasse 3: 0,9924 m - 1,0056 m: 6 Messwerte Klasse 4: 1,0056 m - 1,0188 m: 3 Messwerte Klasse 5: 1,0188 m - 1,032 m: 1 Messwert
Anzahl der Realisierungen
6 5 4 3 2 1 0
0,966 - 0,9792
0,9792 - 0,9924
0,9924 - 1,0056
1,0056 - 1,0188
Klasseneinteilung (Angabe in m )
1,0188 - 1,032
Bild 6-3 Diskrete Messwertverteilung der Messreihe entsprechend Tabelle 6.1
58
6 Bewertung von Messergebnissen
Bei der Einsortierung der Messwerte in die Klassen ist darauf zu achten, dass Werte, die auf einer Klassengrenze liegen, nur einer Klasse zugeordnet werden (in dem Beispiel spielte das keine Rolle, weil kein Messergebnis mit einem Wert existiert, bei dem eine Doppelzuordnungen denkbar wäre). Trägt man die Zahl der Messrealisierungen pro Klasse in ein Säulendiagramm ein, kommt man zur diskreten Messwertverteilung entsprechend Bild 6-3. Für die diskrete Messwertverteilung lassen sich Berechnungen ausführen.. Die absolute Häufigkeit für die betrachtete Klasse ist: Hk
mk 'x
(6.16)
mit Hk – absolute Häufigkeit in der Klasse k, mk – Zahl der Ereignisse in der Klasse k, 'x – Klassenbreite. Wird die absolute Häufigkeit auf die Gesamtzahl m aller Ereignisse bezogen, erhält man die relative Häufigkeit zu: hk
mk 'x . m
(6.17)
Aus der Aneinanderreihung der absoluten Häufigkeiten ergibt sich das Histogramm. Als Balkendiagramm ausgeführt hat es qualitativ das gleiche Aussehen wie die diskrete Messwertverteilung, nur wird auf der Y-Achse nicht die Zahl der Ereignisse, sondern die absolute Häufigkeit aufgetragen. Die Wahrscheinlichkeit Pk, dass ein Messwert in die Klasse k fällt ist: Pk
mk . m
(6.18)
Klasenwahrscheinlichkeit
0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 1
2
3
Klasse
4
5
Bild 6-4 Klassenwahrscheinlichkeiten Pk der Messreihe entsprechend Tabelle 6.1
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
59
Werden alle gebildeten Klassen in die Überlegung einbezogen folgt, dass die Gesamtwahrscheinlichkeit P =1 wird, weil: p
P
¦ Pk
(6.19)
1
k 1
ist, d. h. alle vorhandenen Messwerte fallen in das betrachtete Gesamtintervall 'xmax = p 'x, was Ausgangspunkt der Überlegungen war. In Bild 6-4 sind die für jede Klasse gültigen Pk dargestellt, diese Grafik hat qualitativ das gleiche Aussehen, wie die diskrete Messwertverteilung. Das diskrete Histogramm kann in eine kontinuierliche Funktion überführt werden, wenn man von der Annahme ausgeht, es liegt eine unendlich große Anzahl von Messwerten vor und die Klassenbreite wird gegen Null verringert. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist die Verteilungsdichtefunktion: h( x )
mk 'x o 0, m o f m'x
lim
dm
. lim m o f m dx
(6.20)
In Bild 6-5 ist beispielhaft eine Verteilungsdichtefunktion skizziert. x2
P( x)
h(x)
³ h( x)dx
x1
Bild 6-5 Verteilungsdichtefunktion
x1
x2
x
Gleichung (6.20) erlaubt die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ereignis x in das durch x1 und x2 begrenzte Intervall fällt: P( x)
x2
³ h( x)dx
x1
x2
x
dm dm 2 . ³ lim m dx dx lim m mof x1 m o f x1
(6.21)
Auch P(x) in Gleichung (6.21) strebt gegen den Wert 1, wenn mit dem Intervall (x1, x2) der Bereich aller Messrealisierungen erfasst wird. Mit dem Ansatz von Gleichung (6.21) wird eine mathematische Analyse von Messreihen möglich, wenn die Funktion bekannt ist, mit der die Verteilung der Messwerte der Messreihe hinreichend genau charakterisiert wird. Über Experimente und Analysen konnte festgestellt werden, dass mit nur wenigen Verteilungsfunktionen die meisten auftretenden Verteilungen in praktisch aufgenommenen Messreihen beschrieben werden können [7]. Diese sind in Tabelle 6.2 aufgeführt. Dazu wird für die jeweilige Verteilung noch angegeben, was für sie charakteristisch ist, und bei welchen typischen Vorgängen sie angenommen werden kann.
60
6 Bewertung von Messergebnissen
Tabelle 6.2 Beispiele für Verteilungen mit Bedeutung für die Messtechnik
Verteilung
Verteilungsdichtefunktion
Alle Werte der Messreihe treten im Intervall (x1, x2) mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf. Z. B. Abweichungen infolge der Quantisierung zeigen diese Verteilung (siehe auch Abschnitt 8.2)
h(x)
Rechteckverteilung (Gleichverteilung) x1
x
x1 x
h(x)
Normalverteilung x
µ
Dreieckverteilung x
x2 x
Es sind für die Messergebnisse nur Werte x1 und x2 möglich. Messvorgänge, bei denen das Ergebnis mittels eines Komparators gewonnen wird, liefern solche Verteilungen
h(x)
Zweipunktverteilung x1
Häufigste Verteilung für durch Zufallsprozesse bestimmte und voneinander unabhängige Ereignisse in technischen und natürlichen Prozessen, so auch für Ergebnisse vieler Arten von Messaufgaben Im Gegensatz zur Normalverteilung nimmt vom Mittelwert ausgehend die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert auftritt, monoton fallend ab.
h(x)
x1
Beschreibung
x2
x
Wie in der Tabelle 6.2 schon erwähnt, hat sich die Normalverteilung, für die Gauß die analytische Beschreibung fand, als die am häufigsten zutreffende Verteilung für Messreihen erwiesen. Nicht zufällig wurde diese Kurvenform in Bild 6-5 skizziert. Deshalb sollen die sich anschließenden Betrachtungen mit der Analyse solcher Messreihen befassen. Sinngemäß können die Ergebnisse dieser Betrachtungen auch auf Messreihen appliziert werden, wenn diese mit einer anderen Verteilungsfunktion analytisch beschrieben werden müssen.
6.4.2 Analyse normalverteilter Messreihen Zur Analyse einer normalverteilten Messreihe ist eine funktionelle Beschreibung ihrer Dichtefunktion erforderlich, die: h( x )
f(x)
ª ( x P )2 º exp « » 2V 2 ¼ V 2S ¬ 1
(6.22)
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
61
lautet. Dabei wird f(x) eingeführt, um die Dichtefunktion der Normalverteilung als Spezialfall von Dichtefunktionen h(x) herauszustellen. In Gleichung (6.22) stellt µ den Erwartungswert dar, interpretierbar als die mittlere Realisierung aller Werte für x, wenn für die Zahl der Werte mof gilt:
P
1 m
lim ¦ x j . m of m j 1
(6.23)
Übertragen auf die Messtechnik und unter der Annahme, dass die systematische Abweichung korrigiert ist, stellt diese mittlere Realisierung den wahren Wert einer Messgröße dar, der aber in der Praxis aus zwei wesentlichen Gründen nicht zugänglich ist: x
In der Messpraxis wird nie eine gegen Unendlich strebende Anzahl von Messwerten zur Verfügung stehen.
x
Von der systematischen Abweichung ist nur deren bekannter Anteil zu ermitteln, somit kann auch aus diesem Grund der wahre Wert einer Messgröße niemals bestimmt werden.
Die Größe V in Gleichung (6.22) entspricht der Standardabweichung:
V
1 m (x j P)2 . m m of j 1
lim ¦
(6.24)
Mathematisch gesehen beschreibt V in der Dichtefunktion den Wendepunkt der Funktion. Statt der Standardabweichung wird als Parameter der Dichtefunktion auch häufig der quadrierte Wert von V verwendet, der als Varianz bezeichnet wird und von dem die Standardabweichung durch Ziehen der positiven Quadratwurzel abgeleitet wird:
V2
1 m
¦ (x j P) lim m of m
2
6.25)
j 1
Mit der gegebenen Dichtefunktion der Normalverteilung f ( x) ist nun auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert in das Intervall ( x1 , x2 ) fällt, berechenbar: x2
P( x)
³
f ( x)dx
x1
x2
ª ( x P )2 º exp « » dx . V 2S x³ 2V 2 »¼ «¬ 1 1
(6.26)
Wenn die Intervallgrenzen symmetrisch zu P liegen, geht Gl. (6.26) in die Form über: P( x)
x2
ª (x P)2 º exp « » dx . V 2S x ³ P 2V 2 »¼ «¬ 1 2
(6.27)
Es ergibt sich eine grafische Darstellung der Dichtefunktion wie in Bild 6-6 gezeigt. In Bild 6-6 sind die Werte µ+V und µ-V eingezeichnet. Es resultiert eine Intervallbreite von 2V . Für dieses Intervall (x1 = µ-V , x2 = µ+V) erhält man entsprechend Gl. (6.26) die Wahrscheinlichkeit 0,683. In der messtechnischen Interpretation bedeutet das: 68,3 % aller Realisierungen, in unserem Fall aller Messwerte, liegen in dem durch µ+V und µ-V begrenz-
62
6 Bewertung von Messergebnissen
ten Intervall, wenn die ermittelten Messwerte der Messreihe einer Normalverteilung gehorchen.
h(x) = f(x)
P-V P P+V
x
Bild 6-6 Dichtefunktion der Normalverteilung
Jede Normalverteilung kann in eine normierte Gauß-Verteilung transformiert werden. Der Übergang erfolgt mit der Transformation: xP
t
V
,
(6.28)
d. h. die Differenz x P wird auf V normiert. Damit ergeben sich für die markanten Funktionswerte Erwartungswert µ und Standardabweichung V in der zu integrierenden Gleichung der Dichtefunktion folgende Übergänge: für den Erwartungswert P :
x
P ergibt sich der Funktionswert t0 zu:
mit x
xP
PP 0 P o0 V V d. h. die mittlere Realisierung wird 0 gesetzt. t0
für die Standardabweichung V :
x
mit x P
'x V ergibt sich der Funktionswert tV zu:
xP
tV
V
V V
1 V o1
d. h. die Standardabweichung wird auf 1 normiert. Um die Gleichung P ( x) in ) (t ) zu transformieren, sind noch die Integrationsvariable dx nach dt zu transformieren: t
xP
V
x
P V t
dx dt
V
dx
dt V
und die neuen Integrationsgrenzen zu bestimmen:
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen x2
P V t 2 , mit dem bekannten Wertepaar V
x2
t2
63 1 und P
0 ergibt sich
Für die normierte Gauß-Verteilung kann jetzt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis in das Intervall (t1, t2) fällt, mit der Gleichung: ) (t )
) (t )
t2
ª ( x P )2 º exp « » dt V V 2S ³0 2V 2 »¼ «¬ 2
t2
ª t2 º exp « » dt 2S ³0 ¬« 2 ¼» 2
(6.29)
beschrieben werden, wobei die Intervallgrenzen symmetrisch zu dem Wert t = 0 liegen. Gleichung (6.29) wird als Wahrscheinlichkeitsintegral bezeichnet und ist in vielen Tabellenbüchern zur Mathematik tabelliert zu finden. Für die Dichtefunktion der normierten GaußVerteilung ergibt sich eine Darstellung entsprechend Bild 6-7. In ihr sind neben den schon erwähnten Bedingungen P 0 und V 1 auch der Flächeninhalt unter der Kurve für das Intervall ( f, f ) auf 1 100% normiert. Durch die dimensionslose Unterteilung der tAchse können mit der normierten Gauß-Verteilung Messreihen verschiedener physikalischer Größen und verschiedene Messgeräte bezüglich ihrer Streuung verglichen werden. h(t)
1 2S
-1
0
+1
t
Bild 6-7 Dichtefunktion der normierten Gaußverteilung
Mit den zu angenommenen Intervallgrenzen erhaltenen Werten des Wahrscheinlichkeitsintegrals kann die Güte einer Messeinrichtung beschrieben werden, kann doch damit die Fragestellung beantwortet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Messwert tatsächlich in dem angenommenen Intervall liegt. Im Umkehrschluss müssen also die Anforderungen an ein Messgerät um so größer werden, je höher die Wahrscheinlichkeit sein soll, dass die ermittelten Messwerte sich dem wahren Wert der Messgröße annähern. Der Messtechniker kann somit mit der gegebenen Wahrscheinlichkeit abschätzen, ob ermittelte Messwerte innerhalb einer durch Fertigungsunterlagen zugelassenen Toleranz für die Maße eines Werkstücks liegen. Es soll hier auf die Wiedergabe einer ausführlichen Tabelle mit Werten des Wahrscheinlichkeitsintegrals verzichtet werden. Aber in der messtechnischen Praxis übliche Werte für typische symmetrische Intervallgrenzen und die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten seien in Tabelle 6.3 angegeben:
64
6 Bewertung von Messergebnissen
Tabelle 6.3 Für die Messpraxis typische ausgewählte Wahrscheinlichkeiten für die Einhaltung der Messaussage Angenommene symmetrische Intervallgrenzen
Transformation:
t
xP
1,96
µ r 1,96V
2
µ r 2V
2,58
µ r 2,58V
Bezeichnung in der betrieblichen Messpraxis
Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert im angenommenen Intervall liegt
0,6827
Orientierende Messung
68,27 %
V 1
µ r 1V
P(x) = )(t)
0,95 0,9545
95,00 % Betriebsmessung
0,99
µ r 3V
3
0,9973
µ r 4V
4
0,9999
95,45 % 99,00 %
Präzisionsmessung
99,73 % 99,99 %
Als wichtigste Erkenntnis gilt es festzuhalten, dass zu jeder Aussage zu zufälligen Abweichungen die zugehörige Wahrscheinlichkeit für das Zutreffen dieser Aussage zwingend erforderlich ist. Messwertangaben ohne Aussage zur Wahrscheinlichkeit bezüglich der zufälligen Abweichungen sind in der betrieblichen Praxis nicht brauchbar!
Beispiel 6.4 Es soll ein Messsystem einer Abfüllanlage überprüft werden, die Flaschen mit 0,7 l Saftgetränk befüllt. Aus Kalibrierungen ist bekannt, dass die Messwerte des Messsystems der Abfüllanlage normalverteilt sind mit einem Erwartungswert µ = 0,7 l und einer Standardabweichung ı = 5 ml. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Saftflaschen mit einen Inhalt zwischen 0,69 l und 0,71 l befüllt werden? Lösung der Aufgabe: Es sind die Werte für t1 und t2 zu bestimmen, um aus dem tabellierten Wahrscheinlichkeitsintegral ĭ(t) die gesuchte Wahrscheinlichkeit entnehmen zu können. Es gilt die Transformationsbeziehung:
t für t1:
t1
xP
V x1 P
V
0,69 0,7 0,005
2
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen für t2:
t2
x2 P
V
0,71 0,7 0,005
65
2
Es handelt sich um eine symmetrische Verteilung, somit ergibt sich aus dem tabellierten Wahrscheinlichkeitsintegral:
P ( x)
) (t )
) ( 2)
0,9545
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,45 % werden die Flaschen in der Abfüllanlage mit einem Inhalt von 0,69 l – 0,71 l befüllt. Den Zusammenhang zwischen P(x) und ĭ(t) verdeutlicht die nachstehende Grafik:
h(x) h(t)
0,690 -2
0,695 -1
0,700 0
0,705 +1
0,710 +2
x (in l) t
Die von x1 = 0,690 l und x2 = 0,710 l bzw. von t = ± 2 begrenzte Kurve der Verteilungsdichtefunktion umhüllt 95,45 % der Gesamtfläche unter der Kurve der Dichtefunktion, das entspricht einer Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen des betrachteten Ereignisses von 95,45 %. ĭmax = 1 würde sich für tĺ ergeben, womit die gesamte Fläche unter der Kurve erfasst wird, was einer Wahrscheinlichkeit von 100 % für das Zutreffen einer Aussage entspricht.
6.4.3 Auswertung von endlichen Messreihen Wie in den vorhergehenden Kapiteln herausgearbeitet wurde, kann für viele Messaufgaben eine Normalverteilung der Messwerte von ermittelten Messreihen angenommen werden. Trotzdem können die mathematischen Beschreibungen der Normalverteilung und ihrer zugehörigen Dichteverteilung nicht ohne zusätzliche Überlegungen zur Analyse der Messreihe herangezogen werden. Die Gleichungen für die Dichtefunktion der Normalverteilung und ihrer Kennwerte gelten streng genommen nur für Messreihen mit einer gegen unendlich strebenden Anzahl von Messwerten. In der Messpraxis werden jedoch nur endliche Messreihen vorliegen. Eine endliche Messreihe kann aber als eine zufällige Stichprobe aus der unendlichen Anzahl von möglichen Messrealisierungen eines gegebenen Messaufbaus aufgefasst werden. Unter dieser Annahme sind zur Analyse einer endlichen Messreihe folgende Übergänge zulässig:
66
6 Bewertung von Messergebnissen
Erwartungswert P x
arithmetischer Mittelwert x
1 m ¦xj m j 1
(6.30)
Der arithmetische Mittelwert einer Messreihe wird auch als bester Schätzwert der Messgröße, die Gegenstand der Messungen zur Gewinnung der Messreihe war, aufgefasst. Standardabweichung V empirische Standardabweichung s s
1 m ¦ ( x j x )2 m 1 j 1
s ( x)
(6.31)
Offenbar beschreibt die empirische Standardabweichung s die mittlere quadratische Abweichung der Einzelwerte einer Messreihe von deren Mittelwert. Man kann die empirische Standardabweichung auch als Schätzwert der Standardabweichung ı und entsprechend Gl. (6.25) die Größe s2 als Schätzwert der Varianz ı2 bezeichnen. Unter der schon oben formulierten Stichprobenannahme lässt sich für den Mittelwert einer Messreihe der zugehörige Schätzwert der Varianz s x2 formulieren: s x2
s2 (x)
s2 m
(6.32)
Entsprechend den Bemerkungen zu Gl. (6.31) ist durch Berechnen der Quadratwurzel von Gl.(6.32) die empirische Standardabweichung des Mittelwerts anzugeben: sx
s
(6.33)
m
Die empirische Standardabweichung des Mittelwertes ist letztendlich ein Maß für die Qualität der Annäherung des Mittelwerts x einer Messreihe an deren Erwartungswert µ, bzw. anders ausgedrückt ein Maß für die Qualität der Schätzung des Erwartungswertes durch den Mittelwert. Damit drückt die empirische Standardabweichung des Mittelwertes die Unsicherheit eines Messergebnisses aus: u ( x)
(6.34)
sx
Da diese Aussage zur Unsicherheit direkt von der Standabweichung abgeleitet wird, ist die Bezeichnung Standardunsicherheit für u(x) üblich. Um eine Aussage über die Qualität einer Messung machen zu können, ist es oft sinnvoll, die Standardunsicherheit auf das Messergebnis M zu beziehen. Für das Messergebnis ist dessen bester Schätzwert einzusetzen, unter der Voraussetzung, dass bekannte systematische Abweichungen korrigiert sind, ist das üblicherweise der Mittelwert. Man kommt zur relativen Standardunsicherheit: u ( x) rel
u ( x) M
u ( x) x
(6.35)
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
67
Die Berechnung eines Mittelwertes für eine beliebige Messreihe erfordert nicht das Vorliegen einer Normalverteilung, sondern ist für eine Messreihe mit beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilungen möglich. Auch die Berechnung einer empirischen Standardabweichung ist nicht auf eine bestimmte Verteilung beschränkt. Schlussfolgernd besitzen die Gleichungen (6.30) bis (6.33) Gültigkeit unabhängig vom der jeweiligen Verteilungstyp. Die Bestimmung der Standardunsicherheit unter Nutzung von mathematisch-statistischen Ansätzen wird in [9] als Ermittlungsmethode A bezeichnet. Diese Methode entspricht von ihrer Vorgehensweise den Vorstellungen des Ingenieurs zur Lösung einer technischen Aufgabe unter Anwendung von fundierten mathematischen Werkzeugen. Allerdings sind die Ergebnisse der Methode A zur Ermittlung der Standardunsicherheit nur so gut zutreffend, wie die Voraussetzungen für die Lösung der Messaufgabe auch den tatsächlichen Messbedingungen entsprechen. Gerade bei komplexen Messaufgaben mit nicht konstanten Einflüssen, wie z. B. sich ändernden Umgebungsbedingungen, basieren die Voraussetzungen auf nicht hinreichend zu verifizierenden Vermutungen. Wenn das der Fall ist, kann man noch einen Schritt weiter gehen und muss die Unsicherheit einer Messung nicht zwingend aus der mathematischen Analyse einer Messreihe gewinnen, sondern kann die Unsicherheit eines Messergebnisses aus anderen ingenieurwissenschaftlichen Informationen über das Messergebnis und der Art seines Zustandekommens ermitteln. In [9] werden für solche Informationen beispielhaft Daten früherer Messungen, Erfahrungen des Messtechnikers im Umgang mit den relevanten Materialien und Messgeräten, Zertifikate für Messgeräte und Messverfahren und weitere ähnlich relevante Informationen genannt. Aus diesen Informationen kann dann der Messtechniker mit seiner Kompetenz eine zu erwartende Unsicherheit für die Messwerte der zu ermittelnden Messgröße abschätzen, ohne dass eine Messreihe vorliegt. Für diese Art der Bestimmung der Standardunsicherheit wurde die Bezeichnung Ermittlungsmethode B geprägt. Wenn die Standardunsicherheit nach der Ermittlungsmethode B verantwortungsvoll und fachlich fundiert ermittelt wurde, kann ihr die gleiche Vertrauenswürdigkeit entgegengebracht werden, wie einer Standardunsicherheit, die nach der Ermittlungsmethode A berechnet wurde. Dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Messwerte einer Messreihe der Normalverteilung gehorcht, stellt einen – wenn auch sehr häufigen – Spezialfall dar. In dem Fall kann auch ein Vertrauensbereich v für den Mittelwert x zu einem geforderten Vertrauensniveau, also der geforderten statistischen Sicherheit, angegeben werden. Die Größe des Vertrauensbereiches, gekennzeichnet durch obere und untere Grenze, wird mit Hilfe der diskreten t-Verteilung berechnet, für die auch die Bezeichnung Student-Verteilung üblich ist. Auf Basis der tabelliert vorliegenden t-Verteilung ist in Abhängigkeit von einem gewählten Vertrauensniveau (1-Į) und der Anzahl der Messwerte m der zu untersuchenden Messreihe das zutreffende t zu finden. Tabelle 6.4 zeigt die zugehörigen Werte von t in Abhängigkeit von der Messwertanzahl und dem gewählten Vertrauensniveau, dass die geforderte statistische Sicherheit beschreibt. Der Vertrauensbereich ergibt sich zu: v
r
t m
s
uV .
(6.36)
Mit dem Vertrauensbereich können nun die obere Grenze: vo
xv
x
t m
s
(6.37)
68
6 Bewertung von Messergebnissen
und die untere Grenze: vu
x v
x
t m
(6.38)
s
des Vertrauensbereiches bestimmt werden. Tabelle 6.4 Ausgewählte Zahlenwerte zur t-Verteilung für zweiseitigen Vertrauensbereich Vertrauensniveau Anzahl der Messwerte m 3 5 6 8 10 15 20 30 50 100 200 >>200
P
(1 D )
68,3%
Vertrauensniveau
P
(1 D )
95%
Vertrauensniveau
P
(1 D )
99,73%
(1s - Grenzen) t
(2s - Grenzen) t
(3s - Grenzen) t
1,32 1,15 1,11 1,08 1,06 1,04 1,03 1,02 1,01 1,00 1,00 1,00
4,30 2,78 2,57 2,36 2,26 2,15 2,09 2,05 2,01 1,98 1,97 1,96
19,21 6,62 5,51 4,53 4,09 3,67 3,45 3,28 3,16 3,08 3,04 3,00
Der Vertrauensbereich beschreibt die Aufspreizung des Mittelwertes einer Messreihe zu einem Vertrauensband, dass um so breiter ist, je weniger Messwerte zur Auswertung zur Verfügung stehen und je größer das geforderte Vertrauensniveau ist. Erst bei einer Messwertanzahl m >>200 sind die Werte der t-Verteilung mit den Ergebnissen des Wahrscheinlichkeitsintegrals identisch. In Gl. (6.36) ist für den Vertrauensbereich in Anlehnung an [3] als Symbol auch uV eingeführt worden. Damit soll angedeutet werden, dass der Vertrauensbereich, ähnlich der schon diskutierten Unsicherheit u(x), als Qualitätsmaß für die Genauigkeit einer durchgeführten Messung interpretiert werden kann. Allerdings muss für die Berechnung eines Vertrauensbereiches sichergestellt sein, dass die untersuchte Messreihe in ihrer Verteilung tatsächlich einer Normalverteilung genügt, während die Messunsicherheit keine bestimmte Verteilung voraussetzt. Deshalb ist es mittlerweile international üblich, sich auf die Ermittlung und Angabe der von der vorliegenden Verteilung unabhängigen Messunsicherheit zu beschränken und einen Vertrauensbereich nur in Ausnahmefällen zu bestimmen.
Beispiel 6.5 Für die Messreihe entsprechend Tabelle 6.1 ist die Standardunsicherheit nach der Ermittlungsmethode A zu bestimmen. Unter der Annahme, systematische Abweichungen seien nicht vorhanden bzw. vernachlässigbar klein, ist auch eine relative Unsicherheit anzugeben.
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
69
Lösung der Aufgabe: In Anlehnung an [5, Anhang A] bietet es sich an, die Lösung der Aufgabe in einer Tabelle darzustellen. Eine tabellarische Form der Aufgabenlösung kann für größere Messreihen leicht in ein Tabellenkalkulationsprogramm zur rechentechnischen Bearbeitung eingegeben werden: lfd. Nr. j
Messwert x j / m
( x j x ) 10 3 / m
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
1,018 1,032 0,981 0,994 0,996 0,993 0,986 1,005 1,003 0,982 0,995 1,011 0,991 0,998 1,012
18,2 32,2 -18,8 -5,8 -3,8 -6,8 -13,8 5,2 3,2 -1,78 -4,8 11,2 -8,8 -1,8 12,2
33,124 103,684 35,344 3,364 1,444 4,624 19,044 2,704 1,024 31,684 2,304 12,544 7,744 3,24 14,884
¦
14,997
0
273,84
( x j x ) 2 10 5 /m 2
Entsprechend Gl.(6.30) ergibt sich der Mittelwert zu:
x
1 15 xj 15 j 1
1 m xj mj 1
¦
¦
14,997 m 15
0,9998 m
somit kann jetzt die empirische Standardabweichung entsprechend Gl.(6.31) berechnet werden:
s
s( x j )
1 m (x j x)2 m 1 j 1
273,84 10 5 m 2 14
¦
13,99 10 3 m .
Aus der empirischen Standardabweichung lässt sich jetzt die Standardunsicherheit bestimmen:
u ( x)
sx
s m
13,99 10 3 m 15
3,61 10-3 m ,
und die relative Standardunsicherheit ergibt sich zu:
u ( x) rel
u ( x) x
3,61 10 3 m 0,9998 m
0,003612 | 0,36 %
Wenn bekannt ist, dass die Messwerte in Tabelle 6.1 einer Normalverteilung genügen, können auch die obere und untere Vertrauensgrenze und damit ein Vertrauensbereich bestimmt werden. Als statistische Sicherheit sei 68,3 % gefordert. In Tabelle 6.4 findet man für eine statistische Sicherheit P = 68,3 % und Messwertanzahl m = 15 einen tFaktor t = 1,04. Die Vertrauensgrenzen ergeben sich so zu:
70
6 Bewertung von Messergebnissen
obere Grenze
vo
t
x
m
s
0,9998 m
s
0,9998 m
1,04 15
13,99 10 3
1,0036 m ,
13,99 10 3
0,9960 m .
untere Grenze:
vo
t
x
m
1,04 15
Für den Vertrauensbereich lässt sich für die geforderte statistische Sicherheit angeben:
v
t
uV
m
s
3,76 10-3 m .
6.4.4 Fortpflanzung von Unsicherheiten Die Unsicherheit eines durch Berechnung gewonnenen Messergebnisses y, dass aus mehreren einer Messung zugänglichen Messergebnissen xi gewonnenen wurde, muss durch geeignete Kombination der Unsicherheiten u(xi) der einzelnen Messergebnisse xi gewonnen werden. Für den Fall, dass die einzelnen Messgrößen nicht korreliert sind, d. h. die Messergebnisse xi nicht voneinander abhängen, gilt: n
u( y)
· § wy ¨¨ u ( xi ) ¸¸ wx ¹ 1© i
2
¦ i
(6.39)
Für u(y) wird in [9] auch der Begriff der kombinierten Standardunsicherheit vorgeschlagen, weil sie durch Kombination der Standardunsicherheiten der einzelnen Messgrößen xi gewonnen wurde. Analog zu Gl. (6.35) kann die kombinierte Standardunsicherheit auch als relative Größe formuliert werden: u ( y ) rel
u( y) y
1 y
n
2
§ wy · ¦ ¨¨© wxi u ( xi ) ¸¸¹ . i 1
(6.40)
Beispiel 6.6 Der Widerstand eines ohmschen Verbrauchers wurde mit einem Wert R = 301,4 ȍ gemessen. Aus vorhergehenden Untersuchengen ist bekannt, dass diese Messung mit einer Unsicherheit von u(R) = 0,4 ȍ behaftet ist. Durch eine Spannungsmessung über dem Widerstand soll die Leistung am Verbraucher bestimmt werden. Die Spannung ergab sich mit U = 230,1 V. Die ebenfalls bekannte Unsicherheit der Spannungsmessung beträgt u(U) = 0,1 V. Mit welcher Unsicherheit der Leistungsbestimmung muss gerechnet werden?
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
71
Lösung der Aufgabe: Es gilt:
y
f ( x1 , x2 )
P
230,1V 2
U2 R
301,4 :
175,67 W
Unter der Annahme die Einzelmessungen seien nicht korreliert, gilt für die Unsicherheit der Leistung: n
· § wP ¸ ¨ ¨ wx u ( xi ) ¸ ¹ i 1© i
2
2
§ wP · § wP · u (U ) ¸ ¨ u ( R) ¸ ¨ w w U R © ¹ © ¹
u ( P)
¦
u ( P)
2 2 · § 2U · § U u (U ) ¸ ¨ u ( R) ¸ ¨ 2 ¨ ¸ © R ¹ © R ¹
u ( P)
2 · · § 230,1 V 2 § 2 230,1 V ¨¨ 0,4 : ¸ 0,1V ¸¸ ¨ 2 ¸ ¹ ¨© 301,4 : © 301,4 : ¹
u ( P)
0,0233 W 2 0,0544 W 2
u ( P)
2
2
2
0,279 W
Hieraus lässt sich auch unmittelbar die relative Unsicherheit ableiten: u ( P) u ( P) 0,279 W u ( P ) rel 0,0016 Angabe in Prozent : u ( P) rel y P 175,67 W
0,16 %
Entsprechend den Empfehlungen zur Angabe eines Ergebnisses einer indirekten Messung sollte das Ergebnis nicht mit mehr Stellen nach dem Komma angegeben werden, als in den gegebenen Werten vorhanden sind. Auf die Weise wird die Gefahr des Vortäuschens einer nicht vorhandenen Genauigkeit vermieden. Das Ergebnis sollte deshalb wie folgt angegeben werden:
P 175,7 W , die Unsicherheit der Leistung: u ( P) 0,3 W . die Leistung:
Sollten die einzelnen Messgrößen korrelieren, muss der Korrelationskoeffizient r in Gl. (6.39) geeignet berücksichtigt werden, siehe auch [5], [6], [9]. Bei vollständiger Korrelation der Messgrößen, d. h. Korrelationskoeffizient r = 1, kann die Fortpflanzung der Unsicherheiten mit der linearen Summe der gewichteten Unsicherheiten der einzelnen Messgrößen beschrieben werden: u( y)
· § n wy ¨ u ( xi ) ¸ ¸ ¨ wxi ¹ ©i 1
¦
2
n
wy
¦ wxi u( xi ) . i 1
(6.41)
72
6 Bewertung von Messergebnissen
Bespiel 6.7: Eine erforderliche Gesamthöhe von h = 16 mm in einer Maschineneinspannvorrichtung wird durch das Übereinanderlegen von drei Parallelendmaßen mit d1 = 1 mm, d2= 5 mm und d3 = 10 mm Dicke erreicht. Alle Endmaße wurden zuvor mit einer Kalibriereinrichtung ausgemessen, von der bekannt ist, dass sie eine Standardunsicherheit von u = 0,02 mm besitzt. Der Einfachheit sei angenommen, dass diese Unsicherheit identisch mit der Unsicherheit des Messergebnisses für das jeweilige Parallelendmaß ist, was erfordert, dass die Messungen der Parallelendmaße unter annähernd identischen Bedingungen durchzuführen sind. Mit welcher Unsicherheit der Gesamthöhe muss gerechnet werden? Lösung der Aufgabe: Die Parallelendmaße wurden alle mit derselben Kalibriereinrichtung ausgemessen, so dass die Ergebnisse der Kalibrierungen vollständig korrelieren. Der Korrelationskoeffizient für jedes Wertepaar, das man mit den 3 Parallelendmaßen bilden kann, ist r = 1. Folglich muss zur Berechnung der Unsicherheit der Gesamthöhe Gleichung 6.41 herangezogen werden: n
u( y)
wy
¦ wxi u( xi ) i 1
in unserem Beispiel ergibt sich konkret: 3
u ( h)
wh
¦ wxi u( xi ) i 1
wh wh wh u d1 ud 2 ud 3 wd1 wd 2 wd 3
mit der Beziehung für die Gesamthöhe
h
d1 d 2 d 3
folgt sofort:
u (h)
u d1 u d 2 u d 3
u ( h)
0,06 mm
0,02 mm 0,02 mm 0,02 mm
3 0,02 mm
In die Bildung der kombinierten Standardunsicherheit können gleichberechtigt Standardunsicherheiten nach der Ermittlungsmethode A und der Ermittlungsmethode B einbezogen werden. Um mit der Unsicherheit einen Bereich beschreiben zu können, in dem eine möglichst große Anzahl von Messwerten liegt, wurde die erweiterte Unsicherheit uE eingeführt. Sie wird durch Multiplikation der Standardunsicherheit u ( y ) mit einem Erweiterungsfaktor k gewonnen: uE
k u ( y) .
(6.42)
Als Werte für k sollten vorzugsweise Werte zwischen 2 und 3 gewählt werden, es sind aber für spezielle Applikationen auch andere Werte möglich. Wenn z. B. 2 oder 3 als Werte für k gewählt werden, so kann in dem häufigen Sonderfall einer annähernd normalverteilten Gesamtheit der Messwerte, für die uE ermittelt wurde, von einem Grad des Vertrauens von 95 % für k = 2 und 99 % für k = 3 ausgegangen werden. Dieser Grad des Vertrauens ist damit annähernd identisch mit dem für die 2ı- und 3ı-Grenzen bei normalverteilten Gesamtheiten. Auf jeden Fall ist zu empfehlen, bei einer Beschreibung der Unsicherheit mit der erweiterten Unsicherheit uE die zugehörige Standardunsicherheit u ( y ) oder den Wert des Erweiterungsfaktors mitanzugeben, um so die erweiterte Unsicherheit transparenter zu machen.
6.4 Behandlung zufälliger Abweichungen
73
Beispiel 6.8: Für das Ergebnis einer Temperaturmessung wird eine erweiterte Unsicherheit uE = 0,6 K angegeben. Die statistische Sicherheit für diese Angabe wird mit 99 % beschrieben. Wie groß ist die Standardunsicherheit u ( y ) , wenn aus früheren Messreihen bekannt ist, dass sich die Verteilung der Messwerte in guter Näherung mit einer Normalverteilung beschreiben lässt? Lösung der Aufgabe: Entsprechend Gl. (6.42) gilt:
uE u( y)
k u( y) uE k
mit k = 3 (für eine statistische Sicherheit von 99%!) folgt:
u( y)
0,6 K 3
0,2 K .
6.4.5 Bericht des Messergebnisses In die Mitteilung des Messergebnisses sind alle relevante Informationen einzubeziehen, die der Analyse des Messergebnisses zugänglich waren. Somit kommt man zu einer Angabe, die entsprechend [3], [5] als vollständiges Messergebnis bezeichnet wird. In Tabelle 6.5 zeigt die möglichen Schreibweisen für das vollständige Messergebnis für die direkte Messung und die indirekte Messung. Tabelle 6.5 Schreibweisen zur Angaben des vollständigen Messergebnisses
lfd. Nr.
Mit
Direkte Messung
Indirekte Messung
X=
Y=
1
M r u (x)
M r u( y)
(6.43)
2
M , u ( x)
M , u( y)
(6.44)
3
M , u rel ( x)
M , urel ( y )
(6.45)
4
M (u ( x))
M (u ( y ))
(6.47)
5
M (1 r u rel ( x))
M (1 r u rel ( y ))
(6.47)
M
– berichtigtes Messergebnis M
M
y 'y
x 'x
x As ,b ( x) , bzw.
y As,b ( y )
u ( x); u ( y ) – Standardunsicherheit von x, bzw. von y, urel ( x); urel ( y ) – relative Standardunsicherheit von x, bzw. von y.
74
6 Bewertung von Messergebnissen
Die Verwendung der erweiterten Unsicherheit uE anstelle der Standardunsicherheit u für die Formulierung eines vollständigen Messergebnisses ist möglich. Anstelle der Unsicherheit u kann auch der Vertrauensbereich uV zur Angabe des vollständigen Messergebnisses mit herangezogen werden, wenn die Streuung der Messreihe, die dem Messergebnis zugrunde liegt, normalverteilt ist. Die Messunsicherheit bzw. der Vertrauensbereich beschreiben somit einen Bereich, in dem der Wert der Messgröße X bzw. Y vermutet wird: M u ( x) d X d M u ( x) bzw. M u ( y ) d Y d M u ( y )
(6.48)
Diese Vermutung trifft aber nur mit einer angenommenen Wahrscheinlichkeit zu, so dass der wahre Wert der Messgröße nicht zwangsläufig in diesem Bereich liegen muss!
Beispiel 6.9 Im Ergebnis der Messung eines Vergleichsgewichtes liegen folgende Resultate vor: unberichtigtes Messergebnis: x = 1,0003 kg, bekannte systematische Abweichung: As,b = -1,1 g = -0,0011 kg, Standardunsicherheit: u(x) = 0,6 g = 0,0006 kg. Es ist das vollständige Messergebnis zu berichten. Lösung der Aufgabe: Für das berichtigte Messergebnis gilt:
M
x As ,b
1,0003 kg (0,0011 kg ) 1,0014 kg
Somit kann das vollständige Messergebnis z. B. in der Form:
X X
M r u ( x) 1,0014 kg r 0,0006 kg
berichtet werden. Mit der Berechnung der relativen Unsicherheit:
u ( y ) rel
u ( x) M
0,0006kg 1,0014 kg
5,99 10 -4
kann das Messergebnis auch in der Form:
X
M , u ( x)
X
1,0014 kg , 5,99 10 -4
angegeben werden. Selbstverständlich kann dieser Bericht des Messergebnisses in alle anderen Formen entsprechend Tabelle 6.5 überführt werden. Der verantwortungsvolle Messtechniker muss entscheiden, welche Form für seine Messaufgabe die geeignete, d.h. aussagekräftigste ist.
6.5 Messgeräteabweichungen Obwohl die Abweichungen, die unmittelbar den Unzulänglichkeiten eines Messgerätes zugeordnet werden können, ein Merkmal bzw. eine Eigenschaft des Messgerätes darstellen, sollen sie in diesem Abschnitt diskutiert werden.
6.5 Messgeräteabweichungen
75
Nur in dem Ausnahmefall, dass zur Messung nur ein Messgerät verwendet wird und vom Messverfahren verursachte Messabweichungen vernachlässigt werden können, stimmen die Abweichung des Messergebnisses und die Messgeräteabweichung überein. Demzufolge sollte i. Allg. unterschieden werden zwischen der Abweichung des Messergebnisses und der in ihr enthaltenen Abweichung der verwendeten Messgeräte. Wie die Abweichungen allgemein, können auch Messgeräteabweichungen in systematische und zufällige Abweichungen unterschieden werden. Auch die Angabe einer relativen Abweichung eines Messgerätes ist möglich, allerdings wird hier als Bezugsgröße dann oft nicht der richtige Wert eines Messergebnisses oder auch das Messergebnis selbst verwendet, sondern es können auch messgerätetypische Werte verwendet werden, wie z. B. der Endwert des gewählten Messbereiches: AM
AMs AMr
(6.49)
mit: AM – Messgeräteabweichung,
AMs – systematische Messgeräteabweichung, AMr – zufällige Messgeräteabweichung. Die Beziehung für die relative Abweichung eines Messgerätes lautet: AMrel
AM x
(6.50)
mit: x – gewählter Bezugswert (z. B. Endwert des Messbereiches oder Messwert). Eine Abschätzung der Messgeräteabweichung ist nur für den systematischen Anteil möglich, wenn der richtige Wert der Messgröße auf geeignete Weise zugänglich wurde: AMs
xa x r
(6.51)
Dabei stellt xa den Anzeigewert des Messvorganges dar, für eine höhere Vertrauenswürdigkeit des Schätzung des systematischen Anteils der Abweichung des Messgerätes kann auch der Mittelwert xa der Anzeige mehrerer Messungen unter Wiederholbedingungen verwendet werden.
6.5.1 Fehlergrenzen Um Messgeräte bezüglich ihres zu erwartenden Beitrages zu Abweichungen eines Messergebnisses möglichst einfach zu kennzeichnen, wurden Fehlergrenzen definiert. Diese werden durch eine obere Grenzabweichung Go und untere Grenzabweichung Gu beschrieben. Fehlergrenzen werden entweder vom Hersteller des Messgerätes in eigener Verantwortung festgelegt und dokumentiert oder dort, wo hoheitliche Interessen berührt werden, durch den Gesetzgeber vorgeschrieben. Es sind über die Fehlergrenzen unmittelbar Schlussfolgerungen auf die Unsicherheit des betrachteten Messgeräts unter den festgelegten Betriebsbedingungen des Messgerätes möglich. Fehlergrenzen können sowohl symmetrisch sein, dann reicht die Angabe eines Wertes G aus, als auch unsymmetrisch sein, dann müssen Gu und Go explizit angegeben werden. Ein Messgerät gilt dann als korrekt arbeitend, wenn die vom Messgerät insgesamt verursachten Abweichungen betragsmäßig kleiner als die zugehörigen Grenzabweichungen sind. Bei der Überprüfung der Grenzabweichungen sind die einzuhaltenden Betriebsbedingungen für das Messgerät zu beachten. Werden durch die Grenzabweichungen nicht zu vernachlässigende
76
6 Bewertung von Messergebnissen
zufällige Anteile der Abweichung eines Messgerätes beschrieben, ist für die Einhaltung der Grenzabweichung die geforderte Wahrscheinlichkeit, typischerweise 95%, unbedingt mit anzugeben. Fehlergrenzen können als absolute Angabe oder auch als relative Angabe beschrieben werden, dann meistens auf den Endwert des Messbereiches eines Messgerätes bezogen und in Prozent angegeben: G 100 % x
G (in %)
(6.52)
mit x als Bezugswert, meistens der Messbereichsendwert. Von den Fehlergrenzen lassen sich so genannte Genauigkeitsklassen ableiten. Die Genauigkeitsklasse gibt bezogen auf den Endwert des gewählten Messbereiches eine symmetrische Fehlergrenze in Prozent an, die das so klassifizierte Messgerät bei Nutzung unter vorgeschriebenen Bedingungen nicht verletzen darf. Tabelle 6.6 zeigt die in einschlägigen Normen festgelegten Genauigkeitsklassen. Tabelle 6.6 Genauigkeitsklassen für Messgeräte
Messgerätekategorie
Genauigkeitsklassen
Präzisionsmessgeräte
0,001; 0,002; 0,005; 0,01; 0,05
Feinmessgeräte
0,1; 0,2; 0,5
Betriebsmessgeräte
1; 1,5; 2,5; 5
Als statistische Sicherheit für die Einhaltung der Klassengrenze gilt 95 % als vereinbart. Stellt ein Hersteller für sein Messgerät eine gesamte Abweichung von AMrel < 0,001 % fest, so darf er dieses Messgerät in die Klasse 0,001 einordnen und das entsprechend publizieren. Wird aber eine Abweichung von AMrel = 0,0011 % ermittelt, so muss der Hersteller sein Messgerät in die nächst höhere Klasse einstufen, in dem Fall also in die Klasse 0,002. Es muss allerdings bemerkt werden, dass die Charakterisierung von Messgeräten mittels Genauigkeitsklassen nur noch selten in der Praxis als alleinige Qualitätsangabe zu einem Messgerät genutzt wird. Zur gezielten Auswahl eines Messgeräts zur Lösung einer gestellten Messaufgabe sind häufig detailliertere Beschreibungen der Merkmale des betreffenden Messgeräts erforderlich, siehe auch Kapitel 7.
6.5.2 Fortpflanzung von Abweichungen von Messgeräten Die Ermittlung der möglichen Gesamtabweichung, die für eine indirekte Messung auf die Abweichung der verwendeten Messgeräte zurückzuführen ist, kann auf zwei verschiedene Varianten geschehen. Zu einer so genannten sicheren oder maximalen Gesamtabweichung gelangt man, wenn die Beträge der Abweichung der einzelnen Messgeräte, jeweils multipliziert mit dem für die Messung gültigen Gewichtsfaktor, addiert werden: n
AMgm
wy
¦ wxi AMi i 1
(6.53)
6.5 Messgeräteabweichungen
77
mit:
AMgm - maximale Gesamtabweichung, von den verwendeten Messgeräten verursacht, AMi
- Abweichung des Messgeräts, das zur Messung der Größe xi verwendet wird,
wy wxi
- Gewichtsfaktor für die Messgröße xi im Messerergebnis.
Mit dieser Berechnung kommt man zu einem Ergebnis, das in der Praxis nicht erwartet werden muss, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass alle mögliche Fehlerwirkungsvektoren in eine Richtung weisen. Somit wird den verwendeten Messgeräten ein geringeres Vertrauen entgegengebracht, als sie es eigentlich verdienen. Man hat allerdings den Vorteil, dass von den Messgeräten kein indirektes Messergebnisse geliefert wird, das den mit der Größtabweichung beschriebenen Bereich verletzt. Wesentlich näher kommt man den messpraktischen Realitäten, wenn eine Addition der gewichteten Abweichungsquadrate der verwendeten Messgeräte durchgeführt wird: n
AMgw
§ wy · ¨¨ AMi ¸¸ w x ¹ 1© i
2
¦ i
(6.54)
mit:
AMgw - mittlere bzw. wahrscheinliche Gesamtabweichung, die von den verwendeten Messgeräten verursacht wird. Die erhaltene Gesamtabweichung wird als mittlere oder auch wahrscheinliche Abweichung bezeichnet, es ist allerdings zu beachten, dass im Gegensatz zur Größtabweichung von den Messgeräten durchaus indirekte Messergebnisse ausgegeben werden können, die nicht innerhalb des mit der wahrscheinlichen Abweichung beschriebenen Bereiches liegen. Wenn die Abweichung eines Messgeräte mit Fehlergrenzen oder der Unsicherheit des Messgerätes beschrieben werden, können auch diese anstelle der Abweichung AMi in die angeführten Gleichungen eingesetzt werden. Man kann in diesem Fall dann auch von der Fehlergrenze bzw. der Unsicherheit für die auszuführende indirekte Messung sprechen, die von den verwendeten Messgeräten verursacht wird.
Beispiel 6.10 Es soll wieder die Messschaltung aus Beispiel 6.3 zur indirekten Messung der Leistung herangezogen werden. Von den Messgeräten seien die Fehlergrenzen G bekannt. Es soll die mittlere Fehlergrenze für die Leistungsmessung bestimmt werden. Geg.:
Strommesser: Fehlergrenze G(in %) = 0,25 %, Messbereichsendwert MEA = 0,3A Spannungsmesser: Fehlergrenze G(in %) = 1,5 %, Messbereichsendwert MEV = 1,5 V
Lösung der Aufgabe: Die Gleichung für die Leistung lautet:
P
f (U , I ) U I ,
für die Fortpflanzung der mittleren Fehlergrenzen der einzelnen Messgeräte gilt entsprechend Gl.(6.54):
78
6 Bewertung von Messergebnissen 2
n
G ges
· § wy ¸ ¨ ¨ wx Gi ¸ , ¹ 1© i
¦ i
unter Einsetzen der Symbole aus der Bestimmungsgleichung für die Leistung ergibt sich: 2
G ges
GP
· § wP ¸ ¨ ¨ wx Gi ¸ ¹ 1© i
¦ i
2
2
· · § wP § wP GV ¸ ¨ GA ¸ ¨ ¹ ¹ © wU © wI
2
I GV 2 U G A 2
wobei für die Größen U und I die jeweiligen Messbereichsendwerte einzusetzen sind. Mit den prozentualen Fehlergrenzen ergeben sich für das Voltmeter die Fehlergrenze GV und für das Amperemeter die Fehlergrenze GA zu:
GV
M EV
G(in %) 1,5 1,5 V 100 % 100 %
GA
M EA
G (in %) 100 %
0,3 A
2,5 100 %
0,0225 V , 0,0075 A .
Nunmehr ist die mittlere Fehlergrenze für die Leistungsmessung zu berechnen:
GP GP
0,3 A 0,0225 V 2 1,5 V 0,0075 A 2
,
0,0131 W 13,1 mW .
6.6 Kontrollfragen 6.1) Welche technische Bedeutung hat die relative Abweichung? 6.2) Warum sind bekannte systematische Abweichungen korrigierbar? 6.3) Nennen Sie Beispiele für die Ursachen zufälliger Abweichungen. 6.4) Warum müssen Angaben zufälliger Abweichungen zwingend mit Aussagen zur statistischen Sicherheit ergänzt werden? 6.5) Was stellt mathematisch gesehen eine endliche Messreihe in Relation zu einer unendlichen Messreihe dar? 6.6) Warum sind die Parameter Erwartungswert µ und Standardabweichung V nicht für endliche Messreihen ohne Einschränkungen verwendbar? 6.7) Wann ist zur Bildung der kombinierten Unsicherheit die lineare Addition der gewichteten Unsicherheiten der einzelnen Messgrößen zu verwenden? 6.8) Was versteht man unter erweiterter Unsicherheit? 6.9) Welche statistischen Kenngrößen sind unabhängig von der vorliegenden Verteilungsfunktion für eine endliche Messreihe? 6.10) Was ist der Unterschied zwischen der Genauigkeitsklasse und der Fehlergrenze eines Messgeräts?
79
7 Fehlertypen in Messeinrichtungen Wie schon in Abschnitt 6 anlässlich der Diskussion von Messabweichungen erläutert, ist im Zusammenhang mit der Auswirkung von unzulässigen Verhalten von Messeinrichtungen der Terminus „Fehler“ zulässig. Deshalb wird der Begriff Fehler im Folgenden benutzt. Infolge von Fehlern einer Messeinrichtung, i. Allg. durch unzulässiges Übertragungsverhalten hervorgerufen, werden deren Messergebnisse mit Messabweichungen behaftet sein, siehe auch Abschnitt 6.5. Grundsätzliche Fehlertypen von Messeinrichtungen müssen bekannt sein, um ihre Auswirkungen auf die resultierenden Messgeräteabweichungen in der messtechnischen Praxis einschätzen können. Da in der modernen Messtechnik vorrangig digitale Messeinrichtungen zur Anwendung kommen, ist auf deren Besonderheit bezüglich der Fehlermöglichkeiten speziell einzugehen.
7.1 Die Auswirkung des additiven und multiplikativen Fehlers Eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Fehlertypen einer Messeinrichtung ist mit der Einbeziehung der Abhängigkeit der Größe einer Abweichung von der Aussteuerung der Messeinrichtung gegeben. Ist die Größe einer absoluten Messgeräteabweichung unabhängig von der Aussteuerung einer Messeinrichtung, sprechen wir von einem additiven Fehlereinfluss bzw. kurz dem additiven Fehler, der in der elektronischen Verstärkertechnik auch Offset (-fehler) genannt wird. Er bewirkt an jeder Stelle des Messbereiches eine Abweichung mit gleichem Betrag und Vorzeichen und kann sowohl durch systematische, als auch durch zufällige Fehlerwirkungen, die im Zusammenhang mit der Messeinrichtung stehen, verursacht sein. In der Umgebung des Nullpunktes einer Messanzeige spricht man auch vom Nullpunktfehler, wie er als Nullpunktverschiebung (Justierfehler) bei Messschiebern oder in der elektronischen Messtechnik als Nullpunktverschiebung (Offset) bei Messverstärkern auf der Basis von Operationsverstärkern für Spannungssignale zu beobachten ist. In einem Diagramm, in dem die Eingangsgröße auf der xe-Achse und die Ausgangsgröße (entspricht bei einer anzeigenden Messeinrichtung dem Anzeigewert) auf der xa-Achse abgetragen sind, bewirkt der additive Fehler eine Parallelverschiebung der Ist-Kennlinie, in Bild 7-1 durchgezogen gezeichnet, gegenüber der Soll-Kennlinie, in Bild 7-1 gestrichelt gezeichnet . Da die Wirkung eines additiven Fehlers unabhängig von der Aussteuerung einer Messeinrichtung ist, wird sich die dadurch verursachte relative Abweichung AMrel in Abhängigkeit von der Aussteuerung verändern. Die relative Abweichung entspricht dem Quotienten aus konstanter absoluter Abweichung AM und Wert der Messgröße xa. Je geringer die Messeinrichtung ausgesteuert wird, um so größer ist die vom additiven Fehler verursachte relative Abweichung. Bei einer Aussteuerung gegen Null strebt AMrel gegen Unendlich. Sehr augenscheinlich ist das in Bild 7-1 b) und c) zu erkennen. Diese starke Auswirkung des additiven Fehlers ist letztlich der Hauptgrund für die Forderung nach möglichst großer Aussteuerung von Messeinrichtungen.
80
7 Fehlertypen in Messeinrichtungen
Ist dagegen die Größe der absoluten Abweichung der Anzeigegröße einer Messeinrichtung eine Funktion ihrer Aussteuerung, sprechen wir vom multiplikativen Fehler der Messeinrichtung. Technisch wird dieser Fehlertyp auch als Verstärkungsfehler bezeichnet, denn er äußert sich in einer unerwünschten Veränderung des Übertragungsfaktors, also der Verstärkung einer Messeinrichtung. Auch der multiplikative Fehler kann systematische und zufällige Ursachen besitzen.
Ausgangsgröße
xa 'xa = const.
Eingangsgröße xe
a)
AM
b) Bild 7-1
'x a
AMrel
xa
'x a xa
c)
xa
Wirkung des additiven Fehlers a) Verschiebung der Kennlinie durch den additiven Fehler b) qualitativer Verlauf des absoluten additiven Fehlers c) qualitativer Verlauf des relativen additiven Fehlers (für x a z 0 gültig)
Wie Bild 7-2 zeigt, verläuft eine nur durch einen multiplikativen Fehler verfälschte Übertragungskurve einer Messeinrichtung durch den Nullpunkt. Somit ist bei der Aussteuerung Null einer Messeinrichtung die durch den multiplikativen Fehler verursachte absolute Abweichung ebenfalls Null. Aus diesem Grund sind multiplikative Fehler bei Messeinrichtungen mit nur geringer Aussteuerung eher zu akzeptieren als additive Fehler. Typisch für den multiplikativen Fehler ist die fehlerhafte Realisierung der Verstärkung, des Übertragungsfaktors für die Messgröße, wie sie i. Allg. in allen Messeinrichtungen zur Anpassung der Größe eines Messsignals an den Aussteuerbereich der Messeinrichtung erforderlich sind. Die genannten zwei Fehlertypen werden bei realen Messeinrichtungen fast immer gleichzeitig auftreten, so dass sich Auswirkungen des gesamten Fehlers einer Messeinrichtung durch die Überlagerung der Kurven aus den Bildern 7-1 und 7-2 darstellen lassen. Für eine konkrete Messapplikation muss dann auf der Basis der Informationen über die Anteile der beiden Fehlertypen am Gesamtfehler der Messeinrichtung die Entscheidung getroffen werden, ob die vorgesehene Messeinrichtung für die Lösung der gestellten Messaufgabe geeignet ist.
7.2 Abweichung infolge der Quantisierung
81
Ausgangsxa größe
'xa = f(xa)
Eingangsgröße xe
a) AM
' xa
AMrel
b) Bild 7-2
xa
'x a xa
c)
xa
Wirkung des multiplikativen Fehlers a) Veränderung des Anstiegs der Kennlinie durch den multiplikativen Fehler b) qualitativer Verlauf des absoluten multiplikativen Fehlers c) qualitativer Verlauf des relativen multiplikativen Fehlers (für x a z 0 gültig)
7.2 Abweichung infolge der Quantisierung Im Zusammenhang mit der Wandlung von Signalen wurde auch schon auf die Quantisierung von Signalen in Kapitel 2.3 hingewiesen. Bei der Quantisierung wird der, zumindest theoretisch, unendliche Wertevorrat eines analogen Signals auf einen diskreten Wertevorrat abgebildet. Dass dabei Informationsgehalt verloren gehen muss, ist augenscheinlich. Schließlich kann sich das analoge Eingangssignal in den Grenzen des kleinsten Inkrements, des LSB’s, der diskreten Ausgangsgröße ändern, ohne dass eine Veränderung des diskreten, also quantisierten Ausgangssignals auftritt. Bild 2-4 demonstriert diesen Sachverhalt sehr augenscheinlich. Es ergibt sich eine absolute Abweichung A infolge der Quantisierung, die, wenn auch nicht ganz korrekt, oft als absoluter Quantisierungsfehler FQ bezeichnet wird, welche sich durch die Differenzbildung zwischen x
dem digitalem Istwert, repräsentiert durch die treppenförmige Kurve, und
x
dem idealisierten Wert, repräsentiert durch die linear verlaufende Sollkennlinie, die sich ergibt, wenn die Größe der Quantisierungsinkremente gegen Null streben würde,
ermitteln lässt. In Bild 7-3 ist die absolute Abweichung infolge der Quantisierung A über den analogen Eingangsbereich dargestellt. Sie springt im Bereich des Umschaltpunktes des diskreten Ausgangswertes von –0,5 LSB auf +0,5 LSB, d. h. um den Betrag 1 LSB, um dann wieder linear
82
7 Fehlertypen in Messeinrichtungen
auf –0,5 LSB abzusinken. Diese Abweichung ist betragsmäßig mit dem Informationsverlust infolge der Quantisierung identisch. Für die maximale absolute Abweichung infolge der Quantisierung ergibt sich folglich: Amax
r0,5 LSB
1LSB .
1LSB
(7.1)
A +0,5 LSB -0,5 LSB
1
2
3
4
5
6
7
analoge Eingangsgröße
Bild 7-3 Grafische Darstellung der Abweichung infolge der Quantisierung A für einen 3-Bit-ADWandler
Für technische Interpretationen ist oftmals die relative Abweichung infolge der Quantisierung Arel, die aussagekräftigere Angabe, so dass eine Bezugsgröße herausgearbeitet werden muss, auf welche die absolute Abweichung infolge der Quantisierung zu beziehen ist. Dazu soll folgende Überlegung angestellt werden: Bis auf wenige Ausnahmen wird in der Praxis die Quantisierung mit einem binären Zahlensystem beschrieben, weil das unmittelbar der in der Digitaltechnik verwendeten zweiwertigen Logik entspricht. Da die Koeffizienten im binären Zahlensystem nur die Werte 1 und 0 annehmen, können mit einer n-stelligen Binärzahl 2n Werte, d. h. Zahlen, dargestellt werden. In technischen Binärsystemen (umgangssprachlich: Digitalsysteme) wird die Stellenzahl n mit Bit angegeben. Unter der Annahme, das Inkrement des diskreten Wertebereichs ist 1 LSB, kann somit ein diskreter Wertebereich von: 0 bis (2 n 1) 1LSB
dargestellt werden. Mit der Größe des diskreten Wertebereichs und der maximalen absoluten Abweichung infolge der Quantisierung lässt sich für Binärsysteme die relative Abweichung infolge der Quantisierung dann zu: Arel
Amax
1LSB
1
(2 1) 1LSB
(2 n 1) 1LSB
2n 1
n
(7.2)
berechnen. In den meisten technischen Applikationen mit einem Werteumfang t 8 Bit (d. h. Werteumfang t 256) ist es aber durchaus zulässig mit der Vereinfachung: Arel |
1 2n
(7.3)
7.2 Abweichung infolge der Quantisierung
83
zu arbeiten.
Beispiel 7.1 Für einen A-D-Wandler mit einer Wortbreite von 10 Bit ist die relative Abweichung infolge der Quantisierung anzugeben. Lösung der Aufgabe: Gemäß Gl. (7.3) gilt:
Arel |
1
1
2n
210
1 1024
0,00097 | 0,001
Die relative Abweichung infolge der Quantisierung beträgt rund 0,001, d. h. 0,1%.
Die relative Abweichung infolge der Quantisierung tritt in ihrem möglichen Wertebereich (r 0,5 LSB) gleichverteilt auf und verursacht eine additive Fehlerwirkung der betrachteten Messeinrichtung entsprechend den Ausführungen in Kapitel 7.1. Ähnliche Überlegungen lassen sich für zählende Messeinrichtungen anstellen, bei denen die Digitalinformation über das Auszählen von Ereignissen innerhalb eines definierten Zeitintervalls, z. B. 1 Sekunde, gewonnen wird. Im Bild 7-4 ist das Phänomen, für das in der Fachliteratur oft auch der Begriff des digitalen Restfehlers verwendet wird, illustriert. Zählung 1 Zählergebnisse:
Zählung 2
¾ Zählung 1: 5 ¾ Zählung 2: 6 Differenz: 1
Zählintervall (Meßzeit t)
Bild 7-4 Entstehung des digitalen Restfehlers
Der kleinste Änderungswert ist beim Zählen identisch mit einem ganzzahligen Inkrement. Die Generierung der Messzeit und die zu zählende Pulsfolge stehen in einem asynchronen Verhältnis. Deshalb ist auch das sich einstellende Phasenverhältnis zwischen der Messzeit und der Messpulsfolge nicht vorhersehbar (also das Verhältnis zwischen Beginn der Messzeit und einem gerade einlaufenden Puls). Somit kann der in Bild 7-4 illustrierte Effekt auftreten, dass ein Puls am Ende der Messzeit gerade noch gezählt wird, oder die Messzeit vor dem Impuls endet. Im Ergebnis ist die Zählmessung mit der absoluten Abweichung A = 1 Inkrement behaftet, bezeichnet auch als digitaler Restfehler FZ,:
84
7 Fehlertypen in Messeinrichtungen A
FZ
'n
1
(7.4)
Die relative Abweichung Arel muss auf das Zählergebnis n bezogen werden: Arel
'n n
1 . n
(7.5)
Eine Verringerung des relativen digitalen Restfehlers ergibt sich mit der Vergrößerung des Zählergebnisses. Dass die Größe des Zählbereichs mit der Messzeit korreliert, verdeutlicht die Gleichung 7.5 sehr augenscheinlich. Der hieraus erkennbare Zusammenhang von Messzeit und Genauigkeit ist ein oftmals wirkender Grundsatz in der Messtechnik. Wenn also eine hohe Genauigkeit der Zählmessung erforderlich ist, muss mit einem möglichst hohen Zählergebnis gearbeitet werden. Das ist bei gegebener Frequenz der zu zählenden Impulsfolge nur durch Verlängerung der Messzeit zu erreichen. Auch der digitale Restfehler hat, wie die Abweichung infolge der Quantisierung, eine gleichverteilte additive Fehlerwirkung.
7.3 Angabe der Genauigkeit bei Messgeräten Die Fehlerwirkung der Abweichung infolge der Quantisierung bzw. digitaler Restfehler stellen nur bei digital anzeigenden Messeinrichtungen einen zusätzlichen wirksamen Fehleranteil dar. Deshalb muss sich für eine digitale Messeinrichtung die Angabe zur Messgenauigkeit aus drei Anteilen zusammensetzen, während bei analog arbeitenden und anzeigenden Messeinrichtungen zwei Anteile ausreichend sind. Leider ist die Angabe in den Datenblättern der verschiedenen Hersteller nicht mit einer einheitlichen Begriffswahl verbunden. Neben dem Begriff Messgenauigkeit wird auch mit dem Begriff der Fehlerangabe gearbeitet. Eine solche Angabe könnte wie folgt aussehen:
Beispiel 7.2 Messgenauigkeitsangabe (Fehlerangabe) für ein Messgerät mit analoger Anzeige: r 0,01 % v. M. r 0,01 % v. E. Messgenauigkeitsangabe (Fehlerangabe) für ein Messgerät mit digitaler Anzeige: r 0,01 % v. M. r 0,01 % v. E. r 1 LSB. mit: v.M.
– vom Messwert
Wirkung des multiplikativen Fehleranteils (abhängig von der Größe des Messwertes und bezogen auf diesen), v.E . – vom Endwert Wirkung des additiven Fehleranteils (unabhängig vom Messwert, auf die konstante Größe des Endwertes, also des Messbereichs, bezogen) 1 LSB – Fehlerwirkung der Quantisierung.
In einigen Herstellerangaben zu digitalen Messgeräten findet sich keine separate Angabe zur Fehlerwirkung infolge der Quantisierung. Sie ist dann in der Angabe zum additiven Fehleranteil enthalten. Das ist zwar nicht sehr transparent, aber zulässig, weil auch die Fehlerwirkung der Abweichung infolge der Quantisierung einen additiven Fehleranteil darstellt.
7.3 Angabe der Genauigkeit bei Messgeräten
85
Die Beschreibung der Genauigkeit eines Messgerätes mit Fehlergrenzen bzw. Genauigkeitsklassen wurde schon in Abschnitt 6.5 erläutert. Dort wurde aber auch schon darauf hingewiesen, dass die Beschreibung der Eigenschaften eines Messgerätes mit Genauigkeitsklassen oft nicht ausreichend ist und die in diesem Abschnitt dargestellte detailliertere Angabe zur Genauigkeit eines Messgerätes vorzugsweise verwendet wird.
Beispiel 7.3 Ein digitaler Spannungsmesser sei durch folgende Angaben beschrieben: Messgenauigkeit: r 0,02 % v. M. r 0,01 % v. E. r 1 LSB, Anzeigebereich: 0,000 V – 9,999 V. Mit diesem Messgerät werden zwei Messungen durch geführt: Messung 1: Messergebnis 9,000 V Messung 2: Messergebnis 1,100 V. Gesucht ist für beide Messungen die maximal mögliche absolute und relative Abweichung des Messergebnisses infolge der Messgenauigkeit des Messgeräts (maximale Messgeräteabweichung). Lösung der Aufgabe: Es ergeben sich drei Anteile, aus denen sich die maximale Abweichung zusammensetzt: A1: Abweichung infolge der Quantisierung, A2: Abweichung, durch die multiplikative Wirkung von Messgerätefehlern hervorgerufen, A3: Abweichung, durch die additive Wirkung von Messgerätefehlern hervorgerufen.
Die maximale Abweichung ergibt sich durch betragsmäßige Addition der drei Abweichungsanteile:
AM max
A1 A2 A3 .
Die maximale relative Abweichung kann durch Division der maximalen Abweichung durch den jeweiligen Messwert berechnet werden:
AM rel max
AM max . M
Somit ergeben sich für das erste Messergebnis 9,000 V:
A1 1 LSB 1 mV , A2
0,0002 9,000 V
0,0018 V ,
A3
0,0001 9,999 V
0,0009999 V | 0,001 V ,
Damit ergibt sich die maximale Gesamtabweichung:
AM max
A1 A2 A3
0,001 V 0,0018 V 0,001 V
0,0038 V
und die maximale relative Abweichung:
AM rel max
AM max M
0,0038 V 9,000 V
0,00042
0,042 %
Für das zweite Messergebnis 1,100 V lassen sich folgende Werte ermitteln:
A1 1 LSB 1 mV , A2
0,0002 1,100 V
0,00022 V ,
A3
0,0001 9,999 V
0,0009999 V | 0,001 V ,
86
7 Fehlertypen in Messeinrichtungen
Damit ergibt sich die maximale Gesamtabweichung:
AM max
A1 A2 A3
0,001V 0,00022 V 0,001V
0,00222 V
und die maximale relative Abweichung:
AM rel max
AM max M
0,00222 V 1,100 V
0,00202
0,202 % .
Es ist deutlich erkennbar, dass infolge der Wirkung des additiven Fehlers die zu berücksichtigende relative Abweichung mit kleiner werdendem Messergebnis sehr stark ansteigt (siehe auch Bild 7-1). Im Beispiel ist die maximale relative Abweichung bei der geringeren Aussteuerung auf das ca. Fünffache gestiegen. Es wird quasi Genauigkeit des Messgerätes bei kleiner Aussteuerung bezogen auf den Endwert verschenkt. Deshalb sollten Messgeräte, auch digitale, immer soweit wie möglich ausgesteuert werden!
7.4 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 7.1) Weshalb können additive Fehler einer Messeinrichtung deren Messergebnisse bis zur Unbrauchbarkeit verfälschen? 7.2) Was stellen informationstechnisch Auswirkungen der Abweichung infolge der Quantisierung (Quantisierungsfehler) und der digitale Restfehler dar? 7.3) Mit welcher relativen Abweichung infolge der Quantisierung müssen sie bei einem 12-Bit A-DWandler rechnen?
87
8 Messung elektrischer Größen Zu den elektrischen physikalischen Größen, im Folgenden elektrische Größen genannt, werden Spannung, Stromstärke, elektrische Leistung und Arbeit, elektrischer Widerstand, Induktivität und Kapazität gezählt. Weiterhin sollen noch die Messung von Zeit und Frequenz behandelt werden, weil beide für die Bestimmung von Wechselgrößen notwendig sind. Ebenfalls erforderlich sind sie zur Ermittlung von Größen, die unmittelbar eine Funktion der Zeit darstellen, wie z. B. die Arbeit. Die Messung elektrischer Größen wiederum ist die Grundlage, nichtelektrische Größen mit elektrischen Messmethoden erfassen zu können. Sie bietet damit die maßgebliche Voraussetzung zur Ausführung von Mess- und Regelprozessen in der automatisierten Fertigung bzw. zur Realisierung rechnergesteuerter Mess- und Prüfsysteme im Prüffeld einer Erzeugnisse produzierenden Firma.
8.1 Erreichbare Messgenauigkeiten Ausschlaggebend für die erreichbare Messgenauigkeit eines Messverfahrens sind neben geeigneten Messprinzipien die zur Verfügung stehenden Normale. Für die Anwendung in Eichlaboren werden Referenz- und Arbeitsnormale von den Primärnormalen abgeleitet, siehe Kapitel 1.3. Mit Hilfe dieser Normale werden die Referenzbaugruppen von Messeinrichtungen geeicht bzw. kalibriert und justiert. Somit ist auch für die Messeinrichtungen keine größere Genauigkeit als die der verwendeten Normale zu erwarten. Tabelle 8.1 zeigt die typischen Werte der mit vertretbarem technischen Aufwand erreichbaren Genauigkeit für elektrische Größen und für Zeitgrößen. Wie aus der Tabelle zu erkennen ist, bieten die Normale für Frequenz und Zeitmessung die mit Abstand höchste Genauigkeit. Deshalb wird bei vielen Messverfahren für unterschiedlichste physikalische Größen versucht, diese auf indirekte Messungen mit den Zwischengrößen Zeit oder Frequenz zurückzuführen. Das trifft im hohen Maß in der modernen, vorzugsweise digital arbeitenden Messtechnik zu.
88
8 Messung elektrischer Größen
Tabelle 8.1 Primär- und Referenznormale und ihre Genauigkeit physikalische Größe
Primärnormal
typische Genauigkeit
Referenznormal
typische Genauigkeit
Spannung
WestonNormalelement (U = 1,0186 V)
'U d r5 10 6 U
Dioden-TransistorReferenzspannungsquelle
'U d r 10 5 U
Widerstand
Manganinwiderstand (hermetisch abgeschlossen, R = 1 :)
'R d r10 7 R
Manganinwiderstände im Bereich von 1 :...1 M: oder Widerstandsdekaden
'R d r10 5 R
Kapazität
berechenbarer Kondensator aus vier Stäben genauer Länge C = 10 pF oder 1 pF
'C d r10 7 C
Glas- oder Glimmerkondensator
'C d r10 5 C
Lange dünne Luftspule L = 1 mH...10 mH
'L d r10 6 L
Zeit
„Atomuhr“, Cäsiumresonator mit nachfolgender Pulsgewinnung und Generierung einer vereinbarten Zeitbasis
't d r10 13 t
Normfrequenzsender DCF77, sendet auf 77,5 kHz BCDkodierte Zeitinformation
't d r10 13 t
Frequenz
„Atomuhr“, Cäsiumresonator
'f d r10 13 f
Quarzoszillator (temperaturstabilisiert)
'f d r10 10 f
Induktivität
C = 100 pF...1 nF Zylinderluftspulen, Eisenkernspulen
'L d r10 4 L
L = 0,1 mH...10 H
8.2 Messung von Stromstärke und Spannung Die Messung von Stromstärke und Spannung ist Voraussetzung für fast alle anderen Messungen elektrischer Größen und nichtelektrischer Größen mit elektrischen Messverfahren, abgesehen von der Zeit- bzw. Frequenzmessung. Bei elektromechanischen Messgeräten wird zumeist die magnetische Kraftwirkung auf den stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld eines Permanentmagneten bzw. eines Elektromagneten ausgenutzt. Zu diesem Zweck wird auch die Messung der Spannung UM über die Beziehung UM
IM R
(8.1)
in eine Messung des Stromes überführt. In Gl. (8.1) repräsentieren UM die zu messende Spannung und IM den resultierenden Messstrom,. Der Widerstand R ist der Messwiderstand. Er wird verkörpert durch den elektrischen Widerstand der Spule des Messwerks und muss im Interesse der Genauigkeit der Spannungsmessung genau bekannt und konstant sein.
8.2 Messung von Stromstärke und Spannung
89
Typischer Vertreter dieser elektromechanischen Messgeräte ist das Drehspulmessgerät mit einem Drehspulmesswerk entsprechend der stark vereinfachten Darstellung in Bild 8-1. Bei diesem Messgerät ist zu beachten, dass der Widerstand der Spule des Messwerks aus einer Kupferdrahtwicklung besteht, die einen temperaturabhängigen Widerstand besitzt, so dass auch die Anzeige des Drehspulmesswerkes temperaturabhängigen Veränderungen unterliegt. Für die praktische Applikation dieser Messwerke sind deshalb Maßnahmen zur Minimierung dieser Abhängigkeit vorzusehen. Zeigerausschlag ~ IM IM drehbar gelagerte Spule mit Zeiger
N
S
Magnetfeld mit der Induktion B Permanentmagnet
Bild 8-1 Grundprinzip eines Drehspulmesswerks (stark vereinfacht)
Für die Messung reiner Wechselspannungen bzw. Wechselströme mit dem Drehspulmesswerk sind diese in eine proportionale Größe mit Gleichanteilen zu überführen, technisch gesehen also gleichzurichten. Von dieser pulsierenden Gleichspannung ist ein geeigneter Mittelwert anzuzeigen, was i. Allg. der arithmetische Mittelwert der pulsierenden Gleichspannung sein wird; er entspricht dem in Kapitel 3 beschriebenen Gleichrichtwert. Für spezielle Spannungsmessungen, vor allem bei der Messung sehr großer Werte (> 1 kV), wird auch die spannungsabhängige elektrostatische Kraftwirkung zur Generierung einer spannungsproportionalen Anzeige ausgenutzt. Elektromechanische Messwerke haben heutzutage nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Sie werden zunehmend durch elektronische Messgeräte ersetzt, die vorzugsweise mit digitaler Anzeige ausgestattete sind. Die Palette dieser elektronischen Messgeräte reicht vom Digitalmultimeter in Form eines einfachen Werkstatt- oder Heimwerkergeräts, welches preisgünstig schon ab ca. 10 € zu haben ist, bis hin zum Präzisionsmultimeter mit einer Messgenauigkeit in der Größenordnung der in Tabelle 8.1 genannten Genauigkeit von Spannungs- bzw. Stromnormalen, das je nach Ausstattung einige 1000 € kosten kann. In elektronischen Messgeräten zur Bestimmung der Spannung kommen fast immer Verstärkerschaltungen zum Einsatz, die einen gegen unendlich tendierenden Eingangswiderstand besitzen (107 : ... 1010 :) und folglich eine fast leistungs- und damit rückwirkungsfreie Messung erlauben. Wir haben es mit einer annähernd idealen Spannungsmessung zu tun. Deshalb sollte bei erforderlicher gleichzeitiger Messung von Strom und Spannung an einen Widerstand immer die stromrichtige Messschaltung benutzt werden. Die dabei auftretende systematische
90
8 Messung elektrischer Größen
Abweichung der Strommessung spielt in der Messpraxis keine Rolle, da durch das Voltmeter nur ein vernachlässigbar kleiner Strom fließt. Das in der Vergangenheit häufig diskutierte Problem der spannungs- bzw. stromrichtigen Messung bei der gleichzeitigen Messung von Strom und Spannung hat im Zusammenhang mit der systematischen Messabweichung deshalb nur noch eine untergeordnete Bedeutung in der modernen Messtechnik. Zur Strommessung muss ein Spannungsabfall über einen Messwiderstand, auch als Nebenwiderstand bezeichnet, engl. Shunt, erzeugt werden. Durch dessen geeignete Festlegung, z. B. Nebenwiderstand RN = 1 :, kann der Spannungsabfall sofort als Strom interpretiert werden. In modernen elektronischen Messgeräten kann durch die mögliche große Verstärkung der Messsignale mit sehr kleinen Shunts gearbeitet werden, die Widerstandswerte im Milliohm-Bereich besitzen. Somit lässt sich auch bei der Strommessung mit elektronischen Messgeräten die resultierende systematische Abweichung im Vergleich zu elektromechanischen Messgeräten minimieren.
Beispiel 8.1 Strommessung mittels eines Spannungsmessers, der den Spannungsabfall über einem Shunt mit einem Widerstand RN = 1 : erfasst. Es ist ein Vorschlag für die Skalierung des Spannungsmessers entsprechend den gemessenen Strömen anzugeben. Lösung der Aufgabe: Da gilt:
IM
U RN
kann bei RN = 1 : der ermittelte Zahlenwert des Spannungsabfalls über den Shunt unmittelbar als Zahlenwert des Stroms durch den Shunt interpretiert werden, z. B. :
1A ,
Spannungswert U
1V Stromwert I M
Spannungswert U
15 mV Stromwert I M
15 mA usw.
Entsprechende Analogien kann man für beliebige andere Werte von RN finden.
Mit elektronischen Messgeräten sind natürlich auch Wechselspannung bzw. -strom messbar. Da aber bei anzeigenden elektronischen Messgeräten nur annähernd konstante Ziffern- bzw. Balkenanzeigen durch den Menschen erkennbar sind, können keine Momentanwerte einer sich schnell ändernden Wechselgröße zur Anzeige gebracht werden. Es muss vorher eine geeignete Mittelwertbildung des Messwertes erfolgen, dieser Mittelwert wird dann angezeigt. Technisch am einfachsten ist hier wiederum die Bildung des arithmetischen Mittelwertes, allerdings ist hierfür, wie im Abschnitt 3.3 erläutert, der Gleichrichtwert heranzuziehen, der arithmetische Mittelwert der gleichgerichteten Wechselgröße. Aus der Definitionsgleichung des Gleichrichtwertes sind die notwendigen technischen Schritte zu dessen Bildung zu entnehmen; für die elektrische Spannung lautet die Gleichung gemäß Kapitel 3.3: T
u
1 u (t ) dt . T
³ 0
8.2 Messung von Stromstärke und Spannung
91
Demnach ist die gleichgerichtete Wechselspannung über eine Periode oder auch mehrere zu integrieren und anschließend durch die Perioden- bzw. Integrationsdauer zu dividieren. Bei mechanischen Messwerken erfolgt die arithmetische Mittelwertbildung durch die Trägheit der bewegten Teile des Messwerks. In elektronischen Messgeräten ist ein entsprechend dimensionierter Tiefpass 1. Ordnung das notwendige Werkzeug, um die für die arithmetische Mittelwertbildung erforderlichen mathematischen Operationen auszuführen. Für viele messtechnische Applikationen ist aber nicht das arithmetische Mittel von Wechselspannung oder -strom, bzw. der davon abgeleitete Gleichrichtwert die interessante Größe, sondern vor dem Hintergrund der Leistungsbestimmung ist der Effektivwert, also die Wurzel aus dem quadratischen Mittelwert, bedeutsam. Dieser lässt sich für eine festgelegte Kurvenform der Wechselgröße über den Formfaktor F aus dem Gleichrichtwert entsprechend Gl.(3.12) bestimmen: F
U
Fu .
U
u
mit U dem Effektivwert der Wechselspannung. Für die festgelegte Kurvenform kann dann die Anzeige, welche eigentlich dem Gleichrichtwert entspricht, in Effektivwerten kalibriert werden. Bei einfachen Messgeräten, die nur in Verbindung mit der sinusförmigen Wechselspannung unseres Energieversorgungsnetzes eingesetzt werden, ist das auch ein zulässiger und oft beschrittener Weg zur Messung von Effektivwerten. Dieser Weg verbietet sich jedoch, wenn die Messgeräte universell, d. h. bei einer beliebigen Kurvenform der Wechselgröße eingesetzt werden sollen. Hier muss die Effektivwertbildung entsprechend Gl. (3.10) durchgeführt werden, z. B. konkret für die Spannung: U
1 T
T
2
³ >u( t )@
dt .
0
Nach dieser Vorschrift ist die Spannungsamplitude zu quadrieren, anschließend über die Periode zu integrieren und letztendlich ist daraus die Wurzel zu ziehen. Messgeräte, die auf diese Weise den Effektivwert ermitteln, werden in der Messpraxis als echte Effektivwertmesser bezeichnet. Mit elektromechanischen Messwerken gelingt die echte Effektivwertmessung nur über die Arbeit, welche die Wechselmessgröße im Messwerk verrichtet. Typische Vertreter solcher Messwerke sind: x
das Dreheiseninstrument, welches einen relativ hohen Energiebedarf zur Messung hat, außerdem nur für niedrige Frequenzen geeignet ist und früher häufig als Schalttafelinstrument in Warten von Kraftwerken und ähnlichen Anlagen eingesetzt wurde,
x
das Hitzdrahtinstrument, bei dem ein Draht durch den hindurchfließenden elektrischen Strom erwärmt wird und sich infolgedessen ausdehnt. Diese Ausdehnung kann über eine geeignete Mechanik in eine Zeigeranzeige überführt werden. Da das Hitzdrahtinstrument induktivitätsarm aufgebaut werden kann, wird es heute noch zur Bestimmung des Effektivwertes sehr hochfrequenter Messgrößen eingesetzt.
In elektronischen echten Effektivwertmessgeräten erfolgt die Ermittlung entweder mit speziell entwickelten analogen Schaltkreisen, die integrierte Multiplizierer besitzen oder numerisch
92
8 Messung elektrischer Größen
mit für den Zweck der Signalanalyse entwickelten Mikrorechnern, oft auch als DSP (digital signal processor) bezeichnet. Damit kann für beliebige Kurvenformen des Messsignals der Effektivwert bestimmt werden. Die zulässige obere Grenzfrequenz des zu bewertenden Wechselsignals wird durch die zulässige Verarbeitungsgeschwindigkeit des jeweils verwendeten Schaltkreises begrenzt.
8.3 Leistungsmessung Die Leistungsmessung im Gleichstromkreis stellt i. Allg. kein Problem dar. Ausgehend von der Beziehung: (8.2)
P U I
bzw. den aus dem Ohmschen Gesetz abgeleiteten Gleichungen: U2 , P R
P
I2 R
(8.3), (8.4)
kann die Leistung durch triviale Berechnung gewonnen werden. Auf der Basis dieser Gleichungen ist es möglich, direkt die Leistung messende und anzeigende Messgeräte zu konstruieren. Solche Geräte werden als Wattmeter bezeichnet. Sie besitzen das in Bild 8-5 dargestellte elektromechanische Messwerk oder sind mit einer Elektronik ausgestattet, mit der die Funktion eines solchen Messwerkes nachgebildet wird. Etwas mehr Vorüberlegungen bedarf es für die Ausführung der Leistungsmessung im Wechselstromkreis. Geht man von der Leistung über einem Verbraucher aus, der am Lichtnetz der Energieversorgung angeschlossen ist, liegen Stromstärke und Spannung als sinusförmige Wechselgrößen vor. Also wird auch die Leistung P eine zeitabhängige Größe sein: (8.5)
p( t ) u( t ) i( t )
mit den Beschreibungsgleichungen für die veränderliche Spannung und den veränderlichen Strom: u (t )
uˆ sin Zt und i (t )
iˆ sin(Zt I ) .
Es ergibt sich die Zeitfunktion der Leistung p(t): p(t )
uˆ sin Zt iˆ sin(Zt I ) ,
unter Anwendung des Additionstheorems: sin D sin E
1 >cosD E cosD E @ 2
kommt man zu der Beziehung: p(t )
uˆ iˆ >cosZt Zt I cosZt Zt I @ , 2
p(t )
uˆ iˆ >cosI cos2Zt I @ . 2
(8.6)
8.3 Leistungsmessung
93
Aus Gl. (8.6) erkennt man sofort, dass die Leistung mit doppelter Frequenz der Eingangsgröuˆ iˆ ßen zwischen dem Wert 0 und cos I pulsiert. 2 Die Leistung, die durchschnittlich über einen interessierenden Zeitbereich wirkt, ist über die Integration über die betrachtete Zeit bestimmbar. Man erhält: T
P
1 p(t )dt T³ 0
uˆ iˆ cosI . 2
Für die Sinusschwingung, für die uˆ Wirkleistung: P
U 2 und ˆi
I 2 gelten, ergibt sich daraus für die
U I cos I .
(8.7)
Gl. (8.7) beschreibt die Leistung, mit der Arbeit über die Zeit verrichtet werden kann. Im Wechselstromkreis steht der Vektor der Blindleistung Q senkrecht auf dem Vektor der Wirkleistung: Q
U I sin I .
(8.8)
Die quadratische Addition dieser beiden Leistungskomponenten führt zur dritten Leistungsgröße, der Scheinleistung S: S
P 2 Q 2 bzw. S
(8.9)
U I
Bild 8-2 zeigt das zugehörige Zeigerdiagramm.
Im
Im S
Q
I
Z
X
I P
Re
Bild 8-2 Zeigerdiagramm für die komplexe Leistung; S – Scheinleistung, Q – Blindleistung, P – Wirkleistung
R
Re
Bild 8-3 Zeigerdiagramm für den komplexen Widerstand; Z – Scheinwiderstand, X – Blindwiderstand, R – Wirkwiderstand
Die Messung der Scheinleistung erfolgt, indem man einfach die Effektivwerte von Strom und Spannung über den Scheinwiderstand des komplexen Widerstands ermittelt und durch Produktbildung gemäß Gl. (8.9) die Leistung berechnet. Natürlich kann die Bestimmung der Scheinleistung auch erfolgen, indem ausgehend vom Scheinwiderstand des bekannten Widerstands die Verknüpfung mit der gemessenen Spannung bzw. dem gemessenen Strom erfolgt:
94
8 Messung elektrischer Größen
S
wobei Z
U2 , S Z Z
>VA@ ,
I2 Z
(8.10)
R 2 X 2 der Betrag des Scheinwiderstands ist. Mit X wird der Blindwider-
stand bezeichnet, s.a. Bild 8-3. Die zugehörige Messschaltung ist Bild 8-4 zu entnehmen: I UB(t)
A V
Z
U
Bild 8-4 Scheinleistungsmessung
Bei der Messung der Wirkleistung wird davon ausgegangen, dass diese Leistung den Teil der Scheinleistung darstellt, der in einem Widerstand Z irreversibel, z. B. in Wärme, umgesetzt wird. Er beträgt: P
S cos I
U I cos I
>W @
(8.11)
Entsprechend Gl. (8.10) kann bei bekanntem Scheinwiderstand Z die Wirkleistung auch mit dem Wert von Z und der ermittelten Stromstärke bzw. der ermittelten Spannung unter Berücksichtigung des Phasenwinkels I berechnet werden: P
U2 cosI bzw. P Z
I 2 Z cos I
(8.12)
Die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom muss bekannt sein, bzw. in der Wirkleistungsmessung geeignet berücksichtigt werden. Das elektrodynamische Messwerk (Bild 85) realisiert infolge seines Wirkprinzips diese Forderung in idealer Weise. Bei ihm wird die Kraftwirkung zur Erzielung eines Zeigerausschlags durch die aufeinander wirkenden Magnetfelder zweier Spulen verursacht. Die Anzeige dieses Messwerkes, d. h. die Größe des Zeigerausschlages, ist proportional dem Produkt der Ströme I1 und I2 und ihrem eingeschlossenen Winkel I. Wird einer der beiden Ströme von dem Spannungsabfall URL über dem Verbraucherwiderstand RL abgeleitet und der zweite ist der Strom durch diesen Widerstand, erhalten wir einen direktanzeigenden Wirkleistungsmesser. Das elektrodynamische Messwerk kann auf Grund seines Wirkprinzips im Wechselstromkreis ohne Gleichrichtung zur Leistungsmessung eingesetzt werden. Die erforderliche Kraftwirkung auf die drehbare Spule ist auch bei Wechselströmen durch die zwei Spulen des Messwerks immer in der gleichen Richtung wirksam. Weil beide Spulen zur Leistungsmessung in einem Stromkreis in Reihe geschaltet sind, wechselt die Polarität des Stromes auch in beiden Spulen gleichzeitig. Daraus resultiert zu jedem Zeitpunkt die identische Ausrichtung der Kraftwirkung infolge der magnetischen Polarität der Spulen. Folglich bleibt die Richtung der Kraftwirkung auf die bewegliche Spule gleich, unabhängig von der Stromflussrichtung durch den Lastwiderstand RL. Ist die Frequenz der Wechselströme groß genug, wird durch die Trägheit des elektrodynamischen Messwerkes eine konstante wirkleistungsproportionale Anzeige generiert; es findet eine arithmetische Mittelwertbildung statt.
8.3 Leistungsmessung
95
Dieses Prinzip ist auch auf moderne elektronische Leistungsmesser übertragbar, bei denen der Wert der gemessenen Leistung nach anschließender Digitalisierung zur weiteren Verarbeitung in modernen Messwerterfassungssystemen zur Verfügung steht.
Zeigerausschlag ~ P = URL I cosI
drehbare Spule mit Zeiger
I1 = I
I1=I
magnetische Induktion B
UB
Eisenkern
feste Spule mit Widerstand RSp
I2
a)
U RL R Sp
I2
U RL R Sp
RL b)
Bild 8-5 Elektrodynamisches Messwerk zur Wirkleistungsmessung, es muss gelten RSp >> RL a)stark vereinfachter Prinzipaufbau, b) Messschaltung
Die Bestimmung der Blindleistung bedarf einiger Vorüberlegungen. Da Blindleistung, wie der Name schon aussagt, keine Arbeit verrichten kann, ist sie auch nicht direkt, sondern nur indirekt messbar. Zwei grundsätzliche Methoden bieten sich an: 1.
Scheinleistung und Wirkleistung ermitteln, und daraus die Blindleistung berechnen: Q
S 2 P2
>var@ .
(8.13)
Die Einheit wird zur eindeutigen Kennzeichnung der Blindkomponente der Leistung nicht mit Watt [W] beschrieben, sondern mit Volt-Ampere-reactive [var], (sprich „war“, 1V 1 A 1 var ). 2.
Unter einer Phasenverschiebung von I
S
90q wird die Blindleistung Q in eine be2 tragsmäßig identische Wirkleistung P überführt und folglich für einen Wirkleistungsmesser zugänglich. Somit wird aus: Q
U I sin I mit sin I
S· § cos ¨ I ¸ 2¹ ©
die betragsmäßig identische Wirkleistung:
96
8 Messung elektrischer Größen
S· § P U I cos ¨ I ¸ 2¹ ©
(8.14)
Schaltungstechnisch kann die erforderliche Phasenverschiebung mit einer Phasenschieberschaltung (z. B. nach HUMMEL) entsprechend Bild 8-6 ausgeführt werden.
I1 I2 UB~
ZL
Bild 8-6 Blindleistungsmessung mit Phasenschieber
-90° Phasenschieber
Zu beachten ist, dass in jedem Fall die Güte der Phasenverschiebung in das Messergebnis für die Blindleistung unmittelbar eingeht. Besonders hohe Anforderungen sind an den Phasenschieber zu stellen, wenn bei variabler Frequenz des Messsignals die Phasenverschiebung exakt auf 90° gehalten werden soll. Die Phasenschieberschaltung muss dann sehr gutes so genanntes Allpassverhalten zeigen, d. h. im interessierenden Frequenzbereich ein konstantes, also frequenzunabhängiges Amplitudenverhalten und eine konstante Phasenverschiebung zeigen. In der Praxis ist ein Allpass nur für einen kleinen Frequenzbereich zu verwirklichen.
Beispiel 8.2 An einem Verbraucher wird mit einem Wirkleistungsmesser P = 24,5 W ermittelt. Durch eine StromSpannungsmessung kennt man die Scheinleistung S = 31,0 VA. Es sind rechnerisch die Blindleistung und der Phasenwinkel I zu bestimmen. Zeigen Sie eine Möglichkeit der grafischen Ermittlung der Blindleistung: Lösung der Aufgabe: Nach Gl.(8.13) errechnet sich Q zu:
Q
S 2 P2
31 2 24,5 2 var
360,75 2 var
Der Phasenwinkel ergibt sich nach Gl. (8.11) zu:
P
S cos I I
arccos
P S
arccos
24,5 31
37,8q .
Die grafische Ermittlung der Scheinleistung Q ist wie folgt möglich:
18,99 var
8.4 Messung von Wirkwiderständen (ohmsche Widerstände)
B
Im S
Q
97
S 2 P2
Q P
A
Re
Um den Koordinatenursprung wird ein Kreisbogen mit dem Radius S, dem Betrag der Scheinleistung, geschlagen. Der Schnittpunkt des Kreisbogens mit der Senkrechten in Punkt A ergibt eine Strecke AB , deren Länge der Größe der Blindleistung Q entspricht.
8.4 Messung von Wirkwiderständen (ohmsche Widerstände) Für die Messung von ohmschen Widerständen bieten sich die Strom-/Spannungsmessung und der Widerstandsvergleich in einer Brückenschaltung an. Zu berücksichtigen ist bei beiden Messvarianten, dass ein technisch realisierter Widerstand bei hohen Frequenzen der am Bauelement anliegenden Spannung nicht nur einen rein ohmschen Widerstand darstellt. Auch kapazitive und induktive Wirkungen bezüglich des elektrischen Verhaltens sind vorhanden. Speziell die mit Anschlusskappen versehenen Widerstände zeigen kapazitive Eigenschaften, aber auch zwischen den gegenüberliegenden Teilen der Widerstandswendel bilden sich Kapazitäten aus. Der induktive Anteil ist bei hohen Arbeitsfrequenzen insbesondere bei gewendelten Widerstandsbahnen zu beachten. Bild 8-7 zeigt beispielhaft einen Widerstand als technisch reales Bauelement.
Anschlusskappen mit Anschlussdrähten, diese entfallen bei modernen SMDBauelementen
Trägerkörper, meist Keramik
Widerstandswendel, meist aufgedampftes Metall
Bild 8-7 Technisch realisierter Widerstand
8.4.1 Messung mittels Strom-/Spannungsmessung Die Widerstandsermittlung ist mit der einfachen Zweileiter-Schaltung nach Bild 8-8 möglich. Allerdings wird nicht nur der interessierende Widerstand Rx bestimmt, sondern in die Messung geht auch noch der Widerstand der Zuleitung RL ein, der konkret der systematischen Abwei-
98
8 Messung elektrischer Größen
chung bei diesem Messverfahren entspricht. Somit ist der gesuchte Widerstand Rx nur mit tolerierbarer systematischer Abweichung zu berechnen, wenn die Zuleitungswiderstände RL sehr viel kleiner als Rx sind.
RL
I = const.
Konstantstromquelle und Voltmeter mit RI o f UM z URx UM = URx + 2URL
Rx RL
UM | Rx I für Rx >> 2RL R*x
Bild 8-8 Zweileiter-Schaltung zur Messung von ohmschen Widerständen
Der Zuleitungswiderstand RL verfälscht die Messung sehr kleiner Widerstände unzulässig. Unter sehr kleine Widerstände versteht man Widerstände mit Werten in der Größenordnung der Zuleitungswiderstände. In diesem Fall muss eine Vierleiter-Schaltung, siehe Bild 8-9, verwendet werden, bei der tatsächlich nur der Widerstand Rx bestimmt wird und die Zuleitungswiderstände sich nicht auf das Messergebnis auswirken können. RL
Rx
IF = const.
Konstantstromquelle
ForceLeitungen RL
Io0 SenseLeitungen
Voltmeter RI o f Rx
UM = URx
U Rx IF
Bild 8-9 Vierleiter-Schaltung zur Messung sehr kleiner Widerstände
Dazu muss aber gewährleistet sein, dass über die so genannten Sense-Leitungen tatsächlich kein merklicher Strom fließt. Nur so ist der Spannungsabfall über die Sense-Leitungen vernachlässigbar und liefert keinen Fehleranteil für die Widerstandsbestimmung. Eine Sense-
8.4 Messung von Wirkwiderständen (ohmsche Widerstände)
99
Leitung, wörtlich übersetzt: Fühler-Leitung, ist somit das Leitungspaar, mit dem annähernd leistungslos die Spannung über dem zu bestimmenden Widerstand gemessen, d. h. „gefühlt“, wird. Dagegen bezeichnet man das Leitungspaar, über das der zu messende Widerstand Rx mit konstantem Messstrom beaufschlagt wird, als Force-Leitung, wörtlich übersetzt: Kraftleitung.
8.4.2 Messung mittels Brückenschaltung Für die Messung ohmscher Widerstände ist eine Gleichstrombrücke ausreichend.
R3
R1 A R2 = Rx
UAB UB UA
B
U0
R4 = Rv
Bild 8-10 Gleichstrombrückenschaltung
Im Abgleichfall (d. h. UAB = 0) gilt: R1 R2
R3 . R4
(8.15)
Wenn man setzt R2 = Rx, dem unbekannten Widerstand und R4 = RV, dem Vergleichswiderstand, kann nach der Beziehung: Rx
RV
R1 R3
(8.16)
der unbekannte Widerstand ermittelt werden. Durch Festlegung des Verhältnisses von R1 und R3 oder auch durch geeignete Wahl von RV kann der zu messende Widerstandsbereich variiert werden. Zum Abgleich der Brückenschaltung wird vorzugsweise RV als variabler Widerstand (Potentiometer) ausgeführt, aber auch mit Variation der zwei anderen Widerstände wäre ein Abgleich der Brücke möglich. Eine technisch bekannte Variante dieser Brückenschaltung stellt die Wheatstone-Brücke dar. Mit ihr lassen sich Widerstände von etwa 1 : bis 10 M: mit einer Fehlergrenze von 0,1 % messen. Bei der Bestimmung kleinerer Widerstandswerte im m:-Bereich machen sich in der Wheatstone-Brücke allerdings die Zuleitungswiderstände störend bemerkbar. Um dies zu vermeiden, ergänzte Thomsen diese Brücke zur VierleiterBrückenmessschaltung. Man erhält die sogenannten Thomsen-Brücke, mit der auch sehr kleine ohmsche Widerstände messbar sind. Sollen nur kleine Veränderungen 'R eines Widerstandes nachgewiesen werden, so kann eine Brückenschaltung auch im Ausschlagverfahren betrieben werden, siehe Bild 8-11. Unter der Bedingung R >> 'R folgt dann die Ausgangsspannung UAB, die sich aus der Potentialdifferenz zwischen den Punkten A und B ergibt, als Funktion von 'R/R in erster Näherung der Beziehung:
100
8 Messung elektrischer Größen U AB |
U 0 'R , 4 R
(8.17)
dabei ist R der Widerstand mit identischem Wert in allen 4 Brückenzweigen und U0 die Betriebsspannung der Brückenschaltung. Die Herleitung von Gl. (8.17) ist in Kapitel 10.3.1 ausgeführt.
R
R UAB
A R + ǻR
U0
B R
Bild 8-11 Brückenschaltung im Ausschlagverfahren mit UAB = f('R)
In einigen speziellen Messaufgaben, wie z. B. bei der elektrischen Temperaturmessung, ist der veränderliche Widerstand abgesetzt von der eigentlichen Messschaltung anzuordnen. Der dabei auftretende Zuleitungswiderstand könnte das Messergebnis ebenso verfälschen, wie in der zuvor beschriebenen Zweileiter-Schaltung. Die technische Lösung bietet in diesem Fall die in Bild 8-12 dargestellte Dreileiter-Schaltung.
R
R RL1 R + 'R
A
UAB
B
U0
R RL2 RL3
Bild 8-12 Dreileiter-Brückenschaltung zur Eliminierung der Wirkung der Zuleitungswiderstände, Bedingung: RL1 = RL2
Der veränderliche Widerstand wird dabei über 3 Drähte, symbolisiert in Bild 8-12 durch die Zuleitungswiderstände RL1, RL2 und RL3, angeschlossen. Dadurch wird erreicht, dass der Abgleich der Brückenschaltung durch RL1 und RL2 nicht verändert wird. Das gilt natürlich nur, wenn diese beiden Widerstände RL1, RL2 gleich groß sind und gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Nur dann sind auch die Änderungen 'RL1 und 'RL2 identisch.
8.5 Messung an Kondensator und Spule
101
Beispiel 8.3 Ein Widerstand Rx soll mittels einer Zweileiter-Schaltung bestimmt werden. Der ermittelte Messstrom I beträgt 10 mA, die Messspannung ist UM = 1,2 V groß. Der Gesamtwiderstand der elektrischen Leitungen im Messstromkreis konnte mit 1,3 : gemessen werden. a) Es ist auf rechnerischem Wege der korrekte Wert für Rx zu bestimmen. b) Welche relative systematische Abweichung für Rx ergibt sich, wenn die Größe der Zuleitungswiderstände RL nicht bekannt wäre? Lösung der Aufgabe: a) Lt. Bild 8-8 gilt:
UM
U Rx 2U RL
Daraus ergeben sich:
U Rx
U M 2U RL und folglich:
Rx
U M 2U RL I
Rx
118,7 ȍ .
U M I RLges I
1,2V 10 mA 1,3 ȍ 10 mA
1,2 V 0,013 V 10 mA
b) Ohne Berücksichtigung von URL ergibt sich ein unkorrekter Widerstandswert:
Rxc
UM I
1,2 V 10 mA
120 ȍ .
Die relative Abweichung für Rx berechnet sich somit zu:
Arel
R xc R x Rx
Arel
1,095 % .
120 ȍ 118,7 ȍ 118,7 ȍ
0,01095
8.5 Messung an Kondensator und Spule Vorrangig interessieren vom Kondensator dessen Kapazität und von der Spule die Induktivität. Diese Größen sind nur mit Wechselspannungs-Messschaltungen zu ermitteln. Kondensator und Spule stellen passive Zweipole dar. Legt man zu Messzwecken eine sinusförmige Spannung an, so fließt durch diese Zweipole ein sinusförmiger Strom. Dieser Strom hat die gleiche Frequenz, wie die angelegte Spannung, ist dieser gegenüber aber in der Phase verschoben. Für die elektrotechnische Betrachtung des Sachverhalts sind Strom und Spannung als komplexe Größen I und U aufzufassen. Im Ergebnis der Berechnung können dann der komplexe Widerstand Z und der komplexe Leitwert Y bestimmt werden zu: Z
U ; Y I
I . U
(8.18), (8.19)
Der komplexe Widerstand, bzw. Leitwert setzt sich aus einem Realteil und einem Imaginärteil zusammen, deren Vektoren senkrecht aufeinander stehen, Den Betrag des komplexen Widerstands bezeichnet man als Scheinwiderstand Z, den Betrag des komplexen Leitwerts dementsprechend als Scheinleitwert Y.
102
8 Messung elektrischer Größen Z
Im
Z Z
X
I
R jX R2 X 2 arctan
X R
I R
Bild 8-13 Zeigerdiagramm für einen komplexen Widerstand
Re
Aus Gl. (8.18) und dem Zeigerdiagramm lässt sich eine Messmethode für die Bestimmung des Betrages eines komplexen Widerstandes ableiten. Die Messschaltung speist den zu bestimmenden Zweipol mit einer konstanten Effektivspannung oder einem konstanten Effektivstrom mit bekannter Frequenz und liefert als Messwert Strom bzw. Spannung, woraus durch Quotientenbildung Z oder Y bestimmbar sind: Z
U ; Y I
I U
(8.20), (8.21)
Im Folgenden sollen die Besonderheiten der messtechnischen Bestimmung von Kapazität und Induktivität erläutert werden. Auf den erläuterten Grundprinzipien basieren auch moderne, digital arbeitende und anzeigende RLC-Messbrücken.
8.5.1 Bestimmung der Kapazität eines Kondensators mittels Strom-/Spannungsmessung Der reale Kondensator besitzt neben der erwünschten Kapazität C auch induktive Blindanteile und Wirkanteile, s. Bild 8-14. Die Wirkanteile, symbolisiert in Bild 8-14 durch den Parallelwiderstand RP, werden durch ohmsche Verluste der Zuleitungen und endliche Isolationsfähigkeit des Dielektrikums, als auch durch Polarisationseffekte innerhalb des Dielektrikums verursacht. Bild 8-14 zeigt die Ersatzschaltbilder eines Kondensators mit der gewünschten Komponente C und den parasitären Komponenten, die oft unter dem Begriff Verluste zusammengefasst werden. Der ideale Kondensator besitzt nur eine Kapazität. Bei ihm eilt der Strom der Spannung um 90° voraus, deshalb wird im idealen Kondensator keine Wirkleistung umgesetzt. Mit den Gesetzmäßigkeiten des idealen Kondensator kann man auch praktisch arbeiten, wenn gilt: R p !!
1
ZC
Ist diese Annahme zutreffend, lässt sich die Kapazität mit einer Strom-Spannungsmessung bestimmen, indem ausgehend von: XC
1 ZC
diese Gleichung nach:
1 2S f C
U I
8.5 Messung an Kondensator und Spule C
103
I 2Sf U
(8.22)
umgestellt wird. Hierbei sind f die Arbeitsfrequenz der Messschaltung sowie U und I die Messspannung bzw. der Messstromes, i. Allg. deren Effektivwerte. C
idealer Kondensator, „reine“ Kapazität
RP C
LS
realer Kondensator
RP realer Kondensator, vereinfacht
C
Bild 8-14 Idealer Kondensator und Ersatzschaltungen des realen Kondensators
Da hochwertige Kondensatoren sehr verlustarm hergestellt werden können, hat diese vereinfachte Annahme durchaus ihre praktische Bedeutung. Nicht angewendet werden kann sie im Hochfrequenzbereich (>>1 MHz) und bei Elektrolytkondensatoren, da in diesen Fällen die Verluste nicht vernachlässigbar klein sind. Müssen Verluste beachtet werden, reicht es oft aus, die vereinfachte Ersatzschaltung des Kondensators zu analysieren. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung des komplexen Leitwertes eines realen Kondensators wegen der Verluste kleiner als 90° ist. Diese Differenz zum tatsächlichen Phasenwinkel I wird als Verlustwinkel G bezeichnet:
G
(8.23)
90q I
IG IG
IC
I
G 1 RP
G I
C
I
IC U
U
Bild 8-15 Vereinfachte Ersatzschaltung und Zeigerdiagramm für den verlustbehafteten Kondensator
104
8 Messung elektrischer Größen
Für die Annahme des vereinfachten Ersatzschaltbild lässt sich der Verlustwinkel aus dem Zeigerdiagramm nach Bild 8-15 unter Anwendung der Stromteilerregel herleiten: tan G
IG IC
1 U RP Z C U
1 . Z C RP
(8.24)
Beispiel 8.4 Eine Messschaltung zur Bestimmung von Kapazitäten hoher Güte arbeitet mit einer Frequenz von f = 1 MHz und einen Messstrom I = 1,0 mA = const. Über einen Kondensator wird ein Spannungsabfall von U = 2 V ermittelt. Wie groß ist die Kapazität des Kondensators? Lösung der Aufgabe: Laut Gl. (8.20) gilt:
C C
I 2S f U 79,6pF .
1mA 2S 1MHz 2V
7,96 10 11
As V
8.5.2 Bestimmung der Induktivität einer Spule mittels StromSpannungsmessung Vom Prinzip her gelten die zum Kondensator gemachten Ausführungen auch für eine Spule sinngemäß. Die technisch angewendete Spule wird oft auch Drossel genannt. Allerdings eilt der Strom in der Spule der anliegenden Spannung um 90° nach, der Phasenwinkel I hat damit gegenüber einem Kondensator das entgegengesetzte Vorzeichen und der Verlustwinkel ist bei realen Spulen meist so groß, dass er nicht vernachlässigt werden kann. Die Verluste der Spule werden vorrangig verursacht durch den ohmschen Widerstand der Wicklung der Spule und durch Wirbelstromverluste, die in vom Magnetfeld der Spule durchsetzten Metallteilen entstehen. In Bild 8-16 werden die praxisrelevanten Ersatzschaltbilder für eine Spule gezeigt. Wie schon erwähnt, ist die ideale Spule in der Praxis nicht anzutreffen. Aber solange man nicht im Höchstfrequenzbereich arbeitet, können die kapazitiven Wirkungen zwischen benachbarten Spulenwindungen vernachlässigt werden, so dass sich in der messtechnischen Praxis oft auf das vereinfachte Ersatzschaltbild bezogen werden kann. L
ideale Spule, „reine“ Induktivität
CP L
RS
reale Spule
L
RS
reale Spule, vereinfacht
Bild 8-16 Ideale Spule und Ersatzschaltungen der realen Spule
8.5 Messung an Kondensator und Spule
105
Unter Zugrundelegen der vereinfachten Ersatzschaltung aus Bild 8-16 kann der Tangens des Verlustwinkels G gemäß Bild 8-17 aus dem Verhältnis der Spannungen über der Induktivität L und dem Serienwiderstand RS berechnet werden: tan G
U Rs UL
I RS I Z L
RS . ZL
(8.25)
URs
UL
URs
L
RS
UL
U
G I
I
I
U
Bild 8-17 Zeigerdiagramm für die verlustbehaftete Spule
Die Induktivität L kann über den Ansatz bestimmt werden, dass sich der Betrag des komplexen Widerstandes einer Spule aus dem Wirkwiderstand RS und dem Blindwiderstand XL = ZL zusammensetzt: Z2
R 2 X L2
R 2 Z L 2 ,
nach XL umgestellt folgt: XL
ZL
Z 2 R2 .
Nach L aufgelöst ergibt sich: 2
L
Z 2 R2
Z
2 §U · §U · ¸¸ ¨ ¸ ¨¨ © I ¹ © I ¹ . 2S f
(8.26)
Es sind folglich eine Wechsel- und eine Gleichspannungsmessung erforderlich, um die Induktivität einer realen Spule zu ermitteln. Zur eindeutigen Unterscheidung wurden in Gl. (8.26) die Gleichwerte für die Bestimmung der Wirkkomponente durch entsprechende Indizes gekennzeichnet. Von den Wechselgrößen bestimmt man i. Allg. die Effektivwerte, da aber ausschließlich Messgrößen mit sinusförmigen Verlauf zur Messung verwendet werden, sind auch die Spitzenwerte bzw. Gleichrichtwerte verwendbar, um den Scheinwiderstand zu bestimmen. Aber es müssen für Strom und Spannung natürlich jeweils dieselben Kenngrößen von Wechselstrom bzw. -spannung benutzt werden.
106
8 Messung elektrischer Größen
Beispiel 8.5 Mit einem Effektivwertmesser wurden über einer Spule U = 10 V, I = 1,0 mA bei einer Messfrequenz f = 10 kHz ermittelt. Die anschließende Messung mit Gleichspannung von U = 10 V liefert einen Strom I = 10 mA. Zu berechnen ist die Induktivität L. Lösung der Aufgabe: Es gilt Gl. (8.26) 2 §U · §U · ¸¸ ¨ ¸ ¨¨ © I ¹ © I ¹ 2S f
L
2
2
§ 10V · § 10V · ¨¨ ¸¸ ¨¨ ¸¸ © 10 3 A ¹ © 10 2 A ¹ 4 1
2S 10 s
2
0,158
Vs A
0,158 mH .
8.5.3 Bestimmung von Kapazität und Induktivität mittels einer Brückenschaltung Für die Messung an Kondensator und Spule muss eine Wechselstrombrücke entsprechend Bild 8-18 verwendet werden, da für Gleichstrom der Blindwiderstand einer Kapazität gegen unendlich und der Blindwiderstand einer Induktivität gegen Null tendieren, also keine verwertbaren Messergebnisse mit Gleichstrom zu erhalten sind.
Z1
Z3 UAB
A
B
U0
Z4 = ZV
Z = ZX
Bild 8-18 Schaltung einer Wechselstrombrücke
Wie in Bild 8-18 gezeigt wird, sind in der Wechselstrombrücke die Widerstände als komplex anzusehen. Die Abgleichbedingung in Anlehnung an Gl. (8.15) lautet jetzt: Z1 Z2
Z3 , Z4
(8.27)
Mit der Exponentialschreibweise Z Z1 e jI1 Z 2 e jI 2
Z e jI geht diese Gleichung in die Form:
Z 3 e jI3 Z 4 e jI4
(8.28)
über. Der Abgleich der Wechselstrombrücke ist demzufolge nach Betrag und Phasenwinkel durchzuführen. Für den Abgleichfall, d. h. UAB = 0, bzw. damit auch IAB = 0, lassen sich die Bedingungen auch separat für Betrag und Phasenwinkel formulieren: Z1 Z2
Z3 und I1 I 2 Z4
I3 I 4 .
8.5 Messung an Kondensator und Spule
107
Auch hier können, wie schon bei der Gleichstrombrücke, der zu messende, komplexe Widerstand und ein Vergleichswiderstand definiert werden: Z2
Z X und Z 4
Z V sowie I 2
I X ; I 4 IV
ZX lässt sich dann bestimmen aus: ZX
Z ZV 1 ; Z3
IX
IV I 3 I1 .
(8.29)
Mit der Betrags- und Phasenwinkelangabe kann wieder die komplexe Größe formuliert werden: ZX
Z X e jI X .
Aus diesen Ausführungen kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass zur Bestimmung von ZX zwei Abgleichschritte notwendig sind. Sie sind bei praktisch realisierten Messbrücken wechselseitig, entweder manuell oder automatisch, nach einem geeigneten Algorithmus auszuführen. Um die Kapazität eines Kondensators oder die Induktivität einer Spule messen zu können, bieten sich mehrere Varianten der Wechselstrombrücke an. Eine davon – und zwar zur Bestimmung einer Kapazität – ist in Bild 8-19 skizziert.
R1
L UAB
CX
U0 R2
Bild 8-19 Wechselstrombrücke zur Messung der Kapazität CX mit Induktivität zum Phasenabgleich, R1, – Betragsabgleich, L – Phasenabgleich
Abschließend sei bemerkt, dass die Strom-/Spannungsmessung zur Ermittlung von komplexen Widerständen vorrangig in automatischen und integrierten Messsystemen zum Einsatz kommt, während Brückenmessverfahren eine Vorrangstellung in der Präzisionsmesstechnik haben. Für Geräte, die eine Wechselstrombrücke zur Messung von Induktivitäten oder Kapazitäten nutzen, hat sich der Begriff „Trägerfrequenzmessgerät“ eingebürgert. Solche Messgeräte arbeiten mit einer Frequenz der Brückenspeisespannung (der Trägerfrequenz) von 50 kHz, vereinzelt auch mit 5 kHz. Bei korrekter Ausführung des wechselseitigen Abgleichs, d. h. den Abgleich nach Betrag und Phase so ausführen, dass U AB minimiert ist, lassen sich Messgenauigkeiten von < 0,1 % erzielen.
108
8 Messung elektrischer Größen
8.6 Frequenz- und Zeitmessung Die Bedeutung der Frequenz- und Zeitmessung in der elektrischen Messtechnik wurde bei der Diskussion der Genauigkeit der Frequenz- und Zeitnormale herausgestellt. Bis auf wenige Ausnahmen dominieren heute digitale Frequenz- bzw. Zeitmessverfahren, deshalb sollen sich nachfolgende Beschreibungen auch auf diese beschränken.
8.6.1 Frequenzmessung Die digitale Frequenzmessung beruht auf der Idee Impulse, die z. B. von einer Wechselspannung unbekannter Frequenz abgeleitet wurden, innerhalb eines festgelegten Intervalls zu zählen. Wird dieses Intervall geschickt gewählt, z. B. 1 s, kann das Zählergebnis sofort als Frequenzwert interpretiert werden. Bild 8-20 zeigt das Grundprinzip. Pegelwandler
~
U~
1
Tor
TM
0
&
Zähler
TM 1
888888
0
hochgenaue Meßzeit TM
Anzeige
Bild 8-20 Grundprinzip einer digitalen Frequenzzählung, U~ – Spannung mit der zu bestimmenden Frequenz
Neben dem Zähler ist die mit Tor bezeichnete Baugruppe entscheidend für die Funktionsweise einer digitalen Zählerschaltung. Das Tor, oder auch die Torschaltung, stellt eine digitale Grundschaltung dar. Mit dem darin angegebenen Symbol “&“ wird schon angedeutet, dass eine UND-Verknüpfung (ANDVerknüpfung) vorliegt. Definitionsgemäß handelt es sich dabei um eine kombinatorische Schaltung, die nur dann einen logischen 1-Pegel am Ausgang ausgibt, wenn alle Eingänge mit einem logischen 1-Pegel beaufschlagt sind. Ist auch nur ein Eingang mit einem logischen 0Pegel belegt, so wird der Ausgang ebenfalls im 0-Zustand sein, egal wie die Belegung der anderen Eingänge ist. Für eine UND-Schaltung mit zwei Eingängen sei dieser Zusammenhang in der sogenannten Wahrheitstabelle, Tab. 8.2, dargestellt:
8.6 Frequenz- und Zeitmessung
109
Tabelle 8.2 Wahrheitstabelle einer UND-Schaltung mit zwei Eingängen
Eingang 1
Eingang 2
Ausgang
0
0
0
0
1
0
1
0
0
1
1
1
Man kann die Funktion dieser auch als UND-Gatter bezeichneten kombinatorische Schaltung als Tor für ein digitales Signal auffassen. Dazu ist ein Eingang, z. B. Eingang 1, als Torungseingang aufzufassen und Eingang 2 als Eingang für das zu torende (also durchzulassende oder zu sperrende) Signal zu interpretieren. Entsprechend Tabelle 8.2 wird das Signal an Eingang 2 gesperrt, solange Eingang 1 auf 0Pegel liegt. Der Ausgang bleibt fest auf 0-Pegel. Wird nun das Signal des Tors am Eingang 1 aber auf 1-Pegel gelegt, so folgt der Ausgang des UND-Gatters, des Tors, dem Pegel am Eingang 2, dieses Signal wird nun durchgelassen bzw. ist freigeschaltet. Genau diese Funktionsweise wird in der digitalen Frequenzmessung benötigt. Die zu zählenden Impulse können die Torschaltung passieren, solange der Signaleingang des Tores freigegeben ist. Nur in dieser Messzeit TM gelangen die Impulse zum Zähler. Bei einer Messzeit von z. B. 1,0 ms entspricht die Zahl der gezählten Impulse n der Pulsfolgefrequenz in kHz, so dass entsprechend nachfolgender Rechnung eine gezählte Pulsanzahl 1537 folgerichtig einer Pulsfolgefrequenz von 1537 kHz entspricht: fx
n TM
1537 1 ms
1537 kHz 1,537 MHz .
Man beachte, dass das Messergebnis, also das Zählergebnis, immer mit dem digitalen Restfehler behaftet ist.
8.6.2 Zeitmessung Die Zeitmessung (auch Zeitintervallmessung oder Impulsbreitenmessung) basiert auf dem schon in der Frequenzmessung erläuterten Grundprinzip. Bild 8-21 zeigt die prinzipielle Umsetzung. Nur sind hier faktisch Messquelle und Referenzbereitstellung am Eingang der Torschaltung vertauscht. Eine in ihrer Pulsfolgefrequenz f0 hochstabile Pulsfolge wird als Messreferenz benutzt und kann in der Zeitdauer Tx des zu messenden Zeitintervalls den Zähler inkrementieren. Wird die Referenzpulsfolgefrequenz wiederum geschickt gewählt, z. B. 1 kHz, so kann die Zahl der den Zähler erreichten Impulse n direkt als Dauer des zu messenden Intervalls in Millisekunden interpretiert werden, wie das folgende Rechenbeispiel zeigt: Tx
n f0
1537 1 kHz
1537 ms 1,537 s .
Auch hier ist wieder der digitale Restfehler zu berücksichtigen.
110
8 Messung elektrischer Größen
hochgenauer Referenzimpuls -generator mit Frequenz f0
1
Tor
Tx
0
&
Zähler
Tx 1
888888
0
Signal mit unbekannter Pulsdauer Tx
~
Anzeige
Pegelformer
Bild 8-21 Grundprinzip der digitalen Impulsdauermessung
8.7 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 8.1) Warum werden viele elektrische Messverfahren auf eine Zeit- bzw. Frequenzmessung zurückgeführt? 8.2) Weshalb kann bei Messungen von sinusförmigen Spannungen mit einfachen Messgeräten der Gleichrichtwert bestimmt werden und die Skalierung aber in dem technisch bedeutsameren Effektivwert erfolgen? 8.3) Warum sind sowohl bei der digitalen Frequenz-, als auch bei der digitalen Zeitmessung, bezogen auf dem maximalen Zählumfang, möglichst hohe Zählergebnisse anzustreben? 8.4) Eine Gleichstrombrückenschaltung wird mit vier Widerständen von R = 1 k: aufgebaut. Als Betriebsspannung wird U0 = 10 V angelegt. Ein Widerstand in der Messbrücke verändert, z. B. durch Temperatureinfluss, seinen Wert um 'R, der zu einer Brückenausgangsspannung UAB = 25 mV führt. Es ist 'R zu berechnen, wobei von 'R << R auszugehen ist. 8.5) Mittels einer Strom-Spannungsmessung soll die Fertigung von Kondensatoren mit einem Kapazitätswert von 1,5 nF überwacht werden. Die Messspannung soll U = 10 V = const. betragen. Zur Messung des Stromes steht ein Effektivwertmesser zur Verfügung, der zur Einhaltung vorgeschriebener Fehlergrenzen einen Messstrom I > 1 mA benötigt. a) Wie groß muss die Messfrequenz mindestens gewählt werden? b) Welche Scheinleistung ergibt sich für I = 1 mA über den Kondensator?
111
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen Die Mehrzahl der in der Umwelt, auch in Produktionsprozessen, auftretenden und damit auszuwertenden physikalischen Größen sind nichtelektrischer Natur. Folglich ist die messtechnische Bewertung dieser nichtelektrischen physikalischen Größen, bzw. der von diesen Größen abgeleiteten Signale eine grundlegende Voraussetzung zur Überwachung von Umwelt- bzw. Produktionsprozessen. Zur Nutzung der gewonnenen Messsignale in der Steuerungs- und Regelungstechnik sind vorrangig aber elektrische Signale erforderlich. Es muss somit eine Umsetzung des nichtelektrischen Signals aus der Umwelt, das die nichtelektrische physikalische Größe beschreibt, in ein elektrisches Signal erfolgen. Und zwar so, dass die interessierende Messinformation möglichst unverfälscht erhalten bleibt. In der modernen Messtechnik ist noch ein Schritt weiterzugehen. Für Anwendungen in der Mess- und Prüftechnik und in der Automatisierungstechnik müssen die Messinformationen in digitaler Form vorliegen. Nur so sind sie der Rechentechnik zugänglich und können in z. B. leistungsfähigen Automatisierungslösungen genutzt werden.
9.1 Messkette Um nichtelektrische Informationen aus der Umwelt der elektrischen Messwerterfassung- und -verarbeitung zugänglich zu machen, sind eine Reihe von Aktivitäten erforderlich, die man in einer Messwerterfassungskette – kurz Mess- oder Sensorkette – zusammenfasst.
Steuerungssignal-Ausgabekette (Aktorkette)
Messwertverarbeitung und Steuerungssignalausgabe
Messwerterfasssungskette (Mess- bzw. Sensorkette)
Bild 9-1 Erfassen bzw. Senden von nichtelektrischen physikalischen Größen
112
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
Bild 9-1 zeigt im unteren Zweig eine mögliche Anordnung einer solchen Messkette. Der obere Zweig in Bild 9-1, die Aktorkette, erlaubt ein definiertes Einwirken auf die Umwelt, im technischen Sinn meist auf den Produktionsprozess. Sie schließt damit den Mess- und Aktorkreis, wie er für die Regelungstechnik, bzw. für die darauf aufbauende Automatisierungstechnik, erforderlich ist. Im Rahmen dieses Buches wird nur auf die Messkette eingegangen. Entsprechend Bild 9-1 sind folgende Aktivitäten zur Messwerterfassung erforderlich, die durch entsprechende Elemente der Messkette realisiert werden. 1.
Messsignalaufnahme mittels Sensoren, inklusive der Wandlung von nichtelektrische in elektrische Signale, der Filterung und der Schirmung,
2.
Multiplexen, d. h. Auswählen, des Messsignals mit dem Multiplexer (MUX),
3.
Verstärken, d. h. Pegelanpassung des Messsignals,
4.
Digitalisierung des Messsignals mittels Analog-Digital-Wandler (ADW),
5.
Verarbeiten und/oder Ausgeben des Messsignals.
Die einzelnen Punkten werden im Weiteren erläutert.
9.1.1 Messsignalaufnahme Dieser erste Teil der Messkette umfasst alle Aktivitäten, die zur fehlerfreien Aufnahme von Messsignalen erforderlich sind. Dazu gehört an erster Stelle die Sensorik. Eine nichtelektrische physikalische Größe beeinflusst einen Sensor bezüglich seiner elektrischen Eigenschaften. Mit den in Kapitel 9 erläuterten Methoden der elektrischen Messtechnik können diese Beeinflussungen erfasst werden. Ein bekannter Zusammenhang zwischen der einwirkenden nichtelektrischen physikalischen Größe und den beeinflussten elektrischen Eigenschaften des Sensors ist die wichtigste Bedingung für eine anwendbare Sensorik. Dieser Zusammenhang darf möglichst nur vernachlässigbar kleinen Veränderungen unterliegender. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für die moderne Messtechnik wird den Sensoren noch ein eigenes Kapitel 10 gewidmet. Bei der Messsignalaufnahme ist zu gewährleisten, dass der Sensor auch tatsächlich weitestgehend nur durch das interessierende nichtelektrische Messsignal beeinflusst wird. Dies hat vor allem unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden gegenseitigen Beeinflussung von elektrischen bzw. elektronischen Geräten eine große Bedeutung. Grund für die Zunahme sind die nach wie vor immer weiter fortschreitende Miniaturisierung in der Elektronik mit der damit verbundenen stärkeren elektromagnetische Kopplung zwischen den einzelnen Geräten und die weiter ungebrochene Tendenz zu immer höheren Arbeitsgeschwindigkeiten in der Elektronik. Die erforderlichen Gegenmaßnahmen werden unter dem Begriff der Elektromagnetischen Verträglichkeit, kurz EMV, diskutiert und umfassen ein ganzes Spektrum von Aktivitäten im Entwurf, der Konstruktion und dem Betrieb elektronischer Geräte, also auch entsprechender Messgeräte, zur Reduzierung der Störbeeinflussungen. An dieser Stelle soll bezüglich der Messkette nur auf die elektrische Schirmung und Filterung zur Verminderung einer unzulässigen Beeinflussung des mit einem Sensor gewonnenen Messsignals hingewiesen werden. Die Schirmung umfasst alle Maßnahmen zur Dämpfung von elektromagnetischen Störsignalen, die eine gleiche, aber auch andere Frequenz als das Nutzsignal aufweisen können. Die elektrische Komponente eines elektromagnetischen Feldes lässt sich sehr gut durch Umhüllung des elektrischen Leiters bzw. der Verarbeitungseinheit, z. B. des Messverstärkers, mit elek-
9.1 Messkette
113
trisch leitfähigen Materialien abschwächen, z. B. Kupferblech oder -geflecht. Die magnetische Feldkomponente muss dagegen bei niederfrequenten Störungen mit hochpermeablen ferromagnetischen Materialen, speziellen Eisenblechen oder Ferrite, bedämpft werden. Nur bei hochfrequenten magnetischen Störfeldern können mit paramagnetischen Schirmen, die z. B. aus Kupfer oder Aluminium bestehen, Schirmwirkungen gegen das störende Magnetfeld erreicht werden. Die Filterung beinhaltet Maßnahmen zur Unterdrückung von Störsignalen mit Frequenzen außerhalb des Nutzsignalbereiches. Zur Filterung sind elektrische Filter vorrangig 1. und 2. Ordnung zu verwenden. Für höchste Ansprüche kommen auch Filter höherer Ordnung zur Anwendung, für deren Applikation aber große Erfahrungen erforderlich sind. Es müssen dann Schwankungen, d. h. Welligkeit der Ausgangsspannung des Filters im genutzten Frequenzbereich und eventuelle Schwingneigung der gesamten Baugruppe zur Messsignalverarbeitung beherrscht werden. Im Einzelnen können folgende Filtertypen zum Einsatz kommen: x Hochpass-Filter, z. B. zur Unterdrückung von netzfrequenten Störspannungen, auch Netzbrummspannungen genannt, x Tiefpass-Filter, z. B. zum Abblocken von Hochfrequenzeinstreuungen, die von Rundfunksendern oder Mobilfunktelefonen stammen können, x Bandpass-Filter, z. B. zur Begrenzung der Nutzbandbreite zwecks Verbesserung des Rausch-/Nutzsignalverhältnisses. Bekanntlich ist beim so genannten weißen Rauschen, dem Widerstandsrauschen, die Größe der Rauschspannung proportional der Bandbreite der Signalverarbeitungseinrichtung. Minimierung der Bandbreite führt deshalb zur Minimierung der Rauschspannung. Für eine weitergehende Diskussion der EMV-Problematik sei auf die umfangreiche Literatur, z. B. [18], [19] zu diesem Thema verwiesen. Um die Arbeitsfähigkeit elektronischer Geräte und Systeme im einer störbehafteten Umwelt zu sichern, hat der Gesetzgeber der EMV ein spezielles Gesetz gewidmet, das EMVG, Gesetz zur Elektromagnetischen Verträglichkeit. Hier soll nur darauf hingewiesen werden, dass jeder, der sich mit der Entwicklung und Anwendung elektrischer/elektronischer Geräte befasst, sowohl die technische Problemstellung und als auch Gesetzlichkeiten zur EMV kennen muss.
9.1.2 Multiplexen Bei einfachen Messaufgaben, wo nur eine Messstelle zu bewerten ist, ist das Multiplexen nicht erforderlich, i. Allg. sind aber mehrere Messstellen zu überwachen. In solchen Fällen bietet sich eine gemeinsame Nutzung der Messeinrichtung für das Aufnehmen der Messinformationen von mehreren Messstellen an. Hierzu dienen Multiplexer, die vorhandene Messstellen zeitseriell mit der Messeinrichtung verbinden. In der Praxis sind Multiplexer fast immer als 1-aus-n-Multiplexer organisiert, d. h. aus n Messstellen wird zu einem geforderten Zeitpunkt eine mit der Messeinrichtung verbunden, s. Bild 9-2. Wenn es gilt mehrere Messpunkte mit verschiedenen Messeinrichtungen zu verbinden, sind Matrix-Multiplexer erforderlich, deren Prinzip Bild 9-3 verdeutlicht. Für das Multiplexen von Signalen, die zwei Leitungen benötigen, z. B. bei der Übertragung symmetrischer Differenzsignale, müssen entsprechend zwei der skizzierten Multiplexer verwendet werden, die zeitsynchron beide Leitungen multiplexen.
114
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
Messstelle 1 Messstelle 2 Messstelle 3 zur Messeinrichtung
Messstelle 4 Messstelle 5 Messstelle 6 Messstelle 7
Bild 9-2 Struktur eines 1-aus-8-Multiplexer
Messstelle 8
S
Messstelle 1 Messstelle 2 Messstelle 3
Schalter S, in jedem Kreuzungs punkt von Zeile und Spalte befindet sich ein solcher Matrixsschalter
Messstelle n
1
2
3 4 Messgeräte
m
Bild 9-3 Struktur eines Matrix-Multiplexers
Multiplexer können sowohl mit Relais, als auch mit elektronischen Schaltern aufgebaut werden, wobei letztere i. Allg. in einem monolithischen Schaltkreis (monolithischer Multiplexer) integriert sind. Beide Varianten zeichnen sich durch teilweise sehr unterschiedliche Merkmale aus, die in Tabelle 9.1 zusammengestellt sind. Aus diesen Merkmalen für den jeweiligen Multiplexertyp lassen sich typische Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung ableiten. Bei der Applikation von Multiplexern ist vor allem die Minimierung der gegenseitigen Beeinflussung der zu schaltenden Messsignale von entscheidender Bedeutung. Hier zeigen die mit diskreten Relais aufgebauten Multiplexer eindeutige Vorteile. Deshalb werden in leistungsfähigen Messsystemen nach wie vor die sehr teuren und im Vergleich zu integrierten Lösungen sehr voluminösen Relaismultiplexer verwendet. Nur sie ermöglichen eine geringste gegenseitige Beeinflussung der Signale der einzelnen Messquellen und die besonders hochwertige Trennung bzw. Verbindung zwischen Messsignalquelle und -senke.
9.1 Messkette
115
Tabelle 9.1 Gegenüberstellung monolithischer Multiplexer und Relais-Multiplexer
monolitische Multiplexer
Relais-Multiplexer
x
keine mechanischen Elemente
x
meist Reed-Relais (klimastabile Kontakte)
x
Signalübersprechen ist relativ groß (oft < 30 dB!)
x
Signalübersprechen > 100 dB möglich
x
Durchlasswiderstand << 1 :
x
Durchlasswiderstand (10...300) :
x
x zulässiger Eingangsspannungsbereich kleiner als die Betriebsspannung UB des Multiplexers x
x
Sperrwiderstand > 1 M:
x
schnelle Kanalumschaltung möglich, tumschalt d 1 Ps
x
geringer Platzbedarf
Sperrwiderstand t 1 G: zulässiger Eingangsspannungsbereich durch konstruktiven Aufbau begrenzt (Durchschlagsspannung)
x
Kanalumschaltzeit tumschalt t 10 ms
x
Koaxialaufbau mit geschirmten Relais möglich, aber sehr kostenintensiv
x
großer Platzbedarf
9.1.3 Verstärken Dieser Teil der Messkette hat die Aufgabe das Messsignal zu verstärken, d. h. den Pegel des Signals an den Eingangsbereich der nachfolgenden Baugruppe anzupassen, lt. Bild 9-1 an den Eingangsbereich des ADW. In der Messtechnik wird i. Allg. eine lineare Verstärkung gefordert. Hierfür stehen rauscharme und leistungsfähige Operationsverstärker (OPV) zur Verfügung, bei denen mit einfachster Außenbeschaltung mit zwei Widerständen die geforderte Verstärkung eingestellt werden kann. OPV können in zwei Grundschaltungen betrieben werden. Zur Pegelanpassung wird vorrangig die invertierende Grundschaltung benutzt (Bild 9-4 a). Bei ihr wird die Ausgangsspannung im Vergleich zur Eingangsspannung um 180° in der Phase verschoben, d. h. invertiert. Der Eingangswiderstand einer Verstärkerschaltung mit OPV in invertierender Betriebsart ist in erster Näherung mit dem Wert des Widerstands R1 identisch, üblich sind Werte für R1 im Bereich von 1k : bis 50 k:. Zur Entkopplung zwischen Sensor und Messverarbeitung kann die nichtinvertierende Grundschaltung entsprechend Bild 9-4b eingesetzt werden. Sie zeichnet sich durch einen sehr hohen Eingangswiderstand, t 1 M:, und einen niedrigen Ausgangswiderstand aus. Wird der Widerstand R2 in Bild 9-4b gegen Null reduziert und der Widerstand R1 entfernt, das entspricht R1 o f, erhält man den Spannungsfolger, welcher mit seinen Eigenschaften der Idealvorstellung von einem Eingangswiderstand gegen Unendlich und einem Ausgangswiderstand gegen Null sehr nahe kommt. Er stellt einen Spezialfall des nichtinvertierenden Verstärkers mit der Verstärkung v = 1 dar. Man spricht in dem Zusammenhang deshalb auch vom Impedanzwandler. Mit dieser Schaltung kann die in der Messtechnik geforderte Rückwirkungsfreiheit zwischen Messsignalquelle und der Messsignalverarbeitung sehr gut erreicht werden.
116
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen R2
R2
R1 Ue
Ua
U e R2 R1
a)
Ue
R1
Ua
§ R · U e ¨¨1 2 R1 ¹ ©
b)
Ue
Ua
Ue
c) Bild 9-4 Invertierende (a), nichtinvertierende (b) Grundschaltung eines Operationsverstärkers und Spannungsfolger (c)
Zu detaillierten Informationen zu OPV’s, speziell in der Messtechnik, sei auf [13] verwiesen.
9.1.4 Analog-Digital-Wandlung Die Analog-Digital-Wandlung (AD-Wandlung), auf deren Idee bereits im Kapitel 3 eingegangen worden ist, stellt ein zeit- und wertediskretes Signal zur Verfügung, dass zur Ansteuerung einer Digitalanzeige oder zur Weiterverarbeitung in einem Rechner geeignet ist. Für den praktisch tätigen Messtechniker sind konkrete technische Prinzipien zur ADWandlung von Interesse, weil diese mit resultierenden Kenngrößen direkt korrespondieren und somit die Merkmale einer aufgebauten Messkette durch den verwendeten ADW bestimmend geprägt werden.
9.1.4.1 Kenngrößen von ADW Die bestimmenden Kenngrößen eines ADW sind die Auflösung und die Abtastgeschwindigkeit, bzw. die Abtastfrequenz. Mit der Auflösung kennzeichnet man die Anzahl der Bits, mit denen die Ausgangsinformation eines ADW dargestellt werden kann. Je höher die Auflösung ist, um so kleiner wird die sich ergebende Abweichung infolge der Quantisierung sein, wie auch Tabelle 9.2 zeigt. Die relative Abweichung infolge der Quantisierung korrespondiert mit der Genauigkeit, mit der die ADWandlung durchgeführt werden kann. Allerdings macht es wenig Sinn die Auflösung sehr
9.1 Messkette
117
hoch zu wählen, wenn die damit erreichbare Genauigkeit nicht auch durch die anderen Komponenten des ADW, bzw. des mit ihm aufgebauten Messsystems, weitergegeben werden kann. Typischer Schwachpunkt des ADW ist die Genauigkeit der Referenzspannungsquelle zur Darstellung eines LSB. Wenn z. B. die Referenzspannung nur auf 0,1 % stabilisiert werden kann, ist damit eine Auflösung von größer 10 Bit für diesen Wandler unsinnig, zumal die Aufwendungen und damit die Kosten für die Realisierung eines ADW mit zunehmender Auflösung überproportional steigen. Es gibt zwar mittlerweile Lösungen, die auf patentierte Schaltungen und Messalgorithmen basieren, um die Messgenauigkeit in die Größenordnung der Genauigkeit der Referenzspannungsquelle zu bringen, das ist aber mit enormen Kosten und Aufwand verbunden und deshalb ausgewählten Applikationen vorbehalten. Es gilt auch hier der in der Messtechnik übliche Satz: Aufwand so hoch wie nötig und nicht so hoch wie möglich! Tabelle 9.2 Wandlungsbreite und relative Abweichung eines idealen ADW
Wandlungsbreite
1Bit
2 Bit
4 Bit
8 Bit
10 Bit
Zahl der Inkremente
2
4
16
256
1024 0,9810-3
relative Abweichung Arel
1
0,33
0,066
3,910-3
Wandlungsbreite
12 Bit
14 Bit
16 Bit
18 Bit
20 Bit
Zahl der Inkremente
4096
16384
65536
262144
1048576
relative Abweichung Arel
2,4410-4
6,110-5
1,510-5
3,810-6
9,510-7
Bezüglich der Abtastfrequenz sei hier in Erinnerung gerufen: Die Entnahme von Samples aus einem sich zeitlich verändernden Messsignal muss so schnell erfolgen, dass mindestens zwei Samples pro Periode entnommen, d. h. abgetastet, werden. Berücksichtigt werden muss der höchste Frequenzanteil des Messsignals. Nur dann ist nach dem Abtasttheorem nach Shannon eine vollständige Rekonstruktion des digitalisierten Messsignals möglich. Je nach technischer Anforderung sind unterschiedliche Wandlungszeiten und Auflösungen der AD-Wandlung erforderlich. Da es immer auf wirtschaftliche Lösungen ankommt, sind diese Forderungen nicht mit einem einzigen Wandlungsprinzip effektiv zu erfüllen, sondern es haben sich unterschiedlichste Lösungen herauskristallisiert. Drei ADW werden stellvertretend diskutiert. Für diese werden zum Abschluss praktisch erreichbare Auflösungen und Abtastfrequenzen zusammengefasst in einer Tabelle angegeben.
9.1.4.2 ADW nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation Die ADW nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation sind vor allem in der rechnergesteuerter Messtechnik sehr verbreitet, weil sie sich sehr gut in einen monolithischen Schaltkreis integrieren lassen und streng getaktet zu betreiben sind. Sie führen die Wandlung seriell, d. h. Bit für Bit durch. Kernstück des Wandlers sind neben dem Approximationsregister ein Digital-Analog-Wandler (DAW), der die Vergleichsspannung für den Komparator liefert, siehe auch Bild 9-5.
118
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
Taktquelle
Bit schalten JA/NEIN
Approximationsregister
Digitales Ausgangswort
Referenzquelle
Bild 9-5
Digital-AnalogWandler Ua(DAW) Analoge Eingangsspannung Ue
Komparator
Analog-Digital-Wandler nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation
Das Wandlerprinzip lässt sich am besten am Spannungszeitdiagramm entsprechend Bild 9-6 erläutern. Es wird schrittweise die zu digitalisierende Eingangsspannung Ue mit der vom internen DAW generierten Spannung verglichen. Im Ergebnis des Vergleichs ergibt sich der Inhalt des Approximationsregisters, der dem gesuchten Digitalwert entspricht.
U
Ua(DAW) Spannung am
Ausgang des DAW
Ue 0,5 FS
T0 Inhalt des Approxi- MSB Bit 2 Bit 3 Bit 4 ... LSB mationsregisters 1 0 1 0 ... FS = full scale, Spannungswert, der der vollen Aussteuerung des ADW entspricht (alle Bits = 1)
t
Ablauf: 1. Start bei T0 2. MSB setzen Ua(DAW) = 0,5 FS. 3. Vergleich: MSB-Wert < oder > Ue. 4. Wenn < Ue: MSB bleibt gesetzt, wenn > Ue: MSB wieder abschalten. 5. Nächstes Bit setzen Ua(DAW) = Summe der gesetzten Bitwerte. 6. Vergleich Ua(DAW) < oder > Ue. 7. Wenn < Ue...
Weiter bis letztes Bit (LSB) getestet wurde: Bit –Belegung des Approximationsregister entspricht dem digitalen Äquivalent der Eingangsspannung Ue !
Bild 9-6 Beispiel für ein Spannungs-Zeitdiagramm der AD-Wandlung nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation
Die Grundidee besteht darin, dem Komparator beginnend mit dem MSB (most significant bit) Bit für Bit eine in Binärschritten erhöhte Vergleichsspannung Ua(DAW) mit dem internen DAW
9.1 Messkette
119
anzubieten. Nach jeder Erhöhung wird geprüft, ob diese Spannung größer oder kleiner ist als die Eingangsspannung Ue. Im Ergebnis dieses Vergleichs wird entschieden, ob das zugehörige Bit im Digitalwort des ADW zugeschaltet bleibt, dies entspricht dem 1-Pegel des Bits oder wieder abgeschaltet werden muss, dies entspricht dem 0-Pegel dieses Bits. So nähert sich Ua(DAW) in immer kleineren Schritten dem Wert von Ue an. Nach Überprüfen des letzten Bits, dem LSB (least significant bit), hat sich die Ausgangsspannung des internen DAW in größtmöglicher Weise der Eingangsspannung Ue angenähert, so dass der digitale Inhalt des Approximationsregisters dem binären Äquivalent der Eingangsspannung entspricht. Die Qualität der erreichbaren Annäherung wird durch den Wert des LSB beschrieben, siehe auch die Bemerkungen in Kapitel 7.2. Bei n Bitstellen des Ausgangswortes des ADW werden n Umsetzschritte entsprechend Bild 9-6 benötigt. Aufgrund der geschilderten Wirkungsweise ist in der deutschsprachigen Literatur auch die Bezeichnung „Wandlung nach dem Wägeprinzip“ üblich, in Anlehnung an die Apothekerwaage, wo die gleiche Vorgehensweise beim Vergleich zwischen Mess- und Vergleichsgröße vorliegt, nur in dem Fall mit Gewichtsstücken. Die AD-Wandlung nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation stellt einen guten Kompromiss zwischen Aufwand, Geschwindigkeit und erreichbarer Genauigkeit einer ADWandlung dar.
9.1.4.3 Dual-Slope-Wandler Das auch Doppelflanken-Integrationsverfahren genannte ADW-Prinzip wird vor allem dort benutzt, wo hohe Auflösung mit geringem technischen Aufwand erzielt werden soll und die Geschwindigkeit der Wandlung nur eine untergeordnete Rolle spielt, wie z. B. bei manuell ablesbaren digitalen Spannungsmessern.
C
Taktgenerator
Ue
& Uref (z.B. 0V)
Zähler
Tor
Integrator Komparator
Steuerlogik
Bild 9-7 Blockschaltbild des Dual-Slope-Wandlers
Anhand des Blockschaltbildes und des Zeitdiagramms in den Bildern 9-7 und 9-8 soll auch für dieses Wandlerprinzip eine kurze Funktionsbeschreibung gegeben werden.
120
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
UC UC1max ~ f (Ue1)
UC2max ~ f (Ue2 )
t1 = const.
t
t'2 t2
Bild 9-8
1.Phase t1 = const.
2.Phase t2 = f (Ue1), t’2 = f (Ue2),
Anstieg = f (Ue)!
Anstieg = const.!
Dual-Slope-Wandler; Spannungs-Zeitdiagramm für zwei verschiedene Eingangsspannungen,
U e1 ! U e 2
In der ersten Phase der Wandlung erfolgt ein Aufladen des Integrationskondensators C mit einem von der zu digitalisierenden Eingangsspannung Ue abgeleiteten Strom über eine konstante Zeit t1. Nach t1 ergibt sich eine Spannung UC über C und damit am Ausgang des Integrators, die proportional Ue ist. Anschließend wird in der zweiten Phase der Kondensator mit einem von der Referenzspannung abgeleiteten Konstantstrom wieder entladen. Die dafür benötigte Zeit t2 hängt von UC ab, woraus t2 = f(Ue), bzw. auch (t1 + t2) = f(Ue) folgt. Mittels des Komparators wird nun das Tor für die Zählimpulse für diese Ue-proportionale Zeit t1, bzw. (t1 + t2) geöffnet, so dass sich ein der Ausgangsspannung proportionaler Zählerstand ergibt. Bei geschickter Wahl der zeitbestimmenden Größen (Kapazität, Widerstand, Referenzspannung und Taktfrequenz) kann eine Anzeige generiert werden, die unmittelbar die zu messende Spannung durch einen Zahlenwert beschreibt. Durch die faktische Quotientenbildung infolge der Auf- und Abintegration mit denselben zeitbestimmenden Bauelementen, ist die Konstanz der Parameter für die genauigkeitsbestimmenden Bauelemente eines Dual-Slope-Wandlers nur über die Zeit der vollständigen Wandlung erforderlich, i. Allg. ist diese Zeit viel kleiner als 1s. Eine hohe Kurzzeitstabilität von Bauelementeparametern ist technisch sehr gut beherrschbar und erlaubt somit eine große Genauigkeit der Wandlung nach diesem Prinzip bei vertretbarem Aufwand.
9.1 Messkette
121
9.1.4.4 Parallel-AD-Wandler Parallel-AD-Wandler stellen das schnellste Prinzip für die AD-Wandlung bereit, erfordern aber auch den höchsten Schaltungsaufwand. Für jede Schaltschwelle des ADW und damit für jeden darstellbaren Wert sind eine eigene Referenzquelle und ein separater Komparator vorzusehen, s. Bild 9-9. Ue Uref
K7
3R 2R
11/16 Uref
K6
y2 (MSB) y1
2R
K2
2R
K1
3/16 Uref 1/16 Uref
y0 (LSB)
R Kodierer
n Bit Auflösung: Es werden 2n-1 Komparatoren mit der erforderlichen Außenbeschaltung benötigt!
Bild 9-9 Blockschaltbild eines 3-Bit-Parallel-AD-Wandlers (Flash-A/D-Converter)
Je nach Eingangsspannung schalten unter Vernachlässigung von Schaltzeitdifferenzen zwischen den einzelnen Komparatoren alle die Komparatoren gleichzeitig, deren Referenzspannung kleiner als die zu digitalisierende Eingangsspannung Ue ist. Lediglich eine Umkodierung in einen üblichen Digitalcode, z. B. den Binärcode oder den BCD-Code, ist noch erforderlich. Im Ergebnis steht das digitale Äquivalent für die Eingangsspannung am Ausgang des ParallelADW zur Verfügung.
9.1.4.5 Vergleich der vorgestellten ADW Zur Abrundung der vorangegangenen Ausführungen sollen die diskutierten A-D-WandlerPrinzipien in einer Tabelle stichpunktartig gegenübergestellt werden. Aus den in dieser Tabelle genannten Eigenschaften der vorgestellten ADW lassen sich schon erste Anwendungen ableiten. Es soll noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass hier nur wenige ausgewählte ADW-Prinzipien angesprochen werden konnten, um das Verständnis für die technische Umsetzung der A-D-Wandlung und den daraus resultierenden Applikationsforderungen zu wecken. Ausführungen zu anderen ADW-Typen können in der zu diesem Thema reichhaltigen Fachliteratur nachgelesen werden, u. a. in [10].
122
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
Tabelle 9.3 Ausgewählte Merkmale der diskutierten ADW
ADW-Prinzip
Merkmale
ADW nach dem Prinzip der 1. sukzessiven Approximation
Dual-Slope-ADW
Parallel-ADW
Genauigkeit hängt von der Stabilität der Referenzspannung und von der Genauigkeit des internen DAU ab
d 12 Bit,
2.
Mittlere Genauigkeit erreichbar (Auflösung entspricht Arel t 2,4410-4)
3.
Wandlungszeiten im Mikrosekunden-Bereich erreichbar (Wandlungszeit ist Funktion der Auflösung!)
1.
Bauteile müssen nur kurzzeitstabil in ihren Parametern sein
2.
Hohe Genauigkeit erreichbar (Auflösung von 14...16 Bit, entspricht Arel | 610-5...1,5 10-5)
3.
Lange Wandlungszeit (2...10 Messungen pro Sekunde)
1.
Genauigkeit hängt von der Stabilität der Referenzspannung und der Genauigkeit des internen Widerstandsnetzwerkes ab
2.
Aus Aufwandsgründen nur geringe Genauigkeit erreichbar (Auflösung d 8 Bit, entspricht Arel t 410-3)
3.
Wandlungszeiten im Nanosekundenbereich erreichbar
9.2 Verarbeitung und Ausgeben In der Messtechnik bedeutet (Messsignal-) Verarbeiten x
das Komprimieren der Messinformationen,
x
das Ermitteln interessierender Parameter aus den Messinformationen, z. B. Bestimmung von Mittelwerten, Korrelationen u.ä., um Reaktionen auf das Messergebnis zu ermöglichen und
x
das Visualisieren von Messinformationen, um sie einer schnellen und möglichst fehlerfreien Erfassung durch den Menschen zugänglich zu machen.
Hierzu existieren eine Vielzahl von Programmsystemen auf dem Markt, die diese Aufgabenstellung in Verbindung mit rechnergesteuerten Messsystemen sehr komfortabel lösen können. Im letzten Abschnitt wird darauf noch eingegangen. Das Ausgeben von Messinformationen ist sowohl zur Anzeige für die Erfassung durch den Menschen, als auch als Steuerinformation bzw. Steuersignal in automatisierten Prozessen erforderlich. Die Ausgabe zu Anzeigezwecken soll ein schnelles und/oder genaues Erfassen der Messinformation durch den Menschen ermöglichen. Sie kann in Form eines Ziffernwertes oder eines analogen Zeigerausschlags erfolgen. Im einfachsten Fall realisiert die Anzeige eines Zeigerinstruments eine Messwertausgabe. Allerdings stehen in modernen, rechnerbasierten Messsys-
9.2 Verarbeitung und Ausgeben
123
temen Möglichkeiten offen, die Anzeige den physiologischen Eigenheiten des Menschen anzupassen. Zu diesen Eigenheiten gehört beispielsweise die Fähigkeit Zeigeranzeigen bzw. Balkenlängen wesentlich schneller quantitativ erfassen zu können als mehrstellige Ziffernanzeigen. Aus diesem Grund wird an Arbeitsplätzen, wo in kurzer Zeit eine Vielzahl von Messwerten überblicksmäßig zu erfassen sind, auf analoge bzw. quasianaloge Anzeigen orientiert, z. B. im Flugzeugcockpit oder in der Kraftwerkswarte. Unter quasianaloge Anzeige versteht man eine mit digitalen Mitteln erzeugte analog aussehende Messwertausgabe auf grafischen Displays. Ziffernanzeigen erlauben dagegen eine Erfassung des Messwertes mit theoretisch beliebig vielen Stellen der Maßzahl. Tabelle 9.4 zeigt eine zusammenfassende Gegenüberstellung beider Anzeigearten. Tabelle 9.4 Merkmale der Analog- und der Digitalanzeige
analoge bzw. quasianaloge Anzeige
Ziffern- (Digital-) Anzeige
realisiert mit: Zeigerinstrumente (mechanische oder mit Display emulierte) oder Leuchtbandbzw. Leuchtbalkenanzeige usw.
x Schnelle Erfassung eines Messwertes x Erkennen von Trends der Messwertänderung möglich
x Auflösung des Messwertes auf 2...3 Dezimal-
stellen beschränkt (erforderliche Digitalisierung, also die Zuordnung des Zeigerausschlags zu einer Messzahl führt der Mensch unbewusst selbst aus)
x Messwerterfassung durch den Messenden zeitaufwendig
x bei schwankender Anzeige unter Umständen kein Ablesen möglich
x keine Ablesefehler infolge Parallaxe x hohe Auflösung des Messwertes durch den Messenden erfassbar (> 6 Dezimalstellen).
x Integration schwankender Messwerte über die Trägheit des Auges in gewissen Grenzen möglich
x bei mechanischen analogen Anzeigen sind Ablesefehler (Parallaxe) möglich.
Das Ausgeben einer verarbeiteten Messinformation als Steuerinformation bzw. Steuersignal in automatisierten Prozessen wird in Bild 9-1 durch die Aktorkette dargestellt. Hier soll auf eine nochmalige Skizzierung verzichtetet werden. Stichpunktartig seien kurz die notwendigen Aktivitäten zur Ausgabe aufgezeigt: x Digital-Analog-Wandeln des Signals, x wenn notwendig, das Multiplexen des Signals, d. h. das Zuordnen zum geforderten Aktor, ein Aktor könnte z. B. ein Antrieb, eine Pumpe oder ein Ventil sein, x Verstärken des Signals auf den vom Aktor geforderten Pegel und x das Einwirken des Signals über den Aktor auf die Umwelt.
124
9 Messung nichtelektrischer physikalischer Größen
9.3 Kontrollfragen 9.1)
Warum haben analoge bzw. quasianaloge Anzeige nach wie vor große Bedeutung bei der Realisierung von Messwertanzeigen?
9.2)
Nennen Sie Beispiele für in der Messtechnik anzuwendende Frequenzfilter und zugehörige Applikationen für die genannten Filter.
9.3)
Für die Entwicklung eines digitalen Handmultimeters soll ein geeignetes AD-Wandler-Prinzip ausgewählt werden. Schlagen Sie ein Wandlerprinzip vor, begründen Sie Ihren Vorschlag.
125
10 Sensoren Das Bindeglied zwischen der nichtelektrischen Umwelt und der modernen elektrischen Messtechnik stellen die Sensoren dar, die auch als Aufnehmer oder Fühler bezeichnet werden. Zu Beginn von Abschnitt 9 wurde schon auf die Grundvoraussetzung für einen technisch nutzbaren Sensor hingewiesen, der bekannte und reproduzierbare Zusammenhang zwischen interessierender nichtelektrischer physikalischer Größe und der beeinflussten elektrischen Eigenschaft des Sensors. Grundsätzlich lassen sich eine Vielzahl von physikalischen Effekten für die Konstruktion von Sensoren ausnutzen. Die Auswahl eines geeigneten Effektes für die Konstruktion bzw. Anwendung eines konkreten Sensors korrespondiert unmittelbar mit den angestrebten Eigenschaften, also auch mit den Eigenschaften der mit diesem Sensor aufgebauten Messkette. Aus der Vielzahl der möglichen Sensoren können nur ausgewählte im Rahmen diese Buches in die folgenden Betrachtungen einbezogen werden. Für weitere Sensorprinzipien sei auf die zahlreiche Literatur zu diesem Themenkreis hingewiesen.
10.1 Klassifizierung und Grundstruktur von Sensoren Sensoren lassen sich ohne Berücksichtigung ihres physikalischen Prinzips in passive und aktive Sensoren einteilen. In Tabelle 10.1 sind diese beiden Klassen mit ihren Merkmalen gegenübergestellt, Tabelle 10.2 und Tabelle 10.3 führen einige Vertreter für aktive und passive Sensoren an. Tabelle 10.1 Merkmale von aktiven und passiven Sensoren
passive Sensoren
aktive Sensoren Wandeln eine nichtelektrische physikalische Größe in eine elektrische Größe um (z. B. Beleuchtungsstärke in eine Spannung), physikalisch gesehen stellen sie Energiewandler dar
x
verändern ihre elektrischen Eigenschaften x unter dem Einfluss einer nichtelektrischen physikalischen Größe (z. B. ein Widerstandssensor verändert seinen elektrischen Widerstand infolge einer Temperaturänderung, d. h. T + 'T R + 'R) x benötigen zur Auswertung eine Hilfsenergie
x
hohe Genauigkeiten sind erreichbar
oft nur geringe Genauigkeit erreichbar, vor allem bezüglich der Langzeitstabilität häufige Kalibrierung erforderlich
x
x
keine Hilfsenergie zur Auswertung erforderlich
Die Bemerkung zu den aktiven Sensoren, sie benötigen keine Hilfsenergie zur Auswertung heißt natürlich nicht, dass eine komplexe Messeinrichtung auf der Basis eines aktiven Sensors keine Stromversorgung aus einer Energiequelle (Batterie oder Energienetz) benötigt. Es ist vielmehr damit gemeint, dass der Sensor die Energie, die er dem Messobjekt entzogen und in
126
10 Sensoren
eine elektrische Energieform gewandelt hat, unmittelbar an die Messeinrichtung zur Messwertgenerierung bzw. Weiterverarbeitung abgeben kann. Tabelle 10.2 Beispiele für passive Sensoren
Sensor
einwirkende nichtelektrische Größe
beeinflusste elektrische Größe
Potentiometer
Länge, Winkel
ohmscher Widerstand
Widerstandsthermometer
Temperatur
ohmscher Widerstand
Dehnungsmessstreifen
kleine Längenänderungen bzw. ohmscher Widerstand sie hervorrufende Kräfte
Fotowiderstand, -diode
Beleuchtungsstärke
ohmscher Widerstand
Induktive Sensoren
Länge, Winkel
Induktivität
Kapazitive Sensoren
Länge, Winkel
Kapazität
Tabelle 10.3 Beispiele für aktive Sensoren
Sensor
einwirkende nichtelektrische Größe
ausgegebene elektrische Größe
Fotoelement
Beleuchtungsstärke
Spannung (Leerlaufbetrieb) oder Strom (Kurzschlussbetrieb)
Thermoelement
Temperaturdifferenz zwischen zwei Messpunkten
Spannung
Piezokristall
Druck
Ladungsmenge, bzw. Spannung über Kondensator
Die technische Umsetzung eines Sensorprinzip ist i. Allg. auf der Basis der in Bild 10-1 gezeigten Grundstruktur zu realisieren. Es fällt die Unterscheidung zwischen Sensor und Sensorelement auf. In der messtechnischen Literatur wird diese Unterscheidung nicht immer eindeutig gemacht, auch in Firmenunterlagen wird als Sensor häufig das komplette System bezeichnet, welches auf ein nichtelektrisches Signal aus der Umwelt mit einem einfach zu übertragenden elektrischen Signal reagiert, wie z. B. einem Spannungs- oder Stromsignal. Die für die Sensorik erforderliche Beeinflussung der elektrischen Eigenschaften durch nichtelektrische physikalische Größen erfolgt aber nur im mit Sensorelement bezeichneten Teil des Sensors. Hier soll die Unterscheidung zwischen Sensorelement und Sensor ebenfalls nur an den Stellen ausdrücklich herausgestellt werden, wo es zum Verständnis der Darlegungen unbedingt notwendig ist. Deshalb wurde auch in den vorgenannten Tabellen auf diese Unterscheidung verzichtet.
10.1 Klassifizierung und Grundstruktur von Sensoren
127
In dem mit Messumformer bezeichneten Block in Bild 10-1 ist eine geeignete Messschaltung vorzusehen. Es werden auf der Basis der in Abschnitt 8 erläuterten elektrischen Messverfahren elektrische Signale gewonnen, auf denen die Messinformation aufgeprägt ist in Form eines Frequenz-, Spannungs- oder Stromparameters. Sensor technischer Prozess (nichtelektrische Größe)
Sensorelement
Anzeigen und/oder Verarbeiten
Messumformer
elektrische Größe (z.B. R, L, C)
- Frequenzsignal - Stromsignal - Spannungsignal (z.B. Norm-Werte I = 0...20 mA oder I = 4 mA...20 mA, U = 0…10 V)
Bild 10-1 Grundstruktur eines passiven Sensors
In der modernen Messtechnik arbeitet man oft auch mit Sensorbaugruppen, die zur Steuerung der Messwertaufnahme und einer möglichen Vorverarbeitung der gewonnenen Messinformationen mit einem eigenen Mikrocontroller ausgerüstet sind, häufig als „intelligente“ Sensoren bezeichnet. Die Verbindung zum eigentlichen Messwertverarbeitungs- und -anzeigesystem erfolgt dann zweckmäßigerweise mit einer so genannten digitalen Schnittstelle. „intelligenter“ Sensor Sensor technischer Prozess (nichtelektrische Größe)
Sensorelement
Messumformer
elektrische Größe (z.B. R, L, C)
Bild 10-2 Struktur eines Sensors mit Mikrocontroller
MicroADW controller
- Frequenzsignal - Stromsignal - Spannungsignal (z.B. Norm-Werte I = 0...20 mA, = 4 mA...20 mA, U = 0…10 V)
vorverarbeiteter Messwert
128
10 Sensoren
Die Behandlung ausgewählter Sensoren, ihre Wirkprinzipien, erreichbare Parameter und typische Anwendungen wird in den nachfolgenden Kapiteln ausgeführt.
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen Aufgabe dieser Sensoren ist die Erfassung der gegenseitigen Position zweier Körper bzw. zweier Grenzflächen in Ebene oder Raum oder die Erfassung der Verlagerung eines Körpers bzw. einer Grenzfläche in der Ebene oder im Raum. Bei der Verlagerung sind zwei Arten zu unterscheiden. Erstens die translatorische, sie kann mit Weg- (Längen-) Sensoren erfasst werden. Zweitens die rotatorische Verlagerung, sie wird mit Winkel-Sensoren bewertet. Zur Messung von Winkel und Länge existieren eine Vielzahl von Sensoren. Es kann im Folgenden nur eine Auswahl vorgestellt werden.
10.2.1 Inkrementale Sensoren Inkrementale Sensoren gehören zu den direkt digitalen Sensoren, d. h. sie stellen als Messwert unmittelbar einen digitalen Wert zur Verfügung, der das Ergebnis eines Zählvorganges ist. Eine AD-Wandlung ist nicht erforderlich. In der Bild 10-3 wird das grundsätzliche Prinzip gezeigt.
Lichtquelle
s r 's
Messlineal
Fotodiode
Impuls gewinnung
Zähler, Anzeige
Bild 10-3 Grundidee des inkrementalen Sensors
Die Genauigkeit dieses Sensors wird vorrangig von dem die Maßverkörperung darstellenden Messlineal bestimmt, das in gleich große Quantisierungseinheiten unterteilt ist (z. B. durch Hell/Dunkelphasen oder unterschiedliche Magnetisierungen realisiert). Bei der Verschiebung dieses Messlineals um 's gegenüber einer Ausgangsposition entstehen Impulse, die nach einer Formung gezählt werden. Das Zählergebnis wird anschließend zur Anzeige gebracht oder zur Weiterverarbeitung einem Rechner zugeführt. Die Größe der Positionsverschiebung als Messergebnis kann aus der Multiplikation der Quantisierungseinheit des Messlineals mit der Anzahl der gezählten Impulse berechnet werden. Es sind also grundsätzlich nur Verschiebungen des Messlineals messbar, d. h. Wegänderungen. Zur Ermittlung absoluter Längenangaben muss einem Messsystem mit inkrementalen Sensor eine Startposition, der Nullpunkt, bekannt sein. Die Bewegungsrichtung des Messlineals ist bei diesem Sensorprinzip nicht erkennbar; ist das unbedingt erforderlich, muss das Prinzip unter Hinzunahme eines zweiten, gegenüber dem
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
129
ersten Messlineal um ein Viertel eines Hell/Dunkel-Inkrements verschoben angebrachten Messlineals ergänzt werden. Bild 10-4 zeigt die prinzipielle Umsetzung dieser Idee, wobei im Interesse der Übersichtlichkeit auf die Darstellung der Beleuchtungsquelle und des Sensorelements verzichtet wurde. T
Abtastfeld 1(Spur 1)
Abtastfeld 2 (Spur 2)
's; T
Impulse von Abtastfeld 1
Impulse von Abtastfeld 2
s; t
s; t
s; t
Bild 10-4 Prinzip der Richtungserkennung und Steigerung der Auflösung bei inkrementalen Gebern. Ausnutzung aller Flanken zur Zählung ergibt vierfache Auflösung des Messbereiches gegenüber dem Einzellineal!
Die Erhöhung der Auflösung des inkrementalen Sensorprinzips ist durch die Ableitung von Zählimpulsen von allen Flanken der Abtastpulsfolgen beider Messlinealspuren erreichbar. Zur Erkennung der Richtung der zu messenden Wegänderung sind flankensensible Bauelemente erforderlich, wie sie in der Digitaltechnik mit D-Flip-Flops (DFF), einem Speicher für eine 1-Bit- Information, zur Verfügung stehen. Ein DFF besitzt typischerweise einen Takteingang CLK, einen Dateneingang D und einen Datenausgang Q, der den logischen Zustand der Speicherzelle des DFF anzeigt, siehe auch Bild 10-5. Definitionsgemäß übernimmt ein DFF die an D liegende Information nur, wenn eine 0-1-Flanke an CLK auftritt. In Bild 10-5 ist der Zeitpunkt vor der Flanke mit tn bezeichnet und der Zeitpunkt tn+1 kennzeichnet den Zeitpunkt nach der Reaktion auf die 0-1-Flanke. Die Abtastpulsfolgen der Messlineale stellen entsprechend Bild 10-4 eine Folge von 0-1- und 1-0-Flanken dar. Ausgehend von einem Bezugspunkt kann anhand der im Startmoment der Messung, also zu Beginn des Zählvorganges auftretenden jeweils ersten Flankenwechsel in den Abtastpulsfolgen der beiden Messlineale die Information über die Richtung der Wegänderung gewonnen werden. Dabei ist eine Spur z. B. Spur 1 immer als erstes abzufragen und dazu der nächste folgende Flankenwechsel in Spur 2 zu
130
10 Sensoren
analysieren. Erkennt man dabei zwei gleiche Flanken, z. B. 1-0-Flanken, so liegt eine 1. Bewegungsrichtung vor, sie soll als +'s definiert werden. Diese Bewegungsrichtung signalisiert der Datenausgang Q des DFF mit einem unveränderten Pegel gegenüber dem Start der Messung. Das Ergebnis wird sowohl bei zwei aufeinanderfolgenden 0-1-Flanken, als auch bei zwei aufeinanderfolgenden 1-0-Flanken auftreten. Bei zwei 0-1-Flanken wird infolge der Invertierung in der Rückkopplung von Q auf den Dateneingang D der negierte Pegel von Q jeweils mit Hilfe dieser Flanken in das DFF übernommen; im Ergebnis ist durch die zweifache Negation Q wieder im Ausgangszustand. Auch die Aufeinanderfolge von zwei 1-0-Flanken deutet auf die positive Bewegungsrichtung 1 hin. Das DFF kann keine Datenübernahmen durchführen, es fehlt die notwendige 0-1-Flanke, Q bleibt auf dem die positive Bewegungsrichtung repräsentierenden Pegel. Dem gemäß wird die entgegengesetzte Bewegungsrichtung als -'s definiert. Sie liegt vor, wenn die jeweils erste Flanke in den beiden Abtastpulsfolgen entgegengesetzte Pegeländerungen ausführen. Hierbei kann das DFF grundsätzlich nur eine Datenübernahme von Q über den Negator auf D durchführen, weil nur eine Flanke die erforderliche 0-1-Flanke darstellt, die eine Datenübernahme durch das DFF veranlasst. Q hat damit auf jeden Fall im Ergebnis der 2. Bewegungsrichtung gegenüber der Ausgangsbelegung einen entgegengesetzten, die negative Bewegungsrichtung repräsentierenden Pegel. Damit ist die Kennzeichnung der Bewegungsrichtung durch den mit dem Pegel von Q angezeigten Zustand des DFF realisiert.
DFF D
CLK
Q
Q
Zustandstabelle des DFF D Q Q (zur Zeit tn) (zur Zeit tn) (zur Zeit tn+1 ) L
X
L
H
X
H
Bild 10-5 Erkennung der Bewegungsrichtung bei inkrementalen Sensoren mit zwei Messlinealen mittels eines D-Flipflop (DFF); an CLK liegt der jeweils erste Flankenwechsel der Abtastfolgen beider Messlineale an, Q repräsentiert mit seinem Pegel die Bewegungsrichtung der Wegänderung (tn+1 – Zeit nach einer 0-1-Flanke an CLK)
Auf optische Prinzipien basierende Messlineale werden mit Ätztechnologien hergestellt und die Abtastung mittels eines so genannten Gegengitters, welches die gleiche Einteilung wie das Messlineal besitzt, über mehrere Inkremente durchgeführt. Der gewonnene Abtastwert stellt den arithmetischen Mittelwert über die Breite des Gegengitters dar, somit verringert sich die Gefahr der Fehlabtastung durch Nichterkennen von einzelnen Inkrementen, z. B. infolge von Verschmutzungen des Messlineals [13]. Neben der Ausbildung der Quantisierung des Messlineals mit optisch unterschiedlichen Abschnitten (lichtreflektierend/-zerstreuend; lichtdurchlässig/-undurchlässig) sind auch Messlineale mit unterschiedlichen Magnetisierungen (Prinzip wie beim Magnettonband) in der messtechnischen Praxis anzutreffen. Als erreichbare Auflösung können für beide Varianten Werte t 10 µm angeben werden. Hauptanwendungsgebiet für inkrementale Sensoren ist der Maschinenbau, wo sie beispielsweise zur Positionsbestimmung eines Werkzeugschlittens einer rech-
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
131
nergesteuerten Drehmaschine verwendet werden, nicht zuletzt aufgrund ihrer mechanischen Robustheit. Messschieber mit Digitalanzeige verwenden ebenfalls vorrangig inkrementale Sensoren, dann meist auf Basis von Messlinealen mit magnetischer Darstellung der Quantisierung. Ergänzend zu den Längen-Messlinealen kann die Digitalcodierung auch auf den Außenrand einer kreisförmigen Scheibe aufgebracht werden. Der so realisierte Sensor wird dann zur inkrementalen Winkelmessung eingesetzt, die kreisförmig angeordneten Inkremente auf der Scheibe repräsentieren die gewählte Winkeleinteilung. Auflösung bis unterhalb einer Bogenminute, entsprechend 1 60 Grad, sind erreichbar. Das Laserinterferometer ist eine Präzisionsmesseinrichtung auf der Basis des inkrementalen Messprinzips, siehe Bild 10-6. Voraussetzung für sein Funktionsprinzip ist kohärentes, monochromatisches Licht mit der Wellenlänge O, wie es ein Laser bereitstellen kann. Der Laserstrahl gelangt auf einen halbdurchlässigen Spiegel, der den Strahl auf einen beweglichen und einen festen Reflektor ablenkt. Beide Strahlen treffen auf den halbdurchlässigen Spiegel im Punkt Z wieder zusammen, überlagern sich und das Überlagerungsergebnis kann im Fotodetektor analysiert werden. Zwei Extremfälle der Überlagerung lassen sich unterscheiden: 1.
Beide Lichtstrahlen treffen in gleicher Phasenlage der Lichtwelle aufeinander, es resultiert eine Lichtverstärkung aufgrund der Addition der Momentanwerte der Lichtwellen beider Strahlen, das bedeutet eine Helligkeitszunahme ist erkennbar.
2.
Beide Lichtstrahlen haben infolge der Lageveränderung des beweglichen Spiegels und der damit einhergehenden Veränderung der Weglänge für den Lichtstrahl, der über den beweglichen Spiegel reflektiert wird, im Auftreffpunkt eine Phasenverschiebung um die halbe Wellenlänge O/2. Es resultiert eine Auslöschung aufgrund der Subtraktion der Momentanwerte der Lichtwellen beider Strahlen. Erkennbar ist eine deutliche Helligkeitsabnahme.
fester Reflektor beweglicher Reflektor Laser Z
halbdurchlässiger Spiegel
's
Fotodetektor
Bild 10-6
Stark vereinfachtes Prinzip des Laserinterferometers
Wird der bewegliche Reflektor kontinuierlich bewegt, lassen sich im Ergebnis der skizzierten Extremfälle Hell-Dunkelphasen mit dem Abstand von einem Viertel der Wellenlänge O des verwendeten Laserlichts, nachweisen. Der Lichtstrahl muss den Weg Spiegel – Reflektor zweimal zurücklegen, deshalb ruft die Bewegung des Reflektors um O/4 schon den Übergang
132
10 Sensoren
von maximaler zu minimaler Lichtstärke am Fotodetektor hervor, eine volle Hell-Dunkelphase am Fotodetektor wird durch die Lageveränderung des Reflektors um O/2 verursacht. Bei der Bewegung des Reflektors entstehen somit im Abstand O/2 Helligkeitsmaxima, die mit dem Fotosensor registriert und anschließend gezählt werden können. Die Größe einer ausgeführten Abstandsänderung 's ergibt sich dann aus der Zahl N der registrierten Helligkeitsmaxima und der Wellenlänge O des verwendeten Lichtes: 's
N
O
(10.1)
2
Mit einer Wellenlänge des Laserlichts von ca. 650 nm kann ein Laserinterferometer somit eine Auflösung von 325 nm realisieren. Das ist eine Größenordnung, bei der höchste Ansprüche an die mechanische Stabilität der Messeinrichtung und Temperaturkonstanz der Messräume gestellt werden müssen. Entsprechend aufwendig und damit kostenintensiv ist die Herstellung und auch das Betreiben eines Laserinterferometers.
10.2.2 Code-Lineale Die Code-Lineale gehören ebenfalls zu den direkt digitalen Sensoren. Bei ihnen wird das Messlineal mit einer vereinbarten Kodierung in eine unmittelbar zu interpretierende Längenangabe skaliert, jedem Intervall innerhalb des Messbereichs wird ein Code zugeordnet. Im Ergebnis einer Messung steht somit der Messwert direkt digital kodiert zur Verfügung. Bild 10-7 zeigt einen Ausschnitt eines Code-Lineals mit einer binären Codierung:
23 22 21 20
0000
0110
1011
Bild 10-7 Ausschnitt eines Code-Lineal mit Binärkodierung mit Ablesebeispielen
Gegenüber den inkrementalen Sensoren werden bei Code-Linealen mehrere Spuren auf dem Messlineal zur Darstellung der Inkremente des Messbereichs benötigt. Die Anzahl richtet sich nach der geforderten Auflösung des Messbereichs und der damit erforderlichen Stellenzahl zur Beschreibung aller Inkremente des Messbereichs. Bei einer binären Kodierung sind z. B. n Spuren erforderlich, unterteilt mit binärer Wertigkeit, um 2n-1 Inkremente beschreiben zu können. In Bild 10-7 ist eine vierstellige binäre Kodierung, korrespondierend mit einem vierspurigen Lineal dargestellt, das damit einen Messbereich in 15 Inkremente unterteilen kann. In der praktischen Realisierung werden Code-Lineale mit bis zu 16 Spuren realisiert, vereinzelt mit noch mehr Spuren. Mit den erzielbaren Genauigkeiten solcher Lineale werden die Forderungen des Werkzeugmaschinenbaus erreicht, wo Code-Lineale auch aufgrund ihrer Robustheit ein breites Anwendungsfeld gefunden haben. Die absoluten Abweichungen bei Messungen mit Code-Linealen erreichen Werte < 100 µm, bei Messbereichen bis zu einem Meter. Allerdings müssen zur Sicherung dieser Genauigkeit Maßnahmen zur fehlersicheren Ablesung der an der Abtasteinrichtung vorliegenden Kodierung des Messlineals ergriffen werden. Dass
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
133
z. B. bei der binären Codierung eines Messlineals die resultierende Abweichung bei der Abtastung bis zur Größe des halben Messbereichs betragen kann, beweist Bild 10-8. In der Tabelle in Bild 10-8 sind die zwei Extremfälle dargestellt, die beim Durchlaufen des Wechsels einer Binärkodierung auftreten können. Infolge der unterschiedlichen Umschaltmomente der Binärübergänge in den einzelnen Spuren können kurzzeitig nicht der vorliegenden Weglänge entsprechende Kodierungen vom Code-Lineal geliefert werden. Kommt das Messlineal auf einer solchen Übergangsstelle zu stehen, wo die Codierung über mehrere Spuren ihren binären Zustand ändert, ist sogar die stationäre Ausgabe des fehlerhaften Wertes möglich.
mögliche fehlerhafte Kodierungen beim Übergang von 0111 auf 1000
23
22 21
Variante 1 0111 p 1111 p 1000
20
0111
1000
Variante 2 0111 p 0000 p 1000
Bild 10-8 Mögliche Abweichung beim Abtasten eines Code-Lineals infolge des nicht synchronen Umschaltens der Binärwerte der einzelnen Spuren
Die maximale Größe der Abweichung kann den Wert des Inkrements der höchstwertigsten Binärspur annehmen, die einen Bitwechsel erfahren müsste, im Extremfall den Wert der MSBSpur. Im Beispiel in Bild 10-8 ist das die Spur mit der Wertigkeit 23. Da eine so große Abweichung in der Messtechnik nicht akzeptiert werden kann, sind Maßnahmen zur Vermeidung dieser Abtastfehler erforderlich. Folgende Varianten zur Vermeidung des Abtastfehlers bei Code-Lineale werden in der Praxis angewendet: a) Nutzung eines einschrittigen Codes für das Messlineal (z. B. Gray-Code) Ein Gray-Code ist so konstruiert, dass sich bei kontinuierlichem Durchlaufen benachbarter Codierungen immer nur ein Bit im gesamten Code verändert, siehe Bild 10-9. Über die Kontrolle dieser Änderung ist eine Vermeidung der Akzeptanz falscher Messkodierungen durch das Messsystem möglich. Wesentlicher Nachteil des Gray-Codes ist die nichtvor-
Spur 3 Spur 2 Spur 1 Spur 0
0000 = 0
0101 = 6
0111 = 11
Bild 10-9 Code-Lineal mit Gray-kodierter Skalierung, Angabe von Dezimaläquivalenten zu den Beispielkodierungen
134
10 Sensoren
handene Wertigkeit der einzelnen Bitstellen im Gegensatz z. B. zum Binär- oder auch dem Dezimalcode. Diese Wertigkeit ist für algorithmische mathematische Verknüpfungen unbedingt erforderlich. Damit sind Gray-Code-Zahlen nicht unmittelbar rechentechnisch weiterverarbeitbar, sondern die Zahlen sind erst in eine Codierung mit Wertigkeit der Stellen umzuwandeln, in der Digitaltechnik vorzugsweise in einen Binärcode, was aber mit einfachen kombinatorischen Digitalschaltungen möglich ist. b) Redundante Abtastung eines Code-Lineals mit Binärkodierung Außer in der niederwertigsten Spur, stehen zwei Abtastelemente pro Spur zur Verfügung. Über die Bewertung des relevanten Aufnehmers in der Spur n wird entschieden, welcher Aufnehmer in der Spur n+1 zu verwenden ist. Im Allgemeinen ist die Entscheidung so vorgeschrieben, dass bei 0-Pegel in Spur n die Abtastung der Spur n+1 mit dem Aufnehmer vorgenommen wird, der in Richtung des Endwertes liegt. Detektiert man in Spur n einen 1Pegel, wird in der Spur n+1 der Aufnehmer in Richtung des Nullwertes zur Pegelbewertung genutzt. Dadurch wird mit dieser, auch V-Abtastung genannten Codeerkennung, erreicht, dass die Abtastung der einzelnen Spuren des Code-Lineals vorrangig in der Mitte eines Kodierfeldes erfolgt, also möglichst weit weg von den Pegelübergängen. Somit kann das Abtasten unzulässiger Codes an den Übergangsstellen vermieden werden, siehe auch Bild 10-10. 23 22 21 20 V-förmig angeordnete Abtastelemente
Bild 10-10 V-Abtastung eines binärcodierten Code-Lineals
c) Mechanisches Einrasten der Abtasteinrichtung zur Vermeidung von Abtastungen auf Pegelübergängen Bei dieser Methode wird durch eine Rasterung des Code-Lineals erreicht, dass bei Erreichen des Messwertes die Abtasteinrichtung stets in der Mitte eines Bitwertes der niederwertigsten Spur positioniert ist, um so eine Fehlabtastung weitgehend zu vermeiden. Allerdings sind dieser Variante vor allem bei sehr hohen Auflösungen Grenzen gesetzt. Die Rasteinrichtung muss mindestens eine doppelt so große Auflösung wie die niederwertigste Spur besitzen, um die Positionierung in der Mitte der Bitstelle zu erlauben. Das führt bei solchen Messlinealen zur Verminderung der Robustheit bei der Anwendung und vor allem an fertigungstechnische Machbarkeitsgrenzen. Code-Lineale werden vorrangig auf der Basis optischer Abtasteinrichtungen hergestellt, das Lineal realisiert die Bitwerte durch lichtdurchlässige/lichtundurchlässige Bereiche bzw. durch lichtreflektierende/lichtzerstreuende Bereiche. Auch bei Code-Linealen wird, wie schon bei
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
135
den inkrementalen Gebern eine Auswertung der Abtastung durch die Integration über die Breite eines Abtastgitters gewonnen, womit gleichfalls Abtastfehler minimiert werden können [13]. Im Maschinenbau werden infolge ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Verschmutzungen auch Code-Lineale mit einer magnetischen Realisierung der Codierung verwendet. Die Abtastung ist dann mit magnetischen oder induktiven Sensoren möglich, wobei letztere nur bei CodeÄnderungen Abtastwerte liefern können. Code-Verfahren können auch zur direkt digitalen Winkelmessung verwendet werden. Die Kodierung ist dazu kreisförmig auf eine Code-Scheibe aufzubringen. Die erreichbaren Winkelauflösungen liegen in ähnlichen Größenordnungen wie bei den inkrementalen Sensoren, bei ca. 1 Bogenminute.
10.2.3 Potentiometrische Sensoren Sensoren auf der Basis von Schiebe- (bzw. Linear-) und Drehpotentiometern, d. h. von Widerständen mit einem veränderbaren Abgriff, dem Schleifer, lassen sich für unterschiedlichste Applikationen der Weg- und Winkelmessung anwenden. Die überstreichbaren Messbereiche bei der Messung mit Linearpotentiometer bewegen sich in der Größenordnung von 1...2 mm bis in den Bereich von 1...2 m. Mit Drehpotentiometer können Winkel von 0° bis ca. 350° erfasst werden. Linearpotentiometer verwendet man z. B. als Messtaster und zur Wegmessung bei Maschinentischen, Drehpotentiometer kommen bei der Winkelmessung z. B. zum Erfassen der Gelenkwinkel bei Industrierobotern oder der Stellung von Klappen und Ventilen zum Einsatz.
Widerstandsbahn (Draht - oder Schichtwiderstand) l lx
A UB
r 'l
A
S
S R
'R
Ua
E
E Achtung
RL
Forderung: RL >> R; sonst gilt nicht die Annahme des unbelasteten Spannungsteilers!
Bild 10-11 Wirkprinzip des potentiometrischen Sensors und elektrisches Schaltbild
In Bild 10-11 ist der Zusammenhang zwischen dem mit dem Schleifer S abgreifbaren Widerstand 'R und der zu messenden Länge lx gut zu erkennen. Sinngemäß sind diese Überlegungen auf ein Drehpotentiometer zur Winkelmessung zu übertragen.
136
10 Sensoren
Für den unbelasteten potentiometrischen Sensor, elektrisch betrachtet dem unbelasteten Spannungsteiler, gilt: Ua UB
'R R
lx , l
nach Umstellen folgt für die Ausgangsspannung Ua: Ua
UB
'R R
UB
lx . l
(10.2)
Mit Sensoren dieser Art sind Genauigkeiten von < 1 % des Messbereichsendwertes erreichbar. Allerdings muss die dem Widerstand proportionale Spannung Ua unbedingt annähernd belastungsfrei vom Potentiometer abgegriffen werden, weil nur für den unbelasteten Spannungsteiler die aufgeführte Gl. 10.2 gilt. Das ist in guter Näherung der Fall, wenn der Lastwiderstand RL mindestens 50 mal größer als der Widerstand R des Potentiometers ist. Wenn man übliche Widerstandswerte für potentiometrische Sensoren von 1 k: ... 5 k: annimmt, ist diese Bedingung mit elektronischen Messschaltungen, d. h. elektronischen Spannungsmessern, problemlos erreichbar. Potentiometrische Sensoren werden vorwiegend als Drahtwiderstände ausgeführt, mit denen sich sehr robuste Sensoren für den professionellen Alltag realisieren lassen. Bei kompaktem Aufbau mit gleichmäßiger Wärmeverteilung innerhalb des Sensors erreichen solche Sensoren infolge der Quotientenbildung 'R/R einen Temperaturbeiwert TK von < 1,5 ppm, obwohl der Widerstandsdraht selbst einen TK von mehr als 200 ppm besitzen kann. Das Kürzel ppm steht für „part per million“ und entspricht dem Faktor 10-6. Als Schichtwiderstände ausgeführte Sensoren findet man in abgesetzten batteriebetriebenen Sensorbaugruppen, bei denen im Interesse einer kleinen Verlustleistung ein hoher Sensorwiderstand gefordert wird. Schichtwiderstände sind zwar mechanisch wesentlich empfindlicher, jedoch ist der sich ergebende Strom durch das Potentiometer in Abhängigkeit von der Betriebsspannung UB entsprechend klein und demzufolge auch die sich ergebende Leistungsaufnahme.
Beispiel 10.1 Messschaltungen mit potentiometrischen Sensoren werden häufig mit einer Spannung von UB = 10 V betrieben. Zu ermitteln ist der Leistungsumsatz in einem Drahtpotentiometer mit R = 1 k: und einem Schichtpotentiometer mit R = 50 k:. Lösung der Aufgabe: Für das Drahtpotentiometer gilt:
P
U2 R
10 V 2 103 V A 1
0,1 W
und für das Schichtpotentiometer gilt:
P
U2 R
10 V 2 5 10 4 V A 1
0,002 W
2 mW .
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
137
10.2.4 Induktive Sensoren Das Prinzip der induktiven Sensoren beruht darauf, dass die Induktivität L einer Spulenanordnung eine Funktion geometrischer Größen ist, wie z. B. der Länge l der magnetischen Feldlinien und des Querschnittes A, der von den Feldlinien durchsetzt wird. Weiterhin bestimmen noch die Anzahl der Windungen der Spule N und die Permeabilität µ des von den Feldlinien durchsetzten Mediums die sich ergebende Induktivität, allgemein gilt: L
f ( N , P r , A, l )
Mit µr wird die relative Permeabilität gekennzeichnet. Sie ist materialabhängig und wird oft auch als Permeabilitätszahl bezeichnet. Die Induktivität einer Ringspule bzw. einer langen Zylinderspule kann konkret berechnet werden nach der Beziehung: L
N2 P A , l
(10.3)
wobei für die Permeabilität µ gilt:
P
Pr P0 .
Die absolute Permeabilität P 0 ist eine Naturkonstante , P 0 = 1,2566 10-12Fm-1. Die Induktivität lässt sich also z. B. durch Änderung der Weglänge für die magnetischen Feldlinien beeinflussen, was für Längenmessungen genutzt wird. Für industriell hergestellte induktive Sensoren gibt der Hersteller diesen Zusammenhang im Datenblatt an. Das Funktionsprinzip eines berührungslosen induktiven Sensors, bei dem die Induktivitätsänderung aus der Annäherung des Sensors an einen ferromagnetischen Gegenstand, z. B. Stahl, resultiert und die zugehörige Übertragungskurve zeigt Bild 10-12: magnetischer Fluss )
Spule
L Lmax
– 's veränderlicher Luftspalt
+ 's ferromagnetische Gegenplatte
s0 s0
s
Bild 10-12 Berührungsloser induktiver Wegsensor und seine Übertragungskurve
Die Übertragungskurve zeigt deutlich den nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Abstand s und der sich ergebenden Induktivität L, nur bei kleinen Abstandsänderungen 's kann der genutzte Abschnitt der Übertragungskurve als linear angesehen werden. Auch nimmt die Induktivität des Sensors mit zunehmendem Abstand stark ab. Deshalb sind solche Sensoren nur für kleine Grundabstände s0 und kleine Wegänderungen 's um diesen Grundabstand ge-
138
10 Sensoren
eignet. Übliche Messwege liegen bei ca. 1 mm. Einige Herstellerfirmen propagieren auch Messwege bis 10 mm. Dann nimmt aber die Empfindlichkeit des Sensors stark ab, s. auch Bild 10-12, und die Störempfindlichkeit gegen externe Magnetfelder von im Einflussbereich liegenden stromdurchflossenen Leitern nimmt stark zu. Berührungslose induktive Sensoren werden zur dynamischen Wegmessung von bewegten Messobjekten eingesetzt, z. B. zur Ermittlung der Verlagerung von Drehmaschinenspindeln bei Belastung oder zum Erfassen und Analysieren von Schweißfugen und Blechkanten beim Roboterschweißen. Zur Messung größerer Wege sind die Sensoren als Differentialsysteme auszubilden. Die folgende Abbildung skizziert solche Sensoren, die dann zwei Spulen besitzen. Bis auf wenige Anwendungen sind praktisch aufgebaute Differentialsensoren mit einer Tastspitze zur Wegaufnahme versehen. Je nach Anordnung der Spulen bzw. des Ankers wird entsprechend Bild 10-13 zwischen Quer- und Längstankergeber unterschieden.
+ 's –
L + 'L
L – 'L
+ 's –
L + 'L
UAB
L – 'L
UAB
s
s
Querankergeber
Längstankergeber
gestrichelte Linien: Übertragungskurve der Einzelspulen!
Bild 10-13 Ausführungsformen von induktiven Sensoren als Differentialsystem
Die beiden Spulen des Sensors sind so in den Brückenzweigen einer Wechselstrombrücke angeordnet, dass sich Veränderungen gleichen Betrags und gleicher Phase der beiden Spulen aufheben und Änderungen mit entgegengesetzter Phase, hier also +'L und –'L, addiert ausgewertet werden können, was der Grundidee des Differentialprinzips entspricht. Die gestrichelt eingezeichneten Übertragungskurven der Einzelspulen in Bild 10-13 und deren Überlagerung zur sich ergebenden Ausgangsspannung UAB einer Wechselstrombrücke, wie sie beispielhaft in Bild 10-14 skizziert ist, zeigen diesen Zusammenhang.
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
139
R
L – 'L
UAB
C1 C2
R
L + 'L
U0
Bild 10-14 Brückenschaltung zur Auswertung der Messung mit induktiven Differentialsensoren; C1, C2 – Differentialkondensator zum Phasenabgleich
Mit induktiven Differentialsensoren ist eine doppelte Empfindlichkeit gegenüber Einzelsystemen erreichbar. Ihr entscheidender Pluspunkt ist jedoch die große Linearität über den Messbereich, weil sich infolge der Differenzbildung nichtlineare Funktionsteile der Übertragungskurven der beiden Spulen des Differentialsystems weitgehend aufheben. Querankergeber werden für Messbereiche 's von r10 µm bis r1 mm, vereinzelt auch bis r10 mm, konstruiert. Für Längstankergeber sind Messbereiche von r1 mm bis r500 mm üblich. Der Linearitätsfehler liegt für beide Varianten bei max. 3 %, typischerweise unter 1 %. Differentialsensoren verwendet man beispielsweise als Taster zur Dickenmessung von Werkstücken, als Weggeber bei kleinen Maschinentischen, in Greifern von Robotern zur Erfassung der Bewegung des Greifers und zum Erfassen von mechanischen Schwingungen z. B. auf Prüfständen, dann aber häufig als berührungslose induktive Differentialsensoren.
10.2.5 Transformatorische induktive Sensoren zur Winkelmessung Zur Messung von Rotationsbewegungen, bei denen mehr als eine Vollumdrehung auftreten können, kommen häufig Winkelsensoren zur Anwendung, die auf der Basis des Induktionsgesetzes arbeiten, siehe Bild 10-15. In der drehbaren Spule wird eine Spannung U2 induziert: U2
N
dĭ dt
N
dB dB AD N Amax cos D dt dt
(10.4)
Diese Spannung ist proportional der vom Drehwinkel D abhängigen Fläche A der Spule, die von der magnetischen Induktion B durchsetzt wird. Wenn die Spule senkrecht zu den magnetischen Feldlinien steht (D = 0), ist die durchsetzte Fläche A ein Maximum, folglich erreicht auch U2 den Maximalwert. Steht die Spule längst zu den Feldlinien kann, zumindest theoretisch, keine Spannung induziert werden. Somit ist die Amplitude von U2 ein Maß für den Winkel D. Allerdings ist die Messung nur im 1. Quadranten einer 360°-Drehung eindeutig. Die Amplitude von U2 wiederholt sich alle 90°! Mit einer phasenempfindlichen Messschaltung kann auch die Phasenlage von U2 bewertet werden. Das würde eine eindeutige Messung von Winkeln zwischen 0° und 180° ermöglichen. Es ergibt sich mit U1 u1 (t ) uˆ1 sin Z t die Sekundärspannung U2
k U1 cosD .
(10.5)
140
10 Sensoren
drehbare Spule
U2 magnetische Induktion B
D
feste Spule
U1
ferromagnetischer Kern
Bild 10-15 Winkelsensor mit einer Sekundärspule
Letztlich ist somit der Betrag von U2 eine Funktion des Drehwinkels D, s. Bild 10-16. In Gl. 10.5 stellt k eine Übertragungskonstante zwischen beiden Wicklungen dar, in der unter anderem das Windungsverhältnis beider Wicklungen eingeht. Konstruktiv muss ein Winkelsensor so aufgebaut werden, dass die Kopplung zwischen den Wicklungen nur vom Drehwinkel D abhängt. Für das Wirkprinzip ist es ohne Belang, ob die Primärwicklung die stehende Wicklung, d. h. die Statorwicklung ist und die Sekundärwicklung die drehbare Wicklung, d. h. die Rotorwicklung ist oder umgekehrt.
U2 U1
U2
D 0
180°
360°
D
Bild 10-16 Ausgangsspannung als Funktion des Drehwinkels D eines Drehmelders
Wie aus dem Bild 10-16 ersichtlich, sind bei einem Winkelsensor mit einer Empfangswicklung in den folgenden Messbereichen die Spannungswerte U2 nach Betrag und Phase identisch: U 2 D
0q...90q U 2 D
360q...270q
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen U 2 D
90q...180q U 2 D
141
270q...180q .
Für die eindeutige Messung von Winkeln zwischen 0° und 360° muss die Messschaltung erweitert werden, s. Bild 10-17. Zur beweglichen Spule ist noch eine zweite im Winkel von 90° anzuordnen, wodurch man dann zwei Sekundärspannungen U21 und U22 erhält. Werden von der einen Spannung Betrag und Phase bestimmt und von der zweiten Spannung die Phasenlage ermittelt (0° oder 180°, d. h. plus oder minus), ist eine eindeutige Zuordnung jeder Messinformation zu einem Winkel zwischen 0° und 360° möglich. Für die beiden Sekundärspannungen gilt: U 21
k U1 cosD
U 22
k U1 cos(90q D )
k U1 sin D .
(10.6)
U21
U22 U22
U1
U21 U22 U21
D 0
D 180°
360°
Bild 10-17 Induktiver Winkelsensor mit zwei Empfangswicklungen
Praktisch verwendete induktive Winkelsensoren werden häufig mit sogar 3 Sekundärwicklungen entsprechend Bild 10-18 aufgebaut. Aus konstruktiven Gründen ist dann grundsätzlich die Primärspule als Rotorspule ausgeführt und die drei Sekundärspulen bilden den Stator. Man erhält als Ausgangsinformation drei um jeweils 120° verschobene Spannungen, deren Summe bei jedem Winkel konstant ist. Das erlaubt diesen Sensor auch umzukehren in seinem Wirkungsprinzip und ihn als Aktor, als Winkelgeber, zu benutzen [13]. Weil mit den 3-Phasen-Synchronmotoren konstruktiv vergleichbar, werden solche Winkelsensoren bzw. Winkelaktoren auch als Synchro bezeichnet. Auch die Bezeichnung Drehspulmelder oder kurz Drehmelder ist verbreitet. Die erreichbare Winkelauflösung beträgt ca. 0,1°, d. h. ungefähr 6 Bogenminuten, was einer relativen Abweichung von rund 2,810-4 entspricht. Induktive Winkelsensoren findet man im Flugzeugbau (zur Überwachung der Stellung z. B. Landeklappen), in Radaranlagen und als Winkelmesssysteme in NC-Maschinen und Industrierobotern.
142
10 Sensoren U23
U21
U22
U21 U22
U22
U23 U21
U1
U23
D D
Bild 10-18 Winkelsensor mit drei Sekundärspulen
10.2.6 Kapazitive Sensoren Potentiometrische Sensoren benötigen immer eine mechanische Kraft zur Erzielung der Widerstandsänderung zur Messwertgewinnung. D.h. es treten Rückwirkungen auf die Messgröße auf. Mit kapazitiven Sensoren kann dagegen eine berührungslose und weitgehend rückwirkungsfreie Messung durchgeführt werden, da auftretende elektrostatische Kräfte sehr gering sind. Träger der Information sind die elektrischen Ladungen auf dem Kondensator. In der Messpraxis werden i. Allg. nur einfache Formen von Ladungsspeichern verwendet: x
Plattenkondensator,
x
Zylinderkondensator,
x
Stabkondensator.
Bei diesen Sensoren wird die Tatsache ausgenutzt, dass die Kapazität C eines Kondensators nur eine Funktion seiner geometrischen Abmessungen, Fläche A und Abstand l und der Dielektrizitätskonstanten H ist und somit durch die Bestimmung der Kapazität Rückschlüsse auf Veränderung dieser Geometrie oder des Dielektrikums möglich sind: C
f (H , A, l ) mit H
H0 Hr .
As die absolute Dielektrizitätskonstante Vm und H r die relative Dielektrizitätskonstante; sie ist materialabhängig und wird häufig auch als Dielektrizitätszahl bezeichnet.
Hierbei sind H 0
8,854 10 12 Fm 1
8,854 10 12
Die Veränderung der Kapazität kann über die Bildung des totalen Differentials für die Kapazität und den Übergang zu endlichen Differenzen allgemeingültig beschrieben werden:
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen 'C
143
GC GC GC 'l 'A 'H r . GHr Gl GA
(10.7)
Dabei steht 'l für die Abstandsänderung, 'A für die Größenänderung der wirksamen Kondensatorfläche und 'Hr für die Änderung der Eigenschaften des wirksamen Dielektrikums. Man beachte dabei, dass das totale Differential in der angegebenen Form nur für kleine '-Werte gilt, s. auch die Bemerkungen zur Behandlung von Abweichungen. Die in der Messpraxis üblichen Sensorformen sind in Tabelle 10.4 aufgeführt. Es sind auch die Parameter der jeweiligen Sensorform angegeben, durch welche die Kapazität beeinflusst werden kann. Tabelle 10.4 Ausführungsformen für kapazitive Sensoren mit ihren Beeinflussungsmöglichkeiten
Plattenkondensator A
Zylinderkondensator
Stabkondensator r0
H h
l
l
Berechnungsformel
Zur Kapazi- x tätsänderung ausgenutzte x Eigenschafx ten
C
d
l
s
s
D
H 0H r A
C
s
mit A hl
Abstand s
SH 0H r l º ª 2 § s · s « ¸ 1» ¨¨ ln » « 2r 2r0 ¸¹ 0 © »¼ «¬ SH H l C | 0 r für s !! r0 s ln r0 C
x
wirksame Kondensator- x länge l
x
Dielektrikum Hr
Dielektrikum Hr wirksame Fläche A
2SH 0 H r l D ln d
Dielektrikum Hr
Einige Besonderheiten von kapazitiven Sensoren seien noch genannt. x Kapazitive Sensoren sind häufig konstruktiver Bestandteil einer Fertigungseinrichtung bzw. Gefäßanordnung, so dass auf dem Markt nur relativ wenige kapazitive Sensoren als Finalerzeugnis angeboten werden. Oftmals wird die elektrische Kapazität vorhandener Konstruktionsteile zum Aufbau des Sensors mit ausgenutzt. Typisches Beispiel hierfür
144
10 Sensoren sind Füllstandssensoren, bei denen der metallische Behälter für eine nichtleitende Flüssigkeit, die eine Elektrode und ein metallischer Mittelstab die zweite Elektrode eines Zylinderkondensators bilden und die Gesamtanordnung eine vom Füllstand abhängige Kapazität besitzt (s. Bild 10-19).
x Die sich ergebende Kapazität C des Sensors liegt in der Größenordnung von einigen 10 pF bis wenigen 100 pF. Um mit diesen geringen Kapazitätswerten gut auswertbare Messsignale (i. Allg. Strom oder Spannung) zu erhalten, muss die Messschaltung mit einer hohen Messfrequenz, bis 1 MHz oder auch noch darüber, betrieben werden. Erst bei diesen hohen Frequenzen ergeben auch kleine Kapazitäten für die Auswertung ausreichend kleine Blindwiderstände XC. x Nur wenn die Verluste des Kondensators möglichst klein sind, ergibt sich ein scharfes Minimum beim Brückenabgleich, bzw. die Strom-Spannungsmessung liefert einen Betrag des Scheinwiderstands Z, der in guter Näherung XC entspricht und damit repräsentativ für die Kapazität des Kondensators ist. Es muss deshalb ein Dielektrikum mit großem elektrischen Widerstand und geringen Polarisationsverlusten zwischen den Elektroden des Kondensators gefordert werden. Vor allem flüssige Medien erfüllen diese Forderung nicht immer ausreichend. In diesem Fall sollte von einer kapazitiven Füllstandsmessung abgesehen werden. x Da kapazitive Sensoren eine hohe Impedanz in einer Messschaltung realisieren, ist die Gefahr der Einkopplung von Störgrößen bei diesen Sensoren sehr groß. Zur Minimierung von Verfälschungen des Messergebnisses sind deshalb unbedingt geeignete Abschirmmaßnahmen vorzusehen. Neben der Veränderung der Kapazität durch Abstandsänderung der sich gegenüberstehenden Kondensatorelektroden, sind Veränderung des wirksamen Dielektrikums, s. Bild 10-19, und die Veränderung der wirksamen Kondensatorfläche häufig genutzte Beeinflussungsvarianten. Beiden Varianten ist gemeinsam, dass die üblichen Sensorformen entsprechend Tabelle 10.4 zu mathematisch identischen Bestimmungsgleichungen für den Zusammenhang zwischen der nichtelektrischen Größe und der resultierenden Kapazitätsänderung führen. Lediglich unterschiedliche Konstanten, in denen die konstruktiven Besonderheiten der jeweiligen Sensorform berücksichtigt werden, sind zu beachten. Mittelelektrode Luft mit İr = 1 l ǻl
nichtleitende Flüssigkeit , z. B. Öl mit İr > 1 metallischer Behälter
Bild 10-19 Beispiel für eine kapazitive Füllstandsmessung
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
145
a) Ausnutzung der Dielektrikumsänderung (z. B. bei Füllstandsmessungen für nichtleitende Flüssigkeiten, siehe Bild 10-19) In Bild 10-19 ist als Kondensatoranordnung ein Zylinderkondensator verwendet worden. Die Messung führt aber auch zu verwertbaren Messergebnissen, wenn man einen Plattenkondensator oder einen Stabkondensator in die Flüssigkeit eintaucht. Es gilt jeweils die Bestimmungsgleichung entsprechend Tabelle 10.5: Tabelle 10.5 Ausklammern einer sensorformabhängigen Konstanten k
Vereinheitlichte Berechnungsformel Plattenkondensator
C
Zylinderkondensator
C
Stabkondensator
C
H 0H r A
H 0H r l h
s
s
2SH 0H r l D ln d
SH 0H r l s ln r0
Konstante der Sensorform
k Pt H r l
k Zyl H r l
k St H r l
k pt
k Zyl
k St
h H0 s
2S H 0 D ln d
S H0 ln
s r0
Somit ergibt sich für alle drei Kondensatorformen die Gesamtkapazität zu: C
C0 'C
k l 'l k H r 'l
(10.8)
wobei der erste Summand die Kapazität des Sensorteils, das aus der Flüssigkeit herausragt, beschreibt. Hier wirkt Luft als Dielektrikum mit H r = 1. Der zweite Summand kennzeichnet dagegen die Kapazität, die sich mit der Flüssigkeit als Dielektrikum ergibt, H r > 1. In der Gleichung kann man die rechte Seite nach C0 und ǻC sortieren: C
C 0 'C
k l k k H r 'l
(10.9)
mit C0
k l
'C
k k H r 'l
und k 'l H r 1 ,
wobei C0 die Kapazität für den leeren Behälter, d. h. nur mit Luft gefüllt, angibt. Interessant ist in der Messtechnik die relative Messwertänderung: 'C C0
k 'l H r 1 k l
H r 1 'l l
(10.10)
In Gl. (10.10) ist die Konstante k nicht mehr enthalten, die resultierende relative Kapazi-
146
10 Sensoren
tätsänderung ist somit nicht von der verwendeten Sensorform abhängig, und es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der relativen Füllstandsänderung 'l l und der relativen Kapazitätsänderung 'C C . b) Änderung der wirksamen Kondensatorfläche Ähnlich wie im Fall a), sollen auch jetzt die Betrachtungen für die drei Sensorformen angestellt werden. Bei dieser Beeinflussung der Kapazität wird das Dielektrikum nicht verändert, z. B. ist ausschließlich Luft zwischen den Kondensatorelektroden. Aber durch Verschieben der Elektroden gegeneinander wird die sich wirksam gegenüber stehende Fläche verändert. Beim Zylinderkondensator kann das durch Herausziehen der Mittelelektrode geschehen, beim Plattenkondensator durch das Verschieben der Platten gegeneinander, in Bild 10-20 wird der Sachverhalt am Beispiel des Zylinderkondensators dargestellt. Zur Analyse des Zusammenhanges zwischen relativer Kapazitätsänderung und erfahrener Wegänderung ist der Ansatz aus Tabelle 10.5 heranzuziehen. Wenn man nun die maximal einstellbare Kapazität als C0 definiert und die der wirksamen Länge 'l entsprechende Kapazität als 'C, gilt demzufolge: C0
k Hr l
(10.11)
'C
k H r 'l .
(10.12)
und Bildet man von diesen beiden Gleichungen den Quotienten folgt: 'C C0
'l . l
(10.13)
'l
l Bild 10-20 Zylinderkondensator mit veränderlicher wirksamer Länge
Auch bei dieser Beeinflussung eines kapazitiven Sensors geht die sensorspezifische Konstante k entsprechend Tabelle 10.5 nicht in die Bestimmungsgleichung für die relative Kapazitätsänderung ein, damit ist die Gl. (10.13) für alle drei behandelten Formen der kapazitiven Sensoren gültig. Dieses Beispiel demonstriert auch die sich stark vereinfachende mathematische Behandlung der Übertragungsfunktion eines Sensors, wenn die Ausgangsgrößen für die Betrachtung geschickt festgelegt werden. Kapazitive Sensoren werden außer zur Füllstandsmessung für elektrisch nichtleitende und auch leitende Flüssigkeiten; dann mit isolierten Elektroden, zu berührungslosen Messungen kleiner Abstände und zur Dickenmessung von Garnen und Folien eingesetzt. Da sie mechanisch sehr robust sind, eignen sie sich auch sehr gut zur Messsignalerfassung im rauen Werk-
10.2 Sensoren zur Messung geometrischer Größen
147
stattbetrieb, z. B. in Gießereien. Mit einem Drehkondensator, einer Ausführungsform des Plattenkondensators, sind der kapazitiven Messung auch Winkel als Messgröße zugänglich. Als Messschaltungen kommen alle im Zusammenhang mit der Messung elektrischer Größen aufgezeigten Möglichkeiten zur Kapazitätsbestimmung in Betracht. Vorrangig werden Varianten der Wechselstrombrücke und der Strom-Spannungs-Messmethode angewendet. Die erreichbare Genauigkeit kapazitiver Sensoren ist unter anderem abhängig von deren konkreter konstruktiven Realisierung, ihr relativer Linearitätsfehler liegt zwischen 1 %...3 %. Vor allem die Konstanz der Messfrequenz und die erfolgreiche Unterdrückung von Störeinkopplungen beeinflussen die Genauigkeit kapazitiver Sensorsysteme entscheidend.
Beispiel 10.2 Ein Plattenkondensator wird zur Messung kleiner Abstandsänderungen verwendet. Es ist die Beziehung zwischen relativer Abstandsänderung 's s und relativer Kapazitätsänderung
'C C 0 zu bestimmen. Wie hängen der Abstand der Platten des Kondensators s und die Empfindlichkeit E voneinander ab? Lösung der Aufgabe:
Gemäß Tabelle 10.4 gilt:
H 0H r A
für ǻs = 0: C0
s
für ǻs z 0: C0 'C
H 0H r A
s 's Erweitern von (II) mit s s liefert:
H 0H r A s
C0 'C
s 's s
(I) (II)
H 0H r
A s s s 's
C0
s s 's
umgestellt nach der Kapazitätsänderung ergibt sich:
'C
C0
s C0 s 's
C0 s >C0 s 's @ s 's
C0 s s 's s 's
C0
's . s 's
Für s !! 's , kleine Abstandsänderungen werden gemessen, vereinfacht sich die Gleichung zu:
'C
C0
's , s
woraus sich der gesuchte Zusammenhang ergibt:
'C C0
's . s
(III)
Für die Empfindlichkeit E gilt:
E
dX a , nach Übergang zu endlichen Differenzen ergibt sich E dX e
'X a . 'X e
Nach Umstellung von (III), mit ǻs als die Eingangsgrößenänderung und ǻC als die resultierende Ausgangsgrößenänderung und mit Einsetzen der konkreten Zusammenhänge für Eingang- und Ausgangsgrößen folgt:
148
10 Sensoren E
'C 's
C0 s
H 0H r A ss
k
1
s2
mit k
H 0H r A const .
Die Empfindlichkeit nimmt mit den Quadrat des Abstandes der Kondensatorplatten ab!
10.3 Sensoren zur Kraftmessung Zur elektrischen Messung von Kräften gibt es mehrere Möglichkeiten, von denen zwei beschrieben werden sollen. Einerseits können Kräfte über die Verformung mechanisch bekannter Objekte gemessen werden, andererseits bietet sich die Ladungsverschiebung infolge der Kraftwirkung auf ein Piezokristall zur Bestimmung von Kräften mit elektrischen Messmethoden an.
10.3.1 Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen Unter Dehnungen versteht man in der Messtechnik kleine Längenänderungen, die infolge von Erwärmung bzw. Krafteinwirkung an festen Körpern auftreten. Gelingt es die Temperatur des Körpers konstant zu halten, wird die Dehnung nur durch eine Kraftwirkung verursacht, auf die dann aus der ermittelten Dehnung geschlossen werden kann. Bei Verwendung elektrisch leitfähiger Körper, vorzugsweise aus Metall oder Halbleitermaterial bestehend, kann ein Sensor zur elektrischen Messung der Dehnung bzw. der sie verursachenden Kraft konstruiert werden. Als Sensoren werden so genannte Dehnungsmessstreifen, DMS, verwendet. Diese bestehen aus einen Widerstandsmaterial (Halbleiter oder metallische Folie oder Draht, zumeist aus Konstantan oder einer Chrom-Nickel-Legierung), das auf einen Träger aufgebracht ist, s. Bild 1021. Der DMS muss innig mit dem kraftbelasteten Körper verbunden werden, meist durch eine Verklebung mit Epoxidharz, so dass er jeder Längenänderung des Körpers auch erfährt.
DMS
Epoxidharz
F
Träger Messrichtung
F
Messwiderstand Messobjekt (z.B. kraftbeaufschlagter Träger)
Bild 10-21 Dehnungsmessstreifen (DMS) und ein Anwendungsbeispiel
Der Zusammenhang zwischen Längenänderung und daraus resultierender Widerstandsänderung zeigt sich an einem metallischen Leiter in Drahtform wie folgt: Für einen kreisförmigen Querschnitt des Drahtes bestimmt sich der Widerstand R in Abhängigkeit von Material und Geometrie des Drahtes zu:
10.3 Sensoren zur Kraftmessung R
mit:
9
l A
9
l4 S d2
149 (10.14)
9 = spezifischer Widerstand des Drahtes, l
= Länge des Drahtes
A = Querschnittsfläche des Drahtes und d = Durchmesser des Drahtes bei kreisförmigen Querschnitt Die Widerstandsänderung 'R infolge der Dehnung kann über das totale Differential der Gl. 10.14 abgeschätzt werden. Da nur kleine Änderungen vorliegen, ist der Übergang zu endlichen Differenzen zulässig: 'R
wR wR wR '9 'l 'd , w9 wl wd
nach einigen Umstellungen und der Einführung des k-Faktors entsprechend den noch zu erläuternden Beschreibungen, kommt man zu der Gleichung für die relative Widerstandsänderung infolge Dehnung: 'R R
H k ,
(10.15)
als Produkt aus der relativen Längenänderung (Dehnung) H 'l l und dem k-Faktor, der letztlich die Empfindlichkeit des DMS charakterisiert. Er wird durch die Eigenschaften des verwendeten Materials des DMS bestimmt und setzt sich wie folgt zusammen: k
1 2P K ,
(10.16)
dabei stellt P die POISSON-Zahl (Querkontraktionszahl) dar, die sich als Quotient von relativer Durchmesserveränderung und verursachender Längenänderung, also Dehnung, ergibt:
P
'd d 'l l
'd d
H
(10.17)
und K beschreibt die relative Änderung des spezifischen Widerstands infolge der erfahrenen Dehnung:
K
'9
'9
9
9 . H
'l l
(10.18)
Ausgewählte typische Werte für DMS gehen aus Tab. 10.6 hervor. Charakteristisch ist der große k-Faktor bei Halbleiter-DMS. Diese besitzen jedoch auch einen sehr großen Temperaturkoeffizienten, so dass sie nur in Verbindung mit Maßnahmen zur Temperaturkompensation eingesetzt werden können. Einen typischen k-Faktor von lediglich 2 besitzen Metall-DMS, deren Parameter sind aber wesentlich temperaturstabiler.
150
10 Sensoren
Tabelle 10.6 Ausgewählte typische Parameter von DMS
Kenngröße
Metall-DMS
Halbleiter-DMS
Nennwiderstand R
120:...600:
120:...600:
2
»100...160«
Arbeitsbereich der Dehnung H
< 1010-3 m/m
< 110-3 m/m
max. zulässige Dehnung Hmax
< 50,010-3 m/m
< 5,010-3 m/m
10-6 K-1
< 10-4 K-1
k-Faktor
Temperaturkoeffizient
Die relative Widerstandsänderung kann mittels Brückenschaltung oder Strom-, Spannungsmessung unter Anwendung der 2- bzw. 4-Draht-Messung ausgewertet werden. Bei geeignetem Aufbau lässt sich insbesondere mit Brückenschaltungen eine weitgehend temperaturkompensierte Messschaltung aufbauen. Da DMS rein ohmsche Widerstände realisieren, ist die Gleichstrombrücke hinreichend. In Verbindung mit höchsten Genauigkeitsforderungen kommen auch Trägerfrequenzmessgeräte zum Einsatz, deren Kern die Wechselstrommessbrücke ist. Folgende Brückenvarianten werden in Verbindung mit DMS benutzt: DMS-Viertelbrücke: Sie wird in Applikationen entsprechend Bild 10-22 angewendet. Es wird nur ein DMS zur Messwertgewinnung eingesetzt. DMS R
R
F A DMS R+ǻR
UAB
UA
B
U0
R U B
Bild 10-22 DMS-Viertelbrücke, Messaufbau und Messschaltung
Die Brücke wird im Ausschlagverfahren betrieben, die sich ergebende Ausgangsspannung UAB als Funktion der zu messenden Dehnung İ lässt sich aus folgenden Überlegungen ableiten. Die Ausgangsspannung entspricht der Spannungsdifferenz zwischen den Punkten A und B:
10.3 Sensoren zur Kraftmessung
151
U A UB .
U AB
(10.19)
Für UA
U0
R 'R R R 'R
UB
U0
R RR
und U0 2
ergibt sich: U AB
§ R 'R 1 · ¸ U0¨ © 2 R 'R 2 ¹
U AB
U0
U0
2 R 2'R 2 R 'R , 4 R 2'R
'R . 4 R 2'R
In der Praxis vorkommende Dehnungen können nur kleine Widerstandsänderungen hervorrufen, es gilt somit: R !! 'R woraus folgt: U AB |
U 0 'R 4 R
U0 H k 4
(10.20)
Größtes messtechnisches Problem der Viertelbrücke ist das unmittelbare Eingehen temperaturabhängiger Widerstandsänderungen in das Messergebnis. Um speziell bei der Messung kleiner Dehnungen aussagekräftige Messwerte zu erzielen, ist unbedingt eine Temperaturkompensation erforderlich. Bewährt haben sich Schaltungen mit so genannten passiven DMS. Mit passiv bezeichnet man einen DMS, der möglichst gleichen Temperaturbedingungen wie der als Dehnungssensor fungierende DMS ausgesetzt ist, aber keine Dehnung erfährt. Somit ist seine Widerstandsänderung ǻR lediglich eine Funktion der Temperaturänderung '-. Wird dieser passive DMS als zweiter veränderlicher Widerstand in die Viertelbrücke in der in Bild 10-23 gezeigten Weise eingebaut, kann der Potentialpunkt A durch eine Temperaturänderung nicht mehr verschoben werden. Der Temperatureinfluss auf die Ausgangsspannung wird vernachlässigbar.
passiver DMS R+ ǻR mit ǻR = f -
R A
aktiver DMS R+ ǻR mit ǻR = f H ,-
UAB
B
U0
R
Bild 10-23 Viertelbrücke mit passivem DMS zur Temperaturkompensation
152
10 Sensoren
Zwei Möglichkeiten zur Entkopplung des passiven DMS von der Dehnung bieten sich bei Messrealisierungen an. Erstens kann man den passiven DMS im Winkel von 90°, d. h. quer zur Wirkungsrichtung der Dehnung und damit zur Kraftwirkung anordnen. Da die Querempfindlichkeit der meisten DMS unter 1% der Maximalempfindlichkeit liegt, ist eine für die meisten Fälle ausreichende Entkopplung gegeben. Vollständige Passivität des DMS gegenüber der Dehnung des zu überwachenden Messobjekts bietet eine konstruktive Anordnung nach Bild 10-24. Lediglich auf eine weitestgehend gleichmäßige Temperaturverteilung in der gesamten Anordnung ist zu achten, was durch gute thermische Kontaktierung erreicht werden kann. aktiver DMS F
thermischer Kontakt
passiver DMS
Bild 10-24 Konstruktiver Aufbau einer temperaturkompensierten DMS-Viertelbrücke
DMS-Halbbrücke: Wenn es gelingt einen Messaufbau so zu konstruieren, dass zwei DMS betragsmäßig gleiche, vom Vorzeichen her aber entgegengesetzte Dehnungen erfahren, lässt sich das Differentialprinzip auf die Messung mit DMS übertragen. Hier hat sich der Begriff der Halbbrücke eingebürgert. Die erforderlichen Bedingungen zum Aufbau findet man bei der Messung an Trägern, die auf Biegung beansprucht werden, Bild 10-25. Ist dieser Träger homogen und symmetrisch im Querschnitt, wird er bei der skizzierten Kraftwirkung auf der einen Seite eine Dehnung und auf der anderen Seite eine entsprechende Stauchung erfahren. DMS 2 DMS 1 R–ǻR
R UAB
U0
F DMS 1
DMS 2 R+ǻR
R
Bild 10-25 DMS-Halbbrücke, Messaufbau und Messschaltung
Die sich ergebende Ausgangsspannung UAB für die Halbbrücke kann entsprechend der Vorgehensweise bei der Viertelbrücke bestimmt werden und ergibt sich zu:
10.3 Sensoren zur Kraftmessung U AB
U 0 'R 2 R
153
U0 H k . 2
(10.21)
Mithin besitzt eine Halbbrücke die doppelte Empfindlichkeit gegenüber der Viertelbrücke und sie ist vom Prinzip her schon temperaturkompensiert. DMS-Vollbrücke: Neben der Messung von Dehnungen werden DMS vorwiegend als Sensorelement in Kraftmessaufnehmer zur indirekten Kraftmessung eingesetzt. Kernstück der Kraftmessaufnehmer ist ein Hohlzylinder, bei dem ein fester und bekannter Zusammenhang zwischen einwirkender Kraft F und der damit bewirkten Dehnung besteht. Somit kann über die Dehnung bzw. Stauchung des Zylinders auf die einwirkende Kraft geschlossen werden. Als Messschaltung wird vorrangig die Vollbrückenschaltung eingesetzt, vergleiche Bild 10-26. Das garantiert eine hohe Empfindlichkeit und sehr gute Temperaturkompensation. Die Ausgangsspannung der Vollbrückenschaltung bestimmt sich zu: U AB
U0
'R R
U0 H k .
(10.22)
F DMS 1 R– ǻR
DMS 2 R+ǻR
DMS 1...4
UAB
DMS 3 R+ ǻR U0 DMS 4 R– ǻR Bild 10-26 Kraftmessaufnehmer; Prinzipskizze, Vollbrücke als Messschaltung
Kraftmessaufnehmer werden für Kraftbereiche von 10 N bis über 500 MN konstruiert. Der mechanische Aufbau muss den Anforderungen des jeweiligen Kraftmessbereiches entsprechen. Man verwendet Kraftmessaufnehmer z. B. zur Kraftmessung an Pressen und Walzen und als Gewichtskraftsensor in elektronischen Waagen für die unterschiedlichsten Bereiche, von der Haushaltswaage bis zur Kraftfahrzeugwaage.
Beispiel 10.3 Ein DMS mit einem k-Faktor von 2 wird an einem Träger befestigt, um dessen Dehnung infolge einwirkender Kraft zu überwachen. Zur Auswertung wird eine DMS-Viertelbrücke entsprechend Bild 10-22 mit einer Brückenspannung U0 = 10 V verwendet. Die maximal auftretende Dehnung beträgt H = 0,2 %. a) Wie groß ist die maximale, relative Widerstandsänderung 'R / R max ? b) Mit welcher maximaler Brückenausgangsspannung U ABmax kann gerechnet werden?
154
10 Sensoren
Lösung der Aufgabe:
a) Nach Gl. (10.15) ergibt sich:
§ 'R · ¨ ¸ © R ¹ max
H k
2 0,002
0,004
0,4 %
b) Entsprechend der Lösung zu a) kann von 'R R ausgegangen werden, demzufolge gilt:
U AB max
U0 4
§ 'R · ¨ ¸ © R ¹ max
10 V 0,004 4
0,001 V 1 mV
10.3.2 Piezoelektrische Kraftsensoren (Piezosensoren) Diese Sensoren nutzen den piezoelektrischen Effekt. Darunter wird das Auftreten einer nachweisbaren Ladungsverschiebung in kristallinen Materialien infolge des Einwirkens einer Kraft verstanden, s. auch Bild 10-27. Stark vereinfacht kann man sich den Effekt mit dem Auftreten von Gitterverschiebungen im Kristall infolge der Kraftwirkung erklären, die eine Störung der sonst statistischen Gleichverteilung der Ladungen im Kristall bewirken. ohne Kraftwirkung
mit Kraftwirkung F
+ - + -
++++ ++++
Q+
++++ ++++
- - - - - - -
Q-
- - - - - - - - - - - - -
F
- + - + + - + - + - +
metallisches Gehäuse (Schirmung!) b)
a)
++++ ++++
2 Q+
2 Q-
Bild 10-27 Piezoelektrischer Effekt (a) und Prinzipskizze eines piezoelektrischen Sensors (b)
Gekennzeichnet wird die besagte Ladungsverschiebung durch die Verschiebeflussdichte D, die sich als Quotient von Ladung Q und Fläche A ergibt: D
Q . A
Q wird bestimmt mit Hilfe der Gleichung Q
kp F
(10.23)
wobei k p die piezoelektrische Konstante, auch Piezomodul genannt, ist. Für messtechnische Zwecke wird der Piezoeffekt bei Quarz, chemisch SiO2, mit einem Piezomodul
10.3 Sensoren zur Kraftmessung
155
k p | 2,3 10 12 As N und bei Bariumtitanat, einer Keramik, chemisch BaTiO3, mit einem
Piezomodul k p | 2,5 10 10 As N ausgenutzt. Ladungen sind nicht direkt messbar. Sie müssen über eine Kapazität in eine proportionale Spannung Uq überführt werden: Q
C U q
Uq
kp F
Q C
C
.
(10.24)
Geeignet für diese Aufgabe sind Spannungsverstärker mit sehr hochohmigem Eingang, als Elektrometerverstärker bezeichnet, und Ladungsverstärker. Bei Verwendung eines Elektrometerverstärkers ist unbedingt zu beachten, dass als Kapazität C in Gl. (10.24) alle Kapazitätsanteile in der Messschaltung mit dem Piezosensor einzubeziehen sind. Dazu gehören die Kapazität C0 des Piezokristalls selbst, die Kapazität CL der Zuleitung und die Eingangskapazität Ce des verwendeten Verstärkers zur Signalgewinnung. Es ergibt sich eine Ersatzschaltung entsprechend Bild 10-28.
Rp
C0
Re
CL
Anschlussleitung
Sensor
Ce
Uq
Eingang des Verstärkers
Bild 10-28 Ersatzschaltbild einer Messschaltung mit piezoelektrischem Sensor
Aus dem Ersatzschaltbild der Messschaltung ist unmittelbar die gültige Gleichung für die Überführung einer Ladung in eine Spannung abzuleiten: Q C ges
Uq
kp F C0 C L Ce
(10.25)
Mit Hilfe von Gl. (10.25) lassen sich für die Messung mit Elektrometerverstärker weitere wichtige Schlussfolgerungen ziehen: x
sowie der Aufbau der Messanordnung verändert wird, ändern sich Schaltkapazitäten, eine neue Kalibrierung zur Ermittlung des vorliegenden Zusammenhanges U q f ( F ) ist erforderlich,
x
unvermeidliche, externe Schaltkapazitäten vermindern die Empfindlichkeit der Messanordnung,
x
da sich die Zeitkonstante der Messanordnung entsprechend Bild 10-28 zu
W
R ges C ges
§ Re R p ¨ ¨ Re R p ©
· ¸ C0 C L Ce ¸ ¹
156
10 Sensoren ergibt, müssen der Eingangswiderstand des Verstärkers Re und der Verlust- bzw. Parallelwiderstand des Piezokristalls R p sehr hochohmig sein (Ladung wird sonst sehr schnell über Re und Rp ausgeglichen!),
x
die Messung von veränderlichen Kräften, z. B. bei mech. Schwingungen, ist bevorzugt möglich, die Messung von stationären Kräften ist unter Beachtung der Zeitkonstante IJ denkbar. R2 R ges
Cges
Rges
R p Re
Ua
R1
Bild 10-29 Elektrometerverstärker mit OPV
Ein Beispiel für eine Realisierung des Messprinzips auf der Basis des Elektrometerverstärkers zur Messsignalgewinnung demonstriert Bild 10-29 mit einem OPV als hochohmigen nichtinvertierenden Verstärker. Für diese Messschaltung kann die Ausgangsspannung wie folgt bestimmt werden. Ausgehend von C ges
C0 C L Ce , R ges
Re R p
Re R p o f
Re R p
ergibt sich die Ausgangsspannung Ua zu Ua
§ R · U q ¨¨1 2 ¸¸ R1 ¹ ©
Q C ges
§ R · ¨¨1 2 ¸¸ R1 ¹ ©
F
kp
§ R · ¨¨1 2 ¸¸ . C ges © R1 ¹
(10.26)
Bei einer Ladungsverstärkerschaltung gemäß Bild 11-30 als zweiter Messschaltungsvariante wird die der Kraftwirkung proportionale Ladungsmenge durch Integration des von der Ladungsverschiebung abgeleiteten Ausgleichsstromes iq in eine Spannung ua überführt. ik (t) C iq (t) ua (t)
Bild 10-30 Ladungsverstärker
10.3 Sensoren zur Kraftmessung
157
Der Strom iq (t ) wird unmittelbar von der Ladungsverschiebung und der Strom ik (t ) von der durch den Kondensator C differenzierten Ausgangsspannung des OPV abgeleitet dQ du ( t ) . ; ik ( t ) C a dt dt
iq ( t )
Da gilt: 0 und entsprechend iq (t )
iq (t ) ik (t )
ik (t ) ,
kommt man nach Integration und Umstellen nach ua(t) zur gültigen Gleichung für die Messschaltung mit Ladungsverstärker auf der Basis eines OPV: T
u a (t )
1 iq (t )dt C
³ 0
Q C
kp F C
.
(10.27)
Hervorstechendes Merkmal dieser Messschaltung ist demzufolge, dass die für die Ermittlung von ua(t) maßgebende Kapazität nicht mehr die parasitären Kapazitäten wie Kapazität des Piezosensors, Leitungskapazität oder die Eingangskapazität des Verstärkers sind, sondern die wesentlich konstanter und verlustärmer herzustellende Messkapazität C ist. Wird die Messkapazität umschaltbar gestaltet, können Messbereichsumschaltungen auf einfache Weise realisiert werden. Hauptnachteil der Ladungsverstärkerschaltung ist die Beschränkung auf reine Wechselgrößenmessung, hier konkret der Ladungsänderung über die Zeit. Bei modernen Sensoren auf der Basis des piezoelektrischen Effekts wird der als Pegelwandler wirkender Verstärker mit in das Sensorgehäuse integriert, so dass als Ausgangssignal ein niederohmiges Spannungs- oder Stromsignal zur problemlosen Weiterverarbeitung zur Verfügung steht. Der Messbereich piezoelektrischer Sensoren reicht infolge der mechanischen Stabilität der Piezoquarze bzw. -keramiken bis zu höchsten Kräften im Mega-Newton-Bereich. Die Messunsicherheit liegt bei r (1..3) % des Messbereichsendwertes. Durch ihren extrem hohen Elastizitätsmodul erlauben Piezosensoren eine annähernd weglose Kraftmessung, da sie auch bei großen Kräften kaum verformt werden. Sie können in einem großen Temperaturbereich arbeiten und sind für die Messung schnell verlaufender Kraftänderungen besonders geeignet, da die Ladungsverschiebung praktisch ohne Verzögerung stattfindet. Ihre Empfindlichkeit wird durch den o.g. Piezomodul beschrieben. Im Sinne der messtechnischen Auswertung ist die Empfindlichkeit bzgl. der Spannung U q als Quotient aus U q und verursachender Kraftwirkung F anzugeben. Mit einer angenommenen Gesamtkapazität in der Messschaltung von C = 120 pF und den schon erwähnten Werten für kp ergeben sich beispielhaft nachfolgende Empfindlichkeiten: für Quarz (SiO2): E1
Uq F
kp C
2,3 10 12 As V 120 10
für Bariumtitanat (BaTiO3):
12
AsN
0,0192
V N
19,2
V kN
158
10 Sensoren
E2
Uq
kp
F
C
2,5 10 10 As V 120 10
12
AsN
2,08
V N
2,08
kV kN
Piezosensoren werden u. a. zur Überwachung zulässiger Kraftbelastungen in Maschinen eingebaut, z. B. in die Hauptspindellager von Drehmaschinen.
Beispiel 10.4 In einer Kraftmesseinrichtung werden zuerst ein Quarzsensor mit einem Piezomodul k p1 = 2,3·10-12 AsN-1 und anschließend ein Keramiksensor mit k p 2 = 2,5·10-10 AsN-1 benutzt. Für welche Messspannung ist die nachfolgende Messverarbeitungseinrichtung zu dimensionieren, wenn die zu messende Größtkraft 100 N und der wirksame Gesamtkapazität 120 pF betragen? Lösung der Aufgabe: Für den Quarzsensor:
U M 1 U q1
k p1 Fmax
2,3 10 12 As 100 N V
C
120 10 12 As N
1,92V ,
für den Keramiksensor:
UM 2
U q2
k p 2 Fmax
2,5 10 10 As 100 N V
C
120 10 12 As N
208,33 V .
10.4 Messung mechanischer Schwingungen Zur Messung mechanischer Schwingungen werden bevorzugt Sensoren eingesetzt, die keinen Festpunktbezug haben. Stattdessen besitzen sie eine seismische Masse, die durch ihre Trägheit bei wirkender Beschleunigung eine Kraftwirkung F m a erfährt. Diese Kraft kann mit geeigneten Sensorprinzipien in ein auswertbares elektrisches Signal überführt werden, z. B. mit einem piezoelektrischen Kristall oder über den Umweg einer resultierenden Wegänderung mit einem induktiven Sensor, siehe auch Bild 10-32. Obwohl mit einem so aufgebauten Sensor nicht nur die Beschleunigung, sondern auch die Amplitude und Geschwindigkeit mechanischer Schwingungen bewertet werden können, hat sich Begriff des Beschleunigungssensors eingebürgert. Physikalisch gesehen gibt es bekanntlich keine starren Körper, jeder Körper verformt sich unter dem Einfluss von Kräften. Werden die Elastizitätsgrenzen Vzul nicht überschritten, sind die Verformungen reversibel. Proportionalitätsfaktor für die Verformung infolge Kraftwirkung ist die Federkonstante C f . Somit bildet jeder Körper ein schwingfähiges Gebilde mit der Eigenfrequenz Z0:
Z0
Cf m
,
(10.28)
mit m: Masse des betrachteten Körpers. Für Messzwecke muss eine definierte Dämpfung des Systems eingeführt werden, mit der man zum „federgefesselten“ Beschleunigungssensor entsprechend Bild 10-31 kommt.
10.4 Messung mechanischer Schwingungen
159
Cf - Federkonstante / Nm-1, Cf
m - Masse / kg bzw. Ns2m-1, - Dämpfungskonstante / Nsm-1,
k m
r xa
xe - Eingangsamplitude, Bewegung des gesamten Sensors,
k
xa - Ausgangsamplitude, Bewegung der Masse m relativ zum Sensorgehäuse
r xe
Bild 10-31 Federgefesselter Beschleunigungssensor
Zur Beschreibung der Vorgänge eignet sich die aus dem Kräftegleichgewicht im Sensor abgeleitete Differentialgleichung (Dgl.). Es wirken im betrachteten System drei Kräfte: F1
C f xa ,
die Federkraft,
F2
k
dxa dt
F3
m
d 2 ( xa xe ) dt 2
k x a ,
die Dämpfungskraft und m ( xa xe ) ,
die Beschleunigungskraft.
Kräftegleichgewicht heißt, die Summe aller Kräfte ist gleich 0: 0,
m ( xa xe ) k x a C f xa
und durch Umstellen nach der auf das System wirkenden Eingangsbeschleunigung ergibt sich: xa
Cf k x a xa m m
xe
a .
(10.29)
Mit der Resonanzfrequenz Z 0 und dem Dämpfungsgrad D
Z0
Cf m
; D
k 2 Cf m
k k 2Z 0 m m
2 DZ 0 ,
kann man die Dgl. mit diesen Größen formulieren: xa 2 DZ 0 x a Z 02 xa
xe
a .
(10.30)
Aus der ermittelten Dgl. (10.30) lassen sich relevante Schlussfolgerungen für den Einsatz in der Messtechnik schließen. Soll ein Sensor, für den Gl. (10.30) gilt, zur Beschleunigungsmessung eingesetzt werden, so muss die Ausgangsamplitude xa proportional zur erfahrenen Eingangsbeschleunigung des Sensors sein. Das ist nur der Fall, wenn die linke Seite der Gleichung durch den Term Z02xa dominiert wird. Dies tritt für eine sehr große Resonanzfrequenz Z0 zu, die sich entsprechend
160
10 Sensoren
Gl. (10.30) bei einer sehr kleinen Masse m und eine sehr steifen Feder, d. h. einer großen Federkonstante Cf, ergibt. Dann gilt:
Z 02 xa | xe
a .
Beschleunigungssensoren besitzen daher eine sehr kleine Masse (m = 0,2 g...50 g) und eine hohe Resonanzfrequenz ( f 0 15...100 kHz ). Als Messfrequenzbereich sind nur Frequenzen weit unterhalb der Resonanzfrequenz zulässig, f M 0 ,2 f 0 . Bei Nichteinhaltung dieser Frequenzbedingung würde die erfahrene Beschleunigung sonst infolge der Masseträgheit integriert, wir hätten Geschwindigkeits- bzw. Wegsensibilität. Man spricht deshalb auch vom hochabgestimmten seismischen Sensor. Mit ihm kann man die Resonanzfrequenzen schwingender Bauteile ermitteln, ebenso die kritischen Drehzahlen von Getrieben. Beschreitet man den umgekehrten Weg, versieht den Sensor mit einer großen Masse m und einer sehr weichen Feder, d. h. eine kleine Federkonstante C f , dann ergibt sich eine sehr niedrige Resonanzfrequenz Z0. In der Gl. (10.30) wird jetzt die linke Seite durch den Term xa dominiert, so dass in Näherung xa | xe
a
gesetzt werden kann. Nach zweimaliger Integration (mechanisch realisiert durch das Tiefpassverhalten des Sensors infolge der Trägheit der großen Masse m, allgemein realisiert durch zwei in Reihe geschaltete Integrierer) erhält man: xa
s
und damit ist die Ausgangsgröße xa ein Maß für die Amplitude s der Schwingung. Derart arbeitende Sensoren werden als Wegsensoren genutzt. Sie haben eine sehr große Masse bis in den Kilogramm-Bereich und eine Resonanzfrequenz, die nur wenige Hertz, im Extremfall nur Bruchteile davon, beträgt. Die Messfrequenzbereiche liegen nur weit oberhalb der Resonanzfrequenz ( f M ! 5 f 0 ), damit die geforderte Integration infolge des Tiefpassverhaltens auch ausgeführt wird. Folgerichtig ist von tiefabgestimmten Sensoren die Rede. Grundsätzlich lassen sich seismische Sensoren auch zur Geschwindigkeitsmessung einsetzen, da aber kein Messbereich existiert, in dem eine Frequenzunabhängigkeit des Messergebnisses vorliegt, ist die Messung von Schwinggeschwindigkeiten mit seismischen Sensoren nur in Ausnahmefällen üblich. Sensoren, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten wie dynamische Mikrofone (schnelleabhängige Spannungsinduktion in einer Spule) sind hier sicherlich die bessere Alternative. Als Sensorelemente zur Erfassung der Relativbewegung zwischen gefesselter Masse und dem Sensorgehäuse haben sich vorrangig die schon erläuterten induktiven Sensoren, DMS und Piezosensoren durchgesetzt. Die Art der Messschaltung zur Signalgewinnung ist in Abhängigkeit von den verwendeten Sensorelementen auszuwählen. Zwei typische Vertreter praktisch aufgebauter Beschleunigungsaufnehmer zeigt Bild 10-32.
10.5 Sensoren zur Temperaturmessung
161
Feder Piezosensor Spule 'xa
Spalt zur Dämpfung
Masse
Dämpfungsöl
a)
b)
Biegebalken
Masse
Bild 10-32 Beschleunigungsaufnehmer mit induktiven Wegsensor (a) und mikromechanischer Beschleunigungsaufnehmer mit Piezosensor (b)
10.5 Sensoren zur Temperaturmessung Zur elektrischen Temperaturmessung bieten sich eine Reihe Sensoren an, von denen die wohl wichtigsten in der Tabelle 10.7 angeführt sind. Größte Bedeutung aus dieser Auswahl haben in der industriellen Praxis Widerstandssensoren auf Metall- und Halbleiterbasis und die Thermoelementsensoren.
Tabelle 10.7 Arten von Temperatursensoren
Sensor
beeinflusste Größe infolge Temperaturänderung
Widerstandssensoren
Widerstand
Thermoelement
Spannung
Sperrstrom an Halbleiterübergängen
Stromstärke
Strahlungspyrometer
Farbänderung
Schwingquarz mit definiertem Temperaturverhalten
Frequenz
10.5.1 Temperaturmessung mit Widerstandssensoren Bei Metallwiderstandssensoren wird der relativ konstante und positive Temperaturkoeffizient von Metallen ausgenutzt. Der temperaturabhängige Widerstand gehorcht der Beziehung:
162
10 Sensoren R(- )
R0 [1 D (- -0 ) E (- -0 ) 2 ] .
(10.31)
Hierbei sind -0 die Bezugs- (z. B. 20°C) und - die Messtemperatur, demzufolge R(-0) der Widerstand bei der Bezugs- und R(-) der Widerstand bei der Messtemperatur. Mit D und E werden der lineare bzw. der quadratische Anteil des Temperaturkoeffizienten beschrieben. In der Praxis ist es fast immer zulässig das quadratische Glied in der Gleichung zu vernachlässigen, ohne dass der dann bewusst in Kauf genommene systematische Fehler zu unzulässigen Abweichungen der Temperaturmessung führt. Die Gleichung reduziert sich dann auf: R(- )
R0 [1 D (- -0 )] .
(10.32)
Zu beachten ist, dass die Werte von D und E temperaturabhängig sind. Deshalb sind bei Anwendung der vorgenannten Gleichungen mittlere Temperaturkoeffizienten für den interessierenden Messbereich anzunehmen, um die systematische Abweichung der berechneten Widerstandwerte zu minimieren. Diese mittleren Koeffizienten können entweder einschlägigen Fachoder Tabellenbüchern, z. B. [10], [13], entnommen oder auf der Grundlage der genormten Tabellenwerte für Platin- und Nickelwiderstandsthermometer (Pt 100 bzw. Ni 100) berechnet werden. Einen Auszug der genormten Werte zeigt die Tabelle 10.8: Tabelle 10.8 Auszug aus der genormten Wertetabelle für Widerstandthermometer
Messwiderstand
mittlerer Temperaturkoeffizient zwischen 0°C und 100°C
Widerstandswert (in :) bei einer Messtemperatur
-100°C Pt-100
0,00385 K-1
Ni 100
0,00618 K-1
-60°C
60,25 69,5
0°C
100°C
100
138,5
100
161,8
180°C
200°C 175,84
223,2
Zur Berechnung des mittleren Temperaturkoeffizienten ist die Gleichung:
D--o u
R (-o ) R (-u ) (-o -u ) R (-u )
(10.33)
zu verwenden, wobei -o die obere und -u die untere zu messende Temperatur sind. In besagter Norm zu Widerstandselementen sind auch Vorschriften zu den Toleranzgrenzen enthalten, die bei gefertigten Temperatursensoren einzuhalten sind. Zum Beispiel sind für Pt100-Elemente die folgenden zwei Toleranzklassen festgelegt: Klasse A: '- = 0,15K + 0,002 »- – -0¨, Klasse B: '- = 0,3K + 0,005 »- – -0¨. Klasse A ist für Temperaturen bis 650°C, Klasse B für Temperaturen bis 850°C definiert. Für Präzisionsmessungen kommen ausschließlich Platin-Widerstandsthermometer zum Einsatz, die im Temperaturbereich von –200 °C ... 850 °C eingesetzt werden können. Die konstruktive Ausführung erfolgt meist in Form eines metallischen zylindrischen Edelstahlrohres von (4...6) mm Durchmesser und ca. (200...400) mm Länge, in dessen Spitze das eigentliche Platinelement angeordnet ist. Zusätzlich können erforderliche Verschraubungsmöglichkeiten
10.5 Sensoren zur Temperaturmessung
163
konstruktiver Bestandteil des Widerstandsthermometers sein, um es z. B. hermetisch dicht in chemische Reaktoren einschrauben zu können.
Einsatzlänge 200 mm...400 mm
Pt100-Sensor Anschlusskabel
Bild 10-33 Konstruktiver Aufbau eines Pt-100-Widerstandsthermometer (Ausführung als Laborfühler)
Für spezielle Mess- bzw. Überwachungsaufgaben werden Widerstandstemperatursensoren mit negativen Temperaturkoeffizienten, sogenannte NTC-Sensoren (negativ temperature coeffizient), und Widerstände mit extrem großen positiven Temperaturkoeffizienten, auch PTCSensoren genannt (positiv temperature coeffizient), eingesetzt. Die NTC – Sensoren werden aus sinterfähigen Metalloxiden hergestellt und besitzen eine Temperaturabhängigkeit, die mit der Formel: R(- )
ª § 1 1 ·º R-0 exp « B ¨¨ ¸¸» ¬« © T T0 ¹¼»
(10.34)
beschrieben werden kann. Die Temperaturen sind auf die absolute Temperatur zu beziehen, so dass mit T = 273,15 °K + - die Messtemperatur und mit T0 = 273,15 °K + -0 die Bezugstemperatur beschrieben werden. B ist eine materialabhängige Konstante, deren Wert sich aber auch mit der Temperatur verändert. Es ergibt sich ein funktioneller Zusammenhang, wie ihn Bild 10-34 qualitativ zeigt. RR0
5 4 3 2 1 0 0
10
20
30
40 - [°C]
Abbildung 10-34 Darstellung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstands
164
10 Sensoren
Die Materialkonstante B liegt bei Raumtemperatur in der Größenordnung von 2500 K bis 5200 K. Ein Vergleich mit dem Temperaturbeiwert von Metallen ist nur in Arbeitspunkten mit differentiell kleinen Temperaturänderungen möglich:
D
· d §¨ R (- ) ¸ R ( 0¹ © dT
B
(10.35)
T2
und ergibt bei Raumtemperatur Werte in der Größenordnung von D | (– 0,03... – 0,06) K-1. Der Temperaturbeiwert von NTC-Sensoren liegt damit ca. eine 10-er Potenz über dem von Metallen. Haupteinsatzgebiete von NTC-Sensoren ist neben der Messung kleiner Temperaturdifferenzen der Ausgleich des positiven Temperaturbeiwertes von Metallen. Z. B. ist es möglich, die Kompensation des Temperaturverhaltens einer Kupferspule eines elektromechanischen Messwerkes zu bewirken, so dass dieses sich über einen weiten Temperaturbereich annähernd temperaturunabhängig einsetzen lässt. PTC-Widerstände werden aus halbleitenden polykristallinen ferroelektrischen Keramiken hergestellt. Sie besitzen in einem schmalen Temperaturbereich einen extrem hohen Temperaturkoeffizienten in der Größenordnung von (0,5...0,6) K-1, wobei dieser Temperaturbereich in einem Intervall von ca. (60...180) °C während ihrer Herstellung variiert werden kann. Das prädestiniert sie zur Überwachung von Temperaturgrenzwerten. Ein typisches Anwendungsgebiet für PTC-Widerstände ist die Überwachung der Temperatur von Wicklungen in Elektromotoren. Infolge des hohen Temperaturkoeffizienten kann ein sehr gutes Schaltverhalten der mit PTC-Widerständen aufgebauten Überwachungsschaltung erreicht werden und so zuverlässig ein Überhitzen eines Elektromotors vermieden werden. Eine Anwendung zur zahlenmäßigen Temperaturmessung wird für PTC-Widerstände nur in Ausnahmefällen zu finden sein.
Kurve für NAT =120°C
Kurve für NAT = 60°C
R- / :
5000
Typische Hauptkenngrößen Rmin
t 20 :
RNAT – 5K
d 550 :
RNAT + 5K
t 1300 :
Nennansprechtemperatur (NAT)
60°C ... 180°C (meist in Stufung von 10 K)
2500 500 250 50 0 0
30
60
90 120
- /°C
Bild 10-35 Temperaturverhalten von zwei PTC-Sensoren mit unterschiedlicher NAT
10.5 Sensoren zur Temperaturmessung
165
Zur Auswertung der Temperaturmessung mit temperaturabhängigen Widerständen kommen Messschaltungen für ohmsche Widerstände zur Anwendung. Zu beachten ist lediglich, dass die Zuleitungen, zumeist Kupferdraht, ebenfalls temperaturempfindlich sind. Speziell bei langen Zuleitungen, wenn der Leitungswiderstand RL in die Größenordnung des temperatursensiblen Widerstands kommt, sind Messschaltungen zur Eliminierung des Einflusses der Leitungswiderstände zu verwenden, erinnert sei an die Vierdraht-Messschaltung und die Dreidraht-Brückenschaltung.
10.5.2 Thermoelementsensoren Wenn man Metalle innig miteinander verbindet, kann infolge der Energieunterschiede auf den äußeren Elektronenschalen der beteiligten Metalle eine kleine elektrische Spannung, die Thermospannung nachgewiesen werden. Die Größe dieser Spannung verhält sich proportional zur absoluten Temperatur der Verbindungsstelle, Proportionalitätsfaktor ist der Thermokoeffizient kth, auch Thermokonstante genannt: U th
(10.36)
k th T Metall 1 Uth
Verbindungsstelle Metall 2
Bild 10-36 Thermoelement
Der Thermokoeffizient kth lässt sich der auf Platin bezogenen thermoelektrischen Spannungsreihe entnehmen, deren Werte u. a. in [11], [13] ausgewiesen sind: Tabelle 10.9 Ausschnitt aus der thermoelektrischen Spannungsreihe
Metall gegen Platin Wismut Konstantan Nickel Palladium Platin Aluminium Zinn Manganin Wolfram Platin-Rhodium (mit 10% Rh) Silber Kupfer Eisen Chromnickel Silizium
Thermokonstante (in µV K 1 ) -77,0 -34,7 ... -30,4 -19,4 ... -12,0 -2,8 0 3,7 ... 4,1 4,0 ... 4,4 5,7 ... 8,2 6,5 ... 9,0 6,5 6,7 ... 7,9 7,2 ... 7,7 18,7 ... 18,9 22 448
166
10 Sensoren
Die Thermospannung Uth kann aber nicht direkt gemessen werden, weil bei Anschluss einer Messeinrichtung wiederum zwei (parasitäre) Thermoelemente entstehen, die in Reihe mit dem Messthermoelement liegen. Während der Messung ergibt sich die in Bild 10-37 skizzierte Schaltung:
T2 = const. Uth3
UthM
TM
Uthg
Bild 10-37 Messschaltung mit einem primärem Thermoelement und zwei parasitären Thermoelementen
Uth2
Die mit dieser Anordnung gemessene Spannung Uthg ergibt sich aus der Beziehung: U thg
U thM U th 2 U th3 .
(10.37)
Wenn an der Messstelle und an den Anschlussstellen der Messeinrichtung gleiche Temperatur herrscht, d. h. es gilt TM = T2 = T, erhält man eine resultierende Gesamtspannung von 0 V: k thM T k th 2 T k th3 T , daraus folgt
U thg
0
k thM
k th 2 k th3 .
(10.38)
Sind die Temperaturen T1 und T2 verschieden, d. h. TM z T2, ergibt sich eine Gesamtspannung Uthg ungleich 0 V: U thg
kthM TM kth 2 T2 kth3 T2
U thg
kthM TM T2 k th 2 k th3
mit Gl. (10.38) ergibt sich U thg
k thM TM k thM T2
kthM TM T2 .
Da Differenzbildung vorliegt, kann für die absolute Temperatur T auch die Angabe in °C, also
-, erfolgen: U thg
k thM - M - 2
(10.39)
In der messtechnischen Praxis wird die Temperaturmessung mit Thermoelementen immer auf diese Differenzmessung zwischen der Temperatur TM an der Messstelle und T2 als Vergleichstemperatur an den Kontaktstellen der Messeinrichtung zurückgeführt. Durch eine gute thermische Kopplung muss dafür gesorgt werden, dass die Temperatur T2 an den beiden Anschlussklemmen identisch vorliegt. Da diese Temperatur T2 unmittelbar in das Messergebnis eingeht, muss sie für eine genaue Messung konstant gehalten werden, man spricht in dem Zusammenhang vom Vergleichsstellenproblem.
10.5 Sensoren zur Temperaturmessung
167
Lösbar ist dieses Problem auf zweierlei Art. Erstens kann durch einen Thermostaten die Vergleichstemperatur auf einen konstanten Wert gehalten werden, aus Energie- und Schaltungsaufwandsgründen meist eine Temperatur größer als die Umgebungstemperatur, z. B. 50°C, so dass man mit einer geregelten Heizung auskommt. Es können üblicherweise Temperaturstabilitäten von t 0,1 °C erreicht werden, was dann auch der erreichbaren Genauigkeitsgrenze der gesamtem Temperaturmessung entspricht. Bei der zweiten Variante wird in einer so genannten Ausgleichsdose die Umgebungstemperatur als Vergleichstemperatur benutzt. Weicht diese von einem definierten Wert ab, z. B. 20°C, wird mit einer temperaturempfindlichen Brückenschaltung eine Korrekturspannung erzeugt und in die Messschaltung mit Thermoelementen vorzeichenrichtig eingespeist. Mit dieser Methode sind bei Schwankungen der Umgebungstemperatur von < r 10 K sehr gute Ergebnisse erreichbar, ohne dass energie- und kostenintensive Thermostaten erforderlich wären, s. Bild 10-38. Uk - Korrekturspannung Ua - Anzeigespannung U0 - Betriebsspannung der Brückenschaltung -u - Umgebungstemperatur
Ausgleichsdose mit -u
-u
R3
UthM
Uthg - Uk = Ua
R1 Uk U0 R4
R1, R2, R4 = const. R3 = f (-u) Uk = f (-u)
R2
Bild 10-38 Temperaturmessschaltung mit Ausgleichsdose
Mit Thermoelementen lassen sich Temperaturen von –200 °C bis ca. 2300 °C messen. Der obere Wert entspricht den höchsten Temperaturen, die berührend gemessen werden können. Da Thermoelemente sehr kleine, massearme Metallperlen sind, haben sie auch eine sehr kleine Wärmekapazität. Deshalb ist die Zeitkonstante W, mit der die Messgröße auf einen Endwert einschwingt sehr klein und liegt meist unter einer Sekunde. Für die Messung in aggressiven Umweltbedingungen werden die Thermoelemente mit einem korrosionsfesten dünnen Edelstahlmantel umhüllt. Solche Mantelthermometer werden in Reaktoren der chemischen Industrie und in der Gießereitechnik eingesetzt. Beim Aufbau der Messschaltungen mit Thermoelementen muss beachtet werden, dass die zu messende Thermospannung mit wenigen Millivolt sehr klein ist und in der Größenordnung der Offset-Spannung von Operationsverstärkern liegt. Dieses Problem ist heutzutage jedoch mit hochwertigen Verstärkern und entsprechenden Schaltungsmaßnahmen zur Kompensation des Offset-Einflusses sehr gut beherrschbar.
168
10 Sensoren
Tabelle 10.10 Kenndaten von industriell eingesetzten Thermoelementen nach DIN 43710 bzw. ANSI (amerikanische Norm)
Thermopaarung
EinsatztemperaturBereich (in °C)
Thermokonstante (in µVK-1)
ANSI-Kennbuchstabe
W5 Re - W26 Re
0...2300
16
C
NiCr - Konstantan
-40...900
81
E
Fe - Konstantan
-180...750
56
J
NiCr - Ni
-180...1350
43
K
Pt13 Rh - Pt
-50...1700
10
R
Pt10 Rh - Pt
-50...1750
9
S
Cu - Konstantan
-250...400
46
T
Praktisch realisierte Thermoelemente bestehen aus Kosten- und technologischen Gründen oft nicht aus einer Kombination von Platin mit einem anderen Metall, sondern es werden für beide beteiligten Metalle Nichtplatinmetalle gewählt. Die sich ergebende wirksame Thermokonstante ist dann durch Differenzbildung der Thermokonstanten der am Thermopaar beteiligten Metalle gegen Platin zu berechnen: mit
(10.40)
k thMe1,Me2
k thPt ,Me1 k thPt ,Me2
kthMe1,Me2
- Thermokonstante der zwei Nichtplatinmetalle,
kthPt,Me1
- Thermokonstante Platin gegen Metall 1,
kthPt,Me2
- Thermokonstante Platin gegen Metall 2.
Auf dieser Basis gebildete Thermopaare für die industrielle Anwendung sind genormt, eine Auswahl zeigt Tabelle 10.10. Bei realen Messaufbauten wird oftmals die Messstelle nicht mit dem Anzeigeort identisch sein, z. B. Messstelle – chemischer Reaktor und Anzeigestelle – Schaltwarte. Zur Überbrückung dieser Entfernung werden nicht die sehr teuren Thermometalle (z. B. Pt – Rh) als elektrische Leiter genutzt, sonder billigere Speziallegierungen, die gegenüber den verwendeten Thermometallen keine Thermospannung aufweisen und als Ausgleichsleitungen bezeichnet werden, s. Bild 10.39.
Messstelle mit Thermoelement
Vergleichs- bzw. Anzeigestelle Uth Ausgleichsleitung
Bild 10-39 Thermoelement über Ausgleichsleitungen angeschlossen
10.6 Feuchtemessung
169
Beispiel 10.5 Mit einem Thermoelement sollen Temperaturen von 0...1200 °C gemessen werden. Die Vergleichsstellentemperatur wird mit 50 °C festgelegt. Als Thermopaar kommen Pt13 Rh – Pt zum Einsatz. Welcher Messspannungsbereich ergibt sich? Lösung der Aufgabe: Entsprechend Gl. (10.38) und kth = 10 µVK-1 aus Tabelle 10.10 gilt: a) für 0°C:
U M min
U thg1
kthM -M min -2 10 µVK 1 0 50 K
5 10 4 V
U thg 2
kthM -M max -2 10 µVK 1 1200 50 K 1,15 10 2 V
b) für 1200°C:
U M max
Daraus ergibt sich der Messspannungsbereich zu:
'U M
U thg 2 U thg1 1,15 10 2 V 5 10 4 V
12 mV
10.6 Feuchtemessung Infolge der weltweiten Vernetzung des Handelsaustausches zwischen den Industrieländern, die in den unterschiedlichsten Klimazonen liegen, kommt der sicheren Verpackung mit Schutz vor unzulässigen Temperatureinflüssen und vor unzulässigen Feuchteeinwirkungen auf die zu transportierenden Güter eine sehr große Bedeutung zu. Die Einhaltung vorgeschriebener Feuchtegrenzen dient nicht nur der Verhinderung vorzeitiger Korrosion, sondern elektronische Baugruppen können bei zu hoher Feuchte infolge von verbesserter Leitfähigkeit der Umgebung oftmals ihre Sollfunktion nicht mehr ausführen. Zudem muss bei feuchtigkeitsaufnehmenden, d. h. hygroskopischen, Materialien mit unzulässigem Aufquellen und mit Schimmelbildung der verwendeter Materialien gerechnet werden. Unter Feuchte soll im Folgenden Luftfeuchte verstanden werden, wobei zwischen absoluter Feuchte und relativer Feuchte unterschieden wird. Absolute Feuchte bezeichnet das Verhältnis der Masse des in Luft enthaltenen Wasser mW zum Luftvolumen VLu: Fabs
mW VLu
ª g º « 3». ¬m ¼
(10.41)
Ausgangspunkt für die Definition der relativen Feuchte ist die maximal aufnehmbare Wassermasse eines Luftvolumens. Sie wird als Sättigungsfeuchte bezeichnet und ist temperaturabhängig. Die zu einer Sättigungsfeuchte gehörende Temperatur wird als Taupunkt bezeichnet. Ist Luft mit der zu einer Temperatur gehörenden maximalen Wasserdampfmenge gesättigt, wird schon bei geringster Abkühlung die Luft diese Wasserdampfmenge nicht mehr halten können, der Wasserdampf kondensiert in Wassertropfen aus, er wird zum Tau. Relative Feuchte Frel ergibt sich als das Verhältnis aus vorhandener absoluter Feuchte zur bei jeweiliger Temperatur möglichen maximalen Feuchte:
170
10 Sensoren Frel
Fabs 100% . Fsat
(10.42)
Sie wird meist in Prozent angegeben. Frel bestimmt viele Vorgänge und Reaktionen in der Umwelt, angefangen von technisch-physikalischen Ereignissen, wie oben genannt, bis hin zum menschlichen Wohlbefinden. Deshalb handelt es sich bei Forderungen zur Feuchtemessung fast immer um die Aufgabe zur Bestimmung der relativen Feuchte. Zwei Prinzipien spielen bei der Feuchtemessung vor allem eine wichtige Rolle: x
Hygroskopische Verfahren, mit denen Eigenschaftsänderungen von Materialien nachgewiesen werden, die durch Wasseraufnahme verursacht worden sind, z. B. Längenänderung von Haaren oder Fasern, Änderung der elektrischen Leitfähigkeit, Änderung der relativen Dielektrizitätskonstante.
x
Sättigungsverfahren, mit denen die Sättigungstemperatur ermittelt wird; letztendlich handelt es sich dabei um eine Taupunktbestimmung. Mit dem Taupunkt wird die relative Feuchte durch Einbeziehung der tatsächlichen Umgebungstemperatur ermittelt.
Speziell hygroskopische Verfahren haben große Bedeutung, z. B. auch in der Prozessmesstechnik und werden deshalb an einigen Beispielen erläutert.
10.6.1 Fadenhygrometer Bei diesem sehr alten, aber nach wie vor aktuellen Verfahren zur Feuchtemessung werden als Sensoren entfettete menschliche Haare genutzt. Durch eine Feder gespannt verändern sie unter dem Einfluss der relativen Feuchtigkeit ihre Länge. Das kann direkt durch eine mechanische Umlenkung in einen Zeigerausschlag umgeformt werden oder eine Verstellung des Schleifers eines Potentiometers verursachen und so eine feuchteabhängige Widerstandsänderung bewirken. Hauptnachteil von Fadenhygrometern ist ihre große Trägheit, mit der sie auf Feuchtesprünge reagieren; einige Minuten sind erforderlich. Für die Anwendung in der Prozessmesstechnik sind sie deshalb nur bedingt geeignet. Domäne der Fadenhygrometer ist die Feuchtemessung in Räumen, z. B. in Lagerhallen aber auch im Heimbereich. Bei regelmäßiger Kalibrierung sind Genauigkeiten unter 5% erreichbar. Zeiger mit Skala oder Potentiometer mit Schleifer
hygroskopisches Haar
Umlenkrolle
Feder
Bild 10-40 Wirkprinzip des Fadenhygrometer mit Zeiger- bzw. Widerstandsauswertung
10.6 Feuchtemessung
171
10.6.2 Kapazitiver Feuchtemesser Diese Sensoren nutzen die Abhängigkeit der Eigenschaften des Dielektrikums eines Kondensators von der Luftfeuchtigkeit. Die Feuchte beeinflusst dabei sowohl die relative Dielektrizitätskonstante Hr, als auch den Verlustwinkel G des Messkondensators. Ausgewertet wird in der Messschaltung die Kapazitätsänderung, damit ist die Veränderung von Hr für die Messwertgewinnung entscheidend, der Verlustwinkel darf allerdings nicht so groß werden, dass keine genaue Bestimmung der Kapazität mehr möglich wird. Auf einem leitfähigen Substrat, das die eine Elektrode eines Kondensators bildet, wird ein poröses Dielektrikum aufgebracht. Darauf ist die zweite feuchtigkeitsdurchlässige Elektrode angeordnet, s. Bild 10-41. Die Kapazitätsänderungen infolge des Feuchtegehalts des Dielektrikums können dann mit üblichen Messschaltungen zur Bestimmung von Kapazitäten ermittelt werden. Für den Aufbau kapazitiver Feuchtesensoren haben sich verschiedene Materialkombinationen als geeignet erwiesen. So gibt es Sensoren, die aus einem Aluminiumträger bestehen, auf dem Aluminiumoxid als feuchtesensibles Dielektrikum und eine Goldbedampfung als Gegenelektrode aufgebracht sind. Zur Anwendung in relativ aggressiver Umgebung werden Feuchtesensoren mit einer tantalbedampften Glasplatte als Träger, einem hygroskopischen Polymer als Dielektrikum und einer porösen Chromschicht als Gegenelektrode verwendet.
Feuchte poröse Gegenelektrode poröses, hygroskopisches Dielektrikum Träger mit Elektrode
Messkapazität CM
Bild 10.41 Prinzipieller Aufbau eines kapazitiven Feuchtesensors
Kapazitive Feuchtesensoren werden vor allem in der Prozessmesstechnik zunehmend eingesetzt. Sie erreichen die für die Messung der relativen Feuchte gute Genauigkeit von (1..2) % und haben vor allem eine weit geringere Trägheit bei der Reaktion auf Feuchtesprünge (< 1 Minute) als Haarhygrometer.
10.6.3 Resistiver Feuchtesensor Resistive Feuchtesensoren nutzen die Veränderung des (Verlust-) Widerstandes zwischen zwei Elektroden aus, die auf einem als Isolator mit feuchteabhängigen Widerstand fungierenden hygroskopischen Polymer angeordnet sind. Zur Vergrößerung der Elektrodenfläche und damit zur Vergrößerung der Empfindlichkeit des Sensors sind die Elektroden meistens kammförmig ausgeführt, s. Bild 10-42. Der Widerstand der Anordnung nimmt mit zunehmender relativer Feuchte annähernd exponentiell ab. Diese Sensoren sind die preiswertesten, allerdings werden auch nur Genauigkeiten in der Größenordnung von (5..10) % erreicht. Applikationen sind vor allem in preiswerten elektronischen Feuchtemessern im Bereich der Steuerung von Klimaanlagen für Wohn- und Lagerzwecke zu finden.
172
10 Sensoren
Feuchte
hygroskopisches Polymer (auf Keramiksubstrat)
feuchteabhängiger Widerstand RM
kammförmige Elektroden
Bild 10.42 Resistiver Feuchtesensor
Weitere Feuchtesensoren, wie z. B. der ebenfalls häufig angewendete Lithium-ChloridFeuchtesensor, ließen sich noch anführen. Sie beruhen auf Prinzipien wie o.g., so dass sie nicht noch explizit beschrieben werden müssen.
10.7 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 10.1) Weshalb wird in der Sensorik häufig das Differentialprinzip angewendet? 10.2) Nennen Sie physikalische Größen, die mit Dehnungsmessstreifen erfasst werden können. 10.3) Sie haben zur Temperaturmessung ein Thermoelementpaar Konstantan-Kupfer (Thermokoeffizient: für Konstantan kthK = -35 µVK-1, für Kupfer kthCu = 7,5 µVK-1). Welche maximale Ausgangsspannung liefert Ihnen eine Mess-Schaltung, wenn eine Temperaturdifferenz von maximal 250 K auftreten kann. 10.4) Ein DMS aus Konstantan mit einem k-Faktor von 2, einem Nennwiderstand von R = 200 ȍ und einem Temperaturkoeffizienten von Į = -1,3·10-5K-1 ist einer Temperaturschwankung von 40 K ausgesetzt. Welcher vorgetäuschten Dehnung İ entspricht die sich ergebende temperaturabhängige Widerstandsänderung ǻR? 10.5) Bei der Herstellung von Kondensatorfolie (İr > 1) wird die Dicke dF kontinuierlich mit einem kapazitiven Sensor überwacht, s. Bild 10-43. Der Sensor besteht aus zwei sich im Abstand d gegenüberstehenden Kondensatorplatten mit der Fläche A, zwischen denen die Kondensatorfolie durchgezogen wird. Es ist eine Bestimmungsgleichung für die sich ergebende Kapazität zu entwickeln. d1 Folie d dF d2 Bewegungsrichtung der Folie
Bild 10-43 Kontinuierliche Messung von Kondensatorfolie
173
11 Automatisierte Messsysteme Sensoren und mit ihnen aufgebaute Messketten werden in der modernen Messtechnik mit Rechnern, zumeist auf Basis von PC’s mit dem Betriebssystem Windows, verbunden. Es entsteht ein sehr komfortables automatisiertes Messsystem. Dabei stellt, neben einer schnellen und auf die Belange der Aufgabenstellung abgestimmten Hardware, vor allem die zur Verfügung stehende Software ein entscheidendes Kriterium für die Leistungsfähigkeit eines rechnergesteuerten Messsystems dar. Nachfolgend sollen daher einige einführende Bemerkungen zur Hard- und zur Software für automatisierte Messsysteme gemacht werden. Für ausführliche Information sei auf die zu dieser Problematik reichhaltige Literatur verwiesen, z. B. [14], [15] und [17]. Als Ergänzungsinformationen sind die von einschlägigen Herstellern von rechnergesteuerten Messsystemen auf Web-Sites im Internet angebotenen Informationen von ihrer Aktualität her nicht zu überbieten, sie müssen aber aufgrund der Parteilichkeit der Autoren fachkundig hinterfragt werden können. Die folgenden Ausführungen sollen dazu befähigen.
11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen Für die sehr unterschiedlichen Aufgaben in der automatisierten Messtechnik wird eine entsprechend stark differenzierte Gerätetechnik benötigt. Bis auf kleinere Kompaktgeräte, die eine spezielle Mikrocontroller-Lösung zur Steuerung des Messablaufs besitzen, basieren heute im europäischen Raum fast alle Lösungen für automatisierte Messsysteme auf IBM-kompatiblen PC-Systemen mit einem Betriebssystem aus der Windows-Familie der Firma Microsoft. Es wird zwar zunehmend auch über Rechner mit dem lizenzfreien Betriebssystem Linux für den Einsatz in industrieller Umgebung in der Fachliteratur berichtet, aber einen größeren Marktanteil konnten solche Rechner im Industrieeinsatz noch nicht erringen.
11.1.1 Instrumentierte Computer Instrumentierte Computer sind die kostengünstigste Variante für den Aufbau eines PCbasierten Messsystem, auch Stand-alone-(Mess-)System genannt. Vorteilhaft ist hier vor allem die Möglichkeit auf kostengünstige Hardware zurückgreifen zu können, denn leistungsfähige PC’s sind schon für relativ wenig Geld zu haben. Außerdem existiert für diese Rechner ein schier unübersehbares Angebot an ebenfalls relativ kostengünstiger Software. Als Nachteil ist zu werten, dass ein solches Messsystem konstruktiv nicht optimiert werden kann, weil die Gehäuseabmessungen durch den PC vorgegeben sind. Auch sind nicht unbedingt für die Messaufgabe benötigte Hardwarekomponenten vorhanden. Muss man spezielle Forderungen bezüglich der Störsicherheit, der Klimafestigkeit usw. stellen, ist auf so genannte Industrie-PC-Lösungen zurückzugreifen. Bei diesen Rechnern für kommerzielle Applikationen ist vor allem die Gehäusekonstruktion wesentlich aufwendiger ausgeführt in Bezug auf Störfestigkeit, Klimafestigkeit und weiteren zu stellenden Forderungen für den rauen Betriebseinsatz. Allerdings sind die Kosten für einen solchen Industrie-PC auch wesentlich höher als für einen Standard-PC, der vorrangig für den Büroeinsatz gedacht ist. Instrumentierte Computer werden in zwei Varianten eingesetzt, die nachfolgend erläutert werden.
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11 Automatisierte Messsysteme
11.1.1.1 Add in-Variante Bei Add in-Lösungen werden spezielle Funktionen zur Messwertaufnahme, -verarbeitung und -ausgabe auf einer zusätzlichen Einsteckkarte ausgeführt, die auch als Datenerfassungskarte (DAQ-card – data acquisition card) bezeichnet wird. Eine solche Karte ist i. Allg. recht preiswert, kann allerdings nur einen eingeschränkten Funktionsumfang bezüglich der Multiplexkanäle, AD-Wandlungsbreite, Messsignalverarbeitung usw. anbieten. Außerdem sind infolge des gedrängten, meist ungeschirmten Systemaufbaus im PC-Gehäuse Störeinkopplungen in die Datenerfassungskarte möglich, die Messsignale verfälschen können. PC mit interner messtechnischer Instrumentierung
Verbindung zu einem oder mehreren Sensoren Bild 11-1 Instrumentierter Computer
Als Verbindungsstruktur zur Einbindung der DAQ-card in den PC wird derzeit noch vorrangig der auf dem Motherboard des PC’s vorhandene PCI-Bus verwendet. Die Diskussion dieses Busses würde den Rahmen dieses Buches bei weitem sprengen. Es ist auch für Anwender von PC’s bei heutigen Plug & Play-Baugruppen nicht unbedingt erforderlich, detaillierte Kenntnisse bezüglich des Signalspiels auf dem PCI-Bus zu besitzen, weil sich der Anwender zumeist auf das Einstecken der zusätzlichen Kartenbaugruppe und das Einspielen der erforderlichen Treibersoftware beschränken kann. Für den Messtechniker ist vor allem die maximale Datentransferrate interessant. Der PCI-Bus kann, zumindest theoretisch, 32-Bit-breite digitale Datensignale mit einer Wiederholfrequenz von maximal 33 MHz übertragen. Das entspricht einer Transferrate von 132 Mbyte pro Sekunde. Wenn diese theoretische Transferrate in der Praxis auch nicht ganz erreicht werden kann, ist das für viele anspruchsvolle Messaufgaben eine ausreichende Datentransferrate. Zukünftig wird im PC der PCI-Bus durch den PCI Express-Bus substituiert werden. Dieser Bus besteht aus 1 bis 16 differentiellen Leitungspaaren (Lanes), die jeweils einen Datentransfer von bis zu 250 Mbyte pro Transferrichtung erlauben. Da zu jeder Lane zwei Differenzleitungspaare gehören, können also bidirektional bis zu 500 Mbyte pro Sekunde mit einer Lane übertragen werden. Im Einzelnen sieht die PCI Express Definition Varianten entsprechend Tabelle 11.1 für die Realisierung von PCI Express vor. Die Variante PCIe x16 wird auch als PEG, PCI Express for Graphics, bezeichnet und soll zunehmend den Grafiksteckplatz AGP im PC ersetzen. Mit der breiten Einführung von PCI Express wird ein zunehmend stärker bemerkbarer Flaschenhals in der Datenverarbeitung mittels PC beseitigt, der auch der automatisierten Messtechnik neue Möglichkeiten eröffnen wird. Natürlich besitzt auch PCI Express Plug & Play Fähigkeiten, PCI Express erlaubt sogar hot Plug & Play, was bedeutet, dass PCI
11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen
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Express-Baugruppen während des laufenden Betriebes des Rechners gesteckt und entfernt werden können. Von der applikativen Seite her ist die Nutzung von PCI Express-Baugruppen in der gleichen komfortablen Weise möglich, wie das von PCI-Karten her bekannt ist. Tabelle 11.1 Varianten zur Realisierung von PCI Express
lfd Nr.
Bezeichnung
Anzahl der Lanes
Erreichbare Übertragungsrate pro Richtung
1
PCIe x1
1
250Mbyte/s
2
PCIe x4
4
1 GByte/s
3
PCIe x8
8
2 GByte/s
4
PCIe x16 (PEG)
16
4 GByte/s
11.1.1.2 Add on-Variante Die erforderlichen Baugruppen zur Messwertaufnahme und -verarbeitung und -ausgabe werden bei einem Add on-Aufbau des Messsystems in einem PC-Beistellgerät untergebracht, welches mit dem PC über ein Steuer- und Datenkabel verbunden ist. Somit erhält man ein komplexes, autark arbeitendes Messwerterfassungs- und -verarbeitungsgerät. Zugleich sind wirksame Schirm- und Entstörmaßnahmen möglich, so dass auch sehr kleine Messsignale weitgehend fehlerfrei verarbeitet werden können.
Steuerrechner, i.a. ein PC
serielle oder parallele Verbindung (Steuerkabel)
Beistellgerät mit den messtechnischen Fähigkeiten
Bild11-2 Mit PC-Beistellgerät instrumentierter Computer
Für die Verbindung des Beistellgerätes mit dem PC sind sowohl parallele als auch serielle Verbindungen (Schnittstelle bzw. Interface) verwendbar. Im ersten Fall können dann Informationen parallel mit einer Informationsbreite von 8, 16 oder 32 Bit übertragen werden. Vorrangig kommt die 8-Bit breite parallele Schnittstelle zur Anwendung, weil diese in Form der Druckerschnittstelle vom PC zur Verfügung gestellt wird, die so genannte Centronics-Schnittstelle. Allerdings hat diese Parallelschnittstelle drastisch an Bedeutung in der industriellen Messtech-
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nik verloren, weil ihre Aufgaben bei geringerem Hardwareaufwand und mit einer höheren möglichen Datenrate die im folgenden genannten seriellen Schnittstellen übernehmen können. Im zweiten Fall werden die Informationsbits zwischen Beistellgerät und PC seriell übertragen, hierfür stehen am PC die COM-Schnittstellen (RS232), die USB-Schnittstellen (universal seriell bus) und die IEEE-1394 „Firewire“-Schnittstelle zur Verfügung. Der Verdrahtungsaufwand ist minimiert, da diese Schnittstellen bei modernen PC’s schon auf dem Motherboard vorhanden sind. Für eine schnelle Übertragung ist aufgrund der seriellen Bit-Übermittlung eine hohe Bitübertragungsrate erforderlich, was die zwei letztgenannten Schnittstellen bieten. Zur Steuerung der Datenübermittlung ist ein relativ komplizierter Algorithmus, das Protokoll, das die Datenübertragungsvorschrift verkörpert, zu benutzen. Dieser Algorithmus wird i. Allg. durch die Hersteller von Geräten, welche die genannten seriellen Schnittstellen verwenden, in Form von programmierten Protokollen bereitgestellt, so dass sich der Anwender um das Übertragungsprotokoll meistens nicht kümmern muss.
11.1.2 Messsysteme mit Busschnittstelle Für komplexere Messaufgaben ist die Ergänzung eines PC’s um eine zusätzliche interne oder externe Baugruppe nicht ausreichend. Hier muss die erforderliche Hardware zur Lösung der gestellten Aufgabe auf mehrere Komponenten verteilt werden. Erst durch eine zu schaffende Verbindungsstruktur werden alle erforderlichen Komponenten wie PC und externe Geräte bzw. Baugruppen, letztere auch als Module bezeichnet, miteinander verbunden. Eine solche Verbindungsstruktur wird i. Allg. als Busstruktur, oder kurz Bus, bezeichnet. Alle Teilnehmer sind, elektrisch gesehen, parallel geschaltet. Zur Kommunikation der Teilnehmer mit der Steuerung des Messsystems (engl. Controller, meist ein Computer, sprich PC) ist
Steuerrechner (PC)
Modul 1 (z. B. Multimeter)
Modul 2 (z. B. Funktionsgenerator)
serieller oder paralleler Bus
Modul 3 (z. B. Frequenzzähler)
Modul n (z. B. programmierbare Stromversorgung)
Bild 11-3 Beispiel einer Busstruktur für ein modulares Messsystem
es erforderlich, dass die gerade nicht am Datenaustausch teilnehmenden Komponenten passiv geschaltet werden können, d. h. den Bus elektrisch nicht beeinflussen. In der digitalen Schaltungstechnik wird diese Fähigkeit mit dem Begriff Tri-state gekennzeichnet.
11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen
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Tabelle 11.2 Gegenüberstellung ausgewählter Merkmale von parallelen und seriellen Bussystemen
parallele Bus-Systeme x Byteweise Datenübertragung (oder ganzzahliges Vielfaches eines Bytes)
serielle Bus-Systeme x Bitweise Datenübertragung (i. Allg. 2 Datenleitungen)
x Vielzahl von Managementleitungen (Steuerlei- x keine Managementleitungen tungen z. B. READ, BUSREQUEST, IORQ) - niedriger Verdrahtungsaufwand - hoher Verdrahtungsaufwand - große Reichweite (bis einige Kilometer) - geringe Reichweite (i. Allg. wenige - parallel-serien- bzw. serien-parallel-WandMeter lung der byteweise bereitgestellten Daten erforderlich - hohe Übertragungsrate erreichbar - einfaches Protokoll
- niedrigere Übertragungsrate - aufwendiges Protokoll
Beispiel:
IEC-625-(Mess-)Bus, VXI-Bus
Beispiel:
RS 485, USB, IEEE1394 „Firewire“
Bild 11-3 zeigt eine allgemeingültige Struktur für ein modulares System, wie es auch in der Messtechnik verwendet wird. Bussysteme können ebenfalls sowohl serielle, als auch parallele Struktur aufweisen, wobei sich auch hier die Charakterisierung parallel oder seriell auf die Art der Informationsübertragung über den Bus bezieht. Die wesentlichen Merkmale dieser beiden Varianten zum Aufbau eines Bussystems sind in Tabelle 11.2 gegenübergestellt. Aus dieser Tabelle lassen sich schon typische Anwendungsfälle für die zwei Varianten herauskristallisieren. So werden serielle Busse ihre Domäne in räumlich weit verteilten Systemen haben, wie wir sie als Steuer- und Messsysteme in der chemischen Verfahrensindustrie mit ihren über ein großes Areal verteilten chemischen Anlagen finden. Parallele Busstrukturen werden hauptsächlich dort eingesetzt, wo es auf die Übertragung großer Datenmengen innerhalb eines räumlich eng angeordneten rechnergesteuerten Systems ankommt. Hierfür wäre eine charakteristische Applikation ein komplexes modulares Messsystem im Prüffeld eines Herstellers elektronischer Baugruppen.
11.1.2.1 Messsystem mit seriellem Bus Für Messsysteme mit seriellem Bus hat sich der Bus RS485 durchgesetzt, der auf der Informationsübertragung mittels eines Signals UD basiert, das aus der Spannungsdifferenz zwischen Ue und –Ue gebildet wird, Bild 11-4 illustriert diesen Sachverhalt. Die Generierung und Übertragung von Informationen mit Differenzsignalen hat den entscheidenden Vorteil, dass solche Systeme gegenüber Störsignalen aus der Umwelt resistent sind, wenn man die beiden Kabel zur Übertragung des Differenzsignales körperlich eng anordnet. Um dies zu erreichen, werden die beiden, physisch den Bus bildenden Kabel miteinander verdrillt und man erhält eine
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11 Automatisierte Messsysteme
twisted pair-Leitung. Elektromagnetische Störsignale werden in körperlich eng anordneten Kabel in gleicher Größe und Phase in die zwei Kabel als Störspannung Ustör eingekoppelt. Durch den anschließenden Differenzverstärker für die empfangenen Signale werden diese gleichphasigen Störsignale eliminiert, es liegt die Differenzbildung: 0 U st U st .
(11.1)
vor. Dagegen kann das in Differenzform vorliegende Nutzsignal zu einem weiterverarbeitbaren massebezogenen Signal UN, engl. single ended signal, geformt werden. Die mathematische Beschreibung entspricht unter der Bedingung, die Verstärkung in der gesamten Übertragungsstrecke sei gleich 1, der Beziehung: UN
U e U e 2U e .
(11.2)
Die Verträglichkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen ist für Messsysteme so eminent wichtig, dass man dafür den Nachteil des erhöhten Verdrahtungsaufwands für die Verbindungen mit Differenzsignale in Kauf nimmt. In Bild 11-5 werden die Zusammenhänge illustriert. Das Fehlen jeglicher Steuerleitungen, mit denen Aktionen auf dem Bus angekündigt bzw. unterschieden werden können, z. B. die Übermittlung eines Steuerbefehls oder die Übertragung von Daten, bedingt ein recht aufwendiges Protokoll für den Informationstransfer. Mit festgelegten Schlüsselwörtern für die Steuerung des seriellen Busses und dem ständigen Beobachten und Analysieren der Aktivitäten des Busses durch alle Teilnehmer kann ein geforderter, fehlerfreier Datenaustausch realisiert werden.
Teilnehmer 1 zu sendende Information
UD Pegeldefinitionen: UD > 0,2 V H-Pegel UD < - 0,2 V L-Pegel
Teilnehmer n UD
empfangene Information
Zwei-Draht-Leitung des RS 485-Busses
Bild 11-4 Prinzipielle Realisierung eines seriellen Busses entsprechend RS 485 mit Beispiel der Signalübertragung von Teilnehmer 1 zu Teilnehmer n
11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen Ust (t)
Ue (t)
U
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verdrillte 2Draht-Leitung U
t Ue UD -Ue U
t
UN Ust (t)
-Ue (t)
t
UN = Ue - (-Ue) UstG = Ust - Ust =0
Bild 11-5 Prinzip der Differenzsignalverarbeitung auf dem seriellen Bus entsprechend RS 485
Neben einer leistungsfähigen, d. h. vorrangig schnelle Bitfolgen ermöglichenden Hardware, bestimmt vor allem das mittels Software umgesetzte Protokoll der Informationsübertragung die Eigenschaften des seriellen Bussystems. Es haben sich auf dem Markt eine Vielzahl von Busprotokollen etabliert, von denen aber nur einige wenige in der Messtechnik eine dominierende Stellung besitzen. Sie sollen hier kurz genannt werden, um eine begriffliche Einordnung zu ermöglichen: PROFIBUS, eine von der Firma Siemens stark forcierter Busfamilie, von der vor allem die Variante PROFIBUS-DP (Dezentralized Periphery) zur Realisierung verteilter Automatisierungs- und Messsysteme geeignet ist. Wesentliche Merkmale: x
Übertragungsmedium - Zweidraht-Leitung nach RS485, physisch: Linienstruktur mit Abschlusswiderständen an den beiden Enden,
x
max. Zahl der Teilnehmer d 32, bzw. mit Zwischenverstärker (Repeater) d 127,
x
Reichweite (Länge des seriellen Busses) d 1200 m,
x
Übertragungsgeschwindigkeit: in Abhängigkeit von der erforderlichen Reichweite zwischen 9,6 kBit/s bei d 1200 m Reichweite bis 12000 kBit/s bei d 100 m Reichweite variierend.
Interbus, ein von einem Interessenkonsortium weltweit unterstützter und angewendeter serieller Bus für die Mess- und Automatisierungstechnik. Wesentliche Merkmale: x
Übertragungsmedium – Zweidraht-Leitung nach RS485, physisch zum Ring geschlossen,
x
maximale Teilnehmerzahl d 512, jeder Teilnehmer regeneriert das Signal und sendet es zum nächsten im Teilnehmer im Ring,
180
11 Automatisierte Messsysteme x
Reichweite max. 400 m zwischen zwei Teilnehmern, maximale Systemausdehnung d 13 km,
x
Übertragungsgeschwindigkeit konstant 500 kBit/s.
CAN-Bus, ein ursprünglich für die Anwendung im Automobil entwickelter Bus mit einer physischen Linienstruktur, der zunehmend große Bedeutung in der Mess- und Automatisierungstechnik erlangt hat. Wesentliche Merkmale: x
Übertragungsmedium – Zweidraht-Leitung nach RS485, über Umsetzer auch Lichtleitkabel verwendbar,
x
maximale Teilnehmerzahl – theoretisch unendlich, begrenzt durch die Leistung der Bustreiber,
x
Reichweite – von maximal 40 m bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 1 MBit/s, bis 1 km bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10 kBit/s,
x
Übertragungsgeschwindigkeit – 110 Bit/s ... d 1 Mbit/s dürfen verwendet werden.
Damit soll die beispielhafte Diskussion von seriellen Bussystemen zum Aufbau von verteilten automatisierten Messsystemen abgeschlossen werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, aber eine Begriffsklarheit sollte gegeben sein. Für ausführliche und aktuellste Informationen kann die Nutzung des Internets dringend empfohlen werden. Die Interessen- bzw. Nutzergruppen der genannten Bussysteme betreiben eigene Web-Sites im Internet, aus denen man viele wichtige und vor allem aktuellste Informationen entnehmen kann.
11.1.2.2 Messsystem mit parallelem Bus Wie schon in Tabelle 11.1 angedeutet ist, bei einem parallelen Bussystem der Verdrahtungsaufwand wesentlich größer als bei seriellen Systemen. Je nach Bussystem sind 8...32 Bit parallel, d. h. gleichzeitig, über den Bus zu übertragen, was natürlich eine entsprechende Anzahl von Verbindungsleitungen erfordert. Zu den Datenleitungen kommen dann noch Steuerleitungen, mit denen eine effektive Verwaltung des Busses ermöglicht wird. Das heißt, die Aktivitäten müssen nicht wie bei seriellen Bussystemen mit Nachrichten auf dem Bus angekündigt werden, sondern die Belegung einer Steuerleitung mit einem definierten Pegel löst die gewünschte Busaktion aus, z. B. die Belegung des Speicheranforderungs-Bits mit 0-Pegel, MREQ = 0, aktiviert einen Speicherzugriff im System. So kommen bei komfortablen Bussystemen insgesamt schnell über 100 Leitungen zur Realisierung des Busses zusammen. Aus ökonomischen, aber auch aus technischen Gründen, z. B. Übersprechverhalten, kann deshalb mit parallelen Bussen nur eine kurze Entfernung überbrückt werden. Sie liegt je nach Bustyp zwischen weniger als 1 m und einigen 10 m. Typische Vertreter der parallelen Bussysteme sind der IEC-625-Bus für einfachere Aufgabenstellungen in der Messtechnik und der VXI-Bus für sehr komfortable modulare Messsysteme, bei denen hohe Datenmenge über den Bus zu transportieren sind. Beim VXI-Bus werden einzelne, nicht autark arbeitsfähige Module in einen 19-ZollEinschubrahmen eingesteckt und über die Rückverdrahtung im Einschubrahmen wird die Busverbindung, einschließlich der Zuführung der Stromversorgung der Module realisiert. Diese Module, die VXI-Spezialisten sprechen vom VXI-Device, stellen komplexe fernsteuerbare
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Geräte wie Multimeter, Funktionsgeneratoren, Multiplexer usw. dar. Infolge der Verwendung eines Einschubrahmens, des VXI-Bus-Crates, können Messsysteme auf dieser Basis sehr kompakt aufgebaut werden, bei Wahrung der Modularität und der damit verbundenen Flexibilität. Bild 11-6 zeigt ein Beispiel für ein VXI-Modul und ein VXI-Bus-Crate. Die Konzipierung, der Aufbau und die Inbetriebnahme eines modularen Messsystems auf der Basis des VXI-Busses ist eine komplexe Entwicklungsarbeit und muss deshalb Spezialisten vorbehalten bleiben.
Bild 11-6 VXI-Bus-System und ein einzelnes VXI-Device [Foto: Agilent Technologies GmbH]
Wesentlich einfacher zu handhaben ist die Entwicklung und Realisierung eines Messsystems auf der Basis des IEC-625-Busses. Anhand der Erläuterung des IEC-625-Buses soll die Idee für ein paralleles Bussystem herausgearbeitet werden [17]. IEC-625-Bus soll hier als Synonym für eine parallele Schnittstelle zum Zusammenschalten von Messgeräten dienen, für die sich eine Reihe von Bezeichnungen eingebürgert haben: x
DIN-IEC-625-Bus – Bezeichnung nach der DIN-Norm, unter der dieser Bus seit 1979 in Deutschland genormt ist,
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11 Automatisierte Messsysteme
x
IEEE 488-Bus – Bezeichnung nach der US-amerikanischen Norm,
x
HPIB (Hewlett Packard Interface Bus) – Bezeichnung, welche die Firma Hewlett Packard verwendet hat, auf deren Idee dieser Bus zurückgeht,
x
GPIB (General Purpose Interface Bus) – Bezeichnung, die amerikanischer Wettbewerber zu Hewlett Packard in ihren Unterlagen verwenden (z. B. die Fa. National Instruments). Mittlerweile ist diese Bezeichnung die international allgemein akzeptierte im Markt.
Gerät A Controller, Listener, Talker (z.B PC)
Gerät B Listener, Talker (z.B. Digitalmultimeter)
Gerät C
x
8-Bit-Daten Bus-Leitungen D1...D8
x
3-Bit-Handshake-Bus-Leitungen DAV - Data Valid NRFD - Not Ready For Data NDAC - Not Data Accept
x
5-Bit-Management- Bus-Leitungen IFC - Interface Clear ATN - Attention SRQ - Service Request REN - Remote Enable EOI - End Or Indentify
x
8 Masseleitungen (Ground)
Listener (z.B. Funktionsgenerator)
Gerät D Talker (z.B. Datenlogger)
IEC-625-Bus (24 Leitungen)
Bild 11-7 Grundstruktur des IEC-625-Busses mit Beispielen für mögliche Geräte am Bus, ihren Schnittstellenfunktionen und die Bezeichnung der Leitungen
Alle die genannten Bezeichnungen beschreiben ein und dasselbe Bussystem. Ursprüngliche Unterschiede zwischen der amerikanischen und der europäischen Normung bezüglich des zu
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verwendenden Steckverbinders gehören mit der Modifikation des europäischen Standards schon längst der Vergangenheit an, seither ist einheitlich ein 24-poliger AmphenolSteckverbinder vorgeschrieben. Der Konzeption des IEC-625-Bus lag der Gedanke zugrunde ein automatisiertes Messsystem aus autark funktionsfähigen Geräten zu konfigurieren, wie z. B. Signalgeneratoren, Mess- und Steuergeräte, bei denen die Parameter und Funktionen mit elektrischen Signalen einstellbar sind. Somit mussten diese Geräte nur noch um die Schnittstelle ergänzt werden, mittels derer die Geräte zum Austausch von Daten und Steuerinformationen verbunden werden konnten. Die prinzipielle Struktur eines Messsystems mit IEC-625-Bus ist in Bild 11-7 abgebildet. Insgesamt kann man mit dem IEC-625-Bus bis zu 15 Geräte über eine Gesamtbuslänge von 20 m miteinander verbinden. Dazu müssen diese auch autark funktionsfähigen Geräte für den Anschluss an den IEC-625-Bus mit einer streng genormten Schnittstelle ausgerüstet sein. Die Normung macht es möglich, IEC-625-Bus-fähige Geräte verschiedenster Hersteller problemlos zu einen IEC-625-Bus-Messsystem zusammenzuschalten. Die theoretisch erreichbare Transfergeschwindigkeit für den Datenaustausch liegt bei 106 Zeichen/s, wird aber in der Praxis aufgrund des noch zu beschreibenden Handshake-Verfahrens nur zu einem Bruchteil erreicht.
Bild 11-8 IEC-625-Bus-fähiges Digitalmultimeter und der IEC-625-Bus-Steckverbinder, hier GPIB genannt, auf der Gerät erückseite [Foto: Agilent Technologies GmbH]
Die Daten und Kommandos werden über den Bus in Form hochsprachlicher Nachrichten, d. h. der menschlichen Ausdruckweise angenähert, im ASCII-Code zeichenweise übertragen. Das hat zwar den Nachteil mit sehr stark redundanzbehafteten Daten zu arbeiten, dafür aber den
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11 Automatisierte Messsysteme
entscheidenden Vorteil, dass die Programmierung den intuitiven Vorstellungen des Messtechnikers sehr nahe kommt und deshalb einfach zu erlernen und zu handhaben ist. Somit können auch in der Programmierung weniger geübte Messtechniker erfolgreich mit IEC-BusMesssystemen arbeiten. Die Festlegung dieser Programmierungsphilosophie des IEC-625-Bus hat maßgeblich zu seiner großen Akzeptanz in der Industrie beigetragen. Von der Arbeitsweise her ist dieser Bus asynchron, d. h. es existiert kein Taktsignal als zentrale Zeitbasis. Die Steuerung des Datenaustausches erfolgt unter Nutzung der entsprechenden Leitungen des Handshake-Busses mit einem 3-Draht-Handshake-Verfahren, welches eine gleichzeitige Sendeaktivität eines Teilnehmers und das Empfangen einem, aber auch mehreren Teilnehmern erlaubt. Dabei wird immer auf den langsamsten Teilnehmer im Datenaustausch gewartet, so dass Geräte unterschiedlicher Leistungsfähigkeit in den IEC-Bus integriert werden können. Wie das elektrisch realisiert werden kann, wird anhand der Bilder 11-9 und 11-10 erläutert. 5V
Pull-Up-Widerstände DAV NRFD NDAC
Listener 1
Listener n
Talker
Bild 11-9 Prinzip der „verdrahteten UND“Verschaltung der HandshakeLeitungen des IEC-Busses mit Kennzeichnung der Informationsrichtung
Die grundsätzliche Anbindung der Handshake-Leitungen an den Bus zeigt Bild 11-9. Die Pegelerzeugung erfolgt mit Open-Collector-Transistorstufen, die je Leitung auf einen gemeinsamen Pull-up-Widerstand arbeiten. Auf der betreffenden Busleitung kann nur dann ein elektrischer 1-Pegel erzeugt werden, wenn alle Transistoren an dieser Leitung gesperrt sind. Sowie auch nur ein Transistor durchgesteuert ist, wird die Busleitung mit einem elektrischen 0-Pegel beaufschlagt. In der Digitaltechnik sprechen wir von einem „verdrahtetem UND“. Die Listerner, die Empfänger von Nachrichten, signalisieren ihre Bereitschaft zur Datenübernahme und die erfolgte Datenübernahme an den Talker, dem Sender von Nachrichten. Dieser wiederum signalisiert den Listenern die Gültigkeit von Daten. Für das Verständnis des zeitliche Handshake-Ablaufs muss vorangestellt werden, dass der IEC-Bus mit negativer Logik arbeitet. D. h. ein logischer H-Pegel wird durch einen elektrischen 0-Pegel realisiert, der logische L-Pegel demzufolge durch einen elektrischen 1-Pegel. Damit läuft die Übertragung eines Datenbytes in der folgenden Weise ab: Vor einem Datentransport vom Talker zum Listener muss der Talker ein gültiges Datenbyte auf den Bus gelegt haben und alle beteiligten Listener müssen ihre Bereitschaft zur Datenübernahme signalisiert haben. Diese Bereitschaft signalisieren die Listener mit dem Sperren ihres
11.1 Hardwarekonfigurationen von automatisierten Messsystemen
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jeweiligen Ansteuertransistors für die NRFD-Leitung. Erst wenn auch der langsamste Listener seinen Ansteuertransistor gesperrt hat, kann über den Pull-up-Widerstand die NRFD-Leitung auf den elektrischen 1-Pegel gezogen werden, was einem logische L-Pegel entspricht. Die Erkennung dieses Pegels interpretiert der Talker als Bereitschaft aller Listener zur Datenübernahme (RFD – Ready For Data) und aktiviert das Signal DAV, was den Listenern die Belegung des Datenbusses D1 – D8 mit einem gültigem Datum anzeigt. Die erfolgreiche Datenübernahme zeigen die Listener auf der NDAC-Leitung mit der Sperrung ihres zugehörigen Transistor an. Wenn der bei der Datenübernahme langsamste Listener nach seiner Datenübernahme seinen Transistor ebenfalls gesperrt hat, kann die NDAC-Leitung über den zugehörigen Pull-up-Widerstand auf den elektrischen 1-Pegel gezogen werden, der den logischen 0-Pegel mit der Bedeutung DAC – Data Accept – signalisiert. Anschließend nimmt der Talker die Gültigkeitsanzeige für sein Datenbyte zurück und der IEC-Bus ist bereit zum nächsten Datentransfer.
Daten-Bus
D1...D8
gültige Daten
ungültige Daten
H DAV L
H
Handshake-Bus
NRFD L
H NDAC L
Bild 11-10 Handshake gesteuerte Datenübernahme auf dem IEC-Bus, es sind die logischen Pegel dargestellt, d. h. H – aktiver Pegel, L – inaktiver Pegel. Infolge negativer Logik auf dem IEC-Bus sind die elektrischen Pegel dazu invertiert!
Die beschriebene asynchrone Arbeitsweise des IEC-Busses und die damit verbundene Fähigkeit Messgeräte unterschiedlichster Leistungsklassen und Hersteller ohne Synchronisationsprobleme in ein IEC-Bus-System integrieren zu können, ist ein weiterer Grund für seine große Verbreitung in der Industrie. Für die Programmierung der Messabläufe im IEC-Bus-Messsystem existieren definierte Schnittstellenfunktionen, die in geeigneter Weise aufgerufen und aneinandergereiht werden können, um so einen gewünschten Messablauf zu realisieren. Zur Vereinheitlichung der Programmierung der Gerätefunktionen von fernsteuerbaren Messgeräten, also auch von IEC-625Bus-fähigen Geräten, ist eine Standard-Kommandosprache entwickelt worden, die SCPI – Standard Commands for Programmable Instruments – genannt wird. Infolge der einheitlichen
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Kommandos bleibt ein modulares Messsystem auch nach Austausch eines Gerätes arbeitsfähig, ohne dass Programmteile umgeschrieben werden müssen, die das neue Gerät ansprechen, selbst wenn es von einem anderen Hersteller stammt. Das ist ein sehr wichtiges Effektivitätsmerkmal für modulare Messsysteme, die in der betrieblichen Praxis häufig modifiziert werden müssen, um sich wechselnden Aufgabenstellungen anzupassen. Obwohl schon seit Ende der 1970-iger Jahren im industriellen Einsatz, wird der IEC-625-Bus auch in der nahen Zukunft seine Bedeutung für die Automatisierung einfacher Messaufgaben behalten. Dafür spricht einerseits seine enorme weltweite Verbreitung, andererseits die sehr einfache Handhabung, die auch rechen- und programmtechnisch nicht so versierten Messtechnikern die schnelle und erfolgreiche Applikation dieses Messbus-Systems erlaubt. Nicht zuletzt werden auch neueste Entwicklungen von Messgeräten nach wie vor von Seiten der Hersteller mit einer IEC-625-Bus-Schnittstelle ausgerüstet. Sehr detaillierte Beschreibungen der Schnittstelle, der Programmierung und der zeitlichen Abläufe auf dem IEC-625-Bus findet man z. B. in [17].
11.2 Software zur Steuerung und Visualisierung Solche auch als Instrumentierungs-Software bezeichneten Programme müssen eine einfache Bedienung von Computersystemen zur automatisierten Durchführung von Messaufgaben gestatten, ohne dass man umfangreiche Kenntnisse bezüglich der Hard- und Software seines computergesteuerten Messsystems besitzen muss. Damit kann sich der Messtechniker voll auf seine Messaufgabe konzentrieren und modernste Steuertechniken für die Lösung seiner Messaufgabe nutzen. Bediener
Bedienoberfläche Betriebssoftware (Geräte-)Treiber
Gerät
Hardware
Umwelt
Bild 11-11 Einordnung der Komponenten einer Instrumentierungs-Software in ein Computersystem
Moderne Software für die Instrumentierung von Computern kann in zwei Komponenten unterschieden werden, der eigentlichen, dem Nutzer zugänglichen, Bedienoberfläche und den Treiber (-programmen). In Bild 11-11 wird gezeigt, wie diese beiden Programmkomponenten aus Sicht der Hardware und des Bedieners in das Gesamtsystem integriert sind.
11.2 Software zur Steuerung und Visualisierung
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Unter Treiber, auch Treibersoftware bzw. Gerätetreiber genannt, versteht man die Softwarekomponenten zur unmittelbaren Hardwaresteuerung. Sie müssen die Bedienung der Schaltkreise des Instrumentierungsmoduls mit den erforderlichen Steuer- und Datensignalen im geforderten zeitlichen Regime gewährleisten. Für die Erstellung eines Treibers sind also umfangreiche Detailkenntnisse der elektronischen Schaltung des zu bedienenden Moduls erforderlich. Deshalb werden die Treiberschaltungen fast ausschließlich durch den Modul- bzw. Geräteentwickler erstellt und zusammen mit der Hardware vertrieben. Der Entwickler ist i. Allg. der Einzige, der die Schaltung seines Moduls bzw. Gerätes bis ins kleinste Detail kennt und somit die notwendigen Programmschritte zur Ausführung einer geforderten Aktion festlegen kann. Die Programmerstellung erfolgt in einer höheren Programmiersprache z. B. C++ oder auch TurboPASCAL. Von dem Aufbau her stellen Treiberprogramme meist eine Sammlung von Unterprogrammen dar, welche die notwendigen Aktivitäten zur Erfüllung der geforderten Aufgabe ausführen. Innerhalb des Aufrufes dieser Unterprogramme sind dann meist noch Parameter dem Treiber mitzuteilen, mit denen Spezifikationen, wie z. B. die konkreten physischen Speicheradressen zur Messwertablage oder die physischen Portadressen zur Ein-/Ausgabe u. ä. übermittelt werden. Die Programmierung einer gewünschten Messroutine ist dann letzten Endes nichts anderes als die sinnvolle Aneinanderreihung der parametrierten Unterprogrammteile des Treibers. Die syntaktisch korrekte und ergonomisch effektive Eingabe der Parameter in die Unterprogramme des Gerätetreibers ist Hauptaufgabe einer Bedienoberfläche. Daneben muss sie die Visualisierung der Ein- und Ausgabedaten und bei Bedarf auch des Programmflusses ermöglichen. Somit kann man die Bedienoberfläche als ein Bindeglied zwischen dem Treiber, der auf die Hardware wirkt und dem Bediener sehen. Sie erlaubt eine komfortable Bedienung und Einstellung des Instrumentierungsmoduls, einschließlich der Programmierung komplexer Messroutinen, ohne dass der Nutzer detaillierte Kenntnisse über das Instrumentierungsmodul und seinen Steuerrechner besitzen muss. Als Programmiertechniken sind die klassische menü- bzw. formulargestützte Line-by-LineProgrammierung und grafische Programmieroberflächen üblich. Erstere zielen vorrangig darauf ab, compilerfähige Programme in einer höheren Programmiersprache unter Vermeidung von syntaktische Fehlern zu erstellen. Grafische Programmieroberflächen erlauben dagegen die Konfigurierung kompletter lauffähiger Anwendungsprogramme durch Plazieren vorgegebener Icons auf dem Rechnerbildschirm. Die Icons symbolisieren Messgeräte, Steuereinrichtungen, Programmlaufanweisungen u.v.a. Die notwendigen Verbindungen im Daten- als auch Steuerfluss erfolgen einfach mittels Mausklicks auf dem Bildschirm an den vorgegebenen Stellen. Hier sind á priori keine Kenntnisse einer Programmiersprache zur Erstellung komplexer Programme erforderlich, wie sie auch in der Messtechnik oft notwendig sind. Allerdings bedarf die erfolgreiche programmtechnische Umsetzung einer aufwendigen Messroutine genauso sorgfältiger Planung und Umsetzung wie das bei klassischen Programmiersystemen üblich ist. Vertreter, mit denen die wohl modernste Programmierart umgesetzt werden kann sind z. B. AGILENT-VEE, LabVIEW und DIAdem (es ist zu beachten, dass es sich bei diesen Programmsystemnamen um geschützte Begriffe handelt). Für das Programmsystem AGILENT-VEE sei an einem einfachen Messbeispiel die Bildschirmdarstellung in Bild 11-12 gezeigt. Wie zu erkennen entspricht die Darstellung der gewohnten Vorstellungswelt des Messtechnikers über den Aufbau einer Messanordnung. Deshalb werden sich die grafische Programmieroberflächen für das Gros der Applikationen in der automatisierten Messtechnik durchsetzen.
188
11 Automatisierte Messsysteme
Bild 11-12 Mit der grafischen Programmieroberfläche AGILENT-VEE programmierte einfache Messroutine (Erzeugung einer sinusförmigen Spannung mit ansteigender Amplitude und Bewertung der Spannung mit Digitalvoltmeter und Oszilloskop)
Für jedes Messgerät, aber auch für jede programmtechnische Aktivität steht ein entsprechendes Icon zur Verfügung. Gewünschte Eigenschaften oder Aktivitäten werden entweder direkt in das entsprechende Feld innerhalb des Icons eingetragen, z. B. beim Generator die Frequenz der erzeugten Funktion. Wie in Bild 11-12 gezeigt, ist aber auch eine softwaremäßige Einstellung über programmierbare Eingänge der Geräte möglich, in dem gezeigten Beispiel wird das anhand der Amplitude des Ausgangssignals des Generators demonstriert.
11.3 Kontrollfragen 11.1) Nennen Sie Vor- und Nachteile der Add in-Realisierung eines automatisierten Messsystems. 11.2) Weshalb sind parallele Busstrukturen für die Realisierung von Messsystemen mit großer räumlicher Verteilung nicht geeignet? 11.3) Warum erlaubt die verdrillte Zweidrahtleitung eine weitgehend störsichere Signalübertragung? 11.4) Weshalb benötigt ein IEC-625-Bus-System zur Steuerung des zeitlichen Ablaufs von Aktivitäten keine Synchron- bzw. Taktsignale?
189
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben 1.1)
Es ergibt sich folgende Größengleichung: J Nm kg m 2 1V 1 1 1 C As A s3
1.2)
Es ergibt sich folgende Größengleichung: A2 s2 CC CC C A2 s4 1 1 1 1 1 2 J V N m N m kg m
1F
Die Einheit F, Farad, ist die Maßeinheit für die Kapazität C. 1.3)
Primärnormale stellen eine Verkörperung der physikalischen Größe dar. Entsprechend der Definition bei Basiseinheiten sind sie unmittelbar über atomare Konstanten definiert (außer das vom Urkilogramm abgeleitete Gewichtsnormal) bzw. mittels entsprechend aufwendig hergestellter und überwachter Maßverkörperungen für abgeleitete physikalische Größen dargestellt. Sie sind für die betriebliche Praxis oft zu unhandlich und auf jeden Fall zu teuer.
2.1)
Analoge Signale lassen sich sehr leicht durch Störsignale in ihrer Amplitude verändern. Bei diskreten Signalen dagegen können sich Störsignale erst dann wertverfälschend bemerkbar machen, wenn die Umschaltschwelle zwischen zwei diskreten Werten durch die Störsignale überschritten wird. Bis zum Überschreiten der Umschaltschwelle führen die Störsignale zu keiner Wertabweichung des diskreten Signals. Außerdem lassen sich diskrete Signale fehlersicher codieren und digital darstellen, was die Voraussetzung für die Verarbeitung in der Rechentechnik ist.
2.2)
Messeinrichtung mit analogem, kontinuierlichen Messsignal: x
Manometer an Druckkessel
x
aufgesetzte Messuhr (z. B. zur Messung der Wärmeausdehnung einer feststehenden Achse)
x
analoger Spannungsmesser bzw. Strommesser (z. B. auf Basis des Drehspulmesswerkes)
Messeinrichtung mit diskretem diskontinuierlichen Messsignal: x
Geiger-Müller-Zähler (Messung der Radioaktivität)
x
alle digital anzeigenden Messeinrichtungen (z. B. Digitalmultimeter, Digitalzähler)
190
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
2.3)
Die Genauigkeit, mit der die Referenzinformation für den ADW dargestellt werden kann, bestimmt die technisch erreichbare Genauigkeit dieses Wandlers. Die Referenzinformation entspricht technisch meist dem Wert der kleinsten unterscheidbaren Einheit, dem LSB. Da als physikalische Referenzgröße oft eine elektrische Spannung verwendet wird, wird durch die Genauigkeit der technischen Darstellbarkeit dieser physikalischen Größe die Grenze der erreichbaren Genauigkeit eines ADW bestimmt.
2.4)
Die Abtastfrequenz fab muss gemäß dem Shannonschen Abtasttheorem größer 32 kHz sein.
3.1)
Von dem frequenzanalogen Messsignal ist mittels Impulsformer (z. B. SchmidtTrigger-Schaltung) eine Pulsfolge mit der Frequenz des Messsignals abzuleiten. Zählt man die Pulse innerhalb eines vorgegeben Zeitintervalls aus, z. B. eine Sekunde, repräsentiert der erhaltene Zählwert die gesuchte Frequenz. Das Zeitintervall kann mit der Genauigkeit der Darstellung einer Zeit (Arel d 10-12) generiert werden. Als unvermeidbare Abweichung infolge der Digitalisierung muss dann nur noch der digitale Restfehler beachtet werden.
3.2)
Der arithmetische Mittelwert eines periodischen Wechselsignals lässt sich entsprechend seiner Definition sehr einfach durch die integrierende Wirkung der Trägheit mechanischer oder thermischer Messeinrichtungen, bzw. durch einen Tiefpass 1. Ordnung im Übertragungsverhalten von elektronischen Messeinrichtungen bilden. Für reine Wechselgrößen ist der arithmetische Mittelwert kein repräsentativer Parameter, weil er für diese stets Null ist. Der quadratische Mittelwert eines Messsignals, speziell eines Stromes oder einer Spannung, hat technisch eine sehr große Bedeutung. Auch für reine Wechselgrößen steht mit dem quadratischem Mittelwert ein Parameter zur Verfügung, der repräsentativ für die Amplitude des Wechselsignals ist. Nur über den quadratischen Mittelwert eines Messsignals ist die kurvenformunabhängige Bestimmung der Leistung über einen Verbraucher möglich. Seine Ermittlung ist allerdings wesentlich aufwendiger als die des arithmetischen Mittelwerts.
3.3)
§U2 · ¸¸ ¨¨ © U1 ¹ dB
U 20 lg 2 U1
3.4)
Die im Widerstand umgesetzte Leistung ergibt sich zu:
20 lg 1234
20 3,09
61,8 dB
u2 . R für den quadratischen Mittelwert gilt allgemein: P
u2
1 T
T
2
³ uˆ sin Zt
dt
0
in unserem Fall findet ein Stromfluss und damit ein Leistungsumsatz nur zwischen
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
191
45° = T 8 und 180° = T 2 statt. Daraus ergibt sich: 1 T
u2
mit Z u2
T 2
2 ³ uˆ sin Zt dt
T 8
T uˆ 2 1 1 t sin 2Zt T 2 4Z T
2
. 8
2S erhält man: T
uˆ 2 0,2273
2U 2 0,2273
24048,34 V 2 .
Das führt zu dem gesuchten Leistungsumsatz von: P
u2 R
24048,34V 2 A 1500 V
16,03 W .
4.1)
Die zur Realisierung des Anzeigeausschlags notwendige Energie wird dem Messobjekt entzogen, damit liegen, wenn auch nur geringfügig, andere Belastungen des Messobjekts vor, als ohne Anschluss einer Messeinrichtung nach dem Prinzip der Ausschlagmethode.
4.2)
Drei Gründe sind anzuführen: x
Im Kompensationsfall, auch Abgleichfall genannt, sind Messgröße und Kompensationsgröße gleich groß. In diesem Fall wird dem Messobjekt keine Energie entzogen, d. h. es treten keine Rückwirkung auf das Messobjekt auf.
x
Der Abgleichfall kann mit einen Indikator ermittelt werden, der mit einer gegen unendlich gehenden Empfindlichkeit arbeitet, somit ist der Abgleichfall sehr genau bestimmbar.
x
Bei geeigneter Konstruktion eines Messsystems, das nach der Kompensationsmethode arbeitet, wirken Störungen aus der Umwelt in gleicher Weise auf Messgröße und Kompensationsgröße. Im Abgleichfall kompensieren sich die Störwirkungen zu Null, weil die Differenz aus Messgröße und Kompensationsgröße zum Nachweis des Abgleichfalls benutzt wird; diese Differenz ist im Abgleichfall somit unabhängig von den Störungen gleich Null.
5.1)
Statischer Übertragungsfaktor bzw. Verstärkung, Empfindlichkeit, Auflösung, Genauigkeit, Unsicherheit.
5.2)
Bei der Messung zeitlich veränderlicher Messgrößen und Einflussgrößen sind dynamische Kenngrößen der verwendeten Messeinrichtung zu beachten.
5.3)
Die wirksame Zeitkonstante W des aus Messobjekt und Messeinrichtung bestehenden Messsystems bestimmt dessen Zeitverhalten. Für eine elektrische Messeinrichtung ergibt sich die Zeitkonstante als Produkt aus wirksamer Kapazität und wirksamen Widerstand. Es gilt: W R C .
192
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben Die wirksame Kapazität wird vorrangig durch die Parallelschaltung von Ausgangskapazität des Messobjekts, der Kapazität des Messkabels und der Eingangskapazität der Messeinrichtung realisiert. Der wirksame Widerstand ergibt sich in erster Näherung durch die Parallelschaltung von Ausgangswiderstand des Messobjekts und Eingangswiderstand der Messeinrichtung. Für thermische oder mechanische Messsysteme lässt sich die Überlegung über Analogiebeziehungen entsprechend anstellen.
5.4)
Die Zeitkonstante W, die Einstellzeit te, die Anstiegszeit tan (tr) bzw. bei einer negativen Sprungfunktion die Abfallzeit tf .
5.5)
Die Lösung ist mittels Gl. (5.23) möglich 1 1 mit T und G ( jZ ) G( jZ ) 2 Z 0 1 ZT 1
0,99
0,99
1 2
2
§ f · §Z · ¸ 1 ¨¨ 1 ¨¨ ¸¸ ¸ © f0 ¹ © Z0 ¹ Das Umstellen nach der gesuchten Frequenz f ergibt: 1 0,99 2 f2 1 f02 § f 2 ·¸ 0,99 2 ¨1 ¨ f 0 2 ¸¹ © 0,99 2
f f
f2 f0
2
0,99 2 0,99 2
f2 f02
1
1 0.99 2
(1 0,99 2 ) f 02 0,99 2
(1 0,99 2 ) (107 ) 2 1 s 0,99 2
1,425 MHz
6.1)
Die relative Abweichung wird durch Quotientenbildung von absoluter Abweichung und einem Bezugswert, i. A. dem Wert der Messgröße gewonnen und ist deshalb dimensionslos. Damit kann die relative Abweichung zum Vergleich von verschiedenen Messergebnissen, auch verschiedener physikalischer Größen und damit auch verschiedener Messgeräte, herangezogen werden. Letztlich kann die relative Abweichung als Maß der Verfälschung von Messergebnissen interpretiert werden und sollte im Idealfall gegen Null tendieren.
6.2)
Auf Grund der Definition, dass als systematische Abweichungen solche Messabweichungen bezeichnet werden, die unter gleichen Messbedingungen immer mit dem glei-
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
193
chen Vorzeichen und dem gleichen Betrag auftreten, kann für den bekannten Teil der systematischen Abweichung eine Korrektur erfolgen, wenn: x
die Messabweichungen verursachenden Messbedingungen bekannt sind und deshalb eine mathematische Ermittlung der Korrektion möglich ist, oder
x
sich mit einer Referenzmessung dem richtigen Wert einer Messgröße ausreichend für die konkrete Messaufgabe angenähert werden konnte und somit die erforderliche Korrektion durch eine Referenzmessung zugänglich wurde.
6.3)
Reibungskräfte in Lagern von mechanischen Messinstrumenten, die den Zeigerausschlag bei jeder Messung in einer etwas anderen Position abbremsen, Störeinkopplung in elektronische Messeinrichtungen durch Schaltvorgänge in Kraftstromnetze, Rauschen (Widerstandsrauschen, Funkelrauschen) in Verstärkerbaugruppen elektronischer Messeinrichtungen, nichtdokumentierte Temperaturänderungen während des Messvorgangs.
6.4)
Zufällige Abweichungen lassen sich durch wiederholte Messungen feststellen. Der exakte Wert der durch zufällige Fehlerwirkungen hervorgerufenen Abweichungen kann nicht berechnet werden. Mit den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist die Angabe eines Bereiches möglich, in dem sich der wahre Wert der Messgröße mit einer definierten statistischen Sicherheit P, also der zugehörigen Wahrscheinlichkeit, befindet. Zur Angabe dieses Bereiches ist deshalb unbedingt auch die zugehörige statistische Sicherheit mit anzugeben. In der Messtechnik üblich statistische Sicherheiten für die Angabe von Bereichen für zufällige Abweichungen sind 95 % und 99 %.
6.5)
Eine endliche Messreihe stellt mathematisch gesehen eine Stichprobe aus den theoretisch unendlich vielen Messrealisierungen dar, also aus einer latent vorhandenen unendlichen Grundgesamtheit.
6.6)
Der Erwartungswert µ ist der Mittelwert einer unendlichen Messreihe und ist genau wie die Standardabweichung V als Parameter einer unendlichen Messreihe, allgemein einer unendlichen Gesamtheit, definiert. Da eine endliche Messreihe nur eine Stichprobe aus einer unendlichen Messreihe darstellt, kann man den Erwartungswert µ und die Standardabweichung V nicht aus den Einzelwerten einer endlichen Messreihe berechnen. Für endliche Messreihen sind deshalb der arithmetische Mittelwert x und die empirische Standardabweichung s zu benutzen. Beide Parameter nähern sich mit zunehmender Stichprobengröße den entsprechenden Werten für unendliche Messreihen an.
6.7)
Wenn die einzelnen Messgrößen, aus denen das Gesamtergebnis berechnet wird 100%tig korreliert sind, d. h. Korrelationskoeffizient r = 1, muss die lineare Addition der gewichteten Unsicherheiten der einzelnen Messgrößen zu verwendet werden.
194
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
6.8)
Die erweiterte Standardunsicherheit uE beschreibt einen Bereich, in dem eine möglichst große Zahl von Messwerten liegt. Sie wird i. A. als das zwei- oder dreifache der Standardunsicherheit u(x) angenommen. Ohne die betrachteten Messungen explizit mit den für die Normalverteilung gültigen Methoden und Regeln zu analysieren, wird die erweiterte Standardunsicherheit aus Erfahrungen mit normalverteilten Messreihen definiert.
6.9)
Für eine endliche Messreihe sind das: x
die empirische Standardabweichung der Einzelwerte,
x
der arithmetische Mittelwert aller Einzelwerte und
x
die empirische Standardabweichung des Mittelwertes; aus ihr kann auf die Standardunsicherheit geschlossen werden.
6.10) Fehlergrenzen kennzeichnen Messgeräte bezüglich ihres zu erwartenden Beitrages zu Abweichungen eines Messergebnisses. Sie werden entweder vom Hersteller in eigener Verantwortung festgelegt oder vom Gesetzgeber vorgegeben und sind dann einzuhalten. Genauigkeitsklassen sind in einschlägigen Normen definiert und Messgeräte können ihnen entsprechend ihrer Fehlergrenzen zugeordnet werden. Die Genauigkeitsklasse gibt bezogen auf den Endwert des gewählten Messbereiches eine symmetrische Fehlergrenze in Prozent an, die das so klassifizierte Messgerät bei Nutzung unter vorgeschriebenen Bedingungen nicht verletzen darf. 7.1)
Zur Beantwortung dieser Frage ist die Auswirkung der relativen Abweichung die infolge der additiven Fehlerwirkung entsteht zu betrachten. Die relative Abweichung entspricht bekanntlich in guter Näherung dem Quotienten aus absoluter Abweichung und dem Wert der Messgröße bzw. der Anzeigegröße. Die Auswirkung des additiven Fehlers einer Messeinrichtung beschreibt die Verschiebung der Übertragungskennlinie einer Messeinrichtung infolge einer Fehlerwirkung um einen konstanten Wert in jedem Punkt dieser Kennlinie. Folglich wird die sich ergebende relative Abweichung der Messeinrichtung infolge der genannten Quotientenbildung mit kleiner werdenden Messgrößen immer größer, um mit Messgrößen, die gegen Null tendieren, gegen unendlich zu streben. Auf alle Fälle wird das Messergebnis in diesem Fall durch die Wirkung des additiven Fehleranteils dominiert. Somit kann das Messergebnis bei Vorliegen von additiven Fehlern der Messeinrichtung in der Umgebung des Nullpunktes den Wert der Messgröße nicht mehr aussagekräftig repräsentieren.
7.2)
Quantisierungs- und digitaler Restfehler, besser Abweichung infolge der Quantisierung, repräsentieren den Informationsverlust, der bei der Digitalisierung eines analogen Informationssignals, also auch eines Messsignals entsteht. Dies folgt aus der Tatsache, dass bei der Digitalisierung ein unendlicher Wertevorrat auf einen endlichen Wertevorrat abgebildet wird.
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben 1
1
2,442 10- 4
7.3)
Arel
8.1)
Zwei Gründe lassen sich im Wesentlichen angeben:
8.2)
fQ
n
2 1
12
2
1
195
0,02442 %
1.
Die erreichbare Genauigkeit der Darstellung der Zeit und deren Kehrwert, die Fre't d 10 13 , bzw. quenz, als Referenzgrößen für Messeinrichtungen liegt mit t 'f d 10 13 um mehrere Zehnerpotenzen höher als die erreichbare Genauigkeit f für die Darstellung anderer physikalischer Größen, wie z.B. der elektrischen Spannung.
2.
Messsignale, bei denen die Information in den Parametern Frequenz oder Zeit (i. Allg. Periodendauer) steckt, lassen sich sehr einfach in digitale, rechnerverarbeitbare Messsignale überführen.
Für eine gegebene Zeitfunktion eines Wechselsignals, z. B. einer sinusförmigen Wechselspannung existiert ein fester Zusammenhang zwischen Gleichrichtwert und EffekU eff . tivwert, der durch den Formfaktor F beschrieben wird: F u Somit kann bei Messungen z. B. im Zusammenhang mit dem öffentlichen Energieversorgungsnetz, wo sinusförmige Wechselspannung und sinusförmiger Wechselstrom vorliegen, die Messung mit Messgeräten erfolgen, die physikalisch den Gleichrichtwert erfassen, die Anzeige jedoch in Effektivwerten skaliert ist.
8.3)
Die unvermeidliche absolute Abweichung bei zählenden Messverfahren beträgt 1. Für diese Abweichung ist auch der Begriff digitaler Restfehler üblich. Bezogen auf ein Zählergebnis n beschreibt der Quotient aus digitalem Restfehler und dem Zählergebnis die verfälschende Wirkung des digitalen Restfehlers: 1 n Der Quotient wird mit zunehmenden Zählergebnis kleiner, folglich muss im Interesse einer geringen Wirkung des digitalen Restfehlers das Zählergebnis möglichst groß sein! Ar
8.4)
Mit der Umstellung von Gl. (8.17) ergibt sich: 4U AB R 4 25 mV 1 k: 'R 10V U0 'R 10 :
196 8.5)
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben Gl. (8.22) nach der gesuchten Frequenz umgestellt lautet: 1 mA I f ! 2S C U 2S 1,5 10 9 AsV 1 10 V f ! 10610 Hz 10,61 kHz Die Scheinleistung berechnet sich mit Gl. (8.9) zu: S
U I
10 V 1 mA 10 2 V A 10 mVA
9.1)
Analoge bzw. quasianaloge Anzeigen lassen sich durch den Menschen visuell wesentlich schneller erfassen als Ziffernanzeigen. Deshalb werden bei Messaufgaben, wo durch einen Menschen viele Messwerte in kurzer Zeit, auch bezüglich ihrer Tendenz, zu überwachen sind, bevorzugt Messeinrichtungen mit solchen Anzeigen verwendet. Beispiele sind Warten von großen Industrieanlagen (Kraftwerke, Großanlagen in der chemischen Verfahrensindustrie), aber auch das Cockpit im Flugzeug.
9.2)
Folgende grundsätzliche Filtertypen kommen in Messeinrichtungen zur Anwendung:
9.3)
1.
Hochpass-Filter, z. B. zur Unterdrückung von netzfrequenten Störspannungen, die eine Frequenz von typischerweise f = 50 Hz oder ein vielfaches davon besitzen (Störeinkopplung durch das Magnetfeld eines Netztransformators).
2.
Tiefpass-Filter, z. B. zum Abblocken von Hochfrequenzeinstreuungen (Rundfunksender, Mobilfunktelefone usw.),
3.
Bandpass-Filter, z. B. zur Begrenzung der Nutzbandbreite zwecks Verbesserung des Rausch-/Nutzsignalverhältnisses (Stärke des weißen Rauschens, auch als Widerstandsrauschen bezeichnet, ist proportional der Frequenzbandbreite).
Für ein Handmultimeter bietet sich das AD-Wandlerprinzip nach dem Dual-SlopeVerfahren an. Das Verfahren ist relativ langsam. Da der Mensch aber nur wenige Messwerte pro Zeiteinheit ablesen kann, ist das kein einschneidender Nachteil bei Handmultimetern. Aufgrund des Differenzprinzips bei dieser AD-Wandlung, gleiche Schaltungsteile sind parameterbestimmend für die Aufintegrationsphase und für die Abintegrationsphase, wird für die genauigkeitsbestimmenden Bauteile nur eine Kurzzeitstabilität verlangt. Da diese Forderung nach Kurzzeitstabilität technisch relativ leicht zu erfüllen ist, kann mit kostengünstigen AD-Wandlern nach dem Dual-SlopePrinzip ein Handmultimeter mit hoher Genauigkeit hergestellt werden.
10.1) Bei einem Differentialsensor sind zwei datengleiche (Teil-) Sensoren baulich vereint. Die Messanordnung ist so zu realisieren, dass ein Sensor eine Parameteränderung in positiver Richtung erfährt (d. h. x+'x), der zweite Teilsensor dagegen in negativer Richtung (d. h. x-'x). In der Messschaltung wird das Messsignal durch Differenzbildung gewonnen. Im Ergebnis heben sich, zumindest in einem endlichen Aussteuerbereich des Gesamtsensors, Nichtlinearitäten der beiden Teilsensoren auf. Man erhält einen größeren Aussteuerbereich des Sensors mit verbesserter Linearität und größerer Empfindlichkeit.
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
197
10.2) Ursächlich werden kleine Längenänderungen gemessen, somit können aber auch: x
Kräfte, welche die Längenänderungen hervorgerufen haben,
x
Drehmomente, welche Biegungen hervorgerufen haben und
x
Massen, die durch die Erdbeschleunigung eine Längenänderung verursachende Kraft hervorrufen (Kraftmessdose)
gemessen werden. 10.3) Entsprechend Gl. (10.40) erhält man für die wirksame thermische Temperaturkonstante kthMe1, Me2 : kthMe1, Me2
kthPt , Me1 kthPt , Me2
7,5 µVK 1 35 µVK 1
42,5 µVK 1 ,
hiermit kann nach Gl.(10.39) die maximale Ausgangsspannung Uth berechnet werden: U th
42,5 µVK 1 250 K 10625 µV 10,625 mV | 10,6 mV .
kthMe1, Me 2 '-
10.4) Den Ansatz für die Berechnung der temperaturabhängigen Widerstandsänderung liefert Gl. (10.32): 'R(- )
R0 D '-
200 : 1,3 10 5 K 1 40 K
-0,104 ȍ .
Damit ergibt sich unter Zuhilfenahme von Gl. (10.15) eine vorgetäuschte Dehnung H von: 'R 1 0,104 : 1 0,00026 0,026 % . H R k 200 : 2 10.5) Entsprechend der Skizze in Bild 10-43 ergibt die konstruktive Ausführung des Sensors für die Messung der Foliendicke drei in Reihe geschaltete Kondensatoren: C1: Kondensator mit Dielektrikum Luft, Hr = 1, dem Abstand d1 und der Fläche A, C2: Kondensator mit Dielektrikum Kondensatorfolie, Hr > 1, dem Abstand dF und der Fläche A, C3: Kondensator mit Dielektrikum Luft, Hr = 1, dem Abstand d2 und der Fläche A. Somit gilt: 1 1 1 1 C ges C1 C 2 C3 1 C ges
d1 dF d 2 H 0 A H 0H r A H 0 A
d1 d 2 dF H 0 A H 0H r A
d dF dF H 0 A H 0H r A
d d F H r d F H 0H r A
die Gesamtkapazität berechnet sich somit zu: C ges
H 0H r A
d d F H r d F
.
Da d1 und d2 nicht mehr in der Gleichung enthalten sind, geht die Lage der Folie zwischen den Kondensatorplatten nicht in das Messergebnis ein!
198
Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben
11.1) Vorteile: Kostengünstig zu realisieren; kompaktes Messsystem, das bei Bedarf auch transportabel realisierbar ist; Nutzung des breiten Hard- und Softwareangebots zu PC’s. Nachteile: Durch den kompakten Aufbau ist eine Einkopplung von Störsignalen in die messsignalverarbeitenden Einsteckbaugruppen möglich; infolge der durch den PC vorgegebenen konstruktiven Restriktionen, speziell des PC-Gehäuses, ist nur ein begrenzter Hardwareaufbau zur Realisierung der Messgerätefunktionen nutzbar. Das Messsystem ist nicht bezüglich Rechnerleistung und geometrischer Abmessungen optimierbar. 11.2) Parallele Busstrukturen bestehen aus einer Vielzahl von Daten-, Steuer-, und Statusleitungen. Die Gesamtzahl der den Bus realisierenden elektrischen Leitungen, an denen die Busteilnehmer elektrisch parallel geschaltet sind, kann von 10 bis weit über 100 Leitungen reichen. Damit geht mit der Busrealisierung ein großer Verdrahtungsaufwand einher. Die zwei wesentlichsten Gründe für die Einschränkung der erzielbaren Übertragungsreichweite sind: 1. ökonomischer Grund: Infolge des hohen Verdrahtungsaufwandes ist eine lange Busverbindung mit hohen Kosten verbunden, die den Vorteilen des einfachen Protokolls bei der Informationsübertragung über den Bus und der erreichbaren hohen Datenübertragungsgeschwindigkeit gegenüberstehen. 2. technischer Grund: Bei großen Leitungslängen führen die wirksamen Kapazitäten zwischen den Leitungen des parallelen Bussystems zu verstärktem Übersprechen zwischen den Leitungen, was eine fehlersichere Informationsübertragung mit zunehmender Leitungslänge erschwert. Außerdem reduzieren diese unerwünschten Kapazitäten die erreichbaren Signalanstiegszeiten und damit die erzielbare Datenübertragungsgeschwindigkeit. 11.3) Durch die Verdrillung der zwei Leitungen liegen diese körperlich eng beieinander. Deshalb werden Störsignale in beiden Leitungen mit gleichem Betrag und gleicher Phase eingekoppelt. Auf den Leitungen werden nun keine massebezogenen Informationssignale übertragen, sondern Differenzsignale, diese werden in einem Differenzverstärker ausgewertet. Infolge der Differenzbildung an diesem Verstärker ergibt sich die Summe der Störsignale zu null; das Differenzsignal als Träger der Information liefert am Ausgang des Differenzverstärkers ein weiterverarbeitbares Informationssignal. 11.4) Die Steuerung des zeitlichen Ablaufs der Nachrichtenübertragung auf dem IEC-625Bus erfolgt asynchron mit den drei Handshake-Leitungen. Über das realisierte 3-DrahtHandshake-Protokoll wird automatisch erreicht, dass die Teilnehmer an einem Nachrichtenaustausch immer auf den langsamsten Teilnehmer am Kommunikationsprozess warten. Der gesamte Ablauf der Nachrichtenübertragung stellt ein asynchrones Übertragungsverfahren dar, dass keine Takt- und Synchronsignale benötig und das problemlose Zusammenarbeiten von IEC-625-Bus-Geräten mit unterschiedlichsten Verarbeitungsgeschwindigkeiten erlaubt.
199
Symbole und Abkürzungen Į ȕ ǻ į İ İ0 İr Ș µ µ0 µr ȟ ʌ Ȣ ı
W ĭ ij Ȧ A ADW AM Ar Arel As As,b As,u B C Cf D d DAQ DAW Dgl. DMS
- Temperaturbeiwert -(koeffizient), linearer Anteil;Winkel;Zeigerausschlag - Temperaturbeiwert (-koeffi zient), quadratischer Anteil - endliche Differenz - Verlustwinkel - relative Längenänderung D ( ehnung);Dielektrizitätskonstante - absolute Dielektrizitätskonstante 8( ,854 10-12 Fm-1) - relative Dielektrizitätskonstante m ( aterialabhängig) - relative nÄderung des spezifischen Widerstands infolge Dehnung - Erwartungswert;Poissonzahl (Querkontraktionszahl) - absolute Permeabilität 1( ,256 10-6 Hm-1) - relative Permeabilität a( uch:Permeabilitätszahl) - Crestfaktor (Scheitelfaktor) - Zahl Pi (ʌ =3,1415.....) - spezifischer Widerstand eines Drahtes - Standardabweichung, Gewichtsfunktion - Zeitkonstante - Temperatur (in Grad Celsius) - magnetischer Fluss;Wahrscheinlichkeitsintegral - Phasenwinkel - Kreisfrequenz - Amplitude;Fläche, Abweichung - Analog-Digital-Wandler - Messgeräteabweichung - zufällige Abweichung - relative Abweichung - systematische Abweichung - bekannte systematische Abweichung - unbekannte systematische Abweichung - magnetische Induktion;Materialkonstante für NTC i(st temperaturabhängig) - Kapazität - Federkonstante - Verschiebeflussdichte;Dämpfungsgrad - Durchmesser - data acquisition D ( atenerfassung) - Digital-Analog-Wandler - Differentialgleichung - Dehnungsmessstreifen
200 E F f fab Fabs FQ Frel FS Fsat FZ G H h I i Iv j jX k K kp kth KV L l LSB M m MSB N n NTC OPV P p ppm PTC Q R s S
Symbole und Abkürzungen - Empfindlichkeit;Feldstärke - Formfaktor;Kraft - Frequenz;Dichtefunktion der Normalverteilung - Abtastfrequenz - absolute Feuchte - Quantisierungsfehler - relative Feuchte - full scale - Sättigungsfeuchte - digitaler Restfehler - Grenzabweichung;Übertragungsfunktion - Häufigkeit, magnetische Feldstärke - relative Häufigkeit;Ve rteilungsdichtefunktion - elektrischer Strom G ( leichanteil oder Effektivwert) - elektrischer Strom z( eitlich veränderlicher, d.h. i(t;)Laufindex - Lichtstärke - Laufindex - Blindanteil eines komplexen Widerstands - k-Faktor;Klirrkoeffizient;Übertragungsfaktor;Konstante - Klirrfaktor;Korrektion - piezoelektrische Konstante P ( iezo-Modul) - Thermokoeffizient (Thermokonstante) - Tastverhältnis - Induktivität - Länge - least significant bit n( iederwertigstes Bit) - Messwert i(. Allg. berichtigtes Messergebnis) - Masse;Zahl von Ereignissen - most significant bit h( öchswertigstes Bit) - Anzahl der Windungen einer Spule;Impulsanzahl - Zahl von Ereignissen - negativ temperature coeffizient n( egativer Temperaturkoeffizient) - Operationsverstärker - Druck;Wahrscheinlichkeit;Wirkleis tung G ( leichanteil oder Effektivwert) - Wirkleistung, zeitlich veränderliche, d.h. p(t) - part per million e( ntspricht dem Faktor 10 -6) - positiv temperature coeffizient p( ositiver Temperaturkoeffizient) - Ladungsmenge;Blindleistung - ohmscher Widerstand - empirische Standardabweichung, Weg - Scheinleistung
Symbole und Abkürzungen T t tf TK ti tr U u v V v.E. v.M. W x X
- Temperatur, absolute;Periodendauer, - Zeit;t-Transformation, Student-Verteilung - Abfallzeit f(alse time) - Temperaturkoeffizient - Impulsdauer - Anstiegszeit r(ise time), auch ta - elektrische Spannung G ( leichanteil oder Effektivwert) - elektrische Spannung (zeitlich veränderliche, d.h. u(t));Unsicherheit - Geschwindigkeit;Verstä rkung;Vertrauensbereich - Volumen - vom Endwert e( ines Messgerätes bzw. Messbereiches) - vom Messwert e( ines Messgerätes) - Arbeit, Energie - zeitlich veränderliche physikalische Größe, d.h. x(t);(Schätz-)Wert einer Messgröße - Effektivwert oder Gleichwert einer physikalischen Größe;Blindwiderstand
x
- Gleichrichtwert der Größe x(t)
x x x
- arithmetischer Mittelwert der Größe x(t)oder von n Einzelwerten xi - x abgeleitet nach der Zeit t - x zweimal abgeleitet nach der Zeit t - Anzeigegröße, Ausgangsgröße - kapazitiver Blindwiderstand - Eingangsgröße - mit Abweichung behaftete Messgröße - induktiver Blindwiderstand - richtiger Wert einer Messgröße - wahrer Wert der Messgröße - Ergebnis einer indirekten Messung - Betrag des komplexen Widerstand, d.h. Scheinwiderstand - komplexer Widerstand
xa XC xe xf XL xR xw y Z Z
201
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204
Sachwortverzeichnis A Abfallzeit 16 Abtasttheorem 12 Abweichung bekannte systematische 50 Messgeräte- 74 unbekannte systematische 50, 55 zufällige 55 Abweichungen systematische 49 zufällige 49 Add in 174 Add on 175 ADW 12, 116 Abtastgeschwindigkeit 116 Auflösung 116 Dual-Slope- 119 Parallel- 121 Referenzspannungsquelle 117 sukzessive Approximation 117 AD-Wandlung 116 Aktorkette 112 Amplitudenabfall 45 Amplitudengang 43 AND-Verknüpfung 108 Anstiegszeit 16, 41 Anti-Aliasing-Filter 13 Anzeige quasianaloge 123 Ziffern- 123 Auflösung 37 Aufnehmer 125 Ausgleichsdose 167 Ausgleichsleitungen 168 Ausschlagmethode 30 Ausschlagverfahren 99
B Berichtigung 51 Beschleunigungskraft 159 Beschleunigungsmessung 159 Beschleunigungssensor federgefesselter 158 BIPM 3 Blindleistung 93, 95
Bus 176 Bussystem paralleles 180 serielles 177
C CAN-Bus 180 Cäsiumresonator 88 CGPM 2 Code-Lineal 132 Abtastfehler 133 redundante Abtastung 134 Crestfaktor 22
D Dämpfungsgrad 159 Dämpfungskraft 159 Dehnungsmessstreifen 148 Demodulationsverfahren 10 Dezibel 25 D-Flip-Flop 129 Dielektrikum 102 Differential totales 53 Differentialgleichung 39 Differentialsystem 138 Differenzmethode 31 DMS Halbbrücke 152 Halbleiter 149 Metall 149 Viertelbrücke 150 Vollbrücke 153 Dreheiseninstrument 91 Drehspulmesswerk 89 Dreileiter-Schaltung 100 Drossel 104
E Effektivwert 20 Effektivwertmessung echte 91
Sachwortverzeichnis über Formfaktor 91 Eichung 5 Eingangskapazität 39 Einheit 3 Einheitengleichung 2 Einstellzeit 41 Einzelimpuls 16 Elektrolytkondensatoren 103 Elektrometerverstärker 155 Empfindlichkeit 36 EMV 112 EMVG 113 Ermittlungsmethode A 67 Ermittlungsmethode B 67 Erwartungswert 61 Etalon 4
F Fadenhygrometern 170 Federkonstante 158 Federkraft 159 Fehler 48 additiver 79 multiplikativer 80 Fehlergrenzen 75 Fehlertypen von Messeinrichtungen 79 Feuchte 169 Feuchtemessung 170 kapazitiv 171 resistive 171 Filterung 113 Force-Leitung 99 Formfaktor 91 Fortpflanzungsgesetz lineares 53 Frequenz 18 Frequenzmessung 108 digitale 109 Frequenzspektrum 23 Fühler 125 Füllstandsmessungen 145
G Gauß-Verteilung 62 Genauigkeitsklassen 76 Gesamtabweichung
205 maximale 76 mittlere 77 Gleichrichtwert 19, 90 Gleichstrombrücke 99 GPIB 182 Gray-Code 133 Grenzabweichung obere 75 untere 75 Grenzfrequenz 43 Größen nichtelektrische 111 Größen, elektrische 87
H Häufigkeit 58 Histogramm 58 Hitzdrahtinstrument 91 HPIB 182
I IEC-625-Bus 180 IEEE 488-Bus 181 Impedanzwandler 115 Impulsdauer 16 Induktivität 105 Informationsparameter 8 Interbus 179
J Justierfehler 79 Justierung 5
K Kalibrierung 5 Kennlinienfunktion 36 Klasse 58 Klassenbreite 57 Klirrfaktor 25 Klirrkoeffizienten 25 Kodieren 11 Kompensationsfall 32 Kompensationsmethode 32 Kondensator 101
206 idealer 102 realer 102 Korrektion 51 Korrelation 71 Kraftmessdose 153 Kraftwirkung, elektrostatische 89 Kreisfrequenz 17
L Ladungsverstärker 156 Längstankergeber 138 Laserinterferometer 131 Leistungnormpegel 27 Leistungsmessung 92 Leitwert komplexer 101 logarithmisches Übertragungsverhältnis 25 Leistungsverhältnis 26 Spannungsverhältnis 26 Stromverhältnis 26 Luftfeuchte 169
M Manganinwiderstand 88 Maßeinheit 1 kohärente 3 nichtkohärente 4 Messabweichung 47 absolute 48 relative 48 systematische 47 zufällige 47 Messeinrichtung 34 dynamische Kenngrößen 35, 37 Eigenschaften 35 Eingangswiderstand 39 Frequenzverhalten 42 Grundstruktur 34 Kennlinie 35 statische Kenngrößen 35 Zeitverhalten 39 Messergebnis Mitteilung des 73 vollständiges 73 Messgenauigkeit 87 Messgenauigkeitsangabe 84
Sachwortverzeichnis Messgeräte elektromechanische 88 elektronische 89 Messgröße 1 richtiger Wert 47 wahrer Wert 47 Messkette 35, 111 Messmethoden 30 Messreihe 49, 56 endliche 65 Messsignal 6 Ausgabe 122 Signalformen 14 Verarbeiten 122 Messsystem automatisiertes 173 Hardware 173 modulares 177 Messtechnik 1 Messung direkte 52 ideale 47 indirekte 52 mechanischer Schwingungen 158 reale 47 Stromstärke, Spannung 88 Widerstands- 97 Messwertverteilung, diskrete 58 Mikrocontroller 127 Mittelwert 18 arithmetischer 18, 66 linearer 18 quadratischer 19 Modulation 10 Amplituden- 10 Frequenz- 10 Phasen- 10 Pulscode- 11 Multiplexen 113 Multiplexer 1-aus-n- 113 Matrix- 113 monolithischer 114 Relais- 114
N Nebenwiderstand 90 Normal 1, 4 Normalelement 88
Sachwortverzeichnis Normalverteilung 60 Normpegel 27
O Offset 79 OPV 115
P Periodendauer 17 Phasengang 43 Phasenverschiebung 18 piezoelektrische Konstante 154 Piezomodul 154 POISSON-Zahl 149 Polarisationseffekte 102 Primärnormal 4 PROFIBUS 179 Protokoll 178 Puls 16 Pulsfolge 16
Q Quantisieren 11 Quantisierungsfehler 81 Querankergeber 138
R Referenzspannungsquelle 117 Restfehler,digitaler 83 RS485 177
S Scheinleistung 93 Scheinleitwert 101 Scheinwiderstand 101 Scheitelfaktor 22 Schirmung 112 Schnittstelle Centronics- 175 COM- 176 digitale 127 USB- 176 SCPI 185
207 Sense-Leitung 98 Sensor 125 aktiver 125 Dehnungs- 148 Feuchte- 170 induktiver 137 inkrementaler 128 kapazitiver 142 NTC- 163 ohne Festpunktbezug 158 passiver 125 piezoelektrischer 154 potentiometrischer 135 PTC- 163 seismischer 160 Temperatur- 161 transformatorischer 139 Sensorik 112 Shunt 90 SI Basiseinheiten 3 SI-Einheitensystem 1 Signale 6 determinierte 6 digitale 14 elektrische 6 frequenzanaloge 14 stochastische 6 Signalverläufe, sinusförmige 16 Sinusschwingung 17 Software Bedienoberfläche 186 Treiber 186 Software Instrumentierungs- 186 Spannungsmessung 90 Spannungsnormpegel 27 Spitzenwert 18 Sprungfunktion 40 Spule 101 reale 105 Standardabweichung 61 empirische 66 empirische des Mittelwertes 66 Standardfunktionen 40 Standardunsicherheit kombinierte 70 stochastischen Signalen 6 Strommessung 90 Synchro 141
208
T Taupunkt 169 Temperaturbeiwert 164 Temperaturkoeffizient 162 Testfunktionen 40 Thermoelement 166 Thermokoeffizient 165 THOMSEN-Brücke 99 Tiefpass 38 Torschaltung 108 Totzeit 42 Trägerfrequenzmessgerät 107 t-Verteilung 68 twisted pair 178
U Übertragungsfaktor 35 Unsicherheit 66 erweiterte 72 Standard- 66 Unsicherheiten Fortpflanzung von 70 Unterschiedsverfahrenverfahren 31
V Varianz 61 Schätzwert der 66 Vergleichsstellenproblem 166 Verlustwinkel 103, 105 Verstärkung 35 Messignal- 115 Verstärkungsfehler 80 Verteilung 59
Sachwortverzeichnis Verteilungsdichtefunktion 59 Vertrauensbereich 67 Verzögerung 1. Ordnung 37 Verzögerungsverhalten 37 Vierleiter-Schaltung 98 VXI-Bus 180
W Wahrscheinlichkeitsintegral 63 Wandlung Analog-Digital 11 Informationsparameter 9 Messsignal 8 Wattmeter 92 WEATSTONE-Brücke 99 Wechselgrößen 18 Wechselspannungsmessschaltungen 101 Wechselstrombrücke 106 Wegsensor 160 Widerstand 94 komplexer 101 Widerstandsthermometer 162 Platin- 162 Wiederholbedingungen 49 Winkelmessung induktive 139 inkrementale 131 kapazitive 147 Wirkleistungsmessung 94
Z Zeitmessung 108 digitale 109 Zweileiter-Schaltung 97