Andrea Ziefle Familienpolitik als Determinante weiblicher Lebensverläufe?
Andrea Ziefle
Familienpolitik als Determin...
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Andrea Ziefle Familienpolitik als Determinante weiblicher Lebensverläufe?
Andrea Ziefle
Familienpolitik als Determinante weiblicher Lebensverläufe? Die Auswirkungen des Erziehungsurlaubs auf Familien- und Erwerbsbiographien in Deutschland
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Die vorliegende Publikation wurde im Rahmen des Projekts „Human Capital Effects of the Welfare State“ duch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Zugl.: Dissertation an der Freien Universität Berlin
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Katrin Emmerich / Marianne Schultheis VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16938-5
Für meine Mutter
Inhaltsverzeichnis 1
Einleitung ...................................................................................................... 9
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Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen ....... 19 2.1 Familiengründung, Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik .......................... 20 2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik .................. 34 2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität............................................. 53
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Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik ........... 65 3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit .... 66 3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik .......................... 80 3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich ...................................... 105
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Untersuchungsdesign und Analysestrategie .............................................. 119 4.1 Die Reformen des Erziehungsurlaubs als natürliches Experiment ................ 120 4.2 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP)......................................................... 122 4.3 Analysestrategie ............................................................................................ 125
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Die Reformen des Erziehungsurlaubs und das Fertilitätsverhalten von Frauen ....................................................................................................... 131 5.1 Methoden ...................................................................................................... 131 5.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse ............................................................ 134 5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse ........................................................... 140 5.4 Zusammenfassung ........................................................................................ 161
6
Der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub und die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen .......................................................................... 164 6.1 Methoden ...................................................................................................... 165 6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse ............................................................ 170 6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse ........................................................... 187 6.4 Zusammenfassung ........................................................................................ 201
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Inhaltsverzeichnis
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Die Reformen des Erziehungsurlaubs und die Kontinuität von Erwerbsbeteiligung und Erwerbseinkommen ........................................... 203 7.1 Methoden ...................................................................................................... 204 7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen .............. 206 7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf ........................ 234 7.4 Zusammenfassung ........................................................................................ 264
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Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern 267 8.1 Methoden ...................................................................................................... 268 8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft ................................................................. 270 8.3 Lohnentwicklung .......................................................................................... 293 8.4 Zusammenfassung ........................................................................................ 321
9
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ............................................. 324
Literaturverzeichnis .......................................................................................... 334
1 Einleitung
Die soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zählt nach wie vor zu den Schlüsselfragen der Sozialstrukturanalyse. Die asymmetrische Verteilung von Ressourcen sowie der ungleiche Zugang zu Einkommenschancen und Erwerbspositionen prägen die Geschlechterordnung und die Geschlechterungleichheit jeder modernen Gesellschaft. Dabei nähern sich die Bildungs- und Erwerbsverläufe von Männern und Frauen in den letzten Jahrzehnten unübersehbar an und die sich eröffnenden Karrierechancen werden von Frauen verstärkt wahrgenommen. Beginnend mit der Bildungsexpansion in den 60er Jahren haben Frauen zunehmend höhere Bildungsabschlüsse erreicht. Während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine berufliche Ausbildung überwiegend Männern vorbehalten war, eröffnen sich für die nach dem Krieg geborenen Kohorten junger Frauen zunehmend Chancen auf einen beruflichen Bildungsabschluss und damit auf eine qualifizierte berufliche Laufbahn. Gleichzeitig verlassen Frauen das Bildungssystem vermehrt mit der allgemeinen Hochschulreife, die auch für Frauen immer öfter zu einem Universitätsstudium führt. In den jüngsten Geburtskohorten übersteigt der Frauenanteil der Abschlussjahrgänge zum ersten Mal für alle höheren Bildungsabschlüssen den der Männer. So erzielen Frauen heute häufiger einen Realschulabschluss, die allgemeine Hochschulreife und stellen auch die Mehrheit der Universitätsabsolventen. Mit steigenden Bildungschancen haben sich in den letzten Jahrzehnten immer bessere Berufsperspektiven für Frauen eröffnet. Ihre Erwerbsbeteiligung ist zudem stetig angestiegen und lag im Jahr 2000 bei über 70 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren (vgl. Tabelle 1.1). Dabei verringert sich die Differenz in der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen zunehmend. Allein in den letzten 20 Jahren hat sich der Abstand um die Hälfte auf 16 Prozentpunkte reduziert (OECD 2002). Auffällig ist dabei, dass die Angleichung im Arbeitsmarktverhalten vor allem für Frauen vor der Geburt des ersten Kindes beziehungsweise für dauerhaft kinderlose Frauen zutrifft. Unter ihnen hat die Erwerbsquote mittlerweile über 77 Prozent erreicht und sich damit bis auf eine verbleibende Differenz von sieben Prozentpunkten der männlichen Erwerbsquote angenähert. Allerdings erweist sich die Familiengründung nach wie vor als deutlicher Einschnitt in die Arbeitsmarktpartizipation von Frauen. Die Erwerbsbeteiligung
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1 Einleitung
von Frauen ist nach der Geburt des ersten Kindes und in noch deutlicherem Maße nach dem zweiten Kind stark rückläufig, während gleichzeitig das Arbeitsmarktverhalten der Väter von diesen familiären Ereignissen unbeeinflusst bleibt. Während die Erwerbsbeteiligung der Mütter mit einem Kind auf etwa 70 Prozent und mit zwei und mehr Kindern sogar auf etwa 56 Prozent absinkt, vergrößert sich gleichzeitig die Schere zwischen den Geschlechtern. Hat sich die Erwerbsbeteiligung kinderloser Frauen bis auf sieben Prozentpunkte denen der Männer angeglichen, verdreifacht sich diese Differenz nach der Geburt des ersten Kindes und ist nach dem zweiten Kind mit über 35 Prozentpunkten sogar fünfmal so groß. Im Ländervergleich zeigt sich zudem, dass die Geburt von Kindern offensichtlich in Deutschland ein besonders starkes Erwerbshindernis darstellt. Die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen sinkt mit 7 Prozentpunkten nach der ersten und mit über 20 Prozentpunkten besonders nach der zweiten Geburt in Deutschland deutlich stärker als in den meisten anderen Industriestaaten ab. Gleichzeitig ist auch der Unterschied zwischen der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern nach einer Geburt in Deutschland mit Ausnahme von Ländern wie Italien und Spanien, die traditionell eine geringe Frauenerwerbsquote aufweisen, am stärksten ausgeprägt. Unübersehbar stellt die Gründung einer Familie damit eine Zäsur in der individuellen Lebens- und Karriereplanung von Frauen dar. Ungeachtet der HomoTabelle 1.1: Weibliche Erwerbsbeteiligung und die Geschlechterdifferenz in der Erwerbsbeteiligung im Jahr 2000, nach der Zahl der Kinder im Haushalt insgesamt
Deutschland Niederlande Großbritannien Kanada USA Norwegen Schweden Finnland Frankreich Italien Spanien
keine Kinder
ein Kind
zwei und mehr Kinder
EQ
¨G
EQ
¨G
EQ
¨G
EQ
¨G
71,1 70,9 73,1 74,0 74,1 81,5 81,7 77,6 69,6 50,7 50,6
16,3 21,4 14,4 11,8 14,8 7,1 4,1 7,0 17,7 33,9 34,8
77,3 75,3 79,9 76,5 78,6 82,9 81,9 79,2 73,5 52,8 54,6
7,2 15,6 5,4 6,0 7,2 5,9 -0,4 0,1 9,6 26,2 26,0
70,4 69,9 72,9 74,9 75,6 83,3 80,6 78,5 74,1 52,1 47,6
21,2 24,3 17,1 14,9 17,4 9,8 11,8 18,7 40,9 44,7
56,3 63,3 62,3 68,2 64,7 78,0 81,8 73,5 58,8 42,4 43,3
35,6 30,8 28,2 23,6 29,0 9,4 19,7 32,9 49,9 48,6
Anmerkung: Personen im Alter zwischen 25-54 Jahren; EQ: Erwerbsquote; ¨G: Geschlechterdifferenz; Quelle: OECD (2002), Seite: 77
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genisierung von Bildungs- und Karrierewegen von Männern und Frauen zeigt sich die Geburt eines Kindes als kritisches biographisches Ereignis, das den Erwerbsverlauf von Frauen auf stärkere Weise beeinflusst als dies für Männer zutrifft. Unterschiedliche Karriere- und Lebensläufe bilden sich dabei nicht nur zwischen den Geschlechtern sondern auch zwischen Frauen heraus. Kinderlose Frauen verfolgen ähnlich wie Männer eine Berufslaufbahn, die von den Zeitanforderungen und der Koordination einer Familie unbeeinflusst bleibt. Mütter sehen sich nach der Geburt eines Kindes dagegen in einem Zielkonflikt zwischen den Zeitanforderungen ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit einerseits und den Anforderungen der unbezahlten Haus- und Betreuungsarbeit andererseits. Damit entstehen durch die Entscheidung für ein Kind nicht nur direkte Kosten in Form der zusätzlich anfallenden Lebenshaltungskosten des Kindes, sondern gleichzeitig auch indirekte Kosten, die sich aus der Zeitinvestition mindestens eines Elternteils in die Kindererziehung und -betreuung ergeben. Durch letztere entstehen potenziell bedeutsame Opportunitätskosten, da die zur Kindererziehung und -betreuung verwendete Zeit nicht gleichzeitig in das Erwerbsleben investiert werden kann. Diese Opportunitätskosten ergeben sich dabei in erster Linie direkt aus dem entgangenen Erwerbseinkommen, das während einer Erwerbsunterbrechung zugunsten der zeitintensiven Kinderbetreuungsarbeit für ein Elternteil zumindest zeitweise entfällt. Neben diesem unmittelbaren Einkommensverlust wirken sich vorübergehende Erwerbsunterbrechungen jedoch auch auf alle lohnabhängigen Sozialleistungen wie etwa Alterssicherung oder Arbeitslosenversicherung aus, in welchen Leistungsansprüche reduziert werden oder sogar ganz entfallen. Darüber hinaus entstehen durch eine familienbedingte Unterbrechung oder Reduzierung der Berufstätigkeit möglicherweise auch langfristig Kosten, weil sich familienbedingte Erwerbsunterbrechungen als dauerhaftes Karrierehemmnis erweisen und somit das Erwerbseinkommen nachhaltig und auch noch lange nach der eigentlichen Unterbrechungsphase reduziert (Mincer und Polachek 1974; Mincer und Ofek 1982; Waldfogel 1997a). Nach der zeitweiligen Ausgliederung aus dem Arbeitsmarkt besteht beispielsweise das Risiko, dass der Wiedereintritt nicht reibungslos verläuft, so dass vorhandenes berufliches Wissen in der neuen Position nicht weiterverwendet werden kann und dauerhafte Karrierenachteile entstehen (Dex 1987; Fitzenberger und Kunze 2005; Trappe und Rosenfeld 2004; Waldfogel 1997b; Budig und England 2001). Zudem ist die Suche nach einem den Qualifikationen entsprechenden Arbeitsplatz vor allem in konjunkturschwachen Zeiten schwierig und birgt die Gefahr einer zumindest zeitweiligen Arbeitslosigkeit. Und auch nach der Kleinkindphase, wenn eine vollständige Erwerbsunterbrechung eines Elternteils nicht mehr erforderlich ist, ermöglichen die Betreuungszeiten der
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Kindergarten und Grundschulen oft keine Rückkehr in Vollzeitbeschäftigung. Der Wechsel auf eine Teilzeittätigkeit geht andererseits oft mit Betriebs- und Berufswechseln sowie einer Dequalifizierung einher (Bardasi und Gornick 2007; Ermisch und Wright 1992; Houston und Marks 2003; Wolf 2002; Ermisch und Wright 1993). Zudem sind Teilzeitarbeitsplätze oft in typischen Frauensektoren angesiedelt, in denen Karrierechancen gering sind, da Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten von vorneherein beschränkt sind (Lundberg und Rose 2000; Voicu und Buddelmeyer 2003). Auch unabhängig von Erwerbsunterbrechung und -reduzierung schränken Kinder schließlich die Mobilität, sowie karrierefördernde über die reine Arbeitszeit hinausgehende Aktivitäten ein. Gerade die mit der Kinderbetreuung und -erziehung verbunden ökonomischen Opportunitätskosten sind es, die zu einer geschlechterungleichen Verteilung von Arbeitsmarktchancen beitragen, und die gleichzeitig dazu führen, dass sich die Erziehung und Betreuung von Kindern als klassisches Kollektivgutproblem herauskristallisiert (Schmid 2004). Während die Gesellschaft als Ganzes von Kindern profitiert, sind die Kosten der „Produktion“ dieses zeit- und zuwendungsintensiven „Gutes“ einseitig zu Lasten der Eltern verteilt. Während dabei alle direkten Lebenshaltungskosten eines Kindes noch als Belastung des gesamten familiären Lebensstandards gesehen werden können, erweisen sich die Opportunitätskosten der Kinderbetreuung und -erziehung als überproportional einseitige Last von Müttern, die weiterhin den Hauptanteil der Betreuungs- und Erziehungsarbeit leisten. Nach wie vor entspricht die anwachsende Erwerbsintegration der Frauen keiner gleichzeitigen Familienintegration der Männer. Obwohl die verstärkte Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen vor der Familiengründung zu einer relativ gleichberechtigten Aufteilung beruflicher und innerfamiliärer Aufgaben innerhalb von Partnerschaften geführt hat, etablieren sich nach der Geburt des ersten Kindes traditionelle familiale Rollenmuster typischerweise neu (OECD 2001). Zahlreiche Studien zur Zeitallokation in Paarhaushalten weisen nach wie vor ein deutliches Übergewicht der unbezahlten Familien- und Erziehungsarbeit zu Ungunsten der Mütter nach (OECD 2001; Dienel 2002; Bäcker et al. 2000; Bundesministerium für Familie 2006a). Auffällig ist dabei, dass diese ungleiche Verteilung nicht nur besteht, wenn die Erwerbsbeteiligung der Partner voneinander abweicht, die Frau also entweder gar nicht oder nur Teilzeit erwerbstätig ist, sondern auch dann, wenn beide Partner vollzeitbeschäftigt sind, ist der Umfang der Familienarbeit der Mütter mehr als doppelt so hoch wie unter den Vätern. Dieser ungleichen Rollenverteilung entspricht auch die Beobachtung, dass es die Mütter sind, die nach der Geburt eines Kindes in der erdrückenden Überzahl ihre Erwerbslaufbahn zugunsten der Kindererziehung unterbrechen (Notz 1998; Krug 1998). Väter, die auch nur für eine kurze Zeit die Betreuung ihrer Kinder zu
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Lasten ihrer Erwerbstätigkeit übernehmen, sind eine statistisch kaum noch zu erfassende Ausnahme. Gleiches trifft auch auf die Reduzierung des Arbeitsumfangs zu. Während die Wahrscheinlichkeit der Teilzeiterwerbstätigkeit für Frauen mit jedem weiteren Kind ansteigt, ist die Arbeitszeit der Väter von der Familiengründung unbeeinflusst (OECD 2002, 2007). Insgesamt erweisen sich Kinder für Frauen als ein strukturelles Hindernis im gleichen Zugang zu bezahlter Arbeit und Einkommen, während sie für Väter gleichzeitig keinen Nachteil für den Arbeitsmarktstatus oder die Arbeitsmarktmobilität darstellen. Da außerdem sowohl eine kindbedingte Erwerbsunterbrechung als auch eine familienbedingte Reduzierung der Arbeitszeit in hohem Maße geschlechtsspezifisch zurechenbar sind, bildet damit die zukünftige oder tatsächliche Familiengründung eine mögliche Grundlage der Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Da sich das Erwerbspotential von Frauen im Zuge der Bildungsexpansion nachhaltig erhöht hat, sollte die Bedeutung familienbezogener Opportunitätskosten für die individuelle Lebensplanung von Frauen sowie für die gesellschaftliche Ungleichheit von Lebensläufen und Erwerbschancen zwischen den Geschlechtern zugenommen haben (Waldfogel 1998a). Indem die Familiengründung ökonomische Unterschiede zwischen den Geschlechtern vergrößert, nimmt die gesellschaftliche Organisation von Kinderbetreuung und -erziehung eine Schlüsselstellung für die Produktion und Reproduktion geschlechtsspezifischer Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft ein (Schmid 2004, 2006). Als ein besonderes Problem erweist sich dabei, dass sich einmal etablierte Rollenmuster in der Haus- und Erwerbsarbeit innerhalb von Familien als in hohem Maße änderungsresistent erweisen und einmal getroffenen Entscheidungen nicht mehr leicht reversibel sind. Erwerbsunterbrechungen und Arbeitszeitreduzierung genauso wie die einseitige Spezialisierung auf die Familienarbeit sind häufig mit unabsehbaren langfristigen Folgen für die Lebens- und Erwerbsperspektiven von Frauen verbunden. Die sich daraus ergebenden Opportunitätskosten sind umso schwerwiegender, je höher einerseits das Bildungs- und Qualifikationsniveau der Frauen ist und je instabiler andererseits Familienverbände und Ehen werden. Dabei wirken sich die Nachteile, die sich aus der Spezialisierung der Frauen auf die Familienarbeit ergeben, im Scheidungsfall zu Lasten der Frau aus, so dass auch die ökonomischen Risiken einer Scheidung zwischen den Partnern ungleich verteilt sind. Empirische Studien zeigen, dass eine Scheidung für Frauen höhere Einkommensverluste als für Männer mit sich bringt und der Lebensstandard von Müttern nach einer Scheidung um durchschnittlich die Hälfte niedriger liegt als der Lebensstandard von Vätern. Auch die Gefahr, in Armut zu fallen, steigt für Frauen und insbesondere für Alleinerziehende nach einer Scheidung erheblich an (Burkhauser und Duncan 1989; Burkhauser et al. 1991; Chris-
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topher 2002; Notz 1998). Eine weitere direkte langfristige Folge der ungleichen Übernahme der unbezahlten Haus- und Kinderarbeit durch Frauen zeigt sich in ihrer deutlich lückenhaften Alterssicherung. Geringere Versicherungsjahre sowie eine niedrigere Entgeltposition resultieren in besonders niedrigen Rentenansprüchen von Frauen, die durchschnittlich 60 Prozentpunkte unter denen von Männern liegen und damit auch die Ursache der überproportional hohen Altersarmut unter Frauen darstellen (Allmendinger et al. 1991; Landenberger 1991). Insgesamt führen die gestiegene Bildungs- und Erwerbschancen zu geänderten Lebenskonzepten von Frauen, lassen die Familiengründung als eine biographische Option unter anderen abfallen und kollidieren mit der klassischen Familienrolle früherer Frauengenerationen. Der Wunsch nach individueller Existenzabsicherung und eine geringere Bereitschaft, durch die Geburt eines Kindes in finanzielle Abhängigkeit von einem Partner zu gelangen, resultieren unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen verstärkt in der Entscheidung gegen Kinder. Frauen sind immer seltener bereit, die für sie in den letzen Jahrzehnten gestiegenen Opportunitätskosten einer Entscheidung für Kinder alleine zu tragen. Das Absinken der Geburtenrate ist dabei die Antwort der Frauen auf die strukturelle Unvereinbarkeit von Familie und Erwerbskarriere. Und obwohl die Geburtenwahrscheinlichkeit in den letzten Jahrzehnten auch in allen anderen westlichen Industrieländern beständig gesunken ist, zeigt sich der Geburtenrückgang kaum irgendwo so stark wie in Deutschland. So nimmt Deutschland mit einer Geburtenrate von 1,34 Kindern pro Frau im Vergleich mit anderen westlichen Industrieländern einen der hintersten Plätze ein (Eurostat 2004; OECD 2007). Dieser Geburtenrückgang spiegelt einerseits den Anstieg dauerhaft kinderlos bleibender Frauen wieder, der in Deutschland vor allem unter hochgebildeten Frauen besonders ausgeprägt ist (Livi Bacci 1999). Andererseits sind auch Mehrkindfamilien in Deutschland stärker als in anderen Ländern rückläufig (Eurostat 2001; Birg 2001). Gleichzeitig werden individuelle Lebens- und Familienentscheidungen wie die Entscheidung für ein Kind und die daraus resultierende Zeitkoordination zwischen der Erwerbstätigkeit und der Familie vor dem Hintergrund wohlfahrtsstaatlicher Rahmenbedingungen getroffen (Schmid 2002, 2004). Institutionelle Regelungen im Arbeitsmarkt, in den Steuer- und Sozialversicherungssystemen, sowie die wohlfahrtsstaatliche Bereitstellung sozialer Dienstleistungen strukturieren das Entscheidungsumfeld von Frauen und Familien und beeinflussen die jeweiligen Opportunitätskosten von individuellen Handlungsalternativen. Idealerweise tragen geeignete familienpolitische Rahmenbedingungen dazu bei, den Zielkonflikt zwischen Familie und Karriere für Frauen zu entschärfen, allerdings können sie diesen auch verstärken, wenn institutionelle Rahmenbedingungen den von Frauen bevorzugten Modellen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
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entgegenstehen. Somit treffen in der Praxis individuelle Vorstellungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf ein System von familienpolitischen Regelungen und Anreizen, in dem verschiedene Lebensentwürfe unterschiedlichen Realisierungsmöglichkeiten unterliegen. Entsprechend treffen Paare in Deutschland auf eine Familienpolitik, die einer langen traditionell konservativen Linie folgt. Als transferorientiertes Sozialsystem konzentrieren sich die familienpolitischen Leistungen des bundesdeutschen Sozialstaats hauptsächlich auf Geldleistungen, welche die Einkommenssicherung von Familien gewährleisten sollen, während die öffentliche Bereitstellung von Familiendienstleistungen demgegenüber eine nur untergeordnete Rolle spielt. Kern der deutschen Familienpolitik ist dabei der Familienlastenausgleich als dessen Hauptkomponente das steuerliche Ehegattensplitting sowie das Kindergeld die direkten ökonomischen Kosten einer Familiengründung gesellschaftlich umverteilen und abmildern sollen. Auf der anderen Seite wird die Betreuung und Erziehung von Kleinkindern als Privatangelegenheit der Eltern angesehen, was sich in einer nur zögerlichen und mangelhaften Förderung der öffentlichen Kinderbetreuungsinfrastruktur niederschlägt. Struktur sowie Umfang öffentlicher Kinderbetreuungsangebote korrespondieren in keiner Weise mit dem steigenden Betreuungsbedarf und der zunehmenden Erwerbsorientierung von Müttern (Schiersmann 1991; De Henau et al. 2006; Bundesminister für Jugend 1984; Wrohlich 2005, 2006). Dabei wird die bestehenden Versorgungslücken vor allem im mangelnden Platzangebot für Kleinkinder sowie der fehlenden Ganztagsbetreuung von Kindergarten- und Schulkindern deutlich. Starke regionale Schwankungen der Betreuungsangebote zwischen Bundesländern, beziehungsweise städtischen und ländlichen Regionen ebenso wie unflexible Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen machen die Koordination von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit zu einer Herausforderung für erwerbstätige Mütter. Anfang der 80er Jahre sah sich die Bundesrepublik mit einem anhaltend dramatischen Rückgang der Geburtenraten, einer beginnenden Konjunkturflaute mit einhergehender Massenarbeitslosigkeit und einer zeitgleich weiter ansteigenden Erwerbsbeteiligung von Mütter, insbesondere auch von Müttern kleiner Kinder konfrontiert. Angesichts der ungenügenden öffentlichen Kinderbetreuungsangebote verschärfen diese Entwicklungen für viele Frauen den Zielkonflikt zwischen der Sicherstellung einer angemessenen Kinderbetreuung einerseits und den steigenden Anforderungen der Erwerbstätigkeit andererseits. An-statt dem steigenden Betreuungsbedarf jedoch mit dem Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung zu begegnen, wie es zur selben Zeit in anderen europäischen Ländern geschah, entschied sich die deutsche Familienpolitik für die Ausweitung der befristeten Erwerbsfreistellung eines Elternteils zur Kinderbetreuung im Rahmen einer großzügigen Erziehungsurlaubsregelung.
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Mit Inkrafttreten des Bundeserziehungsgeldgesetzes im Jahr 1986 wurde durch die damalige CDU/FDP-Regierung mit der Implementierung des Bundeserziehungsgeldgesetzes ein weiter rechtlicher Rahmen für kindbedingte Erwerbsunterbrechungen geschaffen, der die restriktiveren Bestimmungen des früheren Mutterschaftsurlaubs ablöste. Entsprechend der traditionellen Ausrichtung der deutschen Familienpolitik bestand der Grundgedanke des Bundeserziehungsgeldgesetzes darin, die familiale Betreuung und Erziehung des Kleinkindes mittels der Gewährung eines staatlichen Erziehungsgeldes, der Anrechnung von Erziehungsjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie durch die Einführung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubs zu fördern. Durch die Reform sollte grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen Familie und der Erwerbsarbeit erhöht werden und die familiale Erziehungsleistung mittels des Erziehungsgeldes honoriert werden. Dabei sollte das mit der Einführung des Erziehungsurlaubs verbundene spezifische Kündigungsverbot während der Zeit der Kinderbetreuung, es Eltern ermöglichen, nach der Beendigung der Erziehungsphase nachteilsfrei in ihren Beruf und zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehren zu können. Als Nebeneffekte dieser Neuregelung wurden die Entschärfung von Schwangerschaftskonfliktsituationen, eine Entlastung des Arbeitsmarktes sowie positive Auswirkungen auf die Geburtenraten erwartet (Bundesminister für Jugend 1989; Schiersmann 1991). In den folgenden Jahren wurden diese Instrumente zudem beständig weiter entwickelt und dabei insbesondere der gesetzliche Anspruch auf Erziehungsurlaub sukzessive auf seine heutige Dauer (in Form der Elternzeit) von drei Jahren je Kind ausgedehnt.1 Vor diesem Hintergrund verfolgt diese Arbeit das Ziel einer umfassenden empirischen Evaluierung der Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Anspruchs auf Erziehungsurlaub und der sich daraus für weibliche Erwerbsverläufe ergebenden Konsequenzen. Im Kern der Dissertation steht die Frage, ob und inwiefern diese familienpolitische Intervention, die in Form der Wiederbeschäftigungsgarantie einen institutionellen Schutzraum der Familiengründung und Kinderbetreuung schafft, ihrem Anspruch gerecht wird, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig zu verbessern. In diesem Fall würde die familienpolitische Intervention sowohl kurz- als auch langfristig dazu beitragen, ökono1 Das familienpolitische Modell der Bundesrepublik wurde erst durch die Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 wieder nachhaltig verändert. Mit dem Elterngeld wurde erstmals eine familienpolitische Leistung eingeführt, bei der die Lohnersatzfunktion während der Erziehungsphase im Vordergrund steht (Bundesministerium für Familie 2008a). Mit dem Elterngeld wird Eltern im Rahmen der Elternzeit für insgesamt maximal 14 Monate 67 Prozent ihres vorherigen Erwerbseinkommens ersetzt. Gleichzeitig werden erstmals starke finanzielle Anreize für eine Männerbeteiligung an der Erziehungsarbeit, sowie durch die Begrenzung der Transferzahlung auf ein Jahr Anreize zur Verkürzung der Erwerbsunterbrechung von Müttern gesetzt. Die Auswirkungen dieser weit reichenden Reform können allerdings im Rahmen dieser Arbeit noch nicht empirisch ermittelt werden.
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mische Ungleichheit zwischen Männern und Frauen abzumildern, während stärker nachteilige Effekte zu erwarten wären, falls der Erziehungsurlaub statt zur Unterstützung weiblicher Erwerbsverläufe eher zur Verfestigung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern beigetragen hat. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden dazu die Auswirkungen der sukzessiven Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf die Fertilitätsneigung, die Dauer von kindbedingten Erwerbsunterbrechungen auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern sowie auf die längerfristigen beruflichen Karrieren und Einkommensverläufe von Müttern betrachtet. Basierend auf im wesentlichen mikroökonomischen Überlegungen wäre zu erwarten, dass die Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs zu einer Steigerung der Fertilitätsrate beitragen sollte, da die individuellen Opportunitätskosten für ein Kind mittels der Beschäftigungsgarantie im aktuellen Arbeitsvertrag abgesenkt werden. Außerdem kann erwartet werden, dass gleichzeitig die Dauer einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung im Zuge der Ausweitung des Erziehungsurlaubs ansteigt, da mit der zeitlichen Ausweitung des Kündigungsschutzes die Opportunitätskosten längerer Unterbrechungen sinken. Durch die Beschäftigungsgarantie im Anschluss an die Erwerbsunterbrechung sollte zudem natürlich vor allem die Erwerbsbeteiligung nach der Erziehungsphase ansteigen, da die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im früheren Beschäftigungsverhältnis die Notwendigkeit einer Neuorientierung auf dem Arbeitsmarkt verringert. In diesem Fall sollte der gesetzliche Erziehungsurlaub auch dazu beitragen, dass berufliche Karrieren von Müttern insgesamt positiver verlaufen, da durch die Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber vorhandenes berufs- und arbeitgeberspezifisches Humankapital über die Kindererziehungsphase erhalten wird, so dass die kurz- wie längerfristigen Kosten einer Erwerbsunterbrechung abgesenkt werden sollten. Die tatsächlichen Auswirkungen institutioneller Rahmenbedingungen wie beispielsweise die des Erziehungsurlaubs explizit empirisch zu überprüfen, und diesen Effekt zweifelsfrei von anderen Kontextfaktoren zu isolieren, erweist sich als eine methodische Herausforderung. In vielen traditionellen Studien wird das Erwerbsverhalten von Frauen nur zu einem einzelnen Zeitpunkt oder für eine Kohorte von Frauen untersucht. Dabei kann die empirische Wirkung institutioneller Faktoren nicht erfasst werden, da die politischen Rahmenbedingungen in der Regel weitgehend fixiert sind. In international vergleichenden Studien hingegen können vorhandene institutionelle Unterscheide zwischen verschiedenen Wohlfahrtsregimen dazu genutzt werden, um die Bedeutung arbeitsmarkt-, sozial- oder familienpolitischer Differenzen für die Erwerbsverläufe von Frauen herauszuarbeiten (Mandel und Semyonov 2006, 2005; Stier et al. 2001; Ruhm 1998). Da sich verschiedene Länder zumeist allerdings in Bezug auf eine Vielfalt institutioneller Merkmale unterscheiden, sind solche Studien in der Regel nur in
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der Lage, die Wirkungen von ganzen Maßnahmenbündeln verschiedener Institutionen, d.h. von Wohlfahrtsregimen zu identifizieren. Diese können eventuell deutlich von der Wirkung isolierter institutioneller Veränderungen abweichen, etwa wenn sich unterschiedliche Institutionen in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken oder abschwächen. Die Einführung und der anschließende Ausbau des gesetzlichen Erziehungsurlaubs in der Bundesrepublik seit Mitte der 1980er Jahre bietet demgegenüber eine dritte Möglichkeit, die spezifische Wirkung dieser familienpolitischen Regelung empirisch zu ermitteln. Da es sich bei der Einführung des Erziehungsurlaubs um die wichtigste familienpolitische Maßnahme in der Bundesrepublik in den letzten 20 Jahren handelt, stellen die sukzessiven Reformphasen aus methodologischer Sicht ein so genanntes natürliches Experiment dar, bei dem sich im Rahmen eines ansonsten weitgehend stabilen gesellschafts-, arbeitsmarkt-, sozial- und familienpolitischen Gefüges lediglich die institutionellen Regelungen zum Erziehungsurlaub wesentlich im Zeitverlauf verändert haben. Unter dieser Bedingung bietet sich im Rahmen der Dissertation die Gelegenheit, die Wirkung des Erziehungsurlaubs durch die Veränderungen des Fertilitäts- und Erwerbsverhaltens von Frauen im Zuge der verschiedenen Reformen des Erziehungsurlaubs zu isolieren und im Rahmen statistischer Analysen quantitativ zu erfassen. Die Umsetzung dieses Forschungsdesigns ist jedoch nur möglich, da mit den Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) hinreichend detaillierte Mikrodaten zum Erwerbsverhalten von Frauen zur Verfügung stehen, die den gesamten Zeitraum seit 1984 abdecken, und somit eine Analyse der Veränderungen im Erwerbsverhalten von Frauen im Zuge der Einführung bzw. Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs ermöglichen. Der lange Beobachtungszeitraum des Sozioökonomischen Panels ermöglicht es zudem, die langfristigen Karrierefolgen der Familiengründung sowie deren Veränderung im Zuge der verschiedenen Reformschritte zu betrachten, während mit Hilfe der detaillierten Haushaltsund Biographiedaten des Sozioökonomischen Panels wichtige Einflussfaktoren wie etwa Qualifikationen und berufliche Biographien von Frauen, Familienstrukturen sowie Partnerbiographien auf der individuellen Ebene in der statistischen Analyse kontrolliert werden können. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit versucht, durch Einsatz verschiedener Regressionsverfahren eine methodisch valide Evaluierung der Reformen des gesetzlichen Erziehungsurlaubs zu erreichen und durch differenzierte Wirkungsanalysen etwa für unterschiedliche Bildungsgruppen eine umfassende Einschätzung der Auswirkungen des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf die Arbeitsmarktposition von Müttern zu gewinnen.
2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
Familienpolitische Maßnahmen können Erwerbs- und Lebensverläufe von Frauen beeinflussen, indem sie die ökonomischen Folgekosten der Familiengründung abmildern. Die Betreuung und Erziehung kleiner Kinder ist eine zeitintensive und verantwortungsvolle Tätigkeit, die erhebliche Anforderungen an die Betreuungsperson, d.h. in aller Regel die Mutter, stellt. Parallel zur Betreuung kleiner Kinder ist es Müttern daher oft nicht möglich ihre Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfang aufrecht zu erhalten. Mit der teilweisen oder vollständigen Reduzierung der Erwerbstätigkeit von Müttern sind für Familien zunächst finanzielle Einbußen verbunden, während gleichzeitig der Einkommensbedarf durch die Geburt eines Kindes steigt. Zudem verstärkt die Erwerbsunterbrechung mittelfristig die traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter, da Mütter nach einer längeren Erwerbsunterbrechung oft kaum noch an ihre frühere Erwerbskarriere anknüpfen können, und somit ihre längerfristigen Arbeitsmarktperspektiven durch eine Erziehungsphase beeinträchtigt sind. Diese ökonomischen Lasten der Familiengründung können familienpolitisch kompensiert werden, indem Transferzahlungen wie das Kinder- oder Erziehungsgeld die unmittelbaren finanziellen Kosten ausgleichen oder Regelungen wie der gesetzliche Erziehungsurlaub versuchen, Müttern eine nachteilsfreie Erwerbsunterbrechung zu ermöglichen. In der vorliegenden Analyse sollen dabei insbesondere die Folgen der Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs in der Bundesrepublik für die Lebens- und Erwerbsverläufe von Frauen betrachtet werden, d.h. es wird die Frage gestellt, inwieweit sich die dadurch veränderten familienpolitischen Rahmenbedingungen in einem veränderten Verhalten von Frauen und ihrer Arbeitgeber niedergeschlagen haben, das wiederum in veränderten Mustern weiblicher Erwerbs- und Karriereverläufe seinen Ausdruck findet. Im folgenden Kapitel werden dazu die theoretischen Erwartungen der Studie in Bezug auf Veränderungen der Erwerbsbeteiligung, der Karriereverläufe sowie des fertilen Verhaltens von Frauen nach Einführung eines Erziehungsurlaubs entwickelt. Da hier der verhaltensändernde Einfluss veränderter Rahmenbedingungen im Vordergrund des Interesses steht, werden im Folgenden vorwie-
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
gend ökonomische Theorien des Arbeitsmarkt- und Fertilitätsverhaltens zur Hypothesenbildung herangezogen, die Frauen und ihre Arbeitgeber als handelnde Akteure beschreiben, die auf eine Veränderung von Opportunitäten und Restriktionen mit entsprechend verändertem Verhalten reagieren. Gleichzeitig ist damit jedoch nicht die Annahme verbunden, dass Frauen und ihre Arbeitgeber ausschließlich als vollkommen rationale Akteure handeln. Gerade bei Fragen der Familiengründung oder der angemessenen Betreuung der eigenen Kinder spielen Faktoren wie Werte, gesellschaftliche Normvorstellungen, Sozialisation und die eigene Biographie eine wichtige Rolle, und die empirischen Analysen werden versuchen, für diese Effekte so weit wie möglich zu kontrollieren. Wichtig bleibt jedoch, dass aus dem ökonomischen Verhaltensmodell auch bei Fortwirken dieser Prozesse Vorhersagen über die erwarteten Verhaltensänderungen nach einer Veränderung der familienpolitischen Rahmenbedingungen abgeleitet werden können. 2.1 Familiengründung, Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik Die neoklassische Theorie des Arbeitsangebots ist das wichtigste theoretische Modell, mit welchem vorausgesagt werden kann, ob ein Arbeitnehmer Arbeitszeit auf dem Arbeitsmarkt anbietet (vgl. hierzu im Folgenden Kaufman und Hotchkiss 2006; Borjas 2005; Franz 1991; Esser 2000; Blau et al. 2006). Nach dieser Theorie vergleicht der Arbeitnehmer den Lohn, den er auf dem Arbeitsmarkt erzielen könnte mit dem subjektiven Wert der alternativ verbrachten Zeit. Übersteigt der Marktlohn den implizit durch den Wert der Freizeit definierten Anspruchslohn, wird die Entscheidung für die Berufstätigkeit ausfallen, unterschreitet der auf dem Arbeitsmarkt erzielbare Lohn jedoch den Wert, den die Freizeit hat, wird der Arbeitnehmer sich dagegen entscheiden, seine Arbeitskraft im Arbeitsmarkt anzubieten. Der subjektive Nutzen von Arbeit bzw. Freizeit hängt dabei von einer Reihe individueller Merkmale des potentiellen Arbeitnehmers ab. Der Wert der Arbeitszeit, dass heißt der erzielbare Stundenlohn wird von einer Reihe von Merkmalen wie der Bildung, der Berufserfahrung, dem Beruf oder der Branche beeinflusst, wobei in den mikroökonomischen Theorien dem individuell verfügbaren Humankapital einer Person die wichtigste Rolle zukommt. Durch jede Stunde, die im Arbeitsmarkt verbracht wird, vermehrt sich also das Einkommen eines Arbeitnehmers, gleichzeitig verringert sich allerdings auch die Zeit, die für die Freizeit übrigbleibt, so dass der Wert dieser alternativ verwendeten Zeit ebenfalls zur Erklärung der Erwerbsentscheidung berücksichtigt werden muss.
2.1 Familiengründung, Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik
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Im neoklassischen Modell beinhaltet Freizeit verschiedene Verwendungsmöglichkeiten und zwar einerseits natürlich die Freizeit im eigentlichen Sinne, aber ebenso auch die Zeit, die für Hausarbeit jeglicher Art und zur Kinderbetreuung benötigt wird (Blau et al. 2006). Der Wert, welcher der Nichterwerbstätigkeit beigemessen wird, ist von den individuellen Präferenzen, dem Bedarf an zu Hause verbrachter Zeit sowie dem Einkommen, das auch ohne eigene Erwerbsbeteiligung zur Verfügung steht, bestimmt. Menschen können eine individuell besondere Präferenz für die Zeit im Arbeitsmarkt oder für die Zeitverwendung außerhalb des Arbeitsmarktes haben. Aus soziologischer Sicht ist zudem bedeutsam, dass Präferenzen nicht in einem sozialen Vakuum entstehen, sondern durch Einstellungen, Normen, Werte und die soziale Akzeptanz des sozialen Umfeldes, also z.B. die Familie, dem Freundeskreis oder der Gesellschaft beeinflusst werden (Esser 2000). Empirisch sind diese Präferenzen oder Karriere- bzw. Familienorientierungen nur schwer zu messen. In Bezug auf den Zusammenhang von Familiengründung und Erwerbsbeteiligung lässt sich jedoch vermuten, dass für Haushalte in welchen kleine Kinder leben, die Zeit, die zu Hause für die Kinderbetreuung bzw. die Hausarbeit verwendet wird, besonders wertvoll und nur schwer durch Marktgüter zu ersetzen ist. Können Kinder von ihren Eltern nicht zu Hause betreut werden, muss die Betreuung außer Haus durch eine gleichwertige professionelle Betreuung gewährleistet sein. Die Beteiligung im Arbeitsmarkt hängt dann also davon ab, wie leicht und zu welchem Preis die Zeit zuhause durch Marktgüter ersetzt werden kann. Dies hängt, wenn Kleinkinder zu betreuen sind, offenkundig entscheidend von der Verfügbarkeit, der Qualität und den Kosten professioneller Kinderbetreuung ab (Blau et al. 2006). Ein letzter Faktor, der den Wert der nicht im Arbeitsmarkt verbrachten Zeit determiniert, ist die Höhe anderer Einkommensquellen, die unabhängig von der eigenen Erwerbsbeteiligung verfügbar sind. Solche Einkommensquellen können Vermögen, wohlfahrtsstaatliche Transferleistungen und vor allem das Einkommen eines Lebens- oder Ehepartners sein (Juhn und Murphy 1997; McRae 1993; Dex et al. 1998; Angrist und Evans 1998; Lundberg 1988). Je höher das anderweitig zur Verfügung stehende Einkommen ist, desto unabhängiger ist die individuelle Wohlfahrt von der eigenen Erwerbsarbeit und desto geringer ist der Bedarf an daraus erzielbarem Erwerbseinkommen. Zusammengenommen bestimmen diese drei Faktoren – Präferenzen, der Bedarf an der Zeit zu Hause und andere Einkommensquellen – die Höhe des individuellen Anspruchslohns. Der Anspruchslohn bezeichnet den Lohnsatz, zu dem eine Person exakt indifferent zwischen der Verwendung der nächsten Zeiteinheit zur Erwerbstätigkeit oder einem alternativen Einsatz ist. In der neoklassischen Theorie werden rationale Arbeitnehmer ihre Arbeitskraft immer dann auf
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
dem Markt anbieten, wenn der im Markt erzielbare Lohn über dem Anspruchslohn liegt bzw. die Opportunitätskosten der Freizeit, d.h. der durch Nichterwerbstätigkeit entgangene Lohn, höher als der individuelle Anspruchslohn sind. Gleichzeitig lässt sich eine Reihe von Faktoren benennen, welche die Höhe des individuellen Anspruchslohns bestimmen. Auf der Ebene der individuellen Arbeitnehmer ist beispielsweise zu erwarten, dass gut ausgebildeten Personen, die im Arbeitsmarkt einen hohen Lohn erzielen können, größere Kosten entstehen, wenn sie ihre Zeit zu Hause verbringen (Becker 1993; Kaufman und Hotchkiss 2006; Borjas 2005). Ebenso lassen eine größere Berufserfahrung, längere Betriebszugehörigkeit, Beförderungen oder Humankapitalerwerb durch berufliche Weiterbildung den individuell erzielbaren Lohnsatz ansteigen (Goldin 2006). Darüber hinaus kann sich der im Markt erzielbare Lohn über die Zeit ändern, wenn sich die Marktbedingungen auf der Makroebene verändern. In Zeiten, in denen eine große Nachfrage nach Arbeitskräften besteht, werden die Löhne in der Regel ansteigen (Smith und Ward 1985; Moen et al. 1990). Diese Veränderungen des Anspruchslohns haben selbstverständlich entsprechende Auswirkungen auf den relativen Nutzen der Freizeit. Mit steigenden Löhnen steigen die Opportunitätskosten der Nichterwerbstätigkeit, da der bei alternativer Zeitverwendung entgangene Arbeitslohn gestiegen ist. Ein hoher Marktlohn führt zudem zu einem hohen Anreiz für Arbeitnehmer, die jetzt teuer gewordenen Freizeit durch Marktgüter wie beispielsweise Haushaltshilfen, Restaurantbesuche oder professionelle Kinderbetreuung zu substituieren, die durch das höhere Einkommen erreichbar geworden sind (substitution effect, Blau et al. 2006). Für Frauen ist daneben zu erwarten, dass sich im Zuge der Unterbrechung ihrer Erwerbskarriere zur Kinderbetreuung sowohl der auf dem Arbeitsmarkt erzielbare Marktlohn als auch der Wert der Hausarbeit verändert. Auch sinkt der erzielbare Marktlohn allgemein mit der Dauer von Nichterwerbstätigkeit, da vorhandenes Humankapital über die Zeit erodiert und die fehlende Berufserfahrung bzw. die fehlende fachliche Weiterqualifizierung sich negativ auf den Lohn auswirkt (Mincer und Ofek 1982; Mincer und Polachek 1974; Mandel und Semyonov 2006; Even 1987). Dieser Zusammenhang trifft insbesondere für hoch qualifizierte Frauen zu, die vor der Erwerbsunterbrechung entsprechendes berufliches Wissen angesammelt haben, aber in der Regel in Berufen und Branchen arbeiten, in denen dieses Wissen auch vergleichsweise schnell veraltet (Klerman und Leibowitz 1994; Hynes und Clarkberg 2005; Gustafsson et al. 1996; Dex et al. 1998; Lauer und Weber 2003; Macran et al. 1996; Klein und Lauterbach 1994). Andererseits verändert sich auch der Wert der „Hausarbeit“ über die Zeit, so dass der Anspruchslohn von Frauen sinkt und die Bereitschaft zunimmt, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren (Even 1987). Der Bedarf an Betreuungszeit kann
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etwa abnehmen, wenn kleine Kinder größer werden und in die Schule gehen (Gustafsson et al. 2001; Klein und Braun 1995). Oder es wird eventuell der Lebensunterhalt aus anderen Einkommensquellen nicht mehr gedeckt, entweder weil der Partner arbeitslos wird (added worker effect) oder das Partnereinkommen durch Scheidung ganz wegfällt (Schoen et al. 2002; Saurel-Cubizolles et al. 1999; Pettit und Hook 2005). Umgekehrt kann sich der Wert der Nichterwerbszeit durch die Geburt von weiteren Kindern oder einen Karrieresprung des Partners natürlich auch erhöhen (income effect, Goldin 2006; Blau et al. 2006), wodurch die Wahrscheinlichkeit sinkt, in den Arbeitsmarkt einzutreten. Zusammenfassend beschreibt das neoklassische Modell die Entscheidung für oder gegen eine Erwerbstätigkeit also als rationale Abwägung des relativen Wertes der eigenen Erwerbstätigkeit und des Wertes anderweitig verbrachter Zeit. Immer wenn die Lohnrate sinkt oder der Wert der Nichterwerbszeit steigt, sollte sich die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eintreten. Wenn dagegen die individuelle Lohnrate steigt oder der Anspruchslohn sinkt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsbeteiligung im Arbeitsmarkt. Mithilfe der einfachen neoklassischen Theorie kann nicht zuletzt die im Verlauf des letzten Jahrhunderts nachhaltig gestiegene Erwerbsbeteiligung von Frauen erklärt werden. Durch steigende Investitionen in Bildung und damit steigendem Humankapital von Frauen erhöht sich der auf dem Arbeitsmarkt von Frauen erzielbare Lohnsatz, wodurch die Opportunitätskosten der Hausarbeit steigen, und sich dementsprechend auch die Erwerbsneigung von Frauen erhöhen sollte (Goldin 2006; Doorewaard et al. 2004). Durch die Beteiligung am Erwerbsleben steigt der erzielbare Marktlohn weiter, da die zunehmende Berufserfahrung von Frauen sowie die steigende Bereitschaft sowohl der Arbeitgeber als auch der Frauen selbst, in ihre Karriere zu investieren, zu einer verstärkten Akkumulation von Humankapital führen (Eckstein und Wolpin 1989). Daneben wurde die wachsende Erwerbsbeteiligung von Frauen durch eine starke Nachfrage von Arbeitskräften in typischen Frauenberufen innerhalb des Dienstleistungssektors und einem allgemeinen Anstieg der Lohnrate aufgrund des technologischen Wandels gestützt (Smith und Ward 1985; McRae 1993). Steigende Opportunitätskosten der Hausarbeit mit gleichzeitiger Entwertung oder Ersetzbarkeit häuslicher Arbeit durch Marktgüter wie vorgefertigtes Essen, Haushaltsgeräte, professionelle Kinderbetreuung oder Haushaltshilfen führen zu einer erhöhten Erwerbsorientierung von Frauen. Das Resultat ist eine gestiegenen Erwerbsbeteiligung der Frauen im letzten Jahrhundert von 20% im Jahre 1900 auf über 60 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter in der Bundesrepublik im Jahr 2000 (Müller et al. 1983; vgl. auch Kapitel 3.1 unten). Obwohl die Erwerbsbeteiligung von Frauen und ihre gesellschaftliche Akzeptanz zugenommen haben, werden die Erwerbskarrieren von Frauen jedoch
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
immer noch vergleichsweise stark durch Familiengründung und die Erziehungsverantwortung für Kinder geprägt (Jacobsen et al. 1999; Waite et al. 1985; Goldin 2006; Koenigsberg et al. 1994). Wie unten ausführlicher dargestellt, unterbricht gerade in Deutschland der überwiegende Teil von Müttern die eigene Erwerbskarriere nach der Geburt eines Kindes ganz oder zeitweise, um dadurch die Kleinkindbetreuung sicherzustellen. Den Anspruch den Kleinkinder an die Zeit zumindest eines Elternteils stellen und der erhöhte Bedarf an Hausarbeit wie Kinderbetreuung erhöht den Anspruchslohn der Betreuungsperson, so dass sich mit der Geburt von Kindern die Präferenzen zwischen der Erwerbstätigkeit und der Nichterwerbszeit entsprechend verändern (Glass und Riley 1998; Whittington et al. 2000; Eckstein und Wolpin 1989). Unmittelbar nach der Geburt eines Kindes ist das Bedürfnis und die Notwendigkeit, sich ausschließlich um das Kind zu kümmern besonders hoch. Ebenso steigt der Wert der Nichterwerbstätigkeit mit der Zahl der Kinder, da es mit steigender Kinderzahl zunehmend schwieriger wird, diese Zeit durch professionelle Hausarbeits- und Kinderbetreuungshilfen zu ersetzen (Gustafsson et al. 1996). Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik Wohlfahrtsstaatliche Institutionen greifen auf vielerlei Weise regulierend in diese Entscheidungsprozesse von Individuen und Haushalten ein. Wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen können den Wert der Lohn- bzw. Hausarbeit verändern und so direkt entscheidungsrelevant sein. Da nur der Marktlohn, nicht aber die in der Nichterwerbszeit hergestellten Güter besteuert werden, beeinflusst das staatliche Abgabensystem den Wert der Marktarbeit grundsätzlich negativ zugunsten der Hausarbeit (OECD 2005; Gutiérrez-Domènech 2005). Sind zudem unterschiedliche staatliche Transferleistungen von der Höhe des Markteinkommens abhängig oder verfallen gar ganz, sobald ein Arbeitnehmer eine bestimmte Einkommensgrenze überschreitet, werden Anreize gesetzt, diese Einkommensgrenzen nicht zu überschreiten, sondern stattdessen diese Zeit in Freizeit oder Hausarbeit zu investieren. Allgemein erhöhen wohlfahrtsstaatliche Transferleistungen das Einkommen, das auch ohne Erwerbsarbeit erzielt wird, und senken somit den Anreiz, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen. Natürlich kann staatliche Politik auch Anreize zur verstärkten Erwerbsbeteiligung setzen, beispielsweise über Maßnahmen, die Humankapital von Arbeitnehmern erhalten oder erweitern, oder durch staatliche Substitution der im häuslichen Bereich geleisteten Arbeit, die ansonsten nur schwer durch Ankauf der selben Güter auf dem freien Markt zu ersetzen wäre. In diese letztgenannten Bereiche fallen alle Maßnahmen zur Aus-
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und Weiterbildung, aber auch öffentliche Kinderbetreuung oder Schulen (OECD 2005; Mandel und Semyonov 2006; Pettit und Hook 2005). In Bezug auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern sind es dabei vor allem eine mangelnde Kinderbetreuung für Kleinkinder unter drei Jahren und Faktoren wie eine begrenzte Ganztagsbetreuung, unflexible Öffnungszeiten und hohe Betreuungskosten, die dazu beitragen, den Anspruchslohn von Müttern zu erhöhen und dadurch deren Erwerbsneigung reduzieren (Pettit und Hook 2005; Ondrich et al. 1996; Pylkkänen und Smith 2003; Gutiérrez-Domènech 2005). Erreichen die Kinder dagegen die Altersstufe, in der die Betreuungslücke durch Kindergarten und Schule geschlossen wird, kann die permanente Betreuung des Kindes durch die Mutter zunehmend ersetzt werden und die Rückkehrbereitschaft der Mütter in den Arbeitsmarkt steigt wieder an (Gustafsson 2001). Allerdings führt in Deutschland das progressive Steuersystem in Verbindung mit dem Ehegattensplitting, in dem Familien und nicht Individuen die zu besteuernde Einheit darstellen, zu einer steuerlichen Begünstigung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, bei welcher im Entscheidungsprozess verheirateter Frauen das Nichterwerbseinkommen erhöht und dadurch ihre Erwerbsneigung entsprechend verringert ist (Blau et al. 2006; OECD 2005). Allgemeine familienpolitische Transferleistungen wie das Kindergeld verändern die Tendenz weiter zu Ungunsten der Erwerbstätigkeit von jungen Müttern (OECD 2005). Im Vergleich zu reinen Transferleistungen ist die Wirkung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubs weniger eindeutig. Ein gesetzlicher Erziehungsurlaub besteht zunächst im Kern aus einem Bestandsschutz des aktuellen Arbeitsverhältnisses, das aufgrund der Betreuung von Kleinkindern eine Zeit lang ruht und nicht seitens des Arbeitgebers gekündigt werden kann. Ergänzend kann eine Transferleistung wie z.B. das Erziehungsgeld in der Bundesrepublik ausgezahlt werden, um den Einkommensausfall während des Erziehungsurlaubs teilweise zu kompensieren. Durch die Kombination beider Elemente werden sowohl die unmittelbaren finanziellen (durch das Erziehungsgeld) wie auch die längerfristigen karrierebedingten Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung (durch den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses) verringert. Aus der Sicht der ökonomischen Arbeitsangebotstheorie stellt sich der Erziehungsurlaub damit im Wesentlichen als Anreiz zur zeitweiligen Unterbrechung der Erwerbsbeteiligung dar, der sich vor allem in den Mustern weiblicher Erwerbsverläufe niederschlagen sollte, solange Frauen weiterhin den wesentlichen Teil der Erziehungsverantwortung wahrnehmen (OECD 2005; Saurel-Cubizolles et al. 1999). Für die weitere Analyse lassen sich aus der neoklassischen Theorie die folgenden Hypothesen ableiten:
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
1.
Indem durch den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses die Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung verringert werden, stellt der Erziehungsurlaub einen Anreiz zur Erwerbsunterbrechung von Müttern dar. Gleichzeitig wird durch die zeitlich befristete Arbeitsplatzgarantie sichergestellt, dass der Erziehungsurlaub einen Anreiz zu einer nur befristeten Erwerbsunterbrechung setzt, durch die die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Frauen nach Ablauf der Anspruchsdauer des Erziehungsurlaubs wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren (Saurel-Cubizolles et al. 1999). Durch die Einführung eines Erziehungsurlaubs sollte also die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Mütter ihre Erwerbskarriere für die Zeit des gesetzlichen Erziehungsurlaubs unterbrechen, während gleichzeitig durch den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses die Kontinuität der Erwerbsbeteiligung im Lebensverlauf insgesamt zunimmt. Insbesondere in Bezug auf eine verstärkte Rückkehr nach Ende der gesetzlichen Anspruchsdauer werden durch die Einführung des Erziehungsurlaubs allerdings nur marginal wirksame Verhaltensanreize gesetzt. Ob der Fortbestand des bisherigen Arbeitsverhältnisses wirklich zu einer vergleichsweise früheren Rückkehr in den Arbeitsmarkt führt, hängt auch von weiteren Umständen wie z.B. der Verfügbarkeit adäquater Kinderbetreuung ab. Wenn diese wie in der Bundesrepublik nur in unzureichender Weise sichergestellt ist, dann werden Mütter die Rückkehroption auf den bisherigen Arbeitsplatz nicht wahrnehmen können, da im Anschluss an die gesetzliche Anspruchsdauer die häusliche Kinderbetreuung nicht in ausreichender oder hinreichend zuverlässiger Weise ersetzbar ist. In diesem Fall würde der Erziehungsurlaub nicht dazu führen, dass sehr lange Unterbrechungsphasen verkürzt werden. Die Gewährung des Erziehungsgelds als ergänzende Transferleistung während des Erziehungsurlaubs erhöht den Anspruchslohn von Müttern und verringert dadurch ihre Erwerbsneigung weiter. Die Einführung des Erziehungsgelds verstärkt damit die Neigung von Müttern zu einer befristeten Erwerbsunterbrechung zur Kinderbetreuung und –erziehung. Dies gilt besonders für gering qualifizierte Frauen, für die das Erziehungsgeld einen größeren Teil des erzielbaren Marktlohns ersetzt. Bildungsspezifische Effekte sind aber auch zu erwarten, wenn die Einführung des Erziehungsurlaubs die Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung für gut ausgebildete Frauen weniger effektiv absenkt, da für eine normale Karriereentwicklung nicht allein der Bestandsschutz des aktuellen Beschäftigungsverhältnisses sondern auch die weiteren Beförderungsaussichten ausschlaggebend sind.
2.
3.
2.1 Familiengründung, Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik 4.
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Die Einführung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubs kann das Unterbrechungs- und Erwerbsverhalten von Frauen insgesamt homogenisieren, wenn die Regelungen des Erziehungsurlaubs auch Auswirkungen auf das Verhalten von Müttern haben, die vor der Geburt eines Kindes nicht erwerbstätig waren und deshalb eigentlich von einem Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses nicht profitieren. Es ist jedoch möglich, dass mit der gesetzlichen Regelung Normsetzungseffekte erzielt werden, indem die gesetzliche Anspruchsdauer den gesellschaftlich erwünschten Zeitpunkt des Wiedereinstiegs von Müttern in den Arbeitsmarkt signalisiert. Ebenso ist denkbar, dass aufgrund der in Deutschland üblichen Auszahlung des Erziehungsgelds an alle Mütter unabhängig von ihrem Erwerbsstatus vor der Geburt, das Auslaufen der Erziehungsgeldzahlung auch für zuvor nicht erwerbstätige Mütter einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit darstellt, um den höheren Lebensstandard der Familie aufrecht zu erhalten.
Stand der empirischen Forschung Zahlreiche Studien haben das Arbeitsmarktverhalten von Frauen nach einer Geburt untersucht. Obwohl sich der Effekt von Kindern auf die Erwerbstätigkeit von Müttern in jüngeren Kohorten abgeschwächt hat, ist die Geburt von Kindern in westlichen Industriegesellschaften immer noch der Hauptgrund für Frauen, ihre Karriere zumindest eine Zeit lang zu unterbrechen (Jacobsen et al. 1999; Koenigsberg et al. 1994; Goldin 2006; Waite et al. 1985; Joshi und Hinde 1993; Bender et al. 2003). Im Gegensatz zur Nachkriegsgeneration verlassen junge Frauen dabei immer seltener bereits nach der Heirat den Arbeitsmarkt, sondern bleiben zunehmend bis unmittelbar vor einer Geburt erwerbstätig. Gustafsson et al. (2001) ermitteln, dass nur 15 Prozent der Mütter in Deutschland vor der ersten Geburt nicht erwerbstätig sind. Unmittelbar nach einer Geburt steigt diese Zahl sprunghaft an, so dass sechs Monate nach der Geburt 90 Prozent der Mütter nicht erwerbstätig sind. Dabei unterbrechen Frauen in Deutschland ihre Karriere im Ländervergleich besonders lang, so dass auch wenn das Kind bereits vier Jahre alt ist, erst die Hälfte der Frauen wieder in den Arbeitsmarkt zurückgekehrt ist. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie von Weber (2004), in der die Rückkehrwahrscheinlichkeit zunächst im dritten Monat nach der Geburt, d.h. nach Ende der Mutterschutzfrist kurzfristig ansteigt. In den darauf folgenden zwei Jahren sinkt die Übergangsrate in den Arbeitsmarkt von Müttern und steigt erst wieder im dritten Lebensjahr des Kindes an. In seinen Ergebnissen für die USA findet Even (1987) dagegen einen steilen Abfall der Rückkehrwahrscheinlichkeit von Müttern in den ersten eineinhalb Jahren
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nach einer Geburt. Die Rückkehrquote fällt dabei von 25 Prozent im dritten Monat nach einer Geburt auf nur noch 5 Prozent ab. Diese niedrige Rückkehrwahrscheinlichkeit auf den Arbeitsmarkt unter amerikanischen Müttern bleibt bis zu einem Alter des Kindes von vier ein halb Jahren weitgehend konstant und steigt erst danach wieder an. Für Deutschland zeigt eine Studie von Klein und Braun (1995) ebenfalls einen negativen Effekt der Unterbrechungsdauer in Höhe von 12,6 Prozent pro Unterbrechungsjahr auf die Wiedereintrittsrate der Mütter auf den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig ergibt sich ein positiver Effekt für das Alter des jüngsten Kindes auf die Rückkehrwahrscheinlichkeit der Frauen. Dabei steigt die Beschäftigungsquote der Mütter mit dem Alter des jüngsten Kindes an, was die Autoren mit dem sinkenden Betreuungsaufwand erklären, der mit einem Rückgang der Opportunitätskosten einer Erwerbstätigkeit verbunden ist. Dabei zeigt sich in dieser Studie, dass die Wiedereintrittsrate der Frauen in den Beruf um fast 30 Prozent ansteigt, sobald das jüngste Kind das Kindergartenalter erreicht hat. Daneben zeigen Klein und Braun ebenfalls, dass verheiratete Frauen eine um 50 Prozent geringere Rückkehrquote in den Beruf aufweisen als Frauen ohne Partner. Dieser Effekt wird auch von zahlreichen anderen Studien bestätigt, die sowohl einen negativen Einfluss der Ehe als auch der Erwerbstätigkeit bzw. des Erwerbseinkommen des Partners auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern feststellen (siehe dazu Weber 2004; Eckstein und Wolpin 1989; McRae 1993; Lauer und Weber 2003; Moen et al. 1990). Auch nach den Ergebnissen von Drobni, Blossfeld und Rohwer (1999) hängt die Rückkehrbereitschaft von Müttern in Deutschland stark von der Schulpflichtigkeit der Kinder ab. Nach ihren Analysen verdreifacht sich die Übergangsrate von Müttern in eine Vollzeiterwerbstätigkeit nachdem das jüngste Kind schulpflichtig geworden ist, und auch für die Übergangsrate in eine Teilzeiterwerbstätigkeit finden die Autoren eine Verdoppelung. Drobni (2000) zeigt zusätzlich, dass insbesondere verheiratete Mütter erst nach der Schulpflichtigkeit der Kinder wieder erwerbstätig werden. Dabei haben der Einfluss des Ehepartners und dessen beruflicher Position auf das Rückkehrverhalten von Frauen über die Kohorten allerdings abgenommen. So findet eine britische Kohortenstudie beispielsweise, dass der Effekt des Berufsstatus des Ehemanns auf die Rückkehrwahrscheinlichkeit von Müttern über die Kohorten stark zurückgegangen ist und der Einfluss des Familienstandes für die jüngere Kohorte sogar ganz verschwunden ist (Joshi und Hinde 1993). Demgegenüber gewinnen in jüngeren Kohorten die sozialstrukturellen Merkmale von Frauen für das Unterbrechungsverhalten an Bedeutung (Joshi und Hinde 1993). So zeigen Klein et al. (Klein und Lauterbach 1994; Klein und Braun 1995) in zwei Studien für Deutschland, dass die Wahrscheinlichkeit einer
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Erwerbsunterbrechung von Müttern mit jedem weiteren Bildungsjahr um sieben Prozentpunkte absinkt. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch von zahlreichen Studien, die einen positiven Einfluss vom Bildungsniveau, Berufsstatus sowie dem Erwerbseinkommen von Frauen auf das Unterbrechungsverhalten nach der Geburt von Kindern finden (Eckstein und Wolpin 1989; Moen et al. 1990; Hynes und Clarkberg 2005; Desai und Waite 1991; Angrist und Evans 1998; Weber 2004; Klerman und Leibowitz 1994). Dabei unterbrechen hochqualifizierte Frauen nach einer Geburt einerseits seltener ihren Karriere und kehren andererseits häufiger und schneller in den Arbeitsmarkt zurück (Lauterbach et al. 1994). Neben diesen sozial- und familienstrukturellen Einflussfaktoren auf das Unterbrechungsverhalten der Frauen weisen eine Vielzahl unterschiedlicher Studien Einflüsse wohlfahrtsstaatlicher Rahmenbedingungen auf das Arbeitsmarktverhalten von Müttern nach. So zeigen Gustafsson et al. (1996) in einer vergleichenden Studie für Großbritannien, Schweden und Deutschland, dass sich dass Arbeitsmarktverhalten von Frauen vor der Geburt von Kindern in den verschiedenen Ländern kaum unterscheidet. So divergiert die Arbeitsmarktbeteiligung vor der Geburt des ersten Kindes zwischen den drei Ländern kaum. Frauen in Großbritannien und Deutschland sind sogar leicht häufiger vollzeiterwerbstätig als Frauen in Schweden. Bereits mit der Geburt des ersten Kindes und vor allem ab einem zweiten Kind bilden sich die Länderunterschiede in der Arbeitsmarktbeteiligung aber immer stärker heraus. Dabei zeigt sich dass vor allem die Frauen in Deutschland ihre Erwerbstätigkeit nach der Geburt von Kindern unabhängig von ihrem Bildungsstand besonders lange unterbrechen und auch besonders häufig auf Teilzeitarbeitsplätze zurückkehren. Auch Gornick et al. (1998) weisen in ihren Ergebnissen darauf hin, dass die unterschiedliche Ausgestaltung wohlfahrtsstattlicher, familienpolitischer Institutionen die Erwerbsmuster von Müttern positiv oder negativ beeinflussen kann. In ihrer Analyse zeigt sich, dass die Geburt von Kindern das Erwerbsverhalten von Frauen in den Ländern am stärksten nachteilig beeinflusst, in welchen die Politik wenig darauf ausgerichtet ist, erwerbstätige Mütter zu unterstützen. So wird der stärkste Rückgang in der Erwerbsbeteiligung von Frauen nach der Geburt eines Kindes in Großbritannien, den USA, Österreich, Kanada, den Niederlanden, Norwegen und Deutschland gefunden. Der Erwerbsrückgang im Vergleich zur Erwerbsbeteiligung vor der Geburt liegt für Mütter mit Kleinkindern dabei zwischen 45 und 22 Prozentpunkten und bei Kindergartenkindern zwischen 31 und 15 Prozentpunkten. Ebenso finden Stier et al. (2001) in einem Vergleich von zwölf westlichen Ländern, dass das Wohlfahrtsstaatsregime eines Landes sowie eine Familienpolitik, die die Erwerbstätigkeit von Frauen unterstützt, einen großen Teil der Ländervariationen in den Erwerbsmustern von Frauen erklärt. Auch während der
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Kleinkindphase ist die Erwerbskontinuität der Mütter vor allem auch in Vollzeitbeschäftigung in Ländern, die erwerbstätige Mütter mit ihrer Arbeitsmarkt-, Steuer- und ihrer Familienpolitik unterstützen, am höchsten. Deutschland, das in dieser Studie als ein Land mit konservativem Wohlfahrtsstaat mit einer durchschnittlichen Unterstützung für erwerbstätige Mütter klassifiziert wird, gehört bei Müttern von Kleinkindern mit einem Unterbrechungsquote von 60 Prozent zu den Ländern mit den höchsten Unterbrechungsquoten. Der negative Einfluss der Betreuung kleiner Kinder auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist damit im internationalen Vergleich in Deutschland besonders stark ausgeprägt (vgl. auch Pettit und Hook 2005). Eine Studie der OECD (2005) betont das Steuersystem, staatliche Kinderbetreuungsangebote, das Kindergeld sowie einen Rechtsanspruch auf bezahlten Erziehungsurlaub als familienpolitische Rahmenbedingungen, die die Erwerbsverläufe von Frauen wesentlich beeinflussen. Die Analysen ergeben dabei, dass die Frauenerwerbsquote in Ländern mit einer gemeinsamen Besteuerung von Ehepaaren, die zu einer hohen Steuerlast des Nebenverdieners führt, besonders niedrig ist. Ebenso führen hohe Kindergeldleistungen zu einer geringeren Erwerbsbeteiligung von Frauen. Öffentliche Kinderbetreuungsangebote sowie ein bezahlter Erziehungsurlaub haben hingegen einen positiven Einfluss auf die Beschäftigungsquoten von Müttern und führen vor allem auch zu höherer Vollzeitbeschäftigung (siehe dazu auch Gustafsson 1992; Caliendo et al. 2007). Vor allem amerikanische Studien zeigen explizit einen negativen Einfluss der Höhe der Kinderbetreuungskosten auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern auf (Blau und Robins 1998; Michalopoulos und Robins 2002; Barrow 1999; Connelly 1992; Powell 1997; Anderson und Levine 2000; Blau und Robins 1989; Kimmel 1998; Mason und Kuhlthau 1992; Ribar 1991). So zeigen beispielsweise die Ergebnisse von Michalopoulos und Robins (2000) für die USA ein Absinken der Erwerbsbeteiligung von Müttern wenn die Kosten der Kinderbetreuung ansteigen. Dabei verringert ein Preisanstieg von einem Dollar pro Betreuungsstunde in einem Kindergarten die Vollzeitbeschäftigung von Müttern um fast 6 Prozent und führt zu einer Verringerung der Beschäftigungsquote von insgesamt 3,2 Prozent. Vor allem für geringqualifizierte Frauen stellen hohe Betreuungskosten eine Beschäftigungshürde dar (Baum 2002a). Gleichzeitig zeigt sich, dass Steuerbegünstigungen für Kinderbetreuungskosten sowie staatliche Ausgaben für öffentliche Kindergartenplätze die Arbeitsmarktbeteiligung von Müttern positiv beeinflussen können (Klerman und Leibowitz 1990; Michalopoulos und Robins 2000; Han und Waldfogel 2001). Eine Studie von Pettit (2005) ermittelt, dass mit dem Ausbau der öffentlich finanzierten Kinderbetreuungsplätze für Kleinkinder zwischen 0 und 2 Jahren die Erwerbsbeteiligung verheirateter Mütter zunimmt und sich mit jedem zusätzli-
2.1 Familiengründung, Erwerbsbeteiligung und Familienpolitik
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chen Prozentpunkt in der Betreuungsquote um 1,5 Prozent erhöht. Eine frühe Studie von Stolzenberg und Waite (1984) zeigt jedoch, dass die Betreuungskosten lediglich für Mütter von Kleinkindern unter zwei Jahren einen negativen Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung haben, während dieser Effekt für Mütter älterer Kinder bedeutungslos wird. Einen noch größeren Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung als die Betreuungskosten ermitteln die Autoren jedoch für die Betreuungsquote. So zeigen Stolzenberg und Waite (1984) in ihrer Studie, dass das Betreuungsangebot für Kinder unter zwei Jahre einen besonders starken Einfluss auf die Erwerbsquoten der Mütter hat und dieser auch für ältere Kinder bedeutsam bleibt, wenngleich sich dieser Effekt mit zunehmendem Alter der Kinder abschwächt. Auch Gustafsson und Stafford (1991) zeigen in einer Studie für Schweden, dass ein qualitativ hochwertiges öffentliches Kinderbetreuungssystem die Erwerbsbeteiligung der Mütter mit kleinen Kindern positiv beeinflusst und zwar auch dann, wenn das Einkommen des Ehepartners hoch ist. Gustafsson und Stafford zeigen ebenfalls, dass Kosten der Kinderbetreuung nur dann, wenn überhaupt ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen vorhanden ist, an Erklärungskraft für die Erwerbsbeteiligung von Müttern gewinnen. So argumentieren auch Kreyenfeld und Hank (2000), dass aufgrund der relativ niedrigen Kosten der öffentlichen Betreuungsplätze in Deutschland und dem gleichzeitig fehlenden privaten Markt für Kinderbetreuung weniger die Kosten als vielmehr die Verfügbarkeit von Plätzen eine Rolle für das Arbeitsmarktverhalten von Frauen spielt. Dementsprechend kommt auch eine Studie von Wrohlich (2006) zu dem Ergebnis, dass die monetären Kinderbetreuungskosten im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland nur eine geringe Rolle spielen. So verringert ein Anstieg der Betreuungskosten um einen Prozentpunkt den durchschnittlichen Arbeitsumfang der Mütter um weniger als 0,1 Prozent. In einer Simulation unterschiedlicher politischer Reformen zur Kinderbetreuung zeigt Wrohlich, dass eine Preisreduktion des bestehenden Betreuungsangebots nur einen geringen Effekt auch die Erwerbsbeteiligung der Mütter hätte und auch die Nachfrage nach Betreuungsplätzen nur um 1,3 Prozent steigen würde. Hingegen könnte eine Reform, die sich auf den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vor allem auch für Kinder unter drei Jahren konzentriert, die Erwerbsbeteiligung von Müttern mit Kindern unter drei Jahren um 3 Prozentpunkte steigern und die Nachfrage nach Betreuungsplätzen um 2,3 Prozentpunkte. Als eine weitere politische Maßnahme, die die Erwerbsbeteiligung von Müttern unterstützt, untersuchen viele Studien den Einfluss eines gesetzlichen Erziehungsurlaubsanspruchs. So zeigen beispielsweise Ergebnisse zur Einführung eines landesweit einheitlichen Erziehungsurlaubs in den USA im Jahr 1993,
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
dass sich mit der Einführung sowohl der Anteil der Frauen erhöht hat, die bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, der die Möglichkeit eines Erziehungsurlaubs anbietet.1 Neben der Verbesserung des Zugangs zu Erziehungsurlaubsleistungen hat sich gleichzeitig auch der Anteil von Frauen erhöht, die den Erziehungsurlaub tatsächlich in Anspruch nehmen (Han und Waldfogel 2003; Waldfogel 1999). Waldfogel (1999) führt diese verstärkte Inanspruchnahme einerseits auf die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Frauen zurück, die zuvor keinen Zugang zu Erziehungsregelungen hatten, andererseits aber auch auf eine verstärkte Akzeptanz und positivere Einstellung gegenüber Erziehungsurlaubsregelungen von Seiten der betroffenen Frauen und Arbeitgeber. Dabei zeigt sich in den USA zudem ein positiver Effekt des Erziehungsurlaubs auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen. Pettit und Hook (2005) ermitteln in ihrer Studie, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsbeteiligung für Frauen mit Kleinkindern mit jeder zusätzlichen Woche Erziehungsurlaubsanspruch um 2,2 Prozentpunkte erhöht. Auch eine Studie von Ruhm (1998) für neun europäische Länder zeigt, dass ein Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub die Erwerbsbeteiligung von Frauen um ungefähr 4 Prozentpunkte erhöht. Diese Wirkung ergibt sich sowohl daraus, dass Frauen mit einem Erziehungsurlaubsanspruch den Arbeitsmarkt tendenziell erst kurz vor der Geburt verlassen, und auch daraus, dass Mütter nach einer Unterbrechung schneller und häufiger wieder in den Beruf zurückkehren (Joesch 1997; Berger und Waldfogel 2004; Hofferth und Curtin 2006; Rønsen 1999; Glass und Riley 1998). Dieses Ergebnis wird in einer vergleichenden Länderstudie für die USA, Großbritannien und Japan bestätigt, die zeigt, dass ein Anspruch auf Erziehungsurlaub die Rückkehrwahrscheinlichkeit auf den Arbeitsmarkt für Frauen in allen drei Ländern deutlich erhöht. Dabei steigert sich die Rückkehrquote für Frauen in Großbritannien um 16 Prozent, für die USA um 23 Prozent und für Japan mit 73 Prozent am stärksten (Waldfogel et al. 1999). In allen drei Ländern zeigt sich der positive Einfluss des Anspruchs auf Erziehungsurlaub auf die Rückkehrbereitschaft dabei insbesondere für Frauen mit geringen und mittleren Qualifikationen. Allerdings weisen die Ergebnisse dieser Studien auch darauf hin, dass sich der positive Einfluss des Erziehungsurlaubs auf die Frauenerwerbsquote vor allem bei einer kurzen Anspruchsdauer zeigt, während sich die Effekte bei längerer Anspruchsdauer ins Negative verkehren (Gutiérrez-Domènech 2005; Ruhm 1 Seit 1993 existiert in den USA mit Inkrafttreten des FMLA (Family and Medical Leave Act) ein Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub auf der Bundesebene. Dieser Anspruch ist allerdings nur auf ungefähr 50-60 Prozent der erwerbstätigen Frauen beschränkt, die bei größeren Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten beschäftigt sind. Außerdem ist der Erziehungsurlaub nach dem FMLA generell unbezahlt und auch lediglich auf einen sehr kurzen Zeitraum von 12 Wochen beschränkt.
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1998). Die Schätzwerte für den Schwellenwert der Anspruchsdauer, ab welchem der Erziehungsurlaubsanspruch einen negativen Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat, schwanken allerdings stark (OECD 2005; Pettit und Hook 2005). Eine Studie von Pylkkänen und Smith (2003) kommt dabei zu der Einschätzung, dass vor allem ein großzügiger Erziehungsurlaubsanspruch mit einer hohen Lohnkompensation negative Anreize für eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt setzt und somit die Erwerbsunterbrechung verlängert. In verschiedenen Studien zeigt sich auch, dass Frauen in ihrem Rückkehrverhalten sehr stark auf die gesetzliche Höchstdauer des Anspruchs auf Erziehungsurlaub reagieren, so dass vor allem eine sehr lange Anspruchsdauer des gesetzlichen Erziehungsurlaubs die Erwerbsunterbrechungen von Frauen verlängert (Saurel-Cubizolles et al. 1999; Joesch 1997; Han und Waldfogel 2003). Dies bestätigt eindrücklich eine Studie der Erwerbsverläufe von Frauen in Österreich, wo der Erziehungsurlaub im Jahr 1990 zunächst von einem auf zwei Jahre verlängert, und ab 1996 wieder um ein halbes Jahr auf 18 Monate verkürzt wurde. Lalive und Zweimüller (2005) ermitteln, dass jeder zusätzliche Monat des gesetzlichen Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub die durchschnittliche Unterbrechungsdauer der Frauen um einen halben Monat verlängert. Zusätzlich zeigt sich, dass Frauen, die während der Geltung des zweijährigen Erziehungsurlaubsanspruchs ihr Kind bekommen haben, auch drei Jahre nach der Geburt noch immer eine um 10 Prozentpunkte geringere Erwerbsquote aufweisen als die Frauen der Vergleichsgruppe, die lediglich einen Rechtsanspruch auf ein Jahr Erziehungsurlaub hatten. Interessanterweise, zeigt sich ein entsprechend starker Einfluss der späteren Gesetzesänderung, welche die Anspruchshöchstdauer auf 18 Monate verkürzte. In diesem Fall zeigte sich, dass die Erwerbsquoten drei Jahre nach einer Geburt für die Frauen mit einem Rechtsanspruch auf einen achtzehnmonatigen Erziehungsurlaub nur noch 5 Prozentpunkte unter der Erwerbsquote von Frauen mit einem lediglich einjährigen Erziehungsurlaub liegen. Nach den Ergebnissen dieser Studie reagierten Frauen also in gleicher Weise auf die Verlängerung wie die Verkürzung des Erziehungsurlaubs in Österreich. In einer weiteren Studie zeigen Berger und Waldfogel (2004) selbst für die USA, wo der gesetzliche Erziehungsurlaubsanspruch nur 12 Wochen beträgt, dass Frauen ihr Unterbrechungsverhalten dieser Höchstdauer anpassen und die Rückkehrquote auf den Arbeitsmarkt erst zum Ende der Anspruchshöchstdauer ansteigt. Unter Frauen mit Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub ist die Rückkehrrate in den Beruf in den ersten sechs Wochen nach der Geburt um 20,5 Prozent geringer als für Frauen ohne Anspruch auf Erziehungsurlaub, und zwischen der 7. und 12. Woche nach der Geburt ist die Wiedereinstiegsbereitschaft sogar um 56,1 Prozent reduziert. Erst nach Ablauf der Anspruchshöchstdauer steigt die Rückkehrquote von Müttern, die einen Anspruch auf Erziehungsurlaub hatten,
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sprunghaft an und liegt um 68,8 Prozent über der Rückkehrrate in der Vergleichsgruppe. Ondrich et al. (1996; 1998) bestätigen diesen Zusammenhang auch für deutsche Frauen. Dabei zeigt sich dass die Ausweitung der Erziehungsurlaubsdauer in Deutschland die Karriereunterbrechungen der Mütter verlängert hat, da Mütter ihren Rechtsanspruch in der Regel ausschöpfen und sich die Rückkehrtendenz in den Arbeitsmarkt erst gegen Ende der Anspruchshöchstdauer wieder verstärkt. 2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik Die zentrale Arbeitsmarkttheorie, die sich mit dem Zusammenspiel von individuellen Merkmalen von Arbeitnehmern, ihrer Produktivität und den sich daraus ergebenden Karriereaussichten befasst, ist die ökonomische Humankapitaltheorie (vgl. dazu im Folgenden Becker 1993; Mincer 1958, 1962; Blau et al. 2006; Borjas 2005; Kaufman und Hotchkiss 2006). Dabei wird davon ausgegangen, dass Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Präferenzen sowie unterschiedlicher Qualifikation auf den Arbeitsmarkt kommen, wo sie entsprechend ihrer daraus resultierenden individuellen Produktivität unterschiedlich entlohnt werden. Produktivitätsrelevante Präferenzen von Arbeitnehmern zeigen sich insbesondere in einer unterschiedlich starken Bereitschaft der einzelnen Arbeitnehmern, bestimmte Arbeitsbedingungen wie beispielsweise längere und unflexible Arbeitszeiten oder schwere körperliche Arbeit im Ausgleich für eine höhere Entlohnung hinzunehmen. Aus der Sicht der Humankapitaltheorie ist jedoch bedeutsamer, dass Arbeitnehmer unterschiedliche Qualifikationen auf den Arbeitsmarkt bringen und damit auch unterschiedlich produktiv sind. Produktivitätsrelevante Qualifikationen, das so genannte Humankapital der Arbeitnehmer, sind dabei einerseits die formale Schulbildung und die berufliche Ausbildung, aber andererseits auch Erfahrungswissen und beruflicher Weiterbildung. Zusammen bestimmen die Präferenzen und die Erstausbildung die berufliche Eingangsplatzierung der Individuen auf dem Arbeitsmarkt und führen dadurch sowohl zu unterschiedlichen Erwerbslöhnen als auch zu einer unterschiedlichen Segregation von Individuen in verschiedene Berufe und Branchen. Ausgehend von dieser Eingangsplatzierung im Arbeitsmarkt spielt jegliche Aneignung weiteren beruflichen Wissens in Form von Weiterbildung oder erworbenem Erfahrungswissen eine entscheidende Rolle im weiteren Verlauf der individuellen Berufskarriere. Dabei geht die Humankapitaltheorie davon aus, dass Individuen auch nach der Schulausbildung weiterhin Ressourcen insbesondere Zeit und Geld in sich selbst investieren, um ihr Wissen, ihre berufsrelevanten Fähigkeiten und damit ihre zukünftige Produktivität und ihr erzielbares Einkommen zu
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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steigern. Die erzielten Löhne stellen damit im Umkehrschluss ein indirektes Maß für den Wert der individuellen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt dar, und sollten aufgrund des zusätzlichen Erwerbs von Humankapital kontinuierlich in Übereinstimmung mit der wachsenden Produktivität der Arbeitnehmer steigen (Mincer 1958, 1962; Becker 1993). Die optimale Produktivität eines Arbeitnehmers hängt im Humankapitalmodell dabei sowohl von einem Arbeitsplatz ab, der genau den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entspricht, als auch von anhaltender Weiterqualifizierung. Um eine optimale Passung zwischen einem Arbeitnehmer und seinem Arbeitsplatz zu erzielen, ist nicht nur Suchzeit, sondern eventuell auch ein monetärer Aufwand für die entsprechende Arbeitsplatzsuche und gegebenenfalls eine hohe geographische Mobilität seitens des Arbeitnehmers erforderlich. Ist ein Arbeitsplatz gefunden, der den eigenen Fähigkeiten in optimaler Weise entspricht, so resultiert dies für den Arbeitnehmer in einem Lohngewinn gegenüber weniger geeigneten Arbeitsplätzen, wobei der potenzielle Lohngewinn gleichzeitig dem ökonomischen Anreiz zur Arbeitssuche darstellt. Hinzu kommt, dass Arbeitnehmer potenziell ihre Produktivität durch den Erwerb formaler Qualifikationen oder den Erwerb von Erfahrungswissen steigern können. In Bezug auf die berufliche Weiterqualifikation unterscheidet das Humankapital-Modell idealtypisch zwischen allgemeiner und spezifischer Weiterbildung (Mincer 1962; Becker 1993). Allgemeines Humankapital zeichnet sich dadurch aus, dass es typischerweise unabhängig vom Arbeitsplatz beispielsweise im Rahmen einer formalen Aus- oder Weiterbildung gebildet wird und anschließend die Produktivität des Individuums im Arbeitsmarkt insgesamt erhöht und somit komplett zwischen Arbeitgebern und Betrieben transferierbar ist. Bei einer Investition in allgemeines Humankapital entstehen allerdings auch Kosten, die sich aus den direkten Kosten in Form von Ausbildungskosten und indirekten Kosten zusammensetzten, indem beispielsweise die Produktivität oder der Erwerbsumfang des Arbeitnehmers während der Weiterbildung verringert sind, so dass sich sein Erwerbseinkommen während der Ausbildungszeit entsprechend reduziert. Gemäß der Humankapitaltheorie trägt der Arbeitnehmer die Kosten des Erwerbs von allgemeinem Humankapital normalerweise alleine, da sich durch den allgemeinen Charakter der Ausbildung seine Produktivität und damit auch sein erzielbares Einkommen in allen Firmen erhöht, und sich dadurch für den Arbeitgeber die Gefahr einer Abwanderung des so weitergebildeten Arbeitnehmers vergrößert. Aus dieser Überlegung heraus ist es für Arbeitgeber rational, nur in spezifisches Humankapital ihres Arbeitnehmers zu investieren, das seine Produktivität im Idealfall nur bei diesem speziellen Betrieb erhöht. Bei spezifischem Humankapital kann es sich einerseits um firmenspezifisches Wissen handeln, das für die
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Produktionsprozesse dieser Firma von Bedeutung ist und beispielsweise in formalen Weiterbildungsprogrammen vermittelt wird. Andererseits wird spezifisches Humankapital auch in informeller Weise direkt am Arbeitsplatz erworben, etwa weil mit zunehmender Berufserfahrung, beziehungsweise Firmenzugehörigkeit die Tätigkeit routinierter ausgeführt werden kann oder weil Kollegen und Vorgesetzte den Arbeitnehmer systematisch in die Betriebsabläufe einweisen (Mincer 1958). Im Unterschied zum Fall des allgemeinen Humankapitals ist dagegen nach der Humankapitaltheorie zu erwarten, dass die mit einer Weiterqualifikation des Arbeitnehmers verbundenen Kosten hauptsächlich vom Arbeitgeber getragen werden. Durch den Erwerb von Humankapital erweitert der Arbeitnehmer seine beruflichen Fähigkeiten und sein Erfahrungswissen und steigert damit seine Verdienstaussichten und seine Verhandlungsmacht innerhalb der Firma. Im Falle des Erwerbs spezifischen Humankapitals gilt aber sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer, dass sich die Investition in das firmenspezifische Humankapital nur auszahlt, solange der so weitergebildete Arbeitnehmer in der Firma beschäftigt bleibt. Da das spezifische Wissen die Produktivität im Extremfall nur in einem Unternehmen steigert, besitzt der Arbeitnehmer ein großes Interesse daran, so lange wie möglich bei seinem aktuellen Arbeitgeber beschäftigt zu bleiben (Becker 1993; Mincer 1958, 1962). Genauso zahlen sich auch für den Arbeitgeber die Investitionskosten in die spezifische Weiterbildung des Arbeitnehmers nur so lange aus, wie dieser bei der Firma beschäftigt bleibt. Daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber zum einen ein hohes Interesse darin hat, nur in Arbeitnehmer zu investieren, von welchen er annimmt, dass sie durch das spezifische Training auch langfristig an die Firma gebunden werden können. Zum anderen wird der Arbeitgeber auch von vorneherein auf Positionen, die ein hohes Maß an spezifischen Wissen erfordern, nur solche Arbeitnehmer einstellen, bei welchen er sich sicher ist, dass sie dauerhaft an die Firma gebunden werden können. Spezifisches Humankapital erzeugt somit eine starke beidseitige Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und resultiert in einer Monopolmacht, die diese beiden Parteien gegenseitig übereinander haben (Blau et al. 2006). Aus den Annahmen der Humankapitaltheorie ergeben sich für Frauen jedoch teilweise andere Implikationen als für männliche Arbeitnehmer, so dass die Humankapitaltheorie zum Teil die Geschlechterunterschiede in der Entlohnung erklären kann. Zum einen wird das Arbeitsmarktverhalten der Frauen ungleich stärker durch die familiären Rahmenbedingungen determiniert. Damit sind weibliche Erwerbsbiographien insgesamt in weit größerem Ausmaß von externen Faktoren wie der Erwerbstätigkeit des Partners, der Familienstruktur und insbesondere der Zahl und dem Alter von Kindern beeinflusst als dies bei männlichen
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Arbeitnehmern der Fall ist. Faktoren wie ein anhaltend traditionelles Rollenverständnis in Paarbeziehungen, die Schwierigkeit, die Berufskarrieren beider Partner mit dem selben Nachdruck zu verfolgen und schließlich mangelnder Zugang zu verlässlicher, qualitativ hochwertiger, kostengünstiger Kinderbetreuung führen in ihrer Konsequenz zu einem stärker diskontinuierlichen Erwerbsleben und einer insgesamt geringeren Lebensarbeitszeit von Frauen (Mertens et al. 1995; Lundberg und Rose 2000; Dex 1987). Nach wie vor gilt, dass es fast ausschließlich Frauen sind, die ihre Erwerbskarriere zur Betreuung und Erziehung von Kleinkindern unterbrechen (Shapiro und Mott 1994). Gleichzeitig sind diese familienbedingten Erwerbsunterbrechungen häufig von vergleichsweise langer Dauer und treten innerhalb der Berufslaufbahn mehrmals auf, wodurch sie die Bindung der Frauen an den Arbeitsmarkt insgesamt wie auch an spezifische Arbeitgeber und Firmen abschwächt (Fitzenberger und Wunderlich 2000). Dehnen sich diese Unterbrechungen besonders lang aus oder bekommt eine Frau mehrere Kinder, führt dies nicht selten zu einem kompletten Rückzug aus dem Erwerbsleben. Außerdem veranlassen familiäre Verantwortlichkeiten Frauen häufiger zur Aufnahme von Tätigkeiten, die ihren Qualifikationen nicht auf optimale Weise entsprechen, dafür eventuell aber leichter mit der Berufstätigkeit des Mannes und der Betreuung von Kindern vereinbar sind. So hängt die Berufstätigkeit der Frauen insgesamt in stärkerem Maße von der Erwerbstätigkeit des Partners ab, weil Frauen beispielsweise häufig gemeinsam mit ihrem Partner mobil sind, da sie den Arbeitgeber und den Wohnort wechseln, sobald der Partner den bisherigen Wohnort aus beruflichen Gründen verlässt (Felmlee 1984; Mincer und Polachek 1974). Andere Studien zeigen auch, dass Frauen häufiger als Männer eine Erwerbstätigkeit aus familiären Verpflichtungen kündigen (Keith und McWilliams 1995). Diese verschiedenen Formen von familienbedingter Mobilität haben gemeinsam, dass sie tendenziell mit häufigeren Arbeitgeberwechseln von Frauen einhergehen, die vor allem bei geringqualifizierten Frauen mit Kindern in eine Abwärtsdynamik münden (Felmlee 1982; Hakim 1996; Dex 1987; Royalty 1998). Dabei zeigt sich auch, dass vor allem Frauen mit traditionellen Rollenvorstellungen nach der Geburt von Kindern häufig den Beruf wechseln (Dex 1987). Hinzu kommt, dass Frauen nach der Geburt besonders oft in so genannte mütterfreundliche Tätigkeiten wechseln, um der zusätzlichen zeitintensiven Betreuung von Kleinkindern gerecht zu werden (Ermisch und Wright 1993). Solche Berufe oder Arbeitsplätze zeichnen sich einerseits durch flexiblere Arbeitsabläufe und Arbeitszeiten, aber beispielsweise auch durch die Nähe zum Wohnort oder dem Kindergarten und somit kürzeren Pendelzeiten, weniger Schichtarbeit oder außergewöhnliche Arbeitszeiten aus, die sich insgesamt leichter mit der
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gleichzeitigen Kinderbetreuung koordinieren lassen. Ebenso können feste Laufbahnkarrieren und eventuell geringere Belastung, Leistung- und Erfolgsdruck und geringere Qualifikationsanforderung die zeitweise systematische Aus- und Wiedereingliederung der Frauen nach Familienphasen erleichtern (Wolf und Rosenfeld 1978). Dementsprechend finden sich Frauen oft schon vor der Geburt von Kindern in geschlechtersegregierten Berufsfeldern und Branchen wieder, weil Arbeitgeber wie Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sich zum Beispiel im öffentlichen Dienst oder im Dienstleistungsbereich die Kinderbetreuung und der zeitweise Ausstieg aus dem Erwerbsleben leichter bewältigen lassen (Beblo et al. 2006; Wolf und Rosenfeld 1978; Gronau 1988; Becker 1985). Die berufliche Segregation zwischen den Geschlechtern verstärkt sich nach der Familiengründung noch zusätzlich, wenn Frauen nach einer Geburt verstärkt in entsprechende Berufe zurückkehren beziehungsweise wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen, da sie den zeitlichen und sonstigen beruflichen Anforderungen in ihren bisherigen Berufsfeldern nicht mehr entsprechen können (Ermisch und Wright 1993; Stier 1996; Wolf und Rosenfeld 1978). Hinzu kommt, dass sich diese stärker frauentypischen Berufe auch durch besonders begrenzte Karriereund Aufstiegsmöglichkeiten, kurze Karriereleitern, geringe Weiterqualifikationsmöglichkeiten und in der Konsequenz auch durch besonders geringe Löhne auszeichnen (Peterson 1989; Beblo et al. 2006; Elliott und Parcel 1996; Macpherson und Hirsch 1995; Glass 2004; Achatz et al. 2005; Kilbourne et al. 1994; Fitzenberger und Wunderlich 2000; Doeringer und Piore 1971). Zudem finden sich vor allem Frauen mit kleinen Kindern besonders oft in Teilzeitbeschäftigung wieder, die es Frauen ermöglicht, trotz der Doppelbelastung den Kontakt zum Erwerbsleben nicht ganz zu verlieren (Bardasi und Gornick 2007; Powell 1998). Allerdings zeigt sich auch hier, dass diese Tätigkeiten kaum berufliches Entwicklungspotential bieten, die Weiterqualifikationsmöglichkeiten sowie die Aufstiegschancen und die Löhne gering sind (Bardasi und Gornick 2007; Ermisch und Wright 1992; Houston und Marks 2003; Wolf 2002; Ermisch und Wright 1993). Einmal in einer Teilzeitbeschäftigung erwerbstätig, schaffen es Frauen häufig auch dann, wenn die Kinder älter und der Betreuungsaufwand geringer geworden ist, nicht mehr, aus der Rolle der Nebenverdienerin heraus ihre Karriere weiterzuentwickeln, sondern bleiben häufig weiterhin im Teilzeitsektor beschäftigt (Lundberg und Rose 2000; Voicu und Buddelmeyer 2003). In Bezug auf den Erwerb und den Erhalt von Humankapital hat dieses kürzere, diskontinuierlichere und stärker von familiären Rahmenbedingungen abhängige Erwerbsleben von Frauen besondere Bedeutung. Während in den Unterbrechungsphasen einerseits kein neues Humankapital gebildet und andererseits bereits vorhandenes Wissen mit der Dauer der Unterbrechungszeit an Wert ver-
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liert, unterscheidet sich der Humankapitalerwerb von Frauen sowohl vor als auch nach einer möglichen Familienphase von dem Modell einer durchgängigen Erwerbskarriere (Shapiro und Mott 1994; Lundberg und Rose 2000; Royalty 1996; Becker 1985). Die geringere Berufserfahrung und die niedrige Betriebszugehörigkeitsdauer von Frauen geht gemäß der Humankapitaltheorie mit einer geringeren Akkumulation von allgemeinem wie spezifischen Wissen einher (Trappe und Rosenfeld 2001). Ebenso werden Frauen weniger in eine kostenintensive berufliche Aus- und Weiterbildung investieren, wenn davon auszugehen ist, dass sich diese im weiteren Erwerbsverlauf nicht auszahlt (Cox 1984; Royalty 1996). Dies ist besonders dann der Fall, wenn Frauen aufgrund einer starken Familienorientierung oder aufgrund mangelnder verfügbarer Kinderbetreuungsplätze lange kindbedingte Unterbrechungen beziehungsweise eine kurze Erwerbstätigkeitsphase vorhersehen (Powell 2002; Jones und Long 1979; Gronau 1988; Weiss und Gronau 1981). Und auch nach eventuellen Familienphasen lohnt sich die Investition in eine allgemeine berufliche Weiterqualifikation für Frauen um so weniger, je kürzer diese sich in der verbleibenden Erwerbszeit auszahlen kann und je häufiger Frauen auf weniger anspruchsvolle, aber mütterfreundliche Arbeitsplätze oder Teilzeitstellen gewechselt haben (Ermisch und Wright 1992; Houston und Marks 2003). Die schwächere Bindung von Frauen sowohl an den Arbeitsmarkt insgesamt wie auch an einen spezifischen Arbeitgeber führt zudem zusätzlich zu einer geringeren Tendenz, spezifisches Humankapital zu erwerben (Mertens et al. 1995; Royalty 1998). Genau wie im Falle der allgemeinen beruflichen Weiterqualifikation hängt der ökonomische Nutzen von der anhaltenden Erwerbstätigkeit ab. Dadurch, dass die Einsatzmöglichkeiten und der potenzielle Nutzen dieses Humankapitals stark an einen speziellen Arbeitgeber und einen bestimmten Arbeitsplatz gekoppelt ist, führt ein Arbeitgeberwechsel zur Entwertung dieses Wissens (Felmlee 1982). Dementsprechend verringern die tendenziell diskontinuierlicheren Erwerbsverläufe von Frauen den Wert von speziellem arbeitsplatzbezogenem Wissen, da entsprechendes Humankapital bei häufigeren Arbeitgeberwechseln schneller entwertet wird als dies bei einer ununterbrochenen Berufslaufbahn geschieht (Hakim 1996). Gleichzeitig werden Frauen, die von einer lange unterbrochenen beruflichen Laufbahn ausgehen, von vorneherein Berufe oder Positionen vermeiden, die ein hohes Maß an firmenspezifischem Training erfordern (Fitzenberger und Kunze 2005; Keith und McWilliams 1995). Im Gegenzug dazu sind in Berufen und auf beruflichen Positionen die Weiterqualifikation und Aufstiegsmöglichkeiten bieten, die Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung besonders hoch (Royalty 1998). Entsprechend dieser Überlegungen ist zum Beispiel davon auszugehen, dass wiederholter Arbeitgeberwechsel und geringere Anreize zum Erwerb firmenspe-
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zifischen Humankapitals den beruflichen Aufstieg und Beförderungen in firmeninternen Arbeitsmärkten erschweren (Felmlee 1982; Fitzenberger und Wunderlich 2000). Arbeitgeber werden versuchen, Produktivitätsrisiken zu minimieren und dementsprechend auf Positionen, die ein hohes Maß an spezifischer Weiterbildung erfordern, nur Arbeitnehmer einstellen oder befördern, bei welchen die Wahrscheinlichkeit einer Abwanderung gering ist und die Investitionen in spezifisches Humankapital eng an die Firma gebunden werden können (Jones und Long 1979). In dem Maß in dem Arbeitgeber davon ausgehen dass Frauen in diesem Sinne besonders riskante Arbeitnehmer sind, weil davon auszugehen ist dass sie irgendwann Kinder bekommen und die Firma verlassen zumindest aber für lange Zeit ihre Karriere unterbrechen, werden sie weniger in die Weiterqualifikation von Frauen investieren (Royalty 1996). Neben der Humankapitaltheorie lassen sich Geschlechterunterschiede in der Erwerbsbeteiligung und Entlohnung allerdings auch noch aus alternativen theoretischen Perspektiven begründen. Werden Frauen nicht aufgrund von Qualifikations- oder Produktivitätsunterschieden sondern allein aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit seltener eingestellt, seltener für Weiterbildungsprogramme oder Beförderungen berücksichtigt und insgesamt geringer entlohnt spricht die Arbeitsmarkttheorie von statistischer Diskriminierung (vgl. im Folgenden Akerlof 1970; Spence 1973; Olsen und Sexton 1996; Petersen et al. 2007; Becker 1971). Prozesse der statistischen Diskriminierung im Arbeitsmarkt treten im Wesentlichen deshalb auf, weil Arbeitgeber Personalentscheidungen mit unvollständiger Information über die zukünftige Produktivität und Firmenbindung eines potentiellen Arbeitnehmers treffen, wobei Fehler in Personalentscheidungen bei hohen Einstellungs- oder Ausbildungskosten für eine Firma besonders nachteilig sind (Akerlof 1970). Je mehr Arbeitgeber nun davon überzeugt sind, dass weibliche Arbeitnehmer insgesamt weniger produktiv oder berufsorientiert sind als Männer, desto eher werden Frauen nicht aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften bewertet, sondern allein aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Eine systematische statistische Diskriminierung wird bestärkt, wenn sich Frauen im Durchschnitt tatsächlich gemäß den nachteiligen Erwartungen verhalten, etwa wenn Frauen in der Regel tatsächlich weniger karriereorientiert oder aufgrund der familiären Doppelbelastung weniger produktiv am Arbeitsplatz sind, besonders oft ihre Karriere zur Kinderbetreuung unterbrechen und häufiger ihrem Partner zuliebe Arbeitgeber und Wohnort wechseln. Dabei wird ein Arbeitgeber Frauen umso eher aufgrund des statistischen Gruppendurchschnitts und weniger aufgrund individueller Merkmale beurteilen, je kostenintensiver oder schwieriger es ist, zwischen karriere- beziehungsweise familienorientierten Frauen zu unterscheiden (Meng 2004). Leicht beobachtbare Merkmale wie die Anzahl von Kinder
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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oder das bisherige Unterbrechungsverhalten einer Frau können in diesem Sinne dann als positives oder negatives Signal für die Erwerbsorientierung herangezogen werden (Peterson 1989; Phipps et al. 2001; Albrecht et al. 1999; Stafford und Sundström 1996; Hersch und Stratton 1997; Budig und England 2001; Hinz und Gartner 2005; Waldfogel 1997a; Simonsen und Skipper 2007). Statistische Diskriminierung kann Frauen auf dem Arbeitsmarkt bereits im Einstellungsverfahren, bei der Auswahl für Weiterqualifikationsprogramme des Arbeitgebers oder auch bei der Berücksichtigung für Beförderungen begegnen. Ein diskriminierender Arbeitgeber wird Frauen entweder überhaupt nicht einstellen, oder vorzugsweise nur auf Berufspositionen beschäftigen, für die firmenspezifisches Wissen und das Risiko einer häufigeren Arbeitnehmerfluktuation von geringerer Bedeutung ist. Wird Frauen zudem der Zugang zu Weiterqualifikationsprogrammen des Arbeitgebers versperrt, verhindert Diskriminierung direkt die Akkumulierung firmenspezifischen Humankapitals und verringert damit die Produktivität und Entlohnung von weiblichen Arbeitnehmern (Gronau 1988; Evertsson 2004; Melero 2004; Olsen und Sexton 1996). Schließlich ist Frauen der Karriereweg in höhere Positionen versperrt, wenn sie entweder von vorneherein nur auf Arbeitsplätzen oder in Firmen arbeiten, in denen es keine oder nur geringe Aufstiegsmöglichkeiten gibt und die Karriereleitern kurz sind, oder wenn Arbeitgeber Frauen weniger oft als Männer für eine Beförderung vorsehen (Petersen und Saporta 2004). Besonders weitreichende Folgen hätte die statistische Diskriminierung zudem, wenn das diskriminierende Verhalten von Arbeitgebern das Arbeitsmarktverhalten von Frauen insgesamt negativ beeinflusst, und Frauen entmutigt würden, in ihr Humankapital zu investieren (Neumark und McLennan 1995). So würden gleichzeitig ökonomische Anreize für Frauen gesetzt, ihre Prioritäten außerhalb des Erwerbslebens zu setzen, so dass traditionelle Geschlechterrollen verstärkt würden und, indem Frauen sich gemäß den Erwartungen diskriminierender Arbeitnehmer verhalten, diskriminierendes Verhalten der Arbeitgeber weiter begründet und verstärkt würde. Die Konsequenzen dieser arbeitsmarkttheoretischen Überlegungen zur Entwicklung von Produktivität und Entlohnung im Karriereverlauf von Frauen werden in Abbildung 2.1 zusammenfassend dargestellt. Dabei wird der Erwerbsverlauf nach der Geburt eines Kindes anhand der Entwicklung des Stundenlohns (im Sinne eines allgemeinen Maßes der Arbeitsplatzqualität) für unterschiedliche Szenarien beschrieben. Wenn wir annehmen, dass eine Frau zu einem bestimmten Zeitpunkt T+0 (im Alter von 25 Jahren in der Abbildung) ein Kind bekommt, dann wäre vorstellbar, dass sie ihre Karriere ohne weitere Erwerbsunterbrechung direkt nach der Geburt (bzw. den gesetzlichen Mutterschutzfristen) fortsetzt. In diesem Fall ergäbe sich der Lohnverlauf OAD, der die Lohnentwicklung einer
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
durchgängig erwerbstätigen Frau beschreibt und letztlich genauso für eine kin-
Stundenlohn
Abbildung 2.1: Idealtypische Karriereverläufe nach Mutterschaft und Erwerbsunterbrechung Geburt T+0
Erwerbsunterbrechung T+5
weiterer Karriereverlauf T+10
D A
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B
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Quelle: in Anlehnung an Mincer und Ofek (1982) und Mertens et al. (1995)
derlose Frau zu erwarten wäre. Gemäß den Annahmen der Humankapitaltheorie wird in dem Maße, wie im Karriereverlauf die individuelle Produktivität durch Akkumulation beruflichen Wissens und zunehmender Erfahrung ansteigt, auch der im Arbeitsmarkt erzielbare Lohn ansteigen. Mit zunehmendem Alter schwächt sich allerdings der Neuerwerb von Humankapital ab, so dass sich auch der Verlauf der Lohnkurve in späteren Erwerbsphasen entsprechend abflacht. Dieses traditionelle männliche Verlaufsmuster bildet den Vergleichsmaßstab für die folgenden Szenarien, in welchen auf die Geburt zum Zeitpunkt T+0 eine Erwerbsunterbrechung bis zu einem späteren Zeitpunkt T+5 und der anschließende Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt folgt. Im einfachsten Fall würde sich dabei der Lohnverlauf OBE ergeben, wenn mit Ausnahme der im Beispiel fünf jährigen Unterbrechungsphase kein weiterer Karrierenachteil für Mütter entsteht. In diesem Fall findet keine dauerhafte Entwertung des vor der Geburt erworbenen allgemeinen sowie firmenspezifischen Humankapitals von Frauen statt, so dass Mütter nach einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung wieder nachteilsfrei an ihren vorherigen Karrierepfad anknüpfen können. Der zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs T+5 erzielte Lohn B entspräche dann exakt dem Lohn O, der vor der Erwerbsunterbrechung erzielt wurde. Desweiteren ist hier angenommen, dass die Geburt eines Kindes sowie
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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eine darauf folgende Erwerbsunterbrechung auch keinen längerfristigen Karrierenachteil darstellen, also der Karriereverlauf ab Punkt B exakt so verläuft, als hätte im Zeitpunkt T+0 überhaupt keine Unterbrechung stattgefunden. Der Lohnverlauf OBE ist also gegenüber OAD allein deshalb verschoben, weil Mütter während einer Erwerbsunterbrechung kein zusätzliches Humankapital erwerben, und sich deshalb ihre Karriereentwicklung im Vergleich zu Frauen in ununterbrochener Beschäftigung verzögert. Im weiteren Karriereverlauf nähert sich die Lohnkurve OBE langfristig allerdings wieder an den Idealverlauf OAD an, da sich der Humankapitalerwerb im weiteren Lebensverlauf annahmegemäß generell abschwächt. Alternativ dazu wird in den folgenden Szenarien der Fall betrachtet, dass während der fünfjährigen Erwerbsunterbrechung nach der Geburt eines Kindes nicht nur kein neues Humankapital gebildet wird sondern bereits vorhandenes Wissen veraltet, so dass die Produktivität von Müttern durch eine Erwerbsunterbrechung abnimmt, etwa weil die Unterbrechung die Wahrscheinlichkeit eines Arbeitgeberwechsels erhöht, so dass firmenspezifisches Wissen verloren geht. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erfolgt dementsprechend nicht mehr zum Lohn B, sondern zu einem niedrigeren Lohnsatz C. In diesem Fall können in Abhängigkeit von der weiteren Karriereentwicklung drei Szenarien unterschieden werden.2 Wenn die Geburt eines Kindes und die anschließende Erwerbsunterbrechung weiterhin kein Karrierehemmnis darstellen, ergibt sich der Lohnverlauf OCG. In diesem Fall ist der Lohnverlauf gegenüber OAD und OBE erneut verschoben, da sich im Moment des Wiedereinstiegs höhere Kosten in Form eines Lohnverlustes im Vergleich zur Beschäftigung vor der Geburt des Kindes ergeben. Im weiteren Karriereverlauf gelingt es den Müttern im Verlauf OCG aber in gleichem Maße neues Humankapital zu erwerben wie durchgängig erwerbstätigen Frauen, so dass ihre Lohnentwicklung entsprechend positiv verläuft. Können Müttern nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung dagegen nicht wieder an ihren alten Karrierepfad anknüpfen, verläuft ihr Lohnprofil tendenziell wie in Kurve OCH abgebildet. Dieses vergleichsweise flache Karriereprofil ergibt sich, wenn Mütter nach einer Erwerbsunterbrechung in geringerem Umfang neues Humankapital bilden, beispielsweise weil sie entweder aufgrund der familiären Doppelbelastung am Arbeitsplatz weniger engagiert sein können oder weil der Arbeitgeber die Mutterschaft oder die Erwerbsunterbrechung als Signal einer geringeren Karriereorientierung ansieht, und Frauen deshalb nach einer kindbedingten Karriereunterbrechung weniger oft zur Weiterqua2 Die unterschiedlichen Szenarien der Karriereentwicklung sind natürlich auch im Anschluss an den Lohnverlauf OB denkbar. Zur Vereinfachung der Darstellung wird die Veränderung der Karriereentwicklung nach Mutterschaft hier allerdings nur für die Lohnentwicklung OC idealtypisch illustriert.
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
lifikation oder Beförderung vorsieht. Die Karriereentwicklung wird sich beispielsweise aber auch verlangsamen, wenn Frauen nach einer Unterbrechungsphase auf weniger vorteilhafte Karrierepfade wechseln, etwa weil sie zur besseren Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf auf mütterfreundlichere Arbeitsplätze wechseln, die insgesamt geringere Weiterqualifikations- oder Aufstiegsmöglichkeiten bieten, und so letztlich mit einem langsameren Lohnwachstum einhergehen. Im letzten Fall wäre schließlich denkbar, dass es nach der Erwerbsunterbrechung zu einem sprunghaft beschleunigten Humankapitalanstieg kommt, so dass der vorteilhaftere Lohnverlauf OCF beobachtet würde. Dieser Effekt wird in der Arbeitsmarkttheorie als earnings rebound-Effekt beschrieben. Dabei wird erwartet, dass nach der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt die Lohnkurve schneller ansteigt als gewöhnlich, da entweder Humankapital, das während der Unterbrechungszeit ungenutzt geblieben ist, nach der Unterbrechung vergleichsweise schnell wieder aktiviert werden kann, oder da Arbeitnehmerinnen sich insgesamt stärker beruflich engagieren, um die durch die Unterbrechungszeit entstandenen Lohnverluste wieder wettzumachen. Stand der empirischen Forschung Viele empirische Studien haben sich mit den Auswirkungen von Geburten und einer anschließenden Erwerbsunterbrechung auf die Karriereentwicklung von Frauen befasst, und trotz unterschiedlicher methodischer Ansätze und in verschiedenen Ländern eine negative Karrierewirkung der Mutterschaft für Frauen ermittelt. Dabei verschärft sich insgesamt die Kluft in der Karriereentwicklung von Männern und Frauen mit der Geburt eines Kindes (Trappe und Rosenfeld 2001; Waldfogel 1998a). Während sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen vor der Familienphase inzwischen weitgehend der von Männern angeglichen hat, fällt diese im weiteren Lebensverlauf der Frauen deutlich ab. So zeigt eine Studie von Trappe und Rosenfeld (2001), dass sich der Erwerbsstatus von Frauen in Deutschland vor der Geburt eines Kindes nicht von dem von Männern unterscheidet. Männer und Frauen verbringen ähnlich viel Zeit in Aus- und Weiterbildung, in Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung und in Erwerbsunterbrechungen. Mit der Geburt des ersten Kindes fällt das Erwerbsverhalten von Männern und Frauen dagegen auseinander. Trappe und Rosenfeld (2001) zeigen, dass Mütter mit mehr als einem Kind nur noch halb soviel Zeit auf dem Arbeitsmarkt verbringen und vier bis fünf mal länger ihre Karriere unterbrechen wie Väter. Eine weitere Studie von Blossfeld (1997) zeigt, dass die Geburt eines Kindes die
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Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsunterbrechung für Frauen um 40 Prozent erhöht. Gleichzeitig beeinflusst die Geburt von Kindern das Erwerbseinkommen, und zwar sowohl von Männern als auch von Frauen. Während sich das Einkommen von Vätern leicht erhöht, verringert sich das Einkommen der Mütter zum selben Zeitpunkt, und zwar um den zweifachen Betrag des Einkommensanstiegs der Väter (Trappe und Rosenfeld 2001). Dabei zeigt sich, dass diese Einkommensverluste nur wenig damit zusammen hängen, dass Frauen nach einer Geburt auf statusniedrigere und damit schlechter bezahlte Arbeitsplätze wechseln. Wenngleich verschiedene amerikanische und britische Studien eine starke Abwärtsmobilität von Müttern nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung ermitteln (Jacobs 1997; Perry 1988; Dex 1987), findet sich dieser Effekt in Studien für Deutschland in der Regel nicht. So zeigt beispielsweise Dex (1987) mit britischen Daten eine verstärkte berufliche Abwärtsmobilität von Müttern nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen. Nach dieser Studie erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Statusabstiegs mit der Dauer der Unterbrechung, bei Wechsel in Teilzeitstellen, sowie unter geringqualifizierten Frauen. Im Gegensatz dazu zeigen deutsche Studien, dass die berufliche Mobilität in Deutschland generell eher gering ist. Dementsprechend zeigt sich auch nach einer Karriereunterbrechung aufgrund der Geburt eines Kindes zwar eine verstärkte berufliche Mobilität der Mütter bei der Rückkehr in das Erwerbsleben, diese ist aber kaum mit einem Statusverlust, etwa aufgrund eines verstärkten Wechsels auf mütterfreundliche Arbeitsplätze verbunden (Fitzenberger und Kunze 2005; Trappe und Rosenfeld 2004). In weit größerem Ausmaß ist der Einkommensverlust von Müttern in der Bundesrepublik dagegen auf einen verstärkten Wechsel auf Teilzeitarbeitsplätze zurückzuführen (Trappe und Rosenfeld 2001; Blossfeld 1995). Darüber hinaus beeinflusst das Unterbrechungsverhalten von Frauen auch ihre weitere Lohnentwicklung. So finden Mincer et al. (Mincer und Polachek 1974; Mincer und Ofek 1982) bereits in frühen Studien einen negativen Einfluss von Erwerbsunterbrechungen für Frauen, da während der Erwerbsunterbrechung Humankapital entwertet wird, und Frauen deshalb umso höhere Lohnverluste hinnehmen müssen, je länger die Unterbrechung angedauert hat. Dabei kommen Mincer et al. (1974; 1982) allerdings auch zu dem Ergebnis, dass sich das entwertete Humankapital nach einer Unterbrechung zumindest teilweise wiederherstellen lässt, so dass der kurzfristige Effekt einer Erwerbsunterbrechung weit größer als die langfristige Wirkung ist (siehe auch Spivey 2005; Stafford und Sundström 1996; Anderson et al. 2003; Corcoran et al. 1983). Im Einklang mit der Humankapitaltheorie steht ebenfalls, dass die Humankapitalentwertung wäh-
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rend einer Unterbrechung und damit die Opportunitätskosten der familienbedingten Erwerbsunterbrechung für hochqualifizierte Frauen besonders hoch sind. Dieser negative Zusammenhang zwischen der Geburt von Kindern, der Länge der anschließenden Karriereunterbrechung und der Lohnentwicklung von Frauen hat sich über die Zeit kaum verändert (Joshi et al. 1999; Avellar und Smock 2003). So finden auch neuere Studien wie beispielsweise die amerikanische Studie von Waldfogel (1997a) selbst unter Kontrolle der geringeren Berufserfahrung von Müttern einen Lohnverlust von durchschnittlich 5 Prozent für das erste Kind, und 13 Prozent für das zweite bzw. jedes weitere Kind. Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Mincer et al. (1974; 1982) zeigt sich allerdings, dass der Lohnverlust kumulativ ist und sich daher im weiteren Karriereverlauf erhöht. Während Mütter mit einem Kind nach den Ergebnissen von Waldfogel (1997a) nach ein bis zwei Jahren unter der Kontrolle von Kovariaten einen Lohnverlust von ungefähr 2 Prozent hinzunehmen hatten, ist dieser fünf bis neun Jahre nach der Geburt auf über 6 Prozent angestiegen. Bei einem weiteren Kind ist die Lohnlücke in diesem Zeitraum sogar bereits auf 11 Prozent angestiegen. Hinzu kommt, dass diese Lohnverluste auch unter der Kontrolle ungemessener individueller Unterschiede wie etwa der individuellen Karriereorientierung und Motivation von Frauen mit beziehungsweise ohne Kind bestehen bleiben (siehe auch Avellar und Smock 2003; Millimet 2000). Und auch der verstärkte Wechsel auf Teilzeitarbeitsplätze nach einer Geburt erklärt nur ungefähr zehn Prozent der gefundenen Lohnlücke. Eine weitere amerikanische Studie von Budig und England (2001) bestätigt diese Ergebnisse und ermittelt für jüngere Geburtskohorten eine sieben prozentige Lohnreduktion für jedes Kind. Unter Kontrolle von Unterschieden im Humankapital wie etwa die geringere Berufserfahrung und vermehrte Teilzeittätigkeit von Müttern reduziert sich der Lohnverlust auf 4,7 Prozent. Jedoch bleibt auch unter Kontrolle weiterer Arbeitsplatz- und Berufsmerkmalen eine unerklärte Lohnlücke von 3,7 Prozent pro Kind bestehen (siehe auch Corcoran et al. 1983). Da die Studie ebenso wie auch Waldfogel (1997a) Fixed-EffectsRegressionsmodelle verwendet, können die verbleibenden Lohnverluste zudem nicht auf unbeobachtete Einstellungs- oder Verhaltensunterschiede zwischen Mütter und Frauen ohne Kind zurückgeführt werden. Und während die Analysen von Budig und England (2001) einen stärkeren Verlust für Frauen in Vollzeittätigkeiten zeigen, ergibt sich ebenfalls im Gegensatz zu den frühen Analysen Mincers et al. (1974; 1982) kein Hinweis auf eine verstärkte Humankapitalentwertung höher qualifizierter Frauen (siehe auch Taniguchi 1999; Anderson et al. 2003). Ellwood et al. (2004) finden in ihrer Studie allerdings stärkere Lohnverluste nach einer Geburt für hochqualifizierte Frauen. Während sich die Lohnverläufe für geringer qualifizierte Frauen nach einer Ge-
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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burt kaum verändern, und der Lohnverlust von Müttern über die Zeit konstant bei etwa 7 Prozent liegt, hat sich der Lohn hochqualifizierter Frauen in den ersten vier Jahren nach einer Geburt um 8 Prozent verringert, fünf bis neun Jahre danach allerdings schon um 17 Prozent und liegt zehn Jahre nach einer Geburt um 21 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Frauen ohne Kinder. Dabei zeigt die Studie auch, dass der Zeitpunkt der Geburt vor allem für hochgebildete Frauen entscheidend ist, die durch eine Verzögerung der Familiengründung Karrierenachteile minimieren können. Nach den Ergebnissen von Ellwood et al. (2004) reduziert sich der Lohnverlust für hochqualifizierte Frauen bei einem Geburtsalter über 28 Jahren um durchschnittlich ungefähr 7 Prozentpunkte (siehe dazu auch Taniguchi 1999; Light und Ureta 1995; Millimet 2000). Ähnlich wie in den Studien von Waldfogel (1997b) sowie Budig und England (2001) finden Ellwood et al. (2004) keinen Hinweis darauf, dass Frauen mit Kind verstärkt in schlechter bezahlte, aber mütterfreundliche Jobs wechseln. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Lohnverluste bei den Frauen besonders gering sind, die ihre Erwerbskarriere nur sehr kurz unterbrechen und nach der Erwerbsunterbrechung zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehren können. Doch auch in einem Modell, das für Arbeitsplatz- und Berufsmerkmale kontrolliert, bleibt ein unerklärter Lohnverlust in Höhe von 4-14 Prozent über einen Zeitraum von ein bis zehn Jahre nach einer Geburt sichtbar. Auch für die Bundesrepublik ist ein Einfluss von familienbedingten Erwerbsunterbrechungen auf den Lohnverlauf von Frauen feststellbar, allerdings hängt der Effekt stark von der Dauer der Erwerbsunterbrechung ab. In einer Studie von Ziefle (2004) zeigen sich relativ geringe Lohnverluste bei Frauen, die nach der Geburt eines Kindes sofort wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren: Mütter mittleren Qualifikationsniveaus verlieren in diesem Fall pro Kind etwa 1,6 Prozent ihres Lohns gegenüber vergleichbaren kinderlosen Frauen, dabei liegt der entsprechende Lohnverlust unter hochqualifizierten Frauen mit 1,9 Prozent Lohnverlust pro Kind nur leicht höher. Bei einer zusätzlichen zweijährigen Erwerbsunterbrechung nach der Geburt eines Kindes beträgt der Lohnnachteil von Müttern unmittelbar bei Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt für Frauen mittleren Qualifikationsniveaus allerdings bereits 10 Prozent und für hochqualifizierte Frauen immerhin 7 Prozent im Vergleich zu kinderlosen Frauen mit vergleichbaren Berufskarrieren vor der Geburt. Diese Lohneinbußen können im weiteren Karriereverlauf allerdings zumindest teilweise wieder ausgeglichen werden (siehe auch Kunze und Ejrnaes 2004). Insgesamt erzielen Mütter jedoch auch im weiteren Lebensverlauf dass Lohnniveau einer kinderlosen Frau nicht mehr, sondern bleiben auch im deutschen Arbeitsmarkt dauerhaft hinter deren Karriereentwicklung zurück.
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
Familienpolitik und Karriereverläufe nach Mutterschaft Wenn sich die Karrierenachteile von Müttern aus der Notwendigkeit von Arbeitsplatzwechseln nach der Geburt eines Kindes ergeben, besteht die Möglichkeit, dass die Einführung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubsanspruchs, der Frauen das Recht auf eine bestimmte Unterbrechungszeit einräumt, innerhalb derer die Rückkehr auf den Arbeitsplatz sichergestellt ist, die Karriereverläufe von Müttern beeinflusst. Einerseits kann eine solche gesetzlich festgelegte Erziehungszeit einen positiven Einfluss auf die Karriereverläufe von Frauen haben, indem sie zwar kindbedingte Unterbrechungszeiten ermöglicht, gleichzeitig aber deren Höchstdauer festlegt und so kontinuierlichere Erwerbsverläufe von Müttern bewirkt, da Frauen, die ansonsten mit der Geburt eines Kindes den Arbeitsmarkt verlassen hätten, durch einen Anspruch auf Erziehungsurlaub häufiger erwerbstätig bleiben (Ruhm 1998). Die Rückkehrgarantie auf den bisherigen Arbeitsplatz ermöglicht Frauen zudem, einen Arbeitsplatz zu behalten, der ihren Qualifikationen entspricht, und verhindert den Verlust firmenspezifischen Humankapitals, der bei einem Arbeitgeberwechsel entstehen würde. Diese positiven Effekte können sich allerdings auch in negative Karrierewirkungen verkehren, wenn Frauen durch den gesetzlichen Erziehungsurlaub dazu verleitet werden, besonders lange nicht erwerbstätig zu bleiben (Klerman und Leibowitz 1997). Dieser Effekt wäre insbesondere dann zu erwarten, wenn Erziehungszeiten durch großzügige Lohnersatzleistungen begleitet werden, welche die finanziellen Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung minimieren. Dadurch würde einerseits besonders lange kein neues Humankapital gebildet werden und andererseits mit anwachsender Dauer der Erwerbsunterbrechung auch die Gefahr einer Humankapitalentwertung steigen. Zusätzlich kann besonders ein langer gesetzlicher Erziehungsurlaubsanspruch statistische Diskriminierung seitens der Arbeitgeber verstärken (Mandel und Semyonov 2005, 2006). Vor allem amerikanische Studien haben sich bisher mit den empirischen Wirkungen eines gesetzlichen Anspruchs auf Erziehungsurlaub befasst. Im Gegensatz etwa zu den Regelungen in der Bundesrepublik gibt es in den USA allerdings keinen universellen Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub, sondern lediglich einen Erziehungsurlaubsanspruch für bestimmte Gruppen von Frauen. Zwar existiert seit 1993 mit Inkrafttreten des FMLA (Family and Medical Leave Act) erstmals ein Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub auf der Bundesebene, allerdings ist dieser Rechtsanspruch nur auf ungefähr 50-60 Prozent der erwerbstätigen Frauen beschränkt, die bei größeren Betreiben mit mehr als 50 Beschäftigten beschäftigt sind. Außerdem ist der Erziehungsurlaub nach dem FMLA generell unbezahlt und auch lediglich auf einen sehr kurzen Zeitraum von 12 Wochen
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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beschränkt. Für die empirische Sozialforschung hat der konditionale Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub allerdings den Vorteil, dass durch den Vergleich der Erwerbsverläufe von Frauen, die bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, der einen Anspruch auf Erziehungsurlaub anbieten muss, mit den Erwerbsverläufen von Frauen, deren Arbeitgeber keinen Erziehungsurlaub ermöglicht, eine Wirkungsanalyse des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub durchführbar ist. Dementsprechend findet bereits eine sehr frühe amerikanische Studie von Dalto (1989), die auf Querschnittsdaten aus dem Jahr 1977 basiert, positive Effekte des Anspruchs auf Erziehungsurlaub auf die weitere Karriereentwicklung von Frauen. So zeigen seine Ergebnisse, dass die Anspruchsberechtigung die Bindung an einen Arbeitgeber erhöht, und Frauen, die einen Anspruch auf Erziehungsurlaub hatten, durchschnittlich eine um drei Jahre längere Betriebszugehörigkeitsdauer aufweisen. Gleichzeitig verkürzt sich durch den Anspruch auf Erziehungsurlaub die Unterbrechungsdauer von Müttern um zwei Drittel und ihr Einkommensverlauf ist insgesamt deutlich positiver. Auch neuere Studien wie beispielsweise von Hashimoto et al. (2004) zeigen positive Effekte des Erziehungsurlaubs. So ist die Erwerbsbeteiligung von Müttern im Jahr nach der Geburt in Firmen, die einen Erziehungsurlaub anbieten um 10 Prozentpunkte höher. Ebenso ist die Bindung von Müttern an den Arbeitgeber stärker, so dass ihre Betriebszugehörigkeitsdauer um 40 Prozent höher liegt als bei Arbeitgebern ohne Erziehungsurlaub. Zusätzlich ermitteln Hashimoto et al. einen positiven Lohneffekt des Anspruchs auf Erziehungsurlab in einer Höhe von 5-10 Prozent in den ersten drei Jahren nach einer Geburt. Allerdings zeigt sich in dieser Studie auch, dass sich die positiven Effekte des Erziehungsurlaubsanspruchs nur in den ersten Jahren nach der Geburt zeigen. Im weiteren Karriereverlauf nahmen die Effekte des Erziehungsurlaubs ab und sind teilweise auch nicht mehr signifikant nachweisbar. In mehreren Analysen bekräftigt Waldfogel (1997b, 1998b; 1999), dass ein Anspruch auf Erziehungsurlaub nach einer Geburt die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr von Müttern zu ihrem früheren Arbeitgeber erhöht. So zeigt Waldfogel (1999) beispielsweise, dass sich die Rückkehrwahrscheinlichkeit von Frauen durch einem Anspruch auf Erziehungsurlaub in Großbritannien um 16 Prozentpunkte erhöht und in den USA sogar um 23 Prozentpunkte höher liegt als unter vergleichbaren Frauen ohne Anspruch auf Erziehungsurlaub. In weiteren Analysen bestätigt sich zudem, dass ein Anspruch auf Erziehungsurlaub positive Lohneffekte für amerikanische und britische Frauen hat (Waldfogel 1997b, 1998b). Dieser positive Lohneffekt ergibt sich allerdings nur dann, wenn die Frauen nach ihrer Unterbrechung auch tatsächlich wieder zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehren können. In diesem Fall erhöht sich der Lohn amerikanischer Frauen um 4,5 Prozent und für britische Mütter um 7 Prozent. Dabei
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
gleicht dieser positive Lohneffekt den negativen Effekt der Geburt eines Kindes in den beiden Ländern jeweils fast aus, so dass nach Waldfogels Ergebnissen bei einer Rückkehr zum früheren Arbeitgeber eine negative Karrierewirkung von Kindern weitgehend vermieden werden kann. Ergebnisse einer weiteren amerikanischen Studie von Baum (2002b) schränken diese Schlussfolgerung über die positive Wirkung der Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber allerdings teilweise wieder ein. Zwar zeigt sich auch in dieser Studie, dass die Rückkehr zum früheren Arbeitgeber einen positiven Lohneffekt, hat und dass der negative Lohneffekt einer einjährigen kindbedingten Erwerbsunterbrechung von 3 Prozent nach der Kontrolle des Arbeitgeberwechsels um ein Drittel auf nur noch 2 Prozent reduziert werden kann. Allerdings gilt dieser positive Arbeitgebereffekt nur im ersten Jahr nach einer Erwerbsunterbrechung, während die Daten im zweiten und dritten Jahr keinen signifikanten Effekt der Rückkehr zur selben Firma für die Löhne der Mütter mehr zeigen. Im Unterschied zu den vorangegangenen Studien weisen Ergebnisse von Ruhm (1998) sowie Ruhm und Teague (1997) zudem darauf hin, dass sich bei langen Anspruchsphasen die positiven Wirkungen des Erziehungsurlaubs auch in ihr Gegenteil verkehren können und sogar zu Lohneinbußen für Frauen führen können. Auf Basis von Aggregatdaten aus neun europäischen Ländern findet Ruhm (1998), dass eine kurze Dauer des Erziehungsurlaubs von zwei bis drei Monaten fast keine Auswirkung auf die Löhne von Frauen hat. Nach Einführung gesetzlicher Rechtsansprüche auf Erziehungsurlaub von neun bis zehn Monaten Dauer ermittelt Ruhm (1998) allerdings Lohnverluste in Höhe von 3-4 Prozent, so dass bei längerer Anspruchsdauer der durch den Erziehungsurlaub bewirkte Humankapitalerhalt die negativen Auswirkungen der zunehmenden Humankapitalentwertung offenbar nicht ausgleichen kann. Zur Auswirkung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf den Karriereverlauf von Frauen in Deutschland gibt es bislang dagegen kaum empirische Studien. Beblo und Wolf (2003) zeigen in ihrer Analyse der Auswirkung von Erwerbsunterbrechungen beispielsweise, dass verschiedene Arten von Erwerbsunterbrechungen unterschiedliche Auswirkungen auf den Lohnverlauf von Frauen haben. So verringert eine einjährige Arbeitslosigkeitsphase ebenso wie ein Jahr im Erziehungsurlaub den Lohn von Frauen um durchschnittlich fünf Prozent, jegliche sonstige Erwerbsunterbrechung führt nach ihren Ergebnissen sogar zu Lohnverlusten von 7-10 Prozent pro Jahr der Unterbrechung. Im Gegensatz zu einer Arbeitslosigkeitsphase jedoch, die nach fünf Jahren keinen nachweisbaren Einfluss auf den Lohnverlauf mehr hat, ist die Lohnwirkung sowohl des Erziehungsurlaubs als auch jeder sonstigen Unterbrechung dauerhaft negativ.
2.2 Erwerbsverläufe, Humankapitalentwicklung und Familienpolitik
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In einer weiteren deutschen Studie untersuchen Ondrich et al. (2003) die möglichen Auswirkungen der Ausweitung des Erziehungsurlaubs in den 1980er und 1990er Jahren auf die Lohnentwicklung von Frauen. Dabei unterscheiden sie kindbedingte Erwerbsunterbrechungen in zwei Zeitfenstern, einmal zwischen 1984 und 1989, als der Erziehungsurlaub zwischen sechs und 12 Monaten betrug, und zum zweiten zwischen 1989 und 1994, als der Anspruch auf 15 bis 36 Monate verlängert worden war. In der Analyse zeigt sich, dass die Ausweitung des Erziehungsurlaubsanspruchs zu einer Verlängerung der Erwerbsunterbrechung nach einer Geburt geführt hat. Unabhängig von der Gesamtdauer des gesetzlichen Anspruchs verringert jeder Monat im Erziehungsurlaub den späteren Lohnzuwachs der Frauen um 1,5 Prozent, ohne dass sich dabei ein Effekt der Ausweitung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub feststellen ließe. Ausgehend von den oben dargestellten theoretischen Überlegungen und aufbauend auf den hier vorgestellten empirischen Studien lassen sich schließlich verschiedene Hypothesen für den Einfluss der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Erziehungszeit auf den Erwerbsverlauf von Müttern ableiten. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit sich durch die Einführung bzw. die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub der Zusammenhang zwischen einer Mutterschaft und dem Karriereverlauf von Frauen abschwächt, wenn es durch den Erziehungsurlaub gelingt, die negativen Konsequenzen einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung abzumildern: 1.
2.
Der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub, und insbesondere der darin enthaltene Bestandsschutz des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses, sollte eine positive Auswirkung auf die Karriereentwicklung von Frauen haben. Durch die Rückkehroption auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz beim bisherigen Arbeitgeber wird ein Arbeitgeberwechsel vermieden, wodurch berufs- und firmenspezifisches Humankapital von Müttern erhalten wird, das nach der Erwerbsunterbrechung wieder aktiviert werden kann. Ebenso wird gleichzeitig die Gefahr einer beruflichen Abwärtsmobilität aufgrund des Wechsels in mütterfreundliche Arbeitsfelder verringert. Allerdings kann auch ein Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub nicht verhindern, dass während der Unterbrechungsphase kein neues Humankapital gebildet wird und vorhandenes Wissen im Laufe der Unterbrechung zunehmend veraltet, so dass die negative Karrierewirkung von Erwerbsunterbrechungen mit ihrer Dauer zunimmt. Durch einen gesetzlichen Anspruch auf Erziehungsurlaub werden Karriereverläufe von Frauen dementsprechend sogar negativ beeinflusst, wenn der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub zu einer Verlängerung der faktischen Unterbrechungsdauer von Müttern führt.
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3.
Ebenso sind keine positiven Wirkungen der Einführung beziehungsweise der Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs zu erwarten, wenn Frauen nach dem Erziehungsurlaub aus Mangel an adäquaten Kinderbetreuungsangeboten, die auch mit einer Vollzeittätigkeit vereinbar sind, auf Teilzeit- oder sonstige mütterfreundliche Arbeitsplätze wechseln. In diesem Fall ist die im Erziehungsurlaub angelegte Rückkehroption zum bisherigen Arbeitsplatz allein offensichtlich nicht ausreichend, um eine negative Wirkung der Familiengründung auf den Erwerbsverlauf von Müttern zu verhindern. Weniger eindeutig ist die Wirkung eines Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub dagegen für eine potenzielle statistische Diskriminierung von Arbeitgebern gegenüber Frauen und Müttern. Einerseits schafft eine gesetzlich festgelegte Familienphase eine gesellschaftliche Norm für kindbedingte Unterbrechungszeiten und erschwert dem Arbeitgeber die Unterscheidung in karriere- beziehungsweise familienorientierte Mütter. Vor allem dann, wenn die gesetzliche Regelung dazu führt, dass Frauen in der Regel mit Ablauf der gesetzlichen Frist auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, würden die Erziehungsurlaubsregeln die Zuschreibung der Dauer einer kindbedingten Unterbrechungsphase auf die individuelle Familienorientierung von Müttern abschwächen. Andererseits kann ein diskriminierender Arbeitgeber die Dauer der gesetzlich geregelten Erziehungsurlaubszeit weiterhin als Signal der relativen Karriereorientierung von Frauen insgesamt verstehen. In diesem Fall wäre ein diskriminierendes Verhalten von Seiten des von Arbeitgebers umso eher zu erwarten, je großzügiger die gesetzliche Anspruchsdauer ist. Schließlich ist außerdem zu erwarten, dass sowohl die positiven als auch die negativen Karriereeffekte eines Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub mit dem Qualifikationsniveau der Frauen ansteigen. Einerseits wirkt sich ein Humankapitalverlust in hochqualifizierten Berufen besonders negativ aus, so dass erwartet werden kann, dass die Arbeitsplatzgarantie für gut ausgebildete Frauen besonders positive Auswirkungen hat. Andererseits haben längere Unterbrechungszeiten gerade in hochqualifizierten Berufsfeldern besonders negative Karrierewirkungen, so dass eine Verlängerung der Unterbrechungsdauer für die Karriereverläufe von hochqualifizierten Müttern besonders schädlich wäre. Verstärkt sich durch den gesetzlichen Erziehungsurlaub zusätzlich die Signalwirkung von Unterbrechungen und damit diskriminierendes Verhalten von Arbeitgebern, würde sich das ebenfalls für Frauen in hochqualifizierten Berufsfeldern, in denen eine starke Familienorientierung als karrierehinderlich gilt, verstärkt negativ auswirken.
4.
5.
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität Nach der ökonomischen Fertilitätstheorie folgt die Entscheidung für ein Kind ähnlichen Mustern wie die Entscheidung für jedes andere Konsumgut (vgl. im Folgenden Becker 1960, 1991; Hotz et al. 1997). Vor jeder Fertilitätsentscheidung stehen Paare demnach vor einer Kosten-Nutzenabwägung. Anders als bei anderen Marktgütern besteht die Besonderheit von eigenen Kindern jedoch darin, dass Paare sie unter Einsatz von Marktgütern, Dienstleistungen und dem Einsatz der eigenen Zeit quasi selbst erzeugen. Dabei unterscheiden sich Paare und Individuen darin, wie hoch für sie der jeweilige „Nutzen“ eines Kindes ist und wie schwer die anfallenden Kosten, vor allem die Opportunitätskosten der Verwendung der eigenen Zeit für die Familie und zur Kinderbetreuung, für sie ins Gewicht fallen. Der Nutzen eines Kindes hat sich dabei in allen westlichen Industrienationen im Verlauf des letzten Jahrhunderts von rein materiellem Nutzen in Form der einsetzbaren Arbeitskraft des Kindes im Familienunternehmen oder einer späteren Altersabsicherung stark auf immaterielle Werte in Form von Freude am Aufwachsen und der Erziehung eines eigenen Kindes verlagert (Kaufmann et al. 1997; Bundesministerium für Familie 2006a; Strohmeier et al. 2006). Die Präferenzen von Paaren für ein Kind lassen sich allerdings nur indirekt quantifizieren und messen, so dass sich die ökonomische Theorie der Familie vielmehr auf die Bedeutung quantitativ und objektiv messbarer Faktoren konzentriert, die zu direkten und indirekten Kosten der Familiengründung führen. Diese Kosten setzen sich dabei aus zwei wesentlichen Komponenten zusammen (Becker 1991): Direkte Kosten eines Kindes entstehen Eltern überwiegend in Form von Lebenshaltungs-, Bildungs- und außerfamiliärer Betreuungskosten und zwar so lange, bis das Kind das Erwachsenenalter erreicht hat. Die zweite, vorwiegend indirekte Kostenkomponente eines eigenen Kindes resultiert aus der eigenen Zeit der Eltern, die für Kinderbetreuung und –erziehung aufgebracht wird, und die deshalb gleichzeitig nicht für die Erwerbsarbeit verfügbar ist. Dabei geht die Theorie davon aus, dass die Opportunitätskosten der entsprechenden familienbedingten Zeitallokation vorrangig zu Lasten von Frauen und ihrer Erwerbsbeteiligung gehen, da Männer aus kulturellen oder ökonomischen Gründen nur wenig ihrer eigenen Zeit in die mit Kindern verbundene Arbeit investieren. Diese indirekten Kosten einer Familiengründung bestehen einerseits in einem unmittelbaren Einkommensverlust für Frauen, der durch eine Erwerbsunterbrechung oder eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit zugunsten der Betreuung von Kindern entsteht, und in möglichen langfristigen Karrierenachteilen andererseits, die nach dem Wiedereinstieg in den Beruf sichtbar werden. Da
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nach der Humankapitaltheorie der im Markt erzielbare Lohn eng mit dem Erwerb und dem Erhalt des individuellen Erwerbspotentials, also der formalen Bildung, aber auch berufs- oder firmenspezifischem Wissen der Arbeitnehmer zusammenhängt, entstehen Karrierenachteile aufgrund von Familienphasen im wesentlichen durch zwei Mechanismen (Becker 1985, 1993). Erstens wird während der Dauer einer Erwerbsunterbrechung kein neues Humankapital gebildet und zweitens wird bereits vorhandenes Wissen entwertet oder veraltet, so dass nach der Rückkehr aus einer Familienphase mit kurz- und langfristigen Lohnverlusten zu rechnen ist. Die klare traditionelle Geschlechterrollenverteilung, die gemäß den theoretischen Annahmen der ökonomischen Theorie der Familie vorausgesetzt wird, führt dazu, dass das Erwerbspotential von Frauen in Bezug auf die Fertilitätsentscheidung ausschließlich unter dem Blickwinkel der Opportunitätskosten einer Erwerbsunterbrechung und damit als Fertilitätshemmnis betrachtet wird. Bildungsstand, Einkommenspotential und Erwerbsposition des Mannes werden hingegen als Faktoren betrachtet, die den Kinderwunsch „bezahlbar“ machen und damit positiv beeinflussen (Hotz et al. 1997; Happel et al. 1984). Dabei beeinflusst das Einkommen des Mannes ausschließlich die direkten Kinderkosten und wirkt dabei als so genannter Einkommenseffekt, der zu einer steigenden Nachfrage nach eigenen Kindern führt. Währenddessen entfällt bei geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung das Erwerbseinkommen der Frau nach der Geburt von Kindern zugunsten des für die Hausarbeit und Kinderbetreuung anfallenden Zeitbedarfs. Dadurch ergeben sich mit steigendem Bildungsniveau und Erwerbspotential von Frauen höhere Opportunitätskosten von eigenen Kindern, die mit einem Rückgang der Geburtenneigung verbunden sind. Dementsprechend ermitteln zahlreiche empirische Studien einen negativen Einfluss von Bildung, Erwerbstätigkeit und Erwerbspotential von Frauen auf die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines Kindes (Blossfeld und Rohwer 1995; Blossfeld und Huinink 1991; Wirth und Dümmler 2005; Joshi 2002; Budig 2003; Felmlee 1993). Dabei ergeben sich bei detaillierter Analyse zwei unterschiedliche Einflussrichtungen der Humankapitalressourcen von Frauen. So zeigt sich, dass diese zum einen eine aufschiebende Wirkung auf den Zeitpunkt der ersten Geburt innerhalb des Lebenslaufs haben können und zum anderen auch das Niveau der dauerhaften Kinderlosigkeit beeinflussen (Happel et al. 1984; Cigno 1991). Das steigende Bildungsniveau von Frauen geht gleichzeitig mit immer längeren Ausbildungszeiten und einem dadurch verursachten späteren Eintritt in das Erwachsenenleben und in die finanzielle Selbständigkeit junger Frauen einher (Blossfeld und Jaenichen 1990; Hoem 1986; Rindfuss et al. 1988; Blossfeld und Huinink 1991; Blossfeld und Rohwer 1995; Klein und Lauterbach 1994). Dabei
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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erweisen sich Schul- und Ausbildungszeiten als biographische Phasen, die mit einer gleichzeitigen Elternschaft strukturell unvereinbar sind. Zeitliche und finanzielle Einschränkungen während der Ausbildung und die länger anhaltende Abhängigkeit vom Elternhaus werden in mehreren Studien als Ursache für die verzögerte Familiengründung von jungen Frauen genannt (Blossfeld und Jaenichen 1990; Hoem 1986; Rindfuss et al. 1988; Blossfeld und Huinink 1991; Blossfeld und Rohwer 1995; Klein und Lauterbach 1994). Dabei zeigt sich, dass die Geburtenrate unter Frauen, die sich in Ausbildung befinden, sehr gering ist und erst nach Abschluss der Ausbildungszeit sprunghaft ansteigt. Vor allem für Frauen, die sehr lange im Bildungssystem waren, wird dabei auch ein so genannter Nachholeffekt deutlich, der sich in einer erhöhten Fertilitätsneigung nach Beendigung der Ausbildung niederschlägt (Blossfeld und Huinink 1991). Abgesehen von der durch die längere Ausbildungsdauer verzögerten Familiengründung zeigt sich zudem, dass höhere Bildung auch über die Ausbildungszeit hinaus eine weiter aufschiebende Funktion für die Erstgeburt hat, so dass hochqualifizierte Frauen häufig dauerhaft kinderlos bleiben. So ermitteln eine Reihe von Studien in unterschiedlichen westlichen Industierländern ein mit steigendem Bildungsniveau höheres Erstgeburtalter von Frauen (Gustafsson und Wetzels 2000; Blossfeld und Rohwer 1995; Rindfuss et al. 1996; Joshi 2002; Kreyenfeld 2001). Ähnliche Effekte des Bildungsniveaus finden sich auch für die dauerhafte Kinderlosigkeit von Frauen (Konitzka und Kreyenfeld 2007). So zeigt unter anderem eine Studie für Westdeutschland, dass der Anteil kinderloser Frauen mit dem Bildungsgrad ansteigt, und dass Frauen mit einem Fachhochschul- oder Universitätsabschluss mit einem Anteil von etwa 40 Prozent unter allen Bildungsgruppen am häufigsten kinderlos bleiben (Wirth und Dümmler 2005). Weitergehende Analysen weisen nach, dass für diese geringe Geburtenneigung hochgebildeter Frauen vor allem ihr höheres Arbeitsmarktpotential, der Zugang zu vorteilhaften Arbeitsmarktpositionen und Karrierepfaden, sowie die insgesamt stärkere Karriereorientierung von Frauen mit einem hohen Bildungsabschluss verantwortlich sind (Rindfuss et al. 1996; Blossfeld und Huinink 1991). Neben dem gestiegenen Bildungsniveau von Frauen, ist auch die damit einhergehende verstärkte Arbeitsmarktpräsenz von Frauen in den Mittelpunkt zahlreicher Fertilitätsstudien gerückt. Dabei weisen Studien, die den Einfluss der Frauenerwerbstätigkeit auf Fertilitätsentscheidungen untersuchen, sowohl für die USA als auch in verschiedenen europäischen Ländern einhellig einen negativen Zusammenhang nach (Budig 2003; Felmlee 1993; Hoem und Hoem 1989; Cramer 1980; Bloemen und Kalwij 2001; Schröder 2006). So ermittelt Budig (2003) für die USA beispielsweise für erwerbstätige Frauen eine um 16 Prozent geringere Geburtenwahrscheinlichkeit als für nichterwerbstätige Frauen. Dieser Effekt
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
unterscheidet sich dabei zwischen vollzeit- und teilzeiterwerbstätigen Frauen nur geringfügig. Studien für Deutschland zeigen zudem, dass der Effekt der Erwerbstätigkeit auf die Geburtenneigung in der Bundesrepublik noch weit ausgeprägter ist. So ermittelt Schröder (2006) für Erstgeburten beispielsweise eine um 36 Prozent geringere Fertilitätsrate unter vollzeiterwerbstätigen, beziehungsweise um 40 Prozent geringere Fertilitätsrate unter teilzeiterwerbstätigen Frauen zu ansonsten vergleichbaren, aber nicht erwerbstätige Frauen. Eine weitere deutsche Studie, die den Übergang zur zweiten Geburt untersucht, zeigt, dass Hausfrauen eine um 77 Prozent und Frauen, die sich im Erziehungsurlaub befinden, eine um 49 Prozent höhere Fertilitätsneigung aufweisen als Vollzeit erwerbstätige Frauen (Dornseiff und Sackmann 2003). Empirisch erweisen sich Arbeitsplatz- und Karrieremerkmale wie etwa die berufliche Stellung, die Berufserfahrung und die Entlohnung als entscheidende Determinanten für die geringere Fertilitätsneigung von erwerbstätigen Frauen. Sowohl in Studien für die Bundesrepublik als auch für die USA zeigt sich, dass die Geburtenneigung unter Frauen in statusniedrigeren beruflichen Positionen deutlich höher ist, als unter Frauen in statushohen Positionen (Felmlee 1993; Kohlmann und Kopp 1997). Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich auch in Bezug auf das Erwerbseinkommen von Frauen, da höhere Stundenlöhne die Geburtenneigung signifikant verringern (z.B. Di Tommaso 1999). Zusätzlich zeigt sich, dass bessere Karriereaussichten und ein vorteilhafteres Einkommensprofil eine aufschiebende Wirkung auf Fertilitätsentscheidungen haben, so dass Frauen in entsprechenden Positionen später Kinder bekommen als Frauen mit niedrigerem Einkommen und weniger vorteilhaften Karriereaussichten (Felmlee 1993; Blackburn et al. 1993; Blossfeld und Huinink 1991; Caucutt et al. 2002). Damit bestätigen die verfügbaren empirischen Studien insgesamt im Wesentlichen die Annahme der neoklassischen Fertilitätstheorie wonach erwerbstätige Frauen versuchen, den Zeitpunkt einer Geburt so zu wählen, dass die absehbaren negativen Karrierefolgen so gering wie möglich gehalten werden können (Becker 1991; Happel et al. 1984). Dies führt insbesondere unter hochqualifizierten Frauen, die in anspruchsvollen Berufen tätig sind dazu, dass die Familiengründung erst stattfindet, wenn diese Frauen mehrere Karrierestufen erklommen und eine stabile Position erreicht haben, so dass Nachteile durch eine Geburt und eine anschließende Unterbrechungszeit so gering wie möglich ausfallen (Gustafsson 2001; Rindfuss et al. 1996). Diese Strategie setzt allerdings voraus, dass Kinder und Beruf überhaupt vereinbar sind. Ist dagegen absehbar, dass nach der Geburt eines Kindes entweder die Rückkehr auf die bisherige Arbeitsmarktposition oder generell der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht möglich ist, dann sind die Opportunitätskosten der Familiengründung für Frauen am geringsten, wenn sie sich entweder ganz auf die Familie konzentrieren und von vorneherein
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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wenig in ihr Erwerbspotential investieren, oder wenn sie sich andererseits ganz gegen eigene Kinder entscheiden und dauerhaft kinderlos bleiben. Der Zusammenhang von Familienpolitik und Fertilitätsneigung In diesem Zusammenhang zeigt sich auch, dass institutionelle Rahmenbedingungen ein entscheidender Einflussfaktor für Fertilitätsentscheidungen sein können. So finden neuere Studien von Brewster und Rindfuss (2000), von Ermisch (1989) sowie von Hoem und Hoem (1989), dass Erwerbstätigkeit, höhere Bildung und fortgeschrittene Karrierepositionen von Frauen nicht notwendigerweise einen negativen Einfluss auf Fertilitätsentscheidungen haben müssen. Stattdessen deuten diese Studien darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Fertilitätsverhalten und ökonomischem Potenzial von Frauen von der Persistenz traditioneller Geschlechterrollen einerseits und der Förderung der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und weiblicher Erwerbstätigkeit andererseits abhängen. Dabei können familienpolitische Rahmenbedingungen die Opportunitätskosten, die für Frauen mit der Geburt von Kindern verbunden sind, entscheidend verringern. Eine Familienpolitik, die beispielsweise die Vereinbarkeit von Kind und Beruf durch ein gut ausgebautes Ganztagsbetreuungsangebot schon für Kinder im Kleinkindalter unterstützt, verringert dabei auf direkte Weise Einkommensverluste, die sich für Frauen aus einer langen Erwerbsunterbrechungsphase zur Kinderbetreuung oder in Form daraus resultierender dauerhafte Karrierenachteile ergeben. Unter diesen Bedingungen spielt der Erwerbsstatus von Frauen ebenso wie der von Männern eine Rolle für das gemeinsame Haushaltseinkommen, kompensiert anfallende Kinderkosten und gleicht eine unsichere Arbeitsmarktposition des Partners aus (Oppenheimer 1994). So zeigt eine Studie für Schweden, wo Gleichstellungspolitik und Frauenerwerbstätigkeit traditionell stark etabliert sind, und Mutterschaft und weibliche Erwerbsbeteiligung keine Gegensätze sind, eine vergleichsweise höhere Geburtenwahrscheinlichkeit unter Frauen, die erwerbstätig sind und über ein hohes Einkommen verfügen. Um die Opportunitätskosten der Familiengründung auch für hochqualifizierte Frauen zu senken, setzt die schwedische Familienpolitik beispielsweise mit lohnbezogenen Transferleistungen während des Erziehungsurlaubs gezielt Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen vor der Familiengründung. Außerdem ermöglicht eine umfassende Betreuungsinfrastruktur Frauen die rasche Rückkehr in die Erwerbstätigkeit. Wie stark die familienfreundlichen und karriereunterstützenden Rahmenbedingungen die Geburtenrate prägen, zeigt sich in einem Vergleich des fertilen Verhaltens von Frauen die in Schweden geboren und aufgewachsen sind mit Migrantinnen, die in Schweden leben,
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
aber im Ausland geboren und aufgewachsen sind (Andersson und Scott 2005). Dabei zeigt sich, dass sich das Geburtsverhalten in Schweden zwischen Frauen unterschiedlicher nationaler, kultureller oder ethnischer Herkunft nicht unterscheidet, sondern für alle Gruppen die Geburtenwahrscheinlichkeit mit der Erwerbstätigkeit und dem Einkommen in gleicher Weise steigt. Die Ergebnisse von Andersson und Scott (2005) ergeben sowohl für Schwedinnen als auch für Migrantinnen in gleicher Weise eine geringere Erstgeburtwahrscheinlichkeit unter Frauen, die nicht erwerbstätig sind. Darüber hinaus zeigt sich bei Frauen unabhängig von ihrer nationalen Herkunft ein positiver Effekt des Erwerbseinkommens der Frauen auf die Geburtenneigung. Die Autoren führen diese Effekte auf den starken Einfluss der politischen Rahmenbedingungen in Schweden zurück, wo durch ein breites öffentliches Kinderbetreuungsangebot sowie eine Erziehungsurlaubsfreistellung mit einer großzügigen Lohnersatzleistung der Konflikt zwischen Kind und Beruf entschärft wird. Vor allem letzteres setzt offenbar starke Anreize dafür, vor der Geburt eines Kindes erwerbstätig zu sein. Politische Rahmenbedingungen, die das Fertilitätsverhalten beeinflussen können, lassen sich generell zwei Gruppen zuordnen (Sleebos 2003; Gauthier und Hatzius 1997; Castles 2003). Dabei handelt es sich zum einen um Maßnahmen, die sich auf den Erhalt des Lebensstandards von Familien konzentrieren. Unter diese Kategorie fallen alle familien- und steuerpolitischen Transferzahlungen zugunsten von Familien und Kindern, wie beispielsweise Kindergeld, Erziehungsgeld, Kinderfreibeträge und zu einem gewissen Teil das steuerliche Ehegattensplitting. Als direkte oder indirekte Geldleistungen verringern solche Maßnahmen direkt die für Eltern anfallenden ökonomischen Kosten einer Familiengründung. Dementsprechend ist aus theoretischer Perspektive ein eindeutig positiver Einfluss dieser Regelungen auf die Geburtenrate zu erwarten. Im Gegensatz zu den direkten und indirekten Transferzahlungen an Familien konzentriert sich der zweite Typus politischer Maßnehmen dagegen auf die Senkung der ökonomischen Opportunitätskosten, die vor allem für Frauen im Zielkonflikt zwischen Familien- und Erwerbsarbeit entstehen, um dadurch Fertilitätsentscheidungen indirekt positiv zu beeinflussen. Ein gut ausgebautes öffentliches Kinderbetreuungssystem, das den flexiblen Zeitanforderungen erwerbstätiger Eltern entgegenkommt, die Kosten der außerfamiliären Betreuung subventioniert und gleichzeitig die Betreuungsqualität sichert, erleichtert es Frauen, ihre Rolle in Familie und Arbeitsmarkt zu kombinieren. Dadurch kann auch die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen vergleichsweise gering gehalten und entsprechende Karrierenachteile minimiert werden. Darüber hinaus kann ein gesetzlicher Erziehungsurlaub die zeitweise Erwerbsunterbrechung von Müttern regulieren. Eine damit verbundene Rückkehroption auf den früheren Arbeitsplatz erleichtert Frauen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt und verringert lang-
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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fristige Karrierenachteile. Dabei ist zu erwarten, dass genau wie im Falle der öffentlichen Kinderbetreuung die Opportunitätskosten der Familiengründung gesenkt werden und damit die Geburtenneigung ansteigt. Der Einfluss, den solche politischen Maßnahmen auf Fertilitätsentscheidungen haben, ist Gegenstand verschiedener nationaler und ländervergleichender Untersuchungen. Studien, die sich auf die Wirkung familienpolitischer Transferzahlungen konzentrieren, finden in der Mehrzahl einen schwachen, aber positiven Effekt von monetären Anreizen auf die Geburtenrate (Georgellis und Wall 1992; Whittington et al. 1990; Whittington 1992). Dabei unterscheidet sich die Wirkung direkter Transferzahlungen wie etwa das Kindergeld nicht wesentlich von der Wirkung indirekter Subventionen in Form von Steuerfreibeträgen. So ermitteln mehrere Studien für Kanada und die USA einen leichten positiven Einfluss der Höhe von Steuerfreibeträgen für Familien mit Kindern auf die Fertilitätsrate (Georgellis und Wall 1992; Whittington et al. 1990; Whittington 1992). Whittington (1992) ermittelt in Bezug auf steuerliche Freibeträge beispielsweise für die USA eine Elastizität der Fertilitätsrate von 0,84, so dass bei einer Erhöhung des Freibetrags um 30$ je Familie die durchschnittliche Geburtenwahrscheinlichkeit um etwa acht Prozent ansteigen sollte. Dabei erweist sich dieser Effekt als unabhängig vom Bruttoeinkommen der Familien, so dass Familien mit höherem Haushaltseinkommen, die aufgrund des progressiven Steuersystems in größerem Maße von einer solchen Freibetragserhöhung profitieren würden, keine höhere Geburtenwahrscheinlichkeit aufweisen als Familien mit niedrigeren Steuerentlastungen. Für europäische Länder, in denen direkte Transferzahlungen wie beispielsweise Kindergeldleistungen stark verbreitet sind, weisen insbesondere Studien für Frankreich und Großbritannien positive Effekte nach. So findet eine französische Studie von Blanchet und Ekert-Jaffe (1994) einen Effekt familienbezogener Transferleistungen auf die Familiengröße, wobei sich die höheren Familiengeldleistungen in Frankreich im Vergleich zum Leistungsniveau in Großbritannien mit einem Effekt von zusätzlich 0,2 bis 0,3 Kindern pro Frau in der zusammengefassten Geburtenziffer niederschlagen. Cigno und Ermisch (1989) finden ebenfalls einen positiven Effekt von Kindergeldleistungen auf die Fertilitätsrate in Großbritannien, eine weitere Studie von Ermisch (1988) zeigt jedoch, dass höhere Transferleistungen sowohl in Form steuerlicher Kinderfreibeträge als auch über direkte Kindergeldleistungen zwar einen Einfluss auf eine frühere Erstgeburt haben, jedoch nicht notwendigerweise auch die endgültige Kinderzahl erhöhen. In einer Mikrosimulation zeigt Ermisch dabei, dass eine Erhöhung von solchen familienpolitischen Transferleistungen die Wahrscheinlichkeit von Drittund Viertgeburten sowie frühere Mutterschaften positiv beeinflusst. Dennoch
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
würde auch eine Verdoppelung dieser Familienleistungen die Familiengröße insgesamt nur sehr leicht erhöhen. Eine groß angelegte, international vergleichende Analyse auf der Basis von Aggregatdaten für 22 OECD-Länder bestätigt diese Effekte (Gauthier und Hatzius 1997). Auch in dieser Studie findet sich ein positiver, wenngleich wiederum nur schwacher Effekt von familienpolitischen Transferzahlungen auf die Fertilitätsrate. So würde nach den Ergebnissen von Gauthier und Hatzius (1997) ein Anstieg der Leistungen um 25 Prozent kurzfristig zu einer Erhöhung der Fertilitätsrate um 0,6 Prozent und langfristig um 0,4 Prozent führen. Im Endeffekt wäre damit nach einer entsprechenden Erhöhung der familienpolitischen Transferleistungen im Durchschnitt eine Zunahme der Geburtenziffern um zusätzlich ungefähr 0,07 Kinder pro Frau zu erwarten. Studien, die sich auf den Einfluss von Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf das Geburtenverhalten konzentrieren, zeigen dagegen einen weniger eindeutigen, stark von länderspezifischen Kontextfaktoren abhängigen Effekt. Eine vergleichende Studie mit Aggregatdaten aus 21 OECD-Ländern, die den Einfluss kultureller Werte, ökonomischer Strukturen und der Sozialpolitik auf die Fertilitätsrate untersucht, zeigt, dass staatliche Ausgaben für öffentliche Kinderbetreuung die einzige politische Maßnahme darstellen, durch welche die Fertilitätsrate positiv beeinflusst werden kann (Castles 2003). Dieser Zusammenhang ist dabei besonders stark für die öffentliche Förderung der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ausgeprägt. Dahingegen zeigen die Dauer sowie die Lohnersatzraten von Mutterschafts- und Erziehungsurlaub, Sozialausgaben für Familien wie das Kindergeld und Steuerfreibeträge sowie eine Arbeitsmarktpolitik, die flexible Arbeitszeiten und Teilzeitarbeit fördert, in der Studie von Castles keinerlei Einfluss auf die Fertilitätsraten der untersuchten Länder. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch verschiedene amerikanische Studien. Während eine frühe Studie von Lehrer und Kawasaki (1985) nachweist, dass die Verfügbarkeit von Verwandten, die die Kinderbetreuung übernehmen können, die Geburtenneigung erhöht, weisen Blau und Robins (1999) dies auch für außerfamiliäre Kinderbetreuungseinrichtungen nach. Blau und Robins zeigen in ihrer Analyse, dass die Geburtenwahrscheinlichkeit bei höheren Kosten der Kinderbetreuung sinkt. In ihrer Studie führt jeder zusätzliche Dollar, um den die wöchentlichen Kinderbetreuungskosten erhöht sind, unter nicht erwerbstätigen Frauen zu einem Rückgang der Geburtenwahrscheinlichkeit um 2 Prozent, während sich bei erwerbstätigen Frauen kein signifikanter Effekt feststellen ließ. Für erwerbstätige Mütter führen höhere Kosten der Kinderbetreuung jedoch zu häufigeren Erwerbsunterbrechungen, da Mütter in diesem Fall ihre Kinder verstärkt selbst betreuen, außerdem stehen höhere Betreuungskosten auch dem Erwerbseintritt nicht erwerbstätiger Mütter entgegen. Blau und Robins zeigen zudem,
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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dass steuerliche Subventionen von Betreuungskosten ebenfalls dazu führen, dass erwerbstätige Mütter ihre Erwerbstätigkeit aufrechterhalten können, ohne jedoch die Fertilitätsneigung weiter zu beeinflussen. In Studien für die skandinavischen Länder finden sich hingegen in der Regel keine oder nur sehr geringe Effekte der Kinderbetreuungsangebote auf die Geburtenrate. Für Schweden zeigt eine Studie von Walker (1995) beispielsweise nur einen schwachen positiven Effekt des Angebots an öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen auf die Fertilitätsrate. Eine Studie von Kravdal (1996) für Norwegen ermittelt ebenfalls nur einen schwachen Einfluss, so dass eine Erhöhung des Betreuungsangebots um 20 Prozent lediglich zu einem Anstieg der zusammengefassten Geburtenziffer um 0,05 Kinder je Frau führen würde. Von anderen Autoren wird dieser schwache Einfluss allerdings auf den ohnehin hohen Versorgungsgrad und die geringen Unterschiede in Angebot, Qualität und Kosten der öffentlichen Betreuungsinfrastruktur in den skandinavischen Ländern zurückgeführt, wodurch es methodisch schwierig erscheint, den Effekt der Betreuungsinfrastruktur zuverlässig zu isolieren (Neyer et al. 2006; Neyer 2006; Andersson et al. 2005). Studien für Deutschland, wo das öffentliche Betreuungsangebot vor allem bezüglich Ganztagsbetreuung und der Betreuung von Kleinkindern nur lückenhaft ist, können ebenfalls keinen eindeutig positiven und statistisch signifikanten Einfluss der Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen auf die Geburtenneigung nachweisen (Hank und Kreyenfeld 2003; Hank et al. 2004). Allein für Ostdeutschland, wo die Betreuungsinfrastruktur auch nach der Wiedervereinigung weiterhin deutlich besser ausgebaut ist, konnten Hank et al. (2004) einen positiven Effekt der Betreuungsquote auf den Übergang zum ersten Kind ermitteln, während der Effekt für Westdeutschland nicht mehr signifikant ist. Dabei scheint dieses Ergebnis zu bestätigen, dass Frauen vor allem in Westdeutschland die öffentliche Kinderbetreuungsangebote nicht als ausreichend zuverlässig ansehen, um das Vereinbarkeitsproblem zwischen Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit zu lösen. Stattdessen zeigt sich, dass Frauen familiäre Betreuungsarrangements als verlässlichere Lösungen erscheinen. In den Analysen von Hank und Kreyenfeld (2003) sowie von Hank et al. (2004) zeigt sich beispielsweise, dass die Wohnortnähe der Großeltern einen positiven Einfluss auf den Übergang zum ersten Kind in Westdeutschland hat, wohingegen dies für ostdeutsche Frauen keine Rolle bei der Entscheidung für ein Kind spielt. Darüber hinaus betrachten mehrere Studien schließlich den Effekt von Mutterschafts- und Elternschaftsfreistellungen auf die Fertilitätsentscheidungen von Frauen. Dabei unterscheiden sich einzelne Länder deutlich in der Ausgestaltung dieser Regelungen, vor allem bezüglich der Dauer der Freistellung und hinsichtlich der Höhe des Einkommensersatzes während der Erziehungsphase. In den
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
empirischen Analysen zeigt sich dabei erneut, dass die Wirkungsweise der Freistellungsregelungen stark von länderspezifischen Kontextfaktoren wie der Arbeitsmarktlage oder dem öffentlichen Kinderbetreuungsangebot abhängig ist. Während beispielsweise eine Studie von Gauthier und Hatzius (1997) auf der Basis von Aggregatdaten für 22 OECD-Länder weder einen Effekt der Dauer der Mutterschafts- bzw. Elternschaftsfreistellung, noch der Höhe der Lohnersatzrate von Mutterschafts- bzw. Elterngeld auf die Fertilitätsrate findet, zeigen einzelne Länderanalysen auf Basis von Individualdaten deutlich positivere Effekte auf die Geburtenneigung. So zeigt Averett und Whittingtons (2001) Studie für die USA, wo nur etwa die Hälfte der Frauen in Betrieben arbeiten, die einen Mutterschaftsurlaub anbieten, zwar keine systematische höhere Wahrscheinlichkeit von Erstgeburten bei Frauen, die eine solche Freistellung in Anspruch nehmen können, bei Geburten höherer Parität zeigt sich allerdings ein sehr stark positiver Einfluss der Freistellungsregelungen. Dabei erhöht sich für Frauen, die bereits ein Kind und Zugang zu Mutterschaftsurlaub haben, die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Geburt um beinahe 50 Prozent. Averett und Whittington (2001) schätzen, dass eine Ausweitung der Freistellungsregelungen auf alle erwerbstätigen Frauen zu einem Anstieg der Geburtenrate um 0,4 Prozentpunkte auf insgesamt knapp 6 Prozent führen würden. In ähnlicher Weise zeigen Studien für die skandinavischen Länder, dass die Einführung eines Elterngeldes mit sehr großzügig bemessenen Lohnersatzleistungen während des Elternurlaubs die Wahrscheinlichkeit einer zweiten oder weiteren Geburt erhöht hat (Neyer et al. 2006; Oláh 1998). Weiterführende Analysen zeigen darüber hinaus jedoch, dass dieser Anstieg in den Geburtenraten nicht allein auf die Einführung des Elterngeldes, sondern auch auf Faktoren wie der Arbeitsmarktlage, der Förderung der weiblichen Erwerbstätigkeit, der allgemeinen Gleichstellungspolitik und nicht zuletzt auf das Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung in diesen Ländern zurückzuführen ist. So zeigt die Analyse von Vikat (2004), dass sich anders als in den übrigen skandinavischen Ländern in Finnland kein geburtensteigernder Einfluss des Elterngeldes feststellen lässt. Das Kinderbetreuungsgeld, dessen stufenweise Einführung in Finnland mit einer Arbeitsmarktkrise und steigender Arbeitslosigkeit Anfang der 1990er Jahre zusammenfiel, hatte keinen positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Geburt und nur einen schwach positiven Effekt auf die Wahrscheinlichkeit eines dritten Kindes. Als fertilitätsentscheidend erweist sich in diesem Zeitraum vielmehr die Erwerbssituation der Frauen. Arbeitslos gewordene Frauen weisen eine erhöhte Fertilitätsneigung auf und nutzen mit dem Kinderbetreuungsgeld die Möglichkeit, die Zeit der schlechten Arbeitsmarktlage zu überbrücken.
2.3 Erwerbspotenzial, Familienpolitik und Fertilität
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Außerdem zeigt sich beispielsweise, dass einfache gleichstellungsbezogene Maßnahmen wie die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs eine positive Wirkung auf die Geburtenneigung haben. In Schweden zeigt sich, dass die Tendenz zu einem weitern Kind in Familien höher ist wenn die Väter zumindest einen Teil der Elternzeit beim ersten Kind in Anspruch genommen haben (Oláh 2003; Duvander und Andersson 2006). Weiterführende Studien aus Schweden und Österreich zeigen zudem, dass die Ausgestaltung der Erziehungsurlaubsregelungen das Geburtenverhalten beeinflussen können, ohne dass sich dabei notwendigerweise auch eine positive Wirkung auf die Gesamtfertilität ergeben muss (Hoem 1993; Hoem et al. 2001). In beiden Ländern wurde eine so genannte „Geschwindigkeitsprämie“ eingeführt, bei der Eltern, die ihr zweites oder weiteres Kind innerhalb einer kurzen Zeitspanne von zwei Jahren in Österreich beziehungsweise zweieinhalb Jahren in Schweden bekommen, bei der Berechnung des Elterngelds begünstigt werden. In beiden Ländern lässt sich eine Verringerung des Geburtenabstandes nach der Gesetzesänderung nachweisen. Dabei zeigt sich jedoch, dass die Auswirkung auf die Gesamtfertilitätsrate in beiden Ländern gänzlich unterschiedlich ist. Während sich in Schweden insgesamt ein Anstieg der Geburtenrate zeigt, hatte die Gesetzesänderung in Österreich lediglich einen Einfluss auf den Geburtenabstand, ohne dabei jedoch die Geburtenrate insgesamt positiv zu beeinflussen. Eine Studie von Büttner und Lutz (1990) für die ehemalige DDR illustriert ebenfalls, wie groß der Einfluss eines bezahlten Erziehungsurlaubs sein kann. Ebenso wie in Westdeutschland kam es in der DDR Anfang der 70er Jahre zu einem dramatischen Geburtenrückgang, bei dem sich die Fertilitätsrate innerhalb von nur zehn Jahren von 2,44 auf 1,54 Kinder je Frau verringerte. Mit dem erklärten bevölkerungspolitischen Ziel, die Geburtenrate zu steigern, reagierte die DDR-Regierung 1976 mit der Ausweitung der Mutterschutzfrist von 18 auf 26 Wochen und der Ergänzung des bereits bestehenden Erziehungsurlaubs um eine großzügige Lohnersatzleistung für die ersten 12 Monate nach der Geburt des zweiten oder weiteren Kindes. Nach den Analysen von Büttner und Lutz (1990) kam es durch die Einführung zu einem deutlichen Anstieg der Zweit- und Drittgeburten, während die Häufigkeit von Erstgeburten, für die die veränderten Regelungen keine Rolle spielten, unverändert blieb. Für Zweitgeburten zeigt sich als direkte Reaktion auf die Reform eine Verdoppelung und für Drittgeburten sogar eine Verdreifachung der Geburtenrate der jeweiligen Parität. Insgesamt stieg die zusammengefasste Geburtenziffer unmittelbar nach Einführung dieses politischen Maßnahmenpaketes um 20 Prozent, und auch fünf Jahre nach der Einführung war noch ein positiver Effekt von immerhin 15 Prozent feststellbar. Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse damit, dass institutionelle Rahmenbedingungen durchaus Fertilitätsentscheidungen beeinflussen können, aber
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2 Familienpolitik, Familiengründung und Erwerbsverläufe von Frauen
es zeigt sich auch, dass der Einfluss politischer Maßnahmen auf das Geburtenverhalten nicht notwendigerweise auch zu einer Erhöhung der Gesamtfertilität führen muss. Hinzu kommt, dass isolierte familienpolitische Maßnahmen sich offenbar als tendenziell wenig wirksam erweisen, so dass oft nur das Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen oder dass Zusammenspiel von politischer Intervention und positiver Arbeitsmarktentwicklung zu einem wirklichen Anstieg der Geburtenrate führt. Für die folgenden Analysen der Wirkungen der Einführung und der Ausweitung der Erziehungsurlaubsregelungen in der Bundesrepublik lassen sich demnach die folgenden Hypothesen aufstellen: 1.
2.
Die Einführung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubsanspruchs trägt dazu bei, die Opportunitätskosten der Familiengründung zu senken und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit der Entscheidung für ein Kind. Dies trifft vor allem für erwerbstätige Frauen zu, für die der Erziehungsurlaub mögliche negative Karrierefolgen einer Erwerbsunterbrechung durch die Rückkehroption auf den bisherigen Arbeitsplatz minimiert und dadurch ihr Erwerbspotential erhält. Ebenso ist zu erwarten, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs die Fertilitätsneigung gut ausgebildeter Frauen erhöht, für die der Bestandsschutz des aktuellen Arbeitsverhältnisses besonders dazu beiträgt, hohe Opportunitätskosten der Familiengründung abzumildern. Da in der Bundesrepublik parallel zum Erziehungsurlaub das Erziehungsgeld als Transferleistung gewährt wird, die nicht am bisherigen Erwerbseinkommen der Mutter, sondern am aktuellen Haushaltseinkommen während des Erziehungsurlaubs orientiert ist, ist zudem zu erwarten, dass der Erziehungsurlaub insbesondere für gering und mittel qualifizierte Frauen die Anreize zu einer Familiengründung erhöht hat, da die Erziehungsgeldleistung einen vergleichsweise größeren Teil des von diesen Frauen im Markt erzielbaren Lohns ersetzt.
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Nach der ökonomischen Theorie ist zu erwarten, dass familienpolitische Rahmenbedingungen in vielfältiger Weise die Fertilitäts- und Arbeitsmarktentscheidungen von Frauen und ihren Partnern, aber auch von Arbeitgebern prägen. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung und sukzessive Ausweitung des Erziehungsurlaubs in der Bundesrepublik seit Mitte der 1980er Jahre als eine institutionelle Weichenstellung zu verstehen, mit der die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesellschaftspolitisch geregelt wurde. Die Notwendigkeit einer gesellschaftspolitischen Regelung ergab sich nicht zuletzt aus den dramatischen Veränderungen der gesellschaftlichen Rolle von Frauen, die sich in der Nachkriegszeit, vor allem aber seit Beginn der 1970er Jahre zunehmend aus ihrer vorwiegend familiär definierten Rolle lösten, verstärkt in die eigene berufliche Ausbildung investierten und dementsprechend ebenfalls verstärkt in den Arbeitsmarkt drängten. Angesichts dieser Veränderungen stellte sich die Frage, ob und wie dieser soziale Wandel gesellschaftspolitisch so unterstützt werden konnte, dass Frauen eine Vereinbarkeit ihrer Familien- und Berufsrolle ermöglicht wird. In der Bundesrepublik hat sich dabei die Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs 1986 im Rückblick als die wesentliche familienpolitische Reform der vergangenen 25 Jahre erwiesen. Mit der Einführung des Erziehungsurlaubs wurde letztlich die familienpolitische Debatte der 1970er und frühen 1980er Jahre gegen den Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung und im Sinne einer Förderung der familiären Betreuung von Kleinkindern entschieden, bei der die wesentliche politische Aufgabe in der Gestaltung relativ großzügiger Beurlaubungsregelungen zur Kindererziehung und -betreuung sowie durch begleitende Transferzahlungen bestand, die den Einkommensausfall während der Erziehungszeiten teilweise ausgleichen sollten. Mit dieser familienpolitischen Grundentscheidung wurde die auch im internationalen Vergleich auffällig konservative Ausrichtung der bundesdeutschen Familienpolitik zementiert, an der erst durch die Reformen der aktuellen Bundesregierung wieder deutlichere Korrekturen vorgenommen werden. Zum besseren Verständnis der anschließenden empirischen Analyse des Zusammenhangs von Erziehungsurlaub, Fertilitäts- und Arbeitsmarktverhalten
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
westdeutscher Frauen werden die sozialstrukturellen und familienpolitischen Entwicklungen der Nachkriegszeit ausführlicher dargestellt. Dazu werden zunächst anhand von Daten der amtlichen Statistik einige wesentliche Indikatoren beschrieben, welche die steigende Erwerbsbeteiligung und stärkere ökonomische Rolle von Frauen in der Bundesrepublik beschreiben. Dabei wird dieser sozialstrukturelle Überblick um eine Darstellung der Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik seit der Nachkriegszeit ergänzt, um sowohl die Entwicklungen, die zur Einführung des Erziehungsurlaubs geführt haben, als auch die Rolle des Erziehungsurlaubs innerhalb der bundesdeutschen Familienpolitik zu verdeutlichen. Anschließend wird das bundesdeutsche Modell der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit alternativen Politikansätzen aus ausgewählten europäischen Ländern verglichen. 3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit Familienstrukturen und individuelle Lebensentwürfe von Frauen haben in Deutschland in den letzten 50 Jahren nachhaltige Veränderungen erfahren (vgl. Müller et al. 1983; Lauterbach 1994; Federkeil 1997). Deutlich wird dies in den Veränderungen der Eheschließungs- und Scheidungsraten, aber auch der Geburtenrate oder der zunehmenden Bedeutung alleinerziehender Elternschaften, die jeweils für eine deutlich nachlassende Bindung an traditionelle Familienformen und eine ebenfalls insgesamt nachlassende Bedeutung der familialen Rolle von Frauen sprechen. In Abbildung 3.1 ist dazu die Entwicklung der jährlichen Eheschließungsund Geburtenraten in der Bundesrepublik seit der Nachkriegszeit dargestellt. Dabei zeigt sich, dass sowohl die Ehe- als auch die Geburtenraten seit Anfang der 50er Jahre deutlich und weitgehend parallel zueinander zurückgegangen sind. Und auch wenn die Eheschließungsrate seit den späten 1970er Jahren weiter konstant gesunken ist, so ist in beiden Fällen doch deutlich, dass sich vor allem in den 1960er und bis Mitte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik ein schneller und tiefgreifender Wandel der Familienstrukturen vollzogen hat. Während die jährliche Geburtenrate unter den 15- bis 45-jährigen Frauen im Zuge des Wirtschaftswunders von ihrem Stand von ungefähr 7 Prozent Anfang der 1950er Jahre bis Mitte der 1960er Jahren noch auf über 8,5 Prozent anstieg, kam es durch den „Pillenknick“ Ende der 1960er Jahre zu einem umso rapideren Ende des Babybooms. Innerhalb von nur fünf Jahren fällt die Geburtenrate um gut 40 Prozent von 8 Prozent im Jahr 1968 auf etwa 5 Prozent im Jahr 1973, und
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 67
0.09
0.018
0.08
0.016
0.07
0.014
0.06
0.012
0.05
0.010 Geburtenrate Eheschliessungsrate
0.04
0.008
Eheschliessungsrate (in % der weiblichen Bevölkerung)
Geburtenrate (in % der Frauen im Alter von 15-45 Jahren)
Abbildung 3.1: Geburtenraten und Eheschließungsraten in der Bundesrepublik, 1952-2006
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv/Genesis-Online, eigene Berechnungen.
0.005
Scheidungsrate Anteil Alleinerziehende
0.20
0.004
0.16
0.003
0.12
0.002
0.08
0.001
0.04 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
Anteil Alleinerziehende (in % der Haushalte mit Kindern)
Scheidungsrate (in % der weiblichen Bevölkerung)
Abbildung 3.2: Scheidungsraten und Anteil Alleinerziehender in der Bundesrepublik, 1952-2006
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv/Genesis-Online, eigene Berechnungen.
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
bis zum Ende der 1970er Jahre erreicht die Geburtenrate westdeutscher Frauen mit etwa 4,4 Prozent ihren historischen Tiefpunkt. Abgesehen von einer leichten Erholung Ende der 1980er Jahre blieb die Geburtenrate dauerhaft auf diesem niedrigen Niveau und hat sich auch im Zuge der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr nachhaltig verändert. Parallel zum Rückgang der Geburtenraten hat sich auch die Häufigkeit von Eheschließungen deutlich verringert. Dabei lag auch die Heiratswahrscheinlichkeit Anfang der 1960er Jahre mit über 1,8 Prozent auf einem historischen Maximum. Ähnlich wie für die Geburtenrate erfolgte dann aber auch im Falle der Eheschließungsrate bis Mitte der 1970er Jahre ein starker Abfall um etwa ein Drittel auf 1,2 Prozent. Im Vergleich zur Entwicklung der Geburtenrate ist auffällig, dass der Rückgang der Heiratsneigung jedoch schon Mitte der 1960er Jahre, also einige Jahre vor dem „Pillenknick“ eingesetzt hatte, und insgesamt auch langsamer verlief. Anders als im Falle der Geburtenrate ist nach einem erneut leichten Anstieg bis zum Ende der 1980er Jahre allerdings wieder eine weiter sinkende Heiratsneigung zu beobachten, wobei die jährliche Heiratswahrscheinlichkeit von etwa 1,2 Prozent in den späten 1980er Jahren erneut um mehr als 20 Prozent auf inzwischen etwa 0,9 Prozent zurückgegangen ist. Insgesamt hat sich damit die Heiratsneigung westdeutscher Frauen ebenso wie die Geburtenrate seit den 1960er Jahren praktisch halbiert. Mit den sinkenden Eheschließungs- und Geburtenraten gehen gleichzeitig ein konstanter Anstieg der Scheidungsrate und ein zunehmendes Risiko alleinerziehender Elternschaft einher. Wie Abbildung 3.2 zeigt, haben sich nicht nur Geburten- und Eheschließungsraten im Lauf der Zeit halbiert, sondern auch die Scheidungsrate hat sich seit Mitte der 1950er Jahre von 0,2 auf 0,5 Prozent im Jahr 2004 mehr als verdoppelt. Stärker noch als im Falle von Geburten- und Eheschließungsraten handelt es sich hierbei um einen linearen Trend, von dem nur zwei kurzfristige Abweichungen erkennbar sind. Ende der 1970er Jahre führte die tiefgreifende Reform des Scheidungsrechts 1977 zu einem zwischenzeitlichen Aufschub, da erst nach Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts wieder verstärkt Scheidungen vollzogen wurden. Und auch nach der deutschen Wiedervereinigung ist ein leichtes Absinken des Scheidungsrisikos zu beobachten, wobei sich der Trend ab 1993 wieder umgekehrt hat. Bei steigenden Scheidungsraten und gleichzeitig sinkenden Eheschließungsraten ist zudem wenig überraschend, dass in den letzten Jahrzehnten auch die Zahl der Alleinerziehenden beständig zugenommen hat. Der Anteil von alleinerziehenden Eltern, in der überwiegenden Zahl Mütter, an allen Haushalten mit Kindern hat sich in den letzten 30 Jahren fast verdreifacht und ist weitgehend linear von etwa 7 Prozent im Jahr 1972 auf mittlerweile über 20 Prozent angestiegen.
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 69 Weibliche Bildungsbeteiligung Parallel zu den sinkenden Geburtenziffern und der geringeren Zuverlässigkeit von Paarbeziehungen hat die ökonomische Rolle von Frauen deutlich an Bedeutung gewonnen. Ein deutlicher Hinweis darauf ist die Tatsache, dass Frauen überproportional von der Bildungsexpansion profitiert haben, und dementsprechend ihr ökonomisches Potenzial sowohl gegenüber früheren Frauengenerationen als auch im Vergleich zu Männern im Verlauf der Nachkriegszeit deutlich erhöhen konnten. Die dramatischen Veränderungen, die durch die Bildungsexpansion ausgelöst wurden, spiegeln sich nachhaltig in der in Abbildung 3.3 wiedergegebenen Bildungsverteilung unter westdeutschen Frauen aus unterschiedlichen Geburtskohorten wieder. Abbildung 3.3 zeigt eindeutig, dass über die letzten 35-40 Jahre hinweg Frauen aus jüngeren Geburtskohorten jeweils zunehmend höhere Bildungsabschlüsse erreicht haben. Während für Frauen die vor dem Krieg geboren sind der häufigste Bildungsabschluss noch der Hauptschulabschluss ohne eine anschließende Berufsausbildung war, hat dieser bereits in den Geburtskohorten aus den 1950er Jahren weitgehend an Bedeutung verloren. In den jüngsten Geburtskohorten spielt dieser nicht arbeitsmarktvorbereitende Abschluss mit nur noch einem Anteil von 7 Prozent der Frauen kaum mehr eine Rolle. Hinter dem Bedeutungsrückgang des alleinigen Hauptschulabschlusses steht zunächst der zunehmende Zugang von Frauen zu beruflicher Bildung. In der Geburtskohorte 1935 ist der Anteil der Frauen, die einen Hauptschulabschluss ohne Berufsausbildung erzielen, und derer, die einen Hauptschulabschluss mit anschließender Berufsausbildung erreichen, mit etwa 35 Prozent schon ungefähr gleich groß. Während sich der Anteil der Frauen mit einem Hauptschulabschluss ohne Lehre für 1940/44 geborene Frauen mit 22 Prozent innerhalb von 20 Geburtsjahrgängen ungefähr halbiert hatte, ist der Hauptschulabschluss mit einer anschließenden Berufsausbildung bereits in dieser Generation mit ungefähr 42 Prozent zum dominanten Bildungsabschluss geworden. Über die nächsten vier Kohorten bis zu den Jahrgängen 1955/59 wird dieser Bildungsabschluss von Frauen tatsächlich am häufigsten erreicht, verliert aber dann in den jüngeren Geburtskohorten zugunsten eines Realschulabschlusses mit anschließender Ausbildung an Bedeutung. Die Kombination von Realschulabschluss und beruflicher Ausbildung gewann für Frauen ab der Geburtskohorte 1935/39, d.h. seit der unmittelbaren Nachkriegszeit, immer mehr an Bedeutung und ist für die Geburtskohorte 1960/64 mit über 30 Prozent der am häufigsten erzielte Bildungsabschluss. Und auch für die jüngeren Geburtskohorten bleibt ein Realschulabschluss mit anschließender Berufsausbildung weiterhin die häufigste Bildungsform.
70
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Anteil (in %)
Abbildung 3.3: Bildungsbeteiligung westdeutscher Frauen, Geburtskohorten 1920/24-1970/74 1.00 0.80 0.60 0.40 0.20 0.00
1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 ohne Abschluss
Hauptschulabschluss
Hauptschule und Lehre
Realschulabschluss
Realschule und Lehre
Abitur
Abitur und Lehre
Fachhochschulabschluss
Universitätsabschluss
Anmerkung: westdeutsche Frauen im Alter von mindestens 30 Jahren zum Befragungszeitpunkt. Die Analyse bezieht sich auf Fünfjahreskohorten der Geburtsjahrgänge 1920/24-1970/74. Quelle: Sozio-ökonomisches Panel 1984-2004, eigene Berechnungen.
Parallel zur Bedeutungszunahme beruflicher Ausbildungsgänge erreichen Frauen auch zunehmend höhere Ausbildungsabschlüsse, die bis in die Nachkriegsgenerationen zunächst nur einer kleinen Minderheit von Frauen vorbehalten waren. So verdreifacht sich beispielsweise der Anteil der Frauen, die das Abitur und eine anschließende Lehre abschließen, zwischen den Geburtskohorten 1945/49 und 1955/59 von ursprünglich etwa 2 bis 3 auf über 9 Prozent, und nahm anschließend weiter an Bedeutung zu. Ebenso lag der Anteil der Frauen mit Universitätsabschluss mit durchschnittlich etwa 4 Prozent in den Vorkriegskohorten noch sehr niedrig. In der Geburtskohorte der 1945/49 geborenen Frauen erhöhte sich dieser Anteil erstmals deutlich auf über 9 Prozent, die Fachhochschulabsolventinnen mit eingerechnet erreichten in dieser Generation erstmals mehr als ein Zehntel der Frauen einen tertiären Bildungsabschluss. Danach steigt der Anteil der Universitätsabsolventinnen allerdings über weitere vier Geburtskohorten nur relativ langsam an und erfährt erst in der jüngsten Kohorte der 1970/74 geborenen Frauen einen weiteren Schub, als sich der Anteil der Universitätsabsolventinnen auf über 18 Prozent der Frauen dieser Geburtsjahrgänge erhöht. Der Eindruck einer insgesamt stark gestiegenen Bildungsbeteiligung von Frauen bleibt zudem auch erhalten, wenn die Bildungszuwächse zwischen den
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 71 Geschlechtern verglichen werden. Abbildung 3.4 zeigt, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung in den Bildungswegen von Männern aller hier betrachteten Geburtskohorten eine bedeutende Rolle gespielt hat. Entsprechend der zentralen Rolle beruflicher Ausbildungsabschlüsse im deutschen Arbeitsmarkt verließen in allen Geburtsjahrgängen in dem Zeitraum von 1920/24 und 1970/74 zwischen zwei Drittel und drei Viertel aller Männer das Bildungssystem mit einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung. Wie bereits oben dargestellt, erreichten Frauen aus den Vorkriegskohorten deutlich seltener einen beruflichen Ausbildungsabschluss, so dass nur etwa 40 Prozent eines Geburtsjahrgangs das Bildungssystem mit einer Berufsausbildung verließen. Erst in der unmittelbaren Nachkriegszeit steigt der Anteil der Frauen, die eine berufliche Ausbildung absolvieren, bis zur Geburtskohorte 1940/44 sprunghaft um 20 Prozentpunkte an, und erreicht auch anschließend bereits fast den Vergleichswert der männlichen Geburtskohorten. In der Geburtskohorte 1955/59 übersteigt der Anteil der Frauen mit einer beruflichen Ausbildung dann erstmals den der Männer und auch in den darauf folgenden Kohorten bleibt der Anteil beruflich ausgebildeter Frauen konstant um ein bis sieben Prozentpunkte über dem entsprechenden Anteil unter ihren männlichen Altersgenossen. Erst in der jüngsten Kohorte dreht sich dieses Verhältnis wieder um. Mit dem Bedeutungsanstieg der beruflichen Ausbildung steigt gleichzeitig auch der Anteil von Frauen, die das Schulsystem mit der allgemeinen Hochschulreife abschließen, im Zeitverlauf stark an. Abbildung 3.4 zeigt, dass der Abiturientinnenanteil in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend parallel zum Abiturientenanteil ansteigt. Während der Anteil der Abiturientinnen im Geburtsjahrgang bis zur Kohorte 1935/39 konstant bei nur etwa neun Prozent eines Jahrgangs gelegen hatte, steigt der Anteil danach linear auf beinahe 40 Prozent in der jüngsten Geburtskohorte an. Abbildung 3.4 zeigt aber auch, dass der Anteil der Abiturienten den der Abiturientinnen lange Zeit um durchschnittlich etwa 10 Prozentpunkte übertraf. Erst unter den ab 1960 geborenen Frauen nimmt der Abstand zwischen den Geschlechtern dann aber auch hier deutlich ab, so dass Männer danach durchschnittlich nur noch um ein bis drei Prozentpunkte häufiger das Abitur erzielen als Frauen. Die steigende Zahl von Frauen, die das Schulsystem mit der allgemeinen Hochschulreife verlassen, führt schließlich dazu, dass Frauen diese auch verstärkt in einen Studienabschluss umsetzen. Wie Abbildung 3.5 zeigt, hat insbesondere die Neigung zu einer klassischen Universitätsausbildung für Frauen unterschiedlicher Geburtskohorten und im Vergleich zu Männern stark zugenommen. Der Anteil von Frauen, die einen Fachhochschulabschluss erreichen, ist nach wie vor gering, und hat sich im Kohortenvergleich auch lediglich von
72
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Anteil (in %)
Abbildung 3.4: Zugang zu höherer und beruflicher Bildung, Geburtskohorten 1920/24-1970/74 0.80
0.60
0.40
0.20
0.00 1920
1930
1940
1950
Frauen: Abitur Beruflicher Abschluss
1960
1970 Kohorte
Männer: Abitur Beruflicher Abschluss
Anmerkung: westdeutsche Befragte im Alter von mindestens 30 Jahren zum Befragungszeitpunkt. Die Analyse bezieht sich auf Fünfjahreskohorten der Geburtsjahrgänge 1920/24-1970/74. Quelle: Sozio-ökonomisches Panel 1984-2004, eigene Berechnungen.
Anteil (in %)
Abbildung 3.5: Zugang zu tertiären Bildungsgängen, Geburtskohorten 1920/241970/74 0.20
0.15
0.10
0.05
0.00 1920
1930
1940
Frauen: Universitätsabschluss Fachhochschulabschluss
1950
1960
1970 Kohorte
Männer: Universitätsabschluss Fachhochschulabschluss
Anmerkung: westdeutsche Befragte im Alter von mindestens 30 Jahren zum Befragungszeitpunkt. Die Analyse bezieht sich auf Fünfjahreskohorten der Geburtsjahrgänge 1920/24-1970/74. Quelle: Sozio-ökonomisches Panel 1984-2004, eigene Berechnungen.
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 73 etwa zwei auf fünf Prozent eines Jahrgangs erhöht. Zudem haben sich die Geschlechterunterschiede im Abschluss eines Fachhochschulstudiums kaum verändert, so dass Männer nach wie vor doppelt so häufig einen Fachhochschulabschluss erwerben wie Frauen. Im Gegensatz dazu hat die zunehmende Neigung von Frauen ein Studium aufzunehmen dazu geführt, dass die Geschlechterunterschiede in Bezug auf den Abschluss eines Universitätsstudiums über die Zeit deutlich zurückgegangen sind. Während der Akademikerinnenanteil in den ältesten Geburtskohorten noch unter fünf Prozent blieb, stieg er zwischen den Kohorten 1935/39 und 1950/54 auf über 12 Prozent an, um dann in der jüngsten Geburtskohorte mit über 18 Prozent erstmals den Anteil von Universitätsabsolventen unter Männern um etwa zwei Prozentpunkte zu übertreffen. Muster der weiblichen Erwerbsbeteiligung Im Einklang mit der gestiegenen Bildungsbeteiligung von Frauen hat sich über die Zeit auch das Erwerbsverhalten von Frauen in Deutschland nachhaltig verändert. Wie die in Abbildung 3.6 dargestellte Entwicklung der Erwerbsquote zeigt, ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in jeder Geburtskohorte weiter angestiegen. Dieser stetige Anstieg der weiblichen Erwerbsbeteiligung hat dazu geführt, dass die Erwerbsquoten in den nach 1960 geborenen Geburtskohorten durchgängig um über 25 Prozentpunkte höher liegen als für Frauen, die in den 1920er und frühen 1930er Jahren geboren wurden. In den Geburtsjahrgängen 1961-65 waren im Alter von 40 Jahren beispielsweise drei von vier Frauen erwerbstätig, wohingegen nur weniger als die Hälfte der Frauen, die zwischen 1921 und 1925 geboren sind, im selben Alter erwerbstätig waren. Die Betrachtung der altersspezifischen Erwerbsquoten über den Lebenslauf zeigt zudem im Kohortenvergleich, in welchem starken Umfang die berufliche Rolle von Frauen neben die familiäre Rolle tritt. In allen Kohorten, für die hier empirische Daten vorliegen, ist die Erwerbsbeteiligung junger Frauen vergleichsweise ähnlich hoch; die Erwerbsquote unter 20-24 jährigen Frauen beträgt beispielsweise durchgängig 60 Prozent und mehr. In den älteren Geburtskohorten tritt die eigene Erwerbstätigkeit jedoch deutlich hinter die familiären Belange zurück, so dass die Erwerbsquoten bis zum Alter von 30 Jahren auf etwa 40 Prozent zurückgehen und im weiteren Lebensverlauf auch auf diesem relativ niedrigen Niveau bleiben. Beginnend mit den zwischen 1941 und 1945 geborenen Frauen ändert sich dieses althergebrachte Muster und Frauen drängen nun nach der Familienphase
74
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.6: Frauenerwerbsquoten in der Bundesrepublik nach Geburtskohorte und Alter 0.80
1961-65
1956-60
1966-70 1976-80
1951-55
1971-75
0.60
1936-40
1946-50 1941-45
1931-35
0.40
1921-25 1926-30
0.20
0.00 15-19
20-24
25-29
30-34
35-39
40-44
45-49
50-54
55-59
60-64 Alter
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv/Genesis-Online, eigene Berechnungen.
Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.7: Weibliche Erwerbsbeteiligung nach Präsenz von Kindern im Haushalt, 1972-2002 70
ohne Kinder mit Kindern mit Kindern unter 6 Jahren mit Kindern unter 15 Jahren
60
50
40
30 1970
1980
1990
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv, eigene Berechnungen.
2000
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 75 verstärkt wieder auf den Arbeitsmarkt zurück. Dadurch bildet sich für die Nachkriegsgenerationen ein charakteristisches M-förmiges Muster der Frauenerwerbstätigkeit heraus, bei dem die weiblichen Erwerbsquoten im Alter zwischen 25 und 35, d.h. in der zentralen Familiengründungsphase, einen deutlichen Rückgang erfahren und erst anschließend wieder ansteigen. Im Kohortenvergleich ist darüber hinaus bemerkenswert, dass sich auch dieses Muster im Zeitverlauf aufzulösen beginnt. Während beispielsweise für Frauen der Geburtsjahrgänge 1941/45 der Einschnitt in den Erwerbsquoten mit einem Rückgang von etwa 17 Prozentpunkten noch besonders stark ausfällt, lässt sich in den jüngeren Kohorten nur ein deutlich schwächer ausgeprägter Rückgang der Erwerbsquoten in der Altersgruppe der 25-29 jährigen Frauen feststellen. Aber auch in den jüngsten Geburtskohorten steigt die Erwerbsbeteiligung von Frauen nach der eigentlichen Familiengründungsphase ungefähr ab einem Alter von 35-40 Jahren wie auch in den älteren Frauenkohorten wieder deutlich an und die weiblichen Erwerbsquoten steigt dabei deutlich um etwa 10-15 Prozentpunkte an. Im Kohortenvergleich hat sich an diesem Muster vergleichsweise wenig verändert, allerdings hat sich der Zeitpunkt, zu dem Frauen wieder auf den Arbeitsmarkt zurückdrängen, über die Kohorten biographisch deutlich nach vorne verschoben, so dass familienbedingte Erwerbsunterbrechungen unter Frauen jüngerer Geburtskohorten tendenziell kürzer ausfallen. Dieser für die Bundesrepublik charakteristisch starke Zusammenhang zwischen Familienzyklus und Erwerbsbeteiligung von Frauen zeigt sich auch in Abbildung 3.7, in der die Erwerbsquoten von Frauen differenziert nach der Haushaltskonstellation abgebildet sind. Die zugrunde liegenden Daten sind ab 1990 leider nicht mehr separat für die westdeutschen Bundesländer verfügbar, so dass die Wiedervereinigung zu einem deutlichen Trendbruch in der Abbildung führt. Abgesehen davon zeigt sich jedoch bereits in den Daten vor 1990, dass die Arbeitsmarktbeteiligung westdeutscher Frauen stark von im Haushalt lebenden Kindern beeinflusst wird. Über den gesamten Zeitraum liegt die Erwerbsquote von Frauen mit Kindern um 10-15 Prozentpunkte unter der Erwerbsquote von Frauen, die keine Kinder haben oder deren Kinder bereits nicht mehr im elterlichen Haushalt leben. Darüber hinaus zeigt sich für Frauen mit Kindern zudem ein deutlicher Einfluss des Alters des jüngsten Kindes. Hierbei ist die Erwerbsquote von Müttern noch nicht schulpflichtiger Kinder um jeweils 6-7 Prozentpunkte niedriger als die Erwerbsquote aller Mütter bzw. aller Mütter mit Kindern bis 15 Jahren, so dass die Erwerbsquoten von Müttern kleiner Kinder entsprechend geringer ausfallen als für Frauen älterer Kinder. Diese Zusammenhänge sind im Zeitverlauf insgesamt zudem erstaunlich stabil geblieben, so dass abgesehen vom Bruch zum
76
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.8: Erwerbsbeteiligung nach Präsenz von Kindern im Haushalt, verheiratete Frauen, 1972-2002 70
ohne Kinder mit Kindern mit Kindern unter 6 Jahren mit Kindern unter 15 Jahren
60
50
40
30 1970
1980
1990
2000
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv, eigene Berechnungen.
Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.9: Erwerbsbeteiligung nach Präsenz von Kindern im Haushalt, alleinerziehende Frauen, 1972-2002 70
60
50
40
ohne Kinder mit Kindern mit Kindern unter 6 Jahren mit Kindern unter 15 Jahren
30 1970
1980
1990
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv, eigene Berechnungen.
2000
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 77 Zeitpunkt der Wiedervereinigung nur geringfügige Beschäftigungszunahmen sichtbar sind. Erst seit Mitte der 1990er Jahre scheint es hier zu einem deutlicheren Anstieg der Erwerbsquoten von Müttern gekommen zu sein, während frühere Zunahmen der Erwerbsquoten stärker auf den allgemeinen Rückgang der Geburtenhäufigkeiten zurückführbar sein dürften. Werden die Frauenerwerbsquoten zudem getrennt für verheiratete sowie alleinstehende Frauen mit Kindern betrachtet, so zeigt sich, dass die Erwerbsquoten verheirateter Mütter insgesamt deutlich unter den Erwerbsquoten alleinstehender Frauen liegen. Wie Abbildungen 3.8 und 3.9 zeigen, beträgt die Erwerbsquote bis zur Wiedervereinigung verheirateter Mütter konstant etwa 40 Prozent, während sie unter alleinerziehenden Frauen auf ungefähr 55 Prozent ansteigt. Die Erwerbsquote verheirateter Mütter liegt zudem deutlich unter der Erwerbsquote verheirateter Frauen, die keine Kinder haben oder deren Kinder nicht mehr im elterlichen Haushalt leben, so dass die Präsenz von Kindern in ausgeprägter Weise einer Erwerbstätigkeit entgegensteht. Unter alleinstehenden Frauen ist dieser Zusammenhang dagegen nur schwach ausgeprägt, da sich kaum eine Differenz in den Erwerbsquoten alleinstehender und alleinerziehender Frauen feststellen lässt. Dagegen zeigt sich sowohl für verheiratete wie auch für alleinerziehende Mütter, dass die Erwerbsbeteiligung mit dem Alter der Kinder im Haushalt ansteigt. Interessant ist dabei, dass sich die Entwicklung der Erwerbsquoten über die Zeit deutlich zwischen verheirateten und alleinerziehenden Müttern unterscheidet. Während sich die Erwerbsbeteiligung der verheirateten Mütter vor der Wiedervereinigung kaum verändert hat und die Erwerbsquoten abgesehen vom Trendbruch durch die Wiedervereinigung erst ab Mitte der 1990er Jahre leicht um etwa fünf Prozentpunkte angestiegen sind, zeigen sich für alleinerziehenden Frauen weit deutlichere Veränderungen über die Zeit. Auffällig ist dabei, dass die Erwerbsquoten alleinerziehender Mütter über die Zeit stark zurückgehen, und insbesondere unter alleinerziehende Mütter von nicht schulpflichtigen Kindern von Anfang der 1970er Jahre bis Ende der 1980er Jahre um ganze 20 Prozentpunkte absinken. Abgesehen vom Trendbruch der Wiedervereinigung scheint aber auch die Erwerbsbeteiligung allein erziehender Müttern seit etwa Mitte der 1990er Jahre wieder anzusteigen. Ein weiteres interessantes Ergebnis zeigt die Betrachtung der Entwicklung der Erwerbsquoten getrennt nach Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung. Neben der generell zunehmenden Bedeutung der Teilzeitbeschäftigung für Frauen (vgl. Blossfeld und Hakim 1997), zeigt Abbildung 3.10, dass es in der Bundesrepublik parallel zur Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung von Frauen über die Zeit zu einem faktischen Rückgang der Vollzeitbeschäftigung von Müttern gekommen
78
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Vollzeit-Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.10: Vollzeit-Erwerbsbeteiligung nach Familienstand und Präsenz von Kindern im Haushalt, 1972-2002 0.60
0.50
0.40
verheiratet, mit Kindern unter 6 Jahren verheiratet, mit Kindern unter 15 Jahren alleinerziehend, mit Kindern unter 6 Jahren alleinerziehend, mit Kindern unter 15 Jahren
0.30
0.20
0.10 1970
1980
1990
2000
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv, eigene Berechnungen.
Teilzeit-Erwerbsquote (in Prozent)
Abbildung 3.11: Teilzeit-Erwerbsbeteiligung nach Familienstand und Präsenz von Kindern im Haushalt, 1972-2002 0.25
0.20
0.15
0.10
verheiratet, mit Kindern unter 6 Jahren verheiratet, mit Kindern unter 15 Jahren alleinerziehend, mit Kindern unter 6 Jahren alleinerziehend, mit Kindern unter 15 Jahren
0.05
0.00 1970
1980
1990
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv, eigene Berechnungen.
2000
3.1 Gesellschaftliche Modernisierung und Muster der Frauenerwerbstätigkeit 79 ist. Sowohl unter alleinerziehenden als auch unter verheirateten Müttern sinkt die Vollzeiterwerbsquote von 1970 bis 2000 kontinuierlich um 8 bis 15 Prozentpunkte, wobei der entsprechende Rückgang unter alleinerziehenden Müttern sogar noch etwas höher als unter verheirateten Frauen ausfällt. Zwar ist die Vollzeiterwerbsquote unter allein erziehenden Müttern mit über 40 Prozent auch nach der Jahrtausendwende mehr als doppelt so hoch wie unter verheirateten Müttern, Anfang der 1970er Jahre lagen die entsprechenden Quoten jedoch noch bei fast 60 bzw. 30 Prozent. Für verheiratete wie alleinerziehende Mütter zeigt sich allerdings auch, dass der Zusammenhang zwischen Vollzeiterwerbstätigkeit und dem Alter der Kinder im Haushalt über die vergangenen dreißig Jahre weitgehend unverändert Bestand hatte. Sowohl für verheiratete wie auch für alleinerziehende Mütter sind die Vollzeiterwerbsquoten von Frauen mit älteren Kindern etwas höher als für Frauen, die kleine Kinder im Haushalt betreuen. Entsprechend steigt die Teilzeitbeschäftigung von Frauen im gleichen Zeitraum stark an. Wie Abbildung 3.11 zeigt, nimmt die Bedeutung der Teilzeitarbeit dabei bei allen Müttern weitgehend unabhängig von deren Familienstand und dem Alter der Kinder im Haushalt zu. Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte steigt die Teilzeitquote für alle hier betrachteten Gruppen im Durchschnitt um etwa 10 Prozentpunkte von einem Niveau von durchschnittlich 7 Prozent Anfang der 1970er Jahre auf 17 Prozent dreißig Jahre später. In Verbindung mit den Ergebnissen zur rückläufigen Vollzeitbeschäftigung von Müttern kommt es also nur deshalb zu einem leichten Anstieg der Erwerbsquoten von Müttern in der Bundesrepublik, weil der Zuwachs der Teilzeitbeschäftigung den gleichzeitigen Rückgang der Vollzeitbeschäftigung ausgleicht. Damit zeigt sich aber auch, dass der Zuwachs der Erwerbsbeteiligung von Müttern nicht einfach auf eine Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung von Müttern zurückgeht, sondern dass zu einem gewissen Teil Teilzeitbeschäftigung auch für Vollzeittätigkeiten substituiert wird. Schließlich steigt mit der zunehmenden Erwerbsorientierung von Frauen gleichzeitig auch der Anteil der Frauen die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Während in der Bundesrepublik Ende der 1960er Jahre für Männer wie für Frauen Vollbeschäftigung herrschte, zeigt Abbildung 3.12, dass in den Folgejahren sowohl die Arbeitslosigkeitsrate der Männer als auch der Frauen beständig angestiegen ist. Die weibliche Arbeitslosenquote hat sich dabei von 0,5 Prozent im Jahr 1965 auf 12,7 Prozent im Jahr 2000 erhöht, wobei der Anstieg nicht linear sondern für Männer wie Frauen entsprechend der konjunkturzyklischen Schwankungen erfolgte. Auffällig ist allerdings, dass seit der ersten Ölkrise Anfang 1970er Jahren die weibliche Arbeitslosenquote beständig zwischen 1 und 3 Prozentpunkte über der männlichen Arbeitslosenquote lag. Erst im jüngsten Kon-
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Arbeitslosenquote (in Prozent)
Abbildung 3.12: Arbeitslosenquote nach Geschlecht, 1965-2006 15
10
5
Frauen Männer
0 1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Anmerkung: bis 1989: alte Bundesrepublik, ab 1990: Gesamtdeutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statis-Archiv/Genesis-Online, eigene Berechnungen.
junkturzyklus hat sich dieses Verhältnis zum ersten Mal wieder umgekehrt, so dass seit 2000 die weiblichen Arbeitslosenquoten wieder leicht unter der Arbeitslosenquote der Männer liegen. 3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik Da die Familiengründung ein zentrales Ereignis in den Lebens- und Erwerbsverläufen von Frauen darstellt, kann Familienpolitik diese prägen, indem sie rechtliche und materielle Rahmenbedingungen der Lebenssituation von Familien reguliert. In der Bundesrepublik stand in der familienpolitischen Neuausrichtung in der Nachkriegszeit dabei zunächst der Abbau der Benachteiligung kinderreicher Familien im Vordergrund. Obwohl sich in den 1950er Jahren dank wirtschaftlichem Aufschwung die Lebensverhältnisse für die Mehrheit der Bevölkerung rapide verbesserten, waren gleichzeitig 20 Prozent der Bevölkerung von Sozialleistungen abhängig. Dementsprechend konzentrierte sich das unter der Regierung Adenauer neu gegründete Ministerium für Familienfragen vornehmlich auf die Neugestaltung von Transferleistungen für Familien (Althammer 2000; Lampert und Althammer 2007; Federkeil 1997; Frerich und Frey 1993b). Dabei wurde 1955 mit der Einführung des Kindergelds in Ergänzung zu den bereits bestehenden Steuerfreibeträgen für Kinder der so genannte duale Fami-
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik
81
lienlastenausgleich eingeführt. Seither wird die deutsche Familienpolitik durch den Grundsatz bestimmt, dass der Ausgleich von Familienlasten und Familienleistungen hauptsächlich durch Geldleistungen erfolgt (Lampert 1996; Netzler 2000). Das Ausmaß der entsprechenden Einkommensumverteilung zugunsten von Familien mit Kindern wurde in den Folgejahrzehnten zudem deutlich ausgeweitet. Kam das Kindergeld beispielsweise zunächst nur kinderreichen Familien mit mehr als drei Kindern zugute, so wurde es Anfang der 1960er Jahre auch auf das zweite Kind und im Jahr 1975 auf das erste Kind ausgeweitet. Gleichzeitig wurde Anfang der 1960er Jahre mit einer starken Anhebung der Steuerfreibeträge für Kinder der Familienlastenausgleich insgesamt aufgewertet. In der Folge wurden das Kindergeld sowie die Steuerfreibeträge abhängig von der politischen Ausrichtung der jeweils amtierenden Regierung angehoben, ausgeweitet, von Einkommensgrenzen abhängig gemacht oder, im Falle des Steuerfreibetrags, von der sozial-liberalen Koalition zwischen 1975 bis 1983 sogar ganz abgeschafft, da in Verbindung mit einem progressiven Steuertarif hohe Einkommen überproportional stark entlastet werden und damit der Grundsatz der Bedarfsgerechtigkeit der familienpolitischen Transferleistungen verletzt ist (Kurz 1998). 1996 wurde zudem durch das Bundesverfassungsgericht eine stufenweise Anhebung des Kinderfreibetrags auf das Niveau des Existenzminimums erzwungen (Lampert 1996). Infolgedessen stiegen die Steuerfreibeträge seit ihrer Wiedereinführung 1983 von 432 DM pro Kind auf 3024 DM im Jahr 2000 an, wobei seit 1996 ein Optionsmodell eingeführt wurde, bei dem Eltern zwischen der Auszahlung des Kindergelds und der steuerlichen Berücksichtigung des Kinderfreibetrags wählen können. Im Gegensatz zu den steuerlichen Kinderfreibeträgen, die sich seit dem Bundesverfassungsgerichtsbeschluss am Existenzminimum orientieren, ist das Kindergeld zwar über die Jahre beständig angestiegen, anders als viele andere Sozialleistungen ist es aber nicht systematisch an die tatsächliche Einkommensentwicklung angepasst. Seit der Einführung des Kindergelds auch für das erste Kind 1975 haben sich die Transferleistungen aber von 50 DM für das erste Kind, 70 DM für das zweite Kind und 120 DM für jedes weitere Kind auf jeweils 301 DM für die ersten drei Kinder und 350 DM ab dem vierten Kind im Jahr 2002 erhöht (Wingen 1997; Dienel 2002). Seit 1958 werden diese direkten Transferleistungen zugunsten von Familien zudem von einem Ehegattensplitting begleitet, das ebenfalls aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts eingeführt wurde, um die Benachteiligung von Ehegatten gegenüber unverheirateten Paaren zu vermeiden. Zuvor wurde das Einkommen von Ehegatten addiert und gemeinsam besteuert, so dass für das gemeinsame Einkommen dann eine höhere Progressionsstufe galt als für das identische, aber getrennt besteuerte Einkommen unverheirateter Paare. Wenn-
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gleich auch die Einführung einer strikt individuellen Besteuerung zur Beseitigung von Ungleichheit im Steuersystem ausgereicht hätte, entschied sich der Gesetzgeber, die Ehe bewusst als Wirtschafts- und Steuereinheit zu behandeln und dies mit dem Ehegattensplitting zu untermauern (Althammer 2000; Lampert 1996). Dabei wird mit dem Splittingverfahren das Gesamteinkommen beider Ehepartner halbiert und dann nach der jeweiligen Steuerstufe besteuert, wodurch die Entlastung umso höher ausfällt, je größer der Einkommensunterschied zwischen den Ehegatten ist. Das System des bundesdeutschen Ehegattensplittings wirkt dementsprechend am stärksten Steuer senkend, wenn einer der Partner überhaupt kein steuerpflichtiges Einkommen erzielt (Smith et al. 2003a; Sainsbury 1999b; Dingeldey 2001). Auch wenn diese steuerliche Förderung der Ehe bei ihrer Einführung überwiegend Familien zugute kam, da in der Mehrzahl der Ehen zu diesem Zeitpunkt auch Kinder vorhanden waren, hat sich diese Entlastung zunehmend zu einer Bevorzugung von Ehepaaren, und insbesondere von kinderlosen, traditionellen Alleinverdienerehen entwickelt. Sowohl unverheiratet zusammenlebende Eltern, als auch Ehepartner in Doppelverdienerhaushalten, Familien mit niedrigem Einkommen sowie Alleinerziehende profitieren entweder gar nicht oder nur unzureichend von dieser steuerpolitischen Maßnahme (Bäcker et al. 2000; Wingen 1997). Dennoch wird das Ehegattensplitting mit der Begründung, dass auch heute die Mehrzahl der Kinder in Ehen großgezogen wird bis heute als familienpolitisches Instrument legitimiert. Faktisch sind die Entlastungseffekte durch das Ehegattensplitting zudem auch deutlich größer als die Entlastungseffekte durch die Kinderfreibeträge. Zwischen 1960 und 1985 lagen die jährlichen Kosten des Ehegattensplittings sogar noch über den Ausgaben für Kindergeld und Kinderfreibeträgen zusammen. Und auch im Jahr 2001 betrug die Gesamtlast des Ehegattensplittings für den Bundeshaushalt ungefähr 45 Mrd. DM, das sind 22 Prozent der insgesamt für die Familienförderung ausgegebenen Summe (Dienel 2002). Gleichzeitig setzt das Ehegattensplitting ökonomische Anreize für das Leben in einer Ehe, wodurch die Ehe als dominante Form der Paarbeziehung vor allem bei Paaren mit Kindern gefördert und gleichzeitig die geringfügige oder Nichterwerbstätigkeit der Ehefrau finanziell belohnt wird (Dingeldey 2000; Gustafsson und Bruyn-Hundt 1991; Arrufat und Zabalza 1986; Smith et al. 2003b). Den in den 1950er Jahren entwickelten Grundpfeilern der bundesdeutschen Familienpolitik ist anzusehen, dass sich sowohl die Gesellschaft als auch die Politik in dieser Zeit am Ideal einer intakten Kleinfamilie orientierte, deren Basis eine Versorgerehe darstellte. Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Ehepartner waren nach einem strikten Rollenmodell vorgegeben, wobei der Ehemann als Ernährer die ökonomische Basis der Familie bildete, dessen Einkommen allein für alle Ausgaben der Familie ausreichen musste. Somit waren auch alle staatli-
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chen Familienleistungen wie Steuerfreibeträge, Ehegattensplitting, Kindergeld aber auch Sozialversicherungsleistungen wie die kostenlose Mitversicherung von Familienangehörigen in der gesetzlichen Krankenkasse ganz auf Alleinverdienerehen zugeschnitten (Federkeil 1997; Bundesministerium für Familie 2006a). Der Ehefrau kam in diesem Modell hingegen lediglich die Rolle der „Hausfrau und Mutter“ zu, der alle unentgeltlichen Sorge-, Erziehungs-, und Pflegearbeiten im Haushalt oblagen. Erwerbstätige Frauen oder gar erwerbstätige Mütter kamen in diesem Konzept der Kleinfamilie nicht vor. Obwohl im Grundgesetz bereits seit 1949 die rechtliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern festgeschrieben ist, konnte der Ehemann noch bis zum Inkrafttreten des Ersten Gleichberechtigungsgesetzes 1958 ein Arbeitsverhältnis der Ehefrau kündigen (BGB §1356 (1)) (Scheiwe 1993). Beginnend mit der Bildungsexpansion sowie dem wirtschaftlichen Aufschwung der 1950er und 1960er Jahre begann die zunehmende Partizipation der Frauen am Erwerbsleben, die Expansion des Dienstleistungssektors bei gleichzeitigem Rückgang von Arbeitsplätzen in traditionell männlichen Sektoren und steigender Arbeitslosigkeit machten die Erwerbstätigkeit von Frauen teilweise auch notwendig und ließen die Aufrechterhaltung des klassischen Modells der Alleinernährerehe individuell wie gesellschaftspolitisch schwieriger werden. Mit der umfassenden Reform des Familienrechts unter der sozialliberalen Regierung 1977 wurde deshalb ein modernes Rollenbild der Frau verkündet, das ein Anrecht auf persönliche und berufliche Entfaltung umfasste. Männer und Frauen waren in der Ehe gleichberechtigt, die Hausarbeit war nicht mehr per Gesetz alleinige Aufgabe der Frau sondern sollte durch Einigung zwischen den Ehegatten geregelt werden, und beiden Ehepartnern wurde das Recht auf eine Erwerbstätigkeit zugesprochen (Lampert und Althammer 2007; Scheiwe 1993; Strohmeier et al. 2006). Mutterschaftsurlaub, Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub Vor diesem Hintergrund und angesichts der steigenden Erwerbsbeteiligung vor allem von verheirateten Frauen und Müttern mit kleinen Kindern begann sich die Familienpolitik in den 1970er Jahren verstärkt mit der Situation erwerbstätiger Mütter zu beschäftigen. Ins Zentrum rückte dabei die Ausweitung des Mutterschutzgesetzes zur Ausgestaltung einer befristeten beruflichen Freistellung von Müttern. Dieser Gedanke hat in der deutschen Familienpolitik bereits eine lange Tradition (vgl. den Überblick in Tabelle 3.1). Aufbauend auf der katholischen Soziallehre wurde erstmals 1878 ein Beschäftigungsverbot für Mütter innerhalb der ersten drei Wochen nach einer Geburt erlassen. Dieses Beschäftigungsverbot
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galt zunächst jedoch ohne Ausgleichszahlungen und schloss ausschließlich gewerbliche Arbeitnehmerinnen ein. Ein so genanntes Wochengeld, das von den Krankenkassen gezahlt wurde und 50 Prozent des Arbeitslohns betrug, wurde erst einige Jahre später eingeführt. Nachdem 1908 das Beschäftigungsverbot auf zwei Wochen vor und sechs Wochen nach der Geburt ausgeweitet wurde und so erstmals auch für schwangere Frauen galt, wurde 1927 die beschäftigungsfreie Zeit vor der Geburt auf sechs Wochen ausgeweitet, die jetzt allerdings wahlweise in Anspruch genommen werden konnten. Das Beschäftigungsverbot nach der Geburt galt jedoch weiterhin verpflichtend und wurde um einen Kündigungsschutz in diesem Zeitraum erweitert, der eine Kündigung wegen einer Schwangerschaft oder Geburt verhindern sollte. Allerdings wurde das Wochengeld nur an Frauen ausgezahlt, die in den letzten zwei Jahren vor der Geburt mindestens zehn Monate gesetzlich krankenversichert waren, so dass viele Frauen auf die Freistellung vor der Geburt verzichteten (Frerich und Frey 1993a; Neyer 1997). Das Mutterschutzgesetz von 1942 erweiterte den anspruchsberechtigten Personenkreis, verbesserte die wirtschaftliche Absicherung während der Schutzfrist und weitete den Kündigungsschutz nun auf die gesamte Dauer der Schwangerschaft aus. Die Lohnfortzahlung während der Mutterschutzfristen wurden für den gesamten Zeitraum nun entweder von der Krankenkasse oder, im Fall einer nicht versicherten Frau, vom Arbeitgeber gezahlt. Das Beschäftigungsverbot wurde zudem auf sechs Wochen vor und sechs Wochen nach einer Geburt ausgeweitet. Hinzu kam eine Verlängerung auf acht beziehungsweise zwölf Wochen bei stillenden Müttern oder bei Frühgeburten. Bis auf einige geringe Veränderungen gelten diese Mutterschutzbestimmungen auch heute noch. Verstärkt wurden 1952 zusätzlich noch die Kündigungsschutzregelungen, danach darf Müttern seither bis einschließlich vier Monate nach der Geburt auch aus „wichtigem Grund“ nicht mehr gekündigt werden. Die Fristen des Beschäftigungsverbots wurden dann 1968 letztmals auf sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt festgesetzt, bei Früh- und Mehrlingsgeburten erhöht sich die Zeit auf zwölf Wochen. Die Sonderregeln für Frühgeburten wurden 1997 und 2002 nach einer Anpassung an europäisches Recht um die Zeit verlängert, die vor der Geburt nicht beansprucht werden konnte. Auch in Bezug auf die Lohnfortzahlung während der Mutterschutzfrist gelten die 1968 letztmals geänderten Regelungen. Während des Mutterschutzes haben alle freiwillig oder pflichtversicherten Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse Anspruch auf Mutterschaftsgeld sowie auf eine kostenlose Weiterversicherung in Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Das Mutterschaftsgeld wird bis maximal 25 DM pro Tag von der gesetzlichen Krankenkasse getragen, die Differenz zum Nettolohn hat der Arbeitgeber zu tragen, wodurch
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Tabelle 3.1: Die Entwicklung der Mutterschutzgesetzgebung in Deutschland Jahr
Schutzfrist
Lohnfortzahlung
1878
3Wochen nach Geburt, nur gewerbliche Arbeitnehmerinnen
keine
1883
1908 1927
1942
1952 1968
Wochengeld:50% des Lohns, nur für Frauen, die in den letzten zwei Jahren mind. 10 Monate gesetzlich krankenversichert waren 2 Wochen vor, 6 Wochen nach der Geburt Beschäftigungsverbot vor der Geburt aufgehoben; optional Freistellung 6 Wochen vor der Geburt; Kündigungsschutz während der Freistellung Kündigungsschutz auf gesamte Schwangerschaft ausgeweitet; Beschäftigungsverbot ausgeweitet, 6 Wochen vor, 6 Wochen nach Geburt; Sonderregelungen für stillende Mütter (8 Wochen) und Frühgeburten (12 Wochen) Ausweitung des Kündigungsschutzes auf 4 Monate nach Geburt Beschäftigungsverbot ausgeweitet, 6 Wochen vor, 8 Wochen nach Geburt; Sonderregelungen für stillende Mütter und Frühgeburten (12 Wochen)
Lohnfortzahlung für nicht krankenversicherte Mütter vom Arbeitgeber zu tragen
Neuregelung des Mutterschaftsgeldes, Verpflichtung des Arbeitgebers, nur anteilige Lohnfortzahlung (bis DM 25/Tag) durch Krankenkassen
Quelle: Frerich und Frey (1993b, a); Neyer (1997)
vor allem im Falle von hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen Arbeitgebern zum Teil hohe Zusatzkosten entstehen. Für Kleinbetriebe wurde zudem ein Umlageverfahren eingeführt, um diese Kosten gleichmäßig zwischen den Arbeitgebern zu verteilen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass das Mutterschutzgesetz insgesamt nicht als eine Maßnahme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf anzusehen ist, sondern dass es sich im Wesentlichen um eine Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Mutter und Kind handelt, da beispielsweise die geschaffenen Rechtsansprüche auch nicht auf Väter übertragbar sind. Neben dem Beschäftigungsverbot innerhalb der Schutzfrist regelt der Mutterschutz außerdem Schutzvorschriften am Arbeitsplatz. So darf die schwangere Arbeitnehmerin beispielsweise nur eingeschränkte Arbeit im Stehen verrichten, keine Nachtarbeit
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oder Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen und Chemikalien verrichten und muss gegebenenfalls an einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden oder von ihrer Arbeit freigestellt werden (Frerich und Frey 1993b; Lampert und Althammer 2007). Dennoch kann das Mutterschutzgesetz als eine wichtige Grundlage familienpolitischer Innovationen gelten, als die seit den 1970er Jahren zunehmende Frauenerwerbstätigkeit und gleichzeitig sinkende Geburtenraten die Politik veranlassten, über eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachzudenken. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre sah sich die Bundesrepublik mit einem anhaltend dramatischen Rückgang der Geburtenraten, einer beginnenden Konjunkturflaute mit einhergehender Massenarbeitslosigkeit, sowie auf der anderen Seite einer ansteigenden Erwerbsbeteiligung von Müttern vor allem auch kleiner Kinder konfrontiert. Bei einer gleichzeitig ungenügenden Zahl öffentlicher Kinderbetreuungsangebote verschärften diese Entwicklungen für viele Frauen den Zielkonflikt zwischen der Kinderbetreuung einerseits und den Zeitanforderungen des Erwerbslebens andererseits. Angesichts der Belastung für Frauen durch die Doppelfunktion in Beruf und Familie nennt bereits der dritte Familienbericht (Sachverständigenkommission der Bundesregierung 1979) aus dem Jahr 1979 zwei wesentliche gesellschaftspolitische Maßnahmenbündel, die zur Entlastung beitragen könnten. Das erste Maßnahmenpaket konzentriert sich dabei auf eine Erleichterung des Übergangs von Erwerbsarbeit zu Familienaufgaben wie beispielsweise die Sicherung des Arbeitsplatzes für einen längeren Zeitraum nach der Geburt, ein die berufliche Freistellung begleitendes Erziehungsgeld, eine eigenständige soziale Sicherung der Frau, sowie Fort-, Weiter- und Wiedereingliederungsmaßnahmen nach einer Familienpause. Das zweite Maßnahmenpaket konzentriert sich dagegen auf die Erleichterung der Doppelfunktion selbst etwa durch die Förderung von Teilzeitarbeit und gleitenden Arbeitszeiten, die Anpassung der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen an die tatsächlichen Arbeitszeiten sowie die Förderung von Tagesmüttermodellen. Im Rahmen der familienpolitischen Diskussion wurde auch die Gefahr, dass Frauen in Zeiten eines schwachen Arbeitsmarktes wieder auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter verwiesen werden könnten, kritisch debattiert. So spricht ein Bericht des Bundesministers für Jugend (1984) davon, dass die chancengleiche Integration von Frauen in das Erwerbsleben und die Beteiligung und Mitverantwortung der Männer an den Familien- und Haushaltsaufgaben als Norm für die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens nicht mehr in Frage stehen, auch wenn die Realität von diesem Leitbild chancengleicher Lebensgestaltung weit entfernt ist. Außerdem sei zu befürchten, so der Bericht weiter, „dass die Arbeitslosigkeit dazu verleitet, einfach darauf zu verweisen, Familien sollten eben
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nur ein Mitglied zur Erwerbstätigkeit schicken, das andere – zumeist natürlich die Frau – könne sich unbelastet der Familientätigkeit widmen und damit seine alle Probleme gelöst. Familientätigkeit wird so plötzlich wieder ein von Politikern hochgelobter Tätigkeitsbereich, allerdings kaum aus einem besonderen Interesse für die Familie, sonder eher aus arbeitsmarktpolitischen Überlegungen“ (Bundesminister für Jugend 1984: 21). Und auch die Probleme der Wiedereingliederung von Frauen nach einer Erwerbsunterbrechung waren bekannt. Bei einer Befragung unter betroffenen Frauen wurden als Probleme vor allem fehlende Arbeitsplätze, fehlende Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten sowie unzureichende Kinderbetreuung genannt (Bundesminister für Jugend 1984). Vor dem Hintergrund dieser familienpolitischen Debatten kam es unter der sozial-liberalen Koalition 1979 mit der Einführung des Mutterschaftsurlaubs zunächst zu einer wesentlichen Verbesserung und Ausweitung des ursprünglichen Mutterschutzes (Meisel 1979; vgl. den Überblick in Tabelle 3.2 unten). Diese als Vorläufer der heutigen Elternzeit eingeführte Freistellungsmöglichkeit ging erstmals über eine rein gesundheitspolitisch motivierte Schutzfrist hinaus, sondern sollte erwerbstätige Mütter zeitlich befristet von ihrer Doppelbelastung befreien, indem ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, sich eine gewisse Zeit ausschließlich der Pflege ihres Kindes widmen zu können, ohne dafür gleichzeitig ihren Arbeitsplatz aufgeben zu müssen. Durch das Mutterschaftsurlaubsgesetz konnten sich Mütter im Anschluss an den Mutterschutz bei gleichzeitiger Weitergewährung des Mutterschaftsgeldes und fortbestehender Absicherung in den sozialen Sicherungssystemen für bis zu vier Monate von ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis freistellen lassen (Scheiwe 1993). Während der Zeit der Freistellung wurde das Nettogehalt durch ein Mutterschaftsgeld in Höhe von bis zu maximal 750 DM monatlich aus Bundesmitteln ersetzt. Ab 1984 wurde die Höhe des Mutterschaftsgelds während des Mutterschaftsurlaubs allerdings auf maximal 510 DM monatlich reduziert. Im Zuge der Einführung des Mutterschaftsurlaubs wurde zudem der Kündigungsschutz bei Mutterschaft auf bis zu zwei Monate nach Ende des Mutterschaftsurlaubs ausgeweitet. Die Neuregelung galt jedoch wie auch schon die ursprüngliche Mutterschutzgesetzgebung nur für leibliche Mütter, während Väter und Adoptiveltern weiterhin von entsprechenden Rechtsansprüchen ausgeschlossen waren. Nach Angaben der Bundesregierung (1981, 1986) hatten zwischen 1981 und 1985 etwa 51-55 Prozent aller Mütter aufgrund eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf Mutterschaftsurlaub (vgl. auch Tabelle 3.3 unten), und zwischen 90 bis 93 Prozent dieser Mütter haben den Mutterschaftsurlaub auch tatsächlich in Anspruch genommen. Dabei wurde die maximale Dauer des Mutterschaftsurlaubs in 96 Prozent aller Fälle komplett ausgeschöpft. Allerdings ist nur eine Minderheit von Müttern nach Ablauf der Freistellung
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durch den Mutterschaftsurlaub wieder in den Beruf zurückgekehrt. Im Jahr 1981 sind 33 Prozent der Mütter nach Ende des Mutterschaftsurlaubs wieder in ihren Beruf zurückgekehrt, bis zum Jahr 1984 ist die Rückkehrquote nach Ende des Mutterschaftsurlaubs auf immerhin 44 Prozent angestiegen. Rund die Hälfte der Mütter kehrt dabei nach der Erziehungsphase auf einen Teilzeitarbeitsplatz zurück. Angesichts der weiterhin niedrigen Geburtenraten, der weiter ansteigenden Arbeitslosigkeit, aber auch im Einklang mit einem eher traditionell ausgerichteten Familienbild und der weit verbreiteten Ansicht, dass Kleinkinder am besten durch die eigene Mutter betreut werden sollten, entschied sich die neu gewählte konservativ-liberale Regierung unter Helmut Kohl trotz kontroverser Debatten dafür, die angesichts einer unzureichenden Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen weiterhin bestehenden Vereinbarkeitsproblematik durch einen forcierten Ausbau der Freistellungsmöglichkeiten abzumildern. Mit der 1986 erfolgten Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes verfolgte die Bundesregierung nach eigener Aussage einerseits das Ziel, Eltern mehr Wahlfreiheit zwischen Familien- und Erwerbsarbeit zu verschaffen, sowie gleichzeitig die bestmögliche Betreuung von Kleinkindern sicher zu stellen (Bundesminister für Jugend 1989; Schiersmann 1991). In diesem größeren Rahmen sollten das neu eingeführte Erziehungsgeld sowie die Anrechnung von Erziehungsjahren in der Rentenversicherung auch Maßnahmen darstellen, durch welche die Familienarbeit als mit der Erwerbstätigkeit gleichwertige Aufgabe gesellschaftspolitisch anerkannt wurde.1 Mit diesem Argument wurde beispielsweise die Leistungsgewährung im Erziehungs-
1 Um die Erziehungsleistungen von Familien gesellschaftspolitisch stärker anzuerkennen, wurde gleichzeitig mit der Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes die Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt. Dabei wurden rückwirkend für Frauen der Geburtsjahrgänge ab 1921 bei Kinderbetreuung Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschrieben. Diese Anrechnungszeiten wurden aus dem Bundeshaushalt finanziert und beliefen sich anfangs auf ein Jahr pro Kind, das mit 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten angerechnet wurde. Nach dem Rentenreformgesetz erhöhte sich die angerechnete Beitragszeit für Geburten ab 1992 auf drei Jahre. Mit dem Rentenreformgesetz von 1999 wurden die Beitragssätze zudem auf 100 Prozent des Durchschnittsentgelts aller Versicherten erhöht, und eigene Rentenanwartschaften, die gleichzeitig durch sozialversicherungspflichtige Erwerbsarbeit erworben wurden, wurden erstmals kumulativ mit den Erziehungszeiten angerechnet (Dienel 2002; Pettinger 1999; Landenberger 1991; Bäcker et al. 2000; Scheiwe 1999). Allerdings lag diese Anerkennung der Erziehungszeiten in der Rentensicherung 1999 mit 40,49 DM je Kind und Jahr sehr niedrig und hat nur wenig zu einer Verbesserung der eigenen Rentenansprüche von Frauen geführt (Allmendinger et al. 1991; Hank 2004; Pfaff 1997; Landenberger 1991; Bäcker et al. 2000; Scheiwe 1999). Kritisch wird außerdem betrachtet, dass diese Leistungen eine Belastung des Rentenversicherungssystems mit systemfremden Leistungen darstellt, indem ihm ein Teil des Familienlastenausgleichs übertragen wird (Landenberger 1991).
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Tabelle 3.2: Entwicklung der gesetzlichen Ansprüche auf Erziehungsurlaub / Elternzeit Jahr
Gesetz
1979 (Juni) Mutterschutzgesetz (MuSchG)
Berufliche Freistellung
Transferzahlung während der Freistellung
Mutterschaftsurlaub 4 Monate im Anschluss an Mutterschutz (6. Lebensmonat des Kindes); Kündigungsschutz bis zu zwei Monate nach Ende des Mutterschutzes ausgeweitet
Mutterschaftsgeld Lohnersatz bis maximal 750 DM monatlich
1984
Lohnersatz auf maximal 510 DM monatlich begrenzt Erziehungsgeld Erziehungsurlaub 1986 Bundeserim Anschluss an den Mutterim Anschluss an den Mutterziehungsschutz bis zum 10. Lebensmonat schutz bis zum 10. Lebensmonat geldgesetz des Kindes Leistungshöhe 600 des Kindes; Rechtsanspruch für (BErzGG) Väter; Teilzeitbeschäftigung bis DM; ab dem 7. Lebensmonat zu 19 Stunden möglich einkommensabhängig 1988 Anspruchsdauer bis 12. Monat Anspruchsdauer bis 12. Monat 1989 (Juni) Anspruchsdauer bis 15. Monat Anspruchsdauer bis 15. Monat 1990 (Juni) Anspruchsdauer bis 18. Monat Anspruchsdauer bis 18. Monat 1992 Anspruchsdauer bis 36. Monat Anspruchsdauer bis 24. Monat 1995 Erziehungsgeldleistung ab dem ersten Monat einkommensabhängig; entfällt oberhalb der Einkommensgrenze ganz Anhebung der Einkommensgren2001 Elternzeit zen ab dem 7. Monat Anspruchsdauer bis zum 36. Lebensmonat, maximal 12 Mona- Budgetregel te alternativ auch zwischen 3.-8. Lebensjahr; Teilzeitbeschäftigung bis zu 30 Stunden möglich; gleichzeitige Inanspruchnahme beider Eltern möglich; Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit 2004 Absenkung der Einkommensgrenzen für die ersten sechs Lebensmonate Elterngeld 2007 BundeselLohnersatzleistung in Höhe von terngeld- und 67% des Nettolohns; AnspruchsElternzeitgedauer 12 Monate bzw. 14 Monate setz (BEEG) bei Inanspruchnahme durch beide Partner Quelle: Bundesregierung (1985); Bundesminister für Jugend (1989); Meisel und Sowka (1995); Bundesministerium für Familie (2001b); Winterfeld (1986); Wiegand (1986); Frerich und Frey (1993b), Bundesministerium für Familie (2005, 2008a)
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geldgesetz an zuvor nicht erwerbstätige Elternteile begründet. Zusätzlich sollten die spezifischen finanziellen Belastungen junger Familien und die steigenden Belastungen eines Alleinverdiener-Elternteils teilweise ausgeglichen werden. Echte Wahlfreiheit sah die Bundesregierung nur dann gegeben, wenn sich Eltern „zwischen tatsächlich gleichwertigen Möglichkeiten entscheiden“ können (Bundesminister für Jugend 1989: 24). Wahlfreiheit im Sinne der Bundesregierung wurde dabei allerdings maßgeblich als Wahl der Familientätigkeit und nicht als Wahl für eine gleichzeitige Vereinbarkeit von Familien- und Berufsaufgaben verstanden. Das Erziehungsgeld wurde deshalb als Transferleistung zur Unterhaltssicherung in der Erziehungsphase aufgefasst und dementsprechend nur gewährt, wenn einer der Elternteile nicht erwerbstätig war. Dabei wurde betont, dass der neu eingeführte Erziehungsurlaub sowohl von Mutter als auch vom Vater in Anspruch genommen werden kann, so dass dem ehelichen „Partnerschaftsprinzip“ Rechnung getragen und die Entscheidungsfreiheit der Eltern gewährleistet werden sollte. Neben der durch den Erziehungsurlaub geschaffenen Rückkehroption auf den früheren Arbeitsplatz wurde Eltern während des Erziehungsurlaubs zudem die Möglichkeit einer geringfügigen Erwerbsarbeit eingeräumt, um ihnen die Entscheidung für den zeitweiligen Verzicht auf die eigene Erwerbstätigkeit weiter zu erleichtern. Diese Teilzeitarbeit von „geringer Dauer“ wurde ermöglicht, da sie „zur Ausgeglichenheit des Elternteils beitragen und damit dem Wohle des Kindes dienen“, „die spätere Rückkehr in das Arbeits- und Berufsleben“ erleichtern, und damit insgesamt die Entscheidung für die Familienarbeit erleichtern sollte (Bundesminister für Jugend 1989: 23). Es war das erklärte Ziel der Bundesregierung, dass eine feste Bezugsperson die sich Ausschließlich um die Betreuung des Kleinkindes kümmert die Entwicklung des Kindes auf die bestmögliche Weise fördert. Dass Eltern ihre Kinder selbst erziehen wurde dabei sowohl als „humaner“ als auch als „ökonomisch vernünftiger“ angesehen (Bundesminister für Jugend 1989: 23). Gegen die Fremdbetreuung in einer Kinderbetreuungseinrichtung wurden sowohl die hohen Kosten für die Allgemeinheit als auch mögliche psychische und physische Folgeschäden beim Kind angeführt. Zudem weist die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes darauf hin, dass Entlastungseffekte auf dem Arbeitsmarkt durch Einstellung von Ersatzkräften der Unternehmen als möglicher positiver Nebeneffekt der Neuregelungen erwartet werden.2 Ebenso wurde ein positiver Einfluss auf die Geburtenentwick2 Berechnungen der Bundesregierung gingen dabei davon aus, dass der Arbeitsmarkt einerseits kurzfristig durch die vorübergehende Ausgliederung der vor Antritt des Erziehungsurlaubs erwerbstätigen Frauen entlastet würde. Diese Zahl belief sich 1987 auf 300.000 Frauen. Von den kurzfristig freiwerdenden Arbeitsplätzen nehmen nach einer Befragung unter betroffenen Betrieben etwa die
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik
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lung insgesamt, sowie auf die Entscheidung für ein Kind in einer Schwangerenkonfliktsituation nicht ausgeschlossen und ausdrücklich begrüßt (Bundesminister für Jugend 1989; Notz 1998; Pettinger 1999; Bundesregierung 1985). Bei seiner Einführung 1986 löste das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) dementsprechend alle bisherigen Bestimmungen des Mutterschaftsurlaubs ab (vgl. zum Folgenden Winterfeld 1986; Wiegand 1986; Bundesminister für Jugend 1989; Bundesregierung 1985). Nach dem BErzGG haben alle Personen, die ihren dauerhaften Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, und mit einem nach dem 31.12.1985 geborenen Kind, für das sie das Sorgerecht haben, in einem Haushalt leben und das Kind selbst betreuen und erziehen, Anspruch auf Erziehungsgeld. Im Unterschied zum Mutterschaftsgeld kommt die Transferzahlung nun damit auch Müttern zugute, die vor der Geburt nicht erwerbstätig oder selbständig waren. Der Anspruch auf Erziehungsgeld schließt zudem neben leiblichen Kindern erstmals auch Adoptiv- oder Stiefkinder mit ein. Im Fall eines nicht ehelich geborenen Kindes hat allerdings nur die Mutter, nicht aber der Vater einen Leistungsanspruch. Von dieser Ausnahme abgesehen kann das Erziehungsgeld sowohl von der Mutter als auch dem Vater beansprucht werden, wobei zu Beginn des Gesetzes ein einmaliger, ab 1992 ein dreimaliger Wechsel zwischen den Anspruchsberechtigten möglich war. War die Mutter vor der Geburt erwerbstätig und hat somit Anspruch auf Leistungen des Mutterschutzgesetzes, wird das Mutterschaftsgeld auf das Erziehungsgeld angerechnet. Entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf Erziehungsgeld ist dass während des Leistungsbezugs keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, die über einen Umfang von maximal 19 Wochenstunden hinausgeht. Das Bundeserziehungsgeld wurde zunächst vom Zeitpunkt der Geburt bis zum 10. Lebensmonat des Kindes ausgezahlt. In der Folgezeit wurde die Bezugsdauer des Erziehungsgeldes bis 1992 schrittweise auf 24 Monate erhöht, die unverändert bis zur Neuregelung des Erziehungsgeldes durch Einführung des
Hälfte der Betreibe Neueinstellungen vor (Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung 1991), wobei etwa die Hälfte dieser Ersatzkräfte auch nach der Rückkehr der Erziehungsurlauberin im Betrieb verbleiben konnten (Schiersmann 1998; Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung 1985). Zu einer langfristigen Entlastung des Arbeitsmarktes kommt es, wenn, wie ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen errechnete, nur die Hälfte der Frauen aus dem Erziehungsurlaub zurückkehren. Im Jahr 1987 hätte dieser Effekt 150.000 freien Arbeitsplätze entsprochen, um die der Arbeitsmarkt entlastet wurde (Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen 1989). Zudem vermindert sich durch den Erziehungsurlaub die registrierte Arbeitslosigkeit, wenn ein Teil der arbeitslos gemeldeten Frauen in den Erziehungsurlaub wechselt und damit aus der Arbeitslosenstatistik ausscheiden. 1987 rechnete die Bundesregierung mit einer Zahl von 50.000 Frauen im Erziehungsurlaub, die zuvor arbeitslos gemeldet waren (Landenberger 1991; Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung 1985).
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Bundeselterngeldes im Jahr 2007 Geltung hatten.3 Ergänzend zum Bundeserziehungsgeld gewähren einige Bundesländer, zuletzt Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Sachsen für weitere 6 bis 12 Monate im Anschluss an das Bundeserziehungsgeld ein zusätzliches Landeserziehungsgeld (Pettinger 1999). Das Bundeserziehungsgeld wurde dabei bei seiner Einführung bis zum 6. Monat in Höhe des Maximalbetrags von 600 DM monatlich gewährt, während es ab dem 7. Monat einkommensabhängig bemessen wurde. Die Höhe des Erziehungsgeldes wurde zwischen seiner Einführung im Jahr 1986 und der Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 allerdings nicht verändert. Dabei entsprach die Erziehungsgeldleistung von maximal 600 DM bei ihrer Einführung zunächst etwa 26 Prozent eines durchschnittlichen weiblichen Angestelltenlohns (Schiersmann 1991). Durch Inflation und Preisentwicklung ist der Geldwert seit seiner Einführung faktisch jedoch laufend gesunken (Budde 1998), und entsprach im Jahr 2000 nur noch etwa 70% der ursprünglichen Leistungshöhe. Die Jahreseinkommensgrenze, ab welcher die Transferleistung vom 7. Bezugsmonat an gemindert wurde, betrug bei Einführung des Erziehungsgelds für Ehepaare 29.400 DM (Bundesminister für Jugend 1989). Seit 1995 gelten auch für die ersten sechs Monate Einkommensgrenzen, die allerdings großzügiger ausfallen und bei 100.000 DM für Ehepaare und bei 75.000 DM für Alleinerziehende liegen. Liegt das Einkommen in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes über diesen Grenzen, entfällt für diesen Zeitraum allerdings das Erziehungsgeld ganz (Pettinger 1999; Meisel und Sowka 1995). Ähnlich wie im Falle der Leistungshöhe erfolgte bis zur Reform des Bundeserziehungsgeldgesetzes 2001 auch keine Anpassung der Einkommensgrenzen, wodurch sich der Personenkreis der anspruchsberechtigten Eltern immer weiter verkleinerte. Während 1986 noch 83,6 Prozent der Erziehungsgeldbezieherinnen auch nach dem siebten Bezugsmonat den Erziehungsgeldhöchstsatz erhielten, traf dies 1997 nur noch auf 48 Prozent der Leistungsbezieherinnen zu (Dienel 2002). In ähnlicher Weise haben nach Einführung der Einkommensabhängigkeit der Transferzahlung auch in den ersten sechs Monaten im Jahr 1997 zwar weiterhin 93 Prozent der Antragsteller Erziehungsgeld bezogen, unter ihnen haben aber nur rund 60 Prozent den Maximalbetrag erhalten (Pettinger 1999). Mit der Gesetzesänderung 2001 wurden die Bemessungsgrenzen ab dem siebten Lebensmonat auf 32.200 DM für Ehepaare mit einem Kind erhöht sich 3 Mit dem Elterngeld wurde 2007 erstmals eine familienpolitische Maßnahme eingeführt, bei der die Lohnersatzfunktion im Vordergrund stand (Bundesministerium für Familie 2008a). Mit dem Elterngeld werden Eltern im Rahmen der Elternzeit für insgesamt maximal 14 Monate 67 Prozent ihres vorherigen Erwerbseinkommens ersetzt. Zudem setzen die zwei zusätzlichen „Vätermonate“ erstmals starke finanzielle Anreize für eine Männerbeteiligung an der Betreuungsarbeit. Da die empirische Datenbasis dieser Arbeit nur die Jahre zwischen 1984 und 2004 umfasst, spielt die Neuregelung des Elterngelds für die vorliegende Analyse jedoch keine Rolle mehr.
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dabei und 26.400 DM für Alleinerziehende mit einem Kind angehoben (Bundesministerium für Familie 2001b). Für jedes weitere Kind erhöhen sich die Einkommensgrenzen zusätzlich um 4.880 DM, ab 2002 um 5.470 DM und ab 2003 um zusätzlich 6.140 DM. Gleichzeitig wurde die so genannte Budgetregelung eingeführt, nach der Eltern, die sich für eine Bezugsdauer des Erziehungsgelds von nur 12 statt 24 Monaten entschieden, einen erhöhten monatlichen Satz von maximal 900 DM erhalten konnten (Bundesministerium für Familie 2001b). In einem letzten Reformschritt wurden 2004 schließlich die Bemessungsgrenzen für die ersten sechs Bezugsmonate auf ein Jahreseinkommen von 30.000 Euro im Falle von verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Eltern bzw. 23.000 Euro für Alleinerziehende abgesenkt. Bei Überschreitung dieser Einkommensgrenzen entfällt das Erziehungsgeld in den ersten sechs Monaten komplett. Außerdem werden seit 2004 Entgeltersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Krankengeld für die Berechnung des Erziehungsgeldes als Einkommen angerechnet (Bundesministerium für Familie 2005). Die wichtigste Voraussetzung für den Bezug von Erziehungsgeld ist jedoch, dass sich der anspruchsberechtigte Elternteil während der Bezugsdauer des Erziehungsgelds vornehmlich um die Betreuung und Erziehung des Kindes kümmert und währenddessen keiner oder einer nur geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgeht (vgl. zum Folgenden Winterfeld 1986; Wiegand 1986; Bundesminister für Jugend 1989; Bundesregierung 1985). Um die Entscheidung zur Eigenbetreuung von Kindern für erwerbstätige Eltern zu erleichtern, wurde zeitgleich mit dem Bundeserziehungsgeldgesetz auch der Erziehungsurlaub neu eingeführt. Der Erziehungsurlaub regelt eine zeitlich befristete berufliche Freistellung, während der das bestehende Arbeitsverhältnis ruht und dadurch die Rückkehr ins Erwerbsleben offen gehalten wird. Anspruch auf Erziehungsurlaub haben alle Personen, die einen Anspruch auf Erziehungsgeld haben, einschließlich aller Eltern, an die aufgrund Überschreitens der Einkommensgrenzen kein Erziehungsgeld ausgezahlt wird. Mit dieser Regel wurde es anders als noch beim Mutterschaftsurlaub erstmals auch Vätern ermöglicht, Erziehungszeit für ihr Kind in Anspruch zu nehmen. Der Erziehungsurlaub konnte zum Zeitpunkt seiner Einführung zehn Monate im Anschluss an die Geburt in Anspruch genommen werden und wahlweise von Vater oder Mutter beansprucht werden (vgl. im Folgenden Budde 1998; Notz 1998; Krug 1998; Pettinger 1999). Dabei war gleichzeitig eine wechselnde Anspruchsphase zwischen Vater und Mutter möglich. Kern des Erziehungsurlaubs war die Ausweitung des Mutterschaftsurlaubs zu einem Bestands- und Kündigungsschutz des aktuellen Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Erziehungsurlaubs. Der Kündigungsschutz des BErzGG beginnt sechs Wochen vor
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Beginn des Erziehungsurlaubs und endet mit Ablauf des Erziehungsurlaubs. Gegenüber den Mutterschutz- und Mutterschaftsurlaubsregelungen ist die Schutzfrist damit allerdings um zwei Monate verkürzt worden, da diese ursprünglich um zwei Monate über die eigentliche Anspruchsdauer hinausging und damit auch die ersten Monate der Erwerbstätigkeit nach der Rückkehr auf den Arbeitsplatz abgedeckt hatte. Mit Einführung des BErzGG kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nun unter Einhaltung der Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes, also in der Regel mit dreimonatiger Kündigungsfrist zum Ende des Erziehungsurlaubs kündigen. In begrenzten Ausnahmefällen zum Beispiel bei dem Konkurs eines Arbeitgebers kann von der zuständigen obersten Landesbehörde des jeweiligen Bundeslandes eine Kündigung auch während den Schutzfristen für zulässig erklärt werden, womit die Kündigungsschutzregel des Erziehungsurlaubs keinen absoluten Schutz darstellt. Zusätzlich zum Kündigungsschutz gilt eine Beschäftigungsgarantie, bei der eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz nur unter arbeitsvertraglich gesondert geregelten Bedingungen möglich ist, und auch nur auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz erfolgen darf. Eine Umsetzung, die mit einer Schlechterstellung, insbesondere einem geringeren Entgelt verbunden wäre ist nicht zulässig. Für alle Frauen, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, gelten zudem weiterhin die Schutzfristen und die Mutterschaftsgeldregelungen des Mutterschutzgesetzes (vgl. im Folgenden Budde 1998; Notz 1998; Krug 1998; Pettinger 1999). Während des Beschäftigungsverbots entsteht kein Anspruch auf Erziehungsurlaub, dieser kann abzüglich der Mutterschutzfrist erst im Anschluss an den Mutterschutz in Anspruch genommen werden. Das Mutterschaftsgeld, das als Lohnfortzahlung von Krankenkasse und Arbeitgeber gezahlt wird, wird mit dem Erziehungsgeld verrechnet, so dass für die Zeit des Mutterschutzes meist kein zusätzliches Erziehungsgeld ausgezahlt wird. Gesetzlich Krankenversicherte sind während dem Erziehungsurlaub entweder beitragsfreie Mitglieder ihrer Krankenkasse oder werden über den Ehemann familienversichert. Nur privat Versicherte müssen während dem Erziehungsurlaub zusätzlich zu ihren eigenen Beiträgen auch den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung entrichten (Pettinger 1999). Die Erziehungsurlaubszeiten werden in der Arbeitslosenversicherung wie Erwerbszeiten behandelt, so dass für einen späteren Bezug von Arbeitslosengeld die Beitragszeiten, die vor oder während dem Erziehungsurlaub angesammelt wurden, ausschlaggebend sind (Bothfeld 2005). Während des Erziehungsurlaubs konnte zu Beginn der Erziehungsurlaubsregelung zudem gleichzeitig einer Teilzeitarbeit von unter 19 Wochenstunden beim selben Arbeitgeber nachgegangen werden. Der Arbeitgeber musste dem Wunsch nach Teilzeitarbeit aber nicht stattgeben. Seit 1994 kann bei Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Erziehungsurlaubs
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik
95
auch bei einem anderen Arbeitgeber erfolgen. Der bisherige Arbeitgeber kann dies bei entgegenstehenden betrieblichen Interessen allerdings verweigern (Scheiwe 1999). Nach der Einführung 1986 wurde das Bundeserziehungsgeldgesetz parallel zur Verlängerung der Bezugsdauer des Bundeserziehungsgeldes auch mehrfach hinsichtlich der Dauer des Erziehungsurlaubs verändert. Das Bundeserziehungsgeldgesetz von 1986 sollte nach dem Willen der damaligen Bundesregierung lediglich ein Einstieg in eine umfassendere familienpolitische Reform sein, bei der aufgrund der „Bedeutung der elterlichen Erziehung für die Entwicklung der Kinder“ die schrittweise Ausdehnung der Anspruchsdauer auf bis zu drei Jahren von vorneherein angestrebt wurde (Bundesminister für Jugend 1989). Durch eine Reihe anschließender Gesetzesnovellen wurde die Dauer des Erziehungsurlaubs 1988 auf 12 Monate, 1989 auf 15 Monate, und 1990 auf 18 Monate erweitert. Seit 1992 gilt schließlich unverändert ein Anspruch auf Erziehungsurlaub bis zum dritten Geburtstag des Kindes. Dieser Maximalanspruch gilt separat für jedes Kind, so dass im Falle einer weiteren Geburt während des Erziehungsurlaubs ein neuer Erziehungsurlaubsanspruch beginnt (Meisel und Sowka 1995). 2001 wurde das Bundeserziehungsgeldgesetz unter der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder grundlegenden Reformen unterzogen, wobei insbesondere der Erziehungsurlaub neu geregelt wurde (vgl. hierzu im Folgenden Bundesministerium für Familie 2001b; Dienel 2002). Nach der Gesetzesänderung konnten Eltern die neu benannte Elternzeit nun wahlweise ganz oder zeitweise gleichzeitig in Anspruch nehmen. Während der Elternzeit ist es seither auch möglich, gleichzeitig bis zu 30 Wochenstunden Teilzeit zu arbeiten. Nehmen beide Eltern zur selben Zeit Elternzeit, können sie also gleichzeitig bis zu 60 Stunden arbeiten, womit erstmalig die gemeinsame Betreuung und Erziehung der Kinder durch beide Eltern einen rechtlichen Rahmen bekam. Auf die Reduzierung der Arbeitszeit besteht nunmehr in allen Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern ein Rechtsanspruch, sofern nicht dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen und der Arbeitnehmer bereits mindestens sechs Monate im Betrieb beschäftigt ist. Durch den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit sollten zum einen Väter explizit dazu ermutigt werden, die Elternzeit tatsächlich in Anspruch zu nehmen, zum anderen sollte es dadurch Müttern erleichtert werden, den Kontakt zum bisherigen Arbeitsplatz aufrechtzuerhalten. Schließlich kann seit 2001 mit Zustimmung des Arbeitgebers ein Jahr der Elternzeit auch über den 3. Geburtstag des Kindes hinaus verschoben werden und erst zwischen dem 3. und 8. Geburtstag des Kindes beansprucht werden. Keinen Anspruch auf Erziehungsurlaub nach dem BErzGG haben Beamte, Richter und Soldaten, die Erziehungsurlaubsverordnung (ErzUrlv) räumt ihnen aber einen vergleichbaren Sonderurlaubsanspruch ein (vgl. im Folgenden
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Schiersmann 1991; Kurz 1998; Wendt und Maucher 2000; Battis 1997). Beamten und Richter haben seit 1969 mit dem Beamtenrahmengesetz sowie dem 6. Gesetz zur Änderung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften die Möglichkeit die Arbeitszeit zu reduzieren oder sich langfristig ohne Dienstbezüge beurlauben zu lassen. Der Anspruch war zunächst auf Frauen beschränkt, kann mittlerweile aber auch von Männern wahrgenommen werden. Der Zeitrahmen betrug anfangs 12 Jahre und ist seit 1984 auf 18, in Ausnahmefällen auf 20 Jahre ausgeweitet worden. Dabei bezieht sich die Anspruchsvoraussetzung nicht ausschließlich auf die Betreuung von Kleinkindern, sondern kann sowohl wegen einem im Haushalt lebenden Kind unter 18 Jahren als auch aufgrund einer pflegebedürftigen Person im Haushalt beansprucht werden. Dabei besteht ein Rückkehranspruch auf einen gleichwertigen, jedoch nicht unbedingt den früheren Arbeitsplatz. Außerdem besteht innerhalb dieser Fristen die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf bis zu die Hälfte der Regelarbeitszeit zu reduzieren.4 Wie Tabelle 3.3 zeigt, wurde mit der Einführung des BErzGG durch Einbeziehung nicht erwerbstätiger Mütter der Kreis der Anspruchsberechtigten deutlich erweitert. Betrafen die Regelungen des Mutterschaftsurlaubs in den Jahren 1979 bis 1985 nur zwischen 51-55 Prozent der Mütter, so wurden ab 1986 für durchschnittlich etwa 95 Prozent der Geburten Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bezogen. Dabei ist der Anteil der Leistungsempfängerinnen an allen Geburten von anfangs 97 Prozent über die Zeit leicht auf 93,2 Prozent gesunken. Gleichzeitig unterschätzt die amtliche Statistik zum Erziehungsgeld noch den Anteil der Eltern, die zwar im Erziehungsurlaub sind, aber keinen Antrag auf Erziehungsgeld gestellt haben, weil ihr Einkommen über den Einkommensgrenzen liegt (Engelbrech und Reinberg 1998). Da die Einkommensgrenzen nie an die Preisentwicklung angepasst wurden, und ab 1995 auch für den Leistungsbezug in den ersten sechs Monaten nach der Geburt eingeführt wurden, dürfte der Anteil der untererfassten Eltern zudem über die Zeit angestiegen sein.
4 Außerdem wird der gesetzliche Erziehungsurlaub durch Sonderabsprachen in Branchentarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen großer Firmen teilweise zusätzlich ausgeweitet (vgl. im Folgenden Pettinger 1999; Schiersmann 1991). So besteht im öffentlichen Dienst mit Einverständnis des Arbeitgebers beispielsweise die Möglichkeit einer zusätzlichen Freistellung zur Kinderbetreuung oder Pflege von Familienangehörigen von bis zu fünf Jahren, die einmalig um weitere fünf Jahre verlängert werden kann. Darüber hinaus bestehen in sechs Branchen zusätzliche Branchentarifverträge, die eine über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Freistellung zur Kinderbetreuung zwischen 6 Monaten und 2 Jahren ermöglichen. Auch große Firmen haben oft zusätzliche Freistellungsregeln von 1 bis 4 Jahren, wobei die Bedingungen stark variieren und den Bedürfnissen der jeweiligen Firma angepasst sind. All diesen Sondervereinbarungen ist gemeinsam dass die Rückkehrbedingungen und die Beschäftigungsgarantie sehr viel vager gehalten ist als bei den Regelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes.
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik Tabelle 3.3: Inanspruchnahme 1981-2004
von
Mutterschafts-
Erziehungsgeldempfänger1 Jahr
1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
insgesamt
320.617 321.804 301.907 274.998 270.100 521.400 613.995 639.934 649.796 680.897 789.703 769.685 703.386 788.562 723.477 725.468 751.245 732.372 715.287 703.123 650.000670.000² 653.365 647.031 432.494³
Inanspruchnahme in % der Mütter
Männeranteil in %
und
97 Erziehungsgeld,
davon abhängig Beschäftigte insgesamt in %
im Erzieim Erziehungsurlaub hungsurlaub Frauen Männer mit Teilzeit
mit Teilzeit
55,3 55,6 52,6 50,9 51,4 83,3 97,0 95,6 96,5 95,2 96,5 96,7 90,4 103,8 95,9 92,5 93,9 94,8 94,3 93,2 90-92
1,4 1,1 1,1 1,2 1,0 1,0 1,0 1,3 1,5 1,7 2,3 2,5 2,7 2,7 2,6 2,1
100 100 100 100 100 k.A. 44,7 45,1 46,5 46,3 53,3 53,9 54,7 54,6 57,0 58,1 57,3 56,8 57,1 k.A. k.A.
k.A. 2,6 2,2 2,5 3,2 3,2 3,4 3,7 3,9 3,9 3,4 3,5 3,9 3,9 k.A. k.A.
k.A. 9,5 10,1 10,4 13,2 13,1 14,4 14,1 14,8 14,8 15,5 15,0 15,2 15,7 k.A. k.A.
92,4 93,1 61,3
2,2 2,6 2,8
55,8 56,0 49,9
k.A. 8,1 5,2
k.A. 36,3 36,9
Anmerkung: ab 1995 nur Erstanträge; 1 vor 1986: Mutterschutzgeldempfängerinnen; ² auf Grund der Novelle 2001 nur Schätzungen bezüglich des Erstantrags möglich; ³ Teilerfassung. Quelle: Bundesministerium für Familie (2001a); Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (2003); Statistisches Bundesamt (div. Jahrgänge-b)
Insgesamt ist mit der Einführung des Erziehungsurlaubs der Anteil von Frauen, die sich im Mutterschutz oder im Erziehungsurlaub befanden, an allen erwerbstätigen Frauen auf 6 Prozent angestiegen (Engelbrech und Reinberg 1998). Der Anteil der bis zur Geburt erwerbstätiger Mütter hat dabei im Lauf der Zeit ebenfalls zugenommen (vgl. Tabelle 3.3). Standen noch 1987 nur 45 Prozent der Empfängerinnen von Erziehungsgeld in einem Beschäftigungsverhält-
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
nis, so lag der Anteil zuvor erwerbstätiger Mütter im Jahr 2003 bereits bei 56 Prozent. Andererseits ist der Anteil der verheirateten Frauen mit Kleinkindern an allen Beschäftigten seit 1986 rückläufig (Engelbrech und Reinberg 1998), und auch der Anteil der der Erziehungsgeldempfängerinnen, die während dem Erziehungsurlaub gleichzeitig einer Teilzeitarbeit nachgehen, ist sehr gering (vgl. Tabelle 3.3). Die Möglichkeit der Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung während dem Erziehungsurlaub wurde dabei beispielsweise 1997 während des ersten Jahres des Erziehungsurlaubs nur von 3,5 Prozent und auch im zweiten Jahr des Erziehungsurlaubs nur von 6,5 Prozent der Mütter genutzt (Pettinger 1999; vgl. auch Tabelle 3.3). In diesen Zahlen sind allerdings die Frauen untererfasst, die während des Erziehungsurlaubs einer lediglich geringfügigen Beschäftigung nachgehen, und deren Anteil nach einem Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (1989) Ende der 1980er Jahre bei ungefähr einem Viertel der Mütter lag. Allerdings liegt auch der Anteil der Frauen, die direkt nach dem Erziehungsurlaub wieder in ihren Beruf zurückkehren und somit effektiv die Arbeitsplatzgarantie der gesetzlichen Regelungen nutzen, nur bei ungefähr 50 Prozent. Zudem arbeiten fast doppelt so viele Berufsrückkehrerinnen in Teilzeit- wie in Vollzeittätigkeiten (Dienel 2002). Dabei zeigen Untersuchungen auch, dass der Wiedereintritt in den Beruf trotz der Regelungen des Erziehungsurlaubs mit Problemen behaftet ist. So macht ein Teil der Arbeitgeber von der Möglichkeit Gebrauch, das Arbeitsverhältnis zum Ende des Erziehungsurlaubs zu kündigen. Nach Befragungsdaten aus den Jahren 1997 bis 2000 waren davon etwa 8 Prozent der Frauen in Westdeutschland und 18 Prozent der Frauen in Ostdeutschland im Erziehungsurlaub betroffen (Beckmann und Kurtz 2001). Im Anschluss an den Erziehungsurlaub sind deshalb etwa sechs Prozent der Mütter mit Kindern im Kindergartenalter arbeitssuchend, so dass die Arbeitslosenquote dieser Gruppe mit insgesamt 12 Prozent über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. Außerdem geben in Befragungen mehr als die Hälfte der nicht berufstätigen und nicht arbeitssuchenden Mütter mit Kindern im Kindergartenalter an, gerne berufstätig sein zu wollen (Engelbrech und Reinberg 1998). Ebenso zeigen die Daten aus Tabelle 3.3, dass der Anreiz für Männer, in den Erziehungsurlaub zu gehen, auch nach Einführung des BErzGG weiterhin sehr gering ist. Der Anteil der männlichen Empfänger des Erziehungsgelds lag 1987 bei nur 1,1 Prozent, und auch fast zwanzig Jahre später hat sich die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung bei einem Männeranteil von unter 3 Prozent kaum verändert. Ebenso wird nur selten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anspruch auf Erziehungsurlaub zwischen den Elternteilen aufzuteilen (Pettinger 1999). Faktisch ist der Erziehungsurlaub in der Bundesrepublik damit ein Mutterschaftsurlaub geblieben. In einer Studie im Auftrag des Bundesminis-
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik
99
teriums zu Vätern im Erziehungsurlaub geben 75 Prozent der Väter an, aus finanziellen Gründen und aufgrund des Wegfalls des größeren Teils des Familieneinkommens den Erziehungsurlaub nicht in Anspruch zu nehmen (Vaskovics und Rost 1999). Als weitere Gründe werden Arbeitsplatz- und berufsbedingte Sorgen genannt, und ein großer Teil der Väter befürchtete Probleme bei der Rückkehr auf den Arbeitsplatz, Karrierenachteile sowie negative Reaktionen des Arbeitgebers und von Kollegen. Unter den Männern, die trotzdem Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, ist ein auffallend großer Anteil von über 70 Prozent zuvor arbeitslos gewesen (Schiersmann 1991). Gleichzeitig lag der Anteil der Väter, die während des Erziehungsurlaubs einer Teilzeittätigkeit nachgehen, mit etwa 15 Prozent deutlich höher als unter den Müttern. Förderung der außerhäuslichen Betreuung von Kindern Neben der großzügigen Gewährung von Erwerbsfreistellungen für Eltern zeichnet sich die deutsche Familienpolitik allerdings seit Jahrzehnten durch eine nur zögerliche Förderung der außerhäuslichen Betreuung von Kindern aus (Frerich und Frey 1993b; OECD 1996; De Henau et al. 2006). Im Deutschland der Nachkriegszeit wurde die Betreuung und Erziehung von Kindern sowohl als Recht als auch als Pflicht der Familie angesehen, wobei der Staat nicht zuletzt aufgrund der historischen Erfahrung des Dritten Reichs nur eine untergeordnete Rolle zu spielen hat. Erst allmählich setzte sich mit sinkender Zahl von Geschwistern und Großfamilien die pädagogische Einsicht durch, dass der Kontakt von Kindern mit Gleichaltrigen die kindliche Entwicklung befördert. In Deutschland fällt die Verantwortung der Errichtung und Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen (vgl. im Folgenden Kreyenfeld et al. 2002; Dienel 2002). Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bestimmt dabei lediglich das Betreuungsangebot und legt bundeseinheitliche Rahmenbedingungen fest. Die Ausführungsgesetzgebung liegt hingegen bei den Bundesländern, die Bau- und die Betriebskosten werden dabei unter Gewährung von Landeszuschüssen von den Kommunen finanziert und die Planungsaufgaben liegen bei den kommunalen Jugendämtern. Ein Teil der Betreuungseinrichtungen werden von den Kommunen selbst gebaut und unterhalten, den anderen Teil stellen freie Träger wie Kirchen und Wohlfahrtsverbänden mithilfe kommunaler Subventionen bereit. Dabei beträgt der Anteil der Betreuungsplätze, die von freien Trägern unterhalten werden, ungefähr 50 Prozent aller Kinderbetreuungsplätze (Kreyenfeld und Hank 2000). Kennzeichnend für das Angebot öffentlicher Kinderbetreuung in der Bundesrepublik ist die Bedeutung der Kindergärten, die die vorschulische Betreuung
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
von drei- bis sechsjährigen Kindern leisten. Wie Tabelle 3.4 zeigt, stand Mitte der 1960er Jahren nur für etwa jedes dritte Kind in dieser Altersgruppe ein Kindergartenplatz zur Verfügung. Wobei es sich bei diesen Betreuungsplätzen überwiegend nur um Halbtagsbetreuung handelte. Im Zuge der Bildungsexpansion wurden Kindergärten als Einrichtungen erkannt, die die Bildungsressourcen in Deutschland besser ausschöpfen sollten um die internationale Konkurrenzfähigkeit Deutschlands sicher zu stellen (vgl. im Folgenden Kuller 2004). Mit der gleichzeitigen gesteigerten Nachfrage nach Kinderbetreuungsangeboten Anfang der 1970er Jahre ausgelöst durch die immer weiter ansteigende Frauenerwerbsbeteiligung, einigte sich eine Bund-Länder-Kommission auf Initiative der damaligen Bundesregierung auf den Ausbau der öffentlichen Kindergartenplätze. Im Anschluss verdoppelte sich die Versorgungsquote mit Kindergartenplätzen von 32 Prozent im Jahr 1965 auf über 65 Prozent im Jahr 1975. Die Zahl der Kinderbetreuungseinrichtungen stieg dabei um über 50 Prozent an und die Gesamtzahl der Betreuungsplätze steigerte sich von rund 950 000 Plätze auf fast 1,5 Millionen, so dass 1975 für jedes zweite Kind ein Kindergartenplatz zur Verfügung stand (Kuller 2004). Der weitere Anstieg in den Versorgungsquoten auf beinahe 80 Prozent im Jahr 1980 geht jedoch auf die rapide sinkenden Geburtenzahlen zurück, die dazu führten, dass die Zahl der Kinder im Kindergartenalter zwischen 1975 um 1981 fast um eine Million absank, so dass sich die Angebotsrelation ohne gleichzeitigen weiteren Ausbau der Betreuungsplätze entsprechend deutlich verbesserte (Bundesminister für Jugend 1984). Obwohl der Ausbau der öffentlichen Kindergärten auch eine stärkere Förderung der außerhäuslichen Betreuung von Kindern signalisierte, blieb die öffentliche Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren eine Randerscheinung. Dabei wurde auf Initiative der damaligen SPD-FDP Regierung zwischen 1974 und 1979 das so genannte Tagesmütter-Modell erprobt, das einen Mittelweg zwischen Familien- und Fremdbetreuung von Kleinkindern darstellte (Arbeitsgruppe Tagesmütter 1977, 1980). Dabei betreute jeweils eine vom zuständigen Jugendamt oder einem freien Träger angestellte und bezahlte zuvor in einem Seminar geschulte Tagesmutter bis zu drei Kinder unter vier Jahren in ihrer eigenen Wohnung. Allerdings blieb das Projekt auf 250 Kinder die von insgesamt 167 Tagesmüttern betreut wurden recht begrenzt. Obwohl Begleitforschungen keinerlei Nachteile der so betreuten Kinder gegenüber in der eigenen Familie betreuten Kindern feststellen konnte wurde das Modellprojekt sowohl von den Oppositionsparteien als auch in der Öffentlichkeit stark kritisiert und schließlich nach dem Regierungswechsel 1983 von der neu gewählten CDU-FDP Regierung aus Sorge um kindliche Folgeschäden eingestellt (Arbeitsgruppe Tagesmütter 1980; Bundesministerium für Familie 2006a; Dienel 2002).
3.2 Die Entwicklung der Familienpolitik in der Bundesrepublik
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Tabelle 3.4: Versorgungsquoten öffentlicher Kinderbetreuungsangebote, 19652002 Kinderkrippenplätze 0-2 Jahre Alte BunNeue Bundesländer desländer 1965 1970 1975 1980 1986 1990 1991 1994 1998 2002
0,6 0,6 1,3 1,5 1,6 1,8 2,2 2,8 2,7
54,2 41,3 36,3 37,0
Kindergartenplätze 3-6 Jahre Alte BunNeue Bundesländer desländer 31,8 38,5 65,5 78,0 79,0 79,9 85,2 87,0 88,1
114,3 116,8 132,0 105,1
Kinderhortplätze 6-12 Jahre Alte BunNeue Bundesländer desländer 2,1 1,8 2,1 3,9 4,4 5,0 5,1 6,1 7,3
50,1 59,7 68,3 68,5
Anmerkung: Versorgungsquote berechnet als Anteil der Plätze in der jeweiligen Platzkategorie pro 100 Kinder in der entsprechenden Altersgruppe. Quellen: Bertram et al. (1993); Bauereiß et al (1997); Statistisches Bundesamt: Fachserie 16, Reihe 6.3.1.
Dementsprechend hat sich seither die Versorgungslage für Kleinkinder unter drei Jahre in Westdeutschland kaum verändert, so dass Kleinkindbetreuung im Angebot der öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen kaum eine Rolle spielt. Während 1970 für 0,6 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Krippenplatz zur Verfügung stand, waren es 1986 1,6 Prozent und auch bis ins Jahr 2002 ist die Versorgungsquote nur auf 2,7 Prozent angestiegen (vgl. Tabelle 3.4 oben). Dabei zeigt sich, dass die öffentlich geförderte Betreuung von Kleinkindern in Westdeutschland nach wie vor eine Randerscheinung darstellt (Büchel und Spieß 2002), bei der das Betreuungsangebot in keiner Weise mit der steigenden Müttererwerbstätigkeit und Betreuungsnachfrage mit gewachsen ist (Wrohlich 2005, 2006). Tatsächlich räumt die Bundesregierung erst in ihrer Stellungnahme zum siebten Familienbericht 2006 ein, dass „von einer qualitativ hochwertigen frühzeitigen und individuellen Förderung durch passende Betreuungsangeboten … sowohl positive Effekte für die Entwicklung der Kinder als auch für die Lebensplanung von Eltern durch bessere Bedingungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ausgehen (Bundesministerium für Familie 2006a: XXVI). Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 wurde von der Bundesregierung deshalb im so genannten Tagesbetreuungsausbaugesetz der Ausbau eines bedarfsgerechten Angebots an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren beschlossen. Gleichzeitig wird
102
3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
auch der Ausbau von Betreuungsplätzen bei Tagesmüttern wieder als positiv und förderungswürdig angesehen. Im Vergleich dazu erfolgte der Ausbau der Kindergartenbetreuung wesentlich zügiger. Bereits in den 1990er Jahren wurde die Vollversorgung mit Kindergartenplätzen angestrebt, und seit 1999 besteht bundesweit ab dem vollendeten dritten Lebensjahr ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz (Dienel 2002). Allerdings bezieht sich dieser Rechtsanspruch nur auf eine Halbtagsbetreuung von vier Stunden am Tag, und war bislang noch nicht ausreichend, um eine Vollversorgung mit Kindergartenplätzen sicher zu stellen. Nachdem die Versorgungsquote mit Kindergartenplätzen 1990 in Westdeutschland bereits einen Stand von etwa 80 Prozent erreicht hatte, ist auch nach Einführung des bundesweiten Rechtsanspruchs bis ins Jahr 2002 nur eine Erhöhung der Versorgungsquote auf 88 Prozent zu beobachten gewesen, so dass die öffentlichen Kinderbetreuungsangebote immer noch keine Vollversorgung für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren erreichen. Vergleichsweise problematisch ist die Betreuungssituation auch für Grundschulkinder, wobei in Westdeutschland nur für eine kleine Minderheit von etwa 5-7 Prozent der Kinder Hortplätze zur Verfügung stehen (vgl. Tabelle 3.5 und Tabelle 3.6). Gleichzeitig erschweren die weithin vorherrschende Form der Halbtagsschule, tageweise und irregulär schwankende Unterrichtszeiten, häufiger Stundenausfall und lange Ferien Eltern die Planbarkeit der Kinderbetreuung und schränken die Verfügbarkeit zumindest eines Elternteils für den Arbeitsmarkt deutlich ein (Bäcker et al. 2000; Schiersmann 1991; Scheiwe 1999). Konzepte zur Einführung von Ganztagschulen, Schulmittagessen oder schulischer Hausaufgabenbetreuung gewinnen erst langsam an Popularität und werden im Zuge der entsprechenden Initiative der rot-grünen Bundesregierung erst allmählich ausgebaut. Hinzu kommt, dass sich aufgrund der dezentralen Planungsverantwortung das öffentliche Kinderbetreuungsangebot in Deutschland durch starke regionale Unterschiede in der Angebotsstruktur wie im Angebotsumfang auszeichnet (Kreyenfeld et al. 2002; Spieß und Büchel 2003; Kreyenfeld und Hank 2000; vgl. Tabelle 3.5). Besonders deutlich sind die Unterschiede selbstverständlich zwischen West- und Ostdeutschland, wo auch nach der Wiedervereinigung ein Großteil der zu DDR-Zeiten flächendeckend geschaffenen Betreuungsinfrastruktur erhalten blieb. So sind die Versorgungsquoten öffentlicher Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahre sowie für Kinder im Grundschulalter in den neuen Bundesländern Deutschlands ungefähr zehnmal so hoch wie in den westlichen Bundesländern. Und obwohl nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Bundesländern Betreuungsplätze abgebaut wurden, standen hier im Jahr 2002 für 37 Prozent der Kinder unter drei Jahren, für 105 Prozent der Kinder im
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Kindergartenalter und für 69 Prozent der Kinder im Grundschulalter ein Betreuungsplatz in einer öffentlichen Einrichtung zur Verfügung. Große Angebotsunterschiede finden sich auch zwischen einzelnen Bundesländern, und insbesondere zwischen Flächenländern und Stadtstaaten (Deutsches Jugendinstitut 2002; 2005; vgl. Tabelle 3.5). Dabei sind die Versorgungsquoten vor allem in der Kleinkindbetreuung für Kinder unter drei Jahren sowie bei Hortplätzen für Kinder im Schulalter in den Stadtstaaten deutlich höher als in den westlichen Flächenstaaten. Kinderkrippen sind in den alten Bundesländern geographisch beinahe ausschließlich auf drei Großstädte konzentriert. Hamburg, Bremen und Berlin stellten 2002 für 10 bis 36 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz zur Verfügung, in allen anderen westlichen Flächenländern betrug die Versorgungsquote nur 2,4 Prozent der Kinder, und in Bayern oder Nordrhein-Westfalen sogar nur für ungefähr 2 Prozent. Zudem ist der Zugang zu diesen wenigen Krippenplätzen meist stark selektiv geregelt, und wird für Notfälle wie Alleinerziehende oder Fälle in den ökonomische Gründe die beide Eltern zur Erwerbstätigkeit zwingen vorgehalten (Pettinger 1999; Bundesministerium für Familie 2006b). Ähnlich stark heben sich die Stadtstaaten in der Versorgungsquote für Hortplätze aus dem Angebot der übrigen westlichen Bundesländer hervor. Berlin kann 60 Prozent der Kinder im Schulalter mit Hortplätzen versorgen, in Bremen sind es 18 Prozent und in Hamburg 25 Prozent, während alle anderen westlichen Tabelle 3.5: Versorgungsquote öffentlicher Betreuungsangebote nach Bundesländern, Stand 2002 Kinderkrippe
Kindergarten
Kinderhort
Baden-Württemberg Bayern Berlin (gesamt) Bremen Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Schleswig-Holstein
2,3 2,1 35,8 10,0 13,1 3,7 2,3 2,1 2,7 4,8 2,6
103,7 87,5 90,0 96,8 73,8 94,0 83,0 84,6 105,7 101,2 82,1
4,8 7,1 59,2 18,3 24,9 9,9 4,5 6,4 4,7 6,5 5,5
westliche Flächenländer östliche Flächenländer Stadtstaaten
2,4 37,0 25,8
90,6 105,1 84,0
6,0 67,6 43,1
Anmerkung: Versorgungsquote berechnet als Anteil der Plätze in der jeweiligen Platzkategorie pro 100 Kinder in der entsprechenden Altersgruppe. Quelle: Deutsches Jugendinstitut (2002, 2005); Statistisches Bundesamt (div. Jahrgänge-a)
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Flächenländer im Durchschnitt nur auf eine Versorgungsquote von 6 Prozent kommen. Weniger eindeutig ist die Tendenz zwischen Stadtstaaten und Flächenländern bei den Kindergärten, da hier insbesondere Hamburg mit einer Versorgungsquote von nur 74 Prozent deutlich hinter anderen westlichen Bundesländern zurückbleibt, die im Durchschnitt eine Versorgungsquote von ungefähr 91 Prozent erreichen. Analog zur Variation zwischen Stadtstaaten und Flächenländern fallen auch die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen aus, wobei auch in diesem Fall der Unterschied besonders bei Krippen- und Hortplätzen stark ausgeprägt ist. So beträgt die Versorgungsquoten mit Krippenplätzen in westdeutschen Kreisen mit einer Bevölkerungsdichte unter 500 Einwohnern pro Quadratmeter nur die Hälfte der entsprechenden Versorgungsquote von Kreisen mit mehr als 500 Einwohnern (Kreyenfeld und Hank 2000; Deutsches Jugendinstitut 2005). Neben dem oft ungenügenden Platzangebot lassen sich zudem die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen oft nicht mit den Arbeitszeitanforderungen erwerbstätiger Eltern vereinbaren. Vor allem in den westlichen Flächenländern ist das Angebot an Ganztagsbetreuungsplätzen und Mittagsverpflegung gering. Wie die Daten aus Tabelle 3.6 zeigen, sehen in den westlichen Flächenländern über 75 Prozent aller Kindergartenplätze nur eine Halbtagsbetreuung der Kinder vor. Dabei sind Öffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr beziehungsweise von 12 bis 16 Uhr die Regel und damit auf eine Weise standardisiert, die sogar eine Teilzeiterwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils erschweren (Bundesministerium für Familie 2006a). Auch in diesem Fall zeigt sich wieder, dass die Versorgung mit Ganztagsplätzen starke regionale Unterschiede aufweist und in den östlichen Flächenländern sowie den Stadtstaaten weit besser ausgebaut ist. Zum Teil ergeben sich diese regionalen Unterschiede auch aus der kommunalen Zuständigkeit für die Errichtung und Finanzierung von KinderbetreuungsTabelle 3.6: Verfügbares Platzangebot in öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen zur Ganztagsbetreuung mit Mittagessen, Stand 2002 Kinderkrippe
Kindergarten
V
G
V
Westl. Flächenländer
1,74
72,4
21,4
23,6
5,0
83,0
Östliche Flächenländer
36,2
97,8
103,1
98,1
49,9
73,8
Stadtstaaten
23,5
91,2
36,8
75,9
38,4
89,0
G
Kinderhort V
G
Anmerkungen: V - Versorgungsquote (Anteil der Plätze in der jeweiligen Platzkategorie pro 100 Kinder in der entsprechenden Altersgruppe); G - Anteil an Ganztagsplätzen an allen Plätzen in der entsprechenden Platzkategorie. Quelle: Statistisches Bundesamt (div. Jahrgänge-a); Deutsches Jugendinstitut (2005); eigene Berechnungen
3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich
105
einrichtungen. Nach einer Erhebung in Nordrhein-Westfalen Anfang der 1990er Jahre entstehen bei der Neuschaffung eines städtischen Kindergartenplatzes etwa Kosten von 18.000 DM für einen Krippenplatz sogar mehr als das doppelte. Außerdem entstehen für einen halbtags Kindergartenplatz jährliche Betriebskosten von 4.500 DM für einen Ganztagsplatz 6.700 DM und für einen Krippenplatz werden jährliche Betriebsmittel von 16.000 DM benötigt (Sachverständigenkommission der Bundesregierung 1994). Ungefähr 90 Prozent dieser Kosten werden von den Gemeinden getragen, die Elternbeiträge fallen in Deutschland hingegen eher gering aus und decken nur ungefähr 10-20 Prozent der Unterhaltskosten. Die Höhe der Elternbeiträge wird dabei entweder vom Bundesland oder der Kommune festgelegt, sie ist aber in jedem Fall einkommensabhängig und nach Betreuungszeit gestaffelt. Nach einer Berechnung mit Daten des Sozioökonomischen Panels beliefen sich die Elternbeiträge in Westdeutschland für einen Ganztagsplatz in einer Kinderkrippe auf durchschnittlich 218 Euro im Monat für einen ganztägigen Kindergartenplatz waren es mit 103 Euro rund die Hälfte (Wrohlich 2005). Gleichzeitig ist anzumerken, dass die staatliche Regulierung der Betreuungseinrichtungen einerseits bei typischerweise geringen Elternbeiträgen für eine hohe Qualitätssicherung und Verlässlichkeit der Einrichtungen sorgt, andererseits auch das Entstehen eines privaten Betreuungsmarktes verhindert (Kreyenfeld und Hank 2000; OECD 1996). Hohe Auflagen an private Anbieter bezüglich der Räumlichkeiten und der Qualifikation der Betreuerinnen, die Abhängigkeit von einer Zulassung durch die zuständigen Jugendämter sowie die Verweigerung staatlicher Subventionen, wie sie beispielsweise freien Trägern gewährt werden, verhindern das Entstehen eines privaten Betreuungsmarktes in Deutschland weitgehend. Ohne staatliche Subventionen und bei gleichzeitig hohen Auflagen sind private Anbieter auf vergleichsweise hohe Elternbeiträge angewiesen, wodurch der private Markt für Betreuungseinrichtungen im Unterschied zu anderen Ländern auf eine Randerscheinung reduziert wird. 3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich Die Frage, wie den Anforderungen von Arbeitswelt und Familie gleichzeitig Genüge getan werden kann, stellt sich nicht allein in der Bundesrepublik. Wie in Deutschland so war auch in anderen Industriegesellschaften die komplette Trennung dieser beiden Sphären lange Zeit gesellschaftlich anerkannte und vor allem in Mittelschichtsfamilien gängige Lösung, womit das strukturelle Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf individualisiert und in den Bereich privater Handlungsspielräume verwiesen wurde (Scheiwe 1993). Traditionellerweise kam
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
dem Mann die Verantwortung für die Ernährung und finanzielle Absicherung der Familie durch Erwerbsarbeit zu, während Frauen die unbezahlte Versorgungsund Reproduktionsarbeit im Haus oblag. Die unterschiedlichen traditionellen Rollenmuster innerhalb der Familie verfestigten dabei die Trennung der Erwerbs- und der Hausarbeit zunehmend (Rosenfeld et al. 2004; Blossfeld et al. 2001), während das „Normalarbeitsverhältnis“ sich ganz an einer männlichen Erwerbskarriere orientierte, in welcher der Mann ohne Doppelbelastung und gleichzeitiger Koordination einer Familie uneingeschränkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Der Arbeitstag strukturiert sich dementsprechend nach festen Kernarbeitszeiten, wobei je nach Bedarf des Unternehmens der zusätzliche flexible Einsatz in Schicht-, Nacht-, Feiertagsund Wochenendarbeit sowie Überstunden erwartet wird. Das dominante Muster der Erwerbskarriere besteht in der ununterbrochenen Vollzeiterwerbstätigkeit zwischen dem Ende der Berufsausbildung und dem Eintritt ins Rentenalter, wobei Beförderung und Entlohnung streng an Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit gekoppelt sind und längere Erwerbsunterbrechungen nicht vorgesehen sind. Dieses Erwerbsmuster setzt gleichzeitig eine nicht erwerbstätige Frau voraus, die die Familienarbeit zuhause koordiniert und so den uneingeschränkten Arbeitsmarkteinsatz des Mannes möglich macht. Diese streng geschlechtsspezifische Aufgabenteilung befindet sich mit der steigenden Bildungs- und Erwerbsbeteiligung von Frauen, sowie ihrer insgesamt wachsenden gesellschaftlichen Teilhabe seit den 1970er Jahren in allen westlichen Industriegesellschaften zunehmend in Auflösung. Gleichzeitig stellt sich damit die Frage aufs Neue, wie der Kinder- und Sorgearbeit einerseits und der Erwerbsarbeit andererseits gesellschaftspolitisch gerecht zu werden ist, wenn dabei nun auch noch das Ziel gleicher Lebenschancen von Männern und Frauen realisiert werden soll. Dabei ist offensichtlich, dass die institutionelle Veränderungen, die sich als Reaktion auf den Wandel der gesellschaftlichen Rolle von Frauen ergeben, nicht strukturell determiniert sind, sondern dass sich abhängig davon, ob der Zielkonflikt zwischen Erwerbstätigkeit und Familie aus arbeitsmarkt-, kinder-, familien- oder frauenpolitischer Perspektive betrachtet wird, Lösungsansätze und politische Maßnahmen voneinander unterscheiden werden. Interessanterweise zeigt der internationale Vergleich der familienpolitischen Profile unterschiedlicher Industriegesellschaften, dass entsprechend unterschiedliche Leitbilder zur Ausbildung unterschiedlicher familienpolitischer Institutionen geführt haben, mit der eine Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gewährleistet werden soll. In idealtypischer Form lassen sich dabei drei mögliche Modelle zur Koordination von Familien- und Arbeitsmarktzeiten unterscheiden (vgl. im Folgenden Lampert 1996; Dienel 2002; Schiersmann 1998; Scheiwe 1999; Gauthier 1996).
3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich
107
Ein erstes Modell einer „sukzessiven Vereinbarkeit“ basiert auf einer strikten traditionellen Rollenverteilung, bei der allein die Mutter in zeitlich abwechselnden Phasen der Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung ihre Lebensplanung an die wechselseitigen Zeitanforderungen der Familie anpasst. Auf eine erste Berufsausbildungs- und Erwerbstätigkeitsphase folgt dabei nach der Familiengründung eine längere Phase, während der sich die Frau ganz auf die Kindererziehung und -betreuung ohne parallele Erwerbstätigkeit konzentriert. Diese intensive Familienphase dauert dabei so lange an, bis das jüngste Kind keine intensive Betreuung der Eltern mehr benötigt, und erst nach Abschluss dieser Phase kehrt die Mutter dann entweder in Teilzeit oder Vollzeit auf den Arbeitsmarkt zurück. Dieses Modell ist offenkundig ganz auf das Leitbild des männlichen Haupternährers zugeschnitten, der als Alleinverdiener für den Familienunterhalt aufkommt. Flankierende staatliche Maßnahmen konzentrieren sich auf familienpolitische Transferleistungen oder steuerliche Entlastungen, mit welchen zusätzlich anfallende Kosten sowie die Belastung durch das wegfallende Erwerbseinkommen der Frau abgemildert, und die finanziellen Lasten der Familiengründung zwischen Familien mit und ohne Kinder umverteilt werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf großzügigen Freistellungsregelungen, die den Frauen einen möglichst reibungslosen Aus- und Wiedereintritt in das Erwerbsleben ermöglicht, ergänzt um Maßnahmen, die den Qualifikationsverlust während der Familienphase durch Fort- und Weiterbildung- sowie betriebliche Wiedereingliederungsmaßnahmen aufzufangen versuchen. Gleichzeitig sichern rechtliche Regelungen im Scheidungs-, Renten- und Hinterbliebenenrecht Frauen gegenüber den Risiken finanziell ab, die durch die einseitige Konzentration auf die Familienarbeit entstehen. Die öffentliche Kinderbetreuung spielt in diesem Vereinbarkeitsmodell vor allem für Kinder im Kleinkindalter nur eine untergeordnete Rolle, und konzentriert sich weniger auf die Betreuungs- als vielmehr auf die Bildungsfunktion. Im Unterschied zu diesem traditionellen Modell sehen die beiden anderen Vereinbarkeitsmodelle explizit ein zeitliches Nebeneinander von Beruf und Familie für Männer und Frauen vor. Damit meint Vereinbarkeit in diesen Ansätzen also die tatsächliche Gleichzeitigkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung. Das Modell der „simultanen Vereinbarkeit“ basiert dabei auf dem Leitbild einer gleichzeitigen Vollzeiterwerbstätigkeit beider Elternteile. Die Mutter kehrt nach der Geburt sehr bald auf den Arbeitsmarkt zurück, wobei die durch die Erwerbstätigkeit beider Eltern entstehende Lücke in der Kinderbetreuung von einem verlässlichen öffentlichen Betreuungsangebot für Kinder aller Altersstufen abgedeckt wird, das an den Tagesablauf sowie die Flexibilitätsanforderungen erwerbstätiger Eltern angepasst ist. Die Chance einer gleichberechtigten Teilhabe der Frau und Mutter auf dem Arbeitsmarkt steht in diesem Vereinbarkeitsmodell
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
im Vordergrund und entlastet gleichzeitig den Mann von der Alleinverdienerund Ernährerrolle. Eine staatliche Familienpolitik würde sich in diesem Modell dementsprechend hauptsächlich auf die Bereitstellung, Subvention sowie Qualitätssicherung von familienunterstützenden Dienstleistungen und Einrichtungen zur Kinderbetreuung und -erziehung konzentrieren. Der Lohnausfall der Mutter in der kurzen Unterbrechungsphase nach der Geburt wird durch Lohnausgleichszahlungen auf Niveau des entgangenen Erwerbseinkommens ausgeglichen. Ein Familienlastenausgleich zur Stützung des Familieneinkommens während Erziehungsphasen spielt unter dem Leitbild der vollen Erwerbstätigkeit beider Elternteile eine geringe Rolle, so dass sich direkte familienpolitische Transferleistungen allenfalls auf die Absicherung von gering verdienenden Familien oder Mehrkindfamilien beschränken. Als weniger staatszentriertes Modell geht das Leitbild einer „eingeschränkten simultanen Vereinbarkeit“ schließlich von einer zeitweiligen Reduzierung der Arbeitszeit, nicht jedoch einer völligen Aufgabe der Erwerbstätigkeit eines oder beider Elternteile zum Zwecke der Kinderbetreuung aus. Im Idealfall sieht dieses Modell eine starke Väterbeteiligung an der Kindererziehung vor, in der Erwerbsarbeit und Familienarbeit von beiden Eltern gleichermaßen übernommen werden. Dabei ist die vollständige Erwerbsunterbrechung der Mutter nach der Geburt ebenfalls auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt. Abgelöst wird sie von einer Reduzierung der Arbeitszeit eines oder beider Elternteile und einer ergänzenden öffentlichen Kinderbetreuung. Die Arbeitswelt wird dabei mit dem Zeitbedarf von Kindern und den Eventualitäten des Familienalltags konfrontiert und es ist das auf die typische männliche Erwerbsbiographie zugeschnittene Normalarbeitsverhältnis, das unter Veränderungs- und Anpassungsdruck gestellt wird. Neben einem guten, flexiblen, vielfältigen Betreuungsangebot würden sich staatliche Interventionen unter diesem Leitbild dementsprechend auf die Ausgestaltung flexibler Arbeitszeitregelungen sowie der Förderung und dem Ausbau von Teilzeitarbeitsplätzen, konzentrieren. Unter Einbeziehung der Betriebe müsste die vorübergehende Reduzierung des Erwerbsumfangs, Arbeitszeitregelungen, die neben dem Normalarbeitszeitverhältnis auch Gleitzeiten oder andere flexible Arbeitszeitformen umfassen, sowie die Abstimmung der Arbeitszeiten beider Elternteile aufeinander möglich gemacht werden. Auch in diesem Vereinbarkeitsmodell spielt die Absicherung der unbezahlten Familienarbeit durch familienpolitische Transferzahlungen und eine entsprechende Lastenverteilung zwischen Haushalten eine eher untergeordnete Rolle. Ungeachtet der unterschiedlichen Leitbilder, die diese verschiedenen Modelle der Vereinbarkeit von Familie und Beruf prägen, ist offenkundig, dass die
3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich
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daraus abgeleiteten öffentlichen Institutionen für individuelle Lebens- und Familienentscheidungen von Individuen und Paaren den Hintergrund, die Bedingungsfaktoren und Opportunitätsstrukturen darstellen, vor denen diese Entscheidungen getroffen werden. Während politische Rahmenbedingungen idealerweise die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Individuen gewähren und befördern sollte, setzen familienpolitische Profile direkt und indirekt die Kosten und unterschiedlicher Handlungsalternativen fest. Indem somit Standard- und Normalitätsmodelle für Familien und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit durch institutionelle Vorgaben festgelegt werden und diese Normvorstellungen durch entsprechende familienpolitische Institutionen rechtlich privilegiert werden, werden gleichzeitig abweichende Entscheidungsmöglichkeiten der Individuen sanktioniert, indem sie mit zusätzlichen Kosten belegt werden. Familienpolitische Rahmenbedingungen sind „gewissermaßen in Institutionen geronnene gesellschaftliche Familienbilder“ (Strohmeier et al. 2006: 62), wobei sich unterschiedliche Länder je nach ihrer wohlfahrtsstaatlichen und familienpolitischen Ausrichtung in den Realisierungsmöglichkeiten der individuell gewünschten Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterscheiden. Um das familienpolitische Profil der Bundesrepublik durch den internationalen Vergleich zu bestimmen, werden im Folgenden kurz die Grundstrukturen der Familienpolitik in einigen zentralen europäischen Gesellschaften und den USA dargestellt. Familienpolitik im liberalen Wohlfahrtsstaat: Großbritannien und die USA Anders als in allen anderen europäischen Ländern hat die Familienpolitik in Großbritannien einen geringen Stellenwert, und explizit familienpolitische Maßnahmen entwickelten sich nur zögerlich. Wohlfahrtsstaatliche Leistungen sind in Großbritannien tendenziell Minimalleistungen, so dass sich der Sozialstaat insgesamt lediglich auf eine Grundsicherung beschränkt und auf Maßnahmen zur Armutsbekämpfung konzentriert (Sainsbury 1996). Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist im EU-Vergleich sehr hoch, wobei es aber nach der Geburt von Kindern häufig zu einer Arbeitszeitreduzierung der Mütter kommt (O`Connor 1999). Außerdem liegt in Großbritannien die Nichterwerbsquote unter alleinerziehenden Müttern deutlich über dem europäischen Durchschnitt, was sich auch auf die im Vergleich hohe Armutsquote von Kindern auswirkt (OECD 2001; EspingAndersen 2002b). Verstärkte Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung in den 1990er Jahren konzentrieren sich deshalb auf die Armutsbekämpfung unter Alleinerziehenden sowie gering verdienenden Familien, wobei mit dem Working Family Tax Credit stärkere Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
Niedriglohnsektor gesetzt und mit der Einführung des Child Tax Credit ein zusätzliches einkommensabhängiges Kindergeld geschaffen wurde. Großbritannien war zudem neben Irland bis Mitte der 1990er Jahre eines der wenigen EU-Länder ohne umfassenden gesetzlichen Anspruch auf Elternurlaub (OECD 1995). Ansprüche auf gesetzlichen Elternurlaub beschränkten sich lange Zeit auf Beschäftigte mit längerer Betriebszugehörigkeit, während weitergehende Ansprüche auf freiwilligen Vereinbarungen, einseitigen Arbeitgebermaßnahmen oder Tarifverträge beruhten. Nach Einführung eines umfassenden gesetzlichen Anspruchs auf Elternurlaub mit einer Anspruchsdauer von anfangs 12 Wochen wurde diese bis 2003 auf insgesamt 52 Wochen ausgeweitet. Dabei sind die ersten 6 Wochen des Elternurlaubs mit einer neunzigprozentigen Lohnkompensation verbunden, die daran anschließenden 20 Wochen werden mit einem niedrigen Pauschalbetrag kompensiert und bei der zweiten Hälfte der Anspruchsdauer handelt es sich um eine unbezahlte Elternzeit. Der Rückkehranspruch auf den Arbeitsplatz beinhaltet dabei seit 2003 das Recht auf Reduzierung der Arbeitszeit und die zusätzlich geschaffene Väterzeit von zwei Wochen wird von der überwiegenden Anzahl der Väter in Anspruch genommen. Auch die öffentliche Kinderbetreuung ist in Großbritannien unterentwickelt und der Versorgungsgrad ist einer der niedrigsten im europäischen Vergleich (Henderson und White 2004; Gornick et al. 1997). Lange Zeit wurde die Betreuung der Kinder im Vorschulalter von der Politik als Privatangelegenheit der Eltern angesehen und rückte wie andere familienpolitische Maßnahmen erst in jüngerer Zeit unter dem Aspekt der Armutsbekämpfung und der Förderung der Beschäftigung alleinerziehender Eltern in den Vordergrund. Das Programm der National Child Care Strategy formulierte 1998 das Ziel, bis 2002 eine Halbtagsbetreuung für alle vierjährigen und für zwei Drittel aller dreijährigen Kinder bereit zu stellen. Diese ungenügende und mit einer Erwerbstätigkeit nicht vereinbare Kinderbetreuungssituation verweist erwerbstätige Eltern auf informelle Betreuungsarrangements und auf private Betreuungseinrichtungen, die trotz staatlicher Subventionen mit hohen Kosten für die Eltern verbunden sind (Meyers et al. 1999). Die Betreuungssituation verbessert sich erst für Schulkinder, wobei die Schulpflicht in Großbritannien bereits mit fünf Jahren beginnt. Das Ganztagsschulsystem erleichtert die Erwerbstätigkeit und lässt die Erwerbsbeteiligung von Mütter mit schulpflichtigen Kindern deutlich ansteigen (EspingAndersen 2002a). Ähnlich wie in Großbritannien ist auch in den Vereinigten Staaten die Familienpolitik auf der Bundesebene nur schwach ausgeprägt und konzentriert sich auf einzelne Programme zur Armutsbekämpfung von Familien und Alleinerziehenden. Direkte staatliche Transferzahlungen wie Kinder- oder Erziehungsgeld existieren nicht, familienpolitische Ausgleichszahlungen werden statt dessen
3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich
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indirekt über das Steuersystem geleistet (Gornick und Meyers 2003). Dabei werden Familien im Wesentlichen durch jährliche Kinderfreibeträge und durch die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten entlastet. Da einkommensschwache Familie hiervon weniger profitieren, wurde zudem mit dem Earned Income Tax Credit eine negative Einkommenssteuer eingeführt, bei der Familien, deren Einkommen zu gering ist, um die Steuerentlastung nutzen zu können, diese als positive Transferleistung ausgezahlt wird (Sainsbury 1996). Durch die Verknüpfung der Familienleistungen mit der Einkommenssteuer und somit mit dem Erwerbseinkommen von Familien ist der Anreiz zur Berufstätigkeit auch für Frauen und Alleinerziehende hoch. Trotz der hohen Frauenerwerbsquoten sind jedoch die Armutsquoten von Familien mit Kindern sowie unter Alleinerziehenden selbst bei Erwerbstätigkeit im Vergleich mit anderen Industrienationen beispiellos hoch (Gornick und Meyers 2003; Sainsbury 1999a; Esping-Andersen 2002a; Gornick 2004). Bis Anfang der 1990er Jahre gab es in den USA zudem kein landesweit einheitlich geltendes Gesetz, das einen Mutterschutz oder Erziehungsurlaub vorsah. Lediglich einzelne Bundesstaaten hatten gesetzlich festgelegte Mutterschutzregelungen. Zu Beginn der 1990er Jahren stand Frauen, die in größeren Betrieben beschäftigt waren, in 19 Bundesstaaten nach der Geburt eines Kindes ein unbezahlter Urlaub mit einer Arbeitsplatzgarantie zwischen 6 Wochen und vier Monaten zu. Darüber hinaus blieb ein Mutterschafts- oder Elternurlaub auf private Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie auf einzelnen Initiativen von Privatunternehmen beschränkt. Erst 1993 wurde mit dem Family and Medical Leave Act ein bundesweiter unbezahlter Elternurlaub von 12 Wochen eingeführt, der sich allerdings auf größere Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten beschränkte (OECD 1995, 2001). Neben den Elternzeiten ist auch die öffentliche Kinderbetreuung in den USA unterentwickelt (Meyers et al. 1999). Seit Beginn der 1980er Jahre delegierte die Bundesregierung durch den Abbau staatlicher Reglementierungen und Finanzierungshilfen die Organisation der Kinderbetreuung zunehmend in die Privatwirtschaft. Dementsprechend stellt neben verwandtschaftlich individuell organisierter Tagespflege die Betreuung in privaten Child Care Centers die dominierende Form der Kinderbetreuung in den USA dar. Während die nachfrageorientierte Flexibilität der Betreuungszeiten den Familienalltag erwerbstätiger Eltern bei dieser Form der privaten Kinderbetreuung eindeutig erleichtert, stellen die nicht subventionierten Marktpreise einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung vor allem für geringverdienende und alleinerziehende Eltern ein großes Problem und teilweise auch ein Erwerbshemmnis dar (Baum 2002a; Gustafsson und Stafford 1994; Gordon und Chase-Lansdale 2001).
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Muster der wohlfahrtsstaatlichen Förderung der Familie: Skandinavien und Frankreich In den skandinavischen Ländern liegt der Schwerpunkt der sozial- und familienpolitischen Maßnahmen dagegen traditionell auf der Gleichstellung der Geschlechter (Sainsbury 1996). Gleichheit der Lebensverhältnisse und die Arbeitsmarktbeteiligung der gesamten Bevölkerung einschließlich von Müttern ist das erklärte Ziel der Arbeitsmarkt- und Familienpolitik. Wohlfahrtsstaatliche Leistungen sind an der Erwerbstätigkeit beider Partner ausgerichtet, indem sowohl das Steuersystem als auch die Sozialversicherungssysteme strikt individualisiert sind. Eine Privilegierung der Ehe als staatlich bevorzugte Lebensform findet nicht statt, was rechtlich sowohl durch die Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften und ein geteiltes Sorgerecht beider Elternteile untermauert wird. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen, und vor allem auch von Müttern, ist in den skandinavischen Ländern im EU-Vergleich traditionell sehr hoch, was einerseits in umfassenden Familienzeitregelungen sowie einem gut ausgebauten außerhäuslichen Kinderbetreuungsnetz begründet liegt (Gornick 1999). Zweiverdienerhaushalte sind auch nach der Geburt von Kindern die Regel. Während allerdings in Dänemark die Vollzeiterwerbsquoten der Frauen sehr hoch sind und in mehr als der Hälfte aller Zweiverdienerhaushalte beide Partner Vollzeit arbeiten, ist in Schweden der Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen sehr hoch. Dabei arbeiten Frauen vorrangig im öffentlichen Dienst und sind auch in Skandinavien in Führungspositionen unterrepräsentiert (Sainsbury 1999c). Um familienbezogene Erwerbsunterbrechungen zeitlich zu begrenzen, konzentrieren sich Elternzeitregelungen auf das erste Lebensjahr des Kindes, wobei die Freistellung von beiden Eltern gleichzeitig oder abwechselnd beansprucht werden kann (Pylkkänen und Smith 2003; Bruning und Plantenga 1999). Die finanziellen Transferleistungen während der Elternzeit sind im EU-Vergleich in den skandinavischen Ländern am höchsten, wobei zwischen 75 und 100 Prozent des vorherigen Lohns substituiert werden. Neben der Elternzeit versuchen die skandinavischen Länder, Väter verstärkt in die Kinderbetreuung zu integrieren. Dazu wurde in allen Ländern ein gesonderter Väterurlaub von zwei bis drei Wochen mit einer hohen Lohnersatzrate eingeführt. Norwegen und Schweden halten zusätzlich einen Monat der Elternzeit für Väter bereit, der entfällt und nicht auf die Mutter übertragen werden kann, wenn der Vater diese Zeit nicht in Anspruch nimmt (Leira 1999). Abgesehen von den expliziten Vaterschaftsurlaubszeiten ist die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung zwar höher als in anderen EU-Ländern, mit etwa 7-10 Prozent der Väter, die Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, aber insgesamt immer noch sehr gering (Leira 1999; OECD 1995).
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Neben der Gewährung umfassender beruflicher Freistellungsregelungen wird die Erwerbstätigkeit von Müttern durch ein gut ausgebautes und qualitativ hochwertiges staatliches Kindertagesstättennetz gestützt (Gustafsson und Stafford 1991). Die Ausgestaltung der Betreuungsangebote orientiert sich an den Arbeitszeitanforderungen der Eltern, die finanziellen Kosten der Kinderbetreuung sind für Eltern relativ gering und werden überwiegend vom Staat getragen. Für Kinder im Kleinkindalter kommt zudem ein breites, kommunal gefördertes Angebot der Familientagesbetreuung hinzu. Daneben erleichtern flexible Arbeitszeitregelungen und betriebliche Regelungen für den Krankheitsfall der Kinder die Koordination von außerhäuslicher Kundenbetreuung und Erwerbsarbeitszeiten der Eltern (Gornick et al. 1997). Außerhalb Skandinaviens kann Frankreich als Beispiel des Landes mit der längsten familienpolitischen Tradition in Europa dienen. Dabei konzentrierte sich das Interesse der familienpolitischen Förderung neben dem unmittelbaren Wohlbefinden der Familie vor allem auf bevölkerungspolitische Aspekte und auf das erklärte Ziel einer Geburtenförderung (Strohmeier et al. 2006). Bereits seit der Zwischenkriegszeit, verstärkt aber als die Geburtenrate in den 1970er Jahren unter das Reproduktionsniveau fiel, reagierte die Regierung mit familienpolitischen Maßnahmen, die die Geburt des dritten Kindes befördern sollten. Wohlfahrtsstaatliche Transferleistungen wie z.B. Kinder- oder Erziehungsgeld wurden dabei systematisch auf das dritte Kind ausgerichtet, etwa indem das Leistungsniveau für das dritte Kind deutlich ansteigt oder bestimmte Transfers ohnehin nur an Familien mit drei oder mehr Kindern ausgezahlt werden. Zudem ist auch das Steuersystem pronatalistisch ausgerichtet, da Frankreich als einziges europäisches Land ein System des steuerlichen Familiensplittings etabliert hat, in dem das Haushaltseinkommen über alle Haushaltsmitglieder aufgeteilt wird und der Splittingfaktor von der Kinderzahl abhängt und mit ihr ansteigt. Seit 1985 findet jedoch eine Abkehr von der rein Geburten fördernden Ausrichtung der Politik statt, und zunehmend gerät auch die Vereinbarkeitsproblematik in das Blickfeld der französischen Familienpolitik. Dabei ist die Erwerbsquote französischer Mütter eine der höchsten in der EU (Bussemaker und van Kersbergen 1999; Gornick 1999). Zweiverdienerhaushalte sind dabei in der Mehrheit, wobei Väter wie Mütter überwiegend Vollzeit erwerbstätig sind. Vor allem die Einführung der 35-Stundenwoche für alle Beschäftigte hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert (OECD 2002; Yeandle 2001). Trotz der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kindern steht die französische Arbeitsmarkt- und Familienpolitik einer Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren jedoch ähnlich ambivalent wie in Deutschland gegenüber. Ausdruck findet diese Haltung in der Gewährung eines dreijährigen Erziehungsurlaubs, der erst in jüngster Zeit auf zwei Jahre verkürzt wurde. Ähnlich wie in Deutschland
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wurden zudem auch in Frankreich familienpolitische Maßnahmen in Zeiten stagnierenden Wirtschaftswachstums und hoher Arbeitslosigkeit mit arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen verknüpft. So setzte Frankreich beispielsweise 1994 mit einer Anpassung des Erziehungsgelds klare Anreize für eine Erwerbsunterbrechung von Müttern, indem der Maximalbetrag von ca. 500 Euro bis zum dritten Lebensjahr des Kindes nur bei einer vollständigen Aufgabe der Erwerbstätigkeit ausgezahlt wird (Bundesministerium für Familie 2006a). Seit dieser Reform hat sich die Beschäftigungsquote von Müttern deutlich verringert, und zwar vor allem unter den gering verdienenden Frauen. Zwar wurde um die Väterbeteiligung an der Kindererziehung zu fördern, 2002 eine reine nicht auf die Mutter übertragbare Väterzeit von zwei Wochen eingeführt, die auch von über der Hälfte der Väter in Anspruch genommen wird. Allerdings hat diese Väterbeteiligung an der Kindererziehung aber genau wie in den skandinavischen Ländern eher Symbolcharakter. Über diese sehr kurze Zeitspanne hinaus ist der Anteil der Väter, die regulären Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, auch in Frankreich unbedeutend gering. Ähnlich wie in den skandinavischen Ländern gibt es auch in Frankreich eine lange Tradition der öffentlich finanzierten und öffentlich bereitgestellten Kinderbetreuung (vgl. im Folgenden Henderson und White 2004; OECD 1996). Besonders gut ausgebaut sind die Betreuungsangebote für Kinder ab drei Jahren, die als Bestandteil des nationalen Schulsystems angesehen werden, und in welchen die Betreuung durch ausgebildete Grundschullehrerinnen ganztags erfolgt (Buchmann und Charles 1995). Jedes Kind hat einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Platz in einer dieser écoles maternelles, die in Ausnahmefällen auch schon für Kinder ab zwei Jahren offen stehen. Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren sind dahingegen weit weniger gut ausgebaut und stehen nur für etwa 10 Prozent der Kinder zur Verfügung. Jedoch fördert der Staat seit Mitte der 80er Jahre mit teilweiser Kostenübernahme und steuerlichen Freibeträgen die Kinderbetreuung durch Tagesmütter. Seither ist die Betreuung durch Tagesmütter neben der Elternbetreuung zur häufigsten Betreuungsart für Kleinkinder in Frankreich geworden. Das familienpolitische Profil der Bundesrepublik im internationalen Vergleich Im Vergleich der familienpolitischen Maßnahmen der verschiedenen Länder zeigt sich, dass Frauen und Familien ihrer Lebens-, Familien- und Karriereplanung unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen treffen und realisieren. Großbritannien und die USA verzichten gemäß ihrer liberalen Wohlfahrtsstaatstradition weitgehend auf Transferleistungen zugunsten der Familien, wodurch sich
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die Notwendigkeit der Erwerbstätigkeit beider Eltern zur Grundsicherung des Lebensunterhalts ergibt. Gleichzeitig erschwert das Fehlen eines subventionierten öffentlichen Kinderbetreuungsnetzes die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit, wobei durch die privatwirtschaftliche Organisation des Betreuungssektors der Zugang zu qualitativ hochwertigen Angeboten vor allem für gering verdienende und allein erziehende Mütter zu einem Problem wird. Auch in den skandinavischen Ländern gibt es keine Privilegierung einer Alleinverdienerehe, vielmehr setzen die individuelle Ausrichtung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen und eine insgesamt hohe Steuerlast die Erwerbstätigkeit beider Eltern voraus. Dabei unterstützt der sozialdemokratische Wohlfahrtsstaat die Erwerbstätigkeit beider Eltern mit einem gut ausgebauten öffentlichen Ganztagsbetreuungsangebot für Kinder aller Altersgruppen. Eine ähnlich starke Unterstützung der Erwerbstätigkeit von Müttern findet sich aber auch in Frankreich, das sich durch ein gutes Kindertagesstättenangebot für Kinder ab drei Jahren und ein Ganztagsschulsystem auszeichnet. Gleichzeitig steht die französische Politik der Fremdbetreuung von Kleinkindern relativ skeptisch gegenüber und begünstigt durch den starken Familienlastenausgleich, eine begrenzte Zahl von Krippenplätzen und einen großzügigen Anspruch auf Erziehungsurlaub die Elternbetreuung von Kleinkindern. Im Vergleich zu den in anderen Ländern verfolgten Ansätzen wird deutlich, dass die Ausgestaltung der deutschen Familienpolitik nachdrücklich die Phasenerwerbstätigkeit von Frauen und damit die traditionelle Rollenverteilung der Geschlechter fördert und begünstigt. Obwohl die deutsche Familienpolitik rhetorisch ausdrücklich den Aspekt der Wahlfreiheit der familiären Arbeitsteilung betont und explizit nicht in die Gestaltung und Verteilung der Familienausgaben eingreifen will, transportieren und zementieren die institutionellen Rahmenvorgaben eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, sowie geschlechtersegregierte Lebensläufe und Zeitstrukturen. Diese Grundorientierung war bereits im System des Familienlastenausgleichs angelegt, das in den 1950er Jahren durch die Einführung von Kindergeld und Ehegattensplitting etabliert wurde. Nachhaltig verstärkt wurde die konservative Ausrichtung der deutschen Familienpolitik aber durch die Einführung des Bundeserziehungsurlaubs 1986, mit dem die Debatte um die adäquate familienpolitische Reaktion auf das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einseitig in Form der Förderung der elterlichen, sprich mütterlichen Betreuung von Kleinkindern beantwortet wurde. Als vergleichsweise stark transferorientiertes System konzentrieren sich familienpolitische Leistungen in der Bundesrepublik hauptsächlich auf Geldleistungen zur Einkommenssicherung von Familien, während die Bereitstellung von Dienstleistungen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die Transferleistungen sind dabei darauf ausgerichtet, die finanziellen Belastungen des Haupternährers
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abzumildern, die sich durch Kinder ergeben. Dieser Zusammenhang ist offensichtlich bei einem direkten Transfer wie dem Kindergeld, aber auch Leistungen wie das Ehegattensplitting werden nach wie vor als indirekte Subvention von Familien mit Kindern begründet. Dass das Ehegattensplitting auch Paaren ohne Kinder oder Paaren mit erwachsenen Kindern, die nicht mehr im elterlichen Haushalt leben, zugute kommt, weist aber darauf hin, dass diese Form der Familienpolitik sowohl kostspielig als auch wenig zielgenau ist. Zum einen werden offenkundig weniger Familien als vielmehr die Ehe als Paarkonstellation steuerlich privilegiert. Gleichzeitig führt das Ehegattensplitting zu einer finanziellen Begünstigung einer ungleichen Einkommenskonstellation zwischen den Partnern, wodurch vor allem die traditionelle Rollenverteilung innerhalb der Ehe unterstützt wird. Und schließlich führt das Prinzip der steuerlichen Familienförderung dazu, dass einkommensstarke Familien vergleichsweise stark, wenn nicht sogar überproportional von öffentlicher Förderung profitieren. Die geringe Priorität, die sozialen Dienstleistungen im konservativen Wohlfahrtsstaatsmodell zukommt, ist in Deutschland vor allem bei der unzureichenden öffentlichen Kinderbetreuung sichtbar. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern wird Kinderbetreuung und -erziehung in der deutschen Familienpolitik als Privatsache der Eltern angesehen, in die der Staat nur in Notsituationen eingreift. Diesem Leitbild folgend liegen vor allem die westdeutschen Bundesländer in Bezug auf die Versorgungsquoten mit Kinderbetreuungsangeboten im europäischen Vergleich auf einem der hinteren Plätze. Dies betrifft vor allem die öffentlichen Betreuungsangebote für Kleinkinder sowie die ganztägige Betreuung von Kindern im Kindergarten- und Schulalter. Und obwohl sich die Versorgungslücke im Kindergartenbereich Ende der 1990er Jahre entschärft hat, handelt es sich weiterhin überwiegend um eine Halbtagsbetreuung, die angesichts wenig flexibler Öffnungszeiten oft selbst mit einer Teilzeitbeschäftigung schwer zu vereinbaren sind. Ebenso wird die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit auch für Frauen mit schulpflichtigen Kindern kaum erleichtert, solange das Modell der Halbtagsschule vorherrscht. Insgesamt korrespondiert das öffentliche Kinderbetreuungsangebot in Deutschland nach wie vor kaum mit der zunehmenden Erwerbsorientierung und Erwerbstätigkeit von Müttern; die fehlende Betreuungsinfrastruktur dürfte vielmehr ein unmittelbares Hemmnis der Beschäftigungschancen von Müttern darstellen. Diese Rahmenbedingungen sind jedoch das Ergebnis einer bewussten politischen Weichenstellung. Statt die zunehmende Erwerbsneigung von Müttern durch einen kostenaufwendigen Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung zu unterstützen, entschied sich die konservativ-liberale Regierung unter Helmut Kohl mit Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes 1986 für die haushaltspolitisch günstigere Alternative durch die Erwerbsfreistellung eines Elternteils
3.3 Vereinbarkeitspolitik im internationalen Vergleich
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im Rahmen des Erziehungsurlaubs die elterliche Betreuung von Kleinkindern zu fördern. Daneben wurde bei Einführung des Erziehungsurlaubs von vorneherein auch mit arbeitsmarktpolitischen Entlastungseffekten gerechnet, die sich aus einer Regulierung von Familien- und Erziehungszeiten und dem entsprechend absinkenden Arbeitsangebot von Frauen ergeben sollten. Es ist allerdings möglich, dass die politisch beabsichtigte Arbeitsmarktentlastung gleichzeitig mit systematischen Karrierenachteilen für Frauen in der Bundesrepublik verbunden ist. Die im europäischen Vergleich überproportional lange Freistellungsdauer sollte zum einen dazu führen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes in Deutschland besonders lange aus dem Arbeitsmarkt ausgegliedert sind. Sowohl die lange Dauer des Erziehungsurlaubs, wie auch der Umstand, dass die Unterbrechungsphase zeitlich in der Regel auf die für die weitere Karriereentwicklung wichtigen Phase zu Beginn der beruflichen Laufbahn fällt, lassen erhebliche Karrierenachteile für Mütter erwarten. Dies gilt umso mehr, falls die Rückkehr in den Beruf nicht nach einem dreijährigen Erziehungsurlaub erfolgt, sondern sich die Familienphase durch weitere Geburten deutlich verlängert. Lange Erziehungsphasen sind zudem gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit problematisch, da trotz Kündigungsschutz bis zum Ablauf des Erziehungsurlaubs Karriererisiken aufgrund von Firmenrestrukturierungen oder gar Firmenschließungen nicht auszuschließen sind. Die lückenhafte öffentliche Kinderbetreuung und die zu geringe Verbreitung flexibler Arbeitszeitmodelle tragen dann nur dazu bei, die Berufstätigkeit von Müttern auch nach dem Erziehungsurlaub zu erschweren. Hinzu kommt, dass der Erziehungsurlaub in der Bundesrepublik mit dem Erziehungsgeld kombiniert ist, das, anders als in den skandinavischen Ländern, nicht als Lohnersatzleistung, die sich am vorherigen Einkommen orientiert, sondern stärker als symbolische Anerkennung der Erziehungsleistung verstanden wird. Dementsprechend ist die faktische Leistungshöhe relativ niedrig und entspricht in keiner Weise dem Verdienstausfall, der durch die Erwerbsunterbrechung zur Kinderbetreuung entsteht. Da das Erziehungsgeld auch nicht am Leitbild der individuellen Unterhaltssicherung während der Erziehungsphase ausgerichtet ist, wird implizit das Bestehen einer Versorgerehe vorausgesetzt und damit die ökonomische Abhängigkeit vom Ehepartner erhalten. Die Koppelung der Geldleistung an die Nichterwerbstätigkeit setzt zudem neben dem Ehegattensplitting weitere finanzielle Anreize für eine ausschließliche Haus- und Sorgearbeit der Frau. Der Erziehungsurlaub trägt damit dazu bei, dass Frauen für eine lange Zeit aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden und dass die Karrierefolgen von Familiengründung und Kinderbetreuung ausschließlich von Frauen getragen werden. Die einseitige Inanspruchnahme trägt zudem zur Aufrechterhaltung der ge-
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3 Frauenerwerbstätigkeit und Familienpolitik in der Bundesrepublik
schlechtsspezifischen Segmentierung des Arbeitsmarkts bei, indem traditionelle Normvorstellungen über frauentypische Karrierewege auf Seiten von Arbeitgebern, kollektiven Akteuren und nicht zuletzt den Frauen selbst verstärkt werden (Blossfeld und Rohwer 1997; Robson et al. 1999; Rosenfeld et al. 2004). Angesichts des wirksamen Familienlastenausgleichs, der die Erwerbstätigkeit beider Elternteile nicht erforderlich macht, sowie einer unzureichenden Kinderbetreuungsinfrastruktur hat die Einführung des Erziehungsurlaubs zudem die politische Durchsetzung alternativer Leitbilder zur Vereinbarung von Familie und Beruf verstellt oder zumindest in ihrer Umsetzung deutlich erschwert. Institutionelle Alternativen zur elterlichen Kleinkindbetreuung wie der Ausbau der Kinderbetreuung oder die Weiterführung des Tagesmüttermodells wurden in Deutschland nach der Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes nicht weiter verfolgt. Erst in jüngster Zeit hat hier mit Einführung des Bundeselterngeldes und des beabsichtigten Ausbaus der Kinderkrippen ein politisches Umdenken begonnen. Obwohl die deutsche Familienpolitik also von Anfang an rhetorisch die Wahlfreiheit in der Vereinbarkeitsfrage für Eltern betont hat, besteht in Deutschland für Eltern kaum eine Wahl zwischen gleichwertigen Modellen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die familienpolitischen und steuerlichen Rahmenbedingungen setzen vielmehr starke Anreize für ein Drei-Phasenmodell der weiblichen Erwerbstätigkeit, bei dem die Berufstätigkeit von Frauen von einer langen, ausschließlich der Kinderbetreuung gewidmeten Phase unterbrochen wird, auf die anschließend eine weitere Phase der Erwerbstätigkeit, meist in Teilzeitbeschäftigung, folgt. Damit handelt es sich bei dem Erziehungsurlaub eben nicht um eine institutionell neutrale familienpolitische Leistung, vielmehr wird das bereits im System des Familienlastenausgleichs durch Ehegattensplitting und Kindergeld angelegte Normsystem der familiären Arbeitsteilung weiter verstärkt und zementiert. Die Entscheidung zur Einführung des Erziehungsurlaubs ist damit als eine entscheidende politische Weichenstellung zu betrachten, durch welche die bundesdeutsche Familienpolitik im Sinne eines konservativen Leitmodells komplettiert wurde. Die empirischen Folgewirkungen dieser Entscheidung für die Lebens- und Erwerbsverläufe westdeutscher Frauen sind Gegenstand der anschließenden Analysen.
4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
Die Frage nach möglichen Einflüssen institutioneller Rahmenbedingungen auf Muster der Frauenerwerbstätigkeit wird traditionell im Rahmen der vergleichenden Sozialforschung behandelt. Da sich deutliche Unterschiede in der Ausgestaltung, Ausrichtung und im Leistungsumfang der Familienpolitik zwischen Ländern feststellen lassen, kann der Vergleich der Geschlechterungleichheit im Arbeitsmarkt (vgl. Mandel und Semyonov 2006, 2005), der Lohnwirkungen von Erwerbsunterbrechungen (Stier et al. 2001) oder der Erwerbsmuster von Frauen (Drobni et al. 1999) in unterschiedlich ausgestalteten Arbeitsmärkten Hinweise auf die Wirksamkeit institutioneller Rahmenbedingungen der Arbeits-, Sozialoder Familienpolitik geben. Allerdings haben ländervergleichende Studien oft den Nachteil, dass die ursächliche Zuordnung der beobachteten Länderunterschiede zu bestimmten familienpolitischen Maßnahmen meist nicht eindeutig nachweisbar ist. Einerseits basieren ländervergleichende Studien oft auf dem Vergleich einiger weniger ausgewählter Länder, so dass eine regressionsanalytische Kontrolle möglicher außerpolitischer Störfaktoren beispielsweise von Länderunterschieden in der konjunkturellen Entwicklung oder unterschiedlichen kulturellen Einstellungen nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass auch die Ausgestaltung der Familienpolitik selbst sich in der Regel zwischen Ländern in Bezug auf mehrere Merkmale unterscheidet, so dass selbst wenn ein familienpolitischer Einfluss vorzuliegen scheint, nicht notwendigerweise eindeutig sein muss, welches Einzelmerkmal bzw. das Zusammenwirken welcher Merkmale die beobachteten Unterschiede im Erwerbsverhalten von Frauen bewirken. Im Unterschied dazu bietet sich in der vorliegenden Studie durch die Analyse der Folgewirkungen der sukzessiven Ausweitung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub in der Bundesrepublik seit den 1980er Jahren die Möglichkeit, die Auswirkungen einer spezifischen Veränderung des familienpolitischen Rahmens gezielt zu beobachten. Dies gilt auf besondere Weise, da die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs ab 1986 die entscheidende Reform in einem ansonsten über lange Jahre weitgehend stabilen familienpolitischen Umfeld darstellt. Aus methodischer Sicht ergibt sich damit die Möglichkeit, die sukzessiven Reformschritte in der Einführung und Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub als natürliches Experiment zu betrachten, bei dem die han-
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4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
delnden Akteure sich ändernden Rahmenbedingungen ausgesetzt sind, die sich aber gleichzeitig ihrer individuellen Kontrolle entziehen. Im Folgenden werden die Vorteile und Probleme dieses Untersuchungsdesigns diskutiert. Anschließend wird die konkrete Analysestrategie der vorliegenden Arbeit dargestellt, die sich aus der Verwendung der Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) ergibt. 4.1 Die Reformen des Erziehungsurlaubs als natürliches Experiment Das randomisierte Experiment ist das stärkste Forschungsdesign, um valide Schlussfolgerungen über die kausale Wirkung eines Faktors X auf ein bestimmtes Ergebnis Y zu ermöglichen (vgl. Diekmann 2004; Rossi et al. 2004; Shadish et al. 2002). Randomisierte Experimente erlauben den Vergleich der Ergebnisse zweier Vergleichsgruppen, wobei die Experimentalgruppe der Wirkung des in Frage stehenden Faktors X ausgesetzt ist, während in der Kontrollgruppe experimentell sichergestellt ist, dass X nicht auftritt. Der Grundgedanke randomisierter Experimente besteht dabei darin, dass ein gefundener Gruppenunterschied im Ergebnis Y eindeutig auf die Wirkung von X zurückgeführt werden kann, da die randomisierte Manipulation des Auftretens von X für eine zuverlässige Ausschaltung weiterer Störgrößen sorgt, die die Ergebnisvariable zusätzlich beeinflussen. Das heißt also, dass durch die Randomisierung erreicht wird, dass sich die beiden Vergleichsgruppen im Durchschnitt in allen für das Ergebnis relevanten Merkmalen gleichen, so dass ohne die Intervention X in beiden Gruppen das gleiche Ergebnis Y zu erwarten wäre. Abgesehen von diesem methodischen Vorteil kommen experimentelle Forschungsdesigns zur Beantwortung vieler sozialwissenschaftlicher Untersuchungen nicht in Betracht, da die relevanten unabhängigen Variablen nicht durch eine einzelne Studie manipulierbar sind. Dies trifft beispielsweise auf Fragestellungen zu, die sich mit der Wirksamkeit nationaler arbeitsmarkt-, sozial- oder familienpolitischer Institutionen beschäftigen, die sich über lange historische Zeiträume herausgebildet haben (vgl. Esping-Andersen 1990). Um den Effekt bestimmter familienpolitischer Regelungen eindeutig zu ermitteln, müssten bei einem internationalen Vergleich also z.B. in Form eines Regressionsmodells auch diejenigen politischen oder strukturellen Kontextfaktoren statistisch kontrolliert werden, die erwartungsgemäß sowohl die abhängige Variable der Untersuchung beeinflussen sowie die national unterschiedliche Ausrichtung der Familienpolitik erklären können. Angesichts der Menge der möglichen Störfaktoren gelingt dies in einer ländervergleichenden Studie, in der meist nur eine kleine Zahl von Ländern betrachtet werden kann, kaum vollständig.
4.1 Die Reformen des Erziehungsurlaubs als natürliches Experiment
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Anders ist dies, wenn, wie in der vorliegenden Arbeit, nicht die Auswirkung bestehender Unterschiede in der Familienpolitik in verschiedenen Ländern, sondern die Auswirkung einer (spezifischen) Veränderung der Familienpolitik innerhalb eines einzigen Landes betrachtet werden kann. Dabei wird von einem so genannten reflexiven Forschungsdesign gesprochen (Rossi et al. 2004: 289), da die Wirkung der institutionellen Reform durch den zeitlichen Vergleich der abhängigen Variable vor und nach der politischen Intervention bestimmt werden kann. Dies geschieht indem vergangene Beobachtungen derselben Beobachtungseinheiten als Kontrollbeobachtungen herangezogen werden, wodurch eine weitgehende statistische Kontrolle möglicher Störgrößen erreicht werden kann (Rossi et al. 2004: 291). Wenn Informationen für eine größere Zahl von Zeitpunkten vor und nach der fraglichen Intervention vorliegen, so wird von einem unterbrochenen Zeitreihendesign (interrupted time-series design, ITS) gesprochen (vgl. Diekmann 2004; Rossi et al. 2004; Shadish et al. 2002). Dabei sollte eine unmittelbar eintretende Veränderung der Ergebnisvariablen zum Zeitpunkt der Intervention beobachtbar sein, falls die Intervention X tatsächlich Auswirkungen auf die abhängige Variable der Untersuchung hat. Sind Längsschnittdaten für eine Stichprobe von Beobachtungseinheiten über einen längeren Zeitraum verfügbar, innerhalb dessen eine Veränderung institutioneller Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Reform der Erziehungsurlaubsregelungen beobachtet wird, ermöglicht das ITS-Design auch in nicht-experimentellen Studien eine hohe Validität der kausalen Schlussfolgerungen. Dadurch, dass Längsschnittinformationen auf der Individualebene zur Verfügung stehen, ist sichergestellt, dass in der Analyse das Verhalten einer ausgewählten Personengruppe unter alternativen strukturellen Rahmenbedingungen beobachtet werden kann. In alternativen Ansätzen, die beispielsweise auf der Verwendung von Aggregatdaten oder wiederholten Querschnittsbefragungen basieren, kann dagegen nicht ausgeschlossen werden, dass allein die Verwendung unterschiedlicher Stichproben zu unterschiedlichen Ergebnisbeobachtungen vor und nach der Intervention führt. Wenn es sich bei der fraglichen Intervention X zusätzlich um eine Veränderung der strukturellen Rahmenbedingungen des Verhaltens von Akteuren handelt, beschreibt das ITS-Design ein so genanntes natürliches bzw. QuasiExperiment, in welchem die Intervention X zwar nicht durch den Forscher direkt manipuliert und randomisiert wird, aber in welchem die betroffenen Akteure dennoch keine Kontrolle über die Änderung der Rahmenbedingungen, d.h. der Wirkung des Faktors X haben. Im konkreten Fall der schrittweisen Ausweitung der Erziehungsurlaubsregelungen kann also davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse der empirischen Analysen nicht wesentlich durch einen so genannten Selektionsbias (seitens der Akteure oder der Programmadministratoren, vgl.
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4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
Rossi et al. 2004: 268ff.) verzerrt sind. Abgesehen von der allerdings rein biologisch begrenzten Möglichkeit, nach Bekannt werden einer geplanten Gesetzesänderung eine Geburt hinauszuzögern, um in den Vorteil großzügigerer Regelungen zu gelangen, oder einer familienpolitisch motivierten Abwanderung ins Ausland ist es unwahrscheinlich, dass die Analyseergebnisse verzerrt werden, weil sich nur Personen mit bestimmten, aber vom Forscher ungemessenen Eigenschaften der Wirkung der Intervention X aussetzen. Dadurch dass die vorliegende Arbeit auf die Längsschnittdaten des Sozioökonomischen Panels zurückgreift, um die Auswirkungen der Einführung und sukzessiven Ausweitung der Erziehungsurlaubsregelungen zu ermitteln, können diese beiden methodischen Vorteile genutzt werden, um die Validität ihrer Aussagen zu den Wirkungen familienpolitischer Rahmenbedingungen auf weibliche Familienbiographien und Erwerbsverläufe sicher zu stellen. Auch wenn Probleme wie selektive Panelausfälle (Attrition), Reifungseffekte, historische Trends oder alternative zeitgleiche Interventionen die Gültigkeit der Schlussfolgerungen dieser Studie weiterhin gefährden können. Im Folgenden wird zunächst kurz das Sozio-ökonomische Panel vorgestellt, das die Datenbasis der Studie bildet, bevor anschließend die Analysestrategie der Studie skizziert wird, mit der versucht werden soll, die genannten methodischen Probleme zu minimieren. 4.2 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) Für die empirischen Analysen der vorliegenden Arbeit werden die Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) für den Zeitraum 1984-2004 (Wellen A-U) verwendet. Das SOEP stellt Daten einer jährlichen Wiederholungsbefragung einer repräsentativen Stichprobe in Deutschland lebender Haushalte zur Verfügung, die durch die SOEP-Projektgruppe am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Infratest Sozialforschung durchgeführt wird (vgl. im Folgenden Wagner et al. 1994; Göbel et al. 2008; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 2005). Das SOEP wurde ursprünglich im Jahr 1984 als eine Befragung einer repräsentativen Stichprobe der erwachsenen Wohnbevölkerung der damaligen Bundesrepublik begonnen und wird seither (mit einer Ausdehnung der Stichprobe auf die ehemalige DDR im Jahr 1990) kontinuierlich fortgeführt. Durch die Erhebung von Längsschnittdaten auf der Individualebene war beabsichtigt, Informationen zur Stabilität und zum Wandel der Lebenslagen von Individuen, Familien und Haushalten bereitstellen zu können, die aus traditionellen Querschnittsbefragungen nicht gewonnen werden können. Das Fragenprogramm des SOEP umfasst dabei im Wesentlichen acht inhaltliche Themenfelder, die in der jährlichen Erhebung regelmäßig erfasst werden. Dazu zählen Fragen
4.2 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP)
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zur Demographie und Haushaltsstruktur, zu Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Einkommen, Steuern und soziale Sicherung, Wohnen, Gesundheit, Bildung und Qualifikationserwerb, Leistungen privater Haushalte, sowie zu Grundorientierungen, politischer Partizipation und sozialer Integration. Durch die regelmäßige Erhebung von Informationen aus diesen verschiedenen Lebensbereichen eignet sich das SOEP sehr gut für die Durchführung empirische Analysen über Prozesse der Familien- und Haushaltsbildung, zu Erwerbsverläufen und Karrieremustern, zu Stabilität und Wandel von Erwerbs-, Transfer-, Individual- oder Haushaltseinkommen. Bis heute ist die 1984 gezogene repräsentative Haushaltsstichprobe aus der wohnberechtigten Bevölkerung der Bundesrepublik der Grundlage des SOEP geblieben. Damals wurden in zwei Stichproben über 12.000 Personen (über 16.000 Personen einschließlich minderjähriger Kinder) aus etwa 6.000 Haushalten mit deutschem oder ausländischem Haushaltsvorstand befragt. Bei beiden Stichproben handelt es sich um repräsentative Bevölkerungsstichproben, die sich lediglich durch die Grundgesamtheit und die Auswahlwahrscheinlichkeit unterscheiden. Die „westdeutsche“ Stichprobe A besteht aus der Grundgesamtheit aller Haushalten mit nicht-türkischem, -griechischem, -spanischem oder nichtitalienischem Haushaltsvorstand, während Stichprobe B aus der Grundgesamtheit der Haushalte mit Haushaltsvorständen aus den klassischen Zuwanderungsländern Türkei, Griechenland, Spanien und Italien gezogen wurde. Um angemessene statistische Analysen der Migrantenstichprobe zu ermöglichen, wurde die Auswahlwahrscheinlichkeit der Stichprobe B um etwa das Vierfache erhöht. In der Erstbefragung erreichte das SOEP eine Ausschöpfungsquote von etwa 6070% der ursprünglich gezogenen Adressenstichproben. Ausgehend von dieser Stichprobe wurden die Mitglieder der ursprünglichen Stichprobe jährlich erneut befragt, und zwar sowohl dann, wenn der ursprüngliche Haushalt weiter bestand, als auch in Fällen, wenn einzelne Haushaltsmitglieder aus dem ursprünglichen Haushalt ausgezogen waren. Dieses „Stammpersonenkonzept“, d.h. die kontinuierliche Weiterverfolgung aller Personen aus den ursprünglichen Stammhaushalten sollte vor allem die Querschnittsrepresentativität des SOEP sichern. Zusätzlich zu diesem Kernbestand von SOEP-Personen und Haushalten wurden aber insbesondere im Hinblick auf Längsschnittanalysen auch alle jene Personen dauerhaft weiterverfolgt, die nach dem Start des SOEP neu mit der Befragung in Kontakt gekommen sind, also wenn beispielsweise Personen neu in einen bestehenden Stammhaushalt ziehen, oder Personen aus ursprünglichen Stammhaushalten neue Haushalte gründen, so dass die SOEP-Stichprobe schneeballartig zunehmend erweitert wird. Allerdings sinkt die vorhandene Stichprobe trotz aufwendiger Weiterverfolgungsregeln und -strategien ständig durch Panelausfälle, insbesondere wenn
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4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
Befragungspersonen (vorübergehend oder dauerhaft) ihre Beteiligung an der Befragung einstellen, durch den Tod von Befragungspersonen, oder einen Wegzug ins Ausland. In der neuesten für diese Arbeit verwendete Panelwelle (Welle U, 2004) sind noch etwa 50% der ursprünglich etwa 16.000 Personen der Anfangsstichproben A+B enthalten (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 2005). Im Laufe der Zeit wurde diese ursprüngliche SOEP-Stichprobe durch mehrere Ergänzungsstichproben erweitert. Bei der ersten dieser Ergänzungsstichproben (Stichprobe C) handelte es sich um die 1990 begonnene Stichprobe der Wohnbevölkerung der ehemaligen DDR, in der in einer ersten Panelwelle noch vor der eigentlichen Wiedervereinigung im Oktober 1990 etwa 4.500 erwachsene Personen (über 6.000 Personen einschließlich minderjähriger Kinder) aus etwa 2.200 ostdeutschen Haushalten befragt wurden. Zwei weitere Ergänzungen wurden durch die Zuwandererstichproben D1/D2 aus den Jahren 1994/95 vorgenommen, mit welchen die Veränderung der Bevölkerungsstruktur durch die starke Zuwanderung neuer Haushalte von Aussiedlern und Asylbewerbern seit Ende der achtziger Jahre berücksichtigt werden sollte. In diesen beiden Stichproben sind insgesamt etwa 500 Haushalte mit etwa 1.100 erwachsenen bzw. insgesamt 1.700 Haushaltsmitgliedern neu in das SOEP aufgenommen worden. Im Jahr 1998 beziehungsweise im Jahr 2000 wurden dann zwei neue „Auffrischungsstichproben“ E und F in das SOEP aufgenommen, die aus jeweils unabhängig gezogenen repräsentativen Haushaltsstichproben von weiteren 1.067 beziehungsweise 6.052 Privathaushalten mit fast 2.000 beziehungsweise 11.532 erwachsenen Haushaltsmitgliedern bestehen. In der vorläufig letzten Ergänzung des SOEP wird seit dem Jahr 2002 eine Stichprobe von ursprünglich knapp 2.900 Personen in 1.200 Haushalten von Hocheinkommensbeziehern verfolgt, denen monatlich mindestens ein Nettoeinkommen von € 4.500,- zur Verfügung steht. Zusammengenommen über alle Einzelstichproben stehen damit trotz unvermeidlicher Panelausfälle in den aktuellen Wellen des SOEP über 22.000 jährliche Interviews zur Verfügung. Mit diesen Stichproben stellt das SOEP umfangreiche Längsschnittinformationen zu Lebens- und Erwerbsverläufen in der Bundesrepublik zur Verfügung. Der Kern des Fragenprogramms besteht aus prospektiven Fragen beispielsweise zur aktuellen Erwerbs-, Einkommens- oder Haushaltssituation der Befragungspersonen, aus deren jährlicher Wiederholung bereits Längsschnittinformationen zu den Einkommens- oder Berufsverläufen der Befragten gebildet werden können. Durch die mögliche Verknüpfung von Haushalts- und Personenebene lässt sich zudem auch die Entwicklung der Haushaltsstrukturen nachvollziehen, auch können dadurch partner- oder haushaltsbezogene Informationen direkt als erklärende Variablen in die empirische Analyse einbezogen werden. Außerdem ist
4.3 Analysestrategie
125
durch die große Anzahl prospektiv abgefragter Informationen das Risiko einer aufgrund von Erinnerungsverzerrungen verringerten Datenqualität minimiert. Zusätzlich zu diesen prospektiven Fragen enthält der Fragebogen aber auch eine Reihe retrospektiver Elemente, die vergangene Ereignisse rückwirkend über kürzere oder mittlere Zeiträume hinweg erheben. Dazu gehören zum einen Retrospektivfragen nach dem Auftreten bestimmter Ereignisse (Geburt eines Kindes, Trennung/Scheidung, Arbeitgeberwechsel, Stellenwechsel, Umzug etc.) seit dem vorangegangenen Interview, oder auch Fragen zur Einkommenssituation im vergangenen Jahr. Zum anderen enthält das SOEP eine Reihe von Kalendarien, die insbesondere für den individuellen Erwerbsstatus, aber auch den Bezug verschiedener Einkommens- und Transferarten (1984-1994, ab 1995 nur noch Bezugsmonate ohne exakte Datierung) oder den Bezug von Sozialhilfe (seit 1995) monatsgenaue Verlaufsangaben enthalten. Die Kalendarieninformation wird innerhalb des jährlichen Wellenfragebogens normalerweise für das vergangene Jahr abgefragt; zum Teil werden diese Informationen aber auch über längere Zeiträume retrospektiv abgefragt, wenn Personen beispielsweise in einem Jahr nicht befragt werden konnten. Außerdem werden bei der ersten Befragungsteilnahme in einem gesonderten Biographiefragebogen mehrere Angaben z.B. zur bisherigen Erwerbskarriere, zur Heirats- sowie Familienbiographie retrospektiv erhoben. 4.3 Analysestrategie Die Verwendung des SOEP hat eine Reihe entscheidender Vorteile für die hier vorgelegten Analysen. Wie bereits oben dargestellt, ermöglichen es die aus den jährlichen Befragungen des SOEP gewonnenen Längsschnittinformationen, den für ein natürliches Experiment typischen Vorher-Nachher-Vergleich anhand einer einheitlichen Stichprobe durchführen zu können, so dass die Befragungspersonen als eigene Kontrollgruppe verwendet werden können. Da bei einem Vorher-Nachher-Vergleich auf der Basis von zwei oder mehreren unterschiedlichen Stichproben nicht davon ausgegangen werden kann, dass vollständig für relevante Unterschiede in der Zusammensetzung der Stichproben kontrolliert werden kann, sollte das hier verwendete Design die Gefahr stichprobenbedingter Ergebnisverzerrungen und entsprechender Fehlschlüsse deutlich verringern. Außerdem stellt das umfangreiche Fragenprogramm des SOEP sicher, dass relevante Merkmale der Befragten sowie zentrale Lebensereignisse wie Geburten, Eheschließungen, Scheidungen oder Berufswechsel zuverlässig erfasst werden und damit als zeitveränderliche Kontrollvariablen in die Analyse aufgenommen werden können. Dadurch sollte das Risiko, dass Kompositionseffekte zu Fehl-
126
4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
schlüssen auf die Wirkung familienpolitischer Reformen beitragen, zusätzlich minimiert werden. Auch können zeitveränderliche Kovariaten in weiterführenden Analysen dazu beitragen, die mit einer Gesetzesänderung verbundenen Verhaltensänderungen zu erfassen, die zu Veränderungen der Arbeitsmarktchancen von Frauen geführt haben. Darüber hinaus führt das lange historische Beobachtungsfenster von gut 20 Jahren, das mit dem SOEP mittlerweile zur Verfügung steht, dazu, dass in der vorliegenden Arbeit auch die langfristigen Folgewirkungen der familienpolitischen Reformen der späten 1980er und frühen 1990er Jahre für den Karriereverlauf von Frauen abschätzbar sind. Die folgenden Analysen verwenden dazu einen aus dem SOEP gewonnenen Datensatz zu den Familienbiographien und Erwerbsverläufen westdeutscher Frauen im erwerbsfähigen Alter von 16 bis 64 Jahren. Die empirischen Analysen beziehen sich dabei auf Frauen, die entweder in einem der alten Bundesländer leben oder, falls sie in den neuen Bundesländern wohnen, erst nach der Wende von Westdeutschland in die neuen Bundesländer umgezogen sind. Die Analysestichprobe wurde bewusst auf westdeutsche Frauen begrenzt, um in der Analyse nur Frauen zu berücksichtigen, die im gesellschaftspolitischen System der alten Bundesrepublik aufgewachsen sind und für die deshalb die verschiedenen Reformstufen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung auch tatsächlich relevant waren. Für ostdeutsche Frauen hat hingegen die Wiedervereinigung nicht nur zu einer Veränderung der Familienpolitik, sondern zu einer nachhaltigen Transformation der gesamten Gesellschaftsstruktur und Lebensverläufe geführt. Dadurch scheint es unwahrscheinlich, dass in der unmittelbaren Nachwendezeit ein Effekt der 1992 erfolgten Ausweitung des Erziehungsurlaubs zweifelsfrei zu isolieren ist. Der Versuch, die Wirkung der 2001 unter der rot-grünen Bundesregierung erfolgte Einführung der Elternzeit auch für Frauen aus den neuen Bundesländern zu evaluieren, wäre aufgrund des Zeitfensters der hier verwendeten Datenquelle nur auf relativ kurzfristige Folgewirkungen, die bereits in den wenigen Jahren bis 2004 sichtbar würden beschränkt. Zudem zeigen die Analysen aus den folgenden Kapiteln auch, dass dieser letzte Reformschritt zumindest kurzfristig keinerlei Auswirkung auf das Fertilitäts- oder Arbeitsmarktverhalten westdeutscher Frauen hatte. Auch deshalb scheint eine gesonderte Analyse für Frauen aus den neuen Bundesländern wenig vielversprechend. Schließlich wurden Männer vollständig aus der Analysestichprobe ausgeschlossen, da der Anteil der Männer, die nach der Geburt ihrer Kinder wenigstens für eine gewisse Zeit Erziehungsurlaub beansprucht, eine statistisch kaum noch erfassbare Größe darstellt. Es ist deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass das Erwerbsverhalten oder die Arbeitsmarktchancen von Männern durch die Regelungen des Erziehungsurlaubs insgesamt, oder gar durch die jeweils spezifischen Veränderungen einzelner Gesetzesänderungen nachhal-
4.3 Analysestrategie
127
tig beeinflusst werden. Auch um in der statistischen Analyse einen möglicherweise verzerrenden Einfluss der Geschlechtersegregation im Arbeitsmarkt auszuschließen, wird mit der Verwendung einer ausschließlich weiblichen Stichprobe implizit die empirisch beobachtbare Karriereentwicklung kinderloser Frauen als relevante Vergleichsgröße für die Ermittlung der Karrierefolgen von Kindern unter sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen angesehen. Die hier verwendete Stichprobe umfasst unter den genannten Ausschlusskriterien 15.163 westdeutsche Frauen im Alter zwischen 16 und 64 Jahren, für die Angaben aus insgesamt 104.319 im Rahmen der SOEP-Studie durchgeführten Jahresinterviews vorliegen. Auf der Grundlage dieser Stichprobe wird im Folgenden untersucht, ob und inwiefern sich das Fertilitäts- und Arbeitsmarktverhalten von Frauen im Zuge der Ausweitung des Rechtsanspruchs auf den gesetzlichen Erziehungsurlaub verändert hat. Insgesamt können in dem hier vorliegenden Beobachtungszeitraum sieben Regelungsphasen unterschieden werden, in denen sukzessive großzügigere Regelungen insbesondere in Bezug auf die Länge des Erziehungsurlaubs eingeführt wurden. Die erste Phase bis einschließlich Dezember 1985 beschreibt dabei die Phase bis zur Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes, in welcher nach dem Mutterschaftsurlaubsgesetz ein Anspruch auf Mutterschaftsurlaub von 4 Monaten nach Ablauf der Mutterschutzfristen festgeschrieben war. Im Anschluss daran wurde durch das Bundeserziehungsgeldgesetz ein Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub bis zum 10. Monat nach der Geburt geschaffen, der für Geburten in den Jahren 1986 und 1987 Geltung hatte. Daran anschließend wurde die Länge des Erziehungsurlaubs in vier Reformschritten bis auf drei Jahre erweitert, die für Geburten ab dem Jahr 1992 gewährt wurden. In der Zwischenzeit hatte der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub von 1988 bis Mai 1989 (einschließlich der üblichen Mutterschutzfrist) 12 Monate, von Juni 1989 bis Mai 1990 15 Monate, und von Juni 1990 bis 1991 18 Monate betragen. Nach der Reform des Jahres 1992 erfolgte die letzte im Analysezeitraum relevante gesetzliche Veränderung durch die Einführung der Elternzeitregelungen im Jahr 2001, mit der vor allem die Inanspruchnahme des dreijährigen Erziehungsurlaubs flexibilisiert wurde. Die in den einzelnen Reformphasen jeweils geltende Rechtslage definiert dementsprechend unterschiedliche familienpolitische Rahmenbedingungen, die für Mütter in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang ihres Kindes jeweils relevant sind. Damit kommt dem Geburtszeitpunkt eines Kindes in der hier vorgelegten Studie eine entscheidende Bedeutung zu. Dadurch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen sich in verschiedenen Reformphasen unterscheiden, definiert der Zeitpunkt der Geburt den quasi-experimentellen Stimulus, dessen Auswirkungen auf weibliche Erwerbsverläufe und Familienbiographien durch die empirische Analyse untersucht werden sollen. Für die folgende Analyse ist damit entschei-
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4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
dend, dass in der empirischen Datenbasis für die einzelnen Reformphasen eine jeweils ausreichend große Zahl von Geburten bzw. der auf die Geburt folgenden Erwerbsverläufe der Mütter beobachtet werden kann. Die im SOEP für die einzelnen Reformphasen zur Verfügung stehenden Fallzahlen sind in Tabelle 4.1 dargestellt. Danach zeigt sich, dass trotz der vergleichsweise kurz aufeinander folgenden Veränderung der Regelungen des Erziehungsurlaubs in den 1980er Jahren innerhalb jeder der etwa zweijährigen Reformphasen im SOEP meist immerhin etwa 300 Geburten beobachtet werden. Für die familienpolitisch stabilste Phase zwischen 1992 und 2000 stehen sogar Daten zu mehr als 1.500 Geburten zur Verfügung, damit erscheint eine quantitative Analyse des Fertilitätsverhaltens von Frauen bzw. der Dauer von Erwerbsunterbrechungen und des weiteren Karriereverlaufs nach einem Wiedereinstieg in den Beruf zumindest im Grundsatz möglich.1 Andererseits wird auch deutlich, dass besonders in den vergleichsweise kurzen Reformphasen jeweils auch nur wenige Geburten im SOEP beobachtet werden, so dass allein aufgrund der geringen Fallzahlen die Analyseergebnisse für diese Phasen unsicherer werden. Aus diesem Grund wird in den empirischen Analysen auch auf eine weitergehende Ausdifferenzierung verzichtet. Als einzige Ausnahme hiervon werden systematisch getrennte Analysen nach Bildungsniveau durchgeführt, um für diese wichtige Differenzierung wenigstens Tendenzaussagen treffen zu können. Tabelle 4.1: Fallzahlen der phasenspezifischen Analysen, SOEP 1984-2004 Reformphase der gesetzlichen Erziehungsurlaubsregelungen 1: 1984 - 1985 2: 1986 - 1987 3: 1988 - 5/1989 4: 6/1989 - 5/1990 5: 6/1990 - 1991 6: 1992 - 2000 7: 2001 - 2004 Insgesamt
1
Anspruchsdauer in Monaten (incl. Mutterschutz)
N Geburten
N Jahresbeobachtungen (nach Geburten)
6 10 12 15 18 36 36
317 321 249 162 273 1.583 587
2.727 2.610 1.958 1.044 1.930 7.852 1.172
3.492
19.293
Für die im Rahmen dieser Arbeit gewählte Analysestrategie sind schließlich die im Beobachtungszeitraum geborenen Kinder bzw. nur die auf diese Geburten folgenden Beobachtungen der späteren Erwerbsbeteiligung bzw. Arbeitsmarktposition bedeutsam. Da in den hier verwendeten statistischen Modellen der Effekt von Kindern auf den weiteren Erwerbsverlauf mit Hilfe eines Vorher-NachherVergleichs ermittelt wird, tragen Geburten, die bereits vor Befragungsbeginn lagen, nichts zur statistischen Analyse bei.
4.3 Analysestrategie
129
Durch die über den Geburtszeitpunkt erfolgte Zuordnung der Reformvariablen ist dabei sichergestellt, dass in Kombination mit den Längsschnittdaten des SOEP systematische Vorher-Nachher-Vergleiche von Erwerbsverläufen vor bzw. nach der Geburt eines Kindes ermöglicht werden, wobei gleichzeitig auf der individuellen Ebene für wichtige Determinanten des Arbeitsmarkterfolgs kontrolliert werden kann. Außerdem können durch die im SOEP bereitgestellten Längsschnittinformationen das Fertilitäts- und Erwerbsverhalten einer einzigen Stichprobe von Frauen unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen, d.h. vor und nach einer erfolgten Regeländerung verglichen werden. In den statistischen Analysen werden dazu neuere regressionsanalytische Methoden der Panelanalyse verwendet, welche berücksichtigen, dass einzelne Untersuchungseinheiten zu mehreren Zeitpunkten beobachtet werden. Dadurch wird es möglich, so genannte Random- (RE) oder Fixed-Effects (FE)-Regressionsmodelle zu schätzen (Allison 1994; Greene 2005; Wooldridge 2002a, b), die in der statistischen Analyse für den Einfluss unbeobachteter Heterogenität, also unbeobachteter, aber zeitkonstanter Personenmerkmale kontrollieren. Da die unterschiedlichen abhängigen Variablen dieser Studie den Einsatz mehrerer verschiedener Regressionsverfahren erfordern, werden diese ausführlich in den jeweiligen empirischen Kapiteln dargestellt. Abgesehen vom Einsatz statistischer Verfahren der Längsschnittanalyse versuchen die empirischen Analysen zusätzlich auch, durch Einschluss entsprechender Kovariaten in die Regressionsmodelle für mögliche konfundierende Störfaktoren zu kontrollieren, und dadurch den kausalen Effekt der veränderten familienpolitischen Rahmenbedingungen zu isolieren. Durch die Verwendung des Sozio-ökonomischen Panels kann hier auf eine besonders große Auswahl potenziell relevanter Kontrollvariablen zurückgegriffen werden. Der Fragenkatalog des SOEP umfasst eine große Anzahl sozio-ökonomischer und demographischer Informationen, so dass die Analysen dieser Studie auf vielfältige Angaben etwa zum Geburtsjahrgang, Bildungsabschluss, ethnischen Hintergrund, zur Religionszugehörigkeit, oder zur Familien- und Erwerbsbiographie der Befragten zurückgreifen können. Dabei werden insbesondere der Erwerbsstatus der Frauen, sowie verschiedene Maße der beruflichen Stellung, beispielsweise das Monatseinkommen, Arbeitszeit, Beschäftigung im öffentlichen Dienst, als Beamter oder in Selbständigkeit, Berufsprestige oder der Frauenanteil in der Berufsgruppe, sowie die Branche des aktuellen Arbeitgebers in die Analysen aufgenommen. Ebenso können berufsbiographische Merkmale wie die tatsächliche Berufserfahrung, die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen, die Zahl von Arbeitslosigkeitsphasen, die Zahl von Arbeitgeberwechseln und die aktuelle Betriebszugehörigkeitsdauer erfasst werden.
130
4 Untersuchungsdesign und Analysestrategie
Da das Sozio-ökonomische Panel auf Haushaltsbefragung basiert, liegen entsprechende Angaben zudem auch systematisch für den aktuellen Ehe- oder Lebenspartner der Befragungspersonen vor. Dadurch wird es in der vorliegenden Studie möglich, neben den Wirkungen der individuellen Erwerbsbiographie und sonstiger sozio-demographischer Merkmale der Frauen in der verwendeten Stichprobe auch für den Einfluss der Haushaltssituation und der Erwerbsbiographie und weiterer sozio-demographischen Merkmale der Ehe- bzw. Lebenspartner zu kontrollieren. Dazu werden Kontrollvariablen beispielsweise zur aktuellen Haushaltssituation, zur Zahl der biologischen Kinder, dem Alter des jüngsten Kindes, sowie zur Berufsbiographie des aktuellen Partners gebildet. In diesem Zusammenhang werden zum Beispiel Bildung, Berufserfahrung, Erwerbsstatus, berufliche Stellung, Berufsprestige, oder das Monatseinkommen des Partners erfasst. Darüber hinaus handelt es sich beim Sozio-ökonomischen Panel um eine jährliche Wiederholungsbefragung, so dass jegliche Veränderung sowohl der Befragten- wie auch der Partnermerkmale gezielt registriert wird. Die vorliegenden Analysen greifen daher durchgängig auf potenziell zeitveränderliche Kovariaten zurück, in welchen Veränderungen beispielsweise der individuellen Erwerbsposition, der Familiensituation oder der Erwerbsposition des Partners systematisch wiedergegeben werden und ihr Einfluss dementsprechend auch in der statistischen Analyse berücksichtigt ist. Um darüber hinaus den Einfluss ökonomischer oder sonstiger makrostruktureller Rahmenbedingungen zumindest ansatzweise zu erfassen, werden außerdem das aktuelle Bundesland und die aktuelle weibliche Arbeitslosenquote als Kontrollvariablen aufgenommen. Darüber hinaus schließen die Modelle die Panelwelle als Kontrollvariable für sonstige ungemessene historische Entwicklungen der Frauenerwerbstätigkeit oder der Lohnverteilung ein, die unabhängig von der jeweiligen Reform des Erziehungsurlaubs stattgefunden haben. Die in den folgenden Analysen eingesetzten Regressionsmodelle greifen jeweils in Abhängigkeit von der entsprechenden Fragestellung unterschiedlich auf diesen Pool von Kontrollvariablen zurück und werden in den folgenden Kapiteln ausführlich dargestellt.
5 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und das Fertilitätsverhalten von Frauen
Im ersten Teil der empirischen Analyse soll untersucht werden, inwieweit die sukzessiven Reformen der Erziehungsurlaubsregelungen westdeutschen Frauen die Familiengründung erleichtert haben. Aus rein ökonomischer Betrachtung wäre ein entsprechender demographischer Nebeneffekt der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs zu erwarten. In dem Ausmaß, in dem es gelingt, durch das gesetzliche Kündigungsverbot während des Erziehungsurlaubs die ökonomischen Folgen von Erziehungsphasen tatsächlich zu reduzieren, sinken die Opportunitätskosten der Familiengründung, so dass die individuelle Fertilitätsneigung ansteigen sollte. Im Fall der bundesdeutschen Erziehungsurlaubsregelungen gilt dies vielleicht in verstärktem Maße für Frauen und Haushalte mit mittlerem bis geringem Erwerbspotenzial, für die das Erziehungsgeld eine gewisse Lohnersatzfunktion hat bzw. zusätzlich zum Kindergeld ermöglicht, die gestiegenen Lebenshaltungskosten nach einer Familiengründung zu decken. Andererseits ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs nur mit einer begrenzten Verringerung der Opportunitätskosten einer Familiengründung verbunden ist. Zum einen erfolgte bereits eine vergleichsweise umfangreiche finanzielle Kompensation der direkten Lebenshaltungskosten durch den bereits bestehenden steuerlichen Familienlastenausgleich sowie durch die Kindergeldleistungen und zum anderen war mit der Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs aber auch die politische Entscheidung gegen einen stärkeren Ausbau der Betreuungsangebote für Kleinkinder verbunden, so dass Familien für die vorschulische Kinderbetreuung im Wesentlichen weiterhin auf die bestehenden Angebote der halbtägigen Kindergartenbetreuung verwiesen blieben. 5.1 Methoden Zur Analyse des Fertilitätsverhaltens unter sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen wird im Folgenden eine Reihe logistischer Regressionsmodelle verwendet. Als abhängige Variable wird dabei jeweils die jährliche Fertilitätsra-
132
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
te, d.h. die Wahrscheinlichkeit einer Geburt zwischen zwei aufeinander folgenden Befragungswellen betrachtet. Die Analyse wird zudem auf die fertile Lebensphase beschränkt, so dass lediglich Beobachtungen von Frauen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren in die Analyse eingehen. Aus diesen Beobachtungen wird ein Periodendatensatz erstellt, zu welchem etwa 5.800 Frauen mit insgesamt knapp 40.000 Jahresbeobachtungen mit gültigen, weiter unten ausführlicher dargestellten Kovariaten beitragen. Für jede Periode wird dabei durch eine binäre Indikatorvariable festgestellt, ob sich im abgelaufenen Jahr eine Geburt ereignet hat. Dieser Indikator stellt die abhängige Variable der Analyse dar, so dass die hier vorgestellten Analysen einer Ereignisanalyse in diskreter Zeit entsprechen (vgl. Allison 1982; Singer und Willett 2003). Dabei stellt das Lebensalter der Frauen die Zeitachse der Analyse dar. Neben dem Lebensalter werden in den Regressionsmodellen eine Reihe weiterer sozialstruktureller Determinanten der Geburtenneigung als Kontrollvariablen aufgenommen. Dazu zählen besonders der höchste erreichte schulische bzw. berufliche Bildungsabschluss, die Religionszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit sowie die Zahl der eigenen Geschwister. Da die deskriptiven Analysen zeigen, dass die Fertilitätsneigung einen glockenförmigen Zusammenhang mit dem Lebensalter aufweist, enthalten die Regressionsmodelle einen linearen und einen quadratischen Term des Lebensalters, so dass in der multivariaten Analyse ein entsprechender Zusammenhang abgebildet werden kann. Da nach den deskriptiven Analysen der biographische Zeitpunkt der Familiengründungsphase außerdem vom höchsten erreichten Bildungsabschluss abhängt, werden durchgängig Interaktionsterme zwischen Bildungsabschluss und Lebensalter in die Modelle aufgenommen. Darüber hinaus wird in der statistischen Analyse erfasst, inwiefern die Fertilitätsrate von der Erwerbsbeteiligung und Arbeitsmarktposition von Frauen abhängig ist. Dazu werden in den Regressionsmodellen zeitveränderliche Kovariaten aufgenommen, die den aktuellen Erwerbsstatus, die kumulierte tatsächliche Berufserfahrung, die aktuelle berufliche Stellung, die Beschäftigung in frauenspezifischen Berufsfeldern (vgl. Hakim 1996) sowie das aktuelle Bruttoerwerbseinkommen abbilden. Außerdem wird in den Analysen für den Einfluss der Haushaltszusammensetzung auf die Fertilitätsrate kontrolliert, dabei werden die Präsenz eines Ehe- bzw. Lebenspartners, die Zahl der bereits vorhandenen Kinder, das Alter des jüngsten Kindes sowie die Altersdifferenz zum Ehe- bzw. Lebenspartner als zeitveränderliche Kovariaten berücksichtigt. Für den Fall, dass ein Ehe- bzw. Lebenspartner vorhanden ist, werden zusätzlich zentrale Merkmale wie Bildung, Erwerbsstatus, berufliche Stellung und Erwerbseinkommen des Partners erfasst, um so einen möglichen Zusammenhang zwischen der Fertilitätsrate und dem Erwerbspotenzial des Partners abbilden zu können. Schließlich
5.1 Methoden
133
wird noch für die weibliche Arbeitslosenquote im Bundesland als makrostruktureller Einflussfaktor kontrolliert. Die Auswirkungen der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs werden dann im Rahmen einer Serie von Modellschätzungen näher betrachtet. Um den Bruttoeffekt der verschiedenen Reformstufen auf die Fertilitätsneigung zu erfassen, wird zunächst ein einfaches Regressionsmodell geschätzt, das neben der Unterscheidung der verschiedenen historischen Phasen, in welchen jeweils unterschiedliche Erziehungsurlaubsregelungen Geltung hatten, lediglich die zentralen sozialstrukturellen Kontrollvariablen enthält. Im Anschluss daran wird dieses Modell schrittweise um die weiteren oben beschriebenen Kontrollvariablen erweitert. Da Faktoren wie die Erwerbsneigung und Erwerbsposition von Frauen oder die Haushaltszusammensetzung möglicherweise selbst durch die gesetzlichen Reformen beeinflusst werden können, müssen sie in der Analyse als potenziell endogen betrachtet werden. Dementsprechend kommt diesen Kontrollvariablen im Rahmen der vorliegenden Analyse zum Teil auch die Funktion von Mediatorvariablen zu, deren Veränderung über die Zeit zum Teil auf mögliche Effekte der politischen Reformen hinweisen. Der schrittweise Einschluss der entsprechenden Variablenblöcke ermöglicht demzufolge sowohl die Abschätzung entsprechender Mediatoreffekte als natürlich auch der generellen Kontrolle der Effekte wichtiger Kovariaten. Die Hauptanalyse des Kapitels wird darüber hinaus noch in verschiedener Weise erweitert und differenziert. Zum einen wird die Analyse inhaltlich erweitert, indem die Reformeffekte differenziert nach Bildungsgruppen bzw. getrennt für vor der Geburt erwerbstätige und vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter betrachtet werden. Im Hinblick auf eine Erweiterung der statistischen Modellierung werden im Folgenden neben dem einfachen logistischen Regressionsmodell zusätzlich auch Schätzergebnisse von Random- (RE) bzw. Fixed-Effects (FE) Logit-Modellen vorgestellt (Greene 2005; Wooldridge 2002b, a), mit welchen über die zur Verfügung stehenden beobachteten Kovariaten hinaus versucht werden kann, für die Einflüsse sonstiger, d.h. ungemessener Personeneigenschaften zu kontrollieren. Die Ergebnisse der RE- bzw. FE-Schätzungen können damit als zusätzliche Sensitivitätsanalysen betrachtet werden, in welchen die interessierenden Reformeffekte unter alternativen statistischen Annahmen über den Zusammenhang zwischen der Fertilitätsrate und ungemessenen Personeneigenschaften ermittelt werden.
134
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
5.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse Bevor die Ergebnisse der multivariaten Analysen vorgestellt werden, werden im Folgenden einige deskriptive Ergebnisse zur Entwicklung der allgemeinen sowie der alters- und bildungsspezifischen Fertilitätsraten von westdeutschen Frauen seit Mitte der 1980er Jahre. Abbildung 5.1 stellt dazu zunächst die Entwicklung der allgemeinen Fertilitätsrate dar. Dabei zeigt sich, dass die hier betrachtete jährliche Geburtenwahrscheinlichkeit über den gesamten Zeitraum der letzten 20 Jahre hinweg weitgehend konstant geblieben ist. Im Durchschnitt wurde in jedem Befragungsjahr für jeweils etwa sechs Prozent der westdeutschen Frauen zwischen 18 und 40 Jahren eine Geburt beobachtet. Die Geburtenrate ist zwar im Laufe der 1980er Jahre leicht auf etwa sieben Prozent angestiegen, seit Mitte der 1990er Jahre sinkt die Geburtenneigung jedoch wieder und erreicht bis zum Ende des Beobachtungszeitraums der vorliegenden Studie im Jahr 2004 ihren Tiefstwert von nur noch etwa fünf Prozent. Vergleicht man diese Entwicklung mit der zeitlichen Entwicklung der Erziehungsurlaubsgesetzgebung, so zeigt sich, dass die Fertilitätsrate zunächst zeitgleich mit der Einführung des Erziehungsurlaubs leicht angestiegen ist und bis Anfang der 1990er Jahre, also parallel zur Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf eine Dauer von drei Jahren, ihren Höhepunkt erreicht. Anschließend sinkt die Geburtenwahrscheinlichkeit wieder und fällt bis 2004 praktisch auf den Stand vor der Einführung des Erziehungsurlaubs Mitte der 1980er Jahre zurück. Hinter diesen relativ geringen Veränderungen, die sich in der deskriptiven Betrachtung der Geburtenrate zeigen, stehen möglicherweise eine Vielzahl von gegenläufigen Entwicklungen, die erst bei einer differenzierteren Analyse der Daten sichtbar werden. Besonders wichtig kann dabei die altersdifferenzierte Betrachtung sein, mit der die Veränderung der Fertilitätsneigung mit zunehmendem Lebensalter angemessen abgebildet werden kann. In Abbildung 5.2 zeigt die entsprechende Analyse, dass die Fertilitätsrate für westdeutsche Frauen einen deutlich glockenförmigen Zusammenhang mit dem Lebensalter aufweist. Die maximale Fertilitätsneigung von etwa 10 Prozent wird dabei im Alter von 28 Jahren erreicht, wobei die Fertilitätsrate für Frauen zwischen Anfang 20 und Mitte 30 durchgängig über fünf Prozent liegt. Abbildung 5.2 zeigt außerdem, dass dieses Muster mit einer leichten zeitlichen Verschiebung auch dann zutrifft, wenn Erstgeburten getrennt betrachtet werden. Im Vergleich ist die Glockenkurve für die altersspezifische Neigung zu einer zweiten oder weiteren Geburt dagegen deutlich nach links verschoben. Insbesondere unter jüngeren Müttern ist demnach die Tendenz zu weiteren Kindern besonders ausgeprägt bzw. besteht die Neigung, eine weitere Geburt relativ schnell auf die Erstgeburt folgen zu lassen.
5.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
135
Fertilitätsrate
Abbildung 5.1: Entwicklung der jährlichen Geburtenwahrscheinlichkeit, 19842004 0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.00
Reformphas e 1 2
1984
3
4
5
6
7
1989
1994
1999
2004
Anmerkung: mittels gleitender Median-Glättung geglättete Rohdaten, gewichtete Analyse.
Fertilitätsrate
Abbildung 5.2: Jährliche Geburtenwahrscheinlichkeit nach Lebensalter und Parität 0.15
0.10
0.05
0.00 18
23
28
33
38 Alter
alle Geburten
Erstgeburt
Folgegeburt
Anmerkung: mittels gleitender Median-Glättung geglättete Rohdaten, gewichtete Analyse.
136
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Abbildung 5.3 kombiniert die bisherigen Analysen, so dass die Entwicklung der altersspezifischen Geburtenwahrscheinlichkeiten für die einzelnen Reformstufen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung betrachtet werden kann. Abbildung 5.3 stellt die Entwicklung der altersspezifischen Fertilitätsraten dabei getrennt für die Geburtenfolge dar, so dass ermittelt werden kann, inwieweit es im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs zu einer Veränderung der allgemeinen Fertilitätsrate, zu einer Veränderung des Zeitpunkts der Familiengründung oder zu einer veränderten Neigung zur zweiten oder weiteren Folgegeburt gekommen ist. Wird zunächst die Entwicklung der Fertilitätsrate insgesamt betrachtet, dann sprechen die Daten tatsächlich für eine deutliche Erhöhung der Fertilitätsrate nach Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986. Bei Einführung des Erziehungsurlaubs hat sich allein das Maximum der Geburtenwahrscheinlichkeit gegenüber den Vergleichsdaten vor Einführung des Erziehungsurlaubs um 3 Prozentpunkte auf einen historischen Höchstwert von etwa 12 Prozent gesteigert. Wie auch schon in Abbildung 5.1 oben zeigt sich diese erhöhte Fertilitätsrate allerdings vor allem in den ersten vier Reformphasen nach Einführung des Erziehungsurlaubs, während die Fertilitätsraten im Anschluss an die Reform von 1992 wieder deutlich rückläufig waren. Parallel dazu ist auch zu erkennen, dass sich der Scheitelpunkt der altersspezifischen Fertilitätsraten im Zuge der Reformen leicht verändert hat. In den ersten drei Phasen nach Einführung des Erziehungsurlaubs hat sich bis Ende der 1980er Jahre die maximale Geburtenneigung um 1-2 Jahre von 26 auf 24 Jahre nach vorne verlagert. Ab Anfang der 1990er Jahre setzt jedoch wieder eine gegenläufige Tendenz ein, wodurch die Geburtenwahrscheinlichkeit in den letzten drei Reformphasen bei etwa 28 Jahren ihr Maximum erreicht, und damit insgesamt 1-2 Jahre später als vor der Einführung des Erziehungsurlaubs liegt. Werden die Daten nun noch weiter nach der Geburtenfolge untergliedert, so ist die Erhöhung der Fertilitätsrate in den ersten Phasen der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs sowohl für Erstgeburten wie auch im Fall der zweiten und weiteren Geburten feststellbar. Dabei bestätigt sich erneut, dass vor allem in den Reformphasen bis zum Ende der 1980er Jahre das Maximum der Geburtenrate für Erst- wie Folgegeburten jeweils um 3-4 Prozentpunkte über den Höchstwerten vor der Einführung des Erziehungsurlaubs lag. Ab Anfang der 1990er Jahre verringert sich die Fertilitätsrate sowohl für die Erst- als auch für die Folgegeburten wieder leicht, ohne dass sie jedoch unter die Rate vor Einführung des Erziehungsurlaubs zurück fallen. Daneben zeigt sich auch eine Veränderung des Zeitpunkts der Familiengründung im Lebenslauf westdeutscher Frauen. Während den ersten Reformphasen bis Ende der 1980er Jahre ist sowohl für die Erst- als auch für die Folgege-
5.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
137
Abbildung 5.3: Jährliche Geburtenwahrscheinlichkeit nach Reformphase, Lebensalter und Parität
Fertilitätsrate
Erstgeburt 0.16 0.14 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 18
23
28
33
38
33
38
33
38
Folgegeburt 0.16 0.14 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 18
23
28
Total 0.16 0.14 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 18
23
28
Alter 1: 1979-85
2: 1986-87
3: 1988-5/89
5: 6/90-91
6: 1992-2000
7: 2001 ff.
4: 6/89-5/90
Anmerkung: mittels gleitender Median-Glättung geglättete Rohdaten, gewichtet Analyse
138
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
burten eine Tendenz zu früheren Geburten erkennbar, die das Maximum der Fertilitätsneigung um 1-2 Jahre gegenüber den Vergleichsdaten vor Einführung des Erziehungsurlaubs nach vorne verschiebt. Ab Beginn der 1990er Jahre verkehrt sich diese Tendenz jedoch in ihr Gegenteil, so dass am Ende des Beobachtungszeitraums insbesondere bei der Erstgeburt die maximale Fertilitätsneigung erst mit 31 Jahren, und d.h. etwa zwei Jahre später als noch vor der Einführung des Erziehungsurlaubs erreicht wird. Auch wenn sich damit empirische Hinweise ergeben, dass sich im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs sowohl das Niveau wie auch das Muster der altersspezifischen Fertilitätsraten verändert haben könnten, wird allein aus Fallzahlgründen in den folgenden multivariaten Analysen nicht versucht werden, gleichzeitig beide Effekte der Erziehungsurlaubsreformen zu ermitteln. Da sich nach den hier vorgelegten Ergebnissen die biographischen Verschiebungen innerhalb des Familienzyklus in der Gesamtbetrachtung im Großen und Ganzen ausgleichen, werden sich die tiefer gehenden Analysen vor allem auf die Frage eines möglichen Niveaueffektes der Erziehungsurlaubsgesetzgebung konzentrieren. Zuvor zeigen allerdings weitere deskriptive Analysen, dass neben Lebensalter, Parität und gesetzlichen Rahmenbedingungen noch eine Vielzahl wichtiger Determinanten der Fertilitätsraten und ihrer Entwicklung denkbar sind. Wie Abbildung 5.4 zeigt, sind die Fertilitätsneigung und insbesondere der typische Zeitpunkt der Familiengründung z.B. stark durch den Ausbildungshintergrund geprägt. In der Tendenz bekommen Frauen ihre Kinder umso später, je länger ihre Ausbildung angedauert hat. Wie Abbildung 5.4 zeigt, wird die maximale Geburtenwahrscheinlichkeit von Frauen mit Haupt- oder Realschulabschluss, aber ohne weitere berufliche Ausbildung im Alter von 25 erreicht, während das Maximum für Frauen mit Haupt- oder Realschulabschluss und beruflicher Ausbildung bei 27 Jahren und bei Abiturientinnen und Universitätsabsolventinnen sogar erst mit über 30 Jahren erreicht wird. Erkennbar ist auch, dass die Fertilitätsneigung von hochqualifizierten Frauen nicht nur im Lebenszyklus nach hinten verschoben ist, sondern dass die durch die Glockenkurve abgedeckte Fläche kleiner als bei Frauen mit geringer und mittlerer Bildung ausfällt. Frauen mit höheren Bildungsabschlüssen bekommen ihre Kinder also später im Lebenszyklus und bekommen insgesamt auch weniger Kinder als Frauen der beiden unteren Bildungsgruppen, da ihre im dritten Lebensjahrzehnt etwas erhöhte Fertilitätsrate die zuvor deutlich geringeren Fertilitätsraten nicht mehr ausgleicht. Interessant ist im Rahmen der vorliegenden Studie dabei auch, dass sich für die verschiedenen Bildungsgruppen zusätzlich deutliche Unterschiede in der Entwicklung der Fertilitätsraten seit Mitte der 1980er Jahre nachweisen lassen. In Abbildung 5.5, in der die Entwicklung der jährlichen Geburtenwahrschein-
5.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
139
Fertilitätsrate
Abbildung 5.4: Jährliche Geburtenwahrscheinlichkeit nach Lebensalter und Bildungsabschluss 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 20
25
30
HS/RS ohne Lehre
HS/RS mit Lehre
35
40 Alter
Abitur
Studium
Anmerkung: mittels gleitender Median-Glättung geglättete Rohdaten, gewichtete Analyse.
Fertilitätsrate
Abbildung 5.5: Entwicklung der jährlichen Geburtenwahrscheinlichkeit, nach Bildungsabschluss 0.10
0.08
0.06
0.04
0.02 Reformphase
0.00
1
1984
2
3
4
1989 HS/RS ohne Lehre
5
6
7
1994 HS/RS mit Lehre
1999 Abitur
2004 Studium
Anmerkung: mittels gleitender Median-Glättung geglättete Rohdaten, gewichtete Analyse.
140
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
lichkeit getrennt für die einzelnen Bildungsgruppen dargestellt ist, fällt auf, dass sich insbesondere die Entwicklung der Fertilitätsneigung unter hochqualifizierten Frauen von den Entwicklungen in allen anderen Bildungsgruppen unterscheidet. Mit Ausnahme der Universitätsabsolventinnen sind die Geburtenraten über alle Bildungsgruppen hinweg ab Mitte der 1980er Jahre leicht angestiegen, um dann ab Mitte der 1990er Jahre wieder auf das Niveau Mitte der 1980er Jahre abzusinken. Unter Universitätsabsolventinnen ist die jährliche Geburtenwahrscheinlichkeit dagegen über den betrachteten Zeitraum von insgesamt zwanzig Jahren kontinuierlich von etwa neun Prozent Mitte der 1980er Jahre auf einen Tiefstwert von sieben Prozent im Jahr 2003 zurückgegangen.1 5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse Nach den Ergebnissen der deskriptiven Analyse scheint es insgesamt aber durchaus möglich, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs einen positiven Einfluss auf die Fertilitätsrate gehabt hat. Zumindest für die ersten Jahre im Anschluss an die Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 deuten die bisher durchgeführten Analysen auf eine leichte Erhöhung der Fertilitätsneigung westdeutscher Frauen hin. Um diesen möglichen positiven Einfluss stichhaltiger zu überprüfen, wird der Zusammenhang zwischen der Veränderung der Geburtenwahrscheinlichkeiten und der Einführung und sukzessiven Ausweitung des Erziehungsurlaubs mit Hilfe multivariater Regressionsanalysen genauer betrachtet. Im Folgenden werden dazu die Ergebnisse der Ereignisanalyse in diskreter Zeit vorgestellt. Die Darstellung erfolgt dabei in drei Schritten. Tabelle 5.1 enthält die Hauptergebnisse der statistischen Analyse, mit der der Einfluss der gesetzgeberischen Reformen auf die Fertilitätsneigung unter Kontrolle wichtiger alternativer Determinanten des Fertilitätsverhaltens ermittelt wird. Anschließend werden die Ergebnisse der Analyse einem Sensitivitätstest unterzogen, indem die Ergebnisse des einfachen logistischen Modells mit den Resultaten von RE- und FE-Schätzungen verglichen werden (vgl. Tabelle 5.2). Zum Abschluss der Analysen werden in Tabelle 5.3 noch getrennte Berechnungen für einzelne Bildungsgruppen vorgestellt, um mögliche Unterschiede in der Wirkung der Erziehungsurlaubsreformen zwischen den Bildungsgruppen zu erfassen.
1 In Abbildung 5.5 liegt die Fertilitätsrate der Universitätsabsolventinnen höher als für alle anderen Bildungsgruppen, da sich die Analyse auf einen kürzeren Zeitraum – zwischen Studienabschluss mit etwa 24-25 Jahren und 40 Jahren statt wie in den anderen Bildungsgruppen von 18-40 Jahren – bezieht. Abbildung 5.4 zeigt deutlicher, dass die durchschnittliche Kinderzahl von Akademikerinnen unter der durchschnittlichen Zahl von Kindern in anderen Bildungsgruppen liegt.
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
141
In Tabelle 5.1 wird der Effekt der Reformen des Erziehungsurlaubs in Modell 1 unter Kontrolle sozialstruktureller Merkmale wie Alter, Bildung, Nationalität, aber auch die Größe der Herkunftsfamilie und Religionszugehörigkeit ermittelt. Für die Kontrollvariablen ergeben sich dabei die erwarteten Effekte. Entsprechend der deskriptiven Analyse zeigt sich ein zunächst stark positiver Einfluss des Lebensalters auf die Geburtenwahrscheinlichkeit, der sich aber mit steigendem Alter aufgrund des negativen quadrierten Terms wieder abschwächt, so dass sich insgesamt ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang zwischen Alter und Fertilitätsneigung ergibt. Zusätzlich lassen die statistisch signifikanten Interaktionseffekte zwischen Alter und Bildungsniveau erkennen, dass sich die Form des Zusammenhangs insbesondere für die beiden hochqualifizierten Bildungsgruppen unterscheidet. Wie ebenfalls die deskriptiven Analysen bereits gezeigt haben, ist der Zeitpunkt der Familiengründung für Abiturientinnen und Hochschulabsolventinnen gegenüber den Frauen der anderen Bildungsgruppen zeitlich verzögert. Daneben zeigen die Ergebnisse auch, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Größe der eigenen Herkunftsfamilie und der Fertilitätsrate gibt. Insgesamt steigt die Fertilitätsrate mit steigender Geschwisterzahl deutlich an und liegt (nach Exponierung der Koeffizienten) für Frauen mit einem Geschwister um 22 Prozent, für Frauen mit zwei Geschwistern um 34 Prozent und für Frauen mit drei oder mehr Geschwistern sogar um 43 Prozent über der Fertilitätsneigung von Frauen ohne eigene Geschwister. Ein ähnlich starker Effekt scheint auch die Religionszugehörigkeit der Frauen zu haben. Während die Geburtenneigung von Frauen mit katholischer oder evangelischer Religionszugehörigkeit zwar nicht signifikant höher ist als von Frauen, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, zeigen sich deutliche Effekte für alle anderen Glaubensrichtungen. Unter Frauen, die einer anderen christlichen Religionsgemeinschaft angehören, liegt die Fertilitätsrate um ein Drittel, und unter Frauen, die einer anderen Religion, darunter hauptsächlich islamischen Glaubensrichtungen, angehören, sogar um 60 Prozent über der Fertilitätsrate von Frauen, die keiner Glaubensrichtung angehören. Unter Kontrolle der Religionszugehörigkeit ist kein zusätzlicher Effekt einer nicht-deutsche Staatsangehörigkeit auf die Geburtenrate feststellbar. Im Gegensatz zu den deskriptiven Analysen, die einen positiven Zusammenhang zwischen der Einführung des Erziehungsurlaubs und der Fertilitätsrate Frauen nahegelegt hatten, bestätigt sich dieser Zusammenhang in der multivariaten Analyse allerdings nicht. Nach Kontrolle einiger zentraler sozialstruktureller Merkmale weisen bereits die Modellschätzungen für Modell 1 keine eindeutige Tendenz auf, die von einem Einfluss der familienpolitischen Reformen auf die
142
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Tabelle 5.1: Determinanten der jährlichen Fertilitätsrate, logistische Regressionsmodelle Soziodemographische Faktoren Alter Alter quadriert Bildungsabschluss - HS/RS mit Lehre -
Abitur
-
Universität
Interaktionsterme Alter x Bildungsabschluss - Alter x HS/RS mit Lehre - Alter x Abitur -
Alter x Universität
-
Alter quadriert x HS/RS mit Lehre - Alter quadriert x Abitur - Alter quadriert x Universität ausländische Staatsangehörigkeit Religionszugehörigkeit - katholisch -
evangelisch
-
andere christliche Religionen andere Religionen
-
Zahl der Geschwister - eins -
zwei
-
drei und mehr
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
0,931** (0,072) -0,017** (0,001)
0,437** (0,067) -0,009** (0,001)
0,545** (0,070) -0,010** (0,001)
0,543** (0,071) -0,010** (0,001)
0,544** (0,071) -0,011** (0,001)
0,539** (0,071) -0,010** (0,001)
-1,420 -2,833* -1,390 -1,209 -1,200 -1,326 (1,416) (1,340) (1,360) (1,364) (1,364) (1,366) -14,890** -12,642** -12,588** -12,377** -12,377** -12,452** (3,010) (2,908) (2,901) (2,912) (2,911) (2,900) -15,373** -18,079** -17,040** -15,808** -15,808** -15,846** (4,590) (4,524) (4,585) (4,512) (4,509) (4,509)
0,100 (0,101) 0,882** (0,206) 0,822** (0,283) -0,002 (0,002) -0,012** (0,004) -0,010* (0,004) 0,115 (0,071)
0,189* (0,093) 0,771** (0,196) 1,034** (0,277) -0,003 (0,002) -0,011** (0,003) -0,014** (0,004) 0,133 (0,075)
0,103 (0,095) 0,759** (0,196) 0,967** (0,281) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,013** (0,004) 0,130 (0,076)
0,095 (0,096) 0,751** (0,197) 0,893** (0,277) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,012** (0,004) 0,183* (0,078)
0,095 (0,096) 0,751** (0,197) 0,894** (0,276) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,012** (0,004) 0,184* (0,078)
0,103 (0,096) 0,756** (0,196) 0,898** (0,277) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,012** (0,004) 0,187* (0,078)
0,119 (0,105) 0,121 (0,106) 0,289* (0,123) 0,478** (0,160)
0,236* (0,110) 0,206 (0,112) 0,392** (0,131) 0,568** (0,165)
0,222* (0,110) 0,180 (0,111) 0,377** (0,131) 0,505** (0,168)
0,233* (0,109) 0,195 (0,111) 0,397** (0,131) 0,536** (0,169)
0,233* (0,109) 0,196 (0,111) 0,396** (0,131) 0,538** (0,169)
0,230* (0,109) 0,194 (0,111) 0,399** (0,131) 0,528** (0,169)
0,199* (0,084) 0,295** (0,087) 0,358** (0,084)
0,109 (0,085) 0,202* (0,088) 0,277** (0,087)
0,117 (0,087) 0,200* (0,090) 0,269** (0,088)
0,100 (0,086) 0,190* (0,089) 0,282** (0,088)
0,101 (0,086) 0,192* (0,089) 0,282** (0,088)
0,099 (0,086) 0,191* (0,089) 0,280** (0,088)
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
143
Tabelle 5.1: (Fortsetzung) (1) Reformphasen des Erziehungsurlaubs 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Haushaltsstruktur Partner ein Kind zwei und mehr Kinder Alter jüngstes Kind Alter jüngstes Kind quadriert Altersdifferenz zum Partner (in Jahren) Erwerbsposition Erwerbsstatus - erwerbstätig -
arbeitslos
Erwerbseinkommen logarithmiert Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufserfahrung (in Jahren)
0,095 (0,105) 0,012 (0,100) -0,052 (0,125) 0,026 (0,120) -0,030 (0,083) -0,141 (0,096)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
0,093 (0,108) -0,018 (0,102) -0,106 (0,127) -0,007 (0,122) -0,015 (0,085) -0,058 (0,099)
0,083 (0,108) -0,002 (0,103) -0,065 (0,128) 0,052 (0,122) 0,004 (0,086) -0,049 (0,099)
0,077 (0,108) -0,019 (0,103) -0,093 (0,128) 0,031 (0,122) -0,032 (0,086) -0,105 (0,100)
0,095 (0,111) -0,020 (0,103) -0,111 (0,129) -0,001 (0,126) -0,011 (0,090) -0,074 (0,106)
0,039 (0,136) -0,125 (0,139) -0,033 (0,165) -0,068 (0,170) -0,001 (0,113) -0,005 (0,129)
2,012** (0,092) -0,066 (0,072) -1,136** (0,091) 0,156** (0,034) -0,020** (0,004) -0,028** (0,007)
2,085** (0,095) -0,462** (0,091) -1,570** (0,111) 0,219** (0,038) -0,023** (0,004) -0,029** (0,007)
1,795** (0,184) -0,469** (0,091) -1,593** (0,112) 0,221** (0,038) -0,023** (0,004) -0,034** (0,007)
1,795** (0,184) -0,469** (0,091) -1,594** (0,112) 0,221** (0,038) -0,023** (0,004) -0,034** (0,007)
1,797** (0,184) -0,473** (0,091) -1,600** (0,112) 0,221** (0,038) -0,023** (0,004) -0,033** (0,007)
-0,604** (0,081) 0,132 (0,099) 0,014 (0,059) 0,237 (0,157) -0,022 (0,085) 0,062 (0,193) 0,013 (0,008)
-0,590** (0,081) 0,160 (0,099) 0,014 (0,058) 0,240 (0,160) -0,016 (0,086) 0,055 (0,191) 0,014 (0,008)
-0,591** (0,081) 0,162 (0,099) 0,014 (0,058) 0,241 (0,160) -0,016 (0,086) 0,057 (0,191) 0,014 (0,008)
-0,750** (0,127) 0,165 (0,099) -0,004 (0,061) 0,243 (0,160) -0,010 (0,086) 0,077 (0,192) 0,013 (0,008)
144
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Tabelle 5.1: (Fortsetzung) (1) Frauenanteil im Berufsfeld - neutrales Berufsfeld -
männlich geprägtes Berufsfeld
Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Erwerbseinkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Interaktionsterme Reformphasen x Erwerbstätigkeit 1986 – 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 – 1991 1992 – 2000 2001 - ff. Konstante N Personenjahre Pseudo-R2 Log likelihood LR-Test: Chi2
(2)
(3) 0,007 (0,077) -0,121 (0,115)
(4)
(5)
(6)
0,012 (0,078) -0,118 (0,115)
0,012 (0,078) -0,119 (0,115)
0,015 (0,078) -0,122 (0,115)
0,026* (0,012) 0,056 (0,091) 0,343** (0,074) -0,082 (0,122) 0,033 (0,085) 0,128 (0,112)
0,026* (0,012) 0,052 (0,091) 0,344** (0,074) -0,082 (0,122) 0,033 (0,085) 0,131 (0,112)
0,026* (0,012) 0,057 (0,091) 0,348** (0,074) -0,087 (0,123) 0,033 (0,085) 0,130 (0,112)
-0,013 (0,014)
-0,013 (0,014)
0,166 (0,193) 0,302 (0,185) 0,401* (0,184) -0,016 (0,238) 0,305 (0,219) 0,141 (0,126) -15,716** -10,121** -11,408** -11,317** -11,223** -11,165** (0,977) (0,927) (0,967) (0,974) (0,975) (0,975) 39465 39465 39465 39465 39465 39465 0,101 0,168 0,176 0,178 0,178 0,178 -7625,2 -7056,7 -6994,2 -6974,4 -6974,0 -6970,3 789,1** 1663,2** 1705,7** 1710,9** 1709,1** 1710,4**
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985; Religion: konfessionslos; Bildung: HS/RS ohne Lehre; Frauenanteil im Berufsfeld: weiblich geprägtes Berufsfeld (Frauenanteil > 66%). Die Analyse enthält zusätzlich eine Kontrollvariable für die Länge der Zeitspanne zwischen zwei Folgeinterviews.
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
145
Reformeffekt (odds ratio)
Abbildung 5.6: Conditional-effect Plot des Effekts der Reformen des Erziehungsurlaubs auf die jährliche Fertilitätsrate (Modell 1) 1.20
1.10
1.00
0.90
0.80
0.70 1
2
3
4
5
6
7 Reformphase
Geburtenrate sprechen ließe. Dies wird auch im Conditional-effect Plot in Abbildung 5.6 deutlich, in dem der in Modell 1 ermittelte Effekt der Erziehungsurlaubsreformen in Form der vorhergesagten odds ratios dargestellt wird. Dabei ist offensichtlich, dass die Reformen wohl allenfalls marginalen Einfluss auf die Fertilitätsrate westdeutscher Frauen hatten. Lediglich unmittelbar auf die Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 zeigt sich eine Erhöhung der Geburtenrate um etwa 10 Prozent. In den weiteren Phasen erweist sich selbst dieser leichte Effekt allerdings nicht als nachhaltig, so dass sich in allen weiteren Reformstufen keinerlei Wirkung auf die Fertilitätsrate feststellen lässt. Erst in der letzen Reformwelle lässt sich wieder eine deutlichere Veränderung feststellen, allerdings fällt hier die Geburtenwahrscheinlichkeit sogar um weitere 10 Prozent ab. Abgesehen von den generell niedrigen Koeffizienten deuten auch die durchgängig negativen Ergebnisse der Signifikanztests darauf hin, dass die verschiedenen Reformstufen insgesamt keinen wesentlichen Effekt auf die Fertilitätsrate entfaltet haben. Dieses negative Ergebnis für den Effekt der veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen bleibt auch nach Einschluss weiterer Kovariaten in den Modellen 2-5 unverändert. In Modell 2 werden beispielsweise zusätzlich Merkmale der Haushaltsstruktur aufgenommen. Naturgemäß steigert die Existenz eines Partners die Fertilitätsneigung dramatisch. Zusätzlich spielt aber auch die Altersdifferenz zwischen den Partnern eine signifikante Rolle bei der Entscheidung zu einem Kind, und die Geburtenwahrscheinlichkeit geht mit zunehmendem Alters-
146
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
unterschied der Partner zurück. Es zeigt sich außerdem, dass die Geburtenneigung von der Zahl der bereits vorhandenen Kinder abhängt. Besonders deutlich zeigt sich dieser Effekt für Frauen, die bereits zwei oder mehr Kinder haben: ihre Wahrscheinlichkeit, ein weiteres Kind zu bekommen, liegt 68 Prozent niedriger als für vergleichbare Frauen, die noch keine eigenen Kinder haben. Außerdem zeigt sich ein spacing-Effekt insofern, dass der Altersabstand zu einem bereits vorhanden Kind einen Einfluss auf den Zeitpunkt der Folgegeburt hat. Der Zusammenhang ist insgesamt kurvilinear, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Folgegeburt in der ersten Zeit nach einer Geburt erhöht ist, mit zunehmendem Alter des jüngsten bereits vorhandenen Kindes aber wieder abnimmt. In Modellschätzung 3 wird zusätzlich für verschiedene Merkmale der aktuellen beruflichen Stellung der Frauen kontrolliert. Dabei zeigt sich, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen die Wahrscheinlichkeit einer Geburt allein fast halbiert, so dass die Fertilitätsneigung erwerbstätiger Frauen um 45 Prozent niedriger als für vergleichbare nichterwerbstätige Frauen liegt. Alle weiteren über den Erwerbsstatus hinaus berücksichtigten Merkmale haben dagegen keine signifikante Erklärungskraft für das Fertilitätsverhalten von Frauen. Zwar ist die Geburtenneigung für arbeitslose Frauen oder Frauen im Beamtenstatus leicht erhöht, aber beide Effekte erweisen sich auf dem 5%-Signifikanzniveau als knapp nicht signifikant. Ebenso zeigt sich kein aussagekräftiger Effekt der Beschäftigung in weiblich geprägten Berufsfeldern oder einer selbständigen Beschäftigung, in welcher sich Familie und Beruf unter Umständen leichter vereinbaren lässt. Der Einschluss der Merkmale der individuellen Erwerbsposition bewirkt allerdings, dass der Effekt bereits vorhandener Kinder auf die Fertilitätsrate deutlich negativere Werte annimmt. Daraus ergibt sich, dass unter Kontrolle des Erwerbsstatus die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Geburt für Frauen, die bereits ein Kind haben, um ein Drittel absinkt, und nach der zweiten Geburt im Vergleich zur Fertilitätsneigung von Frauen ohne Kinder sogar um fast 80 Prozent zurückgeht. In einem nächsten Schritt wurde schließlich in Modell 4 noch Variablen zur Partnerbiographie sowie in Modell 5 die allgemeine Arbeitsmarktlage zusätzlich in der Regression berücksichtigt. Abgesehen von Bildungsstand und Einkommen des Partners erweist sich jedoch keines dieser Merkmale als erklärungskräftig. Für Bildungsstand und Einkommen des Partners ergeben die Modellschätzungen, dass die Geburtenneigung mit jedem zusätzlichen Bildungsjahr des Partners um etwa 2,5 Prozent ansteigt. Größeren Einfluss hat dagegen das Erwerbseinkommen des Partners, da eine Verdoppelung des Einkommens die Wahrscheinlichkeit einer Geburt um ein Viertel erhöht. Nachdem sich in den Modellen aus Tabelle 5.1 bislang kein Effekt der familienpolitischen Veränderungen auf die Fertilitätsrate gezeigt hat, werden die
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
147
Reformeffekte im letzten Stufenmodell der Tabelle noch gesondert für erwerbstätige und nicht erwerbstätige Frauen betrachtet. Da die Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs nur für erwerbstätige Frauen eine Rolle spielen sollte, sollten entsprechende Reformeffekte prinzipiell nur für die Gruppe der erwerbstätigen Frauen sichtbar werden, während das Fertilitätsverhalten nicht erwerbstätiger Frauen von der Ausweitung des Erziehungsurlaubs unbeeinflusst sein sollte. In diesem Fall würden die vorangegangenen Analysen den positiven Fertilitätseffekt unterschätzen, da bislang jeweils der Gesamteffekt der Erziehungsurlaubsreformen im Durchschnitt der erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Frauen betrachtet wurde. Andererseits ist auch denkbar, dass die familienpolitischen Reformen das Geburtenverhalten nicht erwerbstätiger Frauen beeinflusst haben könnten. Insbesondere dadurch, dass das 1986 gleichzeitig mit dem Erziehungsurlaub eingeführte Erziehungsgeld auch für nicht erwerbstätige Frauen ausgezahlt wird, sollte sich auch für nicht erwerbstätige Frauen der ökonomische Anreiz zur Familiengründung erhöhen. Die getrennte Analyse wird also zeigen, ob allein materielle Anreize in Form des auch an nicht erwerbstätige Frauen ausgezahlten Erziehungsgeldes bereits einen Effekt auf die Fertilitätsneigung hatten, oder ob sich lediglich für die verknüpfte Einführung von Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld eine Auswirkung auf die Fertilitätsrate erwerbstätiger Frauen feststellen lässt. Abbildung 5.7 stellt die in Modell 6 ermittelten Reformeffekte erneut in Form eines Conditional-effect Plots getrennt für erwerbstätige und nichterwerbstätige Frauen dar. Wie bereits theoretisch erwartet, sind die für erwerbstätige Frauen ermittelten Reformeffekte dabei etwas größer als die Effekte auf die Geburtenneigung nicht erwerbstätiger Frauen. Für die Gruppe der nicht erwerbstätigen Frauen zeigen die Ergebnisse dabei insgesamt keinerlei Veränderung der Fertilitätsrate über die verschiedenen Reformphasen, so dass die Effektkoeffizienten über den gesamten Zeitraum bei etwa Null liegen. Daraus kann geschlossen werden, dass die alleinige Erhöhung der materiellen Anreize der Familiengründung durch das an nicht erwerbstätige Frauen ausgezahlte Erziehungsgeld keinerlei Effekte aus der Geburtenneigung ergeben hat. Demgegenüber werden allerdings durch Trennung der beiden Gruppen auch vergleichsweise deutlichere Effekte der Erziehungsurlaubsreformen für die Gruppe erwerbstätiger Frauen sichtbar. Für die erwerbstätigen Frauen steigt die Fertilitätsrate nach der Einführung des Erziehungsurlaubs im weiteren Zeitverlauf um durchschnittlich etwa 20 Prozent an. Allerdings sind die Reformeffekte auch in diesem Fall so klein, dass sie statistisch nicht sicher festgestellt werden können und die entsprechenden Koeffizienten bis auf eine einzige Ausnahme die üblichen Signifikanztests nicht bestehen.
148
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Effektkoeffizienten (odds ratios)
Abbildung 5.7: Conditional-effect Plot des Effekts der Reformen des Erziehungsurlaubs auf die jährliche Fertilitätsrate, nach Erwerbsstatus der Frau (Modell 6) 1.6
1.4
1.2
1.0
0.8 nicht erwerbstätige Frauen
0.6 1
2
3
4
erwerbstätige Frauen 5
6 7 Reformphasen
Effekte des Erziehungsurlaubs in RE- und FE-Modellierungen Da eine Verzerrung der Schätzergebnisse durch ausgelassene oder ungemessene relevante Kovariaten im Rahmen der bisher verwendeten Logitmodelle nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, werden in einem nächsten Analyseschritt die Endmodelle aus der vorangegangenen Analyse nun nochmals mit Hilfe von Random-Effects (RE) sowie Fixed-Effects (FE) Regressionsmodellen geschätzt. Wie oben dargestellt, wird in diesen Modellen durch jeweils unterschiedliche Modellannahmen versucht, für die Effekte ungemessener Merkmale zu kontrollieren, indem zusätzlich personenspezifische Effekte in Form eines personenspezifischen Fehlerterms berücksichtigt werden. In Tabelle 5.2 werden dazu die Ergebnisse für die Modelle 5 und 6 (Gesamtmodell mit allen Kovariaten beziehungsweise Gesamtmodell mit zusätzlichem Interaktionseffekt zwischen Reformphase und individuellem Erwerbsstatus der Frauen) aus den bereits vorgestellten Logitmodellen den zusätzlichen Ergebnissen der zwei alternativen Modelle gegenübergestellt. Bereits ein oberflächlicher Vergleich der Koeffizienten zeigt dabei, dass sich die Ergebnisse der Random-Effects-Schätzung nur wenig von denen des normalen Logitmodells unterscheidet. Die Korrektur einer möglichen Schätzverzerrung durch Annahme eines normalverteilten personenspezifischen Fehlerterms, der nicht mit den übrigen
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
149
Kovariaten des Modells korreliert ist, ist empirisch also wenig effektiv, so dass im Weiteren auch nicht mehr gesondert auf diese Modellergebnisse eingegangen wird. Im Gegensatz dazu zeigen sich jedoch im Vergleich des üblichen Logitmodells mit der Fixed-Effects-Modellierung deutliche Unterschiede in der Einflussstärke der verschiedenen Kontrollvariablen auf die Geburtenrate. Dabei wird deutlich, welche der oben getroffenen Aussagen auch unter der Annahme der Wirkung ungemessener personenspezifischer Faktoren, die wiederum auch die gemessenen Kovariaten beeinflussen können, noch zutreffend sind. So ist beispielsweise in den Fixed-Effects-Regressionen der Zusammenhang zwischen der Geburtenwahrscheinlichkeit und dem Lebensalter deutlich ausgeprägter. Zusätzlich fallen auch die Schätzergebnisse für die Effekte der verschiedenen Bildungsgruppen vergleichsweise deutlicher aus, was auch in den anschließenden bildungsgruppenspezifischen Analysen noch ausführlicher dargestellt werden wird. Besonders auffällig dabei ist, dass der Zusammenhang zwischen der Fertilitätsneigung und der ökonomischen Situation der Frauen in den FE- Modellen insgesamt deutlich stärker als im Standardmodell sichtbar wird. Wie auch schon in den Ergebnissen der einfachen Logitregression erweist sich der Erwerbsstatus der Frauen als besonders einflussreich, wobei seine Bedeutung in den FE-Modellen noch zunimmt und sich die Stärke des Effekts gegenüber dem einfachen Logitmodell um etwa die Hälfte erhöht. Dementsprechend würde mit dem FE-Modell vorhergesagt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine erwerbstätige Frau ein Kind bekommt, nur etwa 35 Prozent der Wahrscheinlichkeit für nicht erwerbstätige Frauen beträgt, während der entsprechende Zusammenhang im einfachen Logitmodell noch knapp unter 50 Prozent lag. Anders als noch in der logistischen Regression hat in den FEModellschätzungen zudem auch das eigene Erwerbseinkommen einer Frau einen deutlichen negativen Einfluss auf die Fertilitätsneigung, wenngleich der Effekt in der vorliegenden Stichprobe allerdings nur auf dem 10%-Niveau statistisch signifikant ist. Außerdem zeigt sich ebenfalls ein negativer Zusammenhang zwischen der Geburtenhäufigkeit und der individuellen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Geburt auch unter arbeitslosen Frauen etwa 25 Prozent niedriger liegt als unter ökonomisch inaktiven Frauen. Zusammen mit dem Erwerbsstatus gewinnen auch weitere Elemente der beruflichen Stellung von Frauen wie beispielsweise ihre Berufserfahrung, eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder als Beamtin an Erklärungskraft. Mit dem Bedeutungsgewinn der individuellen ökonomischen Situation für die Geburtenneigung geht in den FE-Modellen schließlich auch eine Verstärkung der für die ökonomische Situation des Partners ermittelten Effekte einher. So verstärkt sich beispielsweise der Einfluss des Erwerbsstatus des Partners auf die Fertilitätsrate
150
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Tabelle 5.2: Determinanten der jährlichen Fertilitätsrate, RE- und FE-Logitmodelle (1) Logit, Haupteffekte
Soziodemographische Faktoren Alter Alter quadriert Bildungsabschluss - HS/RS mit Lehre -
Abitur
-
Universität
Interaktionsterme Alter x Bildungsabschluss - Alter x HS/RS mit Lehre - Alter x Abitur -
Alter x Universität
-
Alter quadriert x HS/RS mit Lehre - Alter quadriert x Abitur - Alter quadriert x Universität Ausländische Staatsangehörigkeit Religionszugehörigkeit - Katholisch -
Evangelisch
-
andere christliche Religion andere Religion
-
0,544** (0,071) -0,011** (0,001)
(6) (5) (2) (3) (4) Logit, RE Modell, RE-Modell, FE-Modell, FE-Modell, Interaktion Haupt- Interaktion Haupt- Interaktion Erwerbssta- effekte Erwerbssta- effekte Erwerbsstatus x Retus x Retus x Reformen formen formen
0,539** (0,071) -0,010** (0,001)
0,590** (0,073) -0,011** (0,001)
0,585** (0,073) -0,011** (0,001)
1,579** (0,118) -0,028** (0,002)
1,566** (0,118) -0,028** (0,002)
-1,200 -1,326 -1,164 -1,284 -0,370 -0,476 (1,364) (1,366) (1,419) (1,420) (2,097) (2,099) -12,377** -12,452** -12,578** -12,632** -16,449** -16,504** (2,911) (2,900) (2,812) (2,808) (4,512) (4,511) -15,808** -15,846** -16,645** -16,691** -23,623** -23,698** (4,509) (4,509) (4,804) (4,802) (7,686) (7,709)
0,095 (0,096) 0,751** (0,197) 0,894** (0,276) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,012** (0,004) 0,184* (0,078)
0,103 (0,096) 0,756** (0,196) 0,898** (0,277) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,012** (0,004) 0,187* (0,078)
0,092 (0,099) 0,760** (0,191) 0,936** (0,290) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,013** (0,004) 0,206* (0,082)
0,100 (0,099) 0,763** (0,190) 0,941** (0,290) -0,002 (0,002) -0,011** (0,003) -0,013** (0,004) 0,208* (0,082)
0,233* (0,109) 0,196 (0,111) 0,396** (0,131) 0,538** (0,169)
0,230* (0,109) 0,194 (0,111) 0,399** (0,131) 0,528** (0,169)
0,258* (0,107) 0,222* (0,109) 0,445** (0,135) 0,583** (0,171)
0,255* (0,107) 0,219* (0,109) 0,447** (0,135) 0,574** (0,171)
0,042 (0,147) 0,995** (0,304) 1,232** (0,458) -0,000 (0,003) -0,014** (0,005) -0,013* (0,007)
0,048 (0,147) 0,998** (0,304) 1,234** (0,459) -0,000 (0,003) -0,014** (0,005) -0,013* (0,007)
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse Tabelle 5.2
(Fortsetzung) (1) Logit, Haupteffekte
Geschwisterzahl - eins -
zwei
-
drei und mehr
Haushaltsstruktur Partner ein Kind zwei und mehr Kinder Alter jüngstes Kind Alter jüngstes Kind quadriert Altersdifferenz zum Partner Erwerbsposition Erwerbsstatus - Erwerbstätig -
Arbeitslos
Einkommen (logarithmiert) Beamtin öffentlicher Dienst selbständig Berufserfahrung
151
(6) (3) (4) (5) (2) Logit, RE Modell, RE-Modell, FE-Modell, FE-Modell, Interaktion Haupt- Interaktion Haupt- Interaktion Erwerbssta- effekte Erwerbssta- effekte Erwerbsstatus x Retus x Retus x Reformen formen formen
0,101 (0,086) 0,192* (0,089) 0,282** (0,088)
0,099 (0,086) 0,191* (0,089) 0,280** (0,088)
0,101 (0,090) 0,205* (0,092) 0,300** (0,091)
0,099 (0,090) 0,204* (0,092) 0,297** (0,091)
1,795** (0,184) -0,469** (0,091) -1,594** (0,112) 0,221** (0,038) -0,023** (0,004) -0,034** (0,007)
1,797** (0,184) -0,473** (0,091) -1,600** (0,112) 0,221** (0,038) -0,023** (0,004) -0,033** (0,007)
1,865** (0,187) -0,643** (0,098) -1,906** (0,128) 0,260** (0,032) -0,025** (0,003) -0,036** (0,007)
1,867** (0,187) -0,643** (0,099) -1,907** (0,129) 0,259** (0,032) -0,025** (0,003) -0,035** (0,007)
1,273** (0,440) -3,601** (0,136) -7,127** (0,216) 0,417** (0,041) -0,032** (0,004) -0,056* (0,022)
1,264** (0,441) -3,601** (0,136) -7,129** (0,217) 0,418** (0,041) -0,032** (0,004) -0,057* (0,022)
-0,591** (0,081) 0,162 (0,099) 0,014 (0,058) 0,241 (0,160) -0,016 (0,086) 0,057 (0,191) 0,014 (0,008)
-0,750** (0,127) 0,165 (0,099) -0,004 (0,061) 0,243 (0,160) -0,010 (0,086) 0,077 (0,192) 0,013 (0,008)
-0,634** (0,080) 0,154 (0,097) 0,008 (0,062) 0,280 (0,164) -0,029 (0,092) 0,043 (0,208) 0,016 (0,008)
-0,789** (0,125) 0,158 (0,097) -0,011 (0,064) 0,284 (0,164) -0,024 (0,092) 0,063 (0,208) 0,015 (0,008)
-1,031** (0,120) -0,290* (0,131) -0,172 (0,090) 0,923** (0,329) -0,293* (0,149) -0,470 (0,354) 0,344** (0,025)
-1,059** (0,177) -0,291* (0,132) -0,169 (0,093) 0,930** (0,330) -0,295* (0,149) -0,464 (0,353) 0,353** (0,027)
152
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Tabelle 5.2: (Fortsetzung) (1) Logit, Haupteffekte Frauenanteil im Berufsfeld - neutrales Berufsfeld -
männlich geprägtes Berufsfeld
Partnermerkmale Bildungsjahre erwerbstätig Einkommen logarithmiert Beamter öffentlicher Dienst selbständig Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Reformphasen des Erziehungsurlaubs 1986 – 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 – 1991 1992 – 2000 2001 - ff. Interaktionsterme Reformphasen x eigene Erwerbstätigkeit 1986 – 1987
(6) (4) (5) (2) (3) Logit, RE Modell, RE-Modell, FE-Modell, FE-Modell, Interaktion Haupt- Interaktion Haupt- Interaktion effekte effekte
0,012 (0,078) -0,119 (0,115)
0,015 (0,078) -0,122 (0,115)
0,016 (0,083) -0,113 (0,119)
0,019 (0,083) -0,115 (0,119)
0,081 (0,134) -0,123 (0,194)
0,077 (0,134) -0,134 (0,193)
0,026* (0,012) 0,052 (0,091) 0,344** (0,074) -0,082 (0,122) 0,033 (0,085) 0,131 (0,112)
0,026* (0,012) 0,057 (0,091) 0,348** (0,074) -0,087 (0,123) 0,033 (0,085) 0,130 (0,112)
0,026* (0,013) 0,071 (0,092) 0,362** (0,079) -0,073 (0,128) 0,028 (0,091) 0,129 (0,113)
0,025* (0,013) 0,075 (0,092) 0,365** (0,079) -0,077 (0,128) 0,028 (0,091) 0,129 (0,113)
0,032 (0,037) 0,251 (0,140) 0,712** (0,141) 0,535 (0,319) 0,010 (0,172) 0,038 (0,227)
0,033 (0,037) 0,259 (0,140) 0,712** (0,141) 0,528 (0,318) 0,012 (0,173) 0,030 (0,227)
-0,013 (0,014)
-0,013 (0,014)
-0,015 (0,014)
-0,014 (0,014)
-0,000 (0,020)
-0,001 (0,020)
0,095 (0,111) -0,020 (0,103) -0,111 (0,129) -0,001 (0,126) -0,011 (0,090) -0,074 (0,106)
0,039 (0,136) -0,125 (0,139) -0,033 (0,165) -0,068 (0,170) -0,001 (0,113) -0,005 (0,129)
0,097 (0,112) -0,027 (0,110) -0,121 (0,134) -0,009 (0,132) -0,024 (0,093) -0,085 (0,110)
0,032 (0,143) -0,152 (0,144) -0,069 (0,175) -0,099 (0,176) -0,039 (0,117) -0,037 (0,134)
0,306* (0,144) 0,211 (0,161) 0,179 (0,200) 0,225 (0,214) 0,007 (0,230) 0,233 (0,308)
0,365* (0,183) 0,131 (0,205) 0,224 (0,248) 0,203 (0,263) 0,133 (0,261) 0,328 (0,332)
0,166 (0,193)
0,113 (0,195)
0,145 (0,294)
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
153
Tabelle 5.2: (Fortsetzung) (1) Logit, Haupteffekte 1988 - 05/1989
(6) (4) (5) (2) (3) Logit, RE Modell, RE-Modell, FE-Modell, FE-Modell, Interaktion Haupt- Interaktion Haupt- Interaktion effekte effekte 0,302 (0,185) 0,401* (0,184) -0,016 (0,238) 0,305 (0,219) 0,141 (0,126)
06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff.
0,272 (0,189) 0,401* (0,183) -0,003 (0,238) 0,311 (0,224) 0,150 (0,127)
Konstante
-11,223** -11,165** -11,994** -11,904** (0,975) (0,975) (1,018) (1,019)*
N Personenjahre N Personen Pseudo-R² Log likelihood LR Test chi²
39465 5824 0,178 -6974,0 1709,1**
39465 5824 0,178 -6970,3 1710,4**
39465 5824 -0,217 -6967,9 1601,3**
39465 5824 -0,218 -6964,6 1599,4**
0,023 (0,262) 0,374 (0,243) 0,094 (0,292) 0,241 (0,272) -0,064 (0,167)
15942 1456 0,345 -2902,3 3058,2**
15942 1456 0,346 -2899,7 3063,4**
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985; Religion: konfessionslos; Bildung: HS/RS ohne Lehre; Frauenanteil im Berufsfeld: weiblich geprägtes Berufsfeld (Frauenanteil > 66%). Die Analyse enthält zusätzlich eine Kontrollvariable für die Länge der Zeitspanne zwischen zwei Folgeinterviews.
im Vergleich zu den Ergebnissen des Logitmodells nochmals deutlich, wenngleich auch dieser Effekt für die kleinere Stichprobe, die in die FEModellschätzung eingeht, lediglich auf dem 10%-Niveau statistisch signifikant ist. In ähnlicher Weise verstärkt sich außerdem der Effekt des Partnereinkommens auf die Geburtenwahrscheinlichkeit, der in der FE-Schätzung fast doppelt so hoch wie im einfachen Logitmodell ausfällt. Insgesamt ist also auffällig, dass in der FE-Schätzung die ökonomischen Grundlagen der Familiengründung deutlich stärker sichtbar werden, da die FE-Modellierung offenbar deutlich besser dazu in der Lage ist, für ungemessene Einflussfaktoren wie etwa individuelle Einstellungen, Familienorientierung oder die Form von Partnerschaften zu kontrollieren, die mit ökonomischen Ereignissen und Faktoren korreliert sein können. Im selben Maße, wie in den FE-Modellen insgesamt die Bedeutung ökonomisch-rationaler Erwägungen in der Entscheidung für ein Kind stärker hervortritt, werden auch stärkere Effekte der familienpolitischen Reformen sichtbar.
154
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Genau wie für die vorangegangenen Analysen gibt Abbildung 5.8 die ermittelten Effekte der Reformen des Erziehungsurlaubs in Form der vorhergesagten odds ratios im Vergleich zur Situation vor Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 1) wieder. Wie bereits oben ausführlicher dargestellt, fallen die Effekte der einzelnen Reformphasen sowohl in der logistischen als auch in der RE-Regression vergleichsweise gering aus und liegen in beiden Fällen durchschnittlich bei Null. Die FE-Regressionsschätzung gelangt dagegen zu Ergebnissen, die für einen stärkeren Einfluss der Einführung des Erziehungsurlaubs auf die Fertilitätsentscheidungen westdeutscher Frauen sprechen. Im Durchschnitt der einzelnen Reformphasen ergibt sich eine Erhöhung der Fertilitätsrate um etwa 20 Prozent. Ein besonders deutlicher Effekt zeigt sich dabei unmittelbar bei Einführung des Erziehungsurlaubs Mitte der 1980er Jahre, bei der eine Erhöhung der Geburtenwahrscheinlichkeit um fast 40 Prozent beobachtet wird. Dabei ist zum Teil eindeutig von einem einmaligen Effekten auszugehen, da die Reformeffekte im Anschluss an diese Phase wieder deutlich zurückgehen und sich, mit Ausnahme der Phase der unmittelbaren Einführung des Erziehungsurlaubs, auch nicht mehr als statistisch signifikant erweisen. Entsprechend der Hauptanalyse wurde auch im Rahmen der RE- und FEModellschätzungen wieder eine zweite Modellvariante geschätzt, in welcher zusätzlich Interaktionsterme zwischen den Reformstufen und dem individuellen Erwerbsstatus aufgenommen wurden, um den potenziell unterschiedlichen Einfluss der Reformen des Erziehungsurlaubs auf das Fertilitätsverhalten erwerbstätiger und nicht erwerbstätiger Frauen sichtbar zu machen. In Abbildung 5.9 sind die Reformeffekte, die sich aus der entsprechenden Fixed-Effects-Regression ergeben, erneut in Form der vorhergesagten odds ratios wiedergegeben. Nach den Ergebnissen des FE-Modells ist dabei sowohl die Fertilitätsneigung der erwerbstätigen als auch der nicht erwerbstätigen Frauen im Zuge der Reformen angestiegen. Für die Gruppe der nicht erwerbstätigen Frauen ergibt sich eine um durchschnittlich 20 Prozent erhöhte Fertilitätsneigung, während bei Einführung des Erziehungsurlaubs sogar eine kurzfristige Erhöhung um 40 Prozent im Vergleich zum Ausgangsniveau feststellbar ist. Wie bereits im vorangegangenen Modell erweist sich aber auch hier dieser einmalige Einführungseffekt wiederum als der einzig statistisch belastbare Reformeffekt im Modell. Und ebenso wie im einfachen logistischen Regressionsmodell lässt sich tendenziell über alle Reformphasen hinweg ein etwas positiverer Einfluss der Erziehungsurlaubsreformen auf die Geburtenneigung unter erwerbstätigen Frauen feststellen. Allerdings sind die Unterschiede in der Einflussstärke der Reformen zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Frauen erneut in keiner Phase statistisch signifikant.
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
155
Reformeffekt (odds ratio)
Abbildung 5.8: Conditional-effect Plot des Effekts der Reformen des Erziehungsurlaubs auf die jährliche Fertilitätsrate, RE- und FEModellschätzungen (Modell 1, 3 und 5) 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9
Logit RE Logit FE Logit
0.8 1
2
3
4
5
6
7 Reformphase
Reformeffekt (odds ratio)
Abbildung 5.9: Conditional-effect Plot des Effekts der Reformen des Erziehungsurlaubs auf die jährliche Fertilitätsrate nach Erwerbsstatus, FE-Modellschätzung (Modell 6) 2.0 1.8 1.6 1.4 1.2 1.0 erwerbstätige Frauen nichterwerbstätige Frauen
0.8 1
2
3
4
5
6
7 Reformphase
156
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Fertilitätseffekte des Erziehungsurlaubs nach Bildungsgruppen Als letzter Schritt der Analyse wird die Entwicklung der Fertilitätsraten noch getrennt für unterschiedliche Bildungsgruppen betrachtet. Dabei ist vorstellbar, dass die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs für verschiedene Bildungsgruppen unterschiedliche Auswirkungen haben, da die Opportunitätskosten der Familiengründung für Frauen je nach Bildungsabschluss unterschiedlich hoch ausfallen. Aufbauend auf den vorangegangenen Analysen werden im Folgenden eine Reihe von Fixed-Effects-Regressionsmodellen vorgestellt, die jeweils getrennt für drei unterschiedliche Bildungsgruppen berechnet wurden. In der Analyse wird dabei unterschieden zwischen Frauen mit Haupt- oder Realschulabschluss ohne Berufsausbildung, Haupt- oder Realschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung sowie Frauen mit Hochschulreife, Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Entsprechend der vorangegangenen Analyse sind in Tabelle 5.3 jeweils zwei Regressionsschätzungen für jede Bildungsgruppe aufgeführt. Zuerst wurde für alle Frauen der jeweiligen Bildungsgruppe das volle Regressionsmodell unter Einschluss aller Haupteffekte berechnet, um dann in einem zweiten Schritt dieses Modell um die Interaktionsterme zwischen Reformstufen und individuellem Erwerbsstatus zu erweitern. Wie in den vorangegangenen Analysen zeigen sich auch in diesem Fall in den differenzierteren Analysen keine signifikanten Unterschiede im Einfluss der Erziehungsurlaubsreformen für erwerbstätige beziehungsweise nicht erwerbstätige Frauen, so dass im Folgenden lediglich die Ergebnisse des Hauptmodells ausführlicher dargestellt werden. Bei einem Vergleich der Schätzergebnisse aus Tabelle 5.3 über die verschiedenen Bildungsgruppen hinweg zeigt sich zunächst erneut, dass in allen Bildungsgruppen ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang zwischen dem Alter und der Fertilitätsrate vorliegt. An der Höhe der Regressionskoeffizienten ist auch erkennbar, dass die Familiengründung von hoch qualifizierten Frauen typischerweise später erfolgt als für Frauen der übrigen Bildungsgruppen, und dass Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung tendenziell am frühesten Kinder bekommen. Außerdem zeigen die Ergebnisse, dass ökonomische Faktoren, die sich in der individuellen Erwerbsposition widerspiegeln, für die Geburtenwahrscheinlichkeit von gering qualifizierten Frauen insgesamt eine geringere Rolle spielen. So reduziert beispielsweise die eigene Erwerbstätigkeit die Fertilitätsrate der Frauen ohne Berufsausbildung zwar immer noch um etwa 55 Prozent, der Effekt der Erwerbstätigkeit liegt damit aber deutlich unter der Bedeutung, die die eigene Erwerbstätigkeit für die Fertilitätsneigung höher qualifizierter Frauen hat. Für
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
157
Tabelle 5.3: Determinanten der jährlichen Fertilitätsrate nach Bildungsabschluss, FE-Logitmodelle (6) (5) (4) (3) (2) (1) Abitur/ Abitur/ HS/RS ohne HS/RS ohne HS/RS mit HS/RS mit Lehre Universitäts- UniversitätsLehre Lehre Lehre abschluss abschluss Soziodemographische Faktoren Alter Alter quadriert Haushaltsstruktur Partner ein Kind zwei und mehr Kinder Alter jüngstes Kind Alter jüngstes Kind quadriert Altersdifferenz zum Partner Erwerbsposition Erwerbsstatus - erwerbstätig -
arbeitslos
Einkommen logarithmiert Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst selbständig Berufserfahrung (in Jahren) Frauenanteil im Berufsfeld - neutrales Berufsfeld - männlich geprägtes Berufsfeld
1,448** (0,143) -0,026** (0,002)
1,448** (0,144) -0,026** (0,002)
1,774** (0,139) -0,031** (0,002)
1,766** (0,139) -0,031** (0,002)
2,304** (0,256) -0,035** (0,004)
2,274** (0,257) -0,035** (0,004)
1,486 (0,854) -3,317** (0,247) -6,429** (0,389) 0,343** (0,070) -0,011 (0,006) -0,030 (0,045)
1,545 (0,858) -3,320** (0,248) -6,473** (0,391) 0,349** (0,070) -0,011 (0,006) -0,035 (0,046)
1,673* (0,790) -4,173** (0,215) -7,951** (0,336) 0,423** (0,061) -0,033** (0,005) -0,073* (0,031)
1,637* (0,790) -4,173** (0,216) -7,949** (0,337) 0,423** (0,061) -0,034** (0,005) -0,073* (0,031)
1,152 (1,112) -4,179** (0,327) -8,036** (0,534) 0,668** (0,130) -0,084** (0,015) -0,049 (0,066)
1,254 (1,114) -4,217** (0,330) -8,050** (0,538) 0,686** (0,132) -0,085** (0,015) -0,049 (0,066)
-0,787** -0,637 (0,249) (0,402) -0,096 -0,094 (0,210) (0,211) -0,103 -0,054 (0,201) (0,211) 12,678 11,530 (706,333) (399,061) -0,233 -0,208 (0,353) (0,354) -0,294 -0,354 (0,827) (0,826) 0,236** 0,254** (0,042) (0,046)
-1,375** (0,171) -0,573** (0,201) -0,424** (0,131) 1,022 (0,655) -0,351 (0,204) -0,652 (0,501) 0,433** (0,040)
-1,348** (0,262) -0,585** (0,202) -0,412** (0,137) 1,033 (0,656) -0,350 (0,204) -0,643 (0,502) 0,439** (0,043)
-1,064** (0,307) -0,121 (0,384) 0,159 (0,190) 0,752 (0,437) -0,365 (0,328) -0,084 (0,652) 0,460** (0,071)
-1,012* (0,394) -0,089 (0,384) 0,179 (0,198) 0,765 (0,442) -0,377 (0,330) -0,114 (0,652) 0,481** (0,075)
0,202 (0,186) -0,316 (0,292)
0,200 (0,186) -0,327 (0,293)
0,122 (0,312) 0,289 (0,468)
0,144 (0,313) 0,350 (0,475)
-0,071 (0,302) -0,254 (0,355)
-0,101 (0,303) -0,286 (0,359)
158
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Tabelle 5.3: (Fortsetzung) (6) (1) (2) (3) (4) (5) Abitur/ HS/RS ohne HS/RS ohne HS/RS mit HS/RS mit Abitur/ Lehre Lehre Lehre Lehre Universitäts- Universitätsabschluss abschluss Partnermerkmale Bildungsabschluss (in Jahren) Erwerbstätig Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Reformphasen des Erziehungsurlaubs 1986 - 1987 1988 – 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Interaktionsterme Reformphasen x Erwerbstätigkeit 1986 - 1987 1988 – 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
0,039 (0,079) -0,392 (0,235) 0,197 (0,279)
0,034 (0,079) -0,381 (0,236) 0,214 (0,280)
-0,023 (0,068) 0,422* (0,215) 0,825** (0,202)
-0,021 (0,068) 0,436* (0,216) 0,823** (0,201)
0,049 (0,078) 0,744* (0,366) 1,002** (0,322)
0,039 (0,079) 0,772* (0,366) 1,007** (0,326)
1,432 (1,052) -0,358 (0,400) -0,059 (0,401)
1,414 (1,054) -0,357 (0,401) -0,080 (0,403)
0,294 (0,446) 0,278 (0,246) 0,435 (0,367)
0,285 (0,445) 0,278 (0,246) 0,423 (0,367)
0,507 (0,632) -0,743 (0,393) -0,707 (0,466)
0,511 (0,640) -0,738 (0,399) -0,757 (0,469)
-0,010 (0,039)
-0,013 (0,039)
-0,001 (0,031)
-0,001 (0,031)
0,004 (0,042)
0,002 (0,042)
0,613* (0,244) 0,256 (0,285) 0,328 (0,355) 0,174 (0,390) 0,026 (0,411) -0,063 (0,575)
0,549* (0,278) 0,210 (0,320) 0,161 (0,401) 0,206 (0,440) 0,151 (0,438) -0,023 (0,597)
0,392 (0,204) 0,429 (0,232) 0,446 (0,293) 0,475 (0,319) 0,329 (0,340) 0,698 (0,453)
0,466 (0,276) 0,281 (0,317) 0,517 (0,383) 0,404 (0,409) 0,430 (0,403) 0,752 (0,500)
-1,218** (0,436) -0,815 (0,430) -1,014 (0,521) -0,577 (0,533) -0,962 (0,584) -0,360 (0,747)
-1,039 (0,658) -0,765 (0,667) -0,252 (0,698) -0,398 (0,740) -0,501 (0,730) -0,024 (0,861)
-0,151 (0,630) 0,229 (0,522) 0,152 (0,511) 0,486 (0,564)
0,001 (0,417) -0,129 (0,370) 0,335 (0,346) -0,088 (0,416)
0,517 (0,755) 0,275 (0,763) 0,504 (0,627) -0,996 (0,766)
5.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
159
Tabelle 5.3: (Fortsetzung) (6) (1) (2) (3) (4) (5) Abitur/ HS/RS ohne HS/RS ohne HS/RS mit HS/RS mit Abitur/ Lehre Lehre Lehre Lehre Universitäts- Universitätsabschluss abschluss 1992 - 2000
-0,142 (0,545) -0,361 (0,379)
2001 - ff.
N Beobachtungsjahre N Personen Pseudo-R² Log likelihood LR Test chi²
4208 406 0,290 -869,9 711,5**
4208 406 0,292 -867,6 716,1**
0,208 (0,397) -0,118 (0,246)
7770 746 0,373 -1375,6 1637,6**
7770 746 0,374 -1374,0 1640,8**
0,276 (0,632) -0,262 (0,361)
2872 320 0,411 -491,0 684,6**
2872 320 0,414 -488,3 689,9**
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985; Religion: konfessionslos; Bildung: HS/RS ohne Lehre; Frauenanteil im Berufsfeld: weiblich geprägtes Berufsfeld (Frauenanteil > 66%). Die Analyse enthält zusätzlich eine Kontrollvariable für die Länge der Zeitspanne zwischen zwei Folgeinterviews.
Reformeffekt (odds ratio)
Abbildung 5.10: Conditional-effect Plot des Effekts der Reformen des Erziehungsurlaubs auf die jährliche Fertilitätsrate nach Bildungsabschluss (Modell 1, 3 und 5) 2.2
HS/RS ohne Lehre HS/RS mit Lehre Abitur/Hochschulabschluss
1.8
1.4
1.0
0.6
0.2 1
2
3
4
5
6
7 Reformphase
160
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung wird die Fertilitätsneigung durch eine eigene Erwerbstätigkeit um 75 Prozent verringert, und auch unter hoch qualifizierten Frauen führt die eigene Erwerbstätigkeit zu einer Verringerung der Fertilitätsrate um etwa zwei Drittel. Für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung zeigt sich zudem ein deutlicher Einkommenseffekt, wonach die Verdoppelung des eigenen Erwerbseinkommens die Wahrscheinlichkeit einer Geburt um ein Viertel reduziert. Zusätzlich zeigt sich in dieser Bildungsgruppe auch der Effekt, dass die eigene Arbeitslosigkeit die Wahrscheinlichkeit einer Geburt deutlich verringert. Genau wie im Fall der eigenen beruflichen Stellung zeigt sich zudem auch für die Rolle der Partnerbiographie, dass die Einflussstärke ökonomischer Faktoren für Frauen aus den beiden oberen Bildungsgruppen vergleichsweise stärker ausgeprägt ist. Dabei erhöht die Erwerbstätigkeit des Partners die Wahrscheinlichkeit der Familiengründung für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung um etwa 50 Prozent, und für hoch qualifizierte Frauen verdoppelt sich die Geburtenneigung sogar. Zusätzlich hat auch das Partnereinkommen nur in den beiden oberen Bildungsgruppen einen Effekt auf die Geburtenwahrscheinlichkeit. So erhöht sich die Fertilitätsrate von Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung bei einer Verdoppelung des Partnereinkommens um 84 Prozent, während für hoch qualifizierte Frauen sogar eine Verdoppelung der Fertilitätsneigung vorhergesagt würde. Die differenzierte Analyse zeigt darüber hinaus schließlich auch, dass sich die Wirkung der Reformen des Erziehungsurlaubs zwischen den Bildungsgruppen unterscheiden. Zur besseren Interpretation der Ergebnisse werden die ermittelten Regressionskoeffizienten in Abbildung 5.10 wieder in Form der entsprechenden odds ratios getrennt für die drei Bildungsgruppen dargestellt. Dabei ist zunächst auffällig, dass der Erziehungsurlaub bei seiner Einführung zu einer deutlichen Steigerung der Fertilitätsrate von Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung geführt hat. Bei dieser Erhöhung der Geburtenwahrscheinlichkeit um etwa 80 Prozent handelte es sich offensichtlich um einen einmaligen Effekt. Im weiteren Verlauf der Reformphasen geht dieser positive Effekt sehr schnell wieder zurück, so dass sich auch keine weiteren ausgeprägten oder statistisch signifikanten Reformeffekte mehr feststellen lassen. Bereits mit den Reformstufen 5 und 6, die Anfang der 1990er Jahre in Kraft traten, lag die Fertilitätsneigung gering qualifizierter westdeutscher Frauen wieder auf dem Ursprungsniveau aus Mitte der 1980er Jahre. Für die beiden anderen Bildungsgruppen scheint die Einführung des Erziehungsurlaubs hingegen zu einem auch im weiteren Verlauf der Reformen dauerhaften Einfluss auf die Fertilitätsrate geführt zu haben. Nach den FEModellschätzungen aus Tabelle 5.3 hat die Einführung des Erziehungsurlaubs
5.4 Zusammenfassung
161
die Fertilitätsrate von Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung dauerhaft um etwa 50 Prozent erhöht. Zwar ist keiner der Regressionskoeffizienten der einzelnen, oft zeitlich kurzen Reformphasen für sich genommen statistisch signifikant, in der Tendenz deuten alle Koeffizienten jedoch geschlossen in dieselbe Richtung, so dass in einer über die Reformphasen gepoolten Analyse auch ein statistisch signifikanter Effekt nachzuweisen wäre. Zudem erreichen selbst für die hier dargestellte sehr differenzierte Analyse der Reformeffekte die geschätzten Regressionskoeffizienten für die zweite und dritte Reformphase beinahe Werte, die auf dem 10%-Niveau statistisch signifikant wären. Im Gegensatz zu den positiven Fertilitätseffekten für die Gruppe der Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung zeigen die Ergebnisse für die Gruppe der hoch qualifizierten Frauen dagegen einen dauerhaft negativen Einfluss der Einführung des Erziehungsurlaubs auf die Fertilitätsrate auf. Nach den Modellschätzungen sinkt die Geburtenwahrscheinlichkeit von hoch qualifizierten Frauen direkt mit der Einführung des Erziehungsurlaubs um beinahe 70 Prozent ab und bleibt auch im weiteren Reformverlauf um etwa 60 Prozent hinter dem ursprünglichen Stand der Fertilitätsrate zurück. Wie auch für die Gruppe der Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung deuten alle Einzelergebnisse inhaltlich konstant in dieselbe Richtung, wobei nur der Effekt für die unmittelbare Einführung des Erziehungsurlaubs statistisch signifikant ist, während die Koeffizienten für die Reformphasen 3, 4 und 6 das 10%-Signifikanzniveau knapp nicht mehr erreichen. 5.4 Zusammenfassung Die vorangegangenen Analysen haben gezeigt, dass die Fertilitätsneigung westdeutscher Frauen von einer Reihe verschiedener Faktoren abhängt. Es zeigt sich beispielsweise der Einfluss biographischer Faktoren, indem der Zeitpunkt der Familiengründung einem klaren Familienzyklus folgt, der teilweise auch direkt durch die Ausbildungszeiten beeinflusst wird. Dementsprechend verschieben hoch qualifizierte Frauen im Vergleich zu Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung den Zeitpunkt der Familiengründung systematisch um etwa fünf Jahre, während umgekehrt auch bereits der Abschluss einer Berufsausbildung zu einer Verzögerung der Familiengründung um etwa ein Jahr im Vergleich zu Frauen ohne Berufsausbildung führt. Weitergehende Analysen zeigen außerdem, dass die Fertilitätsneigung eng mit der Haushaltsstruktur, der eigenen Erwerbsposition sowie dem ökonomischen Potenzial des Partners verknüpft sind. Die Problematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird auch dadurch betont,
162
5 Erziehungsurlaub und Fertilität
dass alle hier durchgeführten Analysen den deutlich negativen Einfluss der eigenen Erwerbstätigkeit auf die Fertilitätsneigung westdeutscher Frauen bestätigen. Die empirischen Analysen haben zudem gezeigt, dass sich die Fertilitätsrate über die Zeit verändert hat, und dabei insbesondere in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre leicht angestiegen ist, um dann ab Anfang der 1990er Jahre wieder auf das Niveau von Mitte der 1980er Jahre abzusinken. Dabei bestätigen die Ergebnisse der multivariaten Analysen, dass diese zeitliche Veränderung nach Kontrolle wichtiger Kovariaten allerdings nur zum Teil kausal auf die Reformen des Erziehungsurlaubs zurückzuführen ist. Am deutlichsten sprechen noch die Ergebnisse der Fixed-Effects-Regressionsmodelle für einen Effekt der familienpolitischen Reformen, da hier im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen ein durchschnittlicher Anstieg der Fertilitätsrate um etwa 20 Prozent gegenüber Mitte der 1980er Jahre ermittelt werden konnte. Dabei zeigt sich allerdings auch, dass gerade die Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 eine statistisch signifikante, aber lediglich kurzfristige Erhöhung der Geburtenrate von 40 Prozent bewirkt hat. Weiterführende Analysen haben zudem gezeigt, dass sich der Einfluss der Einführung des Erziehungsurlaubs nur leicht zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Frauen unterscheidet, so dass letztendlich die hier ermittelten positiven Fertilitätseffekte eher auf die mit der Einführung des Erziehungsgelds verstärkten monetären Anreize als auf die durch den Erziehungsurlaub bewirkte Absenkung der Opportunitätskosten von Erziehungszeiten zurückzuführen ist. Darüber hinaus haben die bildungsgruppenspezifischen Analysen Hinweise darauf ergeben, dass sich die Auswirkungen der Erziehungsurlaubsreformen auf das fertile Verhalten westdeutscher Frauen zwischen den verschiedenen Bildungsgruppen unterscheiden. Dabei zeigt sich vor allem, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs zu einer Polarisierung des Fertilitätsverhaltens geführt hat. Die Analysen haben gezeigt, dass es bei Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 unter gering qualifizierten Frauen ohne beruflichen Ausbildungsabschluss lediglich kurzfristige Effekten gab, da die Fertilitätsrate einmalig um 80 Prozent angestiegen, im Zuge der weiteren Reformphasen jedoch wieder vollständig auf das Ursprungsniveau zurückgefallen ist. Demgegenüber zeigt sich für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung ein positiver Effekt des Erziehungsurlaubs, dessen Einführung mit einer Erhöhung der Fertilitätsrate von etwa 50 Prozent verbunden war. Im Unterschied dazu bewirkt die Einführung des Erziehungsurlaubs ein drastisches Absinken der Geburtenneigung von hoch qualifizierten Frauen, deren Fertilitätsrate um beinahe 70 Prozent absinkt, ohne dass es im weiteren Verlauf der Reformen zu einer nachhaltigen Erholung gekommen wäre. Insgesamt zeigen die empirischen Analysen dieses Kapitels, dass vor allem die erstmalige Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 einen gewissen Einfluss
5.4 Zusammenfassung
163
auf die Geburtenrate hatte, wobei die deutlich sichtbaren kurzfristigen Effekte insgesamt keinen nachhaltigen Einfluss hatten. Hinzu kommt, dass auch die sukzessiven Ausweitungen der gesetzlichen Erziehungsurlaubsansprüche nicht mit einer Wirkung auf die Fertilitätsraten verbunden waren, so dass insgesamt eher die Einführung des Erziehungsgelds und nicht so sehr der Erziehungsurlaubsanspruch zu der leichten Erhöhung der Geburtenneigung geführt hat. Auffällig ist dabei aber, dass die familienpolitischen Reformen mit einer starken bildungsspezifischen Polarisierung des Fertilitätsverhaltens einhergegangen sind. Während sich Frauen mit mittleren Ausbildungsabschlüssen im Hinblick auf ihre Kinderwünsche offenbar durch diese politischen Maßnahmen und Anreize haben positiv beeinflussen lassen, zeigt die Einführung des Erziehungsurlaubs für hoch qualifizierte Frauen die gegenteilige Wirkung und trägt sogar noch zu einer Verringerung der Geburtenwahrscheinlichkeit bei. Dementsprechend scheint die Einführung von Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld im Wesentlichen den Bedürfnissen von Frauen mit niedrigen und mittleren Bildungsabschlüssen entgegengekommen zu sein, während sie zur Förderung der Fertilität hoch qualifizierter Frauen vollkommen unzureichend waren.
6 Der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub und die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen
Unmittelbar nach der Geburt eines Kindes stellt sich die Frage der Betreuung. Außer Frage steht dabei, dass die Betreuung von Kleinkindern eine zeitlich intensive Beschäftigung ist, bei der von Seiten der Eltern und Familien zudem alle anderen Überlegungen dem Kindeswohl untergeordnet werden. Im Rahmen der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern steht auch außer Frage, dass die Geburt eines Kindes die Rolle der Frau weit stärker verändert als die Rolle des Mannes. Mit der Familiengründung nimmt für Frauen die Rolle der Hausfrau und Mutter an Bedeutung zu, während der Mann noch verstärkt die Rolle des Familienernährers übernimmt. Entsprechend der partnerschaftlichen Spezialisierung ist die Familiengründung für Frauen dann mit langen Phasen der Nichterwerbstätigkeit verbunden, in denen die Betreuung und Erziehung von Kindern ihren Lebensmittelpunkt darstellt. Die Rückkehr in den Beruf wird erst angestrebt, wenn die Betreuungsanforderungen der Kinder soweit gesunken sind, oder durch Verwandte und Großeltern eine zeitweilige Entlastung der Mutter von der Kinderbetreuung möglich ist, so dass eine Erwerbstätigkeit zeitlich wieder mit ihren familiären Verpflichtungen vereinbar ist. Die partnerschaftliche Spezialisierung, die nach der Familiengründung zu einer längeren Erwerbsunterbrechung von Frauen führt, ist immer dann im Vorteil, wenn Mütter ihre Kinder zumindest bis zu einem gewissen Alter selbst betreuen wollen und der Partner Vollzeit berufstätig ist und aus beruflichen wie finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, die Betreuung ganz oder teilweise mit zu tragen. Die zeitintensive Rundumbetreuung von Säuglingen und Kleinkindern wird allerdings zu einer Herausforderung für berufstätige Mütter, die Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit nicht sequenziell sondern zeitlich parallel vereinbaren wollen. Sei es, dass die Erwerbstätigkeit der Mutter aus ökonomischen Gründen notwendig ist, da kein Partner vorhanden ist, oder das Einkommen des Partners zu niedrig ist, um einen adäquaten Lebensstandard der Familie zu sichern, oder dass der gestiegene Ausbildungsstand zu einer verstärkten Erwerbsorientierung von Frauen geführt hat, erfordern die zeitlichen Anforderungen der Betreuung von Kleinkindern die teilweise Verlagerung der Betreuungsaufgaben außerhalb der eigentlichen Kernfamilie. Aus Mangel an adäquaten öffentlichen
6.1 Methoden
165
oder privaten Betreuungsangeboten oder auch weil Großeltern und Verwandte z.B. aufgrund der rein geographischen Entfernung zwischen den Haushalten nicht zur Entlastung von Müttern beitragen können, bleibt auch in diesen Fällen oft nur, die eigene Erwerbstätigkeit für eine kürzere oder längere Phase zu unterbrechen, um der zeitintensiven Aufgabe der Kinderbetreuung gerecht zu werden. Mit der Einführung des Erziehungsurlaubs sollte explizit die elterliche Betreuung von Kleinkindern gefördert werden. Indem familienbedingten Erwerbsunterbrechungen ein institutioneller Rahmen gegeben wurde, sollten ihnen ermöglicht werden, sich eine gewisse Zeit ausschließlich um die Betreuung ihres Kindes zu kümmern. Gleichzeitig sollte die berufliche Freistellung durch den Erziehungsurlaub bewirken, dass erwerbstätige Mütter durch den Fortbestand ihres Beschäftigungsverhältnisses vor Karrierenachteilen geschützt werden, die sich aus einer Erwerbsunterbrechung ergeben. In den folgenden Analysen wird untersucht, inwieweit diese institutionelle Veränderung das Unterbrechungsverhalten von westdeutschen Müttern beeinflusst hat. Von besonderem Interesse ist dabei, ob und wie stark Frauen auf die sukzessive Ausweitung der beruflichen Freistellung von ursprünglich sechs Monaten auf drei Jahre reagiert haben, und auch, ob eventuelle Wirkungen der Einführung des Erziehungsurlaubs auf die Gruppe der erwerbstätigen Mütter begrenzt geblieben sind oder die Reformen auf das Verhalten nicht erwerbstätiger Mütter beeinflusst haben. 6.1 Methoden Zur Analyse der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen werden im Folgenden Verfahren der Ereignisanalyse eingesetzt (vgl. Singer und Willett 2003; Blossfeld et al. 2006; Blossfeld und Rohwer 2002; Box-Steffensmeier und Jones 2004). Zur Erfassung der Dauer entsprechender Phasen der Nichterwerbstätigkeit stellt das SOEP ein Statuskalendarium zur Verfügung, in welchem die Erwerbsbeteiligung der Befragten monatsgenau erfasst wird. Darin werden jeweils retrospektiv für das vergangene Jahr erfasst, in welchen Monaten die Befragten erwerbstätig (differenziert in Vollzeit, Teilzeit, geringfügige Beschäftigung), arbeitslos, in schulischer oder betrieblicher Aus- und Weiterbildung waren, sich in Mutterschutz oder Erziehungsurlaub befanden oder beispielsweise als Hausfrau oder Rentner nicht erwerbstätig waren. Aus diesem Kalendarium könnten direkt die Zeiten entnommen werden, in denen Mütter angeben, im Mutterschutz oder Erziehungsurlaub gewesen zu sein. Die Befragungsdaten haben allerdings den Nachteil, dass die Angaben den subjektiv definierten Erwerbsstatus der Befragten widerspiegeln. Dieser muss nicht notwendigerweise dem tatsächlichen rechtlichen Status entsprechen, z.B. wenn
166
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter angeben, im Erziehungsurlaub zu sein, obwohl keinerlei berufliche Freistellung erfolgt ist, oder wenn Befragte auch längere Erziehungszeiten durchgängig als Erziehungsurlaub bezeichnen. Da beide Fälle empirisch recht häufig auftreten, ist davon auszugehen, dass nur ein Teil der Befragten unter der Kategorie des Mutterschafts- und Erziehungsurlaubs explizit auf eine berufliche Freistellung Bezug nimmt, während ein anderer Teil der Befragten eher allgemein einer Phase kindbedingter Nichterwerbstätigkeit beschreibt. Analytisch ist eine Analyse der faktischen Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen ohnehin interessanter als die Abfrage der Zeitdauer im eng verstandenen Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub. Während bereits aus der amtlichen Statistik bekannt ist, dass die Inanspruchnahme von Mutterschafts- und Erziehungsurlaub sehr hoch ist, ist die eigentliche Frage, ob die Einführung des Erziehungsurlaubs die politisch beabsichtigte Verhaltensänderung zur Folge hatte, dass Frauen die Betreuung von Kleinkindern für einen gewissen Zeitraum selbst übernehmen und in dieser Zeit auch nicht bzw. nur in sehr begrenztem Umfang erwerbstätig sind. Um diese Frage zu klären, genügt es nicht, lediglich festzustellen, wie viele Monate einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung durch die Regelungen von Mutterschafts- und Erziehungsurlaub abgedeckt werden, sondern vielmehr geht es darum, wie lange kindbedingte Phasen von Nichterwerbstätigkeit andauern, und ob sich die Dauer dieser Nichterwerbsphasen im Zuge der Einführung und Reformen des Erziehungsurlaubs verlängert hat. Dementsprechend wird in den folgenden Analysen eine verhaltensbasierte Definition von Nichterwerbsphasen verwendet, um die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen zu ermitteln. Dabei werden als kindbedingte Erwerbsunterbrechungen alle Zeiten verstanden, während derer Frauen weder erwerbstätig oder arbeitslos sind, noch sich in Aus- und Weiterbildung befinden und gleichzeitig ein minderjähriges Kind im elterlichen Haushalt lebt. Diese Definition der Dauer von Nichterwerbsphasen besitzt den Vorteil, unabhängig von der rechtlichen Regelung durch Mutterschutz-, Mutterschaftsurlaubs-, Erziehungsgeld- und Elternzeitgesetz sich eindeutig auf Zeiten der Nichterwerbstätigkeit zu beziehen, während derer ein Kind im Haushalt lebt und von den Eltern betreut wird. Mit der Orientierung am faktischen Unterbrechungsverhalten von Frauen geht einher, dass historisch vergleichende Analysen möglich sind, in welchen die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen zwischen Phasen unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen verglichen werden können. Andererseits liegen mögliche Probleme dieser einfachen Verhaltensdefinition ebenfalls auf der Hand. Während die erste, rechtlich basierte Definition der Länge kindbedingter Erwerbsunterbrechungen reale Unterbrechungszeiten tendenziell unterschätzt, weil der gesetzliche Erziehungsurlaubsanspruch nur einen
6.1 Methoden
167
gewissen Teil der tatsächlich zur Kinderbetreuung aufgewendeten Zeit abdeckt, führt die zweite Definition zu dem entgegen gesetzten Problem. Wenn unterschiedslos alle Zeiten, in denen eine Frau nicht berufstätig war, als kindbedingt bezeichnet werden, solange ein minderjähriges Kind im Haushalt lebt, kommt es tendenziell zu einer Überschätzung der tatsächlich kindbedingten Unterbrechungsdauer, da mit steigendem Alter des Kindes der Betreuungsbedarf und damit die Wahrscheinlichkeit abnimmt, dass eine Nichterwerbsphase ursächlich oder vorwiegend auf die Kinderbetreuung und -erziehung zurückzuführen ist. Die verschiedenen Probleme dieser Konzepte werden unten im Rahmen der deskriptiven Analysen noch deutlicher werden. Als Kompromisslösung werden für die zentralen Analysen dieses Kapitels deshalb als kindbedingte Erwerbsunterbrechung alle Phasen definiert, während derer eine Mutter im oben definierten Sinn nicht erwerbstätig war und gleichzeitig das jüngste Kind im Haushalt jünger als sechs Jahre war. Indem die „Betreuungszeit“ damit auf die Kernphase bis zur Schulpflicht des jüngsten Kindes eingegrenzt wird, ist sichergestellt, dass sich die Analysen auf die Phase der tatsächlichen Nichterwerbstätigkeit beziehen, in der der Betreuungsbedarf von Kindern am größten ist. Idealerweise sollte für eine Analyse der Dauer so definierter kindbedingter Erwerbsunterbrechungen die gesamte fertile Phase von Frauen beobachtet werden, so dass alle Erwerbsunterbrechungen bis zum Abschluss der Familienphase beobachtet werden können. Dazu wäre allerdings ein ausreichend langes Beobachtungsfenster notwendig, um Frauen verschiedener Geburtskohorten bis etwa zu ihrem 40. oder 45. Lebensjahr beobachten zu können. Durch das fixe Beobachtungsfenster des SOEP von 1984 bis 2004 ergibt sich jedoch ein Ungleichgewicht zwischen Frauen aus verschiedenen Geburtskohorten. Für Frauen aus älteren Geburtskohorten wird automatisch eine längere Unterbrechungsdauer beobachtet, da sie ihre Familienphase im Laufe der Beobachtungszeit abschließen, wohingegen für jüngere Frauen oft nur die erste Geburt erfasst ist und noch keine abgeschlossene Unterbrechungsphase beobachtet worden ist. Da es im SOEP zu einer erhebungsbedingten Korrelation zwischen der Geburtskohorte und der beobachtbaren Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen kommt, wird in den folgenden Analysen die kindbedingte Unterbrechungsdauer geburtenspezifisch, d.h. separat für jedes Kind ermittelt. Dazu wird ein geburtenspezifischer Spelldatensatz erzeugt, in welchem jede Frau entsprechend der Anzahl der für sie beobachteten Geburten vertreten ist. Durch Berücksichtigung der Geburtenrangfolge werden kohortenvergleichende Aussagen über die Entwicklung der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen möglich, weil z.B. bei jüngeren Frauen zwar noch nicht der Abschluss der kompletten Familienphase beobachtet wird, Aussagen über die Erwerbsunterbrechung nach dem
168
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
ersten Kind aber bereits möglich sind und damit ein Vergleich zum Unterbrechungsverhalten von Frauen aus älteren Geburtskohorten gezogen werden kann. Um mögliche Verzerrungen der Analyse zu vermeiden, werden zudem nur Frauen berücksichtigt, für die bereits die erste Geburt in das Beobachtungsfenster des SOEP fällt. Da die Dauer von Erwerbsunterbrechungen mit steigender Kinderzahl zunimmt, soll durch diese Einschränkung verhindert werden, dass in der Analysestichprobe für Frauen älterer Geburtskohorten überproportional Angaben zu Spät-, Zweit- oder Folgegeburten vertreten sind, die mit einer relativ langen Unterbrechungsdauer einhergehen, so dass die Stichprobe insgesamt nicht mehr repräsentativ für das Unterbrechungsverhalten älterer Geburtskohorten wäre. Die Einschränkung auf eine Stichprobe von Frauen, für die alle Geburten innerhalb des Beobachtungszeitraums beobachtet werden, löst zudem auch das Problem, dass bei Berücksichtigung von Frauen, deren Kinder teilweise bereits vor Eintritt in das SOEP geboren waren, die Effekte der Geburtskohorte und der Reformphasen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung potenziell aufgrund von Fehlspezifikationen der Regressionsmodelle verzerrt sein könnten, da die Annahmen über die Konstanz der Zusammenhänge zwischen der Geburtenparität und der Dauer von Erwerbsunterbrechungen mit den vorliegenden Daten nicht geprüft werden könnten. Bei Analyse der vollständigen Daten sind die Aussagen über die Reformwirkungen nur dann gültig, wenn angenommen wird, dass sich der Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der Unterbrechungsdauer über die Kohorten nicht verändert hat. Auf der Basis des so konstruierten Spelldatensatzes werden im Folgenden deskriptive Analysen der Dauer von Erwerbsunterbrechungen durchgeführt, in welchen die Überlebensfunktion für die Verweildauer in kindbedingter Nichterwerbstätigkeit mit Hilfe des Kaplan-Meier-Verfahrens geschätzt wird. In der anschließenden multivariaten Analyse werden die Determinanten der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen durch Piecewise-constant-Exponentialmodelle bestimmt, die neben der Kontrolle multipler unabhängiger Variablen in Form einer Stufenfunktion eine flexible Abbildung des Musters der Dauerabhängigkeit der Wiedereintrittsrate in den Beruf ermöglichen (Blossfeld und Rohwer 2002; Blossfeld et al. 2006). In der Hauptanalyse wird die Übergangsrate in den Arbeitsmarkt dabei innerhalb der ersten 48 Monate monatsgenau und anschließend in Jahresstufen abgebildet, in weiterführenden Analysen, in welchen die Veränderung der Basisübergangsrate über die Reformphasen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung geprüft wird, werden aufgrund der kleineren Stichproben durchgängig halbjährliche Intervalle zur Bestimmung der Dauerabhängigkeit der Wiedereintrittsrate in den Beruf verwendet. Die Ermittlung des Effekts der Erziehungsurlaubsreformen erfolgt dabei ebenfalls wieder in Form eines Stufenmodells, in dem sukzessive relevante Vari-
6.1 Methoden
169
ablengruppen eingeschlossen werden. Im Grundmodell der Analyse werden neben den Indikatorvariablen für die verschiedenen Phasen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung nur noch für eine Reihe von sozio-demographischen Variablen kontrolliert, mit denen entsprechend der ökonomischen Theorie individuelle Unterschiede im Erwerbspotenzial sowie in den Präferenzen für die elterliche Kinderbetreuung und eine traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter erfasst werden sollen. Dazu werden Alter bei Geburt, Bildungsabschluss, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie der Geburtsjahrgang von Frauen als Kovariaten in das Regressionsmodell aufgenommen. Anschließend wird dieses Grundmodell um weitere mögliche Determinanten des Rückkehrverhaltens von Frauen erweitert. Dazu gehören auf der individuellen Ebene die bisherige Erwerbsposition der Mutter, die Haushaltszusammensetzung, sowie das Erwerbspotenzial des Partners. Die Erwerbsposition der Mutter vor der Geburt wird dabei über den Erwerbsstatus, die tatsächliche Berufserfahrung, die aktuelle berufliche Stellung, die Beschäftigung in frauenspezifischen Berufsfeldern (Hakim 1996) sowie das aktuelle Bruttoerwerbseinkommen erfasst. Ebenso wird in den Analysen für den Einfluss der Haushaltszusammensetzung auf die Wiedereinstiegsbereitschaft kontrolliert, indem die Präsenz eines Ehe- bzw. Lebenspartners und die Zahl der Kinder im Haushalt als zeitveränderliche Kovariaten berücksichtigt werden. Soweit eine Ehe- bzw. Lebenspartner vorhanden ist, werden zudem Merkmale wie Bildung, Erwerbsstatus, berufliche Stellung und Erwerbseinkommen des Partners erfasst, um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsmarktverhalten der Mütter und dem Erwerbspotenzial des Lebenspartners abbilden zu können. Neben der Erfassung der substanziellen Effekte dieser Faktoren kommt den entsprechenden Kovariaten in den hier durchgeführten Analysen zum Teil aber auch die Funktion von Mediatorvariablen zu, deren Veränderung über die Zeit mögliche Effekte der politischen Reformen vermittelt. Da Faktoren wie die Erwerbsneigung und Erwerbsposition von Frauen, die Zahl der Kinder oder auch das Erwerbsverhalten des Ehe- oder Lebenspartners selbst durch die gesetzlichen Reformen beeinflusst werden können, müssen sie in der Analyse als intervenierende Variablen betrachtet werden. Damit dient der sukzessive Einschluss der entsprechenden Variablenblöcke sowohl der Abschätzung entsprechender Mediatoreffekte als natürlich auch der generellen Kontrolle der Effekte wichtiger Kovariaten. Um schließlich sicherzustellen, dass durch den historischen Vergleich der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen tatsächlich die Wirkungen der Reformen des Erziehungsurlaubs erfasst werden, wird zusätzlich ebenfalls noch für die Veränderung der allgemeinen Arbeitsmarktlage sowie sonstiger familienpolitischer Rahmenbedingungen kontrolliert. Die Veränderung der Arbeitsmarktlage wird dabei durch die Entwicklung der weiblichen Arbeitslosen-
170
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
quoten im Bundesland des Wohnorts der Befragten erfasst, während familienpolitische Rahmenbedingungen durch das Bundesland des Wohnorts der Befragten, die inflationsbereinigte Höhe des Kindergelds, sowie die inflationsbereinigte Höhe der Erziehungsgeldes abgebildet werden. 6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse Um einen ersten Eindruck der typischen Dauer von Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes zu bekommen, werden im Folgenden eine Reihe deskriptiver Analysen vorgestellt. Zur Illustration der Vor- und Nachteile der unterschiedlichen oben beschriebenen Dauerkonzepte werden die Analysen zuerst sowohl für die Dauer von selbst berichteten Erziehungsurlaubszeiten, die Dauer der kindbedingten Nichterwerbstätigkeit sowie die Dauer der kindbedingten Nichterwerbstätigkeit bis zum sechsten Geburtstag des jüngsten Kindes durchgeführt. Dazu wird jeweils die Überlebensfunktion für die kindbedingte Nichterwerbsphase sowie die Wiedereinstiegsrate in den Beruf nach dem Kaplan-Meier-Verfahren geschätzt, wobei vor allem die Veränderung beider Größen über die Zeit betrachtet wird. In Tabelle 6.1 wird dabei zunächst die Gesamtdauer von kindbedingten Erwerbsunterbrechungen westdeutscher Frauen betrachtet. Entsprechend der oben dargestellten Einschränkung auf Nichterwerbsphasen, in denen mindestens ein nicht schulpflichtiges Kind im Haushalt lebt, wird hierunter die kumulierte Dauer aller Phasen verstanden, die Frauen nach der Geburt ihres ersten Kindes aufgrund der Betreuung und Erziehung von Kindern nicht erwerbstätig sind. Zur Beschreibung der Verteilung der Gesamtdauer von kindbedingten Nichterwerbsphasen im Lebenslauf westdeutscher Frauen sind in Tabelle 6.1 die Quartile der geschätzten Überlebensfunktion in unterschiedlichen Geburtskohorten dargestellt. Aus Tabelle 6.1 lässt sich kein eindeutiger Trend in der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen über die Kohorten erkennen. Im Median verbringen westdeutsche Frauen vier Jahre mit der Betreuung ihrer nicht schulpflichtigen Kinder, und das untere Quartil der Verteilung beträgt konsistent knapp unter zwei Jahren. Lediglich für die Gruppe von Frauen, die besonders lange nicht erwerbstätig bleiben, zeigt sich über die Kohorten eine deutliche Veränderung. Gerade im oberen Quartil verlängert sich die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen von etwa 7 Jahren in der Geburtskohorte 1956-60 auf gut 8,5 Jahre in der Kohorte der zwischen 1971 und 1975 geborenen Frauen. Gleichzeitig zeigt sich auch, dass gerade für die jüngste Geburtskohorte von nach 1975 gebo-
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
171
Tabelle 6.1: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen in Monaten, nach Geburtskohorten Geburtskohorte
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
1956/60 1961/65 1966/70 1971/75 1976/85
22 21 19 20 16
50 48 46 49 40
82 92 88 102 -
181 370 492 313 151
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.1: Wiedereinstiegsrate in den Beruf, nach Gesamtdauer der Erwerbsunterbrechung und Geburtskohorte 0.03
0.02
0.01
0.00 0
12
24 1956/1960 1971/1975
36
48
60
1961/1965 1976/1985
72 84 96 Unterbrechung in Monaten 1966/1970
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
renen Frauen nur bedingt zuverlässige Aussagen über die Gesamtdauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf gemacht werden können. Diese Gruppe von Frauen ist am Ende des Beobachtungsfensters zwischen 20 und 29 Jahre alt, so dass das obere Quartil der Verteilung der Unterbrechungsdauer nicht bestimmt werden kann, da sich ein großer Teil der Mütter zum Ende des Beobachtungsfensters noch in einer Nichterwerbsphase befindet. Vor diesem Hintergrund ist ebenfalls fraglich, ob der Rückgang der Unterbrechungsdauer im unteren Quartil bzw. im Median für die jüngste Geburtskohorte inhaltlich interpre-
172
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
tiert werden kann, da nicht ausgeschlossen ist, dass Frauen, die zwar bei Befragungsende bereits eine kindbedingte Nichterwerbsphase abgeschlossen hatten, bei einer Folgegeburt innerhalb der für die jüngsten Frauen noch andauernden fertilen Phase ebenfalls wieder eine gewisse Zeit ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen. Diese Zusammenhänge werden deutlicher, wenn das Rückkehrverhalten von Frauen in Form der Wiedereintrittsrate in den Beruf betrachtet wird. In Abbildung 6.1 sind die entsprechenden monatlichen Übergangsraten aus der kindbedingten Nichterwerbsphase zurück in die Erwerbstätigkeit dargestellt. Für Frauen aus allen Geburtskohorten ist die Übergangsrate unmittelbar nach der Geburt sehr niedrig und steigt anschließend mit zunehmender Unterbrechungsdauer an. Auffällig ist erneut, dass sich das Rückkehrverhalten von Müttern bei längeren Erwerbsunterbrechungen offenbar über die Kohorten verändert hat. Während über die ersten drei Jahre die Unterschiede zwischen den Kohorten gering sind, zeigen Mütter aus den ältesten Geburtsjahrgängen in der Analyse (1956/60) ab einer Unterbrechungsdauer von vier Jahren die eindeutig stärkste Rückkehrneigung in den Arbeitsmarkt. Unter in den 1960er Jahren geborenen Frauen steigt die Wiedereinstiegsrate dagegen nach dem dritten Unterbrechungsjahr kaum mehr weiter an, und für die zweitjüngste Kohorte der 1971/75 geborenen Frauen zeigt sich die niedrigste Übergangsrate in der Analyse, die nach dem zweiten Jahr Unterbrechungszeit sogar wieder absinkt. Abbildung 6.1 zeigt schließlich ebenfalls die begrenzte Aussagekraft der Daten zur lebenslaufbezogenen Unterbrechungsdauer von 1976 bis 1985 geborenen Frauen, die aufgrund des für diese Kohorten kurzen Beobachtungsfensters vorzeitig abbrechen und nur bis zu einer Maximaldauer von 72 Monaten aussagekräftig verfolgt werden können. Die bisherigen Analysen weisen neben den unabänderlichen Problemen des begrenzten Beobachtungszeitraums aber auch darauf hin, dass eine Analyse der aufsummierten Unterbrechungszeiten vergleichsweise wenig differenziert ist. Da hier die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen nicht nach der Kinderzahl bzw. Parität differenziert wird, lässt sich nicht unterscheiden ob die in einzelnen Monaten veränderte Rückkehrneigung in den Arbeitsmarkt mit einer weiteren Geburt oder mit den Betreuungsanforderungen des ersten Kindes zusammenhängen, die sich mit dem Alter des Kindes verändern. Auch lässt sich nicht unterscheiden, ob sich die Gesamtdauer der Unterbrechung daraus ergibt, dass Frau einmalig ihre Erwerbskarriere für eine gewisse Zeit unterbrechen oder es sich um mehrmalige, aber jeweils nur kurze Unterbrechungen handelt. Außerdem könnte die typische Unterbrechungsdauer davon abhängen, ob es sich um die erste oder eine späteren Geburt handelt. Wenn die Unterbrechungsdauer mit der Parität ansteigt, würde beispielsweise der Kohortenvergleich verzerrt sein, da Frauen
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
173
aus den älteren Geburtskohorten ihre fertile Phase tendenziell bereits abgeschlossen haben. Um diese methodische Verzerrung zu vermeiden und gleichzeitig eine differenziertere Analyse zu ermöglichen, wird in der weiteren Analyse eine kindbezogene Betrachtung von Erwerbsunterbrechungszeiten vorgenommen. Die Dauer von Erwerbsunterbrechungen in geburtenbezogener Betrachtung Auch bei geburtenbezogener Betrachtung kann die Dauer einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung allerdings unterschiedlich definiert werden. Eine nahe liegende Definition wäre die Zeit nach einer Geburt, die Mütter angeben, explizit im Mutterschutz oder Erziehungsurlaub verbracht zu haben. Die Ergebnisse der entsprechenden Analyse sind in Tabelle 6.2 dargestellt. Entsprechend der sukzessiven Ausweitung der gesetzlichen Ansprüche ist anhand der Überlebensfunktion ein klarer Trend zu einer immer längeren Inanspruchnahme von Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub erkennbar. Während in der Geburtskohorte 1956/60 Mütter im Median neun Monate Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub in Anspruch genommen haben, hat sich die in Anspruch genommene Erziehungszeit unter den Anfang der 1970er Jahre geborenen Frauen glatt verdoppelt und betrug im Median bereits 18 Monate. Diese Veränderung des Unterbrechungsverhaltens wird auch in der Hazardfunktion abgebildet. Wie Abbildung 6.2 zeigt, steigen die Übergangsraten zunächst bis zum zweiten Jahr des Erziehungsurlaubs nur langsam an, um dann entsprechend der gesetzlichen Maximalfrist nach drei Jahren sprunghaft ein Maximum zu erreichen. Und wie auch die Überlebensfunktion weist die Hazardfunktion über die Kohorten auf einen deutlichen Rückgang der Übergangsneigung in den Arbeitsmarkt hin. Wie bereits oben angesprochen ist dieses rein rechtlich verstandene Dauermaß allerdings aus mindestens zwei Gründen problematisch. Zum einen ist zu vermuten, dass die rein rechtliche Definition der Unterbrechungszeit über den in Anspruch genommenen Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub die tatsächlich zur Kinderbetreuung aufgewendete Zeit unterschätzt. Da zudem anzunehmen ist, dass vor allem Mütter aus älteren Geburtskohorten über den (kürzeren) gesetzlichen Elternzeitanspruch hinaus zur Kinderbetreuung nicht erwerbstätig geblieben sind, würde die rein rechtlich orientierte Betrachtung möglicherweise den historischen Trend in der faktischen Dauer von Nichterwerbsphasen überzeichnen. Hinzu kommt schließlich, dass die Angaben der Befragten nicht notwendigerweise eine Inanspruchnahme des Rechtsanspruchs auf Mutterschafts- oder Erziehungsurlaub anzeigen, sondern dass viele Befragte, z.B. vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter, Nichterwerbszeiten häufig ebenfalls als Erziehungsurlaubszeit angeben.
174
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.2: Dauer der Inanspruchnahme von Mutterschutz und Erziehungsurlaub (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorten Geburtskohorte
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
1956/60 1961/65 1966/70 1971/75 1976/85
3 2 5 6 5
9 12 16 18 17
14 20 28 30 28
307 677 827 484 212
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.2: Wiedereinstiegsrate in den Beruf aus Mutterschutz- und Erziehungsurlaubsphasen (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorten und Dauer der Erwerbsunterbrechung 0.20
0.15
0.10
0.05
0.00 0
12 1956/1960 1971/1975
24 1961/1965 1976/1985
36 48 Unterbrechung in Monaten 1966/1970
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
Ausgehend von diesen Überlegungen wird für die weiteren Analysen ein zweites Maß zur Erfassung der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen konstruiert, das stärker das faktische Erwerbsverhalten von Frauen nach der Geburt eines Kindes reflektiert. Dazu wird im Folgenden die Dauer der Nichterwerbsphase betrachtet, während der Frauen nach einer Geburt weder erwerbstätig oder arbeitssuchend waren, noch sich in einer Ausbildung befanden. In Rahmen dieser verhaltensbasierten Definition gehen also alle Zeiten, die von Frauen
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
175
als Mutterschutz-, Mutterschaftsurlaubs- bzw. Erziehungsurlaubszeiten deklariert werden, als auch alle sonstigen Zeiten ein, in welchen Frauen als Hausfrau nicht erwerbstätig waren. Um in der Analyse möglichst präzise die Dauer ausschließlich oder doch weit überwiegend kindbedingter Nichterwerbsphasen zu erfassen, werden hier nur Nichterwerbszeiten innerhalb der ersten sechs Lebensjahre des Kindes betrachtet, d.h. die Dauer von kindbedingten Erwerbsunterbrechungen auf die Zeit bis zur Einschulung beschränkt, in welcher der Betreuungsbedarf besonders intensiv ist. Die Ergebnisse aus Tabelle 6.3, in der die Überlebensfunktionen auf der Basis des verhaltensbasierten Dauerkonzepts geschätzt wurden, bestätigen dann auch die Vermutung, dass der Trend in der Inanspruchnahme der Mutterschaftsund Erziehungsurlaub keineswegs dem Trend im tatsächlichen Unterbrechungsverhalten von westdeutschen Müttern entspricht. Während in den vorangegangenen Analysen ein klarer Trend zu zunehmend längeren Inanspruchnahme von Mutterschafts- und Erziehungsurlaubszeiten erkennbar war, trifft dies für die faktische Dauer von Nichterwerbsphasen nicht mehr zu. Die mittlere Unterbrechungsdauer nach einer Geburt beträgt im Kohortenvergleich konstant etwa drei Jahre, ohne dass die Ausweitung der rechtlichen Ansprüche auf Erziehungszeiten daran auffällig viel verändert hätte. Ebenso zeigen sich in Abbildung 6.3 nur geringe Unterschiede im Verlauf der Wiedereinstiegsrate in den Arbeitsmarkt zwischen den Kohorten. Als konsistente Veränderung zeigt sich in Tabelle 6.3 lediglich, dass der Anteil von Frauen mit sehr kurzen Erwerbsunterbrechungen über die Kohorten zurückgeht, was in Abbildung 6.3 in Form eines Rückgangs der Wiedereinstiegsrate in den ersten Monaten nach der Geburt sichtbar wird. Während in der Geburtskohorte 1956/60 die Unterbrechung nach einem Viertel der Geburten noch 11 Monate oder kürzer betrug, ist das untere Quartil der Verteilung bis in den jüngeren Geburtskohorten auf 16 Monate angestiegen. Gleichzeitig hat sich unter den Anfang der siebziger Jahre geborenen Frauen offenbar auch die Dauer längerer Unterbrechungen verändert, so dass das obere Quartil der Verteilung gegenüber den älteren Geburtskohorten um fast ein Jahr angestiegen ist. Und die durchgängig höheren Werte für die typische Dauer kindbedingter Nichterwerbsphasen zeigen natürlich insgesamt, dass die reine Betrachtung von Mutterschaftsurlaubs- oder Elternzeiten die faktisch von westdeutschen Frauen zur Kinderbetreuung aufgewendete Zeit deutlich unterschätzt. Andererseits zeigt sich natürlich, dass auch mit der hier gewählten Definition der Dauer von Nichterwerbsphasen deren tatsächliche Dauer tendenziell unterschätzt wird, da lediglich Unterbrechungszeiten bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes erfasst wurden. Als dritte Möglichkeit, kindbedingte Erwerbsunter-
176
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.3: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorten Geburtskohorte
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
1956/60 1961/65 1966/70 1971/75 1976/85
11 12 13 16 16
31 36 31 35 35
64 64 62 73 58
307 677 827 484 212
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.3: Wiedereinstiegsrate in den Beruf aus kindbedingter Erwerbsunterbrechung (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorten und Dauer der Erwerbsunterbrechung 0.04
0.03
0.02
0.01
0.00 0
12 1936/1955 1966/1970
24 1956/1960 1971/1975
36 48 Unterbrechung in Monaten 1961/1965
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
brechungen von Frauen zu erfassen, wird in einer letzten Analyse schließlich alle Zeit der Nichterwerbstätigkeit von Frauen betrachtet, während der ein eigenes Kind im Haushalt lebt. Wie die Ergebnisse aus Tabelle 6.4 und Abbildung 6.4 zeigen, steigt dadurch die typische Dauer von Nichterwerbsphasen weiter an. Dies gilt allerdings weniger für den Median der Verteilung, sondern insbesondere am oberen Ende der Verteilung aus Tabelle 6.3. Wie definitionsgemäß zu erwarten ist, unterschätzt die vorherige Einschränkung auf Unterbrechungszeiten
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
177
bis zur Schulpflichtigkeit des Kindes die Unterbrechungsdauer für Mütter, die besonders lange nicht erwerbstätig bleiben, weil sie ihre Nichterwerbsphase auch über den Zeitpunkt der Einschulung des Kindes hinaus fortsetzen. Dementsprechend verdoppelt sich die Dauer der Nichterwerbsphasen im oberen Quartil nahezu von etwa fünf auf gut neun Jahre, wenn auch spätere Phasen der Nichterwerbstätigkeit in die Analyse einbezogen werden. Andererseits scheint die systematische Nichtberücksichtigung von Nichterwerbsphasen nach Einsetzen der Schulpflichtigkeit kaum nachhaltige Auswirkungen auf die beobachtbare Entwicklung der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen im Kohortenvergleich zu haben. Mit Ausnahme der Frauen aus den jüngsten Geburtskohorten, die weniger lange beobachtet werden konnten, lässt sich bestenfalls eine leichte Verkürzung der Unterbrechungsdauer unter nach 1960 geborenen Frauen erkennen, für die sowohl der Median als auch das obere Quartil der Dauerverteilung deutlich höher als in den jüngeren Kohorten liegen. Und ähnlich wie in der vorherigen Berechnung liegen auch die Hazardfunktionen für den Übergang in den Arbeitsmarkt im Kohortenvergleich in Abbildung 6.4 vergleichsweise eng zusammen, wobei die älteste Kohorte die geringste Übergangsneigung aufweist. Da im Vergleich der beiden letzten Dauerkonzepte kaum inhaltliche Unterschiede in Bezug auf Trends in den Übergangsraten feststellbar sind, werden die folgenden Analysen auf die Dauer von Nichterwerbsphasen bis zur Schulpflichtigkeit des Kindes beschränkt, wodurch auch Mütter aus den jüngsten Geburtsjahrgängen in die Analyse einbezogen werden können. Tabelle 6.4: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorten Geburtskohorte
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
1956/60 1961/65 1966/70 1971/75 1976/85
15 15 13 16 14
53 43 38 38 34
128 101 105 108 54
307 677 828 484 212
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
178
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Abbildung 6.4: Wiedereinstiegsrate in den Beruf aus kindbedingter Erwerbsunterbrechung (Geburtenkonzept), nach Geburtskohorte und Dauer der Unterbrechung 0.04
0.03
0.02
0.01
0.00 0
12 1956/1960 1971/1975
24 1961/1965 1976/1985
36 48 Unterbrechung in Monaten 1966/1970
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
Sozialstrukturelle Bestimmungsfaktoren der Dauer von Erwerbsunterbrechungen Die bislang dargestellten Ergebnisse haben sich auf Mütter insgesamt bezogen, während in der Realität eine Reihe sozialstruktureller Merkmale die Dauer von Erwerbsunterbrechungen beeinflusst. Um eine Eindruck von Unterschieden im Arbeitsmarktverhalten verschiedener Bevölkerungsgruppen zu erhalten, werden in Tabelle 6.5 die Überlebensfunktionen für die Dauer von Nichterwerbsphasen nach einer Geburt getrennt nach verschiedenen sozialstrukturellen Merkmalen der Mütter betrachtet. Dabei zeigt sich, dass die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen von Faktoren wie Bildungsniveau, Religionszugehörigkeit, Erwerbsstatus vor der Geburt, Haushaltszusammensetzung oder auch der Parität abhängig sind. In Bezug auf den Einfluss individueller Qualifikationen zeigt sich, dass die Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung unter gut ausgebildeten Müttern tendenziell kürzer ist. Während Mütter mit einem Haupt- oder Realschulabschluss ohne Berufsausbildung nach einer Geburt im Median für dreieinhalb Jahre ihre Erwerbskarriere unterbrechen, kehren Frauen mit einem Hochschulabschluss bereits nach etwa eineinhalb Jahren ins Erwerbsleben zurück. Neben dem
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
179
Einfluss des Qualifikationsniveaus spielt aber auch die Einbindung in das Berufsleben vor der Geburt eines Kindes eine wichtige Rolle. Mütter die vor der Geburt Vollzeit oder Teilzeit erwerbstätig waren, kehren im Median 18 Monate nach der Geburt an den Arbeitsplatz zurück, während Frauen, die bereits vor der Geburt ihres Kindes nicht berufstätig waren, deutlich länger nicht erwerbstätig sind. Nur ein Viertel der zuvor nicht berufstätigen Frauen ist innerhalb von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes erwerbstätig und der Median der Dauer der Nichterwerbsphase liegt sogar bei gut vier Jahren pro Kind. Und auch sechs Jahre nach der Geburt ist immer noch ein Viertel der Frauen nicht erwerbstätig. Ebenso spielt die Anwesenheit eines erwerbstätigen Partners im Haushalt eine Rolle für das Unterbrechungsverhalten von Müttern. Frauen die allein erziehend sind oder deren Partner erwerbslos ist dürften vor allem unter stärkerem finanziellem Druck stehen, schnell wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, was sich dann in einer kürzeren Nichterwerbsphase niederschlägt, die ausschließlich der Kinderbetreuung gewidmet wird. Unter allein erziehenden Müttern ist beispielsweise ein Viertel bereits innerhalb eines halben Jahres nach der Geburt wieder auf ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt, nach zwei Jahren arbeitet bereits die Hälfte der Mütter wieder. Frauen mit erwerbstätigem Partner unterbrechen dagegen im Median drei Jahre die eigene Erwerbskarriere, und nach fünfeinhalb Jahren sind immer noch ein Viertel der Frauen nicht in den Arbeitsmarkt zurückgekehrt. Neben Qualifikationsniveau und Arbeitsmarkteinbindung ist aber auch zu beobachten, dass Unterschiede in Weltbildern und Rollenverständnis, wie sie etwa in der Konfessions- und Religionszugehörigkeit zum Ausdruck kommen, zu unterschiedlichem Erwerbsverhalten führen. Die kürzesten Erwerbsunterbrechungen weisen konfessionslose Frauen auf, die im Median zwei Jahre nach der Geburt eines Kindes in ihren Beruf zurückgekehrt ist. Mütter mit katholischer oder evangelischer Konfessionszugehörigkeit kehren durchschnittlich nach etwa zweieinhalb Jahren zurück an den Arbeitsplatz, während Mitglieder anderer christlicher Religionsgemeinschaften im Median erst vier Jahre nach der Geburt eines Kindes ins Berufsleben zurückkehren. Mit einer durchschnittlichen Dauer von fast fünf Jahren unterbrechen Frauen aus nichtchristlichen Religionsgemeinschaften, d.h. vor allem Frauen muslimischen Glaubens, vergleichsweise am längsten ihre Erwerbskarriere. Daneben lassen sich auch Effekte des Alters von Frauen bei der Geburt sowie der Geburtenzahl erkennen. In Bezug auf das Alter bei der Geburt eines Kindes ist auffällig, dass sowohl Frauen die ihr Kind besonders jung als auch Frauen, die ihr Kind relativ spät im bekommen, besonders lange zur Betreuung dieses Kind zu Hause bleiben. Frauen, die bei Geburt des Kindes älter als 36
180
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.5: Sozialstrukturelle Unterschiede in der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
Bildungsabschluss HS/RS ohne Lehre HS/RS mit Lehre Abitur Studium
19 14 10 8
41 34 24 17
73 62 46 47
651 1265 300 277
Erwerbsstatus vor Geburt Vollzeit erwerbstätig Teilzeit erwerbstätig Geringfügig erwerbstätig nicht erwerbstätig
8 9 12 26
20 21 34 51
38 43 56 75
944 271 46 1211
Haushaltsstruktur kein Partner Partner nicht erwerbstätig Partner erwerbstätig
5 8 16
23 23 36
43 55 66
156 372 2062
Religionszugehörigkeit konfessionslos katholisch evangelisch andere christl. Religion andere Religion
10 13 14 20 36
26 31 33 48 57
47 63 55 75 75
164 1006 781 324 143
Alter 17-21 Jahre 22-26 Jahre 27-31 Jahre 32-36 Jahre über 36 Jahre
18 14 14 10 13
50 35 31 31 38
75 62 62 60 71
204 741 939 570 136
Parität 1. Geburt 2. Geburt 3. Geburt
11 19 28
26 39 54
53 70 75
1569 785 194
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
181
Jahre waren, bleiben im Median drei Jahre nicht erwerbstätig, 17- bis 21-jährige Mütter sogar vier Jahre. Unter Frauen, die bei Geburt des Kindes zwischen 22 und 36 Jahre alt waren kehrt dagegen ein Viertel der Frauen innerhalb eines Jahres in den Beruf zurück, nach zweieinhalb Jahren ist bereits die Hälfte der Mütter wieder erwerbstätig und nur ein Viertel der Mütter bleibt fünf Jahre oder länger nach der Geburt nicht erwerbstätig. Hinzu kommt, dass sich die Dauer von Erwerbsunterbrechungen zwischen der ersten und späteren Geburten systematisch unterscheidet. Unterbrechen Frauen bei ihrer ersten Geburt ihre Erwerbstätigkeit im Median noch für etwas mehr als zwei Jahre, so nimmt die Dauer der Nichterwerbsphase mit jedem weiteren Kind um gut ein Jahr zu. Nur ein Viertel der Frauen kehrt innerhalb der ersten eineinhalb Jahre nach der zweiten Geburt in den Beruf zurück, und der Median der Unterbrechungsdauer beträgt über drei Jahre. Nach der dritten Geburt beträgt die Dauer der Erwerbsunterbrechung im Median sogar bereits viereinhalb Jahre und ein Viertel der Mütter bleiben gut sechs Jahre oder länger außerhalb des Arbeitsmarktes. Die Dauer von Erwerbsunterbrechungen im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen Im Kern des vorliegenden Kapitels steht jedoch die Erwartung, dass es im Zuge der schrittweisen Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub zu einer entsprechenden Ausdehnung der Dauer von Nichterwerbsphasen gekommen ist. Für erste deskriptive Ergebnisse zu dieser Frage sind entsprechend der bisherigen Vorgehensweise in Tabelle 6.6 die Überlebensfunktionen für die Dauer von Nichterwerbsphasen getrennt für die verschiedenen Phasen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung ausgewiesen. Im Einklang mit der kohortenspezifischen Betrachtung aus Tabelle 6.3 lässt sich auch in Tabelle 6.6 auf den ersten Blick kein einheitlicher Trend in der Dauer von Nichterwerbsphasen erkennen. Im Median unterbrechen Frauen nach der Geburt von Kindern über die Reformstufen hinweg zweieinhalb bis drei Jahre, und nur das längste Viertel der Erwerbsunterbrechungen dauert mehr als fünf bis sechs Jahre nach der Geburt noch an. Lediglich für Frauen, die besonders kurz unterbrechen, lässt sich eine Tendenz zu einer zunehmend längeren Unterbrechungsdauer über die Reformphasen erkennen. War bei Geburten vor 1986, d.h. vor Einführung des Erziehungsurlaubs, ein Viertel aller Mütter bereits nach sieben Monaten wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt, so hat sich das untere Quartil der Verteilung bis in die neunziger Jahre, d.h. mit Einführung
182
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.6: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen (Geburtenkonzept), nach Reformphasen
Reformphase 1: 1979 – 1985 2: 1986 – 1987 3: 1988 – 5/1989 4: 6/1989 – 5/1990 5: 6/1990 – 1991 6: 1992 – 2000 7: 2001 ff.
Anspruchsdauer
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
6 10 12 15 18 36 36
7 11 12 15 16 16 11
36 35 39 30 30 35 31
71 66 70 62 69 63 -
126 209 166 125 216 1304 443
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.5: Wiedereinstiegsrate in den Beruf aus kindbedingter Erwerbsunterbrechung, nach Reformphasen und Dauer der Unterbrechung 0.03
0.02
0.01
0.00 0
12 1: 79-85 5: 6/90-91
24 2: 86-87 6: 92-2000
36 48 Unterbrechung in Monaten 3: 88-5/89 7: 2001 ff.
4: 6/89-5/90
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
des dreijährigen Anspruchs auf Erziehungsurlaub, auf 18 Monate erhöht, damit waren nur ein Viertel aller Mütter innerhalb von eineinhalb Jahren nach der Geburt wieder erwerbstätig. Interessanterweise ist ein noch deutlicherer Einfluss der rechtlichen Rahmenbedingungen erkennbar, wenn die in Abbildung 6.5 dargestellten Hazardfunktionen betrachtet werden. Dabei zeigt sich, dass das Maximum der
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
183
Hazardratenfunktion weitgehend der Höchstdauer des Erziehungsurlaubsanspruchs folgt, so dass eine besonders ausgeprägte Tendenz zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt zum Ende des Rechtsanspruchs feststellbar ist. So erreicht beispielsweise die Übergangsrate in den Arbeitsmarkt in den ersten drei Reformphasen (An-spruchsdauer 6-12 Monate) bereits nach einem Jahr Unterbrechungsdauer ein Maximum, während die Rückkehrneigung von Müttern in der 4. und 5. Reformphase (Anspruchsdauer 15-18 Monate) bei etwa 18 Monaten deutlich ansteigt. Und auch die Ausweitung des Rechtsanspruchs bis zum dritten Geburtstag des Kindes im Jahr 1992 (Reformphase 6) findet sich in einem entsprechenden An-stieg der Übergangsneigung nach drei Jahren wider. Der klare Niederschlag, den die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ergebnissen aus Tabelle 6.6 und Abbildung 6.5 finden, ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass nur etwa die Hälfte der im SOEP beobachteten Mütter vor der Geburt eines Kindes erwerbstätig war, d.h. tatsächlich auch einen Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub hatte. Um zu überprüfen, inwieweit die bisher dargestellten Ergebnisse für Mütter mit und ohne faktischen Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub gleichermaßen gelten, werden in einem letzten Schritt der deskriptiven Analyse die Überlebens- und Hazardfunktionen getrennt nach dem Erwerbsstatus der Mutter vor der Geburt berechnet. Tabelle 6.7, die die Überlebensfunktion für vor der Geburt erwerbstätige Frauen enthält, zeigt das sich das Unterbrechungsverhalten der Mütter, die einen faktischen Rechtsanspruch haben, tatsächlich sehr stark den rechtlichen Rahmenbedingungen orientiert. Die Verhaltensunterschiede zwischen den Reformphasen sind deutlich stärker als in der Betrachtung der gesamten Stichprobe, und die gesetzlich geregelten Anspruchsdauern haben eine eindeutig verlängernde Wirkung auf die Dauer von Nichterwerbsphasen vergleichsweise erwerbsorientierter Frauen, die vor der Geburt erwerbstätig waren. Bei Geburten in den Jahren vor 1986 lag der Median der Unterbrechungsdauer noch bei nur neun Monaten, Ende der 1980er Jahre betrug die Dauer der Nichterwerbsphase unter zuvor erwerbstätigen Müttern bereits zwischen 16-19 Monaten. Erwerbstätige Frauen, die nach 1992 ein Kind bekommen haben, haben ihre Berufstätigkeit nach der Geburt im Median sogar um zwei Jahre unterbrochen. Allerdings kehrt weiterhin ein Teil der Mütter sehr schnell auf ihren Arbeitsplatz zurück, so dass das untere Quartil der Dauerverteilung bei gleichzeitig steigender Tendenz immer zwischen 7 und 12 Monaten liegt. Wie bereits oben ist auch hier feststellbar, dass die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub dazu geführt hat, dass sehr kurze Erwerbsunterbrechungen von unter einem oder gar unter einem halben Jahr im Zuge der familienpolitischen Reformen vergleichsweise selten geworden sind. Demgegenüber hat sich das obere Quartil der Verteilung nur relativ
184
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.7: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen nach Reformphasen (Geburtenkonzept), nur zuvor erwerbstätige Mütter mit Anspruch auf Erziehungsurlaub
Reformphase Mütter ohne Anspruch 1: 1979 – 1985 2: 1986 – 1987 3: 1988 – 05/1989 4: 06/1989 – 05/1990 5: 06/1990 – 1991 6: 1992 – 2000 7: 2001 ff.
Anspruchsdauer (incl. Mutterschutz)
Überlebensfunktion P(75)
P(50)
P(25)
N
6 10 12 15 18 36 36
25 7 8 10 10 12 10 8
51 9 14 17 16 19 24 16
75 37 46 50 32 43 38 -
1257 57 102 84 57 112 599 202
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.6: Wiedereinstiegsrate in den Beruf aus kindbedingter Erwerbsunterbrechung nach Reformphasen und Dauer der Unterbrechung, nur zuvor erwerbstätige Mütter mit Anspruch auf Erziehungsurlaub 0.06
0.04
0.02
0.00 0
12 0: nicht erwerbst. 4: 6/89-5/90
24 1: 79-85 5: 6/90-91
36 48 Unterbrechung in Monaten 2: 86-87 6: 92-2000
3: 88-5/89 7: 2001 ff.
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
6.2 Ergebnisse der deskriptiven Analyse
185
wenig verändert, so dass durchgängig jeweils mindestens ein Viertel der Mütter zwischen drei und vier Jahren nach der Geburt nicht erwerbstätig bleibt. Dem Anstieg der durchschnittlichen Dauer kindbedingter Unterbrechungszeiten unter zuvor erwerbstätigen Müttern entspricht selbstverständlich ein gleichzeitiger Rückgang der Übergangsraten zwischen Nichterwerbsphase und Berufstätigkeit. Wie Abbildung 6.6 zeigt, liegen die Hazardfunktionen für zuvor erwerbstätige Mütter zwar für alle Reformphasen weiterhin über der zum Vergleich dargestellten durchschnittlichen Hazardfunktion für vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter, über die Zeit ist jedoch insbesondere in den ersten zwei Jahren nach der Geburt ein deutlicher Rückgang des Niveaus der Hazardraten zu beobachten. Dabei folgt die Entwicklung der Hazardraten über die Zeit vergleichsweise eng der Ausweitung der gesetzlichen Ansprüche auf Erziehungsurlaub, wobei insbesondere das Maximum der Hazardfunktion in jeder Reformphase jeweils der gesetzlichen Höchstdauer des Erziehungsurlaubs entspricht. Die Übergangsneigung in die Erwerbstätigkeit wird beispielsweise in der vierten Reformphase (1989/90) etwa bei 12-15 Monaten erreicht, und im Einklang mit den folgenden Reformschritten verschiebt sich der Zeitpunkt des Peaks der Hazardfunktion entsprechend auf eineinhalb bzw. drei Jahren nach der Geburt. Neben diesem deutlichen Hinweis auf einen Einfluss der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen zeigen die Analysen interessanterweise zudem, dass sich auch das Unterbrechungsverhalten zuvor nicht erwerbstätiger Mütter im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs verändert hat, obwohl diese Mütter nicht unmittelbar von der Option einer beruflichen Freistellung Gebrauch machen konnten. Wie die in Tabelle 6.8 dargestellten Überlebensfunktionen zeigen, sind Mütter, die bereits vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, tendenziell weniger erwerbsorientiert als zuvor berufstätige Mütter. Unter zuvor berufstätigen Müttern beträgt die mittlere Unterbrechungsdauer im Durchschnitt aller Reformphasen 20 Monate, Frauen, die bereits vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, sind dagegen im Median 51 Monate nach der Geburt nicht erwerbstätig. Jedoch hat sich auch für nicht berufstätige Mütter die Dauer der Nichterwerbsphase nach der Geburt im Zeitverlauf verringert. Nach einem leichten Anstieg von 62 auf 66 Monate im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 ist der Median der Dauerverteilung in der Folge von über fünf auf gut vier Jahre nach der Geburt des Kindes zurückgegangen. Ebenso ist das untere Quartil der Verteilung, das für Geburten aus den Jahren 1986 und 1987 auf ganze 36 Monate Unterbrechungsdauer angestiegen ist, in der Folgezeit wieder leicht auf 27 Monate in der jüngsten Reformphase zurückgegangen. Diese Entwicklungen sind in Abbildung 6.7 auch in entsprechenden Veränderungen der Hazardfunktionen zu sehen, die vor allem seit Anfang der 1990er Jahre wieder leicht ansteigen, so dass sich über die Zeit auch die Dauer von Nichterwerbsphasen nicht
186
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
erwerbstätiger Mütter in gewisser Weise an die gesetzliche Vorgabe eines (mittlerweile) dreijährigen Erziehungsurlaubs angepasst hat. Tabelle 6.8: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen nach Reformphasen (Geburtenkonzept), nur zuvor nicht erwerbstätige Mütter ohne Anspruch auf Erziehungsurlaub Reformphase Mütter mit Anspruch 1: 1979 – 1985 2: 1986 – 1987 3: 1988 – 05/1989 4: 06/1989 – 05/1990 5: 06/1990 – 1991 6: 1992 – 2000 7: 2001 ff.
Anspruchsdauer
P(75)
Überlebensfunktion P(50)
P(25)
N
6 10 12 15 18 36 36
8 15 36 30 27 27 26 17
20 62 66 56 53 59 48 -
39 75 75 75 75 75 75 -
1214 39 99 74 60 100 652 233
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Überlebensfunktionen.
Abbildung 6.7: Wiedereinstiegsrate in den Beruf nach Reformphasen und Dauer der Unterbrechung, nur zuvor nicht erwerbstätige Mütter ohne Anspruch auf Erziehungsurlaub 0.04
0.03
0.02
0.01
0.00 0
12 0: erwerbst. 4: 6/89-5/90
24 1: 79-85 5: 6/90-91
36 48 Unterbrechung in Monaten 2: 86-87 6: 92-2000
3: 88-5/89 7: 2001 ff.
Anmerkung: Kaplan-Meier-Schätzung der Übergangsratenfunktionen. Glättung der Rohdaten durch gleitende robuste Medianglättung.
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
187
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse Um diese Zusammenhänge gleichzeitig zu betrachten, und insbesondere den Einfluss der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen für das Erwerbsverhalten von Müttern unter Kontrolle relevanter sozialstruktureller Faktoren zu isolieren, werden im Folgenden die Ergebnisse multivariater Analysen der Dauer von kindbedingten Nichterwerbsphasen vorgestellt. Tabelle 6.9 enthält dazu die Ergebnisse einer Reihe von Regressionsmodellen, die die Determinanten der Rückkehrbereitschaft nach der Geburt eines Kindes auf der Basis eines Piecewise-constant-Exponentialmodells ermitteln. Im Rahmen dieses Modells wird die Basisübergangsrate in Form einer flexiblen Stufenfunktion monatsgenau bzw. nach vier Jahren in Jahresintervallen abgebildet. Zusätzlich werden in Tabelle 6.9 die Ergebnisse verschiedener Modellschätzungen vorgestellt, in die schrittweise relevante Kovariaten eingeschlossen werden. Dabei umfasst das Grundmodell der Analyse (Modell 1), mit dem der Nettoeffekt der Reformen des Erziehungsurlaubs ermittelt werden soll, neben den Kontrollvariablen zur Erfassung der Verweildauerabhängigkeit der Wiedereintrittsrate und den Kontrollvariablen für die verschiedenen Reformphasen im Wesentlichen soziodemographische Merkmale der Mütter wie das Alter bei Geburt des Kindes, die Geburtskohorte, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie den höchsten Bildungsabschluss. In Modell 2 werden zusätzlich zu diesen Kontrollvariablen Familienstand und Kinderzahl als wichtigste Merkmale der Haushaltsstruktur aufgenommen, während Modell 3 noch für den Erwerbsstatus, die berufliche Stellung und das Erwerbseinkommen der Mütter vor der Geburt des Kindes kontrolliert. Im weiteren Verlauf wird das Regressionsmodell noch dadurch erweitert, dass Humankapital und Erwerbsposition des Lebenspartners (Modell 4) und die allgemeine Arbeitsmarktlage in Form der weiblichen Arbeitslosenquote im Bundesland (Modell 5) erfasst werden. Um sicherzustellen, dass in der Analyse der Effekt der veränderten Erziehungsurlaubsregelungen eindeutig isoliert wird, werden in Modell 6 überdies weitere institutionelle Rahmenbedingungen kindbedingter Erwerbsunterbrechungen berücksichtigt, indem Variablen für finanzielle Anreize in Form von Kinder- und Erziehungsgeld sowie öffentliche Kinderbetreuungsangebote erfasst werden. Im Fall der monetären Leistungen wird die deflationierte erwartete Gesamtsumme von Kinder- bzw. Erziehungsgeld über den zum Zeitpunkt der Geburt geltenden Leistungszeitraum als Variable in die Regressionsschätzungen aufgenommen. Aus Mangel an hinreichend detaillierten, jährlich erhobenen amtlichen Daten zum Platzangebot in öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen wurden zudem für das Bundesland des Wohnortes als Proxy-Variable der Kinderbetreuungsinfrastruktur kontrolliert. Die Verwendung der Bundesländer
188
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
als Kontrollvariable scheint auch aufgrund der Tatsache gerechtfertigt, dass die Betreuungsrelationen besonders für unter dreijährige Kinder vor allem zwischen den Bundesländern, jedoch kaum zeitlich innerhalb der einzelnen Länder schwankt. Im abschließenden Modell 7 wird schließlich untersucht, inwieweit sich die so ermittelten Effekte der Erziehungsurlaubsreformen zwischen Müttern, die vor der Geburt berufstätig waren und deshalb einen Anspruch auf berufliche Freistellung besitzen, und den nicht berufstätigen und dementsprechend durch die Reformen der Erziehungsurlaubsregelungen nicht primär betroffenen Frauen unterschieden. In Bezug auf die Kontrollvariablen bestätigen die Modellschätzungen aus Tabelle 6.9 zunächst die Bedeutung soziodemographischer Faktoren für das Rückkehrverhalten von Frauen aus einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung. So zeigt sich in Modell 1 zunächst, dass die Rückkehrbereitschaft von Müttern mit dem Alter bei der Geburt ansteigt. Je später im Lebenszyklus Frauen ihre Kinder bekommen, desto kürzer unterbrechen sie ihre Erwerbskarriere. Gleichzeitig zeigt sich ein positiver Kohorteneffekt, so dass Mütter aus jüngeren Geburtsjahrgängen eine deutlich höhere Wiedereintrittstendenz aufweisen. Der Effekt für eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit ist dagegen zwar negativ und weist damit auf eine längere Unterbrechungsdauer von ausländischen Müttern hin, allerdings ist der Effekt nicht signifikant und wird vermutlich von der Variable zur Religionszugehörigkeit überlagert. Diesbezüglich zeigen sich ebenfalls nur wenige Unterschiede. Lediglich muslimische Frauen, die in der Kategorie der nichtchristlichen Religionen die dominierende Gruppe sind, haben eine um 64% geringere Rückkehrneigung als vergleichbare konfessionslose Mütter. Schließlich hat das Bildungsniveau von Müttern einen bedeutenden Einfluss wie auch entsprechend der ökonomischen Humankapitaltheorie zu erwarten ist. Je höher der Bildungsabschluss von Müttern, desto kürzer unterbrechen sie ihre Erwerbslaufbahn. Während allein der Abschluss einer beruflichen Ausbildung nur einen schwachen Effekt zeigt, erhöht sich die Wiedereinstiegsrate in den Arbeitsmarkt für Mütter mit Hochschulreife um 39%, und unter Frauen mit Universitätsabschluss sogar um 52% gegenüber der Referenzkategorie von Müttern mit Hauptschul- bzw. Realschulabschluss ohne berufliche Ausbildung. Modell 2 zeigt anschließend, dass auch Haushaltsstruktur und Zahl der Kinder die Rückkehrbereitschaft in den Arbeitsmarkt beeinflussen. Wie nach der mikroökonomischen Theorie zu erwarten ist, verringert sich der relative Nutzen der Erwerbstätigkeit sowohl durch einen Ehe- bzw. Lebenspartner als auch mit steigender Kinderzahl und die Rückkehrbereitschaft in den Arbeitsmarkt sinkt entsprechend. Die Hazardrate für den Wiedereinstieg in den Beruf ist für Frauen, die mit einem Partner zusammenleben, um 38% geringer als für allein erziehende
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
189
Tabelle 6.9: Determinanten der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen, Piecewise-constant Exponentialmodell
Reformphasen des Erziehungsurlaubs 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren Alter Alter quadriert (*100) Geburtskohorte Ausländische Staatsangehörigkeit Religionszugehörigkeit - Katholisch -
Evangelisch
-
andere christliche Religion andere Religion
-
Bildungsabschluss - HS/RS mit Lehre -
Abitur
-
Universität
Haushaltsstruktur Partner
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,395* (0,200) -0,498* (0,211) -0,594** (0,220) -0,701** (0,212) -1,181** (0,245) -1,362** (0,323)
-0,280 (0,200) -0,327 (0,212) -0,328 (0,223) -0,471* (0,213) -0,897** (0,247) -1,088** (0,324)
-0,343+ (0,201) -0,368+ (0,214) -0,403+ (0,225) -0,542* (0,215) -1,070** (0,251) -1,240** (0,328)
-0,390+ (0,202) -0,404+ (0,215) -0,462* (0,226) -0,629** (0,216) -1,138** (0,250) -1,355** (0,327)
-0,343+ (0,203) -0,348 (0,216) -0,419+ (0,227) -0,621** (0,216) -1,222** (0,253) -1,496** (0,333)
-0,313 (0,206) -0,304 (0,220) -0,317 (0,232) -0,524* (0,223) -1,084** (0,261) -1,274** (0,346)
-0,284 (0,384) -0,264 (0,380) -0,332 (0,386) -0,472 (0,378) -0,906* (0,386) -0,960* (0,460)
0,111+ (0,062) -0,039 (0,098) 0,097** (0,016) -0,171 (0,112)
0,204** (0,063) -0,172+ (0,099) 0,089** (0,016) -0,135 (0,111)
0,055 (0,065) 0,018 (0,100) 0,093** (0,016) 0,031 (0,112)
0,068 (0,065) 0,018 (0,100) 0,100** (0,016) 0,039 (0,113)
0,067 (0,065) 0,021 (0,100) 0,102** (0,016) 0,040 (0,113)
0,045 (0,067) 0,040 (0,101) 0,084** (0,019) 0,054 (0,115)
0,049 (0,067) 0,035 (0,101) 0,084** (0,019) 0,057 (0,115)
0,016 (0,138) -0,051 (0,141) -0,208 (0,178) -1,011** (0,286)
0,020 (0,139) -0,067 (0,141) -0,127 (0,178) -0,999** (0,285)
0,082 (0,142) 0,090 (0,145) -0,022 (0,180) -0,721* (0,287)
0,066 (0,143) 0,065 (0,146) -0,092 (0,181) -0,791** (0,288)
0,060 (0,143) 0,055 (0,145) -0,100 (0,181) -0,794** (0,288)
0,102 (0,148) 0,048 (0,147) -0,082 (0,183) -0,763** (0,290)
0,095 (0,148) 0,031 (0,148) -0,083 (0,183) -0,814** (0,291)
0,098 0,098 0,044 0,095 0,101 0,096 0,090 (0,090) (0,090) (0,091) (0,091) (0,091) (0,092) (0,093) 0,330** 0,285* 0,395** 0,458** 0,476** 0,443** 0,435** (0,121) (0,122) (0,127) (0,129) (0,129) (0,130) (0,130) 0,421** 0,383** 0,468** 0,590** 0,602** 0,583** 0,593** (0,134) (0,133) (0,150) (0,159) (0,159) (0,161) (0,161) -0,476** -0,554** -2,757** -2,788** -4,007** -3,961** (0,127) (0,127) (0,900) (0,895) (1,035) (1,039)
190
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Tabelle 6.9: (Fortsetzung) (1) Kinderzahl Erwerbsposition (vor der Geburt) Erwerbstätigkeit vor der Geburt Einkommen logarithmiert Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufserfahrung (in Jahren) Frauenanteil im Berufsfeld - geschlechtsneutrales Berufsfeld - männlich geprägtes Berufsfeld Erwerbspotenzial des Partners Bildung (in Jahren) Erwerbstätig Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Familienpolitische Rahmenbedingungen Kindergeld (Summe, real)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,007 (0,060)
-0,005 (0,060)
-0,055 (0,078)
-0,078 (0,079)
0,770** (0,083) 0,021 (0,082) -0,257 (0,165) 0,059 (0,086) 1,228** (0,238) 0,023+ (0,013)
0,765** (0,083) 0,040 (0,083) -0,298+ (0,167) 0,028 (0,088) 1,207** (0,241) 0,023+ (0,013)
0,774** (0,083) 0,036 (0,083) -0,331* (0,168) 0,033 (0,088) 1,174** (0,241) 0,023+ (0,013)
0,781** (0,084) 0,049 (0,084) -0,362* (0,170) 0,049 (0,089) 1,172** (0,244) 0,023+ (0,013)
0,495** (0,182) 0,026 (0,087) -0,379* (0,171) 0,054 (0,089) 1,197** (0,244) 0,021 (0,013)
0,145 (0,094) 0,184+ (0,103)
0,168+ (0,094) 0,195+ (0,102)
0,159+ (0,094) 0,190+ (0,102)
0,167+ (0,095) 0,211* (0,103)
0,152 (0,096) 0,200+ (0,104)
0,002 (0,016) 2,258** (0,869) -0,336** (0,101) 0,254 (0,161) 0,068 (0,118) 0,183 (0,123)
0,001 (0,016) 2,302** (0,864) -0,340** (0,100) 0,266+ (0,161) 0,060 (0,119) 0,168 (0,123)
0,004 (0,016) 3,375** (0,985) -0,487** (0,120) 0,281+ (0,162) 0,037 (0,120) 0,183 (0,124)
0,004 (0,016) 3,340** (0,989) -0,483** (0,120) 0,291+ (0,165) 0,021 (0,121) 0,184 (0,124)
0,043* (0,018)
0,029 (0,022)
0,034 (0,023)
0,001 (0,001)
0,001 (0,001)
-0,306** -0,017 (0,050) (0,060)
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
191
Tabelle 6.9: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Erziehungsgeld (*1000) (Summe, real)
(6)
(7)
-0,023* (0,011)
-0,023* (0,011)
Interaktion: Erwerbstätigkeit der Mutter x Reformphase 1986 - 1987
0,511 (0,422) 0,491 (0,307) 0,521+ (0,314) 0,671* (0,317) 0,489+ (0,277) 0,217 (0,195)
1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 – ff. Konstante Unterbrechungsdauer (60 Stufen) Bundesländer N Log likelihood LR Test ²
-5,233** -6,129** -4,650** -5,024** -5,363** -4,253** -4,594** (0,983) (0,989) (1,012) (1,013) (1,023) (1,250) (1,285) ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein 42604 -1838,7 283,4
nein 42604 -1810,4 340,0
nein 42604 -1731,3 498,2
nein 42604 -1710,6 539,7
nein 42604 -1707,8 545,2
ja 42604 -1699,9 561,0
ja 42604 -1696,0 568,9
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für + p<.10, * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985; Religion: konfessionslos; Bildung: HS/RS ohne Lehre; Frauenanteil im Berufsfeld: weiblich geprägte Berufsfelder.
Mütter. Ein ähnlicher Effekt ergibt sich für die Zahl der im Haushalt lebenden Kinder. Wenn bereits ein Kind vorhandenen ist, verringert sich die Wiedereintrittstendenz um 26%, bei zwei Kindern reduziert sich die Rückkehrneigung in den Beruf sogar um 46% gegenüber dem Rückkehrverhalten nach der Erstgeburt. Zudem zeigt Modell 2, dass unter Einschluss der Haushaltsstruktur der Alterseffekt deutlicher zum Vorschein kommt. Da Modell 2 der Tatsache Rechnung trägt, dass ältere Frauen häufiger mit einem Partner zusammenleben bzw. bereits Kinder haben, deutet der stärkere Alterseffekt in Modell 2 darauf hin, dass die größere Berufserfahrung und die damit einhergehende stärkere Karriereorientierung älterer Frauen für die höhere Rückkehrbereitschaft verantwortlich sein dürfte.
192
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Diese Erwartung wird in Modell 3 bestätigt, das für die Erwerbsposition der Mütter vor der letzten Geburt kontrolliert. Unter Berücksichtigung dieser Größen verschwinden sowohl der Alterseffekt als auch der Effekt der Kinderzahl vollständig, und der negative Effekt für Mütter muslimischen Glaubens verringert sich deutlich. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass es sich bei den Einflüssen dieser soziodemographischen Faktoren nicht um direkt kausale Effekt handelt, sondern dass diese Variablen lediglich indirekt Unterschiede im Humankapital von Müttern abbilden, die für die stärkere Rückkehrneigung älterer Frauen bzw. die geringere Rückkehrneigung nach der Geburt des zweiten bzw. weiterer Kinder entscheidend ist. Wie die Ergebnisse aus Modell 3 zeigen, ist die entscheidende Größe dafür die Erwerbstätigkeit von Frauen vor der Geburt eines Kindes. Von allen in Modell 3 zusätzlich kontrollierten Faktoren zeigen vor allem die Erwerbstätigkeit vor der Geburt und eine selbständige Berufstätigkeit stark positive Effekte auf die Rückkehrneigung nach der Geburt. Die Wiedereinstiegsrate von zuvor erwerbstätigen Müttern liegt gut doppelt so hoch wie für Frauen, die vor der Geburt nicht berufstätig waren (e0.77=2.16). Und entweder aufgrund der besseren Vereinbarkeit von selbständiger Arbeit und den Bedürfnissen eines Kleinkindes oder aufgrund des stärkeren Drucks, die selbständige Tätigkeit nicht lange unterbrechen zu können, kehren Mütter, die vor der Geburt des Kindes selbständig waren, sogar mehr als drei Mal so schnell (e1.23=3.41) in ihren Beruf zurück wie abhängig Beschäftigte Mütter. Darüber hinaus hat das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen keinen zusätzlichen Effekt mehr, aber erwartungsgemäß steigt die Berufsorientierung und damit die Rückkehrneigung von Müttern mit steigender Berufserfahrung an. Ebenfalls ein positiver Effekt zeigt sich für eine Erwerbstätigkeit in einem männlich geprägten Berufsfeld, während aufgrund der sehr großzügigeren Unterbrechungsregeln der Beamtenstatus eine deutlich aufschiebende Wirkung auf die Rückkehr in den Beruf hat. Neben Humankapital und Erwerbsposition der Mütter selbst zeigt Modellschätzung 4, dass aber gemäß der neoklassischen Theorie auch das Erwerbspotenzial des Partners eine verzögernde Wirkung auf den Wiedereintritt von Müttern in den Arbeitsmarkt ausübt. Nach den Ergebnissen von Modell 4 sind es vor allem die Erwerbstätigkeit und das Erwerbseinkommen des Partners, die den Wiedereinstieg der Mütter in den Beruf verzögern. Zur Verdeutlichung der Stärke insbesondere des nichtlinearen Einkommenseffekts kombiniert der Conditional-effect plot in Abbildung 6.8 beide Effekte. Dabei zeigt sich, dass bereits ein Partnereinkommen von 2.000 DM die Rückkehrneigung von Müttern um etwa 20% reduziert, das mittlere Partnereinkommen von gut 2.800 DM die Wiedereintrittsrate um ein Drittel absenkt, und ein Partnereinkommen von 4.000 DM, in etwa das mittlere Partnereinkommen von verheirateten Müttern, die mit dem
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
193
Ehepartner zusammen leben, die Wiedereinstiegsrate in den Beruf sogar um 40% verringert. Wie die unten noch näher zu besprechenden Ergebnisse aus Modell 6 zeigen, verstärkt sich der negative Anreiz des Partnereinkommens weiter, sobald außerdem die Wirkung des Erziehungsgeldes kontrolliert wird. Ohne die Leistungen des Erziehungsgelds, die gerade gering verdienenden Müttern und Haushalten eine längere Nichterwerbsphase zur Kinderbetreuung ermöglicht, würde die Rolle des Partnereinkommens also noch deutlicher ausfallen, wie sich in Abbildung 6.8 beispielsweise direkt am Rückgang der relativen Hazardrate bei einem Einkommen des Partners von 4.000 DM auf nur noch 50% zeigt. Über die Faktoren, die auf der individuellen und Haushaltsebene das Erwerbsverhalten von Müttern bestimmen, wird in Modell 5 schließlich mittels der weiblichen Arbeitslosenquote im Bundesland des Wohnorts noch für den Effekt der allgemeinen Arbeitsmarktlage kontrolliert. Da in Modell 5 bereits auf der Mikroebene für den zeitveränderlichen Erwerbsstatus des Lebenspartners kontrolliert wird, erfasst diese Variable nicht den added worker effect, der auftritt, wenn Frauen verstärkt in den Arbeitsmarkt zurückkehren, um das fehlende Erwerbseinkommens des Partners auszugleichen, sondern beschreibt allein die Reaktion von Frauen auf die allgemeine Arbeitsmarktlage. Entsprechend der Ergebnisse aus Modell 5 führt eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage tendenziell zu einer schnellen Rückkehr junger Mütter in den Arbeitsmarkt. Nach den Schätzergebnissen erhöht sich die Hazardrate um 22%, wenn sich die weibliche Arbeitslosenquote um fünf Prozentpunkte erhöht. Sobald in Modell 6
relative Hazardrate
Abbildung 6.8: Conditional-effect plot für den Effekt des Erwerbseinkommens des Partners 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0
2000
4000 Modell(4)
6000
8000 10000 Einkommen des Partners (DM) Modell(6)
194
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Dummyvariablen für die Bundesländer aufgenommen werden, um für Länderunterschiede im Kinderbetreuungsangebot zu kontrollieren, verliert der Effekt der Arbeitslosenquote in den weiteren Modellen an Erklärungskraft, da durch die Modellierung über Indikatorvariablen auch die dauerhaften Unterschiede in der Arbeitsmarktlage zwischen den einzelnen Bundesländern erfasst werden. Allerdings haben die Effekte für die Bundesländer selbst und damit auch die Effekte für die unterschiedliche Betreuungsinfrastruktur in den (westdeutschen) Ländern keine signifikante Erklärungskraft und werden hier nicht einzeln berichtet. Abgesehen von diesen Resultaten zur Wirksamkeit verschiedener Determinanten des Rückkehrverhaltens von Müttern auf der Mikro- und Haushaltsebene sind natürlich die Ergebnisse zum Einfluss der familienpolitischen Reformen von besonderem Interesse für die vorliegende Arbeit. Diesbezüglich sind die Regressionschätzungen aus Tabelle 6.9 insgesamt eindeutig. Die Einführung und sukzessive Ausweitung des Erziehungsurlaubs haben empirisch deutlich negative Anreize für eine schnelle Rückkehr von Müttern in den Beruf gesetzt. Für jede einzelne Phase der Erziehungsurlaubsgesetzgebung zeigt sich ein negativer und statistisch signifikanter Effekt auf die Wiedereintrittsrate in das Erwerbsleben, der sich zudem exakt parallel zu den jeweiligen Ausweitungen des Erziehungsurlaubsanspruchs weiter verstärkt. Nach den empirischen Analysen hatten sowohl die ursprüngliche Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986, als auch die starke Ausweitung der gesetzlichen Anspruchsdauer auf drei Jahre Erziehungsurlaub im Jahr 1992 besonders starke Effekte auf das Wiedereinstiegsverhalten von Frauen. Diese Zusammenhänge werden im Conditional-effect plot in Abbildung 6.9 besonders deutlich. Abbildung 6.9 zeigt, dass zeitgleich mit Einführung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub im Jahr 1986 die Rückkehrneigung junger Mütter deutlich gesunken ist und anschließend um etwa ein Drittel unter der Wiedereintrittsrate vergleichbarer Frauen vor der Einführung des Erziehungsurlaubs gelegen hat. Abbildung 6.9 zeigt ebenfalls, dass die Übergangsrate anschließend mit jeder weiteren Reformstufe sukzessive weiter abgesunken ist, so dass dementsprechend Anfang der 1990er Jahre, nachdem der Erziehungsurlaub auf 18 Monate erhöht worden war, die Hazardrate nur noch etwa halb so hoch war wie vor der Einführung des Erziehungsurlaubs. Mit Inkrafttreten des dreijährigen Erziehungsurlaubs im Jahr 1992 sind die Hazardraten sogar noch einmal deutlich zurückgegangen, und erreichen seither nur noch etwa ein Drittel der ursprünglichen Wiedereintrittsrate in den Arbeitsmarkt vor Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes. Abbildung 6.9 zeigt zudem deutlich, dass der Effekt der Reformphasen auf das Unterbrechungsverhalten von Frauen in unterschiedlichen Modellschätzungen stabil bleibt, in denen für eine zunehmend größere Zahl von relevanten Ko-
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
195
variaten auf der Mikro-, Haushalts- und Makroebene kontrolliert wurde. Angesichts dieses Ergebnisses handelt es sich bei den Effekten der Erziehungsurlaubsreformen plausiblerweise weder um Perioden- noch um Kompositionseffekte, sondern um eine tatsächliche Verhaltensänderung von Müttern in Bezug auf den Zeitpunkt der Rückkehr in den Arbeitsmarkt und die Dauer einer Nichterwerbsphase nach einer Geburt. Abbildung 6.9 zeigt eindeutig, dass sich die ermittelte Effektstärke der einzelnen Reformen im Modellvergleich kaum verändert, sondern sich allenfalls das Signifikanzniveau vor allem für die zeitlich sehr kurzen Reformphasen auf 10% abschwächt. Die Interpretation, dass es sich bei den gefundenen Verhaltensänderungen tatsächlich um eine Folge der Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub handelt, wird auch dadurch gestützt, dass die gefundenen Effekte auch in Modell 6 unverändert bleiben, in dem explizit für weitere familienpolitische Rahmenbedingungen kontrolliert wird. Während für die Unterschiede zwischen Bundesländern kaum konsistente Effekte zu ermitteln sind, zeigt sich, dass unterschiedliche familienpolitische Transferleistungen, die gemäß der mikroökonomischen Theorie negative Anreize für eine schnelle Wiederaufnahme der Berufstätigkeit von Müttern darstellen, da sie das Nichterwerbseinkommen von Müttern erhöhen, empirisch unterschiedliche Auswirkungen auf das Unterbrechungsverhalten von Frauen haben. Während die Höhe des Kindergelds keinen nachweisbaren Effekt auf die Rückkehrneigung hat, wird in Modell 6 für das Erziehungsgeld ein deutlich negativer Effekt sichtbar. Die Ergebnisse aus Mo-
relative Hazardrate
Abbildung 6.9: Conditional-effect plot der Effekte der Reformen des Erziehungsurlaubs, Modelle 1-6 1.0
0.8
0.6
0.4
0.2 1
2 1: 1979-85 5: 6/90-91
3 2: 1986-87 6: 1992-2000
4 3: 1988-5/89 7: 2001 ff.
5
6 Modell 4: 6/89-5/90
196
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
dell 6 beinhalten, dass ein einjähriges Erziehungsgeld von 600 DM die Wiedereinstiegsrate von Müttern in den Beruf um gut 15% verringert, und die Ergebnisse aus Abbildung 6.8 oben haben bereits gezeigt, dass das Erziehungsgeld vor allem zu längeren Unterbrechungsdauer von gering verdienenden Müttern bzw. Haushalten führt, da durch das Erziehungsgeld der Zusammenhang zwischen Partnereinkommen und Unterbrechungsdauer abgeschwächt wird. Gleichzeitig zeigt Abbildung 6.9 aber auch, dass der Effekt der Erziehungsurlaubsvariablen auch in Modell 6 stabil bleibt, so dass die Einführung des Erziehungsgeldes nicht die alleinige Ursache der empirisch beobachtbaren Veränderungen der Dauer von Nichterwerbsphasen gewesen ist. Schließlich zeigt Modell 7 noch, dass die Reformeffekte sowohl für vor der Geburt erwerbstätige als auch vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter aufgetreten sind, obwohl die negativen Reformeffekte im Falle erwerbstätiger Mütter etwas weniger ausgeprägt zu sein scheinen. Das zeitliche Muster der Wiedereinstiegsrate im Vergleich der Reformphasen Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Einführung und sukzessive Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub zu einer Niveauverschiebung der Hazardrate für den Wiedereinstieg in den Beruf geführt hat. Das Ausmaß dieser Niveauverschiebung wird in Abbildung 6.10 deutlich, in der der aus dem Endmodell der vorangegangenen Analyse vorhergesagte Verlauf der Hazardraten für die ersten fünf Jahren nach einer Geburt und über die sieben Reformstufen für Frauen mit ansonsten durchschnittlichen Kovariatenwerten wiedergegeben wird. Da der Verlauf der Hazardrate im Rahmen der Piecewiseconstant-Exponentialmodelle sehr flexibel monatsgenau bestimmt werden kann, kann dadurch der oder die kritische(n) Zeitpunkt(e) identifiziert werden, zu dem bzw. denen typischerweise die Rückkehr in den Arbeitsmarkt stattfindet. Im vorliegenden Fall zeigt die Hazardfunktion über alle Reformphasen bis etwa zum 36. Monat der Unterbrechung einen konstanten Verlauf. Die im Zuge der Erziehungsurlaubsgesetzgebung einsetzende Niveauverschiebung ist klar erkennbar. Vor der Einführung des Erziehungsurlaubs betrug die monatliche Rückkehrrate in den Beruf in den ersten 36 Monaten im Durchschnitt etwa 7 Prozent, während sie nach Einführung des Erziehungsurlaubs in dieser Zeitspanne etwa um 5 Prozent pendelt, und anschließend auf nur noch 2-3% absinkt. Um das dritte Lebensjahr des Kindes herum verdoppeln sich die Hazardraten dann abrupt. Dieser sprunghafte Ausschlag könnte darauf hindeuten, dass der Moment, in dem ihr Kind das Kindergartenalter erreicht hat, für viele Frauen unabhängig von den rechtlichen Regelungen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung den
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
197
Hazardrate
Abbildung 6.10: Dauerabhängigkeit der Wiedereinstiegsrate in den Beruf nach Reformphase, nur vor der Geburt erwerbstätige Frauen (Modell 7) 0.20
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3: 1988-5/89 7: 2001 ff.
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Zeitpunkt darstellt, zu dem eine Berufstätigkeit wieder aufgenommen werden kann. In diesem Fall wäre davon auszugehen, dass die gesetzgeberische Ausweitung der Erziehungszeiten auf einen dreijährigen Anspruch ab 1992 den Bedürfnissen westdeutscher Mütter weitgehend entsprochen hätten, indem der rechtliche Rahmen an das Verhalten der Frauen angepasst worden wäre. Andererseits ist diese Schlussfolgerung eventuell voreilig und sollte deshalb in einer abschließenden Analyse näher betrachtet werden. Die bisherige Modellierung der Übergangsraten ist in dieser Hinsicht relativ einfach, da eine einheitliche Basisübergangsrate angenommen wurde und somit keine Variation der zeitlichen Muster des Wiedereinstiegs über die Reformphasen zugelassen wurde. Dementsprechend ist aus der bisherigen Analyse nicht ersichtlich, ob die Ausweitung des Erziehungsurlaubsanspruchs nur zu einer Niveauverschiebung der Hazardraten geführt hat, oder ob sich auch der typische Zeitpunkt der Rückkehr entsprechend der rechtlichen Rahmenbedingungen verschoben hat. Für eine entsprechend erweiterte Analyse wurden deshalb Piecewiseconstant-Exponentialmodelle geschätzt, die Interaktionsterme zwischen der Analysezeit und den Reformphasen enthalten, und dadurch ein separates Muster der Hazardrate für jede Reformstufe zulassen. Ebenso enthalten die erweiterten Modellschätzungen durchgängig Interaktionsterme für den Erwerbsstatus der Mütter vor der Geburt, so dass die Reformeffekte auf den Zeitpunkt des Wiedereinstiegs in den Beruf sowohl für zuvor erwerbstätige wie auch für zuvor nicht erwerbstä-
198
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
tige Mütter betrachtet werden können. Angesichts entsprechend geringerer Fallzahlen zur Ermittlung des Musters der Basisübergangsrate werden in diesem erweiterten Modell allerdings lediglich Halbjahresperioden gewählt, um den Verlauf der Hazardraten abzubilden. Da die Ergebnisse der Modellschätzung in Bezug auf die übrigen Kovariaten im Modell inhaltlich kaum von den in Tabelle 6.9 berichteten abweichen, werden im Folgenden lediglich die aus der erweiterten Modellschätzung gewonnenen Conditional-effect plots für den Verlauf der Hazardfunktionen dargestellt, wobei Abbildung 6.11 die Entwicklung der Hazardfunktion über die Reformphasen für zuvor erwerbstätige Mütter, und Abbildung 6.12 die Veränderung der Basisübergangsrate für vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter darstellt. Wie bereits alle vorherigen Ergebnisse bestätigt auch Abbildung 6.11 den Zusammenhang, dass die Einführung und sukzessive Ausweitung des Erziehungsurlaubs die Rückkehr von Müttern auf den Arbeitsmarkt verlangsamt hat. Besonders interessant ist dabei aber, dass Abbildung 6.11 zeigt, dass es in der Folge der Erziehungsurlaubsreformen nicht einfach zu einer Niveauverschiebung der Hazardfunktion für die Rückkehr in den Beruf gekommen ist, sondern dass vielmehr das Maximum der Übergangsrate exakt den Reformschritten folgt, mit denen der Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub sukzessive ausgeweitet wurde. So folgt der Peak der Hazardrate für Übergänge nach Geburten aus den Jahren 1984 und 1985 noch den Regeln des damals geltenden Mutterschaftsurlaubs und tritt mit einer Rückkehrrate von gut 15% exakt bei Ablauf der Schutzfrist nach sechs Monaten Unterbrechungsdauer auf. Nach Einführung des zehnmonatigen Erziehungsurlaubs durch das BErzGG bleibt das Maximum der Hazardfunktion im zweiten Halbjahr nach der Geburt, wobei das Maximum der Übergangsrate allerdings fast halbiert ist. Entsprechend der Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf zuerst 12 und anschließend 15 Monate Freistellung verschiebt sich das Maximum auf das dritte Halbjahr nach der Geburt, und nach Einführung des 18monatigen Erziehungsurlaubs 1990 sogar auf das vierte Halbjahr. Und nachdem der Erziehungsurlaub ab 1992 auf seine derzeit noch geltende Anspruchsdauer von drei Jahren ausgeweitet wurde, stellt sich das Muster ein, das in der ursprünglichen Analyse das Bild dominiert hatte und nachdem Frauen ihren Anspruch auf Erziehungsurlaub weitgehend ausnutzen, so dass die Hazardraten für die Rückkehr in den Beruf zum Ende des Erziehungsurlaubs nach 36 Monaten stark ansteigen. Nur in der letzen Reformphase, in der es Eltern ab 2001 ermöglicht wurde, den Anspruch auf Erziehungsurlaub zum Teil flexibel bis zum achten Geburtstag des Kindes zu verwenden, lässt sich – zumindest mit den hier verwendeten Daten der Jahre 2001 bis 2004 – noch kein eindeutiges Rückkehrmuster festmachen, das für einen typischen Rückkehrzeitpunkt spräche.
6.3 Ergebnisse der multivariaten Analyse
199
Zusammenfassend zeigt sich, dass das Wiedereinstiegsverhalten der Mütter nachhaltig von den rechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt wird, da Mütter den Anspruch auf Erziehungsurlaub häufig bis zur gesetzlichen Höchstdauer ausnutzen, und dementsprechend verstärkt erst dann auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, wenn die rechtlichen Schutzfristen auslaufen. Insofern erweist sich der Erziehungsurlaub als ein starkes politisches Instrument, mit dem das Ziel der Förderung der elterlichen Betreuung von Kleinkindern bis zu deren drittem Lebensjahr – d.h. dem Eintritt in den Kindergarten – durch weitreichende berufliche Freistellungsregelungen erreicht wird, indem Frauen gleichzeitig der vorübergehende Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit nahe gelegt wird. Die Daten aus Abbildung 6.11 zeigen in diesem Zusammenhang auch deutlich, dass das Erreichen des Kindergartenalters in allen Kohorten zu einem Anstieg der Übergangsraten führt, d.h. der Zeitpunkt der Kindergartenbetreuung einen Einschnitt darstellt, der es Müttern ermöglicht, wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Was sich durch die Einführung des Erziehungsurlaubs allerdings verändert hat, ist die Neigung von Müttern, bereits vor Erreichen des Kindergartenalters wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. In der ältesten Kohorte der Geburten aus den Jahren 1984 und 1985 ist der Peak der Hazardrate nach 36 Monaten bereits der dritte nach einem ersten Höhepunkt nach Auslaufen der gesetzlichen Freistellungsfrist nach 6 Monaten, und einem zweiten Maximum der Hazardfunktion nach etwa zwei Jahren. Nach der Erziehungsurlaubsreform des Jahres 1992 ist das Maximum zum dritten Geburtstag des Kindes das erste Maximum der Hazardfunktion, die in den Monaten davor konstant sehr niedrig verläuft. Interessanterweise bestätigt die erweiterte Modellschätzung schließlich erneut, dass die Reformen des Erziehungsurlaubs nicht nur für erwerbstätige Mütter, sondern auch für nicht erwerbstätige Mütter verhaltensändernde Wirkungen entwickelt haben. In Abbildung 6.12 ist dazu der entsprechende Conditionaleffect plot für die Verweildauerabhängigkeit der Hazardraten für Mütter ausgewiesen, die vor Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren und somit zwar einen Anspruch auf Erziehungsgeldleistungen, nicht jedoch auf die berufliche Freistellung des Erziehungsurlaubs haben. Auf einem insgesamt niedrigeren Niveau der Übergangsraten zeigt sich dabei, dass die Entwicklung der Hazardfunktion über die einzelnen Reformphasen genau wie im Falle von erwerbstätigen Müttern der Ausweitung der gesetzlichen Anspruchsdauer folgen und sich der Zeitpunkt des Eintritts in den Arbeitsmarkt dementsprechend kontinuierlich nach hinten verschiebt. So treten auch nicht erwerbstätige Mütter, die ihr Kind vor 1986 bekommen haben, am häufigsten nach sechs Monaten wieder in den Arbeitsmarkt ein, wohingegen auch unter nicht erwerbstätigen Müttern das Maximum der Hazardrate nach der Reform des Jahres 1992 mit dem Ende des gesetzlichen Anspruchs von 36 Monaten zusammenfällt.
200
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Hazardrate
Abbildung 6.11: Dauerabhängigkeit der phasenspezifischen Wiedereinstiegsrate in den Beruf nach Reformphase, nur vor der Geburt erwerbstätige Frauen 0.15
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2: 1986-87 6: 1992-2000
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3: 1988-5/89 7: 2001 ff.
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Hazardrate
Abbildung 6.12: Dauerabhängigkeit der phasenspezifischen Wiedereinstiegsrate in den Beruf nach Reformphase, nur vor der Geburt nicht erwerbstätige Frauen 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0.00 0
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1: 1979-85 5: 6/90-91
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3: 1988-5/89 7: 2001 ff.
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6.4 Zusammenfassung
201
Das Ergebnis, dass auch das Erwerbsverhalten nicht erwerbstätiger Mütter den Regelungen der Erziehungsurlaubsgesetzgebung folgt, lässt sich dabei entweder auf die Wirkung des Erziehungsgeldes oder auf einen normbildenden Einfluss der rechtlichen Regelungen zum Erziehungsurlaub zurückführen. Eine Kopplung zwischen der Dauer des Erziehungsurlaubs und dem Erwerbsverhalten vor der Geburt nicht erwerbstätiger Mütter ergibt sich allein daraus, dass seit 1986 alle Mütter unabhängig von ihrem bisherigen Erwerbsstatus Anspruch auf das Erziehungsgeld haben, das als einkommensabhängige Transferleistung die elterliche Betreuung von Kleinkindern unterstützen soll. Die Bezugsdauer des Erziehungsgeldes ist an die Dauer des Erziehungsurlaubs angepasst, wobei allerdings bei Ausweitung der Anspruchsdauer des Erziehungsurlaubs auf drei Jahre seit 1992 das Erziehungsgeld nur für höchstens 24 Monaten ausgezahlt wird. Gegen einen allzu starken Einfluss des Erziehungsgeldes spricht allerdings, dass auch vor Einführung des Erziehungsgeldes das Maximum der Hazardfunktion bei sechs Monaten, also dem Ende der gesetzlichen Freistellung für zuvor erwerbstätige Mütter liegt, obwohl in dieser Phase für nicht erwerbstätige Frauen keine staatliche Transferleistung existierte. Ebenso zeigt sich in den Geburtenkohorten ab 1992 die Verschiebung des Maximums auf 36 Monate nach der Geburt des Kindes, was wieder dem Ende des Erziehungsurlaubs und nicht etwa dem Auslaufen des Erziehungsgeldes entspricht. Beide Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die gesetzliche Verankerung von kindbedingten Unterbrechungszeiten im öffentlichen Bewusstsein weit über den direkt betroffenen Personenkreis hinaus eine Verhaltensnorm schafft, in dem sie einen gesellschaftlich anerkannten Zeitrahmen bestimmt, innerhalb dessen von Frauen erwartet wird, dass sie ihre Kinder selbst betreuen. 6.4 Zusammenfassung In der Bundesrepublik unterbrechen Frauen ihre Erwerbskarriere nach der Geburt eines Kindes im Durchschnitt für etwas mehr als zweieinhalb Jahre. Dabei hat sich die Dauer kindbedingter Nichterwerbsphasen im Lauf der letzten 20 Jahre insbesondere für Mütter, die vor der Geburt erwerbstätig waren, deutlich verlängert, und besonders kurze Unterbrechungsphasen, bei denen Mütter bereits im ersten Lebensjahr des Kindes wieder erwerbstätig werden, sind vergleichsweise selten geworden. Dementsprechend hat sich für Frauen, die bis zur Geburt ihres Kindes erwerbstätig waren, die durchschnittliche Unterbrechungsdauer von 9 Monaten vor Inkrafttreten des Bundeserziehungsgeldgesetzes im Jahr 1986 bis in die jüngsten Geburtskohorten auf 24 Monate ausgedehnt.
202
6 Erziehungsurlaub und die Dauer von Erwerbsunterbrechungen
Die hier vorgestellten multivariaten Analysen zum Unterbrechungsverhalten westdeutscher Mütter bestätigen dabei, dass dieser Trend ursächlich auf die Einführung des Erziehungsurlaubs zurückgeht. Bereits die Einführung des Erziehungsurlaubs hat die Wiedereinstiegsraten in den Beruf deutlich um etwa ein Drittel abgesenkt, und mit jeder anschließenden Ausweitung des Rechtsanspruchs kam es zu einer weiteren Ausdehnung der Unterbrechungsphase nach einer Geburt. Nach den Ergebnissen dieses Kapitels ging die Übergangsrate in den Beruf mit der Einführung des dreijährigen Erziehungsurlaubs 1992 auf etwa 30 Prozent der ursprünglichen Übergangsraten zurück. Dieser Rückgang kann nicht durch Perioden- oder Kompositionseffekte erklärt werden, sondern vielmehr folgen die Muster des Wiedereinstiegs in den Beruf weitgehend den jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen, d.h. die Frauen schöpfen tendenziell den ihnen zustehenden Rechtsanspruch voll aus und kehren erst nach Ende der beruflichen Freistellung wieder verstärkt in den Arbeitsmarkt zurück. Parallel zur Ausweitung des Erziehungsurlaubsanspruchs hat sich dadurch auch die faktische Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen in der Bundesrepublik deutlich verlängert. Die Einführung des Erziehungsurlaubs hat sich damit als ein starkes politisches Instrument erwiesen, um das Erwerbsverhalten von Müttern zu steuern und die elterliche Kleinkindbetreuung bis zum Eintritt in den Kindergarten zu ermöglichen und zu fördern. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse dieses Kapitels auch darauf hin, dass die rechtliche Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs auch das Unterbrechungsverhalten von Frauen beeinflusst, die keinen Anspruch auf eine berufliche Freistellung haben, da sie direkt vor der Geburt nicht erwerbstätig waren. Die Übergangsneigung dieser Mütter ist zwar insgesamt deutlich niedriger als bei Müttern, die vor der Geburt erwerbstätig waren, die Entwicklung des typischen Zeitpunkts des Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt folgt aber ebenfalls auffällig dem Muster der Ausweitung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die rechtliche Verankerung von Unterbrechungszeiten nach der Geburt von Kindern möglicherweise im öffentlichen Bewusstsein weit über den betroffenen Personenkreis hinaus eine Verhaltensnorm schafft, die einen gesellschaftlich anerkannten Zeitrahmen festlegt, innerhalb dessen erwartet wird, dass Mütter ihre Kinder zuhause betreuen.
7 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und die Kontinuität von Erwerbsbeteiligung und Erwerbseinkommen
Durch die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs hat sich die Ausrichtung der bundesdeutschen Familienpolitik nach dem Modell einer sequenziellen Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch weiter verstärkt. Durch die mit dem Erziehungsurlaub geschaffene berufliche Freistellung wird Familien, d.h. in aller Regel den Müttern, die Möglichkeit gegeben, ihre Erwerbstätigkeit für eine gewisse Zeit zu unterbrechen, ohne dafür ihr bestehendes Arbeitsverhältnis aufgeben zu müssen. Mit dem Schutz des bestehenden Arbeitsverhältnisses soll gleichzeitig erreicht werden, dass Mütter ihre Erwerbskarriere nach der Erziehungsphase bruchlos und nachteilsfrei fortsetzen können. Aus der Sicht der mikroökonomischen Arbeitsmarkttheorie ist ebenfalls zu erwarten, dass die Einführung eines Erziehungsurlaubs die Karrierenachteile, die sich aus einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung für Mütter ergeben, zumindest reduziert, da Arbeitgeber- und Berufswechsel vermieden und somit firmen- und berufsspezifisches Humankapital von Frauen erhalten wird. Gleichzeitig erscheint es unrealistisch anzunehmen, dass durch Einführung eines gesetzlichen Erziehungsurlaubs allein bereits sichergestellt werden kann, dass kindbedingte Erwerbsunterbrechungen für Mütter vollkommen nachteilsfrei verlaufen. Zum einen haben die Analysen des vorangegangenen Kapitels gezeigt, dass eine signifikante Minderheit von Frauen, die vor der Geburt erwerbstätig waren, über den gesetzlichen Erziehungsurlaubsanspruch hinaus nicht erwerbstätig bleibt, und dementsprechend die Möglichkeit der Rückkehr in das bisherige Arbeitsverhältnis nicht nutzt. Darüber hinaus ist nach wie vor eine wichtige Minderheit von Frauen vor einer Schwangerschaft und Geburt nicht erwerbstätig, und profitiert dementsprechend nicht von einer gesetzlich garantierten Freistellung zur Kinderbetreuung und -erziehung. Und schließlich ergeben sich Erwerbsverläufe aus der Verbindung von erworbenem Humankapital und der kontinuierlichen Weiterentwicklung beruflichen Wissens über die Zeit, die durch eine zunehmend großzügigere Erziehungsurlaubsregelung möglicherweise gefährdet ist.
204
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
7.1 Methoden Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden empirisch untersucht, ob die Einführung und Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub dazu beigetragen hat, Karrierenachteile einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung für Frauen zu reduzieren und im Sinne des Modells der sequenziellen Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine weitgehende Kontinuität der Erwerbsverläufe von Frauen über eine Familienphase hinweg herzustellen. Als abhängige Variable der Analyse werden dazu die Entwicklung der jährlichen Arbeitszeit sowie die Entwicklung der Erwerbseinkommen nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen betrachtet. Über die Erfassung der jährlichen Arbeitszeit wird der Erwerbsumfang über das gesamte Kalenderjahr gemessen, da in diese Variable sowohl die wöchentliche Arbeitszeit als auch die Kontinuität der Erwerbsbeteiligung im Jahresverlauf eingeht. Neben der Erwerbsbeteiligung ist auch die Entwicklung des individuellen Erwerbseinkommens von Frauen ein wichtiger Indikator für die Arbeitsmarktaussichten von Frauen. In der vorliegenden Analyse wird dazu die Entwicklung des Bruttomonatseinkommens im Befragungsmonat einschließlich anteiliger Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, 13. oder 14. Monatsgehalt sowie sonstiger Bonuszahlungen betrachtet, um eine Verzerrung der Analyse durch Effekte des Ehegattensplittings so weit wie möglich zu minimieren. Das Einkommen geht zudem inflationsbereinigt und logarithmiert in die Analyse ein. Zur Analyse der Entwicklung der jährlichen Arbeitszeit bzw. der Bruttomonatseinkommen werden Fixed-effects-Regressionen verwendet, die die Panelstruktur der zugrunde liegenden Daten angemessen berücksichtigen (vgl. Wooldridge 2002a; Greene 2005). Dadurch, dass im Datensatz mehrere jährliche Beobachtungen der Erwerbsbeteiligung bzw. des Erwerbseinkommens vorliegen, kann in das Regressionsmodell ein personenspezifischer Fehlerterm aufgenommen werden, mit dem der Einfluss gemessener wie ungemessener zeitkonstanter Personeneigenschaften auf die Erwerbsbeteiligung bzw. die Erwerbseinkommen erfasst wird. Indem durch die Berücksichtigung dieser personenspezifisch fixen Effekte bereits vollständig für alle zeitkonstanten Unterschiede zwischen Personen kontrolliert ist, wird im Rahmen einer Fixed-effects-Modellierung die durchschnittliche Veränderung der Erwerbsbeteiligung bzw. des Einkommens über die Zeit (sog. within-Varianzkomponente) durch die Veränderung der unabhängigen Variablen erklärt. Effekte zeitkonstanter Variablen können in der Analyse dagegen nicht ausdrücklich berücksichtigt werden, da sie bereits durch den personenspezifischen Fehlerterm erfasst sind. Als Kontrollvariablen der Analyse werden wie auch in den vorangegangenen Kapiteln eine Reihe von Merkmalen erfasst, die die beruflichen Qualifikati-
7.1 Methoden
205
onen, die Erwerbsposition von Frauen, das Erwerbsverhalten und Erwerbspotenzial des Lebenspartners sowie die allgemeine Arbeitsmarktlage beschreiben. Eine Besonderheit des Fixed-effects-Ansatzes ist es, dass die geschätzten Regressionsparameter die Auswirkungen von Veränderungen in den unabhängigen Variablen erfassen. Zur Beschreibung der Erwerbsverläufe über die Zeit kommt deshalb der tatsächlichen Berufserfahrung besondere Bedeutung zu, die in den folgenden Analysen zusammen mit der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen die Zeitachse der Analyse darstellt. Der Effekt der Erziehungsurlaubsreformen wird ebenfalls wie in den vorangegangenen Kapiteln über eine Reihe von Indikatorvariablen erfasst, die entsprechend der zum Zeitpunkt der Geburt geltenden Rechtsansprüche definiert sind. Im Rahmen der Fixed-effects-Schätzungen sind allerdings nicht vorwiegend die Haupteffekte der Reformphasen von Interesse, da diese im Wesentlichen den historischen Trend in der Erwerbsbeteiligung bzw. im Einkommensniveau von Frauen nachzeichnen. Entscheidend für die Analysen dieses Kapitels ist vielmehr, ob die Reformen des Erziehungsurlaubs dazu beigetragen haben, den Zusammenhang zwischen Mutterschaft, kindbedingten Erwerbsunterbrechungen und den Arbeitsmarktchancen von Frauen abzuschwächen und in diesem Sinne Karrierenachteile, die sich aus der Mutterschaft ergeben, zu reduzieren. Dementsprechend werden in diesem Kapitel Regressionschätzungen vorgestellt, in denen die Veränderung der Effekte von Mutterschaft und kindbedingten Erwerbsunterbrechungen auf die Erwerbsbeteiligung und das Erwerbseinkommen von Frauen betrachtet werden. Da Mutterschaft und kindbedingte Erwerbsunterbrechungen empirisch hoch kollinear sind, werden im Folgenden jeweils getrennte Modellschätzungen vorgestellt, die entweder die Zahl der Kinder oder die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen als zentrale unabhängige Variable enthalten, um die Rolle von Mutterschaft für das Erwerbspotenzial westdeutscher Frauen zu isolieren. Der Vergleich der beiden Modellvarianten kann dann jeweils als Sensitivitätstests für die ermittelten Reformeffekte angesehen werden. Neben der Ermittlung der Brutto-Reformeffekte wird in den folgenden Analysen zudem versucht, durch den Einschluss weiterer Kovariaten die Faktoren zu ermitteln, durch die eventuelle Reformeffekte erklärt werden. Mit Hilfe der aus dem SOEP generierten Information wird dabei vor allem auf ein verändertes Arbeitsmarktverhalten von Müttern, z.B. ein verringertes Auftreten von Arbeitgeber- oder Berufswechseln, abgezielt. Darüber hinaus kann betrachtet werden, ob ein eventuell im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen verändertes Arbeitsmarktverhalten der Ehe- und Lebenspartner indirekt für die Reformeffekte verantwortlich ist. Da in der Haushaltsbefragung des SOEP allerdings kaum explizite Informationen zu den Arbeitgebern der Befragten enthalten sind, kann die
206
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Rolle veränderten Arbeitgeberverhaltens nicht direkt untersucht werden, sondern bleibt in der Analyse als Teil des residualen Reformeffekts nach Kontrolle der beobachteten Kovariaten sichtbar. Über die zentrale Analyse hinaus werden zudem getrennte Analysen für unterschiedliche Bildungsgruppen durchgeführt, und es wird untersucht, ob eventuelle Reformeffekte nur vergleichsweise kurzfristig beim unmittelbaren Wiedereinstieg in den Beruf oder nachhaltig im weiteren Erwerbsverlauf von Frauen wirksam werden. 7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen Bevor die Ergebnisse der Regressionsanalysen im Detail diskutiert werden, werden zunächst einige deskriptive Ergebnisse zur Veränderung der Erwerbsbeteiligung nach der Geburt von Kindern vorgestellt. In Abbildung 7.1 wird dazu die Entwicklung der relativen Arbeitszeit innerhalb von fünf Jahren vor und zehn Jahren nach einer Geburt dargestellt. Als Vergleichsmaßstab dient der Umfang der Erwerbsbeteiligung, den Mütter im Jahr vor einer Geburt erreicht hatten, wobei zum Vergleich das Verhältnis zwischen der individuellen jährlichen Arbeitszeit zu einem beliebigen Zeitpunkt T und der individuellen jährlichen Arbeitszeit im Jahr vor der Geburt gebildet wird. Eine relative Arbeitszeit von 1 entspricht daher exakt dem jährlichen Arbeitsumfang im Jahr vor der Geburt, Werte über 1 stehen für ein erhöhtes Arbeitsangebot, Werte unter 1 für eine geringere Erwerbsbeteiligung als im Jahr vor der Geburt. In Abbildung 7.1 ist die durchschnittliche Entwicklung der relativen jährlichen Arbeitszeit im Vergleich zwischen Frauen, die in einem bestimmten Jahr (dem Zeitpunkt T+0) keine Geburt hatten, aber im Jahr zuvor erwerbstätig waren, und Frauen, die im Jahr zuvor (T-1) zwar erwerbstätig waren, zum Zeitpunkt T+0 aber ein Kind bekommen haben, dargestellt. Abbildung 7.1 gibt damit das typische zeitliche Profil der Erwerbsbeteiligung von Müttern, die bis relativ kurz vor der Geburt erwerbstätig waren, im Vergleich zum typischen zeitlichen Profil der Erwerbsbeteiligung von erwerbstätigen Frauen wieder, die im selben Zeitraum nicht Mutter geworden sind. Wenig überraschend zeigt sich dabei zunächst, dass westdeutsche Mütter im unmittelbaren Zeitpunkt der Geburt (T+0) typischerweise nicht erwerbstätig sind, sondern ihre Arbeitszeit erst anschließend wieder allmählich steigern. Zwei Jahre nach der Geburt beträgt die jährliche Arbeitszeit erst wieder 40 Prozent der ursprünglichen Arbeitszeit vor der Geburt, und auch fünf Jahre nach einer Geburt entspricht der Arbeitsumfang etwa 60 Prozent der ursprünglichen Arbeitszeit. Erst nach etwa 8-9 Jahren erreicht die Jahresarbeitszeit wieder 80 Prozent der Arbeitszeit vor der Geburt und entspricht dann wieder dem Arbeitsumfang von erwerbstätigen Frauen, die zum Zeitpunkt
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
207
T+0 kein Kind bekommen und dementsprechend ihre Erwerbsbeteiligung insgesamt nur wenig verändert hatten. Auffällig ist allerdings auch, dass werdende Mütter bereits im Jahr vor der Geburt ihre Erwerbsbeteiligung im Median um etwa ein Drittel reduzieren. Im Vergleich zum Zeitpunkt zwei Jahre vor der Geburt erreicht die Erwerbsbeteiligung westdeutscher Mütter auch fünf Jahre nach der Geburt dann sogar nur knapp die Hälfte der ursprünglichen jährlichen Arbeitszeit. Abbildung 7.1 zeigt allerdings auch, dass dieses Muster teilweise von der Kinderzahl abhängig ist. Insgesamt erhöhen zuvor erwerbstätige Mütter ihre Arbeitszeit nach einer zweiten oder späteren Geburt deutlich schneller wieder auf das Niveau vor der Geburt. Während Mütter fünf Jahre nach der zweiten oder weiteren Geburt im Median wieder den Arbeitsumfang aus dem Jahr vor der Geburt erreichen, ist der Arbeitsumfang von Müttern fünf Jahre nach der ersten Geburt im Median noch um 50 Prozent gegenüber dem Jahr vor der Geburt reduziert. Zum Teil hängt dieser Unterschied sicher damit zusammen, dass viele Frauen innerhalb des hier betrachteten Zeitraums von 10 Jahren nach der ersten Geburt noch ein weiteres Kind bekommen, so dass das deskriptive Muster aus Abbildung 7.1 auch einen kumulativen Effekt der Geburtenfolge enthält. Nach dem zweiten bzw. weiteren Kind besteht eine größere Wahrscheinlichkeit, dass Frauen keine Folgegeburt haben, dementsprechend die Phase der intensiven Kinderbetreuung innerhalb des hier betrachteten Zeitraums abschließen und dann vergleichsweise schnell wieder an ihr ursprüngliches Erwerbsmuster anknüpfen. Auch wenn Abbildung 7.1 im Durchschnitt dafür spricht, dass die Geburt eines Kindes einen starken kurz- wie langfristigen Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung westdeutscher Frauen hat, so besteht bei genauerer Betrachtung eine erhebliche Heterogenität der Erwerbsbeteiligung im Anschluss an eine Geburt. Abbildung 7.2 zeigt dazu den Vorher-Nachher-Vergleich der jährlichen Arbeitszeit für die gesamte Verteilung der relativen Arbeitszeit zum Zeitpunkt fünf Jahre vor (T-5), sowie ein (T+1), fünf (T+5) bzw. 10 Jahre nach der Geburt (T+10). In Abbildung 7.1 wurde lediglich die mittlere Entwicklung der Arbeitszeit betrachtet, also die Entwicklung entlang der 50 Prozent-Linie der vertikalen Achse verfolgt. Im Vergleich zum Jahr vor der Geburt war die Arbeitszeit fünf Jahre vor der Geburt um 50 Prozent (Faktor 1,5) erhöhten, während ein Jahr nach der Geburt Mütter weitgehend nicht erwerbstätig waren (relative Arbeitszeit von 20 Prozent), und ihre Arbeitszeit anschließend wieder auf 60 Prozent (T+5) bzw. 90 Prozent (T+10) der ursprünglichen Arbeitszeit aus dem Jahr vor der Geburt steigern. Abbildung 7.2 ermöglicht jedoch noch eine zweite interessante Betrachtungsweise, nämlich die Analyse des Schnittpunkts der Verteilungen mit dem
208
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Relative Arbeitszeit
Abbildung 7.1: Entwicklung der jährlichen Arbeitszeit relativ zum Jahr vor der Geburt (Median), nach Parität 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 T-5
T+0
T+5
ohne Geburt erste Geburt
T+10
alle Geburten zweite und weitere Geburt
Anmerkung: Arbeitszeit relativ zur Arbeitszeit im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Arbeitsumfang vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt der individuelle Arbeitsumfang über dem Arbeitsumfang vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt der Arbeitsumfang niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
kumulierter Anteil
Abbildung 7.2: Kumulierte Verteilung der relativen jährlichen Arbeitszeit von Müttern, nach Zeitpunkt 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.0 relative Arbeitszeit T-5
T+1
T+5
T+10
Anmerkung: siehe Anmerkung oben. Nur vor der Geburt erwerbstätige Mütter.
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
209
Wert 1 auf der horizontalen Achse, d.h. dem Vergleichsmaßstab des Arbeitsumfangs aus dem Jahr vor der Geburt. In dieser Perspektive zeigt sich, dass fünf Jahre vor der Geburt ganze 70 Prozent der Mütter noch mehr gearbeitet hatten als im Jahr der Geburt. Der Übergang zur Familiengründung wird für die Mehrheit der westdeutschen Mütter also bereits durch eine Verringerung des Arbeitsumfangs vor der Geburt begleitet. Im Jahr nach der Geburt (T+1) haben dagegen 75 Prozent der Mütter, d.h. die große Mehrheit der Mütter ihren Arbeitsumfang gegenüber dem Jahr vor der Geburt eingeschränkt. Innerhalb des ersten Jahres nach einer Geburt steigern nur gut 15 Prozent der Mütter ihren Arbeitsumfang um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Jahr vor der Geburt, d.h. wechseln von einer vorherigen Teilzeit- auf eine Vollzeitbeschäftigung. Und auch fünf Jahre nach der Geburt arbeiten etwa 60 Prozent der Frauen immer noch mit einer geringeren Stundenzahl als sie das vor der Geburt getan haben. Selbst zehn Jahre nach einer Geburt erreichen nur 45 Prozent der Mütter im Durchschnitt in etwa wieder denselben Arbeitsumfang wie vor der Geburt, und immerhin noch etwa ein Drittel der Mütter hat ihre Erwerbsbeteiligung weiterhin um mindestens 50 Prozent gegenüber dem Jahr vor der Geburt reduziert. Selbstverständlich sind diese Muster von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Als Beispiel wird hier die Rolle des Bildungsniveaus herausgegriffen, wobei Abbildung 7.3 die Analyse des mittleren Verlaufs des jährlichen Arbeitsumfangs getrennt für drei unterschiedliche Bildungsgruppen wiedergibt. Auch hierbei wird deutlich, welch einschneidenden Einfluss eine Geburt auf den Umfang der Arbeitsmarktbeteiligung westdeutscher Frauen hat. Sowohl Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung als auch hoch qualifizierten Frauen mit abgeschlossenem Abitur bzw. abgeschlossenem Studium reduzieren bereits vor einer Geburt ihre Arbeitszeit im Mittel um etwa 50 Prozent, Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung dagegen tendenziell etwas weniger. Sowohl Mütter ohne als auch Mütter mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung sind typischerweise im Jahr der Geburt überhaupt nicht erwerbstätig, und auch Frauen mit Abitur bzw. Universitätsabschluss reduzieren ihre Erwerbstätigkeit im Mittel drastisch auf nur noch etwa 20 Prozent ihrer Erwerbsbeteiligung aus dem Jahr vor der Geburt. In den Folgejahren zeigt sich dass Mütter aller Bildungsgruppen ihre Erwerbsbeteiligung nur langsam wieder steigern. So erreichen Frauen aus den beiden unteren Bildungsgruppen auch fünf Jahre nach einer Geburt erst wieder 50 bis 60 Prozent der jährlichen Arbeitszeit, die sie vor der Geburt hatten. Hoch qualifizierte Frauen mit Abitur oder höherem Abschluss erhöhen dagegen den Umfang ihrer Erwerbsbeteiligung nach einer Geburt etwas schneller und erreichen bereits fünf Jahre nach der Geburt wieder 90 Prozent ihrer ursprünglichen
210
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Abbildung 7.3: Entwicklung der relativen jährlichen Arbeitszeit, nach Zeitpunkt und Bildungsabschluss Relative Arbeitszeit
(a) Hauptschule/Realschule ohne Lehre 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relative Arbeitszeit
(b) Hauptschule/Realschule mit Lehre 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relative Arbeitszeit
(c) Hochschulreife/Universitätsstudium 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Anmerkung: Arbeitszeit relativ zur Arbeitszeit im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Arbeitsumfang vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt der individuelle Arbeitsumfang über dem Arbeitsumfang vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt der Arbeitsumfang niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
211
Arbeitszeit. Acht Jahre nach einer Geburt sind Frauen mit Hochschulreife im Mittel wieder auf dem Niveau ihres Erwerbsumfangs vor der Geburt erwerbstätig, während Mütter aus den unteren beiden Bildungsgruppen im Durchschnitt den Arbeitsumfang aus dem Jahr vor der Geburt im Beobachtungszeitraum im Durchschnitt nicht mehr erreichen. Wie auch in der Analyse aus Abbildung 7.1 weisen Frauen, die zum Zeitpunkt T+0 kein Kind bekommen haben, im Durchschnitt jeweils wieder einen stabilen Erwerbsverlauf auf, wobei allerdings die Erwerbsbeteiligung vor allem in den beiden unteren Bildungsgruppen im Beobachtungszeitraum etwas stärker absinkt, da vermutlich ein vergleichsweise größerer Teil dieser Frauen im späteren Zeitverlauf, d.h. zwischen T+1 und T+10, noch ein oder mehrere Kinder bekommen haben und in diesem Zusammenhang dann auch ihre Arbeitszeit reduzieren. Multivariate Analyse Für eine tiefer gehende Analyse des Einflusses von Mutterschaft und kindbedingten Erwerbsunterbrechungen auf Erwerbsbeteiligung von Frauen werden im Folgenden die Ergebnisse multivariater Fixed-Effects-Regressionsmodelle vorgestellt. Tabelle 7.1 enthält die Modellschätzungen für sieben Modellspezifikationen, die in Form eines Stufenmodells sukzessive um zusätzliche Variablengruppen erweitert werden. Dabei beinhaltet das Grundmodell (Modell 1) als wichtigste unabhängige Variable den Effekt der Mutterschaft, der hier zeitveränderlich über die Kinderzahl gemessen wird. Darüber hinaus enthält das Modell die Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt sowie einen Interaktionsterm zwischen der Kinderzahl und der Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt als weitere Kontrollvariablen. Zur Beschreibung der Entwicklung der Erwerbsbeteiligung im Erwerbsverlauf wurde zudem die tatsächliche Berufserfahrung mit einem linearen und einem quadratischen Term in das Modell aufgenommen, während die Kontrolle der Panelwelle der Erfassung des historischen Trends in der jährlichen Arbeitszeit von Frauen dient. Die Schätzergebnisse für das Grundmodell bestätigen die deskriptive Analyse, indem sie zunächst zeigen, dass die Mutterschaft zu einer erheblichen Einschränkung der Erwerbsbeteiligung führen. Im Grundmodell der Analyse wird vorhergesagt, dass Frauen mit jedem Kind ihre Erwerbstätigkeit um durchschnittlich 425 Stunden im Jahr reduzieren. Wird eine monatliche Arbeitszeit von 160 Stunden für eine Vollzeitstelle angenommen, würde dieses Ergebnis bedeuteten, dass Mütter pro Kind im Jahr 2,5 Monate weniger auf einer Vollzeitstelle arbeiten würden bzw. alternativ ihre Wochenarbeitszeit im Jahr um gut 20 Prozent reduzierten. In der positiven Interaktion zeigt sich zudem, dass der Ein-
212
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
fluss der Zahl der Kinder auf die Erwerbsbeteiligung der Mütter weniger stark ausfällt, wenn Mütter im Jahr vor der Geburt gearbeitet haben, andererseits ist der entsprechende Haupteffekt sehr stark und signalisiert, dass auch für erwerbsorientierte Mütter, die bis unmittelbar vor der Geburt gearbeitet haben, die Geburt eines Kindes einen starken Einschnitt in die eigene Erwerbskarriere darstellt. Tabelle 7.1: Determinanten der jährlichen Arbeitszeit, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder (1) Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert Panelwelle Panelwelle quadriert Interaktionsterme Kinderzahl x Reformphase 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 – 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs 1986 - 1987
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-425,3** -412,8** -405,8** -269,5** -267,7** -243,2** -243,5** (20,7) (21,6) (21,6) (21,0) (21,0) (21,0) (21,0) 371,1** 43,3 45,1 23,5 31,6 33,9 33,8 (19,7) (104,5) (104,2) (100,2) (100,2) (99,8) (99,8) -646,5** -252,3 -273,1 -216,3 -234,1 -252,7 -251,0 (32,8) (195,6) (195,1) (187,5) (187,4) (186,8) (186,8) 19,1** 21,8** 22,3** -3,7 -4,1 -1,1 -1,0 (5,2) (5,3) (5,3) (5,3) (5,3) (5,2) (5,3) -0,5** -0,5** -0,5** -0,3** -0,3** -0,4** -0,4** (0,1) (0,1) (0,5) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) -5,8 -10,5* -11,8* 1,7 1,8 1,4 1,4 (5,3) (5,3) (5,3) (5,2) (5,3) (5,2) (5,2) 0,5** 0,6** 0,5** 0,4** 0,4** 0,4** 0,4** (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1)
119,4 (124,7) 238,5* (117,4) 300,3** (113,8) 342,9** (121,0) 335,5** (110,5) 397,6** (107,4)
113,7 (124,3) 237,8* (117,1) 299,8** (113,4) 340,6** (120,7) 325,5** (110,2) 403,9** (107,1)
19,0 (119,5) 152,7 (112,6) 204,9 (109,1) 293,5* (116,1) 224,8* (105,9) 290,7** (103,0)
16,9 (119,5) 142,8 (112,6) 196,4 (109,0) 283,8* (116,0) 217,6* (105,9) 280,0** (103,0)
6,8 (119,1) 116,8 (112,2) 162,1 (108,7) 262,0* (115,7) 204,1 (105,5) 253,9* (102,6)
6,9 (119,1) 117,0 (112,2) 162,5 (108,7) 262,0* (115,7) 203,9 (105,5) 253,7* (102,6)
263,3 (234,7)
293,4 (234,0)
391,1 (225,0)
400,0 (224,9)
405,5 (224,1)
404,2 (224,1)
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
213
Tabelle 7.1: (Fortsetzung) (1) 1988 – 05/1989 06/1989 – 05/1990 06/1990 – 1991 1992 – 2000 2001 – ff. Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (Jahre) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren) Erwerbseinkommen logarithmiert
(2)
(3)
-249,9 (215,2) -332,0 (214,5) -375,2 (231,7) -295,9 (211,3) -588,3** (200,6)
-230,9 (214,6) -316,1 (213,9) -347,7 (231,1) -256,0 (210,7) -585,9** (200,0)
64,8** (5,3)
(4) -93,2 (206,4) -123,8 (205,6) -279,5 (222,2) -72,1 (202,6) -363,2 (192,4)
45,0** (5,1)
(5) -77,6 (206,3) -109,2 (205,6) -258,7 (222,2) -63,1 (202,5) -343,0 (192,3)
44,4** (5,1)
(6) -50,7 (205,6) -55,9 (204,9) -232,2 (221,4) -48,9 (201,9) -294,3 (191,7)
48,4** (5,1)
(7) -54,0 (205,7) -59,8 (205,0) -234,8 (221,4) -48,6 (201,9) -295,2 (191,7)
48,2** (5,1)
69,2 64,4 64,3 64,6 (42,6) (42,7) (42,5) (42,5) 71,1** 49,9** 52,8** 52,8** (12,7) (14,2) (14,2) (14,3) 125,3** 129,9** 131,9** 131,8** (21,7) (21,7) (21,6) (21,6) -438,3** -434,4** -422,5** -422,5** (9,8) (9,8) (9,8) (9,8) 2,9** 2,8** 3,1** 3,1** (0,9) (0,9) (0,9) (0,9) 10,3 12,9 7,3 7,3 (13,3) (13,3) (13,3) (13,3) 39,9** 38,3** 40,1** 40,2** (6,5) (6,5) (6,5) (6,5) -120,1** -113,4** -115,7** -115,6** (20,2) (20,7) (20,6) (20,6) 5,5 (46,9)
6,1 (46,9)
-9,8* -9,8* (3,8) (3,8) -109,8** -110,5** (21,8) (21,8) 2,8** 2,8** (0,7) (0,7) -35,1** -35,4** (12,6) (12,6)
214
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.1: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS)
(6)
(7)
37,6 (28,8) 8,1 (19,0) 22,4 (22,9) -1,4* (0,6)
37,7 (28,8) 8,3 (19,0) 22,7 (22,9) -1,4* (0,6)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote
-1,5 (1,6)
Konstante
2054** (44,1) 34312 7089 0,06
Branche N Beobachtungen N Personen R²
2027** (44,8) 34312 7089 0,07
1286** (74,8) 34312 7089 0,07
1698** (74,7) 34312 7089 0,14
1633** (89,8) + 34312 7089 0,14
1638** (89,7) + 34312 7089 0,15
1650** (90,7) + 34312 7089 0,15
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Arbeitszeiteffekt je Kind
Abbildung 7.4: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit, (Modell 2) 200
0
-200
-400
-600
-800 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
215
Das erste Hauptergebnis der Modellschätzungen ist im zweiten Modell aus Tabelle 7.1 enthalten, in welchem durch Einschluss der verschiedenen Reformphasen der Erziehungsurlaubsregelungen der Brutto-Effekt der institutionellen Reformen auf den Arbeitsumfang von Müttern ermittelt wird. Aus den durchgängig positiven und überwiegend statistisch signifikanten Interaktionstermen wird ersichtlich, dass die Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs und spätere Ausweitung des Erziehungsurlaubs den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der Erwerbsbeteiligung von Frauen deutlich abgeschwächt hat. Um diese Entwicklung zu verdeutlichen, werden die aus dem Modell vorhergesagten Zusammenhänge zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit in Abbildung 7.4 in Form eines Conditional-effect plots gesondert für die unterschiedlichen Reformphasen dargestellt, wobei sich die vorhergesagten Zusammenhänge als Summe des Effekts der Kinderzahl, des Interaktionseffekts zwischen der Reformphase und der Kinderzahl und sowie schließlich des mit der Stichprobenverteilung gewichteten Interaktionseffekts zwischen der Kinderzahl und der Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt. Abbildung 7.4 zeigt dabei nochmals deutlich, dass der negative Effekt von Kindern auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern vor Einführung des Erziehungsurlaubs bei ungefähr 400 Jahresstunden pro Kind lag, sich aber im Zuge der Reformphasen als stark rückläufig erwiesen hat. Ab der vierten Reformphase, der Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf 15 Monate Ende der 1980er Jahre ist der Effekt der Zahl der Kinder auf die jährliche Arbeitszeit von Frauen praktisch komplett aufgehoben und statistisch nicht mehr signifikant von Null verschieden. Ausgehend von diesem Ergebnis eines positiven Effekts der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern versuchen die folgenden Regressionsmodelle zu ermitteln, ob die gefundenen Effekte auch unter Einschluss weiterer Kontrollvariablen stabil bleiben oder durch eine vermittelnde Wirkung, d.h. eine zu den Reformen der Erziehungsurlaubsregelungen zeitlich parallele Veränderung dieser Faktoren erklärt werden können. Modell 3 kontrolliert dazu zunächst für den Einfluss von Bildungsqualifikation und weist dabei einen positiven Effekt von etwa 65 Jahresarbeitsstunden pro Bildungsjahr nach. In Modell 4 werden zusätzlich Kovariaten zur Beschreibung der beruflichen Position von Frauen aufgenommen. Dabei zeigt sich, dass eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst, eine Selbständigkeit, eine hohe Betriebszugehörigkeitsdauer sowie die Zahl der Arbeitgeberwechsel die jährliche Arbeitszeit signifikant erhöht. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt für einen Wechsel in den öffentlichen Dienst, der zu einer Erhöhung der Arbeitszeit um rund 70 Stunden im Jahr führt. Ein Wechsel in die Selbständigkeit erhöht die Erwerbsbeteiligung von Frauen um weitere 125 Jahresstunden, während ein Arbeitgeberwechsel durchschnittlich mit einem Anstieg von etwa 40 Jahresstun-
216
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
den verbunden ist. Demgegenüber führen der Wechsel auf eine Teilzeitbeschäftigung und der Wechsel auf einen Arbeitsplatz in einem überwiegend weiblichen Berufsfeld zu deutlich negativen Effekten, die in einer um durchschnittlich 440 beziehungsweise um maximal 120 Jahresarbeitsstunden verringerten Arbeitszeit resultieren. Das Regressionsmodell 5 nimmt noch die detaillierte Branche des Arbeitgebers als zusätzliche Kontrollvariablen in das Modell auf, dabei werden die Ergebnisse hier mit Ausnahme der Mediatorwirkung auf die ermittelten Reformeffekte nicht ausführlich berichtet. In Modell 6 werden schließlich Merkmale der Haushaltsstruktur sowie einige Maße für das Erwerbsverhalten und Erwerbspotenzial des Ehe- bzw. Lebenspartners in die Regression aufgenommen. Dabei zeigt sich, dass das Zusammenleben mit einem Ehe- oder Lebenspartner allein die Erwerbsbeteiligung von Frauen nicht signifikant beeinflusst, Partnermerkmale wie Qualifikationen, Erwerbsstatus, berufliche Stellung oder Erwerbseinkommen dagegen große Bedeutung haben. Während die Berufserfahrung des Partners einen leicht positiven Effekt für die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat, beeinflussen alle weiteren Merkmale der Erwerbsposition des Partners die Erwerbsbeteiligung von Frauen negativ. Nach den Modellschätzungen sinkt die Zahl der Jahresarbeitsstunden von Frauen mit jedem Bildungsjahr des Partners um etwa 10 Stunden, bei Erwerbstätigkeit des Partners sogar um durchschnittlich 110 Stunden. Außerdem hat vor allem das Erwerbseinkommen des Partners den gemäß der mikroökonomischen Theorie erwarteten deutlich negativen Effekt auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen. Die im letzten Modell zusätzlich noch aufgenommene Variable für die allgemeine Arbeitsmarktlage zeigt dagegen keinen signifikanten Einfluss auf den Umfang der Erwerbstätigkeit von Frauen. Um abzuschätzen, inwieweit die zusätzlichen Kovariaten aus den Modellen 3 bis 7 den positiven Einfluss der Erziehungsurlaubsregelungen auf den Erwerbsumfang von Müttern erklären können, werden in Abbildung 7.5 die jeweils vorhergesagten Reformeffekte erneut in Form eines Conditional-effect plots getrennt für die verschiedenen Regressionsschätzungen ausgewiesen. Im Modellvergleich zeigt sich, dass die Effekte der Reformen allein teilweise durch die in Modell 4 neu aufgenommenen Kovariaten für die berufliche Position von Frauen vermittelt werden. Aus diesem Ergebnis folgt, dass sich im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs Veränderungen in den Berufsverläufen von Müttern ergeben haben, die wiederum zu einer Ausweitung ihrer Erwerbsbeteiligung beigetragen haben. Auf der Basis der Regressionsschätzung könnten Entwicklungen in verschiedenen Aspekten der Berufsverläufe von Frauen zusammenhängen, etwa indem der Erziehungsurlaub dazu beigetragen hat, dass Müttern nach der Geburt von Kindern seltener sowohl in Teilzeitbeschäftigung als
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
217
Arbeitszeiteffekt je Kind
Abbildung 7.5: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit, nach Reformphasen, Modellvergleich (Modelle 2-7) 100 0 -100 -200 -300 -400 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
auch in Berufe in weiblich geprägten Berufsfeldern wechseln. Ebenso wäre möglich, dass der Erziehungsurlaub im Anschluss an eine Geburt die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels in die Selbständigkeit oder in den öffentlichen Dienst erhöht, oder insgesamt zu häufigeren Arbeitgeberwechseln geführt hat. Weiterführende, hier nicht im Einzelnen ausgewiesene Analysen zeigen, dass es sich bei der zentralen konfundierenden Variablen in diesem Fall tatsächlich um den Wechsel auf Teilzeitstellen handelt. Durch die mit dem Erziehungsurlaub nachhaltig ausgeweitete berufliche Freistellung sind Mütter offenbar verstärkt in die Lage versetzt worden, ihre Karriere zumindest in Bezug auf den Erwerbsumfang vergleichsweise kontinuierlich fortzusetzen und seltener in eine Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung zu wechseln. Wie Abbildung 7.5 verdeutlicht, ist diese Entwicklung besonders relevant, um die Veränderungen in der jährlichen Arbeitszeit von Müttern bei der unmittelbaren Einführung des Erziehungsurlaubs zu erklären. Die vermittelnden Effekte der Kontrollvariablen für die Berufsposition tritt am stärksten zwischen den Reformphasen 1 und 2 auf, so dass das veränderte Erwerbsverhalten von Müttern bereits 1986 mit Einführung des Erziehungsurlaubs wirksam geworden ist. Allerdings verbleibt auch unter Kontrolle der Berufsposition von Frauen in Modell 4 und den weiteren Schätzungen ein deutlich positiver Effekt der Reformen, der durch die hier zur Verfügung stehenden Kovariaten nicht aufgelöst werden kann.
218
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Die bislang vorgestellten Ergebnisse werden auch in der zweiten Modellvariante bestätigt, in der Einfluss der Mutterschaft über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen operationalisiert wird. Analog zur Operationaliserung über die Kinderzahl werden in Tabelle 7.2 eine Reihe von Modellschätzungen präsentiert, die in Form eines Stufenmodells sukzessive für die Kovariaten der Analyse kontrollieren. Dabei zeigt sich in Modell 1 erneut ein deutlich negativer Einfluss der Mutterschaft auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern, wobei eine kindbedingte Erwerbsunterbrechung von einem Jahr die Jahresarbeitszeit von Müttern um durchschnittlich etwa 114 Stunden verringert. Und wie auch in der ausführlicher dargestellten Modellvariante, so zeigt sich auch für die Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen, dass sich der Zusammenhang zwischen der Dauer von Nichterwerbsphasen und dem Umfang der Erwerbsbeteiligung von Müttern über die Reformphasen tendenziell abschwächt. Der entsprechende Conditional-effect plot aus Abbildung 7.6 zeigt dabei, dass sich in diesem Fall bereits ab der dritten Reformphase ein positiver Effekt auf die jährliche Arbeitszeit von Müttern eingestellt hat. So verringert sich der anfänglich negative Effekt von durchschnittlich etwa 65 Stunden Arbeitszeitreduktion pro Jahr der kindbedingten Erwerbsunterbrechung bis zur dritten Reformphase, die 1988 einsetzte, auf einen Wert nahe Null, und auch im Zuge der weiteren Reformphasen bleibt der Zusammenhang nur noch schwach negativ. Obwohl die zweite Modellvariante damit die inhaltlichen Ergebnisse der ausführlicher vorgestellten Schätzungen tendenziell bestätigt, sollte auch noch festgehalten werden, dass im Unterschied zur Operationalisierung über die KinderTabelle 7.2: Determinanten der jährlichen Arbeitszeit, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung (1) Unterbrechungsdauer (in Jahre) Dauer x Erwerbstätigkeit vor Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-113,5** -108,5** -99,4** -55,2** -55,2** -52,1** -52,1** (9,8) (10,2) (10,2) (9,9) (9,9) (9,9) (9,9) 83,2** 45,2 46,5 41,7 40,6 40,3 40,4 (7,7) (39,6) (39,5) (37,8) (37,8) (37,6) (37,6) -575,0** -714,3** -729,9** -543,7** -544,2** -527,6** -526,7** (22,9) (95,2) (95,0) (91,1) (91,1) (90,8) (90,8) 10,4 14,5* 19,3** -1,2 -1,6 -1,0 -1,0 (7,1) (7,1) (7,1) (7,1) (7,1) (7,1) (7,1) -0,5** -0,5** -0,4** -0,3** -0,3** -0,4** -0,4** (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) (0,1) 0,6 -5,9 -11,2 -2,4 -2,4 0,1 0,1 (7,1) (7,1) (7,1) (7,0) (7,0) (7,0) (7,0)
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen Tabelle 7.2:
(Fortsetzung)
Panelwelle quadriert Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit
219
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
0,4** (0,1)
0,6** (0,1)
0,5** (0,1)
0,4** (0,1)
0,4** (0,1)
0,4** (0,1)
0,4** (0,1)
1,5 (44,5)
-1,2 (44,4)
-16,3 (42,6)
-12,8 (42,6)
-15,4 (42,4)
-15,6 (42,4)
57,6 (42,9) 21,2 (41,7) 45,6 (45,5) 26,5 (41,9) 50,3 (40,4)
53,7 (42,7) 21,7 (41,6) 41,7 (45,4) 25,3 (41,8) 48,3 (40,3)
32,7 (41,0) -1,0 (39,9) 13,5 (43,6) -3,6 (40,0) 22,4 (38,6)
34,7 (41,0) -0,01 (39,9) 15,9 (43,5) -3,2 (40,0) 23,4 (38,6)
24,9 (40,8) -8,2 (39,7) 14,6 (43,4) -5,261 (39,9) 14,5 (38,4)
24,8 (40,8) -8,3 (39,7) 14,8 (43,4) -5,5 (39,9) 14,4 (38,4)
600,4** (117,9) 128,3 (109,5) 211,3 (109,1) 175,3 (121,5) 298,7** (110,9) 18,9 (98,7)
620,0** (117,7) 145,0 (109,2) 216,2* (108,8) 195,8 (121,2) 312,2** (110,6) 26,8 (98,5)
525,2** (112,8) 139,2 (104,7) 258,1* (104,3) 213,3 (116,2) 353,0** (106,1) 84,5 (94,4)
524,0** (112,7) 134,3 (104,6) 256,6* (104,3) 213,8 (116,2) 350,5** (106,1) 85,3 (94,3)
506,3** (112,3) 129,6 (104,3) 261,9* (103,9) 199,0 (115,7) 340,8** (105,7) 107,5 (93,9)
505,8** (112,3) 126,9 (104,3) 258,9* (103,9) 196,1 (115,7) 341,4** (105,7) 106,7 (94,0)
63,4** (5,3)
44,1** (5,1)
43,5** (5,1)
47,4** (5,1)
47,3** (5,1)
66,5 61,4 61,7 62,0 (42,7) (42,8) (42,6) (42,6) 72,8** 50,4** 52,8** 52,8** (12,7) (14,3) (14,2) (14,2) 120,1** 125,0** 128,0** 127,9** (21,7) (21,8) (21,7) (21,7) -456,2** -452,0** -437,8** -437,8** (9,8) (9,8) (9,8) (9,8)
220 Tabelle 7.2:
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (Jahre) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel
-456,2** -452,0** -437,8** -437,8** (9,8) (9,8) (9,8) (9,8) 2,9** 2,8** 3,0** 3,0** (0,9) (0,9) (0,9) (0,9) 8,6 11,5 5,0 5,0 (13,5) (13,5) (13,4) (13,4) 38,6** 36,9** 39,2** 39,3** (6,5) (6,5) (6,5) (6,5)
Frauenanteil im Berufsfeld
-113,1** -106,4** -109,2** -109,0** (20,3) (20,8) (20,7) (20,7)
Haushaltsstruktur Partner
-5,2 (47,1)
Humankapital Partner Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig
-9,1* -9,2* (3,8) (3,8) -122,1** -122,8** (21,8) (21,8) 3,1** 3,1** (0,7) (0,7) -38,2** -38,4** (12,6) (12,6) 36,3 36,4 (28,9) (28,9) 10,6 10,8 (19,1) (19,1) 18,5 18,8 (23,0) (23,0) -1,4* -1,4* (0,6) (0,6)
Berufserfahrung (in Jahren) Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS) Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Konstante Branche N Beobachtungen N Personen R²
-4,6 (47,1)
-1,5 (1,6) 1922** (59,9) 34312 7089 0,05
1887** (60,7) 34312 7089 0,05
1122** (88,0) 34312 7089 0,06
1537** 1464** 1510** 1523** (87,5) (101,7) (101,6) (102,5) + + + 34312 34312 34312 34312 7089 7089 7089 7089 0,14 0,14 0,15 0,15
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
221
Arbeitszeiteffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.6: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und der jährlichen Arbeitszeit, nach Reformphasen (Modell 2) 50
0
-50
-100
-150 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
Arbeitszeiteffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.7: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und der jährlichen Arbeitszeit, nach Reformphasen, Modellvergleich 20 0 -20 -40 -60 -80 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
222
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
zahl in den Modellen für die Unterbrechungsdauer die Interaktionseffekte zwischen der Unterbrechungsdauer und den einzelnen Reformphasen nicht statistisch signifikant sind. Dennoch bestätigen die Schätzergebnisse für die erweiterten Modellschätzungen auch in der Variante der Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen das Ergebnis, dass eine geringere Neigung zum Wechsel auf eine Teilzeit- bzw. geringfügige Beschäftigung den Effekt der Reformen zum Teil erklären kann. Analog zur obigen Vorgehensweise stellt Abbildung 7.7 erneut den Conditional-effect plot vor, in dem die vorhergesagten Zusammenhänge zwischen einer einjährigen kindbedingten Nichterwerbsphase und der jährlichen Arbeitszeit nach Wiedereinstieg in den Beruf im Vergleich der Modellschätzungen 2-7 abgebildet sind. Dabei zeigt sich erneut, dass einer Veränderung im beruflichen Verhalten von Müttern besondere Bedeutung für die Erklärung der gefundenen Reformeffekte hat. Abbildung 7.7 zeigt erneut, dass sich der Arbeitszeiteffekt einer einjährigen Unterbrechung mit den Kovariaten aus Modell 4 stark abschwächt und sogar teilweise neutralisiert wird. Damit bestätigt sich erneut, dass sich im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs das berufliche Verhalten von Müttern in Richtung auf eine stärkere Kontinuität des jährlichen Arbeitsumfangs nach Abschluss der Erziehungsphase verändert hat. Multivariate Analyse der Reformeffekte nach Bildungsabschluss In einem zweiten Schritt der Analyse soll der Einfluss der Erziehungsurlaubsreformen in den verschiedenen Bildungsgruppen betrachtet werden. Dazu wurde das Grundmodell aus den vorangegangenen Analysen nochmals getrennt für die einzelnen Bildungsgruppen geschätzt, um den Brutto-Effekt der Reformen auf der Ebene der Bildungsgruppen zu isolieren. Die Ergebnisse der Regressionsschätzung sind in Tabellen 7.3 und 7.4 enthalten, zur leichteren Interpretation der Modellschätzungen werden in Abbildung 7.8 bzw. 7.9 die entsprechenden Conditional-effect plots für die Entwicklung des Zusammenhangs zwischen Mutterschaft und jährlicher Arbeitszeit über die verschiedenen Reformphasen dargestellt. In beiden Abbildungen zeigt sich übereinstimmend, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs sich vor allem unter hoch qualifizierten Frauen positiv auf den Arbeitsumfang ausgewirkt hat. Vor Einführung des Erziehungsurlaubs führte ein Kind unter Akademikerinnen zu einer starken Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit um durchschnittlich 500 Stunden im Jahr und ein Jahr kindbedingte Erwerbsunterbrechung zu einer Reduktion von etwa 250 Stunden. Mit Einfüh-
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
223
rung des Erziehungsurlaubs zeigt sich in beiden Abbildungen ein deutlich positiver Effekt auf den Zusammenhang von Mutterschaft und Arbeitsumfang unter Frauen mit Hochschulreife beziehungsweise Hochschulabschluss. Und auch wenn in beiden Modellen nicht zuletzt aufgrund geringer Fallzahlen nur jeweils zwei der sechs Effekte der Reformphasen statistisch signifikant sind, so lässt sich in der Tendenz inhaltlich doch ein klarer positiver Trend für Frauen dieser Bildungsgruppe ausmachen. Zumindest in den Modellen, die den Effekt der Mutterschaft über die Kinderzahl operationalisieren, zeigt sich eine ähnlich positive Auswirkung der Einführung des Erziehungsurlaubs für Frauen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Auch hier schwächen die Reformen den negativen Einfluss von Kindern auf den Erwerbsumfang von Müttern ab, wo bei sich dieses Ergebnis ab der fünften Reformphase von Anfang der 1990er Jahre auch als statistisch signifikant erweist. Lediglich unter gering qualifizierten Müttern scheint sich der Einfluss der Mutterschaft sowohl in der Operationalisierung über die Kinderzahl als auch im Falle der Unterbrechungsdauer nach Einführung des Erziehungsurlaubs nicht zu verändern. Tabelle 7.3: Determinanten der jährlichen Arbeitszeit, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder, nach Bildungsgruppen
Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle Panelwelle quadriert Kinderzahl x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-119,624* (46,444) -155,860 (220,567) 392,504 (545,116) 36,950** (10,718) -0,326** (0,078) -36,431** (10,819) 0,403 (0,211)
-489,251** (31,065) 109,996 (169,182) -470,025 (314,738) 18,892** (7,056) -0,393** (0,063) -13,680 (7,146) 0,588** (0,146)
-502,172** (57,291) -4,033 (197,038) -21,252 (328,624) 37,086* (14,595) -1,125** (0,148) 8,449 (15,031) 0,362 (0,297)
134,778 (291,707) 127,875 (237,870) 430,686 (234,646)
-79,978 (191,635) 272,488 (190,677) 225,116 (178,564)
445,734 (250,577) 434,581 (239,964) 543,707* (250,842)
224
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.3: (Fortsetzung) (1) HS/RS ohne Lehre 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
70,588 (265,896) 274,052 (225,814) 411,112 (226,912)
462,800* (182,665) 540,950** (179,661) 455,029** (173,124)
361,667 (347,715) 252,270 (228,714) 427,312* (207,956)
-104,485 (705,165) -441,773 (577,705) -1341,955* (571,158) -187,980 (630,100) -610,486 (563,038) -1112,372* (556,714)
822,835* (353,851) -87,891 (338,282) 146,942 (332,847) -467,101 (344,834) -511,974 (335,608) -523,595 (320,368)
-417,298 (429,827) -843,801* (410,222) -1050,099* (425,291) -403,851 (580,466) -93,775 (408,577) -712,843* (347,155)
1569,019** (140,067)
2087,121** (59,864)
1786,919** (55,442)
9023 1914 0,03
18413 3835 0,09
6876 1797 0,08
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Tabelle 7.4: Determinanten der jährlichen Arbeitszeit, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung, nach Bildungsgruppen
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt
(1)
(2)
(3)
HS/RS ohne Lehre
HS/RS mit Lehre
Abitur/ Universitätsabschluss
52,215* (20,901) -59,937 (70,425) 21,475 (323,767)
-89,863** (14,219) 50,578 (56,625) -943,333** (141,592)
-276,662** (32,225) 22,314 (147,732) -535,776** (173,644)
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
225
Tabelle 7.4: (Fortsetzung)
Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle Panelwelle quadriert Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(1)
(2)
HS/RS ohne Lehre
HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
67,809** (12,528) -0,280** (0,078) -69,130** (12,612) 0,390 (0,211)
27,354* (10,684) -0,335** (0,063) -24,229* (10,716) 0,557** (0,147)
-44,351* (18,915) -1,019** (0,148) 85,125** (19,125) 0,385 (0,297)
18,292 (79,852) 63,796 (76,660) 93,559 (75,121) 213,766 (117,513) 107,810 (72,802) 101,603 (72,387)
-12,076 (62,177) 50,322 (60,716) 11,680 (58,860) 38,997 (61,550) 39,742 (60,538) 60,440 (57,900)
361,043* (169,346) 132,005 (157,944) 166,544 (155,381) 437,529* (182,951) 74,577 (155,991) 64,700 (149,712)
235,276 (359,950) -335,103 (346,282) -742,628* (339,254) -476,116 (392,982) -375,100 (338,969) -659,877* (331,355)
821,416** (169,237) 305,961* (155,160) 517,430** (156,004) 254,108 (166,979) 350,062* (162,546) 120,550 (145,483)
127,370 (234,771) -119,196 (235,341) -198,406 (242,340) -323,664 (291,522) 293,535 (233,757) -13,184 (182,563)
865,187** (173,949) 9023 1914 0,03
1761,622** (88,880) 18413 3835 0,07
1803,779** (55,043) 6876 1797 0,08
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
226
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Arbeitszeiteffekt je Kind
Abbildung 7.8: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit, nach Reformphasen 200 100 0 -100 -200 -300 -400 -500 -600 1
2
3
4
HS/RS ohne Lehre
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
Arbeitszeiteffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.9: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und der jährlichen Arbeitszeit, nach Reformphasen 300 200 100 0 -100 -200 -300 1
2
3
HS/RS ohne Lehre
4
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
227
Multivariate Analyse der Reformeffekte im weiteren Erwerbsverlauf In der letzten Analyse zur Arbeitszeitentwicklung von Müttern soll schließlich untersucht werden, ob es sich bei den hier gefundenen Effekten für die Ausweitung des Erziehungsurlaubsanspruchs nur um kurzfristige Effekte handelt, die im Wesentlichen direkt nach einer Erziehungsphase beim Wiedereinstieg in den Beruf auftreten, oder ob es sich um eine länger anhaltende Abschwächung des Zusammenhangs zwischen Mutterschaft und Erwerbsumfang handelt, die auch noch im weiteren Erwerbsverlauf sichtbar bleibt. Dazu werden zusätzlich zu den Kontrollvariablen des Hauptmodells (Modell 2 aus Tabelle 7.1 bzw. 7.2) zum einen Interaktionseffekte zwischen Mutterschaft und der tatsächlichen Berufserfahrung, d.h. der Zeitachse des Erwerbsverlaufs, aufgenommen. Um die zeitveränderliche Wirkung der Reformstufen zu ermitteln, wird außerdem die Dreifachinteraktionen zwischen Mutterschaft, tatsächlicher Berufserfahrung sowie der Reformphase im Modell berücksichtigt. Die Schätzergebnisse für die Operationalisierung über die Kinderzahl sowie für die Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen werden in Tabelle 7.5 wiedergegeben. In graphischer Form werden die zentralen Ergebnisse der Modelle erneut in Form der Conditional-effect plots aus Abbildung 7.10 und Abbildung 7.11 aufbereitet, in denen der aus den Modellschätzungen vorhergesagte Arbeitszeitverlauf für die verschiedenen Reformphasen dargestellt ist. Als Illustration verwenden die Abbildungen jeweils die über einen Zeitraum von 20 Berufsjahren simulierte Arbeitszeitentwicklung einer Frau, die ihre Berufstätigkeit nach fünf Jahren aufgrund der Geburt eines Kindes für eine zweijährige Erziehungsphase unterbricht. Zur besseren Lesbarkeit sind die simulierten Werte mit der vorhergesagten Erwerbsbeteiligung im Jahr vor der Geburt des Kindes standardisiert, so dass der Wert von 1 wiederum derselben jährlichen Arbeitszeit entspricht, wie sie für das Jahr vor der Geburt aus dem Modell vorhergesagt wird. In beiden Abbildungen zeigt sich, dass die Mutterschaft kurzfristig eine deutlich negative Auswirkung auf den Erwerbsumfang von Frauen hat. Darüber hinaus wird diese familienbedingte Reduzierung der Arbeitszeit im weiteren Berufsverlauf allerdings auch nur teilweise wieder ausgeglichen, so dass der Erwerbsumfang von Müttern im Durchschnitt dauerhaft unter dem Arbeitszeitniveau aus dem Jahr vor der Geburt zurückbleibt. Betrachtet man zuerst Abbildung 7.10, in der die entsprechenden Arbeitszeiteffekte über die Kinderzahl operationalisiert sind, so zeigt sich dass, der durchschnittliche Rückgang der jährlichen Arbeitszeit vor Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs vergleichsweise am stärksten ausgefallen ist. Nach Geburten aus den Jahren bis 1985 haben Frauen ihre Erwerbstätigkeit um durchschnittlich 30 Prozent im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Geburt eingeschränkt. Die Einführung des Erziehungsurlaubs hat
228
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
diesen Effekt etwas abgeschwächt, so dass die vorhergesagte Reduktion der jährlichen Arbeitszeit bei Rückkehr in den Beruf ab 1986 im Durchschnitt nur noch etwa 20 Prozent betrug. Für die weitere Ausweitung des Erziehungsurlaubsanspruchs zeigen sich in den Punktschätzungen der Regressionsparameter allerdings keine auffälligen Unterschiede mehr. In allen Reformphasen bleibt zudem die Reduktion der Arbeitszeit über den weiteren Erwerbsverlauf weitgehend dauerhaft, so dass die vorhergesagte jährliche Arbeitszeit in etwa auf dem Niveau bei Wiedereinstieg in den Beruf verbleibt. Vergleichsweise am positivsten verläuft die Entwicklung der Arbeitszeit in den Reformphasen zwei und fünf, d.h. nach der ursprünglichen Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 und der Ausweitung auf 18 Monate Anfang der 1990er Jahre. Tabelle 7.5: Determinanten der jährlichen Arbeitszeit, Fixed-Effects Regression, zeitveränderliche Reformeffekte Kinderzahl (1) (2)
Unterbrechungsdauer (1) (2)
Kinderzahl
-509,2144**-489,1877**-130,7778**-129,2082** Unterbrechungsdauer (22,4366) (23,5652) (10,1937) (10,6275) (in Jahren) Kinderzahl x Erwerbstä- 310,6845** 24,2135 75,2869** 41,5291 Dauer x Erwerbstätigtigkeit vor der Geburt keit vor der Geburt (20,4824) (104,1918) (7,7872) (39,4372) Erwerbstätigkeit -563,6504**-212,9090 -553,6069**-690,4379** Erwerbstätigkeit (33,7417) (194,9913) (23,2469) (95,0120) vor der Geburt vor der Geburt Berufserfahrung 4,3629 4,5504 4,0258 -1,2911 Berufserfahrung (in Jahren) (5,4959) (5,5678) (7,1451) (7,2455) (in Jahren) Berufserfahrung² -0,3742** -0,3959** -0,3036** -0,2983** Berufserfahrung² (in Jahren) (0,0632) (0,0637) (0,0517) (0,0525) (in Jahren) Kinderzahl x 13,0386** 11,4824** 3,1927** 3,2415** Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung (1,4584) (1,5419) (0,5001) (0,5100) Berufserfahrung Kinderzahl x -0,2110** -0,1824** -0,0801** -0,0790** Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² (0,0365) (0,0376) (0,0134) (0,0135) Berufserfahrung² Panelwelle -3,3658 -4,5499 0,9461 2,5776 Panelwelle (5,2635) (5,4487) (7,0616) (7,1815) Panelwelle² 0,5091** 0,5742** 0,4109** 0,4789** Panelwelle² (0,1056) (0,1098) (0,1064) (0,1103) Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
-467,5051 (385,4448) -607,5313 (396,7468) -485,4577 (356,9821) -1295,4921* (515,9089)
7,0719 (187,9943) -435,3643* (213,5873) -114,6501 (194,5474) -857,6953** (296,9068)
Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
229
Tabelle 7.5: (Fortsetzung) Kinderzahl (1) (2) 1992 - 2000 2001 - ff. Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung² Interaktion Reform x Kinderzahl 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl 06/1990 x Kinderzahl
195,5703 (404,2385) -342,2029 (326,5700)
91,0891* (44,1484) 84,9504 (48,7725) 32,8894 (36,0940) 37,5376 (72,0808) -111,0693* (49,7124) -31,8088 (41,0209)
-1,3074 (1,2537) -3,4520* (1,6162) -0,9237 (0,9943) 3,8512 (2,7930) 4,8585** (1,6145) 1,1515 (1,5404)
324,0467 (214,7273) 331,7234 (241,6384) 387,0555 (204,6257) 914,6017** (315,4711)
Unterbrechungsdauer (1) (2) -145,3417 (259,5346) -471,2013* (209,8987)
1992 - 2000 2001 - ff.
65,8782** (18,8275) 91,5990** (26,9697) 36,1015 (21,3831) 113,7055* (46,2115) 42,4650 (34,1185) 45,5674 (28,9919)
Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung
-0,9809* (0,4684) -2,9416** (0,8512) -0,7041 (0,6184) -1,7007 (1,8476) -0,5324 (1,0964) -0,4089 (1,0586)
Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung²
64,8846 (69,5243) 169,4391* (71,4957) 119,9461 (65,9669) 368,7803** (104,0788)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer 06/1990 x Dauer
230
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.5: (Fortsetzung) Kinderzahl (1) (2) 1992 x Kinderzahl
136,7435 (199,0961) 136,2030 (171,3180)
2001 x Kinderzahl Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung
N Beobachtungen N Personen R²
137,6756 (71,2816) 133,4671* (65,1674)
1992 x Dauer 2001 x Dauer
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung -8,2815 1986 x Dauer x (7,2289) Berufserfahrung -22,6246** 1988 x Dauer x (8,1950) Berufserfahrung -17,2079* 06/1989 x Dauer x (7,5616) Berufserfahrung -45,9169** 06/1990 x Dauer x (13,9080) Berufserfahrung -16,0935 1992 x Dauer x (8,8656) Berufserfahrung -8,6323 2001 x Dauer x (8,1475) Berufserfahrung
-31,8085 (23,6371) -35,4387 (29,8231) -26,9345 (20,3900) -50,1836 (40,9933) 41,7000 (22,3822) 30,8091 (20,7493)
Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung² Konstante
Unterbrechungsdauer (1) (2)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² 0,1452 1986 x Dauer x (0,2010) Berufserfahrung² 0,8665** 1988 x Dauer x (0,2620) Berufserfahrung² 0,6017* 06/1989 x Dauer x (0,2538) Berufserfahrung² 1,2601* 06/1990 x Dauer x (0,4929) Berufserfahrung² 0,4647 1992 x Dauer x (0,2991) Berufserfahrung² 0,0909 2001 x Dauer x (0,3015) Berufserfahrung²
0,5259 (0,6509) 1,5945 (0,9760) 0,9435 (0,5611) -0,2379 (1,4141) -1,7829** (0,6780) -0,9610 (0,7662)
2119,377** 2117,982** 1944,471** 1983,813** (44,5630) (45,6854) (59,9619) (61,2900) 34312 7089 0,07
34312 7089 0,07
34312 7089 0,05
34312 7089 0,06
Konstante N Beobachtungen N Personen R²
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
231
relative Arbeitszeitentwicklung
Abbildung 7.10: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
0.7 0.6 0
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff. 5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relative Arbeitszeitentwicklung
Abbildung 7.11: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und der jährlichen Arbeitszeit im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.0
0.9
0.8
0.7
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
0.6
0.5 0
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff. 5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
232
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Der Conditional-effect plot aus Abbildung 7.11, der aus dem Modell für den Effekt der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen unter Annahme einer zweijährigen Erwerbsunterbrechung generiert wurde, bestätigt diese Ergebnisse ebenfalls. Vor der Einführung des Erziehungsurlaubs haben westdeutsche Mütter ihre Arbeitszeit nach einer Unterbrechungsphase im Durchschnitt um 40 Prozent reduziert. Dabei handelt es sich um eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbstätigkeit, die sich im weiteren Erwerbsverlauf sogar noch leicht verfestigt. Im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs kommt es zu einer Abschwächung des Zusammenhangs, so dass die Verringerung der Arbeitszeit bei Wiedereinstieg nur etwa 25 bis 35 Prozent der bisherigen Stundenzahl beträgt. Zudem ist in diesem Modell in allen Reformphasen ein leichter langfristiger Aufwärtstrend für die Entwicklung der Arbeitszeit im weiteren Erwerbsverlauf erkennbar, wenngleich Frauen auch nach diesen Ergebnissen das Niveau ihrer Erwerbsbeteiligung vor der Familienphase nicht wieder erreichen. Dabei scheinen die Reformphasen zwei und fünf wiederum einen besonders positiven Einfluss auf den Effekt der Mutterschaft zu haben. Auch wenn die hier vorgestellten Ergebnisse damit für einen gewissen Effekt der Erziehungsurlaubsreformen auf die Kontinuität des Umfangs der Erwerbsbeteiligung von Müttern sprechen, so ist jedoch auch deutlich, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs am Muster der deutlichen Reduzierung des Erwerbsumfangs von Müttern auch nach dem Wiedereinstieg in den Beruf nur wenig verändert hat. In Abbildung 7.10 und 7.11 wurde dies daran deutlich, dass die vorhergesagte Arbeitszeitentwicklung von Müttern das Niveau aus dem Jahr vor der Geburt in der Regel auch über vergleichsweise lange Zeiträume nicht mehr erreichte. Diese Darstellung unterschätzt aber den Einfluss der Mutterschaft noch, da die Arbeitszeitentwicklung nur in Relation zum eigenen Erwerbsumfang aus dem Jahr vor der Geburt des Kindes gesetzt wird, dabei jedoch nicht die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung von vergleichbaren Frauen betrachtet wird, die kinderlos geblieben sind. Der entsprechende Vergleich wird in den Conditional-effect plots aus Abbildung 7.12 und 7.13 gezogen, die die langfristige Arbeitszeitentwicklung für kinderlose Frauen sowie für Mütter, die entweder vor oder nach Einführung des Erziehungsurlaubs ihre Kinder bekommen haben, beschreiben. Um die Abbildungen zu vereinfachen, wird dabei nicht mehr zwischen den einzelnen Reformphasen unterschieden, sondern lediglich der durchschnittliche vorhergesagte Verlauf der Arbeitszeitentwicklung nach Einführung des Erziehungsurlaubs abgebildet. Sowohl Abbildung 7.12 als auch Abbildung 7.13 zeigen dabei zunächst erneut den positiven Einfluss der Einführung des Erziehungsurlaubs auf die Jahresarbeitszeit von Müttern. In beiden Conditional-effect plots schwächt der Er-
7.2 Erwerbsbeteiligung nach kindbedingten Erwerbsunterbrechungen
233
relative Arbeitszeitentwicklung
Abbildung 7.12: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der jährlichen Arbeitszeit im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.20
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
1.10
1.00
0.90
0.80
0.70 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relativer Arbeitsumfang
Abbildung 7.13: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und der jährlichen Arbeitszeit im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.20
1.00
0.80
0.60 kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
0.40 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
234
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
ziehungsurlaub den negativen Effekt der Mutterschaft auf den Erwerbsumfang nach Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt um etwa ein Drittel ab. Ebenso verläuft die Entwicklung der Arbeitszeit etwas positiver, so dass über einen längeren Zeitraum hinweg eine gewisse Angleichung an das Niveau des Erwerbsumfangs vor der Geburt stattfindet. Vergleicht man die Arbeitszeitentwicklung von Müttern allerdings zusätzlich mit der Arbeitszeitentwicklung kinderloser Frauen, dann zeigt sich, dass Mütter nach Einführung des Erziehungsurlaubs zwar ihre Erwerbsbeteiligung im Erwerbsverlauf wieder leicht steigern, insgesamt jedoch sowohl kurz- als auch langfristig weit hinter dem Erwerbsumfang vergleichbarer kinderloser Frauen zurückbleiben. 7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf Nachdem die bisherige Analyse bereits gezeigt hat, dass die Geburt von Kindern zu einer deutlichen Reduktion des Arbeitsumfangs von Frauen führt, ist zu erwarten, dass diese sich in einem nach der Geburt von Kindern ebenso deutlich verringerten Erwerbseinkommen von Frauen niederschlägt, ohne dass die Einführung des Erziehungsurlaubs diesen Zusammenhang grundsätzlich verändert hätte. Die entsprechende Analyse der Einkommensentwicklung von Frauen wird dabei entsprechend zur vorangegangenen Analyse der jährlichen Arbeitszeit durchgeführt, so dass nach einem ersten Überblick über zentrale deskriptive Ergebnisse zur Entwicklung der Bruttomonatseinkommen Fixed-effects Regressionsmodelle verwendet werden, um die Bedeutung verschiedener Determinanten der Einkommensentwicklung zu ermitteln. Ebenfalls entsprechend zum vorangegangenen Abschnitt wird in den Regressionsanalysen zunächst der Effekt der Erziehungsurlaubsreformen für westdeutsche Frauen insgesamt abgeschätzt, ehe dann gesonderte Analysen für verschiedene Bildungsgruppen bzw. eine Analyse der kurz- und längerfristigen Reformeffekt im Erwerbsverlauf von Frauen berichtet werden. Die Erwartung, dass die Geburt eines Kindes einen nachhaltigen Effekt auf die Einkommensentwicklung von Frauen hat, wird bereits in der deskriptiven Analyse bestätigt. In Abbildung 7.14 ist dazu der mittlere Einkommensverlauf von Frauen über einen Zeitraum von 5 Jahren vor bis 10 Jahren nach einer Geburt abgebildet. Die Analyse unterscheidet erneut zwischen dem typischen Erwerbsverlauf von Frauen, die im Jahr T kein Kind bekommen haben, und Frauen, die im Jahr T Mutter geworden sind. Dabei zeigt sich, dass die Einkommensverläufe der beiden Gruppen exakt zum Zeitpunkt der Geburt eines Kindes dramatisch auseinander fallen. Auffällig ist zudem, dass sich die Einkommensverläufe von Müttern und kinderlosen Frauen sich in den Jahren vor der Geburt im
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
235
Mittel nicht unterscheiden, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Geburt divergieren. Entsprechend der bereits oben beobachteten Verringerung ihrer Arbeitszeit haben westdeutsche Frauen nach einer Geburt durchschnittlich deutliche Einkommenseinbußen hinzunehmen und verlieren bei Wiedereinstieg in den Beruf ungefähr 20 Prozent ihres Verdienstes aus dem Jahr vor der Geburt des Kindes. Diese Einkommensverluste sind über den hier betrachteten Zeitraum dauerhaft und können von den Müttern im Median nicht wieder aufgeholt werden. Zudem zeigt sich wie auch in der vorangegangenen Analyse, dass der Vergleich mit dem individuellen Einkommensniveau vor der Geburt den Gesamteffekt der Mutterschaft deutlich unterschätzt, da der zwischenzeitliche Einkommenszuwachs in der Gruppe der kinderlosen Frauen unberücksichtigt bleibt. Wie Abbildung 7.14 zeigt, steigt das mittlere Einkommen von Frauen, die im Zeitpunkt T+0 kein Kind bekommen haben, im Lauf der nächsten fünf Berufsjahre um etwa 20 Prozent, während das Einkommen von Müttern nach dem Wiedereinstieg in den Beruf stagniert. Im Vergleich zu Frauen, die zum Zeitpunkt T kein Kind bekommen haben, beträgt der dauerhafte Einkommensverlust infolge der Geburt eines Kindes deshalb sogar gut ein Drittel.
Relatives Einkommen
Abbildung 7.14: Entwicklung des Bruttomonatseinkommens relativ zum Jahr vor der Geburt (Median), nach Parität 1.4
1.2
1.0
0.8
0.6
0.4 T-5
T+0 ohne Geburt erste Geburt
T+5
T+10
alle Geburten zweite und weitere Geburt
Anmerkung: Bruttomonatseinkommen relativ zum Bruttomonatseinkommen im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt das individuelle Bruttomonatseinkommen über dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Bruttomonatseinkommen niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
236
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Schließlich zeigt Abbildung 7.14 auch, dass diese Einkommenseinbußen im Wesentlichen bereits nach der ersten Geburt auftreten. So beträgt der Einkommensverlust nach der ersten Geburt etwa 40 Prozent im Vergleich zum Einkommen vor der Geburt, während die Einkommensentwicklung nach der zweiten bzw. weiteren Geburt insgesamt relativ flach verläuft und im Mittel keine weiteren Einkommensverluste erkennen lässt. Etwa fünf Berufsjahre nach der zweiten oder weiteren Geburt steigt das Erwerbseinkommen sogar wieder an und folgt dem Muster der Einkommenszuwächse unter Frauen, die zum Zeitpunkt T kein Kind bekommen hatten. Auffällig ist aber auch, dass Mütter bereits vor der zweiten bzw. weiteren Geburt im Unterschied zu allen anderen Vergleichsgruppen keine Einkommenssteigerung mehr aufweisen, da sie sich ja zuvor bereits auf dem niedrigen Einkommenspfad befinden, der nach der ersten Geburt eingesetzt hat. Demzufolge muss die vergleichsweise positive Einkommensentwicklung nach der zweiten bzw. weiteren Geburt im Zusammenhang mit dem klaren Einkommensverlust nach der Erstgeburt gesehen werden. Neben dem deutlichen durchschnittlichen Einkommensverlust wird bei einer detaillierteren Analyse der Einkommensverteilung auch deutlich, dass die Varianz der Einkommensentwicklung nach einer Geburt ansteigt. Abbildung 7.15 bildet dazu den differenzierten Vorher-Nachher-Vergleich in Form der kumulierten Einkommensverteilung von Müttern zu vier verschiedenen Zeitpunkten vor (T-5) beziehungsweise nach einer Geburt (T+1, T+5, T+10) ab. Vor allem anhand der im Vergleich zur Einkommensverteilung fünf Jahre vor einer Geburt zunehmend flacher werdenden kumulierten Verteilungsfunktionen zeigt sich in Abbildung 7.15, dass die Varianz in der Einkommensverteilung der Mütter über die Zeit ansteigt, da die Wahrscheinlichkeit extremer Einkommensentwicklungen, d.h. der Anteil der Beobachtungen an beiden Enden der Verteilung deutlich zunimmt, und somit die Einkommenslagen der Frauen zunehmend unterschiedlicher werden. Wie auch in der vorangegangenen Analyse wurden alle Einkommensangaben mit dem Einkommen aus dem Jahr vor der Geburt standardisiert. Durch die Standardisierung zeigt sich unmittelbar, dass nur etwa 30 Prozent der Mütter im ersten Berufsjahr nach einer Geburt das gleiche oder ein höheres Einkommen wie im Jahr vor der Geburt erzielen. Und während nur etwa fünf Prozent der Mütter ihr Einkommen im Vergleich zum Jahr vor der Geburt verdoppeln konnten, haben auf der anderen Seite der Einkommensverteilung 30 Prozent der Mütter Einkommensverluste von 50 Prozent oder mehr. Auch fünf bzw. zehn Berufsjahre nach einer Geburt liegt der Anteil der Mütter, die ihr Einkommen aus dem Jahr vor der Geburt wieder erzielen oder steigern konnten, immer noch erst bei 40 Prozent. Etwa zehn beziehungsweise zwanzig Prozent der Mütter gelingt es,
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
237
kumulierter Anteil
Abbildung 7.15: Kumulierte Verteilung des relativen Bruttomonatseinkommens, nach Zeitpunkt 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.0 relatives Einkommen T-5
T+1
T+5
T+10
Anmerkung: Bruttomonatseinkommen relativ zum Bruttomonatseinkommen im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt das individuelle Bruttomonatseinkommen über dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Bruttomonatseinkommen niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
ihr Erwerbseinkommen innerhalb der ersten Berufsjahre nach einer Geburt um 50 Prozent im Vergleich zu ihrem Einkommen aus dem Jahr vor der Geburt zu steigern. Andererseits liegt der Anteil von Müttern, die nach der Geburt nur noch höchstens die Hälfte ihres Einkommens aus dem Jahr vor der Geburt erzielen, auch fünf und sogar zehn Berufsjahre nach dem Wiedereinstieg bei 30 Prozent. Und auch wie im Fall der Entwicklung der jährlichen Arbeitszeit zeigt sich, dass die Einkommensentwicklung nach der Geburt eines Kindes sich im Vergleich der Bildungsgruppen unterscheidet. Für drei Bildungsgruppen unterteil in Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung und hoch qualifizierte Frauen mit Hochschulreife oder abgeschlossenem Studium stellt Abbildung 7.16 dazu die mittlere Einkommensentwicklung von Müttern wieder im Vergleich zum Einkommensverlauf von Frauen dar, die im Jahr T kein Kind bekommen hatten. Für Frauen ohne abgeschlossenen Berufsausbildung zeigt Abbildung 7.16 dabei nach der Geburt von Kindern eine vollkommen flache Einkommensentwicklung, so dass die Familiengründung weder zu einem Einkommensverlust geführt hat, noch es Müttern gelingt, im weiteren Zeitverlauf ihr Einkommen über das Niveau hinaus zu steigern, das
238
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Abbildung 7.16: Entwicklung des relativen Bruttomonatseinkommens, nach Zeitpunkt und Bildungsabschluss Relatives Einkommen
(a) Hauptschule/Realschule ohne Lehre 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relatives Einkommen
(b) Hauptschule/Realschule mit Lehre 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relatives Einkommen
(c) Hochschulreife/Universitätsstudium 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Anmerkung: Bruttomonatseinkommen relativ zum Bruttomonatseinkommen im Jahr vor der Geburt (T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt das individuelle Bruttomonatseinkommen über dem Bruttomonatseinkommen vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Bruttomonatseinkommen niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
239
sie vor der Geburt erreicht hatten. Allerdings fallen auch Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung durch die Geburt von Kindern hinter kinderlose Frauen zurück, weil letztere im Unterschied zu Müttern ihr Einkommen im weiteren Erwerbsverlauf noch deutlich steigern können. Allein infolge der Opportunitätskosten der Familiengründung liegt das Einkommen von Müttern ohne abgeschlossene Berufsausbildung fünf Jahre nach einer Geburt damit im Durchschnitt etwa 30 Prozent unter dem Einkommen von Frauen, die im Zeitpunkt T kein Kind bekommen haben, während bis zur Geburt keinerlei Unterschiede im Einkommensverlauf zwischen diesen beiden Gruppen erkennbar waren. Auch in den beiden weiteren Bildungsgruppen ergeben sich infolge einer Geburt deutliche Unterschiede in der Einkommensentwicklung von Frauen. Mütter mit abgeschlossener Berufsausbildung nehmen dabei beim Wiedereinstieg in den Beruf einen deutlichen Einkommensverlust von etwa 40 Prozent gegenüber ihrem Einkommen im Jahr vor der Geburt hin. Dieser Einkommensverlust wird im Zeitverlauf zudem kaum mehr wettgemacht, so dass sich das Erwerbseinkommen von Frauen mittlerer Bildung im Mittel dauerhaft auf einem Verlust von 30 Prozent gegenüber ihrem Vergleichseinkommen aus dem Jahr vor der Geburt stabilisiert. Unter Berücksichtigung der Opportunitätskosten, die sich aus den gleichzeitigen Einkommenszuwächsen für kinderlose Frauen ergeben, beträgt der Einkommensverlust nach der Geburt eines Kindes im Durchschnitt sogar etwa 35 Prozent. Dagegen sind die direkten Einkommenseinbußen unter hoch qualifizierten Müttern vergleichsweise geringer und liegen nur bei etwa 15 Prozent. Nach etwa 7 Jahren gelingt es Akademikerinnen im Mittel sogar wieder ihr Einkommensniveau aus dem Jahr vor der Geburt zu erreichen, ohne dass sie es im Beobachtungszeitraum aber noch über dieses Niveau hinaus steigern könnten. Angesichts der im Vergleich zu Frauen mit mittleren Bildungsabschlüssen höheren Opportunitätskosten der Familiengründung liegen die Einkommenseinbußen für Akademikerinnen allerdings dauerhaft auf einem Niveau von etwa 20 bis 30 Prozent. Multivariate Analyse Zur genaueren Analyse des Einflusses der Geburt von Kindern auf das Erwerbseinkommen von Frauen werden im Folgenden erneut die Schätzergebnisse mehrerer Fixed-Effects Regressionen betrachtet. Um insbesondere den Effekt der Einführung des Erziehungsurlaubs zu ermitteln, wird wieder eine Stufenmodellierung verwendet, in der sukzessive relevante Variablengruppen in die Regression aufgenommen werden. Das Grundmodell der Analyse enthält dabei wiederum nur den Effekt der Mutterschaft, die Interaktion zwischen Mutterschaft und
240
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
der Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt, den Effekt der tatsächlichen Berufserfahrung sowie den historischen Trend in der Einkommensverteilung. Im zweiten Schritt der Analyse wird dieses Modell um die Haupteffekte der Reformphasen sowie die Interaktionsterme zwischen der Mutterschaft und den Reformphasen erweitert, um den Effekt der Einführung und anschließenden Ausweitung des Erziehungsurlaubs abzuschätzen. Im Anschluss daran werden in weiteren Modellschätzungen die Effekte individueller Qualifikationen, der Erwerbsposition der Frauen, der Haushaltszusammensetzung und des Erwerbspotenzials des Partners sowie der allgemeinen Arbeitsmarktlage ermittelt, um mögliche Wirkungen dieser intervenierenden Variablen zu erfassen bzw. allgemein die Robustheit der Reformeffekte unter Kontrolle zusätzlicher Kovariaten zu überprüfen. Da die Regressionsmodelle wiederum für beide Varianten der Operationalisierung der Mutterschaft berechnet wurden, enthält Tabelle 7.6 wieder die Ergebnisse für die Analyse des Effekts der Kinderzahl, während Tabelle 7.7 die Ergebnisse der Modellschätzungen für den Effekt der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung berichtet. Bereits das Grundmodell der Analyse (Modell 1) zeigt, dass Kinder mit starken Einkommensverlusten für Frauen verbunden sind. Unter Müttern, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, beträgt der geschätzte Einkommensverlust für jedes Kind durchschnittlich etwa 40 Prozent (e-0,52), während sich der Verdienstnachteil für besonders erwerbsorientierte Frauen, die vor der Geburt erwerbstätig waren, für jedes Kind immerhin noch auf ungefähr 23 Prozent (e-0,52+0,29) summiert. Wichtiger noch ist aber, dass sich in Modell 2 erneut positive Effekte der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf den Einkommensverlauf von Müttern zeigen, die die Ergebnisse zur Entwicklung der Arbeitszeit bestätigen. Der entsprechende Conditional-effect plot aus Abbildung 7.17 zeigt, dass der negative Effekt eines Kindes mit einem Gehaltsverlust von etwa 38 Prozent vor Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs besonders stark ausgeprägt war. Im Zuge der Reformphasen verringert sich dieser Einkommensnachteil schrittweise, wobei die positiven Effekte besonders in den beiden letzen Reformphasen deutlich werden, in denen bereits dreijähriger Anspruch auf Erziehungsurlaub Geltung hatte. Während es bereits in den Reformphasen aus den 1980er Jahren zu einer leichten Abschwächung des Zusammenhangs zwischen Mutterschaft und Einkommensentwicklung gekommen war, sind es vor allem diese beiden letzten Reformstufen, in denen es zu einer substanziellen und auch statistisch signifikanten Reduzierung des Einkommensverlustes nach der Geburt eines Kindes gekommen ist. Für Geburten ab dem Jahr 1992 beträgt der Einkommensverlust durchschnittlich nur noch etwa 15 Prozent je Kind, und hat sich damit gegenüber der Situation Mitte der 1980er Jahre gut halbiert.
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
241
Tabelle 7.6: Determinanten des Bruttomonatseinkommens, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder (1) Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle Panelwelle quadriert Kinderzahl x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff.
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,515** -0,503** -0,495** -0,320** -0,317** -0,314** -0,313** (0,016) (0,017) (0,017) (0,015) (0,015) (0,015) (0,015) 0,285** 0,125* 0,126* 0,037 0,043 0,042 0,043 (0,015) (0,059) (0,058) (0,052) (0,052) (0,052) (0,052) -0,498** (0,025) 0,088** (0,004) -0,001** (0,000) -0,007 (0,004) -0,001** (0,000)
-0,630** (0,117) 0,093** (0,004) -0,001** (0,000) -0,013** (0,004) -0,000** (0,000)
-0,652** (0,116) 0,093** (0,004) -0,001** (0,000) -0,015** (0,004) -0,001** (0,000)
-0,441** (0,103) 0,044** (0,004) -0,001** (0,000) 0,016** (0,004) -0,001** (0,000)
-0,450** (0,103) 0,043** (0,004) -0,001** (0,000) 0,017** (0,004) -0,001** (0,000)
-0,449** (0,103) 0,044** (0,004) -0,001** (0,000) 0,017** (0,004) -0,001** (0,000)
-0,454** (0,103) 0,044** (0,004) -0,001** (0,000) 0,017** (0,004) -0,001** (0,000)
0,069 (0,083) 0,104 (0,071) 0,114 (0,069) 0,096 (0,076) 0,222** (0,065) 0,218** (0,062)
0,063 (0,082) 0,104 (0,071) 0,115 (0,068) 0,092 (0,076) 0,212** (0,065) 0,221** (0,061)
-0,008 (0,073) 0,010 (0,063) 0,031 (0,061) 0,063 (0,067) 0,160** (0,058) 0,127* (0,055)
-0,010 (0,073) 0,006 (0,063) 0,029 (0,061) 0,060 (0,067) 0,158** (0,057) 0,117* (0,054)
-0,002 (0,073) 0,006 (0,063) 0,026 (0,061) 0,059 (0,067) 0,162** (0,057) 0,117* (0,054)
-0,002 (0,073) 0,005 (0,063) 0,025 (0,061) 0,059 (0,067) 0,162** (0,057) 0,117* (0,054)
0,418** (0,158) 0,312* (0,136) 0,207 (0,136) 0,289 (0,154) 0,063 (0,133) 0,026 (0,122)
0,450** (0,157) 0,332* (0,135) 0,221 (0,135) 0,321* (0,153) 0,106 (0,132) 0,035 (0,121)
0,473** (0,140) 0,455** (0,120) 0,370** (0,120) 0,335* (0,136) 0,188 (0,118) 0,186 (0,108)
0,478** (0,139) 0,460** (0,120) 0,371** (0,120) 0,334* (0,136) 0,182 (0,117) 0,201 (0,107)
0,464** (0,139) 0,455** (0,120) 0,374** (0,120) 0,332* (0,136) 0,171 (0,117) 0,202 (0,107)
0,467** (0,139) 0,464** (0,120) 0,385** (0,120) 0,338* (0,136) 0,172 (0,117) 0,206 (0,107)
242
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.6: (Fortsetzung) (1) Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (in Jahren) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Berufsprestige (SIOPS) Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren) Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
0,077** 0,051** 0,050** 0,051** 0,051** (0,004) (0,004) (0,004) (0,004) (0,004) 0,081** (0,030) 0,104** (0,009) -0,030 (0,016) -0,529** (0,007) 0,007** (0,001)
0,080** (0,030) 0,099** (0,010) -0,020 (0,016) -0,524** (0,007) 0,007** (0,001)
0,079** (0,030) 0,099** (0,010) -0,019 (0,016) -0,522** (0,007) 0,007** (0,001)
0,079** (0,030) 0,099** (0,010) -0,019 (0,016) -0,522** (0,007) 0,007** (0,001)
-0,164** (0,009) 0,076** (0,005) -0,134** (0,014) 0,006** (0,000)
-0,158** (0,009) 0,074** (0,005) -0,118** (0,015) 0,005** (0,000)
-0,159** (0,009) 0,073** (0,005) -0,119** (0,015) 0,005** (0,000)
-0,159** (0,009) 0,073** (0,005) -0,120** (0,015) 0,005** (0,000)
0,002 (0,032)
0,001 (0,032)
-0,002 (0,003) 0,019 (0,015) -0,001** (0,000) 0,030** (0,009) -0,006 (0,020) -0,001 (0,013) -0,033* (0,016)
-0,002 (0,003) 0,020 (0,015) -0,001** (0,000) 0,030** (0,009) -0,006 (0,020) -0,001 (0,013) -0,034* (0,016)
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
243
Tabelle 7.6: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Berufsprestige (SIOPS)
(6)
(7)
-0,002** -0,002** (0,000) (0,000)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote
0,004* (0,001)
Konstante
7,659** 7,629** 6,747** 7,359** 7,872** 7,878** 7,853** (0,032) (0,033) (0,056) (0,052) (0,149) (0,148) (0,149)
Branche N Beobachtungen N Personen R²
36211 7473 0,16
36211 7473 0,16
36211 7473 0,17
36211 7473 0,34
+ 36211 7473 0,35
+ 36211 7473 0,35
+ 36211 7473 0,35
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Einkommensneffekt je Kind
Abbildung 7.17: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen (Modell 2) 0.00 -0.10 -0.20 -0.30 -0.40 -0.50 -0.60 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
244
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Der Einschluss weiterer Kontrollvariablen in den Modellen 3-7 weist zunächst nach, dass individuelle Qualifikationen, Merkmale der bisherigen Erwerbskarriere, das Erwerbspotenzial des Ehe- oder Lebenspartners sowie die allgemeinen Arbeitsmarktlage ihrerseits wichtige Effekte auf die Einkommensentwicklung von Frauen haben. So wird in Modell 3 etwa ein positiver Bildungseffekt in Höhe von gut 8 Prozent für jedes zusätzliche Bildungsjahr ermittelt. Desweiteren leisten alle Merkmale der Berufsposition, die in Modell 4 aufgenommen werden, mit Ausnahme der Selbständigkeit einen signifikanten Erklärungsbeitrag für die Einkommensentwicklung von Frauen. So erhöht eine Beschäftigung als Beamtin oder im öffentlichen Dienst das Einkommen um durchschnittlich jeweils 8 beziehungsweise 10 Prozent. Ebenso erhöht sich das Monatseinkommen mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit (0,7 Prozent pro Jahr) und dem Prestige des ausgeübten Berufes (0,6 Prozent pro Punkt auf der SIOPSPrestigeskala). Modell 4 zeigt zudem, dass ein Wechsel des Arbeitgebers mit einer durchschnittlichen Gehaltssteigerung von 7,6 Prozent einhergeht, während der Wechsel auf eine Teilzeitstelle, eine Arbeitslosigkeitsphase oder der Wechsel in einen frauentypisches Berufsfeld erwartungsgemäß einen negativen Effekt auf das Monatseinkommen hat. Ein Wechsel aus einem männlich dominierten Berufsfeld in ein Berufsfeld mit überwiegend weiblichen Arbeitnehmern verringert das erzielbare Einkommen um 13,4 Prozent. Ähnliche Bedeutung kommt einer Arbeitslosigkeitsphase in der Erwerbsbiographie zu, indem jede weitere Arbeitslosigkeit das Einkommen im weiteren Karriereverlauf um 16,4 Prozent mindert. Den größten negativen Einfluss auf das Erwerbseinkommen von Frauen hat erwartungsgemäß der Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung, die das Realeinkommen um durchschnittlich 41 Prozent (e-0,53) mindert. Modell 5 schließt zusätzlich zu den berichteten Kovariaten noch Branchendummies mit ein, deren Ergebnisse hier aber nicht detailliert berichtet werden, sondern nur unten in Bezug auf ihren Einfluss auf die Reformeffekte berücksichtigt werden. Modell 6 zeigt dann, dass Haushaltsstruktur und Erwerbspotenzial des Lebenspartners der Partnerbiographie nur relativ geringe Effekte für das Erwerbseinkommen von Frauen haben. Während die Partnerschaft selbst keinen signifikanten Erklärungsbeitrag zum Erwerbseinkommen leistet, tragen Berufsprestige, Berufserfahrung sowie eine Selbständigkeit des Partners zu einem geringeren Einkommen von Frauen bei. Mit jedem Jahr der Berufserfahrung des Partners sinkt das Realeinkommen von Frauen um 0,1 Prozent, und ähnlich trägt auch ein steigendes Berufsprestige des Partners mit jedem weiteren Skalenpunkt zu einem um 0,2 Prozent reduzierten Verdienst von Frauen bei. Eine freiberufliche Tätigkeit des Partners führt zu einem leichten Einkommensnachteil von 3 Prozent. Einen schwach positiven Einfluss hat dagegen das Erwerbseinkommen des Part-
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
245
ners. Nach den Modellergebnissen führt eine Verdoppelung des Partnereinkommens zu einem leichten Einkommenszuwachs für Frauen von durchschnittlich 3 Prozent. Insgesamt bleibt der Einfluss der Partnermerkmale auf die Einkommensentwicklung von Frauen jedoch erstaunlich gering. Als letzte zusätzliche Kovariate wurde in Modell 7 lediglich noch die Konjunkturlage in Form der weiblichen Arbeitslosenquote aufgenommen, die einen leicht positiven Zusammenhang mit der Einkommensentwicklung von Frauen aufweist. Im Zusammenhang der vorliegenden Analyse ist der Einschluss dieser Kovariaten jedoch vor allem in Bezug auf ihre Rolle für die Effekte der Erziehungsurlaubsreformen von Bedeutung. Um zu ermitteln, ob und inwiefern die zusätzlichen Kovariaten in der Lage sind, den Einfluss der Reformphasen auf den Einkommensverlauf der Mütter zu erklären bzw. zu vermitteln, wird in Abbildung 7.18 der Conditional-effect plot für den Einkommenseffekt der Kinderzahl in den unterschiedlichen Reformphasen erneut für jede Modellspezifikation getrennt aufgetragen. Wie auch schon in der Analyse der Reformeffekte auf den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Erwerbsumfang zeigt sich hierbei, dass sich die Effekte der Erziehungsurlaubsreformen vor allem unter Einschluss der Kovariaten zur beruflichen Position von Frauen (Modell 4) verringern, während die Berücksichtigung der übrigen Kovariaten zu keiner Veränderung in den ermittelten Reformeffekten führt. Damit zeigt sich wie auch für die Entwicklung des Erwerbsumfangs, dass es im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs zu
Einkommenseffekt je Kind
Abbildung 7.18: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen, Modellvergleich (Modelle 2-7) 0.00
-0.10
-0.20
-0.30
-0.40 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
246
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Veränderungen im Erwerbsverhalten von Müttern gekommen ist, die dann zu einer Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und darüber dann auch zu einer Erhöhung des Erwerbseinkommens von Müttern geführt haben. Tiefer gehende, hier nicht im Detail ausgewiesene Analysen zeigen zudem, dass wie auch schon in der Analyse der jährlichen Arbeitszeit eine verringerte Tendenz, bei Wiedereinstieg in den Beruf auf eine Teilzeitstelle zu wechseln, die entscheidende Variable darstellt, die den Reformeffekt zum Teil vermittelt. Durch die berufliche Freistellung des Erziehungsurlaubs wurden Frauen offensichtlich zum Teil in die Lage versetzt, ihre Erwerbskarriere häufiger auf Vollzeitstellen fortzusetzen, woraus auch eine entsprechend positive Einkommensentwicklung verbunden ist. Wie Abbildung 7.18 verdeutlicht, tritt der vermittelnde Effekt besonders zu Beginn des Beobachtungsfensters und erklärt den positiven Reformeffekt bei Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 vollständig. Der Conditional-effect plot zeigt allerdings auch, das ein verändertes berufliches Verhalten der Mütter die deutlich positive Wirkung der Einführung des dreijährigen Rechtsanspruchs im Jahr 1992 (Phase 6) nicht erklären kann. Da sich der Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Erwerbseinkommen zwischen den Reformstufen 5 und 6 auch unter Kontrolle des Erwerbsverhaltens von Frauen und ihrer Lebenspartner stark abschwächt, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es sich hierbei um einen direkt positiven Effekt des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses über potenziell vergleichsweise lange Erziehungsphasen handelt. Um die Robustheit der bisherigen Ergebnisse zu überprüfen, wurde auch diese Analyse in einer zweiten Modellvariante repliziert, in der der Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Erwerbseinkommen von Frauen über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen operationalisiert wird. Die entsprechenden Schätzergebnisse sind in Tabelle 7.7 enthalten, die analog zur bisherigen Analyse eine Stufenmodellierung vornimmt. Modell 1 ermittelt dabei erneut einen deutlich negativen Einkommenseffekt kindbedingter Erwerbsunterbrechungen in Höhe von 13,8 Prozent Einkommensverlust je Unterbrechungsjahr für vor der Geburt nicht erwerbstätige Mütter, der sich für Frauen, die vor der Geburt erwerbstätig waren, auf durchschnittlich 6,2 Prozent verringert. Unter Einschluss der Reformvariablen zeigt sich in Modell 2 zudem wieder ein deutlich positiver Einfluss der Einführung des Erziehungsurlaubs. Der entsprechende Conditional-effect plot aus Abbildung 7.19 macht dabei sichtbar, dass in der zweiten Modellvariante bereits bei Einführung des Erziehungsurlaubs starke Effekte zu beobachten waren. So schwächt sich der Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Erwerbseinkommens bei Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 2) von etwa 13 Prozent pro Unterbrechungsjahr auf durchschnittlich nur noch etwa 5 Prozent pro Unterbrechungsjahr ab. Sieht man von den abweichen-
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
247
den und statistisch nicht signifikanten Effekten der kurzen, jeweils nur gut einjährigen Reformphasen 4 und 5 ab, dann tragen in der Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Unterbrechungen die zusätzlichen Reformschritte nicht mehr zu einer weiteren Verringerung des Einkommenseffektes der Mutterschaft bei. Im Gegensatz zur vorangegangenen Analyse lässt sich insbesondere kein gesonderter Effekt der Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Erziehungsurlaub auf drei Jahre aus dem Jahr 1992 erkennen. Abgesehen von diesem Unterschied in Bezug auf den Zeitpunkt des Einsetzens der Reformwirkungen führt die Analyse der Vermittlungswirkung der in den Modellen 3 bis 7 zusätzlich aufgenommenen Kovariaten erwartungsgemäß zu den inhaltlich selben Ergebnissen. So wird im Conditional-effect plot aus Abbildung 7.20 im Modellvergleich wie auch schon zuvor die Rolle des veränderten beruflichen Verhaltens von Müttern ersichtlich, da sich nach Kontrolle der Berufspositionen in Modell 4 vor allem in den ersten zwei Reformstufen deutlich verringerte Einkommenseffekte zeigen. Auch in dieser Analyse bestätigt sich, dass im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs die Neigung von Müttern leicht zurückgegangen ist, bei Wiedereinstieg in den Beruf auf eine Teilzeiterwerbstätigkeit zu wechseln. Diese Verhaltensänderung hat nach den Ergebnissen der zweiten Modellvariante vor allem ab 1988 (Reformstufe 3) positive Wirkung entfaltet, da unter Kontrolle der beruflichen Position deutlich abgeschwächte Reformeffekte ermittelt werden. Außerdem weisen die Schätzergebnisse für Modell 3 im Unterschied zur vorangegangenen Analyse auch auf eine gewisse Rolle des Bildungserwerbs als vermittelnder Variable hin. Da in Modell 3 die Reformeffekte zu jedem Zeitpunkt geringer als im Grundmodell ausfallen und gleichzeitig Bildungserwerb mit der Dauer kindbedingte ErwerbsunterbrechunTabelle 7.7: Determinanten des Bruttomonatseinkommens, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren)
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,138** (0,008) 0,062** (0,006) -0,597** (0,018) 0,067** (0,006) -0,001** (0,000)
-0,135** (0,008) 0,006 (0,023) -1,022** (0,057) 0,071** (0,006) -0,001** (0,000)
-0,124** (0,008) 0,005 (0,023) -1,038** (0,057) 0,077** (0,006) -0,001** (0,000)
-0,078** (0,007) -0,009 (0,020) -0,752** (0,050) 0,027** (0,005) -0,001** (0,000)
-0,077** (0,007) -0,008 (0,020) -0,749** (0,050) 0,027** (0,005) -0,001** (0,000)
-0,076** (0,007) -0,009 (0,020) -0,742** (0,050) 0,029** (0,005) -0,001** (0,000)
-0,076** (0,007) -0,009 (0,020) -0,745** (0,050) 0,029** (0,005) -0,001** (0,000)
248
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.7: (Fortsetzung) (1) Panelwelle Panelwelle quadriert Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig
(2)
0,010 0,003 (0,006) (0,006) -0,001** -0,000** (0,000) (0,000)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,004 0,029** 0,029** 0,029** 0,029** (0,006) (0,005) (0,005) (0,005) (0,005) -0,001** -0,001** -0,001** -0,001** -0,001** (0,000) (0,000) (0,000) (0,000) (0,000)
0,066* (0,029) 0,092** (0,026) 0,026 (0,025) 0,009 (0,030) 0,078** (0,026) 0,061* (0,024)
0,064* (0,029) 0,089** (0,026) 0,029 (0,025) 0,006 (0,029) 0,079** (0,025) 0,059* (0,024)
0,059* (0,025) 0,054* (0,023) 0,003 (0,022) -0,031 (0,026) 0,053* (0,023) 0,029 (0,021)
0,060* (0,025) 0,055* (0,023) 0,003 (0,022) -0,031 (0,026) 0,050* (0,022) 0,027 (0,021)
0,063* (0,025) 0,056* (0,023) 0,003 (0,022) -0,029 (0,026) 0,053* (0,022) 0,028 (0,021)
0,063* (0,025) 0,056* (0,023) 0,003 (0,022) -0,030 (0,026) 0,053* (0,022) 0,029 (0,021)
0,665** (0,079) 0,513** (0,071) 0,534** (0,071) 0,603** (0,084) 0,414** (0,073) 0,390** (0,060)
0,687** (0,079) 0,530** (0,071) 0,534** (0,071) 0,625** (0,083) 0,424** (0,073) 0,399** (0,059)
0,539** (0,070) 0,530** (0,063) 0,560** (0,063) 0,646** (0,074) 0,449** (0,064) 0,431** (0,053)
0,535** (0,069) 0,520** (0,063) 0,552** (0,062) 0,636** (0,074) 0,445** (0,064) 0,431** (0,052)
0,526** (0,069) 0,512** (0,063) 0,550** (0,062) 0,627** (0,073) 0,434** (0,064) 0,430** (0,052)
0,527** (0,069) 0,519** (0,063) 0,558** (0,062) 0,635** (0,073) 0,433** (0,064) 0,433** (0,052)
0,076** 0,049** 0,049** 0,049** 0,050** (0,004) (0,004) (0,004) (0,004) (0,004) 0,079** (0,031) 0,107** (0,009) -0,037* (0,016)
0,078* (0,031) 0,101** (0,010) -0,026 (0,016)
0,077* (0,031) 0,101** (0,010) -0,024 (0,016)
0,077* (0,031) 0,101** (0,010) -0,024 (0,016)
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
249
Tabelle 7.7: (Fortsetzung) (1) Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (Jahre) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Berufsprestige (SIOPS) Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren) Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,542** (0,007) 0,007** (0,001) -0,174** (0,010) 0,076** (0,005) -0,129** (0,015) 0,006** (0,000)
-0,537** (0,007) 0,007** (0,001) -0,168** (0,010) 0,074** (0,005) -0,112** (0,015) 0,005** (0,000)
-0,534** (0,007) 0,007** (0,001) -0,169** (0,010) 0,074** (0,005) -0,114** (0,015) 0,006** (0,000)
-0,534** (0,007) 0,007** (0,001) -0,168** (0,010) 0,073** (0,005) -0,115** (0,015) 0,005** (0,000)
-0,007 (0,033)
-0,009 (0,033)
-0,002 (0,003) 0,011 (0,015) -0,001* (0,000) 0,026** (0,009) -0,005 (0,020) -0,001 (0,013) -0,038* (0,016) -0,002** (0,000)
-0,002 (0,003) 0,013 (0,015) -0,001* (0,000) 0,027** (0,009) -0,005 (0,020) -0,001 (0,013) -0,039* (0,016) -0,002** (0,000)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Konstante Branche N Beobachtungen N Personen R²
0,004** (0,001) 7,560** 7,535** 6,621** 7,315** 7,842** 7,857** 7,830** (0,045) (0,045) (0,066) (0,061) (0,153) (0,153) (0,153) + + + 36211 36211 36211 36211 36211 36211 36211 7473 7473 7473 7473 7473 7473 7473 0,14 0,14 0,15 0,34 0,34 0,35 0,35
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
250
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Einkommenseffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.19: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen (Modell 2) 0.00
-0.05
-0.10
-0.15
-0.20 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
Einkommenseffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.20: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen, Modellvergleich 0.00
-0.04
-0.08
-0.12
-0.16 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
251
gen negativ korreliert ist, entsteht ein Teil der Einkommensverluste offenbar auch deshalb, weil Mütter durch die Erwerbsunterbrechung im Qualifikationserwerb hinter vergleichbaren kinderlosen Frauen zurückbleiben. Multivariate Analyse der Reformeffekte nach Bildungsabschluss Da bereits die deskriptiven Analysen auf mögliche Unterschiede im Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Einkommensentwicklung von Frauen hingewiesen hatte, wird im Folgenden analog zur Analyse der Arbeitszeitentwicklung eine differenzierte Analyse der Wirkungen der Erziehungsurlaubsreformen für die Einkommensentwicklung in unterschiedlichen Bildungsgruppen vorgenommen. Dazu wird das Hauptmodell zur Ermittlung der Reformeffekte (Modell 2) nochmals getrennt für die verschiedenen Bildungsgruppen geschätzt. Die Ergebnisse dieser Analysen sind in Tabellen 7.8 (Operationalisierung: Kinderzahl) und 7.9 (Operationalisierung: Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen) wiedergegeben, wobei die Interpretation anhand der graphischen Darstellung der Conditional-effect plots für den Einkommenseffekt der Mutterschaft in den verschiedenen Reformphasen aus Abbildung 7.21 beziehungsweise 7.22 erfolgt. In den Ergebnissen für die Kinderzahl (Abbildung 7.21) zeigt sich zunächst, dass die Geburt eines Kindes vor Einführung des Erziehungsurlaubs für Frauen ohne abgeschlossener Berufsausbildung, aber auch für hoch qualifizierte Frauen mit einer weit geringeren Einkommensreduktion verbunden war als für die Frauen mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung. Der Einkommensverlust in diesen beiden Bildungsgruppen liegt bei 10 bis 20 Prozent, ohne dass die Einführung des Erziehungsurlaubs und die folgenden Reformschritte für diese beiden Bildungsgruppen den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Einkommensentwicklung signifikant abgeschwächt hätten. Dies gilt umso mehr, da sich in den Ergebnissen abgesehen von der fehlenden statistischen Signifikanz der Interaktionsterme, die gegebenenfalls auf die relativ kleine Stichprobengröße zurückgeführt werden könnte, auch inhaltlich keine eindeutige Tendenz einer Abschwächung oder Verstärkung der Zusammenhänge zwischen Mutterschaft und Einkommensentwicklung in diesen beiden Bildungsgruppen abzeichnet. Im Vergleich dazu ist der Effekt, der vor Einführung des Erziehungsurlaubs für die Geburt eines Kindes auf das Erwerbseinkommen von Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung ermittelt wurde, mit einem vorhergesagten Einkommensverlust von durchschnittlich 80 Prozent ausgeprägt hoch. Gerade für die Gruppe von Frauen mit mittleren Qualifikationen zeigen sich dann allerdings auch besonders positive Effekte der Einführung des Erziehungsurlaubs. So ver-
252
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.8: Determinanten des Bruttomonatseinkommens, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder, nach Bildungsgruppen (1) HS/RS ohne Lehre
Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle Panelwelle (quadriert) Kinderzahl x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-0,238** (0,034) 0,143 (0,153) -0,560 (0,428) 0,150** (0,008) -0,001** (0,000) -0,082** (0,008) -0,001** (0,000)
-0,537** (0,023) -0,230* (0,097) -0,076 (0,184) 0,079** (0,005) -0,001** (0,000) -0,005 (0,005) -0,001** (0,000)
-0,556** (0,046) 0,369** (0,098) -0,919** (0,183) 0,089** (0,011) -0,002** (0,000) 0,015 (0,012) -0,000 (0,000)
-0,177 (0,207) 0,093 (0,168) 0,025 (0,167) -0,106 (0,196) -0,064 (0,158) 0,091 (0,159)
0,482** (0,128) 0,305** (0,113) 0,462** (0,106) 0,523** (0,110) 0,829** (0,108) 0,609** (0,100)
-0,292 (0,161) -0,121 (0,145) 0,073 (0,161) -0,300 (0,251) -0,202 (0,132) -0,022 (0,111)
0,810 (0,538) 0,202 (0,453) 0,079 (0,448) 0,446 (0,502) 0,420 (0,441)
-0,264 (0,231) -0,039 (0,204) -0,322 (0,201) -0,438* (0,214) -1,034** (0,206)
0,881** (0,285) 0,389 (0,263) 0,324 (0,299) 0,880* (0,425) 0,954** (0,262)
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
253
Tabelle 7.8: (Fortsetzung) (1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
2001 - ff.
0,225 (0,435)
-0,710** (0,190)
0,417* (0,202)
Konstante
6,592** (0,101)
7,671** (0,044)
7,767** (0,043)
N Beobachtungen N Personen R²
9110 1993 0,10
19416 4010 0,20
7685 1931 0,18
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Tabelle 7.9: Determinanten des Bruttomonatseinkommens, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung, nach Bildungsgruppen
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren) Panelwelle Panelwelle (quadriert) Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
0,022 (0,016) 0,010 (0,038) -0,549* (0,221) 0,178** (0,009) -0,001** (0,000) -0,113** (0,009) -0,001** (0,000)
-0,113** (0,011) 0,038 (0,037) -1,248** (0,080) 0,062** (0,009) -0,001** (0,000) 0,007 (0,009) -0,001** (0,000)
-0,326** (0,030) -0,176* (0,072) -0,596** (0,108) -0,008 (0,015) -0,002** (0,000) 0,106** (0,015) -0,000 (0,000)
0,057 (0,047) 0,015 (0,046) 0,020 (0,043)
0,031 (0,043) 0,046 (0,040) -0,036 (0,039)
0,254* (0,101) 0,346** (0,084) 0,432** (0,085)
254
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.9: (Fortsetzung)
06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante
N Beobachtungen N Personen R²
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
0,105 (0,082) 0,068 (0,041) 0,020 (0,040)
-0,053 (0,041) 0,076 (0,040) 0,009 (0,038)
0,500** (0,112) 0,243** (0,082) 0,259** (0,074)
0,379 (0,251) 0,318 (0,243) 0,028 (0,234) -0,010 (0,288) 0,011 (0,234) 0,203 (0,227)
0,751** (0,108) 0,670** (0,094) 0,716** (0,095) 0,759** (0,106) 0,338** (0,103) 0,442** (0,084)
0,358* (0,163) 0,008 (0,163) 0,091 (0,192) -0,129 (0,216) 0,407* (0,162) 0,162 (0,115)
5,867** (0,126)
7,505** (0,067)
7,770** (0,044)
9110 1993 0,10
19416 4010 0,18
7685 1931 0,18
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
255
Einkommenseffekt je Kind
Abbildung 7.21: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen 0.20 0.00
-0.20 -0.40
-0.60
-0.80 1
2
3
4
HS/RS ohne Lehre
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
Einkommenseffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 7.22: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttomonatseinkommen, nach Reformphasen 0.30
0.10
-0.10
-0.30
-0.50 1
2
3
HS/RS ohne Lehre
4
5
HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
256
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
ringert sich mit Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 2) der Einkommensverlust infolge einer Geburt signifikant auf durchschnittlich nur noch 25 Prozent. Zudem ist der negative Einkommenseffekt von Kindern in der 6. Reformphase sogar ganz aufgehoben, und auch in der letzten Phase noch niedriger als in den Phasen 1 bis 5, so dass die Anhebung des gesetzlichen Unterbrechungsanspruchs auf 3 Jahre offensichtlich besonders für Mütter mit abgeschlossener Berufsausbildung vorteilhaft ist und Einkommensverluste nach Familienphasen minimiert. Eine etwas andere Interpretation der Reformwirkungen ergibt sich jedoch, wenn statt der Kinderzahl die Einkommenseffekte der Dauer einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung betrachtet werden. In Abbildung 7.22 zeigt sich zunächst für Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung weder ein negativer Effekt der Erwerbsunterbrechung auf das Einkommen, noch eine Veränderung dieses Zusammenhangs im Zuge der Reformphasen. Für Frauen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung verringert sich das vorhergesagte Monatseinkommen dagegen mit jedem Jahr der Erwerbsunterbrechung vor Einführung des Erziehungsurlaubs um etwa 8 Prozent. Auch für diese Bildungsgruppe zeigt sich in der zweiten Analyse keine signifikante Verringerung dieses Effekts im Zuge der einzelnen Reformphasen. Lediglich für die 6. Phase zeigt sich ein stärkerer positiver Effekt, der nur sehr knapp das 10%-Signifikanzniveau verfehlt. Erneut deutet sich damit an, dass die Ausdehnung des gesetzlichen Unterbrechungsanspruchs auf drei Jahre für diese Bildungsgruppe offenbar zu einer weitgehenden Aufhebung des Einkommenseffekts der Mutterschaft führt. Die Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen zeigt allerdings auch, dass eine kindbedingte Erwerbsunterbrechung besonders für hoch qualifizierte Frauen mit hohen Einkommensverlusten verbunden ist. Während in dieser Analyse für Akademikerinnen ein Gehaltsverlust von 50 Prozent für jedes Unterbrechungsjahr ermittelt wird, zeigt sich hier über alle Reformphasen hinweg ein signifikant positiver Effekt des Erziehungsurlaubs. Allein die Einführung des Erziehungsurlaubs halbiert den Einkommensverlust für Frauen mit Hochschulreife beziehungsweise Universitätsabschluss auf immerhin nur 25 Prozent, und ist in der fünften Reformphase sogar komplett aufgehoben. Allerdings zeigt sich auch, dass zumindest für hoch qualifizierte Frauen die Ausdehnung des Erziehungsurlaubs auf drei Jahre Anfang der 1990er Jahre (Phase 6) den bisherigen positiven Effekt des Erziehungsurlaubs teilweise wieder aufgehoben hat, so dass der Einkommenseffekt kindbedingter Erwerbsunterbrechungen wieder auf das Niveau bei Einführung des Erziehungsurlaubs zurückgesunken ist.
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
257
Multivariate Analyse der Reformeffekte im weiteren Erwerbsverlauf Als letzter Aspekt der Analyse zur Einkommensentwicklung von Müttern soll im Folgenden noch aufgezeigt werden, ob auch im Fall des Zusammenhangs von Mutterschaft und Erwerbseinkommen langanhaltende Karrierenachteile für Frauen entstehen, oder ob die Einkommenseffekte der Mutterschaft im wesentlichen kurzfristiger Natur und auf die Phase des unmittelbaren Wiedereinstiegs in den Beruf begrenzt sind. Des Weiteren ist angesichts der insgesamt positiven Wirkung der Einführung des Erziehungsurlaubs von Interesse, ob und inwieweit der Erziehungsurlaub auch über den unmittelbaren Zeitpunkt des Wiedereinstiegs in den Beruf dazu beiträgt, die Einkommensentwicklung der Mütter positiv zu beeinflussen. Wie auch in der Analyse der Arbeitszeitentwicklung werden hierzu weitere Regressionsmodelle geschätzt, die das Hauptmodell der bisherigen Analysen um den Interaktionseffekt zwischen der Berufserfahrung und der Reformphase sowie die Dreifachinteraktion zwischen Berufserfahrung, Reformphase und Mutterschaft erweitern. Die Analyse wird zudem weiterhin für beide Operationalisierungsvarianten der Mutterschaft durchgeführt. Die Schätzergebnisse der entsprechenden Modelle sind in Tabelle 7.10 dargestellt, wobei die Diskussion der zentralen Ergebnisse wieder anhand der Conditional-effect plots aus den Abbildungen 7.23 und 7.24 erfolgt. Wie zuvor zeigen die Abbildungen jeweils den simulierten Einkommensverlauf einer durchschnittlichen Frau über einen Zeitraum von 20 Berufsjahren, der nach fünf Jahren von der Geburt eines Kindes und einer anschließenden zweijährigen Erziehungsphase unterbrochen wird. In den Conditional-effect plots aus beiden Modellvarianten zeigt sich, dass die Mutterschaft kurzfristig deutliche Einkommenseinbußen mit sich bringt, die im weiteren Erwerbsverlauf dann auch nur teilweise wieder ausgeglichen werden können. So verringert sich nach Abbildung 7.23 (Modellvariante 1) das Erwerbseinkommen von Müttern bei Wiedereinstieg in den Beruf um etwa 12 Prozent pro Kind. Dieser Verlust kann zwar in den nächsten Berufsjahren partiell wieder ausgeglichen werden, aber auch 10 Jahre nach dem Wiedereinstieg in den Beruf wird mit einem vorhergesagten Einkommensverlust von 5 Prozent pro Kind das Ausgangsniveau vor Geburt des Kindes nicht mehr erreicht. Konsistent zu den bisherigen Ergebnissen zeigt sich in Abbildung 7.23 ebenfalls, dass die Einkommensverluste infolge der Geburt eines Kindes vor der Einführung des Erziehungsurlaubs am höchsten waren und sich über die Reformphasen anschließend tendenziell verringern. Andererseits ist der Effekt des Erziehungsurlaubs auf die Einkommensentwicklung weder kurz- noch längerfristig besonders ausgeprägt. Über die Reformstufen verringert sich der Einkommensnachteil aus der Geburt eines Kindes um etwa 2 bis 5 Prozentpunkte, wobei die Ergebnisse
258
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
auch darauf hindeuten, dass es sich hierbei um dauerhaft positive Effekte handelt, die über die unmittelbare Wiedereinstiegsphase Bestand haben. Abbildung 7.24 zeigt für die Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen sehr ähnliche Ergebnisse. Vor Einführung des Erziehungsurlaubs wird für die hier simulierte Unterbrechungsdauer von zwei Jahren bei Wiedereinstieg in den Beruf ein Einkommensverlust von ungefähr 16 Prozent vorhergesagt, der sich auch innerhalb der ersten zehn Berufsjahre nur um 5 Prozentpunkte verringert, so dass für Mütter auch dauerhaft eine Einkommenseinbuße von etwa 10 Prozent im Vergleich zum Einkommen vor der Unterbrechung verbleibt. Durch die Einführung und Reformen des Erziehungsurlaubs kommt es erneut zu einem leichten, aber dauerhaften Niveaueffekt, durch den der Einkommensverlust aufgrund einer zweijährigen kindbedingten ErwerbsunTabelle 7.10: Determinanten des Bruttomonatseinkommens, Fixed-Effects Regression, zeitveränderliche Reformeffekte Kinderzahl (1) (2) Kinderzahl
-0,5150** (0,0175) Kinderzahl x Erwerbs0,2743** tätigkeit vor der Geburt (0,0160) Erwerbstätigkeit -0,4827** vor der Geburt (0,0262) Berufserfahrung 0,0895** (in Jahren) (0,0043) Berufserfahrung² -0,0013** (in Jahren) (0,0000) Kinderzahl x -0,0009 Berufserfahrung (0,0011) Kinderzahl x 0,0001** Berufserfahrung² (0,0000) Panelwelle -0,0067 (0,0040) Panelwelle² -0,0005** (0,0001) Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 – 1987 1988 – 05/1989 06/1989 - 05/1990
-0,4939** (0,0184) 0,1218* (0,0587) -0,6244** (0,1165) 0,0916** (0,0043) -0,0013** (0,0000) -0,0023 (0,0012) 0,0001** (0,0000) -0,0097* (0,0042) -0,0005** (0,0001)
0,7000* (0,2895) -0,1530 (0,2957) 0,4951 (0,2623)
Unterbrechungsdauer (1) (2) -0,1388** (0,0081) 0,0628** (0,0061) -0,5982** (0,0182) 0,0671** (0,0057) -0,0010** (0,0000) 0,0001 (0,0004) -0,0000 (0,0000) 0,0102 (0,0056) -0,0006** (0,0001)
-0,1369** Unterbrechungsdauer (0,0084) (in Jahren) 0,0059 Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt (0,0229) -1,0203** Erwerbstätigkeit (0,0569) vor der Geburt 0,0668** Berufserfahrung (0,0058) (in Jahren) -0,0010** Berufserfahrung² (0,0000) (in Jahren) 0,0000 Unterbrechungsdauer x (0,0004) Berufserfahrung -0,0000 Unterbrechungsdauer x (0,0000) Berufserfahrung² 0,0076 Panelwelle (0,0057) -0,0005** Panelwelle² (0,0001)
0,5625** (0,1384) 0,1544 (0,1587) 0,4998** (0,1528)
Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 – 1987 1988 – 05/1989 06/1989 - 05/1990
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
259
Tabelle 7.10: (Fortsetzung) Kinderzahl (1) (2) 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung² Interaktion Reform x Kinderzahl 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl
0,5131 (0,3932) 0,5177 (0,2957) -0,3101 (0,2316)
-0,0493 (0,0339) 0,0909* (0,0373) -0,0179 (0,0277) -0,1288* (0,0560) -0,0848* (0,0367) 0,0563 (0,0306)
0,0018 (0,0009) -0,0036** (0,0012) 0,0001 (0,0008) 0,0083** (0,0021) 0,0031** (0,0012) -0,0020 (0,0011)
-0,1034 (0,1629) 0,3910* (0,1822) -0,0501 (0,1531)
Unterbrechungsdauer (1) (2) 0,5561* (0,2300) 0,1195 (0,2006) 0,2065 (0,1532)
06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff.
0,0105 (0,0144) 0,0636** (0,0205) 0,0054 (0,0173) -0,0177 (0,0362) 0,0430 (0,0262) 0,0089 (0,0215)
Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung
-0,0001 (0,0003) -0,0022** (0,0006) -0,0003 (0,0005) 0,0017 (0,0014) -0,0013 (0,0008) 0,0004 (0,0008)
Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung²
0,1225* (0,0526) 0,2226** (0,0509) 0,0952 (0,0492)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer
260
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
Tabelle 7.10: (Fortsetzung) Kinderzahl (1) (2) 06/1990 x Kinderzahl 1992 x Kinderzahl 2001 x Kinderzahl Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 988 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung² Konstante N Beobachtungen N Personen R²
7,6591** (0,0328) 36211 7473 0,16
Unterbrechungsdauer (1) (2)
0,1578 (0,2365) -0,1610 (0,1497) 0,2818* (0,1184)
0,0824 (0,0763) 0,0757 (0,0532) 0,0822 (0,0443)
0,0270 (0,0181) -0,0518* (0,0227) 0,0040 (0,0157) 0,0250 (0,0310) 0,0630** (0,0175) -0,0184 (0,0152)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung -0,0061 1986 x Dauer x (0,0056) Berufserfahrung -0,0216** 1988 x Dauer x (0,0060) Berufserfahrung -0,0137* 06/1989 x Dauer x (0,0060) Berufserfahrung -0,0118 06/1990 x Dauer x (0,0104) Berufserfahrung -0,0020 1992 x Dauer x (0,0067) Berufserfahrung -0,0006 2001 x Dauer x (0,0058) Berufserfahrung
-0,0009 (0,0005) 0,0020** (0,0007) 0,0003 (0,0004) -0,0023* (0,0010) -0,0021** (0,0005) 0,0008 (0,0005)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² 0,0001 1986 x Dauer x (0,0002) Berufserfahrung² 0,0007** 1988 x Dauer x (0,0002) Berufserfahrung² 0,0006** 06/1989 x Dauer x (0,0002) Berufserfahrung² 0,0003 06/1990 x Dauer x (0,0004) Berufserfahrung² 0,0001 1992 x Dauer x (0,0002) Berufserfahrung² -0,0001 2001 x Dauer x (0,0002) Berufserfahrung²
7,6436** (0,0336) 36211 7473 0,17
7,5601** (0,0448) 36211 7473 0,14
7,5665** (0,0458) 36211 7473 0,15
06/1990 x Dauer 1992 x Dauer 2001 x Dauer
Konstante N Beobachtungen N Personen R²
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
7.3 Einkommensentwicklung nach Wiedereinstieg in den Beruf
261
relative Einkommensentwicklung
Abbildung 7.23: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttomonatseinkommen im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.10
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
1.05
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff.
1.00
0.95
0.90
0.85 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relative Einkommensentwicklung
Abbildung 7.24: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttomonatseinkommen im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.00
0.95
0.90 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
0.85
0.80 0
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff. 5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
262
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
terbrechung auf etwa 11 bis 14 Prozent begrenzt wird. Dennoch gelingt es auch nach den Ergebnissen dieser Modellschätzung durch Einführung des Erziehungsurlaubs nicht, das Erwerbseinkommen von Müttern langfristig zumindest auf dem Ursprungsniveau vor der Karriereunterbrechung zu erhalten, d.h. in diesem Sinne eine nachteilsfreie Erwerbsunterbrechung zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass die bisherige Analyse die Einkommenseffekte der Mutterschaft noch tendenziell unterschätzt hat, da die Opportunitätskosten, die sich aus der zwischenzeitlichen Einkommensentwicklung kinderloser Frauen ergeben, nicht berücksichtigt wurden. Um auch diesen Aspekt zu berücksichtigen, wird in einem letzten Schritt der Analyse noch die aus den Modellen vorhergesagte Einkommensentwicklung von Müttern und kinderlosen Frauen verglichen. Die Abbildungen 7.25 und 7.26 enthalten wieder die entsprechenden Conditional-effect plots, die die Einkommensentwicklung von Müttern bzw. vergleichbaren kinderlosen Frauen über einen Zeitraum von 20 Berufsjahren simulieren. Um die Abbildungen zu vereinfachen, werden hierbei die Ergebnisse für die einzelnen Reformphasen nicht mehr detailliert wiedergegeben, sondern es wird lediglich auf einen einfachen Vergleich der Einkommensentwicklung vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs zurückgegriffen. Anhand der Abbildungen wird deutlich, dass die Effekte der Einführung des Erziehungsurlaubs auf die Einkommensentwicklung von Müttern nach der Rückkehr in den Beruf zwar positiv, aber vergleichsweise bescheiden sind. Der Erziehungsurlaub trägt dazu bei, den Einkommensnachteil infolge der Mutterschaft um jeweils 2-3 Prozentpunkte zu verringern, und diese Abschwächung des Zusammenhangs von Mutterschaft und Einkommensentwicklung bleibt auch langfristig im weiteren Verlauf der Erwerbskarriere von Müttern erhalten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dennoch deutliche Einkommensverluste zur Einkommenssituation der Mutter vor der Geburt bestehen bleiben, während kinderlose Frauen gleichzeitig eine positive Einkommensentwicklung verzeichnen, bleiben Mütter in der Einkommensentwicklung weiterhin 10 bis 15 Prozent je Kind bzw. bei zweijähriger Erwerbsunterbrechung hinter dem Einkommen kinderloser Frauen zurück. Und auch wenn Mütter im weiteren Erwerbsverlauf ihr Einkommen wieder leicht steigern können, verringert sich der Abstand zu kinderlosen Frauen nicht, da der Einkommenszuwachs von Müttern im Durchschnitt den Einkommenszuwachs von kinderlosen Frauen bestenfalls erreicht, aber nicht übertrifft. Auch nach der Einführung des Erziehungsurlaubs bleiben Mütter also dauerhaft deutlich in ihrer Einkommensentwicklung zurück. Zudem zeigen die Analysen, dass die positiven Reformeffekte auf die Einkommensentwicklung von Müttern tendenziell eher noch schwächer ausfallen, als die ohnehin schon moderaten Effekte auf die Erhöhung des jährlichen Erwerbsumfangs von Müttern.
7.4 Zusammenfassung
263
relativer Einkommensverlauf
Abbildung 7.25: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttomonatseinkommen im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.15
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
1.10 1.05 1.00 0.95 0.90 0.85 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relativer Einkommensverlauf
Abbildung 7.26: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttomonatseinkommen im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs 1.10
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
1.05 1.00 0.95 0.90 0.85 0.80 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
264
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
7.4 Zusammenfassung Die Geburt eines Kindes bedeutet in der Regel einen tiefen Einschnitt im Erwerbsverlauf westdeutscher Frauen, der oft mit einer deutlichen Einschränkung ihrer Erwerbsbeteiligung und einem entsprechend deutlichen Rückgang ihres Erwerbseinkommens einhergeht. Frauen reduzieren ihre Arbeitszeit typischerweise bereits vor einer Geburt um ein Drittel, um dann nach der Geburt ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend völlig zu unterbrechen. Und auch bei Wiedereinstieg in den Beruf erhöhen Frauen ihre Erwerbsbeteiligung nur langsam wieder, so dass ihr Erwerbsumfang auch fünf Jahre nach einer Geburt durchschnittlich immer noch um 40 Prozent reduziert ist und auch längerfristig den Arbeitsumfang aus den Jahren vor der Geburt nicht mehr erreicht. Damit verbunden ist dann auch ein entsprechendes Absinken des Erwerbseinkommens von Müttern, das durchschnittlich etwa 20 Prozent unter ihrem Einkommensniveau vor der Geburt verbleibt. Werden zudem noch die Opportunitätskosten berücksichtigt, die sich aus den zwischenzeitlichen Einkommenszuwächsen kinderloser Frauen ergeben, beträgt der Einkommensverlust infolge von Mutterschaft sogar rund 3040 Prozent je Kind. Dabei zeigen die Analysen auch, dass die Regelungen des Erziehungsurlaubs vor allem unmittelbar bei ihrer Einführung eine positive Rolle für die Entwicklung von Arbeitsumfang und Erwerbseinkommen von Müttern spielen. Zum einen hat sich das Ausmaß, in dem Mütter ihre Erwerbsbeteiligung nach einer Erziehungsphase einschränken, im Zuge der Reformen deutlich verringert. Nach den Ergebnissen der hier vorgelegten Analysen betrug der Rückgang der Arbeitszeit bei Wiedereinstieg in den Beruf vor Einführung des Erziehungsurlaubs im Durchschnitt noch etwa 400 Arbeitsstunden im Jahr. Mit Einführung des Erziehungsurlaubs hat sich diese Reduktion des Erwerbsumfangs fast halbiert und war zumindest in einigen Analysen im Zuge der weiteren Reformphasen noch weiter rückläufig, so dass nach der Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf drei Jahre Anfang der 1990er Jahre im Durchschnitt sogar kein negativer Effekt der Kinderzahl auf den jährlichen Erwerbsumfang feststellbar war. Entsprechend den Ergebnisse aus Kapitel 6 könnte eine der Ursachen hierfür gewesen sein, dass der Erziehungsurlaub die Unterbrechungszeiten von weniger erwerbsorientierten Frauen verringert hat, die mittlerweile etwas schneller und häufiger nach einer Geburt ins Erwerbsleben zurückkehren und damit den Bestandsschutz des Erziehungsurlaubs auch tatsächlich nutzen können. Zusätzlich zeigt sich, dass sich mit der Einführung des Erziehungsurlaubs Mütter vergleichsweise seltener auf Teilzeitstellen wechseln, so dass sich die Wahrscheinlichkeit erhöht hat, dass Frauen mit einer gleich bleibenden Stundenzahl wieder in den Beruf einsteigen. Gleichzeitig hat sich auch der Zusammen-
7.4 Zusammenfassung
265
hang zwischen längeren Erwerbsunterbrechungen und der späteren Erwerbsbeteiligung der Mütter durch die Einführung des Erziehungsurlaubs leicht abgeschwächt, und die Analysen zeigen ebenfalls, dass diese positiven Wirkungen des Erziehungsurlaubs auf die Erwerbsbeteiligung auch längerfristig im Erwerbsverlauf von Frauen erhalten bleiben. Allerdings zeigt sich ebenfalls, dass die durch den Erziehungsurlaub bewirkte leichte Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Müttern alleine nicht ausreichend ist, um die Folgewirkungen der Familiengründung für den Erwerbsumfang von Frauen auszugleichen, so dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen auch in langfristiger Perspektive nicht mehr denselben Umfang wie vor einer Geburt erreicht. Auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs kommt es dauerhaft zu einer Reduzierung der Arbeitszeit von Frauen um 20 bis 30 Prozent je Kind. Die Erwerbsmuster westdeutscher Frauen entsprechen daher auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs keinesfalls einem Phasenmodell der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in dem Frauen ihre Erwerbstätigkeit nach der Familienphase nachteilsfrei fortsetzen, sondern weiterhin einem Muster, in dem die Familiengründung den nachhaltigen Rückzug von Frauen aus dem Arbeitsmarkt bedeutet. Der Zusammenhang zwischen Familiengründung und Erwerbsbeteiligung schlägt sich dann auch entsprechend negativ im Erwerbseinkommen von Frauen nieder. Auch in den differenziertesten Modellen beträgt der Einkommensverlust infolge einer Geburt mindestens etwa 20-25 Prozent, und dieser Zusammenhang hat sich durch die Einführung des Erziehungsurlaubs nur leicht abgeschwächt. Wie im Falle des Arbeitsumfangs von Müttern zeigt sich auch in Bezug auf das Erwerbseinkommen von Frauen, dass der positive Effekt des Erziehungsurlaubs zum Teil auf eine geringere Wahrscheinlichkeit zurückzuführen ist, mit der Mütter bei der Rückkehr in den Beruf auf Teilzeitarbeitsplätze wechseln. Darüber hinaus deuten einige Ergebnisse darauf hin, dass besonders die Ausweitung der beruflichen Freistellung auf einen dreijährigen Erziehungsurlaub noch einmal eine stabilisierende Wirkung auf die Einkommensentwicklung westdeutscher Mütter hatte. Insgesamt wird jedoch auch deutlich, dass die positiven Effekte der Erziehungsurlaubsreformen in Bezug auf die Einkommensentwicklung von Müttern im Vergleich zwar ähnlich, aber tendenziell schwächer ausfallen als die Reformwirkungen auf die Entwicklung der Arbeitszeit. Schließlich zeigen die nach Bildungsgruppen differenzierten Analysen auch, dass sich sowohl die Konsequenzen der Familiengründung als auch die Reformwirkungen der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs gemäß der beruflichen Qualifikationen von Frauen unterscheiden. Insgesamt zeigen sowohl die Ergebnissen zur Entwicklung der Arbeitszeit als auch die Ergebnisse zur Einkommensentwicklung, dass die ökonomischen Folgen der Mutterschaft mit dem Bildungsniveau von Frauen zunehmen. Gleichzeitig erweisen sich auch
266
7 Erziehungsurlaub, Erwerbsumfang und Erwerbseinkommen
die positiven Effekte des Erziehungsurlaubs für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung sowie für Frauen mit Hochschulreife oder Universitätsabschluss als vergleichsweise stärker als für gering qualifizierte Mütter, deren Erwerbschancen durch die Einführung des Erziehungsurlaubs kaum beeinflusst wurden. Und auch wenn die bildungsspezifischen Ergebnisse nicht zuletzt fallzahlbedingt nicht immer ganz eindeutig sind, lassen sich insgesamt die deutlichsten positiven Effekte der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs für Frauen mit mittleren beruflichen Qualifikationen erkennen, für die sowohl die Arbeitszeit- als auch die Einkommensentwicklung nach der Mutterschaft im Anschluss an die Reformen positiver verlaufen ist. Für hoch qualifizierte Frauen zeigt sich dagegen, dass die starke Ausweitung des Erziehungsurlaubs Anfang der 1990er Jahre wohl einen Teil des ursprünglichen positiven Effekts des Erziehungsurlaubs insbesondere für die Einkommensentwicklung wieder aufhebt.
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
In den vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, dass die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs zum Teil dazu beigetragen hat, ein stärker sequenzielles Muster der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verankern, bei dem Mütter ihre Erwerbstätigkeit eine gewisse Zeit vollständig unterbrechen und anschließend nach der Familienphase möglichst nachteilsfrei wieder in den Beruf zurückzukehren. Im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs hat sich die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen deutlich verlängert und gleichzeitig hat sich die Tendenz von Müttern, beim Wiedereinstieg in den Beruf auf eine Teilzeitbeschäftigung zu wechseln, etwas abgeschwächt. Allerdings hat das vorangegangene Kapitel auch gezeigt, dass die Einkommensverluste nach der Familienphase trotz über die Reformphasen leicht gestiegenem Arbeitsumfang nur wenig zurückgegangen sind. Da die Erhöhung des Arbeitsumfangs sich offenbar nicht vollständig in einer entsprechend verbesserten Einkommensentwicklung niederschlägt, stellt sich die Frage, ob und inwiefern der Erziehungsurlaub die Arbeitsmarktposition von Müttern überhaupt positiv beeinflusst, wie es nach der ökonomischen Humankapitaltheorie zu erwarten wäre. Diese Frage wird im Rahmen dieses abschließenden Kapitels anhand einer Analyse des Berufsverlaufs und der Lohnentwicklung von Müttern nach der Familienphase untersucht. Neben der Ermittlung der Karrierenachteile von Mutterschaft und kindbedingten Erwerbsunterbrechungen steht wiederum im Zentrum des Interesses, ob sich die Karrierenachteile der Mutterschaft im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs verringert haben, und Frauen nach der Familienphase eher in der Lage sind, ihre Erwerbskarriere in einer entsprechenden Beschäftigung fortzusetzen. Wie bereits im vorangegangenen Kapitel wird zudem untersucht, inwiefern sich Karrierenachteile und mögliche Reformeffekte zwischen den Bildungsgruppen unterscheiden, und ob die Reformen des Erziehungsurlaubs lediglich kurzfristig oder nachhaltig positive Effekte für die Beschäftigungsqualität von Müttern haben.
268
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
8.1 Methoden Wie auch im vorangegangenen Kapitel werden zur Analyse der Berufsverläufe und Lohnentwicklung von Frauen wieder Fixed-effects-Regressionen verwendet, mit denen die Panelstruktur der zugrunde liegenden Daten entsprechend berücksichtigt werden kann (vgl. Wooldridge 2002b; Greene 2005). Als abhängige Variable der Analyse der Berufsverläufe wird die von Wegener (1985) entwickelte Magnitude-Berufsprestigeskala (MPS) verwendet. Im Gegensatz zu gebräuchlichen Indizes des beruflichen Status, die aus Kombinationen des beruflichen Einkommens, der beruflichen Bildung und eventuell weiteren Kovariaten konstruiert sind, handelt es sich bei der MPS-Skala um eine Messung des sozialen Ansehens bestimmter Berufsfelder, die direkt aus der vergleichenden Abfrage des Ansehens verschiedener Berufsfelder im Rahmen einer Befragung entwickelt wurde. In der im SOEP enthaltenen Variante reicht die MPS-Skala von 30 Punkten (landwirtschaftliche Hilfsarbeiter) über Abteilungs- und Betriebsleiter (101 Punkte) bis zu einem Maximum von 216 Punkten (Zahnärzte) und kann auf Log-Intervallskalenniveau interpretiert werden. Zur Analyse der Lohnentwicklung als zweiter Dimension der Arbeitsplatzqualität wird der Bruttostundenlohn als abhängige Variable verwendet. Der Stundenlohn wurde dabei so konstruiert, dass zum aktuellen Bruttomonatseinkommen im Monat vor der Befragung Jahressonderzahlungen wie Weihnachts-, Urlaubsgeld, Bonuszahlungen sowie ein 13. oder 14. Monatsgehalt anteilig hinzuaddiert wurden und die Summe durch die aktuelle Arbeitszeit im Interviewmonat dividiert werden. Ebenso wie in der Analyse der Monatseinkommen wurde der Stundenlohn inflationsbereinigt. Außerdem wird hier ebenfalls der Reallohn vor Steuerabzug verwendet, um Einflüsse des Steuerrechts weitgehend auszuschließen. Sowohl das Berufsprestige als auch der Stundenlohn wurden zudem logarithmiert, wodurch die Verteilungen stärker der unterstellten Normalverteilung angeglichen werden (Greene 2005). Im Rahmen der verwendeten Regressionsmodelle hat dies auch noch den Vorteil einer so genannten semilogarithmischen Modellspezifikation, bei der die Parametereffekte direkt als prozentuale Veränderung der abhängigen Variablen angegeben werden können. Als Kontrollvariablen der Analyse werden wie auch in den vorangegangenen Kapiteln eine Reihe von Merkmalen erfasst, die die beruflichen Qualifikationen, die Erwerbsposition von Frauen, das Erwerbsverhalten und Erwerbspotenzial des Lebenspartners sowie die allgemeine Arbeitsmarktlage beschreiben. Im Zusammenhang des Fixed-effects-Ansatzes ist entscheidend, dass die geschätzten Regressionsparameter die Auswirkungen von Veränderungen in diesen Größen erfassen. Zur Beschreibung der Erwerbsverläufe über die Zeit kommt deshalb der tatsächlichen Berufserfahrung besondere Bedeutung zu, die in den fol-
8.1 Methoden
269
genden Analysen zusammen mit der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen die Zeitachse der Analyse darstellt. Der Effekt der Erziehungsurlaubsreformen wird ebenfalls wie in den vorangegangenen Kapiteln über eine Reihe von Indikatorvariablen erfasst, die entsprechend der zum Zeitpunkt der Geburt geltenden Rechtsansprüche definiert sind. Im Rahmen der Fixed-effects-Schätzungen sind allerdings nicht eigentlichen die Haupteffekte der Reformphasen von Interesse, da diese im Wesentlichen den historischen Trend im Prestige- bzw. im Lohnniveau von Frauen nachzeichnen. Entscheidend für die Analysen dieses Kapitels ist vielmehr, ob die Reformen des Erziehungsurlaubs dazu beigetragen haben, den Zusammenhang zwischen Mutterschaft, kindbedingten Erwerbsunterbrechungen und der Arbeitsplatzqualität von Frauen abzuschwächen und in diesem Sinne Karrierenachteile, die sich aus der Mutterschaft ergeben, zu reduzieren. Dementsprechend werden in diesem Kapitel Regressionschätzungen vorgestellt, in denen die Veränderung der Effekte von Mutterschaft und kindbedingten Erwerbsunterbrechungen auf den Berufsverlauf und die Lohnentwicklung von Frauen im Zentrum des Interesses steht. Wie auch im vorangegangenen Kapitel wird der Effekt der Familiengründung abwechselnd über die Kinderzahl und die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen operationalisiert, so dass der Vergleich der beiden Modellvarianten dann wieder als Sensitivitätstests für die Robustheit der Analyse herangezogen werden kann. Neben der Ermittlung der Brutto-Reformeffekte wird in den folgenden Analysen zudem versucht, durch den Einschluss weiterer Kovariaten die Faktoren zu ermitteln, durch die eventuelle Reformeffekte vermittelt bzw. erklärt werden. Mit Hilfe der aus dem SOEP generierten Information wird dabei vor allem auf ein verändertes Arbeitsmarktverhalten von Müttern, z.B. ein verringertes Auftreten von Arbeitgeber- oder Berufswechseln, abgezielt. Darüber hinaus kann betrachtet werden, ob ein eventuell im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen verändertes Arbeitsmarktverhalten der Ehe- und Lebenspartner indirekt für die Reformeffekte verantwortlich ist. Da in der Haushaltsbefragung des SOEP allerdings kaum ausdrückliche Informationen zu den Arbeitgebern der Befragten enthalten sind, kann die Rolle veränderten Arbeitgeberverhaltens nicht direkt untersucht werden, sondern bleibt in der Analyse als Teil des residualen Reformeffekts nach Kontrolle der beobachteten Kovariaten sichtbar. Über die zentrale Analyse hinaus werden zudem getrennte Analysen für unterschiedliche Bildungsgruppen durchgeführt, und es wird untersucht, ob eventuelle Reformeffekte nur vergleichsweise kurzfristig beim unmittelbaren Wiedereinstieg in den Beruf oder nachhaltig im weiteren Erwerbsverlauf von Frauen wirksam werden.
270
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft Bevor jedoch die Ergebnisse der Regressionsanalysen vorgestellt werden, werden zuerst wieder einige wichtige deskriptive Kennzahlen der Berufsverläufe von Frauen nach einer Erziehungsphase dargestellt. Tabelle 8.1 zeigt dazu zunächst in Abhängigkeit vom Karrierezeitpunkt den Anteil von erwerbstätigen Frauen, die im Vergleich zum Jahr vor der Geburt (T-1) ihren Beruf gewechselt haben. Die Ergebnisse aus Tabelle 8.1 zeigen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes durchaus häufig den Beruf wechseln. Im Durchschnitt der zwanzig Jahre, für die seit Mitte der 1980er Jahre Daten im SOEP zur Verfügung stehen, hat jeweils gut ein Drittel der Mütter im ersten Berufsjahr nach der Geburt (T+1), d.h. unmittelbar bei Rückkehr in das Erwerbsleben, im Vergleich zum letzten Berufsjahr vor der Geburt (T-1) ihren Beruf gewechselt. Bis zum fünften Berufsjahr nach Wiedereinstieg (T+5) hat bereits die Hälfte der Frauen ihren Beruf gewechselt, und innerhalb von 10 Berufsjahren nach der Rückkehr in den Arbeitsmarkt sogar 60 Prozent. In Bezug auf die Häufigkeit von Berufswechseln ist dabei kein Unterschied zwischen dem Verhalten von Müttern nach der ersten oder einer weiteren Geburt erkennbar. Interessanterweise zeigt Tabelle 8.1 auch, dass im Unterschied etwa zu den USA oder Großbritannien die Mutterschaft nicht zu einer größeren Häufigkeit von Berufswechseln führt. Werden als Vergleichsmaßstab erwerbstätige Frauen herangezogen, die zum Zeitpunkt T kein Kind bekommen haben, zeigen sich für diese Frauen weitgehend ähnliche Muster der Häufigkeit von Berufswechseln. So haben auch ohne die Geburt eines Kindes zum Zeitpunkt T+1 bereits 31 Prozent der kinderlosen Frauen ihren Beruf gewechselt, und zum Zeitpunkt T+5 beträgt der entsprechende Anteil bereits 46 Prozent. Im Vergleich dazu ist die Häufigkeit von Berufswechseln unter Müttern nur vergleichsweise leicht um 4-5 Prozentpunkte erhöht, so dass die Erziehungszeit nach der Geburt von Kindern offenbar nicht unbedingt mit einer verstärkten beruflichen Mobilität einhergeht. Um zu verdeutlichen, ob die berufliche Mobilität von Müttern nach der Geburt von Kindern eher mit beruflichen Auf- oder Abstiegen verbunden ist, ist in Abbildung 8.1 die Entwicklung des Berufsprestiges von Müttern zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Berufskarriere in Relation zu ihrem Berufsprestige im Jahr vor der Geburt abgebildet. Abbildung 8.1 stellt die kumulative Verteilungsfunktion des relativen Berufsprestiges dar, wobei der Wert von 1 demselben Magnitude-Berufsprestige wie im Jahr vor der Geburt entspricht. Angesichts der Tatsache, dass selbst über längere Zeiträume betrachtet nur eine Minderheit von Müttern ihren Beruf wechselt, ist wenig überraschend, dass sich in Abbildung 8.1 zeigt, dass Mütter nach dem Wiedereinstieg in den Beruf typischerweise in einem Beruf mit demselben Berufsprestige, oder sogar im selben Beruf arbeiten.
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
271
Tatsächlich zeigt sich im Jahr des Wiedereinstiegs in den Beruf (T+1) nur für etwa 30 Prozent der Mütter überhaupt eine Veränderung des Berufsprestiges. Hinzu kommt, dass die berufliche Mobilität auch nicht eindeutig gerichtet ist, so dass weder Auf- noch Abwärtsmobilität bei Rückkehr in den Arbeitsmarkt einTabelle 8.1: Anteil von erwerbstätigen Frauen mit Berufswechsel im Vergleich zum Jahr vor der Geburt, nach Parität T-5 T-4 T-3 T-2 T-1 T+0 T+1 T+2 T+3 T+4 T+5 T+6 T+7 T+8 T+9 T+10 kein Kind 0,40 0,36 0,31 0,19
0
0,20 0,31 0,37 0,40 0,44 0,46 0,48 0,50 0,51 0,53 0,55
1 Kind
0,35 0,33 0,27 0,16
0
0,17 0,35 0,40 0,44 0,50 0,50 0,55 0,57 0,56 0,59 0,60
2 + mehr 0,37 0,37 0,31 0,15 Kinder
0
0,13 0,30 0,39 0,44 0,51 0,51 0,56 0,54 0,53 0,55 0,53
Anmerkung: Berufswechsel definiert als Wechsel des detaillierten Berufes gemäß der vierstelligen Klassifikation nach ISCO-88. Vergleichsberuf ist der Beruf im letzten Berufsjahr vor der Geburt. Die Zeitachse (T) sind Berufsjahre.
kumulierter Anteil
Abbildung 8.1: Kumulierte Verteilung des relativen Magnitude-Berufs-prestiges, nach Zeitpunkt 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.0 relatives Berufsprestige T-5
T+1
T+5
T+10
Anmerkung: Magnitude-Berufsprestige relativ zum Magnitude-Berufsprestige im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Magnitude-Berufsprestige vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt das individuelle Magnitude-Berufsprestige über dem Magnitude-Berufsprestige vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Magnitude-Berufsprestige niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt. Die Zeitachse (T) sind Berufsjahre.
272
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
deutig überwiegen. Für 14 Prozent der Mütter wird im Jahr nach der Geburt ein Zuwachs des Berufsprestiges beobachtet, während 15 Prozent der Mütter ein geringeres Berufsprestige wie im Jahr vor der Geburt aufweisen. Und auch wenn nur größere berufliche Veränderungen ins Blickfeld genommen werden ändert sich wenig an der ausgeglichenen Bilanz: etwa 8 Prozent der Mütter erzielen bei Rückkehr in den Arbeitsmarkt einen Prestigeanstieg um 20 Prozent, während etwa 10 Prozent der Frauen 20 Prozent des Berufsprestiges aus dem Jahr vor der Geburt verlieren. Über die Zeit nimmt der Anteil der beruflichen Aufwärtsmobilität jedoch leicht zu, wie die Verteilungen für das relative Berufsprestige in den Zeitpunkten T+5 bzw. T+10 Jahre nach einer Geburt zeigen. So erzielen etwa 20 Prozent der Frauen zehn Berufsjahre nach einer Geburt einen Prestigezuwachs von mindestens 20 Prozent. Gleichzeitig steigt auch der Anteil von beruflich abwärtsmobilen Frauen über die Zeit an, so dass fünf beziehungsweise 10 Jahre nach der Geburt etwa 15 Prozent der Mütter einen Prestigeverlust von mindestens 20 Prozent gegenüber dem letzten Berufsjahr vor der Geburt hinnehmen müssen. Gleichzeitig zeigt sich, dass auch in der längerfristigen Betrachtung die Varianz in der Statusentwicklung sehr gering bleibt, da auch zehn Berufsjahre nach einer Geburt für die Hälfte der Frauen keine Veränderung des Berufsprestiges feststellbar ist. In einem letzten Schritt der deskriptiven Analyse betrachtet Tabelle 8.2 die berufliche Mobilität von Frauen schließlich getrennt für unterschiedliche Bildungsgruppen. Dabei zeigt sich, dass die Geburt von Kindern vor allem unter Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung zu häufigeren Berufswechseln führt. Bereits die Hälfte der Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung wechseln direkt beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt (T+1) nach der ersten Geburt den Beruf, und auch nach einer zweiten oder weiteren Geburt hat ein Drittel der Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung bei Rückkehr in den Arbeitsmarkt den Beruf gewechselt. Innerhalb der ersten fünf Berufsjahre nach der Rückkehr in den Arbeitsmarkt steigt der Anteil der Berufswechslerinnen nach der Erstgeburt auf 60 Prozent, und nach einer weiteren Geburt sogar auf 75 Prozent. Zwar ist in dieser Bildungsgruppe die Wahrscheinlichkeit beruflicher Mobilität ohnehin sehr hoch, so dass im Zeitpunkt T+1 bereits ein Drittel und im Zeitpunkt T+5 bereits die Hälfte der Frauen, die im Zeitpunkt T kein Kind bekommen haben, ihren Beruf gewechselt haben. Diese Werte liegen jedoch insgesamt um etwa 10 bis 15 Prozentpunkte unter den Vergleichswerten für Mütter, so dass die Mutterschaft erkennbar zu verstärkter beruflicher Mobilität führt. Im Vergleich dazu finden sich sowohl für Frauen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als auch für Akademikerinnen nur geringe Einflüsse der Mut-
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
273
Tabelle 8.2: Anteil von erwerbstätigen Frauen mit Berufswechsel im Vergleich zum Jahr vor der Geburt, nach Parität, Zeitpunkt und Bildungsabschluss T-5 T-4 T-3 T-2 T-1 T+0 T+1 T+2 T+3 T+4 T+5 T+6 T+7 T+8 T+9 T+10 Hauptschule/Realschule ohne Lehre kein Kind
0,46 0,40 0,35 0,21
0
0,20 0,34 0,40 0,44 0,49 0,51 0,52 0,51 0,51 0,53 0,56
1 Kind
0,42 0,47 0,41 0,25
0
0,21 0,51 0,55 0,60 0,57 0,59 0,58 0,64 0,62 0,77 0,82
2+ mehr Kinder
0,51 0,49 0,37 0,20
0
0,13 0,32 0,54 0,53 0,65 0,76 0,79 0,74 0,75 0,79 0,71
Hauptschule/Realschule mit Lehre kein Kind
0,38 0,34 0,29 0,18
0
0,18 0,29 0,34 0,38 0,42 0,44 0,47 0,50 0,52 0,53 0,55
1 Kind
0,34 0,29 0,23 0,11
0
0,12 0,29 0,33 0,38 0,48 0,50 0,54 0,56 0,55 0,54 0,56
2+ mehr Kinder
0,31 0,36 0,30 0,12
0
0,16 0,32 0,33 0,43 0,49 0,48 0,52 0,52 0,48 0,54 0,53
Hochschulreife/Universitätsabschluss kein Kind
0,41 0,39 0,32 0,21
0
0,22 0,32 0,39 0,41 0,44 0,44 0,45 0,48 0,50 0,51 0,51
1 Kind
0,32 0,31 0,28 0,19
0
0,25 0,37 0,41 0,39 0,45 0,41 0,54 0,54 0,53 0,59 0,55
2+ mehr Kinder
0,38 0,31 0,27 0,17
0
0,08 0,27 0,40 0,39 0,41 0,36 0,43 0,38 0,38 0,32 0,31
Anmerkung: Berufswechsel definiert als Wechsel des detaillierten Berufes gemäß der vierstelligen Klassifikation nach ISCO-88. Vergleichsberuf ist der Beruf im letzten Berufsjahr vor der Geburt. Die Zeitachse (T) sind Berufsjahre.
terschaft auf die berufliche Mobilität. Beim Wiedereinstieg im Jahr nach der Geburt (T+1) hat etwas weniger als ein Drittel der beruflich qualifizierten Mütter ihren Beruf gewechselt, was genau dem Anteil der Berufswechslerinnen unter Frauen entspricht, die im Jahr zuvor kein Kind bekommen haben. Fünf bis sechs Jahre nach einer Geburt hat dann die Hälfte der Mütter in der mittleren Bildungsgruppe ihren Beruf gewechselt, woraus sich eine nur leichte Differenz von 5 Prozentpunkten im Vergleich zur Häufigkeit beruflicher Wechsel unter kinderlosen Frauen ergibt. Sehr ähnliche Ergebnisse zeigen sich für Frauen mit Hochschulreife beziehungsweise Universitätsabschluss. Nach der ersten Geburt unterscheidet sich die Wechselhäufigkeit von Müttern nur leicht von der Häufigkeit von Berufswechseln unter kinderlosen Frauen und liegt fünf Jahre nach der Ge-
274
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
burt ebenfalls bei gut 50 Prozent. Erst nach der Geburt des zweiten oder eines weiteren Kindes liegt die berufliche Mobilität von Akademikerinnen deutlich unter der Mobilität kinderloser Frauen. Multivariate Analyse Für eine weiter gehende Analyse des Einflusses der Mutterschaft auf den Berufsverlauf von Frauen werden im Folgenden die Ergebnisse multivariater FixedEffects-Regressionsmodelle vorgestellt. Tabelle 8.3 enthält dazu die Modellschätzungen für sieben Modellspezifikationen, die wiederum in Form eines Stufenmodells sukzessive um zusätzliche Variablengruppen erweitert werden. Dabei beinhaltet das Grundmodell (Modell 1) als wichtigste unabhängige Variable den Effekt der Mutterschaft, der hier zeitveränderlich über die Kinderzahl gemessen wird. Darüber hinaus enthält das Modell die Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt sowie einen Interaktionsterm zwischen der Kinderzahl und der Erwerbstätigkeit der Mutter vor der Geburt als weitere Kontrollvariablen. Zur Beschreibung der Entwicklung der Erwerbsbeteiligung im Erwerbsverlauf wurde zudem die tatsächliche Berufserfahrung mit einem linearen und einem quadratischen Term in das Modell aufgenommen, während die Kontrolle der Panelwelle der Erfassung des historischen Trends in der jährlichen Arbeitszeit von Frauen dient. Dabei bestätigt sich in Modell 1 zunächst das Ergebnis der deskriptiven Analyse, dass die Mutterschaft unter westdeutschen Frauen nur einen schwachen Zusammenhang mit der beruflichen Entwicklung aufweist. In Modell 1 ergibt sich nur ein schwacher negativer Effekt von 3,6 Prozent Prestigeverlust je Kind. Auch mit steigender Berufserfahrung lässt sich keine signifikante Veränderung im Berufsprestige feststellen, während sich sowohl eine Erwerbstätigkeit von Müttern vor der Geburt als auch der historische Trend insgesamt leicht positiv auswirken. Angesichts des insgesamt schwachen Zusammenhangs von Mutterschaft und beruflicher Entwicklung ist wenig überraschend, dass auch in Modell 2, in dem für die verschiedenen Reformphasen kontrolliert wird, keine systematischen Effekte der Reformen auf den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Berufsprestige ermittelt werden können. Die entsprechenden Interaktionseffekte mit den Reformphasen sind sehr klein und leisten keinen signifikanten Erklärungsbeitrag. Nichts an den empirischen Ergebnissen deutet darauf hin, dass durch die Reformen des Erziehungsurlaubs der Zusammenhang von Mutterschaft und Berufsposition abgeschwächt wird. Dementsprechend zeigt sich auch im Conditional-effect plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und der beruf-
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
275
lichen Entwicklung aus Abbildung 8.2, dass sich dieser Effekt im Beobachtungsfenster in keiner Weise verändert hat. In den Modellen 3-7 wurden wie auch im vorangegangenen Kapitel eine Reihe weiterer Variablen für die Berufs- und Partnerbiographie aufgenommen, Tabelle 8.3: Determinanten des Magnitude-Berufsprestiges, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder (1) Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,036** -0,035** -0,033** -0,030** -0,029** -0,029** -0,029** (0,006) (0,006) (0,006) (0,006) (0,006) (0,006) (0,006) 0,013* 0,006 0,007 0,004 0,010 0,010 0,010 (0,006) (0,022) (0,022) (0,021) (0,021) (0,021) (0,021) -0,028** (0,010) 0,002 (0,002) -0,014** (0,001) 0,006** (0,002) 0,009** (0,003)
0,008 (0,045) 0,002 (0,002) -0,014** (0,001) 0,006** (0,002) 0,009** (0,003)
0,001 (0,044) 0,002 (0,002) -0,012** (0,001) 0,006** (0,002) 0,006 (0,003)
0,019 (0,043) -0,002 (0,002) -0,009** (0,001) 0,008** (0,002) 0,006* (0,003)
0,006 (0,043) -0,002 (0,002) -0,009** (0,001) 0,007** (0,002) 0,007* (0,003)
0,007 (0,043) -0,002 (0,002) -0,009** (0,001) 0,006** (0,002) 0,007* (0,003)
0,006 (0,043) -0,002 (0,002) -0,009** (0,001) 0,007** (0,002) 0,005 (0,003)
-0,002 (0,031) 0,025 (0,027) -0,008 (0,026) -0,012 (0,029) 0,024 (0,025) 0,008 (0,023)
-0,004 (0,030) 0,024 (0,027) -0,009 (0,026) -0,014 (0,029) 0,021 (0,025) 0,009 (0,023)
-0,008 (0,030) 0,027 (0,026) -0,016 (0,025) -0,006 (0,028) 0,025 (0,024) 0,006 (0,022)
-0,010 (0,029) 0,026 (0,026) -0,021 (0,025) -0,014 (0,028) 0,016 (0,024) -0,003 (0,022)
-0,010 (0,029) 0,025 (0,026) -0,022 (0,025) -0,015 (0,028) 0,016 (0,024) -0,004 (0,022)
-0,010 (0,029) 0,025 (0,026) -0,022 (0,025) -0,015 (0,028) 0,016 (0,024) -0,003 (0,022)
-0,041 (0,060) -0,049 (0,052) 0,018 (0,052)
-0,029 (0,060) -0,043 (0,052) 0,024 (0,052)
-0,036 (0,058) -0,054 (0,050) 0,032 (0,050)
-0,032 (0,057) -0,052 (0,050) 0,044 (0,050)
-0,032 (0,057) -0,052 (0,050) 0,044 (0,050)
-0,032 (0,057) -0,049 (0,050) 0,047 (0,050)
276
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.3: (Fortsetzung) (1) 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (in Jahren, *100) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren, *100) Einkommen logarithmiert Beamter
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,005 (0,058) -0,094 (0,051) -0,041 (0,047)
0,004 (0,058) -0,080 (0,051) -0,040 (0,046)
-0,016 (0,057) -0,085 (0,049) -0,036 (0,045)
0,007 (0,056) -0,069 (0,049) -0,016 (0,045)
0,008 (0,056) -0,070 (0,049) -0,016 (0,045)
0,010 (0,056) -0,070 (0,049) -0,015 (0,045)
0,024** 0,019** 0,019** 0,019** 0,019** (0,002) (0,002) (0,001) (0,002) (0,002) 0,123** (0,013) 0,021** (0,004) 0,073** (0,006) -0,029** (0,003) -0,003 (0,028)
0,119** (0,013) 0,004 (0,004) 0,067** (0,006) -0,030** (0,003) 0,019 (0,028)
0,119** (0,013) 0,004 (0,004) 0,067** (0,006) -0,030** (0,003) 0,020 (0,028)
0,118** (0,013) 0,004 (0,004) 0,067** (0,006) -0,030** (0,003) 0,019 (0,028)
-0,003 (0,004) 0,006** (0,002) -0,225** (0,006)
-0,002 (0,004) 0,006** (0,002) -0,247** (0,006)
-0,002 (0,004) 0,006** (0,002) -0,247** (0,006)
-0,002 (0,004) 0,006** (0,002) -0,247** (0,006)
0,022 (0,014)
0,021 (0,014)
-0,002* (0,001) -0,001 (0,006) 0,014 (0,020) 0,001 (0,004) -0,017 (0,009)
-0,002* (0,001) -0,001 (0,006) 0,013 (0,020) 0,001 (0,004) -0,017* (0,009)
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
277
Tabelle 8.3: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS, *100)
(6)
(7)
0,008 (0,006) 0,003 (0,007) 0,034* (0,016)
0,008 (0,006) 0,003 (0,007) 0,034* (0,016)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote
0,001** (0,000)
Konstante
4,006** 4,005** 3,734** 3,950** 4,018** 4,020** 4,010** (0,012) (0,013) (0,022) (0,022) (0,064) (0,065) (0,065)
Branche N Beobachtungen N Personen R²
38515 7758 0,02
38515 7758 0,02
38515 7758 0,02
38515 7758 0,08
+ 38515 7758 0,10
+ 38515 7758 0,10
+ 38515 7758 0,10
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Prestigeeffekt je Kind
Abbildung 8.2: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Magnitude-Berufsprestige, nach Reformphasen (Modell 2) 0.04 0.02 0.00 -0.02 -0.04 -0.06 -0.08 -0.10 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
278
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
um die mögliche Wirkung intervenierender Variablen zu erfassen. Angesichts des ohnehin geringen Zusammenhangs ist aber wenig überraschend, dass sich am Ergebnis des nicht vorhandenen Effekts der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf die Berufsposition von Müttern auch über die weiteren Stufenmodelle hinweg nichts verändert. Auf eine ausführlichere Analyse der Mediatoreffekte einzelner Variablen und Variablenblöcke wird hier deshalb verzichtet. Davon abgesehen kann noch festgehalten werden, dass die eingeschlossenen Kovariaten selbst weitgehend die erwarteten Effekte aufweisen. In Modell 3 zeigt sich beispielsweise der positive Zusammenhang zwischen Bildungserwerb und Berufsprestige, in Modell 4 die positiven Effekte einer Stellung als Beamtin, einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst und der Selbständigkeit. Die Beschäftigung auf Teilzeitstellen sowie in Berufen mit hohem Frauenanteil geht hingegen mit einem geringeren Berufsprestige einher. Dagegen zeigen Merkmale der Partnerbiographie insgesamt wenig Einfluss auf das Berufsprestige von Frauen, und auch der Einfluss der weiblichen Arbeitslosenquote als Maß für die konjunkturelle Entwicklung zeigt nur einen schwach positiven Zusammenhang. Das weitgehend negative Ergebnis in Bezug sowohl auf einen Zusammenhang von Mutterschaft und beruflicher Entwicklung einerseits, wie auch auf die erwartete Abschwächung dieses Zusammenhangs im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs wird auch in der zweiten Modellvariante bestätigt, in der der Einfluss der Mutterschaft über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen operationalisiert ist. Die in Tabelle 8.4 ausgewiesenen Ergebnisse der Modellschätzungen zeigen zunächst, dass sich das Berufsprestige mit jedem Unterbrechungsjahr um 2,3 Prozent verringert. Ebenso wie auch in der vorangegangenen Analyse zeigen sich anschließend jedoch auch hier kaum eindeutige Effekte der Einführung des Erziehungsurlaubs. Im Conditional-effect plot aus Abbildung 8.3 zeigt sich erneut kein eindeutiger Trend zur Abschwächung dieses Zusammenhangs. Allenfalls zwischen den Reformphasen 2 (der Einführung des Erziehungsurlaubs 1986) und 5 (der Ausweitung auf 18 Monate) ist eine leichte Verbesserung erkennbar, an deren Ende sich in der fünften Reformphase überhaupt kein Zusammenhang zwischen einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Berufsprestige von Frauen findet. Dieser positive Effekt ist zwar statistisch signifikant, verkehrt sich aber bereits in den nächsten Phasen wieder in sein Gegenteil, so dass wohl eher von weitgehend zufallsbedingten Schwankungen in den Ergebnissen auszugehen ist. Abgesehen von den Resultaten aus dem Hauptmodell der Analyse, zeigen sich auch in den Modellen 3-7 die bereits besprochenen Effekte auf das Berufsprestige, so dass auf eine detaillierte Diskussion hier verzichtet werden kann.
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
279
Tabelle 8.4: Determinanten des Magnitude-Berufsprestiges, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,023** (0,003) 0,007** (0,002) -0,033** (0,007) -0,006** (0,002) -0,014** (0,001) 0,014** (0,002) 0,009** (0,003)
-0,027** (0,003) 0,001 (0,009) -0,011 (0,022) -0,006** (0,002) -0,014** (0,001) 0,014** (0,002) 0,009** (0,003)
-0,024** (0,003) 0,001 (0,009) -0,016 (0,022) -0,005* (0,002) -0,013** (0,001) 0,012** (0,002) 0,006* (0,003)
-0,023** (0,003) 0,001 (0,008) 0,000 (0,021) -0,009** (0,002) -0,009** (0,001) 0,014** (0,002) 0,007* (0,003)
-0,023** (0,003) 0,001 (0,008) -0,000 (0,021) -0,009** (0,002) -0,009** (0,001) 0,013** (0,002) 0,007** (0,003)
-0,023** (0,003) 0,001 (0,008) 0,001 (0,021) -0,009** (0,002) -0,009** (0,001) 0,013** (0,002) 0,007* (0,003)
-0,023** (0,003) 0,001 (0,008) -0,000 (0,021) -0,009** (0,002) -0,009** (0,001) 0,013** (0,002) 0,005 (0,003)
-0,013 (0,011) 0,011 (0,010) 0,008 (0,010) 0,029** (0,011) -0,008 (0,010) 0,015 (0,009)
-0,014 (0,011) 0,010 (0,010) 0,008 (0,010) 0,028* (0,011) -0,009 (0,010) 0,015 (0,009)
-0,011 (0,010) 0,011 (0,010) 0,004 (0,009) 0,023* (0,011) -0,010 (0,009) 0,014 (0,009)
-0,012 (0,010) 0,010 (0,010) 0,005 (0,009) 0,020 (0,011) -0,013 (0,009) 0,013 (0,009)
-0,012 (0,010) 0,010 (0,010) 0,005 (0,009) 0,020 (0,011) -0,013 (0,009) 0,013 (0,009)
-0,012 (0,010) 0,010 (0,010) 0,005 (0,009) 0,020 (0,011) -0,013 (0,009) 0,013 (0,009)
0,004 (0,031) -0,006 (0,028) 0,011 (0,027) -0,073* (0,032) 0,004 (0,028)
0,011 (0,031) -0,001 (0,027) 0,012 (0,027) -0,066* (0,032) 0,010 (0,028)
-0,008 (0,030) -0,012 (0,027) 0,016 (0,026) -0,058 (0,031) 0,017 (0,027)
-0,007 (0,029) -0,011 (0,026) 0,018 (0,026) -0,044 (0,030) 0,024 (0,027)
-0,008 (0,029) -0,012 (0,026) 0,017 (0,026) -0,045 (0,030) 0,024 (0,027)
-0,008 (0,029) -0,010 (0,026) 0,019 (0,026) -0,042 (0,030) 0,023 (0,027)
280
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.4: (Fortsetzung) (1) 2001 – ff. Soziodemographische Faktoren Bildungsniveau (in Jahren) Berufliche Stellung: Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (in Jahren, *100) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren, *100) Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,042 (0,023)
-0,040 (0,023)
-0,039 (0,023)
-0,035 (0,022)
-0,034 (0,022)
-0,033 (0,022)
0,023** 0,019** 0,018** 0,019** 0,019** (0,002) (0,002) (0,001) (0,002) (0,002) 0,124** (0,013) 0,022** (0,004) 0,072** (0,006) -0,029** (0,003) -0,005 (0,028)
0,120** (0,013) 0,004 (0,004) 0,066** (0,006) -0,030** (0,003) 0,018 (0,028)
0,119** (0,013) 0,004 (0,004) 0,067** (0,006) -0,030** (0,003) 0,018 (0,028)
0,119** (0,013) 0,004 (0,004) 0,067** (0,006) -0,030** (0,003) 0,018 (0,028)
-0,005 (0,004) 0,006** (0,002) -0,224** (0,006)
-0,005 (0,004) 0,006** (0,002) -0,246** (0,006)
-0,005 (0,004) 0,007** (0,002) -0,246** (0,006)
-0,005 (0,004) 0,007** (0,002) -0,246** (0,006)
0,022 (0,014)
0,021 (0,014)
-0,002* (0,001) -0,001 (0,006) 0,018 (0,020) 0,001 (0,004) -0,018* (0,009) 0,008 (0,006) 0,003 (0,007)
-0,002* (0,001) -0,001 (0,006) 0,017 (0,020) 0,001 (0,004) -0,018* (0,009) 0,008 (0,006) 0,003 (0,007)
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
281
Tabelle 8.4: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Berufsprestige (SIOPS, *100)
(6)
(7)
0,035* (0,016)
0,035* (0,016)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote
0,001** (0,000)
Konstante
4,068** 4,076** 3,798** 4,016** 4,087** 4,091** 4,082** (0,017) (0,017) (0,025) (0,025) (0,066) (0,066) (0,066)
Branche N Beobachtungen N Personen R²
38515 7758 0,02
38515 7758 0,02
38515 7758 0,03
38515 7758 0,08
+ 38515 7758 0,10
+ 38515 7758 0,11
+ 38515 7758 0,11
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Prestigeeffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 8.3: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Magnitude-Berufsprestige, nach Reformphasen (Modell 2) 0.02
0.00
-0.02
-0.04
-0.06 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
282
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Multivariate Analyse der Reformeffekte nach Bildungsabschluss Zwar zeigen die vorangegangenen Analysen, dass sich in der Gesamtbevölkerung keine Hinweise auf einen Effekt des Erziehungsurlaubs auf die berufliche Entwicklung von Frauen nachweisen lässt, aber nach den deskriptiven Analysen wissen wir auch, dass sich der Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Berufsverläufen zwischen den Bildungsgruppen unterscheidet. Aus diesem Grund wird im Folgenden der Zusammenhang von Mutterschaft und Berufsprestige nochmals getrennt für Frauen unterschiedlicher Bildungsgruppen betrachtet, um mögliche bildungsgruppenspezifische Wirkungen der Erziehungsurlaubsreformen zu ermitteln. Dazu wird erneut das Hauptmodell der vorangegangenen Analyse (Modell 2) getrennt für die drei im Rahmen dieser Studie unterschiedenen Bildungsgruppen geschätzt. Die ausführlichen Regressionsergebnisse sind in Tabelle 8.5 (Operationalisierung: Kinderzahl) und 8.6 (Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung) dokumentiert, während die entsprechenden Conditional-effect plots für die Reformeffekte in den Abbildungen 8.4 und 8.5 wiedergegeben sind. Zumindest in Abbildung 8.4, die den Conditional-effect plot aus dem Modell mit der Kinderzahl als zentraler unabhängiger Variable enthält, zeigen sich erneut keine systematischen Trends im Zusammenhang zwischen Mutterschaft und den Berufsverläufen von Frauen. Nach der Geburt eines Kindes ergibt sich für alle Bildungsgruppen ein leichter Rückgang des Berufsprestiges, der im Durchschnitt bei jeweils ungefähr 4-5 Prozent pro Kind liegen. Auch findet sich kein Hinweis darauf, dass sich der Prestigeeffekt der Mutterschaft im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs in irgendeiner Weise systematisch verändert hätte. Die vorhergesagten Effekte schwanken zwar in einzelnen Phasen beträchtlich nach oben und unten, allerdings stellt sich kein Interaktionseffekt als statistisch signifikant heraus, und es lässt sich auch kein inhaltlich eindeutiger Trend im Zusammenhang von Mutterschaft und Berufsprestige für eine der Bildungsgruppen erkennen. Etwas anders sehen die Ergebnisse jedoch im Modell für die Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechungen aus, dessen Conditional-effect plot für den vorhergesagten Prestigeeffekt einer Erwerbsunterbrechung in Abbildung 8.5 dargestellt ist. Dabei zeigt sich vor allem für Frauen mit Hochschulreife beziehungsweise Universitätsabschluss ein vergleichsweise deutlicher Prestigeverlust von etwa 6 Prozent pro Jahr der Erwerbsunterbrechung, während die Prestigeeffekte der Mutterschaft in den beiden anderen Bildungsgruppen nahe bei Null liegen. Wie auch in der vorangegangenen Analyse ergibt sich auch hier keine Veränderung dieser Zusammenhänge über die Zeit. Die einzige Ausnahme hiervon ist die Gruppe der gering qualifizierten Frauen, für die sich im Zeitverlauf
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
283
der Reformphasen ein leicht positiver Trend erkennen lässt. Für einzelne Reformphasen, insbesondere in den Phasen 3, 5 und 7 wird hier sogar eine statistisch signifikante Abschwächung des Zusammenhangs von Mutterschaft und Berufsverlauf ermittelt. Wenn überhaupt, dann hat der Erziehungsurlaub also bestenfalls die Berufsverläufe von Müttern ohne abgeschlossene Berufsausbildung stabilisiert. Tabelle 8.5: Determinanten des Magnitude-Berufsprestiges, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder, nach Bildungsgruppen (1) HS/RS ohne Lehre
Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-0,039** (0,013) -0,054 (0,055) 0,176 (0,150) -0,001 (0,003) -0,004 (0,002) 0,003 (0,003) 0,011* (0,006)
-0,035** (0,009) 0,017 (0,037) -0,018 (0,070) 0,005* (0,002) -0,013** (0,002) 0,003 (0,002) 0,006 (0,004)
-0,043* (0,018) 0,005 (0,039) 0,014 (0,074) -0,002 (0,005) -0,034** (0,004) 0,018** (0,005) 0,010 (0,008)
0,064 (0,079) 0,035 (0,061) 0,023 (0,061) -0,118 (0,071) 0,046 (0,057) 0,101 (0,058)
-0,007 (0,046) 0,068 (0,043) 0,005 (0,040) 0,014 (0,042) 0,001 (0,041) -0,003 (0,038)
-0,026 (0,064) -0,030 (0,060) -0,068 (0,065) 0,033 (0,101) 0,022 (0,053) -0,034 (0,044)
-0,190 (0,201)
-0,020 (0,085)
-0,022 (0,118)
284
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.5: (Fortsetzung)
1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante
N Beobachtungen N Personen R²
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-0,091 (0,160) -0,124 (0,159) 0,197 (0,177) -0,164 (0,156) -0,212 (0,154)
-0,086 (0,078) 0,005 (0,077) -0,050 (0,082) -0,093 (0,078) -0,013 (0,073)
-0,000 (0,110) 0,121 (0,116) -0,133 (0,172) 0,001 (0,107) -0,012 (0,082)
3,809** (0,040)
3,972** (0,016)
4,276** (0,017)
9782 2101 0,01
20680 4165 0,02
8053 1988 0,03
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Tabelle 8.6: Determinanten des Magnitude-Berufsprestiges, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung, nach Bildungsgruppen (1) HS/RS ohne Lehre
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung quadriert (in Jahren, *100) Panelwelle
-0,021** (0,006) -0,030* (0,015) 0,145 (0,084) -0,003 (0,004) -0,004 (0,002) 0,005 (0,004)
(2) HS/RS mit Lehre
-0,014** (0,004) 0,027* (0,013) -0,066* (0,031) 0,002 (0,003) -0,012** (0,002) 0,006* (0,003)
(3) Abitur/ Universitätsabschluss -0,062** (0,010) 0,011 (0,027) -0,002 (0,044) -0,030** (0,006) -0,034** (0,004) 0,045** (0,006)
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
285
Tabelle 8.6: (Fortsetzung)
Panelwelle quadriert (*100) Dauer x Reformphase: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante
N Beobachtungen N Personen R²
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
0,012* (0,006)
0,006 (0,004)
0,010 (0,008)
0,011 (0,019) 0,064** (0,018) 0,032 (0,017) 0,118** (0,032) 0,027 (0,016) 0,057** (0,016)
-0,037* (0,015) -0,025 (0,015) -0,015 (0,014) -0,002 (0,015) -0,039** (0,015) -0,017 (0,014)
-0,041 (0,039) -0,018 (0,033) 0,008 (0,031) 0,023 (0,045) -0,009 (0,032) -0,003 (0,028)
-0,103 (0,097) -0,201* (0,092) -0,171 (0,089) -0,305** (0,107) -0,160 (0,089) -0,186* (0,086)
0,052 (0,041) 0,058 (0,036) 0,042 (0,036) -0,032 (0,040) 0,001 (0,039) 0,010 (0,032)
0,010 (0,068) 0,016 (0,068) 0,051 (0,071) -0,076 (0,089) 0,094 (0,068) -0,042 (0,047)
3,847** (0,050)
3,988** (0,024)
4,322** (0,017)
9782 2101 0,01
20680 4165 0,02
8053 1988 0,04
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
286
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Prestigeeffekt je Kind
Abbildung 8.4: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Magnitude-Berufsprestige, nach Reformphasen 0.05 0.00 -0.05 -0.10 -0.15 -0.20 -0.25 1
2
3
4
HS/RS ohne Lehre
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
Prestigeeffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 8.5: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Magnitude-Berufsprestige, nach Reformphasen 0.08 0.04
0.00 -0.04
-0.08
-0.12 1
2
3
HS/RS ohne Lehre
4
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
287
Multivariate Analyse der Reformeffekte im weiteren Erwerbsverlauf In der letzten Analyse zum Berufsverlauf von Müttern soll schließlich noch untersucht werden, ob es in den Daten wenigstens Hinweise auf kurzfristige Effekte der Erziehungsurlaubsreformen gibt, die direkt nach einer Erziehungsphase mit einer verbesserten beruflichen Perspektive für Mütter einhergehen. Um diesen Effekt abzuschätzen, wurde erneut der Interaktionseffekt zwischen Mutterschaft und der tatsächlichen Berufserfahrung sowie die Dreifachinteraktionen zwischen Mutterschaft, tatsächlicher Berufserfahrung sowie der Reformphase im Hauptmodell der Analyse berücksichtigt. Die Schätzergebnisse sind in Tabelle 8.7 wiedergegeben, die Conditional-effect plots in Abbildung 8.6 und 8.7. Als Illustration der Zusammenhänge verwenden die Abbildungen wieder die jeweils über einen Zeitraum von 20 Berufsjahren simulierte Berufsentwicklung einer Frau, die ihre Berufstätigkeit nach fünf Jahren aufgrund der Geburt eines Kindes für eine zweijährige Erziehungsphase unterbricht. In Abbildung 8.6 und 8.7 zeigt sich ebenfalls, dass die Effekte der Mutterschaft für die Prestigeentwicklung sehr klein sind. Gewisse Karrierenachteile der Mutterschaft treten zudem eher in der langfristigen Betrachtung auf, da sich der Prestigeeffekt der Mutterschaft in späteren Berufsjahren eher zu vergrößern scheint. Dennoch deuten auch hier wieder keine Ergebnisse der Analysen darauf hin, dass sich dieser leicht negative Zusammenhang durch die Einführung des Erziehungsurlaubs wesentlich verändert oder noch weiter abgeschwächt hat. Für mögliche Reformeffekte zeigt sich in Abbildung 8.6 kein einheitliches Bild, das auf systematische Trends infolge des Erziehungsurlaubs schließen lassen würde. Das einzige statistisch signifikante Ergebnis in der Analyse zeigt sich für die vierte Reformphase, in der die Geburt eines Kindes zu höheren Prestigeverlusten führt als vor Einführung des Erziehungsurlaubs. Dieses Ergebnis erscheint aber inhaltlich wenig schlüssig und es ist fraglich, ob der Effekt valide geschätzt wird, da ausgerechnet die beiden Reformphasen 4 und 5 aus dem Rahmen fallen, für die nur ein besonders kurzer Zeitraum beobachtet wird und die Ergebnisse somit auf einer besonders kleinen Stichprobe beruhen. Dieses negative Ergebnis bestätigt sich im Grundsatz auch in Abbildung 8.7, die den Conditional-effect plot aus dem Modell für die Unterbrechungsdauer enthält. Dabei zeigt sich, dass die Mutterschaft vor Einführung des Erziehungsurlaubs bei Rückkehr in den Arbeitsmarkt mit einem Prestigeverlust von ungefähr 2 Prozent je Unterbrechungsjahr verbunden war, und dass dieser Prestigeeffekt der Mutterschaft im weiteren Karriereverlauf noch leicht zunimmt. Ein ähnliches Bild zeigt sich nach der Einführung des Erziehungsurlaubs jedoch auch für alle weiteren Reformphasen. Die einzige Ausnahme hiervon stellt die Reformphase 6 dar, in der der kurzfristige Prestigeverlust fast vollständig wegfällt und
288
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
auch langfristig kein Nachteil der Unterbrechung feststellbar ist. Der Effekt der Ausweitung auf den dreijährigen Erziehungsurlaub erscheint hier als das einzig statistisch signifikante Ergebnis, dass auf eine Abschwächung des negativen Zusammenhangs zwischen Berufsprestige und der Unterbrechungsdauer. Diese Reformphase ist sowohl diejenige mit den geringsten kurzfristigen Verlusten unmittelbar bei Wiedereinstieg, als auch die einzige, in der im weiteren Berufsverlauf der Frauen kein unterbrechungsbedingter Nachteil im Berufsverlauf ersichtlich wird. Tabelle 8.7: Determinanten des Magnitude-Berufsprestiges, Fixed-Effects Regression, zeitveränderliche Reformeffekte Modelle für die Kinderzahl (1) Kinderzahl
-0,0287** (0,0066) Kinderzahl x Erwerbstätig- 0,0179** keit vor der Geburt (0,0061) Erwerbstätigkeit -0,0339** vor der Geburt (0,0100) Berufserfahrung 0,0032 (in Jahren) (0,0016) Berufserfahrung² -0,0002** (in Jahren) (0,0000) Kinderzahl x -0,0012** Berufserfahrung (0,0004) Kinderzahl x 0,0000* Berufserfahrung² (0,0000) Panelwelle 0,0059** (0,0015) Panelwelle² 0,0001** (0,0000) Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
Modelle für die Unterbrechungsdauer
(2)
(1)
(2)
-0,0285** (0,0070) 0,0095 (0,0222) 0,0052 (0,0446) 0,0031 (0,0017) -0,0002** (0,0000) -0,0013** (0,0005) 0,0000** (0,0000) 0,0059** (0,0016) 0,0001** (0,0000)
-0,0205** (0,0030) 0,0086** (0,0023) -0,0382** (0,0069) -0,0053* (0,0021) -0,0002** (0,0000) -0,0005** (0,0001) 0,0000* (0,0000) 0,0140** (0,0021) 0,0001** (0,0000)
-0,0241** (0,0032) 0,0017 (0,0087) -0,0134 (0,0222) -0,0050* (0,0021) -0,0002** (0,0000) -0,0005** (0,0002) 0,0000** (0,0000) 0,0137** (0,0021) 0,0001** (0,0000)
-0,0251 (0,1104) -0,0404 (0,1126) 0,2309* (0,1016) -0,3815* (0,1502)
-0,0049 (0,0537) -0,0017 (0,0620) 0,0859 (0,0561) -0,0890 (0,0870)
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren) Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² Panelwelle Panelwelle² Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
289
Tabelle 8.7: (Fortsetzung) Modelle für die Kinderzahl (1) 1992 - 2000 2001 - ff. Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung² Interaktion Reform x Kinderzahl 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl 06/1990 x Kinderzahl
(2) -0,1834 (0,1123) 0,0557 (0,0893)
-0,0050 (0,0132) -0,0087 (0,0142) -0,0258* (0,0109) 0,0355 (0,0211) 0,0173 (0,0142) -0,0162 (0,0119)
0,0002 (0,0004) 0,0005 (0,0005) 0,0007* (0,0003) -0,0003 (0,0008) -0,0007 (0,0005) 0,0006 (0,0004)
-0,0039 (0,0611) 0,0426 (0,0683) -0,1682** (0,0583) 0,2203* (0,0913)
Modelle für die Unterbrechungsdauer (1)
(2) -0,2665** (0,0734) 0,0323 (0,0583)
1992 - 2000 2001 - ff. Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung
0,0006 (0,0056) -0,0043 1988 x Berufserfahrung (0,0080) -0,0115 06/1989 x Berufserfahrung (0,0064) 0,0085 06/1990 x Berufserfahrung (0,0136) 0,0340** 1992 x Berufserfahrung (0,0097) -0,0093 2001 x Berufserfahrung (0,0081) Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung²
0,0000 (0,0001) 0,0003 1988 x Berufserfahrung² (0,0002) 0,0003 06/1989 x Berufserfahrung² (0,0002) -0,0005 06/1990 x Berufserfahrung² (0,0005) -0,0009** 1992 x Berufserfahrung² (0,0003) 0,0002 2001 x Berufserfahrung² (0,0003)
-0,0017 (0,0194) 0,0206 (0,0197) -0,0348 (0,0181) -0,0018 (0,0293)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer 06/1990 x Dauer
290
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.7: (Fortsetzung) Modelle für die Kinderzahl (1) 1992 x Kinderzahl 2001 x Kinderzahl Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung² Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(2) 0,0020 (0,0555) -0,0496 (0,0457)
0,0017 (0,0070) 0,0010 (0,0085) 0,0177** (0,0061) -0,0241* (0,0119) 0,0010 (0,0066) 0,0114 (0,0059)
-0,0001 (0,0002) -0,0001 (0,0003) -0,0004* (0,0002) 0,0004 (0,0004) 0,0000 (0,0002) -0,0004* (0,0002)
Modelle für die Unterbrechungsdauer (1)
(2) 0,0298 (0,0191) -0,0115 (0,0171)
1992 x Dauer 2001 x Dauer
-0,0007 (0,0021) -0,0004 (0,0023) 0,0054* (0,0022) 0,0025 (0,0039) -0,0037 (0,0025) 0,0047* (0,0022)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung 1986 x Dauer x Berufserfahrung 1988 x Dauer x Berufserfahrung 06/1989 x Dauer x Berufserfahrung 06/1990 x Dauer x Berufserfahrung 1992 x Dauer x Berufserfahrung 2001 x Dauer x Berufserfahrung
-0,0000 (0,0001) -0,0000 (0,0001) -0,0001 (0,0001) 0,0000 (0,0001) 0,0000 (0,0001) -0,0002* (0,0001)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² 1986 x Dauer x Berufserfahrung² 1988 x Dauer x Berufserfahrung² 06/1989 x Dauer x Berufserfahrung² 06/1990 x Dauer x Berufserfahrung² 1992 x Dauer x Berufserfahrung² 2001 x Dauer x Berufserfahrung²
3,9999** 4,0008** 4,0636** 4,0719** (0,0126) (0,0130) (0,0168) (0,0173) 38515 38515 38515 38515 7758 7758 7758 7758 0,02 0,02 0,02 0,02
Konstante N Beobachtungen N Personen R²
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
8.2 Berufsverläufe nach Mutterschaft
291
relative Prestigeentwicklung
Abbildung 8.6: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Magnitude-Berufsprestige im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.08
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
1.06 1.04 1.02
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff.
1.00 0.98 0.96 0.94 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relative Prestigeentwicklung
Abbildung 8.7: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Magnitude-Berufsprestige im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.02
1.00
0.98 1: 1979-85 2: 1986-87 3: 1988-5/89 4: 6/89-5/90 5: 6/90-91 6: 1992-2000 7: 2001 ff.
0.96
0.94 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
292
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Wie gering jedoch die Zusammenhänge zwischen Mutterschaft und Berufsposition von Frauen in Deutschland sind, bestätigt auch die Berücksichtigung der Opportunitätskosten der Mutterschaft. Auch wenn in Abbildung 8.8 und 8.9 der Berufsverlauf von Müttern nicht nur im Vergleich zu ihrer eigenen Berufsposition vor der Geburt von Kindern, sondern mit dem Berufsverlauf von kinderlosen Frauen verglichen wird, bleibt die Rolle der Mutterschaft sehr gering. Wie die Abbildungen zeigen, verläuft die vorhergesagte berufliche Entwicklung kinderloser Frauen nur geringfügig positiver als der Vergleichsmaßstab der Beschäftigung im Jahr vor der Geburt (Abbildung 8.8) bzw. weist sogar selbst eine leicht negative Entwicklung auf (Abbildung 8.9). Damit fällt auch der Einfluss des Erziehungsurlaubs insgesamt wieder sehr gering, wenngleich leicht positiv im Sinne einer Abschwächung des Zusammenhangs zwischen Mutterschaft und Berufsposition aus. Wichtigster Grund für die weitgehend negativen Ergebnisse dürfte aber sein, dass sich gezeigt hat, dass die Mutterschaft in der Bundesrepublik nicht mit außergewöhnlich hoher beruflicher Mobilität einhergeht und sich gleichzeitig Abwärts- und Aufwärtsmobilität weitgehend die Waage halten, so dass sich für die durchschnittliche erwerbstätige Frau ohnehin keine systematische Veränderung des Berufsprestiges im Erwerbsverlauf ergibt.
relativer Berufsverlauf
Abbildung 8.8: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Magnitude-Berufsprestige im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.010
1.005
1.000
0.995
0.990
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
0.985 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
8.3 Lohnentwicklung
293
relativer Berufsverlauf
Abbildung 8.9: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Magnitude-Berufsprestige im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.02
1.00
0.98
0.96 kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
0.94 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
8.3 Lohnentwicklung Nachdem die Analysen zum Zusammenhang von Berufsverläufen, Mutterschaft und den Reformen des Erziehungsurlaubs weitgehend ergebnislos verlaufen sind, wird in einem letzten Schritt der Analyse noch die Entwicklung der Löhne betrachtet, womit für die Analyse ein zweites, vergleichsweise stärker differenzierteres Maß zur Arbeitsplatzqualität zur Verfügung steht. Entsprechend zu den vorangegangenen Analysen stellt Abbildung 8.10 zunächst den typischen kurzbeziehungsweise längerfristigen Lohnverlauf über insgesamt 15 Jahre vor und nach der Geburt eines Kindes dar. Die Lohnkurve wird jeweils wieder als relativer Lohn im Vergleich zum Stundenlohn aus dem Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T-1) ausgedrückt. In Abbildung 8.10 bestätigt sich zunächst das Ergebnis der vorangegangenen Analysen, wonach Mütter nach einer Familienphase weitgehend auf vergleichbare Arbeitsplätze zurückkehren. Im Mittel kehren Frauen nach einer Geburt ungefähr wieder auf demselben Lohnniveau in den Arbeitsmarkt zurück, das sie im Jahr vor der Geburt hatten. Damit bestätigt sich indirekt auch noch einmal der Eindruck aus Kapitel 7, dass Veränderungen des Erwerbseinkommens von
294
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Frauen bei Wiedereinstieg in den Beruf nach der Familienphase in großen Teilen auf die Reduzierung der Arbeitszeit zurückzuführen sind. In Bezug auf die Lohnentwicklung ist zudem erkennbar, dass Mütter im weiteren Erwerbsverlauf signifikante Lohnzuwächse erzielen. Im Durchschnitt können Mütter innerhalb der ersten fünf Jahre nach einer Geburt ihren Lohn inflationsbereinigt um etwa 15 Prozent gegenüber dem Jahr vor der Geburt steigern, innerhalb der ersten zehn Berufsjahre immerhin um ungefähr 20 Prozent. Abbildung 8.10 zeigt allerdings auch, dass die Lohnentwicklung von Müttern trotz dieser Lohngewinne hinter der Lohnentwicklung von Frauen zurückbleibt, die im Jahr T+0 erwerbstätig waren und kein Kind bekommen haben. Für diese Gruppe von Frauen verläuft die Lohnentwicklung deutlich kontinuierlicher und steiler. Nach fünf Berufsjahren hat sich ihr relatives Lohnniveau bereits um mehr als 20% vergrößert, innerhalb von 10 Berufsjahren erzielen sie relativ zu ihrem Ausgangsniveau sogar einen etwa um 35% höheren Lohn. In Bezug auf die Lohnentwicklung ergeben sich die Karrierenachteile für Mütter also nicht aus einem Rückgang des eigenen Lohnniveaus, sondern als Opportunitätskosten in Form einer vergleichsweise schwächeren Karriereentwicklung nach dem Wiedereinstieg in den Beruf. Zudem ist auffällig, dass die Lohndifferenz zwischen Müttern und kinderlosen Frauen im Zeitverlauf zunimmt. Im ersten Berufsjahr nach der Geburt eines Kindes beträgt der Lohnabstand bereits ungefähr 5 Prozentpunkte, nach fünf Berufsjahren bereits 10 Prozentpunkte und nach zehn Berufsjahren liegen Mütter in ihrer Lohnentwicklung um 15 Prozentpunkte hinter einer Frau zurück, die zum Zeitpunkt T+0 kein Kind bekommen hatte. Dabei ist auch zu beachten, dass durch die Wahl der Berufsjahre als Zeitachse der Abbildung der faktisch erfahrbare Unterschied in den Karriereverläufen noch zugunsten von Müttern verdeckt wird, indem Erwerbsunterbrechungen ignoriert werden. Anders ausgedrückt vergleicht Abbildung 8.10 im Zeitpunkt T+1 die Lohnentwicklung von Müttern im ersten Berufsjahr nach der Geburt mit der Lohnentwicklung von kinderlosen Frauen nach einem weiteren Jahr Berufstätigkeit, ohne zu berücksichtigen, dass bei einer z.B. dreijährigen Erwerbsunterbrechung der Mutter die kinderlose Frau mit kontinuierlicher Erwerbskarriere bereits auf den Karrierezeitpunkt T+4 mit einem entsprechend höheren Lohnniveau vorgerückt wäre. Abbildung 8.10 hebt schließlich auch hervor, dass die Familiengründung in Bezug auf die Lohnentwicklung von Frauen ein einschneidendes Ereignis darstellt. In den Jahren vor der Geburt ist kein Unterschied in der mittleren Lohnentwicklung von Frauen festzustellen, die zum späteren Vergleichszeitpunkt entweder ein Kind bekommen haben oder nicht. Frauen befinden sich also nicht schon im Vorgriff auf eine spätere Geburt auf schlechteren Karrierepfaden, son-
8.3 Lohnentwicklung
295
Relativer Lohn
Abbildung 8.10: Lohnentwicklung relativ zum Jahr vor der Geburt (Median), nach Parität 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 T-5
T+0
T+5
ohne Geburt erste Geburt
T+10
alle Geburten zweite und weitere Geburt
Anmerkung: Bruttostundenlohn relativ zum Bruttostundenlohn im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Bruttostundenlohn vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt der individuelle Bruttostundenlohn über dem Bruttostundenlohn vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Bruttostundenlohn niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
kumulierter Anteil
Abbildung 8.11: Kumulierte Verteilung des relativen Bruttostundenlohns, nach Zeitpunkt 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.0 relativer Lohn T-5
T+1
Anmerkung: siehe Anmerkung Abbildung 8.10 oben
T+5
T+10
296
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
dern die Lohnverläufe divergieren auffällig und im Zeitverlauf in zunehmend stärkerer Weise erst nach dem Zeitpunkt der Geburt. Abbildung 8.10 zeigt ebenfalls, dass auch die Geburtenfolge in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle spielt. Mütter haben nach der ersten Geburt eine tendenziell etwas schwächere Lohnentwicklung aufzuweisen als nach einer zweiten oder weiteren Geburt, berücksichtigt man aber die höhere Wahrscheinlichkeit einer weiteren Geburt, dann wird deutlich dass der flachere Lohnverlauf nach der Erstgeburt stärker kumulative Karrierenachteile abbildet, da innerhalb des Beobachtungszeitraums häufige noch eine weitere Geburt folgt. Zu dieser Interpretation passt, dass die Lohnkurve von Frauen vor der zweiten oder weiteren Geburt bereits flacher als in allen anderen Gruppen verläuft. Die bislang beschriebenen Lohnverläufe erfassen aber lediglich die typische Lohnentwicklung von Müttern und kinderlosen Frauen. Um zusätzlich die Heterogenität der Lohnverläufe von Müttern abzubilden, ist in Abbildung 8.11 wieder die kumulierte Verteilung der relativen Löhne zu unterschiedlichen Zeitpunkten vor (T-5) bzw. nach der Geburt (T+1, T+5, T+10) dargestellt. Wie auch in Abbildung 8.10 sind die Löhne im Verhältnis zum Lohnniveau im Jahr vor der Geburt (T-1) ausgedrückt, so dass der Wert von 1 anzeigt, dass die Frauen zu einem bestimmten Zeitpunkt denselben Reallohn wie im Jahr vor der Geburt erreichen. Die oben in Abbildung 8.10 dargestellten Ergebnisse lassen sich in Abbildung 8.11 nachvollziehen, indem die Entwicklung des Medians über die verschiedenen Zeitpunkte verfolgt wird. Fünf Jahre vor der Geburt lag das Lohnniveau von Müttern im Mittel noch gut 15 Prozent unter dem Lohnniveau im Jahr vor der Geburt, der Wiedereinstieg in den Beruf im Jahr T+1 erfolgt im Mittel auf dem gleichen Lohnniveau wie im Jahr vor der Geburt, und nach fünf weiteren Berufsjahren sind die Löhne von Müttern im Mittel um gut 15 Prozent angestiegen. Abbildung 8.11 zeigt aber auch, dass diese vergleichsweise positiven Entwicklungen nicht für alle Mütter zutreffen. Etwa 10% der Mütter müssen bei Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt Lohneinbußen von mindestens der Hälfte ihres früheren Stundenlohns hinnehmen, und für etwa ein Viertel der Mütter zeichnen sich zum Zeitpunkt T+1 Lohneinbußen von mindestens 20 Prozent ab. Und auch im weiteren Erwerbsverlauf bleibt eine signifikante Minderheit von Müttern dauerhaft hinter ihrem Lohnniveau aus dem Jahr vor der Geburt zurück, so dass fünf Berufsjahre nach der Geburt des Kindes 35 Prozent der Mütter, und auch 10 Berufsjahre nach der Geburt noch gut 30 Prozent der Mütter höchstens wieder das Lohnniveau aus dem Jahr vor der Geburt erreichen. Umgekehrt gibt es aber auch eine Gruppe von Frauen, die nach der Mutterschaft ausgesprochen positive Lohnverläufe aufweisen kann, so dass für gut 20 Prozent der Mütter
8.3 Lohnentwicklung
297
Abbildung 8.12: Entwicklung des relativen Bruttostundenlohns, nach Zeitpunkt und Bildungsabschluss Relativer Lohn
(a) Hauptschule/Realschule ohne Lehre 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relativer Lohn
(b) Hauptschule/Realschule mit Lehre 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Relativer Lohn
(c) Hochschulreife/Universitätsstudium 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 T -5
T+0 Mütter
T+5
T+10
Frauen ohne Kinder
Anmerkung: Bruttostundenlohn relativ zum Bruttostundenlohn im Jahr vor der Geburt (Zeitpunkt T1). Der Wert 1 entspricht exakt dem Bruttostundenlohn vor der Geburt. Bei Werten über 1 liegt der individuelle Bruttostundenlohn über dem Bruttostundenlohn vor der Geburt, bei Werten unter 1 liegt das Bruttostundenlohn niedriger als im Zeitpunkt vor der Geburt.
298
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
bereits bei Wiedereinstieg ein Lohnzuwachs von 20 Prozent verzeichnet werden kann. Über die ersten zehn Berufsjahre nach der Familienphase erreichen die erfolgreichsten 20 Prozent der Mütter sogar eine mehr als fünfzigprozentige Steigerung ihres Lohnniveaus. Ehe zur Regressionsanalyse übergegangen wird, sei auch im Rahmen der deskriptiven Analyse bereits darauf verwiesen, dass die dargestellten Lohnverläufe von einer Reihe von Faktoren abhängen. Als einer dieser Faktoren werden in Abbildung 8.12 die Lohnverläufe von Müttern ohne abgeschlossene Berufsausbildung, mit abgeschlossener Berufsausbildung sowie mit Abitur oder Universitätsabschluss getrennt dargestellt. Wie auch schon in den bisherigen Analysen zeigt sich dabei, dass die Geburt eines Kindes einen bedeutenden Einfluss auf die Lohnentwicklung von Frauen hat. In allen drei Bildungsgruppen bleibt das Lohnniveau von Müttern deutlich hinter der Lohnentwicklung von Frauen zurück, die zum Vergleichszeitpunkt keine Geburt hatten. Dabei scheint die Differenz in der Lohnentwicklung von Müttern und kinderlosen Frauen für Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung besonders groß zu sein. In dieser Bildungsgruppe weisen Mütter innerhalb von fünf Berufsjahren nach einer Geburt bereits ein Lohndifferenzial von 20 Prozentpunkten gegenüber der Vergleichsgruppe auf, ohne dass sich diese Kluft über die Zeit wieder verringern würde. In den höheren Bildungsgruppen fällt die Differenz in der Lohnentwicklung mit etwa 10 Prozentpunkten nach fünf Berufsjahren zwar insgesamt geringer aus, allerdings ist auch dieses Differenzial über den weiteren Erwerbsverlauf konstant und verringert sich nicht wieder im Lauf der Zeit. Wie auch in allen vorangegangenen Analysen zeigt sich zudem für alle Bildungsgruppen, dass die Lohnverläufe bis zur Geburt des Kindes parallel verlaufen, und dass anschließend Karrierenachteile für Mütter nicht aufgrund eines nachteiligen Wiedereinstiegs in den Beruf, sondern vor allem aufgrund von mittelfristig geringeren Karriereaussichten entstehen. Multivariate Analyse Um sowohl die zugrundeliegenden Prozesse genauer zu verstehen, die hinter dem Einfluss der Mutterschaft auf den Lohnverlauf von Frauen stehen, als auch um mögliche Wirkungen der Reformen des Erziehungsurlaubs zu isolieren, werden im Folgenden wieder die Ergebnisse einer Reihe multivariater Regressionsmodelle betrachtet. Wie auch in den vorangegangenen Kapiteln wurden erneut Fixed-Effects-Regressionsmodelle geschätzt, die in Form einer Stufenmodellierung sukzessive weitere Variablengruppen berücksichtigen. Auch hierbei wurden wieder zwei Modellvarianten untersucht, bei denen der Effekt der Mutterschaft
8.3 Lohnentwicklung
299
einmal über die Kinderzahl und in einer zweiten Variante über die Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung erfasst wurde. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen werden in Tabelle 8.8 bzw. weiter unten in Tabelle 8.9 berichtet. Im Grundmodell der Analyse (Modell 1) werden dabei neben den unbeobachteten personenspezifischen Effekten wiederum die Kinderzahl, die Erwerbstätigkeit von Müttern vor der Geburt, der Interaktionseffekt zwischen der Kinderzahl und der Erwerbstätigkeit vor der Geburt, die tatsächliche Berufserfahrung als Maß des Lohnwachstums im Erwerbsverlauf, sowie die Panelwelle als Maß des historischen Trends der Lohnverteilung kontrolliert. Die Schätzergebnisse zeigen, dass die Löhne von Frauen sowohl mit zunehmender Berufserfahrung als auch über die Zeit ansteigen. Wie auch in den deskriptiven Analysen hat die Mutterschaft einen starken Einfluss auf die Lohnentwicklung von Frauen. Im Durchschnitt wird in Modell 1 ein vorhergesagter Lohnverlust von 11,5 Prozent je Kind ermittelt, der ebenfalls nur leicht abgemildert ist, falls Mütter bis kurz vor der Geburt erwerbstätig waren. Die Aufnahme der Reformphasen des Erziehungsurlaubs in Modell 2 zeigt anschließend deutlich positive Effekte auf die Lohnentwicklung der Mütter. Die Interaktionsterme für den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Lohnentwicklung sind allesamt deutlich positiv und mit Ausnahme der ersten beiden Reformphasen nach Einführung des Erziehungsurlaubs auch auf dem 5%-Niveau statistisch signifikant. Die genaue zeitliche Entwicklung des Zusammenhangs zwischen der Kinderzahl und der Lohnentwicklung von Frauen wird in Abbildung 8.13 wieder in Form des Conditional-effect plots dargestellt. Dabei zeigt sich, dass vor Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 1) die Geburt eines Kindes für Frauen im Durchschnitt zu einer Lohneinbuße von gut 22 Prozent geführt hat, während sich der Effekt der Mutterschaft mit Einführung gesetzliche Erziehungsurlaub um etwa 10 Prozentpunkte verringert. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre (Reformphasen 2 und 3) liegt der Lohnverlust nach Mutterschaft nur noch bei etwa 13-15 Prozent je Kind, und im Lauf der 1990er Jahre sinkt der Lohneffekt der Mutterschaft sogar auf konstant unter 10 Prozent je Kind. Spätestens mit Ausweitung des Anspruchs auf einen 15-monatigen Erziehungsurlaub (Phase 4) zeigen sich damit deutlich positive Wirkungen der Erziehungsurlaubsreformen, die den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Lohnentwicklung von Frauen nachhaltig abgeschwächt haben. Zur Abschätzung der Robustheit dieses Ergebnisses, aber auch um die Wirkung möglicher vermittelnder Faktoren zu erfassen, werden in den Modellen 3-7 zusätzliche Variablengruppen aufgenommen, die für die Effekte individueller Qualifikationen, der Erwerbsbiographie von Frauen, der Haushaltszusammensetzung und des Erwerbsverhaltens des Partners sowie für die allgemeine Arbeits-
300
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.8: Determinanten des Bruttostundenlohns, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder
Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Kinderzahl x Reformphase: 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl 06/1990 x Kinderzahl 1992 x Kinderzahl 2001 x Kinderzahl Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,115** (0,013) 0,006 (0,012)
-0,111** (0,013) -0,111* (0,046)
-0,106** (0,013) -0,110* (0,046)
-0,123** (0,013) -0,115* (0,045)
-0,120** (0,013) -0,112* (0,045)
-0,124** (0,013) -0,113* (0,045)
-0,124** (0,013) -0,112* (0,045)
-0,021 (0,020) 0,047** (0,003) -0,081** (0,003) 0,028** (0,003) -0,102** (0,006)
-0,026 -0,038 -0,036 -0,040 (0,091) (0,091) (0,090) (0,090) 0,049** 0,049** 0,034** 0,034** (0,003) (0,003) (0,003) (0,003) -0,080** -0,078** -0,069** -0,068** (0,003) (0,003) (0,003) (0,003) 0,025** 0,025** 0,030** 0,031** (0,003) (0,003) (0,003) (0,003) -0,097** -0,103** -0,105** -0,105** (0,006) (0,006) (0,006) (0,006)
-0,035 (0,090) 0,034** (0,003) -0,067** (0,003) 0,031** (0,003) -0,103** (0,006)
-0,037 (0,090) 0,034** (0,003) -0,067** (0,003) 0,031** (0,003) -0,105** (0,006)
0,095 (0,065) 0,069 (0,056) 0,138* (0,054) 0,173** (0,060) 0,144** (0,051) 0,126** (0,048)
0,092 (0,065) 0,069 (0,056) 0,139** (0,054) 0,171** (0,059) 0,139** (0,051) 0,128** (0,048)
0,110 (0,064) 0,075 (0,055) 0,145** (0,053) 0,193** (0,059) 0,172** (0,050) 0,148** (0,047)
0,109 (0,064) 0,068 (0,055) 0,144** (0,053) 0,195** (0,058) 0,169** (0,050) 0,142** (0,047)
0,119 (0,064) 0,075 (0,055) 0,151** (0,053) 0,200** (0,058) 0,175** (0,050) 0,149** (0,047)
0,119 (0,063) 0,075 (0,055) 0,151** (0,053) 0,200** (0,058) 0,175** (0,050) 0,149** (0,047)
0,093 (0,124) 0,089 (0,107) -0,024 (0,107) -0,070 (0,120)
0,110 (0,123) 0,100 (0,106) -0,016 (0,106) -0,052 (0,120)
0,099 (0,122) 0,110 (0,105) -0,019 (0,105) -0,087 (0,118)
0,098 (0,121) 0,116 (0,104) -0,021 (0,105) -0,093 (0,118)
0,084 (0,121) 0,106 (0,104) -0,032 (0,104) -0,100 (0,118)
0,085 (0,121) 0,110 (0,104) -0,027 (0,105) -0,097 (0,118)
8.3 Lohnentwicklung
301
Tabelle 8.8: (Fortsetzung) (1) 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren: Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (in Jahren) Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Berufsprestige (SIOPS) Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren, *100) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren) Einkommen logarithmiert Beamter
(2) -0,006 (0,104) -0,008 (0,095)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
0,017 (0,104) -0,003 (0,095)
-0,028 (0,102) -0,041 (0,094)
-0,028 (0,102) -0,033 (0,093)
-0,040 (0,102) -0,044 (0,093)
-0,040 (0,102) -0,042 (0,093)
0,041** (0,003)
0,035** (0,003)
0,035** (0,003)
0,034** (0,003)
0,034** (0,003)
0,026 (0,026) 0,072** (0,008)
0,025 (0,026) 0,067** (0,009)
0,025 (0,026) 0,066** (0,009)
0,025 (0,026) 0,066** (0,009)
-0,100** (0,014) 0,071** (0,006) 0,007** (0,001)
-0,089** (0,014) 0,073** (0,006) 0,006** (0,001)
-0,088** (0,014) 0,072** (0,006) 0,007** (0,001)
-0,088** (0,014) 0,072** (0,006) 0,007** (0,001)
-0,105** (0,008) 0,060** (0,004) -0,074** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,101** (0,008) 0,058** (0,004) -0,063** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,100** (0,008) 0,057** (0,004) -0,064** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,100** (0,008) 0,057** (0,004) -0,064** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,008 (0,028)
-0,009 (0,028)
0,038 (0,229) 0,065** (0,013) -0,002** (0,000) 0,039** (0,008) -0,038* (0,017)
0,040 (0,229) 0,065** (0,013) -0,002** (0,000) 0,040** (0,008) -0,038* (0,017)
302
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.8: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
Beschäftigt im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS)
0,002 (0,011)
0,001 (0,011)
-0,048** (0,014) -0,001** (0,000)
-0,048** (0,014) -0,001** (0,000)
Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Konstante Branche N Beobachtungen N Personen R²
(7)
0,002 (0,001) 2,590** (0,025) 36211 7473 0,13
2,579** (0,026) 36211 7473 0,13
2,111** (0,044) 36211 7473 0,13
2,272** (0,045 36211 7473 0,16
2,689** (0,129) + 36211 7473 0,16
2,684** (0,129) + 36211 7473 0,17
2,672** (0,130) + 36211 7473 0,17
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Lohneffekt je Kind
Abbildung 8.13: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen (Modell 2) 0.10
0.00
-0.10
-0.20
-0.30
-0.40 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
8.3 Lohnentwicklung
303
marktlage kontrollieren. Diese zusätzlichen Kovariaten weisen dabei in aller Regel die erwarteten starken Effekte auf die Lohnentwicklung von Frauen auf. Modell 3 zeigt beispielsweise den positiven Lohneffekt des Bildungserwerbs und ermittelt eine erwartete Reallohnsteigerung von gut 4 Prozent für jedes zusätzliche Bildungsjahr. Auch die in Modell 4 aufgenommenen Merkmale der beruflichen Stellung und der individuellen Erwerbsbiographie weisen starke Einflüsse auf die Lohnentwicklung auf. So wirken sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit, aber auch eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst, in Berufen mit hohem Berufsprestige und ein Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung positiv auf die Lohnentwicklung aus, wobei insbesondere der Teilzeiteffekt wohl auf Selektivitätseffekte zurückgehen dürfte. Der Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber beeinflusst den Lohn positiv, während der Wechsel in die Selbständigkeit sowie die Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen zu Lohnverlusten führen. Ebenso sind Tätigkeiten in überwiegend weiblichen Berufsfeldern unter sonst gleichen Bedingungen schlechter entlohnt. Modell 6 zeigt zudem, dass bestimmte Merkmale der Erwerbsbiographie des Ehe- bzw. Lebenspartners die Lohnentwicklung von Frauen beeinflussen. Sowohl die Erwerbstätigkeit des Partners wie auch die Höhe des Erwerbseinkommens des Partners zeigen positive Effekte für die Löhne von Frauen, während sich Berufserfahrung, höheres Berufsprestige, der Status als Beamter sowie eine Selbständigkeit negativ auf die Lohnhöhe von Frauen auswirkt. Nach den Ergebnissen aus Modell 7 wirkt sich die über die weibliche Arbeitslosenquote im Bundesland gemessene allgemeine Konjunkturlage jedoch nicht auf die Lohnentwicklung von Frauen aus. Für die Fragestellung nach dem Einfluss der Erziehungsurlaubsreformen ist von besonderem Interesse, inwiefern die hier in den Modellen 3-7 getesteten Kontrollvariablen den in Modell 2 gefundenen deutlichen positiven Einfluss der Reformen auf die Lohnentwicklung von Frauen erklären können. Dazu stellt Abbildung 8.14 den Conditional-effect plot für den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Lohnhöhe sowohl in der zeitlichen Entwicklung über die verschiedenen Reformstufen als auch im Vergleich der Modelle 2-7 dar. Dabei erweisen sich die aus Modell 2 berichteten Effekte der Erziehungsurlaubsreformen als äußerst robust gegenüber dem Einschluss zusätzlicher Kovariaten. Weder die Berücksichtigung weiblicher Erwerbsbiographien, noch die Kontrolle von Partnermerkmalen oder der allgemeinen Arbeitsmarktlage bewirken eine erkennbare Veränderung der ermittelten Reformeffekte. Veränderungen in weiblichen Berufskarrieren, Partnerbiographien und -merkmalen oder in der allgemeinen Arbeitsmarktlage können die gefundenen Reformeffekte weder im Sinne konfundierender noch im Sinne von vermittelnden Faktoren erklären. Die Ein-
304
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Lohneffekt je Kind
Abbildung 8.14: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen, Modellvergleich (Modelle 2-7) 0.00 -0.05 -0.10 -0.15 -0.20 -0.25 -0.30 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
führung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs hat damit eindeutig positive Wirkungen auf die Lohnentwicklung von Müttern gehabt, die kausal vorrangig einem veränderten Arbeitgeberverhalten zuzurechnen ist, für das in der Analyse mangels geeigneter Kontrollvariablen nicht direkt kontrolliert werden konnte. Die Ergebnisse zum positiven Einfluss der Erziehungsurlaubsreformen werden ebenfalls in der Modellvariante bestätigt, in der statt der Zahl der Kinder der Einfluss der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen auf die Lohnentwicklung gemessen wird. Die entsprechenden Modellschätzungen aus Tabelle 8.9 zeigen zunächst, dass jedes Jahr einer kindbedingten Erwerbsunterbrechung im Durchschnitt zu einem Lohnverlust von 3,3 Prozent führt. In Modell 2 zeigen sich dann erneut deutlich positive Effekte der Einführung des Erziehungsurlaubs. Da im Unterschied zur Modellierung über die Kinderzahl in dieser zweiten Modellvariante sogar alle Interaktionsterme zwischen den Reformphasen und der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen statistisch signifikant sind, spricht die zweite Modellierung noch eindeutiger dafür, dass die positiven Reformwirkungen bereits unmittelbar bei Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 (Phase 2) auftraten. Diese Interpretation verdeutlicht auch der Conditional-effect plot für den Zusammenhang zwischen der Unterbrechungsdauer und der Lohnentwicklung in den verschiedenen Reformphasen aus Abbildung 8.15. Hier ist wie auch schon in den Modellen für die Kinderzahl eindeutig zu erkennen, dass der gesetzliche
8.3 Lohnentwicklung
305
Erziehungsurlaub dazu beigetragen hat, Lohnverluste, die sich für Frauen aus der Mutterschaft und anschließenden Erziehungszeiten ergeben, deutlich zu verringern. In den Jahren vor Einführung des Erziehungsurlaubs führte eine einjährige Erwerbsunterbrechung nach den Ergebnissen aus Tabelle 8.10 noch zu einem Lohnverlust von durchschnittlich 8,4 Prozent. Mit Einführung des Erziehungsurlaubs 1986 geht der Lohneffekt kindbedingter Erwerbsunterbrechungen jedoch sprunghaft auf nur noch 2,5 Prozent Lohnverlust je Unterbrechungsjahr zurück, und verbleibt auch in den folgenden Reformphasen durchgängig bei Werten zwischen 1,4 und 3,4 Prozent Lohnverlust je Unterbrechungsjahr. Deutlicher noch als aus der vorangegangenen Analyse des Effekts der Mutterschaft folgt daraus, dass bereits die Einführung des Erziehungsurlaubs direkt positive Effekte für die Lohnentwicklung von Müttern gehabt haben, die sich im Zuge der weiteren Ausweitung nicht mehr weiter verändert haben. Interessanterweise zeigen sich auch in der Analyse der Vermittlungswirkungen der Kontrollvariablen zur Erwerbs- und Partnerbiographie leichte Unterschiede im Vergleich zur ersten Analyse. Abbildung 8.16 zeigt dazu wieder den Conditional-effect plot für den Zusammenhang zwischen der Unterbrechungsdauer und der Lohnentwicklung in den verschiedenen Reformphasen und im Vergleich der Modelle 2 bis 7. Während sich in der Modellierung über die Kinderzahl die geschätzten Reformeffekte über die einzelnen Modellstufen nicht verändert hatten, zeigen die Ergebnisse aus der Modellierung über die Dauer der Tabelle 8.9: Determinanten des Bruttostundenlohns, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100)
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,033** (0,006) 0,003 (0,005)
-0,033** (0,006) -0,051** (0,018)
-0,027** (0,006) -0,052** (0,018)
-0,039** (0,006) -0,052** (0,017)
-0,039** (0,006) -0,051** (0,017)
-0,039** (0,006) -0,051** (0,017)
-0,039** (0,006) -0,051** (0,017)
-0,110** (0,014) 0,039** (0,004) -0,078** (0,003) 0,035** (0,004) -0,103** (0,006)
-0,288** (0,044) 0,040** (0,004) -0,078** (0,003) 0,033** (0,004) -0,096** (0,006)
-0,297** (0,044) 0,043** (0,004) -0,076** (0,003) 0,029** (0,004) -0,101** (0,006)
-0,315** (0,044) 0,021** (0,004) -0,067** (0,003) 0,042** (0,004) -0,103** (0,006)
-0,311** (0,043) 0,021** (0,004) -0,065** (0,003) 0,042** (0,004) -0,104** (0,006)
-0,312** (0,043) 0,021** (0,004) -0,065** (0,003) 0,041** (0,004) -0,102** (0,006)
-0,313** (0,043) 0,021** (0,004) -0,064** (0,003) 0,042** (0,004) -0,104** (0,006)
306
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.9: (Fortsetzung) (1) Dauer x Reformphase: 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer 06/1990 x Dauer 1992 x Dauer 2001 x Dauer Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Soziodemographische Faktoren: Bildungsniveau (in Jahren) Erwerbsposition: Beamtin Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Beschäftigung in Teilzeit Betriebszugehörigkeitsdauer (Jahre)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
0,059** (0,022) 0,056** (0,020) 0,052** (0,020) 0,064** (0,023) 0,070** (0,020) 0,050** (0,018)
0,058** (0,022) 0,054** (0,020) 0,053** (0,020) 0,062** (0,023) 0,070** (0,020) 0,050** (0,018)
0,066** (0,022) 0,055** (0,020) 0,051** (0,019) 0,063** (0,023) 0,069** (0,020) 0,052** (0,018)
0,066** (0,022) 0,056** (0,020) 0,051** (0,019) 0,062** (0,023) 0,067** (0,019) 0,050** (0,018)
0,069** (0,022) 0,058** (0,020) 0,052** (0,019) 0,063** (0,022) 0,068** (0,019) 0,052** (0,018)
0,069** (0,022) 0,058** (0,020) 0,052** (0,019) 0,063** (0,022) 0,069** (0,019) 0,052** (0,018)
0,255** (0,061) 0,216** (0,055) 0,205** (0,055) 0,196** (0,065) 0,171** (0,057) 0,188** (0,046)
0,266** (0,061) 0,225** (0,055) 0,205** (0,055) 0,207** (0,065) 0,176** (0,057) 0,192** (0,046)
0,275** (0,060) 0,252** (0,054) 0,226** (0,054) 0,221** (0,064) 0,208** (0,056) 0,196** (0,046)
0,269** (0,060) 0,242** (0,054) 0,219** (0,054) 0,218** (0,064) 0,204** (0,056) 0,195** (0,046)
0,268** (0,060) 0,239** (0,054) 0,220** (0,054) 0,217** (0,064) 0,201** (0,056) 0,192** (0,045)
0,268** (0,060) 0,242** (0,054) 0,223** (0,054) 0,220** (0,064) 0,201** (0,056) 0,193** (0,045)
0,041** 0,035** 0,034** 0,034** 0,034** (0,003) (0,003) (0,003) (0,003) (0,003) 0,026 (0,027) 0,073** (0,008) -0,102** (0,014) 0,067** (0,006) 0,007** (0,001)
0,024 (0,027) 0,067** (0,009) -0,091** (0,014) 0,070** (0,006) 0,006** (0,001)
0,024 (0,026) 0,067** (0,009) -0,090** (0,014) 0,069** (0,006) 0,006** (0,001)
0,024 (0,026) 0,067** (0,009) -0,090** (0,014) 0,069** (0,006) 0,006** (0,001)
8.3 Lohnentwicklung
307
Tabelle 8.9: (Fortsetzung) (1)
(2)
(3)
Zahl der Arbeitslosigkeitsphasen Zahl der Arbeitgeberwechsel Frauenanteil im Berufsfeld Berufsprestige (SIOPS)
(4)
(5)
(6)
(7)
-0,110** (0,008) 0,060** (0,004) -0,072** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,107** (0,008) 0,058** (0,004) -0,061** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,105** (0,008) 0,057** (0,004) -0,062** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,105** (0,008) 0,057** (0,004) -0,063** (0,013) 0,003** (0,000)
-0,011 (0,028)
-0,012 (0,028)
0,029 (0,229) 0,061** (0,013) -0,002** (0,000) 0,038** (0,008) -0,037* (0,017) 0,002 (0,011) -0,049** (0,014) -0,001** (0,000)
0,031 (0,229) 0,062** (0,013) -0,002** (0,000) 0,038** (0,008) -0,038* (0,017) 0,002 (0,011) -0,049** (0,014) -0,001** (0,000)
Haushaltsstruktur Partner Partnermerkmale Bildungsniveau (in Jahren, *100) Erwerbstätig Berufserfahrung (in Jahren) Einkommen logarithmiert Beamter Beschäftigung im öffentlichen Dienst Selbständig Berufsprestige (SIOPS) Arbeitsmarktlage Weibliche Arbeitslosenquote Konstante
Branche N Beobachtungen N Personen R²
0,002 (0,001) 2,593** 2,589** 2,100** 2,317** 2,745** 2,736** 2,724** (0,035) (0,035) (0,051) (0,053) (0,132) (0,132) (0,133) 36211 7473 0,12
36211 7473 0,13
36211 7473 0,13
36211 7473 0,16
+ 36211 7473 0,16
+ 36211 7473 0,16
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
+ 36211 7473 0,16
308
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Lohneffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 8.15: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen (Modell 2) 0.05
0.00
-0.05
-0.10
-0.15 1
2
3
4
5
6 7 Reformphasen
Anmerkung: der grau eingegrenzte Bereich um die Punktschätzungen der Regressionskoeffizienten beschreibt die 95%-Konfidenzintervalle der vorhergesagten Parameter.
Lohneffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 8.16: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen, Modellvergleich 0.00 -0.02 -0.04 -0.06 -0.08 -0.10 1
2
3 Modell 2 Modell 5
4 Modell 3 Modell 6
5
6 7 Reformphasen Modell 4 Modell 7
8.3 Lohnentwicklung
309
Erwerbsunterbrechung eine deutlichere Variation in den verschiedenen Spezifikationen. Die Schätzergebnisse zum Effekt der Unterbrechungsdauer aus Modell 3 liegen beispielsweise in jeder Reformphasen unter den Ergebnissen des Hauptmodells, so dass ein Teil des Effekts darüber erklärt werden kann, dass Mütter durch die Unterbrechung im Qualifikationserwerb hinter kinderlosen Frauen zurückbleiben. Nach Kontrolle der Berufsbiographie in Modell 4 nehmen die Unterbrechungseffekte deutlich zu und liegen in der Regel sogar über den eigentlichen Bruttoeffekten aus Modell 2. Die Berufsverläufe von Müttern nach der Familienphase können die Lohnkosten einer Erwerbsunterbrechung demnach also nicht erklären, sondern vielmehr zeigt sich, dass Berufs-, Arbeitsplatz- und Arbeitgeberwechsel von Müttern tendenziell dazu beitragen, die Lohnwirkung einer kindbedingten Unterbrechungsphase zu begrenzen. Dessen ungeachtet ändert der Einschluss der zusätzlichen Kontrollvariablen an der eigentlichen interessierenden Veränderung des Lohneffekts über die Reformphasen nur wenig, so dass eine Veränderung im Bildungsverhalten, der Berufsbiographien oder der Partnerbiographien den Effekt der Einführung des Erziehungsurlaubs nicht erklären können und dieser somit wohl vorwiegend auf arbeitgeberseitige Verhaltensänderungen im Zuge der Reformen zurückzuführen ist. Multivariate Analyse der Reformeffekte nach Bildungsabschluss In einem zweiten Schritt der Analyse wird wieder untersucht, inwiefern sich diese Reformeffekte zwischen den Bildungsgruppen unterscheiden. Wenn die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs beispielsweise dazu beiträgt, Humankapital von Müttern über eine Familienphase zu erhalten, dann wäre zu erwarten, dass sich die Reformeffekte für Frauen mit mittleren oder höheren Qualifikationen stärker positiv ausgewirkt haben. Um diese Erwartung zu überprüfen, wird deshalb erneut das Hauptmodell aus der vorangegangenen Analyse (Modell 2) bildungsgruppenspezifisch geschätzt. Die Analyse wird ebenfalls wieder für beide Operationalisierungsvarianten durchgeführt, wobei die Ergebnisse der Operationalisierung über die Kinderzahl in Tabelle 8.10, und die Ergebnisse der Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen in Tabelle 8.11 berichtet werden. Die Abbildungen 8.17 und 8.18 enthalten die aus den Modellen generierten Conditional-effect plots, die jeweils den Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Lohnentwicklung für die verschiedenen Bildungsgruppen beschreiben. Wie auch in früheren Analysen wird auch hier auf die Weiterführung der Stufenmodelle verzichtet, da der Einschluss der entsprechenden Kontrollvariablen keinen zusätzlichen Erklärungsbeitrag für die Reformeffekte geleistet hat.
310
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Als erstes Hauptergebnis der bildungsspezifischen Analyse ist zunächst festzuhalten, dass die Lohnverluste nach Mutterschaft in beiden Modellvarianten und im Gegensatz zum Eindruck aus der deskriptiven Analyse deutlich mit dem Bildungsniveau von Frauen ansteigen. Sowohl in der Analyse für den Effekt der Kinderzahl als auch in der Analyse für die Wirkung kindbedingter Erwerbsunterbrechungen zeigen sich nur geringe bis schwach negative Effekte der Mutterschaft unter gering qualifizierten Müttern ohne abgeschlossene Berufsausbildung, beträchtliche Lohneinbußen für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung und sehr deutliche Karrierenachteile für hoch qualifizierte Mütter. Wie die Tabelle 8.10: Determinanten des Bruttostundenlohns, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Zahl der Kinder, nach Bildungsgruppen
Kinderzahl Kinderzahl x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Kinderzahl x Reformphase: 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl 06/1990 x Kinderzahl 1992 x Kinderzahl 2001 x Kinderzahl
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-0,049 (0,027) -0,072 (0,122) -0,045 (0,341) 0,054** (0,006) -0,055** (0,005) 0,008 (0,006) -0,103** (0,012)
-0,106** (0,019) -0,307** (0,078) 0,157 (0,147) 0,050** (0,004) -0,072** (0,004) 0,021** (0,004) -0,099** (0,008)
-0,196** (0,037) 0,056 (0,078) -0,069 (0,145) 0,049** (0,009) -0,125** (0,009) 0,045** (0,009) -0,094** (0,016)
0,031 (0,165) 0,117 (0,134) 0,042 (0,133) 0,120 (0,156) 0,056 (0,126) 0,002 (0,126)
0,339** (0,102) 0,204* (0,090) 0,349** (0,084) 0,388** (0,087) 0,379** (0,086) 0,331** (0,080)
-0,218 (0,127) -0,176 (0,115) 0,057 (0,127) -0,099 (0,199) 0,016 (0,105) 0,030 (0,088)
8.3 Lohnentwicklung
311
Tabelle 8.10: (Fortsetzung)
Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(1) HS/RS ohne Lehre
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
0,173 (0,429) -0,037 (0,361) 0,091 (0,357) -0,180 (0,401) 0,044 (0,352) 0,268 (0,347)
-0,214 (0,184) -0,012 (0,163) -0,246 (0,161) -0,281 (0,171) -0,312 (0,165) -0,267 (0,152)
0,498* (0,226) 0,246 (0,209) 0,004 (0,237) 0,258 (0,337) 0,200 (0,208) 0,034 (0,160)
2,248** (0,080)
2,546** (0,035)
2,811** (0,034)
9110 1993 0,11
19416 4010 0,12
7685 1931 0,15
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
Tabelle 8.11: Determinanten des Bruttostundenlohns, Fixed-Effects Regression, Operationalisierung: Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung, nach Bildungsgruppen (1) HS/RS ohne Lehre
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren)
0,031* (0,012) -0,010 (0,030) -0,279 (0,176) 0,072** (0,007)
(2) HS/RS mit Lehre
-0,012 (0,009) -0,054 (0,029) -0,472** (0,063) 0,046** (0,007)
(3) Abitur/ Universitätsabschluss -0,129** (0,024) -0,086 (0,057) -0,046 (0,086) 0,013 (0,012)
312
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.11: (Fortsetzung) (1) HS/RS ohne Lehre
Berufserfahrung quadriert (in Jahren, *100) Panelwelle Panelwelle quadriert (*100) Dauer x Reformphase: 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer 06/1990 x Dauer 1992 x Dauer 2001 x Dauer Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000 2001 - ff. Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(2) HS/RS mit Lehre
(3) Abitur/ Universitätsabschluss
-0,053** (0,005) -0,010 (0,007) -0,103** (0,012)
-0,069** (0,004) 0,023** (0,007) -0,098** (0,008)
-0,123** (0,009) 0,079** (0,012) -0,090** (0,016)
0,080* (0,038) 0,042 (0,037) 0,016 (0,034) 0,106 (0,065) 0,039 (0,032) -0,010 (0,032)
0,040 (0,034) 0,040 (0,031) 0,041 (0,030) 0,052 (0,032) 0,085** (0,032) 0,040 (0,030)
0,010 (0,080) 0,105 (0,067) 0,183** (0,068) 0,154 (0,089) 0,114 (0,065) 0,132* (0,059)
0,094 (0,199) 0,107 (0,193) 0,180 (0,186) -0,115 (0,229) 0,059 (0,186) 0,324 (0,180)
0,406** (0,085) 0,421** (0,074) 0,375** (0,075) 0,389** (0,084) 0,237** (0,081) 0,313** (0,066)
0,245 (0,129) -0,017 (0,130) -0,037 (0,152) -0,030 (0,171) 0,144 (0,129) -0,027 (0,091)
1,890** (0,100)
2,494** (0,053)
2,827** (0,035)
9110 1993 0,11
19416 4010 0,12
7685 1931 0,16
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
8.3 Lohnentwicklung
313
Lohneffekt je Kind
Abbildung 8.17: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen 0.10 0.00 -0.10 -0.20 -0.30 -0.40 -0.50 1
2
3
4
HS/RS ohne Lehre
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
Lohneffekt je Unterbrechungsjahr
Abbildung 8.18: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttostundenlohn, nach Reformphasen 0.20 0.10
0.00 -0.10
-0.20
-0.30 1
2
3
HS/RS ohne Lehre
4
5 HS/RS mit Lehre
6 7 Reformphasen Abi/Uni
314
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Abbildungen 8.18 zeigt, liegen die vorhergesagten Lohneffekte der Mutterschaft für gering qualifizierte Mütter bei einem Lohnverlust von durchschnittlich unter 10 Prozent je Kind, für Mütter mit abgeschlossener Berufsausbildung bei etwa 10-20 Prozent je Kind, und für Akademikerinnen bei 20-30 Prozent je Kind. Die Ergebnisse zum Effekt der Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen weisen erkennbar dieselbe Struktur auf. Hinzu kommt, dass sich trotz den relativ kleinen Stichproben, die in diesen differenzierten Analysen zur Verfügung stehen, in den Conditional-effect plots aus Abbildung 8.17 und 8.18 vergleichsweise stabile Trends in den Lohneffekten der Mutterschaft über die Zeit abzeichnen. Dabei zeigt sich, dass sich im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen die Unterschiede in den Lohneffekten zwischen den Bildungsgruppen über die Zeit deutlich annähern, Bildungsunterschiede also für die Höhe des Lohnverlusts an Bedeutung verlieren. Dieses Ergebnis bestätigt sich in der Tendenz sowohl für die Operationalisierung über die Kinderzahl als auch für die Operationalisierung über die Unterbrechungsdauer. So liegen etwa im Modell für den Lohneffekt der Kinderzahl die vorhergesagten Lohnverluste vor Einführung der Reformen im Vergleich der Bildungsgruppen noch um etwa 30 Prozentpunkte auseinander, um sich über die Reformphasen bis zu einem Abstand von nur noch etwa 4 Prozentpunkten anzugleichen. Eine ähnliche, wenngleich schwächere Homogenisierung der Lohneffekte zeigt sich im Modell für die Wirkung der Unterbrechungsdauer, in der die Differenz der Lohneffekte zwischen den Bildungsgruppen von anfänglich etwa 20 Prozentpunkte auf nur noch 10 Prozentpunkte in der letzten Reformphase zurückgeht. Der deutlichste Einfluss der Reformen auf die Lohnverluste im Anschluss an die Mutterschaft lässt sich für Frauen mit abgeschlossener Berufsausbildung feststellen. In dieser Gruppe verringert sich im Zuge der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs der Lohnverlust von Müttern von etwa 40 Prozent auf unter 10 Prozent je Kind. Im zweiten Modell ist eine entsprechende Verringerung der Lohneffekte von ursprünglich etwa 10 Prozent Lohnverlust je Unterbrechungsjahr auf nahezu Null zu erkennen. Für hoch qualifizierte Frauen zeigt sich ebenfalls eine Halbierung der Lohnverluste pro Unterbrechungsjahr im Zuge der Reformphasen von etwa 20 Prozent in der Reformphase 1 auf unter 10 Prozent Ende der 1980er Jahre bzw. nur noch gut 10 Prozent nach Einführung des dreijährigen Erziehungsurlaubs in Phase 6. Weniger eindeutig sind die Reformeffekte im Modell für die Kinderzahl, in dem sich für Akademikerinnen zwar ein deutlicher Rückgang der Lohnverluste zwischen der Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 2) und der Einführung des dreijährigen Erziehungsurlaubs abzeichnet, für Phase 1 vor der Einführung des BErzGG aber auch nur ein vergleichsweise geringer Lohnverlust von etwa 10 Prozent je Kind ermittelt wird.
8.3 Lohnentwicklung
315
Multivariate Analyse der Reformeffekte im weiteren Erwerbsverlauf Als letzter Aspekt der Analyse wird schließlich im Folgenden noch betrachtet, ob es sich bei den ermittelten Lohneffekten nur um kurzfristig auftretende Karrierenachteile handelt, oder ob durch die Mutterschaft lang anhaltende Karrierebrüche entstehen. Außerdem soll natürlich wieder gezeigt werden, ob die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs lediglich dazu beiträgt, unmittelbar beim Wiedereinstieg in den Beruf kurzfristige Karrierenachteile zu vermeiden, oder ob durch die berufliche Freistellung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs längerfristig positive Effekte wirksam werden, die die ökonomischen Konsequenzen einer Familienphase auch über den Zeitpunkt des unmittelbaren Wiedereinstiegs hinaus abmildern. Um diese Zusammenhänge zu untersuchen, wird im Folgenden das Hauptmodell der Analyse (Modell 2) wieder um die Interaktionseffekte zwischen Mutterschaft und tatsächlicher Berufserfahrung, sowie um die Dreifachinteraktionen zwischen Mutterschaft, Berufserfahrung und Reformphasen erweitert, mittels derer Unterschiede in der Stäke und Richtung der Reformeffekte in verschiedenen Karrierephasen erfasst werden können. Die Ergebnisse der Modellschätzungen sind für die Operationalisierung über den Effekt der Kinderzahl sowie für die Operationalisierung über die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen in Tabelle 8.12 wiedergegeben. Zusätzlich werden in Abbildung 8.19 und 8.20 die Hauptergebnisse der Analyse in Form zweier Conditional-effect plots präsentiert, die die aus den Modellschätzungen vorhergesagten Lohnverläufe in den verschiedenen Reformphasen über einen Zeitraum von 20 Berufsjahren darstellen. Der Effekt der Mutterschaft wird dabei wieder durch die Geburt eines Kindes nach fünf Berufsjahren simuliert, an die sich eine zweijährige Erziehungsphase anschließt. In beiden Abbildungen zeigt sich, dass mit der Mutterschaft kurzfristig deutliche Karrierenachteile verbunden sind, die im weiteren Berufsverlauf allerdings zum Teil wieder ausgeglichen werden können. Im Modell für die Kinderzahl wird beispielsweise für die Phase vor Einführung des Erziehungsurlaubs bei Rückkehr in den Arbeitsmarkt ein Lohnverlust von 7-8 Prozent im Vergleich zu ihrem Lohnniveau vor der Geburt vorhergesagt. Die weitere Lohnentwicklung ist jedoch so positiv, dass es Müttern nach weiteren sechs bis sieben Berufsjahren gelingt, wieder dasselbe Lohnniveau wie vor der Geburt zu erreichen. In ähnlicher Weise wird im Modell für die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen vor Einführung des Erziehungsurlaubs nach einer zweijährigen Unterbrechung ein Lohnverlust von 14 Prozent gegenüber dem früheren Lohn vorhergesagt, der im Lauf der nächsten zehn Berufsjahre immerhin auf 7 Prozent halbiert werden kann.
316
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Zusätzlich zeigen die Conditional-effect plots aber auch, dass sich nach Einführung des Erziehungsurlaubs der Zusammenhang von Mutterschaft und Lohnverlauf abgeschwächt hat. Im Vergleich zur Phase 1 zeichnen sich sowohl in Bezug auf den unmittelbaren Wiedereinstieg nach der Familienphase als auch im längerfristigen Vergleich der Karriereentwicklung deutlich positivere Lohnverläufe für Mütter ab. Sowohl im Modell für die Kinderzahl als auch im Modell für die Dauer von Erwerbsunterbrechungen sind die vorhergesagten Lohneffekte in allen Reformphasen nur noch etwa halb so hoch wie vor Einführung des ErzieTabelle 8.12: Determinanten des Bruttostundenlohns, Fixed-Effects Regression, zeitveränderliche Reformeffekte Modelle für die Kinderzahl (1) Kinderzahl
-0,0586** (0,0137) Kinderzahl x Erwerbstä- 0,0397** tigkeit vor der Geburt (0,0125) Erwerbstätigkeit -0,0670** vor der Geburt (0,0205) Berufserfahrung 0,0572** (in Jahren) (0,0033) Berufserfahrung² -0,0010** (in Jahren) (0,0000) Kinderzahl x -0,0089** Berufserfahrung (0,0009) Kinderzahl x 0,0002** Berufserfahrung² (0,0000) Panelwelle 0,0268** (0,0032) Panelwelle² -0,0010** (0,0001) Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000
Modelle für die Unterbrechungsdauer
(2)
(1)
(2)
-0,0428** (0,0144) -0,0843 (0,0460) -0,0633 (0,0912) 0,0570** (0,0034) -0,0010** (0,0000) -0,0103** (0,0009) 0,0002** (0,0000) 0,0266** (0,0033) -0,0010** (0,0001)
-0,0213** (0,0062) 0,0108* (0,0047) -0,1328** (0,0140) 0,0435** (0,0044) -0,0008** (0,0000) -0,0021** (0,0003) 0,0000** (0,0000) 0,0358** (0,0043) -0,0010** (0,0001)
-0,0208** (0,0065) -0,0459** (0,0178) -0,3077** (0,0441) 0,0438** (0,0045) -0,0008** (0,0000) -0,0022** (0,0003) 0,0000** (0,0000) 0,0341** (0,0044) -0,0010** (0,0001)
0,5184* (0,2267) -0,0464 (0,2316) 0,0616 (0,2054) 0,0360 (0,3079) 0,2218 (0,2315)
0,2545* (0,1072) 0,0844 (0,1230) 0,1988 (0,1184) 0,0558 (0,1783) 0,1786 (0,1554)
Unterbrechungsdauer (in Jahren) Dauer x Erwerbstätigkeit vor der Geburt Erwerbstätigkeit vor der Geburt Berufserfahrung (in Jahren) Berufserfahrung² (in Jahren) Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² Panelwelle Panelwelle² Reformphasen des Erziehungsurlaubs: 1986 - 1987 1988 - 05/1989 06/1989 - 05/1990 06/1990 - 1991 1992 - 2000
8.3 Lohnentwicklung
317
Tabelle 8.12: (Fortsetzung) Modelle für die Kinderzahl (1) 2001 - ff. Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung² Interaktion Reform x Kinderzahl 1986 x Kinderzahl 1988 x Kinderzahl 06/1989 x Kinderzahl 06/1990 x Kinderzahl
(2)
Modelle für die Unterbrechungsdauer (1)
(2)
-0,1996 (0,1813)
0,2300 (0,1187)
-0,0690** (0,0266) 0,0366 (0,0292) -0,0048 (0,0217) -0,0414 (0,0438) -0,0279 (0,0287) 0,0376 (0,0240)
-0,0008 (0,0111) 0,0329* (0,0159) 0,0049 (0,0134) 0,0233 (0,0281) 0,0099 (0,0203) -0,0154 (0,0167)
Interaktion Reform x Berufserfahrung 1986 x Berufserfahrung 1988 x Berufserfahrung 06/1989 x Berufserfahrung 06/1990 x Berufserfahrung 1992 x Berufserfahrung 2001 x Berufserfahrung
0,0001 (0,0003) -0,0015** (0,0005) -0,0003 (0,0004) -0,0008 (0,0011) -0,0007 (0,0006) 0,0008 (0,0006)
Interaktion Reform x Berufserfahrung² 1986 x Berufserfahrung² 1988 x Berufserfahrung² 06/1989 x Berufserfahrung² 06/1990 x Berufserfahrung² 1992 x Berufserfahrung² 2001 x Berufserfahrung²
0,0021** (0,0007) -0,0018 (0,0009) -0,0000 (0,0006) 0,0025 (0,0016) 0,0006 (0,0009) -0,0016 (0,0009)
-0,1227 (0,1276) 0,0913 (0,1427) 0,0249 (0,1199) -0,0349 (0,1852)
0,1451** (0,0408) 0,1029** (0,0395) 0,0721 (0,0382) 0,0349 (0,0591)
2001 - ff.
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer 1986 x Dauer 1988 x Dauer 06/1989 x Dauer 06/1990 x Dauer
318
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Tabelle 8.12: (Fortsetzung) Modelle für die Kinderzahl (1) 1992 x Kinderzahl 2001 x Kinderzahl Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung Interaktion Reform x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1986 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1988 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1989 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 06/1990 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 1992 x Kinderzahl x Berufserfahrung² 2001 x Kinderzahl x Berufserfahrung² Konstante N Beobachtungen N Personen R²
(2) -0,0791 (0,1172) 0,1436 (0,0927)
0,0350* (0,0141) -0,0088 (0,0178) 0,0087 (0,0123) 0,0406 (0,0243) 0,0302* (0,0137) -0,0135 (0,0119)
-0,0011** (0,0004) 0,0005 (0,0006) -0,0001 (0,0003) -0,0018* (0,0008) -0,0008* (0,0004) 0,0008 (0,0004)
Modelle für die Unterbrechungsdauer (1)
(2) 0,0472 (0,0412) 0,0341 (0,0343)
1992 x Dauer 2001 x Dauer
-0,0089* (0,0044) -0,0080 (0,0047) -0,0053 (0,0046) 0,0040 (0,0081) 0,0017 (0,0052) 0,0038 (0,0045)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung 1986 x Dauer x Berufserfahrung 1988 x Dauer x Berufserfahrung 06/1989 x Dauer x Berufserfahrung 06/1990 x Dauer x Berufserfahrung 1992 x Dauer x Berufserfahrung 2001 x Dauer x Berufserfahrung
0,0002 (0,0001) 0,0003* (0,0001) 0,0003 (0,0002) -0,0001 (0,0003) 0,0000 (0,0002) -0,0002 (0,0002)
Interaktion Reform x Unterbrechungsdauer x Berufserfahrung² 1986 x Dauer x Berufserfahrung² 1988 x Dauer x Berufserfahrung² 06/1989 x Dauer x Berufserfahrung² 06/1990 x Dauer x Berufserfahrung² 1992 x Dauer x Berufserfahrung² 2001 x Dauer x Berufserfahrung²
2,5482** 2,5479** 2,5749** 2,5749** (0,0256) (0,0263) (0,0346) (0,0355) 36211 36211 36211 36211 7473 7473 7473 7473 0,13 0,13 0,13 0,13
Konstante N Beobachtungen N Personen R²
Anmerkung: Standardfehler in Klammern; Signifikanzangaben für * p<.05, ** p<.01. Referenzkategorien: Reformphasen: 1979-1985
8.3 Lohnentwicklung
319
relative Lohnentwicklung
Abbildung 8.19: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttostundenlohn im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.20
1: 1979-85 2: 1986-87 3: 1988-5/89 4: 6/89-5/90 5: 6/90-91 6: 1992-2000 7: 2001 ff.
1.15 1.10 1.05 1.00 0.95 0.90 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relative Lohnentwicklung
Abbildung 8.20: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttostundenlohn im Karriereverlauf, nach Reformphasen 1.04
1.00
0.96
0.92 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7:
0.88
0.84 0
5
10
1979-85 1986-87 1988-5/89 6/89-5/90 6/90-91 1992-2000 2001 ff.
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
320
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
relativer Lohnverlauf
Abbildung 8.21: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Kinderzahl und dem Bruttostundenlohn im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.15
1.10
1.05
1.00
0.95
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
0.90 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
relativer Lohnverlauf
Abbildung 8.22: Conditional-Effect-Plot für den Zusammenhang zwischen der Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung und dem Bruttostundenlohn im Karriereverlauf, zum Zeitpunkt vor bzw. nach Einführung des Erziehungsurlaubs, nach Reformphasen 1.10
1.05
1.00
0.95
0.90
kinderlose Frau Mutter (vor 1986) Mutter (nach 1986)
0.85 0
5
10
15 20 Berufserfahrung (Jahre)
8.4 Zusammenfassung
321
hungsurlaubs, so dass der Erziehungsurlaub sowohl den Wiedereinstieg von Müttern deutlich erleichtert und durch den Erhalt ihres Erwerbspotentials auch zu einer langfristig positiveren Lohnentwicklung beiträgt. Selbstverständlich ist es auch in diesem Fall wieder so, dass der Vergleich zum eigenen Lohnniveau vor der Geburt, wie er in Abbildung 8.19 und 8.20 vorgenommen wurde, die tatsächlichen Karrierenachteile einer Mutterschaft noch unterschätzt, da die Opportunitätskosten der Mutterschaft unberücksichtigt bleiben, die sich aus den zwischenzeitlichen Lohnzuwächsen für kinderlose Frauen ergeben. Die Größenordnung der Opportunitätskosten kann in Abbildung 8.21 und 8.22 abgeschätzt werden, in der die aus den Modellergebnissen vorhergesagte Lohnentwicklung für Mütter und kinderlose Frauen vorhergesagt ist. Um die Abbildung zu vereinfachen wird zudem für die Vorhersage des Lohnverlaufs von Müttern nur zwischen der Phase vor und nach Einführung des Erziehungsurlaubs unterschieden. Dabei zeigt die Abbildung zunächst, dass kinderlose Frauen im weiteren Erwerbsverlauf zwar ebenfalls deutliche Lohnzuwächse verzeichnen können, die innerhalb von zehn Berufsjahren zu einer weiteren durchschnittlichen Lohnsteigerung von 10 Prozent führen. Andererseits sind die Lohnzuwächse von kinderlosen Frauen nicht höher als für Mütter, so dass sich die Lohndifferenz zwischen beiden Gruppen im weiteren Berufsverlauf zumindest nicht weiter vergrößert. Für die hier gewählte Fallkonstellation ergibt sich deshalb, dass durch Einführung des Erziehungsurlaubs der kurz- wie langfristige Lohneffekt der Geburt eines Kindes von etwa 7 auf 5 Prozent verringert, bzw. der Lohnverlust nach einer zweijährigen Erziehungsphase von etwa 15 auf 10 Prozent begrenzt werden konnte. 8.4 Zusammenfassung Die Analysen dieses Kapitels haben gezeigt, dass in der Bundesrepublik ein Zusammenhang zwischen der Mutterschaft und den Karriereaussichten von Frauen besteht, der sich zudem wie erwartet im Zuge der Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs leicht abgeschwächt hat. Allerdings ist dieser Zusammenhang nur in Bezug auf die Entlohnung, nicht aber für ein gröberes Maß wie die berufliche Entwicklung von Frauen zu beobachten. In Bezug auf die Berufsverläufe von Frauen zeigen die Analysen, dass die Geburt eines Kindes die Wahrscheinlichkeit von Berufswechseln nicht wesentlich erhöht. Zudem hält sich auch bei beruflichen Wechseln nach einer Familienphase Auf- und Abwärtsmobilität in etwa die Waage, so dass im Mittel die Status- oder Prestigeveränderung aufgrund von Mutterschaft vernachlässigbar gering ausfällt. Da der Zusammenhang zwischen der Familiengründung und der
322
8 Die Reformen des Erziehungsurlaubs und Karriereverläufe von Müttern
Berufsposition von Frauen in der Bundesrepublik also nur sehr schwach ausgeprägt ist, erscheint es wenig überraschend, dass im Zuge der Einführung des Erziehungsurlaubs an diesem ohnehin schwachen Zusammenhang keine weitere Veränderung mehr feststellbar ist. Eventuell ist dieses insgesamt positive Ergebnis eine Folge des stark beruflich strukturierten Arbeitsmarkts der Bundesrepublik, in dem berufliche Abstiege auch bei Arbeitgeberwechsel vermieden werden können, da berufliche Qualifikationen zwischen Arbeitsplätzen und Arbeitgebern vergleichsweise gut übertragbar sind. Die Ergebnisse zum Lohnverlauf von Frauen zeigen jedoch, dass die Entwicklung der Berufsposition den Zusammenhang zwischen Karriereaussichten und Mutterschaft nur unzureichend widergibt. Während die Analysen der beruflichen Mobilität gezeigt haben, dass westdeutsche Frauen aufgrund der Mutterschaft nicht zu nachteiligen Berufswechseln gezwungen sind, sprechen die Analysen der Lohnentwicklung nach einer Familienphase dafür, dass Müttern in aller Regel erhebliche Karrierenachteile entstehen. Die empirischen Analysen dieses Kapitels sprechen von einem durchschnittlichen Lohnverlust von etwa 10 bis 15 Prozent nach der Geburt eines Kindes, der auch in der längerfristigen Betrachtung von Müttern nicht mehr aufgeholt werden kann. Allerdings zeigen die Analysen auch, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs die Lohnverluste, die sich aus der Mutterschaft ergeben, im Zeitvergleich um mindestens etwa ein Drittel verringert hat. Da sich in den Modellen keine relevanten Verhaltensänderungen aufseiten der Mütter erkennen lassen, ist der positive Effekt des Erziehungsurlaubs wohl direkt der beruflichen Freistellung zuzuschreiben, die zu einer größeren Kontinuität der Beschäftigungsverhältnisse geführt und dadurch die Lohnkosten einer Erwerbsunterbrechung deutlich reduziert hat. Dieser positive Effekt tritt im Wesentlichen direkt bei Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 auf, ohne dass für die nachfolgenden Reformschritte weitergehende Effekte nachweisbar sind. Zwei weitere Ergebnisse der Analyse deuten darauf hin, dass durch die verbesserte Kontinuität der Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich verstärkt Humankapital von Müttern erhalten werden kann. Zum einen zeigen die Analysen, dass die positiven Reformeffekte auf die Lohnentwicklung vorwiegend für Mütter mit abgeschlossener Berufsausbildung sowie für Akademikerinnen wirksam wurden. Zum zweiten zeigen sich die positiven Reformeffekte auch in einer langfristigen Betrachtung, wobei der verbesserte Wiedereinstieg der Mütter in den Beruf sich im weiteren Karriereverlauf auch dauerhaft in einer verbesserten Lohnentwicklung niederschlägt. Nach einer zweijährigen Erwerbsunterbrechung liegt der langfristige Lohnvorteil aufgrund der Erziehungsurlaubsregelungen durchgängig bei ungefähr 5 Prozent. Dennoch zeigen die Analysen ebenfalls, dass der Erziehungsurlaub alleine nicht ausreichend ist, um den Lohnverlust
8.4 Zusammenfassung
323
infolge der Familiengründung auszugleichen. Der Vergleich mit der Karriereentwicklung kinderloser Frauen zeigt, dass Müttern auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs in ihrer Lohnentwicklung mit jedem Kind dauerhaft 5 bis 10 Prozent hinter der Lohnentwicklung von kinderlosen Frauen zurückbleiben. Damit verbleiben Frauen also auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs erhebliche ökonomische Opportunitätskosten einer Familiengründung, selbst wenn der direkte Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt in der Regel auf berufliche Positionen erfolgt, die der Beschäftigung vor der Familienphase vergleichbar sind.
9 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit einer umfassenden empirischen Evaluierung der Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs und der sich daraus für weibliche Erwerbsverläufe ergebenden Konsequenzen. Die Zielsetzung der Dissertation war es aufzuzeigen, ob und inwiefern diese familienpolitische Intervention, die in Form der Bestandsgarantie des aktuellen Beschäftigungsverhältnisses einen institutionellen Schutzraum für die Familienund Erziehungsarbeit schafft, ihrem Anspruch gerecht wird, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig zu verbessern. Wenn die karrieresichernden Wirkungen des Erziehungsurlaubs überwiegen, dann sollte der Erziehungsurlaub sowohl kurz- als auch langfristig dazu beitragen, die ökonomische Ungleichheit zwischen Männern und Frauen abzumildern. Wenn jedoch der Erziehungsurlaub lediglich die von Müttern geleistete familiale Betreuung von Kindern fördert, dann wird diese Reform statt zur Unterstützung weiblicher Erwerbsverläufe eher zur Verfestigung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern beitragen. Im Rahmen der Arbeit wurden dazu mögliche Auswirkungen der Einführung und Ausweitung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf die Fertilitätsrate, die Dauer der kindbedingten Erwerbsunterbrechung, die Erwerbsbeteiligung von Müttern sowie der Einfluss auf die beruflichen Karrieren und Einkommensverläufe von westdeutschen Müttern betrachtet. Dabei hat sich gezeigt, dass es im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen nicht zu einem veränderten Fertilitätsverhalten, dafür aber zu einer Verlängerung der kindbedingten Erwerbsunterbrechungen von Frauen gekommen ist. Gleichzeitig hat sich durch den Kündigungsschutz während des Erziehungsurlaubs die Arbeitszeit von Frauen nach dem Wiedereinstieg in den Beruf erhöht, während die Lohnnachteile, die sich aus der Geburt von Kindern für Frauen ergeben, leicht verringert werden konnten. In Bezug auf die Fertilitätsneigung wäre aus mikroökonomischer Sicht zu erwarten gewesen, dass die Einführung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs die Opportunitätskosten von Kindern für erwerbstätige Frauen mittels der Bestandsgarantie des aktuellen Arbeitsvertrags absenkt, so dass die Fertilitätsrate steigen sollte. Empirisch ist dies allerdings nicht nachweisbar, da die vorliegenden Ergebnisse nicht für einen nennenswerten Einfluss des gesetzlichen Erziehungsurlaubs sprechen. In der Analysen zeigt sich zwar eine Tendenz zu im Zuge der
9 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
325
Einführung des Erziehungsurlaubs leicht erhöhten Geburtenraten unter erwerbstätigen Frauen, allerdings kann dieser Effekt in der multivariaten Analyse insgesamt nicht mehr statistisch sicher nachgewiesen werden. Die empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass es mit Einführung des Erziehungsurlaubs bestenfalls zu einer Polarisierung des Fertilitätsverhaltens gekommen ist, so dass die Fertilitätsneigung unter Frauen mittleren Qualifikationsniveaus angestiegen, unter hoch qualifizierten Frauen dagegen in etwa gleichem Maße zurückgegangen ist. Daneben wurde erwartet, dass die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen im Zuge der Ausweitung des Erziehungsurlaubs ansteigt, da mit der Verlängerung der Kündigungsschutzfristen die Opportunitätskosten längerer Unterbrechungen sinken. Gleichzeitig sollte der zeitlich befristete Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses allerdings auch dazu führen, dass die Erwerbsbeteiligung von Müttern nach der Freistellungsphase wieder deutlich ansteigt, da die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im früheren Beschäftigungsverhältnis die Notwendigkeit einer Neuorientierung auf dem Arbeitsmarkt verringert. Die empirischen Ergebnisse bestätigen diese Wirkungen des Erziehungsurlaubs dabei eindeutig. Bereits in den deskriptiven Analysen war zu erkennen, dass sich die mittlere Unterbrechungsdauer von erwerbstätigen Müttern im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen von 9 bis auf 24 Monate ausgedehnt hat. Dabei ist vor allem die Häufigkeit vergleichsweise kurzer Unterbrechungsphasen zurückgegangen, so dass sich der Zeitpunkt nach einer Geburt zu dem mindestens ein Viertel der vor der Geburt erwerbstätigen Mütter wieder in den Arbeitsmarkt zurückgekehrt sind, im Verlauf von fast 20 Jahren von 7 auf 16 Monate verlängert hat. In den multivariaten Ergebnissen zum Unterbrechungsverhalten bestätigen sich diese deskriptiven Ergebnisse. So hat die Einführung des Erziehungsurlaubs Mitte der 1980er Jahre auch unter Kontrolle relevanter Kontrollvariablen die Rückkehrneigung von Müttern in den Beruf deutlich um etwa ein Drittel abgesenkt. Nach den Analysen hat zudem jede weitere Reformphase, die mit einer Verlängerung des Anspruchsrahmens verbunden war, die Unterbrechungsphase nach der Geburt von Kindern weiter ausgedehnt. So zeigt sich, dass mit der 1992 erfolgten Ausweitung des Erziehungsurlaubs auf drei Jahre die Übergangsrate in den Beruf nur noch etwa 30 Prozent des ursprünglichen Werts vor Einführung des Erziehungsurlaubs betragen hat. Die Analysen haben zudem gezeigt, dass sich im Zuge der Reformen des Erziehungsurlaubs nicht nur die Höhe der Übergangsrate, sondern auch das zeitliche Muster des Wiedereinstiegs in den Beruf verändert hat. Die Dauer der Erwerbsunterbrechungen von Müttern folgen in sehr auffälliger Weise den jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen, d.h. Frauen schöpfen die ihnen zustehende Höchstdauer des Erziehungsurlaubs
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häufig voll aus und kehren erst nach Ende dieser Zeit wieder verstärkt in den Arbeitsmarkt zurück. Im Zuge der sukzessiven Ausweitung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub hat sich dadurch der typische Rückkehrzeitpunkt nach der Geburt eines Kindes in der Bundesrepublik mit der jeweils geltenden Anspruchshöchstdauer immer weiter nach hinten verschoben. Die Analysen betonen zudem, dass es sich hierbei um eine tatsächliche Verhaltensänderung der Frauen und nicht etwa um Perioden- oder Kompositionseffekte handelt, aus denen die gefundenen Trends erklärbar wären. Darüber hinaus zeigt die Analyse auch, dass die rechtliche Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs auch das Unterbrechungsverhalten von Müttern beeinflusst, die überhaupt keinen Anspruch auf den Erziehungsurlaub haben, da sie direkt vor der Geburt nicht erwerbstätig waren. Die Übergangsneigung dieser Mütter ist zwar deutlich niedriger als bei den zuvor erwerbstätigen Frauen folgt aber genau wie bei diesen dem Muster der Höchstdauer des Erziehungsurlaubs. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass die gesetzliche Regelung von Freistellungszeiten zur Kinderbetreuung im öffentlichen Bewusstsein weit über den eigentlich betroffenen Personenkreis hinaus eine Verhaltensnorm verankert, die den gesellschaftlich anerkannten Zeitrahmen festlegt, innerhalb dessen erwartet wird, dass Mütter ihre Kinder selbst betreuen. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs durch das Erziehungsgeld begleitet wurde, das als erwerbsunabhängige Transferleistung auch an Frauen ausgezahlt wurde, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren. Daneben ist aber auch feststellbar, dass sich die Erwerbsbeteiligung von Müttern im Zuge der Reformschritte auch über die reine Erwerbsunterbrechung hinaus verändert hat. Zwar schränken Frauen weiterhin oft schon vor, spätestens aber mit der Familiengründung den Umfang ihrer Erwerbsbeteiligung stark ein und müssen dementsprechend auch deutliche Einkommenseinbußen hinnehmen, allerdings haben sich diese Zusammenhänge im Zeitverlauf leicht abgeschwächt. Im Zuge der Reformen ist die jährliche Arbeitszeit von Frauen nach dem Wiedereinstieg in den Beruf angestiegen, insbesondere da die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels von Vollzeit- in Teilzeitbeschäftigung gesunken und die Kontinuität der Erwerbsbeteiligung über das Jahr angestiegen ist. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass vor Einführung des Erziehungsurlaubs westdeutsche Frauen nach einer Geburt ihren Erwerbsumfang um durchschnittlich etwa 40 Prozent reduziert haben. Im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen hat sich der Effekt der Familiengründung auf die Arbeitszeit auf etwa 20-30 Prozent Arbeitszeitreduktion pro Kind verringert, ohne dass Mütter allerdings langfristig den Arbeitsumfang, den sie vor der Geburt hatten, wieder erreichen. Mit dem aufgrund der Familiengründung verringerten Erwerbsumfang ist ein entsprechend geringeres Erwerbseinkommen von Müttern verbunden. Auch
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in den differenziertesten Analysen zeigt sich nach der Familiengründung für westdeutsche Mütter ein dauerhafter Einkommensverlust von durchschnittlich mindestens etwa 10-15 Prozent je Kind im Vergleich zu kinderlosen Frauen. Entsprechend zu den Ergebnissen für die Entwicklung der Arbeitszeit zeigt sich aber auch in Bezug auf das Erwerbseinkommen von Müttern, dass es durch die Einführung des Erziehungsurlaubs zu einer leichten Verringerung des familienbedingten Einkommensverlustes von Frauen gekommen ist. Nach der optimistischsten Schätzung verringert sich der Einkommensverlust infolge der Familiengründung von anfänglich noch gut 30 Prozent je Kind im Verlauf der Reformschritte um etwa 10 Prozentpunkte, nach anderen Ergebnissen fällt der positive Reformeffekt jedoch deutlich kleiner aus. Die Tatsache, dass der positive Effekt des Erziehungsurlaubs zum Teil wieder auf die geringere Wahrscheinlichkeit von Müttern, bei der Rückkehr in den Beruf auf einen Teilzeitarbeitsplatz zu wechseln, zurückzuführen ist, zeigt dass die leichte Erhöhung des Arbeitsumfangs auch hinter den leicht verbesserten Einkommensaussichten steht. Schließlich wurde theoretisch noch erwartet, dass der gesetzliche Erziehungsurlaub auch dazu beiträgt, dass berufliche Karrieren von Müttern insgesamt positiver verlaufen. Durch den Kündigungsschutz des Arbeitsverhältnisses während des Erziehungsurlaubs sollte zum einen das Risiko beruflicher Abwärtsmobilität beim Wiedereinstieg in den Beruf minimiert, und die Lohnverluste aufgrund von Familiengründung verringert werden, da durch die Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber berufs- und arbeitgeberspezifisches Humankapital von Frauen über die Kindererziehungsphase hinaus erhalten wird. In Bezug auf die berufliche Mobilität von Frauen zeigen die empirischen Ergebnisse allerdings, dass sich in der Bundesrepublik im Unterschied etwa zu den angelsächsischen Ländern durch die Geburt eines Kindes die Wahrscheinlichkeit eines Berufswechsels nicht erhöht, so dass auch das Risiko beruflicher Statusmobilität aufgrund von Mutterschaft vernachlässigbar gering ausfällt. Aufgrund der starken Kopplung an den Ausbildungsberuf ist der Zusammenhang zwischen Familiengründung und Berufsposition für Frauen in Deutschland nur sehr schwach ausgeprägt, so dass auch die Einführung des Erziehungsurlaubs an diesem ohnehin schwachen Zusammenhang nichts mehr verändert hat. In den Ergebnissen zu den Lohnverläufen von Frauen zeigen sich jedoch deutliche Effekte der Mutterschaft, so dass sich die Karrierenachteile von Frauen in der Bundesrepublik offensichtlich innerhalb von Berufsfeldern durch eine infolge der Mutterschaft verlangsamte Karriereentwicklung ergeben. Die empirischen Analysen ermitteln einen durchschnittlichen Lohnverlust von etwa 10 bis 15 Prozent je Kind, der im weiteren Karriereverlauf von Müttern auch nicht mehr aufgeholt werden kann. Allerdings zeigen die Analysen auch, dass die Einführung des Erziehungsurlaubs die Lohnverluste, die sich aus der Mutter-
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schaft ergeben, im Zeitvergleich um etwa ein Drittel verringert hat. Dieser Effekt kann direkt auf die berufliche Freistellung zurückgeführt werden, da er direkt bei Einführung des Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 auftritt. Allerdings bleibt die Lohnentwicklung von Müttern auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs mit jedem Kind um dauerhaft 5 bis 10 Prozent hinter der Lohnentwicklung von kinderlosen Frauen zurück, so dass auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs erhebliche ökonomische Opportunitätskosten einer Familiengründung verbleiben, selbst wenn der direkte Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt in der Regel auf berufliche Positionen erfolgt, die der Beschäftigung vor der Familienphase vergleichbar sind. Reformeffekte auf die Geschlechterungleichheit im Arbeitsmarkt Die Ergebnisse der hier vorgelegten empirischen Analysen hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck in Bezug auf die Entwicklung der Geschlechterungleichheit im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen. Auf der einen Seite sprechen die Ergebnisse dafür, dass mit den Erziehungsurlaubsregelungen tatsächlich eine leichte Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht wurde, da die Arbeitszeit von Müttern nach dem Wiedereinstieg leicht angestiegen und die Einkommens- und Lohnnachteile, die sich infolge der Familiengründung ergeben, durch die Einführung des Erziehungsurlaubs leicht zurückgegangen sind. Andererseits zeigen die empirischen Analysen auch, dass die Dauer kindbedingter Erwerbsunterbrechungen im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen deutlich zugenommen hat, da insbesondere sehr kurze Erwerbsunterbrechungen selten geworden sind. Letztlich könnte man argumentieren, dass bereits die ausbleibenden Reformeffekte auf die Fertilitätsrate andeuten, dass sich aus Sicht der Frauen durch den Erziehungsurlaub die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundesrepublik nicht eindeutig positiv verändert haben. Dass diese Einschätzung auch durch die vorliegenden Analysen bestätigt wird, zeigt Abbildung 9.1, in der die aus den Regressionsschätzungen vorhergesagten Einkommenskosten der Familiengründung für eine durchschnittliche 40-jährige westdeutsche Frau dargestellt sind. Zur Vorhersage der Einkommensverluste infolge der Familiengründung und der Wirkungen des Erziehungsurlaubs wurden jeweils die Hauptergebnisse der Analysen aus Kapitel 5-8 herangezogen. Die Abbildung 9.1 zugrunde liegenden Berechnungen konstruieren dabei den bis zum Alter von 40 Jahren entstehenden Einkommensverlust für eine durchschnittliche Frau, die ihre komplette Fertilitätsbiographie jeweils unter den Bedingun-
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Kosten der Familiengründung (Jahre)
Abbildung 9.1: Ökonomische Kosten der Familiengründung nach Reformphasen, 40-jährige Frauen 7.0 6.0 5.0 4.0
kumulierte Erwerbsbeteiligung
Lebenseinkommen
3.0 2.0 1.0
kumulierter indirekter Lohneffekt
kumulierter direkter Lohneffekt
0.0 1979-85
1986-87 1988-5/89 6/89-5/90
6/90-91
1992-00 2001ff. Reformphase
Anmerkung: simulierter durchschnittlicher Einkommensverlust unter Verwendung der Regressionsschätzungen aus Tabelle 5.1, Abbildung 6.11 und 6.12, Tabelle 7.2 und 8.10 (jeweils Modelle mit über den Erwerbsverlauf konstanten Reformeffekten).
gen einer der sieben Reformphasen erlebt hat. Zur Vereinfachung der Vorhersage wurden in den Berechnungen generell zeitkonstante Effekte der Mutterschaft bzw. des Erziehungsurlaubs auf Arbeitszeiten und Stundenlöhne unterstellt. Abbildung 9.1 zeigt, dass sich unter diesen Annahmen für eine durchschnittliche 40-jährige Frau in den 1980er Jahren durch die Familiengründung ein kumulierter Einkommensverlust von gut 4 Erwerbsjahren ergeben hat, d.h. das kumulierte Erwerbseinkommen einer durchschnittlichen Mutter um 4 Jahreseinkommen hinter dem kumulierten Erwerbseinkommen einer kinderlosen Frau gelegen hat. Dieser Wert hat sich durch die Einführung und Ausweitung des Erziehungsurlaubs bis Anfang der 1990er Jahre nur erstaunlich geringfügig verändert. Erst mit der 1992 erfolgten Einführung des dreijährigen Erziehungsurlaubs steigt der Einkommensverlust auf über 5 Jahre an, und nach der Reform des Jahres 2001 sogar auf (stark extrapolierte) 7 Jahre. Nimmt man den Rückstand des Erwerbseinkommens von Müttern als den Lackmustest der Geschlechterungleichheit im Arbeitsmarkt, dann spricht die hier vorgelegte Analyse dafür, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit der Einführung des Erziehungsurlaubs insgesamt nicht zum Positiven verändert, und mit der Ausweitung auf den dreijährigen Erziehungsurlaub sogar deutlich negativ entwickelt hat.
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Indem in Abbildung 9.1 die Einkommenseffekte der kumulierten Erwerbsbeteiligung, sowie des direkten und indirekten Lohneffekts der Familiengründung dargestellt sind, kann die Ursache dieser Entwicklung deutlich gemacht werden. Durch den Erziehungsurlaub deutlich positiv beeinflusst wurden die direkten Lohnnachteile infolge der Mutterschaft, die vor Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 1) immerhin gut ein Jahr des Einkommensnachteils erklärten, mittlerweile aber nur noch etwa ein Drittel eines Jahreseinkommens ausmachen. Bereits vor Einführung des Erziehungsurlaubs war jedoch der Rückstand von Müttern in der Erwerbsbeteiligung der deutlich bedeutsamere Faktor zur Erklärung ihres Einkommensrückstands, und im Zuge der Erziehungsurlaubsreformen hat sich die zurückgehende Erwerbsbeteiligung von Müttern deutlich negativ bemerkbar gemacht. In der kumulierten Erwerbsbeteiligung zeigen sich zwei deutliche Sprünge, einmal direkt bei Einführung des Erziehungsurlaubs (Phase 2) und dann bei Einführung des dreijährigen Anspruchs (Phase 6), die jedes Mal mit zusätzlichen Einkommensnachteilen verbunden waren. Oder anders ausgedrückt hat in beiden Fällen der Effekt der Verlängerung der Unterbrechungsdauer den Effekt der Stabilisierung der Arbeitszeit nach dem Wiedereinstieg überwogen, so dass Mütter in ihrem Erwerbsumfang weiter zurückgefallen sind. Hinzu kommt noch, dass durch die Ausweitung auf den dreijährigen Rechtsanspruch auch die indirekten Lohnkosten angestiegen sind, die sich als Opportunitätskosten aus den während einer Erwerbsunterbrechung nicht realisierten Lohnzuwächsen ergeben. Schlussfolgerungen Ungeachtet tiefgreifender Veränderungen der privaten Lebensziele und Lebensformen ist es der deutschen Familienpolitik in den 1970er Jahren nicht gelungen, ihre Instrumente im Hinblick auf eine stärkere Erwerbstätigkeit von Frauen und Müttern weiterzuentwickeln. Ganz im Gegenteil hat die Einführung des Bundeserziehungsurlaubs Mitte der 1980er Jahre die traditionell konservative Ausrichtung der deutschen Familienpolitik weiter bekräftigt. Die auch im internationalen Vergleich ungewöhnlich lange Erwerbsfreistellung von mittlerweile drei Jahren setzt im Zielkonflikt zwischen Familie und Beruf eindeutig auf das Modell einer Phasenerwerbstätigkeit von Frauen. Flankiert von familienpolitischen Transferzahlungen wie dem Kinder- und Erziehungsgeld, der steuerlichen Begünstigung von Alleinverdienerehen durch das Ehegattensplitting und der kostenlose Mitversicherung von Familienmitgliedern im Sozialversicherungssystem, die als Maßnahmenbündel die Erwerbstätigkeit beider Elternteile nicht notwendig machen, und dem nur rudimentär entwickelten öffentlichen Betreuungsangebot für
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Kleinkinder begünstigt der dreijährige Erziehungsurlaub die systematische Ausgliederung von Müttern aus dem Arbeitsmarkt. Zwar hatte die Bundesregierung bei Einführung des Gesetzes auf die größere Wahlfreiheit für Eltern hingewiesen, die durch den Erziehungsurlaub geschaffen würde, die Ergebnisse der hier vorgelegten Analysen sprechen allerdings dafür, dass die Einführung eines Erziehungsurlaubs ohne gleichzeitigen Ausbau der Betreuungsinfrastruktur kein neutrales politisches Instrument ist, das die Wahl zwischen gleichwertigen Vereinbarkeitsoptionen ermöglicht, sondern ganz im Gegenteil die traditionelle Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern zementiert. Auch wenn die familienpolitischen Institutionen die individuellen Entscheidungen von Paaren nicht determinieren, so setzen sie dennoch die Realisierungschancen alternativer Lösungen herab bzw. erhöhen im Gegenzug deren jeweilige Transaktionskosten für Eltern. Die mit Einführung des Erziehungsurlaubs weiter verstärkte einseitige institutionelle Privilegierung der Phasenerwerbstätigkeit führt in der Bundesrepublik dazu, dass nach der Geburt eines Kindes die überwiegende Mehrheit der Frauen ihre Erwerbstätigkeit für eine vergleichsweise lange Zeit unterbrechen. Zudem lassen die mangelnde Kinderbetreuungsinfrastruktur, die jede Gleichzeitigkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit faktisch unmöglich macht, familienpolitische Transferzahlungen und die typischen Einkommensunterschiede zwischen Partnern die Unterbrechung durch den geringer verdienenden Partner, d.h. in der Regel durch die Mutter, für Familien individuell rational erscheinen. Die nach wie vor asymmetrische Zuweisung der Kinderbetreuung als Aufgabe von Müttern führt dazu, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor als Problem von Frauen und nicht etwa als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen wird. Die Arbeitsmarktposition und Einkommenschancen von Männern sowie die Planungen der Unternehmen bleiben von dem Zeitbedarf von Kindern und den Eventualitäten des Familienalltags unbeeinflusst und unterstehen somit auch keinem Veränderungs- oder Anpassungsdruck. Die empirischen Ergebnisse dieser Arbeit zeigen dementsprechend, dass der Erziehungsurlaub nicht nur fast ausschließlich von Frauen wahrgenommen wird, sondern auch von nahezu allen zuvor erwerbstätigen Frauen beansprucht wird. Dabei füllt der Erziehungsurlaub im Einklang mit den ursprünglichen politischen Zielsetzungen die Betreuungslücke bis zum Kindergartenalter durch die familiale Eigenbetreuung des Kindes, die fast ausschließlich durch die Mütter geleistet wird. Deren Unterbrechungsverhalten korrespondiert nach den hier vorgelegten Analysen in hohem Maße mit der jeweiligen Anspruchshöchstdauer der gesetzlichen Regelungen, so dass der Erziehungsurlaub sich auch im internationalen Vergleich als familienpolitische Maßnahme erweist, die Mütter besonders lange und effektiv aus dem Arbeitsmarkt ausgliedert. Durch die ausschließliche Inan-
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spruchnahme des Erziehungsurlaubs durch die Mütter gehen selbstverständlich auch die durch die Erwerbsunterbrechung entstehenden langfristigen Karrierenachteile, die zudem mit dem Qualifikationsniveau der Mütter ansteigen, ausschließlich zu Lasten von Frauen. Und auch wenn der Kündigungsschutz während des Erziehungsurlaubs eine formal nachteilsfreie Unterbrechung zugunsten der Kinderbetreuung verspricht, zeigen die empirischen Ergebnisse, dass dieser Anspruch nur bedingt eingelöst werden kann. Auch durch eine institutionalisierte Form der Erwerbsunterbrechung können die Karrierefolgen von Humankapitalverlust und die Gefahr einer statistischen Diskriminierung von Müttern nach einer Kinderbetreuungsphase bei weitem nicht vollständig neutralisiert werden. Auch nach Einführung des Erziehungsurlaubs kann also von einem echten Phasenerwerbsmodell, in dem Mütter nach der Familienphase wieder mit unveränderten Karriereaussichten in den Beruf zurückkehren, nicht die Rede sein. Zum deutlichen Rückgang der Erwerbsbeteiligung und damit der Einkommenschancen von Müttern kommt es nicht zuletzt deshalb, weil auch ein stark ausgeweiteter Anspruch auf Erziehungsurlaub allein die Vereinbarkeitsproblematik von Kindererziehung und Erwerbsarbeit nicht entschärfen kann. Spätestens nach Ablauf der Freistellung erweist sich der Zielkonflikt erneut als ungelöst. Halbtagsorientierte Kindergarten- und Schulzeiten, die mit üblichen Arbeitszeiten nur schwer vereinbar sind, drängen Mütter zu längeren Erwerbsunterbrechungen, in mütterfreundliche Beschäftigungsverhältnisse, die mit der Kinderbetreuung und -erziehung vereinbar sind, und in Teilzeitarbeitsplätze. Offensichtlich wirkt sich die fehlende Betreuungsinfrastruktur unmittelbar auf die Beschäftigungschancen von Müttern aus, was sich zusammen mit der sehr langen Dauer von Erwerbsunterbrechungen als dauerhaft nachteilig für den Karriereverlauf von Müttern erweist. Während die einseitige Konzentration der deutschen Familienpolitik auf den Erziehungsurlaub die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung zementiert hat, ist Vereinbarkeit im Sinne von einer Gleichzeitigkeit von Familie und Beruf nicht gelöst. Dass dies kein gesellschaftliches Zukunftsmodell ist, hat in jüngster Zeit auch die Politik erkannt. Die Bundesregierung vollzieht dabei eine scharfe Kehrtwende ihrer jahrzehntelang konservativ ausgerichteten Familienpolitik. Mit dem Elterngeld wurde dabei 2007 erstmals eine familienpolitische Transferleistung eingeführt, bei der die Lohnersatzfunktion im Vordergrund steht (Bundesministerium für Familie 2008a). Da Eltern im Rahmen der Elternzeit 67 Prozent ihres vorherigen Erwerbseinkommens erhalten, wird die finanzielle Abhängigkeit von Frauen während der Familienphase nachhaltig reduziert, und es werden zudem gleichzeitig erstmals starke finanzielle Anreize für eine Männerbeteiligung an der Kindererziehung gesetzt. Ein weiterer, deutlich gleichstellungspolitischer Akzent dieser Maßnahme stellen die sogenannten Partnermonate dar.
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Dabei verlängert sich der Bezug des Elterngeldes um maximal zwei zusätzliche Monate, wenn sich die Eltern die Kinderbetreuung teilen und der jeweils nebenbetreuende Partner ebenfalls mindestens zwei Monate der Elternzeit in Anspruch nimmt. Die Bundesregierung sieht diesen Politikwandel als deutliches Signal für die gemeinsame elterliche Verantwortung sowohl für die Bestreitung des Lebensunterhalts als auch für die Kindererziehung und –betreuung. Gleichzeitig wird durch die Bundesregierung anerkannt, dass Frauen auch mit Kind berufstätig bleiben und eine simultane Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich sein muss (Bundesministerium für Familie 2008a). Erste Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen auch tatsächlich dafür, dass das neu gestaltete Elterngeld Vätern einen Anreiz, und gegenüber ihren Arbeitgebern und Kollegen auch die Legitimation verschafft, sich stärker an der Kinderbetreuung zu beteiligen. So lag der Anteil der Väter, die Elterngeld bezogen haben, bereits ein halbes Jahr nach dessen Einführung bei etwa 10 Prozent, womit sich der Väteranteil in der Elternzeit sprunghaft beinahe verfünffacht hat. Darüber hinaus nimmt sich die Bundesregierung in jüngster Zeit verstärkt auch dem Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen an. Neben der Förderung zum Ausbau von Ganztagsschulen ist erstmals auch die Tagesbetreuung für Kleinkinder in den Fokus des politischen Interesses gerückt (Bundesministerium für Familie 2008c, b). Lag die Verantwortung für Bildung, Betreuung und Erziehung von Kinder unter drei Jahren bislang ausschließlich bei den Eltern, erkennt die Bundesregierung die Bedeutung von öffentlichen Krippenplätzen für die Entwicklung der Kinder, aber auch zur Förderung der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an (Bundesministerium für Familie 2006a). Dabei haben Bund und Länder einen bedarfsgerechten Ausbau der öffentlichen Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder vereinbart, dessen erklärtes Ziel die Einführung eines Rechtsanspruchs für berufstätige Eltern ab dem Jahr 2013 ist. Inwieweit diese Maßnahmen für eine gerechtere Lastenverteilung der Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen einerseits und Eltern und der Gesellschaft andererseits ausreichen werden, werden die Ergebnisse zukünftiger Forschung zeigen.
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