Gilmore Girls Hochzeitspläne Band 2 Erscheinungsdatum: 2004 Seiten: 150 ISBN: 3802532465 Amazon-Verkaufsr.: 1659 Durchsc...
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Gilmore Girls Hochzeitspläne Band 2 Erscheinungsdatum: 2004 Seiten: 150 ISBN: 3802532465 Amazon-Verkaufsr.: 1659 Durchsch. Kundenbew.: 5/5 Scanner: Crazy2001 K-leser: klr CCC C C C
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AAA ZZZZZ Y Y A A Z Y Y AAAAA Z Y A A Z Y A A ZZZZZ Y 2004
Dieses E-Book ist Freeware und somit nicht für den Verkauf bestimmt.
Trubel bei den Glimore Girls: Als Lorelai den Heiratsantrag ihres Freundes Max annimmt, schmiedet Rory, ihre Tochter und gleichzeitig beste Freundin, begeistert Pläne. Ein Mann im Haus ist schließlich auch nicht verkehrt! Und das ganze Dorf steht Kopf, sind die beiden doch berühmt für ihre rauschenden Feste. Aber passt der Bund fürs Leben wirklich zur taffen Lorelai? Doch damit nicht genug. Für ihren Traum, in Harvard zu studieren, muss Rory eine Menge investieren, Selbstzweifel inklusive. Wen wundert es da, dass sich ihr Freund Dean vernachlässigt fühlt? Und dann droht auch noch ihre Freundin Lane auf Nimmer-wiedersehen zu verschwinden! Doch Rory wäre nicht Rory, wenn sie sich davon unterkriegen ließen. Und eine Person in ihrem Leben ist immer für sie da - hundertprozentig.
Catherine Clark
Gilmore Girls HOCHZEITSPLÄNE
Roman Aus dem Amerikanischen von Thomas Ziegler
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Der Roman »Gilmore Girls – Hochzeitspläne« entstand auf der Basis der gleichnamigen Fernsehserie von Amy Sherman-Palladino, produziert von Warner Bros, ausgestrahlt bei VOX.
Erstveröffentlichung bei Harper Collins Publishers, Inc. New York 2002. Titel der amerikanischen Originalausgabe: Gilmore Girls. I do, don’t?
Copyright © 2004 Warner Bros. GILMORE GIRLS, characters, names and all related indicia are trademarks of and ©Warner Bros. All Rights Reserved. ™ ©Warner Bros. (s03)
© der deutschsprachigen Ausgabe: Egmont vgs Verlagsgesellschaft Köln, 2004 Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Almuth Behrens Produktion: Wolfgang Arntz Umschlaggestaltung: Sens, Köln Senderlogo: ©VOX 2004 Titelfoto: © 2004 Warner Bros. Satz: Hans Winkens,Wegberg Printed in Germany ISBN 3-8025-3246-5
Besuchen Sie unsere Homepage: www.vgs.de
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1 Der Zauberer von Oz ist ein Klassiker. Ich weiß es, Sie wissen es, die Pink-Floyd-Fans wissen es. Haben Sie je von »The Dark Side of the Rainbow« gehört? Begeisterte Fans der Band haben eine interessante Entdeckung gemacht: Lässt man das Album Dark Side of the Moon und den Film gleichzeitig laufen und beginnt mit der Musik, sobald der MGM-Löwe sein drittes Brüllen von sich gegeben hat dann scheint das Album als Soundtrack für den Film produziert worden zu sein. Zu den Zufällen gehören, dass die bimmelnden Glocken von Time in dem Moment einsetzen, in dem Almira Gulch (auch als Hexenlady bekannt) mit ihrem Fahrrad eintrifft, und das Gitarrensolo von Great Gig in the Sky passt perfekt zu der Tornadoszene. Das Album endet gerade dann, als Dorothy ihren Kopf an die Brust des Zinnmannes legt und Sie aus Ihrer Stereoanlage das Pochen von laut schlagenden Herzen hören. Das Ganze ist wirklich sehr cool, und ich wurde natürlich von meiner besten Freundin darauf aufmerksam gemacht, dem größten hiesigen Musikfreak Lane Kim. Meine andere beste Freundin ist Lorelai Gilmore. Meine Mom. Sie hatte definitiv auch ihren Anteil an meiner Begeisterung für den Zauberer von Oz. Won ihr stammt nämlich mein erstes Buch über die Abenteuer von Dorothy und Toto – jenes gleichnamige Buch, auf dem auch der Film basierte. Es war nur passend, dass ich wegen meiner Mom diesen abgedrehten Zauberer von Oz-Flashback hatte. Ich war völlig von gelben Gänseblümchen umgeben. Unser Wohnzimmer war voll von ihnen, und ich war sicher, dass ein geflügelter Affe mich abholen und zur Smaragdstadt bringen würde. Mom hätte die Story wahrscheinlich gefallen, aber sowie ihr der »geflügelte Affe« zu Ohren gekommen wäre, hätte sie sich stundenlang den Bauch gehalten vor Lachen. Daher entschloss ich mich, diesen Gedanken für mich zu behalten, und kehrte wieder an meine Arbeit zurück.
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Außerdem wollte ich sie nicht stören. Sie war gerade dabei, einem Mann an der Haustür eine Menge Blumen in die Arme zu drücken. Als er völlig überladen ging, schloss sie die Tür, wanderte durchs Zimmer, sammelte weiter Blumen ein und arrangierte sie neben der Haustür. »Welches Baujahr ist der Wagen von Max?«, fragte ich. Max Medina. Der Mann, der für all die Blumen rund um mich herum verantwortlich war. Früher bekannt als einer meiner Lehrer in Chilton und derzeit der Mann, der meiner Mom am vergangenen Abend einen Heiratsantrag gemacht hatte. »Ein 65er-Mustang«, antwortete Mom. »Gutes Jahr«, meinte ich und schrieb es auf den Notizblock, den ich in der Hand hielt. Für einen kurzen Augenblick wandte sich Mom von ihren Blumen ab. »Was machst du da?« »Ich erstelle gerade Lorelai Gilmores >Soll ich Max Medina heiraten?<-Pro-und-Kontra-Liste.« »Oh, gut, noch eine Liste.« Sie hatte sich gerade wieder ihren Blumen gewidmet, als eine Gruppe von Damen in der Tür erschien. »Komme ich zu spät für ein paar Gänseblümchen?«, fragte eine von ihnen. »Nein, nein. Greifen Sie ruhig zu«, erwiderte Mom. »Sie wird gerade richtig spannend«, fuhr ich fort. »Glaube ich dir sofort«, meinte Mom, während sie der Frau beim Zusammenstellen der Blumen half. Ich las meine Liste vor. »Pros. Eine akademische Karriere, ein exzellenter Wortschatz, extrem klug, exzellente Sammlung von Erstausgaben, umfangreiches Wissen über berühmte Frauen in der Literatur…« »Oh, mein Gott, das klingt ja wie für dich gemacht«, rief Mom, als eine weitere Gruppe von Leuten durch die Tür kam. »Kommen Sie herein. Bedienen Sie sich«, forderte sie sie auf. Ich las weiter meine Liste vor. »Witzig, guter Koch, exzellente Zuckertoleranz, riecht gut, duscht regelmäßig,
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öffnet Türen, rückt Stühle zurecht….« »Rettet jeden Tag Kätzchen aus brennenden Gebäuden. Trägt einen schönen roten Umhang und eine schöne rote Strumpfhose…« Bla bla bla wollte sie in Wirklichkeit sagen. »Jetzt mach mal halblang, unter Kontra steht bei mir nämlich gar nichts«, erklärte ich. »Er hat aber noch diese Elefantenboxershorts, und die gehören definitiv zu Kontra«, erklärte Mom. »Die zählen nicht.« »Der Rüssel bewegt sich.« »Okay, das zählt. Und danke übrigens, dass du dafür gesorgt hast, dass ich meinen Englischlehrer bis an mein Lebensende nicht mehr ansehen kann.« »Gern geschehen.« »Doch selbst mit dieser gruseligen Tierunterwäsche erringen die Pros einen Erdrutschsieg… du weißt, was das heißt.« »Rory, ich lasse doch keine Liste darüber entscheiden, ob ich heirate oder nicht. Das ist die wichtigste Entscheidung in unser beider Leben – und die können wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Also wirf eine Münze oder hole die verdammte Achterkugel heraus.« Da kam Kirk in seiner Postbotenuniform herein. Die Arbeit im örtlichen Postamt ist nur einer seiner vielen Jobs in Stars Hollow. »Ich soll Blumen für das Postamt holen«, sagte er. »Ja, Kirk, komm rein«, nickte Mom. »Du weichst mir aus«, ließ ich sie wissen. »Und du nervst deine Mutter.« Kirk sah sich um. »Ist das die ganze Auswahl?« »Ich fürchte ja«, bestätigte Mom. Er sah sich erneut um und nahm dann ein paar Blumen. »Das wird genügen müssen.« Ich setzte meinen Feldzug fort. »Max ist perfekt für dich. Er macht dich glücklich. Und das macht mich glücklich. Außerdem finde ich es nicht schlecht, zur Abwechslung mal einen Gilmore-Kerl im Haus zu haben.«
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»Er nimmt also meinen Namen an?« »Natürlich.« »Gut, wäre ja auch zu schade um das Bild in meinem Führerschein.« »Mom…« »Rory, ich versuche nur verantwortungsbewusst zu sein, okay?« »Entschuldige, Lorelai«, unterbrach Kirk. »Ich muss dich mal etwas fragen. In der Stadt geht das Gerücht um, dass du heiraten wirst. Ist das wahr?« »Ich weiß es noch nicht, Kirk«, antwortete Mom. »Weil … meine Mom hat meinen Dad geheiratet, und dabei ist nichts Gutes herausgekommen«, fuhr Kirk fort. »Wirklich?« »Das totale Desaster an allen Ecken und Enden. Ich kann dir nur davon abraten.« »Danke, dass du mir das anvertraut hast, Kirk.« »Information ist unsere stärkste Waffe«, meinte Kirk, als er mit Blumen beladen durch die Tür ging. Mom wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, aber ich wollte viel lieber mit ihr über Max sprechen. Sie ignorierte mich weiter, sodass ich schließlich zu ihr hinüberging und ihr den Block vor die Nase hielt. »Hey.« »Zisch ab.« »Jetzt guck doch mal.« »Nein.« »Okay, hör zu, ich versuche nur, all deine Argumente aufzuschreiben, damit du die rationalste, verantwortungsvollste Entscheidung treffen kannst, die möglich ist. Und es gibt nur einen Weg, das zu tun – du musst diese Liste nehmen, dich hinsetzen und versuchen, ein Kontra zu finden.« »Rory, ich erwarte Kunden…« »Um die Blumen kümmere ich mich. Du konzentrierst dich auf die Liste.« »Na schön.« Mit einem Seufzer nahm sie Platz und
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begutachtete die Liste, während ich weitere Blumen einsammelte und sie zur Tür trug. Plötzlich setzte sie sich auf. »Er schnarcht«, erklärte sie. »Du auch«, rief ich ihr in Erinnerung. »Mist.« Sie runzelte die Stirn und starrte die Liste an. Als ich hinter ihr vorbeimusste, flüsterte ich ihr leise ins Ohr: »Und du heiratest doch.« Dann lächelte ich und widmete mich weiter den Blumen. Sie trommelte mit ihrem Kugelschreiber auf den Notizblock, legte diesen schließlich zur Seite und erklärte, das ganze Nachdenken habe sie hungrig gemacht. Ich stimmte zu, griff nach einem Blumenstrauß, und wir wandten uns zum Gehen. Wir gingen durch die Stadt, und überall wurde man an Max’ Heiratsantrag erinnert. Gelbe Gänseblümchen auf dem Marktplatz, im Pavillon, in den Haaren der Kinder, sogar am Lenker eines Fahrrads, das an uns vorbeikam. Als ob ich einen Grund brauchte, um weiter über die Hochzeit zu reden… »Ihr solltet in Italien heiraten«, entschied ich. »Viel zu weit weg. Ändert auch nichts am Thema«, sagte sie. »Ist doch viel los auf der Welt.« »Auf dem Balkan zum Beispiel.« »Das ist eine Ewigkeit her. Guck mal in die Zeitung.« »Iiih. Davon bekomme ich nur schwarze Hände.« »Oh!«, fiel mir plötzlich ein. »Du solltest mit einem riesigen Strauß von etwas, das wirklich gut riecht, zum Altar gehen. Und dazu Musik von Frank Sinatra.« »Wie war’s mit Schmorbraten?«, schlug Mom mit einem Lächeln und einem verträumten Blick vor. »Und du solltest dein Haar hochstecken und einen langen Schleier tragen«, fügte ich hinzu. »Ugh. Ein anderes Thema bitte, Herr Quizmaster!«, erwiderte sie. »Warum willst du nicht darüber nachdenken?«, fragte ich. »Weil ich noch nicht entschieden habe, ob ich Ja oder Nein sage. Und bis dahin will ich nicht über Kleider und Blumen
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oder Tauben und Tüll fantasieren. Also Themenwechsel bitte«, forderte sie mich auf. Ich ignorierte sie. »Ich denke, die Brautjungfern sollten selbst entscheiden, welche Kleider sie tragen.« »Erinnerst du dich noch an All in the Family? Immer wenn Edith über irgendetwas quatscht und Archie so tut, als würde er sich eine Schlinge um den Hals legen oder sich einen Kopfschuss verpassen?« »Ja?« »Ich weiß nicht. Irgendwie ist mir das gerade in den Sinn gekommen.« »Schön, bin schon fertig. Ich bringe die noch zu Lane«, sagte ich und hielt den Strauß Gänseblümchen hoch. »Okay. Wir treffen uns bei Luke«, rief Mom mir nach, als ich davonrannte. »Okay, bring mir bitte eine Zeitung mit.« »Aber du weißt doch, meine Hände!« Ich durchquerte das Stadtzentrum und ging über den Bürgersteig zu Lanes Haus, in dem außerdem Kim’s Antiques untergebracht ist, das Geschäft ihrer Eltern. Im Vorgarten standen Möbel zum Verkauf. Als ich mich dem Haus näherte, sah ich Lane und ihre Mutter in der Tür stehen. Ich konnte sie streiten hören. Es gab so viele Dinge, die Lane vor ihren Eltern verheimlichte, dass ich mich fragte, was wohl jetzt wieder los war. »Nein!«, sagte Mrs. Kim entschlossen. »Welcher Zeitraum?«, fragte Lane ihre Mutter. »Schluss jetzt«, erwiderte Mrs. Kim. »Aber Mom, bitte sag es mir!« »Das ist nicht deine Sache. Es ist alles unter Kontrolle«, erklärte ihre Mutter. »Gib mir einfach einen Tipp!«, bat Lane. »Kinder wissen schon, was sie nach Meinung ihrer Eltern ertragen können«, sagte Mrs. Kim. »Tut mir Leid, war das der Tipp?« »Ich muss arbeiten«, sagte ihre Mutter abrupt und verschwand im Haus. Lane wollte ihr gerade folgen, als ich sie
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erreichte. »Hey, ich bringe dir ein paar Blumen von meiner Mutter«, sagte ich und hielt ihr den leuchtend gelben Strauß hin. »Danke«, nickte Lane. »Bist du okay?« »Nein, ich bin nicht okay«, wehrte sie ab. Ich beugte mich näher zu ihr. »Was ist los? Hat sie deinen CD-Brenner entdeckt?«, flüsterte ich. »Meine Mutter und mein Vater schicken mich im Sommer nach Korea, um meine Kusinen zu besuchen«, erklärte Lane. »Und?« »Sie schicken mich nach Korea und wollen mir nicht sagen, wann ich zurückkomme!«, rief Lane verzweifelt. »Was meinst du damit, sie wollen dir nicht sagen, wann du zurückkommst?« »Ich meine, sie haben mir ein einfaches Ticket gekauft«, sagte Lane. »Ohne Rückflug! Das Flugzeug fliegt nur hin und bleibt dort!« Sie ging im Haus auf und ab und wirkte ziemlich neben der Spur. »Bist du sicher?«, fragte ich und folgte ihr. »Ich habe die Fluggesellschaft angerufen, um es mir bestätigen zu lassen, und meine Eltern waren den ganzen Morgen in ihrem Zimmer und haben getuschelt. Und als meine Mutter herauskam, sah sie sehr glücklich aus. Sie hat gesummt. Ich schwöre, sie planen, mich für den Rest meines Lebens nach Korea zu schicken!«, rief Lane mit bebender Stimme. »Lane, komm schon«, mahnte ich. Sie übertrieb wohl etwas. »Das wird bestimmt genauso wie in diesem Sally-Field-Film, als ihr Mann sie mit in den Iran genommen hat und sie dann nicht mehr zurück durfte, nur dass ich kein Kopftuch tragen muss.« »Okay, beruhige dich«, sagte ich in dem Versuch, die Stimme der Vernunft zu sein. »Beruhigen? Hörst du mir überhaupt zu? Ich werde nach Korea deportiert!«
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»Ja, und ich denke, du reagierst etwas über.« »Oh, wirklich?« »Ja, ich meine ja nur, denk mal drüber nach. Vielleicht gibt es irgendein Sonderangebot bei der Fluggesellschaft, und deshalb ist es nur ein einfaches Ticket«, schlug ich vor. »Oder vielleicht haben sie sich noch nicht so genau mit deinen Kusinen abgesprochen. Oder es ist wegen dem Wetter oder einem Urlaub, von dem du nichts weißt, oder…« Als ich mich so reden hörte, ergab das Ganze wirklich keinen Sinn. »Wow, ich werde dich wirklich vermissen«, seufzte ich. »La-ane!«, rief Mrs. Kim. »Komm bitte mal her!« »Ich muss gehen.« Lane streckte den Arm aus und legte ihre Hand auf meine Schulter. »Du bist immer eine gute Freundin gewesen«, sagte sie theatralisch. Ich verabschiedete mich von Lane und war auf dem Weg zu meiner Verabredung mit Mom, als ich diese in eine Zeitschrift vertieft an Bootsys Zeitungskiosk stehen sah. Ich schlich mich von hinten an sie heran und stellte fest, dass sie sich ein Hochzeitsmagazin anschaute. »Was liest du da?«, fragte ich unschuldig. Sie zuckte zusammen. »Oh Gott, schleich dich nie wieder so an jemanden heran!« Sie schlug die Zeitschrift zu. »Instyle Weddings«, las ich lächelnd vor. »Sehr interessant.« »Nein, überhaupt nicht interessant«, widersprach Mom. »Waren ein paar Tipps dabei?«, fragte ich. »Ja«, erwiderte sie. »Wir sollten öfter Kuchen essen.« Ich riss ihr die Zeitschrift aus den Händen. »Hey, Bootsy, ich nehme die hier«, erklärte ich und kramte in meiner Tasche nach Geld. »Oh nein«, protestierte Mom. »Ich… ich will auf keinen Fall…« »Das macht sechs Mäuse«, sagte Bootsy. »Lorelai«, ertönte Miss Pattys Stimme. Miss Patty, einer ehemaligen Broadwaytänzerin, gehört das Tanzstudio in der Stadt, und normalerweise gibt es nichts, was sie nicht weiß.
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Und was auch immer sie erfährt, bald weiß es die ganze Stadt. Sie trug eine Halskette aus gelben Gänseblümchen. »Oh, Jesses«, murmelte Mom. »Nun…«, setzte Miss Patty an und machte eine erwartungsvolle Pause. »Hi, Patty«, erwiderte Mom. Miss Pattys Blick fiel auf das Magazin, und ein breites Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Instyle Weddings! Sie haben Ja gesagt!« »Oh nein, noch nicht!«, protestierte Mom. Miss Patty zeigte auf mich. »Noch nicht! Sie hat noch nicht gesagt!« »Ich weiß«, nickte ich. »Ich bin auch noch hier«, erinnerte Mom uns. »Schätzchen«, sagte Miss Patty, »lassen Sie mich Ihnen einen Rat geben. Genießen Sie es, geliebt zu werden. Genießen Sie es, umgarnt zu werden. Genießen Sie es, diese Hose zu tragen, ohne dass sie aus allen Nähten platzt.« »In dieser Reihenfolge?«, vergewisserte sich Mom. »Ist er ein guter Mann?«, fuhr Miss Patty fort. Mom lächelte. »Oh ja, er ist ein toller Mann.« »Oh, ich liebe das! Ich liebe das einfach!«, rief Miss Patty. Dann senkte sie ihre Stimme. »Haben Sie Luke schon davon erzählt?« »Wovon?« »Von dem Antrag.« »Nun, nein, ich habe ihn ja erst gestern Abend bekommen«, erklärte Mom. Miss Patty starrte sie an. »Oh, Patty, hören Sie auf. Ich werde es ihm sagen«, versicherte Mom. »Es ist keine große Sache, wenn er es erfährt!« Miss Patty zuckte die Schultern. »Nun, ganz wie Sie meinen.« Sie wirkte nicht sehr überzeugt. »Nun, äh, zufällig sind wir auf dem Weg dorthin, um zu frühstücken, und dann sage ich es Luke«, versprach Mom.
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»Seien Sie rücksichtsvoll«, mahnte Miss Patty. »Patty! Ich und Luke sind…« »Nur Freunde«, flötete Miss Patty, als sie in Moms Standardspruch mit einfiel. »Ja, ja, ich weiß.« »Es stimmt«, bekräftigte Mom. »Okay, okay, gehen wir.« Sanft zog ich Mom von dem Zeitungskiosk weg in Richtung Luke’s Diner. »Es stimmt aber«, wiederholte Mom, als wir die Straße hinuntergingen. »Ich weiß«, nickte ich. »Was ist bloß mit dieser Stadt los?«, fragte Mom kopfschüttelnd. »Warum will mir niemand glauben?« »Sie glauben dir«, erklärte ich. »Hein, das tun sie nicht.« »Ich verspreche dir, dass sie dir glauben.« »Du willst mich besänftigen.« »Nur ein bisschen.« »Das gefällt mir aber ganz und gar nicht.« »Ich werde sehen, ob ich aufhören kann.« Da hörte ich Schritte und murmelnde Stimmen hinter uns. Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah, dass Miss Patty und halb Stars Hollow uns die Straße hinunter folgten. Mom und ich sahen uns an. Wir hatten fast das Luke’s erreicht, als wir beide stehen blieben und zu der Menge herumfuhren. Alle hörten sofort auf zu reden, schauten sich um und taten so, als wären sie uns nicht zwei Blocks weit gefolgt. »Ich kann es kaum erwarten, dass das Kino wieder eröffnet«, bemerkte Mom, als wir uns abwandten und das Lokal betraten. Wir setzten uns an einen kleinen Tisch an der Frontseite. »Hmm. Mal schauen, was gut aussieht«, sagte Mom, als sie nach der Speisekarte griff und versuchte, die Masse der Einheimischen zu ignorieren, die sich die Nase an der Fensterscheibe plattdrückte. »Ich habe so einen Hunger, dass ich Frühstück und Mittagessen auf einmal bestellen könnte. Verrückt, was?«
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Unbehaglich musterte ich die Horde draußen. »Mom, geh und sag es ihm.« »Das werde ich«, antwortete sie. »Jetzt.« »Warum?« »Weil die Scheibe’ diesem Ansturm nicht mehr lange standhält.« Mom drehte sich um und sah durch das Frontfenster. Miss Patty stand dort. Sie lächelte, winkte und zeigte Mom den nach oben gerichteten Daumen. »Das ist ja verrückt!«, stöhnte Mom. »Warum machen alle so ein großes Theater darum?« »Weil alle wissen, dass Luke etwas für dich übrig hat«, erklärte ich ihr. »Luke hat nichts für mich übrig!«, protestierte Mom. »Sag es ihm«, drängte ich. »Meine Güte, wir können kaum eine normale Unterhaltung führen, ohne uns gegenseitig den Kopf abzureißen.« »Sag es ihm.« »Alles an mir stößt diesen Mann ab. Mein Kaffeekonsum, meine Essgewohnheiten. Weißt du noch, wie ich ihn letzte Woche Ranger Bob genannt habe? Er hat mich dafür gehasst!« Sie sah zu Luke hinüber, der in seiner üblichen Kluft hinter der Theke stand: Jeans, ein Flanellhemd über einem T-Shirt, eine Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf. Ich schlug die Speisekarte auf. »Bestellst du mir einen Muffin, wenn du zu ihm gehst?« »Okay. Gut. Schön.« Sie stand von unserem Tisch auf und marschierte zur Theke. Ich tat einen Moment so, als würde ich die Speisekarte studieren, und versuchte, die Menge draußen zu ignorieren. Aber eigentlich brauchte ich keine Speisekarte. Das Luke’s ist unser Lieblingslokal, und es gibt dort fast alles, was unser Herz begehrt. Was soll ich sagen? Der Mann macht tolle Pfannkuchen, großartige Burger und einen noch besseren Kaffee. Ich blickte zu Mom und Luke hinüber, um festzustellen, wie es zwischen ihnen lief. Alles sah gut aus,
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und sie redeten miteinander, während Luke den köstlichen Kaffee machte. Plötzlich ertönte von draußen ein Schrei, und die Menge geriet in Bewegung. Ich drehte mich um, und sah Kirk auf dem Boden liegen. »Was ist denn jetzt los?«, fragte Mom, als sie mit zwei Tellern Blaubeermuffins in der Hand von der Theke zurückkam. »Kirk ist ohnmächtig geworden!«, erklärte ich ihr. »Hier ist dein Muffin«, sagte sie. »Danke. Wie hat er es aufgenommen?«, fragte ich, als ich ein Stück von dem Muffin abbrach. »Gut.« Mom zuckte die Schultern. »Er hat es gut aufgenommen.« Ich wandte mich wieder dem Fenster zu, um nach Kirk zu sehen. Ich schätze, die Nachricht von Moms Verlobung hatte ihn weit mehr getroffen als Luke.
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2 An diesem Abend fuhren wir wie jeden Freitag zum Haus meiner Großeltern, um dort zu essen. Dieses wöchentliche Treffen war eine Bedingung, die meine Großmutter Mom dafür gestellt hatte, dass sie das Schulgeld für Chilton bezahlten, die teure und exklusive Privatschule, die ich besuche. Meine Großeltern und Mom sind nicht immer gut miteinander ausgekommen, aber sie arbeiten daran. Ich jedoch habe ein gutes Verhältnis zu beiden, vor allem zu meinem Großvater. Wir teilen dieselben Interessen wie Reisen und Literatur und schauen immer nach vorne. Mom wirkte die ganze Hinfahrt lang geistesabwesend. Sie bog in die Auffahrt ein und parkte den Wagen neben dem Steinbrunnen vor dem Haus. Ich stieg aus, aber Mom schien irgendwie Schwierigkeiten zu haben. »Bist du okay?«, fragte ich und ging um den Wagen herum, um zu sehen, was los war. »Mir geht’s gut. Ich habe mich nur in der Handbremse verheddert«, erwiderte Mom und versuchte, den Riemen ihrer Handtasche zu befreien. »Wie hast du das denn geschafft?« »Mit einer schwungvollen Bewegung«, sagte sie, als es ihr endlich gelang, den Riemen freizubekommen. »Okay, ich hab’s. Gehen wir.« Sie schloss die Wagentür und verharrte dann. »Oh, mein Mantel!« Sie machte die Wagentür wieder auf. »Es ist ziemlich warm für einen Mantel«, meinte ich. »Nun ja, sobald ich in dieses Haus komme, tendiert es dazu, kühler zu werden«, erwiderte Mom. »Geht’s dir gut?«, fragte ich erneut, als sie ihren Mantel herausgeholt hatte. »Mir geht’s gut«, versicherte sie. Dann hob sie die Hand, die leer war. »Meine Schlüssel!« Sie ging zurück zum Auto und griff durch das Fenster nach den Schlüsseln.
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»Mom«, sagte ich und folgte ihr. Ich hatte sie noch nie so zerstreut erlebt. »Sie stecken im Zündschloss«, erklärte sie und zog die Schlüssel heraus. »Okay, ich hab sie. Gehen wir.« »Was ist los mit dir?« »Nichts«, behauptete sie, als wir uns endlich zur Vordertür des Hauses wandten. »Du hast dich unterwegs verfahren«, erinnerte ich sie. »Ich bin nur falsch abgebogen.« »Und das gleich sechsmal.« »Mein Selbsterhaltungstrieb funktioniert aber, Ladys und Gentlemen«, erwiderte Mom. »Und dann der Mantel und die Schlüssel und…« »Mir geht einiges durch den Kopf«, verteidigte sich Mom. »Die Sache mit Max?« »Nein, andere Sachen.« »Du lügst.« »Ich bin eben geheimnisvoll«, sagte sie. »So sind Frauen nun einmal.« »Mom.« »Oh, da ist ja schon die Klingel.« Sie streckte die Hand aus und drückte den Kopf. »Wie hübsch sie klingt.« »Weißt du was? Mich bringst du immer dazu, dir zu sagen, was ich denke«, beschwerte ich mich. »Ja, und die Lektion, die wir daraus gelernt haben, ist, dass du nie Spionin werden solltest!«, sagte sie, als sich die Tür öffnete. »Da seid ihr ja!«, sagte meine Großmutter mit einem breiten, strahlenden Lächeln. »Richard, sie sind da!«, rief sie glücklich über die Schulter. »Wundervoll!«, hörte ich meinen Großvater antworten. »Kommt rein, kommt rein, kommt rein!« Grandma faltete aufgeregt die Hände und lächelte uns weiter an. »Äh, besser nicht«, bemerkte Mom. Grandmas fröhlicher Gesichtsausdruck verblasste. »Warum?«
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»Weil ihr Rory Angst macht.« Grandma sah von mir zu Mom und lachte dann. »Oh, hör auf damit!« Sie nahm uns bei den Händen und zog uns beide ins Haus. »Kommt rein. Rory Angst machen. Du bist manchmal so albern.« Sie schloss die Haustür. »Ich hole euch etwas zu trinken. Leg deinen Mantel ab. Ach ja, habt ihr auch Hunger mitgebracht? Ich habe Antonia ein paar Roquefortbeutel machen lassen. Antonia, bring uns die Beutel!«, rief Grandma ihrem derzeitigen Hausmädchen zu. »Kommt, setzt euch, setzt euch«, sagte sie, bevor sie erneut »Richard!« schrie. »Sag nichts, bevor ich nicht da bin«, rief er aus seinem Arbeitszimmer. »Los, beeil dich!«, drängte Grandma ungeduldig. »Mom, was ist denn los?«, fragte Mom, als Grandma sich bei uns einhakte und uns ins Wohnzimmer zog. »Oh nein, die Nägel, die Nägel, die Nägel!«, beschwerte sich Mom, als sich Grandmas Fingernägel in ihren Arm bohrten. Mom und ich machten es uns auf dem Sofa gemütlich, während Grandma uns etwas zu trinken holte. »Nun, erzählt mir, was es bei euch Mädchen Neues gibt«, sagte Grandma. »Ah, nichts«, erwiderte Mom. »Hey, Grandma, was ist mit dir?«, fragte ich, als sie eine Flasche Champagner nahm. »Ist etwas Besonderes passiert?« »Nun, um ehrlich zu sein…«, setzte Grandma an und lächelte wieder. Sie blickte an uns vorbei zum Arbeitszimmer. »Oh, um Himmels willen, Richard, verdammt!« »Mom, warum erzählst du uns nicht einfach, was los ist?«, fragte Mom. »Na gut, in Ordnung. Ich kann nicht länger auf deinen Großvater warten.« Grandma setzte sich neben uns auf einen Stuhl. »Nun, ihr wisst, dass ich eng mit Bitty Charleston befreundet bin, der Frau des Schuldirektors?« »Mm hmm«, machte Mom. »Nun, wir haben diese kleine Vereinbarung, dass sie mich über alles, was in Chilton geschieht, auf dem Laufenden hält. Ihr wisst schon, sie versorgt mich mit Klatsch und Tratsch
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über die Schüler und ihre Eltern und gibt mir jede Information, die ich nützlich finden könnte. Nun ja, und heute Nachmittag hat sie mich angerufen, um mir zu erzählen, dass gerade die Klassenliste herausgekommen ist, und Rory gehört zu den ersten drei Prozent!« »Ich weiß«, sagte Mom. »Du weißt es?«, fragte Grandma enttäuscht. »Wen kennst du denn in Chilton?« »Ah, Rory vielleicht?« Mom zeigte auf mich. »Oh.« Grandma sah mich an. »Es war zwar noch nicht endgültig«, räumte ich ein, »aber ich war mir ziemlich sicher.« »Rory, wundervolle Neuigkeiten«, sagte mein Großvater, als er ins Wohnzimmer kam. »Du gehörst zu den ersten drei Prozent deiner Klasse!« »Oh, sicher, Dad. J. Edgar Hoover hier hat es uns gerade erzählt«, erwiderte Mom. »Was?« Grandpa sah Grandma an. »Ich habe dich doch gebeten, es nicht zu erzählen, bevor ich hier bin.« »Du hast eben zu lange gebraucht«, sagte sie. »Nein, nein, wir wussten es längst«, unterbrach Mom. »Es war eine einfache Bitte«, fuhr Grandpa fort. »Du hättest das Telefonat ja früher beenden können«, erwiderte Grandma. »Es ist so oder so eine gute Nachricht«, unterbrach Mom. »Darin sind wir uns doch alle einig.« »Ich bin wahnsinnig stolz auf dich, Rory«, erklärte mein Großvater, als er sich einen Stuhl nahm und neben meine Großmutter setzte. »Ja, wir wussten, dass du es schaffen würdest«, meinte sie. »Oh, und ob wir das wussten«, fügte Grandpa hinzu. »Das müssen wir feiern. Nächste Woche wird es ein Festessen geben«, erklärte Grandma. »Grandma, all deine Abendessen sind Festessen«, erinnerte ich sie. »Nun, das wird aber ein ganz besonderes Festessen«,
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antwortete sie. »Wir werden all deine Lieblingsgerichte kochen, und du kannst deine Freunde einladen.« »Und es besteht die ausgezeichnete Chance, dass es auch Geschenke gibt«, fügte Grandpa hinzu. »Das müsst ihr nicht«, sagte ich. »Für die besten drei Prozent?«, rief Grandma. »Aber ganz bestimmt«, bekräftigte Grandma. Neben mir drehte Mom ihren silbernen Schmetterlingsring an ihrem Zeigefinger hin und her und betrachtete ihn, um festzustellen, wie er an ihrer Hand aussah. Dann nahm sie den Ring ab und steckte ihn sich an den Ringfinger. Obwohl sie es nicht zugeben würde, wusste ich, dass sie über Max und seinen Antrag nachdachte. »Du fängst spät an, holst alle ein, und am Ende des Jahres hast du sie hinter dir gelassen«, verkündete Grandpa stolz. »Eine richtige Gilmore.« »Durch und durch«, stimmte Grandma zu. »Das Abendessen ist fertig«, rief Antonia aus dem Flur. »Danke, Antonia. Sollen wir?« Grandma stand auf und stellte die Champagnerflasche zurück in die Bar. Dann bedeutete Grandpa mir, als Erste ins Esszimmer zu gehen. »Nach den ersten drei Prozent ihrer Klasse.« »Tja, herzlichen Dank«, sagte ich. »Hey, ich komme in einer Minute nach«, sagte Mom. »Ich muss eben mal im Gasthaus nachfragen. Michel ist heute allein. Menschen könnten sterben.« »Dann beeil dich«, mahnte Grandma. »Keine Sorge. Fangt einfach schon mal an«, erklärte Mom, nahm ihr Handy und ging hinaus auf die hintere Veranda. »Ich bin richtig aufgeregt wegen dieser Sache«, gestand meine Großmutter, als wir drei uns an den Esszimmertisch setzten. »Glaubst du, dass du eine Urkunde bekommst?« »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete ich. »Sie sollten dir auf jeden Fall eine Urkunde oder eine Plakette oder so was in der Art geben. Morgen werde ich mit Bitty darüber sprechen«, versprach Grandma.
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Mein Großvater grinste noch immer. »Ich kann es nicht erwarten, Tellman McGabe davon zu erzählen.« »Oh, Richard«, schalt Grandma ihn. »Er prahlt immer so mit seinem einfältigen Enkel.« »William ist ein liebenswerter Junge.« Grandpa hob sein Weinglas. »Sein Kopf ist wie ein Football geformt.« »Das ist er nicht«, protestierte Grandma und versuchte verzweifelt, sich ein Lächeln zu verkneifen. »Wenn er im Park einschläft, wird bestimmt jemand nach ihm treten«, fuhr Grandpa fort. »Tellman ist ein sehr guter Freund von dir!«, rief Grandma Grandpa ins Gedächtnis. »Ja, das ist er. Und mit sehr guten Freunden sollte man solche wundervollen Neuigkeiten stets teilen.« Grandpa lächelte wieder und nahm einen weiteren Schluck Wein. »Du willst doch nur angeben.« »Nun, ich denke, darauf habe ich auch ein Recht, nicht wahr?«, entgegnete Grandpa. »Du meine Güte, man könnte meinen, dass du derjenige bist, der zu den besten drei Prozent seiner Klasse gehört«, sagte Grandma. »Immerhin waren es meine Gene, also habe ich einen gewissen Anteil daran«, erklärte Grandpa. Mom kam mit einem albernen Lächeln auf dem Gesicht zurück ins Esszimmer. War es das, was ich dachte, worüber sie glücklich war? Dann nickte sie mir zu, und in diesem Moment wusste ich Bescheid – ich wusste, dass sie Max’ Antrag angenommen hatte. Ich schrie auf und sprang von meinem Stuhl. »Oh!«, sagte Grandpa verdutzt. »Du liebe Zeit!«, keuchte Grandma, ebenfalls überrumpelt. Ich lief zu Mom hinüber und schlang meine Arme um sie und wir hüpften auf und ab, umarmten uns und lachten. »Jetzt habe ich doch glatt mein Hemd bekleckert. Was macht ihr da?«, fragte Grandpa. »Was machen sie, Emily?«
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Mom und ich griffen uns an den Händen und hüpften noch ein paar weitere Male auf und ab. »Ich habe keine Ahnung.« Grandma drehte sich um und starrte uns an. »Hört auf damit, ihr beide!« »Tut mir Leid«, kicherte Mom. »Mir auch!«, fügte ich hinzu. Aber wir konnten nicht aufhören zu lachen und uns zu umarmen. »Was ist los?« Grandma wurde langsam ungeduldig. »Ah, ich bin nur wegen dieser ganzen Drei-Prozent-Sache völlig aus dem Häuschen«, antwortete Mom. »Ja«, bekräftigte ich. »Absolut aus dem Häuschen.« »Das kann man nicht verstehen, Richard. Antonia«, rief Grandma, »bringen Sie bitte etwas Clubsoda für Mr. Gilmores Hemd!« Antonia brachte die Clubsoda, und Mom und ich feierten weiter.
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3 Am nächsten Abend sollte Dean zum Essen kommen, aber bevor er eintraf, rief ich Lane an, um zu erfahren, wie es ihr ging. »Also, was gibt’s Neues?«, fragte ich, als sie abnahm. Im Hintergrund konnte ich Nico und Velvet Underground hören, was bedeutete, dass sie sich in ihre musikalische Zuflucht, in den Wandschrank, zurückgezogen hatte. Er war das völlige Gegenteil ihres nüchternen, schlichten Zimmers, in dem nur die nackten Notwendigkeiten standen – ihr Bett, ein Schreibtisch und ein kleines Bücherregal für die stetig wachsende Sammlung von Bibeln, die sie von ihren verschiedenen Verwandten bekam. Der Schrank war ihr eigentliches Zimmer – mit Postern von Bands, Lavalampen, einer rotierenden Kugel, die bunte Flecken an die Wände warf, ihren aktuellen Lieblings-CDs und dem gemütlichen Sitzsack. Er war wie ein richtig cooler Nachtclub für eine Person. »Ich habe gerade mit dem amerikanischen Konsulat telefoniert«, sagte Lane. »Und?« »Kannst du Hyun Kyung aussprechen?« »Nein, was ist das?« »Mein koreanischer Name«, erklärte Lane. »Es muss doch irgendetwas geben, das du tun kannst«, überlegte ich. »Ich bin minderjährig. Meine Eltern haben das Sorgerecht für mich. Das war’s. Es ist vorbei.« »Du musst wenigstens versuchen, mit deiner Familie zu reden«, meinte ich. Lane seufzte. »Ich weiß nicht.« Sie bat mich, einen Moment zu warten, und rief dann: »Ich komme, Mom.« Sie sprach wieder in den Hörer. »Ich muss gehen. Es gibt Essen.« »Ruf mich später an!«, bat ich, bevor sie auflegte. Dann ging ich in die Küche, wo Mom bereits angefangen hatte, das
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Abendessen zu machen. »Willst du auch Tater Tots?«, fragte sie und gab einige Röllchen auf ein Backblech, auf dem bereits der Inhalt einer Packung tiefgekühlter Pizzaröllchen wartete. »Das ist eine rhetorische Frage, stimmt’s?« »Okay.« Sie nahm einen weiteren Beutel tiefgefrorene Tater Tots und füllte damit den Rest des Bleches. Ich setzte mich unterdessen an den Küchentisch und legte das schnurlose Telefon zur Seite, damit ich in einer der vielen Hochzeitszeitschriften blättern konnte, die sich dort türmten. »Was für ein Kleid hattest du dir eigentlich vorgestellt?« Mom öffnete den Backofen und schob das Blech hinein. »Gute Frage, vielleicht das, was Stephanie Seymour in dem Guns’n’Roses-Video getragen hat?« »Was ist mit der Farbe?«, wollte ich wissen. »Hast du dir schon eine Farbe ausgesucht?« »Ja«, nickte sie. »Wirklich? Welche?« »Spumoni.« Sie stellte eine Rolle Papiertücher und einige Pappteller auf den Tisch. »Okay, ich plane diese Hochzeit ohne dich«, erklärte ich. »Du hast dabei kein Mitspracherecht, vielleicht laden wir dich besser direkt aus.« Da klingelte das Telefon auf dem Tisch. »Hallo?«, meldete ich mich. »Rory, gut, hier ist Max«, sagte er und klang erleichtert. »Oh, hallo Max.« Ich blickte zu Mom auf und lächelte. »Hör mal, ich… ich bin den ganzen Tag unterwegs gewesen, um einen Ring zu kaufen.« »Um einen Ring zu kaufen«, wiederholte ich betont. Mom strahlte und rückte einen Stuhl an meine Seite. »Sehr interessant«, sagte ich in das Telefon. »Jetzt habe ich die Auswahl auf drei verschiedene Ringe beschränkt, aber ich möchte ihr einen kaufen, der ihr wirklich gefällt, nicht nur einen, von dem sie behauptet, dass er ihr gefällt, obwohl sie ihn in Wirklichkeit hasst, und du kennst
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ihren Schmuckgeschmack besser als ich, also dachte ich mir, dass du mir vielleicht einen Rat geben könntest.« »Also, alles mit dem Wort >Foxy< daran ist ein echter Bringer«, sagte ich. »Nun ja, vielleicht zu unserem ersten Hochzeitstag«, erwiderte Max. »Okay, ich höre.« »Okay. Der erste Ring ist aus Gold und hat einen rechteckigen Diamanten. Er ist schlicht, aber sehr klassisch«, erklärte Max. »Gold, rechteckiger Diamant, schlicht, klassisch«, fasste ich laut zusammen. Mom machte eine schnelle Handbewegung, als würde sie sich die Kehle durchschneiden. »Ich bin mir nicht sicher, ob das das Richtige ist«, ließ ich Max wissen. »Okay.« Max räusperte sich und fuhr fort: »Der nächste ist eine Art Verlobungsring, überall mit kleinen Diamanten besetzt, aus Weißgold, und es gibt einen Ehering, der perfekt zu ihm passt.« »Weißgoldener Verlobungsring, mit kleinen Diamanten besetzt, mit passendem Ehering«, wiederholte ich und wartete auf die Reaktion von Mom. Sie bedeutete mir, dass sie diesen so lala fand, nicht besonders toll. »Das ist eine Möglichkeit«, sagte ich zu Max. »Und der dritte?« »Der dritte ist aus den Zwanzigern«, erklärte Max mit Bewunderung in seiner Stimme. Dieser war offensichtlich seine erste Wahl. »Aus den Zwanzigern, ah ja«, sagte ich. Mom setzte sich aufrecht hin. »Großer Diamant in der Mitte«, sagte Max. »Großer Diamant in der Mitte«, wiederholte ich, während Moms Augen aufleuchteten und sie die Hände hob, als wären sie Pfoten. »Diamantsplitter an den Seiten.« »Diamantsplitter an den Seiten«, sagte ich. Mom streckte die Zunge heraus und fing an zu hecheln. »Leicht verziert«, sagte Max.
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»Leicht verziert«, wiederholte ich. Sie hechelte lauter und lauter und gab dann ein paar Jaultöne von sich. Ich ergriff ihren Arm, um sie zum Schweigen zu bringen, aber sie war so aufgeregt, dass sie nicht aufhörte zu bellen. »Das klingt toll!«, sagte ich zu Max und sprach dabei etwas lauter, um den Lärm unseres neuen Haustieres zu übertönen. »Äh… eine gute Idee. Sie wird begeistert sein!« »Sie ist direkt neben dir, nicht wahr?«, fragte Max. »Was? Nein«, log ich. »Nein? Kam mir so vor, als hätte ich sie bellen gehört.« »Nein, das ist nur ein wilder Schakal, der manchmal bei uns rumhängt.« »Na dann. Gib mir Cujo mal bitte ans Telefon.« »Einen Moment.« Ich reichte Mom den Hörer. »Hier.« Da klopfte es an der Haustür und ich rannte los, um zu öffnen. Ich hörte Mom sagen: »Oh, hallo, Max, was für eine angenehme Überraschung!« Ich öffnete die Tür und draußen stand Dean. Er trug ein blaues T-Shirt und eine verwaschene, khakifarbene Cargohose. Er ist groß und schlank, hat dunkelbraune Haare und sieht umwerfend aus, wenn er so in der Tür rumsteht. »Hi«, sagte ich. »Komme ich zu spät?«, fragte er und klang ein wenig nervös. »Nein, gerade rechtzeitig.« Ich lächelte. »Gut.« Er lächelte zurück. »Willst du nicht reinkommen?« »Gleich.« Er spähte ins Haus. »Wo ist deine Mom?« »In der Küche. Sie telefoniert.« »Anfang, Mitte oder Ende des Gesprächs?«, fragte Dean. »Tja, es geht um Schmuck, das heißt, ein Ende ist wohl kaum in Sicht.« »Sehr gut.« Dean ergriff meine Hände und zog mich auf die vordere Veranda. Dann legte er seine Arme um meine Hüften und drückte mich an sich. »Hi«, begrüßte er mich sanft. »Hi.« Wir küssten uns lange und zärtlich.
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Dean lächelte. »Das habe ich vermisst.« »Ich auch«, stimmte ich zu. Gemeinsam betraten wir das Haus. »Also… äh, weißt du, diese ganze Trennungskiste, die wir versucht haben…« »Ja. Bei mir hat’s nicht funktioniert«, erklärte ich ihm. »Bei mir auch nicht.« Dean nahm meine Hände, und wir lächelten uns erneut an. »Okay, gut, dann ist es beschlossene Sache«, erklärte ich. »Trennung ist nichts für uns.« »Ich meine, nicht dass es eine schlechte Sache wäre«, sagte Dean. »Manchen Leuten gefällt sie bestimmt.« »Klar. Cher, Greg Allman. Ich wette, sie wären davon begeistert.« Okay. Sie haben es also gerade gehört. Dean und ich sind seit kurzem wieder zusammen. Genauer gesagt war dies unsere erste gemeinsame Mahlzeit, seit wir uns getrennt hatten. Die Trennung war schrecklich. Und alles nur, weil ich Dean an dem Tag, an dem wir drei Monate zusammen waren, nicht sagen konnte, dass ich ihn liebte. Dabei hatte jener besagte Abend wirklich toll angefangen. Dean hatte mich abgeholt, in ein wirklich nettes Restaurant geführt und drei verschiedene Sorten Pasta für mich bestellt, weil ich mich nicht entscheiden konnte, welche ich wollte, und dann hatte er mich mit zu seinem Schrottplatz genommen, wo er mir die Karosserie des Autos zeigte, das er für mich bauen wollte. Welcher Freund baut einem schon ein Auto? Nur Dean. Und wir saßen einfach nur da und betrachteten die Sterne, und ja, ich weiß, dass wir auf einem Schrottplatz waren, aber es hätte nicht romantischer sein können. Und dann sah er mich an und sagte mir, dass er mich liebte. Und ich war so überrumpelt, dass es mir die Sprache verschlagen hat. »Ich liebe dich auch«, wäre wahrscheinlich die passendste Antwort gewesen, aber ich brachte diese Worte einfach nicht heraus. Das verletzte Dean tief, und das war es dann. Wir trennten uns. Glücklicherweise kam ich mit ein wenig Rat und Hilfe von meiner Mom wieder zur Vernunft, und hier waren wir und gingen zusammen in die
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Küche zu Mom. »Hast du dir deinen Ring ausgesucht?«, fragte ich sie. »Ja. Morgen überrascht er mich dann damit«, entgegnete sie. »Zwanzigerjahre-Dekor?«, fragte ich. »Wahrscheinlich direkt von Zelda Fitzgeralds kalter, toter Hand entwendet.« Mom drehte sich um und sah Dean an. »Hi, Dean.« »Hi«, sagte er und lächelte sie an. »Wann ist das Abendessen fertig?«, erkundigte ich mich. »Seh ich aus wie eine Eieruhr?«, konterte Mom. »Ich dachte, du hättest vielleicht eine gestellt«, meinte ich. »Witzbold«, erwiderte sie. »Eieruhren sind was für Kids«, beschloss ich. »Ich würde sagen, in zehn Minuten können wir essen«, sagte Mom. »Ich decke schon mal den Tisch«, bot ich mich an. »Welchen Film sehen wir heute eigentlich?«, fragte Dean. »Einen Klassiker natürlich«, antwortete Mom. Ich griff nach dem Geschirr. »The Joan and Melissa Rivers Story mit…« »Joan und Melissa Rivers! Mutter und Tochter, die eine Tragödie auseinander reißt.« »Selbstmord«, erklärte ich. »Weil sie die Tonight Show nicht empfangen können«, fügte Mom hinzu. »Fiese Freunde.« »Identische Nasen.« »Du wirst lachen, du wirst weinen.« »Weil du so laut lachen musst.« »Das wird ein denkwürdiger Abend«, sagte ich voraus. »In der zentralen Szene – eine völlig verzweifelte Joan wird von der Messe am Heiligen Abend ausgesperrt, weil sie zu spät kommt – werde ich wohl wieder einmal zurückspulen müssen und sie mir etwa viertausendmal ansehen.« »Und danach bist du nicht mehr derselbe«, ergänzte ich. Dean blickte skeptisch drein. Oder besorgt. Ich konnte es
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nicht genau erkennen. Dann ging ich ms Wohnzimmer, um den Tisch zu decken. Als ich eine Minute später zurück in die Küche kam, war Dean nirgendwo zu sehen. »Wo ist Dean?«, wollte ich wissen. »Wasser holen«, antwortete Mom unschuldig. »Du bist schamlos.« »Er hat es mir angeboten!«, protestierte sie. »Ich bitte dich«, schnaubte ich. »Das Erste, was er zu mir sagte, war >Hey, Lorelai, kann ich Ihnen Wasser holen?< Was soll ich machen? Der Junge ist ein Freak.« Ich ging durch die Hintertür nach draußen und fand Dean vor, wie er eine der großen Wasserflaschen mit einem Lappen abwischte. »Na«, sagte er, als er mich sah. »Hey. Tut mir echt Leid, dass sie dich gleich eingespannt hat«, erklärte ich und setzte mich auf unsere Holzbank. »Ach, stört mich gar nicht«, wehrte Dean ab. »Das kommt noch. Heute Morgen hat sie den Rasenmäher rausgeholt.« »Gut, wenn dieser Film auch nur halbwegs so ist, wie ihr ihn beschrieben habt, ist Rasenmähen gar keine schlechte Alternative.« Ich lächelte. »Hey, ich wollte dich was fragen.« »Ja?« Dean blickte zu mir auf. »Nächste Woche geben meine Großeltern dieses Spezialdinner für mich. Es ist keine große Sache, aber sie haben vorgeschlagen, dass ich jemanden einlade, und ich dachte, du hast doch noch nie das Haus meiner Großeltern gesehen, und ich möchte wirklich, dass du meinen Grandpa kennen lernst.« Dean antwortete nicht; er starrte nur die Wasserflasche an. »Was?«, fragte ich. »Nun, äh, es ist bloß so, dass ich deine Grandma zum letzten Mal vor dem Tanzabend gesehen habe«, erwiderte Dean. »Und du weißt, was dabei herausgekommen ist…« Ein kurzer Rückblick: Bei dem einzigen Chilton-Tanzabend,
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den Dean und ich besucht haben, sind wir ziemlich früh wieder gegangen, eine Weile durch Stars Hollow spaziert und dann versehentlich in Miss Pattys Studio eingeschlafen. Als wir am nächsten Morgen aufgewacht sind, haben uns die Teilnehmer ihres Yoga-Kurses für Fortgeschrittene angestarrt. Ich bin sofort nach Hause, aber Grandma und Mom waren bereits mitten in einer hitzigen Debatte, und Grandma hat Mom vorgeworfen, dass ich genau wie sie wäre. (Was in meinen Augen keine allzu schlechte Sache ist, aber unter den gegebenen Umständen verstehe ich das Problem.) »Das Ganze ist Schnee von gestern, inzwischen ist sie darüber hinweg. Ich bin sicher, es wird bestimmt nett.« Dean sah mich an. »Du willst, dass ich mitkomme?« »Ja. Ich will, dass du mitkommst.« Dean zuckte die Schultern. »Dann komme ich mit.« »Gut.« Wir wollten uns gerade einen Kuss geben, als wir plötzlich von Lorelai mit dem affektierten Tonfall einer Blanche DuBois gestört wurden. »Oh, du liebe Güte, diese Kaffeedose befindet sich so hoch oben, dass ich sie unmöglich erreichen kann. Was soll ich bloß tun?« Dean und ich sahen uns an und lächelten. »Sind schon unterwegs!«, rief Dean, und wir gingen ins Haus zurück.
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4 Der nächste Freitagabend kam schnell, und Mom, Dean und ich standen vor der Tür meiner Großeltern. Ich war total aufgeregt – ich konnte es kaum erwarten, dass mein Großvater Dean kennen und meine Großmutter ihn besser kennen lernte. Die Tür schwang auf und Großmutter begrüßte uns freundlich. »Hallo zusammen!« Dann bemerkte sie Dean, der hinter uns stand. »Hallo zusammen«, sagte Grandma erneut, diesmal aber etwas gedämpfter. »Grandma, du erinnerst dich doch an Dean, oder?«, fragte ich. »Ja, sicher«, erwiderte sie knapp. »Schön, Sie wieder zu sehen.« Sie setzte ein falsches Lächeln auf. »Danke. Äh… Ihr Haus ist toll«, stieß Dean nervös hervor. »Es ist riesig. Ich habe noch nie ein derart riesiges Haus gesehen.« »Danke. Es gibt nur noch wenige Leute, die bemerken, wie riesig das Haus ist.« »Mom, ich finde es sehr nett von dir, dass du Rory erlaubt hast, heute Abend einen Freund mitzubringen. So ist das Ganze wirklich ihr Abend. Das war echt nett von dir«, sagte Mom betont. Grandma entspannte sich ein wenig. »Es ist mir ein Vergnügen.« »Gut«, nickte Mom. »Ja dann, steht nicht so herum. Uns erwartet eine Feier. Kommt rein, kommt rein!«, sagte Grandma. Ihr Enthusiasmus schien zurückgekehrt zu sein. Mom bedeutete uns vorauszugehen, sodass ich das Haus als Erste betrat und Dean mir ins Wohnzimmer folgte. »Was möchtet ihr trinken?«, fragte Grandma, sobald Dean und ich auf dem kleinen, antiken Sofa Platz genommen hatten. »Ah…«, sagte Mom, als sie sich neben dem Sofa auf einen Stuhl setzte. »Ich nehme einen Weißwein und Dean nimmt ein
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Bier.« »Was?«, entfuhr es Dean panisch. »Corona, richtig?«, ließ Mom ihn wissen. »Nein, ich will kein Bier!«, protestierte Dean. »Ich trinke kein Bier. Ich nehme Wasser oder Soda oder etwas in der Art. Oder lieber nichts. Kein Bier. Niemals Bier. Bier ist… Bier ist schlecht.« »Jetzt entspannen Sie sich, Dean. Das ist bloß Lorelais merkwürdiger Sinn für Humor.« Grandma gab Mom ein Glas Wein. »Du bist grausam.« »Nun ja, das hält mich jung«, konterte Mom. »Ich werde einfach hier sitzen bleiben und meine Hände anstarren«, beschloss Dean. »Soda, Dean?«, bot Grandma an. »Bitte«, nickte er. Sie reichte ihm ein Glas. »Rory?« »Für mich bitte ein Bier.« Mom und Grandma brachen in Gelächter aus. Dean schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, Dean«, erklärte ich und legte meine Hand auf seine Schulter. »Wir lachen nicht über dich.« »Hey, Moment, ich glaube ich schon«, widersprach Mom. »Ich denke, ich auch… ein wenig«, gab Grandma mit einem Lächeln zu, als sie mir ein Glas Soda reichte. »Oh, Richard, da bist du ja. Komm zu uns!« Ich blickte auf und sah meinen Großvater in der Tür stehen, in der Hand ein Buch. Er lächelte nicht. Er starrte Dean an. »Hallo, Dad«, sagte Mom. »Grandpa, das ist Dean«, stellte ich vor. »Dean, das ist mein Grandpa.« »Hi«, sagte Dean. »Tut mir Leid, äh…« Er stand vom Sofa auf und ging zu meinem Großvater. »Hi.« »Hallo«, knurrte Grandpa sehr kalt. Dean hielt ihm die Hand hin. »Es ist, äh… schön, Sie kennen…« Grandpa ging an Deans ausgestreckter Hand vorbei und
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ignorierte sie. »Hat jeder was zu trinken?« Mom und ich blickten uns viel sagend an. »Ja, wir alle haben Drinks«, bestätigte Mom, das verlegene Schweigen beendend. »Danke.« Während sich Grandpa einen Cocktail mixte, setzte sich Dean wieder zu mir aufs Sofa. Er beugte sich zu Mom und flüsterte: »Sollen wir die Sache mit dem Bier noch mal wiederholen?« »Ah, besser nicht«, meinte Mom. Ich sah zu Grandpa auf, aber der mied meinen Blick. Der Abend fing nicht besonders gut an. Mittlerweile war das Essen fertig und wir gingen ins Esszimmer. Vielleicht war Grandpa bloß hungrig, versuchte ich mir einzureden. Aber das war definitiv nicht der Fall, denn Grandpa schwieg fast das ganze Essen lang. Im Gegensatz zu Grandpa, der mit seinem Schweigen eine unangenehme Atmosphäre verbreitete, ging Grandma während des Essens aus sich heraus. »Grandma, wo hast du bloß das Rezept für Beefaroni aufgetrieben?«, sagte ich bewundernd. »Das war gar nicht so einfach«, erwiderte sie. »Antonia dachte schon, ich hätte den Verstand verloren.« »Nun ja…«, begann Mom. »Auf einen Kommentar von dir können wir gut verzichten«, unterbrach Grandma. »Nein, ich wollte nur sagen, äh, was ist das Geheimnis?«, fragte Mom. »Sagen wir mal so, es ist kein Rindfleisch«, erwiderte Grandma. »Oh! Okay, ich bin fertig.« Mom legte ihre Gabel weg. »Ich auch«, schloss ich mich an. »Dean?«, fragte Grandma. »Möchtest du noch etwas haben?« »Ah…«Er blickte über den Tisch zu meinem Großvater hinüber, der ihn stirnrunzelnd ansah. »Nein. Ich bin satt, danke.«
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Grandma, als stets aufmerksame Gastgeberin, sagte: »Also gut, ich denke, es ist Zeit für das Geschenk.« Sie stand auf und trat ans Büfett. »Das hätte echt nicht sein müssen«, sagte ich. »Ganz genau, Mom, das hätte nicht sein müssen. Sofern du nicht etwas besorgt hast, das auch mir passt«, fügte Mom hinzu. »In diesem Fall mach ruhig weiter.« Grandma gab mir eine grüne Schachtel, die mit einem glänzenden goldenen Band verschnürt war. »Hier, Rory. Herzlichen Glückwunsch. Wir sind so stolz auf dich.« »Danke, Grandma.« Über den Tisch hinweg sah ich meinen Großvater an. »Danke, Grandpa.« Er rang sich ein angedeutetes Lächeln ab. »Nun mach es schon auf«, drängte meine Großmutter. »Okay.« Ich löste das Band von der Schachtel und hob den Deckel. Darin lagen zwei sehr teure und schöne Füllfederhalter. »Oh, Füller«, murmelte Mom enttäuscht. »Die gehören dir.« »Sie sind wunderschön«, sagte ich zu Grandma. »Ich denke, für die beste Schülerin sind die besten Werkzeuge nur gut genug«, erklärte sie. »Vielen Dank«, sagte ich. Dann sah ich wieder meinen Großvater an. »Ehrlich.« Er wandte den Blick ab, mied jeden Augenkontakt. Unbehagliche Stille trat ein. »Ah, nun gut, die Füller sind ja sehr schön, aber ich wette, dass in deiner Küche ein wundervoller, leckerer Nachtisch auf uns wartet«, wandte sich Mom an meine Großmutter. »Um ehrlich zu sein, so ist es«, bestätigte Grandma. Sie drehte sich zu mir um und lächelte. »Twinkies.« »Was?«, fragte Mom. »Rory hat mir erzählt, dass das ihr Lieblingsdessert ist.« »Emily Gilmore, du bist eine Klassefrau«, erwiderte Mom. »Antonia, servieren Sie bitte die Twinkies!«, rief Grandma in die Küche. Mom schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, was ich da gerade von dir gehört habe.«
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Grandma sah sie an. »Gewöhn dich besser nicht daran.« »Nun, Dean.« Grandpas Stimme ließ uns alle zusammenzucken. Wir drehten uns um und starrten ihn an. »Auf welches College werden Sie gehen?« »Oh, äh, nun ja, ich…«, stotterte Dean. »Meine Güte, Dad. Das nächste Mal fängst du mit >Was ist dein Lieblingsbaseballteam?< oder etwas Ähnlichem an.« »Ich rede gerade mit Dean«, entgegnete Grandpa nachdrücklich. »Ich… ich weiß noch nicht«, antwortete Dean. »Sie wissen es nicht?« »Nein, noch nicht.« »Nun, wie sehen denn Ihre Zensuren aus?« »Richard, bitte«, unterbrach meine Großmutter. »Nimm den Jungen nicht so in die Mangel.« »Ich nehme den Jungen nicht in die Mangel, Emily. Es ist eine einfache Frage. Einser, Zweier, Dreier?« »Eigentlich eine Mischung«, antwortete Dean. Grandpa lachte. »Eine Mischung?« Er kicherte erneut und setzte dann sein Verhör fort. »Wie ist Ihr Durchschnitt?« »Richard«, mahnte Grandma. »Ich versuche nur, den Jungen kennen zu lernen, Emily. Wenn Rory einen jungen Mann zum Abendessen mitbringt, können wir uns zumindest bemühen, einiges über ihn in Erfahrung zu bringen.« »Vorhin hat er mir Wasser gebracht«, flötete Mom. »Ich bekomme ein paar Einser, ein paar Zweier, ein paar Dreier«, antwortete Dean. »Wirklich?«, sagte Grandpa. »Ich bin nicht besonders gut in Mathe.« »Ja, wer ist das schon? Von den Mathematikern oder den Kartengebern beim Blackjack oder vielleicht Stephen Hawking mal abgesehen…« Mom schwieg einen kurzen Moment und wandte sich dann an Grandma. »Weißt du übrigens, was auch noch gut schmeckt, Mom? Ein Ho-Ho. Hat man keine Twinkies im Haus, kann man sich immer
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noch mit einem leckeren Ho-Ho trösten.« Erneut trat verlegenes Schweigen ein, und wir alle rutschten unbehaglich auf unseren Stühlen hin und her. »Wieso dauert das so lange, eine Schachtel zu öffnen?«, wunderte sich Mom laut. »Sie macht sie selbst«, erwiderte meine Großmutter. »Sie macht die Twinkies selbst?«, entfuhr es Mom. »Das soll wohl ein Witz sein.« »Ach ja, Richard, wolltest du Rory nicht ein Buch geben?«, fragte meine Großmutter. »Später, Emily«, erwiderte Grandpa knapp. »Also, Dean…« »Ah, Grandpa?«, unterbrach ich. »Wissen Sie, dass Rory eine der Elite-Unis besuchen wird?«, sagte Grandpa, als hätte ich nie etwas gesagt. Dean nickte. »Ich weiß.« »Harvard, Princeton, Yale«, fuhr Grandpa fort. Mom funkelte ihn an. »Er sagte, er weiß es, Dad.« »Um auf eine erstklassige Schule gehen zu können, braucht man erstklassige Zensuren.« »Ja. Rory ist wahnsinnig klug«, sagte Dean sichtlich nervös. »Ja genau«, meinte Grandpa herablassend. »Sie ist wahnsinnig klug.« »Mom?«, flehte ich und sah sie über den Tisch an. »Ja, warum setzen wir uns nicht alle ins…«, begann Mom. »Womit wollen Sie eigentlich Ihren Lebensunterhalt verdienen, wenn Sie an diesem College, über das Sie noch nicht nachgedacht haben, Ihren Abschluss gemacht haben?«, fuhr Grandpa fort. »Grandpa, können wir uns nicht über etwas anderes unterhalten?«, fragte ich. Meine Großmutter stand auf. »Ich werde dieses Buch holen.« »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt«, sagte Grandpa zu Dean. »Ich… ich weiß noch nicht, was ich später mal mache«, erwiderte Dean. »Als ich zehn Jahre alt war, wusste ich genau, was ich einmal arbeiten wollte«, erklärte Grandpa. »Ich wusste, dass
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ich nach Yale gehen, jeden Tag einen guten Anzug anziehen und ein sehr wichtiger Mann in einer sehr mächtigen Firma werden wollte. Und ich wusste, dass ich reisen und die Welt sehen wollte.« Grandpa sah Dean die ganze Zeit an, während er sprach. »Nun, das ist toll.« »Ich wollte La Traviata im La Scala-Opernhaus sehen. Ich wollte durch die Ruinen von Pompeji spazieren. Ich wollte den Nahen Osten bereisen«, fuhr Grandpa fort. »Und Ballerina oder Feuerwehrmann werden«, fugte Mom hinzu. Grandpa wandte sich an Mom. »Lorelai, das ist nicht witzig.« »Es ist aber ein kleines bisschen witzig, dass ein zehnjähriger Junge vom La Scala-Opernhaus träumt«, erwiderte sie. »Rory tut es«, sagte Grandpa. »Rory will reisen. Rory hat Pläne.« »Rory ist etwas Besonderes«, „warf Mom ein. »Ja! Genau! Rory ist etwas Besonderes.« »Ich weiß, dass Rory etwas Besonderes ist«, sagte Dean. Meine Großmutter kam mit einem gebundenen Buch zurück. »Ich hab’s!«, rief sie fröhlich. Ich sah meinen Großvater an. »Dean ist auch etwas Besonderes, Grandpa.« »Rory«, flüsterte Dean. »Du kennst ihn nicht einmal«, fügte ich hinzu. »Ich kenne ihn gut genug«, sagte Grandpa nachdrücklich. »Nein, du kennst ihn nicht!«, widersprach ich. »Dean ist unglaublich, und für mich ist er etwas Besonderes, und ich bringe ihn nicht mit, damit du ihn fertig machst.« »Ich erlaube nicht, dass in meinem Haus so mit mir gesprochen wird!«, sagte Grandpa verärgert. »Richard, hier, gib ihr das Buch.« Grandma versuchte die Wogen zu glätten, aber es war zu spät. »Diese Familie hat gewisse Standards«, belehrte mich Grandpa. »Du solltest dich daran halten und von jedem, mit
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dem du Umgang pflegst, erwarten, dass er sich ebenfalls daran hält. Du bist ein begabtes Mädchen mit großem Potenzial, und du solltest sehr früh lernen, dass gewisse Leute dich behindern können.« »Grandpa, hör auf damit!«, forderte ich. »Du kannst Dean nicht so behandeln!« Ich konnte nicht fassen, dass er diese Dinge sagte. Dean saß direkt zwischen uns, und mein Großvater redete über ihn, als wäre er nicht da. Grandpa warf seine Serviette auf den Tisch und erhob sich. »Es tut mir Leid, entschuldigt mich. Ich muss arbeiten.« »Grandpa!«, rief ich ihm nach, als er aus dem Zimmer stürmte. Aber er ging einfach weiter. »Vielen Dank für das Abendessen und das Geschenk, Grandma, aber wir gehen jetzt besser«, erklärte ich. Ich stand von meinem Stuhl auf und wandte mich zur Haustür. Dean erhob sich ebenfalls und folgte mir. »Vielen Dank«, sagte er zu Grandma. »Ich… es tut mir Leid.« Auf der langen Rückfahrt nach Stars Hollow schwiegen wir. Das Verhalten meines Großvaters hatte mich wütend und verlegen gemacht. »Willst du noch auf einen Nachtisch mit reinkommen?«, fragte Mom, als wir aus dem Wagen stiegen. »Du hast deinen Twinkie nicht bekommen.« »Ah, nein danke«, antwortete Dean und lachte kurz. »Ich glaube, ich gehe jetzt nach Hause.« »Bist du sicher?«, fragte ich. »Ja.« »Okay, tja, dann bleibt mir nur noch zu sagen, dass du heute Abend offiziell ein Gilmore Girl geworden bist«, sagte Mom. »Fühlt sich gut an, nicht wahr?« »Ja.« Dean nickte. »Bis später«, verabschiedete sich Mom. Sie wandte sich mir zu. »Wir sehen uns drinnen.« Ich blickte zu Dean auf und dann zu Boden. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, gestand ich. »Ist keine große Sache«, wehrte Dean ab.
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Es war aber eine große Sache. »Ich hatte keine Ahnung… Ich dachte, er würde… Es tut mir 50 Leid, Dean.« Dean schüttelte den Kopf. »Das ist ja nicht deine Schuld.« »Was er gesagt hat, stimmt nicht. Das ist alles nicht von Bedeutung«, erklärte ich. »Ich weiß nicht, warum er sich so aufgeführt hat. Ich…« »Weißt du was… vergessen wir’s einfach«, unterbrach Dean. »Einverstanden?« »Sei bitte nicht sauer.« »Das bin ich nicht.« »Dean…« »Ist schon okay«, beharrte er. »Ich bin nicht sauer.« Er wandte den Blick ab und seufzte dann. »Ich muss jetzt los.« Er beugte sich zu mir und küsste mich kurz. »Ich rufe dich morgen an.« »Okay.« Ich sah ihm nach, als er davonging, und stürmte dann ins Haus. »Dieser Mann ist unmöglich!«, ereiferte ich mich, als ich an Mom vorbei zu meinem Zimmer ging. Sie legte gerade die Twinkies auf einen Teller. »Twinkies?«, bot sie an. »Er hat Dean ohne jeden Grund angegriffen. Und Dean sitzt da, ist total nett, und plötzlich… Aah, Gott, ich bin so wütend. Er ist ein totaler Snob!«, rief ich, während ich meinen Pullover auszog und ihn aufs Bett warf. »Ja«, stimmte Mom zu. »Und er hört nicht zu«, schimpfte ich. »Er will bloß Gemeinheiten von sich geben und erwartet, dass man dasitzt und ihm zuhört und einer Meinung mit ihm ist. Wie kommt er nur dazu?« »Das ist eine Folge von hundert Jahren Inzucht«, erwiderte Mom. »Ich habe ihn noch nie so gemein erlebt«, fuhr ich fort. »Noch nie. Ich weiß nicht, wie ich noch mal mit ihm sprechen soll. Und Dean, er ist jetzt bestimmt total sauer. Ich hasse ihn dafür, dass er ihm das angetan hat. Ich hasse ihn«, bekräftigte
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ich, als ich mich zu ihr an den Küchentisch setzte. »Ja, es war schlimm. Mein Vater war heute in Höchstform. Aber…« »Aber? Es gibt ein Aber? Von dir gibt es ein Aber?« »Twinkie?« Ich nahm einen von ihr entgegen. »Ich glaube nicht, dass mein Vater auf dieser Welt jemals etwas oder jemanden so sehr geliebt hat wie dich. Und nachdem wir das geklärt haben, sollten wir bedenken, dass sein Ausraster heute Abend wahrscheinlich nichts mit Dean und sehr wahrscheinlich auch nichts mit dir zu tun hatte«, sagte Mom. »Wovon redest du?« »Du bist die große Hoffnung des Gilmore-Clans. Du bist ihr vom Himmel gesandter Engel. Du bist die Tochter, die sie nie hatten«, erklärte Mom. »Mom.« »Nein, das ist keine >Bedaure mich dafür<-Sache. Es ist bloß die Wahrheit. Ich meine, du wirst aufs College gehen. Zum Teufel, du wirst deinen Abschluss an der Highschool machen. Sie werden zusehen, wie du mit deinem Barett und deiner Robe durch den Gang marschierst und dein Diplom bekommst und wie du dann nach Harvard gehst, um eine Phi Beta Bimbo zu werden und mit Auszeichnung zu graduieren und die Welt zu erobern. Das ist der Plan, und es sieht so aus, als würde er Wirklichkeit werden.« »Er wird Wirklichkeit werden«, versicherte ich. »Bis auf diese Phi-Beta-Bimbo-Sache.« »Aber heute Abend tauchst du mit diesem gut aussehenden Jungen auf, der dich so sehr liebt, dass er dich tapfer in das Haus deiner Großeltern zum Abendessen begleitet, und Dad sieht dich und sieht dich mit ihm und… urplötzlich hat er einen schrecklichen Lorelai-Flashback. Er sieht alles davonschwimmen – das College, das Barett und die Robe und…« »Aber ich werde nicht schwanger«, sagte ich ruhig. »Das weiß ich.« Mom nickte.
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»Er sollte das wissen«, meinte ich. »Ja, das sollte er, aber du hast meine Augen«, sagte Mom mit einem zärtlichen Lächeln. »Ist dir eigentlich klar, dass du die letzten zehn Minuten damit verbracht hast, deinen Dad zu verteidigen?« »Ich weiß. Ich werde die ganze Nacht schreckliche Albträume haben. Aber ich sag dir was. Wenn du nachsichtig mit ihm bist, werde ich, äh… nächste Woche beim Abendessen mein Pornostar-T-Shirt tragen.« »Abgemacht!« Mom lächelte. »Gut.« Da klingelte das Telefon, und ich stand auf, um den Hörer abzunehmen. »Hallo?« »Ich dachte nur, du solltest wissen, dass meine Eltern gerade den Koffer gebracht haben, den ich mit auf meine Reise nehmen soll«, sagte Lane. »Und damit du dir ein Bild davon machen kannst – du und ich und alles, was wir besitzen, passt da rein, und es bleibt immer noch genügend Platz für ein paar Souvenirs. Ich werde nie zurückkommen.« Ich versuchte Lane zu beruhigen und erzählte ihr dann von meinem schrecklichen Abend. Sie antwortete theatralisch, dass, wenn sie einen Jungen hätte, den sie in das Haus ihrer Großeltern mitbringen könnte, er ebenfalls in den Koffer passen würde. Darüber mussten wir so schallend lachen, dass sogar meine Mom aus dem Zimmer flüchtete.
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5 Mein Großvater rief schließlich an, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen, was nett war. Und beispiellos, meiner Mom zufolge. Durch diesen Anruf konnte man dem Abendessen am nächsten Freitag zweifellos etwas gelassener entgegensehen. Zwischenzeitlich kam Max vorbei und >überraschte< Mom mit ihrem Verlobungsring. Er war wunderschön, viel hübscher, als er ihn beschrieben hatte. Das versetzte Mom sofort in den Hochzeitsmodus. Zum Beispiel hatte ich an diesem Morgen versucht, mir die 2,1 Tage bis zum Beginn des Sommersemesters in Chilton mit einem Buch zu vertreiben und machte es mir mit Katharine Grahams Autobiografie Wir drucken auf der Wohnzimmercouch gemütlich. Wenn Sie nichts über Katharine Graham wissen, sollten Sie einen Blick hineinwerfen – sie war eine faszinierende Frau, die in einer von Männern dominierten Welt Erfolg hatte und aus der Washington Post eine einflussreiche und angesehene Zeitung machte. Und offenbar gab sie fantastische Partys. »Rory!«, rief Mom aus ihrem Schlafzimmer und unterbrach somit meine Lektüre. »Wohnzimmer!«, schrie ich zurück. »Ich brauche deinen Rat.« Sie kam die Treppe herunter. »Was meinst du?« Mom trug ausgewaschene Jeans, Gummilatschen, ein graues T-Shirt mit einem Perlenschnurmuster – und einen Brautschleier aus Zeitungspapier. Sie stand auf der untersten Stufe und posierte. »Ups«, war alles, was ich sagen konnte. »Nicht gut?« »Weiß nicht so genau. Hast du schon den Kulturteil ausprobiert?« Mom gab einen Seufzer von sich. »Jetzt bleib mal ernst.« »Du trägst eine Zeitung auf dem Kopf!« »Ich weiß.«
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»Und da verlangst du von mir, ernst zu bleiben?« Sie kam zu mir herüber. »Ich will herausfinden, was die beste Schleierlänge ist.« »Ach so, ja dann.« »Eigentlich gefällt mir diese schulterlange, halb tuntige Variante ganz gut«, sagte sie und wies auf ihr derzeitiges Modell. »Mm hmmm.« Ich nickte, abgelenkt durch den Zeitungsartikel vor meinen Augen. »Aber es gibt noch einen längere, die vielleicht auch nicht schlecht ist.« »Länger, alles klar.« »Und dann hätten wir noch das Diana-Modell.« »Richtig, richtig.« »Was ja ganz nett ist, aber auch ein bisschen…« Sie hielt mitten im Satz inne. »Du liest ja.« »Warte, nicht bewegen!« Ich griff nach dem Schleier, um den letzten Absatz zu glätten. »Rory, hör auf damit!« »Dieses Putin-Wettrüsten gerät langsam außer Kontrolle.« »Falls du es noch nicht gemerkt hast: Ich versuche gerade, ein ernsthaftes Gespräch über die wichtigste Modeentscheidung in meinem Leben zu führen!« »Warum gehst du nicht einfach in ein Brautmodengeschäft und probierst einen echten Schleier an?« »Zu viel Taft. Ich bekomme davon Kotillon-Flashbacks.« »Schon verstanden. Könntest du dich mal nach vorn beugen, damit ich sehen kann, wie das Wetter morgen wird?«, fragte ich. »Eigentlich«, gestand sie und setzte sich auf den Couchtisch, »bin ich gestern sogar in einem dieser Geschäfte gewesen.« »Nein! In welchem?« »Marry Mimi’s.« »Oh la la, von allem nur das Beste.« »Uff, und es war schrecklich. Offenbar wird von einem erwartet, dass man sich sein Brautkleid am ersten Tag der
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Junior High bestellt, und wenn man das nicht gemacht hat, tja, dann muss man halt was von der Stange nehmen, Missy. Ich habe drei verschiedene Kleider anprobiert, und von einem habe ich prompt Ausschlag bekommen. Und außerdem: Wer braucht eigentlich diesen ganzen Trubel? Ich jedenfalls nicht.« »So wild wird’s schon nicht gewesen sein.« »Sie sahen alle falsch aus. Alle werden mich grauenhaft finden, und alle Kinder werden lachen, und Max wird erkennen, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht hat, und dann…«, sagte Mom. Ich stand von der Couch auf und wandte mich zu meinem Zimmer. »… werden die Leute gehen. Genau wie du jetzt!«, rief Mom und folgte mir. »Auf geht’s«, sagte ich und warf mein Buch aufs Bett. Katharine würde warten müssen. »Wohin?« »Ein Brautkleid kaufen.« »Äh…« Mom zögerte. »Du liest doch.« »Ich bin fertig.« »Und was ist mit Dean?« »Er spielt Softball.« »Jetzt reicht’s auch mit der Seelsorge! Ich bin doch nicht todkrank.« Ich wandte mich zur Haustür. Mom folgte mir. »Wir werden das perfekte Kleid für dich finden, für einen perfekten Hochzeitstag. Und wenn du zum Altar gehst, wird niemand auf dich zeigen oder dich verspotten oder weggehen.« »Es war nie davon die Rede, dass jemand auf mich zeigt. Warum meinst du, jemand könnte auf mich zeigen?« Ich griff nach dem Schlüsselbund und drückte ihn ihr in die Hand. »Schlüssel.« »Danke.« Sie nahm den Papierschleier vom Kopf, legte ihn auf den Tisch und ging nach draußen. Ich wollte ihr folgen, entschied dann aber, dass ein wenig Lesestoff im Auto nicht schaden konnte, hob den Schleier auf und eilte ihr hinterher.
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Es war keine völlige Zeitverschwendung, im Gegenteil. Wir hatten jede Menge Spaß und machten uns über die ach so wichtigen zukünftigen Bräute lustig, von den Verkäuferinnen und ihren Verkaufsmaschen ganz zu schweigen. Mom konnte sich nicht entscheiden, und so kehrten wir mit leeren Händen heim. Und obwohl ich mit Wir drucken nicht so weit gekommen war wie geplant, gab es bestimmt weniger amüsante Arten, seinen letzten Ferientag zu verbringen. Am nächsten Morgen war ich auf dem Weg in den Unterricht und kam an einem Transparent vorbei, das Chilton hatte aufhängen lassen, um die Schüler zu begrüßen: Willkommen in Chiltons Sommersemester. >Ich halte nicht viel von einem Menschen, der heute nicht klüger ist als gestern – Abraham Lincoln.< Ich entdeckte Paris Geller und ihre besten Freundinnen Madeline Lynn und Louise Grant, die vor dem schwarzen Brett mit den Einschreibelisten für Sommerpraktika und Freiwilligenprojekte standen. »Hü«, sagte Madeline und lächelte mich an. Ich blieb neben ihr stehen, überrascht, dass sie mit mir redete. »Hi«, antwortete ich zögernd. »Du besuchst auch die Sommerschule?«, fragte Madeline. Hinter ihr tauschten Paris und Louise einen Blick und funkelten dann Madeline an. »Ah, ja«, erwiderte ich mit einem Blick zu Paris. »Welche Kurse nimmst du?« »Nun, ich, äh…« Louise räusperte sich laut. »Was?«, fragte Madeline und drehte sich zu ihr um. »Äh, du sprichst nicht mit mir«, erinnerte ich sie. »Nein?« »Tristin«, sagte Louise. »PJ Harvey«, fügte Paris hinzu. »Oh ja, stimmt.« »Ich will mir nur kurz das schwarze Brett ansehen, dann könnt ihr eure Unterhaltung fortsetzen«, erklärte ich und trat
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näher an das Brett. »Das ist ein freies Land«, erwiderte Paris. »Gott segne Amerika«, fügte Louise hinzu. Ganz gleich, was ich machte, Paris würde immer sauer auf mich sein, und zwar wegen Tristin Dugray, einem Jungen, den Paris schon ewig kannte und auf den sie mindestens ebenso lange schon scharf war. Ich hatte den tödlichen Fehler begangen, ihn auf Madelines Party zu küssen, als Dean und ich auseinander waren. Wir hatten uns ausgesprochen, und ich dachte, alles wäre in Ordnung. Ich hatte ihn sogar überzeugt, Paris um ein Date zu bitten. Das endete nicht so gut, wie ich gehofft hatte, aber zumindest dachte ich, es wäre klar, dass ich nicht an ihm interessiert war. Offenbar war dies nicht der Fall. Am Ende des Schuljahres bekam er nämlich Karten für PJ Harvey und erzählte Paris, Louise und Madeline, dass er mit mir zu dem Konzert gehen würde. Tristin hatte das alles nur erfunden, und das habe ich Paris auch gesagt, aber sie wollte mir nicht glauben und hat mir diese Sache, für die ich überhaupt nichts konnte, nie verziehen. »Morgen beginnt das Hausbauprojekt. Du weißt schon, sie reparieren die Häuser der Bedürftigen«, erzählte Madeline mir. »Ist nicht viel Aufwand, macht in den Collegeunterlagen aber bestimmt viel her.« Dann bemerkte sie, dass Paris und Louise sie erneut anfunkelten. »Tut mir Leid«, murmelte sie. »Danke, ich denk drüber nach«, sagte ich zu Madeline. »Es wird dir nicht gefallen«, prophezeite Paris mir. »Weil du auch dabei bist?« »Ja, ich bin auch dabei«, erwiderte Paris. »Ich denk drüber nach«, sagte ich wieder und ging dann den Korridor hinunter. Paris sprintete mir fast schon hinterher. »Du willst doch gar nicht mitmachen«, sagte sie. »Mal sehen.« »Nein«, beharrte Paris. »Das ist nichts für dich.« »Ich bin eine multiple Persönlichkeit«, erklärte ich. »Vielleicht ist das Ganze was für eine davon.«
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Sie war fest entschlossen, es mir auszureden. »Dabei wird stundenlang gehämmert und gebohrt, es ist schmutzig und einfach schrecklich. Du wirst es hassen.« »Woher willst du das wissen? Woher willst du wissen, dass ich nicht jede Woche stundenlang hämmere und bohre? Und apropos Schmutz, ich Hebe Schmutz«, flötete ich, als wir in einen anderen Korridor einbogen. »Ist meine große Leidenschaft.« »Echt zum Totlachen«, fauchte Paris und funkelte mich an. »Du tust mir schon fast Leid«, erwiderte ich. »Schön. Vergiss es.« Paris machte kehrt und stiefelte in die Richtung zurück, aus der wir gekommen waren. Diesmal folgte ich ihr. »Warum willst du nicht, dass ich mitmache?« »Mir ist es egal, ob du mitmachst!« »Du hast gerade eine Menge Energie investiert, um es mir auszureden«, erinnerte ich, als ich sie einholte. »Ich komme zu spät in den Unterricht«, wehrte sie ab. »Willst du wirklich für den Rest deines Lebens wütend auf mich sein, weil du gedacht hast, dass ich mit Tristin ausgegangen bin, obwohl das gar nicht stimmt?« »Ich bin sehr nachtragend«, entgegnete sie stur. »Und dir ist nicht klar, wie dumm das ist?«, fragte ich. Wir bogen um eine weitere Ecke und waren wieder da, wo das Ganze seinen Anfang genommen hatte, vor dem schwarzen Brett. Madeline und Louise standen noch immer dort. »Tut mir Leid, wenn du dachtest, dass zwischen uns eine Thelma-und-Louise-Sache läuft, aber das ist nicht der Fall«, knurrte Paris wütend. »Na gut, du kannst es sehen, wie du ‘willst, aber ich werde morgen mitmachen«, erklärte ich ihr. »Schön. Mach nur. Ist mir auch egal!«, fauchte sie und drängte sich an Madeline und Louise vorbei. »Umso besser«, versicherte ich und blieb neben ihnen stehen. »Großartig!«, rief Paris. »Ich hasse den Sommer!«
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Louise sah mich an, verdrehte die Augen und folgte dann Paris. Madeline winkte mir zu und schloss sich ihnen an. Ich trat ans schwarze Brett, um mir die Einzelheiten des Hausbauprojekts aufzuschreiben. »Rory?«, rief hinter mir eine Stimme. Ich drehte mich um und sah Henry vor mir stehen. Ah. Das einzig Positive an Madelines Party. Henry Cho war ein süßer, absolut gut aussehender koreanisch-amerikanischer Typ, der sich sofort auf Lane gestürzt hatte, als wir die Party besuchten. Trotz anfänglichen Zögerns hatte Lane sich schließlich bereit erklärt, mit ihm zu tanzen, und sie waren stundenlang auf der Tanzfläche geblieben. »Oh, Henry, schön dich zu sehen.« »Freut mich auch«, sagte er. »Welche Kurse nimmst du?« »Shakespeare, Physik, Russische Poesie.« Ich lächelte. »Wow. Ich schlage mich noch immer mit Trigonometrie herum. Aber, hey, beim dritten Versuch läuft’s am besten.« »Ich kann dir helfen, wenn du willst«, bot ich ihm an. »Pass auf, sonst nehme ich dich beim Wort«, erwiderte Henry. »Okay.« »Okay.« Henry blieb einen Moment stehen und blickte ein wenig unbehaglich drein. »Lane geht’s gut«, half ich ihm auf die Sprünge. »Wirklich?«, fragte Henry erleichtert. »Gut, ich habe nämlich schon eine ganze Weile nicht mit ihr gesprochen. Ich habe sie angerufen.« »Ja?« »Einmal. Ich habe sie einmal angerufen.« »Und?« »Ihre Mutter war am Telefon.« »Ups.« »Sie klang wütend.« »Nein, das ist bloß Mrs. Kims Art«, erklärte ich. »Ich hab aufgelegt. Zwölfmal«, gab Henry zu. »Und dann, beim dreizehnten Mal, meinte sie, dass sie den Anruf vom FBI
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zurückverfolgen lassen und mich ins Gefängnis bringen würde. Und obwohl ich von der Logik her wusste, dass die Strafe für mehrfaches Auflegen wahrscheinlich nicht Gefängnis ist, klang sie so einschüchternd, dass ich…« »Nie mehr angerufen habe?«, vermutete ich. »Und jetzt denkt Lane wahrscheinlich, dass ich sie vergessen habe, und…« »Du möchtest, dass ich ihr ausrichte, dass du sie nicht vergessen hast.« Henry lächelte. »Das wäre super.« »Schon erledigt«, versicherte ich ihm. »Und vielleicht könntest du ihr meine Nummer geben und ihr sagen, dass sie mich anrufen soll«, schlug Henry vor. »Mach ich doch gerne.« »Danke!« Er brachte ein Blatt Papier zum Vorschein, schrieb seine Telefonnummer darauf und gab es mir. »Danke.« »Kein Problem.« Ich freute mich für Lane. Sie mochte Henry sehr, und jetzt war völlig klar, dass er dasselbe für sie empfand. »Okay. Tschüss!«, sagte Henry und wandte sich ab. »Tschüss.« Ich wollte das Blatt gerade zusammenfalten, als ich bemerkte, was darauf stand. »Ah, Henry?« »Was?« Er kam zu mir zurück. »Deine Trigonometrie-Unterlagen.« Ich reichte ihm das Blatt. »Oh.« Er riss den Streifen ab, auf dem seine Telefonnummer stand, und gab ihn mir zurück. »Das Problem hätten wir gelöst«, sagte ich. Henry lächelte und nickte, winkte mir dann zu und ging davon. Ich steckte den winzigen Zettel vorsichtig in meine Tasche. Lane würde begeistert sein. Als ich von der Schule nach Hause kam, zog ich mich direkt für das Abendessen bei meinen Großeltern um. Auf dem Weg dorthin erzählte ich Mom von dem Hausbauprojekt am Samstag. Großer Fehler. Sehr groß sogar. Vergleichbar mit Van Halens Entscheidung, Sammy Hagar in die Band
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aufzunehmen. Ob ich das jemals lernen würde? »Mom, morgen werde ich ein Haus bauen«, äffte sie mich liebevoll nach, als sie den Wagen parkte. »Helfen, ein Haus zu bauen«, korrigierte ich. »Hast du ihnen erzählt, dass sich in deinem Wandschrank eine Glühbirne befindet, die ‘97 durchgebrannt ist und die du noch immer nicht ausgewechselt hast?« »Es ist ein Wohltätigkeitsprojekt«, erklärte ich. »Wow.« Sie öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen. »Haben diese Leute nicht schon genug Probleme, auch ohne dass du die Bauarbeiterin spielst?« »Ich bin sicher, dass richtige Bauarbeiter mit dabei sind«, meinte ich. »Ah ja.« »Ich werde assistieren. Ich werde jenen helfen, die weniger Glück haben als ich«, erklärte ich, als wir zur Haustür gingen. »Das macht sich gut in meinen Collegeunterlagen, und jetzt Themawechsel.« »Du hast ja Recht. Ist für einen guten Zweck«, räumte Mom ein. »Es ist nett und sorgt dafür, dass dein Heiligenschein leuchtet.« Ich streckte die Hand aus, um zu klingeln, aber sie hinderte mich daran. »Oh, warte. Moment.« Hastig nahm sie ihren Verlobungsring vom Ringfinger und steckte ihn auf den gleichen Finger ihrer rechten Hand. »Wann wirst du es ihnen sagen?« »Bald.« »Wann ist bald?« »Wenn der große Zeiger auf >b< steht und der kleine Zeiger auf >ald<.« »Du wirst in drei Monaten heiraten.« »Jetzt klingle.« Sie strich sich die Haare hinter die Ohren. »Du sagst es ihnen besser jetzt«, drängte ich. »Klingle«, forderte Mom mich erneut auf. »Je länger du wartest, desto schwieriger wird es.« »Um Himmels willen, würdest du jetzt bitte klingeln?«
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»Du kannst es ihnen vor dem Abendessen sagen«, schlug ich vor. »Ich werde es ihnen sagen, wenn ich bereit bin, es ihnen zu sagen«, erklärte sie nachdrücklich. »Das musst du akzeptieren, ich bin immer noch die Mutter und du die Tochter, und in manchen Kulturen bedeutet das, dass du tun musst, was ich dir sage.« »Wenn du es ihnen nicht in den nächsten zwei Wochen sagst, werde ich es tun.« »Aber offenbar noch nicht in dieser«, erwiderte sie. »Gut.« Ich klingelte, und meine Großmutter öffnete fast sofort die Tür. »Wir müssen schnell essen, dein Vater muss morgen in aller Frühe sein Flugzeug erreichen.« Sie wandte sich ab und eilte ins Esszimmer. Mom und ich blieben ein wenig überrumpelt in der offenen Tür stehen. »Oh, mir geht’s gut«, sagte Mom zu der Stelle, wo soeben noch meine Großmutter gestanden hatte. »Ja, und Rory wird morgen ein Haus bauen. Ich weiß, ich fand es auch ein wenig merkwürdig.« »Plapper bitte im Gehen!«, rief Grandma. »Jemand muss das Silber zerkratzt haben«, flüsterte Mom, als wir das Haus betraten und zusammen ins Esszimmer gingen. Die Kerzen brannten bereits, und ein neues Hausmädchen, das ich noch nie gesehen hatte, stellte Salatteller auf den Tisch. Meine Großmutter hat einen ziemlichen Verschleiß an Hauspersonal. »Bringen Sie auch das Brot«, wies Grandma das Mädchen an. »Und schenken Sie bitte den Wein ein.« Sie blickte zu uns herüber. »Kommt schon, beeilt euch!« »Ja, wir wollen schließlich nicht, dass unser Salat kalt wird«, sagte Mom. »Richard, Abendessen!«, rief meine Großmutter Richtung Arbeitszimmer. »Essen, Essen!« Sie schob ihren Stuhl zurück, um sich zu setzen.
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»Sollen wir nicht auf Dad warten?«, fragte Mom, als sie auf ihrem Stuhl Platz nahm. »Mach dir wegen ihm keine Gedanken«, erwiderte Grandma, während sie ihre Serviette auseinander faltete. »Er ist derjenige mit dem frühen Flug. Wir müssen morgen nirgendwohin«, meinte Mom. »Wir können die ganze Nacht bleiben. Eine Party feiern…« Sie sah zu Grandma hinüber, die einen Bissen von ihrem Salat nahm. »Okay«, sagte Mom resignierend. »Gib mir das Brot.« »Grandma, möchtest du vielleicht etwas…«, begann ich. »Ja, bitte.« Dann kam mein Großvater ins Esszimmer. »Ihr habt angefangen«, stellte er überrascht fest. »Dein Flug geht um sechs Uhr«, rief meine Großmutter ihm ins Gedächtnis. Er blieb neben ihr stehen. »Sechs Uhr? Bist du sicher?« »Wie meinst du das, ob ich sicher bin? Natürlich bin ich sicher. Ich habe deine Sekretärin dreimal gefragt, weil sie eine Idiotin ist, und jedes Mal hat sie mir gesagt, dass er um sechs Uhr geht. Ich habe es aufgeschrieben und dein Ticket auf den…« Sie blickte zu ihm hoch. »Du ziehst mich auf.« Grandpa nickte. »Sehr gut möglich.« »Ich finde das nicht amüsant, Richard.« »Genau darum geht es aber, wenn man jemanden aufzieht, Emily.« Er sah Mom an. »Hallo, Lorelai.« »Hallo, Vater.« »Rory.« »Grandpa«, sagte ich mit einem angedeuteten Lächeln. »Kann ich… äh… bitte einen Moment mit dir reden?«, fragte Grandpa. »Okay.« Ich legte meine Serviette weg, stand auf und folgte ihm auf die Veranda. »Ich dachte nur, wir sollten uns mal unterhalten, du und ich, nach diesem unglücklichen Zwischenfall letzte Woche«, erklärte Grandpa, als wir draußen waren. »Grandpa, du hast mich deswegen bereits angerufen«,
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erinnerte ich ihn. »Ja, ich weiß, aber ich dachte, ich sollte dir noch einmal persönlich sagen, wie…« »Ich weiß«, unterbrach ich ihn. »Und ich weiß das zu schätzen.« Grandpa sah mich an. »Wir haben noch nie Streit gehabt«, sagte er. »Nein«, stimmte ich zu. »Das war unser erster.« »Ja, das war er.« »Und ich muss sagen, ich habe ihn schon vergessen«, erklärte Grandpa. »Ich auch«, antwortete ich. »Nun, in Ordnung. Wir sollten wieder reingehen.« Er wandte sich zum Haus, blieb dann stehen und drehte sich zu mir um. »Wir sind jetzt wieder Freunde, richtig?« »Freunde.« Ich legte ihm die Arme um die Schultern und drückte ihn an mich. »Kopf hoch, Soldat«, sagte ich und klopfte ihm auf den Rücken. Wir waren auf dem Weg ins Esszimmer, als Grandpa stehen blieb. »Warte. Ich möchte dir etwas geben.« »Was?« »Komm, komm!« Er klang aufgeregt. Wir gingen am Esszimmer vorbei zu seinem Arbeitszimmer. »Hey, wohin geht ihr?«, rief Mom vom Tisch. »Wir sind gleich wieder da!«, antwortete Grandpa. »Dann beeilt euch, denn ihr verpasst gerade eine wunderbare Unterhaltung«, drängte Mom und klang dabei ein wenig verzweifelt. In seinem Arbeitszimmer gab mir Grandpa eine Erstausgabe von A Mencken’s Chrestomathy, das Buch, das er mir hatte schenken wollen, als es zwischen uns zum Streit gekommen war. Ich umarmte ihn wieder. Mein Großvater war inzwischen ein Großspender für meine wachsende Bibliothek geworden. Vielleicht sollte ich eine der Schubladen, in denen ich meine Bücher aufbewahrte, nach ihm benennen.
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Wir gingen zurück und setzten uns zu Mom und Grandma an den Tisch, wo sie schweigend aßen. Auf der Rückfahrt erfuhr ich, was zwischen Mom und Grandma vorgefallen war. Mom hatte sich entschieden, Grandma von ihrer bevorstehenden Hochzeit zu erzählen, und Grandmas Reaktion war alles andere als positiv gewesen. »Das ist schön. Ich hoffe, dass wir dann in der Stadt sein werden, wenn nicht, schicken wir dir ein schönes Geschenk.« Das war ziemlich unsensibel und passte so gar nicht zu der Grandma, die ich kannte. Ich fragte mich, was mit ihr los war. Ich hatte Mom schon lange nicht mehr so aufgebracht erlebt. »Bist du okay?«, fragte ich, als wir über den Marktplatz zum Luke’s spazierten. »Mir geht’s perfekt.« »Wirklich?« »Ich habe ein Maß an Perfektion erreicht, wie man es außerhalb vom Victorias’s-Secret-Catalogue selten findet.« »Tut mir wirklich Leid, das Ganze«, sagte ich. »Ach, das muss dir nicht Leid tun. Was heute Abend passiert ist, war unvermeidlich.« »Mom…« »Ich hätte klug genug sein müssen, es meiner Mutter nicht zu erzählen«, seufzte sie. »Du hast es nur gut gemeint!« »Ihr zu sagen, dass ich einen wundervollen Mann heiraten werde, der mich lieben und mich glücklich machen wird. Das und die Tatsache, dass ich ihr meine Adresse gegeben habe, als ich endlich auszog – das waren die schlimmsten Fehler, die ich je gemacht habe.« Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht denkt sie noch mal darüber nach und ruft dich an, um dir zu sagen, dass es ihr Leid tut«, spekulierte ich. »Mom, ich werde heiraten«, sagte sie, sich selbst nachäffend. »Ich bin eine Idiotin. Und weißt du, als ich den Mund aufmachte, schrie mein Verstand >Tu es nicht. Ehrlich, du wirst es bereuen!< Aber hat mein Mund daraufgehört?« »Nein«, sagte ich bekümmert.
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»Nein! Er hat sich geöffnet, und schon war das Ganze draußen, und Emily war Emily, und mein Mund war wie gelähmt. Und mein Verstand meinte nur >Ich hab’s dir doch gesagt. < Und dann drehte mein Mund durch, weil kein Mund es mag, wenn ihm etwas unter die Nase gerieben wird. Und jetzt reden mein Mund und mein Verstand nicht mehr miteinander, und es wird Wochen dauern, bis wir die beiden wieder versöhnt haben.« »Dein Mund hat eine Nase?«, fragte ich, als wir das Luke’s betraten. »Gott, hab ich eine Laune!« Das Lokal war bis auf Luke, der die Tische abwischte, leer. »Du bist bestimmt hungrig«, meinte ich, als wir uns an einen Tisch setzten. »Nein, bin ich nicht«, widersprach Mom. »Aber du hast kaum etwas gegessen.« »Wie auch? Als ich meine Kinnlade wieder hochklappen konnte, hatte Speedy Gonzales meinen Teller schon abgeräumt.« »Luke wird dich aufheitern, nicht wahr, Luke?«, fragte ich und sah zu ihm hinüber. »Aber sicher, liegt mir im Blut, für gute Laune zu sorgen«, sagte er und kam zu uns herüber. »Was wollt ihr haben?« »Wir nehmen zwei Kaffee und ein Schimpfgericht bitte«, sagte ich. »Mit extra Käse.« »Nein«, wehrte Mom ab. »Warum nicht?«, fragte ich. »Ich habe genug geschimpft, das Schimpfen ist vorbei.« Mom blickte zu Luke auf. »Ich nehme ein Akzeptanzgericht und eine Portion Fritten.« »Moment mal. Du hast es nicht akzeptiert«, wandte ich ein. »Ich bin eine erwachsene Frau! Ich brauche nicht die Erlaubnis oder den Segen meiner Mutter, um glücklich zu sein.« »Das muss heute eine gute Oprah-Show gewesen sein«, bemerkte Luke trocken.
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»Nur ein kleines Familiendrama, nicht der Rede wert«, erklärte Mom. »Doch der Rede wert«, warf ich ein. »Ja? Was ist denn passiert?«, wollte Luke wissen. »Ich habe meiner Mutter erzählt, dass ich heiraten werde, und das war gar nicht gut«, erklärte Mom. Luke nickte. »Yep.« »Yep was?«, fragte Mom. »Nun, es gibt nichts Besseres als eine Hochzeit, um eine Familie auseinander zu bringen«, antwortete Luke. »In meinem Fall gibt es nichts Besseres als eine Familie, um eine Familie auseinander zu bringen«, korrigierte Mom. Aber Luke hatte bereits zu einer eigenen Schimpftirade angesetzt. »Das Ganze fängt harmlos an mit zwei Leuten, die sich gegenseitig Versprechungen machen – ich werde dich immer lieben, ich will sterben, wenn du stirbst, mein Leben bedeutete nichts, bis du meine Zahnbürste benutzt hast… Und dann geht’s los.« »Aber so ganz…«, versuchte meine Mutter einzuwerfen, aber ohne Erfolg. Luke ließ sich nicht bremsen. »Wen soll man einladen, wer sitzt wo, soll die Bar geöffnet werden, ja oder nein…« »Luke?«, versuchte es Mom erneut. »Tante Junie isst kein Hühnchen, Onkel Momo braucht seine Medikamente«, fuhr Luke fort. Mom lachte. »Junie und Momo?« »Nur ein Beispiel.« »Für ein pensioniertes Zirkuspaar?« »Und dann, nach all der Planerei, wird der Empfang trotzdem eine Katastrophe, denn ganz gleich, was man macht oder wie sorgfältig man plant, irgendjemand betrinkt sich immer während einer dieser grauenhaften Bette-MidlerBalladen, ein zweiter wird mit der Frau eines anderen schlafen und das Hühnchen Kiew eines dritten landet auf dem Kuchen!« Mom sah zu ihm auf. »Du weißt aber, dass die Gettysburgh-
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Rede nur eine Seite lang war? Und die hatte was mit einem Krieg zu tun.« »Ich sage nur, wie es ist«, erwiderte Luke. »Ich habe meine Bestellung offiziell geändert«, beschloss Mom. »Ich nehme das >Luke löst bei Lorelai Migräne aus
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6 »Zeit?« Am nächsten Morgen kam ich aus meinem Zimmer gestolpert und befestigte die Träger meines Overalls. Mom war in der Küche und füllte eine große Thermoskanne mit Kaffee für mich. »Halb neun«, sagte sie. »Ich komme zu spät!« Ich griff nach meinem Rucksack und eilte zur Haustür. »Warte, der Kaffee!« Ich rannte zurück, um die Thermoskanne zu holen. »Danke – wir sehen uns heute Abend.« »Moment mal!« Sie stellte die Kaffeekanne ab und lief ins Wohnzimmer. Hastig schraubte ich den Deckel auf die Thermoskanne. »Mom, ich muss in zwanzig Minuten da sein.« »Ich weiß, aber ich habe etwas wirklich Cooles für dich!«, rief sie zurück. Ich steckte die Thermoskanne in meinen Rucksack. »Kann das nicht bis heute Abend warten?« »Heute Abend ist es nicht mehr cool!« »Wie meinst du das, heute Abend ist es nicht mehr cool? Was verliert denn seine Coolheit in zwölf Stunden?«, fragte ich neugierig und ging ihr entgegen. »Das.« Sie hielt etwas mit rosa Federn am einen Ende und fuchsiafarbenen Federn am anderen Ende hoch. Es war mit Glitzerstaub und Edelsteinen und Schleifen geschmückt. Mom strahlte, so stolz war sie auf ihr Werk. »Was ist das?«, wollte ich wissen. »Ein Hammer.« Ich starrte das Geschenk an. »Da sind Federn dran.« »Ja.« »Warum denn das?« »Damit sich die Strass-Sterne und Schleifen nicht so einsam
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fühlen«, erklärte sie. »Und wozu soll das gut sein?«, fragte ich. »Damit kann man ein richtig schönes Haus bauen.« »Wie lange brauche ich, um dir das Ding auszureden?«, fragte ich. »Vierzig Minuten. Höchstens eine Stunde.« »Gib her.« Sie überreichte mir den Hammer, und ich steckte ihn in meinen Rucksack. »Ruf mich an, wenn du nach Hause kommst, und sei bitte vorsichtig«, sagte Mom. »Das werde ich.« »Ich meine es ernst, Timmy. Fall nicht in den Brunnen.« »Tschüss.« »Tschüss!« Ich öffnete die Haustür und stieß fast mit Lane zusammen, die mit einem großen Karton in den Händen dort wartete. Auf der vorderen Veranda standen weitere Kartons. »Hilfe, hast du mich erschreckt!«, rief ich. »Tut mir Leid. Wohin gehst du?« »Ich mache heute beim Hausbauprojekt mit«, antwortete ich. »Richtig. Ich beeile mich auch.« Sie stellte den Karton ab, den sie getragen hatte, und holte dann einen weiteren. »Okay. Hier sind meine CDs, meine Zeitschriften, meine Poster, meine Bücher, drei von deinen Pullovern und ein Viva Glam-Lippenstift. Ich muss sie hier lassen, während ich in Korea bin, denn meine Mutter wird bestimmt mein Zimmer durchsuchen, und wenn sie das alles findet, wandert es in die Mülltonne, und sie verbringt den Rest des Sommers damit, für meine Seele zu beten.« Sie brachte den letzten Karton herein und schloss die Tür. »Ich werde sie wie meine eigenen Sachen behandeln«, versicherte ich. Lane griff nach einem großen braunen Briefumschlag. »Okay, das hier ist die Lane-Kim-Notfall-Ausstattung.« Sie nahm die einzelnen Gegenstände heraus und gab sie mir nacheinander, nicht ohne Erläuterung. »Der Umschlag enthält
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die Telefonnummer meiner Kusinen in Korea, eine Karte, auf der das Haus verzeichnet ist, in dem ich wohnen werde, ein aktuelles Bild von mir und eine Fotomontage von mir in sechs Monaten.« Ich betrachtete ihre Lane-der-Zukunft-Projektion. »Du bist dünner geworden.« Sie reichte mir ein weiteres Blatt Papier. »Hier ist der Name dieses Kerls im amerikanischen Konsulat und mehrere koreanische Sätze in Lautschrift, du weißt schon, >Hilfe<, >Haben Sie dieses Mädchen gesehen?< und so weiter.« »Deine Eltern haben dir noch immer nicht gesagt, wann du zurückfliegst?« »Nein, aber sie haben mir einen Wintermantel gekauft.« »Wann fliegst du?« »Direkt nach der Verlobungsparty deiner…« »Pst!«, unterbrach ich sie. »Meinst du, sie hat mich gehört?«, flüsterte Lane. »Ich glaube nicht«, flüsterte ich zurück, wartete aber einen Moment, um sicherzugehen. »Nein, sonst wäre sie schon hier, um Details aus uns rauszupressen.« »Und sie würde nicht so tun, als hätte sie es nicht gehört, um die Überraschung nicht zu verderben?«, fragte Lane. »Und riskieren, dass ihr Kleid nicht zur Deko passt?« Hätte Mom irgendwas mitbekommen, würde sie uns jetzt zweifellos mit einer Million Fragen bombardieren. »Stimmt. Okay, ich geh dann mal.« Sie griff nach dem Türknauf. »Stopp«, sagte ich. »Und Henry?« »Hab ihn angerufen«, erklärte Lane. »Und?« »Er mag mich«, erklärte sie. »Er ist perfekt. Ich werde ihn nie wieder sehen. Näheres erfährst du dann in meinem Roman, Eine Yankee aus Connecticut in Pusan.« Mit diesen Worten schlüpfte sie durch die Tür und ging nach Hause. Ich legte Lanes Sachen zurück in den Karton und machte mich wieder auf den Weg zu meinem Ziel. Als ich die Haustür
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hinter mir schloss, sah ich Dean den Fußweg heraufkommen. »Hey«, sagte er. »Hi!« »Wohin gehst du?« »Ich muss ein Haus bauen«, antwortete ich. Dean lächelte. »Alles klar… also, wohin gehst du?« »Das war ernst gemeint«, sagte ich. »Du baust also ein Haus?« »Das Ganze ist eine Wohltätigkeitssache, und ich komme gerade zu spät. Warum gehst du nicht rein? Dann kannst du mit meiner Mom die >Rory baut ein Haus<-Story durchsprechen, und wenn das langweilig wird, könnt ihr euch über Baseball unterhalten«, sagte ich leicht verärgert, weil alle so begriffsstutzig waren. »Okay, wie lange bist du denn weg?« »Keine Ahnung. Warum?« »Ich dachte nur, wir könnten heute was zusammen unternehmen. Uns vielleicht einen Film ansehen und was essen. Oder wir gehen in eine Buchhandlung. Ich schaue dir dann auch gern stundenlang beim Schmökern zu.« »Das würde ich liebend gern tun, aber ich muss heute diese Sache durchziehen.« »Sag ab!«, verlangte Dean. »Das kann ich nicht«, erwiderte ich. »Habe ich erwähnt, dass wir uns sechs oder sieben Stunden in der Buchhandlung aufhalten können?«, fragte Dean. »Wie wäre es mit heute Abend? Wir können uns eine Pizza bestellen und bei Amazon einloggen«, schlug ich vor. »Du wirst dich genauso langweilen, wenn du zusiehst, wie ich Bücher bestelle, das verspreche ich dir.« Dean gab einen lauten Seufzer von sich. »Abgemacht.« »Gut, ich muss nämlich jetzt los.« Ich sprintete davon, um den Bus zu erreichen. Wie erwartet kam ich zu spät. Die Baustelle war von einer Horde Jugendlicher und Hausbauprojekt-Freiwilliger mit Schutzhelmen umgeben, die hämmerten, bohrten, sägten und
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bauten. Ich sah mich um und wusste nicht genau, an wen ich mich wenden sollte. Schließlich entdeckte ich einen stämmigen Kerl, der ein Brett zersägte und so aussah, als könnte er der Verantwortliche sein. Ich klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Entschuldigen Sie.« Er drehte sich um. »Hey, du fasst einen Mann mit einer Säge an! Man fasst keinen Mann mit einer Säge an. Was hast du dir denn dabei gedacht?« Er zog die Säge aus dem Holz } und legte sie vorsichtig zur Seite. »Tut mir Leid«, sagte ich. »Ich hätte mich verletzen können. Und dich gleich dazu. Wir hätten uns fast eine Tonne Schmerz eingehandelt.« »Das tut mir wirklich Leid. Ich bin bis jetzt noch nie auf einer Baustelle gewesen.« Ich musterte die arbeitenden Leute. »Es ist schön.« »Okay, woher kommst du?«, wollte er wissen. »Chilton«, sagte ich. »Mein Name ist…« »Komm, Chilton.« Er wandte sich ab und bedeutete mir mitzukommen. »Nein, ich heiße Rory. Chilton ist meine Schule«, erklärte ich, während ich ihm folgte. »Hast du einen Hammer?«, fragte er, als wir in eins der im Bau befindlichen Häuser traten. »Oh ja, Sir«, bestätigte ich. »Wo ist er?« Ich löste den Rucksack von meinen Schultern und zog den Hammer heraus, den Mom mir gegeben hatte. Er starrte ihn an. »Darunter ist ein echter Hammer«, erklärte ich. »Das soll ein Hammer sein?« Er nahm das Ungetüm und musterte es. »Naja, er ist bloß ein wenig herausgeputzt«, erklärte ich. Der Mann starrte mich an. »Du putzt einen Hammer heraus?« »Nein, meine Mutter. Sie macht so was. Sie, äh, sie nimmt Sachen, die nicht schön sind, und macht sie schön, zum Beispiel einen Hammer, verstehen Sie? Einmal hat sie für
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meine Flaschen mit flüssigem Papier kleine Kostüme gemacht. Ein Clown, ein Cowboy, ein Nachrichtensprecher.« Der Mann starrte mich, während ich plapperte, fassungslos an. »Sie ist nicht verrückt, auch „wenn man das glauben könnte.« »Okay.« Er gab mir den Hammer zurück. »Du arbeitest hier. Trag das.« Er drückte mir einen Schutzhelm auf den Kopf und gab mir eine Schutzbrille. »Schau nicht nach oben, achte auf deine Umgebung, wenn jemand sagt >Duck dich< oder >Renn<, dann bedeutet das auch >Duck dich< oder >Renn<. Trag Sonnencreme auf, trink Wasser, sei vorsichtig.« Er wandte sich ab. »Das war’s?«, fragte ich. »Das sind alle Anweisungen?« Er blieb stehen und drehte sich um. »Gut erkannt.« »Aber ich habe so was noch nie gemacht.« »Morgen wirst du das nicht mehr sagen können.« »Aber in diesen Häusern werden doch Leute wohnen. Sie haben vielleicht Kinder oder Haustiere oder zerbrechliche Sachen.« Er nickte. »Wenn es Probleme gibt, frag jemanden in deiner Nähe.« »Aufpassen!«, schrie plötzlich eine Stimme von oben. Ich sprang zurück, und schon krachte ein Holzbrett auf den Boden und verfehlte mich nur knapp. »Hey, du lernst schnell. Von dem da war noch gar nicht die Rede.« Er stapfte davon und ließ mich mitten im Haus stehen. Ich ging zurück zu der Stelle, wo ich ihm zufolge anfangen sollte. Auf einem improvisierten Tisch stand eine Schachtel mit Nägeln. Kurzerhand nahm ich einen heraus und machte einen Schritt auf die Wand zu, die er mir gezeigt hatte. Ich legte meinen Rucksack auf den Boden, setzte die Schutzbrille auf und hielt den Nagel an die Wand. Dann holte ich fest entschlossen mit meinem herausgeputzten Hammer aus, traf aber nicht richtig, sodass der Nagel über meine Schulter flog – just in dem Moment, als Paris’ Gesicht vor mir auftauchte. »Das ist meine Wand«, erklärte sie. Sie trug einen Overall und einen ledernen Werkzeuggürtel um die Hüften. Irgendwie
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sah sie total kompetent aus, als wäre sie hier zu Hause. »Was?« »Ich habe hier gearbeitet. Ich habe diese ganze Wand hochgezogen«, erklärte sie. »Geh woanders hin.« »Du hast diese Wand hochgezogen?«, fragte ich ungläubig. Und ich konnte nicht einmal einen Nagel einschlagen. »Geh und hilf mit dem Beton«, wies sie mich an. »Ganz schön beeindruckend«, sagte ich. »Das habe ich schon eine Million Mal getan. Es ist keine große Sache.« Da erklang hinter ihr ein lautes dumpfes Geräusch. Paris fuhr herum und schrie: »Louise! Was habe ich dir gesagt? Benutz dafür eine Spitzhacke!« »Leck mich!«, schrie Louise zurück. »Komisch«, bemerkte ich. »Ich habe in dir nie eine BobVila-Braut gesehen.« »Das Hausbauprojekt ist eine extrem prestigeträchtige und angesehene Vereinigung«, erklärte sie. »Ich arbeite schon seit Jahren als Freiwillige für sie.« »Wirklich? Du stehst also auf die Overalls?«, fragte ich. »Ich nicht«, erwiderte sie. »Harvard schon.« »Was heißt das?« »Wenn du dich bei einer Eliteschule bewirbst, brauchst du mehr als gute Zensuren und Testergebnisse, um angenommen zu werden«, erläuterte sie. »Jede Person, die sich für Harvard bewirbt, hat einen perfekten Notendurchschnitt und perfekte Testergebnisse. Es sind die Extras, die zum Erfolg fuhren. Die Clubs, die Wohltätigkeitsvereine, die Freiwilligenarbeit«, sagte sie. »Aber das weißt du doch.« In Wirklichkeit wusste ich es nicht, aber das wollte ich gegenüber Paris nicht zugeben. »Klar weiß ich das«, log ich. »Ich habe mich bereits im vierten Schuljahr freiwillig gemeldet. Ich habe Kekse hier im Kinderkrankenhaus verteilt. Mit zehn habe ich meine erste Studiengruppe geleitet. Die jüngste Person in der Gruppe war zwölf«, prahlte sie. »Wow.« »Und ich war Beraterin im Ferienlager. Ich habe ein
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Literaturprogramm für Oberstufenschüler organisiert. Ich habe für die Telefonseelsorge gearbeitet. Ich war für ein Straßenkinderzentrum tätig. Ich habe Delfine dressiert, Zeichensprache unterrichtet, Blindenhunde ausgebildet«, zählte Paris auf. »Oh, mein Gott, du meinst es ernst.« »Darauf kannst du wetten.« »Aber… wann hattest du Zeit zu leben?« »Ich werde nach meinem Abschluss bei Harvard ein Leben haben. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, der Abwasserkanal auf der Südseite dieses Hauses ist verstopft.« Und weg war sie. Ich musste eine neue Wand für meinen Hammer finden und kam mir wie eine völlige Versagerin vor. Ich hatte mich noch nie freiwillig zu irgendetwas gemeldet. Ich würde nie nach Harvard kommen. Da kam Madeline auf mich zugerannt. »Hü« »Madeline!«, schrie Louise. »Und tschüss!«, rief Madeline und war genauso schnell, wie sie aufgetaucht war, wieder bei Paris und Louise. Als der Bus an diesem Nachmittag in Stars Hollow hielt, wollte ich nur noch nach Hause und eine heiße Dusche nehmen. Dann aber sah ich Dean auf der Bank an der Bushaltestelle sitzen, Daniel Clowes’ Eightball lesen und auf mich warten. Normalerweise wäre dies eine nette Überraschung gewesen, aber nicht heute. »Hey. Steht dir gut, der Schmutz«, sagte Dean und sprang von der Bank auf. »Dean, hi«, sagte ich und wandte mich ab, um nach Hause zu gehen. »Und wie war’s?«, fragte er, als er mich einholte. »Langer Tag. Langer… langer Tag.« Das war eine glatte Untertreibung. Ich war total erschöpft und konnte an nichts mehr denken, als dass ich nie nach Harvard kommen würde. »Der Tag ist vorbei. Reden wir über den Abend«, sagte Dean. »Um halb acht läuft Barbarella, und ich dachte, du
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könntest dir vielleicht die Handtasche deiner Mutter schnappen, du weißt schon, die mit dem Affengesicht, und wir ziehen uns ein paar Burger rein und…« Ich blieb stehen und drehte mich zu ihm um. »Was?«, fragte er. »Ich kann nicht.« »An die Handtasche deiner Mutter rankommen?« »Ich kann heute Abend nichts unternehmen.« »Warum nicht?« »Weil ich eine Menge zu planen habe«, erklärte ich. »Was planen?«, fragte er und klang ein wenig gereizt. Ich setzte mich wieder in Bewegung. »Ich hänge mit meinen außerschulischen Aktivitäten zehn Jahre zurück.« »Wovon redest du?« »Paris macht diese Sachen schon, seit sie laufen kann. Ich meine, sie hat eine Liste guter Taten, mit der sie Mutter Theresa in der Harvard-Bewerbung ausstechen könnte.« »Äh… ich komm nicht ganz mit«, gestand Dean. »Ich habe mein ganzes Leben lang wie eine Verrückte gebüffelt, und ich dachte wirklich, das würde reichen, aber dann erzählt Paris mir, dass alle gute Zensuren haben und es die Extras sind, die zum Erfolg führen. Und ich dachte, sie wollte mich nur ärgern, weil sie das ja immer macht, aber…« Ich seufzte. »Sie hat Recht. Ich meine, das macht leider Sinn.« Dean schüttelte den Kopf. »Was?« »Gute Zensuren reichen nicht! Ich muss etwas tun. Ich muss mich als Freiwillige melden, ich muss für Wohltätigkeitsorganisationen arbeiten. Ich muss den Blinden helfen, den Waisen – ich weiß nicht. Ich muss einfach etwas tun!«, bekräftigte ich. »Schön«, meinte Dean. »Aber was hat das mit heute Abend zu tun?« »Ich muss sofort anfangen.« »Jetzt? Du musst den Blinden und den Waisen jetzt sofort helfen?« »Habe ich dir nicht gesagt, dass ich zehn Jahre zurückliege?«
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»Tja, zehn Jahre kannst du aber nicht an einem Abend aufholen, Rory«, erwiderte Dean. »Ich weiß!«, seufzte ich. »Ich… ich muss mich eben einfach organisieren.« »Rory, es ist Sommer. Ich meine, Sommer ist die Zeit, in der man rumhängt und sich erholt«, erklärte Dean. »Ich kann nicht rumhängen oder mich erholen!«, rief ich. »Ich muss ein behindertes Kind finden und ihm beibringen, wie man Softball spielt.« Ich verstummte. »Oh Gott, glaub mir. Ich bin schrecklich. Ich bin unqualifiziert und schrecklich!« »Moment mal«, sagte Dean. »Ich dachte, wir könnten Zeit zusammen verbringen.« »Können wir ja auch«, versicherte ich. »Und wann?« »Ich weiß es nicht. Vielleicht morgen?« »Du warst heute beschäftigt…« »Ich habe dir doch erklärt…« »Deshalb haben wir Pläne für heute Abend gemacht«, fuhr Dean fort. »Ja, aber…« »Und jetzt versetzt du mich wieder!« »Ich versetze dich doch gar nicht.« »Du gehst drei Tage in der Woche zur Sommerschule.« »Das hast du vorher gewusst«, erinnerte ich ihn. »Ja, aber wir waren eine Weile getrennt, und ich dachte, du würdest gern etwas Zeit mit mir verbringen.« »Dean! Es geht hier um Harvard.« »Oh, ja dann, entschuldige«, sagte Dean sarkastisch und hob die Hände. »Es geht um Harvard. Das habe ich ganz vergessen. Ist klar.« Er drängte sich an mir vorbei und schickte sich an davonzugehen. »Du bist sauer?«, fragte ich, als ich mich zu ihm umdrehte. »Du bist sauer, weil ich mich dafür ins Zeug lege, dass ich auf ein gutes College gehen kann?« »Nein«, widersprach er. »Ich bin sauer, weil meine Freundin
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anscheinend keine Zeit mehr für mich hat.« »Dean, hör auf damit«, bat ich. »Das ist wichtig!« »Und es kann nicht einen Abend lang warten?« »Nein.« »Schön!«, sagte er wütend. »Warum führst du dich so auf?« »Wie denn?« »Wie ein Zweijähriger.« »Hey, ich gehe nicht nach Harvard. Harvard ist mir völlig egal. Ich wollte nur mit dir zusammen sein. Aber entspann dich, denn da ich offenbar ein Zweijähriger bin, entwachse ich dem ja vielleicht.« Er machte kehrt und marschierte davon, und ich stürmte in die andere Richtung nach Hause. Ich konnte nicht fassen, dass Dean kein Verständnis aufbrachte. Er wusste, wie wichtig Harvard für mich war. Ich konnte mir Besseres vorstellen, als mit ihm zu streiten, aber ich musste jetzt wohl oder übel an meinen außerschulischen Aktivitäten arbeiten; ich hatte keine Zeit zu verlieren. Paris lag achthunderttausend Projekte vor mir. Harvard würde sie – und Leute wie sie – mir immer vorziehen.
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7 »Okay, offiziell bin ich viel zu müde, um heute Abend auszugehen, deshalb vertraue ich meinem Accessoire-Instinkt nicht«, erklärte Mom, als sie an diesem Abend in die Küche kam. Sie trug ein schwarzweißes Kleid und hielt eine kleine, blaue Handtasche hoch. »Sag mir, was du davon hältst.« Ich machte mir gerade fieberhaft Notizen auf einem Schreibblock, blickte aber trotzdem kurz hoch. Vor mir auf dem Tisch türmte sich ein Berg aus Broschüren. »Ich habe keine Outdoor-Qualifikationen!«, stieß ich hervor. »Du findest die Handtasche also hässlich?«, fragte sie. »Wie soll ich nach Harvard gehen, wenn ich keine OutdoorQualifikationen habe?« »Ich weiß es nicht, Schätzchen. Vielleicht wirst du deinen Traum aufgeben müssen, als Hauptfach Holzfällen zu nehmen.« »Ich habe die Leuchtkäfer angerufen. Brauchen sie Gruppenführer? Ja. Gut, dann werde ich Gruppenführer in. Toll! Der einzige Haken ist nur, es ist Sommer. Campingsaison. Ich brauche Outdoor-Qualifikationen.« Als ich meinen Stift auf den Tisch warf und sie anklagend anstarrte, ließ Mom sich auf einen Stuhl sinken. »Warum hast du mich nie zum Campen mitgenommen?« »Campen? Machst du Witze?«, fragte sie. »Ich konnte dich nicht dazu bringen, nasses Gras zu betreten, bis du drei warst.« »Hättest du mich zum Campen mitgenommen, hätte ich jetzt Outdoor-Qualifikationen!« »Ich sag dir mal was. Ich werde dich nach oben mitnehmen. Ich werde dich aus dem Fenster werfen. Wenn du es schaffst, dich an diesem Baum festzuhalten, dann bin ich deine Zeugin.« »Ich habe auch noch im Sunnyside-Heim angerufen. Brauchen die vielleicht irgendwelche Freiwilligen? Und ob du es glaubst oder nicht, sie brauchen keine – aber sie brauchen
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einen Akkordeonspieler für ihre Polkaparty am Freitagabend.« »Wie konnte ich dich nur nie dazu zwingen, Akkordeon zu lernen?«, wunderte sich Mom. »Die Bücherei war geschlossen. Ich kann morgen dort anrufen, aber sie haben nur zwölf Bücher, sodass ich mich darauf nicht verlassen kann«, erklärte ich. »Das Tutorenprogramm in Chilton nimmt noch Bewerber an. Ich schätze, ich könnte das machen, aber…« »Schätzchen, reg dich ab«, mahnte Mom. »Ich bin absolut unvorbereitet. Ich werde meinen Rückstand nie aufholen!«, rief ich. »Du wirst deinen Rückstand aufholen, aber nicht jetzt und hier. Du hast deine Listen zusammengestellt und deine Anrufe gemacht. Warum entspannst du dich nicht und rufst Dean an, damit er vorbeischaut?« »Wir haben uns gestritten.« »Warum?«, fragte Mom. Ich funkelte sie an. »Weil du mich nie zum Campen mitgenommen hast.« »Oh, Mann, heute Abend kommt es wirklich knüppeldick für mich«, seufzte Mom. »Eigentlich wollten wir was zusammen unternehmen, aber ich hab ihm gesagt, ich kann nicht, und dann war er sauer, und seitdem streiten wir uns«, erklärte ich. »Oh oh«, sagte Mom. »Hör zu, ich könnte Max absagen und den Abend hier mit dir verbringen. Wir könnten Popcorn machen und der Tatsache nachtrauern, dass ich dich nie gezwungen habe, Missionarin zu werden.« »Nein, geh ruhig, ich komm schon zurecht«, sagte ich. »Ich muss mich jetzt nur konzentrieren.« »Ich kann dir dabei helfen«, bot Mom an. »Nein. Ich muss das allein schaffen«, erklärte ich. »Bist du sicher?« »Ganz sicher.« »Okay, ich werde nicht sehr spät nach Hause kommen. Und hör zu, ich würde mir überlegen, Dean doch anzurufen.« Sie
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stand auf und tätschelte mir den Arm. »Und denk dran: Es ist nicht seine Schuld, dass du so hinreißend bist, dass er an nichts anderes mehr denken kann.« »Tschüss, Mom.« »Ich meine, er sitzt jetzt deprimimiert in seinem Zimmer, frisst Froot Loops aus der Schachtel und sagt deinen Namen wieder und wieder und wieder«, fuhr Mom fort. »Die Zeit läuft.« »Rory, ich liebe dich, Rory«, sagte sie mit ihrer tiefen >Dean<-Stimme. »Rory, ich möchte nicht ignoriert werden, Rory…« »Geh«, drängte ich. »Okay, bin bald wieder da. Tschüss!« Ich hörte, wie ihr Wagen davonfuhr, während ich die Liste mit den Freiwilligenprojekten anstarrte. Meine Mom war in dieser Nacht nicht so früh wieder da. Um genau zu sein, sie kam recht spät nach Hause. Ich grübelte noch immer über meinen Freiwilligenprojekten, als sie durch die Tür kam, hörte aber in der Sekunde damit auf, als ich ihr Gesicht sah. Sie erzählte mir, dass Max beim Abendessen angefangen hatte, ihr von seinen Eltern zu erzählen und wie begeistert sie über die bevorstehende Hochzeit waren und wie sehr sie sich wünschten, dass sie sie >Mom< und >Dad< nannte, wenn sie damit einverstanden war. Sie war hin und weg. Und je mehr er über sein Verhältnis zu seinen Eltern erzählte, desto mehr wurde ihr klar, dass deren Reaktion das totale Gegenteil der Reaktion ihrer Mutter war, und das ärgerte sie maßlos. Nach dem Abendessen ließ sie sich deshalb von Max zum Haus meiner Großeltern fahren. Sie konfrontierte meine Großmutter mit dem eben Gehörten und fragte sie, warum sie sich nicht für sie und Max freuen konnte, warum sie sie so harsch abgefertigt hatte, als sie erfahren hatte, dass sie heiraten würde. Sie insistierte weiter, bis meine Großmutter schließlich explodierte und ihr sagte, dass Mom sich vielleicht ähnlich fühlte wie sich Grandma gefühlt hatte, als sie erfahren hatte, dass ihre Tochter einen völlig Fremden
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heiraten wollte. Dass es alle Welt wusste, nur nicht ihre Mutter. Mom fühlte sich schrecklich. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie meine Großeltern Wind davon bekommen hatten, aber ich hatte eine vage Ahnung. Die Überraschungsverlobungsparty von Mom und Max sollte am nächsten Abend stattfinden, und ich konnte mir vorstellen, dass vielleicht Sookie, die Köchin des Independence Inn und gleichzeitig beste Freundin meiner Mom, meine Großeltern angerufen hatte, um sie einzuladen. Als Mom am nächsten Tag von der Arbeit kam, wollte sie wissen, ob ich mich zufällig mit rosa Zuckerguss und herzförmigen Keksen auskannte. Sie hatte Sookies Vorbereitungen für die Party am Abend mitbekommen und überlegte, was sie anziehen sollte. Es freute mich, dass sie so aufgeregt und damit viel zu abgelenkt war, als dass sie über den Streit in der vergangenen Nacht nachdachte. Wir liefen in ihr Schlafzimmer und probierten verschiedene Möglichkeiten aus, bis sie sich für ein langes blaues Kleid mit Rüschen entschied. Die Rüschen waren mit braunen Blumen und Strass besetzt. Perfekt. Mona sah wunderschön aus. Die braven Bürger von Stars Hollow wissen wirklich, wie man eine Party feiert: Die Straßen waren für den Verkehr gesperrt worden, auch wenn heute sowieso niemand mit dem Auto fahren wollte – alle waren auf der Party. Funkelnde weiße Glühbirnen waren an den Bäumen befestigt und Tische mit purpurnen Decken und Blumen rund um den Pavillon auf dem Marktplatz aufgestellt worden. Außerdem standen etliche Büfett-Tische mit riesigen Bowlenschüsseln und Tonnen von Essen, Früchten und Desserts – alles in Herzform – bereit, und auf einem Podest ruhte eine riesige Eisskulptur von meiner Mom und Max. In den Schaufenstern der Geschäfte rund um den Platz hingen Schilder mit der Aufschrift >Herzlichen Glückwunsch, Lorelai und Max<. Mom, die mehrere der Schleifen von den Geschenken auf dem Kopf trug, und Max saßen auf großen, königlichen roten Samtstühlen mit hoher Rückenlehne, umringt von Geschenken, Kerzen und Blumen.
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Alle aßen, tranken, tanzten und amüsierten sich prächtig. Lane kümmerte sich um die Musik und sorgte für regelmäßigen Nachschub und eine festliche Atmosphäre. »Achtung, Achtung, liebe Gäste, die Büfettschlange in Sektor B ist ins Stocken geraten«, informierte Kirk durch sein Megafon, während er sich einen Weg durch die Menge bahnte. »Ich wiederhole, Sektor B ist zu langsam. Bewegt euch, Leute.« Ich ging zu Lane hinüber. »Hey, Mr. DJ, leg mal eine Platte auf.« Mit diesen Worten überreichte ich ihr eine von Moms Lieblings-CDs. »Ist die gut?« »Absolut klasse«, antwortete ich. »Ich versuche, eine subtile Mischung aus nicht zu klischeehaft klingender traditioneller Musik zusammenzustellen.« »Also, das Sinatra-Medley war toll. An deiner Stelle würde ich nichts anderes mehr spielen.« »Verstanden«, meinte Lane. Sie nahm ihren Kopfhörer ab. »Wie spät ist es eigentlich?« Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. »Acht. Wann musst du gehen?« Sie schnitt eine Grimasse. »Ich fliege um zehn Uhr.« »Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich vermissen werde?« »Schreib mir. Regelmäßig.« »Jeden Tag«, versprach ich. »Ermutigende Briefe voller Hoffnung und Wir-sehen-unsbalds.« »Ich werde gelbe Schleifen um die alten Eichen binden«, sagte ich. »Und ich werde zur Hochzeit wieder zurück sein«, erklärte sie. »Das solltest du auch.« »Lass sie nur nicht das Datum ändern.« Ich schüttelte den Kopf. »Das wird nicht passieren. Max
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leitet einen Sommerkurs an der Universität von Toronto. Eigentlich kann nichts schief gehen, es sei denn, du bist bis Ende des Sommers nicht zurück.« »Sage nicht >es sei denn<.« »Richtig.« Ich lächelte sie an und ging dann wieder über den Platz zum Pavillon. Die Wände waren mit purpurnem und weißem Tüll geschmückt, und um jeden Pfeiler schlängelten sich Lichterketten. Miss Patty trommelte gerade ihre kleine Gruppe aus jungen Tänzerinnen zusammen, die als Minibräute verkleidet waren. »Kommt schon, Ladys, beeilt euch!«, drängte sie. »Die Liebe wartet auf niemanden. Lucy, runter von Jennys Schleppe! In Ordnung, Blumensträuße hoch und Musik!« Miss Pattys Assistentin drückte den Abspielknopf an ihrem Gettoblaster, und Captain und Tennilles Love Will Keep Us Together dröhnte über den Platz. »Wie kommt es, dass DU nicht dort oben bist, Kirk?«, fragte ich, als ich mich zu ihm gesellte. »Oh, ich steppe nicht mehr«, entgegnete er. »Knieprobleme.« »Ach so.« Ich nickte und sah den kleinen Mädchen beim Tanzen zu. Plötzlich bemerkte Kirk etwas hinter mir. »Oh, um Petes willen!« Er hob sein Megafon und richtete es auf mein Gesicht. Hastig trat ich zur Seite, bevor er brüllte: »Werft nicht mit den Jordan-Mandeln. Ich wiederhole, legt die Mandeln weg!« Kurz entschlossen marschierte er über den Rasen, um dem Verbrechen ein Ende zu machen. Hinter mir rief jemand: »Hey.« Ich drehte mich um und sah Dean. »Hi.« »Tolle Party«, meinte er anerkennend. »Elegant und entspannt, genau wie meine Mutter.« »Nun, äh, wie geht’s dir?«, fragte er. Wir schlenderten zusammen weiter. »Mir geht’s gut. Und dir?« »Mir? Ach ja, ich bin ein Idiot.«
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»Nein, das bist du nicht«, widersprach ich. »Es tut mir so Leid, Rory.« Er blieb stehen und sah mich an. »Mir tut es auch Leid«, sagte ich. Er zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht mal, wie das eigentlich passiert ist.« »Wir hatten einen Streit, das ist alles«, sagte ich schnell. »Ich meine, ich habe dich eben vermisst und…« »Ich habe dich auch vermisst«, unterbrach ich. »Ich bin… Ich weiß nicht. Ich bin einen Moment auf Harvard eifersüchtig gewesen. Was verrückt ist, denn eigentlich find ich’s super, dass du nach Harvard gehen willst. Und dann musst du etwas tun, das dir hilft, dorthinzukommen, und ich… ich verstehe mich wirklich selbst nicht.« Er setzte sich auf eine Holzbank und blickte ein wenig bedrückt drein. »Naja, ich war auch nicht gerade hilfreich«, sagte ich und setzte mich neben ihn. »Ich war total sauer, als ich nach Hause kam.« Wir drehten die Köpfe und sahen uns an. »Nun, du hattest jedes Recht dazu«, meinte Dean. »Es ist bloß so, wenn es um Harvard geht, bekomme ich manchmal eine Art Tunnelblick, und es rückt immer näher…« »Wow«, unterbrach Dean mich. »Und ich muss darüber nachdenken…« »Du musst dich nicht rechtfertigen!« »Aber ich will nicht, dass du dich unwichtig fühlst, weil das nicht stimmt, glaube mir«, erklärte ich. »Das freut mich.« »Ich meine es ernst. Noch wichtiger kannst du für mich gar nicht werden, außer dir wächst ein Kitkatriegel aus dem Kopf.« Dean lächelte. »Naja, ich kann zwar nichts versprechen, aber ich werde mir Mühe geben.« »Tut mir echt Leid, das Ganze«, sagte ich erneut. »Das muss es nicht. Ich meine, ich werde auf keine Eliteschule gehen. Auf mir lastet nicht dieser Druck«, erklärte Dean. »Ich kann mir nicht mal vorstellen, wie es sich anfühlen muss.«
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»Du könntest auf eine Eliteschule gehen, wenn du wolltest«, sagte ich. »Ah… das glaube ich kaum«, wehrte Dean kopfschüttelnd ab. »Warum nicht?«, fragte ich. »Du bist klug.« »Nein, du bist klug«, erwiderte er. »Du aber auch!« »Rory!« »Und ich könnte dir helfen, deine außerschulischen Aktivitäten zu organisieren. Darin bin ich inzwischen nämlich eine Expertin«, fügte ich hinzu. »Aber ich will nicht…« »Wie steht’s um deine Outdoor-Qualifikationen?«, wollte ich wissen. Dean beugte sich zu mir. »Hey.« »Was?«, fragte ich. »Akzeptierst du meine Entschuldigung?«, fragte er leise. »Ja, ich akzeptiere deine Entschuldigung.« Er lächelte und beugte sich näher zu mir. Und dann küsste er mich. Über uns im Pavillon tanzten die kleinen Mädchen jetzt zu One Fine Day von den Chiffons. »Nur drei Portionen pro Person. Kein Hamstern der Portionen!«, dröhnte Kirks Stimme aus dem Megafon. »Wer mit mehr als drei Portionen auf dem Teller erwischt wird, kann von der besagten Party ausgeschlossen werden.« Ich beobachtete, wie Mom zu Kirk marschierte und ihm das Megafon wegnahm. Etwas später am Abend – die Party war im vollen Gang – tanzte Miss Patty mit Kirk, und Mom und Max tanzten ebenfalls. Dean und ich schmusten noch immer auf der Bank. Es war wunderschön. Da fuhr der Geländewagen von Lanes Eltern vor, mit ihrem riesigen Koffer auf dem Dach. Wir hatten unseren tränen- und umarmungsreichen Abschied bereits hinter uns gebracht, und so winkte ich ihr nur noch zu und verfolgte, wie sie in den
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Wagen stieg. Luke kam schließlich auch aus seinem Lokal und trug wie üblich ein Flanellhemd, Jeans und eine verkehrt herum aufgesetzte Baseballkappe. Ich sah, wie Mom ihm zuwinkte, während sie mit Max tanzte. Er setzte sich neben drei der kleinen Minibrauttänzerinnen auf eine Bank und beobachtete eine Weile die Party. Mom und Grandma rauften sich wieder zusammen. Ein paar Tage nach der Party besuchte Mom sie unter dem Vorwand, Beratung wegen der Schleier zu brauchen. Grandma war eisig, und Mom entschuldigte sich, so schwer es für sie auch war. Grandma reagierte, wie es typisch für sie war, und erklärte Mom, ihr Kopf wäre viel zu groß für einen Schleier und sie sollte lieber eine Tiara nehmen. »Eine Tiara?«, hatte Mom gefragt. »Ich habe auch eine getragen«, ließ Grandma sie wissen und deutete damit an, dass alles gut werden würde. Und jetzt war Mom von dem Gedanken besessen, dass ihr Kopf zu groß war. Ich furchte, meine Großmutter ist ihr noch immer einen Schritt voraus.
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8 Die Monate verflogen nur so, und plötzlich war ich mit der Sommerschule in Chilton fertig. Die Hochzeit war jetzt viel näher gerückt, und wir mussten uns um bestimmte dringende Details kümmern. Wie den Kuchen. Kuchen gehört zu jeder guten Mahlzeit. Und ist bei jeder Hochzeit eine absolute Notwendigkeit. Und so waren ich und Mom in Weston’s Bakery, der besten Bäckerei in Stars Hollow, und führten einen sehr ernst zu nehmenden Geschmackstest durch. »Oh, mein Gott, probier das!«, sagte Mom und schob mir eine Gabel voll Vanillekuchen in den Mund. »Wow«, machte ich und revanchierte mich mit einer Kostprobe des nächsten Kuchens. »Hmm hmm hmm hmm, aber hallo!«, sagte sie, während sie genießerisch den Bissen Kuchen kaute und schließlich schweren Herzens hinunterschluckte. »Okay, unser Haus brennt ab, und du kannst entweder mich oder den Kuchen retten«, sagte ich. »Für wen entscheidest du dich?« »Das ist nicht fair«, erwiderte sie. »Der Kuchen hat keine Beine.« Fran, die Bäckereibesitzerin, kam herüber. »Wie kommen wir zurecht?« Sie war eine nette, ältere Dame, die uns schon viel zu lange allein gelassen hatte. »Oh, Fran, hervorragend. Dieser Kuchen ist erstaunlich«, sagte Mom. »Mehr als erstaunlich.« Ich probierte den kleinen, runden, mit Himbeeren belegten Kuchen. »Nun, das hoffe ich. Immerhin machen wir das schon seit hundertzwölf Jahren.« »Wow. Aber Sie sehen nicht einen Tag älter aus als hundertsechs«, scherzte Mom. »Nein, ich meinte, meine Familie macht das schon so lange«, erklärte Fran hinter dem Ladentisch.
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»Ach so. Gut, dass wir das geklärt haben.« Ich hüpfte aufgeregt auf und ab und zeigte auf den kleinen Kuchen, den ich gerade probiert hatte. »Der Himbeer, der Himbeer, der Himbeer!« Fran lächelte stolz. »Wann ist noch mal der große Tag?«, wollte sie wissen. »Morgen in zwei Wochen«, erwiderte Mom. »Haben Sie sich für einen Geschmack entschieden?«, fragte Fran. »Oh, ich weiß nicht. Sie sind alle so gut«, erwiderte Mom. »Ja, dann müssen Sie sie wohl noch mal probieren!« »Bloß nicht.« Mom sah mich an und schüttelte den Kopf. »Meine Geschmacksnerven liegen bereits blank.« »Das ist eine sehr wichtige Entscheidung, junge Dame. Kuchen ist das i-Tüpfelchen einer jeden Hochzeit. Sie müssen also hier stehen bleiben und essen, bis Sie sich entschieden haben«, ordnete Fran an. »Okay, wenn Sie darauf bestehen«, seufzte Mom. »Das tue ich.« Fran lächelte. »Was ist schließlich wichtiger als Ihr Hochzeitstag?« »Tja, der Guy-Fawkes-Day bestimmt nicht«, sagte Mom. Fran sah sie leicht verwirrt an. »Nun ja, ich gehe kurz nach hinten und schau nach, ob wir noch etwas anderes haben.« »Danke!«, sagte Mom. Wir gingen am Ladentisch entlang und blieben vor der nächsten Kuchenprobe stehen. »Wie war es gestern Abend mit Max?«, fragte ich. Max war soeben von seinem Sommerkurs an der Universität von Toronto zurückgekehrt, und es war das erste Mal seit zwei Monaten, dass er und Mom sich gesehen hatten. »Nun ja…« »Keine blutrünstigen Details bitte.« »Als würde ich diese Seite meiner Beziehung mit dir teilen.« »Du hast Anspielungen gemacht, Anzüglichkeiten von dir gegeben, dich gar an den Rand der Unschicklichkeit gewagt.« »Hmmm, man kann Chilton jedenfalls nicht vorwerfen, dass es dir keine großen Worte beigebracht hätte.«
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»Ganz genau.« Mom lächelte. »Es war wirklich toll. Ich bin froh, dass er zurück ist.« »Und er ist einverstanden mit dieser einfachen Hochzeit?« »Oh ja. Wir wollen beide Spaß, wir wollen es beide schlicht, und vor allem wollen wir beide, dass es schnell geht. In diesem Punkt sind wir uns völlig einig.« »Ach übrigens, ich habe ein paar Einladungsmuster für dich ausgedruckt.« Ich ging ans Ende des Tresens, wo ich nie einen Rucksack auf einem kleinen Tisch zurückgelassen hatte. »Ich habe sie an meinem Computer entworfen.« »Aaah«, machte Mom, als ich die Seiten herausnahm, um sie ihr zu zeigen. »Du musst nur noch einen Spruch für die Vorderseite auswählen, und dann kann ich sie ausdrucken«, erklärte ich. »Okay. Ah… >Was ist Liebe?<«, las sie laut vor. »>Sie ist der Morgenstern und der Abendstern zugleich.< Hm.« »Sinclair Lewis«, sagte ich. »Sinclair Trottel Lewis.« »Schön. Weiter.« Ich zeigte ihr die Nächste. >»Und alle waren glücklich wie eine Hochzeitsglocke. Aber pst! Horch! Ein dunkler Laut ertönt wie Totengeläut!<« Sie schnitt eine Grimasse. »Von wem ist denn das Gedicht?« »Lord Byron«, erklärte ich. »Byron und Lewis, wieder vereint«, sagte Mom. »Okay, die Letzte.« Ich blätterte zur nächsten Seite. >»Wir haben den schwärenden Leichnam der Freiheit begrabene Perfekt!« »Das ist von Mussolini. Ah, kann ich dir eine ethische Frage stellen?«, fragte ich und griff nach meiner Gabel, um die Kuchenprobe fortzusetzen. »Mm«, sagte Mom. »Ist es eigentlich moralisch vertretbar, Hochzeitskuchen zu probieren, wenn Sookie deinen umsonst backt?«, fragte ich. »Was ist schon richtig? Wer definiert richtig? Und wenn Kuchen essen falsch ist, will ich es gar nicht richtig machen«,
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erwiderte Mom. »Hier bringe ich Ihnen eine Mokka-Knusper-Sahne-Torte!«, rief Fran aus der Backstube. »Nun, wie war das noch mit der Ethik?«, fragte Mom. »Extrem subjektiv und total überschätzt«, antwortete ich, als wir zum Ladentisch zurückkehrten. »Das ist mein Mädchen«, sagte Mom voller Stolz. »Also, was machen wir heute Abend?«, fragte Dean später an diesem Nachmittag. Wir spazierten Händchen haltend durch die Stadt. »Was immer du willst«, sagte ich. »Welche Filme haben wir denn noch nicht gesehen?«, fragte Dean. »Wir haben fast alle noch nicht gesehen.« »Ja, dieses Jahr sind sie mies.« »Unsere Intelligenz wird eindeutig unterschätzt«, nickte ich. »Und mies sind sie obendrein«, fügte Dean hinzu. »Es gibt mindestens fünf, in denen jemand etwas Widerliches mit einer Kuh macht.« »Genau! Ich meine, sie sollten wenigstens etwas Widerliches mit einem anderen Tier machen.« »Wir könnten uns noch einmal Die Ritter der Kokosnuss auf Video ansehen«, schlug ich vor. »Okay, aber glaub nicht, dass ich den Rest des Abends wieder mit einem englischen Akzent spreche«, warnte mich Dean. »Dann ist das Ganze aber witzlos«, meinte ich. »Hey, und morgen Abend?« »Das Leben des Brian«, entschied Dean. »Max übernachtet aber bei uns«, eröffnete ich ihm. Max ließ sein Apartment streichen, und Mom hatte vorgeschlagen, dass er bei uns blieb, statt das ganze Wochenende die Farbdämpfe einzuatmen. Sie kann ziemlich überzeugend sein, meine Mom. »Wirklich?« Er klang ein wenig überrascht. »Zum ersten Mal. Und um das zu feiern, wollen er und Mom mit uns ausgehen.«
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»Aber morgen ist unser Jahrestag!«, protestierte Dean. »Nein, ist es nicht. Es ist der Vierundzwanzigste«, sagte ich. »Nein, das war unser alter Jahrestag«, widersprach Dean. »Wir haben uns getrennt und sind am Sechsten wieder zusammengekommen. Also können wir nicht am Vierundzwanzigsten feiern.« »Sofern wir in unserer Trennungszeit kein vorübergehendes Moratorium für unsere Beziehung sehen«, meinte ich. »Du weißt schon, als hätten wir ein Sabbatjahr eingelegt.« »Ja, ist schon kompliziert«, sagte Dean, als wir die Straße überquerten. »Sehr.« »Wir gehen also mit Erwachsenen aus?« >. »Nein, nur mit Mom und Max.« »Und was machen wir? Essen und tanzen?« »Ja, und dann werden wir uns einen Brandy und ein paar Zigarren gönnen«, neckte ich ihn. »Nein, wahrscheinlich nehmen wir nur einen Imbiss zu uns.« »In Ordnung, dann gehen wir mit.« »Hey, wie wär’s mit zwei Jahrestagen?«, schlug ich vor. »Wir könnten zweimal im Monat feiern. Der Sechste und der Vierundzwanzigste liegen ziemlich weit auseinander.« Dean schüttelte den Kopf. »Das können wir nicht tun.« »Wer sollte uns daran hindern?«, fragte ich. Dean dachte einen Moment darüber nach. »Zweimal im Monat?« »Hab Mut zum Anderssein«, sagte ich. Er legte seinen Arm um mich und zog mich an sich. »Zweimal im Monat ist okay.«
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9 Als ich an diesem Abend nach Hause kam, stimmte etwas nicht. »Was ist das für ein merkwürdiger Geruch?«, fragte ich, als ich die Küche betrat. »Essen!«, sagte Mom aufgeregt. Sie saß am Tisch und sah Max beim Kochen zu. »Es riecht merkwürdig?«, fragte Max leicht irritiert. »Nein, nur merkwürdig für dieses Haus«, erklärte ich. »Es riecht toll!« Max hielt eine Schüssel mit Gemüse und eine Pfanne mit Knoblauchbrot in den Händen. »Rory, kannst du das machen?« Er deutete in Richtung Herd. »Was?« »Ah, dort unten… der glänzende Griff.« Ich bückte mich und öffnete die Klappe am Fuß des Backofens. Im Innern brannte eine Flamme. »Ah!«, rief Mom und sprang auf. »Wusstest du, dass wir das haben?« »Ich hatte keine Ahnung«, erwiderte ich. »Jetzt kommt schon«, sagte Max, als er die Pfanne mit dem Brot hineinschob. »Hilfe, es brennt!«, rief Mom. Er blickte zu uns auf und lächelte. »Das ist der Grill.« »Wow«, machte ich. »In welchem Atombunker habt ihr denn gelebt?«, wollte Max wissen. »Er kennt sich gut aus«, sagte ich zu Mom. »Wir sollten einen Kult um ihn gründen«, erklärte sie. »Eine Statue errichten, die viele Stockwerke hoch ist«, fugte ich hinzu. »Wir sollten unsere Haare lang wachsen lassen und aufhören zu baden«, fuhr Mom fort. »Bitte, tut nichts dergleichen«, bettelte Max. »Essen wir am Tisch?«, fragte ich.
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»Wo immer du willst«, erwiderte Max. Mom drehte sich zu mir um. »Fernsehen?« »Ich hole ein Video!«, sagte ich und ging ins Wohnzimmer. Ich entschied mich für Billy Jack, einen unserer Lieblingsfilme. Es war ein besonderer Abend. Max kochte uns eine vollständige Mahlzeit und hatte deshalb nur das Allerbeste verdient. Ich schob das Band in den Videorekorder und half dann Mom das Geschirr herauszuholen. Max brachte das Essen. Wir füllten uns die Teller und waren bereit. Mom und ich setzten uns nebeneinander auf den Boden und Max nahm hinter uns auf der Couch Platz. Ich startete den Film und wir aßen. »Du lernst nicht sehr schnell, Injun«, sagte einer der Rocker in dem Film. Billy Jack zielte mit einer Waffe auf ihn. »Wie schnell lernst du, Billy Jack?«, fragte Mom den Fernseher. »Schnell genug«, antwortete Billy Jack. »Billy Jack, ich werde dich töten, und wenn es das Letzte ist, was ich mache«, sagte ich zusammen mit dem Rocker im Film. »Damit hat er sich selbst ein Bein gestellt«, sagte Mom zu mir. »Ja«, stimmte ich zu. »Er hätte sagen sollen >Billy Jack, ich werde dich töten oder mir einen schönen Chenillepullover kaufen<.« »So oder so, er gewinnt«, erwiderte Mom. »Wie oft habt ihr diesen Film schon gesehen?«, fragte Max. »Einen Billy-Jack-Film kann man gar nicht oft genug sehen«, erklärte ich Max. »Wer ist der Kerl, den Billy Jack…«, begann Max. »Pst!«, zischten ich und Mom gleichzeitig. Das war eine unserer Lieblingsstellen. »In Ordnung, Leute«, sagte der Rocker in dem Film. »Ganz langsam jetzt.« Und damit hob er die Arme über den Kopf. »Spielen wir den Hampelmann«, rezitierte Mom den Dialog. Ich lachte.
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»Eins«, sagte Billy Jack. »Oh, jetzt zählt er!«, rief ich. »Zwei«, fuhr Billy Jack fort. »Und hier kommt der Satz, den ich am meisten liebe und am meisten hasse…«, erklärte Mom. »Ich werde dir die Eingeweide rausreißen«, drohte der Rocker Billy Jack. »Iiiih!«, kreischten Mom und ich. »Schluck!«, fügte ich hinzu. »Drei«, schloss Billy Jack. »Und gerade rechtzeitig!«, erklärte Mom, während aus dem Fernseher der Schuss dröhnte. »Wisst ihr was, ihr redet die ganze Zeit während des Films, aber wenn ich etwas sage, soll ich sofort still sein«, beklagte sich Max. »Das liegt daran, dass du bei den Stellen redest, bei denen wir das letzte Mal geredet und deshalb nichts verstanden haben«, eröffnete ihm Mom. »Ach so. Na dann ist ja alles klar.« Da klingelte das Telefon. Mom und ich blieben einfach auf dem Boden sitzen und starrten auf den Bildschirm. Es klingelte wieder. Wir wechselten einen kurzen Blick. »Max?«, sagte Mom. »Was? Das Telefon?«, fragte er. »Wer am nächsten sitzt, geht ran.« »Alte Hausregel«, bestätigte ich. »Ihr beiden seid näher dran!« »Ja, aber ich müsste um den Couchtisch herumgehen, sodass mein Weg länger ist«, widersprach Mom. »Und mein Fuß ist eingeschlafen«, sagte ich. »Außerdem bist du größer«, stellte Mom fest. »Und hast längere Beine«, fügte ich hinzu. »Ja, und selbst wenn wir alle zur gleichen Zeit zum Telefon gehen würden…« »Ich hab’s kapiert«, seufzte Max und stand auf, um ans Telefon zu gehen.
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Mom und ich sahen uns an und lächelten. »An den kann ich mich gewöhnen«, sagte sie. »Möchtest du noch was?«, fragte Mom mich eine Weile später. Wir saßen noch immer auf dem Boden und sahen uns jetzt einen anderen Film an. »Klar, noch mal dasselbe.« Ich reichte ihr meinen Teller. Mom warf einen Blick über ihre Schulter. »Max?« Sie bekam keine Antwort. Max lag ausgestreckt auf der Couch und schlief. »Oha«, machte ich. »Wir haben ihn erschöpft«, stellte Mom fest. Ich lächelte sie an. »Dazu neigen wir wohl.«! »Nun, wir sind ElectraWoman und DynaGirl«, erwiderte sie. »ElectraWoman«, murmelte Max. »Ich denke, es ist Zeit, ins Bett zu gehen«, sagte ich. »Ja«, stimmte Mom zu. »Ich bin wach«, behauptete Max. »Das sieht man«, bemerkte ich. »Nein, im Ernst, ich bin wach«, bekräftigte Max, hielt aber die Augen weiter geschlossen. »Ich warte nur auf den Kerl mit dem Ding auf diesem…« »Mom, bring ihn ins Bett«, unterbrach ich. »Ja, okay.« Sie stand auf, ergriff Max’ Hand und zog ihn sanft auf die Beine. »Komm schon, Schatz.« Ich stand ebenfalls auf und sammelte unsere Teller und Gläser ein. »Was ist aus Billy Jack geworden?«, fragte Max mit schläfriger Stimme. »Ich werde es dir später erzählen«, versprach Mom. »Gute Nacht!«, rief ich den beiden nach, als sie sich zur Treppe wandten. »Gute Nacht«, antwortete Mom. »Gute Nacht«, sagte Max und stieg die Treppe hinauf. Mom folgte ihm und drehte sich dann noch einmal zu mir um. »Irgendwie merkwürdig«, flüsterte sie. Ich zuckte die Schultern und lächelte sie an. Das Ganze war zwar merkwürdig, aber gleichzeitig kam es mir völlig
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natürlich vor, als würde er hierher gehören. Bevor ich ins Bett ging, machte ich noch die Küche sauber. Überraschenderweise gab es nur sehr wenig zu tun. Max hatte wenig Unordnung angerichtet und stattdessen eine Menge Essen gekocht. Er war eben gut. »Hey.« Etwas Weiches klopfte auf meine Schulter. Ich öffnete die Augen und drehte mich um. Mom saß auf meinem Bett und hielt mein Stoffhuhn Colonel Clucker in der Hand. »Was? Was ist los?« Ich neige zur Panik, wenn ich aus dem Tiefschlaf gerissen werde. »Gar nichts. Was treibst du gerade?« »Ich erobere Polen zurück.« »Oh. Viel Glück dabei.« Mom ließ Colonel Clucker auf meinem Bauch auf und ab hüpfen. »Mom…« Ich wollte weiterschlafen. »Ich habe einen Kerl in meinem Zimmer«, erklärte sie. »Na und?«, fragte ich. »Ich habe einen Kerl in meinem Zimmern,« wiederholte sie. »Max«, erinnerte ich sie. »Ich weiß.« »Du liebst Max.« »Nein…ja, aber es ist unheimlich«, sagte sie. »Wir hatten noch nie einen Mann im Haus.« »Er ist dein Verlobter.« »Das stimmt.« »Du musst dich nur an ihn gewöhnen«, meinte ich. »Es ist wie damals, als du dir grüne Strähnchen ins Haar hast machen lassen.« Sie dachte einen Moment darüber nach. »Ich habe diese grünen Strähnen gehasst.« »Okay, ich bin müde. Morgen denke ich mir ein besseres Beispiel aus«, sagte ich, drehte mich um und schloss die Augen. »Nein, wach auf, wach auf!« Sie schob mich zur Seite und schlüpfte zu mir ins Bett. »Wir haben noch nicht richtig darüber geredet.«
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»Worüber?« »Dass Max im Haus ist. Welche Wirkung das auf dich hat«, erklärte sie. »Halte nichts zurück. Sprich offen mit mir!« »Ich habe nichts, das ich zurückhalten muss«, sagte ich. »Ich mag Max.« »Ich weiß, dass du ihn magst, und das ist gut. Aber weißt du, wenn wir erst einmal verheiratet sind, wird nichts mehr so sein, wie es war.« »Ich weiß.« »Es wird kein geheimes >Du-und-ich-Spezial-Clubhaus< mehr geben, zu dem Männer keinen Zutritt haben.« »Es wird anders sein«, stimmte ich zu. »Nicht nur anders. Unser Leben, wie wir es kennen, wird vorbei sein.« »Mom, das ist nicht gleich unser Ende«, sagte ich. »Nein, das ist nicht unser Ende. Aber das Leben, das wir hatten, wird zu etwas mutieren, von dem wir uns keine Vorstellung machen«, erklärte sie. »Wie die Riesenameisen in Formicula?«, fragte ich. »Metaphorisch gesprochen ja. Und ich will keine Riesenameise sein, deshalb wollte ich mit dir sprechen.« »Ich erwarte aber keinesfalls, von riesigen, Menschen fressenden Ameisen angegriffen zu werden, nur weil Max hier wohnt.« »Gut. Gut.« Sie lehnte sich zurück und schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein. »Spinnerin«, murmelte ich. »Und außerdem kannst du nicht länger im Evaskostüm herumlaufen«, sagte Mom nach einer Weile. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals im Evaskostüm herumgelaufen zu sein.« »Einmal schon«, bekräftigte sie. »Als ich drei war?« »Etwa zu der Zeit.« »Nimmt er das ganze Bett für sich in Anspruch?«, fragte ich. »Nein, er ist ein >Bleibt-auf-seiner-Seite<-Mann.«
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Ich schloss die Augen. »Gut.« »Er ist süß. Er trägt Pyjamahosen.« Sie grinste. »Hör schon auf.« »Keine komischen. Ich hasse komische Hosen.« »Von jetzt an nenne ich dich nur noch Komische Hose«, drohte ich. »Aaaah!«, machte sie. »Bist du etwa nicht glücklich?«, fragte ich. »Doch.« Sie lächelte. »Ich bin glücklich.« »Dann wird alles gut«, erwiderte ich. »Da wirst dich daran gewöhnen, dass Max hier ist.« »Ich weiß. Du hast Recht. Das werde ich. Ich werde mich daran gewöhnen.« Sie seufzte, drehte sich zur Seite und schloss die Augen. »Mom.« »Hmm?« »Du schläfst gerade ein.« »So?«, fragte sie und öffnete die Augen. »Du musst ein braves Mädchen sein und in dein eigenes Zimmer gehen«, erklärte ich. »Oh. Okay.« Sie tat so, als würde sie versuchen aufzustehen, und sah mich richtig Mitleid erregend an. »Schön, noch zehn Minuten«, seufzte ich. »Danke.« Sie schmiegte sich an mich. Ich schloss meine Augen und träumte weiter. Am nächsten Morgen gingen wir drei los, um bei Luke zu frühstücken. Max schaute am Zeitungskiosk vorbei, und wir spazierten schon mal weiter, um uns einen Tisch zu sichern. Als wir eintraten, unterhielt sich Luke gerade mit Taylor Doose, der am Ende der Theke saß. Luke und Taylor sind nie besonders gut miteinander ausgekommen – wenn Taylor etwas glaubt, kann man sicher sein, dass Luke vom Gegenteil überzeugt ist. Das hinderte Taylor aber nicht daran, dort zu essen, und an diesem Morgen schien er in ungewöhnlich guter Stimmung zu sein. Luke sah uns hereinkommen und eilte mit der Kaffeekanne
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in der Hand in unsere Richtung. Er wies auf einen Tisch an der Frontseite. »Dort drüben.« »Ah, können wir den nehmen?« Mom zeigte auf einen größeren Tisch. »Warum?« »Weil er größer ist«, antwortete Mom. »Und?«, fragte Luke. »Nun ja, wir sind heute zu dritt«, eröffnete Mom ihm. »Ja, Max ist bei uns.« »Max? Seit wann ist Max denn unsichtbar?«, fragte Luke. »Er ist auf Zeitungsjagd«, erklärte Mom. »Max braucht seine drei Zeitungen am Morgen«, erläuterte ich, als wir zu einem anderen Tisch gingen und uns setzten. »Den Hartfort Courant, die New York Times und das Wall Street Journal.« Luke blickte nicht gerade begeistert drein. »Drei Zeitungen.« »Er ist gerne gut informiert«, sagte Mom. »Nun ja, drei Zeitungen zu lesen, die alle dieselben Nachrichten bringen, ist aber eine schreckliche Papierverschwendung«, erwiderte Luke. »Sei nett zu ihm, Luke, ich meine es ernst«, sagte Mom, als Max in das Lokal kam. »Hi«, begrüßte Max Luke. »Max, Kumpel, einen wunderschönen guten Morgen! Hey, du siehst gut aus heute. Braun ist deine Farbe, mein Freund.« Luke gab Max einen übertrieben freundlichen Klaps auf die Schulter. »Danke.« Max schaute Luke verwirrt nach, als dieser davonging. »Und?«, erkundigte sich Mom. Max setzte sich und warf die Zeitungen auf den Tisch. »Ich habe zwei von drei bekommen.« »Nicht schlecht«, meinte ich. »Niemand hat das Wall Street Journal«, fügte Max hinzu. »Das ist auch keine sehr finanziell interessierte Stadt«, entgegnete ich, als drei Tassen auf unseren Tisch gestellt
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wurden. »Ja, sie ist mehr kaffeeorientiert«, sagte Mom betont. Luke kam mit der Kaffeekanne herüber und füllte die Tassen. »Ich habe heute Morgen Blaubeerpfannkuchen«, sagte er. »Bring sie!«, befahl Mom. »Bring zwei«, sagte ich. Luke sah Max an. »Und du?« »Ich brauche noch einen Moment«, erwiderte Max. Luke musterte uns. »Oh.« Mom sah Max und dann mich und dann Luke an. »Dann warte ich noch«, ließ sie Luke wissen. »Ich auch«, nickte ich. Es war eine Frage der Höflichkeit. »Vielleicht gehen mir die Pfannkuchen aus«, warnte Luke. »Nun macht schon, bestellt«, drängte Max uns. »Ich brauche nur einen Moment.« »Nein, das ist okay«, wehrte Mom ab. »Wir werden warten.« »Es sind nur noch wenige da, und ich kann keine neuen machen«, sagte Luke. »Dann leg welche beiseite«, forderte Mom ihn auf. »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst«, erwiderte Luke. »Wir werden das Risiko eingehen«, sagte ich. »Ja, wir werden warten«, stimmte Mom zu. »Wie ihr wollt.« Luke ging davon. »Das müsst ihr nicht«, sagte Max zu uns. »Ach, machen wir doch gern«, versicherte Mom und lächelte ihn an. Wir beiden musterten Max, wie er sich in die Speisekarte vertiefte. Nach einem Moment wechselten Mom und ich einen besorgten Blick. Wie konnte ein Mensch so lange brauchen, um zu entscheiden, was er zum Frühstück haben wollte? Wie lange würden die Blaubeerpfannkuchen noch auf uns warten? Schließlich drehte Max die Speisekarte um, schaute nach, was auf der Rückseite stand, und schlug sie dann erneut auf. »Okay, ja, es gibt hart gekochte Eier und alles, was man noch so zu sich nimmt beim Frühstück«, sagte Mom in dem
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Versuch, die Dinge zu beschleunigen. »Bestellt einfach«, erwiderte Max. »Ist schon okay«, sagte ich. »Ich möchte, dass ihr euch wie sonst auch verhaltet. Mein Rhythmus muss nicht unbedingt euer Rhythmus sein«, erklärte Max. Luke kam herüber und reichte ihm eine andere Speisekarte. »Was ist das?«, wollte Max wissen. »Das ist die Mittagskarte«, antwortete Luke. »In einer Stunde serviere ich kein Frühstück mehr.« »Luke…«, warnte Mom. Max traf eine Entscheidung, hauptsächlich, schätze ich, um diesem kleinen Zirkus ein Ende zu machen. »Ich nehme pochierte Eier und…« »Und Blaubeerpfannkuchen!«, fügte Mom schnell hinzu. »Bekommen wir noch welche?«, fragte ich Luke. »Ich habe sie bereits beiseite gestellt.« »Ich liebe dich!«, strahlte Mom. Luke blieb stehen, um auf dem Rückweg zur Küche einen Tisch am Frontfenster abzuräumen, und wurde von etwas abgelenkt, das sich draußen abspielte. »Was zum Teufel machen die da draußen?« Arbeiter mit gelben Schutzhelmen und orangenen Sicherheitswesten liefen quer durch die Gegend, und soeben fuhr ein großer Baulaster vor. »Was?«, fragte Taylor Doose. »Wer ist das?« »Was machen die, Taylor?«, fragte Luke. »Sieht ganz so aus, als würden sie die Straße absperren«, erwiderte Taylor und klang dabei ein wenig zu selbstzufrieden. »Taylor…« »Nun, wenn du es unbedingt wissen willst, das ist ein Bautrupp des Countys, der Stars Hollow mit der ersten Verkehrsampel samt Zebrastreifen versorgt«, erklärte Taylor. Kaum hatte Luke das gehört, öffnete er die Tür und stürzte nach draußen. Taylor folgte ihm, und beide brüllten den Bautrupp und sich gegenseitig an. Wir beobachteten durch das Fenster, wie Taylor und Luke
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sich in den Haaren hatten. Der Streit drohte zu eskalieren, und so ging Mom nach draußen, um nach Luke zu sehen. Der kam kurz darauf wieder hereingestürmt und ging nach oben, um Caesar, dem Koch zu sagen, dass er unser Frühstück machen sollte. Dann kam Mom wieder herein und setzte sich zu uns. Ich sah Max an. Ich fragte mich, wie ihm sein erstes Frühstück in Stars Hollow wohl gefiel. Max musste allein zu Mittag essen, aber am Abend trafen wir uns zu einem Doppeldate. »Ugh, ich kann kaum laufen«, beklagte sich Max. Wir hatten gerade gegessen und waren auf dem Weg nach Hause. »Drücken die Schuhe?«, fragte Mom. »Ich habe eine Kuh gegessen.« »Du hattest ein Steak«, korrigierte Mom ihn. »Samt Beilagen«, warf Dean ein. »Vier Leute, sechs Baked Potatoes«, stöhnte Max. »Jetzt übertreibt ihr Jungs aber«, sagte Mom. »Übertreibe ich?«, fragte Max und drehte sich zu Dean um. »Nein«, antwortete Dean. »Ooh, Eiscreme!«, jauchzte ich, als ich unser nächstes Ziel entdeckte, und rannte zur Stars Hollow Eisdiele. »Ooh! Ich bin direkt hinter dir!«, rief Mom und rannte los, um mich einzuholen. Dean und Max setzten sich auf eine Bank, um auf uns zu warten. Glücklich kehrten wir mit Eistüten für alle zurück. Max wirkte überrascht, als Mom ihm sein Lieblingseis reichte, Schokosplitter. Ich weiß nicht genau, warum. Die Gilmore Girls haben schon immer verstanden, dass Dessert lebenswichtig ist. »Ugh, ich bin so voll!«, klagte Mom ein paar Minuten später, als sie die Treppe zu unserer Veranda hinaufstieg. »Warum hast du zugelassen, dass ich so viel esse?«, fragte sie Max. Während sie die Tür öffnete, drehte sich dieser um und sah Dean an. »Ja, die Schuld haben immer wir«, erklärte Dean. Was hatte das denn zu bedeuten?
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Mom ging hinein, aber Max zögerte an der Tür. »Es ist nach elf, Leute«, mahnte er. »Okay«, erwiderte ich. Max sah uns noch ein paar weitere Sekunden an, wandte sich dann ab und ging ins Haus. Dean erzählte mir, dass Max die riesigen Mengen an Essen suspekt waren, die wir heute verputzt hatten. Das überraschte mich. Max hatte schon früher mit uns gegessen. Dean versicherte mir, dass er ihn beruhigen konnte. Ich lächelte und dankte ihm mit einem Kuss. Wir blieben noch eine Weile draußen sitzen, dann machte sich Dean auf den Heimweg und ich ging ins Haus. Mom und Max waren bereits im Bett, doch ich war noch nicht müde, und so zog ich meinen Pyjama an und nahm mir ein Buch. Die Tochter des Optimisten. Das passte. Ich kroch in mein Bett und las den Eudora-Welty-Roman.
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10 »Ooh, dieser Laden sieht nach Spaß aus!«, sagte Miss Patty. Eine Neonkrone beleuchtete den Eingang des Clubs, den Mona für ihre Junggesellinnenparty ausgewählt hatte. Sookie, Mom, Miss Patty, Michel und ich standen draußen auf dem Gehsteig und warteten darauf, dass wir eingelassen wurden. Ich war ein wenig nervös. Der Club hatte eine Altersbegrenzung, und ich war ziemlich sicher, dass ich durch das Raster fiel. Ich wollte Mom auf keinen Fall ihre große Nacht verderben, aber sie meinte, ihre Nacht würde sowieso nicht groß sein, wenn ich nicht dabei war. Und hier waren wir. »Sie werden mich nie reinlassen.« »Sie werden dich reinlassen«, sagte Mom. Michel war nicht überzeugt. »Es ist ein Vergehen, eine Minderjährige zu verderben. Wir landen noch alle im Knast.« »Er hat Recht. Wir landen alle im Knast«, bekräftigte ich. Mom schnitt eine Grimasse. »Schätzchen, sag nicht Knast. Das ist unheimlich.« »Versuch einfach, älter auszusehen«, riet Sookie mir. »Wie?«, fragte ich. »Tu so, als würdest du an die Rente und so was in der Art denken!« Sookie kicherte. »Ja, du hättest deinen falschen Kinn- und Schnauzbart mitbringen sollen«, sagte Michel abfällig. »Wer hat Mr. Schnickelfritz eingeladen?«, fragte Mom. »Er hat gehört, wie wir uns darüber unterhalten haben, und wollte mitkommen«, erklärte Sookie. »Ich wusste nicht, dass zu dem Abend auch Babysitten gehört«, knurrte Michel. »Sie wird schon reinkommen«, beharrte Mom. In diesem Moment klingelte ihr Handy. Sie öffnete ihre kleine orangefarbene Handtasche und nahm es heraus. »Entschuldigung.« Sie klappte es auf und sah die Nummer. »Hü«, sagte sie in das Telefon. Aha. Max’ Stimme. Ich fragte
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mich, was los war – er sollte im Moment seine eigene Junggesellenparty feiern. »Was? Warum? Oh, mein Gott, was ist passiert?« Besorgt sah ich sie an. Was war los? »In Ordnung, gut, bring ihn nach Hause und geh dann in einen Stripclub«, wies Mom Max an. »Ich versichere dir, das ist deine letzte Chance, den Busen einer anderen Frau anzusehen.« Okay, wenn sie das Wort >Busen< benutzte, musste alles in Ordnung sein. »Okay, neue Regel für den Abend«, erklärte Sookie, als Mom das Handy wieder eingesteckt hatte. »Niemand ruft seinen Verlobten oder Freund oder jemand in der Art an. Dies ist ein Frauenabend!« Sie führte einen kleinen Tanz auf und zeigte dann hinter sich. »Plus Michel.« Wir rückten soeben zum Anfang der Schlange vor, wo ein großer Türsteher das Eintrittsgeld kassierte. Er hatte blond gefärbte Haare und trug ein enges schwarzes T-Shirt und Jeans. »Hi«, sagte Mom superfreundlich zu dem Türsteher. »Das macht zwölf Mäuse«, erwiderte er, während er sein Geld zählte. Dann bemerkte er mich. »Eintritt nur für über Achtzehnjährige.« Sookie mischte sich sofort ein. »Oh, sie ist achtzehn.« »Das stimmt«, nickte ich. »Letzte Woche geworden. Jawohl.« Der Türsteher starrte mich an. »Hast du einen Ausweis?« »Hey, äh, Sir, machen Sie Platz für Rory.« Mom legte ihren Arm um meine Hüfte. »Das ist ihr Name. Ihr einziger Name übrigens. Rory. Nur der Vorname, so bedeutend ist sie. International bekanntes Supermodel und gelegentliche Werbeträgerin für internationale Produkte.« »Sie ist sehr berühmt in Deutschland«, fügte Sookie hinzu. Mom nickte. »Ja, ja, ja, mit Lederhosen und so.« Den Rausschmeißer schien das zu amüsieren. »Zwölf Mäuse«, sagte er schließlich.
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»Danke!«, strahlte Mom. »Dankeschön, Süßer«, sagte Sookie auf Deutsch, als sie dem Rausschmeißer das Geld gab. Als wir den Club betraten, sang eine >Judy Garland< aus der Carnegie-Hall-Ära Forget your troubles, come on, get happy… Ein eingängiges kleines Lied. Kellner, die als verschiedene Berühmtheiten verkleidet waren, liefen mit Tabletts voller Gläser herum. Als wir nach einem Tisch suchten, kam gerade >Marilyn Monroe< vorbei. »Das ist ein Drag Club«, stellte Michel fest. »Er heißt Queen Victoria. Was hast du erwartet, Tee und Gebäck?«, fragte Sookie ihn lachend. »Ah, Leute, ich fürchte, wir müssen stehen«, rief Mom, während wir uns durch den überfüllten Club drängten. »Wartet, der scheint frei zu sein.« Sookie deutete geradeaus. Gemeinsam gingen wir in die angegebene Richtung, und ein paar Mädchen machten uns Platz, als wir näher kamen. Dann erkannten wir, dass der Tisch nicht leer war. Eine Person saß dort. »Oh, mein Gott!«, stöhnte Sookie. »Was in Gottes Namen macht meine Mutter hier?«, fragte Mom schockiert. Ich war genauso überrascht. Ich starrte Grandma an, die mit ihrem Cocktail dort saß, umringt von Drag Queens. »Oh, ich habe sie eingeladen«, sagte Michel trocken. »Du hast was?«, stieß Mom hervor. »Nur eine kleine Überraschung für dich«, griente Michel schadenfroh. Ihn schien das Ganze prächtig zu amüsieren. »Ich dachte, es wäre ein Riesenspaß.« Mom funkelte ihn an und ging dann zu Grandma hinüber. »Entschuldigung, Sir, Sie sehen meiner Mutter verblüffend ähnlich.« »Hi, Grandma«, grüßte ich. »Kommst du oft hierher?« Ich beugte mich zu ihr, um sie auf die Wange zu küssen. »Ich würde sagen: Nein!«, erwiderte sie. »Wie bist du hier reingekommen?«
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»Oh, offenbar bin ich ein international bekanntes Supermodel«, erklärte ich, als wir uns alle setzten. Bis auf Michel, der sich im Club umsah und alles in sich aufnahm. »Fröhliche Jungesellinnenparty, Lorelai«, sagte meine Großmutter. »Danke, Mutter.« »Nur für die Zukunft: Wenn du so etwas planst und jemand aufforderst, um acht Uhr zu erscheinen, solltest du bedenken, dass es ein Zeichen von guten Manieren ist, wenn du ebenfalls um acht Uhr erscheinst«, erwiderte Grandma. »Naja, eigentlich habe ich dich gar nicht eingeladen, Mutter. Michel war’s.« »Ach so, da fühle mich gleich viel besser«, sagte Grandma. »Sieht ganz so aus, als hätte Emily schon zugeschlagen«, bemerkte Miss Patty mit einem Lächeln. »Was trinkst du, Schätzchen?« »Manhattan«, antwortete Grandma. »Er ist gut. Nicht zu süß. Ich habe ihn bei diesem netten jungen Mann bestellt, der als Joan Crawford verkleidet ist.« »Wird hier gar nicht getanzt?«, fragte Michel, als er sich schließlich auf den Stuhl neben Sookie setzte. »Ich hatte gehofft, dass hier getanzt wird.« »Willst du abrocken, Tony Manero?«, sagte Sookie. »Es ist Wochenende, und am Wochenende bewege ich mich gern, und den Ladys gefällt es auch«, erwiderte Michel. »Vor allem, wenn du dich aus der Stadt bewegst! Ba zing!« Mom schlug mit den Händen auf den Tisch und lachte. »Was hat sie gegessen?«, fragte Grandma und beugte sich zu Sookie. »Etwa einen Viertelliter Wein«, sagte Sookie. Ein großer Kellner blieb an unserem Tisch stehen. Er trug eine blonde, lockige Perücke, ein hellblaues, mit Federn besetztes Kleid, einen dazu passenden Hut und lange weiße Handschuhe. »Hi, Mae West!«, sagte Mom. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte >Mae<.
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»Mir meine Würde zurückgeben?«, murmelte Michel. Mom bestellte für uns alle Getränke. »Wir nehmen einmal Cola-Rum, eine Margarita ohne Salzrand, einen Martini mit Olive, einen Shirley Temple…« »Ich liebe sie!«, sagte >Mae<. »Ich nehme sie mit Eis«, warf ich ein. »Und, äh… ich nehme einen riesigen Long-Island-Eistee«, sagte Mom, die Bestellung abschließend. »Kommt sofort!« >Mae West< wandte sich zur Bar. »Nun, Lorelai«, begann Grandma. »Wie fühlst du dich?« »Ah, nun, ich bin beschwipst und stehe kurz davor, rosa Elefanten zu sehen«, erklärte Mom. »Nein, ich meine, wegen der Hochzeit. Sie findet schon in einer Woche statt!«, sagte Grandma. »Mir geht’s gut. Alles ist gut.« Mom kaute ein paar Erdnüsse. »Sobald ich die passenden Schuhe zu dem Kleid gefunden hatte, war der Rest ein Kinderspiel.« »Ich muss sagen, ich bewundere deine Ruhe. In der Woche vor meiner Hochzeit war ich ein Wrack«, gestand meine Großmutter. »Ich auch vor meinen«, warf Miss Patty ein. Sookie lachte. »Wie viele waren es denn?« »Nun, da waren Sinjin, John, Sergio, Sinjin. Drei Männer, vier Hochzeiten«, sagte Miss Patty. »Bereuen Sie eine davon?«, fragte Sookie. »Naja, beim zweiten Mal war Sinjin eine Enttäuschung, aber er war mein Burton, und ich war seine Taylor. Ich wünschte nur, ich hätte zwischendurch einen kleinen Mike Todd gefunden«, seufzte Miss Patty. »Wisst ihr was, ich kann nicht fassen, dass es schon vierunddreißig Jahre her ist, dass ich Richard geheiratet habe.« Grandma schüttelte den Kopf. »Mir ist, als wäre es erst gestern gewesen.« Sookie klatschte in die Hände. »Oh, jetzt wird’s romantisch.« »Mein Magen war nicht gerade mein Freund«, sagte
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Grandma. »Er war voller Schmetterlinge. Ich konnte die ganze Woche keinen Bissen herunterbekommen.« »Ein echter Hammer«, brummte Mom, als sie sich eine weitere Hand voll Erdnüsse in den Mund warf. »Ich hatte sogar ganz weiche Knie. Ich musste die ganze Zeit zittern, könnt ihr euch das vorstellen?«, fragte Grandma. Es war schwer vorstellbar, dass Grandma wegen irgendetwas nervös war, und schon gar nicht, weil sie Grandpa heiratete. »Wirklich?«, fragte ich. »Wenn ich nicht mit Richard zusammen war, habe ich an ihn gedacht. Ständig. Habe mir vorgestellt, was er machte, mich gefragt, ob er an mich dachte. Ich malte mir aus, dass wir uns zufällig im Club begegnen würden. Und dass er Golf spielte und ich vorbeikam und er so abgelenkt war, dass er den Ball verfehlte.« Grandma lachte und blickte leicht verlegen in ihr Glas. »Albern.« »Es ist süß!«, widersprach Sookie. »Ich war verliebt«, erklärte Grandma. »Es ist wundervoll, verliebt zu sein«, seufzte Michel. »Aber am deutlichsten erinnere ich mich, dass ich in der ganzen Woche vor meiner Hochzeit wartete, bis meine Mutter schlafen ging, und dann schlich ich mich aus dem Bett und zog mein Brautkleid und meine Handschuhe an und setzte meine Tiara auf und betrachtete mich im Spiegel und dachte, wie geborgen ich mich fühlte.« Grandma brach ab und blickte wieder in ihr Glas. »Das ist ein ausgezeichneter Drink. Ich kann ihn sehr empfehlen«, sagte sie. »Ich muss mal kurz einen Anruf machen«, erklärte Sookie und zog ihr Handy aus der Tasche. »Rufen Sie Jackson an?«, wollte Miss Patty wissen. »Nein!« Sookie kicherte beim Wählen. »Nun, eigentlich ja, aber nur, weil ich etwas brauche, das ich bei ihm vergessen habe, das heißt, falls es noch immer dort ist. Ich sollte…« Dann sprach sie ins Telefon. »Hi, Schatz, ich bin’s.« Sie schob ihren Stuhl zurück, stand auf und entfernte sich vom Tisch. »Wem schreibst du?«, fragte Grandma mich, als ich meinen
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mobilen Communicator herauszog und zu tippen begann. »Ich will nur sehen, ob Dean in der Nähe ist«, sagte ich. Grandma nickte wissend. »Und ob er an dich denkt?« Ich lächelte etwas verlegen. Sie hatte Recht. Ihre Geschichte hatte in mir den Wunsch geweckt, Dean auf der Stelle zu sehen. »Oh nein, nicht auch noch du«, stöhnte Miss Patty, als Mom nach ihrem Handy griff. »Nein, es ist nur… es ist… ich beeil mich auch!«, versprach Mom und stand auf. Nachdem ich Dean eine Nachricht geschickt hatte und Sookie zurückgekommen war, unterhielten wir uns über Moms Hochzeit. Karma Chamekon von Culture Club wurde aufgelegt und Michel sprang wie elektrisiert von seinem Stuhl. Er konnte sein Glück nicht fassen – das war einer seiner Lieblingssongs. Sofort stürzte er auf die Tanzfläche. Da kam Mom an den Tisch zurück und fragte, ob Michel gegangen war. »Nein. Er sagte, er müsste abrocken.« Sookie wies auf die Bühne. Michel tanzte glücklich allein, aber recht bald gesellten sich zwei Tänzer des Clubs zu ihm. Ich denke, es war eine Uma Thurman und eine Janet Jackson. Michel blickte zuerst ein wenig unbehaglich drein, doch er fasste sich schnell, als die drei weitertanzten. »Wie geht’s deinem Mann?«, fragte Sookie Mom. »Hmm?« Mom sah von ihrem Drink auf. »Wie geht’s Max?« »Gut, gut«, erwiderte Mom und griff nach ihrem Drink. »Alles ist in bester Ordnung.« Der nächste Morgen war nicht schön für meine Mom. Sie schleppte sich zur Arbeit, wo sie sich zumindest von Sookie und Michel bedauern lassen konnte. Als sie an diesem Nachmittag nach Hause kam, hatte sie sich ein wenig erholt. Genug, um sich der banalen Aufgabe des Bezahlens von Rechnungen zu widmen, was sie dann auch tat. »Ich kann nicht fassen, dass die Schule schon angefangen
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hat«, sagte ich, als ich mein leeres Glas auf die Küchenanrichte stellte. »Ugh, ich habe den Schulanfang auch gehasst. Einmal habe ich die Seiten des Kalenders zurückgeblättert, den meine Mom in der Küche hatte, und wollte sie überzeugen, dass es Juni und nicht September war.« »Hat aber nicht funktioniert, oder?« »Nein, merkwürdigerweise nicht.« Ich setzte mich zu ihr an den Tisch. »Ich habe heute einen interessanten Anruf bekommen.« »Oh, ja? Von wem?« Mom lächelte mich an. »Von Dad.« »Cool. Wie geht’s ihm?«, fragte sie. »Ich habe gestern Abend mit ihm gesprochen«, fügte sie schnell hinzu. »Stimmt, hat er erwähnt«, sagte ich nickend. »ja, wollte ich auch gerade erwähnen.« »Das ist ein ziemlicher Zufall.« »Ja, habe ich es gestern Abend nicht erwähnt?« »Hrn, so viel ich weiß nicht.« »Ich könnte schwören, dass ich es getan habe.« Ich nickte. »Warum hast du ihn angerufen?«, wollte ich dann wissen. »Oh, nur um zu hören, wie es ihm geht«, erwiderte sie und konzentrierte sich auf den Scheck, den sie ausstellte. »Bei deiner Junggesellinnenparty?« »Ja, warum nicht. Der Zeitpunkt kam mir so gut wie jeder andere vor.« »Um Anrufe zu machen?« »Ja, genau.« »Scheint mir ein etwas merkwürdiger Zeitpunkt zu sein.« »Hat er nur angerufen, um mich zu verpfeifen?« »Nein. Er wollte wissen, was mit dir los ist. Er fand es auch merkwürdig.« »Der Himmel möge verhindern, dass ich noch einmal das Telefon benutze«, sagte sie leicht gereizt. »War das, als du uns gesagt hast, dass du Max anrufen
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willst?«, fragte ich. »So ungefähr«, erwiderte sie und steckte einen Scheck in einen Briefumschlag. »Warum hast du uns gesagt, dass du Max anrufst?« »Schätzchen, eines Tages, wenn du etwas älter bist, wirst du jemanden kennen lernen, der extrem verführerisch, aber launisch ist. Einen Schönwetterfreund, der freundlich zu sein scheint, dir aber einen Tritt wie ein Esel versetzen kann, und derjenige nennt sich Long-Island-Eistee. Der Long-IslandEistee bringt dich dazu, Dinge zu tun, die du normalerweise nie tun würdest, wie deinen Rock in der Öffentlichkeit zu heben oder jemand anzurufen, den du normalerweise nicht anrufen würdest, schon gar nicht zu merkwürdigen Zeiten«, erklärte sie. »Ich freue mich nicht darauf, den Long-Island-Eistee kennen zu lernen«, sagte ich. »Ich an deiner Stelle würde definitiv davonlaufen.« »Du weißt, dass Dad möchte, dass du glücklich bist.« »Ich weiß.« »Und ich will wirklich, dass du glücklich bist.« »Ich weiß, Schätzchen.« »Du bist… doch glücklich, nicht wahr?«, fragte ich. »Wirke ich nicht glücklich?«, erwiderte sie. Ich zuckte die Schultern. »Ich glaube schon.« »Dann ist ja gut.« »In Ordnung. Ich bin in meinem Zimmer, falls was sein sollte«, erklärte ich und stand auf. Ich hatte mich gerade auf mein Bett gesetzt, um zu lesen, als ich draußen einen Truck vorfahren hörte. Ich blickte aus dem Fenster und sah, wie Luke diesen riesigen hölzernen Bogen (auch als Chuppa bekannt) in unserem Vorgarten auslud. Mom ging nach draußen und half ihm dabei, dann setzten sie sich und unterhielten sich eine Weile. Sie kam wieder herein und teilte mir mit, dass Luke den Chuppa für die Hochzeit gebaut hatte. Das war süß von ihm, und sie lächelte, sah aber auch ein wenig traurig aus. Dann sagte sie, sie würde eine Weile
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ausgehen, aber bald wieder zurück sein. Später an diesem Abend kam Mom zurück und stürzte in mein Zimmer. »Pack deine Sachen!«, sagte sie mit diesem breiten Lächeln auf dem Gesicht. »Was?« »Los, Packen!« Sie machte die oberste Kommodenschublade auf. »Was ist los?«, fragte ich und stieg aus dem Bett. »Wir fahren weg«, erklärte sie und warf eine Hand voll TShirts auf mein Bett. »Was?« »Pack alles ein«, befahl sie. »Eine richtige Frau hat immer alles dabei.« »Was geht hier vor? Warum fahren wir weg?«, fragte ich, als sie sich der nächsten Schublade mit Kleidung zuwandte. »Wir haben schon seit einer Ewigkeit keinen Urlaub mehr gemacht, und das Wetter ist perfekt«, sagte sie mit diesem absurd glücklichen Grinsen auf dem Gesicht. Dann ging sie hinüber zu meiner anderen Kommode und öffnete sie ebenfalls. »Wir können keinen Urlaub machen!«, protestierte ich, als ich ihr durchs Zimmer folgte. »Du heiratest am Wochenende!« »Hast du meinen blauen Badeanzug gesehen?«, erwiderte sie. »Was ist mit Max?«, fragte ich. »Ooh, hier ist er«, sagte sie und nahm ihn heraus. »Ist was passiert?« »Ja. Irgendwie schon.« »Was?« »Ich erzähl es dir im Auto… Sonnenschutzcreme, wir brauchen Sonnenschutzcreme«, murmelte sie, während sie weitere Kleidungsstücke zusammenraffte. »Mom, hör auf.« Sie drehte sich um. »Warum?« »Heiratest du Max?«
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Sie stand nur da und überlegte, wie sie die Frage beantworten sollte. »Nein«, sagte sie schließlich. »Warum nicht?«, fragte ich. Einen Moment lang stand sie schweigend da. »Weil«, sagte sie sehr sanft, »ich nicht jede Nacht mein Brautkleid anprobieren will.« Wir sahen uns ein paar Sekunden an. Ich konnte erkennen, dass sie nicht wusste, warum sie das machte, es aber tun musste. Und ich musste zu ihr halten. Wenn sie die Stadt verlassen musste, in Ordnung. Wir waren schon unterwegs. »Wohin fahren wir?«, fragte ich und ging zu meinem Bett hinüber, um in den Kleidungsstücken zu wühlen, die sie bereits für mich herausgeholt hatte. »Wir müssen nicht«, sagte sie mit bebender Stimme. »Heiß, kalt, steinig, sandig, Berg, Tal?« »Ich habe wirklich kein bestimmtes Ziel«, gab sie zu. »Für alle Eventualitäten packen. Verstanden.« Ich zog meinen Koffer unter dem Bett hervor. »Leichte Kleidung.« »Ja. Leichte Kleidung«, stimmte sie etwas fröhlicher zu. »Brauchst du ein Buch?«, fragte ich sie. »Ah, diese Colette-Biografie.« »Ich habe dein Lesezeichen verloren.« »Schon okay«, wehrte sie ab. »Ich muss sowieso von vorn anfangen.« »In Ordnung.« »Und beeil dich«, drängte Mom, als sie sich zur Tür wandte. »Fahren wir heute Nacht?«, erkundigte ich mich. »Gleich morgen früh«, sagte sie. »Gegen sieben?« »Gegen fünf.« »Wow.« »Eher gegen sechs.« »Versuchen wir’s gegen fünf«, schlug ich vor. »Du bist verrückt, und ich liebe dich dafür!«, rief meine Mom, bevor sie nach oben rannte. Am nächsten Morgen gegen fünf ließen wir unser Haus
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hinter uns zurück und fuhren durch die Straßen von Stars Hollow. Der Morgen war grau und neblig, und in der Stadt war alles still. »Wow, total verlassen«, bemerkte ich. »Wir sind die Letzten, die noch übrig sind«, sagte Mom. »Wir sind also fast da?«, fragte ich. »Wir sind fast da und noch weit entfernt. Wichtig ist nur, dass wir unterwegs sind«, sagte Mom beim Fahren. »Wir sind praktisch schon weg!«, rief ich. »Welt, wir sind unterwegs!« Dann bremste Mom und hielt an. Wir beide blickten zu der neuen Ampel vor dem Luke’s auf. Sie war rot. Wir lehnten uns aus den Fenstern und sahen nach oben. Noch immer rot. Wir setzten uns wieder hin, seufzten und sahen uns an. Das war die einzige Ampel in Stars Hollow – und gleichzeitig die längste Rotphase der Welt.
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11 Ein paar Stunden später war die Sonne aufgegangen und wir fuhren über eine Landstraße. Ich konnte weder erkennen, welche Landstraße es war, noch in welchem Staat wir uns befanden. Wir hatten eine Menge Nebenstraßen genommen, von denen keine ausgeschildert gewesen war, und ich mühte mich derzeit mit Karten und Reiseführern ab und versuchte herauszufinden, wo wir waren. »Oh nein, keine Musik. Ich kann nicht glauben, dass wir vergessen haben, Musik mitzunehmen!«, klagte Mom. »Ist dir klar, dass keiner von uns die leiseste Ahnung hat, wo wir sind?«, erwiderte ich. »Was ist ein Urlaub ohne Musik?«, fuhr Mom fort. Ich blickte zum Himmel hinauf. »Die Sonne ist direkt hinter uns. Was bedeutet… ein weiterer Grund, warum ich mir besser ein paar Outdoor-Qualifikationen zugelegt hätte.« »Ich bin noch nie so lange in diesem Auto gewesen, ohne AC/DC zu hören.« »Ich habe keine Ahnung, wohin wir fahren.« »Ich brauche meinen Highway to Hell!« »Er liegt direkt vor der Windschutzscheibe.« »Im Radio gibt es nur die Top Vierzig und Christlichen Rock. Christlicher Rock, das ist ein Oxymoron für einen. Ich brauche meine Musik.« Ich blickte von dem Reiseführer auf. »Hör auf, über die Musik zu jammern!« »Hör auf, darüber zu jammern, wo wir sind!«, konterte sie. »Nun, meine Beschwerde ist berechtigt. Deine ist infantil.« »Du hast ja Recht.« Mom streckte die Hand aus, um das Autoradio einzuschalten. Der DJ kündigte »nonstop CountryKlassiker« an und spielte dann einen Song. »Ooh, ooh, ju-hu, ja«, rief Mom. »Country-Musik, das muss mein Glückstag sein.« Ich schaltete das Radio aus. »Wir müssen herausfinden,
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wohin wir fahren.« »Nein, müssen wir nicht.« »Mom!« »Hier geht es um Spontaneität. Darum, ins Blaue zu fahren und irgendwo anzukommen, wo wir noch nie gewesen sind und womit wir nie und nimmer gerechnet hätten«, erklärte sie. »Klingt riskant.« »Klingt aufregend.«: »Das Glück ist uns nie hold gewesen«, erinnerte ich sie. »Ja, aber ich habe gestern Nacht mit dem Glück telefoniert. Es hat Gewissensbisse, weil es uns in der Vergangenheit schlecht behandelt hat. Wir haben uns nett unterhalten. Von jetzt an wird alles anders werden.« Während sie redete, rasten wir an einem gelben Schild mit einer Art Diagramm darauf vorbei. Ich reckte den Hals und versuchte, im Vorbeifahren zu lesen, was darauf stand. »Was stand auf diesem Schild? Da stand >Not< oder > Todh« »Entspann dich«, mahnte Mom. »Wir sind verdammt!« »Falsch. Das Schicksal führt uns.« »Ich glaube, wir haben uns verirrt«, erklärte ich. »Wir können uns nicht verirrt haben. Wir haben doch gar kein Ziel«, erwiderte sie. Ich drehte den Kopf und sah sie an. »Du musst anhalten, bevor wir in den Atlantischen Ozean fahren.« »Ich werd’s versuchen«, versprach sie. »Wenigstens werden wir dann wissen, wo wir sind«, meinte ich. »Sofern… es nicht der Pazifik ist«, sagte Mom. Sie schaltete wieder das Radio ein. »Und jetzt drei Supersongs von Hootie and the Blowfish!«, kündigte der DJ an. »Aahhhü!« »Waass!« Mom hatte Recht mit der Musik. Wir mussten definitiv anhalten und uns ein paar Kassetten besorgen, wenn wir
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endlich irgendwo ankamen. Eine kleine Weile später, nachdem wir mehrere Schilder mit der Aufschrift »Nüsse«, »Stopp« und »Hier« passiert hatten, war es so weit. Wie hätten wir nicht anhalten können? »Weißt du was, ich Hebe Raststättenessen«, sagte Mom. »Ich liebe sie auch«, stimmte ich zu. »Ich meine, was kann besser sein als das, was in Haden’s Nut House serviert wird?«, fragte Mom, die zwei Papiertüten mit Nüssen trug. »Es sei denn, man mag keine Nüsse«, sagte ich. »Als ob es derartige Leute geben würde! Wenn ich in einer Rockband und auf Tournee wäre, würde ich den Busfahrer zwingen, unterwegs an jedem Haden’s Nut House zu halten.« »Wow, dann ist dein Backstage-Dasein ja wirklich aufregend.« Wir stiegen wieder in den Jeep und folgten weiter der kurvenreichen Landstraße. Ich wusste jetzt, wo wir waren, aber nur, weil wir jemand in Haden’s Nut House gefragt hatten. »Okay, wenn wir weiter in diese Richtung fahren…« Ich sah zu Mom hinüber, die ihr Handy herausgenommen hatte und wählte. »Wen rufst du an?« »Ah, Sookie.« »Jetzt?« »Äh, nun ja, ich hatte keine Gelegenheit, sie vor unserer Abfahrt anzurufen, und sie weiß nichts von…« Mom konnte den Satz nicht beenden. »Oh.« »Ja.« »Bist du okay?« »Oh, ich schätze schon«, erwiderte sie. »Es ist bloß, äh… oh, hi, Sookie, ich bin’s!«, sagte sie in das Telefon. »Ah, nein, noch nicht. Eigentlich werde ich, äh, ein paar Tage nicht in der Stadt sein. Ja, Rory und ich haben uns entschlossen, Urlaub zu machen.« Ich hörte tatsächlich Sookies Antwort aus dem Telefon. »Wie kannst du Urlaub machen? Du sollst doch…« »Die Verlobung ist gelöst, Sookie«, unterbrach Mom.
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Ich konnte mir vorstellen, wie aufgebracht Sookie war. Sie hatte Moms Verlobungsparty gegeben, sie hatte die Junggesellinnenparty organisiert, sie backte ihren Hochzeitskuchen, und sie war, neben mir, Moms beste Freundin. »Nun, das ist… das ist eine lange Geschichte«, erklärte Mom. »Ich will im Moment wirklich nicht über das Wieso und Warum und über unschöne Details reden, aber du solltest wissen, dass wir alle Max nach wie vor gern haben, und um genau zu verstehen, was passiert ist, müsstest du Freud persönlich ausgraben und mich von ihm rund um die Uhr behandeln lassen.« Mom sah mich an und lächelte. Ich lächelte gezwungen zurück. Die gelöste Verlobung machte mich wirklich sehr traurig. »Ich hoffe, du hast noch nicht mit diesem Kuchen angefangen«, sagte Mom. Sookie schien zu antworten, denn sie schwieg einen Moment. »Gut. Ich weiß, wie viel Arbeit du hineinstecken wolltest, und ich hätte mich umgebracht, wenn du dir all diese Mühe für nichts gemacht hättest.« Dann bat Mom Sookie, Miss Patty von der abgesagten Hochzeit zu erzählen. Miss Patty. Die Ein-Mann-Klatsch-undTratsch-Show. Sie hoffte, dass alle es verdaut hatten, wenn wir nach Stars Hollow zurückkehrten. Dann legte Mom auf und sah zu mir hinüber. »Das wäre wohl besser keine Straßenkarte.« Ich drehte mich zu ihr um. »Es tut mir Leid, aber ich protestiere offiziell gegen deine Wir-fahren-ins-BlauePolitik.« »Rory!« »Mom, in ein paar Stunden wird es dunkel, und ich will nicht im Auto schlafen.« »Mist, meine Abenteuerlust habe ich meinem Nachwuchs wohl nicht vererbt.« »Nun, wenn ich die Karte richtig gelesen habe, fahren wir Richtung Portsmouth, New Hampshire«, erklärte ich. »Portsmouth!«, sagte sie. »Ah ja!«
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»Was?« »Ich habe doch tatsächlich einen Bekannten in Portsmouth. Donald äh… Soundso-stein.« »Ein enger, persönlicher Bekannter vielleicht? Soso!« »Donald ist vor ein paar Jahren dorthingezogen und hat eine kleine Pension eröffnet.« »Hm.« »Nichts >hm<, sie soll eigentlich ziemlich cool sein, die Pension«, widersprach Mom. »Eine coole Pension.« »Ja.« »Das ist ja, als würdest du einen Nicolas-Cage-Film untertrieben nennen.« »Hör zu, ich bin normalerweise kein Fan von Pensionen, aber Donalds ist anders.« »Corellis Mandoline«, erinnerte ich sie. »Ich meine es ernst.« »Bella Bambina auf zwei Uhr!«, fuhr ich mit meiner >Nicolas Cage als italienischer Captain<-Imitation fort. »Jedes Zimmer ist im Stil eines anderen Jahrhunderts eingerichtet«, erklärte Mom. »Das ist irgendwie cool«, gab ich zu. »Okay, fahren wir!« »Rufen wir an.« »Fahren wir.« »Rufen wir an.« »Abenteuerlust«, sagte sie nur. Ich gab nach. »Fahren wir.« Die Lobby der Pension war klein und heimelig, mit Unmengen von Blumen und kleinen Rissen und Bildern von Katzen an den Wänden und auf den Regalen. An die Lobby grenzte ein Aufenthaltsraum mit einem Fenster, von dem aus man in den Garten sehen konnte. Eine extrem gut gelaunte Frau saß hinter einem antiken Empfangspult, auf dem eine altmodische Hotelklingel stand. »Hallo!«, begrüßte sie uns. »Hi«, sagte Mom.
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»Möchten Sie die Klingel benutzen?«, fragte die Frau. »Was?«, entfuhr es Mom. »Möchten Sie die Klingel benutzen, Sie oder Ihre Tochter?«, sagte sie mit einem breiten Lächeln. »Ich verstehe nicht«, erwiderte Mom. »Normalerweise sitze ich nicht hier, wenn Gäste eintreffen, sodass die Leute die Klingel benutzen, und Sie sind nicht dazu gekommen, die Klingel zu benutzen.« Wir standen einen Moment da. Schließlich streckte Mom die Hand aus und schlug auf die Messingklingel auf dem Empfangspult. »Gut gemacht!«, lobte die Frau und stand auf. »Ah, haben Sie ein Zimmer für uns?« »Ja, das haben wir bestimmt, Sie glückliches kleines Ding.« Triumphierend drehte sich Mom in meine Richtung. »Siehst du, sie haben ein Zimmer!« »Gut.« Ich lächelte. »Äh, ist Donald zufällig hier?«, fragte Mom. »Oh, nein, nein. Ich habe die Pension letztes Jahr von Donald gekauft. Sie gehört jetzt mir. Ich bin Liddane.« »Hi. Oh, ach ja. Ich habe schon bemerkt, dass sie sich verändert hat. Eigentlich sehr verändert hat«, sagte Mom, als sie sich umschaute. »Sie haben sie vorher schon gesehen?«, fragte Liddane. »Auf Fotos.« »Nun, sie war ziemlich verrückt, genau wie Donald.« Liddane lachte. »Es war witzig, wissen Sie, aber auch ein wenig zu hu-hu! Sie war einfach zu eklektisch. Ich habe für Eklektizismus nichts übrig. Ich glaube, die Pensionsgäste auch nicht«, sagte sie in einem ernsthafteren Ton. »Nein, man will nichts Unnormales um sich haben«, nickte Mom. »Okay, Zimmer drei gehört Ihnen.« Liddane gab Mom einen Schlüssel, der an einem riesigen Schlüsselring befestigt war, und lächelte breit. »Willkommen im Cheshire Catl« »Hübscher Name.« Mom drehte den Schlüssel ein paarmal in
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ihren Händen. »Ich muss mich nur mal kurz mit meiner Tochter beraten.« Wir entfernten uns vom Empfangspult. »Wir müssen sofort hier weg«, sagte Mom leise, damit Liddane sie nicht hören konnte. »Und wo schlafen wir?« »Ah, in einem hohlen Baum, an einem Flussufer? Ist mir egal.« »Mom, ich bin müde und am Verhungern.« »Okay, sie hat die Pension nach einer Figur aus Alice im Wunderland benannt.« Mom klimperte mit dem Schlüsselring. »Das ist mein schlimmster Alb träum.« »Und an Unterkühlung in einem Jeep zu sterben, ist meiner«, konterte ich. Sie fuchtelte ein paarmal mit dem Schlüsselring vor meiner Nase herum und gab dann nach. »Okay, okay.« Wir kehrten an die Rezeption zurück. »Wenn Sie uns bitte den Weg zu Zimmer drei zeigen würden«, sagte Mom. »Ich bringe Sie hin. Lassen Sie mich Ihre Taschen tragen.« Liddane kam hinter dem Empfangspult hervor. »Oh, das können wir übernehmen«, wehrte ich ab. »Nein, nein, nein, nein, und nochmals nein, Sie sind meine Gäste.« Mühsam hob sie die Taschen und schulterte sie. Als sie völlig beladen war, sah sie zu mir herüber. »Möchtest du vielleicht die Klingel benutzen? Du hast noch nicht die Klingel benutzt.« »Vielleicht ein anderes Mal«, sagte ich. »Folgen Sie mir!«, bat Liddane. Wir bogen um die Ecke und traten ins Treppenhaus. »Passen Sie auf Sammy auf«, warnte sie, bevor sie die Treppe hinaufstieg. Sie wies auf die größte Katze, die ich je gesehen hatte, und die sich gerade auf einer der Stufen rekelte. »Mieze, Mieze«, flötete Mom. »Das ist entweder Sammy oder die Katze, die Sammy gefressen hat«, bemerkte ich. Oben öffnete Liddane die Tür zu unserem Zimmer. Mom blieb in der Tür stehen und stöhnte unwillkürlich auf.
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»Was ist, meine Liebe?«, wollte Liddane wissen. »Ah, das sind eine Menge…« »Eine Menge Blumen«, ergänzte ich. Ich war neben ihr stehen geblieben und nicht so sicher, ob ich das Zimmer überhaupt betreten wollte. »Ja, ungefähr eine Tonne Blumen«, nickte Mom. »Eine Fülle an Blumen«, fuhr ich fort. »Eine Unmenge an Blumen«, schloss Mom. »Danke! Ich bekomme ständig Komplimente für dieses Zimmer.« Liddane platzte fast vor Stolz. »Moment mal, bewegen die sich etwa?«, fragte Mom. »Es sieht so aus, nicht wahr?« Liddane trat zu der beigeroten Tapete. »In die Tapete ist eine Spiegelfolie eingearbeitet, die diese Illusion hervorruft. Ist das nicht wundervoll?« »Unglaublich«, murmelte Mom und ging in das Zimmer. »Pensionsgäste lieben eine friedliche Umgebung, damit sie von ihrem hektischen Leben abschalten können. Was machen Sie beruflich, meine Liebe?« »Oh, ich? Ah, äh, ich bin im Verlagswesen tätig«, log Mom. »Wie interessant!«, bemerkte Liddane. »Mm.«: »Nun, wenn Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie einfach unten an oder kommen Sie herunter – ich liebe Gesellschaft.« Liddane lachte. »Und, oh, fast hätte ich vergessen, Ihnen unsere Veranstaltungsliste zu geben.« Sie reichte Mom ein Blatt Papier. »Langweilig wird’s hier nie!« »Danke, Liddane!«, sagte Mom, als diese das Zimmer verließ. »Ja, danke«, fugte ich hinzu. Sobald Liddane fort war, kam Mom zu mir herüber. »Okay, ich glaube, wir haben gerade das erste Zimmer der Weltgeschichte gefunden, das Liberace zu der Bemerkung veranlassen würde >Wow. Zurücktreten. Niemand ist so schwul. <« Ich blickte auf das große, rechteckige Gästebuch, das auf dem Tisch neben mir lag. »Oh, sieh mal. Das ist ein Buch, in
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dem sich frühere Gäste verewigt haben.« »Mm.« Mom klang wenig begeistert. Ich griff nach dem Buch und las laut vor. »>Dieses Zimmer ließ meine Seele fliegen.<« »Ugh«, machte Mom. »Iiih«, stimmte ich zu. »In Ordnung, genug der Grobheiten«, erklärte Mom. »Lass uns essen gehen.« »Oh, Essen! Ich verhungere.« Ich legte das Gästebuch weg und wir verließen das Zimmer. Mom schloss hinter uns die Tür. Wir stiegen gerade die ersten Stufen der Treppe hinunter, als Mom plötzlich stehen blieb. »Was ist?«, fragte ich. »Zahnärzte. Bostoner Zahnärzte. Cocktailstunde im Cheshire Cat.« Ich spähte an ihr vorbei und sah, dass der Aufenthaltsraum voller Leute war. Liddane schenkte ihnen Wein ein, und alle waren ins Gespräch vertieft. »Und?« »Und unser Ausgang ist blockiert«, erklärte Mom. »Laufen wir an ihnen vorbei«, schlug ich vor. »Zu riskant.« »Sie sind keine Meuchelmörder!« »Rory, wenn sie uns sehen, werden sie sich wie Blutegel an uns festsaugen, und du weißt, was das bedeutet.« »Was?« »Geschwätz. Geschwätz, das einem den Magen umdreht, den Verstand aufweicht und die Seele abtötet.« »Mom, ich verhungere. Ich gehe nach unten – du kannst hier bleiben.« »So hungrig bist du?« »Ja.« »Hungrig genug, um hundert neugierige, aber wohl kaum stark variierende Fragen über Chilton, das Leben in einer Kleinstadt und deinen Super-Duper-Freund zu beantworten?« Ich dachte einen Moment über ihre Worte nach und stieg dann wieder die Treppe hinauf zu unserem Zimmer. Mom war
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direkt hinter mir. Wir zogen unsere Pyjamas an, und ich wusch mir das Gesicht, während Mom auf dem Bett saß und auf der Suche nach etwas Essbarem ihre Handtasche durchwühlte. »Oh, ah, ich bin auf Gold gestoßen!« »Was ist es?«, fragte ich. »Gerts.« »Lass mich Atem holen«, sagte ich, als ich aus dem Bad kam. »Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zum letzten Mal Certs gekauft habe«, sinnierte Mom. »Was bedeutet, dass diese richtig alt sind.« »Ungenießbar.« Sie warf sie wieder in ihre Handtasche, zusammen mit den anderen Habseligkeiten. Ich setzte mich auf das Kopfende des Bettes, und Mom rutschte zu mir. Plötzlich hörte ich durch den Fußboden ein Klavier. Die Bostoner Zahnärzte sangen. »Perfekt«, sagte ich. »Der krönende Abschluss des Tages«, fügte Mom hinzu. »Im Laufe von drei Stunden haben sie an jeder Veranstaltung für Pensionsgäste teilgenommen, die dem Menschen bekannt ist.« »Hoffen wir nur, dass sie die Sache mit einem Massenselbstmord abschließen.« Ich sah Mom an. »Wir werden giftig, wenn wir hungrig sind.« »Hmm.« »Also, was jetzt?«, fragte ich. »Ich weiß nicht.« Sie sah sich im Zimmer um. »Wir könnten schlafen gehen.« Ich warf einen Blick auf die Uhr auf dem Nachttisch. »Naja, wir haben acht Uhr dreiundzwanzig.« »Großer Gott!« »Müde bin ich auch nicht wirklich«, sagte ich. »Ich auch nicht. Wir könnten singen«, schlug sie vor. »Singen?«
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»Wir könnten aus Leibeskräften Anarchy in the UK singen.« »Oh ja, käme auf einen Versuch an. Oder…«, sagte ich, meine Worte sorgfältig wählend. »Wir könnten reden.« »Oh, okay.« »Okay.« Wir drehten uns ein Stück, damit wir uns in die Augen sehen konnten. »Über was?«, fragte Mom. »Ich weiß nicht. Äh, Max?« »Ah, nein.« »Warum nicht?« »Weil ich nicht will.« »Du sagtest, wir könnten reden«, erinnerte ich sie. »Nun ja, ich dachte, du meinst über Make-up oder so.« »Wann haben wir je über Make-up geredet?« »Noch nie, und deshalb dachte ich, dass jetzt der Zeitpunkt dafür gekommen wäre.« Sie drehte mir den Rücken zu und legte sich hin. »Ich will ja nur wissen, ob…« »Gute Nacht, Rory.« »Aber…« »Gute Nacht«, sagte sie nachdrücklicher, streckte die Hand aus und löschte die Lampe neben sich. Ich wartete eine Sekunde, griff dann über sie hinweg und machte das Licht wieder an. »Bist du sicher, dass du nicht nur aus Angst weggelaufen bist?« »Rory.« »Ich glaube nämlich, du liebst ihn wirklich, hast aber irgendwie den Kopf verloren…« »Genug jetzt!«, erklärte sie energisch. Wieder ging das Licht aus. »Du weißt nicht, was du tun sollst!« Ich streckte die Hand aus und machte das Licht wieder an. »Und genauso ging es dir schon mal. Mit Max, um genau zu sein.« Sie schlug die Decke zur Seite, setzte sich auf und starrte mich an. »Rory, ich will nicht darüber reden. Ich dachte, wenn ich >genug jetzt< sage und das Licht ausmache, wirst du die
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Botschaft schon verstehen. Offenbar nicht. Das Flugzeug mit dem Banner im Schlepptau wird in einer Minute hier sein.« »Ich habe dir eine Frage gestellt.« »Ich bin eine erwachsene Frau!« »Sagt die Frau mit dem Hello-Kitty-Waffeleisen.« »Ich habe ein gutes Recht, mich nicht von meiner sechzehnjährigen Tochter über mein Privatleben verhören zu lassen.« »Ich dachte, ich wäre deine beste Freundin!« »Wenn wir in einem U2-Konzert sind, bist du meine beste Freundin. Aber im Moment bist du meine sechzehnjährige Tochter, und ich sage dir, dass ich dieses Gespräch nicht fuhren will«, erklärte sie. »Ich aber schon«, sagte ich stur. »Ja dann, Pech gehabt«, schoss sie zurück. »Alles war geplant! Alle waren begeistert, du eingeschlossen, und dann, urplötzlich… tickst du aus!« »Ich habe meine Meinung eben geändert.« »Das ist unser Leben, das du gerade weggeworfen hast!« »Hey, ich habe überhaupt nichts weggeworfen.« »Wir hatten Pläne! Wir haben Platz im Wandschrank gemacht!« »Oh, Rory, dass wir ein paar Kartons umgeräumt haben, ist für mich kein Grund zu heiraten.« »Max hat sich darauf verlassen! Ich habe mich darauf verlassen!« »Rory, hör auf. Wir werden diesen Streit nicht in einem Blumenzimmer austragen, während Zahnärzte im Hintergrund Gypsies, Tramps and Thieves singen! Das ist doch kein David-Lynch-Streifen.« Sie legte sich wieder hin und drehte mir den Rücken zu. »Ich glaube, du liebst ihn.« »Rory, schlaf jetzt.« »Ich glaube, du liebst ihn, und dann hast du Angst bekommen und bist weggelaufen, aber du wirst es noch bereuen – und zwar bald!«
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»Rory!« »Schön!« Ich streckte die Hand aus und löschte ihre Lampe. »Gute Nacht!« Ich schlüpfte ebenfalls unter die Decke. »Da bin ich mir sogar sicher«, sagte Mom schließlich mit sanfter Stimme, ohne mich anzusehen. »Ich wünschte, ich würde ihn lieben. Du hast keine Ahnung, wie sehr.« Ich beugte mich zu ihr, küsste sie auf die Wange und versuchte dann einzuschlafen.
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12 »Ist was mit der Wand?«, fragte ich Mom am nächsten Morgen. Ich war aus dem Bad gekommen und fand sie auf einer Truhe sitzend vor, wie sie die Wände anstarrte. »Hmm, sie sind größer.« Sie war wie besessen von der Tapete. »Nicht schon wieder.« Ich band mir einen grauen Pullover um die Hüfte. »Mom, die Blumen auf der Tapete wachsen nicht, und sie vermehren sich auch nicht.« Sie klang nicht überzeugt. »Hmm.« Das Gästebuch auf dem Tisch war aufgeschlagen. Eine vertraute Handschrift sprang mir ins Auge. »Moment. Du hast doch nicht etwas in dieses Ding geschrieben, oder doch?«, fragte ich sie. »Vielleicht ein paar zufällige Gedanken.« Ich setzte mich zu ihr und las: »>Satanische Kräfte sind hier am Werk.< Mom!« »Was?« »Was? Was? Wir können das nicht da reinschreiben.« Ich griff nach dem Kugelschreiber und nahm ein paar Veränderungen vor. »Hier. >Satt und kräftig bin ich hier am Werk.<« »Das ergibt keinen Sinn.« »Und es hat nichts mit dunklen Mächten zu tun, sodass es meiner Meinung nach vorzuziehen ist.« Ich schlug das Gästebuch zu und legte es mir in den Schoß. »Wie auch immer«, sagte sie. »Hä?« »Was?« Sie sah mich an. »Gestern Nacht?« »Oh, alles ist gut«, sagte sie. »Okay.« »Weißt du, was nicht gut ist?«
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»Was?« »Ich habe die ungenießbaren Certs gegessen.« »Krass!« »Sie haben wie Schlüssel geschmeckt«, sagte sie. »Okay, genug. Ich muss etwas essen. Glaubst du, unten ist die Luft rein?« »Werfen wir einen Blick auf den Plan.« Sie ging zum Tisch hinüber und nahm die Veranstaltungsliste. »Frühmorgendlicher Naturspaziergang um halb sieben. Regionalgeschichts-Debatte um acht Uhr fünfzig. Papperlapapp bla bla bla bla. Wir haben Glück! Das Frühstück ist gerade zu Ende, und der Kunstund Kunsthandwerksworkshop beginnt erst in dreizehn Minuten.« »Wir haben ein Fenster!«, machte ich sie aufmerksam. »Jetzt duschen sie bestimmt alle.« »Nimm deine Tasche!« Ich sprang von der Truhe, legte das Gästebuch weg und wandte mich zur Tür. »Los, los, los!«, drängte Mom dicht hinter mir. Um sicherzugehen, stiegen wir auf Zehenspitzen die Treppe hinunter, vorbei an Sammy, der größten Katze der Welt, und erreichten das Erdgeschoss. Wir hatten die Flucht fast hinter uns gebracht, als Liddanes Stimme ertönte. »Hallo, ihr Fremden!« »Uh, Jesses«, stöhnte Mom. »Wir haben uns alle solche Sorgen um Sie beide gemacht!«, sagte Liddane, als wir uns umdrehten. Etwa sechs oder sieben Leute drängten sich an den Fenstern am anderen Ende des Aufenthaltsraums. »Was machen Sie da?«, fragte Mom. »Wir beobachten Kolibris.« »Es sind noch immer welche dort draußen, wenn Sie mitgucken wollen«, sagte eine der Frauen. »Das sind die verrücktesten Viecher«, fügte ein Mann mittleren Alters hinzu. »Schlagen hundertmal in der Sekunde mit den Flügeln. Es ist ein technisches Wunder.« »Das stand nicht auf der verdammten Liste!«, rief Mom.
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Liddane kam auf uns zu und lächelte süß. »Wir setzen derartige Dinge nicht auf die verdammte Liste, weil die Wunder der Natur nach keinem Zeitplan ablaufen.« »Oh Gott«, murmelte Mom. »Nehmen Sie sich einen Stuhl!«, sagte die Frau. »Wir haben frische Scones.« »Ja, für den Tee heute Nachmittag. Ich habe gerade die ersten gebracht. Probieren Sie.« Liddane hielt uns ein Körbchen mit Scones hin. Mm… Essen… »Probieren wäre nicht verkehrt«, sagte ich zu Mom. »Ah, vielleicht eine klitzekleine Kostprobe!«, stimmte sie zu. Wir traten an den Tisch – ich nahm zwei Scones und sie nahm einen. »Nun«, sagte die nette Frau und setzte sich uns gegenüber. Der Kolibrimann nahm neben ihr Platz. »Liddane sagt, dass Sie im Verlagswesen tätig sind!« »Öh?«, machte Mom, während sie kaute. »Im Verlagswesen? Sie sind im Verlagswesen tätig?« »Oh, ja, das bin ich«, log Mom, den Mund voll Scone. »Bücher, hm? Sie sollten sich einen Beruf mit weniger Papierkram suchen«, scherzte der Mann. »Der war gut.« Mom tat so, als würde sie lachen und griff nach einem weiteren Scone. »He!«, sagte ich in dem Versuch, sie zu bremsen. »Du hast zwei, ich habe nur einen!«, wehrte sie mit vollem Mund ab. Mittlerweile starrte das Paar uns an. »Nun, äh, im Verlagswesen?«, drängte die Frau erneut. »Mm hmm. Ja, ich bin Verlegerin. Ah, es ist eine recht langweilige Arbeit. Lohnt sich nicht, darüber zu reden.« Liddane beugte sich von hinten über das Pärchen. »Oh, Unsinn. Es ist faszinierend!« »Was für Bücher verlegen Sie denn?«, fragte die Frau. »Äh, hauptsächlich Jugendliteratur«, log Mom. »Kinderbücher?« »Genau.«
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»Oh, welche, die man kennt?« Mom schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich nicht.« »Nein, warten Sie. Nennen Sie mir ein paar Titel. Ich werde sie mir aufschreiben, und wenn ich nach Hause komme, schaue ich sie mir an.« Die Frau nahm ihre Lesebrille aus der Handtasche und setzte sie auf. »Dave, hast du deinen Weltraumkugelschreiber dabei?« Sofort zog der Mann, Dave, einen Kugelschreiber aus seiner Hemdtasche. »Das musst du noch fragen?« »Oh, er liebt seinen Weltraumkugelschreiber!« Seine Frau lachte. »Die schreiben unter Wasser«, erklärte er stolz. Ich nickte. »Cool.« »Nun, wie lauten die Titel?«, fragte die Frau, als sich Liddane wieder zu uns vieren an den Tisch gesellte. »Na, da hätten wir, äh, Gute Nacht, Löffel und, äh, Das Pferd, das bellen wollte…«, sagte Mom. »Oh, das habe ich, glaube ich, meinem Enkel vorgelesen!«, teilte die Frau aufgeregt Liddane mit. »Das Pferd lernt bellen und dann… oh, was passiert eigentlich am Ende?« Sie wandte sich wieder an Mom. »Es stirbt«, erklärte diese. Alle sahen aus, als würden sie im nächsten Moment weinen, und so fügte ich schnell hinzu: »Aber es hat gelernt zu bellen, sodass es eigentlich ein glückliches Ende ist.« Das wirkte. »Und wo sind Ihre Büros?«, wollte die Frau wissen. »Sie sind in dem, äh… in dem Gebäude mit dem, äh, drüben an der Straße… Würden Sie mich bitte einen Moment entschuldigen? Ich muss einen sehr wichtigen verlegerischen Anruf tätigen.« »Oh, schon in Ordnung«, flötete Liddane. »Das gibt uns Gelegenheit, Ihre hübsche Tochter hier näher kennen zu lernen.« Mom stand vom Stuhl auf, und ich starrte sie an. Wie konnte sie mir das nur antun? »Sie ist so still. Aber das werden wir ändern!«, entschied die
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Frau, und sie, ihr Mann Dave und Liddane brachen in Gelächter aus. Ich legte meine Hand auf Moms Arm. »Mom, du hast versprochen, dich nicht ums Geschäft zu kümmern, während wir Urlaub machen.« »Schätzchen, das Verlagswesen wartet auf niemand. Die Druckerpressen laufen trotzdem!«, sagte sie. Dann ging sie davon und ließ mich allein. »Nun, erzähl uns von deiner Schule.« Alle beugten sich zu mir, als gäbe es nichts Interessanteres. Glücklicherweise hatte ich den Scone, der mir half, dieses Verhör zu überstehen. »Wir haben einen Sohn, der nur ein wenig älter ist als du«, sagte die Frau. »Er ist nicht gut genug für sie«, wandte ihr Mann ein. »Oh, Dave«, protestierte seine Frau. »Er ist ein Erstsemester in Brown!« Der Mann schüttelte den Kopf. »Als Hauptfach hat er MTV belegt.« Seine Frau lachte. »Oh, du bist schrecklich!«, rief sie in dem allgemeinen Gekicher, das soeben ausgebrochen war. »Schatz, wir wissen nicht einmal, ob sie noch zu haben ist«, sagte der Mann zu seiner Frau. »Oh, ich bin nicht zu haben«, warf ich hastig ein. »Ich bin definitiv nicht zu haben.« Liddane wandte sich an das Paar und flötete: »Sie hat einen Freund…« »Wie niedlich!«, meinte die Frau. »Erzähl uns von ihm«, drängte Liddane. In diesem Moment kam Mom in den Raum zurück. »Mom! Ich habe dir einen Scone aufgehoben. Du liebst mich doch, oder?« »Oh, tut mir Leid, aber ich muss sie Ihnen jetzt entführen«, erklärte Mom, als sie in einen Stuhl erreicht hatte. »Wie schade«, seufzte ich. »Es war so nett, mit Ihnen zu plaudern!« Wir eilten zur Haustür.
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»Es war schön, mit dir zu reden, Liebes!«, rief die Frau mir nach. »Du hast mich im Stich gelassen«, klagte ich, als wir zur Haustür gingen. »Ich musste telefonieren.« »Du hast mich hängen lassen!«, bekräftigte ich. »Ich schulde dir was.« »Eine Menge.« »In Ordnung«, stimmte Mom zu. An der Haustür blieb sie stehen. »So, jetzt haben wir’s geschafft. Worauf hast du Lust?« »Dich umzubringen«, antwortete ich. »Sonst noch was?« »Ich weiß nicht. Was ist denn mit dir?« »Mit Tennisbällen nach Sammy werfen?« »Im Ernst«, sagte ich. »Ich bin mir nicht sicher. Warum rückst du nicht endlich mal die Karte raus?« »Als wenn ich sie je unterschlagen hätte.« Mom starrte mich weiter an, bis ich die Straßenkarte aus meiner Gesäßtasche zog. »Nur dass du’s weißt, heute will ich nicht wieder ziellos herumfahren.« »Ist ja gut, ich hab’s kapiert.« Mom stellte sich neben mich, als ich die Karte auseinander faltete. »Also, was liegt in der Nähe?« »Äh, Concord«, sagte ich und zeigte auf die Hauptstadt von New Hampshire. »Was ist das, das wie eine Weintraube aussieht?«, fragte Mom. »Manchester«, antwortete ich, eine weitere große NewHampshire-Stadt benennend. »Ah, da war ich schon mal, vergiss es«, sagte Mom. »Stimmt doch gar nicht«, widersprach ich. »Naja, das habe ich aber im Gefühl.« »Salem.« Ich zeigte auf die Karte. »Ooh, Hexen und Steinigungen«, sagte Mom aufgeregt.
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»Das hat was.« »Boston, Newton, Needham«, las ich die Namen anderer Städte vor, die wir besuchen konnten. »Oh, zurück, zurück, zurück!«, rief Mom. »Was?« Ich sah zu ihr auf. »Boston, Newton…« Sie nickte und lächelte. »Ich weiß, wohin wir fahren.« Dann ging sie geradewegs auf die Tür zu. »Wohin fahren wir?« Sie grinste, die Hand an der Türklinke. »Du wirst es lieben«, versprach sie. Interessant. Ich faltete die Karte wieder zusammen. »Nun, wenn du mir sagst, wohin wir fahren, könnte ich unseren Weg planen und…« Kurz entschlossen kam Mom zu mir zurück, nahm mir die Karte aus der Hand und faltete sie hastig zusammen. »Du hast sie falsch gefaltet!«, protestierte ich. »War sie noch kleiner?« Sie hielt die Karte hoch. Sie sah aus, als wäre sie von einem Truck überfahren worden. »Ja.« »Dann ist es nicht falsch.« Sie gab mir die Karte zurück und wandte sich zur Tür. »Gehen wir!« Ich versuchte, die Karte zu einer Version ihres früheren Selbst zusammenzufalten. »Ich kaufe dir eine neue, wenn wir ankommen«, versprach Mom. Ich gab es auf und folgte ihr durch die Haustür. Ein Weilchen später hatten wir unser Ziel schon erreicht. »Das glaube ich nicht!«, rief ich aus. »Kannst du aber, denn es ist wahr.« Mom und ich standen vor dem Haupttor des einen Ortes auf der Welt, zu dem ich unbedingt hinwollte. »Harvard University«, sagte ich. »Und zwar in natura.« »Es sieht aus wie auf den Fotos.« »Wunderschön.« »Was machen wir hier?«, fragte ich. Ich konnte nicht
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aufhören zu lächeln. »Wir sehen uns deine Zukunft an«, sagte Mom mit einer weit ausholenden Handbewegung. Ich betrachtete durch das Tor die vielen Studenten und die vielen Gebäude. »Es ist groß.« »Du hast ja auch eine große Zukunft«, nickte Mom. Ich wollte auf und ab hüpfen und vor Freude schreien. »Ich glaub es einfach nicht. Ich stehe wirklich vor den Toren von Harvard.« »Komm mit.« Mom nahm meinen Arm und zog mich weiter. »Warte.« Ich blieb auf dem Bürgersteig stehen. »Wohin mitkommen?« »Rein«, erwiderte sie. »Wir können da nicht reingehen.« »Wieso, liegt ein Kraftfeld oder so um diesen Ort?« »Das ist Harvard«, erklärte ich. »Ich weiß.« »Das… ist…Harvard.« »Ich…weiß…«, erwiderte sie. »Du kannst da nicht einfach reingehen«, sagte ich* »Wir brauchen einen Führer.« »Der Führer bin ich«, erbot sich Morn. »Was weißt du schon von Harvard?« »Das zum Beispiel.« Sie deutete durch das offene Tor. »Sieh mal, das da ist Harvard!« »Mom.« »Hey, willst du ihn dir nicht ansehen? Hä? Einen Ort, an dem du leben wirst und studieren wirst und an dem du eine sehr naive, aber hochtrabende Weitsicht entwickeln wirst, die in sich zusammenfällt, sowie du den Abschluss in der Tasche hast?« »Ja, ich will.« Ich lächelte. »So? Du weißt, was du willst«, sagte sie und hakte sich bei mir ein. »All die anderen Kids tun es.« Ich konnte nicht länger widerstehen. »Harvard.« Ich ließ mir das Wort auf der Zunge zergehen. Gemeinsam gingen wir durch das Tor und auf den Campus.
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13 Wir kauften uns eine Ausgabe des neuesten Führers, und dann machten Mom und ich uns auf unsere autonome Campustour. »Wow! Harvard ist über dreihundert Jahre alt«, staunte Mom, während sie aus dem Führer vorlas. Das wusste ich bereits. Es gab nicht viel, das ich nicht über das College wusste. Schließlich hatte ich die Broschüren studiert, seit ich zwei gewesen war. »Gegründet 1636«, erklärte ich ihr. »Das bedeutet, dass fast jeder, der jemals Harvard besucht hat, inzwischen tot ist«, sagte Mom. »Bist du sicher, dass du noch immer hierhin willst?« »Ja, absolut sicher.« Der Campus war in Wirklichkeit noch viel schöner als auf den Katalogfotos. Überall standen große alte Bäume und prächtige historische Gebäude. Mom las weiter vor. »Sie haben hier den Schrittmacher entwickelt. Außerdem haben sie entdeckt, dass Elektromagnetismus und Radioaktivität zwei Manifestationen derselben Kraft sind, und die Existenz des Charm-Quarks postuliert.« Sie blickte einen Moment auf. »Ich habe mich schon immer gefragt, wer das vollbracht hat.« »Die Eierköpfe von Harvard«, sagte ich stolz. »Heiliger Bimbam. Sie haben jedes Jahr durchschnittlich achtzehntausend Bewerber, von denen nur zweitausend angenommen werden, Das sind feine gute Chancen«, murmelte sie. »Mom!« »Nein, nein, nein, du bist anders«, versicherte sie. »Frühere Graduierte – Henry James. Ist das nicht ein Bier?« »Und ein Schriftsteller.« Ich lächelte sie an. »Mach weiter.« »John Adams«, las sie die Liste vor. »Das ist ein Bier!« »Unser zweiter Präsident«, korrigierte ich. »Er ist im Moment sehr angesagt.«
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»W.E.B. DuBois, Yo-Yo Ma… Oh, cool! Fred Gwynne!« »Wer?« »Herman Munster. Jetzt bin ich wirklich beeindruckt.« Wir näherten uns einem Getränke- und Imbisswagen neben einem großen schwarzen Brett, das von Flugblättern und Zetteln bedeckt war. »Willst du etwas?«, fragte ich Mom. »Ja, ein schönes altes Henry James«, sagte sie und blieb vor dem schwarzen Brett stehen. »Oder einen Kaffee?«, hakte ich nach. »Oder einen Kaffee«, stimmte sie zu. »Ich bestelle Kaffee in Harvard!«, rief ich aufgeregt, als ich zu dem Wagen hinüberging. »Hey, hier sind Leute, die Zimmergenossen suchen!«, sagte Mom nach einem Blick auf das Brett. »Und zwar ziemlich viele. >Gesucht: Mitbewohnerin für ein Zwei-ZimmerApartment in Trowbridge, ruhige Straße, ruhiges Haus, deshalb ist eine ruhige Mieterin ein Muss<«,las sie ein rosa Flugblatt vor. »Geh doch gleich ins Kloster und kapsel dich von der Welt ab, du Loser!«, sagte sie. Ich marschierte zurück zu ihr. »Mom, es dauert noch zwei Jahre, bis ich nach Harvard gehe. Bis dahin werden diese Leute ihre Zimmergenossen gefunden, wenn nicht sogar ihren Abschluss gemacht haben.« Sie hielt ein paar Papierstreifen mit Namen und Telefonnummern hoch. »Wer sagt denn, dass die für dich sind?« »Für wen denn sonst?« »Für mich! Wenn du in einem Studentenheim wohnen wirst, brauche ich ein Zimmer in der Nähe, um dich besuchen zu können.« »Wie oft willst du mich denn besuchen?« »Ich weiß nicht. Jeden zweiten Tag?«, schlug sie vor. Ich starrte sie an. »Zu oft?«, fragte sie. »Was ist zu oft?« Ich wandte mich ab und ging zu dem Imbisswagen zurück, um meine Bestellung aufzugeben. Während ich dort stand und
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wartete, hörte ich, wie jemand Mom ansprach. Ich drehte mich um und sah, dass sie mit einem Studenten redete, der einen karmesinroten Harvard-Pullover trug und einen Rucksack geschultert hatte. »Mann, das sind eine Menge Wohnungsangebote«, sagte er zu Mom. »Oh, ja, in der Tat«, bestätigte sie, »Du suchst eine Unterkunft?« »Ah, vielleicht.« »Nun, die Auswahl ist groß«, meinte er. »Es ist für jeden was da.« »Ja, ja.« Mom drehte sich zu mir um. »Sofern man nicht einer dieser Existenzialisten ist, die sich nicht entscheiden können, was sie wollen.« Er lachte. »Guter Einwand, guter Einwand. Hey, ich glaube, wir besuchen denselben Kurs Vertragsrecht, Professor Shefforson?« »Oh ja, Shefs Kurs«, sagte Mom leichthin. »Richtig. Ich wollte dir schon immer mal Hallo sagen«, eröffnete der junge Mann Mom. »Wirklich?« »Ja.« »Oh, na dann hi.« »Hi.« Mom kicherte. »Hi.« »Und gefällt dir der Kurs?«, fragte der junge Mann. »Äh, ist nicht schlecht«, meinte Mom. »Er hat irgendwie eine monotone Stimme. Wenn ich mich nicht mit Kaffee dope, schlafe ich ein.« »Oh, ich dope mich auch gerade mit Kaffee, wo wir schon beim Thema sind«, erwiderte Mom. »Okay. Dann… dann sehen wir uns im Kurs. Und vielleicht heute Abend auf dieser Phi-Kappa-Party?« »Klaro!« »Cool. Tschüss.« »Tschüss!«
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Ich kehrte mit zwei Bechern Kaffee zu ihr zurück. »Ich glaube, das College gefallt mir!«, erklärte Mom, als ich ihr einen der Becher reichte. Wir beide lachten. »Ooh, hast du das gehört? Ich habe sogar einmal das Wort >Existenzialist< benutzt!« »Ich hab’s mitbekommen«, nickte ich. Wir wandten uns von dem schwarzen Brett ab. »Das wollte ich schon immer mal«, sagte Mom. »Es war sehr beeindruckend«, versicherte ich. Wir spazierten über einen großen grünen Rasen, tranken unseren Kaffee und nahmen die Kulisse in uns auf. Kaffee plus Harvard. Jetzt war wirklich alles perfekt. Dann sah ich sie. Sie, die ich bis jetzt nur aus der Ferne hatte anbeten können. Sie war direkt vor mir. Ich blieb stehen und blickte voller Respekt zu den weißen Säulen auf. »Oh, Mann.« »Was ist das?«, fragte Mom. »Die Bibliothek!« »Oh.« »Die größte Bibliothek, die ich je gesehen habe.« Überwältigt starrte ich sie an. Mom suchte in ihrem Führer nach den Fakten. »Oh! Halt dich fest.« »Was?« »Das ist nur eine der Bibliotheken.« »Eine der Bibliotheken?« »Dieses Gebäude ist eine Komponente einer dreizehn Millionen Bände umfassenden Sammlung, die in über neunzig verschiedenen Bibliotheken untergebracht ist«, informierte sie mich. »Es ist die älteste Bibliothek in den Vereinigten Staaten und die größte akademische Bibliothek der Welt.« Ich starrte das Gebäude an. Wie konnte ein Gebäude nur so unglaublich sein? Mom stieß mich mit ihrem Ellbogen an. »Atmen, atmen.« »Ich bin eine Versagerin«, seufzte ich. »Wieso das denn?« »Ich bin dumm«, bekräftigte ich.
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»So ein Quatsch.« »Ich bin uninformiert und ignorant und…« Ich sah Hilfe suchend die Bibliothek an. »Da hast du es. Mir fällt nicht einmal ein zweites Synonym für >uninformiert< ein! Ich Idiotin.« »Du Schätzchen.« »Dreizehn Millionen Bände? Ich habe, na, vielleicht dreihundert Bücher in meinem ganzen Leben gelesen, dabei bin ich schon sechzehn] Weißt du, wie lange ich brauchen würde, um dreizehn Millionen Bücher zu lesen?« Mom legte mir die Hand auf den Arm und versuchte, mich zu beruhigen. »Aber Schätzchen, du musst sie nicht alle lesen«, sagte sie. »Dienstag mit Mome? Vergiss es. Wer hat meinen Käse versteckt? Das sind doch alles olle Kamellen für dich.« »Okay, aber jeder Teenager, der nach Harvard kommt, wird zwangsläufig Bücher lesen – und zwar verschiedene Bücher«, argumentierte ich, »und ich will in der Lage sein, intelligent mit jedem von ihnen zu diskutieren, und das kann ich nur tun, wenn ich Bücher lese, wenigstens ein paar aus jedem Genre und Subgenre…« »Okay, komm mit.« Mom ergriff meinen Arm und zog mich in die andere Richtung. »Ich bring dich von hier weg.« »Ich schlafe zu viel«, dämmerte mir, als wir uns von der Bibliothek entfernten. »Nein, das tust du nicht«, widersprach Mom. »Ich habe mein ganzes Leben vergeudet.« »Du vergeudest nichts.« »Habe ich erwähnt, dass ich eine Idiotin bin?« »Ja.« »Nun, ich bin eine.« »Nein.« Mom zog mich weiter, und wir setzten unsere Wanderung über den Campus fort. Nach ein paar Minuten erreichten wir ein Schild mit der Aufschrift >Hollis Hall< und >Zutritt nur für Bewohnen. »Das soll ein Studentenwohnheim sein? Nicht schlecht,
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was?«, sagte Mom. »Genauer gesagt sehr hübsch«, bemerkte ich, nachdem ich das Gebäude eingehend betrachtet hatte. »Komm, mal schauen, wie es im Innern aussieht!«, rief Mom aufgeregt. »Da steht deutlich >Zutritt nur für Bewohnen.« Ich wies auf das Schild. Aber es war sinnlos – Mom war bereits in der Tür. Ich folgte ihr durch die Haustür, und wir gingen nach oben. »Wir werden Ärger bekommen«, warnte ich ängstlich. »Du bist ein richtiger Jammerlappen. Jetzt reiß dich zusammen.« »Was?« Bevor Mom noch mehr sagen konnte, entdeckte ich zwei Studentinnen, die durch den Korridor auf uns zukamen. »Hü«, sagte Mom fröhlich. »Hi«, antwortete eins der Mädchen. »Ich bin Angie«, erklärte Mom. »Das ist ittsh.« Sie zeigte auf mich. »Hi«, sagte ich und kam mir wie eine Vollidiotin vor. »Wie geht’s?«, fragte Mom die beiden Studentinnen. »Nicht schlecht«, sagte eine von ihnen. »Oh, cool. Wir haben gerade Pause zwischen den Kursen. Als Nächstes müssen wir zu Shef«, fuhr Mom fort. »Nun denn, wahrscheinlich sehen wir uns morgen auf der PhiAlpha-Beta-Fete, richtig?« »Vielleicht«, antwortete das andere Mädchen. »Ja, verstehe. Wir sind uns auch noch nicht sicher. Diese Partys können so total langweilig sein. Es ist zum Mäusemelken«, sagte Mom. »Ja…« Das erste Mädchen blickte jetzt leicht irritiert drein. »Bis später«, sagte sie und die beiden gingen den Korridor hinunter. Wir gingen ebenfalls weiter. »Ist dir eigentlich klar, dass dein ganzer Collegekid-Jargon aus Happy Days und dem Valley Girls-Song stammt?«, fragte ich Mom. »Ooh!« Sie blieb an einer offenen Tür stehen. »Sieh mal, sieh mal!«
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»Was machst du da?« »Ich will mir ein Zimmer ansehen. Hallo?« Sie klopfte zweimal an die Tür. »Sie haben Fotos von den Zimmern auf ihrer Website!«, flüsterte ich. »Danke, aber ich ziehe die Wirklichkeit vor«, flüsterte sie zurück. »Hallo!«, rief sie erneut. Niemand antwortete. »Die Luft ist rein.« Sie zuckte die Schultern und trat durch die Tür. »Die Luft ist nicht rein!«, protestierte ich. »Suzie!«, rief Mom. Vorsichtig betrat ich das Zimmer. »Wir brechen jetzt offiziell ein.« »Suzie!«, sagte Mom erneut. »Warum sagst du das?« »Weil das dein Deckname ist für den Fall, dass wir erwischt werden. Außerdem besteht eine dreißigprozentige Chance, dass das Mädchen, das in diesem Zimmer wohnt, Suzie heißt.« Sie ging tiefer in den Raum hinein. »Wow, winzig.« Es war ein Doppelzimmer. Ich musterte die Schreibtische und Bücherregale und Betten und Computer – das Zimmer wirkte gemütlich, aber gleichzeitig sehr beengt. »Es ist in der Tat winzig«, stimmte ich zu. »Dein Oxford English Dictionary wird ein eigenes Zimmer brauchen.« »Es wird schon irgendwie reinpassen.« »Ein Fenster, Backsteinwand. Du wirst eine bessere Aussicht brauchen.« »Nun, zunächst einmal ist das nicht mein Zimmer«, erinnerte ich sie. »Wenigstens gibt es zwei Betten.« Mom setzte sich auf eins davon. »Hier könnte ich schlafen!« Sie hüpfte auf dem Bett auf und ab. »Das „wäre das Bett meiner Zimmergenossin«, sagte ich. »Oh, du willst doch gar keine Zimmergenossin.« »Ich denke nicht, dass ich eine Wahl habe.« Mom konnte es nicht glauben. »Sie zwingen dir jemand
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auf?« »Das ist alles ein Teil der Sozialisierungserfahrung«, erklärte ich. »Was, wenn sie eine Idiotin ist?« »Dann wohne ich mit einer Idiotin zusammen«, sagte ich. »Eine Hare Krishna, die die ganze Nacht Tamburin spielt?« »Dann muss ich mir Ohropax besorgen.« »Oder eine Serienmörderin?«, schlug sie vor. »Dann schlafe ich mit einer Knarre, die ich mir am Handgelenk festbinde.« »Jemand, der Linkin Park mag?« »Dann muss ich ausziehen.« »Mm hmm. Ah!« Sie hatte etwas entdeckt und stand vom Bett auf. »Guck dir das an! Ich hatte die gleiche Hose in der Highschool!« Sie nahm eine Hose von der Rückenlehne des Schreibtischstuhls und betrachtete sie eingehend. Ich wollte nicht, dass Suzie – oder wie auch immer sie hieß – in ihr Zimmer zurückkam und Mom dabei ertappte, wie sie über ihre Highschool und ihre Hose sprach. »Können wir jetzt bitte gehen?« »Ich bin wieder in!« Mom schwenkte triumphierend die Hose. »Mom!« »Okay.« Sie legte die Hose zurück. »Komm einfach her und lass mich ein Foto von dir machen, wie du am Schreibtisch sitzt.« »Was?« »Ja, spiel mit. Tu so, als würdest du lernen«, wies sie mich an. »Äh, okay.« Ich setzte mich an den Schreibtisch, schlug ein Notizbuch auf, das darauf lag, und nahm einen Kugelschreiber. Dann hielt ich den Kugelschreiber hoch und sah in Moms Fotoapparat. »Was ist das… schreibst du in die Luft?« »Können wir nicht einfach das Foto machen?«, fragte ich. Ich hielt den Kugelschreiber über das Notizbuch, damit das
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Ganze authentischer aussah. »Okay, okay.« Nachdem Mom ihr Foto geschossen hatte, legte ich wieder alles an seinen Platz. Gerade als wir hinaus auf den Korridor gingen, kam ein Mädchen herein. »Oh, hi, Suzie!«, grüßte Mom sie. Sie sah total verwirrt aus, als wir durch den Korridor davoneilten. Unser nächster Halt war ein Gebäude mit Seminarräumen. Ich fühlte mich klüger, nur weil ich hindurchging, und spähte in die Hörsäle, die wir passierten. »Gott, diese Unterrichtsräume sind riesig.« »Damit die Harvard-Gehirne auch hineinpassen«, bemerkte Mom. Wir hörten einen Professor sprechen und blieben stehen, um zu lauschen. Es war still im Korridor, aber Mom bugsierte mich mit einem sanften Stoß in die Tür. Der Hörsaal war fast voll. >»Sterblich seid ihr geboren, Sterbliche gebiert ihr. Rechnet mit allem, erwartet alles.< Was für eine Art Gedanke ist das?«, wollte der Professor gerade wissen. »Ein deprimierender?«, scherzte ein Student. »Oberflächlich betrachtet vielleicht«, stimmte der Professor zu. »Aber blicken Sie tiefer. Was außer Fatalismus postuliert er?« »Dürfen wir das überhaupt hören?«, flüsterte Mom mir zu. »Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Sie werden uns doch nicht ein Bußgeld von hundert Mäusen oder so aufbrummen, nur weil wir die Vorlesung mithören?« »Ich glaube nicht, dass Harvard den Leuten nur Pfennigbeträge abknöpfen würde«, flüsterte ich. »Hey, ich muss eine Toilette finden«, sagte Mom leise. »Du weißt schon, eine Zigarette rauchen und nachsehen, ob jemand eine Aspirin in meine Cola geschmuggelt hat.« Ich lachte. »Okay, Rizzo. Ich würde gern noch eine Weile zuhören.«
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»Ich bin gleich wieder zurück.« »Ich werde hier sein«, antwortete ich. Ich trat ein paar Schritte tiefer in den Hörsaal, um besser hören zu können. Ich stolperte und mein Kaffee fiel zu Boden. Etwa zweihundert Studenten drehten sich um, um zu sehen, was den Lärm verursacht hatte. »Rein oder raus?«, rief der Professor mir zu. »W-wie bitte?«, stotterte ich. »Wenn Sie am Kurs teilnehmen wollen, müssen Sie sich setzen«, erklärte er. »Oh, äh, okay. Tut mir Leid.« Ich ließ mich auf einen Stuhl neben der Tür nieder. »Okay, wo waren wir?« Der Professor warf einen Blick auf seine Notizen und sah dann wieder die Studenten an. »Die Stoiker glaubten, dass das größte Glück in der Führung eines tugendreichen Lebens liegt.« Sofort entbrannte eine weitere hitzige Diskussion. Bevor ich mich bremsen konnte, machte ich mit. »Das ist ein interessanter Punkt, Herr Professor, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm zustimmen kann«, sagte ich. »Denn im Stoizismus ging es nicht darum, Dinge wie Geld und Luxus und ähnliche Sachen aufzugeben.« »Das ist richtig«, bestätigte der Professor. »Als Seneca Anfang Vierzig war, hatte er genug Geld verdient, um Villen und Gutshöfe zu kaufen, er speiste gut, er liebte teure Möbel, und er hielt dies auch nicht für eine unphilosophische Lebensweise.« »Aber irgendwie ist alles relativ«, warf ich ein. »Oh, jetzt geht’s los«, sagte ein Typ, der in der Reihe vor mir saß. »Was?«, fragte ich. »Es gibt keine Vorlesung, in der wir nicht über Relativismus debattieren«, erwiderte er. »Ich meinte nur, dass der Luxus der einen für andere nicht unbedingt Luxus ist«, erklärte ich. »Oh, tut mir Leid«, sagte er.
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»Nein, nein, Ihr Einwand ist durchaus berechtigt, aber er hat mit dem aktuellen Thema nichts zu tun«, fuhr der Professor fort. »Wir sprechen hier darüber, dass Seneca die bessere, bequemere von zwei Möglichkeiten wählte, aber trotzdem ein Stoiker blieb.« Während er sprach, musterte ich die anderen Studenten. Das war unglaublich. Ich war in einer Vorlesung in Harvard und fügte mich perfekt ein. Ich drehte mich um und sah Mom am Ende der Treppe stehen. Sie lächelte und winkte mir zu. Ich streckte die Hand aus und klopfte dem Kerl vor mir auf die Schulter. »Danke. Das hat Spaß gemacht!« Dann stand ich von meinem Platz auf und ging leise hinaus auf den Korridor zu Mom. »Hast du mich gesehen?«, fragte ich sie aufgeregt. »Ja.«. »Ich war in einer Vorlesung.« »Es war erstaunlich!« »Habe ich ausgesehen, als würde ich dorthin gehören?«, fragte ich, als wir durch den Korridor zum Ausgang schlenderten. »Absolut«, bestätigte sie. »Du bist ein Naturtalent.« »Ich kann nicht fassen, wie es passiert ist. Plötzlich war ich irgendwie drinnen, und der Dozent stellte eine Frage, und bevor ich wusste, wie mir geschah…« »Hast du sie alle gemacht«, ergänzte Mom. »Naja, ob ich sie alle gemacht habe, weiß ich nicht«, gab ich zu. »Aber plötzlich habe ich geredet und konnte nicht mehr aufhören!« »Ich kenne dieses Gefühl«, nickte Mom. »Es wird der reine Wahnsinn sein, aufs College zu gehen. Ich kann es kaum erwarten!«, sagte ich. »Ich liebe das College. Ich liebe Harvard. Ich liebe den Fatalismus!« Plötzlich fiel mir auf, dass Mom stehen geblieben war, um sich die Fotos der Graduierten anzusehen, die an der Wand hingen. Ich wartete, bis sie mich eingeholt hatte. Sie legte mir den Arm um die Schulter, ich legte meinen um ihre, und einträchtig verließen wir das Gebäude.
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Dieser Urlaub war der beste, den ich je gemacht hatte.
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14 Am nächsten Morgen hatte Liddane Mühe, unsere Taschen die Treppe hinunterzuschleppen. Wir checkten aus dem Cheshire Cat aus, um nach Hause zu fahren. Mom hatte einen braunen Harvard-Hut auf dem Kopf, und ich trug meine Harvard-Baseballkappe und ein Harvard-TShirt. Im Jeep warteten noch jede Menge weiterer HarvardSouvenirs. »Oh, bitte, Liddane, wir können die Taschen selber tragen«, sagte Mom. »Unsinn!«, wehrte Liddane ab. »Aber sie sind so schwer«, sagte ich, als wir Liddane zum Ende der Treppe folgten. »Ich werde sie nur noch die Treppe hinuntertragen. Puh.« Sie blieb einen Moment stehen und lehnte sich an das Geländer. »Lassen Sie mich nur kurz Atem holen.« »Oh, wow, Sammy ist weg, oder?«, bemerkte Mom. »Hmm?«, machte Liddane. »Oh, Sammy.« Mom zeigte auf die Seite der Treppe, wo sich normalerweise die fetteste Katze der Welt rekelte. »Es ist das erste Mal, dass er nicht auf der Treppe liegt.« Liddane blickte Mom an. »Was, mein Sammy?« Sie klang überrascht. »Ja.« Liddane schüttelte den Kopf. »Der ist selten auf der Treppe.« »Oh nein, er ist immer dort.« Mom zeigte wieder auf Sammys Platz. »Auf der Treppe?«, fragte Liddane. »Ja.« »Nein, er hat zwar seine Lieblingsplätze, aber nicht auf der Treppe.« Mom sah mich verzweifelt an. »Während unseres gesamten Aufenthalts hat es nicht einen Moment gegeben, in dem er nicht dort gelegen hat.«
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»Auf der Treppe«, sagte Liddane wieder. »Ja.« »Oh, auf der Treppe ist er so gut wie gar nicht«, wiederholte Liddane, als sie die letzte Stufe nahm und sich zum Empfangstresen wandte. »Vergiss es, Jake«, sagte ich zu Mom, bevor wir ihr folgten. »Das hier ist Chinatown.« Liddane stellte unser Gepäck ab und ging hinter die Rezeption. »Alles ist von Ihrer Karte abgebucht. Ich hoffe, Ihnen hat Ihr Aufenthalt gefallen. Hat Ihnen Ihr Aufenthalt gefallen?« »Sehr sogar«, antwortete ich. »Ah, sehr sogar?« Liddane lächelte und wirkte begeistert. Sie bedachte auch Mom mit einem auffordernden Blick. »Satt und kräftig bin ich hier am Werk«, erwiderte Mom. »Was?«, fragte Liddane. »Es war toll«, sagte ich. »Na dann, machen Sie es gut.« Liddane gab Mom die Rechnung. »Fahren Sie vorsichtig und empfehlen Sie all Ihren Freunden das Cheshire Cat weiter!« »Oh, darauf können Sie wetten«, versicherte Mom ihr. »Und wenn Sie fort sind, werde ich meinen Lieblingsteil des Jobs hier machen«, sagte Liddane mit einem breiten Lächeln. »Oh, was denn?«, wollte Mom wissen. »Ich werde lesen, was Sie in unser Gästebuch geschrieben haben!« »Geben Sie uns fünf Minuten Vorsprung«, bat Mom. »Wie bitte?« »Danke!«, sagte ich. Wir griffen nach unseren Taschen und eilten durch die Haustür. Ein paar Stunden später waren wir wieder im Zentrum von Stars Hollow. Unser Jeep war voll gestopft mit Taschen und Harvard-Souvenirs. »Weißt du, was ich am meisten an Harvard liebe?«, fragte ich Mom. Sie lachte. »Nein, was?« »Sie verkaufen keine riesigen Schaumstoff-Finger.«
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»Nein, dafür haben sie zu viel Klasse.« Sie bog rechts ab, und wir fuhren am Pavillon vorbei. »Zu Hause!« »Ich habe das Gefühl, als wären wir lange Zeit fort gewesen«, sagte ich. »Weißt du, was seltsam ist? Jedes Mal, wenn ich die Stadt verlasse, selbst wenn es nur für kurze Zeit ist, erwarte ich, dass alles anders aussieht.« »Und es ist nie der Fall.« »Es ist nie der Fall«, stimmte Mom zu. Wir fuhren an einer Frau vorbei, die neben ihrem PickupTruck stand. Als sie uns sah, legte sie sich eine Hand ans Herz und blickte traurig unserem Wagen nach. Dann passierten wir Doose’s Market, und Miss Patty kam winkend auf uns zugerannt. Mom winkte zurück und lächelte, und Miss Patty tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch ab. Mom und ich wechselten einen Blick. Die Nachricht von Moms gelöster Verlobung hatte sich definitiv verbreitet. Kirk stand auf dem Bürgersteig und breitete die Arme aus. »Eine Umarmung gefällig?«, rief er Mom zu. »Patty ist gut«, bemerkte Mom. Wir bogen in unsere Auffahrt ein und Mom parkte den Wagen. »Was hältst du von Abendessen?«, fragte sie, als wir unsere Sicherheitsgurte lösten. »Eigentlich sollte es was Gesundes sein, da wir die ganze Reise lang nur Junkfood gegessen haben«, sagte ich. »Wir hatten gestern Abend Salat auf unseren Burgern«, erinnerte Mom. »Du hast ihn weggeworfen.« »Aber seine Essenz hat er hinterlassen.« »Da war Salatessenz auf unseren Burgern?« »Definitiv.« »Und das hat unseren Gemüsebedarf gestillt?« »Für die Woche«, erklärte sie. »Gegen harte, nackte Fakten kann man nichts einwenden«, sagte ich. Dann hatte Moms Humor ein abruptes Ende. Sie starrte aus
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dem Fenster. »Was?«, fragte ich. Ich folgte ihrem Blick und sah den Chuppa, den Luke für die Hochzeit geliefert hatte. Er stand in unserem Vorgarten, direkt über dem Fußweg, der zum Haus führte. »Oh, das habe ich vergessen.« »Ich auch.« Mom holte tief Luft und atmete wieder aus. »Nun ja. Alles ist so wie immer«, sagte sie bedächtig. Ich streckte die Hand aus, um ihre Schulter zu berühren, und sie drehte sich zu mir um und lächelte traurig. Ich machte mich daran, den Jeep auszuladen, während sie zu dem Chuppa hinüberging. Dann seufzte sie und kam zurück, um mir zu helfen, unsere Sachen ins Haus zu tragen. Da wir wegen unseres Urlaubs ein Freitagabendessen bei meinen Großeltern verpasst hatten, wurden wir am nächsten Abend eingeladen. Außerdem sollten wir unsere Fotos mitbringen. Unglücklicherweise war mein Großvater auf Geschäftsreise, aber zumindest Grandma konnten wir die Präsentation zeigen. »Das ist Sever Hall, eines der ältesten Gebäude in Harvard«, erklärte Mom. Sie stand neben dem Diaprojektor, während Grandma und ich auf der Couch saßen. »Stell das Bild schärfer, Lorelai«, bat Grandma. »Es ist scharf«, erwiderte Mom. »Das liegt an der Entwicklung«, erklärte ich. »Mir tun davon die Augen weh«, klagte sie. »Komm schon, Mom, sie sind eben ein wenig künstlerisch.« »Außerdem weiß sie nicht, wie man den Fotoapparat bedient«, warf ich ein. »Ich habe ihn erst seit sechs Jahren«, verteidigte sich Mom. »Es ist, als hätte ich grünen Star«, sagte Grandma. Mom drückte den Knopf, und das nächste Dia erschien auf der Leinwand. »Was ist das?« »Das ist ein Harvard-Eichhörnchen!«, sagte Mom aufgeregt. »Du liebe Zeit.« Ich drehte mich zu ihr um und lächelte. »Es sitzt auf einem Harvard-Felsen.«
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»Sieht es nicht klug aus?«, fragte Mom. »Wohl eher schmutzig. Das Nächste«, befahl Grandma. »Das ist Rorys Wohnheim und ein Teil von meinem Finger«, erklärte Mom, als das nächste verschwommene Bild auf der Leinwand erschien. »Es ist noch nicht mein Wohnheim«, sagte ich zu meiner Großmutter. »Wir haben nur ein Wohnheim gesehen und uns gedacht, dass es meins sein könnte.« »Warum um alles in der Welt bestehst du darauf, Dias zu machen?«, fragte sie Mom. »Ich mag Dias.« »Aber Fotos sind viel einfacher. Und man kann sie schneller durchsehen.« »Deshalb hasse ich Fotos ja auch. Man gibt den Leuten diesen großen Haufen Fotos, auf die man so stolz ist, und sie blättern sie superschnell durch, ohne sie sich richtig anzusehen oder einem die Chance zu geben, wie bei den Dias etwas dazu zu sagen«, erwiderte Mom. »Ich konnte gerade noch verhindern, dass sie die Bilder musikalisch hinterlegt«, vertraute ich Grandma an. »Dafür werde ich dir ewig dankbar sein.« »Ich mag auch die Größe der Dias«, fuhr Mom fort. »Sie geben einem das Gefühl, wirklich dort zu sein.« »Ja«, sagte Grandma trocken. »Das hier gibt mir das Gefühl, in deinem Finger zu stecken.« »Oh.« Mom schaltete den Diaprojektor aus. »Du bist nur neidisch, weil wir dich nicht eingeladen haben mitzukommen.« »Beim nächsten Mal«, sagte ich zu ihr, während Mom die Wohnzimmerlampen wieder einschaltete. »Beim nächsten Mal, wenn ihr nach Harvard fahrt, macht ihr es richtig. Ihr meldet euren Besuch an und nehmt euch einen Führer«, sagte meine Großmutter. »Ich habe ihr geraten, einen Führer zu nehmen«, erklärte ich. »Und warum hast du überhaupt gerade jetzt die Stadt verlassen, so kurz vor deiner Hochzeit?«, fragte Grandma
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Mom. »Hatte dein Verlobter nichts dagegen?« Mom blickte unbehaglich drein. »Oh, nun ja…« Sie setzte sich uns gegenüber auf das Sofa. »Ich meine, du benimmst dich, als wäre das kommende Wochenende eine völlig normale Sache und nicht der wichtigste Tag deines Lebens«, fuhr Grandma fort. »Mom…«, sagte ich. Wir wechselten einen Blick. »Was?«, fragte Grandma und drehte sich zu ihr um. »Nun ja, es geht um dieses Wochenende, Mom«, begann meine Mutter. »Ja?« »Ich hätte es dir schon früher sagen sollen…« »Oh, mein Gott«, keuchte Grandma. »Das hast du nicht getan!« »Was?« »Du hast es getan!« »Ich habe was getan?« Grandma sprang praktisch von der Couch. »Du bist durchgebrannt, um zu heiraten!« »Mom…« »Ich wusste es!«, rief Grandma. »Ich wusste, dass du alles tun würdest, damit ich nicht zu dieser Hochzeit komme!« »Mom, das ist nicht…« »Das ist einfach grausam, Lorelai! Eine Mutter erwartet und plant diesen Tag, sogar deine Mutter.« »Ja, aber…« »Ich habe mir ein neues Kleid gekauft, ich habe mir meine Haare machen lassen«, klagte Grandma. »Sie sehen schön aus«, sagte Mom. »Und heute Abend platzt du hier rein, quälst mich stundenlang mit diesen lächerlichen Dias, nur um mir im allerletzten Moment mitzuteilen…« »Morn, Max und ich sind nicht mehr zusammen«, unterbrach Mom sie schließlich. »Die Hochzeit ist abgesagt.« Grandma schien schockiert. »Die Hochzeit ist abgesagt!« »Ja«, gab Mom zu.
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»Bist du sicher?«, fragte Grandma sie. »Ja, ich bin mir sicher«, antwortete Mom bedächtig. »Oh.« Grandma setzte sich wieder zu mir aufs Sofa. Ein paar Sekunden lang war sie sprachlos. »Mom?« »Wer hat sie abgesagt?«, wollte Grandma wissen. »Ich habe es getan.« Mom wartete auf ihre Reaktion, aber es gab keine. »Du bist nicht überrascht?«, hakte sie nach. »Nein, bin ich nicht«, erwiderte Grandma. »Du denkst >Ja, die fünf Piepen habe ich gewonnen!<«, sagte Mom. »Wer möchte Nachtisch?«, fragte Grandma plötzlich. »Was, Mom? Was denkst du? Sag es mir einfach.« Grandma dachte einen Moment nach und antwortete dann: »Ich denke, dass ich dein Geschenk wohl zurückgeben muss.« »Mein – mein Geschenk?« »Richtig.« »Du musst mein Geschenk zurückgeben. Das ist… das ist alles, was dir dazu einfällt?«, fragte Mom. »Das ist richtig«, sagte Grandma ruhig. »Das ist alles?« »Das ist alles.« »Oh. Du hast mir also bereits ein Geschenk gekauft?« »Du wolltest heiraten. Da werden Geschenke erwartet«, erklärte Grandma. »Die Reaktion war nur angemessen.« Sie drehte sich zu mir um. »Nun, wie klingt Eiscreme?« »Eiscreme klingt toll«, nickte ich. Sie ging in die Küche, und Mom stand auf, um ihr zu folgen. »Was hast du mir gekauft, Mom?« »Das werde ich dir nicht verraten.« »Warum nicht? Es war doch für mich.« »Aber jetzt bekommst du es nicht mehr«, erklärte Grandma spitz. Mom stellte sich ihr in den Weg, um sie an der Flucht in die Küche zu hindern. »Silberne Teelöffel, richtig?« »Lorelai.«
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»Denn niemand braucht silberne Teelöffel. Ich meine, man würde sie wahrscheinlich benutzen, wenn man daran erinnert wird, sie zu benutzen, aber niemand erinnert einen daran, sie zu benutzen, weil sie immer in einer anderen Schublade liegen als das Besteck, das man immer benutzt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Deshalb nehmen die Leute einen normalen Löffel zum Umrühren, und weißt du was? Das funktioniert ganz hervorragend.« Meine Großmutter schüttelte den Kopf. »Es waren keine silbernen Teelöffel.« Sie ging an Mom vorbei. Als die beiden Richtung Küche verschwanden, hörte ich, wie Mom ihr nachrief: »Oh, ich hab’s! Maiskolbenhalter! Maiskolbenhalter aus Sterlingsilber?« »Nein«, erwiderte Grandma. »Ha!« »Was?« »Diese winzigen Gabeln«, spekulierte Mom. »Welche winzigen Gabeln?«, fragte Grandma. »Die winzigen Gabeln mit den winzigen Zinken und den winzigen Griffen, die man vermutlich nur benutzt, um winzige Speisen zu essen«, erklärte Mom. »Sie sind für Hummerschwänze gedacht.« »Du hast also die winzigen Gabeln gekauft!« »Weißt du was, ich werde das Geschenk nicht zurückgeben. Ich werde es in einem Schrank verschließen, und du wirst erst erfahren, was es ist, wenn du eines Tages heiratest.« »Sag es mir jetzt!« »Tut mir Leid.« »Komm schon! Mom, vielleicht heirate ich nie. Vielleicht werde ich mein ganzes Leben ein freier Geist sein oder mich in einen geschiedenen katholischen Mann verlieben, wie es Katherine Hepburn getan hat, und wenn er stirbt, gehe ich nicht zu seiner Beerdigung.« »Nun, dann wirst du nie erfahren, was ich für dich gekauft habe, nicht wahr?« »Ich muss es wissen!«
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»Nein.« »Das ist Folter!« »Unsinn.« »Okay, schön, vergiss es. Ich gehe ins Bad«, verkündete Mom. »Und ich gehe in die Küche«, erwiderte Grandma. »Hmm.« »Hmm.« Ich nahm ein Buch aus meiner Handtasche und fing an zu lesen. Plötzlich hörte ich ein lautes: »Ha!« Mom hatte soeben Grandma auf ihrem Rückweg ins Wohnzimmer überfallen. »Oh Gott, hast du mich erschreckt!«, rief Grandma. »Komm schon, sag’s mir!« »Lorelai, lass mich in Frieden.« »Sag’s mir jetzt.« »Ich meine es ernst, lass mich in Frieden«, verlangte Grandma. »Bitte sag es mir.« »Das ist nicht witzig.« Ich lächelte. Ich war wirklich froh, dass ich mein Buch hatte. Das konnte noch stundenlang so weitergehen. Auf dem Heimweg wollte Mom im Luke’s vorbeischauen. Sie stellte ihren Wagen gegenüber des Lokals ab und ging um die Kühlerhaube herum, um zu sehen, wie gut sie eingeparkt hatte. »Hey, bin ich zu weit vom Bordstein entfernt?« »Oh, nicht weiter als anderthalb Meter«, meinte ich, als ich die Lücke zwischen ihrem Auto und dem Bordstein begutachtete. »Nah genug, um zufrieden zu sein«, meinte Mom. »Was?« »Hä?« »Du hast dich verbessert?«, fragte ich. »Du hast’s erfasst«, nickte Mom. »Rory?!«, rief eine vertraute Stimme. Ich drehte mich um und sah Lane auf uns zurennen und mit den Händen in der Luft herumfuchteln.
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»Oh, mein Gott, Lanel.« Ich lief ihr entgegen. »Ich bin zurück!« »Das sehe ich!« Wir fielen uns in die Arme und drückten uns. »Oh, hättest du je gedacht, dass dieser Tag kommen würde?«, fragte Lane. »Ich hatte Hoffnungen, Träume«, erwiderte ich. »Ich bin aus Korea entkommen, ich bin zu Hause.« Lane sah zu meiner Mom hinüber. »Hi, Lorelai.« »Willkommen daheim, Schätzchen«, sagte Mom. »Es ist so wundervoll, wieder zu Hause zu sein«, rief Lane aufgeregt. »Als ich aus dem Flugzeug stieg, habe ich das Rollfeld geküsst.« »Genau wie der Papst!«, sagte ich. »Es war heiß und hat mir die Lippen verbrannt«, fugte Lane hinzu. »Vielleicht sieht der Papst deshalb immer so mürrisch aus«, vermutete ich. »Ich bin zurück!« »Ich weiß!« »Hast du meine Briefe bekommen?« »Ja, der erste war etwas bedrückend.« »Welcher war das?« »Der, in dem stand, dass Korea gleich Tod ist, mit einer Menge Ausrufezeichen und deinem tieftraurigen ausgeschnittenen Gesicht, das du überall aufgeklebt hattest«, erinnerte ich sie. »Okay, das war etwas melodramatisch«, gab sie zu. »War es schrecklich?« »Weißt du was? Das war es gar nicht.«: »Wirklich?«, fragte Mom. Lane nickte und lächelte, als würde sie sich an viele gute Dinge erinnern. »Einiges war toll.« »Das kann nicht sein!«, meinte ich. »Ja, das Essen war teilweise nicht schlecht, und meine Kusinen waren wirklich ziemlich interessant«, erzählte Lane.
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»Und das Beste war, dass Korea ein Paradies für LiveMitschmtte ist. Ich habe in Seoul richtig abgeräumt. Elvis Costello 1978 im Marquee. Eine kaum verständliche Nico, die 1974 Doors-Songs interpretiert, und ein noch weniger verständlicher Iggy Pop, der 1981 nackt David-Bowie-Songs interpretiert.« »Wie hast du sie am Zoll vorbeigeschmuggelt?«, fragte ich. »Naja, ich habe sie an meinen Körper gebunden, wie in Midnight Express.« »Cool.« Ich nickte bewundernd. »Ich bin bei Luke«, teilte uns Mom mit. »Okay.« Ich lächelte Mom an, als sie die Straße zum Luke’s überquerte. Lane erzählte mir weiter von ihren Verwandten, dem Essen, aber hauptsächlich von der Musik. Ihre Kusinen waren ebenfalls musikbegeistert und hatten sie zum koreanischen Äquivalent von NSYNC geschleppt. Es war ein quälender Abend für Lane gewesen, doch sie hatte sich revanchiert, indem sie sie überzeugt hatte, dass sie an schrecklichem Heimweh litt und irgendeine amerikanische Band sehen musste, um sich wieder besser zu fühlen. Dass ihre Kusinen gezwungen gewesen waren, mit ihr Tool zu sehen, war nur gerecht. »Das Ticket für den Rückflug war also frei buchbar?«, fragte ich. »Nur um Geld zu sparen«, erklärte Lane. »Ich schätze, ich habe ein wenig überreagiert.« »Ein wenig? Du hättest dich fast an die Freiheitsstatue gekettet!« »Erzähl mir alles! Was hast du gemacht? Ich muss alles wissen«, drängte Lane. »Ich bin in Harvard gewesen«, antwortete ich. »Unmöglich. Oh, mein Gott! Wie? Wann?« Ich hatte gerade begonnen, ihr in allen Einzelheiten von unserem Ausflug zu berichten, als Mom vom Luke’s zurückkehrte.
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Lane und ich hatten eine Menge nachzuholen, deshalb fragte ich, ob ich mit zu Lane gehen konnte. Mom erklärte, dass sie einverstanden war und wir uns dann zu Hause sehen würden. Während sie in ihren Jeep stieg und heimfuhr, gingen Lane und ich zu Fuß zu ihrem Haus. »Harvard! Das ist so cool!«, rief Lane. »Ich meine, was hast du alles gesehen?« Ich erzählte ihr alles über Harvard – die Hörsäle, das Wohnheim, der Souvenirladen (natürlich hatten Mom und ich auch etwas für sie gekauft.) Dann klärte ich sie über die gelöste Verlobung auf. Lane hatte auf dem Trillionen Stunden dauernden Rückflug entschieden, dass es ihre Pflicht war, eine CD mit Sommersongs zusammenzustellen. Sie hatte sogar schon eine Liste zusammengestellt, zu der Songs von Alice Cooper, den Kinks, Thin Lizzy, Sparks, den Go-Go’s, Frank Sinatra und natürlich den Beach Boys gehörten. Aber da waren diese anderen Songs, bei denen sie sich nicht ganz sicher war, und daher brauchte sie meinen Rat. Und so beendeten „wir unsere Sommerferien offiziell damit, dass wir uns die Songs anhörten, deren Sommerhitsammlungsschicksal in unseren Händen lag. Keine schlechte Art, das neue Schuljahr zu beginnen, oder?
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